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Dieses neue Muscheikalkvorkommen! gleicht durchaus den tieieren Schichten von Han Bulog, sowie den Kalken der Schreyer. Alp und Schiechlingshöhe. Die weiteren Aufsammlungen von C. RENZ haben noch zahlreiche Arten des unteren Muschelkalks, sowie aber = der höheren Horizonte ergeben. _Fossilärmer sind die Linsen, welche 2. den Buchen- steiner (/Zungarites arietiformis HAUER, Ceratites (Proteites) labiatus HAUER, Pfychites seroplicatus HAUER), Celtites (Reiflingites) intermedius HAUER und 3. den Wengener Schichten (Lobites aberrans MOJS., Daonella Lommeli WISSM. determ. C. RENZ) entsprechen. Fossilreicher dagegen wiederum das Auftreten von 4. Cas- sianer Äquivalenten mit Trachyceras Aon MÜNSTER, Tr. fur- catum MÜNSTER (auch unterkarnisch), Tr. (Eremites) orientale TE@ARL RENZ, Centralbl. f. Min. etc. 1906. p. 270. — FRITZ FRECH, ibid. p. 271. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 3 MOJS., Arpadites (Clionites) Catharinae MOJS. var., Cladis- cites striatulus MOJS. o. Nördlich von dem Fundpunkt der Trinodosus-Schichten, _ an einem Hirtenlager, traf C. RENZ anstehend teils in dunkel- rotem manganhaltigem, teils in hellerem Kalk zahlreiche Ver- treter der unterkarnischenHallstätter Zone mit Trachyceras aonoidesan. Einzeln sind Tr. aonoides MOJS. var. fissinodosa MOJS., Tr. FHecubae MOJS., Tr. furcatum MÜNSTER, Pinacoceras Layeri HAUER, Celtites Emilii MOJS., Ceratites Kerneri MOJS. var. graeca FRECH; häufig dagegen kleine Exemplare von Joannites Klipsteini MOJS. und J. cymbiformis WULF., ferner Megaphyllites Jarbas MÜNST., sowie die bezeichnenden Formen des Arcestes (Proarcestes) Gaytani KLIPST.! und A. (Pro- arcestes) ausseanus MOJS. Neben Sirenites Junonis MOJS. findet sich eine einzige, den höheren Hallstätter Kalken eigen- tümliche Art, S. Aeskulapii FRECH. Joannites diffissus HAUER ist ganz besonders bezeichnend und von einer neuen Varietät (var. argolica FRECH), sowie dem nahestehenden J. Salteri MOJS. begleitet. Endlich sind noch Arpadites Ferdinandi MOJS. und Joannites Joannis Austriae KLIPST. mut. nov. compressa zu erwähnen. Einige gut bestimmbare Exemplare des Falorites (Jovites) dacus MOJS. sprechen auch für eine Vertretung des oberkar- nischen Horizontes. Diese Art, die vereinzelt schon im Niveau des Trachyceras aonoides auftritt, ist sonst hauptsächlich in den Subbullatus-Schichten heimisch. Die mit dem juvavischen (= norischen) Dachsteinkalk beginnende Schichtenfolge ergänzt also das normale Hall- stätter Profil in sehr wünschenswerter Weise. | Bei Hallstatt sind nur anisische Schreyeralm-Kalke und dann wieder die Äquivalente der karnischen Stufe, sowie ! In den Cassianer und Raibler Schichten der- Alpen vorhanden. 1* 0} ’ s IR j } R N \B7 s f f " Hu un 23 Alyı cv y k 7 i 24 Mr vr Fa A Run f Dr: Fi Bi j N R IP CTERN r - ! | | 1 a | PT a | j IR { \ R 1 n ( 2 1 N | % T hi ‘ N | ji h [) IM u E {} Br | h ’ ABRL Lan Fi | / iM x R ” ‘ x & ÜN/ BL, UN * \ \ SS Alyıe IV CH FL a far: kurs snnenuc MINERALOGIE, GEOLOGIE, UND PALÄONTOLOGIE UNTER MITWIRKUNG EINER ANZAHL VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VON M. BAUER, E.KOKEN, TH. LIEBISCH IN MARBURG IN TÜBINGEN IN GÖTTINGEN FESTBAND ZUR FEIER DES 100JÄHRIGEN BESTEHENS STUTTGART E. SCHWEIZERBART’SCHE VERLAGSHANDLUNG (E. NÄGELE) 1907 20010 NEUES JAHRBUCH für Mineralogie, Geologie und Paläontologie FESTBAND Zaun Beserdes lMWjährigen Bestehens Ü ! Ü a \ ! ) N 7er www rmor VOTE DIE I ne „Ye weEeDDZ -. Te=-2:j EEE, 2 y/ 4, pin Haag! m dg U } a L j De ? eosebart NEUES JAHRBUCH MINERALOGIE, GEOLOGIE UND PALÄONTOLOGIE Unter Mitwirkung einer Anzahl von Fachgenossen herausgegeben von M. BAUER, E. KOKEN, TH. LIEBISCH in Marburg. in Tübingen. in Göttingen. FESEBAND zur Beier des 100jährigen Bestehens Mit 2 Portraits, XIX Tafeln und 73 Textfiguren ‚STUTTGART E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung (E. Nägele) 1907 „v4 102 D — > Alle Rechte vorbehalten : ruck der Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg Carl Grühin Inhalt. Seite Brnleituns: Das „Neue Jahrbuch“ von 1807—1907. ın E.. Nagel N Euer N: Beitrag zur Kenntnis des Laterits, ıins- besondere dessen von Madagaskar . 39 Bergeat, A.: Staukuppen. Mit Tafel XVI und 5 Text. figuren Se, = Busz, K.: Über Kainit von Staßfurt und sa von Beienrode. Mit 4 Textüguren . 115 Deecke, W.: Der geologische Bau der nal insel und die Schweremessungen. Mit Tafel VI und 3 Textfiguren 128) Breech, Er: Die Hallstätter Kalk v ee set i) und ihre Cephalopoden. Mit Tafel I—-VI und 5 Text- figuren j Jaekel, O.: Über die om. der e rolopoenniten Mit 29 Textüiguren . 202 Kalkowsky, E.: Geologische ne des erste von Gulbashen . ee 3, Foren, Er Indisches Perm in ie permische Eiszeit. Mit Karte. (Taiel XIX.). u 446 Linck, G.: Über die äußere en ed den inneren Ban der Vulkane, mit einem Anhang über die Dünen. Mit Tafel VII und 18 Textfiguren . 91 V Milch, L.: Die Beziehungen K. C. V. LEONDARBESZE GOETHE. — Ulbae Glinkopnan r Glaikophangesie vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) mit Beiträgen zur Kenntnis der chemischen Beziehungen basischer Glaukophangesteine. Mit 1 Textfigur . Re: Mügge, O.: Über die Zustandsänderung des Quarzes beir57202 Mi Tatelee Philippi, E.: Über Dolomitbildung und hen Ab. scheidung von Kalk in heutigen Meeren. . Rinne, FE. und MH. E Boeke. Ei Jneay en Meteoreisen. Mit Tafel XI—XV und 3 Textüiguren Schlosser, M.: Beitrag zur Osteologie und systema- tischen Stellung der Gattung Necrolemur, sowie zur Stammesgeschichte der Primaten überhaupt. Mit ale X Steinmann, G.: Über Gesteinsverknetungen. Mit Tafel XVII und XVII . Volz, W.: Das geologische Alter der Pieter Schichten bei Trinil, Ost-Java. Mit 5 Figuren . Seite ZOILIL Das ‚Neue Jahrbuch“ von 1807-1907. Von E. Nägele. Pın der Gegenwart, welche für alle Gebiete der Wissen- schaften Spezialisierung bis ins kleinste verlangt, haben Periodica hat eine fast beängstigende Höhe erreicht. Es ist naturgemäß, daß viele dieser Zeitschriften ebenso schnell wie sie gegründet wurden, wieder von der Bildfläche verschwunden sind, denn der Leserkreis war doch bei der Gründung wesent- lich überschätzt worden. Wenn nun eine Zeitschrift auf ein hundertjähriges Be- stehen zurückblicken darf, so ist damit wohl der Beweis er- bracht worden, daß sie eine Lücke in der Literatur ausfüllte und daß Herausgeber und Mitarbeiter es verstanden haben, sich den wechselnden Bedürfnissen und Forderungen der Wissenschaft anzupassen. | Aus diesem Grunde darf es dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie nicht als Überhebung ausgelegt werden, wenn es am Tage des hundertjährigen Be- stehens seiner Freude über dieses Jubiläum Ausdruck gibt. Im folgenden sollen die Vorgänge bei der Gründung der . Zeitschrift, sowie die wesentlichen Änderungen verzeichnet Vvil werden, die sich hinsichtlich Umfang, Redaktion und Einteilung in den Jahren 1807—1907 als erforderlich erwiesen haben. Die Fortschritte, welche das letzte Jahrhundert auf allen Gebieten der Naturwissenschaften gebracht hat, machen es be- greifllich, daß das Jahrbuch heute eine ganz andere Gestalt und ganz anderen Umfang zeigt als vor 100 Jahren, zumal jetzt auch ganz andere Interessen zu berücksichtigen und andere Pflichten zu erfüllen sind. Die Entwicklung und das Wachsen der Mineralogie, Geo- logie und Paläontologie hat auch eine Umgestaltung und ein Wachsen des Jahrbuchs mit sich gebracht. Daß auch der Titel der Zeitschrift in diesen 100 Jahren mancherlei Wand- ‘ Jungen durchmachte, darf unter solchen Umständen nicht wundernehmen. Der Hauptgedanke aber, welcher bei Gründung der Zeitschrift maßgebend war: wissenschaftliche Abhandlungen, Referate über die Neuerscheinungen, Zusammenstellung der Literatur, kurze persönliche Notizen, bildet auch heute noch für Redaktion und Verlag die Richtschnur in Anlage und Aus- stattung des Jahrbuchs. Über die Gründung des Jahrbuchs mögen folgende Notizen Auskunft geben: KARL CÄSAR LEONHARD, damals noch Landkassen- und Steuerdirektionsassessor zu Hanau, begann im Jahre 1806 mit den Vorbereitungen zur Herausgabe einer Zeitschrift, die unter dem Titel „faschenbuch für die gesamte Mineralogie, mit Hinsicht auf die neuesten Entdeckungen, herausgegeben von K. C. LEONHARD“ im Januar 1807 zum ersten Male erschien. In dem vom Dezember 1806 datierten Vorwort zu diesem _ 1. Jahrgang schreibt der Herausgeber über Ziel und Zweck des Taschenbuchs: | IX „Es soll eine möglichst vollständige Darstellung alles dessen sein, was im Gebiete der Mineralogie, im Zeitraume eines Jahres, geleistet worden. Dieses Repertorium wird für den Naturforscher nicht ohne Nutzen sein. Es wird ihm durch dasselbe das Veriolgen seiner Wissenschaft in ihrem steten Fortschreiten erleichtert, und ohne Mühe wird er nun die neueren Entdeckungen an frühere Erlahrungen reihen. Bei der Übersicht der neueren Literatur findet man hin und wieder außer der Inhaltsanzeige auch eine kurze Kritik der erschienenen Schriften. Mit verbindlichem Danke erkenne ich alle mir zugesendete Rezensionen. Die Anonymität der Einsender bleibt für mich ein unverbrüchliches Gesetz.“ Wie man sieht, sind die Ziele der Zeitschrift damit fest- gelegt worden, allerdings mit der wesentlichen Änderung, daß die Anonymität der Referenten nicht mehr besteht. Der 1. Jahrgang enthielt verschiedene geologische Karten und auch die Abbildungen einiger „fossiler Schlangen“ in einer Grauwacke bei Herborn. Die Abbildungen sind mit der Hand koloriert und stehen in erheblichem Kontrast zu den Tafeln der Neuzeit. — Eine große Anzahl von Miszellen, An- zeigen von Beförderungen und Ehrenbezeugungen schließt sich den Abhandlungen an und ein ausführliches Namen- und Sachregister erleichtert den Gebrauch dieses 1. Bandes. Das neue Taschenbuch fand auch gleich in den beteiligten Kreisen freundliche Aufnahme, wie die Beurteilung desselben in den „Göttingischen gelehrten Anzeigen“ und den „Jenaischen allg. Literaturzeitungen“ beweisen. Auch in dem italienischen literarischen Journal wurde das Taschenbuch erwähnt. Daß der Herausgeber die neue Zeitschrift seinem Landes- fürsten widmete, ist in damaliger Zeit eigentlich selbstver- ständlich. Der 2. Jahrgang weicht allerdings in dieser Hinsicht von seinem Vorgänger schon ab, denn er ist Männern der Wissen- X schait und Mitarbeitern zugeeignet: „Dem Herrn Geh. Rat V. GOETHE in Weimar, dem Herrn Professor HAUY in Paris und dem Herrn Obermedizinalrat KLAPROTH in Berlin.“ Als erste Abhandlung des 2. Jahrgangs finden wir den Aufsatz GOETHE’s: „Sammlung zur Kenntnis der Gebirge von und um Karlsbad.“ Obwohl der 2. Jahrgang an Umfang den 1. übertrifft, muß LEONHARD in der Vorrede schon mitteilen, daß er Raum- mangels halber mehrere Materialien zurücklegen müsse. Der an ihn ergangenen Aufforderung, dem Taschenbuch eine größere Ausstattung zu geben, kann der Herausgeber vorderhand noch nicht entsprechen. Durch engeren Druck und kleinere Schrift hat er den Inhalt vermehrt, ohne daß der Preis von der Ver- lagshandlung bedeutend erhöht worden wäre. — Auch dar- über klagt der Herausgeber, daß ihm von seinen Mitarbeitern die Abhandlungen zu spät eingesendet werden. Er ist ge- nötigt, einzelnes deshalb ungedruckt zu lassen. Die Anlage des 2. Bandes schließt sich der des 1. völlig an. GOETHE bringt aus Dankbarkeit für den seiner Karlsbader Arbeit angewiesenen schönen Platz am Schluß des Bandes einen Nachtrag und verspricht, für den 3. Jahrgang gleich- falls einen Aufsatz einsenden zu wollen. Im 3. Jahrgang fügt LEONHARD eine Übersicht der Mineral- systeme und eine Rubrik für den Mineralienhandel als neue Abteilung dem Taschenbuch bei und teilt seinen Lesern mit, daß er. abermals wegen Raummangels verschiedene Aufsätze hätte zurücklegen müssen, darunter auch einige aus seiner eigenen Feder, so daß er glaube, Anspruch auf Unparteilich- keit für sich machen zu dürlen. Das Bildnis von HAUY in Paris schmückt diesen 3. Jahr- gang. Die weiteren Jahrgänge des Taschenbuchs entsprechen in Form und Inhalt den ersten Jahrgängen, doch ist beinahe XI in jedem Vorworte die Klage über das langsame Eingehen der Manuskripte und das dadurch verzögerte Erscheinen der Zeitschriit enthalten. Im Jahre 1811 konnte LEONHARD das Repertorium über die ersten fünf Jahrgänge erscheinen lassen. Das Verzeichnis der Mitarbeiter enthält eine solche Fülle hervorragender Männer der damaligen Zeit, daß sogar der Herausgeber bei der Zu- sammenstellung dadurch überrascht wird. Er glaubt sich wegen dieser Neuerung gleichsam entschuldigen zu müssen und schreibt im Vorwort: „Was das Namen-Register der Gelehrten betrifit, so ist dasselbe nichts weniger als eine nutzlose Dekoration, wie man vielleicht beim ersten Anblicke zu glauben geneigt sein könnte. Diese Übersichten aller Naturforscher, welche in der genannten Periode als Schriftsteller wirkten, die näheren Hinweisungen auf alles, was sie geleistet, bieten interessante Materialien zur künftigen Bearbeitung einer Geschichte der Mineralogie dar.“ Den 6. Jahrgang, der das 2. Quinquennium seines Taschen- buchs eröffnet, schmückt LEONHARD mit dem Bildnis KARSTEN'’s. Inhalt und Anlage bleiben gleich wie früher, der Umiang hat sich dagegen dem vorhergehenden Bande gegenüber wieder etwas gehoben; der eingelaufene Stoff ist so reichhaltig ge- wesen, daß sich LEONHARD entschlossen hat, mit seinem Freunde SELB einige Abhandlungen unter dem Titel „Minera- logische Studien“ als selbständiges Buch herauszugeben, um ihnen nicht durch längeres Liegen den Reiz der Neuheit zu rauben. Er bittet seine Leser, diesen Aufsätzen dasselbe Wohl- wollen zu gönnen wie dem Taschenbuch. In diesem Buche könnte man also den Beginn der Beilage-Bände erblicken. Trotz dieser Entlastung häufte sich der Stoff in solchem Grade, daß LEONHARD sich bewogen sah, vom. 7. Jahrgang ab das Taschenbuch in zwei Heften erscheinen zu lassen, jedes von etwa 20 Bogen Umfang. Dadurch wird sein Umfang von Xu 418 Seiten auf 612 Seiten erhöht. Mit Abschluß des 2. Quin- quenniums erscheint auch wieder das Repertorium. Die Verlagsbuchhandlung, damals die Firma J. C. HER- MANN in Frankiurt a. M., dankt bei dieser Gelegenheit den Lesern für die bisher dem Taschenbuch geschenkte” freund- liche Aufnahme und widmet ihnen das wohlgetroifene Bildnis des Herausgebers in Quartiormat. — Von dieser Zeit ab wird der Herausgeber nur noch KARL CÄSAR V. LEONHARD genannt, die früher beigegebenen Titel fallen weg. LEONHARD ist in- zwischen von Hanau nach München verzogen. Mit dem 12. Jahrgang erhielt das Taschenbuch für die gesamte Mineralogie den Nebentitel „Mineralogisches Taschen- buch“. LEONHARD war unterdessen zum Professor der Minera- logie in Heidelberg ernannt worden. Er gibt in einem Vor- wort zum 13. Jahrgang, verschiedenen Aufforderungen nach- kommend, Kunde von den Vorlesungen, welche er in Heidel- berg zu halten beabsichtigt. Der 15. Jahrgang bringt eine abermalige Erweiterung des Umiangs, so daß das Taschenbuch nunmehr auf 956 Seiten anschwillt. Die immer zahlreicher einlaufenden Manuskripte machen diese Vermehrung notwendig. Zugleich auch muß sich der Herausgeber gegen die Ausfälle und Angriffe wehren, die ein kritisches Blatt seit einigen Jahren gegen seine Publi- kationen vorbringt. Die Anordnung des Inhalts wie die Ausstattung des Taschenbuchs blieben sich in diesem und den folgenden Jahr- gängen gleich. Dagegen wuchs der Andrang der Abhand- lungen von Jahr zu Jahr, und es war unmöglich geworden, den Anforderungen der Mitarbeiter auf schnelle Publikation gerecht zu werden, wenn nicht wiederholt eine Erweiterung der Zeitschrift vorgenommen wurde. Zwar erscheint die Zeit- schrift jetzt schon 2—3mal jährlich. Es war jedoch ein ölteres Erscheinen unerläßlich geworden, und so sah sich LEONHARD XII veranlaßt, mit dem Jahrgang 1825 das Taschenbuch „heft- weise in kurzen Fristen* je nach Bedarf erscheinen zu lassen. Dies gibt ihm Veranlassung, den bisherigen Titel fallen zu lassen und sein Organ „Zeitschrift für Mineralogie“ zu nennen. Der Titel „Taschenbuch“ wird als Nebentitel noch weiter- geführt. Eine Vergrößerung des Formats ermöglicht es, die Aufnahme von Arbeiten abermals auszudehnen, und so er- scheint der 1. Jahrgang der Zeitschrift in zwei Bänden mit je ca. 580 Seiten. Der Umfang ist also gegen das Jahr 1813 abermals verdoppelt. Auch die Zahl der Tafeln wurde ver- mehrt, die Einteilung aber gelassen, wobei, der wachsenden. Literatur entsprechend, den Referaten eine immer größere Aus- dehnung eingeräumt werden mußte. Bis zum Jahre 1829 konnte die Zeitschrift ohne Um- gestaltung weitergeführt werden, dann aber stellte sich die Notwendigkeit heraus, eine abermalige, diesmal allerdings ganz erheblich eingreifende Änderung und Verbesserung vor- zunehmen. Waren schon bisher naturgemäß der Geologie und Paläontologie fast die gleichen Rechte wie der Minera- logie in Taschenbuch und Zeitschrift eingeräumt worden, so machte die immer. mehr um sich greifende Spezialisierung dieser Wissensgebiete es notwendig, daß sie fernerhin ent- weder ausgeschlossen oder gleichwertig mit der Mineralogie behandelt werden mußten. Der Herausgeber war daher vor die Alternative gestellt, entweder sein Organ zu einem rein mineralogischen zu gestalten, oder auch die Geologie und Paläontologie als gleichwertig in den Kreis der Betrachtungen aufzunehmen. LEONHARD entschließt sich zu letzterem, denn „der gegen- wärtige Standpunkt der Mineralogie, Geologie und Paläonto- logie machen ein Repertorium, welches alles auinimmt, zum unentbehrlichsten Bedürfnisse“. Daß er die vermehrte Arbeit nicht allein auf sich nehmen kann, ist begreiflich, und so XIV finden wir in dem Jahrgang 1830 seinen Freund BRONN als Mitherausgeber verzeichnet. Der Titel der Zeitschrift wird in „Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petre- faktenkunde“ geändert und der Verlag an die Firma GEORG REICHARD in Heidelberg abgegeben. Die Einteilung des Stoffes bleibt im großen und ganzen wie bisher: Zuerst werden Ab- handlungen veröffentlicht, dann kurze briefliche Mitteilungen und schließlich Auszüge. Diese Auszüge wurden schon damals der bequemeren Übersicht halber nach gemischten Unter- abteilungen zu ordnen gesucht, doch entschuldigen sich die Herausgeber, daß es ihnen nicht möglich sei, eine strenge und scharfe Sonderung vorzunehmen. Das Jahrbuch erscheint viermal jährlich. Nur drei Jahre zeigt sich die Zeitschrift in diesem Ge- wande und mit diesem Titel, im Jahre 1833 macht sich schon wieder eine Änderung nötig, und zwar abermals aus dem Grunde, weil die eingegangenen Abhandlungen und Referate nicht untergebracht werden können. Es wird vor allem das Format geändert und auf die noch heute gebräuchliche Größe gebracht, es wird durch Ausgabe von 6 Heiten eine schnellere Veröffentlichung der Eingänge ermöglicht und es wird schließ- lich durch eine Vermehrung der Tafeln eine wesentliche Be- reicherung des Inhalts geschaffen. Der Titel der Zeitschrift wurde umgeändert in „Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geo- gnosie, Geologie und Petrefaktenkunde“ und der Verlag ging an die Firma E. SCHWEIZERBART in Stuttgart über, die die Zeit- schrift in der eigenen Druckerei herstellte. Diese Umwandlung war in zweierlei Hinsicht eine be- deutungsvolle, denn während Titel und Verleger in den ersten 26 Jahren mehrfach geändert wurden, blieben sich diese in den nun folgenden 74 Jahren gleich. Der Jahrgang 1833 bringt auch insofern eine Neuerung, als zum ersten Male Textillustrationen angewendet werden, XV was als eine erhebliche, zeitgemäße Verbesserung angesehen werden muß. Der Umfang des Neuen Jahrbuchs war vom Jahre 1833—1840 abermals um 140 Seiten gestiegen und diese Steigerung hält auch iernerhin an. Auch fernerhin blieb das Neue Jahrbuch ein Sammel- punkt für Abhandlungen aus den Gebieten der Mineralogie, Geologie und Petreiaktenkunde, und es dürite wohl in jener Zeit keinen Fachgelehrten gegeben haben, der nicht im Neuen Jahrbuch Resultate seiner Forschungen veröffentlicht hätte. Wir finden daher in unserer Zeitschrift als Mitarbeiter alle die Männer verzeichnet, welche in Geologie, Mineralogie und Paläontologie zu den führenden Gelehrten gehört haben. Zuerst als junge Assistenten und später als Dozenten ihrer Wissenschaft, treten uns die Namen entgegen, die für alle Zeiten mit Auszeichnung genannt werden und die ihrer Wissenschaft und somit auch dem Jahrbuch ihren Stempel auigedrückt haben. “Im Jahre 1861 trat der Gründer, Geh. Rat K. C. V. LEON- HARD, von der Redaktion zurück und überließ seine Tätig- keit seinem Sohne GUSTAV, welcher im Verein mit dem Mit- herausgeber BRONN den Jahrgang 1862 redigierte. Der Jahr- gang 1863 brachte abermals eine Änderung, indem infolge des Ablebens von Geh. Rat BRONN an dessen Stelle Prof. GEINITZ in Dresden in die Redaktion eintrat. Die beiden neuen Herausgeber gaben dem Titel die gegenwärtig noch bestehende Form: „Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie“. Einen schweren Verlust für das Jahrbuch brachte das Jahr 1878. GUSTAV LEONHARD starb am 27. Dezember 1878 und sein Mitherausgeber GEINITZ wollte nach 16jähriger Tätig- keit die Leitung des Jahrbuchs jüngeren Kräften überlassen. Die Herren Professoren BENECKE, KLEIN und ROSENBUSCH übernahmen daher im Jahre 1879 die Leitung der Zeitschrift. XVI Der immer mehr wachsende Umfang des Jahrbuchs ver- anlaßte die neuen Herausgeber, jeden Jahrgang von nun ab statt in einem in zwei Bänden erscheinen zu lassen. Der Umfang der Jahrgänge wurde dadurch gerade verdoppelt. Um aber auch größeren und namentlich reichhaltiger illustrierten Aufsätzen Aufnahme gewähren zu können, wurden im Jahre 1881 die Beilage-Bände zum Neuen Jahrbuch ge- eründet, die, unabhängig von der eigentlichen Zeitschrift, in zwangloser Folge herausgegeben werden und die sich in den bisher erschienenen 20 Bänden eine große Reihe von Freunden erworben haben. Es werden hier hauptsächlich die Abhand- lungen veröffentlicht, welche aus den oben angegebenen Gründen nicht so schnell zum Druck befördert werden können und die daher eine Störung im regelmäßigen Erscheinen der Haupt- bände verursachen würden. -Zugleich werden in den Beilage- Bänden größere, durch mehrere Hefte und Bände sich hin- ziehende Publikationen veröffentlicht. Mit dem Jahrgang 1884 legen die Herren BENECKE, KLEIN und ROSENBUSCH die Redaktion des Jahrbuchs nieder, da ihnen ihre Berufsgeschäfte und ihre wissenschaitlichen Arbeiten ferner nicht gestatten, dem Neuen Jahrbuch noch so viel Zeit und Kraft zu widmen, wie dies erforderlich ist. Die Redaktion geht nun im Jahre 1885 an die Herren BAUER, DAMES und LIEBISCH über. Die Teilung der Redaktions- geschäfte wird entsprechend dem bisherigen Modus beibehalten und es übernimmt Prof. BAUER die Redaktion des minera- logischen Teils, während Prof. LIEBISCH die allgemein geo- logische und petrographische Abteilung leitet und Profi. DAMES die Paläontologie, die übrige Geologie und außerdem die Geschäfte des Chefredakteurs übernimmt. Die Teilung des Jahrbuchs und die Anordnung der Referate und Abhandlungen wird wie bisher weitergeführt und auch die Beilage-Bände erfreuen sich einer wachsenden Teilnahme. | XVII Im Jahre 1898 hat das Jahrbuch abermals einen schweren Verlust zu erleiden durch das Ableben von Prof. DAMES. An seiner Stelle übernahm Prof. KOKEN in Tübingen die Redaktion der von ihm redigierten Abteilung; damit erhält die Redaktion die jetzt noch bestehende Zusammensetzung. Stetig hat sich die Zahl der eingereichten Abhandlungen gehoben und die mit dem Ende des letzten Jahrhunderts ins Ungemessene gestiegene Fachliteratur aller Länder brachte eine Steigerung des Referatenumfangs mit sich, die nicht mehr in zwei Bänden alljährlich bewältigt werden konnte. Den erweiterten Ansprüchen mußte auch nach der Richtung hin Rechnung getragen werden, daß kürzere Mitteilungen schnell publiziert werden konnten und daß die Literatur nicht nur alle zwei Monate den Fachgenossen bekannt gegeben wurde. Diese Erwägungen führten dazu, eine Trennung des bisherigen Inhalts in der Weise vorzunehmen, daß die kürzeren Mittei- lungen, sowie die Zusammenstellung der Literatur, die Nekro- loge, die Nachrichten über Versammlungen, die Sitzungs- berichte sowie Autoreferate zu einer besonderen Zeitschrift vereinigt wurden. Diese sollte zweimal monatlich erscheinen und dadurch schnell in die Hände der Interessenten gelangen. Die Hauptbände sollten dann nur noch größere Abhandlungen und Referate enthalten. So erscheint seit dem Jahre 1900 das „Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläonto- logie“ als Beiblatt zum Neuen Jahrbuch. | Auch dieses Organ hat sich seit seinem Erscheinen wachsender Beliebtheit zu erireuen und auch hier gehen von Jahr zu Jahr die Beiträge immer reichlicher ein, woraus zu ersehen ist, daß das Centralblatt einem schon lange vorhanden gewesenen Bedürfnisse entgegenkommt. So sieht das Neue Jahrbuch am Beginne seines zweiten Säakulums mit Befriedigung und mit herzlichem Danke an seine Mitarbeiter auf das vergangene Jahrhundert zurück und XVII hotit auch ferner die Unterstützung zu finden, welche es ihm ermöglicht, im neuen Jahrhundert die Ziele zu erreichen, die es sich seit seiner Gründung gesteckt hat. Die nachfolgenden Zahlen geben ein Bild von dem Anwachsen der Zeitschriitt und damit auch gleichzeitig der geologisch-mineralogischen Literatur im Laufe des verflossenen Jahrhunderts: | Ko U R SHNa LEO Umianozs2pp en ee ee ua : Ber 18231412.b MIR Se. 1200102 Da 1833.07. la „272, oe OB. 0 a ; SS > STORE ETE N RR BR, 1SSOR: uk: Miet ee un LAS ODE rt Se © „ » 16217, Bing 800 „ Beil.-Bd. 1IOSER STE UBER N „ 220411, 9er78 Sad 800 „ Beil.-Bd. F. Frech, Die Hallstätter Kalke etc. 1 Die Hallstätter Kalke bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. Von Fritz Frech in Breslau. Mit Taf. I-VI und 5 Textfiguren. A. Die paläontologische Entwicklung des Hall- stätter Kalkes in der Argolis. Von besonderer Bedeutung für die Auffassung der ganzen südeuropäischen Trias sind die von CARL RENZ im östlichen Peloponnes gemachten Funde. Beim Asklepieion liegen zwischen grünen kieseligen Pietra verde-Tuffen und weißen korallenreichen Dachsteinkalken rote, dünngeschichtete Hornsteine mit Linsen roten Hallstätter Kalkes. Anstehend wurden an der westlichen, den Ruinen des Hierons von Epidauros gegenüberliegenden Talwand 1. die sehr fossilreichen roten Trinodosus-Kalke an- getrofien; dieselben enthalten (vergl. Anmerkung 1 auf p. 2): Ptychites Studeri HAUER gibbus BENECKE (sehr große Exemplare) » opulentus MOJS. ’ domatus HAUER . Suttneri MOJS. (sehr große Exemplare) N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 1 2) - F. Frech, Die Hallstätter Kalke Ptychites flexuosus MOJS. | Ceratites trinodosus MOJS. (determ. C. RENZ) Monophyllites sphaerophyllus FHAUER } e Suessi MOSS. Acrochordiceras undatum ARTH. Arcestes (Proarcestes) extralabiatus MO)S. 5 quadrilabiatus HAUER Staa Sansovinü MOJS. (determ. C. RENZ) „ Mohamedi TOULA Norites gondola MOJS. Procladiscites sp. Gymnites incultus BEYR. (große Exemplare) b Humboldti MO)S. Agamemnonis FRECH Sageceras Walteri MOS. Balatonites ci. Ottonis BEYR. Syringoceras Renzi FRECH carolinum MOJS. Pleuronautilus Mosis M0JS. (determ. C. RENZ) Orthoceras campanile MOJS. - n. SP. Dieses neue Muscheikalkvorkommen! gleicht durchaus den tieferen Schichten von Han Bulog, sowie den Kalken der Schreyer. Alp und Schiechlingshöhe. Die weiteren Auisammlungen von C. RENZ haben noch zahlreiche Arten des unteren Muschelkalks, sowie aber auch der höheren Horizonte ergeben. . „ Fossilärmer sind die Linsen, welche 2, den Behr steiner (F/ungarites arietiformis HAUER, Ceratites (Proteites) labiatus HAUER, Piychites seroplicatus HAUER), Celtites (Reiflingites) intermedius HAUER und 3. den Wengener Schichten (Zobites aberrans MOJS., Daonella Lommeli WISSM. determ. C. RENZ) entsprechen. Fossilreicher dagegen wiederum das Auftreten von 4. Cas- sianer Äquivalenten mit Trachyceras Aon MÜNSTER, IR Fur- catum MÜNSTER (auch unterkarnisch), Tr. (Eremites) orientale ' CARL RENZ, Centralbl. f. Min. etc. 1906. p. 270. — FRITZ FRECH, inid,p. 27. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 3 MOJS., Arpadites (Clionites) Catharinae MOJS. var., Cladis- cites striatulus MOJS. o. Nördlich von dem Fundpunkt der Trinodosus-Schichten, an einem Hirtenlager, traf C. RENZ anstehend teils in dunkel- rotem manganhaltigem, teils in hellerem Kalk zahlreiche Ver- treter der unterkarnischen Hallstätter Zone mit Trachyceras aonoidesan. Einzeln sind Tr. aonoides MOJS. var. fissinodosa MOJS., Tr. Hecubae MOJS., Tr. furcatum MÜNSTER, Pinacoceras Layeri HAUER, Celtites Emilii MOJS., Ceratites Kerneri MOJS. var. graeca FRECH; häufig dagegen kleine Exemplare von Joannites Klipsteini MOJS. und J. cymbiformis \WULF., ferner Megaphyllites Jarbas MÜNST., sowie die bezeichnenden Formen des Arcestes (Proarcestes) Gaytani KLIPST." und A. (Pro- arcestes) ausseanus MOJS. Neben Sirenites Junonis MOJS. findet sich eine einzige, den höheren Hallstätter Kalken eigen- tümliche Art, S. Aeskulapii FRECH. Joannites diffissus HAUER ist ganz besonders bezeichnend und von einer neuen Varietät (var. argolica FRECH), sowie dem nahestehenden J. Salteri MOJS. begleitet. Endlich sind noch Arpadites Ferdinandi MOJS. und Joannites Joannis Austriae KLIPST. mut. nov. compressa zu erwähnen. Einige gut bestimmbare Exemplare des /lalorites (Jovites) dacus MOJS. sprechen auch für eine Vertretung des oberkar- nischen Horizontes. Diese Art, die vereinzelt schon im Niveau des Trachyceras aonoides auftritt, ist sonst hauptsächlich in den Subbullatus-Schichten heimisch. Die mit dem juvavischen (= norischen) Dachsteinkalk beginnende Schichtenfiolge ergänzt also das normale Hall- stätter Profil in sehr wünschenswerter Weise. | Bei Hallstatt sind nur anisische Schreyeralm-Kalke und dann wieder die Äquivalente der karnischen Stufe, sowie ! In den Cassianer und Raibler Schichten der- Alpen vorhanden. I* 4 F. Frech, Die Hallstätter Kalke der ganzen mittleren Obertrias durch die Ammonitenfazies ver- treten. Die Äquivalente der ladinischen Ammonitenfaunen waren bisher von verschiedenen, weit auseinanderliegenden Fundorten bekannt, nämlich: die des Buchensteiner Niveaus von Bosnien und in etwas abweichender Fazies vom Bakonyer Wald, die der Wengener Schichten in den Tridentinus-Kalken des ungarischen Mittelgebirges und des Mte. Clapsavon, die der unteren ! Cassianer Zone, des Trachyceras Aon, nur bei Pozoritta? in der Bukowina. Bis in den östlichen Peloponnes reicht die rein alpine Entwicklung der Trias®. Auf den Osten verweisen aus der griechischen Trias nur vereinzelte Arten: Sfuria Mohamedi TOULA kommt außer an der Propontis auch bei Epidauros vor; auf Indien verweist vielleicht eine neue Gymnites-Art (Gymnites Agamemnonis FRECH), die an den G. Jollyanus OPP. aus dem Himalaya — allerdings auch an bosnische Arten — erinnert. Die interessanten Cephalopoden sind sämtlich von Dr. CARL RENZ gesammelt und mir zur Bestimmung übergeben. Die Arbeit wurde erleichtert durch die freundliche Zu- sendung einiger für den Vergleich wichtiger Originalexemplare von MOJSISOVICS aus der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt. Herr Chefgeologe G. V. BUKOWSKI hatte die Liebenswürdigkeit, in Abwesenheit der Direktion die Zusendung zu bewirken. Ihm gebührt daher mein besonderer Dank. -* Die höhere Seelandalp-Zone hat bisher kaum Ammoniten geliefert. ®? Mit Trachyceras Aon, Tr. furcatum, Tr. orientale und Arpadites Catharinae. ° Es spricht für die außerordentliche Sorgfalt der Ammoniten-Mono- graphien von E. v. MoJsısoVvIcs, daß an dem neuen, sechs verschiedene Horizonte umfassenden Fundort nur drei neue Arten neben einigen wenig abweichenden Varietäten vorkommen. Der Nachweis der Übereinstimmung konnte durch direkten Vergleich erbracht werden. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 'STOW SNIDpP (Ssa7100f) sop4opwy yaınp Pmapaduy , "WOSUMIPNSIYUN AD9UTDUIL PueIS UOSNNAL 1USP UDeN ı 11I2IS9S}S3} YDSISOJOJuoRTed Yıpıı y9ou seuonun | | | | (Oyfey-snsopoun]) ( Sale 9 S1Soy snpmou Ser: mL Sun |-Oma]d ‘munos TEE -UDS DIMIS ‘SNSOP Sec -OU14] 8241304257 ul 2 0 (ne3AIN 9U19]S Sr = (uopYy -UOyang) STWu10[17 Be = LOALIIIPIOU -2110 Sa1110 Jun yııl < Senken ‘oJeL og) (ayuspeamby jez Aa = | :(oso10d PuadwnyN) mu 1 SE5 5 | | v1odordiq) -WOT vmoeuovg wur 3, Bao“ | Syfeyuaıod (u2} Ia 358 5 -ofdıqagiam -IIUIS J9UEISSE)) Se=\ i T- =: "[JeIsLIyqJeH UOY SVA139Ny90A] Ju 8 = S1JU3110 X vuvıssv9‘g "vIV1A1A7S 7 nen nn Sir DIPISAW vjouovg “wq4adns | SSDIETIE. 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Es genügen daher die oben angeführten Namen, sowie die Abbildungen einzelner charak- teristischer Formen, wie Pfychites gibbus BEYR., P. domatus HAUER, P. opulentus MOJS.', Sturia Mohamedi und St. San- sovinü?. | Nur wenige neue Arten erheischen eine kurze Beschreibung: Gymnites Agamemnonis FRECH. ar] 51026217 Die ganz besonders mühsame Präparation der stark zer- schlitzten Loben an dem kleinen — bislang einzigen — Exemplar ergab, daß die neue Art zwar ein Gymnites ist, aber nicht in die Nähe des mit Adventivelementen versehenen Buddhaites gehört (wie ich zuerst annahm). Vielmehr be- stehen Beziehungen zu dem indischen Gymnites Jollyanus OPP., der ein ähnlich gestaltetes Gehäuse mit offenem Nabel aber abweichender Skulptur und schmalerem Rücken aui- weist. Ferner ist der bosnische G. subcelausus HAUER ähnlich, an dem jedoch der fest geschlossene (subelausus) Nabel einen guten Unterschied abgibt. ‘ Die Abbildung des Pf. opulentus wurde deshalb gegeben, weil das — besonders gut erhaltene — griechische Exemplar in der Größe gerade die Mitte bildet zwischen den Abbildungen von MOJSISOVICS Taf. 73 Fig. 2 und 4 (vergl. Cephalopoden der mediterranen Trias-Provinz). Die Ptychiten sind übrigens auch die einzigen Formen, welche an Größe hinter den alpinen Exemplaren nicht zurückstehen. ° Die nähere Beschreibung von Sfuria Mohamedi und St. Sansovinii ist in F. FRECH „Über die Ammoniten des von Dr. CARL RENZ bei Epi- dauros entdeckten unteren alpinen Muschelkalkes“ (Centralbl. i. Min. etc. 1906. p. 273) gegeben. Die Lobenlinien sind nochmals auf Tafel-Erklärung I (Fig. 9a und 9b) abgebildet. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 7 Die Sutur zeigt ganz außerordentlich zahlreiche Elemente ‘und starke Zerschlitzung bei geringer Gesamtgröße der Um- gänge, ferner eine sehr gleichmäßige Abnahme der Größe der Elemente nach dem Nabel zu. Die Sutur verläuft gerade. Die Innensutur, von der Teile auf dem kleinen völlig ge- kammerten Kern sichtbar sind, ist der Außensutur ungemein ähnlich. Vorkommen: Asklepieion, 1 Exemplar. Hellroie Tri- nodosus-Kalke. Syringoceras. Syringoceras carolinum MOJS. rar 121022. Syringoceras carolinım MOJS., Ceph. Medit. Trias p. 287, Taf. 83 Fig. 1. Die verhältnismäßig hochmündige Form (Querschnitt siehe unten Textfig. 2) stimmt gut mit den zitierten, auf der Schreyer Alm (Goisern) gefundenen Exemplaren überein. Die Anwachsstreifen mit dem tiefen Rückenausschnitt stim- men ebenfalls genau überein. Die Längsstreifen sind — wohl nur infolge der besseren Erhaltung des gezeichneten Exemplares — deutlicher als auf der Abbildung von MOJSISOVICS. Der Innenlobus und der über der halben Mündungsbahn liegende Sipho ist deutlich sichtbar. Vorkommen: Asklepieion, Trinodosus-Schichten (1 Exem- plar), Schreyer Alm und Han Bulog (FR. V. HAUER, Cephalo- poden der bosnischen Muschelkalke p. 13). Syringoceras Renzin. sp. (FRECH!) TarslEiost. Die neue Art ist eine typische Zwischenform des S. caro- linum (s. oben) und des S. Lilianum MOJS. N Trias 9:32.86, Tai. 2 Fig. 3, 4). " Zu Ehren des Entdeckers des wichtigen Fundortes genannt. 8 F. Frech, Die Hallstätter Kalke Die gerundete Form des Querschnittes erinnert an S. caro- linum, die breite Form der langsam anwachsenden Windungen an S. Lilianum. Die Skulptur, aus Längsstreifen und An- wachsstreifen bestehend, stimmt in der Grundanlage mit beiden Arten, im einzelnen mehr mit S. Lilianum überein. Den m ar a 5 la lb Fig. la u. b. Syringoceras Renzi FRECH. Asklepieion. Rote Trinodosus- Kalke. — Fig. 2. Syringoceras carolinum MOJs. Ebendaher. Unterschied stellt die walzenrunde nicht vierseitige Form des Querschnittes dar. Von S. carolinum (Fig. 2) unterscheidet sich die neue Art noch durch die bedeutende lichte Weite der zentralen Perioration. Der Anfang der Windungen ist deut- lich symmetrisch — nicht wie bei vielen Ammoneen asym- metrisch. Vorkommen: Trinodosus-Schichten, Asklepieion. II. Arten der Bulog-Kalke und der Buchensteiner Schichten. Oberer Muschelkalk (= untere ladinische Stufe). Nur wenige Arten, die offenbar einer nur gelegentlich auigeschlossenen Linse entstammen, deuten auf ein wahr- scheinlich über der eigentlichen Trinodosus-Zone liegendes Niveau hin, d. h. die folgenden zwei Arten von Ceratites und Ptychites sind nur aus Bosnien, //ungarites arietiformis (Judicarites) außerdem noch aus den Kalken mit Trachyceras bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 9 Reitzi aus dem Bakony bekannt. Diese drei nur durch je ein Exemplar vertretenen Ammoniten gehören erst den späteren Aufsammlungen an, so daß ich anfangs keine besonders nähere Beziehungen zu Bosnien anführen Konnte. Von den früheren Bestimmungen ist wahrscheinlich Celtites (Reiflingites) inter- medius ebenialls als ein bosnischer, d. h. vielleicht als jüngerer Typus anzuführen. Proteites labiatus HAUER sp. (Ceratites). Taf. II Fig. 4. Ceratites labiatus HAUER, Cephalopoden aus der Trias von Bosnien. 11. DElg: Taf 5 Kıe, 1. C. DIENER hat wohl mit Recht darauf hingewiesen !, daß die weit umhüllende Schale mit stark aufigeblähten Arcestes- ähnlichen inneren Kernen und einer egredierenden Schluß- windung, ceratitischen Loben, kurzer Wohnkammer, Loben auf den Jugendwindungen und Radialialten mit Nabelknoten auf der Schlußmündung ein besonderes Genus kennzeichnen. Dem als Proteites (früher inkorrekt Proteusites) bezeich- neten Genus hat E. PHILIPPI die Gruppe des bosnischen Cera- fites decrescens HAUER angegliedert. An der Übereinstimmung des einen vorliegenden Exem- plares mit Ceratites labiatus HAUER kann kein Zweifel bestehen. Vorkommen: Asklepieion, lose. Ptychites seroplicatus HAUER. Tara 1 E19, 3 ulSD. Ptychites seroplicatus HAUER, Cephalopoden der bosnischen Muschel- kalke. II. Denkschr. Wien. Akad. Taf. 12 (59) Fig. 2, bezw. Taf. 13 (60) Bios. Zu den interessantesten Vorkommen der neuen Aufsamm- lungen bei Epidauros gehören die wenigen bezeichnenden Vertreter der bosnischen Muschelkalkfauna. 1 Systematik der Ceratitiden des Muschelkalkes. Sitz.-Ber. k. Akad. d. Wiss. 114. (1905.) p. 37. 10 F. Frech, Die Hallstätter Kalke Das abgebildete Exemplar unterscheidet sich eigentlich nur durch etwas geringere Größe bei gleicher Entwicklungs- höhe von der Abbildung auf Taf. 13 (60) bei FR. V. HAUER. Das unregelmäßige Wachstum ist in den treppenförmig ab- gestulten inneren Umgängen wahrnehmbar. Die Falten sind sehr undeutlich. Der Habitus erinnert ganz auffällig an den devonischen Anarcestes plebeius BARR. Vorkommen: Oberer Muschelkalk (Bulog-Kalke). As- klepieion. 1 Exemplar. FHungarites arietiformis HAUER (Judicarites). Taf. I Fig. 4. Hungarites arietiformis FRECH, Neue Triascephalopoden des Bakony Tara rkicea pin: Ein kleines, lose am Asklepieion gefundenes Stück stimmt mit dem von mir gelundenen und abgebildeten Original aus Ungarn sowie den bosnischen Stücken gut überein, trotzdem die Durchschnitts- sröße viel geringer is Diane charakteristische, mit Ariefites konver- gierende Gruppe findet sich demnach 1. in Griechenland, 2. in Bosnien, 3. in Montenegro', 4. bei Prezzo in Judicarien, 5. endlich in den sicher als unterladinisch Fig. 3. Hungarites arieti- (Reitzi-Kalk) zu bezeichnenden Kiesel- formis HAUER. Askle- kalken am Plattensee. Es ist also nicht et ganz zutreffend, wenn C. DIENER er- wähnt, daß „Judicarites (Gruppe des Balatonites arietiformis) außerhalb des judicarischen Triasgebietes kaum jemals an- getroffen worden ist“. Auch abgesehen von dem neuen Vor- kommen waren 1905 schon drei weitere Vorkommen bekannt. ı A. MARTELLI, II Livello di Wengen nel Montenegro meridionale. Boll. soc. geol. italiana. 1904. p. 323. Die Unrichtigkeit der Bezeichnung „Wengener Horizont“ (statt Buchenstein oder oberer Muschelkalk) moniert C. DIENER mit Recht. bei Epidauros (Argolis) und ihre .Cephalopoden. 11 Ill. Als einziger Wengener Ammonit der Zone des Trachyceras Archelaus findet sich Lobites? aberrans MO)S. Bar I1Biol 2a 2b: Lobites? aberrans MOJS., Cephalopoden der mediterranen Trias. Taf. 82 Bier210 04 179: Die absolute Identität mit diesem aus Corvara und Wengen beschriebenen Ammoniten geht aus dem Vergleich mit der Abbildung hervor. Sogar die Größenverhältnisse und die gute Erhaltung des dicken, vorgezogenen Mundsaumes stimmen überein. Die Mündung ist wie bei Prolobiten und Lobiten verengt; Schaleneinschnürungen sind deutlich sichtbar. Leider konnte ich — ohne Zerstörung des Unikums — nichts über die inneren Windungen und die Sutur feststellen und somit auch keine Beiträge zur paläontologischen Kenntnis der seltenen Art beifügen. Zu den drei bisher aus Südtirol bekannten Exemplaren (Wengen und Corvara) tritt das vorliegende (Asklepieion, lose) als viertes hinzu. Eine Vertretung des Wengener Horizontes wird weiter durch das Vorkommen von Daonella Lommeli WISSM. gewährleistet, die bereits Herr CARL RENZ aus Epidauros bestimmt hatte. IV. Die Linse der Cassianer Schichten mit Trachyceras Aon. Trachyceras Aon MÜNST. are Bio Bei Trachyceras Aon MÜNST. s. str. ist lediglich die voll- kommene Übereinstimmung mit der typischen, sonst wenig ver- breiteten Art der Stuores-Wiese bei St. Cassian zu Konstatieren. Ein großes und ein kleines Exemplar stimmen mit den zahlreichen von mir s. Z. in Südtirol gesammelten Stücken gut überein. Ich lasse das große Exemplar deshalb abbilden, 1102 F. Frech, Die Hallstätter Kalke weil auch bei MOJSISOVICS! so große Stücke des Trachy- ceras Aon noch nicht gezeichnet sind. Indessen stimmt — wie der Vergleich zeigt — das große argolische Exemplar sogar in den geringsten Einzelheiten der Skulptur mit Tiroler Frag- menten von ähnlicher Größe (Fig. 1b) überein. Der geringe Unterschied besteht nur in der Erhaltung. Das Cassianer Bruchstück ist flachgedrückt, das griechische Exemplar zeigt natürliche Wölbung. Noch ähnlicher sind kleine Exemplare des Aon-Stadiums (MOJSISOVICS, 1. c. Taf. 21 Fig. 17). Höchstens könnte man sagen, daß das Aon-Stadium in Griechenland etwas früher erreicht wird, als bei den Stuores-Stücken. Vorkommen: Asklepieion. 2 Exemplare, lose gefunden. Außerdem St. Cassian und Pozoritta. Das gleiche, d. h. die vollkommene Übereinstimmung mit den bei St. Cassian oder Pozoritta beschriebenen Arten eilt für Trachyceras (Eremites) orientale MOJS. Nein WI ENE &% Trachyceras (Eremites) orientale MOJS., Cephalopoden der mediterranen mass arrol Eier29 5 p102 Die einfache, an Celtites erinnernde Sutur, die MOJSISOVICS von dem Hallstätter Zremites crassitesta DITTM. beschreibt, konnte auch an dem vorliegenden Exemplar nachgewiesen werden, ist aber nicht sonderlich gut erhalten. Ob Zremites als ein Seitenzweig von Protrachyceras mit rückgebildeter Skulptur oder als eine Celtites-Gruppe mit einer im Anfang zu Trachyceras konvergierenden Skulptur zu deuten sei, kann nur durch größeres Material entschieden werden. Man könnte höchstens als Unterschied von der zitierten Abbildung hervorheben, daß das Exemplar vom Asklepieion ! Cephalopoden der mediterranen Trias. p. 129. Fig. 21. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 13 die kräftige Berippung etwas länger beibehält als das Buko- winaer Stück (l. c. Taf. 31 Fig. 5). Vorkommen: Asklepieion, lose (1 Exemplar) und Pozo- ritta, Bukowina. Cladiscites striatulus MÜNST. Karelekiers lrarun TED: Cladiscites striatulus MOJS., Cephalopoden der mediterranen Trias. Taf. 48 Fig. 5, 6. p. 174. Der einzige Unterschied, den das vorliegende große Exem- plar von der zitierten Abbildung (6) zeigt, ist der sehr deutlich bogenförmige Verlauf der Sutur. Das Merkmal wird wohl im Text hervorgehoben, kommt aber auf der Abbildung 6 bei MOJSISOVICS nicht hinlänglich zum Ausdruck. Auch ist bei dem einen vorliegenden Stück die Zahl der Hilfsloben (8—9) größer als bei Fig. 6. Doch beruht dieser Unterschied un- bedingt nur auf der bedeutenderen Größe. Ich kann die Identität der griechischen und der Pozorittaer Form mit um so größerer Sicherheit,behaupten, als mir das freundlichst geliehene Originalexemplar von MOJSISOVICS zum Vergleich vorliegt. Vorkommen: Asklepieion, lose, 1 Exemplar. Außerdem bei St. Cassian und Pozoritta. Arpadites. Subgenus Clionites. Arpadites (Clionites) Catharinae MOJS. var. | Taf. III Fig. 4a—d. Arpadites (Clionites) Catharinae MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. Taf. 145 Fig. 4. = Trachyceras acutocostatum KLIPST. ex parte var. Trachyceras acutocostatum MOJS., Cephalopoden der mediterranen Trias. Taf. 30 Fig. 14 (non Taf. 24 Fig. 32, 33). Bei der neuerlichen Beschreibung des nordalpinen Arpa- dites Catharinae spricht MOJSISOVICS seinen Zweifel aus, ob der sehr viel kleinere Cassianer Ammonit 7. acufocostatum wirk- 14 F. Frech, Die Hallstätter Kalke lich ident sei mit der größeren Form von Pozoritta (Bukowina)!. Jedenfalls steht aber — nach Untersuchung der obigen Original- exemplare — so viel fest, daß Arpadites Catharinae MOJS. vom Feuerkogel ident ist mit Trachyceras acutocostatum von Pozo- ritta. Ich wende also denjenigen Namen an, der der Form der Nordalpen zukommt. .Von beiden unterscheidet sich ein ziemlich großes griechisches Exemplar durch etwas stärkere Vorbiegung der Rippen auf der Außenseite. Doch ist die Verschiedenheit, welche den beiden Originalexemplaren von MOJSISOVICS eine etwas deutlichere Sichelkrümmung der Rippen verleiht, so unerheblich, daß ich das griechische Exemplar nur als „var.“ bezeichnen möchte. Daß alle drei zu Arpadites bezw. der Untergattung Clionites gehören, geht aus der gut erhaltenen Sutur des griechischen Exemplars hervor. Das eine Exemplar vom Asklepieion ist lose gefunden; die typische Art kommt sowohl in den Cassianer (Pozo- ritta), wie in den unterkarnischen Schichten (Feuerkogel) vor. Das Alter des epidaurischen Stückes ist also durch weitere Funde zu bestimmen oder die Art ist oberladinisch und unter- karnisch. Ebenso wie Arpadites (Clionites) Catharinae geht auch Trachyceras furcatum (p. 29) aus den Cassianer Schichten in die karnische Stufe hinauf. Das Vorkommen von mehreren, beiden Stufen gemeinsamen Arten ist bei der gleichen Fazies- entwicklung am Asklepieion nicht auffällig. Doch läßt sich naturgemäß im einzelnen Falle schlecht entscheiden, ob eine bestimmte Art bei Epidauros etwas älter oder etwas jünger sei. ı Nach Vergleich der beiden Cassianer Exemplare mit Arpadites Catharinae und Trachyceras acutocostatum von Pozoritta ist die Frage dahin zu beantworten, daß die Ähnlichkeit der drei Formen auf einer Konvergenzausbildung der Skulptur in den mittleren Umgängen beruht. Diese sind bei Tr. acutocostatum s. str. und Arpadites Catharinae gleich; dagegen zeigen die innersten Umgänge des Trachyceras zahlreiche gedrängt stehende scharfe Rippen, während bei dem Arpadites kaum halb so viel Rippen von weniger kräftiger Ausbildung wahrnehmbar sind. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 15 V. Die unterkarnischen Aonoides-Schichten. (Julische Unterstufe, Zone des Trachyceras aonoides.) Die vorwiegend dunkel, z. T. hellrot gefärbten Kalke dieser Stufe sind am Asklepieion, wie in der Gegend von Aussee ganz erfüllt mit arcestoiden Ammoniten, neben denen Trachy- ceren seltener auftreten; auch verwandte rauhschalige Formen erscheinen nur in vereinzelten Exemplaren (Sirenites etc.). Die allgemeine Zusammensetzung der griechischen Fauna ent- spricht somit ganz der des Röthelsteins; auch das rote, am Hirtenlager (nordwestlich des Asklepieions) anstehende Gestein ist mit seinen Manganhäutchen ähnlich dem der entsprechenden alpinen Kalklinsen. Petrographisch wäre höchstens das Vor- kommen kieseliger Partikelchen als Unterschied hervorzuheben. Unter den Arcestiden ist ebenfalls, wie am Röthelstein, die Gattung Joannites (mit 6 Arten) am häufigsten. In annähernd gleicher Zahl erscheint Arcestes (bezw. Proarcestes), und auch Megaphyllites Jarbas MÜNSTER ist häufig. Dagegen wurde Trachyceras aonoides MOJS. und Tr. Flecubae MOJS. nur in je zwei bezw. in je einem Exemplar gefunden. Sirenites Aesculapiü n. sp. (aff. striatofalcatus) liegt in zwei, das Bruch- stück eines Pinacoceras Layeri HAUER ebenfalls nur in je einem Exemplar vor. Als einzigen Unterschied gegenüber dem Salzkammergut ist die durchschnittlich geringere Größe der Ammoniten hervor- zuheben. Formen von 10—20 cm Durchmesser sind nicht einmal in Bruchstücken vorhanden und die nur bis 8 cm eroßen Exemplare der häufigen Joanniten zeigen last aus- nahmslos den Beginn der Wohnkammer, entsprechen also kleinen Individuen. Abgesehen von diesen Größendifferenzen ist jedoch nur bei zwei Formen ein untergeordneter Speziesunterschied gegen- über Hallstätter Exemplaren wahrzunehmen. Mir steht von dort ein reiches Vergleichsmaterial zur Verfügung, das z. T. 16 F. Frech, Die Hallstätter Kalke noch eine Originalsendung FR. V. HAUER’s an FERD. ROEMER umfaßt. Z. T. habe ich die Stücke bei Hallstatt selbst ge- sammelt, z. T. rühren sie von einer größeren Suite her, die 1895 unter Aufsicht von E. V. MOJSISOVICS zusammengebracht wurde und dessen Fundorts- und Horizontbezeichnungen trägt. Hierzu kamen noch einige Originalexemplare von E. V. MOJSISOVICS, die mir durch liebenswürdige Vermittlung von G. V. BUKOWSKI von der Direktion der k. k. Reichsanstalt zugesandt wurden. Die Übereinstimmung der Formen und des Gesteins ist so groß, daß ich bei dem Vergleich nur mit signierten Exem- plaren arbeiten konnte, da sonst Verwechslungen leicht mög- lich gewesen wären. ! Megaphyllites MOJS. (1878) 1882. (Parapopanoceras E. HAUG e. p.) Die Gattung Megaphyllites wurde 1882 in den Cephalo- poden der mediterranen Triasprovinz p. 190 von MOJSISOVICS ausführlicher begründet und zu den Pinacoceratiden gestellt; sie umfaßt „hochmündige, ungenabelte Formen mit abgerun- detem Externteil, glatter Schale, sehr stark entwickelter Epi- dermoide und kräftigen Leisten auf der Innenseite der Wohn- kammer“. „Wohnkammer 2-Windung, Mundsaum mit einem Extern- lappen weit vorspringend.“ „Loben an Monophyllites erinnernd. Sattelköpie iast kreisrund auf schmalem Stiel. Externsattel bei den mittel- triadischen Arten niedriger als der erste Lateral, bei den ober- triadischen Formen gleich hoch.“ Zwanzig Jahre später betrachtet derselbe Forscher ' die- selbe Gattung — entschieden zutreffender — als eine beson- " Supplement zu den Cephalopoden der Hallstätter Kalke. p. 314. (Haupttext p. 47. Taf. 19 und 20.) bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 7 dere, unmittelbar vor den Lytoceratidae (bezw. Phylloceratidae) einzureihende Gruppe, hebt jedoch hervor, daß die Gattung ohne Nachkommenschafit ausstirbt und keinesfalls als Stamm- sippe der Gattung Phylloceras angesehen werden dürfe. Soweit die jüngsten, der obersten Trias (alaunisch-sevatische Unter- stufe) angehörenden Formen mit den eigentümlichen ring- förmigen Eindrücken in Betracht kommen (Taf. 19, 20 1. c.), handelt es sich jedenfalls um eine ohne Nachkommen aus- sterbende Gruppe. Doch steht anderseits Monophyllites MOJS. (l. c. p. 204) der Gattung Megaphyllites verwandtschaftlich sehr nahe; die Unterschiede der Skulptur, das Fehlen der Epidermoide, die abweichende Entwicklung der Sutur! wurden von MOJSISOVICS zutreffend betont. Trotzdem halte ich beide für nah zusammen- gehörige, vom gleichen Ausgangspunkt, d. h. von Popano- ceras ausgehende Äste. Megaphyllites ist die ursprünglichere, von Popanoceras s. str. nur durch stärker zerschlitzte Loben- linie und die Entwicklung der Ringiurchen unterscheidbare Form. Auch der offene Nabel bei Popanoceras bildet einen Unterschied. Die Länge der Wohnkammer zeigt bei Popanoceras und Megaphyllites dieselben geringfügigen graduellen Unterschiede, wie die Sutur. Popanoceras hat eine Wohnkammer von einem, Mega- phyllites eine solche von $ Umgang. Popanoceras wächst langsam, Megaphylliten (und Monophylliten) nehmen an Wohnkammerinhalt etwas rascher zu; daher ist die Wohn- kammer kürzer. Die Nebeneinanderstellung von Megaphyllites und Mono- phyllites ist in der neuesten Auflage von ZITTEL’s Elementen ! „Die Loben von Monophyllites unterscheiden sich durch blatt- förmige Endigung der größeren Seitenäste und das alternierende Auftreten von größeren und kleineren Seitenästen und Lobenzacken.“ N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 2 18 F. Frech, Die Hallstätter Kalke (p. 435—440) richtig, die Zurechnung der beiden Gattungen Popanoceras und Cyclolobus zu einer Familie Cyclolobidae ist weniger glücklich. Wenn STEINMANN! dagegen Mega- phyllites einiach als Subgenus von Phylloceras aufiaßt, so würde das auf Monophyllites Bezug haben, verrät aber immer- hin eine zutreffendere Beurteilung der Sachlage, als die Kreirung einer „Familie“. Ich fasse Popanoceras mit dem unmittelbar anschließen- den Megaphyllites als Stammiorm der Arcestidae einer- seits, der Phylloceratidae anderseits auf. Diese Stammform als besondere „Familie“ zwischen Gastrioceras— Agathiceras einerseits und den etwas weiter differenzierten triadischen Gattungen anderseits einzuschieben, wäre unübersichtlich. Es ergibt sich das folgende Bild: Juvavisch (= norisch) (Tiefere Trias — Kar- Megaphyllites Mono- __ Phyllo- (Kalnisch) nisch) (inkl. Parapopanoceras phyllites ceras und exkl. Dienerites) 7 (Rhacophyiites) Dyas Popanoceras ... E. V. MOJSISOVICS weist mit Recht darauf hin?, daß die von E. HAUG als Parapopanoceras abgetrennten Formen aus Spitzbergen zwei Gruppen umiassen: a) mit normaler Wohnkammer: Parapopanoceras HAUG et MOJS. s. str. Typ. P. Alyatti MOJS,., b) mit anormaler (niedergedrückter, d. h. mit Zobites- ähnlicher) Wohnkammer: Subgen. Dienerites MOJS. Typ. D. Verneuili. Ich halte allerdings dafür, daß in Form und Sutur die Gruppe a) von Megaphyllites überhaupt nicht verschieden ist — wofern man nicht das Vorkommen der Ringiurchen als Unterscheidungsmerkmal ansehen wollte. Falls man die nicht " Paläontologie. 2. Aufl. 1903. p. 310. ? Supplement zu den Cephalopoden der Hallstätter Kalke. p. 258. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 19 allzu divergente Form der Wohnkammer als Unterscheidungs- merkmal ansehen wollte, ständen für b) zwei Untergattungs- namen zur Verfügung, nämlich: 1. Parapopanoceras HAUG em. MOJS., Typ. P. Verneuili, und 2. Dienerites MOJS. Der letztere Name ist also wohl unnötig. Megaphyllites Mo)s. Megaphyllites Jarbas MÜNST. Taf. IV Fig. 1a—d. Megaphyllites Jarbas MOJS., Supplement zu den Cephalopoden der Hall- stätter Kalke. I. p. 314. (Hier auch die übrige Literatur.) Auch diese bezeichnenden, am Asklepieion ziemlich häufigen Schalen stimmen mit den alpinen Stücken vollkommen überein und bleiben nur —- ähnlich wie die Joanniten — an Größe etwas zurück. Das Originalexemplar des Megaphyllites cf. Jarbas vom Raschberg (MOJS., Taf. 19 Fig. 10) liegt mir zum Vergleich vor und zeigt vollkommene Übereinstimmung. Aber auch das Cassianer Original (Medit. Trias, Taf. 593 Fig. 7) stimmt mit den griechischen, wie den Raschberger Stücken überein, so daß das „ci.“ entsprechend der späteren Anschauung von MOJSISOVICS zu streichen ist. Vorkommen: 5 Exemplare am Asklepieion. Die Art gehört sonst zu den verbreitetsten Arten der Cassianer Schichten (Stuores-Wiese, Pozoritta) und der kar- nischen Stufe. In der letzteren kommt sie in der Linse mit Trachyceras austriacum des Feuerkogels und den Sudbbullatus- Schichten auf dem Raschberg bei Goisern, ferner in den Blei- berger Mergeln mit Carnites floridus und dem obersten Wetter- steinkalk der Karawanken (von Unterpetzen in Kärnten) vor. Arcestes. Subgenus Proarcestes. Sutur geradlinig. Form der Wohnkammer und der Mün- dung mit den inneren Umgängen übereinstimmend. DEE 20 F. Frech, Die Hallstätter Kalke Arcestes (Proarcestes) Gaytani KLIPST. Taf. IV Fig. 6. Arcestes (Proarcestes) Gaytani MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. Taf. 58 Fig. 1—.3. Die Art läßt sich an den flachen, an Cladiscites erinnernden Seitenflächen, dem deutlichen Nabel und dem Fehlen von äußeren und inneren Wülsten leicht erkennen. Zwei Exemplare von Mittelgröße (ca. 6—8 cm) stimmen mit den entsprechend großen Hallstätter Stücken zum Ver- wechseln überein und zeigen eine sehr gut erhaltene, ziemlich komplizierte Sutur. Eine Anzahl (7) kleiner, kugeliger Kerne sind spezifisch nicht ganz sicher bestimmbar, dürften aber mit großer Wahr- scheinlichkeit ebenfalls hierher gehören. Vorkommen: AÄAnstehend am Hirtenlager nordwestlich des Asklepieions, bei Hallstatt in den Kalklinsen mit Trachy- ceras aonoides und Tr. austriacum, sowie in den Cassianer Schichten. Zum Vergleich lagen verschiedene alpine Exemplare, u.a. Originalabgüsse von KLIPSTEIN und Originalzusendungen von FR. V. HAUER vor. Arcestes (Proarcestes) ausseanus MOJS. Taf. IV Fig. 5. Arcestes (Proarcestes) ausseanus MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. I. Taf. 51. Fio!1,) 4, Ta 58, Eig. 287 3% Die vorliegende Art gehört zu den kugeligen Formen und ist durch je zwei kräftige Schalenverdickungen aui je einem Umgang gekennzeichnet. Die Schale ist genabelt. Zum Vergleich liegt ein gut erhaltenes Stück vom Sandling bei Alt-Aussee vor. Die recht zahlreichen (9), am Hirtenlager (nordwestlich des Asklepieions) gefundenen Stücke bleiben ähnlich, wie die Joanniten an Größe durchgehends hinter den alpinen Exemplaren zurück. Von letzteren ist besonders bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 9 ein von FR. V. HAUER an FERD. ROEMER gesandtes Stück wegen der Übereinstimmung mit den griechischen Stücken erwähnenswert. Vorkommen:BeiHhallstatt, Zone des7rachyceras aonoides. Joannites Mo,s. Mit zweigeteilten Sätteln, gebogener Suturlinie (wie bei Cyclolobus) und Labialwülsten. Die Wohnkammer ist 1+ Um- gänge lang. Die Unterscheidung der Arten erfolgt nach der Zahl der Labialwäülste: Zweitieieingesenkte Labialwülste aul einem Umgang, die auch äußer- liche Einschnürungen bedingen . J. diffissus HAUER, J.SalteriMOJS.u. Var. Zwei wenig eingesenkte (äußer- lich nicht sichtbare) Labialwülste J. Joannis Austriae KLIPST. Pregkabialwülsie 7. .,.. 2... Jıeymbiformis KLIPST. Dre bien Tabialwülste © . . .J. Klipsteini MOJS. Man kann die Formenreihe des J. diffissus, bei der die Labialwülste auch äußerlich Einschnürungen der Schale be- dingen, unterscheiden von der Reihe des J. Joannis Austriae, bei der die inneren Wülste sich auf der Außenseite der gut erhaltenen Schale nicht abheben. a) Formenreihe des Joannites diffissus. Joannites diffissus HAUER sp. Taf. IV Fig. 3. Ammonites diffissus HAUER, Nachträge zur Kenntnis der Cephalopoden- fauna der Hallstätter Schichten. Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wiss. in Wien. 41. p. 144. Taf. 4 Fig. 11—18. 1873. Arcestes diffissus MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. 1. p. 86. Taf. 60 Fig. 1—23. 1902. Joannites diffissus MOJS., ibid. Supplement. p. 277. 99 F. Frech, Die Hallstätter Kalke Die durchgehends — auch bei Hallstatt — kleinen Schalen zeigen zwischen den zwei tiefen Labialwülsten eine seitliche Anschwellung der Umgänge, die bei gut erhaltenen Exem- plaren sehr deutlich hervortritt. Maße siehe unten. Eine der häuligeren Formen: 4 Exemplare anstehend am Hirtenlager nordwestlich des Asklepieions. Vorkommen außerdem am Röthelstein in der Linse des Lobites ellipticus, sowie in den Cassianer Schichten bei St. Cassian, Süd-Tirol. Joannites diffissus var. nov. argolica. Taf. IV Fig. 4a—c. Obwohl die unten angeführten Dimensionsverhältnisse des größten und kleinsten Durchmessers innerhalb eines Um- gangs keine allzu großen Unterschiede zwischen Varietät und Hauptiorm erkennen lassen, prägen sich solche doch deutlich, und zwar schon in den inneren Umgängen aus. Entsprechend der rundlichen, nur wenig verlängerten Schalengestalt der Hauptiorm ist auch die Nabelöfinung rund und nur wenig verlängert; bei der Varietät ist die Nabelöfinung stark ver- längert, und zwar diagonal zum Verlauf der einander gegen- überstehenden Einschnürungen. Die Dimensionen der Hauptiorm und der Varietät sind folgende: Größter Kleinster Durchmesser innerhalb eines Umgangs Joannites diffissus, typ. Exemplar a) 29 mm 25 mm R bh) A209 19 o) RD 16,75 „ var. argolica, Exemplar a 24,5 mm 20,5 mm DM ARD - 18 Vorkommen: Unterkarnische, dunkelrote, mangangelärbte Kalke. Anstehend am Hirtenlager unfern des Asklepieions bei Epidauros. 3 Exemplare. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 93 Joannites Salteri MOJS. Tas IV Rier2 ac. 1873. Arcestes Salteri MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. I. p. 87. Tal o0rEigr D. 1902. Joannites Salteri MOJS., ibid. p. 277. Wie am Röthelstein im Salzkammergut, so begleitet auch in der Argolis der kugelige Joannites Salteri den schlankeren J. diffissus. Die geringe Verschiedenheit des größten und kleinsten Durchmessers erinnert an die Hauptfiorm. Der Nabel ist, wie schon MOJSISOVICS betonte, verhältnismäßig weiter, und wie bei der var. argolica verlängert. Die Verlängerung ist auch hier diagonal zur Richtung der beiden Einschnürungen orientiert. Die Tiefe der Einschnürungen nimmt mit dem Alter ab. Vorkommen: Hirtenlager beim Asklepieion. 2 Exemplare. b) Formenreihe des Joannites Joannis Austriae. - Joannites Joannis Austriae KLIPST. var. nov. compressa. Vergl. Arcestes Joannis Austriae MOJS., Gebirge um Hallstatt. p. 83. Taf. 64. Der Besitz von nur zwei Labialwülsten unterscheidet die Art von Joannites cymbiformis (mit 5) und J. Klipsteini (mit 4 Wülsten). Die Untersuchung kleiner Exemplare ergibt außer- dem bei J. Joannis Austriae ein regelmäßig gerundetes Ge- häuse, während bei dem dreiteiligen J. cymbiformis eine Neigung zur Dreiteiligkeit der Schale wenigstens bei jungen Exemplaren sichtbar ist. ‚Ein einziges am Hirtenlager unweit des Asklepieions ge- fundenes Exemplar zeigt die bezeichnenden zweigeteilten Sättel der Gattung. Die Erhaltung ist nicht sonderlich günstig; es konnte nur ein schwach nach vorn gekrümmter Labialwulst freigelegt werden. Es bleibt somit die Möglichkeit, daß eine neue, nur durch einen Labialwulst ausgezeichnete Joannites- Art vorliegt. Doch erscheint es zunächst naheliegender, das einzelne Stück als Varietät von J. Joannis Austriae zu bezeichnen. Dal F. Frech, Die Hallstätter Kalke Von drei gleichgroßen Bukowinaer Exemplaren ! unterscheidet zich das griechische Stück durch einen im ganzen wesentlich flacheren, komprimierteren Querschnitt, sowie durch Ver- schmälerung der Externseite. Fig. 4. Joannites Joannis Austriae. Fig. 5. Joannites Joannis Austriae Pozoritta. Originalbestimmung von mut. compressa FRECH. Unterkar- Mossisoviesy EP. nisch. Hirtenlager beim Asklepieion. Vorkommen: Wahrscheinlich Zone des Trachyceras Aon?, Hirtenlager beim Asklepieion. Joannites cymbiformis WULF. Taf. VI Fig. 2a—c. Joannites cymbiformis MOJS,, Cephalopoden der Hallstätter Kalke. 1. p. 85, und Suppl. p. 278. Taf. 61 Fig. 1, 3, 41262 Eos zes Eie- 1.727.469: Die drei Labialwülste bedingen bei einem kleinen Exem- plar (2c) eine Herauswölbung von drei Wülsten auf dem Um- gang, durch die eine Art von dreiseitiger Begrenzung und eine entfernte Ähnlichkeit mit dem devonischen Aganides sub- triangularis FRECH entsteht. ! Pozoritta, Sammlung der k. k. geol. Reichsanst. Außerdem in der Linse des Lobites ellipticus in den Hallstätter Kalken und bei St. Cassian. bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 95 Bei größeren Exemplaren werden die Labialwülste jedoch schmäler und rücken vollständig auf die Innenseite, so daß die Wülste nur bei der Präparation sichtbar werden und der Umriß gleichmäßig rund ist (Fig. 2b). Aaulader Exemplare 11. Vorkommen: Hirtenlager beim Asklepieion. In den Alpen, sowohl in der Hallstätter Fazies der Aonoides- und Subbullatus- Kalke wie in den echten Raibler Schichten im Norden und Süden verbreitet. Joannites Klipsteini MOJS. Taf. VI Fig. 3. Joannites Klipsteini MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. I. p. 84. Suppl.4p. 278. ‚Taf. 61 Fig: 2, 3, Tai. 62 Fig. 2, 2. Wie am Röthelstein ist auch bei Epidauros die mit vier oder fünf Wülsten versehene Form verhältnismäßig häufig. Neben hochmündigen komprimierten Stücken, die den alpinen Exem- plaren zum Verwechseln gleichen, kommt eine dickere Varietät vor, die jedoch mit der schlankeren Form durch Übergänge ‚verbunden ist und wohl kaum eine besondere Bezeichnung verdient. Bemerkenswert ist das Vorhandensein eines gut erhaltenen Haftmuskeleindruckes, der sich durch vierteiligen, nach vorn geknickten Umriß leicht von den Labialwülsten unterscheidet und im hinteren Teile der Wohnkammer liegt. Zahl der Exemplare: 3. Vorkommen: Anstehend am Hirtenlager beim Askle- pieion. In den Alpen weit verbreitet: Cassianer Schichten, oberster Wettersteinkalk und unterkarnische Aonoides austria- cum-Linsen. Celtites. @elaiteswemtkii MOJS. Taf. V Fig. 5. Celtites Emilii MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. II. p. 397. 1a 1227 Rio. 2. 26 F. Frech, Die Hallstätter Kalke Die in der Skulptur ziemlich auffällig an Aegoceras er- innernde Form liegt in einem Exemplar vor, das, abgesehen von dem ein wenig mehr abgerundeten Rücken, vollkommen mit der Abbildung von MOJSISOVICS übereinstimmt. Das griechische Exemplar ist bis ans Ende gekammert und besitzt scheinbar dichter gestellte Rippen, als die Abbildung von MOJSISOVICS. Dieser Unterschied dürfte auf die geringere Größe, die kräitigere Ausprägung der Rippen auf dem Rücken und auf der Dicke der Schale beruhen. Vorkommen: Lose nordwestlich des Asklepieions, im Salzkammergut in den Kalken mit Trachyceras austriacum. Ceratites. Geratibes'Kerneri. MOJsS var. araeea TarsVaRie, 6. Vergl. Ceratites Kerneri MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. P-408.0 Tars123, 71002. Die vollkommene Übereinstimmung, welche Involution und Berippung des vorliegenden Exemplars mit der zitierten Abbildung zeigen, lassen an eine nahe Verwandtschaft beider denken. Den einzigen Unterschied bildet die Dicke der Um- gänge. Bei der typischen Art sind die Umgänge „von gleicher Breite und Höhe“, bei der Varietät höher als breit. Ich glaube diesem geringfügigen Unterschied am besten durch einen Varietätsnamen gerecht zu werden. Loben unbekannt. Die typische Art in den unterkarnischen Schichten mit Lobites ellipticus, die Varietät beim Asklepieion lose, also wohl ebenfalls unterkarnisch. Im Muschelkalk sind nur Formen wie Ceratites Flidimba oder FHirawata einigermaßen ähnlich. Arpadites. Arpadites Ferdinandi MS. Rat vı Biest (Gruppe der Arpadites rimosi MOJS.) Arpadites Ferdinandi Moss. , Cephalopoden der Hallstätter Kalke. I. 0, 200), ai 108 Bla, lo, 7A bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. DI Ein kleines Exemplar mit Sichelrippen, deutlich gekno- teter zweikieliger Außenseite und tiefer Rückeniurche stimmt trotz der etwas engeren Stellung der Rippen gut mit der zitierten Abbildung (Fig. 15) überein. Da ich jedoch bei der etwas fragmentären Beschafienheit der — an sich gut erhal- tenen — Stücke nicht ohne weiteres eine Identifizierung vor- nehmen wollte, bat ich die Direktion der k. k. geologischen Reichsanstalt um Übermittlung des Originalexemplares; der Bitte wurde mit gewohnter Zuvorkommenheit entsprochen. Der direkte Vergleich ergab die vollkommene Überein- stimmung. Der scheinbare Unterschied beruht darauf, daß die Rippen auf den gekammerten Innenwandungen wesentlich gedrängter stehen, als auf der Wohnkammer. Ich erachte die absolute Gleichheit dieser winzigen — trotz geringer Größe oifenbar ausgewachsenen — Stücke in der Argolis und bei Aussee für einen besonders bezeichnenden Hinweis auf das gleiche Alter und die gleichartige Fazies der Hallstätter Linsen. Vorkommen: Asklepieion (Hirtenlager) 1 Exemplar; im Salzkammergut in den Linsen mit Trachyceras austriacum und Lobites ellipticus. Trachyceras. Trachyceras aonoides var. fissinodosa MOJS. KarzVvaBiesia then E02. Trachyceras aonoides MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. p. 684. Meresle rar 191, 192: . Ein komprimiertes Exemplar mit sehr feinen Rippen ähnelt dessanbildımg Dar. 191 Eig. 1, 2, d.h. der var. jissinodosa, ebenso wie einigen Stücken von dem Originaliundort, d. h. von der Aonoides-Linse des Vordersandling bei Aussee. Nur ist der erste Laterallobus bei dem griechischen Exemplar wesent- Kekesiinmpier alsı!bei.Eig. 2 Tal. 191. bei’ MOJSISOVICS, 1. c. Nachdem ich mich jedoch an einem kleinen Exemplar des typischen Tr. aonoides vom Vordersandling überzeugt habe, 98 F. Frech, Die Hallstätter Kalke daß die Zuspitzung des Laterallobus nur ein Merkmal der abgeschlossenen Entwicklung ist, daß Jugendexemplare da- gegen stumpiere Loben besitzen, steht der Zurechnung des griechischen Exemplares zu 7r. aonoides bezw. zu der ge- nannten Varietät nichts im Wege. Die Sutur des jungen Tr. aonoides (Varietät und Typus) erinnert im großen und ganzen an die des erwachsenen 7r. austriacum MOJS. Auf der var. fissinodosa vom Asklepieion sind drei Ent- wicklungsstadien der Loben deutlich zu beobachten: Die kleinsten sichtbaren Loben (zwei Lateralloben ohne Auxiliar- elemente) sind gezähnt, die Sättel zeigen dagegen kaum eine Andeutung von Zähnelung, stehen also auf dem Ceratiten- stadium; allmählich verstärkt sich die Zähnelung der Sättel. Eine Zuspitzung des zweiten Laterallobus findet sich erst zugleich mit der deutlicheren Entwicklung von Auxiliar- elementen bei dem abgebildeten alpinen Exemplar. Eine Zuspitzung auch des ersten Laterallobus wie auf der Abbildung von MOJSISOVICS entspricht dem vorgeschrit- tensten Wachstum. Vorkommen: Uhnterkarnisch, Hirtenlager beim Askle- pieion, lose; Salzkammergut Leitiossii am Raschberg bei Goisern, ferner auf dem Röthelstein und dem Vordersandling bei Alt-Aussee im Marmor mit Trachyceras austriacum und Lobites ellipticus. Formenreihe des Trachyceras duplex. Trachyceras Hecubae MO)S. Taf. V Fig. 3. Trachyceras Hecubae MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. p. 670. Taf. 181 Fig. 1—8. Trachyceras-Arten können eigentlich nur dann mit Sicher- heit bestimmt werden, wenn Vergleichsstücke von typischen Fundorten vorliegen. Das lose, am Hirtenlager beim Asklepieion geiundene Exemplar stimmt vollständig mit einem in Breslau bei Epidauros (Areolis) und ihre Cephalopoden. 29 befindlichen Ausseer Exemplar überein, sowohl hinsichtlich der Größe und der Wachstumsiorm, wie auch in bezug auf die Skulptur. Auch mit den zitierten Abbildungen, besonders mit Fig. 1, stimmt das griechische Exemplar vollkommen überein. Im Vergleich mit den größeren Stücken (Tai. 181 Fig. 8) ließe sich höchstens bemerken, daß die feinere Aus- bildung der Rippen und Dornenspiralen auf dem griechischen Exemplar früher eintritt, als bei den alpinen. Das griechische Stück stellt eine Art Zwergfiorm im Vergleich mit dem Ausseer dar. Vorkommen: Außer bei Epidauros häufig in der unter- karnischen Ausseer Linse mit Tr. austriacum. Trachyceras (Protrachyceras) furcatum MÜNST. TasllaEie 2270220. 1882. Trachyceras (Protrachyceras) furcatum MOJS., Cephalopoden der mediterranen Trias. p. 110. Taf. 22 Fig. 24, Tai. 24 Fig. 23, 26, Kal slnEie. 2; 1895. Trachyceras (Protrachyceras) furcatum MOJS,, Cephalopoden der Hallstätter Kalke. II. p. 626. Ein kleines und zwei größere Exemplare stimmen durch- aus mit den gut ausgeführten zitierten Abbildungen von Cas- sianer Ammoniten überein. Anderseits hebt auch MOJSISOVICS hervor, daß er die aus den Aonoides-Schichten vom Rasch- berg bei Goisern stammenden Exemplare nicht von den Cas- sianern zu unterscheiden vermöge. Auf der Innenseite des einen der großen Stücke liegt ein mit den bezeichnenden Loben versehenes Bruchstück des Pinacoceras Layeri HAUER!. Diese Art kennzeichnet nur die unterkarnischen (julischen) Kalke mit Zobites ellipticus, Trachy- ceras austriacum und Tr. aonoides, sie findet sich besonders auch am Raschberg bei Goisern. | Man wird somit das Vorkommen des zuerst von St. Cas- sian beschriebenen Tr. furcatum wohl als unterkarnisch * MoJsIsoVICS, Cephalopoden der Hallstätter Kalke. Suppl. p. 298. Bael9akior 4,75, Tat. 20°Eier 1. 30 F. Frech, Die Hallstätter Kalke bezeichnen. Daß gerade bei Epidauros die aus den Cassianer Schichten in die karnische Stufe hinaufgehenden Arten häufig sind, ist leicht erklärlich. Sirenites MoJs. Sirenites Junonis MOJS. Dar V2110228: (Gruppe des Sirenites senticosus DITTM.) Sirenites Junonis MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. II. p. 738. Taf. 163 Fig. 4, 5. Ein gut erhaltenes Bruchstück stimmt in der Skulptur der Lateraldornen, Flankenrippen und der ohrförmigen Knoten aui dem Außenrand vollkommen mit der Abbildung von MOJSISOVICS überein. Nur ist die Skulptur etwas weniger aus- geprägt und der Querdurchmesser der Schale etwas geringer. Der erstere Unterschied dürlte auf die etwas weniger gute Erhaltung der Oberfläche zurückzuführen sein. Der Unter- schied des Durchmessers ist unbeträchtlich. Die (bisher nicht bekannten) Loben konnten freigelegt werden und sind etwas tieier zerschlitzt, als bei anderen Sirenites-Arten, z.B. bei S. /phigeniae. Vorkommen: Hirtenlager beim Asklepieion (anstehend), 1 Exemplar. Im Salzkammergut in der unterkarnischen Linse mit Trachyceras austriacum und Lobites ellipticus (ebenfalls nur je Exemplar) Siremites Aeschulapionn.aspı Tanya (Gruppe des Sirenites striatofalcatus HAUER.) Die neue Art steht dem von FR. V. HAUER beschriebenen und seinerzeit in einem charakteristischen Exemplar an FERD. ROEMER gesandten Sirenites striatofalcatus' im allgemeinen ! MoJSISOVICS, Cephalopoden der Hallstätter Kalke. I. p. 741, Taf. 164 Fig. 1—3. Allerdings zeigt dieses Exemplar so kräftige Spiral- knoten auf den Flanken, daß es wohl besser als Sirenites Dromas zu bezeichnen ist (l. c. Taf. 164 Fig. 4—6). bei Epidauros (Argolis) und ihre Cephalopoden. 31 Habitus am nächsten, unterscheidet sich jedoch von den hierher gehörenden Formen (S. sfriatofalcatus und S. Dromas) durch zwei leicht kenntliche Merkmale: 1. Die Umgänge der neuen Art sind wesentlich breiter, als bei S. striatofalcatus, die ganze Muschel also viel massiger. 2. Bei der neuen Art sind Spiraldornen nur auf der Extern- seite des Gehäuses wahrnehmbar; man zählt hier einen etwas median stehenden starken Dorn und 5 (bis 6) schwächere auf der Externseite. Bei S. striatofalcatum sind nur sehr schwache Längs- linien wahrnehmbar, bei S. Dromas sind kräftige Spiraldornen gerade in der Nähe des Nabels entwickelt. Die Gesamtentwicklung der Skulptur weicht bei S. Aes- culapii somit wesentlich ab. Auch ich glaube, daß manche der Arten von MOJSISOVICS besser als Varietäten oder nur als nicht näher mit Namen zu bezeichnende Abweichungen aufzulassen sind. Bei der neuen griechischen Art handelt es sich jedoch um eine wesentlichere Abweichung von den bis- her bekannten Formen. Die Loben konnten nicht vollständig freigelegt werden, stimmen aber in der Grundanlage mit Sirenites überein. Vorkommen: Schwarzrote, manganreiche Kalke am As- klepieion. 2 Exemplare. VI. ?Tropites-Schichten. Falorites (Jovites) dacus MOJS. Taf. VI Fig. 1a—c. Halorites (Jovites) dacus MOJS., Cephalopoden der Hallstätter Kalke. 1. p. 49. Taf. 84 Fig. 1—8. Von der Gattung Aalorites tritt die unter dem Subgenus- namen Jovites abgetrennte, „auf einer altertümlicheren Stufe der Entwicklung befindliche“ Gruppe vornehmlich in den oberkarnischen Tropites-Schichten auf, während in der unter- 39 F. Frech, Die Hallstätter Kalke etc. karnischen (julischen) Zone diese bezeichnenden Formen noch seltener sind. Zwei Exemplare vom Hirtenlager stimmen gut mit den Abbildungen von MOJSISOVICS (Taf. 84) überein, das größere der griechischen Stücke ist sogar an der Außenseite der weit vorgestreckten Mündung besser erhalten, als irgend eines der bisher abgebildeten Exemplare. Bemerkenswert ist die Dicke der Schale, welche sich am Mündungsrand auf der Ober- und Unterseite vollkommen freilegen ließ, sowie auf der Wohnkammer die fast vollkom- mene Rückbildung der deutlichen, mit Alalorites Mercedis übereinstimmende Skulptur der Innenwindungen. Vorkommen: Hirtenlager beim Asklepieion. 2 Exemplare. Außerdem in den Linsen mit Lobdites ellipficus und Trachy- ceras austriacum bei Aussee, in den Subbullatus-Kalken von "Hallein, Goisern und lose im östlichen Siebenbürgen (Ungarn). Die Untergattung geht (mit Flalorites Mercedis) noch in die juvavische Stufe, d. h. in die mittlere Obertrias hinauf, so daß eine höhere stratigraphische Stellung des A. dacus bei Epidauros immerhin wahrscheinlich ist. Nachschrift: Der wesentliche Unterschied zwischen Halorites dacus und F. daciformis DIENER aus dem Himalaya (Fauna of the Tropites limestone of Byans. Pal. Indica. 15. V. 1. p. 1195.) besteht in der Ausbildung der Sur zdiesb-! unseren Stücken nicht sichtbar ist. Doch spricht auch die Verschiedenheit zwischen der Skulptur der inneren Windungen und der der Wohnkammer für die Zurechnung der griechischen Exemplare zu 7. dacus. M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits etc. 3) Beitrag zur Kenntnis des Laterits, ins- besondere dessen von Madagaskar. Von Max Bauer in Marburg a. Lahn. Die folgenden Mitteilungen sollen keine erschöpfiende Bearbeitung des Laterits darstellen. Hierzu ist die Zeit wohl noch nicht gekommen, da erst wenige Untersuchungen auf Grund der neueren Auffassung dieses tropischen Umwand- lungsprodukts vorliegen und da die Laterite mancher in dieser Beziehung wichtiger Länder, z. B. Brasiliens, überhaupt noch so gut wie unbekannt sind. Diese Zeilen haben nur den Zweck, durch einige weitere eigene Beobachtungen, besonders an Laterit von Madagaskar, und unter Berücksichtigung mehrerer neuerer Veröffentlichungen über die Laterite anderer Gegenden Beweise dafür beizubringen, daß meine -Ansicht über diese Substanz für zahlreiche Verbreitungsbezirke der- selben zutrifit und daß ihr daher wohl allgemeine Bedeutung zugeschrieben werden dari. Vor einigen Jahren habe ich nachgewiesen !, daß der Laterit der Seyschellen in der Hauptsache aus Aluminiumhydroxyd, und zwar zum größten Teil aus Hydrargillit besteht, und dab * Neues Jahrb. für Mineralogie etc. 1898. II. p. 192 if. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 3 34 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, in dieser Beziehung zwischen dem Bauxit des Vogelsberges und anderer Gegenden und dem Laterit kein Unterschied besteht. Beide sind Umwandlungsprodukte tonerdehaltiger Mineralien bezw. Gesteine, deren gesamter Alkali- und Kiesel- säuregehalt durch den Umwandlungsprozeß weggeführt worden ist, so daß nur die Tonerde in der Form von Hydrargillit etc. zurückblieb, begleitet von mechanisch beigemengtem Eisen- hydroxyd (Brauneisenstein etc.). Inzwischen haben zahlreiche andere Forscher sich eben- falls mit diesem in tropischen Gegenden so weit verbreiteten Verwitterungsprodukt beschäftigt. Die meisten haben den von mir für die Seyschellen nachgewiesenen Vorgang auch für andere Gegenden als richtig erkannt und so meine Ansichten über die Natur des Laterits bestätigt. Einige andere sind aber auch zu abweichenden Ergebnissen gekommen. Das letztere ist bei Herrn ©. ZEMIATSCHENSKY' der Fall gewesen, der einen chinesischen und einen kaukasischen Laterit der Analyse unterworien hat. Nach seinen Untersuchungen hält er. sich für ‚berechtigt, zu erklären, dab 2 erengede IW..BAUERN. .. tesulte de ses caleuls;inexaeisz Zu einem entgegengesetzten, meinen Anschauungen durch- aus günstigen Ergebnis gelangte Herr J. M. VAN BEMMELEN in Leiden’, dessen Forschungen die Bodenkunde die wich- tigsten Fortschritte verdankt. Er hat die Verwitterungsprodukte der Ton-, vulkanischen und Lateritböden nach einer beson- deren Methode einer eingehenden chemischen Untersuchung unterworfen. Sein Material stammt in der Hauptsache aus Surinam, zum Vergleich wurden aber auch der von mir (l. c.) beschriebene Granit- und der Dioritlaterit von den Seyschellen ’ Separatabzug aus einer russischen Zeitschrift. Meine Unkenntnis der russischen Sprache hindert mich leider, näher darauf einzugehen; der kurze französische Auszug bietet hierzu nicht die nötigen Anhaltspunkte. ?® Zeitschr. f. anorgan. Chemie. 42. 1904. p. 265 —324. insbesondere dessen von Madagaskar. 35 mit herangezogen und nach derselben, von der meinigen nicht unwesentlich abweichenden Methode an von mir ge- liefertem authentischen Material einer erneuten Prüfung unter- zogen. Er hat die in den beiden folgenden Tabellen unter I stehenden Zahlen gefunden, denen die von mir nach den Analysen von C. BUSZ angegebenen Werte unter II gegenüber- gestellt sind. A. Granitlaterit. I. II. Enlöslich Ha. ade); 53,8 | 20. m na een AL KO) Eee TE 26,0 29,49 BEROS Ss alas era falle a" 3,8 4,64 Carol re 0,3 Spur H,O (bei höherer Temperatur entveichend)pesre 13,9 14,40 100,1 100,59 Der Unterschied in der Methode besteht im wesentlichen darin, daß Herr C. BUSZ eine Bauschanalyse ausführte und daß ich dann durch Auskochen des feinen Pulvers mit kon- zentrierter Salzsäure und Untersuchung des unlöslichen Rück- standes u. d. M. nachwies, daß dieser ganz aus Quarz besteht, und zwar in einer dem von C. BUSZ gefundenen Kieselsäure- gehalt gleichen Menge, während Herr VAN BEMMELEN den Salzsäureauszug mit dem in der Tabelle angeführten Ergebnis analysierte, sodann auch den von ihm dabei erhaltenen un- löslichen Rückstand, der sich dabei ebenfalls als reiner Quarz erwies. Die Zahlen der Tabelle zeigen die nahe Überein- stimmung der nach diesen zwei verschiedenen Methoden erhal- tenen Resultate; noch größere Annäherung kann unter den obwaltenden Umständen schwerlich erwartet werden. Die wesentlichste Abweichung besteht darin, daß Herr VAN BEM- MELEN in seinem Salzsäureauszug noch 2,3 °/, Kieselsäure fand, die offenbar aus einem in Salzsäure löslichen Tonerde- silikat stammt. Dieses ist als Zwischenprodukt zwischen den 3% 36 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, ursprünglichen Bestandteilen des irischen Gesteins, vorzugs- weise dessen Feldspat, und dem Endprodukt der Umwand- lung, dem Hydrargillit, anzusehen und zeigt, daß diese Um- wandlung hier zwar beinahe, aber doch noch nicht vollständig zu Ende gekommen ist. Herr VAN BEMMELEN bestätigt so- dann auch (unter der Voraussetzung, daß das vorhandene Eisenoxyd ungefähr 1 Mol. H,O auf 4 Mol. Fe,O, gebunden enthalte), besonders 1. c. p. 277, durchaus den von mir aus der Analyse des Herrn C. BUSZ gezogenen Schluß, daß der in Rede stehende Granitlaterit von den Seyschellen in der überwiegenden Menge aus Hydrargillit besteht. Ablehnend verhält er sich nur gegen die Annahme einer kleinen Bei- mengung von Diaspor zu dem Hydrargillit, die ich auf Grund des für Hydrargillit nicht ganz ausreichenden Wassergehalts gemacht hatte unter der Voraussetzung, daß alles Eisen in Form von Brauneisenstein 2Fe,O, . 3H,O vorhanden sei. Da man den Wassergehalt des dem Aluminiumhydroxyd beigemengten Eisenhydroxyds im allgemeinen nicht genau kennt, so werden solche Berechnungen auch nicht entscheidend sein können. Jedenfalls zieht Herr VAN BEMMELEN aus seinen Analysen den Schluß, daß neben Hydrargillit nicht Diaspor vorhanden sei, sondern in Salzsäure lösliche „amorphe Verbindungen von Alaunerde mit unbestimmten Mengen SiO, und H,O“. Ein Hauptgrund gegen die Annahme von Diaspor ist für ihn die Unlöslichkeit dieses Minerals in Salzsäure. Auch ich habe seinerzeit diesen Umstand erwogen, glaubte aber doch, darauf kein zu großes Gewicht legen zu dürien, da die außerordentlich feine Verteilung der geringen Menge Diaspor, um die es sich hier eventuell nur handeln kann, seine Löslichkeit erheblich zu steigern geeignet sein würde. Auch andere Lateritanalysen, so z. B. eine solche unten zu besprechende von H. \WARTH eines indischen Laterits, lassen die Anwesenheit von Diaspor neben Hydrargillit etc. vermuten, so daß diese Frage wohl insbesondere dessen von Madagaskar. 37 zunächst noch als offen zu betrachten sein wird. Mikroskopisch bemerkbar und erkennbar sind die von VAN BEMMELEN voraus- gesetzten durch Salzsäure zersetzbaren amorphen Silikate jeden- falls in dem vorliegenden Laterit nicht; überhaupt habe ich in keiner der von mir mikroskopisch untersuchten zahlreichen Lateritproben solche amorphen Substanzen als Beimengungen ieststellen können. Auch zwischen den Resultaten der Untersuchung des Herrn VAN BEMMELEN am Dioritlaterit der Seyschellen und meinen irüheren Angaben besteht eine vollkommen beirie- digende Übereinstimmung, wie die folgende Tabelle zeigt, in der die Reihen dieselbe Bedeutung haben wie oben. B. Dioritlaterit. I. I. Enlosichen Be... 3,9 So, im KICF-Auszugi. 12.2.2072 | ar INLON ee hscfane 42,6 49,89 Re, (OR 27.0 20,11 BaLOE UNI ENOMAEIR ARE 7. 0,6 — H,O (meist erst bei höherer Temperatur entweichend) . 25,1 20,98 99,8 99,86 Für den Dioritlaterit gilt genau dasselbe, was oben für den Granitlaterit auseinandergesetzt wurde. Der unlösliche Rückstand ist auch hier reiner Quarz und die Folgerungen, die Herr VAN BEMMELEN aus seiner Untersuchung zieht, sind we- sentlich dieselben, wie die, welche ich früher aus der meinigen gezogen hatte, nur hat er auch in diesem Falle die Anwesen- heit einer kleinen Menge eines in Salzsäure löslichen amorphen Aluminiumhydroxyds angenommen. Aus den Mitteilungen des Herrn VAN BEMMELEN glaube ich demnach schließen zu dürfen, daß meine Angaben über die wichtige Rolle, die der Hydrargillit in dem Laterit der Seyschellen spielt, der Wirklichkeit entspricht und daß dort die 38 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Lateritbildung im wesentlichen die Umwandlung der tonerde- haltigen Gesteinsbestandteile in Hydrargillit ist unter gleich- zeitiger Ausscheidung des etwa vorhandenen Eisens als Eisen- hydroxyd, wahrscheinlich von schwankender Zusammensetzung. Als Zwischenglieder bei diesem Umwandlungsprozeß würden die von Herrn VAN BEMMELEN aus seinen Analysen abgeleiteten, von Salzsäure zersetzbaren Verbindungen von Tonerde mit wechselnden, unbestimmten Mengen von Kieselsäure und Wasser entstehen. Auf die Berechnung von Formeln ver- zichtet er, da einigermaßen sichere Resultate doch nicht zu zu erwarten sind. Laterit von Madagaskar. Um zu sehen, ob’die” am Laterit der Seyschelleuyon mir erhaltenen und durch die Nachprüfung durch Herrn VAN BEMMELEN bestätigten Ergebnisse auch für andere Laterite zutreffen und damit allgemeine Geltung besitzen, habe ich zunächst eine umfangreiche Reihe Lateritproben aus Mada- gaskar, besonders von der Insel St. Marie de Madagascar, an der Ostküste der Hauptinsel gelegen, in ähnlicher Weise der Untersuchung unterworien, wie früher den Laterit der Seyschellen. Das wertvolle Material verdanke ich Herrn Prof. A. VOELTZKOW, zurzeit in Berlin, der sich in der zuvorkom- mendsten und dankenswertesten Weise bereit erklärte, auf der von ihm beabsichtigten und in den Jahren 1903—1905 aus- geführten Forschungsreise im westlichen Indischen Ozean bei seinen Aufsammlungen u. a. auch auf eine möglichste Klärung der Lateritirage Bedacht zu nehmen. Es ist hierzu nötig, die Verwitterungsprodukte verschie- dener Gesteine, den Laterit in seinen mannigfaltigen Abarten, in völliger Reinheit zu prüfen, d. h. ungemengt mit fremden Substanzen, die etwa durch den Transport im fließenden Wasser mit ihm zusammengeschwemmt und zu einer Masse insbesondere dessen von Madagaskar. 39 vereinigt sind. Nur mit solchem reinen Material ist man imstande, den der Lateritbildung zugrunde liegenden Um- wandlungsprozeß vom Anfang bis zum Ende zu verfolgen. Diese Reinheit ist nur verbürgt bei Stücken, die bei der mikroskopischen Untersuchung noch die Struktur des ur- sprünglichen Gesteins zeigen, und ‚namentlich bei solchen, wo der strukturbietende Laterit einen Kern des Ausgangs- gesteins in mehr oder weniger allmählichem Übergang rinden- artig umgibt. In ausgezeichnet sachgemäßer Weise hat Herr A. VOELTZKOW eine große Anzahl von Stücken verschiedener Gesteine mit Lateritrinde gesammelt und auf ihnen beruhen die nachfolgenden Mitteilungen. Fast die sämtlichen Proben sind in Dünnschliffen mikroskopisch untersucht worden, und zwar der irische Kern sowohl als die umgewandelte Rinde und besonders die Übergangszone zwischen beiden. Von sechs Stücken wurde die äußerste, am stärksten umgewandelte Randpartie des Lateritmantels im Anschluß an die Methode des Herrn VAN BEMMELEN analysiert. Abermals war es Herr C. BUSZ in Münster, der sich dieser Arbeit unterzog und dem ich auch hierfür zum lebhaftesten Danke verpilichtet bin. Er machte über den Gang seiner Untersuchung folgende Mit- teilung: „Bei den Vorproben hatte sich ergeben, daß beim Be- handeln der fein pulverisierten Substanzen mit Salzsäure ledig- lich Quarz und kleine schwarze Partikelchen von Magneteisen (Titaneisen?) den Rückstand bildeten und daß dieser selbst in den meisten Fällen nur eine geringe Menge ausmachte. Ich habe daher sämtliche Analysen in der Weise eingeleitet, daß ich die feinpulverisierte Substanz ca. 24 Stunden lang mit HCl auf dem Sandbad erhitzte, so daß alles, mit Ausnahme des Quarzes und Magneteisens, in Lösung kam. Beim Betrachten des Rückstandes im Becherglas waren die geringen Mengen des Magneteisens besonders beim Umrühren deutlich am 40 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Boden des Gefäßes, wenn man diesen von unten be- trachtete, zu sehen. Von dem Rückstand wurde die flockig abgeschiedene Kieselsäure durch Kalilauge getrennt und für sich bestimmt. Alle Substanzen wurden, ohne vorher ge- trocknet zu sein, analysiert. Dagegen wurde genau die Ab- gabe von Feuchtigkeit bei der Erwärmung auf 110—115° bestimmt. Es sind meist wenig Prozente Feuchtigkeit dadurch vertrieben worden. Die Hauptmasse des Wassers ging iast immer beim Erhitzen auf sehr schwache Rotglut weg.“ Was die mikroskopische Untersuchung anbelangt, so habe ich meinen früheren Mitteilungen (l. c.) nichts wesentlich Neues hinzuzufügen. Man findet auch bei dem Laterit von Mada- gaskar, daß die der Zersetzung fähigen Gesteinsgemengteile in dasselbe feinschuppige Aggregat übergegangen sind, das für den Laterit der Seyschellen so bezeichnend ist und in dem die unzersetzbaren Mineralien, namentlich der Quarz, vollständig frisch eingelagert sind. Es ist an sich, es mag aus eisenireien oder eisenhaltigen Mineralien entstanden sein, ganz jarblos und bildet die eigentliche, reine Lateritsubstanz. Das Eisen ist, wo es in den ursprünglichen Mineralien vor- handen war, bei der Lateritbildung aus der Verbindung aus- getreten. Als braunes bis braunrotes Hydroxyd erfüllt es alle Klüftchen und Spältchen und sonstige kleine Hohlräume in dem Gestein und ist dem genannten Lateritaggregat stellen- weise in feinsten Teilchen mechanisch beigemengt, dieses dort mehr oder weniger intensiv färbend. Hand in Hand mit dieser Färbung geht eine ihr entsprechende Trübung, so daß eisen- reiche Laterite vieliach ganz oder fast ganz undurchsichtig sind und nur an einzelnen Stellen etwas Licht hindurch lassen. Die stärkste Färbung und Trübung zeigen naturgemäß die aus stark eisenhaltigen Mineralien (Hornblenden, Augite etc.) ent- standenen Lateritpartien, die sich dadurch von den aus eisen- ireien Gesteinsbestandteilen, vorzugsweise den Feldspaten, insbesondere dessen von Madagaskar. 4] umgewandelten unterscheiden. Besteht das ganze Gestein aus eisenfreien Mineralien, wie der unten beschriebene, nur aus Quarz und Feldspat bestehende Granit, so ist auch der dazu gehörige Laterit eisenirei und farblos und besteht, ab- gesehen von den Quarzkörnern, aus reinem Hydrargillit. An allen untersuchten Stücken war die Struktur des irischen Gesteins in der ganzen Verwitterungsrinde vollkommen un- zweideutig wieder zu erkennen; sie ist bei der Umwandlung in Laterit völlig unverändert erhalten geblieben. In manchen der untersuchten Proben waren die zersetz- baren Gemengteile vollkommen umgewandelt und in das er- wähnte feinschuppige Hydrargillitaggregat übergegangen, ohne einen unzersetzten Rest zu hinterlassen. In solchen Fällen war der Prozeß vollständig beendet, das Gestein war voll- kommen lateritisiert. In:zahlreichen anderen Fällen war das aber nur teilweise der Fall. In dem feinschuppigen Aggregat lagen von Feldspat, Hornblende, Augit etc. noch einzelne ganz Irische Körnchen, dann solche, die schon stärker oder schwächer verändert, aber doch noch nicht völlig in dieses Aggregat übergegangen waren, sondern teilweise ihre ursprüng- lichen Eigenschaften und namentlich ihre Doppelbrechung noch bewahrt hatten. Es konnte so in einer und derselben Probe vom ganz frischen Gestein der Übergang zum fertigen Laterit verfolgt werden durch Beobachtung der Verhältnisse in dem irischen, unveränderten Kern bis zu denen der äußersten, am stärksten umgewandelten Rinde. Dieser Übergang ist durch- weg sehr rasch und die Grenze zwischen dem ursprünglichen Gestein und dem daraus entstandenen Laterit ziemlich scharf. Es ist daher, wenn Rinde und Kern vorliegt, in den meisten Fällen möglich, diesen Übergang in einem und demselben Schliff zu verfolgen, da die teilweise veränderte Zwischen- schicht oft nur dünn ist. Hat man nicht Rinde und Kern an demselben Stück vor sich, so erweist das äußere Ansehen 492 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, in Verbindung mit der erwähnten mikroskopischen Beschaffen- heit häufig unzweideutig den mehr oder weniger vollständigen Übergang in Laterit der verschiedenen Proben des betreffenden Gesteins, überhaupt ganz allgemein den Umwandlungszustand der vorliegenden Stücke. Amorphe Beimengungen wurden in keinem der untersuchten Laterite wahrgenommen. Um nun so den Umwandlungsprozeß im einzelnen zu verfolgen, wurden aus der großen Zahl der vorhandenen Ge- steinsproben einige ausgesucht, die vollständig zersetzt waren und keinen Überrest eines Urminerals in ganz oder teilweise unverändertem Zustand mehr erkennen ließen, ferner solche, die noch deutlich unzersetzte Gemengteile neben dem iertig gebildeten Hydrargillitaggregat, sowie Übergänge zwischen den frischen Mineralien und dem letzteren enthielten. Die Auswahl geschah u. d. M.; von den betrefienden Proben wurden nachher einige analysiert, und zwar die folgenden sechs, die u. d. M. in bezug auf den Grad der Umwandlung ziemlich große Differenzen aufwiesen. l. Granitisches Gestein, als Riff im Laterit anstehend, am Wege von Ivohibe nach Ikongo (oder Fort Carnow), süd- lich von Fianarantsoa im südöstlichen Teile von Madagaskar, etwa unter 223° südl. Br. und 473° östl. L. Das mittelkörnige Gestein ist durchweg schon etwas angewittert, aber blaßroter sowie weißer Feldspat, ferner Biotit da und dort mehr oder weniger reichlich bis stellenweise zum vollständigen Ver- schwinden, endlich einige Quarzkörner sind deutlich mit der Lupe zu unterscheiden. An einer Stelle war, scharf abgegrenzt, eine weiße bis ganz blaßgelbliche lockere Masse lose an- gewachsen, die bei dem Versuch, ein Stückchen zur Uhnter- suchung abzunehmen, sofort an der Grenze beider Teile ab- brach. Feldspat war darin auch mit der Lupe nicht mehr zu erkennen, es ist ein trübes, sehr feinkörniges bis dichtes Aggregat, aus dem einzelne Quarzkörner, aber keine Biotit- insbesondere dessen von Madagaskar. 43 plättchen, hervortreten. Nach diesem ganzen, auch mikro- skopischen Befunde und der Analogie mit anderen Gesteins- stücken, an denen die zersetzte Rinde fester an dem frischeren Kern haftet, kann kein Zweifel bestehen, daß wir es hier mit einem von seiner Lateritrinde umgebenen Granit zu tun haben. U. d.M. erwies sich in dem frischeren Granit der Feldspat als Orthoklas mit etwas Mikroklin und Oligoklas; mehrfach war mikroperthitische Verwachsung zu beobachten. Dazwischen bemerkt man einzelne Biotitplättchen, sowie Quarzkörnchen ganz von der Beschaffenheit des Granitquarzes. Der Quarz ist sehr ungleich verteilt, so daß quarzreiche und größere, fast quarzireie Partien miteinander abwechseln. Die lockere Masse ließ u. d. M. keine Spur von Feldspat mehr erkennen. An dessen Stelle war das Hydrargillitaggregat in ganz typischer Ausbildung getreten, hier allerdings sehr feinkörnig und vollkommen farblos. Es ist zweifellos aus dem Feldspat des Granits hervorgegangen, der vollkommen der Zersetzung erlegen ist, ohne Hinterlassung eines noch ganz irischen oder teilweise zersetzten Restes. Das Hydrargillit- aggregat bildet jetzt eine ganz einheitliche Masse, in der die Grenzen zwischen den einzelnen früheren Feldspatindividuen bis zur Unkenntlichkeit verwischt sind. Dazwischen liegen einige fast ganz entiärbte Biotitdurchschnitte, die von feinsten Äderchen von Eisenhydroxyd durchzogen sind, das auch in dem Feldspatzersetzungsprodukt einzelne zerstreute kleine braune Flecken bildet. Durch diese braunen Äderchen hebt sich der zersetzte Biotit von dem Feldspatzersetzungsprodukt ab, dem er sonst in jeder Hinsicht gleicht. Der Biotit hat das- selbe feine Aggregat gebildet wie der Feldspat, doch ist seine Umwandlung noch nicht ganz bis zum Ende gediehen. Ein- zelne Durchschnitte lassen noch Spaltungsrisse erkennen und polarisieren ganz einheitlich, sind aber durch den Verlust des 44 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Eisens schon vollständig entfärbt. Der Biotit leistet also ofien- bar der Umwandlung in Hydrargillit einen größeren Wider- stand als der Feldspat. Der Prozeß beginnt hier mit der Aus- scheidung des Eisens unter Bildung von Eisenhydroxyd, und ähnlich scheint es stets bei den farbigen Gemengteilen auch anderer Gesteine zu gehen. Quarzkörnchen sind dem Hy- drargillitaggregat genau in derselben Weise beigemengt, wie dem Feldspat des ursprünglichen Granits. Nach der Analyse von C. BUSZ, die zufällig mit einer sehr quarzarmen Partie des Gesteins angestellt wurde, besteht die zersetzte Masse aus den unter I angeführten Bestandteilen. IL ll. I. IV. Wnlöslich te ar ee: 202 — _ — öslichersleil-] SL O0 222 323 1,34 1,34 1,39 o AO 2 16086 63,02 63,02 63,69 ® RN IEESO er RN) 1,03 — — N, Olialle. sale ande 33 34,61 34,44 893,12 2Ee,0,,. 311.0) Senn — 1,20) 1.20 99,89, 100,0077100. 0080.08 Von dem Wasser entwichen 2,04 bis zu Orr zwischen 110° und der Rotglut, 0,05 °/, über Rotglut. Der in HCl unlösliche Teil ist nach der mikroskopischen Untersuchung lediglich Quarz. Wird er als Verunreinigung nicht weiter berücksichtigt und auf 100 berechnet, so erhält man die Zahlen unter II. Das Eisenoxyd ist alles in der Form von Eisenhydroxyd vorhanden; nimmt man an, es sei Braun- eisensteiti,2Fe,0,.3H,0, 'so! müssen: zu@1 0357E 20 sel 0,17 H,O: hinzutreten,; um!'1,2072Fe, 0, 227,020 5BJdErE die betreifenden Zahlen stehen unter III. Die 63,02 Al,O, er- fordern 33,47 H,O, um Hydrargillit, Al,O,.3H,O, zu bilden, der nach dieser Formel aus 65,43 Al,O, und 34,57 H,O be- steht. Es ist also zweifellos, daß auch hier der zersetzbare Gemengteil des Gesteins, in diesem Falle fast reiner Feldspat, in Hydrargillit übergegangen ist, dem etwas aus den wenigen insbesondere dessen von Madagaskar. 45 Glimmerplättchen herrührendes Eisenhydroxyd und einige Quarzkörnchen beigemengt sind. Indessen ist der Umwand- lungsprozeß doch noch nicht vollständig beendigt, wie aus der Anwesenheit von 1,29 SiO, im löslichen Teil des Gesteins folgt..: Diese Kieselsäure bildet mit einem kleinen Teil der Tonerde und des Wassers ein in HCl lösliches Aluminium- hydrosilikat, das wohl auch die unwägbaren Mengen CaO und MgO enthält, die die Analyse neben den anderen Be- standteilen nachgewiesen hat. | Berechnet man aus den Zahlen unter III die Menge und Zusammensetzung des neben dem Hydrargillit vorhandenen Sili- kats, so erhält man: 26 (Al,O,.3H,0O) + (Al,O,.SiO,.3H,0), woraus sich die Zahlen unter IV ergeben. U. d. M. macht sich die kleine Menge dieses Silikats nicht bemerkbar, von dem 1 Mol. auf 26 Mol. Hydrargillit kommen. In runden Zahlen würde danach dieser Laterit aus 94 °/, Hydrargillit, 9°/, Aluminiumhydrosilikat von der obigen Zusammensetzung und 1°/, Eisenhydroxyd bestehen. Derartige Berechnungen haben ja, wie auch schon Herr VAN BEMMELEN hervorhebt, keine große Bedeutung, immerhin zeigen sie aber, daß es möglich ist, ein solches Umwandlungsprodukt als ein Ge- menge von Hydrargillit und einem Aluminiumhydrosilikat auf- zulassen. 2. Erster Diabas von Ste. Marie. Von allen chemisch untersuchten Lateriten enthält ein Diabaslaterit von der Insel Ste. Marie de Madagascar, der dort in großen Blöcken herum- liegt, am meisten halbzersetzte Substanz. Das frische, sehr ieinkörnige bis dichte dunkelgrüne Gestein ist von einer bis 1 cm dicken gelblichbraunen Lateritrinde umgeben, die gegen den Kern ziemlich scharf abgegrenzt ist, aber mit ihm doch noch ziemlich fest zusammenhängt. Das irische Gestein ist ein typischer Diabas mit Ophit- struktur. Die Feldspatleisten umschließen und zerteilen die M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, braunen Augitkörner von der gewöhnlichen Beschafienheit. Häufig bilden sie auch kleine polygonale Räume, die mit einer grünen, sehr feinkörnigen und -iaserigen Mesostasis er- füllt sind, offenbar früher Glas, das allmählich der Verwitterung unterlegen ist. Dazu gesellt sich noch ziemlich viel Titan- eisen in unregelmäßigen Lappen und Leisten, sowie Apatit- nädelchen in großer Zahl. Alle diese Bestandteile (bis auf die grüne Mesostasis) sind vollkommen frisch. Das die Rinde bildende braune Zersetzungsprodukt zeigt genau die Struktur des ursprünglichen irischen Gesteins. Die ganz umgewandelten Feldspatleisten sind farblos oder doch nur wenig gebräunt durch etwas iniiltriertes Eisenhydroxyd. Stärker gebräunt sind die zersetzten Augite, aber auch hier liegen zwischen den braunen Streifen und Flecken vollkommen farblose und durchsichtige Partien, die wie das Zersetzungs- produkt des Feldspats in jeder Hinsicht mit dem charakte- ristischen feinen Laterit- bezw. Hydrargillitaggregat überein- stimmen. Die grüne Mesostasis ist in eine braune un- durchsichtige Masse übergegangen. Beim Augit ist aber im Gegensatz zum Feldspat die Umwandlung nicht überall vollkommen beendigt; er bildet zu einem erheblichen Teil eine bräunlich grüne bis rotbraune einheitlich polarisierende Substanz mit zahlreichen weitklafienden Spaltungsrissen, die ein Zwischenprodukt in dem Umwandlungsprozeß des Augits darstellt; dazwischen liegen auch noch einige ganz frische Augitkörnchen. Außerdem ist noch Titaneisen vor- handen, das seinem Aussehen nach nicht die mindeste Veränderung erlitten zu haben scheint. Beim Behandeln mit Salzsäure bleibt hauptsächlich dieser Bestandteil als un- löslich zurück mit einigen wenigen durchsichtigen und mehr oder weniger stark doppeltbrechenden Körnchen frischen, un- zersetzten Augits. Die Analyse hat folgende Resultate ergeben (I): insbesondere dessen von Madagaskar. 47 Unlöslich 12. : 2,8... 3,78 Baer Er >! oa ar 14,70 1411 NEON 4487 46,53 46,53 47,98 Fe,O,. ZI = CaO Ver n > ee Da af Bi: 3.0 ORION RER 20.06 : 20,80 1780 16,94 20,310... ..- 2 209 20007 100,52 100,00 100,00 100,00 wobei 4,30 H,O bei 110°, 15,00 bei schwacher und 0,76 bei starker Rotglut entweichen. Die Reihen I—IV haben dieselbe Bedeutung wie oben. Da der irische Diabas etwa 45—05 SIO, und 11—18 Al,O,, sowie 6—12 CaO und 5—8 MgO neben ca. 3Na,O enthält, so ist der Gang der Verwitterung auch hier der, daß die Alkalien ganz oder fast ganz verschwunden sind, daß der SiO,-Gehalt auf den vierten Teil herabgesunken ist und daß der Al,O,-Gehalt unter starker Wasserauinahme auf ungefähr das Dreifache gestiegen ist. Der Übergang in Laterit ist noch nicht vollendet, wie das ja auch die mikro- skopische Untersuchung schon gezeigt hat, die lösliche Kiesel- säure steckt aber hier ofienbar in den halbumgewandelten Augiten, jedenfalls sind keine amorphen, isotropen Beimen- gungen u. d. M. zu bemerken. Vernachlässigt man die geringen Mengen CaO und MgO und scheidet das Unlösliche und die gesamte Menge des Fe,O, unter Annahme von Brauneisenstein als mechanische Bei- mengungen aus, so erhält man die Zusammensetzung unter III, aus der sich berechnen läßt, daß die Masse ein Gemenge von Hydrargillit mit dem Silikat Al,O,.SiO,.H,O etwa zu gleichen Teilen, also nahezu (Al,O,.3H,0O) + (Al,O,.SiO,.H,O) sein kann. Dem würden die Zahlen unter IV entsprechen. Neben den 31°/, Brauneisenstein wären in diesem Laterit 37°/, Hy- drargillit und 42°), von dem obigen Aluminiumhydrosilikat enthalten. 48 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, 3. Zweiter Diabas von Ste. Marie. Ein anderer Diabas von der Insel Ste. Marie ist dem eben betrachteten sehr ähn- lich, nur etwas grobkörniger. Das vorliegende Stück ist gleich- falls von einer etwa 2 cm dicken Rinde von gelblichbraunem Laterit umhüllt, die wie oben scharf gegen das dunkelgrüne irische Kerngestein abschneidet. Auch die mikroskopische Be- obachtung des frischen Diabases ergibt gegen das soeben betrachtete Gestein keinen bemerkenswerten Unterschied, und dasselbe gilt im wesentlichen für den umgebenden Laterit. Auch bei ihm ist die Struktur des Diabases vollkommen er- halten, nur erscheint die Zersetzung schon weiter vorgeschritten zu sein; es sind entschieden weniger irische und halbumge- wandelte Bestandteile vorhanden. Dies erhellt auch aus der Analyse des Laterits, die neben 4,25 Unlöslichem (bestehend aus einigen schwarzen Titaneisen, einigen helleren Augit- und wenig farblosen Feldspatkörnchen) nur 6,36 SiO, im löslichen Teil und überhaupt die folgenden Werte ergeben hat: l: 1. II. IV. Unlösiicher Ser eur Fe 4,25 — 0.2.0 Losl., Teil ,Su O0. 2.22720.56 6,68 6,68 6,66 AOL 200222 39,25 37,00 37,00 36,85 Be, OS DD 30,80 = — CO nal — —_ = 3 2 MoiQ 0 20 —- — — EI Or ne EN Be 24,31 29,92 20,33 20,00 DIE, N. SLOT ER DIE — 39,99 39,99 100,07 100,00 100,00 100,00 Von dem Wasser entweichen 4,05 °/, bei 110°, 19,49%, bei schwacher und der Rest von 0,77 °/, bei starker Rotglut. Der Gang der Umwandlung ist derselbe wie bei dem vorigen Gestein. Der in Salzsäure lösliche Bestandteil des Laterits läßt sich, abgesehen vom Eisenhydroxyd, als ein Gemenge von 8 Mol. (Al,O,.3H,O) mit 1 Mol. (3Al,0,.2SiO,.3H,O) be- rechnen. Das Ganze würde also bestehen aus 47 °/, Hydrargillit, 17°/, des genannten Silikats und 36°/, Brauneisenstein. insbesondere dessen von Madagaskar. 49 4. Erster Amphibolit von Ste. Marie. Um auch die Umwandlung eines anderen eisenreichen Gesteins als eines Diabases kennen zu lernen, wurde ein feinkörniger Amphibolit zur Untersuchung gewählt. Er stammt ebenialls von Ste. Marie de Madagascar und wurde am Wege von Ambodifotra zur Ostküste gesammelt. Das vorliegende Stück ist fast kugelrund und kopigroß. Es besteht, wie die beiden Diabase, aus einem verhältnismäßig frischen Kern mit einer gelblichbraunen, bis 2 cm dicken Lateritrinde, die beide zwar auch noch rasch ineinander übergehen, aber doch weniger scharf voneinander geschieden sind, als dort. Der Kern ist dunkelgrün und zeigt schon unter der Lupe deutlich die Blätterbrüche der einzelnen Hornblendeindividuen. Die Rinde ist wie gewöhnlich erdig und die äußerste Schicht zwischen den Fingern unschwer zer- reiblich. U. d. M. erweist sich das Gestein als fast ganz von, namentlich an den Enden unregelmäßig begrenzten, kurzen Hornblendeprismen gebildet, zu denen sich eine nicht ganz geringe Menge Quarz gesellt. Dieser ist zum kleineren Teil in einzelnen rundlichen Körnchen den Hornblendeprismen ein- gewachsen, zum größeren Teil bilden mehrere weniger ge- rundete Quarzkörnchen kleine Gruppen zwischen den Horn- blendekristallen. Letztere sind grün und ziemlich stark dichroi- tisch zwischen hell- und dunkelgrün. Sie befinden sich auch in der Mitte des irischeren Gesteinskerns schon im Beginn der Zersetzung, so daß die Spaltungsrisse der Hornblende, die Klüftchen des Gesteins und die Zwischenräume zwischen den Quarzkörnchen der soeben erwähnten Aggregate stark mit braunem Eisenhydroxyd imprägniert sind. „In der gelbbraunen erdigen Lateritrinde bildet das braune undurchsichtige Eisenhydroxyd ein dementsprechendes Ader- werk, und zwischen den feinen braunen Adern liegt das lein- körnige farblose Hydrargillitaggregat ganz in der gewöhnlichen N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 4 50 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Weise. Die Struktur des ursprünglichen Gesteins ist noch deut- lich zu erkennen, und zwischen und in den umgewandelten Hornblendeindividuen liegen die Quarzkörner ganz in derselben Anordnung wie es eben für das frische Gestein beschrieben worden ist. Auch hier ist die Hornblende nicht durchweg voll- kommen zersetzt; es sind in dem Laterit einzelne noch fast ganz frische und manche teilweise zersetzte noch deutlich doppeltbrechende Hornblendepartikel vorhanden. Der Lösungs- rückstand besteht zumeist aus Quarz, daneben erkennt man auch einzelne frische Hornblendekörnchen. Über die chemischen Verhältnisse des Laterits gibt die folgende Tabelle Aufschluß, in der die einzelnen Reihen wieder dieselbe Bedeutung haben, wie in den vorhergehenden. I. N. II. IV. Unlösl. Rückstand . . . 15,79 = — en Bösl.sTeile3Su®, 2.722,237:6.98 8,29 8,29 8,16 2 ORT 20,34 50,34 80,80 3 „Re, ©, 7 manee19.04 15,49 — —— , IEAOF Aretes 0:08 — —_ _ 2 = »MRORE2 re Sspur _ — — EINO, Le ea 21018 25,88 23.22 22,84 2F&0.73 H, O/RUNE III — 18,15 18,15 99,99 100,00 100,00 100,00 Auch in diesem Falle kann man die Masse nach Abzug von 18,15 °/, aus 15,49 Fe,O, und 2,66 H,O bestehendem Eisenhydroxyd aus den Zahlen unter III als ein Gemenge von Hydrargillit und einem Aluminiumhydrosilikat berechnen und zwar ergibt sich dabei 9(Al,O,..3H,O) + (2AL,O,..3Si0,.H,O), woraus die Zahlen unter IV folgen, die mit denen unter Ill sehr nahe übereinstimmen. Dies entspricht ca. 64 °/, Hydrargillit, 18°/, von dem Silikat und 18 °/, Brauneisenstein. 9. Zweiter Amphibolit von Ste. Marie. Auch diese nächste Lateritprobe ist ein umgewandelter Amphibolit. Er ist aber feinkörniger als der vorige und im frischen Zustand dunkler grün, fast schwarz. Wie bei dem letzteren ist auch insbesondere dessen von Madagaskar. 51 hier der frische, harte und feste Kern von einer gelbbraunen, erdigen Lateritrinde umgeben. Hier sind aber Rinde und Kern viel weniger scharf geschieden wie sonst. Zwischen beiden ist eine mehrere Millimeter dicke, aus kleinen hellen und dunkeln Körnchen bestehende Zwischenschicht, die einerseits in den frischen Kern, anderseits in die Lateritrinde allmählich übergeht. U. d. M. bemerkt man im Kern dieselbe grüne, stark pleochroitische Hornblende in Form unregelmäßiger Körner und kurzer, vielfach seitlich etwas regelmäßiger begrenzter Prismen, aber. von geringeren Dimensionen als bei dem ersten Amphibolit. Dazwischen liegt, im Gegensatz zu dem letzteren, in geringer Menge, großenteils strich- und fleckenförmig an- geordnet, Feldspat, überwiegend Plagioklas, in kleineren Körnern als die Hornblende. Quarz ist vorhanden wie im ersten Amphibolit, aber weniger als in diesem, und zwar sind die doch keineswegs seltenen Quarzkörnchen mit dem Feld- spat gemengt. In der Hornblende sind lappige Fetzen von Titaneisen eingewachsen, auch einzelne schwach rötliche Granat- körnchen sind vorhanden. Im Laterit der braunen Hülle sieht man u, d. M. das Titaneisen noch fast ganz frisch, aber doch schon etwas an- gegrifien, dagegen ist der Feldspat vollständig und ohne Rest zersetzt und das daraus entstandene Hydrargillitaggregat ist wie gewöhnlich feinschuppig und vollkommen farblos, nur von einigen wenigen dünnen, braunen Strichen durchzogen, die Infiltrationen von Eisenhydroxyd aus der zersetzten Horn- blende auf feinen Spältchen darstellen. Die Hornblende zeigt wie im vorhergehenden Falle ein dichtes Gitterwerk undurch- sichtiger brauner Striche und Flecken von Eisenhydroxyd, zwischen denen kleine, farblose Partien des feinschuppigen Hydrargillitaggregats liegen von genau derselben Beschafien- heit, wie das aus dem Feldspat entstandene. Dazwischen 4% 52 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, liegen noch einzelne kleine irische oder unvollständig zer- setzte, in diesem Falle rotbraune, pleochroitische Hornblende- teilchen, die über ihre ganze Fläche hinweg einheitlich polari- sieren und die in das umgebende Hydrarsillitaggregat ohne scharfe Grenze übergehen. Die Analyse hat die folgenden Resultate ergeben: IL I. IM. IV. Unlösl.- „Rückstand? . 7.2 13/37 —_ a jahe Lösl. Teil:.siO, .. AO 1 5 ALO,... . 48,38.1.5032. 50.30 Bes Beor2 eis 3 au GO anaenam 025 = ze — 0 Meoiiie 00 R hie Io IE NEE 21,48 02409 Dos Narr O SSH On. lans > iv 0258 ae 99,91 100,00 100,00 100,00 Nimmt man wieder alles Fe,O, als Brauneisen 2Fe,O, .3H,O an, so erfordern die 19,31 Fe,O, zur Bildung von 22,58 dieser Verbindung 3,27 H,O und man erhält die Werte unter II. Die hier stehenden Mengen von SiO,, Al,O, und H,O lassen sich wieder als ein Gemenge von Hydrargillit mit einem verhältnis- mäßig einfachen Aluminiumhydrosilikat-berechnen. Man findet dabei sehr nähe!"8(Al, ©, . 34,0) -2@Al, 0.:.2Si07 377.0), ensprechend den Zahlen unter IV. Annähernd besteht das Gemenge aus 56 °/, Hydrargillit, 21 °/, des Silikats und 23 /, Brauneisenstein. Der unlösliche Rückstand besteht beinahe nur aus Quarz mit einigen schwarzen unmagnetischen Erzkörnchen:. :6. Sandstein. Endlich wurde noch ein ziemlich fein- körniger poröser Sandstein mit hellbräunlichgelbem Binde- mittel untersucht, das sich u. d. M. als vollkommen überein- stimmend mit dem charakteristischen Hydrargillitaggregat er- wies. Es ist ein Sandstein mit lateritischem Bindemittel, ein Lateritsandstein. U. d. M. sieht man ziemlich scharikantige und -eckige Quarzkörnchen, teils mehr vereinzelt, teils zu ‚kleinen Gruppen und Haufen vereinigt, in diesem Bindemittel insbesondere dessen von Madagaskar. | 53 eingewachsen. Dieses letztere ist iarblos bis gelblichbraun mit zahlreichen und teilweise großen dunkler braunen, fast undurchsichtigen Flecken ohne scharfe Grenzen. Unzersetztes (abgesehen vom Quarz) oder Halbzersetztes ist u. d. M. nicht zu bemerken. In der Masse sind zahlreiche, mehr oder weniger ausgesprochen runde Poren vorhanden, auf deren Wänden kleine Kriställchen aufgewachsen sind, die vollständig mit den anderweit unter ähnlichen Umständen, z. B. im Bauxit des Vogelsberges vorkommenden und mit Sicherheit als Hydrargillit erkannten Kriställchen übereinstimmen und die man demnach also auch wohl hier als Hydrargillitkriställchen ansprechen dari. Die Analyse hat folgendes ergeben: I. 1. II. IV. Enlosl- Rückstand +... 79,38 Boslssleile2Ssl®, 2..22.2270,50 1,98 1,98 2,10 ’ ee NSO.. . 2.0. 10,87, 51,02 51,02 99,91 BEeX®, una 2,34 9,28 — — Cao k no Spur —— — — EIROEE IN. I N, 9,51 STD 36,16 32.57 » 7, Oo KO re za 4 10,84 az 100,60 100,00 100,00 100,00 Die 9,28 Fe,O, liefern mit 1,56 H,O, zusammen 10,84 Brauneisenstein. Den 51,02 Al,O, würden 26,92 H,O ent- sprechen, wenn die ganze Tonerdemenge in dem Hydrargillit steckte. Dies ist aber nicht der Fall, da auch noch 1,98 SiO, in löslichem Zustande vorhanden ist, die mit einem Teil der Al,O, und des H,O auch hier eine kleine Menge Aluminium- hydrosilikat bildet. Da aber der lösliche Teil hier nur eine so geringe Menge des Ganzen ausmacht, so ist eine Rech- nung, wie sie in den anderen obigen Fällen angestellt wurde, noch unsicherer als dort und deshalb unterblieben, um so mehr, als der Ursprung des Hydrargillits in diesem Falle gänzlich unbekannt ist. 54 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Vergleicht man in den soeben betrachteten madagassischen Lateriten die Zusammensetzung dieses Umwandlungsprodukts mit derjenigen der bekannten Ursprungsgesteine, so ist, wie schon oben erwähnt, bei ihnen allen eine Abnahme der Kiesel- säure zu erkennen, die bis zum vollständigen Verschwinden geht und die begleitet wird von einer gleichzeitigen Abnahme der alkalischen Bestandteile bis zu Null. Dagegen nimmt der Gehalt an Tonerde entsprechend zu, da alle Tonerde in dem Gestein enthalten bleibt und keine Wegführung stattfindet. Ebenso wächst der Gehalt an Eisenoxyd, der sich aber nur einstellt, wenn das Gestein farbige, eisenhaltige Gemengteile enthält. Fehlen diese ganz oder fast ganz, wie in dem oben an erster Stelle besprochenen Granit, so ist auch der daraus entstandene Laterit ganz oder fast ganz eisenirei. Diesen Verhältnissen ent- spricht dann auch das von farblos bis dunkelbraun wechselnde Aussehen des Laterits. Ein Gehalt an löslicher Kieselsäure hat sich nur dann feststellen lassen, wenn in der umgewandelten Gesteinsmasse noch halbzersetzte Gemengteile vorhanden waren, und erheb- lich war die Menge dieser Kieselsäure nur dann, wenn das Mikroskop auch größere Mengen von den letzteren erkennen ließ. Bei dem Übergang der frischen Gesteine in Laterit müssen sich selbstverständlich solche Zwischenglieder bilden. Die Analysen zeigen, daß es in Salzsäure lösliche Aluminium- silikate sind, wie sie schon Herr VAN BEMMELEN (l. c.) nach- gewiesen hat. Er hat sie als amorph angesprochen, und solche amorphe Zwischenglieder hat auch u. a. Herr ERICH KAISER ! an dem in bauxitischer Verwitterung begrifienen Basalt vom Kuckstein bei Oberkassel am Siebengebirge beschrieben. In den oben erwähnten Lateriten sind diese Zwischenprodukte aber nicht amorph; sie wirken wie das Endprodukt, der ' Monatsber. d. deutsch. geol. Ges. 1904. No. 3. p. 17 ff. insbesondere dessen von Madagaskar. 55 Hydrargillit, stets noch mehr oder weniger krältig auf das polarisierte Licht. Die obigen Analysen weisen darauf hin, daß sie eine sehr wechselnde Zusammensetzung haben, die von den jeweiligen besonderen Verhältnissen, der Zusammen- setzung der frischen Urmineralien und dem jeweiligen Stande, überhaupt von dem ganzen Verlauf der Zersetzung ab- hängen. Zuerst enthalten sie vielleicht auch noch gewisse Mengen von Alkalien, wovon aber die Analysen nichts er- kennen lassen. Die alkalischen Bestandteile scheinen stets zuerst und sehr rasch wegzugehen und sind schon fast gänzlich verschwunden, wenn noch erhebliche Mengen lös- licher Kieselsäure vorhanden sind. Dies zeigte u. a. der erste Diabaslaterit von Ste. Marie de Madagascar (p. 45), der zwar noch mehr als 14°/, lösliche Kieselsäure, aber nur noch Spuren von CaO und MgO enthält. Gleich zu Anfang der Um- wandlung hat auch die Ausscheidung des Eisens als Hydroxyd aus den farbigen Gemengteilen stattgefunden, und zwar scheint es, als wäre das Verhältnis des Aluminiums zum Eisen im Laterit ziemlich dasselbe geblieben wie im ursprünglichen Gestein, wie dies auch Herr ERICH KAISER! von einem aus Amphibolit entstandenen Laterit von den Karolinen durch Analysen des ursprünglichen Gesteins und seines Zersetzungsprodukts direkt nachgewiesen hat. Hieraus würde man schließen dürfen, daß bei der Lateritbildung eine Zufuhr und Wegfuhr von Tonerde und Eisenoxyden nicht in bemerkbarem Maße statt- findet. In manchen Lateriten ist Titansäure, z. T. in nicht unerheblicher Menge, gefunden worden. Die obigen Analysen des löslichen Teils der untersuchten Laterite geben nichts davon, dagegen sind die schwarzen Körner des Rückstandes titansäurehaltig, wie mir eine Lötrohrprobe für die beiden * Jahrb. k. preuß. geol. Landesanst. f. 1903. 24. p. 91, und Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 54. 1902. p. 62—63. 56 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Diabaslaterite gezeigt hat. G. C. DU BOIS! gibt in einem Ober- flächenlaterit aus Surinam 14,08 TiO, an. G. LINCK vermutet allerdings in seinem Referat über diese Arbeit?, daß hier eine Verwechslung vorliege und daß diese Zahl sich auf die Tonerde beziehe, von der nur 0,14 °/, gefunden sein sollen. H. und F. J. WARTH® haben in einem indischen Laterit 6,61 und in einem anderen 6,49 TiO, nachgewiesen. Demgegen- über gibt es andere Laterite, die nur wenig oder gar kein TiO, enthalten. Dieser Bestandteil gehört somit nicht wesent- lich zum Laterit, er stammt wohl aus einer mehr oder weniger großen Menge Titaneisen des ursprünglichen Gesteins (Diabas, Basalt etc.) und ist dem Laterit als Titaneisen, das bei der Umwandlung unverändert bleibt, mechanisch beigemengt, fehlt aber in anderen Lateriten, die aus titaneisenireien Gesteinen entstanden sind. Hierfür spricht auch die Untersuchung der obigen Laterite aus Madagaskar, von denen der an erster Stelle genannte Granitlaterit keine Spur von TiO, im unlös- lichen Rückstand ergeben hat; dasselbe vermuteten auch die Herren WARTH für indischen Laterit (l. c.). Auf solchen un- zersetzt gebliebenen Eisenerzen beruht wohl auch der von Herrn KÖBRICH nachgewiesene Magnetismus mancher Bauxite des Vogelsberges'. Da das Titaneisen bei der Lateritbildung unverändert bleibt, so enthalten die löslichen Teile des Laterits keine Titan- säure, dagegen muß sich der Gesamtgehalt im Laterit dem ursprünglichen Gestein gegenüber allmählich anreichern, so daß die erwähnten hohen Prozentzahlen nichts Auffälliges haben. Eine solche Anreicherung findet ja auch bei der ge- wöhnlichen Verwitterung, z. B. des Diabases, statt, der im Nina. BpetrVitt 2221902. p19: ® Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. 1905. II. - 69-. ® Geol. Mag. (4.) 10. No. 466. p. 154 ff. * Zeitschr. f. prakt. Geol: 13. 1905. p. 23. insbesondere dessen von Madagaskar. _ 57 frischen Zustand kaum über 23 °/, TiO,, meist erheblich weniger, enthält, während z.B. für den stark zersetzten Diabasmandelstein vom Gallenberg bei Lobenstein (mit 41,54 °/, CaCO,) 4,18 °/, TiO,, für den gleichfalls zersetzten Diabas von der Aurora- Mine in Michigan 3,79°/, TiO, angegeben werden. Nach der Untersuchung von T. L. WATSON! sind in den Bauxiten von Georgia bis zu 9,80 TiO, enthalten, aber, wie er meint, nicht in der Form von Titaneisen. Er sagt ausdrücklich, die mikroskopische Untersuchung an Dünnschlifien habe ergeben, daß die Titansäure nicht in Form freier Oxyde vorhanden ist. Vergl. hierzu auch die Bemerkungen von E. KAISER über den TiO,-Gehalt des Laterits von den Karolinen (l. c.). Verschiedene Bodenarten von Madagaskar sind schon von TH. SCHLÖSSING ? auf chemischem Wege daraufhin untersucht worden, ob sie freie Tonerde enthalten oder nicht. Sie wurden in dieser Beziehung verglichen mit einer Anzahl französischer Ackererden. Herr TH. SCHLÖSSING kochte sein Material längere Zeit mit sehr verdünnter Kali- oder Natronlauge, die freie Kieselsäure und Kaolin kaum angreifen, aber freie Ton- erde auflösen. Aus französischen Ackererden konnte er auf diese Weise keine oder nur wenig Tonerde ausziehen, während Böden aus Madagaskar dabei bis 14 °/, Tonerde ergaben. Er schließt hieraus im Gegensatz zu PAUL DE GASPARIN, daß die französi- schen Erden keine oder nur wenig ireie Tonerde enthalten. In den Böden von Madagaskar ist dagegen, oit in beträchtlicher Menge, „soit de l’alumine libre, soit un silicate de cette base tres attaquable par une solution dilu&e de soude“ enthalten. Nach den oben mitgeteilten Beobachtungen bin ich ge- neigt anzunehmen, daß diese von verdünnter Natronlauge leicht zersetzten Tonerdesilikate auf die noch nicht ganz vollendete Umwandlung des ursprünglichen Gesteins in Hydrargillit zu- " Bull. geol. Survey Georgia. No. 11. 1904. p. 169. ” Compt. rend. 132. 1901. p. 1203. 58 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, rückzuführen sind, daß wir es hier mit den oben erwähnten Zwischenprodukten zwischen beiden zu tun haben, die das freie Aluminiumhydroxyd begleiten. Herr SCHLÖSSING vergleicht dann seine Resultate mit den von mir an dem Laterit von den Seyschellen erhaltenen. Er spricht seine volle Übereinstimmung mit den letzteren aus, indem er (p. 1209) sagt: „ainsi l’existence de l’alumine libre dans les terres de Madagascar est simplement une confirmation de faits observes anterieurement par M. MAX BAUER.