ET nern ur Rosund AUS Fibrarn of the Museum | COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, Hounded bp private subscription, in 1861. LU... UN II. Deposited by ALEX. AGASSIZ. NIEDERLANDISCHES ARCHIV FÜR ZOOLOGIR. Drre RR ar eig | 2 NIEDERLÄNDISCHES ARCHIV FÜR ZOOLOGIE HERAUSGEGEBEN C. K. HOFFMANN, PROFESSOR UND DIRECTOR DES ZOOTOMISCHEN LABORATORIUMS ZU LEIDEN. BAND III. MIT 19 TAFELN. LEIDEN, | LEIPZIG, E. J. BRILL | €. F, WINTER. 1876— 1877. INHALT DES DRITTEN BANDES. ERSTES HEFT. MAI 1876. Zur Anatomie der Retina. Tafel I und II. Von C. K. Horrmann. I. Ueber den Bau der Retina bei Amphibien und Reptilien. Zur Entwiekelungsgeschichte der Entomostraken. Tafel III und IV. Von P. P. C. Hoek. 1 Embeyologie: von. Balanus. 2.2... 2a 2 u: Zur Histologie der Synovialhaut. Taf. V. Von J.G. van DER SLUNS,. ZWEITES HEFT. SEPTEMBER 1876. Ueber das sogenannte Bauchgefüss der Lepidoptera, nebst einigen Beobachtungen über das sympathische Nervensystem dieser In- secetenordnung. Tafel VI. Von Dıonys BURGER. Mitgetheilt aus dem Nachlasse des Verstorbenen von C. K. EIOEEMANNE N 2202 ever rn ee ee AR Re SEre Zur Kenntniss der freilebenden Süsswasser-Copepoden der Nieder- ländischen Fauna. Taf. VII—IX. Von P. P. C. Hoek...... . Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Amphihien und Reptilien. Eine vergleichende anatomische Untersuchung. ........ Taf. X und XI und 15 Holzschnitten. Von C. K. Horrmann. Zur Anatomie der Retina. Taf. XII; Fig. 1—12. Von C. K, Horr- MANN. II. Ueber den Bau der Retina bei den Beutelthieren. .... . Ueber das Tapetum choroideum bei den Seehunden. Taf. XII; 39.12, 13 und. 14.7 Von 0%K, Homann. oa. an. DRITTES HEFT. MAI 1877. Beiträge zur Kenntniss der Nemertinen. Taf. XII. Von C, K. HOFFMANN. I. Zur Entwickelungsgeschichte von Tetrastemma varicolor Oersted Seite 1. » 41. » 8. Bgm. 127. » 143. » 205. VI INHALT. Zur Anatomie der Retina. Taf. XIV. Von ©. K. Horrmann. III. Ueber den Bau der Retina bei den Vögeln. .....». Ueber Pycnogoniden. Taf. XV und XVI. Von P. P. C. Hork... Beitrag zur Kenntniss des Kopfskeletes der Holocephalen. Taf. XVII. Von A. N. ZW. VHUBRECHT. ee nee .n. re ee Die Zoologie in den Niederlanden. Die während der Jahre 1875 und 1876 erschienenen Arbeiten. Von P. P. C. HoEk. ..... Anhang. Bericht über die Zoologische Station der Niederländi- schen Zoologischen Gesellschaft. Auszug aus dem »Eerste jaar- verslag omtrent het Zoölogisch Station der Nederl. Dierk. Ver- eeniging”, veröffentlicht im 3 Bd. des »Tijdschrift der Nederl. Dierk. Vereeniging”. Mit einer Federzeichnung und einer Karte. » » » Seite 217. 235. 259. 307, ZUR ANATOMIE DER RETINA. I. Ueber den Bau der Retina bei Amphibien und Reptilien, VON r LK: EOBEMANN. AMPHIBIEN. Bei den Batrachiern (Bufo, Bombinator, Rana) kommen zweier- lei Art von Stäbchen vor. Die eine Art, welcher man am meis- ten begegnet, ist durch die Untersuchungen von Max Schultze ') schon so genau bekannt dass wir bei dieser nicht länger still zu stehen brauchen, die andere viel seltnere Art hat Schwalbe ?) zuerst gesehen und beschrieben. Das Unterschied zwischen beiden Stäb- chenarten ist zweierlei. Erstens ist bei der seltener vorkommenden Art das Aussenglied viel kürzer, das Innerglied dagegen viel län- ger als bei der anderen allgemein vorkommenden. Zweitens liegt das Stäbchenkorn, mit welchem das Innenglied zusammenhängt, bei der erstgenannten nicht unmittelbar unter der Membrana limi- tans externa, sondern eben so wie die Körner der Zapfen in einer l) Max Schultze. Zur Anatomie und Physiologie der Retina. Dessen Archiv. B. II. 1866. Ueber Stäbchen und Zapfen der Retina. Dessen Archiv. B. III. 1867. 2) @. Schwalbe. Mikrosk. Anatomie der Sehnerven, der Netzhaut und des Glaskörpers. Handbuch der gesammten Augenheilkunde, 1874. 