Ds ee Pe HEN EN 2 srwwrrk DEE EEE WE VTT or N een rn a N ran BE aksrge Fer ea 0eRt 2 De ee N A nrtee deeenn rt nd ee] ann jet ne ee Fi - Ti i EUR TE a eure un ade bern nn en DerZE mn Vie . Zapn oh . . sahe won win: e \ L er - - hehe tee - r H 2 ee un zer % en. ur ne ® - ; en. ee . are hehejere ne r n ned de fi a = EEE ende En en BT aertogper ee u ern hal ee b are * I = Ri a Zara enemtsernehreiter lang - he “ > vo. " $ ae Bet m ehren ge Pet Tu 1 Dee te ren hi ee Releumd Nu Fibrary of the Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. Dounded by private subscription, in 1861. Deposited by ALEX. AGASSIZ. No. Sec. 23- n ie [2 = . E “ 4 rr er ni € Er Fr . Be . > > EN ui = = BE £ E u a > 2 er h 3 2 u er Mr ru RR In = De > 2 | 5 Fe Do N _ n > Bu l 2 Da Es \ re — > a we a ! h eo, Er & De in - = £ > ER Ki D IKENF “4 12 ft ’ MR IE Ne 6 NIEDERLÄNDISCHES ARCHIV FÜR ZOOLOGIE. ww. Pi „ar rn“ NIEDERLANDISCHES ARCHIV FÜR ZOOLOGIE HERAUSGEGEBEN EMIL SELENKA, PROFESSOR UND DIRECTOR DES ZOOTOMISCHEN LABORATORIUMS ZU LEIDEN. * BANDL MIT 22 TAFELN. —mIsSscH-— HAARLEM, LEIPZIG, A. C. KRUSEMAN. 0. €. WINTER. “ 1871—1873. Gedrukt bij an Auer van der va, . Harlem. INHALT DES ERSTEN BANDES. ERSTES HEFT. DECEMBER 1871. Entwickelung von Tergipes claviger. Tafel I—II. Von Emıs SeLenka. Seite 1 Zur Anatomie der Echinen und Spatangen. Tafel III—X. Von ER LIOREWÄNN. cu ee re Ss Ueber Thieraehnlichkeiten der Menschen. Von WırLLıam MARSHALL. ZWEITES HEFT. JULI 1872. Ueber die knoechernen Schaedelhoecker der Voegel. Tafel XI—XI. NRW ITBAMEMAERHATL. ee ee Ueber die Stäbchen in der Retina des Nautilus. Tafel XII. Von DREHRSEIONEMANNGE 2a 2 ae a Arena ern Bene Ueber das Blutgefässsystem der Echiniden. Tafel XIV. Von BER LIOFSERLANDDN vun ehe kein, Sa rare ehe an ‚here ae en Ueber die Pars ciliarıs retinae und das Corpus epitheliale lentis des Cephalopodenauges. Tafel XV. Von Ü. K. Horrmann. Beobachtungen über den Vogelschwanz. Tafel XVI. Von Wırrıam ERIR BAERA Be Sehe a a Be a liefen et Die Anlage der Keimblätter bei Purpura lapillus. Tafel xVIr. VonGEmmSELENEAIE m a a en DRITTES HEFT. JUNI 1875 Studien über die Verknöcherung und die Knochen des Schädels der Teleostei. Tafel XVIII-XXI. Von A. J. Vrouik ... I. Synonymie der Schädelknochen bei den Teleostei (mit EINBEL EBENE BR ee lee II. Ueber die Verknöcherung des Teleostierschädels. . . . III. Die Knochen des Teleostierschädels (mit einer Tabelle.) IV. Die Verknöcherung des Schläfenbeins der Säugethiere. Birklarımasder Tafeln) ana se se ea ne DB] DD ar o OD DD D 2 2) 0 D [au er are? je Ha NIEDERLÄNDISCHES ARCHIV FÜR ZOOLOGIE NIEDERLANDISCHES ARCHIV FÜR ZOOLOGIR HERAUSGEGEBEN EMIL SELENKA, PROFESSOR UND DIRECTOR DES ZOOTOMISCHEN LABORATORIUMS ZU LEIDEN. BANDTI. ERSTES HEFT. DECEMBER 1871. HAARLEM, LEIPZIG, A. C. KRUSEMAN. CE WINTER. 1a. Haar n lem N 3 Geärukt bij Gebr. van Asperen van der Velde, te ENTWICKELUNG VON TERGIPES CLAVIGER. VON EMIL SELENKA. ERSTER AUFSATZ. DER EMBRYO. Im April dieses Jahres brachte ich einige Wochen zu im See- _ Badeorte Zandvoort, unweit Haarlem. Da das Wetter kalt und rauh wurde und der Wind ungünstig blies, mussten die anfangs beabsichtigten Untersuchungen über Gephyreen aufgegeben werden und mit dem fürlieb genommen, was eben der Zufall gegen die Dünen warf. Ich fand wiederholt lebende Sertularien mit daran klebenden Eiern, Larven und geschlechtsreifen Thieren von Tergipes elaviger Menke. Wenn nun auch nach den Untersuchungen von v. Nordmann ', M. S. Schultze ? und Keferstein & Ehlers ® hier nicht viel Neues zu erwarten war, so machte ich mich doch faute de mieux an die Ent- wickelung dieses Thieres, und halte es der Mühe werth, meine Beobachtungen in gedrängter Form dem Drucke zu übergeben. Die gallertigen Eisäcke sind rundlich oder nierenförmig, glas- hell, und enthalten 3—40 Eier mit kugligem opaken Dotter. (Fig. ! M&m. pres. a l’Acad. St. Petersbourg 1845, IV, pag. 495—602, 5 pl. ® Wiegm. Archiv 1849, XV, 1, pag. 268—279, Tab. 5. 3 Zool. Beiträge. 1861. 4”. pag. 96—100, Taf. 15. 2 20 und 28). Häufig, bei grossen Eiersäcken regelmässig, liegen dazwischen eingestreut eine Anzahl leerer Eihäute. Der anfangs diekzähe Eisack scheidet sich innerhalb dreier Wochen in eine zähe Membran, die endlich auf der freien Seite unregelmässig zerreisst, und einen flüssigen Inhalt, in welchem die Embryonen kurz vor dem Freiwerden sich ungeduldig umherwerfen. Der Dotter besteht, wie es schon bei anderen Cephalophoren bekannt ist, aus einer hellen sehr fein punktirten Masse mit zahllosen ein- gestreuten Dotterkörzchken, die sich unter dem Compressorium mit der Tauchlinse als wachsweiche, unregelmässig gestaltete Körperchen erweisen (Fig. 1 und 6). Diese Dotterkörnchen fangen an sich aufzulö- sen erst nachdem das Ei abgefurcht ist (Fig. 5, 7, 8); sie ver- schwinden zuerst im Richtungsbläschen, dann im Mantel, in den Muskeln, in den Wimperzellen ete., sind aber selbst bei der freien Larve noch in fast unveränderter Grösse in denjenigen Organen zu sehen, welche während des Eilebens nicht zur vollen Ausbildung kamen, besonders in Leber und Fuss. Die totale Eifurehung geht langsam und unregelmässig vor sich, so wie v. Nordmann bei Tergipes Edwardsii (aus dem schwarzen Meere) andeutet. Ein Keimbläschen konnte beim nichtgefurehten Ei nicht nachgewiesen werden. Der Dotter zertheilt sieh in zwei, aller- meist ungleiche Kugeln (Fig. 1), und diese theilen sieh wieder in ganz auffallend unregelmässiger Weise (Fig. 2). Wenn sich unge- fähr 50 Furchungskugeln gebildet haben, ist diese Ungleichheit wie- der ziemlich ausgeglichen. Ausdrücklich muss ich hier hervorheben, dass in Bezug auf den Furchungsprocess Tergipes abweicht von Cyelostoma, Elysia und vielen anderen, wo vier ältere grössere im Viereck stehende Kugeln im Innern des Eies liegen bleiben und ausschliesslich zum Aufbau der innern Organe bestimmt sind. Vielmehr ist hier die Regellosig- keit im Furchungsprocess das Normale. Dafür sprechen folgende Gründe. Ich fand Furchungseier mit 2, 3, 5, 6, 10, 14, 17, 23, 25 ete. Kugeln, wovon die grösseren bald central, bald peripherisch lagen. Solche Eier entwickeln sich, auch in kleinen Aquarien, ganz nor- mal weiter. Vielleicht wäre dagegen einzuwenden, dass solche Eier, die vom Beginn der Furchung an in einem kleinen Schälehen mit 3 nur wenig Seewasser gehalten wurden, sich inderthat abnorm ent- wickeln. So sah ich einmal einen solchen Embryo mit schon freiem Velum an einer Partie locker verbundener grösserer Furchungsku- geln hangen, ein andermal einen sehr kleinen Embryo von ein Vier- tel der Normalgrösse inmitten von zahllosen freien , langbewimperten kugelrunden Zellen ete.. Solche Beobachtungen lehren nur, dass den Furchungskugeln erst relativ spät die verschiedenen Funetionen überwiesen werden, dass diese Differenzirung aber noch nicht beim 8-gefurchten Ei zu suchen ist. Denn eine jede Zelle, welche sich während des Furchungsprocesses zufällig isolirt, kann noch Wim- perzelle werden. Auch v. Nordmann spricht in seiner sorgfältigen Beschreibung der Entwickelung von Tergipes Edwardsii, die unserm Tergipes sehr nahe steht, von einer unregelmässigen Eitheilung. Wenn der Furchungskugeln etwa zweihundert sind, so füllen sie die Eischale prall aus, die Theilung schreitet noch weiter bis nahe dreihundert Zellen, dann aber verkleinert sich die ellipsoidische Zellenmasse wieder ein wenig zu einer Kugel. Solch ein Ei unter- scheidet sich sofort von einem frisch gelegten durch die Riehtungs- bläschen und die um ein Drittel bedeutendere Grösse. Während des Contractionsprocesses sondern sich oft oder meistens 1—10, oder auch viel mehr Furchungskugeln ab, die sich regelmässig zu freien Wimperzellen umbilden. Gewiss kann man daraus schliessen, dass äussere Bedingungen noch immer entscheidenden Einfluss ausüben können auf die Diffe- renzirung der Furchungszellen. — Zwei oder auch ein, zuweilen drei Richtungsbläschen wurden fast ausnahmslos schon ‘sehr frühe bemerkt, schon, wenn erst sechs Ku- geln gebildet waren. Die Grösse dieser Richtungsbläschen nähert sıch der der Embryonalzellen. Sie entstehen dadurch, dass die Dot- termasse eines der drei, vier oder fünf ersten Furchungskugeln, einen oder zwei kolbenförmige Fortsätze bildet, in welchen nur wenige Dotterkörnchen einfliessen und welcher sich dann abschnürt. Erst allmälig entwickelt dieses Richtungsbläschen einen Kern, in dem dann auch zwei Kernkörperchen auftreten. Zugleich erscheint dann der Kern bläschenförmig (Fig. 3). Unter vielen hundert Eiern, die, im Furchungsprocesse begriffen, unter dem Mikroskop vorbei- 1! ES 4 geführt wurden, konnte dieser Process zwei mal deutlich beobach- tet werden. Freilich ist damit die Bedeutung der Richtungsbläschen noch nicht erklärt. Bei der Zahl dreissig bis fünfzig angelangt, besitzen die Fur- chungskugeln noch keine deutliche Membranen, denn sie fliessen unter dem Compressorium schon bei geringem Druck aus der ge- sprengten Eihaut als zusammenhängende Masse heraus, in welcher die hellen Kerne zerstreut liegen. Auch bei Aufhebung des Druckes bleibt die Masse regellos liegen. Bei Eiern, vom Entwickelungssta- dium Fig. 3, sah ich dagegen, wenigstens bei den kleineren Zel- len, Membranen. Der ganze Furchungprocess mag ungefähr sieben Tage in An- spruch nehmen. Jetzt tritt scheinbar ein Ruhezustand ein. Sprengt man nun die Eihülle, so zeigen sich alle Furchungskugeln noch von derselben Beschaffenheit. Nach zwei Tagen treten die ersten kurzen Wimperhaare hervor (die erste Anlage des Velums) indem zugleich im entgegengesetzten Pole unter Vergrösserung des Eies eine helle Zone sich bemerkbar macht; letztere entsteht, indem eine einfache peripherische Zellen- lage (Fig. 4. m) sich von der inneren Zellenmasse (i) abhebt. Der Kopftheil plattet sich ein wenig ab, die Wimperhaare werden län- ger und zahlreicher und der Embryo oseillirt unter Pausen, bald rechts-, bald links herum, bald kopfüber sich drehend. Weiter wölbt sich der Fuss hervor und die Wimperkissen, und zwischen diesen stülpt sich der Mundtrichter ein (vergl. Fig. 10.). Nach einander treten nun folgende Bildungen hervor: Mantel, Otolithen, Darm mit Leber, Schale, Muskeln, Gehörkapsel. In Fig. 11 ist halb-schematisch ein vertikaler Medianschnitt von Fig. 10 gegeben. In ungezwungenster Weise kann man hier von zwei Keimblättern reden: Aus dem innern Keimblatt entstehen Darm und Leber (die dun- kelrandigen Zellen der Fig. 11,) aus dem äusseren der Mantel M (Leibeswand), das Velum (2), der Fuss, der Mundrand, die Oto- lithen. Grösstentheils bestehen die Keimblätter aus eizer Lage Zel- len; nur in der weiteren Umgebung des Mundtrichters, so wie im Museulus columellaris, liegen mehrere Zellen über- und neben einander. r 9) Aus Verschmelzung der Zellen M geht der homogene Mantel her- vor; nur einzelne dieser Zellen bleiben noch lange contraetil (Fig. 23e). Zur ÖOrientirung sei gesagt, dass zunächst der Embryo stark in die Breite wächst (Fig. 12, Richtung AB); darauf, unter Verlän- gerung des Museulus columellaris, in die Länge (Fig. 12—13, 21, Richtung CD). In Figur 14—19 sind einzelne Furchungszellen abgebildet, die nicht zum Aufbau des Embryoleibes verwendet wurden, ausserhalb desselben liegen blieben und sich zu Flimmerzellen umwandelten. Deutlich zeigen diese, meist hastig, ruckweise sich umherwerfende Zellen die Bildung der Wimperhaare aus Protoplasma. Vor dem Freiwerden des Embryos verschwinden diese, früher als Parasiten (Cosmella) gedeuteten individualisirten Gebilde: sie werden schliess- lich vom Embryo gefressen, kommen ihm also doch noch zu Gute. In Fig. 21 hat sich der noch immer wackelnd rotirende Embryo in der Richtung C D vergrössert. Der Retractormuskel m besteht schon grössentheils aus homogenen Bändern; nur hie und da lagern noch Embryonalzellen oder Dot- terkörnehen darin (vergl. Fig. 23 und 26, m). Der ganze Muskel mag aus funfzehn Embryonalzellen gebildet werden. Er beginnt seine Contraetionen erst nachdem die Schale ziemlich fertig ist (Fig. 23), und damit fällt zugleich die theilweise Loslö- sung des Mantels von der Schale zusammen. Anfangs sind seine Contraetionen wenig ergiebig; sie machen sich in einem schwachen Zucken des Velums bemerkbar; allmälig aber löst sich der Mantel, durch die Arbeit der eontraetilen Mantelzellen, zuerst am Mün- dungstheile der Schale ab, bis endlich die vordere Hälfte des gan- zen Embryos nur an der Basis des Deekels noch mit der Schale, die eine hornige Cutieularbildung des Mantels ist, zusammen hängt. Wird nun durch den Museulus eolumellaris Segel und Fuss in die Schale gezogen, so schliesst sich auch von selbst der Deckel; lässt die Contraetion nach, so hebt der auffedernde Deckel Segel und Fuss wieder heraus (vergl. Fig. 23 und 26). Die Loslösung des Mantels von der Schale wird besorgt ‘durch drei bis acht verzweigte Zellen (E in Fig. 13, 23, 25, 26.) Die Contraetionen geschehen alle paar Minuten, oft jedoch mit längeren Pausen; dabei sind die einzelnen Zellen von einander unabhängig. 6 Die Zusammenziehung geht langsam, innerhalb vier Secunden, vor sich, indem die Zellausläufer um ein Drittel kürzer werden; lang- samer noch streckt die Zelle sich wieder aus. Communiecationen der Aeste von verschiedenen Zellen sind nur zufällig. Zuweilen geschieht es, dass der Mantel trotz der Zerrungen der verzweigten Zellen und des Columellarmuskels an einem Punkt noch lange an der Schale haften bleibt (Fig. 25 r); das geschieht zumal da, wo ein oder zwei Mantelzellen zufällig mit den Eingeweiden in direeter Verbindung bleiben (Fig. 23 u). Schon beim Embryo in Figur 13 abgebildet, lag der Oiolith in einer Kapsel, auf deren Innenseite- äusserst zarte Wimpern in zwei Reihen stehen. Der Otolith, der unter dem Compressorium in drei congruente Stücke springt, ist in steter zitternder Bewegung. Erst im Embryo Figur 23 hat die Gehörkapsel ihre volle Grösse erreicht; in derselben Ausbildung besitzt sie noch das geschlechtsreife Thier. Das Wimpersegel besteht aus ceylindrischen, je älter, je schlan- ker werdenden Zellen, mit grossem ovalen Nucleus (Fig. 24). Funfzig bis sechzig solcher Zellen setzen das Velum zusammen. Unter- und ausserhalb dieses Cilienkranzes liegt, parallel damit, ein schwacher Wulst, der sehr feine schwache Wimperhärchen trägt. Ein sehr feiner Wimperüberzug findet sich auch auf dem ganzen Fusse und der Stirnplatte (der Raum zwischen Velum und Fuss. Fig. 22). Auch Aftergrübehen a und Mundwulst o sind mit solchen Wimpern besetzt und umstellt. Die Darmwand besteht aus eizer Lage” Zellen. Sobald im Innern ein Lumen zu erkennen ist, zeigen sich auch schon kurze, ausser- ordentlich lebhaft schlagende Wimpern, und kleine Körnchen wer- den vom Oesophagus in den Magen, auch in die Leber die erst später eine Höhlung bekommt, und von da wieder in den Magen und Darm getrieben. Die Leber besteht aus ungefähr fünfundzwan- zig dunkeln, kernhaltigen Zellen. Der Embryo von Figur 25 kann sich schon vollständig in die Schale zurückziehen. Bei diesem Thierchen war zufällig der Mantel durch Wasserentziehung ein wenig geschrumpft. Als freien Embryo oder Larve fand ich häufig Thiere, wie sie in Figur 26 abgebildet sind. Als kleine weisse Pünktehen sieht man sie im Wasser oder, wenn sich eine Luftblase aussen auf die Schale 7 angelegt hat, an der Oberfläche des Wassers umherkreisen. Wenn schon früher, so zeigen sich die Thierchen besonders jetzt ausser- ordentlich schreckhatt. Beim Klopfen an das Mikroskop, ja schon beim Berühren der Mikrometerschraube erfolgt ein heftiges Zurückziehen der Segellap- pen in die Schale, indem zugleich der Deckel die Oeffnung derselben halwege verschliesst. Die Wimpern ruhn. Nach mehreren Seceunden _ quillt das Segel langsam wieder hervor, die Kräuselung des, aus ungefähr funfzehn glatten homogenen Fasern bestehenden Muskels verschwindet, und die langen Wimperhaare beginnen wieder ihre ausgiebigen Bewegungen, bald vergleichbar mit dem Wimperapparat der Räderthiere, bald unregelmässig nach oben und unten schla- send, bald im Ganzen, bald nur parthienweise arbeitend. Bei dem Embryo in Figur 26 abgebildet, ist die Schwimmbewegung noch gehemmt: die Eihaut ist zwar gerissen, schlottert aber noch um das Thier herum. Sobald es dem Thiere gelungen ist dieselbe ab- zuschleudern, durchschiesst es in Kreisen oder Spiralen das Was- ser, bis sich auf einen Theil der Schale eine dünne Luftschicht lagert, die unter dem Compressorium oder bei starker Erschütterung zu einem kugligen Bläschen zusammenschnellt. Während dieser Vorgänge hat sich der freie Schalenrand noch etwas vergrössert und gewölbt, so dass der Schaleneingang noch kleiner wird (Fig. 27). Nie aber habe ich einen genau schliessenden Deckel gesehen. Die Weiterentwiekelung der Larve wird später in einem zweiten Aufsatze besprochen werden. Im Anschluss an die Untersuchungen v. Nordmann’s habe ich ge- glaubt mich in der Beschreibung des Eilebens hier sehr kurz fassen zu können, da die Entwickelung unsrer Species gut übereinstimmt mit der der v. Nordmann’schen Art. Da mein Aufenthalt in Zandvoort nur von kurzer Dauer sein konnte, so habe ich leider auf genauere Zeitangaben über die Ent- wickelung verzichten müssen. Weilburg an der Lahn, 3 Juli 1871. Pp- ” » Erklärung von Tafel I-U. Gemeinsame Bezeichnung. After. Mundtrichter oder Mund. Die zwei Borstenbüschel am Fusse, die sich auf den Deckel d legen. Contraetile verästelte Mantelzellen. Gehörblase mit Otolith. Leber. Darm. Abdrücke auf der Innenseite der Schale oder auf dem Man- tel, durch die Dotterkörnchen bewirkt. Musculus columellaris. Magen. Organ unbekannter Bedeutung. Eihaut. Schale. Deckel. Zufällige, aus 1 oder 2 Zellen gebildete Muskeln, welche entstehen, wenn Leber und Darm sieh nicht vollkommen vom Mantelblatte ablösen. Meist fehlen diese Muskeln; zuweilen sind auch zwei symmetrisch vorhanden. Die blassen Richtungsbläschen. Fig. 1-3. Die Dotterfurchung. I 4. 2. Der Embryo. Darm i und Mantel M haben sich schon von einander abgelöst, und sind nur mit Velum, und Fuss, sowie mit den Muskelzellen m und & in Verbin- dung (vergl. Fig. 11). —- : das Stirnsegel. — Die Oto- lithen sind noch nicht ausgebildet. Die Dotterkörnchen des Mantels sind stellenweise schon vollständig aufge- löst, sodass hier der Darm i durchscheint. Embryonalzellen. Fig. 5 eine Zelle des abgefurchten Eis, mit den Dotterkörnchen, die in Fig. 6 stark ver- grössert sind. In Fig. 7 und 9 sind diese Körnehen schon zum Theil aufgelöst, sodass man hier, noch deutlicher L ” ” 1 " 9 in Fig. 8, den bläschenförmigen Nucleus mit 1—2 Nu- leoli sieht. Ein Embryo von oben gesehen (um '/; zu gross lithographirt im Vergleich zu den übrigen Figuren). f, Ort, wo zufäl- lig der Mantel von der Schale sich abgelöst hat. Vertikal-medianer, optischer Querschnitt der Fig. 10. Halb- schematisch. Die dunkelrandigen Zellen sollen das innere, die hellrandigen das äussere Keimblatt anzeigen. . Embryo von der linken Seite gesehen. Stirnsegel und Fuss treten hervor aus der ebenen, beugsamen Mantelpartie M’, die wie das Fell einer Kesselpauke auf dem dünnschaligen Manteltheile M ausgespannt ist. Der Embryo vergrössert sich von jetzt ab in der Richtung CD. . Das Wachsthum in der Richtung CD hat begonnen. ‚Dis- talwärts vom Fusse finden sich zwei Hervorragungen r, von denen die linke stets etwas grösser. Jetzt oder etwas später verschwindet das Richtungsbläschen. „14-19. Die als “Cosmella” beschriebenen Embryonalzellen, die nicht zum Aufbau des Embryo verwendet wurden. Alle tragen Wimperhaare, welche heftig, einzeln oder in Grup- pen, von Zeit zu Zeit hin und her schlagen. Die meisten dieser Haare sind sehr dünn, einzelne aber so dick, dass sie sich als kolbige‘ Ausbreitungen der Zelle vorthun; letztere sind einigermassen verkürzbar und schwingen sehr langsam. Ein Eiersäckchen (vergl. Fig. 28, a). Das Wachsthum in der Richtung CD ist weiter vorge- schritten. Der Columellarmuskel zieht sich aus: einzelne seiner Zellen sind schon in homogene schmale Muskel- säulschen übergegangen; von anderen liegen die Dot- terkörncehen noch zerstreut dazwischen, hie und da sind noch die Embryonalzellen mit Nucleus erhalten geblie- ben. Auch die Mantelzellen sind , mit Ausnahme der contrae- tilen Zellen, grossentheils in den homogenen Mantel über- geführt. . Ein weiter entwickelter Embryo, in der Verkürzung ge- , bo} sehen. Schale S und Deckel © sind grossentheils schon ge- 10 bildet. Der After a ist angedeutet durch eine, auf einem Hügel stehenden Grube. Fig. 23. Der Embryo (vom Rücken gesehen) beginnt von der Schale sich loszulösen durch die Arbeit des Rückziehmuskels und der contractilen Mantelzellen e. Bei r hat die Ablösung begonnen. „ 24. Cylinderzellen des Segels von solch einem Embryo, wie sie unter dem Compressorium oder beim langsamen Ab- sterben des Thieres oder nach Behandlung mit Essigsäure sich zeigen. Hie und da noch ein Dotterkörnchen. „ 25. In Folge der Verdunstung hat sich der Mantel schon ganz von der Schale gelöst bis auf den Ort, wo der Columel- larmuskel haftet, zufällig dem Punkte r, und der Fuss- basis. Magen und Leber lassen ein Lumen erkennen, mit Wimperung. Die Mundöffnung existirt schon, vielleicht auch schon die Afteröffnung. . Reifer freischwimmender Embryo, von der rechten Seite gesehen. Das Thier hat sich fast vollständig in die Schale I) er) zurückgezogen, wodurch der Mantel prall gespannt erscheint. Die Bewegungen sind polternd, da die zerrissene Eihaut das Schwimmen noch erschwert. „ 27. Die nautilusähnliche Schale von der Bauchseite gesehen Der Dekkel klafft. „ 28. Ein Stoek mit Eiersäcken a, Kiemenlosen Larven b und ce, und zwei geschlechtsreifen Thieren d und e. x. Natürliche Grösse eines geschlechtsreifen Thieres. ZUR ANATOMIE DER ECHINEN UND SPATANGEN vVoN C. K. HOFFMANN Dr. Med. et Phil., Proseetor aı der Universität Leiden. Die Anatomie der Echinodermen ist im Allgemeinen ziemlich ver- nachlässigt. Während wir über die Entwickelungsgeschichte durch die schönen Arbeiten von JoH. MüLLER, Acassız und KOwALEVSKY schon manches Treffende erfahren haben, sind wir was die anato- mischen Thatsachen betrifft, über Vieles noch im Unklaren. Wenn wir von den grossen Abhandlungen TIEDEMANNS, Jom. Mür- LER’S und VALENTIN’s absehen, dann sind die Echinodermen wirk- lieh sehr stiefmütterlich behandelt. Am reichsten ist die Litteratur der Holothurien, besonders durch die Abhandlung SEMPER’s und die Dissertation von SELENKA. Weniger zahlreich sind die Un- tersuchungen über die Echiniden, und am sparsamsten sind die Spatangen, Asteriden und Ophiuren betheilt. Anfangs hatte ich nur die Absicht das Blutgefässsystem der Echiniden zu studiren; während dieser Arbeit wurde meine Aufmerksamkeit auf so man- chen anderen Punckt gezogen, so dass allmählig alle anderen Organe in die Untersuchung mit aufgenommen sind. Die Arbeit wird in zwei Abtheilungen zerfallen: die eine wird die Anatomie der Echiniden, die andere die der Asteriden und Ophiuren enthalten. 12 Die Untersuchungen der Echiniden sind zum grössten Theil an ganz frischen Thieren ausgeführt; die der regulären Seeigel (die Gattungen, Toxopneustes, Sphaerechinus, Psammechinus, Cidaris ete.) sind während der Monate April und Mai des vorigen Jahres an der Kiste des Mittelmeers bei Nizza, Villefranche, Beaulieu und St. Var angestellt, während ich die irregulären Seeigel (Spatangus , Echi- nocardium), welche an unserer Küste ziemlich häufig sind, hier be- arbeit habe. Es liegt in der Natur der Sache, in der Art und Weise, wie man am Meeresstrande seine Arbeit zu thun gezwungen ist, beson- ders aber bei der grossen Schwierigkeit den Bau der Echinodermen zu enträthseln, dass nicht jede Frage hinreichend gelöst ist. Doch glaube ich dass es mir gerade bei der Frage über den Zusammen- hang des Blut-und Wassergefässsystemes gelungen ist, ein ziemlich günstiges Resultat zu erlangen. So übergebe ich denn die erste Abtheilung dieser Untersuchungen der Wissenschaft; ihr Zweck wird erreicht sein, wenn sie etwas zur näheren Kenntniss dieser höchst merkwürdigen Thiere beitra- gen können. Leiden, Juli 1871. DIE ÄUSSERE FESTE KALKSCHALE UND IHRE ANHÄNGE. Die äussere Oberfläche der Ecehinenkörperwand ist von einer Haut bedeckt, an welcher man ein Flimmerepithelium und eine darunter liegende Bindegewebsschicht unterscheiden kann. Ich habe das Flimmerepithelium immer an den Theilen der äusseren Haut beobachten können, wo sie die zwischen den Stachelwarzen gele- gene Körperwand deckt. An den Stacheln habe ich eine wimperende Haut nur allein an der .Basis, niemals an der Spitze der Stacheln gesehen, zuweilen aber fehlte dieselbe. Die Bindegewebshaut auf welcher das Flimmerepithelium sitzt, bildet eine nicht sehr dieke Sehiehte, besteht aus lockerm Bindegewebe und ist überaus reich am Pigment, welches gewöhnlich in Form von sehr kleinen Körn- chen, weniger als Inhalt von Pigmentzellen zwischen den Bündeln zerstreut liegt. Die Pigmentzellen zeigen zuweilen eine sehr leb- hafte Bewegung. Unmittelbar an der Körperwand werden jedoch die Bindegewebsbündel dichter und fester. Sehon EHRENBERG giebt an, dass die Körperoberfläche und die Stacheln von einer überaus zarten Wimperhaut überzogen sind. VA- LENTIN ' dagegen läugnet nicht allein das Vorkommen des Flim- merepitheliums auf den Stacheln, sondern auch auf der zwischen ! VALENTIN. L’anatomie du genre Echinus S. 23. (Agassiz, Monographie d’Echi- nodermes vivans et fossiles. Neufchatel 15385—1842 4° Livr.) 14 den Stachelwarzen gelegenen äusseren Haut. Auch Forgzs ! hat niemals an den Stacheln ein Flimmerepithelium beobachten können ; dagegen erklärt Jom. MüLner ° sich wieder bestimmt für das Vor- kommen einer zarten Wimperhaut an den Stacheln, während er 3 an einer anderen Stelle angiebt, dass er nur bei jungen Exempla- ren von Echinus pulchellus an den Stacheln eine äusserst zarte was- serhelle wimperende Haut beobachtet, dagegen bei älteren Exem- plaren von Zehinus lividus keine Flimmerbewegung an den Stacheln gesehen hat. Den Stacheln von Sekizaster canaliferus fehlt nach ihm so wohl bei jungen als bei alten Thieren — ebenfalls eine Wimperhaut. Die Ablagerung von Kalk in den die Körperwand zusammenset- zenden Täfelchen findet immer in regelmässiger Form statt, wie dieses auch schon von anderen z. B. VALENTIN * angegeben ist. Wenn man feine Schliffe mit dem Mikroskop untersucht, so be- merkt man, dass die Struetur nicht überall ganz dieselbe ist. In den mehr peripherischen Theilen findet man Kalknetze, die 0,008—0,010 Mm. breit sind und Maschen, die gewöhnlich eine rundlich ovale Form und einen Durchmesser von 0,010—0,012 Mm. haben. Die Kalknetze sind gewöhnlich mehr oder weniger gefärbt und die Maschen sind nicht hohl, sondern mit einer fein körnigen organischen Substanz angefüllt. Wenn man Schliffe von getrock- neten Schalen macht, ist von dieser fein körnigen Substanz nichts zu sehen, dagegen ist sie bei frischen oder im Weingeist aufbe- wahrten Schalen noch erhalten. An den Stellen der Stachelwarzen sind die Kalknetze viel feiner, die Maschen gewöhnlich viel kleiner und nicht oval, sondern po- Iygonal oder viereckig. In den mehr eentralen Theilen der Schale bemerkt man wieder Maschen von ovaler oder runder Form, welche. 0,018-—-0,026 Mm. gross sind, und verhältnissmässig auch wieder diekere Kalknetze, welche jedoch ganz farblos sind. In der Umge- bung der Ambulacralfüsschen sind die Maschen und Kalknetze auch wieder feiner und dünner. I Ep. ForgBes. A history of British starfishes and other animals. 1841. 2 Jom. Mütter. Ueber den Bau der Echinodernen. Abhandl. der Königl. Aca- demie der Wissensch. zu Berlin, 1353. S. 138. ° Jom. MüstEr. Ueber die Semitae der Spatangiden. Muller's Archiv 1853. S.1, 4 VALENTIN. L. c. 8. 23. 15 Macht man Querschliffe, so bemerkt man schon mit dem blossen Auge, dass die peripherischen Theile der Kalkplättchen gefärbt, die ceentralen farblos sind; die Letzteren haben eine länglich-ovale Form, während die Maschen der peripherischen Theile auch auf Querschliffen mehr rundlich sind. Wenn man die Kalkplättchen mit Salzsäure behandelt, lösst sich unter Gasentwiekelung der kohlen- säure Kalk auf und es bleibt eine organische Substanz zurück (Bin- degewebe) welche ebenfalls noch eine netzartige Beschaffenheit zeigt, und aus feinen Fibrillen mit dazwischen zerstreut gelegenen Zellen und Kernen besteht. Die Schale aller Seeigelarten ist an allen Theilen nach demselben System gebaut. Schliffe aus der Schale von Toxopneustes, Psammechinus, Sphaerechinus, Cidaris ete. zeigen mit kleınen Abwechselungen in der Bildung der Maschen und Kalknetze dieselbe Beschaffenheit. Nur an einem Theile der Schale bemerkt man eine etwas andre Structur, nämlich an der Madreporenplatte. Bringt man einen feinen Schliff der Madreporenplatte unter das Mikroskop, so bemerkt man wohl wieder die netzartige Struetur; zwischen den Kalknetzen sieht man jedoch 0,050—0,060 Hm. grosse , länglich ovale Maschen (Taf. III. Fig. 1). Die Maschen sind auch hier wieder nicht hohl, sondern mit einer körnigen Substanz an- gefüllt, welehe an den Rändern mehr oder weniger gefärbt ist. So wohl an transversalen wie an horizontalen Schliffen ist die Struetur der Madreporenplatte dieselbe. Innerlich ist die Schale von einer äusserst zarten bindegewebigen Haut mit sparsam zerstreuten Pigmentkörnchen und einem darauf sitzenden Flimmerepithelium bekleidet. Das Wimperepithelium setzt sich auf alle innere Organe fort, und bildet gewöhnlich ein sehr fei- nes Cylinderepithelium; theilweise scheint es aber, dass die Wim- perhaare direet der Bindegewebshaut aufsitzen. Süsswasser hebt die Flimmerbewegung fast augenblicklich auf, wie dieses auch schon von LEyDiG ' angegeben ist. Die äussere Oberfläche aller Täfelehen der ambulacralen, wie der interambulacralen Felder der Schale tragen gewöhnlich Stachelwar- zen. Sie kommen in verschiedener Zahl und Grösse vor. Die Grös- sten findet man bei den Cidariden, wo sie jedoch auch mit klei- neren, welche viel zahlreicher sind, abwechselen. ı Leyprs. Archiv f. Anat. und Phys. 1854 S. 309. 16 Wie die Grösse der Stachelwarzen, so wechselt auch die Grösse der Stacheln bedeutend ab. Die grössten findet man bei den Cidariden, wo sie eine Länge von 24”—36” erreichen können und mit den grossen Warzen arti- euliren. An diesen grossen Stacheln von Cidaris unterscheidet man: die basale concave Gelenkpfanne (partie condyloidienne Val.), mit welcher der Stachel auf der Warze der Schale artieulirt; den Knopf, welcher unmittelbar daran grenzt und noch einen vorspringenden Ring (den Hals. Collerette Val.) unterscheiden lässt, der eine kleine, glatte, dünne Strecke bildet, und endlich den eigentlichen Stamm (piquant proprement dite ou baguette Val.) Die äussere Oberfläche des eigentlichen Stammes is nicht glatt, sondern zeigt sehr kleine Höckerchen, welche regelmässig auf Längs- reihen geordnet sind, und so dem Stamm ein longitudinal gestreiftes Ansehen geben. Gewöhnlich kommen 12—18 soleher erhabener Längs- streifen vor. Auf einem Querschnitt ist der Stamm also nicht kreis- rund, sondern zierlich ausgesackt. Der centrale Theil ist grünlich gefärbt (durch eingestreutes Pigment), der peripherische Theil da- gegen weisslich. Die äussere Oberfläche der kleinen Stacheln ist gewöhnlich mehr glatt. Die Stacheln der Ze4inen stimmen im allgemeinen mit den der Oidariden überein, unterscheiden sich jedoch von diesen dadurch, dass sie um vieles kleiner sind und meistens nicht länger als höch- stens 2” werden. Ausserdem ist ihre äussere Oberfläche entweder ganz glatt oder sehr fein längsgestreift. An Querschliffen bemerkt man, dass auch die Stacheln von Crdaris ganz nach demselben Sy- steme wie die Schale gebaut sind und aus regelmässigen Kalknet- zen bestehen. Die Stacheln sind mit den Stachelwarzen durch sehr vollständige Artieulationen verbunden. Bei den Cidariden kommt ausserdem noch ein verstärkendes Ligament dazu. Dieses Ligament, das aus fibril- lären Bindegewebsbündeln besteht, entspringt aus dem Grübchen des halbkugeligen Warzengelenkkopfes und inserirt sich in dem Grüb- chen, welches sich an der unteren Fläche der Stachelgelenkpfanne befindet. Durch dieses Band wird die Artieulation noch vollkomme- ner. Den Hekinen geht dieses Band ab. Am Gelenke der grossen Stacheln unterscheidet man weiter von 17 aussen nach innen: 1. die Pigmenthaut; 2. die in einem Kranz an- geordneten Muskelfaserschicht; 3. die Gelenkkapsel. Die Pigment- haut ist eine Fortsetzung der die äussere Oberfläche der Schale überkleidenden Haut und wie diese aus einem Flimmerepithelium und einer darunter liegenden an Pigment sehr reichen Bindegewebs- schicht zusammengesetzt. Die Muskelfasern, welche, wie schon erwähnt, in einem Kranz angeordnet sind, entspringen aus dem Höfchen und von den Seitenflächen des abgestützten Kegels, auf welchem der Gelenkkopf ruhet, und inseriren sich an den hervorspringenden Ring des Stachelknopfes. Die Muskelfasern sind 0,006—0,007 Mm. breit und von einem Sar- kolemm umgeben. Das Sarkolemm tritt dann besonders deutlich her- vor, wenn man Bilder vor sich hat, wo die contractile Substanz sich etwas von dem Sarkolemm abgehoben hat. Dieht unter dem Sarkolemm zwischen diesem und der eontraetilen Substanz bemerkt man zuweilen deutlich einen Kern von elliptischer Gestalt. Die contractile Substanz ist nieht gestreift sondern homogen. Wohl bemerkt man bei Anwendung des Immersionssystemes (Hartnack °/s) einige wellenförmig verlaufende Linien, doch diese scheinen nur von feinen Fältehen abzuhangen, da man sie nicht constant beobachtet und auch die Linien einen sehr wechselnden Verlauf haben. Nach Behandlung mit Bi-chrom. Pot. begegnet man zuweilen verästelten und gabelig getheilten Formen, an deren Seiten mit dreieckiger Basis ' sie auch abgebildet hat. Ob diese äusserst feine Fäserchen Nervenfasern oder vielleicht nur Kunstproduete sind, darf ich nieht bestimmt entscheiden. Durch die ringförmige Anordnung der Muskelfasern können die Stacheln in alle Richtungen auf den Gelenkwarzen bewegt werden. Innerlich wird die Muskelschieht von der Gelenkkapsel ausgekleidet, welche ebenfalls von den Seitenflächen des Kegels der Gelenkwarze ent- springt und sich unterhalb des Stachelringes inserirt. Diese Ge- lenkkapsel besteht aus dichten Netzen fibrillären Bindegewebes mit eingestreuten hakenförmigen Kalkkörperchen. Nach Varenxtin ’ bil- feine Fäserchen aufsitzen wie SCHWALBE ı G. SCHWALBE. Ueber den feineren Bau der Muskelfasern wirbelloser Thiere. SCHULTZE'S Archiv f. mierose. Anat. Bd. V. p. 205. 1869. 2 VALENTIN. L. c. S, 36. 18 det sie eine doppelt faserige Ligamenthaut. Ob sie innerlich noch mit einem Epithelium bekleidet ist, kann ich nicht angeben. Im frischen Zustand habe ich die Untersuchung der Kapselmembran versäumt, bei im Spiritus aufbewahrten Thieren war davon keine Spur zu entdecken. Oidariden und Kehiniden stimmen in Bau dieser Gelenke in der Hauptsache mit einander überein. Bei den irregulären Seeigeln liegt die Afteröffnung nicht mehr im Scheitelschilde, sondern hat sich nach dem Hinterrande gerückt, während die Mundöffnung mehr dem Vorderrande genähert ist. Bei den Spatangen (Spatangus purpureus) finden wir im Apicalpol, ge- wöhnlieh nicht ganz in der Mitte, sondern etwas mehr nach hinten, die viereckige Madreporenplatte (Taf. II Fig. 3).4 | Vor der Madreporenplatte liegen die vier Genitaltäfelchen. Wäh- rend also bei den regulären Zekiniden ein der fünf Genitaltäfelehen sogleich die Bedeutung als Madreporenplatte zukommt, sehen wir, dass bei den Spatangen nur vier Genitaltäfelehen vorhanden sind; das fünfte hat sich zur Madreporenplatte umgebildet und seine Be- deutung als Genitaltäfelehen verloren. An die Genitalplatten und an den vorderen Theil der Madreporenplatte reihen sich die fünf kleine- ren Intergenital-s. Ocelartäfelcehen an. Von den zehn doppelten Platten- paaren sind fünf durehbohrt und bilden die Ambulacralfelder,, während die anderen fünf doppelten und mit diesen alternirenden nicht durch- bohrt sind und die Interambulaeralfelder bilden. Die Ambulacraltel- der bilden unregelmässige vier- oder fünfeekige Plättchen, welche jedoch um vieles kleiner wie die Interambulaeralfelder sind. Von den fünf Ambulacralfeldern haben vier ungefähr denselben Bau, nur das vordere fünfte weicht von den anderen bedeutend ab. Die Am- bulacralplatten fangen am Seheitenschilde als sehr kleine Plättchen an. Jedes Plättchen ist von einem Porenpaar durchsetzt; die des vorderen Ambulaerum zeigen dagegen nieht zwei, sondern nur eine Öffnung. Aber nur an der Rückenfläche des Thieres finden wir in jedem Ambulacralplättehen ein Porenpaar, an den Seitenflächen, wo die Rückenfläche in die Bauchfläche übergeht, werden die Plättchen nur von einer Öffnung durchsetzt. So bald jedoch die zwei Öffnungen 19 in eine übergehen, nehmen die Plättehen bedeutend in Grösse zu. In der nächsten Umgebung der Mundöffnung werden die Plättehen wieder kleiner, die Ambulacralporen weichen sehr weit aus ei- nander, so dass die der verschiedenen Ambulacra fast einander begegnen und eine zierliche Figur um die Mundlücke bilden (Taf. MT Fig. 5). Die vier Ambulacralfelder der Rückenfläche derer Plättehen je von einem Porenpaar durchbohrt sind, bilden die Ambulacra peta- loidea. Die Interambulacralfelder fangen eben wie die Ambulacral- felder am Apicalpol als kleine Plättchen an, nehmen jedoch alsbald an Grösse zu und bilden unregelmässige Platten, welche die der Ambulacralfelder an Umfang bedeutend übertreffen. An den Seiten- flächen des Thieres sind sie am grössten. Im hinteren Interambula_ cralfeld, an der Übergangstelle der oberen Fläche in die untere liegt die Afteröffnung. Die äussere Oberfläche der Schale wird von einer sehr zarten bindegewebigen Haut, in welcher zahlreiche grosse , fein granulirte, runde Zellen mit Kernen, Pigmentkörnchen und Pig- mentzellen von verschiedener Farbe abgelagert sind, überzogen. Äusserlich wird diese Haut von einer lange Wimperhaare tragen- den Zellenschicht bekleidet. Die Wimperhaare sind fast 5—6 Mal so lang als der Durchmesser der Zellen, auf welchen sie sitzen (Tafel III Fig. 8). Was die histologische Struetur der Schale angeht (Taf. III Fig. 2), so stimmt diese vollkommen mit der der Zehinen überein, so dass was wir von dieser gesagt haben, auch für die Spatangen gilt. Auch der Bau der Madreporenplatte der Spatangen stimmt mit der der Echinen genau überein. Eben wie bei den Zekinen wird auch bei diesen Thieren die Schale innerlich von einer zarten Haut be- kleidet. Diese Haut besteht aus sehr feinem fibrillären Bindegewebe mit einzelnen zerstreut gelegenen 0,008— 0,009 Mm. grossen , runden, kernhaltigen, fein granulirten, und etwas grösseren pigmentirten Zellen. Auf der freien Fläche trägt diese Haut lange Wimperhaare, welehe nicht auf Zellen, sondern dem Bindegewebe direkt aufsit- zen, und sich auf alle innere Organe fortsetzen. Auf der äusseren Oberfläche der Schale kommen Stachelwarzen in sehr grosser Zahl vor; nur an zwei Regionen sind sie entweder sehr spärlich vertreten oder fehlen gänzlich. Sie fehlen der soge- DE; ui 20 nannten Semita subanalis, wie schon Jom. MürLner erwähnt. Es sind dies die bekanntlich van PhıLıprı als Semitae von Acassız als Fascioles genannten Saumlinien, welche sich durch eine äusserst lebhafte Wimperbewegung auszeichnen. Wir werden später auf die- selben zurück kommen. Spärlich vertreten sind die Warzen auf den sogenannten Sterna, den zwei hinteren Ambulacralfeldern an der Bauchfläche, welche jederseits von dem hinteren Ambulacralfeld gebildet werden und sich ungefähr von der Mundhaut bis zur Se- mita subanalis erstrecken. Der mikroskopische Bau der Stachelwarzen stimmt mit dem der Zesi- nen fast vollkommen überein. Auf den Stachelwarzen stehen die Stacheln. Wie die Grösse der Stachelwarzen so wechselt auch hier wie bei den Cidariden die der Stacheln. Die grössten welche auf den gros- sen Stachelwarzen articuliren, können eine Länge von 18—24 Mm. erreichen; die welche auf den kleinen vorkommen, können bis zur mikroskopischen Kleinheit herabsteigen. Wie bei den Zehiniden so sind auch bei den Spatangen die Stacheln mit den Stachelwarzen durch sehr vollkommene Articulationen verbunden. Am Gelenke der grossen Stacheln unterscheidet man: 1 eine äussere Bindege- webshaut, 2 eine in einem Kranz angeordnete Muskelfaserschicht, 3 eine innere Bindegewebsschicht, 4 ein inneres Ligament. Die äus- sere Bindegewebsschicht ist eine Forsetzung der die äussere Scha- lenoberfläche bekleidende Haut, welche sich auch noch zum Theil auf die unteren Partie des Stachels fortetszt. Die Muskelfaserschicht ist ziemlich stark entwickelt und besteht aus 0,006 —0,008 Hm. brei- ten Fasern, welche von einem Sarkolemm umgeben sind. Dicht unter dem Sarkolemm, zwischen diesem und der eontractilen Substanz , bemerkt man gewöhlich einen 0,002 Mm. breiten, 0,003 Min. langen Kern, welehe einige äusserst kleine Körnchen in Innern trägt. Die contractile Substanz ist vollkommen homogen. Wohl bemerkt man zuweilen in ihr sehr feine wellenförmig verlaufende Linien, doch diese scheinen auch hier nur der Ausdruck feiner Fältchen zu sein, da ihr Verlauf sehr abwechselend ist und sie zuweilen vollkommen fehlen (Taf. III. Fig. 9). Die innere Bindegewebsschieht besteht aus sehr zartem fibrillären Bindegewebe. Das innere Ligament, welches eben wie bei den Cidariden aus dem Grübehen des halb- kugeligen Warzengelenkkopfes entspringt und sich in dem Grüb- 21 chen, welches sich an der unteren Fläche der Stachelgelenkpfanne befindet, befestigt, besteht auch hier aus festem fibrillären Bindege- webe. Durch diese vollkommene Artieulation können sich die Sta- cheln also nach allen Richtungen auf den Gelenkwarzen bewegen. Wie schon bemerkt ist, fehlen an der Semita subanalis die Sta- chelwarzen vollkommen. Bei Spalangus purpureus bildet sie eine länglich-ovale, bei Zehinocardium cordatum eine kreisförmige Linie unter der Afteroeffnung (Taf. III. Fig. 10). Auf dieser Region be- gegnet man einer ausserordentlich grosser Zahl kleiner geknöpfter Borsten, welehe JOH. Mütter ! schon beschrieben hat. Diese Borsten bestehen aus einem Kalkstab von ungefähr 0,025—0,030 Min. Breite und 1—1,5 Mm. Länge. Der Kalkstab ist ringsherum mit einer 0,018 — 0,024 Mm. dieken Schicht 0,003 —0,004 Mm. grosser fein granulirter Zellen bekleidet. Die an der Peripherie gelegenen Zellen tragen sehr lange Wimperhaare (Taf. III. Fig. 11). Der Kalkstab breitet sich nach oben in einen Bausch von Kalk- leisten aus, und ist ebenfalls von dieser Zellenschieht bedeckt. JoH. MüLter giebt an, dass die Wimperzellen sich nicht über den bauschförmig ausgebreiteten Knopf erstreeken, sondern an der Basis des Knopfes aufhören. Hierin muss ich aber von demselben abwei- chen, denn ich habe mehrmals gesehen, dass auch die Wimperhaare über den Endknopf sich ausbreiten. Die Zellenschieht am Endknopf lösst sich aber sehr leicht los, und so kann vielleicht dadurch Jon. Mürter veranlasst worden sein den Endknopf als wimperlos zu beschreiben. Welche Bedeutung man diesen höchst merkwürdigen Gebilden zu- schreiben muss, ist mir eben wie Jon. Mütter vollkommen unbe- kannt geblieben. Die wechselnde Stelle, welche sie bei verschiede- nen anderen Gattungen der Spatangoiden einnehmen können, lässt auch selbst keine Hypothese zu. Vielleicht sind sie nur als umge- wandelte Stacheln zu betrachten. ‘ Jor. MürtLEeR. Ueber die Semitae der Spatangoiden. Dessen Archiv. Jahrg. 1853. S. 1. 22 MUND- UND AFTERLUCKE, INNERER STUTZAPPARAT. Die Mundlücke der regulären Seeigel befindet sich an der Unter- seite der Schale und ist entweder Kreisrund oder mehr oder weniger regelmässig fünfeckig, und von ziemlich ansehnlichem Umfang. Sie wird von der s. g. Mundhaut als Fortsetsung der allgemeinen Kör- perbedeekung bis in die gewölbte Mitte überspanut, wo aus einer kleinen Oeffnung dieser Haut, der eigentlichen Mundöffnung, die Zahnspitzen des Gebisses hervorragen. Wenn man die Mundhaut an der unteren Fläche verfolgt, bemerkt man: 1. die Mund- oder Hautkiemen; 2. die Gegend der Mundpedizellarien, 3. die Mund- füsschen, und endlich; 4. die eigentliche Mundöffnung. An der Mundhaut kann man die folgenden Schichten von aussen nach innen unterscheiden: 1. ein äusseres Flimmerepithelium ; 2. eine äussere Pigmentschicht; 3. eine Bindegewebsschicht; 4. eine zarte an Pigmentkörnchen reiche Haut (innere Pigmentschicht); 5. ein inneres Flimmerepithelium. Das äussere Flimmerepithelium ist eine Fortsetzung des Flim- merepitheliums der äusseren Körperoberfläche. Die äussere Pigment- haut ist eine an Zellen und Kernen mässig, an Pigmentkörnehen und Pigmentzellen sehr reiche zarte Bindegewebshaut. Die eigent- liche Bindegewebsschieht besteht aus äusserst dichten, wellenförmig verlaufenden Bindegewebsbündeln, welche netzartig mit eingestreu- ten Kalkkörperehen unter einander verflochten sind. An der Stelle, wo die Mundfüsschen vorkommen, bemerkt man regelmässige Kalk- netze; in den übrigen Partien der Mundhaut liegen die Kalkstäb- chen unregelmässig zerstreut. Die innere Pigmentschicht verhält sich nahezu wie die äussere, nur ist sie reicher an Zellen, Kernen und feinen Bindegewebsfibrillen und ärmer an Pigment. Die innere Flim- merhaut endlich ist eine Forsetzung der die innere Schale beklei- denden Haut. Ueber die innere (obere) Fläche der Mundhaut ver- laufen die Nerven- und Wasser-Gefässstämme, wie wir später sehen werden. Muskelfasern kommen in der Mundhaut nicht vor, ebenso Vauentin'. Nach Leyvıg ? fehlt auch der Mundhaut eine ' VArenmın. L. e. S. 47. 2 Leyovı@a. Müllers Archiv 1854. S. 309. 23 Cutieula. Er beschreibt wohl eine Grenzschicht welehe 0,02’ dick ist, jedoch nach Behandlung mit Acid. aceticum nur aus Zellen bestehen soll. Vielleicht ist diese Grenzschieht analog mit der von mir als äussere Pigmentschicht bezeichneten Haut. Die Pigmentzellen am Munde zeichnen sich besonders aus durch die sehr deutlichen und stark ausgeprägten Bewegungen, welche man zuweilen an ihnen beobachtet. Obgleich die Pigmentzellen im allgemeinen mehr oder weniger amöboide Bewegungen machen, so sind die der Mundhaut doch besonders für das Studium dieser Be- wegungen zu empfehlen. An der Mundhaut unterscheidet man zuerst die Mundkiemen (Branchies exterieures Val.). Es sind 10 kleine baumförmig ver- zweigte, büschelförmige Organe, derer hohle Stämme mit ihrer Bases frei in die Leibeshöhle einmünden, während sich ihre ent- gegengesetzten Enden in sehr zahlreiche traubenförmige Verzwei- gungen theilen. An den Endbläschen kann man mikroskopisch die folgenden Schichten unterscheiden: 1. ein äusseres Flimmerepithe- lium; 2. eine zarte Bindegewebshaut; 3. eine in einer fein kör- nigen Grundsubstanz eingebettete an Pigment und Kalkkörperchen reiche Kernschicht (Taf. IV, Fig. 15) und 4. wieder ein Flim- merepithelium. Die Zweige in welche die Endbläschen ausmünden und der gemeinschaftliche Stamm bestehen ebenfalls aus einem äus- seren und inneren Flimmerepithelium und dazwischen einer mittle- ren fibrillären Bindegewebsschicht mit Kalknetzen, deren Maschen 0,040—0,050 Mm. weit und deren Bälkehen nur 0,004—0,006 Um. breit sind, während Pigment nur sparsam vorkommt. Je nachdem die Zweige sich mehr und mehr zu grösseren Stämmen vereinigen, ist die fibrilläre Bindegewebsschicht und demgemäss auch die Kalknetze stärker entwickelt (Taf. II. Fig. 13). TIEDEMAN ! und DEerLLE CHrAsE ? haben schon die Mundkiemen beschrieben. Nach dem Ersteren sollten die Endblässchen offen sein und so dem Thiere die Gelegenheit zur Erneuerung des im Innern der Leibeshöhle enthaltenen Seewassers geben, VALENTIN ?® dem * 'TIEDEMAN. L. c. S. 78. ®2 DELLE CHIAgE. Sulla storia e notomia degli animali senza vertebre. 1823. Tom II. S, 338. ® VALENTIN. L. ce. S. 48. 24 ich beistimmen muss, erklärt dagegen die Endbläschen für geschlos- sen. Die Bedeutung der Mundkiemen ist mir unbekannt. Den Spatangen fehlen die Mundkiemen, dagegen kommen sie bei den Cidariden wohl vor. Zwisschen den Mundkiemen und den 10 Saugfüsschen bemerkt man die Gegend der Mundpedizellarien (region externe de la membrane buccale Val.). Diese unterscheiden sich im Bau durchaus nicht von denen der Körperoberfläche, nur sind sie gewöhnlich etwas kleiner. Sie kommen in sehr grosser Zahl an der Mundhaut vor. Die 10 Mundfüsschen (5 Paare) entsprechen den Ambulaeralfeldern der Schale. An der Stelle wo sie an der Mund- haut vorkommen, bemerkt man 10 kleine runde Täfelchen, welche in nichts von der der Schale abweichen und in der Mitte durch- bohrt sind. Die eigentliche Mundöffnung, aus welcher die fünf Zahnspitzen frei hervorragen, bildet eine kleine kreisförmige Öffnung. An dem Rande dieser Offnung vereinigt sich eine im Umkreis der Laterne entspringende Haut mit der Mundhaut. Diese Haut, welche man vielleichtt am besten die innere Mundhaut nennen kann, be- steht aus einer äusseren und inneren bindegewebigen und einer dazwischen gelegenen ziemlich stark entwickelten muskulösen Schieht, derer Fasern in radiärer Richtung verlaufen. An dem Theil der Zahnpyramide, wo der eigentliche Zahn aus der Pyramide her- vorragt, befestigt sich diese Haut an der Laterne. Wir müssen also eine innere und eine (eigentliche) äussere Mundöffnung unter- scheiden. Die innere Mundhaut schliesst die Körperhöhle von der Aussenwelt vollkommen ab. Zwischen den fünf Zahnspitzen, der inneren Mundhaut und der äusseren Mundöffnung bleibt ein ta- schenförmiger Raum übrig. Durch die muskulösen Elemente in der inneren Mundhaut, wird also den fünf Zahnspitzen die Gele- genheit gegeben, sich nach Willkür zu öffnen und zu schliessen. Von der inneren Mundhaut ist, so lange man die äussere nicht enfernt hat, durchaus nichts zu sehen. Die Afterlücke liegt, wie schon früher bemerkt, im Scheitelschilde. Sie wird durch eine grosse Zahl kleiner Plättechen, welche ganz wie die Schale gebaut und mit einander und mit den angrenzenden Schalentheilen durch festes fibrilläres Bindegewebe verbunden sind, geschlossen. In der Mitte lassen diese Plättchen jedoch eine kleine 25 Lücke, die eigentliche Afterlücke frei. Ringsum den Rand, welche die eigentliche Afterlücke begrenzt, stehen in radiärer Richtung, jedoch wieder kleine mehr oder weniger bewegliche drei- oder vier- eckige Plättchen, welche in der Mitte zusammenstossend einander theilweise bedecken. So wird die Afteröffnung vor dem Eindringen des Seewassers vollkommen geschützt, während doch zugleich durch die in geringem Maasse beweglich verbundenen Plättehen den Thie- ren die Gelegenheit gegeben ist, die zugeführten Nahrungsstoffe zu entfernen. Bei den Spatangen bildet die Mundlücke eine quer-ovale Spalte, an welcher man eine Ober- und eine Unterlippe unterscheiden kann. Die Oberlippe ragt über die Unterlippe bedeutend hervor, hebt sich etwas in die Höhe und deckt also, wenn man das Thier von der Körperhöhle aus betrachtet, die Unterlippe fast gänzlich zu. Sieht man dagegen das Thier von der Schalenoberfläche, so ist nur ein sehr kleiner Theil der Oberlippe zu sehen. Nach den Seitenflächen hin senkt sich die Oberlippe etwas und vereinigt sich also mit der Unterlippe und den an der Lippe grenzenden Theilen der Schale. Die Unterlippe kann man als eine Verlängung des unteren zwischen den beiden Sterna gelegenen hinteren Interambulacrums betrachten , die nach vorn stumpfwinkelig endigt. Ihr Bau stimmt mit dem der Schale überein, und sie ist vollkommen unbeweglich. Die Oberlippe dagegen hat eine quer-ovale Form, ist aus vier- oder fünfeckigen, kleineren Plättehen, welehe beweglich mit einander verbunden sind, aufgebaut und lässt also Bewegungen zu. Diese Plättchen sind wie- der aus den bekannten Kalknetzen zusammengesetzt, und werden mit einander und mit den angrenzenden Theilen der Schale durch festes, fibrilläres Bindegewebe verbunden. Nach vorn sind diese Plättehen am.»grössten und festeten, nach hinten werden sie kleiner, weniger fest und bestehen hier fast nur aus festem Bindegewebe, mit einzelnen zerstreut gelegenen Kalknetzen. Der vordere Rand und die Seitenränder der Oberlippe vereinigen sich mit den angrenzenden Schalentheilen ; der hintere Rand, welcher frei hervorragt dient zum Ursprung der Schlundes (Taf. II. Fig. 5 und 6). Die untere Fläche der ÖOberlippe ist sehr reich an Pe- 26 dizellarien. Man unterscheidet auch hier wieder die zweierlei Arten von Pedizellarien: die Bügelpedizellarien und die eigentlichen Zan- genpedizellarien. Die ersteren kommen in sehr grosser Zahl vor und sind zahlreicher vertreten als die Zangenpedizellarien. Die ganze untere Fläche ist von einer ziemlich dieken bindege- webigen Haut überzogen, in welcher sehr zahlreiche Pigmentkörner zerstreut sind. Die freie Oberfläche trägt auch hier wieder eine Schicht lange Wimperhaare tragender Zellen. Die obere Fläche der Ober- lippe wird durch eine bindegewebige Haut gedeckt. Diese Haut entspringt an dem freien hinteren Rande, und setzt sich an der Stelle, wo die Oberlippe mit den angrenzenden Schalentheilen in Verbin- dung steht, wieder fest, um dann in die die innere Schale ausklei- dende Haut über zu gehen. Dadurch bleibt zwischen der Oberlippe und dieser Haut ein freier Raum. Mundkiemen gehen den Spatangen ab. Die Afterlücke des Spatangus purp. liegt wie schon früher be merkt im hinteren Ambulaeralfeld auf der Grenze des Überganges der oberen Fläche in die untere. Sie hat eine quer-ovale Gestalt, und wird dureh zahlreiche kleine, mit einander und mit den an- grenzenden Schalentheilen verbundene, polygonale Plättehen, welche in der Mitte eine ebenfalls mehr oder weniger ovale Öffnung — die eigentliche Afteröffnung — bilden, geschlossen. Diese Plättchen stimmen im histologischen Bau vollkommen mit denen der Schale überein. Diejenige welche den angrenzenden Schalentheilen am näch- sten liegen sind mit diesen und mit einander fest verbunden, während die, welche mehr in der Umgebung der eigentlichen Afteröffnung sich befinden, geringe Beweglichkeit zulassen. Ringsum die After- öffnung stehen auch hier wieder sehr zahlreiche Plättehen in ra- diärer Richtung, welche ebenfalls beweglich eingelenkt sind, und die Afteröffnung vollkommen schliessen. Dadurch wird wie bei den Spatangen verhütet, dass das Seewasser von aussen eindringen kann; durch die mehr oder weniger freie Beweglichkeit der Plättchen aber ist die Gelegenheit zum Austritt der Exeremente gegeben. Da ich keine Muskeln an den die Afteröffnung umringenden Plättchen auffinden könnte, so scheint es, dass die herantretenden Exeremen- te, welche, wie wir sehen werden, hauptsächlich aus Sand beste- hen, 'theilweise durch ihre Schwere, theilweise durch die Kraft oe ei u 27 mit welcher sie durch die musculösen Elemente in Darm fortgetrie- ben werden, das Vermögen haben, die Plättehen nach aussen zu bewegen, während nach ihrem Durehtritt durch den Druck des um- -gebenden Seewassers, die Plättchen sogleich wieder gegen die Afteröffnung gedrückt werden. Die äussere Fläche der Afterlücke wird ebenfalls von einer Fort- setzung der die äussere Schalenoberfläche bekleidenden Haut, mit dazwischen zahlreich vorkommenden Zangen- und Bügelpedizellarien überzogen. Die Bügelpedizellarien kommen auch hier in viel grösserer Zahl als die Zangenpedizellarien vor. An der linken Seite der Oberlippe unmittelbar an der Stelle, wo sie in die angrenzenden Theile der Schale übergeht, kommt bei den Spatangen ein ziemlich grosses, unregelmässig viereckiges Kalk- stück vor, das mit einem kleinen Theil an der Schale befestigt, überigens frei hervorragt (Taf. VII. Fig. 68). Dieses Kalkstück- läuft mit seiner Längsaxe der Schale paral- lel und weicht in histologischer Beziehung in nichts von der Schale ab. Es bildet eine Art inneres Skelett, von welchem die bei dem Darme näher zu beschreibenden Mesenterialplatten ihren Ursprung nehmen. Am Apicalpol kommt bei den Spatazgen (Taf. VII. Fig. 69) ein zweiter Stützapparat vor. An der inneren Fläche des Schei- telschildes entspringen zwei 4—5 Mm. lange, 1,2—1,4 Mm. breite , dünne Plättchen, welche mit einander eonvergiren , und also einen drei- eckigen Kanal einschliessen, dessen obere Wand durch die Schale, und deren Seitenwände durch diese Plättehen gebildet werden. In diesem Kanal läuft der Anfangstheil des Steinkanals. Die Plättchen erstrecken sieh von der Umgebung der Madreporenplatte in das hintere Interambulacralfeld. Von den frei nach hinten gerichteten Rändern dieser Plättchen entspringen, wie wir sehen werden, zwei Mesenterialfalten, welche sich bis zur Analöffnung fortsetzen, einer- seits an der inneren Schalenwand aufgehängt, andererseits mit dem Endtheil des Darmes verbunden sind, und denselben also befesti- gen. In der Umgebung des vorderen Randes der Madreporenplatte werden diese Plättchen fester und dicker, und gehen in die innere Schalenwand über, nachdem sie erst vier kleine Brückenbogen ge- bildet haben. Jeder dieser Brückenbogen entspricht einer Genital- mündung (Taf. VIH. Fig. 69, Taf. II. Fig. 4). Dureh diese 28 Bogen treten die Ausführungsgänge der Genitaldrüsen und bekom- men dadurch eine feste Stütze. Die Theile welche den oberen Stützapparat zusammensetzen, sind ganz wie die Schale gebaut und bestehen aus Kalknetzen mit da- zwischen gelegenen Maschen. Nur sind die Maschen etwas grösser wie in der Schale. DIE VERDAUUNGS-ORGANE. Kauapparat. Das knöcherne Gebiss der Eehinusarten ist dureh die Untersu- chungen von VALENTIN, TIEDEMANN und MEIER ', was seinen gröberen Bau angeht, genügend bekannt. Mikroskopisch zeigen alle das knöcherne Gebiss zusammensetzenden Theile — mit Ausnahme der eigentlichen Zähne — dieselbe Struetur wie die Schale und die Stacheln. Die Maschen der Kalknetze sind nur etwas enger wie in der Schale und 0,006 —0,008 Mm. gross (Taf. IV. Fig. 18). Untersucht man ein Stückchen (an feinen Schliffen) wo zwei Flächen an ein- ander stossen, dann bemerkt man keine Maschen, sondern 0060 — 0,075 Mm. lange kalkhaltige Stäbchen, welche ein Art Gitterwerk bilden (Taf. IV. Fig. 19); an diese schliessen sich dann wieder die Maschen an. Nach Behandlung mit HCl, lösen sich fast alle Theile des knöchernen Gebisses unter starker Gasentwickelung auf, und nur ein kleiner Rückstand organischer Substanz bleibt übrig, wel- che aus Bindegewebe besteht und in welchem man theilweise noch dieselbe Structur erkennen kann: ein feines Maschenwerk von Bindegewebsfibrillen, mit einzelnen in den Maschen zerstreut ge- legenen kleinen Kernen (Taf. IV. Fig. 20 a. b. e.). Es scheint aber, dass besonders die am meisten an der Peripherie gelegenen Theile der knochenharten Stücke nach Behandlung mit HCl diese organische Substanz zurücklassen, während die mehr centralen Theile ! Mxyer. Archiv f. Anat. und Phys. 1549 S. 191. 29 sich ganz auflösen ohne eine Spur organischer Substanz zu hinter- lassen. Die eigentlichen Zähne haben eine sehr complieirte Structur. Früher wurde nur einfach angegeben, dass die Zähne aus Schmelzfa- sern aufgebaut wären. MEYER ' beschreibt sie folgendermaassen: “In histologischer Beziehung wird der Zahn aus Schmelzfasern gebildet, welche in 3 Ordnungen gelagert sind. Je eine Ordnung entspricht einem Seitentheile der peripherischen Platte und die dritte der inneren radialen Platte des Zahnes. Die Fasern der drei Ordnungen, unter sich parallel, convergiren nach unten, und treffen in der Linie zusammen, in welcher sich die pe- ripherische Platte mit der radialen vereinigt.” WALDEYER ” dage- gen sagt über ihren Bau folgendes: “Die Echinidenzähne sind lange, schmale, leichtgekrümmte Platten, die an ihrer Innenfläche in der Mittellinie einen starken Kiel tragen; die Hauptmasse wird als peri- pherische, der senkrecht auf derselben sitzende Theil als radiale Platte bezeichnet. Die radiale Platte ist ziemlich weich und lässt sich leicht in schmale Blätter spalten, die wiederum aus langen, an den Enden etwas umgebogenen Prismen bestehen. Bedeutend härter ist die pe- ripherische Platte, deren Prismen viel schmäler und kürzer sind als die des Kiels. Zwischen diesen Prismen, die in jeder Platte einander theils parallel laufen, theils kreuzen, liegen noch dünne, glänzende Kalkplatten, die vielfach ein äusserst zierliches Netz von feinen anastomosirenden Kanälchen zeigen. Bei der Behandlung mit HC] lösen sich die Prismen unter starker Gasentwickelung ohne jeden organischen Rückstand auf; sie scheinen demnach fast nur aus kohlensaurem Kalk zu bestehen. Härte, Grösse und chemische Beschaffenheit unterscheidet sie also bedeutend vom ächten Zahn- schmelz; auch haben sie nicht die regelmässige 4—6 seitige Form der Fasern des letzteren.” An jedem Zahne muss man das einwärtsgebogene weiche Hinte- rende (la plume dentaire Val.) und das meisselförmig zugeschärfte harte Vorderende unterscheiden. Bei ZcAinus hat der Zahn auf einem Querschnitt eine T förmige Gestalt und lässt einen peripherischen ' MEYER. Archiv f. Anat. und Phys. 1549. S. 191. ® W. WALDEYER. Strieker's Handb. 1870. S. 343, 30 und einen radialen Theil (den Kiel) unterscheiden. In der Mitte ist der Kiel am meisten entwickelt; nach unten geht er allmählig in die Spitze und nach oben in den weichen Theil des Zahnes über. Das einwärts gebogene weiche Hinterende wird von einer ziem- lich stark entwickelten bindegewebigen Membran umhüllt , an welche sich die zuerst von VALENTIN beschriebene Zahnmuskulatur inserirt. Diese Membran ist aus einem an Zellen sehr reichen, an Fasern ar- men Bindegewebe aufgebaut; mehr nach vorn (unten) treten jedoch auch fibrilläre Bindegewebsbündel in dieser Membran auf (Taf. V. Fig. 31, 32). Es scheint, dass diese Membran als die Matrix des Zahngewebes aufzufassen ist. Wenn man einen Theil des weichen Hinterendes untersucht, so findet man zwei Reihen von im Anfang erst kleinen, später grösseren Plättchen, welche einander in der Mit- tellinie unter einem ziemlich stumpfen Winkel begegnen und einan- der dachziegelförmig bedecken. Die Plättehen haben die Form eines Zirkelsegments. Sie lassen sich ziemlich leicht isoliren, stimmen im Bau fast vollkommen mit der den Zahn umhüllenden Membran überein , und bestehen wie diese aus einer an kleinen Zellen und Kernen reichen, an Fasern armen Grundsubstanz. Untersucht man einen Theil der Plättehen welche etwas mehr dem vorderen (unteren) Ende genähert sind, so bemerkt man dass sie nicht mehr einfach aus einer zelligen Grundsubstanz bestehen, sondern in der Mitte hat sich eine Art Gitterwerk ent- wickelt. Es sind feine 0,002 —0,0024 Mm. hreite pallisadenähnliche Stäbchen, welche aus kohlensaurem Kalk bestehen. Die peripherischen Theile zeigen noch dieselbe Structur als die Plättehen des weicheren Hin- terendes (Taf. V. Fig. 34). Noch mehr nach vorn bemerkt man, dass auch in den peripherischen Theilen Verkalkungen der Plättchen ebenfalls unter der Gastalt pallisadenförmiger Stäbchen auftreten, während die zellige Natur mehr in den Hintergrund tritt. Die Bälk- chen in der Mitte der Plättehen werden dieker und fester; unter ihnen entwickelt sich ein neues System von nadelförmigen Kalk- stäbehen (Taf. V. Fig. 35). Diese nadelförmigen Kalkstäbehen beider Reihen von Plättehen stossen unter stumpfen Winkeln zusammen und bilden den ersten Anfang des Zahnkieles. Noch mehr nach vorn nehmen die Kalkna- Sl deln mehr die Form an von an der Basis 0,006—0,014 Mm. breiten, an den Enden jedoch sehr schmalen Prismen an. Dieselben läufen, wie WALDEYER schon bemerkt hat, theils parallel, theils kreuzen sie einander; sie scheinen nur aus kohlensaurem Kalk zu bestehen, denn nach Behandlung mit HCl, lösen sie sich, ohne jeden orga- nischen Rückstand zu hinterlassen, unter starker Gasentwickelung auf. Um das harte Vorderende zu untersuchen, muss man feine Schliffe anfertigen. An Schliffen, welche parallel mit dem Kiel des Zahnes verlaufen, kann man sehr deutlich die radiale (Kiel) und die peripherische Platte unterscheiden. An der peripherischen Platte unterscheidet man wieder zwei Theile, den peripherischen und den centralen Theil. Der peripherische Theil bildet da, wo die Plättchen welche den Zahn zusammensetzen an einander stossen, ein schwie- rig zu enträthselendes maschiges Gewebe; der centrale Theil besteht aus regelmässigen 0,005—0,0055 Mm. dieken Bälkchen, welche die Dicke der Plättehen angeben (Taf. V. Fig. 36). Ein heller structurloser Streifen gibt die Grenze der radialen und peripherischen Platte des Zahnes an. Die radiale Platte (der Kiel) des Zahnes besteht dort wo sie an den centralen Theil der peripherischen Platte grenzt, aus einem äusserst dichtem, "fibrillären Gewebe; mehr nach dem Innern hin wird die Struetur deutlicher; man sieht deutliche Reihen von Bälkehen (die Prismen des Kieles welche einander parallel ver- laufen), und bei einer kleinen Verschiebung des Focus ein System dreieckiger oder polygonaler Felder (die querdurehschnittenen Pris- men des Kieles, welche einander kreuzen) (Taf. V. Fig. 37). Wenn man solche Schliffe mit HCl behandelt, dann bemerkt man, dass von der peripherischen Platte niehts, von der radialen Platte jedoch Spuren organischer Substanz (Bindegewebe) übrig blei- ben. Es scheint also, dass während die Prismen selbst ganz aus kohlensaurem Kalk aufgebaut sind, zwischen den Prismen noch Spuren organischer Substanz bestehen bleiben. Untersucht man senk- recht zur Oberfläche des Zahnes gefertigte Schliffen, an denen man also die T förmige Figur zu sehen bekommt, so kann man in dem Zahnkiel ein prachtvolles Mosaik — die Durchschnitte der Zahnprismen — beobachten, während man auch zugleich wieder, bei geringer Verschiebung des Focus, feine Streifen — die Grenz- linien der Prismen — bemerkt. Aus der ganzen Structur des Zahnes, 32 geht also hervor dass er — wie WALDEYER schon bemerkt hat — nieht aus Schmelzfasern aufgebaut ist, sondern im allgemeinen aus kohlensaurem Kalk besteht, denn sowohl chemische Beschaf- fenheit wie Härte unterscheidet den Echinenzahn bedeutend von dem eigentlichen Zahnschmelz der Wirbelthiere. Nur das meisselförmig zugescharfte Vorderende des Zahnes ragt aus der Mundhaut hervor. Die Muskeln welche die verschiedenen Theile des Kauapparates bewegen, sind schon genau durch TieDEMAN ' und VALENTın ? be- schrieben. Dagegen liegen über ihre histologischen Verhältnisse noch wenige Angaben vor. LEyYDıG ? beschreibt die Muskelfasern als keilförmige Stücke von ziemlicher Grösse, die quer gegen einan- der geschoben sind und von einer zarten Hülle umgeben. KöLLIkEr * beschrieb die rothgelb gefärbte Muskulatur des Kauapparates der Echi- nen, aus deutlich quergestreiften Faserbündeln zusammen gesetzt. SCHWALBE ’ hat für seine Untersuchungen die Interambulacralmuskel- bindel von Ophiothrix fragilis und von zwei Asteridenarten benützt, hatte jedoch keine Gelegenheit die Eehiniden selbst zu untersuchen. Erempfehlt aber besonders die Mm. interpyramidales an. Bei Ophiothrix fragilis fand er in Uebereinstimmung mit LEYDIG, dass den Muskelfasern, ein Sar- kolemm zukommt und dass sie doppeltschräggestreift sind. Die Resul- tate meiner Untersuchungen über den histologischen Bau der Muskelfa- sern der Eehinen weichen aber bedeutend von denen, zu welchen ScHhwALBE bei den Ophiuren und Asteriden gelangt ist, ab. Die Muskelfasern des Kauapparates sind wohl am besten für die Unter- suchung geeignet. Bringt man ein Muskelbündel von einem Echinus, im frischen Zustande unter Zusatz von Seewasser oder von 1" Koch- salzlösung, nachdem man vorher das Bündel etwas zu isoliren ver- sucht hat, was sehr leicht gelingt, unter das Mikroskop, so kann man sich mit einiger Mühe dem Vorkommen eines Sarkolemm über- zeugen. Das Sarkolemm liegt der Muskelfaser eng an, undist daher nicht immer leicht zu sehen. Zwischen dem Sarkolemm und der I TIEDEMAN. L. c. S. 74. 2 VALENTIN. L. c. S. 63. 3 Levoı@. Archiv. f. Anat. und Phys. 1854 S. 319. 4 KÖLLIKER. Würzb. Verhandl. Bd. VIII. S. 111. 1858. 5 G. ScHhwALBE. Archiv. f. mierose. Anat. Bd. V. S. 211, 1869, 33 eontractilen Substanz der Muskelfaser, bemerkt man zuweilen einen Kern von elliptischer Gestalt und mit einzelnen kleinen Körnchen in dem übrigens homogenen Inhalt. Bei Anwendung des Immer- sionssystemes (HARTNACK °/s) habe ich niemals eine doppelte Schräg- streifung beobachten können. Die contraetile Substanz ist mit Aus- ; nahme einiger kleinen hellen Kügelchen fast vollkommen homogen. Zuweilen bemerkt man eenige feine Linien, wie man sie auch in den Muskelfasern der Füsschen sieht, doch diese scheinen auch hier von Fältchen abzuhängen. Zur Vergleichung der Muskelfasern aus dem Kauapparate der Zcehinen, habe ich die der Borstenwürmer gewählt. Bei den letzteren (Aphrodite, Terebella, Nereis, Pectinaria) habe ich die von SCHWALBE beschriebene und auch bei diesen Thieren beobachtete doppelte Schrägstreifung prachtvoll gesehen, während, wie ich wiederhole, die Muskelfasern der Zekinen keine Spur davon zeigen. (Taf. V. Fig. 33.) Es ist wirklich höchst merkwürdig, dass der Bau der Muskel- fasern bei den Opkiuren und Asteriden so bedeutend von dem der Echinen abweichet. Die Muskelfasern sind gewöhnlich 0,012 Mm.— 0,016 Mm. breit, und haben eine Länge, welche derjenigen des ganzen Muskels nahezu gleich kommt. Wenn man die Muskelfasern einige Tage in Auflösungen von Bi-chrom pot von 1°/,—2°/, liegen lässt und dann untersucht, kann man sie ausserordentlich leicht isoliren und sich von dem Vorkommen eines Sarkolemms überzeu- gen. Man beobachtet dann sehr oft — wie SCHWALBE auch an- giebt — äusserst feine Fäserchen, welche mit dreieckiger Basis der Muskelfaser aufsitzen. Ihre Bedeutung ist mir unbekannt ge- blieben. Ob es vielleicht, wie SCHWALBE vermuthet, Nervenfäserchen sind ist nicht aus zu machen. Behandlung mit Goldehlorıdlösung hat mir darüber keinen näheren Ausschlüss gegeben (Taf. IV. Fig. 17.). Den Spatangen geht ein Kau-apparat vollkommen ab. DARMKANAL. Der Verdauungskanal der Zekiniden lässt Schlund, Speiseröhre, einen Magendarm und Enddarm unterscheiden. Der Schlund reicht 3 34 von der centralen Höhle des Mundes bis an das obere Ende der Gebisspyramide. Auf einen Durchschnitt ist er in seinem Anfang fünffaltig oder fünfkantig, mehr nach oben dagegen rundlich. Eine Einschnürung am unteren Rande der Schaltstücke bildet seine Grenze gegen den Oesophagus, welcher, nachdem er im Aufsteigen zwei kurze Biegungen gemacht hat, in den eigentlichen Darm über- geht. Dieser beginnt met einem kurzen oder etwas längeren Blind- 'sacke, durchläuft, indem er dem Umfang der Leibeshöhle folgt, von links nach rechts einen vollständigen Kreis, kehrt sich dann auf- wärts um und beschreibt von rechts nach links einen zweiten Kreis; beide Kreise bilden vor jedem der fünf Ambulacralfelder einen ab- wärts und vor jedem Interambulacralfelde einen aufwärts gehenden Bogen. Der engere Mastdarm steigt schief gegen die centrale After- oeffnung auf, fängt unter dem hinteren linken Ambulacralfelde an, und endet am Apicalpol. Der Sehlund fängt mit 5 lippenartigen Wülstchen an (Taf. V. Fig. 38), welche durch eine nicht sehr stark ausgeprägte longitu- dinale Furche mehr oder weniger in zwei Portionen getheilt wer- den. Dieselben befinden sich in den Zwischenräumen der Zahnpy- ramiden, alterniren also mit den Zähnen und entsprechen den In- terambulacralfeldern. Zwischen den fünf Wülstehen kommen fünf faltenförmige Vertiefungen vor, welche sich längs des ganzen Schlun- des bis zum unteren Ende der Schaltstücke fortsetzen. Von den seitlichen Theilen der Wülstehen entspringen in verschiedenene Rich- tungen sich kreuzende Muskelfasern, welche sich an die centralen Ränder der Zahnstücke der Gebisspyramiden inseriren. Von den meist prominirenden mittleren Theilen dieser Wülstchen entspringen je zwei dünne, weissliche, schmale Bändehen, welche sich an den zwei, (dem unteren Rande der centralen Fläche der Bügelstücke zugehoriger kleinen) Hervorragungen befestigen. Diese Bändehen be- stehen aus sehr feinen wellenförmig verlaufenden Bindegewebsbün- deln. Im unteren Theil inseriren sich an die Seitenränder einige Muskelfasern welche von den lateralen Flächen dieser Wülstchen entspringen. Auch VAarkx'rın ' hat diese Bändchen schon beschrie- ben und sagt über ihre histologische Structur: “ils se composent I VALENTIN. L. c. S. 76, 35 de fibres analogues ä celles des ligaments exterieures de la lanterne. ”’ Am Verdauungskanal kann man bei den Zekiniden vier Schich- ten, von aussen nach innen, folgendermaassen unterscheiden. 1. Eine äussere Bindegewebsschicht, 2. eine longitudinale , 3. eine transversale Muskelfaserschicht, 4. eine innere Bindegewebsschicht. Die äussere Bindegewebsschicht trägt ein Flimmerepithelium. Dieses Flimmerepithelium deckt den Oesophagus von der Stelle ab wo er selber an den Schaltstücken der Laterne heraustritt. Dieselbe besteht aus sehr zartem fibrillärem Bindegewebe mit darin zerstreut gelegenen zelligen Elementen (Bindegewebszellen), Pigmentzellen und Kalkkörperchen (Taf. IV. Fig. 22). Leyvıe ' erwähnt schon das Vorkommen fibrillären Bindegewebes am Darmtractus bei den Echinen. Auch SEMPER ? hat bei den /7olotkurien eine solche fibrilläre Bindegewebsschieht nachgewiesen. Von den beiden Muskelfaserschich- ten bildet die äussere die Ringfaser-, die innere die Längsfaserschicht. Die Muskelfasern sind 0,0026—0,0008 Mm. breite Fasern, an welchen man zuweilen einen Kern, dagegen kein Sarkolemm beo- bachten kann (Taf. IV. Fig 23). In Übereinstimmung mit den Holothurien, wie SEMPER angiebt, habe ich auch bei den Zekiniden immer die Längfaserschicht viel stärker wie die Ringfaserschicht entwickelt angetroffen. Die Muskelfaserschicht ist am ganzen Darm- tractus nicht überall gleich stark. Am Pharynx und am Oesopha- gus ist sie am stärksten vertreten; hier bilden die Muskelfa- sern eine wirkliche Schicht; dagegen finde ich sie am übrigen Darmkanal, besonders an den hinteren Theilen des Darmes, sehr wenig ausgeprägt. Die Längfaserschieht ist noch am deutlichsten nach zu weisen, dagegen ist die Querfaserschicht nur auf einige zerstreute Fasern beschränkt. Die innere Bindegewebsschicht besteht auch wieder aus zwei Schichten : einer eigentlichen Bindegewebs- und einer mehr zelligen Schicht, welche ich die Drüsenschicht nennen will. Die erstere bildet eine an Zellen arme, an sehr feinen Fibrillen reiche Schicht, welche der Träger der Blutgefässen ist und am ganzen Darm fast überall gleich stark entwickelt vorkommt. Die Drüsenschicht dagegen ist in den verschiedenen Regionen des Darm- ' LeyDie. L. ce. S. 314. ° SEMPER. Reise im Archipel der Philippinen. Zweiter Theil. Wissenschaft. Reisen. 1 Bd. Holothurien. S. 112! . BE 36 kanals sehr ungleichartig gebaut. SEMPER hat bei den JZZolothurien ebenfalls eine innere Bindegewebsschicht, welche viel stärker wie die äussere entwickelt sein sollte, unterschieden. Diese ist auch wieder aus einer äusseren fibrillären mit wenig zelligen Elementen und einer inneren fast nur aus Zellen bestehenden Schicht aufgebaut. Die innere zellige Schieht ist nach ihm weniger stark als die Faserschicht aus- gebildet; nur im Schlunde und im Kaumagen erreicht sie, durch die Ausbildung ihrer Drüsen, eine grössere Dicke. Die Beschreibung welche SEMPER von dieser inneren Bindegewebsschicht der Zolo- Ihurien gıbt stimmt nur für einige Theile des Darmrohrs mit den Echinen überein. Wenn man bei frischen Thieren den Pharynx aus der Gebisspy- ramide herausnimmt und aufschneidet, so bemerkt man, dass den fünf faltenförmigen Vertiefungen fünf Hervorragungen entsprechen , welche von den Ausschnitten zwischen den fünf Wülstehen ent- springen und sich bis zum oberen Drittel des Pharynx fortsetzen. Von der Mitte jedes Wülstehens entspringt ebenfalls eine kleine Vertiefung, so dass die innere Fläche des Pharynx also zehn Furchen, fünf grössere und fünf kleinere, erscheinen lässt. Die letzteren treten nur im unteren Drittel auf, so dass man also oberhalb dieses Theiles (im zweiten Drittel) nur die fünf grösseren Furchen bemerkt. An allen diesen Furchen kommen nun wieder kleinere Hervorragungen und Vertiefungen vor, welche an den Wülstehen anfangend, erst grösser, später aber kleiner werdend, senkrecht zu den anderen, also transversal gelagert sind (Taf. V. Fig. 39). Diese Hervorragungen oder Höckerchen bestehen aus Bindege- websnetzen mit eingestreuten Pigmentkörnehen, welche kleine Ma- schen bilden,- in welchen sehr kleine Zellen und Kerne abgela- gert sind. In dem oberen Theil des Pharynx und im Oesophagus bildet die Drüsenschicht zahlreiche, dieke, an einander stehende, papillenähn- liche Hervorragungen,, Schlundpapillen , welche aus einem Gerüste von Bindegewebe bestehn. Mitten in jeder Papille verläuft ein ziemlich dieker Strang von Bindegewebsbündeln, welche nach der Peripherie hin aus einander strahlen und so ein Netzwerk von theils kleineren , theils grösseren Maschen bilden. In dem ganzen Bindegewebsgerüste, besonders jedoch in dem in der Mitte der Papille verläufenden Strang 31 sind überaus zahlreiche, sehr kleine Pigmentkörnchen abgelagert (Taf. IV. Fig. 24.). Die Maschen sind zum grössten Theil mit Zellen, theilweise auch mit kleinen Pigmentkörnchen angefüllt. Die Zellen sind sehr verschieden geformt. Runde mehr oder weniger ovale wechseln mit birn-und flaschenförmigen ab. Ihr Inhalt ist fein körnig, mit oder ohne Kern (Taf. IV. Fig. 28.). Die Ma- schen, in welchen sie abgelagert sind, wechselen ebenfalls sehr in Grösse. Einige sind so klein, dass nur eine, höchstens zwei Zel- len darin Platz finden können, andere dagegen schliessen in ihrem Innern ein ganzes Conglomerat von Zellen ein (Taf. IV. Fig. 26). Ausserdem scheint es, dass die ganze Papille im frischen Zustand noch von einem äusserst zartem Epithelium bekleidet ist. Nach unten scheinen sich an der Basis der Papille auch Muskelfäserchen (von der Muskelhaut her) zwischen die Bindegewebsbündel zu verflech- ten. Am meisten zeichnen sich aber die Papillen durch ihren Gefäss- reichthum aus, sodass ihnen vielleicht die Bedeutung von inneren Kiemen zukommt (S. Blutgef.) An der äusseren Oberfläche des Oesophagus bemerkt man schon die Stellen, welche die an der in- neren Oberfläche vorkommenden Papillen entsprechen. Es sind un- regelmässig zerstreute, durch Ablagerung von zahlreichen Pigment- körnchen sich auszeichnende sehr kleine Felder von mehr oder we- niger ovaler Form. VALENTIN ' beschreibt sie folgendermaassen: “L’oesophage se distingue & l’exterieur par une apparence tout par- tieuliere, l’on apercoit & sa surface une quantit® de stries longitu- dinales irrögulieres, auxquelles correspondent des tissus follieules non moins regulieres.”” Ueber die Bedeutung der Papillen selbst, von ihm tissus follieul&s genannt, sagt er: “Je dois cependant ajouter que l’on voit au milieu de la plupart de ces follieules des points elairs, correspondant au canal seereteur d’une glande ou ä son ouver- ture. Dans l’autres, on ne remarque, il est vrai, aucune trace d’une organisation sembable, ni aucun canaux glanduleuses” In den Pa- pillen habe ich niemals etwas gesehen, was mit einem Ausführungs- gang Ähnlichkeit hatte. Die ganze Papille ist überall vollkommen gleich gebaut. Welche Bedeutung sie haben, weiss ich nicht. Am I VAtENTIN. L. e. S. 77. 38 meisten ist nur, wie schon vorgehoben, ihr grosser Reichthum an Gefässen aufgefallen. In den übrigen Theilen des Darmkanals ist das Verhalten der Drüsenschicht ein ganz anderes. Von der Stelle wo der Oesophagus in den Darm übergeht, bemerkt man eine einfache Schicht röthlich- brauner 0,007" — 0,009” grosser, runder Zellen (Taf. IV Fig. 30.). Dieze Zellen haben einen körnigen Inhalt, und sind theilweise mit, theilweise ohne Kern. Vielleicht sind sie als das Analogon einer Leber auf zu fassen. Ungefähr an der Stelle, wo der links nach rechts verlaufende Theil des Darmes sich aufwärts umkehrend, den umgekehrten Verlauf beginnt, macht diese röthlich braune Zellen- schicht einer anderen Platz, welche aus 0,002'" — 0,0024 kleinen mit äusserst feinem Molieuläreninhalt versehnen und sehr dicht auf einander stehenden Zellen besteht. Zwischen diesen sehr klei- nen kernlosen Zellen findet man hier und dort einige etwas grös- sere, welche einen ziemlich grossen Kern im Innern haben , zerstreut (War. ıV. Kiez. 21. Ein inneres Flimmerepithelium, wie SEMPER ' bei den ZHolothu- rien im ganzen tractus intestinalis bis zum Magen gefunden hat, geht den Zeckinen ab. Der Verdauungskanal der Seeigel ist an die innere Fläche des Perisoms durch Bänder angeheftet, welehe längs des ganzen Darms vorhanden, eine Art von Mesenterium darstellen. Mikroskopisch untersucht bestehen sie aus wellenförmig verlaufenden Bindegewebsbündeln mit eingestreuten Pigment- und Kalkkörperchen und bilden dünne schmale Bändchen, welche an beiden Flächen mit einem Flimperepithelium bekleidet sind. Sie kommen auf regel- mässigen Abständen von einander vor und gehen unter abgerundeten Winkeln in einander und in einen an der Rückenfläche des ganzen Darms verlaufenden Streifen über. Von Gefässen habe ich keine Spur beobachten konnen. Auch JoH. MüLLer ” giebt an, dass diese Bändchen einfach aus Bindegewebe bestehen, während TıEDEMAN ® und Varentin * Ästchen der Darmgefässe über diese Bändehen I SEMPER. L. c. S. 113. : Jon. MvVLLEr. L. c. S. 137. ° TIEDEMAN. L. ce. S. 80. ° ViLENTIN. L ce S. 81. 2 Se 3) hin auf der, die Schale innerlich bekleidenden, Haut verbreiten lassen. VALENTIN beschreibt sie folgendermaassen: “Ils se composent d’une‘ double lamelle de simple construction, frigmentdes en quelques en- droits et contenant des vaisseaux sanguins, surtout entre ses feullets.”’ Nach meiner Untersuchungen bestehen die Mesenterialbändchen nicht aus zwei Lamellen, sondern nur aus einer Einfachen. Der Afterdarm wird eben kurz bevor dass er an der Afteröffnung ausmündet, durch feine Bändehen, welche in einen Kreis angeord- net sind, an der inneren Schalenwand befestigt. Diese Bändchen bestehen aus fibrillärem Bindegewebe, und stimmen in Bau voll- kommen mit den Mesenterialbändehen überein. Besondere Muskeln, wie VALENTIN! sie beschrieben und unter dem Namen: “Musculi motores ani’ gedeutet hat, habe ich nicht auffinden können. Dem Mund der Spatangen fehlt jede Spur von Kauwerkzeugen. Der Darm hat einen sehr merkwürdigen Verlauf und beschreibt vier Windungen (Taf. VI, Fig. 40, 41, 42.). Wir denken uns das Thier — ein für allemal — auf der Bauchfläche liegend, mit dem Munde nach vorn und mit dem After nach hinten gekehrt. Der Anfangstheil des Darmes steigt erst etwas nach rechts und oben, biegt sich dann von rechts nach links (1ste Windung) und zu- gleich etwas nach vorn bis der Darm ungefähr die Peripherie der Schale erreicht hat. So bald er in der Nähe der Schalenwand gekommen ist, entspringt an der oberen Fläche des Darmes ein Divertikel, das sich nach hinten und oben schiebt. Von der Bauch- fläche aus ist von demselben nichts zu sehen. Darauf geht der Darm der Schalenwand entlang von links nach rechts (2te Windung). Die zweite Windung beschreibt nahezu einen Kreis. Nun biegt er wieder um, verläuft oberhalb der vorigen Windung von rechts nach links (3te Windung), immer der Peripherie der Schale folgend, bis er ungefähr wieder einen halben Kreis beschrieben hat. Dann verlässt er die Schalenwand und begiebt sich mehr in die Mittellinie. In der Umgebung der Madreporenplatte wendet er sich wieder I ViLENTIN. L. ce. S. 24. 