“ Den Unterschied zwischen den französischen Böden und denen von Madagaskar führt er an derselben Stelle auf die Wirkung des tropischen Klimas zurück. Es ist aber bemerkenswert, daß auch einzelne französische Ackererden ihm, wenngleich in geringerer Menge, freie Tonerde ergeben haben. Hieraus folgt also wie aus anderen Beobachtungen, daß die Bildung der freien Tonerde bei der Gesteinsumwandlung in höheren Breiten ebenfalls nicht ganz ausgeschlossen ist. Man sieht also auch hieraus, daß es nicht unbedingt notwendig ist, die Bildung des Bauxit im Vogelsberg etc. auf die Wirkung des tropischen Klimas in der Tertiärzeit zurückzuführen. Auch Herr A. LACROIX hat sich meinen Anschauungen über die Natur des Laterits angeschlossen und betrachtet gleich mir den Laterit als ein Umwandlungsprodukt verschie- dener Gesteine. Er hat die von mir an dem Material von den Seyschellen gewonnenen Resultate speziell auf die Laterite von Madagaskar angewendet'!. Die obigen Untersuchungen zeigen, daß er dazu vollkommen berechtigt war. Hydrargillit als Absatz aus Wasser. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen Anhäufungen von reinem Hydrargillit, die zuweilen in Verbindung mit dem Laterit oder isoliert für sich auftreten und die nach ihrem ' Madagascar au debut du XX. siecle: Mineralogie. 1902. p. 72. insbesondere dessen von Madagaskar. 59 ganzen Vorkommen als Absätze aus dem Wasser angesehen werden müssen. Auf der Ostseite der Insel Ste. Marie de Madagascar finden sich am Küstenabhang, 20—25 m ü.d. M., derartige Massen in einer Weise, daß sie für gehobene und in Verwitterung begriifene Korallenriffe gehalten worden sind. In der Tat sind die mir vorliegenden Stücke gewissen Kalksintern auf den ersten Blick nicht unähnlich. Es sind an der Oberfläche unregelmäßig rundliche, knollige Bildungen, die bald mehr traubige oder nierige, bald mehr zapfenförmige oder plattige Gestalt besitzen. An einigen Exemplaren glaubt man aui der entgegengesetzten Seite eine Anwachsfläche zu erkennen, mit der die Masse auf der Unterlage befestigt war, doch ist die letztere an keinem der untersuchten Stücke noch zu sehen. Die Brüche quer zu der rundlichen Oberfläche sind für das bloße Auge dicht bis erdig und vielfach porös, an einzelnen Exemplaren auch versteckt faserig. Im Innern ist die Farbe weiß bis gelblich oder rötlich, wird aber nach außen hin gegen die rundliche Oberfläche dunkler und auf der letzteren ist sie vielfach schwarz, aber nicht selten nur in einzelnen mehr oder weniger großen _ zusammenhängenden Flecken auf hellerem Hintergrund. Mehr- fach gehen krumme Trennungsflächen parallel mit der rund- lichen Oberfläche hindurch, die, wenn sie auch nicht sehr deutlich sind, doch auf einen schaligen Bau, ähnlich wie beim Glaskopfi, hinweisen. Viele dieser Knollen oder Sinter er- scheinen, abgesehen von der nicht ganz einheitlichen Farbe und den Poren, vollkommen homogen. In anderen sind aber mehr oder weniger zahlreiche abgerollte Quarzkörner ein- gewachsen, die sich sogar lokal so häufen, daß die Masse aussieht wie ein Sandstein mit sehr reichlichem lateritischen Bindemittel. U. d. M. erweist sich die Substanz der Knollen als außer- ordentlich feinschuppig bis -körnig und -faserig; von irgend- 60 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, einer bestimmten Gesteinsstruktur, wie in den oben betrach- teten Lateriten, ist gar keine Spur vorhanden. Die Farbe ist rein weiß mit mehr oder weniger zahlreichen größeren oder kleineren unregelmäßig begrenzten braunen, teilweise auch schwarzen Flecken von Eisenhydroxyd etc. Kleine, unregel- mäßig rundliche Hohlräume sind stets viele vorhanden, ebenso machen sich auch in den reinsten Proben stets einzelne Quarz- körner bemerkbar, die in anderen Proben, wie man dies ja auch schon mit der Lupe sieht, bis zu beträchtlicher Menge zunehmen. Zwischen gekreuzten Nicols hat man auch hier das Bild, wie es der Laterit, bezw. das Hydrargillitaggregat immer zeigt; wir haben das typische Bild des letzteren. Aller- dings erscheinen dickere Schliffe z. T. fast vollkommen isotrop, je dünner aber das Präparat wird, desto deutlicher tritt die feine Struktur hervor. Man sieht daraus, daß die scheinbare Iso- tropie auf der mehr oder weniger vollständigen Kompensation mehrerer übereinanderliegender, unregelmäßig gegeneinander orientierter Hydrargillitindividuen beruht, die bei der abnehmen- den Dicke des Präparats allmählich immer geringer wird. Diesem mikroskopischen Befund entspricht nun auch ganz der chemische. Die Substanz braust nicht im mindesten mit Salzsäure, auch nicht in der Wärme; sie löst sich aber als feinstes Pulver allmählich beim Kochen mit konzentrierter Salzsäure, wobei nur die erwähnten Quarzkörnchen als Rück- stand übrig bleiben. In der Lösung ist außer einer sehr geringen Menge Eisen nichts zu finden als Tonerde. Kiesel- säure und Alkalien fehlen vollständig. Beim Glühen ent- weicht eine reichliche Menge Wasser. Eine sehr reine Probe ergab einen Glühverlust von 33,98 °/,, während Hydrargillit, AI,O, .3H,0,.34,57°/, H,O enthält. Der Rest war Tonerde mit Spuren von Eisenoxyd. | Wir haben es also hier mit einem äußerst feinen Hy- drargillitaggregat zu tun, das aber offenbar nach seinem Vor- nn insbesondere dessen von Madagaskar. 61 kommen und nach seiner ganzen Erscheinungsweise nicht als ein direktes Umwandlungsprodukt irgend eines Gesteins oder Minerals betrachtet werden dari. Es ist wohl als eine sinter- artige Ausscheidung aus einer tonerdereichen Lösung anzusehen, die sich bei der Lateritisierung der in der Nähe anstehenden Gesteine gleichzeitig gebildet hat, aus denen auch die ein- geschlossenen Quarzkörner stammen. Wir haben oben fest- gestellt, daß im allgemeinen bei der Lateritbildung wohl keine Fortführung von Tonerde aus dem ursprünglichen Gestein stattfindet. Unter besonderen Umständen muß dies aber doch wohl möglich sein. Man könnte hierbei u. a. vielleicht an die Mitwirkung von Schwefelsäure denken, die sich aus einem etwaigen Schweielkies des in Umwandlung begriffenen Gesteins bildet, wie dies u. a. DU BOIS (l. c.) von Surinam beschreibt. Aus der Lösung von Aluminiumsuliat würden dann Alkalien das Tonerdehydrat ausscheiden. Die Laterit- bildung selber, die Umwandlung tonerdehaltiger Mineralien und Gesteine in Hydrargillit an Ort und Stelle unter Erhaltung der Struktur ist aber sicher nicht auf die Wirkung der Schwefel- säure zurückzuführen, wie es DU BOIS tut. Diese würde ja aueh die Tonerde auflösen und die Gesteinsstruktur voll- kommen zerstören. Diese Ausscheidung von Hydrargillit aus Lösungen gleich- zeitig mit der Umwandlung der tonerdehaltigen Gesteins- gemengteile in Hydrargillit erinnert an ähnliche Vorgänge bei der ‚Serpentinbildung. Wenn ein Olivingestein, z. B. Paläo- pikrit, in Serpentin übergeht, geschieht es unter Erhaltung der Gesteinsstruktur und der durch Umwandlung entstandene Serpentin enthält noch Überreste des ursprünglichen Olivins. Gleichzeitig scheiden sich aber auf Spalten aus Lösungen Serpentinvarietäten von faseriger Struktur (Pikrolith, Metaxit und Chrysotil) aus, die nie eine Spur von Olivinresten führen. Diese sind die Analoga der oben erwähnten: -Hydrargillitknollen. 62 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, DU BOIS (l. c. p. 37) analysierte gelblichweiße oolithische Bildungen, die vielleicht in derselben Weise entstanden sind, wie die Knollen von Ste. Marie de Madagascar und die also vielleicht hierher gehören. Er erhielt dabei die folgenden Zahlen, denen allerdings nur die für technische Zwecke er- forderliche Genauigkeit zukommt: 1. Il. III. AON EB 63,3 48,5 92,0 KeROr EI SER 10,5 21,6 14,4 SIOHMHAREL A 7,0 14,5 3,1 CaOa. ar 1,0 1,0 1,5 MODS RI ME E= = Spur H,O: Ne 17,6 14,0 27,6 99,4 99,6 Se! Die Kieselsäure ist wohl ganz als Chalcedon vorhanden, der (l.c.) u. d.M. als starke Imprägnation einzelner, namentlich der äußeren Oolithschalen deutlich hervortritt, wie auch na- mentlich die Zwischenmasse zwischen den einzelnen Oolith- kugeln sehr reich an sekundären Kieselsäureausscheidungen ist. Sieht man von dieser Kieselsäure ab, so haben wir auch hier wieder ein fast reines Gemenge von Hydroxyden der beiden Metalle Eisen und besonders Aluminium, von denen aber I und II so wenig Wasser enthalten, daß hier von Hy- drargillit, wenigstens vom ausschließlichen Vorhandensein des- selben, nicht die Rede sein kann. Die von DU BOIS aus- drücklich betonte geringere Genauigkeit der angeführten Zahlen läßt aber eine eingehende Berechnung der Analysen nicht angezeigt erscheinen. Laterite von oolithischer Struktur werden vielfach be- schrieben. Vielleicht hat man bei allen diesen die Mitwirkung solcher Ausscheidung aus wässeriger, Al, O,-reicher Lösung anzunehmen. Jedenfalls hat keine der von mir untersuchten Lateritrinden, die zweifellos alle direkte und ausschließliche Umwandlungsprodukte sind, auch nur die geringste Spur von oolithischer Ausbildung gezeigt. insbesondere dessen von Madagaskar. 63 Auch VAN BEMMELEN (l. c. p. 310) teilt zwei Analysen solcher Knollen (er sagt: Laterit mit kristallisiertem Hydrargillit) von Surinam aus dem Distrikt Nickerie, vom rechten Ufer der Fallawatra in der Nähe des Cremer-Wasserfalls, mit: SUONA 8,9 76 AO N Er 30,4 31,2 IR, On 30,17 34,6 ENROEEDMIRITEIN. 0,5 f INC ne. 0,2 \ > Silikall 2 2. 311 3,0] Ntaneisenr ar 3,0 Sn 4,0] 2) E3OF unter 10027727 20,9) LIROF une 1002... 1840) ren 100,4 100,1 Die Hälfte des Unlöslichen ist Titaneisen, was auf die Entstehung der Masse aus Diabas oder einem ähnlichen Ge- stein hinweist. Das übrige Unlösliche (das Silikat) ist Silli- manit, Disthen, Zirkon und sehr wenig Quarz. Auch hier ist der Wassergehalt ungenügend zur Bildung von Hydrargillit, besonders angesichts der großen Menge Fe,O,, die sicher auch einen Teil des Wassers gebunden hat. Es ist aber auch möglich, daß ein Teil der Tonerde mit Kieselsäure und wenig Wasser zu einem Aluminiumhydrosilikat vereinigt ist und daß in dem verbleibenden Rest Al,O, und H,O in dem zur Bildung von Hydrargillit eriorderlichen Verhältnis verbunden sind. Hierher gehören vielleicht auch die von ED. JANNETTAZ' unter dem Namen Gibbsit oder Hydrargillit beschriebenen, z. T. erdigen oder kompakten, z. T. pisolithischen weißen und roten Massen aus den Alluvionen des Crique Boulanger, einer kleinen Einbuchtung des Comte-Flusses bei Cayenne in Französisch-Guyana, für die die Analysen folgende Zu- sammensetzung ergeben haben: * Bull. Soc. min. de France. 1. 1878. p. 70. 64 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, 1% 1. II. EINS ara. 33,9 2972. 19,65 N (OR 64,4 63,3 Bl BENOLIN. VERS hman 1,0 1,9 67,84 MO 1,0 — Be ao. ne Spur ' — -- 100,4 ! 100,0 99,60 &—=22,940 I ist von rundlicher Form, teils kompakt, teils pisolithisch, und die Farbe ist graulichweiß, stellenweise etwas rosa. II ist ganz kompakt und von ähnlicher Farbe, nur etwas mehr ins Rot. II ist dunkler gefärbt und pisolithisch. Die beiden letzteren sind Gemenge von Gibbsit mit Eisenoxyd, bezw. -Hydroxyd. Z. T. sind diese Massen wohl auch eigentliche Laterite; die Beschreibung gibt hierüber nichts Näheres an. Ferner sind wohl hierher zu zählen die von R. HERMANN? analysierten haselnußgroßen, grauen bis bräunlichen, schaligen, dichten oder radialstrahligen Hydrargillitkugeln von Villa ricca im Staate Minas Gera&s in Brasilien, die durch Brauneisenstein verkittet werden und die nach DU BOIS (l. c.) in einem sekun- dären Laterit vorkommen. Dasselbe sind sicherlich die von DÖLL? beschriebenen Pseudomorphosen von Limonit nach HAydrargillit von Villa ricca. Nach ihm ist der Hydrargillit fast dicht bis deutlich krummschalig und radialfaserig, die Fasern auf den Schalenflächen senkrecht. Der Limonit ist ebenfalls faserig und ersetzt den Hydrargillit in ganzen Schalen oder nur in Teilen derselben. Gewiß hat man aber hier nicht eine Pseudomorphose, sondern die gewöhnliche Verwachsung der beiden Hydroxyde vor sich. DÖLL sagt auch ausdrücklich, daß der Hydrargillit vollkommen frisch sei. Davon gleichfalls nicht verschieden sind wohl auch die dünnplattigen bis nieren- iörmigen Massen von Hydrargillit (64,1 Al,O, und 36,0 H,O), ı Der Veri. gibt als Summe 99,9 an. ° Journ. f. prakt. Chemie. 106. 1869. p. 72. ® Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1900. p. 148. insbesondere dessen von Madagaskar. 65 die das tonige und eisenschüssige, aus dem Itabirit stammende Konglomerat in der Nähe von Ouro preto (= Villa ricca) in Brasilien einschließt, die von V. ESCHWEGE als Wawellit be- schrieben, aber von DA COSTA SENA! richtig erkannt und analysiert worden sind. Auch die bekannten Hydrargillit — (Gibbsit-)Stalaktiten von Richmond und von anderen Orten in den Vereinigten Staaten sind als Absätze aus wässerigen Lösungen zu betrachten. Laterit von einigen anderen Ländern. a) Indien. ‘ Ein Land, in dem der Laterit eine besonders große Ver- breitung und Wichtigkeit besitzt, ist Indien. Von hier ist er auch zuerst beschrieben worden, und nach dem indischen Vor- kommen hat er auch 1807 von BUCHANAN den noch jetzt üblichen Namen erhalten’. Trotzdem und trotz der vielen über indischen Laterit veröffentlichten Mitteilungen war er aber bis in die letzte Zeit in seinem Wesen so gut wie unbekannt. Die äußere Erscheinung und die Lagerung war häufig ein- gehend und ausführlich beschrieben worden, aber eine sach- gemäße chemische und mikroskopische Untersuchung fehlte ganz. Diese Lücke ist nun, was die chemische Seite anbelangt, von Herrn Dr. HUGO WARTH, früher Deputy-Superintendent im geologischen Departement in Indien, z. T. unter Beihilfe seines Sohnes, Herrn F. J. WARTH, in sehr verdienstvoller Weise ausgefüllt worden. Er hat von einer großen Reihe indischer Laterite die Zusammensetzung durch die Analyse iestgestellt und auf diesem Wege gefunden, daß auch im indischen Laterit der Hydrargillit dieselbe überwiegende Rolle ZBull=soc min. de France. 7. 1884. p. 220. ?® Vergl. A Manual of the geology of India. 1879. p. 348 u. Il. 1881. p. 549. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 5, 66 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, spielt, wie in dem von den Seyschellen, von Madagaskar und aus anderen tropischen Gegenden. Manche dieser Laterite sind nach den Untersuchungen der Herren WARTH fast reines Alu- miniumhydroxyd mit nur sehr wenig gebundener Kieselsäure und mit wenig Eisenoxyd, wenn sie aus eisenarmen Gesteinen (Gneisen etc.) entstanden sind. Manchmal ist der Gehalt an Eisenoxyd auch größer, entsprechend dem größeren Eisen- gehalt des ursprünglichen Gesteins und seiner Bestandteile. Namentlich die Laterite, die auf den Dekkan-Trapp zurück- zuführen sind, zeichnen sich durch einen großen Eisenoxyd- und z. T. auch Titangehalt aus. So enthält z. B. der unten (p. 70) zu erwähnende Laterit von Satara, der aus Trapp ent- standen ist, 4,45 TiO,. Laterite, die reich an Tonerde und arm an Eisenoxyd sind, werden von den indischen Geologen Bauxit oder Bauxit-Laterite genannt. Ein solcher Bauxit, und zwar fast reiner Hydrargillit, ist der schon im Jahre 1893 von Herrn H. WARTH entdeckte und analysierte Laterit von Kodikanal in den Palni-Bergen', der nach der Beschreibung von H. WARTH als ein Umwandlungs- produkt des Charnokit angesehen werden muß. Die Palni- Berge bilden in dem Madura-Distrikt der Präsidentschaft Madras einen 50 km langen, von WSW. nach ONO. streichenden Rücken, der sich bis 2000 m über den Meeresspiegel erhebt, und der von Gesteinen der Charnokitgruppe gebildet wird. Zwischen dem die Höhen bedeckenden Grasboden und dem anstehenden Gestein liegt die in Rede stehende Substanz und zwar in erheb- licher Ausdehnung und Verbreitung; direkt durch Grabungen nachgewiesen wurde sie auf einer mehr als 1 ha großen Fläche. Leider fehlt eine Beschreibung des ursprünglichen Gesteins, aus dem der Laterit entstanden ist. Dieser bildet eine etwa 4 m mächtige Lage, die aus etwas unregelmäßigen, lose zwischen — Gentralbl. 2 Min. ete219022p72176: insbesondere dessen von Madagaskar. 67 einander gehäuften Platten von 1 cm und mehr Dicke besteht. Die Masse selbst, die infolge starker Porosität an der Zunge hängt, ist von weißer, zuweilen schwach ins Rötliche spielender Farbe. Der Struktur nach erscheint sie vollkommen dicht oder amorph. Die mikroskopische Untersuchung von Proben, die ich Herrn H. WARTH verdanke, zeigt an den meisten Stellen des Schliffes keine oder doch nur sehr schwache Einwirkung auf das polarisierte Licht. Dazwischen liegen aber, in ganz allmählichem Übergang zu diesen, größere oder kleinere Partien von der gewöhnlichen Beschaffenheit des Hydrargillit- aggregats im Laterit, in unserem Falle aber von ungewöhn- licher äußerster Feinheit, die dann eben stellenweise so weit gehen kann, daß die Masse das dunkle Sehfeld des Mikro- skops kaum oder gar nicht mehr verändert. In dem Hy- drargillitaggregat bemerkt man einzelne kleine braune Flecken von Eisenhydroxyd, sowie winzige farblose, doppeltbrechende Körnchen, die wahrscheinlich Quarz sind. Die Analyse des Herrn H. WARTH hat in vollkommener Übereinstimmung mit dem mikroskopischen Befunde ergeben: gefunden en Hydrarsillit EROF re SSNTE: 34,95 34,98 AOL SEEN N: 62,80 65,05 69,42 EBeiO ran: 0,44 En — ErOr Bar er 0,20 — E= Maße 2.020,03 — — SIOKHANIRNTR 2,18 — -- Or 0,04 _ = 100,03 100,00 100,00 Wir haben also in der Tat einen Laterit vor uns, der fast reiner Hydrargillit ist und der nur etwas Quarz beigemengt enthält. Damit stimmt auch das spezifische Gewicht überein: G. = 2,42 (für Hydrargillit ist G. = 2,34—2,39). Nach der Berechnung von H. WARTH besteht die Masse aus 95 °/, Hy- drargillit und 5°/, fremden Substanzen. 68 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Etwas weniger rein sind vier Laterite’, die Herr H. WARTH als No. 2—5 bezeichnet, ohne genauere Fundorte anzugeben. Einer Privatmitteilung zufolge sind diese Fundorte der Reihe nach Kalahandi, Palamow, Sirgujah und Rewah. Sie werden ebenfalls noch Bauxit genannt und speziell mit der Varietät Wocheinit verglichen. Alle diese haben einen verhältnismäßig geringen Wassergehalt, und die Tonerde kann daher nicht ganz als Hydrargillit vorhanden sein. H. WARTH nimmt des- wegen die Gegenwart von etwas Diaspor an, und zwar be- stehen sie nach seiner Berechnung zu ungefähr 3 Teilen aus dem wasserreicheren, zu 1 Teil aus dem wasserärmeren Alu- miniumhydroxyd. Es sind richtige Laterite; Herr H. WARTH sagt ausdrücklich, daß sie „have hitherto all been classed under the name laterite“, und daß sie „extensive and thick bedded surface deposits“* bilden. Sie zeigen mehr oder weniger deutliche pisolithische Struktur mit Kugeln, deren Durchmesser zwischen 2 und 4 mm schwankt. Die Farbe ist nach den mir vorliegenden kleinen Proben immer noch hell, wenngleich weit mehr ins Rot oder Braun gehend, als bei dem Laterit von Kodikanal; z. T. wechseln helle und dunkle Stellen mit- einander ab. Alle die oben genannten Fundorte liegen, einer Mitteilung des Herrn H. WARTH zufolge, nach der Ostküste der Halbinsel hin im Gebiet der Gneise oder „submetamorphics“, fern von der Gegend des Dekkan-Trapps. Aus Gesteinen jener Art sind also diese Laterite zweifellos entstanden, nicht aus den Basalten des Dekkan, was den geringen Eisengehalt er- klärt. Auffällig ist dabei der große Gehalt an TiO,, der in einer Probe auf 6,49°/,, in einer anderen sogar bis auf 6,61 °/, steigt. Die Analysen der Herren H. und F. J. WARTH haben die folgenden Werte ergeben, wobei sich die Reihen auf die vier genannten Fundorte in derselben Folge von 1—4 beziehen: ' Geol. Mag. (4.) 10. No. 466. p. 155. 1903. insbesondere dessen von Madagaskar. 69 I: 1. II. N KEORS EI: er 26,47 24,00 28,10 26,94 SO) 0,93 1,79 2,0 238 OR RA 3,30 6,49 6,61 SEO A 0,36 0,04 0,45 0,15 IMiertOo: 130 anno — 0,02 = ve Fre OL ae 4,09 6,21 9,48 6,98 NONE en © ana 67,88 64,64 98,23 97,00 1007702 100/0077751007672200.08 Gi 20,99 G 2,89 Die folgende Gruppe umiaßt „high level laterites“, also nicht geschwemmte Laterite auf ihrer ursprünglichen Lager- stätte. Sie stammen meist aus dem Gebiete des Dekkan-Trapps, sind also durch Zersetzung basaltischer und doleritischer Ge- steine entstanden. Daher zeigen sie auch alle einen erheb- lichen Gehalt an Eisenhydroxyd, das eine intensiv braune bis braunrote Färbung veranlaßt. Diese Laterite heißen gleichfalls noch Bauxit. Auch sie besitzen z. T. noch pisolithische Struktur. Der Titansäuregehalt ist nur in einem Falle hoch und geht bis zu 4,45 °/,; in einem zweiten beträgt er 1,09 °/,, bleibt dagegen in allen anderen Fällen weit unter 1°/,. Von Quarz wird nur in einem Fall eine nicht unbedeutende Menge, nämlich 10,52 °/,, angegeben; gebundene Kieselsäure bleibt in vier Fällen unter 1°/, und steigt in den anderen vier Fällen darüber bis zu 4,20 °/, im Maximum, während das Minimum aller acht Fälle 0,23°/, SiO, beträgt. Dabei handelt es sich um Zersetzungsprodukte eines Gesteins, das frisch etwa 90 °/, SiO, enthalten hat, die bei der Umwandlung fast vollständig ent- fernt worden sind. Die Analysen dieser acht Laterite haben den Herren WARTH! die Werte der folgenden Tabelle ergeben, in der die Reihen I—VIlI den nachbenannten Fundorten ent- sprechen: I. Marwara, II. Mahab, III. Satara, IV. und V. Nil- giris, VI. Pulsa, VII. Karad und VIII. Satara. E&eol. Maorı(9)),2. No, 487, p. 21. 1905. 70 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, I II. II. IV. V. v1. VII.a VAN: H.© . ....2.026,827 724,99. 23388 20707 19007 71959702 0 92212039 Oma. 3. — —_ — oe Wa - SO R09,90 0,72 0,37 3,14 0,23 3,06 4,20 0,90 MO, 0.20, 0 0,42 4,45 _ 0,10 0,13 0,10 1,59 CO) so me (06010) — 0,86 — 0,40 052 — 0,64 Moor — — — — — Spur 0,20 28,0, 0 en lee Zee O0 81,88 84,97 A727.51,23825001 NOS 0 ON 43,83 98,28 85,88 82,05 30,802 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 Auch hier ist der Wassergehalt teilweise zu gering, als daß alle Tonerde als Hydrargillit vorhanden sein könnte. Dies ist bei einigen Vorkommen wohl möglich, in einigen anderen wird aber ein Diasporgehalt bis zu 40 °/, von H. WARTH an- genommen. Die Titansäure stammt überall von etwas bei- gemengtem Titaneisen, das z. T. magnetisch ist, wie ich aus der Untersuchung von kleinen Proben ersehen habe, die ich Herrn H. WARTH verdanke. | Um den Gang der Umwandlung des Trapps in Laterit noch etwas genauer zu verfolgen, haben die Herren WARTH einen Dolerit von Punah in den West-Ghäts, Präsidentschaft Bombay, also einen Repräsentanten der „Dekkan traps“ analysiert (I) und ihn einem aus derselben Gegend stammenden Laterit, der also wohl aus einem derartigen Gestein entstanden ist, gegenüber- gestellt (I). Es ist derselbe Laterit von Mahab, der auch in der obigen Tabelle unter II angeführt ist. Ik 18 IN. IV. Trapp von Laterit von Dolerit von Ton aus Punah Mahab Rowley Regis II STORE ve 90,4 0,7 49,3 47,0 OR Ne 0,9 0,4 0,4 1,8 POS ERBEN 0,2 0,7 AO. erter 222 90,5 17,4 18,0 BERON 23,4 Du 14,6 ICE O) ARE NE > 3,6 — 8,3 — MOL en: 1,3 — 4,7 9,2 GaOT nee 8,4 — 5 1,9 KON 1,8 —, 1,8 2,9 Nas®) „Wenn 20,9 — 4,0 0,3 DINO Se 0,9 25,0 229 192 100,5 100,0 100,4 99,3 insbesondere dessen von Madagaskar. ZA, Hier tritt die Entfernung aller Kieselsäure und aller alka- lischen Bestandteile und die relative Anreicherung an Tonerde, sowie das Eintreten von Wasser besonders deutlich hervor. Um den Unterschied der Lateritverwitterung von der gewöhn- lichen tonigen Verwitterung in außertropischen Gegenden zu zeigen, fügen die Herren WARTH zur Vergleichung die Ana- Iysen des Dolerits von Rowley Regis in Süd-Stafiordshire (nach W. W. WATTS und HENRY) und des daraus hervorgegangenen tonigen Verwitterungsprodukts bei {III und IV). Hier ist der Kieselsäure- und der Tonerdegehalt beinahe derselbe geblieben, alles Eisen ist in Eisenoxyd übergegangen, der Kalk ist bis auf einen kleinen Teil verschwunden, ebenso ist der Natron- gehalt etwas verringert. Zugenommen hat das Kali und die Magnesia um wenig, das Wasser um ziemlich viel. Das Nähere zeigt die Vergleichung der vier Zahlenreihen von selbst. Vergleicht man in den obigen Analysen I—VIII die ver- schiedenen Bestandteile miteinander, so treten einige schon von den Herren WARTH erwähnte Beziehungen hervor. Die Analysen sind nach fallendem Gehalt an Al,O, geordnet. In derselben Reihenfolge nimmt der Gehalt an Fe,O, regelmäßig zu. Gleichzeitig nimmt, wenn schon weniger regelmäßig, der Wassergehalt ab, was wohl damit zusammenhängt, daß im allgemeinen das Eisenhydroxyd wasserärmer ist als das Alu- miniumhydroxyd, das ja doch in der Hauptsache als Hy- drargillit angenommen werden muß. H. WARTH ist der Ansicht, daß alles Eisenoxyd als solches wasserfrei, also nicht als Hydroxyd vorhanden sei oder doch jedenfalls als ein sehr wasserarmes Hydroxyd. Dem widerspricht aber die ausgeprägt braune Farbe, die alle mir vorliegenden Proben ganz oder doch jedenfalls teilweise zeigen. Von allen analysierten Proben enthält die in beiden obigen Tabellen unter II angeführte am wenigsten Bestandteile neben 52.0721,0, und FZO,, nämlich nur 0,7 SiO, und 0,4 TiO,, 79 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, von denen im folgenden abgesehen werden kann. Wären hier die 90,5 °/, Al,O, als Hydrargillit vorhanden, so würde dies einem Wassergehalt von 26,7 °/, entsprechen, während die Analyse nur 25,0°/, H,O gibt. Hiervon beansprucht aber auch das Fe,O, im Betrag von 23,4 °/, eine gewisse Menge zur Bildung von Hydroxyd und zwar unter der Annahme von Braun- eisenstein 3,95 °/,, so daß dann für Al,O, nur 21,05°%, H,O übrig bleiben würde. Da hier von der Anwesenheit einer irgend erheblichen Menge von Aluminiumhydrosilikat keine Rede sein kann, so ist man in diesem Falle wohl in der Tat genötigt, Diaspor neben Hydrargillit anzuerkennen. Auch die Annahme von Goethit statt Brauneisenstein oder die Berücksichtigung der SiO, in dem eben erwähnten Sinne würde hieran nichts Wesentliches ändern, es würde ja sogar noch nicht genug Wasser vorhanden sein, um aus der gesamten Tonerde Hy- drargillit zu bilden, wenn man mit H. WARTH das beigemengte Eisenoxyd als gänzlich wasserfrei betrachten wollte. Man hat wohl die Frage auigeworfen, was bei der Laterit- bildung mit der Kieselsäure geschieht, die aus dem ur- sprünglichen Gestein bei dessen Umwandlung ausgeschieden wird. Es ist bekannt, daß im Gebiete des Dekkan-Trapps und im Zusammenhang mit diesem, also in einer Gegend, wo auch der aus dem Trapp entstandene Laterit die größte Verbrei- tung besitzt, große Mengen Kieselsäuremineralien (Chalcedon, Achat etc.) vorkommen, die z. T. von großer Schönheit sind, so daß sie in erheblichem Umfang zu Schmucksteinen aller Art verschlifien werden. F. R. MALLET! sagt: „Chalcedony and agate occurr in immense profusion in the Dekkan traps.“ Es liegt nahe, wie ich dies schon früher angedeutet habe * und wie ich es hier nochmals hervorheben möchte, anzunehmen, daß wir hier die aus dem Trapp stammende Kieselsäure vor ! Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. 1898. II. p. 212. ? A Manual of the geology of India. IV. Mineralogy. 1887. p. 70. insbesondere dessen von Madagaskar. 73 uns haben, die bei seiner Umwandlung in Laterit ausgeschieden worden ist. Ähnliche Chalcedonbildungen haben wir ja auch sonst schon in Verbindung mit dem Laterit von Surinam (p. 62) kennen gelernt, wenn auch nur in kleinerem Maßstabe. Diese Mineralien werden dann beim Laterit dieselbe Rolle spielen, wie die (l. c.) von mir erwähnten Hornsteinknollen, die den Bauxit z. B. im Vogelsberg begleiten. Eine Anzahl zusammengeschwemmter Laterite (detrital laterites oder low-level laterites), die Herr WARTH (l. c. No. 466. p- 156) mitteilt, sollen hier nicht eingehend besprochen werden, da sie wahrscheinlich aus verschiedenen, nicht zusammen- gehörigen Substanzen bestehen. Herr WARTH berechnet sie als Gemenge von freier Kieselsäure (Quarz) 44—39} °/,, Kaolin (Al,Si,H,O,) 17—503 °/, und Lateritsubstanz (er nennt sie Bauxit) 40—56 °/,. Das Verhältnis von Al,O, zum Fe,O, ist sehr wechselnd und bei der Berechnung nähert sich das Eisen- hydroxyd bald mehr dem Brauneisenstein, bald mehr dem Goethit. Die Proben sind z. T. ausgesprochen pisolithisch und einige enthalten neben Körnern anderer Mineralien auch zahlreiche Quarzkörner; in einem Falle werden 24,39°/, Quarz angegeben. Auch Herr T. H. HOLLAND ', zurzeit Direktor der Geo- logical Survey oi India, hat sich für die indischen Vorkomm- nisse meiner Auffassung von der Natur des Laterits an- geschlossen. Er sagt: „What is true of the Seychelle laterite, must, so far as one can judge, be true also of the laterites oi India which have not been sifted by running water.“ Ich glaube im vorhergehenden gezeigt zu haben, daß in der Tat die indischen Laterite dasselbe Verhalten zeigen wie der von den Seyschellen. Herr HOLLAND scheint aber geneigt, die Priorität für die richtige Erkenntnis der Beschaffenheit des " Geol. Mag. (4.) 10. 1903. No. 464. p. 59. 74 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Laterits nicht mir, sondern anderen, und zwar den Herren F. R. MALLET, H. WARTH und auch sich selbst zuzuschreiben. Er tut dies auf Grund von vereinzelten, zusammenhangslosen Beobachtungen, von unbestimmten Vermutungen, von zur Zeit des Erscheinens meiner Arbeit über den Laterit der Sey- schellen noch nicht veröffentlichten Analysen und von damals noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen der genannten Herren. Es ist wohl zweifellos, daß diese Bemühungen, deren Bedeutung ich in keinerlei Weise herabsetzen möchte, schließ- lich zu demselben Ergebnis geführt haben würden, wie die meinigen. Ich muß es aber doch entschieden für mich in Anspruch nehmen, zuerst die Natur des Laterits auf Grund allseitiger systematischer Untersuchung zweckmäßig aus- gewählten Materials von den Seyschellen richtig erkannt und das hier als richtig Erkannte auch auf andere Laterite über- tragen, ferner zuerst die Beziehungen des Laterits zum Bauxit nachgewiesen und endlich zuerst auf Grund meiner eigenen Untersuchungen und der mir vorliegenden allerdings recht spärlichen brauchbaren literarischen Mitteilungen auf die wich- tige Rolle öffentlich aufmerksam gemacht zu haben, die der Hydrargillit (und vielleicht auch der Diaspor) hei der Ver- witterung tonerdehaltiger Silikate in den Tropen allgemein spielt. Diese meine Ansicht ist dann auch, wie wir gesehen haben, in der Zwischenzeit von allen Seiten bestätigt worden durch eingehende Untersuchung von Lateriten aus anderen Gegenden, namentlich auch aus Indien. Diese Untersuchung indischer Laterite ist aber in der Hauptsache erst durch mein Vorgehen veranlaßt worden. Vorher war in dieser Beziehung dort sehr wenig geschehen, so daß ein Erkennen der tat- sächlichen Verhältnisse daraufhin nicht möglich war. Diesen Zusammenhang und speziell auch meine Priorität in der Laterit- frage hat auch Herr H. WARTH in liebenswürdigster Weise brieflich wiederholt mit warmen Worten anerkannt, der Mann, insbesondere dessen von Madagaskar. 705) auf dessen zusammenhängenden systematischen chemischen Arbeiten die heutige Kenntnis der wesentlichen Eigenschaften des indischen Laterits zum größten Teil beruht und auf dessen Mitteilungen die meisten sonstigen Berichte hierüber iußen. Wenn die Prioritätsfrage in der Weise, wie es geschehen ist, gestellt wird, müßte dafür in erster Linie auch der Herren © EENZ und C. v. JOHN gedacht werden, die einen Laterit- eisenstein von Gabun in Westafrika untersucht haben'. Dieser besteht nach der Analyse von C. V. JOHN aus: MErK@lBloslichen Substanz? 27. 15,82 Ionerdesr u N 12,40 Eisenoxyde), re near st... 98,02 Kieselsäure und Mangan . .. . - Spuren ENOEDES 100 ee 2,45 H,O beim Glühen der bei 100° ge- mocknetene Substanz. . a2: 12,95 101,64 Der unlösliche Teil besteht aus 10,40 Kieselsäure und 5,42 Ton (zusammen 195,82) und ist ein Gemenge von Quarz und Kaolin. Der lösliche Teil wird als Brauneisenstein mit einer nicht näher bestimmten Hydratfiorm der Tonerde gedeutet. Wenn man von dem bei 100° entweichen- den Wasser absieht, läßt sich dieser Teil in der Tat als ein Gemenge, allerdings nicht von Brauneisenstein, sondern von Goethit und Hydrargillit berechnen, denn 12,40 Al,O, brauchen zur Bildung von Hydrargillit 6,55 H,O, 98,02 Fe, O, R R 4 ....Coaltırs 2 0809, Basa@emenge beider eriordert also... .».... 13.207715, Kauendadier Analyserergibt . 2.0. 2.2... 12. ae Die nach O. LENZ in ihrer Verbreitung an die kristalli- nischen Schiefer gebundenen Laterite des tropischen West- airikas fügen sich also, wenn wir das obige Resultat ver- * Verhandl. k. K. geol. Reichsanst. 1878. No. 16. p. 351. Die Analyse wurde von mir schon früher mitgeteilt, Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. 2898. II. ’p. 210. 76 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, allgemeinern dürfen, derselben Regel, wie die anderen oben betrachteten Laterite. ©. LENZ und C. V. JOHN haben sich aber ebenialls mit dem Ergebnis dieser einen Analyse begnügt und es weder zur Beurteilung der Natur des Laterits überhaupt noch zur Vergleichung mit dem Bauxit verwendet. Es liegt auch hier eine zwar richtige, aber ganz vereinzelt gebliebene Beobachtung vor. b) Ceylon. Auch auf Ceylon spielt nach den Angaben von A. K. COOMARASWAMY! der Hydrargillit im Laterit (Cabook der Ein- geborenen) eine überwiegende Rolle Einige Proben von dort haben u. d.M. die Struktur und die sonstige Beschafien- ‚heit des Hydrargillitaggregats ergeben ganz in derselben Weise wie bei allen anderen Lateriten. Er hat auf dieser Insel eine ziemlich beschränkte Verbreitung und überlagert gewöhnlich den unveränderten „Granulit“, durch dessen Umwandlung er entsteht, mit einer Hülle, deren Dicke an verschiedenen Stellen von wenigen Fuß bis zu vielen Metern schwankt. Fine besondere Betrachtung erfordert aber der Laterit auf Korallenkalk. Im nördlichen Ceylon sieht man viel- fach die Korallenkalke der gehobenen Riffe auf ähnliche Art mit einer Lateritkruste bedeckt, wie es sonst an tonerdehaltigen kristallinischen Silikatgesteinen zu beobachten ist. Das ist z. B. der Fall bei Puttur, 11 englische” Meilen Zossen Jafina, von wo mir zahlreiche, von Herrn A. VOELTZKOW ge- sammelte Stücke vorliegen, die alle dasselbe Verhalten zeigen. Der gelblich- bis rötlichbraune Laterit bildet eine allerdings stets nur dünne, höchstens 1 cm dicke, unregelmäßige Rinde über dem gehobenen Korallenkalk, von diesem durch eine haarscharie Linie geschieden. Die ganze Erscheinung hat bei manchen Beobachtern die Meinung geweckt, daß auch der Korallenkalk fähig sei, in Laterit überzugehen. ! Spolia Zeylanica. 3. Part IX. 1905. p. 62 (p. 13 d. Separatabdr.). insbesondere dessen von Madagaskar. TE Ich habe die Untersuchung auch dieses Lateritvorkommens unternommen, um die Ursache der Verbindung dieses letzteren mit Kalk zu ergründen. Daß hier keine Umwandlung vor- liegen kann, ist von vornherein klar. Der Korallenkalk, der nach meinen Versuchen nicht eine Spur Tonerde enthält, ist nicht imstande, ein so tonerdereiches Umwandlungsprodukt wie den Laterit zu liefern. Daß hier die Lateritrinde in der Tat nicht aus dem unterlagernden Kalk hervorgegangen ist, zeigt aber auch die mikroskopische Betrachtung in ganz un- zweideutiger Weise. U.d.M. ist der Laterit einheitlich gelblichbraun gefärbt. Die scharfe Grenze gegen den weißen Korallenkalk folgt ganz der unregelmäßigen Oberfläche des letzteren. Der Laterit ist mit Kalkspat infiltriert und nicht selten folgen mehrere dünne Lagen Laterit und Kalkspat abwechselnd aufeinander, welch letzterer dann zuweilen auch durch den ersteren gefärbt er- scheint. Die äußerste Schicht ist vielfach eine Kalksinterdecke mit regelmäßig rundlicher Oberfläche. Der Laterit ist aber nicht rein, sondern er enthält zahl- reiche winzige Quarzsplitterchen von mehr oder weniger scharf- kantiger und -eckiger Form, die unregelmäßig darin zerstreut liegen, während der Kalk auch nicht eine Spur solcher Quarz- ‘ einschlüsse beherbergt. Größere Quarzkörner sind niemals vorhanden. | Wäre der Laterit durch Umwandlung aus dem Kalk ent- standen, so könnte schwerlich zwischen beiden eine so scharfe Grenze sein, wie es tatsächlich der Fall ist, weit schärfer als bei den oben betrachteten Gesteinen aus Madagaskar etc. mit durch Umwandlung entstandenen Lateritmänteln. Ebensowenig könnte aber der Laterit selbstverständlich diese Quarzsplitterchen enthalten, die dem Kalk fehlen. Jene Art der Entstehung ist also auch aus diesem Grunde ausgeschlossen. Man muß an- nehmen, daß der aus den kristallinischen Silikatgesteinen des 78 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, mittleren und südlichen Ceylon durch Umwandlung entstandene Laterit durch Südwinde nach Norden getrieben und über die Oberfläche der dortigen, jetzt trocken liegenden Korallenriffe in Form eines feinen Staubes hingeweht worden ist. Dieser Staub bestand aus Laterit und den damit gemengten Quarz- splitterchen, von denen natürlich nur die allerkleinsten die Reise ganz mitmachen konnten. Dieser feine Staub bedeckte die Oberfläche des Kalks und drang in alle, auch die kleinsten Vertiefungen und Höhlungen der Oberfläche ein, sie voll- ständig ausfüllend, wie es die Beobachtung zeigt. Das den Kalk durchziehende, stark kalkhaltige Wasser bildete mit und auf der sekundären Lateritdecke eine Sinterkruste und hielt so das feine Lateritpulver fest. Dieser Vorgang hat sich dann mehrmals an einer und derselben Stelle wiederholt. So er- klären sich ungezwungen alle die oben erwähnten Erschei- nungen. Die Folge dieses Transportes ist auch, daß hier der Laterit, abgesehen von dem beigemengten Kalkspat und dem Quarz, eine ganz homogen erscheinende Masse bildet, in der der Hydrargillit und das Eisenhydroxyd auf das innigste miteinander gemengt sind zu einem ganz einheitlich bräunlichgelb ge- färbten, stark durchscheinenden, feinkristallinischen Aggregat, während in dem auf der ursprünglichen Lagerstätte unver- ändert liegengebliebenen Laterit das weiße und das braune HAydroxyd schari getrennt nebeneinander liegen und dadurch ein lleckiges Aussehen der Masse bewirken. c) Surinam. Über den Laterit von Surinam sind wir durch die früher schon erwähnten Untersuchungen von G. C. DU BOIS! und durch die von J. M. VAN BEMMELEN ? unterrichtet. ' Min. u. petr. Mitteil. 22. 1902. p. 1. ? Zeitschr. f. anorgan. Chemie. 42. 1904. p. 265 u. besonders p. 309. insbesondere dessen von Madagaskar. 79 Der letztere hat drei nicht plastische eisenreiche Laterite untersucht, die aus Diabas oder Diorit entstanden sind, und zwar einen solchen I. aus einer sekundären Lagerstätte am Fuße des Avenovero-Falles, II. von einer gleichfalls sekundären Lager- stätte am steilen Ufer einer „Kreekje“* (Bach) auf der linken Seite der Blanche Marie, und Ill. von einer sehr eisenreichen Erde aus dem Bette einer Kreek nördlich von der Blanche Marie. Die Analysen haben die folgenden Zahlen ergeben, wobei zu bemerken ist, daß Alkalien und Phosphorsäure, bei II auch CaO und MgO, nicht bestimmt worden sind, von denen allen aber nur minimale Mengen vorhanden sein können. E 1. I. SiO, (gebunden) . . 26,8 17,4 6,6 NINO RAIN end. 27,9 26,0 11,4 Be ls! 2e: 17,8 1156 42,9 RO ER ken) = Maap..hiuebe.ı an un E20 unter 100277 2.2, 3,2 28 1,8 EINOTüber 100722727 3.124 12.8 el Umlösliches-. 22. : 10,4 28,9 26,0 997 99,5 99,8 Der Gehalt an löslicher Kieselsäure in I und II ist ja recht erheblich, aber verglichen mit dem der ursprünglichen Diabase oder Diorite immerhin sehr stark verringert. Bei Ill ist die Kieselsäure sogar fast ganz verschwunden und das- selbe gilt bei allen drei Proben für die sämtlichen alkalischen Bestandteile der ursprünglichen Gesteine. Dagegen hat die Menge der Sesquioxyde Al,O, und Fe,O,, sowie die des Wassers, z. T. sehr stark, zugenommen. Es ist auch hier also dieselbe Tendenz bei der Umwandlung des Diabases oder Diorits in Laterit nicht zu verkennen, die wir in allen anderen Fällen gefunden haben und die auf die Beseitigung der gesamten Kieselsäure und aller alkalischen Bestandteile hinzielt unter Bildung eines Gemenges von Hydroxyden des 80 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Aluminiums und des Eisens. Diese Umwandlung ist hier nicht ganz vollendet, wie namentlich die noch vorhandene lösliche Kieselsäure zeigt, was aber auch aus den im Rück- stand verbliebenen unlöslichen Teilen hervorgeht. Diese sind: Sillimanit, Cyanit, Zirkon, Titaneisen, Quarz und Feldspat. Also sogar Feldspat, der sonst bei der Lateritbildung mit am ersten der Umwandlung unterliegt, ist hier teilweise noch erhalten geblieben. Die lösliche Kieselsäure rührt jedenfalls auch hier her von den während der Umwandlung als Zwischen- produkte gebildeten Aluminiumhydrosilikaten. Der Sillimanit und Cyanit zeigen, daß es sich hier nicht nur um ein Um- wandlungsprodukt von Diabas bezw. Diorit handeln kann. Da wir es mit Laterit aus sekundären Lagerstätten zu tun haben, so ist anzunehmen, daß dem aus den beiden genannten Ge- steinen entstandenen Laterit etwas Detritus aus anderen Ge- steinen beigemengt ist. G. C. DU BOIS gibt die Analysen von zwei Lateriten (I und II), die er ebenfalls sekundär nennt. Das Material beider war tonig-sandig, quarzführend, mit ca. 52 °/, Quarzkörnern, intensiv violett und rot, und stammte von dem Placer Lion- arons bei Boschland. Das Ursprungsgestein wird nicht an- gegeben. Ferner die eines schlackigen, diabasischen Ober- flächenlaterits (II), in dem die mikroskopische Untersuchung stellenweise Kieselsäureskelette mit kleinen, spärlichen, sekun- dären Quarzkörnchen erkennen ließ. Diese Analysen ergeben die folgenden Zahlen: SHOT. he 88,08 97,68 14,89 ANOSAETENSTEL 24,04 DIAS 17,97 BRO4r: ea 8,19 8,98 90,94 EIO Et 0,59 — Spur MORE. ee Spur — — FOREARRRELE AM 9,45 10,60 11,03 insbesondere dessen von Madagaskar. 8] Rechnet man in den beiden ersten Analysen die er- wähnten 52°/, Quarz ab, so bleiben nur noch 6 bezw. ca. 02 °/, Kieselsäure übrig. Man hat es also auch in diesem Fall mit einem sehr kieselsäurearmen Gemenge von Alu- minium- und Eisenhydroxyd zu tun. In der dritten Analyse ist von den 14,89 SiO, die durch das Mikroskop nach- gewiesene ausgeschiedene Kieselsäure abzurechnen. Der ver- bleibende Rest ist wohl als gebundene Kieselsäure anzu- nehmen, deren Menge sich jedenfalls dem ursprünglichen Diabas gegenüber sehr stark vermindert hat unter gleich- zeitigem Verschwinden aller alkalischen Bestandteile. Also wieder derselbe, allerdings auch hier wieder noch nicht ganz vollendete Umwandlungsprozeß. Ein gleichfalls analysiertes dichtes Oberilächenlateriterz hat nur 7,50 SiO, neben 0,14 21:0, und 162,08 Fe, ©, ergeben. ' Der 'Gehalt an TiO, soll 14,08 °/, betragen; hierüber und über den Gehalt an Al,O, ist schon oben (p. 56) das Erforderliche bemerkt worden. Nach G. LINCK soll es wahrscheinlich heißen: 14,08 Al, O, und 0,14 TiO,. Auch Herr DU BOIS zeigt uns, was bei der Laterit- bildung aus der abgeschiedenen Kieselsäure geworden ist. Auf p. 37 seiner mehrfach zitierten Abhandlung teilt er, wie z. T. schon erwähnt wurde, mit, daß die oben be- sprochenen Lateritknollen in Surinam vielfach mit „mikro- skopisch kleinen Chalcedonindividuen“ stark imprägniert sind und daß das Cäment von oolithischen Bildungen dieser Art ganz besonders reich an sekundären Kieselsäureausschei- dungen ist. Risse wie in den Septarien, die quer durch die Kugeln dieses Ooliths hindurchgehen, weisen ebenfalls diese partielle Verkieselung auf. Hierher gehören auch die Besen soldiiihrenden Quarzadern (l. cp. 22), die in dem mächtigen Tiefenlaterit des „oud Placer Lionarons“* bei Boschland zutage treten und die sich, wie man bei der N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 6 82 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, Anlage eines 17 m tiefen Schachts beobachtete, lange ehe man die Grenze des Tiefenlaterits erreichte, ganz und gar auskeilten, nachdem sich schon vorher der Goldgehalt verloren hatte. Diese Quarzadern erwiesen sich somit als vollkommen aui die Region des Tiefenlaterits beschränkte „sehr rezente sekundäre oberflächliche Kieselsäureausschei- dungen“. Wir haben also hier ganz ähnliche Verhältnisse wie in Indien, wo aber die Bildung von Kieselsäuremineralien neben dem Laterit wohl in noch weit größerem Maßstab vor sich ging, als in Surinam. d) Australien. Auch in Australien ist neuerdings Laterit in größter Massenhaftigkeit nachgewiesen worden. In den Schriften der _ Geological Survey of Western Australia 1902 und 1903 sind die Darling Ranges in der Südwestecke des australischen Kontinents beschrieben. Die Gesteine sind in der Hauptsache massige und schieferige Granite, die von Gängen von dio- ritischem Typus (viel dunkelgrüne Hornblende, Plagioklas und eine beträchtliche Menge Ilmenit) und von Diabas (Plagioklas, Augit und etwas Magneteisen) durchsetzt werden. Die Berge sind oben bis zu einer Dicke von mehr als 10 Fuß mit einem Mantel eines harten, eisenschüssigen Gesteins bedeckt, das man nach seiner ganzen Beschaffenheit nur als Laterit be- zeichnen kann. In der Zusammensetzung variiert dieser vom Bauxit bis zum reinen Limonit. Eine Probe von bunter Farbe ergab die Zusammensetzung unter I. Die Reihe unter II be- zieht sich auf einen bunten, rötlichbraunen bis gelben Laterit von etwas blasiger Beschaffenheit von den Wongan Hills in Westaustralien und III auf einen gelben, knolligen Laterit aus den tieferen Teilen eines dickeren Lagers bei Smith’s Mill in Westaustralien. insbesondere dessen von Madagaskar. 83 I. I. TE ST Aa 13,74 8,96 17,17 (fast nur Quarz) I (Os ee 4,33 3,10 0,59 NINO N) © 31,14 44,66 46,70 Be On SE 89,94 : 19,08 - 10,02 (SEO SEE 0,16 ) IM (ON Spur j Be u EROL(N0S ES 20:69 0,58 0,98 21,07 (über 1009, 14,71 26,44 ° 24,79 SION N —. 0,18 — OT — Spur Spur 100,31 100,00 99,85 Spez: Gew. ZrIN 2,06 2,44 Auch hier ist also der Kieselsäuregehalt der ursprüng- lichen Gesteine durch die Lateritbildung sehr reduziert, in II beinahe auf Null, da die 17,17 °/, SiO, Iast nur Quarz sind. In I und II fehlt eine nähere Angabe hierüber. Der Gehalt an Al,O, und Fe,O, und dementsprechend an H,O ist gleich- zeitig gestiegen. Ähnliches ist aus dem östlichen Australien, von Neu- Süd-Wales, bekannt, wo mächtige Bauxitlager aufgeiunden worden sind (N. Jahrb. f. Min. etc. 1901. II. -178-). Proben von Wingello haben einen hohen Gehalt an Tonerde ergeben. Im Süden des Landes sind Eisenerze mit einem beträchtlichen Tonerdegehalt gefunden worden, die ganz den eisenhaltigen Bauxiten von Wingello gleichen. In drei Proben wurden 38,0—40 °/, Al (Aluminium, ob nicht Al,O,?) gefunden. e) Karolinen. Besonders instruktiv ist die Untersuchung des schon oben erwähnten Laterits von der Karolineninsel Yap durch Herrn E. KAISER !, weil gleichzeitig auch das Ursprungsgestein, ein Amphibolit, der Analyse unterzogen worden ist. Der Laterit, No. II der Tabelle, Analyse von EYME, ist ein leicht zerreib- = Jahrb. d. k. preuß. geol. Landesanst. f. 1903. 24. p. 9 fi. 6* 84 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, licher, gelbbrauner, mit Eisenhydroxydknollen durchsetzter, noch an seiner Ursprungsstelle liegender, nicht geschwemmter Eluviallaterit. Das Ausgangsgestein (I) ist ein strahlsteinreicher Amphibolit: le 1. STOSS NEN 47,33 27,28 Ti.O,. 4 ar 1,56 4,61 ALSOL EN So ee 12,05 25,78 FERORETI UA. 4,44 27,48 BEOrAEE Pte PUETR 8,07 — MeI®) MAKER 11,23 0,29 EAO. Eee 10,38 — NEON. UUENPIR 2,39 Spur KON IUNIERASENZ 0,33 0,30 BO. San ae 1,34 14,06 POS 0,18 0,09 99,74 99,89 Der Gehalt des Laterits an Kieselsäure ist nach den Be- obachtungen von E. KAISER auf Quarz, der an Titansäure auf Titaneisen zurückzuführen, die beide beim Kochen der Masse mit Salzsäure als Rückstand hinterbleiben. Das Alu- ıniniumhydroxyd ist nach der Berechnung von E. KAISER Hydrargillit wohl mit etwas Diaspor, der nach seiner Meinung vielleicht dadurch entstanden ist, daß durch die Tropenhitze eine gewisse Menge Wasser aus dem Hydrargillit ausgetrieben wurde. Er hebt hervor, daß bei der Lateritbildung auch in diesem Falle die Alkalien CaO, MgO, Na,0O und K,O so gut wie vollständig mit der in den Gemengteilen des Ursprungs- gesteins gebunden gewesenen Kieselsäure verschwunden sind. In dem Endprodukt der Zersetzung, dem Laterit, sind, wie wir schon oben gesehen haben, Aluminium und Eisen in demselben Verhältnis geblieben wie in dem Amphibolit. Der Gehalt des Laterits an TiO, ist höher als der des Amphibolits. Es hat die schon oben erwähnte relative Anreicherung an diesem Bestandteil stattgefunden; die absolute Menge des. Titaneisens ist die gleiche geblieben. | insbesondere dessen von Madagaskar. 835 Zusammenfassung und Schluß. Aus dem vorhergehenden ist zu ersehen, daß die Natur des Laterits in den oben betrachteten Ländern dieselbe ist, wie auf den Seyschellen, daß bei der Verwitterung der tonerde- haltigen Silikate in Madagaskar, Indien, Ceylon, Surinam, Australien, Westafrika etc. Hydrargillit und auch wohl teilweise Diaspor eine ebenso hervorragende und wichtige Rolle spielen, wie dies auf jenen Inseln der Fall ist. Man dari daher wohl mit Sicherheit annehmen, daß auch in den anderen tropischen Ländern, in denen die nötigen Bedingungen für die Laterit- bildung vorhanden sind, dieselben Verhältnisse zu finden und dieselben Vorgänge nachweisbar sein werden. Nochmals sei be- tont, daß für die betreffenden Untersuchungen ungeschwemmtes Material von der ursprünglichen Lagerstätte, also reines Ver- witterungsprodukt ohne fremde Beimengungen unbedingt er- forderlich ist, wenn es sich um die Aufklärung der Natur des Laterits handelt, am besten womöglich solches von Verwitte- rungsrinden um einen noch frischen Kern des Ausgangs- gesteins oder Laterit, an dem das Mikroskop die ursprüng- liche Gesteinsstruktur noch vollkommen deutlich erkennen läßt. Ein geschwemmter, sekundärer Laterit kann allerdings unter Umständen auch nach seinem Transport im Wasser noch rein und ungemengt geblieben sein, wie dies ja auch bei vielen Tonen unter denselben Umständen der Fall ist. Dies ist aber dann ‘ein Zufall und darf im allgemeinen nicht erwartet, nie- mals aber ohne weiteres vorausgesetzt werden. Daß es in der Tat solche reine, ungemengte geschwemmte, sekundäre Laterite gibt, zeigen u. a. die oben mitgeteilten Untersuchungen der Herren DU BOIS und VAN BEMMELEN an Proben aus Surinam. Sie haben dann natürlich dieselbe Zusammensetzung wie die ungeschwemmten, primären Laterite und sind in diesem Falle für die Kenntnis der Natur und Beschaffenheit des Laterits 86 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, ebenso bezeichnend und beweiskräftig, wie die letzteren. Stets muß aber bei solchen Untersuchungen vor allem darauf Rück- sicht genommen werden, ob die Umwandlung vollständig be- endet ist, oder ob halbzersetzte oder auch wohl noch ganz frische Gesteinsbestandteile dem vollkommen zersetzten End- produkt beigemengt sind. Hierüber wird die mikroskopische Untersuchung im allgemeinen Auskunit erteilen. Eine Haupt- aufgabe der Analyse wird es dann sein, die Herkunft der etwa vorhandenen Kieselsäure des löslichen Teils nachzuweisen, die sehr häufig auf der unvollständigen Zersetzung des Gesteins beruht. Wenn nun auch die Aluminiumhydroxyde (neben den Eisenhydroxyden) im Laterit eine hervorragende Rolle spielen, so ist damit doch nicht gesagt, daß unter den Tropen die Verwitterung stets und ausnahmslos nur Aluminiumhydroxyde und keine Aluminiumhydrosilikate (Kaolin, Ton etc.) liefert. Laterit entsteht überhaupt auch in den Tropen nicht überall da, wo die vorhandenen Ursprungsgesteine dies ihrer Natur nach an sich zulassen würden. Es müssen dazu gewisse, aller- dings bisher noch nicht genauer eriorschte Bedingungen an- derer Art erfüllt sein, zu denen, wie es scheint, vor allem ein höherer Grad von Feuchtigkeit gehört. Aber auch dann führt die Lateritisierung häufig nicht zur ausschließlichen Bildung von Aluminiumhydroxyden allein als Endprodukt des Um- wandlungsprozesses, sondern daneben oder auch an ihrer Statt zur Bildung von Kaolin und anderen Aluminiumhydro- silikaten, die die Hydroxyde dann begleiten oder ersetzen. Ein solches Zusammenvorkommen von Ton mit Hy- drargillit finden wir wie beim Bauxit des Vogelsbergs, der in einem Basaltton liegt, auch beim Laterit in Indien. Herr HA. WARTH hat als Verwitterungsprodukt des Charnokits von Kodikanal nicht nur den oben (p. 67) beschriebenen, aus fast reinem Hydrargillit bestehenden weißen Laterit nach- insbesondere dessen von Madagaskar. 87 gewiesen, sondern daneben, ebenfalls als Verwitterungsprodukt des Charnokits, ein zweites, tonig aussehendes Mineral, das in der Verwitterungszone vielfach denen des Laterits sehr ähn- liche weiße Knollen bildet, die den Laterit begleiten und für die er die folgende Zusammensetzung gefunden hat (l)': IE II. SiO,,(kristallinisch)e...) 2,07 22.7 — SULO, (amorphsrirei) 2 2 06 — SIO-.(sebunden) 27.2.3392 40,8 ARNO a ukenscar 37,3 38,8 Benou un. 2,9 2,6 AO N 0,9 0,9 KNOrUber los* 16,2 16,9 98,7 100,0 Nach Weglassung der mechanisch beigemengten Kiesel- säure und Umrechnung auf 100 erhält man hieraus die Zahlen unter I. Nach meiner Beobachtung u. d. M. zeigen diese Knollen keine unzersetzten Gesteinsbestandteile mehr, sondern sie erweisen sich als ein, abgesehen von einzelnen Quarz- körnern, homogenes Aggregat feiner Körnchen, aber weitaus nicht so fein wie das Hydrargillitaggregat in seinen gröbsten Varietäten und auch sonst wesentlich anders aussehend. Es wird von kochender Salzsäure nicht vollständig zersetzt, wohl aber von kochender starker Schwefelsäure. Wir haben es dem- nach mit einem dem Halloysit ähnlichen Aluminiumhydrosilikat zu tun, das sich aber von dem eigentlichen Halloysit dadurch unterscheidet, daß es schon von kochender Salzsäure an- gegrilfen wird, was bei dem genannten Mineral nicht der Fall ist. Vielleicht liegt also hier eine ähnliche Substanz als Zersetzungs- produkt des Charnokits vor, wie sie BRUHNS und BÜCKING® als Umwandlungsprodukt eines Andesits aus Celebes be- schreiben. Nach den Mitteilungen von H. und F. E. WARTH ’ @entralble 1: Min. etc. 1902.°p. 176. ° Centralbl. f. Min. etc. 1904. p. 467. ” Geol. Mag. (4.) 10. No. 466. p. 159. 88 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits, ist, wie schon oben im Vorbeigehen erwähnt wurde, in zehn von ihm analysierten indischen „detrital laterites“ eine mehr oder weniger große Menge Ton (Kaolin) als Beimengung zum Hydrargillit anzunehmen, die nach ihrer Berechnung bis zu 90 °/, der ganzen Masse steigt (Laterit von Jabalpur). Auch in Ceylon begleitet Ton den Laterit, beide als Zer- setzungsprodukt desselben Gesteins, des Granulits (siehe oben p. 76). Herr A. K. COOMARASWAMY! berichtet, daß auch Ton (Kaolin) als Verwitterungsprodukt des genannten Gesteins geiunden werde, der sich als Tonerdehydrosilikat von dem Laterit als Tonerdehydrat unterscheide. Er teilt auch die Ana- lyse eines solchen Tons von Alutwela, Teldeniya, Central Province, von rötlichgelber Farbe mit, der einzelne Graphit- plättchen und auch eisenhaltige Teilchen enthält und der mit Wasser etwas plastisch wird. Er besteht aus 43,56 SiO,, 34,77 Al,O,, 3,40 Fe,O,, 0,36 Na,0, 0,28 K,O, 11,90 H,O (gebunden), 5,63 H,O als Feuchtigkeit; Sa. — 99,90, während der reine Kaolin aus 46,50 SiO,, 39,56 Al,O, und 13,94 H,O besteht. Der von KLEMENT? analysierte rote Laterit vom Kongo (Punta das Pedres) bildet eine ca. 30 cm mächtige Schicht von großer Ausdehnung, deren Liegendes ein stark eisenhaltiger Sandstein, das Hangende ein weicher plastischer Ton ist. Auch sonst wird vielfach von plastischen Tonen in Verbindung mit Laterit berichtet. Diese sind dann wohl immer als wirkliche Tone (Aluminiumhydrosilikate) anzunehmen, da der Laterit - (Hydrargillit) nie als plastisch, vielfach ausdrücklich als nicht plastisch, beschrieben wird. Als weiteres Beispiel einer Bildung von Kaolin neben Hydrargillit in den Tropen sei schließlich noch an Herrn ' Spolia Zeylanica. 3. Part IX. 1905. p. 62 (p. 14 des Separatabdr.) Spolia Zeylanica. 2. Part VI. 1904. p. 64. 22Min. ur petr. Mittels Spar insbesondere dessen von Madagaskar. 89 W. MEIGEN’s Beschreibung einer „eßbaren Erde“ von Deutsch- Neu-Guinea erinnert!. Die Berechnung seiner Analyse führt ihn dazu, ein Gemenge von 71,8°/, Kaolin, 11,6 °/, Hydrargillit und 14,7°/, Eisenoxyd anzunehmen. Stellt man nun die Frage, was man eigentlich mit dem Namen Laterit zu bezeichnen habe, so wird man wohl mit der Antwort am besten noch warten, bis die Natur dieses Verwitterungsprodukts durch fernere zweckmäßige chemische und mikroskopische Untersuchungen genauer aufgeklärt sein wird, als dies heute der Fall ist, wo unsere Kenntnisse sich noch ganz in den Anfängen befinden. Einstweilen gibt H. WARTH ? die folgende, unsere heutigen Kenntnisse vollkommen be- rücksichtigende und ihnen ganz entsprechende Definition, der auch ich mich anschließen kann unter der Voraus- setzung, daß unter Bauxit die Aluminiumhydroxyde, vor allem Hiydrargillit, verstanden würden. Er sagt: „Laterite is bauxite in various degrees of purity, from the richest „wocheinite* down to such specimens in which the free alumina has intirely disappeard.“ Es wird sich später heraus- stellen, wie weit diese Definition ganz allgemeine Gültigkeit beanspruchen kann. Erst nach einer viel eingehenderen Untersuchung wird es dann auch möglich sein, die speziellen äußeren Umstände der Lateritbildung an sich und im Gegensatz zu der vor- wiegenden Kaolinverwitterung in den Tropen und in höheren Breiten aufzuklären. Heutzutage kann man dieser Aufgabe kaum schon mit Erfolg näher treten, um so weniger als auch die Art und Weise des Vorkommens des Laterits noch näherer Feststellung bedarf. So soll, um nur ein Beispiel für den ungenügenden Stand unserer Kenntnisse auf diesem Gebiet anzuführen, nach manchen Mitteilungen das Auftreten des " Monatsber. d. deutsch. geol. Ges. 1905. p. 587. F&eol7 Mas (4) 10. 1903. p: 159. 90 M. Bauer, Beitrag zur Kenntnis des Laterits etc. Laterits an Waldbezirke gebunden sein, während nach anderen gerade das Gegenteil der Fall wäre. Die älteren, sehr weit auseinandergehenden Ansichten über die Entstehung des Laterits hat u. a. PH. LAKE! zusammen- gestellt. In neuerer Zeit hat Herr T. H. HOLLAND? hierüber seine Meinung ausgesprochen. Es ist aus dem obengenannten Grunde nicht meine Absicht, hierauf an dieser Stelle näher einzugehen. Nachtrag. Zu meinem Bedauern wurde ich erst jetzt auf eine Mitteilung von E. KAISER über einen lateritisierten Gneis von Amani (Ostusambara) auf- merksam (vergl. W. KOERT, Ber. über Land- und Forstwissensch. Deutsch- Ostafrika. 2. 1904. p. 156 ff.), über die ich hier noch nachträglich kurz berichten möchte. Der Feldspat hat helle, feinschuppige Massen gebildet, die dunklen Bestandteile eisenhaltige Umwandlungsprodukte. Auf Hohl- räumen sitzen zahlreiche Hydrargillitkriställchen, die in ihren Eigenschaften mit jenen Schüppchen übereinstimmen. Hellgefärbte konkretionäre Massen dieser Gesteine haben bei der Analyse von H. SÜSSENGUTH ergeben: 04,24 Al, O,, 4,26 Fe,O,, CaO und MgO Spuren, 0,78K,O, 1,36 Na, O, 10,627510,, SO, Spur, 0.04 P0,, 27927207 529922 In eisenreicheren Konkretionen von dort wurde 13,00 resp. 16,97 SiO, gefunden. SiO, stammt z. T. von beigemengtem Quarz, z. T. aus einer kleinen Menge eines durch HCl zersetzbaren Silikats. Opal und wahr- scheinlich auch Chalcedon sind ausgeschieden. E. KAISER sagt, daß hierdurch auch für Usambara bestätigt wird, was M. BAUER zuerst für den Laterit der Seyschellen aufstellte, nämlich daß diese Substanz ein Gemenge der Hydrate der Tonerde und des Eisenoxyds darstellt. ! Memoirs of the geol. Survey of India. 24. No. 145. 1891. ” Geol. Mag. (4.) 10. No. 464. 1903. p. 89. G. Linck, Ueber die äußere Form etc. 0] Ueber die äußere Form und den inneren Bau der Vulkane, mit einem Anhang über die Dünen. Von G. Linck in Jena. Mit Taf. VII und 18 Textfiguren. I. Äußere Form. Wenn wir uns einen Vulkanberg vergegenwärtigen wollen, so steigt vor unserem geistigen Auge ein gewaltiger, oben abgestutzter Kegelberg empor, dessen Gehänge oben steil, nach unten hin immer flacher werdend mit einer nach außen konkaven Linie sich von dem Horizont abhebt. Dieses Bild eines Vulkans ist sozusagen historisch geworden. Wohl zuerst so erkannt von den Laien sehen wir den Fusiyama auf den alten, durch NAUMANN! reproduzierten, japanischen Zeich- nungen ebensowohl in dieser Weise gebaut, wie die von HUMBOLDT beschriebenen Vulkane von Mexiko und Quito, oder den von HOCHSTETTER? abgebildeten Mount Egmont auf Neuseeland (Fig. 1), und ein gleiches Bild von der äußeren " E. NAUMANN, Fujisan. Jahresber. d. geogr. Ges. in München. 11. 1886. ° v. HOCHSTETTER, Neuseeland. 1863. 09 G. Linck, Ueber die äußere Form Form liefert uns POULETT SCROPE'!, der bedeutende Vulkan- forscher, ebenso wie unser berühmter MOLTKE’? in seiner Be- schreibung der Campagna. Man könnte demnach glauben, daß dieses Bild in der Tat das durchaus richtige wäre, denn es ist sozusagen geheiligt durch alte Überlieferung. Wenn wir uns nun aber umsehen auf den Vulkanbildern, welche ihre Entstehung nicht der Betrachtung mit dem menschlichen Auge verdanken, sondern der Photographie, so finden wir sehr zahl- reiche Beispiele, welche uns ein anderes Bild von der äußeren Form der Vulkane gewähren. Insbesondere mehrere mir vor- Fig. 1. Mount Egmont auf Neuseeland. Nach HOCHSTETTER. liegende Bilder von Vesuv und Monte Somma zeigen an der Böschung nicht jene nach außen konkave Linie, wie sie z. B. auch in NEUMAYR’s Erdgeschichte oder in CREDNER’s Geologie abgebildet ist, sondern die Linie ist eine gerade oder in manchen Fällen sogar nach außen konvexe, wie bei dem von HOCH- STETTER abgebildeten Mount Wellington (Fig. 2). Ähnlich ist es bei einigen Vulkanen, die STÜBEL? aus Columbien abgebildet hat, und Ähnliches zeigen mir die Photographien vom Semeroe auf Java und vom Krakatoa, so daß es wohl berechtigt ist, einige ı POULETT SCROPE, Über Vulkane. II. Aufl. Übersetzt von G. A. V. KLÖDEN. Berlin 1872. 2 MOLTKE, Wanderbuch. Berlin 1879. 3 A. STÜBEL, Die Vulkanberge von Colombia. Dresden 1906. und den inneren Bau der Vulkane etc. 93 Zweiiel darein zu setzen, ob jenes historische Bild auch immer ‚den Vorteil der Treue für sich habe. Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß besonders in den Werken von ALEXANDER V. HUMBOLDT!', aber auch bei anderen älteren Autoren, die Neigung der Vulkanböschungen besonders gegen den Gipfel hin viel zu steil gezeichnet wurde. Dies beruht aber offen- bar auf einer optischen Täuschung, denn der am Fuße eines hohen Kegels Stehende vermag ja nicht den ganzen Kegel Fig. 2. Mount Wellington, Neuseeland. Nach HOCHSTETTER. zugleich mit seinen Augen zu umfassen, sondern er wird die einzelnen Abschnitte, die er in zeitlicher Aufeinanderfolge auf seiner Netzhaut wahrnimmt, zu einem Gesamtbilde kom- binieren. | Aber doch muß etwas Wahres an der Mitteilung über die Konkavität der Böschungslinien eines Vulkans sein, denn der Engländer JOHN MILNE? hat solche Berge in Japan und auf den Kurilen photographisch aufgenommen, und wir " Vergl. J. MILNE, On the form of volcanos. Geol. Mag. (2.) II. Dec. 8. 340. * J. MILNE, On the form of volcanos. Geol. Mag. (2.) II. Dec. 5. — Further notes upon the form of volcanos. Ebenda. 6. 94 G. Linck, Ueber die äußere Form können nicht wohl voraussetzen, daß seine‘ Apparate in den siebziger Jahren noch so schlecht waren, daß sie derart ver- zeichnet hätten. Er hat die Berge auf den Photographien ausgemessen und hat geglaubt feststellen zu können, daß die äußere Böschungslinie eine logarithmische sei, was er in Übereinstimmung fand mit den Angaben RANKINE’s (Investi- gations about earthworks) über den Böschungswinkel von lockeren Erdmassen im stabilen Zustand. Wir wollen dabei absehen davon, daß die Zahlen, die er gefunden hat, den Forderungen wenigstens ungefährer Genauigkeit nicht einmal genügen ', sondern wollen nur feststellen, daß die Böschungs- linie eine nach außen konkave sei. Nach diesen Beobach- tungen hätten wir demnach eine Übereinstimmung mit den Worten MOLTKE’s, der die Vulkane leicht erkennbar erklärt „an der Kegelbildung mit saniten Abhängen, wie sie der natürliche Schüttungswinkel von Sand, Asche und Geröllen gestattet“. Diese Angaben, diese Bilder sind späterhin bis auf den heutigen Tag in alle Lehrbücher übergegangen; und wenn es nun gewagt werden soll, eine neue Erkenntnis an Stelle der historischen zu setzen, so kann jene nur durch Experi- mente begründet werden, und diese werden sich in erster Linie zu beziehen haben auf den natürlichen Böschungswinkel von lockeren Massen. In bezug hierauf aber haben wir aus- gezeichnete Vorarbeiten durch F. AUERBACH?, welcher vor wenigen Jahren Studien über die Gleichgewichtsfiguren pulver- * Auch die von MILNE durch Ausmessung der Photographie des Fusijama gefundene Böschungslinie auf Taf. VII, Kurve I der ersten oben zitierten Abhandlung entspricht nicht einer logarithmischen Linie, sondern ist eher konvex. Ebensowenig fanden seine Annahmen eine Bestätigung durch von ihm mit Sand etc. ausgeführte Experimente, wie er selbst in der zweiten Abhandlung p. 507 und 508 berichtet. ® F. AUERBACH, Die Gleichgewichtsfiguren pulverförmiger Massen. Ann. d. Phys. (4.) 5. 1901. und den inneren Bau der Vulkane etc. 095 förmiger Massen mit Hilfe von Experimenten und genauen daran anschließenden Messungen veröllentlicht hat. Allerdings beziehen sich diese Aufschüttungen, die er vorgenommen hat, Fig. 3. Natürlicher Böschungswinkel von Mohnsamen. Nach AUERBACH. auf endlich begrenzte Ebenen, so daß für uns nur der obere Teil seiner Figuren in Betracht kommen kann. Aus diesen Untersuchungen ergibt sich nun, daß die Böschungslinie solcher Massen im wesentlichen eine Ge- rade darstellt, die sowohl oben als unten in eine nach außen kon- vexe Linie übergeht. Bei näherer Ausmessung hat sich aber ergeben, daß diese Linie eine Hyperbel ist, Fig. 4. Die Kegelspitze. Nach Baer AUERBACH. also in ihrem ganzen Verlauf nach außen konvex. So hat er es nachgewiesen für die einseitige Böschung (Fig. 3), so für die Gleichgewichtsfigur auf kreis- iörmiger Basis (Fig. 4 u. Taf. VII Fig. 1), in welch letzterem Falle der Kegel über dieser Kreisfläche der unteren Schale 96 G. Linck, Ueber die äußere Form eines zweischaligen Rotationshyperboloids mit vertikaler Haupt- achse und einem Achsenverhältnis gleich dem Tangens der Normalböschung des Pulvers entspricht. Die Gleichgewichts- Fig. 5. Neigung im offenen Krater. Nach AUERBACH. figur über einer Basis mit einer mittleren kreisförmigen Öffnung ist die Rotationsfigur eines oberen Stückes einer horizontal ge- legenen Hyperbel, um die durch das Öffnungszentrum gehende Krater-u.K egelachse, WL_ Rüngwastnöne Fig. 6. Böschungslinie des Ringwalls. Nach AUERBACH. Vertikalachse (Fig. 5); die Kraterlinien oder vielmehr die Böschungslinien des Kraters sind demnach also ebenfalls konvex. Interessant sind auch seine Betrachtungen über den Ring- wall, d.h. an einer Aufschüttungsfigur über einer kreisiörmigen und den inneren Bau der Vulkane etc. 97 Basis mit einer zentralen Öffnung (Fig. 6), einer Figur, die dem Vulkan relativ am nächsten kommt. Hierbei zeigt sich nämlich, daß der Krater eine stärkere Neigung erhält und stärker konvex ist als der Außenrand des Ringes. Es unterscheidet sich also der Ringwall vom Dach dadurch, daß bei dem letzteren die beiden Böschungen gleich groß und gleich geneigt sind, wäh- rend beim Ringwall die innere Böschung steiler ist als die äußere. Ganz allgemein sind aus diesen Untersuchungen noch die Worte hervorzuheben: „sie (die Normalböschung;) ist desto größer, je kleiner, je dreidimensionaler, je kantiger und eckiger, je leichter das Korn und je rauher seine Oberfläche ist.“ Ein Vergleich der AUERBACH’schen Resultate mit dem, was sonst angenommen wird oder was uns die Natur lehrt, ergibt nun folgendes. Bezüglich der äußeren Form des Vulkans findet keine Übereinstimmung mit den üblichen in den Lehr- büchern reproduzierten Bildern, weder mit den schematischen, noch mit den Naturaufnahmen, statt. Während allgemein an- genommen wird, daß die äußere Böschungslinie des Vulkans konkav sei, während auch MILNE durch seine Ausmessungen zum Resultat kommt, daß jene Böschungslinie einer logarith- mischen entspreche, sehen wir, daß nach AUERBACH diese Linie, wenn wir sie mit MOLTKE u. a.' als die Aufschüttungs- böschung lockerer Massen ansehen wollen, einer Hyperbel entspricht, also konvex ist. Was aber den Krater anbelangt, so stimmen wenigstens die AUERBACH’schen Versuche insoweit mit der geläufigen Annahme überein, als dem Krater eine steilere Neigung der Böschung zukommt als dem äußeren Wall. Aber auch das ist wohl kaum berücksichtigt worden, daß auch der Krater eine konvexe Böschungslinie besitzt. Es gilt demnach, diesen Widerspruch aufzuklären. ! Vergl. auch E. SUEsS, Das Antlitz der Erde. I. 1885. p. 191. Dort wird auf die Ähnlichkeit der Vulkanberge mit den durch Erdbeben hervor- gebrachten Sandkegeln hingewiesen. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. M 98 G. Linck, Ueber die äußere Form Zu diesem Zwecke habe ich selbst Experimente unter- nommen, deren leitender Gedanke der war, daß es sich bei dem Vulkan nicht um eine Aufschüttungsböschung im ge- wöhnlichen Sinne des Wortes handelt, sondern daß wir be- rücksichtigen müssen, daß die Massen durch die vulkanische Kraft mehr oder minder hoch emporgeschleudert werden und dann bei ungestörten Verhältnissen gleich den fallenden Tropfen eines Springbrunnens in Form eines konischen Mantels oder einer Glocke aus mehr oder minder großer Höhe niederfallen. Diesem Gedanken entsprechend habe ich mir den auf Tai. VII Fig. 4 abgebildeten Apparat! konstruiert, in welchem mit Hilfe irgend eines komprimierten Gases Sand aus einer Röhre aus- geblasen wird, der dann auf eine ebene Fläche rund um die Ausbruchsstelle niederiallen kann. Die Röhre muß gegenüber der Unterlage, um zunächst einen Normalvulkan zu erhalten, genau lotrecht orientiert sein. Läßt man dann den Gasstrom (ich habe komprimierten Sauerstoff verwendet) durch die Röhre austreten, wozu im allgemeinen ein Druck von 4 bis 2 Atmo- sphären genügt, und läßt gleichzeitig durch ein engeres seit- liches Rohr mit Hilfe eines Trichters staubireien Sand in den Gasstrom gelangen, so wird der Sand durch die Öffnung ausgeschleudert und fällt, wie oben beschrieben, auf die Unter- lage nieder. Dies setzt man so lange fort, bis der um die Öffnung angehäufte Kegel eine beliebige Höhe erreicht hat. Ich habe es im allgemeinen so lange fortgesetzt, daß bei Unterbrechung des Versuchs von dem Krater nicht mehr Sand abrollte, als daß die Zuführungsröhre sich eben damit füllte. Auf diese Weise erhält man dann das Schema eines Vulkans. Die Höhe des so erhaltenen Vulkans hängt wesentlich ab nur von der Dauer des Experiments, d. h. von der zu- geführten Sandmenge; die Neigung der Böschung ver- ! Der Apparat wird zum Preise von 20 Mk. von Tischlermeister _ BEZOLD in Jena nach meinen Angaben angefertigt. und den inneren Bau der Vulkane etc. 99 größert sich mit der Verkleinerung des Sandkorns; die be- deckte Grundfläche vergrößert sich mit der Vergrößerung des Sandkorns und mit der Vermehrung der Auswurfshöhe; der Durchmesser des Kraters wird länger mit der Erweite- rung der Ausbruchstelle, im allgemeinen (siehe auch p. 108) auch mit der Höhe des Berges, mit der Wurfhöhe der Eruption und mit der Vergrößerung der Korngröße des Sandes (siehe Taf. VI Fig. 2 u. 3). Bei einer Korngröße von durchschnittlich 0,15—0,2 mm und bei einer Öffnungsweite der Ausbruchstelle von 10 mm z.B. waren die Dimensionen nach einer Viertel- stunde und bei einer Auswurishöhe von etwa 60 cm über der Sohle folgende: Basisdurchmesser 2. m mn. 3 (em Nulkanhohese sh. 273 An Ba ie DER Kraterdürehmesser . : . Lam: 11 Bei einer Korngröße von durchschnittlich 0,25—0,30 mm und sonst gleichen Verhältnissen: Basisdunchmesser >» - u. 200% 86 cm Nillkannolern rm u a er Kraterdurchmesser 2 2 rn. Do Betrachtet man nun die Böschungslinien zunächst am äußeren Wall, so sieht man sofort, daß der mittlere Teil dieser Linie nahezu eine Gerade, keinenfalls konkav, eher leicht konvex ist. Nach oben hin, nach dem Krater zu, wird die Neigung langsam kleiner und es entsteht eine parabelähnliche Umbiegung, also die Linie erscheint deutlich konvex. Nach unten hin dagegen nimmt die Neigung der Linie ebenfalls ab, sie wird dadurch konkav und geht ganz allmählich in die Horizontale über. Der Krater zeigt eine Böschungs- linie, die wesentlich steiler ist als die des Walles, die ferner vom Grunde aus bis oben hin eine Gerade zu sein scheint, während sie oben verflacht und langsam mit der von außen kommenden Parabel verschmilzt, so daß vor allen Dingen kein scharfer Kraterrand entsteht (vergl. Taf. VII Fig. 2, 3 u. 5—7). 7% 100 G. Linck, Ueber die äußere Form Ich habe meinen Herrn Kollegen AUERBACH, der ja Sach- kenner ist in diesen Dingen, um eine Erklärung der Erschei- nungen gebeten, und er teilt mir darüber nachstehendes mit: „In bezug auf die Formen, die die Oberfläche pulver- förmiger Substanzen annimmt, ist zu unterscheiden zwischen eigentlichen Gleichgewichtsfiguren und Abrolliiguren. Jene entstehen unter statischen Verhältnissen, wie sie statt- finden, wenn man z. B. — vergl. meine Versuche in Ann. d. Phys. 5. p. 170 (1901) — eine Sandmasse mit gegebener Basis aus einer größeren Masse langsam heraushebt oder auf eine gegebene Basis Sand mit einem Minimum von Fallhöhe aufschüttet. In dem hier interessierenden Falle, daß die Basis, 32] kinefischerMantel ZT Statischer Kern I, 7% äußerlich unbegrenzt ist, in der Mitte aber ein rundes, kleines. Loch hat, entsteht eine Figur, die ich als Ringwall bezeichnet habe, und die, soweit es hier in Betracht kommt, in der Zeich- nung durch eine gestrichelte Linie im Hauptschnitt angedeutet ist (Fig. 7, vergl. auch Fig. 6). Ganz anders gestaltet sich die Figur, wenn man den Sand auf die Basis fallen läßt, so daß die Körner im Momente des Auffallens bereits eine lebendige Krait besitzen. Die Untersuchung dieses Falles würde sich am einfachsten gestalten und die Figur die reinste Gestalt annehmen, wenn man eine Basis ohne Loch nähme und den Sandstrahl geschlossen auf einen Punkt der Basis senkrecht aullallen ließe. Durch das Loch werden die Bedingungen natürlich wesentlich verändert, und man wird, um die Ver- hältnisse bei Vulkanen nachzuahmen, entweder, wie es Herr und den inneren Bau der Vulkane etc. 101 LINCK getan hat, einen Sandstrahl von unten aus dem Loche nach oben schießen oder von oben her an einem scheiben- jörmigen Hindernis abprallen lassen, wie ich es bei einigen Versuchen getan habe, zu denen mich die des Herrn LINCK anregten; in beiden Fällen bildet der herabfallende Sand eine Glocke und trifit die Basis, ideal, in einem Kreise, in der Wirklichkeit in einem Ringe. Nun tritt die dynamische Er- scheinung auf, die die statische Figur umgestaltet, indem sie sich gewissermaßen über sie lagert. Die Körner werden nämlich infolge ihrer lebendigen Krait weiter rollen, als die bloßen Gleichgewichtsbedingungen erfordern, und zwar werden sie nach dem Gesetze der Wahrscheinlichkeit mehr oder weniger weit rollen. Die Oberfläche wird daher eine von der Natur selbst gezeichnete Wahrscheinlichkeitskurve sein, wie sie dem Physiker unter dem Namen Maxwells wohl- bekannt ist und wie sie mathematisch durch eine kombinierte Exponentionaliunktion dargestellt wird. Diese Kurve ist in der Zeichnung voll ausgezogen dargestellt. Wie man sieht, beginnt sie am Wall mit einem abgerundeten Stück, verläuft dann nach oben konvex, hat dann einen Inflexionspunkt (durch ein Kreuz angedeutet) und verläuft zuletzt nach oben konkav, um sich der Basis nach und nach anzuschmiegen. Ungefähre Ausmessungen haben in der Tat eine gute Übereinstimmung mit der theoretischen Kurve ergeben. Schließlich ist zu be- merken, daß die in Rede stehende kinetische Auflagerung sich Jast völlig auf die Außenböschung des Ringwalls be- schränkt; der Krater selbst wird durch den Wall, durch den aufsteigenden Sandstrahl und durch das Loch selbst geschützt und bleibt im wesentlichen geradlinig; damit erklärt es sich auch, daß die oberen Schichten des zweifarbigen LINCK’schen Sandes sich ausschließlich nach außen ansetzen. Die Einzel- heiten der Gestalt, also das, was die Mathematiker die Kon- stanten der Wahrscheinlichkeitskurve nennen, werden von der 102 . G. Linck, Ueber die äußere Form Stärke des Impulses bezw. der lebendigen Kraft des auffallen- den Sandes sowie von dem Radius des Kreises, in dem die Körner auffallen, abhängen, und man kann durch Variation der beiden Größen sehr verschiedene Abrollfiguren herstellen.“ Vergleichen wir nun solch einen schematischen Vulkan mit der Natur, so fällt uns in erster Linie auf, daß seine Gestalt nicht mit der üblichen Auffassung übereinstimmt, denn man hält meist jene konkave Böschung, wie sie der Mount Egmont und andere zeigen und für welche MILNE die Böschungslinie als eine logarithmische bestimmt hat, für die primäre Form, während sie es doch offenbar nicht ist. Aber man findet in der Natur auch, wie ich bereits eingangs erwähnt habe, Bei- spiele genug für den unserem Schema entsprechenden Ver- lauf der Böschung. Daß natürlich unser Schema nur gilt, wenn der Auswurfskanal lotrecht zur Unterlage steht, wenn die Luft, in die der Auswurf erfolgt, unbewegt ist, und der Vulkan aufgesetzt wird auf mehr oder minder horizontaler Unterlage, das versteht sich wohl von selbst. Ist z. B. die Luft bewegt, d. h. wehen Winde, so muß die Höhe des Vulkans und auch seine Böschungsneigung auf der Leeseite des Windes eine stärkere sein als auf der Luvseite; steht der Auswuris- kanal nicht lotrecht zur horizontalen Aufschüttungsebene, so muß der Krater seitlich gelegen sein, und der Vulkan muß auf der Seite, welche der Richtung des Auswurfskanals entspricht, eine größere Höhe besitzen. So wäre die seitlich gelegene Ausbruchsstelle des Stromboli vielleicht leichter zu erklären als durch eine Caldere!; ist die Unterlage nicht horizontal, aber die Ausbruchsröhre sozusagen dem Erdradius parallel gerichtet, wie es bei den Adventivkratern® wohl IEIKAYSER, ICP 920: 2 Fig. 36 bei POULETT SCROPE ist daher mit Bezug auf die Adventiv- kratere völlig unzutreffend, weil der Kraterrand etwa horizontal liegen müßte. und den inneren Bau der Vulkane etc. 103 manchmal der Fall ist, so muß die den Kraterrand berührende Ebene der Aufschüttungsbasis entsprechend geneigt sein. Diesen Tatsachen entsprechen die schematischen Abbildungen in den Büchern auch nicht immer. Daß wir in der Natur nicht immer die Vulkane unserem schematischen Bild entsprechen sehen, insbesondere dann nicht, wenn die Vulkane seit längerer Zeit außer Tätigkeit sind, oder besonders auch nicht in bezug auf die Böschungs- linie des Kraters, das hat seinen Grund darin, daß die Lage- rung der losen Teile durch die Erschütterungen der Luft und des Bodens gestört werden, und bei solchen Störungen findet ein Nachsinken der Massen statt. Diese Nachsenkung bezieht sich aber zunächst keineswegs auf den ganzen Kegel, sondern sie setzt erst dort ein, wo nach außen oder innen die flache Neigung der Böschung in eine steile, d. h. in die fast gerade Linie übergeht. Dort bildet sich bei der Erschütterung ein Steil- rand von senkrechtem Verlauf, eine Wächte, indem die dar- überliegenden Massen offenbar deswegen, weil sie wesentlich nur einen Druck in vertikaler Richtung ausüben, ruhig liegen bleiben, während die darunterliegenden Massen, bei denen die seitliche Komponente des Druckes eine sehr große wird, ab- rutschen — man kann diesen Steilrand in der Fig. 9 und 8 auf Taf. VII im Krater leicht erkennen; er ist dadurch entstanden, daß ein Teil des im Krater vorhandenen Materials durch eine Öffnung nach unten abgerollt ist. Wird nun später der Steil- rand oder die Wächte etwas zerstört und sein Material rollt ebenfalls nach unten ab, so bekommen wir eine vom Kraterrand ausgehende konkave Böschungslinie. Dies kann sowohl für die Böschung des Walles als für die Böschung des Kraters eintreten. So allein schon würde sich jene als typisch angenommene Form der Vulkane erklären, bei der die Böschungslinie eine konkave ist. Aber es kommen ja noch mancherlei andere Umstände dazu, welche die normale Form des Vulkans verwischen oder 104 G. Linck, Ueber die äußere Form ändern!. Das geschieht einerseits z. B. durch Denudation und Erosion, auf deren Wirkungen hier nicht näher eingegangen werden soll, bei der aber auch, wie ja allgemein bekannt ist, immer konkave Böschungslinien entstehen; anderseits geschieht es durch die wechselnde Art der vom Krater aus- geworienen Massen, denn lockere Massen allein verhalten sich anders als Schlammströme, und diese verhalten sich wieder anders als die Ströme von Lava. Aber auch auf diese Modifikationen soll hier nicht näher eingegangen werden. Nur eines mag noch erwähnt werden, was von besonderem Eintluß auf die primäre Form des Vulkanberges ist, das ist die Natur der Eruption. Es ist ein Unterschied, ob wir es mit einem relativ ruhigen Verlauf der eruptiven Tätigkeit oder mit einem sogen. Paroxysma zu tun haben. Bei dem ersteren wird unser Schema im wesentlichen der Natur entsprechen, bei Paroxysmen dagegen, besonders bei denen, bei welchen ganze bereits vorhandene Stratovulkane wieder weggerissen werden, oder bei denen, welche überhaupt die vulkanische Tätigkeit an einem Orte erst einleiten, wird das Bild des entstehenden Vulkans ein wesentlich anderes sein. Es wird nämlich entsprechen demjenigen, welches uns unter dem Namen „Maar“ bekannt ist. Ein experimentelles Schema hierfür läßt sich ebenfalls in zweierlei Weise leicht darstellen. Einerseits zeigt nämlich jeder von mir aufgeblasene Vulkan, wenn man die Aufblasung frühzeitig unterbricht, eine solche Maargestalt, die dadurch charakterisiert ist, daß der Krater weit und die Böschungslinie sowohl nach innen als nach außen flach ist, und anderseits habe ich unter lockeren Massen kleine Pulver- mengen zur Explosion gebracht und dabei die schönsten Maare erhalten, die ebenfalls durch flache Böschungswinkel am Wall und im Krater charakterisiert sind. Die Kratere werden um so breiter, je größer die Pulvermenge ist (Taf. VII Fig. 10 u. 11). 1 Vergl. MILNE, zweite Abhandlung p. 508 ff. und den inneren Bau der Vulkane etc. 105 li. Der innere Bau. Wenden wir uns nun, nachdem wir von der äußeren Form eines schematischen Vulkans Kenntnis erlangt haben, seinem inneren Bau zu, und betrachten wir die Bilder, welche uns von verschiedenen Seiten hierfür gegeben worden sind. Fig. 8. Idealer Durchschnitt eines vulkanischen Berges nach seiner Par- oxysmeneruption. Entleerter Hauptkrater. Parasitische Kratere. Nach POULETT SCROPE. Fig. 9. Schema zur Erläuterung der Entstehung eines Vulkankegels durch fortgesetzte Ausbrüche. Nach E. KAYSER. Diese können wir in zwei Kategorien teilen. Bei den einen! sehen wir die Schichten, welche den Vulkan zusammensetzen, so dargestellt, daß wir von der Ausbruchsstelle aus ein gleich- mäßiges antiklinales Fallen nach allen Seiten haben, ohne daß berücksichtigt wäre, daß im Krater selbst das Fallen ein syn- ı Vergl. z. B. E. KAYSER, Lehrbuch der Geologie. II. Aufl. Stutt- sart 1905. Fig. 370 u. 353. 106 G. Linck, Ueber die äußere Form klinales sein muß (Fig. 8, 9 u. 10); bei den anderen sehen wir vom Kraterrand aus ein synklinales Fallen im Krater, ein antiklinales Fallen im Wall, bald so', daß die Neigung der Schichten im Krater eine flachere sein soll als im äußeren Wall (Fig. 11 u. 12), bald so’, daß die Neigung im Krater eine stärkere ist als außen (Fig. 13). Meist zeigen die Schichten Fig. 10. Schematischer Durchschnitt durch einen zusammengesetzten Vulkan. Nach E. KAYSER. IN N NN TI NN LCAÄRN ER TIRN TE NN LS III TESTEN NN I = TIEF SS QIN NN IIERN - II N NIIN III 5 Fig. 11. Idealer Querschnitt des Puy Parion (Auvergne), die Neigung der Schichten im Krater zeigend. Nach POULETT SCROPE. ES. Fig. 12. Profillinien eines Tufikegels. Nach E. KAYSER. eine gleichmäßige Mächtigkeit durch den Krater und den Wall hindurch bis zum äußersten Rande hin® (Fig. 14). Hier und da wird es auch so aufgefaßt, daß die Mächtigkeit der Schichten im Krater und außen verschieden sei, doch zeigt gerade das hierher gehörige Bild von GÜNTHER? keine er- ı Vergl. KAYSER, Fig. 364, sowie POULETT SCROPE, Fig. 5 u. 8. 2 Vergl. REYER, Die Euganeen. 1878. Fig. 8. — HOCHSTETTER, Neu- seeland. Figur p. 94. 3 GÜNTHER, Geophysik. II. Aufl. 1. Fig. 88. und den inneren Bau der Vulkane etc. 107 kennbare Gesetzmäßigkeit (Fig. 15). Allen gemeinsam ist der mehr oder minder parallele und konkave Verlauf der Böschungslinie der einzelnen Schichten. Es ist nun ohne weiteres klar, daß keines von diesen Bildern der Wahrheit NQQQQ li —— DD ah — re mu zz u= ' ——— En Fig. 13. Idealer Querschnitt eines Aschenkegels, der durch eine einzige Eruption aufgeworfen ist. Nach POULETT SCROPE. Fig. 14. Schematisches Bild eines Vulkans. Schichtung im Krater. Nach REYER. nahekommen kann, denn schon eine Veränderung der Höhe des Vulkans oder eine Veränderung der Ausdehnung der über- schütteten Basis muß zu einem Wechsel der Mächtigkeit der Schichten innerhalb und außerhalb des Kraters, am Kraterrand oder am Fuße des Berges führen. Auch diese Verhältnisse habe 108 G. Linck, Ueber die äußere Form ich versucht experimentell zu erklären, indem ich von vorn- herein auf der Auischüttungsebene zwei die Ausbruchsstelle berührende Glasplatten vertikal auf der Unterlage so montiert habe, daß sie in eine Ebene fallen und den Vulkan mitten durch- schneiden (Taf. VII Fig. 4). Dann habe ich den schematischen Vulkan in der oben beschriebenen Weise aufgeblasen und die Beobachtung dabei gemacht, daß die Glasplatten keinerlei wesentliche Störung an der Form des entstehenden Vulkans hervorbringen. Ich habe nun abwechselnd weißen und roten Sand von gleicher Korngröße zur Aufschüttung benutzt und, nachdem der Vulkan bis zu normaler Höhe aufgeblasen war, 1 AS] En \N VA RES u g 1} . 7 ASS SS Fig. 15. Schematisches Bild eines Vulkans. Nach GÜNTHER. die eine Hälfte diesseits der Glasplatten entiernt und so ein prachtvolles Bild von dem inneren Bau erlangt (Taf. VII Fig. 5—8). Es zeigt sich daran nun folgendes: Während der ganzen Operation bleibt die Profillinie der MAXWELL’schen Wahrscheinlichkeitskurve entsprechend, die Isohypse des Kraterrandes bleibt sich immer parallel, aber der Radius dieses Kreises schwankt während der Operation, und zwar ist er zuerst relativ groß, wird dann kleiner bis zu einem gewissen Minimum und vergrößert sich dann andauernd wieder bis zu beliebiger Höhe des Berges (Taf. VII Fig. 5, 7). Die Schichten haben natürlich umlaufendes Streichen und vom Kraterrand aus ein antiklinales Fallen nach außen, ein synklinales nach innen. Die Mächtigkeit der Schichten ist stets am größten unter dem Kraterrand und nimmt nach außen sowohl als innen hin stetig ab, so daß sie nach dem Fuße des Berges und den inneren Bau der Vulkane etc. 109 hin papierdünn werden. Die Abnahme der Mächtigkeit nach der Ausbruchsstelle zu geschieht natürlich schneller als nach außen, weil der Krater eine stärker geneigte Böschungslinie besitzt als der Wall. An dem Aufbau des Kraters nehmen aber nicht alle Schichten, also nicht die Produkte von allen Eruptionen teil, sondern dies geschieht nur so lange, bis die kreisiörmige Isohypse des Kraterrandes ihren geringsten Durch- messer erreicht hat (Taf. VII Fig.5,7); von da ab rollt alles, was sich innerhalb des Kraters und unterhalb des flach geneigten Randes absetzen möchte, nach der Ausbruchsstelle zurück und wird wieder in die Höhe gerissen, bis es hinausgeschleudert wird auf den äußeren Wall. So sehen wir nur eine Anzahl von Schichten, nämlich nur die Produkte der ersten Eruptionen, an dem Aufbau des Kraters teilnehmen, und zwar in immer geringer werdender Mächtigkeit. Derart stellt sich also der innere Bau des Vulkans schematisch dar, und daß da natür- lich nun Abweichungen stattfinden, ich meine Abweichungen in bezug auf Mächtigkeit der Schichten, in bezug auf Neigung der Böschungslinien, in bezug auf die Breite der Basis oder in bezug auf die Weite des Kraters, je nachdem wir gröberes oder feineres Material verwenden, und insbesondere je nach der Höhe, bis zu welcher das Material emporgeschleudert wird, ist selbstverständlich, bedarf keiner weiteren Erörterungen und kann experimentell leicht demonstriert werden. Was wir gesagt haben über die Störungen der normalen äußeren Form des Vulkans, das gilt natürlich zum großen Teil auch hier, und ich würde wohl langweilen, wenn ich den Fachgenossen das Hierhergehörige auseinandersetzen wollte. Il. Zusammengesetzte Vulkane. Das so gegebene allgemeine Bild für den Aufbau eines Vulkans hat natürlich nur dann eine schematische Gültigkeit, wenn der Vulkan sozusagen in einem Zuge entsteht, d. h. 110 G. Linck, Ueber die äußere Form ohne größere zwischen den Eruptionen liegenden Pausen, in denen eine erhebliche Zerstörung des auigebauten Berges wieder eintreten kann. Tritt eine solche Zerstörung aber ein, d. h. liegt zwischen zwei Eruptionen eine lange Ruhepause, so wird sich die Störung bemerkbar machen sowohl am äußeren Rande als innerhalb des Kraters. Der äußere Rand wird die charakteristische konkave Böschungslinie annehmen, und das gleiche wird im Krater der Fall sein; das herab- rollende Material füllt den unteren Teil des Kraters aus und macht einen mehr oder minder ebenen Kraterboden. Tritt nun nach längerer Zeit wieder eine Eruption ein, so wird sich die gestörte Form allmählich wieder herstellen und nach einiger Zeit wird der Vulkan wieder sein normales Aussehen erhalten. Anders wird es sich dagegen verhalten, wenn die Massen im Kraterboden erhärtet sind und dadurch beim Wiederausbruch des Vulkans die Ausbruchsröhre an einer höheren Stelle endigt als zuvor. Es werden sich dann aus dem neuen Auswurfsmaterial im Innern des Kraters wieder synklinal geneigte Schichten bilden, und zwar so lange, bis der neue Krater in seinen Profillinien dem alten, tieferliegenden Normalkrater parallel ist. Von diesem Momente an werden neue Auswurismassen wieder nur auf dem Kraterrand und am äußeren Wall zur Ablagerung kommen (Taf. VI Fig. 6 u. 8). Ein ganz anderes Bild aber werden wir erhalten, wenn ein vorhandener Vulkanberg durch ein Paroxysma teilweise weggerissen und in die Luft geschleudert wird. In diesem Moment wird von dem alten Vulkan gleichsam nur eine ge- krümmte, gegen die Ausbruchsstelle konkave Düne von mehr oder minder großer Höhe stehen bleiben, deren Schichten eine antiklinale Neigung zeigen. Schüttet sich nun über der Ausbruchsstelle wieder ein neuer Vulkan auf, so wird, solange der neue Vulkan nicht die Höhe des früheren erreicht hat, zwischen ihm und dem stehen gebliebenen Reste des alten und den inneren Bau der Vulkane etc. 1313| Vulkans ein ringiörmiger Graben, das Atrio, erhalten bleiben, wie es uns der Vesuv zeigt. Natürlich werden die Schichten des neuen Vulkans gegen die Reste des alten Vulkans hin eine etwas abweichende Lagerung zeigen. IV. Maare. Es mag an dieser Stelle noch gestattet sein, auf einen Vorlesungsversuch für die Entstehung von Maaren auimerk- sam zu machen. In eine flache Holzkiste, in deren Boden kleine, kreisrunde Vertiefungen von etwa 1 cm Durchmesser und 2 mm Tiefe eingeschnitten sind, in welche von zwei gegenüberliegenden Seiten her dünne Messingstäbe enden, bringt man, nachdem diese Vertiefungen mit 0,4—0,6 g Schieß- pulver angefüllt sind, Sand, der die Kiste bis zum Rande erfüllt; man streicht den Sand vollkommen eben und ent- zündet das Pulver durch einen elektrischen Funken. Durch die Explosion wird der Sand in die Höhe geschleudert und es entsteht ein flach geneigter Trichter mit einem niedrigen, auigeschütteten Wall am Rande. Die Weite des Trichters schwankt je nach der verwendeten Pulvermenge und ist um so größer, je mehr Pulver man verwendet hat. Hat man unten zunächst groben Sand oder Kies genommen, so sieht man nachher in dem aufgeworfenen Wall oder in dem Trichter selbst auch Stücke des gröberen, tiefer liegenden Materials verstreut (Taf. VII Fig. 10, 11). Der Versuch ist durchaus un- gefährlich und sehr lehrreich. V. Anhang. Einige Bemerkungen über die Form der Dünen. Vor nicht allzulanger Zeit ist eine kleine Abhandlung, betitelt: Dünenstudien, von OTTO BASCHIN!, erschienen, in welcher der Verfasser erklärt, daß das Normalprofil der Dünen ı ©. BASCHIN, Dünenstudien. Zeitschr. der Ges. für Erdkunde zu Berlin. 1903. p. 422 ff. F12 G. Linck, Ueber die äußere Form auf der Leeseite eine konkave Linie darstelle, ferner, daß es Dünen gebe, bei welchen der Dünenkamm, d. h. ein mehr oder minder scharfer Grat, nicht auf der höchsten Höhe der Düne, sondern von da aus ein Stück abwärts an der Lee- seite gelegen sei, und endlich, daß der verschiedentlich auf auf der Leeseite, d. h. also auf der steilen Seite der Dünen am oberen Rande beobachtete schmale Steilrand durch eine Störung des Normalprofils infolge irgend einer Erschütterung hervorgebracht sei. Betrachten wir nun zuerst das Normal- profil einer Düne, so ist ganz klar, daß wir auf der Leeseite eine Aufschüttungsböschung vor uns haben, bei der die Sand- körner von der Luvseite her mit einem Minimum von Fall- höhe auigeschüttet werden. Es müßte also nach AUERBACH, wenn diese Art Aufschüttung allein in Betracht käme, die Profillinie der Leeseite einer nach außen konvexen Parabel entsprechen. Nun kommen aber außer den Sandkörnern, welche mit dem Minimum von Fallhöhe einfach sozusagen über den Dünenkamm hinweggeschoben werden, noch andere in Betracht, welche der Wind in einiger Höhe mitführt und weiter außen auf die Leeseite der Düne niederschüttet. Diese Sandkörner müssen demnach die statische Gleichgewichtsfigur, gerade wie bei den Vulkanen, zugunsten der kinetischen ändern, und es muß daher die Profillinie der Leeseite auch mehr oder minder mit der MAXWELL’schen Wahrscheinlichkeits- kurve übereinstimmen, d. h. sie muß oben konvex und unten konkav sein. Wird dieses Profil irgendwie, z. B. durch Er- schütterung des Bodens oder durch den Wind gestört, so wird sich zunächst wiederum wie bei den Vulkanen ein kleiner Steilrand, eine Wächte, bilden, und zwar an der Stelle, wo die schwache Neigung des Dünenkammes in die steilste Nei- gung der Leeseite übergeht, d. h. also dort, wo ein großer Teil des Sandgewichts nicht bloß in vertikaler Richtung nach abwärts, sondern auch seitwärts nach der Leeseite hin wirkt und den inneren Bau der Vulkane etc. ale (Fig. 16). Ich muß somit BASCHIN recht geben, wenn er jenes so oft beobachtete Steilrändchen als durch Störung entstanden betrachtet. Dieser Steilrand ist aber nicht beständig, sondern der Sand befindet sich dort in einer recht labilen Gleich- gewichtslage (Fig. 17); er wird also leicht einstürzen, und [ / Fig. 16. An der Leeseite gestörtes Dünenprofil mit Wächte. Nach BAscHı Fig. 17. Profil durch eine fortschreitende Düne. Nach BASCHIN. Fig. 18. Auf der Leeseite gelegener Dünenkamm. Nach BASCHIN. dabei entsteht mit der ersten Störung zusammen eine etwas konkave Proiillinie der Leeseite, deren Neigung nach oben hin nun plötzlich in die konvexe Linie des BASCHIN’schen Dünenkammes übergeht, und so scheint es, als ob man einen seitlich gelegenen Dünenkamm vor sich hätte (Fig. 18). Wenn also sozusagen „Normaldünen“ in der Natur so gut wie gar nicht oder gar nicht beobachtet sind, so mag dies eben darin seinen Grund haben, daß die Dünen andauernd großen Erschütterungen der Atmosphäre ausgesetzt sind. Jena, mineralogisch-geologisches Institut, Dezember 1906. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 5 114 ” 10. JE G. Linck, Ueber die äußere Form etc. Tafelerklärung. Natürlicher Schüttungskegel auf kreisrunder Grundfläche. Nach AUERBACH. Schematischer Vulkan während der Tätigkeit. Feiner Sand. Schematischer Vulkan. Grober Sand. Der Apparat in seiner endgültigen Form. Durchschnitt durch einen aus wechselndem Material aufgebauten Vulkan. Wie Fig. 5. Der Kraterboden ist etwas erhöht, darum lagern sich spätere Schichten wieder der Kraterböschung auf. Wie Fig. 5. Wie Fig. 6. Es ist aber Material in die Ausbruchröhre zurück- gesunken, daher die jüngeren Schichten der Kraterböschung ver- schwunden und am oberen Rand des Kraters eine Wächte (am dunkeln Streifen kenntlich). Gestörter Krater mit Wächte von oben gesehen. Maare im Sand. Maare im Sand, der von Kies unterlagert wird. K. Busz, Ueber Kainit von Staßfurt etc. 15 Ueber Kainit von Staßfurt und Carnallit von Beienrode. Von K. Busz. Mit 4 Textfiguren. Vor einiger Zeit wurden mir durch das rheinische Mine- ralienkontor von Herrn Dr. F. KRANTZ in Bonn eine Reihe ausgezeichneter Kristalle von Kainit, Carnallit, Mirabilit und Epsomit zu einer genaueren Untersuchung freundlichst über- lassen. Von ganz besonderem Interesse waren darunter die Kristalle von Kainit von Staßfurt, wegen ihrer ausgezeichneten Beschaffenheit und diejenigen des Carnallits von Beienrode wegen ihrer ungewöhnlichen Größe und ihres Flächenreichtums. 1. Kainit von Staßfurt. Die Kristalle des Kainits haben meist eine Größe von 2—24 cm im Durchmesser, doch liegen auch größere vor, und zwar bis zu 5 cm Durchmesser. Sie sind wasserklar, meist sehr flächenreich, und die begrenzenden Flächen besitzen einen ausgezeichneten Glanz und ebene Beschaffenheit, sind daher trotz ihrer Größe zu goniometrischen Messungen recht wohl geeignet. g* ade) K. Busz, Ueber Kainit von Staßfurt Der Habitus ist entweder ein kurzprismatischer oder dick- tafelförmiger, und in beiden Fällen spielen die Basis OP (001) und die beiden Grundpyramiden +P (ill) und —P (111) als Begrenzungselemente die Hauptrolle. Die Untersuchungen ergaben einen ungewöhnlichen Flächenreichtum und vermehrten die Zahl der an Kainit- kristallen bekannten Formen um 6 (unten mit * versehen). Folgende Formen wurden beobachtet: c= 0P (001) {= of (80 v= —2P (221) a — ooPo (100) g—= xP 290 0 =+P (MM) b = oPo (010) h= oP3 (130)* w' = +3P3 (311)* P2=—oo)PZ EN) r = —2Po (201) x = +39P3 (131) s — oP2 (210) i = +2Po 01) w= —3P3 (811) | = ©P3 (310) d= 2Poo (021) x —= —3P3 (131) u — oP5 (510)* 0, _Pp. (N) Die von LÜDECKE noch erwähnten Formen e = —3P (334), t—= —Po (101) und n = —4Po (401) wurden an den vor- liegenden Kristallen nicht beobachtet. Von den neuen Formen findet sich u = &P95 (510) an vielen Kristallen als schmale aber gut glänzende Fläche, die Kante zwischen a = »Po (100) und I = »P3 (310) ab- stumpiend, und lieferte scharfe und gute Signale. Es wurde gemessen: u->a.=.(810),> (100), im Mittel 13%357 berechnet ala Das Prisma h — »P3 (310) tritt an einer Anzahl von Kristallen mit breiten Flächen auf, die aber an Glanz den übrigen Flächen des Kristalls nachstehen und durch oszilla- torisches Auftreten mit ©P3 etwas gestreift erscheinen; die Messungen ergaben im Mittel: bt — (01020130) 197437 Uberechnet lo 2128 ' Da die meisten der gemessenen Winkel mit den Berechnungen von GROTH sehr gut übereinstimmten, wurde das von letzterem berechnete Achsenverhältnis a:b:c = 1,2186 : 1: 0,5863; 8 = 85°5'36“ zugrunde gelegt. und Carnallit von Beienrode. 117 Nur schmal sind die Flächen des Prismas g = xP3 (320); sie liefern ziemlich breite verwaschene Signale, doch reichten die Messungen immerhin aus, die Form sicherzustellen; es ergab sich im Mittel: BE22— 00) E30, — 27182 berechnet 27° 417477. Breiter (an einigen Kristallen I—2 mm breit) aber auch nicht sehr gut glänzend sind die Flächen des Prismas i = xP# (340); die im Goniometer beobachteten Signale waren besser wie bei dem Prisma g, aber auch verwaschen;; im Mittel wurde erhalten: b:f = (010): (340) = 32° 11°; berechnet 31° 42 17%. Das Orthodoma i = + 2Pox (201) tritt an mehreren Kri- stallen auf, gemessen wurde es an einem Kristall, an welchem es als Abstumpfung der Kante c/a —= (001): (100) eine breite, glänzende Fläche bildete; es ergab sich: (00277207) 46142 7 Derechnet 467157 9% (100) : (201) = 48 39 A 48 39 15 Die Pyramide w‘ = — 3P3 (311) konnte sowohl aus dem Zonenverband wie aus Messungen bestimmt werden. Sie liegt ın den Zonen 1. OP (001) / oP3 (310), 2.--P (111) /—+2Px (201), 3. — P (ill) / Po (100). Die Messungen ergaben: LEN (lan) — 972 berechnet 5362937417 (131) : (11T) = 30 50 k 30 42 59 (13T) : (100) = 40 14 n 40 22 59 Die den Habitus der Kristalle im wesentlichen bedingenden Formen —-P (i11), —P (111), OP (001), treten meist mit fast gleich großen Flächen auf, dazu in der Prismenzone die beiden Pinakoide ©Po (010) und ooP& (100); mit kleineren Flächen erscheinen &©P (110) und &P3 (310). Alle übrigen erwähnten Formen sind entweder nur an einzelnen Kristallen mit größeren Flächen ausgebildet, oder erscheinen überhaupt nur als ver- hältnismäßig schmale Streifen. | Bei den Kristallen mit kurzprismatischem Habitus ist die Zone der Prismen stärker ausgebildet, die Endigung bleibt 118 K. Busz, Ueber Kainit von Staßfurt dieselbe. Ein derartiger Kristall ist in der nebenstehenden Fig. 1 dargestellt, es ist zugleich der flächenreichste der ganzen Serie von Kristallen, welche mir zur Untersuchung vorlagen. NV XL h N Zur Darstellung der Zonenverhältnisse ist die sphärische Pro- jektion (Fig. 2) beigegeben. Von den erhaltenen Messungsresultaten seien hier noch einige wichtigere mitgeteilt: und Carnallit von Beienrode. 119 gemessen berechnet DB BZ ZONE) = 30238. 30° 98° 18“ DB pr (NORA) = 38: 10 38 14 36 pe PETE). 97. 192 97 10 42 BZ zZ Ppz Zee), — 983 59 o4 048 BEE 7ER — (009021) 49,29 49 26 19 seReo2 7° (010)2 (111, = 162.59 62 59 36 ebeo: LP = (080): 1) =26125 61 24 42 DEE 229 — (001), 2100) = 85 53 85 5 86 Br > oo — (007) 20201774129 41 32 12 eo Beorr .coP..-— (010),,.410),==,39.29 39 28 36 Die sehr gute Übereinstimmung zwischen gemessenen und berechneten Werten kennzeichnet zugleich die ausgezeichnete Flächenbeschaffenheit der Kristalle. Zur Bestimmung der optischen Konstanten wurde einer der schönen Kristalle geopfert und zur Herstellung der nötigen Präparate verwendet. Wie schon von GROTH! und später von ZEPHAROVICH ? nachgewiesen wurde, ist die Ebene der optischen Achsen die Symmetrieebene. Übereinstimmend mit GROTH fand ich als Neigung der 1. Mittellinie gegen die Vertikalachse den Winkel von 8° im spitzen Winkel 2. Bei einer Platte senkrecht zur 1. Mittellinie treten die optischen Achsen in Luft nicht mehr aus, sondern sie erleiden an der Oberfläche der Platte im Innern Totalreflexion, wie sich aus der folgenden Betrachtung ergibt. Das mittlere Licht- brechungsvermögen beträgt ungefähr 1,5082 für Na; der Winkel der optischen Achsen ist, wie von ZEPHAROVICH bestimmt, NE —_ n(e — Einfalls- größer als 84°. Aus der Gleichung Er winkel, & = Brechungswinkel, n — mittlerer Lichtbrechungs- quotient) ergibt sich, daß & = 90°, wenn « = 41° 32°; dieser Wert stellt also die Grenze der Totalreflexion dar. Im vor- liegenden Falle, in welchem «& iiber 42° beträgt, ist mithin ein Austreten der optischen Achsen in Luft ausgeschlossen. ' PoGG. Ann. 137. 442. 1869. ? Zeitschr. f. Kristallogr. 6. 234. 1881. 120 K. Busz, Ueber Kainit von Staßfurt Die Messungen wurden mit Hilfe von Cassiaöl vor- genommen, für welches die Brechungsquotienten betrugen: nn. = 1,59477 7, = 1,60724 Folgende Werte wurden erhalten: Ha, = 19%23' Hay, = 78° 85‘ Ha,, = 78° 15‘ Zur Bestimmung der drei Hauptbrechungsindices wurden Prismen parallel den drei Hauptschwingungsrichtungen an- gefertigt und dabei folgende Resultate erhalten: i. Prisma mit brechender Kante parallel der 1. Mittellinie: brechende Kante = 32° 0° 30“ Minimum der Ablenkung = 16° 35‘ 30“ Li 16°40° Na 16° 45 Tl daraus ergibt sich: «; — 1,49258 ana — 1,49475 &r = 1,49714 2. Prisma mit brechender Kante parallel der Symmetrie- achse: brechende Kante = 26° 37’ 30“ Minimum der Ablenkung = 13°53'50“ Li 193°57'30“ Na 14°6‘Tl daraus ergibt sich: ß,; = 1,9039 @na = 150611 #7) = 1,90848 3. Prisma mit brechender Kante parallel der 2. Mittellinie: brechende Kante — 33° 58° 30" Minimum der Ablenkung —= 18°41' Li 18°46° Na 18° 52' Tl daraus ergibt sich: oe Aus diesen Brechungsquotienten erhält man für den wahren Winkel der optischen Achsen: 2V,, = 34034! 23V, 34921 100 62V und Carnallit von Beienrode. 27] Aus dem gemessenen Winkel in Cassiaöl 2Ha, den Brechungsquotienten des letzteren n und £ berechnet sich dieser Winkel nach der Formel sinV = n .sinH: 2, = Mar 22V. = 84 34 52 V. ZEPHAROVICH fand aus seinen Messungen des optischen Achsenwinkels in Mohnöl 2V,, = 84° 33°, was mit obigem Werte sehr gut übereinstimmt. 2. Carnallit von Beienrode. Natürliche Kristalle von Carnallit gehören bekanntlich zu großen Seltenheiten. Sie bilden sich unter Umständen aus den abträufelnden Laugen der unteren Kalisalzbaue, und der- artig entstandene Kristalle wurden zuerst von HESSENBERG kristallographisch untersucht und beschrieben (vergl. HESSEN- BERG, Min. Not. 7. 12—15). Die Kristalle, die ihm zur Unter- suchung vorgelegen haben, waren ziemlich groß (bis Taubenei- größe), durchsichtig und nur wenig durch eingeschlossene Eisenglanzkriställchen rötlich gefärbt. Er beobachtete an den- selben im ganzen 10 Formen: Basis, Brachypinakoid, Prisma, 3 Pyramiden, 1 Makrodoma und 3 Brachydomen, die mit Ausnahme des Makrodomas auch alle von DES CLOIZEAUX an künstlichen Kristallen bestimmt werden konnten. Im Jahre 1901 beschrieb H. BÜCKING! außergewöhnlich große Kristalle eines weingelben Carnallits aus dem Kalisalz- werk von Beienrode bei Königslutter, die bei einer Breite und Länge von je 8 cm eine Dicke von etwa 6 cm besaßen und bei denen im Gegensatz zu den bekannten Kristallen von Staßfurt die Basis in der Regel ziemlich groß entwickelt war. ı H. BÜCKING, Große Carnallitkristalle von Beienrode. Sitz.-Ber. d. k. preuß. Akad. d. Wiss. Berlin 1901. p. 939—942. 122 K. Busz, Ueber Kainit von Staßfurt Mit Ausnahme der Formen i = 2P& (201) und d = #P& (043) konnten alle übrigen an den Staßiurter Kristallen auftretenden Formen an diesen Kristallen beobachtet werden und außerdem wurden noch folgende neue Formen aufgefunden: n = 3P® (203), t=4P(112), u=4P(114), h=1P& (034), eo — Po 0) a Barllsa)ean — 723) Neuerdings wurden in demselben Kalisalzwerk wiederum derartige ausgezeichnete Kristalle gefunden, und eine große Anzahl (über 100 Kristalle) davon wurden mir von Herrn Dr. KRANTZ in Bonn zur Untersuchung gütigst zur Verfügung gestellt. Da die Untersuchungen einige neue Resultate lieferten, so mag die nachfolgende Mitteilung berechtigt erscheinen. Die Kristalle besitzen, wie die von BÜCKING beschriebenen, meist eine schöne weingelbe Farbe — durch geringe Mengen von Eisenchlorid hervorgerufen — und sind von absolut klar durchsichtiger Beschaffenheit; einige kleinere Kristalle sind fast vollkommen farblos. Die größten haben bis zu 10 cm Länge bei einem Durchmesser von ca. 8 cm, daneben kommen dann auch kleine bis zu 2 cm Durchmesser und darunter vor. Auch hier finden sich in manchen der größeren Kristalle Hohlräume, z. T. vielfach verzweigt, die mit Mutterlauge gefüllt sind und eine Libelle enthalten, die bei Bewegungen des Kristalls ihre Lage ändert. | Die Kristalle werden von glänzenden Flächen begrenzt, die in scharfen Kanten aneinanderstoßen, aber der Messung stellen sich große Schwierigkeiten entgegen, indem die Kristalle außerordentlich leicht zerfließlich sind, die Flächen sich schon nach ganz kurzer Zeit mit Tröpfchen bedecken und sehr bald im Goniometer keine Signale mehr liefern. Sie verhalten sich also in dieser Beziehung anders, als es von BÜCKING an- gegeben wird, welcher schreibt: „Die Löslichkeit des Carnallits von Beienrode ist nicht derartig, daß er an der Luit zeriließt.“ Nach meinen Erfahrungen brauchte ein Kristall nur wenige und Carnallit von Beienrode. 108 Stunden offen in einer Schale aufbewahrt zu werden, bis sich rings um ihn reichlich Mutterlauge gebildet hatte. Es ist mög- lich, daß in dieser Beziehung die verschiedenen klimatischen Verhältnisse einen verschiedenen Einfluß ausüben, und daß auch die Löslichkeit je nach den Jahreszeiten variiert und überhaupt von dem Feuchtigkeitsgehalte der Luit abhängig ist. Immerhin aber gelang es mit dem Reflexionsgoniometer an einigen kleineren Kristallen genaue Werte zu erhalten. An den größeren Kristallen konnten die Flächen mit einem Anlege- goniometer gut bestimmt werden. Die Ausbildungsweise ist im allgemeinen dieselbe, wie sie von HESSENBERG in Fig. 11 seiner Abhandlung dar- gestellt ist, häufig aber sind die Kristalle in der Richtung der Brachyachse verlängert, wodurch dann die reich aus- gebildete Zone der Brachydomen besonders stark hervortritt (vergl. Fig. 3). Bei manchen Kristallen geht diese Aus- bildungsweise so weit, daß sie nach der Brachyachse lang- prismatisch erscheinen. Folgende 19 Formen wurden beobachtet, von denen die 5 mit * bezeichneten neu sind: 124 K. Busz, Ueber Kainit von Staßfurt c= 0P (00) | = 3P (832)* ge = P& (01) b = ooP& (010) k=2P (221) d = 4P& (043) m— oP (110) v2 3 (433) e — 2P%& (021) ey) (120)* y_ 3P3 (131)* I, — a (083) t= 3P (12 m 3Po £03) KEAE si 1.224023) i = 2P& (01) um Eli oo pP7zal) Die von BÜCKING angegebenen Formen u = 1P (114), — 3P& (031) und w — 2P? (123) habe ich nicht beobachten Vi 6a: \ Varia Ne Wa 11 Fig. 4. können. Mit diesen zusammen würde also die Zahl der be- obachteten Formen sich auf 22 belaufen. | Die Zonenverhältnisse zeigt die sphärische Projektion Fig. 4. Ein Kristall stellte eine Kombination fast sämtlicher ge- nannter Formen dar, bei den übrigen fehlten gewöhnlich mehrere Formen aus der Reihe der Pyramiden oder Brachy- domen; die’ beiden Makrodomen wurden an einer großen Anzahl von Kristallen beobachtet. Nur an einem einzigen Kristalle, aber mit einer großen Fläche ausgebildet, fand sich das Prisma x — &P2 (120). Es wurde bestimmt aus dem und Carnallit von Beienrode. 195 Zonenverbande und dem Winkel ©P (110) :®oP2 (120) = 19° (mit Anlegegoniometer); berechnet = 19° 11'485‘. Ebenialls selten und nur an zwei Kristallen wurden die beiden Formen v— P3(133) und y = 3P3 (131) beobachtet; die letztere Form war besonders an einem der beiden Kristalle mit einer großen, ebenen Fläche ausgebildet, an der sich auch ihre Lage ieder Zone PB (111), 2P& (021), 3P3 (131) sehr deutlich er- kennen ließ. Gemessen wurde: OP (001): P3 (133) — 38° (mit Anlegegoniometer) ber. 3839’ 59" 0P- (001):3P3 (131) = 68 : , : 6722316 P3 (133) :4P& (041) = 391 , } 2905,33 Dierdsenkornmen | — 2P(832),t— 3P&(0835), q— 7P&(071]) wurden häufiger und an mehreren Kristallen mit Hilfe des ‚Anlegegoniometers bestimmt; die gefundenen Winkelwerte sind in der unten folgenden Tabelle verzeichnet. Von diesen Formen ist vielleicht das Doma h —= 3P& (031) identisch mit der von mir bestimmten Form r — 3P& (083). Nach den Angaben von BÜCKING wurde die Form h nur einmal schmal ausgebildet beobachtet und der Winkel gegen die Basis zu 1164° (634°) gemessen. Bei meinen Messungen erhielt ich als entsprechenden Winkel für r = 62°, und zwar an mehreren Kristallen. Der berechnete Wert für r ist-61°44' und für h —= 64°21’. Der von BÜCKING gemessene Winkel steht wohl näher an letzterem, doch ist anzunehmen, daß die Messung wegen der schmalen Ausbildung der Fläche auch weniger genau ist. Da die Signale bei der Messung im Goniometer z. T. sehr gute waren, wurde aus folgenden besten Resultaten das Achsenverhältnis berechnet: 0P:2P = (001): (221) = 69°55° 2P:2P = (221): E21) = 57 15 OP : AP& = (001) : (041) = 70 17 es ergibt sich hieraus: 126 K. Busz, Ueber Kainit von Staßfurt a: b2c7=059304= : 0,69758 ! — 0,59356 : 1: 0,694003 (HESSENBERG) — 0,9678: T 0,69454 (DES CLOIZEAUX an künstlichen kur Wegen der Zuverlässigkeit obiger Messungen glaube ich, daß die von mir berechneten Werte, wenigstens für die natür- lichen Kristalle, die genaueren sind. In der folgenden Tabelle seien nur noch die berechneten Winkel der Formen mit der Basis neben den gemessenen an- gegeben: 001: 112. = 342217485 gemessen 34° 22°* 2228 — 42 21721 5 42 9%* al 53a 2 O8 ol * :3882 — 64 041 i 64 — 221, — 169 sa 0 R 69789, 2 203 BSH 1 5 38 — 200 766258215 A 67 — sone 734020737 5 34 30 :043 —= 42 50 30 5 43 — 0217 34822 36 3 4 17 ® :083 = 61 44 20 s 62 — :041 = 7017 — ; ZOG 2071071825189 S 78 30 Die mit * bezeichneten Werte sind die mit Hilfe des Reflexionsgoniometers erhaltenen. Die Flächen aller Formen waren so groß ausgebildet, dal man leicht mit dem Anlegegoniometer arbeiten konnte, daher dann auch die befriedigende Übereinstimmung mit den be- rechneten Werten. Die ausgezeichnet klare Beschaffenheit der Kristalle ver- anlaßte mich, Versuche zu machen zur Bestimmung der Haupt- lichtbrechungsquotienten, worüber sich in der Literatur bisher keine genaueren Angaben finden. Es war nun gar nicht schwierig, geeignete orientierte Prismen mit polierten Flächen herzustellen, aber es stellte sich als unmöglich heraus, in Luft ! BÜCKING bezieht die Formen auf ein Achsenverhältnis mit der doppelt so großen Vertikalachse. und Carnallit von Beienrode. 127 die Messungen vorzunehmen, denn auch bei möglichster Be- schleunigung der Operationen verloren die Präparate ihre gute Beschaffenheit, und ehe auch nur eine Messung iertig war, waren die Flächen mit Tröpichen von Feuchtigkeit derartig bedeckt, daß keine deutlichen Signale mehr zu sehen waren. Es wurden daher die Flächen sofort nach der Herstellung mit einem Stückchen Deckglas geschützt, das sich mit dünn- flüssigem, in Xylol gelöstem Canadabalsam leicht daran be- festigen ließ. Es ist selbstverständlich, daß durch eine solche Operation der Grad der Genauigkeit leiden mußte. Um die entstehenden Fehler aber nach Möglichkeit zu eliminieren, habe ich eine größere Anzahl von genau orientierten Prismen mit verschieden großer brechender Kante hergestellt, was bei der Größe und schönen Ausbildungsweise der Kristalle keine sonderlichen Schwierigkeiten machte. Auf diese Weise wurde mit den verschiedensten beobachteten Werten gerechnet und es stellte sich dabei eine sehr befriedigende Übereinstimmung in den erhaltenen Resultaten heraus, so daß also die durch das Bedecken mit den Gläschen hervorgerufenen Fehler nur ganz gering sein können. Als Mittelwerte ergaben sich für die drei Hauptbrechungs- quotienten: na = 146655 An. = 147529 ya = 1,49371 Die Doppelbrechung ist demnach ziemlich stark und be- trägt für Na = 0,02718. Der Charakter der Doppelbrechung ist positiv, die 1. Mittel- linie ist parallel der Brachyachse und Richtung der kleinsten optischen Elastizität. Der scheinbare Winkel der optischen Achsen wurde an zwei Platten parallel dem Makropinakoid gemessen und dabei erhalten: PEN No2ATpezw. 1121877 Mittel — 11526) 128 K. Busz, Ueber Kainit von Staßfurt etc. daraus und aus £ erhält man für den wahren Winkel. der optischen Achsen: 2Vn, =: 69°.477,40° aus den Brechungsindizes berechnet ergibt sich 2V, , = 70°2'50”, also eine ziemlich gute Übereinstimmung. DES CLOIZEAUX gibt an DE’— 115° Tür rotesuiehe BÜCKING* (le) Jand ZE,, - He DVar era Br (bereelmenn 992% In beiden Fällen ist der Wert für den scheinbaren Winkel der optischen Achsen höher als der von mir gefundene. Der von BÜCKING berechnete Wert für # weicht nicht unbeträcht- lich von dem von mir durch Messung gefundenen ab. Münster, Mineralog. Museum der Universität. ! DES CLOIZEAUX, Nouvelles Recherches. Paris 1867. p. 47. W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel etc. 129 Der geologische Bau der Apenninen- halbinsel und die Schweremessungen. Von W. Deecke. Mit Taf. VII und 3 Textfiguren. In einem Aufsatze des letzten Beilagebandes (Bd. XXII) zu diesem Jahrbuche habe ich mich mit den merkwürdigen Ano- malien der Schwere beschäftigt, die sich in der norddeutschen Tiefebene durch die Pendelbeobachtungen nachweisen ließen. Wenn auch die wahren Gründe dieses Wechsels der Gravi- tationskrait noch nicht klar zu erkennen sind, da zuviel ver- schiedenartige Faktoren dabei eine Rolle spielen, so ging doch meiner Meinung nach eine sehr wichtige Tatsache aus jenen Betrachtungen hervor, daß die Minima und Maxima der Schwere in einem inneren Zusammenhange mit dem geologischen Bau Norddeutschlands stehen, daß an den Stellen der Soolquellenzüge, also an den tektonischen Linien, sich durchweg Minima finden, und daß sich diese im Sinne des hercynischen Bruchsystems anordnen, und zwar von der Oder bis zur Weser, von Rügen bis nach Jütland hin. Ich ver- N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 9 130 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel suchte dies Verhalten zurückzuführen z. T. auf das geringere spezifische Gewicht großer, dem Boden eingeschalteter Stein- salzlinsen und aui Höhlenbildung infolge der Auslaugung durch Grundwasser (daher die Soolquellen).. Die zwischen den Minimazonen befindlichen Reihen der Gravitationszunahme deutete ich als Wirkung mächtiger Sedimentanhäufungen. zwischen den höher liegenden dyadischen Horsten und schob außerdem die Steigerung der Schwere der Zusammendrückung zu, welche in einem absinkenden Gebiete die Horste erfahren, wozu dann in den Gräben noch Verdickung der wirkenden Massen durch erneute mächtigere Sedimentation hinzutritt. Nur so ließe sich vorläufig der beträchtliche Massenüberschuß auf Bornholm erklären, den ein wenig auch das höhere spezifische Gewicht des Granites, der den Kern der Insel bildet, ver- ursacht. Zu ganz ähnlichen Resultaten und Gedanken gelangte 1895 schon ANTON Edler v. TRIULZI, als er die Pendelbeob- achtungen an beiden Seiten der Adria bearbeitete. Er meint, je mehr sich eine Gegend senke, um so dichter würden die Massen zu lagern kommen; es handle sich nicht um wirk- liche Hohlräume, sondern um Auflockerung des Bodens an den Stellen der Minima, also in den Gebirgen, und eine nur wenige Prozente geringere Dichtigkeit der Erdrinde auf 200 km Tiefe genüge z. B., die Massendeiekte der Alpen zu er- klären. Um die Richtigkeit dieses Zusammenhanges von geo- logischem Bau und Gravitationsverhältnissen an einem zweiten Beispiele zu prüfen, wählte ich die italische Halbinsel, da deren Tektonik mir durch frühere Arbeiten recht genau be- ! Relative Schwerebestimmungen durch Pendelbeobachtungen, aus- geführt durch die k. u. k. Kriegsmarine in den Jahren 1892 —1894; herausgegeben vom k. k. Reichs-Kriegsministerium, Marine - Sektion. Wien 189. und die Schweremessungen. 131 kannt ist, und deren Schwereverhältnisse durch V. TRIULZI und italienische Forscher seit einigen Jahren ebenfalls mittels Pendelmessungen festgestellt worden sind. Die bei diesen Beobachtungen gefundenen Zahlen sind tabellarisch zusammengestellt in den Berichten der Kom- mission für internationale Gradmessung. Nach diesen Zahlen hat Herr Geh. Rat Prof. HELMERT in Potsdam in liebens- würdigster Weise für eine Anzahl Punkte die ideellen stören- den Massen für mich berechnen und graphisch darstellen lassen, wofür ich ihm meinen herzlichen Dank ausspreche. Die drei Diagramme sind diesem Aujisatze beigefügt und beziehen sich auf eine von Venedig bis Lecce reichende Be- obachtungsreihe an der Ostküste Italiens, sowie auf zwei Querprofile von Manfredonia nach Capri und von Termoli nach Ischia. Eine Reihe von anderen Zahlen habe ich nach einer mir von Herrn Prof. L. HAASEMANN mitgeteilten Methode selbst berechnet, und zwar die kalabrischen und sizilianischen, die ligurischen und toskanischen Werte. Eine Karte über die Schwereverteilung an der adriatischen Küste und in dem an- stoßenden mittelitalischen Apennin gibt schon V. TRIULZI in der oben genannten Arbeit. Ich werde nun die Hauptproiile einzeln besprechen und die von den geologischen Untersuchungen unabhängig ge- wonnenen Zahlen auf die Struktur des Landes zu beziehen versuchen, was meines Wissens in konsequenter und aus- führlicherer Weise bisher noch nicht geschah. Nur RIccO und PLATANIA haben für das Ätnagebiet ähnliche Versuche gemacht, von denen weiter unten zu sprechen sein wird. Das Hauptdiagramm (Fig. 1) ergibt sich nach Herrn Prof. FHAASEMANN’s Berechnung aus folgenden Zahlen für die idealen störenden Schichten im Meeresniveau nach den Breiten geordnet: 152 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Ideelle störende Massen auf der Linie Venedig—Lecce. 1.121. Te De En Er aloe een EREBERNBEEEERFE LEO EH EEE UN fcond |] 0 | 1 Pe Te EENEREEDT_ ih SEAT, | Ai BANNEREBEAERTN MEERE | Pan Ban BERSERBERNEREEN ES | | __| a A BR ER RN EEE | eztmott | | | 1 | alle | | | I Land | | ln | I | 1 | ||| mn NM || III III III] II | I und die Schweremessungen. 133 kuVenedior an ausi7 ass — 60 m 2 Eliopaja a 3 2 rs IR SeRavenna er wert, — 860 „ A Ri ee RENTEN 26 — 660 „ DEEanop 2 Ben m. ..3r. — 22 DRAcoma ee een — 2830 „ ERS ETOLSIOH N Ne: OR sarBenedelte 13ssinih-räberlle: — 270 ,„ 2. Eee — 810 „ aVastomm me Senne --3.710%,, KRSTEME DA. AA R E — 430 12 Ba ER — 140 i5- Mantedoma. - . 2... — 970 TEE arleit am A N ARE, —- 1090 InseBarien abyystt: ssmslno rss, —- 1290 MOSDBTIMÄISI 5 > cap. egal ner ae. — 1180 „ Kanlecertm en... > + 900 „ Soviel ist sofort klar und seit langem bekannt: die Schwemmebene des Po-Deltas ist ein Gebiet des Schwere- defizits, und Maxima resp. erhebliche Überschüsse befinden sich im Südosten der Halbinsel. Trotzdem scheint in den Zahlen gar kein System zu sein; sie schwanken zwischen Fano und Manfredonia um ca. 1000 m hin und her, bald ansteigend, bald fallend. Gerade dieses scheinbar launenhaite Verhalten gibt, wie wir jetzt sehen werden, den besten Beweis für den inneren Zusammenhang mit der Tektonik des Gebietes. Venedig, inmitten alter, befestigter Alluvionen gelegen, hat nur ein geringes Minus gegenüber dem normalen Werte. Dagegen steigt das Defizit gegen Süden bei Ravenna auf 860 m Schichtenmächtigkeit. Verständlich wird dies dadurch, daß von der Po-Mündung bis Rimini das gesamte, östlich von Ferrara gelegene Land allerjüngstes Schwemmland dar- stell. Ravenna war ja in der späteren römischen Kaiserzeit der Haupthafen Italiens für den Verkehr nach der Balkan- halbinsel und dem Osten überhaupt. Jetzt liegt es fast 10 km vom Meere entiernt. Junges Alluvialland ist natürlich stark mit Wasser durchzogen und im allgemeinen wenig komprimiert, 134 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel so daß zweilellos an dieser Stelle das durchschnittliche spezi- fische Gewicht mächtiger Bodenschichten weit unter 2,4 bleibt und dadurch ein Teil des großen Defizits zu erklären wäre. Um den Unterschied mit Venedig zu begreifen, sei ferner darauf hingewiesen, daß wohl der nördlichste Teil der adriatischen Küste Italiens eine Art Selbständigkeit gegenüber dem südlich der Po-Mündung befindlichen besitzt. Die Grenze beider Abschnitte bezeichnet die NW—SO. gerichtete große vulka- nische Spalte, auf der die vicentinischen Ergüsse, die Monti Berici und die erloschenen Vulkane der Euganeen, liegen. Diese venezianischen vulkanischen Herde ordnen sich zu einer dem Apenninenrande in der Emilia ziemlich parallelen Linie an und bezeichnen eine für die Po-Ebene wichtige tektonische Linie. Die wirkliche Tiefe der Po-Ebene hat immer südlich der Euganeen existiert, was auch SACCO auf der Karte in dem Buche „La valle padana“ andeutet. Nach seiner Ansicht hat zwischen Ferrara und Bologna etwa um Christi Geburt noch ein tief in das Land einschneidender Meerbusen be- standen. Die Tiefbohrungen in diesem östlichen Abschnitt des Po-Tales haben kaum Tertiär angetroffen, selbst nicht bei 250 m unter der Oberfläche. In den Valli di Comacchio fand man aber in der Tiefe marine Schichten, ein Beweis für die Zuschüttung eines Meeresteils, und außerdem über einer 100 m tief auftretenden Bank nur Brackwasser, das sich auf Meeresspiegelniveau einstellte. Daraus ergibt sich un- zweifelhaft, im Verein mit der petrographischen Beschaffenheit (Lehm, mächtigen Schottern, Kiese etc.), daß wir in diesen Teilen des Po-Deltas einen besonders lockeren, neu ent- standenen, noch keiner Gebirgsbildung unterworfenen Boden haben, von dessen genauerer Zusammensetzung freilich keine sicheren Beobachtungen vorliegen, welcher aber zweifellos auf 200—300 m jüngster Bildung ist. Hiermit stimmt, daß V. TRIULZI seine Nulllinie, d. h. die Linie normaler Schwere, und die Schweremessungen. 