2 tieferen Schieht, welche der Granulosa externa eng anliegt. Das Aussenglied ist gewöhnlich nur halb so lang wie das der anderen allgemein vorkommenden Stäbchen. Das Innenglied welches seiner ganzen Länge nach sehr schmal ist, breitet sich in der Gegend des Aussengliedes kelchartig aus. An der Stelle wo das kelchartig verbreitete Innenglied ans Aussenglied grenzt, liegt ein planconvexes linsenförmiges Körperchen wie bei den anderen Stäbchen. Diese eigenthümliche Form von Stäbchen — welche am meisten an die Stäbchen der Fische erinnern — scheinen durch die ganze Retina verbreitet vorzukommen, obgleich nirgendwo in grosser Zahl. Schwalbe hat dieselben zuerst beim Frosch gesehen, sie kom- men aber auch bei Bufo und Bombinator und wahrscheinlich wohl bei allen Batrachiern vor. Bei den Caudata (Triton taeniatus und eristatus, Salamandra maculosa, Siredon pisciforme) findet man dagegen nur eine einzige Art von Stäbchen. Das peripherische Ende, so wohl der allgemein wie der seltener vorkommenden Stäbchen ist bei den Batrachiern von oben nicht flach abge- schnitten, sondern mehr oder weniger kuppelföürmig gewölbt wie Schwalbe ') ebenfalls nachgewiesen hat. Aehnliches gilt auch von den breiten Stäbchen der Tritonen, Salamandrinen und des Axolotl. Bekanntlich zeigen die Aussenglieder der Stäbchen, sowohl in frischen Zustande, wie nach Behandlung in Osmiumsäure von 0.5 °%, — 1°), eine sehr deutliche longitudinale Streifung. Diese longitudinale Streifung zuerst von Hensen ?) bei den Fröschen gesehen, tritt besonders deutlich an den dicken Stäbchen der Tritonen und Salamandrinen hervor. Dieselbe beruht nicht auf einer Diffe- rentirung des Stäbehensinnern sondern beschränkt sich nur auf die Oberfläche. Landolt ?) glaubte dieselbe durch die ganze Länge des Stäbchenaussengliedes verfolgen zu können was ihn, in Anbe- tracht der ausserdem noch bestehenden Spaltbarkeit in querer 1) Schwalbe l.c. S. 399. 2) Hensen. Ueber das Sehen in der Fovea centralis. Virchow's Archiv. Bd. 39. S. 476. 1867. 3) Landolt. Beitrag zur Anatomie der Retina vom Frosch u. s. w. in Max Schultze's Archiv, Bd. VIl. p. 81. 1871. 3 Richtung annehmen lässt, dass die Aussenglieder aus cubischen Stücken zusammengesetzt seien. Mit Recht hebt Merkel ') gegen Landolt hervor, dass die Streifung der Stäbehen, wenn man den Focus zuerst auf die Oberfläche der- selben einstellt und dann langsam und vorsichtig senkt, zuerst ver- schwindet und erst dann wieder zum Vorschein kommt, wenn die untere Fläche der Stäbchen in den Focus gelangt. Dass wirklich die longitudinale Streifung nur auf der Ober- fläche der Stäbchen vorkommt, ergiebt sich am deutlichsten, wenn man die Stäbehen auf Querschnitten betrachtet. Der Rand zeigt sich dann mehr (Triton, Salamandra) oder weniger (Rana, Bufo, Bombinator) eingeschnitten, die longitudinale Streifung beruht also nur auf einer Cannelirung der Oberfläche. Auf der Oberfläche des Aussengliedes wechselen also longitudinale Leisten und longitudinale Furchen mit einander ab. Die Anordnung dieser Leisten und Furchen ist nicht der Oberfläche parallel, sondern mehr oder weniger in der einer langgestreckten Spirale. Nach Merkel werden die longitudinalen Furchen hervorgebracht durch die in die Stäbchensubstanz einge- pressten Fortsätze der sechseckigen Zellen der Pigmentschichte. Den Beweis dafür liefert nach Merkel eine Vergleichung der frag- lichen Elemente beim Frosch und Triton. Beim Frosch reichen nach Merkel die Pigmentfranzen bis zur Limitans externa, bei Triton nur bis zur Grenze des Innengliedes und dem entsprechend ist nach dem eben genannten Forscher beim Frosch das ganze Stäbehen, bei Triton nur das Aussenglied mit der Cannelirung versehen. Allererst ist es jedoch nicht wahr, dass das ganze Stäbchen bei den Fröschen eine longitudinale Streifung zeigt, die Cannelirung bleibt beim Frösch wie bei allen Amphibien nur auf das Aussenglied beschränkt. Zweitens ist die Zahl der Fortsätze der sechseckigen Pigmentzellen, welche die Stäbchen ringsherum umgeben eine viel grössere als die Zahl der longitudinalen Furchen des Aussengliedes. l) Fr. Merkel. Zur Kenntniss der Stäbchenschicht der