40 von links noch rechts (4te Windung), bleibt im fünften hinteren Interambulacralfeld und geht so nach dem Anus. Am Darm kann man den Schlund, die Speiseröhre, den Magen, den Dünn- Diek- und Enddarm unterscheiden. Obgleich ich damit durchaus nicht angeben will, dass diese Abtheilungen des Darmes den Theilen, welehe man gewöhnlich als solche bezeichnet, ent- sprechen, dienen diese Namen nur, um dadurch die verschiedenen Abtheilungen des Darmes der Spatangen, welche so wohl macroseo- pisch als mieroscopisch bedeutend von einander abweichen, zu un- terscheiden. j Der ganze Darm ist nun durch ein Mesenterium (Taf. VI, Fig. 40, 41, 42 b) an die Schalenwand befestigt. Öffnet man einen Spatangus, dann bemerkt man, dass am Darm, überall wo er in der Nähe der Schale verläuft, ein 1—1,5 Mm. breites Bändehen vorkommt. Von dem letzteren entspringen zahlreiche, feine Bänd- chen, welche sich an hervorspringende Höckerchen der inneren Schalenwand inseriren. Neben diesen zahlreichen kleinen Mesente- rialbändehen, kommen noch grosse Mesenterialplatten vor. Diese sind zwischen den centralen Theilen des Darmes ausgebreitet, be- festigen dadurch den Darm noch mehr und sind zugleich die Trä- ger der näher zu beschreibenen Gefässe und Organe. Man kann vier Mesenterialplatten, zwei an der Rücken- und zwei an der Bauchfläche unterscheiden. Die ersteren kann man wie- der in eine grosse und eine kleine trennen. Die kleine ventrale Mesenterialplatte (Taf. VI, Fig. 41 1), entspringt rechts vom Stützapparat am Munde, und inserirt sich links am Oesophagus, die grosse (Taf. VI, Fig. 40, 41, 42 1.) entspringt vom ganzen Stützapparat, läuft über die kleine, vereinigt sich mit dieser an der Stelle wo der Oesophagus in den Magen übergeht, und hef- tet sich an den Magen, Dünn- und Diekdarm, bis zur Umbiegung des Diekdarmes (der Uebergangsstelle der zweiten Darmwindung in die dritte). Die Mesenterialplatten der Rückenfläche kann man ebenfalls in eine grosse und kleine unterscheiden. Die kleine ent- springt von dem freien hinteren Rande der linker Platte des Stütz- apparates und von der inneren Schalenwand, und heftet sich an die obere Fläche des Enddarmes bis zum Anus. Die grosse nimmt ihren Ursprung (Taf. VI, Fig. 40 n) von der rechten Platte des Stütz- 41 apparates, senkt sich etwas mehr in die Tiefe, und gibt einen Fort- satz nach hinten, welche sich zwischen der inneren Schalenwand und der lateralen Fläche des Enddarmes ebenfalls bis zum Anus erstreckt, dann seitlich vom Diekdarm und dem unteren Rande des Divertikels, zur Übergangsstelle der dritten Darmwindung in die zweite, verläuft, wo die grosse dorsale Mesenterialplatte der grossen ventralen begegnet. Der obere Rand des Divertikels, welcher parallel der oberen Schalenwand verläuft, wird durch kleine Mesenterial- bändehen an die Schalenwand aufgehängt. Am Darm kommt nun noch ein sehr merkwürdiges Organ vor, dessen Homologie im ganzen Thierreich nicht bekannt ist. Es ist ein ziemlich langes mehr oder weniger gewundnes, theilweise an der grossen ventralen Mesenterialplatte verlaufendes, mit zwei Öffnungen im Darm einmündendes Organ. Ich habe dieses Organ, als “das gewundene Organ’’, bezeichnet. Der Anfangstheil des Darm- “ kanales, welchen wir den Schlund genannt haben, nimmt seinen Ursprung an den Lippen. An der Unterlippe entspringt der Schlund aus einer rinnenförmigen Vertiefung, welche sich ungefähr einen Millim. von dem frei hervorragenden, stumpfwinkeligen Rande be- findet; an der Oberlippe fängt er am hinteren freien Rande an, wo die die Lippe zusammensetzenden Plättchen ihre Kalknetze zum grössten Theil eingebüsst haben. Durch den freien Vorsprung des unteren Lippenrandes wird also der Anfangstheil des Schlundes ummittelbar von dem Seewasser befeuchtet. Durch die freien Be- wegungen (das sich Senken oder Heben) der Oberlippe kann die Mundöffnung vergrössert, oder verkleinert, vielleicht auch gänzlich abgeschlossen werden (Taf. VII Fig. 46). Der Schlund geht ohne bestimmte Grenze in den Oesophagus über. Während die innere Oberfläche des Schlundes ganz flach ist, zeigt die des Oesophagus sehr zahlreiche feine, longitudinale Fältchen (Taf. VII Fig. 45). Bei dem Übergang des Oesophagus in den Magen erweitert sich der Darm sehr bedeutend und übersteigt den Durchmesser der Speiseröhre fast um das Drei- bis Vierfache. Im ersten Drittel des Magens treffen wir ebenfalls sehr zahlreiche Fält- chen an, welche jedoeh im mittleren Theil schon weniger entwickelt sind und im hinteren Drittel fast vollkommen fehlen. An der Stelle wo das gewundene Organ mit der einen Öffnung in den Darm 42 einmündet, grenzt sich der Magen vom Dünndarm ab. In der un- mittelbaren Nähe der Einmündungsstelle des gewundenen Organs bemerkt man eine Reihe kleiner hervorragenden Höckerchen oder Drüschen, welche angefähr in Halbkreisen angeordnet sind (Taf. VII Fig. 47). Der übrige Theil des Dünndarmes zeichnet sich durch nichts Besonderes aus. An der Stelle wo das Divertikel in den Darm einmündet, grenzt sich der Dünndarm durch eine faltenförmige Her- vorragung von dem Dickdarm ab (Taf. VII Fig. 48). Die innere Fläche des Diekdarmes ist vollkommen glatt. Ungefähr in den Nähe der Umbiegungsstelle des Diekdarmes (des Überganges der zweiten Windung in die Dritte) öffnet sich das gewundene Organ mit sei- ner zweiten Mündung in den Darm. Das Lumen vom Dünn- und Dick- darm ist fast überall gleich gross. Am letzteren Theil des Nahrungs- kanals wird der Darm wieder eng, bildet den Mastdarm und geht so nach der Analplatte. Am Darm der Spatangen kann man die folgenden Schichten von aussen nach innen unterseheiden: 1) ' eine äussere Bindegewebsschicht, 2) eine transversale, 3) eine lon- gitudinale Muskelfaserschicht, 4) eine innere Bindegewebsschicht. Die äussere Bindegewebsschicht besteht aus einer an Zellen armen, an sehr zarten Fasern reichen Haut, welche an ihrer freien Fläche sehr lange Wimperhaare trägt. Diese Schicht ist eine Fortsetzung der die innere Schalenwand auskleidenden und der die Mesenterial- platten zusammensetzenden Haut, welche jedoch merklich an Fest- igkeit eingebüsst hat. Die Fasern welche die transversale und die longitudinale Mu- skelschicht zusammensetzen sind 0,008 Min. — 0,0035 Mm. breit, durchaus homogen, und gewöhnlich mit einem Kern versehen. Sie sind nieht überall eben stark vertreten. Im Sehlund, Oesophagus und Magen bilden sie eine ziemlich starke Schicht. Longitudinale wie transversale Fasern verlaufen in diehten Zügen neben einander und bilden eine fest zusammenhängende Lage. Besonders am Magen sind die transversalen Muskelfasern sehr stark vertreten. Am Dünndarm sind die muskulösen Elemente bedeutend spärlicher. Die longitudinalen Fasern sind besonders wenig ausgeprägt, dage- gen sind die transversalen etwas stärker vertreten. Über die Ober- fläche der Dünndarmwand sieht man regelmässig parallel verlaufende, feine Bändchen (Taf. VI Fig. 41, 42, q), welche ganz aus 43 Muskelfasern aufgebaut sind. Am Diekdarm kommen die longitu- dinalen so wohl als die transversalen Fasern sehr sparsam vor und bilden ziemlich weit von einander stehende, schmale, dünne Reihen. Am Enddarm dagegen, besonders gegen die Afterlücke hin treten die beiden Muskelschichten wieder stark auf und bilden wie am Oesophagus fest an einander gereihte Bündel. Wie die Muskelfaserschicht, so zeigt auch die innere Bindege- websschicht in den verschiedenen Partien des Darmkanals einen be- beutenden Wechsel. Wie bei den Zolothurien und Echiniden be- steht die innere Bindegewebsschicht auch hier aus zwei Schichten, einem eigentlichen bindegewebigen und einem mehr zelligen Theil, welchen man eine Drüsenschicht nennen kann. Die erstere, der lon- gitudinalen Muskelfaserschicht aufliegend, besteht zum grössten Theil aus fibrillärem Bindegewebe mit verhältnissmässig wenig zelligen Elementen. Sie ist Trägerin der Blutgefässe, welche einfache Lücken in der Substanz bilden, und ist in den verschiedenen Theilen des Darmkanals fast überall gleich stark entwickelt. Die Drüsenschicht ist fast ganz ohne Fasern, zum grössten Theil nur aus Zellen gebil- det, welche in einer sehr sparsamen hyalinen Grundsubstanz liegen. Sie ist nicht wie die eigentliche Bindegewebssehieht überall gleich- mässig stark, sondern zeigt bedeutende Abweichungen. Im Schlund , Oesophagus und Magen besteht die Drüsenschieht aus 0,006— 0,008 Mm. grossen Zellen (Taf. VII Fig. 49). Dieselben haben einen fein granulirten Inhalt, theilweise mit, theilweise ohne Kern. Die Fältchen im Oesophagus und ersten Drittel des Magens sind nur aus diesen Zellen, welche in einer fein hyalinen Grundsubstanz ein- gebetet liegen, aufgebaut. Im hinteren Theil des Magens begegnet man jedoch birn-und flaschenförmigen Drüsen, welche ziemlich dicht auf einander gedrängt stehen, und theilweise aus denselben , theil- weise aber aus mehr körnigen, mit Pigmentkörnchen gemischten Zellen aufgebaut sind (Fig. 52). Mit diesen Drüsen sind nicht die im Halbkreis angeordneten kleinen Höckerchen zu verwechselen, welche in der unmittelbaren Nähe der Einmündungsstelle des ge- wundenen Organes vorkommen. Auf diese werden wir später zu- rückkommen. | Im Dünndarm ist die Drüsenschieht viel weniger stark entwick- elt. Sie bildet gewöhnlich hier eine sehr dünne Lage äusserst zar- 44 ter fein granulirter 0,005—0,006 Mm. grosser Zellen (Taf. VII Fig. 50). Im dem ersten Theil des Diekdarmes zeigt die Drüsenschicht sich durch ihre gelbliche Farbe bedeutend vor den übrigen Thei- len des Darmes aus. Sie bildet hier ebenfalls eine nur düune Schicht dieht auf einander gedrängter, 0,010—0,012 Mm. grosser, mit einem Kern versehner Zellen (Fig. 51), deren Inhalt fein körnig und stark liehtbrechend ist. In dem übrigen Theil des Diekdarmes bis zum After findet man wieder kleinere, fein granulirte Zellen. Der Anfangstheil des Darmkanales wird von einem Flimmer- epithelium ausgekleidet, welches sich aber nur auf dem Schlund beschränkt. Kalkkörperchen, wie sie in der Darmwand der Holothurien und Echiniden vorkommen, gehen den Spatangen ab. Das Divertikel (Taf. VI Fig. 40, 42 d) hat eine länglich-ovale Form und ist nur zu sehen, wenn man_das Thier von der Rücken- fläche öffnet. Es liegt auf dem Dünndarm, erstreckt sich von der vorderen Schalenwand bis zu der Gegend der Madreporenplatte und läuft also dem vorderen Ambulacralfeld parallel. Mikroskopisch untersucht besteht dasselbe aus einer äusseren, wimperenden Bindegewebshaut, einer äusserst gering entwickelten Muskelfaserschicht, und einer inneren Bindegewebshaut. Die letztere zeigt sehr zahlreiche Falten und besteht auch hier wieder aus der eigentlichen Bindegewebshaut, der Trägerin der Blutgefässe, welche im Divertikel ausserordentlich reich entwickelt sind, und der Drü- senschicht. Diese ist gelblich gefärbt und besteht aus denselben zel- ligen Elementen, wie sie im Anfangstheil des Diekdarmes auch vorkommen. Gewöhnlich besteht der Inhalt des Divertikels, das wahrscheinlich als ein Absonderungsorgan aufgefasst werden muss, nur aus diesen Zellen. Das Mesenterium (so wohl die feinen Bändchen, welche an der Peripherie der Schale verlaufen, als die grossen Mesenterialplatten) besteht aus ziemlich, festem fibrillärem Bindegewebe mit sparsam darin zerstreuten Zellen und Pigmentkörnchen und ist mit langen grossen Wimperhaaren bekleidet. Einerseits geht es in die die innere Schalenwand bekleidende Haut, andererseits, wie oben gesagt, in die äussere Bindewebsschieht des Darmes über. 45 Wir haben jetzt noch das höchst merkwürdige gewundene Organ zu besprechen, das den meisten Beobachtern entgangen zu sein scheint, da weder von JoH. MürLLER, noch von DELLE ÜHIAJE das Organ erwähnt wird. Nur MıLse EpwArps! hat dieses Organ gesehen, obgleich aus dem Namen, welchen er demselben beilegt, hervorgeht, dass er es nur sehr oberflächlich betrachtet haben muss. Er nennt dasselbe: “le vaisseau ä parvois epaisses, ayant l’apparence d’un coeur.” Er scheint dieses Organ also mit dem Blutgefäss (Bauchgefäss), welches unmittelbar daneben verläuft, in Zusammen- hang gebracht zu haben, was aber, wie wir sehen werden, durchaus falsch ist. In der ganzen Litteratur habe ich weiter keine Angaben über dieses Organ auffinden können. Von den Öffnungen, mit denen dasselbe in den Darm einmündet, befindet sich die eine an der Bauchfläche des Diekdarmes, ungefähr in der Nähe der Umbiegungsstelle des Diekdarmes (Übergang der zweiten Darmwindung in die dritte). Dann läuft das gewundene Organ an der unteren Fläche der grossen ventralen Mesenterial- platte knapp der Darmwand an, bis es nahezu einen halben Kreis beschrieben hat (Taf. VI. Fig. 41 s.) Darauf weicht es etwas von der Darmwand ab, durchbohrt die grosse ventrale Mesenterial- platte, kreuzt sich, eben vor der Durehbohrungsstelle, mit dem Bauchgefäss, kommt dann auf die obere Fläche der grossen ven- tralen Mesenterialplatte, läuft über diese hin, begiebt sich weiter auf die obere Wand des Magens, bildet die Grenze zwischen Ma- gen und dünndarm und mündet hier wieder im Darm ein. (Taf. VI. Fig. 42. s. Taf. VO. Fig. 56.). Die histologische Structur dieses Organes ist nicht überall die- selbe, weicht viel mehr an verschiedenen Stellen bedeutend ab. So lange das gewundene Organ an der grossen ventralen Mesenterialplatte verläuft, ist die Struetur desselben folgende. Äusserlich wird sie von einem Flimmerepithelium bekleidet, darauf folgt eine stark entwickelte transversale, eine fast eben starke longitudinale Binde- gewebsfaserschicht (Taf. VII, Fig. 53) und dann eine innere Zel- lenschicht. Die Zellenschicht besteht aus 0,006—0,008 Um. grossen, fein granulirten mit einem Kern versehenen Zellen, welche den im ‘ MıLnE EDWARDS. CuUVIER, Regne animal Eet. ill. Zoophytes. ab Ihl-nee 46 Magen und Dünndarm vorkommenden sehr ähnlich sind. Muskelfa- sern konnte ich nicht auffinden. Das Lumen des Organes ist hier ungefähr 0,35 Mm. weit und die Wand 0,12—0,16 Mm. dick (Taf. VI, Fig. 54 a). So bald dasselbe aber die untere Fläche der grossen ventralen Mesenterialplatte verlassen hat, und auf deren oberen Fläche ange- kommen ist, um nach dem Magen zu gehen, ändert sich seine Be- schaffenheit. An der unteren Fläche der grossen ventralen Mesente- rialplatte (am Dickdarm) lag es frei und wurde durch nichts ge- drückt. Auf der oberen Fläche der ventralen Platte, auf seinem Weg nach dem Magen, wird es aber theilweise durch eine darauf gelegene Darmwindung gedeckt. Wie wir nun später sehen werden, ist der ganze Darm der Spatangen gewöhnlich strotzend mit Sand gefüllt. Das Lumen des gewundenen Organes würde also sehr leicht durch den ziemlich schweren Druck des Darmes platt gedrückt wer- den. Um diesen Nachtheil zu verhüten findet sich eine besondere Einrichtung. So bald das gewundene Organ auf der oberen Fläche der gros- sen ventralen Mesenterialplatte kommt, werden die Wände viel dicker und fester. Auf einem Querschnitt hat es eine dreieckige Form (Taf. VII, Fig. 54 b). Die Basis mit welcher es dem Mesenterium und dem Magen aufliegt, ist sehr dünn, die zwei aufsteigenden Seitenflächen dagegen sind sehr dick und verhüten dadurch, dass das Lumen des gewundenen Organes zugedrückt werden kann. Mit der Einmündung in den Magen gehen die Seitenflächen in einander über und setzen sich in derselben Richtung, in welche das Organ am Magen getreten ist, noch eine Strecke weit fort, werden aber zugleich dünner und gehen allmählich in die Wand des Darmes über. Die dünne Basis, mit welcher es dem Magen aufliegt, besteht aus feinem fibrillärem, die zwei dieken Seitenflächen dagegen aus gallertartigem Bindegewebe, in dessen formloser Grundsubstanz, weiche mit Kernen versehenen zellige Gebilde, von welchen glatte ver- zweigte und anastomosirende Balken nach verschiedenen Richtungen hin ausgehen, zerstreut liegen (Taf. VII, Fig. 55). Zwischen den ausgewachsenen Zellen habe ich jedoch keine amoeboide Zellen beobachten können. Innerlich wird auch dieser Theil des gewun- 47 denen Organes von einem Epithelium bekleidet, das volkommen mit dem der anderen Partie übereinstimmt. Die Seitenflächen sind gewöhnlich mehr als ein Mm. dick. Welche Bedeutung das höchst merkwürdige Organ hat, ist mir durchaus unbekannt. Ein Organ, das mit zwei Öffnungen in den‘ Darm einmündet und theilweise um den Darm herum läuft, und also einen zweiten Weg bildet, hat, so weit mir bekannt ist, im ganzen Thierreich kein Homologon. Wir haben oben schon bemerkt, dass in der unmittelbaren Nähe der Einmündungsstelle dieses eigenthümlichen Organes, kleine her- vorragende Höckerchen vorkommen, welche ungefähr in einem hal- ben Kreis angeordnet sind; wir haben weiter mitgetheilt, dass die Seitenflächen des gewundenen Organes in einander übergehen, und sich in derselbe Richtung, in welche das Organ in den Darm (auf der Grenze zwischen Magen und Dünndarm) einmündet, noch eine Strecke weit an der Darmwand fortsetzt. Die kleinen hervorra- genden Höckerchen stehen nun auf diesem Fortsatz und stimmen im Bau durchaus mit dem der Seitenflächen des gewundenen Or- ganes überein. Sie bestehen ebenfalls aus Gallertgewebe und tragen an den frei hervorragenden Flächen eine Epithelialschicht, welche aus denselben Zellen, wie die des gewundenen Organes, bestehen. Wie bei den Zechinen wird auch der Afterdarm der Spatangen durch feine, im einem Kreis angeordneten Bändehen an der Scha- lenwand befestigt. DIE GENERATIONS-ORGANE. Die äusseren Genitalmündungen an den fünf interambulacralen Genitaltäfelehen im Scheitelschilde haben wir bei den Zekiniden bereits hervorgehoben. Jede derselben führt einwärts zu einer Ge- nerationsdrüse. Männliche und weibliche Organe sind äusserlich einander sehr ähnlich, in der Farbe jedoch mehr oder weniger ver- schieden, da die Ovarien gewöhnlich gelblieh — von der Farbe des Dotters abhängig —, die Hoden dagegen mehr weisslich — von der milchweisslichen Farbe der männlichen Flüssigkeit herrührend 48 gefärbt sind. TiEDEMAN ! scheint nur die Ovarien gekannt zu haben und durch die Ähnlichkeit beiderlei Organe getäuscht zu sein, denn er sagt: “Organe welche den männlichen Zeugungsorganen ähnlich sind, habe ich niemals gefunden;’” dagegen hat VALENTIN ’ Ovarien und Hoden von einander unterschieden. Von den fünf Ovarien ist das fünfte hintere kleiner und auch mehr von den anderen getrennt. So wohl ihr makroscopischer Bau wie ihre Lage in der Leibeshöhle sind hinreichend bekannt. Die reifen Eier der Eechinen (Sphaere- chinus, Toxopneustes, Psammechinus) haben eine rundlich-ovale Form , sind 0.10 Mm.—0.12 Mm. lang und 0.092 Mm.— 0.098 Mm. breit. Sie bestehen aus einer Dotterhaut, einem gelblich gefärbten Dotter, einem Keimbläschen, und Keimfleck. Der Dotter ist fein gra- nulirt. Das Keimbläschen welches eine Grösse von 0.021 Mm. —0.024 Mm. hat, liegt excentrisch, ist sehr deutlich doppelt eontourirt und zeigt einen fein körnigen Inhalt. In der Umgebung desselben ist der Dotter am meisten granulirt. Der Keimfleck , 0.006 Mm.—0.008 Mm. gross, zeigt zahlreiche kleine Körnchen. Ausserdem sind die Eier noch von einer dicken Schicht Eiweiss umgeben, wie LEYDig auch an den Eiern von Zehinus esculentus nachgewiesen hat. VA- LENTIN hat diese Umhüllungsschicht nicht gesehen, dagegen hat Forges schon auf dieselbe aufmerksam gemacht. Durch diese Um- hüllungsschicht werden die Eier zusammen verkittet. Es’ ist eine durchaus homogene 0,009—0,013 Mm. dicke Haut. Auch GEGENBAUR # gibt an, dass die Eier der Seeigel ausser von einer zarten Dotter- haut noch von einer dieken durchsichtigen Hülle umgeben sind. Eine Mikropyle, wie sie an den Eiern der Holothurien vorkom- men, habe ich an den Eiern der Seeigel nicht beobachten können. Zuweilen bemerkt man in dem Keimfleck noch ein kleines, rundes Körperchen von 0,002—0,0024 Mm. Grösse, einen Nucleololus, wie auch sehon VALENTIN ® angegeben hat. Zugleich mit den reifen Eiern, trifft man zahllose unreife Eier in den verschiedensten Ent- wiekelungszuständen, von 0,010—0,012 Mm. bis zu der der vollkom- I TIEDEMAN. L. c. 8. 84. 2 VALENTIN. L. c. S, 85. 3 Leyoic. L. e. 8. 312. 4 GEGENBAUR. L. c. S. 345. 5 VALENTIN. L. c. S. 106. 49 menen Grösse an. Sie scheinen sich von der inneren Fläche der Eisäckeben zu entwickeln und bekleiden die ganze innere Fläche der Eisäckchen wie eine Art Epithelium. Die kleinsten Eier glei- chen vollkommen Epithelzellen (Taf. VII Fig. 58 a). Es sind, wie schon angegeben, 0,010—0,012 Mm. grosse Bläschen, an welchen man ein kleines Häufchen Protoplasma (den künftigen Dotter) und einen Kern (das Keimbläschen) unterscheiden kann. In weiteren Entwickelungsstadien bemerkt man etwas grössere Bläschen mit einer dickeren Protoplasmaschicht (Fig. 55 b), die an den weiter entwickelten Eier immer dieker wird (Fig. 58 e, d). Endlich trifft man Eier an, welche vollkommen wie die reifen Eier gebaut sind, und sich nur durch ihre geringere Grösse von den reifen unter- scheiden (58 ce). Die Umhüllungsschieht (Eiweisshaut), durch welche die Eier zusammen verkittet werden, scheint zu letzt, auf eine mir umbekannt gebliebe Weise, gebildet zu werden. Die reifen Eier verlas- sen den Ausführungsgang der Geslechtsdrüse und treten durch die Ge- nitalmündungen im Scheitelschilde in das Seewasser. VALENTIS ! be- schreibt die histologische Structur der Eisäckchen folgendermaassen: “Les parois existent d’un epithelium vibratile interne, d’une eouche fi- breuse mediane, et d’unemembrane externe, quiparait &tre identique. Ces trois membranes reproduissent aussi dans l’oviduct.’' Meine Untersuchun- gen weichen aber bedeutend von denen VALENTIN’s ab. Die Blind- säckchen, welche die Ovarien zusammensetzen, bestehen aus drei Schichten, welche von aussen nach innen folgenderweise auf ein- ander folgen: 1. eine äusserst zarte, homogene Haut 2. eine aus trans- versalen Muskelfasern bestehende Schicht. 3. wieder eine äusserst zarte homogene Haut. In den homogenen Häuter kommen zerstreut einige kleine Pigmentkörnchen und höchst sparsam einige sehr feine Bin- degewebsfäserchen vor. Die Muskelfasern haben eine länglich-ovale Form und einen excentrischen Kern. Ihr Inhalt ist ganz homogen (Hartnack *s). Der Kern ist 0,0045 —0,0055 Mm. lang und 0,0015— 0,0020 Mm. breit und zeigt in seinem Innern einige sparsam zer- streute, kleine Körnchen. Die Breite der Muskelfasern ist 0,0078 — 0,0085 Mm. Nachdem die Muskelfasern einige Tage in Aufl. von Bi. chrom. Pot. von 0,5 ° gelegen haben, lassen sie sich leicht ! VALENTIN. L. c. S. 106. 50 isoliren, und ist der Kern deutlicher als im frischen Zustand zu sehen. Von einem Flimmerepithelium, welches innerlich die Blind- säckchen bekleiden sollte, habe ich niemals etwas gesehen. Die von beiden Seiten gegen die Mitte hin verlaufenden Zweige und Äste, in welche die zahllosen traubigen Anhänge ausmünden, bestehen ebenfalls aus drei Schichten, einer zarten, bindegewebigen Innen- membran, einer aus transversalen Muskelfasern zusammengesetzten Zwischenschicht, und einer bindegewebigen äusseren Haut. Die museulöse Haut bildet in den kleineren Ästen und Zweigen eine verhältnismässig dicke Schicht, während dieselbe in dem gemein- schaftlichen Ausführungsgang mehr zurück tritt und so wohl die in- nere, wie die äussere Bindegewebshaut viel kräftiger entwickelt sind. Nur in dem gemeinschaftlichen Ausführungsgang habe ich innerlich ein Flimmerepithelium beobachten können. Die ganze äus- sere Fläche des Eierstocks ist von einem Wimperepithelium bekleidet. Die Hoden sind ganz ähnlich wie die Ovarien gebildet. Auch bei ihnen ist der fünfte hintere kleiner und mehr von den anderen geschieden. Die Blindsäckchen der Hoden stimmen im Bau fast vollkommen mit denen der Ovarien überein, und weichen nur darin von diesen ab, dass die Muskelhaut noch zarter ist als die der Ovarien. Die Zweige und Äste, in welche die Blindsäckehen aus- münden, so wie der gemeinschaftliche Ausführungsgang, stimmen vollkommen mit denen der Ovarien überein. In den Hoden findet man eine weissliche, an Spermatozoiden überaus reiche Flüssigkeit. Die Samenkörperchen (Taf. VII Fig. 59) bestehen aus einem sehr kleinen rundlichen körper mit einem feinen haarförmigen Schwanz, wie schon durch KöLLıker ', VALENTIN’, PETERS® und LA VALETTE ST. GEORGE * nachgewiesen ist. Dieselben sind 0,016—0,023 Mm. lang und zeigen eine äusserst lebhafte Bewegung, welche selbst mehr als 24 Stunden fortdauert. Auf welche Weise die Samen- körperchen die Hoden verlassen, habe ich nicht feststellen können. Nur ein sehr kleiner Theil scheint durch den gemeinschaft- lichen Ausführungsgang und durch die Genitalmündungen im Schei- ' KÖLLIKEr. Beiträge zur Kenntniss der Geschlechtsverh. ete. wirbell. Thiere 1841. 2 VALENnTıIN. L. c. S. 106. 3 PETERS. Muller’s Archiv. 1340. S. 143, 4 VALETTE ST. GEORGE. Stricker’s Handb. S. 529. 51 telschilde die Hoden zu verlassen, der grösste Theil dagegen kommt auf eine bis jetzt mir unbekannt gebliebene Weise in die innere Leibeshöhle. Wenn man einen männlichen Zekinus zur Zeit der Geschlechtsreife öffnet, so findet man das in dem Leibesinnern vor- handene Seewasser durch die darin vorkommenden Samenkörper- chen milchweisslich getrübt. Bei allen von mir untersuchten männ- lichen Echinen habe ich dieses gefunden, ohne dass die Hoden ver- letzt oder angestochen waren, und nur in der Art kann ich mir das Vorkommen von der zahllosen Samenkörperchen in Leibesin- nern erklären, dass die Blindsäckchen der Hoden, wenn sie mit Samenflüssigkeit angefüllt sind, platzen und ihren Inhalt in die Leibeshöhle ausgiessen. Um fest überzeugt zu sein, dass die Sper- matozoiden nicht durch Verletzung des Hodens in die Körperhöhle gekommen waren, öffnete ich die Thiere von der Mundfläche aus. Hier war es also unmöglich dass ich einen Hoden anstechen könnte. Die Spermatozoiden kamen zuweilen in solch einer überaus gros- ser Zahl vor, dass sie die Untersuchung der anderen Organe sehr erschwerten. Bei Spatangus purpureus und Eehinocardium corda- Zum kommen 4 äussere Genitalmündungen im Scheitelschilde vor (Taf. III. Fig. 3.) Bei allen von mir untersuchten Spatangen be- trägt auch die Zahl der Geschlechtsdrüsen immer vier. Wie bei de Eehiniden die fünfte hintere kleiner entwickelt ist, so ist bei den Spatangen die erste vordere Geschlechtsdrüse viel weniger stark entwickelt wie die drei anderen (Taf. III. Fig. 4.) Männliche und weibliche Organe sind auch hier äusserlich im Bau einander sehr ähnlich, der Farbe nach jedoch in gleicherweise wie bei den Zes:- niden verschieden. Sehr oft wird jedoch die weissliche Farbe der männlichen Organe durch Ablagerung zahlreicher, dunkelbrauner Pigmentkörner in den Wänden der die Hoden zusammensetzen Blind- säckchen verdeckt. Die Ovarien sind zusammengesetzte drüssige Organe, aus zahllosen traubenförmigen Blindsäckchen bestehend, welehe gegen die Mitte hin in Zweige, Äste und endlich in einen gemeinschaftlichen Stamm als Ausführungsgang zusammenmünden, der nach dem Genitalporus hin verläuft (Taf. VII. Fig. 60.) Die Geslechtsdrüsen hängen frei in die Leibeshöhle hinein, und werden nur durch aus fibrillären Bindegewebsbündeln bestehende, feine Bändehen an sehr kleinen Höckerchen der interambulacralen Fel- 4* 52 der befestigt. Die Eier (Taf. VII. Fig. 57.) haben eine rundlich-ovale Form, wie bei den Zekinen, sind jedoch grösser. Sie bestehen aus einer Dotterhaut, gelblich gefärbtem Dotter, Keimbläschen, Keim- fleck und einer das ganze Ei umgebene Umhüllungsschichte. Der Dotter ist fein granulirt. Das Keimbläschen von 0,042—0,048 Mm. liegt excentrisch und ist sehr deutlich doppelt eonturirt. Der Keim- fleek, welcher 0,009—0,010 Mm. gross ist, ist ebenfalls doppelt conturirt und zeigt fast immer einen Nucleololus, der bei einer Grösse von 0,005—0,0045 Mm. zahlreiche, kleine Körnchen in Innern enthält. Die Grösse der Eier wechselt zwischen 0,18—0,24 Mm. ab. Durch die Umhüllungsschichte werden wie bei den Zekinen die Eier zusammen verkittet. Die Blindsäckchen, welche die Ovarien zusam- mensetzen, bestehen auch hier aus drei Schichten: 1. eine äusserst zarte bindegewebige Aussenschicht 2. eine, aus transversalen Mus- kelfasern bestehende mittleren Lage, 3. eine, aus sehr feinen Bin- degewebsfibrillen zusammengesetze innere Haut. In den Bindege- webshäuten kommen einige sparsam zerstreute, kleine Pigmentkörn- chen vor. Die Muskelfasern sind fast ganz ähnlich wie bei den Ze%:- niden gebaut; sie weichen nur darin von diesen ab, dass die Fasern etwas breiter und etwas stärker entwickelt sind (Taf. VII, Fig. 61.). In den kleineren Ästen und Zweigen, besonders aber in dem semeinschaftlichen Ausführungsgang, sind die Bindegewebshäute im Verhältniss zu der Muskelfaserhaut stärker entwickelt, und in dem Ausführungsgang tritt die Muskelfaserhaut fast ganz zurück. Wie bei den Zehiniden habe ich auch nur in dem Ausführungsgang ein inneres Flimmerepithelium beobachtet. Der gemeinschaftliche Aus- führungsgang ist bei den Spatangen ziemlich lang (14—18 Mm.) und wird durch straffes Bindegewebe an der inneren Fläche der Schale befestigt. Jeder der vier Gänge tritt in der Nähe des Schei- telschildes durch einen Brückenbogen, welcher von dem Steinkanal abgegeben wird und zum Stütz des Ausführungsganges dient, wie schon bei der Beschreibung des Steinkanals erwähnt wurde (Taf. III, Fig. 4, Taf. VIII, Fig. 69.). Die reifen Eier verlassen durch den Ausführungsgang die Geslechts- drüse und treten durch den Genitalporus nach aussen. Über die Ent- wickelung der Eier habe ich bei den Spatangen keine Beobachtun- gen gemacht. 53 Die den Hoden zusammensetzenden Blindsäckehen weichen nur darin von denen der Ovarien ab, dass die Muskelfaserhaut in den Hoden viel weniger stark entwickelt ist und dass in den zarten Bindegewebshäuten mehr Pigmentkörner abgesetzt sind. Die klei- neren Äste und Zweige, so wie der gemeinschaftliche Ausführungs- gang stimmen vollkommen mit denen der Ovarien überein. Bei den von mir im Anfang des Monates April untersuchten Spatangen aus der Nordsee, waren die Hoden noch nicht im geslechtsreifen Zustand. Die innere Bindegewebshaut der den Hoden zusammensetzenden Blind- säckehen ist mit sehr zarten, runden oder mehr oder weniger poly- gonalen Zellen bekleidet, welche 0,006— 0,008 Mm. gross sind. Ihr Inhalt ist fast ganz homogen, nur hier und dort bemerkt man einige unmessbar kleine Körnchen in ihrem Innern (Hartnack */s) (Taf. VII. Fig. 63). Mit denselben Formelementen sind nicht allein die Blindsäckehen innerlich bekleidet, sondern dieselben kom- men auch in überaus reicher Zahl frei in den Blindsäckchen vor. Es sind wahrscheimlich die Zellen, aus welchen sich später die Samenkörperchen entwickIn sollen. Wie bei den ZeAinen, sind die Geschlechtsdrüsen überall mit einem Wimperepithelium überzogen. Vergleichen wir den histologischen Bau der Generationsdrüsen der Zehinoiden mit denen der Zolothurien , so finden wir auch hier sehr übereinstimmende Anordnungen. SEM- PER! beschreibt den Eischläuchen folgendermaassen: “Zu äusserst findet sich wie immer ein wimperndes, kleinzelliges Epithel, das mit dem des Mesenteriums in Verbindung steht. Gleich darauf folgt eine einfache Ringmuskelfaserlage, dann eine sehr verschieden mächtige Bindegewebsschicht, und endlich das innere Epithel.’ Was die Bil- dung der Eier betrifft, stimmen auch hier meine Untersuchungen mit demen von SEMPER im allgemeinen überein. Nach SEMPER bilden sich die Eikeime wie die Bildungszellen der Spermatozoiden aus dem inneren Epithel der Follikel. Die Entwi- ckelungsgeschichte der Zoospermien hat SEMPER nicht verfolgt. Die Entwickelung und die Structur der Eier der Zolothurien weicht aber bedeutend von den der Zekinoiden ab. Denn erstens fehlt den Eiern der Zehinoiden die dünne kermhaltige Eihaut oder Eikapsel, I SEMPER L. ce. S. 145. 54 und die darunter liegende Eiweisschicht ist nicht radiär gestreift, sondern bei diesen Thieren ganz homogen. Weiter habe ich bei den Echinoiden den Mikropyleanal nicht auffinden können, welcher bei den Holotkurien so prächtig ausgebildet ist, und endlich habe ich das Keimbläschen immer doppelt conturirt gefunden, während bei SEMPER, sowohl in der Beschreibung, als den Abbildungen nach, das Keimbläschen des Holotkurien nur einfach conturirt ist. V DAS NERVENSYSTEM. Das Nervensystem besteht bei den ZeAiniden aus dem schwachen Nervenschlundring und den fünf Ambulacralnerven. TIEDEMANN ' hat schon einige theilweise richtige Andeutungen über das Nervensystem gegeben. Kronn ? gebührt aber der grosse Verdienst die ersten ge- naueren Untersuchungen über das Nervensystem geliefert zu haben. JoH. Mütter ?’und VALENTIN ” haben später die Angaben Kronx’s bestätigt. Der Centraltheil des Nervensystemes, der Nervensehlundring, liegt bei den Zekiniden über den Boden der Mundhöhle zwischen den Aussackun- gen derselben und den Pyramidenspitzen. Er hat eine pentagonale Form und wird, wie auch schon Kroun angegeben hat, durch zehn sehr zarte Querbändehen in seiner Lage erhalten. Im frischen Zustande ist der Nervenschlundring gewöhnlich gefärbt, violet bei Toxopmeus- tes livides, voth bei Sphaerechinus esculentus, saxatilis, brevispinosus etc. Von dem Nervenpentagon treten fünf Stämme ab, die fünf Am- bulacralnerven. Jeder dieser Nervenstämme tritt in den Zwischen- raum zweier Pyramiden und erstreckt sich nun, lose an die untere Schalenöffnung überziehende Membran angeheftet, ‘gegen den in seiner Richtung gelegenen Brückenbogen. Durch den Brückenbogen hindurchgetreten und theilweise auch schon vor dem Durchgang wird I TIEDEMANN. L. c. S. 76. 2 Krous. Über die Anordnung des Nervensystemes der Echiniden,. ect. Ar- chiv. f. Anat. und Phys. Jahrg. 1841. S. ]. 3 Jom. Mütter. Über den Bau der Echinod. Dessen Archiv. 1853. 8. 1. Abhl. der Berl. Akad. 1853. S 138. “ VALENTIN. L. c. S. 94 55 der Nervenstamm vollkommen von dem Wassergefässkanal über- deckt. In seinem Verlauf von dem Brückenbogen bis zum Anus wird der Nervenstamm gewöhnlich etwas breiter und übertrifft weit in Stärke den Nervenschlundring, wesswegen JOH. MüLLER die Ambu- lacralnerven als Ambulacralgehirne aufgefasst hat. Durch eine Median- furehe wird jeder Ambulacralnerv gewöhnlich in zwei Seitenhälften getheilt. In seinem Verlaufe von dem Brückenbogen bis zum Anus gibt der Ambulacralnerv in regelmässigen Abständen feine Queräst- chen ab (Taf. VIII. Fig. 64.), welche unter den Ambulacralbläschen verlaufen, durch die Ambulacralporen auf die äussere Oberfläche kommen und höchst wahrscheinlich auch an die Saugfüsschen, Pedizellarien und an die Muskeln der Stacheln kleine Zweige abge- ben. Der Ambulacralnerv setzt sich nach oben bis zum Augenpunkte des Ozellartäfelchens- fort. Von dem histologischen Bau des Nerven- systemes der Echinodermen ist im Allgemeinen noch wenig be- kannt. Baur! gibt in seinen Beiträgen zur Naturgeschichte der Synapta digitata an, dass der Ring, das Centrum des Systemes, in nichts von den 5 radialen Stämmen abweicht. An jedem Theile unterscheidet man nach BAur “eine membranöse strueturlose oft quergerunzelte Hülle und eine körnige Füllung.” In der Achse verläuft ein unuuterbrochener Kanal der in den ringförmigen Commissur und in dem Anfängstheil der Radialäste sehr deutlich ist und ein rundliches Lumen hat, mit der Verflachung der Röhre undeutlicher, und endlich spaltförmig wird. Die gesammte den körnigen Kanal begrenzende Nervensubstanz besteht überall aus denselben Formelementen. Es sind lauter gleich grosse, runde, sehr dicht und oft wie im einer Reihe stehende Körperchen. Sie gleichen ganz Zellenkernen oder kleinen ihren Kern ganz dicht umschlies- senden Zellen. Zwischensubstanz ist gar nicht oder nur sehr sparsam vorhanden. Eine peripherische Verästelung der radialen einfach röhren- förmigen Nervenstämme der Leibeswand findet nicht statt. Es findet sich auch nirgends ein Analogon der eigentlichen Nervenfaser. Häcker ?, der das Nervensystem der Seesterne untersucht hat, giebt ! A. Baur. Novorum aetorum academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae Tom. KARTE. Sc 31. 2 Häckeı. Zeitschrift f. Wissensch. Zool. Bd. X. 1860, S. 188, 56 an, dass es ihm trotz aller Vorsicht und trotz der Anwendung ver- schiedener Erhärtungsmethoden, nur gelungen ist, die Existenz der Ganglienzellen und der Primitivröhren so wohl in dem centralen Nervenring als in den Radialstämmen nachzuweisen, während er über die Vertheilung und Verbindung der beiderlei Elemente nicht klar werden könnte. Der Durchmesser der Ganglienzellen beträgt nach HäckeEuL bei Astracantion glacialis 0,01—0,02 Mm., bei Astro- pecten aurantiacus 0,004—0,012 Mm. Es sind äusserst zarte und blasse, helle Kugeln. Eine Membran lässt sich an denselben nicht wahrnehmen. Der Inhalt ist wasserklar, nicht körnig und zeigt fast immer in excentrischer Lage einen ebenso blassen und homogenen Kern von ungefähr 0,002—0,005 Mm. Durchmesser. Fortsätze der Nervenzellen und Verbindungen mit den Primitivröhrehen waren nieht zu erkennen. Die Primitivröhrchen selbst sind 0,0015—-0,006 Mm. , die meisten 0,004 Mm. breit. Sie sind ebenso blass, zart, homogen und ohne sichtbare Differenz zwischen Hülle und Inhalt. Bei A4stro- pecten liegen zwischen den Primitivröhrehen sowie auch unter dem ziemlich festen quergerunzelten homogenen Neurillemm, Längsrei- hen stellenweise auch klumpige Anhäufungen von 0,003—0,005 Mm. grossen Pigmentzellen. Beiderlei nervöse Elementartheile kommen in der ganzen Ansdehnung der Radialstränge und des Nervenrin- ges vor; doch so, dass die Zellen in der Peripherie, die Röhren in der Achse der Nervenstränge zu überwiegen scheinen. SEMPER ! hat nur bei in Spiritus conservirten Holothurien das Nervensystem einer genaueren histologischen Prüfung unterwor- fen. Ich habe in Nizza das Nervensystem der Zekiniden, theils im frischen Zustande, theils nach Maceration in Auflösungen von Bi-chrom. Pot. und Acid. chrom. untersucht. Im allgemeinen stim- men meine Untersuchungen mehr mit denen Häcker’s überein. Von einem in der Achse des Nervensystemes verlaufenden, unun- terbrochenen Kanale wie Baur beschreibt, habe ich niemals etwas gesehen; dagegen habe ich sowohl in dem Nervenschlundring wie in den 5 Ambulacralnerven, wie Häcker, Ganglienzellen und Ner- venfasern unterscheiden können. Die Ganglienzellen in dem Ner- venschlundring sind 0,012—0,016 Mm. gross. Sie sind sehr zahl- ! SEMPER. L. c. S. 146. 57 reich, liegen fast neben einander und bilden gewöhnlich den peri- pherischen Theil des Nerves, während der centrale Theil mehr aus Nervenfasern besteht. Im frischen Zustande sind die Ganglienzellen fast ganz homogen. Von einer s. g. Zellwand ist kaum etwas zu be- merken. Sie haben gewöhnlich einen Kern der 0,003—0,004 Mm. gross ist mit sehr blassen Contouren und einem äusserst feinkörni- gem Inhalt (Taf. VIII, Fig. 65). Nervenfortsätze habe ich niemals an den Ganglienzellen beobach- ten können. Nach Maceration in Auflösungen von Bi-chrom. Pot. von 0,5°,—1°/,, zeigte sich das Protoplasma der Ganglienzellen mehr körnig und hat der Kern auch schärfere Contouren bekommen. Es is mir aber nie gelungen gut isolirte Ganglienzellen zu sehen. Die Ganglienzellen aus den Ambulacralnervenstäimmen sind gewöhn- lieh nieht so gross wie die aus dem Nervenschlundring. Sie hatten gewöhnlich eine ovale, zuweilen runde Gestalt. Ihre Grösse wechselte ab zwischen 0,008—0,010 Mm. Sie zeigten im frischen Zustande ebenfalls einen ganz homogenen Inhalt und einen deutlichen jedoch sehr kleinen Kern. Nach Maceration in Aufl. von Bi-chrom, Pot. zeigte sich auch ihr Inhalt feinkömig, und es ist mir höchst selten gelungen eine Ganglienzelle gut zu isoliren. Die Isolation war aber sehr mangelhaft; Fortsätze an den Ganglienzellen habe ich niemals trotz der vorsichtichsten Behandlung, beobachten können. Die Zahl der Ganglienzellen in den Ambulacralstämmen ist wie in dem Nerven- schlundring sehr gross, und sie kommen auch hier in den peripherischen Theilen am meisten vor. Die Nervenfasern in den Ambulacralstäm- men sind fast unmessbar fein. Über ihren histologischen Bau kann ich nichts näheres angeben. So wohl zwischen den Nervenfasern als zwischen den Ganglienzellen kommt äusserst fein körniges Pigment vor. Von den peripherischen Nerven kann ich ebenfalls nichts be- stimmtes angeben, wohl habe ich einige Male kleine weissliche Fädehen von dem Schlundnervenring nach dem Oesophagus treten sehen, wie VALENTIN' dies auch schon angegeben hat, habe sie aber nicht weiter verfolgen können. Auch die von den Ambulacral- nerven abgehenden Querstämmechen habe ich nur bis zu ihrem Durch- tritt durch die Ambulacralporen verfolgen können. Wie sie sich ı VALENTIN. L. ce. S. 97. 58 weiter verhalten, weiss ich nicht. Dass sie sich an den Saugfüsschen,, Pedizellarien und den Muskeln der Stacheln verbreiten, ist mehr als wahrscheinlich. Schon die sehr grosse Empfindlichkeit der Saug- füsschen, auch bei der leisesten Berührung, sprieht dafür, dass sie reich an Nervenfasern sein müssen. Ich habe wiederholt die Ambu- lacralbläschen, Saugfüsschen, Pedizellarien und die Stachelmuskeln mit Goldchloridlösungen in den angegebenen Verdünnungsgraden behandelt, ohne dass ich mit einiger Sicherkeit Nervenfasern hätte nachweisen können. Osmiumsäure stand mir in Nizza nicht zu Ge- bote. Auch nach Maceration der Saugfüsschen und Stachelmuskeln in Auflösungen von verschiedener Stärke ist es mir nicht gelungen, die Nervenfasern auf zu finden. Die feinen variecösen Fädchen an den Muskelfasern nach Behandlung in schwachen Lösungen von Bi- chrom. Pot., sind schon an anderen Stellen erwähnt worden. Wir sehen also, dass der Bau des Nervensystemes der Asteriden, wie ihn HäckEr beschrieben hat, sehr nahe mit dem der Zekini- den übereinstimmt. Bei beiden Thiergruppen finden wir so wohl Ganglienzellen als Nervenfasern, doch so, dass die Zellen in der Peripherie, die Röhren in der Achse der Nervenstränge überwiegen. Auch Baur fand bei den Zolothurien in.der von ihm sogenannten körnigen Füllung, welche den peripherischen Theil der Nerven- stämme bildet, dicht gedrängte Zellen, welchen höchst wahrschein- lich die Bedeutung von Ganglienzellen zukommen wird. Über das Nervensystem van Spatangus purpureus besteht meines Wissens nur eine Arbeit, und diese verdanken wir Kronn'‘. Er theilt folgendes darüber mit. “Die innere Fläche der die Schalen- öffnung überziehenden Membran ist mit einer fibrösen Haut beklei- det, welche den Gefäss- und Nervenring von einander scheidet, in- dem jener ihr von ihnen, dieser von aussen anliegt. Beide umkreisen den Mund. Der Gefässring folgt den Contouren der Schalenöffnung, der Nervenring dagegen bildet ein ungleichschenkeliges Pentagon, so dass beide obgleich über einander liegend sich nur. stellenweise decken. Nie ist der Nervenring gefärbt und seine Schenkel immer weniger stark als die 5 Nervenstämme die er entlässt.’ Meine Untersuchungen stimmen nicht vollkommen mit denen von ! Kronn. Müllers Archiv. 1841. S. 1. 59 Kronx überein. Der Nervenring bildet, wie KROHN richtig bemerkt, ein ungleichschenkeliges Pentagon, (Taf. VIII. Fig. 68. VI. 4 a 44 b) und liegt gerade an der Übergangsstelle der Oberlippe in die angrenzenden Schalentheile.. Von den fünf Winkeln dieses Pentagons entspringen die fünf Ambulacralnervenstämme, welche in Stärke das Nervenpantagon nicht übertreffen. Innerhalb dieses Pentagons, unmittelbar demselben anliegend, findet sich der eben- falls fünfeckige Wassergefässring. Die von den fünf Winkeln dessel- ben entspringenden ambulacralen Kanäle treten über das Nervenpen- tagon und laufen bis zum Scheitelschilde über die Nervenstämme, so dass auch hier, wie bei den Zekiniden, die Nervenstämme durch die Wassergefässkanäle gedeckt werden, nur mit der Modification dass die Wassergefässkanäle bei den Spatangen viel weniger stark als bei den Zehiniden entwickelt sind und also hier die Nerven- stämme nur theilweise decken. Die Deckhaut der Oberlippe (S. 26) bildet aber nicht die Scheidewand zwischen dem Nerven- und Was- sergefässpentagon, sondern geht, über dem Nervenpentagon hinweg, in die die innere Schalenwand auskleidende Membran über. Der nach hinten gekehrte Schenkel des Nervenpentagons geht nicht vor, sondern hinter dem Schlunde herum, so dass also auch bei den Spa- fangen wie bei den Zekinen ringsum den Schlund ein Nervenring vorkommt. So wohl der Nervenschlundring als die ambulacralen Nervenstämme unterscheiden sich zugleich durch ihre blaue oder röthliche Farbe. Was den histologischen Bau der Nerven angeht, so stimmem Spa- Langen mit Echinen vollkommen überein. Die Ganglienzellen bilden 0,008—0,0012 Hm. grosse, helle Kugeln mit einem blassen Kern. In den peripherischen Theilen des Nerven kommen sie in ungeheuer grosser Zahl vor, während der centrale Theil mehr aus Fasern zu bestehen scheint. Nach Maceration in Auflösungen von Bi-chrom. Pot. von 0,1°%—0,5% bekommen die Zellen schärfere Contouren, und wird der Inhalt feinkörnig; die Isolation war aber sehr mühsam und unvollkommen. Die Nervenfasern sind unmessbar fein, blass, homogen und ohne sichtbare Scheidung in Hülle und Inhalt; einen Zusammenhang der Fasern mit den Zellen habe ich nicht beobach- ten können. So wohl der Nervenring als die Nervenstämme stim- men im Bau mit einander vollkommen überein. Die letztern geben 60 in regelmässigen Abständen Querästehen ab, welche denen der ambu- lacralen Wassergefässkanäle folgen, durch die Ambulacralporen nach aussen treten und höchst wahrscheinlich an die Stachelmuskeln, Ambulacralfüsschen und Pedizellarien feine Fäserchen abgeben. So wohl zwischen den Nervenfasern als zwischen den Ganglienzellen liegen Längsreihen oder klumpige Anhäufungen von Pigmentzellen und Pigmentkörnern. Was die feineren Verzweigungen der Nerven angeht, so kann ich leider bei den Spatangen hierüber auch nichts besonderes angeben. Frische Theile des Nervensystemes mit Goldehloridlösung behan- delt haben mir keine Resultate gegeben. Wohl werden nach zwölf- stündlicher Behandlung von einer 0,01% Goldehloridlösung die Ner- venstämme und der Nervenring etwas dunkeler gefärbt, jedoch stellt die natürliche Farbe des Nervensystemes bei den Spatangen der Farbenveränderung nach Goldreduetion grosse Schwierigkeiten ent- gegen. Weder an den Ambulacralbläschen noch an den Saugfüsschen , noch an den Stachelmuskeln habe ich nach dieser Behandlung Spuren von Nerven auffinden können. Mit Osmiumsäure bin ich nicht besser ausgekommen. Wenn man ganz, frische Theile 24 Stunden in einer 0,01°%, Lösung behandelt und dann in gewöhnliches Wasser thut, werden die Nervenstämme und der Nervenring nach einigen Tage dunkelschwarz gefärbt. Aber von der peripherischen Nervenausbreitung habe ich auch nach dieser Behandlung nichts weiteres erfahren können. Von Sinnesorganen habe ich weder bei den Spatangen noch bei den Zchinen etwas auffinden können. Auch die von Häcken, bei den Asteriden als Augen beschriebenen Organe, fehlen so wohl den Eehinen als den Spatangen. DAS BLUTGEFASSSYSTEM. Die ersten genaueren Angaben über das Blutgefässsystem der Echinen, verdanken wir TIEDEMANN '. Wohl hat schon früher DELLE ı! TIEDEMANN. L. c. S. 80. 61 UHIAgE ! einige Mittheilungen über die Blutgefässbahnen der Zeär- niden gemacht, doch diese sind fehlerhaft und unvollständig. Nach TIEDEMANN kommt bei den Zekiniden, am Scheitel unter den Geni- talöffnungen ein das Mastdarmende umgebender Gefässring vor, aus welchem dieht neben der Madreporenplatte ein kurzes Gefäss seinen Ursprung nimmt. Dasselbe steigt gegen die Laterne herab und mün- det in einen braunen, länglich — eiförmigen gegen 2 Linien lan- gen Kanal, (das Herz) ein, dessen Wände aus bräunlichen, spiralig untereinander verwebten Muskelfasern besteht. Aus diesem herz- förmigen Kanal, den wir einfach “das Herz’ nennen wollen, ent- springt am unteren Ende ein Gefäss, welches theils unmittelbar, theils nachdem es einen Gefässring um den Anfang der Speiseröhre gebildet hat, längs dem inneren Rande des ganzen Darmtractus verläuft, als ein enges Gefäss anfängt, darauf sich erweitert und zuletzt wieder sich verengt. Es ist die Darmarterie. Ihr gegenüber verläuft am äusseren Rande des Darmes, ein ebenfalls in der Mitte allmälig erweitertes Gefäss, das in seinem Verlaufe eine Menge feiner, aus den Darmwänden herkommender Zweige aufnimmt und andere an die innere Schalen- auskleidung absendet; es ist die Darmvene. Die letzere steht weder im Zusammenhang mit dem Herzen, noch mit der Darmarterie. Der das Mastdarmende umgebende Gefässring (eirculus analis), in welchen die von der inneren Schalenauskleidung herkommenden Gefässe nennt er “die Respirationsvene.”” VALENTIN ” hat ausser dem Gefässring am Oesophagus und dem am Anus, noch einen dritten Gefässring be- schrieben, welchen er “l’anneau annulaire veineux de la lanterne’’ nennt. Dieser ist aber der Wassergefässring, welchen VALENTIN nicht gekannt hat. Nach VALENTIN sollte die Darmvene mit dem Gefässring am Anus in Communication stehen. Endlich sollten nach TIEDEMANN und VALENTIN auf jedem der fünf Wassergefässkanäle noch ein arterielles und ein venöses Gefäss verlaufen. Jom. MüLLER ? hat später die Untersuchungen TiEDEMANYs in der Hauptsache be- stätigt; jedoch unter einigen Verbesserungen, auf welche wir zu- l DELLE CH1AJe. L. e. S. 336. 2 VıALENTIN. L. ce. S. 89. 3 Jom. MÜLLER. Über den Bau der Echinodermen. 8. 136. 62 gleich zurück kommen werden. Auch meine Untersuchungen stim- men im allgemeinen mit denen von TIEDEMANN überein, von dem ich jedoch in einigen Punkten bedeutend abweichen muss. Das Herz der Zchiniden ist ein mehr oder weniger länglich-ovaler Schlauch, gewöhnlich von bräunlicher Farbe. Er ist nach Leypıg' durch eine homogene, jedoch wimpertragende Haut, wie vor einer Art Periecardium umgeben. VALENTIN sagt einfach dass das Herz “par la double lame&lle du me&sentere”’ umhüllt ist. Nach Leyvıc ist aber die Beziehung zwischen der flimmerenden Hülle und dem Herzen eine andere, als die eines einfachen Pericardiums, denn dieselben hellen Körperchen, welche in den Blutgefässen vorkommen, sah er auch in einem klaren Fluidum zwischen der Hülle und dem Her- zen treibend. Leider kann ich hierüber nichts Genaueres angeben. Dass die das Herz umhüllende Haut wimpert, habe ich auch ge- sehen; in welcher genaueren Beziehung diese Hülle zu dem Herzen steht, weiss ich nieht und ich habe versäumt dies an frischen Thie- ren festzustellen. Wenn man Querschnitte vom Herzen mit einem scharfen Messer macht und sie bei schwächerer Vergrösserung be- trachtet, so bemerkt man dass das Herz eine cavernöse Struetur zeigt. In der Mitte findet man gewöhnlich eine ziemlich grosse Höhle, welche die ganze Länge des Herzens von oben nach unten durchläuft, und an der unteren Spitze in das von dem Herzen ab- gehende Gefäss überzugehen scheint. Lateralwärts von diesem gros- sen Raum, bemerkt man ein Balkenwerk, mit dazwischen gelege- nen Maschen, während nach der Peripberie hin, das Gewebe des Herzens mehr compact wird. Über den histologischen Bau des Herzens bin ich nicht ganz klar geworden. Nach Leyvıe haben die Muskelprimitiveylinder, welche sich an der Bildung des Herzens betheiligen, eine zarte Hülle und einen körnig bröckligen Inhalt. Es ist mir nie gelungen die Muskelfasern weder im frischen Zustand, noch nach Maceration in Aufl. von Bi-chrom. Pot., gut isoliren zu können. Zwischen den Muskelfasern und wie es scheint auch theil- weise in den Muskelfasern selbst, bemerkt man eine so ungeheuer grosse Menge Pigmentkörnchen, mit äusserst kleinen ungefärbten Kügelehen gemischt, dass ich mir kein klares Bild von der eigent- ' Lexvie. L. ce. S. 312. 63 lichen Struetur der Muskelfasern habe machen können. Nur so viel kann ich angeben, dass die Muskelfasern in verschiedenen Rich- tungen einander kreuzen, aber so dass man um die Maschen herum immer kreisförmige Fasern findet. Am unteren Ende des Herzens geht ein Gefäss ab, welches be- kanntlich in das Ringgefäss, das um den Oesophagus herumläuft, einmündet. Das Ringgefäss ist ein sehr feiner Kanal und zwischen dem Oesophagus und den fünf Schaltstücken gelegen. So wohl das an der Bauchseite (Darmarterie. TIEDEMANN), als das an der Rücken- seite (Darmvene. T.) gelegene Gefäss, kann man bis zum Ring- gefäss der Speiseröhre verfolgen. Das Bauchgefäss fängt als ein sehr feiner Kanal an, erweitert sich bedeutend in der Mitte und verschmälert sich wieder am Mast- darm bevor es in den Cireulus analis eintritt. Das Rückengefäss fängt ebenfalls als ein sehr feiner Kanal an, erweitert sich auch in der Mitte des Darmtraetus um darauf wieder enger zu werden und lässt sich nicht, wie VALENTIN angibt, bis zum Cireulus analis, sondern nur bis in der Gegend des Mastdarms, wie TIEDEMANN und auch JoH. MüLLEerR beschreiben, verfolgen, ohne mit dem Ring- kanal des Mastdarms in Communication zu stehen. Gefässe auf der die innere Fläche der Schale bekleidenden Mem- bran, wie TIEDEMANN und VALENTIN erwähnen, welche vom Rücken- gefäss her kommen sollten, habe ich nie gesehen ; auch JoH. MüLLer ! sagt: “die Fäden vom Darm zur Schale sind nur Bänder.” Eben- falls muss ich das Vorkommen von Gefässen an den Wassergefäss- kanälen läugnen. Über den histologischen Bau der Gefässe kann ich folgendes mittheilen, was in der Hauptsache mit den Untersu- chungen von SEMPER” über die Holothurien, übereinstimmt. Äus- serlich sind die Gefässe mit einem Wimperepithelium überzogen. Darauf folgt eine einfache Lage dicht gedrängter äusserst dünner kreisförmiger Muskelfasern. Auf dieser Muskelfaserschicht folgt nach innen eine feine Bindegewebsschicht. So wohl in dieser wie in der vorigen Schicht, kommen überaus zahlreiche kleine gelb bis braun- liche Pigmentklümpehen und noch kleinere helle Kügelchen vor. '! Jos. Mürser. Ueber den Bau der Echinodermen. S. 137. 2 SEMPER. L. c. S. 112. 64 Kalkkörperchen, wie SEMPER in den Gefässen der Holothurien ge- funden hat, sind mir nicht vorgekommen. Innerlich sind die Gefässe mit einem mehrschichtigen kleinzelligen Epithel bekleidet. Dieses Epithelium ist kein Flimmerepithelium, wie auch schon Jon. Mün- LER gegen VALENTIN behauptet hat. Um den Verlauf der Gefässe am Darme verfolgen zu können, habe ich Injeetionen zu machen versucht. Ein erstes Erförderniss dazu ist, dass man frische Thiere benützt, denn wenn die Thiere erst in Spiritus gele- gen haben, setzt der geronnene Faserstof den Injecetionen grosse Schwie- rigkeiten entgegen. An den Eingeweiden ganz frischer Thiere ist es mir jedoch nach sehr vielen fruchtlosen Versuchen, endlich einige Male gelungen das Bauchgefäss theilweise zu injieiren. Ich habe dazu in feine Spitzen ausgezogene gläserne Röhrchen gebraucht, die ich mit transparenter kaltflüssiger Injeetionmasse (dem Beale’schen Karmin oder Richardson’schen Blau) füllte, dann ganz vorsichtig die Spitze des Röhrehens in das Lumen des Gefässes einzubringen und durch langsames Blasen die Masse in die Gefässe einzutreiben versuchte. In den meisten Fällen mislangen die Injeetionen, da ich entwe- der die Injeetionsmasse in den Darm, oder nach aussen spritzte, indem ich die Spitze des Injeetionröhrehens durch die Wand des Gefässes hindurch gestochen hatte. Nur einige Male gelang es mir, die Injectionsflüssigkeit in die Gefässe selbst hineinzutreiben. Man merkt es sogleich, wenn die Injection gelingt, da alsdann die inji- eirte Masse viel langsamer herabsteigt. Ich habe jedoch nur partielle Injeetionen von dem Darmtraetus machen können, und es ist mir niemals gelungen eine so vollstän- dige Injeetion darzustellen, dass die Flüssigkeit aus der Darmar- terie in die Darmvene hineingetrieben war. Es ist leichter von der Darmarterie als von der Darmvene aus zu injieiren. Aus den von der Darmarterie injieirten Praeparaten des Darmkanals, geht nun hervor dass ein in dem Darmrohr eingeschlossenes, sehr reichhal- tiges, lakunenartig sich ausbreitendes Gefässsystem vorhanden ist (Taf. VII. Fig. 70). Besonders in dem Oesophagus kommt ein sehr rei- ches Gefässnetz vor. (Taf. IX. Fig. 72). Wie wir schon bei der Beschrei- bung des Darmkanals angegeben haben, ist der Oesophagus mit zahl- reichen Papillen besetzt. Es ist nun besonders in diesen Papillen, dass man eine überaus grosse Zahl von Gefässverzweigungen vor- 65 handen. An der Basis dieser Papillen, also an der Stelle wo die Papillen der Darmwand aufsitzten, findet man gewöhnlich die Getässverzweigungen so reich entwickelt, dass man fast nichts von der Grundsubstanz in welcher die Gefässe eingebettet sind, bemerkt. Nach der Spitze der Papille hin, sind die Netze etwas weniger stark entwickelt und sind die Gefässverzweigungen auch viel schmäler wie an der Basis. Durch den ausserordentlichen Reichthum an Ge- fässen wird vielleicht den Papillen, die wir als Schlundpapillen be- schrieben haben, die Bedeutung von Darmkiemen zukommen. Welchen Theil des Darmes man auch untersucht, überall findet man ein lakunenartig sich ausbreitendes, sehr stark entwickeltes Gefäss- system. Die Blutflüssigkeit besteht ausser dem eiweisshaltigen Plasma aus Zellen von verschiedener Form und Gestalt (Taf. VII. Fig. 71). Man unterscheidet 1. 0,006—0,008 Mm. grosse, mehr oder weniger rundliche, äusserst feinkörnige, mit einem 0,0053—0,0035 Mm. grossen Kern versehene Zellen. 2. 0,0035—0,004 Mm. grosse Körperchen, am meisten den Kernen der eben erwähnten Zellen ähnlich. Es scheinen aber selbständige Gebilde zu sein, denn zuweilen bemerkt man in ihnen einen sehr grossen, das Körperchen fast gänzlich füllenden Kern. 3. 0,005 —0,006 Min. grosse , vollkommen homogene Zellen, von mattglänzender Farbe. 4. 0,012-——0,015 Um. grosse Zellen, mit einem fein körnigen Inhalt. Im Inneren zei- gen sie 2—4 Kerne, von welchen zuweilen 1—3 Pigmentkörner sind. 5. 0,005—0,006 Mm. grosse, runde Pigmentzellen , gewöhnlich von gelber Farbe. Das Pigment füllt die Zelle fast vollkommen aus. 6. 0,003—0,008 Mm. grosse Häufcheu, von sehr kleinen, gelben Pigmentkügelchen. 7. 0,010—0,012 Mm. grosse, sehr bewegliche Zellen, welche in ziemlich grosser Zahl vorkommen. Die Bewegungen dieser Zellen sind sehr lebhaft und im Anfang dachte ich dass es kleine infusorienartige Thierchen waren. Sie sind gewöhnlich kern- haltig, mit einzelnen kleinen Körchen erfüllt und mit ziemlich stark verästelten, dünnen Ausläufern besetzt. Die Bewegungen dieser Zellen können zuweilen so schnell sein, dass es schwierig ist ihre Form gut zu beobachten. Auch Wırrıams' hat stark verästelte Zellen im Blute von Zekinus beobachtet-und beschrieben. Unter den I WILLIAMS Philos. Transact. 1852. S. 605. 66 4 fein granulirten und pigmentirten Zellen kommen auch Formen vor, welche Bewegungen zeigen, jedoch im viel geringeren Maass. Das Blutplasma der Zehinen ist farblos. Die farblosen Blutzellen sind bedeutend zahlreicher vertreten als die pigmentirten Zellen. Ich will noch bemerken, dass den Gefässverzweigungen am Darm jede Spur von Wänden abzugeben scheint; ich habe wenigstens niemals etwas davon bemerken können. Obgleich es, wie wir am Schluss sehen werden, mehr als höchst wahrscheinlich ist, dass Blut- und Wassergefässsystem auch bei den Eehinen mit einander in Zusammenhang stehen, so habe ich bei diesen Thieren nicht, wie bei den Spalungen, den directen Weg anzeigen können, welcher beide Systeme mit einander verbindet. Die Darmvene, welche, wie angegeben, sieh nicht bis zum Cireulus analis verfolgen lässt, scheint am Ende des Darmes in ein lakunen- artiges Gefässnetz sich auf zu lösen. Die innere bindegewebige Schicht des Darmes it bei den ZeAkinen, wie auch SEMPER bei den Holothurien angiebt, die Trägerin der Blutgefässe. Für die Ovarien und die Wassergefässkanäle kommen keine absonderliche Gefässe vor. Das Blutgefässystem der Spatangen weicht bedeutend von dem der #ehiniden ab. So weit mir bekannt, besitzen wir bis jetzt nur eine Mittkeilung über die Blutgefässe dieser T’hiere. Diese Mitthei- lung, welche theils sehr fehler- theils zu lückenhaft ist, rührt her von MıLnE Epwarps!. Ich muss zugleich bemerken, dass ich bei meinen Injectionsversuchen an den Spatanger viel volkommenere Praeparate wie an den Zchiniden bekommen habe. Denn erstens hat man bei den Spatangen den grossen Vortheil, dass man den ganzen Darmtractus in der Schale liegen lassen kann und nur einen kleinen Theil weg zu brechen hat, um die Gefässe, von welchen aus man die Injeetion anstellen kann, bloss zu legen. Während man also bei den Zekinen erst den ganzen Darm von der Schale los praepariren muss und dureh Zerrung sehr leicht die zarten Darmwände zerreisst, dann auch den Nachtheil hat, dass der heraus genommene Darm aufeiner Wachsplatte befestigt werden muss und der Darm dadurch immer doch noch sehr wenig festliegt, fällt dieser Nachtheil bei den Spalangen gänzlich weg. Zweitens scheinen die ! Cuviıer. Regne Animal. Edition illustree. Zoophytes Pl. XI. bis. 67 Gefässe der Spatangen nicht solche zarte Wände als die der Zehinen zu haben, und drittens ist das Lumen der Gefässe bei den Spatangen nicht so klein wie bei den Zekinen. Ich werde erst das Injeetions- verfahren und dann die Beschreibung des Gefässsystemes vornehmen. Die Gefässe der Spafangen entgehen sehr leicht dem Beobachter, und erst au gut gelungenen Injectionen ist es möglich von dem Verlauf der Gefässe sich zu überzeugen. Wie bei den Zekinen wurde als Injeetionsmasse die transparenten, kaltflüssigen Lösungen (das Richar- son’ sche Blau und das Beale’sche Carmin) gebraucht. Anfangs versuchte ich auch hier, durch Einblasen der Injeetionsmasse die Gefässe zu füllen. Wohl füllten sich auf dieser Weise die Gefässe, aber es stellte sich alsbald heraus, dass man durch Blasen nicht so viel Kraft anwenden könnte, um die Blutgefässe recht gut zu injieiren. Ich habe darum eine andere Methode gewählt. Erstens habe ich mit dem Wulff’schen Apparat, Injeetionen zu machen versucht. Zum Injieiren benützte ich wie bei den Zeckiniden gläserne Röhrchen, welche ich in der Gasflamme in feine Spitzen ausgezogen hatte. Einen grossen Vor- theil besitzen diese gläsernen Röhrchen, wenn das ausgezogene En- de allmählig in die äusserst feine Spitze übergeht; jedoch hat die feine Spitze auch den Nachtheil, dass man sehr leicht durch die Gefässwand hindurchsteckt. Die Wände der Gefässe sind zu zart, als dass man die Injeetionsröhrchen festbinden kann; versucht man dies so zerreist man sogleich die Wand. Man muss also mit einer feinen Nadel eine kleine Öffnung in der Gefässwand machen und das gläserne Röhrchen allmählig so weit in das Lumen des Gefässes einschieben, ‚, bis das Röhrchen ringsherum durch die Wand fest umschlossen wird. Mit dem Röhrchen verbindet man einen Kautschukschlauch,, welcher an der knieförmig herabgebogenen Röhre des Injeetionsapparates verbunden wird. Ein Schraubenquet- scher an dem Kautschukschlauch schliesst die zu injieirende Flüs- sigkeit ab. Fängt man nun die Injection an, so thut man am besten, den Schraubenquetscher so weit zu öffnen, dass die Injectionsmasse sehr langsam aus der gläsernen Kanüle tröpfelt. Man verhindert auf diese Weise am besten, das Luft in die Gefässe hereintritt. Wäh- rend also die Injectionsflüssigkeit leise herauströpfelt, wird die Kanüle durch die gemachte Öffnung in das Gefäss hereingebracht und man bemerkt sogleich ob das Röhrchen wirklich in das Ge- 5* 68 fäss eingeschoben ist. Ist nun die Röhre so weit hereingebracht dass sie fest sitzt, so öffnet man den Quetscher und die Injeetion geht allmahlig vor sich. Bei einem Quecksilberdruck von 16—20 Mm., habe ich prachtvolle Injectionen bekommen. Der Wulff’sche Injeetionsappart hat aber immer einen grossen Nachtheil. Denn erstens ist die Druckhöhe niemals gleichmässig, was immer für die zarten Gefässwände sehr schädlich ist, und zweitens übt das fort- währende Nachgiessen des Quecksilbers durch die Bewegung, welche dadurch in die Injectionsflüssigkeit entsteht, eine sehr nachtheilige Wirkung auf die Injectionsröhre aus, welche wie gesagt nicht fest- gebunden, sondern nur löse in dem Gefäss liegt. Die leiseste Bewe- gung ist im Stande das Röhrchen etwas aus dem Gefäss zu ziehen, was natürlich auf der Verfahren sehr störend einwirkt. Ich habe darum versucht durch eine Art Hebelinjeetionsapparat pie Nachtheile des Wulff’schen Apparate's zu ersetzen, denn ein Hering’scher Apparat stand mir nicht zum Gebot. Eine gläserne Röhre von 15— 20 Mm., wurde an dem einen Ende knieförmig umgebogen und taucht mit dem anderen Ende in eine Wulff’sche Flasche. Durch denzweiten Hals der Flasche geht eine herabgebogene Röhre, mit welcher der Kautschukschlauch mit der gläsernen Injectionska- nüle verbunden ist. Der ganze Apparat wird nun mit der In- jeetionsmasse gefüllt, und das knieförmig umgebogene Ende der langen gläsernen Köhre taucht in eine am besten gra- duirte Glasröhre, welche eben- falls mit derselben Injeetions- masse gefüllt ist. Hat man nun die Kanüle in das zu injieirende Gefäss eingebracht, so überlasst man die Injeetion ganz sich selbst. Die Druckhöhe bleibt natürlich 69 hier immer dieselbe. Vor dem Verfahren kann man an der graduir- ten Röhre die Höhe der Flüssigkeit ablesen, und brieht man die Injection ab, so weiss man genau, wie viel Flüssigkeit man inji- eirt hat. Man kann das Verfahren sich selbst Stunden lang über- lassen. Auf diese Weise ist es mir gelungen die schönsten Injeetionen zu verfertigen und fast das ganze Gefässsystem des Darmes zu füllen. Wenn man nun bei einem Spatangus an der Bauchflache die Schale wegnimmt, bemerkt man an der grossen, ventralen Mesenterialplatte ein ziemlich grosses Gefäss. Dieses Gefäss (das Bauch- gefäss) liegt theilweise mit dem gewundenen Organ knapp der Darmwand an und endet ungefähr an derselben Stelle, wo das gewundene Organ im Dickdarm ausmündet (Taf. VI, Fig. 40, 41, 42). Verfolgt man nun das Bauchgefäss nach der anderen Seite hin, so bemerkt man dass es in der Nähe der Stelle wo das gewundene Organ sich umschlägt, von der Darmwand sich entfernt, mit dem gewundenen Organ sich kreuzt und ungefähr in der Mitte der genannten Mesenterialplatte eine Strecke weit sich fortsetzt. Auf seinem Weg, nachdem es sich mit dem gewundenen Organ gekreuzt, giebt es rechtwinkelig verschiedene kleine Zweige ab, welche nach dem Darm verlaufen. An der Stelle wo an der oberen Wand des Darmes das Divertikel sich befindet, geht das Bauch- gefäss in die Tiefe, tritt in die hervorragende Falte welche den Dünndarm von dem Dickdarm trennt, läuft längs der Peripherie des Divertikels, (Taf. VI, Fig. 41, 42) und setzt sich als Rücken- gefäss am Diekdarm wieder fort, bis zur Umbiegungsstelle des Dickdarmes (dem Übergang der zweiten Windung des Darmes in die Dritte). Selbst bei den vollständigsten Injeetionen, habe ich das Bauch- gefäss nur bis zur Einmündung des gewundenen Organs im Dick- darm und das Rückengefäss nur bis zur dritten Windung verfolgen können. Der Dünndarm, der Magen und die Speiseröhre bekommen ihr Blut aus einem anderen Zweig. Dort wo das gewundene Organ das Bauchgefäss kreuzt, entspringt aus diesem Gefäss ein Ast (das Magengefäss), welcher dem gewundenen Organ folgt, mit diesem weiter verläuft und sich ungefähr bis gegenüber der Stelle wo das gewundene Organ im Magen ausmündet, verfolgen lässt (Taf. VI, Fig. 42), um sich dann im Magen, Dünndarm und Oesophagus zu D 70 verzweigen. Auf seinem Weg giebt das Magengefäss aber wieder einen Zweig ab, welcher auf der kleinen, ventralen Mesenterial- platte parallel mit dem Bauchgefäss an der rechten Seite des Stützapparates (also links vom Oesophagus dem Steinkanal gegen- über) nach vorn verläuft, keine Zweige abgiebt, sondern in den Wassergefässring ausmündet. Diesen Zweig, welcher also das Blut- gefässsystem mit dem Wassergefässsystem verbindet, kann man am besten den Verbindungszweig nennen (Taf. VI, Fig. 41, 42, 43, 44a. U.). Wenn man nun den injieirten Darm unter dem Mikroskop unter- sucht, so bemerkt man dass auch bei den Spatangen wie bei den Echiniden und Holothurien, ein äusserst reichhaltiges Laeunensys- tem vorkommt. Die Blutvertheilung am Darm ist aber nicht überall dieselbe. Untersucht man die injieirten Theile des Diekdarmes, so bemerkt man, dass besonders in der nächsten Umgebung des Bauch- gefässes ein so überaus reiches Gefässnetz vorkommt, dass man fast nichts anderes als Gefässverzweigungen findet. Mehr nach dem Rückengefäss hin werden die Netze etwas weniger reichhaltig, zu gleich aber nehmen die Blutgefässe an Dicke zu (Taf. IX, Fig. 73. 74.). Untersucht man Theile des Darmes, wo das Bauch- gefäss nicht unmittelbar am Darm verläuft, sondern auf regelmäs- sigen Abständen kleinere Aste, welche unter rechten Winkeln von dem Hauptstamme entspringen, abgiebt, so bemerkt man dass diese kleineren Zweige so bald sie am Darme angelangt sind, sich baumförmig verzweigen, um dann ebenfalls ein sehr reiches Laeu- nensystem zu bilden. Bauch- und Rückengefäss stehen durch das beschriebene Lacunensystem mit einander in Communication. Un- tersucht man die Blutbahnen des Divertikels, so findet man hier ebenfalls ein sehr reiches Gefässnetz. Man kann hier sehr deutlich grosse und kleinere Gefässe unterscheiden. Die grossen Gefässe laufen parallel neben einander und stehen durch zahllose kleinere Äste mit einander im Zusammenhang. Ist die Injeetion gut gelungen, so sind gewöhnlich alle Blutgefässe des Divertikels vollkommen gefüllt und lieferen prachtvolle Bilder. Wie schon bemerkt, hört an der Stelle wo die zweite Windung des Darmes in die dritte übergeht, Bauch- und Rückengefäss auf und besteht weiter im Darm nur ein sehr vielfach entwickeltes Lacunensystem. Auch die yal Blutvertheilung am Dünndarm und Magen, welche, wie angegeben, ihr Blut aus dem Magengefäss bekommen, stimmt fast vollkom- men mit der des Dickdarmes überein und bildet ebenfalls überall ein reiches Lacunensystem. Obgleich man auch gute Injeetionen von in Weingeist aufgehobenen Thieren bekommen kann, so sind doch die frischen Thiere bei weitem zu empfehlen. Für die Geschlechts- drüsen und die Wassergefässe bestehen keine absonderliche Blut- gefässe. Wir sehen also dass am Diekdarm ein Bauch- und ein Rückengefäss vorkommt, dass beide Gefässe durch einen Querzweig (weleher aber erst dem Divertikel ringsherum verläuft) mit einander in Zusammenhang stehen und dass diese Gefässe nur den Theil des Darmes versorgen welcher hinter der Falte liegt, welche den Dünn- darm von dem Diekdarm trennt. Auch bei den vollständigsten In- jeetionen ist in dem Theil des Darmes, welcher vor dieser Falte liegt, (Dünndarm, Magen, Oesophagus) keine Spur von Injeetionsflüs- sigkeit eingedrungen, wenn man vorher das Magengefass abgeschlossen hat. Diese Theile werden also nur von dem Magengefäss versorgt. Untersucht man das Blutplasma von frischen Thieren, das eben wie bei den Echinen farblos ist, so findet man darin die folgenden zelligen Elemente (Taf. IX Fig. 77.): l. Runde, 0,006—0,0085 Mm. grosse Zellen, mit einem fein granulirten Inhalt und einem 0,005—0,0055 Mm. grossen Kern, der ziemlich scharfe Conturen zeigt und ebenfalls fein granulirt ist (77. a.). 2. Kleinere, 0,003—0,005 Mm. grosse, rundliche, fein granulirte Körperehen, den Kernen der sub 1 erwähnten Zellen ähnlich. Man findet in diesen Gebilden gewöhnlich keinen Kern. Kommt aber ein, Kern vor, dann ist dieser sehr gross und füllt das Körperchen fast ganz aus (Fig. 77 h.). 3. Zellen welche ungefähr die Grösse der sub 1 beschriebenen haben und derer Protoplasma ebenfalls fein granulirt ist. Statt des Kerns haben sie ein 0,005—-0,004 Mm. grosses Pigmentkorn. Das Pigment ist von gelber, rother, violetter, brauner oder blauer Farbe (77 e.). 4. Zellen von derselber Grösse als die vorigen. Statt eines Pig- mentkornes zeigen sie jedoch 2—3 dieser Körner und ausserdem noch einen ziemlich scharf umschriebenen Kern (Fig. 77 d.). 12 5. Völlig homogene Zellen von 0,004—0,005 Mm. Grösse (Fig. 11.d.). 6. Zellen mit einer scharf umschriebenen Wand , 0,008—0,009 Um. gross, derer Inhalt fast ganz durch helles Pigment gefüllt ist (Bios 7 .d.). 7. Zellen welche 0,012-—0,020 Mm. gross sind mit einem fein granulirten Inhalt und mit 3—8 Kernen. Zuweilen findet man neben solcher einer grossen Zahl von Kernen auch 1—3 Pigment- körner (Fig. 77 £.). 8. Häufehen von 0,008—0,010 Mm. Grösse aus Pigment körnchen von sehr verschiedener Farbe bestehend (Fig. 77 k.). 9. Ausserdem kommen aber noch Zellen vor welche eine sehr leb- hafte Bewegung zeigen. Man sieht zuweilen sehr deutlich wie diese Zellen Ausläufer aussenden, wie sie von Form wechseln u. s. w. (Bis: 777 1.) Im Allgemeinen kann man zweierlei Art von Bewegung unter- scheiden: Rotirung um eine Axe, und Bewegung in einer Bahn. Die Bewegungen der Zellen können zuweilen so schnell sein, dass es sehr schwierig wird eine bestimmte Zelle eine Zeit lang zu verfol- gen. Ausser diesen Zellenarten findet man nun noch 0,003 —0,004 Mm. grosse Körperchen, mit 3—4 blau- oder rothgefärbten, sehr kleinen Kügelehen. An diesen Körperchen kommt ein ziemlich langer, fast unmerkbar feiner Faden vor. Diese Gebilde, welche ebenfalls beiderlei Bewegungen zeigen, schwimmen zuweilen blitz- schnell durch das Beobachtungsfeld. Wenn man zuweilen eins antrifft, dessen Bewegungen nicht mehr so stark sind und man also besser in der Gelegenheit ist es zu beobachten, so ist hier beson- ders die Rotirung um eine Axe sehr schön zu sehen (Taf. IX Fig. 77 g); was diese Körperchen sind, weiss ich nicht, ob sie vielleicht Infusorien sind oder Flagellaten kann ich nicht bestim- men. Weiter begegnet man birnförmigen 0,009-—0,014 Mm. grossen Körperchen mit einigen mattglänzenden Kügelchen in ihrem sonst homogenen Inhalt und einem schmalen 0,016-—-0,024 Mm. langen Fortsatz. Diese Gebilde zeigen jedoch keine Bewegung (Taf. IX Fig. 77 h.). Endlich kommen einzelne Infusoria eiliata und sehr viele Baeillarien vor. Im allgemeinen kann man annehmen dass in den Blutgefässen die pigmentirten zelligen Elemente den pigment- 15 freien, fein granulirten in Zahl bedeutend nachstehen. So wohl die fein granulirten als die pigmentirten Zellen können zuweilen auch amoeboide Bewegungen zeigen. Wir sehen also dass bei den Spatangen wie bei den Kechinen farblose und pigmentirte Zellen im Blut vorkommen; doch sind die letzteren bei den Spatangen viel zahlreicher wie bei den Hekinen vertreten. Was den histologischen Bau der Gefässe angeht, so kann ich hier- über folgendes mittheilen. Die Gefässe verlaufen im Mesenterium. Es scheint nähmlieh dass das Mesenterium aus zwei Platten besteht, welche an der Stelle wo die Gefässe verlaufen aus einander treten und zugleich etwas dünner werden. Die Gefässe sind also äusserlich von einer Bindegewebshaut überkleidet, auf welcher ein Wimpere- pithelium sitzt. Darauf folgt eine ziemlich stark entwickelte, trans- versale, eine viel weniger stark ausgeprägte longitudinale Muskel- faserschicht, und endlich wird das Gefäss innerlich von einer hyali- nen Bindegewebsmembran ausgekleidet, welche ein geschichtetes Epithel trägt. Dieses Epithel besteht aus 0,004—0,005 Mm. grossen , äusserst fein granulirten Zellen. Wie bei den Folothurien und Behr- niden geht auch den Gefässen der Spatangen ein inneres Wimper- epithelium ab. Die Muskelfasern sind 0,003--0,0035 Mm. breit, haben einen ganz homogenen Inhalt (HArrnAacK ?/,) und zeigen ge- wöhnlich eine Anschwellung, in welcher ein Kern gelegen ist. Von einem Sarkolemm ist nichts zu bemerken. So bald die Gefässe an der Darmwand angelangt sind, geht die Muskelfaser- und die Binde- gewebsschicht in die des Darmes über, und das Blut strömt im Darm, wie schon bemerkt, nur in Laeunen; ich habe wenigstens am Darm selbst keine Gefässwände bemerken können. Ein Organ, dem Herzen der Zehinen ähnlich, fehlt den Spatan- gen vollkommen. Zur Vergleichung des Blutgefässsystemes der Zechinoiden mit cem der Zolothurien, habe ich auch bei letztgenannten Thieren Injec- tionen der Blutgefässe zu machen versucht. Das Material zu diesen Versuchen verdanke ich der Güte Herrn Professor’s SELENKA. Die, Injectionen wurden an den Gattungen Mülleria, Stichopus, Holothuria, Orcula u. Ss. w., gemacht. Es braucht. wohl nieht erörtert zu werden, dass die Injeetionen, welche ich an den Holothurien 14 bekommen habe, bei weitem nicht so vollständig sind als die, welche SEmPER bei frischer Thieren Gelegenheit hatte an zu stellen. Besonders aber bei Stickopus und Holothuria, habe ich jedoch recht hübsche Bilder bekommen. Wenn man nun den injieirten Darm der Holothurien mit dem der Hehinoiden vergleicht, so sieht man dass bei beiden Thiergruppen — mögen denn auch in den grösseren Ge- fässen bedeutende Unterschiede bestehen — die Gefässvertheilungen am Darme mit einander sehr nahe übereinstimmen. Bei beiden sehen wir ein sehr reichhaltiges Lacunensystem in der Darmwand. Bauch- und Rückengefäss stehen nur durch Lacunen mit einander in Zu- sammenhang. Bei den Holotkurien finden wir Kalkkörperchen in den Wänden der Gefässe, welche jedoch den EeAinoiden abgehen. Der histologische Gefässbau der Holothurien stimmt sonst mit dieser Ausnahme vollkommen mit der der Zekiniden überein; beiden fehlt eine longitudinale Muskelfaserschich, welche bei den Spatangen dagegen wohl vertreten ist. Bei den Aolotkurien finden wir nach SEMPER sehr oft ein gefärbtes Plasma; das der Hekinen und Spa- tangen dagegen ist farblos. Bei den Holothurien ist, wie bei den Echiniden und Spataugen, die innere Bindegewebshaut des Darmes die Trägerin der Blutgefässe. An den Gefässen der Spatangen kommen aber noch kleine appen- dieuläre Organe vor, welche den //olothurien und Eehiniden fehlen. Wir finden nähmlich besonders häufig an dem Bauchgefäss des Darmes und dem Verbindungszweig zwischen Blut- und Wasserge- fässsystem 3—4 Mm. grosse, dunkelbraun gefärbte Anhänge, welche sich ziemlich leicht von den Gefässen, welchen sie anhängen, ent- fernen lassen. Diese’ Anhänge bestehen aus einer Unmenge gewöhn- lich dunkelbrauner oder röthlicehbrauner Pigmentzellen,, wie man ihnen in den Gefassen auch begegnet. Sie liegen in einer äusserst fein faserigen Grundsubstanz, welche jedoch nur sparlich entwickelt ist. Durch die faserige Grundsubstanz sind diese Anhange an den Wan- den der Gefässe verbunden. Welche Bedeutung sie haben weiss ich nicht; ob sie vielleicht die Werkstätte der Pigmentzellen sind, kann ich nicht bestimmen. Am Bauchgefäss kommen sie gewöhnlich an der oberen Fläche vor. Bei der Injection dringt keine Masse in diese Anhänge hinein. 15 DAS WASSERGEFÄSSSYSTEM. Bei den ältern Naturforsebern finden wir nur mangelhafte Angaben über den Bau des Wassergefässsystemes. TIEDEMANN ' hat bei Zehinus wohl die fünf Wassergefässkanäle, die Ampullen, und die Poli ’schen Blasen gekannt, jedoch keine Rücksicht auf den Steinkanal und Ringkanal genommen. VALENTIN ? und DELLE CHragE ? haben den centralen Theil des Wassergefässsystemes mit den Blutgefässen con- fundirt. Der Steinkanal der Seeigel ist zuerst von AGassız * erkannt und verstanden, und JoH. Mütter ® hat bei den Zehiniden das ganze Wassergefässsystem so vollkommen beschrieben, dass ich weiter nichts beizufügen vermag. Ich werde daher nur ganz kurz ihren makroskopischen Bau erwähnen und bei ihrer histologischen Struetur etwas länger verweilen. Das Wassrgefässsystem der Eechiniden ist bekanntlich folgender- maassen gebaut. Von der Madreporenplatte, entspringt der Steinkanal, eine äusserst feine Röhre, welche neben dem Herzen, oft selbst in eine seitliche Rinne des Herzens eingedrückt, zum Ringkanal herabsteigt. Der Ringkanal liegt unter dem arteriellen Gefässring eng der Laterne an und umgiebt die Speiseröhre. Von dem Ringkanale entspringen, der Mitte der fünf Kinnladen gegenüber, die fünf Poli "schen Blasen. Diese Blasen liegen auf der Membran welehe den oberen Theil der Kiefer oder Pyramiden schliesst und sind noch etwas von den Quermuskeln der 5 Bügelstücke bedeckt. Den Gabelstücken gegen- über entspringen aus dem Ringkanal die fünf radialen Ambulacral- stämme des Wassergefässsystemes, welche nach dem ihnen ge- genüberstehenden Brückenbogen verlaufen, diesen durchsetzen und endlich in der Mittellinie der Ambulacralfelder, längs der inneren Wand bis zum Circulus analis hinauf, gegen das Ende an Stärke abnehmend, verlaufen. | * D. TiepDemaAnn. L. e. S. 83. ® VALENTIN. L. ce. S. 106. ® DELLE CHIAJE. L. e& Tom. II. S. 342. 4 Acassız. Comptes Rendus XXV. S. 679. Froriep’s Notizen III. Reihe V.S. 145. 5 J. Mürter. Uber den Bau der Eehinodermen, Abhandl. der Königl Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1853. S. 123. 16 Jeder ambulacraler Wassergefässstam sendet, so bald er den inneren Anfang der Mittellinie der Ambulacralfelder erreicht hat, rechtwinkelig rechts und links ebenso viele Zweige ab als Porenpaare vorhanden sind. Der Zweig bildet unter jedem Porenpaar ein gegen das Innere der Körperhöhle bogenförmig vorspringendes Ambula- eralbläschen, aus welchen zwei Sangfüsschen (aus jedem Pore ein) an die äussere Oberfläche der Schale übergehen. Die Ambulacral- bläschen (Innere Kiemen, VALENTIN) sind äusserlich so wohl als innerlich von einem Wimperepithelium bekleidet, wie schon durch verschiedene Beobachter, wie AGassız, JOH. MÜLLER, LEYDIG, SHARPEY, QUATREFAGE u. a. früher beschrieben ist. Das äussere Wimperepithelium sitzt auf einer sehr zarten homogenen Haut. Darauf folgt eine transversale Muskelfaserschicht. Die Fasern welche diese Schieht bilden, sind schr dünne 0,0028—0,0032 Mm. breite Primitifeylinder, welche regelmässig neben einander liegen und einen leicht wellenförmigen Verlauf haben (Taf. X. Fig. 79). Leyvig ' hat bei Hehinus esculentus diese zarten Muskelfasern ebenfalls gesehen und genau beschrieben, während TIEDEMANN ?, VALENTIN ?, Acassız * u. a. nur oberflächlich von contraetilen Fasern in den Wänden der Ambulacralbläschen sprechen. Darauf folgt endlich das innere Wimperepithelium, welches auf einer fein körnigen an kleinen Zellen und Kernen sehr reichen Schicht sitzt (Taf. X. Fig. 80). Zwischen den verschiedenen Häuten kom- men braune Pigmentkörnehen und hakenförmige Kalkkörperchen vor (Taf. X. Fig. 81). Die Ambulacralbläschen sind mit Seewasser gefüllt, in welchen man dieselbe Elemente wie im Blute, besonders die schon mehr erwähnten beweglichen Zellen findet. LeyvıG beschreibt die Formelemente welche in dem Seewasser der Ambulacralbläschen vorkommen als folgt: “Es sind aus hellen Bläschen bestehenden unregelmässigen Ballen, die ein anderes Bläschen mit scharf conturirtem Nucleolus gewissermaassen zum Centrum haben.’ SURYDIGE U CHES. 2809: 2 TIEDEMANN. L. c S. 8. 3 VALENTIN. L. c. S. 84. 4 L Acassız. Comptes rendus S. 677. 1847. Tom. II. ML SEMPER ! hat bei den Holotkurien ausser den Schleimzellen auch noch grosse gelbbraune Körnchenhaufen gefunden, welche sich in dem mehrschichtigen inneren Wimperepithelium entwickeln und auch ganz frei in dem Lumen der Wassergefässe umherschwimmen. LevDvıc hat in den Ambulacralbläschen ausser den schon beschriebenen Muskelfasern in den Wänden noch ein zweites System von Muskel- fasern gesehen, welche im Innern wie Seile durchgespannt sind, sich auch wohl netzartig verbinden und so eine Art Trabeculärgewebe darstellen. Ich habe mich aber von dem Vorkommen solches trabecu- lären Muskelgewebes nicht überzeugen können. Auch SEMPER läugnet bei den Zolothurien dieses trabeeuläre Muskelgewebe. Das von DELLE CHraJE ” und Kronn ° um den Ambulacralbläschen beschriebene Gefässnetz habe ich ebenso wenig wie LeypıG gesehen; nach SEMPER kommen auch solche Netze bei den Holothurien nicht vor. Die fünf ambulacralen Wassergefässkanäle sind wie die Ambulacral- bläschen gebaut und bestehen aus einem äusseren Flimmerepithelium, welches aber, nicht wie bei den Ambulacralbläschen , einer homogenen Haut, sondern der Muskelfaserschicht direet aufsitzt. Die Muskel- fasern haben einen ringförmigen Verlauf. Darauf folgt eine mit zahlreichen Zellen und Kernen durchsetzte Schicht, auf welcher das innere Flimmerepithelium ruhet. Hakenförmige Kalkkörperchen und Pigmentkörnchen liegen auch hier in zahlreicher Menge in den Wänden der Kanäle verbreitet. Die fünf Poli’schen Blasen haben ebenfalls ein äusseres und ein inneres Flimmerepithelium. Eine sehr zarte, an kleinen Zellen und Kernen überaus reiche Bindegewebs- haut trennt die beiden Epithelialschichten. Kreisförmige Muskel- fasern kommen in den Poli’schen Blasen nicht vor. TIEDEMANN * hat ebenfalls keine Muskelfasern nachweisen können; auch VALENTIN nennt die Wände der Poli’schen Blasen einfach zellig. Dagegen hat SEMPER ® bei den Zolothurien wohl eine Schicht Muskelfasern ge- U SEMPER. L. c. S. 123. 2 DELLE Chase. Memorie sulla storia e notomia degli animalisenza vertebre 1823. S. 333. Tom. II. 3 Kronun Müller's Archiv. 1841. S. 1. 4 'TIEDEMANN. L. c. S. 83. 5 VALENTIN. L ce S. 35. 6 SEMPER. L. c. S. 123. 