135 etwa nördlich von Ravenna nach Ferrara und Mantua laufen läßt und nördlich der beiden letzten Städte einen kleinen Überschuß von Masse in der Po-Ebene konstatierte. Freilich bedürfen seine Zahlen zur Berechnung der ideell störenden Massen noch einer Korrektur, aber eine Annäherung an Null ergibt sich doch, da bei Ferrara nur — 7/0 m und bei Padua sogar ein Plus von 150 m konstatiert ist. Nördlich von dieser von Trient nach Chioggia laufenden Zone haben wir im Schwemmlande des Tagliamento etc., d. h. am Nordrande der Adria wieder erhebliches Massendefizit, nämlich nach meiner Berechnung bei Treviso — 460, Portogruaro — 530, Pordenone — 710 und Udine — 940. In Görz sollen normale Werte gefunden sein. Kehren wir nun zur Ostküste Italiens zurück. Bemerkenswert ist, daß sich der Po-Schlamm, durch den Küstenstrom verfrachtet, hauptsächlich nach Süden wendet und über Rimini nach Südost fortgetrieben wird, so daß an- geblich sogar die jenseits des Gargano gelegenen Häfen Bari und Barletta dadurch versanden. Verständlich wird daher die einiörmige, hafenlose Küstenlinie und, um auf das hier be- handelte Problem zurückzukommen, das bedeutende, aber etwas geringere Minus der Schwere bei Rimini und abnehmend bei Fano und Ancona. Nun ist wahrscheinlich in dem Profil eine bemerkenswerte Lücke. Zwischen Ancona und der folgenden Beobachtungs- station. Porto S. Giorgio liegt die isolierte Kreidekalkscholle des Mte. Conero, südlich von Ancona. Im ersten Bande seines „Antlitz der Erde“ betont E. SUESS den Unterschied zwischen dieser mesozoischen Scholle und den gleichalterigen Schichten des Apennins. Spätere Beobachter haben sich ihm darin angeschlossen, daß der Mte. Conero geologisch zur gegenüberliegenden illyrischen Küste gehört. Dieses kleine Kalkplateau, der Mte. Gargano, die Isole di Tremiti, Pianosa, 136 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Pelagosa, die Murgie und Terra d’Otranto haben sich bei geologischer Untersuchung als zusammengehörig und als Reste einer großen, in der Adria versunkenen Kalktafel heraus- gestellt. Sie geben zugleich ungefähr die Ostgrenze des pliocänen Meeres an, welches von der Po-Ebene westlich vor diesen Schollen im Bereiche der heutigen italischen Ostküste nach dem Golf von Tarent reichte und nur im Süden über die Terra d’Otranto zeitweilig übergrifi. Der Mte. Conero gehört also eigentlich nicht in den Rahmen der italischen Adriaküste hinein; so kommt es, daß das Schwereminus von Fano bis Ancona rasch abnimmt und bei Porto S. Giorgio sogar in einen allerdings kleinen Überschuß sich verwandelt. Pendelmessungen auf dem Vorgebirge bei Ancona und andere bei Loreto, Ponta Civitanova müssen gelegentlich nachgeholt werden, um diesen Übergang in seinen Einzelheiten zu er- mitteln. Verbinden wir weiterhin S. Giorgio mit dem Orte des nächsten Ansteigens der Schwere, mit Vasto, so erhalten wir eine Linie, die zwischen Apennin und Mte. Gargano durch- läuft und alle jene älteren illyrischen Schollen ostwärts liegen läßt, demnach ziemlich genau das alte Adria-Land von dem Faltengebirge im Westen scheidet. Die gegenwärtige Küste folgt dieser tektonischen Linie nicht, sondern biegt vielmehr in flachem Bogen nach Westen aus. Sie befindet sich bis etwa zum Küstenknick bei Vasto im Apenninbereiche, wenn man so sagen darf, und daher erscheinen sofort in den Pendel- beobachtungen bei S. Benedetto del Tronto und Ortona die negativen Werte wieder. Dieselben halten sich in diesen beiden Orten ungefähr auf gleicher Höhe, um — 300 m herum. Südöstlich von Ortona erleidet die Küste bei Punta della Penna einen merkwürdigen rechtwinkeligen Knick, und dem dadurch entstandenen, N.—S. gerichteten Ufer liegt gerade gegenüber in derselben Breite die Gruppe der Tremiti. Ich führe dieses und die Schweremessungen. 37 Relief auf einen dem Mte. Gargano nördlich vorgelagerten, zum größten Teil versunkenen Streifen zurück, dessen höchste, sichtbare Teile die Tremiti, Pianosa und Pelagosa darstellen. Diese Untiefe der Adria ieitet uns unmittelbar zu den dal- matischen Inseln hinüber, zu Cazza, Lagosta und Meleda, den äußersten Küstenfalten Dalmatiens, die sich von der Balkan- halbinsel allmählich loslösen, in O.—W.-Richtung umschwenken und in mehreren Reihen auf die italische Ostküste zulaufen. Daß auch nördlich vom Mte. Gargano in diesem Ufer etwas von dem illyrischen Plateau steckt, beweist die isolierte eigenartige Triasscholle der Pietre Nere am Lago di Lesina, die vollständig aus dem geologischen Bilde des Uiers heraus- fällt. Wir nähern uns dieser Scholle von Termoli an, und soiort schlägt in dem Schwerediagramm das Minus in ein Plus über, indem bei Vasto gerade der normale Grenzwert erreicht ist. Den Zusammenhang dieser Teile der Capitanata mit Ilyrien zeigen uns auch die TRIULZI’sche Karte und die Pendelmessungen auf den Inseln. Nach meinen Berechnungen haben ET RE + 650 m Biamosauııy vl re ae: +470 „ Belasosar 2, Sys. 0: N 5 Gaza re 5; Bacostam9 SNDLIINZDNE: +70 „ so daß sich ein Band der Massenüberschüsse gerade zwischen den beiden kesselförmigen Tiefen der Adria herüber erstreckt. Ebenso haben stärkere Anziehung ausgeübt S. Andrea, Lissa, Lesina und Curzola, wo sich folgende Zahlen ergaben: Seeändrea a ns pen. + 590 m Ponomstle sis lien. — 430 Diss na N aNL. 4490 „ BeSian en. ee, ES10r, Eurzolauhti: MASTER AIR, +620 „ 138 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Schon V. TRIULZI macht darauf aufmerksam, daß die Schwerekurven zwischen Lissa, Curzola, Lagosta und Cazza eigenartige Krümmungen beschreiben, und daß dies Gebiet mit dem der magnetischen Störungen zusammenfällt. Vergleichen wir damit den Lauf seiner Nulllinie, so zeigt sich, daß gerade bei Curzola diese direkt an das Uier Dalmatiens herantritt, also auf nur 20—30 km Luitlinienentiernung eine ungewöhnliche Zunahme der Gravitationskrait eriolgt. Der Rest des italischen Pendelungdiagramms bezieht sich auf den Gargano, die Murgie und die Terra d’Otranto, also auf die illyrischen Schollen, und daher haben wir durchweg einen Überschuß an Schwere, der bei Manfredonia und Bari sogar ungewöhnlich stark anschwillt. Auf der Zeichnung ist aber gleich nach dem ersten Ansteigen der Kurve ein Ab- fallen zu bemerken, bei Larino. Dies zeigt noch deutlicher als die bisher besprochenen Verhältnisse, wie scharf sich die tektonischen Faktoren in diesen Pendelmessungen kundtun. Larino liegt nämlich nicht direkt in der Zone Ancona— Gar- gano, sondern etwas westlich gegen den Apennin und hat daher dessen verminderte Schwere, die aus den unten folgenden Profilen klar hervorgeht. Die Maxima von Maniredonia und Bari befinden sich etwa in der Gegend, wo in der Adria der große Kesselbruch beginnt und das Meer zwischen Italien und der Herzegowina über 1200 m Tiefe erlangt. Dieses große Loch tritt bei Brindisi am nächsten an die Terra d’Otranto heran und entfernt sich dann wieder von dieser, so daß Lecce ungefähr ebenso weit von dem submarinen Kessel entiernt ist wie Manfredonia. Vielleicht erklären sich dadurch der Abfall der Schwerekurve und die ähnlichen Werte für beide Orte; auch V. TRIULZI sagt treffend: „Die Zunahme der Schwerkraft vom Lande gegen die Mitte der Adria ist nicht überall gleich, sondern teilweise von der Zunahme der Tieie abhängig.“ Ich meine, daß beide in unmittelbar ursächlichem und die Schweremessungen. 139 Zusammenhange stehen, da sich das gleiche Verhältnis rings um Italien mit Annäherung an die verschiedenen großen Kesselbrüche wiederlindet. Ein solches Senkungsield ist der Golf von Tarent, der ja gleichfalls über 1000 m Tiefe hat. Der Schwereüberschuß bei Tarent selbst nimmt daher auch sehr hohen Wert mit —- 1000 m an. Der gleiche Zusammenhang macht sich auch an den Enden der beiden Querprofile durch den Apennin bemerkbar, näm- lich auf den Linien Manfredonia— Capri und Termoli—Ischia. Die störenden Schichten zweier Querprofile, auf 2,4 Dichte und den Meeresspiegel berechnet, würden folgende Mächtig- kei haben (Fig. 2 u. 3): Biester... 9830522 Termoli. = 22 22 + 4850 m Manitedomia -:. -....=: 970. , Barıno). re NE + 140 „ Beaua an... + 480 „ Campobasso - . - . — 320 „ Bono ec wen, DE EEG aserta = Aytlanıor ser 2 On Neapel. 241. a $ 28) Benevento . .. 4 230 „ Ischias. 2.5.1... mar + 1260 „ Asellino. 2 =... — 170 Castellamare + 890 „ Ca: es). —+ 1840 „ Beide Profile stimmen darin überein, daß an den Seiten östlich und westlich ein Schwereüberschuß existiert, der in der Nähe des großen adriatischen Kessels und im Golf von Neapel auf Capri wie Ischia an 1300 m beträgt, und daß im Apennin selbst ein ganz erheblicher Abfall der Kurve eintritt. Diese erreicht bei Ariano di Puglia, also auf der Wasserscheide des Gebirges bei Benevento, den Wert Null, nördlich davon bei Campobasso zwischen Capitanata und Campanien sogar meh- rere hundert Meter unter Null. Es ist also dieselbe Erschei- nung wie in den Alpen: die Faltengebirge stellen sich als auigelockerte Teile der Erdkruste dar, die infolgedessen eine geringere Massenanziehung ausüben. Die Linie Ariano— Campobasso bezeichnet etwa den Kamm des Apennins. West- 140 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel lich von diesem haben wir den staffelförmigen Abbruch der zusammengestürzten Falten gegen die Tiefen des Tyrrhenischen Meeres, östlich das Auslaufen der faltenden Krait in den niedrigeren Ketten und dem tertiären Vorlande gegen die Adria. Diesem geologischen Bau entspricht das Diagramm beider Proiille bis in die Einzelheiten. Jdeelle störende u auf derLinie Manfredonia -Capri. 2, en 16% OREEO NIEREN ONE 0 „age n PER: “BE VEERENERED. ML; 2; : "Eu SEBEEERB” EL 26: KuEE \EEEBEB. Bi: 0.; "EEE WEBEE, Bill FEEE En m: uw 5 BEE mM Mm an 5 "EEE GEBEN = “Eu JENENEE, = "Eu EEENENEn 3 ME A En. IL LEE 20' 30’ 20' EEE NET EEE 16° Biee2: Vieste ist die äußerste Spitze des Gargano, am meisten dem 1260 m tiefen Kessel der südlichen Adria genähert, Manfredonia liegt im Winkel zwischen Gargano und der Küste von Bari, Foggia in der Alluvialebene, welche Gargano und Apennin trennt, aber auf der unterirdischen Fortsetzung des Plateaus der Murgie, wo z. B. Gioia del Colle + 800 ergab, gehört also mit zu den illyrischen Schollen. In Bovino kommen wir in die Apenninfalten; der Abiall von 1330 bis 480 bei Foggia war ziemlich gleichmäßig, von Foggia bis Bovino und die Schweremessungen. 2 nimmt er steilere Neigung an. Der Überschuß verschwindet in Ariano, obwohl wir dort die Höhe des Gebirges haben. Im Westen gelangt man bei Benevento bereits in das tyrrhenische Bruchgebiet, Avellino liegt ebenfalls an dessen Östlichem Rande, Castellamare auf der Sorrentiner Halbinsel ist weit in den Kesselbruch des Neapolitaner Golies und Campaniens vor- Jdeelle störende Schichten auf der Linie Termoli- Jschia. 1 120 15° DOREEN 00003010 135872. 0 2003 OEL AO0 1. Termoli + 430m 2. Larino + 140 3. Campobasso - 320 4. Caserta + 410 5. Neapel + 230 6. Jscua +1260 geschoben, Capri bezeichnet, ähnlich wie Vieste, den äußersten Punkt des Festlandes gegen die tyrrhenische Tiefe, da nur okm von der Südseite der Insel die 1000 m-Kurve entlang läuft. Ganz ebenso stellt sich das Profil Termoli—Ischia dar (Fig. 3). In Termoli befinden wir uns an der Nordgrenze der Gargano- masse; daher ist der Überschuß gering (430 m) und nimmt rasch landeinwärts ab. Larino (+- 140 m) steht auf der Grenze gegen den Apennin in dessen pliocänem ungefalteten, aber gehobenem Vorland. Campobasso in der Mitte des Gebirges 142 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel zeigt —- 320 m, also, wenn man den Grund anerkennen will, eine bedeutende Auiflockerung der Schichten. Caserta dagegen ergibt wieder Überschuß, weil es am Rande der campanischen FEinsenkung, am Fuße steil abgebrochener Ketten liegt, und Ischia verhält sich genau wie Capri, dem es ja auch darin gleicht, daß es ein Vorposten des Landes gegen den tyrrheni- schen Kessel ist. Indessen bleibt es von der 1000 m-Tieien- kurve doppelt soweit entiernt wie jenes und erreicht auch nicht den Betrag von -—- 1300 m-Störung. Dagegen hat das noch weiter hinausgelegene Ventotene — 1010. In der Profilzeichnung fällt heraus Neapel mit nur + 230 m und zwar nicht nur in diesem Diagramm, sondern auch wenn wir etwa die N.—S.-Linie Caserta—Neapel—Castellamare kon- struieren. Verständlich ist dies vom geologischen Standpunkte durchaus. Neapel trennt zwei benachbarte Kessel und Vulkan- gebiete, den Vesuv und die Phlegräischen Felder. Trotz ihrer Nähe sind beide völlig unabhängig voneinander, sowohl in ihren Eruptionen und sonstigen vulkanischen Erscheinungen als auch in ihrem Gesteinsmaterial, das am Vesuv durchweg basaltisch, in der Gegend von Pozzuoli, Baja und Ischia ebenso vorherrschend trachytisch ist. Es ist schon seit langem vermutet, daß Neapel auf einem beide Vulkangebiete scheiden- den Sporne, einem weniger tief gesunkenen Rest des Apennins steht, und den Beweis dafür lieferte eine vor vielen Jahrzehnten im Arsenal angesetzte Tiefbohrung, die relativ bald auf den Apenninkalk stieß. Neapel hat also geologisch eine gewisse Selbständigkeit und zeigt diese auch in dem Schwereprolil. Diese beiden Querschnitte des Gebirges erlauben einige wichtige Schlüsse zu ziehen. Zwar sehen wir an der adria- tischen und tyrrhenischen Küste bedeutende Maxima, aber die oberilächig auftretenden Gesteine sind recht verschieden. Der ganze Bereich des neapolitaner Golfes ist ein Vulkangebiet mit Basalten und basischen Trachyten (Augittrachyt, auf Ischia und die Schweremessungen. 143 mit akzessorischem Olivin). Erhebliche Gesteinsmassen: vom spezifischen Gewicht 2,8 bis etwa 3 müssen im tieisten Unter- grunde stecken und könnten die Gravitationswirkungen steigern. Dem ist aber nach unserer bisherigen Kenntnis nicht so im . Osten. Der Gargano und die Murgie bestehen aus Kalken; nur an einer nicht mehr zu diesem geologischen Körper ge- hörenden Stelle, im Mite. Vulture, treten basische Eruptiv- massen hervor, und es wäre doch recht kühn, solche in weitester Ausdehnung unter der adriatischen Küste anzunehmen. Also können die Eruptivmassen allein die Überschüsse nicht erzeugen. Ferner ist auf die — 230 m in Campobasso und O0 m bei Ariano hinzuweisen, Zahlen, die auch einer Erklärung be- dürfen. In diesem Falle ließe sich sagen, daß im Norden bei dem ersten Orte die Faltung ihren normalen Lauf gehabt hat und daher zu einer stärkeren Auflockerung führte, während bei Ariano dieselbe nicht zur freien Entwicklung gelangte, da sich im Osten die Reste des illyrisch-dalmatinischen Plateaus als Hindernisse entgegenstellten. Der Apennin ist augenschein- lich von Westen nach Osten zusammengeschoben. In den östlichsten Randketten des Gran Sasso und der Maiella sehen ‚wir Neigung zu Überschiebung und Überfaltung auf das ver- sunkene adriatische Vorland, und gerade dort, wo dieses fehlt, “entstehen auch die höchsten Berge. In der Gegend von Ariano erfuhr diese Faltung innerliche Stauchung und Zu- sammenpressung durch die hochliegenden Kalkmassen Apuliens und erlangte daher nicht den Grad der Lockerung, oder es wäre anzunehmen, daß überhaupt die faltende Kraft sich nicht so stark äußerte. Dies ließe sich begründen mit dem Hin- weis auf das Abschwenken des Apennins gegen Süden und die Breitenzunahme des jüngeren ungefalteten Tertiärs in der Basilicata und am Nordrande des Golfes von Tarent längs der Flüsse Basento, Bradano und Agri. 144 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Ein drittes, im nördlichen toskanischen Apennin vor- handenes Querprofil von Ferrara nach Pistoja läßt den Ein- fluß der den Süden des Gebirgszuges stauenden Massen un- zweifelhaft hervortreten. Im Norden gerade gegen das Po-Delta ist der Faltenwuri frei vor sich gegangen, die Ketten folgen regelmäßig aufeinander und dachen sich langsam nach Nord- osten ab. Die nachstehenden Zahlen: Ferratah ra I ER — 170 m Boloena ram = 107052 Versatow ee ee: — 99008 PraccHa N 2e. IA — NW; Pistojas.n...n as + 40, beweisen die gewaltige Auflockerung gerade dieser durch nichts gehinderten Faltenzüge. Pracchia liegt bereits auf der toskanischen Seite, Pistoja am Abhange, auf der Übergangs- zone zum mittelitalischen Schollenlande, und hat daher, wie Caserta, ein Plus der Schwere ergeben. Florenz weiter hinein- gerückt in dieses Bruchgebiet besitzt überschüssige Massen von 160—180 m, was kein Wunder, da es zwischen mehreren grabenartigen Rinnen liegt. Der Vollständigkeit wegen gebe ich nun auch das Längs- profil des Apennins von der Bologneser Krümmung bis nach Ariano. Vergato, ze... e, 00 — 950 m Tesias Sr Er — 440 „ Maceratan aaa a — 270 „ Ascoli@Picenotserr. — 250 „ Meramo, rl ee — 380 „ TorrerdeimPassenire mer — 060 „ Campobassok 2.3 2332 — 230 „ Anlano, ey ar ae ae 0m Dasselbe ist in seiner Weise ebenso lehrreich. Das Maxi- mum des Minus bei freier Faltenentwicklung erfährt bei Mace- rata und Jesi bis Ascoli Piceno eine Abnahme, was sehr ein- fach zu erklären, weil dort die Ancona-Scholle stauend wirkte. Torre dei Passeri liegt auf der Höhe von Ortona, also etwa und die Schweremessungen. 145 in der Breite des tieisten Bogens der ostitalischen Küste zwischen Ancona und Gargano. Die von V. TRIULZI gezeich- neten Kurven beschreiben einen gegen Osten konvexen Bogen. Das Hindernis der Stauung fehlt dort, die alten Massen sind in der Adria tiefer versunken; es ist die Gegend der 500 m Tiefe. So kann sich das Gebirge wieder frei entfalten und nimmt stärkere Auflockerung an. Diese mindert sich gegen Süden, um gegenüber dem Gargano auf Null zu sinken. Ich wende mich zu Kalabrien, dem zwischen dem tyrrhenischen Kessel und dem ionischen Bruchielde gelegenen, aus einzelnen Stücken bestehenden Horste älterer, kristalliner Gesteine. Die Beobachtungszahlen in meiner Umrechnung ordne ich in drei Linien an, nämlich eine Östliche und eine westliche längs der Küste und eine mittlere der Wasserscheide entsprechend. Leider geht dies nur: für die südliche Hälfte Kalabriens, da aus dem Sila-Gebiet bisher keine Beobachtungen vorliegen. nz. 770m | Pizz0o# 2 1 3800:m Soverato marino 4 770 „ Serra S. Bruno +800 m Nicotera . 4 890 „, Roccella lonica + 440 , Bianco nuovo . +460 „ Cittanova . . +830 „ Bagnaro . —+-1030 „ Melito Ponto Reggio . . + 900 , Savoz zer 1. 610., Aus dieser Anordnung folgt Eines mit Klarheit: die Schwere nimmt gegen Westen quer durch Kalabrien ganz bedeutend zu. Pizzo und Soverato haben fast gleiche Breite, ein wenig südlicher als Nicotera liegt Roccella, Bianco und Reggio stehen auf einem Breitegrade und doch diese Unterschiede! Die Überschüsse im allgemeinen erkläre ich mir wie bei Bornholm durch Zusammenpressung eines Horstes zwischen abgesunkenen Massen. Man kann mit diesen wenigen Be- obachtungen aber doch noch etwas weiter kommen. Jede geologische Karte Italiens tut dar, daß sich von Catanzaro nach Nicotera in einer Senke das jüngere Tertiär als breiter, N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 10 146 NW. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel NO.—SW. gerichteter Streifen hinzieht und die kristalline Masse bei Serra S. Bruno von der Scholle des Capo Vaticano abtrennt. Pizzo gehört zu der letzten und hat daher ganz andere geologische Lage als Soverato. Geologisch gesprochen würden Catanzaro, Soverato, Serra S. Bruno zusammenpassen, ebenso wie durch ihre Schwerezahlen, und eine selbständige Scholle Kalabriens bezeichnen. Ähnlich steht es mit Roccella, Bianco und Melito, die auf der Ost- und Südseite des Aspro- monte, des südlichsten kalabrischen Teilstückes, stehen. Dazu würde freilich auch Reggio gehören, aber die Tektonik der Straße von Messina bringt Abweichungen hervor, die sich dort ebenso wie in Bagnaro in einer Steigerung der Schwere äußern. Daß diese Meerenge eine Bruchlinie bedeutet, läßt sich kaum in Frage stellen, und so sind in ihrer Nähe die Schichten stärker komprimiert. Es wäre sehr wünschenswert, wenn Kalabrien einer detaillierten Pendelmessung unterworien würde. Wir gelangen zu Sizilien, über welches Messungen von A. Riccö! in Catania vorliegen. Besonders genau ist das Ätnagebiet untersucht, über welches jener Forscher ein kleines Kärtchen veröffentlichte. Wir haben ein Schwereprofiil längs der Ostküste Siziliens, einige Beobachtungen aus dem Innern, sowie von der Nord- und Westküste. Das Profil der Ostküste lautet: Messina. Taur "ua -- 1090 m Taorminar ee ie + 940 „ Gare a RR + 600 „ Aktireale Anl). Dar 1250 „ Catamiapı,., me 1290 „ Augusta... ter ee. + 1570 „ SITACUSa TEN RN TURGOLE ATGERRRE + 1500 „ Notoxiy ter: Sa ee + 1470 „ Pacchinor. 7 er ea, - 1470 „ ' Determinazioni della gravitä relativa fatte nelle regioni Etnee e nella Sicilia orientale. Rend. Accad. Lincei Roma. 5. Ser. 7. 2. Sem. Fasc. 1. 4—14. 1898. und die Schweremessungen. | 147 In dieser Zahlenreihe fällt die Gleichmäßigkeit der süd- lich vom Simeto gelegenen Südostecke Siziliens in ihren Schwereverhältnissen auf. Dies steigert sich, wenn wir Mineo mit — 1500 und Sortino mit — 1520 hinzunehmen. Es ist eine in sich einheitliche selbständige Scholle von Miocän, deren Nord- und Südgrenze alte Basaltdurchbrüche bezeichnen, gelegen zwischen der Ätna--Simeto-Senke, dem Kessel des Ionischen Meeres und dem Graben der Malteser Straße. Im Westen, wo sie mit der übrigen Insel inniger verbunden ist, wird sie durch pliocäne, weit ins Land greifende Ablagerungen scharf begrenzt. Am Nordostende Siziliens ist das Peloritanische Gebirge deutlich durch die Gravitationszahlen charakterisiert. Wir haben bei: Messınak. Alt. 239 JH „5! + 1090 m Romettanss.sseend. star 6% + 1000 „ NMiılazzo Man eu ®: -+ 1200 „ Noyararııı. Sr Hase + 660 „ NN Se Me E08: Maommar ee Ne. — 0940 Die drei ersten Zahlen harmonieren sehr gut miteinander. Novara und Ali befinden sich auf dem Schieferstreifen am Süd- rande der Peloritanischen Masse, Taormina fällt mit — 940 ebenso aus der Reihe heraus, wie geologisch nach seiner Zusammensetzung des Bodens. Es ist mit den dort aui- tretenden Juraschichten ein Stück des aus mesozoischen Sedi- menteri zusammengesetzten, stark verstürzten Streifens, der von S. Agata am Nordrande Siziliens über die Nebroden nach dem Nordrande des Ätna zieht. Leider fehlen zur Kontrolle die Pendelmessungen auf diesem ganzen Streifen mit Aus- nahme von Linguaglossa, wo wir analogen Wert mit + 970 haben, der sehr gut zu dieser Ansicht stimmt. Das Eine ist aber sicher: gerade bei Taormina sind diese Schichten gegen den Vulkan zu besonders scharf abgebrochen und eingesunken. 10* 148 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Der Ätna ist eine Welt für sich. Er baut sich auf einer eingebrochenen Scholle, einem Senkungsielde Ostsiziliens, auf, war erst ein submariner und insularer Vulkan und ward land- fest durch seine Neigung, die Ausbruchsschlote gegen Nord- westen zu verschieben. Die drei Pendelmessungen an seinem Ostfuße in Giarre — 600 m, Acireale 4 1250 und Catania 1290 beweisen, daß unter dem Ätna irgendwelche bedeuten- den Massenunterschiede existieren müssen. PLATANIA! hat in mehreren Aufsätzen auf diese Verhältnisse aufmerksam ge- macht und meint, daß zwischen Acireale und Giarre ein Bruch durchliefe, für den er in der Verteilung der jüngsten Meeres- sedimente und in einer verschiedenartigen jüngsten Hebung des Strandes die sicheren Beweise erblickt. Diese Differenzen sind aber vielleicht noch auf eine andere Weise zu erklären. und zu dem Zwecke gebe ich erst die Zahlen für das Ätna- gebiet in der Weise, daß ich konzentrisch nach der Höhe ordne und mit dem Fuße beginne. Taorminar a MEER + 940 m Giants Nee 600 „ INcirealet ne ee 2502 Catamia®r. Para. 1290 Patemoss 2. SrsB. BARHE: 640 „ Aderno. u Be 430 „ Bronte Ai na Renee 470 , Randazzo93.. 3m. ENT 690 „ Einsuaolossauıe rar 972055 Milo. ER: 299 AIR + 730 „ NiColosi.. 2. aa 7307, Cantonierag Sm 2 + 490 „ Observatorium # 2 ran — 180 „ Dazu kommt im westlichen, dem Ätna vorgelagerten Miocänlande eine Beobachtung in Catenanuova mit — 470. Von diesen Orten scheiden Taormina und Linguaglossa ! Su un moto differenziale della spiaggia orientale dell’ Etna. Atti V. Congresso Geograf. Ital. in Napoli 1904. 2. Sez. 1. 214—219. Napoli 1905. und die Schweremessungen. 149 aus dem obengenannten Grunde aus; zusammen gehören ferner Catania und Acireale; für sich allein steht das Observa- torium nahe der Spitze auf dem Aschenkegel, das gemäß dessen lockerer Struktur ein Minus ergab. Übrig bleibt dann ein Gebiet zwischen Giarre, Catenanuova und Randazzo mit geringerem, mittlerem (430—730 m betragendem) Überschusse. Aus diesem hebt sich ein Dreieck mit 430—490 m heraus, nämlich Catenanuova, Adernd, Cantoniera, Bronte, oder mit anderen Worten das miocäne, z. T. vom Ätnavulkan bedeckte Tafelland Ostsiziliens. Durch Paterno (640), Nicolosi und Milo findet der Übergang in die Zone Acireale—-Catania mit der hohen Schwere statt. Nur Giarre fällt auch auf diese Weise gänzlich aus dem Schema heraus. Deshalb muß, wenn nicht ein Beobachtungsiehler vorliegt, ein besonderer Grund für die geringere Gravitation dort existieren, und ich sehe denselben in unterirdischen Hohlräumen, die nach Verlegung der Ausbruchsachse übrig geblieben sind, eventuell handelt es Sich um die Reste des submarinen Vorätnavulkans, die natürlich durch ihre lockere Beschaffenheit mindernd auf einen sonst vielleicht vorhandenen bedeutenderen Überschuß wirken müssen. Es ist zu berücksichtigen, daß Giarre in der Ver- längerung der Val del Bove liegt. Dieser gewaltige Einbruch beweist die Existenz großer Hohlräume auf einer WNW.—OSO. gerichteten Linie. Die Lage von Milo am Ende der riesigen Scharte, und zwar mit ziemlich hohem Schwerekoeffizienten, läßt vermuten, daß dort die Bedingungen für eine Fortsetzung des Einbruchs nicht vorhanden waren und infolgedessen auch die Val del Bove dort aufhören mußte. Die bedeutenden Schwereüberschüsse Ostsiziliens gehen auch im Norden und Westen weiter: Martorana in Palermo. . . — 800 m Walverdey a u... 0.0.0, Tal, TNesaoitonl on Bar a N Re 680 „ @orleone m: al Rn. er der 50 , 150 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Ferner: Trapanise. gen a u aa + 90 „, Bayıcenanaler ee 1080 „ endlich: Pantelleriaxter, SIR N... 8% —+ 1050 „ Dagegen haben die neuesten Beobachtungen von A. VEN- TURI! ein Defizit ergeben bei Vicarettorfn. BaBsaınd mit — 180 m Castrogiovannı. I 2 2. a RT Galtanissettam u 670% Das ist das eigentliche zentralsizilianische Gebiet, dessen ganz anderes Verhalten mehrere Deutungen erlaubt. Erstens kann dieser Teil nach seiner geologischen Beschaffenheit eine dem Vorapennin entsprechende Landscholle sein und hat daher wie dieser negative Gravitationswerte. Dazu kommt zweitens. die starke Entwicklung der Gips-, Tripel- und Schweiel- massen, welche alle sehr geringes spezifisches Gewicht be- sitzen (Gips 2, Tripel 1,5, Schwefel 1,9—2). Sobald diese Schichten erhebliche Dicke erreichen, wie gerade in Sizilien, muß der Schwerebetrag sinken. Trotzdem bleibt der gewaltige Abstand zwischen Catenanuova -- 470 und Caltanissetta mit — 670 auffallend, da die Entfernung zwischen beiden Orten nur ca. 60 km mißt. Drittens ist zu berücksichtigen, daß gerade dieser Teil der Insel von den großen Randbrüchen am weitesten entiernt liegt, durch die ringsum liegenden Schollen gewissermaßen geschützt und wahrscheinlich auch etwas emporgehoben ist. Es wäre sehr interessant, wenn sich längs der Südküste zwischen Terranova und Ribera eben- falls Minima oder geringe Schwere herausstellen sollte und ein von dem Streifen Palermo—Corleone—Sciacca abweichen- des Verhalten. Denn dieses jungtertiäre Gebiet wird von älteren mesozoischen und alttertiären Bildungen sowohl auf ! Nuove determinazioni di gravita relativa in Sicilia. Atti R. Accad. Lincei. Rendiconti Cl. fis. e mat. Ser. 5. 14. 2. Sem. 309—315. und die Schweremessungen. al der Linie Sciacca—Termini als auch Termini—Monte Judica (südlich von Catenanuova) umschlossen und im Osten von der Scholle des Mte. Lauro begrenzt und ist wie diese ein selbständiger Abschnitt. Die eigenartigen Störungen im Erd- magnetismus dieses Landstriches werden am Schlusse berührt werden. Die große Mittelmeerscholle Siziliens zwischen all den Einsenkungen und Kesselbrüchen hat also mit der einen Aus- nahme übernormale Schwere, sie schließt sich darin ganz der Terra d’Otranto und den Murgie an; aber zweifellos läßt sich die feinere Struktur durch Vermehrung der Pendelbeobach- tungen noch genauer feststellen, besonders an der buchten- reichen, von Horsten mesozoischer Schichten durchsetzten Nordküste. Immerhin genügen die vorhandenen, um einige Einzelheiten hervorzuheben. Nach CORTESE trennt die Ver- werfiungsspalte der Meerenge von Messina in ihrer nordöst- lichen Fortsetzung die Serra S. Bruno von der Capo Vaticano- Scholle. Das stimmt auch mit diesen Beobachtungen, da Pizzo ebenso wie Messina und Milazzo annähernd gleichen, um 1000 m liegenden Schwereüberschuß haben. Ferner müssen bei den kesselförmigen Senken die zwischen dieselben hinein- ragenden Spitzen eines dreieckigen Landes besonders stark zusammengepreßt sein. Gegenüber der Zahl von — 470 bei Catenanuova ist auffallend im Südosten der hohe, bis 1500 m steigende Betrag, der 1000 m messende bei Messina, der ebenso große bei Trapani—Favignana im äußersten Westen. Von diesen drei Spitzen „Trinakrias“ ist der größten Meeres- tiefe wiederum die mit der größten Schwere am nächsten, näm- lich die Südostecke Siziliens, der 4000 m-Tiefe im lonischen Meere. Bemerkenswert erscheint, daß Pantelleria in der 1000 m-Rinne der afrikanischen Straße liegt. Leider fehlen Pendelmessungen auf Malta, um dies Resultat näher zu be- leuchten. 152 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Ich füge noch kurz die Zahlen der Liparischen Inseln an: Usticar.. NISRYn HI e —- 1340 m Lipatis..r- opsesark Dr —-. 1350 „, Sttombolle —+ 1650 „ Auf diesen der tyrrhenischen Tiefe am nächsten befind- lichen Inseln ist also gleichsam ein Maximum erreicht, was uns nach dem Vorhergehenden und den Beobachtungen auf ozeanischen Inseln nicht wundernehmen kann. Stromboli und Ventotene sind ähnliche Vorposten gegen die tyrrhenische Tiefe wie Tremiti, Pelagosa und Curzola gegen die südadriatische. Zum Schlusse bleibt mir eine Reihe piemontesischer Schwerebestimmungen übrig, nämlich: Sarı" Remo. : ir Masfz2ar + 60 m Ormea er — 20 „ Mondovi 20 —. m Demonter,’. Br —- 89, Carol: Sur. SR 3.110095 Carmaenolag 2 wa — 68 Albenea jenseits: es regt: — 450 Savonavı ı Winsen nen — 720 GenNovasın a Re ee — 220 „, Ace Eee — 770, Novinliounen Sa — 1010 Torino ist mir zu unsicher, die Werte schwanken; des- halb lasse ich es vorläufig fort. Aus diesen Zahlen ergibt sich ein hochinteressantes geologisches Resultat. Die erste Gruppe, die sich ungefähr der Null nähert, bezeichnet recht klar den Streifen zwischen der Faltenscharung von Seealpen und Apennin. Die mesozoischen Faltenzüge des äußeren Alpenrandes streichen bei Nizza— Monaco mit schrofier süd- licher Knickung gegen das Mittelmeer aus. Zwischen die inneren Ketten und den daraus entspringenden Apennin schiebt sich ein dreieckiger Eocänkeil, ein Zeichen, daß hier eine Diskontinuität besteht, die sich auch weiter nördlich in der Scholle des Monteferrato bemerkbar macht. Um so schroffer und die Schweremessungen. 153 sticht dagegen die zweite Gruppe der Küstenorte an der Riviera di Ponente und des südlichen Piemont ab. Massendeiekte, wie wir sie bisher nur im Bologneser Apennin kennen lernten, haben sich ergeben, und zwar an einer auch sonst sehr aus- gezeichneten Küste. Es ist hier gerade das Gegenteil der Fall von dem, was wir sonst sahen, nämlich bei Albenga und Savona reichen die Stellen mit geringerer Schwere bis hart an den Kesselbruch des Golies von Genua heran, der ja auch über 2000 m tief ist und dessen 1000 m-Kurve nahe der Küste gerade bei den genannten Orten sich hinzieht. Dies läßt sich nur erklären, wenn man diese Randgebirge auch als stark aufigeschobene Falten ansieht, die aul schmalem Streifen sich mannigiach überdeckten und überlalteten, was ja speziell für die Zone zwischen Albenga und Savona auch nachgewiesen ist. Die starke Auflockerung hart an dem weiten Kessel führte naturgemäß zu einem Nachsinken der Massen. So wird in diesem Zusammenhange die Erscheinung der ertrunke- nen Flußtäler verständlich, auf welche ISSEL und TH. FISCHER aufmerksam machten. Diese Erosionsrinnen sind erst nach Auf- Taltung des Gebirges entstanden und trotzdem schon mit ihren unteren Enden bis 500 m unter dem Meeresspiegel verschwun- den; das deutet auf kräftige positive Bewegung an der Küste. In gleichem Sinne läßt sich nun auch das große ligurische Beben vom 23. Februar 1887 auffassen. Die Haupterschütte- rungszone lag längs der Küste von Porto Maurizio bis Savona und die meisten Stoßrichtungen liefen längs der Küstenlinie. S. Remo im Westen und Genua im Osten wurden viel schwächer betroffen. Mag der Sitz des Bebens auf dem Meeresboden gewesen sein, den Hauptschaden hatten gerade die in dieser auigelockerten Zone stehenden Ortschaften, so daß bei diesem Beben an ein Fortgehen der Nachsitzerscheinungen zu denken wäre, und zwar um so mehr, als gerade der Nordrand des Golfes von Genua öfters Erderschütterungen ausgesetzt ist. 154 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Das größte Defizit dieser Gegend hat Novi ergeben mit — 1010 m, welches ähnlich wie Bologna an einer Stelle der freien, nordwärts gerichteten Apenninenfaltung liegt, ungehin- dert durch das weiter westlich vorgeschobene ältere Sediment- bruchstück der Colli Torinesi. Man könnte diese Betrachtungen auch auf Korsika und Algier ausdehnen. In Korsika wurde in Corte und Ajaccio ein bedeutendes Plus gefunden, in Algier ein Überschuß, der an der Küste bei Philippeville und Alger nicht unbeträchtlich ist, aber landeinwärts abnimmt und gegen Batna und Biskra in Minus umschlägt. Der Uiersaum steht auch in Algier unter dem Einfluß der Mittelmeersenkungen, das Innere wird von Falten nach Art des Apennins beherrscht und verhält sich daher wie dieser. Bemerkenswert ist das kräftige Plus auf Korsika, in dessen nördlicher Fortsetzung die Zone von S. Remo—Mondovi liegt und dessen Ausläufer wahrscheinlich darstellt. Der große Horst von Sardinien und Korsika hat zweilellos unterirdische nördliche Fortsetzung. Dies beweisen die mesozoischen Schichten Ostsardiniens, deren Zusammen- gehörigkeit mit den Bildungen bei Toulon neulich TORNQUIST betonte, ferner der lange Nordzipfel Korsikas und die Tieien- verhältnisse des Golfes von Genua. Die Bemerkung V. TRIULZIs, daß bei Curzola die Linien starker Schwerestörungen zusammeniallen mit den erd- magnetischen Anomalien, veranlaßte mich, auch in Italien diesem Zusammenhange beider Erdkräfte nachzuspüren. Ich bat Herrn Prof. L. PALAZZO in Rom um Kartenmaterial über erdmagnetische Unregelmäßigkeiten in Italien und erhielt von ihm mehrere Auisätze, die der folgenden Betrachtung zugrunde liegen!. Ich sage Herrn Prof. PALAZZO für die liebenswürdige Unterstützung meinen herzlichen Dank. ı C. CHISTONI e L. PALAZZO, Sulle carte magnetiche d’Italia. Annali Uific. Centrale di Meteorologia e Geodinamica. 14. 1. 1892. Roma 1893. und die Schweremessungen. 35 Überblicken wir eine solche erdmagnetische Karte Italiens (Taf. VII), so stellt sich klar heraus, daß der Apennin durchweg schwache Krümmung der Isogonen aufweist, daß ganz erhebliche Deklinationsstörungen vorliegen an der dalmatinischen Küste bei Lesina und Lissa, bei Messina und im Südosten Siziliens bei Pacchino bis Caltagirone, ierner bei Cammarata, auf Korsika— Sardinien und im innersten Teil des Golfies von Genua. Weniger schari, aber immerhin deutlich, zeigen die- selben Anomalien in den gleichen Gebieten die Isoklinen und die Isodynamen. Es sind ausnahmslos die Stellen, welche wir vorher wegen ihrer ungewöhnlichen Schwerkraft besprachen. Die kräftigsten Abweichungen haben Sizilien, Korsika- Sardinien und der zentrale Teil der Po-Ebene. Ich will hier näher nur Sizilien behandeln, weil dort die Beziehungen des Erdmagnetismus zur Gravitation klar hervortreten. Nach den Zeichnungen von PALAZZO beschreibt die Iso- gone für 1892 von 9° 30° eine mächtige, gegen Nordwesten gerichtete Krümmung, der eine bei Caltanissetta vorhandene schwächere Gegenkrümmung entspricht, die gegen Osten vor- gebogen ist. Die Isoklinen weichen gegen Norden aus und zwar in ganz Östsizilien, die Isodynamen ebenso und zwar am schäristen im Südosten am Capo Passaro. Das Ganze bedeutet eine Schwächung des Erdmagnetismus. Ganz ähnlich sieht die Sache bei Lesina und Lissa aus. Auch dort sehen wir eine sehr kräftige Ausbiegung der Iso- gone nach Nordwesten, eine schwächere Krümmung der Isokline gegen Norden und eine analoge Abweichung der Isodyname. — L. PALAZZO, Carta magnetica delle Isodinamiche d’Italia. V. Congr. Geograf. Ital. 2. Sez. 1. 51—72. Napoli 1905; — Carte magnetique de la Sicile. „Terrestial Magnetism‘. 4. No. 2. 87—92. Washington 1899; — Appunti storico-bibliografici sulla cartografia magnetica italiana. Congr. internaz. di scienze storiche. 10. Roma 1904. 156 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel Betrachten wir die Kurven im Apenninbereich, so stellt sich bei den Isogonen eine Neigung zur Ausbiegung nach Südosten oder Osten heraus, bei den Isoklinen eine schwache Biegung gegen Süden und mit einzelnen Ausnahmen zeigen dies auch die Isodynamen. Höchst sonderbar sind die Krünke- lungen in der lombardischen Ebene und in Piemont bei Torino. Für diese weiß ich zurzeit keine Erklärung, ebensowenig für die nordwestliche Ausbuchtung der Isogone bei Novi Ligure nordöstlich von Genua. Auffallend ist jedoch, wie sich die 12°-Linie dem Zurückweichen des Korsikaner Horstes und den Tiefenverhältnissen des Golies von Genua anpaßt. Es kann bei der völligen Neuheit dieser gesamten Phänomene für die Geologie noch nicht meine Absicht sein, eine erschöpfende Erklärung derselben zu geben. Ich kann zurzeit nur auf die Übereinstimmung von Erdmagnetismus, Schwere und geo- logischem Bau hinweisen und vor allem darauf, daß die Gebiete schnellen Wechsels der Schwere auch die Gebiete der magnetischen Anomalien sind. Das ließe sich ver- stehen, wenn die im Erdboden zirkulierenden regelmäßigen elektrischen Ströme durch die veränderte Leitungsfähigkeit eine Ablenkung erfahren. Aufgelockerte und stark zusammen- gedrückte Schichten müssen sich als verschiedenartige Leiter verhalten, schon wegen des Wasserinhaltes. Es wäre aber auch denkbar, daß stärker zusammengedrückte d. h. dichtere Schichtenkomplexe eine höhere Wärmeleitung für die innere Erdwärme besitzen, also eine geringere geothermische Tieien- stufe als lockere Massen. Magnetismus, als dauernde Er- scheinung, muß ja im geschmolzenen Magma auihören, eine Erwärmung von innen her würde demnach eine Schwächung der magnetischen Krait bedeuten. Eine Prüfung Südost- Siziliens hat mir den Eindruck gemacht, als wenn eine Er- weiterung der Strombahnen stattfände, denen natürlich dann eine Verengerung im umgekehrten Sinne entsprechen müßte. und die Schweremessungen. 11977 Dies prägt sich sowohl bei Caltanissetta als auch in der nörd- lichen Adria aus, und die Kurven bei Verona und Torino sind gerade entgegengesetzt gerichtet. Für diese Betrachtungen ist leider Italien ein ungünstiges Gebiet, weil die Kurven quer über das Tyrrhenische und Adriatische Meer laufen, wo Be- obachtungen selten sind. In anderen Ländern ist dagegen die Pendelmessung noch nicht weit genug vorgeschritten, um ein Resultat zu geben. Eines ist dagegen sicher, bedeutende Gravitationsdifierenzen ändern die erdmagnetischen Verhältnisse. Ich komme zur Schlußbetrachtung. Die vorstehende Unter- suchung, welche die Resultate der Schweremessungen in Italien mit dem geologischen Bau verglich, konnte durchweg ohne besondere Schwierigkeit die Übereinstimmung beider Beob- achtungsgruppen feststellen. Es besteht somit ein direkter innerer Zusammenhang zwischen Schwerewirkung und Struktur eines Landabschnittes. Wir konnten auf diese Weise die illy- rischen Schollen scharf von dem Apennin sondern, die ein- zelnen Bruchstücke, aus denen Kalabrien und Sizilien besteht, trotz der geringen Zahl der Pendelmessungen in der Grup- pierung der Zahlen wiedererkennen. Vulkanische Gesteine spielen bei der Schwere einer Gegend eine viel geringere Rolle als bisher zu vermuten war. Tuffe und Aschenkegel setzen den Gravitationsfaktor natürlich herunter, was sehr schön die Ätnaspitze dartut. Also haben wir die Ursache der Minima und Maxima in anderen Verhältnissen zu suchen, und ich harmoniere darin völlig mit V. TRIULZI, daß im wesent- lichen ein Zusammenpressen der Schichten und Gesteine in den großen Senkungsieldern und rings um sie herum ein-. getreten ist und damit die höhere Schwere zusammenhängt. Bewiesen wird dies durch die seit 10 Jahren bereits mehrfach konstatierte Zunahme der Schwerkraft gegen diese Tiefen hin, eine Erscheinung, welche an allen Küsten Italiens mit Aus- nahme der Riviera di Ponente beobachtet wurde. Faltung ruit 158 W. Deecke, Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel etc. Auflockerung hervor, daher ist der Apennin ein Gebiet ver- minderter Gravitation und zwar am deutlichsten in den Strichen eines ungehinderten Faltenwuries z. B. bei Novi Ligure und Bologna, weniger an den Stellen, wo ein Hindernis stauend sich entgegenstemmte, wie im Apennin der Basilicata. Die Pendelmessungen sind noch nicht dicht genug, um feinere Einzelheiten des geologischen Baus auszudrücken, aber soviel ist bereits sicher: Die Geologie kann aus den Resultaten der Schweremessungen sowohl eine Bestätigung ihrer Beobach- tungen als auch eine Kritik und Anregung zur Stellung neuer Probleme entnehmen. E. Kalkowsky, Geologische Deutung des Nephrites etc. 159 Geologische Deutung des Nephrites von Gulbashen. Von Ernst Kalkowsky in Dresden. Von den Handstücken von Nephrit und seinem Neben- gestein, die die Brüder HERMANN und ROBERT V. SCHLAGINT- WEIT im Jahre 1856 zu Gulbashen im Karakash-Tale im Künlün- Gebirge gesammelt hatten, liegen in der geologisch-paläonto- logischen Sammlung der Universität Freiburg i. B. 13 kleinere Stücke mit den von H. V. SCHLAGINTWEIT angegebenen, aui- geklebten kleinen Etiketten mit der Signatur „Bd. 32. p. 246. No. 744“. Sie sind von ©. SCHOETENSACK in seiner Abhand- lung „Die Nephritoide des mineralogischen und des ethno- graphisch-prähistorischen Museums der Universität Freiburg im Breisgau“ in der Zeitschr. f. Ethnologie. 17. 157. Berlin 1885 erwähnt und z. T. genauer untersucht worden. Da Herr Dr. SCHOETENSACK seine Präparate nicht mehr auflinden konnte, so hatte Herr Geheimer Hofrat Profi. Dr. STEINMANN die dankenswerte große Güte, mir die 13 Stücke zur weiteren Untersuchung zu überlassen. Überdies hatte Herr Professor Dr. P. vV. GROTH die Freundlichkeit, mir das einzige Stück, das in den Staatssammlungen in München vorhanden ist, eben- 160 E. Kalkowsky, Geologische Deutung falls zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Weiteres Material der Aufisammlungen der Brüder V. SCHLAGINTWEIT konnte ich nicht nachgewiesen erhalten. Obwohl also das zur Untersuchung vorliegende Material recht kümmerlich ist, so sind die Ergebnisse doch so be- deutungsvoll, daß ich es wagen dari, eine Meinung über das geologische Auftreten des Nephrites von Gulbashen zu vertreten, eine Deutung des Vorkommens zu geben. Eine Mitteilung über die Untersuchungen ist aber deshalb noch wünschenswert, weil die mikroskopischen Analysen des Herrn Dr. SCHOETENSACK nicht in allem das Richtige getroffen haben, und weil die An- gaben H. V. SCHLAGINTWEIT’s es hauptsächlich gewesen sind, die zur Auffassung des Nephrites als eines Gesteins der archäi- schen Gruppe verführt haben. Erst im Jahre 1873 konnte H. V. SCHLAGINTWEIT in seiner Abhandlung „Über Nephrit nebst Jadeit und Saussurit im Künlün-Gebirge* in den Sitzungsber. der math.-phys. Kl. der k. b. Akad. d. Wiss. zu München. 3. 227 seine Beobachtungen über die geologischen Verhältnisse mitteilen. Bei der Prüfung seiner Angaben muß man nicht vergessen, daß in den beiden Gruppen von Nephritbrüchen im Karakash-Tale nach den geologisch-petrographischen Auffassungen, wie sie vor mehr als 60 Jahren galten, beobachtet wurde. Und dann liegt der Halteplatz Gulbashen trotz seines lieblichen Namens (pers.- türk. gul-baghtsche „Rosengärtchen“; „im Jahre 1856 war uns als Name Gulbagashen angegeben worden“) im menschen- leeren Gebiete, 2252Zenely Enpshech: Aus den Mitteilungen H. V. SCHLAGINTWEIT’s glaube ich herauslesen zu können, daß die mitgebrachten Stücke von dem Konakan-Nephritlager bei Gulbashen selbst, nicht auch aus den 7 engl. Meilen Marsch talabwärts gelegenen Karala-Brüchen, die übrigens „in ihrer Gesteinsbildung dem eben erwähnten (Konakan) sehr ähnlich“ sind, herstammen. des Nephrites von Gulbashen. 161 Von den Mitteilungen über das Konakan-Nephritlager mögen folgende Sätze angeführt werden. „Die Nephritmasse in den großen Brüchen zeigt sich anstehend, und zwar als metamorphische Ausscheidung in kristallinischen Gesteinen, im Mittel parallel in Fallen und Neigung mit der Klüftung der Gesteine, von denen sie begrenzt ist; aber in der Nephritmasse selbst tritt solche Klüftung nicht auf.“ „Das vorherrschende Gestein in den Konakan-Brüchen ist Gneis; Granit kommt vor, aber in geringer Masse. Der Gneis ist hier ziemlich verschieden in seiner Glimmermenge schon in kleinen Ab- ständen; er findet sich ober dem Nephrite und unterhalb desselben, aber neben dem Nephritlager selbst tritt an beiden Flächen noch Grünstein (oder ‚Diorit‘) auf, und von diesem ist der Gneis in geringer Entiernung durchzogen.“ „In den Nephrit tritt der Grünstein nicht in ähnlicher Weise hier ein wie in den Gneis; er ist vielmehr vom Nephritlager durch zersetzte Substanz von wechselnder Dicke getrennt.“ „Unter den von uns aus Gulbashen mitgebrachten Hand- stücken hat sich kein Jadeit gezeigt. Der Saussurit daselbst bildet teils Lagen von geringer Mächtigkeit, häufiger ist er kammeriörmig, wie Einschluß gestaltet, unregelmäßig ver- teilt.... An mehreren der vorgelegten Exemplare sieht man Stellen, an welchen solche Saussuritmasse von Nephrit um- geben ist.“ Es unterliegt keinem Zweifel, daß F. STOLICZKA dieselben Brüche. im Karakash-Tale besucht hat; aus seiner kurzen Mit- teilung „Note regarding the occurrence of jade in the Karakash valley“ im Quart. Journ. of the geol. soc. of London. 30. 1874. pP. 968 möge nur die wichtige Angabe erwähnt werden, daß der Nephrit aus vielen (120) wenig tiefen Höhlungen, Gruben hervorgeholt worden ist, die wie Taubenschlaglöcher (pigeon- holes), aber unregelmäßig, an der Seite des Berges verteilt waren. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 1] 162 E. Kalkowsky, Geologische Deutung Was nun zunächst den mir in neun Stücken der Frei- burger Sammlung vorliegenden Nephrit von Gulbashen an- betrifit, so gleichen sie einander, abgesehen von sehr geringen Unterschieden in Farbe und abgesehen von der schieferigen, spaltbaren Beschafienheit des Stückes No. 1 so sehr äußerlich, daß eine genauere Beschreibung völlig überflüssig ist; alle Stücke sind „molkenfarbig“ und stark durchscheinend. An zwei Stücken ist in ganz ausgezeichneter Weise Sandschliff mit höckeriger, glänzender Oberfläche, in dem einen Stück sogar mit schwacher dunkler Haut (sogen. Schutzrinde) zu beobachten. Das spezifische Gewicht schwankt zwischen 2,99 und 2,94. Die Dünnschlifie zeigen in allen Stücken im all- gemeinen eine kurzbüschelige Struktur aus sehr feinen, einzeln nicht erkennbaren Fäserchen, im besonderen aber hat fast jedes Stück eine andere Mikrostruktur. Es lassen sich etwa folgende Typen der Struktur unterscheiden: 1. einfache, kurz- büschelige Struktur; 2. solche Struktur mit einigen größeren Aktinolithen; 3. solche Struktur mit einer Menge kurzer und dicker „Sondernadeln“ von Aktinolith; 4. eine Art der Struktur, die gewisse Ähnlichkeit mit der sogen. poikilitischen Struktur hat; hier im Nephrit liegen winzige, rundliche, büschelige Partien in einem Nephritfilz, der zwischen gekreuzten Nicols ein starkes Maximum der Helligkeit aufweist; 5. schlecht- sphärulitische Struktur, d. h. bei einer bestimmten Stellung des Präparates zwischen gekreuzten Nicols sieht man dicht nebeneinanderliegend zahlreiche, sehr unregelmäßige Inter- ferenzkreuze, die aber beim Drehen des Präparates fast völlig verschwinden; 6. typische Großkornstruktur bis zu Spuren derselben (vergl. hierzu meine Abhandlung „Geo- logie des Nephrites im südlichen Ligurien“ in der Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Berlin 1906. 58). Der Nephrit ist in allen Stücken ideal rein ohne jede Beimischung eines anderen Minerals. | des Nephrites von Gulbashen. 163 Viel bedeutsamer als diese Stücke reinen Nephrits sind nun die übrigen Gesteinsproben. Die Stücke No. 2 und No. 4 der Freiburger Sammlung passen mit einer Bruchstelle an- einander, sie sind Bruchstücke eines größeren Stückes von einem halbwegs grobkörnigen gabbroiden Gestein, das makroskopisch Feldspat, grünschwarze Hornblende und dichte Massen aufweist. Offenbar ist das Gestein durch Gebirgsdruck und chemische Vorgänge stark verändert, ja es macht sogar den Eindruck einer in situ zur Breccie zerdrückten Masse. U. d. M. ließen sich folgende Gemengteile erkennen: Plagio- klas, bisweilen mit mikroklinartiger Struktur, bisweilen mit einer Unmenge winziger Mikrolithen, die wohl dem Klino- zoisit angehören; Klinozoisit tritt aber auch in größeren Kriställchen und in Körnergruppen im Gestein auf; Diallag in Körnern und Körnergruppen, durch Spaltbarkeit und optische Eigenschaiten recht gut charakterisiert, bisweilen in Horn- blende übergehend; im Stück grünschwarze, im Dünnschliff hellgrüne pleochroitische Hornblende; farbloser Aktino- lith in größeren Individuen, in kleineren Partien von der Beschaffenheit eines langfaserigen Nephrites und von letzterem ausgehend in dünnsten Nadeln, z. T. massenhaft im Feldspat steckend als sogen. „gewanderter Strahlstein“ oder im Kalk- spat, der in einigen wenigen Körnchen gefunden wurde; schließlich ein Korn von Apatit. Das Gestein ist ofienbar der Grünstein (oder „Diorit“) V. SCHLAGINTWEIT’s; die Bestimmung des „grüngrauen“ Teiles als Jadeit durch SCHOFTENSACK ist nicht zutreffend. Das Stück No. 3 der Freiburger Sammlung und das Stück der Münchner Sammlung bestehen aus den drei, in größeren Partien miteinander verbundenen, aber nur an den Grenzen wenig miteinander vermischten Mineralien Kalkspat, Williamsit und Pyroxen. Der lebhaft grüne Williamsit von bedeutender Härte (Tangiwai?) wurde von SCHOETENSACK für = 164 E. Kalkowsky, Geologische Deutung Nephrit gehalten; er hat nach einer dem Münchner größeren Stück entnommenen Probe das spezifische Gewicht 2,46; die Probe ergab einen Glühverlust von über 12 v. H. Die Substanz ist dicht und hat im Dünnschliff allerdings gewisse Ähnlichkeit mit einem Nephrit. An der Grenze gegen das Calcitaggregat tritt der Williamsit in nadelartigen Blättchen, z. T. in eigentümlichen sphäroidischen Haufen in den Kalk- spat ein; von Strahlstein ist in dem Stück, das mehr ein Mineralaggregat als ein Gestein ist, keine Spur vorhanden. Das dritte Mineral ist ein farbloser Pyroxen, auch in körnigem Aggregat auitretend. Eine Probe von dem Freiburger Stück zeigte in der Flamme des Bunsenbrenners eine äußerst schwache Na-Reaktion; sonst verhielt sich die Probe vor dem Lötrohr wie ein tonerdehaltiger Pyroxen. Ich komme auf dieses Mineral sogleich zurück. Das 54 g wiegende Stückchen No. 5 der Freiburger Sammlung, ein aus lichtgrünen und weißlichen Partien be- stehendes mittelkörniges Gestein, zeigt an einer Seite eine Menge kleiner Blättchen, ja, eine ganze Lage eines glimmer- artigen Minerals. Das beste Blättchen, das abgeblättert werden konnte, zeigte sich im Konoskop als deutlich optisch zwei- achsig mit einem sehr kleinen Achsenwinkel, von etwa 1—2°; lichtbräunliche Farbe, Sprödigkeit und Löslichkeit in kochender Salzsäure lassen ferner das Mineral mit aller wünschenswerten Sicherheit als Clintonit bestimmen, dem wahrscheinlich auch einige winzige Blättchen im Kalkspat des Stückes No. 2, die schon SCHOETENSACK erwähnt hat, angehören. Dieser Clintonit steckt nun auch in Menge in dem Mineral- gemenge des Stückchens No. 5, hier im Dünnschliff noch vor- trefflich weiter charakterisiert durch seine sehr schwache Doppel- brechung. Sonst enthält das Gestein farblosen Aktinolith in größeren Individuen, z. T. mit scharfem Kristallquerschnitt und ausgezeichneter Spaltbarkeit, ferner einige wenige kleine, des Nephrites von Gulbashen. 165 formlose Partien eines farblosen Minerals, vielleicht Feldspat, und schließlich eine Menge von Körnern eines diallag- Eisen Pyroxens. Das Stück No. 1 der Freiburger Sammlung ist das weitaus interessanteste, das mir von allen außereuropäischen Nephriten vor Augen gekommen ist. Der größere Teil ist schieferiger, molkenfarbiger, stark durchscheinender Nephrit; an ihn stößt mit makroskopisch haarscharier Grenze der weißliche Teil des Stückes, den SCHOETENSACK a. a. O. trotz der oben zitierten Angabe H. V. SCHLAGINTWEIT’s, „unter den von uns aus Gulbashen mitgebrachten Handstücken hat sich kein Jadeit gezeigt“, als Jadeit bestimmt hat, „womit die Ergebnisse der qualitativen Analyse übereinstimmen.“ Da SCHOETENSACK nicht mitteilt, welche Elemente er bei der qualitativen Analyse gefunden hat, so habe auch ich diese ausgeführt, nachdem die Versuche vor dem Lötrohr Tonerde und nicht unbedeu- tenden Gehalt an Natron bei nicht gerade leichter Schmelz- barkeit ergeben hatten. Die qualitative Analyse ergab viel Tonerde, viel Kalk, viel Magnesia, sehr wenig Eisen und in einer kleinen, mit HFl aufgeschlossenen Probe ziemlich. viel Natron. Die mikroskopische Untersuchung des weißlichen Teils in zwei großen und guten Dünnschlifien zeigte zunächst, daß die Masse von einer Menge dünnster Äderchen durchzogen ist, die übrigens schon makroskopisch auf der ebenen Schnitt- fläche zu sehen sind. Die dünnsten Äderchen sind von meist schräg gefasertem Nephrit erfüllt, die gröberen Äderchen be- stehen aus einem faserigen, stark licht-, aber schwach doppelt- brechenden, nicht näher bestimmbaren Mineral, in das von den Salbändern her kräftigere Aktinolithnadeln hineinstoßen. In der Hauptmasse stecken einige kleine Partien aus etwas gröberen Aktinolithindividuen, während andere, noch grö- bere Aktinolithe und einige wenige Partikeln eines farb- 166 E. Kalkowsky, Geologische Deutung losen Minerals (vielleicht Feldspat) bald sehr spärlich, bald etwas reichlicher beigemischt sind dem Hauptgemengteil des weißlichen Teils des kleinen Handstückes. Diesen Hauptgemengteil nun einfach als Jadeit zu be- stimmen, obwohl optisches Verhalten, Spaltbarkeit, Verband- verhältnisse auf einen Pyroxen hinweisen, geht doch nicht recht an, denn Verhalten vor dem Lötrohr und qualitative Analyse beziehen sich doch nicht auf gleichartige Mineral- substanz, sondern auf ein Gemenge von mindestens vier Mineralien. Ich habe auch recht viel verschiedene Jadeite untersucht, aber dieses weißliche Mineralgemenge geradezu Jadeit zu nennen, glaube ich nicht vertreten zu können. Allerdings schwankt auch die chemische Zusammensetzung alles dessen, was Jadeit genannt worden ist, in recht weiten Grenzen, und auch der oben erwähnte farblose Pyroxen im Stück No. 3, der durchaus arm an Natron ist, sieht schließ- lich aus wie Jadeit. Der ganzen Erscheinungsweise aber nach sind diese farblosen, tonerdehaltigen Pyroxene durch irgendwelche Prozesse in gabbroiden Gesteinen neu ent- standen, sie treten augenscheinlich in Gegensatz zu primärem Diallag. Die Grenze zwischen Nephrit und der weißlichen, Pyroxen enthaltenden Masse ist auch in dem Dünnschliff scharf; wenn es so aussieht, als hätten sich die Pyroxene, die an den Nephrit anstoßen, mit Auflösung in kurze feine Spitzen in den Nephrit umgewandelt, so könnte diese Grenze doch auch entstanden sein durch gleichzeitige Bildung beider Substanzen. Weitergehende Untersuchungen lassen sich aber an dem spär- lichen Material nicht vornehmen, und ich muß es dahingestellt sein lassen, ob die weißliche Masse als Jadeit zu bezeichnen ist oder nicht. Für das Vorkommen von Nephrit zu Gulbashen scheint mir nach dem Vorstehenden und auf Grund meiner Beobach- des Nephrites von Gulbashen. 1067 tungen an anstehendem Nephrit im südlichen Ligurien folgende Deutung das Richtige zu treiien. Der Nephrit von Gulbashen tritt auf im Verbande mit gabbroiden Gesteinen und Serpentin (Williamsit) enthaltenden Mineralgemengen. Die gabbroiden Gesteine erinnern lebhaft an die mannigfaltigen, unter dem Namen „Weißstein“ zu- sammengeiaßten Gebilde von Jordansmühl in Schlesien. Herr Dr. SACHS hatte die Güte, mir seine Originalpräparate zum Studium zur Verfügung zu stellen; die Stücke von Gulbashen sind nicht identisch mit irgendweichen Gebilden von Jordans- mühl, sie ähneln ihnen aber habituell durchaus, sie lassen sich mit ihnen vergleichen. Ein Übergang von Serpentin in Nephrit wie in Ligurien ist bei Gulbashen nicht feststellbar; könnte aber nicht der ideal reine, stark durchscheinende Nephrit in ganz derselben Weise aus dem dort vorkommenden reinen, stark durch- scheinenden Williamsit hervorgegangen sein? Und hier tritt Kalkspat in Verbindung mit einem serpentinartigen Mineral auf ganz ähnlich, wie es in Ligurien calcithaltigen Serpentin und Calcitnephrit gibt. H. V. SCHLAGINTWEIT schreibt ausdrücklich, daß der Saussurit „kammerförmig, wie Einschluß gestaltet“ auftritt, STOLICZKA gibt an, daß der Nephrit an vielen Stellen, die wie Taubenschlaglöcher an dem Gehänge verteilt sind, ge- wonnen worden ist. Das alles stimmt doch vorzüglich überein mit dem von mir nachgewiesenen Vorkommen des Nephrits in Ligurien in kleinen und großen Knollen, zwischen denen etwas anderes, wenigstens doch nicht massiger, son- dern schieferiger und also für technische Benutzung nicht wertvoller Nephrit liegt. Und schieferiger, leicht spaltbarer Nephrit kommt zu Gulbashen ebenso vor (im Stück No. 1), wie in Ligurien. Es wird vielleicht noch lange dauern, bis die alten Nephrit- 168 E. Kalkowsky, Geologische Deutung des Nephrites etc. brüche im Karakash-Tale von einem Geologen aufs neue und nach neueren Anschauungen untersucht werden werden: das mag es entschuldigen, daß ich so dreist bin, über geologische Verhältnisse eines Gebietes zu urteilen, das ich nicht gesehen habe.: Ich bin. der Ansicht, daßrder Nepheiisszar Gulbashen aus wasserhaltigen Magnesiumsilikaten im Gefolge gebirgsbildender Vorgänge entstanden ist gerade so wie imsud ichensTejiiz en L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. 169 Die Beziehungen K. C. v. LEONHARD'’s ZU NG@ETHE. Von Milch insGreifswald. Das Jahr, in dem K. C. LEONHARD’s Taschenbuch für Mineralogie zum erstenmal erschien und den erfolgreichen Weg des „Neuen Jahrbuchs“ eröffnete, bezeichnet auch den Beginn der großen Reihe von GOETHE’s geologischen Auf- sätzen. Der erste Band des Taschenbuchs lenkte GOETHE’s Aufmerksamkeit auf diese Zeitschrift und veranlaßte ihn zu ireundlichen Beziehungen zum Taschenbuch und zu seinem Herausgeber. In stolzer Erinnerung an ihren erlauchtesten Mitarbeiter sollte diese Zeitschrift in ihrem Jubelbande eine Darlegung der Stellung GOETHE’s zur Mineralogie und Geologie bringen — die inzwischen erschienene, für den Druck beträchtlich erweiterte Rektoratsrede von G. LINCK: GOETHE’s Verhältnis zur Mineralogie und Geognosie (Jena 1906), die für die Feststellung dieses Verhältnisses wohl als grundlegend und abschließend bezeichnet werden darf, ließ die Veröffentlichung eines für diesen Band bestimmten, fast vollendeten Auf- satzes über das gleiche Thema als überflüssige Wiederholung 170 L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. erscheinen. Für Spezialuntersuchungen über Bedeutung und Entstehungsweise einzelner geologischer Arbeiten GOETHE’s auf Grund von Studien im Goethe-Archiv, die an Stelle des zusammenfassenden Auisatzes treten könnten, bietet der Rahmen dieser Zeitschrift keinen Platz, ebensowenig für den vom Verf. an anderer Stelle versuchten Nachweis der Einwirkung der geologischen Studien auf den Dichter GOETHE und seine Weltanschauung (vergl. L. MILCH, GOETHE und die Geologie, Stunden mit GOETHE, herausgegeben von W. BODE. Bd. II. p. 102—127. Berlin 1905). Damit aber der Name des be- rühmtesten Mitarbeiters unserer Zeitschrift dem Festbande nicht völlig fehle, soll eine kurze Darlegung der Beziehungen GOETHE’s zu K. C. V. LEONHARD die Erinnerung daran wach halten, daß Deutschlands größter Dichter der Zeitschrift und ihrem Begründer nahegestanden hat. Kurz nach dem Erscheinen des ersten Taschenbuches bot GOETHE, den Verkehr beginnend, durch einen Brief vom 28. September 1807 (Werke. IV. 19. 424)! seinen Aufsatz: „Sammlung zur Kenntnis der Gebirge von und um Karlsbad“ zum Abdruck im Taschenbuch an; die Freude hierüber war bei LEONHARD so mächtig, daß er iast 50 Jahre später in seinen Lebenserinnerungen „Aus unserer Zeit in meinem Leben“ (Stuttgart 1855) diesen Brief GOETHE’s dem Bericht über die Gründung des Taschenbuchs mit den Worten voranstellt: „Unbeschreibliche Freude!... Schon die Erinnerung daran bietet die größte Lust, das reinste Vergnügen“ und dem ganzen Abschnitt die Überschrift gibt: „Beginn des Verkehrs mit GOETHE“, im Titel also das Taschenbuch überhaupt nicht erwähnt (Il. p. 188, 189). Der Aufsatz eröffnete den zweiten ‘ Die Zitate aus GOETHE beziehen sich stets auf die in Weimar im Auftrage der Großherzogin Sophie herausgegebenen Werke; Abteilung II umfaßt die naturwissenschaftlichen Schriften,. III die Tagebücher, IV die . Briefe. L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. 171 Jahrgang des Taschenbuchs, der an erster Stelle eine Wid- mung an GOETHE trägt (Taschenbuch. 2. 3 ff.; Werke. II. 9. 10 ff. unter dem Titel: Joseph Müllerische Sammlung, vergl. auch p. 316 Üi.). Wichtiger als dieser Aufsatz ist GOETHE’s zweiter Briei an LEONHARD vom 25. November 1807, der gleichzeitig Prolog und Schlüssel für die geologischen Arbeiten GOETHE’s ist und über dieses Gebiet hinaus die Denkweise des Naturiorschers GOETHE im hellsten Lichte zeigt (Taschenbuch. 2. 389 üi.; Werke. II. 9, 41 fi.): „Um manches Mißverständnis zu vermeiden, sollte ich freilich vor allen Dingen erklären, daß meine Art, die Gegen- stände der Natur anzusehen und zu behandeln, von dem Ganzen zu dem Einzelnen, vom Totaleindruck zur Beobach- tung der Teile fortschreitet, und daß ich mir dabei recht wohl bewußt bin, wie diese Art der Naturforschung, so gut als die entgegengesetzte, gewissen Eigenheiten, ja, wohl gar gewissen Vorurteilen unterworfen sei. So gestehe ich gern, daß ich da noch oit simultane Wirkungen erblicke, wo andere schon eine sukzessive sehen... Hieraus folgt, daß meine Erklä- rungsart sich mehr zur chemischen als zur mechanischen hinneigt“ (p. 42). Dieser Brief, der in seiner Fortsetzung eine Ergänzung des Auisatzes über Karlsbad bringt, ist die zweite Veröffent- lichung GOETHE’s im Taschenbuch; auch der folgende Jahr- gang enthält zwei Arbeiten, den bekannten Aufsatz über den Kammerberg bei Eger (Taschenbuch. 3. 3 ff.; Werke. II. 9. 76 ii.) und einen Brief mit verschiedenen Notizen vom 18. No- vember 1808 (Taschenbuch. 3. 365 ff.; Werke. II. 9. 209 £f.). Daß von jetzt an der Name GOETHE sich im Autoren- register des Taschenbuchs nicht mehr findet, bedeutet keines- wegs ein Nachlassen des Interesses; zahlreiche Briefe an LEONHARD, warme Empfehlungen der Zeitschrift in Briefen 172 L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. an, E..,H. SCHLOSSER;, C. V.KNEBEL, LENZ, "IL. W.SCRAMER beweisen das Gegenteil. Äußere Umstände bewirkten, daß GOETHE am Taschenbuch nicht mehr mitarbeitete: im folgenden Jahrzehnt kam GOETHE nicht dazu, geologische Arbeiten ab- zuschließen, worüber er LEONHARD gegenüber nicht selten klagt, und später, in der um 1820 beginnenden Periode größter Fruchtbarkeit auf geologischem Gebiete,. bevorzugte GOETHE natürlich seine „Heite zur Naturwissenschaft“, die seit 1817 in zwangloser Folge erschienen. Der regste Verkehr beider Männer fällt in die Zeit von 1814—1819; in diesen Jahren spricht GOETHE seine innersten Überzeugungen in den Briefen an LEONHARD im Gegensatz zu der oft etwas verschleierten Form seiner Veröffentlichungen rückhaltlos aus. So tritt er in einem Briefe vom 9. März 1814, der übrigens des Lobes für das Taschenbuch voll ist, dafür ein, „daß man bei der Erklärung der verschiedenen Erd- bildungen nur alsdann gewaltsame Revolutionen zu Hilfe rufen muß, wenn man mit ruhigen Wirkungen, die denn doch der Natur am allergemäßesten sind, nicht mehr auskommen kann“ (Werke. IV. 24. 188). In dem gleichen Briefe kommt er auf einen Gedanken zurück, den er schon früher vertreten, aber „dadurch keinen sonderlichen Dank verdient“ und den er in der Öffentlichkeit nicht weiter behandeln will, da er „mit den herrschenden Meinungen nicht gern in Streit geraten mag, denn solange diese die Oberhand haben, so spricht man doch nur in die Luft, besonders wenn man nicht eigent- lich vom Metier ist“, daß man nämlich „nicht alles, was breccienartig erscheint, für trümmerhaft halten solle. Gar manches sogen. Totliegende ist wirklich porphyrartig, d. h. die in der Grundmasse enthaltenen, fremdartig scheinenden Teile haben sich vor oder bei der Solidescenz chemisch ab- gesondert und eine mehr oder weniger deutliche Kristallisation, auch wohl eine Kugel-, Ei- oder Splitteriorm angenommen, | L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. 173 deswegen der atomistische Sinn so gern darin Geschiebe oder Bruchstücke sehen mag“ (l. c. p. 189 resp. 188). Neben der wissenschaftlichen Korrespondenz veranlaßt eine persönliche Angelegenheit LEONHARD’s einen lebhaften Briefwechsel. Durch die Rückkehr des Kurfürsten von Hessen in sein Land verlor LEONHARD 1814 den Titel „Geheimer Rat“ und seine Stellung als Generalinspektor der Domänen; er sollte wieder zum Steuerassessor mit sehr geringem Gehalt umgewandelt werden. Auf LEONHARD’s Bitte, ihm den Titel eines Geheimen Rats vom Herzog von Weimar auszuwirken, geht GOETHE in seinen Antworten nicht ein — wie ein Brief an V. VOIGT (Werke. IV. 24. 105) zeigt, hat er Bedenken, „ob man dies wohl, in despectum gleichsam ihrer Landesherren, tun wolle* — hingegen versucht er, allerdings ohne Erfolg, LEONHARD für den Weimarischen Staatsdienst, eventuell für Jena zu gewinnen (Brief an KARL AUGUST; Werke. IV. 24. 164, 165). Auflallenderweise berichtet LEONHARD in seinen Erinnerungen nichts von diesen Versuchen, sondern begnügt sich mit dem Abdruck einiger hierauf bezüglicher Briefe GOETHE’s ohne nähere Erklärung (Lebensbilder. I. 411 ff.). Das gleiche Jahr brachte auch die erste persönliche Be- kanntschait beider Männer: nachdem LEONHARD GOETHE in Wiesbaden aufgesucht hatte, besuchte GOETHE ihn in seinem Hause in Hanau (20.—24. Oktober 1814). Ein Vergleich der Aufzeichnungen beider Männer über ihr Zusammensein ist psychologisch recht interessant: nach LEONHARD’s ausführ- lichen Schilderungen (Lebensbilder. I. 441--453) müßte man annehmen, daß von wissenschaftlichen Fragen nur die Farben- lehre besprochen worden wäre und im übrigen GOETHE’s Interesse sich hauptsächlich dem von LEONHARD geleiteten Liebhabertheater zugewendet habe; GOETHE’s lakonische Auf- zeichnungen in seinem Tagebuch beweisen jedoch, daß für ihn die täglich wiederholte Besichtigung des Mineralienkabinetts, 174 L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. dessen er auch im Abschnitt „Hanau“ ! seines Werkes „Aus einer Reise am Rhein, Main und Neckar in den Jahren 1814 und 1815“ ausführlich und rühmend gedenkt, die erwähnens- wertesten Ergebnisse seines Besuches waren (Werke. Ill. 5. 135). In einem kurz nach diesem Besuche an E. H. SCHLOSSER gerichteten Brief (Werke. IV. 25. 93, 94) empfiehlt er das Studium dieser Sammlungen ebenso dringend wie Anschaffungen durch das LEONHARD’sche Mineralien-Comptoir, das Studium seiner mineralogischen Tabellen und das Taschenbuch. Ein wenige Tage später an SCHLOSSER gerichteter Brief (4. Dezember 1814) lehrt uns GOETHE sogar als Mitarbeiter LEONHARD’s kennen: LEONHARD „arbeitet eben an geologischen Tabellen zur besseren Übersicht des Ganzen, und ich trage, was ich weiß und vermag, gern und willig bei, daß diese Arbeit recht nützlich werde. Ich erwarte soeben die Tabelle über das Alter der Metalle, wo ich, besonders von vornherein, was ich über die Zinnformation beobachtet, mitzuteilen gedenke* (Werke. IV. 25. 96). Das erwähnte Tabellenwerk ist die 1817 erschienene Propädeutik der Mineralogie von K. C. LEONHARD, J. H. KOPP und C. L. GÄRTNER, die LEONHARD von 1814 an vor dem endgültigen Druck GOETHE in einzelnen Teilen zuschickte und die GOETHE kritisch las. Nachweisbar ist GOETHE’s Mitarbeit nur in dem Abschnitt Zinn der erwähnten Tabelle über das Alter der Metalle; er ist wörtlich in der von GOETHE im Brief vom 27. Februar 1815 vorgeschlagenen Fassung (Werke. II. 13. 386, IV. 25. 214) von LEONHARD auf- genommen (Propädeutik p. 180). Derselbe Brief enthält im Anschluß an die Tabellen einen für GOETHE’s Stellung zur Mineralogie überaus charakteristischen Abschnitt. LEONHARD hatte als einer der ersten die Bedeutung der Paragenese, ! zu dem LEONHARD reichliches Material lieferte (vergl. Briefe GOETHE’s - vom 20. Oktober und 6. November 1815; Werke. IV. 26. 102 ff. u. 141 ff.). L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. 175 _ von ihm „Kennzeichen aus dem Vorkommen“ genannt, erkannt und ihr, im Gegensatz zu WERNER, der auf dieses „empirische Kennzeichen“ kein Gewicht legte, in seiner Pro- pädeutik eine bevorzugte Stellung eingeräumt (Propädeutik p. 113—115). Mit Bezug hierauf schreibt ihm GOETHE ({l. c. 9213,1214): „Für die Kennzeichen aus dem Vorkommen sollen Sie gepriesen sein; ich halte sie, wo nicht wichtiger, doch ebenso wichtig als alle übrigen. Unter uns gesagt, so muß es seltsam scheinen, wenn der treffliche und hochverdiente WERNER in einem ganz em- pirischen Wissen eine Abteilung vorzüglich empirisch nennt. Ein jedes Mineralienkabinett ist eigentlich empirischer, als das Vorkommen der Mineralien; denn dieses deutet doch auf eine ungeheure Naturursache, die wir zwar nicht kennen, aber doch vermuten und ahnden. Jenes ist eine künstliche Zusam- menstellung zersplitterter und unvollständiger Naturprodukte, nach beliebigen Grundsätzen, wie sie dem einen oder dem anderen Forscher gemäßer sind“ !. In den gleichen Gedankenkreis, den Versuch, das geo- logische Alter bestimmter Mineralgruppen festzulegen, führt der Briefwechsel des Jahres 1816, in dem sich GOETHE weit- sichtiger als LEONHARD erwies. } Am Ende des Jahres 1815 befreite eine Berufung an die Münchner Akademie LEONHARD aus seinen unerquicklichen ‘ Vergl. hierzu Konzept zu GOETHE’s Brief an KASPAR Graf V. STERN- BERG vom 12. Januar 1823 (in den Brief selbst nicht aufgenommen): „Mein ganzes Heil kommt von der geologischen Seite her, das Vorkommen eines Minerals ist mir alles, das Mineral selbst ist eine Zugabe zu höherem Gewinn... WERNER nahm keine Notiz vom Vorkommen, diesem aber geb’ ich alles und will gern gestehen, daß es auch nur eine Einseitigkeit sei.“ (Briefwechsel zwischen GOETHE und KASPAR Graf V. STERNBERG, herausgegeben von F. TH. BRATRANEK. Wien 1866. p. 249; in der Biblio- thek deutscher Schriftsteller aus Böhmen als Bd. XIII herausgegeben von A. SAUER. Prag 1902. p. 287.) 176 L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. Verhältnissen in Hanau; als Thema seiner Antrittsrede wollte er, angeregt durch KARSTEN’s Untersuchungen über das Alter der Metalle, das Alter der Edelsteine wählen und fragte GOETHE in einem Briefe vom 15. Februar 1816 um Rat (teil- weise abgedruckt in Werke. II. 10. 231—232). Er erwägt, ob die Edelsteine, „diese Blüten der unorganischen Welt, nicht als Gebilde der primordialen Epoche zu betrachten seien? Es liegt etwas Tiefes darin, in jenen vollendeten, durch mannig- fach vorspringende Merkmale so bestimmt bezeugenden Er- scheinungen die Erzeugnisse einer Zeit zu suchen, welche dem jugendlichen Alter unseres Planeten angehört.“ GOETHE rät in seiner Antwort vom 29. April 1816, die wohl zu dem Reiisten gehört, was er überhaupt über Mineralogie geschrieben hat, von der Wahl dieses Gegenstandes ab (Werke. IV. 26. 348): „Mir scheint, als wenn die Natur, wie sie im unorganischen Reiche die höheren chemischen Wirkungen niemals aufgeben kann, auch in jeder Zeitepoche die Veredlung an Form und Farbe usw. sich vorbehalten habe.* Auch gegen den Begriff „Edelsteine“ als eine natürliche Gruppe wendet er sich: „Doch wird es immer schwer werden, hier eine Grenze zu ziehen... Nach allen diesen Betrachtungen scheint es mir schwer, ein echtes Naturverhältnis auizufinden, in welchem die Edelsteine unter sich betrachtet werden könnten. Ja, wenn man bedenkt, daß sie zuerst nur aus Liebe zu Zierde und Putz zusammen- gestellt worden und der Türkis, wegen seiner angenehmen Farbe, auch einen Platz unter ihnen fand, so scheint mir dieses dahin zu deuten, daß sie wohl jemand zum Gegenstand des Studiums machen könne, aber nur in empirischer Hinsicht, als etwa um des Handels willen oder sonst aus Neigung zu der hohen Schönheit dieser Naturgegenstände.“ LEONHARD befolgte den Rat; er sprach in der Akademie über Bedeutung und Stand der Mineralogie (Frank- furt 1816) und erntete anerkennenden Dank von GOETHE, der L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. 177 in seinem Briefe vom 24. Dezember 1816 (Werke. IV. 27. 283 — 284) auch „die herrliche Darstellung, wovon Ihre Rede recht musterhait glänzt“, hervorhebt und seiner besonderen Freude darüber Ausdruck gibt, daß CHARPENTIER’s Ganglehre der ihr gebührende Platz eingeräumt ist, „denn aus seinem zurück- geschobenen Büchlein muß unserer Ganglehre, die gar sehr im argen liegt, früh oder spät ein Heil hervorgehen“. Diese bestimmte Absage GOETHE’s an die Ganglehre WERNER’sS! ist indirekt auch für die Stellung GOETHE’s zur Basaltirage wichtig, von der die Abkühlung der wissen- schaitlichen Beziehungen zu LEONHARD ihren Ausgang nahm: wer einen Teil der Lehre eines Mannes so scharf an- greiit, wie GOETHE WERNER’s Gangtheorie, der kann unmög- lich nur durch die Autorität dieses Mannes bestimmt werden, an einem anderen Teil der Lehre mit aller Bestimmtheit, im vollsten Widerspruch mit dem größten Teil der Fachgenossen festzuhalten. In einem Brieie vom 8. Januar 1819 an LEONHARD, der in- zwischen als Proiessor der Mineralogie nach Heidelberg berufen war, wendet sich GOETHE an BREISLAK’s Buch: Institutions geologiques (Mailand 1818) anknüpiend, gegen das Aufflammen der vulkanistischen Lehre. „Alles eilt, wieder zu den Fahnen des Vulkanismus zu schwören, und weil einmal eine Lava sich säuleniörmig gebildet hat, sollen alle Basalte Laven sein, als ! Der ursprüngliche Entwurf zu diesem Brief an LEONHARD (Konzept vom 7. November 1816. Werke. IV. 27. 420—421) enthält Angriffe von ungewöhnlicher Heftigkeit gegen WERNER’s Gangtheorie — wahrscheinlich _ ist er gerade wegen der Schärfe dieser Angriffe nicht abgeschickt worden, aber in seiner Ursprünglichkeit gestattet er einen guten Einblick in GOETHE’s Denkart. Er ist überzeugt, daß, bis die Gangtheorie WERNER’s „den Geo- logen allgemein als absurd erscheint, in dieser ganzen Lehre nichts Ver- nünftiges zu denken ist“, er nennt sie „eine garstige Nekrose, die, wenn sie nicht ausgemeißelt wird, dem Gesunden so viel zu schaffen macht als wenn er krank wäre“ und fordert LEONHARD auf: „wirken Sie, daß diese alten Splitter aus dem Fleisch gezogen werden, damit man genesen könne.“ N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 1% 178 L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. wenn nicht alles Auigelöste, durch wässerige, feuerige, geistige, luftige oder irgends eindringende Mittel in Freiheit gesetzt, sich so schnell als möglich zu gestalten suchte... Wie Sie in so viel jüngeren Jahren, der Sie noch eine Weile der Sache zusehen können, es damit halten wollen, bin ich verlangend, früher oder später zu erfahren“ (Werke. IV. 31. 52). LEON- HARD’s Antwort geht auf die von GOETHE entwickelten theo- retischen Anschauungen nicht ein, sondern enthält eine Dar- legung der für den Vulkanismus infolge der Untersuchungen von L. V. BUCH, A. v. HUMBOLDT u. a. geltend zu machenden Gründe und gipfelt in einem offenen und rückhaltlosen Be- kenntnis zum Vulkanismus (Lebensbilder. I. p. 620—622, später in erweiterter Form veröffentlicht in den Heidelberger Jahr- büchern der Literatur 1819, No. 12). GOETHE hat auf dieses Bekenntnis zunächst nicht ge- antwortet; erst am 19. September 1819 schreibt er gleichzeitig ımit dem Dank für LEONHARD’s Glückwünsche zu seinem siebzigsten Geburtstag und für den Bericht über die aus diesem Anlaß von LEONHARD in Heidelberg angeregte Feier: „Die Mitteilungen über Basalt-Genese interessieren mich sehr. Haben Sie die Gefälligkeit, mich auf alles aufmerksam zu machen, was in diesem Kapitel vorkommt. Obgleich ein verjährter Neptunist, habe ich doch die Akten nie für geschlossen ge- halten“ (Werke. IV. 32. 23). Von diesem Zeitpunkt an werden GOETHE’s Briefe an LEONHARD spärlicher und enthalten keine wissenschaftlichen Anschauungen und Urteile mehr, obwohl gerade in der fol- genden Zeit GOETHE sich besonders eifrig mit geologischen Problemen beschäftigte; auch ein Besuch LEONHARD’s in Weimar und Jena im Jahre 1821 scheint das enge wissen- schaftliche Verhältnis nicht wiederhergestellt zu haben. Als Ergebnis des Besuches ist bisher nur eine kurze anerkennende Anfrage GOETHE’s bekannt geworden, die sich auf die von L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. 179 _ LEONHARD bei seiner Anwesenheit in Jena vorgetragene Art der kristallographischen Betrachtungsweise bezieht (Werke. IV. 36. 248); ein älterer, ausführlicherer und mehr persönlicher Entwurf wurde nicht abgeschickt (l. c. p. 169—165.) Die Empfindungen GOETHE’s bleiben ireundschaftlich, die Ver- ehrung LEONHARD’s unerschütterlich; aber die Stelle des Freundes, dem GOETHE seine geologischen und minera- logischen Anschauungen und Ideen rückhaltlos anvertraute, nahm in seinen letzten Lebensjahren KASPAR Graf STERNBERG ein. Auch der Verkehr mit dem jungen SORET, der im Jahre 1822 als Erzieher des Erbgroßherzogs KARL ALEXANDER nach Weimar kam und dessen schon bewährtes mineralogisches und kristallographisches Wissen GOETHE sehr wohl zu schätzen wußte, mag das Bedürfnis nach schriftlicher Aussprache auf diesem Gebiet überhaupt verringert haben. LEONHARD’s Verdienste erkannte GOETHE auch in der Folge stets dankbar an: seinem Handbuch der Orykto- £gnosie widmet er in den Heiten „Zur Naturwissenschait* eine freundliche Besprechung', in der er den „wohlüberdachten Vortrag“ und für den Inhalt den „Reichtum der Erfahrung“ hervorhebt (Von LEONHARD: Handbuch der Oryktognosie. Heidelberg 1821. Werke. II. 9. 214, 215) und rühmend die ihm von LEONHARD zugesandten Aushängebogen der (1823 in Heidelberg erschienenen) Charakteristik der Felsarten erwähnt: „Die Folge dieser einzelnen Mitteilung tut auf mich eine glückliche Wirkung; ich erwarte und lese die Blätter mit Leidenschaft, wie Zeitungen“; er bekennt, daß es nur „durch deren sukzessive Betrachtung fast allein möglich wird, sich an ı Vergl. hierzu auch in dem oben erwähnten Konzept des Brieies an den Grafen STERNBERG: „Ich schätze das Buch höchlich, weil man das gegenwärtige Wissen, insofern man darnach fragt, durchaus darin über- liefert und nach einsichtiger Weise zurechtgestellt findet“ (BRATRANEK, p- 248; SAUER, p. 287) und die ehrenvolle Erwähnung in den „Sprüchen in Prosa“ (Über Naturwissenschaft. I1.). 12* 180 L. Milch, Die Beziehungen K. C. v. Leonhard’s zu Goethe. die grenzenlose Fülle des Werkes einigermaßen zu gewöhnen“ (iTenpr215): Wie hier klingt auch in den spärlichen Briefen aus GOETHE’s. Spätzeit die Zuneigung für LEONHARD hindurch, die ihren reinsten Ausdruck in dem oben erwähnten Briefe von 1819 gefunden hat: „Sie haben, verehrter Mann, Aufmerksamkeit und Mitteilung ununterbrochen fortgesetzt, wenn ich auch schweigsam blieb, indem Sie sich wohl überzeugen konnten, daß bei mir eine unveränderliche Neigung, Dankbarkeit und Zutrauen obwaltet“ (Werke. IV. 31. 50); wenn auch die wissen- schaftlichen Wege beider Männer auseinandergingen, blieb das persönliche Verhältnis ungetrübt. Die Nachwelt darf aber zu einer Zeit, da die Jahrhundert-Feier die Gedanken auf den Begründer des „Neuen Jahrbuchs“ richtet, auch die Tatsache hervorheben, daß LEONHARD als einer der Ersten die Bedeutung des Naturforschers GOETHE erkannt und für diese Über- zeugung in seinen Lebenserinnerungen (Il. 445) das schöne Wort gefunden hat: „GOETHE, der Dichter, wiederholte sich. in GOETHE, dem Naturforscher.“ ©. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. 181 Ueber die Zustandsänderung des Quarzes bei 970°. Von O. Mügge in Königsberg. Mit Taf. IX. Durch die Beobachtungen von H. LE CHATELIER! über die Ausdehnung des Quarzes bei Temperaturen bis oberhalb 1000° ist festgestellt, daß der Quarz bei 570° eine umkehrbare Zustandsänderung erfährt. LE CHATELIER hat diese Zustands- änderung auch in der plötzlichen Zunahme der Zirkularpolari- sation? bei 970°, und zusammen mit MALLARD?® in der plötz- lichen Änderung der Stärke der Doppelbrechung bei dieser Temperatur nachweisen können. Da beide Modifikationen Optisch einachsig sind und die optische Achse dieselbe Orientierung zur Plattennormale beibehält, ist anzunehmen, daß beide Modifikationen sich geometrisch nahestehen, speziell ! Compt. rend. 108. 1046. 1889, und Bull. soc. france. de min. 13. 112. 1890. Eine etwas andere Umwandlungstemperatur würde aus der von V. SAHMEN und TAMMANN in Ann. phys. (4.) 10. 888. 1903 mittels ihres Dilatographen gefundenen Kurve folgen. ” Compt. rend. 109. 264. 1889, und Bull. soc. france. de min. 13. 119. 1890. emp rend. 1107 339. 1890, und Bull? see. france. de min. 18. 123. 1890. 182 O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570". beide hexagonal sind und daß vermutlich rationale Flächen der unterhalb 570° beständigen Form (sie soll im folgenden als «-Quarz bezeichnet werden) in rationale Flächen der ober- halb 570° beständigen (#-Quarz) übergeführt werden. Da ferner die Zirkularpolarisation auch oberhalb 570° (und zwar mit demselben Drehungssinn) bestehen bleibt!, war zu schließen, daß der #-Quarz entweder der I. hemimorph-tetartoedrischen oder der trapezoedrisch-hemiedrischen oder der ogdoedrischen Symmetrieklasse angehört, wenn nicht etwa die trapezoedrische Tetartoedrie einfach erhalten bleibt und nur das Achsenverhält- nis sich ändert. Die Entscheidung zwischen diesen vier Symmetrieklassen hat G. FRIEDEL? dadurch herbeizuführen versucht, daß er Quarz in einer Schmelze von saurem schwefelsaurem Kali oberhalb der Umwandlungstemperatur durch einen Zusatz von Fluorkalium ätzte. Die erhaltenen Figuren waren auf {1010} strichiörmig nach der Basis, auf 41011} und {0lil} gleich und symmetrisch nach der Höhenlinie dieser Flächen, und er schließt daraus auf „hemiedrie senaire“ ?. Indessen sind diese Ätzfiguren offenbar mit allen Symmetrieklassen des hexa- gonalen Systems im Einklang und daher wenig geeignet, eine Entscheidung zwischen den oben genannten vier Klassen, welche die Zirkularpolarisation noch zuläßt, herbeizuführen. Es wurden zunächst die Ätzversuche von FRIEDEL wieder- holt, in der Hoffnung, durch die Ätzung von Flächen auch ’ Nach JOUBERT (Compt. rend. 87. 497. 1878) bis 1500°. Nacht JOUBERT’s Beobachtungen nimmt der Quarz, auch nach den stärksten Erhitzungen, soweit die Stärke der Drehung in Frage kommt, den ur- sprünglichen Zustand wieder an und bleibt vollkommen durchsichtig. Er fand auch schon, daß die Variation der Drehung mit der Temperatur nicht durch eine einzelne Kurve darstellbar sei. = Bill. soe. france. de; min. 25. 11271902 ® FRIEDEL sagt: „Puisque l’holoaxie subsiste, une seule hypothese parait possible: c’est qu’ä 570° le quartz perd l’hemiedrie ternaire et cesse d’&tre tetarto&dre pour devenir hexagonal avec l’hemiedrie holoaxe.“ O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. 183 anderer Lage sein Resultat bestätigen zu können. Die Ätzung, ausgeführt an Platten von etwa 1 mm Dicke und einigen Milli- meter Breite ergaben oberhalb 570°' auf sämtlichen Säulen- flächen Ätzfiguren gleicher Art und Orientierung, nämlich bisymmetrische, nach der Kante zur Basis gestreckte sechsseitige Grübchen der Form Fig. 2; auf {1011} und {0111} stimmen sie ganz mit den von FRIEDEL angegebenen überein (Fig. 4); sie sind auch gleich für Fläche und Gegenfläche und ihre Ätzflächen reflektieren anscheinend gleichzeitig mit denen auf den anliegenden Säulenflächen. Auf der Basis (Fig. 8) ent- sprechen die Ätzflächen ebenfalls Pyramiden erster Ordnung, sind aber nicht sehr deutlich, auch auf 41120} wenig deutlich, anscheinend bisymmetrisch und für Fläche und Gegenfläche nicht merklich verschieden. Wie wenig alle diese Figuren für trapezoedrische Symmetrie beweisend, wenn auch mit ihr verträglich, sind, wird treiflich dadurch illustriert, daß auch etwas unterhalb 570° in dieser Art geätzte Platten die gleichen Ätzfiguren aufweisen. Etwas günstiger gestalteten sich Ätzversuche mit schmel- zendem Natriummetaphosphat (Schmelzpunkt 672%); es ent- stehen hier auf allen 41010} Parallelogramme gleicher Orien- tierung; ihre längere Seite ist parallel zur Basis, die kürzere dazu unter etwa 75° geneigt (Fig. 1); auf 41011} und {0111} sind sie auch hier anscheinend nicht verschieden, unsym- metrische Dreiecke, die längste Seite parallel zur Basis; sie sind nicht sehr deutlich. Auf anderen Flächen wurden deut- liche Ätzfiguren nicht erhalten. Die zentrisch-symmetrischen Ätzfiguren auf {1010} gestatten, da solche nur noch auf den Säulenflächen erster oder zweiter Ordnung trapezoedrisch- " Die Temperatur der Schmelze von saurem schwefelsaurem Kali steigt mit dem Entweichen der Schwefelsäure nach und nach auf 1200°; hierbei wird der Quarz auch ohne Zusatz von Fluorkalium merklich an- gegrilfen; es soll darüber später berichtet werden. 184 OO. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570”. hemiedrischer Kristalle aufzutreten brauchen, den Schluß, daß die Richtungen der polaren Nebenachsen im «-Quarz auch im 8-Quarz wieder zweizählige Achsen sein können. Indessen ist zu bedenken, daß ein Schluß auf trapezoedrische Hemiedrie auch jetzt noch wenig zwingend ist, denn wenn auch diese Ätzfiguren mit höherer Symmetrie nicht mehr verträglich sind, so erscheint doch bei der geringen Variationsmöglichkeit der Ätzung und der kleinen Zahl der untersuchten Flächen die niedere Symmetrie einer der anderen enantiomorphen Sym- metrieklassen nicht ausgeschlossen. Es wurde daher versucht, auf einem anderen Wege die Symmetrie des ö-Quarzes noch näher zu bestimmen, und zwar auf Grund folgender Überlegung: a) Wäre der #-Quarz etwa ogdoedrisch, so würden die im a-Quarz gleichwertigen entgegengesetzten Richtungen in € ungleichwertig werden und es wäre zu erwarten, daß ein einfacher Kristall oberhalb 570° in zwei mit entgegengesetzt gerichteten Hauptachsen zerfällt. Bei der Rückumwandlung würde dieser Gegensatz wieder aufhören und die einfachste Annahme wäre, daß beide Individuen sich wieder zu einem einzigen vereinigten. Würde man statt einer einfachen eine nach {1010} verzwillingte Platte benutzen, so würde jedes der beiden Individuen I und II in zwei mit entgegengesetzt ge- richteter Hauptachse I, I’ und II, II’ zerfallen, die sich unter- halb 570° voraussichtlich wieder zu einem Komplex gleich dem ursprünglichen vereinigen würden, ohne daß in der Ab- grenzung von I gegen II eine Änderung zu erwarten wäre. b) Wäre der #-Quarz trapezoedrisch-hemiedrisch, so würde die Hauptachse oberhalb 570° sechszählig, die Po- larität der zweizähligen Nebenachsen würde aufhören und es würde ein zweites Tripel zweizähliger Nebenachsen (die „Zwischenachsen“) hinzukommen. Der so entstandene Kri- stall würde aber unterhalb 570° wieder polar nach den Neben- O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 970". 185 achsen werden, und da jede der beiden im $-Quarz gleich- berechtigten entgegengesetzten Richtungen derselben ebensogut die Bedeutung des analogen wie des antilogen Poles annehmen könnte, wäre zu erwarten, daß im allgemeinen beide gleich- zeitig in jeder Richtung sich bilden, der eine an dieser, der andere an jener Stelle, d. h., daß der bisher einfache Kristall in eine zwillingsmäßige Gruppierung nach 41010} zerfallen würde!. Läge ursprünglich schon eine solche Zwillings- verwachsung vor, so müßte daraus oberhalb 570° ein einfacher Kristall von #-Quarz entstehen, der unterhalb 570° wieder in einen Zwillingskomplex zerfallen würde, wobei aber die Grenzen beider Individuen im allgemeinen anders verlaufen würden als ursprünglich, da die Art des Zerlalls voraussichtlich von Spannungen abhängen würde, deren Verteilung in erster Linie durch die Art der Abkühlung und die Form des benutzten Stückes bedingt wäre. OM@ehörte der 5- Quarz zur I. hemimorphen Te- tartoedrie, so würde ein einfacher Kristall oberhalb 570° wie bei a) in zwei mit entgegengesetzt gerichteten Haupt- achsen zeriallen, zugleich würden in der Basis wie bei b) jetzt 3 — 3 Richtungen mit ihren Gegenrichtungen gleich- berechtigt werden. Unterhalb 570° würden die Teile mit ent- gegengesetzt gerichteten Hauptachsen wieder einheitlich werden, zugleich aber wie bei b) zwillingsmäßig nach 41010) zeriallen. Wäre der benutzte Kristall schon ursprünglich nach {1010} verzwillingt, so würden die Grenzen beider Individuen ober- halb 570° verschwinden, zugleich ein Zerfall in Individuen mit entgegengesetzten Hauptachsen (und anderen Verwachsungs- grenzen) eintreten, unterhalb 570° aber würden an Stelle der letzteren Grenze wieder die zweier nach 41010} verzwillingten U Es wäre auch mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Zwischen- achsen anstatt der Nebenachsen polar werden; indessen wäre diese An- nahme bei der Ungleichwertigkeit beider offenbar weniger einfach. 186 O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 970°. Individuen treten, und zwar würden diese wie bei b) jetzt im allgemeinen anders verlaufen als im Anlang. d) Wäre endlich die Symmetrie des 5-Quarzes dieselbe wie die des «-Quarzes, so läge offenbar keine Veranlassung zur Entstehung von verzwillingten Teilen aus einfachen und zu Veränderungen der Grenzen schon verzwillingter Kristalle vor. Kurz zusammengefaßt wärealsobeiogdoedrischer und trapezoedrisch-tetartoedrischer Symmetrie des #-Quarzes nach der Rückumwandlung kein Zerfall einfacher Kristalle in nach {1010} verzwillingte Teile und keine Veränderung etwaiger Zwillingsgrenzen zuerwarten, wohlaberbeitrapezoedrischer Hemiedrie oder.der I. nemimiorphen Rerantoedrzie Nimmt man nun eine Quarzplatte, vonzderen Einheitlichkeit man sich durch Ätzung mit Fluß- säure überzeugt hat, schleift die Ätzfiguren wieder ab, erhitzt. aui.oberhalb 570% und atzermaeieeen Abkühlen wieder mit Flußsäure, so ist leicht iest- zustellen, daß sie, jetzt. nicht. mehr einkenrkene sondern nach {1010} verzwillingt ist; daß ebenso in ursprünglich schon verzwillinsten Platten von einfachem Bau der Verlauf der Zwillingsgrenzen ein ganz anderer, und zwar meist viel komplizierterer ist. Auch in Platten mit ursprünglich schon komplizierten Grenzen lassen sich Veränderungen der Grenzen oit daran erkennen, daß letztere längs Sprüngen scheinbar eine Verweriung er- litten haben oder daß die Feldergrenzen in zusammengehörigen erhitzten und nicht erhitzten Bruchstücken derselben Platte nachher nicht mehr aneinanderpassen. Dabei zeigt sich viel- fach eine deutliche Analogie in dem Verlauf der bei der Um- wandlung meist entstehenden Sprünge und der neuen Zwillings- grenzen. Fig. 13 und 5 zeigen den Verlauf beider auf Platten //41010Y bei schwacher und stärkerer Vergrößerung, Fig. 6 auf ©. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. 187 11120). Die Sprünge ziehen im allgemeinen ungefähr LOL. die Zwillingsgrenzen sind ihnen nicht streng parallel und sie verlaufen im kleinen oft äußerst unregelmäßig (z. B. Fig. 3 // 1011). Besonders merkwürdig sind die Sprünge und in Grenz- linien auf einer basischen Platte; Fig. 12 zeigt ein Bruchstück derselben bei schwacher Vergrößerung im refilektierten Licht, Fig. 7 einen Teil davon bei starker Vergrößerung im durch- fallenden Licht. Die oben sichtbare Kante geht parallel 41010}, die Sprünge haben die Form einer Sinuskurve; die kleinen Ätzdreiecke kehren oberhalb der nach oben konvexen Teile der Sprünge ihre Spitzen nach oben, oberhalb der nach oben konkaven Teile nach unten, unterhalb der Sprunglinie ist die Orientierung die entgegengesetzte (vergl. auch die schematische Fig. 11). Die Orientierung ist also im allgemeinen innerhalb eines Streifens parallel der oberen Kante, der die Breite der Sinuslinie hat, abweichend von den oberhalb und unterhalb liegenden Teilen, indessen dringen von letzteren schmale (mit ihnen gleich orientierte) Zipfel längs der Sprunglinie in den Streifen ein!. Die Umwandlung ist übrigens nicht immer von Sprungbildung begleitet, z. B. in der Platte Fig. 9 ///1010}, wo die Grenzen trotzdem äußerst komplizierte sind. Umgekehrt können beim Erhitzen Sprünge entstehen, auch wenn die Umwandlungstemperatur nicht erreicht ist, wenn nur die Tem- peraturänderung rasch vor sich geht. (Fig. 10 zeigt eine von 800° schnell in Wasser abgelöschte Platte //{1010!, die vorher und nachher durchaus einfach war.) ! Bei Platten nach {0001}, bei denen die Ätzfiguren durch Flußsäure bekanntlich außerordentlich variabel sind, wurde wiederholt beobachtet, daß, nachdem sie Umwandlung und Rückumwandlung erfahren hatten, ihre Ätzfiguren erheblich größer ausfielen als vorher. Es mögen hier geringe Veränderungen der Struktur oder der Oberflächenbeschaffenheit vor sich gegangen sein, die in bezug auf die Ätzung den Verschiedenheiten von Platten verschiedener Kristalle oder auch verschiedener Stellen der- selben Platte vergleichbar sind. 188 O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. Danach ist es also sehr wahrscheinlich, daß der #-Quarz entweder der trapezoedrischen Hemiedrie oder der I. hemi- morphen Tetartoedrie angehört, eine sichere Entscheidung zwischen beiden ist einstweilen nicht möglich, indessen wird man den Übergang in die trapezoedrische Hemiedrie als den einfacheren für wahrscheinlicher halten dürfen, zumal alle Beobachtungen wie über die Ätzfiguren, so auch über die Form des $-Quarzes, mit trapezoedrischer Hemiedrie noch vereinbar sind. Als der Form nach zum $-Quarz gehörig sind nämlich alle aus natürlichen Schmelz- tflüssen gebildeten Quarze-zu betrachten, denn sie sind offenbar nur homoaxe Paramorphosen von a-Quarz nach #-Quarz. Bei ihnen sind nun niemals Anzeichen von Hemimorphie nach der Hauptachse beobachtet. Es verdient auch bemerkt zu werden, daß sich diese Quarze nicht nur durch das Zurücktreten der Säule, sondern auch durch den mangelnden Gegensatz zwischen 41011} und {0111} auszeichnen, während umgekehrt alle Quarze, die diesen Gegen- satz deutlich erkennen lassen, wohl unzweifelhaft unterhalb 570° gebildet sind, z. B. die kleinen Quarze auf den Eisenglanzstufen von Elba, diejenigen von Üffeln bei Bramsche, die von Goyaz, Brasilien !' und viele Amethyste?; von künstlichen Quarzen, die von DAUBREE , CH. FRIEDEL und SARASIN *, CHRUSTSCHOFF?, 1 MARTINI, Neues Jahrb. f. Min. etc. 1905. II. p. 89. ® Die außerordentliche Häufigkeit von Zwillingsverwachsungen nach 11010} erklärt die relative Seltenheit dieses Typus unter den natürlichen Vorkommen; die pyrogenen Quarze können demgegenüber diesen Typus überhaupt nicht annehmen. ® Synthetische Studien. p. 127. 1880. Die Darstellungstemperatur betrug ca. 400°; es sind auch Trapezflächen wie bei manchen auf Klüften entstandenen Quarzen entstanden; „es wäre möglich, daß dieser Zug der Ähnlichkeit zwischen den natürlichen und künstlichen Kristallen einer Ähnlichkeit ihrer Bildungsweise entspräche.“ * Bull. soc. frang. de min. 2. 114. 1879. Die Darstellungstemperatur lag unter dunkler Rotglut. > Neues2 Jahrby 1. Min. vete 18897212208 O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 970°. 189 BRUHNS! und neuerdings von KÖNIGSBERGER und M. J. MÜLLER? dargestellten”. Mit der trapezoedrischen Hemiedrie des 8-Quarzes gewinnt auch die so außerordentlich häufige Zwillingsbildung des a-Quarzes nach {1010} eine besondere Bedeutung. Zunächst ist selbstverständlich, daß die pyrogenen Quarze, der Porphyre etc., in der Regel derartige Zwillinge sein müssen, da sie ja durch Zerfall von 5-Quarz entstanden sind, wie das die Beobachtung bestätigt‘. Für die aus wässe- rigen Lösungen, und zwar wohl in der Regel unterhalb 570° entstandenen Quarze? aber bedeutet die Zwillingsbildung nach 41010} eine ähnliche Annäherung an die oberhalb 570° stabile Gleichgewichtslage, wie sie von zahlreichen mimetischen poly- morphen Substanzen bekannt ist. ENEnes alba 1. Min. eier 1889. 11. 63: ° Centralbl. f. Min. etc. 1906. 348. > Es ist vielleicht nicht ohne Bedeutung, daß die von HAUTEFEUILLE (Compt. rend. 86. 1133. 1879, und Bull. soc. franc. de min. 1. 4. 1878) aus einer Schmelze von wolframsaurem Natron bei 850—900° dargestellten Quarze, die also nur #-Quarz sein konnten, im Habitus von den vorigen erheblich abweichen; an ihnen herrschen statt Säule und Grundrhomboeder die Formen {2021} und [0221) („quartz a pointements aigus“). Man ver- gleiche auch die Form der von MOROZEWICZ dargestellten Quarze, Neues Jahrb. f. Min. etc. 1893. Il. p. 48. Taf. IV Fig. 3, 4. * OSANN, Neues Jahrb. f. Min. etc. 1891. I. 108; ©. MÜGGE, ibid. 1892. I. 1 und Beil.-Bd. X. 771, Anm. 1. Daß unter den von mir unter- suchten Plättchen relativ viele einfache waren, dürfte damit zusammen- hängen, daß die Quarzeinsprenglinge bei der Umwandlung großenteils zersprungen waren und die Trennungsflächen vielfach den Zwillingsgrenzen parallel verlaufen. Schon nach der Form erkennbare Durchkreuzungs- zwillinge ähnlich den z. B. von G. ROSE von den Färöer beschriebenen sind demnach unter den pyrogenen Quarzen nicht zu erwarten. ° Es scheint allerdings nicht ausgeschlossen, daß in Gangspalten, auf denen sich Quarz bildet (z. B. Zinnerzgänge), gelegentlich die Umwandlungstemperatur erreicht wird (hoher Druck würde aber die Umwandlungstemperatur erhöhen). Wenn an oberhalb 570° gebildeten oder vorübergehend dieser Temperatur ausgesetzt gewesenen derartigen Quarzen Trapezflächen auftreten, braucht ihre Verteilung nicht in gesetz- mäßiger Beziehung zu den später auftretenden oder später sich ändern- den Zwillingsgrenzen zu stehen. Man hat hier also ein geologisches. Thermometer. 190 O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. Gegenüber diesen letzteren ist der Quarz dadurch von besonderem Interesse, daß seine beiden Modifikationen zwei sehr nahe verwandten Symmetrieklassen angehören und in ihren geometrischen Konstanten bis auf die Länge der Achse c völlig übereinstimmen. Die vor sich gehende Deformation ist daher, soweit die geometrischen Verhältnisse in Frage kommen, von jener, die bei einer bloßen Ausdehnung durch die Wärme stattfindet, nur quantitativ verschieden. Alle Flächen bleiben bei der Umwandlung geometrisch einheitlich, d. h. eben, und dasselbe gilt bei der Rückumwandlung; zugleich ist ihre Lage zu den Symmetrieelementen im 6-Quarz, soweit aus der Lage der optischen Achse und den Ätzfiguren zu urteilen ist, durchaus analog ihrer Lage im «-Quarz: die Säulen erster Ordnung des «a-Quarzes liegen auch im 8-Quarz sym- metrisch zu zweizähligen Achsen und die Flächen der posi- tiven und negativen Rhomboeder bleiben auch im p-Quarz parallel einer zweizähligen Achse. Kurz, wenn man dem Quarz ein Gitter nach dreiseitigen Säulen zuschreibt, er- halten die Flächen in beiden Modifikationen dieselben In- dizes in bezug auf die Kantenrichtungen und Einheiten des Gitters. Daß dies genau zutrifft, läßt sich durch folgenden Versuch demonstrieren. Eine Quarzplatte, von deren Einheitlichkeit man sich durch Ätzung überzeugt hatte, wurde auf einer Seite sorglältig eben geschliffen und poliert; alsdann auf der nicht polierten Seite nach Bedarf noch dünner geschliffen und aui einer Gipsplatte am Reflexionsgoniometer mit horizontal ge- legter Achse während der Erhitzung bis oberhalb 570° be- obachtet. Es zeigte sich, daß der ursprünglich einheitliche Reflex nur vorübergehend eine Zerteilung erfährt, dann aber wieder durchaus einfach wird und beim weiteren Erhitzen auch so bleibt. Bei abnehmender Temperatur trat wieder nur vorübergehend ein Zerfall in mehrere Reflexe ein, die sich O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 970. 191 bald wieder zu einem völlig einfachen gleich dem ursprüng- lichen vereinigten. Die geometrische Einheitlichkeit blieb also völlig gewahrt, trotzdem die ursprünglich auch physikalisch einheitliche Fläche (hkli) dabei z. T. die Bedeutung und Lage von Flächenteilen (Ihki) angenommen hatte. Waren in der Platte Sprünge entstanden {wie meist bei der erstmaligen Erhitzung), so erschienen nachher allerdings mehrere Reflexe von wechselnder Neigung, von denen aber jeder einzelne scharf und einheitlich war und, wie die nähere Untersuchung zeigte, je einem der (etwas gegeneinander ver- schobenen und in sich noch verzwillingten) Bruchstücke ent- sprach. Wurde eine schon ursprünglich verzwillingte Platte ebenso untersucht, so zeigte sich dasselbe. Die Lagenände- rungen der Flächen zum Gitter müssen also unmerklich gering sein. Hinsichtlich der vorübergehenden Auflösung des Reilexes ist zu bemerken, daß ihr Eintreten gerade bei der Umwand- lung allerdings nicht festgestellt werden konnte, da Temperatur- messungen während der Reflexbeobachtung nicht möglich waren; da sie aber bei steigender und fallender Temperatur jedesmal eintreten, wenn die Platte nachher Veränderungen des Zwillingsbaus aufweist, ist wohl nicht zu bezweifeln, daß diese Reilexänderungen die Umwandlung begleiten. Schon vor ihrem Eintritt wird der Reilex etwas verwaschen, nach und nach doppelt oder mehrfach, bleibt aber dabei unscharf, plötzlich erscheinen dann zwei oder mehr, meist vier, Reflexe, welche sich meist schnell längs schwächer oder stärker ge- krümmter Linien voneinander entiernen, wieder nähern, auch wohl durcheinanderlaufen, um sich bei rasch steigender Tem- peratur bald wieder zu einem einheitlichen Reflex zu ver- einigen, während sie, wenn die Temperatur im Moment, wo die Umwandlung eintritt, möglichst konstant gehalten wird, lange im Gesichtsfeld hin und her geschickt, aber schwer 192 O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. auch nur kurze Zeit unverändert erhalten werden können!. Die Bewegungsrichtung der Teilreflexe steht in keinem erkenn- baren Zusammenhange mit einfachen kristallographischen Richtungen, ihr Abstand schwankt in weiten Grenzen und ist im allgemeinen beim Abiall der Temperatur (der vermutlich rascher erfolgte als der Anstieg) größer als beim Anstieg, vor allem aber bei dünnen Platten viel beträchtlicher als bei dickeren. Während er bei Platten von ca. I mm Dicke und etwa o mm Seitenlänge gewöhnlich etwa 10° erreicht, ent- fernen sich die Teilreflexe bei Platten von 0,1 mm Dicke bis aui ca. 14°, bei 0,03 mm Dicke sogar bis 3°, so daß schon mit bloßem Auge die vorübergehende windschiefe Krümmung der Platte zu erkennen ist. Bei solchen dünnen Platten gelang es zuweilen, sie viele Male umzuwandeln, ohne daß sie Sprünge erhielten; sie vertragen zuweilen sogar direkte Erhitzung in der Flamme und es tritt die dann meist besonders starke Zerteilung des Reflexes blitzschnell ein und geht ebenso schnell vorüber, ihr Zwillingsbau scheint dabei weniger als bei dickeren Platten geändert zu werden. Alle diese Umstände machen es wahrscheinlich, daß die vorübergehende Auflösung des Reilexes mit der Umlagerungs- bewegung selbst nichts zu tun hat, sondern ebenso wie die von LE CHATELIER? beobachtete schnell vorübergehende starke Zunahme der Doppelbrechung von starken Spannungen her- rührt, welche die Umlagerung begleiten. Damit stimmt auch, daß manche Beobachtungen auf einen Zusammenhang zwischen Zahl und Lage der Teilrellexe und dem Umriß der Platte hinweisen. Die Spannung bei der Umwandlung erklärt wohl das ölter beobachtete Vorkommen auflallend zersprungener Quarze und abgesprengter Scherben in ungepreßten Gesteinen ! Veränderungen im Spektrum oder in der Polarisation des reflek- tierten Lichtes wurden im Umwandlungsstadium nicht bemerkt. 7Bullessoc- Hmanerdemins13.749 1890; O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570". 193 (diese müßten also im letzteren Falle bei 570° noch ziemlich flüssig gewesen sein). Ebenso steht mit der Kontraktion bei - der Umwandlung (mit sinkender Temperatur) wohl in Zu- sammenhang, daß Quarzeinsprenglinge leicht aus Gesteinen herausfallen (leichter als Feldspat). Findet eine Änderung des Gitters seiner Symmetrie nach nicht statt, so muß man mit MALLARD und LE CHATELIER (l. c. p. 123) annehmen, daß die Symmetrie des $-Quarzes durch eine Änderung der Symmetrie der in den Gitterpunkten befindlichen Kristallbausteine' bedingt wird. Die einfachste An- nahme ist die, daß sie im «-Quarz trapezoedrisch-tetartoedrisch, im s-Quarz trapezoedrisch-hemiedrisch sind. Erstere kann man sich etwa zusammengesetzt denken aus drei monoklin- hemimorphen Elementen, deren gleichwertige Richtungen a bezw. b so orientiert sind, wie die stereographische Projektion Fig. 14 zeigt. Zur Erklärung der Umwandlung kann man dann weiter etwa annehmen, daß je zwei zu einer zweizähligen Achse symmetrisch liegende Richtungen a und a’ mit stei- gender Temperatur dieselbe Lage zu den analogen Achsen- polen gewinnen wie die Richtungen b und b’ zu den anti- logen Polen, so daß oberhalb 570° den Bausteinen die in Fig. 15 dargestellte Zusammensetzung zukommt, die einer Kombination rhombisch-sphenoidischer Elemente c in drei- facher Orientierung entspricht. Aus den Bausteinen letzter Art kann dann bei sinkender Temperatur ebensowohl ein solcher der Form und Orientierung Fig. 14 wie Fig. 16 hervor- gehen, es werden also im allgemeinen beide, d. h. ein Zwilling, entstehen. Es muß hinzugefügt werden, daß mit diesem Bilde des Vorganges nicht viel gewonnen scheint, da ja die Ursache, weshalb die Teilchen a und b sich mit steigender Temperatur ı So sollen die kleinsten, noch die Symmetrie des Kristalls auf- weisenden Teilchen genannt werden. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 13 194 O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. in der angegebenen Weise verhalten sollen, vollständig im dunkeln bleibt', das Bild mag aber zeigen, daß es nicht nötig ist, eine gewiß sehr unwahrscheinliche Drehung erst (bei 570° übersteigender Temperatur) der abwechselnden, dann (mit fallender) einzelner Gruppen von Kristallbau- steinen um 60 oder 180° um die Hauptachse oder Ähnliches anzunehmen. Der unregelmäßige, im allgemeinen krummiflächige Verlauf der Zwillingsgrenzen hängt vermutlich zusammen mit dem Mangel translatorischer Bewegung des Gitters während der Umwandlung. Während in dem Falle, daß Umstellungen durch einfache Schiebungen zustande kommen, der Reibungs- widerstand dann am geringsten wird, die Zertrümmerung nur dann vermieden werden kann, wenn die Grenzen zwischen den bewegten und den in Ruhe bleibenden Teilen möglichst ebenflächig sind und möglichst längs einer und derselben Ebene verlaufen, fällt hier dieser Faktor iort, da die Bewegung nur innerhalb eines jeden Bausteins eriolgt. Da die Drehung des Quarzes nach JOUBERT (l. c.) min- destens bis 1500° bestehen bleibt ?, ist es sehr wahrscheinlich, daß der aus den natürlichen Schmelzflüssen ausgeschiedene Quarz bereits optisch aktiv ist, denn seine Bildungstemperatur liegt schwerlich höher als 1500°°. Damit stimmt überein, daß die genannten Quarze fast niemals Verwachsungen r. und |. Kristalle sind, was zu erwarten wäre, wenn sie etwa durch ! Man könnte sich etwa vorstellen, daß die a Silicium-, die b Sauer- stoffatome sind, deren chemische Anziehung mit der Temperatur variiert. ® Es erscheint fraglich, ob eine so hohe Temperatur damals hin- reichend genau gemessen werden konnte. ® Der Schmelzpunkt des Quarzes liegt nach den Angaben von SHENSTONE (Nature. 64. 60. 1901) und meinen Beobachtungen etwas ober- halb dem des Platins, das ist nach J. H. HARKER (Beibl. Ann. 30. 388. 1906) 1705 + 5°. Nach DAY und SHEPHERD (Amer. Journ. of sc. 22. 272) beir1l025> O. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. 195 Zerfall optisch inaktiver kristalliner SiO, entstanden wären. Dieses Fehlen von Verwachsungen r. u. 1. Kristalle ist na- mentlich bemerkenswert gegenüber der Häufigkeit solcher in gewissen Vorkommen von aus wässerigen Lösungen ent- standenen Quarzen (Amethyste, manche Gangquarze). Da in diesen die rechten und linken Teile meist Anwachsschichten //41011} zu entsprechen scheinen, scheint es möglich, daß gewisse, nach den Erfahrungen am chlorsauren Natron ver- mutlich selbst aktive und der Art nach in den verschiedenen Wachstumsperioden wechselnde, Zusätze zur Nährlösung die Ausscheidung bald r., bald 1. Kristalle aus der inaktiven Lösung bewirkten, während bei der Ausscheidung aus Schmelz- fluß ein solcher Wechsel des Impistoffes ausgeschlossen war und jeder Kristallisationskeim entweder zu einem r. oder |. Kristall wurde!'. Ob oberhalb 1500° eine optisch inaktive kristalline Modifikation besteht, erscheint angesichts der Nichtaktivität des Quarzglases? immerhin möglich, indessen ergaben Versuche, daß sie jedenfalls bei niedriger Temperatur nicht beständig ist. Von Quarzplatten, welche bis auf die Mitte in Platinblech gewickelt waren, wurde ein Teil in der Leuchtgas-Sauerstoff-Flamme geschmolzen; die nicht ge- schmolzenen Teile verrieten, auch an den Berührungsstellen mit den geschmolzenen Teilen, keine anderen Veränderungen als die auf 970° erhitzten weder im optischen Verhalten noch in den Ätzfiguren; die geschmolzenen Teile sind zwar z. T. nicht ganz isotrop, sondern zeigen schwache Aggregatpolari- * Faßt man mit J. H. L. VOGT u. a. die schriftgranitischen Quarze als Ausscheidungen aus Schmelzfluß auf, so wären also auch bei ihnen Verwachsungen von r. und 1. nur ausnahmsweise, dagegen Zwillingsbau nach {1010} allgemein zu erwarten. 30 Plättchen aus Schriftgranit von Clear Creek, Kalifornien, nach der Basis erwiesen sich fast sämtlich ver- zwillingt nach {1010}, keines als Verwachsung von r. und |. * Platten gut polierten Quarzglases zu einer Säule von ca. 2 cm Höhe aufeinander geschichtet, zeigten im Na-Licht keine merkliche Drehung. lo 196 O©. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. sation, sie scheint aber lediglich von noch nicht geschmolzenen feinen Quarzsplitterchen herzurühren, in welche die Platte ‚vor dem Schmelzen zerlällt'. ! Anmerkung während des Druckes. Nach den Angaben von DAY und SHEPHERD |. c. ist Quarz schon von oberhalb 760° an die. unbeständigere Modifikation gegenüber Tridymit, indessen verträgt der Quarz lange Zeit Erhitzungen um 400—500° über jene Temperatur. Auch die eben erwähnten Splitter schienen nicht Tridymit zu sein. . M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie etc. 197 Beitrag zur Osteologie und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur, so- wie zur Stammesgeschichte der Primaten überhaupt. Von Max Schlosser in München. Mit Taf. X. Schon vor längerer Zeit, aber mindestens zehn Jahre nach dem Erscheinen meiner Arbeit über die Affen, Lemuren etc. des europäischen Tertiärs erhielt die Münchner paläontologische Sammlung eine Anzahl unbestimmter Knochen aus den Phos- phoriten von Quercy, unter denen sich mehrere höchst sonder- bare Stücke befanden, nämlich ein Femur mit langem dünnen Schaft und drei nahe beisammenstehenden knorrigen Trochan- tern, eine überaus schlanke, stark komprimierte Tibia, mit welcher die distale Partie der Fibula auf eine lange Strecke verwachsen ist, und drei Calcanea, die sich durch die auf- fallende Verlängerung des distalen Teiles auszeichnen und sich somit beim ersten Anblick schon als die Calcanea eines mit Tarsius oder doch mit Chirogaleus oder Otolicnus ver- wandten Tieres zu erkennen gaben. Es lag also schon a priori die Vermutung nahe, daß letztere der Gattung Necrolemur angehörten und ebenso war ich mir sofort darüber klar, daß dies auch für das Femur und die Tibia zutreffen dürfte, denn 198 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie sie unterscheiden sich allzusehr von den entsprechenden Knochen von Creodonten, Nagern oder gar von Huiftieren, und die Vereinigung mit der erst kürzlich aus den Phosphoriten von GRANDIDIER beschriebenen Primatengattung Pronycticebus, auf deren systematische Stellung ich am Schluß kurz zu sprechen kommen werde, verbietet sich schon wegen der Kleinheit dieser Knochen. An ein neues, durch Kiefer bisher noch nicht vertretenes Genus zu denken, konnte ich mich um keinen Preis entschließen, da nach allen meinen bisherigen Erfah- rungen an dem Säugetiermaterial von Quercy die Verteilung der Knochen auf die durch Kiefer vertretenen Arten recht gut möglich ist, wobei sich stets ein Prozentsatz der Knochen zu der Zahl der Kiefer ergibt, wie er auch sonst im europäischen Tertiär, wenn die Reste verschiedener Arten durcheinandergemengt sind, die Regel bildet, nämlich Röhrenknochen etwa dreimal seltener als Kiefer, aber Calcanea wegen ihrer großen Festigkeit gleich den Astragali ungefähr ebenso häufig wie die Kiefer. Ich bestimmte also die erwähnten Knochen zwar als die von Necrolemur, unterließ es jedoch bisher, hierüber eine Mitteilung zu machen, da mir damals kein Skelett von Tarsius zur Verfügung: stand und ich außerdem mit diesen Stücken noch anderes osteologisches Material aus den Phos- phoriten beschreiben wollte. Zu dieser Arbeit dürfte mir frei- lich kaum so bald die nötige Muße zur Verfügung stehen, daher glaube ich wenigstens mit der Besprechung der Necrolemur-Reste nicht länger zögern zu sollen, zumal, da jetzt nach den Arbeiten von LECHE!, EARLE?, OSBORN®, ' Untersuchungen über das Zahnsystem lebender und fossiler Halb- alien. Festschrift für KARL GEGENBAUR. Leipzig 1896. p. 125—166. ° On the affinities of Tarsius, a contribution to the Phylogeny of the Primates. The American Naturalist. 1897. p. 869—5975, 680689. — Relations of Tarsius to the Lemurs and Apes. Science. 1897. p. 258°—260. ® American Eocene Primates and the supposed Rodent Family Mixo- dectidae. Bull. of Amer. Mus. of Nat. Hist. New York 1902. p. 169—214. und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 199 WORTMAN!, FORSYTH MAJOR? und GRANDIDIER® neue Gesichts- punkte für die systematische Stellung dieser Gattung zu Tar- sinus und den Lemuren gegeben sind. Ich gehe nun zunächst zur Beschreibung der vorliegenden - Extremitätenknochen über. MR Das Femur zeichnet sich vor allem durch den langen, vollkommen geraden Schaft aus, zu dem die hochgelegenen, nahe beisammenstehenden knorrigen Trochanter einen aui- fallenden Kontrast bilden. Der Schaft hat elliptischen Quer- . schnitt, die Kompression ist besonders stark gegen die Außen- seite gerichtet. Der kräftige Angulus medialis verläuft gerad- linig und schließt zusammen mit der Linea obliqua femoris und dem Trochanter minor eine sehr deutliche langgestreckte und im oberen Teil ziemlich tiefe dreieckige Grube ein, die bei Tarsius anscheinend nicht vorhanden ist. Das Femur von Tarsius weicht auch insofern etwas ab, als der Quer- schnitt des Schaftes mehr dreieckig ist. Um so größer ist dafür die Ähnlichkeit der proximalen und distalen Partie, namentlich die Lage und Form der Trochanter und der Con- dyli. Geringe Unterschiede ergeben sich nur dadurch, daß der Trochanter major bei Necrolemur etwas mehr nach vor- wärts und nach außen gebogen ist, wodurch die Grube neben der Crista intertrochanterica an Ausdehnung gewinnt. Der Trochanter tertius ist klein und auffallend hoch hinaufgerückt. Er steht ebensoviel über dem kleinen als unter dem großen Trochanter. Der kleine Trochanter ist einwärts und zugleich etwas abwärts gebogen. Das Caput ist leider weggebrochen, ! Studies of Eocene Mammalia in the Marsh Collection, Peabody Museum. Part II. Primates. Amer. Journ. of Sc. 1903. 15. 167—176, 399—414, 419-436. 16. 345—868. 1904. 17. 23—833, 133—140, 203 — 214. ®° On some characters of the Skull in the Lemurs and Monkeys. Proceed. Zool. Soc. of London. 1901. p. 129—153. ® Recherches sur les Lemuriens disparus et en particulier sur ceux qui vivaient a Madagascar. Nouvelles Archives du Museum. (4.) 7. 1905. 143 p. 200 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie dürfte aber der Beschaffenheit der angrenzenden Partien zu- folge dem von Tarsius sehr ähnlich gewesen sein. Er war demnach ebenfalls relativ klein und nur kurz gestielt. Die distale Partie schwillt wie bei Tarsius nur ganz unten und auch da nur mäßig an. Die Diaphyse hat oberhalb der Condyli dreieckigen Querschnitt iniolge der Anwesenheit einer Crista in der Verlängerung der ziemlich schmalen Patellarfacette. Die beiden Condyli sind klein und stehen wie bei Tarsius relativ nahe beisammen, springen aber nach rückwärts viel stärker vor als bei allen anderen Primaten, so daß diese Partie fast an das Femur von Paarhufern erinnert. Die Tibia bietet wegen ihrer ungewöhnlich starken seit- lichen Kompression ein ganz fremdartiges Aussehen dar. Diese Kompression erstreckt sich bis dicht unter die Condylarfacetten. Die Biegung der Linea poplitea gegen die Basis der inneren Condylariacette ist auf den obersten Teil der Tibia beschränkt, um so stärker tritt dafür die Crista interossea hervor, trotzdem sie sich eigentlich nur bis zur Mitte des Schaftes verfolgen läßt. Der Raum für die Condylarfacetten ist wie bei Tarsius sehr schmal. Die Tuberositas patellaris ist etwas länger als bei Tarsius und auch nicht so stark nach auswärts gerichtet wie bei dieser Gattung. Überdies ist die in ihrer Fortsetzung nach unten befindliche Cneminalcrista bei Necrolemur viel länger und kräftiger entwickelt. Ein weiterer Unterschied gegenüber 7arsius besteht in der etwas stärkeren Vorwärts- krümmung des unteren Teiles der Tibia. Hier ist auch die Verwachsung mit der dünnen Fibula anscheinend noch weniger innig und zudem trennen sich beide Knochen schon unterhalb der Mitte, während bei Tarsius die Trennung erst ein wenig oberhalb der Mitte beginnt. Die Astragalusfacette der Tibia besitzt in der Mitte einen Kamm, der auf eine ziemlich starke Ausfurchung der Tibialfacette des Astragalus schließen läßt Das distale Ende der Fibula ist leider weggebrochen. und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 9201 Das Calcaneum stimmt, abgesehen von seiner relativen Dicke und der geringeren Streckung der distalen Partie, sehr gut mit dem von Tarsius überein. Artikulation mit der Fibula scheint ausgeschlossen zu sein, wenigstens hätte die äußere der beiden Facetten für den Astragalus keinen Platz für die Gelenkung mit der Fibula. Die Gelenkfläche für das Cuboid steht genau senkrecht zur Längsachse des Calcaneum, sie hat ovalen Umriß. Diesem langen Calcaneum entspricht natürlich auch ein gestrecktes Naviculare. Wenn schon das Calcaneum von Necrolemur etwa noch um ein Drittel kürzer, aber dafür noch etwas kräftiger ist als bei Tarsius, so schließt sich Necrolemur doch in dem Bau dieses Knochens sehr viel enger an diese Gattung an als an die Chirogalei und die Galaginae, von denen namentlich die letzteren ebenfalls Streckung dieser Knochen aufweisen, ohne jedoch hierin Necrolemur oder gar Tarsius zu erreichen. Daß diese Knochen zur Gattung Necrolemur gehören, wird auch deshalb überaus wahrscheinlich, weil sie in einem ähnlichen Größenverhältnis zur Zahnreihe stehen wie die von Tarsius. Wir finden bei dieser letzteren Gattung: Länge der unteren Zahnreihe . . 14,5 mm (ohne I gemessen) Ber desthemughscn sr zur 64 x derlibiag Al. 65 R des Tuber des Calcaneum 6,0 bei der häufigsten Art von Necrolemur, bei N. antiguus FILH.: Länge der unteren Zahnreihe . - 13 mm H DIAS ee 93 ä des Tuber des Calcaneum 6,2 „ so daß also wenigstens die Tibia von Necrolemur auch wirk- lich in der Größe ganz gut zu dieser Spezies paßt. Bei dem Calcaneum muß man freilich berücksichtigen, daß es noch erheblich plumper ist als das von Tarsius, weshalb ich auch a priori von einer Messung der distalen Partie abgesehen habe, und daß das untersuchte Individuum von Tarsius noch 902 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie nicht erwachsen ist, was gerade bei der Länge des Calcaneum- tuber sehr erheblich ins Gewicht fällt. Das Femur weicht allerdings infolge seiner unverhältnis- mäßigen Dicke sehr bedeutend von dem Femur von Tarsius ab, so daß es aui keinen Fall zu Necrolemur antiquus ge- stellt werden dar. Wohl aber könnte es zu N. Edwardsi gehören, der größten bis jetzt bekannten Spezies der Gattung Necrolemur. Länge der unterenyZahnreiher. 7. 272m des. „Kemitrire ur 1280 Dickes, IE 6) Nach den Verhältnissen bei Tarsius, dessen Femur eine Länge von 63 mm besitzt und in Mitte des Schaftes 3 mm dick ist, müßte es freilich 87 mm lang sein; allein das Femur von Tarsius ist selbst schon wieder spezialisiert, nämlich be- deutend gestreckt, wie das schon aus seiner Dünnheit hervor- geht und bei dem Vergleich mit den primitiven Verhältnissen bei Adapis noch deutlicher hervortritt. Wir haben nämlich bei Adapis parisiensis: Länge der Zahnreihe. . . 32 mm (im Mittel, ohne die I gemessen) des Rente ur Dicke _, B 2 a in Mitte rdessSchaktes): Adapis steht in dieser Hinsicht, selbst wenn man die Anwesenheit von vier P berücksichtigt, am tiefsten unter allen Primaten und kommt hierin den Creodonten, Carnivoren und den Condylarthren und primitiveren Paar- und Unpaarhuiern sehr nahe, bei denen auch in der Regel die Länge des Femur nur wenig mehr als das Doppelte der Länge der Zahnreihe beträgt. Die relativ geringe Länge des Femur von Necrolemur Edwardsi wird also durch seine noch ursprünglichere Dicke sehr gut ausgeglichen. Man könnte nun freilich einwenden, daß ja doch das Längenverhältnis der oben erwähnten Tibia von Necrolemur mit dem von Tarsius so gut übereinstimmt und daß daher und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 903 auch das Femur dem von Zarsius gleichen müßte. Dieser Einwand ist jedoch hinfällig, denn die Extremität von Tarsius ist, wie das wohl niemand bestreiten wird, spezialisiert, näm- lich gestreckt und dünner geworden. Dieser Prozeß betrifit aber niemals Femur und Tibia zugleich, sondern er beginnt bei der Tibia und erstreckt sich erst allmählich auch auf das Femur. Necrolemur stellt also erst ein Anfangsstadium dieser Spezialisierung dar, wie dies bei einer geologisch so alten Form auch kaum anders zu erwarten ist. Es wäre im Gegenteil viel wunderlicher, wenn uns hier im Obereocän bereits die fertige Spezialisierung von Tarsius begegnen würde. Ich trage also nicht das geringste Bedenken, auch dieses Femur trotz seiner geringen Länge und seiner relativ be- trächtlichen Dicke zur Gattung Necrolemur zu stellen, aber nicht zu N. antiquus, sondern zu Edwardsi. Soll nun diese überraschende Ähnlichkeit im Bau der Hinterextremität, Femur, Tibia, Fibula, Calcaneum und Navi- culare lediglich eine Konvergenz sein und nicht doch auf wirklicher Verwandtschaft zwischen Necrolemur und Tarsius beruhen ? Ich kann mich unmöglich entschließen, der ersteren An- nahme den Vorzug zu geben, denn es ist überaus unwahr- scheinlich, daß namentlich die für Primaten so ganz exzep- tionelle Verschmelzung von Tibia und Fibula in zwei gar nicht oder nur sehr entiernt miteinander verwandten Stammesreihen der Primaten erfolgt sein sollte. So ähnlich nun auch die Hinterextremität und demnach wohl auch die Vorderextremität beider Gattungen ist, so sehr weichen sie im Schädel- und Zahnbau voneinander ab, nur die Zahnformel ist bei beiden die gleiche. Für den Unterkiefer habe ich! sie schon vor geraumer Zeit als IIICAPB3M festgestellt, wobei allerdings = SCHLOSSER, Die Affen, Lemuren ... des europäischen Tertiärs. Beitr. zur Paläont. Österr.