18 funden. Gefässe kommen entschieden an den Poli’schen Blasen nicht vor; auch SEMPER läugnet ihr Vorkommen bei den Holothurien. Über die feineren Struceturverhältnisse des Ringkanals kann ich nur sehr wenig genaue Angaben mittheilen. Ein äusseres Flimmer- epithelium scheint nicht vorzukommen, dagegen scheint wohl ein Ringmuskelfäserschicht und ein inneres Flimmerepithelium vorhanden zu sein. Erst nach vielen fruchtlosen Untersuchungen ist es mir gelungen, von dem Vorkommen des Ringkanals mich zu überzeugen. Es ist ein sehr feimer Kanal, der dem Auge sehr leicht entgeht. Der Steinkanal endlich welcher im Ringkanal einmündet ist ebenfals ein sehr feiner Kanal, der neben dem Herzen in einem beiden gemeinschaft- lichenGekröse herabsteigt. VALENTIN ' scheint den Steinkanal wohl ge- sehen zu haben, ist sich aber über ihre Bedeutung nicht klar geworden ; er hat ihn unter dem Namen “le corps, qui ressemble a un vaisseau’” beschrieben. Der Steinkanal hat ein äusseres und ein inneres Flimmer- epithelium und dazwischen eine aus sehr feinen Bindegewebsfäserchen bestehende Haut. Die Bindegewebsfäserchen sind sehr dicht durchein- ander gewunden und schliessen hakenförmige Kalkkörperchen und Pigment zwischen ihren Netzen ein. Jon. MünLer * erwähnt dass der Steinkanal bei Cidaris in seinen Wänden dicht mit Kalkplättehen ausgestattet ist. Ich habe in Nizza nur einmal Gelegenheit gehabt einen Cidaris zu untersuchen, habe mich aber nicht von dem Vor- kommen von Kalkplättchen überzeugen können. Die im Innern der Kör- perhöhle bogenförmig vorspringenden Ambulacralbläschen gehen in die an der äussere Oberfläche der Schale gelegenen Füsschen über. Die Füsschen sind gewöhnlich Saugfüsschen, welche eine walzenförmige Gestalt haben und an ihren geschlossenen Enden scheibenartig abge- plattet sind. Sie sind sehr reizbar und können sich selbst bis über die längsten Stacheln der Oberfläche hinaus ausdehnen; anderer- seits aber können sie sich auch bis fast zur Unkenntlichkeit con- trahiren. Die eigentlichen Saugfässchen, welche den überaus gröss- ten Theil bilden und über die ganze Schale regelmässig vorkom- men, sind bei den von mir untersuchten Zekiniden (Toxopnentes , ı Jom. MürtEer. Über den Bau der Eechinodermen. Abh. der Berl. Akad. 1853. S. 203. I VALENTIN. L. c. 8. 89, 79 Sphaerechinus, Psammechinus) folgendermaassen gebaut. An jedem | Saugfüsschen kann man das eigentliche Füsschen und die Saug- scheibe unterscheiden. Das eigentliche Füsschen besteht von aussen nach innen aus den folgenden Schichten. 1. Ein Flimmerepithelium, 2. eine Pigmenthaut, 3. eine transversale Bindegewebshaut, 4. eine . aus longitudinalen sehr stark entwickelten Bindegewebsfasern be- stehende Haut, und endlich 5. eine ziemlich starke Längsmuskel- haut, welche innerlich noch von einer feinen hyalinen Membran — welche ebenfalls ein Flimmerepithelium trägt ausgekleidet ist. Die Längsmuskeln liegen in verschiedenen Schichten, und setzen sich unter Kreuzung der einzelnen Fasern, stimmen im Bau mit den der Stacheln überein. Ihr Inhalt ist fast ganz homogen, und ein Sarkolemm konnte ich nur selten beobachten. Ihre Breite wechselt von 0,005--0,0068 Mm.; am Ende sind sie zuweilen dichotomisch getheilt. Bei fast allen Beobachtern findet man ange- geben dass, ausser den longitudinalen Muskelbündeln, auch noch transversale sich an der Bildung des Füsschens betheiligen sollten. Von den letzteren habe ich aber niemals etwas gesehen, unge- achtet der vielen untersuchten Füsschen. Diese Angabe stimmt voll- kommen überein mit der welche SemrErR ' bei der Beschreibung der Füsschen der Zolothurien angiebt, indem er sagt: “Ich wie- derhole hier nur, dass sich nirgends Ringmuskelfasern finden.” Im Anfang glaubte ich dass es eine mangelhafte Untersuchung war, dass ich im Widerspruch mit allen anderen Autoren keine Ring- muskelfasern auffinden könnte, jedoch geben dıe Untersuchungen von SEMPER bei den Holotkurien meiner Angabe neuen Halt. Die longitudinale Bindegewebsbündelschicht ist sehr stark ent- wickelt. Im Gegensatz wie SEMPER bei den Zolothurien gefunden hat, bemerkt man wenig Grundsubstanz und ziemlich viele feine elastische Fasern. Wenn die Füsschen contrahirt sind, verlaufen die Bindegewebs- fasern in stark wellenförmigen Linien, welche natürlich gestreckt werden, wenn die Füsschen sich erigiren. Die transversale Bin- degewebsschicht ist sehr zart und im Verhältniss zur der longitu- dinalen äusserst gering entwickelt. Die darauf folgende Pigment- I SEMPER. L. c. S. 156. 80 haut ist ebenfalls eine zarte Haut, welche das Pigment, — das im frischen Zustande gewöhnlich röthlich ist, — theils als körni- ges Pigment, theils als spindel- und polygonale Pigmentzellen trägt. So wohl in dieser, wie in der vorigen Haut kommen die schon oft erwähnten Kalkkörperchen in ziemlich grosser Zahl vor. Das Wimperepithelium, welches nach aussen die Saugfüsschen begrenzt, streckt sich nicht über die ganze Oberfläche des Füsschen aus, sondern kommt nur stellenweise, auf regelmässigen Abständen von einander vor. Wie schon oben bemerkt, ist die äussere Contour des Füsschens wellenförmig, nur bei der Erection des Füsschens flacht sie sich ab. Sind die Füsschen erigirt, so sind die Berge der wellenförmigen Fläche fast eben gross wie die Thäler; sind sie dage- gen contrahirt, so bemerkt man sehr deutlich die stark convexen Flächen der äusseren Contour, von den concaven dagegen ist nur sehr wenig zu sehen. Man findet das Wimperepithelium nur auf den convexen (den Bergen der wellenförmigen Flächen) und keine Spur auf den concaven Flächen. Sind also die Füsschen in Contraction, so wimpert fast ihre ganze äussere Oberfläche; sind sie dagegen erigirt, so bemerkt man dass das Wimperepithelium auf regelmässigen Abständen von einander die Oberfläche bekleidet. Die Saugscheibe bildet das schei- benartig abgeplatte etwas ausgebreitete und geschlossene Ende des Füsschens. An der Saugscheibe kann man wieder zwei Portionen unterscheiden: den oberen, von innen nach aussen an Dicke zuneh- menden am Rande zackigen Theil “die Saugrosette” (rosace VAL) und den kleineren, dünneren unteren Theil “den Saugring” l’an- neau caleaire Var). Ich habe die Saugscheibe theilweise fast ganz ähnlich gebaut gesehen, wie VALENTıN ' sie beschrieben hat, theil- weise aber auch andere gefunden von einer anderen Struetur. Den Bau der ersteren findet man richtig bei VAaLEnTtın angegeben ; deshalbe will ich nur den Bau der letzteren hier beschreiben (Taf. X, Fig. 78). In der Mitte der Saugscheibe bemerkt man einen 0,18 Mm. grossen, doppelt eontourirten Kreis, im Innern dieses Kreises findet man eine fein moleeuläre, mit Bindegewebsfibrillen, Pig- mentkörnehen und spindelförmigen Pigmentzellen eingestreute Masse. ! VaLeENTiın. L. e. S. 37. 81 Vanentin beschreibt diesen Kreis als “une grande ouverture eir- eulaire.” Darauf folgt eine siebeneckige ebenfalls doppelt contou- rirte Platte, welche aus feinen Netzen von Kalk besteht, der eigent- liche Saugring. Bei Verschiebung des Focus bemerkt man dass der Saugring etwas mehr an der Oberfläche liegt als der übrige Theil der Saugscheibe, welchen sie theilweise deckt. Darauf folgen sieben durch eben so viele radiale Grenzspalten vollkommen ge- trennte Theile: die Saugrosette. Jeder dieser Theile ist am besten mit einer aufgeschnittenen und dann ausgebreiteten dreiblätteri- gen Blumenkrone zu vergleichen. Diese Theile, ebenfalls aus feinen Kalkmaschen aufgebaut, stehen derart in Beziehung zu dem eigent- lichen Saugring — dureh welchen sie theilweise überdeckt werden — dass sie den sieben Winkeln des eigentlichen Saugrings ent- sprechen; die radialen Grenzspalten der Saugrosette fallen also un- gefähr auf die Mitte der sieben Flächen des eigentlichen Saugrings. Zwischen diesen Theilen und dem zackig ausgeschnittenen Rande der Saugscheibe findet man feine Bindegewebsfibrillen mit Pigment- körnchen, Kalkkörperchen, spindelförmige Pigmentzellen u. s. w. An dem zackig ausgeschnittenen Rande der Saugscheibe bemerkt man auf den hervorragenden Theilen eine Wimperhaut die nicht auf einem Epithelium, sondern dem Rande unmittelbar aufzusit- zen scheint; in den ausgeschnittenen Theilen des Randes ist keine Spur von Wimpern zu sehen. Ausser diesen Formen von Saug- scheiben kommen noch andere vor, die jedoch mehr oder weniger den von VALENTIN beschriebenen nahekommen. Es scheint dass mehr das Alter des Thiers als wohl die Stelle des Körpers, von welchem man die Saugscheiben untersucht hat, als Ursache der Formveränderungen der Saugscheiben aufzufassen sind, wie auch schon VALENTIN angiebt. Wenn man einen lebendigen Seeigel in eine Schale mit Seewasser setzt, so bemerkt man dass die Saug- füsschen, die, sobald man das Thier aus dem Seewasser heraus- genommen hat, sich eontrahiren, allmählig sich wieder ausstrek- ken. Wenn man die Bewegungen der Saugfüsschen beobachtet, so bemerkt man dass die Füsschen bis über die längsten Stacheln der Oberfläche ausdehnbar sind. Sie sind sehr reizbar und ziehen sich bei der leisesten Berührung zurück. Wenn man die äusserst zarte Muskelhaut der Ambulacralbläschen mit der starken Mus- 6 82 kulatur der Ambulaeralfüsschen vergleicht, so erhellt, dass die Ambulacralbläschen wohl schwerlich das Vermögen haben können, die Füsschen zu erigiren; die schwache Museulatur der Bläschen kann wohl nicht die starke Musculatur der Füsschen überwin- den. Zerschneidet man einen lebendigen Seeigel, wirft man die Stücke ins Seewasser und zerstört die Ambulacralbläschen, so haben die Saugfüsschen doch das Vermögen sich auszustrecken und sich einzuziehen noch nicht verloren. Lässt man die Stücke ruhig im Wasser liegen, so erigiren sich die Saugfüsschen; bei leiser Be- rührung contrahiren sie sich sofort. Die Bewegungen sind aber nicht so lebhaft und so vollkommen wie an dem ungestörten Thier. Ich glaube daher, dass das umringende Seewasser als der Reitz für die Bewegungen der Ambulacralfüsschen anzusehen ist; die Am- bulacralbläschen werden wahrscheinlich nur die Bedeutung von Behältern haben, derart, dass sie bei einer Einziehung der Saug- füsschen sich füllen und bei einer Ausstreckung derselben zunächst das nöthige Wasser liefern. Durch die Bewegungen der Saugfüsschen wird also fortwährend das Wasser in den Ambulacralbläschen im steten Wechsel gehalten und durch die contractilen Elemente in den Ambulacralbläschen und in den Wassergefässkanälen, unterstützt durch das in dem ganzen Wassergefässsystem überall verbreitete Flimmerepithelium, wird für die Vertheilung des Wassers gesorgt. Die Ambulacralfüsschen scheinen hauptsächlich die Bewegungsor- gane der Zehinen zu sein, obgleich die Stacheln ihnen dabei auch behülflich sind. Wenn man einen Seeigel mitten in eine grosse Schale mit Seewasser setzt, so bemerkt man dass das Thier sehr bald von der Mitte nach den Seitenflächen sich bewegt hat. So bald es aber den Seitenflächen sich nähert, saugt es sich mit den Saugfüsschen so fest an die Wände, dass man zuweilen mit grosser Kraft das Thier erst loskriegen kann, und es ist bekannt dass die Saugfüsschen gewöhnlich eher zerreissen, als dass sie die Wände, an welchen sie sich festgesaugt haben, loslassen. Durch das sehr starke Festsaugen der Füsschen kann das Thier sich die steilsten Wände entlang bewegen, indem es wechselweise mit einem Theil seiner Füsschen sieh festsaugt und dann wieder loslässt, um mit einem anderen Theil sich wieder fest zu saugen. Es scheint also dass die Thiere, wenn sie auf einem flachen Bodem gehen, beson- 83 ders ihre Stacheln gebrauchen; dass sie dagegen wenn sie längs vertikaler Wände sich bewegen wollen, sich ihrer Saugfüsschen bedienen. Die früheren Untersucher schrieben theilweise allein den Stacheln, theilweise allein den Saugfüsschen das Bewegungsver- mögen zu. ARISTOTELES ! erwähnt der Stacheln als Bewegungsorgane, mit dem Worten: “Die Stacheln gebraucht der Seeigel als Füsse, denn indem er sich, auf sie sich stützend, fortstösst, bewegt er sich von einer Stelle zur andern.” Ihm schliessen sich REAUMUR ?, Monro 3 und Acassız * an, dagegen beschreiben GOXDOLPHL°, BIANCHL® , SPAL- LANZANI’, TIEDEMANN ®, DELLE CHIAJE ?, VALENTIN !°, FORBES "! die Saugfüsschen als die Hauptbewegungsorgane. Bei Spatangus purpureus liegt der Anfangstheil des Steinkanals zwischen den beiden Platten des oberen Stützapparates eingeschal- tet. Der Raum, welcher zwischen diesen beiden Platten und dem Steinkanal übrig bleibt, wird durch eine dieke, weiche, zellige, an die Seitenflachen bei den Platten angewachsene Haut ausge- füllt. Nachdem der Steinkanal nun aus diesem Raum herausge- treten ist, läuft er erst noch etwas nach hinten, biegt sich dann um den Divertikel herum und bildet hier gerade an der Umbie- gungsstelle eine Anschwellung, einem Herzen ähnlich (Taf. VI. Fig. 40, 42. e.). Aus dieser Anschwellung herausgetreten, läuft er über die obere Fläche der grossen dorsalen Mesenterialplatte nach vorn, biegt an der Stelle wo die zweite Darmwindung in die I ARISTOTELES Thierkunde. Kritische Text mit deut. Uebers. von Dr. H. Aubert und Fr. Wimmer I. Bd. 4 Buch 5. Cap. S. 417. 1868. 2 REAUMER. M&moires de l’Acad. des sciences, 1712. 3 Moxro. Vergleichung des Baues und der Phys. der Fische, aus dem Engl. übersetzt von J. G. Schneider. S. 88. + Acassız. Prod. Mem. de la soeiete des sciences nat. de Neuchätel. Tom. I. 1835 p. 173. 5 Goxporrun. Histoire de l’Acad. des sciences 1709 p. 33. 6 BraucHı. Commentatio instituonis Bononicus. Tom. V p. 1. Opuse. p. 236. 7 SpaLvanzanı. RoSIER Observations sur la physique. Tom. 28. 1786 p. 252. 3 TIEDEMANN. L. c. 8. 70. 9 DELLE CH1AJE. L. c. Tom. II. S. 339. 10 VALENTIN. L. c. S, 45. ll E. FoRBES. L. c. S. 143. 6* 84 dritte übergeht sich um, kommt nun auf die untere Fläche der grossen ventralen Mesenterialplatte , läuft wieder nach hinten (Taf. VI. Fig. 41 h.), verlässt an der Stelle wo der Oesophagus in den Ma- gen übergeht die Mesenterialplatte, biegt sich über den Magen hin, kommt links vom Oesophagus (Taf. VI. Fig. 41, 42, 43, 44, 44a h.) und stürzt sich in den Wassergefässring aus. Der Wasser- gefässring bildet einen äusserst zarten, ungleichschenkelig penta- gonalen Ring, welcher, wenn er nicht injieirt ist, kaum zu sehen ist. Dieser Ring liegt innerseits unmittelbar dem Nervenring an (Taf. VI. Fig. 43, 44, 44a. Taf. VII. Fig. 68.) Rechts vom Oeso- phagus geht von dem Wassergefässring der Verbindungszweig mit dem Blutgefässsytem ab (Taf. VI. Fig. 41, 43,44, 44a u.). Von dem Wassergefässring entspringen die fünf ambulacralen Wassergefäss- kanäle, die, über die Ambulacralnerven hin verlaufend, Querzweige abgeben, welche nach den Ambulacralbläschen sich begeben. Die fünf ambulacralen Wassergefässkanäle setzen sich wie bei den Hekiniden bis zum Scheitelschilde fort. Die dieke, weiche Haut, welche nun den Raum zwischen dem Anfangstheil des Steinkanals und den beiden Platten des oberen Stützapparats ausfüllt, besteht aus einem äusserst feinen fibrillären Bindegewebe, in welchem sehr zahlreiche zellige Elemente abgelagert sind. Diese zelligen Elemente bestehen: 1. aus fein granulirten 0,008—-0,010 Mm. grossen, kernhaltigen oder kern- losen, 2. in verschiedener Farbe pigmentirten und 3. sehr schönen be- weglichen Zellen, während die freien Flächen mit langhaarigen Wimperzellen bekleidet sind. Der Anfangstheil des Steinkanals hat ziemlich dicke Wände, besteht aus mehr festeren fibrillärem Bindegewebe, in welchem ebenfalls sehr zahlreiche so wohl farblose, als gefärbte Zellen abgelagert sind, und ist äusserlich so wohl als innerlich mit langen Wimperhaaren überzogen. Kalknetze kommen im Steinkanal nicht vor, wie auch ‘schon JOH. Mütter ' erwähnt. Die Anschwellung, in welche der Steinkanal bald nach seinem Austritt aus dem oberen Stützapparat übergeht, bildet ein 4-5 Mm. langes, 2-3 Mm. diekes und ungefähr ebenso breites Organ. Ich habe diesem Organ den Namen “Wassergefässherz” gegeben. Ich ı Jon. MüLLER. L. c. S. 203. 85 muss jedoch selbst bekennen dass der Name schlecht gewählt ist, denn wie aus der Beschreibung hervorgehen soll, wird diesem Organ wahrscheinlich wohl nieht die Bedeutung eines Herzens zukommen. Ausserlich betrachtet hat es eine dunkelblaue oder bräunliche Farbe. Ungefähr drei Viertel seines Umfanges ist von einer sehr zarten Mesenterialhaut, einer Fortsetzung der grossen dorsalen Mesenterial- platte, überkleidet. Dadurch ist die Farbe der äusseren Oberfläche nicht überall gleich; an dem nicht überdeckten Theil ist die Farbe viel deutlicher als an dem wo er durch die Mesenterialhaut bekleidet ist. Auf dem ersten Anblick giebt das Wassergefässherz also den Eindruck als ob es aus zwei verschiedenen Theilen zusammengesetzt sei; bei näherer Betrachtung bemerkt man dass es aber nur von der theilweisen Mesenterialbekleidung herrührt. Im Innern besteht das Wassergefässherz aus einem äusserst zartem Stroma, in dessen Ma- schen Zellen abgelagert sind (Taf. X. Fig. 82). Das Stroma ist aus feinen fibrillären Fasern aufgebaut; die Zellen bilden kleine, theils fein granulirte, theils pigmentirte Zellen; die letzteren kommen in grösserer Zahl als die ersteren vor. Beide Arten von Zellen stimmen vollkommen mit denen, welche man auch in den Blut- und Wasser- gefässen antrifft, überein. Muskelfasern habe ich nicht beobachten können. Das Organ hat also mehr Änlichkeit mit einer Drüse als mit einem Herzen; vielleicht wird der Namen -Wassergefässdrüse besser sein. Die Bedeutung dieses eigenthümlichen Organes ist mir durchaus unbekannt. Weder bei den Holothurien noch bei den Zehiniden kommt ein ähnliches Organ vor. Der äusseren Form nach, kommt es am meisten mit dem Blutgefässherzen der Echiniden überein, weicht aber der histologischen Structur nach bedeutend von diesem ab. Aus dieser Anschwellung entspringt nun wieder der Steinkanal. Bis zur Einmündungsstelle in den Wassergefässring bildet der Stein- kanal eine ziemlich dieke, wellenförmig verlaufende Röhre, welche äusserlich so wohl als innerlich mit einer- lange Wimperhaare tra- genden Haut überkleidet ist. Beide Wimperhäute werden von ein- ander durch die eigentliche Wand des Steinkanals getrennt. Diese Wand besteht "ebenfalls aus sehr feinem retieulärem Bindegewebe , in dessen Maschen zahlreiche, zellige Elemente abgelagert sind. Auch im Steinkanal habe ich keine Muskelfasern auffinden können. 86 Nach dem Oesophagus hin wird der Steinkanal enger und mündet, wie sclidn\ahgegeben , in den Wassergefässring aus. Der pentagonale Wassergefässring, die fünf ambulacralen Was- sergefässkanäle und die von ihnen nach den Ambulacralporen ab- gehenden Querästehen bilden alle sehr dünne, zarte Röhren, welche nicht injieirt mit dem blossen Auge kaum sichtbar sind. MıLNE Epwarps hat sie mit den Nervenstämmen verwechselt, und wenn man sich nicht erst an injieirten Praeparaten von ihrem Vorkom- men überzeugt hat, kann man sich von ihrem Verlauf und ihrem Verhältniss zu den Nervenfasern keine Rechenschaft geben. Hat man aber einmal die injieirten Praeparate gut studirt, dann ist es sehr leicht sie an nicht injieirten zurück zu finden. Die ambula- cralen Wassergefässkanäle verlaufen in wellenförmigen Linien über die Nerven, ebenso die von ihnen abgehenden Querästchen. Der Wassergefässring, die ambulacralen Wassergefässkanäle und die Querästehen bestehen alle aus einer äusseren und inneren Wimper- haut, von einander durch eine zarte, fibrilläre Haut getrennt. Mus- kelfasern habe ich in diesen Gefässen nur höchst sparsam angetrof- fen. Hakenförmige Kalkkörperchen wie diese zo zahlreich in den ‚ Wassergefässkanälen der Zckinen angetroffen werden, fehlen den Spatangen. Die Ambulacralbläschen der Spafangern stimmen nicht wie bei den Echiniden an allen Stellen mit einander im Bau überein, sondern zeigen an verschiedenen Orten bedeutende Unterschiede. Poli’sche Blasen kommen bei den Spatangen nicht vor. Die Ambulacralbläs- chen am Munde bilden ziemlich grosse, birnförmige Behälter. Sie sind im frischen Zustand gewöhnlich prall mit Flüssigkeit an- gefüllt. Mikroskopisch bestehen sie aus einer äusseren und inneren Wim- perhaut mit sehr langen Haaren, von einander durch eine wellen- förmige Bindegewebsschicht, derer Fasern einen transversalen Ver- lauf haben, geschieden. Ausserdem begegnet man auch einigen Mus- kelfasern, welche ebenfalls in transversaler Richtung verlaufen. Diese Muskelfasern bilden jedoch keine continuirliche Schicht, sondern kommen nur zerstreut vor. Die Ambulacralbläschen des vorderen Ambulacralfeldes haben ebenfalls eine birnförmige Gestalt, sind je- doch bedeutend kleiner. Sie zeigen dieselbe histologische Structur ER 87 wie die am Munde, nur sind die Muskelfasern noch spärlicher als in diesen vertreten. Die Ambulaeralbläschen der Ambulacra petaloidea sind ungefähr ebenso gross wie die des Mundes. Sie unterscheiden sich von die- sen dadurch dass sie in die Quere gefaltet sind. Dadurch wird na- türlich die Flächenausbreitung bedeutend vergrössert. Sie zeigen dieselbe histologische Struetur wie die vorigen, nur ist hier auch wieder, wie am Munde, die Muskelfaserschicht etwas stärker ent- wickelt. Kalkkörperchen kommen in den Ambulacralbläschen auch nicht vor. Das von DELLE CnrAasE ! und Kronn” auch bei den Spatangen beschriebene Gefässnetz habe ich hier ebenfalls vergeb- lich gesucht. In den Bahnen des Wassergefässsystemes findet man, wie bei den Zckinen, Seewasser, in welchem dieselben zelligen Elemente, wie man sie in den Blutgefässen antrifft, vorkommen. Auffallend ist es aber, dass man in den Ambulacralbläschen des Mundes den pigmentirten und den pigmentlosen Zellen, ungefähr in gleicher Zahl gemischt, begegnet, während man in denen der Am- bulacra petaloidea die farblosen Zellen in viel grosser Zahl als die Pigmentirten autrifft. Der Verbindungszweig zwischen Wasser- und Blutgefässsystem , welcher aus dem pentagonalen Wassergefässring entspringend links vom ÖOesophagus verläuft und in das Magengefäss sich ausstürtzt, nimmt seinen Weg über die kleine, ventrale Mesenterialplatte in der unmittelbaren Nähe des medialen Randes des unteren Stützap- parates. Eigentlich läuft er nicht über, sondern in dieser Platte, eben wie das Bauchgefäss in der grossen ventralen Mesenterial- platte. Der Verbindungszweig stimmt im Bau mit dem der Gefässe überein. Ein inneres Wimperepithelium habe ich in dem Verbin- dungszweig wie in den Gefässen vermisst. Die ins Innere der Körperhöhle bogenförmig vorspringenden Am- bulacralbläschen gehen in die an der äusseren Oberfläche der Schale gelegenen Füsschen über. Wie die Structur der Ambulacralbläschen, so wechselt auch die der Füsschen bei den Spatangen. Wie wir schon bei der Beschreibung der Schale angegeben ha- Y DELLE CH1aJe. L. ce. S. 338. 2 KroHn. L. c. S. 5. 88 ben, kommt in jedem Ambulaeralplättehen der Mundgegend nur eine Öffnung vor; wir finden also dass am Munde ein Füsschen nur einem Ambulacralbläschen entsprecht. Dasselbe Verhältniss fin- den wir für das ganze erste oder vordere Ambulacralfeld. Hier kommt auch in jedem Plättehen nur eine Öffnung vor. Die vier übrigen Ambulacralfelder zeigen uns an den Seitenflächen dasselbe; an der Rückenfläche dagegen, an den Ambulacra petaloidea, kommt in jedem Ambulacralplättchen ein Porenpaar vor, und hier stehen also mit jedem Ambulacralbläschen zwei Füsschen in Zusam- menhang. JoH. MüLLEer ' unterscheidet bei den Spatangen dreierlei Art von Füsschen: 1. Tastfüsschen, 2. einfache locomotive Füsschen, 3. kiemenartige Füsschen (Ambulacralkiemen). Die ersteren kom- men nach ihm in der Umgebung des Mundes, die letzteren an den Ambulaera petaloidea, die einfach locomotiven Füsschen an den übrigen Schalentheilen vor. Meine Untersuchungen stimmen im Allgemeinen mit denen von JoH. MürLLer überein. Die Ambulacralfüsschen am Munde bilden die Tastfüsschen. Diese Füsschen bestehen aus dem hohlen Stamm und dem verbreiterten (geschlossenen) Ende. Der Stamm besteht aus einer äusseren transversalen und einer inneren longitudinalen Bindegewebsschicht, aus sehr stark wellenförmig verlaufenden Fi- brillen zusammengesetzt. Ausserlich und innerlich ist der Stamm mit langen Wimperhaaren bekleidet. Muskelfasern fehlen den Tast- füsschen. Das verbreiterte Ende erhält eine pinselförmige Gestalt (Taf. X. Fig. 89) durch zahlreiche feine Ranken welche den End- flächen aufsitzen. Jede dieser Ranken besteht aus einem Kalkstab, welcher mit einer dreieckigen Basis dem verbreiterten Ende des Füsschens auf- sitzt, und ist von einer äusserst zarten Bindewebshaut umgeben, welche in die des Fisschens übergeht. In dieser Bindewebshaut sind zahlreiche Pigmentzellen abgelagert und äusserlich ist sie von einem Wimperepithelium überzogen (Taf. X. Fig. 90). An dem übri- gen Theil der Bauchfläche und an den Seitenflächen der Schale ' Jom. Mütter. Über den Bau der Echinodermen. Berl. Abhandl. 1853. Des- sen Archiv, 1853. 89 kommen die einfachen locomotiven Füsschen vor. Diese Füsschen unterscheiden sich von denen der Zehizen dadurch dass ihnen, wie Jon. MüLLer auch schon erwähnt, eine Saugscheibe fehlt. In ihrer histologischen Structur stimmen sie ziemlich mit de- nen der Zcehiniden überein. Von aussen nach innen kann man an diesen Füsschen die folgenden Schichten unterscheiden: 1. eine äussere Wimperhaut, 2. eine stark wellenförmig verlaufende trans- versale, 3. eine ähnliche longitudinale Bindegewebschicht, 4. eine longitudinale Muskelfaserhaut, und 5. eine innere Wimperhaut. In den Bindegewebshäuten kommen zahlreiche Pigmentzellen und Körn- chen vor. Die Muskelfasern sind 0,005—0,006 Mm. breit und be- stehen nicht wie bei den Zehiniden aus verschiedenen Schichten, sondern nur aus einer. Transversale Muskelfasern kommen auch hier nieht vor. Das blindgeschlossene Ende dieser locomotiven Füsschen zeichnet sich durch nichts Besonderes aus. An den Ambulacra petaloidea begegnen wir endlich den von Jos. MürtEer als kiemenartige Füsschen oder Ambulacralkiemen bezeichneten Füsschen. Und wirklich haben diese Füsschen einige Ähnlichkeit mit Kiemen. Man kann an ihnen den Stamm und das kiemenartig ausgebreitete Ende unterscheiden. Der Stamm stimmt im Bau fast vollkommen mit den einfachen locomotiven Füsschen überein; nur in so weit weicht er von diesen ab, dass die Mus- kelfaserschicht im Stamme dieser Füsschen noch spärlicher vertreten ist als in den locomotiven Füsschen. An der Stelle wo der Stamm in die kiemenartige Ausbreitung übergeht, scheinen sich die Muskelfasern zu verlieren. Die kiemen- artige Ausbreitung (Taf. X. Fig. 88) besteht nur aus einer äus- serst zarten transversalen und longitudinalen Bindegewebsschicht, aussen und innen mit einer Wimperhaut überzogen. Die Muskelfa- sern des Stammes scheinen in die Bindegewebshäute der kiemenar- tigen Endausbreitung über zu gehen. Wir haben endlich noch eine vierte Art von Füsschen zu erwähnen, auf welche JoHm. MürLLer keine Rücksicht genommen zu haben scheint; ich meine auf die Füsschen des vorderen Ambulaecralfeldes. Wie schon öfter bemerkt ist kommt in jedem Plättehen des vor- deren Ambulacralfeldes nur eine Öffnung vor und sind auch die Ambulaeralbläschen dieses Feldes rudimentär entwickelt. Mit diesen 0 rudimentären Ambulacralbläschen stehen nun auch rudimentäre Füsschen in Zusammenhang. Diese Füsschen bestehen einfach aus einem blind geschlossenen Schlauch, welcher ebenfalls aus einer longitudinalen und transver- salen Bindegewebschicht — aussen und innen mit einer Wimperhaut bekleidet — aufgebaut ist. Wenn wir nun die Füsschen der Zekiniden mit denen der Spaltangen vergleichen, so fallen uns die grossen Unterschiede zwischen beiden sogleich auf. Das Charakteristische was die Füsschen der Zekinen kennzeichnet ist die Saugscheibe, mit welcher sie sich festsaugen können und welche ihnen ein kräftiges Hülfsmittel für ihre Bewe- gungen ist. Den Füsschen der Spatangen fehlt eine Saugscheibe überhaupt. Ausserdem sind alle Füsschen der Zehiniden gleich gebaut, während die der Spafangen, wie wir gesehen haben, an verschie- denen Stellen bedeutende Unterschiede zeigen. Die Fiüsschen der Spatangen werden also zur Locomotion nur sehr wenig beitragen können, und die Stacheln werden für sie wohl das Hauptmittel der Bewegungen sein. Wenn der Ausspruch einiger Autoren wahr wäre, dass die Stacheln der Ecehiniden durchaus nichts zur Locomotion beitragen Können, sondern dass die Saugfüsschen diese Rolle ganz iibernehmen müssen, wie sollte die Locomotion denn bei den Spatangen vor sich gehen, welchen die Saugfüsschen vollkommen fehlen? Ich glaube dass auch schon dadurch diese Angabe theilweise wiederlegt wird. Die Locomotion der Spatangen ist aber sehr gering, und wenn man sie in einem Wasserglase beobachten will, hat man viel geduld nöthig, während dagegen bei den Zehiniden die Locomotion sehr deutlich ist. Dass sie aber das Vermögen haben müssen über den Boden des Meeres fort zu kriechen, ist wohl nicht zweifelhaft, wie bei der Lebensweise dieser Thiere näher erörtert werden soll. ÜBER DEN ZUSAMMENHANG VON BLUT- UND WASSER- GEFASSSYSTENM. Wir kommen jetzt zu einer der schwierigsten Aufgaben in der Anatomie der Zchinodermen im Allgemeinen und hier besonders 91 der Zehinoiden, nähmlich zu der Frage: Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Blut- und dem Wassergefässsystem, und, wenn er vor- kommt, wie findet er statt? An diese Frage reiht sich zugleich eine Zweite an: Wie kommt das Seewasser von Aussen in das In- nere der Körperhöhle ? DELLE CHıaAJE’s ! bekannte, übrigens auf Verwechselung beru- hende Vermuthung, dass ein Zusammenhang zwischen dem Blut- und Wassergefässsystem statt finden sollte, hatte Wınuıans ? durch das Vorkommen von denselben Formelementen in beiden Gefäss- systemen zu beweisen versucht. TIEDEMANN® hält fest, dass das Blut- und Wassergefässsystem nicht mit einander communieirt. JOH. MüLter * schliesst, ohne jedoch bestimmte Gründe dafür anzufüh- ren, sich TiEDEMANnN an. MıLnE Epwarps’ stimmt denjenigen Autoren bei, welche den Zusammenhang von Blut- und Wasserge- fässsystem behaupten. Häcker® hat bei Opäiolepis in den Was- sergefässkanälen rothe Blutkörperchen gefunden, und sagt dass bei dieser Opkiure beide Arten von Gefässen demselben Systeme an- gehören. Auch KowArevsky’ fand im Wassergefässsystem Blut- körperchen. SEMPER ® glaubt ebenfalls dass ein Zusammenhang des Wassergefasssystemes mit den Bahnen des Blutes besteht und stützt seine Meinung nicht auf das Vorkommen von Blutkörperchen in den Wassergefässen, sondern darauf “dass in beiden Arten von Ge- fässen durchaus die gleichen zelligen Elemente vorhanden sind.” Durch direete Injeetionen hat er aber den Zusammenhang nicht nachweisen können. Er giebt jedoch an: “dass er einige Male offne Blutgefässmündungen in dem dorsalen Geflecht, welcher am Ge- schlechtssinus der Aspidochirota verläuft, zu sehen glaubte.’ Wie schon bei der Beschreibung des Wassergefässsystemes her- vorgehoben ist, kommen auch bei den Zekinen in den Ambulacral- I DELLE CHraJe. L. ec. S 340. ® WıLLIams. Philos. Transact. 1852. S. 605. 3 'TIEDEMANN. L. ce. S. 84. * Jos. Mütter. Anatomische Studien über die Echinodermen. Archiv. f. Anat. und Phys. 1850. S. 117. Abhandl. der Berl. Acad. der Wisschenschaft. 1853. S. 123. 5 Mırne Epwarps Lecons d’anat. comp. Tom. III. S. 292. 1858. 6 HäckEL. Gener. Morphol. der Organism. 1866. T. II. S. LXIII. 7 KowaALevsky. Entwickelungsgeschichte der Holothurien. S. 5. 8$S SEMPER. L. c. S. 126. 92 bläschen dieselbe zelligen Elemente vor, wie sie in den Blutgefäss- sen gefunden werden. Bei den Spatangen fällt dieses durch die zahlreichen Pigmentzellen, welche man in den beiden Gefässsyste- men antrifft besonders auf, und dadurch wurde auch bei mir die Vermuthung auf einem Zusammenhang beider Gefässsysteme erregt. In Nizza habe ich bei frischen #ekinen durch die Madreporen- platte direete Injeetionen zu machen versucht und mich bestrebt von den Wassergefässkanälen aus in die Bahnen des Blutes zu kommen. Bei gut gelungenen Injecetionen (welche mir aber nur höchst selten vorgekommen sind) waren die Ambulacralbläschen , die fünf ambulacralen Wassergefässkanäle, die Poli’schen Blasen und der Ringkanal nicht allein mit der gefärbten Masse strotzend gefüllt, sondern die Injeetionsflüssigkeit war auch theilweise in den Theil der Darmvene gedrungen, welcher am Anfang des Nahrungs- kanals, also in der nächsten Umgebung der Poli’schen Blasen, gele- gen ist. Leider kann ich jedoch nicht angeben, auf welche Art und an welcher Stelle der Zusammenhang zwischen den beiden Systemen statt findet und muss mich nur auf die oben beschriebe- nen Mittheilung beziehen. Ich glaube jedoch dass in der Umgebung der Ringkanäle des Blut- und Wassergefässsystemes dieser Zusam- menhang zu suchen ist, da gerade im Anfangstheil des Nahrungs- kanals die Darmvene und das aus ihr entspringende Lakunensystem am meisten gefüllt war. Ungeachtet der grössten Mühe den direeten Nachweis des Zusammenhanges an diesem Orte liefern zu können, ist dieses mir nicht gelungen. Die Poli’schen Blasen waren gewöhn- lich, bei gut gelungenen Injectionen, so strotzend mit der gefärb- ten Masse gefüllt, dass sie auch bei der vorsichtigsten Praeparation platzten und ihren Inhalt in die Umgebung ausgossen, so dass es nicht möglich war genau den Weg, welchen die Injeetionsmasse genommen, aufzufinden. Meine Versuche um von den Blutgefäs- sen aus in die Bahnen des Wassergefässsystemes zu kommen, sind alle fehlgeschlagen. Spatangen standen mir in Nizza nicht zu Gebot; man sagte mir dass man diese nur im Sommer bei sehr niedriger See bekommen könnte. So kehrte ich also in der peinlichen Lage aus Nizza zurück, die wichtige Frage über den Zusammenhang beider Systeme nur halb gelöst zu haben. So lange eben der Weg nicht gefunden war, 95 welcher beide Systeme mit einander verbindet, blieb obgleich nicht wahrscheinlich, immer doch die Möglichkeit überig, dass die In- jeetionsflüssigkeit aus den strotzend gefüllten Wassergefässen auf künstliche Weise in die Bahnen des Blutes gedrungen war. An der Küste der Nordsee habe ich an den Spatangen meine Untersuchungen weiter fortgesetzt. Die Darwin’sche Theorie giebt den Wahrscheinlichkeitsschluss an die Hand, dass die Zolothurien aus den Zckiniden enstanden sind. Complicertere Bildungen bei jenen, müssen bei diesen in Allgemeinen in einfacher Gestalt erscheinen. Es liess sich also erwarten, dass die schwierige Frage des Zu- sammenhanges von Blut- und Wassergefässystem bei den Spatangen leichter zu lösen sein würde als bei den höher entwickelten Holothurien. Es ist mir dann auch gelungen bei den Spatangen den Zusammenhang beider Systeme auf das bestimmteste nachweisen und den Weg, welche die beiden Gefässsysteme mit einander ver- bindet, so zu sagen mit dem Finger anzeigen zu können. "Wenn man bei Spatangus purpureus von dem Bauchgefäss aus eine Injeetion macht, läuft die Flüssigkeit in das Magengefäss, und von diesem in den aus dem Magengefäss entspringenden Verbin- dungszweig (Taf. VI. Fig. 41, 42, 43, 44, 44a u.). Von dem Verbindungszweig, welcher in den ungleichschenkeligen pentago- nalen Wassergefässring einmündet, dringt die Injectionsflüssigkeit in den Wassergefässring (Taf. VI. Fig. 43, 44, 442). Von dem Was- sergefässring läuft nun die Masse einerseits in das Wassergefäss (Stein- kanal) (Taf. VI. Fig. 43, 44, 44a h.) andererseits in die fünf am- bulacralen Wassergefässkanäle, (dieselbe Figuren b.) in die von diesen abgehenden Querästchen, und bei sehr vollständigen Injeetionen findet man die Injectionsflüssigkeit bis in die Ambulacralbläschen vorgedrungen. Wiederholte Male habe ich dasselbe Resultat bekommen. Für diese Versuche muss man sich aber ganz frischer Thiere bedienen. Ich glaube dass hiermit die Frage über den Zusammenhang zwi- schen dem Blut- und Wassergefässsystem hinreichend gelöst is, und dass bei den Sp.tangen wenigstens darüber wohl kein Zweifel mehr überig bleibt. Wir müssen nur noch einmal auf die Mitthei- lungen von MıLyE EpwArnps ' zurück kommen. Sprechend über den U Mınyne Epwarps. Lecons sur la physiol. et l’anatomie comp. Tom. III. P. 297. 1858. 94 Zusammenhang zwischen dem Blut- mit dem Wassergefässsystem , sagt dieser Beobachter darüber das Folgende: Le systeme vaseulaire viseeral est moins bien connu. Chez les Spatangues, un coeur con- stitu& par un gros vaisseau fusiforme & parois charnues (das ge- wundene Organ) est log& dans le meösentere, pr&s de la portion anterieure du tube digestif. Je n’ai pu bien distinguer le mode de terminaison de son extr&emite posterieure; mais en avant etägauche, il se prolonge en une artere me&senterique qui, apres avoir suivi pendant quelque temps le bord interne de l’intestin, (das Bauch- gefäss) et y avoir forme un coude abrupt d’oü partent des arteres intestinales, se divise en deux branches dont l’une descendante va au cÖöt& gauche de la bouche, (der Verbindungszweig) et m’a paru s’y anastomoser avec l’anneau vasculaire deja mentionne; l’autre, ascendante, se porte en avant, puis en haut, et va se terminer au point de r&union des vaisseaux ambulacraires, pres des pores genitaux. (Nach der Abbildung zu urtheilen versteht MıLy£e EnpwArDs unter diesem Zweig das Gefäss, welches um den Divertikel herumläuft, also in der Nähe der Madreporenplatte sich befindet und von ihm nur unvollständig injieirt gesehen ist). Un autre vaisseau qui oceupe le bord oppos& de la portion anterieure du tube digestif, et qui correspond & la veine intestinale des Zolotkuries (der Steinkanal), m’a sembl& deboucher aussi dans l’anneau vasculaire eircumbuccal, et je suis porte ä& croire qwil communique du cöt& oppose avec Vextr&mite posterieure du coeur. Den Verbindungszweig (la branche au cöte gauche de la bouche) hat Mıne Epwarns. also schon gesehen. In der Abbildung von Spatangus purpureus, von ihm in Cuvier’s Regne animal, Zoo- phytes, Planche XI bis, gegeben, lässt er diesen Zweig auch wirk- lich in den von ihm s. g. “anneau vasculaire eireumbuccal’’ über- sehen. Was er aber unter dem Namen “anneau vasculaire eireum- buccal’’ abgebildet hat, ist das ungleichschenkelige Nervenpentagon, während ihm der dem Nervenpentagon medianwärts und unmittelbar anliegende pentagonale Wassergefässring, in welchen der Verbin- dungszweig ausmündet, vollkommen unbekannt geblieben ist. Wir sehen also dass Mine Epwarps Mittheilungen nur theil- weise richtig sind. Öbgleich ich nun bei den Zehiniden, wie schon bemerkt, den 95 Weg, welcher Blut- und Wassergefässsystem mit einander verbin- det, nicht direet gesehen, sondern nur aus dem Befunde, dass die von dem Steinkanal aus injieirte Flüssigkeit in die Bahnen des Blutgefässsystemes (Darmvene) gedrungen war, den Schluss ge- zogen habe, dass beide Systeme höchst wahrscheinlich mit einan- der zusammenhangen , so glaube ich doch, dass auch bei den Zekiniden, nachdem der directe Beweis für die Spadangen geliefert ist, kein Zweifel mehr an dem Zusammenhang beider Systeme überig bleibt, und also für die ganze Klasse der Zekinoiden, ja höchst wahrschein- lich für die Zekinodermen im Allgemeinen, der Beweis des Zusam- menhanges beider Systeme gegeben ist. Wir wollen uns jedoch für diesen Augenblick nur auf den Zeki- noiden beschränken. Durch den Zusammenhang der Wassergefässe mit den Bahnen des Blutgefässsystemes kommt dem Wassergefäss- system nicht allein die Bedeutung eines Locomotions-, sondern auch die eines Exeretionsapparats zu. Die Thiere werden das Vermögen haben, durch Vermittelung des Wassergefässsystemes Seewasser in ihre Blutgefässe auf zu nehmen, zugleich aber auch längs derselben Wege einen Theil der Blutflüssigkeit wieder aus zu trei- ben. Durch diese Bedeutung als exceretorischer Apparat, schliesst sich das Wassergefässsystem der Zekinoiden höchst wahrscheinlich dem Exeretionsorganen der Mollusken an. Denn auch hier bilden diese Organe Kanäle, die, mit einer äusseren Öffnung begin- nend, auf kürzerem oder längerem Wege in die Leibeshöhle (Peri- caldialsinus) ausmünden. Ich meine die Bojanus’sche Drüse der Lamellibranchiaten, die schwammigen Anhänge der Hohlvene der Cephalopoden, und die Nieren der Cephalophoren, durch welche diesen Thiere ebenfalls die Gelegenheit eröffnet ist Wasser in ihre Blutgefässe auf zunehmen, respective Blut auszutreiben, nur mit dem Unterschiede, dass ihn bei den Zekinoiden durch ihre niede- rige Bildung nicht die hohe Bedeutung als bei den Mollusken zukommt. Auch noch in einem zweiten Punkt stimmen in dieser Beziehung die Mollusken mit den Zckinoiden überein. Es ist bekannt, dass die Madreporenplatte, der Anfangstheil des Wassergefässsystemes, entweder in Verwachsung mit einem oder mit mehreren Genitaltä- felchen auftritt (Echiniden), oder dass eins der Genitalplättchen seine 96 Bedeutung als solehes vollkommen verloren hat und sich ganz in die Madreporenplatte umgebildet hat; dass also die Wege, durch welche die Geschlechtsproduete das Leibesinnere verlassen, in un- mittelbar Nähe von dem gelegen ist durch welchen das Seewasser in die Wassergefäskanäle kommt. Bei den Mollusken finden wir eine ähnliche Einrichtung. Bei den Zamellibranchiaten ist. die eine Öffnung des Exeretionsorgans entweder in der Nähe der Geschlechts- öffnung gelegen, oder mit dieser gemeinsam, oder endlich die Geschlechtsorgane öffnen sich in das Exeretionsorgan. Auch bei den Cephalopoden und Cephalophoren ist die eine Öffnung des Exeretionsapparates in der Nähe des Ausführungsganges der Ge- schlechtsproducte gelegen. Nicht weniger aber schliessen sich durch die Bedeutung des Wassergefässsystemes als Exceretionsapparat die Zehinoiden an die Würmer an. Schon Häckeu ' sagt: “Dagegen zeigen die Zeki- nodermen sehr wichtige und innige bisher aber meistens gänzlich übersehene Verwandtschaftsbeziehungen zu den Würmern, von de- nen einige, wie Nemertinen, Sipunculiden, denselben eigenthüm- lichen successiven Generationswechsel und die meisten ein ähnliches Wassergefässsystem besitzen. Zwar fungirt dies bei den Würmern nicht als ambulacraler, sondern als excretorischer Apparat, ist aber höchstwahrscheinlich dem der Zehinodermen wirklich homolog. Durch die Bedeutung des Wassergefässsystemes zugleich als die eines ex- eretorischen Apparates, schliessen also die Zekinoiden sich noch näher den Würmern an. Wir kommen jetzt auf die zweite Frage: Wie kommt das See- wasser in das Leibesinnere? TıepEMANN hat die Frage dahin zu lösen versucht, dass er die Endbläschen der Mundkiemen als offen beschrieb, und darin für die Thiere eine Gelegenheit zu Erneuerung des Seewassers zu sehen glaubte. Varenrın entdeckte den Fehler TIEDEMAnN’s und beschrieb, wie auch wirklich der Fall ist, die Endbläschen als geschlossen. Acassız ” meinte die Sache folgendermaassen erklären zu können. Er sagt: ‘“Entre les plaques des aires ambulacraires, on remarque ı Häckeı. L. 8. 8. LXIII. Tom. II. ® L. Acassız. Comptes rendus. 1846. S. 681. ® 97 a linterieur des pores ambulacraires, sous un grossissement de ceing a six diametres, de tres-petits pores rang&s en series regulieres aux- quelles eorrespondent, & linterieur, des tubes membraneux, retrac- tiles comme les sucoirs et termines par des ampoules perforees. Ces pores et ees tubes sont surtout nombreux dans les aires ambula- eraires et vers la p£ripherie. Quand ils sont tr&s &tendus, leur ex- tremite deborde les soies du test. Leur nombre est immense, surtout le pourtour du disque. Leur nature tubuleuse ne permet point de les eonfondre avec les, pedicellaires, et le fait qu'ils run: a Vin- terieur exclut tout rapprochement avec elles. Ö’est par ces milles bouches, qui correspondent aux pores en series des Actinies, que la cavit& du corps se remplit d’eau et se vide. I y a done chez les Oursins, comme chez les Asteries, deux systemes aquiferes correspondents, Yun eirconserit et se remplissant par le plaque madreporique, l’autre ä nombreuses ouvertures Eparses sur tout le corps, et remplissant la cavite generale du corps.” Was Agassiz unter dem Namen “par ces mille bouches’ versteht, weiss ich nicht. Etwas diesen Poren Ähnliches habe ich nie gesehen und Keiner der anderen Beobachter giebt darüber auch etwas an. Diese Mittheilung von Agassiz ist jedenfalls fehlerhaft. Ich glaube dass die Frage durch eine, aus der Lebensart dieser Thiere hervor- gehende viel einfachere Weise zu lösen ist. Wir haben gesehen dass die Madreporenplatte, der Anfangstheil des Steinkanals, durch ihren porösen Bau Seewasser in die Wassergefässe ein- respective austre- ten lassen kann. Die Madreporenplatte aber ist ziemlich gross; bei Cidaris ist sie 3—3Y; Mm. lang, und eben so breit; bei den Eekiniden Mm. lang, breit 3—3'/,, bei den Spatangen selbst lang 4—4'/,, und breit 4—4'/, Um. Der Quadratraum der Madreporenplatte beträgt also durchschnittlich 10—16 Mm. Dagegen ist der Steinkanal nur eine sehr dünne Röhre, derer Diameter, bei den verschiedenen Gattun- gen im Mittel genommen, höchstens 1 Mm. erreicht. An der Ma- dreporenplatte bleibt also der grösste Theil frei, von welchem der Steinkanal nicht enspringt. Durch diesen freien Theil kann also die Ein-, respeetive Ausströmung von Seewasser in die Körperhöhle statt finden. Wo ist aber die bewegende Kraft? Wir wissen dass alle Organe der Leibeshöhle mit einem Wimperepithelium bekleidet sind. Hier- 7 98 durch ist für eine fortwährende Bewegung des Wassers im Leibes- innern gesorgt; dass jedoch dadurch auch eine Austauschung von See- wasser durch die Madreporenplatte Statt finden kann, ist wohl nicht wahrscheinlich. Wir müssen also die Ursache irgendwo anders suchen. Es ist bekannt das beim lebenden Thiere die Ambulacralbläschen und die ambulacralen Wassergefässkanäle gewöhnlich prall gefüllt sind. Wenn das Thier seine Saugfüsschen erigirt, geht ein Theil der Flüs- sigkeit aus den Ambulacralbläschen in die Saugfüsschen über. Was folgt daraus? So bald das Wasser aus den Ambulacralbläschen in die Ambulacralfüsschen einströmt, wird der Druck im Wasserge- fässsystem geringer werden und nicht mehr im Gleichgewicht mit dem umringenden Seewasser sein, denn es hat einen Theil seines In- halts den Saugfüsschen abgegeben. Das Wasser im Leibesinnern kommt ebenfalls unter einen geringeren Druck, denn die Ambulacral- bläschen haben an Ausdehnung verloren. Das Gleischgewicht ist gestört, und in das Wassergefässsystem und Leibesinnere muss so viel Flüssigkeit einströmen, bis das Gleichgewicht wieder hergestellt ist und der Druck im Wasserge- fässsystem und im Leibesinnern mit dem der Aussenwelt über- " einstimmt. Für das Wassergefässsystem giebts zwei Wege um den Druck aus zu gleichen: Einströmen von Seewasser von aussen durch die Ma- dreporenplatte; Einströmen von Blut aus den Blutgefässen durch den Verbindungszweig beider Systeme. Für das Wasser der Körperhöhle ist nur ein Weg da: Einströmen von Seewasser durch die Madrepo- renplatte. Wenn also die Saugfüsschen sich ausstrecken, wird das Gleich- gewicht im Wassergefässsystem und im Leibesinnern gestört. Das Gleichgewicht muss hergestellt, der Druck im Wassergefässsystem und im Leibesinnern muss mit dem der Aussenwelt aequivaliren. In das Wassergefässsystem strömt entweder so viel Seewasser von aussen, oder Blut aus den Blutgefässen, oder beide zugleich, in die Körper- höhle so viel Seewasser von aussen ein, bis der Druck ausgeglichen ist. Hier haben wir also eine Einströmung. Wenn sich die Saugfüssehen einziehen , geht das in ihnen enthaltene Seewasser in die Ambulaecralbläschen zurück. Die Ambulacralbläschen kommen unter einem höheren Druck als dem des umringenden See- 99 wassers. Der erhöhte Druck pflanzt sich auf das im Leibesinnern angesammelte Seewasser fort, das Gleichgewicht ist wieder ge- stört. Aus den Wassergefässen fliesst so viel Wasser, entweder durch die Madreporenplatte nach aussen, oder durch den Verbindungsgang in die Blutgefässe zurück, aus dem Leibesinnern strömt so viel Was- ser durch die Madreporenplatte nach aussen, bis das Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Hier findet also Ausströmung statt. Die Ambulacralfüsschen machen wirklich in doppelter Beziehung auf den ihnen gegebenen Namen von Saugfüsschen Anspruch, denn erstens können die Thiere sich damit festsaugen, zweitens wirken die Saugfüsschen, so zu sagen als Saugpumpen. Wenn sie sich ausdehnen wird Wasser eingesaugt, wenn sie sich contrahiren, wird Wasser ausgetrieben. Durch die Bewegung der Saugfüsschen wird nicht allein eine Austauschung des Seewassers in dem Wassergefässsystem und in dem Leibesinnern möglich, sondern zugleich für eine stäte Mischung von dem Blut mit dem in den Wassergefässen enthaltenen Seewas- ser gesorgt. Bei jeder Erection der Saugfüsschen wird einem Theil des Blutes Gelegenheit gegeben sich mit dem Seewasser zu ver- mischen, und zugleich sich zu oxydiren, denn die Wände des Wassergefässsystemes sind überall, äusserlich so wohl als innerlich, in Berührung mit Seewasser, und die Bekleidung der Wände mit langen Wimperhaaren sorgt für einen stäten Wasserwechsel. Bei jeder Contraction der Saugfüsschen wird einem Theil der in den Wassergefässkanälen enthaltenen Flüssigkeit Gelegenheit ge- geben, sich mit dem Blut zu vermischen; mit dieser Flüssigkeit vermischt kommt neues oxydirtes Blut in die Gefässe zurück. Bei der Beschreibung des Wassergefässsystemes haben wir schon darauf hingewiesen, dass man an den Ambulacralbläschen der Ze%i- nen eine zarte jedoch vollkommene Muskelfaserschicht, an denen der Spatangen nur höchst sparsam zerstreute Fasern nachweisen kann. Wir haben weiter die Vermuthung ausgesprochen dass die zarte Muskulatur der Ambulaeralbläschen wohl nicht im Stande sein würde die kräftige Muskulatur der Saugfüsschen bei den Eehinen zu überwinden, und dass die Erecetion der Saugfüsschen wohl di- rekt, nicht indirekt vor sich gehe. Wenn die Erection der Saug- füsschen durch Contraction der Ambulacralbläschen statt fand, T7*F 100 warum fehlt sie dann den Spatangen? Ich glaube die Bedeutung der in den Ambulacralbläschen vorkommenden Muskelfasern ist eine andere. Die Saugfüsschen der Zehiniden ziehen sich bei der leisesten Be- rührung sehr kräftig und schnell zurück. Kamen keine Muskelfasern in den Ambulacralbläschen vor, so wäre es sehr leicht möglich dass durch die kräftige Zusammenziehung der Saugfüsschen und das schnelle Einströmen des Seewassers, die Ambulacralbläschen durch den plötzlichen und kräftigen Shok platzten. Durch die vollkom- men ausgebildete Muskelfaserschicht in den Ambulacralbläschen der Echinen wird das kräftige Eindringen von Wasser leichter aus- geglichen. Bei den Spatangen war diese Einriehtung nicht nöthig, denn ihre Ambulacralfüsschen enthalten ebenfalls nur sehr wenige contractile Elemente. . Bei den mit einem Gebiss versehenen Zekinoiden kann vielleicht noch eine zweite Ursache zur Erneuerung des Seewassers ins Lei- besinnere auftreten. Durch die Bewegung der Kausmuskeln kann, es möge denn auch nur im geringen Maass sein, die Mundhaut et- was gehoben oder gesenkt werden. Dadurch wird der innere Lei- besraum etwas vergrössert oder verkleinert werden, sogleich aber wird etwas Wasser durch die Madreporenplatte ein- respective aus- strömen. Bei den der Kauwerkzeuge ermangelnden Spatangen fällt diese Ursache zur Wassererneuerung jedoch fort, denn die Bewe- gung der Oberlippe kann nur in sehr geringem Maass Statt finden. Ausserdem ist, wie wir sehen werden, der Darm der Spatangen strotzend mit Sand gefüllt, und also keine Gelegenheit für Ein- und Ausströmen von Seewasser möglich. Bei den Zehiniden besteht jedoch auch noch eine dritte Möglich- keit den Druck auszugleichen, und diese kommt besonders in Be- tracht bei den eben erwähnten Bewegungen der Mundhaut; ich meine das Eindringen von Seewasser in den Anfangstheil des Darm- tractus selbst. Wird der Druck des Seewassers in der Körperhöhle der Zehiniden durch die Bewegungen (das Herabsenken) der Mund- haut geringer als der Aussenwelt, so kann dieser sofort durch Einströmen von Seewasser in den Darmkanal ausgeglichen werden. Die frei hervorragenden Zahnspitzen werden ringsherum durch die Mundhaut umschlossen. Bei jeder Bewegung der Zähne bewegt sich 101 also auch die Mundhaut und ist die Gelegenheit zur Ein- respec- tive Ausströmung gegeben. Dadurch entsteht für die Thiere noch ein zweiter Vortheil. Bei der Beschreibung des Darmtraetus haben wir auf die zahlreichen Papillen im Oesophagus und auf ihren ausserordentlichen Reich- thum an Gefässen hingewiesen, zugleich die Bemerkung gemacht, dass diesen Papillen höchst wahrscheinlich die Bedeutung von Darm- kiemen zukommen werde. Durch die Bewegungen der Mundhaut ist nun die Möglichkeit wiederholter Ein- resp. Ausströmung, zu- gleich aber der von Darmathmung gegeben. Ich muss endlich noch auf eine Erscheinung aufmerksam machen. Wenn man bei einem frischen Zekinus die Mundhaut in der nächsten Umgebung der Zahnspitzen abreiszt, dann bemerkt man, dass aus dem Raum zwischen den Zahnspitzen und der eigentli- chen Mundöffnung etwas Wasser herauströpfelt. Wie wir aber bei der Beschreibung der Mundhaut gesehen haben, schliesst die innere Mundhaut die Körperhöhle vollkommen von der Aussenwelt ab. Das Wasser welches also bei Reizung der Mundhaut aus dieser auströpfelt, scheint nur aus dem taschenförmigen Raum (Seite 24) zu kommen. An die Frage über den Zusammenhang von dem Blut- mit dem Wassergefässsystem und über die Art und Weise wie das Seewas- ser in das Leibesinnere kommt, reiht sich endlich noch eine dritte Frage nähmlich diese: besteht auch ein Zusammenhang zwischen dem Blut- oder Wassergefässsystem mit dem im Leibesinnern ange- sammelten Seewasser. Wenn man die in der Körperhöhle enthaltene Flüssigkeit eines Seeigels untersucht, so findet man darin ausser den zahlrei- chen: Infusorien und Bacillarien, amoeboide, fein granulirte und pigmentirte Zellen, wie man sie auch in den Blut- und Was- sergefässen antrifft. Bei den Spatangen ist die Flüssigkeit aus der Körperhöhle blass röthlich gefärbt. Diese Farbe rührt von den zahl- reichen darin vorkommenden Pigmentzellen her. Neben diesen Pig- mentzellen begegnet man ebenfalls amoeboiden und fein granulirten Zellen, wie sie auch im Blute vorkommen. Unwillkürlich wirft sich hier die Frage auf, wo diese zelligen Elemente herrühren. Auf diese Frage muss ich jedoch die Antwort theilweise schul- dig bleiben. Bei der Injection der Blutgefässe der Spatangen habe 102 ich niemals Stellen gesehen, wo die injieirte Masse herausgetreten war, obgleich zuweilen das ganze Blutgefässsystem strotzend sich gefüllt hätte. Eben so wenig habe ich an den Gefässen der Zehi- nen etwas dergleiches gesehen. Dass amoeboide Zellen in dem See- wasser der Körperhöhle vorkommen, kann man sich durch Aus- wanderung erklären, ebenso das Vorkommen von Pigmentzellen, welche gewöhnlich Bewegungserscheinungen zeigen. Die überaus grosse Zahl von Pigmentzellen in der Körperflüssigkeit der Spatan- gen darf nicht auffallen, wenn man bedenkt, dass an den Blut- gefässen dieser Thiere Gebilde vorkommen (S 74) welche in einer spärlichen Grundsubstanz Millionen dieser Zellen zeigen. Das See- wasser der Leibeshöhle umspült frei diese Gebilde, und daraus lässt sich leicht das zahlreiche Vorkommen dieser Zellen in der Leibes- flüssigkeit herleiten. Wie aber die fein granulirten Zellen in die Körperflüssigkeit kommen, muss ich dahin gestellt lassen. Dass offne Blutgefässmündungen vorkommen sollen, glaube ich nach den gemachten Injeetionen bestreiten zu dürfen; wie aber die Wasser- gefässe in der Umgebung der Madreporenplatte sich verhalten, ob sie geschlossen, oder mit offnen Mündungen endigen, ist mir voll- kommen unbekannt geblieben. Vergleichen wir jetzt noch einmal die Madreporenplatte und das von dieser entspringende Wassergefässsystem der Zehinoiden mit den Excretionsorganen der Würmer. Bei einem grössen Theil der Wür- mer bildet der Exeretionsapparat höchst wahrscheinlich den Weg durch welchen nicht allein Wasser in das Leibesinnere geführt, sondern auch die Geschlechtsproducte entfernt werden. Durch die Madreporenplatte der Zehinoiden kann, wie wir gesehen haben, nicht alllein Ein- und Ausströmung von Seewasser in die Wassergefässe , sondern auch in die Körperhöhle Statt finden. Bei den männlichen Echinen ist die im Leibesinnern vorhandene Flüssigkeit in geschlechts- reifem Zustand mit äusserst zahlreichen Spermatozoiden gemischt, und diese werden höchstwahrscheinlich auch wohl längs desselben Wegs die Körperhöhle verlassen müssen, nähmlich durch die Ma- dreporenplatte, denn an keinem anderen Ort der Körperobertläche finden sich Öffnungen zum Durehtritt vor. Durch dieselbe Öffnung, durch welehe Ein- und Ausströmung in die Wassergefässe, res- peetive Körperhöhle Statt findet, muss also auch ein Theil der Ge- 105 schlechtsproducte das Leibesinnere verlassen. Die Homologie des Excretionsapparats der Würmer mit dem Wassergefässsysteme der Eehinoiden wird dadurch, wenn ich so sagen darf, noch treffender. AUFENTHALT. LEBENSWEISE. Die Zehiniden halten sich am liebsten an felsigen Küsten auf. Es ıst bekannt in welcher ungeheuer grossen Zahl sie an der Küste des Mittelmeers vorkommen, während sie dagegen an den sandigen Küsten der Nordsee viel sparsamer sind. Schon aus der Form ihrer Zähne geht hervor, dass sie ihre Nahrung kauen. Den Darmkanal der Zehinen findet man gewöhnlich ganz mit Überresten pflanzlicher Nah- rungsstoffe angefüllt. Die Hauptnahrung scheint also aus Pflanzen und besonders aus Algen zu bestehen. Spuren von Weichthieren oder anderen grossen Thieren habe ich niemals gefunden ; auch Valentin ! läugnet ebenfalls das Vorkommen von Uberresten grösserer Thiere im Darmtraetus. Der Inhalt des Darmes ist dagegen überaus reich an Infusorien, besonders Infusoria eiliata. Dieselbe Arten welche man im Inhalt des Darmkanals findet, kommen auch in der Flüssigkeit der Leibeshöhle, so wie im Blut- und Wassergefässsysteme vor. Ihre Anzahl war zuweilen so gross, das sie die Untersuchung belästig- ten. Ausserdem ist der Inhalt des Darmes an Bacillarien und Dia- tomaceen sehr reich. Die Spatangen kommen mehr an sandigen Küsten vor. In Nizza habe ich keinen einzigen bekommen können; nur im heissen Sommer bei sehr niedriger See sollen sie zu bekommen sein. An der Küste der Nordsee sind sie dagegen sehr zahlreich. Sie leben jedoch nicht sehr nahe, sondern ziemlich weit von der Küste entfernt. Gewöhnlich halten sie sich ebenfalls in grosser Zahl bei einander an ausgetieften Stellen auf, und wenn die Netze der Fisscher an solehen Stellen vorbeigegangen sind, enthalten sie zuweilen mehr als hundert Individuen. Die Spatangen wählen sich am liebsten solche ausgetiefte Stellen, wo sich Steine angesammelt haben. Der Darm- kanal dieser Thiere ist fast immer mit Sand strotzend gefüllt; mit diesem Sande sind Überreste von Weichthieren, Krebsen, Echiniden, U VALENTIN. L. e. S. 80. 104 Ophiuren, Asteriden, Spatangen, selbst Diatomaceen etc. vermischt. Für die Aufnahme der Nahrungstoffen kommt ihnen die löffelartig ausgehöhlte Unterlippe ausgezeichnet zu Statten. Wir haben bei der Beschreibung des Darmkanals der Spatangen gesehen dass die Un- terlippe ziemlich stark hervorragt. Wenn das Thier sich also auf dem Boden der See fortbewegt, wird so zu sagen der Sand me- chanisch in den Schlund getrieben; die löffelartig ausgehöhlte Un- terlippe wirkt wie eine Art Pflug. Mit dem Sande kommen also die damit vermischten Überreste von Thieren, kleine Mollusken ete., in den Darmkanal. Aber zugleich geht aus dieser Art der Nahrungsaufnahme her- vor, dass die Spatangen, sei es denn auch nur in geringem Maass, im Stande sein müssen, sich zu bewegen und auf dem Boden des Meeres fort zu kriechen, denn auf keine andere Weise ist Nahrungs- aufnahme möglich. Es ist wirklich merkwürdig, wie strotzend der Darm mit Sand gefüllt ist. Bei einem Thier das 267 Gramm Gewicht hatte, fand ich das folgende Verhältniss: Schale = 57 Gramm. Ovaria ee Deewässer = 62 ,„ (aus der Leibeshöhle). Darmkanal = 4 ,, Inhalt ae (des Darmkanals). 263 ” Wir sehen also, das bei den Spatangen der Inhalt des Darmkanals ungefähr die Hälfte des Gewichtes des ganzen Thieres beträgt, während der Darm selbst noch kein Sechzigstel des ganzen Thieres wiegt. Die grosse Masse Sand im Darm der Spatangen ist jedoch sehr lästig bei der Untersuchung; bei der leisesten Berührung, oder bei der Herausnahme der Eingeweide aus der Schale, zerreissen , dureh die Schwere des Sandes, die Darmwände. Im Divertikel kommt zuweilen, obgleich aüsserst selten, ebenfalls eine kleine Menge Sand vor. In dem gewundenen Organ dagegen habe ich keinen Sand gefunden. ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN. Taf. III. Fig. 1. Madreporenplatte von Sphaerechinus esculentus ?).. 2. Kalknetze und Maschen aus der Schale von Spatangus pur- pureus ®°).. 3. Scheitelschild von Spatangus purpureus \ı. a. Madreporenplatte. b. b. Genitalöffnungen. c. c. Die fünf Ocellartäfelchen. d. Vorderes Ambulacralfeld. e. e. Ambulacra petaloidea. f. f. Interambulacralfelder. 4. Innere Fläche des Scheitelschildes von Spatangus purpureus !ı. a. Oberer Stützapparat. b. b. Ausführungsgänge der Genitaldrüsen. c. c. Brückenbogen durch welche die Ausführungsgänge der Genitaldrüsen hindurch treten. a Ba . d. Genitaldrüsen. d'. Vordere (weniger entwickelte) Genitaldrüse. e. Vorderes Ambulacralfeld. f. f. Ambulaera petaloidea. 9. 9. Interambulaeralfelder. 5. Untere Fläche der Schale von Spatangus purpureus !h. a. Unterlippe. b. b. Untere Fläche der Oberlippe. c. c. Laterale Interambulacralfelder. ce’. ce‘. Vordere Interambulacralfelder. c”. Hinteres Interambulacralfeld. d. d. Ambulacralfelder. e. Vorderes Ambulacralfeld. f. f. Sterna. Palm, IRB; vr Taf. IV. Fig. 10. 106 Innere(obere)Fläche der Oberlippe von Spatangus purpureus ').. Afterlücke von der inneren Fläche gesehen von Spatangus purpureus '|ı. a. Eigentliche Afteröffnung. b. Plättchen der Afterlücke. . Zellen der die äussere Oberfläche deckenden Haut von Spa- tangus purpureus ®°),. . Muskelfaser der Gelenkwarze von Spatangus purpureus im frischen Zustand °.. Semita subanalis von Spatangus purpureus !h. a. Hinteres Interambulacralfeld. b. b. Sterna. e. c. Seitliche Interambulacralfelder. d. Eigentliche Afterlücke. e. Plättchen der Afterlücke. f. f: Semita subanalis. . Flimmerborsten der Semita subanalis von Spatangus pur- pureus ®. . Endbläschen der Mundkiemen von Sphaerechinus esculentus. Geringe Vergrösserung. . Bindegewebe und Kalkkörperchen aus dem Stamm der Mund- kiemen von Sphaerechinus esculentus ").. . Kalkkörperchen aus den Endbläschen von Sphaerechinus es- eulentus "I. . Ein einziges Endbläschen von Sphaerechinus esculentus ”ı. . Wimperzellen aus den Endbläschen von Sphaerechinus es- 350 / / culentus 12 . Muskelfaser eines Stachelmuskels von Toxopneustes lividus mit dreieckiger Basis angeheftete kleine Fäserchen nach Behandl. mit Bichrom. Pot. */ı. . Kalknetze aus dem mittleren Theil der Gebisspyramide (des Zahnstückes) ®/,. . Kalknetze aus dem Theil einer Gebisspyramide (eines Zahn- 350/ stückes) wo zwei Flächen an einander stossen 1. . Residuen organischer Substanz von Zahnstücken nach Behandl. mit Salzsäure. a. Netze bindegewebiger Substanz ohne Kernen ®°/. b. Ein Häufchen kleiner Zellen und Kerne nach Behandl. mit HCl. zurückgeblieben ®ı. ec. Netze bindegewebiger Substanz mit Kernen ®"),. Taf. IV. Fig. 21. Taf. V. Fie. Taf. VI. Fig. 22. wD Ww (Sn Se St) > . Muskelfasern des Darmes von Sphaerechines esculentus . Dieselbe Membran mehr nach unten . Zahnschliff dem Kiel parallel von Toxopneustes lividus 107 Zellen von der Drüsenschicht aus dem hinteren Theil des Darmes von Sphaerechinus esculentus ”.. Aüssere Bindegewebsschicht mit eingestreuten Kalkkörper- chen und Pigmentzellen aus der Darmwand von Sphaere- chinus esculentus *"]:. EYE . Schlundpapille von Toxopneustes lividus ""ı. . und 26. Maschen der Schlundpapille von Toxopneustes li- vidus ?P.. 27. und 28. Zellige Elemente aus den Maschen der Schlund- papille von Tozapneustes liwidus ").. . Pigmentkörnchen aus der Schlundpapille von Toxopneustes lividus ®°].. . Zellen der Drüsenschicht im vorderen Theil des Darmes von Toxopneustes lividus ®"). . Membran, welche das weiche nach hinten umgebogene Ende des Zahnes umgiebt von Toxopneustes lividus ”":. Un Muskelfaser aus der Gebisspyramide von Zoxopneustes li- 500 ı Ile vidus . Zahnplättchen (mehr im oberen Theil des Zahnes) von Toxop- neustes lividus ”).. . Zahnplättchen (mehr im unteren Theil des Zahnes) von dem- selb. Thier *°/,. 400, , a. Radiale Platte (Kiel des Zahnes). b. Peripherische Platte. b‘. Peripherischer Theil der eben erwähnten Platte. c. Centraler Theil der eben erwähnten Platte. d. Grenzmembran zwischen dem centralen und peripheri- schen Theil. . Polygonale Felder der quer durchschnittenen Prismen aus der radialen Platte des Zahnes von Toxopneustes lividus ud . Schlund und Anfangstheil des Oesophagus von der äusseren Fläche gesehen (Psammechinus) '/,. . Schund und Anfangstheil des Oesophagus von der inneren Fläche gesehen (Psammechinus) '. . Darmtractus von Spatangus purpureus nach Wegnahme der Schale '/ı (Das Thier liegt mit dem After nach vorn, und mit dem Munde nach hinten gekehrt). 108 a. Anus. b. Mesenterium der Schale. ce. Übergang der zweiten Darmwindung in die Dritte. d. Divertikel. e. Wassergefässherz. f. Rückengefäss. 9. Bauchgefäss. h. Wassergefäss. (Steinkanal). i. Gefässrings um das Divertikel. k. Grosse ventrale Mesenterialplatte. n. Grosse dorsale Mesenterialplatte. q. Dünndarm. r. Dickdarm. Taf. VI. Fig. 41. Darmtractus von Spatangus purp. nach Wegnahme der Schale ''/, (Das Thier liegt auf dem Rücken, mit dem After nach vorn und mit dem Munde nach hinten gekehrt. Bf. ER He. 6 WiesnsEie. 20, !. Kleine ventrale Mesenterialplatte. m. Stützapparat am Munde. 0. Oesophagus. p. Magen. s. Gewundenes Organ. t. Magengefäss. u. Verbindungszweig. 42. Darmtractus von Spatangus purpureus nach Wegnahme der Schale '/,. Das Thier liest auf dem Bauch mit dem Munde nach vorn und mit dem Anus nach hinten gekehrt. Ein Theil des Dickdarmes ist abgeschnitten, um den Lauf des gewundenen Organes über den Magen zu zeigen. Die puncktirten Linien geben den Verlauf des abgeschnittenen Diekdarmes an. Ungefähr bei s’ mündet das gewundene Organ in den Magen ein, während die beiden Seitenflächen dieses Organs sich noch über den Magen hin ausstrecken, Die Buchstaben wie in Fig. 40 und 41. 43. Anfangstheil des Darmkanals von Spatangus purpureus (noch in der Schale liegend). a. Wassergefässring. b. Die fünf ambulacralen Wassergefässkanäle. c. Nervenring. d. Die fünf ambulacralen Nervenstämme. u re _ Taf. Taf. 109 e. Abgeschnittener Darm (punktirt). f. Abgeschnittener Oesophagus. 9. h. l. m. o. t. u. wie in Fig. 40, 41, 42. v. Oberlippe. VI. Fig. 44a Von Spatangus purpureus !. VII. Fig. a. Wassergefässring. b. Die fünf ambulacralen Wassergefässkanäle. c. Die fünf ambulacralen Nervenstämme. d. Nervenring. e. Oberlippe. h. Wassergefäss (Steinkanal). !. Kleine ventrale Mesenterialplatte. m. Stützapparat. 0. Oesophagus. u. Verbindungszweig zwischen dem Blut- und Wasserge- fässsystem. 44b. Von Spatangus purpureus. a. b. c. d. e. h. m. o. u. wie in die vorige Figur o abgeschnittener Oesophagus punktirt. . Fältchen aus dem Oesophagus von Spatangus purpureus "|ı. 3. Schlund von Spatangus purpureus '.. a. Obere Fläche. b. Untere Fläche. . Einmündungsstelle des gewundenen Organes in den Magen von Spatangus purpureus '|.. . Einmündungsstelle des Divertikels in den Magen von Spatan- gus purpureus })ı. . Zellen aus der Drüsenschicht der Speiseröhre und des Magens von Spatangus purpureus "|. . Zellen aus der Drüsenschicht des Dickdarmes von Spatan- gus purpureus "h. . Zellen aus der Drüsenschicht des Divertikels von Spatangus purpureus "Wh. . Magendrüse von Spatangus purpureus ’"], . Wand des gewundenen Organes am Dickdarm von Spatangus purpureus ”ı. a. Durchschnitt des gewundenen Organes am Dickdarm !/ı. b. Am Magen '/, von Spatangus purpureus. . Gallertartiges Bindegewebe aus dem gewundenen Organ von Spatangus purpureus "").. 110 Taf. VO. Fig. 56. Anfangstheil des Darmes von Spatangus purpureus, offen Taf. VIII. Fig. DR: 58. 64. 66. und theilweise abgeschnitten um den Verlauf und die beiden Einmündungen des gewundenen Organes zu zeigen. Natürl. Grösse. a. Dickdarm. b. Dünndarm. c. Magen. d. Oesophagus. e. Einmündungsstelle des gewundenen Organes in den Darm. f. Verlauf des gewundenen Organes unter dem Dickdarm. 9. Obere Fläche der grossen ventralen Mesenterialplatte. (Die Mesenterialplatte ist zum grössten Theil fortgeschnit- ten um den Verlauf des gewundenen Organes zeigen zu. können). h. Bauchgefäss. i. Verlauf des gewundenen Organes zum Magen. k. Einmündungsstelle des gewundenen Organes in den Magen. l. Einmündungsstelle des Divertikels in den Magen. Medianwärts ist ein Theil des Dickdarms, Dünndarms und Magens weggeschnitten um den Verlauf des ge- wundenen Organes besser angeben zu können. Ei von Spatangus purpureus ®.. a. Umhüllungs — (Eiweiss) — schicht. a. b. c. d. e. Eier in verschiedenen Entwickelungsstadien von Spatangus purpureus ®ı. . Samenkörperchen von Toxopneustes lividus "").. 1: . Eine Geschlechtsdrüse von Spatangus purpureus ')ı. Muskelfasern aus den Eisäckchen von Spatangus purpureus "io Endbläschen der Geschlechtsdrüse von Spatangus purpureus ®!ı. Zellen aus den Blindsäckchen des Hodens im unreifen Zustand von Spatangus purpureus °/.. Theil eines Ambulacralnervenstammes und der von ihm ent- springenden Querästchen von Sphaerechinus escul. "1. Ganglienzellen von Sphaerechimus esculentus im frischen Zu- stand °°%,. Pigmentzellen aus den Nervenstämmen von Toxopneustes li- vidus ®°/,. Ganglienzellen von Spatangus purp. im frischen Zustand ®°ı. Innenfläche der unteren Schalenhälfte vonspatangus purpureus. a. Abgeschnittener Oesophagns. 111 b. Stützapparat am Munde. c. Die die Oberlippe deckende Bindegewebshaut. d. Vorderes Ambulacralfeld. d. d’. Seitliche Ambulacralfelder. e. e'‘. Hintere Ambulacralfelder. f. f. Seitliche Interambulacralfelder. f. Hinteres Interambulacralfeld. f'. f. Vordere Interambulacralfelder. 9. Wassergefässring. h. Wassergefäss (Steinkanal). i. i. Die fünf ambulacralen Wassergefässkanäle. k. Nervenring. I. I. Die fünf ambulacralen Nervenstämme. Taf. VII. Fig, 69. Innere Fläche der oberen Schalenhälfte von Spatangus pur- Taf. IX. Fig. Taf. X. Fie. pureus ').. a. Oberer Stützapparat. b. b. Brückenbogen durch welche die Ausführungsgänge der Geschlechtsdrüsen treten. c. ec. Höckerchen an der Schaleninnenfläche zur Insertion der Mesenterialbändchen. nd es]. larfe. 2 1.-wieuin Pig. 68. . Gefässnetz aus dem Darm von Sphaerechinus esculentus ®°],. a. b. c. d. e. f. g. Zellen aus der Blutflüssigkeit von Sphaerechinus esculentus '")". . Gefässnetz aus dem Oesophagus von Sphaerechinus escu- lentus °°I.. . Gefässnetz aus dem Dickdarm in der Nähe des Bauchge- fässes von Spatangus purpureus °°. . Gefässnetz aus dem Dickdarm in der Nähe des Rückenge- fässes von Spatangus purpureus ®")ı. . Gefässnetz aus dem Divertikel von Spatangus purpureus "|. . Gefässnetz aus dem Magen von Spatangus purpureus ").. a. b. c.c'.d.e. f. g. h. i. k. Zellige Elementen aus dem Blute von Spatangus purp. "|. . Saugscheibe von Toxopneustes Iwidus im frischen Zustand *"/.. a. Saugscheibe. N s LITER b. Eigentlicher Saugring. e. Saugrosette. . Transversale Muskelfaserschicht aus den Ambulacralbläschen von Sphaerechinus esculentus *",. Taf. X. Fie. 80. 82. 83. 87. 88. 89. 90. 112 Fein körnige, an kleinen Zellen und Kernen reiche Schicht auf welcher das innere Flimmerepithelium der Ambulacral- bläschen gelagert ist, von Psammechinus neglectus *"),. . Kalkkörperchen aus den Ambulacralbläschen von Toxopneus- tes lvidus ”h. Theil eines dünnen Transversalschnittes des Wassergefässher- zens von Spatangus purpureus °”).. Wimperhaare der äusseren Wimperhaut aus den Ambulacral- bläschen am Munde von Spatangus purpureus *"].. %. Ambulacralbläschen, an den unteren und lateralen Flächen der Schale von Spatangus purpureus *)ı. , . Ambulacralbläschen am Munde von Spatangus purpureus '|.. . Ambulacralbläschen der Ambulacra petaloidea von Spatangus purpureus 'lı. Ambulacralbläschen des vorderen Ambulacralfeldes van Spa- -tangus purpureus \.. Kiemenartige Füsschen (Ambulacralkiemen) der Ambulacra petaloidea von Spatangus purpureus "h. Pinselförmig ausgebreitetes Ende eines Ambulacralfüsschens am Munde von Spatangus purpureus ”]ı. Eine Ranke des pinselförmig ausgebreiteten Endes eines Füsschens am Munde von Spatangus purpureus lan UEBER THIERAEHNLICHKEITEN DER MENSCHEN. VORTRAG GEHALTEN IM NATURWISSENSCHAFTLICHEN VEREIN ZU LEIDEn-AMm 17 Nov. 1870. VON WILLIAM MARSHALL. Meine Herren ! Es ist ein alter, oft wiederholter Satz, dass der Mensch in den verschiednen Phasen seines embryonalen Lebens in aufsteigender Linie die bei Wirbellosen und Wirbelthieren permanenten Formen als vorübergehnde Perioden durchlaufe; das sprachen schon mehr oder weniger deutlich ARISTOTELES und HArvEY, vor Allem aber die Naturphilosophen des Anfangs unseres Jahrhunderts, AUTENRIETH, MECKEL, ÖOKEN und KIELMAYER aus; der Gedanke von der Thiernatur der Menschen war bei ihren Forschungen fundamental und leitend, sie ahnten hier wie überall einen Zusammenhang der organischen Wesen, aber das Wie dieses Zusammenhangs scharf auszudrücken vermochten sie nicht; wo sie es versuchen geschieht es in stammlenden Worten, die zeigen, wie nahe sie zwar der wahren Erkenntniss waren, dass sie aber das grosse Gesetz, den Angelpunkt um den die ganze belebte Welt sich dreht, noch nicht erfasst hatten. Dennoch sollten uns die Ideön jener Männer Ehr- furcht einflössen, anstatt dass sie, wie so oft geschah und leider noch geschieht, das Thema zu eben so wohlfeilen wie geistlosen Spötteleien abgeben. Für mich wenigstem haben die Vorsuche, wie be) 114 sie die gefundnen Erscheinungen zu deuten sich bestreben, ihr Ringen und Sichabmühen, das, was wir jetzt mit wenigen Wor- ten auf die ungezwungenste Weise erklären können, zu erläu- tern und unter gemeinsame Gesichtspunkte zu bringen, etwas unge- mein Rührendes. “Die Darwın’schE Theorie ist’, wie DowEs DEKKER, der bedeutendste holländische Prosaiker der Neuzeit, sagt, “die einfachste Sache auf der Welt und deshalb erst so spät bekannt geworden.’ Jene naturphilosophische Schule kam in Misseredit, ihr gegen- über traten Gelehrte auf, die, sonst gewiss tüchtige Forscher, mit einem überlegnen Lächlen, das uns beinah auf jeder Seite ihrer Werke selbstgefällig entgegenstrahlt, über diese “spintisirende” Richtung der Wissenschaft als über einen überwundnen Standpunet die Achseln zuckten und sich sichtlich freuten dass “sie erst so herrlich weit gebracht.’’ Sie nannten sich Empiriker, vergassen aber dass alle Empirie ein todter Schatz ist und bleibt, wenn man sie nicht als Mittel auffasst um ewige Gesetze zu constatiren, wenn man aus dem auf empirischem Wege Erlangten und Erkannten keine Schlussfolgerungen zieht, wenn man mit einem Worte nicht — philosophirt! So doch erinnern derartige “Empiriker’ in ihrem trocknen Aufstaplen von Thatsachen an den Gold zusammenschlep- penden Raben in der Fabel, den die Kröte fragt: “Was willst du mit den Sachen, Die dich doch nicht glücklich machen ?” Ihr sagte d’rauf der Rabe: “Ich sammle sie,"dass ich sie habe!” Mit den übrigen Ideön der Naturphilosophen, oder um in un- serm speciellen Falle mit Okex zu reden, der Zoosophen, wurde auch die Idee van der Repetition niederer Thierformen bei der Entwicklung der Menschen als falsch abgeurtheilt und zu Grabe getragen. Sagte doch selbst der grosse CARL ERNST VON BAER, der Satz, dass der Embryo höhrer Thier die Stufen der niedren Thierwelt durchlaufen müsse, lasse sich ohne die “irrthümliche Ansicht’ einer aufsteigenden Kette der Wesen nicht denken! — Anders stehn wir heute jenen Ideön gegenüber. An Stelle einer “irrthümlichen Ansicht” ist eine wohlbegründete Theorie getreten, in deren Sinne Ernst HAEcKEnL die auf vergleichende Anatomie , 115 Palaeontologie und besonders gerade auf vergleichende Entwick- lungsgeschichte basirten, parallelen Gesetze der Phylogonie und ÖOntogonie aufstellen konnte, das heisst, er zeigte wie die Ge- schichte der Entwicklung eines Individuens (Ontogenie) nur ein treues Spiegelbild von der Art sei, wie die Familie dieses Indivi- duums, wie sein Phylum im Lauf der Aeonen sich heranbildete und so ist es sein grosses Verdienst auf eine ungemein klare und überzeugende Art, die sich auf die allerkräftigsten Beweise stützt, das dargethan, das formulirt zu haben, was unsern Vätern in der Wissenschaft dunkel-vorschwebte, wenn sie von vorübergehnder Re- capitulation niedrer Formen bei der Entwicklung eines höhren Or- ganismus sprachen. Freilich giebt es gegenüber diesen grossen Errungenschaften der Neuzeit immer noch Gelehrte die behaup- ten: “Nicht das Werdende sondern das Vollendete entscheidet über den endlichen Werth!” Das heisst denn doch der Ent- wicklungsgeschichte auf eine allzu derbe Art ihre Fackel aus der Hand reissen; nach solchen Maximen wäre Pentastomum im- mer noch ein Eingeweidewurm und würden die Cirripedien wohl immer noch als abenteuerliche Mollusken figuriren! Wie jene HAECKEL'SCHEN Gesetze für alle übrigen organischen Wesen gelten, so gelten sie natürlich auch für den Menschen und beiläufig sei hier gesagt, nicht blos für den Theil seiner Natur den wir Leib zu nennen gewohnt sind sondern auch für das Geistige in ihm: “Das’ Jahrhundert ist vorgerückt, jeder Einzelne aber fängt doch wieder von vorn an!’ sagt GOETHE. Das eben ist das Herr- liche in der Darwinschen Theorie dass sie überall appliceabel ist, dass alles Sein der organischen Welt aus ihr und durch sie sich erklären lässt so wie der erwähnte Dowss Dekker bemerkt: “die Geschichte arbeitet auf dieselbe Weise wie Korallen, Polypen und Infusionsthiere!’’ — Doch kehren wir zurück zu unserm Thema und lassen Sie uns die Ontogenie des Menschen kurz verfolgen. Der Mensch ist beim Beginn seines Entstehns höchst wahrschein- lich, ja die an andren Säugethieren gewonnenen Resultate erlauben und berechtigen uns zu sagen, gewiss ein Eiweissklümpchen, ein Protist, aus diesem Protisten entwickelt er sich zu einem We- sen, das den Aseidienlarven gleicht, dann zum Leptocardier, in der fünften Woche gleicht er einem haifischartigen Geschöpf, spä- g* 116 ter einem Amphibium, dann differenzirt er sich, mit Uebergehung der Reptil- und Vogelstadien zum Säugethier um als “Mensch” geboren zu werden. Dass bei der Ontogenie der Säugethiere die Formen der Repti- lien und Vögel überschlagen werden, hat aber seinen Grund darin dass die Reptilien, welche die Ahnen der Vögel sind, sich in der Phylogenie von den Amphibien ebenso wie die Säuger abzweigten und sich selbständig weiter entwickelten. So verfällt von selbst der Einwand, den 1833 VArenrın gegen die damals herrschenden Ansichten über Phylogenie und Ontogenie machte, dass sich nähm- lich nirgends in der Entwicklung eines Säugethieres Luftsäcke an den Lungen fänden, was doch der Fall sein müsste, wenn diesel- ben in der Entwicklung die Formen niedrer Thiere (für diesen Fall Vögel) durchliefen. Die Vögel stehn in ihrer Organisation so hoch wie irgend ein Säugethier, freilich sind sie auf ganz andre Weise differenzirt; aber ebenso gut hatte VALENTIN als Gegenbeweiss ge- gen die Recapitulation niedrer Formen bei der Entwicklung eines höhren Thieres beibringen können, dass er im embryonalen Leben der Säuger einen Insecten- oder Teleostierzustand vermisse! Bei allen diesen Vergleichen darf man freilich nicht die Anato- mie einer Haifisch-oder einer Amphibienart berücksichtigen, sondern muss die Organisation aller lebenden und so weit dies möglich ist auch aller fossilen Formen zu Rathe ziehn um der Phylogenie auch in jeder Hinsicht gerecht zu werden; allerdings wird man immer in dem Mangel von gewissen Zwischenformen grosse Schwierigkei- ten finden, was die Gegner der Darwinschen Theorie uns als einen, wie sie meinen schlagenden, Gegenbeweis vorzuhalten nicht ver- fehlen: wenn man aber bedenkt wie gering gerade in unserm Fall die Möglichkeit war, dass von gewiss kleinen Thieren, deren Sce- let wohl noch nicht einmal knorplig war, Reste erhalten wurden, so wird man von dem in Sinn der Evolutionstheorie untersuchen- den Forscher nicht das Unmögliche verlangen und ıhm zumutben nun auch einmal Zwischenformen zwischen Leptocardiern und Sela- chiern ad oeulos zu demonstriren. Gesetzt auch es gelänge ihm, so würde doch der stets verneinende Geist der Antidarwinianer diese als solche nicht anerkennen, so wenig wie sie zugeben dass der Archaeopteryx ein Glied der Reptilien und Vögel verbindenden Kette 117 sei. Noch lauter aber würde ihr “non possumus” erschallen, woll- ten wir etwa gar Rückschlüsse machen, wollten wir aus der Onto- genie eines Wesens seine Phylogenie reconstruiren, und zum Bei- spiel sagen: wir kennen weder lebende noch fossile Zwischenfor- men zwischen Amphioxus und den Haifischen, im Allgemeinsten müssen sie aber so organisirt gewesen sein wie die Säugethier- embryonen der Zeit die zwischen dem Verschwinden der Leptor- ardier- und dem Auftreten der Selachierform liegt! Und doch wäre dieser Rückschluss ein erlaubter! Um aber Thieraehnlichkeiten des Menschen, als Urkunden sei- ner Verwandschaft mit den Thieren, zu finden, brauchen wir nicht allein in den Archiven der Entwicklungsgeschichte zu forschen; auch die geborne Menschheit zeigt uns deren und zwar von zweierlei Art: solche die alle Menschen gemeinsam zukommen und solche die blos vereinzelt und individuel, höchstens als durch Vererbung erhalten bei mehrern Mitgliedern einer Familie auftreten. Die ersten sind eine Art Adelsdiplom, aus uralten Zeiten von unsern Ahnen uns überkommen, unsern Stammbaum zu beweisen: wir nennen sie rudimentaere Organe! Unter diesem Namen versteht man Organe, die dadurch, dass sie nicht gebraucht wurden, dass sie ihre funetionelle Bedeutung ver- loren, mehr oder weniger, je nachdem der Nichtgebrach früher oder später eintrat, verkümmerten. Bekanntlich wird jedes viel ge- brauchte Organ durch den Gebrauch stärker: ein Schmied wird stärkere Arme haben als ein Gelehrter, ein Gemsjäger stärkere Beine als ein Schneider, ete. ete.; umgekehrt wird ein wenig oder gar nicht gebrauchtes Organ schwächer und schwächer werden. Dies alles können wir leicht tagtäglieh beobachten, und um nur ein treffendes Beispiel aus vielen zu nehmen, so erzählt uns Rengger von den südamericanischen Payaguas, dass die museulöse Ent- wicklung ihrer Beine gegenüber der ihrer Arme sehr schwach ist, er schreibt und mit Recht dies Missverhältniss der Lebensweise dieser Menschen zu; sie verbringen nähmlich den grössten Theil ihres Daseins in Böten auf dem Wasser, wobei sie fortwäh- rend ihre obern aber nur sehr wenig ihre untern Extremitaeten ge- brauchen und anstrengen. Was bei diesen dureh Nichtgebrauch oder 118 andrer Seits durch bevorzugtem Gebrauch eines Organs hervorge- rufnen Erscheinungen die Erblichkeit vermag, wissen wir durch Harrıng, der fand, dass schon bei Neugebornen der rechte Arm, den fast jeder Mensch bei allen Handlungen hauptsächlich in An wendung bringt, stärker als der linke entwickelt sei. Diese allen Menschen normaler Weise zukommenden rudimentae- ren Organe sind aus nahliegenden Gründen wenig zahlreich. Es werden sich nur solche Organe als Rudimente finden, die bei dem Menschen sehr nah verwanden Thieren als funetionel bedeutend auftreten, denn auf einen je frühern Standpunkt, das heisst je nie- drer das Thier war, bei dem dieselben ihre physiologische Bedeu- tung einbüssten, desto früher wurden sie in der phylogenetischen Reihe rudimentaer desto grösser war die Zeit in der sie ganz ver- schwinden konnten. | Ein der aus den allerältesten Zeiten stammenden Reste ist das 08 coceygis, das Steissbein des Menschen, das heist sein rudimen- taerer Schwanz. Diese Verlängerung der Wirbelsäule hält sich sehr constant in unsrer Ahnenreihe, und redueirt sich erst bei uns und den anthropoiden Affen, die ich nicht zu unsern Ahnen aber wohl zu unsern Vettern rechne, auf 3—4 Knöchelehen ; andre Wir- belthiere, bei denen der Schwanz rudimentaer oder ganz verschwun- den ist, wie bei den Fröschen, manchen Wiederkäuern ete., ge- hören nicht direet zu den Ahnen der Menschen, sie bilden kleine Seitenzweige des grossen Stammbaums. Die meisten übrigen rudi- mentaeren Organe sind Reste von solchen Organen, welche erst in einer viel spätern Zeit von den Ahnen der Menschen erworben worden, die sich erst viel später in der phylogenetischen Reihe differenzirten, wie z. B. der processus vermiformis und die nur in ganz exceptionellen Fällen funetionel noch bedeutenden Ohrmu- skelchen. Ganz ebenso wie der Mensch in beiden Geschlechtern thier- aehnliche Organe in rudimentaerer Form besitzt, so besitzt auch der menschliche Mann Reste von Organen, die beim menschlichen Weibe von hoher ja von der höchsten Bedeutung sind, so Spuren der Gebaermutter als uterus masculinus und die Brustwarzen. Alle diese rudimentaeren Organe haben der verflossnen Teleologie ganz besonders viel zu schaffen gemacht und ich vergesse wie die 119 gediegne Erklärung die ich als Knabe einmal in einem Kinderbuch von den rudimentaeren Augen des Maulwurfs las: “Die Vorsehung habe dieselben deshalb so klein gemacht, damit beim Wühlen in der Erde kein Staub hineinfalle !’”’ Durch Krankheitserscheinungen können ebenso in einem Indivi- duum, wie durch Nieht-Gebrauch im Phylum, Organe rudimentaer werden: so atrophiren bei Gliederlähmungen, wobei also gewisse Nerven eine pathologische Veraendrung untergehn, die das Glied- bewegenden Muskeln, da dieselben so zu sagen emeritirt sind. Garn will beobachtet haben, dass nach Exstirpation der Augen an der Vierhügelplatte, ein Theil des Gehirns der ja zum Sehvermö- gen in der innigsten Beziehung steht, Schwund eintrat. Es wäre sehr interessant zu untersuchen, ich weiss nicht ob und in wie weit dies etwa schon geschehn ist, wie sich der Proteus und die blinden Fische der Mamouthshöhle Nordamerica’s (Amplyopsis) be- treffs der Vierhügelplatte verhalten, a priori liesse sich wohl an- nehmen, dass dieselbe bei diesen Thieren mehr oder weniger zur Categorie der rudimentaeren Organe gehöre. Die übrigen Thieraehnlichkeiten des Menschen sind individuel, es sind Abweichungen von der Regel, Anomalien, mit denen sich unter dem Namen von Varietaeten zum Theil die systematische Anatomie beschäftigt, zum Theil bilden sie aber auch, soweit sie störend in die Lebensverrichtungen des Individuums eingreifen, einen wichtigen Abschnitt der pathologischen Anatomie. Im ganzen hat man bis jetzt diese Anomalien für die darwin- sche Theorie nur wenig ausgebeutet, man fasst sie meist unter dem allgemeinen Namen von “Rückschlägen’’ zusammen, in wie weit dieser Name jedoch berechtigt ist, will ich später eingehnder be- trachten. Alle jene Abnormitaeten, Varietaeten, oder wie man sie sonst nennen will, lassen sich in drei Abschnitte einordnen: es giebt deren nähmlich erstens solche, bei denen ein Organ, oder biswei- len mehrere, auf einer Stufe der embryonalen Entwicklung stehn geblieben ist, wobei also der Mensch, um mich so auszudrücken, nicht vollständig fertig wurde, diese Erscheinungen nennt die pa- thologische Anatomie “Hemmungsbildungen”; eine zweite Klasse 120 formen die Abnormitaeten, die dadurch entstanden sind, dass sich ein Organ nach dem embryonalen Plane weiter, über die normale Grösse hinaus, entwickelte, diese Art von Anomalien steht der vorigen diametral entgegen. Endlich finden wir noch eine Anzahl von Abnormitaeten für die uns bis jetzt die Entwicklungsgeschichte noch die Erklärung schuldig bleibt, zu denen wir aber in der ver- gleichenden Anatomie den Schlüssel finden: vielleicht liessen sich aber doch diese Erscheinungen der dritten Classe auf die zweite zurückführen. Sie bestehn nähmlich zum grössten Theil darin, dass ein Organ oder ein System an Manchfaltigkeit zunimmt, frühre Zei- ten sprachen in solch einem Falle von gesteigerter Lebenskraft oder vermehrtem nisus formativus, wir sagen im Organ hat sich mehr differenzirt; sich mehr differenziren heisst aber sich weiter ent- wicklen, es wird also ein Organ, das mehr wie normal differenzirt ist, nach dem embryonalen Plan über die Norm hinaus entwickelt sein. Die erste Gruppe, die der Hemmungsbildungen, ist sehr zahl- reich und bietet uns Aehnlichkeiten mit sehr vielen Wirbelthieren. Es formulirt sich für dieselben von selbst folgendes auf die Phylo- genie beruhende ontogenische Gesetz: je niedriger das Thier steht, bei dem wir als normal finden was uns bei einem Menschen als Hemmungsbildung entgegen tritt, auf eine um so frühre Stufe der Entwicklung ist das Organ, das die betreffende Aehnliehkeit auf- weisst, stehn geblieben, da aber Haupt-oder Centralorgane zuerst angelegt werden, wird auch die Hemmungsbildung diese besonders betreffen; dergleichen Hemmungsbildungen sind häuftig zugleich mit zahlreichen, anderweitigen, so zu sagen seeundaeren Missbil- dungen verbunden, wodurch damit behaftete Individuen nicht le- bensfähig sind, sie liefern einen grossen Contingent zu dem, was man zz’ <$oynv Missgeburten — monstra — nennt. Aus einer je spätern Zeit des embryonalen Lebens aber eine Hemmungsbildung datirt, um so weniger nachtheilig ist ihr Ein- fluss auf den ganzen Organismus und desto näher ist das Thier oder die Thierordnung bei der sich das, was hier als Hemmungs- bildung auftritt, normal findet, dem Menschen verwandt. Diese Hem- mungsbildungen können zum grössten Theil als Varietaeten be- trachtet werden es wird wenigstens niemandem in den Sinn kom- men, ein Individuum dessen Stirmbeine noch die ursprüngliche 121 sutura frontalis bewahrt haben, eine Missgeburt zu nennen. Bei einer Betrachtung der Reihe von Hemmungsbildungen wer- den wir immer eine Bestätigung der oben aufgestellten Gesetse finden. Bei Amphioxus lauceolatus, dem niedrigsten Wirbelthiere, das Parrvas als Mollusk beschrieb, hat sich am Cireulationssystem noch kein eigentliches Herz differenzirt, es findet sich nur ein pulsirendes Rückengefäss, zugleich besteht die centrale Nervenmasse noch nicht aus Gehirn und Rückenmark, sie ist nur ein einfacher Strang. So finden sich auch Missgeburten denen ein eigentliches Herz fehlt und an dessen Stelle, wie beim Säugethierembryo vom Sten Tage nor- maler Weise, ein einfacher Schlauch vorhanden ist, diese Hem- mungsbildung ist mit Gehirn- und Kopflosigkeit verbunden. MOoxro und GILIBERT fanden in diesem Falle einigemal, dass das Rücken- mark ganz wie beim Amphioxus am vordern Ende in eine Spitze auslief; sehr interessant ist ein von WınsLow mitgetheilter Fall, wo bei einer herz- und hirnlosen Missgeburt vom ganzen Gefäss- system nur ein Rückenschlauch vorhanden war, alle andern Gefässe aber, Arterien wie Venen, vollkommen fehlten. In der zweiten Woche ist das Herz des Embry@’s ein Haifisch- herz, es besteht aus nur einer Kammer und einer Vorkammer, auch diese Hemmungsbildung wurde von WınsLow beobachtet. Bei weitem häufiger findet man zwei Vorkammern und nur eine oder zwei aber sehr stark mit einander communieirende Kammern, eine Hemmungsbildung aus der dritten bis vierten Woche. Damit behaftete Individuen haben eine gewisse Lebenskraft, sind aber immer sehr krank und werden nie alt, sie leiden an der soge- nannten blauen Krankheit. Da nehmlich zugleich die Lungenarte- rien sehr verengt sind, so kann das Blut in den ausserdem und in Folge davon sehr wenig entwickelten Lungen nur in einem ge- ringen und für einen gesunden Menschen ungenügenden Grade krei- sen. Die Hauptfunetion der Lungen venoeses Blut in arterielles um- zuwandeln ist sehr beschränkt, daher wird also das Blut auch in den Arterien einen gewissen Grad von Venoesitaet behalten. Leute, die diese Hemmungsbildung haben, sind an den Stellen wo der normale, gesunde Mensch roth oder röthlich erscheint, wie an den Lippen, den Wangen, besonders aber unter den Nägeln violett- blau gefärbt, zugleich sind sie gegen Kälte äusserst empfindlich 122 und fühlen sich auch immer kalt an: sie sind eben, was ihr Cir- ceulationssystem betrifft als “kaltblütige Thiere’’ geboren! Bei weitem zahlreicher finden sich nun Hemmungsbildungen aus dem spätern Embryonalleben, die dann als Säugethieraehnlichkei- ten auftreten; sie sind so ungemein häufig, dass man ruhig be- haupten kann dass die Hälfte der Menschheit die eine oder die andre hat. So fand beispielsweise Korg an 224 Leichen von 500 (also bei 44.8°) das foramen ovale offen; das heisst die beiden Vorkammern des Herzen} communieirten mit einander in höherm oder geringerm Grade, wie es bei allen Menschen bis kurz nach der Geburt und bei allen tauchenden Seesäugethiere zeitlebens nor- mal ist. Ist diese Oeffnungen nur klein, so scheint das Wohlbefin- den des Individuums nicht dadurch beeinträchtigt zu werden, um- gekehrt aber wird auch sie, wenn sie zu gross ist, Ursache der blauen Krankheit. Für die grosse Häufigkeit dieser Hemmungsbil- dung spricht auch unter anderm, dass aeltere Anatomen, wie BOTALL und Forıus, das Offenbleiben der foramen ovale für normal hielten. An den Verdauungsorganen kommen wie es für so ein compli- eirtes System von vorn herein zu erwarten ist, sehr zahlreiche Hemmungsbildungen vor. Ich will indessen nur einige der interes- santesten hervorheben. Mangel der uvula (des s. g. Zäpfehens) und dafür grössre Ent- wieklung des Gaumensegels ist bei allen Säugern, mit Ausnahme der höchsten Affen, eine normale Erscheinung und findet sich recht häufig als Hemmungsbildung aus dem fünften Monat auch beim Menschen. Ferner scheint auch die Gallenblase, die weiter nichts als eine stärkere Erweiterung der Gallengangs ist, beim Menschen, wo sie sich als solehe auch erst ziemlich spät entwickelt, nicht ganz sel- ten zu fehlen, constant vermisst man dieselbe bei manchen Säuge- thieren z. B bei Pferden; häufig ist auch bei zahlreichen Wirbel- thieren ihr Fehlen individuel beobachtet, so ganz besonders bei Vögeln: gerade bei dieser Classe ist noch merkwürdig dass ein- zelne Arten gewisser Gruppen z. B. der Papageien, derselben im- mer entbehren, während sie bei andern, häufig nah verwanden, Arten normaler Weise immer vorkommt. Von den Hemmungsbildungen an den Geschlechtsorganen beob- 123 achtet will ich blos den sogenannten uterus bieornis erwähnen, dass heisst die Erscheinung, wo die Gebärmutter in ihrem obern Theil in zwei Zipfel gespalten ist, was für recht viele Säuger z. B. für Nager, Halbaffen ete., die Regel ist, bisweilen ist mit dieser Hemmungsbildung eine andre verbunden, indem sich nähmlich in der vagina eine sagittale Scheidewand findet, eine Aenlichkeit mit gewissen Marsupialien. So wurde auch Spaltung des Clitoris, was für einige americanische Affen das regulaere Verhalten ist, biswei- len beobachtet. Nirgends aber sind Hemmungsbildungen häufiger als am Scelet, hier doch finden sich Aehnlichkeiten mit fast allen Säugethierfa- milien. Das bekannteste Beispiel ist das os intermaxillare, jene berühmte Entdeckung von GOETHE. Dieser so klarbliekende Mann hatte beobachtet, dass bei fast allen Säugethieren jener genannte Knochen zeitlebens vom übrigen Oberkieferbein getrennt bleibe, und durchdrungen von der Ueberzeugung, dass die Thiere, folglich auch der Mensch, sich aus gemeinsamen Stammformen entwickelt hätten, sagte er sich, auch beim Menschen müsse sich diese Tren- nung bisweilen finden, und er ruhte nicht bis er diese wirkliche seltne Hemmungsbildung nachwiess. Eine des allerhäufigsten Hem- mungsbildung ist, wenn, so wie ich oben kurz erwähnte, das Stirn- bein in zwei Stücke getrennt bleibt, wenn auf demselben in der Mitte eine Nath verläuft, gleichsam eine Fortsetzung der durch die Berührungsränder der Scheitelbeine gebildeten Pfeilnath. Solche Schaedel nennt man “Kreuzköpfe”, sie sind beim Neugebornen nor- mal, auch die meisten Säugethiere, sogar solche deren Scheitel- beine verwachsen, bewahren diesen Zustand zeitlebens. Ich will Sie nun mit weitern thieraehnlichen Hemmungsbildungen nicht ermüden, diese wenigen Beispiele, die sich leicht verzehn- fachen liessen, mögen genügen; aber lassen Sie mich noch einiger, beim männlichen Geschlecht beobachteten, Weibaehnlichkeiten ge- denken! — Dergleichen Aehnlichkeiten, als Abweichungen von der Regel, können wir in der Hauptsache natürlich nur bei den Orga- nen erwarten, welche die wesentlichen, für beide Geschlechter un- terscheidenden Charaktere aufweisen, also bei den Geschlechtsor- ganen und was mit diesen im innigsten Verband steht, bei den Brustdrüsen. 124 Es ist ja keine ganz ungewöhnliche Erscheinung das Kapaunen Eier bebrüten, was ein Hahn nun und nimmer thäte, Home hat auch beobachtet dass Hammel Lämmer und Stiere mit mangelhaft entwickeltem Hoden Kälber säugten; vor allen Dingen aber lassen Sie mich Ihnen den wunderbaren Fall in Erinnerung rufen, den Humgorn in America beobachtete, wo ein Mann während der fünf- monatlichen Krankheit seines Weibes dem Kinde täglich drei- bis viermal die Brust gab, und das Kind bei der dicken fetten Milch des Mannes vortrefflich gedieh. Dass auch castrirte Männer leicht weibliche Formen und eine hohe, weibliche, Stimme annehmen ist bekannt genug, und die päpstliche Kapelle zählte vor noch nicht allzu langer Zeit dergleichen zwitterhafte Unglückliche unter ihren Mitgliedern. Eine ferner sehr häufig beobachtete weiberaehnliche Anomalie des männlichen Geschlechts ist das Verbleiben der Ho- den in der Bauchhöhle wo ihr Homologon bei den Weibern, die Eierstöcke, normaler Weise immer liegt; Hypospadie, das ist man- gelhafte Perforation der Ruthe, Spaltung des Hodensacks sind aehn- liche Erscheinungen die sich alle leicht als Hemmungsbildungen erklären, wenn man nicht aus dem Auge verliert, dass die em- bryonale Anlage der Geschlechtsorgane bei beiden Geschlechtern dieselbe ist und dass man bis in die neunte oder zehnte Woche des Fruchtlebens nieht entscheiden kann ob ein Embryo männlichen oder weiblichen Geschlechts sei. Die Aehnlichkeit einer Mannes mit einem Weibe durch Hemmungsbildung kann so weit gehn, dass man bei oberflächlicher und nicht sehr gründlicher Untersuchung wirklich glaubt ein Frauenzimmer vor sich zu haben, ja dass die betreffenden Wesen sich selbst für Weiber halten, wie in dem so höchst merkwürdigen von Orro mitgetheilten Fall, wo ein wirk- lieher Mann, mit in der Entwicklung gehemmten Geschlechtsorga- nen, in drei Ehen als Frau gedient hatte! Diesen Hemmungsbildungen beim männlichen Geschlechte direet entgegen gesetzt findet sich sehr selten bei dem weiblichen eine mannaehnliche Anordnung und Entwicklung der Geschlechtsorgane ; der interessanteste Fall ist wenn die Clitoris, also der weibliche Penis, sehr gross und vielleicht gar von der urethra durehbohrt ist, zugleich aber die Eierstöcke in das Homologon des Serotums, in die grossen Schamlippen getreten sind; solehen lebenden Indivi- 125 duen gegenüber weiss man wirklich nicht ob man es mit einer Hemmungsbildung, einem Defeet bei eimen Mann, oder mit einem Excess bei einem Weibe zu thun hat; meist hat man derartige Geschöpfe aber mit Unrecht Hermaphroditen genannt, — an dem wirklichen Vorkommen derselben möchte ich aus manchen Gründen zweifeln. — Es gehört übrigens der Fall, dass die weibliceben Ge- schlechtsorgane auf männliche Weise angeordnet sind, eigentlich schon zur zweiten Abtheilung der individuellen Thieraehnlichkei- ten, zu der Weiter-Entwicklung eines Organs oder eines Systems nach dem embryonalen Plane über das Normale hinaus. Die übrigen Beispiele von Thieraehnlichkeiten der zweiten Klasse, wo sich also ein Organ über das Normale hinaus nach dem em- bryonalen Plane weiter entwickelt hat, sind selten und betreffen fast nur, wie es in der Natur der Sache liegt, rudimentaere Or- gane die man ja auch mit dem Namen “normale Hemmungsbil- dungen’ belegen könnte. So hat man in einzelnen Fällen den pro- cessus vermiformis bis auf sechs Zoll verlängert gefunden, bei einer Weite von anderthalb Zoll Diameter, währen er sonst nur drei Zoll lang und so weit wie der Kiel einer Gänsefeder zu sein pflegt. Diese Entwicklung über das Normale aehnelt dem Verhalten dieses Darmabschnittes bei herbivoren Beutelthieren, Nagern und einigen andern pflanzenfressenden Säugethieren. Die Thymus, eine funetionel noch sehr dunkle Drüse, welche hinter dem Brustbein liegt, ist beim Foetus nicht nur relativ son- dern sogar absolut grösser wie beim Erwachsnen, wo sie fast ver- schwindet. In einigen Fällen hat man sie aber auch bei vollstän- dig erwachsnen Menschen von einer collossale Grösse angetroffen , da aber mit der abnormen Grösse-Entwicklung dieses Organs immer auch Krankheiten der Lunge verbunden waren, so ‘wage ich nicht zu entscheiden ob diese oder die Vergrösserung der Drüse die secundaere Erscheinung einer vielleicht erworbenen Krankheit waren. Sehr bemerkenswerth ist jedenfalls, dass, wenn bei Säuge- thieren, die einen Winterschlaf haben, derselbe eintritt, also die Lungenthätigkeit gleichfalls modifieirt wird und die Häufigkeit der In- und Exhalationen ungemein sinkt, dass dann die Thymus ihrer- seits sich bedeutend vergrössert, so dass MECKEL den Winterschlaf als ein Zurückkehren in das embryonale Leben bezeichnete! 126 Einigemal hat man ferner beim Menschen auch einen wirkli- chen, aus dem Körper herausgetretnen Schwanz beobachtet, meist war derselbe ein einfacher Hautfortsatz, vier- oder fünfmal indes- sen fand man in seinem Innern Knöchelchen. Diese seltne Erschei- nung veranlasste einen aeltern englischen Philosophen Lord Mox- BODDO, der überhaupt als ein Vorläufer der Evolutionstheorie an- gesehn zu werden verdient, zu der Annahme, dass das ganze menschliche Geschlecht einst geschwänzt gewesen sei! — Alle diese Fälle sind aber mehr oder meniger verdächtig und zweifelhaft bis auf einen: FLEISCHMANN zeigte nähmlich auf der Naturforscher- versammlung zu Erlangen (1840) solch einen geschwänzten Foetus vor, in dessen Schwanz man eine Reihe dunkler Körperchen, Wir- bel, bemerkte. Da sich hiervon viele Naturforscher und Aertzte, Theoretiker wie Praktiker, Leichtgläubige wie scharfe Kritiker überzeugten, so ist das Factum wohl über jeden Zweifel erhaben. Genaure anatomische Untersuchungen dieser thieraehnlichen Abnor- mitaet des Menschen, besonders in wie weit sie mit sonstigen Miss- bildungen vereint war sind mir nicht bekannt geworden. Dieselbe könnte auch in die erste Categorie gehören und eine Hemmungs- bildung sein. Es würde zu constatiren sein ob es sich um eine Ver- mehrung der Steissbeinwirbel handle und ob es in dem so gebilde- ten Schwanz vielleicht zur stärkern Entwicklung gewisser Mus- keln gekommen sei. Die dritte Art der Thieraehnlichkeiten endlich ist die sonder- barste von allen, indem wir in der Entwieklungsgeschichte, so weit wenigstens unsre jetzigen Kenntnisse reichen, für dieselben kaum Erklärungen finden. Diese Erscheinungen sind meist Aehn- liehkeiten mit dem Menschen sehr nah verwandten Thieren, ganz besonders mit gewissen niedern Affen und Halbaffen; am zahlreich- sten sind sie im Muskel- und im peripherischen Theil des Gefäss- systems, und hauptsächlich diese letztern praetisch für die Chirur- gie von grosser Bedeutung, weshalb sie denn auch in einem Werk, wie dem grossen “Handbuch der menschlichen Anatomie’ von HENLE durch Krause’s Zusammenstellung eine ganz besondre Berücksichti- gung erfahren haben. Sie sind so zahlreich, dass man von einigen Arterien z. B. nicht sagen kann was nun eigentlich normal und was Varietaet ist; jedoch finden sich dergleichen Anomalien auch 127 in andren Systemen. So trifft man bisweilen Individuen mit sechs Backzähnen, ohne dass etwa ein Milchzahn stehngeblieben wäre und es ist nicht ohne Interesse und wohl auch nicht ohne Bedeu- tung dass man, wie wir ganz vorzüglich durch Soemmering wis- sen, diese Vermehrung grade bei Negern häufiger beobachtet hat!. Ich selbst habe, einem im hiesigen Reichsmuseum aufbewahrten Colobus- oder Semnopitheeusschaedel zu untersuchen Gelegenheit gehabt, der sich des Besitzes von 8 überzähligen Backenzähnen erfreute! Ein Beweis dass auch im Thierreich dergleichen Erschei- nungen zuweilen vorkommen können. Wie leicht war es möglich dass solch ein Schaedel in dem Balg einer neuen oder scheinbar neuen Art in die Hände gewisser Zoologen kam, dann würde die Systematik der Affen um ein Unter- wahrscheinlich sogar um ein Hauptgenus vermehrt sein, da ja, wie man glaubt, schon die Zahl der Zahnhöcker bei diesen Thieren zur Aufstellung neuer Genera berechtigt! Nicht ganz selten findet man beim Menschen auch Nebenmilzen, das heisst die Milz ist in eine Anzahl mehr oder weniger zusam- menhängender Stückchen zerfallen, eine für die Cetaceen normale Anordnung dieses Organs. Einigemal wurde ferner unter der eigent- lichen Zunge eine kleine Unterzunge beobachtet, eine Aehnlich- keit mit einigen südamericanischen Affen und gewissen Halbaffen. Auch die Zungenpapillen schwanken in Zahl und Anordnung beim Menschen bedeutend und zwar so sehr, dass sie — nach dem Ge- setz je complieirter ein Urgan ist, desto mehr Varietäten sind an demselben möglich — bei jedem Individuum sieh anders verhalten; am interessantesten ist der von Atsın beobachtete Fall, wo die Papillae vallatae, dass heisst die an der Zungenbasis befindlichen , grossen, das Schmecken wahrscheinlich ganz besonders vermittlen- den Papillen auf drei redueirt waren, während sich sonst fast im- mer 9 oder 7 (auffallend genug meist in ungeraden Zahlen) finden, ! Als dieser Vortrag schon gehalten war, fand ich in den Mittheilungen der anthropol. Gesellsch. zu Wien, B. I. No. 5 vom 16 Dee. 1870 eine Notiz von Prof. LANGER, worin derselbe einen Negerschaedel mit folgender Zahnformel beschreibt Del.s 2. Air zu. 23.4, fünfter überzähliger erratisch im linken Unterkiefer an der Innenseite, ausser den vier Zähnen die hier zuviel sind fand sich noch ein 128 die Dreizahl ist aber für diese Papillen bei den Cereopitheren die normale. Auch die häufig beobachtete bisweilen enorm starke Körperbe- haarung ist eine Thieraehnlichkeit und gilt zugleich als Beweiss grosser Körperkraft, wenn auch nach GOETHES Ausspruch erst die Poöten die haarigen Helden zu Ehren gebracht haben. Der Kaiser von Siam hält an seinem Hofe solch eine haarige Familie und sorgt nach Kräften dafür dass die Race nicht ausstirbt. Ich glaube, wie gesagt, dass diese Erscheinungen der drit- ten Klasse mit denen der zweiten, der Entwicklung nach dem em- bryonalen Plan über das Normale hinaus, zusammenfallen mögen. Lassen Sie uns Beispiels halber noch einen Augenblick bei der Körperbehaarung verweilen. Nur sehr wenig Stellen des mensch- lichen Körpers sind absolut haarlos, wie die Volarflächen der Hand und des Fusses, die übrige Körperoberfläche des erwachsenen Men- schen ist mit kurzen Haaren ganz bedeckt und nur an einigen Stellen, beim Manne an mehrern als beim Weib, tritt ein längre Behaarung auf, es ist auch die Anordnung der kleinen Haare, wie wir besonders seit Eschrichts Untersuchungen wissen, durch- aus keine zufällige und wenn dieselben am Unterarm mit ihren Spitzen aufwärts, nach dem Ellbogen zu gerichtet sind, so ist das eine Art der Anordnung wie sie im ganzen Thierreich nur noch bei den anthropoiden Affen vorkommt. Die Körperbehaarung des Foetus aus den spaetern Monaten und der Neugebornen ist relativ sehr ansehnlich, man nennt sie Fruchtwolle, lanugo foetalis ; diese Fruchtwolle verliert sich aber sehr bald nach der Geburt und. es tritt dann eine zweite Behaarung, die bleibende auf; eine Erschei- nung, wie wir sie vom Nesthaar der Säuger und vom Dunenkleid der Vögel herkennen und die dem Zahnwechsel vollkommen ana- log ist. Wenn nun diese zweite Behaarung nach dem Plane der — wenn auch nicht grade embryonalen — Entwicklung weiter wächst so wird sie eine nieht normale Thieraehnlichkeit hervorrufen: und was ich oben von den Thieraehnlichkeiten der zweiten Klasse sagte, nähmlich dass sie fast nur rudimentaere Organe betreffen könne, passt auch hier, denn die Körperbehaarung des Menschen gehört entschieden in diese Categorie. Wie ich vorher erwähnte werden alle diese Thieraehnlichkeiten,, 129 so weit man bis jetzt dieselben beachtet hat, unter dem Namen von “Rückschlägen” zusammengefasst; es fragt sich aber ob sie das auch wirklich alle sind. Hören wir, welche Definition der eom- petenteste Beurtheiler, Ernst HAEcKErL, dem Worte “Rückschlag” giebt: “Unter Rückschlag oder Atavismus im engern Sinn, ver- steht man die allen Thierzüchtern bekannte, merkwürdige That- sache, dass bisweilen einzelne Thiere eine Form annehmen, welche schon seit vielen Generationen nicht vorhanden war, welche längst entschwundnen Generationen angehört. Alle solche Rückschläge sind unter das Gesetz der latenten Vererbung zu bringen, wenn gleich die Zahl der Generationen, die übersprungen ward, ganz ungeheuer gross sein kann: es kann eine erstaunlich lange Reihe von Generationen verfliessen, ehe diese latente Vererbungskraft verlischt.”’ Nach dieser Erklärung komme ich zu der bestimmten Ansicht, dass alle Erscheinungen, welche ich unter die erste Categorie der individuellen Thieraehnlichkeiten gebracht habe, alle Hemmungs- bildungen, keine Rückschläge sind, -— wohl aber sind die Thier- aehnlichkeiten der zweiten und dritten Classe hierher zu rechnen. Denn von einem mit einer Hemmungsbildung behafteten Individuum kann man doch nieht sagen, dass es eine Form angenommen habe, die längst entschwundnen Generationen angehöre. Bei allen Men- schen waren einst die Stirnbeine getrennt, dieser Zustand ist in der ÖOntogenie niemals verschwunden; wenn aber Individuen sieh fin- den, bei denen z. B. gewisse Muskeln, dadurch dass sie mehr Köpfe wie normal haben oder gar durch Spaltung in zwei zerfallen sind (wie am coracobrachialis beobachtet), sich thieraehnlich ver- halten, so ist dies ein wahrer Rückschlag, es ist ein Zustand der in der Phylogenie vorhanden war in der Ontogonie aber verschwun- den ist und es kann diese Erscheinung, fürs Erste wenigstens, nur durch eine latente Vererbungskraft erklärt werden. Ich will Ihnen meine Ansicht durch einen Vergleich, dureh ein und zwar politi- sches Beispiel zu erläutern versuchen. Die Menschheit, wenigstens der Theil derselben, den wir den gebildeten nennen, ist im Fortschritt begriffen, unter diesem Fort- schritt verstehn wir das Bestreben nach Gleichstellung aller Men- schen in rechtlicher Beziehung, nach persönlicher Freiheit in jeder 9) 130 nicht gemeinschaedlicher Hinsicht, kurz nach allen den Zuständen, die zu realisiren, die echte, reine Fortschrittspastei sich zum Ziele gesteckt hat. Wenn nun ein Mitglied dieser Patei, was man nennt reactionaer wird, das heisst wenn es wieder überwundene Verhält- nisse, die längstvergangnen Zeiten angehören, einführen möchte, so ist in der Gesinnung dieses Individuums ein Rückschlag einge- treten. Wenn aber andrer Seits ein Individuum den Zustand in dem sein Vater, sein Grossvater kurz seine Ahnen seit Jahrhunder- ten waren, nicht aufgeben will und nie aufgegeben hat, wenn es, sei es aus Selbstsucht oder Bornirtheit, die geschichtliche Nothwen- digkeit des Fortschritts negirt und sich mit allen Kräften demsel- ben widersetzt, so befindet sich dasselbe der Menschheit gegenüber in einer, übrigens meist erblichen, Hemmungsbildung. \ Für alle im Obigen mitgetheilte Faeten fehlt nun immer noch eine nur annährend genügende Erklärung; wir können nur sagen dass es so ist, können uns auch gestützt auf die Evolutionstheorie deutlich machen was es zu bedeuten hat, die Ursachen aber — wir kennen sie nicht! Die grossen, fundamentalen Gesetze, nach denen die Entwieklunggeschichte geschieht, und auf die auch alle jene ab- normen Erscheinungen basiren, sind uns immer noch, wie zu ARIS- TOTELES Zeiten, ein Buch mit sieben Siegeln und CAarL Ernst VON BAER wird fürs Erste wohl Recht behalten, wenn er sagt, dass der Baum noch keimen müsse, aus dessen Holz die Wiege für den Mann, der diese Gesetze deutlich darlege, einst werde ge- zimmert werden! Gewisslich aber bestätigt sich immer und immer wieder, wo und wie wir auch die Natur des Menschen untersuchen, seine Ver- wandschaft mit und seine Herkunft von den Thieren, eine That- sache, die vielen Leuten eine ganz besonders bittre Pille zu sein scheint, und so fehlt es denn auch nicht an Einwürfen, von denen der allerabgeschmakteste der ist, dass es den Menschen “entwür- dige” von einem “Affen” abzustammen; worauf HAECKEL und Huxtey kräftig und wahr zu antworten wussten und wissen, bes- ser als es von meiner Seite geschehen könnte, Männern gegen- über “die’' wie der wackre, vorurtheilsfreie Moscarr schon vor hun- en 131 dert Jahren sagte “die wider die unvernünftigen Thiere eingenom- men, ihr mieroscopisches Talent angewendet haben, eine unendli- che Reihe hypothetischer Unterscheidungszeichen zwischen jenen und dem Menschen, — dem bestimmten Könige alles Lebenden , wie sie reden, dem Verbessrer der Natur, der mit ihr zugleich den Erdboden beherscht, — aufzusuchen, auszudenken und aus- zuschmücken !” NIEDERLANDISCHES BECHTIV EUR ZOOLOGEE. NIEDERLANDISCHES ARCHIV FÜR ZOOLOGIE HERAUSGEGEBEN EMIL SELENKA, PROFESSOR UND DIRECTOR DES ZOOTOMISCHEN LABORATORIUMS ZU LEIDEN BANDTL ZWEITES HEFT. JuLı 1872. Tafel XI bis XVII. ——&äIScSe— HAARLEM, LEIPZIG, A. C. KRUSEMAN. CE WINTER. 1872. ren [3 # DE "8 2) eo \ ww; ‚ % { ARTE H N N i “ Pi h ’ a £ \mAnmtihnniennVehinnnansnnut ru kr EHRE LE N ad w. £ i ; Gedrukt bij Gebr. van Asperen van der Velde, te Haarlem, h i RN] 5 4 5 2 =. UEBER DIE KNOECHERNEN SCHAEDELHORCKER DER VOEGEL. VON WILLIAM MARSHALL, erstein Assistent am Reiechsmuseum zu Leiden. EINLEITUNG. Bei einer Reihe von Vögeln finden sich am Ende des Oberschna- bels oder auf dem Kopfe Höcker und Erhabenheiten von mancherlei Gestalt und Grösse. Dieselben gehören entweder dem Hautsystem an und diese kommen in der folgenden Untersuchung nur beiläufig in Betracht, oder aber sie werden durch gewisse Schädelknochen oder Partien von Schädelknochen geformt, ganz wie die Hörner und Geweihe der Wiederkäuer, mit denen diese Erscheinungen sich überhaupt gut parallelisiren lassen. Hier wie dort finden wir Arten, bei denen diese Hörner nur einem Geschlechte, und dann dem männlichen, zukommen, oder wo beide Geschlechter auf ein und dieselbe Weise ausgestattet sind; in beiden Classen giebt es endlich auch Arten, bei denen diese Höcker und Hörner im männ- lichen Geschlecht stark entwickelt im weiblichen aber nur ange- deutet, schwach angelegt sind. Während jedoch bei den betreffenden Säugethieren die Hörner immer in Mehrzahl und symmetrisch auf- treten und an ihrer Bildung sich nie andre Knochen als die fron- talia betheiligen, findet sich bei, den Vögeln, soweit mir bekannt geworden ist nur mit einer einzigen Ausnahme, immer ei» Horn oder Höcker, der bei den verschiednen Familien und Arten dureh sehr verschiedne Knochen, häufig dureh mehrere zugleich gebildet 10 154 werden kann; bei den Vögeln verschwinden dieselben niemals perio- disch um dann wieder erneuert zu werden, sie werden nie, wie etwa die Geweihe der Hirsche gewechselt; sie scheinen ihre Wachsthums- srenze erst mit dem Eintritt der Pubertaet zu erreichen, ja sich auch dann noch zu bedeutenderer Grösse weiter entwickeln zu können. Diese Erhöhungen sind ihrem Bau nach von zweierlei Art: ent- weder es sind einfache, blasige Auftreibungen der Knochen, wie etwa die sinus frontales des Menschen, oder aber es sind eigenthüm- liche spongiöse Metamorphosen gewisser Knochentheile; in beiden Fällen sind dieselben pneumatisch, sei es dass die Luft, was für die blasigen Auftreibungen constant der Fall zu sein scheint, direkt aus der Nasenhöhle in dieselben eintritt, oder sie werden, und dies gilt für die spongiösen Anschwellungen, von den Lungen her auf die bekannte Art mit Luft versorgt. Bis jetzt sind alle diese Höcker, ihre Entwicklung, ihr Bau und ihre physiologische Bedeutung, wenig und namentlich nieht im Zusammenhang untersucht worden, es findet sieh zwar in der Lit- teratur eine nicht unbeträchtliche Zahl beiläufiger Notizen, diesel- ben sind aber meist kurz und einander häufig widersprechend. Ein sehr reiches und ich kann wohl, besonders was die Nashornvögel betrifft, hinzusetzen, einziges Material, das mir im hiesigen Reichs- museum zu Gebote stand, veranlasste mich jene merkwürdigen Ge- bilde einem möglichst eingehnden Studium zu unterwerfen. Es sei mir gestattet, dem Direetor jenes Institutes, meinem ge- ehrten Chef, Herrm Professor H. SCHLEGEL, für die grosse Freund- lichkeit, mit der er mir erlaubte, die Sammlung zu meinem Zweck zu benutzen und für die Güte, mit der er mir in Rath und That an die Hand ging, auch an dieser Stelle herzlich zu danken. Ebenso fügte Herr Professor SELENKA, durch die grosse Liberalitaet mit der er mir die unumschränkte Benutzung der unter ihm stehenden‘ zootomischen Sammlung gestattete, den vielen Beweisen von freund- schaftlieher Gesinnungen gegen mich einen neuen hinzu. Für frische Entenarten bin ich den Herrn J. P. van WICKEVOORT ÜROMME- Lın und F. A. VERSTER besonders verpflichtet, dureh ihr Wohl- wollen erhielt ich namentlich zahlreiche Exemplare von Fuligula (Oedemia) nigra. ft 8) w! LAMELLIROSTREN. In dieser Familie sind eine ganze Anzahl von Arten durch Anschwel- lungen auf dem’ Ende des Oberschnabels oder auf der Stirn ausge- zeichnet, besonders aber eine Gruppe der Anatiden, das ‚Genus Fuligula, dessen Untergenus Oedemia gerade diesen Anschwellungen seinen Namen verdankt, ferner eine Öulturrasse von Anser eygnoi- des und in geringerm Grade mehrere Schwäne. Schon an den lebenden Exemplaren von Anas clangula fällt eine eigenthümliche hohe Form des Kopfes auf, von der Nrrzscn | anfänglich vermuthete, dass sie durch eine besonders starke Ent- wieklung der Nasendrüsen bedingt sei. MECKEL ? jedoch entdeckte bei genaurer Untersuchung die wahre Ursache jener abweichenden Schädelgestalt. Er fand mittels eines durch den Schädel geführten Längsschnitts, dass die Knochen der obern Schädelwand sehr weit zur Bildung einer mark- und diplo@losen Höhle aus einander wichen; eine Communication dieser von einer knöchern Sagittalscheidewand in eine rechte und linke Hälfte zerlegten Höhle mit der Nasenhöhle oder mit dem Gehörorgan leugnet er entschieden. Später giebt auch Nırzscn ® von dem in Rede stehenden Vogel an, das Geruchsorgan erfahre hier eine ganz besondere Erweiterung, indem jede Nasenhöhle in eine enorm grosse, über den ganzen Oberkopf sich verbreitende, wahre knöcherne Stirnhöhle (sinus frontalis) übergehe; er hatte also offenbar, im Gegensatz zu MEcK- EL, eine Communication dieser Stirnhöhlen mit der Nasenhöhle ge- sehn, eine Beobachtung die Srtanxtus * bestätigen konnte. Auch mir gelang es leicht diese Höhlung beim erwachsnen Männ- chen (Weibchen standen mir nieht zur Verfügung) aufzufinden: sie erstreckt sich über die ganze Oberfläche des Schädels und über den hintern Theil des Oberschnabels, in ihrer gesammten Länge 1 NırtzscHu, in: deutsches Archiv f. Physiologie VI, pg. 267. ? In seinem Archiv, 1832 pg. 365. 3 B. WAGNER (nach NırzscHens Artikel Dermatoryncehen in Ersch u. Gruber alle. Enceyel. B 24, Sect I,) genau abgedruckt in: Naumann Vögel Deutschl. B XI, pg. 523. * Lehrbuch der vergl. Anat. d. Wirbelth, pg. 288. 10° wird sie durch ein äusserst zartes, medianes Knochenseptum in eine rechte und linke Hälfte, die nirgends mit einander in Ver- bindung stehn, zerlegt. In der Mitte des Schädels erreicht diese Höhle ihre bedeutendste Höhe, nehmlich 5 Mn., nach den Seiten und nach vorn und hinten wird sie niedriger, bis endlich ihre Deeke und ihr Boden verschmelzen, Decke und Boden entsprechen aber der äussern und innern tabula vitrea der betreffenden Schädelkno- chen. Der Lage nach müssen verschiedne Knochen an der Bildung jener Höhlung Theil nehmen, nämlich die parietalia, frontalia und soweit jene Höhlung sich auch über dem Oberschnabel erstreckt, die nasalia; wenn man dies im Auge behält erklärt sich auch das mediane Septum, dieses entspricht den am jungen Schädel sicht- baren, sagittalen Näthen, im Grunde genommen besteht er also eigentlich aus zwei freilich äusserst dicht mit einander verbundnen Knochenplättehen,, je eins für jede Seite: auffallend ist es dass sich an den Zusammenstossungs-Stellen der übrigen Knochen, z. B. der frontalia und parietalia, also entsprecheud der sutura coronalis keine Septa finden; jede Höhle ist gleichmässig leer, die Wandung bestehn lediglich aus trocknem Knochen, sogar eine auskleidende Haut fehlt im Innern; im Schädeltheil der Höhlung treten an den Seiten vereinzelte Stützbälkchen auf, dieselben stehn nicht frei, sondern liegen gebogen den Wandungen an. Auf der Oberfläche des Schädels verläuft keine dem Septum entsprechende Längsfurche , was auffallend genug ist, am vordern Ende weichen aber beide Höhlen an der Stelle aus einander wo die Frontalfortsätze der Zwi- schenkieferbeine zwischen die nasalia durch an die frontalia treten. Auf dem Boden des Schnabeltheils jeder Höhle verlaufen, aber wenn auch deutlich siehtbar, so doch noch von sehr zarter Knochensub- stanz überbrückt, zwei ansehnliche Aeste des den Entenschnabel zu einem so vorzüglichen Tastorgan machenden Empfindungsnerven; der äussre dieser Aeste senkt sich nach Aussen an die Schnabel- seite und versorgt besonders deren hintere Region mit Fäden, der innre schlägt sich noch in der Höhlung selbst nach unten, verläuft von dem der andern Seite nur durch das häutige Nasenseptum ge- trennt in der Nasenhöhle nach vorn und vertheilt sich im vordern Theile des Schnabels. In dem vordern Theil jeder Höhle liegt dieht am Sagittalseptum 197 eine Oeffnung zur Communication jedes Sinus mit der entsprechen- den Nasenhöhle; diese Oeffnung ist 3 Mm. lang und 1 Mm. breit, sie führt direet und ohne dass sie je abgeschlossen werden könnte in die Nasenhöhle. Wahrscheinlich wird beim Einathmen durch diese Oeffnung jede der Höhlen Luft aufnehmen können, aber als “eine Erweiterung des Geruchsorgans’ darf man darum diese Höhlen so ohne Weiteres nicht ansehn, es fehlt ja in ihnen jegliche Haut, folglich auch die die Geruchsempfindung vermittlenden Nervenendigun- gen; diese Höhlen sind pneumatische Räume, in die die Luft, ohne erst den Umweg durch die andern Respirationsorgane machen zu müssen , direet aus der Nasenhöhle eintreten kann. Vielleicht hängt diese sonderbare Organisation von Fuligula elangula mit der Tauchfähig- keit des Vogels zusammen; diese ist schr bedeutend, und NAUMANN ! bemerkt mit einem sehr treffenden Gleichniss von ihr: “Im Tauchen besitzt sie die grösste Fertigkeit und übt sie unaufhörlieh,, ihr Auftau- chen erinnert sehr lebhaft an einige Zeit tief unter Wasser gehaltne und dann plötzlich losgelassne Korkstöpsel. Und dabei scheint sie immer an derselben Stelle, wo sie eintauchte, auch wieder aufzu- tauchen.” In jener grössern Doppelhöhle findet sich aber an der Stelle, wo der viscerale Schädeltheil an den neuralen stösst, ein zweite kleinere , deren Gestalt rundlich ist und deren Wandungen äusserst zart knöchern sind. Auch diese Höhlung wird durch ein medianes Sep- tum in eine linke und rechte Hälfte zerlegt, jede der so entstand- nen Kammern ist 5 Mm. breit und 9 Mm. lang. Die Wandungen dieser zweiten Höhle stehn mit denen der erstern nur im obern Theil in Verbindung — und zwar ausser durch das mittlere 'Sep- tum derselben auch noch durch einige wenige neben diesem befind- liche Trabekeln, — die Seitenwandungen erreichen sie aber nicht, sodass auf diese Art hier Kopf- und Schnabeltheil der ersten Höh- lungen mit einander eommunieiren können. Diese zweite Höhlung halte ieh ihrer Lage wegen für einen dureh eine besondere Bildung modifieirten, aufgetriebnen Theil der Riechbeins. In Uebereinstim- mung hiermit zeigt es sich denn auch, dass, während die grös- sere Doppelhöhlung jeglicher auskleidenden Membrane ermangelte , ’ Naturgeschichte d. Vögel. Deutschl. Th. XII, pg. 177. 138 diese zweite innen von Riechhaut überzogen ist. Der Boden ist nicht knöchern fest, sondern hier ist ein beweglicher, höchst eigenthüm- licher Klappenapparat vorhanden. Im Innern jeder Kammer befindet sich eine wendeltreppenartig vorspringende Hautfalte, welche schmal ungefähr von der halben Höhe der vordern Wandung entspringt, dann verläuft sie sich lang- sam senkend längs des medianen Septums, wird, nachdem sie an die hintre Wand getreten ist, plötzlich sehr breit, schlägt sich nach vorn und etwas nach unten um und verläuft, jetzt breit blei- bend, an der Wandung der eigentlichen Nasenhöhle. Da der innre dem Septum und dem Vordertheil der Wandung angeheftete Anfangstheil der Hautfalte um ein Bedeutendes höher liegt als der äussere an der Wandung der Nasenhöhle befestigte Endtheil, so entsteht im Boden des vordern Theils jeder Kammer eine ansehnlich schlitzförmige Oeffnung. Kommt nun die Luft durch das Nasenloch, wird sie also eingeathmet (in der Richtung der punktirten Linie in Figür 3), so kann sie, ohne auf den äussern Theil der Hautfalte, der Ja @2 der Nasenhö'hle selbst angewachsen ist, zu drücken, über diesen hinweg in das Innre der kleinern Kammern treten; kommt jedoch die aus- geathmete Luft durch die Choanen (in der Richtung des Pfeils in Figur 3) in die Nasenhöhlen, so wird sie gegen den äussern brei- ten und zugleich sehr leicht beweglichen Theil der Hautfalten stos- sen, dieser der Art in die Höhe gehoben legt sich an den innern Theil und so entsteht ein Verschluss, weleher der Luft jeglichen Zutritt zu den Kammern versperrt. Wenn man an einem eigens wie z. B. in Figur 2 praeparirten Schädel durch eine der Choanen eine Sonde ein- führt, so kann man sich leicht von der Richtigkeit dieser Angabe über- zeugen, ein ganz leiser Druck von unten gegen jenen äussren Theil der Hautfalte ist hinreichend um die Höhlung vollkommen abzuschliessen. Die physiologische ‚Bedeutung dieser eigenthümlichen Organisa- tion ist mir leider nicht klar geworden. Es wäre möglich, dass wenn der Vogel taucht durch die Mundöffnung bisweilen Wasser in die Rachenhöhle käme und dass er dies dann, ähnlich wie Ce- taceen, durch die Nasenlöcher ausstiesse, dass also durch den Klap- penapparat das Wasser von der Höhlung abgehalten wird, denn ich sehe allerdings nieht recht ein warum etwa die ausgeathmete Luft nicht in dieselbe treten dürfte. 159 Am macerirten Schädel gestalten sich die Verhältnisse natürlich anders, hier fehlt der weiche häutige Boden der innren Kammern, diese communieiren in ihrer ganzen Ausdehnung mit den Nasenhöhlen. Den erstern, grössern Sinus analoge Höhlungen finden sich auch bei einigen Schwänen, so namentlich bei Cygnus musicus und dem chilenischen Cygnus coscoroba, bei diesen Vögeln sind es aber ächte Sinus frontales, indem sie nur durch Auftreibungen der Stirnbeine gebildet werden. Bei Cygnus musicus findet sich im Innern dieses sinus eine sagittale knöcherne Scheidewand und dieser entsprechend verläuft auf der Aussenseite des Schädels an Stelle der Sutura fron- talis eine seichte Längsfurche. Die beiden Kammern des Sinns com- munieiren nicht mit der Nasenhöhle, aber von der Augenhöhle her tritt in jede ein ansehnliches Luftloch, ebenso eine Anzahl kleinere von den Seiten oberhalb des lacrymale her und eben da eine Reihe von foramina nutritia; im Innren der Höhlungen finden sieh bei diesem Vogel noch weitläufig angeordnete Diploötrabekeln. Da das Reichsmuseum nur einen macerirten Schädel der sehr seltnen Cy- gnus coscoroba besitzt, so konnte ich denselben leider nicht dureh- sägen, es war mir aber doch möglich, da des sinus mit jeder Na- senhöhle durch eine sehr ansehnliche Oeffnung in Verbindung stand durch Hineinsehn und Sondiren eine einigermaassen deutliche An- schauung seiner innern Structur zu gewinnen: und so fand ich denn dass das auch hier vorhandne Septum ebenso wie der Boden jeder Kammer häutig sei, von Diplo@ war keine Spur vorhanden, der auf der Oberfläche des Schädels verlaufende Sagittaleindruck war aber noch mehr markirt als bei Cygnus musicus; sonst zeigte der Schädel noch einige Eigenthümlichkeiten, deren Beschreibung, als nicht hierher gehörig, ich auf eine andre Zeit verschiebe. Bei manchen Individuen (aber durchaus nicht bei allen) der Haus- rasse von Anser eygnoides erhebt sich auf der Stirn unmittelbar hinter dem Schnabel ein 20 Mm. langer, ebenso breiter und 11 Mm. hoher Höcker; nach hinten fällt derselbe sanft ab, nach vorn aber wölbt er sich der Gestalt über, dass an seiner Basis ein tiefer Ein- schnitt entsteht, längs dieser gewölbten Vorderseite verläuft eine mediane Furche, die sich auf der Oberseite zu einer Ansbuchtung erweitert. Im Innern dieses Höckers findet sich eonstant ein sagit- tales Septum , die so gebildeten beiden Hauptkammern zerfallen aber 140 durch mehrere unsymmetrisch angeordnete Quersepta in unregel- mässige, seeundäre Kaınmern; jedes dieser Kammersysteme com- munieirt mit der Nasenhöhle durch eine ansehnliche bis 3 Mm. im Durchmesser haltende runde Oeffnung. Nach meinem Dafürhalten wird auch diese Erhöhung durch eine besondre Entwicklung des ethmoidale gebildet und werden von diesem die Stirnbeine in die Höhe getrieben: denn, abgesehn von der Lage, die eine solche Annahme begünstigen würde, ist auch der tiefer gelegne Theil des ethmoidale, welcher sich an der Bildung des Augenhöhlenseptums betheiligt, in seiner obern Region stark aufgetrieben und theilweiss innen hohl. Aber dennoch glaub ich dass dieser Hohlraum, dieser Stirnhöcker, nicht, wie die zweite Höhle bei Anas clangula, als eine Erweiterung des Geruchsorgans angesehn werden darf, sondern dass sie nur eın pnmeumatischer Raum ist. Frische Exemplare, an denen ıch eine Bestätigung dieser Ansicht hätte finden können, standen mir leider nicht zur Disposition, aber ich schliesse es dar- aus, dass einmal die Communicationsöffnungen durchaus nicht immer symmetrisch sind (die eine ist manchmal dreimal so gross wie die andre), was doch wohl der Fall sein würde, wenn es sich hier um eine mit dem Geruchsorgan in Zusammenhang stehnde Einrich- tung handle, während es anderseits eine längst bekannte Thatsache ist dass am Vogelscelet gerade die Luftlöcher oft sehr unsymmetrisch auftreten, das auf der einen Seite kann klein und das entsprechende der andern Seite gross sein, bisweilen findet sich auch statt eines grossen eine Anzahl kleinere; ferner spricht gegen die Annahme eines Connexes mit dem Sinnesorgan, dass die Höhlungen im Innern wieder von secundären, waregelmässigen Septen durchzogen sind; drittens endlich ist er mir nieht wahrscheinlich dass Domesti- cation einen solchen Einfluss haben könne; dass sie am Knochen- system Verändrungen hervorbringt, dafür giebt es Beispiele genug, aber dass sie an Sinnesorganen je eine und noch dazu so bedeutende Modifieation erzielt hätte, ist mir aus anderweitigen Fällen nicht bekannt, denn bei den Augen der Albinos handelt es sich doch wohl nur um eine erblich gewordne Hemmungsbildung, die auch inn wilden Zustand manchmal vorkommt. Es sei hier schliesslich des eigenthümlichen Faetums gedacht dass die Schnabelfarbe der Cul- turrasse von Anser eygnoides wohl immer roth is, während die Bee 1 ie > de du a BE nd 141 wilden Individuen ausnahmslos einen schwarzen Schnabel haben. Andre Verhältnisse als die im obigen beschriebnen zeigen sieh bei Fuligula (Oedemia) nigra. Beim erwachsnen Männchen dieser Art erhebt sich auf dem hintern Theil des Schnabels ein Höcker von 5 Mm. Höhe (d. h. über die gerade Provillinie von den pro- cessus frontales der Zwischenkieferbeine zu den Stirnbeinen) und 12 Mm. Länge. Hat man das weiche Schnabelepithel entfernt, so zeigt es sich dass diese Erhöhung aus zwei seitlichen Höckern ge- bildet wird, welche in ihrem vordern Theil sich dieht an einander legen und nur eine schmale untiefe Furche zwischen sieh lassen , an der hintern Seite jedoch ziemlich beträchtlich auseinander weichen. Diese so gebildete Erhöhung ist im Innern hohl und da sich entsprechend der auf der Aussenseite verlaufenden Furche auch hier ein medianes Septum findet, besteht sie eigentlich aus zwei Kammern oder Blasen. Jede dieser Blasen eommunieirt durch eine an der äussern Seite ihres Bodens gelegne, 5 Mm. lange und 2 Mm. breite Oeffnung mit der Nasenhöhle, der übrige Bodentheil jeder Kammer ist knöchern uud zwar ist der Knochen hier viel fester und dieker als der der Wandungen und des Septums, wo er nur zart und schon durch einen geringen Druck leicht zu beschädigen ist. Diese Blasen werden, wie sich aus der Lage ergiebt, dureh eine Auftreibung der ossa nasalia und ganz besonders deren Stirntheile bewirkt, während der Boden von den Frontalfortsätzen der inter- maxiallaria gebildet wird, die, unter den aufgetriebnen Nasenbeinen weg, an die Stirnbeine treten. Im Innern sind jene Kammern von einer sehr zarten, durchsichtigen Haut ausgekleidet, die sich unter dem Microscop als aus sehr schönen, regelmässigen, kernhaltigen Pflasterepithelzellen bestehend zeigt; Nervenfasern oder Endigungen , welche darauf hinweissen könnten‘, dass es sich. auch bei diesem Höcker um eine Vermehrung der riechenden Oberfläche handle, konnte ich nieht auffinden; wohl aber bestand die Haut aus mehr- ern Schichten, und lag ohne irgend einem Substrat dem Knochen unmittelbar auf. Bei allen von mir frisch untersuchten Exemplaren , sieben an der Zahl, waren die Blasen oder Kammern durch Sand verunreinigt, von dem ich aber glaube, dass er erst während des Todeskampfes der Thiere eingedrungen war, alle waren an der hiesi- gen sandigen Küste geschossen. Während jede Kammer dureh die 142 erwähnte Oeffnung im Boden mit der Region der Nasenhöhle com- muniecirt, in der ein Theil des Geruchsorgans, die vordern häutigen Muscheln, aufgehängt ist, communieirt dieselbe nach hinten und unten mit einem eigenthümlichen erweiterten Appendix der Nasen- höhle: diese geht nehmlich nach hinten jederseits in eine genäumige knöcherne Tasche über, die entschieden nur das blasig aufgetriebne Ende des os maxillare ist; beim lebenden Vogel ist diese Tasche nicht zu bemerken, da sie nieht mehr vom Epithel des Schnabels überzogen ist, sondern schon unter der mit Federchen bedeckten Haut der Wangenregion, oberhalb des Jochbeins und nach Innen zum Theil auf den Gaumenbeinen, liegt: im Innern ist diese Tasche von einem Häutchen ausgekleidet, das in seiner Structur vollkom- men mit dem der Höckerblasen übereinkommt. Diese eigenthümliche Modification findet sich nur an den nasalia und maxillaria der geschlechtsreifen Männchen, noch die Entriehe des ersten Jahres haben im Winter ein Gefieder das dem der Weibchen nahezu gleichkommt und bei schon gut entwickelten Hoden findet sich auf dem Schnabel durchaus keine Erhöhung. Die Behauptung NAUMANNS' aber, dass der “Knollen” wie er jenen Höcker nennt, in der Begattungzeit stärker als zu andern Zeiten anschwelle, scheint mir einer genauern Bestätigung gar sehr zu bedürfen; dass eine so plötzlich Verändrung im Knochensystem für eine nur kurze Zeit einträte, ist mir kaum glaubhaft; jedoch habe ich beobachtet dass bei verschiednen Exemplaren vollkommen ausgefärbter und erwachs- ner Männchen in ein und derselben Jahreszeit (im Januar) der Höcker verschieden entwickelt war, und es ist mir sehr wahrschein- lich dass je älter das Thier wird jene Erhöhung, auch noch nach eingetretner Geschlechtsreife, an Grösse zunimmt. Freilich soll auch, wie mir von mehrern Seiten versichert wurde, die Stirn der männlichen Pelicane sich während der Begattungszeit ganz auffall- end vorn über wölben, aber hierbei hat man es, nach meinem Dafürhalten, doch wohl nur mit irgend einer Verändnung im Haut- system aber keines Weges mit einer Metamorphose der betreffen- den Schädelknoehen zu thun. Bis jetzt konnte ich diese Erscheinung leider nieht untersuchen; Pelieane erfreuen sich auch in den Thier- ’ NAUMANN, Naturgesch. der Vögel Deutschl. Th. XII pg. 111. a u A eG 145 gärten eines ansgezeichneten Gesundheitszustandes und während der Begattungszeit sterben sie vollends am allerseltensten. Eine Erscheinung, die dem Verhalten bei Fuligula (Oedemia) nigra zum Theil sehr ähnlich ist, findet sich bei Fuligula specta- bilis. Ein Anöckerner Höcker fehlt hier allerdings aber der hintere Theil des Schnabels ist wie bei Fulig. nigra, aber in noch viel be- deutenderm Grade, aufgetrieben. Jede dieser Auftreibungen schliesst durch ihre hintere kuglig hervortretende Wandung die Nasenhöhle von der Augenhöhle grösstentheils ab, im übrigen liegt sie haupt- sächlich auf dem entsprechenden Gaumenbein und tritt nach Innen niedriger werdend bis an den Vomer, so dass dieser und weiter nach vorn das knöcherne Nasenseptum sie von der der andern Seite trennt. Bei der grossen Ausdehnung jener Anschwellungen, die na- mentlich viel früher als bei Fulig. nigra, nähmlieh unmittelbar hin- ter dem Nasenloch, beginnen, haben die maxillaria gewiss die be- treffenden processus maxillares der nasalia vor sich hergetrieben. Einen sehr deutlichen Beweiss aber dass man es in diesem Falle mit einer Metamorphose der Kieferbeine zu thun hat, sehe ich an einem mir vorliegenden Schädel, bei dem jederseits auf der Aus- senfläche des knöchernen Schnabels, von der Stelle wo der Joch- bogen an denselben tritt bis unten an das laerymale, eine seichte Furche in nach vorn econvexen Bogen verläuft, welche Furche deut- lieh dem Hinterrande des Kieferfortsatz des Nasenbeins entspricht. Es haben die maxillaria bei den Vögeln überhaupt und ganz be- sonders bei den Schwimmvögeln eine grosse Neigung sich auszu- dehnen, wobei sie sich häufig in Spongiosa auflösen und Macxus |! wird gewiss in vielen Fällen Recht haben wenn er ihnen und be- sonders ihren Gamnenfortsätzen ein vicariirendes Eintreten für die Nasenmuscheln zuschreibt. Im gegenwärtigen Falle aber werden doch wohl, wie für Fulig. nigra bewiesen wurde, diese Anschwel- lungen der maxillaria eine andre Bedeutung uud andre Ursachen haben. Erstens kommen dieselben nehmlich, wie bei Fulig. nigra, in einer solchen Ausdehnung nur den erwachsnen Männchen zu, dann aber fand ich, obwohl ich über keine frischen oder in Spiritus auf- ! Zeitschr. f£. w. Z. B XXI, Untersuch. ü. d. knöchern Vogelkopf. (pe. 71 des Sep. Abdr.) 144 bewahrten Exemplare verfügen konnte, doch im Innern eines schlecht macerirten Schädels eine Vorrichtung die mir dagegen zu sprechen scheint. Im hintern Theile jeder Seite der Nasenhöhle sind nehm- lich zwei Etagen, die durch eine, zwischen äussrer Wandung der Nasenhöhle selbst, obern Rande des die Augenhöhle von der Na- senhöhle abschliessenden, hintern Theils der Anschwellung und zwischen dem Vomer, respeetive dem knöchernen Nasenseptum aus- gespannte, knorplige Membrane von einander geschieden werden. Ich glaube nun, gestützt auf die Befunde bei Fulig. nigra, dass in der obern Etage ein Theil des Geruchsorgans liegt, dass aber die untre, also die eigentliche Anschwellung, hier wie dort von jener zarten Haut ausgekleidet ist. Was die physislogische Bedeutung und die Ursache jener Erhöh- ungen und Anschwellungen betrifft, so drängt sich gerade für die Lamellirostren von selbst das Vermuthen auf, dass sie zu dem Ge- schlechtsleben der Thiere in irgend welcher Beziehung stehn ; meist doch sind die Männchen allein auf’ soleh eine Weise ausgestattet, bei den Weibehen findet sich höchstens eine schwache Anlage (7. B. bei Biziura leucocephala). Andrerseits ist es nicht ohne Interesse, dass es Arten giebt die allerdings auch einen dergleichen Höcker haben, bei denen er aber einer knöchernen Stütze entbehrt, wo er nichts als eine Hautverdiekung ist, so die Knollen am Ende des Öbersehnabels unseres gewöhnlichen Schwanes (Cygnus olor), bei Anas tadorna! und im stärksten Grade bei Anas melanota; zwi- schen diesen und Fulig. nigra, bei der sowohl der Höcker als auch die seitlichen Anschwellungen knöchern waren, steht speetabilis eigentlich in der Mitte, die seitlichen Anschwellungen sind wie bei nigra Knochenblasen, aber der Stirnhöcker gehört wie bei Cygnus olor der Haut an; ganz ähnliche Erscheinungen werden wir bei den Hühnervögeln wiederfinden. Es liegt in der Natur der Sache, dass “sexual Selection’, die doch wohl die Ursache der meisten, wenn nicht aller jener Erschein- ungen ist, auf das Aeussre der Vögel wirkt, es handelt sich um ' Diesen Vogel konnte ich frisch untersuchen und fand dass das Innre des Höckers aus fetthaltisem Bindegewebe bestand. 145 eine Representation nach Aussen, und wie diese erworben wird, welche Theile und auf welche Weise dieselben verändert werden , bleibt gleichgültig, wenn nur das Resultat dasselbe ist. Mi: TAUBEN, HUEHNER, ÜASUARE, GRUS PAVONIA. Wenn ich in diesem Abschnitt eine Reihe von Höckerformen zu- sammenstelle, die weder unter einander eine grosse Aehnlichkeit haben, noch auch bei systematisch nah verwanden Vögeln vorkom- men, so geschieht dies hauptsächlich deswegen, weil was ich bei den einzelnen Familien auffand zu wenig war als dass es eigne Abschnitte hätte formen können, denn eines Theils war das mir zu Gebote stehende Material gerade in diesen Fällen nur mangelhaft, andrerseits lässt sich aber auch factisch nicht viel mehr darüber sagen; zu interessanten Complieationen in anatomischer Hinsicht kommt es kaum, von mehr Interesse aber mögen vielleicht einige allgemeine Beobachtungen und Bemerkungen sein, die hier wohl am besten einen Platz finden werden. Unter den Tauben zeichmen sich einige Mitglieder der Unterfa- milie der Carpophaginen durch Höcker an der Basis des Oberschna- bels aus; diese werden aber lediglich , — wovon ich mich dureh Druck und Nadelstiche überzeugen konnte, denn zur anatomischen Unter- suchung stand mir kein Exemplar dieser seltnen Thiere zu Gebote, — durch die Wachshaut gebildet. Insofern gehörte ihre Betrachtung eigentlich nicht in den Kreis gegenwärtiger Untersuchung, ich glaube aber dass man durch die Art des Auftretens in dieser Familie auch Lieht für die Entstehungsweise der knöchernen Höcker bei andern Vögeln erhält. Bei Carpophaga (Globicera) paeifica Reich. ist die 'Anschwellung der Wachshaut unbedeutend, von schwarzer Farbe, bei rubrieera Gray. ist sie viel ansehnlicher und schön roth. Am interessantesten gestalten sich aber die Verhältnisse bei einer drit- ten Art, bei der roseinucha, SCHLEGEL; dieser Vogel findet sich in zwei Rassen, die einen verschiednen Verbreitungsbezirk haben. 146 Die eine Rasse kommt von Neu-Guinea und hat im erwachsnen Zustand in beiden Geschlechtern einen oft ansehnlichen schwarzen Höcker; diese Rasse gehört also zum Untergenus Globicera, wohin sie WALLACE ! auch unter dem Namen von Globicera tumida bringt, da ja für dieses Untergenus gerade das Vorhandensein einer Anschwel- lung an der Basis des Oberschnabels als das charactristische Kenn- zeichen angesehn wird’; WALLACE irrt sich aber wenn er diese Verdiekung mit dem Höcker von Anser eygnoides vergleicht, der wie ich oben gezeigt habe, dem Knochensystem angehört, eine Vergleichung mit Anas tadorna wäre passender gewesen. Eine zweite Rasse dieser roseinucha kömmt von der Ceram-Laut Gruppe, sie gleicht der vorigen vollkommen nur fehlt ihre jene Anschwellung der Wachshaut, sie muss also nach den Begriffen der neuren Syste- matik in ein andres Genus resp. Untergenus gebracht werden, und das thut denn auch WALLACE der sie als Carpophaga concinna be- schreibt. Allerdings ist die Iris der Neu-Guinea-Rasse nach WAr- LACE blutroth — (und diese Angabe finde ich in den handschrift- lichen Verzeichnissen des verstorbnen Dr. BERNSTEIN, die sich auf seine Sendungen beziehn und im hiesigen Reichsmuseum bewahrt werden, bestätigt,) — hingegen die der Ceram-Laut Rasse orange, womit die Angabe in den Sammlungslisten von VON ROSENBERG übereinstimmt. Aber die Farbe der Iris berechtigt meines Einsehns nicht dazu eine Species in zwei zu spalten, dergleichen Erschei- nungen finden sich öfter, so hat Cacatua sulphurea auf Flores und Timor eine braune, auf Celebes aber eine rothe Iris ®, beim Miero- glossus aterrimus von Wokam (in der Arou:Gruppe) ist dieselbe röthlich bei den Exemplaren von Neu-Guinea aber braun; und von unserm Buteo vulgaris könnte man auf diese Art Species genug fa- brieiren, die Iris dieses Vogels hat, was die Farbe betrifft, einen ' Ibis 1865, pigenns of the malay Archipel, pg. 365 —400. 2 Siehe die Gattungsdiagnose bei Bonaparte eonspectus av. T. Il pg. 30. Wenn hier steht im Hochzeitskleid (nuptiarum tempore) schwelle die Wachshaut auf diese Art an, so muss ich dies bis jetzt noch bezweifeln; das in den Sammlungen be- findliehe Material ist noch viel zu gering um dieses Factum constatiren zu kön- nen und ich kenne bei den auf Vögelköpfen vorkommenden Höckern keine ana- loge Erscheinung, abgesehn vielleicht bei Pelieanen. ° SCHLEGEL, Museum d’hist. nat. de Pays-bas, Li v. 5, Psittaei pq. 139. 147 grossen Variationskreis vom hellsten Gelb bis zum tiefsten Braun kommt sie vor und nicht etwa als Altersunterschied sondern als lebenslang bleibender Charakter. Zugegeben nun auch dass man jene beiden Taubenrassen als eigne Species ansehn und meinetwegen auch beschreiben kann, je nach dem Standpunkt auf dem man sich stellt, so will es mir doch nun und nimmermehr einleuchten diese beiden in zwei verschiedne Untergenera einzuordnen; jene Anschwel- lungen beweisen wenig, aber am allerwenigsten berechtigen sie nach meinen Einsehn zur Aufstellung neuer Genera! Sehr interressant und wie ich glaube, von sehr grosser Trag- weite bei Beurtheilung dieser Frage ist der Umstand, dass es Cul- turrassen von Tauben giebt, deren Wachshaut wie bei “the english earrier” ' und in geringerm Grade bei den andern Unterrassen der so genannten “türckischen Taube”, ebenso wie bei der Neu- guinea-Rasse der wilden rosäinucha, einen starken Knollen bildet: wir haben hier also eine parallele Erscheinung zu dem Verhalten mancher Individuen der Culturrasse von Anser cygnoides zu an- dern Lamellirostren, die wie z. B. Fuligula nigra durch einen knöchernen Höcker ausgezeichnet sind. Einer zweiten nicht minder, wenn auch in andrer Hinsicht, merk- würdigen Erscheinung sei hier gedacht. SCHLEGEL * beschrieb im Jahre 13565 unter dem Namen von Ptilopus insolitus eine allerdings ganz ungewöhnliche Ptilopusform. Dieselbe, wahrscheinlich von den Neu- Hebriden herrührend, war sehr beschädigt und ein offenbar junges Individuum, das Sonderbarste war nun dass dieser Vogel an der Basis der Oberschnabels einen ansehnlichen 4 Mm. hohen, fes- ten knöchern Höcker trug, eine für das Genus Ptilopus gewiss einzige Erscheinung! Es hat sich aber jetzt herausgestellt und Herr Direetor SCHLEGEL hat mich selbst darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei diesem Höcker von Pt. insolitus sicher nur um einen krankhaften Zustand, um ein pathologisches Gebilde handle; aber trotz dem ist dieser Fall höchst interessant und nach meiner Mei- nung von grosser Bedeutung bei der Betrachtung aller jener Höck- er, er giebt einen neuen Gesichtspunkt bei der Frage nach ! Darwın, Anim. and plants under domest. Vol I pg. 140, mit Abbildung. 2 Nederlandsch Tijdschr. v. dierkunde, 1 jaarg. pag. 61. 148 dem Ursprung derselben, und werde ich am Schluss dieser Ab- handlung Gelegenheit habe gerade hierauf speciel zurück zu kommen. ‘Bei Hühnervögeln sind Auszeichnungen am Kopfe eine viele ge- wöhnlichere Sache als bei Tauben, ja als bei irgend einer andern Vogelfamilie; dieselben werden auf sehr verschiedne Weise gebil- det: bald sind es, wie beim Pfau, Federbüsche, bald ist es eine pigment- und gefässreiche, mehr oder wenig erectile Entwicklung gewisser Hautpartien, so beim Truthahn und unserm gewöhnlichem Haushahn, bald endlich sind es aber auch dem Knochensystem ange- hörende Höcker und Erhöhungen; alle diese Erscheinungen haben denselben Grund und dieselbe Wirkung, sie treten in ihrer Ver- schiedenheit vieariirend für einander auf, für welche Ansicht es ein besonders treffender Beweis ist, dass in ein und demselben Genus bei sonst oft sehr nah verwanden Arten dergleichen Auszeichnungen vorkommen die verschiednen Systemen des Körpers angehören; dieselbe Erscheinung also wie bei Cygnus olor und Fuligula nigra, aber weil eben in ein Genus zusammengedrängt noch pregnanter. So haben im Genus Crax die Arten Alberti, rufa, aleetor und andre auf dem ganzen Oberkopf von der Schnabelwurzel an eine statt- liche Haube, welehe aus eigenthümlichen, gelockten Federn besteht, die härter und glänzender als das übrige Gefieder sind; bei Cr. caruneulata gesellt sich zu dieser Haube an der Wurzel des sonst schwarzen Schnabels eine rothe, ziemlich stark verdiekte Wachs- haut, so dass hierdurch das Ende des Oberschnabels wesentlich er- höht erscheint; bei globicera is diese Wachshaut gelb und in der auf dem Schnabelfirst gelegnen Region erhält sie eine knöcherne Stütze, welehe von den unmittelbar über dem Nasenlöchern gelugnen Theil der Stirnfortsätze des Zwischenhiefers gebildet wird, nicht sehr hoch ist (3 Mm.) an der Basis die Breite der beiden Stirnfortzätze selbst (7 Mm.) und eine Länge van 13 Mm. hat, der Federbusch ist noch sehr ansehnlich. Crax mitu zeigt eine grössre auf dieselbe Weise gebildete Erhöhung der processus frontales der intermaxilla- ria wie slobicera, welche jedoch keiner Anschwellung der Wachs- haut zur Stütze dient; diese ist vielmehr verschwunden, und ist ebenso während der Höcker stäreker wurde die Federhaube sehr viel schwächer geworden. Der Excess einer solchen knöchernen , Ansehwellung findet sieh bei Cr. pauxi, hier trägt der Schnabel 149 einen kolossalen, birnförmigen Körper von 68 Mm. Höhe, dessen Umfang an der dieksten Stelle, einige 49 Mm. oberhalb der Basis 140.Mm., an der Basis: selbst aber noch 88 Mm. beträgt, er ist daher so gross wie der ganze Schädel des Vogels ohne den Sehnabeltheil. Auf der Aussenseite dieses Körpers, der von einem schwarzen dünnen Hornepithel bedeckt ist, verlaufen zahlreiche durch Anastomosen verbundene, seichte Längsfurchen, welche Fur- chen sich ebenso auf dem unterliegenden Knochen wiederfinden. Die Wandungen dieses Knochens sind äusserst schwach, noch nicht 0.25 Mm. diek, im Uebrigen ist er spongiös. Im untern Drittel ist die Spongiosa sehr zart und locker, die Trabekeln sind dünn und die Maschen klein, im obern Theil werden die Maschen grösser und sparsamer, die Trabekeln sind zu feinen Blättern verschmolzen; in ihrer Anordung aber regelmässige Züge nach zu weisen gelang mir nicht. Dieser Höcker ist pneumatisch und communieirt mit dem in- nern Hohlraum des Schnabels, der seine Luft wieder durch ein in dem knöchernen Nasenseptum (das bei allen andern Arten, soweit ich dieselben untersuchen konnte, häutig ist) jederseits vorhandnes Luftloch erhält. Bei dieser colossalen Entwicklung des Schnabel- höckers hat Crax pauxi den Federbusch bis auf die leiseste Andeu- tung vollkommen eingebüsst. Aehnlich wie die Crax-Arten verhalten sich die Mitglieder des Ge- nus Numida, zwei von ihnen haben oben auf dem Kopf einen Fe- derbusch, nehmlich plumifera und eristata, bei den andern Arten fin- det sich an derselben Stelle ein hoher knöcherner Höcker, der von meist lebhaft rother Haut überzogen beiden Geschlechtern gemein- sam zukommt; im Uebrigen sehn sämmtliche Arten einander sehr ähnlich, sie sind alle schwarz oder dunkelgrau mit weissen Tropfen. Jener Höcker erreicht seine grösste Stärke bei Numida mitrata wo er 16 Mm. hoch. und an der Basis 21 Mm. lang ist. Er stellt bei allen Arten einen seitlich sehr stark zusammengedrückten Kegel dar, der vorn sanft in die Höhe steigt, nach hinten aber schroff abfällt, wobei häufig seine Spitze ein wenig überhängt; er wird aus dicht mit einander verschmolznen Theilen der Stirmbeine gebil- det und ist innen grob spongiös. Bei Megacephalon maleo findet sich auf der hintern Gegend des Kopfes eine kahle besonders nach hinten erhöhte Stelle, die von ® 1: 150 starkem schwarzen Epithel bedeckt ist; bei dem ganz jungen Vogel ist diese nackte Hervorragung noch nicht entwickelt, der Kopf wölbt sieh überall gleiehmässig und ist ganz mit Federn bedeckt: nach meinen Untersuchungen an einer schönen Suite im Leidner Museum ist dieser Höcker bei ganz alten Weibehen ebenso stark wie bei ganz alten Männchen, nach WaArLrLAczE ' wäre dies aber nieht der Fall; dieser Forscher giebt an derselbe sei beim Weib- chen schwächer, er scheint aber kein sehr grosses Material unter- sucht zu haben, vielleicht waren die Weibchen die er erbeutete lauter jüngere Individuen. Es sind bei diesem Vogel die Scheitel- beine, welche bis auf 15 Mm. verdickt eine gegen das Hinterhaupt scharf abgegrenzte Hervorragung bilden, im Innern ist dieselbe von einer üngemein zarten Spongiosa erfüllt, so zart wie ich sie sonst weder bei einem ‘Vogel noch bei einem Säugethier je angetroffen habe, dieselbe folgt wie ein wirklicher Badeschwamm auch dem leissesten Druck, ihre dünnen und feinen Trabekeln zeigen keine besondere Anordung, denn der Höcker ist wohl kaum Drucken aus- gesetzt und dann wird das starke Epithel manchen Schutz gewäh- ren; die Maschen sind klein und polygonal, die äussre Wandung des Höckers ist für das blose Auge unmessbar fein und so durch- sichtig wie Pauspapier. * Die Casuare schliessen sich, was die Erhöhungen auf dem Kopf betrifft, dieht an die Hühnervögel an. Diese austral-asiatischen Stru- thionen bilden zwei wohlgeschiedne Genera: die Mitglieder des einen kommen blos von Australien, haben wenn auch einen nur schwach befiederten so doch keinen nackten Hals und auf dem Schädel keine Anschwellung (Dromaius), die Arten des andern Genus, das eine srössre Verbreitung, von Ceram bis zur Nordküste Australiens hat, haben einen nackten, lebhaft gefärbten Hals und einen starken Wulst auf dem Kopf, es sind die eigentlichen Casuare, die Helmeasuare. In diesem Genus (Casuarius) kann man nach der Form des Höckers wieder zwei Gruppen unterscheiden: zur einen gehören galeatus ' Malay Archipelago. Vol. I pg. 416. ?2 Die Höcker der Hollenhühner gehören nicht hierher: es sind Auftreibungen der Stirnbeine deren Ursache in einer krankhaften Bildung des Gehirns zu suchen ist, wie Hagenbach (Müllers Archiv, 1839, pg. 311) nachgewiesen hat. 151 und biearuneulatus, bei ihnen ist der Helm wulstförmig (bei galea- tus höher wie lang) von den Seiten her zusammengedrückt und oben abgerundet; der Höcker der andern Gruppe (Bennettii und uniap- pendieulatus) ist kleiner bildet eine dreiseitige Pyramide mit einer in sagittaler Riehtung verlaufenden Haupt-Kante, die Seitenflächen sind eingedrückt die hintere ebne Fläche scheint daher mit ihren Rändern über dieselben hervor zu springen. Eine fünfte Casuarart kommt von der Nordküste Australiens ist aber so gut wie unbe- kannt, von ihrem Horn findet sich blos angegeben ' dass es „roth” sei, was eine sehr interessante Erscheinung wäre: es ist übrigens auffallend dass bei den Arten der zweiten Gruppe, bei denen also das Horn geringer entwickelt war, auch die Hautanhänge am Halse sich bei der einen Art auf einen beschränkt haben bei der andern aber vollkommen fehlen. Bei sämmtlichen Arten ist der Helm von einem eben solehen Epithel, das die Kieferscheiden bildet überdeckt: an dem jungen eben ausgekrochnen Vogel ist von der zukünftigen Erhöhung auf dem Kopf noch weiter Nichts zu sehn, wohl aber erstreckt sich wie bei Fulica atra das Schnabelepithel als dünnes Blättehen zwischen die Augen auf die Stirn; während nun der Vo- gel wächst bildet sich langsam unter diesem Blättehen eine An- ! Nach F. Müser (Proceeding ofzool Soc. 1867, pg. 241) wäre das Horn hellbraun. Als obiger Aufsatz schon geschrieben und eine Verändrung im Text aus beson- dern Gründen nicht mehr thunlich war, erhielt ich die erste Ablieferung der Proceed. of. Z. S. für 1571 und fand hier auf pg. 32 eine Abhandlung von Profes- sor FLOwEr über das Scelet der C. australis Derselbe giebt eine durch einen Holzschnitt erläuterte Beschreibung des Hornes: hier nach ist dasselbe in dieser Species sehr bedeutend entwickelt u. unterscheidet sich von dem der galeatus besonders dadurch, dass die Spitze weiter nach vorn zuliegt und die beiden Ränder nahezu gleich lang sind, der vordre verläuft vertical und ist nur schwach concav, während der hintere sanft nach vorn zu aufsteigt und etwas convex ist. Flower beansprucht für die Bildung des Helms auch die Theilnahme der Frontalia und Parietalia, welche Ansicht ich bis jetzt nicht theilen kann, eine Theilnahme der Lacrymalia möchte ehr statt finden. Wenn er aber vermuthet, dass bei galeatus die Grösse des Helms auch abgesehn vom Alter variire, so möchte ich zweifeln ob dies ganz richtig ist, die drei von ihm untersuchten Scelette können ausgewachsen gewesen sein ohne dass deshalb der Helm bei allen schon seine vollkommene Entwicklung erreicht hatte. Ich verweise zur Rechtfertigung meiner Zweifel auf die im Text mitge- theilte Beobachtung, die man im Thiergarten zu Amsterdam an dem lebenden uniap- pendiculatus gemacht hat. 11* schwellung unterliegender Knochen, die indem sie sich immer be- deutender entwickelt auch von dem sich zugleich ausdehnenden Epithel überzogen wird; dies Wachsthum geht, wie man an einem lebenden uniappendieulatus im Thiergarten zu Amsterdam zu beob- achten Gelegenheit hatte, bis in’s sechste oder siebente Jahr, während sonst der Vogel schon vollkommen ausgebildet ist, langsam und nach und nach vor sieh; zu dieser Zeit bekömmt es aber einen plötzlichen Ruck, so dass nun in wenigen Wochen der Helm seine grösste Entwicklung erhält. Was nun die knöcherne Grundlage die- ses Helmes angeht so wird sie fast allgemein als durch eine Me- tamorphose der Frontalia gebildet angesehn, TIEDEMANN, MECKEL, SELENKA nnd Magnus ' sprechen sich im diesem Sinne aus, Owen erwähnt zwar des Hornes ohne sich aber in weitere Erklärungen, durch welehe Knochen es bewirkt sei, einzulassen. PARKER ? giebt jedoch in seiner grossen Monographie über die Entwicklung des Straussvögel-Schädels gestützt auf ein ganz einziges Material be- stimmt an, der Helm der Casuare, besonders des Mooruk (C. Ben- nettii) sei eine besondre Entwicklung der Ethmoidale, diese Be- hauptung belegt er (auf Tafel X fig. 18 k. 20 und auf Tafel XIV, fig. 1) durch sehr instruetive Abbildungen. Auch die Beschaffenheit des Höckers beim erwachsnen Vogel ist noch nieht ganz genau untersucht; HArwooD * hatte behauptet die Spongiosa derselben stände in unmittelbarer Verbindung mit der Nasenhöhle, ja sie sei „offenbar von der Natur zur grössern Aus- breitung der Nerven bestimmt’; beiden Angaben tritt MECkEL °® entschieden entgegen, er konnte weder einen Zusammenhang der Nasenhöhle mit dem Helm noch einen häntigen Ueberzug oder gar Endigungen der Gersuchsnerven in denselben constatiren. Mir standen zwei Schädel von Casuarius galeatus zur Verfügung; ! TIEDEMANN, Zoologie B. II, pg. 171 MEcKEL, Syst. d. vergl. Anat. B. II, 2te Abth. pg. 134. SELENKA, Bronns Class & Ord. B. VI, Abth. 4, pg. 24. Masnus, l. ec. pg. 13 der Separat. Abdrucks. ® R. Owen, The Anatomy of Vertebrates, II, pg. 63. 3 K. PARKER, philosoph. Transactions, 1565. 4 Harwoop, System der vergl. Anat. & Physiolog. übersetzt etc. von Wiede- mann, 1799, pg. 32. 5 Archiv. f. Anat. & Phys. 1532, pg. 369. 153 der eine derselben ist sehr instructiv, er gehört einem halbwachs- nen ‘Individuum an, alle Näthe sind noch an ihm sichtbar; der zweite Schädel ist zwar der eines erwachsnen Vogels, aber das Horn hat seine grösste Entfaltung bei weitem noch nicht erreicht, den Schädel eines in allen Hinsichten ausgebildeten Exemplars habe ich mir trotz der grössten Mühe nicht verschaffen können, zwar besitzt das hiesige Reichsmuseum das wundervolle Scelet eines ganz alten Vogels mit einer Entwicklung des Helms, wie ich sie sonst nie gesehn habe, aber ich konnte natürlich den Schädel nicht zer- sägen und so das ganze Scelet verderben. An dem jungen Schädel finde ich die Angaben PArKERSs vollkom- men bestätigt: die Nasalia und besonders das Ethmoidale sind nach oben stark aufgetrieben, mit ihrem hintern Drittel haben sie sich auf die Stirnbeine gelegt, der auf diese Art gebildete Höcker hat eine Gesammtlänge von 70 Mm., ist 24 Mm. breit und seine höchste Höhe beträgt 15 Mm. Im vordern Theil sind die Nasalia sehr breit und das Ethmoidale nur schmal, in der hintern Region tritt aber das um- gekehrte Verhältniss auf, hier wo das Ethmoidale sehr breit wird, liegt zugleich auch der höchste Punkt des Höckers, gleichsam ein zweiter Höcker auf dem ersten , nach hinten rundet dieser sich sanft, nach vorn aber fällt er ziemlich schroff ab. Dieser Höcker wird von dem hintersten Drittel des Ethmoidale gebildet, die beiden vordern Drittel desselben liegen etwas tiefer als der Innenrand der Nasalia, so dass hierdurch auf dem ersten, auf dem Haupthöcker, eine breite und seichte Furche zu Stande kommt, deren Boden eben vom Vordertheil des Ethmoidale gebildet wird. Es ist auffallend dass der Höcker auf der Oberfläche in seiner Struetur wesentlich von den übrigen Schädelknochen ab- weicht, seine Farbe ist viel bräunlicher, was wie ich glaube auf einen stärkern Fettgehalt dieser Theile beim lebenden Tbier hin- weist, ausserdem ist er glanzlos, fein porös, wie mit Nadelstichen überdeckt. An jeder Seite gleich oberhalb des Laerymale finden sich eine Reihe (5—7) nieht unansehnlicher foramina nutritia, die am mehr entwickelten Schädel zugleich also mit den Gefässen denen sie zum Durchtritt dienen, obliterirt sind und nur noch als flache Grübehen erscheinen. Obgleich, wie bemerkt, der zweite Schädel den ich untersuchen konnte, nicht vollkommen ausgewachsen ist, so kann ich doch MEcKELS Angabe bestätigen: eine Communication 154 mit der Nasenhöhle findet am Helme nicht statt, wohl aber com- mıunieirt sein Innres mit den von Diplo& ausgefüllten übrigen Schä- delknochen; es ist das Innre des Höckers spongiös, die Trabekelen sind zart und die Maschen gross; regelmässige Züge konnte ich in der Spongiosa nicht unterscheiden, vielleicht finden sieh der- gleichen aber wohl bei vollkommen entwickelten Schädeln. Am Schluss dieses Abschnitts sei noch eines interessanten Vogels, der Grus pavonia gedacht, dessen Kopf äusserlich zwar keine Hör- ner oder Höcker aufweist, bei dem aber die Schädelknochen nichts desto weniger sehr auffallend verändert sind. In allen ist die Diplo&- bildung sehr stark aber nicht in allen Theilen gleichmässig , am be- deutendsten ist sie in der Stirnregion entwickelt, indem die Knochen hier bis 6 Mm. diek werden; ferner hinter der Orbita, am Ende der Linie die der grossen Portion des temporalıs (die bei alten In- dividuen von verknöchteren Sehnenstreifen durchzogen ist) zum Ursprung dient. Oben auf dem Schädel, auf den Scheitelbeinen , findet sich ein dreieckiger Eindruck dessen Spitze nach vorn und dessen Basis gleich oberhalb des Hinterhauptsbeines liegt, jederseits neben diesem Eindruck erhebt sich ein warzenartiger, runder Höcker (Grus pavonia ist der Vogel, den ich in der Einleitung als den einzigen erwähnte, der auf dem Kopf symmetrisch gelegne knöcherne Erhöhungen habe). Diese Knochenentwicklung steht in einem merkwürdigen Verhältniss zu der Entwicklung des Gefieders, das auf dem Kopf dieses Vogels so eigenthümliche Verhältnisse an- nimmt. Der vordre gewölbte Stirntheil des Schädels wird von den schwarzen, sammtartigen, kleinen Federchen bedekt, während hinten genau auf dem dreieckigen Eindruck die Strahlenkrone steht, die Grus pavonia so besonders ziert. Bei dem jungen Vogel, der noch ein weiches, bräunliches Gefieder hat , ist auf dem Kopf noch keine Spur der starren Schäfte der Haube vorhanden, aber doch sind in der (Gegend wo diese einst auftreten wird, die weichen Jugendfedern stärker entwickelt als an den andern Theilen des Kopfes und des Halses. Aenliche spongiöse Auftreibungen aber ohne dass es zur Bildung von Höckern käme, erleiden bekanntlich die Schädel der meisten Eulen- arten und des Auerhahns; dass die Trabekelen dieser Spongiosa, bei den Eulen wenigstens, regelmässig angeordnet sind hat SELENKA ! gezeigt. 21. e. Tab. 1. Fig. 6. 11. Dis NASHORNVOEGET. Diese Vögel erregten vom Anfang ihres Bekanntwerdens an durch die abenteuerlichen Gestalten ihrer Sehnäbel die grösste Aufmerk- samkeit: man fand bald wie leicht der ganze Schädel und wie weiter das Horn zum grössten Theil hohl sei. Indem man nach Erklärun- gen suchte, was wohl dieser Hohlraum zu bedeuten habe, welche Rolle er in der Oeconomie dieser Vögel spiele, verfiel man auf die sonderlichsten Hypothesen, bald sollte er, ähnlich wohl wie die Backentaschen der Affen, ein Aufbewahrungsplatz für Speisen sein, bald muthmaasste man, dass er zu einer Art von Wasser-Reservoir diene. Erst als man die Pneumaticität der Vogelknochen und deren Bedeutung kennen lernte, kam man auf die Idee ob es sich bei diesen merkwürdig leichten, zellig gebauten Schnäbeln nebst Hör- nern nicht etwa auch um einen pneumatischen Apparat handle. Die ersten, die meines Wissen dies aussprachen , waren WIEDEMANN und BLUMENBACH. ' Besonders bestätigt und weiter ansgeführt wurde diese Vermuthung durch TIEDEMANN und MECKEL ?, welcher letztere auch von dem Horn der Nashornvögel, wie von dem Helm des Casuars, gegen HARWooD bewies, dass dasselbe mit dem Geruchs- organ in gar keinem Zusammenhang stände. Diese Ansicht hat man denn auch ziemlich allgemein fest gehalten und wenn Capitain BEG- BIE ® die Hypothese aufstellt, der Hohlraum im Horne stehe mit dem Kehlkopf in Verbindung und wenn er glaubt die Stimme des Vogels werde auf diese Weise, wahrscheinlich wie durch eine Art Resonanz- boden, verstärkt, so muss man dergleichen Annahmen einem Manne zu gute halten, der gewiss eın tüchtiger Beobachter des Vogel- lebens ist, aber in der Zootomie doch nicht sehr erfahren zu sein scheint, einfache Autopsie, zu der er in Indien Gelegenheit genug hatte, I WIEDEMANN bei Harwoon |. c. pg. 32 in der Note. BLUMENBACH, Handb. der vergl. Anat. 1505, pag. 254. ! _ Abbild. naturhist. Gegenst. No. 24. 2 TIEDEMANN 1. c. pg 113. MECKEL, Archiv. f. A. und Ph. 1832, pg. 363. ®* Ann. N. H. XVII, pg. 404. 156 würde ihn von der Grundlosigkeit dieser Idee bald “überzeugt haben. Getheilter sind bis in die neuste Zeit die Ansichten über die Knochen, welche die Grundlage, die Träger des Hornes bilden; nach CUVIER, TIEDEMANN, KöÖSTLIN, SCHLEGEL und SALOMO MüLLEr ! wären es die Stirnbeine, nach MEckeErn und Macxus,’ der zuerst den Schädel eines jungen Vogels untersuchen konnte, wären es jedoch die Stirnfortsätze des Zwischenkiefers und die Nasenbeine. Da auch mir unter dem hiesigen, reiehen Material der Schädel eines jungen Individuums von Buceros plicatus zur Verfüngung stand, so will ich die Beschreibung des Gesichtsschädels wenig- stens kurz voraufschicken. Während der knöchern Schnabel des erwachsnen Vogels jenes den Coceygomorphen und Psittaeinen eigenthümliche Verhalten auf- weisst, dass nehmlich seine ganze Continuitaet nirgends von Lücken , weder in der Umgebung der Nasenlöcher, noch in der Palatinal- gegend, noch endlich in jenem für die Vögel so charaktrist- ischen, nach hinten vom laerymale, nach oben vom Maxillarforsatz des Nasenbeins und nach unten von Theilen des Kiefer- und Zwi- schenkieferbeins begrenzten, dreieckigen Raum durchbrochen wird, sondern dass er überallhin eine gleiehmässige, knöcherne Wandung besitzt, so zeigt der junge Schädel ganz andre Verhältnisse die deutlich darthun wie jene geschlossne Continuitaet in der Phy- logenie erst nach und nach erworben wurde. Der junge Schä- del lässt sich abgesehn natürlich von einigen Modifieationen der einzelnen Knochen, am besten mit dem des erwachsnen Raben vergleichen: von einem zukünftigen Horn zeigt derselbe noch keine Spur, aber wie Corvus corax etc. besitzt er eine grosse, nur von zarter Haut überspannte, längliche Lücke rings um das Nasenloch, das ungefähr an derselben Stelle wie beim Raben nur. etwas näher an den Kieferfortsatz des Nasenbeins liegt; eine zweite ! CuvıEr. Vorles. üb. vergl, Anat. übersetzt v. MEcKEL 1809, B. II, pg. 28. TIEDEMANNN, 1. c. pg. 171. Köstuin, Bau d. Knöch. Kopfes 1544. pg. 220. ® MEckEL. Syst. vergl. Anat. Th II, Abth. 2, pg. 134. Maıanus, l. ec. pg. 13 u. Taf. IV, fig. 7. SchLe@Er, H. en Mürter, S. in: Verhandlingen over de nat. Gesch. der nederl. overzeesche bezitt. Leiden 1839—44, Zoologie, (artikel Buceros.) pg. 33. 