-Ung. u. d. Orients. 1887. 6. 43. 45. 204 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie dieser einzige I sowie der vorderste P — P, — bereits ganz rudimentär geworden sind, für den Ober- und Zwischenkiefer gibt sie LECHE! als SIIC3P3M an, nach den Untersuchungen von GRANDIDIER (l. c. p. 26), die sich jedenfalls auf reich- licheres Material stützen als LECHE zur Verfügung hatte, wäre sie 2IlC3P3M, und dies ist fast das wahrscheinlichere. Den unteren I deutet dieser Autor als 1. 1883 Aare lauten, das 1.4.3 1.1.4.3 wichtigste an dem vorderen Teil des Gebisses ist die Tat- oder Mag nun die Zahniormel - sache, daß der untere C nicht in einen I umgewandelt ist wie bei den Lemuren, sondern wie bei Tarsius noch die normale Gestalt eines C besitzt, so daß also Necrolemur ebensowenig wie Tarsius ohne weiteres zu den Lemuroidea gestellt werden dari. Es muß dieser fossilen Gattung auf Grund dieses Merk- mals und nicht minder auch wegen der Beschaffenheit ihrer Hinterextremität ein Platz in nächster Nähe von Tarsius an- gewiesen werden, deren Zugehörigkeit zu den Lemuroiden in letzter Zeit von verschiedenen Seiten mit Recht bestritten wird. Was den Bau der einzelnen Zähne betrifft, so stehen vor den oberen M fünf einspitzige einwurzelige Zähne, von denen nach LECHE der zweite größer als der erste und dritte, der C wieder größer als I, und der vorderste P, P, ist, und außer- dem zwei dreiwurzelige P, P, und P,, von denen der letztere nach GRANDIDIER auch einen Innenhöcker besitzt, während LECHE’s Abbildung einen solchen kaum erkennen läßt, ob- wohl im Text sogar von einem Innenhöcker an P, die Rede ist. Im Unterkiefer ist der erste und dritte Zahn rudimentär und der zweite höher als die ebenfalls einfachen und ein- wurzeligen P, und P,. P, hat zwei Wurzeln und einen Innen- höcker. Das Basalband ist sowohl an den oberen als auch an den unteren P namentlich an der Innenseite gut entwickelt. >]. €.,p. oo alarm 20 27 und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 9205 Die oberen M von Necrolemur antiquus, der typischen Spezies'!, kennen wir erst durch LECHE. Sie bestehen aus je zwei Außenhöckern, zwei kleinen Zwischenhöckern und zwei Innenhöckern, die nach GRANDIDIER V-förmig gestaltet sind, sowie einem kräitigen Basalband. Am oberen M, ist jedoch die Hinterhälite reduziert. Die von RÜTIMEYER? als N. antiquus abgebildeten Zähne gehören wohl doch zur Gattung Necro- lemur, wenn auch sicher zu einer besonderen Spezies. Die P zeichnen sich hier durch die kräftig entwickelten Innenhöcker aus. An den unteren M ist die Vorderhälite im Gegensatz zu Tarsius nur mehr wenig höher als die Hinterhälite, auch be- ' FILHOL hat von dieser Gattung drei Arten unterschieden, Necro- lemur Edwardsi, antiquus und parvulus, die letzte in einer mir unzu- gänglichen Zeitschriit, aber später als ich eine weitere Art N. Zitteli auf- gestellt hatte. LECHE bezweifelt die Berechtigung dieser letzteren Spezies. Die hier beigegebenen Abbildungen dürften jedoch diese Zweifel leichter beseitigen als dies Worte vermöchten. Außerdem identifiziert LECHE die Gattung Necrolemur ohne weiteres mit Microchoerus WOOD aus dem Eocän von Hordwell. Soferne wirklich eine solche generische Identität bestehen sollte, so gilt dies lediglich für die größte dieser Arten, für Necro- lemur Edwardsi, dessen obere M, wie LECHE selbst zugeben muß, sich von denen der typischen Necrolemur-Art, des N. antiquus, durch die kräftigeren Zwischen- und Innenhöcker und den Besitz einer Knospe am Basalband unterscheiden. Auch sind P, und P, viel breiter und der erstere mit einem, der letztere aber sogar mit zwei Innenhöckern versehen. Daß Microchoerus mit Necrolemur sehr nahe verwandt sein dürite, soll zwar nicht bezweifelt werden, aber es fehlt jegliche Berechtigung, den letzteren Gattungsnamen vollständig zu verdrängen. Derselbe ist vielmehr für die kleineren Arten durchaus begründet. — Eine weitere Art von Necrolemur hat RÜTIMEYER (Eocäne Säugetiere von Egerkingen, N. Cartieri. 1892. p- 113. Taf. VIII Fig. 11, 12) aufgestellt, die aber sicher nicht zu dieser Gattung gehört und wahrscheinlich gar kein Primate ist. Dagegen dürfte sein N. antiguus (p. 112. Taf. VIII Fig. 4) zwar ein Necrolemur sein, wegen seines höheren geologischen Alters jedoch eine besondere Spezies repräsentieren. Gleichwohl dürfte diese Art doch in Schweizer Bohnerzen vorkommen, nämlich in jenen von Mormont, denn PICTET’s Erinaceus (Vertebres de la Faune &ocene. Supplement. 1869. p. 128. Taf. XIV Fig. 2) ist, wie ich nachgewiesen habe, sicher ein Necrolemur, was aber LECHE vollkommen ignoriert. * Die eocäne Säugetierwelt von Egerkingen. Abhandl. der schweiz. paläont. Ges. 18. 1891/92. p. 111. Tai. VII Fig. 4. 206 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie sitzt nur mehr der vorderste, M,, ein Paraconid. Ein weiterer Fortschritt gegenüber Tarsius besteht auch in der starken Runzelung des Schmelzes. Über den Bau des Schädels ist leider bis jetzt wenig Genaueres bekannt. Bei oberilächlicher Betrachtung geben zwar sowohl GERVAIS’ als auch FILHOL’s Figuren ein ganz ge- nügendes Bild, allein wir vermissen hierin gerade die Details, auf welche von FORSYTH MAJOR und WORTMAN besonderes Gewicht gelegt wird, nämlich die Beschaffenheit und die Lage des Lacrymale und die Gruppierung der Foramina der Schädel- basis. Nur so viel läßt sich wenigstens aus FILHOL’s Fig. 217 entnehmen, daß wie bei Adapis keine Crista zwischen der vorderen und hinteren Partie des Lacrymale vorhanden war. Ob jedoch das Lacrymale ausschließlich innerhalb der Augen- höhle gelegen war und ob, wie bei Adapis, Lacrymale und Malare aneinandergrenzten, ist aus den Abbildungen nicht mit Bestimmtheit zu ersehen, wenn schon auch hier vorne an der Augenhöhle der nämliche Vorsprung zu sehen ist wie am Malare von Adapis!. Immerhin halte ich es für sehr wahr- scheinlich, daß sich Necrolemur auch in dieser Beziehung wie Adapis verhalten dürfte, und daß sich also dann auch in der Stammesreihe der Tarsiiden die nämliche Veränderung voll- zogen hätte wie in jener von Adapis und den Lemuren von Madagaskar. FORSYTH MAJOR (l. c. p. 135) sagt hierüber: „Die Beschafienheit der Lacrymalregion von rezenten Lemu- riden ist leicht abzuleiten von der von Adapis. Man braucht ' Dieser Höcker ist an der von FORSYTH MAJOR gegebenen, sonst so vorzüglichen Figur (On some Characters of the Skull in the Lemurs and Monkeys. Proceed. of the Zool. Soc. of London. 1901. p. 134. Fig. 30) nur als schwache Anschwellung des Innenendes des unteren Orbitalrandes zu sehen, an der Stelle, an welcher die zu ma-führende Linie beginnt. Angedeutet ist sie auch bei P. GERVAIS’ Palaeolemur Betillei (l. c. Taf. VII Fig. 2). Die Münchner Exemplare von Adapis besitzen an dieser Stelle einen förmlichen Knopi. und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 9207 nur anzunehmen, daß durch die Verflachung der vorderen Crista des Maxillare und durch die Erhebung einer hinteren Crista die Lacrymalgrube extraorbital wird.“ Die Organisation des Lacrymale hat nun Tarsius mit den Lemuren von Madagaskar gemein, wie FORSYTH MAJOR be- obachtet hat. Er schildert sie folgendermaßen (l. c. p. 137): Die hintere Lacrymalcrista ist gebildet aus dem Lacrymale; der orbitale Teil ist stark verkleinert, der faziale mit der Grube ist bei weitem der größere und vollkommen vom Maxillare umkreist, welches auch mit dem Frontale zusammenstößt. Das Malare bleibt weit hinter dem Orbitalrand zurück, sein Vorder- ende belindet sich oberhalb des M,. Die von FILHOL gegebene Abbildung, welche in den Details genauer ist als die GERVAIS’sche, zeigt nichts, was dieser Aufiassung im Wege stünde, sie gestattet ganz gut die Ableitung der Tarsius-Organisation von der von Necrolemur.: Es sind lediglich ähnliche Veränderungen erforderlich, wie sie FORSYTH MAJOR für die Ableitung der madagaskarischen Lemuren von Adapis angegeben hat. Necrolemur ist also von Tarsius in dieser Beziehung nicht prinzipiell verschieden, sondern nur viel primitiver. Über die Lage der Foramina der Schädelbasis, welcher WORTMAN so großen Wert für die Systematik beilegt, gibt die FILHOL’sche Abbildung! freilich noch weniger direkte Auskunft als über die Beschaffenheit der Lacrymalregion. Indessen kann man doch aus der Lage des Foramen magnum, das hier schon ganz zwischen die Bullae osseae gerückt ist wie bei Galago, wohl doch einige Schlüsse ziehen auf die Lage der Foramina, namentlich des Entocarotidkanals. Daß Necrolemur in dieser Hinsicht spezialisierter war als die gleichalterige ! In GRANDIDIER’s Arbeit (p. 23—27, Fig. 5, 6) wird der Schädel nur kurz besprochen, und gerade die uns interessierenden Verhältnisse sind auch aus den beiden Abbildungen nicht zu entnehmen. 208 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie Gattung Adapis, welche mit ihrem zur Schädelbasis noch voll- kommen senkrecht stehenden, von der relativ kleinen Bulla tympanica weit entierntem Foramen magnum und mit ihrem hohen Scheitelkamm viel eher an einen Carnivoren als an einen Primaten erinnert, ist zwar im vorhinein zu erwarten, und in der Tat weist auch Adapis!' manche primitive Verhält- ' Da mir von Adapis ein Cranium mit gut erhaltener Schädelbasis vorliegt, glaube ich hier eine möglichst kurze Schilderung dieser bisher noch wenig bekannten Schädelpartie beifügen zu dürfen. Zwischen dem Condylus und dem Hinterende der Bulla tympanica befinden sich drei Foramen, das Condyloidioramen, das ebensogroße Foramen lacerum posticum und ein drittes, etwas kleineres Foramen an der Grenze von Basioccipitale und des an der Basis ganz flachen Petrotympanicum. Es dürfte sich viel- leicht um ein akzessorisches Carotidioramen handeln. Der Carotidkanal würde alsdann mit dem Foramen lacerum posticum zusammenfallen, wäh- rend er bei Zemur das Condyloidioramen zum Eintritt benützt und sich dann nach vorne wendet. Das Styloidforamen liegt in einer Einbuchtung der hinteren Außenecke der Bulla tympanica und das ziemlich große Post- glenoidforamen sehr nahe an dem weiten äußeren Gehörgang. An der Grenze von Bulla tympanica und Pterygoid befindet sich das Entocarotid- foramen dicht neben der ungefähr gleich großen Tuba Eustachii und wie diese im Foramen ovale mündend. Weiter vorne bemerkt man noch Foramen pterygoideum und sphenoideum. Im ganzen ist die Ähnlichkeit in der Gruppierung der Foramina scheinbar viel größer mit den Verhält- nissen bei den höheren Affen (vergl. WORTMAN, Abbildung von Nycti- pithecus, 1. c. p. 154. (170.) Fig. 104) als mit denen bei Zernur (ibid. p. 150. (166.) Fig. 101) oder bei Galago (ibid. p. 152. (168.) Fig. 102), nur darin besteht ein wesentlicher Unterschied, daß der ziemlich große Carotidkanal zwar nahe am Foramen lacerum posticum, aber doch schon auf der Bulla tympanica selbst liegt, was bei Adapis sicher nicht der Fall ist. Adapis würde hierin also mit Zemur übereinstimmen, nur daß dieser einen deut- lichen akzessorischen Carotidkanal an der Hinterseite der Bulla tympanica besitzt, während sich ein solcher bei Adapis nur vermuten, aber nicht direkt beobachten läßt. Auf der von FILHOL (l. c. 8. Taf. 6 Fig. 235) gegebenen Abbildung von A. magnus zeigt zwar die eine Bulla eine dunkle Stelle, die man als Carotidkanal deuten könnte, da aber FILHOL gar nichts hierüber mitteilt und an der anderen Bulla nichts Ähnliches zu sehen ist, darf man wohl kaum von einem wirklichen Kanal sprechen. Bezüglich der übrigen Details glaube ich auf die nebenstehende Abbildung verweisen zu dürfen. Besonders bemerkenswert ist die starke Ausdehnung und Verflachung der basalen Partie des Petrotympanicum und die hier- durch bedingte Einschnürung des Basioccipitale und Basisphenoid, das starke Konvergieren der Pterygoidea und die relativ kräftige Entwicklung und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 209 nisse auf, aber in der Hauptsache zeigt diese Gattung eine eigenartige Organisation, aber keineswegs besondere Ähnlich- keit mit Zemur, sondern wenigstens bezüglich der Lage des Carotidkanals, in allernächster Nähe der Tuba Eustachii, eher mit Galago und noch mehr mit Nyctipithecus. Bei Galago befindet sich der Entocarotidkanal weit vorne, an der Vorder- innenecke der Bulla tympanica, so daß die Carotisarterie direkt in den Großhirnraum mündet, während bei Tarsius dieser Kanal in der Mitte der Bulla tympanica zutage tritt und die Carotis daher die Bulla selbst passieren muß. Wenn nun auch die FILHOL’sche Abbildung von Necro- lemur keine genaueren Details angibt, so läßt sich doch dar- aus mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit entnehmen, daß das Entocarotidioramen wie bei Galago vor und nicht wie bei Tarsius in Mitte der Bulla befindlich war, wie dies wenigstens nach WORTMAN’s Angabe der Fall wäre, dessen Deutungen mir jedoch kaum völlig einwandsirei zu sein scheinen, denn ich sehe an dem mir vorliegenden Schädel von Tarsius keine Spur eines Foramens zwischen Pterygoid und Bulla tympanica, das er als Tuba Eustachii anspricht, wohl aber liegt ein solches neben und zwar außerhalb des Foramen ovale. Necrolemur würde sich daher von Tarsius sehr weit entfernen, wenn dessen Organisation wirklich eine primitive wäre und nicht etwa nur die starke Verkürzung der Schädel- basis weitgehende Modilikationen zur Folge gehabt hätte, von Mastoid- und Styloidfortsatz. Im ganzen hat also auch die Schädel- basis viel mehr Anklänge an die Verhältnisse bei den Carnivoren — z.B. Canis — als mit jenen der Insektivoren, welche WORTMAN zum Ausgangs- punkt seiner Studien gewählt hat. Ich halte es überhaupt für verfehlt, die Organisation der Insektivoren solchen Studien zugrunde zu legen, da sie zweifellos einen hochgradig spezialisierten Formenkreis darstellen, der für die Primaten, Carnivoren und Huftiere keinerlei Bedeutung hat, sondern vielmehr wie diese selbst aus Creodonten hervorgegangen ist. Letztere allein geben uns Anhaltspunkte für die Ermittlung primitiver Organisations- verhältnisse. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 14 910 M. Schlosser, Beitrag zur Ostevlogie unter anderm auch eine Verlagerung des Carotidkanals vom Rande der Bulla tympanica in die Mitte dieses Knochens. Ob jedoch auf diese Verhältnisse wirklich so viel Gewicht gelegt werden muß, wie WORTMAN meint, erscheint einiger- maßen zweifelhaft, wenigstens glaube ich dies aus einer Stelle bei WEBER! entnehmen zu dürfen. Wenn aber hierin in der Tat eine fundamentale Abweichung gegeben wäre, so wäre dies auch zugleich der einzige Grund, welcher gegen eine nähere Verwandtschaft zwischen Tarsius und Necrolemur spräche, denn so groß auch beim ersten Anblick die übrigen Unterschiede im Schädelbau beider Gattungen sind, so wären sie doch kein Hindernis für die Ableitung des Tarsius-Schädels von dem von Necrolemur. Die Unterschiede bestehen in der Länge der Gesichts- partie, in der Niedrigkeit des Craniums, in dem schwachen Ansteigen der Profillinie, in dem ovalen Umriß und der noch ziemlich seitlichen Richtung der Augenhöhlen, in dem Dicht- beisammenstehen der Parietalkämme, die beinahe noch in ' Die Säugetiere p. 46 schreibt dieser Autor: „Das zweite oder parietale Segment wird basal durch das Basisphenoid gebildet... Das Basisphenoid wird bei Monotremen und Marsupialia jederseits durch das Foramen caroticum durchbohrt zum Durchtritt der Arteria carotis interna Sa cerebralise.e Bei den Monodelphia dagegen geschieht der Durchtritt so, daß die Arteria carotis interna an der Grenze zwischen Basisphenoid und Petrosum an den Schädel tritt, längs der Ventralfläche des Petrosum verläuft und hier bei manchen Säugern durch eine Knochenlamelle eingehüllt wird, die von dem Teil des Petrosum, der den Boden der Schnecke bildet, ausgeht und damit den Canalis caroticus bildet. Aus diesem tritt die Arteria durch das Foramen lacerum anterius (medium) zwischen Petrosum, Ali- und Basisphenoid in den Schädel. Ob dieser Gegensatz im Verlauf der Carotis interna aber ein so grundsätzlicher ist, wird zweifelhaft durch den Befund bei Acrobates pygmaeus, bei welchem Marsupialier nach WINCZA die Carotis in den Schädel tritt zwischen Petrosum und Basisphenoid durch ein Loch, das vom Foramen ovale durch eine Knochenbrücke des Basisphenoid getrennt wird wie bei den Monodelphia.“ Es bestünde demnach nicht einmal zwischen Monodelphia und Marsupialia eine allgemein gültige Verschiedenheit. und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 2]] einer Sagitalcrista zusammenstoßen, und in der Lage des Foramen magnum, ganz hinten und schräg zur Schädel- basis. Dagegen hat Tarsius doch auch einiges mit Necro- lemur gemein, nämlich den Beginn des Augenhöhlenvorder- randes oberhalb des P, anstatt erst hinter M,, wie das bei Galago der Fall ist, und die schwache Ausbildung des Kron- und Eckfortsatzes des Unterkiefers, die selbst bei Necro- lemur schon weit hinter den Verhältnissen bei Galago zurück- stehen. Wenn nun also auch Tarsius mit seiner kurzen Schnauze, seinen riesigen, von vorspringenden Rändern umgebenen Augenhöhlen, seinem gewaltigen Cranium und dem fast wie beim Menschen ganz auf die Unterseite des Schädels gerückten Hinterhauptsloch einen von Necrolemur überaus abweichenden Eindruck macht, so zeigt sich doch bei näherer Prüfung, daß diese Unterschiede bloß auf weitgehen- der Spezialisierung beruhen und keineswegs prinzipielle Unter- schiede darstellen. Es sind dies vielmehr Organisations- verhältnisse, welche auch den Ahnen von Tarsius zukamen. Einzig und allein der Verlauf des Carotidkanals durch die Bulla tympanica könnte allenfalls ein Hindernis für die Annahme näherer Verwandtschaft zwischen Tarsius und Necrolemur sein, ein Unterschied, der deshalb Berücksichti- gung verdient, weil eine Tarsius-ähnliche Organisation auch schon bei einer eocänen Gattung, nämlich bei Anapto- morphus, zu beobachten und daher auch bereits bei dem eocänen Ahnen dieser lebenden Gattung vorhanden gewesen sein kann. Überblicken wir nun die Ergebnisse der vorausgehenden Untersuchung, so finden sich bei Necrolemur und Tarsius folgende primitive Organisationsverhältnisse, bezw. Speziali- sierungen: 14 * 212 Tarsius. Necrolemur. Tarsius. Necrolemur. M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie Extremitäten. Primitiv. Femur noch relativ kurz und dick. Verwachsung von Tibia mit Fibula noch kürzer. Calcaneum und Naviculare noch relativ kurz, ersteres noch kürzer als der Unter- kiefer. Gebiß. Anwesenheit von echten C in beiden Kiefern. Einfacher Bau der unteren P. Trituberkuläre obere M. Alle unteren M mit Para- conid versehen. Hinterhälfte der unteren M viel niedriger als die Vorderhälfte. Anwesenheit von echten C in beiden Kiefern. Anwesenheit von drei obe- ken lad)nr Anwesenheit von vier un- teren P. Schwache Entwicklung des Innenhöckers am oberen Br undapr Spezialisiert. Femur ebenso gestreckt wie Tibia. Tibia und Fibula über die Hälfte miteinander verwachsen. Calcaneum und Naviculare lang und dünn, ersteres länger als der Unterkiefer. Femur gestreckt, im wesent- lichen Tarsius-artig. Tibia mit Fibula verwachsen, sehr Tarsius-ähnlich; Tibia gekrümmt. Calcaneum und Naviculare ge- streckt, im Bau Tarsius-artig. Vergrößerung des oberen |],, Verlust eines unteren |. Verkürzung der P. Dreizahl der P. Anwesenheit eines kräftigen Innenhöckers an den oberen@b,ndwr Oberer I, vergrößert. Verlust eines unteren I und Reduk- tion des noch vorhandenen I. ' Ich lege hier die von LECHE gegebene Zahnformel zugrunde, ohne sie jedoch als absolut richtig anzuerkennen. und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 213 Primitiv. Spiezralkissileinit. Necrolemur. — Anwesenheit eines Innen- höckers am unteren P.. — Anwesenheit. - von Zwischen- | höckern und einem zweiten Innenhöcker andenoberenM. _- Verlust des Paraconid am unte- renM, undM,, relativ geringe Höhe der Vorderhälfte der unteren M und starke Runze- lung des Schmelzes. Schädel. Tarsius. Gesicht verkürzt, Cranium groß, gewölbt, Augenhöhlen rund, vergrößert, vorwärts gerichtet, obere Orbitalränder stark vorspringend, Foramen magnum in die Schädelbasis verschoben. Anwesenheit einer hinteren Lacrymalcrista, Lacrymaleteilweise in der Ge- sichtsfläche gelegen, Malare weit nach rückwärts verscho- ben. Starke Verlagerung des Carotiskanals in die Mitte der Bulla tympanica. Necrolemur. Gesicht lang, Cranium nied- rig. Augenhöhlen oval, etwas seitlich gerichtet, ohne vorspringende Rän- der, Foramen magnum noch weit hinten gelegen, Abwesenheit einer Lacry- malcrista, Lacrymale in- nerhalb der Augenhöhle befindlich (?), Malare weit vorne stehend (?), Carotid- kanal neben der Mitte der Innenseite oder vor der Bulla tympanica (?). Wenn wir diese Organisationsverhältnisse gegeneinander abwägen, so finden wir den Extremitätenbau zwar schon bei beiden Gattungen spezialisiert, bei Necrolemur aber doch 914 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie noch in geringerem Grade als bei Tarsius. Zugleich hat aber bei Necrolemur auch eine besondere Differenzierung statt- geiunden, nämlich eine wenn schon geringe Krümmung der Tibia. Im Gebiß verhält sich Tarsius im ganzen entschieden primitiver als Necrolemur, der nur durch den Besitz eines - vierten unteren P und eines dritten oberen I noch hinter Tarsius zurückgeblieben ist. Um so weitgehender sind dagegen die Spezialisierungen des Schädels von Tarsius, indessen besteht, abgesehen etwa von der Lage des Carotidkanals, kaum ein ernstliches Hindernis, diesen Schädel auf einen Necrolemur- ähnlichen Schädel zurückzuführen. Obschon es ja immer etwas mißlich ist, die verwandt- schaftlichen Beziehungen zweier zeitlich so sehr voneinander entfernten Gattungen festzustellen, so düriten obige Daten doch einiges Licht auf dieses Verhältnis werien. Daß die überraschende Ähnlichkeit im Extremitätenbau nur die Folge gleichartiger Differenzierung sein sollte, kann ich unmöglich glauben, ich halte sie vielmehr für ein Zeichen von wirklicher Verwandtschaft, der gemeinsame Ahne dürfte in dieser Hinsicht die Organisation von Necrolemur besessen haben, jedoch ohne die Krümmung der Tibia. Das Gebiß hingegen ist bei Tarsius primitiver in der Form der einzelnen Zähne, bei Necrolemur aber in der Zahl der Zähne. Für den gemeinsamen Ahnen müßte man die Anwesenheit von vier unteren P und eventuell von drei oberen I annehmen, sowie geringere Größe des ersten oberen I und den einfacheren Bau der oberen P, und P, nebst Tarsius-ähnlicher Beschaffenheit der M. Aus einem Necrolemur-ähnlichen Schädel könnte sich der von Tarsius entwickelt haben, sofern nicht etwa der Verlauf des Carotidkanals durch das Petrotympanicum doch eine sehr alte Organisation darstellt, wie man wenigstens daraus schließen könnte, daß sich auch bereits die eocäne Gattung Anapto- morphus hierin ebenso verhält wie Tarsius. | und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 9215 So nahe nun auch die Gattung Necrolemur mit Tarsius verwandt sein mag, so kann sie doch auf keinen Fall sein wirklicher Ahne sein, wohl aber gehören beide höchst wahr- scheinlich dem nämlichen Stamme an, der also schon früh- zeitig eine Sonderstellung innerhalb der Primaten einnimmt und sich von allen durch die eigenartige Spezialisierung der Hinterextremität unterscheidet. Diese Organisation allein be- dingt schon mehrere Vorläufer vor Necrolemur, bevor ein Anschluß an die übrigen Primaten mit freier Tibia und Fibula möglich wird. An dieser Vereinigungsstelle würden wir ver- mutlich zuerst auf die Ahnen der Galaginae und Lorisinae stoßen und erst später auch auf den Anfang der Lemurinen und Indrisinen einerseits und der Adapinen anderseits, von denen die letzteren viel engere genetische Beziehungen zu den ausgestorbenen Riesenlemuren Madagaskars — Megaladapis — haben als zu den lebenden Lemurinen und Indrisinen. Im nordamerikanischen Eocän gibt es nun eine Anzahl Primaten, welche sich im Gebiß ziemlich enge an Tarsius und Necrolemur anschließen und daher vielleicht die Stammiormen dieser Gattungen enthalten könnten. Ihre Extremitäten sind bis jetzt freilich nicht bekannt, doch dürfen wir wohl mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit annehmen, daß sie noch die normale Beschaffenheit der Hinterextremität der Primaten auf- zuweisen hatten, oder doch höchstens erst den Beginn der Spezialisierung von Tarsius und Necrolemur, also etwa ein Stadium wie bei Ofolicnus und Chirogaleus — die Streckung von Calcaneum und Naviculare. Vermutlich war. aber auch diese Differenzierung höchstens der einen oder der anderen Gattung dieser „Anaptomorphiden“ COPE’s eigen. WORTMAN (l. c. p. 29 (225)) teilt die Familie der Anapto- morphidae in die Unterfamilien der Omomyinae und Anapto- morphinae. Die letzteren umfassen nach ihm nur die drei Gattungen Anaptomorphus, Washakius und Necrolemur. Er 216 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie bezeichnet jedoch diese Vereinigung selbst nur als eine pro- visorische, und nach dem, was wir jetzt von Necrolemur wissen, erscheint es auch höchst fraglich, ob dieser Gattung wirklich ein Platz in nächster Nähe von Anaptomorphus zu- kommt, denn sie unterscheidet sich hiervon schon trotz ihres geringeren geologischen Alters durch ihre höhere Zahnzahl —4P. Die Omomyinae, welche OSBORN! sonderbarerweise nur ganz flüchtig erwähnt und z. T. eher mit den Notharctidae als mit den Anaptomorphiden vergleichen möchte, unter- scheiden sich von Tarsius und Necrolemur, sowie von den Anaptomorphinen durch den Besitz von zwei unteren I. Im übrigen hat das Gebiß von Omomys Carteri LEIDY? (= Palae- acodon vagus MARSH) sehr große Ähnlichkeit mit dem von Tarsius, während F/emiacodon? infolge seines komplizierteren unteren P, und der Anwesenheit von Zwischenhöckern aui den oberen M von dieser lebenden Gattung erheblich abweicht und Zuryacodon‘ in dieser Beziehung eine Mittelstellung zwischen Omomys und Flemiacodon einnimmt. Die Mehrzahl der Arten dieser drei Gattungen sind aber schon etwas zu groß, als daß sich die kleinere Gattung Tarsius hieraus ent- wickelt haben könnte. | Im Vergleich zu Necrolemur verhalten sich alle drei primi- tiver durch den Besitz von zwei kräftigen unteren I und durch die Anwesenheit eines Paraconid an den unteren M, dagegen erweist sich Necrolemur als etwas ursprünglicher, weil hier noch ein rudimentärer vierter P im Unterkiefer vorhanden ist. Die Gattung Anaptomorphus?, von der allein auch der Schädel bekannt ist, hat ein offenbar ziemlich stark speziali- 217 e29.38,90- Eis. 19 ®? WORTMAN, ]. c. p. 228. (32.) Fig. 121—123. ® WORTMAN, 1. c. p. 234. (136.) Fig. 129—131. * WORTMAN, 1. c. p. 233. (140.) Fig. 133—134. 5 OSBORN, 1. c. p. 200. Fig. 23, 24. p. 201. Fig. 25, und WORTMAN, el) und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 917 siertes Gebiß, das zwar in der Zahnzahl ganz gut mit Tarsius übereinstimmt, aber im Bau der P und M sehr erheblich von dem der lebenden Gattung abweicht; dafür unterscheidet sich der Schädel wohl nur durch geringere Differenzierung von dem der Gattung Tarsius — Lacrymaliossa größer als bei Tarsius, aber doch schon gleichfalls durch eine Lacrymalcrista gegen die Augenhöhle getrennt, Orbitalrfänder noch wenig vor- springend, Malare wohl noch nicht so weit entiernt vom Lacrymale —, dagegen geht der Carotidkanal nach WORTMAN ebenfalls bereits durch das stark auigeblähte Petrotympanicum. Im Schädelbau bestünde demnach kein Hindernis für die Ab- leitung der Gattung Tarsius von Anaptomorphus, während sich Necrolemur hierin viel primitiver verhält. Dagegen ist der Bau der P und M von Anaptomorphus doch nicht un- wesentlich verschieden von dem bei Tarsius. Was die Gattung Washakius! betrifft, so sind ihre P und die oberen M schon komplizierter als bei Tarsius und die unteren M zeigen wie bei Necrolemur Runzelung des Schmelzes. Tarsius kann daher unmöglich von Washakius abstammen. Necrolemur hat einen viel primitiveren Schädelbau als Anaptomorphus. Auch die Vierzahl seiner unteren P schließt genetische Beziehungen zwischen beiden Gattungen aus. Es könnte sich zwar der Schädel von Necrolemur in den von Anaptomorphus umgewandelt, aber niemals das Gebiß sich zu dem von Anaptomorphus umgestaltet haben. Zudem be- ginnt die Gattung Anaptomorphus früher als Necrolemur. Ein gemeinsamer Ursprung beider Genera ist freilich keineswegs ausgeschlossen, doch müßte man hierbei sicher eine Anzahl Zwischenglieder annehmen. Washakius! endlich ist im Zahnbau zwar primitiver als Necrolemur, aber nicht prinzipiell hiervon verschieden. Nur ı p. 245. [209.) Fig. 142. p. 246. (210.) Fig. 143—146. 218 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie die Anwesenheit von vier unteren P bei Necrolemur spricht gegen die Ableitung dieser Gattung von Washakius. Wir sehen also aus dem Vergleich der eben genannten nordamerikanischen Genera mit Tarsius und Necrolemur, daß zwar vielfache Anklänge zwischen ihnen bestehen, ohne daß es jedoch möglich wäre, direkte genetische Beziehungen nach- zuweisen. Für Tarsius ließe sich allenfalls noch die Ableitung von Omomys einigermaßen wahrscheinlich machen, doch be- dürfte es hierzu noch entschieden einer etwas genaueren Kenntnis dieser letzteren Gattung. Dagegen kann Necrolemur schon wegen der Vierzahl seiner unteren P von keiner dieser nordamerikanischen Formen abstammen. Das Eine geht jedoch mit aller Bestimmtheit aus der Untersuchung der eben besprochenen Gattungen hervor, daß sie einen einheitlichen, wohlumgrenzten Formenkreis darstellen, wie dies zuerst WORTMAN! er- ı WORTMAN, 1. c. p. 173 (411) teilt die Primaten ein in: Cheiromyoidea, Lemuroidea, Anthropoidea. Daß die Aufstellung der Unterordnung der Cheiromyoidea ein Miß- grifi war, da Cheiromys nichts weiter als ein spezialisierter Lemuride ist, bedarf keiner weiteren Begründung. Um so beachtenswerter erscheint dafür die Zusammenfassung der Arctopithecini, Palaeopithecini und Neopithecini — letztere mit den Fa- milien der Adapidae, Cebidae, Cercopithecidae, Simiidae und Hominidae. Zweifelhaft bleibt hier nur die Berechtigung der Aufstellung einer beson- deren Sektion der Arctopithecini für die Hapalidae, die sich doch nicht allzusehr von den Cebiden unterscheiden, denn die Zweizahl der M und die fehlende Opponierbarkeit von Daumen und großer Zehe sind lediglich Differenzierungen und berechtigen am allerwenigsten dazu, Fapale sogar eine tiefere Rangstufe anzuweisen als etwa der Gattung Tarsius. Für nicht ganz richtig möchte ich es halten, die Adapiden den höheren Affen anzugliedern, denn sie sind unzweifelhaft ein primitiver Typus, aus dessen Zähnen zwar die von Megaladapis und allenfalls auch die der eigentlichen Lemurinen entstanden sein dürften, aber schwerlich die von Cebiden und Simiiden. Schädel- und Extremitätenbau verweisen ebenfalls eher auf verwandtschaftliche Beziehungen mit Megaladapis und und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 9219 kannt hat, der für diese Gruppe den Namen Palaeopithecini gewählt und sie zusammen mit den Arctopithecini und Neo- pithecini in die Anthropoidea vereinigt und diese den Le- muroidea scharf gegenübergestellt hat. Es ist dieses Verdienst nicht hoch genug anzuschlagen gegenüber der rückschrittlichen Auffassung LECHE’s, der Tar- sius, Necrolemur und Adapis anscheinend ohne weiteres zu den Lemuriden stellen möchte, die nordamerikanischen Formen aber bei seiner Untersuchung überhaupt vollständig ignoriert hat. Es läßt sich nun allerdings nicht leugnen, daß sowohl das Milchgebiß der Lemuriden oder richtiger der Lemuroidea mit dem von Adapis und Tarsius noch größere Ähnlichkeit hat, als ihr definitives Gebiß mit dem der beiden letzteren Gattungen, ja es würde mich nicht einmal überraschen, wenn die eigentümliche Differenzierung — obere I sehr klein, un- tere I komprimiert und fast horizontal gestellt, unterer C l-artig und unterer P, C-artig entwickelt — im Milchgebiß der Lemuroidea überhaupt noch nicht einmal angedeutet wäre, sondern alle ID, CD und PD noch die normale Ausbildung besäßen und sogar in der Normalzahl aller primitiveren Placentalier, also 2ID+ CD 4PD, vorhanden wären. Jene, überdies doch sehr entfernte Ähnlichkeit berechtigt also noch lange nicht, auch die Gattungen Tarsius, Necrolemur und Adapis in die Familie der Lemuriden oder richtiger in die Unterordnung der Lemuroidea einzureihen. Sie ist vielmehr lediglich ein Beweis dafür, daß auch die Lemuroidea Primaten sind, eine Tatsache, die ohnehin noch niemand bestritten hat. Daß Tarsius in der Systematik eine selbständige Stellung einnimmt, geht aus den Studien EARLE’s mit Sicherheit hervor, Lemurinen als auf solche mit den Anthropoiden. Diese verwandtschaft- lichen Beziehungen berechtigen aber keineswegs, die Adapiden mit den Lemuroidea zu vereinigen, die Adapiden nehmen vielmehr eine selbständige Stellung ein. 220 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie obwohl dieser Autor die Abweichungen von den Lemuroidea entschieden unterschätzt. Immerhin erklärt doch EARLE die Gattung Tarsius als einen synthetischen Typus, welcher die Lemuroidea mit den Anthropoidea verbindet. Auch bemerkt er weiter, daß Zarsius auf einen gemeinsamen Ursprung der Alten und Lemuren hinweist', womit denn doch keineswegs gesagt ist, daß Tarsius selbst ein Lemuroide ist. Es kann dieser Ausspruch vielmehr doch lediglich in der Weise aus- gelegt werden, daß diese Gattung den Überrest eines Formen- kreises darstellt, aus welchem die Lemuroiden einerseits und die Anthropoidea anderseits hervorgegangen sind. Was aber für Tarsius gilt, muß natürlich auch für Necrolemur, der mit ihm doch so nahe verwandt ist, Gültigkeit besitzen. Mithin dari also auch Necrolemur nicht ohne weiteres zu den Le- muroidea gestellt werden, wie dies LECHE tut, und ebenso- wenig ist dies zulässig für die Gattung Adapis. Alle drei genannten Gattungen werden vielmehr am besten in die Gruppe — Unterordnung — der Mesodonta vereinigt, welche auch alle Primaten des nordamerikanischen Eocän umfaßt und den Ausgangspunkt aller Lemuroidea und Anthro- poidea darstellt. Die Lemuroidea sind also keineswegs die ältesten und primitivsten Primaten, sondern im Gegenteil sogar ein sehr junger Formenkreis, was man eigentlich schon aus der großen Zahl und Formenmannigjaltigkeit hätte ersehen können, welche sie gerade in der jüngsten Vergangenheit und in der Gegenwart aufzuweisen haben. Sie sind sicher nicht älter als die Anthropoidea, denen doch gewiß niemand ein sehr hohes geologisches Alter zuschreibt, denn auch ı Science. 5. 1897. p. 260. Seinen Ausspruch: „I believe that this suborder — Lemuroidea — of the Primates is related genetically to the Apes“ halte ich natürlich für keineswegs begründet, da eben die Zu- gehörigkeit von Tarsius zu den Lemuren durchaus strittig ist und ebenso die aller „Mesodonta‘, welche etwa als Ahnen der Anthropoidea in Be- tracht kämen. und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 99] WORTMAN hat dies schwerlich direkt beabsichtigt, als er in die Anthropoidea auch seine Palaeopithecini aufnahm. Tarsius unterscheidet sich von den Lemuroidea durch folgende Merkmale. Er besitzt, wie HUBRECHT gezeigt hat, eine diskoidale deziduate Placenta und ist in der ersten Ent- wicklung mit einem Bauchstiel versehen, wie er bisher nur beim Menschen und den höheren Affen bekannt war. Ein wesent- licher Unterschied besteht ferner in der vertikalen Stellung der I und C, in der eigenartigen Spezialisierung der Hinter- extremität und in dem Verlauf des Carotidkanals durch das Petrotympanicum wie bei den Anthropoidea. Da letzteres Merkmal auch schon bei Anaptomorphus und die Speziali- sierung der Hinterextremität auch bereits bei Mecrolemur, einer gleichfalls eocänen Gattung, vorhanden ist, so wird es sich voraussichtlich um lang vererbte Organisationsverhältnisse handeln, denn selbst wenn die Ahnen von Tarsius diese Organisation unabhängig von jenen beiden Gattungen erworben hätten, so dürite dies schon sehr frühzeitig geschehen sein. Daß die vertikale Stellung der I und C ein primitives Merk- mal ist, braucht nicht weiter begründet zu werden. Dagegen können wir nicht entscheiden, ob die Art der Placentation von Tarsius und die Anwesenheit eines Bauchstiels ursprüng- liche Verhältnisse sind, insofern das fossile Material hierüber keine Auskunit gibt, indessen hält sie WEBER! für primitiver als die Organisation der Lemuren. Wir haben also hinreichende Gründe, um Tarsius von den Lemuroidea zu trennen und ihm eine besondere Stellung im System anzuweisen. Da er hingegen sich aufs engste an die eocänen Gattungen Anapto- morphus und Necrolemur anschließt, welche WORTMAN zu- sammen mit den Omomyinae als Anaptomorphidae in eine besondere Sektion der Palaeopithecini zusammenfaßt, so ist ' Die Säugetiere. p. 750. 222 M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie es nur eine notwendige Folge, auch Tarsius als Familie der Tarsiidae in diese Sektion zu stellen, wie dies auch bereits vonseiten dieses Autors geschehen ist. Nur darin vermag ich ihm nicht zu folgen, daß er diese Sektion in die Anthro- poidea einreiht. Ich halte es vielmehr für richtiger, ihre Organisation, soweit sie primitiv ist, und ihr geologisches Vorkommen dadurch zum Ausdruck zu bringen, daß ich sie mit den übrigen eocänen Primaten in der Unterordnung der Mesodonta vereinige, welche den Lemuroidea sowohl wie den Anthropoidea gleichwertig gegenübersteht. Die Systematik der Primaten dürite sich also am besten in folgender Weise gestalten: I. Unterordnung. Mesodonta mit primitiver Beschaffenheit dene amdam. 1. Sektion. Pseudolemuroidini mit #P. 1. Familie. Hyopsodontidae mit 21. 2. Familie. Notharctidae mit 31. 3. Familie. Adapidae mit 21. 2. Sektion. 'Palaeopitheeini mit Tednzierrens Zahl ders} 1. Familie. "Anaptomorphidae. —| (Omomyinae und Anaptomorphinae). 2. Familie. Tarsiidae. 21. 3. Sektion. Mixodectini. I. anfangs normal und in Dreizahl vorhanden, bald spezialisiert und reduziert zu 41. Zahl der P reduziert. l. Familie. Oldobotidae. 21. I, vergrößert. 2. Familie. Microsyopidae. +1. I, vergrößert. II. Unterordnung. Lemuroidea mit spezialisierten I und C und meist primitiven M. l. Familie. Lemuridae. — unterer C I-artig. M pri- mitiv, größere bis große Formen Megaladapinae, Lemurinae, Indrisinae. i und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur etc. 993 2. Familie. Nycticebidae. 31], unterer C I-artig, M pri- mitiv, kleine Formen Galaginae, Lorisinae. 3. Familie. Chiromyidae. +12C, M vierhöckenig. 4. Familie. Archaeolemuridae. 214C,M vierhöckerig. II. Unterordnung. Anthropoidea mit normalen 21 und C- und spezialisierten M. 1. Familie. Arctopithecidae. 3P2M (Hapale). 2. Familie. Cebidae. 3P3M. 3. Familie. Cercopithecidae. 2P, M mit opponierten Höckern. 4. Familie. Simiidae. 2P, M mit alternierenden Höckern, große Zehe opponierbar. o. Familie. Hominidae. 2P, M mit alternierenden Höckern, große Zehe nicht opponierbar. Unter den Mesodonta hat schon frühzeitig eine Spaltung in drei größere Gruppen stattgefunden, von denen nur eine einzige durch eine Familie und Gatlung noch in der Gegen- wart vertreten ist. Die Pseudolemurini sind die primitivste Gruppe der Mesodonta, und unter ihnen sind wieder die ur- sprünglichsten die Hyopsodontiden, denn sie haben nicht bloß 31, sondern ihre Metapodien haben an den distalen Ge- lenkflächen noch vollständige Kiele, und die Zehenendglieder sind noch als Krallen entwickelt. Gleichwohl ist es nicht aus- geschlossen, daß diese Familie für die Stammesgeschichte der Anthropoidea sehr große Bedeutung hat, denn es bestehen keine prinzipiellen Unterschiede, welche die Ableitung dieser erst im Miocän von Europa und Südamerika auftretenden Unterordnung verbieten würden. Wenigstens die Cercopithe- ciden könnten ganz gut von den Hyopsodontiden abstammen. Die Umwandlung der Molaren wäre in diesem Fall die näm- liche gewesen wie bei den Artiodactylen, also Verlängerung der oberen M, Verschmelzung der Zwischenhöcker mit den Innenhöckern und Vergrößerung des zweiten Innenhöckers, 224 _M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie nebst Verlust des Vorderhöckers — Paraconid — und Er- niedrigung des vorderen Höckerpaares an den unteren M. Die Notharctiden hingegen düriten die Ahnen der Cebiden und indirekt der Simiiden und Hominiden sein, soferne nicht doch gewisse Cebiden etwa auch auf Hyopsodontiden oder, wie WORTMAN meint, auf Omomyinae, also auf Palaeopithecini, zurückgehen. In Europa scheint diese Familie durch eine Pelycodus-ähnliche Form in den Bohnerzen von Egerkingen und durch die Gattung Crypfopithecus aus den eocänen Bohn- erzen von Frohnstetten ' und den oligocänen Braunkohlen von Messel bei Darmstadt ?, mit welcher die Gattung Pronycticebus® in den Phosphoriten von Quercy wahrscheinlich identisch ist, vertreten zu sein, wenigstens schließen sich diese infolge ihrer einfacheren M enger an die Notharctidengattung Pelycodus, als an die Hyopsodontiden an. Die Adapiden endlich sind zweifellos die Ahnen der aus- gestorbenen Megaladapinen Madagaskars, vielleicht auch der Lemurinen und Indrisinen, dagegen kommen als Stammeltern der Nycticebiden wahrscheinlich Palaeopithecini in Betracht, nämlich die Anaptomorphidengattung F/emiacodon, ein Omo- myine, vorausgesetzt daß seine Extremitäten noch keine ähn- liche Differenzierung eriahren hätten wie bei Tarsius und Necrolemur. Die Gattung Anaptomorphus könnte höchstens zu Tarsius führen, während Washakius und Necrolemur schon wegen der Reduktion der I und der Runzelung des Schmelzes der unteren M mit keiner späteren Form in Beziehung ge- 1 SCHLOSSER, 1. c. p. 33. Taf. IV Fig. 55, 60, 62 und die Säugetier- reste aus den süddeutschen Bohnerzen. Geol. u. paläont. Abhandl. von KOKEN. 190275200) Heft 3. p. 16. Tat IEVD)ZEIoS IP 2 WITTICH, Centralbl. f. Min. etc. 1902. p. 289—294. Fig. 1-3. Diese letztere Art „macrognathus“ hat jedoch sicher keine weiteren Nachkommen hinterlassen. 3 GRANDIDIER, |, c. p. 27—31. Fig. 7—9, welcher die Gattung Crypto- pithecus vollständig ignoriert. und systematischen Stellung der Gattung Necrolemur et. 995 bracht werden können. Die Gattung Omomys hingegen hält WORTMAN wegen der Ähnlichkeit der M mit jenen von Chryso- thrix für einen Verwandten der Cebiden. Die Mixodectini, für welche OSBORN die Unterordnung der Proglires aufgestellt hat, sind schwerlich, wie dieser Autor meint, die Ahnen der Nager, denn gegen diese Annahme spricht schon die relative Größe dieser Tiere. Durch die Oldobotinen werden sie mit den Pseudolemurini verbunden, als Nachkommen könnte wohl die lebende Lemuroidengattung Chiromys in Betracht kommen. Wesentlich unsicherer ist die Abstammung der merk- würdigen ausgestorbenen Archaeolemuriden' Madagaskars, denn sie weichen in der Form der M und in der Beschafien- heit des Schädels und Gehirns wesentlich von den übrigen Lemuroidea ab und nähern sich hierin den Anthropoidea. Sie stellen vermutlich den Überrest eines Zwischenstadiums zwischen den Pseudolemurini oder von Omomyinae einerseits und den Cebiden .anderseits dar oder nur eine lemuroide Analogie zu den Anthropoidea, die aber selbst auf Mesodonta und zwar aui Pseudolemurini — Hyopsodontidae oder Notharctidae — zurückgehen dürfte. So zahlreich die Primaten auch im Eocän von Nord- amerika vertreten sind, so verlegt sich die Entwicklung dieses Stammes doch schon frühzeitig nach der östlichen Hemisphäre und zwar vorübergehend nach Europa — Mittel- und Ober- eocän —. Die weitere Stammesgeschichte scheint sich bis zum Mittelmiocän in Afrika abgespielt zu haben. Im Ober- miocän erscheinen Primaten in Patagonien und ungefähr gleich- zeitig auch wieder in Europa. ! GRANDIDIER, 1. c. p. 102. Chapitre Vli. Taf. X—X1l. Textfig. 23>—27. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 5 226 Bier 1. Ay: ao: und: > 6: BEDMT. 28: u)! M. Schlosser, Beitrag zur Osteologie etc. Tafel-Erklärung. Necrolemur Edwardsi FILH. Femur von hinten. Fig. la von vorne, Fig. 1b von außen, Fig. lc von innen. Necrolemur Zitteli SCHL. Unterkiefer von außen. Idem Fig. 4. Necrolemur antiquus FILH. Unterkiefer von oben und von außen. Fig. 3a. M, desselben Kiefers von oben stark vergrößert. Fig. 3b. P,—M, desselben Kiefers von oben 4mal vergrößert. Necrolemur Zitteli SCHL. P,—M, von oben 4mal vergrößert. IdemaRier 2: Necrolemur antiquus FILH. Tibia und Fibula von innen, Fig. 5a von hinten, Fig. 5b von vorne, Fig. Sc von außen. Adapis parisiensis CuV. Calcaneum von oben, Fig. 6a Cuboid- facette, Fig. 6b von innen. Adapis parisiensis CUV. Schädelunterseite, Bulla tympanica links ergänzt nach einem anderen Exemplar. cf Condyloidioramen. flp Foramen lacerum posticum. ac akzessorischer Carotidkanal. ma Meatus auditorius. pgf Postglenoidioramen. ce Exitus Tubae Eustachii. fo Foramen ovale. fpt Foramen pterygoideum. fsp Fo- ramen sphenoideum. fop Foramen opticum. Necrolemur Edwardsi FILH. Calcaneum von innen, nat. Gr. Necrolemur Edwardsi FILH. Calcaneum von oben und Cuboid- facette, nat. Gr. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 997 El Inca, ein neues Meteoreisen. Von F. Rinne und H. E. Boeke in Hannover. Mit Taf. XI—XV und 3 Textiiguren. Im Hinterlande von Iquique (Peru), in der Pampa de Tamarugal wurde im Jahre 1903 östlich der Eisenbahn, die von Iquique nach dem Salpeterwerke von Lagunas führt, und zwar an der Strecke von Bonaventura nach dem Salpeterwerke La Granja, von Prospektoren ein von Wüsten- sand teilweise bedeckter Eisenblock gefunden. Wegen der Ähnlichkeit seines Profils mit den Gesichtszügen eines Peruaners nannten die Finder das Eisen El Inca. Sie ver- suchten vergeblich, den Klumpen mittels Dynamit zu sprengen. Als Merkmal dieses Versuches trägt der Block einer emtieies Loch, wie es auch auf Fig. 2 zu sehen ist. Das Eisen wurde nach Iquique gebracht, wo Herr Berg- ingenieur H. OEHMICHEN davon hörte. Er erwarb den Block von den Findern und überließ ihn dann Herrn Dr. F. KRANTZ in Bonn. Die wissenschaftliche Untersuchung des Eisens, das alsbald als Meteoreisen erkannt war, wurde gemeinsam von den oben genannten Veriassern dieser Abhandlung, F. RINNE und seinem Assistenten Dr. H. E. BOEKE, ausgeführt. Der Meteorit ist in verschiedener Hinsicht von Interesse, so wegen makroskopischer Strukturverschiedenheiten 15* 998 F. Rinne und H. E. Boeke, El Inca, ein neues Meteoreisen. an wechselnden Stellen des Blockes, dann durch mannig- faltige mechanische Störungen des Gefüges, die sich als Verwerfung, Schleppung und Faltung kennzeichnen, ferner durch einen eigenartigen, großen Wechsel der mikro- skopischen Erscheinune” des Blessitss derwseuen auf der kleinen Fläche von Präparaten, wie man sie bei der Betrachtung unter dem Mikroskop gewöhnlich nimmt, eine Fülle verschiedener Texturen aufweist. Erweckte also das Eisen schon in seinem natürlichen Zustande Interesse, so versuchten die Verfasser letzteres noch dadurch zu erhöhen, daß sie das von Dr. F. KRANTZ freund- lichst für die Untersuchung zur Verfügung gestellte Material unter Hinzunahme von etwas Toluca-Eisen für die Meteoriten- - kunde experimentell ausnutzten, insbesondere bezüglich der Kenntnis des Troilits und hinsichtlich der Entstehungs- geschichte der oktaedrisch-schaligen Struktur. I. Beschreibender Teil. Das Gewicht des Eisenblockes betrug 320 kg, seine größte Länge, Breite und Höhe waren 57:02:37 cm. Die A.-G. FR. KRUPP in Essen übernahm das Zerlegen in Platten. Dabei gingen als Abfall beim Zerschneiden und Hobeln der Scheiben 121,5 kg verloren. Der Rest betrug also 198,5 kg und bestand aus 27 Scheiben von ca. 7—20 mm Dicke und 0,8—16,56 kg Gewicht, von denen aber einige weiter zerlegt sind. Der Block war stellenweise vom wehenden Wüstensand blank geschliffen, zumeist aber von einer mehrere Millimeter dicken Rostrinde bedeckt. Bezüglich der näheren Gestaltung seiner Oberiläche mag auf die Fig. 1 und 2 verwiesen werden. Vor dem Schnitt wurde von Dr. F. KRANTZ ein Modell des Eisens angefertigt. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 999 Auf den polierten Platten trat an makroskopischen Verhältnissen außer verschiedenen mit Eisenrost erfüllten Rissen (vergl. Fig. 3) Troilit wechselnd verteilt heraus; auf einigen kleineren Platten fehlt er, wenigstens in makro- skopisch aufiallenden Körnern, auf anderen ist er recht reich- lich zu beobachten derart, daß man z. B. auf einer Eisen- scheibe neben vielen kleineren Durchschnitten sieben große zählen konnte. Eine deutliche Regelmäßigkeit in der Ver- teilung im Block fand sich nicht, wohl aber gelegentlich eine Parallelordnung benachbarter Troilite, wie das Fig. 4 vor- führt. Die größeren Troilite mit Ausmessungen von 32 zu 14 mm, 16 zu 15 mm u. dergl. haben meist die bekannte Tropfeniorm, unter den kleineren findet man nicht selten lamellare Entwicklung und ferner auch eine eckige Gestalt in öfter ziemlich deutlicher Anpassung an die Kamazitlamellen ähnlich der Plessitausgestaltung (vergl. die kleineren Durch- schnitte der Fig. 5). Alle Platten wurden geätzt, und zwar mit verdünnter Salpetersäure. Präparate für mikroskopische Untersuchung wurden zu- meist mittels einer Lösung von 5°), Salpetersäure von 1,4 spez. Gew. in absolutem Alkohol bei einer Einwirkung von wenigen Minuten hergestellt. Schaustücke wurden kräftiger geätzt. Es zeigte sich alsbald, daß ein großes nach dem Oktaeder schaliges Eisenkorn mit Kamazit, Taenit und Plessit in dem Block vorlag. Es handelt sich also im physikalisch-chemischen Sinne um ein unigranes hypeutrop-lacunitisches Meteoreisen!, was die Analyse, die von Herrn HALBACH in Mülheim an der Ruhr ausgeführt wurde, bestätigte. Sie ergab: ı! F. RINNE, Technisches und meteorisches Eisen. Neues Jahrb. f. Min. efe- 1905. I. p. 122. 930 F. Rinne und H. E. Boeke, El Inca, ein neues Meteoreisen. Be 1.2 N 90,734 Nut RE 8,200 Co: ER FEDENFRTT NG: 0,220 Pau. nee 0,234 S NER N aa AO 0,001 RR REN ee 0,243 (BE re Ah 0,345 Danach liegt also ein Glied der oit geiundenen Art von Meteoreisen vor, deren chemische Zusammensetzung in die Mischungslücke von nickelarmem Nickelierrit (Kamazit) und nickelreicherem Nickelferrit (Taenit) fällt, und die sich wegen dieser lacunitischen Zusammensetzung bei ihrer Erkaltung in die beiden Extreme Kamazit und Taenit aufgeteilt haben. Der Gesamtnickelkobaltgehalt (8,42°/,) überschreitet also die maximale Sättigungsstufe des Kamazits an Ni--Co (ca. 6,5 °/,), erreicht aber nicht die eutropische Zusammensetzung: Es liegt, wie erwähnt, ein hypeutrop-lacunitisches Eisen vor. Das spezifische Gewicht des Eisens wurde zu 7,64 bei 20,5° bestimmt. Der Schnitt durch dies unigrane Meteoreisen entspricht einer schiefen Fläche durch den Oktaederbau. Man findet vier Züge von Lamellen, die sich auf den Scheibenssonı-t Annahme eines Zuges als Grundstrecke mit letzterer unter Winkeln von im Mittel 9°, 85° und 112° schneiden. Gelegent- lich tritt ein Zug gegenüber den drei anderen zurück, fehlt auch wohl ganz, wie das auf Fig. 6 zu sehen ist, im Gegen- salz z. B. zu Fig. 4, wo .alle yier Züge denllichezse wickelt sind. Die Lamellen stellen. sich in einer Breite von 12 mm dar. Ein Zug erscheint wegen der schiefen Schnittlage öfter breiter als die anderen. Die Balken des Kamazits lassen sich oft ziemlich weit veriolgen, solche von 3—5 cm Länge sind nicht selten. Der Taenit tritt makroskopisch nicht sonderlich hervor. Der F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 23] Plessit ist recht ungleichmäßig verteilt. An einzelnen Stellen bildet er große, bis 1,o cm lange Maschenfüllungen. Hier- für gibt Fig. 6 eine Anschauung. An anderen Partien hin- gegen wird er vom Kamazit sehr in den Hintergrund ge- drängt, wie das Fig. 9 zeigt. Man sollte annehmen, daß die chemische Zusammensetzung solcher mit Plessit ver- schieden ausgestatteter Partien voneinander etwas abweicht und daß sich der Nickelgehalt an den an Kamazit reichen Stellen der Zahl 64 °/, nähert, während er bei plessitreichen Stücken über 8,2°, hinausgeht!. Im übrigen wechselt der Plessit recht sehr im makroskopischen Aussehen. Zumeist ist er matt und grau, z. T. aber streilig durch Taenitbänder glänzend. Hier und da im Kamazit und am Troilit findet man Schreibersit, von dem nichts beobachtet wurde, über das zu berichten nötig wäre. Nach der Analyse zu urteilen, dürften wohl auch Cohenit und Daubreelith gelegentlich zu finden sein, die uns aber nicht deutlich zu Gesicht ge- kommen sind. Auf die mikroskopischen Verhältnisse des Eisens soll weiter unten eingegangen werden. Hier seien zunächst noch einige makroskopisch auffällige Besonderheiten hervorgehoben, nämlich Störungen des normalen Baues. Man erkennt sie am ehesten am Troilit. Seine oft großen, rundlichen Gebilde sind gelegentlich in Teilstücke zerlegt, die aneinander verschoben sind. Man erkennt das z. B. in Fig. 7. Solche Verwerfungen setzen sich auch deut- lich in das Eisen selber fort. Man sieht dann, wie z.B. ein Plessitfeld durchschnitten und in sich verschoben ist, ander- ' Bei der groben Struktur der oktaedrischen Meteoreisen gibt wohl keine der bekannten Analysen den wirklichen Mittelwert der chemischen Zusammensetzung. Örtliche Anreicherungen werden in den Analysen meist nicht zur Geltung kommen; so z. B. bietet auch der S-Gehalt in der Analyse des Inca-Eisens kein Maß für den Anteil des Troilits dar. 932 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. seits bringt es die Zähigkeit von Kamazit und Taenit mit sich, daß iörmliche Schleppung stattgefunden hat (Fig.7 u. 8), auch treten neben Verwerfungsklüften richtige Faltungen auf, was Fig. 9 an den Taenitstreiien besonders deutlich vorführt. Die Erklärung für solche mechanische Störungen kann wohl auf verschiedene Umstände zurückgreifen. Da man es in dem vorliegenden Meteoreisenblock mit einem Korn einer doch wohl einst aus vielen solchen Körnern bestehenden Eisenmasse zu tun hat, so mögen schon bei dem Zerfall des Eisenpegmatits in einen Eisenriesengrus Druckkräfte sich in oben erwähnter Weise geltend gemacht haben. Natürlich kann auch der Stoß auf unsere Erde mit ähnlichen Umständen verknüpit gewesen sein. Ferner ist nicht unmöglich, daß eine Modifikationsänderung, die der Troilit erfahren hat, und die mit Volumvermehrung verbunden ist, in der Umgebung größerer Sulfidteile mechanische Wirkungen ausübte, wie das verschiedentlich angenommen wird. Schließlich mag auch der oben erwähnte Sprengversuch Ursache von mechanischen Änderungen im Bau des Inca-Eisens geworden sein. Daß die erwähnten Störungen und auch der Verlauf großer Risse (Fig. 3) gern an im Schnitt sichtbaren Troiliten erscheinen, spricht im übrigen nicht unbedingt dafür, daß der Modilikationsumschlag des Troilits die Störungsursache ist. Man muß sich vergegenwärtigen, daß die großen Troilite als Unterbrecher der Gleichmäßigkeit auch bei mechanischer Beeinflussung von außen her als Störungskerne wirken, ähn lich wie es z. B. bei basaltischen Pilastersteinen Olivinknollen tun, von welchen erfiahrungsmäßig Rammsprünge gern aus- gehen. Eine zweite Art von Unregelmäßigkeiten im Lamellen- bau des vorliegenden Eisens ist allem Anschein nach bei der Kristallisation des Kamazits, Taenits und Plessits zustande gekommen: beim „Umstehen“ des Meteoreisens, also bei der F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 933 Entwicklung. des oktaedrischen Schalenbaues in dem bereits festen Eisen!. Bei diesem Umkristallisieren dienten die früher bereits aus dem Schmelziluß abgeschiedenen Troilitkörner z. T. als Ansatzpunkte der Neukristallisation, z. T. stellten sie sich der Ausbildung gerade verlaufender Kamazitblätter hemmend in den Weg. Es handelt sich dabei um die auch bei anderen Eisen oit beobachteten Erscheinungen des sogen. Wickelkamazits, der wie die Schale den Nußkern oder die Hülse eine glatte Frucht umgibt. Man würde ihn daher wohl besser mit REICHENBACH Hülleisen oder Hüllkamazit bezw. Kelypho- kamazit? nennen. Auch findet sich bei unserem wie anderem Eisen gelegentlich das bekannte Ausbiegen von Lamellen in der Nähe von Troiliten. Die Fig. 10 gibt hierfür ein Beispien Von mikroskopischen Verhältnissen seien im An- schluß an die soeben erwähnten Störungserscheinungen solche im Kleingefüge angeführt. Man bemerkt sie am gestörten Verlauf der NEUMANN’schen Linien im Kamazit. Letztere haben in der Nähe von Troilit zuweilen einen welligen Ver- lauf. Ganz ähnliche Störungen solcher Eisenzwillingslamellen findet man gelegentlich in der Umgebung von Schreibersit geeudenllich: Das ist in Fig. 11 zusehen, auf deren Originalstück zur Vergewisserung, daß ein harter Gemengteil vorliegt, ein Strich mit einer Stahlnadel gezogen ist, die den Kamazit, wie die Figur erkennen läßt, weit tiefer geritzt hat als den Schreibersit. Der Kamazit erweist sich in bekannter Art verhältnis- mäßig grob zerklüftet, wie z. B. Fig. 12 vorführt. Was be- reits F. BERWERTH vermerkte, daß nämlich der Verlauf ı F. OSMOND et G. CARTAUD, Sur les fers meteoriques. Revue de Metallurgie.e Memoires 1904. p. 69. — F. RINNE, Technisches und meteorisches Eisen. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1905. p. 122. ? 70 xz&)vgos Nußschale. 934 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. NEUMANN’scher Linien durch die Kluftränder nicht beeinflußt wird, tritt auch in unseren Präparaten heraus. F. BERWERTH vergleicht daher mit Recht diese Körnelung des Kamazits mit der Klüftung des Olivins. Es sei gleich hier erwähnt, daß der Kamazit des Plessits eine Körnelung gleichfalls erfuhr. Entsprechend z. B. der Fig. 15 ist sie aber viel feiner als in den Balken. Beim Taenit wurde eine solche Körnelung von uns nicht beobachtet. Als Plattierung der Kamazitlamellen spielt der Taenit im vorliegenden Eisen eine nur unter- geordnete Rolle. Oft stoßen die Plessitfelder, allerdings gern mit einer Taenitanreicherung am Rande, an die Kamazit- balken unmittelbar an. Gelegentlich sieht man, wie ein Taenitstreifen zwischen zwei Kamazitbalken in seinem Längs- verlauf durch Aufnahme von Kamazitteilchen in Plessit über- geht (Fig. 13 u. 14 als Forts. v. 13). Bemerkenswert für Taenit ist noch eine auch bei anderen Eisen bekannte Zonarstruktur, die sich beim Ätzen geltend macht. Man erkennt dann, wie es z. B. Fig. 14 zeigt, daß eine helle Außenzone als Rahmen ein dunkles Innenield umgibt. Es deutet dieser Unterschied auf wechselnde Zusammensetzung des Taenits hinsichtlich seiner inneren und äußeren Teile hin. Weil dieser Unterschied in der Färbung sich erst beim Ätzen herausstellt, wird es sich bei den inneren Teilen wahrscheinlich um die feste Lösung einer durch Salpetersäure zerlegbaren Substanz im Taenit handeln. Es kann in der Hinsicht als Analogon auf den Phosphor- ferrit hingewiesen werden, der durch Aufnahme von mehr und mehr Eisenphosphid beim Ätzen immer dunklere Töne. annimmt!. Vergleichbar ist auch das Auftreten eines beim Ätzen erscheinenden dunklen Kristallisationshofes, den der ı J. E. STEAD, Iron and Phosphorus, The Metallographist. 4. 190.289. | F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 9235 eine! von uns bei einer Magdeburger Eisensau beschrie- ben hat. Bei der nicht bedeutenden Rolle, die der Schreibersit bei vorliegenden Eisen spielt, der in Form von einigen Milli- meter langen, nichts Besonderes bietenden Einlagerungen im Balkenkamazit beobachtet wurde, erübrigt es sich, aui seine mikroskopischen Verhältnisse näher einzugehen. Von der Natur des Troilits wird weiter unten im experimentellen Teil dieser Arbeit ausführlich gesprochen werden. Recht bemerkenswert ist die schöne Mannigfaltigkeit des Plessits. Im Inca-Eisen sind eine ganze Reihe von Plessittypen dicht nebeneinander entwickelt, ein Umstand, der darauf hinweist, daß eine Verschiedenheit der Plessit- erscheinung nicht notwendigerweise auf verschiedene Eisen hinweist. Dabei ist auch nicht zu vergessen, daß die Schnitt- lage von Einfluß ist, so müssen natürlich z. B. stengelige Taenitzüge in Schnitten senkrecht zur Längsentwicklung der Stäbe rundlich erscheinen u. dergl. mehr. Am ehesten wird die Fülle der Erscheinungen durch Betrachtung der Bilder klargelegt. So mögen also, unter Vermeidung ermüdender Beschreibung, die Fig. 14—23 die Haupttypen der Plessitentwicklung, wie sie auf den Schnitt- flächen erscheint, wiedergeben. Natürlich sind noch mancherlei Abarten im einzelnen zu beobachten. Eine interessante Erscheinung bezüglich der Auffassung der Plessitnatur ist das perlitoide oder krummblättrige Geiüge in Fig. 15. Bekanntermaßen bezeichnet man als Perlit das eutropische Gemenge von Ferrit und Cementit (Cohenit) des technischen Eisens. Es kennzeichnet sich, wie manche Eutektika z. B. von Silber und Kupfer durch im ‘ F. RINNE, Ein 1831] bei Magdeburg gefundenes Eisen. Neues Jalhrb. f. Min. etc. 1906. II. 61. 236 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. Schnitt mäandrische Zeichnungen der Bestandteile. Die Fig. 15 erinnert durchaus an solche Verhältnisse, ins- besondere an das grobe Geäder des Zementstahls, das nach- gewiesenermaßen auch ein Eutropikum, also im festen Zu- stande des Eisens entstanden ist!. In anderen Fällen sind die Taenitlamellen im Plessit mehr gerade im Verlauf; es liegt dann ein ebenblättriges oder event. gradiädiges Gefüge des Plessits vor. Dabei sind die Taenitlamellen von ziemlich gleicher Stärke in ihrer ganzen Ausdehnung (Fig. 17 links unten und Fig. 18). Anderseits schwellen aber diese Schnitte durch Taenitlamellen oder Taenitiäden nach dem Plessitfeldrande zu an (Zapien- geliüge Fig. 16). Weiterhin kommt recht häufig eine zier- liche Skelettstruktur vor, hervorgerufen durch kristallo- graphisch regelmäßig in einen Taenituntergrund gelagerte gröbere oder feinere Kamazitschnitte (Fig. 17 rechts oben, Fig. 19. u. Fig.' 20). Man unterscheidet Tanchhereden Kamazit meist leicht vom Taenit durch Andeutung der Zer- klüftungsstruktur des ersteren. Weiter kommt es vor, daß der Kamazit aus dem Taenituntergrunde iast ganz oder schließlich vollständig verschwindet, so daß also stellenweise nur eine Taenitlamelle zwischen zwei Kamazitbalken übrig bleibt, die dann, wie bereits früher erörtert, in ihrem Verlauf wieder Plessitstruktur annehmen kann (Fig. 13 u. 14). Im starken Gegensatz dazu erscheinen andere Fülleisen- felder mit sehr vorwaltendem Kamazit in Körneriorm und also nur spärlich eingelagertem Taenit, wie in Fig. 22. Bemerkenswert sind Erscheinungen wie in Fig. 23, wo man am Rande zapienförmige und in der Mitte rundliche Taenit- schnitte hat, letztere wohl Querschnitte von senkrecht zur Schnittfläche stehenden Zapfen (vergl. auch Fig. 18). ! Der Zementstahl wird durch Glühen von C-armem, schmiedbaren Eisen in Holzkohle (ohne Schmelzung) dargestellt. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 937 Rechnet man nun noch hinzu die Formen des Plessits, dieskombinierte Typen vorstellen, wie z. B. Fig. 21, so läßt sich schon aus der obigen kurzen Zusammenfassung die Mannigfaltigkeit der mikroskopischen Erscheinungen ermessen, die den Plessit im vorliegenden Eisen in so lehrhafter Weise auszeichnet. I. Experimenteller Teil. Viele Fragen, die bezüglich der Meteoreisen noch zu er- ledigen sind, lassen sich nur an der Hand von Versuchs- ergebnissen beantworten. So wurde denn auch die vorliegende Gelegenheit benutzt, um einige solcher Aufgaben ihrer Lösung näher zu bringen, und zwar wurde hier einerseits die Ent- stehungs- und Umwandlungsgeschichte des Troilits und ferner die Entwicklung des Oktaederbaus im festen Zustande des Eisens, also das „Umstehen“ des Meteoreisens experimentell veriolgt. 1. Experimentelle Untersuchungen an Schwefeleisen. Bezüglich des Troilits sind die ausgezeichneten Unter- suchungen von TREITSCHKE und TAMMANN! grundlegend geworden. Danach können die Verhältnisse des binären Systems Schwefeleisen-Eisen im nachstehenden vereinfachten Diagramm von TAMMANN und TREITSCHKE gekennzeichnet werden (Textiig. 1). Zum näheren Verständnis sei vermerkt, daß auf der Abszisse die Zusammensetzung in Gewichtsprozenten, auf der Ordinate die Temperatur abgetragen ist. Die Schmelzpunkte von reinem Eisensulfid und von reinem Eisen sind auf den äußersten Ordinaten bei 1300° und 1540” vermerkt. Über der Linie HECBA erstreckt sich das Bereich des Flüssigen, “ W. TREITSCHKE und G. TAMMANN, Über das Zustandsdiagramm von Eisen und Schwefel. Zeitschr. f. anorg. Chemie. 49. p. 320. 1906. 938 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. das also bei der eutektischen Zusammensetzung (84°/, FeS 16°/, Fe) bis zu 970° herabreicht. Verfolgt man im Diagramm eine beliebige Schmelze, gegeben durch einen oberhalb HECBA gelegenen und entsprechend Temperatur und Zu- sammensetzung festgelegten Punkt, und läßt erkalten, so be- N SS u 5 S a Ss Sn an} ln! R SA Be: S PS I an 2 2 U >, 0 D S So @ Dres Re) & 2 /8-Mischkryst. + z > S y Tischkryst. Mischkr tä8-Eisen yWÜ /3 Mischkryst+a-Eisen 4) 0) R> > S S > S er ‘ aQ 2% 16 20 92 96 FeS Gemichtsproz.Fe. Fe Texttio: ginnt die Verfestigung dieser Schmelze dort, wo die durch den darstellenden Punkt gezogene Ordinate die Linie HECBA trifit. Es sind nun folgende Fälle zu unterscheiden: 1. Durchschneidet die Ordinate des darstellenden Punktes, wie es bei Mischungen in den Grenzen von 100°, Fe bis 96°/, Fe 4°/, FeS der Fall ist, den oberen Abschnitt von AB, F. Rinne und H. E. Boeke, El Inca, ein neues Meteoreisen. 239 so enistehen einheitliche y-Eisen-Mischkristalle von der Zu- sammensetzung der Schmelze. Sie wandeln sich zwischen 850° und 780° in £-Eisen und bei 780° in «-Eisen unter Aussonderung von £-Suliid-Mischkristallen (mit 2°/, Fe) um. Letztere erfahren bei 130° einen Umschlag in «-Sulfidkristalle. 2. Stößt der darstellende Punkt auf den unteren Ab- schnitt von AB, was bei Schmelzen zwischen 96°), Fe Bernd 922, Bela‘), FesS- sich ereienet, so scheiden sich aus der Schmelze (nach Bildung und Wiederaufzehrung eisenreicherer Mischungen) bei 1400° „-Eisen-Mischkristalle der Zusammensetzung F (d. h. mit 4°/, FeS) aus; der Schmelzrest hat die Konzentration B erhalten. Diese B-Flüssigkeit wird nun aber bei weiterer Wärmeentziehung unter fortgesetzter Absonderung von F-Kristallen allmählich in eine solche von der Konzentration C umgewandelt, denn Flüssigkeiten der Mischungen zwischen B und C sind im System FeS—Fe bei 1400° nicht möglich. Die B-Flüssigkeit verschwindet all- mählich zugunsten der C-Schmelze. Diese Flüssigkeitsaufteilung ist ein besonders wichtiger Umstand bei dem in Rede stehenden Schmelzfluß-Diagramm. Bemerkenswert ist dabei, daß die Schmelzen B und C trotz ihres verschiedenen spezifischen Gewichts sich wegen großer Viskosität nicht in Schichten übereinander trennen, vielmehr eine Emulsion bilden. Veriolgen wir die Kristallisation bei nunmehr unter 1400° sinkender Temperatur weiter, so ist eine Fortsetzung der Aus- scheidung von y-Eisen-Mischkristallen zu verzeichnen zunächst bis 970° erreicht sind, bei welcher Temperatur es dann auch zur Bildung von #-Sulfid-Mischkristallen (mit 2°), Fe) im eutektischen Gemisch mit y-Eisen-Mischkristallen kommt. Nunmehr veriestigt sich die Schmelze unter Temperatur- konstanz. Beim weiteren Abkühlen des entstandenen Ge- menges wandeln sich wie im ersten Fall die y-Eisen- 940 F. Rinne und H. E. Boeke, El Inca, ein neues Meteoreisen. Mischkristalle schließlich in «-Eisen und $-Sulfid-Mischkristalle und letztere (natürlich auch die schon vorher aus der Schmelze gebildeten) in die «-Modifikation um. 3. Schmelzen, deren Konzentration zwischen B und C fällt, sind bei 1400° in die flüssigen Teile B und C gesondert; sie sind dann nämlich im Aufteilungsbezirk, welcher sich über der Horizontalen BC erhebt und seitlich durch die von B und C nach oben sich erstreckenden punktierten Linien begrenzt ist. Der Verlauf der Differenzierung bei weiterem Abkühlen ist wie im Falle der Konzentrationen zwischen B und F, d. h. B verschwindet unter y-Eisen-Mischkristallbildung zugunsten von C, und nach weiterer y-Eisen-Mischkristall- ausscheidung kommt es zum Eutektikum E und zu den bekannten Umwandlungen der Eisen- sowie der Suliid- komponenten. 4. Entsprechend geben Schmelzen der Zusammensetzung zwischen C und E zunächst y-Eisen-Mischkristalle; o. solche zwischen E und D #-Sulfid-Mischkristalle und beide dann das Eutektikum; 6. solche der Konzentration zwischen 100°), FeS und D (mit 2° Fe) einheitliche £#-Sulfid-Mischkristalle und beim weiteren Erkalten die entsprechende Umänderung. Zusammeniassend sei hiernach vermerkt, daß die Abschnitte der Linie erster Ausscheidung HECBA bedeuten: AB Aussonderung von y-Eisen-Mischkristallen, BC Aufteilung in die beiden Schmelzen B und C, die emulsionsartig ge- mischt bleiben und mit y-Eisen-Mischkristallen im Gleich- gewicht sind, CE Ausscheidung von y-Eisen-Mischkristallen und HE Kristallisation von £-Suliid-Mischkristallen. Die Vor- gänge beim Überschreiten der Grenzliniie HECBA lassen sich aus dem Diagramm unmittelbar ablesen unter Berück- sichtigung der Beschriftung in den Feldern, in welche der darstellende Punkt beim Absinken eintaucht. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 94] Bezüglich der Anwendung des Diagramms auf Meteoreisen ist nicht anzunehmen, daß es sich bei letzteren um eine Schmelze mit überwiegendem Sulfid handelte. Es wird auch ursprünglich ein Gemisch mit stark vorwaltendem Eisen vorgelegen haben. So wäre denn, unter Berück- _ sichtigung der bekannten Erscheinungsart des Troilits, die Differenzierung der im Diagramm weit rechts liegenden Mischungen zu verfolgen. Wie sich die Kurven bei dem für Meteoreisen kenn- zeichnenden Nickel-Kobalt-Gehalt der Schmelze verschieben, ist eine der vielen noch nötigen Untersuchungen experimen- teller Meteoritenkunde. Sehr unwahrscheinlich wäre es aber, anzunehmen, daß die für das System Fe—FeS so kenn- zeichnende Aufteilung in zwei flüssige Phasen bei nickel- und kobalthaltigen Schmelzen verschwindet. So wird man also an der Hand des Diagramms zur Annahme geführt, daß eine nickelhaltige, eisenreiche Eisen- Eisensulfid-Schmelze, falls ihr Sulfidgehalt ein gewisses ge- ringes Maß (nämlich F) überschreitet, zunächst Eisenkristalle mit etwas Sulfidbeimischung ausschied und daß sich dann in der Restschmelze flüssige, an Sulfid reiche Tropfen emulsionsartig aussonderten. Aus ihnen kristallisierte bei weiterem Erkalten noch etwas Eisen, bis das FEutektikum erreicht wurde, im übrigen Beecnzdiese STropfien nunmehr erstarrt inVden ersenantisen, rundlichen Troiliten des Meteor- eisens vor, deren Bildung und merkwürdige Ge- Bastehl aut diese Weise erklärt. Es waren emulsionsartig aus der Schmelze ausgeschiedene Tropien, die bei Erreichung der eutektischen Zusammen- setzung erstarrten. Inwieweit diese Troilitsphäroide ihre eutektische Mischung noch bewahrt haben, ist ohne experimentelle Feststellung der N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 16 942 F. Rinne und H. E. Boeke, El Inca, ein neues Meteoreisen. Zusammensetzung des Eutektikums nickelhaltiger Eisen- Eisensuliid-Schmelzen nicht zu sagen. Die Troilit-Analysen können nicht ohne weiteres für die Bestimmung der chemi- schen Natur des besagten Eutektikums verwandt werden, da mechanisch beigemengtes (event. zum Eutektikum gehöriges) Eisen bei chemischen Untersuchungen zumeist entfernt wird, und ierner weil sehr wohl anzunehmen ist, daß bei der lang- samen Erstarrung des Meteoreisen-Eutektikums keine innige Durchdringung der eutektischen Gemengteile bestehen blieb. Es ist nämlich bekannt, so z. B. bei Silber-Kupfer-Legierungen, daß die eine Komponente bei langsamer Abkühlung aus dem Eutektikum gern auswandert und sich an die bereits als Überschuß vor der eutektischen Temperatur abgesonderte gleiche Komponente ansetzt, ähnlich wie bei der Bildung der Grundmasse von porphyrischen Eruptivgesteinen auch die Einsprenglinge noch wachsen. So mag denn sehr wohl aus dem Troiliteutektikum Eisen ausgewandert sein und sich an bereits vorher abgeschiedenes Eisen gesetzt haben. Daß die Sulfidtropfen bei der Kristallisation ihre rund- liche Form behielten, ist zwar ein eigenartiger, aber doch nicht auf das meteorische Sulfiid beschränkter Fall. In der Hinsicht sei an die von dem einen von uns beschriebenen kugelrunden Eiskristalle! sowie an die silikatischen Chondren der Meteorsteine erinnert. Es wäre im übrigen zu unter- suchen, ob bei letzteren, event. auch bei knolligen und sphärolithischen Gebilden der Eruptivgesteine, nicht auch noch eine weitere Analogie mit den Troilitchondren der Meteoreisen und ihrer Entstehung aus einer Emulsion vorliegt. Daß die Troilitsubstanz ihre rundliche typische Flüssig- keitsgestalt nicht immer beibehielt, zeigen die bekannten SCHREIBERS-REICHENBACH’schen Lamellen. Im übrigen haben ! F. RINNE, Kugelrunde Eiskristalle und Chondren von Meteoriten. Neues Jahrb.@f.. Min: etc. 1897.7L.7p. 299. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 943 sie mit den Troilitknollen gemein, daß sie dem Oktaederbau nicht angepaßt sind. Die genannten Troilitlamellen wurden offenbar in ihrer Lagerung durch einen ehemals anderen Bau des Meteoreisens bedingt, der durch Umstehen des Eisens verschwunden ist. Zur selben Auffassung, die von dem einen! von uns früher entwickelt ist, gelangt man auch an der Hand des TREITSCHKE -TAMMANN’schen Fe-—FeS- Diagramms. Dem- zufolge ist der aus dem Schmelzfluß ausgeschiedene Troilit (mit seinem Begleiter im Eutektikum) dessen jüngste Bil- dung. Nun stimmen aber die Meteoritenkenner darin überein, daß die Troilitknollen und die SCHREIBERS-REICHENBACH’schen Troilitlamellen älter sind als das Kamazit-Taenit-Plessit-Gefüge. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich dadurch, daß das Meteoreisen im festen Zustande ähnlich dem technischen Eisen eine Umkristallisation erfuhr, deren Ergebnis das jetzige Eisengefüge ist. Während also der erwähnte Troilit bei der Differenzierung der Schmelze zur letzten Ausscheidung rechnet, so ist er als erhalten gebliebener Bestandteil des früheren Zustandes gegenüber der Neuordnung des Eisens eine alte Erscheinung. Er ist ein Zeuge des früheren Zustandes der Dinge. Schließlich ist noch die Umwandlung von y-Eisen- Mischkristallen in 8- und dann «-Eisen unter Ausscheidung von Eisensulfid in Betracht zu ziehen. Man hat, wie er- wähnt, bei den künstlichen Fe—FeS-Gemischen zwei Gene- rationen von Sulfid: eine Ausscheidung aus dem Schmelz- Huß und eine Absonderung aus fester Posung: TESFistzan- zunehmen, daß derartiges auch bei nickelhaltigen Fe—Fe S- Gemischen, also bei Meteoreisen vorkommt, und recht wohl möglich, daß man in kleinen Troiliten, die dem Oktaederbau ı F. RINNE, Technisches und meteorisches Eisen. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1905. I. p. 122. 162 944 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. angepaßt sind und die auch bei der Beschreibung des Inca- Eisens erwähnt sind (vergl. Fig. 5), solche Aussonderungen aus iester Lösung vor sich hat. Eine besondere Beachtung erfuhr von uns die Zustands- änderung, die Schwefeleisen im festen Zustande bei verhältnismäßig sehr niedriger Temperatur (nach dem Diagramm bei 130°) erfährt. Wir überzeugten uns, daß dies auch für Troilit zutrifit, der also bei niedriger Temperatur als «-Troilit und bei höherer als ca. 140° in einem $-Troilitzustande vor- kommt. Um die Untersuchung dieses bemerkenswerten Umstandes auf eine breitere Basis zu stellen, wurde auch käufliches und von uns künstlich hergestelltes Schwefeleisen sowie Magnet- kies von Bodenmais (Bayern) studiert. Es ergab sich zu- nächst ein eigenartiger Widerspruch im Verhalten dieser doch sehr verwandten Körper, der aber dann glücklich auf- geklärt wurde und zu einem mineralogisch ganz interessanten Ergebnis bezüglich Modifikationsänderung von Mischkristallen führte. Aus den Arbeiten von LE CHATELIER und ZIEGLER! sowie von TREITSCHKE und TAMMANN? ist es bekannt, daß käufliches Schwefeleisen bei ca. 130° eine Modifikations- änderung erfährt. Sie äußert sich in einer recht deutlichen Wärmetönung und einer Volumveränderung, derzufolge Porzellanröhrchen, in denen das Sulfid geschmolzen wurde und abkühlt, bersten. Wir machten nun die auffallende Beobachtung, daß von uns selbst dargestelltes Schwefeleisen die besagte Umwand- lung nicht aufwies. Bezüglich der Herstellung unseres Sulüids ! LE CHATELIER et ZIEGLER, Sulfure de fer. Bulletin d. I. societe d’encouragement de l’industrie. Sept. 1902. p. 368. ®? W. TREITSCHKE und G. TAMMANN, Über das Zustandsdiagramm von Eisen und Schwefel. Zeitschr. f. anorgan. Chemie. 49. p. 320. 1906. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 945 sei vermerkt, daß wir es einmal durch Verglimmen von reinem Eisen mit Schwefel unter Luftabschluß, anderseits durch Aus- fällen aus Eisenvitriollösung vermittelst Schwefelammon und Trocknen unter Verhinderung des Luftzutritts gewannen. Auch nach einem Umschmelzen, das ein schön metallisch gelbes, dem Troilit ganz ähnliches, deutlich kristallines Produkt lieferte, zeigte sich keine Spur einer Modifikationsänderung. Dasselbe negative Verhalten wurde bei Magnetkies von Boden- mais von uns festgestellt. Anderseits wiesen Troilit aus Meteoreisen von Toluca und aus dem Inca-Eisen die Um- wandlung sehr deutlich, und zwar bei 143° bezw. 137° auf. Dieser merkwürdige Widerspruch in den Erscheinungen war also zu klären. Wir vermuteten, daß der im käuflichen Schwefeleisen, und zwar der in Form einer festen Lösung mit FeS vor- handene Überschuß an Eisen die Ursache der glatten Um- wandlung des besagten Materials sein könnte. Das käufliche Eisensuliid enthält nur etwa 80°), FeS und daneben 20°, Fe. In der Tat erwies sich dieser Gedanke als richtig. Zur näheren Untersuchung der Verhältnisse wurde künst- liches Schwefeleisen dargestellt aus reinem, mittels Wasser- stofireduktion aus Eisenoxyd erhaltenen Eisen und Schweiel ; letzterer wurde im Überschuß von 5°/, über die theoretische Menge verwandt. Nach dem Verglimmen wurde der unver- bundene Schwefel mit Schwefelkohlenstoff ausgelaugt. Die Analyse des Rückstandes ergab 35,78°/, S und 63,25 °/, Fe. Die Formel FeS erfordert 36,34°/, S und 63,66°/, Fe. Nach dem geiundenen Schweielgehalt von 35,78°/, war in dem Präparat Er Hes enthalten. Der an 100%, fehlende Rest wird aus Eisenoxyd bestehen. Wie erwähnt, zeigte das gewonnene Sulfid, und zwar so- wohl roh als auch umgeschmolzen, keine Andeutungen einer Umwandlung. Es wurde nun im elektrisch geheizten Kohle- 946 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. rohroien in Stickstoffatmosphäre! unter tüchtigem Rühren Eisen- suliid mit Eisen zusammengeschmolzen, und alsbald konnte die Modifikationsumwandlung festgestellt werden. Als Anzeichen wurden Abkühlungs- und Erhitzungskurven benutzt, die mit Quecksilber- (ANSCHÜTZ-) Thermometern, welche in die ge- pulverte Substanz getaucht waren, bestimmt wurden. Das Sullid befand sich dabei in einem abgeschlossenen Luft- oder Sandbad und wurde je nach den gesuchten Temperaturen in einem geschlossenen Tonzylinder in Luft oder in einem Schnee- bade abgekühlt, während für die Erhitzungskurven ein Ölbad be- nutzt wurde. Bei 5 g Substanz war die Haltezeit bei den die Umwandlung deutlich zeigenden Pulvern etwa 160 Sekunden bei einer Abkühlungsgeschwindigkeit von 0,8° in 10 Sekunden. Auf die Weise wurden die in nachstehender Tabelle an- gegebenen Umwandlungstemperaturen und Umwandlungs- intervalle beim Abkühlen und beim Erhitzen gefunden. Die Versuche wurden vielfach wiederholt, und die Ergebnisse stimmten gut miteinander überein. Umwandlungs- Umwandlungs- No Zuse nasse Aue temperatur bezw. temperatur bezw. Umwandlungsintervall Umyan su Rn ER Fe Fes beim Abkühlen beim Erhitz 1 U 88°), 137° 138° 2, 10 90 137 139 Sl 26 92 137 139 4 7 93 137 139 6) 6,5 93,9 131—127 131—135 O2. 26 94 118—108 116—128 7 6) 95 85—17 103—112 8 4 96 nicht zu beobachten — bis 20° herab. ı Es wurde ein langsamer Strom Stickstoff aus einem Gasometer in das Schmelzrohr eingeleitet, nachdem erst mittels eines raschen Stroms die Luft ausgetrieben war. Der Stickstoff wurde in einfacher Weise durch Zutropfenlassen einer konzentrierten Chlorammonlösung zu einer heißen, gesättigten Lösung von Natriumnitrit hergestellt. NH,CI+NaNO, = NaCI+2H,O—+N,.. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 947 Man erkennt, daß die Umwandlungspunkte bei 7°/, Fe 93°/, FeS bis 12°), Fe 88°/, FeS beim Abkühlen und beim Erwärmen sehr angenähert gleich sind. Gemische mit höherem Gehalt an Eisen als 12°), Fe 88°/, FeS wurden von uns nicht untersucht, weil TREITSCHKE und TAMMANN bereits nachgewiesen haben, daß eine Konstanz der Umwandlungs- temperatur bei solchen Gemischen, und zwar bis 92,1 °/, Fe zn, es besteht. | Der Unterschied der Umschlagstemperatur beim Erwärmen (137°) und beim Abkühlen (138—139°) ist bei den in der Tabelle unter 1—4 angegebenen Beispielen so gering, daß eine Verzögerung der Modifikationsänderung bei diesen Mischungen kaum in Betracht kommt. Am schäristen zeigte sich die Umwandlung bei 7°/, Fe 93°/, FeS; bei höherem Eisengehalt war die allgemeine Form der Abkühlungskurve mit der von 7°/, Fe 93°/, FeS genau übereinstimmend, nur die Haltezeit war etwas geringer. Bei unter 7°), Fe abnehmendem Gehalt an Eisen treten deutlich Temperaturintervalle bei der Modifikationsänderung aui, die weiterhin bezüglich ihrer höchsten bezw. niedrigsten Temperaturzahlen beim Erhitzen und beim Abkühlen nicht zusammenfallen. Das Auseinanderfallen der entsprechenden Zahlen wächst mit sinkendem Eisengehalt bezw. mit sinkender Umschlagstemperatur und beträgt bei 6,0°/, Fe 93,5°/, FeS BEcmor, e 94%), Kes 9% Dei 5%, Fe 95%), FeS 26%. Da bei Modifikationsänderungen sowohl Unterkühlungen als auch Überhitzungen vorkommen (bekanntermaßen läßt sich monokliner Schwefel unterkühlen und rhombischer über- hitzen), so wird man als wirkliche Gleichgewichtstemperaturen wohl die Mittel aus den entsprechenden Zahlen nehmen können. Hiernach würden sich die richtigen Umwandlungs- temperaturen bezw. Umwandlungsintervalle für die Fe-FeS-Gemische wie folgt stellen (vergl. auch Textfig. 2): 248 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. Zusammensetzung Umschlagstemperatur No. bezw. Fe FeS Umschlagsintervall I DU 1380 2 10 90 138 3 8 92 138 4 7 93 138 6) 6,9 93,9 129—133 6 6 94 112—123 7 b) 95 90—98 8 - 96 nicht mehr beobacht- bar bis 20° herab. /d -Mischkryst. +a - Eisen a&- Mischkryst.+@ - Eisen a - Mischkryst. 3 4 DO 24 ö I. 1,110) TI Gemichtsprozente Fe. Nextio 2 Einige Abkühlungskurven sind in der Textfig. 3 p. 250 wiedergegeben (vergl. deren Unterschrift). Aus obigen Tatsachen ist folgender Schluß zu ziehen: Eisensuliid und Eisen stellen bei 138° Mischkristalle mit maximal 7°/, Eisengehalt dar'. Die Mischkristalle von 7°/, Fe 93°/, FeS erfahren bei 138° ohne Temperatur- ! Demzufolge ist die untere linke Ecke der nach TREITSCHKE und TAMMANN angeführten Textfig. 1 entsprechend der Textfig. 2 zu ändern. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 949 intervall, also ohne Konzentrationsänderung, einen Modifikationsumschlag. Mischkristalle mit weniger Eisen besitzen eine niedrigere Umschlagstemperatur, es tritt ein Umwandlungsintervall auf, und die Modifikationsänderung wird mehr und mehr ver- zögert. Schließlich bleibt die Umwandlung aus. Danach besitzen die zusammengehörigen Umwandlungs- linien bei 7°), Fe 93°/, FeS ein Maximum, welches mit der Grenze der Mischkristallbildung bei 138° nahe zusammenäällt. Beznelichzder UÜrsachertüirdas-Nachlassenzder Verzögerung bei zunehmendem Eisengehalt kann man die erhöhte Temperatur in Erwägung ziehen, die ja Änderungen unterstützt, oder auch kann man dem reichlicher vorhandenen Eisen in den Mischkristallen eine beschleunigende Wirkung zuschreiben, insofern man sich wohl vorstellen könnte, daß der Kristallbau des Sulfids durch das in fester Lösung bei- gemengte Eisen auigelockert und dadurch leichter erschütter- bar, also umwandlungsfähiger gemacht wird. Sehr wohl können auch beide Ursachen, erhöhte Temperatur und erhöhte Beimengung von Eisen in fester Lösung, zusammenwirken. Erklärte also das Vorstehende, weshalb reines Eisensulfid und Magnetkies die Umwandlung nicht zeigen, so war doch die erwähnte glatte Modifikationsänderung des Troilits noch nicht begreiflich geworden, denn eine Eisenbeimischung von mindestens 7°/,, die eine Umwandlung bei 138° hervorrufen würde, ist bei Troilit nicht vorhanden. Die Analyse des untersuchten Toluca-Troilits ergab nämlich 35,03°/oe S, was einen Gehalt von 96,33°/, FeS anzeigt. | Nun war die Möglichkeit des Einflusses eines Nickel- gehaltes nicht von der Hand zu weisen. Durch qualitative Analyse wurde Nickel im Troilit auch festgestellt. Doch kann diese Nickelbeimischung nicht als Ursache für die Umwandlungsmöglichkeit des Troilits gelten, denn es ergab 950 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. sich, daß ein zusammengeschmolzenes Gemisch von 3°/, Ni 97 °/, FeS keine Umwandlung zeigte, ein solches von 10°/, Ni 90°, FeS eine verschwommene Andeutung davon bei etwa 902, "ein: Gemisch von) 12%, Ni 188%. EeS undlein’solches von 15°, Ni 85°/o FeS auch dies nicht mehr. Die Lösung der bezüglich des Troilits angeregten Frage wurde durch die Beobachtung nahegelegt, daß bei der quali- Iemp.| BASENI 100 200 300 400 Sec. Zeit Textfig. 3. Beispiele von Abkühlungskurven. Substanzmenge 5 8. IS 90ER EEeSEIUTE ne V. Troilit aus dem Toluca-Eisen. 129398 KKeSıEOoN nn Ihe: VI. Derselbe nach dem Umschmelzen. II. 94250, BES oral ne: VI. FeS aus Zementstahl und Schwefel IV992 9, Bes on ke dargestellt, umgeschmolzen. tativen Analyse des Minerals eine Spur schwarzen, in Königs- wasser unlöslichen, graphitähnlichen Rückstandes gefunden wurde. Das gab die Veranlassung, den Einfluß des Kohlen- stofis auf die Umwandlung des Schwefeleisens zu untersuchen. Es zeigte sich, daß der Kohlenstoff in der Tat wie Eisen wirkt, jedoch bedarf es zur Umwandlung nur einer viel kleineren Gewichtsmenge als an Eisen nötig ist. Es stimmt das mit dem sonst bekannten energischen Einfluß des Kohlenstofis auf Metalle der Eisengruppe überein. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 951 Zwecks näherer Untersuchung der Verhältnisse wurde Schwefeleisen durch Verglimmen von eisenkarbidhaltigem Eisen (Zementstahl) mit Schwefel hergestellt. Das Produkt zeigte bei der Abkühlung eine ganz schwache Andeutung einer Umwandlung bei etwa 135°. Nach dem Umschmelzen im elektrischen Ofen aber ergab es einen scharfen Umschlag bei 137°. Man kann hieraus wohl schließen, daß bei der Herstellung zunächst eine amorphe Substanz mit nur Spuren von Kristallisation entstand, zufolge des Umschmelzens aber ein durchaus kristallines Material. Weiterhin wurde das schon erwähnte, aus reinem Eisen und Schwefel dargestellte Eisen- sulfid mit 4°/, Zuckerkohle zusammengeschmolzen, und zwar wie bei allen hier erwähnten Schmelzungen in Stickstoli- atmosphäre. Ein Teil des Kohlenstofis blieb pulverförmig zurück, ein Teil muß sich aber im Eisensulfid gelöst haben, denn jetzt wurde an dem Material eine deutliche Umwandlung bei 134,9° gefunden. Hiernach ist anzunehmen, daß die Umwandlungs- fähigkeit des Troilits die Folge seines geringen Kohlenstoffgehaltes ist. Das erklärt auch, daß ein Umschmelzen die Modifikations- änderung beeinflußt, denn es liegt die Möglichkeit vor, daß hierbei ein Teil des Kohlenstoffs entweicht, und zwar durch Bildung von Schwefelkohlenstoff, der ja eine endotherme Ver- bindung ist und als solche bei hoher Temperatur leicht ent- steht. Nach der Umschmelzung des Troilits fand sich in der Tat seine Umwandlung nicht mehr bei 143°, sondern tiefer, und zugleich war sie über ein Intervall von 10°, nämlich von 130—120°, ausgedehnt. Diese Temperaturen von 143° bezw. 1350—120° wurden mittels der Erhitzungskurven gleichfalls geiunden; es handelt sich also um wirkliche Gleichgewichts- temperaturen. 952 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. Ähnlich ergeht es natürlich auch dem künstlich dar- gestellten Eisensulfid, das durch Zusammenschmelzen mit Kohlenstoff letzteren in fester Lösung aufgenommen hat, wenn man den Kohlenstofigehalt durch Umschmelzen er- niedrig. Solange noch überschüssiger Kohlenstoff beim Schmelzen vorhanden ist, kann letzteres nicht geschehen. So erklärt es sich, daß unser kohlenstoffhaltiges Eisensulfid nach weiterem zweimaligen Umschmelzen die scharfe Umwandlung noch beibehielt, sogar die Temperatur der Modifikations- änderung ein wenig (2°) erhöht aufwies. Das Umschmelzen hatte in dem Fall keine Kohlenstofiverminderung in den Mischkristallen mit sich gebracht, wie auch aus der auffällig dunklen Farbe des Präparates zu entnehmen war. Nach der dritten Umschmelzung aber war die Umwandlung, jeden- falls zufolge nun eingetretenen genügenden Kohlenstofi- verlustes, verschwunden. Der Punkt, bei dem noch eben genug Kohlenstofi vorhanden war, um den Umschlag bei 130—120° vor sich gehen zu lassen, wie beim Troilit, war also bereits überschritten. Ein etwas wechselnder Kohlenstofigehalt erklärt auch die um einige Grade verschiedene Temperatur der Umwandlung bei den verschiedenen Troiliten und künstlichen Präparaten. Die Textfig. 3 stellt eine Reihe kennzeichnender Ab- kühlungskurven zusammen. 2. Glühversuche mit Inca-Eisen. Diese Versuche wurden von uns unternommen, um einen näheren Einblick in die BERWERTH’sche Metabolisierung ! oktaedrischen Eisens zu gewinnen, zumal es uns schien, daß auch aus solchen Umänderungen bislang nicht gezogene ! FR. BERWERTH, Künstlicher Metabolit. Sitz.-Ber. der math.-nat. Klasse d. k. Akad. d. Wiss. Wien. 114. Abt. 1. 1905. p. 348. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 953 Schlüsse bezüglich der Entstehungsgeschichte des meteorischen Oktaederaufbaus abgeleitet werden können. Bekanntermaßen handelt es sich bei der Metabolisierung um ein durch Erhitzen bewirktes Umkristallisieren von Meteor- eisen im festen Zustande. Wie COHEN in seiner Meteoriten- kunde (III, 27) mitteilt, sind schon früher mehrfach gewisse körnige Strukturformen auf eine sekundäre Erhitzung zurück- geführt worden, so z. B. von SORBY die körnigen Balken in Oktaedriten, von BREZINA die sogen. Veränderungszonen, von BREZINA und COHEN Teile des Eisens von Bethanien (Mukerop) und De Sotoville. Prof. TAMMANN teilte dem einen von uns mit, daß auch er bislang unveröffentlichte Er- fahrungen über Strukturveränderungen an Toluca-Eisen durch Erhitzen gemacht hat. Weiter gab BREZINA! eine Zusammen- stellung stufenweiser Veränderung beim Plessit verschiedener Vorkommnisse. FR. BERWERTH hat aber das unzweifelhafte besondere Verdienst, durch einen einlachen Versuch gezeigt zu haben, daß oktaedrische Eisen in der kurzen Zeit von wenigen Stunden weitgehende Strukturveränderungen, und zwar in dem Sinne erfahren, daß der Kamazit der Balken unter Erhaltung der Balkengrenzen sich in ein Aggregat von Eisenietzen verwandelt, daß der Taenit nach ihm hin- gegen bei der Umwandlung unverändert bleibt. Die mikro- skopischen Wandlungen, die der Plessit beim Versuch erfährt, scheint FR. BERWERTH nicht studiert zu haben. Das Produkt seines interessanten Versuchs ist also zwar kein „dichtes“ Eisen, sondern ein Eisen, das seinen oktaedrischen Lamellen- aufbau bewahrt hat, d. h. im Schnitt aus Kamazitbalken mit Taenitsäumen besteht, dessen Kamazit aber jetzt aus Eisen- fetzen zusammengesetzt ist. ı A. BREZINA, Zur Frage der Bildungsweise eutropischer Gemenge. Denkschr. d. math.-nat. Klasse d. k. Akad. d. Wiss. Wien. 1905. 954 F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. Wir machten nun am Inca-Eisen nach einem Glühen von einigen (4—14) Stunden im Heraeus-Ofien bei 1300° die Be- obachtung, daß der Kamazit der Balken die von BERWERTH beschriebene Fetzenstruktur angenommen hatte, der vor dem Glühen bei unserem Eisen nur schwach entwickelte Taenit jetzt auch makroskopisch sehr deutlich beim Anlassen bezw. Ätzen polierter Stücke in Erscheinung trat, sich also vermehrt hatte, daß dafür aber der Taenit aus dem Kamazit-Taenit- gemisch des Plessits zum größten Teil ausgewandert war. Die früheren Plessitfelder bestehen jetzt wesentlich aus Kamazit vom Aussehen des Fetzenkamazits der Balken. Es ist das eine recht interessante Erscheinung. Sie ist zunächst in allgemeiner Hinsicht bemerkenswert, insofern sie zeigt, daß eine Wanderung von nickelreichem Nickelierrit im festen Zustande in der kurzen Zeit von einigen Stunden auf recht merkliche Wegstrecken von einigen Millimetern statt hat und dabei gleich ein hübsches Beispiel für Sammel- kristallisation!. Anderseits ist dieser Versuch im speziellen Hinblick auf die lacunitischen, mit Kamazit, Taenit und Plessit im oktaedrischen Aufbau ausgestatteten Meteoreisen wichtig, weil es jetzt wohl keinem Zweifel mehr unter- liegen kann, daß die "Struktur plessimiiigendesr Meteoreisen durch Umkristallisieremzımearescen Zustande des Materials zustande gekommen ist. Denn die Tatsache, daß der Plessit beim Erhitzen schon unter dem Schmelzbereich, im festen Zustande des. Eisens, verschwindet, weist darauf hin, daß er nicht bei noch höherer Temperatur, durch Auskristallisieren aus der Schmelze ent- standen sein kann. Es handelt sich vielmehr bei seiner Bildung um ein Umkristallisieren im festen Zustande des Meteoreisens, und zwar bei ziemlich niedriger Temperatur, ı F. RINNE, Praktische Gesteinskunde. 1906. p. 147 und 270. F. Rinne und H. E. Boeke, EI Inca, ein neues Meteoreisen. 255 die wahrscheinlich durch die magnetische Umwandlung des Eisens angedeutet wird. Erscheint also durch obigen leicht anzustellenden Ver- such nunmehr bewiesen, daß der Plessit sich im festen Zustande des Eisens entwickelt hat, so ist bezüglich Kamazit und Taenit das schon erwähnte Altersverhältnis zu den SCHREIBERS-REICHENBACH’schen Lamellen heranzuziehen, aus dem gleichfalls auf ein Umkristallisieren im festen Zustande zu schließen ist. Doekammznach derzeitiger Kenntnis die An- mer ir Sesichert gelten, daß die lacunitischen, durch Kamazit, Taenit und Plessit gekennzeichneten Meteoreisen ihre Gefüge einem Umstehen verdanken. Es ist vielleicht nicht überflüssig zu betonen, daß ein solches Umkristallisieren im festen Zustande nach manchen neueren Untersuchungen gar keine seltene Erscheinung ist. Zumal beim technischen Eisen läßt sich Umkristallisation im festen Zustande, und zwar vorwärts und rückwärts, mit größter Leichtigkeit bewerkstelligen. Mineral.-geol. Institut der Techn. Hochschule zu Hannover. 206 W. Volz, Das geologische Alter Das geologische Alter der Pithec- anthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java. Von Wilhelm Volz in Breslau. Mit 5 Figuren. Die Pithecanthropus-Frage ruht zurzeit; nicht daß sie an Interesse verloren hätte, — nachdem man das Tatsachen- material von allen Seiten kritisch untersucht, verglichen und beleuchtet hat, ist eine gewisse Stagnation eingetreten, da neue fruchtbare Gesichtspunkte sich nicht mehr finden ließen. Ich will hier die Frage! nicht von neuem aufrollen, sondern nur einige neue Beobachtungen mitteilen, welche ich am Fund- platze selbst machen konnte und die geeignet sind, die Alters- frage endlich zu entscheiden. Gelegentlich einer Studienreise, welche ich 1904—1906 im Auftrage der HUMBOLDT-Stiftung der Königlich preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin nach Sumatra zur Erforschung des Gebirgsbaues und der Vulkane unternahm, war es mir möglich, die in Frage stehende Fundstelle zu besuchen und auf Grund der in Sumatra gewonnenen Er- fahrungen dem Altersproblem näher zu treten. ! Frau M. SELENKA wird demnächst die Ausgrabungen wieder auf- nehmen; hoffentlich wird die Ausbeute reich an interessanten Objekten. der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java. 957 Zunächst einmal ist eine kurze Beschreibung der geo- logischen Lage des Fundortes erforderlich, der sich eine Dar- stellung der geologischen Verhältnisse der Fundstelle selbst anschließt in Erweiterung und Ergänzung des DUBOIS’schen Berichtes. I. Zwischen den beiden noch tätigen Vulkangruppen Klut in Ost-Java und der Merbabi-Merapi-Gruppe in Mittel-Java liegen die erloschene Wilis-Gruppe und der noch schwach Die Vulkanmäntel sind dunkler getönt, die jungen Aschen und Tuffe sind weiß gelassen. Fig. 1. Geologische Übersichtsskizze des Vulkans Lawu in Ost-Java. (Kopie aus der VERBEEK’schen Karte. 1896.) 1:1250000. Einige kleine Vorkommen älteren Hornblendeandesits sind fortgelassen. Nebenkärtchen: Situationsplan der Ausgrabestelle. 1: 100000. -«G — Gedenkstein. <—xP = Fundstelle des Pithecanthropus. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 117 258 W. Volz, Das geologische Alter tätige Lawu, welch letzterer eine Höhe von 3260 m erreicht. Er bedeckt mit seinem Material eine Fläche von ca. 3000 qkm; von N. und NW. her gesehen, hat er typisch schöne Kegel- form, mit breiterem Gipielplateau. Breit legt sich allseits dem steileren Berge der sich mehr und mehr abflachende Sockel an. Wie bei vielen, um nicht zu sagen fast allen jüngeren Vulkankegeln Sumatras und Javas finden wir auch hier einen Fig. 2. Die Fundstelle des Pithecanthropus von Westen her, nach einer Skizze des Verfassers. den Kegel fast vollständig umkreisenden Fluß: es ist der Bengawan oder Solo; mit einem seiner beiden großen Quell- flüsse genau im Süden des Berges entspringend, umiließt er denselben im W. und N., um dann erst im NO., nachdem er den Kegel zu 2 umilossen, bei der Einmündung des Madiur- Elussesp Dei Neai abzubiegen und sich dem Meere zuzu- wenden. Diese Flüsse, wie wir sie auch z. B. beim Manin- djau, Merapi, Sago, Si Nabun etc. finden, bezeichnen zugleich den Rand des vulkanischen Einbruchskessels; so sehen wir denn auch den Bengawan im N. dicht an die vorgelagerte der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java. 959 neogene Hügelkette des Kendeng sich anschmiegen. Am Fuße dieser Hügelkette, am Rande des Vulkansockels, in der Rinne des Bengawan-Flusses liegt der Fundort der Pithec- anthropus-Reste, zwischen den kleinen Dörlern Trinil und Klitä, von letzterem nur durch die Flußbreite getrennt (vergl. Fig. 2); hier liegt auch eine Reihe anderer Fundorte ähnlicher Reste. Aber auch auf dem ganzen Vulkansockel werden an zahl- reichen Punkten Funde fossiler Wirbeltierreste gemacht, unter denen natürlich die großen Dickhäuterknochen die Aufmerk- samkeit der Bevölkerung am meisten auf sich ziehen: sie betrachtet dieselben als Reste von „Butors“, d. h. Riesen oder wohl selbst des alten Nationalhelden Ardjuno, und verehrt sie dementsprechend — gerade so handelten ja auch unsere Vorfahren noch vor 2—-300 Jahren; man denke z.B. nur an den Zahn des heiligen Christof in Valencia. 1% Diskordant auf marinen Breccien, Mergeln und Kalken, deren Alter MARTIN als alt-pliocän bestimmte, liegt der Komplex vulkanischen Aschenmateriales, in dessen unteren Partien die merkwürdigen Knochenfunde gemacht wurden. Dieses Material andesitischer Aschen, allenthalben gekenn- zeichnet durch einen größeren oder geringeren Reichtum an weißlichen Bimsstein-Bröckchen, bildet einen Komplex, wechselt aber in seinem Gesteinscharakter schnell und stark und geht an der Oberfläche durch Verwitterung in den Kultur- boden über. Eine. richtige Schichtung zeigen die Massen nicht, wohl aber eine gelegentlich selbst dünnere Bankung; seltener konnte ich in kleineren Partien auch leidlich gut Kreuzschichtung beobachten. Das Gestein ist einige Meter von der Oberfläche ab leidlich hart, doch immerhin noch so locker, daß es mit der Hacke genügend bearbeitet werden kann; doch wird es stellenweise erheblich fester, so z. B. dicht I 260 W. Volz, Das geologische Alter am Dorie Trinil in etwa 2 km Abstand vom Fundplatze: dort hat es die Konsistenz eines mürben Sandsteines. Das genaue Profil am Gehänge der Flußschlinge, wo die Pithecanthropus-Reste gefunden sind, hat DUBOIS an ver- schiedenen Orten abgebildet und besprochen. Der Übersicht A, he. 2 0 Hochwasserstand ER =, Niederwasserstand A DI EN... ( 4 V%o m‘: 2 Er 2 ze ee ER 0" “> ee Fig. 3. Durchschnitt der knochenführenden Schichten zu Trinil. A, Kulturboden. A, Weicher Sandstein. A, Lapilli-Schicht. A, Niveau, in welchem die Skelettreste des Pithecanthropus gefunden sind. A, Konglomerat. A, Tonstein. B Marine Breccie. halber folge es nochmals hier (vergl. Fig. 3'). Auf einer Art erhärteten Schlammes von fast schwarzer Farbe, der ! Anatomischer Anzeiger. XII. No. 1 vom 14. April 1896. Fig. 1. Das im Bulletin de la Societ&e Belge de Ge£ologie. IX. 1895. Brüssel 1895/6 p. 157 abgebildete Profil unterscheidet sich nach Korrektur dadurch vom hier gegebenen, daß dort der Tonstein A6 nicht durchgeht, sondern die marinen Breccien B den Flußboden bilden, so daß also nach diesem Profil der Bengawan den 15—18 m mächtigen Komplex durchschnitten hätte. der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java. 961 Ähnlichkeit hat mit einem fetten Tone, muschligen Bruch zeigt und ungeschichtet ist, liegen unten gröbere, nach oben feiner werdende sandsteinartige Tuffe. In diesen, besonders ihren unteren Partien wurden die Knochen gefunden. Diese haben violettbräunliche Farbe und sind verkalkt'!; daraus er- klärt sich das hohe spezifische Gewicht, welches DUBOIS für die Calvaria mit 2,46 angibt, umgekehrt aber auch der gute \ \ ä 2N A BUN) Zo 1 „79 gr .o 200 For Sale Bi nz ae EB N A 5 an Ag EEE Ko Den Hochwasserstand. == = Se) |: Er; m = es r cz 5 he DOM 5 | % BR Fig. 4. Profil etwas östlich von Fig. 3, mit Benutzung des DUBOIS’schen Profils (Signaturen cf. Fig. 3). Erhaltungszustand. Wenig östlich bereits ändert sich das Profil etwas (vergl. Fig. 4), in halber Höhe schiebt sich eine etwa 3 m mächtige Lage des oben beschriebenen ‚schwarzen Tonsteines ein, auch oberflächlich treten gröbere Lagen auf, welche noch weiter östlich, d.h. mehr nach dem Dorfe Trinil zu an Bedeutung gewinnen. Im W., auf der gegenüber- liegenden Seite des Flusses, also beim Dorfe Klitä, überwiegt ! Die Knochen sind also tatsächlich „versteinert“, so daß sie selbst klingen. 262 W. Volz, Das geologische Alter der tonige Charakter; südlich des von DUBOIS bei Klitä ge- setzten Gedenksteines (vergl. Fig. 1 Nebenkärtchen) tritt der schwarze Tonstein in erheblicher Mächtigkeit selbst über den Hochwasserstand des Flusses (vergl. Fig. 5), nördlich des- selben bildet ein grauer, an verkohlten Blattresten außer- ordentlich reicher, sandiger Ton das hauptsächlichste Gestein. Diese Wechsel vollziehen sich etwa innerhalb eines Gesamt- abstandes von 250 m. Hr Fan We" Aw In a > S r ungefährer Hochwasserstand_ _ T 77 Ä wer, Y Zr Fig. 5. Profil am rechten Ufer des Bengawan-Flusses (westlich von Fig. 3) (Signaturen cf. Fig. 3). Die Mächtigkeit! des Aschenkomplexes beträgt nach den DUBOIS’schen Profilen etwa 20, höchstens 25 m. Der Wasser- spiegel des Bengawan-Flusses liegt etwa 12—17 m unter der Oberfläche des außerordentlich ebenen Geländes. Die vul- kanischen ÄAschen selbst finden sich weithin in zahllosen guten und schlechten Aufschlüssen erschlossen. Auf dem DUBOIS’schen Ausgrabungsterrain, welches schätzungsweise eine Größe von etwa 1000 qm haben mag, fallen die Lagen etwa 5 Grad südlich ein, auf dem andern ! Nach VERBEEK (l. c. p. 249) meist nur wenige Meter, bisweilen aber auch 10—15 m, auf anderen Punkten bedeutend mehr. der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java. 963 Ufer ist das Einfallen beinah westlich, nach Trinil zu ist es mehr südwestlich, weiter südlich am großen Wege beobachtete ich in denselben Schichten nördliches Einfallen. Mir scheint, daß diesem stets und ständig wechselnden Einfallen überhaupt keine Bedeutung beizumessen ist. Wir haben es eben nicht mit fluviatilen, geschichteten Sedimenten zu tun, sondern im wesentlichen mit unregelmäßig abgesetzten Massen; die vul- kanischen Aschen, welche in beträchtlicher Breite den Vulkan- fuß bilden (vergl. Fig. 1, wo sie weiß gelassen sind), ent- stammen, wie VERBEEK bereits in seinem 1896 erschienenen Standardwerk! über die Geologie von Java ausführt, den Eruptionen des benachbarten Lawu. Sie wurden teils direkt abgelagert?, großenteils aber auch bei dem großen Regeniall in diesen Gegenden — gestautes Flußwasser mag auch eine Rolle gespielt haben — in Form von größeren und kleineren Schlammströmen von S. her den Vulkanhang hinab, aber auch vonN. her, aus der etwa 150 m hohen Hügelkette Kendeng herabgeführt. Wie schnell und stark der Regen die Aschen in Form von Schlammströmen zu Tale führt, das konnte ich noch im August dieses Jahres am Vesuv beobachten. Gleich- zeitig mit dem Schlamm wurden aber auch die Kadaver der bei den Eruptionen umgekommenen Tierwelt, der Tausende von Hirschen und Schweinen, der Raubtiere und Dickhäuter in buntem Gemisch mit den Mollusken und Süßwassertieren der verschütteten Gewässer von dannen geführt, um dann mit dem zur Ruhe kommenden Schlamme abgesetzt zu werden; " R. D. M. VERBEEK en R. FENNEMA, Geologische beschrijving van Java en Madoera. 2 Bde. nebst Atlas. Amsterdam 1896. ? Über die Entstehungsweise dieses Tuffkomplexes verbreitet sich VERBEEK |]. c. p. 248—251 eingehender; ich möchte seinen Ausführungen im wesentlichen beipflichten, nur meine ich nach meinen Beobachtungen (vor allem auch an anderen Vulkanen), daß bei derartigen Aschengesteinen der Ablagerung und Umlagerung durch Schlammströme ein erheblich größerer, vielfach herrschender Raum gegeben werden muß. Dafür spricht ja auch die durchgängig zu beobachtende Seltenheit echter Schichtung. 264 W. Volz, Das geologische Alter so erklärt sich das häufige Vorkommen von Knochen hier und dort von selbst. In gewisser Weise können wir also die Art der Fossilführung hier am Lawu mit der des norddeutschen Diluviums vergleichen. Der Bengawan, selbst ein Kind des Lawu, hat das nest- artige Knochenlager nicht gebildet, sondern nur angeschnitten. Wohl ist mit Sicherheit anzunehmen, daß, solange ein Lawu- kegel besteht, auch ein ihn umiließender Fluß bestand, aber immer und immer wieder mußte er sein verschüttetes Bett neu graben; der Bengawan oder Solo-Fluß in seiner heu- tigen Gestalt besteht erst, seitdem der Lawu mehr zur Ruhe gekommen ist. Also: die Knochen liegen in den 20 m mächtigen, ober- flächlichen Tuffen, welche den Ausbrüchen des Lawu ent- stammen, diskordant auf dem etwa 300 m mächtigen Plio- cän m, (VERBEEK). DUBOIS sagt von den Pithecanthropus- Schichten (l. c. p. 2): „Sie sind fluviatiler Natur und liegen, bis mehr als 350 m dick, diskordant auf marinen Schichten, die von K. MARTIN in Leiden als Pliocän bestimmt wurden.“ Augenscheinlich rechnet also DUBOIS die Lagen dem Neogen VERBEEK’s zu; [VERBEEK unterscheidet hier kartographisch 2 Glie- der: die Mergeletage m, und die Kalketage m,, erstere höchstens 300 m mächtig, während bei der zweiten die Mächtigkeit sehr verschieden ist, aber 300--350 m nicht übersteigt (l. c. p. 2431.)]. Die obersten Lagen (besonders Sonde) von m, wurden von MARTIN als pliocän bestimmt. Die Etagen m, und m, sind aber, wie MARTIN weiter gezeigt hat”, nur verschiedene Fazies: „somit können die als m, kartierten Schichten unmöglich jünger sein als der gesamte unter m, zusammengelaßte ! Bei Plumbon im SW. des Lawu hat VERBEEK (l. c. p. 323) etwa 40 m hohe Terrassen gefunden; nach entsprechenden Beobachtungen an anderen Orten, besonders auf Sumatra, müssen sie wohl als jungdiluvial beschaut werden (vergl. auch unten). ? Zeitschr. deutsch. geol. Ges. 52. 1900. Verh. p. 2 ff., bes. of. der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java. 965 Komplex. Es kann sich hier nur um einen Fazies-Unter- schied handeln.“ Ibid. p. 8 faßt MARTIN auf Grund einiger kurzer Mitteilungen, die er DUBOIS persönlich verdankt, DUBOIS’ Anschauung folgendermaßen zusammen: „Nach ihm ruhen die vertebratenführenden Schichten .diskordant auf marinen Mergeln und Kalksteinen, wozu u. a. die — als pliocän be- stimmten Schichten von Sonde gehören. DUBOIS nennt die ersteren Kendeng-Schichten und betrachtet sie als jung- pliocäne!, fluviatile Bildungen.“ Diese Anschauung DUBOIS’ ist nicht haltbar aus mehreren Gründen: die Schichten A 1—6 (vergl. die Profile 3—5) bilden, wie auch aus der DUBOIS’schen Beschreibung hervorgeht, einen Komplex; betrachtet man diesen Komplex mit DUBOIS als jungtertiär, so fehlen die quartären Bildungen vollständig. Daß in der Nachbarschaft großer, z. T. noch tätiger Vulkane ansehnliche Quartärbildungen vorhanden sein müssen, spricht von selbst: es ist der in Frage stehende Schichtenkomplex, es kann nur dieser sein. Die DUBOIS’sche Anschauung wäre also möglich bezw. annehmbar, wenn sich nachweisen ließe, daß die vulkanische Tätigkeit in dem in Betracht kommenden Gebiete (das ist der Lawu) im ! Interessant ist es, demgegenüber zu sehen, welche Stellung DUBOIS früher zur Kendeng-Fauna einnahm; in seinem „Vorläufigen Bericht über die Untersuchungen nach der pleistocänen und tertiären Vertebraten-Fauna von Sumatra und Java während des Jahres 1890“ (in Natuurkundig tijd- schrift voor Nederlandsch-Indi&; 51. 1892) schreibt er p. 97: „Aus dem Obenstehenden erscheint es deutlich, daß diese fossile Vertebraten-Fauna von Mittel-Java (d. h. die Kendeng-Fauna) nicht mit der aus den Siwaliks in Vorder-Indien übereinkommt, sondern daß ihr bestimmt ein Platz in der pleistocänen Formation“ (d. h. dem Diluvium) „angewiesen werden muß.“ Auch die Ausführungen DUBOIs’ über die knochenführenden Ablagerungen kommen mit meinen Angaben sehr überein; nur möchte er noch lieber als Lawu und Wilis (welcher für die mehr östlich gelegenen Ablagerungen hauptsächlich in Betracht kommt) den Gunung Pandan, einen ca. 900 m hohen Kegel nördlich des Wilis als den Aschen-Produzenten ansehen. Das ist aber aus dem Grunde ausgeschlossen, weil der Gunung Pandan altmiocän ist (VERBEEK |]. c. p. 219), also älter, als das Liegende der Pithecanthropus-Schichten. 266 W. Volz, Das geologische Alter oberen Pliocän begonnen und ohne erhebliche Unterbrechung bis in die jüngsten Zeiten angedauert hätte, so daß sich ein Schichtenkomplex, wenn auch von geringer Mächtigkeit, hätte bilden können, der in seinen oberen Partien alluvial, in der Mitte diluvial, in seinen unteren Partien jungtertiär wäre. (Man darf immerhin nicht vergessen, daß auch die Knochen nicht an der Basis der Tufie gefunden sind, sondern daß noch mehrere Meter feinen Aschenmateriales die Knochen- schicht unterlagern, wenn auch dies Moment nur unter- geordnetere Bedeutung hat.) Die ganze Altersirage kommt also darauf hinaus: welches Alter hat der Vulkan, von dem das ÄAschenmaterial stammt, der Kukusan-Lawu? III. Für die Beantwortung ergibt sich eine ganze Reihe von Vergleichspunkten. Schon am Ende des Mesozoicums beginnt für Indonesien eine Periode lebhafter, vulkanischer Tätigkeit, welche im Tertiär, wahrscheinlich mehriach an- und abschwellend, eine enorme Ausdehnung gewinnt, im Diluvium zu neuer Blüte kommt, um dann in der geologischen Gegenwart wieder mehr abzu- nehmen. Für Java sind die einzelnen Perioden viel schärfer begrenzt, als z. B. für Sumatra, da auf Java das obere Tertiär außerordentlich schwache vulkanische Aktivität zeigte. Erst im obersten Tertiär beginnt mit den Leucit- und Phonolith- Vulkanen wieder eine intensivere Tätigkeit, welche dann mit den diluvialen Pyroxen-Andesit-Vulkanen ihren Höhepunkt erreicht (vergl. auch VERBEEK |]. c. p. 943 f.). Petrographisch nun besteht der Kukusan-Lawu aus denselben Pyroxen- Andesiten, wie der Merapi und die anderen noch tätigen Vulkane auf Java. Das würde für ein jüngeres Alter des Lawu sprechen. Dafür spricht auch die allerdings schwache der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java..a 267 Tätigkeit, welche der Lawu noch zeigt: er ist ein erlöschender Vulkan. Auch die Art des Auftretens läßt den Lawu als jüngeren Vulkan erscheinen: für die älteren Zeiten ist das Massenauf- treten charakteristisch, lange Ketten, große Haufen; erst der jüngere Vulkanismus produziert Einzelindividuen — der Lawu ist ein isolierter Kegel. Das leitet schon zum nächsten Moment hinüber, dem Erhaltungszustand der Vulkanberge. E. SUESS hat in seinem „Antlitz der Erde“ diesem einen längeren Ab- schnitt gewidmet und ist mit seiner Denudationsreihe zu wichtigen Resultaten gekommen. Schon jetzt spielt das Regen- wasser bei der Denudation in Indonesien eine gewaltige Rolle, wie ich am Beispiel des Papandajan zeigen konnte!. Der jährliche Regenfall beträgt auf Java 2000 mm und darüber. Das Diluvium war für Indonesien nach allem, was man ab- leiten kann, eine Zeit erheblich erhöhter Niederschlagsmenge, eine Pluvialzeit. So war natürlich auch die Erosion durch die Regenwässer im Diluvium erheblich intensiver als sie jetzt schon ist. So haben denn auch die alten und älteren Vulkane _ ihre typische Vulkanform schon ganz oder fast ganz verloren, vor allem sind die Kratere, selbst deren Ruinen verschwunden. Der Lawu hat einen nördlichen, jüngeren Eruptionskegel mit 3 alten Krateren und einen südlichen, älteren, den Kukusan, welcher aus einem O.—W. gerichteten Kamm ohne deutliche Kraterform besteht. Die jungen Vulkane zeigen ihrer Entstehung entsprechend an ihrem Gehänge die vulkanische Kurve rein und deutlich ; die Dejektionskegel der den Berg verlassenden Flüsse spielen im morphologischen Bilde des Sockels eine nur untergeordnete Rolle; so sehen wir das Verhältnis z. B. am Merapi-Parapatti in Sumatra. Je länger, desto mehr treten die Dejektionskegel hervor; rückschreitend werden die das Tal begleitenden Rücken N ahrn. £; Min. Beil-Bd. XX, bes. p. 131# 268 W. Volz, Das geologische Alter erodiert, bis sie schließlich in scharfem Gefällsbruch als steile Nasen über dem Dejektionskegel enden. Dieses Stadium, welches sehr ausgesprochen jenes des älteren Merapi in West- Sumatra ist, hat der Lawu etwa erreicht. Schreitet die Erosion weiter fort, so wiederholt sich derselbe Vorgang im Dejektions- kegel; durch gleichzeitige Vertiefung des Flußbettes arbeitet sich der Fluß in seinem eigenen alten Schotter großartige Terrassen aus: diesen Zustand zeigt z. B. der Sago in West- Sumatra. Nach diesen Gesichtspuukten werden wir 'also den Kukusan unter die älteren, nicht aber ältesten unter den jüngeren Vulkanen Indonesiens einzureihen haben, den Lawu selbst als jünger betrachten müssen; die Tätigkeit des letzteren ist ja erst jetzt im Erlöschen. Da der Neovulkanismus mit seinen allerersten Anfängen vielleicht noch in den Schluß des Tertiärs hineinreicht (vergl. auch VERBEEK ]. c. p. 943 fi.), seine Blüte im Diluvium hat und im Alt-Alluvium eine Nach- blüte erlebt, so ist dasAlter desLawu-Kukusan damit gegeben: Da der Kukusan nicht zu den ältesten Jung- vulkanen gehört, so ist er höchstens alt-diluvial, der Lawu jünger, also können auch die Tuffe höchstens alt- diluvial sein. Aber wir können noch auf einem anderen Wege Anhalts- punkte für das Mindestalter gewinnen. Der Bengawan verdankt, wie bereits bemerkt, seine Entstehung dem Vulkan- kegel, insofern als er die Abflußrinne der den Berg ent- wässernden Bäche ist; er konnte sein Bett in der heutigen Gestalt erst sich bilden, nachdem die Aktivität des Vulkanes mehr nachgelassen hatte. Wie alt ist also etwa das heutige Bett des Bengawan? Der Bengawan gehört der außerordent- lich großen Zahl der in jüngeren Tufien fließenden Ströme an, ein Typus, welcher vor allem auch im nördlichen Sumatra sehr weit verbreitet ist; er erodiert sich sein Bett in derselben Weise wie sie, indem er die Steilufer untergräbt; der senk- der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java. 969 recht struierte Tuff stürzt seines Haltes beraubt ab und wird dann im Flußbett weiter verlagert. So bilden sich die Tuff- Flüsse, so auch der Bengawan breite, tiefe, steilwandige Schluchten. Ich konnte in Nord-Sumatra, speziell auch bei den genannten Flüssen fast durchgehends 2 (seltener noch ein drittes) großartige Terrassensysteme nachweisen etwa 25 bezw. 60 m über dem heutigen Talboden, die wir im Zu- sammenhang mit den andern oben erwähnten Beobachtungen wohl dem Alt-Alluvium bezw. Jung-Diluvium zuweisen dürfen. Der Bengawan nun hat sich in ganz ähnliche Tufie nur ca. 15 m tief eingeschnitten, er hat den ganzen Tufikomplex noch nicht ganz, mindestens bei größerer Mächtigkeit der Tuffe noch nicht ganz durchschnitten: er steht also ersichtlich noch im Stadium der Niederterrasse. Zwar konnte ich auch bei ihm eine Erosions-Terrasse nachweisen, etwa 4 m über dem Mittelwasserstande, aufgefüllt mit inzwischen wieder er- härtetem Gehängeschutt, so daß sie jetzt im allgemeinen nur in künstlichen, jungen Einschnitten erkenntlich ist; aber für die vorliegenden Erörterungen ist diese jüngere Terrasse, welche wohl nur zufällig etwa im Niveau des Hochwasser- standes liegt (vergl. auch Fig. 5), nicht verwertbar. Das Frosionstal des Bengawan-Flusses gehört also zweifellos der geologischen Gegenwart an: es hat sich im wesentlichen im Alt-Alluvium gebildet; der Lawu ist also erst (was ja nach seiner noch jetzt bestehenden schwachen Tätigkeit nur wahr- scheinlich ist) im Alt-Alluvium zur Ruhe gekommen; wir haben also seine Haupttätigkeit in das Jung-Diluvium zu setzen; da der Kukusan älter ist, würde er mit seinen An- fängen bis in das Alt-Diluvium zurückreichen!. Die Knochen ! Ob die Tuffe dem jüngeren Lawu-Kegel oder dem älteren Kukusan entstammen, läßt sich bei der Gleichartigkeit des Gesteins nicht bestimmen. Ich nehme hier, um die maximale Altersgrenze zu erhalten, den letzt- genannten Fall an. 270 W. Volz, Das geologische Alter sind nun in den unteren Partien, nicht an der Basis des Tuffkomplexes gefunden, wir müssen also für ihre Alters- bestimmung wieder etwas höher gehen und kommen zum Schluß: daß die Lagen mit Pithecanthropus erectus keinesfalls älter sind als diluvial, aber auch nicht jünger als jungdiluvial und daß sie voraussichtlich in das mittlere Diluvium zu stellen sind. Mit dieser geologischen Altersbestimmung kommt der faunistische Befund überein; mit Ausnahme der aus- gestorbenen Formen Stegodon und Leptobos sind nur lebende Gattungen vertreten, von denen allerdings einige jetzt auf Java fehlen. So ist denn auch schon seit langem von ver- schiedenen Geologen, wie DAMES, UHLIG, FRECH auf die Übereinstimmung mit der altquartären Narbadda-Fauna Indiens hingewiesen und der altquartäre Charakter der Pithecanthropus- Fauna hervorgehoben. Den Gesamtwert des Fundes mindert diese Altersbestim- mung ganz und gar nicht, wenn auch gewisse Änderungen unserer Anschauungen über die systematische Stellung des interessanten Fossils werden stattfinden müssen. Der Pithec- anthropus und die ältesten unbestrittenen Spuren des Menschen (Chell&en) — ich sehe von der Eolithen-Frage ganz ab — rücken zeitlich so nahe aneinander, daß man unmöglich mehr daran zweifeln kann, daß Urmensch und Pithecanthropus gleichzeitig gelebt haben, ja vielleicht lebten sie sogar in Indonesien nebeneinander, denn in Süd-Sumatra, Celebes wie auch Java sind paläolithische Werkzeuge geiunden. Da kann natürlich der Pithecanthropus keinen Platz mehr im Stamm- baum des Menschengeschlechts finden; aber es sind wohl nur noch wenige Forscher, die ihm denselben überhaupt noch einräumten. Er ist ein langlebiger Zeuge vergangener Zeiten. Seine stammesgeschichtliche Stellung aber möchte ich mit denselben Worten charakterisieren, mit denen ich vor jast der Pithecanthropus-Schichten bei Trinil, Ost-Java. 971 10 Jahren die Betrachtung der interessanten Reste schloß!: Der Pithecanthropus stellt sich uns als ein Ver- such einer menschenähnlichen Entwicklung des Hylobatidenstammes dar, als ein minderbegünstigter Konkurrent des Menschen. Aber wenn er also auch nur diluvial ist, seine Mittel- stellung — nicht als das missing link, wohl aber als ein missing link — behält der Pithecanthropus; zeigt er doch in welch bedenkliche Nähe einst der Anthropomorphenstamm dem Menschen gekommen ist?, gibt er uns doch ierner deut- liche Hinweise dafür, wie sich die Entwicklung des Menschen vollzogen hat. —- Breslau, 20. November 1906. ss Jahresber, d. Schles. Ges. f. vaterl. Kultur. 1897. II. Abt. Naturw. Sekt. p. 10 ff., bes. p. 18. ? Der diluviale Pithecanthropus hat vielleicht sogar größere Be- deutung für die Annahme einer polyphyletischen Entwicklung des Menschen- geschlechts, als sie der tertiäre je besessen. 272 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopoeriniten. ı Ueber die Körperform der Holopocriniten. Von O. Jaekel in Greifswald. Mit 29 Textfiguren. Eugeniacrinus, Phyllocrinus, Holopus und ihre Ver- wandten bilden einen Formenkreis artikulater Pentacrinoideen, die durch extreme Anpassung an das Leben auf submarinen Riffen sehr auffallende Gestaltungen erfahren haben. Wie alle starken Strömungen ausgesetzten Formen sind sie fest auf- gewachsen. Ihre Arme sind zum Einfangen der selbst zu- strömenden Nahrung vereinfacht, gleichzeitig aber zum schnellen Abschluß gegen störende Zuflüsse verkürzt und verbreitert. Da den auf Korallenriffen lebenden Formen viel Kalk zum Aufbau ihres Skelettes zur Verfügung steht, so ist dieses dick und plump in der äußeren Gestalt, aber im inneren Bau kräftig muskuliert. Infolge einseitiger Strömungen recken sich solche Formen mitunter schief, weil sich die für die Nahrungszuiuhr günstiger gestellten Arme kräftiger ent- wickeln. Unter solchen Umständen hat die ursprüngliche Organi- sation der Pentacrinoideen bei ihnen weitgehende Umiormungen _ O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 273 erfahren. Die Arme sind kurz, dick, wenig geteilt und zu- meist einrollbar. Die Radialia sind unter dem Druck und Zug der schweren, schnell beweglichen Arme sehr kräftig aus- gebildet und so verdickt, daß sie sich unmittelbar auf den Stiel stützen, die Basalia aber zwischen sich zusammendrängen und schließlich zum vollständigen Schwunde bringen. Der Stiel wird verdickt und verkürzt, die Zahl der Glieder immer mehr reduziert, so daß schließlich der Kelch unmittelbar als Wurzel dem Boden aufwächst. Ursprünglich durch die Hemmung ihrer Ontogenie sehr verkleinert, haben sie sich auch später nur in geringen Dimensionen gehalten, wohl deshalb, weil sich auch ihre Lebensgenossen wie Korallen, Spongien, Brachiopoden und Bivalven wenig über den Boden erhoben. Im Milieu der kleinförmigen Fauna der Schwamm- riffe des fränkischen Jura ist das deutlich zu bemerken. In meiner irüheren Bearbeitung dieses Formenkreises ! habe ich leider der damals noch größeren Abneigung der Paläontologen gegen Rekonstruktionen allzuweit Rechnung getragen. Dadurch ist mir selbst manches nicht zum Bewußt- sein gekommen, was mir bei einer Darstellung des Gesamt- bildes wohl nicht entgangen wäre. Auch ist hierdurch, wie ich eben der Zuschriit eines Crinoideniorschers entnehme, Mißverständnissen Spielraum gelassen, die vor einem Gesamt- bilde der einzelnen Formen nicht hätten entstehen können. Diese Lücken meiner damaligen Bearbeitung möchte ich durch die nachstehenden Rekonstruktionen ausfüllen, die, wie ich hoffe, auch denen, die sich nicht mit Crinoiden be- schäftigen, durch ihre eigenartigen Formen und Anpassungen Interesse abgewinnen werden. Ich will die Formen in nach- stehender Reihenfolge besprechen, die zugleich eine Übersicht ! Über Holopocriniden, mit besonderer Berücksichtigung der Stram- berger Formen. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch. Jahrg. XLII. 1891. pP. 8583—670. Taf. XXIV—XXXXIL N, Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband, 18 974 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. über die systematische Stellung und Gliederung des Formen- kreises bietet. | Echinodermata. Unterstamm Pelmatozoa LEUCKH. Klasse Pentacrinoidea JKL. Ordnung Articulata JOH. MÜLLER. Unterordnung Pentacrinites. a Encrinites. . Millericrinites. E Apiocrinites. 5 Comatulites. 5 Uintacrinites. & Holopocrinites m. 1. Familie Holopodidae (E. ROENER)ZeTr Genus Sclerocrinus JKL. „ Cyrlocrinus JKL:. „ 2 Torynocrinus= SEELEN nPolockinus RE: „. Pseudolopus n. g. „ Holopus D’ORBIGNY. 2. Familie Eugeniacrinidaev. ZU TsesTere Genus Lonchocrinus n. 8. „. . Eugeniacrinites..). 5, MÜLEER 3, Familie Phyllocrinidae m, Genus Phyllocrinus D’ORBIGNY. „. Apsidocrinus n. g. Die Holopocrinites als Unterordnung der Articulata JOH. MÜLLER’s würden sich also definieren lassen als kleine Rifi-Formen mit kurzem, rundem oder ganz redu- ziertem Stiel und plumpem Kelch. TLeizierer bes i nur aus den sehr verdickten Radialıen, zwisehen denen die Basalia vollständig obliteriert sind. O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten, 275 BIeSArme teilen sich am ersten oder zweiten Glied. Im letzteren Falle sind diese beiden ersten Arm- glieder durch eine Syzygialiläche voneinander ge- trennt, im ersteren Falle miteinander verschmolzen. Die 10 Armäste sind kurz und schwerifällig, alter- mierend mit kurzen einrollbaren Ramulis ver- sehen undinderRegelungegabelt. Die Kelchdecke enthält wahrscheinlich bei allen Formen die 5 Oralia von kleineren, peripheren Plättchen umsäumt. In meiner früheren Bearbeitung dieser Formen hatte ich alle in einer Familie untergebracht, die ich im Anschluß an den Namen der lebenden Form als Holopocriniden bezeichnet hatte. Indem sich nun aus den Rekonstruktionen der Formen die Unterschiede der einzelnen Formenkreise schärfer heraus- hoben, sehe ich mich zur Zerlegung des ganzen Formen- kreises in 3 Unterabteilungen genötigt, denen man nach dem Grade ihrer morphologischen Spezialisierung den Charakter von Familien nicht vorenthalten kann. Diese sind zweck- mäßig mach den bekanntesten Vertretern als Holopidae, Eugeniacrinidae und Phyllocrinidae zu bezeichnen. Indem wir nun ihrer Gesamtheit als Holopocrinites den Rang einer Unterordnung zuerkennen, stellen wir sie den Comatuliten, Encriniten und anderen im Range gleich. Das scheint mir auch insofern berechtigt, als sie schon durch ihren eigen- tümlichen Kelchbau einen ganz selbständigen Typus der Articulata bilden. Obwohl nun für eine solche Unterordnung der Name Holopocriniten, den ich seinerzeit für die Familie verwandte, vielleicht besser durch einen indifferenteren Namen wie Sclerocrinites ersetzt würde, möchte ich doch von der Aufstellung eines neuen Namens absehen. Zudem hat der Name Holopocriniten wenigstens den Vorteil, daß er an die lebende Form Folopus anknüpft, die uns erst den Schlüssel zum Verständnis der fossilen Reste gegeben hat. 18% 276 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. l. Familie Holopodidae (F. RÖMER 1856) emend. JKL. RÖMER’s Begriff Holopidae als Bezeichnung einer Familie wurde zwar schon von P. H. CARPENTER korrigiert, aber auch von ihm nur für den lebenden //olopus angewandt. Indem ich diesen als das jüngste Endglied einer im Jura beginnenden Formenreihe auflasse, gebe ich ihr als Familie eine viel weitere Fassung. Wichtig erscheint mir aber im Rahmen der gesamten Holopocriniten für die Holopiden nur, daß ihr Kelch keine interradialen Zapien auiweist, die sich besonders bei den Phyllocriniden spezrale sierten, daß sie ferner regular selormre ara besitzen, im Gegensatz zu den Ensemiacrnnde die diese Teile als Schutzorgane dessen ee spezialisiert haben. Außerdem sind ihre beiden primären Armglieder zu einem Stück verschmolzen und ihr Stiel besonders zur Verwachsung seiner Glieder geneigt. Die Holopiden sind also die einfachsten Formen innerhalb der Cyrtocriniten und spezialisieren sich dann nur insofern, als der Stiel bei den jüngeren Formen zu einem kurzen Fuß verkümmert und Kelch und Arme einige merkliche Spezialisierungsprozesse erfahren. Gen. Sclerocrinus JAEKEL 1891. 1. c. Über Holopocriniden, mit besonderer Berücksichtigung der Stramberger Formen. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. XLII. Berlin 1891. p. 621. F. A. BATHER bezeichnet meine Gattung Sclerocrinus als Synonym von Gammarocrinus QUENST. 1858. Daß QUEN- STEDT den in seinem „Jura“ gebrauchten Namen Gammaro- crinites später selbst fallen ließ, wäre vom Standpunkt der Priorität gleichgültig. Da aber QUENSTEDT einen Begriff Gammarocrinites niemals definiert hat, sondern wörtlich nur sagt, daß Zugeniacrinites „compressus, nulans und alles was sich daran schließt, einen besonderen Typus Zugeniacrinites bildet, der wahrscheinlich sogar geschlechtlich von caryo- O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. DIE TU phyllatus verschieden ist“, also alle ihm bekannten Formen außer E. caryophyllatus zusammenfaßte, die jetzt in ver- schiedene Gattungen getrennt sind, so kann auch von einer präzisen Umgrenzung des Typus der angeblichen Gattung . Y \ MI 14 BAER WANNA) ® Ni, VAR WS RN IODN 29: NIN NIIT SIE IN IIIIINS IN RR Fig. 1. Sclerocrinus strambergensis JKL. rekonstruiert aus der Kelch, den Stielgliedern und einzelnen Armteilen. Rote Mergel des Tithon von Stramberg, Mähren. 3 nat. Gr. Der Kelch besteht aus hohen Radialien mit flachen, stark geneigten Gelenkflächen. Die untersten ungeteilten Armglieder sind zu einem einfach geformten Axillare verschmolzen. Interradiale Zapfen fehlen gänzlich. gar keine Rede sein. Zudem ist auch ihre Aufstellung nur bedingt erfolgt mit Hinweis auf das vorher citierte „wahr- scheinlich“. QUENSTEDT fährt daher auch fort: „Dann könnte man durch eine neue Benennung Gammarocrinites auf die 278 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. schon von SCHEUCHZER hervorgehobene Ähnlichkeit mit Krebssteinen hinweisen.“ Mit diesen Worten hat QUENSTEDT selbst seinerseits die Akten über Gammarocrinites geschlossen, und ich verstehe nicht recht, warum mein Freund BATHER, der sonst so kritisch in der Beurteilung von Diagnosen ist, obige Bemerkungen als gültige Definition gelten läßt und den niemals präzisierten Namen Gammarocrinites an Stelle meines Sclerocrinus setzt, der überdies nur einen Teil von QUENSTEDT’s Gammarocriniten umschloß. Ich hoffe, daß in Zukunit selbst die peinlichsten Nomenklatur-Hyänen dem Gammarocrinites QUENSTEDT das Begräbnis nicht verweigern werden, das sein Autor selbst dem totgeborenen Kinde bereitet hatte. Die allgemeine Körperiorm von Sclerocrinus ist aus dem restaurierten Scl. strambergensis JKL. zu ersehen. Zur Charak- teristik der Gattung hebe ich nochmals hervor, daß die Patina auf einem gegliederten Stiel sitzt, steil geneigte, rundliche Gelenkflächen mit sehr kleinen Muskelgruben hat, keinerlei interradiale Vorwölbungen oder Zwischenräume aufweist und dicke, aber normal geformte Axillaria, sowie gerundete, schwerfällige Armäste besitzt. Die Gattung umiaßt als typische Arten Sel. (Eugeniacrinus) cidaris QUENST. sp., compressus QUENST. sp. aus dem weißen Jura Württembergs sowie Scl. strambergensis JKL. und Sci. Batheri REMES! aus den Grenz- schichten von Malm und Kreide in Stramberg in Mähren. Gen. Cyrtocrinus JAEKEL 1891. 1. c. p. 602. (Syn. Eugeniacrinus aut., Gammarocrinites QUENST. z. T., Torynocrinus BATHER non SEELEY.) Unter obigem Gattungsnamen hatte ich zweierlei Formen zusammengefaßt, die ich nunmehr doch in zwei Gattungen * _ı MAURIC REMES: Nachträge zur Fauna von Stramberg. I. Die Fauna des roten Kalksteins (Nesselsdorfer Schichten). Beiträge zur Paläontologie und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients. 14. 202. Wien und Leipzig 1902. O, Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 979 trennen möchte, Ausgehend von dem Eugeniacrinites nutans GOLDF. hatte ich den Hauptwert in der Diagnose. der Gattung Cyrtocrinus auf die Bildung und Stellung der Armgelenke an der Patina und deren schiefe Stellung auf den Stiel ge- legt und infolgedessen zu Cyrlocrinus auch eine Form ge- De N PD / UN \ \ ZN 770 Fig. 2. Cyrtocrinus nutans GOLDF. sp. aus dem unteren Malm (Oxfordien) des fränkischen Jura. Rekonstruiert in 3facher Größe auf Grund von Stielen, Patinen, einzelnen Armgliedern und einem eingerollten Armast (Orig. Museum Berlin). Der vorderste Arm ist entfernt, um die Gelenk- fläche und Form der Patina zu zeigen. zogen, die in der rechtwinkligen Verwachsung der Patina mit dem Stiel eine sehr eigenartige Spezialisierung aufweist und dem Gattungstypus Torynocrinus SEELEY unterzuordnen ist, Für Cyrtocrinus in dem nunmehr engeren Sinne würde sich dann folgende Diagnose im Rahmen der Familie ergeben: 280 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. Die Radialia bilden einen geschlossenen Kranz, der schief auf dem Stiel befestigt und meister: dem obersten Stielglied verwachsen ist. Der Stiel ist noch gegliedert, die Gelenkflächen sind nach außen gewandt, durch Furchen getrennt und mit großen, halbkreisiörmigen Muskelgruben ver- sehen, deren Rand hervortritt:. Die ersten und 07 Alt. \ ZA IR 74/ N ” N un 972 U NN CN 7 9 N NN h DS z DH TAN za N SINN N RN, N NÜU NN N III N RN ED d. 4. d. Fig. 3—0. Drei Exemplare von Cyrtocrinus nutans GOLDF. sp. aus dem unteren Malm (Oxfordien) von Streitberg in Bayern in sSfacher Größe. Patina und Stiel in verschiedenen Stellungen. Fig. 3: Rückansicht eines jungen Individuums. Fig. 4: Ventralseite eines ausgewachsenen. Fig. 5: Seitenansicht eines mittelgroßen Exemplars. (Orig. Museum Berlin.) zweiten (axillaren) Armglieder sind miteinander verwachsen, lassen aber die Nalhisrwenzr ze erkennen. Die wenig zahlreichen Armglieder sind hoch und bei den bisher bekannten Arten außen abgeflacht und mit zwei Seitenkanten versehen. Die Gattung nimmt eine Zwischenstellung zwischen Sclerocrinus und Torynocrinus ein und kann einerseits als Vorfahr des letzteren und anderseits wahrscheinlich als Stamm-- O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 981 form von Pseudolopus und Holopus gelten. Als Typus der- selben nehme ich den (Eugeniacrinus) Cyrtocrinus nutans GOLDFUSS sp. aus dem unteren Malm des schwäbisch- fränkischen Jura. Die Fig. 2—5 zeigen eine rekonstruierte Ansicht und verschiedene Stellungen der Patina, um deren radiäre Ausbildung und ihr Verhältnis zu den noch nicht ganz verwachsenen Stielgliedern zu zeigen. In der Vertiefung des Kelches, der Form der Gelenkflächen und der beginnenden Verwachsung der Patina mit dem Stiel nimmt die Gattung eine ancestrale Stellung gegenüber Pseudolopus und Flolopus ein, in der ziemlich gleichmäßigen, einen geschlossenen Kranz bildenden Formung seiner Radialia erweist sich die Form als der normale Ausgangspunkt für den sehr spezialisierten Torynocrinus SEELEY. Gene Nonymo@kınus SEELEN 18066.. Syn. Cyrtocrinus JKL. 1. c. 1891. Die von H. SEELEY 1866 für einige Patinae aus dem oberen Grünsand der englischen Kreideformation aufgestellte Gattung Torynocrinus war ohne Abbildungen erschienen und in der Crinoiden-Literatur unbeachtet geblieben, auch mir bei der Bearbeitung” der Holopocriniden unbekannt. Es ist das Verdienst F. A. BATHER’s, auf die Beziehungen meiner Gattung Cyrtocrinus zu Torynocrinus SEELEY hingewiesen zu haben °. Da ich seiner Freundlichkeit auch eine Kopie der Abbildung verdanke, die später in einem englischen Sammelwerke* von ı HARRY SEELEY: Notice of Torynocrinus and other new and little- known fossils irom the upper Greensand of Hunstanton, commonly called the Hunstanton Red Rock. Ann. Mag. Nat. Hist. London März 1866. p. 173. rer 189. D. 602. ® F. A. BATHER in Treatise on Zoology. Part III. London 1900. p. 197. * John PHILLIPS: Manual of Geology, edited by R. ETHERIDGE and H. G. SEELEY. Part I. p. 487. London 1885. (Nach einer freundlichen Angabe von Herrn F. A. BATHER.) | 282 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. dem Typus SEELEY’s, dem Zorynocrinus canon, gegeben wurde, so konnte ich mich aus diesen Figuren und SEELEY’s Beschreibung ohne weiteres von der Übereinstimmung jüngerer Arten meiner Gattung Cyrlocrinus mit seinem Typus über- zeugen. Wenn auch SEELEY’s Charakteristik in mancher Be- ziehung Mängel aufwies — er nahm z.B. an, daß der Kelch aus Basalien, Radialien und Interradialien zusammengesetzt sei —, so waren darin doch in der Beschreibung und späteren Abbildung die auffälligsten Kennzeichen des Typus kenntlich zum Ausdruck gebracht. Die mit ihm übereinstimmenden. Arten meiner früher im weiteren Sinne gebrauchten Gattung Cyrtocrinus sind C. Thersites JKL. von Stramberg und C. granulatus JKL. aus dem Neokom des Departement Var in Frankreich. BATHER glaubte auch eine volle Koinzidenz und Synonymie beider Gattungsbegrifie Torynocrinus und Cyrto- crinus annehmen zu müssen, aber das genauere Studium der beiderseitigen Patinae, die Herstellung von Rekonstruktionen (Fig. 2 und Fig. 6), sowie die stärkere systematische Zer- legung des ganzen Formenkreises lassen meiner Überzeugung nach eine Trennung beider Typen angezeigt erscheinen, wenn Torynocrinus auch offenbar aus dem Formenkreis von Cyrto- crinus entstanden ist. Zur Charakteristik der jüngeren Arten dieser Formen- reihe sei hervorgehoben, daß der meist schiei gewachsene und oit irreguläre Kelch in einen längeren Stiel verlängert ist, die Armgelenke breit, seitwärts durch Furchen voneinander getrennt sind und in sich mäßig große Muskelgruben auf- weisen. Die mit dem Brachiale 1. verwachsenen Axillaria prima sind verdickt, aber ohne besondere Eigentümlichkeiten ; die folgenden Armglieder sind ziemlich hoch, nicht wechsel- zeilig geordnet, außen gerundet. Hierher gehören Cyrtocrinus Thersite® JKL. aus dem Neocom von Stramberg, C. granulatus JKL. aus dem Neocom EN O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 283 von Lattes, Dep. Var, und Torynocrinus canon SEEL. aus dem oberen Grünsand von Huntington in England; sie geben zugleich den Weg an, den die Entwicklung der Gattung genommen hat. Fig. 6. Torynocrinus granulatus JkL. sp. aus dem Neocom von Lattes, Dep. Var. Rekonstruiert in ofacher, Größe. Ri Indem wir also die Gattung Torynocrinus auf den Formen- kreis beschränken, der sich unmittelbar um SEELEY’s Typus derselben gruppiert, läßt sich von diesem folgende Definition geben: 284 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. Patina rechtwinkelig auf dem Stiel gestellt und löfielartig mit ihm verwachsen, derart, daß nur die oberen Radialia normal ausgebildet sind mid dıeruintenenenaden Regel durch eine wulstige Vorwölbung getrennt werden. In dem am Kelch ansitzenden Teil des Stieles ist keinerlei Gliede- rung mehr zu bemerken; er ruhte offenbar direkt Sr HN >= Fig. 7 und 8. Zwei armlose Kronen von Torynocrinus granulatus JKL. ebendaher. Fig. 7 von der Seite, Fig. 8 von der Ventralseite gesehen. Vergrößerung öfach. (Original im Museum zu Berlin.) auf der Wurzel. Die gemäß den Gelenkflächen der Patina ungleich ausgebildeten Arme sind seit- wärts gewendet. Das erste und zweite Armglied sind zu einem Axillare jest verschmolzen folgenden Armglieder sind ziemlich hoch, außen kantig oder gerundet. Die Arten dieser Gattung sind einander sehr ähnlich, aber an äußerlichen Kennzeichen, wie granulierter Oberfläche O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten 285 (T. granulatus), schlankerem Stiel (T. canon), das Form- leicht zu unterscheiden. verhältnis von Patina und Stiel T. Thersites JKL. Fig. 6—8 (Syn. marginatus REMES 1902) „10. IN < SD N N NN S—S GG 07 N AR a &ı 12. 13. Torynocrinus Thersites JKL. sp. aus dem Tithon von Stramberg, Mähren Fig. 9. Eine normale Patina mit Stiel von der Seite gesehen. Fig. 10. Eine Patina mit besonders schlankem Stiel von der Ventralseite. Fig. 11. Eine 's häufig ist. Fig. 12. Dieselbe verkrüppelte Form, die als var. difformis häufig ist Varietät in natürlicher Größe, Patina und Wurzel verwachsen zeigend Fig. 13. Eine Wurzel von T. Thersites. Fig. 14. Ein Armglied, a von der Seite, b von oben gesehen, mit den Ansatzflächen von zwei Ramulis (Pinnulae aut.). 286 O, Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. Tithon von Stramberg; 7. digitatus REMES, Tithon von Stramberg, mit lingerförmig vortretenden Gelenkflächen; T, granulatus JKL. Fig. 9—14, Neocom von Lattes, Var; T. canon SEELEY Fig. 15, oberer Grünsand von Huntington, England (Typus der Gattung). Zu der Artabgrenzung der Stramberger Ta Formen muß ich hier noch einige Bemer- Mr N. kungen anknüpfen, da Herr Dr. REMES 2 Mm a bei seiner dankenswerten Bereicherung 8 ZT des Materials meinen Arten teilweise eine _\ andere, nicht in meinem Sinne gelegene 1 Umgrenzung gegeben hat. Diese Riff- N formen sind alle ungemein variabel und ı neigen unter dem starken Zwang der um- ) gebenden, das Wachstum störender Ver- ) hältnisse sehr zu Deformitäten. Ich hatte ) infolgedessen davon Abstand genommen, )) für diese z. T. sehr divergenten Abwei- chungen besondere Spezies aufzustellen. Über solche Abgrenzungen läßt sich natür- lich im einzelnen nicht streiten, aber im Fig. 15. Kopie des allgemeinen ist zu bemerken, daß bei en fe schärferen Sonderungen naturgemäß der canon aus dem oberen Typus der Art festgehalten und nicht no. Fun auf eine aberrante Variation verschoben werden dar. Das ist aber der Fall bei der Speziesgliederung, die Herr Dr. REMES bei Cyrto- crinus vorgenommen hat, Ich faßte alle Stramberger Arten als (Cyrtocrinus) Torynocrinus Thersites zusammen, ging von den normalen aus und betonte, daß verschiedene De- formitäten vorkämen. Eine dieser Krüppeliormen wurde nun von REMES zum Typus meiner Art „Thersites“ gemacht und die normale Form neu als Cyrfocrinus marginatus beschrieben. 0. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 987 Das ist terminologisch ungültig. Es wäre aber wohl zulässig, namentlich die häufigeren Varietäten mit besonderen Namen zu fixieren. Dann ergäbe sich folgende Einteilung: Moryveocrinus Dhensites. JKL sp. (Fig. 9, 10.) Syn. Cyrtocrinus marginatus REMES. Cyrtocrinus granulatus REMES. Torynocrinus Thersites var. difformis JKL. (Fig. 11, 12,) Syn. Cyrtocrinus Thersites JKL. var. ]. „ Cyrtocrinus Thersites REMES var. Torynocrinus Thersites var. palmata JKL. Syn. Cyrtocrinus Thersites JKL. (Zweite Varietät. Holopocriniden 1891. poll ie, 12)) „ Cyrtocrinus marginatus REMES. Nachträge, 1902. Taf. XVII, p. 18. „Deformität.“ Diese Varietätenliste ließe sich natürlich bei der großen Mannigjaltigkeit der Art beliebig vermehren. Ich habe nur die mehrfach wiederkehrenden Endglieder fixiert. Seinen Cyrlocrinus marginatus von Stramberg hat REMES auf die von mir aus dem Neocom des Departements Var in Südfrankreich beschriebene Art bezogen, aber keine derartigen Exemplare von Stramberg abgebildet. Über seine Formen fehlt mir also ein Urteil, ich halte es aber für recht unwahrscheinlich, daß sich derartige Riffbewohner so weit verbreiten sollten, ohne ihre spezifischen Cha- Elaerer zu ändern. Für-die Erhaltung der Art ist doch zweifellos der Zusammenhang des Kreu- zungskreises maßgebend, der aber müßte hier nicht nur durch die räumliche Entfernung von mindestens 1200 km, sondern auch die unmittelbare Nachbarschaft nahestehender Arten durchbrochen sein. Da mir reichliches Material von Stramberg und sehr viele Individuen meines T. granulatus von Var vorliegen, glaube ich das Vorkommen dieser Art in Stramberg auch daraus bestreiten zu können. Ich betonte 288 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. aber in meiner älteren Schriit (Holopocriniden. 1891. p. 610. Fußnote), daß die Abrollung der Stücke sehr wohl eine feinere Skulptur abgerieben haben könnte. Auch granulierte Patina würden also sehr wohl in den Formenkreis von 7. Thersites JKL. gehören können, zumal auch die Armglieder gelegentlich noch schwache Spuren einer Granulation erkennen lassen. Aber wegen dieser Granulation allein würde eine Zusammenziehung von T. Thersites und granulatus JKL. (non .REMES) noch keineswegs berechtigt sein, da beide Arten noch durch viele andere Merkmale unterschieden sind. | Gen. Gymnocrinus LOR. Die von mir übernommene Gattung Gymnocrinus P. DE LORIOL bedarf einer gründlichen Revision. LORIOL be- schrieb unter dem Namen G. Moeschi einen Crinoidenrest, den er als Kelch deutete, der unten weit offen war, und den er deshalb als „Gymnocrinus“ (von yvuvos — nackt) be- zeichnete!. In meiner Bearbeitung der Holopocriniden 1. c. 1891. p. 6393 wies ich nun, wie ich glaube, einwandfrei nach, daß der von LORIOL beschriebene Rest nicht ein Kelch (Patina), sondern ein axillares Brachiale war, und dieser Crinoidentypus, der seinem ganzen Habitus nach in die Nähe der Eugenia- criniden gehören mußte, dadurch gekennzeichnet war, daß die inneren Flügel der einzelnen Axillaria miteinander verwachsen sind, und die Armrinne sonach durch ein geschlossenes Loch zur Kelchdecke verlaufen mußte. Ein mir zugegangenes Stück dieses Typus, das sich im Berliner Museum befindet, stimmte mit LORIOL’s Abbildung seines Originals so gut überein, daß ich es damit spezifisch identifizierte und 1. c. p. 634 Fig. 17 an Stelle des mir nicht zugänglichen Originales abbildete. ı P. DE LORIOL: Monographie des Crinoides fossiles de la Suisse. (Mem. Soc. pal&ont. Suisse. 1870. 6. 250. Taf. XIX Fig. 54—56.) O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 989 Dieses mir vorliegende Stück zeigte nun eine ganz ähn- liche Ausbildung der Gelenkfläche und auch sonst sehr viele formale Beziehungen zu einem Kelchtypus, der unter dem Namen Eugeniacrinus Moussoni von DESOR aus gleichalterigen Schichten (Oxfordien) des unteren Malm beschrieben wurde. Mit diesem kombinierte ich vorläufig jenes Armglied und er- weiterte den Gattungsbegrifi Gymnocrinus auch auf derartige Kelchformen. Nun geht mir durch Herrn Dr. REMES aus dem Stram- berger Kalk ein Axillare zu, das ganz dem Typus jenes von mir beschriebenen entspricht, aber an der Unterfläche nicht wie dieses eine Syzygiallläche, sondern eine Gelenkfläche zeigt. In diesem Falle würde also das Axillare aus den beiden ersten Armgliedern verschmolzen sein und sich in dieser Hinsicht dem Typus der Holopodidae, speziell etwa Cyrlocrinus und Torynocrinus anschließen, während sich das früher von mir abgebildete dem Typus der Eugeniacriniden unterordnete. Nun ist freilich die Stramberger Form jünger und dicker, und es könnte sich also in diesem Formenkreis eine diesbezüg- liche Änderung vollzogen haben. Immerhin legt der neue Fund die Möglichkeit nahe, daß Verwachsungen der inneren Flügel der Axillaria bei verschiedenen Gattungen eintreten konnten. Auch bei Folopus zeigen sich starke Ausdehnungen der Flügel nach innen, die von einer Verwachsung nicht weit entiernt sind. So erscheint also der Armgliedertypus von Gymnocrinus nicht mehr kennzeichnend für einen einzigen Typus. | Es gingen mir ferner von Herrn Dr. REMES aus Stram- berg kleine Kelche (Patinae) zu, die sich dem Habitus der Kelche nähern, die ich mit jenen Axillarien (Gymnocrinus LORIOL) kombiniert hatte. Diese Patinae wären aber ihrer ganzen Form nach kaum geeignet, Axillaria wie die be- sprochenen zu tragen. Unter diesen Umständen trage ich N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 19 290 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. Bedenken, beide weiter miteinander zu kombinieren, sondern schlage vor, den Namen Gymnocrinus P. DE LORIOL auf Axil- laria vom Typus von LORIOL’s G. Moeschi zu beschränken und den Kelchformen, die ich damit vereinigte, einen neuen Namen zu geben. Als solchen schlage ich den folgenden vor, den ich ursprünglich als Manuskriptnamen verwendet hatte. Pilocrinus n. g. Syn. Eugeniacrinus DESOR non MILLER. Gymnocrinus JAEKEL non P. DE LORIOL. Die Patina ist an der Oberseite oberflächlich eingesenkt, am Oberrand mit 5 interradialen Zapien versehen, zwischen die sich die Gelenk- flächen einschieben. Diese fallen steil nach außen ab, sind halbmondiörmig mit großen Gelenkgruben und stark vortretendem Querrifi versehen. Ihre interradialen Zapien sind unter den auswärts- gebogenen Spitzen eingedrückt. Die Unferrigehe der Patina ist tiei ausgehöhlt. Durch die Kenntnis und Gliederung ihrer Gelenkflächen unterscheidet sich dieser Typus von Zugeniacrinites, durch die interradialen Zapien von Sclerocrinus, Cyrtocrinus und Torynocrinus, von Flolopus durch seine Kelchiorm und den Besitz eines Stieles, von Phyllocrinus durch die Größe seiner Gelenkflächen, deren Stellung und die Form der interradialen Zapien, die an Zugeniacrinites erinnert. Ihrer Patina nach gehört diese Gattung in die Familie der Holopocriniten. Leider kennen wir nur ihre Patinae, so daß wir über ihren Armbau kein sicheres Urteil fällen können. Als ihre Axillaria kämen außer dem „Gymnocrinus“ auch die von Lonchocrinus in Betracht, die wir ja auch noch nicht mit Sicherheit mit Kelchen identifizieren können. Vielleicht stehen sich die Patinae beider Formen sehr nahe. Der Kelch von O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 99] Lonchocrinus (?) intermedius JKL. sp. sieht denen von Pilo- crinus ähnlich, so daß man im Zweifel sein kann, ob er nicht dem gleichen Formenkreis eingeordnet werden könnte. Immer- hin entiernt er sich aber im Bau. des Kelches und namentlich der Unterseite nicht unerheblich von den typischen Arten unserer Gattung. Als solche bezeichne ich den Fig. 16 ab- gebildeten Pilocrinus sp. aus dem Tithonkalk von Stramberg und den früher von mir beschriebenen P. (Gymnocrinus) Moussoni DESOR sp. aus dem Oxfordien des Jurazuges. A Koh 1; N \ IH HN y GAR I N WM {UN % 7a G \ Ah ” YA N, 1, i FIR, 7 I G / ’ ZN J 9% IV 7, N % Vi N 7 N 7 Ss Fig. 16. Pilocrinus sp. aus dem Tithon von Stramberg. Etwa 15mal vergrößert. Original in der Koll. REMES in Olmütz. Als Tetanocrinus hatte ich 1891 1. c. p. 628 eine Form generisch fixiert und hier eingestellt, die P. DE LORIOL 1882 unter dem Namen Zugeniacrinus aberrans beschrieben hatte. In demselben Jahre beschrieb P. DE LORIOL! nun neues Material dieser Form aus Portugal und stellte dafür den Namen Dolichocrinus auf. Da nun diese neuen Stücke unter den sehr langen Radialien typische Gruben für Basalia zeigten, wie sie die Millericriniden besitzen, war meines Erachtens weder P. DE LORIOL noch später F. A. BATHER berechtigt, diese Form weiter in dem Formenkreis von Zugeniacrinus, ı P. DE LORIOL, Description de la Faune jurassique du Portugal. Lissabon 1890—91. p. 130. 192 999 ‚©. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. Phyllocrinus und Flolopus zu belassen. Sie gehört hiernach zu den Millericriniden. Die Arbeit LORIOL’s ging mir damals erst nach Veröfientlichung meiner Holopocriniden-Arbeit zu. Proholopus n. g. (Syn. Eugeniacrinus REMES non J.S. MILLER, Holopus REMES non D’ORB.) Als Spezies von /olopus, dann unter dem Namen Eugenia- crinus beschrieb M. REMES ! 1902 einige bemerkenswerte Patinae, die den Habitus von Flolopus zeigen, aber unver- kennbar gestielt sind. Auch einige andere Momente machen ihre gene- rische Trennung von Holopus nötig. Von Zugeniacrinites unterscheiden sie sich eigentlich in allen Punkten, abgesehen von den Kennzeichen der Unterordnung, besonders aber durch den Mangel interradialer Zapfen, die ebene Form der Armgelenke an der Patina, den Mangel oberer Muskel- = | gruben in diesen, die Vertiefung der Fig.17. Proholopus holopi- Patina und die Form der Stielglieder. De in a So erscheint mir für diesen Typus die Aufstellung einer besonderen Gat- tung notwendig, für die ich den Namen Proholopus vorschlage. Die Gattung würde sich wie folgt definieren lassen: Patina kreiselförmig, ventral vertieit, die flachen, nach außen geneigten Armgelenke berühren sich seitlich, interradiale Zapfen fehlen. Der von der Patina schari getrennte Stiel be- steht aus niedrigen zylindrischen Gliedern. Die Arme waren wahrscheinlich denen von //olopus sehr ähnlich. ! Nachträge zur Fauna von Stramberg. I. Die Fauna des roten Kalk- steins. Wien u. Leipzig 1902. p. 203. (Beitr. z. Paläontol. u. Geol. Öster- reich-Ungarns u. d. Orients. 14. Heft 3 u. 4.) O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 993 Als Typus der Gattung betrachte ich den oben abgebildeten Eugeniacrinus holopiformis REMES, 1. c. 1902. Ob die übrigen von REMES aufgestellten Arten cupuliformis und £ithonius da- neben eine spezifische Selbständigkeit beanspruchen können, muß ich dahingestellt sein lassen, da ich die Exemplare nicht aus eigener Anschauung kenne. Holopus D’ORB. Im Rahmen der Familie ist Zolopus ausgezeichnet durch die stiellose Anwachsung des Kelches am Unter- Bar sauren die Vertieiung der Kelchhöhlung Bd entsprechende Verdünnung der Kelchwand and die nahezu horizontale Stellung der Gelenk- Bchenziir die Arme, die auf einem ungeteilten BeamensStick zehn kräftig einrollbare, alter- nierend mit kurzen Ramulis versehene Armäste tragen. Erst durch die Kenntnis des lebenden /7. Rangi D’ORB. sind wir in den Stand gesetzt worden, uns mit Hilie der einzelnen Armteile der fossilen Formen eine Vorstellung von dem Armbau derselben zu machen und damit deren Ge- samtbild und systematische Stellung zu ermitteln. Als fossilen Vertreter von lolopus konnte ich 1891 eine Form nachweisen, die aus dem untersten Tertiär von Spilecco in Oberitalien unter dem Namen Cyathidium spileccense von CL. SCHLÜTER beschrieben worden war. Ob eine nur wenig ältere Form aus der obersten Kreide der Insel Faxe, Cya- thidium holopus STEENSTRUP, zur Gattung Flolopus oder in deren Nähe gehöre, kann ich auch jetzt nach deren erneuter Betrachtung! durch A. HENNIG und M. RAVN noch nicht sagen, da der Erhaltungszustand dieser Kelche kein Urteil " A. HENNIG, Finnes en lucka emellan Senon och Danien i Dan- mark. Geol. Förhandl. 225. 26. Stockholm. Heft 1. p. 55. — J. P. J. RAVN, Bemerkninger om lagserien i Stevns klint samt om Cyathidium holopus STEENSTRUP. Ebendort. 228. 26. 994 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. über deren Zusammensetzung gestattet. Mit obiger Form würde auch, wie ich schon früher (l. c. p. 621) betonte, Micropocrinus Gastaldii MICHELIN ! aus dem Miocän von Turin hierher zu ziehen sein. Leider ist auch dessen Kelchbau, wie ich mich selbst überzeugen konnte, an dem Originalstück nicht zu ermitteln. N ON DR N N \ AN \ N N W \\ DD [! ES ER, 77 ee ER Y z Ys EINEZ,), mm - zZ Fig. 18. FAolopus Rangi D’ORB. lebend in seichtem Wasser an den An- tillen. Nach P. H. CARPENTER. (Challenger Report.) Mit fest geschlossenen Armen. 3mal vergrößert. Innerhalb der Familie bedeutet die Körperform von Holopus einen Abschluß der Anpassung an das Riffleben, indem ihr Stiel vollständig verschwunden ist und die Anheitung so fest und unmittelbar als nur möglich durch den Kelch selbst er- ! MICHELIN, Description d’un nouveau genre de la Famille des Crinoides. (Revue et Magasin geolog. Ser. Il. 3. 9.) O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 995 folgt, ferner durch den festen Zusammenschluß der Arme. Wie mächtig die Anpassung in diesen für Rilliormen so wichtigen Punkten geht, zeigt sich am deutlichsten in den Jugendiormen von Aolopus. In einem Entwicklungsstadium, in dem normale Crinoiden wie Pentacrinus und Antedon bereits lang gestielt und zier- lich gegliedert sind, zeigt Flolopus im geschlossenen Zustand das Bild Fig. 19, das über einem flachen Kranze verschmolzener Radialia, die allein den Kelch repräsentieren, die beiden ersten Armglieder zeigt, die später zu dem Axillare der Holopodidae verschmelzen. Zum Schutz der übrigen Kelchteile sind diese den übrigen Teilen in der Entwicklung weit voraus. Fig. 19. Das früheste bisher beobachtete Jugendstadium von Folopus Rangi D’ORB., in dem der Kelch eine flach aufliegende Scheibe bildet und die beiden primären Armglieder, die später zu dem Axillare ver- schmelzen, einen vollständigen flachen Abschluß des Kelches bewirken. * Phylogenetisch ist an dieser Jugendiorm nur die genannte ursprüngliche Nichtverschmelzung des ersten und zweiten (axillaren) Brachiale. Alle übrigen Eigentümlichkeiten sind känogenetische Anpassungen an die Lebensweise, die das Bild der stammesgeschichtlichen Entwicklung der Familie, wie sie durch die Fig. 1—2 erläutert wird, direkt auf den Kopf stellen. Die Ausbildung der Armäste erfolgte unverkennbar unter dem Schutz der ungeteilten Armstämme, die durch das Brachiale I und II repräsentiert sind. Diese Jugendform zeigt damit auch, wie leicht aus einem solchen Entwicklungsstadium eine Spezialisierung der Axillaria hervorgehen konnte, wie sie Eugeniacrinites ausgebildet hat. 996 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 2. Familie Eugeniacrinidae. Der erste und ausgezeichnete Begründer der Crinoiden- forschung J. S. MILLER ! hatte für Zugeniacrinites eine besondere Ordnung der Coadunata aufgestellt. Spätere Autoren hatten nicht mehr den Überblick über das ganze Gebiet der Crinoiden und daher wohl auch nicht den Mut, einen so unscheinbaren Rest besonders zu honorieren. Erst K. V. ZITTEL? errichtete wieder eine Familie Eugeniacrinidae, belastete dieselbe aber durch Hinzuziehung von Tetracrinus, der zu den Plicato- criniden gehört?, und Phyllocrinus, der sich so weit von Eugeniacrinites entiernt, daß auch für ihn die Aufstellung einer besonderen Familie nötig wird. So bleibt innerhalb unserer Fugeniacrinidae nur Zugeniacrinites und eine Form, die ich selbst früher zu dieser Gattung stellte, aber nun doch in eine neue Gattung ZLonchocrinus stelle. Die Familie Eugeniacrinidae in diesem wesentlich engeren Sinne ist nun charakterisiert durch die extreme Speziali- sierung ihrer axillaren Brachialiar2 Nepemzgeen wesentlichen Kennzeichen erscheinen andere Eigenschaften nebensächlich, sind aber doch für die Familie konstant. Ihre beiden primären Armglieder sind nich wien den Holopodidae zueinem Axillare verschmolzen, sondernistets getrennt, und zwar durehaceigen ve zygialiläche.ı Die Gelenkflächen den Armezamerte: Patina sind kräftig muskuliert, breit und vertieit, und durch kleine interradiale Zapienzeeigenne Die Kelche sind gestielt, die Stielglieder lang zylindrisch. Die beiden Gattungen unterscheiden sich vor- nehmlich durch die verschiedene Spezialisierung ihrer Axillaria. ! J.S. MILLER, Natural History of the Crinoidea or lily shaped animals. Bristol 1821. ® Handbuch. I. 385. 3 ©. JAEKEL, Über Plicatocriniden, //yocrinus und Saccocoma. (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 44. 1892. p. 641.) O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 997 Lonchocrinus n. g. Lonchocrinus trägt auf den Axillaria lange Spieße (Aovyn, Spieß), die nicht zum oberen Abschluß, sondern nur als Defensivwafien zum Schutz der Krone dienen konnten. Wenn auch der formale Unterschied der Axillaria gegenüber denen von Eugeniacrinites nicht sehr groß erscheint, so bedingt er doch eine ganz andere Gesamtiorm und eine ganz andere Lebensweise als bei letztgenanntem. Während sich bei diesem die Axillaria in geschlossenem Zustande über den Armästen zusammenlegen und diese dadurch von der Außenwelt ab- schließen, müssen die Arme sich hier wie bei den Holo- podiden selbst nach oben abschließen. Die Axillaria Bilgeneniihren Spießen nur ein Trutzorgan. Ein Vergleich der Axillaria von Zonchocrinus und Eugeniacrinites zeigt auch an der Größe der Gelenkflächen für die 10 Armäste, daß diese bei LZonchocrinus viel dicker und kräftiger sein mußten als bei Zugeniacrinus. Im übrigen besaßen auch diese Axillaria unten eine Syzygialiläche und mußten also durch ein Brachiale 1 getragen werden, das seinerseits auf dem Kelch artikulierte. Da die halbmond- förmige Unterfiläche des Axillare (Fig. 20) auch eine entsprechende Form des Brachiale 1 voraussetzt, so müssen auch dessen Unterlläche und damit die Gelenkflächen des Kelches eine andere Form gehabt haben als bei Zugeniacrinites. Da nun Kelche entsprechender Form vorhanden sind — aus dem Neocom von Stramberg hatte ich einen solchen früher als Phyllocrinus intermedius beschrieben -— so glaube ich die Zugehörigkeit dieser Kelche zu unseren Axillaria annehmen zu dürfen. Diese Kelche würden dann eine schwache Speziali- sierung der Gelenkflächen aufweisen, wie sie Sclerocrinus und Cyrtocrinus besaß, und also darin eine Zwischenstellung zwischen Sclerocrinus und Eugeniacrinites einnehmen. Da derselbe durch seine schwachen interradialen Zapien gleich- 298 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. zeitig an die primitivsten Phyllocriniden erinnert, hatte ich ihn schon damals mit dem Speziesnamen intermedius als Zwischenform charakterisieren wollen. Die Gattung umfaßt zwei Arten, erstens den früher von P. DE LORIOL! aus dem Malm von Südfrankreich beschrie- benen Zugeniacrinus Dumortieri, den ich auch in meiner zitierten Schrift über die Holopocriniden, 1. c. p. 587 kopiert NRRÜÜIIS, NR N IN KH HH Kur Fig. 20. Lonchocrinus n. sp. Rekonstruiert in 3facher Größe. Aus dem Tithon von Stramberg. Der vorderste Arm ist entfernt. Orig. Koll. REMES, Olmütz. habe, und einen vorstehend rekonstruierten neuen Typus (Fig. 20) aus dem Tithon von Stramberg. Der erstgenannte zeigt einen kurzen Spieß und eine dicke Vorwölbung der Externseite unterhalb der Gelenkflächen, die neue Form aus Mähren einen langen Spieß und eine wesentlich schlankere Form des unteren Teiles der Axillaria. | Demselben Typus mag auch eine Form aus den roten Tithonkalken von Stramberg angehören, die M. REMES kürzlich unter dem Namen Zugeniacrinus granulatus beschrieben hat?. ı Pal&ontologie frangaise. 11. 1. Taf. XIV Fig. 7 u. 9. ? M. REMES, Nachträge zur Fauna von Stramberg. 1. c. 1902. p. 203. Taf. XIX Fig. 3. O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 999 Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei bemerkt, daß auch bei anderen Crinoiden zapienartige Auswüchse an den Axillarien in ähnlicher Stellung vorkommen. Besonders ähn- lich erscheinen bei oberflächlicher Betrachtung die Axillaria von Pentacrinus Leuthardi P. DE LORIOL! aus dem oberen Dogger (Bathonien) von Sichtern bei Liestal bei Basel. Aber die Stellung der Gelenkflächen ist hier eine ganz andere als bei unseren Eugeniacriniden, ferner ragt der übrigens viel kleinere Zapfen bei jenem Pentacrinus nach der Seite statt nach oben und schließlich muß der Querschnitt dieses Arm- gliedes viel massiver und nach innen dicker gewesen sein als bei unserer Form. Ähnliche Spieße, die zwischen den Armen herausragten, allerdings nicht von diesen, sondern von der Kelchdecke aus gebildet wurden, finden sich bei verschiedenen paläozoischen Cladocrinoideen, wie z. B. bei Dorycrinus und bei Pferoto- crinus?”; Stacheln an den Armgliedern, allerdings in geringerer Größe aber größerer Zahl habe ich gelegentlich? bei Agrio- crinus Frechi beschrieben. Eugeniacrinites J. S. MILLER 1821. Natural History of the Crinoidea, or lily shaped animals etc. Bristol 1821. pa. Syn. Symphytocrinus KOENIG „ Eugeniacrinus GOLDFUSS bohylioerinus 2. DE LORIOL 2. T. Eugeniacrinites, für den ich gern mit GOLDFUSS, BATHER u.a. den kürzeren Namen Zugeniacrinus setzen würde, wenn ich einen solchen Eingriff in die Prioritätsrechte MILLER’s für 1 P.DE LORIOL, Note pour servir ä l’etude des Echinodermes. (Revue Suisse de Zoologie et Annales du Musee d’Histoire naturelle de Geneve. Geneve 1894. Taf. XXIV Fig. 13.) ®2 WACHSMUTH and SRRINGER, The North American Crinoidea Camerata. Cambridge 1897. Taf. XLII—-XLV und Taf. LXXIX. ® O. JAEKEL, Beiträge zur Kenntnis der paläozoischen Crinoiden Deutschlands. Jena (GUSTAV FISCHER) 1895. Taf. IX. 300 ©. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. gerechtfertigt hielte, hat bisher als Typus des ganzen Formen- kreises gegolten, ist aber zweifellos der aberranteste Vertreter desselben. Nur seine Häufigkeit im oberen Jura kann ihm jene Ehrenstellung verschafit haben. Innerhalb der Familie der Eugeniacriniden ist er aus- gezeichnet durch die Verbreiterung des interbrachialen Zapiens der Axillaria, die dadurch befähigt wurden, Y | WEG f % Vz MDR? N I) Lv A ce ZN WER 2 aM 7 JRR (4299 N 2 )) Ka (ZN), 7) 5 U = 7 RS B DAS Y Z)} N N Z2 UNION INN Fig. 21. Eugeniacrinites caryophyllatus V. SCHLOTH. sp. Aus dem unteren Malm (Oxfordien) von Bayern in öfacher Vergrößerung. Der vorderste Arm ist entfernt, die übrigen geöffnet. Kelchdecke und Weichteile fehlen. Rekonstruktion. sich über den eingerollten Armästen zu einer festen Kapsel zu schließen. In meiner früheren Schrift über die Holopocriniden hatte ich die von QUENSTEDT 1858 angefertigte Rekonstruktion bekämpit, die Zugeniacrinites mit zusammengelegten Axillarien darstellt. Mein Einwand, daß bei einer solchen Stellung, die QUENSTEDT offenbar als die normale ansah, die Arme keinen Raum zur Entfaltung gehabt hätten, ist wohl berechtigt ge- wesen, nicht aber der Schluß, daß eine solche Stellung über- O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 301 haupt unmöglich war. Die normale Stellung in der Lebens- tätigkeit mußte allerdings so sein, wie ich es damals 1. c. Fig. 23 p. 642 darstellte und hier in Fig. 24 mit teilweise eingesetzten Armästen rekonstruiert habe. Anderseits aber habe ich mich jetzt doch überzeugt, daß ein Zusammenschluß der Axillaria DE 75 DEN +. ASS g s, <> SI SIE S => SS I S SS S N II IN NN ANN NR a 7 HN AURRRTURGAN SS SS IIIIS RITTER I Ss = Sa S I ISIN Fig. 22. Fig. 23. Fig. 24. Fig. 22. Eugeniacrinus caryophyllatus V. SCHLOTH. sp., restauriert in 4facher Größe, in geschlossenem Zustande. Fig. 23. Ein Axillare von innen gesehen, rechts mit einem ansitzenden Gliede des einen Armastes. Fig. 24. Eine geschlossene Krone, deren vorderster Arm entfernt ist, um die Unterbringung der Armäste unter den Axillarzapfen zu zeigen. möglich sein konnte, und die Rillen an den oberen Innenflächen der Zapien nur durch deren Zusammenfaltung ausreichend motiviert erscheinen. Ein solcher Zusammenschluß, wie ich ihn Fig. 23 dar- gestellt habe, setzt freilich voraus, daß die 10 Armäste, die 302 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. von den 5 Axillarien ausgehen, vorher eingerollt waren. Dann aber scheint mir auch die Unterbringung der Armäste keine Schwierigkeit mehr zu bereiten, da diese unterhalb der verdickten Zapien in dem ihnen hier gebotenen Raum einen sehr geeigneten Unterkunitsplatz finden konnten. Selbst- verständlich mußten in diesem Zustande alle Lebensfiunktionen außer Verdauung und Atmung ruhen. Für letztere wird die nötige Wasserzuiuhr zu den Poren der Kelchdecke offenbar ihren Weg durch Spalträume zwischen den Ansätzen der Armäste genommen haben. Eine Ernährung aber konnte nur bei geöfineten Axillarien und ausgebreiteten Armästen erfolgen. Hierbei wird sich die Form der axillaren Zapien auch als ganz zweckmäßig erwiesen haben, da niedersinkende Nährstoffe von ihnen nur nach dem Munde zu abgleiten konnten. Verständlich wird die extreme Vergrößerung der Axillaria aus Jugendzuständen, wie sie der Fig. 19 abgebildete Flolopus zeigte. Indem die Nachteile des Rifflebens auf die Jugend- formen am stärksten einwirken, müssen diese ihre zarteren Organe besonders gut schützen können. Indem nun die Ent- wicklung der Armäste unter dem Schutz der ersten beiden Armglieder erfolgt, ist zu deren Vergrößerung ein Reiz vor- handen, der allerdings nur bei Eugeniacrinites in so extremer Weise zur Vergrößerung der Axillaria führte, während bei den Holopodiden der feste Zusammenschluß der Armäste selbst oder bei den Phyllocriniden die Vergrößerung der interradialen Kelchzapfen die nötigen Schutzvorrichtungen bildete. Bei der Neigung aller solcher Riffbewohner, unregelmäßig zu wachsen, ist der individuellen Variation ein sehr weiter Spielraum geboten. Infolgedessen sind die Arten schwer zu unterscheiden, zumal wir in der Regel nur die kleinen, erbsen- großen Patinae von Eugeniacrinites kennen. Immerhin glaube ich, daß sich im Malm der kleinere und zierlichere Zugenia- crinites quinguangularis MILLER von dem bekannten Z. caryo- O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 303 phyllatus V. SCHLOTH. sp. unterscheiden läßt. Im Malm Süd- frankreichs finden sich einige von jenen wohl spezifisch ab- weichende, aber zunächst kaum zu charakterisierende Arten. Aus dem Tithon Mährens beschrieb ZITTEL einen E£. armalus, aus dem Neocom von Stramberg beschrieb ich I. c. p. 646 als typische Art den sehr variabeln E. Zitteli. Eine sehr kleine Art aus dem Tithon von Mähren wurde mir soeben durch Herrn Dr. REMES in Olmütz zur Ansicht gesandt und wird wohl in Kürze von diesem Forscher beschrieben werden. Familie Phyllocrinidae m. Die Phyllocriniden, die von D’ORBIGNY zunächst für Blastoideen gehalten wurden, sind wie von V. ZITTEL, mir und anderen Autoren in dieselbe Familie wie Zugeniacrinites gestellt worden. Das war berechtigt, solange man dem ganzen Formenkreis keinen höheren Rang als den einer Familie zu- kommen ließ. Nachdem wir sie zur Unterordnung erheben und in dieser weitgehende Verschiedenheiten und scharf di- | vergierende Entwicklungsreihen feststellen können, erscheint die Aufstellung einer besonderen Familie für die Phyllocriniden gerechtfertigt. Indem wir von dem indiilerenten Typus von Phyllocrinus einen sehr spezialisierten Formenkreis als neues Genus Apsidocrinus absondern, ergibt sich für die neue Familie im Rahmen der Unterordnung folgende Definition: Direzvollstandis verwachsenen Radialia der Eaaahilden am Oberrand derselben interradiale Faprens die sich über dem Mund zu einem Ge- wölbe zusammenschließen können und die Arme in äußeren Nischen zwischen sich aufnehmen. Die ime sind dünn und zierlich, wahrscheinlich re mals Sesabelt' umd Kaum einrollbar. Die Axillaria zeigen keine auffallende Spezialisierung. Der Stiel ist gegliedert und relativ dünn. 304 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. Phyliocrinus D’ORBIGNY. Der von D’ORBIGNY gänzlich mißdeutete Phyllocrinus ist von ZITTEL richtig als Holopocrinit erkannt worden. Alle derartig gebauten Patinae mit interradialen Zapfen sind nun bisher in eine Gattung gestellt worden. Wenn sich nun auch die spezialisiertesten Formen durch Zwischenfiormen mit den älteren indifferenten verbunden zeigen, ist doch der Unter- schied zwischen dem Anfang- und dem Endglied der beiden so groß, daß sich eine generische Abtrennung des speziali- “ Yv) Fig. 25. Phyllocrinus granulatus Fig. 26. Phyllocrinus Hohen- D’ORB. von unbekanntem Fundort. eggeri V. ZITTEL aus dem Neocom Darunter nat. Größe. Restaurierte von Stramberg in Mähren. ämal Patina ohne Arme. vergrößert. Patina ohne Arme. sierteren Typus mit hohen, radial verwachsenden Zapfen von den älteren Arten mit freien Zapfen nicht von der Hand weisen läßt. In dieser Beschränkung umiaßt dann Phyllocrinus Phyllo- eriniden, mit freien interradialen Zapien, Klier kugelig gewölbten Kelch und vermutlich im Ruhe- zustand eng geschlossenen Armen. Als typische Arten seien genannt der Typus der Gattung D’ORBIGNY’s P. granulatus (Fig. 26) und P. Floheneggeri ZITT. aus der untersten Kreide. Apsidocrinus n. g. Die interradialen Zapfen der Patina sind sehr hoch und über der Kelchdecke medial zu einem O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 305 Gewölbe (apsis) verwachsen. Der untere normale Teil der Patina ist bei den bisher bekannten Arten konisch. Daß man auf Formen wie Fig. 12 den Gattungsbegrifi von Phyllocrinus nicht mehr ausdehnen kann, wird wohl nicht zu beanstanden sein, auch wenn in diesem Falle die AL NN > O I, HH {7 SS SEIN ISS>> — = SS SS ES SQ N _SSS SSH IIID SIE nn ES = SEID TEE u Fig. 27. Rekonstruierte Darstellung von Apsidocrinus Remesi aus dem Neocom von Stramberg. Fig. 28. Dieselbe Form ohne Arme. Fig. 29. Das primäre Axillare, a von der Seite, b von innen. Orig. Koll, REMES, Olmütz. Paläontologie lückenlose Verbindungsglieder zwischen unserem extremen Apsidocrinus und den normalen Phyllocrinen finden würde. Auch jetzt scheinen solche Übergänge schon nachweis- bar, da z. B. Phyllocrinus Floheneggeri sehr verschiedene Etappen der Vergrößerung der Interradialzapfen aufweist, und auch bei Apsidocrinus die mediale Verwachsung der Zapien erst im Alter der Individuen eintreten mochte. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 20 306 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. Als typische Art nenne ich zunächst nur eine Form, die Herr Dr. REMES von Olmütz kürzlich im Neocom von Stram- berg fand und mir zum Studium sandte. Die Größe der Kelche beträgt etwa 10 mm, ihre Dicke in halber Höhe etwa 7 mm. Die Form der Patina und speziell der Interradialzapien ist aus Fig. 28 zu entnehmen. Die Art mag als Rifftypus stark id 776 ZEGAN® m N A WG x r 1 } „. 2 WG: AR 1/1, 2 7, BE | DEEA %, G NN N RR SINN N \\ NRÄNT \ SIUN SS 2 N Sur NN Eie28: Fig. 28. Apsidocrinus Remesi n. sp. restauriert. Fig. 29. Ein Axillare, vermutlich von dieser Form, von innen und der Seite (Koll. REMES). variieren, aber mehrere Fragmente der Interradialzapien zeigen ebenfalls deutlich die mediale Verbindung und das Zäpichen, das sich über die Oberkante der Interradialzapien erhebt. Die interradial flach gefurchte Patina zeigt über dem Stielansatz eine ringförmige Verdickung. Der Stiel ist relativ dünn und besteht aus mäßig langen Gliedern. | O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 307 Die eigentümliche Dachbildung über dem Kelch von Apsidocrinus hatte im Silur und Devon ein Analogon in der Bildung der Kelchdecke der Calyptocriniden, unter denen Hypanthocrinus und Eucalyptocrinus von der Kelchdecke aus hohe Nischen zur Aufnahme der Arme bildeten. Auch dieser Formenkreis starb aus, nachdem er die vollkommenste, aller- dings auch recht schwerfällige und den Armen hinderliche Ausbildung seines Typus erlangt hatte. Ihr volles Analogon fand dagegen die Bildung interradialer Zapfen, wie sie Phyllo- crinus erlangte, bei dem silurischen Stephanocrinus, den ich trotz seiner von den übrigen Blastoideen abweichenden Arm- bildung zu diesen rechne. Auch der irregulär dreiteilige Tri- gonocrinus BATHER'! aus dem weißen Jura zeigt eine ähn- liche, wenn auch schwächere Ausbildung interradialer Zapfen. So klar sich innerhalb des besprochenen Formenkreises die Beziehungen einzelner Gattungen zu einander heraushoben, wie z.B. Cyrtocrinus — Torynocrinus, Pseudolopus — Holopus, Phyllocrinus — Apsidocrinus, so schwierig scheint es mir, auf Grund der vorliegenden Materialien einen Stammbaum zu ent- werfen, der alle Beziehungen regelt. Fraglich scheint mir dabei z. B. das Verhältnis von Cyrlocrinus zu Sclerocrinus, von diesen beiden zu Pseudolopus, und von Cyrlocrinus zu - Eugeniacrinites, während wieder die Beziehungen des letzteren zu dem spezialisierteren Phyllocrinus etwas klarer liegen. So- lange man nur mit aufsteigenden Entwicklungsreihen rechnet, sind ja die Formen je nach dem Grade ihrer Spezialisierung relativ leicht aneinander zu reihen, obwohl auch dann Schwierig- keiten hier daraus erwachsen würden, daß die verschiedenen Organe in einer Form auf sehr verschiedener Spezialisierungs- stufe stehen. Nachdem ich mich aber gerade in der Stammes- ı F. A. BATHER, Trigonocrinus, a new genus of Crinoidea, from the weißer Jura of Bavaria. (Quart. Journ. Geol. Soc. 1889. p. 160.) 20% 308 O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. geschichte der Pelmatozoen zu oit von rückschreitenden epi- statischen Änderungen in einzelnen Formenreihen überzeugt habe, trage ich Bedenken, Kombinationen da vorzunehmen, wo die Entwicklung sehr wohl verschiedene Wege gegangen sein kann. Die genannten Schwierigkeiten sind wesentlich dadurch bedingt, daß die meisten Gattungen Zugeniacrinites, Cyrtocrinus und Sclerocrinus gleichzeitig auf der geolo- gischen Bildfläche erscheinen. Hierin ist erst von weiteren Funden eine Klärung zu erhoffen. Die vorstehende Darlegung der einzelnen Formen zeigte aber, wie stark die Anpassung aller dieser kleinen Gestalten an die Bedingungen des Riffilebens war, und wie verschiedene Wege sie zur Erreichung des gleichen Sonderzieles — Schutz der zarten Teile — einschlugen. Während die Holopodidae sich mit dem einfachsten Mittel, nämlich der Verdickung der unteren Armteile als Schutz für die einrollbaren distalen Enden be- gnügen, bilden die Eugeniacriniden mit Hilfe ihrer sehr speziali- sierten Axillaria ein verschließbares Dach über den Armen, die Phyllocriniden aber mit ihrer Kelchdecke ein festes Dach, in dessen Nischen die Arme wie bei den Calyptocriniden ein Unterkommen fanden. Es ist auch hier bemerkenswert, daß der am wenigsten spezialisierte dieser drei Typen, die Holo- podidae, sich viel länger erhalten hat als die übrigen, indem er in Folopus bis zur Gegenwart wenig verändert standhielt, während die Eugeniacriniden und Phyllocriniden, die erst im oberen Jura auftraten, schon in der untersten Kreideformation verschwanden. Bei den Eugeniacriniden hört die Entwicklung im wesentlichen auf, nachdem sie im unteren Malm den für sie charakteristischen Verschluß des Kelches durch die Axillaria erzielt haben, während die Phyliocriniden ihr analoges Ziel ! Vergl. Stammesgeschichte der Pelmatozoen. I. JUL. SPRINGER. Berlin 1899. p. 158—172, 368 und meine Schrift, Über verschiedene Wege phylogenetischer Entwicklung. Jena. GUST. FISCHER. 1902. p. 22—34. O. Jaekel, Ueber die Körperform der Holopocriniten. 309 erst in der unteren Kreide erreichten. Dabei muß der von den Eugeniacriniden erzielte Verschluß wohl einfacher und zweckmäßiger gewesen sein als der der Phyllocriniden, da diese mit der Erreichung ihres vollkommenen Abschlusses aussterben. Diese im allgemeinen schwer zu ermittelnden bio- genetischen Erfolge der einzelnen Formenkreise sind in dem vorliegenden Falle aus den Formbildungen selbst erklärlich. Das Schutzdach der Phyllocriniden war nicht nur sehr schwer, sondern schützte auch die empfindlichsten Teile der Arme am wenigsten und lenkte vor allem die niedersinkende Nahrung nicht nach dem Mund zu, sondern nach außen ab. Alle diese Nachteile trafen bei Zugeniacrinites nicht zu. Daß Zugenia- crinites trotz dieser Vorzüge seines Skelettes relativ schnell ausstarb, kann freilich an vielen anderen Umständen gelegen haben, die am Skelett nicht zu kontrollieren sind. Wenn wir in diesem, das ja gerade bei den Pelmatozoen eine sehr große Rolle spielt, nach einer Ursache des frühen Aussterbens suchen wollen, so ließe sich hierfür die allgemein gültige Erfahrung heranziehen, daß Formen, die große Ausgaben für ihre Ver- teidigung machen, und dabei einzelne die Bewegung hindernde Organe stark ausbilden, phyletisch kurzlebig sind. Alles in allem dürfte der Formenkreis der Holopocriniten mit einer ungewöhnlichen Klarheit demonstrieren, wie weit unter dem Zwange besonderer aber immerhin normaler Funk- tionen die Umbildung eines Organisationstypus gehen kann. Man braucht sich nur die zart gegliederten Körperformen ‚anderer Crinoiden ins Gedächtnis rufen, um den Grad dieser ‚mannigfaltigen Umbildungen zu würdigen. 310 A. Bergeat, Staukuppen. Staukuppen. Von Alfred Bergeat in Clausthal. Mit Taf. XVI und 5 Textfiguren. Als sich vor fünf Jahren im Etang Sec, dem alten Krater des Mont Pel& auf Martinique ein mehrere hundert Meter hoher Andesitdom infolge der Emporpressung zähen Magmas bildete, bedeutete dies ein denkwürdiges, seltenes Ereignis, für welches aus der freilich kurzen Zeit wissenschaftlicher vulkanologischer Beobachtungen mit zweifelloser Sicherheit nur die im Jahre 1866 eriolgte Entstehung des Georgios- kegels auf der Nea Kaimeni als Gegenstück genannt werden konnte. Wer nach ähnlichen Gebilden aus früherer Zeit Um- schau hielt, empfand, wie unsicher die Grundlagen für die entstehungsgeschichtliche Beurteilung sogar naheliegender, gemeinhin als homogene oder massige Vulkane oder als Quellkuppen bezeichneter Berge sind. Mit wirklichen Stau- kuppen teilen mannigfache andere Bildungen vulkanischen Ur- sprungs, wie manche Denudationsrelikte von Deckenergüssen, durch die Erosion herausgeschälte Vulkanstiele und Intrusiv- massen die äußere Form, dieser aber ist seit V. BUCH und V. HUMBOLDT bis auf STÜBEL im allgemeinen immer eine viel zu große Wichtigkeit nicht nur bei der Systematisierung, A. Bergeat, Staukuppen. Ay sondern auch bei der genetischen Erklärung beigemessen worden. Die sorgfltigsten Abbildungen und Modelle geben allein keinen Aufschluß über die Entstehung eines vul- kanischen Gebirges, die nur durch die Untersuchung seiner Struktur im Zusammenhalt mit den petrographischen Verhält- nissen aufgedeckt werden kann. Im folgenden will ich einige mir aus eigener Anschauung bekannte vulkanische Berge be- schreiben, die ihre jetzige kuppeniörmige Gestalt einer Auf- stauung von Lava über der Erdoberfläche verdanken. Es ist dabei nicht beabsichtigt, Beweise für die Möglichkeit der Entstehung solcher Staukuppen beizubringen, denn diese ist seit 40 Jahren erwiesen; vielmehr sollen die nachstehenden Zeilen nur dazu beitragen, die Zahl der genauer bekannten Staukuppen zu vermehren. Sowohl die mehr als 100 m über das Meer ansteigende Staumasse des Georgios im Golf von Santorin, wie der einige hundert Meter hohe und zudem noch von der berühmten, durch mechanische Extrusion emporgehobenen Felsnadel über- ragte Dom des Mont Pel& bestehen aus Hypersthenandesit. In beiden Fällen verlangsamte die Zähigkeit des Glutflusses und die ihn umhüllende, aus grobblockigem, sehr glasreichem Gestein bestehende Erstarrungskruste die Ausbreitung der Lava, die im großen ganzen unter ihr verborgen blieb; nach LACROIX! fand eine Injektion des Andesits in die Risse der Erstarrungskruste des Domes am Mont Pel& statt und am Georgios wurde diese letztere durch die nachdringenden Massen „immer von neuem fortgeschoben, gehoben, ge- borsten und zertrümmert“ ?. Die Bildung beider Staukuppen war von heitigen vulkanischen Explosionen begleitet, die aul * La Montagne Pelee. 1904. 132—151. ? V. SEEBACH, ]. Bericht über die vulkanischen Neubildungen bei Santorin; Nachr. k. Ges. d. Wiss. Gött. 1866. 149—154. — REISS und STÜBEL, on. 1868. 191— 201. — STÜBEL, Die eengseng Verschieden- heit vulkanischer Berge. 1903. 13—14. 312 A. Bergeat, Staukuppen. dem Georgios vier Monate nach dem Hervorbruch der Lava zur Aufschüttung eines Auswuriskegels führten, am Mont Pele häufig die unter enormem Drucke entweichenden heißen Wolken bildeten. Die Aufstauung der Kuppen war demnach eine Begleiterscheinung solcher Vorgänge, wie sie für echte Stratovulkane wesentlich sind, und der Ausbreitung der Lava in Stromiorm war hauptsächlich nur die besondere Zähigkeit des Magmas hinderlich. Es besteht deshalb kein Grund, zwischen solchen Staukuppen und den Stratovulkanen so streng zu scheiden, wie es mitunter geschieht. Tatsächlich bedeutet denn auch die Aufstauung des Domes im Etang Sec, dem alten Krater des Mont Pele, nur eine Episode in der Geschichte dieses echten Stratovulkans, mit dessen Produkten sein Gestein die denkbar größte chemische Übereinstimmung zeigt. Mit dem Hervorquellen eines Staukegels und etwa damit verbundenen Explosionen mag häufig die durch einen Vulkanschlot zur Entlastung kommende Energie örtlich ver- braucht werden, und es entsteht dann, um sich eines von STÜBEL in viel weiterem Umfang gebrauchten Ausdruckes zu bedienen, ein monogener Vulkan!. Die Aufstauung einer Lavakuppe kann sich aber an einem Stratovulkan zwischen dem Erguß von Lavaströmen und der wiederholten Zer- spratzung des Magmas abspielen und ebensowohl ist es denkbar, daß eine gewaltige Aufstauung von Lava die Tätig- keit eines Stratovulkans für immer endigt und, wenn ihr Umfang groß genug ist, ihm das Gepräge einer Staukuppe aufdrückt, unter welcher die älteren geschichteten Produkte ! Unter monogenen Vulkanen verstand STÜBEL auch Stratovulkane, die sich nach seiner Ansicht infolge eines Ausbruchs gebildet haben sollten, Für monogen hielt er nicht nur etwa den Monte nuovo, sondern auch sämtliche weit verbreitete Sommabildungen und alle großen Vulkane ohne jüngeren „Explosionskegel“; den Beweis, daß diese in ihrer ganzen heutigen Masse und Gestalt das Ergebnis eines katastrophenartigen Er- eignisses seien, hat er nicht erbracht. Ze zu A. Bergeat, Staukuppen. 318 mehr oder minder begraben werden können. Die bisherigen Erfahrungen sprechen zwar dafür, daß im allgemeinen inner- halb derselben, oft lange Zeiträume währenden Tätigkeitsperiode eines Vulkans aus dem gleichen Schlote Magma von wenig schwankender chemischer Zusammensetzung geiördert wird. Unter der wohl begründeten Voraussetzung jedoch, daß die an die Oberfläche dringenden Schmelzflüsse am gleichen Ausbruchsorte zu verschiedenen Zeiten auch verschiedene Temperaturen und mithin auch einen ungleichen Flüssigkeits- grad besessen haben können, sind die obigen Vorstellungen um so annehmbarer, wo es sich um saurere Schmelzfilüsse handelt, die ohnehin in demselben Gebiete zur Ausbildung mineralogisch zwar ähnlich zusammengesetzter, äußerlich aber recht verschiedener, bald strom-, bald kuppenartiger Erstar- rungsiormen neigen können. Alte Staukegel können, zumal wenn sie, wie die Mehr- zahl der unten zu erwähnenden Berge, längere Zeit der Tätig- keit des Meeres ausgesetzt waren, den rezenten Lavakuppen nicht mehr völlig gleichen. Man wird vor allem das Fehlen der ursprünglichen Erstarrungskruste zu gewärtigen haben. Ein etwaiger Aufschüttungskegel könnte verschwunden, der ehemalige Krater unkenntlich geworden sein. Daß die im folgenden zu schildernden Gebilde tatsächlich den Staukegeln von Santorin und Martinique verwandte Erscheinungen sind, dürfte deshalb um so wahrscheinlicher werden, weil gerade sie noch Spuren einer petrographisch mit der Staumasse übereinstimmenden Bedeckung von Auswürflingen, oder einen Krater, oder auch beiderlei Merkmale mit den Stratovulkanen gemeinsam haben. Die innere Struktur der Staukuppen von Santorin und Martinique ist nicht bekannt, an den hier zu besprechenden Vulkanbergen dagegen ist sie vielfach durch die Erosion. auf- geschlossen. Sie ist hier anders bei den andesitischen als 314 A. Bergeat, Staukuppen. Feldspatbasalte Pantellerit-Laven Ss [urn] Pantellerit-Tuffe, Alluvionen Augitandesit der Montagna Grande _ Augitandesit-Strom zZ Phonolith und Liparit Bruchlinien Wichtigere Vulkane Die Montagna Grande A a Krater des Monte Gibele Fig. 1. Geologisches Übersichtskärtchen der Insel Pantelleria, z. T. nach FÖRSTNER. Maßstab 1: 150000. A. Bergeat, Staukuppen. 33 bei den liparitischen Kuppen: die andesitischen Stau- massen sind kompakt, wie aus einem Gusse erstarrt, stellen- weise plattig oder säulenförmig abgesondert, und in einem Falle konnte ich auch an der Auflagerungsiläche eine schlackige Ausbildung wahrnehmen; die liparitischen Kegel Liparis, von welchen weiter unten die Rede sein soll, bestehen hin- gegen aus einer Anhäufung ineinander gekneteter, abge- rissener Lavaschollen. Ich habe diese Staukegel früher als „Schollenkratere“ bezeichnet!. Ich beginne die Einzelschilderung mit den mir bekannten andesitischen Staukuppen und nenne von diesen zuerst die Montagna Grande auf der Insel Pantelleria, süd- westlich von Sizilien. Über Pantelleria liegt eine knappe aber sehr inhaltreiche Schilderung FÖRSTNER’s? vor; ich selbst habe dieser schönen Vulkaninsel bisher nur einen Be- such von wenigen Tagen widmen können. Inmitten zahl- reicher Vulkane (Fig. 1) bildet die Montagna Grande mit 886 m Höhe die bedeutendste Erhebung auf der 84 qkm großen Insel. Sie besteht aus einem an auffällig großen Feldspateinsprenglingen reichen Augitandesit, dessen Erguß nach FÖRSTNER demjenigen älterer Phonolithe und Liparite folgte und der Förderung pantelleritischer und basaltischer Laven voranging. Gegen Nordwesten zu wird der Abhang der Montagna Grande großenteils von jüngeren pantelleritischen Bimssteinen bedeckt, die dem etwa 250 m unter ihrem Gipfel liegenden Krater Cuddia Mida entstammen dürften, der noch schwache Fumarolen aushaucht (Fig. 2). Die eigentliche Andesitmasse der Montagna Grande ist kraterlos. Gegen Osten, Süden und Norden bricht ihr, wohl teilweise wegen ı Die äolischen Inseln. Abh. k. bayer. Akad. d. Wiss, II. Kl. 20. I. Abt. p. 103—109. ° Nota preliminare sulla geologia dell’ Isola di Pantelleria; Boll. R. Com. geol. 1881. No. 11—12. 316 A. Bergeat, Staukuppen. der jüngeren Tuffauflagerung von Westen her ziemlich sanft aufsteigender Rücken mehr oder weniger steil ab. Jenseits der Steilränder besteht das Gelände wiederum, soweit es nicht durch Pantellerittufie und -laven bedeckt ist, aus Augitandesit. Eine 5 km lange und gegen 2 km breite Zone desselben ist dem Berge besonders im Osten und Süden vorgelagert. Unweit der Montagna Grande aber und von deren bewal- detem Gipfel durch ihren östlichen Steilabfall geschieden steigt der Andesitvulkan Monte Gibel& bis zu 700 m Höhe auf. Er besteht aus demselben Augitandesit wie jene und Pk Ma 300m. Mg836m Fig. 2. Profil durch die Montagna Grande und den Monte GibeleE auf Pantelleria. Längen und Höhen 1: 37500. CM Cuddia Mida Mg Montagna Grande. Pk Passo Khalchi und die Bruchlinie: G Monte Gibele. K Krater. — Links Pantellerittuff, rechts Augitandesit. trägt auf dem Gipfel einen sehr deutlichen, ringsum von einem ungleichmäßig hohen Felswall umschlossenen Krater. Nach der Generalstabskarte und meiner photographischen Aufnahme mag der Durchmesser des flachen, in Felder umgewandelten Kraterbodens ungefähr 200 m betragen. Am Passo Khalchi, der den Monte Gibel& vom Steilabhang der Montagna Grande scheidet, sieht man, daß die letztere aus massigem, unge- schichtetem, klotzig oder säulenförmig abgesondertem Augit- andesit besteht, der in bis zu 6 m Durchmesser erreichenden Blöcken die Paßhöhe und auch den Felswall des Gibelekraters bedeckt. Auf dem Kraterwall findet man auch in großen Mengen die losen, von FÖRSTNER beschriebenen Feldspäte. A. Bergeat, Staukuppen. 317 Ob diese aus dem Gestein ausgewittert oder, was mir nicht unwahrscheinlich zu sein scheint, aus dem Krater ausge- schleudert worden sind, vermochte ich nicht zu entscheiden. Von sehr wesentlicher Bedeutung sind für den jetzigen geologischen Aufbau Pantellerias zahlreiche, gruppenweise nach mehreren Richtungen verlaufende Bruchlinien, welche die Montagna Grande umziehen und von denen einige sie wie nach vier Seiten eines Sechsecks längs der bezeichneten Steilränder abschneiden. Diese Bruchlinien tragen viel zum landschaftlichen Gepräge der Insel bei, indem sie gewöhnlich zur Bildung von Steilwänden führten, die bis zu 300 m Höhe erreichen können. Längs derselben sind mehrfach die tiefer- gelegenen, älteren Eruptivmassen aufgeschlossen. Ich habe sie so in das Kärtchen eingetragen, wie ich sie alsbald nach meiner Rückkehr von der Insel in die Generalstabskarte ein- zeichnete. Sie sind in FÖRSTNER’s Arbeit alle einzeln auf- gezählt. Es ist hier gleichgültig, ob man sich mit FÖRSTNER vorstellt, daß längs dieser Linien einseitige Hebungen statt- gefunden haben, oder ob man vielmehr an Senkungen denkt, die dann mit dem Massenverlust zusammenhängen könnten, der in der Tiefe durch die Aufstauung der Montagna eintrat; wesentlich ist nur, daß ein solcher Bruch zwischen dem Krater des Monte Gibel& und der etwa 300 m über der Paß- höhe aufsteigenden Montagna Grande hindurchzieht. Es folgt hieraus die Vorstellung, daß der Monte Gibel& der wirkliche Krater der gesamten Andesitmasse gewesen ist. -Auf den äolischen Inseln folgten auf eine Zeit der Aufschüttung basaltischer Stratovulkane andesitische Ergüsse; wie die ersteren so fanden auch diese wenigstens in der Hauptsache submarin statt. Den Andesiten folgten Liparite und Basalte. Die Andesite bilden in chemischer Hinsicht eine Reihe, worin die Kieselsäuregehalte zwischen 56,5 und 65,9 °/, betragen; sie gehören teilweise zu den Pyroxen- 318 A. Bergeat, Staukuppen. andesiten und zeigen dann Ähnlichkeit mit den Feldspat- basalten, oder sie führen mehr oder weniger reichlich Glim- mer und Hornblende. Wo sich Gelegenheit zur Feststellung des relativen Alters bietet, sind die basischeren Glieder der Reihe älter als die saureren. Während auf den äolischen Inseln die Pyroxenandesite immer nur als Tuffe oder Lava- ströme vorkommen, treten die saureren Glimmer- und Horn- blendeandesite fast nur als Auswurfsprodukte oder in Form von Staukuppen auf und zeigen dann trachytischen Habitus. Solch letztere gibt es drei: die Insel Panaria bildet in ihrer ganzen Ausdehnung die Ruine einer derartigen, ehedem sehr umfangreichen Andesitmasse, und auf der Insel Filicudi sind die Montagnola und höchstwahrscheinlich auch das Capo Graziano Staukuppen. Die Insel Panaria ist eine 420 m hohe Masse von glimmerireiem Hornblendeandesit, die sich nach Osten zu in mäßiger Neigung abdacht, nach Westen in durchschluchteten Steilhängen gegen das Meer abstürzt. Dort zeigt das Gestein stellenweise eine prachtvolle säulenförmige Absonderung und ist von einem bis zu 4 m mächtigen, gleichfalls aus Horn- blendeandesit bestehenden Gang durchsetzt. Im übrigen ist der Felsblock von Panaria wie aus einem Guß geiormt, ohne jede Andeutung einer Zwischenlagerung von Tufien. Solche finden sich allerdings sowohl auf der tiefsten Strand- terrasse, wie auch auf den höher gelegenen Abhängen der Insel in ziemlicher Verbreitung. Die Tufibedeckung der Strandebene ist petrographisch der Insel fremd und ihre Her- kunit steht höchstwahrscheinlich mit der Bildung der 3,5 km weit entfernten Liparitmasse Basiluzzo im Zusammenhang. In der Tufibedeckung hingegen, welche man von 200 m Meereshöhe bis zum Gipfel der Insel beobachtet, wiederholen sich die mineralogischen Merkmale des Hornblendeandesits der Insel; sie läßt in einer ausgezeichneten Schichtung, wobei die A. Bergeat, Staukuppen. 319 eine Bank mehr Bomben, die andere mehr Lapilli enthält, deut- lich eine ursprüngliche Lagerung erkennen. Ich zweifle nicht daran, daß sich auch über der jetzt nur mehr als Ruine erhaltenen Aus- bruchsmasse von Panaria dereinst ein Auswuriskegel erhoben hat, der mit dem westlichen Teil der Insel entweder in ähnlicher Weise zur Tiefe gesunken ist, wie der Monte Gibele& längs des Steilabbruchs der Montagna Grande auf Pantelleria, oder durch das Meer weggespült wurde. Die Insel Filicudi besteht aus vier vulkani- schen Bergen. Die Haupt- erhebung bildet die 773 m hohe Fossa delle Felci, ein ziemlich stark zerstörter, alter basaltischer Strato- vulkan. Sie ist das älteste Gebilde der Insel. Auf der Ost- und Südseite dieses Kegels sind späterhin zwei halbkreisiörmige Tal- nischen entstanden, in deren Mitte es zu vulkani- schen Auswürfen und zur F- De Terrione Fossa delle Felci Fig. 3. Blick auf den westlichen Teil der Insel Filicudi. (Aus BERGEAT, Abh. bayr. Akad. d. Wiss. II. Kl. 20. 1. Abt.) Montagnola Bildung von Lavakuppen kam (Fig. 3). Die nördlichere von diesen letzteren, der 2830 m hohe Terrione, besteht aus 320 A. Bergeat, Staukuppen. Augitandesit, die südlichere, die 333 m hohe Montagnola, aus pyroxenführendem Hornblende-Glimmerandesit; ihr Ge- stein ist etwas sauerer als das des letzteren und sie ist zweifellos jünger als er. Isoliert von den drei vorigen bildet ein ganz ähnlicher Hornblende-Glimmerandesit das malerische, 174 m hohe Vorgebirge des Capo Graziano, in welchem der langgestreckte Östliche Teil der Insel endigt. Der Terrione besteht aus z. T. mächtigen, übereinander ge- flossenen Lavaströmen und scheint von ähnlicher Entstehung zu sein, wie die in den Jahren 1895 — 1899 gebildete Lavakuppel am Westabhange des Vesuv'!; die beiden anderen Kuppen besitzen dagegen eine massige Struktur. Der Andesit der Montagnola ruht mit schlackiger Unterseite und darüber mit säulenförmiger und plattiger, in der Hauptmasse aber grobklotziger Absonderung auf alten Strandablagerungen’?. Es ist fraglich, ob eine kleine Vertiefung auf ihrem Gipfel als Spur eines Kraters gedeutet werden dari. In nächster Nähe der Montagnola habe ich indessen auf dem Abhange der basaltischen Fossa delle Felci andesitische Auswürllinge angetroffen, die petrographisch dem Gesteine der ersteren entsprechen; auf ihr selbst scheinen solche nicht aufzutreten, so daß man wohl annehmen darf, daß der andesitische Stau- kegel erst in einer späteren Phase der Eruption emporgetrieben worden ist. Während sich die Gestalt der Montagnola ziem- lich unverändert erhalten haben dürfte, hat das viel niedrigere 1 MERCALLI, Sul modo di formazione di una cupola lavica vesuviana; Boll. Soc. geol. ital. 21. 1902. 197—210. — MATTEUCCI, Sur les parti- cularites de l’eEruption du Vesuve; Comptes Rendus. 129, seance du 3 juillet 1899; — Cenno sulle attuali manifestazioni del Vesuvio (fine giugno 1899); Rend. d. R. Accad. d. Scienze Fis. e Mat. d. Nap. fasc. 6—-7. 1899; — Sul sollevamento endogeno di una cupola lavica al Vesuvio; ebenda. fasc. 6—-7. 1898; — Sullo stato attuale del Vesuvio (3 luglio 1899) e sul sollevamento endogeno della nuova cupola lavica avvenuto nei mesi di febbraio — marzo 1898; Boll. Soc. Sismol. Ital. 5. 1899—1900. No. 2. 2 Äolische Inseln, p. 211. Fig. 26. A. Bergeat, Staukuppen. 321 Capo Graziano sehr durch die marine Erosion gelitten, wie die deutlich erkennbaren Strandterrassen an ihm beweisen. Bemerkenswert ist aber auch hier das Vorkommen submarin abgelagerter Andesittuifie am Fuße des Berges. Ein großartiges Beispiel für eine mächtige andesitische Aufstauung scheint wenigstens in seinem oberen Teile der Nevado de Toluca in Mexico zu bieten, Ich lernte diesen Vulkan gelegentlich einer Exkursion kennen, welche vor dem diesjährigen Geologenkongreß unter der freundlichen Führung Fig. 4. Der Nevado de Toluca von Toluca aus gesehen. Nach einer Photographie, die mir zu Toluca geschenkt wurde. Zur Zeit unserer Be- steigung, Ende August 1906, war der Vulkan fast vollständig schneefrei. Die beschneiten Höhen bilden den Rand der Caldera, die höchste Er- hebung ist der Pico del Fraile. Vergl. die Taf, XVI. Die breite beschneite Einsenkung links vom Hauptgipfel entspricht dort dem mittleren niederen Teil des Kraterrandes; der nur teilweise beschneite Felsgipfel links ist die höchste Erhebung auf der Tafel rechts. Der schneeige Doppelgipfel da- neben gehört schon dem jenseitigen Rand der Caldera an. der Herren ORDONEZ und FLORES stattfand und weiterhin noch den Jorullo zum Ziele hatte. Der Nevado ist mit rund 4570 m Höhe der vierthöchste Vulkan Mexicos. An Größe und Schönheit der Form steht er hinter dem Popocatepetl, dem Iztaccihuatl und besonders dem Pik von Orizaba zurück. Über die Ebene von Toluca steigt er etwa 2000 m hoch an, und seine höchsten Erhebungen liegen ungefähr 500 m über der Baumgrenze und erreichen eben die Zone des ewigen N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 21 322 A. Bergeat, Staukuppen. Schnees (Fig. 4). Sie sitzen mit steilerer Neigung einem breiten Sockel auf, als wenn sie den untersten Teil eines jetzt ver- schwundenen hohen Kegels gebildet hätten. Umgeben von den teilweise zackigen, fast vegetationslosen Gipfeln ist in den Berg eine weite Caldera eingesenkt, deren Dasein man von der Ebene her kaum bemerkt. Der Nevado de Toluca zeigt vielmehr von Toluca oder Calimaya her — von welch letzterem Dorfe aus die Besteigung am bequemsten unter- nommen wird — nicht so sehr das Profil eines Vulkans, sondern vielmehr dasjenige eines jener mehrgipfeligen Berge, wie sie uns aus dem nordtiroler Schiefergebirge in Erinnerung sind. An den vulkanischen Charakter des Gebietes gemahnen freilich die teilweise sehr regelmäßigen jüngeren basaltischen Kraterkegel in der Umgebung des Nevado. Eine genauere geologische Untersuchung der ausgedehnten Vulkanmasse ist bisher noch nicht vorgenommen oder so doch wenigstens nicht veröffentlicht worden; am eingehendsten wurde in neuerer Zeit der Nevado von ORDONEZ! beschrieben. Der Krater des Vulkans kann leicht zu Pierd und von einem einigermaßen guten Fußgänger vielleicht mindestens ebenso bequem zu Fuß erreicht werden. Beim Anstieg aus der Ebene sind mächtige, geschichtete Massen von Bimsstein- tuff zu beobachten, unter denen stellenweise der andesitische Felsgrund aufgeschlossen ist; die tiefen, vom Regenwasser ausgeiurchten, sehr steilwandigen Schluchten gewähren mit- unter einen wenn auch unvollkommenen Einblick in die Struktur des Untergrundes des den Vulkan umgebenden Fruchtlandes und die weißen Bimssteinanhäufiungen erinnern hier lebhaft an die liparitische Tufibedeckung Liparis. Wäh- ! Le Xinantecatl ou Volcan Nevado de Toluca; Mem. Soc. Cientif. „Antonio Alzate“. 18. 1902. 83—112. — Siehe u. a. auch FELIX und LENK, Beiträge zur Geologie und Paläontologie der Republik Mexico. 1. 1890. 26—-27 und FLORES, Le Xinantecatl ou Volcan Nevado de Toluca; Guide des excursions du Xme, Congres geologique international. 1906. 9. | A. Bergeat, Staukuppen. 525 rend des Rittes durch die lichten. Bergwälder mit ihren gras- bewachsenen und blumenreichen Lichtungen fällt in den tiefer gelegenen Teilen des Vulkangebirges ein gewisser Wechsel in den Terrainiormen auf, der durch kuppenartige Vorsprünge, Talnischen und durch plateauartige Terrassen bedingt wird. Tuff und Detritus verhüllen ihre innere Struktur, ich kann deshalb auch nicht sagen, daß ich irgendwo eine Wechsel- lagerung von Tufibänken und Lavaströmen wahrgenommen hätte, wie sie einem Stratovulkan entspräche. Ein solcher Aufbau fehlt aber, nach allem, was ich sah, der einige hundert Meter über die Baumgrenze ansteigenden Gipfelregion, wo die spärliche Pflanzenbedeckung nur massiges Gestein hervor- treten läßt. Zwar fand ich noch nahe der Einsenkung, durch welche man in die Caldera hinabsteigt, Auswürflinge, aber sie sind offenbar Auflagerungen auf dem massigen andesitischen Felsaufbau des Berges. Überraschend ist der erste Blick in die Caldera. Es ist ein weiter Kessel, umrahmt von zackigen oder gratiörmigen, in ihrer Zerrissenheit an alpine Szenerie erinnernden Felsbildungen. Seine Form ist elliptisch, die Größe des längsten und des kürzesten Durchmessers wurde von DOLLFUS und MONTSERRAT (1865) zu 1431 bezw. 595 m angegeben; der Kraterboden wird zum guten Teile von zwei Seen bedeckt, zwischen denen sich ein über 100 m hoher andesitischer Staukegel erhebt (Taf. XVI). Der größere dieser Seen soll immerhin nur Durchmesser von 300 und 213 m und eine Tiefe von nur 10 m besitzen; sie liegen angeblich 4270 m über dem Meere, die Tiefe der Caldera unter dem höchsten Punkte des Felswalles, dem. Pico del Fraile, betrüge demnach 300 m. Die steilen Innenwände des Felsrings sind bis hoch hinauf mit enormen: Halden von .Grus, Sand und Blöcken bekleidet, die bis an die Ufer der Seen heranreichen. Wo sie sich in einiger Entfernung dem Auge in ihrer ganzen Fläche bieten, gleichen sie unersteigbaren hohen Wänden. 21# 324 A. Bergeat, Staukuppen. Dabei zeigen sie je nach dem Grade der Gesteinszersetzung wechselnde dunkle oder lichte Farben. Trotzdem ist der Felswall an vielen Stellen so weit herab entblößt, daß man Untersuchungen über seine Struktur wohl anstellen könnte. Was ich sah, als ich über einen moränenähnlichen Schuttwall gegen den Gipfel ansteigend in die eigentliche Felsregion gelangt war, besaß nur das massige Gefüge einer homogenen, allerdings vielfach zerrissenen und zerklüfiteten einheitlichen Andesitmasse, und ich habe nirgends die für einen Strato- vulkan charakteristische Struktur wahrnehmen können. Man gewinnt den Eindruck, daß die oberen Teile des Nevado de Toluca in ihrer großen Hauptmasse aus einer mehrere hundert Meter mächtigen Aufstauung von andesitischem Schmelzfluß entstanden sind und daß die Bildung dieser Masse der Ent- stehung der weiten Caldera vorausgegangen sein muß. Über ein von mir in dieser Weise nicht beobachtetes Vorkommen lockerer Massen sagt ORDONEZ: „Quelques amas et lits de breches separent quelques fois les differentes coulees .. .“; es läßt sich aus dem textlichen Zusammenhang nicht ent- nehmen, daß ORDONEZ eine solche Wechsellagerung in der Gipfelregion und nahe der Caldera beobachtet hat. Auch der im wesentlichen kuppenfiörmigen Erhebung, welche mit exzentrischer Lage den Kraterboden in zwei un- gleiche Teile scheidet und die beiden Kraterseen voneinander trennt, scheint ein Tuffmantel vollständig zu fehlen und sie darf wohl als ein alter Staukegel angesprochen werden. Ihre Oberfläche ist in Blockwerk aufgelöst, das in Massen den Fuß des Berges bedeckt. Das Gestein des Nevado de Toluca und seines Kraterkegels ist ein in den frischeren Proben grauer Hornblendehypersthenandesit von trachytischem Aus- sehen. Ich habe im vorigen versucht, die Entstehungsweise der Kraterumwallung des Nevado de Toluca als des Überrestes A. Bergeat, Staukuppen. 325 einer großen andesitischen Aufstauung zu erklären; ob ich dabei die richtige Deutung gefunden habe, müßte eine ein- gehendere Untersuchung dieses Berges ergeben. In bezug auf die letzten Vorgänge, welche sich an dem merkwürdigen Vulkan abgespielt haben, gelangte ich zu folgender Vorstel- lung. Mir scheint es, als ob nach der Aufstauung der großen Gipfelmasse im zeitlichen Zusammenhang mit einem Nieder- brechen oder Zurücksacken derselben auch hier eine Phase vulkanischer Explosionen gefolgt wäre und daß die am Fuße des Vulkans und an seinen Gehängen zu beobachtende Bims- steinbedeckung bei diesem Ausbruche gefördert worden sei. Wenn im Krater selbst solche Tuffe nicht mehr zu sehen sind, so kann das mit einer Wegwaschung und damit erklärt wer- den, daß sein Boden und teilweise auch seine Innenwände mit jüngeren Schuttmassen bedeckt sind. Die Bildung des kleinen Staukegels innerhalb der Caldera mag dann das Er- eignis gewesen sein, mit welchem die Magmaförderung aus dem Vulkanschlote abschloß. Anders als die Struktur der erwähnten andesitischen Staukegel ist diejenige einiger im nachstehenden zu schildern- deemamınischer. Kuppen ‘der-äolischen Inseln. Die Liparite gehören dort der jüngsten Bildungsgeschichte des Archipels an. Ihre Förderung fällt in die Quartärzeit (Basi- luzzo; Monte Guardia, Monte Giardina, Monte Capistrello, Forgia vecchia und Monte Pelato auf Lipari) oder hat viel- leicht noch später stattgefunden (Monte Lentia und die Fossa auf Vulcano). Auf Lipari sind wiederum ältere und jüngere liparitische Ergüsse zu unterscheiden: die ersteren samt den ihnen zugehörigen Tuffablagerungen sind submarin vor sich gegangen, die jüngeren und die zur selben Zeit erfolgten Bimssteinausbrüche fanden erst statt, als sich auf dem trockenen Lande und auch über den älteren Lipariten eine mehr oder weniger dicke Schicht von Tufilöß gebildet hatte. Beide 326 A. Bergeat, Staukuppen. unterscheiden sich chemisch dadurch, daß die jüngeren etwas saurer sind als die älteren, petrographisch insofern, als die ersteren fast nur rein glasig und sphärolithisch erstarrt sind, während sich in der Glasmasse der letzteren mehr oder weniger kristallisierte Einsprenglinge finden. Die älteren submarin geförderten Liparite bauen die Schollenkrater des Monte Guardia (3869 m), des Monte Giardina (283 m), des Monte Capistrello (132 m) und noch einige andere z. T. tieigehend denudierte Vulkanmassen auf, zu den jüngeren gehören vor allem die berühmten Lavaströme der Rocche rosse und der Forgia vecchia und der prachtvolle Bimsstein- kegel des Monte Pelato. Die drei genannten Staukegel! bestehen nicht aus ein- heitlich nach dem Ergusse erstarrter Lava, sondern „sie gleichen vielmehr großen Haufen von Blöcken, die zusammen mit kleineren Trümmern im halbflüssigen, zähen Zustand in- einander gepreßt, gewissermaßen miteinander verschweißt worden sind. Die Eruption dieser Laven muß eine sehr langsame, eine träge gewesen sein; die Menge der gleich- zeitig geförderten Massen war eine geringe, der Grad ihrer Verllüssigung reichte gerade hin, um sie zur Oberlläche zu fördern. Dort stauten sie sich um die Ausbruchsöfinung, die neu geförderten Massen wurden in die noch zähen hinein- gepreßt und, da die Eruption unter Wasser vor sich ging, so war die Abkühlung eine rasche und damit auch eine Auf- lösung der geförderten Massen in scholleniförmige, aber immer noch ziemlich plastische Trümmer bedingt. Die letzteren tragen in sich die deutlichsten Anzeichen dafür, daß sie wirk- lich geflossene Lava gewesen sind, d. h. sie zeigen häufig eine hübsche Bänderung, die schon makroskopisch sichtbar ist und durch einen Wechsel von poröseren und dichteren, ı Siehe in meiner Abhandlung über die äolischen Inseln p. 103—109. Taf. V und XV. A. Bergeat, Staukuppen. 327 helleren und dunkleren Massen, manchmal auch von halb entglasten und obsidianischen Partien bewirkt wird“ (Äolische Inseln, p. 104). Der Monte Giardina und der Monte Capi- strello, weniger auffällig der Monte Guardia, zeigen auf ihrem Gipfel kraterartige Vertiefungen. Der Krater des Monte Capi- strello ist jetzt noch über 100 m tief und etwa 300 m weit, die muldenförmige Einsenkung auf dem Gipfel des Monte Giardina ist 390 m weit und liegt 60 m unter der höchsten Erhebung des Berges. Auf beiden Kuppen und besonders auf dem Monte Capistrello finden sich Reste einer alten Decke von Auswürflingen, die petrographisch dem Gestein dieser Berge verwandt sind. Die Eruption der älteren Liparite Liparis war übrigens begleitet von der Ablagerung ungeheurer Massen von Bimsstein, die sich unter der Decke des Tufflösses und der jüngsten Bimssteine des Monte Pelato bis auf die Gipfel der alten, im Norden der Insel gelegenen Basalt- und Andesit- kegel, d. i. etwa 6 km weit vom Monte Guardia, verfolgen lassen und im Süden die Täler und Vertiefungen zwischen den Staukegeln gutenteils ausfüllen. Eine große Ähnlichkeit mit den Schollenkratern Liparis dürften auch die Pantelleritkegel auf Pantelleria besitzen. Der Grund für. die Möglichkeit der Aufstauung von Lavaergüssen zu Staukuppen ist selbstverständlich in erster Linie in deren jeweiliger Zähflüssigkeit zu suchen, wobei im ganzen, wie auch die obigen Beispiele dartun, saurere Schmelz- llüsse eine größere innere Reibung besitzen als basischere und in jedem einzelnen Falle die Temperatur des Schmelz- flusses von Bedeutung sein muß. Die Annahme, daß ein größerer Gehalt an absorbierten Gasen auch eine größere Leichtilüssigkeit bedinge, fände an den erwähnten liparitischen Staukuppen insoferne keine Bekräftigung, als gerade die zähen Laven dieser Vulkane so reich an Gasen gewesen sind, daß sie zum großen Teile sehr porös, stellenweise sogar 328 A. Bergeat, Staukuppen. bimssteinartig erstarrt sind. Dasselbe gilt für die aus inein- ander gestauchten und gekneteten Schollen bestehenden Ob- sidianströme der Forgia vecchia und der Rocche rosse: auf deren Oberfläche kann man Bimssteinlaven finden, die mit- unter im Handstücke nicht von den Bimssteinauswürflingen der Umgebung zu unterscheiden sind. Es liegt nahe, nach der Ursache zu fragen, welche die auigestauten Andesit- und Liparitmassen zum Austritt nach der Erdoberfläche zwang. Bei den im obigen beschriebenen Gebilden liegt nach meiner Meinung kein Grund vor, sie anderswo als in der Expansionskraft nach oben drängender N ZEN LEN oz G: N “ 72 SE SD A E FRE DEN NN MED AI? B \ N NR S Fig. 5. Profil am Ursprung der Rocche rosse auf Lipari. a der Obsidian- strom; b der ältere Bimssteinkrater des Monte Pelato; c grubenförmige Vertiefung, von der aus die Zerspratzung von Obsidianmasse und die Bildung der Scherbenlapilli d am Schlusse der Eruption statthatte. (Aus BERGEAT, Abh. bayr. Akad. d. Wiss. II. Kl. 20. I. Abt.) Gasmassen zu suchen. In solchen Fällen, wo der Auistauung der Lava Explosionen folgten, die vom Auswuri bimsstein- artig aufschäumenden Magmas begleitet waren, dari man wohl annehmen, daß hinter kälterem und vielleicht gasärmerem Magma heißerer, daher leichtflüssigerer und zur Ausscheidung der Gase fähigerer Schmelzfluß nachdrängte. Daß aber Gase für sich allein, nachdem sie den Schmelzfluß nach außen geschoben haben, explosionsartig zutage treten und dabei die letzten noch im Schlote befindlichen, schon mehr oder weniger erkalteten Magmareste durchschlagen können, dafür bietet der A. Bergeat, Staukuppen. 329 Lavastrom der Rocche rosse im Nordosten der Insel Lipari ein schönes Beispiel (Fig. 5). Am oberen Ende dieses stellen- weise wohl über 100 m mächtigen, gegen 2 km langen und bis über 1 km breiten Obsidianstromes befinden sich einige wenig auffällige Vertiefungen, deren eine etwa 20 m weit und 8 m tief ist. Sie bezeichnen die Stelle einer Gasexplosion, mit welcher die Tätigkeit des Monte Pelato, in dessen weiten Krater der Obsidianstrom entsprang, ihren Abschluß fand. In der unmittelbaren Nähe dieser Gruben ist sowohl der Lavastrom wie der alte Kraterrand von merkwürdigen Aus- würllingen überstreut; es sind nicht die Bimssteine oder Ob- sidianbomben, welche als Produkt einer früheren Eruption den Monte Pelato aufbauen, sondern lauter Scherben der schon fast erstarrten Obsidianlava, welche die letzte, verhältnismäßig dünne Decke über der nachdrängenden Gasmasse im Schlote gebildet hatte, als diese, von dem früheren Drucke des zähen Schmelzfilusses entlastet, plötzlich ihren Ausweg nach der Oberfläche fand. Clausthal, 15. Dezember 1906. 330 G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. Ueber Uesteinsverknetungen. | Von G. Steinmann in Bonn. Mit Taf. XVII, XVIM. Bekanntlich wiederholen sich die verschiedenen Arten der Dislokationen, die wir an größeren Gesteinskomplexen be- obachten, im kleinen in den einzelnen Gesteinslagen. Fal- tungen, Brüche und Überschiebungen, Ausquetschungen und Verdickungen lassen sich häufig am Handstück, ja bis zu mikroskopischem Ausmaß am Gesteinsschliff verfolgen. Was wir hier im kleinen oit mit überraschender Klarheit feststellen, ist aber wichtig für das Verständnis der Dislokationen im großen, weil diese wegen Mangels geeigneter Aufschlüsse häufig viel weniger klar bis in die Einzelheiten übersehen werden können als die kleinen Gesteinsverlagerungen im Handstück, die man mit Hilfe von Schnitten oder Schnittserien in denkbar vollständigster Weise sichtbar machen kann. Als ein typisches und klassisches Beispiel von Gesteins- verknetung gilt mit Recht der bekannte Lochseitenkalk. Er ist nach ESCHER und HEIM ausgewalzter und verkneteter Hochgebirgskalk; seine obersten Lagen enthalten, wie HEIM richtig vermerkt hat, hier und dort Rötidolomit mit ein- geschlossen, der sich schon durch seine gelbliche Verwitte- G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. 331 rungsrinde zu erkennen gibt. SCHMIDT’s Analysen !' ergaben | daher auch in einzelnen Fällen einen Magnesiagehalt, der fast für einen Normaldolomit hinreichen würde. Allein wenn man dem klaren geologischen Befund zufolge den Lochseitenkalk „mit seiner sehnigwelligen, verworrenen Knetstruktur oder seinem einer Fluidalstruktur ähnlichen Clivage“ mit HEIM? als mechanisch veränderten Malmkalk deutet, so bleibt doch die Entstehung dieser seiner Struktur noch recht rätselhaft. Denn wo man sonst Kalkstein unter ähnlichen mechanischen Verhältnissen in den Alpen findet, d. h. an Stellen, wo er ebenfalls stark ausgedünnt und zweifellos erhebliche Strecken gewandert ist, besitzt er eine derartig gewundene, gekröse- artige Struktur gewöhnlich nicht, sondern er ist in der Regel nur geschiefert oder gefaltet, und wenn ein krältiger Um- wandlungsprozeß eingesetzt hat, salinisch marmorisiert oder in Cipollin verwandelt. Es müssen also wohl noch besondere Umstände mitgewirkt haben, die dem Lochseitenkalk seine eigenartige Beschafienheit verliehen haben. Denn die „zackige Verknetung“ zwischen dem liegenden Flysch und dem hangen- den Malmkalk, die nach HEIM auch von anderen Beobachtern festgestellt ist, reicht allein doch nicht hin, die Knetstruktur in einem an und für sich spröden Kalkstein zu erklären. Mir ist die Struktur des Lochseitenkalks erst verständlich geworden, als ich ein ähnliches, aber viel weniger verändertes Gebilde an einer kleinen Überschiebung in der Gegend von Iberg beobachtet hatte. Dort ist, wie QUEREAU’? gezeigt hat, " Beiträge zur geol. ee der Schweiz. 25. Liefg. 1891. Anhang. peak Ebendarp: 176. ” QUEREAU, Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. Liefg. 33. 1893, erwähnt sie als eine kleine Verweriung zwischen Seewenkalk und Seewen- mergel bei der kleinen Brücke, „wo die zwei Gesteinsarten auch etwas ineinander geknetet sind‘. Der Seewenmergel besitzt hier durchaus flysch- artigen Charakter, d. h. er ist ein feinsandiger Schieferton, wie er im Oligocänflysch häufig auftritt. Ich bezeichne ihn im nachfolgenden daher der Einfachheit halber als „Flysch“. 332 G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. die helvetische Unterlage der Klippe des Roggenstocks, die Drus- bergdecke, wie wir jetzt präziser sagen, nur von schwachen Stö- rungen betroiien worden. Im besonderen werden auf der West- seite dieses Berges in dem Taleinschnitte des Käswaldtobels nur zwei kleine Störungen in den dort aufgeschlossenen Schich- ten der Kreide und des Alttertiärs sichtbar. Die eine derselben liegt in der Höhe von etwas über 1200 m oberhalb von „Schrot“ und „Grät“; sie drängt sich bei Begehung des Tobels von unten her sofort auf, da der Bach hier einen kleinen Wasser- fall bildet. Der Bach stürzt über flach SW. fallenden Seewen- kalk etwa 2,5 m tief auf weichen Flysch hinunter, und unter dem iirstartig vorspringenden Kalk hat das Wasser den weicheren Flysch in der Form einer seichten Hohlkehle erodiert. Hier sieht man zwischen den tiefsten Lagen des normalen Seewen- kalks und den höchsten Lagen des überschobenen Flyschs eine Zwischenbildung eingeschaltet, die etwa 1 m Mächtigkeit erreicht: ein Gemisch von Seewenkalk und Flysch. Die beiden ihrer Zusammensetzung und Härte nach so ver- | schiedenartigen Gesteine sind stellenweise aufs innigste mit- einander verknetet, und zwar im allgemeinen derart, daß unten der Flysch vorherrscht und nur einzelne Brocken und Lagen von Seewenkalk darin stecken, während oben dünne, flaser- artige Züge von Flysch sich in den Seewenkalk eingezwängt haben. In der Mitte finden sich beide Gesteinsarten etwa in gleicher Menge gemischt. Bemerkenswert ist nun die Art und Weise, wie sie sich gegenseitig durchdrungen haben. In den tieferen Lagen der Mischzone liegen einzelne Brocken von Seewenkalk ganz isoliert im Flysch. Sie sind nicht eckig, sondern meist brotlaibartig gerundet und auf der Oberfläche mit Rutschflächen und -streifen bedeckt. Im Innern zeigen sie keinerlei Veränderung, im besonderen keinerlei De- formation. Auch im tieferen Teile der mittleren Lage trifft man noch solche isolierte Knollen, aber sie bestehen hier meist G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. 333 nicht mehr aus Seewenkalk allein, sondern der Flysch ist in die Kalkknollen in verschiedenartiger Form ein- gedrungen. Ehe ich aber zur Schilderung dieser Misch- gesteine übergehe, will ich über die Unterscheidung der beiden Gesteinsarten folgendes vorausschicken. Der Seewenkalk gleicht in seiner Beschaffenheit einem harten, grauweißlichen Plänerkalke. Er besitzt einen geringen Tongehalt, der sich höchstens auf den Schichtflächen an- reichert. Infolgedessen erscheinen diese im Anschliff als dünne, hellgraue Streifen (auf den Zeichnungen sind sie punktiert dargestellt und mit t bezeichnet). Der Flysch erscheint dunkelgrau bis schwarz; von ganz seltenen Ausnahmen abgesehen kann man ihn auch in dünnen Lagen ohne weiteres vom Seewenkalk, auch von dessen ton- reicheren Partien unterscheiden. Im Dünnschlifi gelingt dies ganz leicht, da der Seewenkalk durch und durch mit Foramini- feren, im besonderen mit Pithonella ovalis HEER sp. gespickt, der Flysch dagegen gänzlich iossilfrei und reich an feinen Quarz- körnern ist. (Auf den Zeichnungen ist der Flysch vollschwarz zur Darstellung gelangt.) Neubildungen von Kalkspat, hellweiß erscheinend und im durchiallenden Lichte klar im Gegensatz zu dem opaken Seewenkalk, begleiten den deformierten Seewen- kalk in der Form von blattartigen Ausscheidungen, die häufig mit der Schichtung des Kalks parallel oder konzentrisch laufen. (Auf den Zeichnungen ist der Kalkspat weiß gelassen; ent- fernte Kreuzstriche sollen seine Spaltrisse andeuten.) Betrachten wir nun nach dieser unvermeidlichen Ab- schweifung einige Blendlingsstücke von Kalkstein und Ton'. " Ich will ausdrücklich bemerken, daß alle hier abgebildeten Stücke im Flysch eingebettet lagen, also rings von diesem eingehüllt zu denken sind. Ich habe diese Flyschhülle aber nicht zeichnen lassen, weil beim Herauslösen aus dem Anstehenden auch schalenartige Stücke der Kalk- knollen abblätterten. Nur wo der Flysch den Kalkknollen noch ursprüng- lich anhaftet, ist er auf den Figuren ausgezeichnet. 334 G.. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. Fig. 2 zeigt im Querschnitt ein Kalkstück von brotlaibartiger Gestalt, das rings von Flysch umgeben und in das der Flysch auf einer Seite eingedrungen ist. Man sieht an dem gewun- denen Verlaufe der tonreichen Schichtflächen des Seewen- kalks (t), daß eine ursprünglich plattenartig zu denkende Kalksteinlage auf sich selbst zurückgebogen ist und dabei noch einmal einen mittleren Sattel gebildet hat, so daß der Flysch in zwei Mulden eingedrungen ist. Dabei hat er sich vorzugsweise in die Schichtfugen des Kalks hineingeschoben, so daß stellenweise ziemlich regelmäßige Wechsellagerungen von Kalk und Ton entstanden sind. Aber die Deformation des Kalks ist keineswegs ganz bruchlos vor sich gegangen: Querrisse (r‘) häufen sich an manchen Stellen und Flysch- material ist in sie eingepreßt worden; vorübergehend haben Ablösungsilächen geklafit, so daß sich breite Kalkspatblätter ausscheiden konnten. Schon an diesem verhältnismäßig einfach struierten Stücke sind fast alle die Vorgänge zu beobachten, die dem viel ver- wickelteren Bau anderer Stücke, wie ich sie in den Fig. 1, 3, 4, 5, 6 habe wiedergeben lassen, zugrunde liegen. Fig. 3 zeigt eine innigere Verknetung der beiden Ma- terialien, verbunden mit reichlicherer Ausscheidung von Kalk- spat. Besonders deutlich tritt an diesem Stücke das Eindringen des Flyschs in die Schichtiugen und in die zahlreichen Quer- risse zutage, das zu einer sehr innigen Vermischung und Durchdringung beider Gesteine führt. Bei z ist ein Pyrit- kristall zertrüämmert worden; seine eckigen Bruchstücke sind ganz von Flysch eingehüllt. So tritt der Unterschied zwischen dem nach Schichtfugen teilbaren Kalke und dem spröden Erz hervor. Fig. 1 ist ein keilförmiges Kalkstück, an der breiten Vorder- seite (A) und an den beiden zugeschärften Seiten (B und C) an- geschliffen. Betrachtet man die Vorderseite (A) nur oberflächlich, G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. 335 so meint man ein fein geschichtetes Gestein vor sich zu haben, das aus Lagen von Kalk und Ton in primärer Wechsel- lagerung besteht. Dennoch sind Kalk und Ton nur mit- einander verknetet, wovon man sich durch Betrachtung der Seitenflächen (B, C) leicht überzeugt. Hier sieht man, wie die einzelnen Kalk- und Tonlagen gegen die Kante des Keils zu sich verschmälern und z. T. zusammentließen; die ganze ver- wickelte Erscheinung erklärt sich einfach als eine Folge des Ineinanderialtens der beiden Materialien. Auch hier ist der Kalk hauptsächlich den tonigen Schichtiugen (t) entsprechend aufgeblättert und von Flysch injiziert worden, und dabei ist eine flaserige Wechsellagerung beider im großen wie im kleinen zustande gekommen. In der Lage a sieht man zahlreiche schuppige Fetzen des Kalks in dem vorherrschenden Ton ein- gebettet, in der Lage b einen größeren gerundeten Kalk- brocken mitten im Ton. Eine augengneisartige Struktur ist in der Lage c entstanden, indem mehrfach Stücke des Kalks linsenförmig ausgezogen sind. In d hat sich der Flysch in feinen Strähnen zwischen den Kalk eingeschoben. Querrisse (r) durchsetzen an einigen Stellen eine geschlossene Kalklage, ohne mit Flysch erfüllt zu sein, zackige Verschie- bungsflächen (x, y, z) sind offenbar später entstanden als die Durchdringung der beiden Gesteinsarten, denn sie setzen durch zahlreiche Wechsellagen von Kalk und Flysch hindurch und Flyschmaterial fehlt darin. Die Fig. 4 und 5 veranschaulichen noch weitere Ab- änderungen der gegenseitigen Durchdringung; in Fig. 4 be- obachtet man eine örtliche Häufung feiner, mit Flysch erfüllter Querrisse (r‘), in Fig. 5 sind die langen, dünnen, gewundenen Flyschapophysen im Kalk bemerkenswert. Erst die mikroskopische Untersuchung zeigt, wie innig beide Gesteine in Wirklichkeit vermengt sind. Hierbei ergibt sich, daß Lagen, die dem unbewaffneten Auge einheit- 336 G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. lich zusammengesetzt erscheinen, manchmal tatsächlich noch aus einem Gemenge von Kalk und Flysch bestehen, so die dunkle Flyschlage, welche die Mitte von Fig. 6 (in 20facher Vergrößerung gezeichnet) durchzieht. Diese Lage ist aus- gesprochen fluidal struiert, indem zahlreiche wellige oder ge- wundene Kalkfetzen, deren Dicke bis auf 0,01 mm herab- sinken kann, angenähert parallel im Flysch verteilt liegen; dazwischen finden sich aber auch kleinste Bröckchen von gerundet-polygonalem Umriß in großer Menge, z. T. aber noch von der Größe einer Pithonella-Schale oder auch dar- unter. Auch die in den Kalk eingedrungenen Lagen von Flysch, wie sie an der Grenze des erwähnten Flyschbandes gegen den darüber liegenden Seewenkalk zu sehen sind, werden stellenweise so dünn, daß sie ohne Übertreibung in der Zeichnung kaum richtig durch eine einfache Linie wieder- gegeben werden können. Im mikroskopischen Bilde wird die Unterscheidung zwischen Seewenkalk und Flysch durch den erwähnten Reichtum des Kalks an mikroskopischen Fora- miniferen und das vollständige Fehlen von organischen Resten im Flysch sehr erleichtert. Versuchen wir uns nun an der Hand der mitgeteilten Tatsachen die Vorgänge zu verdeutlichen, die bei der Ent- stehung dieser merkwürdigen Mischgesteine Platz gegriifen haben. Ein kaum geneigter Komplex von dichtem, schwach tonhaltigem Kalkstein mit welliger bis linsenförmiger Schich- tung ist über einen fast schwebenden Komplex von weichem, dünnschichtigem, schwach schieferigem, feinsandigem Ton hin- übergeschoben worden. Dabei haben sich die beiden Gesteins- arten wechselseitig durchdrungen. Dieses Durchdringen scheint in erster Linie auf einer Zerteilung des Kalks in & dicke, getrennte Platten und Linsen nach den ursprünglichen Schicht- fugen zu beruhen, wodurch das weiche Flyschmaterial zwischen die Platten und Linsen eindringen und diese teilweise oder G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. 337 ganz einwickeln konnte. So wurden vielfach linsenförmige Kalkstücke ganz aus ihrem Verbande gelöst und dem Flysch einverleibt. Sie stecken als Fremdlinge darin, wie die größeren exotischen Blöcke, die bei der Überschiebung der Klippen- decke über die Drusbergdecke von der Basis der ersteren abgelöst wurden. Die teilweise oder ganz aus ihrem Zusammenhange ge- lösten Kalkbrocken haben weiterhin vielfach eine Faltung oder Stauchung erlitten, die an dem gewundenen Verlaufe der tonreicheren Schichtflächen verfolgt werden kann. Von ein- facher Faltung (Fig. 2) geht sie bis zu wirrer, gekröseartiger Stauchung (Fig. 5). Stets läßt sich dabei verfolgen, wie der Flysch entsprechend den muldenartigen Verbiegungen des Kalks in diesen eingedrungen ist, so daß die sich verbiegenden Kalkmassen stets allseitig von Ton umgeben waren. Diese Tatsache erscheint mir besonders deshalb wichtig, weil sie die bruchlose Faltung und Verschiebung innerhalb des Kalks verständlich macht. Man kann diesen Vorgang passend in Vergleich stellen mit der bruchlosen Deformation, die starre Körper wie Belemniten erfahren, wenn sie, rings in eine weiche Masse wie Blei eingehüllt, durch eine enge Öffnung gepreßt werden (DAUBREE). In beiden Fällen verhindert eben die allseitige Umhüllung durch weiches plastisches Material den Bruch und gestattet eine Verschiebung ohne Unterbrechung des Zusammenhangs. Denn die Schliffe unseres Mischgesteins zeigen deutlich, daß selbst dort, wo flaserige und gewundene Lagen von Kalk mit solchen von Flysch wechseln und wo dieser buchtenartig tief in den Kalk eindringt, der Zusammen- hang im Kalk nicht merklich gestört worden ist: die Schnitte der Pithonella sind fast niemals deformiert. Eine Streckung der Foraminiferenschalen ist vielmehr nur an vereinzelten, besonders in Anspruch genommenen Stellen, die in der nächsten Nähe von mit Kalkspat gefüllten Rissen liegen, wahr- N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 22 338 G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. zunehmen, und zwar in derselben Weise, wie sie A. HEIM jun. an dem Seewenkalk des Säntis als „Fluidaltextur“ beschrieben hat!. Schon makroskopisch kann man erkennen, daß trotz intensiver Stauchung des Kalks eine Zertrümmerung nicht Platz gegrifien hat, denn die mehrfach im Gestein erkenn- baren Bruchstücke von Inoceramen-Schalen (Fig. 1i, 5i) sind in keiner Weise deformiert und ihre Kalkspatprismen sind im Zusammenhang geblieben. Die außerordentlich innige Vermischung von Kalk und Ton, die stellenweise bis ins kleinste gehende gegenseitige Durchdringung beider ist aber im wesentlichen dadurch zu- stande gekommen, daß der Kalk nicht nur nach den ursprüng- lichen Schichtfugen, sondern nach zahlreichen kleineren damit ungefähr parallel laufenden Flächen, die anscheinend nicht im Gestein vorgebildet waren, zerspalten, geradezu aufgeblättert ist (Fig. 1, 3, 4, 6) und daß die dabei entstandenen Lamellen teils durch richtige Quersprünge (Fig. 3, 4), teils durch flach gegen die Schichtung geneigt verlaufende und mit den Längs- brüchen anastomosierende Bruchflächen in linsen- oder keil- förmige Flasern zerdrückt worden sind. Die so entstandenen, nach den verschiedensten Richtungen verlaufenden Spalten sind fast durchgängig mit Ton erfüllt worden. Abgespaltene Stücke des Kalks bis zu minimaler Größe hinab sind sodann im Ton weitergewälzt und dabei zumeist abgerundet worden, ähnlich wie die größeren brotlaibförmigen Stücke, die in den tieferen Teilen der Mischzone isoliert im Flysch stecken. Aber auch. diese kleinsten Flasern und Bröckchen haben in ihrer Masse keine weitere Deformation erfahren. Wenn nun an dem verkneteten Kalk außer den erwähnten Veränderungen (Zerspaltung, Zertrümmerung, bruchlose Bie- gung und Ausdünnung) keine tiefgreifende Umwandlung, im ! Der westliche Teil des Säntisgebirges. Beiträge zur geol. Karte der Schweiz. 16. II. Teil. 1905. p. 469, 470. Taf. 41 Fig. 2, 3, 4. G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. 339 besonderen keine Marmorisierung bemerkbar ist, an dem Flysch nur ein Wandern und ein Eindringen in die sich bildenden Klüfte des Kalks, hier und dort (wie in Fig. 6) eine schwache Transversalschieierung erkennbar wird, so ist doch zweifellos Kalkcarbonat bei dem Verknetungsvorgange gelöst und wieder abgesetzt worden. Das beweisen die an keinem Stück fehlenden Calcitblätter, die in verschiedenen Richtungen, besonders häufig konzentrisch mit den Kalk-Flyschlagen verlaufen (Fig. 1B, 1C). Ihr Vorhandensein erfordert die Annahme, daß nicht unerheb- liche Mengen von Kalkcarbonat jedenfalls an Stellen starker mechanischer Beanspruchung gelöst und auf Hohlräumen, die gleichzeitig an anderen Stellen entstanden, wieder abgesetzt sind. Sind diese Carbonatlösungen etwa in der Masse des bruchlos gebogenen Kalks durch innere Reibung entstanden und hat ihre Bildung die bruchlose Verschiebung im Kalke erleichtert oder haben sie sich nur an der Oberfläche der Kalklagen und der abgerundeten Kalkbrocken und -bröckchen gebildet, dort, wo die Reibung zwischen Kalk und Flysch am stärksten war, und wo die längsstreifigen Rutschilächen auf der Oberfläche. des Kalks auch bezeugen, daß eine be- sonders starke Reibung Platz gegriffen hat? Ich wage diese Fragen an dem vorliegenden Material nicht. zu entscheiden, neige aber der Ansicht zu, daß der erste Fall mir möglich, der zweite mir sicher zu sein scheint. Es wäre natürlich auch noch die Möglichkeit ins Auge zu fassen, daß ein Teil der feinen tonigen Lagen im Seewenkalk, die ich als Flysch- material gedeutet habe und dementsprechend habe zeichnen lassen, Lösungsreste des Kalks, Entmischungshäute im Sinne A. HEIM’s jun., sind. Diese Deutung kann aber wohl nur auf die allerfeinsten dieser Tonlagen angewendet werden, die als Fortsetzung der primären Tonlagen:des Ge- steins erscheinen (wie in Fig. 4t‘) und die nicht mit Sicher- heit als feinste Apophysen der eingedrungenen Flyschlagen 22 340 G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. nachzuweisen sind. Trifft dies zu, dann würde der Lösungs- vorgang sich z. T. genau ebenso abgespielt haben, wie bei dem normal verquetschten Seewenkalk im Säntisgebirge. Denken wir uns nun den Walzprozeß, der bei Entstehung einer kleinen Überschiebung zur Bildung des beschriebenen Mischgesteins geführt hat, weiter fortgesetzt, so werden die beiden Materialien noch weiter miteinander verknetet werden, und die Gesamtstruktur wird dabei immer verworrener und verwickelter werden müssen. Schließlich wird ein Gestein von der Struktur des Lochseitenkalks resultieren, das sich nur durch den hohen Grad der Verwicklung seiner Struktur und durch schwach angedeutete Marmorisierung unterscheidet. Daß auch der typische Lochseitenkalk mit seiner verworren streifigen Struktur einen nicht unerheblichen Teil von Ton- substanz sekundär aufgenommen hat, geht ja schon aus der Analyse SCHMIDT'’s (l. c. p. 1) deutlich genug hervor. Denn die tonreichsten Abarten des normalen Hochgebirgskalks ent- halten nur etwa 4°/, in HCl unlöslicher Substanz gegenüber 8,5 des untersuchten Lochseitenkalks. Und wenn FR. PFAFF! in einer Probe über 46 °/, unlösliche Substanz gefunden hat, so entspricht das durchaus dem geologischen Befunde, wo- nach eben der Lochseitenkalk nicht als einfaches unvermischtes Gestein bezeichnet werden kann, sondern, wie PFAFF richtig betont hat, ein Mischgestein aus verknetetem Flysch und Kalkstein (Hochgebirgskalk) ist, und zwar wie unser Misch- gestein mit örtlich wechselndem Verhältnis der beiden Be- standteile. Bemerkt ja doch auch SCHMIDT (l. c.) zutreffend, daß in den tiefsten Lagen häufig eine innige Verknetung von Kalk und Flysch beobachtet wird. So dürfte denn bei der augenfälligen Übereinstimmung des Mischgesteins von Iberg mit dem Lochseitenkalk die PFAFF’sche Ansicht ' Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 32. 1880. p. 586—541. G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen, 34] zu Recht bestehen, wonach dieses Gestein nicht einfach als mechanisch reduzierter Hochgebirgskalk, sondern als ein Ge- misch von Kalk und Flysch zu bezeichnen ist. Eine voll- ständige Übereinstimmung mit dem Iberger Vorkommnis be- steht auch insofern, als die höchsten Lagen der Mischungszone ziemlich reiner Kalk (beim Lochseitenkalk Rötidolomit) sind, und nach unten zu der Anteil beigemengten Tones im all- gemeinen immer mehr zunimmt, bis man in den reinen Ton gelangt. So weit aber im Lochseitenkalk die Knetstruktur entwickelt ist, so weit dürften eben auch andere Horizonte als kalkige (Hochgebirgskalk und Rötidolomit), nämlich tonige, darin enthalten sein. Wir brauchen dabei ja auch nicht allein an den überschobenen Flysch zu denken, der für die liegenden tonreichen Partien in erster Linie in Frage kommt, wahr- scheinlich sind auch andere mehr oder weniger tonige Hori- zonte mit darin enthalten, nämlich Lias—Dogger als aus- gewalzte Mittelglieder zwischen Trias und Hochgebirgskalk ; weniger wahrscheinlich, wenn auch keineswegs grundsätzlich ausgeschlossen, ist die Beteiligung von Kreidegesteinen als Mittelglieder zwischen Malm und Flysch. Aber wer will solche ähnliche Tonhorizonte in der dünnen Mischlage des Loch- seitenkalks mit Sicherheit auseinanderlesen ? Schließlich will ich noch hervorheben, daß meiner An- sicht nach weder die Struktur des Iberger Mischgesteins noch die des Lochseitenkalks zu der Annahme berechtigen, daß sich diese Gesteinsmassen in einem durch ungeheuren Druck hervorgerufenen latent-plastischen Zustande befunden hätten. Für diese Vorstellung habe ich bisher überhaupt weder an sedimentären noch an kristallinen Gesteinen Anhaltspunkte entdecken können. In den letzten Jahren sind aus den Alpen Gesteins- vermischungen ähnlicher Art z. T. auch an härteren Gesteinen beobachtet worden und auf diese möchte ich im Anschluß 349 G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. an die hier besprochenen noch kurz hinweisen. SCHILLER ! fand bei der Richardsbank im nördlichen Scarltal bei Schuls an einer Überschiebung Brocken von (? liassischem) Crinoidenkalk und von Gneis in den Bündner Schiefer der- art eingepreßt, daß eine schmale Zone eines förmlichen Misch- gesteins aus diesen Gesteinen entstanden war. ZOEPPRITZ *? war in der Lage, „Dislokationsbreccien“ aus verschiedenen Gesteinsarten im Oberengadin unter Verhältnissen zu studieren, die ihre Bildungsweise außer Zweifel stellen. Aus seinen Untersuchungen geht hervor, daß mehr oder weniger weiche Gesteine, wie Liasschiefer, Aptychenmergel und rote Globi- gerinenmergel sich gegenüber harten Gesteinen, wie kristalline Schiefer und Verrucano, ähnlich verhalten, wie in unserem Falle der Flysch gegenüber dem Seewenkalk, d. h. sie ent- halten eckige oder gerundete Bruchstücke der härteren Ge- steine eingebettet, wobei sie selbst die Rolle der gleitenden oder fließenden Grundmasse übernommen haben. Es sind aui diese Weise ganz ähnlich innige Verknetungen entstanden, wie zwischen Flysch und Kreidekalk bei Iberg. Wo aber zwei harte Gesteinsarten ineinandergepreßt wurden, z. B. Dolomit und Verrucano, da ist an Stelle des verkneteten Gesteins eine richtige Dislokationsbreccie zur Ausbildung gelangt, die dadurch bezeichnet wird, daß die beiden Gesteine zu einem bunten Gemisch aus verschieden großen Brocken von mehr oder weniger eckigem Umriß und aus feinem Ge- steinsgrus verarbeitet wurden. Es besteht nun eine augenfällige Übereinstimmung zwi- schen diesen Gesteinsvermengungen, die sich zumeist nur in einem Bereiche von wenigen Metern an kleinen, aber tek- ! Geologische Untersuchungen im östlichen Unterengadin. I. Ber. nat. Ges. Freiburg. 14. 1903. p. 66. ? Geologische Untersuchungen im Oberengadin. Ebenda. 16. 1906. P.228: G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. 343 tonisch noch nachweisbaren Überschiebungen oder an Über- faltungen vollziehen, die mit Ausquetschung oder Auswalzung verbunden sind, und den Erscheinungen, wie sie an den Grenzen der durch wiederholte Überschiebung oder Überfaltung über- einander geschichteten Decken der Alpen im großen beobachtet worden sind. Schon die ersten genauen Untersuchungen der nordschweizer Klippen und der damit verknüpiten exotischen Blöcke haben ergeben, daß die verschiedenartigsten harten . Gesteine kristalliner oder sedimentärer Natur als eckige oder gerundete Blöcke mitten in der weichen Flyschunterlage stecken, ohne daß diese Gesteine zumeist stark hervortretende Spuren mechanischer Beeinflussung aufweisen. Trotzdem sie, wie wir jetzt zu wissen glauben, einen weiten Transport erfahren haben, sind sie doch gewöhnlich vor starken mechanischen Veränderungen durch die weiche plastische Beschaffenheit der Grundmasse, in die sie hineingerieten, bewahrt geblieben. Sie sind in Blöcke zerteilt und zerspalten, aber ihre Masse weist im Innern nur selten Spuren von Druckschieferung oder Zertrümmerung auf. Die Oberfläche der so entstandenen Blöcke zeigt dagegen häufig Rutschflächen von ähnlicher Natur wie die abgequetschten Stücke von Seewenkalk, die im Iberger Flysch schwimmen. So erleichtert uns die bei Iberg auftretende Vermengung von Seewenkalk und Flysch einerseits das Verständnis für die besondere Beschaffenheit des Lochseitenkalks! und läßt uns ' Wenn LEPSIUS (Geologie von Deutschland. 2. 245. 1903) sagt: „Wer einmal im Glarner Gebirge den in der großen Überschiebung aus- gewalzten Jurakalk (Lochseitenkalk HEIM’s) an Ort und Stelle gesehen hat, mußte sich doch sofort fragen, warum ist denn dieser graue, dichte, gewöhn- liche Jurakalkstein unter dem ungeheuren Gebirgsdruck, der ihn zermalmte, warum ist derselbe nicht zu Marmor umktristallisiert worden, wenn die sogen. Dynamometamorphose zu Recht bestände?“, so ist darauf folgendes zu erwidern: Erstens weicht der Lochseitenkalk strukturell vom gewöhn- lichen, dichten, schwarzblauen Hochgebirgskalk schon durch seine fein kristalline, salinische Struktur ab, womit auch eine hellere Farbe des 344 G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. verstehen, warum der harte Malmkalk trotz der starken Pres- sung, die er erfahren, nicht stärker verändert ist; anderseits werden uns die Vorkommnisse der exotischen Blockmassen, im besonderen die Veränderung verständlich, die die Gesteins- masse und die darin eingeschlossenen Versteinerungen erfahren haben. Auf die Bedeutung, die den weichen Tongesteinen für das Zustandekommen der großen Überschiebungsdecken . zugemessen ist, wurde ja schon von verschiedenen Seiten hingewiesen. Wie im kleinen, so dürfte auch im großen das Vorhandensein der tonigen Gesteinskomplexe bedeutsam ge- wesen sein für die Art und Weise, in der sich die Disloka- tionen an und in den darauf gleitenden Gesteinsmassen voll- zogen und den Grad der Veränderung, den sie dabei erlitten. Doch wird man angesichts der Tatsache, daß sich decken- artige Überschiebungen von gewaltiger Ausdehnung in den zentralen Teilen der Ostalpen auch innerhalb ganz starrer Gesteinskomplexe (wie Granit, Gneis, Dolomit) vollzogen haben, zunächst wenigstens das Vorhandensein toniger oder anderer plastischer Gesteinskomplexe nicht als die not- wendige Vorbedingung für das Zustandekommen jener Vorgänge betrachten dürfen. Noch eine andere Betrachtung möchte ich an die be- umgewandelten Gesteins Hand in Hand geht; nur die reichlich mit Flysch vermengten tieferen Lagen sind wenig verändert. Zweitens hat die mehr oder weniger reichliche Vermischung mit tonigem Material zur Folge ge- habt, daß der Kalk vor stärkerer Umwandlung geschützt wurde. Daß aber die festen Bänke des hangenden Verrucano verhältnismäßig stark verändert sind, ist ja bekannt. Besonders deutlich tritt das an den Dolomit- knollen zutage, die zwischen den trübroten Tonschiefern unverknetet ein- gebettet liegen. Der Dolomit ist stark kristallin und wird von Quarz- adern durchzogen; auch ist der einschließende Tonschiefer stark phyllitisch und enthält nicht selten Zerrisse, die mit Quarz ausgefüllt sind. Vergleicht man damit die gleiche Gesteinsart im nicht gefalteten Gebirge (roter Schieferton des oberen Rotliegenden mit Dolomitknollen in Süddeuisch- land), so kann man doch am Zurechtebestehen der Dynamometamor- phose nicht wohl zweifeln. G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. 345 schriebenen Gesteinsverknetungen knüpfen. Wir haben ge- sehen, daß selbst schon durch wenig bedeutsame tektonische Vorgänge Gesteine von ganz verschiedener Beschaffenheit, von verschiedenem Alter und abweichender Entstehungsweise derart miteinander vermengt und verknetet werden, daß man das Knetgestein für eine einfache, gleichzeitige Bildung ansprechen würde, wenn nicht seine Struktur und im vorliegenden Falle der mikroskopische Befund die Verschiedenartigkeit sicherstellte. Denken wir uns aber das verknetete Gestein von [berg samt dem liegenden Schieferton und dem hangenden Kalkstein noch durch andere Vorgänge stärker verändert, sei es durch Kontaktmetamorphose oder durch Dynamometamorphose', so daß daraus ein Komplex von liegendem Phyllit oder Glimmerschiefer und hangendem Marmor resultierte, so würde man die trennende Knetzone in der Form eines Kalkphyllits oder eines glimmerreichen Cipollins zwischen beiden eingeschaltet finden. Ohne bestimmten Nach- weis des Gegenteils würde man diese Schichtfolge als normal betrachten und man würde die allmähliche Zunahme des Kalks und die Abnahme des tonigen Elements von unten nach oben sicherlich als einen allmählich eingetretenen Fazieswechsel deuten und als Beweis für den ungestörten Verband der beiden Gesteine verwerten. Und doch wäre man auf dem falschen WESe indem man Gesteine von ganz verschiedener Bildungszeit unnatürlich zu einer Einheit zusammen- mare Diese Geiahr liegt aber überall vor, wo wir es mit stark veränderten Gesteinskomplexen zu tun haben, die zugleich beträchtlich gepreßt oder gefaltet sind, d. h. bei älteren oder jüngeren kristallinen Schieiern " Durch starken Druck, wie er die zentralmassivisch verqueischten Gesteine ergriffen hat, würde die Mischung ja noch viel inniger werden, als sie es so schon ist, und auch die Knetstruktur würde einer allgemeinen Flaser- und Bänderstruktur weichen. 346 G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. und bei vielen Gneisen. Was in solchen Gesteinen als ur- sprünglich genetisch verbunden, was als nachträglich mecha- nisch verschweißt anzusehen ist, wird sich in vielen Fällen schwer, in anderen wohl nie mit Sicherheit feststellen lassen. Tafelerklärung. Tafel XV. Fig. 1. Ein keilförmiges Verknetungsstück von Seewenkalk und Flysch, von drei Seiten angeschliffen. A Vorderseite, B und C Seiten- flächen. a Flyschlage mit zahlreichen feinen Lamellen von Seewenkalk. b Desgl. mit einzelnen gerundeten Brocken von Seewenkalk. c Wechsellagerung von Seewenkalk und Flysch mit ungefähr gleicher Beteiligung beider; der Seewenkalk ist z. T. augen- artig ausgewalzt. d Dünne Flyschlagen im Seewenkalk. i Bruchstück einer /noceramus-Schale. r Querrisse im Seewenkalk, während der Verknetung ent- standen. t Tonreiche Lagen in demselben. x, y, z. Nach der Verknetung entstandene Verschiebungen. » 2. Ein auf sich selbst zurückgebogenes Stück Seewenkalk mit ein- gedrungenen Flyschlamellen. r' Von Flysch erfüllte Querrisse im Seewenkalk. t Tonreiche Lagen im Seewenkalk. ‚» 93. Verknetungsstück von Seewenkalk und Flysch. Der Flysch ist auf breiteren und engeren Längs- und Querspalten in den Kalk eingedrungen; an manchen Stellen bildet er breite Bänder, an anderen ein dichtes Netzwerk im Kalk. sr Zertrümmerter Pyritkristall; die Bruchstücke ganz in Flysch eingebettet. t Tonreiche Lagen im Seewenkalk. Ir Tafel XVIM. Fig. 4. Ein ähnliches Verknetungsstück wie Fig. 3. r‘ Mit Flysch erfüllte Querrisse. t‘ Dünne Tonlagen, von denen es zweifelhaft ist, ob sie ein- gedrungenes Flyschmaterial oder tonige Lagen des Seewen- kalks sind. G. Steinmann, Ueber Gesteinsverknetungen. 347 Fig. 5. Seewenkalk mit strähnenartig eingequetschten Flyschlagen. i Bruchstücke von /noceramus-Schalen. t Tonige Lagen im Seewenkalk. 6. Dünnschliff eines Verknetungsstücks von Seewenkalk und Flysch. Die hellen Lagen und Brocken im dunklen Flysch sind Seewen- kalk oder Kalkspat; die kreisrunden Durchschnitte (schematisch gezeichnet) Pithonella-Schalen. In den beiden mittleren Lagen deuten die dunklen, annähernd parallel und schräg verlaufenden Linien eine ‚schwache Schieierung. an. °?. » In den Fig, 1—5 ist der Seewenkalk weiß bis hellgrau, der Kalkspat weiß mit Kreuzstrichelung, der Flysch schwarz wiedergegeben. Diese Figuren in natürlicher Größe. Die Stücke stammen sämtlich von der Seewenkalküberschiebung im Käswaldtobel bei Ober-Iberg, Kanton Schwyz, und befinden sich in der Sammlung des geologischen Instituts zu Freiburg i. B. 348 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Ueber Glaukophan und Glaukophan- gesteine vom Elek-Dagh (nördlichesKlein- asien) mit Beiträgen zur Kenntnis der chemischen Beziehungen basischer Glaukophangesteine. Von L. Milch in Greifswald. Mit 1 Textfigur. Die Auisammlungen von Gesteinen, die mein Freund R. LEONHARD aus Breslau während seiner geographischen Studienreisen in Kleinasien gemacht hat, enthalten ein unvollkommen schieferiges bis massig aussehendes Gestein, das dem Elek-Dagh genannten Teil der Schieferzone von Paphlagonien im nördlichen Kleinasien, einem von dichtem Wald bedeckten Hochplateau, entstammt. Das durch seine blaue Farbe aufiallende Gebilde, das östlich von Jylanly dem Anstehenden entnommen wurde, erwies sich bei näherem Studium als Glaukophangestein und zwar als ein Glaukophan-Eklogit. Obwohl R. LEONHARD auf meine Bitte bei seinen späteren Durchquerungen des paphlagonischen Schieferzuges auf ähnliche Gesteine besonders achtete, konnte kein zweites Vorkommen aufgefunden werden; wohl aber fand sich unter den von R. LEONHARD im Jahre 1903 veranstalteten vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 349 Aufsammlungen ein durchaus anders aussehendes, äußerlich in keiner Weise auffallendes Gestein von Kyzkale im west- lichen Elek-Dagh, das bei mikroskopischer Untersuchung Glaukophan als einen wesentlichen Gemengteil erkennen läßt. Von anderen Gesteinen, mit denen die Glaukophangesteine eventuell verglichen werden können, kommt von den mir be- °Ineboli S l afranboly Ta Kastamuni o SAratsch | genırmar ung“ +} oe \ylan y 033“ uw QadN ° | Bojabard ö a et war NS Bo) we Katschhissaro De‘ Tu sche! oTschangry Kyzy\ 33 34 35 Skizze von Paphlagonien. 1: 2500 000. kannt gewordenen Gesteinen dieses Gebietes nur ein westlich von ihnen bei Taschköprü im Elek-Dagh auftretender feldspatreicher grünlicher Schiefer in Betracht. Die vorstehende Skizze, die auf den Aufnahmen R. LEON- HARD’s beruht, zeigt die Lage der Fundstellen der erwähnten Gesteine; 1 bezeichnet das Auftreten des Glaukophan-Eklogits, 2 das des Glaukophan-Schiefers, 3 den Fundpunkt des grünen Schiefers. 350 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine ' Da es möglich war, den Glaukophan des Eklogites annähernd zu isolieren, steht die Beschreibung dieses Gemeng- teils und die Erörterung seiner Stellung innerhalb der Glauko- phanreihe an der Spitze; auf sie folgt das Ergebnis der Unter- suchung der Glaukophangesteine und des feldspat- reichen Schiefiers, sowie ein Vergleich dieser Vorkommen. Die Tatsache, daß die Glaukophangesteine nach ihrem chemischen Verhalten deutliche Beziehungen zu basischen Ganggesteinen besitzen, legte die Verpflichtung auf, die bisher bekannt gewordenen Analysen von Glaukophangesteinen in dieser Hinsicht zu prüfen; als Ergebnis zeigte sich, daß auf eine Entstehung aus basischen Ganggesteinen, speziell Lamprophyren hinweisende chemische Zusammensetzungen unter den Glaukophangesteinen keineswegs selten sind. 1. Der Glaukophan vom Elek-Dagh, östlich von Jylanly (paphlagonische Schieferzone, nördliches Kleinasien). Die stengeligen Aggregate des blauen Am- phibolminerales, das dem Glaukophangestein vom Elek- Dagh seine charakteristischen Eigenschaften gibt, ließen in isolierten Präparaten und im Dünnschliff folgende Eigenschaften erkennen: Der Vertikalen zunächst liegt die Richtung der kleinsten (optischen) Elastizität; als Maximum des Winkels c:c wurde in sehr zahlreichen Schnitten und isolierten Stengeln der immerhin noch ziemlich hohe Wert von 12° ermittelt. Obwohl die Querabsonderung, die mit einer Trennungsiläche nach der Basis identifiziert wird, nicht sehr deutlich entwickelt ist und verhältnismäßig oft in unregelmäßige Sprünge über- geht resp. von diesen abgelöst wird, ließ sich in nicht seltenen Fällen doch erkennen, daß die Richtung der kleinsten Elastizi- tät im spitzen Winkel 2 liegt. vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 351 Bier Ebene der’ optischen Achsen: fällt mit der Symmetrieebene zusammen. Der Pleochroismus des. Minerals ist sehr deutlich, wenn auch in dünnen Schnitten alle Farben sehr licht er- scheinen; es wurde ermittelt: a I) c hellgeiblich violett himmelblau Die Doppelbrechung entspricht ungefähr den Werten der gemeinen Hornblende; in guten Präparaten erreicht das Amphibolmineral zwischen gekreuzten Nicols die lebhaften gelben Farben der ersten Ordnung. Bizdies chemische Untersuchung genügend reine Substanz wurde durch wiederholtes Trennen mit der KLEIN’- schen Lösung gewonnen; die Untersuchung der isolierten Körnchen u. d. M. ließ als Verunreinigung nur ganz ver- einzelte Epidotkörnchen erkennen, die infolge ihrer geringen Menge die Analyse nicht erheblich beeinflussen können. Hin- gegen überrascht im ersten Augenblick eine andere Erschei- nung: die isolierten Amphibole zeigen größere oder kleinere Flecken von schmutzigbräunlicher Färbung und scheinen an diesen Stellen undurchsichtig oder mindestens viel weniger durchsichtig als die normal gefärbten Teile — im Dünnschl\ift ist eine derartige Fleckenbildung nicht zu beobachten. Ein genaues Studium dieser Flecken zeigt, daß sie ausschließlich durch ganz dünne Häutchen von Eisenhydroxyd hervorgebracht werden; olfenbar haben sie sich aus dem Eisengehalt des Minerals selbst entwickelt und sich zwischen seinen Spaltungsflächen und auf Klüftchen abgesetzt. Diese Häutchen sind so dünn, daß sich Andeutungen von ihnen im Dünnschliff nur bei großer Auf- merksamkeit als wolkige Trübungen erkennen lassen; daß sie in keinem Fall für die Analyse in Betracht kommen, beweist auch der geringe Gehalt an Fe?O?, sowie besonders die sehr unbedeutende Menge des Wassers in der untersuchten Substanz. 352 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Herr Privatdozent Dr. HERZ hatte die Güte, auf meine Bitte die Analyse des isolierten Materials zu übernehmen, wo- für ich ihm auch an dieser Stelle meinen besten Dank aus- spreche; die an 2 g ausgeführte chemische Untersuchung er- gab folgende Werte: Glaukophan vom Elek-Dagh (östlich von Jylanly, Kleinasien). SUO2HH A ERSB 52,8 AISOr ner 23,3 Fer OHNE 1,8 Feiern DD Mao 4,9 Car a ee: 9,8 Na0 mREIRBR At 67 KO... 107, HEON TS er 0,1 Sa. MIT OHNE NER: 99,3 Anal. W. HERZ. Ein Vergleich dieser Werte mit den Glaukophan-Analysen in HINTZE’s Handbuch (II. p. 1263) und in ROSENBUSCH’s Physiographie (l. 2. 239. 4. Aufl.) läßt sofort den hohen Gehalt an Al?O? auffallend erscheinen; ähnlich hohe Werte für Al?O? zeigt nur noch der Gastaldit STRÜVER’s von St. Marcel (Atti della ’R. accad. dei Lincei. 2. 3377, Sep- Abdr. p. 6. 1875) und für R?O® der von KOTO beschriebene „Glaukophan“ von Shikoku (Journ. of the Coll. of Sc. Univ. Tokyo. I. p. 88. 1886), deren Analysen zum Vergleich hinzugefügt werden. Gastaldit von St. Marcel „Glaukophan‘“ von Shikoku. (Mittel aus 2 Analysen). SIO.7 0.2. 58,55 96,71 AIG 2 21740 15,14 Ee7@272 -nichtÖyorh: 9,78 Beoras. 9,04 4,31 MeOm 2739 4,33 CaOM rer 2103 4,80 Na202 Eu 477. 4,83 K207.2 2080Spur | 0,25 Sa. vn SozÄl 100,15 Anal. COSSA. YOSHIDA. vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 353 Vielleicht könnte man auch die von JOHNSEN veröfient- lichte Analyse des Natronamphibols aus dem Natron- syenit von Miaß (dies. Jahrb. 1901. II. p. 117) zum Ver- gleich heranziehen, auf dessen große Ähnlichkeit in der chemischen Zusammensetzung mit dem japanischen Vorkommen der Verfasser aufmerksam macht. Es wurde hiervon Abstand genommen, weil das Mineral ein geologisch durchaus anderes Auftreten besitzt und weil der Verfasser von einer Berechnung der Analyse wegen der geringen Menge des Analysenmaterials abgesehen hat. Die Erörterung der Ergebnisse einer einzigen Analyse, wie sie hier vom Glaukophan vom Elek-Dagh vorliegt, die noch dazu infolge der geringen zur Verfügung stehenden Menge der Substanz nur einmal und nicht an absolut reinem Material ausgeführt werden konnte, kann nicht den Anlaß bieten, die Frage der chemischen Natur der Amphibole in ihrem ganzen Umfange zu behandeln — nach dem gegen- wärtigen Stande unseres Wissens müßten hierzu, von allen anderen Fehlerquellen abgesehen, viel zahlreichere Analysen vorhanden sein, die über die Rolle des Wassers in der ganzen Familie, nicht nur in einzelnen Vorkommen, zuverlässigeren Aufschluß geben, als es bis jetzt der Fall ist. Es kann hier nur versucht werden, die Stellung des blauen Amphibols vom Elek-Dagh innerhalb der Reihe der Glaukophane (im weiteren Sinne) festzustellen und zu einer Einteilung dieserGruppe auf Grund der bekannten Analysen zu gelangen; für diese Aufgabe ist es verhältnismäßig un- erheblich, welche Berechnungsart man der Betrachtung zu- grunde legt. Hier wurden die von TSCHERMAK für die Horn- blenden angenommenen Verbindungen benützt; jede andere Berechnungsweise würde in diesem Falle, in dem es wesent- lich auf das Verhältnis der Alkalien zu den Sesquioxyden an- N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 23 354 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine kommt, zu dem gleichen Ergebnis führen und keine könnte bei der ungeklärten Stellung des Wassers in den Amphibolen auf größere absolute Richtigkeit Anspruch erheben. Aus der Analyse des Glaukophans vom Elek-Dagh ergeben sich, nach den vom Internationalen Atomgewichts- ausschuß festgesetzten Atomgewichten berechnet, folgende Molekularproportionen: SO We RE 82,74 AO IHN NR 22,80 \ BEOr I 1) 2 FEORT I es 3,06 Mor 12.149955 CaOHm. Sande 10,33 Naaore 10,79 } Kionee MON NE a Wie ein Blick auf diese Molekularproportionen zeigt, kann nur die Hälfte der Tonerde in dem Molekel (Na, K)’Al?Si?O'? enthalten sein; nimmt man nun an, daß die übrigen Sesqui- oxyde sich in dem Molekel R’R*Si?O'? befinden und be- rechnet die übrige Menge von RO als Metasilikat, so ergibt sich ein Überschuß von 11,53 SiO?, d. h. mehr als ein Achtel der gesamten, bei der Analyse gefundenen Menge des SiO* bleibt als Rest übrig. Dieser Umstand, in Verbindung mit dem relativ hohen Gehalt an CaO, den die Analyse nachweist, könnte den Ge- danken nahelegen, die Substanz sei doch stärker verunreinigt gewesen, als der mikroskopische Befund annehmen ließ, und somit zu einer rechnerischen Prüfung Veranlassung geben. Nach Lage der Sache könnte als Verunreinigung lediglich Zoisit in Betracht kommen; macht man nun die zweifellos viel zu weit gehende Annahme, in dem Amphibol vom Elek- Dagh sei das Verhältnis MgO —- FeO:CaO =3:1, mithin mehr als die Hälfte des nachgewiesenen CaO in beigemischtem Zoisit vorhanden, so ergibt sich immer noch ein Überschuß vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 355 von ein Neuntel der gesamten SiO?-Menge — es würde sich somit an dem Ergebnis nichts ändern. Dieses chemische Verhalten des Glaukophans vom Elek- Dagh steht keineswegs vereinzelt da; da aus der geringen Zahl von Glaukophan-Analysen mehrere, in denen Fe?O? und FeO nicht getrennt bestimmt wurden, für diese Betrachtung ausscheiden müssen, beweist die entsprechende, noch stärker entwickelte Eigentümlichkeit der. Vorkommen von St. Marcel und Shikoku die relative Häufigkeit der durch analogen chemischen Aufbau innerhalb der Reihe der „Glaukophane“ charakterisierten Gruppe. Berechnet man die Molskulargnotienten cl aus diesen die Formeln lediglich auf die Glieder RR? Sit O'?, R°R:Si?O'2 und R’ >02 507 ereibi sieh für: Gastaldit von St. Marcel. „Glaukophan‘“ von Shikoku. Seren 20694 93,89 MO... 20:94 14,81 | Be2/02 7 Ainicht vorh: 6,12] u Bone 12,58 | 6,00 Mao 3 97.0591 10,73 \ 25,28 BoD. 362] 855 | No. 27:68 Ts) 22 ee ee or somit für Gastaldit von St. Marcel. „Glaukophan“ von Shikoku. 7,68 Na? Al?SitO": 8.05 Na?R? Sit O': 6,63 R® AlSi20": 644 R? Rrsj?oı: or sig 308 R: Sitor undeinÜberschußvon40,31SiO?®, undeinÜberschuß von 36,41 SiO?, mithin mehr als 2 des bei der Ana- mithin mehr als 4} des bei der Ana- lyse nachgewiesenen SLO7 lyse nachgewiesenen Si O?. Aus der Analyse COSSA’s berechnete STRÜVER bekannt- lich den Gastaldit als Metasilikat von der Formel (4R? —- ZR)? Al*Si?O?? (Atti dellaR. Accad. dei Lincei. Ser. 2. 2. p. 7 des Sep.-Abdr. 1875) und betonte auf Grund dieser 23° 356 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine chemischen Zusammensetzung die Unabhängigkeit des Gastaldits vom Glaukophan (dies. Jahrb. 1887. I. p. 213 ff. spez. p. 218); ähnlich ließe sich auch der „Glaukophan“ von Shikoku nahezu als Metasilikat deuten. Will man die Tatsache, daß in diesen Fällen mehr Ton- erde als Metasilikat vorhanden sein muß, als den vorhandenen Alkalien entspricht, durch die TSCHERMAK’schen resp. analog gebaute Molekel ausdrücken, so kann dies am einfachsten durch die Einführung des von DOELTER angenommenen Molekels RR?SitO!2 in die Rechnung geschehen (GROTH’s Zeitschr. IV. p. 341i., spez. p. 37 u. :392 1880) TuradeszıE sammensetzung desGastaldits ergibt sich dann folgendes Bild: 7,68 Na? Al?Sit O'? 13,26 R AI?SitO!? 316R Sion oder möglichst vereinfacht das Verhältnis Na? Al?SitO"2: RAPSItO®:R:St0®—5:8:2, Zu einem ähnlichen Verhältnis führt die Berechnung des „Glaukophans“ von Shikoku, wenn man Al?O? und Fe?O° zu diesem Zwecke als R2O> zusammenfaßt; man erhält: 8.05 Na?R? Sit Oo": 12,13R R? Seo: 310 Rt SO. und 0,38 R: Al?Si?O'? (das Molekel, in dem nach den TSCHERMAK’schen Formeln die Tonerde in den eigentlichen Hornblenden angenommen wird). Abgekürzt ergibt sich hieraus das Verhältnis Na?R?SitO®: RR?Si* 012: RıSieO1? : RrAMS?OR— 8:19:3:1. In diesem Zusammenhange ist es nun zweiiellos bedeut- sam, daß nach der jüngsten Analyse des Glaukophans von Syra (ausgeführt von H. S. WASHINGTON in: A Chemical Study of the Glaukophane Schists. Amer. Journ. of Sc. 161. vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) CIE 357 35—09, spez. p. 40), also des Vorkommens, auf Grund dessen die Spezies Glaukophan aufgestellt worden ist, sich bei der Berechnung auf die üblichen Amphibolmolekel gleichlalls ein beträchtlicher Überschuß von SiO? ergibt. Aus der nachstehenden Analyse resp. den beigefügten Molekularproportionen Si0.0.2.2.2.25767 95,48 ANOE 10,83 | Bor 0002300 2,00 f IS BOT UI. 13,46 Mor 2.0.1006 0,08 Meion 2.085 24,41 nz Ca®... 2.005 1,69 NEO 05 10,95 \ KO 3... 8049 0,45 J nn BOO2.1102-7220:36 2,00 EEO1107 70,2 — ergibt sich ein „Überschuß“ von 10,24 SiO?, also von fast ein Neuntel des gesamten, durch die Analyse nach- gewiesenen SiO?. Dieser „Überschuß“ an SiO? kann im vorliegenden Falle durch die Annahme des Molekels R AL Sj2O12, selbst wenn man nach dem Vorgange von HAEFKE (Inaug.-Diss. Göttingen 1890), SAUER (Bad. Geol. Landesanst. 1891. II. p. 252) und anderen das bei der Analyse nachgewiesene Wasser als H?SiO’ in die Formel einbezieht, nicht völlig aufgehoben werden; in jedem Falle ist aber der Nachweis wichtig, daß eine Analyse des Original-Glaukophans, der ein vom Verfasser als „extremely pure“ bezeichnetes Material zugrunde lag, einen Überschuß der Sesquioxyde über die Alkalien und den besprochenen SiO?-Überschuß nachweist. Vernachlässigt man für diese Be- trachtung den nach Bildung von RR2SjO!: und H°Si©> (hier der Analogie wegen in der Gestalt von H°Si*O!? an- gewendet) noch übrigbleibenden, nicht sehr erheblichen Si O°- Rest, so erhält man als Bild für den Glaukophan von Syra: 358 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine 11,40 R’R?SitO": 143 R R?SitO": 9,55 Rt SO" Val HE DE und somit annähernd das Verhältnis RR2SitO'2: RR?SITO® : R:SitO®: HsStO®? = 23:3:19:1. Eine entsprechende Berechnung für den blauen Amphi- bol vom Elek-Dagh ergibt 12,59 RER?SitO" 3,834 R R?SitO" 3,75 R?R*Si?O": 3,65 Rt SitO" oder abgekürzt das Verhältnis RR? SitO12 : RR?SICO!? ; RrR+ Si? 012: RrSt OR —7:2:2:2, Mit dem Glaukophan von Syra teilt somit das Mineral vom Elek-Dagh die entschiedene Vorherrschaft des Natron- Tonerde-Metasilikat-Molekels über das alkalifreie Tonerde- Metasilikat, wenn sich auch in dem kleinasiatischen Vorkommen das Verhältnis zugunsten des zweiten Molekels verschiebt, so daß das Mineral sich dem Gastaldit etwas nähert; größer wird der Unterschied gegenüber dem Glaukophan von Syra und die Annäherung an den Gastaldit durch die beträchtlich ge- ringere Rolle, die das Molekel RSirO!2 spielt. Von beiden zum Vergleich herangezogenen Vorkommen unterscheidet sich das Mineral durch seinen beträchtlichen Gehalt an RER% 5.0 dem Tonerde-Molekel der Hornblende s. str. Molekularverhältnisse, die in der TSCHERMAK’schen Auf- fassung ihren Ausdruck durch gemeinsames Auftreten der Molekel RR2SitO!? und R2R:Si?O'2 finden, sind unter den sesquioxydreicheren Hornblenden s. str, recht verbreitet und auch für den Fall des Amphibols vom Elek-Dagh, das. Zu- vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 359 sammentreiien der drei Sesquioxyd-Molekel, lassen sich unter den Hornblenden Analoga nachweisen. Berechnet man die von LEMBERG für die als Einlagerung im Kalk auftretende schwarze Hornblende von Kimito (Finnland) ermittelten Analysenwerte: SiO? 50,35, Al”O? 16,27, Fe?O? 9,27, Mg O0 7,02, e3021091, Na?® 3,46, K7Or 0,44, E?O 1,61 . (Chemisch- geologische Untersuchung einiger Kalklager der finnischen Schäreninsel Kimito. Zeitschr. deutsch. geol. Ges. 22. 803 ff., spez. p. 825. 1870) unter der für die Sesquioxyde ungünstig- sten Annahme, daß das gesamte Eisen als Oxydul vorhanden ist, so ergibt sich | 6,04 R?’AI?’Sit O'? 3,60 R Al?SisO!: 3,19 R? Al Si20": | 9,61 Rt Siro": und hieraus abgekürzt das Verhältnis: Rz AB Si®O:'2: RALSitO% : RRAFSI?O®: RS O2 —5:3:25:8, Für die Beurteilung dieser Tatsachen ist es nun zweifellos wichtig, daß sich entsprechende Verhältnisse auch innerhalb der Pyroxeniamilie nachweisen lassen. Schon 1884 machte COHEN darauf aufmerksam, daß sich gewisse Jadeit-Analysen DAMOUR’s in der üblichen Weise nur durch die Annahme eines Molekels MgO Al?O?4Si0? berechnen lassen (dies. Jahrb. 1884. I. p. 71—73). Während es sich aber in diesen Fällen immer nur um sehr geringe Mengen dieses neuen Metasilikates handelte, sind inzwischen Analysen bekannt geworden, die beweisen, daß auch in Jadeiten als Metasilikat zu verrechnende, aber nicht im’ Alkalimolekel enthaltene Tonerde eine sehr bedeutende Rolle spielt. Ein gutes Beispiel für diese Gruppe von Jadeiten ist das von CLARKE und MERRILL analysierte Fragment von Culebra in Costarica (Proc. U. S. Nat. Museum. 1888. p. 124, hier zitiert 360 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine nach der Tabelle in HINTZE, Handbuch. II. p. 1175—1176); die Analyse läßt sich bei Nichtberücksichtigung des Wasser- gehaltes in der Hauptsache auf eine Mischung von Na?Al?Si*O'? und RALSItO": im Verhältnis von 3:2 deuten, nähert sich also dem Gastaldit. Für die hier behandelte Frage noch wichtiger sind zwei Analysen FRENZEL’s, die sich auf rohe Geschiebe, gefunden am Neuenburger See beziehen (veröffentlicht in einem Aufsatz von A. B. MEYER über Rohjadeit aus der Schweiz in der Zeitschrift Antiqua, Zürich 1884, hier gleichfalls der Tabelle HINTZE’s entnommen), da sie, besonders die zweite, der Analyse des Glaukophans vom Elek-Dagh trotz eines größeren Kalkgehaltes auffallend ähnlich sind; dementsprechend spielt in ihnen auch das Molekel R? AM SIi?O!2 eine bedeutende Rolle. (XXII der Tabelle) Geschiebe Neuenburger See Neuenburger See (XXIII der Tabelle) Geschiebe Fragment Culebra, Costarica (XXXIII der Tabelle) SIO- 00,30 82,42 98,33 AO? 25,68 26,00 21,63 Be: — — rl FeoO 2,79 2402 0,73 MsO 4,45 3,06 3,09 CaO 11,00 9,05 4,92 Na?O 6,30 7,44 8,13 K?© — _ 0,22. El ® 0,40 0,20 0,93 SaNHr. we. 100,92 100,69 99,69 Anal. FRENZEL. FRENZEL. CLARKE und MERRILL. Nazis ;02. Verhältnis der Mischungsglieder. 11,98 — appr. 10 18,32 eppB . 10,14 = appr. 84 R ARSRO®... 274— , 22 a1 . Sl so ReASSP@n.. 612 2. ..5 Ba Re spow, as , A as72.00 So se Zum bequemeren Vergleich auf 100 berechnet ergibt sich das Verhältnis für vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 361 Glaukophan Jadeit (XXIII) Elek-Dagh Neuenburger See BRSLom 52,8 49,6 RRstore 16,1 15,4 Bro 15,7 20,2 1 See 14,8 Aus allen diesen Erwägungen geht hervor, daß die als Glaukophane zusammengefaßten blauen Alkaliamphibole eine Gliederung auf Grund des Verhaltens ihrer Sesquioxyde gestatten; für diese Gliederung ist der vor kurzem von GRUBEN- MANN beschriebene Glaukophan von Lavintzie im Val de Bagne (Wallis) sehr wichtig (Über einige schweizerische Glaukophangesteine. ROSENBUSCH-Festschrift. p. 13. 1906). SUOSR IE 2 EI .ic 02,76 NOS N are 0,94 INZOS Se 6,80 BO Le ah. 10,38 Fade - 2 8,45 MO Oe2 m gen. 9,38 CEO ET 229 NaSOr a 7,20 KCH @ pa KUREN ll EOS 117te7211002227220.08 Glühmerluste2.2...222.044 SA Re alle 99,79 Anal. L. HEZNER. Aus ihr berechnet GRUBENMANN die Zusammensetzung ue®p: 14): 64 Na? Al?’SitO'? 64 Na?Fe? Si! O!? 40 Ca (Ms, Fe)? Sit O!? ok i(Meoyke)-si: 02 Faßt man nun als Glaukophanreihe die Natron- amphibole zusammen, bei denen der Vertikalen die Achse kleinster Elastizität zunächst liegt und die sich durch den charakteristischen Pleochroismus in lichten, violetten und blauen 362 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Tönen auszeichnen, so läßt sich die Reihe auf Grund der Rolle der Sesquioxyde in folgender Weise gliedern: Gemeinsam ist allen hierher gehörigen Mineralen das Molekel Na?Al?Si*O!? als charakteristischer Bestandteil, sowie eine Beimischung der Aktinolithmolekel in wechselnder Menge; diese beiden Molekel herrschen im Glaukophan s. str. (Beispiel: Syra). Wird ein erheblicher Teil der Ton- erde durch Eisenoxyd vertreten, so ist das Mineral ein Eisenglaukophan (Beispiel: Lavintzie), Durch erheb- liche Mengen des Molekels RAI?SitO!? neben den genannten ist der Gastaldit charakterisiert (Beispiel: St. Marcel); eine Vertretung der Tonerde durch Eisen bezeichnet den Eisen- gastaldit (Beispiel: Shikoku). Weitere Unterabteilungen entstehen dadurch, daß sich noch das Sesquioxydmolekel der Hornblende s. str. R>R* Si’O!? in. beträchtlicher Menge am Aufbau beteiligt: ein zum Glaukophan s. str. gehörendes Glied dieser Untergruppe ist der blaue Amphibol vom Elek-Dagh, der in der Jadeitreihe in den am Neuen- burger See gefundenen Geschiebe ein vollständiges Analogon besitzt. Nach Abschluß dieser Untersuchung ging mir durch die Freundlichkeit des Verfassers die Abhandlung von G. MURGOCI, Contribution to the Classification of the Amphiboles (Berke- ley, August 1906, Univ. of California Publications. 4. No. 15. p. 399— 396) zu. In dieser Arbeit legt Verfasser bei der Be- sprechung der (umfassenderen) Reihe Glaukophan-Crossit- Rhodusit für eine Gliederung der Glaukophane das Mole- kularverhältnis der Alkalien zu den Sesquioxyden zugrunde, trennt demgemäß mit STRÜVER den Gastaldit vom Glaukophan im engeren Sinne und bezeichnet, wie es auch hier geschehen ist, den „Glaukophan“ von Shikoku als Gastaldit, vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 363 2. Über Glaukophan-Eklogit, Glaukophan-Schiefer und Chlorit-Albitschiefer vom Elek-Dagh. a) Der Glaukophan-Eklogit vom Elek-Dagh, östlich von Jylanly. (1 der Kartenskizze.) Bei der Betrachtung des Eklogits vom Elek-Dagh fallen dem unbewafineten Auge in einer dichten bis filzigen bläulichen Hauptmasse zunächst zahlreiche, bis 4 mm im Durchmesser erreichende, etwas unregelmäßig verteilte braun- rote Granaten auf, die bisweilen an einzelnen Stellen ihrer Oberfläche eine ganz dünne Chlorithaut tragen; nicht selten leuchten aus den seidenglänzenden filzigen Teilen kleine ganz dünne Nädelchen auf, offenbar die größeren Individuen des filzigen Gewebes; gelegentlich beobachtet man auch stärker glänzende, grau erscheinende kleine Täfelchen und Leistchen. Das Mikroskop zeigt, daß das Gestein sich wesentlich aus einem blauen Amphibol, ferner Mineralen der Zoisit-Epidot-Gruppe und den erwähnten Granaten auibaut. Der wichtigste Gemengteil des Gesteins ist das blaue Amphibolmineral; hauptsächlich in stengeligen Aggregaten entwickelt und an Menge die übrigen Gemengteile über- wiegend, erscheint es im Schliff in mehr oder weniger un- regelmäßig gestalteten Leistchen bis zu höchstens 0,5 mm Länge und in ganz unregelmäßig begrenzten Fetzen. Ter- minale Endigung der mehr oder weniger schlanken Säulchen fehlt gänzlich, auch die Prismenzone ist nur selten scharf ent- wickelt; die Individuen: haben sich gegenseitig an der Aus- bildung von deutlichen Kristallfllächen gehindert. Während ein Teil der Individuen mit ihrer Längsrichtung parallel bis subparallel liegen, stellen sich zahlreiche andere in allen möglichen Richtungen schief zu den eine Lagenstruktur an- strebenden Stengeln; stellenweise erscheint die Struktur der 364 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine wesentlich von dem Amphibolmineral gebildeten Partien ge- radezu nephritisch. Die Eigenschaften dieses Glaukophanminerals wurden auf p. 350 H. im Zusammenhange dargestellt. Der zweite wesentliche Gemengteil, gleichzeitig der einzig makroskopisch deutlich sichtbare, ist der rotbraune Granat, der in mehr oder weniger unregelmäßigen Körnern recht reichlich, aber etwas ungleichmäßig verteilt im Gestein auftritt. Auch im Dünnschliff wird der Granat nicht ganz farb- los: die sehr lichten Durchschnitte lassen bei aufmerksamer Betrachtung stets einen schwachen bräunlich-rötlichen Ton erkennen. Eine eigentliche kristallographische Begrenzung be- sitzt der Granat nicht; daß dieser Mangel primär und nicht auf sekundäre Vorgänge zurückzuführen ist, eine Vermutung, welche die teilweise Umhüllung der Granatsubstanz durch dünne Chloritmäntel nahelegen könnte, beweist das Studium der Stellen, denen diese Mäntel fehlen, und die Beobachtung, daß der Komplex Granat 4 Chlorit gleichfalls keine geradlinige Umgrenzung aufweist. Die Granatindividuen sind reich an Einschlüssen; neben blauer Hornblende, seltener Epidotmineralen finden sich sehr stark licht- und doppelbrechende hellgrünliche Körnchen, die wohl auf ein Augitmineral zurückgeführt werden müssen (Omphacit?), und schließlich wegen ihrer Kleinheit völlig un- bestimmbare Körnchen, die vielleicht mit den größeren, aber immer noch ziemlich kleinen, soeben geschilderten Einschlüssen übereinstimmen. | | Die erwähnten Chloritmäntel bedecken nur selten ein ganzes Korn; gewöhnlich liegen sie nur als Hülle um einen größeren oder geringeren Teil, fehlen bisweilen aber gänzlich. In anderen Fällen dringt Chloritsubstanz buchtartig in den Granat ein; dies führt gelegentlich dazu, daß im Schliff vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 365 ein Korn durch einen oder mehrere dieser Chloritstreifen in scheinbar selbständige Partien zerlegt erscheint. Als selb- ständigen Einschluß im Granat habe ich den Chlorit nicht beobachtet. Bisweilen finden sich unregelmäßige rundliche An- häufungen, die einen oder mehrere korrodierte Granatreste, ferner Epidotminerale und etwas Erz, vermischt und umgeben von Chlorit, enthalten; ihr strukturelles Verhalten gleicht dem der großen Granatkörner. Die zahlreichen Einschlüsse, ebenso die Chloritmäntel und -streifen verhindern die Gewinnung eines zur Analyse brauchbaren Materials; ein Vergleich der Bauschanalyse des Gesteins mit der Analyse des blauen Amphibols und mit der chemischen Zusammensetzung der Epidotgruppe zeigt jedoch, daß der Granat jedenfalls reich an Eisen sein muß. Ferner spielen im Gestein Glieder der Epidotgruppe eine beträchtliche Rolle. Am meisten vertreten ist ein fast immer langsäulenförmig entwickeltes Mineral, das in vereinzelten Individuen 3—4 mm Länge bei einer Dicke von weniger als 0,5 mm erreicht und dem die erwähnten spärlichen makroskopisch sichtbaren, grauen glänzenden Leistchen angehören. Von dieser Größe sinken die Individuen bis zu kleinen Gebilden herab, die aber stets noch den schlank säulenförmigen Charakter der Ausbildung erkennen lassen und fast immer eine Quergliederung durch mehr oder weniger regelmäßige Sprünge aufweisen. Die Auslöschungsrichtung geht gewöhnlich parallel der Längs- erstreckung und den Spaltungsrissen, die Interferenzfarben sind niedrig, die Farben weisen auf keine besonders starke anor- male Dispersion. Die Achsenebene steht senkrecht zur Längs- richtung, demgemäß ist der optische Charakter der Leisten bald positiv, bald negativ. Der Achsenwinkel ist nicht groß; 366 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine es stimmen somit alle Eigenschaften mit dem von WEINSCHENK als Zoisit # bezeichneten Mineral überein. Weniger häufig findet sich ein Epidotmineral, das breitere Leisten und auch unregelmäßiger begrenzte, mehr isometrische Durchschnitte liefert. Auch hier liegt die Achsenebene senk- recht zur Längsrichtung der Leisten, aber die Auslöschungs- richtung fällt besonders in den unregelmäßig begrenzten Durch- schnitten oft nicht mit den Spaltungsrissen zusammen, sondern weicht von dieser Richtung um einen nicht unbedeutenden Winkel ab; die Interferenzfarben sind höher als bei dem erst- beschriebenen Mineral, aber gehen im guten Schliff nicht über Gelb der ersten Ordnung hinaus — sie sind eher etwas niedriger als die Interferenziarben des blauen Amphibols im gleichen Schliff; nicht selten erscheinen sie fleckig. Diese Eigenschaften bestimmen das Mineral als eisenarmen Epidot = Klinozoisit im Sinne ROSENBUSCH’s. Unter den in geringerer Menge vorhandenen Gemeng- teilen spielen Titanminerale die größte Rolle. Offenbar war in einem früheren Stadium des Gesteins Rutil in größerer Menge vorhanden, der sich jetzt noch in gelblichbraunen Körnchen findet; die Hauptmenge ist aber in farblos durch- sichtigen Titanit umgewandelt, der bald als sehr feinkörniges Gemenge leukoxenartig größere oder kleinere, gewöhnlich ge- trübte Rutilkörnchen umgibt, bald aber auch in mehr oder weniger schari kristallographisch begrenzten größeren Indivi- duen als Einschluß Rutil enthält, oder schließlich ganz selb- ständig im Gestein erscheint. Vereinzelt treten spärliche, aber ziemlich große Durch- schnitte durch ein im Schliff grünliches bis farbloses Mineral auf, deren Umrisse auf eine dick säulenförmige bis isometrische Gestalt der Körner hinweisen. Die kräftige Licht- und Doppel- brechung, die Spaltungsrisse und besonders der große Winkel, vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. _ 367 den die Auslöschungsrichtung in Schnitten, in denen nur ein System von Spaltungsrissen erscheint, mit diesen bildet, be- stimmen das Mineral als Augit. Schließlich findet sich gelegentlich noch Chlorit in Blättchen, die vom Granat unabhängig sind und wohl selb- ständig in dem Gewebe der Hornblendestengel auftreten; auch wasserhelle Körnchen treten auf, von denen ein Teil sicher Quarz ist, während andere Spaltbarkeit besitzen und wohl als Alkaliieldspat, wahrscheinlich Albit auigeiaßt werden müssen. Die Struktur des Gesteins ist durch die zahlreichen Granaten und die spärlichen großen Zoisit- resp. Klinozoisit- Individuen pseudoporphyrisch; das Gewebe von vor- wiegend stengeligen Glaukophanen mit säulenförmigen Mine- ralen der Epidotiamilie, in dem die größeren Gemengteile liegen, zeigt streckenweise Neigung zu paralleler bis sub- paralleler Anordnung der Stengel und Säulen — immer aber treten der Parallelanordnung schief bis quer gestellte Individuen derselben Art entgegen und stellenweise bildet sich geradezu wirr jaserige Anordnung aus: demgemäß ist keine deutliche Semterenting entwickelt: Das’ Gestein ist völlige um- kristallisiert; von dem Ausgangsmaterial ist weder ein Rest der Komponenten: noch der Anordnung zurückgeblieben. Nach der kristallographischen Umgrenzung steht der Titanit zweifellos an der Spitze, dessen Umrisse sehr oit auf vollkommene Kristallgestalt hinweisen; auch den Epidotmineralen ist es häufig gelungen, ihre Individualität auf Kosten des Glaukophans zur Geltung zu bringen. Daß die rundliche Form der Gramatkörner nicht nur auf die Chloritmäntel zurückzuführen ist, wurde schon oben ausgeführt: eine eigentümliche, von der Tendenz zu paralleler Anordnung scheinbar ganz unmotiviert abweichende Stellung von einzelnen 368 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Hornblende- und Zoisit-Individuen in der unmittelbaren Nach- barschait des Granats, ebenso die Neigung der spärlichen farblosen Körnchen, sich neben dem Granat anzusiedeln, deutet vielleicht auf Umwandlungsvorgänge des in einem früheren Stadium besser ausgebildeten Granats. In der von FR. BECKE (I. Über Mineralbestand und Struktur der kristallinischen Schiefer. Denkschr. Wiener Akad. 75. 35 ff. des Sep.-Abdr. Wien 1903) und U. GRUBENMANN (Die kri- stallinen Schiefer. I. p. 79 if.) eingeführten Nomenklatur ist die Struktur des Gesteins porphyroblastisch durch Granat als Porphyroblasten in einem nematoblastischen Grundgewebe; die Textur vermittelt zwischen Kri- stallisationsschieferung und massiger Textur. Die chemische Analyse des Gesteins ergab nach der von Dr. A. LINDNER ausgeführten Untersuchung folgende Werte: Glaukophan-Eklogit von Jylanly, Elek-Dagh, Kleinasien. SO, SA 48,80 TION REN ae 1,04 AO: 2ithFeifoa rn 15,72 Be2O)r nn ren 5,09 PEON SE Re RE ENRRER 8,32 MEORSNMIETISHTT BIER 7,49 Ga Ole a 6,38 Na2:0. 2 0 ol Bern rege 4,83 KOT MARI HT IHR: 0,99 Ho, einge: 2,10 PRO SR ee 0,27 Sara Per N RE ARR 100,29 SPEZIGEW N EI ERS 10 Anal. A. LINDNER. Das Gestein besitzt mithin folgende auf 100 reduzierte Molekularquotienten: Si’O%,. „Ti 0% 1. Al? O3 „+,Ee&iO ,. MgiO..., Ca072= Narozsssrei 92,76 0,34 10,00 11,63 12,14 7,39 4,74 0,38 und demgemäß nachstehende Formel nach OSANN: Sa Ar € Mao 53,60) 75,12.4.88 26,280 1213270145 n m k 9,3 9,0 | 0,80 vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 369 Chemische Zusammensetzung und Formel weisen auf ein basisches Eruptivgestein, aber unter den Gabbromagmen (Gabbro etc., Diabase, Basalte) findet sich kein direkt zu ver- gleichendes Gestein. Hingegen steht der Formel nach der Ortlerit von der hinteren Gratspitze (Zufallsspitze, Tirol) sehr nahe (OSANN’s Typus: Hintere Gratspitze der basischen Reihe der Dioritporphyrite) — die Analysenzahlen resp. Molekularquotienten weichen infolge des für das Wesen des Gesteins unerheblichen Verhältnisses FeO:MgO, das in der Formel nicht zur Geltung kommt, etwas ab. Umgekehrt unterscheidet sich infolge des etwas größeren Gehaltes an Alkalien die Formel des Kersantits von Bärenstein bei Lehesten (Thüringen) von der Formel des Glaukophangesteins nicht unerheblich, während ein Vergleich der Molekular- quotienten die nahe Verwandtschaft beider Gesteine zeigt. Formeln!. S ABER anne In amek Glaukophan-Eklogit, BiebköDash “u. ... 53,60 5,12 4,85 26,28 2,8 2,7 14,5 9,3 9,0 0,80 Ortlerit, Hintere Grat- Solze Van 89,27 |8,67 4,16 25,07 3,2 2,4 14,4 |6,2 8,1 0,82 [Kersantit, Bärenstein . . 54,92|6,54 2,71 26,58|3,6 1,0 14,9,7,6 8,110,77] Molekularquotienten. SLOT IOZINZO ZEEOZMEOZELOZNA OF © Glaukophan-Eklo- git, Elek-Dagh. . 52,76 0,84 10,00 11,63 12,14 7,39 4,74 0,38 Mersantit Baseustein.. . 04,97 0,35 925 9,95 11,67 7,67 4,96 1,58 [Ortlerit, Hintere Grat- Siilze na 90200 0279832116,10, 73,92. 8.957 3,59, 2,14] In jedem Fall zeigt dieser Vergleich die nahen che- mischen Beziehungen des untersuchten Glaukophan- gesteins vom Elek-Dagh zu basischen Ganggesteinen. ‘ Die zum Vergleich herangezogenen Formeln werden nach den be- kannten Arbeiten OSANN’s zitiert, doch werden die Werte für a, c und f in dieser Arbeit nicht abgerundet. Die Werte für m und teilweise für k sind hier auf Grund der von OSANN mitgeteilten Molekularquotienten für jedes einzelne Gestein berechnet. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 24 370 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine b) Glaukophan-Schiefer von Kyzkale (westlicher Elek-Dagh). (2 der Kartenskizze.) Das Vorkommen von Kyzkale macht auf das unbewalinete Auge zunächst den Eindruck eines mäßig gut schieferigen Gesteins, doch ist auch in Partien, in denen die Anordnung sich einer gut ausgebildeten Lagenstruktur nähert, die Schiefe- rung verhältnismäßig unvollkommen, so daß der Habitus in dieser Hinsicht etwas an einen Schieferhornfels erinnert. Das Gestein erscheint im allgemeinen dicht, auf dem Hauptbruch dunkel schwarzgrün mit mäßigem Glanz, der zwischen dem Aussehen chloritischer und sericitischer Häute die Mitte hält; bei geeigneter Beleuchtung, besonders wenn man das Licht nicht direkt auf die Schieferlläche auffallen läßt, bemerkt man jedoch einen bläulichen Ton und einen durch annähernd par- allele Anordnung dünnster Stengelchen hervorgerufenen Seiden- glanz, der zusammen mit den schuppigen Häutchen das eigen- tümliche Aussehen des Hauptbruches hervorbringt. Der Querbruch zeigt einen Aufbau aus herrschenden dunkleren und spärlichen helleren Lagen, sowie eine zwischen unebener Lagerstruktur und roh flaseriger Struktur wechselnde Anordnung; wo die Tendenz zur Flaserung etwas deutlicher wird, bilden die helleren Lagen die Flaserkerne. Vereinzelt beobachtet man in den helleren Lagen ganz spärliche kleine helle Spaltungsflächen, die offenbar auf Feld- spat zurückgeführt werden müssen; im übrigen erscheint das Gestein ganz dicht. Die mikroskopische Untersuchung lehrt, daß die vor- wiegenden dunkleren Gesteinsteile sich aus Glaukophan, Epidot, Chlorit, eventuell Erz, die helleren aus Quarz und Feldspat, stets begleitet von farbigen Gemengteilen, besonders Glaukophan aufbauen. Die einzelnen Gemengteile bedürfen nur einer kurzen Beschreibung. vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 371 Der Glaukophan tritt hauptsächlich in kleinen Säulchen auf, die bei großer Dünne nur selten eine Länge von 0,5 mm erreichen; neben diesen finden sich dickere, die aber, soweit es sich feststellen ließ, niemals bedeutendere Längserstreckung erreichen. Gegenüber dem Glaukophan aus dem Eklogit fallen fol- gende Erscheinungen auf: viel bessere kristallographische Frspilduns der Prismenzone, bedeutend Stärkerer Pleochroismus und kleinerer Winkel der Auslöschungs- richtung gegen die Vertikale — zu einer genauen Bestim- mung des Winkels erwies sich das Material trotz zahlreicher Bemühungen ungeeignet. Während bei dem Glaukophan des Eklogits der Pleochroismus in dünnen Teilen des Schliffes sehr schwach wurde, ist er hier allenthalben deutlich aus- geprägt; besonders finden sich hier auch die violetten Töne sehr typisch, die in dem Gemengteil des Eklogits verhältnis- mäßig schwach entwickelt sind. Der Pleochroismus a = hellgelblich bis farblos b = blauviolett c = himmelblau entspricht dem bei typischem Glaukophan in der Regel beobach- teten Verhalten; auch der kleine Winkel c:c läßt das Mineral deutlicher als es bei dem Gemensgteil des Eklogits der Fall war, auf den ersten Blick als normalen Glaukophan erscheinen. Epidot tritt in zahllosen kleinen Körnchen, seltener in unregelmäßigen Stengelchen auf, die nur ausnahmsweise die Größe der normalen Glaukophansäulchen erreichen; er er- scheint fast immer gelblich gefärbt und stark doppelbrechend — Körnchen, die auf Klinozoisit oder Zoisit bezogen werden könnten, sind nur in geringer Zahl vorhanden. Chlorit tritt hinter den genannten Mineralen zurück, ohne deshalb spärlich zu sein; die Blättchen sind auffallend stark pleochroitisch in dunkelgrünen und hellgelben Tönen. 24% 372 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Die farblosen Gemengteile sind in geringerer Menge entwickelt als die farbigen; bei der Frische der Substanzen, dem Mangel an Spaltungsrissen im Feldspat, der wohl auf die zahlreichen Einschlüsse zurückzuführen ist, und dem Fehlen von Zwillingsbildung kann man sich ein Bild von dem Mengenverhältnis zwischen Quarz und Feldspat nur durch Untersuchung der Achsenbilder verschaffen: beide Minerale scheinen annähernd im Gleichgewicht vorhanden zu sein. Die Natur der Feldspate ist bei dem Fehlen von jeder Spur einer Kristallumgrenzung, der Abwesenheit von Zwillingsbildung und Spaltungsrissen mit Sicherheit nicht zu bestimmen; jedenfalls fehlen basischere Plagioklase, so daß unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bauschanalyse die vorhandenen Feldspate zum größeren Teil sauren Plagioklasen, zum kleineren dem Kalifeldspat zugerechnet werden können. Von anderen Gemengteilen tritt deutlich nachweisbar, aber nur in vereinzelten Blättchen heller Glimmer auf; ferner findet sich Eisenerz unregelmäßig verteilt, bisweilen in größeren Individuen, häufiger in kleinen Kriställchen und Körnern; nach Art der Begrenzung kann man an Magnetit denken. Typische Titanminerale (Rutil, Titanit) fehlen gänzlich. Zur Beschreibung der Anordnung der Gemengteile müssen zunächst die wesentlich aus gefärbten Komponenten aufgebauten Gesteinsteile von den aus vorwiegend farblosen bestehenden getrennt werden. Die dunkleren Gesteinsteile stellen sich im Quer- schnitt als dichte Stränge von Glaukophan, Epidot und Chlorit dar, die zu Massen von wechselnder Dicke zusammentreten, sich trennen und wieder vereinigen oder auch sich gemeinsam verjüngen; farblose Gemengteile sind in ihnen nur ganz ver- einzelt vorhanden und fallen aus dem Rahmen völlig heraus. vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 373 Die Glaukophan- und Epidotsäulchen liegen in diesen dunklen Massen in der Hauptzahl roh parallel und die gleiche Rich- tung zeigen die Chloritblättchen — die Tendenz der Anord- nung bleibt auch dort noch sichtbar, wo die Epidotkörnchen vorherrschen. In einer und derselben dunklen Lage finden sich neben Partien, die Epidot und Glaukophan annähernd im Gleichgewicht, daneben reichlich Chlorit enthalten, solche mit herrschendem Glaukophan und andere mit herrschendem Epidot; auch besonders chloritreiche Partien treten auf, aller- dings erheblich seltener als die anderen Kombinationen. Bis- weilen schließen sich Reihen von Erzkörnchen den dunklen Streifen an. | Diezdineh Flertrschen der farblosen Gemensteile charakterisierten Gesteinspartien besitzen lang linseniörmige bis schmitzenartige Gestalt; die sie aufbauenden Komponenten weisen sehr wechselnde Dimensionen auf, von größeren Quarz- und Feldspatkörnchen an, die bisweilen die ganze Breite einer Linse einnehmen oder sogar eine kleine Linse allein bilden, bis herab zu einem feinkörnigen Mosaik. In diesen hellen Gesteinsteilen finden sich auf klastische Einwirkung hin- weisende Erscheinungen, optische Störungen, größere zer- brochene Körner, authiklastische Umgrenzung der das Mosaik bildenden Körnchen recht häufig; auf entsprechende Vorgänge deutende Anzeichen fehlen auch dem übrigen Gestein nicht. Stets treten in den Linsen als Einschluß der farblosen Ge- mengteile farbige Komponenten auf, die dann gewöhnlich bessere Kristallumgrenzung besitzen als es in den dunkleren Partien der Fall ist; besonders auffallend ist dies bei den Glaukophanen, die im allgemeinen innerhalb der hellen Streifen Neigung zur Ausbildung dickerer Säulen zeigen. Die Streckungsrichtung der Linsen sowohl wie der sie wesentlich zusammensetzenden Gemengteile, soweit diese nicht als kleine Körnchen entwickelt sind, fällt mit der im Gestein 374 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine herrschenden Richtung zusammen; schief oder senkrecht zu ihr stehen auffallend oft die in den hellen Linsen auftretenden dickeren Glaukophansäulchen. Nach der BECKE-GRUBENMANN’schen Ausdrucksweise kann man die Struktur des Gesteins als nahezu granoblastisch bezeichnen; die durch die größere Entwicklung der spärlichen Feldspate hervorgebrachte Tendenz zu porphyroblastischer Struktur wird größtenteils durch authiklastische Einflüsse be- seitigt, die gleichzeitig auch die an sich schwache Neigung zu poikiloblastischer Anordnung noch mehr zurückdrängen. Die Textur gehört zu der als Kristallisations- schieferung zusammengefaßten Gruppe; sie hält die Mitte zwischen lamellarer und flaseriger Textur. Die chemische Analyse des Gesteins ergab nach der von Dr. A. LINDNER ausgeführten Untersuchung folgende Werte: Glaukophan-Schiefer, Kyzkale, Elek-Dagh, Kleinasien. SEO. N ee 91,01 TOEHINNIDITE 0,25 AO SH ee 17,54 BeLOETRTIREEIN 5,78 REGIERT 1422 MnO+ınnearkT »Adnarkeee: 0,03 MSO“ A een: 4,01 RO EDER 7,36 Na3®: "My u 3,96 KO, au nn 0,36 MORE MUS, DENT, pr@®). „Ih IENDNOGR 0,23 Sat 2le nase Nass 100,62 Spez Gay 3,0567 Anal. A. LINDNER. Das Gestein besitzt mithin folgende auf 100 reduzierte Moleklaratorienten: SiO? TiO? A®O® FeO MnO MgeO CaO Na?O K?O 56,55: 0.20 11,44 11,47. :.0,03.) 7,50.» 8,747, 3,320,005 vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 375 und demgemäß nachstehende Formel nach OSANN: SIE IIEAUME F 06,75 | 4,07 7,37 20,37 Daß ein basisches Eruptivgestein vorliegt, geht aus der Analyse und der Formel unzweideutig vor; auch dieses Ge- stein findet seine nächsten Verwandten unter den Gang- gesteinen, besonders beim Luciit vom Luciberge bei Zwingenberg, zu OSANN’s Lucittypus Luciberg gehörig (der nach meiner Auffassung als basisches Spaltungsprodukt in das Ganggefolge granito-dioritischer Gesteine gehört, vergl. den Aufsatz: Über Malchit und Durbachit und ihre Stellung in der Reihe der Ganggefolgschaft granito-dioritischer Gesteine. Centralbl. f. Min. etc. 1902. p. 676—689) und beim Bronzit- Kersantit von Hovland, Kristianiagebiet (OSANN’s Ker- _ santittypus Hovland), wie die nachfolgende Tabelle zeigt. aue ı8T n m k 2,6 4,6 12,8 | 9,4 9,3 | 0,95 Formeln. s Ne Er 22.8, len .me ik Glaukophan-Schie- fer, Elek-Dagh. . 56,75 | 4,07 7,37 20,37 | 2,6 4,6 12,8 9,4 9,3 0,95 Lueiit, Luciberg :.. . . 86,40 |4,26 7,27 20,54 | 2,7 4,8 12,8 | 7,5 8,1 0,98 Bronzit-Kersantit, Hov- EG, oe »4,9814,58 06,39.22,79 2,7 3,8 13,5 | 7,8 8,8 | 0,87 c) Chlorit-Albitschiefer vom Elek-Dagh, östlich von Taschköprü. (3 der Kartenskizze.) Es schien nicht ohne Interesse, mit diesen Gesteinen ein in der Nähe gleichfalls als Einlagerung der Schiefer auftretendes Gestein von durchaus anderer mineralogischer Zusammen- setzung zu vergleichen, einen Epidot und Amphibol führenden Chlorit-Albitschiefer, der gleichfalls im Elek-Dagh westlich von dem Vorkommen des Glaukophan- schieiers, wenig östlich von Taschköprü gesammelt wurde. Dem unbewafiineten Auge erscheint das Gestein mäßig feinschieferig und läßt im Querbruch einen Wechsel von grün- lichweißen und dunkelgrünen Lagen erkennen; bei näherer 376 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Betrachtung erscheint es jedoch durch unregelmäßigen Verlauf der Lagen und Wechsel der Färbung in derselben Lage fleckig; dementsprechend ist auch die Schieferung nicht sehr voll- kommen. Beim Studium des Dünnschliffs erkennt man als Hauptgemengteille Feldspat und Chlorit, denen sich Epidotkriställchen und -körnchen, seltener Zoisit und in zahlloser Menge kleine bis kleinste Hornblende- nädelchen beigesellen; ferner treten Quarz, Carbonäte, Titanminerale und ganz spärlich Erz auf. Die sichere Bestimmung des Feldspats auf optischem Wege bereitet im Dünnschliff kaum zu überwindende Schwie- rigkeiten, da die Körnchen von appr. 0,8 mm Durchmesser durchaus unregelmäßig begrenzt aneinander und an die Chlorit- flatschen stoßen, Zwillingsbildung nur ganz vereinzelt auftritt und Spaltungsrisse, wohl infolge der zahllosen Einschlüsse, die der Feldspat umhüllt, fast gänzlich fehlen. Die ganz spärlichen Durchschnitte, an denen optische Bestimmungen versucht werden konnten, geben Werte, die mit den Verhält- nissen des Albits oder ganz saurer Plagioklase nicht im Widerspruch stehen; in dieselbe Abteilung verweist auch ein Vergleich der Brechungsquotienten benachbarter Feldspate und Quarze. Trotz dieser durchaus unzureichenden Bestimmungen kann die Albit-Natur des Feldspats als sichergestellt be- trachtet werden: die Bauschanalyse des Gesteins. weist einen bedeutenden Natrongehalt nach, der nur dem Feldspat an- gehören kann, und ihr sehr niedriger Wert für K?O zeigt, daß Kalifeldspat nicht in Betracht kommt. Bei der ver- hältnismäßig großen Rolle, die Epidotminerale im Gestein spielen, muß ein großer Teil, wohl die Hauptmenge des Kalkgehalts in diesem Mineral stecken; da auch die Horn- blende sowie Titanit in Betracht gezogen werden müssen und vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 377 schließlich auch Carbonat auftritt, so bleibt für den Feldspat so gut wie nichts von CaO übrig. Nächst dem Feldspat bildet Chlorit den wichtigsten Bestandteil des Gesteins; er findet sich sowohl in den er- wähnten größeren Flatschen, die strukturell sich ähnlich wie die Albitkörner verhalten, wie auch in kleineren Flecken, Butzen und leistenförmigen Blättchen. Die Erscheinungen, die er u.d. M. darbietet, bedürfen keiner ausführlicheren Be- schreibung. Die erwähnten Minerale der Epidotgruppe treten in beträchtlicher Menge im Gestein auf. Ihre Kriställchen und Körner besitzen wechselnde, aber niemals bedeutende Größe, doch lassen im Gegensatz zu den sogleich zu besprechenden Hornblenden ihre Dimensionen zahlreiche einzelne Individuen gewöhnlich noch als selbständige Gesteinskomponenten, nicht als Einschlüsse erscheinen; nicht spärliche kleinere Körnchen wirken natürlich einschlußartig. Die stark doppelt- brechenden Epidote wiegen an Menge sehr erheblich vor; Zoisit, bisweilen in etwas größeren Säulen, und eventuell Klinozoisit treten entschieden zurück. Durch das ganze Gestein setzen nun mehr oder minder gewundene Züge, die hauptsächlich aus Hornblende- nädelchen bestehen, denen sich aber Chloritblättchen und seltener Epidotkörnchen beigesellen. Die Hornblende- individuen sind gewöhnlich so dünn, daß sie als Nädelchen bezeichnet werden ‚müssen. Gebilde, die durch etwas größere Dicke Anspruch auf die Bezeichnung säulenförmig machen können, treten auch auf, sind aber nicht häufig. Die Nadeln und Säulchen werden gewöhnlich mit grün- licher Farbe durchsichtig; bläulichgrüne Töne sind nicht gerade spärlich, blaue gehören zu den Seltenheiten und fanden sich nur bei etwas größeren Individuen. Bei der Hauptmasse der Nädelchen wurde der Winkel ce: c bis zu 16° gemessen; bei 378 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine den blauen erhielt man niedrigere Werte, doch konnten hier nicht genügend zahlreiche Bestimmungen ausgeführt werden, so daß eine sichere Entscheidung nicht möglich war. Schließlich muß noch Quarz in gewöhnlich einschluß- freien Körnern, Titanit in trüben Massen und hellen guten Kriställchen, Carbonat in selbständigen Körnern erwähnt werden. Die Anordnung der Gemengteile ist wesentlich durch das Zusammenwirken der Hornblendezüge und der großen Albite und Chloritilatschen bedingt. Im allgemeinen scheinen sich die Hornblendenädelchen in den Chloritmassen dichter zu drängen und etwas häufiger von Epidotkörnchen begleitet zu sein als in den Albiten; dafür finden sich in den Albiten, besonders dort, wo sie in chloritreichen Zonen auftreten, außerdem Chloritblättchen und bisweilen größere Chloritfetzen eingeschlossen. Recht selten findet sich poikilitische Ver- wachsung von Albit und Chlorit; die spärlichen Quarz- und Carbonatkörner nehmen eine eigentümlich selbständige Stel- lung ein. Nach BECKE und GRUBENMANN ist die Struktur als poikiloblastisch zu bezeichnen: in einem Grundgewebe von großen Albit- und Chlorit-Xenoblasten liegen als Einschlüsse kleine idioblastische Hornblenden und Epidotkristalle und -körner; die Textur gehört in die Gruppe der durch Kristallisationsschieferung hervor- gebrachten nicht sehr vollkommenen Lagentexturen. Die-chemische Zusammensetzung des’ Gesteins wurde von Dr. A. LINDNER ermittelt; ein Vergleich mit den Analysen der Glaukophangesteine vom Elek-Dagh zeigt auf den ersten Blick, daß die drei Gesteine sich chemisch nahe- stehen. | vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 379 Chlorit-Albitschiefer Glaukophan-Eklogit Glaukophan-Schiefer Elek-Dagh Elek-Dagh (Jylanly) Elek-Dagh (Kyzkale) SIO 2: .0,.11.49,89 48,80 01,01 Bor r08 1,04 0,25 NEO... %,18,04 10,12 17,94 Ber@ırn. rn. 31,26 5,09 0,18 Brom 2... 7,47 8,32 722 LO 0,1 Spur 0,03 Ma@27: 20811 7,49 4,01 Baomar.:. 493 6,38 7,36 Naomerrr)2.513 4,08 3,06 Boa in 5 0,93 0,59 0,36 PE® uni. 3,79 2,10 ZH Brose: 0,12 0,27 0,23 Me 100,46 100,29 100,62 Speza@ewz .ı ..,2,791 3102 3,0567 Die einzig nennenswerten, wenn auch nicht sehr erheb- lichen chemischen Unterschiede sind das verschiedene Ver- hältnis zwischen Al?O®? und Fe?O? in den Analysen der Glaukophangesteine einerseits, des Chlorit-Albitschiefers ander- seits und der etwas geringere Kalkgehalt des Chlorit-Albit- schiefers. Auf eine prinzipielle oder auch nur wesentliche Verschiedenheit der Gesteine kann hieraus nicht geschlossen werden: der etwas geringere Kalkgehalt erklärt sich leicht durch die Annahme, daß das in den Chlorit-Albitschiefer um- gewandelte Gestein vor der Metamorphose infolge von Ver- witterung etwas Kalk verloren hat — eine Annahme, die, wie unten gezeigt wird, durch die Ergebnisse der Berechnung der Analyse stark gestützt wird — und noch weniger kann der Unterschied im Verhältnis Al?O®?: Fe?O? in das Gewicht fallen: die beiden Sesquioxyde vertreten sich in vielen Mineralen isomorph, ohne daß sich das Wesen des betreffenden Gemeng- teils, z. B. des dunklen Glimmers, und somit das Wesen des ganzen Gesteins ändert, und obendrein ist die Summe: der in diesen beiden Gesteinen enthaltenen Molekel Al?O? -- Fe?O? vollständig gleich. 380 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Aus der Analyse ergeben sich folgende, auf 100 berech- nete Molekularproportionen: siO2 Ti’O2 A1202EELOF MIO” M2O7 Co NZ2OFRzO 04,72 0,89 11,64 7,65 0,10 13,34 8,79 8,44 0,37 Die hieraus berechnete Formel weist auf eine Zwischen- stellung zwischen dem oben zum Vergleich herangezogenen Ortlerit und dem Bronzit-Kersantit, Hovland, Kristiania- gebiet (zu OSANN’s Kersantittypus Hovland gehörig); von einem Vergleich mit dem Leucittephrit Eichberg, zu dem die Formel Veranlassung geben könnte, muß hier, wie auch bei anderen später zu besprechenden Gesteinen wegen der sehr verschiedenen Werte für CaO und des durchaus anderen Ver- hältnisses der Alkalien abgesehen werden. Formeln nach ÖsSANN. Ss SA en ER a a... c „in name Chlorit-Albitschie- fer, Elek-Dagh. . 55,61 5,81 5,79 21,09 3,55 3,55 12,9 9,4 10,0 0,82 Ortlerit, Hintere Grat- Spitzen ne 89,27.5:67. 4,16 25,07'3,27 272 )72 0 2722 eH 082 Bronzit-Kersantit, Hov- | | land. 3 le 54,98|4,58 6,39 22,79|2,7 3,8 13,5/7,8 8810,87 Der Umstand, daß bei der Berechnung des Albitschiefers in dem Werte F kein CaO mehr enthalten ist, m also — 10 wird, macht es, wie oben aus anderen Gründen angenommen wurde, sehr wahrscheinlich, daß das Gestein vor seiner Um- wandlung etwas zersetzt war; auch das Auftreten von Carbonat, das nach seiner strukturell selbständigen Stellung keinesfalls erst nach der Bildung des Schiefers entstanden sein kann, legt diese Annahme nahe. | Um nun die chemische Ähnlichkeit des Chlorit-Albit- schiefers und des Glaukophan-Eklogits deutlich hervortreten zu lassen, wurde schließlich der Glaukophan-Eklogit unter der Annahme berechnet, daß in seinem Ausgangsmaterial die zwei Gewichtsprozente der Tonerde, die der Chlorit-Albit- schiefer mehr enthält, durch die äquimolekulare Menge Fe?O? vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 381 vertreten waren. Die auf diese Weise modifizierte Formel für den Glaukophan-Eklogit ergibt dann: A ka E Fapalirası ne i | nem | k | 5120,52 21,80 | 3,1 8,9713,0:,9,3 9,6 0,82 und zeigt somit eine auffallende Annäherung an die Formel des Chlorit-Albitschiefers und des Bronzit-Kersantits von Hovland. Somit kann die chemische Verwandtschaft der hier untersuchten Glaukophangesteine und des Chlorit- Albitschiefers miteinander und mit den Magmen basischer Ganggesteine als erwiesen gelten; den Grund für die mineralogische Verschiedenheit dieser Gesteine nach der Umwandlung wird man mit WASHINGTON wohl in einer Verschiedenheit der die Art der Umwandlung be- dingenden physikalischen Verhältnisse zu suchen haben (A Chemical Study on the Glaucophane Schists. American Journ. of Sc. 161. p. 35 fi., spez. p. 89. 1901). 3. Beiträge zur Kenntnis der chemischen Beziehungen basischer Glaukophangesteine. Die Berechnung der Analyse der Glaukophangesteine vom Flek-Dagh ließ, wie oben gezeigt wurde, ihre Entstehung aus einem basischen Ganggestein sehr wahrscheinlich erscheinen. Da nun einerseits das geologische Auftreten zahlreicher Glaukophangesteine mit einer derartigen Entstehung keineswegs im Widerspruch steht, wie ihr Auftreten als oit wenig mächtige Einlagerungen in Schiefergebieten zeigt, ander- seits auf chemische und genetische Beziehungen zwischen diesen Gesteinsgruppen die Aufmerksamkeit noch nicht ge- lenkt worden ist, mußten die vorhandenen Analysen von basischen Glaukophangesteinen in dieser Richtung einer Prüfung unterzogen werden. Diese Prüfung führte tatsächlich zu dem Ergebnis, daß neben Gesteinen, die nach S. FRANCHI (Notizie sopra alcune 382 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine metamorlosi di eufotidi e diabasi nelle Alpi occidentale. Boll. R. Com. geol. d. Italia. 26. p. 181. 1895, und Contribuzione allo studio delle roccie a glaucofane e del metamorfismo onde ebbero origine nella regione ligure-alpina occidentale. Boll. R. Com. geol. 33. p. 254 fi.), H. ROSENBUSCH (Zur Deutung der Glaukophangesteine. Sitz.-Ber. preuß. Akad. d. Wiss. 45. p. 706 — 717. 1898) und H. S. WASHINGTON (Amer. Journ. of Sc. 161. p. 35 H. 1901) auf gabbroide Magmen zurückzuführen sind, mehrfach Gesteine auftreten, deren Zusammensetzung auf basi- sche Ganggesteine, besonders Lamprophyre hinweist. In diese Gruppe möchte ich auch mehrere der von U. GRUBENMANN in seiner überaus anregenden und fesselnden Abhandlung: Über einige schweizerische Glaukophangesteine (ROSENBUSCH-Festschrift. p. 1 ff. 1906) untersuchten Gesteine stellen, für die der genannte Forscher seinerseits mehr den theralithischen Charakter betont; jedenialls stehen die bisher bekannt gewordenen Glaukophangesteine mit theralithähnlicher Zusammensetzung auch basischen Ganggesteinen sehr nahe. Zusammenstellung der Analysen. I. N. II. IV. V. Vi AVlE SO EN 47,47 45,96 47,66 47,95 46,25 44,31 48,67 ON nichthest. 4,68 426 428 352 6,38 0,45 ABOLSA Ss 15,25. 13,77. 12,12. 14,10, 10,728 Ps Bozen 8,22 6,00 512 859 4,30 9,83) gg BeO. 2 NER 7,19 ° 814 7790 A495 7 URS DE Mn®. net De - — _ _ — DIOR 5.96 . 4.37 606 424, 2829 7 2702 GIOR. Aue 11,32. 5,99° 7.55 A383 659 Pos Naaols „Es 3,11 326,069 1457 D 18 97 15 Bee Komme, ri. 0,56. + 0,98: +1,83. 4,127 0,867 0a MO 2... =... 213. 349213241 3291 Bose H?O unter 110. . 004 007 007 008 0140027 — PRO = er = i= a = rl Sp COS. es _ — _ SE, 100,25 100,31 100,38 99,95 99,98 100,26 99,73? Spez. Gew. ... — DIERE IH 37 2:95 0 3000 Sr 1 Glühverlust. ° nicht 99,75. vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 383 VI? SR X. xl. RT ERIIE 7 XIV. SI (Or 50,26 51,53 50,17 47,36 46,39 48,80 81,01 N Ni. 0307 SPp: _ 1,80% -0:65 11,04 0,25 al OST 1520, #18:209013.88° 19.74 19,52% 19,72 717,94 Beer... | 111.:8011.3510°1,66,8278,09-# 8,78 eo... EIN eo ee.) 850 7,9 NO. 2} — _ VI Sp. Sp. Sp. 0,03 (Mn? O%) Moon un a9 5382 19811749, 4,51 TENE. wo ee 1.18.1457 75,4189 10.9027 463.0123:02 16,38% 7,36 Near) 2: A BOORN FTSE NOTEN ILS 2,86 Orr... 0:3 2.0/560972162: 0,5182:00.25.1).0:99953 0,36 ON 239, :202416 21701,.50. 7.098,89 1 A: 210%. 2577 H?O unter 110°. — - _- 016 008. — _ Be Ben:.) Sp. -— — — — 0,291,0,28 Be einat25). — _ - Sp. 2,24 — — See ET A 100,50 100,62 100,59 100,27 100,52 100,29 100,62 Spez. Gew. 2.987309 8,01 —_ — 3,15 — ! Glühverlust XV. VE ERVI. SRVEERU DR. XX. SO, ee 47,89 48,88 46,07 49,15 47,84 49,68 IN Se EN 2,14 3,90 1,63 1,19 _ 1,31 a ee its. 13.06-2013.4437731589, 12.19,82.21688.1.)13/60 BER ER N.. u. 6,77 8,92 3,61 4,10 4,99 1,86 Bei®H 9,86 8,96 9,87 7,98 9,06 8,61 NEO en lea |. 0,09 Sp. Sp. 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XX. L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Glaukophan-Muscovitschiefer, Lavintzie, Val de Bagne. L. HEZNER anal. (l. c. Anal. 4 p. 12.) Glaukophan-Chloritschiefer, Erraticum von Langnau (Emmental), Kanton Bern. L. HEZNER anal. (l. c. Anal. 6 p. 21.) Glaukophan-Eklogit, Erraticum von Lüscherz am Bieler See, Kanton Bern. LE. HEZNERRana ale ale 7023) . „Anfibolite sodica“, schieferig, M. Vallonet (Colle Maurin, Valle Maira). (In S. FRANCHI, Contribuzione allo studio delle roccie a glaucofane... nella regione ligure-alpina occidentale. Boll. R. Com. geol. d’Italia. 33. p. 255 fi. 1902. Anal. I der Tabelle p. 292.) . „Antibolite zonata“, nahe beim oberen See von Giaveno (V. San- sone). (l.2e2 naar derztapelle) . „Anfibolite sodica“, massig, aus einem „Diabasporphyrit“ entstanden, Comba grande (Valle Grana). (l. c. Anal. III der Tabelle.) . Glaukophangestein, La Barchetta bei Campile, Korsika. M. ÖLS anal. (ÖLS, Beiträge zur Kenntnis einiger Gesteine und Asbeste Korsikas. p. 23. Inaug.-Diss. Erlangen 1890.) . Epidot-Glaukophanschiefer,SrnjcovackiPotok, Frusca Gora (Kroatien). WASHINGTON anal. (In WASHINGTON, 1. c. Anal. III der Tabelle p. 55.) Epidot-Glaukophanschiefer, Kyperusa, Syra. WASHINGTON anal. (In WASHINGTON, |. c. Anal. II der Tabelle.) Granat-Zoisit-Glaukophangestein, Jylanly, Elek-Dagh, östlich von Kastamuni (Kleinasien). LINDNER anal. (Vergl. oben p. 368.) Glaukophanschiefer, Kyzkale, Elek-Dagh, östlich von Kastamuni (Kleinasien). LINDNER anal. (Vergl. oben p. 374.) Epidot-Glaukophanschiefer, Norimoto Mikawa (Japan). WASHINGTON anal. (Im WASHINGTON, ]. c. Anal. VI der Tabelle.) Glaukophan „Slate“, Kamoi Kotau, Hokaido (Japan). WASHINGTON anal. (In WASHINGTON, 1. c. Anal. VIII der Tabelle.) Epidot-Glaukophan-Schiefer, Winston’s Bridge bei Roseburg (Oregon). WASHINGTON anal. (In WASHINGTON, 1. c. Anal. I der Tabelle.) Granat-Glaukophanschiefer, Tupper Rock, Bandon (Oregon). WA- SHINGTON anal. (In WASHINGTON, 1. c. Anal. IX der Tabelle.) Granat-Glaukophanschiefer, Pine Canyon, Mt. Diablo (Kalifornien). MELVILLE anal. (In H. W. TURNER, The Geology of Mount Diablo, Cal. Bull. Geol. Soc. of America. 2. 385 ff. spez. 413. Rochester 1891.) Zoisit-Glaukophanschiefer, Sulphur Bank (Kalifornien). MELVILLE anal. (In GEO. F. BECKER, Geology of the Quicksilver Deposits of the Pacific Slope 104. U. S. Geol. Surv. Monograph XII. Was- hington 1888.) Eine Besprechung der in der Tabelle zusammengestellten Analysen muß zunächst No. XI, die Analyse des Gesteins von der Frusca Gora, ausschließen: der hohen Al?O°- vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 385 Menge — nahezu 20°, — stehen so niedrige Werte für Alkalien und CaO gegenüber, daß das eventuell vorhandene primäre Eruptivmaterial entweder als Tuff mit beträchtlichen Mengen Tonsubstanz verunreinigt oder das Gestein vor der Umwandlung sehr stark zersetzt war: jedenialls ist die chemische Natur nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen. Auffallend ist allerdings die große Ähnlichkeit mit dem Chlorit-Albit- schiefer vom Elek-Dagh, ein Umstand, der als Ausgangs- material für dieses Gestein ein zersetztes Eruptivgebilde wahr- scheinlich macht. Bei den übrigen 19 Analysen zeigen sich wesentliche Unterschiede hauptsächlich beim Kalk und bei den Alkalien. Fine aus 9 Gliedern bestehende Gruppe ist charakterisiert Ercenakohnen Genalt an Kalk und’ zurücktretende Alkalien: ihrem ganzen Verhalten nach sind sie Gabbro- magmen; eine zweite Gruppe weist viel Alkalien und Saenenledrisen bis mittleren Kalkgehalt auf und nur bei den Gesteinen von Comba grande No. IX und La Barchetta, Korsika, No. X trifit bedeutender Gehalt an Alkalien und an Kalk zusammen. Da die Entstehung von Glaukophangesteinen aus Gabbros und Diabasen anerkannt ist, genügt für die hierher gehörigen Gesteine eine Berechnung der Formel nach OSANN und ein Vergleich mit dem nächststehenden Gabbromagma. Für die zum Vergleich herangezogenen Gesteine wurden die Werte s, A, C und F, sowie n und m, soweit vorhanden, den bekannten OSANN’schen Untersuchungen entnommen; a, c, i wurden neu berechnet, da sie bei OSANN abgerundet mitgeteilt werden, und k für jedes Gestein festgestellt, weil der entsprechende Wert bei OSANN sich auf das aus allen zum gleichen Typus gezogenen Analysen berechnete Mittel bezieht. Der Epidot-Glaukophanschiefer aus Wales (The N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 25 386 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Monument, Änglesey, Anal. I) gehört zum Olivingabbro- Typus Keewenaw,; es ergibt sich für S A GH Prefa net inne en Epidot-Glaukophan- schiefer von Wales 51,57 |2,60 7,14 28,94 1,3 3,7 15,0 8,5 7,9 0,88 Olivingabbro von Buchau (Schlesiem)p u ee 81,382 1,97 7,2930,16) 1,0 3,7 1,3 190720021 Für FRANCHIs „Anfibolite sodica“ vom M. Vallonet (Valle Maira, Anal. VII) ergibt sich nahe Verwandtschaft mit dem von OSANN an die Grenze zwischen Diorit und Gabbro gestellten Typus Crystall Falls: SI) PURE FE a0 CN ES An k Anfibolite sodica vom M. Vallonet. . 55,23/1,30 10,87 20,43/0,8 6,7 12,5 9,4 8,8 Hornblendegabbro, Cry- stall Falls, Mich... . . 53,81|2,74 9,95 20,14|1,6 6,1 12,3|8,5 8,4|0,95 FRANCHIs „Anfibolite zonata“ vom See von Gia- veno (Valle Maira, Anal. VII) stimmt gut mit den Gesteinen des Gabbrotypus Cote St Pienrerübereine S Au 2 '@ F a c fh. Derardiak Anfibolite zonata | vom See von Gia- veno. . ........95,00/4,85 4,89 25,52|2,75 2,75 14,5 8,8 6,8 0,85 Biotit - Hypersthen- gabbro, Cöte St.Pierre, Canada . . .„ . .96,00|4,84 4,31 24,55|2,9 2,6 14,6|7,8 7,6 0,91 Auf Beziehungen dieses Gesteins zu einer anderen Gruppe 1,10 wird später aufmerksam gemacht werden. Der Epidot-Glaukophanschieier von Kyperusa (Syra, Anal. XII) weist auf den Gabbrotypus Sulitelma: S Ar; „HGHNER | ac Seen | k Epidot-Glaukophan- | schiefer, Kyperusa 52,11 3,35 7,95 25,28 1,8 4,4 13,8/9,5 7,0 Olivingabbro, Sulitelma, Norwegen, . .„. . .90,71|3,44 7,88 26,60|1,8 4,2 14,0|9,4 7,9 0,85 0,80 Vier Glaukophangesteine ordnen sich dem Gabbro- typus Elizabethtown II unter; es sind dies”dierdiseh die Analysen XV, XVII, XIX und XX dargestellten Gesteine vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc, 387 aus Japan, Oregon und Kalifornien. Diesen Typus bildet OSANN aus zwei Gesteinen, dem gabbroartigen Nor vorne lizabethtewn N, Y: und’dem ‚Diorit“ vom Diane NN. @; dem) ersten "Gestein stehen "drei Glat- kophangesteine, dem zweiten das Vorkommen vom Pine Canyon, Kalifornien, besonders nahe. S Ann je au che a hlunsdenmmalik Epidot-Glaukophan- schiefer, Norimoto, Japan 2... 55,59 4,05 4,58 27,16 |2,3 2,6 15,2 9,0 6,5 0,89 Granat-Glaukophan- | Sansteiken, TMupper Rock, Oregon. . . 53,48) 4,07 5,91 26,55 |2,2 3,2 14,5 9,1 8,3 0,85 Zoisit-Glaukophan- | sahneren, Sulphur Bank, Kalifornien . 55,40| 3,35 5,40 27,11 |1,9 3,0 15,1/9,8 7,2.0,95 _ GabbroartigerNorit,Eliza- | beitewa, NY. . .:. 04,20 4,10 3,17 26,991 2,2.2,9 14,9|8,0 8,4 0,88 Granat-Glaukophan- schiefer, Pine Ca- nyon, Mt. Diablo, Kalifornien . . . . 51,01 3,61 6,98 27,81 1,9 3,6 14,5 9,1 7,9, 0,80 „Diorit“, Hump Mt., N.C. 52,47| 3,25 6,80 27,21 |1,7 3,7 14,6|8,6. 8,4|0,87 In diese Gruppe möchte ich auch den Glaukophan- EkdlorsatvonLüscherz am BielerSee (Anal. VI) stellen, für den GRUBENMANN eine Annäherung an Gabbromagmen zwar anerkennt, den er aber doch mit dem Nephelinbasanit- typus Rosengärtchen vergleicht (ROSENBUSCH-Festschrift. p. 23). Auffallend ist bei diesem Gestein wie auch noch bei einigen anderen der GRUBENMANN’schen Arbeit der sehr hohe Gehalt an TiO?; Werte wie 6,38°/, TiO? dieses Gesteins finden sich nur ganz vereinzelt, z. B. bei den Melitithbasalten, zu denen es jedoch gar keine Beziehungen aufweist. Berücksichtigt man nur, wie stets bei den OSANN’schen Formeln, die Summe " Bei OSANN (TSCHERMAR’s Mitt. 22. 420) ist hier durch einen Schreib- fehler statt des Wertes für F die Summe von A + C +4 F eingesetzt; dementsprechend ist k der I. c. mitgeteilten Typenformel nicht 0,81, sondern 0,87. 25% 388 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine der Molekularquotienten SIO®+TiO?—=s, so ergibt sich sehr gute Übereinstimmung mit dem Typus Halleberg der Augitandesite, Hypersthenandesite, Augitporphyrite und Diabase, speziell mit dem Hunnediabas von Halleberg, Schweden. In der folgenden Zusammenstellung ist die Formel des Glaukophangesteins der GRUBENMANN’schen Arbeitentnommen; zum Vergleich ist nicht nur die Formel des von mir heran- gezogenen Diabases, sondern auch in eckigen Klammern die des von GRUBENMANN verglichenen Nephelinbasanites (sogen. Nephelinitoidbasaltes) Rosengärtchen, Breitfirst angegeben. N RE ME a re Ten e Glaukophan-Eklogit, Erraticum vom Bieler ER N AO 54,3 45 39 289 |24 2,1 15,5 8,7 6,9 0,85 Hunnediabas, Halleberg 55,41|4,17 3,77 28,63|2,3 2,1 15,6 7,5 7,9/0,90 [Sogen. Nephelinitoid- | basalt, Rosengärtchen . 50,73 |5,06 1,75 35,65 |2,4 0,8 16,8/4,3 6,2|0,73] Die chemische Natur des Glaukophans legt den Gedanken nahe, daß unter den basischen Glaukophangesteinen sich wohl auch Umwandlungsprodukte theralithischer Magmen in größerer Menge befinden. Theoretisch mit GRUBENMANN vollständig übereinstimmend vermag ich im speziellen Fall die von ihm untersuchten basischen Schweizer Glaukophan- gesteine hier nicht einzureihen; sie scheinen mir vielmehr, von dem eben besprochenen Eklogit abgesehen, wie die kleinasiatischen Vorkommen auf Ganggesteine hinzuweisen. Von den oben zusammengestellten Analysen weisen meiner Ansicht nach nur drei auf theralithische Magmen: FRANCHTs „Anfibolite sodica massiccia proveniente dalla metamoriosi completa di una porfirite diabasica di Comba Grande, Valle Grana“ (Anal. IX der Tabelle), das Glauko- phangestein von La Barchetta, Korsika (Anal. X der Tabelle) und „Glaukophan Slate“ von Kamoi Kotau, vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 389 Japan (Anal. XVI); das japanische Gestein zeigt anderseits auch Beziehungen zur Gruppe der basischen Ganggesteine und unterscheidet sich von allen bisher besprochenen Gebilden durch seinen geringen Kalkgehalt. Das Gestein von Comba grande stimmt auflallend gut zu dem der Absarokit-Shoshonit-Banakitreihe zugehörigen Typus Lamar River. S Art are, en onlallik Anfibolite sodica, Comba grande . . . 57,61 6,45 5,52 18,45 4,2 3,6 12,2|9,4 7,5|0,84 Shoshonit, Lamar River, Yellowstone Park . . 57,78|6,40 5,06 18,98 4,2 3,3 12,8|6,1 7,4|0,86 Das japanische Gestein weist auf den Trachy- dolerit-Typus Chajorra, speziell auf den hierher ge- hörigen „Nephelinbasalt“ von Steinsberg bei Weiler, Odenwald: S Ar Ch SE anne ons an | k Glaukophan Slate, Kamoi Kotau . . . . 58,591/5,33 3,62 23,51 3,3 2,3 14,5 Nephelinbasalt,Steinsberg 86,85 |5,31 4,28 23,74 |3,2 2,5 14,3 Eine kurze Erörterung beansprucht die Analyse des Glaukophangesteines von La Barchettain Korsika (am Wege von Corte nach Bastia in der Nähe vor Campile gelegen), da sie von WASHINGTON beanstandet und aus der Reihe der brauchbaren Analysen von Glaukophangesteinen gestrichen wird: „It does not correspond with the description given by OEBBEKE, nor, in fact, as far as the iron oxides and alkalies are Concerned, with any other analysis of a glaucophane schist“ (l. c. Amer. Journ. of Sc. 161. p. 44). | In seiner bekannten Abhandlung: „Über den Glaukophan und seine Verbreitung in Gesteinen“ (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 38. p. 634 fi., spez. 647. 1886) beschreibt OEBBEKE das Gestein als wesentlich aufgebaut aus Glaukophan, Plagio- klas, Epidot und Chlorit; mit dieser mineralogischen Zu- sammensetzung stehen die Angaben der Analyse nicht im 0,93 0,88 7,1 8,6 8,1. 9,5 390 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Widerspruch, wenn man für den Glaukophan eine Zusammen- setzung nach Art der Vorkommen von Lavintzie oder Shikoku annimmt, in denen Al?O°® durch Fe?O? in beträchtlichem Grade vertreten wird. Sollte jedoch das Verhältnis von Fe?O3 zu FeO infolge eines Fehlers zugunsten von Fe*O? verschoben sein, so würde dieser Umstand bei einer Berechnung der Analyse auf die OSANN’schen Formeln jeden schädigenden Einfluß verlieren. Wenn man ferner das Gestein chemisch nicht mit Gabbromagmen vergleicht, wie dies WASHINGTON für die basischen Glaukophangesteine ausschließlich tut, son- dern zum Vergleiche die Gesteine der foyalitisch-theralithischen Gesteinsreihe heranzieht, so verliert die Analyse ihre isolierte Stellung: nach Molekularproportionen und Formel schließt sich das Gestein direkt an den Jjolith vom Kaljoktal, Kola, an, zeigt aber auch Ähnlichkeit mit dem zwischen Kersantit und Monchiquit stehenden Typus Heum der Heumite, spe- ziell mit dem Vorkommen von Heum (Kristianiagebiet) ‚selbst. Molekularproportionen. Si’O? TiO? Al?O? Fe?O? FeO MnO MgO CaO Na20 K?O Glaukophan- Seesen elba Barchetta bei Campile . .5395 — 878 0,30 714 0,51 7,32 12,56 7,60 1,48 ljolith, Kaljoktal, Kola .„:. 2% 5121:0,9279,712 10,32978,85) == 05, DR SPAITEIOTEE Formeln. sg WuAse Cl AR ‚hal 1a Do Glaukophangestein, La Barchetta. . . 53,95 9,08 0 275350 0 15,0 7,8 5,4 0,66 ljolith, Kaljoktal, Kola. 52,13/10,05 0 27,77|5,3 O0 14,7|8,6 5,2/0,59 [Heumit,. Heum, Kristia- niagebiet. . . . . 02,64) 9.101,40 26,14[5,0 0,7 153) 7127 063 Mit Ganggesteinen werden hier wegen ihrer chemi- schen Verhältnisse diejenigen basischen Glaukophan- gesteine in Beziehung gebracht, die sich durch die Ver- einigung von beträchtlichem Alkaligehalt und vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 39] verhältnismäßig niedrigem bis mittlerem Kalk- gehalt auszeichnen. Hiermit soll natürlich weder diese chemische Charakteristik allen Ganggesteinen zugeschrieben werden, noch behauptet werden, daß alle Glaukophangesteine, die sich durch diese Eigentümlichkeit auszeichnen, auf Gang- gesteine zurückgeführt werden müssen: es soll nur die Tat- sache zum Ausdruck kommen, daß diese Erfahrung für die bisher bekannten, in der Tabelle zusammengestellten Gesteine gilt. In die Reihe der basischen kalkarmen Gang- gesteine gehört nach dieser Charakteristik vielleicht auch das oben mit dem kalkarmen Trachydolerittypus Chajorra ver- glichene japanische Gestein von Kamoi Kotau (Anal. XV]). Im Gegensatz zu allen anderen in dieser Abteilung erwähnten Gesteinen zeigt das auf p. 386 mit dem Gabbrotypus Cöte SraBiesses verslichene Gestein vom See von Giaveno (Anal. VIII) Beziehungen zu einem kalkreichen Lampro- phyr, dem Kersantittypus Ströitrenna, wie die nach- folgende Zusammenstellung erweist: S Av, € Eowllera © er ek „Anfibolite zonata‘“, | a) Seenvzon Giaveno (Anal. VIN) . . . . 55,00 4,85 4,89 25,52 2,75 2,75 14.5 8,8 6,8 0,85 Kersantit, Ströitrenna bei | | Grorud, . Kristiania- | Pe 5575,37 4,82 2354 3.1 29 114072 6,3|0,85 In dem bekannten schlechten Erhaltungszustand der lamprophyrischen Gesteine liegt es begründet, daß trotz des großen Artenreichtums dieser Familien nur verhältnismäßig wenig Typen chemisch fest aufgestellt werden konnten. Eine gute Übereinstimmung metamorpher Gesteine mit Lampro- phyren wäre daher von vornherein nicht zu erwarten und ungefähre Annäherung an die verhältnismäßig spärlichen Typen, von denen zufällig frischere Vorkommen bekannt geworden sind, oder eine Stellung der metamorphen Gesteine-zwischen 392 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine zwei chemisch festgelegten Typen müßten eigentlich als Hin- weise schon genügen. Um so überraschender ist die Über- einstimmung der hier zusammengefaßten Glaukophangesteine mit ganz bestimmten lamprophyrischen Typen. Die nahe chemische Verwandtschaft des Glaukophan- Eklogites vom Elek-Dagh, Kleinasien (Anal. XII) mit dem lamprophyrischen Dioritporphyrittypus Hintere Grat- spitze (Ortlerit) und dem Kersantittypus Bärenstein sowie des Glaukophanschiefers aus dem gleichen Gebirge mit dem Luciittypus Luciberg resp. dem Kersantittypus Hovland wurde schon oben auf p. 369 und 375 besprochen; mit dem Eklogit vom Elek-Dagh stimmt der Epidot-Glauko- phanschiefer von Winston’s Bridge bei Roseburg, Oregon (Anal. XVII) nahezu vollständig überein. s VW © F a Sa Wii n m! k Granat-Zoisit-Glauko- Pinanejestein, Bileik- Dagh. . . . ......58,60|5,12 4,88 26,28|2,8 2,7 14,5|9,3 9,0|0,80 Epidot-Glaukophan- schiefer, Winston’s IM. Bridge. . . . .. ..53,44|5,45 4,75 26,16 3,0 2,6 14,4|6,5 9,8|0,78 Ortlerit, Hintere Gratspitze, Tirol. :. ......... 3527\5,67 4,16 25,07 3,2 242122 0 E37 107 Wenn hier für die allein noch zu besprechenden schweize- rischen Glaukophangesteine eine von der grundlegenden Arbeit GRUBENMANN’s abweichende Ansicht vertreten wird, so beruht der Unterschied beider Anschauungen hauptsächlich in einer verschiedenen Bewertung des Kalkgehaltes der Ana- Iysen!: In den von GRUBENMANN zum Vergleich mit den schweizerischen Gesteinen herangezogenen Analysen von ! Diese Verschiedenheit der Auffassung macht sich auch schon bei dem eben besprochenen Gestein von Winston’s Bridge bei Rose- burg geltend: GRUBENMANN vergleicht diesen Glaukophanschiefer, dessen Gehalt an CaO (in Molekularprozenten) 5,29 beträgt, mit dem Leucit- basanittypus Vesuv I, obwohl die vier Vesuvlaven, die ihn bilden, 13,59, 9,87, 12,12 und 12,64 °/, CaO enthalten. vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 393 Gliedern der foyalitisch-theralithischen Gesteinsreihe ist der Kalkgehalt sehr bedeutend größer. Da in den Formeln dieser Unterschied nicht sehr auffällt, weil er nur in der Zahl für m zum Ausdruck kommt!, so werden hier auch die Molekular- proportionen der einzelnen Gesteine angegeben. Die beiden Chlorit-Epidot-Glaukophangesteine aus dem Val de Bagne vergleicht GRUBENMANN mit dem Nephelintephrittypus Schichenberg; das durch „seine gleichmäßige Gesteinsbeschafienheit und seine intrusive Lage- rung, sowie das Fehlen aller Anzeichen von sedimentärer Bei- mischung“ ausgezeichnete massige Gestein östlich der Brücke von Granges neuves (Anal. III) bezeichnet er als metamorphosiertes Eflusivgestein, das „etwas carbonat- haltige“* Gestein südöstlich von Lourtier (Anal. II) ist nach seiner Auffassung „wohl als ursprünglicher Nephelin- tephrittufi mit ganz geringfügiger carbonatischer Beimischung anzusprechen“ (l. c. p. 11). Zieht man dieser Auffassung ent- sprechend die zu 1,37°/, CO? gehörende Menge CaO ab, so wird das Gestein so kalkarm, daß seine Deutung als Eruptiv- gestein sehr große Schwierigkeiten macht; nimmt man aber an, wie es hier geschieht, daß auch in diesem Gestein kein Tuff, sondern ein metamorphosiertes Ganggestein vorliegt, so kann man das Carbonat als schon vor der Umwandlung im kompakten Gestein als Zersetzungsprodukt, nicht als Bei- mischung vorhanden betrachten. Lamprophyre „neigen sehr zur Verwitterung und imprägnieren sich dann stark mit kohlen- saurem Kalk, der aber bei fortschreitender Zersetzung zu eisen- schüssigem Ton wieder verschwindet, so daß die scheinbar irischeren Gesteine bei Betupfung mit Säure brausen, nicht die unfrischen“ (ROSENBUSCH, Gesteinslehre. 1901. p. 231). ı m gibt bekanntlich die Anzahl der in dem Werte F (der Summe von MgO, FeO und CaO) enthaltenen Molekel MgO + FeO, wenn diese Summe = 10 gesetzt wird. 394 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine Nach meiner Auffassung sind die Gesteine mit dem Kersantittypus Bärenstein nahe verwandt und teilen ander- seits ihre charakteristischen Eigenschaften mit dem Spessartit- typus Waldmichelbach. Am wahrscheinlichsten erscheint mir ihre Zugehörigkeit zu der Vogesit-Spessartitreihe; man erhält eine überraschende Übereinstimmung, wenn man das Mittel aus den beiden einzig zur Aufstellung einer Formel geeigneten, d. h, genügend frischen Gliedern dieser Reihe berechnet (Mittel aus dem Amphibolvogesit vom Forsthaus Welschbruck, Vogesen und dem Spessartit von Waldmichel- bach, Vorspessart). Molekularproportionen. Si O2 Ti O0?” Al!O?” Fe O7 Me O7’CAHONZORO Chlorit-Epidot-Glau- klorpıhrannsore sure en, Brücke von/Gransesw 92,1 3 neuvies..sl #,.4.2.00,88,6....729.,.11,4 29,9, Borg on: Chlorit-Epidot-Glau- kophangestein, süd- ze östlich von Lourtier 55,9 85 129: 8% 72 766720% Mittelaus Vogesit,Welsch- bruck, und Spessartit, u 2 Waldmichelbach . . : 99,16 7,56 11:03: I15078833 6,19 Kersantit, Bärenstein bei 94 u ‚39 Lehesten, Thüringen. . 4,92 9,25. ...9,95.11,67. 7.62 4.965558 [Nephelintephrit,Schichen- berg bei Tetschen, böh- 92, 37 1,51 misches Mittelgebirge . 544 48 9,87 12361. .1,5L.21E 08 2777 +- 1,44 Mn O Formeln. S A: €. E.-\ ar. sen ange Glaukophangestein, Granges neuves. . 55,6 63 1,6 28,6 3,5 0,9 15,6|8,0 7,4 0,80 Glaukophangestein, südöstl. v. Lourtier. 559 [73 1.2 27,1 4,1 0,7 15,2|9,0 8,0|0,76 Mittel aus Vogesit und 3 Spessartit . . . .. . 55.166,19 1,37. 28,71\3,4 0,8188 02223 020 Kersantit, Bärenstein‘. . 54,92 |6,54 2,71 26,58|3,6 1,5 14,9|7,6 8,1[0,77 [Nephelintephrit, Schi- chenbergs . . . . . 54,48|8,07 1,78 25,28!4,6 1,0-14,4|7,8 6.140,70] ‚vom Elek-Dagh (nördliches Kleinasien) etc. 395 Den Glaukophan-Muscovitschiefier von Lavintzie im Val de Bagne (Anal. IV) faßt GRUBENMANN als einen Zazdrrch Carbonat verunreinisten Tuii eines Gesteins von leucittephritischem Charakter auf; von diesen Ge- steinen unterscheide* sich das Schweizer Vorkommen ganz allgemein — ein bestimmter Typus wird nicht angegeben — wieder besonders durch den bedeutend niedrigeren Wert für CaO. Nach meiner Auffassung steht auch dieses Gestein einem Lamprophyr und zwar der zum Minettetypus Weiler gehörenden Augitminette von Weiler bei Weissen- burg nahe. Molekularproportionen. SiO? TiO? AO? FeO MgO CaO Na?O K?O Glaukophan-Mus- covitschiefier, La- 34,7 ZB Vize a 58,4 95 121 72 54 44 3,0 97,41 1,40 Augitminette, Weiler er. | | 08,81 9,635 6870 11,810:6,22273,29/ 3,33 Formeln. SE a One a ee Glaukophan-Mus- | | goyitschiefer,, La- | | Mieze... 584 |7,4, 2,1 22,6 '4,6 1,3 14,1 5,9 8,5 0,82 Augitminette, Weiler. . 58,81|6,64 3,01 21,89|4,2 1,9 13,9 4,9 8,5| 0,87 Das letzte hier zu besprechende Schweizer Gestein, den Glaukophan-Chloritschiefer, der in Langnau im Ersenwalr (Kanton Bern) als Erratieum gefunden wurde (Anal. V), stellt GRUBENMANN zu dem Nephelin- basanittypus Rosengärtchen. Der wiederholt betonte Unterschied im CaO-Gehalt, zu dem hier noch erhebliche Unterschiede im Verhältnis der Alkalien zueinander treten, läßt mir auch hier eine Zugehörigkeit zu der Lamprophyr- familie, speziell zu den Kersantiten, wahrscheinlicher er- scheinen; die Übereinstimmung mit dem Kersantit von 396 L. Milch, Ueber Glaukophan und Glaukophangesteine etc. Bärenstein ist, von etwas niedrigeren Werten für F des Glaukophangesteins abgesehen, nahezu vollkommen. Molekularproportionen. SiO? TiO? AO? FeO MgO CaO Na?O K?O Glaukophan-Chlorit- schiefer, Langnau 0,3 2,9 ne Binnen vallmaen: 53,2 82 118 198777728 785 94,57 0,39 5492 9,25 9,95 11,67 7,67 4,96 1,88 [Nephelinitoidbasalt, Ro- 49,90 0,83 sengärtchen, Breitlirst . 90,73 6,81 12,21 9,88 15,51 2187222] Kersantit, Bärenstein . Formeln. S A .C FF |.a Core Glaukophan-Chlorit- | schiefer, Langnau . 532 54 2,8 30,4 2,8 1,5 15,7 8,9 8,4|0,78 Kersantit, Bärenstein . . 54,92,6,04 2,71 26,58 3,6 1,5 14,9/76°8:1077 [Nephelinitoidbasalt, Ro- | seneärtchene 2..2.2.25073|3:062175 35,65 2,4 0,8 16,8|4,3 6,2|0,73] Es darf somit wohl der Nachweis als erbracht gelten, daß die chemische Zusammensetzung der basischen Glaukophangesteine neben Gesteinen, dies ch von gabbroiden Magmen herleiten, auch Umwand- lungsprodukte basischer Glieder der ioyaitisch- theralithischen Reihe und basischer Ganggesteine, speziell der Lamprophyre erkennen läßt. E. Philippi, Ueber Dolomitbildung etc. 397 Ueber Dolomitbildung und chemische Ab- scheidung von Kalk in heutigen Meeren. Von E. Philippi in Jena. Einleitung. Von den vielen schwierigen Problemen, die uns die Petrographie der Sedimentgesteine vorlegt, hat kaum eines die Wissenschaft so stark beschäftigt, so viele Experimente und Hypothesen hervorgerufen, wie die Frage nach der Bil- dung des Dolomits in der Natur. Die wesentliche Schwierig- keit, und zugleich der Hauptunterschied von Dolomit und Kalkcarbonat, liegt darin, daß das Doppelsalz von Calcium und Magnesium zwar in der Natur gesteinsbildend und in größter Verbreitung vorkommt, daß es aber weder durch die Tätigkeit von Organismen ausgeschieden wird noch aus der wässerigen Lösung der beiden Einzelcarbonate auskristallisiert. Es kann also Dolomit nur dadurch entstehen, daß eine Magne- siumsalz-Lösung unter besonderen Umständen auf ein Kalk- carbonat wirkt oder dadurch, daß durch gewisse Zusätze zu der wässerigen Lösung der beiden Carbonate ein Ausfallen oder Auskristallisieren des Doppelsalzes ermöglicht wird. 398 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Künstliche Darstellung von Dolomit, insbesondere die neueren Versuche von PFAFF. Besonders auf dem erstgenannten Wege ist die künstliche Darstellung von Dolomit mehrfach gelungen. In einer kürz- lich erschienenen Arbeit hat PFAFF jun.'! die bisher bekannten Methoden in dankenswerter Weise zusammengestellt und um eine Anzahl neuer vermehrt. Der Übersicht wegen gruppiere ich diese Methoden in folgender Weise. I. Darstellung von Dolomit bei höheren Temperaturen. 1. Durch Erhitzung von kohlensaurem Kalk mit einer Lösung von schweielsaurer Magnesia auf 200° im geschlos- senen Glasrohre. (MORLOT.) 2. Durch Einwirkung von Chlormagnesia-Lösung auf kohlensauren Kalk bei höherer Temperatur. (MARIGNAC und FABER.) 3. Durch Zusatz von kohlensaurem Natron zu gleichen Mengen von Chlormagnesium- und Chlorcalciumlösung und Erhitzung des entstandenen Niederschlages auf 120—130°. (STERRY HUNT.) 4. Durch Einwirkung von Magnesiumsuliat auf Aragonit in einer konzentrierten Kochsalzlösung bei Temperaturen über 60°. II. Darstellung von Dolomit bei gewöhnlicher Temperatur. 1. Durch Einleiten von Schwefelwasserstofi in Wasser, das kohlensauren Kalk und Magnesia alba enthält und spätere Einwirkung von Kohlensäure. (PFAFF jun. 1894.) 2. Durch Einwirkung von Magnesiumsulfat und Magne- siumchlorid auf Anhydrit in wässeriger Lösung bei Gegen- wart von Kochsalz und unter stetem Einleiten von Kohlen- säure. (PFAFF jun. 1903.) ı F. W. PFAFF, Über Dolomit und seine Entstehung. N. Jahrb. f. Min. Beil.-Bd. XXIII. 1907. p. 529. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 399 III. Darstellung von Dolomit bei gewöhnlicher Temperatur und erhöhtem Druck. 1. Aus einer konzentrierten Magnesiumchlorid- oder -Sultat- lösung bei Anwesenheit von Kochsalz durch Einwirkung von kohlensaurem Natron auf Anhydrit. (PFAFF jun. 1907.) 2. Durch Einwirkung von Magnesiumchlorid oder -Sulfat in Kochsalzlösung auf kohlensauren Kalk. Je konzentrierter die Kochsalzlösung war, desto energischer geht die Dolomit- bildung vor sich. (PFAFF jun. 1907.) Diese Reaktionen beginnen bei einem Drucke von 40 Atmosphären, scheinen bei einem solchen von 60 rascher zu verlaufen, gehen aber noch bei Drucken von 200—000 Atmo- spären vor Sich. Es liegt auf der Hand, daß die Bedingungen für die Reaktionen der Gruppe I, die Temperaturen über 60° ver- langen, in der Natur nur sehr selten gegeben sind; hingegen dürfte für die Reaktionen der Gruppe II die Möglichkeit in der Natur nicht abzustreiten sein. Eine besonders wichtige Rolle sollen aber nach PFAFF bei der Bildung der natürlich vorkommenden Dolomite die Vor- gänge der Gruppe III spielen, die bei höherem Drucke vor sich gehen. Nach seiner Auffassung muß in Meerestiefen, die einem Drucke von 40—200 Atmosphären entsprechen, ganz allgemein durch die Einwirkung der Magnesiumsalze auf Kalk- carbonat eine Dolomitisierung stattfinden, die in normalem Meerwasser schwächer, in konzentriertem stärker ist. „Sind (l. c. S. 977) die Lösungen nicht stark konzentriert oder in der Verdünnung der Meereswasser, so entstehen schwach magnesiahaltige Kalke, sind sie konzentriert oder der Kon- zentration nahe, so entstehen Dolomite, die dem Normal- dolomit gleich oder sehr ähnlich zusammengesetzt sind. — Dolomite, die sich in Vergesellschaftung von Steinsalz und Gipslagern wie die der Rauhwacke- und den Raibler Schichten, 400 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung im unteren Gipskeuper und in der Lettenkohle usw. vorfinden, sind sofort dadurch erklärt, andere, wie der Hauptdolomit der alpinen Trias etc. lassen sich dadurch ebenso ungezwungen deuten, ja ihr geringer Gehalt an organischen Wesen zeigt mit ziemlicher Sicherheit darauf hin, daß die Bedingungen zum Leben für die Tierwelt fehlten, was wieder auf einen hohen Salzgehalt des Meerwassers hinweist.“ Die Behauptung von PFAFF jun., daß von einer gewissen Meerestiefe abwärts ganz allgemein eine Einwirkung der Magnesiasalze auf vorhandenes Kalkcarbonat stattfindet, die bei größerer Konzentration des Meerwassers zur Bildung von Normaldolomit führen kann, möchte ich in ihrer Allgemein- heit für unzutrefiend ansehen und ich werde versuchen, sie zu widerlegen. PFAFF führt zur Stütze seiner Ausführungen zunächst einige Beispiele aus der Triasiormation an. Dolomit ist ja in der deutschen Trias sehr verbreitet, in keinem Falle werden wir aber annehmen dürfen, daß er ein Sediment größerer Meerestiefen ist. Das gilt insbesondere für die Dolomite des Röt und des; Keupers, die zusammen mit sandigen Sedi- menten auftreten, in denen Trockenrisse und Steinsalzpseudo- morphosen häufig sind. Man hat deswegen diese Dolomite wohl von jeher mit Recht als Bildungen ganz flacher Meeres- teile auigefaßt. Das gleiche gilt für die Dolomite des Muschel- kalks. Die untere Abteilung des unteren Muschelkalks ist in Schwaben bekanntlich dolomitisch ausgebildet, sie stellt zweifel- los eine seichte Randfazies des auch anderwärts nicht sehr tiefen Wellenkalkmeeres dar!. Konglomeratlagen, Wellen- furchen und Steinsalzpseudomorphosen kommen im schwä- bischen Wellendolomit vor und M. SCHMIDT? sagt mit vollem ! Vergl. Lethaea geognostica. I]. Teil. 1. Heit. p. 47. ?2 M. SCHMIDT, Das Wellengebirge der Gegend von Freudenstadt. Mit. d. Geol. Abt. d. Württ. Stat. Landesamts. No. 3. 1907. p. 9. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 401 Rechte: „Es handelt sich also um Sedimente ganz flacher, gelegentlich trocken laufender Meeresteile.“ Auch die Dolomite des mittleren Muschelkalkes bildeten sich wohl ohne Zweifel in einem ganz flachen, abgeschnürten Meeresteile. Ebensowenig dürite PFAFF der Nachweis gelingen, daß die mächtigen Dolomitmassen der alpinen Trias sich in tieferen Meeren und bei stärkerer Konzentration des Meerwassers bildeten. Sowohl Schlerndolomit wie Hauptdolomit enthalten Kalkalgen, manche Forscher meinen sogar, daß sie wesentlich aus deren Hartgebilden aufgebaut seien. Nun reichen aber die Regionen reicher Algenentialtung, wie auch ROTHPLETZ ! betont, selten mehr als 80 Faden, niemals aber tiefer als 200 Faden unter den Meeresspiegel hinab, die Tiefe, bei der nach PFAFF die Dolomitbildung beginnt, wird also nicht erreicht. Ebensowenig dürfte PFAFF glaubhaft machen können, daß die alpinen Dolomitmassen in einem übersalzenen Meeresteile sich bildeten. Der fossilreiche Marmolatakalk geht ganz all- mählich in fossilarmen Schlerndolomit über und beide wurden wohl! zweifellos in dem gleichen Meere niedergeschlagen, dessen Salzgehalt ein normaler war. Vermutlich war der Schlerndolomit ursprünglich ebenso fossilreich wie sein kalkiger Nachbar, nur wurden in jenem die organischen Reste durch den Dolomitisierungsprozeß zerstört. Daß in dem Meere, an dessen Boden sich der Hauptdolomit bildete, „die Be- dingungen zum Leben für die Tierwelt fehlten“, wird durch das konstante Auftreten einer Faunula in den Südalpen widerlegt; für eine Bildung in verhältnismäßig seichtem Wasser sprechen die dickschaligen Dicerocardien und Megalodonten. So zeigt sich denn, daß weder in der alpinen noch in der deutschen Trias sich die Dolomite unter den Bedingungen bildeten, die dem PFAFF’schen Laboratoriumsversuch entsprechen. ' A. ROTHPLETZ, Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. Stuttgart 1894. p. 67. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 96 402 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Auch in den heutigen Meeren müßte nach PFAFF die Dolomitbildung in geeigneten Tiefen ganz allgemein vor sich gehen. „Wie das früher beschriebene Experiment zeigt, ent- steht auch schon bei fast normaler Meerwasserkonzentration immer etwas Dolomit, es mußten demnach auch auf dem Meeresboden in größeren, dem Druck von 40—200 Atmo- sphären entsprechenden Tiefen sich solche finden lassen, und dies ist in der Tat der Fall.“ Zum Beweise für diese Be- hauptung werden vier heutige Meeresablagerungen heran- gezogen, die aber, wie ich zeigen kann, sehr wenig für die PFAFF’sche Hypothese aussagen. Das erste ist ein von der Challenger-Expedition ge- loteter und analysierter' roter Schlick von der brasilischen Küste, dessen Zusammensetzung ist: STORE 31,66 AlOssele. oatıRs er 9,21 BO 4,52 EROMS R NAIN 25,68 MEONH EU ODMIEER 2,07 NayO na 1,63 RO N 1,33 SORTIERE EI TIER 0,27 GO. 2 namaele selarke 17,13 CI a 2,46 Der Gehalt an Magnesia ist in dieser Grundprobe ja nicht besonders hoch, es ist aber dabei noch sehr wahr- scheinlich, daß ein beträchtlicher Teil nicht an Kohlensäure, sondern an Kieselsäure gebunden ist, da in den roten, wie in den blauen Schlicken fast immer Magnesiasilikate zugegen sind. Etwas günstiger scheinen die Ergebnisse von zwei Analysen zu lauten, die JOH. WALTHER? veröffentlicht hat. Er fand im Schlamm bei Salerno CaCo, 14°/,, MgCO, 3°), bei Neapel CaCO, 16°/,, MgCO, 4°/,; nur betragen die ! Report on Deep Sea Deposits. p. 235. ® JoH. WALTHER, Einführung in die Geologie. p. 886. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 403 Meerestiefen in beiden Fällen nicht 400 m, wie PFAFF an- gibt, sondern 40. Zuletzt führt PFAFF einen Kalk vom Pour- tales-Plateau an, der neben 47,11°/, CaCO, 12,39°/, MgCO,, aubendem,aber auch 13,19%), Ca, (PO,)., 20,23%, FO, und 5,89°/, organische Substanz enthält. Es handelt sich in diesem Falle sicherlich um keinen dolomitischen Kalk von gewöhnlichem Typus, sondern um ein sehr eisen- und phos- phoritreiches Gestein, möglicherweise um eine Konkretion. Das normale Gestein des Pourtal&s-Plateaus enthält hingegen nach einer von SHARPLES! ausgeführten Analyse bei einem Prozentsatz von 96,96 CaCO, keine Spuren von MgCO.. Da die organogenen Hartgebilde, die den Kalk des Pourtales- Plateaus zusammensetzen, ursprünglich wohl sicher einen schwachen Magnesiagehalt besaßen, so deutet die zuletzt an- geführten Analyse sogar auf eine Auslaugung des Magnesia- Carbonates hin. Auch andere Analysen, besonders von dem Challenger- Werke veröffentlichte, zeigen deutlich, daß in den Tiefen, in denen nach PFAFF eine mehr oder minder starke Dolomiti- sierung des Kalkschlammes vor sich gehen müßte, diese Reaktion nicht stattfindet. Aus Tiefen von 390,450 und 1420 Faden wurden Pteropodenschlamme” analysiert; es fanden sich 82,66 °/,, 84,27°/, und 80,69°/, kohlensaurer Kalk, da- neben aber nur 0,76°/,, 1,00°/, und 0,68°/, Kohlensaure Magnesia. Ebensowenig lassen die zahlreichen Analysen von Globigerinenschlamm, der allerdings aus Tiefen über 3000 m stammt, eine Anreicherung von kohlensaurer Magnesia er- kennen. Von Station 242 der deutschen Tiefsee-Expedition, an der ostafrikanischen Küste außerhalb von Daressalarn, brachte das Schleppnetz stark zersetzte Muschelschalen aus einer Tiefe von 404 m hinauf. Wenn irgendwo eine Dolo- ! Acassız, Three cruises of the „Blake“. London 1888. 1. p. 288. ? Deep Sea Deposits. p. 226. 20%, 404 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung mitisierung nach der PFAFF'schen Hypothese am Meeresgrunde vor sich ginge, so hätte sie in diesem Falle eintreten müssen. Eine Analyse ergab jedoch lediglich 99,19°/, CaCO, und 0292, S10;. Ich glaube, daß bereits die hier angeführten Tatsachen mir das Recht geben, zu behaupten, daß Meerwasser im allgemeinen aui normale, lockere Kalksedimente auch unter höherem Drucke in der Natur nicht dolomitisierend ein- wirkt. Weswegen die Reaktion, die im Laboratorium statt- findet, in den heutigen Meeren nicht vor sich geht, wage ich nicht zu entscheiden. Es findet aber, nach dem, was wir heute wissen, trotzdem Dolomitbildung auch in den heutigen Meeren statt; allerdings unter anderen Bedingungen und wahrscheinlich durch andere Reaktionen, als PFAFF sie annimmt, deswegen auch nicht allgemein, sondern an räumlich beschränkten Stellen. Diese Dolomitbildung vollzieht sich, wie es scheint, in Sedimenten, die sehr rasch und unter Meeresbedeckung erhärten und als deren bekanntester Typus der Korallenkalk zu nennen ist. Chemisch-petrographische Untersuchungen von SKEATS an jungen Rifikalken. Von besonderem Interesse sind die Arbeiten von SKEATS! an jungen Kalken der Südsee und des Indischen Ozeans für die Frage der Dolomitbildung in heutigen Meeren. Die sogen. „Rifikalke“ der Südseeinseln sind nur zum kleinsten Teile als eigentliche, fossile Korallenriffe anzusehen. Der Mehrzahl nach sind sie Detrituskalke; Bruchstücke von Korallen und Kalkalgen, die Hartgebilde aller riffbewohnenden Tiere und, wenn auch in geringen Mengen, pelagische Foraminiferen sind ! E. W. SKEATS, The Chemical Composition of Limestones from Upraised Coral Islands, with Notes on their Microscopical Structures. Bull. Mus. Comparat. Zoology, Harvard. 42. 1903. p. 593. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 405 in ihnen miteinander verkittet. Der Absatz dieses Sediments erfolgte in unmittelbarer Nachbarschaft des lebenden Korallen- riffes und in seichtem Wasser; man hat gewissermaßen in ihnen submarine Schutthalden zu sehen. Der Autor benützte zu seinen Untersuchungen Material, das von C. W. ANDREWS 1897—98 auf der Christmas-Insel im Indischen Ozean, von E. C. ANDREWS auf den Fidschi-Inseln, von A. AGASSIZ auf den Paumotu-, Tonga-Inseln, Ladronen etc. und von DAVID auf Niue gesammelt worden war. Diese Aufsammlungen sind deswegen von besonderem Werte, weil in den meisten Fällen genau die Höhenlage jedes Handstückes bestimmt worden war. Es zeigte sich nun, daß an vielen dieser jungen „Riili- kalke“ eine mehr oder weniger weitgehende Dolomitisierung, wahrscheinlich noch unter dem Meeresspiegel, vor sich ge- gangen war, während bei anderen dieser Prozeß nicht eintrat. Auf einigen Inseln, wie Ngillingillah und Vata Vara in der Fidschi-Gruppe, waren die Rifikalke in allen Höhenlagen dolomitisiert. Auf Guam (Ladronen), Makatea und Niau (Paumotus), Tangatäbu und Vavau (Tonga-Gruppe), schließlich auf Niue war keine bemerkenswerte Dolomitisierung der Rifi- kalke eingetreten. Auf der Christmas-Insel, Mango und Namuka (Fidschi-Inseln) und Eua (Tonga-Gruppe) fanden sich Kalke, die wenig oder gar keine Magnesia enthalten, zusammen mit fast reinen Dolomiten. Dabei ist die stratigraphische Ver- teilung der dolomitisierten Gesteine anscheinend eine ganz unregelmäßige. Auf Namuka sind die jüngsten und ältesten Rifikalke dolomitisiert, auf der Christmas-Insel besonders die höchsten Teile, die von tertiären Gesteinen gebildet werden, auf Mango finden sich Kalke nur in drei Horizonten, in 370, 310 und 298° über dem Meeresspiegel, während in allen übrigen Höhen hochdolomitische Gesteine anstehen. Sehr wenig Magnesiumcarbonat findet sich im allgemeinen in dem Gestein der jüngsten, gehobenen Wallriffe. 406 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Bei vielen Rifikalken übersteigt der Gehalt an kohlen- saurer Magnesia 40°/,, geht aber nicht über 43,3°/, hinaus; in keinem einzigen Falle liegt also ein Normaldolomit vor. Organische Substanz findet sich nur in den jüngsten und am wenigsten veränderten Gesteinen, auch hier nur bis zu 1,0°/,; bei den älteren Gesteinen ist sie kaum mehr in Spuren nach- weisbar. Charakteristisch für alle jungen Rifikalke ist die geringe Beteiligung von klastischem Material; der in Säuren unlös- liche Rest beträgt in der Regel zwischen 0,01 und 0,20°/.. Nur in einigen Kalken, die in unmittelbarer Nachbarschaft von vulkanischen Gesteinen auftreten, wie auf der Christmas- Insel, Mango und Guam, ist der unlösliche Rückstand etwas größer und geht in einem Falle über 4°/, hinaus. Nach der Hebung der Riffkalke über den Meeresspiegel sind zweifellos noch Veränderungen an ihnen vor sich ge- gangen. Im wesentlichen handelt es sich dabei aber um Lösungserscheinungen, die durch kohlensäurereiche Tages- wässer bewirkt wurden. In einzelnen Fällen bemerkt man, daß die Organismenreste von einer Lage von faserigem Kalk überzogen werden; diese bildete sich wahrscheinlich am Strande durch Verdampfen des Seewassers. Die meisten Verände- rungen, insbesondere die Dolomitisierung, sind aber nach der Ansicht von SKEATS, die ich teile, unter dem Meeres- spiegel erfolgt. Die Neubildungen und Veränderungen, die u. d. M. er- kannt werden konnten, sind folgende: 1. Neubildung von Aragonit. Die neugebildeten Kristalle setzen sich in kristallographischer und optischer Kontinuität an die Aragonitfasern an, die das Skelett der Korallen bilden. Die neuen Aragonite entstehen teils durch Umkristallisierung aus feinstem Kalkschlamm, seltener direkt aus Lösung. 2. Neubildung von kohlensaurem Kalk. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 407 a) Organismenreste werden von einer mehr oder minder dicken Schicht von faserigem Kalk überzogen (vergl. oben). Größere Kristalle von Kalkspat bilden sich in Hohlräumen. b) Ursprünglich aus Aragonit bestehende Organismenreste werden in Kalkspat verwandelt. Zuweilen verschwindet bei diesem Prozesse die Struktur, während die äußeren Grenzen erhalten bleiben, öfters verschwindet aber dabei das Fossil gänzlich. | c) Der feinkörnige Kalkschlamm (mud) wird zu einer groben Mosaik von Kalkspatkristallen umkristallisiert. 3. Neubildung von Dolomit. a) Der feinkörnige Kalkschlamm wird ganz oder teilweise in mehr oder minder grobkörnigen Dolomit umgewandelt. b) Die Organismenreste werden dolomisiert. c) Dolomitkristalle scheiden sich aus Lösungen aus und bekleiden die Wände von Korallen etc. Aus Lösungen schieden sich wahrscheinlich auch die sehr bemerkenswerten Kristalle aus, in denen Lagen von Dolomit und Kalk in zonarer An- ordnung miteinander wechsellagern. Bisweilen bildet auch Kalkspat den Kern eines Dolomitrhomboeders. In den meisten Fällen geht die Neubildung von Kalk der von Dolomit vorauf,. in einzelnen Fällen wurde jedoch auch das Umgekehrte beobachtet. Durch welche Vorgänge die Neubildung von Aragonit, Calcit und Dolomit herbeigeführt wird, läßt sich nicht mit Sicherheit aussprechen. SKEATS vermutet, daß durch die bei der Verwesung der Organismen entstehende Kohlensäure zu- nächst eine Lösung des ursprünglichen, organogenen kohlen- sauren Kalkes erfolgt; aus der Lösung des Calciumbicarbonates sollen sehr kleine Algen (über deren Natur nichts weiter ge- sagt wird) Kohlensäure absorbieren und dadurch die Ab- scheidung des neutralen Kalkcarbonates herbeiführen. Der Vorgang wäre also hier ein ähnlicher, wie bei der Abscheidung 408 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung der Sinterkalke an Quellen und Bächen. Doch muß man im Auge behalten, daß dieser Erklärung der marinen Neu- bildungen lediglich eine Hypothese, keine Beobachtung zu- grunde liegt. Auch hinsichtlich der Dolomit-Neubildung ist SKEATS noch zu keiner abschließenden Erklärung gekommen. Er nimmt, wohl mit Recht, an, daß die Dolomitisierung dicht unter der Meeresoberlläche erfolgte. Auf die chemischen Prozesse, die sich dabei abspielten, geht er nicht näher ein und deutet nur an, daß vielleicht die Kohlensäure, die bei der Verwesung der Riiibewohner entsteht, die Zersetzung von Magnesiumsulfat und Ausfällung von Dolomit herbeiführen könnte. Auch soll das chemisch veränderte Wasser der La- gunen möglicherweise bei der Dolomitbildung eine bedeutende Rolle spielen, doch ist mir das nicht sehr wahrscheinlich, da die koralligenen Detrituskalke, deren Dolomitisierung erfolgte, sich wohl meist an der Außenseite der Korallenriffe unter starker Wellenbewegung, nicht im ruhigen Wasser der Lagunen bildeten. Daß Dolomite und Kalke auf den verschiedenen Inseln der Südsee nebeneinander vorkommen und sogar auf der gleichen Insel miteinander wechsellagern, erklärt SKEATS da- durch, daß er für die Hebungen ein verschiedenes Tempo annimmt. Die späteren Dolomite blieben lange Zeit stationär unmittelbar unter der Meeresoberfläche, wo sich ihre Umwand- lung vollzog, die reinen Kalke wurden rasch über den Meeres- spiegel gehoben und passierten deswegen ohne wesentliche Umwandlung die Dolomitisierungszone. Man wird zugeben müssen, daß wir über den Vorgang der Dolomitbildung, besonders über die chemische Seite, trotz der eingehenden Untersuchungen von SKEATS noch nicht völlige Klarheit gewonnen haben. Trotzdem sind wir einen guten Schritt weiter gekommen. Wir dürfen mit Sicherheit und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 409 annehmen, daß die primäre Dolomitbildung in großem Maß- stabe auch in den heutigen Meeren vor sich geht. Und wir wissen ferner jetzt, daß Dolomit nicht allein dadurch entsteht, daß bereits vorhandenes Kalkcarbonat umgewandelt wird, sondern daß er sich auch direkt aus Lösungen, in diesem Falle aus Meerwasser, abscheiden kann. Ergebnisse der Tieibohrung auf dem Atoll Funafuti. Die Mitteilungen von SKEATS werden bestätigt und er- gänzt durch die sehr bedeutsamen Untersuchungen !, die durch die Tiefbohrung auf dem Südsee-Atoll Funafuti ins Leben gerufen wurden. Daß Bohrungen auf einem jungen Atoll für das vielum- strittene Problem der Korallenrifie von größter Bedeutung sein müssen, liegt auf der Hand und ist bereits von DARWIN aus- gesprochen worden. Dank dem unermüdlichen Eifer eng- lischer und australischer Gelehrter, der tatkräftigen Uhnter- stützung von seiten Privater, gelehrter Gesellschaften und nicht zum wenigsten der Regierungen des Mutterlandes und von Neu-Süd-Wales gelangte der Plan vor etwa einem Jahr- zehnt zur Ausführung. Im Mai 1896 landete eine Expedition, die unter der Leitung von Prof. SOLLAS stand, auf Funafuti, einem Atoll, oder besser, einem Teil eines Atollkranzes, aus der Gruppe der Ellice-Inseln. Die Versuche des ersten Jahres mißlangen, hauptsächlich deswegen, weil man sehr bald auf lockeren, wasserdurchtränkten Korallensand trai, zu dessen Durchsinkung man nicht eingerichtet war. In zwei Bohr- löchern wurde nur eine Tiefe von 105° bezw. 72° erreicht. Trotz dieser niederdrückenden Eriahrungen wurde im ! The Atoll of Funafuti. Borings into a Coral Reef and the Results being the Report of the Coral Reef Committee of the Royal Society. London 1904. | 410 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung folgenden Jahre die Bohrung wieder aufgenommen und man drang nun bis zu 698° vor'. Im dritten Jahre, 1898, erreichte man in dem gleichen Bohrloch die Tiefe von 1114‘; gleich- zeitig wurden in der Lagune bei einer Wassertiefe von 101‘ submarine Bohrlöcher gestoßen, die 144° und 113° tief in den Untergrund eindrangen. Etwa 3 von dem Material, das von der Hauptbohrung durchteuft wurde, war überwiegend locker oder nur wenig zementiert; das übrige Drittel bestand teils aus harten Riff- kalken, teils aus weicheren kreideähnlichen Gesteinen. Die organischen Reste, die in den Bohrkernen gefunden wurden, sind überwiegend Hartgebilde von Korallen, Fora- minileren und Kalkalgen, die zu den Gattungen Aalimeda und Lithothamnion gehören. Vermengt mit diesen findet man, meist als Bruchstücke, Echinidenstacheln und -täfelchen, Annelidenröhren, Crustaceenpanzer, Bryozoen, Schwamm- nadeln, Ascidienstacheln, Schalen und Steinkerne von Gastro- poden und Lamellibranchiaten. Auflallend ist das Fehlen von Pteropodenschalen. Noch in den tieisten Teilen des Bohr- kernes war reichlich Zithothamnion nachzuweisen. Am Boden der Lagune bestanden die obersten 70° aus einem lockeren Sande, der sich hauptsächlich aus Bruchstücken von Falimeda, zum kleineren Teil aus Foraminiferenschalen zusammensetzt. Darunter liegen iestere Kalksteine, in denen Falimeda zurücktritt, während Korallen und Foraminiferen herrschen. Im allgemeinen sind am Boden der Lagune die Organismenreste besser erhalten, als in den entsprechenden Teilen der Hauptbohrung. Auf die große Bedeutung aller dieser Tatsachen für das Korallenrifiproblem soll hier nicht eingegangen werden, ich beschränke mich auf die Ergebnisse der sehr genauen chemi- ! Ich gebe überall die englischen Maße an, um einen Vergleich mit der Originalarbeit nicht zu erschweren. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 4]]1 schen und petrographischen Untersuchungen, die wir J. W. JUDD und C. G. CULLIS verdanken. Die Bohrkerne setzen sich ihrer ganzen Länge nach im wesentlichen aus Carbonaten von Calcium und Magnesium zusammen. Der in verdünnten Säuren unlösliche Rückstand ist äußerst gering, er betrug im Maximum nicht mehr als 0,083°/,. Es ist dies um so auffälliger, als heute ziemlich viel Bimsstein angespült wird und sogar eine Schicht, die sich ım Zusammenhange mit der großen Eruption in Blanche Bay, Neu-Britannien, im Jahre 1878 bildete, fast ausschließlich aus ihm besteht. Auch Calciumphosphat ist nun in sehr geringen Mengen vertreten, sein Betrag geht nicht über 0,28°/, hinauf. Organisches Material konnte in den obersten Lagen nur bis zu 1 °/, nachgewiesen werden, unter 100° verschwindet es fast ganz. Das Verhältnis von Calcium- und Magnesiumcarbonat ist in den verschiedenen Teilen der Bohrkerne einem starken Wechsel unterworfen, der in einem von JUDD gezeichneten Diagramm klar zum Ausdruck kommt. In den allerobersten Schichten beträgt der Gehalt an kohlensaurer Magnesia 1—5°/,, steigt aber bei 25° auf nahezu 16°/,, um dann aber wieder auf den Betrag der Oberflächenschicht zurückzusinken. Bei 637° findet dann ein plötzlicher Wechsel statt, von 2,44 °/, steigt die Menge des Magnesiacarbonats innerhalb von 2‘ auf 20,44°/,, in den nächsten 20° bis auf etwa 40°/,.. Um diesen Betrag schwankt sie dann im allgemeinen im ganzen unteren Teile der Hauptbohrung; nur an wenigen Stellen fällt der Magnesiagehalt noch einmal stärker, in einem Falle bis auf 4,83°/, ab. In keinem Falle steigt aber der Prozent- satz von Magnesiacarbonat über 43°/,, dem Normaldolomit mischt sich rein mechanisch immer etwas Calcit bei, der auch im Dünnschliff zuweilen noch nachzuweisen ist. Die Mineralien, die sich an der Zusammensetzung der Bohrkerne beteiligen, sind Aragonit, Kalkspat und Dolomit. 412 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Aragonit ist auf die oberen Teile beschränkt, die Mitte des Bohr- kerns der Hauptbohrung besteht fast ausschließlich aus Calcit, der aber auch mit Aragonit bezw. Dolomit gemengt in den oberen und unteren Teufen vorkommt. Erst bei einer Tiefe von 638° be- gegnet man Dolomit in deutlich erkennbarer Form, von hier ab bis zum tieisten Teile herrscht er meist vor. In keinem Teile des Bohrkernes kommen Aragonit und Dolomit miteinander vor. Aragonit und Kalkspat entstehen auf zweierlei Weise; sie scheiden sich entweder direkt aus Lösung ab oder entstehen durch Umkristallisierung eines amorphen, detritogenen Kalk- schlammes (mud). Für gewöhnlich kristallisiert aus Lösung auf aragonitischen Organismenresten Aragonit, auf calcitischen Calcit aus, zuweilen auch Calcit auf einem aragonitischen Hartgebilde, nie aber umgekehrt. Aragonit scheint überhaupt hinsichtlich seiner Bildungsbedingungen ziemlich empfindlich zu sein; er bildet sich nur, wenn der Organismenrest, der ihn zur Abscheidung veranlaßt, aus deutlich erkennbaren Aragonitkriställchen besteht, wie dies z. B. bei Korallen der Fall ist; es handelt sich hier um eine Art von Weiterwachsen, da die neugebildeten Kristalle in optischer und kristallo- graphischer Kontinuität sich an die des organogenen Hart- gebildes ansetzen. Ein schwacher Überzug von Kalkschlamm verhindert das Auskristallisieren von Aragonit, man trifft ihn, wenigstens soweit er aus Lösungen entstanden ist, deswegen meist im Innern von Organismenresten an, wohin der Schlamm nicht dringen konnte. Der aus Lösungen ausgeschiedene Calecit tritt in zweierlei verschiedenen Formen auf. Erstens in mehr oder weniger deutlich ausgebildeten Kristallen, die öfters in optischer Kon- tinuität mit denen der Organismenreste stehen; dieser Typus ist zwischen 30 und 637° sehr verbreitet. Zweitens als fase- riger, oft konzentrisch schaliger Überzug von Organismen- resten, in dieser Form findet man den neugebildeten Calcit und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 413 meist in den Teufen, die durch einen hohen Magnesiagehalt ausgezeichnet sind. Der die Hohlräume erfüllende, detritogene Kalkschlamm geht sehr rasch durch Umkristallisierung in Calcit oder Ara- gonit über; für gewöhnlich bleiben aber die Kriställchen sehr klein und der veränderte „mud“ unterscheidet sich dann äußerlich nicht sehr vom irischen. Zuweilen bilden sich aber auch große Kristalle, der vorher undurchsichtige Schlamm wird dabei aufigehellt, doch bleiben die so entstandenen Kri- stallindividuen immer etwas dunkler als die aus Lösung aus- geschiedenen. Von der Oberfläche bis zu 100° besteht der Bohrkern zum guten Teil aus Aragonit, bei dieser Tiefe beginnen bei diesem Mineral sich Zeichen des Verfalles einzustellen, die schließlich zu seinem völligen Verschwinden führen. Zunächst bildet sich in den Hohlräumen, die bereits teilweise mit Ara- gonit angefüllt sind, nicht mehr dieser, sondern nur noch Calecit, dann geht auch der früher aus Lösung ausgeschiedene Aragonit in Calcit über. Am längsten widerstehen die ara- gonitischen Organismenreste diesem Prozesse, aber schließlich werden auch sie von ihm ergrifien; dabei geht die feinere, organische Struktur verloren. Aragonit verschwindet aber auch noch auf einem anderen Wege, nämlich durch Auflösung; von aragonitischen Hart- gebilden bleiben nur Steinkerne und Hohldrücke zurück. Durch die sehr intensive Auflösung des Aragonits erklärt sich die auffallend lockere und poröse Beschaffenheit in den Tiefen zwischen 220 und 637°. Bei 637° setzt dann plötzlich die Dolomitisierung ein, der vorher sehr poröse Kalk wird zunächst kompakter, in den Hohlräumen hat sich aus Lösung Dolomit ausgeschieden. Dann wird der aus Lösungen auskristallisierte, „sekundäre“ Kalk in Dolomit übergeführt, schließlich werden auch die 414 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Organismenreste dolomitisiert. Dabei scheint die Zerstörung der feineren Strukturen nicht immer vollkommen zu sein. Trotz der völligen Umwandlung entsteht doch in keinem Falle Normaldolomit, Reste von Calcit scheinen, als unsicht- bare Verunreinigungen, stets in den Dolomitkristallen ein- geschlossen zu sein. Nicht vollständig ist die Dolomitisierung in den kalkreichen Zonen, die bei 826 und 1061’ festgestellt wurden; hier sind viele kalkige Organismenreste, teilweise sogar sekundärer Calcit erhalten geblieben. In Tiefen von 850° abwärts treten als jüngste Neubildungen in den Hohl- räumen faserige, konzentrisch schalige Überzüge auf. Sie bestehen am häufigsten aus Dolomit, seltener aus Calcit oder aus alternierenden Lagen beider Mineralien. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich sämtliche hier ge- schilderten Umwandlungen und Neubildungen unter dem Meeresspiegel und in neuerer Zeit vollzogen. Über die Ur- sachen, die sie hervorriefen, wissen wir leider noch so gut wie nichts. Für die Umwandlung von Aragonit in Calecit könnte man an eine Einwirkung des Druckes denken, da anscheinend unterhalb einer gewissen Tiefe Aragonit sich weder neu bildet noch erhaltungsfähig ist. Sehr auffallend ist das fast unvermittelte Absetzen der mittleren kalkigen gegen die tiefere dolomitische Zone. Dies kann nicht durch Druck erklärt werden, der wahrscheinlich allmähliche Über- gänge herbeiführen würde. Außerdem kommt bereits eine Zone dolomitischer Kalke in geringer Tiefe vor (25°), während kalkige Gesteine sich der dolomitischen Tiefenstufe ein- schalten. Sehr wichtig ist die Bestätigung der schon von SKEATS gemachten Beobachtung, daß sich Aragonit, Calcit und Dolomit aus Lösungen abscheiden können. Auch das Alternieren dolomitischer und kalkiger konzentrischer Krusten ist eine Erscheinung, die von größtem Interesse ist. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 415 Dolomitische Kalkknollen auf der Challenger- und Argus-Bank. In geringer Entfernung von den Bermuda-Inseln, von ihnen aber durch einen Kanal von 500—1000 Faden Tiefe getrennt, sind zwei submarine Erhebungen entdeckt worden, die Challenger- und Argus-Bank, deren höchste Teile nur 24—30 Faden unter dem Meeresspiegel liegen. Auf ihnen dretschte im Oktober 1905 T. H. BEAN eine größere Anzahl von Kalkknollen, die in einem ziemlich feinkörnigen Kalk- schlamm steckten; ihre genauere Untersuchung hat später NICHOLS! vorgenommen. Die Knollen wiegen zwischen 118 und 940 g, sind annähernd kugelig und besitzen eine rauhe, grubige Oberfläche, auf der sich Hydrozoen, Kalkalgen und andere Organismen angesiedelt haben. Die äußeren Teile, die einen konzentrischen und zelligen Aufbau zeigen, bestehen aus Korallen, Bryozoen und Kalkalgen, die inneren sind kom- pakter und enthalten häufig Gastropoden- und andere Mol- luskenschalen. | Eine chemische Analyse wies in den inneren Teilen 88,61 °/, Calciumcarbonat, 4,98°/, Magnesiumcarbonat, außer- dem noch geringe Mengen von Ferro- und Mangancarbonat, organische Substanz und ziemlich geringfügige klastische Beimengungen auf. In den äußeren Teilen stieg der Gehalt an Magnesiacarbonat aui 10,70°/,. NICHOLS ist der Ansicht, daß die Anreicherung der Magnesia in der Rinde der Knollen dadurch zu erklären sei, daß die dort abgelagerten Organismenreste bereits an und für sich mehr Magnesia enthalten, als die der inneren Teile. Analysen, die bei manchen lebenden Korallen, Bryozoen und Kalkalgen einen nicht ganz unbeträchtlichen Gehalt an Magne- ı MH. W. NICHOLS, New Forms of Concretions. Field Columbian Museum. Geol, Ser. III. 3. 1906. p. 40. AIG E. Philippi, Ueber Dolomitbildung sia nachweisen, während der der Molluskenschalen meist viel geringer ist, scheinen ihm bis zu einem gewissen Grade recht zu geben. Trotzdem möchte ich glauben, daß es sich auch hier eher um eine ganz rezente Dolomitisierung handelt, die in geringer Tiefe unter dem Meeresspiegel vor sich ging. Leider hat NICHOLS keine Dünnschliffe angefertigt, die mög- licherweise darüber Auskunit geben könnten, in welcher Form Magnesia in den Knollen enthalten ist. Die jungen dolomitischen Kalke der Seine-Bank. Am 18. August 1899 arbeitete die „Valdivia“, das Schiff der deutschen Tieisee-Expedition, ostnordöstlich von Madeira auf der Seine-Bank. Diese Untiefe!, deren höchster Punkt 146 m unter dem Meeresspiegel liegt und deren Seiten mit 11—25° Böschung zu Tiefen von über 4000 m abfallen, ist im Jahre 1882 von dem Kabeldampfer „Seine“ entdeckt und im darauffolgenden Jahre von der „Dacia“ genauer aus- gelotet worden. Die Position der Bank ist 33°47’° N. und 14° 20° W. | Aus etwa 150 m Tiefe dretschte die „Valdivia“ einen Kalksand, der sich aus Bruchstücken von Bryozoen, Korallen und Hydroidpolypen, Schalen von Pteropoden und anderen Mollusken, Stacheln und Gehäuse-Fragmenten von Echiniden, pelagischen und benthonischen Foraminiferen, Otolithen, Crustaceen-Fragmenten, Alcyonarien -Hartteilen, Kalkalgen, Schwammnadeln, Fetzen von Bimsstein u. a. zusammensetzt. Zusammen mit diesem bunten Gemenge von vorherrschend organogenen Substanzen fand sich eine Anzahl von sehr eigentümlichen, gröberen Gesteinsstücken. Die meisten gehören einem hellgelblichen Kalke an, der. auf allen Seiten von Bohrgängen durchsetzt und mit Serpula- ! Vergl. G. SCHOTT, Wissenschaftliche Ergebnisse der deutschen | Tiefsee-Expedition. 1. p. 100 ff. Taf. IV. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 417 Röhren bedeckt ist. Das größte Stück war abgeplattet, hatte einen dreiseitigen Umriß und wog 2,1 kg. Zusammen mit den Kalkfragmenten fand sich ein Geschiebe von granat- reichem Gneis, das deutlich eine glaziale Schlifffläche auf- weist. An ihm kleben Teile des in den anderen Stücken vorliegenden Kalkes, außerdem bedecken auch ihn Wurm- röhren und Schwammkolonien. Schlägt man die Kalkstücke auf, was bei ihrer Festigkeit nicht ohne Anstrengung möglich ist, so bemerkt man, daß nur ihre Außenseite rauh und löcherig ist, im Inneren findet man einen teils etwas porösen, aber auch bereits völlig ver- festigten, teils einen völlig dichten Kalk vor, der eine weitere Untersuchung nahelegte. Die noch nicht ganz homogenen Teile, die zwischen einzelnen Partien noch unausgefüllte Hohlräume enthalten, lassen deutlich ihren Ursprung aus einem ziemlich groben Kalksand erkennen; die dichten Teile sind von den dichtesten Kalken älterer Formationen, z. B. von südalpiner Majolica, auch mit der Lupe kaum zu unterscheiden. Die Untersuchung wurde in der Weise durchgeführt, daß von dem gleichen Stücke je ein Dünnschliff und eine chemische Analyse angefertigt wurde. Beide Methoden ließen erkennen, daß die Zusammensetzung der einzelnen Kalkbrocken, selbst die innerhalb eines Kalkstückes ziemlich veränderlich ist. Schliff No. 4, durch ein noch deutlich körniges Stück, zeigte ein Hauiwerk von anscheinend wenig veränderten kalkigen Organismenresten; Mollusken-, besonders Schnecken- Schalen wiegen vor, daneben sind Bruchstücke von Kalkalgen häufig. Ziemlich reichlich sind pelagische (Globdigerina) und benthonische Foraminiferen vertreten, sehr spärlich Echino- dermen, Bryozoen und Korallen. Diese organogenen Hart- gebilde sind durch einen äußerst feinkörnigen Zement mit- einander verkittet, der, wahrscheinlich durch organische Substanz, etwas dunkler gefärbt ist, als die Schalentrümmer. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. DT 418 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Die chemische Analyse, die durch Herrn PILLOW in Berlin vom gleichen Stücke angefertigt wurde, ergab: CE RE 81,61 Meitioke NIE 14,36 SO rt lee nf 0,38 03,070, )2. "re, u Ge 4,39 100,74 Es liegt also hier ein dolomitischer Kalk vor, der fast frei von mechanischen Beimengungen ist, dafür aber eine nicht unbeträchtliche Menge von phosphorsaurem Kalk enthält. Fin ganz anderes Bild gewährt Schliff 5. Hier finden wir viel weniger organogene Hartgebilde, vorherrschend Kalk- algen, verhältnismäßig wenig Foraminiferen und ganz zurück- tretend kompakte Molluskenschalen. Im Gegensatz zu den organogenen Einschlüssen hat der Zement an Masse zugenommen und ist stellenweise deutlich feinkristallin geworden. Möglicherweise steht mit dieser Ver- änderung des Zementes das weitere Anwachsen des Magnesia- gehaltes in Zusammenhang. Die Analyse von Herrn PILLOW, Berlin, ergab: CaCO, Bra 79,92 Mai Os 18,17 SO) HL IMRA LEINe 0,61 98,70 außerdem noch Spuren von BesO% Diese Probe ist ebenfalls nahezu frei von mechanischen Beimengungen. Auch bei Probe 6 ist die Matrix an einzelnen Stellen ausgesprochen kristallinsch. Die organischen Einschlüsse scheinen zum größten Teile zerstört zu sein. Einigermaßen häufig sind nur Kalkalgen, selten bemerkt man Foraminiieren. Einige schwer zu deutende Reste sind möglicherweise auf Bryozoen zurückzuführen. Sonderbar ist das Fehlen der in Schliff 4 so zahlreich vertretenen Molluskenreste; man fragt ! und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 419 sich, ob diese bereits ursprünglich nicht vertreten waren oder ob sie durch spätere Umwandlungen zerstört worden sind. Merkwürdigerweise ist trotz der Seltenheit von kalkigen Hartgebilden der Gehalt an kohlensaurer Magnesia geringer als in Probe 4. Eine Analyse, die von Herrn GREINER in Jena ausgeführt wurde, ergab: EeaCo,. 88,37 MsCO, us! STOMIR: Li 0,04 E20: 0,01 SORTE. 0,09 IH, Or 0,59 Von organischer Substanz waren 100,11 nur Spuren nachzuweisen. In Schliff 7 waren hingegen die organogenen Reste, in diesem Falle auch fast nur Fragmente von Kalkalgen und einige wenige Foraminiferen, besser erhalten, als in 6, während der Zement etwa die gleiche Stufe der Kristallinität einnahm. Die Analyse weist jedoch einen erheblich höheren Gehalt an kohlensaurer Magnesia auf, als in 6. Nach Herrn GREINER in Jena fand sich: CO: mehr: 80,91 Mao En... 17,28 NO ken 027 In verdünnter HCl BO ame! 0,20 löslich. Orr 0,26 Clesser ee Sesmistät. Spuren SRON ee So. 0,26 | I y Bose: mean 0,27 | n ei: HC ON 0,13 | uulzelen, 99,58 Bemerkenswert ist in Probe 7 ein nicht ganz unerheb- licher Betrag von organischer Substanz. Nach den Mitteilungen von Herrn GREINER hat das pulverisierte Material den Geruch von Heringslake (Trimethylamin). Beim Erhitzen im Glüh- röhrchen entwickelt sich eine ziemlich erhebliche Menge 27% 420. E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Ammoniak, ein eingeschobenes Stück rotes Lackmuspapier färbte sich trotz der gleichzeitig reichlich auftretenden Kohlen- säure stark blau. Die Substanz schwärzt sich im Glühröhrchen und gibt neben Ammoniak ein bräunliches Destillat. Mit verdünnter Salzsäure hinterläßt sie einen zähen, schleimigen Schaum. Auch der Fehlbetrag von 0,42°/, deutet auf das Vorhandensein einer organischen Substanz hin. Eine mehr oder minder starke Beimengung von bi- tuminösen Substanzen ist übrigens in Dolomiten und dolo- mitischen Kalken älterer Formationen recht häufig, ich erinnere nur an den sogen. Stinkkalk des Zechsteins. Wir stehen nun vor der Frage: In welcher Form ist die stets beträchtliche Menge von kohlensaurer Magnesia in den Kalken der Seine-Bank enthalten. Da von vornherein als wahrscheinlich anzusehen war, daß Magnesia sich in Gestalt von Dolomit vorinden würde, so wurden die Schliffe nach dem LEMBERG’schen ' Verfahren behandelt. Dies beruht auf der Erfahrung, daß in der Kälte aus Aluminiumsalzlösungen durch Kalkspat rasch Tonerdehydrat ausgefällt wird, während die Reaktion bei Dolomit sehr viel langsamer vor sich geht. Um die Fällung deutlicher zu machen, wird der Lösung von Chloraluminium (4 Teile in 60 Teilen Wasser) Blauholz zu- gesetzt, das sich mit dem Tonerdehydrat zu einem Lack verbindet. Das Verhalten gegenüber der LEMBERG’schen Lösung war sehr verschieden: In Schliff 4 wurden zumeist die organogenen Hartgebilde gefärbt, sie bestanden also aus Calciumcarbonat; nur in wenigen Fällen ließ sich die beginnende Dolomiti- sierung auch der organogenen Hartgebilde nachweisen. Hin- gegen schied sich in den Hohlräumen der Organismenreste, besonders der Kalkalgen, mit Vorliebe Dolomit ab. Die ' Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 40. 