157 Oeffnung hat er in dem erwähnter dreieckigen Raum, die aber klei- ner wie beim Kolkraben ist, und endlich im Gaumen ein ansehn- liches längliches Loch, ein foramen ineissivum. Von allen diesen Lücken ist am erwachsnen Schädel der meisten Arten nur von dieser letzten noch ein schwacher Rest vorhanden, nur die afriea- nischen Grund- oder Laufformen der Nashornvögel, die besonders durch verlängerte ossa tarso-metatarsi ausgezeichnet das Unterge- nus Bucorax bilden, haben hinter dem Nasenloch unmittelbar unter dem untern Rand des Hornes eine Oeffnung die direet in die Nasen- höhle führt, beim lebenden Vogel ist dieselbe nicht vom Sehnabel- epithel sondern von einem charaktristischen, mit Federchen bedeck- ten, Häutehen verschlossen. Bei den jungen Individuen ist der Grad der Krümmung des Schna- bels viel geringer als bei alten, und so zeigt der junge Schädel, der gegenwärtiger Untersuchung zu Grunde lag und der einem Buceros plieatus angehört, eine ganze Länge (gemessen vom vor- dern Rand des foramen magnum bis an die Schnabelspitze, nach- dem natürlich die Epithelscheide des Oberschnabels entfernt war) von 125 Mm. und eine Schnabellänge (vom Vorderrand der Augen- höhle an bis wieder zur Schnabelspitze) von 76 Mm., während der alte Schädel (bei dem alle Maasse ebenso genommen wurden) bei einer Totallänge von 243 Mm. eine Schnabellänge von 192 Mm. hat, wäre der Schnabel aber in demselben Verhältniss, das er am jungen Schädel zeigt, weiter gewachsen so dürften von der Totallänge nur 131 Mm. auf ihn kommen. Eine derartige Wachs- thumszunahme des Schnabels kommt bei allen langschnäbligen Vö- geln vor, auch die Säugethiere weisen ähnliche Erscheinungen auf, wie ja der alte Orang-Utang viel prognather ist als der junge, ohne dass man etwa deshalb dergleichen Verhältnisse irgend wie mit psychischen Anlagen in Uebereinstimmung bringen dürfte. Die Nasenbeine des jungen Schädels zeigen deutlich die drei be- kannten Fortsätze, der proc. frontalis ist der kürzeste aber der breitste, oben abgerundet liegt er hinten mit seinem Endtheil auf dem Stirnbein, der proc. maxillaris ist der längste und zu einem dünnen, spitzen Knochenstäbehen von halber Schnabellänge ausge- zogen, sein Innenrand legt sich schon ziemlich nahe dem Körper des Nasenbeins unter den aufsteigenden Ast des Zwischenkiefers , 158 unter dem sein letzter Drittel vollkommen verborgen ist; der dritte processus, der maxillaris, ist gleichfalls ansehnlich und tritt mit mehrern Knochen in Verbindung: nach hinten mit seinem obern Theil gleich- falls mit dem obern Theil des laerymale, und diese Verbindung scheint im Jugendzustand sonderbarer Weise inniger zu sein als im Alter, denn wenn man am alten Schädel den Gesichtsschädel vom neuralen abtrennt, — was sich leicht und ohne wesentliche Verletzung thun lässt, da sich zwischen beiden eine höchst eigen- thümliche, den ganzen Schädel quer durch setzende Kluft findet, die zum Geruchsorgan in der allerınnigsten Beziehung steht, — so bleibt das Thränenbein, mit gewissen Partien des Ethmoidale zu einer Platte vollständig verwachsen, am neuralen Schädeltheil sitzen. Der processus maxillaris liegt in seiner untern Hälfte auf der Aussenseite der Oberkieferbeins und sein Endtheil schiebt sich zwi- schen dieses und den Maxillarfortsatz des Zwischenkiefers ein; aber nur am jungen Schädel spielt dieser Fortsatz des Nasenbeins eine so bedeutende Rolle, am alten Schädel ist er in der Entwicklung zu- rückgeblieben ja theilweis ist er ganz verdrängt, was sich aus der Lage des Nasenloches leicht entnehmen lässt, denn während das- selbe am jungen Schädel, wie gesagt, nahezu an derselben Stelle wie beim Raben liegt, ist es am erwachsnen Schädel der meisten Arten ganz an das Hinterende des Schnabels in eine Grube unmittelbar unter der Endecke des Hornes geschoben , in eine Region die vom Epi- thel des Schnabels nieht mehr erreicht wird; bei den erwachsnen Indi- viduen einiger hornlosen Arten liegen die Nasenlöcher ziemlich dieht neben einander oben auf dem hintern Ende des Schnabels,, wie es auch bei Ramphastos der Fall ist. Der Körper und die übrigen Fortsätze des Nasenbeins nehmen, mehr oder weniger in Spongiosa aufge- lösst, an der Bildung des knöchern Theiles des Hornes grossen Antheil. Das Oberkieferbein zeigt (und zwar dieses allein) schon an dem Jungen Schädel ein grosse Neigung zur Spongiosität, nach der In- nenseite, nach dem Hohlraum des Schnabels hin hat es gar keine festen Grenzen, sondern bildet in diesem viele allerdings noch kurze Zacken; an vier Stellen tritt es deutlich zu Tage: erstens nach hinten gegen die Augenhöhle dem palatinum aufliegend unter der Querplatte des ethmoidale. Beim erwachsnen Vogel wo diese Platte sich sehr ausgedehnt hat und mit dem’laerymale vereinigt die 159 Augenhöhle gegen die Nasenhöhle vollkommen abschliesst, zeigt sich jederseits unter derselben über dem palatinum und neben dem Vomer eine ansehnliche eben in diesem Theil des Maxillare befind- liche Grube, die eine wichtige Rolle spielt, ihre Wandung ist nehmlich von einer oder mehrern grossen Oeffnungen durchbrochen , dureh die hauptsächlich die Luft in den Schnabel tritt. Zweitens kömmt das os maxillare in dem erwähnten dreieckigen Rahmen, den lacrymale, processus maxillaris des Nasen- und des Zwischenkieferbeins bilden, zu Vorschein , es füllt diesen aber nicht vollkommen aus, zwischen seinem Hinterrand und dem lacrymale bleibt eine Oeffnung, die auch zu keiner Zeit des Lebens vollkom- men schwindet, nur dass sie beim erwachsnen Schädel nicht auf der Aussenseite des Schnabels sondern innen in der Augenhöhle un- mittelbar neben deren vordern Rand liegt. Das Oberkieferbein zeigt sich auf der Gaumenfläche des Schädels an zwei Stellen: erstens als ein längliches dreieckiges Feld dessen Spitze zwischen pr. pala- tinus und maxillaris des Zwischenkieferbeins liegt, dieses Feld bildet in seinem hintern und äussern Seitentheil ein Stück des Schna- belrandes, zweitens tritt es als processus palatinus ossis maxillaris über das Gaumenbein weg an denselben Fortsatz des anderseitigen Öberkieferbeins und trennt so das foramen ineissivum von den Choa- nen. Endlich zeigen sich aber schon in der von Haut überzognen Lücke um das Nasenloch herum Spuren seiner Anwesenheit, in- dem nehmlich einzelne seiner Zacken von Innen her an diese Haut treten ziehen sie dieselbe wie scheint in den Verknöchrungsprocess mit hinein, wenigsten zeigt dieselbe hin und wieder weissliche Stel- len, die sich als aus Knochensubstanz gebildet unter dem Mieroscop ausweisen. Die Oberkieferbeine sind bei den Bucerosarten von grosser Be- deutung, nicht sowohl deshalb dass sie nach Innen in Spongiosa aufgelöst, die ungeheuren Schnäbel bilden helfen, daran ist ihr An- theil, obwohl sie zuerst von allen Knochen des visceralen Schä- deltheils spongiös werden, so gar gross nicht, aber zum Geruchs- organ treten sie in die innigste Beziehung. Das ethmoidale so weit es knöchern ist spielt als Träger des Geruchsorgans der Bucerosar- ten, wie der meisten andern Vögel, eine nur sehr beiläufige Rolle, so bleibt es auch, wenn man den visceralen Schädel vom neuralen 160 trennt, vollkomen an letzterm sitzen. Dafür haben aber die maxillaria den ganzen vordern Theil des Geruchsorgans, wenn auch nicht ge- bildet denn derselbe findet sich häutig schon im jugendlichen Schä- del, so doch eingeschlossen und von ihnen aus ist derselbe theilweis verknöchert, die bekannten, eigenthümlich gewundnen, knöchernen Nasengänge werden von ihnen gebildet und liegen in ihrer Spongi- osa eingebettet. Es würde mich hier zu weit führen eine ins Detail sehnde Beschreibung zu geben, aber schon seit längrer Zeit mit einer umfangreichern Arbeit über die Anatomie der Nashornvögel beschäftigt, behalte ich mir nähre, ausführliche Mittheilungen vor. Vomer und palatina sind für die Bildung der grossen Schnä- bel von wenig und für die der Hörner vollends von gar keinem Belang; nur sei hier erwähnt dass ich die Angabe von Magnus ', Buceros habe eine knöcherne Nasenscheidewand ‚und beide Nasenhöhlen wür- den in ihrer ganzen Ausdehnung durch ein knöchernes Septum ge- schieden, bestreiten muss. Der junge Schädel hat wohl ein durch- gehndes häutiges Septum aber an dem erwachsnen Schädel finden sich davon nur schwache verknöcherte Reste, ein solcher Rest ist zum Beispiel die Scheidewand im foramen ineissivum, von der Huxtey ? aus Mangel an jungen Schädeln nicht angeben konnte, ob sie eine Verlängrung des vomer sei, oder den Gaumenfortsätzen der Oberkieferbeine angehöre. Die Zwischenkieferbeine zeigen eine mächtige Entfaltung und alle die Verhältnisse, wie Macnus sie ausführlich beschrieben hat. Ganz besonders stark sind die, an dem jungen Schädel noch nicht voll- kommen verschmolznen, Stirnfortsätze entwickelt und sie betheiligen sich in hohem Grade an die Bildung des Hornes. Der jugendliche Schädel, den Maanus untersuchte, ist als Beleg für diese Ansicht, weil er älter und dem zu Folge deutlicher ist, von höhrem Inter- esse, als der Schädel der mir zur Verfügung stand, weshalb ich auf seine Angaben und auf seine Abbildung verweise. Ausserdem ist plieatus eine Bucerosform deren Horn nur schwach entwickelt ist. Ich glaube aber dass die Schnäbel aller Bucerosarten im jugend- lichen Alter, mögen sie später noch so verschieden werden, ein wenn auch nicht gleiches so doch höchst ähnliches Knochengerüst 110 pg 38: ? Huxıery, Proc. of zool. 50 e. 1867, pg. 446. “ie 161 besitzen, die äussere Beschaffenheit, der Epithelialüberzug, der Man- gel des Hornes, die Lage des Nasenlochs ete. rechtfertigen dies Vermuthen und es sind dies lauter Erscheinungen, die man auch an ausgestopften Exemplaren deutlich wahrnemen kahn und deren standen mir eine Anzahl ganz junger zu Gebote, und zwar von Arten, die wie bieornis, rhinoceros, nipalensis, convexus, galeritus, u. a. m. im ausgewachsnen Zustand, was das Horn und dessen Ent- wicklung betrifft, ungemein grosse Verschiedenheiten zeigen. Alle stimmen darin überein, dass der -Schnabel: weniger gekrümmt ist wie bei den Alten, dass das Nasenloch weiter vor liegt und ein Horn vollkommen fehlt. Die Verhältnisse des Horns und des Schnabels sind auch bei den alten Individuen der verschiednen Arten, soweit sie uns äusserlich vor die Augen treten, soweit sie also der Haut angehören, sehr manchfach. Einigen, wie z. B. dem Buceros nipalensis, fehlt ein Horn vollkommen, bei andern wie bei pulchirostris ist der Ober- schnabelfirst stark comprimirt, ohne dass aber die Continuitaet die- ses Firstes irgend wie unterbrochen wäre. Wieder andere Arten haben, wie albieristatus und exaratus, auf diesen First einen scharfen Kiel der nach vorn schroff abgeschnitten endigt; bei plicatus und ruficollis zeigt sich an Stelle eines eigentlichen Hornes auf dem Hinterende des Schnabelfirstes eine Anzahl wie Schuppen oder Dach- ziegeln über einander liegender Wülste, die Zahl derselben ist bei den verschiednen Exemplaren keineswegs gleich, und die Malayer behaupten in jedem Jahre wachse ein neuer Wulst hinzu, weshalb sie den Vogel anggang tahon, das heisst Jahrvogel, nennen: so zeigt das Horn manchfache Grade der Entwicklung bis es im Bu- ceros rhinoceros sein Maximum erreicht. Merkwürdig ist es dass dieser Vogel in verschiednen Rassen auftritt, deren Unterschiede in der Beschaffenheit der Hörner liegen. Bei der Rasse von Java, die wunderbar genug mit denen vom Continent, Ceylan und den Philippinen identisch ist, (B. rhin. lunatus. SCHLEGEL.) verläuft der obre Rand, der First des Hornes gerade, bei der von Borneo (B. rhin. borneoensis, ScHr.) ist diese Firstlinie im vordern Theil nach oben gekrümmt, dies ist in noch höherem Grade bei den su- matranischen Exemplaren der Fall (B. rhin. sumatranus ScnL.) wo die Spitze, in der das Horn hier stärker wie in den beiden andern 162 Rassen ausgezogen ist, sich wie das Vorderende einer Schlittenkufe oder eines Schlittschuheisens nach oben und hinten überbiegt. Eine ähn- liche Erscheinung finden wir bei Buceros (Bucorax) carunculatus wie- der, der ebenfalls drei locale Rassen oder Unterarten hat. Bei den er- wachsnen Individuen welche von Abyssinien, Sennaar, ete. herrühren, und die SCHLEGEL Buceros carnuculatus abyssinicus nennt, schlägt sich das Epitheldes Hornes an der Vorderseite nach innen um bis es die Spongiosa erreicht, hierdurch steht der Leerraum des Hornes — (alle andern gehörnten Arten haben, wie ich später ausführlicher zeigen werde im Horn zwei Regionen, eine hintere von Spongiosa ausgefüllte und eine vordre leere) — nach vorn offen; bei der Gui- nea-Rasse (B. car. guineönsis) ist das Horn nach vorn geschlossen, und bei den Exemplaren von Cafferland (B. car. eafer) ist es über- haupt wenig ausgebildet. Während wir so in der Beschaffenheit des Hornes Alters- und Localitätsverschiedenheiten nachweisen können, bietet dasselbe zu- gleich mit dem Schnabel auch sexuelle Unterscheidungsmerkmale, zum Theil beruhn diese auf der Form zum Theil auf der Farbe. Das erwachsne Männchen von elatus hat ein sehr starkes Horn, das beim Weibehen blos durch einen schwachen Höcker repraesentirt wird und ganz ähnlich verhält sich atratus; bei galeritus ist Horn und Schnabel schwarz beim Männchen, im weiblichen Geschlecht zeigt nur das Horn und das Ende des Ober- und Unterschnabels diese Farbe, das Uebrige des Schnabels ist gelblich; der Schnabel der männlichen Exemplare von gingalensis ist gelblich mit einem schwar- zen Fleck am Ende der obern Hälfte, während auf den Seiten des schwarzen Schnabels der Weibehen vom Nasenloch an ein weisser Strich nach vorn zu verläuft. Ein sehr eigenthümliches Verhalten findet sich aber bei malayanus, hier ist der Schnabel der Jungen in beiden Geschlechtern und der der erwachsnen Männchen weiss, während er bei den fortpflanzungsfähigen Weibehen schwarz ist, es war nach der Analogie viel ehr zu erwarten, dass umgekehrt der Sehnabel des Weibehens wie der der Jungen gefärbt sein, der des Männehens hingegen eigenthümliche Farben aufweisen würde. Was nun die knöchernen Stützen der Hörner der alten Individuen betrifft, so sind auch sie in ihrer Form und Ausdehnung bei den 163 verschiednen Exemplaren recht verschieden, aber sie werden wohl immer ausschlieslich von den Nasenbeinen und den aufsteigenden Aesten der Zwischenkiefer gebildet. Bei den Arten die kein Horn haben fehlt natürlich auch die eigenthümliche Knochenentwicklung, und ihre Schnäbel gleichen in architeetonischer Beziehung sehr denen der Pfefferfresser (Ramphastos). Bei einem weitern Schritt erhebt sich am hintern Ende eine Erhöhung, die aber noch eine allseitig ‚geschlossne knöcherne Wandung besitzt (Buceros s. Toceus pulchi- rostris, albieristatus, die Weibchen von elatus, atratus, ete.), wie es auch für die Schädel aller hörnertragenden Arten bis in ein gewis- ses Alter der Fall ist, hier bedeckt nehmlich das Schnabel-respective Hornepithel eine zarte knöcherne Blase, die im hintern Theil spongiös sonst aber hohl ist. Im vollwachsnen Alter ist diese feine Knochenblase vollkommen geschwunden und bestehn im Horn zwei hinter einander liegende Regionen; die hintere, die bei den ver- schiednen Arten sehr verschieden gross ist nnd relativ zwar am grössten wo das ganze Horn am kleinsten ist und umgekehrt, wird von Spongiosa gebildet, die vordre aber ist leer, nur finden sich in ihr dünne Häute, und dem Epithel des Horns dieht anliegend eine Haut, in der ich irgendwelche Struetur, besonders Kalkablager- ungen oder Knochenkörperchen nicht nachweisen konnte, vielleicht aber dass an frischen Vöglen etwas Derartiges wohl aufzufinden wäre. Die hintere Wandung des spongiösen Theils, die hintere Fläche des Horns, ist nicht von dem übrigen Epithel überzogen sondern von der gewöhnlichen mit Federn bedeckten Körperhaut, die sich vom Kopf aus ohne deutliche Einsenkung über sie hinweg zieht; es richtet sich diese Hinterfläche in ihrer Gestalt nach der Quer- schnittsform des Horns, wo diese wie bei rhinoceros dreieckig oder bei elatus rhombisch mit abgerundeten Ecken ist, ist auch sie ebenso beschaffen. Bei den meisten Arten ist sie nur von einzelnen wenigen grossen Oeffnungen durchbrochen, die direet in die Spongiosa führen und als Luftlöcher aufzufassen sind, durch welche Luft aus dem bei den Bucerosarten, wie bei Chauna cavaria, den Pelecanen etc. bis in die äussersten Glieder der Zehenphalangen pneumatischen, subeutanen Bindegewebe treten kann. Bei einigen Arten indess, wie besonders bei atratus, zeigt der Basaltheil der Hormhinterfläche eine breite, eingedrückte Stelle, in der sich ein Netz von Knochen- 164 fasern findet, dessen Maschen wohl ebenso wie die sparsamern und kleinern Oeffnungen bei rhinoceros der Luft den Zutritt in das Horn gestatten; Buceros atratus zeigt ausserdem eine in der ganzen Familie einzige Erscheinung, es erhebt sich nehmlich zur Hinter- wand des Hornes von den Stirnbeinen ein allerdings nicht sehr gros- ser und breiter Fortsatz, gleichsam eine Strebe oder eine Stütze für das hinten stark überhängende Horn. Der Elevationswinkel der Hinterfläche des Horns über die Oberfläche des Schädels ist bei den einzelnen Arten sehr verschieden, ein stumpfer ist es nie, kaum je ein rechter, und bei dem mehr erwähnten Untergenus Bucorax lagert sich die Hinterfläche der Schädeloberfläche ziemlich innig auf. Wirkliche Züge, die sich auf die Gesetze des Drucks zurück- führen liessen, durch diese hervorgebracht wären, konnte ich in der Spongiosa des Horns nicht nachweisen, ganz unregelmässig und willkürlich ist ihre Anordnung aber auch nicht. Bei den meisten Arten erhebt sie sich ziemlich plötzlich über den Boden des Horm- hohlraums, der diesen von der im Schnabel befindlichen Höhle ab- scheidet. Bei B. rhinoceros treten einzelne starke Fasern in einem Winkel von 45° von diesem Boden weg an und in die Spongiosa, so besonders einer in der Mitte; dieser Mittelbalken löst sieh in der Spongiosa der Stütze selbst wieder in Spongiosa auf und zwar der Art dass er in der Mitte die Reste einer Septums bildet (was ganz besonders schön bei B. cassidix zu sehn ist, indem nehmlieh hier in der Mitte der Stützspongiosa ein zartes wenig durchbroch- nes Knochenblättehen auftritt). Von jenem mittelsten Trabekelzug treten wieder jederseits in einem Winkel von 45° sehr stark spon- giöse Lamellen ab, die sieh an die Peripherie der Stütze begeben, und unter ein ander gleichfalls wieder durch zarte Trabekeln ver- bunden sind. In dieser hintern Stützspongiosa findet sich aber jeder- seits ziemlich nah ihrem Rande eine Stelle die von Spongiosa nahezu frei ist gleichsam eine Kluft, an der Aussenseite jeder dieser Klüfte tritt wieder eine kleinere Masse von Spongiosa auf, es kommt dieselbe, wie die Mittelmasse ihren Ursprung ganz besonders von einem von der Mitte des Bodens aufsteigenden Balken nahm, so von einem solehen Balken der jederseits vom Rande des Bodens ab- tritt, derselbe lösst sich ebenso wie der des Mitteltheils der Stütze zu Spongiosa auf, auch von ihm treten ebenfalls seeundäre Lamellen 165 nach der Peripherie zu ab. So zerfällt die Spongiosa der Stütze in drei Partien, in die grosse mittlere und in die beiden kleinern Seiten- partien, welche letztere von der erstern eben durch die Klüfte, in denen sich nur wenige, zarte gleichsam verirrte Trabekeln finden, getrennt werden. Wenn man mit diesen Verhältnissen die Abbil- dung von Macnus vergleicht, so drängt sich von selbst die Ansicht auf, die Mittelpartie auf Rechnung der Stirnäste des Zwischenkie- fers, die Seitenpartien aber auf die der Nasenbeine besonders deren Körperenden und Stirnfortsätze zu bringen. Die Intermaxilarfortsätze dieser Knochen spielen bei B. rhinoceros und cassidix etc. keine Rolle, anders verhält es sich aber bei atratus und höchst wahrschein- lich bei bicornis. Bei ersterm findet sich auch an den Seiten des Hornes stützende Spongiosa, zwar nicht in soleher Ausdehnung wie im hintern Ende, da dieselbe hier ungefähr nur halb so hoch wird. Sie besteht aus einer Reihe von 10-—14 coulissenartiger Blätter, die sich bisweilen besonders im obern Theil unregelmässig auflösen , nach Aussen, wo diese Blätter dem Epithel des Hornes anliegen, sind ihre schmalen Wandungen undurchbrochen knöchern, nach Innen aber sind sie sehr zierlich spongiös. Ihre Form ist dreieckig, die Spitze liegt natürlich nach oben, die nach Innen vorspringende Seite, die Hypothenuse des Dreiecks, wird fast ausnahmslos aus einer star- ken Faser gebildet, die in ganz einzelnen Fällen von der Mitte des Hornbodens meist aber ganz nah an dessen Rand aufsteigt, in der Mitte der Reihe werden die Coulissen (also ungefähr die sechste bis neunte) am höchsten, nach vorn werden sie sehr niedrig, weniger nach hinten wo sie sich direet an die Seitenpartien der hintern Stütze, — die auch hier wie bei rhinoceros vom Mitteltheil durch eine Kluft an jeder Seite geschieden sind, — anlegen und mit den Lamellen derselben eine continuirliche Reihe bilden. Während sich in der Spongiosa der Stützhöcker eigentliche Druck-und Zugeurven, wie sie H. Meyer ' und J. WoLrr ? für die menschlichen Knochen nachwiesen, nicht constatiren lassen, wird das Verhältniss im Schnabel selbst ein wesentlich andres. ! Arch. f. Anat. und Phys. 1867, pg. 615, ff. ? Arch. f. path. Anat. B. L. 1870, pg 389, ff, 12 166 Der Schnabel der Vögel ist ein Organ, das für das Leben dieser Thiere eine noch grössre Wichtigkeit hat als die Zähne für die Säugethiere, und so zeigt er denn auch eine Unzahl von Anpas- sungsformen, sei es dass er als Greif- Reiss- Brech- Kletter- oder Hackinstrument wirkt. In letzterm Fall, als Hackinstrument, kann er aber nach einem doppelten Typus gebaut sein, er ist entweder ein gerader Meissel und das wird er bei allen den Vögeln sein, die wie die Spechte, in einer zu ihrer Körper-Längsaxe senkrechten Richtung, also von hinten nach vorn hacken, oder aber er ist stark sekrümmt und dann hacken die betreffenden Vögel in einer zur Längsaxe des Körpers schrägen Richtung, hauptsächlich also von oben nach unten wie die Bucerosarten, die ihren Schnabel gewiss häufig hackend benutzen werden, vom nipalensis z. B. ist es consta- tirt dass er seine Nisthöhle in Baumstämmen aushackt '. Es ist auch durchaus nicht zufällig dass die Querschnittsform der Schnäbel, und zumal der Vögel die mit ihnen Etwas zerkleinern und zerdrücken ein Dreieck ist. Da der Druck nicht gleichmässig aut die ganze Unterseite des Oberschnabels sondern nur auf die Ränder wirkt, ist diese Form für die Querschnitte die zweckmässigste, denn wenn man annimmt dass (in Fig. 13) R, L, O einen Quer- schnitt des Schnabels darstellt auf den von unten die Kräfte A und B wirken, so werden beide, nach dem Gesetz vom Parallelogramm der Kräfte, in die Componenten a, «a und d, b’ zerlegt, von denen a und 5 nach aussen einander entgegen gesetzt, a’ und Ö’ in der Richtung der Schnabelwand nach oben wirken; die letzten treffen im Schnabelfirst zusammen, zerlegt man hier beide abermals in die Componenten «, = und £, 8 so heben sich « und ß’ auf, während die Festigkeit des Schnabelfirstes nur den Druck von = + ß aus- zuhalten hat, die aber zusammen kleiner sind als 4 + B; hieraus ergiebt sich die Nothwendigkeit der in der That vorhandnen Strebe zwischen £ und Z, sowie die beziehungsweise grössre Stärke des Firstes O0. Um die weitere, zweekmässigste Anordunng der Zug- und Druckeurven in der Spongiosa des Schnabels zu übersehn, ist zunächst der Verlauf derselben in einem Längsschnitt zu betrachten. ! Gray’s zool. mise (1844) p. 85, mir bekannt aus dem Citat in: Catal. of the birds ir the Mus. of th. E. I. Comp. bij Horsfield und Moore, 1856—58 Vol. II. pg. 601, 167 Stellt 4 BC den Längsschnitt eines Schnabels vor, der zunächst als vollbetrachtet werden mag, und wirken, auf seine untre Grenze von D bis # eine Summe nach oben gerichteter Drucke in der in Figur 14 angegebnen Weise, so wird, wenn 4 F die die Schwer- punkte der einzelnen Querschnitte verbindende Axenlinie vorstellt, die Cürve @ H den Durchschnitt der neutralen Schicht der Quer- schnitte mit dem in der Figur dargestellten Längsschnitt bezeich- nen; die Curven Ca, Cb ete. — welche so gezeichnet sind, dass sie an die untre Grenze des Längsschnitts tangiren, gegen die obre aber senkrecht verlaufen und die neutrale Axe @ 7 unter einem Winkel von 45° schneiden, —- stellen dann die Zug-, die krummen Linien Bz Bß ete, ebenso construirt, die Druckeurven dar, beide Liniensysteme schneiden sich rechtwinklig in der neutralen Axe, doch sind offenbar die letztern die bei Weitem wichtigern. In die- ser Weise wird aber nur die Fläche der Schnabelwand und die nach Innen zunächst liegenden Flächen in Anspruch genommen, der Mittelraum ist, in derselben Art wie der freie, unter einem Spreng- werk gelegne Raum, druckfrei, wie es auch schon aus der Betrach- tung eines Querschnitts erhellt; offenbar werden nun die Knochen- bälkehen, welche Drucklinien repraesentiren, wenn sie von links hinten nach rechts vorn und umgekehrt verlaufen, eine den Druck- verhältnissen des Quersehnitts durchaus entsprechende Versteifung geben. Der im Innern des Schnabels gelegne Hohlkegel erscheint als eine Folge der angegebnen Druckverhältnisse der Querschnitte; der Verlauf der Zugeurven in seinen Wandungen stimmt im Allge- meinen mit den theoretischen Anfordrungen überein, sie beginnen etwas seitwärts vom First und setzen sich die Mittelebne des Schnabels schneidend an den gegenüberliegenden Rand desselben fort. Es er- füllt der innre Hohlraum zugleich die Bedingung für die beste Ver- wendung des Materials im Querschnitt, dass nehmlich dasselbe mög- lichst entfernt von der neutralen Axe angebracht ist, ' denn, als, um in Figur 14 die Lage der die Schwerpunkte der Querschnitte verbindenden Linie zu bestimmen, mehrere Querschnitte aus einem Kartenblatt sorgfältig -ausgeschnitten und die Schwerpunkte der- selben in bekannter Weise empirisch bestimmt wurden, und darauf ! Moll und Reuleaux, die Festigkeit der Materialien, Braunschweig , 1553 pg. 43. 10 168 der Querschnitt des Hohlraums in dieses Model eingetragen wurde, so zeigte sich an den Stellen wo die neutrale Axe @ A mit der Verbindungslinie der Querschnitts-Schwerpunkte A F zusammen- fällt, auch der Schwerpunkt des Hohlraums als zusammenfallend mit dem Schwerpunkt des ganzen Schnabelquerschnitts. Ausser den Druck- und Zugeurven ist nun noch ein System von senkrecht zur Richtung des Sehnabels verlaufenden Streben d’ e' ausgedrückt, die vielfach noch durch nntergeordnete Streben f y mit den Seitenwandungen des Schnabels versteift sind, so dass die Anordnung derselben mit der von Ingenieuren zu Sprengwerken an- gewanden übereinstimmt. (Fig. 15 und Fig. 16.) Zwei Systeme von Stützen und Streben bildenden Verbindungsbälkehen, von denen das eine senkrecht zur Schnabelwand, das andre ihr mehr oder weniger parallel verläuft, lassen den stetigen Verlauf der erwähnten Haupt- eurven nicht überall gleich gut hervortreten. Im vordern Theil des Schnabels setzt sich der Hohlraum bis bei- nah an die Spitze fort, hier findet sich in ihm nur ein System von in der Sagitalebne gelegnen Streben, die sich durch grössre Dicke vor den übrigen auszeichnen und als verknöcherte Reste des er- wähnten, im jungen Schädel häutigen, Septums anzusehn sind, diese Streben geben durch Gabelungen, die in der Ebne der Quer- schnitte stattfinden, häufig zu mehr oder weniger sternförmigen Gebilden Anlass. Da beim Hacken der vordre Theil des Schnabels auf rückwir- kende Festigkeit in Anspruch genommen wird, so lässt sich auch dieses in dem Auftreten gewisser Züge deutlich erkennen, indem die Schnabelwände vorspringende Verstärkungsrippen tragen (A S, A S’, ete. in Fig. 14), die den für diesen Fall sich ergebenden Druckeurven entsprechen, da sie, wie natürlich, nach der Schnabel- spitze, dem Punkt auf dem der Druck wirkt, verlaufen. Zugleich zeigt auch der vordre Theil des Schnabels im Querschnitt verlau- fende, coulissenartige Verstrebungen, die ein Durchbiegen des Schnabels verhindern. Ein eingehndes Studium der Spongiosa der Vogelschnäbel würde sich gewiss verlohnen, so fand ich Beispiels halber auch bei Papa- geyen sehr interressante Verhältnisse, indem hier aus der starken Diplo@ der Stirn Züge in den Schnabelhohlraum direet übergehn. 169 Uebrigens war R. Owex der Erste, der schon vor Jahren auf die regelmässige Architeetur der Spongiosa im Toucanschnabel aufmerk- sam machte '. IV! BUCEROS SCUTATUS 8. GALEATUS. Der Schädel dieser höchst aberranten Form ist schon lange be- kannt. So finden wir eine sehr kenntliche Figur desselben bei Ar- DROVAND °, der den Vogel “Semenda” nennt, ferner in Kxorrs ', “Delieia naturae selecetae’’, auch in den Gleanings * von EDwArDSs, der obgleich er nur den lädirten Schädel kannte, den Vogel rich- tig zum Genus Buceros brachte, worin ihm auch BuFFox °, der dem Vogel den Namen “le calao A casque ronde’’ giebt, folgte; um so mehr muss es befremden dass ein so ausgezeichneter Ornitholog wie LE VAILLANT den Schädel für den eines Wasservogels ansah, wie wenigstens CUVIER ® mittheilt. SCHLEGEL und S. MüLLER ” waren die Ersten die in ihrer Monographie über die Nashornvögel von niederländisch Indien den Schnabel dieser Art und dessen Structur eingehnder beschrieben. Mir standen drei Schädel zur Verfügung, ein alter, wundervoll completer der zu einem schönen Scelet gehört, ein gleichfalls alter zersägter dessen neuraler Schädeltheil zerstört ist, und ein ganz Junger zersägter. Der Schädel des jungen Vogels gleicht in seinen Verhältnissen sehr den jungen andrer Arten. An dem mir vorliegenden Exem- plar von einem wahrscheinlich eben erst flüggen Vogel, ist das Horn wenig entwickelt, es geht rundlich, noch nicht scharf abge- setzt allmälig in den vordern Schnabeltheil über. Im Innern des Schnabels zeigt sich der bekannte Hohlraum; während aber bei den ! Owen, R. in: Todd. Cyelop. of A. & Ph. Vol. I. Aves pg. 313. 2 Av. tom. I, pag. 833. 3 Tab. 20. 4 Tab. 281, f£ 7. 5 pl. en. pl. 933, vol. 8, pg. 42. 6 Cuvier, Regne animal, IIe ed., Tom. I. pg. 446, BulEC: 170 übrigen Bucerosarten sein Durschnittslumen rundlich ist, ist es hier dreieckig, in seinen Wandungen sind Zug- und Druckeurven nicht zu erkennen, dieselben bestehn aus sehr fein maschiger Diplo& mit zarten Trabekeln; im Horntheil ist es zu einer Sonderung in Hohl- raum und Stützspongiosa noch nicht gekommen, es wird derselbe von sehr zarter Diplo& vollkommen ausgefüllt, die folgende archi- teetonische Verhältnisse aufweisst: es finden sich Längsbogen oder Züge parallel der Horndecke, der unterste oder die Reihe der un- tersten bilden, durch Querbälekehen unter einander verbunden, das Dach des Schnabelhohlraums; zweitens finden sich Züge welche die erstern unter sich verbindend senkrecht an die äussre Wand treten. Der epitheliale Theil des Schnabels ist überall gleichmässig dünn, nur auf dem First, vor der erhöhten Strecke findet sich eine schmale (an der Basis noch nicht 2 Mm. breite) 45 Mm. lange und an der höchsten Stelle S Mm. hohe Leiste in der das Epithel fes- ter geworden ist. Während sich so der junge Schädel im Ganzen sehr nahe an die Schädel andrer Bucerosarten anschliesst, hat sich beim erwachsnen Vogel der Schnabeltheil desselben auf eine höchst eigenthümliche Weise entwickelt. Der Schnabel ist, während er bei den erwachsnen Exemplaren al- ler andern Arten dieses Geschlechts eine oft sehr bedeutende Krüm- mung zeigt, ganz gerade oder doch nur sehr wenig gekrümmt, zugleich ist er verhältnissmässig sehr kurz; in dem Epithel seiner Ränder finden sich, was sonst fast ohne Ausnahme der Fall ist, keine eingebrochnen Scharten. Das Horn erhebt sich steil abgesehnit- ten ungefähr in der Mitte des Schnabels, seine Vorderseite bildet eine nicht sehr stark gewölbte Fläche. In der Mitte erreicht diese ihre grösste Breite, die 50 Mon. beträgt, nach oben und unten sanft abgerundet, ist sie 72 Mm. hoch, der obere Rand, der First des Hornes ist fast gerade und senkt sich nur wenig nach hinten. Diese ganze Erhöhung ist mit Ausnahme der Vorderfläche von einem star- ken, blutrotlien Epithel überzogen und ebenso der hintere Theil des Schnabels. Dieses Epithel fehlt an der Vorderfläche des Horns, und zeigt sich hier statt dessen eine gelbe Substanz von elfenbeinartiger Härte und Beschaffenheit. Bei einem sagittal durehsägten Schädel findet man nun hauptsächlich jene sonderbare Abweichung von dem 171 Verhalten des übrigen Bneerosschädel. In dem Horn fehlt der vor der Stützspongiosa gelegne Hohlraum und auch der Hohlraum im Schnabel, der sich im jugendlichen Schädel noch fand, ist vollkom- men verschwunden; die Trabekeln so wohl der Stützspongiosa als des Schnabels sind nahezu alle zu einer compacten Knochenmasse verwachsen, in der man nur noch einige Züge erkennen kann, blos oben im hintern Theil des Hornes hat sich die Diplo& zart- balkig und grossmaschig erhalten. Im vordern Theil des Hornes tritt jene eigenthümliche Erscheinung auf um derentwillen die Suma- traner den Vogel Anggang gading, das heist Elfenbeinvogel nennen. Hier findet sich nehmlich eine 23 Mm. dicke Platte, welche in der erwähnten Vorderseite des Horns zu Tage tritt, von dem knöchern Theil des Schnabelhorns ist sie durch einen schmalen 1 Mm. brei- ten Zwischenraum getrennt, in dem sich während des Lebens wahr- scheinlich Periost und Blutgefässe finden werden, von dem aus wohl auch die Ernährung, das Wachsthum der Platte vor sich geht. Ihre hintere Fläche läuft der äussern ziemlich parallel und da diese con- vex ist, ist jene concav. Da wo das Horn im untern, vordern Theil in den Schnabel übergeht verdünnt sieh die hier scharf umgebogne Platte plötzlich, so dass sie auf der Oberseite des Oberschnabels nur 8 Mm. diek ist, nach der Spitze verliert sich diese Substanz immer mehr, an der Rachenfläche des Schnabels ist sie verschwun- den und tritt hier wieder das rothe hornige Epithel auf. Die Dicke dieser Platte bei einem verticalen Durchschnitt ist überall dieselbe sie liegt auch blos vor der Vorderseite der Knochensubstanz des Hornes und schlägt sich nicht nach deren Seiten um, diese werden einzig und allein von dem oft erwähnten rothen Epithel überzogen. Auf dem ersten Anblick glaubte ich, dass ich es bei dieser el- fenbeinharten Substanz mit einem Hautknochen , mit einem ossifieirten Gebilde der Epidermis zu thun hätte, allein die mieroseopische Untersuchung belehrte mich bald eines Bessern. Ich fand dass diese Platte aus lauter gleichgrossen polyedrischen Zellen bestehe, die- selben haben keine längste Axe sondern liegen wie Blasen im Sei- fenschaum neben einander, es sind Kugeln die sich gegen einander abgeplattet haben: im Innern zeigen sie keinen Kern aber sehr viel fein suspendirte Körnchen. Nach Behandlung mit verdünnter Salzsäure wird diese Substanz weicher, knorplig, bräunlich durch- scheinend, ganz von dem Ansehn hellen Gummi elastieums '; bringt man jetzt ein Praeparat davon unter das Microseop so zeigt es sich dass die Zellen nicht mehr polyedrisch auch dass sie nicht mehr nach mehrern Richtungen hin gleich gross sind, sondern alle sind zusammengefallen, aber alle sind in derselben Richtung am längsten, sie gleichen jetzt vollkommen dem gewöhnlichen verhörnten Epithel der Vogelschnäbel. Die Lage der Längsaxen jener collabirten Zellen ist durchaus keine zufällige, sie liegen alle in den Spaltungs- richtungen der Plattensubstanz; diese Spaltungsriehtungen aber laufen der Vorder — und der Hinterfläche der Platte parallel; in dieser Richtung kann man mit Leichtigkeit feine Blätter ab- schälen, aber sagittal und vertical hält es sehr schwer Stückchen von der Masse abzusprengen. Diese Platte entwickelt sich von der Firstlinie des Schnabels beim jungen Vogel aus, hier trat, wie ich oben bereits anführte, eine mehr verdiekte Leiste im Epithel auf. Wie Buceros seutatus sich aber diese eigenthümlichen Struetur- verhältnisse des Horns erworben hat lässt sich bei der Unbekannt- schaft mit seiner Lebensweise nieht sicher eonstatiren. Ich möchte aber folgende Hypothese aufstellen. Wenn wir sehn dass sich die Architeetur der Spongiosa überall nach den auf ihr ausgeübten Drucken richtet, so scheint es mir umgekehrt wohl erlaubt aus ihrer Struetur auf die Art des Druckes zu schliesen. In der hinter der Platte ge- legnen Spongiosa, von der ich sagte, dass sie fast zu einer com- paeten Knochenmasse verschmolzen sei, zeigen sich doch einige sehr starke Trabekeln, die überall in einer auf der hintern concaven Fläche der Platte senkrechten Richtung verlaufen, sogar noch im Schnabeltheil treten solche Trabekeln senkrecht an die Umbiegungs- stelle der Platte. Sie sind also der Art angeordnet dass sie einen Druck auf die Vorderfläche der Platte am besten wiederstehn können. Da aber diese Vorderfläche von keinem rothen Epithel, wie etwa die Seiten, überzogen ist, überhaupt deutliche Spuren starken Ge- brauchs, Abschilferungen etc. zeigt, da ferner in den Rändern des Schnabels keine Scharten auftreten, so glaube ich bestimmt dass ! Herr Dr. pe Loos, Director der höhren Bürgerschule zu Leiden, hatte die grosse Güte diese Substanz chemisch zu untersuchen, und da stellte es sich heraus dass sie nur 2,12 pr.e. anorganischer Substanz enthielt nehmlich: Phosporsäure | Kalk, Chlor und Kali, alles nur in ganz geringen Massen. 173 der Vogel mit dieser harten, schweren Platte, die beiden Geschlech- tern gemeinsam ist, harte Gegenstände, wie etwa Früchte, auf- und zerschlägt. Das Gewicht des erwachsnen Schädels von B. seutatus ist natür- lieh dem der Schädel andrer Bucerosarten gegenüber sehr bedeutend. So wiegt: der junge seutatus Schädel. .....= 28 gramm Oo o° n „ eassidix 3 BANN ZENDLT 8 „ Schädel des erwachsnen seutatus = 2063 „ 5 r 2 A cassdıx. == 161 alle Schädel sind ohne Unterkiefer gewogen. Entsprechend diesem so bedeutenden Gewicht müssen auch die den Kopf tragenden und bewegenden Muskeln sehr stark entwickelt sein, und so finden sich denn am Hinterkopf ganz colossale Cristen und Tuberositäten, so ist zum Beispiel die Crista welche ungefähr auf der sutura lambdoidea verläuft, stellenweiss 9 Mm. hoch wäh- rend ihre Höhe an noch bedeutend grössern Schädeln von B. rhi- noceros nur 4 Mm. beträgt. Unterwärts von dieser Uriste nach dem Hinterhauptsloch verläuft eine zweite mediane, welche hier reichlich 4 Mm. hoch bei andern Arten nur angedeutet ist. Schliesslich sei hier noch einer anatomischen Eigenthümlichkeit dieses merkwürdigen Vogels gedacht. In der Hirnhöhle findet sich nehmlieh über der Grube, in der das Chiasma der Sehnerven liegt und über den foramina optica, von den Stirnbeinen herkommend ein medianes, knöchernes 2 Mm. breites Septum, das 12 Mm. weit in die Hirnhöhle vorspringt und so die Gruben für die grossen Hemisphären von einander trennt. Es ist mir wahrscheinlich, dass auch dieses Septum in Folge starker und anhaltender Stösse auf die Vorderfläche der Hornplatte erworben und dass hierdurch ge- wissen Erschütterungen der Gehirns vorgebeugt wurde. he R£ESUME UND SCHLUSS. Die Resultate, zu denen ich gekommen bin, lassen sich unter folgende Hauptpunkte zusammenfassen : 174 1. Die knöchernen Höcker auf den Schnäbeln und Schädeln der Vögel sind entweder blasige Auftreibungen oder spongiöse Metamor- phosen gewisser, oft sehr verschiedner Knochen. 2. Dieselben sind immer pneumatisch, d. h. es tritt Luft in die- selben, sei es von den Lungen her oder direet aus den Nasenhöhlen. 3. Diese Höcker kommen entweder beiden Geschlechtern oder nur einem und dann dem männlichen zu; in den meisten Fällen müssen sie als das Resultat von geschlechtlicher Zuchtwahl aufge- fasst werden. 4. Wo diese Höcker beiden Geschlechtern in gleicher Weise zu- kommen, sind sie phylogenetisch sehr alt (Numida, Casuarius, die meisten Bucerosarten etc.) und entwickeln’sich dem zu Folge auch schon bei noch sehr jungen Vögeln. Wo sie nur einem Geschlecht zukommen sind sie in der Ahnenreihe viel später erworben, sie entwickeln sich demgemäss auch erst beim Eintritt der Pubertät (Fuligula nigra ete.) 5. Bei gewissen Familien haben einzelne Mitglieder knöcherne Auswüchse (Fuligula nigra, Crax pauxi, Numida meleagris u. a.) die bei andern durch ähnliche, aber einem andern System des Kör- pers angehörende Erscheinungen repraesentirt werden (Cygnus olor, Crax Alberti, Numida plumifera und eristata ete.) Zwischen diesen beiden Formen finden sich verbindende Glieder (Fuligula specta- bilis, Crax mitu.) 6. Es kommt wenig darauf an welche Organe und welche Theile von Organen im Interesse der geschlechtlichen Zuchtwahl in An- spruch genommen werden, wenn nur das Resultat dasselbe bleibt. 7. Diese Gebilde brauchen, wenn sie phylogenetisch sehr alt sind, nicht allein, vielleicht gar nicht mehr, bei der geschlechtlichen Zucht- wahl eine Rolle zu spielen, sie können andre Funetione übernom- men haben und z. B. den vortrefilich fliegenden Bucerotiden als Flug erleichternde, pneumatische Räume dienen, ja sie können sich wie gewiss bei B. seutatus noch weiter im Dienste einer dritten Funetion verändert haben. 8. Die Spongiosa der Höcker ist zwar und besonders bei Buce- ros, nicht unregelmässig angeordnet, diese Anordnung konnte aber bis jetzt nicht auf die von Meyer und WoLFrF für die Architee- tur der menschlichen Spongiosa nachgewiesnen Gesetze zurück ge- 175 führt werden; wohl aber war dies für die Spongiosa der Schnäbel möglich. Wenn wir nach der Ursache aller jener Höcker forschen , so wird, wie ich schon an verschiednen Stellen nachdrücklich hervorgehoben habe, in den allermeisten Fällen die geschlechtliche Zuchtwahl das entscheidende Wort gesprochen haben; so entwickelten sich jene Erscheinungen in ihrem Interesse nach und nach, wurden nach und nach grösser in dem immer das am meisten gezierte, respective ge- schützte (Casuare?) Männchen die meisten Chancen sich fortzu- pflanzen hatte. So wurde z. B. bei den Casuaren der Stirnfortsatz des Schnabelepithels successive im Lauf der Generationen grösser durch Knöchenanschwellungen höher, hierfür spricht das Verhal- ten des Helms in der Ontogenie. Denn leider können wir in diesen Fällen immer nur aus dem Gang der Ontogenie schliessen, da uns phylogenetischer Material nicht zur Verfügung steht. Nur sei hier auf den phylogenetischen Entwicklungsgang der Schädel der Hol- lenhühner aufmerksamgemacht. Trevrranus ! theilt nach den Spieci- legien von PALLAS, die mir nicht zur Hand sind, Folgendes darüber mit: “Man findet häufig Enten, Gänse, /Zöhner und Canarienvögel, “welehe Federbüsche tragen. Begatten sich Männchen und Weibchen, “die beide mit diesem Schmuck versehn sind, unt.r einander, so “seht derselbe nicht nur auf die Jungen über, sondern er »immt “bei den folgenden Generationen zu, und artet endlich in eine wirk- “liche Krankheit aus. Zrst nehmlich enistekt unter der Kopfhaut “eine schwielichte Masse, welche den Scheitel nach aussen hervor- “ragend macht. Dann schwellen die Scheitelbeine an...’ Nun sind zwar die Schädelerhöhungen der Hollenhühner etwas anderes als die Höcker um die es sich hier handelt, aber dennoch ist die Art ihres Entstehns sehr illustrativ und ich glaube man könnte aus den türkischen Tauben leicht Tauben züchten die knöcherne Höcker am Schnabelende hätten. Jene Höcker brauchten sich aber nieht blos suecessive zu entwik- keln, sie konnten auch plötzlich, als eine Krankheitserscheinung ' Biologie B III pg. 451. 176 auftreten, entweder bei einem Individuum oder, weil mehrere unter gleicher Bedingung waren, bei mehrern. Wenn es aber richtig ist was vielfach mitgetheilt wird, dass Vogelweibehen für gewisse nicht einmal, wenigstens nach unsern Begriffen, schöne ja sogar für missformte Männchen ' eine gewisse Vorliebe haben, so konnten solche eigentlich pathologische Erscheinungen wichtige Factoren bei geschlechtlicher Zuchtwahl werden und sich auch in der freien Natur leicht fortpflanzen. Dass sie aber in der freien Natur vorkommen beweist der “Ptilopus insolitus’’. Bei so plötzlichen Gebilden wird natürlich alles Forschen nach Uebergängen, nach verbindenden Gliedern vergebens sein, denn dieselben haben niemals existirt; pathologischen Erscheinungen ist nach meiner Meinung bei der Frage nach der Entstehung der Arten noch nicht genug Rechnung ge- tragen, und doch wäre vielleicht gerade von ihnen Licht für so manche dunkle Thatsache zu erwarten. Die Vögel liefern uns, wie kaum eine andre Ordnung des Thier- reichs, ein ungemein reiches Material zur Beleuchtung der Evolu- tionstheorie, die Manchfaltigkeit ihres durch die Lebensweise be- dingten Äussern, ihre geographische Verbreitung, die verhältnissmäs- sige Leichtigkeit ihre Entwicklung im Ei zu studiren, ihr Nestbau, ja ihre wirklich bedeutenden geistigen Fähigkeiten, Alles wirkt zu- sammen gerade an ihnen die Forschung im Sinne der darwinischen Theorie ungemein lohnend zu machen. Es wäre an der Zeit, dass so viele Gelehrte endlich aufhörten zweifelhafte neue Arten und noch zweifelhaftere Genera zu machen und dass sie anfingen, an- statt zu zersplittern, zu vereinigen, und nach Gesetzen, nach dem ı Das interessanteste Beispiel theilt Dr. W. NEUBERT im zoolog. Garten, VII Jahrgang 1866, pg. 247” mit. Dieser treflliche Beobachter besass ein Männchen von Melopsittaeus undulatus, dessen Unterschnabelepithel durch einen Unfall in der Jugend sich, wie er es abbildet, «olossal verlängert hatte aber “der Vogel” wie er sagt, “scheint den Mangel niemals empfunden zu haben denn er gedieh ganz ausgezeichnet und hat diesen Winter sogar ein anderes Männchen von sei- nem ihm schon längst angetrauten Weibehen vertrieben. Das alte Sprichwort “die Liebe macht blind” trifft auch hier zu, denn das Weibchen findet in diesem krum- : ı e n mäuligen Kerl, noch mehr Gefallen, als an dem untadelhaften andern Männchen. 177 “Warum” der Erscheinungen zu fragen, dass sie aufhörten diese Erscheinungen als etwas Gegebnes ruhig hin zu nehmen oder be- wunderend auf sich einwirken zu lassen! Leiden, 25 Juli 1871. ERKLARUNG DER FIGUREN auf Tafel XI u. XI. Fig. 1. Fuligula clangula, sagittal durchsägter Schädel. 5 en theil des grossen Sinus. c. Die kleine Höhle. d. Hirmhöhle. e. Choane. f. Riechmuschel. 2. Derselbe Vogel, die Sinus von oben geöffnet. a. Der grosse Sinus. b. Stützbälkchen. c. Medianes Septum. d. Aussre Wand des kleinen Sinus. e. Dessen medianes Septum. f. Der Klappenapparat. g. Oeffnung in demselben. Ah. Communications — Oeffnung der grossen sinus nach der Nasenhöhle. i. Der vordre k. Der hintere | 3. Stellt Fig. 1 (zum Theil) vergrössert vor. Ast des Empfindungsnerven des Schnabels. a. Boden des Schnabeltheils der grossen Sinus, b. Rest dessen Decke mit dem obern Theil der Wandung des klei- nen Sinus durch Bälkchen verbunden. c. Dieser kleinere Sinus. d. Aussrer Theil des Klappenapparats, der innre ist mit dem Sep- tum weggenommen. e. Choane. 178 Fig. 4. Fuligula nigra, Gesichtsschädel. a. Der Höcker. b. Anschwellung des Maxillare. 5. Derselbe Vogel, Schädel sagittal durchsägt. a. Der Höcker von Innen, nachdem das Septum weggebrochen ist. b. Innenraum (Tasche) des Maxillare. ec. Aufsteigende Aeste des Zwischenkiefers. 6. Fuligula spectabilis,, Gesichtsschädel. a. Die blasige Auftreibung welche durch das Maxillare bewirkt wird. b. Hinterer Theil des Maxillare. c. Furchennath welche dem Hinterrand des proc. maxillaris des Na- senbeins entspricht. 7. Casuarius galeatus, junger Schädel. a. Ethmoidale. b. Nasale. c. Reihe von foramina nutritantia. 8. Buceros plicatus, sehr junges Individuum, Gesichtsschädel von der rechten Seite. i. m. Os intermaxillare. pfr. Dessen processus frontalis. pmax. Processus maxillaris. n. Os nasale. p-i. m. Processus intermaxillaris. pmax'. Processus maxillaris. fts. Foramen triangulare. m. Maxillare. pr fr‘. Processus frontalis. pr jug. Rrocessus jugalis. fap. Lücke um das Nasenloch von Haut überzogen, an welche Zacken des Maxillare von Innen treten. 9. Derselbe Schädel von unten. im. Intermaxillare. a. Processus maxillaris. b. u palatinus. m. Maxillare. I. Processus palatinus. U. ” frontalis. III. ns Jugalis. ‚fin.- Foramen ineissivum. ch. Eingang zu den Choanen. 179 Fig. 10. Buceros cassidic. Längsschnitt durch den Schädel; man sieht im Horn den vordern Leerraum und die hintere Stütz — Spongiosa, in der sich Reste eines medianen Septums zeigen. Im Schnabelhohlraum ist ein System sich kreuzender Linien (Druck- und Zugeurven) zu erkennen. - Nach einer Photographie. 44. Buceros rhinoceros, Spongiosa des Horns von vorn, zur Erklärung mag das Schema in Fig. 12 dienen. Nach einer Photographie. a. Mitteltheil der Spongiosa. b. b. Deren Septum (in der Photographie sieht man die im Text erwähnte, starke, aufsteigende Faser.) c. c. Lamellen die von dieser an die Peripherie des Hornes treten. d. d. Seitentheile der Spongiosa. e. e. Deren Hauptzug. (in der Photographie ist nur die untere deutlich.) f. f. Lamellen die von diesem an die Peripherie treten. g. 9. Die trennenden Klüfte. 43. Die Erklärung dieser Figur ergiebt sich aus dem Text 14. Schema um die Anordnung der Züge in der Spongiosa des Buceros- schnabels zu verdeutlichen, auch für diese Figur findet sich die Erklärung im Text. 15. Schematischer Querschnitt eines Bucerosschnabels im hintern Theil. zu dessen Erläuterung das in Fig. 16 gezeichnete Sprengwerk, wie es die Ingenieure beim Bau von Eisenbahnbrücken anwenden, dienen soll. Bedeutung der Buchstaben ergiebt sich aus dem Text. 17. Buceros scutatus, Längsdurchschnitt durch den jungen Schädel, man sieht den Hohlraum im Schnabel und die Epithel-Leiste. Nach einer Photographie. 18. Derselbe Vogel, Längsschnitt durch den erwachsnen Schnabel. A. Horm. B. Eigentlicher Schnabeltheil Feine Diplo& am Ende des Horns. Sehr compacte Diplo& im Horn. Das rothe Epithel das diese Knochenmasse und die Platte («) mit Ausnahme ihrer Vorderfläche überzieht. e. Raum zwischen Platte und Knochen. f. Choane. SER UBER DIE STABCHEN IN DER RETINA DES NAUTILUS. voN Dr. C. K. HOFFMANN. Proseetorander Universität zu Leiden. TAF. XIIL Die ersten mikroskopischen Beobachtungen der Retina des Nau- tilus verdanken wir Hensen '. Seit Max SCcHuLTtzE * die Resultate seiner Untersuchungen an frischen Augen von dibranchiaten Cepha- lopoden und Heteropoden bekannt gemacht hat und damit ein klares Bild über die Natur der Stäbehen entwarf, ist damit auch das Mittel an die Hand gegeben die in Spiritus aufbewahrten Augen des Nautilus besser zu verstehen. Durch die Güte des Herrn Prof. BooGAArRD wurde ich in die Gelegenheit gestellt diese Untersuchungen wieder auf zu nehmen, wenngleich ich mir gestehen muss, dass immer noch Vieles dabei lückenhaft geblieben ist. Querschnitte geben unter schwachen Vergrös- serungen folgendes Bild (Fig. 1): Centralwärts wird dıe Retina ab- geschlossen durch eine Membrana limitans s. hyaloidea (a). Darauf folgen die Stäbehen (5) mit ihrem hier stark pigmentirten Ende (c); sie setzen sich fort in einander parallel verlaufenden , kernhaltigen Spindelzellen (4), die sich in ein Fasergewebe (e) auflösen: die Fasern des Sehnerven. Hier schiebt sich die Grenzmembran (/) zwischen. ! Hensen. Zeitschrift für wissenschaft. Zoologie Bd. XV. S. 203. 1865. ° Max SCHULTZE in seinem Archiv. Bd. V. S. 1. 1870. 181 Dieses Bild stimmt fast genau überein mit dem welches M. ScHurLtzE von Loligo und Octopus giebt, nur dass hier die Stäb- chenschicht ganz ohne Pigment, das äussere Ende der Stäbehen dagegen viel stärker pigmentirt ist. Ja noch mehr. Einige günstige Praeparate von isolirten Stäbehen zeigten mir sogar die feine Längsfaserung, welche M. Scuunrze bei Pterotrachea coronata und Octopus vulgaris nach zu weisen vermochte. Auch hier sieht man an dem stark pigmentirten äusseren Ende jedes Stäbehens eine spin- delförmige Faser mit einem eiförmigen Kern in der Anschwel- lung, wie bei Pterotrachea coronata und Octopus vulgaris (Fig. 2. 3. und 4). Centralwärts geht dies stark pigmentirte Ende in ein aus isolirbaren Fibrillen bestehendes Gebilde über, welches sehr oft in Form eines langen Faserbündels (Bündels von Nervenfibril- len) darzustellen ist. An ihrem peripherischen Ende löst sich die Faser in mehrere feine Fäser hen auf, welche nicht in feine va- riöse Fädchen ausstrahlen — wie M. ScHULTzE bei Octopus vul- garis angiebt — sondern kurze Stämmchen bilden, gerade wie bei Pterotrachea coronata. Allerdings vermisste ich in der Stäbenschicht von Nautilus die eigenthümlichen Pallisaden, Streifen oder Bänder, welche Schurrze in Übereinstimmung mit den Aussengliedern der Wirbelthier — Stäbehen — und Zapfen auch bei den Cephalopoden und Heteropoden nachgewiesen hat. Dieses kann nicht auffallen wenn man bedenkt, dass mir nur Spiritusexemplaren zu Gebote standen da doch jener Forscher ausdrücklich angiebt, dass diese Querstrei- fung nur besonders deutlich an frischen oder wenigstens an mit Chrom- Oxalsäure u.s. w. behandelten Augen sich erhält. Das einzige was auf das im Leben wirkliche Vorhandensein dieser Plättchen hin- weist, ist die ungeheuer grosse Menge feinkörniger Substanz, welche theilweise amorph, zum grössten Theil jedoch in Kugeln (Eiweiskugeln) zusammengehäuft auf dem vorderen Theil der Stäb- chen angesammelt liegt. SCHULTZE giebt an, dass bei den dibranchiaten Cephalopoden die Plättchen sehr schnell unkenntlich wurden und mit den Tropfen gequollener Zwischensubstanz zur Bildung der von früheren Beobach- tern beschriebenen, zum Theil für Zellen gehaltenen Blasen beitra- gen. Zur Controle habe ich dieselbe Erscheinung an frischen Sepien- augen nachgesehen. Wir kommen also zu dem Resultat dass das 13 182 Auge des Nautilus mit dem der Cephalopoden und besonders der Heteropoden genau übereinstimmt, vorausgesetzt dass die kKiweis- kugeln der in Spiritus aufbewahrten Retina der Plättchenschicht des lebendigen Thieres entsprechen. ‘HENsEN unterscheidet in der Retina so wohl der dibranchiaten Cephalopoden als des Nautilus zwei Blätter, ein äusseres und ein inneres, durch eine Grenzmembran von einander getrennt. SCHULTZE hat diese feine Membran an Querschnitten erhärteter Cephalopoden- netzhäute in Form einer feinen Linie gesehen, während er an iso- lirten Stäbchen gar nichts davon bemerken konnte. Er lässt es des- halb dahin gestellt sein, ob dieselbe etwa an gewissen Stellen fehle. Dass diese Membran Schwankungen unterworfen ist, geht nach SCHULTZE schon daraus hervor, dass sie bei Nautilus etwas mehr nach aussen gerückt ist; dadurch seien die Beziehungen der Stäb- chen zu den Stäbchenzellen bei Nautilus denjenigen ähnlich, welche er van Octopus abbildet. So habe auch ich die Grenzmembran beim Nautilus nicht con- stant gefunden, stellenweis fehlte sie. Ich muss es dahin gestellt sein lassen , ob Gebilde wie sie in Fig. 5 abgebildet sind als künstlich von den Stäbehen abgerissene Fasern oder als HEnsEn’sche “Ner- venfasern” aufzufassen sind. Die Nervenbündel bilden beim Nautilus nicht wie bei den Di- branehiaten eine eigentliche Nervenschicht, sondern verlaufen, wie schon HEnsEN hervorgehoben hat, in einzelnen runden Stämmen im Bindegewebe unter der Retina hin und gehen dann, so bald sie die letztere berühren, in kleine Bündel in sie ein. Einen direeten Zusamenhang der Sehnervenfasern mit den Stäbehenfasern habe ich wohl nicht gesehen , glaube aber freilich dass daran wohl nicht gezwei- felt werden kann. An Schnitten welehe S—10 Stunden in 0.05 %, Goldehloridlösung gelegen haben, kann man sich am besten von diesem Verlauf überzeugen. Die Stäbehen der Retina des Nautilus stimmen demnach sehr gut überein mit denen der dibranchiaten Cephalopoden und besonders der Heteropoden (Pterotrachea coronata.) ERKLARUNG DER ABBILDUNGEN. Fig. 1. Querschnitt durch die Retina des Nautilus '?%/.. a. Membrana limitans. b. Die Stäbchen. c. Das stark pigmentirte äussere Ende der Stäbchen. d. Stäbchenfasern mit Kernen. e. Fasern des- Sehnerven. ‚f. @renzmembran. 2 und 3. Isolirte Stäbehen von Nautilus 7°%,. a. Inneres. b. äusseres Ende. c. Stäbchenfaser. 4. Die stark pigmentirten äusseren Enden dreier Stäbchen mit den Stäb- chenfasern und deren Endausläufern ?°".. 5. Fasern derer Bedeutung in dem Text angegeben ist. ÜBER DAS BLUTGEFÄSSSYSTEM DER ECHINIDEN. VON Dr. 0, KR 7HOFFMAN: Proseetor an der Universität zu Leiden. TAF. XIV. Einige demnächst erscheinende Untersuchungen zur Anatomie der Asteriden und Ophiuren haben mir gezeigt, dass die bis jetzt herr- schenden Anschauungen über das Blutgefässsystem der Asteriden unrichtig sind, dass namentlich ein oraler und analer Blutgefässring bei diesen Thieren fehlt. Zu diesem Resultat ist auch R. GrEEFF ! vor Kurzem gelangt. Aus meinen Untersuchungen der Spatangen ist hervorgegangen dass auch hier weder ein Anal- noch ein Oralring vorkommt. Demnach bleiben uns nur die Echiniden über, bei welehen man einen Blutgefässring am Schlund und After vermuthet hat. Es war mir deshalb von Interesse das Blutgefässsystem der Echi- nider nochmals genau zu untersuchen und ich beeile mich denn auch gern zu gestehen dass die in meiner vorigen Arbeit gegebene Beschrei- bung des Blutgefässsystems der Eehiniden theilweise fehlerhaft ist. Die Untersuchungen wurden wieder an grossen mittelmeerischen Exemplaren von Tozxopneustes (T. lividus) und Psammechinus (P. neglecetus) angestellt. ! R. GrEEFF Sitzungsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaften zu Marburg. No. 8. 1871. 185 Wie bei den Spatangen so kommt auch bei den Echiniden ein Blutgefässring weder am Schlund noch am After vor. Nur am Oeso- phagus findet man den einzigen Gefässring und dieser ist der Was- sergefässring, im welchen so wohl das an der Rücken- wie an der Bauchseite des Darmes verlaufende Blutgefäss einmündet. Das vom Scheitel bis zur Laterne herabsteigende Gefäss, welches in seiner Mitte das braunlich eiförmige gegen 4—8 Mm. lange Herz trägt welches nach den älteren Mittheilungen den oralen mit dem analen Gefässring vereinigen sollte, ist der eigentliche Sierzkanal und bei genauer Betrachtung kann man sich unschwer überzeugen, dass dieser Kanal wirklich von der Madreporenplatte selbst entspringt und sich in den Wassergefässring ausstürzt. Die Verdiekung des Steinkanals können wir ähnlich wie bei den Spatangen (S. Taf. VI. Fig. 41, 42 e.) das Wassergefässherz nennen. Eine den Steinkanal und das Wassergefässherz wie eine Art Periecardium (Leydig) umhüllende Mesenterialhaut hält dieselbe am Darm. Neben dem Herzen, oft selbst in eine Rinne des Herzens eingedrückt verläuft vom Scheitel bis zur Laterne ein feines Bändchen, wahrscheinlich eine Verdiekung des Mesenteriums welche zu der Vermuthung geführt haben mag, dass hier ein wirklicher Kanal (der Steinkanal der Autoren) vorkommt. Das Blut- und Wassergefässsystem der Echiniden stimmt also in der Hauptsache vollkommen mit dem der Spatangen überein. Bei beiden fehlt so wohl der anale wie orale Blutgefässring, bei beiden kommt nur an der Bauch- und Rückenseite des Darmes ein Blut- gefäss vor. Bei den Echiniden münden so wohl Bauch- als Rücken- gefäss in den Wassergefässring ein und stellen also unmittelbar den Zusammenhang zwischen Blut- und Wassergefässsystem dar; bei den höher entwickelten Spatangen hingegen zweigt sich ein Ast von dem aus dem Bauchgefäss. entspringenden Magengefäss ab und nur dieser mündet in den Wassergefässring aus. Bei beiden zeigt der Steinkanal eine Auschwellung oder Verdiekung (Wasser- gefässherz) welche bei den Echiniden gänzlich, bei den Spatangen zum grössten Theil dureh ein Mesenterium bekleidet wird. Bei den Echiniden verläuft der Steinkanal vom Scheitelschilde bis zum Was- sergefässring in einer geraden Linie, bei den Spatangen zeigt er einen geschlängelten Verlauf. 186 Aus dem Zusammenhang des Blut- und Wassergefässsystemes geht hervor dass letzteres nicht allein für die Locomotion sondern auch für die Respiration und Exeretion von grosser Bedeutung ist. Schon vor ungefähr zwanzig Jahre hat Leyvvıc ' den Gedanken ausge- sprochen dass höchst wahrscheinleich dem Wassergefässsystem der Echinodermen die Rolle eines exeretorischen und respiratorischen Apparates beigelegt werden müsste. ERKLARUNG DER ABBILDUNGEN. Fig. 1. «. Ambulacralgefässe mit Ambulacralbläschen. b. Ovarien. c. Gegend der Madreporenplatte. d. Steinkanal (Wassergefäss) mit dem Wassergefässherz. e. Mesenterialhaut. f. Oesophagus. 9. Rückenblutgefäss. h. Bauchblutgefäss. l.. Enddarm. !. Mesenterialbändchen welche den Enddarm am Schale befestigen. m. Gebisspyramile. Von Toxopneustes lividus : A Fig. 2. «. Ambulicralplatten. b. Interambulacralplatten. c. Madreporenplatte. d. 1,2 R. KM. Swie in) Bir. 1, e. Wassergefässring. i Von Toxopneustes lividus ",. ! T. Leyvıs. Lehrbuch der Histologie. S. 392 und 469. ÜBER DIE PARS CILIARIS RETINAE UND DAS CORPUS EPITHELIALE LENTIS DES CEPHALOPODENAUGES voN Dr. C. K. HOFFMANN, Proseetor an der Universität zu Leiden. TAF. XV. Bei einigen Untersuchungen über die Retina des Cephalopoden- auges wurde ich auf den höchst merkwürdigen Bau des Corpus epitheliale Ceiliare) lentis aufmerksam. Lange blieb mir der Bau desselben dunkel, bis ich endlich das Glück hatte, die Augen eines riesigen Loligo, welchen ich der Güte des Hern Prof. SELENKA verdanke, frisch untersuchen zu können. Betrachtet man einen Querschnitt des Auges (Fig. 1 und 2) so bemerkt man bei a das Ganglion opticum, d stellt die Nervenfasern vor, welche von ihm entspringen und nachdem sie den Aequatori- alknorpel ce durchbohrt haben, die Nervenschicht d bilden; e ist die Stelle wo die Stäbehenschicht aufhört, / die homogene Membran, welche von dieser Stelle an der Nervenschicht fest anzuliegen pflegt, g die Knorpelhaut der Iris, 2 und i die Muskelfasern welche von der Aequatorialknorpelhaut, respective der der Iris entspringen, (erstere bilden den Langer’schen Muskel); / die Fortsetzung der Nervenschicht (Pars eiliaris retinae), » das Corpus epitheliale lentis, z die Lin- senscheidewand, o die Linse selbst, » die Argentea externa, g die Argentea interna. Untersucht man erst die Stelle, wo Retinastäbehen und Corpus epitheliale lentis aufhören — die Pars ciliaris retinae — 188 (Fig. 3 und 4) so ergiebt sich, dass diese aus einander parallel verlaufende Nervenfasern besteht, welche in das Corpus epitheliale ausstrahlen. Den Nervenfasern fehlt das Mark und die Schwann’sche Scheide. Innerlich wird dieser Theil von Pigmentzellen ausgekleidet, welche von der Fläche gesehen ein Mosaik bilden (Fig. 5). Nach Behandlung und Maceration in verdünnten Lösungen von Chromsäure und doppel chromsaurem Kali bemerkt man dass diese Zellen eine eylinderförmige Gestalt haben und an ihrem basalen Ende in ein Büschel von feinen Fibrillen zerfallen (Fig. 6 und 7), ungefähr ebenso wie MORANo ' die Pigmentzellen der Wirbelthierretina abbildet. Von einem Zusammenhang dieser Zellen mit der darunter gelegenen Nervenschicht habe ich niemals etwas bemerken können. Nach aussen wird die Nervenschicht durch eine homogene Membran (eine Fortsetzung der Hüllhaut der Retina Hexsen’s) abgeschlossen. Diese Membran ist zugleich die Trägerin der Gefässe, welche sehr reichhaltige Netze bilden. An der Zusammensetzung des Corpus epitheliale lentis betheiligen sich Epithelzellen, Bindegewebe, Muskelfasern, Gefässe und Nerven. Ausserdem setzt sich die Linsenscheidewand in das Corpus epi- theliale lentis fort. Die Epithelzellen bilden im frischen Zustand zarte mehr oder weniger runde, länglich-ovale oder birnförmige mit grossem Kern versehene Zellen, welche in ungemein lange, zuweilen mehr als 2—3 Mm. messende Faden übergehen (Fig. 8, 9, 10). Auf der hinteren Fläehe des Corpus epitheliale lentis trägt das Protoplasma dieser Zellen fein körniges Pigment, auf der vorderen Fläche ist es dagegen vollkommen homogen. Die Zellen lagern einander eng an. Nach Behandlung mit doppelehromsaurem Kali von verschiedener Coneentrationsgraden wird das Protoplasma fein körnig, die Zell- körper verunstalten sich mehr oder weniger und nehmen mehr eine eylinderförmige Gestalt an. Der Kern welcher gewöhnlich nur ein, selten mehrere Kernkörperchen trägt, wird deutlicher und der Zell- fortsatz zeigt dann sehr schöne varieöse Anschwellungen. Vortrefflich lassen sich die Zellen in einer Lösung von Oxalsäur von 50,/" eonserviren. Goldehloridlösungen und Osmiumsäure hingegen ! F, Morano Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. VIII 1871, S. 81. 189 verunstalten die Zellkörper sehr. Immer aber gab die Untersuchung der frischen Thiere so wohl für die Isolation als für die Form der Zellen und für die ungeheuer langen Fortsätze die besten Resultate. Als Unterlage dieser Zellen dient ein sehr zartes Bindegewebs- gerüste, welches von der Aequatorial-respeetive Irisknorpelhaut ent- springt und sich an die Linsenscheidewand anheftet. Dieses Binde- gewebe besteht aus feinen Bälkchen, welche auf regelmässigen Ab- ständen Maschen bilden (Fig. 22) in welche die Epithelzellen einge- bettet sind. Besonders an Pinselpraeparaten und nachtträglicher Tinetion mit Anilın kann man sich von diesem sehr schönen und regelmässigen Maschengewebe überzeugen. Die vom Aequatorialknorpel entspringenden Muskelfasern bilden den von LAnGer ! beschriebenen Binnenmuskel des Cephalopoden- auges. Dessen Structur stimmt vollkommen mit der der anderen Muskeln dieser Thiere überein, so dass alles was Bot * darüber berichtet hat, auch für diese Fasern gilt. Ausser diesen vom Aequatorialknorpel entspringenden Muskelfasern kommen auch noch andere vor, welche von dem Irisknorpel ent- springen und ebenfalls in das Corpus. epitheliale lentis ausstrahlen. Diese bilden also einen zweiten Muskel für die Linse. Bei der Con- traction der Muskelfasern wird das Corpus epitheliale nach hinten respective nach oben gezogen werden, je nachdem entweder die vom Aequatorial-oder die vom Irisknorpel entspringenden Fasern sich verkürzen. Diese Bewegung theilt auch das in’s Corpus epitheliale sich fort- setzende Linsenseptum und dadurch auch die Linse selbst. Die sehr zahlreichen radiär verlaufenden Gefässe sind schon so genau von HENSEN * und H. Mürter ' beschrieben, dass ich nichts neues hinzufügen kann. Den Nervenfasern endlich, welche unmit- telbare Fortsetzungen der Pars ciliaris retinae sind, fehlen eben wie dort, das Mark und die Schwann’sche Scheide. Schon in der Pars ciliaris retinae in der Nähe des Corpus epitheliale lentis ! LANGER. Sitzungsb der Kaiserl. Akademie der Wissenschaft im Wien. Bd. V. 1850. 8. 324. ® F. Bort. Beiträge zur vergleichend. Histol. der Molluskentypus 1569. S. 20. 3 HENsen. Zeitschrift. f. wiss. zool. Bd. XV. 1865. S. 155. *H. Mürtzer. Ibidem. Bd. 4. 1853. 8. 344. 190 fangen die Nervenfasern an sich diehotomisch zu theilen, welche Theilung sich in dem Corpus epitheliale wiederholt. Von den früheren Autoren finden wir die genauesten Angaben bei HENSEN ' welcher schon das Vorkommen der höchstmerkwürdigen Epi- thelzellen auf dem Corpus eiliare nachgewiesen und zugleich bemerkt hat dass das Corpus eiliare des Cephalopodenauges mit dem des Säuge- thierauges durchaus nicht zu vergleichen sei. Er machte deshalb den Vorschlag, dieses Gebilde mit dem Namen des Corpus epitheliale zu bezeichnen, ein Name der auch sehr passend erscheint. HENSEN beschreibt die erwähnten Zellen genau, doch sind ihm die Lagerungs- verhältnisse nieht gut bekannt gewesen, denn er sagt: “dass mit “Ausnahme einiger an der äussersten Peripherie des vorderen Cili- “arkörpers gelegenen Zellen, welche in Wirklichkeit nur die Ober- “fläche erreichen, alle andere Fasern (die langen varicösen Fäden “der Zellen) des vorderen Ciliarkörpers und sämmtliche des hintern “die Linse erreichen und ausschliesslich das Linsenseptem bilden.” Hexsen denkt sich also die langen Fäden der Epithelzellen nicht dem Corpus epitheliale sondern der Linse zugekehrt. H. MüLLer ? welcher ebenfalls diese Zellen gesehen hat und dieselbe mit Ganglien- kugeln vergleicht, denkt sich ihre Lage ebenso, wie aus dem fol: genden Satz hervorgeht: “Die Fasern gehen aber alle nach der “Linse zu und es lässt sich der Übergang solcher schmaler Fasern “in die breiten Bänder der Linse mit Evidenz beobachten. Es. hat “also im vordern wie im hintern Linsensegment jede Faser eine “breite Parthie, welehe der mittleren Wölbung angehört und eine “schmale Parthie, welche in der peripheririsch abgeflachten Theil “der Linsen hineingeht und zuletzt mit einer Zelle endigt.” VINTscHGAU bestätigt MürLLer’s Angaben über den Zusammen- hang dieser Zellen mit der Linse, beschreibt aber dann noch einen zweiten Fortsatz der Zellen des Corpus epitheliale welche dem Lan- ger'schen Muskelfasern gleichen sollten, und er vermuthet dass dieser Fortsatz sich mit den Langer’schen Muskelfasern vereint. Dass aber die langen Fortsätze der Zellkörper nicht der Linse, sondern dem Corpus epitheliale zugekehrt sind und nach den Ner- I HEnsEn. L. e. S. 175. 2 H. MüsserR. L.c.S$S. 346. A A ne ZW Br a en ee TE EI Zee 2iu + 191 venbündeln der Pars eiliaris retinae hin ausstrahlen, darüber geben feine Querschnitte gehärteter Praeparate den besten Aufschluss. Besonders war dies bei dem grossen Loligo deutlich zu sehen, bei welchem das Linsenseptum zwischen Linse und Corpus epitheliale eine ungefähr 5 Mm. breite, freie Partie bildete (Fig. 1). Bei kleineren Arten von Loligo, bei Sepia und Octopus dagegen wird die Linse mehr direet von dem Corpus epitheliale ringsherum um- fasst, und ist eine freie Parthie des Linsenseptum nicht zu unter- scheiden, wie es HEnsen auf Taf. XII. Fig. 1 und 4 auch abge- bildet hat. Wie schon bemerkt geht das Bindegewebsgerüste, in dessen Maschen die Epithelzellen abgelagert sind, in das Gewebe des Linsenseptum über. Bei Sepia und bei kleinen und mittelgrossen Arten von Loligo, wo keine freie Parthie des Linsenseptum vor- kommt, sondern wo das Corpus epitheliale lentis die Linse rings umfasst, strahlt das Bindegewebsgerüste auch in die peripherischen Parthien der Linse aus, wie schon daraus hervorgeht, dass man mit den einzelnen Linsenlamellen des vordern oder hintern Segmentes einzelne Stücke des Corpus epitheliale abziehen kann, ein Hand- griff der schon HuscHke ' und Kronn ” bekannt war. Pinselprae- parate geben aber die besten Aufschlüsse. Es fragt sich nun, welche Bedeutung diesen Zellen beigelegt werden müsse; denn dass sie weder die Linsenfasern noch das Linsenseptum bilden, geht so wohl aus ihren Lagerungsverhältnissen wie aus ihren Gestalt und Form hervor. Die ausserordentliche Länge der Fasern in welche die Zellkörper übergehen, ferner der Umstand dass einige Zeit nach dem Tode und nach Behandlung in verdünnten Chromsäure- und doppelehromsauren Kalilösungen diese Fasern varicös werden, das Alles deutet auf nervöse Elemente hin, und es liegt auf der Hand, diese Zellen als ein eigenthümliches Sinnesepithel aufzufassen. Bedenkt man weiter dass den peripherischen Nervenfasern der Mollusken das Mark und die Schwann’sche Scheide fehlt, dann wird man, wie ich glaube, wohl berechtigt sein, diese langen Fäden der Zellen als Nervenfasern zu deuten. Einen unmittelbaren Zusammenhang dieser ungemein langen Fasern ! HusScHkE. Commentatio de pectine in oculo avium. 1810. ° Kroun. Nova acta phys-medie. Tom. XVII. Pars prima. S. 337. 1835 192 mit denen der Nervenschicht der Pars eiliaris retinae habe ich wohl nieht beobachtet, zweifele jedoch nicht, dass ein solcher in Wirk- liehkeit Statt finden muss, um so mehr da man deutlich sehen kann, wie die Nervenfasern der Pars eiliaris retinae in das Corpus epitheliale lentis ausstrahlen. Dass ein Sinnesepithel auf der vorderen Fläche des Corpus epitheliale lentis vorkommt, lässt sich aber leicht erklären wenn man bedenkt, dass die als Cornea bezeichnete Haut des Cephalopodenauges durchbohrt ist und dass das Seewasser also unmittelbar die Linse und das Corpus epitheliale umspült. Schwieriger ist das Vorkommen derselben eigenthümlichen Zellen auf der hinteren Fläche des Corpus epitheliale lentis zu erklären. Vielleieht ist der vollkommen flüssige Zustand des Humor aqueus bei den Cephalopoden für diese Zellen nicht ganz ohne Bedeutung. Welche Function diesem Sinnesepithel zukommen könne, weiss ich nicht. Es kann sein dass es bei der Accomodation eine Rolle spielt, in der Art dass durch einen Reiz des Seewassers auf diese Zellen die vom Aequatorial und Irisknorpel entspringenden Muskel- fasern refleetorisch zur Contraction gebracht werden, wodurch das Linsenseptum und damit auch die Linse nach hinten respective nach oben gezogen würde. Ich bemerke zum Schluss, dass die Untersuchungen an frischen Exemplaren von Sepia offieinalis und Loligo sagittata, ferner an Spiritusexemplaren von Argonauta argo und mehreren Oetopoden- species angestellt wurden. ERKLARUNG DER ABBILDUNGEN. Fig. 1. Idealer Querschnitt durch das Auge von Loligo sagittata. a. Ganglion opticum. b. Nervenfasern. c. Aequatorialknorpel. d. Nerven- und Stäbchenschicht welche letztere bei e. aufhört. 193 f. Homogene Membran (Hyaloidea). 9. Knorpelhaut der Iris. h. Langer’sche Muskelfasern. ?. Vom Irisknorpel entspringende Muskelfasern. !. Fortsetzung der Nervenschicht. (Pars ciliaris retinae). ' m. Corpus epitheliale lentis. n. Linsenseptum. n‘. Freie Parthie des Linsenseptum. 0. Linse. p. Argentea externa. g. Argentea interna. Fig. 2. Querschnitt durch einen Theil des Auges von Loligo '|.. Bad. eat. Galerie Lime ne 0. ‚98 ga wie in Pie. 1: 3. Vordere Fläche der Retina und des Corpus epitheliale lentis von Loligo ",. a. Stäbchenschicht welche bei b. aufhört. e. Pars ciliaris retinae. d. Corpus epitheliale lentis. e. Freie Parthie des Linsenseptum. ‚f. Linse. 4. Hintere Parthie der Retina und des Corpus epitheliale lentis von Loligo '),. Buchstaben wie in Fig. 3. ce‘. Langer’sche Muskelfasern nahe der Ursprungstelle am Aequatorial- knorpel abgeschnitten. (21 } . Pigmentzellen der Pars ciliaris retinae von der Fläche gesehen. Sepia oflieinalis °°°),. 6 und 7. Isolirte Pigmentzellen der Pars ciliaris retinae *°/,. Sepia offieinalis. S und 9. Zellen der vorderen Fläche des Corpus epitheliale lentis von Loligo sagittata; frisch; !0%%.. 10. Zellen von der hinteren Fläche des Corpus epith. lentis von Loligo sagittata ; frisch ; 1000). 11—14. Zellen der vorderen Fläche, 15—18. Zellen der hinteren Fläche des Corp. epith. von Sepia offie. nach Behandl. in Chroms. und doppelchroms. Kalı; ?7°% 19—20. Zellen der vorderen Fläche, 21. Zellen der hinteren Fläche des Corpus epith. von Octopus; Spiritus- Praep, PR. 22. Bindegewebsgerüste, in dessen Maschen die Zellen abgelagert sind; Toligo > *00]4. 1° BEOBACHTUNGEN ÜBER DEN VOGELSCHWANZ VON WILLIAM MARSHALL in Weimar. Wenn auch in der letzten Zeit viele und wichtige Gründe bekannt gemacht sind, welche die nahe Verwandtschaft der Reptilien und Vögel darthun, so scheint es mir doch nieht überflüssig neue diese Verwandschaft bestätigende Momente beizubringen, zumal es sich in den folgenden Seiten um eine Sache handelt, die vielleicht zugleich etwas dazu beitragen könnte die immerhin noch grosse Kluft, die Archaeopteryx von den jetzt lebenden Vogelformen trennt, zu überbrücken. Es ist bekanntlich eins der charaktristischsten Kennzeichen des Archaeopteryx, dass sein Schwanz wie der der Reptilien aus einer beträchtlichen Anzahl freier Wirbel besteht, die sich in ihren Pro- portionen nach hinten successive verkleinern; die Steuerfedern sind, ähnlich wie die Barten an einer Feder, neben diesem “Wirbelkiel’ der Art angeordnet, dass je zwei Federn, jederseits eine, auf jeden Wirbel kommen, bei den lebenden Vogelformen ist die Zahl der Schwanzwirbel, auch die mit den Beckenknochen verwachsnen eingerechnet, eine sehr viel geringere d. h. wenn man die Anschauungsweise fast aller For- scher theilt und den letzten Knochen der Wirbelsäule wirklich als einen einzigen, sehr vergrösserten und häufig zu einer Platte aus- gezognen Wirbel ansieht. In diesem Falle wird es auch sehr schwer die Gruppirung der Steuerfedern bei den lebenden Vögeln von der Art, wie dieselben beim Archaeopteryx angeordnet sind, abzuleiten ; denn nach dieser Annahme treten jene Federn, durch Fett ete. 195 weit von der Wirbelsäule getrennt und in einem mehr oder weni- ger flachen Bogen fächerartig angeordnet, nur zu einem einzigen Wirbel in Beziehung. Diese verschiedne Anordnung der Steuerfe- dern und die, allerdings nur scheinbar, andre Art wie sie sich zur Wirbelsäule verhalten, war einer der Hauptgründe,, die HAECKEL ! veranlassten für die Klasse der Vögel zwei Unterklassen anzuneh- men und zu benennen: die der Saururen oder Fiederschwän- zigen und die der Ormithuren oder Fächerschwänzigen; die erste Unterklasse wird bis jetzt blos durch den Archaeopteryx gebildet, zur zweiten aber gehört die ganze, grosse Zahl der lebenden und vieler fossilen Vogelformen. Ich glaube, gestützt auf meine Befunde, dass diese Unterschiede nicht so sehr durchgreifend sind, sondern dass viel mehr der Schwanz der lebenden Vögel in allen seinen Theilen nicht wesentlich vom Schwanz des Archaeopteryx und so- mit der Reptilien unterschieden ist, vielmehr nur auf einige we- nige erworbne Modificationen beruht. DiE WIRBEL. Die Wirbelsäule der lebenden Vögel zerfällt in ihrem eaudalen Theil in drei mehr oder weniger scharf gesonderte Abschnitte, die einerseits durch die verschiedne Entwicklung der Wirbel andrer- seits dureh ihre Verbindung mit andern Scelettheilen bedingt wer- den. Eine bedeutende Zahl betheiligt sich an der Bildung des Beckens als Ganzes ?, eine den Reptilien und den Saururen ge- genüber geringe Zahl bleibt unverwachsen und mehr oder weniger beweglich mit einander verbunden als freie Wirbel des Schwanzes, drittens kommt es am Ende der ganzen Wirbelsäule zur Bildung jenes orginellen Knochens, der als Träger der Steuerfedern für das Vogelscelet so charaktristisch ist, ja für die Systematik oft von Be- deutung werden kann ”. Nirgends bei den Reptilien auch da nicht, wo, wie bei den Schildkröten, der Schwanz nur gering entwickelt ist, finden wir eine ähnliche Erscheinung. ! HAECKEL, generelle Morphologie, II, Band pg. CXL. ?2 GEGENBAUR, Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Vögel, jenaische Zeit- schr- B. 6,ng. 151. 3 GIEBEL, der letzte Schanzwirbel der Vogelskeletes. Zeitschr. für ges. Ntrwiss, B. 6. pg. 29. ff. 196 Dieser meist pflugschar — aber auch messerklingen — bis dorn- förmige Knochen, den ich Endkörper der Wirbelsäule nennen will, wird, wie ich schon sagte, von fast allen Anatomen als ein einziger allerdings bedeutend modifieirter Wirbel angesehn. Nur Owex ! weicht von dieser allgemeinen Auffassung ab, nach ihm verschmöl- zen bei den Vögeln die letzten zwei bis drei Endwirbel; in seiner Abhandlung über den Archaeopteryx giebt er mehr bestimmt an, die höchste Zahl der hier verwachsenden Wirbel sei drei. * Aber auch bei ihm finden sich diese Ideen nur beiläufig, eine durchge- führte Untersuchung, die namentlich auch die Anordnung der Steu- erfedern berücksichtigt, ist mir überhaupt nicht bekannt geworden. Ehe ich meine an Embryonen und jungen Thieren gewonnenen Resultate mittheile, scheint es mir nöthig aus dem nicht unansehn- lichen Reichthum von Formen, den der Endkörper bei den erwachsenen Individuen der ganzen Vogelreihe aufweist, wenigstens die hervor- zuheben welche für gegenwärtige Untersuchung von Wichtigkeit sind. Es treten nemlich am Endkörper auch der erwachsnen Vögel häufig Eigenthümlichkeiten auf, die sich nur erklären lassen, wenn man davon ausgeht, dass es sich hier um einen zusammengesetzten Knochen handelt. Am Endkörper lassen sich verschiedne Theile unterscheiden: erstens ein axaler Theil, der die Verlängrung der eigentlichen Wirbelsäule ist, bestehend aus einer nicht unbeträcht- lichen Zahl verwachsner Wirbelkörper; ferner eine obere Dornplatte (GIEBEL) hervorgegangen aus einer Verwachsung der obern Dorn- fortsätze der den axalen Theil bildenden Wirbelkörper, häufig finden sieh weiter seitliche Fortsätze in Gestalt von Flügeln und Leisten, gebildet durch die verwachsnen Querfortsätze; endlich tritt oft eine untere Dornplatte (GIEBEL) auf als Resultat der verwachse- nen untern Dornfortsätze oder Haemapophysen, der dem Schwanz zukommenden Homologa von Rippen. Die Papageyen, Spechte, Maerochiren, Tauben, Hühner, Sumpf- vögel und Longipennen zeigen wenig Besonderes, nur werde ich bei Besprechung der Steuerfedern auf gewisse dureh diese bedingte Modificationen des Endkörpers bei einigen Mitgliedern dieser Fami- ! Owen, Anat. Physiol. of Vertebr. Tom. II. pg. 37. 2 Wenigstens auf der Tafel. Ubrigens sagt auch Gegenbaur (l. e. pg. 182) von Otis: D)asın, ner wenig mächtige Plugscharbein bietet noch Spuren mehrfacher Wirbel dar. wo 197 lien zurück zu kommen haben. In den noch übrig bleibenden Grup- pen der Coceygomorphen, Raubvögel, Passerinen , Lamellirostren, Urinatoren, Steganopoden und Strausse finden sich jedoch einige interessante Verhältnisse des Endkörpers, auf die zum Theil Owen schon aufmerksam gemacht hat. ! Die Nashornvögel, diese in jeder Hinsicht interessante Familie der Coceygomorphen, zeigen auch am Endkörper besondre Eigen- thümlichkeiten; bei ihnen ist der Knochen im Verhältniss zum übrigen Scelet so gross und stark wie bei keiner andern Vogelfami- lie. Die obre Dornplatte ist schwach, auch der axale Theil und die Querfortsätze sind nieht bedeutend entwickelt, während die untre Dornplatte zu einer überwiegenden Geltung kommt. Sie ist hier, wie bei den meisten übrigen Coceygomorphen, nicht von den Sei- ten her sondern 'von oben nach unten zusammengedrückt, sodass die Unter-respeetive die Hinterseite des Körpers eine, ungefähr rhombische, Fläche bildet; an den Seiten dieser Fläche finden wir rechts wie links fünf Vorsprünge (so bei Buceros bicornis, siehe Fig. 1); die vier vordern jederseits liegen in einem continuirlichen Bogen: der fünfte und letzte bildet aber zusammen mit dem fünften der andern Seite das pfeilspitzenartig abgesetzte Ende der ganzen Wirbelsäule. Dies fünf Vorsprünge an jeder Seite sind die Andeu- tungen von eben so vielen verschmolznen untern Dornfortsätzen , welche beim nestjungen Vogel auch noch, wie ich später zeigen werde, getrennt vorhanden sind. Bei vielen Seeletten von erwachs- nen Bucerosarten, wenn nicht bei allen, ist übrigens der vor dem Endkörper gelegne Schwanzwirbel mit jenem durch Symphyse un- beweglich verbunden, ohne aber je vollständig mit ihm zu ver- wachsen. Wohl aber verwächst bei allen von mir untersuchten ganz entwickelten Sceletten der zwischen diesem letzten halbfreien und dem vorletzten ganz freien Schwanzwirbel gelegne untre Dorn- fortsatz mit dem Endkörper vollkommen, wird mit zu dessen untern Dornplatte gezogen. Auf diese Art formt der Endkörper vorn an der Unterseite einen Hacken, der oben ausgehöhlt ist und mit der gleichfalls ausgehöhlten Vorderfläche des letzten, halbfreien Wirbel- ! Owen, Anatomy of Vertebrates, Vol. II, pg. 37. 14 198 körpers eine gemeinsame Gelenkhöhle bildet, in der die eonvexe Hinterfläche des vorletzten Wirbelkörpers spielt. Dies so zu Stande gekommne Kugelgelenk ermöglicht es dass diese Vögel wie die Rhamphasten ihren Schwanz auf eine auffallende, höchst barokke Manier auf den Rücken in die Höhe klappen können'. Der End- körper ist übrigens einer der pneumatischsten Knochen am Buce- rosscelet. Aehnliche Spuren eines ursprünglich nicht verwachsnen Zustands der die untre Dornplatte bildenden Fortsätze kommen auch bei vielen Tagraubvöglen vor, nur sind es hier nicht sowohl Vor- sprünge als vielmehr Lücken und Löcher, die jedoch nie sehr zahl- reich sind; auch ist ihr Vorhandensein und der Grad ihrer Entwick- lung bedeutenden individuellen Schwankungen unterworfen die viel- leicht auf Rechnung des Geschlechts oder wahrscheinlicher des Alters zu setzen sind. Bei Buteo finde ich ziemlich constant ein die Dornplatte quer durchsetzendes Loch, bei Gypaötus barbatus aber deren drei, zwei vordre über einander liegende und ein hinteres. Bei Aquila und besonders bei Gypogeranus secretarius sind die Verhältnisse eomplieirter. Diese Vögel haben sechs freie Schwanzwir- bel und zwischen den fünf hintersten vier Haemapophysen, die erste ist klein, gegabelt, die dritte und vierte endlich bilden, in- dem die Enden der Gablung mit einander verwachsen geschlossne Canäle. Aenliche Verhältnisse zeigt der Endkörper. Die untre Dorn- platte ist von den Seiten her durch ein grosses rundes Loch quer durchbrochen; in der Hinterfläche findet sich ein noch grössres Loch (Fig. 4 & 5) Es handelt sich bier also um eine nur partielle Verwachsung der ersten untern Dornfortsätze des Endkörpers, diese Verwachsung zeigt sich, erstens: in Knochenbrücken die den vor- dern Fortsatz mit dem zweiten verbinden; zweitens: in dem dün- nen knöchernen Verbindungsstück das die beiden gabligen Enden des ersten Dornfortsatzes unter einander vereinigt. Eine ähnliche kleine Öffnung fand ich bei Milvus govinda in der Hinterfläche des Endkörpers. Dergleichen Lücken zeigen auch einige Steganopoden, I Horsrienp and Moor£E, A catalogue of the birds in the mus. ot the E. I. Com- pany. Vol. II, pg. 602. 