1888. p. 357. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 49] Hauptmenge des Dolomits gehört aber dem Zement an, der sich nach Behandlung mit LEMBERG’scher Lösung als aus zwei Substanzen zusammengesetzt darstellt. Ein Teil erweist sich als nicht erkennbar kristallin und wird noch stärker gefärbt als die Organismenreste; in dieser äußerst feinkörnigen Grundmasse liegen zahlreiche, gröbere Körner mit eckigen, meist sogar mit deutlich rhomboedrischen Umrissen, die nach einer Einwirkung von 10 Minuten Dauer noch keine Färbung angenommen haben, also wohl zweifellos Dolomit sind. Die Verteilung der Dolomitrhomboederchen in der kalkigen Grund- masse ist eine recht unregelmäßige, an einzelnen Stellen sind sie derart gehäuft, daß sie etwa „, des Zements ausmachen, an anderen überwiegt die feinkörnige, kalkige Grundmasse weitaus. In Schliff 6 und 7 sind auch die organogenen Hart- gebilde, hier überwiegend Kalkalgen, zum großen Teile in Dolomit übergeführt. Besonders bei 7 kann man die Dolo- mitisierung der Kalkalgen oft an einem Fragment in allen Stadien verfolgen. Zuerst füllt sich das Innere der Hohlräume mit Dolomit, dann wird auch der Kalk der Wandungen in Dolomit übergeführt; kalkige Streifen treten aber auch dann noch an der Grenze von zwei konzentrisch-schaligen Lagen auf. Die Dolomitisierung scheint von außen nach innen fortzu- schreiten, gewöhnlich findet man in der Mitte eines Kalk- algeniragmentes noch den stärksten Kalkgehalt. Ist die Dolo- mitisierung vollständig, so verschwindet meist auch jede Spur von Struktur. | Wenn man die Masse der durch die LEMBERG’sche Lösung nicht gelärbten Substanz abschätzt und mit den durch die Analyse gewonnenen Ziffern von MgCO, vergleicht, so gelangt man zu dem Schlusse, daß die farblos bleibenden Teile aller Wahrscheinlichkeit nach reinen Normaldolomit dar- stellen. 422 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Da ein großer Teil der kalkigen Hartgebilde, besonders die Schneckenschalen, ursprünglich aus Aragonit bestanden, da auch der Zement, wenn er ein chemisches Sediment war, wohl zunächst sich als diese Modifikation von CaCO, nieder- schlug, wie nach den Experimenten von LINCK! zu vermuten ist, so lag es nahe, die dolomitischen Kalke nach dem von MEIGEN angegebenen Verfahren mit Kobaltnitrat auf Aragonit zu prüfen. Es stellte sich dabei heraus, daß bei grob pul- verisierter Substanz sich nur ganz kleine Partien färbten, also Aragonit waren; auch an Dünnschlifien erhielt man so gut wie keine Aragonit-Reaktion. Es waren also nicht nur der Zement, falls er ursprünglich aragonitisch war, sondern auch sicher aus Aragonit bestehende Hartgebilde, wie die Schnecken- schalen, bereits in Calcit übergelührt. Nicht ganz leicht zu beantworten sind die Fragen, ob der die Organismenreste verkittende Zement ursprünglich ein normales, organogen-klastisches Sediment, ein „mud“ im Sinne SKEATS’, oder ein chemischer Niederschlag ist, ob er anfäng- lich weich war und erst später erhärtete oder bereits als harte Kruste ausgeschieden wurde; und schließlich, ob die Bildung der Dolomitrhomboeder gleichzeitig mit der der feinkörnigen Kalksubstanz vor sich ging oder ob die Dolomitkristalle aus dieser später durch Magnesiaaufnahme und Umkristallisierung hervorgingen. Gegen die Auffassung des kalkigen Zementes als nor- males, organogen-klastisches Sediment spricht die völlige Abwesenheit aller Mikroorganismen. Es müßten in ihm Kokkolithen, Bruchstücke und Embryonalkammern von Fora- miniferen, kurz alles das vertreten sein, was z.B. die feinsten ! LINCK, Bildung der Oolithe und Rogensteine. N. Jahrb. Beil.-Bd. XVI. 1903. p. 495. Ich schulde Herrn Geheimrat Prof. LINCK für die freundliche Durchsicht meines Manuskriptes sowie für manche Ratschläge aufrichtigen Dank. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 493 Abschlämmassen eines Globigerinenschlammes zusammen- setzt. Es ist auch kaum denkbar, daß diese feinsten Orga- nismenreste früher im Zement vorhanden waren und durch einen sekundären Umwandlungsprozeß zerstört wurden; denn der kalkige Teil des Zementes ist derart feinkörnig, daß man an eine Umkristallisierung nicht wohl denken kann. Außerdem wäre es schwer, sich vorzustellen, daß nur die Organismenreste von einer gewissen Größe an abwärts Um- wandelungsprozessen zum Opfer gefallen sein sollten, während die größeren Hartgebilde unverändert blieben (Schliff 4). Ich bin daher zu der Ansicht gelangt, daß der feinkörnige kalkige Zement im wesentlichen einen chemischen Nieder- schlag, kein organogen-klastisches Sediment darstellt. Wahr- scheinlich war der Kalkniederschlag bereits ursprünglich hart; wäre er weich gewesen, so wäre er bei der exponierten Lage des Riffes und der geringen Tiefe unter dem Meeresspiegel, dank seiner außerordentlichen Feinkörnigkeit, wohl bald aus- gewaschen worden. Außerdem wäre nicht einzusehen, wes- wegen ein ursprünglich weicher Kalkschlamm gerade auf der Seine-Bank rasch erhärtete, während sonst die kalkigen Sedi- mente größerer wie geringerer Tiefen sehr lange Zeit weich bleiben. Die Verhärtung eines Kalkschlammes zu einem Kalkstein eriolgt dadurch, daß sich in den Hohlräumen, die die einzelnen Organismenreste und detritogenen Kalkkörnchen miteinander einschließen, Kalkspatkristalle ausscheiden, die eine Verkittung der vorher lockeren Substanzen herbeiführen. Es kann aber auch ohne Zuführung von neuer Calcitsubstanz eine Erhärtung stattfinden, wenn der Kalkschlamm durch einen Umkristal- lisierungs-Prozeß zu einer eng aneinanderschließenden Mosaik von Kalkspatkristallen wird. Diese Vorgänge scheinen bei den meisten Kalkschlammen erst einige Zeit nach der Sedi- mentation und unter dem Einflusse des in den Erdschichten 494 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung zirkulierenden Wassers vor sich zu gehen. Bei den dolo- mitischen Kalken der Seine-Bank hat man aber wohl sicher eine sehr frühzeitige Erhärtung im Meerwasser anzunehmen. Die letzte Frage ıst die: Entstanden die Dolomitrhom- boeder gleichzeitig mit dem kalkigen Zement durch eine Aus- fällung aus dem Meerwasser, oder verdanken sie ihre Ent- stehung einer späteren Einwirkung von Magnesiasalzen auf den bereits fertig gebildeten Zement und auf kalkige Orga- nismenreste. Wahrscheinlich sind beide Prozesse nebeneinander in Tätigkeit gewesen. Die dolomitische Umwandlung von Mol- luskenschalen, Kalkalgen etc. zeigt, daß eine Dolomitisierung schon vorhandener Kalksubstanz eintrat. Wenn jedoch die Hohlräume von Kalkalgen u. a. von klaren Dolomitkristallen erfüllt sind, so deutet dies auf eine Ausscheidung aus Lösungen hin. Auch von SKEATS wurde beobachtet, daß beide Arten der Neubildung von Dolomit nebeneinander vorkommen. Übrigens sind die beiden Prozesse nicht allzusehr voneinander unterschieden, denn augenscheinlich muß auch bereits vor- handene Kalksubstanz vorher in Lösung gehen, ehe sich an ihrer Stelle Dolomit ausscheiden kann. | Ich möchte glauben, daß die Dolomitisierung der Seine- Bank-Kalke sich sehr frühzeitig vollzog, schon bei der Bildung des kalkigen Zementes oder ihr unmittelbar iolgend. Es ist meines Erachtens sogar recht wahrscheinlich, daß der chemische Absatz von Kalk und die Dolomitbildung im wesentlichen auf die gleichen Ursachen zurückzuführen sind. Wäre die Dolomitisierung erheblich später erfolgt, als die Verfestigung der Seine-Bank-Kalke, so würden wahrscheinlich die Kalkstücke eine stark dolomitische Kruste und einen kalkigen Kern zeigen; bei aller Unregelmäßigkeit im einzelnen scheint aber die Ver- teilung des Dolomitgehaltes im großen innerhalb eines Stückes eine gleichmäßige zu sein. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 495 Welche chemischen Vorgänge die Ausscheidung von Dolomit und Kalk auf der Seine-Bank hervorriefen, läßt sich mit Sicherheit noch nicht angeben. Als sehr wahrscheinlich ist aber wohl anzunehmen, daß Produkte, die bei der Zer- setzung von organischer Substanz entstanden, dabei von sehr wesentlicher Bedeutung sind. Es kommt augenschein- lich nicht die Kohlensäure in Betracht, die wohl nur als Lösungs-, nicht als Fällungsmittel wirken könnte, wohl aber kohlensaures Ammonium und Ammoniak. Daß die Seine- Bankkalke auch heute noch einen nicht ganz unbeträchtlichen Ammoniakgehalt auiweisen können, hat die eine Analyse gezeigt. In welcher Tiefe, bei welcher Temperatur und Beschajiien- heit des Meeresbodens die Fällung der Carbonate auf der Seine-Bank vor sich ging, wissen wir nicht genau. Wir dürfen nur annehmen, daß an der Stelle, an der die „Valdivia“ dretschte, die Neubildung der kompakten dolomitischen Kalke nicht mehr erfolgt, da die herauigeholten Stücke an ihrer Außen- seite überall nur Spuren der Zerstörung aufweisen. Sicher fand aber noch am gleichen Platze im Diluvium die Bildung der jungen Carbonatgesteine statt, da einem Gneisgeschiebe von glazialem Habitus, das zweifellos durch einen Eisberg hierher verschleppt wurde, noch Teile von Kalk fest anhaften. Die Tatsache, daß sich auf der Seine- Bank (83°) noch ein zweifelloses Glazialgeschiebe gefunden hat, ist auch an und für sich interessant, da meines Wissens nordisches Frraticum so weit im Süden bisher noch nicht bekannt war. Die organogenen Hartgebilde, die sich heute auf der Seine-Bank ablagern, haben einen ganz anderen Habitus, als die, welche in den jungen dolomitischen Kalken ent- halten sind. Während in den Kalken Gastropoden und Kalkalgen 4296 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung vorherrschen, sind diese unter den heutigen Organismen- resten, die die Dretsche ans Tageslicht gefördert hat, nur sehr spärlich vertreten. Man dari sogar iragen, ob die Kalk- algen-Bruchstücke, die sich gelegentlich fanden, nicht eher als subfossil gelten dürfen. Dagegen bilden die Hauptmasse der heutigen Organis- menreste Serpula, Bryozoen, Seeigel und Skeletteile von Alcyonarien, häufig sind auch Fragmente von Pteropoden. Alle diese Reste fehlen in den festen Kalken entweder ganz oder kommen nur untergeordnet vor. Im ganzen scheint es, als ob die heutige Organismen- welt der Seine-Bank in tieferem Wasser lebt als die, deren Reste wir in den Kalken finden. Es würde dies also eine Senkung bedeuten, was nicht unwahrscheinlich wäre, da sehr junge Senkungen! auch anderwärts an der westairikanischen Küste nachgewiesen werden können. Daß sich heute auf der Seine-Bank, wenigstens an der von der „Valdivia“ untersuchten Stelle, keine festen Kalke mehr bilden, könnte mit dieser Senkung zusammenhängen. Es würde dies die schon für die „Rifikalke“ der Südsee aus- gesprochene Ansicht bestätigen, wonach sich die Dolomit- bildung und wahrscheinlich auch die Verfestigung durch chemisch ausgeschiedenen Zement in den höchsten Schichten des Meeres vollzieht. Die Funde auf der Seine-Bank dürften für die Frage der chemischen Ausscheidung von Kalk und Dolomit deswegen von besonderer Bedeutung sein, weil sich hier der Prozeß wohl sicher im offenen Meere und bei normaler Konzen- tration des Meerwassers vollzog, nicht etwa in dem chemisch veränderten Wasser einer Lagune, wie dies für manche Arten von Dolomitbildung bisweilen angenommen worden ist. : Vergl. PHILIPPI, Betrachtungen über ozeanische Inseln. Naturwiss. Wochenschr. N. F. 6. No. 25. 1907. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen INeeren 3497 Nichts deutet darauf hin, daß die Seine-Bank einmal nach Entstehung der jungen Kalke über den Meeresspiegel gehoben worden ist; es ging also die Dolomitisierung aus- schließlich unter Bedeckung von Meerwasser vor sich. Sonstige Beispiele von chemisch ausgeschiedenem Kalk- carbonat und Doiomit in heutigen Meeren. Es darf hier die Frage auigeworien werden, ob Fällungen von Kalk- und Magnesiacarbonaten in offenen Meeresteilen bereits anderwärts nachgewiesen worden sind. Die allgemein verbreitete Ansicht ist wohl die, daß der- artige Fällungen am Boden oifener Meere nicht vorkommen. E. KAYSER schreibt in seinem vortrefilichen Lehrbuch der allgemeinen Geologie (p. 474): „Von den Bedingungen, unter denen sich Calciumcarbonat aus wässeriger Lösung ausscheidet, ist — wie G. BISCHOF gezeigt hat — im offenen Ozean keine erfüllt. — Vom Meerwasser mußten nicht weniger als 2 verdunsten, bevor eine Abscheidung von Kalk möglich wäre. Da aber die Verdunstung eines großen Volums Meerwasser bis auf 4 nicht leicht eintreten wird, so ist ein chemischer Absatz von Calciumcarbonat aus Meerwasser — wenigstens im offenen Ozean — nicht anzunehmen. Wenn wir trotzdem sehen, daß sich zu allen Zeiten der Erdgeschichte mächtige Lager marinen Kalkes gebildet haben, so ist dies nur der bewundernswürdigen Tätigkeit kalkabsondernder Meerestiere zu verdanken.“ Ebenso spricht sich KRÜMMEL in seinem soeben erschienenen „Handbuch der Ozeanographie“, 2. Aufl., aus (p. 160): „Jedenfalls handelt es sich da, wo wir heute scheinbar amorphe Kalkniederschläge finden, um nachträgliche Umlagerungen ursprünglich in Organismen erzeugten Kalkes, und das Wort des alten LINNE: omnis calx e vivo und calx est terra animalium behält seine Geltung.“ Wenn auch selbstverständlich zugegeben werden muß, 498 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung daß weitaus die größte Masse von kohlensaurem Kalk im Meere durch die Lebenstätigkeit der Organismen ausgeschieden wird, so dari man doch auch eine chemische Abscheidung von Kalk- und Magnesiacarbonaten am Boden des offenen Meeres heute nicht mehr leugnen. Die ersten, die auf derartige Vorgänge auimerksam ge- macht haben, waren JOH. WALTHER und P. SCHIRLITZ!; sie konnten nachweisen, daß das in dem feinen Schlick des Golies von Neapel zirkulierende „Grundwasser“ weniger Kalk- und Magnesiumsulfat enthält, als das normale, über dem Grunde stehende Meerwasser. Es lag der Gedanke sehr nahe, daß die Differenz durch das bei der Fäulnis organischer Substanzen entstehende Ammoniumcarbonat ausgefällt sei. Und die beiden Forscher haben wohl recht, wenn sie vermuten, daß „der be- deutende Prozentsatz von Kalk- und Magnesiacarbonat in einem von organischen Kalkresten möglichst beireiten See- schlamm darauf hinzudeuten scheint, daß wenigstens ein Teil dieser Carbonate nicht organischen Ursprungs ist“. Leider fehlt jeder Nachweis darüber, in welcher Form die Carbonate im Schlamme enthalten sind; doch ist es nicht ganz unwahr- scheinlich, daß sich wenigstens ein Teil als Dolomit aus- geschieden hat, freilich unter ganz anderen Bedingungen, als PFAFF, der das Analysenresultat zitiert, annimmt. Noch viel deutlicher hat NATTERER? nachweisen können, daß tatsächlich sich die Carbonate von Kalk und Magnesia am Meeresgrunde bei reichlichem Vorhandensein von Am- moniak im Bodensediment abscheiden müssen. Er sagt dar- über: „Es ist möglich, daß rein chemische Abscheidungen gelöster Stoffe stattiinden. Die von mir im Schlamm des ! Studien zur Geologie des Golfes von Neapel. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 38. 1886. p. 336. ° Zahlreiche Arbeiten in den Denkschriften d. math.-naturw. Kl. d. Wiener Akademie. Zusammengefaßt in der „Geographischen Zeitschrift“. 5. Heft 4 u. 8. 1899. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 499 Meeresgrundes gefundenen relativ großen Ammoniakmengen, welche bei fortschreitender Oxydation der daneben nach- gewiesenen organischen Substanzen noch eine bedeutende Vermehrung erfahren, müssen im Meerwasser Fällungen der letzteren Art hervorrufen, aber nur dann, wenn daneben bei der Oxydation der organischen Substanzen keine überschüssige Kohlensäure entstanden ist.“ Wo der Prozeß der chemischen Abscheidung durch das Herabsinken planktonischer Hartgebilde gestört wird, wie dies die Regel ist, bilden sich nur pulverige oder zähe, lockere Niederschläge. „Dort, wo der Fällungsprozeß ungestört von zu Boden sinkenden Hartkörperchen eriolgt, kann es zur Bildung von Steinplatten kommen.“ „Diese Steinkrusten sind oit von bedeutender Stärke; sie haben bei den Dretschungen das Zerreißen manchen Netzes und das Verbiegen des aus starken Eisenteilen geiertigten Netzrahmens bewirkt.“ Die chemische Beschaffenheit der Steinkrusten ist ziemlich veränderlich; sie bestehen vorwiegend aus kohlensaurem Kalk, dann aus eisen- reichem Ton, manganhaltigen Kali- und Natrondoppelsilikaten, Kieselsäure und kohlensaurer Magnesia. Meist führen die Steinkrusten mehr Magnesia in Form von Carbonat oder von in Salzsäure löslichem Silikat als die Schlammproben, doch ist leider nicht bekannt, in welcher Verbindung Magnesiacarbonat in den Steinkrusten enthalten ist. Im östlichen Mittelmeer fanden sich Steinkrusten besonders an den Stellen, die man als Verengungen ‘des Meeres bezeichnen könnte, nämlich zwischen Kreta und Afrika, Kreta und Klein-Asien, ferner zwischen Kreta und Griechenland und in Teilen des Ägäischen Meeres. Auch im Roten Meer, dessen Schlammwasser relativ sehr reich an Ammoniak ist, kommen Steinkrusten ziemlich häufig vor. | Nach Analogie der Steinkrusten wird man nun auch in anderen Zementierungen bezw. auch in manchen Konkretionen 430 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung chemische Absätze am Meeresboden zu sehen haben. MEYN! beschreibt von dem außen vor Cuxhaven gelegenen Süderwatt fest verkittete Mergel und Sandsteine, die zweifellos als rezente Neubildungen in den lockeren Sedimenten der Watt auftreten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß der kalkige Cäment eine chemische Neubildung ist, die der sicher sehr erhebliche Ammoniakgehalt des Wattenschlickes hervorgerufen hat. Auch die kalkigen Konkretionen, die der „Challenger“ in einem Blauschlick von 216—255 m Tiefe an den Ki-Inseln westlich von Neu-Guinea dretschte, ähnliche, die M. WEBER im Blau- schlick der Bandasee fand, die kleinen Kalkklümpchen am Boden des Schwarzen Meeres und manches andere gehören wohl hierher. Durch die neueren Forschungen an jungen Riffikalken, an den Kalkknollen der Challenger- und Argus-Bank und den Kalken der Seine-Bank ist die Frage nach der chemischen Entstehung von Carbonaten am Meeresgrunde und nach der Bildung des Dolomits in ein neues Stadium gerückt. Wir dürfen heute als sicher annehmen, daß sowohl Cal- ciumcarbonat wie Dolomit sich am Boden der heutigen Meere durch chemische Prozesse neu bilden können. Wieweit diese Neubildungen als pulverförmige Nieder- schläge in schlammigen Sedimenten verbreitet sind, entzieht sich noch unserem Wissen. Es läßt sich aber vermuten, daß wenigstens neugebildeter Dolomit in weichen Kalkschlammen nur ausnahmsweise (Goli von Neapel?) vorkommt, da die meisten Analysen von Kalkschlammen nur einen äußerst ge- ringen Magnesiagehalt angeben und mikroskopische Dolomit- rhomboederchen in diesen Sedimenten noch nicht nachgewiesen werden konnten. Im wesentlichen scheint die Neubildung von Dolomit ' L. MEyN, Riffsteinbildung im kleinen an der deutschen Nordsee- küste. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. 8. 1856. p. 119. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 43] und Kalk auf die Bildungen am Meeresgrunde beschränkt zu sein, die sehr rasch erhärten. Vielleicht ist umgekehrt der Satz richtiger. Gewisse Anhäufiungen von organogenen, kal- kigen Hartgebilden werden deswegen sehr bald zu iestem Gestein, weil sich zwischen den Schalentrümmern Kalk und Dolomit als verkittende Substanzen absetzen. Diese rasch verfestigten Kalk- und Dolomitablagerungen zeichnen sich alle durch die große Armut an minerogenem Detritus aus; eine Ausnahme machen nur die Steinkrusten der Tieisee, die aber auch in anderer Hinsicht kein absolutes Analogon von „Riil- kalken“ bilden. Wenn die rasch verfestigten „Rifikalke“ so erheblich viel weniger anorganischen Detritus führen, als die normalen, schlammigen Sedimente in ihrer Nachbarschaft, so kann dies zweierlei Gründe haben. Das Riff kann sehr viel rascher an- wachsen, als der Schlammgrund, dadurch wird gewissermaßen der anorganische Detritus hier konzentriert, dort verdünnt. Es ist aber auch möglich, daß sich der Riffkalk an Stellen bildet, die noch von den Wellen der Meeresoberfläche berührt oder von Strömungen gefegt werden, auf denen also durch die Wasserbewegung eine Ablagerung von feinstem Gesteins- material verhindert wird. Es leuchtet ein, daß derartige Teile des Meeresbodens, in denen das Wasser rasch erneuert, daher viel Nahrung vorbeigeführt wird, für die Ansiedelung sessiler oder halbsessiler Tiere, die ja meist die organogene Kompo- nente der „Riffikalke“ bilden, besonders günstige Bedingungen bieten müssen. Schon A. AGASSIZ! hat den gleichen Ge- danken für das Pourtales-Plateau ausgesprochen, dessen Boden bekanntlich ebenialls ein harter, neugebildeter Kalkstein bildet. „Ihe fauna found on the Pourtales-Plateau is undoubtediy due to the action of the Gulf Stream, which supplies the - Ihree Cruises of the Blake. I. p. 287. 439 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung animals living upon it with an abundance of food, and, in addition, sweeps the floor of the Plateau clear of all fine sedimentary accumulations.“ Über die chemischen Vorgänge, die sich bei der Aus- fällıng von kohlensaurem Kalk und Dolomit, oder wie wir jetzt sagen dürfen, bei der Zementierung der organogenen Hartgebilde zu einem festen Gestein, abspielten, wissen wir noch nicht genügend Bescheid. Wir dürfen aber wohl mit Recht vermuten, daß die Fällungen durch Stoffe, die bei der Verwesung der Tier- und Pilanzenkörper entstehen, hervor- gerufen werden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Ammoniak und Ammoniumsalze dabei eine sehr wichtige Rolle spielen '. Daß bei der Zersetzung organischer Substanzen unter dem Meeresspiegel Ammonium- und Natriumcarbonat ent- stehen, ist lange? bekannt, ebenso, daß durch diese Salze Calciumsulfat zerlegt und Calciumcarbonat neu gebildet wird. Neuerdings hat LINCK (l. c. S. 500ff.) nachgewiesen, daß das neu entstehende Calciumcarbonat Aragonit, nicht Calcit ist. Die chemische Abscheidung von kohlensaurem Kalk bei reich- licher Anwesenheit faulender organischer Substanzen ist also am Meeresboden nicht schwer zu erklären. Anders steht es mit der Dolomitbildung. Weder Magnesia- carbonat noch Dolomit scheiden sich durch Einwirkung von Ammonium- oder Natriumcarbonat aus den Salzen des Meer- wassers aus. Trotzdem scheint unleugbar ein gewisser Zusammenhang zwischen Neubildung von Calciumcarbonat und Dolomitisie- ' Auch SALOMON zieht bereits die chemische Einwirkung verwesender organischer Substanzen für die Bildung der „Riffkalke“ in Betracht. Geol. u. paläont. Stud. ü. d. Marmolata. Palaeontographica. 42. 1895. 47. 2 Vergl. hier STEINMANN, Über Schalen- und Kalksteinbildung. Ber. d. nat. Ges. Freiburg. 1889. 4. und Über die Bildungsweise des dunklen Pigmentes bei den Mollusken nebst Bemerkungen über die Entstehung von Kalkcarbonat. Ebenda. 1899. 11. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 433 rung zu bestehen. Worauf er beruht und weswegen in dem einen Falle eine völlige Dolomitisierung erfolgt, während anderwärts anscheinend unter gleichen Bedingungen nur kohlen- saurer Kalk sich abscheidet, ist heute noch rätselhaft. So scheint z. B. bei den rezenten Lithothamnienkalken der Bucht von Neapel, die JOH. WALTHER! beschrieben hat, eine Dolomitisierung nicht stattzufinden, trotzdem ihre ur- sprüngliche Struktur durch einen Umkristallisierungsprozeß oit bis zur Unkenntlichkeit verändert ist. Auch die stark ver- änderten, tertiären Lithothamnienkalke von Syrakus zeigen keine Anreicherung von Magnesiacarbonat, im Gegenteil, die in ihnen enthaltene Menge ist geringer als in den zum Ver- gleich herangezogenen rezenten Kalkalgen. In einem von SHARPLES * analysierten Kalke des Pourtales-Plateaus fehlt so- gar jede Spur von kohlensaurer Magnesia. Auch in der Süd- see kommen nebeneinander und scheinbar unter den gleichen Bedingungen kalkige und dolomitische Neubildungen vor. Weiteren Aufschluß über die wichtige Frage, unter welchen Umständen sich heute am Meeresgrunde feste reine Kalke, unter welchen sich dolomitische Kalke bilden, dürfen wir vor allen Dingen von einer genaueren Untersuchung derjenigen Lokalitäten erwarten, an denen sich heute noch derartige Ge- steine neubilden. Vor allen Dingen kommen hier die sub- marinen Bänke zwischen den Kanaren und der nordajirika- nischen bezw. portugiesischen Küste in Betracht (Seine-, Dacia-, Josephine-Bank etc.), ferner die sehr ausgedehnten Kalkplateaus an den Küsten von Florida (Pourtales-Plateau und Florida-Bank), Yucatan (Campeche-Bank), die Mosquito- Bank an der Ostküste von Nicaragua und andere kleinere im * JoH. WALTHER, Die gesteinsbildenden Kalkalgen des Golies von Neapel und die Entstehung strukturloser Kalke. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 37. 1885. p. 329. inter Ernises ofıme Blake 1. pP. 288. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 28 434 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung Westindischen Mittelmeer. Chemische, petrographische und zoologische Arbeiten, von denen wenigstens ein Teil sogleich an Bord des untersuchenden Schiffes zu leisten wäre, hätten sich die Hand zu reichen. Es ist mir kaum zweifelhaft, daß eine eingehende und derartig vielseitige Untersuchung geeigneter Lokalitäten be- stimmte Beziehungen zwischen der chemischen Beschaffenheit des sogen. Grundwassers, der Natur, der neu sich bildenden Carbonate und der Fauna, eventuell auch Flora der sub- marinen Bänke feststellen würde. Die hier gefundenen Er- gebnisse würden durch Laboratoriumsversuche ihre Ergänzung und Bestätigung finden. Und so würden wir endlich zu einem vollen Verständnis der submarinen Carbonatneubildungen, be- sonders der Dolomitbildung gelangen, wenigstens soweit sich diese in Wasser von normalem Salzgehalt vollzogen. Chemische Kalk- und Dolomitabsätze in den Meeren der Vorwelt. Die Geologie dari von den Ergebnissen chemisch-ozeano- graphischer Arbeiten auf modernen submarinen Kalkplateaus mancherlei wichtige Aufschlüsse erwarten. In allen geologischen Formationen treten ungeschichtete oder sehr grobbankige Kalke und Dolomite auf, deren Deutung in manchen Fällen noch auf große Schwierigkeiten stößt. Wichtiger als der Mangei oder das Zurücktreten der Schichtung sind meines Erachtens zwei andere, diesen Bil- dungen gemeinsame Merkmale. Der geringe Betrag von klastischen!, in Salzsäure unlöslichen Substanzen und der ! Ich erfahre, daß Herr Prof. SALOMON sich zurzeit mit ähnlichen Problemen beschäftigt und im wesentlichen zu gleichen Ergebnissen ge- langt ist. Er gebraucht für die detritusfreien Kalke und Dolomite die Bezeichnung „katharisch‘“, für die mit klastischem Material gemengten Carbonate das Wort „symmikt“. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 435 Charakter von Fauna und Flora. Die Organismen, die wir in diesen Bildungen finden, sind fast alle sessil oder schwer beweglich. Korallen und Kalkalgen, dickschalige Muschel- schalen und Schneckengehäuse, Brachiopoden, Bryozoen, Seelilien, benthonische, kompakte Foraminiferen etc. dürfen wir in diesen Bildungen erwarten. Es sind Formen, die dort lebten, wo sie fossil wurden, keine oder nur wenige Typen, die von der Oberfläche des Meeres oder aus mittleren Wasser- schichten stammen. Nach meiner Auffassung ist aber auch der Zement, der die Organismenreste verkittet, kein normaler Kalkschlamm, sondern ein chemischer Absatz, der sich als harter Nieder- schlag am Meeresboden bildete und die organogenen Hart- gebilde frühzeitig zu einem festen Gestein miteinander verband. Die sogen. „Rifikalke“ und verwandte Bildungen sind also keine Sedimente im eigentlichen Sinne des Wortes. Zu ihrer Bildung trugen keine Substanzen organogener oder klastischer Entstehung bei, die von anderwärts herbeigeführt wurden und auf den Meeresboden niedersanken. Diese „Riifkalke“ darf man im Gegensatz zu den echten Sedi- menten als an Ort und Stelle gewachsen, als autochthon oder wie CAYEUX gesagt hat, als benthogen bezeichnen; es sind chemisch-organogene Bildungen, die sich aus den Hartgebilden von Organismen und chemisch ausgeschiedenen Carbonaten aufbauen. Bei der Neubildung der Carbonate spielt aber wahrscheinlich die Fäulnis organischer Materie die ausschlag- gebende Rolle. Ob die sogen. „Rifikalke“ der Vorwelt auf Korallenkalke oder auf Bildungen zurückzuführen sind, die den modernen Kalken des Pourtal&s-Plateaus entsprechen, wird sich nur dann entscheiden lassen, wenn wir ihren fossilen Inhalt ge- nauer kennen. Vielleicht hat die Frage nicht ganz die Wichtig- keit, die ihr heute von mancher Seite beigelegt wird; besonders 28% 436 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung im Westindischen Mittelmeere dürften sich manche Übergänge zwischen beiden Typen finden. Von größerer Bedeutung scheint mir die Frage zu sein, in welcher Lage sich „Riffikalk* und Schlammgrund zuein- ander räumlich befinden. Aus dem, was weiter oben aus- geführt wurde, geht hervor, daß sich der Riffkalk an den Stellen des Meeresgrundes bildet, an denen Wasser, das reich- lich Organismen enthält, in rascher Bewegung ist. Schlamm wird sich zwar in geschützten Buchten, die von dem be- wegten Wasser nicht getroffen werden, im gleichen, möglicher- weise sogar in höherem Niveau niederschlagen können. Im offenen Meere aber wird der Schlammgrund stets tiefer liegen als der „Rifikalk“ und diese Differenz wird sich durch das stärkere Wachstum des „Riffes“ vergrößern, bis dieses mit Erreichung des Meeresspiegels seine obere Grenze findet. Man wird also in solchen Fällen von einem Riff in des Wortes vollster Bedeutung sprechen dürfen, bei flächenhafter Ausdehnung von einer Bank, nur ist es schwer, das Riff in vielen Fällen nach einer bestimmten Tierklasse zu benennen, da es für gewöhnlich der Aufenthaltsort der allerverschiedensten Tier-Gruppen ist, zu denen sich vielfach noch die Kalkalgen gesellen. ROTHPLETZ! nimmt wohl mit Recht an, daß der süd- alpine Schlerndolomit eine Ablagerung sei, die mit den modernen Kalken des Pourtal&s-Plateaus verglichen werden müsse. Wenn er aber meint, daß sich der Schlerndolomit in einem Meeresteile gebildet habe, der durch eine submarine Barre gegen die Einschwemmung von klastischem Material geschützt gewesen sei, so kann ich ihm durchaus nicht bei- pflichten. Eine auch noch so hohe Barre wäre ohne Schwierig- keit von dem feinverteilten Tuffmaterial, wie es teilweise in ! ROTHPLETZ, Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. p. 66. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 437 den Wengener und Cassianer Schichten der Seisser Alp vor- liegt, ohne Schwierigkeit überstiegen worden. Wenn der Schlerndolomit von dem Tuffmaterial, das in großen Massen in seiner unmittelbaren Nachbarschaft produziert wurde, so gut wie nichts! aufgenommen hat, so kann ich dies nur auf eine Weise erklären. Nämlich durch die Annahme, daß der Schlern schon zur Zeit dieser EFruptionen ein hochauiragendes Kalkriff war, auf dessen Oberfläche stark bewegtes Wasser die Ablagerung von feinem Tufimaterial verhinderte, dafür aber die Entwicklung einer reichen Fauna in hohem Maße begünstigte. Ich gelange also ebenso wie KOKEN’, freilich auf anderem Wege, wieder zu der alten RICHTHOFEN’schen Rifitheorie, wenn auch vielleicht von einem Korallenriffe im eigentlichen Sinne des Wortes nicht gesprochen werden kann. Es scheint aber, daß die chemische Abscheidung von Kalk- und Kalkmagnesiacarbonaten am Meeresgrunde nicht nur bei den sogen. „Rifikalken“, sondern auch bei anderen Ge- steinen eingetreten ist, die man bisher als ganz normale, organogen-klastische Sedimente auigeiaßt hat. Nach LINCK® sind alle Oolithkörner primäre, chemische Abscheidungen aus dem Meerwasser (oder aus Thermalquellen); Natrium- und Ammoniumcarbonat, die bei der Verwesung von organischer Substanz entstanden, schieden durch Zer- setzung des Calciumsuliates Aragonit-Sphärolithe ab, die später in Kalkspat übergingen. Ob allerdings der die Oolithkörner verbindende, in vielen Fällen kalkige Zement ebenfalls zum Teil eine chemische Ab- scheidung ist und ob die Oolithe sich am Meeresboden als feste Bänke bildeten, bedarf noch weiterer Untersuchung. ‘ Vergl. die Analysen bei SKEATS, Quart. Journ. 61. 1905. p. 97. * KOKEN, Geologische Beiträge aus Südtirol. Dies. Jahrb. 1906. II. p. 19. ® LINCK, Bildung der Oolithe und Rogensteine. N. Jahrb. Beil.-Bd. XVI. 1903. p. 495. 438 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung In einem Falle scheint beides für einen sehr bekannten Oolith, den Schaumkalk des unteren Muschelkalks, festgestellt zu sein. JAEKEL! beschreibt aus den Brüchen von Freiburg a. U. eine Gesteinsplatte, die unstreitig die Oberfläche eines einst- maligen Meeresgrundes darstellt. „Auf diesem Boden finden sich verschiedene schari ausgeprägte Schlepp- und Kriech- spuren, ierner sind die von den Ophiuriden hinterlassenen Eindrücke in der gebräunten Oberfläche vollkommen scharf. Die sich schon hieraus ergebende Folgerung, daß jener Meeresboden bis zu einem gewissen Grade erhärtet sein mußte, ehe sich weitere Schichten auf ihm ablagerten, wird dadurch bestätigt, daß die Crinoiden sich mit kegelförmiger Wurzel auf dem Boden anhefteten. Das ist immer nur auf festem Boden der Fall, während sonst in weichem Grunde eine strauchartige Verzweigung des unteren Stielendes zur Fixation der Crinoiden dient. — Die Sedimentation muß da- bei jedenfalls in der Weise vor sich gegangen sein, daß das Meerwasser über dem Boden nur sehr wenig suspendierte Kalkpartikelchen enthielt, wenn sie nicht überhaupt nur auf chemischem Wege durch Niederschlag festen Kalkes auf dem _ bereits vorhandenen Boden erfolgte.“ Es scheint aber, daß auch andere Bänke des unteren Muschelkalkes durch chemischen Absatz von Carbonaten sehr rasch veriestigt wurden. Im unteren Muschelkalk des östlichen Thüringens sind Konglomerate sehr weit verbreitet; sie enthalten Gerölle eines blauen, dichten Kalksteins, der sich durch gelegentliche Fossil- führung ebenfalls als Muschelkalk dokumentiert, dessen Ver- festigung also sehr rasch erfolgt sein muß. Ein ähnlicher, dichter, dunkelblauer bis rötlicher Kalk stellt die eine der beiden Fazies dar, in denen die Oolith- !ı JAEKEL, Über Encrinus Carnalli. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturf. Fr. 1894. p. 150. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 439 bank 8! bei Jena erscheint. Bohrgänge dringen von der Oberfläche her bis 5 cm tief in die Kalkbank ein, außerdem haben sich an seiner Oberseite festsitzende Tiere wie Palaeo- balanus Schmidi und Placunopsis ostracina in großen Mengen angesiedelt; es scheint also klar zu sein, daß diese Kalkbank schon am Meeresgrunde erhärtet war. Auch in der Schichtengruppe f, die über der Oolith- bank £& liegt, kommen ähnliche Bänke noch vor. R. WAGNER sagt: „Die detritogene Ausbildung der Bänke kann übrigens, wie bei der Oolithbank &, in blauen dichten Kalk mit zahl- reichen Bohrgängen übergehen. In diesem Falle besteht die Bank oit mit Ausschluß jeglicher detritogenen Elemente aus aufeinander gepreßten, zackig verbogenen Knollen von hartem, dichtem Kalk.“ Sehr hübsch zeigt in WAGNER’s Arbeit Figur 3, die eine 12 cm dicke Bank aus der Schichtengruppe f darstellt, einen frühzeitig verhärteten Meeresgrund. Der untere Teil der Bank besteht aus blauem, dichtem Kalk, der eine sehr unregelmäßige, augenscheinlich erodierte Oberfläche besitzt und von zahl- reichen Rissen durchzogen ist. Der obere Teil setzt sich hingegen aus einem hellgrauen, kristallinischen Muscheldetritus zusammen, der viele kleine Gerölle des liegenden blauen Kalkes und Glaukonit enthält; das gleiche Gestein erfüllt auch die Risse der blauen Kalkbank, Nach R. WAGNER ist es sehr wahrscheinlich, daß auch der detritogene Kalk des oberen Teiles sehr rasch verfestigt wurde, denn auf seiner Oberfläche siedelte sich eine reiche Muschelfauna an und eine große Enerinus-Wurzel, die einer festen Unterlage bedarf, wurde hier gefunden. Daß die Veriestigung im Gebiete der „Schorre“, zwischen Ebbe und Flut, erfolgte, daß also bei Bildung dieser einen Bank ein mehrfaches Auftauchen und Versinken erfolgte, " Nach R. WAGNER, Beitrag zur genaueren Kenntnis des Muschel- kalks bei Jena. Abh. d.K. preuß. geol. Landes-Anst. Neue Folge. H. 27. 440 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung ist mir nicht sehr wahrscheinlich, vielmehr möchte ich an- nehmen, daß auch hier die Verfestigung unter dem Wasser- spiegel vor sich ging. Besonders bei einem Gesteine, das man bisher oft für den Typus eines organogenen gehalten hat, bei der weißen Schreibkreide, ist mir die Beteiligung von chemisch aus- geschiedenem Kalk sehr wahrscheinlich. Viele Autoren, vor allen HUXLEY, CARPENTER und WYVILLE THOMSON haben die Kreide mit Globigerinen- schlamm, also einem echt pelagischen Tiefseesediment ver- glichen. Gegen diese Auffassung sind schon frühzeitig Stimmen laut geworden. In neuerer Zeit hat besonders CAYEUX! durch sehr eingehende Untersuchungen festgestellt, daß eine nähere, lithologische Verwandtschait zwischen Globi- gerinenschlamm und Schreibkreide nicht existiert und daß diese jedenfalls sich in Meeresräumen von verhältnismäßig geringer Tiefe bildete. Wenn nun auch die Schreibkreide offensichtlich in ver- hältnismäßig seichtem Wasser abgesetzt wurde, so ist sie doch deswegen noch keine terrigene Ablagerung. Die Beimengung von klastischem Material, das den benachbarten Kontinenten entstammt, ist meist eine sehr geringfügige; die Kreide aus den inneren Teilen des Pariser Beckens enthält stets weniger als 1°/, Mineralkörner, deren mittlerer Durchmesser zwischen 0,04 und 0,08 mm schwankt. Ein Teil der Mikrofauna und -flora, die zur Bildung der Kreide beigetragen haben, insbesondere die Kokkolithen, die planktonischen Foraminiferen und Radiolarien, ist allerdings pelagischen Ursprungs, ihre Hartgebilde sanken nach dem Ab- sterben der Organismen aus höheren Meeresschichten zum Grunde nieder. Der größte Teil der Makrofauna aber, ab- ! L. CAYEUX, Contribution A l’Etude micrographique des terrains sedimentaires. Lille 1897. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 441 gesehen von den Fischen und vielleicht auch den Cephalo- poden, besteht aus Bewohnern des Meeresgrundes (Bryozoen, dickschalige Mollusken, Brachiopoden, Seeigel, Schwämme etc.). In vielen Fällen dürften diese benthonischen Organismenreste und ihr Detritus für die Bildung der Schreibkreide größere Wichtigkeit besitzen, als die pelagische Komponente; man kann alsdann die Schreibkreide, um einen Ausdruck von CAYEUX zu gebrauchen, als vorwiegend benthogen be- zeichnen. Benthogen sind aber auch die modernen „Rii- kalke“ des Pourtal&s-Plateaus usw. und tatsächlich stehen diese Bildungen der Kreide in genetischer Hinsicht näher als der Globigerinenschlamm. Der Hauptunterschied zwischen beiden Typen besteht darin, daß in dem einen Falle der Zement soiort einen festen Niederschlag bildete, während er in dem anderen Falle bis auf den heutigen Tag unverfestigt blieb. Da nun der Zement der „Rifikalke“ nach meiner Auf- fassung zum Teil ein chemisches Sediment darstellt, so liegt der Gedanke nahe, daß es sich bei der Kreide ähnlich ver- halten könnte. An dem Zement der Schreibkreide beteiligen sich nach CAYEUX folgende 3 Kategorien: 1. klastisches Material, tonige Substanzen, Mineralkörner von sehr keinem Volumen und zu feinstem Schlamm zerriebene Organismenreste. 2. Kleinste organogene Hartgebilde, wie Kokkolithen. 3. Durch chemische Vorgänge entstandene Substanzen. | Von der letztgenannten Abteilung besteht der größte Prozentsatz aus sehr kleinen Kalkspatrhomboederchen und weniger regelmäßig gestalteten Kalkspatkörnern. Ein großer Teil dieser mikroskopischen Kalkspatkristalle entstand nach CAYEUX bei der Umsetzung der aragonitischen Hartgebilde in die stabilere Modifikation des Calcits. Ein anderer Teil aber bildete sich dadurch, daß der Kalk, der bei der Zer- 442 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung , störung von organogenen Hartgebilden in Lösung ging, in situ wieder niedergeschlagen wurde. CAYEUX sagt (l. c. p. 464): „En resume, deux categories d’elements sont en rapport direct avec un phenomene de dissolution des coquilles donnant naissance, d’une part a des debris ronges souvent reduits a l’etat de squelettes, et d’autre part a de la calcite pulverulente, resultant de la precipitation in situ du carbonate de chaux emprunte aux organismes en voie de destruction. L’&elaboration des elements de la deuxieme categorie est A proprement parler un phenomene essentiellement physique lie a l’activite chimique: elle correspond & une veritable desagregation de particules calcaires sous liniluence de la d&composition de la matiere organique qui leur est associce.“ Trotzdem CAYEUX den chemischen Ursprung der Kalk- rhomboederchen zugibt, leugnet er doch eine direkte und gleichzeitige Ausfällung hauptsächlich deswegen, weil sie am Grunde der heutigen Meere nicht oder nur ausnahmsweise stattfinden soll. „I n’existe pas dans la craie de charbonate de chaux r&esultant d’une pre&cipitation chimique contemporaine de la sedimentation“ (l. c. p. 467). Ich möchte hingegen annehmen, daß es nur den einen, ungezwungenen Schluß gibt: Sind die Kalkrhomboederchen des Kreidezementes, wenigstens z. T., ein chemisches Pro- dukt, das sich unter der Mitwirkung von verwesenden or- ganischen Substanzen bildete (was auch von CAYEUX zu- gegeben wird), so erfolgte ihre Bildung der Hauptsache nach doch wohl in der Zeit, in der die organische Substanz am reichlichsten vorhanden war, d. h. gleichzeitig mit oder sehr bald nach der Sedimentation. Daß auch spätere Umsetzungen, möglicherweise sogar noch unter dem Einflusse der Tages- wässer, stattgeiunden haben können, ist klar. Die Ausfällung des Kalkes fand im Kreidemeere unter anderen Verhältnissen statt, als auf den sogen. „Rifikalken“. und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 443 Während hier das Wasser wahrscheinlich auch über dem Grunde in ziemlich starker Bewegung war, muß es am Grunde desKreide- meeres sehr ruhig gewesen sein, da sonst z.B. die Kokkolithen nicht zu Boden gesunken wären. Wo Trümmer von 0,12 mm am Boden liegen bleiben, ist nach KRÜMMEL! die Strömung nicht stärker als 7 mm per Sekunde oder 600 m pro Tag, die größten Kokkolithen haben aber einen Durchmesser, der kaum über 0,012 mm hinausgeht, meist aber darunter bleibt. Es ist nun nicht unmöglich, daß gerade das Niedersinken von Kokkolithen, Radiolarien und anderen planktonischen Hartgebilden die Bildung eines festen Kalkzementes verhinderte und bewirkte, daß der chemisch ausgeschiedene kohlensaure Kalk in Pulverform ausfiel; NATTERER? ist der Ansicht, daß im östlichen Mittelmeere dort, wo Hartgebilde aus höheren Wasserschichten zu Boden sinken, der Fällungsprozeß immer gestört wird, es bilden sich alsdann statt der kompakten Stein- krusten nur pulverige Niederschläge. Neben den überwiegenden, weichen Gesteinen haben sich im Kreidemeere aber auch harte Krusten und Bänke aus- geschieden, auf die HEBERT? vor längerer Zeit aufmerksam gemacht hat. Wie die analogen Bänke im unteren Muschel- kalk sind diese „hard grounds“ von Bohrlöchern durchsetzt. HEBERT glaubt diese Bänke auf Oszillationen des Meeres- grundes, ja sogar auf eine zeitweilige Trockenlegung zurück- führen zu können; ich möchte eher mit JANET* annehmen, daß zwar eine Unterbrechung, zum mindesten eine Verlang- ! KRÜMMEL, Handbuch der Ozeanographie. 1. 2. Aufl. 1907. p. 187. ® NATTERER, Chemisch-geologische Tiefsee-Forschung. Geograph. Zeitschr.. 5.. 1899. p. 197. 3 CAYEUX, 1. c. p. 553. HEBERT, Ondulations de la craie du Nord eslaeı nanee. Bill. Soc. Geol. Fr. 22 Ser. 29% p.' 446 1.583. '3.- Ser. ©: P.1012; * JANET, Note sur les conditions, dans lesquelles s’est effectue le depöt de la craie dans le Bassin parisien. Bull. Soc. Geol. Fr. 3. Ser. 19. p. 309. 444 E. Philippi, Ueber Dolomitbildung samung der Sedimentation, aber keine Hebung über den Meeresspiegel stattgeiunden hat. Als Ursache dieser Erschei- nungen bin ich geneigt, ähnlich wie HUME, das zeitweilige Auftreten von Strömungen anzusehen, die die Ablagerung der planktonischen Fiartgebilde verhinderten und im Kreidemeere ähnliche Verhältnisse schufen, wie z. B. auf dem Pourtales- Plateau. Das Resultat war, daß sich unter diesen veränderten Bedingungen nun feste Kalke mit hartem Zement absetzten. Daß ihrer Bildung an vielen Stellen eine Erosion des Meeres- grundes voraufging, ist bereits von HEBERT erkannt worden. Schluß. In den heutigen Meeren sind bereits räumlich nicht un- beträchtliche Gebiete nachgewiesen worden, in denen sich, nach der hier vertretenen Anschauung, auf chemischem Wege Kalk am Meeresgrunde abscheidet. Wir kennen bisher nur feste Ausscheidungen, in denen das neugebildete Carbonat teils als Steinkruste oder Konkretion, teils als Zement bentho- gener Kalke auftritt; es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß lokal auch pulverförmige Ausfällungen in heutigen Meeren eriolgen mögen. Fast alle diese Erscheinungen gehen nach unserer bisherigen Kenntnis in wärmeren Meeren vor sich, in denen das Organismenleben, besonders das benthonische, sehr reich und die Fäulnis sehr intensiv ist. Man darf vermuten, daß in früheren Erdperioden chemische Abscheidungen von Kalk noch einen größeren Umfang hatten, als heute, da in der Vergangenheit die Meere meist wärmer waren und das Organismenleben sich wohl noch reicher ge- staltete. Wahrscheinlich ist, daß der Zement der meisten sogen. benthogenen Riifikalke auch früher auf chemischem Wege aus dem Meerwasser ausgeschieden wurde. Die Riü- kalke, welcher Art auch ihre Fauna und Flora gewesen sein mag, bildeten sich an exponierten Stellen, im offenen Meere und chemische Abscheidung von Kalk in heutigen Meeren. 445 hoch über dem Schlammgrunde. Vermutlich sind außer den nicht oder mangelhaft geschichteten Rifiikalken auch andere, teilweise wohlgeschichtete Kalkbänke bald nach der Sedimen- tation durch chemische Kalkniederschläge veriestigt worden. Auch die weiße Schreibkreide enthält wahrscheinlich auf chemischem Wege am Meeresgrunde ausgeschiedene Kalk- substanz, die aber hier meist als lockeres Pulver zur Ab- scheidung gelangte. Im Zusammenhang mit der raschen Veriestigung durch chemische Kalkabscheidung scheint stellenweise in heutigen Meeren Dolomitbildung einzutreten. Weswegen sie allerdings an manchen Stellen zu beobachten ist, an anderen aber unter anscheinend gleichen Bedingungen ausbleibt, ist noch rätsel- haft. Von einer genaueren Untersuchung geeigneter Lokali- täten, wie der Seine-Bank, dürfen wir, wenn nicht eine völlige Lösung des verwickelten Problems, so doch wichtige Aul- schlüsse erwarten. Eine allgemeine, mehr oder minder starke Dolomitisierung kalkiger Sedimente, die nach PFAFF als Wirkung erhöhten Druckes von einer gewissen Tiefe an stattiinden soll, ist ın den heutigen Meeren nicht nachzuweisen. 446 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Indisches Perm und die permische Eiszeit. Von E. Koken. Mit 1 Karte (Taf. XIX). Im Laufe dieses Jahres sollen die Resultate meiner wissen- schaftlichen Beobachtungen in der Saltrange herausgegeben werden. In einer Serie von Abhandlungen sind die tekto- nischen und morphologischen Eigentümlichkeiten des bereisten Gebietes, seine Stratigraphie und die Faunen des Productus- Kalkes und der Trias eingehend behandelt; eine Abhandlung von Dr. DIETRICH bringt die petrographische Untersuchung der im permischen Geschiebelager gesammelten kristallinen Gesteine. Bei der Besprechung des pandschabischen Perms und der glazialen Phänomene konnte ich mich aber nicht auf die Darstellung des Beobachteten beschränken, sondern es lag nahe, weiter auszuholen und möglichst viel heranzuziehen, was auf diese merkwürdige Episode der Erdgeschichte Licht werien kann, und Stellung zu den gerade in den letzten Jahren viel besprochenen Fragen der permischen Vereisung zu ge- winnen. Der Abschnitt hat auf diese Weise einen etwas anderen Charakter angenommen und fügt sich nicht leicht in den Rahmen der übrigen, oben angedeuteten Monographien E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 447 und des allgemein geologischen Teils. So lasse ich ihn als selbständige Schrift hinausgehen in der Hofinung, damit den- jenigen, die sich weniger für die spezielle Tektonik und die Paläontologie der Saltrange interessieren, eine willkommene Übersicht zu bieten. Vieles ist nur eine Kritik älterer Beobachtungen, ein mehr oder weniger selbständiges Referat, aber anderseits kann ich mich darauf stützen, daß ich eine der für die ganze Frage wichtigsten Gegenden monatelang durchwandert und ein Material in meiner dem Tübinger geologischen Institut ein- verleibten Sammlung vereinigt habe, das auch die Prüfung der aus anderen Ländern stammenden Berichte wesentlich erleichtert. Meine Reise in das pandschabische Salzgebirge liegt jetzt vier Jahre hinter mir. Eine raschere Publikation hätte viel- leicht in meinem Interesse gelegen, aber der sachlichen Dar- stellung konnte es nur zugute kommen, daß ich die Diskussion der letzten Jahre abgewartet habe. Beim Schreiben dieser Zeilen tritt mir das indische Wander- und Zeltleben wieder deutlich vor die Augen mit seinen Mühen und Sorgen, seiner Ungebundenheit und der Flut belehrender und das Wissen belebender Eindrücke. Wenn ich in ver- hältnismäßig kurzer Zeit so vieles erreichen konnte, so liegt das wesentlich daran, daß auf Anordnung der englischen Regierung durch die Geological Survey of India der gründliche Kenner der Saltrange, FR. NOETLING, zu meiner Begleitung und Führung bestimmt wurde. Für diese Unterstützung meiner wissenschaftlichen Ziele bin ich zu großem Dank verpflichtet; mein Dank gilt aber noch ganz besonders FR. NOETLING selbst, der rastlos und selbstlos für meine Interessen tätig war und durch seine große Erfahrung unsere Expedition durch manche schwierige und kritische Situation glücklich hindurch- gesteuert hat. 448 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. I. Die glazialen Bildungen des pandschabischen Perms. Eine eingehende Schilderung der Geschiebeformation beabsichtige ich an dieser Stelle nicht. Wer Moränen und glaziale Ablagerungen kennt, wird schon durch die kurzen Reisenotizen, die wir veröffentlicht haben, überzeugt sein. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Profile und eine Be- sprechung der Verschiedenheiten in der Ausbildung findet man in meiner Beschreibung der Saltrange. Das Boulder bed der Saltrange hat über eine Ausdehnung von ca. 200 km trotz der lokalen Abänderungen doch eine so gleichartige Ausbildung und ist so kontinuierlich abgelagert, daß es als eine bedeutungsvolle stratigraphische Einheit er- scheint und wir seine Entstehung einer Ursache zuschreiben müssen, welche gleichzeitig und in gleicher Weise über die ganze Fläche wirksam war. Als eine solche kann Meer oder Binneneis in Frage kommen. Wenn nun auch die Mitwirkung des Meeres durch manche Beobachtungen erhärtet wird, insbesondere dadurch, daß marine Fossilien nahe der oberen Grenze des eigentlichen Boulder bed gefunden sind, so sind doch andere Züge damit schwer, einige gar nicht vereinbar. | Das erratische Material stammt weit aus dem Süden. Malani-Porphyre und Siwana-Granite, Gesteine der Arävali, sind die charakteristischsten Geschiebe. Ihre Größe ist oft so bedeutend, daß zu ihrer Verirachtung weder Meer noch Flüsse, höchstens driitende Eisberge angenommen werden können, was darauf hinauskommt, daß wir auch in diesem Falle Binneneis, nur weiter im Süden, voraussetzen. Unerklärt blieben dabei die über viele Meilen anhaltende Moränenstruktur bei großem Tongehalt der Matrix, der beim Abschmelzen der Eisberge doch wohl meist als Trübe ab- gesondert wurde, unerklärt die Verarbeitung des Untergrundes, E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 449 die Stauchungen und Verschleppungen ganzer Schollen, die gleichsinnige Schrammung der festen Felsen, die Kritzung der Geschiebe. Normal gekritzte Geschiebe, die von solchen größerer Gletscher oder des Binneneises (Norddeutschland, Balticum) nicht zu unterscheiden sind, überwiegen aber durch- aus, die facettierten treten dagegen zurück. Die Erklärung der facettierten Geschiebe bietet ein interessantes Problem, aber für die prinzipielle Deutung des Boulder bed stehen sie nicht an jener Stelle, die man ihnen zuschreiben wollte. Wir müssen nach allen Beobachtungen annehmen, daß das Boulder bed der Moränenrückstand großer Gletscher ist. Dieses Inlandeis fand in der jetzt durch den Rand der Saltrange markierten Zone seine nördliche Grenze, und zwar fällt diese nahe zusammen mit dem Strande eines flachen Meeres. Es entspann sich hier ein Kampf zwischen Eis und Meer, der schwankend verlief; das Eis bildete wohl oft die Steil- küste, welche das südlichere Gebiet vor Überflutung schützte. Dem schwindenden Eise folgte das Meer unmittelbar, das lehren die Conularien und Eurydesmen in den tiefsten Schichten der Olive-Sandsteine. Es scheint aber auch das mit dem ungeschichteten Boulder bed wechselnde geschichtete Material, das vollkommen dem Sand und Sandstein der Olive- Serie gleicht, im Meere abgelagert zu sein. Die facettierten Geschiebe kommen durch die ganze Mächtigkeit der Geschiebeablagerung sporadisch vor. Sie sind unter besonderen Bedingungen entstanden, konnten aber nach ihrer Entstehung wieder in die normale, bewegte Moräne auigenommen und verschleppt werden. Nach den Beobach- tungen bei Makratsch ist hier sicher die häufige Form der Reibsteine nach Art des striated pavement zustande gekommen; die Richtung der Schrammen war auf Dutzenden in einer glatt gewetzten Ebene liegender Geschiebeflächen die gleiche und übereinstimmend mit den Schliffen auf dem anstehenden N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 29 450 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Magnesian sandstone. . Sie rührt also von der allgemeinen Bewegung des Eises her. Ich will an dieser Stelle übrigens nur sehr kurz auf die Facettengeschiebe eingehen und wesent- lich nur aus Rücksicht auf einige jüngst erschienene Aufsätze, in denen unsere Beobachtung und Deutung nicht verstanden zu sein scheint. Die normalen Geschiebe sind meist fest, ohne Sprünge, während fast alle Reibsteine und viele der facettierten, soweit sie aus typischen Reibsteinen hervorgegangen sind, von Sprüngen zerteilt werden und daher leicht in Fragmente zer- fallen. Es prägt sich hierin die Wirkung eines hohen Druckes aus, dem sie während ihrer Abwetzung ausgesetzt waren. Der Gedanke an tektonische Überschiebungen ist gänzlich abzuweisen. Die Erscheinung läßt sich aber in Einklang bringen sowohl mit der Erklärung, daß die einseitig ab- gewetzten Reibsteine einst Teile einer Fläche waren, über welche die Last des Inlandeises langsam hinwegglitt, wie auch, daß sie in einer bewegten zähen Masse dem Felsuntergrunde direkt auflagen. Daß unter letzteren Umständen eine Zer- sprengung der Geschiebe häufig vorkommt, lehren auch die analog, wenn auch, wie ich zugebe, nicht glazial entstandenen Flächengeschiebe im Ries. Wenn späterhin die Geschiebe in andere Teile der Moräne gelangten, wo die angedeuteten mechanischen Faktoren nicht herrschten, also in eine pastose, nachgiebige Moränenmasse, so konnten die gesprengten Geschiebe in ihre Teilstücke zerfallen, die durch die Verschiebungen innerhalb der Moräne nach verschiedenen Richtungen verschleppt und wieder be- arbeitet wurden. Daher die relative Häufigkeit gesprengter Reibsteine im normalen Boulder bed und die Seltenheit in- takter Reibsteine und Facettengeschiebe auch bei großem Ge- schiebereichtum der betreffenden Lokalität. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 451 R. D. OLDHAM! hat kurz und bündig 1877 die Ansicht zurückgewiesen, daß die facetted pebbles durch Windschlifi entstanden sein möchten. Es war in der Tat nicht nötig, hierauf zurückzukommen und diese genetisch geschiedenen Sachen zu konfundieren. OLDHAM hat aber auch darauf hingewiesen, daß ähnliche Geschiebe im Boulder clay von England vorkommen; auf der Versammlung der British Asso- ciation 1886 wurden von mehreren Seiten derartige Fälle an- geführt. Die Konkurrenz der letzten Jahre, wer zuerst ent- sprechende Geschiebe im europäischen Diluvium erkannt habe, ist auch über diese älteste Anmeldung hinweggegangen. Seine eigene Meinung drückte OLDHAM reserviert aus; er läßt die Wahl offen zwischen perennierendem Küsteneis und zwischen Gletschern, welche das Meer erreichten und Eisberge abgaben. Jedenfalls war seine Anschauung, daß die Geschiebe im Eis eingefroren waren und auf dem an- stehenden Fels gewetzt wurden. Erst 25 Jahre später konnte von NOETLING und mir in der Saltrange der Zusammenhang der Reibsteine mit ab- geschlifienen Kiesschmitzen festgestellt werden. Daß sie auch auf andere Weise zustande kommen können, soll nicht in Abrede gestellt werden; ich habe dies selbst später nochmals hervor- gehoben. Aber jenes zuerst beschriebene Vorkommen von Makratsch ist für die Saltrange maßgebend; nur ein Mal habe ich dort gesehen, daß die ebene Fläche eines Geschiebes dem Felsboden auflag,. als sei sie auf ihm geschliffen. Da nun die typischen facetted pebbles mit den Reibsteinen durch Übergänge verbunden sind, da selbst die in der abgescheuerten Geröll- bank steckenden Reibsteine z. T. noch eine zweite Fläche Zeistenelverel. Centralbl- 1. Min. ete, 1903. p. 101. Fig. 5a), so hat unsere Fragestellung über die Entstehung der Facetten- ! Geol. Mag. 1887. p. 33, vergl. auch 1886. p. 302. 29 459 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. geschiebe zunächst an die Beobachtungen bei Makratsch an- geknüpit. Wir deuteten die aufiallenden Bänke mit Reib- ‚steinen als Entwicklungsstadien in der Ontogenie der Facetten- geschiebe, welche nur durch eine Verkettung von Umständen auf dieser Stufe stehen blieben. Wie kam es, daß die Geschiebe im Boden festgehalten wurden, während das Eis über sie, über einen Teil seiner eigenen Moräne, fortschritt, und wie kam es, daß diese Bin- dung wieder gelöst wurde, daß die Geschiebe sich drehen konnten oder ganz befreit wurden und wieder in die gleitende Moräne gerieten ? Eine Annahme, die beides erklärt, ist, daß die tieferen Lagen der Moräne zeitweilig geiroren waren und zeitweilig sich wieder verllüssigten'. Jede andere Zementierung schließt die eventuelle Drehung der Geschiebe aus und doch muß an dieser Tatsache festgehalten werden. Man mag auch heranziehen, daß die permische Eiszeit unter temporär strengere klimatische Bedingungen fällt. Ein kurzer Rückgang des Eises, dem das Meer nicht sofort folgte, entblößte die Moräne, die dann geiror; die Wintertemperatur wird auch unter diesen Breiten dazu genügt haben. Bei folgender positiver Oszillation schritt der Gletscher über den gefirorenen Boden wie über Felsgrund und die Oberfläche wurde geschrammt. Sobald das Eis über dem betreffenden Orte eine bedeutende Mächtigkeit erlangte, fand durch Druck eine Verfllüssigung statt, welche in den Untergrund eingriff und ihn erweichte. Die Geschiebe konnten dann einsinken oder sich drehen. Der Prozeß der Facettierung verlangt mehrmalige, jener der polygonalen Geschiebe oft wiederholte partielle Drehung, ! Bei sehr großer Mächtigkeit des Eises kann lokal ein derartiger Druck herrschen, daß selbst bei Unterkühlung das Wasser flüssig bleibt resp. das Eis in Wasser übergeht. Auch der gefrorene Boden wird allmählich erweicht, während er bei Nachlassen des Drucks wieder gefriert. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 453 was in Druckschwankungen oder kurzen Oszillationen seinen Grund haben mag. Man wird ihn wesentlich in die jeweiligen Randzonen zu verlegen haben. Ich bin nie der Ansicht gewesen, daß unsere Beobach- tungen bei Makratsch jede andere Deutung der Facetten- geschiebe ausschließen, aber ich finde auch keine unüberwind- lichen Schwierigkeiten für die einzige notwendige Annahme, daß die Geröllbänke durch Frost gehärtet waren. Die Erklärung der Facettengeschiebe schließt sich dann konsequent an. Wer sie ablehnt, wird überhaupt dem besprochenen Vorkommen der Reibsteine in situ — dem einzigen, das wir in Indien kennen — seine Bedeutung für das Problem absprechen, ohne eine andere Beobachtung an die Stelle zu setzen. Er muß dann auch die kalkige Bindung der Gerölle zu Konglomerat schon während des Stadiums der Abschleifung voraussetzen, und da hiermit eine unbewegliche Fesselung der Geschiebe bedingt ist, wenigstens diese Reibsteine und die Facetten- geschiebe kategorisch trennen. Ich wiederhole aber, daß diese ganze Frage in der Beweisführung für die permische Ver- eisung an untergeordneter Stelle steht. Um die Moränennatur des ungeschichteten Boulder bed möglichst klarzustellen, habe ich durch die Firma VOIGT & HOCHGESANG Sschliffe anfertigen lassen, und zwar sowohl durch tektonisch unberührte! wie durch dislozierte und stark verhärtete Vorkommen. Ich erwartete in ihnen eine charak- teristische, den Bewegungen in plastischen Moränenmassen ent- sprechende Struktur zu finden, und sah mich nicht getäuscht. Es bieten diese Strukturbilder den Beweis, daß es sich nicht um submarin verstreutes Driftmaterial, geschweige ' Dieses selbe Material ließ ich auch bodenanalytisch behandeln. Herr Dr. GAUB unterzog sich der insofern großen Mühe, als die feuchte, zum Schlämmen notwendige Verkleinerung doch recht schwierig war. Die Schwerbestandteile sind ganz aus dem erratischen Material ableitbar. 454 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. denn um ein normales Sediment handeln kann. Knetstruktur und gleichsam fluidale Anordnung der kleineren Fragmente um die größeren Brocken tritt deutlich heraus. Daß die Geschiebe des Boulder beds der Saltrange mög- licherweise von den Arävalis herstammen, ist zuerst von R.D. OLDHAM ausgesprochen, nachdem er den alten Gletscher- boden von Pokaran entdeckt hatte. Später hat MIDDLEMISS einige charakteristische Gesteinstypen identifizieren zu können geglaubt. Meine systematische Aufsammlung der Saltrange- Geschiebe hatte den Zweck, zur Entscheidung dieser Frage die Unterlage zu geben. Nach der sorgfältigen Beschreibung und Bestimmung durch DIETRICH wird es den indischen Geologen leichter fallen, sich dieser Aufgabe zu unterziehen. Mir selbst standen keine Vergleichsstücke aus den Arävalis zu Gebote, es ließ sich aber im vollen Umfange die Angabe von MIDDLEMISS bestätigen. Damit ist freilich noch nicht entschieden, daß in allen glazialen Gebilden Indiens ein von Süden nach Norden ge- richteter Transport herrsche. Einige sehr bestimmte Angaben von BALL lassen vorläufig keine andere Deutung zu, als daß in Orissa bezw. Bengalen das Eis von Norden nach Süden strömte. So sagt er in seiner Notiz über das Kohlenield von Bisrampur!: „The principal proportion of the boulders are derived not from the underlying rocks, but from granitic gneisses which occur three miles to the north. One rock, a pink porphyritic granite, which is seen in situ north of Yarki, seems to have been a prolific source of these boul- ders.“ Und ähnlich spricht er sich in bezug auf das Mahanadi- Becken? aus; dort sollen die Geschiebe wesentlich von Nord- westen kommen. Auch die Angaben über das Vorkommen von Geschieben ! Rec. Geol. Surv. 1873. p. 27—30. ZREEHGEOL SUR NS TTED. 12 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 455 der oberen Vindhyans in den Talschers der Nerbada-Gegend bedingen eine entsprechende Transportrichtung, da hier überall die oberen Vindhyans nördlich bezw. nordwestlich vom Ver- breitungsgebiet der Talschers liegen. Zusammenstellung der im Boulder bed der Saltrange 1902/03 gesammelten Geschiebe. Tieremeesteine Granite . Muscovitgranit . Granitit . Amphibolgranit . Porphyrischer Rapakiwigranit 1 2 3 Rapakiwigranite | : SU DR. o. Grobkörniger Amphibolbiotitgranit 6 7 8 9 mit blauem Quarz | . Rapakiwi mit Kataklasstruktur - . Feinkörniger Glimmersyenit . Zersetzter Gabbro . Zersetzter Diabas Syenite Gabbro, Diabas Ganggesteine 10. Granitporphyr 11. Quarzglimmerdioritporphyrit 12. Perthitaplit 13. Mikrogranit Quarzporphyre ) 14. Mit mikrogranitischer Grundmasse (Granophyre) 15. „ mikrolithischer s 16. „ mikropoikilitischer L Ergußgesteine Felsophyre 17. Mit dynamometamorpher Struktur 18. „ umgewandelter Grundmasse 19. „ Fluidalstruktur Vitrophyre 20. Entglaster Perlit Tuffe 21. Quarzporphyrtuff 22. Kristalltuff Porphyrite 23. Quarzglimmerporphyrit 24. Porphyrit 25. Labradorporphyrit 26. Augitporphyrit 27. Konglomerate und Breccien der Quarz- porphyre und Porphyrite. Kristalline Schiefer und Sedimente Gneise 28. Streifigkörniger Biotitgneis \ Mikroklin- 2% s Zweiglimmergneis j gneise 30. Hälleflintagneis ' Vergl. KOKEN, Centralbl. f. Min. etc. 1904. p. 106. 456 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Glimmerschiefer 31. Granatglimmerschiefer 32. Granatstaurolithschiefer Phyllitische Tonschiefer 33. Phyllitähnliche Quarzglimmergesteine 34. Phyllitischer Tonschiefer . Quarzitischer Graphitschiefer 36. Zoisitreicher Kontaktschiefer Kontaktmetamorphe | 37. Knotenschiefer Schiefer und Grau- X 38. Hornfels wacken | 39. Gefältelter phyllitischer Hornfels \ —_ o au 40. Hornfelsitischer Tonschiefer 41. Knotengrauwacke Quarzite 42. Glimmerquarzit 43. Quarzitischer Sandstein Grauwacke 44. Druckmetamorphe, sandstein- und schiefer- artige Grauwacke Veränderte Kalke 45. Kristalline Kalke. Man kann das Gebiet, aus dem die Geschiebe stammen, nunmehr geologisch bestimmen; es mußte sich vor allem auszeichnen durch die Verbreitung von Erstarrungsgesteinen aus der Gruppe der Quarzporphyre. In jedem Aufschlusse des Boulder beds fallen uns die intensiv roten Granophyre und Felsophyre, die bunten Tuffe und Breccien auf. Auch Granite und Rapakiwigesteine spielen eine große Rolle. Neben den Sedimenten sind die phyllitischen Tonschiefer, Schiefer, Quarzite und Grauwacken am häufigsten, nächst ihnen veränderte, marmorisierte Kalke. Gneise, Glimmerschiefer und Granatstaurolithschiefer treten zurück. Ein Granitgang, der einen quarzitischen Schiefer durch- setzt, gibt darüber Aufschluß, daß die Granite jünger als die erwähnten alten Schiefer etc. sind. Über die Altersfolge der Eruptiva unter sich ist wenig zu sagen. Kataklasstruktur an Rapakiwis und Felsophyren könnte darauf schließen lassen, daß sie älter sind als die Granite, die keine dynamische Be- einflussung erkennen lassen. Die Kontaktwirkungen (Knotenschiefer, Horniels, Kalke) werden auf die intrusiven Granite zurückzuführen sein. Die E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 457 Druckmetamorphose gewisser Grauwacken ist wahrscheinlich älter und deutet an (wie auch die Kataklasstruktur der ge- nannten Erstarrungsgesteine), daß sie aus dislozierten Regionen stammen. Es ist naturgemäß, daß die Heirnat der Geschiebe von vornherein lieber im Süden als im Norden, in dem erst in junger Zeit aufgestauten Himalaja gesucht wurde, dessen alte Gesteine schwerlich schon zu permischer Zeit so exponiert waren, um diesen polymikten Schutt zu liefern. Vergleichen wir die Beschreibung, die LA TOUCHE vom westlichen Radschputana gegeben hat, von den Bergen, die nordwestlich der Arävalis sich aus den sandigen Regionen erheben, so stimmt fast jeder Zug zu dem uns vorschweben- den Bilde. Im Südosten ragen in das von LA TOUCHE besprochene Gebiet die dunklen Schiefer und Quarzite der alten Arävalis hinein, die allmählich unter dem Sand der Ebene verschwinden. Kalkreiche Schiefer, im Kontakt mit Granit in Marmor ver- wandelt, sind längs des Fußes der Arävalikette häufig. In einer langen, SW.—NO. streichenden Zone sind diesem System die Erinpura-Granite eingelagert, welche die Faltung der Schiefer mit durchgemacht haben, also älter, als die weiter im Westen auftretenden Siwana-Granite sind. Die Angabe, daß sie auffallend grobkörnig sind und die Feldspate oit über 3 Zoll groß werden, läßt an unsere Rapakiwis denken. Dann iolgt das große, aber zerstückelte Gebiet der Malani- Ergußgesteine, denen bei Jalor und nordöstlich davon die Jalor-Granite, weiter nach außen (SW.) die Siwana-Granite an- und eingegliedert sind. Die Granite von Jalor sind glimmerreich und enthalten keine Hornblende, die Siwana- Granite sind sehr grobkörnig und hornblendehaltig. Zersetzte (altered) Diabase und Olivindiorite werden als Gänge im Gebiet der Granite und Malanis angegeben. Die Malani- 458 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Rhyolithe, Felsophyre, Vitrophyre, Perlite, Tuffe, Breccien, Konglomerate stimmen in allen Einzelheiten mit den von uns gesammelten Geschieben. Auch Porphyrite (igneous rock of a more basic type containing plagioclase felspar and no free quarz) werden genannt. Etwas weiter im Norden stellen sich die Vindhyan-Sand- steine und Kalke ein, welche die Arävalis diskordant und ungestört überlagern, aber meist auch nur als kleinere, isolierte Schollen aus dem Sandgrunde aufragen. Ich möchte glauben, daß diese roten und weißen Sand- steine, mit einzelnen Geröllschnüren und mit problematischen Spuren auf den Schichtilächen, mit dem Purple sandstone der Saltrange ident sind, wie ja auch WAAGEN annahm. Die stark abgeschlifienen, geschrammten Geschiebe der Saltrange, die in diesen Merkmalen einen langen Transport verraten, dürften dann auch nicht lokaler Purple sandstone sein, sondern weiter aus dem Süden geholte Geschiebe. Ob man nun die Region des Purple sandstones sich weit gegen Süden oder die der Vindhyans entsprechend nach Norden ausgedehnt denkt, ist ziemlich in das subjektive Ermessen gestellt. WAAGEN! hat einmal den Gedanken ausgesprochen, daß die alten sandigen Ablagerungen der Saltrange von den Neo- bolus shales aufwärts im Mündungsgebiet eines großen Flusses entstanden seien, der seine Gewässer von SO. her dem Meere zuwälzte. Auch noch in der permischen Glazial- zeit bewegten sich auf diesem Strome Eisschollen flußabwärts, die zusammen mit den von den Arävalis herabsteigenden Gletschern den Schutt des Boulder beds anhäuften. Die genaue Durchsuchung des Geschiebemergels hat mir keine Anhaltsgründe dafür gegeben, daß die Erratica aus ver- schiedenen Gegenden stammen, sondern überall treten sie in > Garbome Biszeit. p. 179: E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 459 fast derselben Mischung auf. Daß es sich nicht um Schollen- drift, sondern wesentlich um Moräne handelt, ist schon be- sprochen. Das echte Boulder bed ist seinerseits eng verbunden mit den Sandsteinen und Konglomeraten, welche als Olive sandstone bezeichnet wurden. So enthält es Einlagerungen von Sandsteinen und Konglomeraten aus gerolltem Material, die man von Olive sandstone nicht unterscheiden kann. Sie sind wechselnd angeordnet, halten aber bei Khussak auch über größere Entiernungen aus, so daß hier das Boulder bed durch eine Lage Sandstein in zwei Stufen gegliedert erscheint. Der Olive sandstone baut sich auch durchaus aus dem Material des Boulder bed auf. Die Geschiebe sind ganz frisch aus der Moräne übernommen, so daß sie noch geschliiiene Flächen zeigen, allerdings ohne Glanz und Schrammen. Der Olive sandstone ist das im Wasser umgearbeitete Moränen- material. Eine enge Verknüpfung wird ferner durch das Vor- kommen der Conularienfauna sowohl im Boulder bed selbst (in der Nilawan, wo sie WARTH auffand !), als auf der Grenze zwischen Olive sandstone und Boulder bed (Conularienzone von Mt. Chel und Sadowal nach WAAGEN und WARTH), als auch im tieferen Olive sandstone selbst (Dandot nach MIDDLEMISS) bewiesen. Das Inlandeis hatte sich weit nach Norden gegen das permische Meer und streckenweise wohl auch in dieses hinein- geschoben. Während sich unter ihm nur Ablagerungen vom Typus der Grundmoräne bilden konnten, mußte an jeden Rückzug des Eises sich ein Nachrücken des Meeres und eine Sedimentbildung anschließen, die bei einem erneuten Vorstoß " Nach den Angaben, die mir WARTH brieflich gemacht hat und die vollkommen mit meiner Kenntnis der Nilawan stimmen, möchte ich an der Tatsache nicht zweifeln. 460 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. wieder von Moränen überzogen wurde. Der endliche Rück- zug des Eises brachte dieses in solche Entiernung, daß die Schmelzwasser das Meer erst nach langem Lauf erreichten und ihm daher nur noch feineren Sand und Ton zuführten, allerdings mit gelegentlichen Rekurrenzen von Geröllen (La- vender clay von Wartscha). Selbst im Productus-Kalk läßt sich an den Quarzen, Feldspaten und kleinen Geröllen immer noch die Beteiligung des Moränenmaterials nachweisen, woraus man weiter schließen kann, daß das Meer nach Süden keine bedeutende Verbreitung hatte. Immerhin hatte sich die Untergrundbeschaffenheit und vor allem auch die Temperatur des Meeres so geändert, daß die an kälteres Wasser gewöhnten Conularien, daß die Eury- desmen, daß die kleine Zechsteinfauna verschwanden und der des Productus-Kalkes Platz machten. Im mittleren Productus- Kalk trefien wir rifibauende Korallen. Der Einfluß des südlichen, in großer Ausdehnung von glazialem Schutt überzogenen Festlandes ist noch lange Zeit auch in den marinen Sedimenten der Perm- und Triaszeit spürbar, ja selbst die Gesteine des unteren Teiles der Variega- ted series können als Abschwemmungsprodukte der südlichen Flächen gelten. Große Flüsse bildeten sich allmählich aus den wechselnden Rinnsalen der Schmelzwasser, auf welche die grobklastischen Gesteine und die Konglomeratbänke der Olive series zurückzuführen waren. Il. Der Produectus-Kalk der Saltrange. Durch WAAGEN’s Werk ist die Fauna des indischen Pro- ductus-Kalks allgemein bekannt geworden und es schien die Paläontologie und Stratigraphie zum sicheren Abschluß ge- bracht. Erst durch NOETLING’s erneute Reisen in der Salt- range eriuhr man, daß Lücken und schwache Stellen vor handen waren und daß es erforderlich sei, an der Hand E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 46] besseren Materials die Fauna einer Revision zu unterziehen. NOETLING’s Verdienst bleibt es auch, mit Nachdruck den engen Anschluß des Perms an die Trias betont und eine paläontologisch gestützte Zonengliederung verlangt und ent- worfen zu haben. Der Nachweis, daß der Productus-Kalk allmählich in triadische Schichten übergehe, mußte allerdings die Meinung zum Fall bringen, daß zwischen Productus-Kalk und Trias ein Hiatus klafie, und daß ein Teil der Trias oder ein Teil des Perms nicht zur Entwicklung gekommen sei. In Rußland war inzwischen durch TSCHERNYSCHEW die reiche Brachiopodenfauna des Obercarbons, d. h. der Schichten zwischen der Zone des Spirifer mosquensis und der Arta- Stufe einer genaueren Bearbeitung unterzogen. Die faunistische Ähnlichkeit zwischen der Schwagerinenstufe (und noch älteren Schichten) und dem Productus-Kalk ist in die Augen fallend und in einem glänzend geschriebenen Schlußkapitel zog TSCHERNYSCHEW die für ihn logische Konsequenz, daß auch der Productus-Kalk ein höheres Alter besitze, als ihm von WAAGEN zugeschrieben war, und daß, wenn man je seine oberen Lagen permisch nennen wolle, man doch gezwungen sei, die unteren in das Carbon zu stellen. Der angebliche Übergang in die Trias wurde damit seiner Beweiskraft beraubt, daß auf Beispiele absolut konkordanten Zusammen- schlusses anderer, im Alter weit verschiedener Schichten- gruppen verwiesen und der faunistische Kontrast zwischen Ceratitenschichten und Productus-Kalk in scharfer Beleuchtung in den Vordergrund geschoben wurde. Den Versuch NOETLING’s, den Productus-Kalk in palä- ontologische Zonen zu gliedern, hat TSCHERNYSCHEW etwas geringschätzig behandelt; so sagt er, daß für das Wesen der Sache wenig darauf ankomme, „ob wir unsere Syn- chronisation nach diesem Schema (d. h. WAAGEN’s) durch- führen oder nach den von NOETLING in Vorschlag gebrachten 462 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Zonen“. Das würde unter der Voraussetzung richtig sein, daß die Zonengliederung nur eine Transskription des WAAGEN’- schen Schemas sei. Als Quintessenz der Ausführungen des russischen For- schers kann ich seine Tabelle hier wiederholen: Saltrange Ural und Timan Chideru beds | Unterpermische Ablagerungen des euro- Jabi beds ı päischen Rußlands ı Kalkdolomit-Horizont und Artinsk-Ab- Khund-ghat beds ' lagerungen Kalabagh beds | Virgal beds ı Schwagerinen-Horizont Katta beds ' Cora-Horizont Amb beds ı Omphalotrochus-Horizont Warcha-Schichten (Speckled Mittlere Carbon-Abteilung (Ablag. mit sandstone und Lavender clay) Spirifer mosquensis am Dandote-Schichten ı Kon- Ostabhang des Talchir beds (Boulder beds) | glomerate und Urals) Breccien am Ostabhange ' des Urals. Daß TSCHERNYSCHEW im Grunde für eine noch tiefere Stellung des Boulder beds eingenommen ist, geht aus der warmen Zustimmung hervor, die er BODENBENDER’s ganz extremer Ansicht widmet, nach welcher die „Talchir-boulder- beds“ auch „die untere Kohlenformation umfassen“. Der Schluß seines Werkes lautet: „In meiner Arbeit habe ich auch die Blockablagerungen des Saltrange und Australiens be- sprochen und meine in dieser Hinsicht gewonnenen Resultate harmonieren aufs beste mit dem Ausspruche von ED. SUESS, mit dem er die allgemeine Übersicht der Carbonablagerungen von Zentralasien schließt: „Hiernach fällt auch. die ganze rings um den Indischen Ozean sichtbare Ausstreuung von Blöcken in Südafrika, Indien und Australien in die Carbon- zeit.“ Vielleicht wäre es nicht gar zu gewagt, wollten wir E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 463 mit FEISTMANTEL den Horizont der Blockablagerungen in die Nähe der Grenze zwischen der unteren und der mittleren Abteilung des Carbonsystems setzen.“ TSCHERNYSCHEW’s Werk fand ich vor, als ich nach meiner Durchforschung der Saltrange 1903 wieder in der Heimat anlangte. Ich habe mehrmals die Feder angesetzt, um zu der wieder angeschnittenen Frage Stellung zu nehmen, aber immer noch davon Abstand genommen, weil ich zunächst meine Sammlungen durcharbeiten und einige andere Publikationen, so die von DIENER über die permischen und anthracolithischen Faunen Spitis abwarten wollte. Eingehender werde ich mich in den Beiträgen zur Geologie der Saltrange, in der auch die Fauna des Perms und der Trias zur Darstellung kommt, aus- sprechen, aber auch an dieser Stelle ist eine kurze Darstellung meiner Auffassung und meiner Resultate nötig. Wie vorzüg- lich zu den von NOETLING und mir vertretenen Anschauungen SCHELLWIEN’s Entdeckung von Richthofenien und anderer indischen Formen im Bellerophon-Kalk der Ostalpen, von Lyttonia in den Trogkofelschichten paßt, braucht nicht unter- strichen zu werden. Die versteinerungsführenden Schichten des Productus- Kalks habe ich verfolgt von ihrem ersten Auftreten in der Nilawan über Kurah, Katwaihi, Dschalar, Virgal, Dschabbi, Wartscha, Amb, Tschidru bis an den Indus bei Daod-Khel, Kheyrabad, Mari und Kalabagh. Die Transindusregion zu durchiorschen, war wegen der einsetzenden unerträglichen Hitze nicht mehr möglich, indessen bieten die dort von WYNNE auigenommenen Profile nichts neues gegenüber denen von Tschidru und anderen Orten der westlichen Saltrange, von denen sie nur durch den Einbruch des Industales getrennt sind. Wochenlang habe ich die Profile von Virgal, Tschidru, Amb und Wartscha studiert und sorgfältig nach Zonen ab- 464 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. gesammelt, so daß ich mir ein objektiv begründetes Urteil zuschreiben dari. Den von NOETLING angegebenen Übergang zwischen permischen und triassischen Sedimenten habe ich durchaus bestätigt gefunden bei Katwaihi, Virgal, Amb, Tschidru und Wartscha. Ich kann seine Beispiele solcher kontinuierlicher Profile reichlich vermehren. Rein stratigraphisch ist die Grenze zwischen Perm und Trias oft sehr schwer abzustecken, wenn auch an manchen Punkten die klingenden Platten der untersten Trias ziemlich scharf gegen die mürben, rostiarbigen und sandigen Schichten des oberen Productus-Kalkes kontrastieren. Dies sind Unter- schiede, die in jedem geschlossenen Juraprofil auftreten könnten, und nichts an der Tatsache ändern, daß überall strikte Konkordanz, an vielen Stellen ein ganz allmählicher petrographischer Übergang stattfindet. Die petrographische Gleichheit oder Ähnlichkeit ist nın aber kein Punkt, den man aus der Diskussion entiernen kann, denn er beweist zunächst, daß an den physikalischen Bedingungen der Sedi- mentierung sich nichts geändert hatte, eine Erscheinung, die schwer verständlich bleibt, wenn ein versteckter Hiatus von großer zeitlicher Amplitude, eine Trockenlegung des Meeres während der obersten Permzeit einzuschalten wäre. Es ist in diesem Zusammenhange zu erwähnen, daß die Bellerophon-Schichten der Ostalpen nicht nur Arten des Productus-Kalks führen, sondern auch mit den unteren Wer- fener Schichten durch Wechsellagerung verbunden sind. Der Übergang existiert also hier ebenso wie in der Saltrange. Der faunistische Hiatus, auf den sich TSCHERNYSCHEW besonders stützt, ist demgegenüber kein sehr gewichtiges Moment. Wenn er sich darauf beruft, daß man erst durch den faunistischen Hiatus versteckte Diskordanzen erkannt habe, so kann ich ihm entgegenhalten, daß der umgekehrte Fall E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 465 zweifellos der häufigere ist, daß unsere ganze Zonengliederung, ja unser ganze geologische Chronologie schließlich darauf beruht, daß die Faunen selten exakt aneinanderschließen und in höherem oder geringerem Grade Diskontinuitäten der Ent- wicklung sich verraten. Die Faunen sind nicht allein abhängig von den Bedingungen, welche die Sedimentierung regeln, den Meeresboden geologisch gestalten, sondern noch von vielen klimatologischen, ozeanologischen und biologischen Einflüssen, die sich in ihrer Gesamtheit nur schwer erkennen lassen. So gleiten und transgredieren Familien, Gattungen und Arten in oft sehr merkwürdiger, scheinbar rätselhafter Weise. Ich darf hier an die Trilobitenzonen der Alaunschiefer, an die Clymenien des Oberdevons, an den Macrocephalen- horizont im braunen Jura, an den jaunistischen Abstand zwischen marinem Obersenon und tieistem Tertiär erinnern. Es ist anziehend, diesen Gleitbewegungen der Faunen in der Saltrange nachzugehen, die Transgression der Faunen, wie ich es früher bezeichnet habe, zu studieren. Die Conularien-, die Eurydesmen-, die Lavender clay-Fauna lösen sich ab, ohne irgendwelche Berührungspunkte zu bekommen. Im obersten Lavender clay erscheint die Fauna des Productus-Kalks, ver- stärkt und differenziert sich in den anschließenden Zeiträumen und verschwindet aus dem Gesichtskreis, sobald die Triaszeit einsetzt. Das Überspringen der Medlicottien und Xenodiscen vom Perm in die Triasmergel beweist die enge zeitliche Ver- knüpiung, auch Bellerophonten erhalten sich, wahrscheinlich auch einige Zweischaler, aber die große, geschlossene Masse der Fauna ist entwichen und neue Ansiedler nehmen die leer gewordenen Plätze ein. Die Schwankungen wiederholen sich in kleinerem Maße auch in der Trias, wo die Ammoniten gleichsam nach Stockwerken einquartiert sind, unten die Priono- lobus, Koninckites und Pseudosageceras, in der Mitte die Flemmingites und Fledenstroemia, oben die Stephanites, N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 30 466 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Prionites, Sibirites und Acrochordiceras. Einige Geschlechter wie Celtites, vielleicht auch Arten von Celltites, halten aus von den tiefsten Horizonten bis oben zu den Sibirites-Schichten, aber bezeichnender ist der Wechsel. Die Unruhe, welche durch die klimatischen Umwälzungen der Permzeit in die Meere getragen ist (man beachte, daß mehrlach im Süden die Vereisungsgebiete erst am Meeresstrande enden), zittert noch lange nach. Als die nordischen Länder im Beginn der Quartärzeit vereisten, begannen Wanderungen der Meeresbewohner, die sich bis in das Mittelmeer verfolgen lassen. Die Vereisung der Südkontinente schuf in Indien und Australien eine noch längere Berührungslinie von Eis und Meer, und entsprechend groß ist die Einwirkung auf die Faunen. Die Zonengliederung NOETLING’s habe ich im ganzen bestätigt gefunden. Wahrscheinlich läßt sich der untere Pro- ductus-Kalk noch teilen, während ich im oberen Productus- Kalk etwas anders gliedern möchte. Immerhin bleibt das Grundgerüst bestehen. Die WAAGEN’sche Gliederung enthält Irrtümer, die nicht ohne Einwirkung auf die Ausführungen spätererer Autoren geblieben sind. Kalabagh-Schichten nannte WAAGEN die obere Abteilung des mittleren Productus-Kalks; der Name ist nicht glücklich gewählt, weil bei Kalabagh die Zerrüttung und tektonische Komplikation der Schichten die richtige Horizontierung der Fossilien sehr erschwert und die Verhältnisse bei Virgal und Tschidru zweifellos klarer sind. Daß außerdem der größere Teil der von WAAGEN aus den Kalabagh beds von Kafir-Kot an- geführten Fossilien dem oberen Productus-Kalk entstammt, geht u. a. aus SCHWAGER’s Bemerkungen über die den Kala- bagh-Fossilien anhafitenden Foraminiferen hervor. Diese sind höchst bezeichnend für die Bellerophon-reichen Lagen der allerobersten Zuphemus-Zone. Die einzige Stelle, welche in E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 467 der Umgebung von Dschabi (Jabi) eine reiche Ausbeute an Fossilien geliefert hat, gehört demselben Horizonte, den obersten Lagen des mittleren Productus-Kalks an. Die Dschabi beds, die TSCHERNYSCHEW noch etwas über die Artinsk-Stufe Bezresinde dasselbe wie, die Kalabasıh Deds, die Eden chwagerinen-Horizont parallelisiert. Es ist aber auch die Fauna der Tschidru beds, so wie sie WAAGEN zusammenstellt, keine einheitliche und zum allergrößten Teil wiederum derselben Oberstufe des mittleren Productus-Kalks entnommen. Diese ist bei Tschidru in weiten Flächen, die mit Fossilien übersät sind, entblößt, während der obere Pro- ductus-Kalk stark überrollt und nur an den Schichtenköpfen mit einigem Eriolg abzusammeln ist. Von den Platten des mittleren Productus-Kalks stammen überwiegend die NOET- LING’schen Aufsammlungen, hier ist das Hauptlager des Xeno- discus carbonarius, den WAAGEN von Dschabi und Tschidru aniührt, während seine Cephalopoda-beds insofern gar nicht existieren, als im oberen Productus-Kalk zwar eine Schicht relativ reich an Nautilen ist, die Ammoniten aber zu den allergrößten Seltenheiten gehören. Die Dschabi-Schichten sind also nur dann äquivalent den Cephalopoda-beds, wenn man diese mit der Zone des Xenodiscus carbonarius identifiziert, und dann wiederum sind die Dschabi-Schichten —= Tschidru- Schichten — Kalabagh-Schichten. Nach TSCHERNYSCHEW’s Parallelisisierung könnte man dann setzen: Schwagerinen- Horizont — Artinsk: — Unterperm des europäischen Rußlands! Ich will diese Unklarheiten — die aus der Kürze der auf die einzelnen Proiile verwandten Zeit und aus der Erkrankung WAAGEN’s sich völlig erklären — nicht aufbauschen, aber das sei doch nochmals betont, daß wir nur mit einer neuen paläontologischen Zonengliederung aus diesen Mißverständ- nissen herauskommen und daß es NOETLING’s Verdienst immer bleiben wird, dazu den Grund gelegt zu haben. 30* E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 468 Nach meinen Aufsammlungen kann ich eine neue Statistik der Fauna geben und auch paläontologisch mit größerer Sicherheit vorgehen, da mir von den meisten Arten nicht wenige Exemplare oder gar nur schlecht erhaltene Fragmente vorlagen, sondern Dutzende und Hunderte von Stücken, deren beste Auswahl im Tübinger Geologischen Institut niedergelegt ist. Ich stütze mich hier ausschließlich auf meine eigenen, genau kontrollierten Auisammlungen, ohne Rücksicht auf ab- weichende Angaben bei WAAGEN!. Unterer Productus-Kalk. "Dielasma itaitubense DERBY Hemiptychina sublaevis W. — sparsicosta\N. — himalayensis\W. Spirifer Marcoui W. — striatus MART. bei W. — Ravanah DIEN. =— alatus SCHL. #— niger\W. = — lissariensis DIEN. — musakheylensis (fasciger) DAV. Spiriferina cristata SCHL. Martiniopsis subpentagonalis W. Reticularia lineata bei W. Athyris subexpansa \W. *— semiconcava W. = — acutomarginalis W. — capillata\W. Spirigerella cf. hybrida W. FEumetria grandicosta DAV. Derbyia regularis W. — grandis\W. ' Die wichtigsten Arbeiten sind gesperrt gedruckt. ®Streptorhynchuspelargona- DISPSCHE # Meekella uralensis TSCHERN. ="Orthis Peicosı MARe — indica\W. Richthofenia sinensis KAYs. "— ambiensis Ko. — Lawrenciana DE Kon. "Aulosteges Medlicottianus\. *Productus spiralis W. *=— cf. brachythaerus SOW. Marginifera ovalis W. =— fransversa\N. — typica\W. Chonetes ambiensis W. "Strophalosia costataW. — plicosa W. "— spinosa\W. "— tfenuispina\N. FHexagonella tortuosa W. — ramosa W. Fenestella perelegans W. Ein Stern be- deutet, daß die betreffende Art nach meiner gegenwärtigen Kenntnis auf eine der 3 Stufen des Productus-Kalks beschränkt ist. Ich will noch be- merken, daß nach der Durcharbeitung des Restes meiner Sammlung noch einige Nachträge zu erwarten sind, die sich auf die Foraminiferen, Bryo- zoen, Zweischaler und Gastropoden beziehen. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Polypora ornata W. ®Pleurophorus complanatus W. *Fdmondia n. Sp. *Aclisina ambiensis KO. 469 Ostracoden Dybowskiella sp. Cyathocrinus Sp. "Fusulina kattaensis W. Crinoidenkalk des mittleren Produetus-Kalks. ®Notothyris cf. minuta W. — Sp. "Camarophoria Purdoni W. Spiriferina cristata SCHL. *"Martinia gigantea W. "Reticularia indica\W. SArtmWires Rorssyi LEV. — subexpansa W. Eumetria grandicosta W. "Enteles pentameroides W. Streptorhynchus pectiniformis W. — Sp. Richthofenia Lawrenciana DE Kon. Lyttonia nobilis W. — tenuis W. *Productus gratiosus W. ®— mytiloides W. Fenestellae Acanthocladia anceps SCHL. sp. Protoretepora sp. Hexagonella tortuosa W. Synocladia virgulacea W. Dybowskiella grandis W. Aviculopecten morahensis W. Nautilus ophioneus W. *Cyathocrinus goliathus W. *=— virgalensis‘\W. Eur cu chEseNN: Echinidenstachel Lonsdaleiaindica\W. — virgalensisW. Amplexus cristatus W. Amblysiphonella socialis W. — vesiculosa\W. eilt lammellosa WW. Spongia. Zone des Xenodiscus carbonarius. a) Brachiopodenkalk von Virgal. "Dielasma acutangulum W. *— plica KUT. ”— problematicum \W. —sdiplex N. *— nn. sp. *Dielasmina difformis KO. *— robusta Ko. *— crebriplicata Ko. *— plicatulaW. *Flemiptychina inflata W. "— normalis Ko. *=— n. sp. *Notothyris minuta W. *— mediterranea GEMM. *— subvesicularis\W. ®Notothyris Warthi W. var. (= tri- plicata DIEN.) *— djulfensis ABICH en multiplicata W. =— sculpta Ko. =— applanata Ko. *=— compressaK0. (ci. Walkeri DIEN.) = — inflata Ko. = num olrRmDı Ss KO: = eonviexar Ko: *— simplex\.(ci.nucleolusKUT.) = bullata Ko. "— lenticularis Ko. =— media Ko. 470 *Camerophoria Purdoni DAV. *— humbletonensis (W.) *— pinguis W. *Terebratuloidea depressa W. *— Davidsoni\N. *— n. Sp. *Rhynchonella morahensis W. *— Flofmanni KROT. *— Wynnei\N. *— nn. Sp. = Sn sp. "Uncinulus Theobaldi\W. *— posterus W. in sp: Spirifer musakheylensis (fas- .ciger) W. *— Wynnei\W. *Spiriferina ornata W. — cristata SCHL. — multiplicata SOW. *— nasuta\W. *Martinia Warthi\W. "= chidruensis W. — cf. glabra bei W. *Martiniopsis virgalensis Ko. *Reticularia elegantula W. *Spirigerela nımismalis‘W. *— media W. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. "Spirigerella fusiformis W. "Athyris Roissyi LEV. — capillata W. "— ambiguaeformis W. Streptorhynchus pectiniformis W. Enteles Derbyi\W. #*— Oehlerti GEMM. *— sublaevis GEMM. (DIEN.) *— Kayseri\W. "— Jatesinuatus‘W. #— pentameroides‘\W. #— sublaevis\W. =— Waageni KO. var. depressa #— Jaevissimus W. (carniolicus SCHELLW.) =— multiplicatus Ko. "Productus gratiosus\W. = — fumidus‘W. Marginifera cf. ornata W. *"Cardinocrania indica W. #Macrodon geminum W. "Pecten subgranosus W. Schizodus dubiiformis W. *Myophoria cardissa W. Macrochilina avellanoides W. *Worthenia conjungens W. *Michelinia indica W. a’) Brachiopodenkalk von Warcha (Mohra). *Dielasma plica KUT. *— biplex \W. *— poroblematicum W. *Dielasmina plicata\W. *— difformis‘\W. *Flemiptychina crebriplicata\W. #=— difformis‘W. ®— inflata\W. *=Notothyris lenticularis W. "— inflata Ko. *=— djulfensis AB. #— Warthi\W. *=— simplex \W. *— minuta\W. *— multiplicata\W. *— subvesicularis\W. Rhynchonella sp. "Uncinulus Theobaldi\W. #®Camerophoria Purdoni\W. Spiriferina ornata W. = — nasuta W. *Martinia chidruensis W. *Reticularia indica W. Spirigerella hybrida W. #=Athyris Roissyi LEV. — capillata W. Spirifer musakheylensis W. *— Wynnei\W. — striatus MART. (WAAG.) *Enteles elegans GEMM. #=_ /Jaevissimus W. (carniolicus SCHELLW.) E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 47] Oxytoma atavum W. Pseudomonotis deplanata W. Naticopsis Sp. Platystoma indicum W. Macrochilina avellanoides W. Pleurotomaria durga W. Orthoceras .cyclophorum W. *Xenodiscus carbonarius W. Fischreste *Cyathocrinus goliathus W. = Amblysiphonella radiciformis W. *Steinmannia salinariaW. *Enteles Oehlerti GEMM. *— sublaevis GEMM. = — pentameroides\WN. ®Rhipidomella uralica TSCHERN. Lyttonia nobilis W. — tenuis W. Richthofenia Lawrenciana DEKON. Productus gratiosus W. — fumidus‘\W. — co MmUDrEesisus W. Bryozoen div. sp. #=Macrodon geminum W. Zone des Xenodiscus carbonarius. b) Oldhaminenführende Fazies mit Verkieselungen bei Dschabi. *Dielasma biplex W. Flemiptychina himalayensis DAV. *Camerophoria superstes W. *Uncinulus Theobaldi W. #=— jabiensis\WN. Spirifer musakheylensis (fasciger) DAv. ®=— Oldhamianus W. — Ravanah DIEN. *Spiriferina ornata W. — cristata SCHL. =— Vercheri\N. Eumetria grandicosta W. me Svarınlicata KO: *— indica W. Athyris capillata\W. — subexpansa W. Streptorhynchus pectini- formis DAv. *Orthotethes semiplanus W. Derbyia grandis W. (inkl. alte- striata W.) *Enteles cf. carnicus SCHELLW. Oldhamina decipiens DE Kon. sp. Productus indicus‘W. — aratus‘W. Productus Vishnu W. —TineatısıW. — Abichi\W. 2— EWINTEONFIERS NW, "= — fumidus W. =— asperulus‘W. — opuntia W. *— gratiosus W. — all. Purdoni W. (— punctatus MART.?) Marginifera typica W. *Sfrophalosia excavata W. — indica\W. = — rarispina W. Chonetes grandicosta W. Chonetella nasutaW. = Cardinocrania indica W. Hexagonella tortuosa W. — ramosa\. Fistulipora parasitica W. Dybowskiella grandis W. Oxytoma atavım W. — n. sp. "Pecten subgranosus W. *— morahensis W. Euomphalus parvus W. Amplexus cristatus‘W. Micheliniaindica\W. 472 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. b‘) Oldhaminenfazies von Tschidru. *Dielasma acutangulum W. Lyttonia tenuis W. *Notothyris djulfensis AB. Productus lineatus W. *— lenticularis W. *— cora\N. *— simplex W. — Abichi\W. *— subvesicularis W. — serialis W. *Camerophoria superstes W. — indicusW. *811.65D. — subcostatus\W. *Rhynchonella Wynnei W. — Vishnu\W. *Uncinulus Theobaldi\W. — aratusW. *— jabiensisW. ”— compressus W. *Terebratuloidea n. sp. *— cf. Zumidus W. Spirifer musakheylensis DAV. *— gratiosus W. Spiriferina cristata SCHL. *— asperulus W. *— multiplicata bei W. Marginifera typica W. — ec. ornata W. Chonetes grandicosta W. Eumetria grandicosta W. Chonetella nasuta\W. *— indica\N. Strophalosia indica W. *Athyris Roissyi LEV. — cf. plicosa W. — capillata\W. Araeopora ramosa\W. *— protea var. alata AB. (DIEN.) Polypora gigantea W. *Spirigerella minuta W. — ornata W. *— fusiformis W. *Pecten protextorius W. — alf. Derbyi W. *— Wynnei W. *Orthotethes semiplanus W. *"Pleurotomaria durga W. Derbyia grandis\W. (inkl. alte- —- regina KO. striata W.) *Murchisonia conjungens W. — hemisphaerica W. Bellerophon triangularis W. Streptorhynchus pectini- Nautilus n. sp. formis DAV. *Xenodiscus carbonarius W. RichthofeniaLawrencianaDEKON. *Xenaspis plicata W. — sinensis W. *Flelicoprion sp. Oldhamina decipiens Amplexus cristatus‘W. Lyttonia nobilis W. Michelinia indica\W. b‘) Oldhamineniazies von Wartscha (Mohra). *Spirifer strıatus MART. (W.) Athyris capillata\W. — musakheylensis DAV. Lyttonia nobilis W. Spiriferina cristata SCHL. Richthofenia Lawrenciana DEKON. = on EIS CHT. Oldhamina decipiens W. “"— nasuta W. Productus lineatus W. Martinia cf. glabra W. *— cora (W.) Eumetria grandicosta\WN. — Ende SEN. *— indica\W. — Abichi\W. E. Koken, Indisches Perm *Productus compressus W. *Aulosteges Dalhousi\W. Chonetes grandicosta W. Oxytoma atavum W. Bryozoen var. Sp. Dybowskiella grandis\W. Araeopora ramosa\W. FHexagonellaramosa\W. und die permische Eiszeit. 473 *Cyathocrinus goliathus W. *— virgalensis W. Michelinia indica W. Lonsdaleia virgalensis W. *Amblysiphonella socialis‘W. “— vesiculosa\W. *— radiciformis\N. Oberer Produectus-Kalk von Virgal. Dielasma sp. Flemiptychina sp. Spirifer musakheylensis DAV. Spiriferina cristata W. (SCHL.) *Martinia indica W. Eumetria subcostata W. *Spirigerella grandis‘\W. — Derbyi\. Athyris capillata W. Streptorhynchus pectiniformis DAY. Derbyia grandis (n. altestriata) W. — hemisphaerica\W. Enteles Derbyi W. Orthis sp. Lvttonia nobilis W. (Amb) — tenuis W. (Amb) RichthofeniaLawrencianaDEKoN. Aulosteges Dalhousi W. Productus indicus W. — lineatus‘\W. *— Purdoni\W. — opuntia W. (?) Marginifera typica W. — ornata W. Chonetella nasuta W. Chonetes grandicosta \W. *— deplanata\W.. *— bipartita\W. — n. sp. Zee gtiiecostaW. -—semiovalis W. *— dichotoma\W. *— squamulifera\W. *— compressa\W. *— strophomenoides\W. *Chonetes morahensis\W. Strophalosia indica W. Fexagonella laevigata W. Fenestellae Acanthocladia anceps SCHL. Araeopora ramosa W. Dybowskiella grandis W. Gervillia ceratophaga SCHL. Pseudomonotis gigantea\W. *— garforthensis bei W. *— Razanensis bei W. Oxytoma atavum W. (latecosta- tum NETSCH.) “Lima Footei W. Pecten Flemingianus W. *— praecox W. *Nuculana subacuta W. Pleurophorus imbricatus W. *— acuteplicatus W. *Astarte permocarbonica TSCHERN. *— ambiensis W. *Gouldia primaeva W. Schizodus dubiiformis\W. DIT SHLSOW: *“Myophoria subelegans \W. *Lucina progenetrix W. *— bombifrons W. *Sphaeriola primaeva W. Dolastra corbina W. * Allorisma perelegans W. *— pleuromyoides *“Worthenia Waageni KO. Pleurotomaria durga\W. Euomphalus parvus W. *Naticopsis Arthaberi ENDERLE 474 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Macrochilina avellanoides W. *Nautilus sphaericus KO. *Galerus dyadicus KO. *— Wynnei\N. Holopella trimorpha W. *— Flemingianus DE Kon. *Bellerophon Jonesi\W. *— Frechi Ko. *— impressus\W. *Popanoceras antiguum‘W. *— triangularis W. *Cyclolobus Oldhamianus W. *— Blanfordianus W. *“Medlicottia primas W. *Fuphemus indicus‘W. Xystracanthus giganteus W. *— apertus W. Psephodus indicusW. *Bucania kattaensis W. Poecilodus problematicus W. *— ornatissima W. Lonsdaleia n. sp. *Entalis herculea DE Kon. *Margaritina Steinmanni ZITT. Orthoceras cyclophorum \W. Trochammina sp. sp. — obliqueannulatum \W. Endothyra sp. sp. *Nautilus goliathus‘W. Lingulina sp. — ophioneus W. Eine paläontologische Gliederung des unteren Pro- ductus-Kalks ist von NOETLING nur angedeutet; sie kann sich auch bisher nur auf wenige gute Proäile stützen, die alle von- einander etwas abweichen und es ist abzuwarten, ob bei weiterer Vertiefung der Untersuchungen die zunächst lokal beobachteten Zonen Stich halten. Dabei ist zu beachten, daß Östlich der Nilawan der Productus-Kalk in der Fazies des Speckled sand- stone bezw. der Olive series aufgeht und erst nach Westen hin sich klar entwickelt. Dort läßt sich bei Amb eine untere Region mit zahlreichen Marginiferen und ohne große Pro- ductus und Spiriferen wohl unterscheiden von einer höheren, in der Productus spiralis, Spirifer Marcoui und die ge- flügelten Spiriferen neben Aulosteges Medlicottianus über- wiegen. Auch die große Derbyia stellt sich erst oben ein. Die Fusulinenzone kann man als Abschluß dem unteren Productus-Kalk noch anhängen, da sie vom Crinoidenkalk des mittleren Productus-Kalks petrographisch scharf absticht. Die Abgliederung des mittleren Productus-Kalks ist deut- lich und scharf. Der steile Abstürze bildende plumpe Kalk, der lokal reich an ZLonsdaleia, an anderen Stellen ein echter Crinoidenkalk ist, wird durch Zy/fonia nobilis charakterisiert, E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 475 obwohl diese auch in den oberen Lagen noch häufig ist und bei Amb. von mir auch noch im oberen Productus-Kalk ge- sammelt wurde. Die obere, dünner geschichtete oder plattige Abteilung ist NOETLING’s Zone des Xenodiscus carbonarius „man kann aber zwei Fazies unterscheiden, die lokal auch übereinander sich entwickeln. Dann liegt die rein kalkige mit zahllosen Dielas- men, Terebratuloideen, Rhynchonellen, Spiriferen, ZEnteles und kleineren Productus-Arten, wie Pr. gratiosus, fumidus und compressus unten, die sandigere, durch Verkieselung der Fossilien ausgezeichnete mit vielen Oldhaminen, Hemiptychi- nen, Eumetrien, Spiriferinen und großen Productus-Arten stets oben. Die genaue Abgrenzung der letzteren gegen den oberen Productus-Kalk ist schwer. Im oberen Productus-Kalk ist von den NOETLING’schen Zonen am besten die Zone des Zuphemus indicus zu erkennen. In bezug auf die Zone des Produckus lineatus ist natürlich zu beachten, daß nicht das Vorkommen an sich, sondern das Überwiegen gegenüber anderen Arten maßgebend ist, aber dieses Hervortreten setzt schon in der Xenodiscus- Zone ein. Mit den Cephalopodenzonen ist es eine eigene Sache. Eine in vielen Profilen erkennbare harte, kalksandige Schicht fällt auf durch die vielen, meist recht großen Nautilen; die Ammoniten, die zu den größten Seltenheiten gehören, wurden, mit Ausnahme von Xenodiscus, alle über diesem Horizont gesammelt, und zwar Cyclolobus Oldhami und Medli- cottia primas (1 Stück von Mohra) in den an Endothyra etc. reichen Schichten mit Entalis und Zuphemus, Popano- ceras (4 Stücke von Virgal) etwas tiefer. Als Zonentfossilien möchte ich die Ammoniten vorläufig nicht benutzen. So ergibt sich vielleicht naturgemäß zunächst eine Drei- teilung, die allerdings nicht mit der von WAAGEN eingeführten identifiziert werden darf. 476 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Obere Zone mit Euphemus indicus und Entalis herculea und zahlreichen Fischresten. Foraminiferen. Medli- cottia, Cyclolobus. Mittlere Zone. Lager der großen Nautilen. Strophalosia indica, Chonetes, Margaritina. Untere Zone. Lager des Productus lineatus. Spirigerella grandis. Im Osten der Saltrange gibt es keinen Productus-Kalk, sondern nur eine Sandstein- und Konglomeratiolge, welche sich über dem Geschiebelager aufbaut und aus ihm hervor- geht (die früher als Kreide gedeutete Olive series). Weiter nach Westen wird die Olive series allmählich absorbiert von den gesprenkelten, rötlichen Sandsteinen (Speckled sandstone) und Lavender clay-Einschaltungen. In deren hangendem Teile erscheinen erstmals in der Gegend der Nilawan Versteine- rungen und allmählich vervollständigt sich das Proiil des Productus-Kalks, so daß bei Virgal und Amb alle 3 Stuien unterschieden werden können. Was wir aber bei Amb unteren Productus-Kalk nennen, entspricht nicht den ersten jossil- führenden Bänken in der Nilawan, sondern viel tieferen Lagen des Lavender clay und des Speckled sandstone, oder mit anderen Worten, die Fauna des Productus-Kalk-Meeres transgrediert langsam gegen Osten, und die fossilführenden Bänke in der Nilawan sind nicht dem untersten Productus-Kalk im Westen homotax, sondern höheren Lagen. So gehören auch die Fusulinenlager von der Nilawan, von Pail und Katta, die ich alle für denselben Horizont halte, nicht in den eigentlichen unteren Productus-Kalk, sondern an die Basis des mittleren; bis in die Transindus-Berge halten sie diesen Horizont inne. Das WAAGEN’sche Diagramm, in welchem er die Strati- graphie der Saltrange übersichtlich zusammenfaßt, muß zu der Annahme führen, daß die permischen Formationen, die im Westen regelmäßig übereinander lagern, im Osten durch E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 477 Abrasion bis auf das Boulder bed abgetragen sind. Der Nummu- litenkalk liegt danach, von Westen nach Osten, über mittlerem Productus-Kalk, unterem Productus-Kalk, Speckled sandstone und Boulder group. Dies entspricht aber nicht ganz der Be- obachtung, sondern es gehen diese Gruppen z. T. seitlich auseinander hervor. Einige andere Angaben sind hier nicht zu erörtern, doch mag darauf hingedeutet werden, daß die Existenz einer unteren Purple sandstone group und einer Grey gypsum group noch unter der Rock-Salt and Red gypsum group auf tektonische Überschiebungen zurückzuführen ist, die besonders im Indus-Gebiet den Gebirgsbau komplizieren. Zahlreiche Arten sind mehreren Abteilungen des Pro- ductus-Kalks gemeinsam, einige gehen durch von unten bis oben. Dennoch hält es nicht schwer, an der Hand der ge- gebenen Statistik Unterschiede hervorzuheben, durch welche die Faunen sich voneinander sondern. In unteren Productus-Kalk wird der Charakter der Fauna bestimmt durch Hemiptychinen, Spiriferen aus der Fasciger- und Alatus-Gruppe, Relicularia lineata, Athyris, Derbyien, Sfreptorhynchus pelargonatus, Orthis, Aulosteges, Productus spiralis, Marginiferen, Chonetes und Strophalosien. Etwa 16 Arten sind auf die Stufe beschränkt'. Es fehlen noch vollkommen die Lyttonien, Oldhaminen, die Rhyncho- nelliden, Centronelliden (Notothyris), die meisten Productiden, die Cephalopoden, die meisten Gastropoden und Zweischaler, ierner die Korallen. Die Fusulinenschichten können wir auch hierher rechnen, aber als selbständige Grenzschicht. ‘ Dagegen gehen folgende wichtige Arten in die oberen Stufen über: Hemiptychina himalayensis, sublaevis, Spirifer striatus (W.), musakhey- lensis DAV., Spiriferina cristata, Reticularia lineata, Martiniopsis sub- pentagonalis, Athyris capillata, Eumetria grandicosta, Orthis indica, Derbyia grandis, regularis, Streptorhynchus pelargonatus, Marginifera typica, ovalis, Strophalosia spinosa, Richthofenia sinensis, Lawrenciana, Hexagonella tortuosa, ramosa. 478 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. In den massigen Kalken des mittleren Productus- Kalks reißt zunächst der Zusammenhang etwas ab, da die Fazies eine ganz andere ist. Meist sind nur Spuren von Korallen und Crinoiden zu sehen. In weicheren Zwischen- bänken, wie bei Virgal, sind dann wichtig: Martinia gigantea, Reticularia indica, Richthofenien, Lyttonia nobilis, Cyathocriniden, Lonsdaleien und Amblysipho- nellen. Verschwunden sind viele der älteren Formen, von neuen sind besonders wichtig Lyftonia und die Korallen. Dieroberen: Lassen des’ mittleren Proanarıe Kalks schließen sich, als weniger ausgesprochene Riffbildung, wieder enger an den unteren Productus-Kalk an. In der reinen Brachiopodeniazies (Enteles-Lager) ist das plötzliche Anschwellen der Gattungen Dielasma, Dielasmina, Flemiptychina, Notothyris, Camerophoria, Terebratuloidea und Enteles ganz besonders charakteristisch. In der Old- haminenschicht treten diese alle wieder zurück, während die Spiriferinen, Eumetrien, Athyris, Streptorhynchus und zahl- reiche große Productus sich mehr ausbreiten. Michelinia tritt lokal massenhaft auf, AÄenodiscus ist häufiger als im Enteles-Lager. Der obere Productus-Kalk im ganzen weicht von den tieferen Stufen ab durch das Hervortreten der Spirigerellen und der Chonetes unter den Brachiopoden, der Aviculiden (Pseudomonotis gigantea!), Schizodus, Gastropoden (Bellero- phonten, Entalis), Nautilen, Ammoneen und der cochliodonten Fische. Die extrem spezialisierten Brachiopoden (ZLyttonia, Oldhamia, Richthofenia) werden seltener und sterben aus, ebenso die Terebratuliden und Rhynchonelliden. Ganz oben verbreitet sich eine Foraminifereniauna, die sehr an die des alpinen Bellerophon-Kalks erinnert. Über die enge Beziehung des Productus-Kalks zu den tieferen Schichten einschließlich des diskordant dem Cambrium E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 479 aufgelagerten Boulder beds herrscht Übereinstimmung. WAAGEN hat den unteren Productus-Kalk noch in die Gruppe des Speckled sandstone gestellt; daß Speckled sandstone und Lavender clay im Westen und die Olive series im Osten äquivalent, nur faziell geschiedene Bildungen sind, ist von WARTH und NOETLING ausgesprochen und von mir bestätigt geiunden. Die Olive series steht aber in so innigem Verband mit der Geschiebeformation, daß die Abgrenzung gar nicht leicht ist. Bei Wartscha schieben sich auch dem Lavender clay Lagen von Geröllen ein, die an die Konglomerate der Olive series östlich von Kjurah etc. erinnern. Bei Makratsch habe ich die ersten Spuren von Verstei- nerungen in typischem Speckled sandstone gesehen. In der Nilawan ist auf der einen Seite der Speckled sandstone noch iossilleer, auf der anderen, unterhalb Bhal besonders, aber so reich an Productiden und Fusuliniden, daß man hier zuerst von Productus-Kalk reden kann. So steht die ganze Serie in organischem Zusammenhang, und wenn man die obersten Schichten, welche in die Trias übergehen, oberstes Perm nennen muß, so fällt es schwer, die Ansicht zu akzeptieren, daß das Geschiebelager in das mittlere oder gar in das untere Carbon gehöre. Eine der- artige Streckung der Serie ist gewaltsam, wie aus den engen Beziehungen des unteren Productus-Kalks zum mittleren und oberen hervorgeht. Es sei ferner daran erinnert, daß ich im Lavender clay unterhalb des unteren Productus-Kalks bei Mohra (Wartscha) eine dolomitische Lage mit Pleurophorus, Holopella etc. nach- wies, die zwar vorläufig nicht genügend gekennzeichnet werden kann, aber mehr den Eindruck einer Zechsteinfauna als einer carbonischen macht. Die tieisten Lagen der Olive series, die Geröllbänke und Sandsteine der Umgegend von Dandot, Khussak, dem Berge 480 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Tschel etc., enthalten Eurydesmen, Conularien! und andere Formen, über deren Identität bezw. nahe Verwandtschaft mit australischen Arten schon WAAGEN sich bestimmt ausgesprochen hat. Die Verquickung der australischen Faunen wiederum mit Glossopteris und Gangamopteris-führenden Sedimenten er- ölinet die Möglichkeit, eine andere Serie von Beweisgründen, die sich auf die Gondwana-Schichten stützen, hier anzureihen. In Kaschmir schalten sich die unteren Gondwanas unter das marine Perm, wie NOETLING von Khonmu nachwies. Das ist genau der Platz, wo wir sie vermuten müssen, wenn wir das Boulder bed der Saltrange den tiefsten Lagen der Gondwana-Serie gleichsetzen. Auch in der Saltrange sind gelegentlich Pilanzenreste in der oberen Olive series beob- achtet — leider von allzu schlechter Erhaltung, um Bestim- mungen zu erlauben. Die Fauna des Productus-Kalks wird in einer anderen Schrift paläontologisch besprochen werden. Mit Rücksicht auf meinen Versuch, eine Kartenskizze der damaligen Meere und Festländer zu entwerfen, sei nur auf einige zoogeographisch wichtige Momente hingewiesen, welche den Gedanken über frühere Meeresverbindungen, Strömungen und Küstenlinie eine bestimmte Führung geben. Als russische Elemente dürfen wir z. B. die Enfeles und Ammonoidea bezeichnen. Sie treten dort früher auf und die Richtung ihrer Wanderungen geht gegen Süden. Denselben Zug verraten die Spiriferen aus der Fasciger-Gruppe, die Spiriferinen und viele Productiden. Nach der Mittelmeerregion verweisen einige mit Sizilien übereinstimmende Arten von Enteles, Notothyris u. ä., wobei ! Nach briefl. Mitteilungen von Herrn WARTH ist, wie schon er- wähnt, nicht daran zu zweifeln, daß Conularienknollen auch im Boulder bed selbst, wenigstens in der Nilawan, vorkommen. Das wiederholte Auftreten stände in Parallele zu den Verhältnissen in Australien. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 481 aber unentschieden bleiben muß, ob die Wanderung von Westen nach Osten oder umgekehrt verlief. Für letzteres spricht die Verbreitung der Lyttonien und Richthoienien, deren Entstehungsgebiet mit größter Wahrscheinlichkeit im fernen Ostasien lag und deren Ausbreitung wir von Japan über Indien nach Sizilien und in das ostalpine Gebiet veriolgen können. Ihr Auftauchen im Transpecos-Gebiet von Nord- amerika kann besser mit einer Wanderung an den Rändern des Pazifischen Ozeans in Zusammenhang gebracht werden, für die aber die Etappen bisher fehlen, so daß eine Ein- wanderung aus dem Mittelmeer immer noch möglich bleibt. Die Beziehungen zu den südamerikanischen Gewässern erklären sich wohl am einfachsten durch die vermittelnde Stellung der texanischen Meeresprovinz. Es sind auch nur wenige Formen, die in Betracht kommen. Während in der ersten Zeit der indischen Permperiode die nordindischen Gewässer aus dem Australischen Meer eine sehr charakteristische Fauna empfingen (die Eurydesmen- und Conularien-Fauna), scheinen sie später auch ausgeteilt zu haben. Alelicoprion könnte zwar aus der japanischen Provinz nach Australien gewandert sein, aber einige Brachiopoden, welche der Saltrange und Australien gemeinsam sind, mögen von Westen nach Osten gezogen sein. Eigentlich autochthone oder autohaline Formen sind in Indien nicht vorhanden, da der Unterbau des Carbons dem Perm vollkommen fehlt. Es muß schließlich jede Art aus ierneren Meeren eingewandert sein oder von eingewanderten ihre Ableitung finden. Am wichtigsten sind für die paläo- geographischen Erwägungen die extrem spezialisierten Formen, weil deren Lebensdauer nach aller Erfahrung nicht allzu groß zu sein pilegt, so daß man außer den räumlichen Be- ziehungen auch die zeitlichen erhält, auf einen zeitlichen Hintergrund projizieren kann. Dahin gehören Richthofenia, N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 31 482 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Lyftonia, Oldhamina, dann Felicoprion. Die Scachinellen SCHELLWIEN’s sind von Aulosteges nicht wesentlich verschieden. Über die Fusulinen können wir uns nicht aussprechen, bis SCHELLWIEN’s posthumes Werk erschienen ist. Er hat durch mich Fusulinen der Saltrange erhalten, aber keine Be- stimmungen mehr an mich gesandt. Auffallend bleibt das Fehlen der Schwagerinen und Doliolinen, deren Wanderstraßen wohl nördlicher verliefen. Über Talscher- und Gondwana-Schichten. Selten ist eine Schichtengruppe mehr besprochen als die Gondwanas Indiens. Die Frage aber, wo der Schnitt zu führen ist, welcher den paläozoischen Teil der Gondwanas vom meso- zoischen scheidet, und welches Alter den tiefsten Schichten zukommt, ist noch immer nicht endgültig beantwortet, und der Leser der verschiedenen Monographien und Zusammen- fassungen hat unter mehreren mit gleicher Entschiedenheit vorgetragenen Schulmeinungen zu wählen. Wo nun derartig gewaltige Vorgänge in Frage stehen, wie die Ausbreitung von Eisfeldern über Gegenden, die heute zu den heißesten der Erde gehören, wo Erklärungen des anscheinend paradoxen Zustandes aus allen Winkeln der Astronomie und physikalischen Erdkunde herausgekramt werden, kann es durchaus nicht gleichgültig sein, in welche Stufen des geologischen Systems die Gondwana-Schichten einzustellen sind. Man sollte viel- mehr meinen, daß eine befriedigende Frörterung überhaupt erst beginnt, wenn man mit innerer Überzeugung zusammen- stellen kann, was als gleichzeitig — wenn auch nur innerhalb des breiteren Spielraums geologischer Zeitrechnung — be- zeichnet werden darf. Insofern sind die Differenzen, welche in der folgenden Übersicht zum Ausdruck kommen, durchaus nicht belanglos, sie lehren vielmehr, daß bisher noch von schwankendem Boden aus diskutiert wird. 483 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. SSPUBIINoN "PHW o) E ei < 7 en | wg SIIIIO sen] un = SELL = ea id @® S ae) G BUS—S u ı IEyg9—SeI7 zT && IR BLAPETTE) YSUNIY (und) ul9}s1997Z h uoqleslajun "L 'Z UOgIEIIIIO UNI VOogqIEIIIqgO (3}s19}un <) SEIL]L UOQIEIOWIOAI PUI—SeHL PUAgd pun eınf "SEPT—EINF STE TI9JENI-BIOM ı UVOAIEIIIAIO VOAIEIOULIIA sepnwe(d | JoyaspeL. & — N LlegieyIey jeyeieg yasuestuey Pydsueg BA9PeUeW [eyewmyaspey NIMOM HIIUJ MAIHISANUYHDSL AUVYMAS NYJDYYM YaayV WVHATO 'd U 484 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Ich maße mir nicht an, die Sache zur Entscheidung zu bringen, aber ich denke, daß die Zeit zu einer erneuten kritischen Überprüfung nach der erfolgreichen Durchforschung der paläozoischen Glazialablagerungen reif ist. Von der Bildung der Vindhyans an und über die Einbrüche des Jura- und Kreidemeeres in die Ränder der Halbinsel hinaus ist Indien Festland gewesen. In der langen Zeit, welche zwischen Carbon und Kreide liegt, haben sich limnische, Huviatile und kontinentale Ablagerungen gebildet, und in alle diese Gesteine mußten Abfälle der Pflanzendecke geraten. Bis zu den cretaceischen Umia-Schichten hin ist der Name der Gondwanas auf sie angewendet, der infolgedessen zu- nächst nur die Bedeutung einer lithologischen und faziellen Zusammengehörigkeit haben kann und sich auch durchaus nicht deckt mit der öfter gehörten Bezeichnung Glossopteris- Sehmiehven: Die sogen. Glossopteris-Flora charakterisiert nur einen Teil der Schichten. Weiter nach oben wandelt sie sich in eine jüngere Triasilora, wie sie ähnlich in unseren Breiten bekannt ist und schließlich, indem die wenigen auf die Trias beschränkten Gattungen sich auch ändern oder verlieren, in eine jurassische. Während wir mit den ältesten Schichten das Phänomen der permischen Eiszeit verbunden sehen, liefern die höchsten Gondwana-Schichten der Ostküste Kelloway- und noch jüngere Ammoniten. Die Diskordanzen, welche das Schichtengebäude durch- ziehen, wechseln und geben keinen zuverlässigen Anhalt für die Führung der großen, notwendigen Schnitte!. Der ! TH. OLDHAM hebt mehrfach hervor, daß im Talscher Coal Field die Damuda-Gruppe diskordant den eigentlichen Talschers aufgelagert ist. Noch schärfer setzt die obere Abteilung, die Mahadeva-Gruppe, gegen die mittlere ab, und lange Zeiten der Denudation sind zwischen diese drei, E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 485 Mangel an Fossilien in ausgedehnten Gebieten verhindert eine exakte paläontologische Vergleichung, und so ist die Unsicherheit über die Gondwanas vollauf begreiflich. Sie nimmt zu in den höheren Lagen, während über die Teilung der unteren Gondwanas im ganzen Übereinstimmung herrscht. Für die lokale Ausbildung kann noch immer die Tabelle gelten, welche OLDHAM im Manual p. 156 gegeben hat. Die Zweiteilung ist allgemein anerkannt. Ich möchte an ihr nur ändern, daß ich die Kota-Maleri-Gruppe auflöse und sowohl die Maleri- wie die Denwa-Schichten weiter nach unten verseize. Innerhalb der unteren Gondwanas, mit denen wir es hier ausschließlich zu tun haben, sind dann drei floristische Abschnitte erkennbar: Fin ältester mit Gangamopteris in größter Entialtung (Talscher—Karharbari), ein mittlerer mit Glossopteris in größter Entfaltung (Damudas, d. h. Barakar—Ranigansch), ein oberer mit Thinnfeldia, seltener mit Glossopteris (Panschet). Die Kenntnis der Gondwanas ging aus von den Vor- kommen mit abbauwürdigen Flözen, in Bengalen im Dämodar-Tale, in den Radschmahal-Bergen und in Orissa. Hier begegnen uns die Namen Talscher, Karhar- bari, Barakar, Ranigansch, Panschet und Radschmahals als Be- zeichnungen von Bergen, Flüssen, Ansiedlungen, und von hier nur anscheinend zusammenhängenden Abteilungen einzuschalten. Später ist aber diese Auffassung von verschiedener Seite bestritten und jeden- falls sind für andere Regionen entgegengesetzt lautende Angaben gemacht. So berichtet MEDLICOTT 1875 (Records. VII.) über die Abgrenzung der Talschers und Baräkars im Shapur-Revier: „The characters of the two deposits are not only blended vertically by interstratification but it would appear as if this also occurred horizontally — beds of decided Barakar type in one place being represented by as decided Talchir rock elsewhere.‘“ E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 486 EEE ESS EEEEESEEESEEEEREEEEESEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEREEEEEEEEEEREEEEESEEEEEEEES EEE TEREEEEREEEREREERENBEEEREEEEEEEEEESEEEEESREREEEEEEEEEEEEEEEEESEEREEEEL EEE EEEEEEETEEEEEEE———EnEEEEEn nennen 3 } Birbhum, , Täler des Son, s En Rädschmahäl. Beogan, | Demon |Mapenadı, | Gegead Lori Gaga |, ‚Ontiehe, | Katar Ins Karharbari Brähmani P | Bien. zT TE TEE EEE ET Umia und — —- | — — — | — | — | Umia Dschabalpur — = | - Dschabalpur Dschabalpur Chikiäla Tripetty, Pä- S | | vulur und 2 | Bögra Sattavedu | = - = | Denwa Kota-Maleri Ragavapuram, oO _ | — Mahädeva | Sripermatür, © | Radschma- | | | Utatür ı [eB] | 2 | häl und 2 e | : | | | ®) Mahädeva |, Radschmahäl, - ı Mahädeva | | Athgarh, Dubradsch- | | Pachmarhi — Golapilli, | pur | | Budaväda | Panschet — | — Panschet | Almod? y Se a Kämthi E — | — ‚ Ranigansch Er Bijori (einschl. | | ingir 3 — | = Ironstone- : | Motur Mangli) = Damuda | | | = | | shales | Oo | | | = | Barakar Barakar Barakar Barakar | Barakar Barakar - | | 5 | 1 = Karharbari Karharbari | Karharbari | Karharbari ' Talscher | \ Talscher | Talscher Talscher Talscher Talscher | Talscher E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 487 stammt ihre Anwendung auf die in gleicher Ordnung über- einanderliegenden Schichten, deren jüngste die Radschma- hals sind. Die zahlreichen Pferophyllum-Arten geben selbst diesen noch ein triassisches Gepräge, obwohl Juratypen sich schon beimischen. Der floristische Unterschied gegenüber den Panschets, deren Flora nur aus wenigen Arten besteht, liegt im Erlöschen von Glossopteris (inkl. Vertebraria) und in der Entfaltung der Cycadeen. Außerdem sind die Radschmahals durch basaltische Laven charakterisiert und den älteren Gondwanas gegenüber deutlich diskordant gelagert. Immerhin werden sie noch von rhätischem Alter sein; das kann man auch von dem Vorkommen des Golapilli-Sandsteins in der Gegend von Radschamahndry und Ellur sagen, während die anscheinend konkordant angeschlossenen Sandsteine von Ragavapıram nach dem Vorkommen von Macrocephalites etc. uns plötzlich ins Kelloway versetzen. Hier existiert eine ver- steckte, aber zeitlich bedeutende Diskordanz. Gehen wir 12 Längengrade nach Westen hinüber, so ist in der Gegend der Satpura-Berge die Basis der Gond- wanas durch die Entwicklung von Talschers, Karharbaris und Barakars ebenso charakterisiert wie in Bengalen. Statt der dreiteiligen Damudas treten zwei, in ihren gegenseitigen Be- ziehungen noch nicht ganz geklärte Formationsglieder über den Barakars auf, die Motur und die Bijori, beide vorwiegend Sandsteine. Über ihnen folgen in den Mahadeva-Bergen mächtige Sandsteine, deren Vergleichung wegen des Fehlens von Fossilien sehr unsicher ist. Die tiefsten nennt man Almod, die oberen, nochmals in drei Teile zerlegten, werden als Mahadevas zusammengefaßt!. Nur in den mittleren sogen. Denwa-Schichten sind in den Satpura-Bergen und südlich von * Fossilleere Sandsteine der oberen Gondwanas werden allgemein und so auch im Damodar-Tal als Mahadeva bezeichnet. 