199 constant wie scheint nur Fregatta (eins) aber ich habe es auch ein- mal an einem erwachsnen Scelet von Sula piscatrix gesehn. In der obern Dornplatte fand ich bei Psophia ein Loch, ebenso unter den rabenartigen Vögeln bei Barita, Coronica und Cora- eias, bisweilen ist hier jedoch diese Öffnung verschwunden und findet sich statt dessen nur eine dünne Stelle im Knochen. Bei einigen Vöglen treten nun am Endkörper noch einige andre Do- ceumente einer Verwachsung aus mehrern Knochen auf. Namentlich sind es wieder, wie beı Buceros, Vorsprünge sowohl im Rand der obern, als auch besonders der untern Dornplatte; beim Raben sind es an letztrer vier und wenn man die vordre Ecke, also den ersten untern Dornfortsatz mit rechnet fünf, die drei letzten treten auch an der obern Dornplatte deutlich zu Tage. Bei Podiceps sind diese Vorsprünge oft sehr deutliche Knötchen, drei im Rande der untern und zwei der obern Dornplatte. Aehnlich verhalten sieh Enten und auch am Endkörper des Strausses kann man aus solchen Höckerchen erkennen dass er sich eigentlich aus 4 Wirbeln zusammensetzt. Die Querfortsätze sind meist nur vom ersten Wirbel des Endkör- pers deutlich erkennbar, so beim Pfau, bei Gypogeranus, Gypa&- tus und andern Raubvögeln; bei den Spechten und den meisten Coceygomorphen verschmelzen die Querfortsätze der beiden ersten Wirbel zu einer Platte, unverschmolzen treten sie häufig bei Raben auf. Bisweilen findet sich am Endkörper eine interressante individuelle Varietät; er ist dann viel kleiner während die Zahl der freien Schwanzwirbel sich um einen vermehrt hat, d. h. also die Ver- mehrung dieser freien Wirbel ist auf Kosten des Endkörpers vor sich gegangen indem ausnahmsweise dessen vorderster Wirbel nieht mit den übrigen verwuchs. Diese Erscheinung sah ich an einem Scelet von Centropus eurycereus, das vollkommen ausge- wachsen war und sich von einem andern in Nichts weiter unter- schied, und in einem ebenfalls ausgewachsnen Scelet von einer Myc- teria, in dem letzten Falle zeigte ein andres Scelet derselben Art (americana) mit grösserem Endkörper in der untern Dornplatte ein Loch. / Die Untersuchungen des Endkörpers im foetalen und nestjungen Zustand nahm ich vor an Buceros, Eurylaimus, der Dohle, der Hausente, dem Cormoran und dem Strauss. Leider war es mir trotz 14: 200 der grössten Mühe nicht möglich passende Alterstadien vom Pfau, Spechten und Raubvögeln zu erhalten; es ist sehr schwierig, ja geradezu unmöglich in voraus zu sagen, welches Stadium bei diesem oder jenem Vogel das zur Untersuchung geeignete sei; so verknö- chert z. B. bei Dohlen der ganze Endkörper sehr frühzeitig, während er beim Cormoran noch einige Tage, nachdem der Vogel das Ei verlassen hat, ganz knorplig bleibt; sehr geeignet zur Untersuchung dieser Verhältnisse sind dem Auskriechen nahe Entenfoetus. Von Buceros untersuchte ich das macerirte Scelet eines nahezu flüggen Individuum’s von plicatus. Der Endkörper wird hier aus 15 einzelnen Knochenstüken gebildet, wenigstens liessen diese an dem Scelet sich unterscheiden, doch glaube ich dass es noch einige mehr sind. Fünf davon sind Wirbelkörper, deren vorderster am meisten und besonders in die Breite entwickelt ist auch trägt er allein einen deutlichen obern Dornfortsatz. Der zweite, dritte und vierte Wirbel sind sich sehr ähnlich gestaltet, nur verjüngen sie sich, besonders was die Breite betrifft, allmälig nach hinten; der fünfte und letzte Wirbel endlich ist ein seitlich stark zusammenge- drückter Kegel. Alle vier lassen keine obern Dornfortsätze erken- nen, diese finden ihren Ausdruck blos darin dass diese Wirbel von den Seiten nach oben keilförmig zulaufen. Die untre Dornplatte wird aus sechs discreten Stücken geformt, fünf davon liegen in einer Reihe, das sechste ist der hier, wie erwähnt, noch zwischen den beiden nicht mit zum Endkörper verschmelzenden Schwanz- wirbeln gelegene, untere Dornfortsatz. Von den eigentlichen zum Endkörper gehörenden Dornfortsätzen ist der erste ein kleines run- des Knöchelchen, der zweite bis vierte sind bedeutend grösser in der Mitte biseuitartig eingeschnürt, auf diese Art entstehn in der unter Dornplatte Lücken zwischen dem zweiten und dritten, und zwischen diesem und vierten untern Dornfortsatze, die mit einer Membran überspannt sind. Diese Biseuitform scheint mir dafür zu sprechen , das wenigstens der zweite bis vierte Dornfortsatz von zwei Kernen aus verknöchern, wofür auch die gegabelte Form der untern Dornfortsätze am Schwanz nmiancher Vögel und auch Säuge- thiere z. B. des Nilpferds sprechen kann. Der letzte untre Dorn- fortsatz ist bei Buceros ein sehr in die Länge ausgezognes bis an das Ende durehgehndes Dreieck. Die vier übrigen Stücke die den 201 Endkörper bilden helfen sind die Querfortsätze des zweiten und dritten Wirbels, die aus selbständigen Knochenkernen sich ent- wickeln, was höchst wahrscheinlich auch für die Querfortsätze des ersten Wirbels der Fall ist, obwohl dieselben an dem von mir untersuchten Scelet mit dem Wirbelkörper schon vollkommen ver- wachsen sind. Die Querfortsätze des zweiten Wirbels liegen an dessen Seitentheilen nahe dem Vorderrand und sind stecknadelknopf- grosse, runde Knöchelchen, die des dritten Wirbels sind viel klei- ner und liegen jederseits in einer Membrane, die über eine zwi- schen zweiten und drittem Wirbel befindlichen Lücke ausgespannt ist. Ich habe übrigens diese Erscheinung bei keinem Vogel weiter auffinden können, es kommt auch hier sehr viel auf die Stufe der Entwicklung an und ein günstiger Zufall hat bei Präparation des in Rede stehnden Scelets gerade diese Stufe getroffen. Ein Foetus von Eurylaimus zeigte dass der Endkörper hier aus 10 Stücken bestand, aus sechs Wirbelkörpern und aus vier untern Dornfortsätzen, dies Verhalten wurde jedoch erst nach einem Längs- schnitt deutlich, da am Endkörper noch die Knorpelmasse vor- herschend war, in der die einzelnen Knochen als, allerdings und besonders was die Wirbelkörper betraf recht weit fortgeschrittne, Kerne lagen. Während bei Buceros und Eurylaimus neben den Wirbelkörpern besonders die untern Dornfortsätze stark und deut- lieh ausgeprägt, die obern aber noch gar nicht oder doch nur sehr gering entwickelt waren, trat bei Anas boschas das umgekehrte Verhältniss auf. Hier bestand der foetale Endkörper aus sechs Wir- belkörpern, die sämmtliche mit ansehnlichen obern Dornfortsätzen ausgestattet waren. Die beiden vordersten dieser Wirbelkörper hatten die Gestalt freier Wirbel, d. h. es waren hohe Scheiben wie Brettspielsteine, die drei folgenden waren linsenartig abgerundet, der letzte endlich kegelförmig. An den beiden ersten Wirbeln waren die obern Dornfortsätze schon mit den Körpern verwachsen an den übrigen noch nieht, am letzten sogar durch Knorpelmasse noch sehr deutlich geschieden; sie nahmen übrigens nicht in demselben Ver- hältniss wie die Körper nach hinten zu ab, sondern viel geringer, sodass am letzten Wirbel der Dornfortsatz dem Körper an Grösse fast gleich war. Beim Strauss setzt sich, wie mich die Untersu- chung eines Foetus, — den ich der Güte meines Freundes, Herrn 1 202 Professor SELNEKA’S verdankte —, lehrte, der Endkörper aus vier Wirbeln zusammen, was man auch am Scelet des erwachsnen Vogels deutlich erkennen kann, da in dem hintern oder untern Rand des Endkörpers drei Höcker auftreten, an den Stellen, wo je zwei Wirbel mit einander verwachsen sind; der erste dieser Wirbel besitzt deutliche Qnerfortsätze. Wenig lohnend war die Untersuchung des nestjungen Cormorans; ich fand hier im Endkörper nur drei kleine Knochenkerne, aber gewiss wird bei einer günstigern Al- tersstufe auch hier ihre Zahl eine grössere sein, zumal hinter die- sen drei Kernen noch ein beträchtlich langer, kegelförmiger Knor- pelfortsatz lag. Es ist bemerkenswerth dass die Verknöchrung der Schwanzwirbel an Endkörper von vorn nach hinten vor sich geht, die Verwachsung dieser Wirbel aber von hinten nach vorn, — eine ontogenetische Recapitulation der Phylogenese der Endkörpers. Man wird nun, gestützt auf die trefflichen Untersuchungen GEGEN- BAUR’S über das Becken der Vögel und auf die Resultate, die ich betreffs des Endkörpers der Vogelwirbelsäule gewonnen habe, fin- den dass die Zahl der Schwanzwirbel der Ornithuren den Saururen gegenüber so ungemein redueirt nicht ist. Cuvırr zählt bei der Ente 3 Schwanzwirbel, während sich in Wahrheit folgende Zahl ergiebt: 7 liegen in Becken, 5 sind freie Schwanzwirbel und 6 bilden den Endkörper, daher sind in Summa 18 Schwanzwirbel vorhanden; bei Buceros liegen 5 im Becken, 6 sind frei und 5 bilden den Endkörper — Summa 14, ete. DiE STEUERFEDERN. Nachdem im Obigen nachgewiesen wurde dass der Schwanz der Vögel in seinem knöchernen Theil mit dem des Archaeopteryx im Wesentlichen vollkommen übereinstimmt, tritt in zweiter Linie die Frage an uns heran, wie sich denn die Verhältnisse der Steuerfe- dern, ihre Zahl und ihre Gruppirung von der Art des Auftretens dieser Federn beim Archaeopteryx herleiten lassen. Der Archaeop- teryx besass bei 22 Sehwanzwirbeln 40 Steuerfedern, jeder der 20 letzten Wirbel hatte jederseits eine; bei den meisten Vogelgruppen der Jetztzeit finden sich 10 oder 12 Steuerfedern im Ganzen; fast ausnahmslos treten sie in geraden Zahlen auf und vertheilen sieh 203 gleichmässig auf beide Seiten. Beim Archaeopteryx sind sie längs des schlanken Schwanzes, wie ober erwähnt wurde, fieder- oder federbarten-artig angeordnet, während sie bei den lebenden Vogel- formen am Ende der Wirbelsäule in einem flachen Bogen in Gestalt eines Fächers stehn. Dies sind gewiss bemerkenswerthe Unterschiede, aber wenn wir im Auge behalten dass der Endkörper der Wirbelsäule bei den meisten Vögeln aus 5—6 verschmolzenen Wirbeln besteht, so gar unerklärlich doch nicht. Denken wir uns z. B. der Endkörper von Buceros, welches Genus jederseits fünf Steuerfedern hat, bestände in seiner jetzigen Gestalt ohne dass aber die Wirbel verschmolzen wären, diese Wirbel wären ferner nicht knöchern sondern dehnbar, elastisch wie etwa Kautschuk; nur zöge man an diesem dehnbaren Endkörper, sofort würde er (siehe das beigefügte Schema in Holz- schnitt) seine Proportionen ändern, die einzelnen Wirbel würden sich strecken, mit ihnen zugleich die sie umgebende Muskel- und Fettmasse, die in der Haut befestigten Steuerfedern würden aber gewissermassen ihre Lage behalten, nur würden die Zwischen- räume zwischen ihnen grösser werden und sie selbst würden zur Wirbelsäule senkrechter zu stehn kommen: es würde sich also die fächerartige Anordnung verlieren, das ganze Ende des Schwanzes würde mit den fünf letzten Wirbeln des Archaeopteryx- Schwan- zes übereinstimmen, hier wie dort hätten wir eine Reihe schlanker Wirbel, die, wie ein Federkiel die Barten, so an jeder Seite die Steuerfedern trügen. 204 Oder stellen wir uns umgekehrt vor bei Archaeopteryx wären die Beekenknochen verlängert, die sieben ersten Schwanzwirbel mit ihnen verwachsen, die fünf letzten aber zu einem einzigen Knochen zusammengedrückt und verschmolzen. In diesem Falle wür- den natürlich die Steuerfedern der sieben ersten Wirbel wegfallen und die zehn Steuerfedern der fünf letzten Wirbel würden, indem sie dem zusammendrücken derselben folgten, in einem flachen Bo- gen eine fächerartige Anordnung nehmen. Es bleibt jetzt nur noch die Frage zu erörtern, wie die Steuerfedern welche zu den freien zwischen Becken und Endkörper gelegnen Wirbeln gehörten, ver- schwanden. In einer fliegenden Thierordnung werden die bessern Flieger selbstverständlich auch die bessern Chancen im Kampt ums Dasein und bessre Gelegenheit ihre Eigenthümlichkeiten zu ver- erben gehabt haben. Der Flug des Archaeopteryx wird verglichen mit dem Fluge der meisten lebenden Vögel ein schwerfälliger ge- wesen sein, seine Flügel waren kurz, abgerundet und der lange schwere Schwanz war kaum ein Steuer sonder wohl nur indem das Thier die Federn desselben ausbreitete, eine Art Fallschirm; meist wird es in einer geraden Linie ohne grosse Schwenkungen geflogen haben und bei einigermassen windigem Wetter wird der ganze Flug sehr problematisch geworden sein. Der erste Fortschritt zum bessern Fliegen war nun, dass, indem der lange Eidech- senschwanz sich nach und nach zum wirklichen Vogelschwanz modifieirte, zugleich auch alle Steuerfedern kleiner wurden; aut einer viel spätern Stufe wurden dann erst die zum Endkörper ge- hörigen Steuerfedern wieder grösser während zugleich die zu den zwischen Becken und Endkörper gelegnen Wirbel gehörigen Federn als überflüssig ja hinderlich verschwanden; so entstand endlich jenes vortreffliehe Ruder ohne dass der Flug zwar schnell sein kann aber unsicher und ohne die Möglichkeit rascher Wendungen bleibt. Es ist interessant dass es wirklich noch Vogelfamilien giebt, die auf dem oben angegebnen zweiten Standpunkt der Entwick- lung stehn, wo also das knöcherne Gerüst des Schwanzes zwar verkleinert ist, die Steuerfedern aber, welche in grössrer Zahl auf- treten als das Doppelte der die Endkörper bildenden Wirbel be- trägt, relativ kurz sind, dergleichen Familien sind die Lamelliros- tren, die Urinatoren und Steganopoden wenigstens in vielen Arten, 205 die Kürze ihrer Steuerfedern ist also nicht aus einer Kückbildung derselben andern Vögeln gegenüber hervorgegangen sondern sind sie umgekehrt ein frührer Zustand. Die Zahl der Steuerfedern ist bei den erwähnten Familien oft eine sehr bedeutende so haben die Enten bis 20, Gänse 18, Eudytes 18, Pelicane sogar 24; diese Zahlen sind bei den verschiednen oft nah verwanden Arten bedeu- tenden Schwankungen unterwerfen, ja bei manchen Arten beson- ders der Lamellirostren finden sich häufig individuelle Varietäten bis zu dem Grade dass die Steuerfedern in ungerader Zahl auftre- ten; wenn dies letzste der Fall ist so zeigt sich die einzelne Pen- dant-lose Feder immer an der einen Seiten oben, z. B. einerseits 8 an den andern Seite 9 (Tauchenten), nie aber tritt eine mittlere unpaare auf. Es ist übrigens für diese Erscheinung constatirt dass wirklich die Steuerfedern in ungerader Zahl gewachsen sind ohne dass etwa an der einen Seite eine ausgefallen wäre. ' Dies ganze Verhalten, die Schwankung in der Zahl der Steuer- federn bei nahe verwanden sogar bei denselben Arten, macht ganz den Eindruck als ob diese Vögel in der Bildung des Schwanzes noch nicht zum Abschluss gekommen seien, als ob dieser Körper- theil vielmehr noch in lebhafter Anpassung begriffen sei. Ich halte übrigens die in Rede stehnden Vögel und ganz besonders die Stega- nopoden für diejenigen lebenden Formen die den Reptilien am nächsten stehn; jedenfalls sind sie, abgesehn von vielen andern Eigenthümlichkeiten, Bau der Eischaale, ete. relativ schr alt da Reste von ihnen bereits in der Kreide vorkommen, also zu den ältst, bekannten Ornitholithen gehören. Es ist von vorn herein zu erwarten, dass an einem so variablen Theil der Vogelkörpers wie der Schwanz und besonders dessen Federtheil ist, auch Rückschläge auftreten und es giebt deren an den Steuerfedern vor zweierlei Art, durch zweierlei Ursachen be- dingt. Einmal hat der Mensch durch künstliche Zuchtwahl bei Tauben Rassen erzieht, deren Steuerfedern sich bis auf 20 ver- mehrt haben, dann sind zweitens durch jene allmächtige Verändrerin der höhren Thiere, durch die geschlechtliche Zuchtwahl, gerade die Steuerfedern häufigen und bedeutenden Modificationen unterwor- ! Vergleiche hierzu besonders Nırzsc# in seiner Pterylographie. 206 fen worden. Neben grösserm Farbenglanz und besondrer Form ein- zelner Steuerfedern tritt häufig auch zur Erreichung eines prächti- gern Anblicks eine grössre Zahl als bei nah verwanden Familien auf, so unter den Hühnervögeln bei Pterocles, Tetrao, Gallus und besonders bei Ceriornis. Oder es finden sich, gleichfalls als ein Resultat geschlechtlicher Zuchtwahl, bei gewissen Arten eine andren verwandten Arten gegenüber beträchtliche Menge Steuerfe- dern zur Erzielung einer, wie Darwın es nennt Instrumentalmu- sik, dies ist der Fall in der Familie der Schnepfen, namentlich ist bei Scolopax stenoptera die Zahl auf 26 gestiegen und zeigen besonders die äussren 3 Federn jederseits noch eine eigenthiimliche Form. Wie durch die Modifieation des knöchernen Schwanzes die Zahl und Anordnug der Steuerfedern bei den Vögeln verändert ist, so haben die Steuerfedern ihrerseits wieder bei einigen Vögeln auf den Endkörper eingewirkt. So bildet er bei manchen Hühnervögeln, die besonders lange Schwanzfedern haben, eine Trageplatte, dieselbe ist bei Polypleetron schmal und wird vom vordren Theile der obern Dornplatte gebildet, stärker und oben löffelartig ausgehöhlt ist sie bei Arcus, am kolossalsten ist diese Trageplatte beim Pfau, in der vordern Hälfte wird sie von der obern Dornplatte und den Quer- fortsätzen, in der hintern aber vom axalen Theile selbst und viel- leicht sogar von Partien der untern Dornplatte gebildet. Um dies genau eonstatiren zu können, muss man, wozu ich nicht in der Gelegenheit war, junge Thiere untersuchen. Man könnte diese Erscheinung einen tertiären sexuellen Charakter nennen , da sie durch einen seeundären verursacht wird. Bei Speehten ist bekanntlich der Endkörper gleichfalls durch die Steuerfedern modifieirt, durch die in Folge des häufigen, Anstemmens derselben auf ihn ausgeübten Drucke erscheint er zu einer grossen Platte verbreitert und überhaupt beträchtlich ent- wickelt. MUSCULATUR. Bei den von mir untersuchten Fötus und jungen Thieren traf ich am Schwanze mehrere merkwürdige Verhältnisse der Museulatur an, die ich bis jetzt nirgends erwähnt gefunden habe. Ausser den be- kannten Muskeln die massiger entwickelt zur Schwanzbewegung im 207 Grossen dienen stiess ich hier auf eine ganze Anzahl merkwürdiger kleiner Muskelbündelehen: zunächst auf der Oberseite des Schwan- zes traten sehr allgemein zwischen den obern Dornfortsatzen starke Bündel als interspinales auf, überall fand ich sie einfach nur beim Straussfötus, dessen obre Dornfortsätze wie beim Erwachsnen ga- blig gespalten sind, waren zwei vorhanden. Eurylaimus hat im Ju- gendzustand bei stark entwickelten Querfortsätzen der freien Schwanz- wirbel auch nieht unbeträchtliche Muskelbündelchen als intertrans- versarii, dieselben fand ich, wenn auch schwächer beim Cormoran wieder, vermisste sie jedoch beim Strauss. Bei Eurylaimus gingen ferner von der Unterseite der Querfortsätze Muskelbündelchen nach hinten an die Haemapophysen, da diese aber gewiss die Ho- mologa von Rippen sind, so glaube ich auch jene Bündelehen als Homologa der levatores costarum auffassen zu müssen. Auch beim Strauss fand ich diese Bündelehen wieder, da hier aber die rudi- mentären Sehwanzrippen bis zum Verschwinden rückgebildet sind so setzen sie sich eintach an die Unterseite jedes folgenden Wirbels ziemlich in die Mitte. Zwischen den einzelnen untern Dornfortsätzen sind bei Vogel- fötus häufig schwache Muskelbündelehen ausgespannt, die ich für nichts andres als Homologa der intereostales halte; beim Strauss wo wie eben erwähnt die Haemapophysen am Schwanze fehlen, be- gegnete ich doch diesen Muskelchen, welche die Wirbel, auf der Unterseite des Schwanzes von Körper zu Körper gehend, verbanden. Allediese zwischen einzelnen Wirbelpartieen auftretenden Muskelehen — die als Aufwärtskrümmer (interspinales) Abwärtskrümmer (intercos- tales) und Seitwärtskrümmer (intertransversarii und levatores cos- tarum) erscheinen — finden wir bei den erwachsnen Vögeln aus- nahmslos als Bänder wieder; ein solehes Band, das von oberm Dornfortsatze zu oberm Dornfortsatze geht, ist der Rest jener In- terspinal-Muskeln des jungen Vogels, wie wir auch nirgends zwischen den Querfortsätzen vergebens nach intertransversaren Bändern suchen, ete. In dieser Hinsieht war mir das erwähnte Scelet des jungen pli- catus ganz besonders lehrreich, hier waren alle jene oben erwähn- ten Muskelbündelchen bereits als Bänder vorhanden, aber in der Masse dieser Bänder konnte ich bei mieroscopischer Untersuchung stellenweis muskulöse Elemente noch deutlich unterscheiden. 208 ’ An dem Endkörper zeigen sie übrigens diese von den freien Schwanzwirbeln beschrieben Verhältnisse nur an den ersten drei Wirbeln und hier werden diese Muskelehen nicht nur zu Bän- dern, sondern diese Bänder verknöchern ihrerseits wieder; beson- ders deutlich ist dies an manchen Raubvögeln zu sehn, jene unter- halb der im Endkörper auftretenden Löcher gelegnen Knochen- brücken (siehe Fig. 2) sind nichts als derartige verknöcherte Bän- der, die ihrerseits wieder einst musculi intercostales waren. RESUM& UND SCHLUSS. Die Resultate zu den ich in obiger Untersuchung gekommen bin lassen sich folgendermassen kurz resumiren: 1) Der knöcherne Schwanz der Vögel besteht aus einer bedeu- tendern Anzahl Wirbel als bisher ziemlich allgemein angenommen wurde, einige verwachsen mit Beckenknochen (GEGENBAUR), andre bleiben frei und drittens endlich verschmelzen am Ende fünf oder sechs zum Endkörper, wofür ausser den Fötus und jungen Thieren auch einige Vögelarten im erwachsnen Zustande durch Lücken und Vorsprünge in und am Endkörper den Beweis liefern. 2) An der Bildung dieses Endkörpers betheiligen sich auch noch einige andre, ursprünglich diserete Knochenstücke, so untre Dorn- und Querfortsätze. 3) Das Verhalten der Steuerfedern ist erst durch die Verändrung der Wirbelsäule bedingt, ihre Zahl hängt häufig ab von der Zahl der zum Endkörper verschmolznen Wirbel, und durch diese Verschmel- zung wurde ihre ursprüngliche (Archaeopteryx) fiederartige Anordung eine fächerartige. 4) Wenn, wie bei Lamellirostren, Steganopoden und andern, zahlreiche kleine Steuerfedern auftreten, so ist dies nicht als eine Rückbildung der Steuerfedern gegenwärtig noch lebender, ächter Vogelformen sonder ausgestorbner den Reptilien nahestehnder For- men aufzufassen, aus welcher Rückbildung sich erst wieder die langen Steuerfedern lebender Vögel durch Anpassung entwickelten. 5) In einigen Fällen kann sich die Zahl der Steuerfedern ohne direete sondern durch latente Vererbung, durch Rückschläge , ver- mehren, sei es in Folge künstlicher Zuchtwahl (Tauben) oder ge- schlechtlieher (einige Hühner, Menura, mehrere Schnepfen). 209 6) Am Schwanze der Fötus und junger Vögel treten Muskelbün- delchen auf, die im spätern Alter zu Bändern werden, respective verknöchern, aber gewissen Muskeln der Rumpfes homolog sind. Mit obiger Arbeit ist die Untersuchung über den Vogelschwanz und namentlich über sein Verhalten zum Schwanze der Reptilien und des Archaeopteryx selbstredend noch lange nicht abgeschlossen. Es gehört hierzu ein reicheres Material an jungen Thieren als mir zu Gebote stand, besonders aber muss noch die Musculatur dieses Theiles bei Reptilien verglichen werden. Der Uebergang in andre Verhältnisse — in denen ich voraussichtlich nieht sobald die nöthige Zeit haben werde, diese Untersuchungen wieder aufzunehmen und wo nur seltne günstige Umstände mir das nöthige Material in die Hände spielen können, — veranlasste mich gegenwärtige Arbeit in einer Gestalt zu publiciren, die von der gehörigen Vollendung, wie ich mir selber wohl bewusst bin, noch sehr weit entfernt ist. Weimar im März 1372. ERKLARUNG DER ABBILDUNGEN. Fig. 1. Buceros bicornis, Endkörper, a, db, c, d. e, die fünf Vorsprünge am Seitenrande, des Ausdruck ebenso vieler Wirbel. 2. Gypogeranus secretarius, Endkörper, @, erster 5, zweiter untrer Dorn- fortsatz, durch eine Knochenbrücke verbunden, sodass in der un- tern Dornplatte eine seitliche Lücke c, zu Stande kommt. 3. Endkörper desselben Vogels von hinten; «a, untrer zwischen letztem und vorletztem freien Schwanzwirbel gelegne Dornfortsatz, 5, Kno- chenbrücke zwischen dem ersten und zweiten untern Dornfortsatz des Endkörpers, von der entsprechenden Knochenbrücke der andern Seite durch eine ansehnliche Lücke, c, getrennt, d und e, Spuren eines dritten und vierten untern Dornfortsatzes. 4. Buteo vulgaris, Endkörper, «, Lücke in der untern Dornplatte, 5, erster c, zweiter untrer Dornfortsatz. 210 5. Gypaötus barbatus, Endkörper, a, erster, 5, zweiter, c, dritter untrer Dornfortsatz, d und e, Lücken zwischen denselben, in Folge mangelhafter Verwachsung der untern Dornfortsätze zur Dornplatte. 6. Corvus corone Endkörper, a, Querfortsatz des ersten und 5, des zweiten zum Endkörper verschmolzenen Wirbels, c, erster d, zwei- ter, e, dritter. f, vierter, 9, fünfter untrer Dornfortsatz, Ah, dünne Stelle (bisweilen Lücke) in der obern Dornplatte, hervorge- gangen aus unvolkommner Verwachsung obrer Dornfortsätze. 7. Podiceps minor, Endkörper, a, d, c, die drei ersten untern Dorn- fortsätze, d, e, die beiden letzten obern. 8. Sula piscatrix, Endkörper, «a, Lücke zwischen ersten und zweiten unterm Dornfortsatze. 9. Struthio camelus, Ende des Schwanzes der erwachsnen Vogels, A, Endkörper, hervorgegangen aus 4 verschmolzenen Wirbeln , dessen erster einen Qnerfortsatz zeigt, «, «', Bänder von Querfortsatz zu folgendem Wirbel (homolog der musculi levatores costarum) 5b, b', Bänder von Dornfortsatz zu Dornfortsatz (interspinales) e, ce’, von Wirbel zu Wirbel (von rudimentärer Rippe zu Rippe, intercostales). 10. Centropus euryceros, A, Endkörper des einen Exemplars wie es nor- mal ist für die Gattung Centropus, 3, Varietät, indem der erste Wirbel des Endkörpers frei geblieben ist. 44@. Endkörper der nestjungen Buceros plicatus, A, Reihe der Wirbel- körper B, der untern Dornfortsätze; der zwischen vorletztem und letztem freien Wirbelkörper gelegne untre Dornfortsatz verschmilzt mit dem Endkörper a, «', a’, Qnerfortsätze. 415. Derselbe von hinten, Reihe (1—5) der untern Dornfortsätze = und x rautenförmige Lücken zwischen untern Dornfortsätzen. 142. Eurylaimus spec. Schwanzende der Fötus, die 6 letzten Wirbel bilden den Endkörper A. 13. Anas boschas, Ende der Wirbelsäule, A, Reihe der Wirbel die zum Endkörper verschmelzen, «, Körper, 5, obere Dornfortsätze. 14. Eurylaimus spec. Schwanz der Nestjungen von unter, @«, a, Mus- kelbündelchen zwischen Querfortsätzen, 5, 5 von Querfortsätzen zu Haemapophysen, diese Homologa der m. m. intertransversarii und levatores costarum werden zeitig zu Bändern. DIE ANLAGE DER KEIMBLATTER BEI PURPURA LAPILLUS. VON EMIL SELENKA. (HIERZU TAFEL XV). Embryologische Studien an Purpura lapillus haben mir einige Thatsachen erschlossen , welehe über die erste Anlage der Keimblät- ter neue Aufschlüsse geben. Zugleich werden damit auch die älteren Beschreibungen der ersten Entwiekelungsstadien von Prosobranchien dem Verständnisse näher gebracht; denn während sich bei diesen der Zusammenhang des äusseren und inneren Keimblatts wegen der totalen Dotterfurchung bisher dem Auge entzog, lassen die Embryonen von Purpura dieses Verhältniss klar erkennen, weil hier von vorn herein die Lage und Form der embryonalen Darmhöhle durch den Nahrungsdotter bestimmt ist. Ehe ich jedoch die Bildung der Keimblätter näher erörtere, halte ich es für nöthig, zuvor der Eierkapseln und des ganzen Inhalts derselben zu gedenken: die Embryonalanlage wird dadurch weit verständlicher. Die Eierkapseln von Purpura lapillus (A) sind flaschenförmig. Zu zehn bis fünfzig sitzen sie, dieht gedrängt, einer structurlosen Membran auf, welche wieder an Felsen oder Gehäusen-klebt und bis quadratzollgrosse Flächen bedeckt. Sowohl die gelbe, lederartige Kapsel als auch das zähe innere auskleidende Häutchen sind leicht permeabel für Wasser; in süsses Wasser gelegt, quellen sie; aus 212 dem Wasser gehoben, zeigen sie schon nach einer halben Stunde Runzelungen auf der Oberfläche, ein Beweis dass Wasser verdampft ist. Wenn die Embryonen reif geworden sind, springt am freien Ende ein Deekelchen ab, indem zugleich ein Gallertpfropf heraus- getrieben wird (CO y). Auch durch den Druck zwischen den Fingern lässt sich der Deckel sprengen. Zum Zweck der Untersuchung der Eier thut man jedoch besser, mit einem raschen Scheerenschnitt den Dop der Eierkapsel abzuschneiden; es lässt sich dann mit einiger Vorsicht der ganze Inhalt unlädirt vermittels des zähen ausklei- denden structurlosen Häutchens herausheben. Eine junge Eierkapsel enthält 400 bis 600, etwa 0,18 Mm. grosse Eier, welche in klarem fadenzichenden Eiweis auf dem Grunde der Eikapsel liegen (B). Die Eier selbst sind nackt. Sie bestehen aus sehr weichem Pro- toplasma mit zahlreichen eingestreuten ellipsoidischen Dotterkörnchen. In der Mitte des Eies liegt ein membranloser Kern mit grossem Kernkörper. Nur 10 bis 16 dieser Eier bilden sich zu Embryonen aus; sie sind vielleicht die allein befruchteten und liegen, wie es scheint, immer peripherisch um den Complex der sterilen Eier hin. Die übrigen 400-600 sterilen Eier dienen später den Embryonen zur Nahrung; sie theilen sich zwar auch, doch kann ich diesen Vorgang nicht für identisch halten mit dem weiter unten geschilderten Fur- chungsprocess, und zwar aus folgenden Gründen nicht: 1) Geht die Zerklüftung in den sterilen Eiern ganz regellos vor sich; kleine und grosse, locker zusammenhangende oder nur sich berührende Kugeln, in der Zahl von 2 bis 20 zusammengruppirt, sind die End- producte des Zerklüftungsprocesses. 2) Bei einzelnen tritt die Theilung sogar überhaupt nicht ein. 3) In den Zerklüftungskugeln sah ich keinen Kern, auch mit Hilfe des Compressoriums nicht, während die Furchungszellen der fruchtbaren Eier auffallend grosse Nuclei besitzen. Vielleicht stammen die zwischen den Eiern eingestreuten grossen Kerne von den sterilen Eiern her, bei deren Zerklüftung sie ausgestossen wurden; dafür spricht der Umstand, dass sich solch ein Kern bei den nicht zerklüfteten Eiern noch vorfindet. 4) Die Zerklüftungskugeln der sterilen Eier ähneln ganz denen des Nah- rungsdotters bei den fruchtbaren Eiern: sie bleiben dunkel und 215 undurchsichtig, weil die Dotterkörnchen nicht während der Eithei- lung zerfallen und sich auflösen -— im Gegensatz zu den Bildungs- zellen der fruchtbaren Eier, die sich während der Furehung auf- hellen (vergl. 1—5). Diese Gründe bestimmen mich, den Theilungs- process der sterilen Eier, sowie das Zerfallen des Nahrungsdotters der fruchtbaren Eier als Zerklüftung zu deuten. Experimentell konnte ieh die Frage nicht entscheiden wegen Mangels an ganz frischem Material. Wenden wir uns nun zum Furchungsprocess der fruchtbaren Eier. Diese sind schon frühe kenntlich an dem helleren, durehschei- nenden “Bildungspole” (1, B); es lösen sich die ellipsoidischen Dotterkörner auf und zerfallen in kleine Körnchen von unregelmäs- siger Gestalt. Mit dem Sichtbarwerden des Zellkerns in diesem Pole tritt die erste Furchung auf, welche einen Bildungsdotter und einen Nahrungsdotter unterscheiden lässt; letzterer beträgt ungefähr drei Fünftel des ganzen Eiinhalts. Es ist dies wohl das erste Beispiel eines meroblastischen Eies unter den Prosobranchien. Ein oder zwei Richtungsbläschen oder eine Zwillingszelle (1, .) treten aus jedem fruchtbaren Ei heraus. Da die Eier keine eigene Umhüllungshaut besitzen, wodurch die Furehungszellen bei einander gehalten werden wie Z. B. bei Ter- gipes ', so ist die Weiterentwickelung dadurch gesichert, dass die Furchungszellen in innigem Zusammenhang bleiben, so zwar dass sie einander abplatten und in Flächen berühren, ganz im Gegensatz zu Tergipes, wo sie lange Zeit sich als wirkliche Furchungskugeln erhalten. Die Furchungshalbkugel des Bildungsdotters theilt sich nun bald in vier, dann in viele kleinere Zellen, alle mit grossem Kern und Kerukörper. Die kleinsten, ältesten und durchsichtigsten Zellen bleiben immer am Bildungspole liegen. Weiter umwachsen nun die Furchungszellen den Nahrungsdotter wie ein Mantel, dessen vorrückender Rand endlich am Mundpole eine rundliche Öffnung begrenzt, den Mund (3, 4, 5). Der optische Längsschnitt in Figur 5 veranschaulicht ferner, wie am Bildungs- (After-) Pole nur eöze Zellenschichte sich befindet, während mund- ’ Siche den ersten Aufsatz dieses Bandes. Taf. 1. 214 polwärts die Zellen zu zweien, stellenweise zu dreien über einander liegen. In L weicht dieses Zellenlager später mitten aus einander und bildet so die Leibeshöhle, womit zugleich die Unterscheidung eines äusseren uud inneren Keimblattes gegeben ist (vergl. den optischen Längsschnitt in Figur 7). Aus dieser Spaltung des primitiven Keimblattes in ein äusseres und inneres wird auch die Entstehung der eontractilen Zellen (Mus- kelzellen) erklärlich, welche die Leibeshöhle durchsetzen (7 und 8, »); sie bleiben mit beiden Blättern in Verbindung, indem sich das Protoplasma der Zelle zu langen Fortsätzen auszieht. Lange noch erhält sich der Nucleus, wenn er auch durch die Zugkraft eine stabförmige Gestalt erhält; bis zur Zeit, wo das Velum auftritt, sind die Muskelzellen aber ganz homogen geworden. Schon vor der Spaltung des primitiven Blattes erleidet der Nah- rungsdotter eine Zerklüftung; er zerfällt in Kugeln von verschiedener Grösse, in denen aber keine Kerne zu sehen waren. Auch den alten Kern des Nahrungsdotters konnte ich nicht mehr finden, während ich ihn bei der ursprünglichen Nahrungsdotterzelle (1, N), die doch dieker und damit undurchsichtiger und schwieriger zu untersuchen war, unter dem Compressorium aufs deutlichste. zu sehen vermochte. Wimperung tritt zuerst auf an einigen Zellen in der Nähe des Mundes, da wo später das Velum hervorwächst; dann zeigt sie sich hie und da auf einer der grösseren Zellen (4, 5). Endlich geht sie auf den ganzen Körper über (mit Ausnahme einer Stelle £, welche stets unbewimpert bleibt) und erstreckt sich schliesslich auch auf das innere Keimblatt (6, 7). Die Leibeshöhle wimpert nicht. Mit der Ausbreitung der Bewimperung vergrössert sich gleich- zeitig das innere Keimblatt. Dieses wächst nämlich nach dem Bil- dungspole zurück, indem es zwischen Nahrungsdotter und äusse- rem Keimblatt vorwärtsdringt. Die Neubildung von Zellen mag einestheils ermöglicht werden dureh das durchsichtige Eiweiss worin die Embryonen schwimmen, anderntheils geschieht sie auf Kosten des Nahrungsdotters, der sich unregelmässig zerklüftet und an den Be- rührungsstellen mit dem inneren Blatte sich zu feinpunktirten dureh- scheinenden Massen umwandelt. Sobald das innere Keimblatt so weit zurückgewachsen ist, dass es die Zone der Afterhöhe erreicht, stülpt sich das äussere Blatt 215 ein (7, an). Diese Einsenkung verwächst endlich mit dem innern Blatte und bildet die Afteröffnung (8, an). Mit der Verschmelzung der im “Bildungspole’’ sich berührenden Ränder des inneren Keim- blattes ist das Darmrohr des Embryos angelegt. Überblieken wir noch einmal die Bildung der Keimblätter bei Purpura lapillus. Die Anlage derselben geschieht durch Unwach- sung, durch Überwucherung, Zpibolie, im Gegensatz zu der Darm- einstülpung in eine Furchungshöhle, der #mbolie. Dass übrigens beide Bildungsmodi dureh verschiedene Übergänge verknüpft sind, wissen wir schon jetzt. Bei vielen Gasteropoden bleiben sehon in den ersten Stadien der Fur- chung die Zellen, welche das innere Keimblatt aufzubauen bestimmt sind, zusammen gruppirt und sie bekommen eine centrale Lage durch eine Überwucherung des äusseren Blattes. Unter gewissen Umständen, z. B. wenn Eier nackt sind, hängen alle diese Fur- ehungszellen von Aufang an fest mit einander zusammen; in diesen Fällen läfst sich direkt beobachten, wie die Umwucherung von Statten geht, und es entsteht dann dasselbe Bild wie es die em- bolischen Eier darbieten. Ist aber der Zusammenhang der Fur- chungs-Zellen im Beginn ein lockerer, wie z. B. bei Tergipes ela- viger, so lassen sich diese Verhältnisse erst dann gut erkennen, wenn die Zellen sich endgültig fest mit einander verbunden haben. Ich verweise hier zur Erläuterung des Gesagten auf meinen frühe- ren Aufsatz '). Dieser Entwickelungsmodus der Epibolie ändert sich jedoch, so bald das Ei meroblastisch, so bald ein Nahrungsdotter vorhanden ist. Dass in diesem Falle aber noch andere Variationen, als die bei Purpura sich vollziehende, vorkommen können, lassen die Unter- suchungen KOwALEvsKky’s ” vermuthen. Ich muss mich hier begnü- gen, einen dieser Fälle vergleichend beschrieben zu haben. Was die hier einschlägige Literatur über die Entwiekelung von Purpura lapillus betrifft, so gab CARPENTER ° die ersten beachtens- Irre: ® Memoires de l’Acad. imp. de St. Petersbourg. VII Serie, Tome XVI, No. 12 1571, p. 12 u. f. ® On the development of the embryo of Purpura lapillus, in: Trans. Microse Soc. N. Ser., Vol. 3, 1855, p. 17—30. 216 werthen Beobachtungen. Kurz darauf erschien eine Arbeit von Ko- REN & DANIELSSEN, ' welche besonders schöne und getreue Abbil- dungen der späteren Embryonalstadien. liefert, im Text aber die ÜARPENTER’sche Behauptung, dass jeder Embryo nur aus einem Ei angelegt würde, in Frage stellt. Nachdem dieselben Forscher noch in einer englischen Zeitschrift * ihre Zweifel wiederholt hatten, fühle sich CARPENTER veranlasst, selbst hierauf zu antworten ® und obendrein einen Brief seines Freundes Dr. DysTEr * zu publieiren,, worin seine früheren Befunde bestätigt werden. Aus dem vorliegenden Aufsatze geht endgültig hervor‘, dass nicht, wie KOREN & DAnIELssen vermuthen, auch die sterilen Eier am ersten Aufbau des Embryo’s sich betheiligen, sondern erst, nach- dem die Keimblätter angelegt sind, den Embryonen zu Gute kom- men, indem sie von diesen gefressen werden. Über die Anlage der Keimblätter erhalten wir von den genann- ten Forschern keine Auskunft. Die vorliegende Mittheilung mag deshalb zugleich als eine Ergänzung der Korex & Danıenssen’schen Untersuchungen betrachtet werden. ° Fauna littoralis Norvegiae. 2 Livr. Bergen 1556 2 The Annals and Magaz. of nat. hist. 2 Ser. Vol. 19, 1857, p. 443. 3 Ebenda. Vol. 20, 1857, p. 16—21 (mit 14 Holzschnittfiguren.) %* Ebenda. p. 127—128. oe af ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN, auf Tafel XVI. Gemeinsame Bezeichnung für Fig. 1—9. MP. Mundpol, N. Nahrungsdotter. B. Bildungsdotter. 6. Richtungsbläschen. o. Mund. an. After. a. Ausseres Keimblatt. i. Inneres Keimblatt. L. Leibeshöhle. v. Der Ort, wo später das Velum hervorwächt; jetzt nur erst durch lange Wimpern angedeutet. u. Muskelzellen, welche zwisschen den beiden ur- sprünglichen Keimblättern ausgespannt sind. Die Figuren 1—7 sind in relativen Grössenverhältnissen gezeichnet. Figur 8 ist um die Hölfte zu klein skizzirt. Fig. A. Ein Haufen Eierkapseln in natürlicher Grösse. B. Einige Eierkapseln vergrössert. Am Boden jeder Kapsel liegt der Com- plex der 400—600 sterilen Eier. Im obern Theil schwimmen die 10—16 Embryonen in dem noch dickflüssigen, fadenziehenden Eiweis herum. C. Aeltere Eierkapseln vergrössert , worin die Embryonen schon alle sterilen Eier aufgefressen haben. Der Inhalt ist dünnflüssig geworden. Einige Kapseln sind schon leer. — Y der gallertige Pfropf, welcher nach Rei- fung der Embryonen herausgedrängt wird und den Deckel sprengt. „ 1. Ein Ei, welches durch die erste Furche in Bildungsdotter 3 und Nah- rungsdotter N geschieden ist. In beiden Furchungszellen ein Kern mit Kernkörper. Das Richtungsbläschen o ist hier eine Zwillingszelle. 2. Der Bildungsdotter theilt sich weiter und fängt an, den Nahrungsdotter ” zu umwachsen, 6. 218 . Der Process der Zelltheilung und Umwachsung ist weiter fortgeschritten. . Die Bildungszellen haben den Nahrungsdotter ganz umwachsen: nur am Mundpol liegt der letztere noch frei zu Tage. Einzelne Zellen zeigen schon Wimpern. Am längsten sind und bleiben die Wimpern in v, dem Orte wo später das Velum hervorwächst. . Derselbe Embryo. Der zerklüftete Nahrungspotter ist in toto gezeichnet, die Bildungszellen im optischen Querschnitt. — Z bezeichnet den Ort, wo sich später das primitive Keimblatt, durch Auseianderweichen der Zellen, in ein äusseres und ein inneres Blatt theilt (vergl. Figur 7). Die Entwickelung ist weiter vorgeschritten. Die ganze Oberfläche wim- pert, mit Ausnahme der Stelle ß%. Man sieht den Oesophagus, der mit äusserst feinen Wimpern ausgekleidet ist, sowie den Nahrungsdot- ter durchschimmern. . Optischer Längschnitt eines etwas weiter entwickelten Embryo’s. Der Embryo hat noch nicht gefressen. Ein '/,, Millimeter dieker Längschnitt eines in Chromsäure erhärteten, weiter entwickelten Embryos. — S. Erste Anlage der Schale, als Cuti- eularbildung auftretend.. — D. Die Darmhöhle, mit Zerklüftungskugeln der aufgefressenen sterilen Eier gefüllt. (Die zerklüfteten sterilen Eier sind im Verhältniss etwas zu klein ausgefallen). Isolirte Wimperzelle von der Stelle » der Figur 8. STUDIEN UBER DIE VERKNÖCHERUNG UND DIE KNOCHEN DES SCHADELS DER TELEOSTEI. (Mır TareL XVIII— XXL.) VON Dr. A. J. VROLIK. VORWORT: Die Veranlassung zu dieser Arbeit gab mir Professor SELENKA , indem er mir den Rath ertheilte, die von Prof. HuxLEy in seinen “Elements of Comp. Anatomy’ aufgestellten Ofica oder Speziellen Gehörknochen einer neuen Prüfung zu unterwerfen. Ich habe dieses Thema in Jena ausgearbeitet; und es sei mir ge- stattet, hier Herrn Professor GEGENBAUR sowohl für den guten Rath und die freundliche Leitung als für die Beschaffung von Material wodurch derselbe mich bei dieser Arbeit aufs freundlichste unterstützt hat, meinen innigen Dank auszusprechen. Als ich einmal bei der speciellen Bearbeitung der Huxıryschen Ötica den Fischschädel genauer kennen gelernt hatte dehnte ich meine Untersuchung auf den Rath von Professor GEGENBAUR auf eine mehr allgemeine Frage aus, nämlich auf die nach dem Verhältniss zwischen primären und secundären Knochen am Fischschädel. Die Resultate dieser Untersuchung sind im zweiten Abschnitt niedergelegt. Mit dem Problem der Huxtrvschen Gehörknochen hängt aber die Verknöcherung des menschlichen Schläfenbeines eng zusammen, da der genannte Forscher in gewissen Knochenpunkten des Schläfen- 16 „eo 220 beines, beim menschlichen Embryo, die Homologa der Ötica bei anderen Klassen der Wirbelthiere findet; eine Meinung wogegen sich bis jetzt noch kein Wiederspruch erhoben hat, so dass es fast scheint als ob man die stillschweigend angenommen hätte. So wurde ich der Vollständigkeit halber und theilweise um die Zeit auszu füllen, während ich auf Lachsembryonen wartete, dazu geführt auch die Knochenpunkte am Schläfenbein der Säugethiere genauer zu prüfen. Diese Untersuchung habe ich als 42Aang im Vierten Abschnitt behandelt. Der Erste Abschnitt enthält den geschichtlichen Theil; die Ver- wirrung der Synonymie wird es rechtfertigen dass ich einige be- reits bekannte Schädel nochmals ausführlich beschrieben habe. Hiermit ist von der Entstehung der augenscheinlich etwas hete- rogenen Elemente dieser Studiön Rechenschaft abgelegt. Leider sind wegen Mangels an Material doch noch verschiedene Lüchen unaus- gefüllt geblieben. Schliesslich danke ich allen die mir mit Material in dieser Ar- beit beigestanden haben, insbesondere der Direction des Zoölogi- schen Gartens zu Amsterdam, die mir freundlichst Lachsembryonen verschafft hat. Pre: I. SYNONYMIE DER SCHADELKNOCHEN BEI DEN TELEOSTEI. (MIT EINER TABELLE.) GESCHICHTLICHE UEBERSICHT. Seitdem man eine Vergleichung der Schädel der Vertebraten angefangen, hat man sich auch über die Homologien der Fisch- schädelknochen herumgestritten. Die ersten Forscher die sich mit dem Fischschädel beschäftigten haben ihn mit frommer Bewunde- rung angestaunt wie uns eine Apostrophe Okens in der Isis (1818 Seite 512) lehrt: Nicht Stunden lang, ja nicht Tagelang, Wochen- lang kann man vor einem Fischkopfe stehen und gedankenlos anstaunen diese kalkigen Tropfstein-Gestalten, ohne zu wissen, was, wo, wie.’ Die ersten Arbeiten über den Fischschädel sind alle auf die Wir- beltheorie begründet, wo bei man mit einem kühnen Sprung den Fischschädel unmittelbar mit dem Säugethierschädel verglich. Oefters auch beschränkten die Autoren ihre Untersuchung auf eine oder zwei Species. Das Resultat dieses Verfahrens kann man in der Tabelle übersehen. Da die Wirbeltheorie ausserhalb des Planes mei- ner Arbeit liegt so werde ich die Synonymie der Schädelknochen nur in so fern besprechen als sie direet diese Knochen selbst be- trifft und nicht deren Verhalten zur Wirbeltheorie. Dadurch erklärt sich zugleich, warum ich über bestimmte Knochen so wenig zu erwähnen habe. Beginnen wir mit dem hintersten, aus einem oberen, einem un- 222 teren und zwei seitlichen Knochen bestehenden Schädelsegment, so finden wir, dass bezüglich des Grundstücks, des oceipitale basilare, alle Autoren, mit Ausnahme von GEOFFROY ST. HILAIRE übereinstim- men. Auch über die seitlichen Theile ist man einig; nur haben die Autoren jenachdem sie mehr oder weniger die Wirbeltheorie accep- tirten den neutralen Namen Oceipitale laterale oder den mehr an den Wirbel erinnernden Ausdruck Areus oder Lochbogen vorgezogen. HaLumann erwähnt dass der Nervus vagus constant durch diesen Knochen tritt. Aus derselben Ursache nennt Oken den oberen Kno- chen des hintersten Schädelsegmentes (oceipitale superius autorum) Stachel, während MECKEL und HALLMANN sich des in der mensch- lichen Anatomie üblichen Ausdrucks Sguama oceipitalis bedienen. Cuvıer behauptet in seinen Legons dass Auch der Name özterpa- rietale für diesen Knochen zu brauchen wäre. Acassız erwähnt den Antheil den dieser Knochen beim Lachs an der Umschliessung des Gehörorganes nimmt; ebenso STANNIUS. Die wechselende Höhe, Länge und Breite welche die Spitze die- ses Knochens erreicht, ist von vielen Forschern beschrieben. Zu jeder Seite des Oceip. sup. kommt ein Knochen vor der sehr verschieden gedeutet worden ist. Viele nannten nach Cuvırr’s Beifall diesen Knochen Oceipitale externum, wodurch seine Lagerung sehr -gut angedeutet ist, Andere haben eine Analogie ausdrücken wollen und benützten die Namen Zabyrinth (OKEN), Petrosum (BOJANUS und Arenpr) weil der Knochen einen Theil des Gehörorganes umschliesst, und Mastoideum (Srıx und HaLLmann). Letzterer deu- tet den Kamm worin dieser Knochen eindigt, als processus mastloi- deus; er erwähnt auch dass der canalis semieircularis posterior in diesem Knochen liegt; dasselbe thun Acassız und STAnNIus. Eine noch grössere Verschiedenheit herrscht bezüglich eines ziem- lich inconstanten Knochens der zwischen oceipitale laterale und oce. externum, oder zwischen dem letztern und dem squamosum gefunden wird. CuvIEr in seiner “Histoire naturelle des Poissons” nennt diesen Knochen, wahrscheinlich um keinen neuen Namen bilden zu müssen, rocher. In den Lecons wird dieser Knochen bei Perca fluviatilis erwähnt als: unter dem mastoideum über dem oce. laterale und hinter dem grossen Keilbeinflügel liegend; er bildet eine Artieula- tions stelle für den untersten Ast des Suprascapulare. a un 225 Bei dem Karpfen wird (in der deutschen Uebersetzung des nämliehen Buches) die Existenz dieses Felsenbeines theilweise negirt: Es ist kein Felsenbein vorhanden, wenn man mit diesem Namen nicht etwa eine sehr kleine Knochenplatte bezeichnen will, welche auf dem Zitzenbeine zwischen den beiden Aesten des Schulterblattstiels liegt.” Ein wenig weiter unten liest man: “Zwischen dem seitlichen Hinterhauptbein und dem Zitzenbeine findet sich jedoch bei einigen Arten (wie die Schleihe, der Bleih) ein eigenes Felsenbein wie bei den Barschen.” Es wird aus dieser eitirten Stelle klar dass auch den Nachfolgern von Cuvier die inconstante Natur dieses Knochens schon bekannt war. Köstiv deutet diesen Knochen, wegen seiner Lage- und Umgren- zung, als mastoideum. - Ich will etwas ausführlicher angeben wie der betreffende Knochen speziell beim Hecht (Esox lucius) beschrieben worden ist. Srix und Acassız erwähnen ihn nicht, HALLMANN und CUVIER, in seinen Lecons, negiren seine Existenz ausdrücklich. In seiner “Histoire naturelle des Poissons’ sagt G. Cuvier (Livre II Chap. III page 335) bei der Beschreibung des knorpeligen Theils der Hyomandibular- artieulation des Hechtes: “C’est m&me au milien de ce cartilage dans le brochet qu’est suspendu un tres-petit vestige du rocher.” HALLMANN und Acassız (Notice sur les Poissons fossiles et ’Osteo- logie du genre Brochet Esox”, page 64) haben aber umsonst an der betreffende Stelle diese Spur eines Felsenbeins gesucht. BOoJANnUs dagegen hat in Oken’s “Isis 1811” (Versuch einer Deutung der Knochen im Kopfe der Fische” Seite 506) diesen Knochen ganz richtig abgebildet, er nennt ihn: “eine kleine bisher übersehene pars mastoidea. OkEn bemerkt dazu in einer Note: “ist mir Felsen- bein, darauf ruht der äussere Ast meines Gabelbeines das GEOFFROY ganz übersehen hat.” ARENDT (“De capitis ossei Esoceis Lueii struetura singulari’’ Seite 18. $ 16) beschreibt den Knochen folgendermassen : “Mastoides acces- sorium. Adjacet postice ei ceranii loco, ubi tria ossa Ib (oce. lat.) IIs (oce. ext.) 10 (squamosum) eoneurrunt. Huie ossi lamina perpendi- eularis ossis superioris scapulae (36) membrana fibrosa inseritur. Köstrın erwähnt den betreffenden Knochen mit den folgenden Worten: “bei Esox lueius stellt er einen schwachen Stiel dar welcher 224 sich am Gelenktheil des Hinterhaupts befestigt.” Bei Esox also ist dieser Knochen von Einigen übersehen, von Anderen dagegen richtig in seinem Verhalten zum Supraelarieulare anerkannt worden. Bei anderen Fischen, wie Cyprinus brama und Salmo salar z. B. geht dieser Knochen nicht so leicht verloren wie beim Hecht, darum ist er bei diesen Species von allen Untersuchern beschrieben. Die meisten Autoren aber, wie wir sehen werden, deuten diesen Knochen nicht wie CuUvIER als rocker sondern einige erwähnen ihn als einen nicht integrirenden Theil des Schädels. BoJanus in seinem Parergon (1821 Seite 4) erwähnt bei Cyrrınus brama: *5, accessorium mastoideum inter et arcum oceipitis veniens ossiculum apertius a tergo. In superiorum animalium serie non visum. An costae vertebrae cranii acidam appensae imperfeetius aliquod rudimentum.” Im nämlichen Sinne äussert sich ARENnDT, den ich schon beim Hecht eitirte: “In Cyprıno Brama aliam praebet formam firmiterque insertum est inter mastoideum et arecum oeceipitis, In carpisne vero nullum ejus vestigium reperire potui.” Auch bei ZärıngERr (“Quaedam de Historia naturali atque des- eriptio sceleti Salmonis Farionis 1829, Seite 28) finden wir diesen Knochen erwähnt: “6, 7. Quo in loco pars quaeque condyloidea os mastoideum parsque petrosa superior inter se conjunguntur ossieulum mitrale insidet eujus cuspis eminet, cujusque paries interna depressa ossium illorum suturam contegit. MEckKEL sagt Folgendes: “Beim Lachs wo ich diese Knochen fand sind sie dreieckig, klein, springen aber nach hinten deutlich vor. Vielleicht entsprechen auch diese Knochen Nahtknochen, die grade hier zwischen den an einander gränzenden Knochen vorkommen. HALLMANN gibt sehr ausführliche Nachrichten über die Ab- und An- wesenheit dieses Knochens, über dessen Natur er schliesslich bemerkt: “Uebrigens scheint mir dieser Knochen weiter gar keine Beziehung zu dem @Gehörorgan, wohl aber zudem Aufhängestück des Schultergürtels zu haben, dessen oberer Schenkel von dem oce. lat., und wo dieses os innominatnm vorhanden ist regelmässig von diesem entspringt. Nicht weniger umfassend ist KösrtLin’s Untersuchung, der (Seite 370) den folgenden Schluss zieht: “Sonst konnte ich ihn bei keinem Scomberoiden, und eben so wenig bei den Percoiden, Joues Cui- DV 25 rassees, Seiänoiden, Sparoiden, Squamipennen, Phar. labyr., Labroi- den, Discobolen, Lophobranchen und Plectognathen unterscheiden ; er fehlt also bei der Mehrzahl der Fischen und kommt fast ausschlieslich nur bei den Malacopterygiern vor. Gegen die Annahme dass der neue Knochen ein wirkliches Felsenbein sey sprieht ausser einigen, später zu berührenden Gründen besonders der Umstand, dass er nur bei der Minderzahl der Fische vorkommt, und auch nicht einmal bei allen diesen an der Zusammensetzung des innern Ohres Antheil nimmt.’ Auch L. Auassız in seiner “Anatomie des Salmones” (page 8) “berichtet uns sehr ausführlich über Lage und Form dieses Knochens, über dessen Function er hinzu fügt, dass er zur Anheftung dient für die: “faisceaux interieurs du grand muscle lateral. Il touche au temporal (n°. 12) et & l'oceipital externe (n°. 9) et peut &tre enleve sans endommager la cavitdE cerebrale. Diese Anschauung theilt auch Stannıus (Seite 57): “dem os oceip. laterale schliesst sich bei einigen Fischen eine kleine oberflächliche, nirgend in die Tiefe dringende Knochenlamelle an, welche Cuvier als os petrosum bezeichnet hat, eine Bezeichnung, die wenn sie auch nur irgend eine Analogie mit dem Felsenbeine höherer Wirbelthiere andeuten soll unstatthaft ist.’ Schliesslich muss auch ©. BrucH (“die Wirbeltheorie des Schädels am Skelette des Lachses geprüft 1863, Seite 25) erwähnt werden: “Zwischen Hinterhaupt und hinterem Keilbein ist das Gehörorgan des Lachses zu suchen für welches Owen, da er die betreffenden Theile zu den Wirbeltheilen zählt bei den Fischen keine Össification übrig hat, als den Cuvıerschen Rocher (oceip. post. AGAssız) einen kleinen Deekknochen an der hinteren Schädelfläche, der sich nur in dieser Classe findet und zur Befestigung der vorderen Extre- mität dient.’ Diese Digression über den Cuvirrschen Rocher, begründet auf das spezielle Interesse das der genannte Knochen im Illen Abschnitt für uns haben wird, wollen wir jetzt schliessen und zur Betrachtung des zweiten Schädelsegmentes schreiten. An diesem Abschnitt finden wir einen sehr langen-flachen Knochen der sich an der Schädelbasis vom oce. basilare bis zum vomer ausdehnt; es ist das basisphenoid der Autoren, die fast Alle diesen Knochen als Körper des hinte- ren Keilbeines, gedeutet haben; Einige sogar, zerlegen ihn der Wir- 226 beltheorie zu Gefallen in zwei Wirbelkörper, weil sie sonst keinen dritten Wirbelkörper besassen. Bruch behauptet dass dieser Knochen kraft seiner secundären Natur kein Wirbelkörper sein kann. Sraxnıus schreibt dass dieser Knochen nicht rein seeundärer Natur sei, weil er bisweilen “einen Knorpelstiel halb umfasst” nämlich die Basis des sogennannten Y formigen Knochens. Er führt Beispiele an dass dieser Knochen Zähne trägt. Vor dem oce. lat finden wir einen, an seiner unteren Seite durch das basisphenoid begrenzten Knochen der hauptsächlich wegen dieses Verhaltens zum basisphenoid von den meisten Autoren als grosser Flügel gedeutet worden ist. OKEN dagegen nennt diesen Knochen Pauke aus folgenden Grün- den: Er nennt das oce. externum Labyrinth, weil seine Lage mit der des Labyrinthes beim Schwein übereinstimmt “wodurch der Knochen p. zur Pauke wird, was auch schon der Durchgang des Gesichtsnerven beweist wie die Lage der inneren Gehörwerkzeuge, der Bögen und Steinchen, was man in dem vortrefflichen Werke von SCARPA nachsehen kann.’ MEcKEL hält diesen Knochen für die pars petrosa des Schläfen- beines, aus folgenden Gründen: 1° das Verhalten zum basisphe- noid hält er für bedeutungslos, da dies eine Folge der lang gestreckten Form des ganzen Schädels sein kann, 2° nimmt der Knochen Theil an der Umschliessung des Gehörorganes, 3° geht beim Karpfen der Facialis durch einen Ausschnitt in diesem Knochen, während der Vagus und Glossopharyngeus hinter diesem Knochen austreten. HALLMANN spricht sich sehr ausführlich aus: Derjenige Kno- chen der Fische also, der auf dem Keilbeinkörper aufsitzt, hinten an das os oceipitale basilare, laterale und externum oben an die ala magna gränzt, mit der Schläfenschuppe zusammen (und andern Knochen) die Gelenkfläche für das Quadratbein bildet die vordere Hälfte des häutigen Vestibulum und die vordern Enden des vordern und äussern halbzirkelförmigen Kanals aufnimmt, an seinem vor- dern Rande Theile des Trigeminus austreten lässt, ist one Zweifel das Felsenbein. Owen charakterisirt sein petrosum folgendermassen: “The essen- tial character of the petrosal is to envelope immediately the whole of the vaseular and nervous tunies of the labyrinth or internal organ of hearing, either in a membranous, a cartilaginous or an 227 osseous state; its histologieal condition being much less constant than that of the alisphenoid.’’ Bruch nimmt an dass diese beiden Knochen (einer zu jeder Seite) zusammen den hinteren Keilbeinkörper der anderen Thiere ausmachen, was “durch die Austrittsstelle der Nerven des fünften Paares zur Gewissheit’ wird. STANNIUS beschreibt sehr ausführlich ‘den Antheil den dieser, von ihm ala temporalis genannte, Knochen an der Umschliessung des canalis semieireularis anterior, externus und des Vestibulum nimmt; er erwähnt auch dass der horizontale Theil dieses Knochens den Hinterrand der Grube für die hypophysis cerebri und saceus vasculosus bildet. Wenn wir in unserer Betrachtung zu den übrigen Theilen des Schaedels übergehen so finden wir vor den letzt erwähnten Kno- chen zu jederseite noch einen constanten Schädeltheil. Spix hat diesen Knochen ala minor genannt, weil er vor der von ihm angenommenen ala major liegt. Oken dagegen der den vorigen Knochen Pauke nannte deutet diesen Knochen als “grosser Flügel’. Ebenso sieht MEckEL dessen Gründe für die Identität des vorerwähnten Knochens mit dem Petrosum ich bereits anführte, in dem Knochen der uns jetzt beschäftigt, und den ich alisphenoid nenne, einen grossen Flügel. Auch Harumann deutet diesen Knochen als grossen Flügel, er erwähnt dass bei vielen Fischen der Trigeminus entweder durch ein Loch oder durch einen Ausschnitt in diesem Knochen austritt. Owen begründet seine Deutung: 1° auf dass Verhältniss dieses Knochens, den er grossen Flügel nennt, zum basisphenoid und zum petrosum, und auf den Antheil den er nimmt an der Umschliessung des Gehörorganes, 2° auf seine Function, welche mehr oder weniger die ist, das Mesen- cephalon einzuschliessen und durch ein Loch oder einen Ausschnitt den dritten und gewöhnlich den zweiten Zweig des Trigeminus durch zu lassen. Die Autoren welche "den von uns petrosum genannten Knochen als ala magna deuten, bezeichnen unser alısphenoid als kleinen Flügel. Median im Schädel gränzt an die vorigen Knochen bei einigen Fischen der sogenannte Y-fürmige Knochen. Er ist entweder als ein proces- 223 sus, oder als ein rostrum, oder als ein d&membrement des hinteren Keilbeinkörpers beschrieben, (Srıx, Arknor) oder vorderer Keil- beinkörper genannt worden (Cuvier). Einige Forscher (Cuvier in seinen Lecons, KöstLın, Sransıus) haben die Lagerung dieses Knochens im Zusammenhang mit der Anwesenheit eines Augenmus- kelkanales erwähnt. HALLMmANnN sagt nichts bestimmt über die Analogie dieses Knochens wie man schon aus dem Namen os sphenoideum superius seu sellae tureicae sehen kann. Köstuin be- trachtet diesen Knochen nicht als vorderen Keilbeinkörper, weil er statt vor, auf dem hinteren Keilbeinkörper liegt (Seite 315): “Der neue Knochen des Fischschädels wäre demnach mit demjenigen Abschnitte des Keilbeins zu vergleichen, welcher z. B. bei den Rep- tilien die Decke und die seitlichen Ränder der Sattelgrube ausmacht.” Einige erwähnen in Uebereinstimmung mit Cuvier dass die Hypophysis Cerebri hinter diesem Knochen liest. Owen nennt diesen Knochen, in seiner Tabelle, Entosphenoid: er scheint es zu betrachten als die selbständig gewordene Basis der kleinen Flügel, und als nur bei Fischen vorkommend, page 145: “the coalesced bases of the orbitosphenoids, forming the anterior boundary of the bed of the optic chiasma, answer to the separate ossification called ethmoide cranien by Acassız; in fishes, it has the same relation with that contracted area of the cranium answering to the inter orbital aper- ture of the eranium in fishes, wich the so called eranial ethmoid (enthosphenoid) presents in fishes, and this same entosphenoid (fig. 59) has aslittle relation to the formation of the canals pierced by the olfaetory nerves in fishes, as the orbithosphenoid has in mammals.’’ Ich schliesse hieraus dass Owen ethmoide eranien und entosphe- noid für ein und denselben Knochen hält, während Acassız beide grade als getrennte Knochen beim Lachs abbildet. Bei solchen Fischen wo der knöcherne Schädel nach vorn verlängert ist, finden wir vor dem Alisphenoid noch einen Knochen, der auch sehr ver- schiedene Namen empfangen hat, was aus seiner inconstanten An- wesenheit und der geringeren Zahl untersuchter Species erklärlich ist. Spıx hat diesen Knochen, der beim Hecht fehlt, nicht beschrie- ben, Cuvırr bei Perca auch nicht, dagegen ist dieser Knochen in den Lecons verwechselt mit dem Sphe&noide anterieur, bis Haun- MANN beide zusammen bei Salmo salar fand. 229 MECcKEL, HALLMANN, KöstLıin, OWEN, die diesen Knochen in seiner Lage vor dem grossen Flügel, bisweilen auch vor dem Op- tieus beobachtet haben, deuten diesen Knochen als kleinen Flügel. Andere suchen mit Rücksicht auf den Olfactorius, der neben die- sem Knochen. verläufft, bisweilen auch durch ihn hindurchttritt, für diesen Knochen Analogien im menschlichen Siebbein, daher die Namen lamina media ossis ethmoidei, ethmoide cranien u. Ss. w. (BoJAnus, AGaAssız, STANNIUS, BRUCH). In Bezug auf das Frontale stimmen alle Autoren überein , ebenso in Bezug auf das Parietale mit Ausnahme von Bosanus (und nach ihm Arenpr) der das Parietale Interparietale nennt und als pro- cessus spinosus eines Ohrwirbels deutet. Es bleibt jetzt noch übrig, das über dem petrosum und alisphenoid liegende, den oberen hinteren Rand der Orbita begrenzende CuvIErsche Postfrontale zu beschreiben. Spıx betrachtet diesen Knochen als Theil des Jochbeins da die Suborbitalknochen sich gewöhnlich an diesen Knochen anleger. Bosanus und ARENDT, nachdem sie das parietale zum Interparietale gemacht, sind gezwungen den fraglichen Knochen zum Parietale zu promoviren. OkEn hat das Wort Brambein für diesen Knochen gemacht. MEcKEL gibt keine deutlichen Gründe an für seine Deutung als Schlafbeinschuppe. Alle anderen Untersucher brauchen das Cuviersche frontal posterieur. STAnnıus erwähnt dass es den Infraorbitalknochen zur Anheftung dient. Mit dem Postfrontale zusammen bildet das squamosum gewöhnlich das Gelenk für das Hyomandibulare. Den Namen Squamosum hat schon Spıx gebraucht. Dagegen deutet UvviEr diesen Knochen als mastoideum der Schildkröten und Krokodille, das mit dem Frontale posterius die Gelenkfläche bildet für das hyomandibulare, dem Cuvier den Namen Squamosum zutheilte. MECKEL nannte das Frontale posterius Squamosum; darum deutet er unser squamosum als mastoideum. HALLMANN gibt als Function des Squamosum an, dass es die Gelenkfläche des Hyomandibulare bildet; auch erwähnt er dass es den canalis semieireularis externus birgt. KöstLin stützt seinen Namen Squamosum auf Vergleichung mit der Begrenzung und Lage bei Reptilien und Vögeln. Acassız nennt diesen Knochen Temporal weil er ilin, seiner Begrenzung wegen, nicht für ein Mastoideum halten kann. 230 Brucn braucht den Namen Petrosum: “Eine Andeutung einer Schläfenschuppe kann in der schuppenartigen Auflagerungsplatte sq. des ersteren (Petrosum) gesucht werden, deren Natur als selbst- ständiges Deckstück jedoch zweifelhaft ist.” Owen stützt die Analogie seines “Mastoideums”’ hauptsächlich auf die Vergleichung mit den anderen Wirbelthieren; den Antheil den das Mastoideum an der Ber- gung des Gehörorganes nimmt betrachtet er als constantestes Merkmal. Stansıus bedient sich auch des Namens Mastoideum und erwähnt, dass es den Can. semie. ext. birgt und gewöhnlich mittelst einer Apophyse dem einen der Zweige des Schultergärtels zur Insertion dient. Am Vorderrand der Orbita über dem Paraspenoid finden wir einen Knochen, der wegen des Besitzes eines Foramens für den Olfactorius von BoJanus, AREnDT und MECcKEL Ethmoideum laterale genannt worden ist. SPIx und GEOFFROY deuten ihn als Laerymale. Andere Forscher haben den neutralen Cuvırrschen Namen: Frontale anterius oder Prefrontale angenommen. Fr UBER DIE VERKNÖCHERUNG DES TELEOSTIER- SCHÄDELS. $ 1. EINLEITUNG. Die ersten Zoologen welche auf die Anwesenheit von Knorpel in dem Fischschädel hingewiesen haben sind: ARENDT (de capitis ossei Esoeis Lueii structura singulari. Regio- monti 1822) und von BAER (Mecker’s Archiv. 1826 St. 371). Auf ihre vereinzelten Beobachtungen wurde aber wenig geachtet, bis DugEs’ Arbeit die Aufmerksamkeit auf’s neue auf diesen Gegen- stand lenkte. In seiner Arbeit (Recherches sur l’Osteologie et la Myologie des Batraciens & leurs differents äges, avec 20 planches. Paris 1835) zeigte er: lo. dass der Schädel im Anfang ganz knorpelig ist. 20. dass bestimmte Knochen sich direet in dem ursprünglichen Knorpel bilden, während andere an dessen Oberfläche im Perichon- drium entstehen. Diese letztern lösen sich beim Kochen von den unterliegenden Theilen ab. Auch hat er beobachtet dass derartige knorpelige Gebilde am Fisckschädel vorkommen; bei Gapus hat er sie sogar abgebildet, ohne jedoch Weiteres daraus zu schliessen. Zunächst arbeitete REICHERT die Sache aus in seiner “Ver- gleichende Entwickelungsgeschichte des Kopfes 1838.” Nach REICHERT ossifizirt zuerst die Schädelbasis, bei den Fischen ebenso wie bei den übrigen Vertebraten. Die Schädel-basis besteht aus 2 Theilen, wovon das vordere dem ersten und zweiten Schädelwirbel zugehört, und der hintere dem dritten. 232 Später verknöchern die knorpeligen lateralen Theile der Schädel- höhle und die Hinterhauptsschuppe. “Und hier zeigt sich die Eigenthümlichkeit der Gräthenfische, “indem zuerst die äussere Rinde verknöchert, während die Knorpel- “substanz innerhalb noch eine Zeitlang sich erhält. Man darf jedoch “diese Art der Ossifikation nicht mit den Belegeknochen an den “Knorpeln des ersten Visceralbagens, mit dem Paukenbeine und “dem Unterkiefer-Apparat zusammenbringen.” REICHERT nimmt als Kriterium für die primäre Natur der Schädel- knochen, welche sich bei Teleostiern auf dem Knorpel bilden, die Unmöglichkeit an, sie von ihrer Unterlage zu trennen, ohne dass auch der Knorpel gleichzeitig zerstört wird. Das sphenoideum basilare des Störes stellt er dem des Frosches gleich, als Schleimhaut-Verknöcherung, und betrachtet es als vom Sphen. bas. der übrigen Fische verschieden. Im übrigen beschäftigt er sich hauptsächlich mit dem Schädeldach , bei dem er drei Zustände unterscheidet: 1°. Das Schädeldach bleibt ganz knorpelig (Hecht; parietalia und frontalia betrachtet er alsdann als Integument-Bildungen. 20, es ist weniger Knorpel da aber par. und front. können noch von dem, freilich durchbrochenen, Knorpel abgelöst werden; dies ist z. B. der Fall beim Barsch. 30. es ist im ausgewachsenen Zustande gar kein Knorpel mehr da. (AnGUILLA, DioDoN, TRIODON). Hier findet REICHERT einen den Säugethieren entsprechenden Zustand, da er für diese auch eine Bildung der Par. und Front. aus Knorpel annimmt. Später wurde REICHERTS Meinung wieder aufgefasst und vertheidigt von A. BippERT, in dessen Dissertation, die aber über den Fisch- schädel wenig enthält. Bipperr’s Dissertation aber gab KöLLıKER Veranlassung zu einem sehr ausführlichen Aufsatz in dem Berichte von der Königlichen Zootomischen Anstalt zu Würzburg (1849). Er widerlegte darin Reıcnerts Meinung bezüglich des Par. und Front. der Säugethiere, und bestimmte genau für jede Wirbelthier- klasse, welehe Knochen als sogenannte primäre und welche als seeundäre sich bilden. KörLnıker nimmt für die Front. und Par. beim Hecht auch eine I re) 233 seeundäre Entstehung an und rechnet ferner zu den Belegknochen am Fischschädel: die Nasalia, Vomer und Sphenoidale basilare (auch beim Stör). Alle übrigen Schädelelemente sind primäre. Das Resultat war also, dass bei allen Wirbelthieren die Schädel- Knochen aus diesen 2 Kategorien zusammengesetzt sind: 1°. aus primären, welche im Knorpel entstehen. 20. aus seeundären, welche sich zwischen der Haut und der Aus- senseite des Knorpels im weichen Blastem: bilden. Die Anwendung dieses Unterschiedes führte KöLLıKkEr dazu, blos solche Theile des Schädels mit Wirbeln zu vergleichen , welche ebenso wie diese aus Knorpel, oder aus der Umgebung der Chorda sich bilden; die Belegknochen wären also von der Vergleichung aus- geschlossen. Auch wollte KöLLıker dass man bei der Vergleichung des Schädels der verschiedenen Wirbelthierklassen untereinander nur primäre mit primäre und secundären mit secundären Knochen ver- gleichen sollte. Dieses Prinzip hat aber Keiner versucht durchzu- führen, und so blieb die Sache beim alten. Auch Huxwey in seinen “Elements of comparative Anatomy”, welche sonst über den Schädel viele neue Ansichten enthalten, hat sich, bezüglich der Knochenbildung, begnügt die folgenden Fragen zu stellen. Seite 296: “Gibt es eine deutliche Grenze zwischen primären und Beleg-Knochen ? Bilden sich bestimmte Knochen immer im Knorpel, während andere ebenso regelmässig im Bindegewebe entstehen? Und wei- ter, wenn ein Beleg Knochen gefunden wird an der Stelle, wo sich gewöhnlich ein primärer Knochen befindet, soll der Beleg- knochen dann nur als azalog und nicht als %omolog mit den letzte- ren betrachtet werden? Mit anderen Worten ist die Asstologosche Entwickelung ein eben so vollkommenes Criterium für A/omologien , wie die morphologische Entwickelung ?” Die Antwort auf diese Frage soll nach Huxrry eine zustimmende sein; nach GEGENBAUR aber eine verneinende. Ehe ich aber zur Auseinandersetzung der Meinung des letzte- ren schreite, muss ich, da die frühere Betrachtungsweise der Ver- knöcherung unmittelbar mit der herrschenden Meinung über den histologischen Process der Knochenbildung zusammen hängt, auch diesen letzteren kurz erwähnen. 234 Nachdem man nämlich mit der verschiedenen Natur der pri- mären und secundären Knochen bekannt geworden war, unterschied man zweierlei Arten von Knochenbildung. Nach der einen verkalkte die Intercellular-Substanz des Knorpels, und das Knochenkörperehen erlangte durch ungleichmässige Verdiekung der Wände der Knor- pelzelle sein strahliges Aussehen. Knochen die sich auf diese Art im präformirten Knorpel bildeten nannte man primäre. Seeundäre Knochen bildeten sich direet aus Bindegewebe wie der vom Periost gebildete Knochen; das Knochenkörperehen wurde als eine strahlige Bindegewebszelle betrachtet. Dieser Anschauung trat eine andere entgegen, welche die direkte Umwandlung von Knorpel in Knochen bestritt; hierher gehörten hauptsächlich H. MüLLer und Shmarreyv; letzterer nahm sowohl für primäre wie für secundäre Knochen eine Bildung aus Binde- gewebe an. GEGENBAUR wies für beide Arten von Knochen eine gleichartige Bildung, aus den sogenannten Osteoblasten, nach (Jenaische Zeit- schrift für Mediein u. Naturwissenschaften, 1864). Es geht also nach ihm nieht mehr an, die primären und secun- dären Knochen, welche beide aus Osteoblasten sich bilden, wie 2 verschiedene Formationen mit einer solchen Schärfe einander gegen- überzustellen wie das bis jetzt geschehen. Wie er in seinen Grund- zügen der Vergleichenden Anatomie, 1870, Seite 641 sagt: “diese Bezeichnungen drücken also keine fundamentalen Verschiedenheiten aus, sondern nur bestimmte Züstande, die sich besser als Entwicke- lungsphasen betrachten lassen”. In diesem Sinne hat auch GEGEN- BAUR die erste Erklärung der Anwesenheit dieser verschiedenen Elemente am Schädel in einem Aufsatz “über primäre und seeun- däre Knochenbildung, mit besonderer Beziehung auf die Lehre vom Primordialeranium” gegeben. In dieser Schrift entwiekelt er die Thesis, dass die seeundäre Knochenbildung die ältere sei, und dass die erste Form, die der Knochen, für den wir keine plötzliche Ent- stehung, sondern eine allmählige Entwickelung annehmen müssen, in paläontologischen Zeiten angenommen hat, die von secundären Knochen gewesen sein muss; einen späteren vererbten Zustand finden wir in den primären Knochen. Mit einigen Worten will ich mir erlauben den Gang seiner Darstellung anzudeuten. a 235 In genannter Schrift führt Prof. GEGENBAUR aus seinen Beobach- tungen über die Extremitäten den Nachweis, dass ein secundärer Knochen, im Laufe seiner morphologischen Entwickelung, bei höheren Thierklassen sich in einen primären umwandelen kann, unter der Bedingung, dass der Knorpel, auf welchem der Knochen erst als Belegknochen lag, von einer Knochenlamelle umgeben wird. Ist einmal diese Bedingung erfüllt, so verknöchert der Knorpel in seinem ganzen Umfang, und es bildet sich ein sogenannter primärer Knochen. Ein gleichartiger Vorgang findet am Schädel statt, was von GE- GENBAUR in den zwei folgenden Thesen zusammengefast worden ist: 1°. alle Verknöcherungen am Teleostierschädel entstehen als peri- chondrale, gehören also anfänglich zu den Belegknochen. 20. Die ganze Erscheinung der Differenzirung des knöchernen Schädels wäre somit auf eine Anpassung der perichondralen Ossi- fieation an die vom knorpeligen Cranium gegebene Unterlage zurück zu führen. Solche Schädelabsehnitte welche Durchtrittssteilen für Nerven, oder Vorsprünge besitzen, werden also die günstigsten Verhältnisse dafür bieten, dass der Knorpel von einer Lamelle umwachsen wird, wo- durch dann die Bildung vom sogenannten primärem Knochen ein- geleitet ist. Für die 2de These findet sich der factische Beleg im Schädel von Mepocephalus rostratus ©. V., der noch viel mehr Knorpel enthält wie der Hecht-oder Lachsschaedel, und dazu alle anderen den Teleostiern eigenen Knochen als Belegknochen besitzt; nur am oce. basilare ist ein Theil des Knorpels durch Knochen ersetzt. Andere Teleostier sind bezüglich dieser Frage noch nicht unter- sucht, und es ist die Aufgabe dieser Arbeit die auseinanderge- setzten Ansichten über Knochenbildung am Schädel zu prüfen, wozu ich also jetzt übergehen will. $ 2. DER AUSGEWACHSENE HECHTSCHÄDEL. Der Hechtschädel ist schon lange als sehr reich an Knorpel be- kannt. Jedoch giebt eine Ansicht von Aussen uns nicht den rechten Begriff von den im Inneren enthaltenen Knorpelmassen, diese be- 17 236 kommt man nur auf vertikalen Querschnitten zu sehen. Ich habe also einen ausgewachsenen frischen Hechtschädel, der vom Hinter- rand des Basioceip. bis zum Vorderrand des Vomers 16m mass, mit der Säge in Querschnitte zerlegt. Es wird sehr nützlich sein wenn man die im 3en Abschnitt gegebene Beschreibung des ganzen Hechtschädels auch bei der Betrachtung der Querschnitte mit con- sultirt. Da dieser Abschnitt einen mehr allgemeinen Gegenstand behandelt, so habe ich es für besser gehalten, ihn dem mehr spe- ziellen zweiten Abschnitt vorauszuschicken.. Die Fig. 1 worauf die Querschnitte durch Zahlen angedeutet sind ist in Umriss gemacht nach der Fig. 22, die in natürlicher Grösse einen Schädel von 19 e.m. Länge (vom Hinterrand des Oce. basil. bis zur Vomer- spitze) darstellt. Obgleich die Orientirung in diesen Querschnitten im ersten Augenblicke vielleicht etwas schwer sein mag, so hätte doch keine andere Methode uns so sicher zum Ziel führen können wie diese. Den Isten Schnitt, Fig. 2 führte ich durch die Austrittsstelle des n. vagus welcher im Oce. lat. liegt. Diese Austrittsstelle verläuft quer durch die Schädelwand, liegt also nicht ganz in der Schnittebene und erscheint folglich als ein Ausschnitt im Oce. lat. In der nächsten Umgebung des For. für den Vagus wird das Oce. lat. durch com- pacten homogenen Knochen gebildet: jedoch nach der Peripherie ändert sich bereits seine Beschaffenheit. Wenn wir an der Aussenseite des Schädels die mit einem* ange- deutete Grenze des occ. lat. aufsuchen, so finden wir, dass dieser Knochen dort blos eine dünne Knochenlamelle ist welche auf dem Knorpel liegt, denn der eigentliche homogene Knochen reicht nicht weiter als ungefähr 3mm über das Foramen für den Vagus nach oben, dann theilt er sich in: 1°. eine Lamelle an der Aussenseite des Schädels (welche also bei der Profilansicht des Schädels scheinbar den ganzen Knochen representirt). 20. eine Lamelle welche die Aussenwand des durschnittenen can. semicireularis externus bekleidet. 30, eine etwas diekere Knochenmasse, welehe mit der medialen Knochenlamelle des ean. semieire. ext. zusammenhängt, und das foramen oceipitale begrenzt. 237 Der Schnitt geht nämlich noch nicht durch die eigentliche Schä- delhöhle, sondern nur durch einen dem foramen oceipitale der anderen Wirbelthiere entsprechenden Schädelabschnitt. Nach der bis jetzt gebräuchlichen Terminologie werden solche Knochen die in Bindegewebe entstehen secundäre, die welche sich im praeformirten Knorpel bilden primäre genannt. Hiernach müssten wir das oce. lat. in der Nähe des For. für den Vagus als primär bezeichnen, die peripherischen Knochenlamellen aber sind im Verhältniss zu dem dazwischen erhaltenen Knorpel so dünn das sie gar nieht mehr primär genannt werden dürfen, vielmehr ihrem Volumen nach als Belegknochen zu bezeichnen wären. Es geht hier also dem Oec. lat. das für primäre Knochen bisjetzt angenommene, charakteristische Merkmal ab, dass der praeformirte Knorpel gänz- lich dureh Knochen ersetzt wird. Die Verknöcherung ist nur in der Nähe des Nervenloches im Stande den Knorpel in seiner ganzen Dieke in Knochen umzusetzen nach der Peripherie kann sie nur noch dünne auf dem Knorpel liegende Knochenlamellen schaffen. Da dieses Verhältniss sich bei den meisten Hechtschädelknochen wiederholen wird so können die Worte primär und secundär, die noch dazu in ganz umgekehrtem Sinne zu gebrauchen wären, weil gerade wie ich später zeigen werde, die secundären Knochen 2%- erst auftreten und die primären sich später bilden, nicht mehr bei- behalten werden. Ich wünsche sie zu ersetzen durch die Bezeich- nungen enchondrostotisch und perichondrostotisch. Als enchondrostotisch will ich den Knochen bezeichnen da, wo der Knochen über den Knorpel überwiegt; perichondrostotisch, wird der Knochen da wo er nur als dünne Lamelle dem Knorpel auf liegt. Es drücken diese beiden Worte nur das Massen-Verhältniss zwi- schen Knorpel und Knochen aus; zwischen en- und perichondrosto- tischen Knochen giebt es, wie wir beim Oce. lat. gesehen, allmäh- lige Uebergänge. Zu beiden Seiten des centralen for. oceipitale befindet sich im Schädel eine knieförmig gebogene Lücke, der durchschnittene can. semic. externus. Dieser Canal hat keine eigene knöcherne Wandung, sondern ist nur knöchern so weit er durch bestimmte Knochen geht; da wo diese durch Knorpel getrennt sind befindet sich auch Knorpel in dem Kanal. So wird auf diesem Schnitt der Kanal in 238 seinem unteren Theile durch Knochen bekleidet, der vom oce. lat. stammt, während der obere Theil durch perichondrostotischen Knochen, von dem Squamosum kommend, bekleidet wird. Das Squwamasum bildet die am meisten lateralwärts gelegene Spitze dieses Schädeldurchschnittes. An seinem obersten Theil zeigt es sich als ein enchondrostotischer Knochen, von einem Schleim- kanal durchbohrt. Doch ebenso wie das oce. lat. birgt des Squam. in seinem Inneren viel mehr Knorpel als man bei der Ansicht von Aussen vermuthen würde. So hängt auf diesem Schnitt die den can. sem. ext. bekleidende Lamelle schon nicht mehr mit dem en- chondrostotischen Theil des Knochens zusammen, weil sich der Knor- pel so weit ins Innere des Squamasum fortsetzt. Am oberen Rand dieses Schnittes bemerken wir in der Mitte die Spitze des oce. sup. und zu jeder Seite daran 2 Vorsprünge durch Vertiefungen getrennt. Die 1ste Vertiefung liegt zwischen Squam. und Oec. ext, die zweite zwischen oce. ext und oece. sup. Es biegt sich nun die äusserste“laterale Lamelle des squam. zur Bildung der Artieulation für das Hyomandibulare herunter, die me- diale bildet den Boden der erst erwähnten Grube. Die mediale Seite dieser Grube wird durch Knochen vom oce. ext. bedeckt. Auch das Oce. ext. zeigt auf diesem Querschnitt viel Knorpel in seinem Inneren , jedoch hängt die perichondrostotische Lamelle welche deu durschnittenen can. semic. post bekleidet noch mit dem enchon- drostostischen an der Spitze gelegenen Theil des Knochens zusam- men. Auch bildet das oce. ext. perichondrostotisch die laterale Wand der zweiten erwähnten Grube, deren mediale Seite durch das perz- chondrostotische Oce. sup. gebildet wird. In der Mitte bildet das Oee. sup. einen Stachel. Die ganze Dieke der enchondrostotischen Knochentheile an dem Schädeldache ist gering im Vergleich zu den unterliegenden Knor- pelmassen. Es bleibt jetzt nur noch die Schädelbasis übrig; diese wird vom knöchernen Oce. basilare gebildet, das aber in seinem Centrum eine halbmondförmige Knorpelmasse enthält. Diezer Knorpel birgt in seinem Üentrum einen kreisförmigen knöchernen Kern. Der Knor- pel ist das hintere Ende einer Knorpelschichte die wir auf den nächsten Sehnitten immer mächtiger finden werden. Der kreisförmige 239 knöcherne Kern bildet die hintere Spitze des näher zu beschrei- benden Augenmuskel-Kanales. Unter dem Oee. basil. befindet zieh das Parasphenoid, welches dem unteren Rande des ersten Knochens anliegt, und sich schon für das unbewaffnete Auge durch eine mehr compacte Struetur von dem mehr spongiösen Knochengewebe des oce. unterscheidet. Fassen wir kurz die Resultate der Betrachtung dieses ersten Schnittes zusammen, so finden wir: das oce. sup. ist perichondrostotisch, oce. ext. und Squam. sind an ihrer Spitze, also an der Aussenseite des Schädels, enehondrostotisch, werden aber auch bald perichon- drostotisch und folgen dabei genau den Relief-Verhältnissen des unterliegenden Knorpels. Das oce. lat. hat seinen enchondrostoti- schen Theil :» der Umgebung der Durchirittsstelle des N. vagus. Auch das oce. basil. ist nicht ganz frei von Knorpel. Der zweite Schnitt Fig. 3 ist 5mm yor dem ersten nach der Schnauze hin gemacht. Er geht noch durch das oce. lat.; das Bild das man bekommt ist aber ein ganz anderes. Das Schädeldach ist sehr breit und überdeckt die beiden Gruben welche sich auf dem vorigen Schnitt noch als Ausschnitte zeigten. Weil diese Gruben jetzt von den Frontalia überdeckt sind erscheinen sie hier als 2 laterale obere Kanäle. Die grösste centrale Oeffnung bildet die eigentliche Schädel- höhle, während sich unter ihrer Basis noch eine vierte Oeffnung, der dursehnittene Augenmuskel-Kanal zeigt. In den Wänden der eigentlichen Schädelhöhle finden wir natürlich das oce. lat. wieder in Gestalt einer äusseren und einer inneren perichondrostotischen Knochenlamelle, die beiderseitigen inneren Lamellen begegnen sich in der Mitte der Schädelbasis, wo sie eine mediane Hervorragung bilden; eine nach aussen eonvexe Ausbuchtung welche sich zu jeder Seite dieser Hervorragung befindet dient zur Bergung des Vestibu- lums sammt Otolith. Verfolgen wir die äussere Schädelwand oberhalb des oce. lat., so finden wir dort das squam. wieder. Es besitzt an seiner lateralen Spitze immer noch einen enchondrostotischen Theil der zur Bildung des Hyomandibular-Gelenkes ausgeschnitten ist. Nach unten hin bildet das squam. eine äussere und eine innere perichondrostoti- sche Lamelle; die äussere bildet die äussere Schädelwand, die innere bekleidet die laterale Grube zwischen squam. und oce. ext. Den 240 medialen Rand dieser Grube bildet ein perichondrostotischer Theil des oce. sup. Der Boden der Grube ist aber dadurch nicht ganz überdeckt, sondern eine mediane Stelle bleibt knorpelig. Dieses findet man an sehr vielen Schädeln und da wo diese Grube sehr tief wird wie z. B. beim Lates nobilis, zeigt sich bei der Ansicht des Schädels von Innen eine bedeutende Knorpelmasse, die oecc. lat. und petr. trennt. Das occ. sup. gibt auch noch eine dickere Lamelle ab welche den centralen inneren Theil des Schädeldaches bildet. Zwisschen Oce. lat. und Parasphenoid finden wir an der Schä- delbasis eine Knorpelschichte welche die Fortsetzung des vorher erwähnten halbmondförmigen Knorpels ist. In ihrem Centrum ist diese Knorpelschicht durchbrochen durch den Querschnitt des Au- genmuskelkanals der an seiner inneren Fläche von Knochen aus- gekleidet ist. An seinem unteren Rande wird der Augenmuskel- kanal durch das Parasphenoid geschlossen, seinen oberen Rand bil- det die innere Lamelle des Oce. lat. Im Hintergrunde dieses Schnittes sieht man perspectivisch das For. oceipitale von 2 knöchernen dem oce. lat. zugehörigen Säulen umgeben. Vor dem for. oce. erweitert sich der Schädel bedeutend und bildet die eigentliche Schädelhöhle. Das wichtigste aber an diesem Schnitt ist, dass der z» und zwischen den verschiedenen Knochen erhaltene Knorpel ein contınuuM bildet. Wir haben also einen knorpeligen Primordialschädel mit blosz perichondrostotischen Knochen. In Bezug auf das oce. lat. können wir also aus diesen beiden Schnitten schliessen: 1° dass das oce. lat. auf eine gewisse vertikale Entfernung vom Foramen seine enchondrostotische mit einer perichondrostotischen Natur vertauscht. 2° der zweite Schnitt zeigt uns einen ähnlichen Vorgang auf einer gewissen horizontalen Entfernung vom Foramen. Es muss also der Enchondrostotische Theil auf die Umgebung des Foramen f. Vag. beschränkt sein, und da der diekste Knochen gewöhnlich der älteste ist, so wird hierdurch auch das erste Auftreten desselben in der Umgebung des Nervenloches wahrscheinlich; jedoch werden wir dies später noch genauer ausführen. Angedeutet wird die Sache auch schon durch den strahligen Bau des ganzen Knochens, in 241 welchem man mit blossem Auge schon vom Foramen ausgehende Strahlen warnehmen kann. Dieses hat auch bereits ArEND'T beo- bachtet (de capitis ossei Esoeis lueii ete. Seite 10 $ 6) ex hoc ossium struetura jure videmur coneludere posse in Lucio (quod in Sturione per totam vitam ita habere constat) in priore periodo formationis eranium interius ex cartilagine membranacea constare, in qua deinde puneta ossificationis existant in facie exteriore atque interiore car- tilaginis lamellas orbieulares intermittentia, quarum diametros initio minor eodem fere modo latius extenditur, ut teste Mallus corum. Hoc eoneludo ex orbibus opacis eidem centro eireumjectis, qui in lamellis osseis subpellueidis apparent, indieantque peripherias lamel- larum prius ortarum. Ceterum aut omnia me fallunt, aut formatio novarum lamellarum in superfieie fit cartilagini intereurrenti adversa, eultro vel serra ubi ineideris, facile apparebit. Der dritte Schnitt Fig. 4 ist 3 mm. vor dem vorigen gemacht, so dass wir in der lateralen Schädelwand nicht mehr das oce. lat., sondern den hintersten Theil des petrosum haben. Wir finden wiederum eine grosse centrale eigentliche Schädelhöhle, oben zu jeder Seite dieser einen Kanal, die Fortsetzung der vorher beschriebenen Grube zwischen squam. und oce. ext. Unter dieser Oeffnung findet sich der Durchschnitt des can. semie. ext. Unter der Schädelbasis liegt der Augenmuskelkanal. Das petrosum verhält sich ganz so wie das oee. lat. und zeigt sich an der nach aussen convex gewölbten Schädel- wand als innerer und äusserer periehondrostotischer Knochen. Die inne- ren beiderseitigen Lamellen begegnen sich in der Mitte wie beim oce. lat. Das squamosum zeigt schon eine mehr perichondrostotische Na- tur; es liegt fast horizontal auf dem Knorpel, sein mediales Ende liegt unter dem Frontale, sein lateraler Theil endigt in einer freien Spitze; es ist noch immer von, einem Schleimkanal durehbohrt. Es gibt noch perichondrostotische Lamellen ab an die äussere Wand des Schädels; der vertikale Theil dieser Lamelle bildet die Gelenk- fläche für das Hyomandibulare. Die laterale Wand der oberen Grube wird auch durch eine vom squam. kommende perich. Lamelle bedeckt. Ebenso die later. Wand des can. semiec. ext., dessen mediale Wand aber ohne Knochen bleibt, weil die Schnitt-Ebene grade diejenige Stelle trifft, wo der Kanal in die Schädelhöhle mündet. 242 Das Oece. sup. liegt unter den beiden Frontalia, es bedekt peri- chondrostotisch die mediane, innere obere Schädelwand, und com- munizirt mittelst einiger schmaler knöcherner Ausläufer mit seinem perichondrostotischen Theil, der an der medianen, äusseren oberen Schädelwand, unter den Frontalia, liegt; zur Bildung enchondrosto- tischen Knochens kommt es aber bei diesen knöchernen Ausläufern , die noch durch Knorpel getrennt sind, nicht. An der Schädelbasis bedeckt eine Lamelle des Petrosum die In- nenwand des Augenmuskelkanales. An der äusseren Schädelwand wird diese Lamelle von einer Fortzetsung des Parasphenoid überdeckt. Das Primordial-Cranium ist auf diesem Schnitt ebenso vollständig, wie auf dem vorigen; alle Verknöcherungen sind perichondrostotiseh. Mit dem vierten Schnitt, Fig. 5, 7 mm. vor dem vorigen ge- macht, haben wir die Labyrinth-Region verlassen; auch die erwähnte obere Grube ist blind geendigt; darum haben wir ein viel einfacheres Bild, nur aus der centralen Schädelhöhle und dem darunter lie- genden Augenmuskelkanal bestehend. Die Schädelwand wird hauptsächlich vom Petrosum gebildet, das hier schon an einer Stelle eine enchondrostotische Natur besitzt, welche es jedoch an seiner Peripherie wieder verliert um sich in zwei perichondrostotische Knochen, an der inneren und äusseren Schädelfläche, zu theilen; der äussere Theil ist an einer Stelle, wo er rechtwinklig hervorragt, stärker entwickelt, diese diekere Stelle bildet die untere Wand des Hyomandibular-Gelenkes, das hier von einer Hervorragung des Petr. gestüzt wird. Nach unten bilden die zwei inneren perichondrostotischen Theile wieder die Basis der eigentlichen Schädelhöhle, während der äussere perichondrostotische Theil vom Paraspenoid überdeckt wird. Ein dritter perichondr. Theil des Petrosum bekleidet die Innenwand des Augenmuskelkanales. Das squamosum ist ganz perichondrostotisch und ragt etwas nach unten gekrümmt zu jeder Seite frei hervor. Der Knorpel zwischen squamosum und petrosum bildet den knorpeligen Theil des Hyoman- dibulargelenkes. Der fünfte Schnitt (Fig. 6) ist 4mm vor dem vorherigen, etwas vor dem Foramen des N. Facialis geführt. Die Oeffnung die wir hier in der lateralen Schädelwand vorfinden, ist aber natürlich nicht das Nervenloch, das man bei einer Profilansicht 245 des Schädels sieht, sondern es ist der Durchschnitt eines Kanales f', der sich zwischen Trigeminus und Facialis befindet. Durch diesen Kanal /' geht ein Zweig der Trig. und Facialis vereinigt. Das Petrosum ist hier noch mehr enchondrostotisch wie auf dem vorigen Schnitt, speziell in der Nähe des Kanales. Nach oben theilt das Petr. sich in eine äussere und innere mächtige Knochenschichte. Nach unten schiekt das Petrosum perichondrostotische den Augen- muskelkanal bekleidende Theile ab. Die Knorpelmasse, welche auf dem vorigen Schnitt, noch continuirlich den Augenmuskelkanal, an seiner oberer und lateralen Seite, umgab, ist hier in Folge der enchondrostotischen Entwickelung des Petrosum nur noch in drei Resten übrig. Ein unpaarer Rest, der central zwischen den beiden Petrosa über dem Kanal liegt, und zwei paarige schmale seitliche Knorpelstücke, durch das Petrosum und Parasphenoid bekleidet. Ueber dem Petrosum bildet eine bedeutende Knorpelmasse, worin man dendritisch verzweigte Kanäle beobachten kann, das Schädeldach. An der oberen äusseren Schädelwand, unter dem Squamosum, das sich ähnlich verhält wie auf dem vorigen Schnitt, finden wir einen kleinen perichondrostotischen Knochen: der Hinterraud des Frontale posterius. Der sechste Schnitt (Fig. 7) ist Zum vor dem vorigen gemacht, durch den hinteren Theil des Foramen für den N. trigeminus. Dieses ziemlich grosse Foramen stellt sich also auf diesem Querschnitt als eine Durchbrechung der Schädelwand dar, die obere Wand dieses Loches wird vom perichondrostotischen Petr. begrenzt; die untere bildet ein mehr enchondrostotischer, den Augenmuskelkanal um- schliessender Theil. Von den drei vorher erwähnten Knorpelresten, in der Umgebung des Augenmuskelkanales ist der obere durch Knochen ersetzt, die beiden lateralen sind als winzige Lamellen zwischen Petrosum und Parasphenoid erhalten. Ueber dem Petrosum, an der äusseren Schädelwand liegt das perichondrostotische Postfrontale (= frontale post!) das mit seinem oberen Theil an das Squamosum stösst. Das Squamosum ragt zu beiden Seiten des Schädeldaches nach aussen hervor. Mit Ausnahme des perichondrostotischen Petrosum und Postfrontale ist die ganze obere Schädelhälfte volständig knorpelig. Zum Verständniss des Bildes das uns der siebente, Dumm yor dem 244 vorigen geführte Schnitt, Fig. 8, gibt muss man ins Auge fassen dasz wir jetzt ganz nahe an die Orbita gerückt sind, so dasz das Petrosum an der Bildung der lateralen Schädelwand nicht mehr Theil nimmt. Bis jetzt wurde das Dach des Augenmuskelkanales immer von den beiderseitigen, sich in der Mitte vereinigenden Oce. lat. oder Petrosa gebildet, jetzt aber haben die Petrosa aufgehört und damit das knöcherne Dach, das durch Membran ersetzt wird. Diese Mem- bran heftet sich in der Mitte an die zwei oberen Arme des soge- nannten Y-förmigen Knochens, des basisphenoid an. Auf diese Art wird der Augenmuskelkanal, der durch den Stiel des erwähnten basisphenoid in zwei gleiche Hälften getheilt wird, von der Schädel- höhle abgegrenzt. Auf diesem Schnitt ist nur der hintere Theil der beiden oberen Arme des Basisphenoids getroffen. Die laterale Wand des Augenmuskelkanales wird durch noch vom Petrosum herkom- mende perichondrostotische Theile gebildet, welche in Gestalt einer inneren und einer ausseren Lamelle auftreten. Das Parasphenoid bildet die Basis des Augenmuskelkanales. Ueber dem Petrosum finden wir das sogenannte Alisphenoid an seinem unteren Theile enchondrostotisch; mehr nach oben bildet es einen äusseren und inneren perichondrostotischen Theil. Der mediale perichondrostotische Theil durchsetzt mitteltst einiger knöchernen Ausläufer das knorpelige Schädeldach, bis zu dem Front. Ueber dem Alisphenoid ragt das Postfrontale bedeutend zu beiden Seiten des Schädels hervor. Es hat hier seine mächtigste Entwicke- lung. Das Squam. ist zwischen dem Postfrontale und Frontale ein- geklemmt. Das Schädeldach ist sehr breit im Verhältniss zur Schädelhöhe. Der Ste Schnitt Fig. 9. grenzt unmittelbar an den vorigen, so dasz wir auf dieser Schnittebene das ganze basisphenoid sehen, dessen Basis herunterreicht bisauf das Parasphenoid, und dessen Arme durch Membran mit dem Alisphenoid verbunden sind. Die Sehädelhöhle, hiör also oben durch das Schädeldach, lateral durch Membran begrenzt, endigt nach vorn triehterförmig, um an ihrer Spitze die Nervi olfactorii in die knorpelige Interorbital-Scheide- wand übertreten zu lassen. Die übrigen Knochen verhalten. sich natürlich wie auf dem vorigen Schnitte. Der letzte Schnitt Fig. 10 is 4,5em von dem vorigen gemacht, 245 am Vorderrand der Orbita, durch das Praefontale. Dieser perichon- drostotische Knochen bildet die oberste äusserste Schädelwand, mit seinem oberen Theile grenzt er an das Frontale, In der Mitte der Unterseite der Basis finden wir das schmale Parasphenoid, das mit einem vertikalen Kamme in den Knorpel hineinragt. An seiner unteren Fläche wird es bereits vom hinte- ren Theil des gezähnelten Vomer’s bedeckt. Die grosse centrale Höhle auf diesem Schnitte bildet der durch- schnittene blind endigende vordere Augenmuskelkanal, worin die museuli obliqui sich im Knorpel der Schnauze noch eine Strecke weit fortsetzen. Zu jeder Seite dieser centralen Höhle sind 2 kleinere Oeffnun- gen zu bemerken, die wahrscheinlich Nerven für die Riechgrube durch- treten lassen (nieht die Olfatorii.) Wir haben uns also überzeugen können dass die Hechtschädelknochen eine gemischte en- und peri- chondrostotische Natur besitzen, und das vor dem Oce. lat. und Petr. der enchondrostotische Theil in der Umgebung des Nervenloches liegt. Es bleibt noch zu beweisen, dass am nicht ausgewachsenen Hecht- schädel der periehondrostotische Zustand dem enchondrostotischen voraus- geht, der sich nur bildet wenn der Knorpel durch perichondrostotische Lamellen umwachsen worden ist. Sn} DER UNAUSGEWACHSENE HECHTSCHADEL. Das Studium des ausgewachsenen Hechtschädels hat uns also überzeugt, dass seine Knochen eine ganz eigenthümliche Structur besitzen, dass nicht bloss, wie schon früher bekannt, Knorpel sich zwischen den einzelnen Knochen erhält, sondern dass sich in jedem Knochen noch bedeutende Knorpelreste befinden, wodurch die Ele- mente des Hechtschädels eine gemischte e»- und perichondrostotische Natur erlangen. Die Untersuchung des unausgewachsenen Schädels wird uns nun zeigen, dass von den beiden erwähnten Zuständen der perichon- drostotische der ältere ist, und dass der spätere enchondrostotische von einem fröheren perichondrostotischen abzuleiten ist. Unglücklieher Weide hatte ich nur zwei junge Schädel, welche 246 vom Hinterrand des Oece. bas., bis zur Vomerspitze 3,5em massen, also nicht einmal sehr jung waren, zur Verfügung. Die Schnitte sind so viel wie möglich an den, dem älteren Schä- del entsprechenden Stellen gemacht. Der erste Schnitt ist etwas vor dem Vagus-Loch gemacht, und merk- würdig duren das ganzliche Fehlen von enchondrostotischen Knochen. Die centrale Höhle repräsentirt die Schädelhöhle ; zu jeder Seite davon findet sich eine Oeffnung, der gemeinschaftliche Anfang des Canalis semie. ext. und post. Endlich lateral von dieser Oeffnung sehen wir den länglichen Durchschnitt des can. semie. ext. Zu jeder Seite des oce. sup. finden wir den durschnittenen hinteren halbkreis- förmigen Kanal. Es entsprieht der Knorpel mit z angedeutet, der hier die centrale Schädelhöhle umgibt, dem enchondrostotischen Knochen der beim ausgewachsenen Schädel die Hinterwand der eigentlichen Schädel- höhle bildet und auf Fig. 3 ebenfalls mit z angegeben is. Hier finden wir also periehondrostotische Knochen an der Stelle wo sich später enchondrostotische bilden. Das oce. lat. ist hier durch 3 perichon- drostotische Lamellen repräsentirt. Die eine bekleidet die laterale Wand der Schädelhöhle, die zweite die Unterseite des gemeinschaft- lichen Anfangs von can. semie. ext. und post; die dritte überdeckt die äusere Schädelwand. Ueber diesen letztern befindet sich äusserlich das Squamosum das zur lateralen Wand des can. semie. ext. einen pe- richondrostotischen Theil abschiekt und einen Schleimkanal umschliesst. Das oec. ext. wird auch durch 2 perichondrostotische Theile ge- bildet, einen an der Aussenwand des Schädels, einen an der late- ralen Wand des can. semic. ext. Dass sowohl von dem can. semic. ext. als von dem can. semie. post. nur die laterale Wand einen perichondrondrostotischen Knochen besitzt, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Verknöcherung von der Aussenwand des Schädels nach /»nen fortschreitet. Das oee. sup. verhält sich wie beim ausgewachsenen Schädel. Das oce. basilare zeigt eine sehr deutliche Wirbelnatur, da es noch das für die Hechtwirbel sehr characteristische Änorpelkreuz besitzt. Sein Centrum wird von der Chorda eingenommen. Die Querschnitte der Gehörkanäle sind verhältniszmässig viel grösser wie beim ausgewachsenen Schädel. 247 Der zweite Schnitt is durch das Facialisloch geführt; die einfache Vergleichung mit dem gleichen Schnitt am vorigen Schädel genügt, um deutlich zu machen, dass auch hier gerade an der unteren Seite des Foramens der periehondrostotische Zustand vorherrscht. Der dritte Schnitt hat viel Aehnlichkeit mit dem am ausgewach- senen Schädel durch die Trigeminus-Oeffnung geführten. Nur an der lateralen Wand des Augenmuskelkanales ist der Knorpei um- fangreicher und grenzt näher an das Nervenloch. Der vierte Schnitt ist von dem Trigeminusloch gemacht. Ein knöchernes Alisphenoid konnte ich noch nicht finden. Es ist sehr möglich dass das Alisphenoid später als das Petrosum und Oece. laterale verknöchert; bei der geringen Zahl der Hechtschädel, die ich besass, will ich es nicht wagen die Sache jetzt schon als ganz feststehend darzustellen. Der Stiel des Paraspenoids ist knorpelig, die horizontalen Flügel aber sind bereits enchondrostotisch. Beiläufig können wir aus diesem Schädel sehliessen: 10. dass sich beim Hecht, enchondrostotischer Knochen aus peri- chondrostotischem entwickelt. 20. dass beim Oceipitale laterale und Petrosum wo wir enchon- drostotischen Knochen fanden, dieser sich nur bildet, wenn der Knochen durch das Nervenloch auch schon ins Innere des Schädels getreten ist, so dass der Knorpel von perichondrostotischem Knochen umgeben ist. Um zu bestimmen ob das Squam. sich wirklich enehondrostotisch entwickelt oder ob die mächtigere Knochen-Entwickelung an seiner hinteren Spitze nur auf Rechnung von periostaler Bildung zu schreiben ist, dazu bedarf es noch einer weiteren Untersuchung. 3°. Oece. lat. , sup. und ext., Squamosum, Petrosum und Alisphenoid besitzen beim Hecht lebenslang eine gemischte en- und perichondros- totische Natur. Bezüglich des Oce. sup., Oce. ext. und Squamosum müssen wir annehmen, dass sie an der dünnsten Stelle der Schädelwand den Knorpel durchbrechen und die Jnnenseite der halbkreisförmigen Kanäle bekleiden. Für das Oce. ext. und das Squamosum liegt diese Stelle an der äussersten Spitse des Knochens. Es ist möglich dass sich, durch abgekürzte Vererbung, jetzt sofort in der knorpeligen 248 Spitze auf welcher sich diese Knochen entwiekelen ein enehondros- totischer Kern bildet; es ist auch möglich dass man ein jüngeres Stadium finde, worin die genannten Knochen noch rein perichon- drostotisch sind; jüngere Stadien werden dies entscheiden. Da, wie wir später beim nicht ausgewachsenen Lachsschädel sehen werden, das Squam., Oce. ext. und Oece. sup. sich beim Lachs anfänglich an der Aussenseite des Schädels entwickelen und später in den halbkreisförmigen Kanälen sich ausbreiten, und da ferner die anderen Sehädelknochen uns kein Beispiel einer selbständigen Knochenbildung an der Innenseite des Schädels darbieten, so kann ich auch für den Hecht die Bildung von selbständigen Verknöcherungen im Inneren der halbkreisförmigen Kanäle nicht annehmen. $ 4. DER AUSGEWACHSENE LACHSSCHADEL:. Es bleibt uns noch übrig unsere Befunde beim Hechtschädel auch für andere Fische nachzuweisen. Der Hechtschädel beharrt durch die gemzscht en- und perichon- drostotische Natur seiner Knochen lebenslang in einem embryonalen Stadium. Um also eine allgemeine perichondrostotische Entstehung der Fischschädelknochen zu beweisen müsste man dieselbe auch, wenn möglich, für einer solehen Schädel nachweisen der im ausge- wachsenen Zustand enehondrostotisehe Knochen besitzt. Dies ist nun beim ausgewachsenen Lachsschädel, wie uns die Querschnitte zeigen werden, der Fall. Auf einem vertikalen durch das Vagus-Loch gemachten Querschnitt, Fig. 15, können wir uns sofort überzeugen, “dass sich wirkliche enchondrostotische Knochen gebildet haben. Das Oece. lat. ist jetzt in seiner ganzen Ausdehnung knöchern, und nur durch einen kleinen Knorpelrest vom Squamo- sum getrennt. Eine mächtige Knorpelschicht dagegen trennt das Oce. lat. vom Oce. ext. und Oce. sup. Diese Schicht ist so mächtig dass das Oce. ext. nicht einmal bis zum Can. semieire. ext. reicht, sondern dieser verläuft unmittelbar unter dem Oce. sup. Unter dem Squam., und Oece. lat. liegt das Interealare als ein dünner Knochen an der Aussenwand des Schädels. Wenn man dieses Bild in Ver- 249 bindung bringt mit einem horizontalen Schnitt durch das Intercalare, Fig. 36, so wird es noch deutlicher, dass das Intercalare, selber auf Knochen (auf dem Squam. und oce. lat.) liegend, keine funetionelle Beziehung zu irgend einem der halbkreisförmigen Kanäle besitzen kann. Das Oce. ext. ist hier fast in Verhältniss zum Knorpel peri- chondrostotisch zu nennen. Das Oce. sup. ist sehr massiv, das Oce. basilare ist an seiner Unterseite ausgehöhlt und bildet mit dem Parasphenoid den hintern Theil des Augenmuskelkanales. Die Hauptsache ist also für uns, dass sich zwar noch viel Knor- pel erhalten hat, dass er aber nur zwisschen, nicht mehr i» den Knochen tritt wie beim Hecht; die Knochen sind beim Lachs also enchondrostotisch. Auch an seiner vorderen Grenze behält das Oce. lat. seine en- chondrostotische Natur, wie uns ein zweiter Schnitt, Fig. 16, durch den Voderrand des Oce. lat. lehrt. Zwischen dem Oce. sup. und den beiden Oce. ext. welche das Schädeldach bilden erstreckt sich noch immer eine bedeutende Knorpelmasse. Perspectivisch ist im Hintergrund die Hervorragung des Oce. lat. gezeichnet durch welche der Can. semie. post. unter dem Oce. sup. in die Schädelhöhle mündet. An der Basis und an der Aussenseite dieser Hervorragung sehen wir den gemeinschaftlichen Anfang des Can. semie. post. und ext. Das squam. wird vom Can. semie. ext. durchbohrt. Zwischen dem Oce. lat. und dem squam. befindet sich ein kleiner Knorpelrest, ebenso zwischen dem Oce. basil. und Oee. lat. Der Anfang der Grube für das Vestibulum zeigt sich auf diesem Schnitt als ein schmaler, mit seiner concaven Seite nach der Grenze der beiden Oee. lat. ge- kehrte, Schlitz. Auf diesem Bilde bezeichnen die Buchstaben die entsprechenden Stellen auf Fig. 3. So wie beim Hecht habe ich dann den dritten Schnitt, 1,5 mm. von der vorigen Fig. 17 durch den Hinterrand des Petrosum ge- führt. Dieser Knochen ist hier auch enchondrostotisch. An ‚der Innenseite des Schädels deutet eine durch ein * bezeich- nete Stelle den Platz an, wo der Can. semiec. ext. in die Schädel- höhle mündet. Knorpel findet sich zwischen dem Petrosum und dem perichon- 250 drostotischen Squamosum, unter den Frontalia und zu jeder Seite in der lateralen Wand des Augenmuskelkanales. Ueberdeckt durch das Petrosum und das Parasphenoid. Der vierte Schnitt, Fig. 18, ist durch das perspectivisch gezeich- nete Facialis-Loch gemacht, 4 »m. vor dem vorigen. Der Facialis geht durch das Petrosum, dieser Knochen ist durch Knorpel von dem enchondrostotischen Postfrontale getrennt. Auch hier sind die Knochen enchondrostotisch. Knorpelteste sind erhalten am Schä- deldach, unter den Frontalia und an der Schädelbasis, in der late- ralen Wand des Augenmuskelkanales. Der fünfte Schnitt, 1 cm. vor dem vorigen, Fig. 19, zeigt ein etwas anderes Bild, weil sich die Schädelhöhle nach vorn zu ver- engert, und jederseits von den Alisphenoidea begrenzt wird. Ueber und lateral von der centralen Höhle sehen wir zu jeder Seite eine Oeffnung, das durchschnittene Ende einer seitlichen Ausbuchtung der Schädelhöhle. In dieser Schnittebene erscheint diese Ausbuch- tung noch als Oeffnung, im höchsten Schnitt endigt sie blind. Auch finden wir hier das sogenannte Basisphenoid wieder, dessen horizontale Flügel bis zu dem knöchernen Alisphenoid reichen; die Basis des Basisphenoid wird durch Knorpel vom Paraspenoid getrennt. Die Knochen sind enchondrostotisch. Ein Durchschnitt durch das Praefrontale giebt im Ganzen ein ähnliches Bild, wie beim Hecht, das Praefrontale ist perichondrostotisch. Durch diese Schnitte ist jedenfalls sicher gestellt, das der Lachs- schädel zumeist enchondrostotische Knochen enthält. Wir können also zur Untersuchung der Lachsembryonen schreiten. Im dritten Abschnitt findet sich eine Beschreibung des Lachschädels welche zur Orientirung in den Querschnitten dienen kann. S$S 5. DER NICHT AUSGEWACHSENE LACHSSCHÄDEL. Die noch nicht ausgewachsenen Lachse, deren Schädel ich jetzt beschreiben will, massen von der Schnauze bis zum Ende der Schwanz- flosse gemessen 2,7 em. Um die Anfänge der Verknöcherung deutlich sehen zu können, habe ich die Schädel erst in Carmin gelegt, und u rd” 251 darnach in eine sehr schwache Lösung von Höllenstein, wodurch sich der Knochen erst gelb dann schwarz färbt, während der Knorpel, roth gefärbt durch die Carminlösung, durch die Höllensteinlösung nicht angegriffen wird so lange er von Kalk frei ist. Bei einer Profil- Ansicht des Schädels von Aussen (Fig. 37) sieht man folgende Ver- knöcherungen. Erstens an der Schädelbasis einen knöchernen Vomer und Parasphenoid. In der seitlichen Schädelwand ein Oce. lat., um das Vagusloch; und nach vorn, vom Oce. lat. durch eine grosse knorpelige Strecke getrennt, das Petrosum, um das Facialisloch gelagert. Parallel mit dem Parasphenoid sieht man am unteren hin- teren Schädeltheil das Oce. basilare. In dem erwähnten Knorpel zwischen Oce. lat. und Petrosum befindet sich eine Oefinung deren Zweck ich nicht kenne; sie liegt etwas tiefer wie das Vagusloch in der zur Bergung des Vestibulums nach aussen gewölbten knorpe- peligen Schädelwand. Oce. lat. und Petrosum sind hier durch einen verhältnissmässig viel grösseren knorpeligen Zwischenraum getrennt als später. Es sind sämmtliche Verhältnisse der verschiedenen Sehädelab- schnitte am embryonalen Lachsschädel anders wie am erwachsenen. Am embryonalen Schädel verhält sich die Länge der Schnauze sammt Orbita (vom Vorderrand des Vomer bis zum Vorderrand des Petrosum gemessen) zur Länge des übrigen hinteren Schädelthei- les wie 1°/, zu 1. Beim erwachsenen Schädel verhält sich die Länge B von Schnauze sammt Orbita zum übrigen Schädel wie 2 zu 1. Der Zintere Schädelabschnitt (vom Vorderrand des Petrosum bis zum Hinterrand des Oce. basilare) beim nicht ausgewachsenen Schädel ist also 1,4 mal länger, wie beim erwachsenen Schädel. Ueber dem Petrosum liegt an dem obersten hinteren Rand der Orbita, dicht unter dem Frontale, ein schmaler knöcherner Streif woraus sich später das sogenannte Alisphenoid entwickelt. Dieser Streif liegt auf der Grenze wischen dem knorpeligen und membranösen Interor- bitalseptum. Das letztere ist noch gar nicht so entwickelt wie beim erwachsenen Lachs, sondern est ist gänzlich membranös. In die obere vordere Ecke der Orbita ragt der Hinterrand der knorpeligen Schnauze hinein und an der Basis der Orbita befindet sich über dem Vomer und Parasphenoid ein unpaarer schmaler kuorpeliger Streif, der sich bis zur Schnauze ausdehnt. Es entsteht dieser un- 18 252 paare Abschnitt aus der Vereinigung zweier Knorpelstreifen, die durch die laterale Schädelwand jederseits abgegeben werden und sich am Vorderrand des hinteren Schädeltheils vereinigen, es sind dies die sogenannten Schädelfalten. Auch die Länge der Orbita ist im Verhältniss zum übrigen Schä- del bei nicht ausgewachsenen grösser, da der grösste Längsdurch- messer der Orbita bei dem vorliegenden Stadium 2,5um. war, während die Schnauze nur ein Millimeter mass. Bei einem ausge- wachsenen Schädel wo die Schnauze 4m. Jang war, betrug der grösste Längsdurchmesser der Orbita nur 3m.; die Orbita ist dem nicht ausgewachsenen also im Verhältniss 3'/, mal grösser wie beim erwachsenen. Da alle Sinnesorgane beim Embryo in Verhältnisz zum ausgewachsenen Zustand grösser sind, so ist es natürlich, dass die Orbita welche das Auge umschliesst, und der hintere Abschnitt des Schädels, der das Gehörorgan beherbergt, bei Embryonen auch verhältniszmässig grösser sind. Basisphenoid und Praesphenoid sind noch nicht vorhanden. Am Schnauzertheil ist das Praefrontale schon durch einen Kern ange- deutet. Der vordere knorpelige Augenmuskelkanal ist schon gebildet. Im Schädeldach findet man folgende Verknöcherungen: am oberen hinteren Schädelrand das Oce. ext. welches bei der Profilansicht das Oce. superius bedeckt. Vor dem Oce. ext. das Parietale und davor das sehr grosse Frontale das bis zum vordern Rand der Or- bita reicht. Ein wenig über und vor dem Oce. lat. liegt das her- vorragende Squamosum, das sich nach vorn in einen knöchernen Schleimkanal fortsetzt. Unter dem Squamosum biegt sich die knor- pelige Gelenkfläche für das Hyomandibulare dem Petrosum zu. Ueber dem Petrosum findet sich noch viel Knorpel, in dessen Mitte ein kleiner Kern das spätere Frontale posterius andeutet. Gehen wir jetzt zur Betrachtung der Querschnitte an einem Schä- del vom nämlichen Stadium über, so erinnert uns schon der 1ste Schnitt Fig. 38 lebhaft an die beim Hecht gefundenen Verhältnisse. Wir finden nämlich an diesem Schnitt, der durch das Foramen oceipitale hinter dem Vagusloch geführt ist, das Oce. lat. durch einen äusseren und inneren perichondrostotischen "Theil repräsentirt. Der zweite Schnitt Fig. 39 durch das Vagusloch geführt zeigt uns den fast vollständigen Primordial-Schädel, an dem beimahe nur pe- 253 richondrostotische Knochen vorkommen. Die einzige enchondrostoti- sche Stelle liegt unmittelbar über dem Vagusloch. An der Schädel- basis finden wir die Chorda von einer Knochenlamelle umgeben, dem Anfang des Oce. basilare. An dem lateralen Ende der Knorpel- masse, die sich jederseits der Chorda ausbreitet, finden wir einen perichondrostotischen Knochen der zum Oce. lat. gehört; er bildet die mediale Wand des Vagusloches; der laterale Rand dieser Oeffnung wo die Schädelwand am dünnsten ist, wird, wie erwähnt, von der einzigen enchondrostotischen Stelle des Schädels gebildet. Wir fin- den hier also, ganz genau wie beim Hecht, für das Oce. lat. eine gemischte en- und perichondrostotische Natur. Das Oce. externum ist auf diesem Schnitt perichondrostotisch , ebenso das Occ. sup., das aber an einer Stelle schon die Schädel- wand durchsetzt hat. Dieser Schnitt. aber hat den Knochen mehr peripherisch getroffen und darum erscheint er hier perichondrostotisch. Medianwärts vom Vagusloch reicht ein knöchernes Säulchen von der Schädelbasis bis zum knorpeligen Schädeldach; dieses Säul- chen das durch Lamellen des Oce. lat. gebildet wird, entspricht dem Knochen, der beim Hecht die Hinterwand der eigentlichen Schädelhöhle bildet. Beim nicht ausgewachsenen Hecht befindet sich an dieser Stelle Knorpel, beim nicht ausgewachsenen Lachs .bildet sich Knochen ohne knorpelige Anlage. Der dritte Schnitt, Fig. 40, ist auch noch durch das Oce. lat., aber vor dem Vagusloch, gemacht. Die Chorda ist immer noch von Knochenlamellen des Occ. basilare umgeben. Das Oce. lat. hat einen enchondrostotischen Kern, wird aber an seiner Peripherie perichon- drostotisch. Squamosum, Parietale und Oce. sup. sind ebenfalls alle perichondrostotisch. Der vierte Schnitt, Fig. 41, geht durch den Knorpel zwischen Oec. lat. und Petrosum. Die Chorda endigt hier in einer knöcher- nen Spitze, mitten in der Schädelbasis. Das Oce. bas. ist an einer Stelle schon enchondrostotisch. Das Squam. umschliesst noch nicht den Can. semieire. ext. wie beim ausgewachsenen , sondern liegt nur perichondrostotisch dem Schädel auf. Es hängt hier mit einem Schleimkanal zusammen, wie beim Hecht erstreckt sich dieser Schleimkanal ziemlich weit nach vorn über den Schädel, wie wir bei der Profilausicht sahen. Der Augenmuskelkanal fängt auf diesem 254 Schnitt eben erst an, reicht also beim unausgewachsenen nicht so weit nach hinten wie beim ausgewachsenen, wo er bis zum Hin- terrand des Oce. basilare sich erstreckt. Die knöchernen Frontale bilden das Schädeldach. Der fünfte Schnitt, Fig 42, geht durch den Hinterrand des Pe- trosum. Dieser Knochen besteht aus einer inneren und äusseren perichondrostotischen Lamelle, verhält sich also wie das Oce. lat. an seinem Hinterende. Der Augenmuskelkanal ist bedeutend grösser geworden. Auch der Schleimkanal ist noch sichtbar. Der letzte Schnitt, Fig. 45, ist durch das Facialisloch geführt. Die Oeffnung welche man in der lateralen Schädelwand sieht ist der Durchschnitt des Kanales zwischen Facialis und Trigeminus gerade so wie beim Hecht. Diese Oeffnung ist von perichondrosto- tischen Knochen umgeben. Eine Lamelle dieses Knochens bildet das Dach für den Augenmuskelkanal, der bier schon ziemlich bedeutend aber immer noch verhältniszmässig kleiner ist wie beim ausge- wachsenen. Ich habe auf Querschnitten durch diese Region kein knorpeliges Basisphenoid finden können, ich muss also annehmen, dass es sich später bildet, ebenso wie das Praesphenoid. | Ueber diese beiden Knochen habe ich Auskunft gefunden in dem nächsten Stadium, von 3,7em., vom Vorderrand der Sehnauze bis zum Ende der Schwanzflosse gemessen. Bei diesem Stadium zeigen sich in dem Interorbital-Septum zwei Verknöcherungen, die unge- fähr die Gestalt eines griechischen r haben. Sie liegen wie gesagt im membranösen Interorbital-Septum. Da beide Hälften schon Knöchern waren, konnte ich nicht bestimmen ob sie noch ein knorpeliges Vorstadium besitzen. Beim ausgewachsenen Schädel stützt sich die Basis des Basisphenoids auf Knorpel, doch daraus darf man nicht schliessen dass darum der ganze Stiel des Basisphenoids knorpelig präformirt gewesen sein musz; diese Verbindung kann sehr gut eine spätere Bildung sein. Dafür spricht das Faetum dass alle Knor- pel welche sich unten im ausgewachsenen Interorbital-Septum finden , wie dieses Stadium zeigt, durch Hervorwachsen des vorher er- wähnten Knorpelstreifs gebildet werden; dieser Knorpelstreif war die Fortsetzung der unteren Schädelbalkens. Das Orbitosphenoid liegt in der vorderen oberen Ecke der Orbita, 255 es ist an seinem Vorderrand ausgeschnitten, dort wo der Olfactorius durehtritt. Nach hinten dehnt es sich in dem mebranösen Interor- bital-Septum aus. Es hat noch nicht seine späteren Dimensionen erreicht, sondern ist durch eine grosse membranöse Lücke vom Alisphenoid, an welches es im ausgewachsenen Zustand grenzt, getrennt. Das Orbitosphenoid bildet sich also direct in der Mem- bran. Wir haben also nachgewiesen dass am nicht ausgewachse- nen Lachsschädel die Knochen noch die nämliche gemischte ex- und peri-chondrostotische Natur besitzen, welche beim echt zeitle- bens bestehen bleibt; während der ausgewachsene Lachs uns zeigte dass seine Knochen vollständig ezckondrostotisch sind, so dass sich der Knorpel nur zwischen den Knochen erhält, und dadurch zum fortdauernden Wachsthum des Schädels beiträgt. i Von das Oce. lat. und Petr. fanden wir sowohl beim unausge- wachsenen Hecht wie beim wunausgewachsenen Lachs, dass eine Knochenlamelle in der Umgebung des Nervenloches für Vagus und Facialis, die Innen- und Aussenseite der Schädelwand bedeckt. Ist der Knorpel von der perichondrostotischen Lamelle umwachsen so fängt die enchondrostotische Knochenbildung an und schreitet centrifugal von dem Nervenloch bis zur Peripherie des Knochens fort. Auf diese Art lässt sich die Bildung des Oce. lat. und des Petr. so zu sagen mechanisch dureh das Hineinwachsen einer Knochen- lamelle durch das Nervenloch erklären. Freilich habe ich kein Sta- dium wahrgenommen in welchem das Oce. lat. und das Petr. bloss als Verknöcherung an der Aussenseite des Schädels vorhanden ge- wesen wären. Aber das macht keine Schwierigkeit, denn da ich erstens keine Zwischenstufen zwischen den Stadien von 1,9em. und 2,7em. besasz, so kann es sehr wohl der Fall sein, dass die frag- liche Bildung bei einem der mangelnden Stadien vorhanden ist. Zweitens ist es auch sehr gut möglich dass, in Folge des Processes der abgekürzten Vererbung, sich der Knochen sofort als eine äus- sere und innere Lamelle bildet. Die Zauptsache hat uns doch das Stadium des nicht ansgewachsenen Lachses von 2,Tem. gelehrt, nämlich: dass die perschondrostotische Ossification der enchondrostoti- schen vorausgeht, dass also diese beiden Formen von Verknöcherung in genetischen Zusammenhang stehen, und (wie Gegenbaur schon in seinen “Grundzüge der vergleichenden Anatomie’ gesagt hat) 256 verschiedene Entwickelungs-Zustände des Ossifications-Processes dar- stellen. Einen zweiten Beweis dafür dass die peröchondrostotischen Knochen älter sind wie die enchondrostotischen hat mir das Jüngste von mir untersuchte Lachsstadium geliefert. Dies war nämlich ein unausgewachsener Lachs von circa 1,9em. Körperlänge der noch einen grossen Dottersack besass. Die einzigen deutlichen Knochen waren hier das Frontale und das Parasphenoid. Um die Chorda herum, und in der Umgebung des Vagus- und Facialis-Loches hatte sich zwar schon eine durchscheinende Lamelle auf dem Knorpel gebildet, aber von Verknöcherung konnte hier noch nicht die Rede sein während das Frontale und das Parasphenoid sich in Höllen- stein-Lösung deutlich schwarz färbten. Schliesslich muss ich noch bemerken dass das Lachsstadium von 2,7em. mit Ausnahme des Basisphenoid die nämlichen Knochen besitzt wie der ausgewachse Hechtschädel; während das Orbito- sphenoid, das sich zwar am ausgewachsenen Lachsschädel, nicht aber am ausgewachsenen Hechtschädel vorfindet, sieh beim Lachs noch später bildet; bei einem Individuum von 3,7em. Körperlänge fand sich nur erst die Anlage derselben. Auch der hintere Augen- muskelkanal gehört nicht zum Primordialschädel, aber wie uns sein geringerer Umfang im unausgewachsenen Zustande zeigt, nimmt er in Uebereinstimmung mit dem Wachsthum der Augenmuskeln spä- ter an Grösse zu. $ 6. SCHLUSS UND RECAPITULATION. Der Fischschädel ist ursprünglich ein knorpeliges Continuum. Diese Bemerkung muss ich voraus schicken, weil sie bisjetzt zwar bekannt, aber, bei der Betrachtung des knöchernen Schädels, gewöhnlich wieder aus dem Auge gelassen wird. 1. Bestimmte Knochen, von Hautknochen abzuleiten, sind dureh Anpassung und Vererbung in eine constante Beziehung zum knor- peligen Schädel getreten. Zu den ältesten dieser Knochen gehören das Frontale und das Parasphenoid, zwei Knochen welche bei Teleostiern immer auch 257 noch in sehr lockerer Verbindung mit dem Schädel bleiben. Beim Hecht ist das Frontale von vielen Schleimkanälen durch- bohrt, wenn wir also beim Hecht, wo sich ein knorpeliges Schä- deldach erhält nach einer Function des Frontale fragen, so bleibt keine andere Antwort übrig als die, dass die Frontalia das System der Schleimkanäle beschützen. Beim Hecht ist also die Beziehung des Frontale zum Schädel eine viel lockerere wie bei solchen Te- leostiern wo das knorpelige Schädeldach verschwunden ist. Das Parasphenoid kann beim Hecht auch ohne dass eine Zerstö- rung der eigentlichen Schädelhöhle stattfindet abgelöst werden. Diese beiden Gebilde welche, nach ihrer Ontogenie zu schliessen auch phylogenetisch die ältesten Knochen sind, beharren, im Uebergangs- stadium, zwisschen Integument- und Schädelknochen. Das Parasphenoid trägt auch bisweilen Zähne. In eonstanter Beziehung zu dem Vagus- und zu dem Faecialis-Loch stehen das Oce. lat und das Petrosum. Die enchondrostotische Natur dieser Knochen ist aus der Anwesenheit des Nervenloches zu erklären. 3. Das Auftreten der Hinterhaupts-Knochen des Fischschädels, nämlich des Oce. ext, Oce. sup, und Squamosum, lässt sich noch von einer anderen Seite betrachten. Am Hinterhaupt der Fische kommen immer 5 Hervorragungen und 4 dazwischen liegen- de Vertiefungen oder Gruben vor; der Grad der Ausbildung ist unendlich verschieden, doch die Zahl ist constant. Den medianen unpaaren Fortsatz bildet das Oce. sup, jederseits davon erhebt sich das Oce. ext; die beiden lateralen Spitzen endlich bilden die Squamosa. An disen Knochenspitzen und über das Schädeldach hinaus, in den Gruben zwischen den erwähnten Knochen, heften sich überall mächtige Muskeln an; sowohl vom Rumpfe als vom Schulterapparat, der ja eng mit dem Schädel verbunden ist. Nun ist es eine bekannte Thatsache dass an der Angriffstelle von starken Muskeln auch die Fähigkeit der betreffenden Skelet- theile, dem auf sie ausgeübten Zuge Widerstand zu leisten , sich erhöht. Dies geschicht durch Bildung von Vorsprüngen, Höckern ete, so- gar von disceret auftretenden Knochenkernen. Durch einen derartigen Vorgang möchte ich mir nun die Knochenbildung am Hinterhaupt» der Teleostier bedingt denken. Für diese Ansicht spricht: 258 1°. die Bildung dieser Knochen als Kerne gerade an der Spitze der entsprechenden in ihren übrigen Theilen noch knorpeligen Schädelvorsprünge. 20, die Abwesenheit der Stacheln und Kämme beim nicht aus- gewachsenen Schaedel die im ausgewachsenen Zustand durch Ver- knöcherung der Sehnen sich weiter bilden. 30. die perichondrostotische Ertstehung dieser Knochen bei Em- bryonen. Für die Bildung enchondrostotischer Knochen an diesen Stellen können die halbkreisförmigen Kanäle nicht ohne Einfluss gewesen sein. Die Entwickelung des Gehörorganes ist für die Le- benssicherheit des Thieres offenbar von Bedeutung. Es haben also die vorher beschriebenen Modifieationen des Hinterhauptes in An- passung an die Muskulatur nur so weit gehen können dass sie die nothwendige Grösse des Gehörorganes nicht beeinträchtigten. Da wo sich im Oce. ext und im Squam. der halbkreisförmige Kanal gleich unter der Spitze umbiegt wird die Schädelwand am dünn- sten, folglich eine Durchbrechung des Knorpels durch Knochen am leichtesten gewesen sein. Beim nieht ausgewachsenen Hecht und Lachs haben wir den vor- deren Theil des Squam. in Zusammenhang mit einem Schleimkanal gefunden. Hierin ist vielleicht eine Andeutung der Entwiekelung des Squamosum aus einem Integument-Knochen zu sehen. 4. Ueber das Basisphnoid kann ich nichts Allgemeines feststel- len, bis durch Untersuchung eines jüngeren Hecht-Stadium’s aus- gemacht ist ob bei diesem Fische der genannte Knochen auch bereits keinen Theil des Primordialeraniums mehr bildet wie beim Lachs. Ist dieses letztere der Fall so wird man kaum noch irgend eine Homologie, zwischen diesem Knochen bei Fischen und dem gleichnamigen bei Säugethieren, aufrecht halten können. 5. Ebenso steht es mit dem sogenannten Ali- und Orbitosphe- noid. Ihre An- und Abwesenheit bei Fischen hängt wahrschein- lich mit dem Verhältnisz zwisschen einer grösseren oder geringeren Ausdehnung der Augäpfel, und der totalen Breite der Schnauze zusammen. Ohne viele Messungen läszt sich dieses aber nicht be- stimmt behaupten. Es bleibt also Verschiedenes noch zur näheren Untersuchung am Fischschädel übrig, nur den allgemeinen Grundsatz hoffe ich 259 genügend beleuchtet zu haben: die perichondrostotische Knochen- bildung ist älter wie die enchondrostotische; mechanische Ursachen : Oeffnungen im Knorpel, Vorsprünge ete haben bewirkt, dass peri- cehondrostotische Ossifikationen sich in enchondrostotische umwan- delten. Der Satz, dass die perichondrostotische Verknöcherung die ältere ist wird noch, ausser durch die Entwickelungsgeschichte des Indivi- duums, wie wir beim nieht ausgewachsenen Lachs und Hecht sahen bestätigt durch die Entwickelungsgeschichte des Fischstammes, die uns lehrt, dass die Selachier, welche aus anderen anatomischen Gründen als die tiefststehende Gruppe anzusehen sind, nur Verkal- kung und noch keinen Knochen am Schädel zeigen, während die Hautknochen bereits bei den fossilen Ganoiden eine reiche Ausbil- dung bezitzen. Zum Schluss muss ich nochmals betonen dass man in den Namen Basi-, Ali- und Orbitosphenoid gar keine Homologie mit den gleich- namigen Knochen am Säugethierschädel suchen darf. Bei den Säugethieren gehören die genannten Knochen zum Primordialera- nium, sind knorpelig praeformirt und fehlen fast nie, bei den Tele- ostei sind es inconstante Knochen (man vergleiche die Tabelle am Ende des Buches) die bei nahe verwandten Arten fehlen und wie wir beim nausgewachsenen Lachs sahen in Bindegewebe sich bildeu können. Es ist webrigens auch schon von vorneherein eine abso- lute Homologie aller Theile des Telostier-und des so kolossal weit davon entfernten Säugethierschädels gar nieht zu erwarten. Viele von solchen Namen die Homologien zwischen dem Teleos- tier- und Säugethier-Schädel ausdrücken, stammen noch aus der Zeit der Wirbeltheorie wo man beide Schädel von einem gemein- samen Wilbertypus ableiten wollte. (Man vergleiche. die Synonymie.) Eine morphologische Begründung der Homologie der Fisch Schädel_ knochen lag ausserhalb unserer jetzigen Untersuchung, welche sich zum Zweck gestellt hat, am Schädel der Teleostei nachzuweisen, dass die bis jetzt gebräuchliche Nomenclatur von primären und secundären Knochen false; ist; während die verschiedenen Phasen der Verknöcherung am unausgewachsenen Heeht- und Lachs-Schä- del uns die Grundlage lieferten zu dem Versuch, eine Erklärung der Bildung primärer und secundären Knochen zu geben; — ein 260 Versuch der vielleicht in Vieler Augen gewagt erscheinen mag, aber jedenfalls, wenn auch mangelhaft, vom wössenschaftlichen Stand- punet zu vertheidigen ist, da er zu einer eingehenden Prüfung der Thatsachen Veranlassung giebt, während man sich bisher mit der Annahme einer Trennung der Knochen in sogenannte primäre und secundäre begnügte, olme sich weiter um ihre Bedeutung zu kümmern. III. DIE KNOCHEN DES TELEOSTIERSCHÄDELS. (MIT RÜCKSICHT AUF DIE HUXLEYSCHEN OTICA.) $ 1. BESCHREIBUNG DES SCHÄDELS EINIGER PHYSOSTO- MEN UND GADIDEN. (Mır EINER TABELLE.) — Obgleich die Untersuchung der Huxleyschen Otica die eigent- liche Veranlassung zu dieser Arbeit gab, so wurde ich von selbst während der Praeparation dahin geführt auch den nächstliegenden Schädelknochen eine gewisse Aufmerksamkeit zu schenken. Wie man schon aus der geschichtlichen Einleitung ersehen kann sind die Angaben bezüglich der Zusammensetzung des Fischschädels ziemlich auseinander laufend. HALLMANN in seiner “Verglei- chenden Anatomie des Schäfenbeins” und Acassız in der “Anato- mie des Salmones” und in seinen “Poissons fossiles’’ machen aus- führliche Angaben, aber eine Vergleichung der Fischschädel unter- einander findet man bei ihnen nicht; und doch variirt grade die Zahl der Schädelknochen schon innerhalb der Grenzen einzelner Familien und ist also eine Vergleichung desto nothwendiger. Ich werde darum jetzt die Beschreibung und Abbildung des Schädels der Hauptfamilien der Physostomen und Gadiden folgen lassen, womit ich hoffe die noch herrschende Unsicherheit beseitigen zu können. Da bereits HuxLey in seiner “Croonian Lecture (Nov. -1858, Proc. of the R. S. of London Vol. IX, 1859) und in seinen “Elements of comparative Anatomy 1864” die frühere Wirbeltheo- 262 rie gründlich widerlegt hat, worin auch Gegenbaur ihm beistimmt, so habe ich sie in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt. Hecnr. Nachdem ich bereits im geschichtlichen Theil die Meinungsver- schiedenheiten bezüglich der Anwesenheit eines Cuvier’schen Ro- chers am Hechtschädel ausführlich erwähnt habe will ich jetzt selber die Hinterhauptsregion dieses Fisches beschreiben. Die kräftigen Vorsprünge und tiefen Höhlungen die wir am Hinterhaupt des Hechtes antreffen dienen alle zur Insertion für die Muskeln sowohl des Rumpfes als des Schultergürtels. Schon Cuvier hat die fünf karakteristischen Gruben und die vier dazwischen hervorra- genden Vorsprünge, die mehr oder weniger entwickelt an jedem Teleostierschädel vorkommen, erwähnt. Die äusserste laterale Spitze bildet das nach hinten stark verlängerte Squamosum. Darauf folgt eine von den Parietalia überdeckte Grube, welche dureh Muskeln gefüllt wird. Das Oce. ext. bildet die nächste mehr mediale Spitze und dient dem Os supraclaviculare, das an dem ganzen medianen Rand dieses Knochens angeheftet ist, zur Inser- tion. HuxLeyY schreibt diesem Knochen eine functionelle Beziehung zum Gehörorgan zu und nennt ihn epiotie. Das Oce. sup. bildet die unpaare mediane Spitze welche beim Hecht nicht sehr kräftig ent- wickelt ist. , Unter dem Oceip. Sup. finden wir die beiden Oce. lateralia (ex- "oceipital) die sich über dem Foramen oceipitale sive magnum fast berühren und das Occ. sup. gänzlich von der Begrenzung dieser Oeffnung ausschliessen, welche hauptsächlich durch einen eng mit dem Oece. lat. verwachsenen Wirbelbogen gebildet wird; in seiner Mitte knorpelig besitzt dieser Bogen zu jeder Seite einen Ossifiea- tionspunet; vielleicht wird der zu diesem Bogen gehörige Körper durch das Oece. basilare gebildet, dessen Wirbelnatur wir im vori- gen Capitel deutlich kennen gelernt haben. Die Oce. lat. ragen nach hinten stark hervor, diese Verlängerung wird aber hauptsächlich dureh einen dem Oce. lat. aufsitzenden Knochen , mein Intercalare, (OUvVIER’S Rocher, opisthotie von Huxtey) gebildet. 263 An diesem Knochen inserirt mittelst Ligament der unterste Schen- kel des Os supraclavieulare. Sein oberer Rand grenzt an das oce. ext.; vom Squamosum bleibt es durch Knorpel getrennt, medial steigt es mit einer senkrechten Kante herab. An einem Schädel, der von der Vomerspitze bis zum Hinterrand des Oce. basilare 19em. mass, war es noch beweglich mit dem Oece. lat. verbunden. Die Oce. lateralia sind mit kleinen Hervorragungen bedeckt. Die Oce. ext. besitzen eine von der Spitze medial zum Oee. sup. ver- laufende Leiste, welche zur Muskelinsertion dient. Die Knorpel- reste zwischen den verschiedenen Knochen kann man am besten auf der Abbildung übersehen. Wir können jetzt zur Betrachtung der seitlichen Schädelwand, welche beim Hecht von 3 Knochen gebildet wird, übergehen. (fig. 22.) Der hinterste vom Nervus vagus und glossopharyngeus durch- bohrte Knochen ist das Oce. lat. Bei Profilansicht des Schädels er- scheint das Intercalare als ein dreieckiger Vorsprung auf dem Oce. lat. Der zweite Knochen, den ich Petrosum nennen will, wie HAtLL- MANN, zeigt zwei Oeffnungen; durch die hinterste tritt der N. fa- cialis, durch die vordere der Trigeminus. Die beiden Oeffnungen sind durch eine knöcherne Brücke getrennt. Sie sind nicht die wahren Austrittsstellen dieser Nerven aus dem Schädel, sondern erstere liegen hinter der erwähnten Knochenbrücke; über das nä- here Verhalten siehe unten. Ueber das Oce. lat. am Hinterende des Schädels erhebt sich das Sqamosum, das den knöchernen Theil der Hyomandibulargelenkfläche bildet. Ueber dem Petrosum begrenzt das Postfrontale den Hinterrand der Orbita und den Vorderrand der Hyomandibular-Gelenkfläche, deren knorpeliger Theil sich auf das Petrosum stützt. An der Schädelbasis erstreckt sich von der Vomerspitze bis un- ter das Oce. basil. das durch Huxrey sehr richtig vom Basisphe- noid unterschiedene Parasphenoid. Endlich befindet sich in der oberen hinteren Eeke der Orbita unter dem Postfrontale u. über dem Petrosum, eine Verknöcherung die ich um keine neuen Namen einzuführen Alisphenoid nennen werde, ohne aber damit eine Homologie mit dem Alisphenoid an- 264 derer Wirbelthiere ausdrückewr zu wollen, aus Gründen, die ich im vorigen Capitel auseinandergesetzt habe. Das nämliche gilt vom Basisphenoid, oder Y-förmigen Knochen, der sich in der Mitte des vorderen Endes des hinteren Augenmus- kelkanales erhebt, mit seiner Basis auf dem Parasphenoid ruht und mit seinen horizontalen Flügeln mittelst Ligament mit dem Petrosum und Alisphenoid verbunden ist (s. Fig. 9.) ; Noch muss ich an der äusseren Schädelwand eine Grube erwäh- nen die sich bogenförmig vom Foramen für den Vagus bis zu dem für den Faecialis erstreckt. Sie liegt unter dem hervorragenden Hyomandibulargelenk und wird durch Kiemenmuskeln ausgefüllt. Denkt man sich das Vagus- und das Facialis-Loch durch eine grade Linie verbunden, so is die Schädelwand dieser Linie entlang nach aussen gewölbt zur Bergung des im inneren «es Schädels befindlichen Vestibulum mit Otolith. Die Hyomandibulargelenkfläche besteht aus einem hinteren 4»ö- chernen horizontalen vom Squamosum gebildeten Theil und einem vorderen knorpeligen, der sich auf das Petrosum stützt; dieses Gelenk nimmt sehr verschiedene Formen an, aber wird bei allen Teleostiern ziemlich constant vom Petrosum und Squamosum gebildet. Im vorigen Capitel habe ich bereits den hinteren Augenmuskel- kanal erwähnt; dieser Kanal dehnt sich wie wir dort bei sehr jungen Fischen sahen auch in späteren Zeiten noch nach hinten aus. An einem Schädel von 13,5em. (vom Hinterrand des Oce. bas. zur Vomerspitze) fand ich das hintere Ende des Augenmuskel-kanales von Knorpel umgeben auf einem verticalen Querschnitt der unge- fähr ei» Millimeter vor dem Glosopharyngeus-Loch gemacht war. An einem Schädel von 16em. fand ich das Ende des Augenmuskel- kanales auf einem Querschnitt durch das Vagus Loch (s. Fig. 2.) Eine gleichartige Ausdehnung wie die Musculi recti besitzen die Musculi obliqui des Auges in der knorpeligen Schnauze, fig. 25; schon Arenpr hat dies beschrieben. Dieser vordere Augenmuskel- kanal ist auf Querschnitten am deutlichsten zu sehen, beim Hecht besitzt er keine Verknöcherung, sondern seine Wände bleiben knorpelig. Wir werden dasselbe Verhältniss auch bei anderen Phy- sostomen wieder finden. Das Praefrontale bildet den oberen vorderen Rand der Orbita. Die 265 Knochen des Schädeldaches brauchen nicht weiter erwähnt zu wer- den, da sie ausserhalb unseres jetzigen Themas liegen. Karpren (Fig. 24 & 25). Während der Hechtschädel in die Länge ausgezogen und die Höhe des Schädels im Vergleich zu seiner Länge sehr gering ist, bietet der Karpfenschädel bei einer geringen Länge eine bedeutende Höhe dar. Das Oce. basilare besitzt eine hintere Verlängerung, welche an ihrer Unterseite eine etwas ausgehöhlte Fläche trägt; gegen diese legt sich der untere Schlundknochen des Karpfen an. Das Oce. lat. zeigt bei profiler Ansicht ein sehr grosses Loch für den Vagus. Das Loch für den Glossopharyngens liegt an der Aussen- wand des Schädels bereits im Petrosum; an der /»»zenwand des Schädels im Oce. laterale durchbohrt es in querer Richtung die Schädelwand und mündet an der Aussenseite wie erwähnt im Pe- trosum. Das Petrosum zeigt noch eine grosse Oeffnung, die mit dem hinteren der beim Hecht vorkommenden Löcher zu vergleichen ist. Man sicht ein knöchernes Säulchen das wahrscheinlich den Facialis und einen Ast des Trigeminus trennt, durchschimmern. Den Vordervand des eigentlichen Trigeminus-Loches bildet das Alisphenoid. Dieser Knochen besitzt auch ein kleines Foramen. Der Optieus liegt unter dem Alisphenoid, wie beim Hecht; das Alis- phenoid nimmt auch einen geringen Antheil an der Bildung des Hyomandibulargelenkes. Dann finden wir beim Karpfen, der einen sehr vollständigen knöchernen Schädel besitzt, noch ein Orbitosphe- noid, auch diesen Namen habe ich bloss um keinen neuen machen zu müssen beibehalten. Eine Homologie mit dem Orbitosphenoid anderer Klassen will ich nicht damit ausdrücken. Man soll dabei ins Auge fassen dass die Teleostei einen sehr einseitig differenzir- ten Zweig bilden, der von den Reptilien durch eine sehr breite Kluft getrennt ist, so dass eine Vergleichung mit diesen, und noch mehr mit den Säugethieren, nur mit grösster Vorsicht angestellt werden darf. Wir nennen also den Knochen Orbitosphenoid und werden ihn bei anderen Physostomen wieder finden. Er ist unpaar 266 und umschliesst hier den Olfactorius, bis er in die Riechgrube eintritt; derselbe verläuft also in seiner ganzen Länge innerhalb des knöchernen Schädels. Am Vorderrand dieses Knochens begeg- nen einander die beiderseitigen Musculi obliqui. Das Basisphenoid fehlt, obgleich ein hinterer Augenmuskelkanal da ist, ebenso fehlt bei Cyprinus carpio das Intercalare, doch bei Cyprinus tinca und brama und bei Chondrostoma nasus finden wir ein solches zwi- schen Squamosum und Oce. lat. eingeklemmt. ! Sehr charakteristisch tür den Karpfenschädel ist die grosse late- rale Entwiekelung von Squam. und Oece. latt. wodurch zu jeder Seite am Schädel eine tiefe Höhle entsteht, und der Canalis semi- eireularis externus eine bedeutende Bucht macht. Infolge dieser late- ralen Ausdehnung des Squamssum ist dieser Knochen an der In- nenseite des Schädels nicht sichtbar, wie Huxley in seiner “Croo- nian Lecture” angibt, sondern der zwischen Petrosum und Alıs- phenoid an der inneren Schädelwand sichtbare Knochen ist das Postfrontale. Das Oce. lat. besitzt eine grosse Oeffnung an seiner medianen Seite, dessen Zweck unbekannt ist. Am Hinterhaupt sind die Vorsprünge, durch oce. superius, oce. externum und squamosum gebildet, nur schwach entwickelt. Chondrostoma nasus besitzt ein rudimentäres Basisphenoid. Es erhebt sich als ein dünnes Säulchen auf der Mitte des Parasphenoids und vereinigt sich zu jeder Seite mit dem Vorderrand des Petrosum. Es waren keine deutlichen Grenzen zwischen dem Basisphenoid und dem Parasphenoid zu sehen, sodass die Möglichkeit offen bleibt den ganzen Knochen als einen stark entwickelten mittleren Kamm des Parasphenoids anzusehen, dann wäre er dem Parasphenoid der anderen Physostomen nicht homolog. ' Bei Cypr. Carpio haben Sqam. und Frontale sich vom Postfrontale abgelöst, das an seinem ÖOberrand von Muskeln überdeckt wird. Nur die vorderste äus- serste Spitze des Postfrontale hängt noch mit dem Frontale zusammen. Denkt man sich diese brückenartige freiliegende Communication mit dem Frontale weg, so dass das Postfrontale, an der Oberfläche des Schädeldaches, freiliegt, so wird der Schädel an der betreffenden Stelle statt einer überwölbten Grube (wie bei Cypr. carpio) eine einfache Einsenkung zeigen; dieser Zustand kommt bei Cy- prinus tinca und Chondrostoma nasus vor. Bei letzterem liegt das Glossopharyn- geus-Loch, auch an der äusseren Schädelwand, im Oce. laterale. 267 WEL». Der Welsschädel besitzt wie der Karpfenschädel ein Orbitosphe- noid, ferner unterscheidet er sich, ausser durch die Abwesenheit eines hinteren Augenmuskelkanales durch seine grosse Abplattung. Dem zufolge finden wir bei der Betrachtung des Hinterhauptes, Fig. 26, dass während Oce. lat. und Oce. sup. eine senkrechte Stellung be- sitzen das Squamosum und Oce. ext. sich mehr in die Breite aus- gedehnt haben, so dass die Spitze des Squamosum’s noch höher liegt wie das Oce. ext. Ein Intercalare fehlt. An der äusseren Schä- delwand finden wir das Oce. lat. durch Vagus, Glossopharyngeus und noch einen Nerven durchbohrt. Ueber dem Oece. lat. kommt, bei Profilansicht, auch das Oce. externuum zu Gesicht. Vor dem Oce. lat. liegt das Petrosum, das zwar an seinem Vorderrand den Facialis durchlässt, jedoch nicht mehr die Aeste des Trigeminus, aber sonst in Lage und Begrenzung ganz und gar mit dem Petro- sum bei anderen Teleostiern übereinstimmt. Der Nerv durchläuft diesen Knochen in querer Richtung, liegt aber an der Innenseite der Schädelwand ganz im Petrosum. Vor den beiden Petrosa finden wir auf dem Parasphenoid einen unpaarigen kurzen breiten Kno- chen der zu jeder Seite an das Alisphenoid stösst. Dieser Knochen stimmt, was seine Lage betrifft, genau mit dem Basisphenoid des Hechtes überein, nur ist seine Form anders wie beim Hecht, da seine Basis nicht wegen des Augenmuskelkanales ausgehöhlt ist. Er liegt vor den Trigeminus-Loch. Das Alisphenoid grenzt mit seinem Hinterrand an das Trigemi- nus Loch, mit seinem vordersten Rand betheiligt es sich an der Bildung des kleinen Opticus-Loches, dessen Vorderrand vom Or- bitosphenoid gebildet wird. Das Orbitosphenoid ist unpaarig wie beim Karpfen. Das Squamosum und das Postfrontale bilden die Hyomandibulargelenkfläche. Der Olfactorius verläuft bis zu der Riechgrube innerhalb der knöchernen Schädelkapsel, wie beim Karpfen. Der Optieus ist sehr klein, in Uebereinstimmung mit dem sehr kleinen Auge. 19 268 LAcHs. Acassız hat bereits den Lachsschädel sehr genau beschrieben und abgebildet, auch hat er bereits die bedeutenden Knorpelreste die wir auf den Querschnitten antrafen erwähnt, ich brauche also jetzt nicht mehr viel über diesen Schädel zu sagen. Am Hinterhaupt fin- den wir wie beim Hecht das Oce. sup. von der Begrenzung des Hinterhauptloches ausgeschlossen; Oce. ext. und Squamosum tragen kräftige Spitzen und Stacheln, unter diesen beiden Knochen liegt das Intercalare, das wieder mit dem Schultergürtel verbunden ist. Bei der seitlichen Ansicht finden wir, in der gewöhnlichen Reihen- folge, das Oecc. lat mit Foramina für Vagus und Glossopharyngeus, das Petrosum mit den durch eine knöcherne Brücke getrennten Oeffnungen für Facialis und Trigeminus, das von einem feinen Nerven durchbohrte Alisphenoid, und endlich das Orbitosphenoid, durch welches der Olfactorius austritt. Die beiden Orbitae sind durch eine theils knöcherne theils knorpelige Scheidewand ge- trennt. Der hinteren Augenmuskelkanal für die Recti ist an seinem Hinterende offen und reicht bis unter das Oce. bas. Das Basisphe- noid erhebt sich am Anfang des Augenmuskelkanales in dessen Mitte, wie auf dem Durchschnitt Fig. 19 sehr deutlich zu sehen ist. Vor dem ÖOrbitosphenoid erstreckt sich eine geräumige Höhle in der knorpeligen Schnauze, sie dient zur Bergung der Museuli obliqui des Auges. Hiedurch ist also vorn sowohl wie hinten die Ursprungstselle der Augenmuskeln so weit wie möglich vom Auge weggerückt. Da die Obliqui von beiden Seiten sich vor dem Or- bitosphenoid vereinigen, so verläuft der Olfaetorius nieht mehr wie beim Wels und beim Karpfen bis zu seiner Austrittsstelle inner- halb des knöchernen Schädels, sondern liegt nach seinem Austritt aus dem Orbitosphenoid bis zu seinem Eintritt in das Riechorgan frei. HärınG. Der gemeine Häring besitzt sehr entwickelte Seh- und Gehör- oO Oo organe, wie man an der grossen Orbita und den eigenthümlichen % 269 ampullenartigen Anschwellungen des Gehörorganes sehen kann. Das charakteristische Aussehen dieses Schädels, Fig. 23, kommt daher, dass dies Hyomandibular, Gelenk statt am oberen Rande des Schä- dels, wie wir bis jetzt sahen, auf der halben Höhe des Schädels sich befindet; sodass Squamosum und Postfrontale dementsprechend nach unten und aussen verlängert sind. Der grösste Breitendurch- messer des Schädels (von Squamosum bis Squamosum) ist ungefähr der höchsten Höhe gleich. Am Hinterhaupt finden wir ausser dem Oce. lat., Oce. ext. und sup. noch ein Intercalare das auf dem Oce. lat. und unter dem Squamosum liegt; es erscheint aber hier nur als eine dünne mit einem Stiele versehene Knochenlamelle. An den Stiel heften sich Bänder des Schultergürtels. Deutlicher sieht man das Interealare bei einer Profilansicht, Fig. 28. Es liegt ein wenig über der Vagusoeffnung und grenzt mit seinem Vorderrande an das Petrosum. Das Oce. lat. wird vom Vagus durchbohrt. Das Petrosum besitzt zwei Seiten. Die eine Seite des Petrosums die bei der Profilansicht des Schädels zu Gesicht kommt zeigt in ihrer Mitte eine blasenförmige Anschwellung, welche einen Otolith einschliesst. Ueber dieser Anschwellung befindet sich ein Loch durch welches der Faeialis tritt. Die zweite Seite steht senkrecht auf der ersten und bildet die hintere Wand der Orbita, Fig. 29. (senkrechter Querschnitt durch die Orbita); diese Seite ist sehr klein und ihre Mitte wird von der genannten Anschwellung eingenommen während der Trigeminus ihren obern Rand durchbohrt. Vor dem Petrosum erstreckt sich das gleichfalls von einem Foramen durehbohrte Ali- sphenoid, und vor diesem schliesslich das Orbitosphenoid, das hier aber sehr weit vom Parasphenoid entfernt ist. Das Parasphenoid nämlich macht eine sehr bedeutende Krümmung um sich von der Vomerspitze, welche mit dem Hyomandibulargelenk in einem Ni- veau liegt, bis unter das Basioceipitale herunter zu biegen, auch bildet das Parasphenoid den Boden des an seinem hinteren Ende offenen hinteren Augenmuskelkanals. Zwischen den Alisphenoidea und Petrosa befindet sich ein horizontales, zwei seitliche Löcher bildendes Basisphenoid; den Stiel hat es verloren, der Optieus geht über ihm weg. Das Squamosum zeigt eine zweite blasenför- mige Auschwellung an seinem Hinterrande über dem Hyomandibu- largelenk. Auch die Obliqui erstrecken sich nach vorn in die 270 Schnauze. Der Olfaetorius verläuft eine Strecke weit frei wie beim Lachs. Der Schädel von Clupea alosa bietet grosse Uebereinstim- mung mit dem von Cl. harengus dar; er besitzt auch ein Interea- lare, einen vorderen und hinteren Augenmuskelkanal; es findet sich aber nur eine im Petrosum liegende blasenförmige Anschwel- lung des Gehörorganes. Auch die Existenz eines Basisphenoids scheint mir, bei der undeutlichen Begrenzung der Schädelknochen bei diesem Fische, zweifelhaft zu sein. Alosa finta stimmt mit Clupea alosa überein, das Orbitosphenoid reicht bis zum Parasphenoid ; auch fehlt dem Basisphenoid der Stiel. ÄULOPUS FILAMENTOSUS. Dieser Schädel vereinigt den Habitus des Lachses und des Hä- rings. Am Hinterhaupt sehen wir ein breites Oce. latt. und ein schmales von der Begrenzung des Hinterhauptes ausgeschlossenes Oce. sup.; zwischen Oce. lat., Squamosum und Oce. ext. finden wir, wie beim Lachs, das Interealare. Die seitliche Schädelwand ist sehr kurz in Folge der grossen Ausdehnung der Orbita. Das Hyomandibulargelenk liegt ungefähr auf der halben Schädelhöhe, wie beim Häring. Es wird vom Squam. und vom Postfrontale ge- bildet. Der letztere Knochen besitzt an seinem oberen Rande, in der Höhe des Hyomandibulargelenkes, einen senkrecht zur Schädel- wand nach aussen strebenden pfriemförmigen Fortsatz (7. mm, lang, bei einer Schädellänge von 6,5em.) dieser Fortsatz kommt auch bei Clupea harengus vor. Die Hinterwand der Orbita steht wie beim Häring fast senkrecht auf der seitlichen Sehädelwand und wird vom Postfrontale, Alis- phenoid und Petrosum gebildet. Das Facialis-Loch liegt in dem seitlichen Theil des Petrosums, das Trigeminus-Loch in demjeni- gen welcher die Hinterwand der Orbita bildet. Das Frontale schickt im Interorbitalseptum einen Fortsatz zum Alisphenoid; vor diesem Knochen liegt ein in Folge der bedeutenden Höhe der Orbita sehr ausgedehntes Orbitosphenoid, in dessen Basis sich noch viel Knor- pel vorfindet. 271 Ein an seinem hinteren Ende offener Augenmuskelkanal für die Museuli recti ist vorhanden. Auch für die Obliqui existirt hier ein sehr geräumiger Kanal, der an seinem Anfang in der vorderen unteren Ecke der Orbita von einer Knochenlamelle des Praefron- tale bedeckt ist. Das trichterförmige Ende dieses Kanales besitzt einen eigenen, dieser Trichterform entsprechenden Knochen den ich dess- halb trichterförmigen Knochen nennen will. ' Es ist eine dünne Kno- chenlamelle die ich bei keinem andern der erwähnten Fische gefunden habe; ihre Anwesenheit lässt sich aus der Anpassung an die Insertion der Musculi obliqui erklären. Das Parasphenoid dehnt sich unter den Praefontalia in die Breite aus. Schliesslich sei noch bemerkt dass das Postfrontale hinter dem erwähnten pfriemförmigen Fortsatz an seiner Oberfläche ausgehöhlt ist und mit dem Squamosum eine Grube bildet welche von einem brückenartigen Fortsatz der von dem letztern Knochen zum Frontale reicht überwölbt wird. Hinter dem Intercalare senkt sich in das Squam. u. Oce. ext. eine schmale blindendigende Grube hinunter, welche sich im Schädel bis vor den Can. semieire. post. ausdehnt. Ein Basisphenoid ist vorhanden; es grenzt mit seinen zwei Flügeln an die Petrosa, und reicht unter- wärts mit einem schmalen lamellösen Stiel bis zum Perasphenoid. Artnr. Der Schädel von Anguilla vulgaris ist für die Untersuchung einer der ungünstigsten Fischschädel; erstens ist derselbe sehr klein im Vergleich zur Länge des Thieres, zweitens verschwinden bei grös- seren Individuen die Nähte zwischen den spongiösen von Fett ge- füllten Knochen fast vollständig. Der Schädel ist lang und platt. Die seitliche Schädelwand ist länger wie die Orbita, welche zwei kleine Augen umschliesst. Am Hinterhaupt bemerken wir einen feinen auswärts gerichteten Stachel, der sich unter und hinter dem Vagus-Loch erhebt, sodass wir dieses bei einer Ansicht von hinten ı Fig. 30. Innenseite des Schädel auf einem medianen Längschnitt, um den triehterförmigen Knochen (t. v.) zu zeigen. 272 nicht sehen können. Die beiden Oece. lat. bilden das grosse Hinter- hauptsloch. Das kleine Oce. sup. besitzt einen kleinen nach hinten gerichteten Stachel. Das Oce. ext. endigt gleichfalls in eine mit ihrer concaven Seite lateralwärts gekrümmte Spitze. Das Sqam. hat sieh lateral ausgedehnt. Wahrscheinlich ist mit ihm das Inter- calare verwachsen, bei der allgemeinen Undeutlichkeit aller Kno- chengrenzen am Aalschädel kann ich dies jedoch nieht mit absolu- ter Bestimmtheit behaupten. Bei Profilansicht des Schädels finden wir das Oce. lat. mit dem bereits erwähnten Stachel und dem vom Squam. und Interealare gebildeten Kamm. Das Oce. lat. wird vom Vagus und Glossopharyngeus durchbohrt. Das Petrosum ist sehr gross und enthält drei Oeffnungen, eine kleine hinterste, eine grosse von einem knöchernen Säulchen getheilte mittlere, durch welche wahrscheinlich der Facialis tritt, und eine nach vorn gerichtete vorderste für den Trigeminus. Diese beiden Oeffnungen sind durch einen Vorsprung des Petrosums getrennt, das mit dem Postfrontale den vorderen Theil des Hyomandibulargelenkes bildet. Das Hyo- mandibulare nämlich artieulirt nur am vordersten und hintersten Theil seines Oberrandes mit dem Schädel. Der hinterste Theil arti- eulirt mit einer vom Squamosum gebildeten Articulationsfläche. Hinter dem Facialis-Loch bildet die Schädelwand ‘eine ziemlich tiefe Grube worin sich Muskeln anheften. Unter dieser Grube befindet sich eine convexe Wölbung der Schädelwand, welche den grossen im inneren befindlichen Otolith umschliesst. Das Trigeminus Loch liegt noch im Petrosum. Vor diesem Knochen befindet sich ein Alisphenoid das im Innern des Schädels an das Basisphenoid grenzt. Das Basisphenoid ist dadurch merkwürdig dass es ungefähr die Gestalt hat die dieser Knochen zeigt bei Fischen welche einen Augenmuskelkanal besitzen, ohne dass jedoch beim Aal ein solcher Kanal vorhanden wäre. Es ist mir nicht gelungen die Augenmus- keln zu verfolgen bis in den Kanal welcher jederseits zwischen der Schädelwand und dem Stiel des Basisphenoids verläuft; ohnedies wird derselbe durch ein Gefäss eingenomnen. Auch wird die Basis des Basisphenoids von einem Nerven durch- bohrt. Denkt man sich die Augenmuskeln, welche bis zur Basis des Basisphenoids reichen, unter die horizontalen Arme dieses Kno- chens verlängert so hat man den Anfang eines Augenmuskelkanales; 273 doch wie gesagt scheinen mir die Augenmuskeln nicht so weit zu reichen. Das Praefrontale das sonst allen von mir untersuchten Fischen zukommt fehlt hier und wird durch eine auf dem Basisphenoid lie- gende Knorpellamelle ersetzt. Diese Knorpellamelle besitzt den näm- lichen Fortsatz der sonst am knöchernen Praefrontale mit dem Pa- latinum artieulirt. Der Olfactorius verläuft im membranösen Inter- orbital-Septum. GADUS LOTA. Es zeigt dieser Schädel eine äusserst plattgedrückte Form. Bei der Betrachtung des Hinterhauptes Fig. 31 finden wir ein grosses Öece. lat. von einem grossen Loche für den Vagus durchbohrt; da- gegen besitzt das Oce. lat. der grossen Ausdehnung des Oce. lat. entsprechend eine sehr geringe Höhe. Das Oce. sup. ist zu einem langen Kamm verlängert. Das Squamosum erscheint bei dieser An- sicht blos wie eine Lamelle. Uuter dem Sqam. und Oce. ext., neben dem Oce. lat., finden wir das Interealare: dieser Knochen aber ist viel deutlicher zu sehen bei einer Profilansicht des Schädels, wo man wahrnimmt, wie dieser Knochen durch einen Ausschnitt an seinem vorderen Rande den Glossopharyngeus durchtreten lässt, so dass dieser Knochen nicht, wie HaLLmann angiebt, undurchbohrt ist. An seinem hintersten obersten Ende hängt dieser Knochen mit dem Sehultergürtel zusammen. Vor dem Interealare finden wir das Petrosum das aber seine eigenthümlichen Nervenlöcher für Facialis und Trigeminus verloren hat, da die genannten Nerven durch einen Ausschnitt an seinem Vorderrande treten. Das Hyomandibulargeienk wird vom Postfrontale und vom Squa- mosum gebildet. Das Postfrontale ist von einem Ramus dorsalis durehbohrt und vereinigt sich in der Orbita mit einem Fortsatz des Parasphenoids. Auch das Frontale schiekt einen Fortsatz herunter bis zum Parasphenoid; auf diese Weise wird der vorderste Theil des knöchernen Schädels gebildet, welcher den Olfactorius in seiner ganzen Länge bis zum Riechorgan umschliesst. 274 Ein Kanal für die Augenmuskeln fehlt. Bei Gadus aeglefimus bieten sich einige Abweichungen dar. Erstens ist das Interealare niedriger. Der Glossopharyngeus geht durch ein Loch in diesem Knochen, auch der Fortsatz zur Anheftung des Schultergürtels liegt tiefer. Facialis und Trigeminus gehen durch ein Zoch, dessen Vor- derrand vom Alisphenoid, das bei Lota fehlte, gebildet wird. Bei Gadus morrhua endlich erreicht das Interealare seine grösste Ausdehnung u. wird vom Glossopharyngeus durehbohrt; Facialis und Trigeminus gehen durch einen Ausschnitt des sehr kleinen Petro- sums das an seinem vordersten obersten Rand an ein Rudiment des Alisphenoids grenzt. Keiner dieser Gadiden besitzt einen Augen- muskelkanal. Bei Gadus morrhua verläuft der Olfactorius in einem membranösen Interorbitalseptum. Phycis mediterraneus stimmt bezüglich der Anwesenheit eines Alispheroids mit G. morrhua überein; auch reicht das Frontale nicht mehr bis zum Parasphenoid wie bei Gadus lota. Dagegen zeichnet sich das Interealare durch einen eirca 6mm, Jangen kräfti- gen knöchernen Stiel aus. Dieser Stiel erhebt sich über das Vagus- loch; bei einer Profilansicht des Schädels wird dieser Stiel über- deckt vom Intercalare das mit dem Squam. eine zweite, mehr late- rale Spitze bildet. Die Lagerung des Glossopharyngeusloches und die Dimensionen des Intercalare bei Phyeis mediterr. stimmen mit denen bei G. morrhua überein; der kräftige Stiel, woran sich ein Ast des Supraclavieulare anheftet, unterscheidet das Intercalare von Phyeis von dem der andern Gadiden. Bei Gadus morrhua, callarias, lota und Phyeis medit. wird das Parietale von einem Ramus dorsalis eines Hirnnerven durchbohrt. Bei allen von mir untersuchten Gadiden befinden sich bedeutende Knorpelreste /reö innerhalb der Schädelhöhle zwischen Oce. lat. und Petr. und überdecken stellenweise die halbkreisförmigen Kanäle. S 2. RESUM£. Wir ‘können schliesslich das Resultat unserer Betrachtung der erwähnten Schädel zum Zwecke einer besseren Uebersicht folgen- dermassen zusammen fassen. 275 1. Das Oece. lat. wird vom Vagus und Glossopharyngeus durchbohrt; eine Ausnahme bilden die Gadiden (eine scheinbare Cyprinus Carpio). 2. Das Petrosum wird entweder vom Trigeminus und vom Fa- cialis, welche durch eine knöcherne Brücke an der äusseren Schä- delwand getrennt sind, durehbohrt, oder es gehen die genannten Nerven durch einen Ausschnitt in seinem Vorderrand (Gadus) oder auch nur der Facıalis tritt durch den Vorderrand (Silurus). Der Zusammenhang von Oce. lat. und Petrosum mit Nervendurehtritts- stellen folgt aus dem im vorigen Abschnitt erwähnten Verknöche- rungs-Process. Den von mir untersuchten Fischen, bei welchen das Petrosum nicht mehr vom Facialis und vom Trigeminus durehbohrt wird, fehlt ein hinterer Augenmuskelkanal (Gadus, Silurus, Lophius, was auch mit den Angaben von Srtannıus übereinstimmt). 3. Das Alisphenoid ist bei einigen Fischen von einem feinen Loch durchbohrt (beobachtet habe ich dieses Foramen bei Esox lueius, Salmo salar, Cyprinus carpio, Clupea harengus, Muraena anguilla, Triehiurus, Serranus Merra.) Die Anwesenheit dieses Knochens wird bedingt dureh das Ver- hältniss zwischen der Breite des eigentlichen Schädels, und der Grösse des Augapfels, welcher natürlich die Dimensionen der Orbita entsprechen. Je tiefer die Orbitae werden, desto sehmäler wird die zwischen ihnen liegende Schädelhöhle, wenn man sich die Breite des Schädels constant denkt: es wäre also vielleicht möglich durch Messungen nachzuweisen, dass ein Orbitosphenoid sich nur bei einem bestimmten Verhältniss von Breite des Schädels, Grösse der Augäpfel und Totallänge des Kopfes vorfindet. Da bisjetzt aber alle Angaben über Maassverhältnisse am Fischschädel fehlen , soll das oben Gesagte nur als Vermuthung hingestellt sein. 4. Das Orbitosphenoid gehört auch zu den inconstanten Schädel- elementen und bildet wie wir im ersten Abschnitt sahen keinen Theil des Primordialeranium. Von seiner Anwesenheit gilt das nämliche wie beim Alisphenoid. Es umschliesst den Olfactorius (bei Cypr. carpio, Silurus glanis) oder lässt ihn durch eine Oeffnung durchtreten, (Salmo salar). 5. Das Squamosum bildet immer einen Theil des Hyomandibu- largelenkes und ist fast immer an seinem hinteren Ende in eine Spitze oder in einen Kamm verlängert. 276 / - 6. Das Postfrontale bildet den vorderen Theil des Hyomandibu- largelenkes; es wird von einem Nerven durchbohrt bei einigen Gadiden und bei Thymnus vulgaris. Es fehlt am Schädel von Or- tragoriscus mola. Bei den Cyprinoiden betheiligt sich ausser dem Squam. und dem Postfrontale auch noch das Alisphenoid an der Bildung des Hyomandibular-Gelenkes. 7. Das Oceip. ext. und das Oce. sup. bilden mit dem Squam. fünf für das Hinterhaupt der Teleostier characteristische Vorsprünge, zwischen welchen sich vier von Muskeln erfüllte Gruben befinden ; das Verhältniss dieser Vorsprünge zu den Gruben bietet einen un- endlichen Wechsel dar. 8. Das Occ. basilare ist der am meisten an Wirbel erinnernde Knochen. 9. Das Praefrontale fehlt nur beim Aal. Beim Hecht und beim Laelıs bleibt es perichondrostotisch (man sehe im zweiten Abschnitt). Es ist gewöhnlich von Nerven die zur Riechgrube gehen durchbohrt. Sein Hinterrand artieulirt mit dem Palatoquadratum. 10. Das Frontale und Parietale dienen, in’s Besondere das Fron- tale, öfters zur Bergung der sogenannten Schleimkanäle (sehr deut- lich beim Hecht). Das Parietale wird bei verschiedenen Gadiden von einem Ramus dorsalis durchbohrt. 11. Das Parasphenoid bedeckt die Schädelbasis. Es besitzt am hinteren Rand der Orbita einen aufsteigenden Flügel, der sich zu jeder Seite mit dem Petrosum vereinigt; gewöhnlich besitzt dieser Flügel eine Oeffnung wodurch ein Blutgefäss tritt. Wenn ein hin- terer Augenmuskelkanal vorhanden ist, so wird sein Boden vom Parasphenoid gebildet. Bei Gadus lota stösst das Parasphenoid in der Orbita mit dem Frontale und Postfrontale zusammen. 12. Das Basisphenoid gehört zu den inconstanten Knochen, ge- wöhnlich theilt es mit seinem Stiel den Anfang des hinteren Augen- muskelkanales in zwei Hälften. Zwischen dem Augenmuskelkanal und dem Basisphenoid bestehen folgende Combinationen: es gibt Fische »»it Augenmuskelkanal und »it Basisphenoid (Hecht und viele Andere), zit Augenmuskelkanal und one Basisphenoid (Karpfen, ebenso bei Mugil cephalus unter den Acanthopterygii), one Augen- muskelkanal »z2 Basisphenoid (Wels und Aal), oAre Augenmuskelkanal und o4ne Basisphenoid (Gadiden). Bei Cyprinus carpio trennt ein 277 Ligament die Augenmuskeln beider Seiten voneinander; dieses Ligament stimmt in der Lage mit dem knöchernen Basisphenoid anderer Teleostei überein. Bei Chondrostoma nasus besteht wie “erwähnt eine Art’ Basisphenoid; da ich aber keine Naht zwischen diesem Knochen und dem Parasphenoid finden konnte, so ist es auch möglich dass der erwähnte Knochen nur von einem senkrechten Fortsatz des Basisphenoid gebildet wird. Bei den Sciaenoiden habe ich Beispiele wahrgenommen von Bildung eines senkrechten medi- anen Kammes auf dem Parasphenoid; nur reichte derselbe nicht bis zum Petrosum hinauf wie bei Chondrostoma nasus. Es gibt auch Fälle wo der Stiel des Basisphenoid nicht mehr bis zum Parasphenoid reicht, sondern in eine dünne Lamelle über- seht die dem membranösen Interorbitalseptum zur Anheftung dient, (wie bei Mesoprion fluviatilis und Diagramma punctata; bei Clu- pea harengus ist der Stiel ganz verloren gegangen). Der hintere Augenmuskelkanal für die Museuli recti dehnt sich bei verschiedenen Fischen bald bis in das Oce. lat. bald bis in das Occ. bas. aus; bei einigen Fischen bleibt er an seinem hinteren Ende offen (Clupea harengus und Cl. alosa). Wie im zweiten Abschnitt erwähnt wurde kommt der Augenmus- kelkanal bei Embryonen noch nicht vor, sondern er dehnt sich erst später im Zusammenhang mit dem Wachsthum der Muskeln aus. Bei den folgenden Ganoiden, die bekanntlich zwischen Knorpel- und Knochen fischen in der Mitte stehen, habe ich ebenfalls keinen Augen- ‚muskelkanal gefunden: Amia calva, Spatularia, Lepidosteus, Po- lypterus, Aceipenser Ruthenus. Dass man den Augenmuskelkanal nicht findet bei dem mit sehr kleinen Augen versehenen Wels, dessen Kopf noch dazu sehr breit und abgeplattet ist, lässt sich vielleicht eben aus diesen Umstän- den erklären. In Bezug auf die anderen Fische denen ein Augen- muskelkanal abgeht eine Hypothese aufzustellen, wäre hier zu gewagt. Bei keiner anderen Klasse von Wirbelthieren haben die Augenmuskeln solch einen direeten modifieirenden Einfluss auf den Schädel ausgeübt wie bei den Teleostiern; vielleicht muss eine grössere Beweglichkeit des Augapfels den Mangel an Mobilität des meist unbeweglich mit der Wirbelsäule verbundenen Schädels com- pensiren. 278 Ebenso wie die Musculi recti sich nach hinten erstrecken, so dehnen sich auch die Museuli obliqui bei einigen Fischen nach vorn in die knorpelige Schnauze aus. Wegen dieser knorpeligen Beschaffenheit ist dieser Kanal mit Sicherheit nur an frischen oder in Spiritus aufbewahrten Schädeln nachzuweisen, am getrockneten Skelet ist natürlich aller Knorpel verschwunden. Den vorderen Augen- muskelkanal habe ich beobachtet bei Hecht, Lachs, Forelle, Häring, Clupea alosa, Trigla hirundo und Aulopus filamentosus, wo der Kanal an seinem. hinteren Ende von einer, ihrer Form wegen von mir triehterförmig genannten, Verknöcherung bedeckt ist. Sehr weit ist der Kanal beim Lachs (siehe Fig. 20). $ 3. Dis HUXLEYSCHEN OTICA AM SCHÄDEL DER TELEOSTEI. Es bleibt mir jetzt noch übrig anzugeben warum ich bei der vorherigen Beschreibung des Teleostier-Schädels die Namen Ocei- pitale externum, Petrosum und Interealare gebraucht habe statt der neuen von Huxley angewendeten Ausdrücke Epiotie, Prootie und Opisthotie. Weil es sich hier um mehr als um einen einfachen Namen- streit handelt, will ich die Sache etwas ausführlicher besprechen. Die erwähnten Knochen nämlich liegen im lateralen, hinteren Theil des Fischschädels an jener faulen Stelle wo man bis jetzt immer die Homologa für das menschliche Schläfenbein gesucht hat; nun ist aber gerade diese Homologie eine der streitigsten Fragen in der vergleichenden Anatomie des Schädels. Schon in seiner “Croonian Lecture” (“Proceedings of the Royal Society of London”, Vol. IX 1859) hat Huxley einen Versuch zur Lösung dieser Frage gemacht. In dieser Vorlesung bestimmte er das Petrosum bei den Fischen, Reptilien, Vögeln und Säugethieren und behauptete, gestützt auf die Beobachtungen Rathkes, der bei Coluber natrix drei Verknöche- rungen beschreibt die in der knorpeligen Umgebung des Labyrin- thes auftreten, dass der vorderste- dieser drei Verknöcherungspunkte zum Petrosum werde, der hinterste von den dreien stelle das Ma- stoid vor, verwachse später mit dem Oce. lat.; der oberste ver- schmelze mit dem Oce. superius. Diesen Knochen Punkt nennt er 219 Epiotie, bei den Fischen soll er vom Oee. ext. repräsentirt werden. In seinen “Elements of Comparative Anatomy’ hat HuxrEy, durch die Auffindung dreier Verknöcherungspunkte für das Schläfen- bein des Menschen in seiner Meinungsnoch bestärkt, seine Theorie der drei Otica noch mehr ausgearbeitet. Am deutlichsten und kür- zesten fasst er seine Meinung am Schlusse des Werkes folgender- maassen zusammen. N° 11, Die gehörige Beachtung von schon lange bekannten aber öfters vergessenen Thatsachen in der Entwickelung der sogenann- ten, “pars petrosa’’ und “pars mastoidea” der Gehörknochen, pe- riotica, am Schädel des Menschen hat uns gelehrt, dass diese Theile aus drei bis jetzt ungenannten Cexira, die ich “prootie” , “opisthotie” und “epiotie”” nennen wil, sich bilden. Mein Hauptzweck war durch eine sorgfältige Prüfung der Be- ziehungen dieser knöchernen Elemente sowohl zu den Nerven als zu den von ihnen eingeschlossenen Theilen des Gehörorganes zu beweisen, dass diese Elemente sei es selbständig oder mit anderen Knochen verwachsen sehr allgemein in der Serie der mit knorpe- lig praeformirten Knochen ausgestatteten Schädeln vorkommen , und dass vor allem das Prootie der eonstanteste und am leichtesten be- stimmbare Knochen in der Serie der Wirbelthierschädel ist.” In den soebengenannten Namen wird also eine für alle Klassen der Wirbelthieren gültige Homologie ausgesprochen; eine genauere Prüfung dierer Otica bei den Fischen ist also auch für die anderen Klassen von Interesse. In Hinsicht darauf stelle ich mir die zwei folgenden Fragen: 1°. Sind das Prootie (mein Petrosum), das Epiotie (mein Ocei- pitale externum) und das Opisthotie (mein Interealare) die wirkli- chen einzigen Otica oder das Gehörorgan einschliessenden Knochen atı Fischschädel ? / 2°. Sind diese Otiea integrirende Theile des Schädels? Die erste Frage kann nur durch eine ausführliche Beschreibung der Lage des Gehörorganes und der bezüglichen Knochen beant- wortet werden. Wir wollen also jetzt zur Darlegung der hierauf bezüglichen am Schädel einiger Physostomen gesammelten Thatsa- chen schreiten. Beim Karpfen verläuft der Can. semieire. posterior grossentheils in einem knöchernen Kanal, der an der Innenseite 280 des Schädels im Oce. lat. anfängt, diesen Knochen durchsetzt und im Oce. ext. ausmündet. Vor dem Oce. ext. vereinigt sich der Can. semie. post. mit dem Can. semic. ant. zu einem gemeinschaftlichen, senkrecht zum Vestibulum herabsteigenden Schenkel. Der Can. se- mie. ant. liegt frei und stützt sich mit seinem vorderen Rande auf eine Rinne im Petrosum. | Der Can. semie. externus durchbohrt das Oce. lat. gemeinschaft- lich mit dem Can. semie. post. hinter dem er liegt. Hierauf durch- läuft er das Squamosum, das beim Karpfen eine sehr ansehnliche Krümmung macht zur Bildung der lateralen Höhlen welche sich jederseits aussen an diesem Schädel vorfinden. Das Squamosum trägt bier ungefähr mit einem Drittel seines äusseren Randes zur Bildung der Hyomandibular-Artiewlationsfläche bei. Die übrigen zwei Drittel dienen zur Umschliessung des Can. se- mie. externus, den man schon an der Wölbung der äusseren Schä- delward wahrnemen kann. Der Can. semie. ext. mündet am Vor- derrand des Petrosum in einem an seinem Oberrand vom Postfrontale gebildeten Ausschnitt. Das Oce. basilare bildet zusammen mit dem Oce. lat. eine Höhle, die den Saceus, der hier sehr scharf von dem kleinen Vestibulum getrennt ist, einschliesst. Ueber dem Oce. basilare gibt das Oce. lat. eine dünne Lamelle ab welche den von WEBER (de aure Ani- malium aquatilium Seite 44) beschriebenen “Sinus impar” überdeckt. Der vorderste Gehörstein, bei den anderen Fischen der grösste, ist bei den Cyprinoiden der kleinste. Bei Salmo salar geht der Can. semie. post. durch das Oce. lat. und mündet unmittelbar unter dem Oce. sup.; sein Verhalten zu diesem Knochen und dem Oecc. ext. sind am deutlichsten zu sehen auf dem ersten durch das Vagusloch am Lachsschädel gemachten verticalen Querschnitt Fig. 15. e Das Oece. ext. dringt hier nicht durch die dieke Knorpelmasse bis zum Can. sem. post. sondern dieser Kanal verläuft erst dureh das knöcherne Oece. lat. und dann durch Knorpel, um am Unter- rande des Oce. sup. zu münden. Das Oce. ext. umschliesst hier also den halbkreisförmigen Kanal nicht. Der Can. semie. ext. fängt im Oec. lat. an, durehbohrt das Squamosum und mündet am Hin- terrande des Petrosum. 