488 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Rewa Reste von Reptilien und Labyrinthodonten gefunden (Parasuchus, Flyperodapedon und Mastodonsaurus), die ihr triassisches Alter beweisen und ihre Gleichstellung mit der von Maleri bekannten Gruppe rechtfertigen. In der Nähe von Nagpur lagern bei Kamthi über den _ Barakars Sandsteine, die sich von den typischen Damudas im Nordosten lithologisch durch den Mangel an kohligem Material unterscheiden. Nach dem genannten Orte werden sie als Kamthis bezeichnet, in anderen Gegenden auch als Hingir. Die Flora ist von anderen Lokalitäten besser bekannt als von den namengebenden; sie enthält neben zahlreichen Glossopteris auch noch Gangamopteris. Im Tal des Godavari folgen, durch eine Diskordanz ge- trennt, die Schichten der sogen. Kota-Maleri-Gruppe. In den tieferen Maleri überwiegen rote Tone, in der anscheinend eng verbundenen Kota-Gruppe die Sandsteine. Man hat aber den Zusammenhang beider stark überschätzt, und jedenfalls ist es irrig, von einer einheitlichen Kota-Maleri-Gruppe zu sprechen. Das erhellt aus der Tatsache, daß in den Kota- Sandsteinen Lepidotus, Tetragonolepis und Dapedius — typische Liasgattungen — sich fanden, während die Maleri-Tone Cera- todus, Belodon, Parasuchus, Pachygonia, Massospondylus und Ayperodapedon — alles Triasfiormen — führen. Die Flora ist spärlich und wird mit der der Radschmahals verglichen. Angiopteridium spathulatum, Ptilophyllum acutifolium, Pa- lissya conferta, jabalpurensis, indica, Cheirolepis ci. Münsteri, Araucarites cutchensis deuten auf Lias; soweit mir bekannt, sind diese Pilanzenreste aber in den Kota-Schichten gefunden. Es ist hier nicht der Ort, in eine ausführliche phyto- paläontologische Besprechung der Glossopteris und assoziierte Arten führenden Schichten einzutreten, aber einige Bemerkungen sind doch am Platze, weil so häufig mit dem Schlagwort Glossopteris-Flora bei klimatologischen und allgemein geo- E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 489 logischen Erörterungen operiert wird, ohne daß ein scharf umschriebener Begriff vorliegt und ohne daß die Bedingungen, die wir notwendig bei der Anwendung der Bezeichnung ver- langen dürfen, erfüllt sind. Damit wird aber willkürlichen paläogeographischen Spe- kulationen das Tor aufigestoßen. Selbst die typischen Glosso- pteris-Schichten umschließen eine an sich heterogene Flora mit nur wenigen Gattungen, die für die Assoziation leitend genannt werden können. Wenn aber z.B. über das Ursprungs- gebiet einer Flora debattiert wird, muß die Forderung aui- gestellt werden, daß die Standorte nicht nur durch eine Art oder durch einige, nicht charakteristische Arten, sondern durch die gleichsam wirtschaftliche Gemeinschaft mehrerer häufiger Arten belegt werden. Ob nun der Nachweis von Phyllotheca genügt, um für einen Ort eine Vegetation von der Tönung der Glossopteris- Flora voraussetzen zu dürfen, erscheint mir sehr zweifelhait, zumal Phyllotheca und ihr ähnliche Reste auch zeitlich eine sehr weite Verbreitung haben. In Indien tritt Phyllotheca später auf als Gangamopteris und Glossopteris, in Südafrika soll sie nach SEWARD noch in der Uitenhage-Formation vor- kommen. Durch den Fund einer Phyllotheca auf der Ostseite von Süd-Falkland ist weder stratigraphisch noch floristisch eine genügende Basis geschafien, um diese Inseln in die Dis- kussion über das Entstehungszentrum der „Glossopteris-Flora“ ziehen zu können, zumal die Erhaltung so mäßig ist, daß selbst NATHORST den Rest zuerst als Asterocalamites deutete. Die auch von PENCK in seinem ideenreichen Aufsatz über die Eiszeiten Australiens erwogene Möglichkeit eines antarktischen Entstehungsgebietes ist vorhanden, aber bisher noch durch keine neuen Tatsachen stärker gestützt und durch das reich- liche Vorkommen von Gangamopteris in Perm der Dwina eher in Frage gestellt. 490 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Wenn wir, etwa an der Hand des sorgfältigen ARBER- schen Katalogs, den der Verfasser mit Recht eine Monographie nennt, alles das, was zur Glossopteris-Flora gezählt wird, überblicken, so drängt sich die Überzeugung geradezu auf, daß wir es nicht mit einer einheitlichen, in einem Lande geprägten Flora zu tun haben, sondern mit Mischungen, die je nach der Lage verschieden ausgefallen sind. So sind die Lycopodialen ein uralter Bestandteil aller paläozoischen Floren und ihre ältesten Vertreter gerade in Europa zu Hause. Sie fehlen bemerkenswerterweise in Indien und in Australien, obwohl sie im Uhntercarbon des letzteren Kontinents ver- breitet sind. Prüfen wir den Bestand der Glossopteris-Flora auf seine echt paläozoischen Typen, so sind es die folgenden: Sigillaria Brardi BRONGN. (die bekannte Art des Rotliegenden) in Transvaal, Bothrodendron Leslii SEW. in Transvaal, Zepido- phloios laricinus STBG. (obercarbonische Art) in Brasilien, Lepidodendron Pedrovanum CARR. in Rio Grande do Sul, L. Derbyi REN. von Piracicaba in Brasilien, Z. ci. australe SEW. in Transvaal!, Änorria sp. von Orange River, Spheno- phyllum (Trizygia olim) speciosum ROYLE in Indien (Barakar, Ranigansch) und ähnliche Arten, sowohl in Südafrika wie im Verrucano, Psaronius brasiliensis UNG. in Brasilien, Cardio- carpus sp. in Indien (Karharbari—Kamthi), Australien, Trans- vaal, Noeggerathiopsis (sehr nahe verwandt, wenn nicht ident mit Cordaites) in 4 Arten in Indien, Australien, Tasmanien, Südafrika, Argentinien. Dadoxylon ist ein Holz, das eher zu Cordaites als zu ! SEWARD ist geneigt, das aus einer Bohrung stammende Stück mit Lepidodendron australe (L. nothum UNG.) zu identifizieren und daraus ein untercarbonisches Alter der Schicht abzuleiten, die nach Du TOIT zweifellos zur Dwyka-Serie gehört. Neuerdings werden Reste von Lepido- dendron-artigen Pflanzen selbst aus den obersten Beaufort-Schichten angegeben. Man wird in beiden Fällen besseres Material abwarten müssen. | E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 49] Araucaria gehört. Die australische Annularia ist generisch nicht sichergestellt, vielleicht eine Phyllotheca. Es sind also wesentlich die Lycopodialen und Cordaiten, welche das carbonische Erbe bilden. Ihnen gegenüber sind mesozoische Formen, die in Europa nahe Verwandte haben, ganz im Übergewicht, bemerkenswerterweise sind aber viele von ihnen erst in höheren Lagen gefunden. Hierher ge- hören: Araucarites sp. (untere Gondwanas), Brachyphyllum (New Castle Beds), Albertia (Karharbari ; Bestimmung unsicher), Voltzia heterophylla (Karharbari—Ranigansch), Rhipidopsis gingkoides SCHM. {ursprünglich aus Sibirien beschrieben, dann in den Barakars und in Südamerika (?) gefunden), Oftokaria (wie vorige nahe verwandt mit Baiera und Gingko, Karharbari), Cyclopitys dichotoma FEISTM. (verwandt mit Sciadopitys (?); Barakars, ? Argentinien), Pferophyllum (Barakar), Cycadites (Karharbari), Merianopteris (Ranigansch), Cladophlebis (Rani- gansch), Macrotaeniopteris danaeoides (Barakar--Ranigansch) und drei andere indische Arten (bis in die Radschmahals hinauf), Neuropteridium validum (Talscher, Karharbari, Ecca; bis Brasilien verbreitet) !, Equisetites (Argentinien), Schizoneura (Talscher, hauptsächlich aber in den Panschets). Aus den Ranigansch-Schichten sind noch einige sogen. Pecopteris und Sphenopteris zu nennen, die ihre Gegenstücke im europäischen Keuper und im Jura finden. Den australischen Sphenopteris-Arten haftet ein etwas älterer Habitus an. Somit bleiben als ausgesprochene Formationspilanzen zurück: Glossopteris inkl. Vertebraria-Rhizom (bis in den Jura), Gangamopteris (in der Acme früher als Glossopteris), Phyllotheca (in Indien erst in den Ranigansch-Schichten), und * Sehr ähnlich dem Neuropteridium grandifolium des Buntsandsteins. Schizoneura und Neuropteridium sind zuerst aus der deutschen Trias beschrieben, daher nicht „truly palaeozoic genera‘“. 492 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. als isoliertere Formen Palaeovittaria' (nur Ranigansch) und Belemnopteris (nur Ranigansch). Und es ist bemerkenswert, daß in den tiefsten Schichten, die allein bei der Erörterung des Permglazials in Frage kommen, von diesen 5 Gattungen nur Glossopteris und Gangamopteris vorhanden sind, deren Unterschied kein tiefgehender, oit ein kaum faßbarer ist. Nach diesen langlebigen und weltweit verbreiteten Formen lassen sich keine allgemeinen Schlüsse auf die Ökologie und auf die klimatische Empfindlichkeit ziehen. Und doch wird mit der Angabe eines einzigen Vorkommens von Glossopteris, Phyllotheca etc. so leicht die Vorstellung verbunden, daß da- mit ein Anhalt für die Beurteilung des Klimas gegeben sei. Ich möchte nun zurückgreifen und einige der Gondwana- Stufen, indem ich sie nach den Mitteilungen der indischen . Geologen definiere, etwas näher besprechen. l. Die Talschers. Hierher gehören feinsandige Schiefer von grünlichgrauer, seltener von roter Farbe und feine, weiche Sandsteine, grünlichgrau oder rötlich, aus Quarz und frischem Feldspat bestehend. Die Schiefer sind stark zerklüftet und zerspringen in eckige, oft auch griffelförmige Stücke. Sie sind nicht selten etwas kalkhaltig und führen dann auch zuweilen Konkretionen. Die Sandsteine sind deutlich, aber etwas massig geschichtet, wechsellagern gelegentlich mit Schiefern und zer- springen oft würfelförmig (tesselated sandstone). Nach oben gehen sie in gröbere Sandsteine, selbst in Geröllbänke über. Kohlen fehlen im allgemeinen, nur bei Sargädscha (Ihil- milli-Feld) ist ein dünnes Flöz entdeckt. Diese Schilderung weicht ab von dem Bild, das man sich häufig von den Talschers macht, indem man ihre auffallendste, aber nicht immer vorhandene Eigentümlichkeit in den Vorder- grund stellt, nämlich die Führung von gekritzten Geröllen erratischer Natur. ! Kaum von Danaeopsis verschieden. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 493 Den unteren Talscher-Schichten fehlen die Pflanzen, ob- wohl die feinen Schiefer sehr zur Erhaltung tauglich wären. „Remarkable absence of plants in the lower shales“ hebt OLDHAM hervor. Selbst in den oberen Schichten sind sie noch selten und offenbar verschleppt. Wo es sich um moränen- artige Bildungen handelt, wie bei Tschanda im Penganga- Tal, bei Bap und Pokaran in Radschputana, im ganzen Gebiet der Saltrange — fehlen die Pflanzen. Und doch sind auch im Boulder bed geschichtete Einlagerungen staub- feinen Materials beobachtet, welche die zartesten Abdrücke aufbewahren würden. Für Indien könnte man den Satz aui- stellen, daß in den Vereisungsgebieten selbst die Glosso- pteris-Flora nicht beobachtet wird und daß sie erst nach dem Schwinden der Gletscher sich dorthin ausbreitet. Der später zu erörternden Annahme einer bedeutenden Höhenlage der vereisten zentralindischen Gebiete begegnet also von dieser Seite keine Schwierigkeit. Es liegt hierin immer eine ge- wisse Erleichterung, denn obwohl die Empfindlichkeit der Sporophyten wohl nicht gerade hoch ist, wird man doch nur zögernd ihre Wohngebiete sowohl in die Ufergebiete am Meere wie in Tausende von Metern hohe Plateaus verlegen. In Südafrika gehören wichtige Kohlenlager in den unteren Teil der Ecca-Serie und sind angeblich „actually interbedded with the glacial conglomerate“, aber wo Moränen und Schlifi- flächen beobachtet wurden, scheinen die Pilanzen in diesen tiefsten Lagen auch zu fehlen. Das bekannte Pilanzen- vorkommen von Vereeniging gehört den Schichten unmittel- bar über der Kohle an und diese selbst bildet nicht die Basis des Systems. Daß das Eis langsam, vielleicht mehrfach oszillierend, von den Höhen verschwunden ist und daß noch lange die großen Flüsse mit Eisschollen trieben und ihren glazialen Schutt verstreuen konnten, lehren die gekritzten und selbst facettierten Geschiebe in den Sandsteinen von Bloem- 494 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. fontein (obere Abteilung der Ecca-Schichten) und die Ge- schiebeanhäufungen von Benoni in Transvaal. In Australien ist in Victoria ähnlich beobachtet, daß erst über den Moränen die pilanzenführenden Schichten mit Gangamopteris etc. (etwa = Karharbaris) lagern. Wenn in New South Wales die Glossopteris-Schichten und Greta-Kohlen sich in die marinen Bildungen, in denen auch gekritzte Ge- schiebe vorkommen, einschieben, so ist damit nach keiner Seite ein sicherer Anhalt für die Beurteilung der klimatischen Bedingungen, unter denen die Glossopteris-Flora stand, ge- geben, denn die driitenden Eisberge, die im Meer ihre Blöcke ausstreuten, können weither gekommen sein, und außerdem bedeutet die terrestrische Kohlenbildung zweifellos einen vor- übergehenden Rückzug des Meeres und der Kälte verbreitenden Drift. In Queensland kommen gleichzeitig Pflanzenreste und glaziale Blöcke in marinen Schichten vor, in Tasmanien scheiden sich die an Eurydesmen reichen marinen Schichten mit glazialen Geschieben von den oberen, in denen die Glossopteris und Gangamopteris geiunden werden. Im übrigen wäre das Auslaufen der Gletscher in Regionen reicher, ja üppiger Vegetation nichts Beiremdendes; es ist in vielen Berichten von Feuerland und Neuseeland lebhaft ge- schildert. Die Gletscher im Golfe von Penas steigen, so schreibt DARWIN in der Beagle-Reise, zur Meeresküste herab „weniger als 9° von einem Orte, wo Palmen wachsen, inner- halb 43° von einer Gegend, wo das Puma und der Jaguar über die Ebene schweifen, weniger als 23° von baumartigen Gräsern und — in derselben Hemisphäre nach Westen blickend — weniger als 2° von parasitischen Orchideen und weniger als einen Grad von Baumfarnen“. Reizvoll geschrieben ist auch seine Übertragung der im Süden beobachteten Verhältnisse auf die entsprechenden Breitengrade im Norden — geeignet, den Einfluß von Meer und Land auf das reine Breitenklima E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 495 kräftig hervortreten zu lassen. „Selbst so weit nördlich wie Dänemark würde man Kolibris um zarte Blumen flattern und Papageien zwischen den immergrünen Wäldern ihre Nahrung finden sehen, und im Meer würden wir dort eine Voluta und alle Muscheln von bedeutender Größe und krältigem Wachs- tum finden. Nichtsdestoweniger würde auf einigen, nur 360 miles nördlich von unserem Kap Horn in Dänemark liegenden Inseln ein im Boden begrabener (oder in das seichte Meer hinabgeschwemmter und mit Schlamm bedeckter) Tier- leib beständig gefroren erhalten bleiben.“ Geschiebe fehlen in manchen Gegenden den Talschers gänzlich. Wo sie vorkommen, liegen sie zwar meist nahe der Basis, zuweilen aber auch mehrere hundert Fuß darüber. Die verschiedensten Größen liegen durcheinander, sie sind ge- rundet und abgerollt, nur die größeren sind zuweilen gekritzt und geschrammt!. Die Matrix, in welcher die Gerölle liegen, ist derartig feinsandig, daß ein Transport durch Ströme aus- geschlossen ist. Die Beziehung auf Eis ist um so mehr ge- geben, als bei Tchanda die Felsunterlage der Talschers poliert und geschrammt ist. Die Pflanzen aus den höheren Schichten der Talschers sind nach FEISTMANTEL: Noeggerathiopsis Flislopi, Gangamo- pteris cyclopteroides, angustifolia, Glossopteris communis. Die Bildung der Talschers zieht sich jedenfalls durch lange Zeiträume und verglichen mit dem basalen Boulder bed der Saltrange müssen ihre oberen Lagen wohl schon jünger genannt werden, während die Grundmoränen, welche bei Bap im westlichen Radschputana dem oberen Vindhyan-Sandstein auilagern, welche bei Pokaran auf polierten „roches moutonndes“ ' Discovery of smoothed and scratched surfaces on some of the larger boulders found on the banks of the Pengangä river, about ten miles west-south-west of Chändä, Central Provinces. T. OLDHAM, Memoirs. IX. p. 324. 1872. FEDDEN, Records. VIII. p. 16. 1876. 496 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. beobachtet wurden, in jeder Beziehung mit dem Boulder bed der Saltrange in Parallele gebracht werden können. BLANFORD sprach selbst die Vermutung aus, daß diese Blocklehme älter als die Talschers im allgemeinen sein möchten. 2. Die schon kohlenreiche und für Indien ökonomisch wichtigere Karharbari-Stufe enthält dieselben Pflanzen wie die Talscher-Stufe, außerdem noch eine Anzahl ihr eigentüm- licher Arten. Gangamopteris cyclopteroides ist überall verbreitet. Die Beziehungen zur Damuda-Stufe sind schwächer als zu den Talschers. Auch petrographisch läßt sich ein Unterschied fest- halten. In den Sandsteinen der Karharbari-Stufe sind die Quarze und Feldspäte eckig und splittrig, in denen der Barakar- bezw. Damuda-Stufe im allgemeinen ausgesprochen gerundet, die Feldspäte kaolinisiert. In mehreren Stellen wurde beobachtet, daß die Karharbari- Schichten über die Talschers, denen sie sich konkordant an- schließen, hinausgreifen, so besonders im westlichen Teile des Karharbari-Kohlenieldes. Die Flora zeigt im Vorkommen von Volfzia heterophylia, Albertia sp. und Sagenopteris” die erste Annäherung an die Trias. Nach FEISTMANTEL besteht sie aus folgenden Arten: Schizoneura ci. Meriani, Vertebraria indica?, Gangamo- pteris (6 Arten), Glossopteris (4 Arten), Sagenopteris (?) Sto- liczkana, Glossozamites Stoliczkanus, Noeggerathiopsis Flis- lopi, Euryphyllum Whittianum, Voltzia heterophylla, Al- bertia sp., Samaropsis, Cardiocarpus sp., Carpolithes Milleri. In den Damuda-Schichten erhalten sich: Vertebraria indica, 3 Arten Glossopteris, die eine Gangamopteris cyclopteroides. Aus der Talscherzeit stammen schon: Gangamopteris cyclo- ! Records. XX. 1887. p. 106. ? Nach N. ARBER Blätter von Glossopteris decipiens. > Rhizom von Glossopteris. Von FEISTMANTEL bei den Equisetaceae eingeordnet. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 497 pteroides, G. angustifolia, Glossopteris communis, Noeggera- thiopsis Flislopi. 3. Die Flora der Damuda-Stufie trägt schon in den Barakar-Schichten einen jüngeren Charakter. Neben Voltzia heterophylla erscheinen Gingko-ähnliche Formen (Rhipidopsis), unter den Cycadaceen echte Pferophyllum, unter den Farnen neben den ausdauernden Glossopteris- und Gangamopteris- Arten (erstere Gattung ist auf der Höhe der Artbildung an- gekommen) Macrotaeniopteris danaeoides und Sphenopteris polymorpha. Noch entschiedener vollzieht sich der Anschluß an die Trias in den Ranigansch-Schichten, in denen Clado- phlebis ci. whitbyensis, Roylei u. a., mit europäischen Rhät- und Liasarten nahe Beziehungen haben. So scheint es berechtigt, den Schnitt zwischen Perm und Trias unter die Ranigansch-Stufe zu legen. Das Vorkommen der landbewohnenden Wirbeltiere ist in- sofern nicht konform diesem jungen Habitus der Flora, als noch aus den Bijori-Schichten, also etwa aus dem oberen Teil der unteren Gondwanas, ein dem ÄArchaegosaurus verwandtes Reptil unter dem Namen Gondwanasaurus angegeben wird. Ab- gesehen von der nicht ganz einwandfreien Vergleichung des betreffenden Fossils sind doch auch vielleicht die stratigraphi- schen Parallelen nicht scharf gezogen. In den Steinbrüchen von Mängli (ca. 40 miles im Süden von Nagpur und 35 miles im NW. von Tschanda) ist in Sand- steinen, welche zur Kamthi-Stufe gerechnet werden, neben Estherien und einer Palissya-Art ein echter Labyrinthodontier Brachyops laticeps geiunden. An anderen Lokalitäten der Kamthi-Schichten sind Angiopteridium ci. Macclellandi und Macrotaeniopteris danaeoides, zweifellos triassische Typen, bekannt geworden. Die Kota-Male£ri-Schichten galten meist für etwas jünger als die Radschmahals, ja selbst als die Schichten von N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 3 498 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Sripermatur, aber nach den Reptilresten kann wenigstens deren Lager nicht jünger sein als oberer Keuper, und das- selbe gilt für die reptilienführenden Schichten von Denwa. Die Sripermatur shales westlich Madras haben dagegen Ammoniten von neocomem Aussehen geliefert und die Raga- vapuram shales!, welche konkordant auf den Golapilli-Sand- steinen mit Radschmahalpflanzen lagern, führen Makrocephalen! Niemand wird makrocephalenführende Schichten mit solchen im Alter gleichstellen, die Delodon, Flyperodapedon und Ceratodus liefern. Und es ist schon oben betont, daß die wahrscheinlich liassischen Kota-Schichten ebenfalls scharf von den Maleris getrennt gehalten werden müssen. Nach der heutigen Kenntnis vom Auftreten der älteren Reptilien sind die Belodontiden ausschließlich jungtriassisch. Da Belodon und Parasuchus in den Maleri-Schichten vorkommen, so hätten wir hier einen Horizont, auf den wir einstellen können. Es stimmt mit dieser Auffassung vom Alter der Maleri überein, daß in ihnen auch A/yperodapedon gefunden wurde, denn die nahe verwandte Art aus dem Sand- stein von Elgin ist ebenfalls wahrscheinlich jungtriassisch ?. Auch LYDEKKER’s Angaben über Reste, die Metopias und Capitosaurus nahe stehen, lassen an Keuper-Schichten denken. Die Maleri gehören allerdings dem oberen Teil der Gondwanas an und das Vorgebrachte präjudizierte um so weniger dem schließlichen Urteil über das Alter der tieferen Gondwanas, als, wie schon erwähnt, von mehreren Beobachtern Diskordanzen angegeben werden. 4. Auch die paläontologischen Funde aus den Pan- schet-Schichten zeigen kein sehr: hohes Alter an. Zpi- campodon ist ein Dinosaurierrest, den man in die Verwandt- ' 10 miles oberhalb Radschamahndry. | ? Über die Zweiteilung der Elgin-Schichten vergl. u. a. v. HUENE., Reptilien d. Trias. p. 74. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 499 schaft der jungtriassischen Zanclodontiden stellen wird und Dieynodonten fanden sich. in Südairika nicht nur in den tieisten Karroo-Schichten, sondern noch in den Red beds, die schon zu der Stormberg-Serie gehören und jungtriassisch sind. Ob Dicynodon in der nordamerikanischen Trias vorkommt, mag dahingestellt bleiben '!. Die übrigen Panschet-Vertebraten würden nichts gegen die Deutung des Lagers als Trias beweisen. Gonioglyptus steht den Trematosauriden nahe und ist kein Archaegosaurier. Die bei Tschideru in den unteren Triaskalken vorkommenden Labyrinthodontier könnten recht gut dieser Gattung angehören. Die Pilanzen lassen keinen bestimmten Schluß zu. Peco- pteris concinna ist zwar ein jüngerer Typus, aber doch wenig verläßlich. Sonst wären, neben Glossopteris, Schizoneura, Vertebraria und Samaropsis zu erwähnen: Thinnfeldia_ cf. odontopteroides und Oleandridium (Taeniopteris) ci. steno- neuron, als triassische bezw. jurassische Typen. Unter den Panschets hat WAAGEN die Grenzlinie gegen das Perm gezogen; auf demselben Standpunkt steht ARBER’s wertvolle Zusammenfassung, während in FRECH’s Lethaea die gesamten Damudas einschließlich der Barakar-Schichten der Trias zugeschlagen sind. Für meine vermittelnde Teilung — Ranigansch zur Trias, Barakar zum Perm. — sind mehr Erwägungen als scharie Be- weise maßgebend gewesen. Die Ranigansch-Flora erhält durch die sogen. Alethopteris, Pecopteris, Merianopteris, ferner durch Palaeovittaria, Angiopteridium, Rhipidopsis, Ptero- phyllum etc. einen gegenüber den Barakars sehr bemerkens- werten jüngeren Anflug. Die Barakars der Trias anzugliedern, kann ich mich um so weniger entschließen, als nach NOET- LING’s wichtiger Beobachtung in Kaschmir über dem Lager 1 CoPpE’s Diceynodon rosmarus aus Pennsylvanien ist ungenügend begründet. 32% 500 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. der Karharbari-Flora erst das marine Perm folgt, das demgemäß ein Äquivalent der terrestrisch-limnischen unteren Damudas darstellen müßte. Wenn ich von diesen die Rani- gansch-Abteilung ausschließe, so kann die Bestätigung erst er- folgen, wenn auch aus diesen Reptilien oder Stegocephalen bekannt geworden sind. Durch das Hereinziehen der Floristik, die ein anderes Maßsystem besitzt, wird, wie ich selbst vor- hin betonte, die Erörterung verschoben. Für die Gesamtheit der Gondwanas bevorzugten die Geologen der indischen Survey die Annahme eines fluviatilen Ursprungs. Wie sich in neuerer Zeit die immensen Schutt- massen der indogangetischen Ebene durch die Tätigkeit der großen Wasseradern des nördlichen Indiens gebildet haben, so sollen auch in früheren Zeiten mächtige, in ihrem Lauf wechselnde Flüsse das Material der Gondwana-Schichten in großen Tälern zusammengeschafit haben. Die Alluvionen der indogangetischen Ebene bedecken eine Fläche von ca. 300000 Quadrat-Miles; der einstige Zusammenhang der in das Gondwana-System eingereihten, in verschiedenen Regionen der Peninsula auftretenden Schichten, welche nach Norden nicht über die Täler des Narbada und Son, nach Süden nicht über eine Linie hinausgehen, die man von Masulipatam nach Nirmal ziehen kann, ist nicht unmittelbar zu rekonstruieren, ihre Ausdehnung unter dem Dekkantrap unkontrollierbar, aber an sich ist selbst eine zusammenhängende Verbreitung inner- halb des genannten Gebietes mit der erwähnten Annahme nicht unvereinbar. Indessen stand und steht die Anhäufiung des Schuttes in der indogangetischen Ebene unter ganz besonderen Be- dingungen. Im Norden erhebt sich das jüngste und das höchste Gebirge der Welt, welches in den verschiedenen Phasen seines Werdens den Flüssen immer erneute Erosions- und Transportkrait verlieh. In der Achse der Ebene ziehen E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 501 Spalten und Verwerfungen, welche eine dauernde Vertiefung dieses Schuttlängers ermöglichen. So erklärt sich die An- häufung der Gerölle und Sande seit dem Tertiär im Vorlande des Himalaya, welche in mancher Beziehung an die Bildung von Molasse und Nagelfluhen am Fuße der Alpen erinnert, aber ungleich bedeutender ist und die Grenze zum Quartär weit überspringt. Der Rumpf der indischen Halbinsel läßt wohl kaum mehr Spuren von den Talsystemen erkennen, die es in der Perm- und Triaszeit durchzogen; die langgestreckten Verteilungsgebiete der Gondwanas inmitten der alten Gesteine sind tektonisch abgegrenzte Senken. Eine sichere Basis für alle Betrachtungen über die Anhäufiung der Gondwanas gibt nur die jetzt bewiesene Tatsache, daß der Beginn oder ein früher Abschnitt der permischen Zeit unter der Herrschaft des Eises stand. Das Schmelzen der großen Eisfelder belebte alle Rinn- sale und Taliurchen, die Moränen wurden großenteils zerstört. ihr Material immer wieder umgelagert und vertrieben. Eine genaue petrographische Untersuchung und Heimat- bestimmung des Schuttes kann über diese Zeit und über die Entstehung der Gondwanas manche Aufklärung bringen, je- doch sind hierfür noch wenig Unterlagen geschaffen. Es ist auch zu beachten, daß die Mächtigkeit der untersten Gond- wanas viel geringer ist als die der höheren Schichten. Die auffallende Mächtigkeit der Dwyka- und Ekka-Schichten in der südlichen Kapkolonie wird weder von den Talschers s. str. (bis 800 Fuß) noch von den Karharbaris (900‘) erreicht. Noch mehr bleiben die permoglazialen Ablagerungen der Saltrange zurück. In dem großen Profil der Nilawan umfaßt die ganze Serie des Boulder bed, der Sandsteine und des Lavenderclay nicht mehr als 350 engl. Fuß, in den Abstürzen unter Tobar und in der Umgegend von Khussak selten mehr als 150‘, während im Süden der Kapkolonie die Mächtigkeit der Dwyka-Formation 502 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. (einschließlich der die Konglomerate überlagernden Schiefer) auf über 2000‘, die der Ekka-Schichten auf 2500° angegeben wird. Nach Norden nimmt aber auch hier die Mächtigkeit der Schichten bedeutend ab. Hieraus darf man wohl entnehmen, daß im Süden des Kaplandes Senkungen an einer beständigen Vertiefung der vorhandenen Tröge und Mulden arbeiteten, in welche die Eismassen des Nordens entwässerten. Da trotz dieser Sen- kungen das Meer vom Lande ausgeschlossen blieb, müssen die nördlichen Landschaiten eine beträchtliche Höhe gehabt haben. In Indien blieb das Meer, in welches die Gletscher des Inlandeises ausmündeten, stets flach und die Geosyn- klinale vertiefte sich so unbedeutend, daß auch die Gesteine des jüngeren Perm und der Trias nur geringe Mächtigkeit er- reichen (350° und 150° höchstens). Dagegen sank hier die ganze Peninsula und die Transportkrait der im Norden das Meer erreichenden Flüsse nahm erheblich ab, wie aus der Korngröße des zugeführten Materials hervorgeht. Im Innern bilden sich die Tröge, in denen die Gondwana-Schichten in ungeheurer Mächtigkeit zur Ablagerung kamen. Die Damuda- Schichten in Bengalen sollen zwischen 8000 und 10000‘ mächtig sein und nicht viel weniger wird für die Kamthis angegeben. Die große Verbreitung des Boulder bed als geschlossene Grundmoräne von den Khasorbergen im Westen des Indus bis zu dem Ostende der Saltrange (über 160 engl. Meilen) und die gleichmäßige Verteilung der aus der Peninsula stam- menden Geschiebe ließ erwarten, daß auch im Süden die Geschiebemergel eine konstante Basis der Gondwana-Schichten bilden würden. Dies ist bekanntlich nicht der Fall. Nur an wenigen Stellen ist gekritzter Untergrund unter echtem Grund- moränenschutt bekannt. Viel häufiger treten die Talschers als E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 503 Schlammablagerung auf, in welche Gerölle und auch gekritzte . Geschiebe eingelagert sind. Beim Rückzug des indischen Eises sind die alten Grund- moränen weithin zerstört und ausgewaschen. Unverletzt er- hielten sie sich dagegen im Norden, wo das Meer einen schmalen Streifen der Peninsula in Besitz nahm und mit schützendem Sediment überzog. Die Talschers sind nach meiner Ansicht im ganzen eine etwas jüngere Bildung als das Boulder bed und wesentlich fluviatile und limnische Aufschüttungen. Mancher- orts erhalten sie den Charakter des Fluvioglacials oder sind beeinflußt von lokalen Gletschern, die als Reste der alten Vereisung sich auf den Höhen erhalten hatten. Ein Sinken des Landes schon während ihrer Bildung wird durch die immerhin ansehnliche Mächtigkeit (ca. 800‘) angedeutet. Alte, vom Eis ausgeweitete und vertieite Hohl- formen wurden von Schmelzwasser gefüllte Seen, in denen die Flüsse sich von ihrer Trübe befreiten und wo durch abtreibende Eisschollen große und kleine Blöcke aus dem mit Moränenschutt gefüllten Oberlauf der Flüsse in den Schlamm verstreut wurden. Wenn die Senkungen in den zentralen Gebieten höhere Beträge erreichten als in den rand- lichen, so konnte schon hierdurch ein abgestuftes, breites Flußtal sich in eine Reihe von Seen verwandeln, indem die Terrassenböden rückläufige Neigung erhalten. Der Zusammen- hang mit den jetzigen Tälern ist freilich ein anderer; die Reste der Gondwanas lagern meist in Gräben, wo sie der Denudation entgangen sind und wohin auch die jüngeren Flüsse sich gezogen haben. Ihre Umgrenzung ist tektonisch gezogen, das Abstoßen an alten Gesteinen beruht auf Brüchen und läßt nicht etwa die alten Ufer hervortreten. In den Kohlenieldern von Ranigansch lagern die Karhar- bäris etwa im Niveau des Meeres; bei Khonmu in Kaschmir 504 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. wies sie NOETLING in 9000‘ Höhe nach. Auch OLDHAM betont die Höhenunterschiede im Damodartal und auf den Bergen im Norden (Hazaribagh). Der Einfluß tektonischer Bewegungen ist hier unverkennbar. Werfen wir nun noch einen Blick auf die ähnlichen Ab- lagerungen anderer Kontinente. Die rasch fortschreitenden geologischen Arbeiten in Süd- afrika! haben über die Ausdehnung und die Einteilung der unteren Karroo-Schichten genügende Klarheit geschaffen. Vor wenigen Jahren faßte E. PHILIPPI? den damaligen Stand des Wissens in übersichtlicher Weise zusammen; seitdem ist ein wesentlicher Wechsel der Anschauungen nicht eingetreten, ob- wohl im einzelnen noch Kontroversen geführt werden. Nach Westen ist hier und da die Grenze etwas weiter gesteckt, so durch die Aufnahmen bei Worcester und Ceres und in Griqualand-West, und auch im Norden? ist das Vorkommen von Ekka-Schichten weiter verfolgt. Die An- gabe, daß die nördlichsten isolierten Vorkommen aus Ekka- Schichten bestehen, die ohne Einschaltung von glazialen Lagen dem alten Landrelief auflagern, könnte man dahin aus- legen, daß der nördliche Rand der kontinentalen Vereisungen erreicht oder überschritten sei, wenn nicht auch von Stellen, die inmitten des Vereisungsgebietes liegen, das Fehlen der glazialen Konglomerate bekannt wäre. Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, daß während der Abschmelzperiode die alten Moränen stark erodiert wurden und oit nur die in den Senken und Becken angesammelten Teile erhalten blieben. ! Vergl. z. B. IX., X. und XI. Annual Report of the Geol. Commission. Cape of Good Hope. I. und II. Report of the Geol. Surv. of Natal and Zululand. — MOLENGRAAFF, Geologie de la Republ. Sud-Africaine. (Bull. Soc. geol. France. 1901.) * Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1904. 3 E. T. MELLOR, Outliers of the Karroo System etc. Trans. Geol. Soc. South Africa. 7. 1904. p. 133. Quart. Journ. 1905. p. 689. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 505 In noch größerer Ausdehnung scheint dies für Indien zu- zutreiien. Jedenfalls wurden glaziale Blockbildungen noch 20 miles nördlich von Johannesburg beobachtet. Seit langer Zeit unterscheidet man eine südliche, sedi- mentäre Fazies, in welche die geschrammten Blöcke durch Drift eingestreut sind, und eine terrestrische im Norden, welche als Moränenablagerung einer gewaltigen Inlandeiskappe gilt. Die Unterscheidung ist für die Praxis nicht so leicht wie für die Theorie, da geschichtete Einlagerungen sich wohl überall verbreitet zeigen. Entscheidend sind die Schlifilächen, welche in großer Ausdehnung und in staunenswerter Frische erhalten sind; besonders dort, wo es sich um große Niveaudifierenzen handelt, wo die Schrammung über Hügel und Mulden zu ver- folgen ist, kann an driitende Eisberge nicht wohl gedacht werden. Bei bedeutender Mächtigkeit des Inlandeises ist es aber verständlich, daß ein Unterschied zwischen Stoßseite und Leeseite nicht existiert, denn das fließende Eis schmiegt sich allen Biegungen der Unterlage mit gleicher Gewalt an. Deut- liche Schliffe kennt man z.B. aus Griqualand-West (Ausschläge zwischen S. 10° W. und S. 90° W.), Vryburg (S. 33—66° W.), SO.-Transvaal, Distrikt Vrijheid (S. 28—56° O.). Der Sinn der Bewegung ist von Norden nach Süden gerichtet, im Westen mit starken Ausschlägen in westlicher Richtung, wobei die Schrammen die präpermischen Taliurchen, ohne von ihnen beeinflußt zu werden, oit in schieiem Winkel schneiden, im Osten mit ähnlichen Abweichungen in östlicher Richtung. Die Verbreitung der Geschiebe läßt hierüber keinen Zweifel; auch im Distrikt von Vrijheid, wo MOLENGRAAFF zu- erst eine Bewegung von SO. nach NW. annahm, haben seine späteren Untersuchungen einen Geschiebetransport in um- gekehrter Richtung festgestellt. Man kann von einem ein- heitlichen Vereisungsfeld sprechen, dessen Buckel nach bis- heriger Kenntnis im nördlichen Transvaal zu suchen wäre. 506 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. In diesem Gebiete enthalten weder die glazialen Bildungen noch die ihnen eingeschalteten feiner geschichteten Sedimente und die öfter im Liegenden auftretenden Schiefer Reste von Pflanzen oder Kohlen. Erst über dem eigentlichen Glazial- komplex (dem Dwyka-System) folgen Schiefer mit Pilanzen- resten und die kohlenführenden Ekka-Schichten. Ob der Aus- druck, die Kohlen seien „actually interbedded with glacial conglomerates“ zutreiiend ist', mag dahingestellt bleiben. Die Möglichkeit, daß auch nach dem Abschmelzen der großen Eiskappe noch einzelne Gletscher sich erhielten und in die vegetationsbedeckten Gebiete eingrifien, ist vorhanden’, in- dessen kann man mit PHILIPPI und PENCK auch annehmen, daß es sich um eingeschwemmtes Moränenmaterial handelt. Dann haben wir auch hier eine vollkommene Parallele zu indischen Verhältnissen. Von der Annahme eines Interglacials und einer zweimaligen Vergletscherung kann man völlig ab- sehen. Die Grenze zwischen der nördlichen und der südlichen Fazies, mit ihren großen Mächtigkeiten, der durchgeführten Schichtung, dem häufigen Wechsel von feinem Sediment und geschiebeführenden Bänken, wird verschieden gezogen. Die südafrikanischen Geologen setzen neuerdings erst den 39.° s. Br. als Grenze an. Wichtiger ist die Frage, ob südlich dieser Grenze das Meer stand, oder ob wir es mit Süßwasserseen zu tun haben. PHILIPPI tritt mit Nachdruck der letzteren Auf- fassung, die im allgemeinen die herrschende ist, entgegen, in- dessen habe ich doch Bedenken, ob man diese Sedimente als marin aullassen dari. Die Einschleppung der geschrammten Geschiebe braucht nicht gerade durch mächtige Eisberge, ! Bei Viljoens Drift und am East Rand. ° Gekritzte und facettierte Geschiebe werden aus den Sandsteinen von Bloemfontein (obere Ekka-Schichten) angeführt. In Transvaal sollen „glaziale“ Geschiebeanhäufungen noch im oberen Sandstein vorkommen (bei Benoni). Vergl. p. 49. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 507 welche Hunderte von Metern ins Wasser tauchen, bewirkt zu sein; man kann auch an kleinere Schollen denken die sich auf weniger tiefen Gewässern verbreiteten. In Senkung begrifiene Küstengebiete konnten weithin von Sümpien und Süßwasserseen eingenommen werden. Die scheinbare Kon- kordanz zwischen den Wittenberg-Schichten und der Dwyka- Serie beweist an sich, daß wir hier im Süden flaches Gebiet voraussetzen müssen, das sich ganz wesentlich von dem denudierten Gebirgsland im Norden unterschied, wo die Dwyka- Schichten mit starker Diskordanz auf immer älteren Gesteinen ruhen, je weiter wir gegen Norden kommen. Ein wirklicher Übergang zwischen Dwyka-Schichten und den mutmaßlich marinen Wittenberg-Schichten ist nirgends beobachtet, und die Verbreitung von Spirophyton in letzteren spricht auch nicht dafür, sondern für Anschluß an das Devon. Bei dem Parallelismus, der zwischen den Karroobildungen Südafrikas und den Gondwanas Indiens herrscht, müßte man das, was für Dwyka und Ekka-Series drüben gilt, auch für Talscher und Karharbari im Dekkan gelten lassen, und da sehe ich nur Schwierigkeiten. Warum hätten sich in Indien, wenn nach der großen Vereisung das Meer zwischen Saltrange und den Aravalis sich ausbreitete, nicht ähnliche versteinerungs- jührende Schichten gebildet, wie wir sie in der Saltrange doch kennen, mit den Eurydesmen, mit den Conularien und den australischen Elementen? Warum statt dessen Sedimente mit gelegentlichen Anhäufungen von Landpflanzen, ja selbst mit Kohlen'? Warum in der Saltrange dabei die andauernde Zu- fuhr von klastischem Material, das nur aus dem Süden stammen kann? Der Gegensatz zwischen Talschers mit wenig Pflanzen und den Karharbaris mit ihren wichtigen Flötzen ist nicht so groß, daß man jene als marin, diese als limnisch betrachten ! Ihilmilli field. 508 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. möchte. Und in dieser Voreingenommenheit werde ich be- stärkt, wenn ich lese, daß in den oberen Dwyka-Schiefern zahlreiche Reste von Pflanzen vorkommen. Die Sedimente der Talscher und Karharbari-Serie in Indien, der Dwyka- und Ekka-Serie in der Kapkolonie setzen gewiß starke Depression voraus; manche wird man direkt als paralisch bezeichnen dürfen, so die Kimberley-Schiefer mit den Meso- sauriern. Schon vor dem Lesen der PHILIPPI’schen Schrift hatte ich das Auftreten der Mesosaurier in Südafrika und Süd- amerika mit der nahen Küstenlinie in Verbindung gebracht, um so mehr als von Sao Paulo auch marine Versteinerungen erwähnt sind, aber ich möchte meinen, daß das offene Meer nicht durch Sedimente vom Charakter der Dwyka- und Ekka- Schichten charakterisiert werden kann. Derartige Driftbildungen sind uns aus Tasmanien und Australien bekannt und von anderem Charakter. Das Fehlen von marinen Fossilien mag sich in manchen Schichten nach Analogie mit den Beobachtungen der deutschen Südpolarexpedition in den eiskalten Buchten des antarktischen Meeres erklären lassen, aber gerade die australischen Drift- sedimente und das Vorkommen der Conularien in der Nilawan der Saltrange lehren, daß auf gleichzeitige permische Bildungen die Beobachtung eine sehr bedingte Anwendung findet. So bleibt es mir nach wie vor ein wichtiger Unterschied zwischen indischer und südafrikanischer Vereisung, daß dort ein von Zentralindien ausgehendes Eisield sich unmittelbar bis an das Meeresufer herunterzieht, in Südafrika aber das Meer vom Eis nicht erreicht wird. Am bedeutsamsten ist aber die Feststellung, daß in Süd- airika die Bewegung des Eises gegen Süden, in Indien gegen Norden, also in beiden’ Fällen gegen) die Dolce richtet ist. Die Beobachtungen, welche im nordöstlichen Indien für entgegengesetzten Geschiebetransport geltend ge- E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 509 macht werden (Ss. o.), dürften sich bei genauerer Durchforschung ähnlich aufklären, wie die angeblichen Abweichungen in Trans- vaal. Dieser Kontrast beweist für sich, daß man es nicht mit einer gleichmäßig regulierten Vereisung zu tun hat, sondern daß getrennte Vereisungsherde von ganz verschiedenen Rich- tungen in der Bewegung der Massen angenommen werden müssen. Auch in Australien handelt es sich, soweit wir über die Schliffe durch Inlandeis und über den Geschiebetransport unter- richtet sind, um eine von Süden nach Norden zielende Richtung; die Abweichungen auf der in Cap Jervis endigenden Halb- insel, speziell am sogen. Selwynfelsen und im oberen Gebiet des Bungala-Flusses können als lokale gedeutet werden. Diese anscheinende Übereinstimmung mit Indien wird zu einem Unterschied, wenn wir auf die heutige Lage der Pole ab- stellen; die Bewegung des Eises in Australien war polilüchtig, also gewissermaßen normal, die in Indien polstrebig, also abnorm. Soweit wir bisher über die Geo- logie Australiens unterrichtet sind, kommen permische Moränen in Viktoria, in der Umgebung des Vincentgolis im südlichen Südaustralien und vielleicht an dem weit im Innern gelegenen Yellow Cliff vor. Sonst sind nur Driftphänomene bekannt, welche sich in den marinen permischen Schichten von Tas- manien, Queensland und New South Wales in voller Deutlich- keit zeigen, aber offenbar auch im Norden und im Westen bekannt wurden. Durch die neueren Forschungen ist marines Perm auch im Nörden und besonders im Westen in solcher Ausdehnung bekannt geworden, daß der Umfang des alten ' Vergl. auch PENCK, ].c. p. 263, wo außerdem die im wesentlichen meridionale Richtung der Schliffspuren betont wird. „Ein derartiges Vor- walten meridionaler Bewegungsrichtungen der permocarbonischen Gletscher paßt nicht recht zur Annahme eines Poles mitten im Indischen Ozean, sie ist in bezug auf denselben nicht radiär, sondern im wesentlichen peripherisch.“ 510 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. . Kontinents dadurch sehr reduziert erscheint. Ich muß hierauf mit einigen Worten eingehen. Im Northern Territory! wurde Perm (in der australischen Literatur z. T. als Obercarbon und Permocarbon bezeichnet) bei Cape Dombey, Fossil Head, Port Keats und an anderen Orten nachgewiesen. Bei den Bohrungen von Port Keats sind auch Glossopteris-Blätter mit herauigebracht. Die Vorkommen im Kimberley-Distrikt sind altbekannt. Die glazialen Erscheinungen sind unsicher; von der Fauna (Productus brachytheirus SOW., ci. subquadratus MORR., Spirifer tasmaniensis MORR., Cyrlina carbonaria MC COY var. australasica ETH., Parallelodon subargutus KON. sp., Pachy- domus ci. subglobosus SOW., Euphemus Orbignyi PORTL. var., Pleurotomaria humilis De KON., Bryozoen) kann man sagen, daß sie noch wesentlich die tasmanisch-ostaustralische ist, wenn auch die Eurydesmen fehlen. Die Bestimmungen sind allerdings der Revision sehr bedürftig. FRECH setzt die Schichten in die jüngere permische Eiszeit Australiens, in welcher die Driftbildungen ihr Maximum erreichten; ich habe nicht den Eindruck gewonnen, daß man es in Australien mit zwei Eiszeiten und entsprechendem Interglazial zu tun hat. Wohl wechseln paralische Kohlenbildungen im Osten mit marinen Bildungen, in denen glaziale Blöcke liegen, wohl sind für die einzelnen Abteilungen enorme Mächtigkeiten an- gegeben, allein die letzteren sind mehriach unverbürgt oder Abstracta aus Dutzenden von Profilen und sind an sich nicht vielsagend, wie ein Vergleich mit den für ähnliche Ablagerungen kursierenden Zahlen erhellen läßt?, und vor allem zeigen innerhalb dieser wechselvollen Ablagerungen weder Tiere noch ı H. Y. L. BROWN, Records of Northern Territory Boring Obser- vations. No. 17—19. 2 Im Saarbrückener Revier wird die Mächtigkeit der Saarbrückener und Ottweiler Schichten auf 20000° angegeben. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 511 Pflanzen derartige Änderungen im Charakter und der Zu- sarnmenstellung der Flora und Fauna, wie es bei starken klimatischen Differenzen erwartet werden sollte. Eine bedeutende Ausdehnung scheinen permische Sedi- mente im Gebiet des Gascoyne-River zu haben. Sie ziehen sich in der Tiefe bis zur Küste hin, denn bei Carnarvon wurde im Bohrloch Pelican Hill! unter mesozoischen Schichten in 1400° Tiefe ein fossilführendes kalkiges Sediment erschlossen, in dem sich Spiriferen und Aviculopecten nachweisen ließen. Bis 2300’ Tiefe enthalten die Bohrkerne Fossilien, jedoch ist keine verwendbare Bestimmung gegeben. In der Einleitung zu Bulletin No. 10 der Western Australia Geological Survey schreibt MAITLAND: „In the Gascoyne district the beds consist of sandstones, shales, limestones and ‚conglomerates. Near the base oi the series is a well-marked boulder bed, shewing undoubted evidence of. glacial origin. The boulder bed is made up of a heterogeneous collection of all varieties of crystalline rocks, together with many very large flat-sided boulders of granite“. Hier tritt also Glazial, ver- mutlich als Driftablagerung, in Beziehung zu marinem Perm. Schön gekritzte Geschiebe sind im Ann. Rept. f. 1900 aui Taf. IV abgebildet; leider findet man keine Mitteilungen über das Proiil. Von besonderer Bedeutung ist der Fund von Zdestus Davisi H. WOODW.?, den schon KARPINSKY in die Gattung Felicoprion einreihte. In einer Notiz über das Vorkommen von Helicoprion in der Saltrange machte ich auf die strati- graphische Bedeutung der hoch spezialisierten Form auf- merksam, die seitdem auch in Japan in Begleitung von per- mischen Fossilien gefunden ist. Derselbe eisenschüssige Sand- stein, der am Arthur River, einem Nebenflusse des Gascoyne, ! Ann. Rept. f. 1903. Perth 1904. ? Geol. Mag. 1886. p. 1. 512 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. den Alelicoprion lieferte, enthält am Lyons River zahlreiche Exemplare der Spiriferina lata MC COY, die nach den Ab- bildungen sich von Sp. niger WAAG. aus dem unteren Pro- ductus-Kalk nicht unterscheiden läßt!. Aus wahrscheinlich etwas höheren, kalkigen Schichten wurde schon vor Jahren? Spirifer vespertilio erwähnt. Die neuerdings gebrachten Ab- bildungen ? lassen die nahe Verwandtschaft der Fauna mit der indischen sofort erkennen. Sp. musakheylensis var. australis ist von mir auch in der Saltrange gesammelt, Sp. Flardmanni eine auch bei Amb vorkommende Varietät von Sp. Marconi, Athyris Maccleyana ident mit A. capillata, Aulosteges bara- coodensis kaum unterscheidbar von A. Medlicottianus, Pro- ductus tenuistriatus DE VERN. var. Foordi ETH. aus dem Formenkreis des Pr. fumidus, Fexagonella dendroidea eine für unteren und mittleren Productus-Kalk bezeichnende Bryozoe. Ähnliche Beziehungen zum Productus-Kalk lassen auch die Funde am Irwin River erkennen. Pr. subguadratus ge- hört in die Reihe des Pr. Abichi, Pr. undatus steht dem Pr. opuntia nahe, Pr. tenuistriatus dem Pr. fumidus. Hier sind dann aber auch östlich und südöstlich von Geraldton kohlenführende Schichten mit Glossopteris in großer Aus- dehnung bekannt. Das marine Perm geht also sicher bis zum ca. 29.° s. Br. herunter; dadurch wird die völlige Abtrennung Australiens von der indisch-äthiopischen Landmasse zur oberpermischen Zeit sehr wahrscheinlich gemacht. Weiter im Süden und Osten scheint es zu fehlen. Aus den Bohrlöchern in der Gegend von Fremantle sind durch Ver- steinerungen nur jüngere Sedimente festgelegt. A. GIBB MAIT- " Spirifer nitiensis DIEN. steht ebenfalls dem Sp. niger W. sehr nahe. WAAGEN’s Originale sind sehr mangelhaft erhaltene Stücke. 2 Geol. Mag. 1890. p. 145, 198. ® Western Australia. Geol. Survey. Bull. No. 10. 1908. E. Koken, Indisches Perm und die permische. Eiszeit. 513 LAND schreibt mir, daß Tellina, Fusus, Triton, Callianassa oder Thalassinia, Amusium, Chlamys, ? Carcharodon bestimmt wurden. „For all the evidence there is at present available they may be Tertiary or Mesozoic (possibly even Cretaceous). These beds cannot be definitely correlated with any yet known in either the Derby-Kimberley or the Gascoyne Districts.“ In einem Fall ist der Granit erbohrt (in 1486’ Tiefe), aber die Fossilien aus diesem Bohrloch werden aus 215° Tiefe an- gegeben, während darunter noch 1200° Sandstein und Sand unbestimmten Alters lagern. Durch die Bohrungen an der Süd- küste zwischen Eucla und Israelite Bay ist eine enorme Mächtig- keit der jungen und tertiären Ablagerungen festgestellt, Kein Berm!. Gehen wir zur Ostküste über, so ist in Queensland und New South Wales die Driitiazies des Glazials herrschend. Nur Grasstree und Frasers Creek Station könnten eine Ausnahme machen. Woher die Erratica stammen, ist nicht sicher be- kannt. Zwischen die beiden marinen Ablagerungen, welche im wesentlichen die gleiche Fauna enthalten und enorm mächtig sein sollen, schalten sich die Greta Coal Measures ein, mit ca. 20° Kohle bei 130° Mächtigkeit. Über dem marinen Komplex liegen die Middle (Eastland) Coal Measures, etwa 870° mit 40° Kohle. Geglättete und geschliliene Geschiebe werden aus den Konglomeraten der Upper marine Series an- gegeben; die Angaben über glaziale Spuren auch im unteren marinen Komplex.bedürfen der Bestätigung. Das letzte Wort ist über diese Schichten wohl überhaupt noch nicht gesprochen. In Queensland sollen in die Schichten mit Productus brachytheirus und subquadratus sowohl gekritzte Geschiebe wie Glossopteris-Reste eingeschwemmt sein. In Tasmanien ı Über diese Bohrungen vergl. Ann. Rept. Western Austr. Geol. Survey f. 1900, 1902, 1903. Bulletin No. 4. 1900. ® Nach DAVID 4800° und 9000’. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 33 514 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. liegen die glazialen Geschiebe ebenfalls in marinen Schichten mit Productus brachytheirus, Spirifer tasmaniensis, Ravanah, Darwini, vespertilio, subradiatus und zahlreichen Eurydesmen (der bis zur Saltrange reichenden Fauna), aber die Pflanzen treten erst höher auf; einzeln liegen sie in den oberen marinen Schichten, in denen die Fauna etwas verarmt, dann folgen limnische (angeblich marine) Gangamopteris-Schichten. Über die tasmanischen Profile und über ihre Fossilführung hoffe ich übrigens demnächst eingehender berichten zu können. Die Erratica bei Hobart sind nicht tasmanischen Ursprungs, nur von Strahan berichtet T. B. MOORE das Vorkommen tas- manischer Gesteine. Die große Wahrscheinlichkeit spricht für Transport von Süden oder Südwesten her. Schichten mit Productus brachytheirus (Maitai-Schichten) sind auch auf Neuseeland gefunden, aber glaziale Phänomene sind hier nicht bekannt. Dem marinen Perm mit eingestreuten Blöcken stehen gegenüber die moränenartigen Bildungen von Südaustralien, d. h. besonders der Umgebung des Vincentgolis, wahrschein- lich auch am Yellow Cliff im Innern, und von Victoria. Hier begegnen wir einer Inlandvereisung. Schon durch den moränenartigen Habitus des „mudstone“* und durch die Be- arbeitung des Untergrundes wird Eisbergwirkung als Ursache ausgeschaltet. Wie an manchen Stellen Südafrikas laufen die Schrammen ohne die Richtung zu ändern über Hügel und Mulden fort, wobei Höhendifferenzen von 600° vorkommen. Gegen Drift spricht auch das Vorkommen einheimischer Ge- steine unter den allerdings überwiegenden erratischen Typen in Victoria '. In Südaustralien überwiegt einheimisches Material, ! Bei Bacchus Marsh, Victoria, sollen Erratica aus Tasmanien und Gippsland vorkommen. Unmittelbar über dem granitischen Untergrund enthält die Moräne auch Granit-Grus und -Geschiebe. Vergl. Rept. VI. Meeting Australas. Assoc. Advanc. Sci. Sydney 1898. p. 360. VI. Mee- ting. Brisbane 189. p. 323. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 515 aber der Lokalmoräne mischen sich auch stets Geschiebe, z. B. Granite, bei, deren Ursprung zwar noch in Australien, aber 35 miles weiter südlich zu suchen ist. Die Erratica des Jnman- tals! werden auf die Gegend von Port Victor zurückgeführt; die große Mächtigkeit der Moräne, die aui geschrammtem Untergrund liegt, ist bemerkenswert (angeblich sind durch Bohrungen 450 m festgestellt). Von Bacchus Marsh, dem bekannten Vorkommen in Vic- toria, sagt N. ©. HOLST’?: „Here occurs a typical boulder clay, of blue colour, containing striated stones of many kind of foreign rocks. This boulder clay is overlaid by sandstone with Gangamopteris“. Die angebliche Mächtigkeit der glazialen Schichten (1400°) wird auf einen Irrtum zurück- geführt, den die Neigung der Schichten verursachte. Die Ge- schiebeiormation vertritt in monotoner Ausführung die durch den Wechsel mariner und paralischer Schichten variierte Folge in NS.-Wales. Mehrmals wiederholen sich Moränen, Kon- glomerate und Sandstein, so daß man eine Reihe von Oszilla- tionen des Eisrandes voraussetzen muß; zuweilen werden unter den meist ungeschichteten Moränen (sandstones) Stauchungen der geschichteten Lagen beobachtet. Marine Fossilien fehlen überall. Die Verschleppung der Blöcke von Süden gegen Norden in Südaustralien und Victoria läßt nur den Schluß zu, daß hier der Kontinent gegen Süden ausgedehnt war, während im Westen, Norden und Osten bedeutende Gebiete des jetzigen Kontinents unter dem Spiegel eines seichten permischen Meeres versenkt lagen. Die Verbindung Australiens mit einem antarktischen Kontinent ist nicht wahrscheinlich. Immerhin mag die Ausdehnung nach Süden derartig gewesen sein, daß der Austausch der Eury- " Rept. VII. Meeting. p.114. Trans. Roy. Soc. South Australia 1897. p.61. 2@eol2 Mas. 1901. pP. 210. 33* 516 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. desmenfauna mit Indien sich von Tasmanien her leichter an der Ostküste und dann durch die malayischen Gewässer vollzog. Die marinen Permschichten im Westen und Osten sind faunistisch ziemlich verschieden, obwohl man sich auf das dürftige Material nicht zu sehr stützen darf. Noch ist kein Eurydesma im Westen geiunden, kein Aelicoprion, keine Hexagonella, kein Aulosteges im Osten. Die westlichen Perm- schichten ähneln faunistisch stärker dem Productus-Kalk und werden im Gascoyne-Distrikt vom „boulder bed“ '! unterlagert; sie sind postglazial wie jene indischen Kalke. Man könnte dann vielleicht annehmen, daß während der Vereisungen Australien im Westen weiter ausgedehnt war, vielleicht mit dem äthiopisch-indischen Riesenkontinent zusammenhing und von diesem die Vegetation erhielt, während später das Meer den Zusammenhang zerstörte und Australien isolierte. Eine derartige Veränderung könnte mit dem Schwinden der permischen Gletscher wohl in kausalen Zu- sammenhang gebracht werden. Für die chronologische Limitierung der Eiszeit haben wir nunmehr folgende Momente. Glazialschichten und Eurydesmen- schichten liegen in Australien über dem Untercarbon und zwar durch eine Diskordanz und durch scharfen Wechsel der Pflanzen und Tiere von ihm geschieden, sie sind wesentlich jünger. Mit Glazialschichten und Eurydesmenschichten be- ginnt in der Saltrange eine Serie, die nach oben durch Pro- ductus-Kalk in die Trias übergeht. Aus Kaschmir lernten wir durch NOETLING, daß die Gangamopteris-führenden Schichten (etwa gleich den Karharbaris) unter dem Productus-Kalk lagern, aus der Peninsula, daß sie über den tiefsten Moränen der Talscher-Schichten sich finden. ‘ Mit „facetted pebbles“. BE} Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 517 Moränen und Pilanzenführung schließen sich ihrer Natur nach meist aus, aber in den Driftbildungen Australiens lernen wir die Glossopteris-Gangamopteris-Flora als co&tan den Vereisungsphänomenen kennen. Eine noch schäriere Ein- stellung erlauben die Funde an der nördlichen Dwina, die wir AMALITZKY verdanken; selbst wenn wir eine sehr langsame Wanderung der Pflanzen von Süden nach Norden annehmen, wird doch das hier erwiesene Auftreten von Gangamopteris im oberen Perm seine Bedeutung für die Altersbestimmung des südlichen Permoglazials behalten. Die stratigraphische Stellung der Schichten, in denen AMALITZKY seine großen Funde machte, wird von ihm selbst präzisiert in C. R. 4. März 1901. p. 2, oben: 1. Mergel und Sandstein von Aristov, dem oberen Zech- stein entsprechend, mit Synocladia virgulacea PHILL., Acanthocladia anceps SCHL., Edmondia elongata HOWSE, Loxonema Gibsoni BROWN., L. altenburgensis GEIN., Turbo obtusus BROWN. 2. Glossopteris-Stufe. Bunte Mergel mit linsenförmigen Einschlüssen von Sanden und Sandsteinen. Glossopteris indica, angustifolia, stricta, Gangamopteris major, cyclopteroides, Vertebraria. Pareiasaurus, Dicynodon. Palaeomutela, Oligodon, Palaeanodonta. 3. Bei Opoki und Jeciptseo unterlagert von Mergeln und Sanden mit Callipteris conferta, Lepidodendron etc. 4. Sandsteine, Mergel und Sande von Brasnoborsk und Labli an der oberen Toima und der Seftra. Geinitzella columnaris SCHL., Fenestella retiformis SCHL., Pro- ductus Cancrini VERN., Macrodon Kingianum VERN,, Leda speluncaria GEIN., Nucula Beyrichi SCHAUR., Bakewellia ceratophaga SCHL., Schizodus rossicus VERN., Sch. planus GOL., Streblopteria sericea VERN., Murchi- sonia subangulata VERN. 518 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Dieselben Angaben über das Vorkommen mariner Zech- steinkalke im Hangenden und Liegenden finden sich in der Abhandlung über die Ausgrabungen von 1899 in den Trav. de la Soc. des Natural. de Vars. 1900. Diese Schichten kann man nur dem Zechstein vergleichen; es ist nebensächlich, wenn in den darüber liegenden Mergeln nochmals Callipteris conferta und Lepidodendron (dessen Be- stimmung zudem kontrolliert werden müßte) erscheinen. FRECH hat in der Lethaea! die Dwina-Schichten mit den Panschets parallelisiert, die wir übereinstimmend in die Trias versetzen. Dem kann ich mich nicht anschließen, selbst wenn ich von der festgelegten Beziehung der Dwina-Schichten zu marinen oberpermischen Sedimenten absehen wollte. Schon Horistisch verleiht die Häufigkeit von Gangamopteris neben Glossopteris indica und angustifolia, Vertebraria und Calli- pteris conferta dem Dwinavorkommen ein älteres Gepräge. Wenn wir die letztere, dem nördlichen Florenbezirk ent- stammende Form ausschalten, kann man an Barakar oder Karharbari denken. Auch die Mollusken — Palaeomutela, Carbonicola, Anthracosia — haben dyadischen Charakter. Über die Wirbeltiere ist keine ausführliche Mitteilung er- schienen, jedoch ist man im allgemeinen orientiert. Einige Angaben verdanke ich V. HUENE, der einen Teil der Funde in Warschau besichtigt hat. Melanerpeton und Rhopalodon deuten sicher auf Perm, /nostranzewia ist verwandt mit Lyco- saurus, die Pareiasaurier sind bezeichnend für die unteren Beaufort-Schichten in Südafrika, Gordonia und Geikia sind aus Elgin beschriebene Gattungen, aber aus jenem Lager, dem man jetzt im allgemeinen auch permisches Alter zu- schreibt. ! Lethaea. Dyas. p. 610, 611. Ich möchte allerdings die Panschets nicht gerade dem Keuper gleichsetzen. Erst die Maleri-Gruppe mit Belodon und Fyperodapedon hat dieses junge Alter. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 519 Wenn ein triassischer Einschlag vorhanden ist, so kommt das in diesen Lagen nicht unerwartet. Im süddeutschen Bunt- sandstein fand sich in Sclerosaurus armatus ein Nachzügler der Pareiasaurier resp. der Procolophoniden, und in der Pialz gehen die letzten Arten der marinen Permiauna bis in den Buntsandstein hinauf. Paläozoisches und mesozoisches System sind an vielen Orten eng verknüpft. Aber gerade bei den Versuchen, den klimatologischen Schwankungen und den Wanderungen der Tiere und Pilanzen nachzugehen, muß man mit allen Mitteln versuchen, die zeitlichen Trennungslinien zu konstruieren. Nach AMALITZKY’s späteren Angaben gelingt dies nunmehr für die Dwina mit Sicherheit. In Südafrika werden die Beaufort-Series für Trias inkl. Keuper, die Stormberg-Series für Rhät erklärt. Ich glaube indessen, daß man das Alter etwas zurückschrauben muß. Wenn in der vortrefflichen, von HATCH und CORSTORPHINE verfaßten Geology of South Africa (1905) der ganze über den Ekka-Schichten liegende Teil des Karroosystems der Trias zugeteilt wird, so ist die Begründung dafür doch zu schwach. Die unteren Beaufort-Schichten mit Pareiasauriern, die mittleren mit Dicynodontiern sind wahrscheinlich permisch, und in den Stormberg-Schichten verkörpert sich nicht nur unser Rhät, son- dern es stecken in ihnen auch noch Äquivalente des Keupers. Das Vorkommen von Ceratodus, Semionotus, Zanclodontiden gibt in dieser Hinsicht bestimmte Fingerzeige. Wir sind darin einig, daß die glazialen Schichten Südafrikas auf denselben Teilstrich unserer Zeittafel einzustellen sind wie die Indiens; dann sind aber die eigentlichen Karroosedimente zu sehr nach oben gestreckt. DU TOIT trennte 1904 die oberen Beaufort-Schichten als Burghersdorp beds ab'!. Außer Zanclodontiden, Microgompho- ' Es heißt sehr bestimmt: The fauna of the lower portion of the Beaufort Series is entirely different from that of the Burghersdorp beds. 520 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. don, Trirhachodon, Diademodon und Cynognathus verdienen die Labyrinthodontier hervorgehoben zu werden, von denen Batrachosuchus Browni und Cyclotosaurus Albertyni (eine dem Cyel. robustus aus dem schwäbischen Schilfsandstein nahe stehende Form) von BROOMS beschrieben sind. Die Flora, mit Thinnfeldia, Gingko, Stenopteris, Taenio- pteris, Pterophyllum (eine dem Pf. Jaegeri Schwabens ver- wandte Art), Glossopteris (letztes Vorkommen in Südafrika) entspricht demselben Niveau, teils eilt sie voran. Die Angabe lepidendroider Stämme will freilich nicht recht dazu passen; eine nähere Bestimmung ist unbedingt erforderlich, vielleicht handelt es sich auch um Pleuromoia-ähnliche Pflanzen !. Die Stormberg beds werden seit geraumer Zeit in 4 Ab- teilungen gebracht: Molteno beds, Red beds, Cave sandstone und Volcanic beds, in denen wir die Laven der Radschmahals wieder zu erkennen glauben. Reptilien fanden sich besonders in den Red beds und im Cave sandstone. Nofochampsa aus den obersten Schichten soll an Pelagosaurus des Jura erinnern, alle übrigen Funde sind von echt triassischem Habitus. In der Flora fehlen Glossopteris und die Lepidendroiden, die übrigen Gattungen setzen in meist denselben Arten weiter fort. Mehrere von ihnen sind auch in den Radschmahals Indiens und in den Hawkesbury-Schichten Australiens nachgewiesen. Das Fehlen von Glossopteris und ausgesprochenen Leit- pflanzen der Glossopteris-Flora gilt für einen charakteristischen The former is characterised by reptilia such as Pareiasaurus, Oudenodon and Titanosuchus, the latter by reptilia belonging to the order theriodontia, while in addition the remains of amphibia are not uncommon. The adoption of the new name Burghersdorp beds is thus justified. IX. Ann. Rept. Geol. Comm. Cape of Good Hope f. 1904 (1905). p. 77. ! Noch während des Druckes dieser Zeilen erhalte ich die Mitteilung von neuen, durch SEWARD bestimmten Funden. Proc. Geol. Soc. No. 849. Die Gattungen sind Schizoneura, Thinnfeldia, Taeniopteris, Danaeopsis, Odontopteris, Strobilites, Pterophyllum, Stigmatodendron. NM NEN ee BR Brake‘ 05T int gi in mann i out 00) Net SEND 3 Pa = URL SINEREHN ZUIEME HIneN | 4 rary Vi EUNCRIUHELL TA SE Den a Ce i i N { ZINN MZOMIG.} ; Fe = e * “DERDN, SANS HD | N; ohsgubunmi N ara | U Nee : , g 0% er? ENT h Ze EN Lk Auer re in N X \ | Va 1) ‘ A in MM 3 AU” x 7 x es % - i ‘ Yun Sr RN or 233% $ ß Y Dr \ 3 5 a! y Be I 5 Rn ala “4 DR IN. 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I EN UHR 447 A ir \ u NDR K 1 nahen Ya, hHnmAHAaN. 177 Als] wu uno “ YLEEN ra * Su SUR AN. j > im { Hi aller: BÖHMEN \ Nah a SOEL, ns RER Y j er et vH IR, a + AIUHAGTAHN MRGRME | ’ ? = e ind v URAN (insider wohsuedt N I br g- rn 2a AU ERELUE LT EN IT DR ee Er e\ a a IR 2 u U. \ % G H n W su In p ELTA ER j \ FA UhR a NIE Tin, ne yR: a D \ Ar af wir v or A 3 DUSTEN TUT ana) » BENNO INT I SLAREIRITE HENNG IB ELRETEL 3 - vi „ oe En AP aRER RA REMIN ET AN Au re a: cHicHis Br - yahts 5 u 4 4 FRECHE 2 ia, Yriitcie Bei E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit, 5a Zug der Stormberg beds, indessen dari man dies nicht zu stark betonen, da im australischen Bezirk Glossopteris noch höher und Thinnfeldia odontopteroides schon viel tiefer ge- funden sein soll!. Die Angaben über die Reptilfunde in Indien und Süd- airika habe ich in einer Tabelle zusammengefaßt. Auj- fallend ist die anscheinend schwache Besiedelung Indiens mit Reptilien in der permischen Zeit gegenüber Südairika. Es ist dies vor allem auf mangelhaite Nachfiorschung zurück- zuführen, sonst könnte man einer solchen Tatsache entnehmen, daß das Klima kühler war und blieb als in Südafrika. Aus der geringen Zersetzung der Feldspate in den Panschets hat OLDHAM auf Rekurrenz eines kühlen Klimas geschlossen, aber gerade aus diesen Schichten sind die meisten Reptilien bekannt. Es läßt sich der Tabelle ferner entnehmen, daß die Di- cynodontier vom Perm bis zur oberen Trias persistierten, in Europa aber vor dem Keuper verschwinden. Die Pareiasaurier sind in Südafrika auf die tiefen Horizonte beschränkt, mit Aus- nahme von Procolophon, auch an der Dwina liegen ihre Reste in unbezweifeltem Perm, während in Mitteldeutschland nur der triadische Procolophonide Sclerosaurus bekannt ist. Das gleich- zeitige Auftreten der Zanclodontiden im Keuper sowohl in Südafrika wie in Indien, anscheinend auch in Australien, setzt Landverbindungen voraus, die sich auch nach Europa er- streckten. Festländer und Meere zur permischen Zeit. Eine graphische Darstellung der vermutlichen Verteilung von Meer und Festland zur permischen Zeit kann gegenwärtig nur ein Versuch sein, dessen Schwächen ich weder zu be- " Taeniopteris Daintrei und Thinnfeldia odontopteroides werden zitiert aus den Clarence River-Schichten und aus den Burrum-Kohlen- schichten in Queensland. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc, Festband. Tabelle. Südafrika nach BROOMS [Zu p. 521.] zz Tr er Indien Einige Parallelen in Südafrika Europa © E os, h a Hortalotarsus skirtopodus, Noto- os champsa longipes und istedana 4 Sn a Tg IB Zanclodon, Plateosaurus assospondylus , Euskelo- R ae Euskelosaurus Brownü (aff. Zan- saurus, Hortalotarsus, Noto- (ob. Keuper—Rhilt) 2 5 3 > clodon), Orinosaurus capensis, Genus champs. 3 D psa Dr ei aff, Massospondylus,Notochampsa, OPER Hi en Belod n E Hortalotarsus (aff. Andhisaurus), Di- Re a 57 e ae an oymodon testudiceps ‚perodape on uxleyt, (Mittl. Keuper) una Capitosaurus, _ Padıy- Molteno-Schichten ohne Reptilien Tribolodon frerensis, Galesaurus plani- ceps, Euskelosaurus (2), Microgompho- don oligocynus, Trirhachodon Kanne- meyeri, Berryi, Diademodon mastacus, Browniü, Cynognathus Ferryi, | Gomphognathus polyphagus, Cyclo- | tosaurus Albertyni, Batracdhosuchus Brownü, Micropholis granulata, Kar- | roomys, Procolophon trigoniceps (untereSchichten; DuToirt), Paliguana | Whiter, Dieynodon Burghersdorp beds (Obere Beaufort-Schichten) | Eunothosaurus, Lycosaurus, A| saurus, Cryptodraco, Pristerognathus, | Tigrisuchus, Theromus, Saurosternum, Cynodraco, Cynosuchus, Gale- saurws planiceps, Cynognathus, | | Mittlere Beaufort-Schichten Cynochampsa, Tribolodon, Herpeto- | chirus, Dicranozygoma, Scalopo- saurus, Titanosuchus, Thrina- crodon, Phocosaurus | Eryops, Petrophryne, Pareiasaurus, | Anthodon, Propappus, Procolophon, | Gorgonops, Delphinognathus, Tapino- | | cephalus, Kistecephalus, Therio- | gnathus, Platypodosaurus, Tropido- stoma, Keirognathus, Hyorhyndus, | Eurycarpus, Dieynodon, Oudenodon (erstes Lager). Untere Beaufort beds Cynognathus beds mit Cyno- gnathus,Gomphognathus, Ery- throsuchus (aff. Belodon), Ho- wesia (aff. Hyperodapedon), Cyelotosaurus Procolophon beds mit Pro- colophon, Paliguana, Protero- suchus t Lystrosaurus beds Kistecephalus beds Endothiodon "beds Oudenodon, Dicynodon (Ha uptlager) Pareiasaurus beds Pareiasaurus, Titanosudhus, Dicynodon Bijori und Mangli Panschets und Maleri ‚gonia incur vata,? Masso- spondylus Epicampodon indicus, Di- cynodon orientalis (Pty- chognathus), Gonioglyp- tus longirostris, Huxleyi, Glyptognathus fragilis Gondwanosaurus, Bradıyops (aff. Micropholis) 27 = | Hyperodapedon \ Elgin | e Staganolepis J ige 3 Ko) Cyelotosaurus (Schilfsandstein) | Trematosaurus \ Bunt- Sclerosaurus | sandstein = | ® | Be ID Geikia, Elginia, Gordonia (Elgin) Inostranzewia, Lycosaurus, Pareiasaurus, Geikia, | 5 Gordonia, Kistecephalus | (Dwina) 5922 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. tonen noch zu entschuldigen brauche. Die Unterlagen für meine Karte sind aber auch nicht bedenklicher als in anderen Fällen, wo man eine Rekonstruktion nicht gescheut hat, und vom praktischen Standpunkt aus können wir sagen, daß wir bei den verwickelten Diskussionen die graphische Veranschaulichung nicht mehr entbehren können, ohne den Anhalt zu verlieren. Die Meere sind zunächst rekonstruiert nach den Angaben über Fundorte mariner Fossilien, für die Zusammenlegung der Festländer im Süden ist die Ausbreitung der Glossopteris- Flora maßgebend geworden, in Verbindung mit dem Fehlen permischer Meeressedimente an den Küsten der indischen Peninsula, Afrikas, Südamerikas. Es sei übrigens daran er- innert, daß die Sporen von Farnen und Lycopodialen durch den Wind sehr leicht und auf sehr weite Entiernung ver- schleppt werden. Wenn Inseln in nicht zu großem Abstande vorhanden waren, konnten auch Meere die Ausbreitung solcher Floren nicht hemmen. Das Auftauchen von Glossopteris auf verschiedenen Stellen nördlich von Indien, bis zur Dwina, hat nichts Beiremdendes. Man kann aus dem gewonnenen Bild einige Vorstellungen gewinnen über den Verlauf der permischen Meeresströmungen und es würde von Interesse sein, aus demselben Gedanken- gange heraus die Verbreitung einiger wichtiger Tiere zu prüfen. Ich habe auf der Karte durch die Einfügung der Buchstaben L (Lyttonia), R (Richthofenia) usw. an einige der bekanntesten und zugleich spezialisiertesten Formen angeknüpft. Die Verbreitung aufiallender, gut kenntlicher Brachiopoden verdient eine ganz besondere Beachtung, weil das larvale Leben dieser Tiere ein Moment birgt, das bestimmend in die Verbreitungsmöglichkeit eingreift!. Die Larven nehmen keine ' Ich verdanke diesen Hinweis meinem Freunde BLOCHMANN, der demnächst ausführlicher über die geographische Verbreitung der Brachio- poden berichten wird. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 5923 Nahrung auf und werden nicht länger als 8 Tage im Wasser schwimmend oder treibend zubringen können. In der enormen Strömung eines Golistroms könnte allerdings eine treibende Larve in 8 Tagen gegen 1000 km zurücklegen, aber tat- sächlich sind Brachiopodenlarven (mit Ausnahme von Dis- cinisca) im Plankton nicht beobachtet. Sie wandern an den Küsten oder an Inselgruppen entlang. Wenn dies schon von lebenden Liothyrinen, Terebratulinen etc. gilt, so wird man die Verbreitung ausgesprochener Rilibewohner wie Zyf£- fonia, Richthofenia für noch erschwerter halten müssen. Sie setzt lange Wanderzeiten und bedeutende Entwicklung von Küsten voraus. Bei dieser gleichsam schrittweisen Ver- schiebung des Wohnsitzes erklärt es sich, daß Arten, welche in einer bestimmten Gegend zuverlässige Leitiossilien sind, in anderen Gegenden ein höheres oder tieferes Niveau ein- nehmen. | Je nach dem Ausgangspunkt eines Autors werden ge- wisse Schichten als obercarbonisch, unter- oder oberpermisch bezeichnet. Obercarbonisch hießen noch vor kurzer Zeit auch die Productus-Kalke der Saltrange, obwohl schon aus NOET- LING’s Aufnahmen hervorging, daß sie ein Äquivalent der Dyas sein müssen; durch die alpinen Funde ist dies bestätigt. TSCHERNYSCHEW ist der sicheren Überzeugung, daß seine Schwagerinenstufe ein Äquivalent des mittleren Productus- Kalks ist. Man könnte versucht sein, seine Schlußfolgerung, daß der Productus-Kalk zum größeren Teil Obercarbon ist, um- zudrehen, und eine Überprüfung der obersten Carbon- stufen Rußlands ist nicht wohl zu umgehen!, allein es muß auch dem Zeitverbrauch bei den Wanderungen der Tier- welt Rechnung getragen werden. Ehe die von der uralischen Meeresprovinz ausstrahlenden Tiere in Südasien anlangten, ' Das Vorkommen permischer Pflanzentypen im Obercarbon des Donjetz erregt z. B. Bedenken. 524 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. könnte eine beträchtliche Zeit hingegangen sein!. Die Voraus- setzung für solche Wanderungen ganzer Faunen ist eine ent- sprechende Ausdehnung der ihnen zusagenden Lebens- bedingungen. Für die uralischen Elemente trat dies erst nach der permischen Eiszeit ein. Während und unmittelbar nach der Vereisung war das indische Meer von kälteliebenden Formen bewohnt (Conularien- und Eurydesmenfauna). In Rußland verbinden starke Verwandtschaftsfäden die Tier- welt des jüngsten Carbons mit den vorhergehenden Phasen. Nichts deutet hier auf eine stärkere Erschütterung des physi- kalischen Gleichgewichts. Wäre die Eiszeit eine carbonische, so wären die nördlichen Meere ihrem Einfluß entzogen gewesen. Bei der Ausarbeitung meiner Karte habe ich auf eine maximale Ausbreitung der permischen Meere abgestellt, also auf eine Zeit, die nach meiner Auflassung der permischen Vereisung iolgte... Dabei habe ichgnneh SCHELLWIEN’s Ansicht, daß die Doliolinenschichten (Semjonow- Gebirge, Peling-Gebirge, Yunnan, Kansu, Sumatra, Japan) zum Perm gehören, angeschlossen. Eine Karte der ober- carbonischen Länder und Meere würde den Zustand vor dem Beginn der Vereisung veranschaulichen. Beide sollten bei der Diskussion über die Ursachen der Vereisung herangezogen werden, denn der Übergang, der von der einen zur anderen führt, enthält auch die Bedingungen für den Schwund des Eises, wenn die Annahme von der kausalen Verknüpfung mit morphologischen Veränderungen eine be- gründete ist. Gegen Ende der permischen Zeit traten weitere Verände- rungen ein, die nur teilweise berücksichtigt wurden. So ist ! Im unteren Productus-Kalk fehlen z. B. noch die Enteles-Arten, die im mittleren so außerordentlich häufig werden, und zwar in größerer Artenfülle als bisher bekannt war. In Rußland setzen sie bedeutend früher ein, von dort kamen sie nach Indien. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 595 durch punktierte Linien der Umriß der Zechsteiningression dargestellt, die in ihrer seltsamen Gestalt die Vorstellung tektonischer Senkungen erweckt, so ist ferner angedeutet, wie um diese Zeit die Verbindung des russischen Nordens mit dem zentralen Mittelmeer durch einen breiten Landrücken aui- gehoben wurde. Die Verarmung der Zechsteinfauna steht hier- mit in Zusammenhang'!. Auch die Randzonen des Mittel- meers blieben nicht unberührt, wie die trotz der asiatischen Elemente doch geringe Fauna des Bellerophon-Kalks und die Ausscheidung von Gips zeigt. Recht isoliert ist die zechsteinartige Dyas im neuschot- tischen Gebiet. Sie kann ein Ausläufer des arktischen Meers sein. LAPPARENT bringt sie mit dem Mittelmeer in Verbindung, aber die Fauna hat zu wenig aus diesem empfangen. Schließ- lich liegt auch ein Zusammenhang mit den westamerikanischen Provinzen, trotz des Fehlens verbindender Sedimente, noch im Bereich der Möglichkeit. Die Entscheidung muß der Zu- kunft vorbehalten bleiben. An dem Vorhandensein einer großen, Nordamerika, Grönland und Nordeuropa umfassenden Landmasse wird man aber in jedem Fall festhalten können. Da an der Westküste Australiens bis weit nach Süden marines Perm nachgewiesen ist, erscheint die Annahme einer kontinentalen Verbindung von Australien und Britisch- Indien noch zur Zeit des Productus-Kalks nicht mehr halt- bar. Dagegen spricht manches für einen Zusammenhang in den älteren Phasen des Perms°, besonders die Wieder- kehr der älteren Gondwana-Flora in Australien und Tasmanien. ' Die in sehr verschiedener geographischen Lage wiederkehrenden Faunen, die an unseren Zechstein erinnern, erklären sich wohl stets als Auslese der indifferentesten Typen aus der obercarbonischen bezw. alt- permischen Fauna. 2 Auf der Karte durch die punktierten Linien AA’ und BB‘ resp. CC‘ und BB‘ angedeutet. Die Breite der Verbindung ist ganz hypo- thetisch; ich habe deswegen zwei verschiedene Möglichkeiten gezeichnet. 526 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Auch das Fehlen der Eurydesmen, einer vielleicht antarktischen Gruppe, im westaustralischen Perm kann man für diesen Zu- sammenhang heranziehen. Ihre Blütezeit war vorüber, als das Meer die indisch-australische Brücke überflutete und neue Wohngebiete sich eröffneten. Daß Indien und die äthiopische Masse länger im Zusammenhang gewesen sind, wird aus dem Parallelismus der Gondwana- und Karroo-Schichten und der engen Beziehung der Floren und der Reptilien, z. B. der Dicynodontier ge- folgert. Von Norden her wurde das Land durch das vor- dringende permische Meer wohl etwas bedrängt, aber es kam von hier aus zu keiner Zerstücklung. Jene Reptilien sind freilich postglazial und die Flora könnte in einer vorhergehen- den Zeit auch von Insel zu Insel übergesiedelt sein. Das geographische Bild würde an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn wir diese kontinentale Masse etwas zerlegen dürfen und damit auch die permischen Eisfelder dem Feuchtigkeit bringenden Meer näher rücken. Gegen Tanga habe ich eine starke Bucht gezeichnet, weil mir das Vorkommen der Glosso- ‚pteris-Flora im Innern des Festlandes ganz ausgeschlossen erscheint. Mit demselben Recht, mit dem Madagaskar als Anhang Afrikas gezeichnet ist, kann es auch als Insel gedacht werden. Hier fehlen alle Dokumente, aber die Ausbreitung der permischen Flora in Südalrika legt den Gedanken an einen benachbarten Meeresarm und. von ihm empfangene Luftfeuchtigkeit recht nahe. Enge iloristische Beziehungen herrschen zwischen Süd- amerika und Afrika; die Glossopterideen hüben und drüben scheinen eine breite Verbindung zu verlangen. Aber darüber muß man sich klar sein, daß ein so riesiger äqua- torialer Kontinent, wie er z. B. auf der FRECH’schen Karte des Obercarbons gezeichnet ist, zur Entwicklung exzessiver Klimate und stürmischer Luitbewegungen drängt und aus- E. Koken, Indisches Perm und die permische. Eiszeit. 597 gedehnte wüstenartige Gegenden umschließen müßte, von denen wir vorläufig nichts wissen. Die Ablagerung der Gon- dwana- und Karroo-Schichten setzt im Gegenteil reichliches Wasser, Flußniederungen, Sumpfi- und Seedistrikte voraus, und weder die Flora noch die Fauna verrät etwas von der Herrschaft des kontinentalen Klimas. Wir können annehmen, daß entweder das Meer in großen Buchten in den Kontinent einschnitt und dort, wo wir die Glossopteris-Flora auitreten sehen, das Klima milderte, oder daß wenigstens sumpüge Niederungen, die an das Meer ausliefen, diese Stelle ein- nahmen. Mesosaurus, den wir sowohl in Südafrika wie in Sarı Paulo und Paraguay auitreten sehen, ist wohl ein Be- wohner von Ästuarien und Deltagebieten, aber seine Ver- breitung erfolgte wahrscheinlich wie bei den Plesiosauriern unseres Wealden vom Meer aus. An eine Wanderung quer durch einen riesigen Kontinent von Fluß zu Fluß, von Griqua- land bis Paraguay, kann ich nicht denken. ORVILLE DERBY erwähnt auch, daß das Reptil sich zusammen mit eingeschwemm- ten Hölzern und Schizodus und Myalina fände!. Von land- bewohnenden permischen Reptilien, wie sie Südafrika charak- kerisiegem, ist in«Südamerika bisher nichts 'nach- gewiesen. | In Amazonas-Gebiet gewann das transgredierende Meer eine weite Verbreitung. Je weiter nach Süden, desto mehr verarmt die Fauna und geht in eine zechsteinartige oder in eine brackische über”. ı Dies. Jahrb. 1888. II. 174. ® Das seit längerer Zeit bekannte Vorkommen jungpaläozoischer Schichten im Norden und Süden des Amazonas, besonders im Gebiet des von Süden zuströmenden Tapajos wurden schon von WAAGEN in das Perm gestellt, während TSCHERNYSCHEW und ihm folgend KATZER (1903. Grundzüge der Geologie des Amazonas-Gebietes) sie wieder in das Ober- carbon verwiesen. Die Ähnlichkeit mit dem Productus-Kalk läßt aber WAAGEN’s Ansicht wohl gerechtfertigt erscheinen. Dielasma itaitubense 528 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Auffallend ist der Unterschied gegenüber dem Perm im westlichen Texas, über das wir G. H. GIRTY so wichtige Auf- schlüsse verdanken'!. Das texanische Guadalupian zeigt große Verwandtschait mit dem indischen Productus-Kalk; Lyt- tonia und Richthofenia hier wie dort. Diese gleiche Tönung scheint mir aber weniger durch das äquatoriale Mittelmeer als durch die Umrandung und den Strömungszyklus des Pazifi- schen Ozeans vermittelt zu sein. Der Einfluß der indisch- asiatischen Provinz reicht bis Sizilien und in die alpinen Buchten, erlahmt aber dort schon sichtlich. Da gegenüber dem Productus-Kalk die russische und zentralasiatische Fauna die austeilende, weniger die empfangende ist, so wird in vielen Fällen artlicher Übereinstimmung zwischen mediterranen und indischen Faunen nur auf diese gemeinsame Bezugsquelle ge- schlossen werden können. Beweiskräftig für eine direkte Über- mittlung von Indien zum Mittelmeer sind nur die wenigen Formen von Richthofenia, Lyttonia, Lonsdaleia etc. Es sei schließlich noch auf die Möglichkeit hingewiesen, daß Südamerika seine permische Flora, soweit sie mit der australisch-indischen übereinstimmt vom Westen her, über Neu- seeland und andere Inseln bekommen habe. Meeresströmung und Winde können eine solche Wanderung wohl begünstigen, wenn genügend Stützpunkte vorhanden wären. Bei dieser Auffassung kann man die gewaltige Brücke zwischen Süd- amerika und Afrika noch mehr reduzieren und bekommt mit der Einschaltung eines südatlantischen Ozeans ein Bild, das sich dem der Gegenwart mehr nähert. Der Mangel der Karroo- Reptilien in Südamerika kann auch unter diesem Gesichts- winkel betrachtet werden. Ich habe deswegen die Bezeichnung ist um Amb in der Saltrange eine ganz häufige Form. Auch im Norden des Amazonas wird durch das Auftreten von Schizodus, Pleurophorus, Allorisma etc. (wie im oberen Productus-Kalk) eine gewisse Beziehung zu der Zechsteinfauna hergestellt. ! Amer. Journ. 1902. p. 303 ff. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 529 „Land“ an Stelle des Atlantischen Ozeans in der Karte mit einem Fragezeichen versehen. Inseln und Halbinseln sind in einigen Fällen ge- zeichnet, wo Glossopteris-Pilanzen sporadisch auftauchen oder wo alte Gesteine nachgewiesen sind, die mit einiger Wahr- scheinlichkeit nie von permischen Sedimenten bedeckt waren. Das Mittelmeergebiet wird dadurch recht zerschnitten, es steht dies aber auch im Einklang mit dem wechselnden Charakter der Sedimente, die nirgends ozeanisch, geschweige denn abyssisch sind. Auch die permischen Radiolariengesteine Liguriens möchte ich nicht zu den Tieiseegesteinen rechnen. Im pazifischen Bereich trifft man hier und da auf Spuren alten Landes, und zwar sowohl im Süden (Fidschi, Neu- Caledonien), wie unter den Tropen (Neu-Guinea, Borneo) und weiter im Norden. Auf der amerikanischen Seite zieht sich die Halbinsel Chiapas weit hinaus und weist auf die in ihrer Fortsetzung liegende kalifornische Insel. Auch auf der japani- schen Seite dürften einige Inseln einzutragen sein, die aber für das allgemeine Bild weniger von Bedeutung sind. Aus dem hier angenommenen Situs folgt für die Strö- mungen, daß zwei große Zyklen im Pazifischen Ozean ent- standen, von denen der nördliche eine starke Teilströmung in das asiatische Mittelmeer hineinpreßte. Eine kalte Strömung trat aus den arktischen Breiten in das meridional gerichtete russische Meer, allmählich nach Westen ablenkend; ihr Ein- fluß mußte herrschend werden, sobald durch Angliederung der aralokaspischen Insel an das Festland die Berührung mit dem wärmeren Mittelmeer ganz abgeschnitten wurde. Eine dem Golistrom analoge warme Strömung ging über Alaska nach Norden; ihre Ausdehnung wird wohl durch die korrelate Wanderung der Fusulinen abgesteckt. In den antarktischen Gewässern herrscht starke und kalte Westdrift, die während des Zusammenhangs von Australien N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 34 530 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. und Indien—Afrika auf riesige Entiernungen sich allein geltend machen mußte, dagegen an Bedeutung sofort verlor, sobald durch Trennung der genannten Länder die tropischen Ost- strömungen in dem nunmehr entstandenen Indischen Ozean zur Geltung kamen. Einige Bemerkungen über die Ursache der permischen Vereisungen. Eine kurze Glossierung der ARRHENIUS’schen Hypothese — nur vom Standpunkt des Geologen — schicke ich voraus. Ich habe besonders deshalb einige Schwierigkeiten unter- strichen, weil man dahin ausweichen könnte, daß eine Er- klärung die andere nicht ausschließe, und daß vielleicht nur bei Zusammeniallen eines geringen Kohlensäuregehalts der Luft mit besonderen morphologischen Verhältnissen sich die Zustände herausbildeten, die ich allein aus letzteren und aus ihren klimatischen Folgen erklären möchte. Der Versuch, Kälteperioden auf den verminderten Kohlen- säuregehalt der Atmosphäre zurückzuführen, hat für den Geo- logen, trotz der Schwierigkeit, welche die interglazialen Schwan- kungen bereiten, dadurch etwas Bestechendes, daß in der Umkehrung andere Eigentümlichkeiten der geologischen Vor- geschichte, namentlich die größere Wärme der Pole, erklärt werden. Gewichtige Einwürfe prinzipieller Art sind mehrlach gegen die Grundlagen der Hypothese gemacht, von anderen wird sie zum Dogma erhoben. Noch neuerdings (1907) schreibt G. THIENE in seiner Abhandlung „Temperatur und Zustand des Erdinnern“: „Die bis heute einzig brauchbare Erklärung der Eiszeiten ist die von ARRHENIUS und FRECH gegebene.“ Ich will hier nur feststellen, daß die zeitliche Be- ziehung zwischen Vereisung und vulkanischen Vorgängen nicht derartig ist, wie man voraussetzte, als es galt, eine Ursache für die Zu- und Abnahme des CO,-Gehalts der Luit zu nennen, E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 531 denn der Eintritt der Vereisungen koinzidiert mit ge- steigerter vulkanischer Tätigkeit. Wenn der Gehalt der Luft an Kohlensäure auf diesem Wege überhaupt nennenswert vergrößert würde, so wäre es damals geschehen; größere Wärme und ausgeglichenes Klima, nicht Vereisungen wären die Folge gewesen. Auch sollte eine Änderung im atmosphärischen Wärmeschutz sich überall und nicht nur im Süden der Kontinente geltend machen. In Europa waren die Bedingungen für eine Vereisung nicht so ungünstig wie im Süden. Man wird nicht die Mög- lichkeit leugnen, daß irgendwo moränenarlige Ablagerungen eines sporadischen Gletscherieldes vorkommen, aber bisher ist nichts nachgewiesen. Mit großer Aufmerksamkeit habe ich die basalen Konglomerate des südtiroler Perms durchsucht, die einem mit den exotischen Boulder beds bekannten Geologen unwillkürlich auffallen müssen — mit negativem Erfolg. Dem Auftreten erratischer Blöcke im Verrucano und Grödner Sand- stein Kärntens kann eine Bedeutung gegenüber dem er- drückenden Material entgegenstehender Beobachtungen nicht beigelegt werden. Die auffallende Mitteilung G. MÜLLER’s über glaziale Spuren im westfälischen Rotliegenden (Zeche Preußen II) ist unergänzt geblieben, Verschiebungen im iesten Gebirge scheinen hier glaziale Phänomene vorgetäuscht zu haben, ähnlich wie in cambrischen oder präcambrischen Kon- glomeraten. Es kann mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß unser Rotliegendes viel öfter die zersetzende Krait eines feuchtwarmen Klimas verrät. Die Veränderungen der carbonischen Vegetation vollzogen sich unauffällig und langsam; fast alljährlich bricht der Streit um die Abgrenzung von Obercarbon und Rotliegendem wieder aus. Wenn trotz der Vereisungen in Indien, Südafrika und Australien, trotz der wahrscheinlich günstigen Bedingungen des Bodenrelieis in unseren Breiten (in denen zur Quartärzeit 34* 532 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. selbst auf Mittelgebirgshöhen Firnielder sich entwickelt haben) Spuren eines permischen Glazials vermißt werden, so müssen wir gegenüber allen Erklärungen durch allgemein wirksame Zustände sehr zurückhaltend bleiben. Die Atmosphäre enthält, unter der Voraussetzung, daß die Kohlensäure überall im gleichen Verhältnis beigemischt ist, rund 2,3 Billionen Tonnen Kohlensäure. Viele Prozesse lassen sich aufzählen, die zur Vermehrung oder Verminderung dieses Kapitals beitragen können, es fragt sich nur, ob jemals einer von diesen so das Übergewicht erhalten, so intensiv arbeiten wird, daß jene Folgen resultieren, aus denen ARRHENIUS das Klima der Eiszeit oder des Tertiärs erklärt. Wenn man sich ausrechnet, daß 2000 km? Steinkohlen (das ist der vermutete Vorrat unserer Erdrinde) rund 13 Bil- lionen Tonnen CO, repräsentieren, daß in 2000 km? reinem Kalk etwa 2,3 Billionen Tonnen CO, (fast genau der für die Atmosphäre berechnete Betrag) festgelegt sind, so wird man allerdings geneigt sein, diesen Abminderungsprozessen eine große Einwirkung auf die Atmosphäre zuzuschreiben. ARRHENIUS sagt ja ungefähr: Sinkt der Vorrat an CO, auf 2 des gegenwärtigen Bestandes, so haben wir das Klima der Eiszeit, erhöht er sich um das 3iache, so würden die Zustände des Tertiärs eintreten. Dabei ist allerdings die Be- deutung des Wasserdampfs, der zwar nicht gleichmäßig und nur in den tieferen Lagen verbreitet ist, aber dafür eine ganz bedeutende Absorptionskrait besitzt, nicht gewürdigt. Die Folgen, welche die Entnahme von CO, aus der Atmosphäre durch Aufspeicherung von Kohlen und Kalk haben könnte, werden aber nur eintreten, wenn diese un- gewöhnlich rasch eriolgte — und das ist aus- geschlossen. Die alten Lehrbuchzahlen für die Bildung eines Steinkohlenflözes von einer gewissen Dicke mögen über das Ziel hinausgeschossen sein, aber so viel ist wohl sicher, E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 533 daß der durch Festlegung pflanzlicher Stoffe oder durch Carbonatbildung entstandene Verlust der Atmosphäre so lang- sam erfolgt, daß er durch relativ unbedeutende, entgegen- arbeitende Vorgänge ausgeglichen wird. Wenn wir jetzt jährlich 600. 10° Tonnen Steinkohle ver- brennen, so führen wir die CO, in jedenfalls schnellerem Tempo in die Luft zurück, als bei der Aufspeicherung der Steinkohlen eingehalten wurde. Der Eiiekt auf das allgemeine Klima ist aber gleich Null und macht sich höchstens in der Nähe der Industriezentren geltend, auch hier weniger durch den Zuschuß an CO, als durch die Verunreinigung der Luit durch kleine anorganische Teilchen, welche die Nebelbildung begünstigen. Wie viel Kohlensäure den vulkanischen Essen entströmt, wissen wir nicht, doch ist es den Berichten nach relativ wenig, und selbst wenn wir eine abnorm gesteigerte Tätigkeit der Vulkane in Rechnung stellen, kommen wir nicht auf die Be- träge, welche zur Erzeugung eines gleichmäßig warmen Klimas geiordert werden. Immer wieder erfahren wir, daß bei den Ausbrüchen Kohlensäure gegenüber anderen Gasen und ins- besondere gegenüber Wasserdampf zurücksteht!. Die Glutwolke, die vom Mont Pele herabrollte, bestand aus Wasserdampf mit geringen Mengen von H,S und (vielleicht) SO,. Die Verschlechterung der Luft in der Umgebung tätiger Vulkane beruht meist auf Asche und Staub- gehalt, dann auf schwefliger Säure. Die Fumarolen des Vesuvs " Aus den Untersuchungen von A. BRUN würde hervorgehen, daß nur der erste Teil dieses Satzes richtig ist. Wasserdampf soll weder bei den Explosionen noch bei der Kristallisation der Magmen eine Rolle spielen. Die Gase, welche zum Explodieren zwingen, entstehen nach ihm immer von neuem aus den Stoffen der Lava im Moment der Schmelzung (N, NH,, Cl, HCI, CxHy). Auch nach diesen Angaben scheidet CO, als wichtige vulkanische Emanation aus. Im übrigen wird man eine Be- stätigung der neuen Untersuchungen abzuwarten haben. 534 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. liefern Chloride und Sulfate, die äußeren Wasserdampf, aber selten Kohlensäure. Aus den Dunstgrotien und Mofetten dringt allerdings Kohlensäure, aber in ruhiger Weise hervor, bildet Teiche in den Senken und geht langsam in die Atmosphäre, deren Durchschnittsgehalt an diesem Gase schon unweit des Orts nicht merklich geändert wird. In der carbonischen Zeit ist viel eruptives Material an- gehäuft, aber diese Ausstoßungen und Erstarrungsprozesse fallen überwiegend in die subcarbone Zeit, schwächen sich dann ganz beträchtlich ab und nehmen in der Paläodyas wieder zu — eine Folge, die nicht in den Ideenkreis von ARRHENIUS paßt. Man muß auch strenger scheiden zwischen echt eruptiven Prozessen an der Oberlläche der Länder, solchen auf dem Grunde tiefer Gewässer und zwischen den Intrusionen und Lakkolithen, die nie die Oberfläche erreichten. Nur die subaerischen Vulkane liefern Kohlensäure- gas, das sich direkt und rasch in die Atmosphäre ziehen kann. Bei submarinen Eruptionen wird wahrscheinlich der größte Teil der Kohlensäure vom Wasser verschluckt, dessen Gehalt an gelöster CO, auf 13 Billionen Tonnen berechnet werden kann. Die Wirkung der unter Druck gehaltenen Kohlensäure- lösung zeigt sich in der Entkalkung der Tieiseeabsätze; es ist aber auch wohl möglich, daß die im Culm so verbreiteten Kieselschiefer, welche schwerlich in abyssischen Tiefen ge- bildet wurden, mit der Einwirkung vulkanisch geförderter Kohlensäure in Verbindung gebracht werden können, welche ! Nach einer Berechnung von A. KROGH ist die Menge der freien CO, im Ozean ca. 27mal so groß wie in der Atmosphäre. Vergl. dort auch Angaben über den regulierenden Einfluß des Weltmeeres auf den Kohlensäuregehalt der Luft (Compt. rend. 1904. 139. 890) und aus früherer Zeit SCHLOESING „Sur la constance de la proportion d’acide carbonique dans l’air“ (Compt. rend. 1880. 90. 140). E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 535 die kalkigen Schalen zerstörte und eine Anreicherung des kieseligen Materials herbeiführte. Die submarin ausgestoßenen Ströme, welche dem Unter- carbon England-Schottlands eingeschaltet sind, werden wenig Bedeutung für die Atmosphäre erlangt haben. Bei einigen wäre auch noch zu prüfen, ob nicht tertiäre Intrusionen vor- liegen. Vergleicht man mit der permischen Zeit, so ergibt sich für diese gegenüber dem Obercarbon ein bedeutendes Mehr an Ergüssen und Explosionen auf dem festen Lande — und doch ist das Perm die Zeit der Vereisungen. Die Erstarrung der Tiefengesteine und der Intrusionen vollzog sich so allmählich, daß die abgehenden Gase belanglos für eine Zustandsänderung der Atmosphäre blieben und ehe sie dieser sich mitteilen konnten, schon in den Kreislauf der chemischen Reaktionen oder in das Regime des fließenden und des Grundwassers (und der Grundluft) eingetreten sind. Das Austreten der Kohlensäure im Neckartal oberhalb Rottenburg führen wir auf einen Magmaherd zurück, der in geringer Tiefe erstarrt. Es ist kein anderer Vorgang hier an- nehmbar, da das Gas aus den Klüften des Buntsandsteins aulsteigt, unter diesem aber Rotliegendes und Grundgebirge, keine carbonatiührenden Gesteine folgen. Hier haben wir vor Augen, welcher Art etwa der Einfluß ist, den ein sehr peripherisch gelegener, erstarrender Schmelzherd auf die Ober- fläche und die Atmosphäre ausübt. Soviel wir über das Wesen der Kontaktmetamorphose unterrichtet sind, die eine Begleiterscheinung der Tiefen- erstarrungen ist, hängt sie in erster Linie von physikalischen Einflüssen ab, welche für die Grenzbezirke der aneinander geratenen Gesteine entstehen. Unter den wirklich pneumato- Iytischen Prozessen tritt der Einfluß der Kohlensäureschwaden jedenialls sehr zurück. Die Graphitanreicherungen, die ich in Indien, bei Velagapalli und Perikunda kennen lernte, sind 536 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. wohl in keinem Stadium ihrer Entstehung mit Kohlensäure in Verbindung zu bringen und außerdem auf die nächste Nähe der Erstarrungsgesteine beschränkt. Gewiß liegt eine Möglichkeit für die Produktion von Kohlensäure in der Bildung der Kalksilikathornfelse, aber das sind Gesteine von zu beschränkter Verbreitung und Masse, als daß in ihnen die Ursache eines erhöhten Kohlensäure- gehaltes der Luft gesucht werden könnte. Einen zu Vergleichen brauchbaren Gesamtausdruck für die vulkanische Tätigkeit einer geologischen Zeit zu geben, welcher auch den Intrusionen und subterranen Erstarrungen gerecht wird — die doch oilenbar bei der hohen Einschätzung des carbonischen Vulkanismus mitgezählt sind — ist unmöglich. Von Intrusionen erfahren wir nur, wenn tieigreifende Abtragung die Erstarrungsgesteine freigelegt hat und wie schwierig auch dann ihre chronologische Einordnung ist, erhellt aus der neueren Literatur deutlich genug. Die postculmischen Granite, Syenite, Diorite, welche in die gefalteten variskischen und armorikanıschen Züge ein- drangen, sind nach ihrer petrographischen Beschaiienheit unter einer Decke anderer Gesteine erstarrt. Die wichtigsten Pro- zesse eruptiver Gesteinsbildung in der Carbonzeit sind meines Erachtens auszuschalten, wo es sich um die Frage handelt, ob der Vulkanismus einen Einfluß auf die Zusammensetzung der Luft gehabt habe. Dann bleibt relativ wenig übrig. In ge- waltigen Arealen umschließen die carbonischen Gesteine über- haupt keine echten Eruptiva. Das gilt für Rußland und für Nordamerika mit Ausnahme des Westens. Das peninsulare Indien ist während der carbonen Zeit Festland gewesen; man kennt kein Eruptivgestein, das etwa in diese Zeit geo- statischer Ruhe eingeschoben werden könnte. In China fallen die großartigsten Eruptionen und Ergüsse wohl sämtlich in die Bermzeit: E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. a7 Man könnte pointiert sagen, das Carbon ist vorwiegend die Zeit der Intrusionen und Lakkolithenbildung, das Perm die der Extrusionen und Lavaergüsse. Die Porphyre und Melaphyre des Nahegebiets, die Eruptiv- decken von Thüringen, dem Harz, Sachsen, Schlesien, am Westrande der böhmischen Masse, im Schwarzwald, in Süd- tirol, in der Schweiz, sie alle gehören hierher. Sobald wir die Bildung der Tieiengesteine ausschalten, kann von einem ungewöhnlich gesteigerten Einsetzen vulkanischer Prozesse - im oberen Carbon nicht mehr die Rede sein; im Vergleich mit der permischen, ja selbst mit der Triaszeit bleibt diese Phase des Carbons zurück. Mehrfach handelt es sich dort, wo man früher carbonische Ganggesteine und Lagen angab, auch um permische Gänge und Intrusionen (Kentucky, süd- westliches Illinois). Es ist verständlich, daß man angesichts der großen Schwierigkeiten, welche einer Erklärung der permischen Ver- eisungen im Wege stehen, öfter den Gedanken einer Ver- änderung der geographischen Breiten erwogen hat. Zuerst hat OLDHAM in einer kleinen, aber interessanten Arbeit „Pro- bable changes of latitude“ darauf hingedeutet!. Er denkt mit FISHER an eine Verschiebung der Erdrinde um ihren Kern, so daß jetzt annähernd äquatoriale Länder in früheren Perioden in ganz anderer Exposition zur Sonnenstrahlung sich befinden mochten. Auf ähnlichen Gedankenpfaden wandelt fast 20 Jahre später KRAICHGAUER. Nach anderer Auffassung wird die Ver- änderung der geographischen Breite auf eine Verlagerung der Rotationsachse zurückgeführt. Die Diskussion beider Hypo- thesen kann man aussetzen, so lange noch die Möglichkeit einer einiacheren Erklärung vorhanden ist. PENCK macht in seiner ausgezeichneten Schrift über die Eiszeiten Australiens, in welcher das Problem des Permo- ' Geol. Mag. 1886. p. 300. 538 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. glazials in klarer Weise beleuchtet wird, auf die Schwierig- keiten aufmerksam, welche aus der Annahme einer Polver- lagerung erwachsen. Wir sind seit dieser grundlegenden Publi- kation insofern weiter gekommen, als wir über die Facetten- geschiebe genauer informiert sind und wissen, daß sie nicht rätselhafte Eigentümlichkeiten der boulder beds und mudstones sind und auch insofern, als die Verbreitung des Perms in mariner und terrestrischer Fazies jetzt viel schärfer umrissen werden kann. Der gewichtigste Einwand ist immer der, daß bei einer mittleren Lage des Südpols zwischen Südafrika, Indien und Australien der Gegenpol in Gebiete zu liegen kommt, in denen bisher keinerlei Glazialerscheinungen carboni- schen oder permischen Alters nachgewiesen werden konnten. In den Kohlendistrikten Nordamerikas ist die Grenze zwischen Carbon und Perm ähnlich schwierig und nur floristisch zu ziehen wie bei uns und die gleichmäßige klimatischen Be- dingungen der Steinkohlenzeit haben hier noch längere Zeit angedauert; im Westen umschließen die Niederschläge des offenen Meeres eine gleichartige Fauna von Carbon bis an die Grenze gegen die Trias hin. Von eingeschalteten Kon- glomeraten, die wie in Australien oder Tasmanien auf glaziale Drift zurückschließen ließen, ist weder hier noch in Mexiko, Guatemala oder den nördlichen Gebieten Südamerikas etwas bekannt. Die Blockanhäufungen von S. Paulo‘ kämen aber bei der vorausgesetzten Lage der Pole zwischen die Wende- kreise zu liegen. Und das muß auch für den hypothetischen ! Über diese interessanten Geröllschichten von San Paulo fehlen leider immer noch nähere Untersuchungen. Die Beschreibung, welche ORVILLE DERBY von ihnen gegeben hat, drängt den Vergleich mit den Talschers geradezu auf, zumal auch in den Talschers nach gekritzten Ge- schieben oft vergeblich gesucht wurde. Dann wäre vielleicht der Herd der Vereisung in einem Hochlande nördlich von S. Paulo und Rio zu suchen. E. Koken, Indisches Perm und die permische. Eiszeit. 539 Südpol betont werden: Die Eisfelder Indiens, Südafrikas und Australiens lagern von ihm so weit entfernt wie Tunis und Algier vom gegenwärtigen Nordpol. Es wird also nach keiner Richtung hin durch die auch aus anderen Gründen bedenk- liche Hypothese etwas gewonnen, es bleibt das Problem der permischen Vereisungen nach wie vor unerklärt. Die Mitteilungen KOERT’s über vielleicht permoglaziale Grundmoränen in Togo bedürfen ebenialls weiterer Ausführung. Nach den bisherigen Angaben wäre ein Vergleich mit dem Nullagine-Konglomerat Westaustraliens nahegelegen. Derartige alte Konglomerate haben im Paläozoicum eine zu weite Ver- breitung, als daß auch nur ein Wahrscheinlichkeitsgrund für permisches Alter geltend zu machen wäre. Sollte aber auch in Togo eine Stätte permischer Vereisung nachgewiesen werden, so würde die Schwierigkeit, das Phänomen durch eine Ver- lagerung der Pole zu erklären, vervielfacht, denn die an- geblichen Moränen würden dem Äquator mindestens ebenso naheliegen wie gegenwärtig. (Mitt. aus d. deutschen Schutz- gebieten 1906. 19. 113 fi. Deutsches Kolonialamt 1906. No. 9.) Man kann noch etwas hinzufügen. Wenn die Vereisungen nur von der jeweiligen Lage des Poles in ihrer Ausdehnung bestimmt werden, also stets zirkumpolar wären, so müßte man sich dem Satze CZERNY’s anschließen: „Dann würden wir auch hinreichend berechtigt sein, zu sagen, daß dort, wo irgend einmal auf der Erde der Nord- und Südpol gewesen, auch zugleich die Eiszeit geherrscht habe.“ Wenn es.nur auf diese physikalischen Bedingungen ankommt, welche die polaren Breiten auszeichnen und zweifellos für Vereisungen prä- disponieren, so hätten wir nicht nur in allen Perioden, nein in allen Schichten Spuren der Eiszeit zu erwarten. Daß sie nicht geiunden werden, ist bekannt; man kann aber nach der heutigen Kenntnis auch für einige Formationen schon behaupten, daß eine polare Vereisung damals nicht geherrscht 540 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. haben kann, wo immer man auch den Pol suche oder hin- verlege. Ich möchte das z. B. für den oberen Jura und für die oberste Kreide annehmen. Es fragt sich nun, wenn wir uns weder der von ARRHENIUS vorgebrachten noch einer anderen Erklärung, die auf kosmische oder allgemein tellurische Zustände sich bezieht, anschließen können, ob die im Verlauf des Perms registrierbaren geo- logischen Veränderungen von solcher Bedeutung sind, daß Entstehung, Ausdehnung und Vergehen der Vereisungen ihnen als Folgeerscheinungen angegliedert werden können. Offenbar waren die vereisten Gebiete zugleich solche, in deren Nähe sich große Ansammlungen von Wasser befanden. Die Beschaffenheit der Ekka- und Dwyka-Schichten im Kapland und der unteren Gondwanas läßt darüber ge- ringen Zweifel. Wichtiger erscheinen aber die Abweichungen der Meeres- strömungen. Ein äquatoriales Strömungsgebiet, in seiner Ausdehnung durch das Vorkommen bestimmter Ver- steinerungen bestätigt, erwärmte die nördlichen Meere und damit auch ihre Küsten. Das Vorkommen der Fusulinen bis in arktische Breiten ist für den Effekt dieser Heizung ebenso charakteristisch, wie ihr Aussetzen südlich des Äquators, wo die kalten ozeanischen Gewässer ihren Einfluß geltend machen. Die Strömungen des Meeres schleppen gewiß nicht die Tiere mit sich, wohl aber bestimmen sie die Grenzen, bis wohin sich temperaturempfindliche Organismen verbreiten können. Die südozeanische Driit mußte die Festländer, an denen sie herglitt, abkühlen; wo lokale Verhältnisse es be- | günstigten, wo etwa große Höhenlage mit großer Feuchtigkeit der Luit zusammentrai, konnten Vereisungsherde entstehen. Für die Existenz dieser Strömung können wir paläonto- logisch-stratigraphische Daten nicht zugrunde legen. Sie er- gibt sich von selbst, wenn offenes Meer für die antarktischen E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 541 Breiten angenommen werden darf. In der Tat ist eine Aus- dehnung Südafrikas, Südamerikas oder Australiens bis zum Südpolargebiet kaum diskutierbar. Die Existenz der großen Seen in Südafrika stimmt besser zu der Annahme, daß wir uns im Randgebiet eines Kontinents befinden. Die Wanderung der Mesosaurier bis an die Gegend des heutigen Sarı Paulo läßt an eine in dieser Richtung laufende Küstenlinie denken. Anderseits ist ein Zusammenschluß der großen Glossopteris- Provinzen wenigstens für eine Phase des Perms wahrscheinlich. Das Ende der Vereisungen fällt zusammen mit trans- gredierenden Bewegungen des Meeres und mit Sen- kungen. Dieselben Krustenbewegungen, welche das Vordringen des Meeres veranlassen, lösten den Zusammenhang von Australien mit Indien. Warmes äquatoriales Wasser drückt nach SW., der thermische Äquator rückt wieder mehr nach Süden. Eine bedeutende Höhenlage der indischen Penin- sula während der Vereisung ist wahrscheinlich. Noch nach der Glazialzeit empfindet man in der Sedimentierung den Ein- fluß der aus dem Süden kommenden Ströme. Etwa 700 km hat der Eisstrom zurückgelegt, der von den Aravalis bis zum Indus sich bewegte; dies ist vergleichbar der Entiernung, die zwischen dem skandinavischen Rücken und dem Südrand der norddeutschen Ebene liegt. In einem wie im anderen Falle leitet die Beobachtung derart ausgedehnter konstanter Strö- mungen im Eise auf die Vorstellung einer größeren Höhe des eigentlichen Vereisungsherdes!. Mit der Transgression des permischen Meeres, mit dem Einbruch der Brücke zwischen " Als Beweise für die bedeutende Höhenlage Nordamerikas und Nordeuropas werden besonders die submarinen Talfurchen und die Fjorde herangezogen (cf. SPENCER, HOLST u. a.). Dem Vorkommen von Flachsee- muscheln in großen Tiefen zwischen Norwegen und Grönland (JENSEN) kann ich keine Beweiskraft zuerkennen, da es sich ebensogut um eine grabenartige Senkung des Meeresbodens handeln kann. 542 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Gondwanaland und Australien kann auch ein Rücksinken der Peninsula gut in Verbindung gebracht werden. Faltengebirge im zentralen Indien sind ausgeschlossen, weil sowohl die Malani-Ergußdecken wie die Vindhyan-Sand- steine horizontal gelagert sind, aber einfache, weit ausholende Vertikalbewegungen sind ein bezeichnendes Moment in der Geologie der Saltrange und atuıch in der Peninsula, wie wiederum die flache Lagerung zeitlich so weit getrennter Gesteine wie des Cambriums, des Perms, der Trias und des Tertiärs im Norden, der Vindhyans und der Gondwana im Süden beweist. | Starke Abspülung ging der Zeit der Vereisung voraus, denn ihre Moränen überziehen sowohl alte Malani-Gesteine (bei Pokaran) wie die Vindhyan-Decke; auch diese wirkungsvolle Denudation könnte man mit größerer Höhenlage in Verbindung bringen. Sind die Talschers auf einem alten Hochlande zur Ablagerung gekommen, so finden sich ihre Äquivalente in der Saltrange im Verbande mit marinen Schichten. Auch die etwas jüngeren pflanzenführenden Schichten von Khonmu in Kaschmir sind nach NOETLING von marinem Perm überlagert. In Indien sowohl wie in Australien führen die Spuren der Vereisung bis zum Meer hinab; in@derSaktaner haben wir sogar noch im Meeresniveau Grundmoräne und geschliffiene Felsen. Dies ist die schwierigste Stelle für jede Erklärung, denn selbst auf der kühlen südlichen Halbkugel erreicht gegenwärtig nördlich des Golfs von Penas (46° 50‘) kein Gletscher das Meer, während in Europa der südlichste Berührungspunkt zwischen Gletschereis und Meer sich in 67°’ n. Br., in British Columbia unter dem 54° n. Br. befindet. Das Boulder bed der Saltrange streicht dagegen zwischen dem 32. und 33.° n. Br. aus, die Aravalis, welche die Find- linge lieferten, schneiden den 25.°, die Schlifflläche bei Bap liegt in 27°22‘. Wir werden hier vor ein schweres Problem gestellt. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 543 Unter solchen Breiten ist eine Eisanhäufung nur möglich bei sehr starken Niederschlägen und sehr beträcht- licher Höhenlage. Ein Hochland, das in der Region der Aravalis Firn erzeugen sollte, müßte sich über 4000 m er- heben! statt der 500 m, welche die radschputanische Hügel- landschaft erreicht. Ihre Entfernung von der Saltrange oder vom pandschabischen Meere ist eine beträchtliche; aber nicht hierin liegt die Schwierigkeit, sondern in der Tatsache, daß die Eisströme Indiens bis ans Meer gekommen sind, in dessen Nähe die Temperatur sich auf einer mit ewigem Schnee und Eis unvereinbaren Höhe halten mußte. Welche Dimensionen mußte ein Eisield haben, das den von Radschputana bis zur Saltrange vorrückenden Gletscher zu nähren vermochte? Berechnungen, die uns hierüber eine Vorstellung geben sollen, müssen mit großen Fehlern be- haftet sein, aber immerhin ergibt sich die Größenordnung des Geforderten. In den warmen Ländern wirkt die Ablation sehr bedeutend; wenn wir aber eine jährliche Ablation von 3 m über das ganze, 200 km breite und 700 km lange Gebiet ausgedehnt denken, welches zwischen den Aravalis, den Transindus-Bergen und der Saltrange liegt und von Eis eingenommen war, so werden wir wahrscheinlich über den wirklichen Gesamtbetrag hinausgreifen, da ein bedeutender Teil dieses Areals doch über der Schneegrenze lag. Der Verlust durch Ablation betrüge dann 420 000 000 000 m?. Der Verlust durch Abschmelzen “ Die kurze Abweisung, welche CHAMBERLAIN und SALISBURY dem Gedanken an eine höhere Lage des peninsularen Indiens während der permischen Eiszeit zuteil werden lassen, gipfelt in den Worten: „Ii the plateaus of Tibet and the Pamir ranging from 15000 to 18000 feet above the sea, are not glaciated under present conditions, one cannot but wonder what elevation the southern peninsula of India would have required in the Permian period if elevation were the essential factor.“ Diese Bemerkung beruht auf einer Verkennung der wichtigsten klimato- logischen Faktoren des südlichen Asiens. 544 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. infolge der Erdwärme mag auf ca. 4 des Ablationsbetrages ver- anschlagt werden, gleich 47000000000 m?. Hierzı kommt noch der Verlust durch das Abstoßen der Eisdecke im Meer. Dies geschieht in Grönland in einzelnen, zwischen Fels- ufern zum Meer abströmenden Gletschern von enormer Ge- . schwindigkeit. Für Indien glaube ich mehr die aus der Ant- arktis geschilderten Verhältnisse zugrunde legen zu sollen. Für die Antarktis berechnet V. DRYGALSKI! eine Geschwin- digkeit des Inlandeises von ca. 50 m in 5 Monaten, also von 120 m im Jahre. Die geringere Geschwindigkeit und die ge- ringeren Geschwindigkeitsdifierenzierungen gegenüber den grönländischen Eisströmen (Großer Karajak) lassen sich auf die flächenhafte Ausdehnung des Eises und den langgezogenen Abbruch gegen das Meer bei geringer Mächtigkeit (200—250 m gegen 600-700 m am Ende des Karajak) zurückführen. Ist der Purple Sandstone der Saltrange die Fortsetzung des Vind- hyan-Sandstone, was ich oben wahrscheinlich machte, so strömte das indische Eis auf einer geologischen Tafel bis zum pandschabischen Meere ab. Bei einer Höhenlage von 4000 bis 5000 m im zentralen Gebiete resultiert dabei immer noch ein Gefälle von 4—5 m auf den Kilometer. Bei einer Breite des Eisrandes von 200 km, einer Dicke von 250 m und einer Geschwindigkeit von 120 m im Jahre werden jährlich 6 km? abgestoßen. Man sieht, daß auch die doppelte und dreifache Menge gegenüber dem Verlust durch Ablation nichts bedeute. Im ganzen müssen rund 480000000000 m? von dem hypothetischen Firnield geliefert werden. Bei einer Niederschlagsmenge von 6 m jährlich ® mußte dann das Bezugsgebiet 800000 km?, bei einem Nieder- ! Zeitschr. f. Gletscherkunde. 1906. p. 61—64. E. v. DRYGALSKI, Die Bewegung des antarktischen Inlandeises. 2 Bei Baura (Bombay) fallen 648 cm, bei Matheran 622, bei Tschera Pundschi (Assam) sogar 1243 cm jährlich. E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. 545 schlag von 3 m etwa 1600000 km? groß sein, d. h. nicht ganz die Größe des tibetanischen Plateaus haben. Das dilu- viale Inlandeis Europas wird auf 6000000 km? geschätzt. So müssen freilich mehrere superlative Voraussetzungen eingeführt werden, aber wir stoßen weder auf Unmögliches noch Unbegreifliches, und damit gewinnt die Ansicht, daß die Ursachen der permischen Vereisungen in geologisch delinier- baren Veränderungen liegen und nicht in unkontrollierbaren tellurischen Vorgängen, wiederum an Wahrscheinlichkeit. Tafel-Erklärung. Tafel XIX. ende irnde Neenz zur permisichen Eiszeit. Die Rekonstruktionsskizze ist eingetragen in BLUDAU’s Erdumriß- karte in flächentreuer Projektion; die Verzerrung der Umrißlinien der an der Peripherie gelagerten Länder wird reichlich aufgewogen durch den Vorteil, die wahren Größenverhältnisse jederzeit entnehmen zu können. In diese Karte habe ich diejenige Lage der Pole, des Äquators und einiger Breitengrade projiziert, welche bei einer Diskussion dieses Themas wohl allein ernstlich in Betracht kommen würde. Die nachgewiesenen Vereisungsgebiete sind grün schraffiert; grüne Pfeile bezeichnen die allgemeine Tendenz der Eisbewegung ohne Rück- sicht auf die lokalen Abweichungen (nur am Vincentgolf ist die auffallende Divergenz nach Westen markiert). Die problematischen Gerölle von S. Paulo sind ebenfalls als Glazialgebiet (mit Fragezeichen) gezeichnet, um zu zeigen, wie wenig sie mit der hypothetischen Lage des Nordpols in Einklang zu bringen wären. Punktierte Linien bedeuten in Europa— Asien die Umgrenzung des Zechsteinmeeres und die dieses nach Süden abschließende Landbrücke, zwischen Australien und der äthiopisch-indischen Masse jenen Teil des Kontinents, der mutmaßlich noch im Beginn der permischen Zeit existierte, später vom permischen Meer überflutet wurde. Für die Ausdehnung des- selben hat man keinen Anhalt; die Abschätzungen können zwischen AA’—BB' (Maximum) und CC’ A—BB’ liegen. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 35 546 E. Koken, Indisches Perm und die permische Eiszeit. Auch auf die Möglichkeit, daß die argentinische Masse von der äthiopischen ganz oder vorübergehend abgetrennt war, ist durch ge- strichelte Linien aufmerksam gemacht. Warme und relativ warme Strömungen sind durch rote, kalte durch blaue Pfeile bezeichnet. Rote Kreise mit entsprechender Signatur geben die Verbreitung der Glossopteris-Flora bezw. solcher Pflanzen an, die man ihr zurechnet, rote Rechtecke mit Buchstaben die einiger Tiere: 7 = Fusulina, S = Schwagerina, D = Doliolina, N —= Neoschwagerina, L — Lyttonia, O —= Oldhamina, R — Richthofenia, H — Helicoprion, M = Mesosaurus. “ Die eingetragenen Namen von Ortschaften, Flüssen, Ländern be- ziehen sich auf wichtige, in der Literatur besprochene Vorkommen. EIER AN a | Hi 15 Hi “ i Fi U DEAREEN ih & == > RS - E v enusbir, 1 1A 130 30 Mn BeNaan LE Wy s „m Ri LTD, Erklärung zu Taiel 1. Fie..1: Syrinzoceras"Renzi RECHT III par „ 2. Syringoceras carolinım MOJS. 4/3. p. 7. „ 9. Ptychites opulentus MoJs. 2/3. 3a. 1/1. p. 6 „ 4 Hungarites arietiformis HAUER. 2/1. p. 10. 9. Ptychites gibbus BENECKE. 5a. 2/3. Sb. es p- 6. „ 6. Gymnites Agamemnonis FRECH. 1/1. „ 1. Gymnites Agamemnonis FRECH. 5/4 von der anderen Seite wie Bio26=,p%6: „ 8. Ptychites domatus HAUER. 2/3. p. 6. Alle Stücke stammen aus den dem Asklepieion gegenüberliegenden, an der westlichen Talwand aufgeschlossenen roten Trinodosus-Kalken. u Dre: 3 Ali | Fig. 9a. Sturia Mohamedi TouLA. 1/1. Epidauros. Fig. 9b. St. Mo- hamedi TOULA. 2/1. Epidauros. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. | Taf. 1. Fig. 3a. Bio F. Frech: Die Hallstätter Kalke bei Epidauros. Erklärung zu Taiel Il. Fig. 1a, b. Cladiscites striatulus MÜNST. Cassianer Schichten. a. Askle- pieion. 7/8. b. Original von MOJSISOVICS aus den Cassianer Schichten von Pozoritta. 3/4. p. 13. „ 2a, b. Lobites aberrans MOJs. Wengener Schichten. 3/1. p. 11. „ 9a, b. Ptychites seroplicatus HAUER. Bulog-Kalk. 1/1. p. 9. „ 4. Proteites (Ceratites) labiatus HAUER. Bulog-Kalk. 1/1. p. 9. „9. Celtites (Reiflingites) intermedius HAUER. Bulog-Kalk. 1/1. p.9. Alle Stücke, mit Ausnahme von 1b, stammen aus den Buchensteiner, Wengener und Cassianer Schichten westlich von! Asklepieion. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. Fig. 3b. F. Frech: Die Hallstätter Kalke bei Epidauros. Taf. II. 3 « : x % = U 5 Bu n) u Erklärung zu Taiel II. Fig. la, b. Trachyceras Aon MÜNST. 1/1. Cassianer Schichten. a. Askle- pieion. b. St. Cassian coll. FRECH. p. 11. 2a, b. Trachyceras furcatum MÜNST. Cassianer - Unterkarnische Schichten. 1/1. Asklepieion. p. 29. 3. Trachyceras (Eremites) orientale MOJS. Cassianer Schichten. 3/2. » Asklepieion. p. 12. 4a—d. Arpadites Catharinae MO)JS. var. 1/l. a., b. Asklepieion, ° c. Typus Pozoritta. d. Feuerkogel. p. 13. „ ©. FPinacoceras Layeri MOJS. Unterkarnische Schichten (zusammen mit Trachyceras furcatum, Fig. 2b). Hirtenlager beim Asklepieion. INZEP29 ” N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. | ) - N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. | Taf. III. Biessiva: F. Frech: Die Hallstätter Kalke bei Epidauros. es sgpsiasnt eek [2 ER fern Vie: Halısayı N ae WERT Erklärung zu Taiel IV. Fig. 1a—d. Megaphyllites Jarbas MÜNST. a.—c. 1/l. d. 2/l. p. 19. ” » „ ” „ 2a—c. Joannites Salteri MOJS. 3/2. p. 23. 3. Joannites diffissus HAUER. 1/l. Typus — Schalenexemplar. p. 21. 4a—c. Joannites diffissus HAUER var. argolica FRECH, 3/2. p. 22. 9. AÄrcestes ausseanus HAUER. 1/1. p. 20. 6. Arcestes Gaytani KLIPST. 1/1. p. 20. Sämtlich aus den unterkarnischen Kalken beim Asklepieion (Hirten- lager). Fig. 1 und 6 kommen auch in den Cassianer Schichten vor. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. tc. Festband. are ineralogi .M N. Jahrbuch f Hallstätter Kalke bei Epidauros. le D F. Frech W De we.e 0 r Fr ” rc RE 1 | AN j Ri: RASBNSELOSNE NIE WIR a5) Bo Be e A Ed E.). NER = Inu IB BE u X De, ei egal a s Erklärung zu Tafel V. Fig. la, b. Trachyceras aonoides MOJS. var. fissinodosa MOJS. Unter: „ „ 2: 3. karnisch. a. Asklepieion 1/l. b. Vordersandling 1/1. p. 27. Trachyceras aonoldes MOJS. var. fissinodosa MoJs. 1/1. p. 27 Trachyceras FHecubae MOJS. var. 4/3. p. 28. 4a,b. Arpadites Ferdinandi MOJS. 3/1. Unterkarnische Stufe B) 6. 7 8 a. Feuerkogel (das Original von MOoJSISOVICS). b. Asklepieion P326: Celtites Emilii MOJS. 4/3. p. 22. Ceratites Kerneri var. graeca FRECH. 2/1. p. 26. Sirenites Aesculapii FRECH (ex aff. striatofalcati HAUER). 3/2. p. 30 Sirenites Junonis MOJS. 3/2. p. 30. Mit Ausnahme von 1b und 4a aus den unterkarnischen Kalken des Hirtenlagers beim Asklepieion. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. Taf. V. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. F. Frech: Die Hallstätter Kalke bei Epidauros. a meeEEPE202325EERESRSEEEE Erklärung zu Tafel VI. Halorites (Jovites) dacus MOJS. p. 31. Kiel a ec. Joannites cymbiformis MÜNST. a, c. Steinkerne. b. Schalen- 2a—c. exemplar. p. 24. 3. Joannites Klipsteini MOJS. FH. Eindruck des Haftmuskels. p. 25. Fig. 1 wahrscheinlich ” Sämtlich vom Hirtenlager beim Asklepieion. aus oberkarnischem Tropitenkalk, Fig. 2—3 unterkarnisch. Alle Figuren in natürlicher Größe. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. Festband. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Die Hallstätter Kalke bei Epidauros. F. Frech u u PRFTAER N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. G. Linck: Über die äußere Form und den inneren Bau der Vulkane. Taf. VII. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. Taf. VII. TorındS —oc on 128 k Livorno MET Tl Ts N Per A ITTT har £ ) | | | De | | "Aiacch l or | = | en I RE lL..ssePr0 cd .—— sro fe on 508. ne T | ae ee = K aglıa Def | 0.4130 | N J | } Va | | | | | | | a: _, er | N 1 GAB IE SE SE ge LE Be El | De ee dere === 138 x a | | Ir >= z = — 2.0.00 VB N ee 1429 | | BE SATT | 941... ------ 27000 ED En Cirgentiygse 22 ee 0,425 7 BEN Tuniısi Z EEE 53 Be HT a De ee 1 | 2 | 36 TR ee en A| Iz6 | | 052205552 DyVzlleita | | mn | | | i a0 | | 26 28 30 32 34 O.v. Ferro | Ssogonen _-------- Jsoclinen --— :— - Jsodynamen Erdmagnetische Karte Jtaliens für 1892 ac Juunien Saleazzo W. Deecke: Der geologische Bau der Apenninenhalbinsel und die Schweremessungen. aa" .@i er 9 rn Ü “* 5 Us . RE (be) 1} ee N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. O. Mü Jber die Zus m. m N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. 0. Mügge: Über die Zustandsänderung des Quarzes bei 570". Taf. IX. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. Taf. X. wichtdruck der Hofkunstanstait von Martin Rommel & Co., Stuttgar:i. M. Schlosser: Beitrag zur Osteologie ete. der Gattung Necrolemur. nn u Mi. 7- j> > ar en A er er N. Jahrbuch f. Mineralogie etc, Festband. Taf. XI. Lichtdruck v. E. Schreiber, Stuttgart HoRernneu HH, Boeke: EI Inea Meteoreisen. Taf. XI. Festband. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Schreiber, Stuttgart, BR. Lichtdruck v. El Ineca Meteoreisen. F. Rinne u. H. E. Boeke Taf. XII. Festband, N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. hreiber, Stuttgart. a c S E. Lichtdruck v. "elsen. El Inea Meteor ED) und eb) © ra 2) =E S eb) = Ag FH N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. Taf. XIV. u en N Ur Lichtdruck v. E, Schreiber, Stuttgart. F. Rinne u. H. E. Boeke: EI Inca Meteoreisen. N. Jahrbuch f, Mineralogie etc. Taf. XV. Festband. 19: ER, Par act a gear AN en ap Y% a, Vergr. von Fig. 19-23 1:75 E. Schreiber, Stuttgart. Licehtdruck v. "elsen. EI Inea Meteoı BoRımne u. H. I. Boeke -(ONIXOMN) EONJOL, 9p OpeAaN Ue9JoA SOp Aoyeıyy WI U99S uUEpIog op pun oddnyyrsopuy alq zoud yeasıag 'Y Taf. XVI ET HUTLE a Festband. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. XVII. Festband. Taf. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. uloppıDdsyIpy | |! 5, | (uaboyuor 1) yJpyuamag I G. Steinmann: Ueber Gesteinsverknetungen. N. Jahrbuch f. Mineralogie etc. Festband. Taf. XVII. G. Steinmann: Ueber Gesteinsverknetungen. en re a tu — u H { u: 11 I l h A t 4 u% 4 — — mm - — wer — - — —— — nn — nr — — u u N Jahrbuch £-Mineralo Tr] AUShasta EL = as / NN araqua/ F/ Arkanıa 7 -Tarma Land und Meer zur permischen Zeit, entworfen von E.Koken unter Zugrundlegung von A.Bludau’s Erdumrisskarte in flächentreuer Projeclion. (Verlag von C.Chun, Berlin.) Pichis | _ en } SDimor N, +7 Neu Cnledonian k ; Gerstenlauer # Reinscher, Stollgart Yr E22 „ErT BAD; LI LT 3 9088 01369