281 Der Can. semie. ant. bildet einen gemeinschaftlichen Schenkel mit dem Can. semic. post., biegt sich nach vorn, geht am oberen Rande des Petrosum vorüber und verläuft eirca 3mm. weit durch diesen Knochen, um in das Vestibulum zu treten. Das Vestibulum liegt in einer vom Oce. lat. und vom Petrosum gebildeten Grube. Folgende Theile also schliessen das Gehörorgan ein: das Oce. lat., Oce. sup., Squam. und Petr. Bei Clupea harengus werden die halbkreisförmigen Kanäle fast ganz von Knochen umschlossen mit Ausnahme des dem Can. semic. ant. und post. gemeinsamen Schen- kels und des Anfangs des Can. semie. anterior. Der Can. semic. post. mündet im Schädel in dem Oee. sup., ver- läuft durch das Oce. ext. und fängt im Oce. lat. an; er liegt in seiner ganzen Ausdehnung im Knochen. Der Can. semie. ant. ver- läuft wie erwähnt erst frei und darauf durch das Petrosum. Der Can. semie. ext. verläuft erst durch das Oce. lat., danach durch das Squamosum, wo er die erste ampullenartige Anschwel- lung bildet, und mündet im Petrosum, nachdem er in diesem Knochen eine zweite ampullenartige Anschwellung gebildet hat. Das Vestibulum liegt in einer tiefen Grube, es birgt einen gros- sen Otolithen und dehnt sich bis in das Oee. basilare aus. Die äus- sere Wand dieser Grube ist an einer Stelle membranös und er- scheint daher am trockenen Schädel als eine Oeffnung im Oee. lat. ungefähr zwei Mm. vor dem Vagusloch. Das nämliche gilt für Clupea alosa, nur ist dort im Squamosum von aussen keine am- pullenartige Anschwellung zu sehen. Bei Silurus glanis nimmt das Gehörorgan wenig Raum ein, indem der grösste Längsdurchmesser dieses Sinnesorganes, nämlich vom Anfang des hintersten bis zum Vorderrand des vordersten halb- kreisförmigen Kanales, ,!; der ganzen Schädellänge beträgt (bei Clupea alosa zum Beispiel ist dieses Verhältniss circa }). Dagegen haben die Gehörkanäle sich in die Breite, lateral vom Schädel ‚ ausge- dehnt. Der gemeinsame Schenkel des Can. semie. post. und ant. liegt frei. Der Can. semie. post. verläuft in einem knöchernen Kanale durch das Oce. lat. und mündet im Oce. sup. Der Can. semie. ant. verläuft anfangs frei, nachher im einem knöchernen Kanale durch das Petrosum. 282 Das Oce. ext. und das Squam. bilden eine Höhle in welcher der Can. semie. ext. frei verläuft; nur auf einer kurzen Streeke liegt er hinter einer schmalen Knochenlamelle des Squamosum. Der sehr kleine Saceus, mit unbedeutendem Otolith, liegt in einer kleinen Grube, welche theilweise von Knorpel, theilweise von Kno- chen des Oce. lat. und des Oce. bas. begrenzt wird (der grösste Durchmesser dieser Grube ist 5mm.); diese Bergung des Saceus in einer besonderen Grube findet sich auch bei den Cyprinoiden. Bei Esox lucius durchbohrt der Can. semic. post. das Oce. lat. und Oece. ext. und mündet nahe am Oce. sup. Der gemeinsame Schenkel des Can. semic. post. und ant. liegt frei Der Can. semie. ext. geht wie bei den vorher genannten Fischen durch das Oce. lat. u. das Squam. und mündet über dem Petrosum. Der Can. semie. ant. liegt frei. Die Grube für das Vestibulum liegt im Oce. lat. und im Petr. Bei Anguilla fluviatilis verläuft der Can. semie. post. durch das Oce. lat. und Oce. ext., und bildet oben unter dem Schaedeldach einen gemeinsamen Schenkel mit dem Can. semiec. ant. der in sei- ner ganzen Ausdehnung hinter einem knöchernen Vorsprung ver- steckt ist. Der Can. semie. ext. fängt im Oece. lat. an, biegt sich hinter einen knöchernen Vorspung des Petrosums herum und tritt an der Vorderseite des Vorsprunges ins Vestibulum. Die Schädelwand ist auch in dem vom Gehörorgan erfüllten Schädelabschnitt von einer Art Dura-Mater ausgekleidet, im übrigen liegen die Kanäle frei mit Ausnahme des Can. semic. post., der längs einer kurzen Strecke vom Oee. lat. und Oce. ext. überdeckt wird, auch liegt wie oben erwähnt der Can. sem. ext. an einer Stelle hinter einem Vorsprung des Petr. Das Vestibulum liegt im Oee. lat. und im Petr. und enthält einen ziemlich grossen Otolithen. Aus diesen bei den Physostomen beschriebenen Zuständen dürfen wir also schliessen, dass nachfolgende Knochen: 10. das Oce. lat., 20. das Oce. ext., 30. das Squamosum, 4°. das Petrosum, und bisweilen das Oee. sup. sich mehr oder weniger constant An der Bergung des Gehörorganes betheiligen. Das Vestibulum sammt Saceus liegt meistens im Oce. lat. und im Petr., aber auch das Oce. basilare kann dabei helfen. Demnach 283 müssen wir auf die erste von uns aufgeworfene Frage “sind die Hux- leyschen Otica die wirklichen einzigen das Gehörorgan umschliessen- den Knochen?” eine verneinende Antwort geben. Es ist auffallend dass Prof. HuxLey das Squamosum, das constant den Can. semie: ext. einchliesst, gar nicht als Oficum erwähnt. Ich weiss dafür keine andere Erklärung als dass Huxtey die Meinung Hallmanns theilt, die letzterer in “die Vergleichende Osteo- logie des Schläfenbeins” Seite 60 ausspricht. An dieser Stelle sagt er nämlich: “Der Anfang des hintern und äussern Kanals im eigent- lichen Oce. laterale und der Weg, den der weite Bogen des äussern Kanals durch die Schäfenschuppe nimmt, sind Ausschweifungen, die durch die in Vergleichung mit allen übrigen Wirbelthieren aus- serordentliche Länge der Kanäle nothwendig gemacht zu werden scheinen, aber weder der Bestimmung des Schuppentheils, noch des Zitzentheils oder des Felsenbeins Eintrag thun.” ” Diese Behauptung ist von der Seite HaLLmanns der bei seiner Vergleichung von den Säugethieren ausgeht um bis zu den Fischen herabzusteigen, und dem es darum zu thun war eine möglichst vollständige Homologie der Schädelknochen darzustellen, begreiflich , aber für Prof. HuxLey ist sie unmöglich, da er sonst die Zustärde bei Fischen aus den bei Säugethieren gegebenen ableiten würde, um hernach den Zustand bei Säugethieren als etwas mit den Fischen gemeinsam Vererbtes zu erklären. Dies wäre ein einfacher Cirkel- schluss. Ebenso wird von Huxrey die Lage von Sacceus und Vestibulum gänzlich vernachlässigt und doch haben wir gar keinen Grund an- zu-nehmen dass die halbkreistörmigen Kanäle etwa wichtiger seien wie das Vestibulum, so dass man letzteres ganz ausser Acht lassen dürfte. Nimmt man einmal den Antheil den gewisse Schädelelemente an der Umschliessung der verschiedenen Theile des Gehörorgans haben als Grundlage für die Nomenclatur der Schädelknochen an, so muss man, der reinen Consequenz wegen, auch das Oce. bas, Oce. lat. und Petr., welche sich an der Bergung von Saccus und Vestibulum betheiligen, zu den Ofica rechnen. Wenn wir nun weiter überlegen dass nach Huxrer’s Angabe diese drei, von ihm Otica genannten, Knochen allgemein bei allen knorpelig praeformirten Schädeln verbreitet sein sollen, Ja dass man 20 284 sogar diese ÖOtica nieht als “Theile der eigentlichen Schädelwand sondern als spezielle Bildungen der Gehörkapsel’ betrachten könnte (Elements of Comp. Anat. Seite 302) dann sind wir berechtigt die Bedingung aufzustellen dass diese drei Knochen, bei den Fischen wenigstens, deutlich als solehe wahrnehmbar sein sollen. Bij den Fischen als den niedersten und ältesten Wirbelthieren werden wir jedenfalls noch die meisten Chancen haben diese drei Knochen als specielle Bildungen der Gehörkapsel an zu treffen. Bei den andern Klassen wäre es möglich dass die Homologa dieser Otica eine andere Function bekommen hätten, in Folge äusserer Einflüsse, ein Vor- sang von dem wir jetzt sehr viele Beispiele kennen. Was finden wir nun aber bei den Fischen ? Wir finden dass diese drei Huxleyschen Otica, wie oben erwähnt, die Funetion der Bergung des Gehörganes mit andern zu den Namen “Otiea” eben so gleichberechtigten Knochen theilen. Da hätten wir also mehr als drei Otica. Aber auch das Gegentheil ist nachzu- weisen. Wenn z. B. Jemand mir mit triftigen Gründen zeigen könnte, dass die von mir erwähnten Knochen wie Oce. lat. und Squamo- sum ausser Betrachtung zu lassen seien, dann dürfte ich mit dem gleichen Rechte behaupten, dass die drei Huxleyschen Otica diesen Namen gleichfalls nieht verdienen; denn: 1°. im vorigen Abschnitt haben wir gesehen wie das Pelrosum sich unter dem Einfluss der günstigen Bedingungen, die ihm durch das Nervenloch geboten werden, entwickelt hat; ganz wie das Oce. lat. das von Huxuey als ein Theil der eigentlichen Schädelwand betrachtet wird. Warum soll nun das Petrosum, das sich ganz ähnlich wie das Oce. lat. bildet, kein Theil der eigentlichen Schädelwand sein, wohl aber das Oce. lat. ? Ich glaube wir sind gezwungen beide für ganz eigentliche Theile der Schädelwand zu halten. 2°. Die funetionelle Beziehung des Oce. ext. (epiotic) zum äussern halbkreisformigen Kanal scheint ebenfalls nicht eonstant zu sein, wie wir beim Lachs sahen: dieser Kanal kann wie wir zeigten auch im Oce. sup. münden. 3°. Eine funetionelle Beziehung des Intercalare (Opisthotie) zur Umschliessung des Gehörorganes ist bei den genannen Physostomen gar nicht vorhanden, darum habe ich diesen Knochen noch gar nicht 285 erwähnen können. Ich will ihn speziell im nächsten Paragraphen be- sprechen, auch in seinem Verhalten zum Gehörorgan. Es ist schliess- lich also für keines der drei Huxleyschen Otica eine specielle functionelle Beziehung zur Gehörkapsel nachweisbar. $ 4. Das INTERCALARE. Wir können jetzt zur Beantwortung unserer zweiten Frage schrei- ten: “sind die Huxleyschen Otica integrirende Theile des Schädels 2?” Die Antwort hierauf wird hauptsächlich in der Besprechung des Intercalare (opisthotiec) geliefert werden; denn es ist gar nicht zweifelhaft ob das Petrosum (Prootie) und Oce. ext. (Epiotie) wirk- lich integrirende Theile der Schädelwand seien, aber gerade das Interealare ist ein sehr inconstanter Knochen, wie wir bereits im geschichtlichen Theil sahen. Die wirkliche Lage des Interealare ist auf den Bildern in den Elements of Comp. Anat. nicht deutlich zu sehen. Da Huxrey aber beim Barsch sein Opisthotie identifieirt mit dem Cuvierschen Rocher, so muss mein Interealare, das beim Hecht auch den Cuvierschen Rocher repräsentirt, dem Opisthotie entsprechen. Es is auf Fig. 21 mit i. ec. angedeutet. Huxrtey schreibt selber: “dieser Knochen scheint auf den ersten Blick nicht vorhanden zu sein, jedoch bei einigen Exemplaren dieses Fisches grenzt ein selb- ständiger Knochen (der sehr gross und auffallend ist bei den Gadi- den) unten und hinten an das Oce. lat., vorn an das Prootie, von innen und hinten an das Epiotie und aussen an das Squamosum. Er tritt speeiell in die äussere hintere Labyrinthwand und beschützt einen grossen Theil des Can. semie., externus, welche Function er mit dem Prootie theilt.” (Elements of Comp. Anat. Seite 173). Diese Beschreibung passt zwar nicht ganz genau auf den von mir als In- tercalare gedeuteten Knochen, jedoch gibt es keinen anderen Knochen am Schädel, den Huxtrry hätte meinen können, ich muss darum mein Intercalare mit dem Huxleyschen Opisthotie identifieiren. Das Interealare dient wie bereits erwähnt zur Anheftung des Schulter- 20* 286 gürtels und kann vom Schädel weggenommen werden ohne dass eine Durchbrechung der Schädelwand stattfindet. Bei jungen Schädeln von ungefähr 4,5em. Länge (vom hinteren Rand des Oece. bas. bis zur Vomerspitze) ist das Intercalare noch gar nieht mit dem darunterliegenden Oce. lat. verwachsen, sondern beim Anziehen der mächtigen Sehne, welche am Intercalare ange- heftet ist, kann maa deutliche Bewegungen dieses Knochens be- obachten. Nach Maceration kann sich der Knochen sehr leicht vom Schädel ablösen, was wahrscheinlich der Fall gewesen ist bei den Schädeln wo Huxtrey das Intercalare, das ich beim Hecht constant vorge- funden habe, nicht gesehen hat. Auch der Lachs besitzt ein Intercalare, das, wie bereits AGas- sız erwähnt hat, vom Schädel weggenommen werden kann, ohne dass eine Durchbrechung der Schädelwand entsteht. An einem ho- rizontalen Querschnitt durch das Intercalare, Fig. 56, kann man sehr deutlich sehen, dass dieser Knochen sich gar nicht an der Ber- sung der halbkreisförmigen Kanäle betheiligt, da sein lateraler Theil auf dem #nöchernen Squamosum liegt, und sein medianer Ab- schnitt, theils auf dem Knorpel theils auf dem Anöchernen Oce. lat. ruht. Der Can. semie. ext. liegt im Squamosum, der Can. semic. post. im Oce. lat.; es bleibt also für das Intercalare nichts einzu- schliessen übrig ! Bei einigen Cyprinoiden kommt wie erwähnt ein zwischen Oce. lat. und Squam. eingeklemmtes Intercalare vor, das aber auch zum Gehörgorgan keine Beziehung hat. Es fehlt gänzlich bei Cyprinus carpio, was auch ARENDT bereits beobachtet hat. Bei Clupea harengus gelang es mir durch schwachen Druck das Intercalare von der Schädelwand abzulösen ohne dass in letzterer dadurch eine Lücke entstand; es ist hier also kein integrirender Theil des Schädelwand, sondern ein ihr äusserlich aufgelagerter Knochen. Aber es giebt sehr viele Fälle wo der Knochen fester mit den unterliegenden Theilen verwachsen ist, so dass er nicht mehr durch blossen Druck entfernt werden kann; öfters sieht man aber die untern Knochen durch das Interealare durchschimmeren; dieses ist z. B. der Fall bei Aulopus filamentosus und bei einigen Percoi- 287 den, bei denen das Interealare sich nicht direet an der Umschlies- sung des Gehörorganes betheiligt. Die einzigen Fische bei denen letzteres wohl der Fall sein könnte sind die Gadiden, die wie HuxtLEy richtig angibt, das grösste Intercalare besitzen. Wie wir schon vorher bei der Schädelbe- schreibung bemerkten, ist dieser Knochen am kleinsten bei Gadus lota, wo er den Glossopharyngeus durch einen tiefen Ausschnitt durchlässt; bei Gadus aeglefinus ist er grösser, und am grössten bei Gadus morrhua und Phyeis mediterraneus, bei denen er vom Glossopharyngeus durchbohrt wird. Dieser Zustand des Intercalare bei den Gadiden gibt Veranlas- sung zur Aufstellung von 2 Hypothesen. Nach der einen Hypothese setzen wir voraus dass die Gadiden eine sehr alte Form repräsen- tiren, bei denen sich um das Glossopharyngeus-Loeh herum ein discre- ter Knochen gebildet hat, ebenso wie das Oce. lat. sich um das Va- gusloch entwickelte, wie wir im zweiten Abschnitt nachgewiesen haben. So weit ich auf einem Schädellängssehnitt habe sehen kön- nen, enthält bei Gadus das Oce. lat. in seinem /a»eren Knorpel, wie beim Hecht; zwischen den Knochen kommt an der Innenfläche des Schädels auch noch viel Knorpel vor; es können dies Andeutungen sein dass auch Gadus in Bezug auf die Knochenbildung zu der nie- drigsten Gruppe unter den Teleostei gehört. Bei den Fischen, wo der Glossopharyngeus nicht mehr durch das Intercalare geht, müsste man dann annehmen dass, in Folge von einer Zusammenzie- hung, der Glossopharyngeus näher zum Vagus gerückt ist, so dass er schliesslich wie dieser Nerv durch ein Loch im Oce. lat. den Schädel verläst, was, so weit meine Beobachtungen reichen, der verbreitetste Zustand ist. Seine Beziehung zum Schulterapparat, mit dem das Intercalare bei den Gadiden verbunden ist, hätte dieser Knochen bei den andern Teleostiern behalten, dagegen lässt er nur noch bei den Gadiden den Glossopharyngeus durch, er wäre also in dieser Hinsicht bei der Mehrzahl der Teleostei rudimentär wo wie erwähnt das Intercalare ausser allem Zusammenhang mit Nerven steht. Wir haben aber vorläufig keinen Grund die Gadiden als älter zu betrachten als andere Teleostei; es ist darum eine zweite ent- gegengesetzte Hypothese möglich, nach welcher wir den Zustand 283 . des Intercalare bei den Physostomen als den ursprünglichen betrachten, und dagegen das Verhältniss bei den Gadiden als Ausnahme ansehen. Das Intercalare wäre dann ein zur Anheftung des Schultergürtels dienender von aussen dem Schädel angefügter Knochen, der Zustand bei den Gadiden, wo das Intercalare nicht bloss zur Anheftung des Schultergürtels sondern auch dem Glossopharyngeus zum Durechtritt dient, wäre eine Ausnahme, für welche sich vielleicht eine Er- klärung finden liesse. Das Verhältniss des Intercalare bei den von mir untersuchten Gadiden bietet schon innerhalb dieser Gruppe ver- schiedene Stufen der Entwickelung dar; bei Gadus lota z. B. ist das Intercalare am kleinsten nnd der Glossopharyngeus geht durch einen Ausschnitt in diesem Knochen. Bei Gadus morrhua und G. aegle- finus ist das Intercalare grösser, und besitzt ein wirkliches Loch für den Glossopharyngeus; ebenso verhält sich Phyeis mediterraneus, nur dass hier der Stiel für die Anheftung eines Ligaments des Schül- tergürtels am stärksten ist. Hätte ich mehr Gadiden zu Verfügung gehabt, so würde ich vielleicht noch mehr Zwischenstufen in der Entwiekelung des Interealare gefunden haben, - welche dann den direeten Beweis geliefert hätten dass die kolossale Ausdehnung z. B. des Intercalare bei Gadüs morrhua von einem ursprünglichen kleineren Zustand des Intercalare, wie wir ihn bei den andern Teleostiern antreffen, abzuleiten wäre. Jedenfalls besitzen wir bei den von mir untersuchten Gadiden Stufen aus einem derartigen Ent- wickelungsprocess, dessen erste Ursache vielleicht in der bedeuten- den Wölbung zu suchen wäre welche die Schädelwand zur Bergung des Otolithes macht: Eine analoge Zunahme des Intercalare habe ich bei Seiaenoiden unter gleichen Umständen vorgefunden. Bei Diagramma punetatum, Fig. 33, nämlich findet man das Intercalare, bei Profilansicht des Schädels, unter dem Squamosum am hinteren Rand des Oce. lat. Nach unten dehnt es sich nicht über die Grenze des Squamosum und Oce. lat. aus, seine grösste Länge beträgt 5Dmm. An seinem oberen hinteren Winkel bildet es mit dem Squam. einen kleinen Stachel. Es reicht ebenso wenig bis zum Vagus- wie bis zum Glossopharyngeus-Loch. Unterhalb dieser Nervenlöcher wölbt sich die Schädelwand convex nach aus- sen zur Bergung des von einem grossen Otolith ausgefüllten häu- tigen Vestibulums. 289 Vergleichen wir hiermit Haemulon heterodon, Fig. 34, bei dem das Vestibulum noch grösser ist, so finden wir auch eine entspre- chende Vergrösserung des Intercalare das hier dicht an die Vagus- und Glossopharyngeus-Löcher grenzt. Ferner überzieht dieser Knochen noch eine Strecke weit das Squam. und das Oce. lat., welche sich über die Wölbung des Vestibulum fast horizontal zu einem lateralen frei hervorragenden Kamm ausdehnen. Betrachten wir schliesslich Otolithus, Fig. 35, bei dem das Vestibulum und der Ötolith ihre grösste Entwickelung erreichen, so finden wir das Inter- calare auch wieder vergrössert, an das Glossopharyngeus Loch grenzend und dem Vagusloch ganz nahe liegend; an seinem hintersten late- ralen Rand inserirt ein Ast des Os supraclavieulare. Die convexe äusserlich sichtbare Wölbung der Schädelwand, zur Bergung des viesigen Otolithes, ist sehr bedeutend. Sie fängt schon im Oce. bas. an und dehnt sich im Petr. bis zum Facialis-Loch aus, das sehr hoch am Schädel unmittelbar unter dem Hyomandibulargelenk liegt. Das Trigeninus-Loch ist vom Facialis-Loch durch eine knöcherne Brücke getrennt, ferner besitzt der Schädel einen kleinen Augen- muskelkanal (für die Recti) und ein Basisphenoid. Wir finden also bei diesen Seiaenoiden die grössere Wölbung der Schädelwand, zur Bergung des Vestibulum und Otolithes, begleitet von einer Vergrös- serung des Interealare. Es ist schon erwähnt dass auch bei den Gadi- den die Schädelwand stark gewölbt ist zur Bergung des mächtigen Vestibulum; wir haben hier also einen den Zuständen bei den Seiaenoiden analogen Fall, und es liegt auf der Hand noch einen cau- salen Zusammenhang für diese Uebereinstimmung zu suchen. Als solcher wäre der Umstand zu betrachten dass gerade eine grössere Wölbung der Schädelfläche eine grössere Oberfläche zur Verknöche- rung darbietet. Da ich aber nur diese beiden Fälle bei Gadiden und Seiaenoiden untersucht habe möchte ich das Ganze nur als eine Vermuthung angesehen wissen; wiederholt sich das Verhältniss bei anderen Gruppen, so wäre die ganze Erscheinung als eine Folge der Ge- setze der Wachsthums-Correlation aufzufassen. Wenn wir also von unserer ersten Hypothese ausgehen, und das Interealare als einen Knochen betrachten, der sich, wie das Oce. lat. und das Petr., um ein Nervenloch gebildet hat, so finden wir 290 dieses ursprüngliche Verhältniss zur noch bei den Gadiden;,bei allen anderen Teleostei dagegen is die Beziehung zum Nervenloch verloren gegangen, nur die zum Schultergürtel bewahrt geblieben. Das Inter- calare wäre also nur noch bei einer Minderzahl von Fischen ein integrirender Schädeltheil. Ebenso bilden nach der zweiten Hypothese wieder die Gadiden eine Ausnahme, da nur bei dieser Gruppe das Intercalare neben seiner funetionellen Beziehung zum Schultergürtel noch einem bestimmten Nerven zum Durchtritt dient. Sehliesslich erinnere ich auch an die verschiedenen erwähnten Bei- spiele, wo einerseits das Intercalare sich vom Schädel trennen liess, anderseits dieser Knochen ganz und gar fehlte, und komme dann zu dem Schluss, dass der bei den Gadiden existirende Zustand uns nicht berechtigt, das Intercalare als einen integrirenden Schädeltheil zu betrachten. | Hienach muss die zweite von mir im dritten Paragraphen ge- stellte Frage: sind die Huxtey’schen Otica integrirende Theile des Schädels ? verneinend beantwortet werden. | Pr Ale DIE VERKNÖCHERUNG DES SCHLAFENBEINS DER SAUGETHIERE. (MIT RÜCKSICHT AUF DIE HUXLEYSCHEN OTICA.) 8 1. DIE KNOCHENPUNCTE AM MENSCHLICHEN SCHLAFENBEIN. Dieser Anhang dankt seine Entstehung zweien Ursachen. Ers- tens glaubt Professor HuxLey in drei Knochenpuncten am mensch- lichen Schläfenbein seine drei Otica wiederzufinden. Es ist selbst- verständlich dass wenn, wie wir versucht haben zu zeigen, die drei sogenannten ÖOtica bei den Fischen diesen Namen nicht beanspruchen dürfen, es ganz unmöglich ist dafür Homologa in Knochenpuneten bei Säugethieren zu suchen. Aber ganz abgesehen von dieser fraglichen Homologie bieten uns diese Knochenpuncte am Schläfenbein noch ein anderes Problem zur Untersuchung dar: ihre Individualität steht nämlich noch gar nicht fest. Es sind diese Knoehenpuncte vorübergehende Gebilde, die, ohne eine Spur davon zu hinterlassen, untereinander verschmelzen; ist man nun berechtigt in diesen momentanen Verknöcherungscentren wirkliche Homologa discreter Knochen zu sehen? Bis jetzt ist diese Frage stillschweigend mit ja beantwortet worden, so auch durch Huxte£y; nach meiner Ansicht aber erfordert sie erst ein kritische Prüfung, ehe man überhaupt weitere Theorien auf die Knochenpuncte am Schläfenbein bauen darf. Diese Prüfung war der Zweck meiner Untersuchung der Knochenpunete am Schläfenbein der Säugethiere. Meine von 292 den bisherigen Angaben ziemlich verschiedenen Resultate werden die Berechtigung dieser neuen Prüfung beweisen. Eine zweite Ursache zur Enstehung dises Anhanges bildete der temporaere Mangel an Lachsembryonen. Um diese Zwischenzeit auszufüllen habe ich dieses Thema angefangen, das sonst ziemlich locker mit dem Vorhergehenden zusammenhängt, und das nur dadurch, dass man in den Knochenpuneten des menschlichen Schlä- fenbeines die vorher erwähnten Otica "hat wiederfinden wollen, zu dem übrigen Theil dieser Arbeit in Beziehung steht. Wir wollen zuerst die Knochenpuncte am Schläfenbein des Menschen betrachten. Bei menschlichen Embryonen von 12em. (Fig. 44) und 15em. fand ich noch Aeine Knochenpuncte im Primordialeranium an der Stelle des künftigen Felsenbeines. Dagegen waren das Oce. lat. und Oce. basil als scharf begrenzte Knochenpunete vorhanden. In diesem Stadium ist die Cochlea noch vermittelst Knorpel mit dem späteren Clivus Blumenbachii verbunden, bis zu der Stelle wo das Foramen jugulare das knöcherne Oce. lat. vom knorpeligen Felsenbein trennt. Das Foramen jugulare und das For. condyloideum anterius, das bereits im knöchernen Oce. lat. liegt, sind die einzigen Oeffrungen in der knorpeligen Gehörregion des Schädels. An der Stelle des künftigen Tegmen tympani dehnt sich der Knorpel nicht weiter aus als wie auf Fig. 44 abgebildet ist. In diesem Punete weicht meine Abbildung ab von der Zeichnung, die in Köllikers “Entwicklungs- geschichte des Menschen” 1861, Seite 196 Fig. 87 vorkommt. Auf dieser Abbildung dehnt sich der Knorpel bis zum grossen Flügel aus, sodass das Foramen lacerum medium viel kleiner erscheint als in unserer Vorstellung. Die ganze Spitze des eigentlichen Felsen- beines (Pyramide) wird von der knorpeligen Cochlea gebildet. An der unteren Seite des Schädels scheint mir die Cochlea verhältniss- mässig grösser als im ausgewachsenen Zustande zu sein; durch Messungen habe ich dies aber nicht bestimmen können da im aus- gewachsenen Schädel die Cochlea ganz mit ihrer Umgebung ver- schmolzen ist. Ein Embryo von 17em., dessen Schädel aber verhältnissmässig klein. war, zeigte nur einen Knochenpunct , auf der ersten Windung der Cochlea und über der Fenestra rotunda, deren untere Ränder er bildet (wenn man den Schädel von seiner unteren Fläche, mit dem Ge- 293 sichtstheil gegen den Beschauer gewendet, betrachtet). Die Stelle entspricht dem Promontorium des ausgewachsenen Schädels. Diese Lage stimmt ziemlich überein mit der welche Huxrer für sein Opisthotie angibt. Das folgende Stadium zeigte ein Embryo von 21em. Die Ver- knöcherung war weiter vorgeschritten wie beim vorigen Embryo, in- dem sich vier Knochenpunete fanden. Erstens fand ich in grösserer Ausdehnung den nämlichen Knochenpunet wieder, den ich beim Embryo von 17em. beschrieben habe; er hat sich vom oberen Rande der Fenestra rotunda sive triquetra über das Promontorium hinaus ausgedehnt und grenzt mit einem Puncte bereits an die Fenestra ovalis, Fig. 45. Auch der tiefer liegende Rand der Fen. rot. wird von diesem Knochenpunct gebildet, der sich zu einer hervorragenden Lamelle erhebt, die später den Aquaeductus cochleae mit bilden hilft. Im Innern des Schädels ist von diesem Knochenpunet nur eine schmale Lamelle am hinteren Ende des Foramen jungulare zu sehen. In der inneren Seite des Schädels bildet ein Knochenpunet, 2 Fig. 46, die Brücke zwischen Hiatus audit. int. und Hiatus Fall. Von dieser letzteren Stelle dehnt sich der Knochenpunt (wenn man ihn an der unteren Fläche des Schädels verfolgt) bis zum unteren Rand des ovalen Fensters aus. Gegenüber der Fenestra ovalis erhebt sich eine Knochenlamelle die in den nächsten Stadien den N. facialis umwächst und den knöchernen Fallopischen Kanal bildet. In diesem Stadium aber gibt es, wie gesagt, noch keinen Kanal sondern nur eine tiefe von Knochen gebildete Grube. Dieser Knochenpunct 2 Fig. 46 bildet also an der Innenseite des Schä- dels das Tegmen tympani. In der Paukenhöhle bildet es den lateralen Rand der Fenestra ov. und reicht etwas weiter als bis zu der Stelle, ‘wo am ausgewachsenen Schläfenbein der Processus cochleariformis den Hinterrand der Grube für den Musculus Tensor tympani bildet. Der Knochenpunct bedeckt aber nicht den ganzen lateralen Rand der Fenestra ovalis, sondern zu jederseite bleibt eine Knorpelstrecke frei, welche diesen Knochenpunkt vom ersten Knochenpunkte trennt. Eine dünne Knochenschichte findet sich, als selbständiger dritier Knochenpunct, auf der Spitze der Cochlea (im Innern des Schädels). Sein Kern (der sich durch dunklere Farbe unterschied und auch wenn man mit einer feinen Nadel über den Knochenpunct strich 294 durch seine rauhe Oberfläche sich kennzeichnete) liegt nahe an der erwähnten Brücke zwischen Meatus audit. int. und Hiat. Fall., ist aber deutlich davon getrennt. Von der Spitze der Cochlea (im In- nern des Schädels) dehnt sich der Knochenpunct aus bis zu der Stelle wo der vordere Rand der Cochlea an das Basi- und Ali-sphe- noid stösst. An der untern Fläche des Schädels ist dieser Knochen- punet nicht zu sehen. Endlich der kleine vierte Knochenpunet, 4 Fig. 46, der sich an der Innenfläche des Schädels findet, gerade an der Stelle wo der Can. semieire. post. sich vereinigt mit dem Can. semie. ant. den man durch den Knorpel hindurehschimmern sieht. Der Knochenpunct liegt, wie mir scheint, etwas mehr auf der Seite des Can. semie. ant. in der Nähe von und auf einer Höhe mit der Oeffnung des Aquaeductus vestibuli, der hier noch im Knorpel mündet. Wenn nach Huxrey’s Ansicht dieser Knochen- punct in einer functionellen Beziehung zu einem der halbkreisför- migen Kanäle stehen sollte, so wäre es in diesem Stadium sehr schwer zu entscheiden welchem Kanale er eigentlich zugehören sollte, und doch soll für die Knochenpuncte im Allgemeinen der Punct des ersten Auftretens, d.h. das Stadium wo der Knochenpunet am kleinsten ist, als entscheidend für die Homologie gelten. Wird ein Knochenpunct grösser so dehnt er sich in kurzer Zeit über ganz verschiedene Theile der knorpeligen Gehörkapsel aus; z. B. vom Meat. audit. int. auf die Schnecke. Dadurch wird die Homologie sehr unsicher; der einzige Weg um zur Sicherheit zu gelangen scheint mir der zu sein, dass man den Knochenpunect, in seiner kleinsten Form, beim ersten Auftreten betrachtet, und die Stelle welche er im jüngsten Stadium einnimmt zur Bestimmung der Ho- mologie verwendet. Der Theil des Primordialschädels der später die Pars mastoidea bildet ist noch ganz knorpelig und verknöchert, wie auch Huxtey angibt, später wie die Pars petrosa. Der Schädel eines Embryo’s von 20em. zeigte die nämliche Zahl der Knochenpuncte wie das vorige Stadium, nur war das Grös- senverhältniss zwischen den einzelnen Knochenpuneten verschie-. den. Der erste und zweite Knochenpunet waren denen beim vori- gen Embryo gleich, dagegen war der dritte nicht so weit entwickelt und mit dem blossen Auge nieht deutlich sichtbar. Mit der Nadel a 295 \ aber konnte man deutlich eine in. Folge der Kalkablagerung rauhe Oberfläche spüren. Zur Sicherheit habe ich dann noch die betref- fende Stelle mieroscopisch untersucht und deutliche Kalkablagerung im Knorpel gefunden. Der vierte Knochenpunet, 4 Fig. 47, der beim vorigen Embryo nur einen kleinen Punet darstellte, hatte sich bei diesem Stadium nach vorn und oben über den Can. semic. ant. bis zur höchsten Biegungsstelle dieses Kanales ausgedehnt. Um allen Zweifel wegzuräumen habe ich auch beim Embryo von 2]jem. mieroscopisch die Knochenpunete 3 und 4 untersucht, welche beim Kratzen mit der Nadel nicht eine gleiche Resistenz wie 1 und 2 zeigten. Es stimmten aber alle diese 4 Knochen- puncte in ihrer Structur mit einander überein, keiner besass noch deutliche Knochenkörperchen, wie sie sich beim nämlichen Embryo im Oce. bas., Oce. lat. und Oce. sup. vorfanden. Obgleich also diese Knochenpuncte sich schon dem blossen Auge durch ihre Färbung und dem Gefühl durch ihre Rauhigkeit bemerkbar machen, so verdienen sie den Namen “Knochen” noch nicht ganz , sie werden von verkalktem Knorpel, einem die Knochenbildung einleitenden Zustande, gebildet. Das nächste Stadium gehört einem Embryo an, den ich mit A bezeichnen will; da nur der Kopf vorhanden war kann ich über die Körperlänge . nichts angeben. Der zweite und dritte von mir beim vorigen Embryo beschriebene Knochenpunct sind im Innern des Schädels miteinander verschmolzen. Der vierte Knochen- punet hat sich über den hinteren halbkrf. Kanal ausgedehnt, ist aber noch selbständig. An der unteren Fläche des Schädels gren- zen der erste und zweite Knochenpunct beide noch an das ovale Fenster, sind aber noch von einander durch Knorpel getrennt. Es fanden sich deutliche Knochenkörperchen in den verschiedenen Kno- chenpuneten. Obgleich also diese Knochenpuncte bei ihrem ersten Auftreten von verkalktem Knorpel gebildet werden, so entwickeln sich doch, ehe sie unter einander verschmelzen, in jedem von ihnen deutliche Knochenkörperchen. Diese Thatsache ist darum erwähnens- werth weil sie uns berechtigt, diesen Knochenpuncten eine ge- wisse Individualität zuzuschreiben, welche wir ihnen im entgegen- gesetzten Falle hätten absprechen müssen. Ein Embryo von 18m. besass bereits ein ganz knöchernes Felsenbein, 296 Man sieht daraus dass die Länge nicht immer ein sicheres Criterium für das Stadium der Verknöcherung darbietet; wahrscheinlich sind in die- sem Alter die individuellen Längenunterschiede zwischen den Embryo- nen schon bemerkbar. Der erste, zweite, dritte und vierte Knochenpunkt waren verschmolzen. Der vordere halbkrf. Kanal war verknöchert, ebenso der hintere, so weit er im Innern des Schädels sichtbar war. An der äussern Seite des Schädels zeigte der Knorpel, an der Stelle der späteren Pars mastoidea, einen Knochenpunkt N°. 4, von verkalktem Knorpel gebildet, er lag auf dem hinteren halbkıf. Ka- nale den man durch den Knorpel durchschimmern sah. Dieser Knochenpnnkt war von dem Theil des hinteren halbkrf. Kanales der sich im Inneren des Schädels befindet durch die ganze Dicke der knorpeligen Schädelwand getrennt, ich muss ihn deshalb als selbständigen Knochenpunkt betrachten. Er entspricht dem Huxley- schen Epiotie. Ein anderer Embryo war etwas weiter fortgeschrit- ten wie der vorige. Das sogenannte Epotie, 5 Fig. 48, und der Knochen des hinteren halbkrf. Kanales waren näher an einander gerückt, und 3mm. vor dem Epotie hatte sich auf dem Knorpel der späteren Pars mastoidea ein deutlicher sechster Knochenpunct, aus verkalktem Knorpel bestehend, gebildet. 6 Fig. 48. Ein Embryo von beinahe 24cm. zeigte das nämliche Stadium. Das Felsenbein war im Innern des Schädels ganz verknöchert, und die Pars mastoidea besass zwei Knochenpuncte, etwas grösser, wie im vorigen Stadium. Das nächste Stadium bildete ein Embryo den ich B nennen will, da ich seine Länge, wegen der Abwesenheit der Beine, nicht bestimmen konnte. Hier war der fünfte mit dem ersten Knochenpunkt verschmolzen, der sechste grenzte an den zweiten, der fünfte und sechste waren aber noch durch Knorpel getrennt, beide enthielten Knochenkörperchen. Als Resultat meiner Prüfung der Knochenpunkte an der mensch- lichen Pars petrosa und Pars mastoidea muss ich also annehmen, dass die Zahl der Knochenpuncte an den genannten Schädeltheilen sechs beträgt. Es ist aber, "wenn man die bedeutende Ausdehnung in Betracht zieht welche der zweite Knochenpunkt in seinem Jüng- sten von mir beobachteten Stadium besass, auch möglich dass der- selbe in mehrere zerfällt. Das Resultat ist aus der Vergleiehung von 8, in Spiritus aufbewahrten, von mir selber präparirten, Em- 297 bryen gewonnen. Wahrscheinlich hat Huxzey ein solches Stadium untersucht, wo der vierte und erste Knochenpunkt durch ihre Ver- schmelzung eizen Knochenpunkt, das Opisthotie, bildeten ; der dritte, zweite und sechste Knochenpunkt bildeten zusammen das Prootie. Der fünfte Knochenpunkt entspricht dem Epotie. Da diese grosse Zahl von Knochenpunkten, doppelt so gross als bis jetzt allgemein angenommen worden, Staunen ja Misstrauen erregen musste, so war der einzige Weg um zur Sicherheit zu ge- langen, bei anderen Säugethieren zu untersuchen, wie es sich hier in Bezug auf die Dreizahl der Knochenpunkte verhält. Von anderen Säugethieren besass ich aber leider nicht so eine voll- ständige Serie wie vom Menschen. Es bleiben hier also einige Lücken übrig, trotzdem aber lässt sich aus den fragmentarischen von mir gefundenen Thatsachen Verschiedenes schliessen. Ich will also jetzt zur kurzen Beschreibung der von mir bei anderen Säugethieren ge- fundenen Knochenpunkte schreiten. $ 2. Die KnOCHENPUNCTE AM SCHLÄFENBEIN ANDERER SÄUGETHIERE. Rind. Vom Rind habe ich nur drei Stadien zur Verfügung gehabt. Das jüngste war 22em. Jang (von der Schnauze bis zum Ende des Hin- terbeins gemessen; ebenso sind die anderen zu erwähnenden Säuge- thiere gemessen) und besass nur zwei Knochenpuncte. Der eine lag (an der Innenfläche des Schädels) unter dem Hiatus Fallopii, dessen Boden er bildete. Der zweite lag im Meatus audit. int. oberhalb einer Oeffnung, die in das Vestibulum führte. Das zweite Stadium bildete ein Embryo von nicht ganz 30em. Im ganzen waren hier vzer Knochenpunete vorhanden: einer auf der ersten Windung der Cochlea; ein zweiter, auf dem Tegmen tympani, grenzte an die Fenestra ovalis und wäre also als eine weitere Aus- dehnung des zweiten, von mir beim vorigen Stadium beschriebenen, Knochenpunctes zu betrachten. An der Innenfläche des Schädels 298 aber ist dieser Knochenpunct bereits mit dem, von mir beim Embryo von 22em. Länge im Meatus auditorius beschriebenen, verschmolzen. Der oben (beim Stadium von nicht ganz 30m.) erwähnte zweite Knochen- punct dehnt sich auch noch äber die Vereinigungsstelle des vorderen und hinteren halbkreisf. Kanales aus, also bis zur der Stelle, wo beim mensch- lichen Embryo von 21em. sich der vierte Knochenpunct befindet. Ob beim Rind auch an dieser Stelle zuerst ein selbständiger Knochenpunet auftritt, der also bei dem beschriebenen Stadium (von nicht ganz 30cm ) mit seinem Nachbarn schon verschmolzen wäre, kann nur die Unter- suchung eines Zwischenstadiums das mir fehlte entscheiden. Wegen des schnellen Wachsthums dieser Knochenpuncte ist die Untersuchung sehr erschwert , da man immer nach Stadien suchen muss wo der Knochenpunet möglichst klein ist: denn die Stelle des ersten Auftretens muss doch die Feststellung der Homologie bestimmen. Wie erwähnt wächst ein soleher Knochenpunct sehr rasch, er kann sich z.B. vom Rande des Meatus aud. int. bis über die Cochlea ausdeh- nen. Für die Bestimmung der Homologie aber macht es einen be- deutenden Unterschied ob ein Knochenpunct gerade auf der Cochlea entsteht oder auf einem anderen Theile der knorpeligen Gehörkapsel; bildet der Knochenpunct sich ausschliesslich auf der Cochlea, dann muss er auch als dieser speziell angehörig betrachtet werden. Ein deutliches Beispiel der Schwierigkeit, unter Umständen die Homo- logies eines Knochenpunctes zu bestimmen, liefert uns der vierte beim menschl. Embryo von 22em. beschriebene Knochenpunct, der be- kanntlich auf der Vereinigungsstelle des hinteren und vorderen halb- kreisförmigen Kanales liegt, so dass man ihn zu keinem dieser beiden Kanäle in Beziehung bringen kann. , Ein dritter Knochenpunct bildet einen schmalen Streifen am Un- terrande des Meat. aud. int., liegt aber schon mehr auf der sehr kurzen Cochlea. 3 Fig. 50. Ein vierter Knochenpunct bildet einen kleinen knöchernen Kern in dem schmalen Knorpelstreif, welcher der breiten knorpeligen Brücke entspricht die beim Menschen den Meat. aud. int. vom Hiat. Fall. trennt. 4 Fig. 50. Das dritte Stadium, 30m. lang, zeigte 3 Knochenpunete. An der unteren Fläche des Schädels dehnte sich ein Knochenpunet über die ganze erste Windung der Cochlea aus, 1 Fig. 49. Er stimmt also 299 genau mit dem bei den menschl. Embryonen von 17, 20 und 21em. beschriebenen Knochenpuncte überein, er grenzt an die Fenestra ovalis und an die Fen. rotnnda. Der dritte beim vorigen Stadium beschriebene Knochenpunet ist hier mit dem zweiten verschmolzen, und dadurch kommt es dass bei diesem dritten Stadium nur noch drei selbständige Knochen- puncte erscheinen. 2 Fig. 49. Der dritte Knochenpunet entspricht dem, beim vorigen Embryo als vierten beschriebenen. Im Ganzen haben wir also beim Rind im knorpeligen Felsenbein 5 Knochenpunete beobachtet: einen auf der ersten Windung der Cochlea; einen auf dem Boden des Hiatus Fall.; einen im Meat. audit. int.; einen (an der Innenseite des Schädels) am Unterrand des Meat. audit. int. und einen im Knorpelstreif zwischen Meat. audit. int. und Hiat Fall. Auf der Pars mastoidea war bei den erwähnten Stadien noch kein Knochenpunct zu sehen. ZIEGE. Ich habe nur einen Ziegenembryo untersuchen können. Er zeigte drei Knochenpuncte. Einer auf der ersten Windung der Cochlea war noch wenig entwickelt, unter dem Mieroscop zeigte sich aber schon Verkalkung im Knorpel. Ein zweiter Knochenpunet dehnte sich vom unteren Rande des Meat. audit. int. bis zum Foramen jugulare aus. Nach vorne zu erstreckte er sich über die Cochlea und trat auf die untere Fläche des Schädels über. Bei der bedeutenden Ausdehnung welche dieser Knochenpunct besass war es nicht mehr möglich zu bestimmen wo er eigentlich entstanden sei, und ob er dem zweiten Knochenpunet beim menschl. Embryo von 21em. entspreche. Der dritte Knochenpunet endlich, der auf der Vereinigungsstelle des vorderen und hinteren halbkreisförmigen Kanales liegt und sich über den vorderen halbkreisförmigen Kanal bis zu dessen höchstem Krümmungspunct ausdehnt, stimmt in dieser Lage genau mit dem 21 300 vierten bei den menschl. Embryonen von 20 und 21em. und beim Embryo A beschriebenen Knochenpuncte überein. SCHAF. Vom Schaf habe ich drei verschiedene Stadien untersucht. Bei einem Stadium von 19em. war nur ein Knochenpunct vorhanden der sich als ein schmaler Knochenstreif dem Unterrande des Meat. audit. int. entlang ausdehnte. Ein zweites Stadium, dessen Länge ich nicht genau angeben kann, zeigte den nämlichen Knochenpunet und noch einen kleinen zweiten auf der Vereinigungsstelle des hinteren und vorderen halb- kreisförmigen Kanales. Bei einem dritten Stadium von 15em. war ein sehr kleiner Knochen- punct fühlbar am oberen lateralen Theil des Knorpelstreifens der den Meat. audit. int. und Hiat. Fall. trennt. Unter dem Mieroscop zeigte sich Kalkablagerung. SCHWEIN. Vom Schwein habe ich zwei Stadien untersucht. Das erste war 16em. Jang und zeigte 5 Knochenpuncte; der erste auf der ersten Windung der Cochlea, um die Fen. rot. herum und bis zum me- dianen Rande der Fen. ovalis reichend, 1 Fig. 51. Der zweite bildete den lateralen Rand der Fen. ovalis, 2 Fig. 51, an der Stelle wo der Canalis Fallopii von der inneren nach der äusseren Schä- delfläche sich herum biegend an der Unterseite des Schädels mündet. Beim Schwein verläuft nämlich der Nervus facialis vom Hiatus Fall. bis zu dieser der Fen. ovalis gegenüberliegenden Mündung in einem knorpeligen Kanal; der erwähnte Knochenpunct grenzt an das Teg- men tympani. Ein dritter Knochenpunet, obgleich noch nicht mit der Nadelspitze fühlbar, war doch schon durch seine weisse Farbe und bei micro- 301 scopischer Prüfung durch Kalkablagerung zu unterscheiden. Er schim- mert durch den Knorpel der Cochlea dieht unter dem Meat. audit. int. durch. 3 Fig. 52. Der vierte Knochenpunet, auch nur von verkalktem Knorpel ge- bildet, liegt auf der Vereinigungsstelle des vorderen und hinteren halbkrf. Kanales und erstreckt sich bereits etwas nach oben über den vorderen halbkrf. Kanal. 4 Fig. 52. Der fünfte Knochenpunct lag wenn man die untere Fläche des Schä- dels betrachtete, ungefähr 5wm. nach unten und medial von der Fen. ovalis, auf der Cochlea. Er scheint sich zu der Verknöcherung an der Spitze der Cochlea auszubilden. 5 Fig. 51. Wenn man will kann man in einigen dieser Knochenpuncte die entsprechenden Puncte des menschlichen Felsenbeines wieder finden. Nur für den zweiten Knochenpunet des Schweines ist dieses schwer, da ich 1°. wie schon beim Menschen erwähnt die eigentliche Stelle, wo der zweite Knochenpunet beim Menschen zuerst auftritt, nicht kenne; 2° geht der N. facialis beim Menschen vom Hiatus Fall. bis gegenüber der Fen. ovalis nicht durch einen geschlossenen knor- pelingen Kanal, wenn aber der zweite von mir beim Schwein beo- bachtete Knochenpunct sich weiter ausdehnt, so muss er das Tegmen tympani bilden und den nämlichen Abschnitt des N. facialis um- schliessen wie der zweite beim Menschen beschriebene Knochenpunct. Auch für den 5ten Knochenpunet ist beim Menschen kein Analogon zu finden. Das zweite Stadium, 24m. lang, zeigt mehr Knochen wie das vorige. An den Innenseite des Schädels waren der 3. und der 5. Knochenpunct mit einander verschmolzen, sodass die Cochlea und der Boden des Meat. audit. int. von Knochen überdeckt waren, dagegen war der Streif der den Meat. audit. int. vom Hiatus Fall. trennt noch ganz knorpelig. Ob sich in diesem knorpeligen Streif später, wie beim Rind, ein selbständiger Knochenpunct bildet habe ich bei Mangel an älteren Stadien nicht feststellen können. Der ganze vordere halbkr. Kanal ist noch knorpelig, mit Ausnahme der vom vierten Knochenpunet bedeckten Stelle. An der Untenseite des Schädels sind die Knochenpuncte 1, 2 und 5 um die Fen. ovalis herum verschmolzen, die Spitze der Cochlea ist noch knorpelig. Endlich befindet sich auf der noch knorpeligen Pars mastoidea, an 21? 302 der Aussenseite des Schädels, ein sechster Knochenpunet auf dem hinteren halbkıf. Kanal, dem fünften Knochenpunct des Menschen entsprechend. Wenn man das knöcherne Squamosum entfernt, so findet man äusserlich auch noch Verkalkung dem äusseren halbkrf. Kanal entlang; diese Verkalkung war aber schon mit dem zweiten Knochenpunet in Zusammenhang getreten, sodass ich an diesem Stadium nicht feststellen konnte ob ich einen selbständigen Knochen- punet vor mir hatte oder nicht. Wäre der Knochenpunet selbständig so wäre er dem sechsten Knochenpunct des Menschen zu vergleichen. KANINCHEN. Das einzige mir zugängliche Stadium war Sem. Jang und besass drei Knochenpuncte. Einer lag auf der ersten Windung der Cochlea, um die Fen. rotunda herum, und grenzte an die Fenestra ovalis. Der zweite Knochenpunet entspricht in seiner Ausdehnung dem zweiten, beim menschl. Embryo von 21em. beschriebenen Knochenpuncte. Der dritte lag auf der Vereinigungsstelle des vorderen und hinteren harbkrf. Kanales und hatte sich schon etwas nach oben über den vorderen harbkrf. Kanal ausgedehnt. ' HUND Bei einem Stadium von l5em. habe ich auch drei Knochenpuncte gefunden. Ein kleiner Knochenpuncet umgab den Anfang der ersten Windung der Cochlea. Ein zweiter umfasste den Hiatus Fall., be- deckte das Tegmen tympani und reichte bis dieht an den lateralen Rand der Fenestra ovalis. Ein dritter dehnte sich vom unteren Rande des Meat audit. int. bis zum Foramen jugulare aus, war aber nur an der Innenseite des Schädels sichtbar. Bei der Untersuchung des Schläfenbeines beim Hund ist mir noch Folgendes aufgefallen. Der Hund und andere Carnivoren besitzen bekanntlich im ausgewachsenen Zustande ausser dem Annulus tym- 303 panieus noch einen hinter letzterem gelegenen convexen Knochen, der zu der bedeutenden blasenförmigen Erweiterung der Trommel- höhle bei diesen Thieren Veranlassung gibt. Bei dem erwähnten Stadium des Hundes war dieser Theil noch bindegewebig. Bei einer neugeborenen Katze war dieser Theil Zzorpelig,, bei einem neugebore- nen Löwen hatte sich schon ein Knochenpunct (aus verkalktem Knorpel bestehend) zu bilden angefangen. Es gehört dieser Knochen also nicht zum Primordialschädel, sondern er scheint, seiner späten Ent- wiekelung nach, eine secundaire Bildung zu sein. Jedenfalls ent- spricht dieser Knochen »icht, wie W. H. FLower behauptet (in seinem Aufsatz “on the value of the characters of the Base of the Cranium in the Classification of the order Carnivora” ete., “Procee- dings of the Zoologieal Society of London” 1869, page 17), der Lamelle welche beim Menschen die Carotis umwächst, da sich beim Menschen diese Lamelle direct durch ein in die Höhe Wachsen des Knochens der Cochlea bildet ohne je selbständig gewesen zu sein. Beim Löwen, sei noch bemerkt, ist das Alisphenoid im Inneren der Trommelhöhle sichtbar, das knöcherne Tentorium Cerebelli wird gebildet von Fortsätzen des Oce. sup. und des Squam, die Fort- setzung des letzteren Knochens liegt mit dem Alisphenoid fast in einer horizontalen Ebene. $ 3. ÜEBERSICHT. Aus den beschriebenen Embryonen lässt sich folgendes schlies- sen: (wobei zu berücksichtigen ist dass ich nur vom Menschen eine einigermassen vollständige Serie habe präpariren können, von den anderen Säugethieren besass ich nur ein Paar Stadien, von einigen nur ein einziges). Das menschliehe Felsenbein besitzt vier Knochenpuncte, die Pars mastoidea noch zwei, im Ganzen also findet man sechs für das Schläfenbein (die Sehuppe nicht mit gerechnet). Diese Knochenpuncte bilden sich: 1°. Auf der ersten Windung der Cochlea, in unmittelbarer Nähe der Fen. rotunda (Huxuey’s opisthotie). Gefunden habe ich diesen Knochenpunet sowohl beim Menschen, wie bei dem Rind, der Ziege, dem Schweine, dem Kaninchen und dem Hund. 304 2°. Ein zweiter Knochenpunet umgiebt den Hiatus Fall., bildet das Tegmen tympani und reicht bis zum lateralen Rande der Fe- nestra ovalis (Huxuey’s prootie.) Gefunden habe ich diesen Kno- chenpunet sowohl beim Menschen wie bei dem Rind, dem Schwein, dem Kaninchen und dem Hund (wenn wir das Verhältniss zur Fe- nestra ovalis und zum N. facialis als Hauptsache betrachten; in Bezug auf die Stelle des ersten Auftretens herrschen kleine Ver- schiedenheiten bei den genannten Thieren.) 3° Ein dritter Knochenpunet bildet sich an der Stelle wo der vordere und hintere halbkrf. Kanal zusammen kommen. Gefunden habe ich diesen Knochenpunet sowohl beim Menschen wie bei der Ziege, dem Schaf, dem Schwein und dem Hund. 4°. Ein vierter Knochenpunet bildet sich an der Innenseite des Schädels auf der Cochlea. Genau so wie beim Menschen habe ich diesen Knochenpunct bei keinem anderen Thier gefunden. Man muss dabei ins Auge fassen dass bei den anderen Säuge- thieren die Cochlea nicht einen so grossen Raum im Primordial- schädel ausfüllt wie beim Menschen; bei letzterem wird im Primor- dialeranium die ganze der späteren Pyramide entsprechende Stelle von der Cochlea gebildet. Wenn wir die geringe Grösse der Co- chlea in Betracht ziehen, so sind wir vielleicht berechtigt, in dem vierten Knochenpunet des Rindes und des Schweines den entspre- chenden Knochenpunet des Menschen zu erblicken. Da die Gesammt- länge der Cochlea an der Innenseite des Schädels bei den genann- ten Thieren so viel kleiner ist so befände sich dann der Knochen- punet entsprechend näher an den Meat. aud. int. fortgerückt. 5°. Ein fünfter Knochenpnnet bildet sich auf dem äusseren halbkrf. Kanal, an der Aussenseite des Schädels (Huxuery’s epotie) und bildet einen Theil der Pars mastoidea des menschlichen Schläfen- beins. Mit Ausnahme des sechsten Knochenpunetes beim Schwein von 23em. habe ich bei anderen Säugethieren keine diesem Kno- chenpunet des Menschen entsprechenden Gebilde gefunden, einfach weil die Stadien zu jung waren. 6°. Ein sechster Knochenpunet bildet sich mehr nach vorn auf der knorpeligen Pars mastoidea, dicht hinter dem Squamosum. Ein über- einstimmendes Stadium habe ich aus oben erwähnten Gründen bei nn 305 anderen Säugethieren nicht gefunden. Schliesslich sind noch zu er- wähnen folgende Knochenpunete die ich bei anderen Säugethieren antraf, ohne eine analoge Bildung beim Menschen nachweisen zu können. 1°. Der Knochenpunet im Knorpel zwischen dem Meat. aud. int. und dem Hiat. Fall. beim Rind (30em.) und beim Schaf (15em.), 2°. Der zweite Knochenpunct bei der Ziege der sich vom unte- ren Rand des Meat. aud. int. bis zum Foramen jugulare ausdehnt und sich von dort über die Cochlea erstreckt. 3°. Der schmale knöcherne Streif am unteren Rand des Meatus audit. int. beim Schaf. 4°. Der dritte Knochenpunet beim Hund, der vom unteren Rande des Meat. aud. int. bis zum For. jug. reicht. 5°. Der fünfte Knochenpunct an der unteren Fläche der Cochlea heim Schwein. Aus der Uebereinstimmung sowohl wie aus der Differenz zwischen den Knochenpuncten beim Menschen und bei den anderen‘, von mir untersuchten Säugethieren, kann ich nur den einen und zwar nega- Ziven Schluss ziehen: 1°. dass es noch nicht fest steht, ob bei den Säugelhieren im Allge- meinen die Zahl und die Lage der Knochenpuncte am Felsen- und am Zitzenbein CONSTANT ist. 2°. es ist auch nicht ausgemacht ob die verschiedenen Ordnungen in Bezug auf die erwähnten Knochenpuncte jede einem constanten. Ty- pus folgen oder nicht. Nur wenn diese Hauptfragen gelöst sein werden, was mir wegen Mangels an Material jezt unmöglich war, wird man mit Erfolg nach Homologien für diese Knochenpunete suchen können, natür- lich für den Fall dass diese Knochenpuncte wirklich eine gewisse Constanz besitzen. Im entgegengesetzten Falle, wenn durch die Untersuchungen Anderer sich herausstellen möchte dass auch die 6, jetzt von mir beim Menschen nachgewiesenen Knochenpuncte nicht constant sind, müssen wir diesen Knochenpuncten jede Indivi- dualität absprechen und von einer Homologie kann dann nicht mehr die Rede sein. Die Knochenpuncte wären dann nichts als die zufälligen Stel- len wo die erste Kalkablagerung im Knorpel den Verknöcherungs- process einleitet. Von den erwähnten Knochenpuncten gilt in dop- 306 peltem Maasse was Gegenbaur, in seinen Grundzügen der Vergl. Anat. Seite 640, von den Schädelknochen im Allgemeinen behaup- tet. “Die am Primordialeranium auftretenden Knochen sind daher nicht in dem Sinne individuelle Bildungen, wie andere Skelettheile, z. B. die Knochen der Extremitäten es sind, welche bereits in der Knorpelanlage völlig diseret erscheinen. Die eigentlichen Schädel- knochen, d. h. die aus dem Primordialeranium hervorgehenden, stellen daher mit Beziehung auf den ganzen Schädel nur Ossifiea- tionscentren dar, von denen aus die Bildung des knöchernen Schädels allmählich beginnt. Sie verhalten sich so wie die einzel- nen Knochenkerne eines anderen Skeletstückes.” Wie ich aber vorher schon bemerkte unterscheiden sich die Knochenpuncte am Felsen- und Zitzenbein von den Knochenpunc- ten aus denen sich andere Schädelknochen entwickeln dadurch, dass sie eine geringere Individualität besitzen, sodass noch bewiesen werden muss, ob wirklich ihre Zahl und Lage constant ist. $. 4. Dız BiLDunG DES FALLOPISCHEN KANALES. Bei der Praeparation der Embryonen deren Knochenpuncte ich untersuchen wollte, musste auch die Bildung des Fallopischen Ka- nales mir ins Auge fallen. Obgleich dieser Punet mit dem vorher- gehenden nieht in direktem Zusammenhang steht so will ich doch meine Resultate hier kurz mittheilen, weil sie zeigen dass der Fal- lopische Kanal, wie er in der menschlichen Anatomie beschrieben wird, seiner Entwiekelungsgeschichte nach, aus verschiedenwerthi- gen Theile besteht, und jedenfalls im Ganzen als eine secundaire Bildung zu betrachten ist. Am ausgewachsenen Felsenbein des Menschen theilt man den Fall. Kanal in drei Abtheilungen. Die erste Abtheilung erstreckt sich von dem Meatus audit. int. bis zum Hiatus Fallopüi. Die zweite Abtheilung fängt mit der knieförmigen Biegung des Kanales am Hiatus an, läuft an der Fenestra ovalis vorüber und erstreckt sich bis etwas jenseits der Fenestra ovalis. Die zweite 307 Abtheilung liegt also an der Aussen-, die 1ste Abtheilung an der Innen-Seite des Schädels. Die dritte Abtheilung fängt ein wenig jenseits der Fenestra ovalis auch wieder mit einer knieförmigen Biegung des Kanales an, der senkreeht nach unten verläuft, um am Foramen styloma- stoideum zu münden. Diese drei im ausgewachsenen Zustande nicht von einander ver- schiedenen Abschnitte bilden sich auf verschiedenem Wege, und da, so viel ich weiss, bis jetzt keine Angabe über diesen Vorgang existirt, werde ich mir erlauben die Sache etwas näher auseinan- der zu setzen. Bei den jüngsten von mir untersuchten menschl. Embryonen war am Primordial-Schädel zur die erste Abtheilung (vom Meat. aud. int. bis zum Hiatus Fall.) vorhanden. Bei anderen Thieren, wie beim Rind, wo der Meatus sehr gross (Fig. 50, wo die ganze schattirte Vertiefung, links vom Knorpelstreif, den Meatus bildet) und der Knorpel zwischen Meatus und Hiatus Fall. zu einem schmalen Streifen redueirt ist, verliert diese erste Abtheilung ihre Natur als Kanal; sie ist aber immer knorpelig praeformirt. Die zweite Abtheilung des Fall. Kanales beim Menschen ist wie oben erwähnt bei den jüngsten Stadien (12 und 15em.) nicht als Kanal vorhanden, sondern der Nervus facialis verläuft nachdem er sich am Hiatus auf die untere Seite des Schädels begeben hat in einer Grube auf dem Knorpel. Die Wände dieser Gruben nähern sich mehr und mehr; ehe sich aber auf diese Weise ein knorpeliger Kanal gebildet hat fängt die Verknöcherung an, sodass der Faci- alis durch eine theils knorpelige, theils knöcherne Rinne verläuft. (auf Fig. 45 durch + angedeutet). | Das Verwachsen der knöchernen Ränder geschieht sehr langsam, da bei Neugeborenen, wo das Felsenbein schon kuöchern ist, noch eine längliche Oeffnung in dem Fall. Kanal, gegenüber der Fen. ovalis, übrig bleibt. Nach HextLe soll öfters im Fall. Kanal eine Oeffnung persistiren; dieselbe ist also durch ein unvollständiges Wachsthum der Ränder zu erklären (“Handb. der Anat. d. M.” Knochenlehre S. 147). Beim Rind wo das Tegmen tympani von einer diekeren Knor- pelschicht wie beim Menschen gebildet wird, ist die Grube tiefer, 308 die Ränder sind einander näher, jedoch fängt auch hier die Ver- knöcherung an ehe sich ein knorpeliger Kanal gebildet hat (die Verknöcherug geht vom 1sten beim Rindsembryo von 22em. be- schriebenen Knochenpunct aus, der sich gerade an der Stelle befin- det wo der Facialis von der inneren Seite des Schädels kommend an der unteren Schädelfläche mündet). Das Schwein verhält sich an- ders, dort ist auch die zweite Abtheilung des Fallopischen Kana- les als knorpeliger Kanal vorhanden; denkt man sich die dünne knorpelige Lamelle des Tegmen tympani des Menschen in eine viel diekere Schicht umgewandelt so wird ungefähr der beim Schwein existirende Zustand entstehen. Die dritte Abtheilung wird beim Menschen auch nicht knorpelig praeformirt, sondern sie bildet sich erst im Laufe der Verknöche- rung. Der Processus styloideus hilft zur Bildung des For. stylo- mastoideum. Bei einem menschl. Embryo von 21em. besteht von dieser Ab- theilung noch keine Spur; in der Gegend der knorpeligen Pars mastoidea, ungefähr gegenüber der Fenestra ovalis, biegt sich ein schmaler knorpeliger Stiel, der Anfang des zweiten Kiemenbogens, nach dem knorpeligen Vorsprung zu, der später den eigentlichen Processus mastoideus bildet; auf dieser Stelle macht der genannte Knorpelstiel eine rechtwinklige Biegung, um zum Zungenbein zu verlaufen; dieser zweite Theil des Knorpelstiels, der also senkrecht auf dem ersten steht, liefert den Processus styloideus. Der erst er- wähnte Theil des Knorpelstiels ist mittelst Perichondrium mit dem zukünftigen Processus mastoideus verbunden und bildet eine Brücke, unter der der N. facialis die Schädelhöhle verlässt; im Primordial Schädel gibt es also kein eigentliches Foramen stylomastoideum (d. h. keine Durchbrechung der Schädelwand) an der Stelle wo sich später das Foramen stylomastoideum befindet sondern, wie aus der vorhergehenden Beschreibung folgt, das Loch wodurch der Facialis tritt wird von einer Umbiegung des knorpeligen Zungen- beinbogens gebildet; die eigentliche Austrittsstelle wo der N. fa- cialis die Primordial-Schädelhöhle verlässt ist am Hiatus Fallopii zu suchen. Der sehon oft erwähnte erste Theil des Zungenbeinbogens bleibt sehr lange knorpelig. An einem Schädel, wo das ganze Felsenbein 309 knöchern war, wo sogar schon ein Theil der dritten Abtheilung des Fall. Kanales (nämlich gegenüber der Fenestra ovalis und um den Musculus stapedius herum) gebildet war, wurde das Foramen stylomastoideum an seinem vorderen Rande noch immer von diesem Knorpelstiel begrenzt, k. s. Fig. 50. Der Annulus tympanieus liegt hier öber dem Knorpelstiel. Beim Rind und beim Schwein ist das Verhältniss anders. Bei diesen Thieren liegt das Homologon des erwähnten Knorpel- stieles öber dem Annulus tympanicus, es ist die Lage also gerade umgekehrt wie beim Menschen. Beim Schwein erreicht der Annulus einen bedeutenden Umfang und umwächst den Stiel. Da beim Schwein der Annulus tymp. breiter is wie beim Menschen, dazu eine viel mehr senkrechte Stellung einnimmt, so wird dieser, von mir beim Menschen, Fig. 52 mit ks. bezeichnete, Anfang des knorpeligen Zungenbeinbogens (der das Foramen stylomast. bildet) beim Schwein (und auch beim Rind) viel länger, wie man auf Fig. 51 und Fig. 49 sehen kann. (Auch das Squamosum wächst über diesen Fort- satz weg, musste also bei den Präparaten nach welchen die ent- sprechenden Bilder gemacht sind, entfernt werden. Beim Rind existirt dieser Knorpelstiel noch, wenn das Petrosum und die Pars mastoidea schon knöchern sind. Anch beim Hund und bei der Katze bildet sich das Foramen stylomast. durch Umbiegung des Anfangstheiles des knorpeligen Zun- genbeinbogens. Beim Rind, k. s. Fig. 49, und beim Schwein, k. s. Fig. 51, verknöchert später dieser Anfangstheil des Zungenbeinbogens (nachdem er durch den Annulus tymp. von dem eigentlichen Proc. styloideus getrennt worden ist und bereits in der Trommelhöhle liegt, und bildet mit dem Processus paramastoideus die dritte Abtheilung des Fall. Kanales. Fassen wir das Resultat unserer Untersuchungen über die Bildung des Fallopischen Kanales beim Menschen zusammen und vergleichen wir damit die Befunde bei anderen Thieren, so kommen wir zu den folgenden Schlüssen : 1°. Im Primordialschädel des Menschen ist vom Fallopischen Kanal nur die erste Abtheilung vom Meatus audit. int. bis zum Hiatus Fall vorhanden; diese ist also die primaere Abtheilung des Fall. Kanales; die zweite und dritte sind secundaere Bildungen. Da im 310 Primordialschädel der Facialis ferner nur in einer Rinne in der Paukenhöhle verläuft, und das Foramen stylomastoideum wie wir gesehen haben auch keine primaere Durchbrechung der Schädelwand darstellt, sondern durch eine Biegung des Zungenbeinbogens, äusser- lich am Schädel gebildet wird, so ist die eigentliche Austrittsstelle des Facialis beim Embryo am Hiatus Fall. zu suchen. Diese Thatsache, an und für sich als anatomisches Faetum nicht von besonderer Wichtigkeit, ist aber für die Vergleichung nicht ohne Bedeutung. Solche Nerven-Verzweigungen die am ausgewachsenen Schädel innerhalb der Paukenhöhle stattfinden, und deshalb als im Schädel liegend betrachtet werden, müssen wenn man Rücksicht nimmt auf die Entwickelungsgeschichte, welche lehrt dass sie sich jenseits des Hiatus Fallopii, also jenseits der eigentlichen Ausstritts- stelle des Nerves facialis gebildet haben, als extra-craniale Bildungen gedeutet werden. Wenn man z. B. die Kopfnerven des Menschen mit den Kopfnerven von andern Wirbelthierklassen vergleichen will, so wird man darauf Rücksicht nehmen müssen dass diese Einschlies- sung des Facialis in einen knöchernen am Foramen stylomastoi- deum mündenden Kanal, wie sie beim Menschen vorkommt, nicht einen ursprünglichen Zustand darstellt, sondern dass Homologa von innerhalb der menschlichen Paukenhöhle verlaufenden Nerven bei anderen Thieren ausserhalb des Schädels liegen können. Sehr interessant hinsichtlich der Bildung des Fallopischen Kanales ist die Uebereinstimmung zwischen dem menschlichen Primordialera- nium und dem Schädel von Echidna. Bei letzterem habe ich an der inneren Seite des Schädels keinen Hiatus Fallopii finden können; es sei bemerkt dass ich nur den macerirten Schädel untersucht habe, bloss die Knochen, nicht die Nerven selber; es war nur der Meatus audit. int., m. a. ı. Fig. 54, sichtbar. An der untern Fläche des Schädels sieht man in der sehr wenig tiefen Trommelhöhle in der vorderen Ecke eine Oeffnung, o Fig. 55, durch welche der Faeialis von innen kommend in die Paukenhöhle mündet. Weiter scheint mir der Facialis an der lateralen Wand der Paukenhöhle unter einer hervorragenden Knochenleiste in einer Art Rinne an der Fenestra ovalis vorüber zu ziehen. Wahrschein- lich verlässt er die Paukenhöhle dureh die Oeffnung f. Die Oeffnung o entspricht also dem Hiatus Fallopii, @s4 die Austritis-Stelle des 7 3ll Facialis aus dem Schädel. Bei Echidna bleibt somit der embryonale beim Menschen vorübergehende Zustand des Kanales bestehen. Es ist bei Echidna vom Fall. Kanal nur die erste Abtheilung, vom Meat. audit. int. bis zum Hiatus, vorhanden. Der Zustand bei Echidna gibt uns auch Aufschluss über die Thatsache dass beim Menschen der Hiatus Fallopii im Innern des Schädels liegt, sodass auch der Nervus petrosus superfieialis major und minor innerhalb des Schä- dels liegen; diese Lage wäre als Resultat der Entwickelung der Cochlea anzusehen; letztere wie man auf der Fig. 44, 45, 46, sehen kann, nimmt im Primordialerarium einen bedeutenden Raum ein und kann durch ihre Anschwellung und Ausdehnung in die Höhe eine Drehung der benachbarten Theile bewerkstelligt haben Bei Echidna wo die Cochlea fehlt ist die Schädelbasis flach, der Facialis geht im inneren im Meatus audit. int. hinein und tritt am, der unteren Fläche bei O wieder heraus. Vergleicht man dieses einfache Verhältniss mit dem Primordialeranium des Menschen, so ist es deutlich dass eben die Entwickelung der Cochlea bedeutende Modificationen am knorpeligen Schädel hervorgerufen hat. 2°. Die Untersuchung von einigen anderen Säugethieren hat mir gezeigt dass bei den Säugethieren bezüglich der Bildung der ande- ren Abtkeilungen des Fallopischen Kanales eine ziemlich grosse Verschiedenheit herrscht. Die zweite Abtheilung entsteht indem der Knochen den Nerven umwächst; beim neugebornen Menschen war dieser Process noch nicht ganz zu Ende, bei vielen Thieren wird die Umschliessung nie eine vollständige, dieses ist z. b. der Fall beim Hund, bei der Katze, beim Kaninchen und Hasen und bei Mus deeumanus. 3°. Die dritte Abtheilung ist auch eine secundaere Bildung, die wie wir gesehen haben, erstens durch eine Umwachsung des Faei- alis durch den Knochen, auf dem der Nerv verläuft, zu Stande kommt. Zweitens fanden wir dass sich auch ein Rest des knorpeligen Zun- genbeinbogens an der Bildung des letzten Theiles, speziell des Foramen stylomastoideum, betheiligt. Das Foramen stylomastoideum ist beim Menschen ursprünglich kein eigentliches Loch sondern eine Umbiegung des knorpeligen An- fangtheiles des Zungenbeinbogens. Beim Rind und beim Schwein verwächst der Theil des knorpeligen Zungenbeinbogens der inner- 312 halb der Paukenhöhle zurück bleibt, mit dem Processus parama- stoideus. Einen vollständigen mit allen drei Abtheilungen ausgestatteten Fallopischen Kanal habe ich, ausser beim Menschen, noch gefunden bei einem Affen, bei Castor fiber, Cavia cobaya und Aretomys marmotta (bei letzterem berühren sich die beiderseitigen Petrosa mit ihren Spitzen welche auf dem Basisphenoid liegen.) SYNONYMIE DER SCHÄDELKNOCHEN. a ö B, © 7 8 £) 10 11 12 13 » Spix. L Cuvier. Geoflroy. Oken. 5 Bojanus. - Arendt. Meckel. ) Hallmann. Köstlin. L. Agassiz und Vogt. ) Owen. Stannius. Bruch. 2 Huxley. ie 2 (Esox. Ineius.) (Perca Auviatilis.) (Cyprinus & Gadus.) | (Oyprinus brama.) (Esox lueius.) R (Cyprinus brama.) (Perea.) Salmo. Morrhua. SHmorsalan Be er ge- je P a Ka f basi sphönal. A 5 e RE Ad N A E Each, R Er R R IE e SE R ö oeeip. basilare. basilaire. Grundbein. basilare. basis. Körper des Hinter- | oee. basilare. oee. basilare. basilaire. basi oceipitale. oce. basilare. oce. inferius. basi oeeipital. oce. basilare. oto. sphönal. hauptbeins. oceip. laterale. occ. lateral. exoeeipital. Lochbogen. arcus. 0cc. arcus. ) oceip. Seitentheil des Hin-| oce. laterale. oce. laterale. lateral. exoceipitale. „ laterale. „ laterale. ex oecipital. „ lat. terhauptbeins. oceip. superius. oce, superieur. interparietal. Stachel. crista oce. erista. / Hinterhauptsschuppe.| squama os. oce. oce. superius. oce. superieur. supra oceipitale. „ Superius, „ Superius. supra oceipital. „ Sup. mastoideum. oce, externe. suroceipital. Labyrinth. petrosum. petrosum. oberes seitl. Hinter-, mastoideum. oce. externum, oce. externe. par oceipitale. „ externe. mastoidenm. epotie, „ ext. hauptbein. rocher. postrupeal. accessor. mastoideo. | accessor. mastoideo. mastoideum. oec. posterieurs. oce. posterius. opisthotie. intercalare, *) ala major. grande aile. ptereal. Pauke. tympanicum. tympanicum. Felsenbein. petrosum. hintere Schläfenflig.| grande aile. petrosal. ala temporalis. sphen. posterius. prootie. petrosum. corpus 08. splıen. sphenoide. hyposphenal. eorpus sphenoidei. | corpus. os. sphen. | Keilbeinkörper. sphen. basilare. Keilbein. sphen. prineipal. basisphenoid. os. sphen. basilare. | basilare. parasphenoid. pavasphenoid. processus os. sphen. | sphen. auterieur. | entosph£nal. rostrum, splen. os. sphen. superius. | demembrement vom | sph. anterieur. entosphenoid. os sph. anterius. | sphen. anterius, basisphenoid. basisphenoid. Axentheil. ala minor. aile orbitaire. ingrassial. grosse Flügel. ala minor. ala minor. grosse Flügel. grosse flügel. grosse Fliigel. aile orbitaire. alisphenoid. alae orbitales. ala orbitalis. alisphenoid. alisphenoid. kleine Flügel. lamina media ossis hintere Keilbeinflügel.| Kleine flügel. orbital Flügel. ethmoide eranien. orbitosphenoid. os ethmoideum, ethmoideum medium. orbitosphenoid. ethmoidei. parietale. parietal. paridtal. parietale. interparietale. interparietale. parietale. parietale. parietale. parietal. parietal. parietale. parietale. parietal. parietale. frontale. frontal. frontal. frontale. frontale. frontale. frontale. frontale. frontale. front. prineipal. frontal. frontale. frontale. frontal. frontale. laerymale. front. anterieur. laerymal. Riechbein. ethmoideum. lat. ethm. lat. seitliches Riechbein. | front. ant. front. antieum. front. anter. prefrontale. front. anter, orbitale ant. prefrontal. praefrontale. theil des jochbogen. | front. posterieur. temporal. Brambein. parietale. parietale. Schlafbeinschuppe. | front. post. front. posticum. front. post. postfrontal. front post. orbitale post. postfrontal. postfrontale. squama temporis. mastoidien. prerupeal. mastoideum. mastoideum. mastoideum. mastoideum. squamosum. squama temporis. temporale. mastoid. mastoideum petrosum. squamosal. squamosum. j ar *) J. van der Hoeven, (Handboek der Dierkonde, 180, Seite 202) braucht den Namen Intacalare 1) Spix, Cophalogenosis. #), Cuvier, Histoire naturelle des Poissons. Tome I. Livre IT. Chap. IIT. #) Oken, Isis 1819. Bein, Philosophie, Umgerissen von O. #) Bojanus, Isis 1818, 1521. Parergon, ) Arendt, Do capitis ossei Esocis Lucii structura aingulari, 7) Meckel, System der vergleichenden Anatomie II Theil. Ir Abtheilung. Ostöologie de Poissons. #) Die vergleichende Östeologie des Schläfenbeins.- ®) Köstlin, Der Bau des knöchernen Kopfes. 0) Anatomie des Salmones par L. Agassiz et C. Vogt. 4) On the Archetype and Homologies of the vertebrate skeleton. 12) Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 5) Die Wirbeltheorie des Schädels am Skelette des Lachses geprüft von C Bruch. “) Huxley, Elements of Comparative Anatomy. 1864, für das Squamosum, dem von uns Intercalare genannten Knochen gibt er keinen Namen, Er Er r TB u SE Eee > a, yomapadue () yoınp oywosamgy Ip [3 — Amp 4SI SUOUDOUN Sau FOyuasamuy Alcy "UOUDOUN AOS1TULTOF -aapyoLı? == en = u 20 — — -- — — _ ee He prouoydseued 0 0 0 0 er: ze a re = >= — 0 °* * prowoydsopg.o 0 0 0 ZE Er — — = — 0 0 — ° »prouaydsıseq vi Be 0 ER: ur 08 des u en u pa en oo... ‘prousydsıpe = ee 3% 0 Ro => = > NE Zn =: == ueetetete alereke yuopoıd ER == en = 4 = Be — en — —— —y le920s% “+ Quouysod ze = = = a — — a zur — _ — “++ unmsormmenbs 3, P ER f = EN 0 0 San ) a Re chne ozepzozayur PN = er = = = Pa — — — — _ _ Seren mRorged: on! ap) er ee m = =, == — en —. — — je reteiene wuulsyxa x e- —* ae er er ee} Ya gun ae ker = BB ....0.. dns u Tape Ir as re u RS Er 2a und er en ze . on en.. yeI u Bi = ui en u 23 er et = ne = EN EI eg 00 Q Ei un @) & B 8 = 5 2 = 5 5 e) = 0 "3 © = (=) + 8 [72] R (=) 1, — 2» ho bs @ = = B 2 BE = o 4 8 = a B = = BE = BE - EB > 13 r = = = 25 g 5 a © u 2 48 S 5 _ 5 [=] EB 8 + Hg u} = e =] > =, 2 © Om [= u 3, (a B (=) . © B ua m 8 = = 3 = Au = BZ 5 2% 3 3 "snpeg 2 ? ‚snundi) -0SÄUd WASIU 19 WONDonN[opryaS “napıpen) pun uatols JOSSIMAH oyuasomuy pun -qY Op uoA LEDISUIAEN ERKLAERUNG DER TAFELN. Auf allen Figuren ist der Knorpel dlau angedeutet; auf den Quer- schnitten welche zum zweiten Abschnitt gehören ist der Knochen braun darge- stellt, ebenso auf den zum vierten Abschnitt gehörigen Bildern. Auf den Figuren welche sich auf den dritten Abschnitt beziehen ist der Knochen einfach schwarz schattirt. Gemeinschaftliche Abkürzungen für alle Figuren, von Fig. 1 bis Fig. 43 inclusive. o.b. Oceipitale basilare. i.c. Intercalare. o.l. ” laterale. v. Foramen für den Vagus. 0.8. ., superius. gl. Ir „ Glossopharyngeus. Dre: h: externum. T- 35 „ Facialis. sq. Squamosum. tr. nn „» Trigeminus. p. Petrosum. opt. a „» Opticus. f. Frontale. olf. er „ Olfactorius. pf. Postfrontale. s.k. Schleimkanal. pr.f. Praefrontale. cs.p. Canalis semieircularis posterior. ps. Parasphenoid. SE. u ” externus. b.s. Basisphenoid. Car, 8 „ anterior. a.s. Alisphenoid. 0.8.K. Augenmuskelkanal. 0.8. Orbitosphenoid. TAFEL I. FIG. 1—12. Fig. 1. Schädel von Esox lucius im Umriss, nat. Grösse. Die punktirten und numerirten Linien bezeichnen die Orte der entsprechenden Querschnitte. Fig. 2 bis Fig. 10 inclusive stellen in natürl. Grösse Querschnitte durch einen Hechtschädel von 16em. dar. ie eh 03 ID Querschnitt durch das Vagus-Loch. Fig. 3. 7 ‚„ den vorderen Rand des ÖOce. lat. Perspectivisch ist im Hintergrund die Stelle gezeichnet, wo das Foramen magnum (f. m.) Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig 5° Fig. Fig. Fig. oO Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. eonene 10. +1. 12. 167 315 in die Schädelhöhle mündet; z. bezeichnet die Oce. lat. welche als zwei knöcherne Säulen das Hinterhauptsloch begrenzen. Die gemeinschaft- liche Anfangsstelle des hinteren und äusseren halbkreisf. Kanales ist mit Y bezeichnet. . Querschnitt durch den hinteren Itand des Petrosum. 5 „ das Facialis-Loch. „ zwischen Facialis- und Trigeminus-Loch. „ durch das Trigeminus-Loch. „ vor dem 5 er REISE I 7 „, mit dem Basisphenoid und der nach vorn trichterförmig endigenden Schädelhöhle. Querschnitt durch das Pr&frontale, h.o. die von den Musculi obliqui eingenommene Höhle. Fig. 11 bis Fig. 1% inclusive stellen Querschnitte durch den nicht ausgewachsenen Hechtschädel von 3,dem. dar. Vergrösserung 8. Querschnitt dicht vor dem Vagus-Loch. „“ zwischen dem Fac. und Trig.-Loch. TAFEL U. FIG. 13—22. Querschnitt durch das Trig.-Loch. Ye vor dem . 55 Fig. 15 bis Fig. 20 inclusive stellen Querschnitte durch den aus- gewachsenen Lachsschädel dar. Natürliche Grösse. . Querschnitt durch das Vagus-Loch. # „ den vorderen Rand des Oce. lat. Ar 3° ° n „‚hinteren’ ,,..‘des. Petrosum. ec. s. ant. deutet die Stelle an wo der Can. semie. ant. unter dem mit * bezeichneten knöchernen Vorsprung verläuft. . Querschnitt durch das Facialis-Loch. e- ” „ Trigeminus-Loch. RS ri „ Praefrontale. h.o. Höhle für die Museuli obliqui Olf. die Höhle für den N. olfactorius. . Hinterhaupt von Esox lucius. Nat. Grösse. . Profilansicht des Schädels v. Esox lueius. Nat. Grösse v.o.s.k., vorde- rer Augenmuskelkanal. Fig. 23. . 24. 25. ie. 26. ag. &. 28. . 29. 30: nr 82. ar} . 34. 0, 30. al: . Querschnitt durch den hinteren land des Occ. lat.‘'Das Foramen mag- 7162] ig. 41. 316 TAFEL MI. FIG. 23—36. Schädel von Esox lucius von oben gesehen. Obl. die Musculi obliqui welche sich nach vorn im Knorpel ausdehnen, v.o.s.k. Die Musculi lecti r sind kaum zu sehen. Die Nervi Olfactorii verlaufen im knorpe- ligen Interorbitalseptum. Schädel von Cyprinus carpio, von hinten. Nat. Grösse. ” „ ” ” ım Profil ” 2 ns „ Silurus glanis, von hinten e N ” „ , 9) ım Profil „ bh} e- „ Clupea harengus „ ,, Zweifach vergrössert. Senkrechter Querschnitt durch die Orbita von Öl. har. um das Basi- sphenoid und die zweite Fläche des ‘Petrosum zu zeigen. Zweifach vergrössert. Schädel von Aulopus filamentosus, Innenseite des der Länge nach in der Mitte durchgesägten Schädels. Der trichterförmige Knochen ist mit t.b. angedeutet. Schädel von Gadus lota, von hinten. Nat. Grösse. ne en 0 ämsBrofil, En an » ». Diagramma punctata im Profil. Nat. Grösse. » „» Haemulon heterodon „, Rn » „ Otolithus er R% Horizontaler Querschnitt durch das Intercalare am Lachsschädel. Nat. Lh} ” Eh) 3 (Grösse. TAFEL IV. FIG. 37—45. Fig. 37 bis Fig. 43 inclusive stellen Querschnitte durch den Schä- del des unausgewachsenen Lachses von 2,7em. dar, sie sind bei 24- facher Vergrösserung mit der Camera lucida gezeichnet, nachdem die Knochenpuncte durch eine schwache Höllensteinlösung gefärbt wor- den waren. Profil-Ansicht des ganzen Schädels. num ist mit f.o.m. bezeichnet. Querschnitt durch das Vagus-Loch. > ‚„„ den vorderen Rand des Oce. lat. A zwischen Occ. lat. und Petrosum, 317 Fig. 42. Querschnit durch den hinteren Rand des Petrosum. Fig. 43. BR vor dem Facialis-Loch ; f. der Kanal zwischen Trigeminus und Facialis. Gemeinschaftliche Abkürzungen für die zum vierten Abschnitt gehörigen Figuren. Fig. 44— 55. o.b. Oceipitale basilare. m.a.i. Meatus auditorius internus. o.l. & laterale. h.f. Hiatus Fallopii. 0.8. 3 superius. ce. Cochlea. b.s. Basisphenoid. ces.a. Canalis semicircularis anterior. f. cond. Foramen condyloideum auterins. cs.p. £ = posterior. L.]. e Jugulare. p-p.m. Processus paramastoideus. f.o.m. En magnum. k.s. Knorpelstiel. f.o. Fenestra ovalis. d.m. Höhle für die Dura mater. £.r. a rotunda s. triquetra. Fig. 44. Der hinterste Theil des Primordialschädels eines menschl. Embryo’s von 12cm. von der Innenseite. Das spätere Felsenbein ist noch ganz knorpelig; d. m. ist eine blindendigende Höhle in welche die Dura mater eindringt, am ausgewachsenen Schläfenbein ist diese Höhle bis- weilen noch durch einen Schlitz repraesentirt. Quain Hoffmann (“Lehr- buch der Anatomie” I Band, Seite 63) nennt diese Höhle Foramen subarcuatum. Der vordere Theil des Schädels ist hier und bei den folgenden Figuren nicht mit abgebildet, da es sich hier nur um die Knochenpunkte des Schläfenheins handelt. Fig. 45. Primordial-Schädel eines menschl. Embryo’s von 17em.; untere Seite des Schädels. Die beiden Condyli oceipitales sind noch knorpelig. Die Grube in welcher der Facialis verläuft ist mit + bezeichnet. Die Knochenpunkte auf diesem und den folgenden Bildern sind durch Zahlen angedeutet. TAFEL V. FIG. 46—55. Fig. 46. Innere Ansicht des.nämlichen Schädels; t. tymp. deutet das noch nicht knöcherne Tegmen tympani an. Fig. 47. Linke Gehörregion des Primordialschädels eines menschl. Embryos von 20em., Innenseite des Schädels. Der vierte und zweite Knochenpunct sind grösser, der dritte ist kleiner wie beim vorigen Stadium. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 48. 49. 90. 51. 54. 55. 318 Linke Gehörregion eines menschl. Embryos von 24em.; untere Seite des Schädels, die Pars mastoidea ist noch knorpelig und zeigt zwei Knochenpunkte: 5 und 6. Linke Gehörregion eines Rindembryos von 30em.; untere Seite des Schädels; k.s. der Knorpelstiel, Ueberrest des knorpeligen Zungenbein- bogens, der innerhalb der Trommelhöhle liest, später mit dem Pro- cessus paramastoideus verwächst und die dritte Abtheilung des Fallo- pischen Kanales bildet; p.p.m. der Processus mastoideus; f.f. die Stelle wo der N. Facialis, vom Innern des Schädels kommend, an der untern Schädelfläche zu Tage tritt. Linke Gehörregion eines Rindembryos von weniger als 30em. Die ganze schattirte Vertiefung welche unter dem Knorpel-Vorsprung (der den 4ten Knochenpunct trägt) liegt, entspricht dem Meatus audit. int. des Menschen; diese Oeffnung ist hier also im Verhältniss viel grösser. Linke Gehörregion eines Schweinsembryos von 16em.; untere Seite des Schädels; k.s. der Knorpelstiel-Rest des knorpeligen Zungenbeinbogens der in der Trommelshöhle zurück bleibt. . Das nämliche Stadium von der Innenseite des Schädels. Ser Untere Seite des Schädels eines menschl. Embryos, bei dem das Fel- senbein und die Parsmastoidea bereits ganz knöchern sind; k.s. der Knorpelstiel, der das Foramen stylomastoideum bildet; dieser Theil entspricht dem mit k.s. bezeichneten Theil beim Rind und Schwein. Der Annulus tympanicus ist theilweise weggenommen um den Knorpel frei zu legen; c.t. Cavum tympani. Innere Ansicht des Schädels von Echidna. Untere Seite des Schädels von Echidna vergrössert, der Annulus tympa- nicus ist weggenommen, sodass man in der sehr seichten Trommel- höhle bei o die Stelle sieht, wo sich der Facialis von der inneren zur äusseren Seite des Schädels begibt, um in einer Rinne an der Fenestra ovalis (f.o.) vorüber zu laufen (ein rundes Fenster fehlt); f‘. muthmassliche Stelle wo der Facialis die Trommelhöhle verlässt. sur NACHSCHRIFT. Die vorliegende Untersuchung des Herrn Dr. AcxtrEs JacoBus VRoLIıK erschien schon im November 1872 als Leidener Dissertation in holländischer Sprache. Um dieselbe einem grösseren Leserkreise zugänglich zu machen, verfasste Herr Dr. VrorLık in Jena eine deutsche Uebersetzung, in welche zugleich noch einige Zusätze hineingearbeidet wurden. Es sollte diese erste Arbeit des Herrn Dr. VROLIK auch seine letzte sein! Im März dieses Jahres hatte derselbe sich behufs zoologischer Studien nach Messina begeben, als ein typhöses Fieber, von dem ihn weder die Wissenschaft noch die treue Pflege seiner Freunde zu erretten vermochte, ihn plötzlich im Alter von beinahe sechs- undzwanzig Jahren dahinraffte, nachdem ihm schon die höchste wissenschaftliche Stellung bis zum Erfassen nahe gerückt war. Wird die Wissenschaft der Leistungen dieses jungen Forschers gedenken — Alle die ihm nahe gestanden werden seinen liebens- würdigen Humor, die Ehrenfestigkeit seines Characters, die Treue seiner Freundschaft in stetem Andenken bewahren. Leiden, 20 Mei 1873. SELENKA. 3 BR: ’ 23 109 a EN ndisches Archiv für Zoologie Ih ä Niederl; I I[S0%%: Taf. I. Niederländisches Archiv für Zoologie l. PUR te E Ka x Bun Pa BR Br u Mi u SEHR "% ” Ri M M \ ip a da } N " Er 0% IK N x 2% Mi 04 un Pu T r Ki pe | 8 RER N REM AN u uw 7° vi ee EN N 1 F j f In N GBR ur N Fi ei; ı in { “ { - j ! i { W ) j | ah Ss H “ vr Mm. 1 “ i L} 2 Taf. II. Niederländisches Archiv für Zoologie 1. Kay sr KH l j l h NR] \ N sn } - % ’ e; i 'c . ' y Lt f ur i IE ‚ER: R f hin y i N fi Gr he DRSZE| ER 2 50 r av ri AA u yE \ \ EN x ! ur | y ’ VW A Auf vo ER N) Aut I h Dh . f - Eur ak pi y bi \k A . { vi Tyan Var f in N U J Y & 4 | a % . r ltd Bra Be N Be N U x Fi Tafıvı. f Niederländisches Archiv für Zoologme IE 32. Ei 2 a = S & B= Niederländisches Archiv für Zoologie 1. Tat Il. 45. 46. 0. a 7 * IQ Taf. VII. Niederländisches Archiv für Zoologie I. Bagd) Ju 7 | u a Fr Br a | j 5 I HR Bm! ft x } Seh N j un ri i Vie j n we N ü MyNaeT Aa Kara, A 141 B ei : Du ! \ Da rn Arie An A >u2 le IP An Fi “ Pi PT ii j t 2 Nas z fi . l j GL Jr) ’ ‘ 4 D Ai 1 IR „ f j 0 . 1 i f En # Re i | Al I f ß ’ h Ex j i 1 k ” & IE Niederländisches Archiv für Zoologie I. N RR Nr - nl ha, Mr ü j U % we. t F K j Mid | Ya I N Kech A r de It Mn h L U r [7 > v . [N h . MR 5 t Te Niederländisches Archiv für Zoologie L. ul R Fur! DRUCKFEHLER. 1 n | steht 15—20 Min. ‚ muss sein 15—20 Deeim. a an ae . > E Bye S 2 " R an Ber . Niederländisches Archiv für Zoologie 1. pr Jug >> für m pie Prmazl ER ä A Hr ur, ni in f es Me Pi N I Rn por ke Aa We a ‚aa ION i u IrmE “ PN | AH DR a Re Niederländisches (Archiv für Zoologie I. | | Taf. XII. 16. u T M N) ı1 = PERL, Sana © ce) Taf. XL. 2 oO. 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