Retina. Archiv. f. Anatomie und Physiologie von Du Bois-Reymond 1870. p. 642, 2) Fr. Merkel]. c. 4 Ausserdem sind die Furchen im unteren Theil des Aussengliedes am deutlichsten und scharfsten ausgeprägt, während gerade die Fortsätze der Pigmentzellen dort am feinsten und dünnsten sind. Bedenkt man weiter, dass am Stäbchenaussenglied der Abstand zwi- schen den betreffenden Leisten überall gleich gross ist, dann ist es kaum denkbar, dass die Fortsätze der Pigmentzellen überall einen so ausserordentlich regelmässigen Verlauf nehmen sollten. Die spiralförmige Anordnung der longitudinalen Furchen erklärt Merkel als die Folge „einer durch die Praeparation veranlasste Torsion der weichen Stäbcehensubstanz”, was jedoch auch sehr schwierig zu erklären ist, indem die spiralige Anordnung der lon- gitudinalen Streifung, sowohl am frischen in Humor aqueus unter- suchten, wie am in Osmiumsäure behandelten Praeparate zu sehen ist. War die spiralige Anordnung die Folge der Behandlung so müssten doch wenigstens einige Stäbchen dieselbe nicht zeigen, andere dagegen wieder viel stärker, was jedoch nicht der Fall ist, bei allen ist die spiralförmige Windung dieselbe. Bekanntlich kommen bei allen Amphibien im Innengliede linsen- förmige Körperchen vor. Bei den Batrachiern (Rana, Bufo, Bom- binator) haben diese linsenförmigen Körperchen eine planconvexe Gestalt in der Art dass der platte Theil unmittelbar an das innere Ende des Aussengliedes grenzt, während der convexe Theil nach der Membrana limitans externa gekehrt ist. Dieselbe Gestalt haben die linsenförmigen Körperchen bei den Salamandrinen und dem . Axolotl. Bei Triton dagegen ist der linsenförmige Körper nicht plan-convex, sondern plan-concav, in den concaven Rand schliesst dann eine bi-convexe Linse, welche wie Max Schultze !) schon nachgewiesen hat, isolirbar ist. Diese bi-convexe Linse ist nicht immer gleich gross, auch ist ihre Krümmung nicht immer dieselbe. Im frischen Zustande sind diese plan-convexen linsenförmigen Kör- perchen bei den Batrachiern, Salamandrinen und dem Axolotl, so wie die plan-concaven bei den Tritonen homogen, sehr bald werden 1) Max Schultze. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges bei Menschen und bei Thieren. Dessen Archiv. Bd. V. p. 379. Taf. XX]I. Fig. 2a. 1870. 5 sie jedoch körnig getrübt. Nach Osmiumsäure-Behandlung färben sie sich mehr oder weniger bräunlich. Sehr schön sind dieselben zu sehen, wenn man vorher in Osmiumsäure behandelte Praepa- rate mit Fuchsine tingirt. Die Aussenglieder der Stäbchen, so wie die eben genannten linsenförmigen Körperchen, färben sich dann dunkelroth, während die übrige Substanz des Innengliedes eine blassrothe Farbe annimmt. Auch Anilinblau färbt die linsenförmi- gen Körperchen intensiv, während der übrige Theil des Innengliedes nicht gefärbt wird. Die bi-convexe Linse der Tritonen wird weder durch Osmiumsäure, noch durch Fuchsine noch durch Anilin gerärbt, dieselbe ist homogen , sehr stark lichtbrechend und wird erst viel später nach dem Tode körnig trübe, sie ist immer sehr scharf von der übrigen Substanz des Innengliedes abgesetzt. Die linsenförmigen Körperchen nehmen nie den ganzen Umfang des peripherischen Endes des Innengliedes ein. Sehr deutlich zeigt sich dies an Prae- paraten welche nach Behandlung in Osmiumsäure von 1°, einige Tage in Wasser macerirt sind. Während ÖOsmiumsäure von 0,5%, — 1°), die Stäbchen ausge- zeichnet conservirt,, erleiden sie in verdünnten Osmiumsäure-Lösungen (0,1%, — 0,25 %/,) eigenthümliche Veränderungen. Die peripherischen Enden der Aussenglieder werden lang ausgedehnt und zeigen sehr schöne Varicositäten, zuweilen begegnet man einzelnen, deren peri- pherische Enden sich gabelförmig theilen, welche ebenfalls varicös sein können. Daraus darf man wahrscheinlich wohl den Schluss ziehen, dass die Substanz des Aussengliedes dem Nervenmark ver- wandt is. Die Länge der Aussenglieder fand ich für Rana temporaria. . . . „= 54—60 Mik. Bufo ecinereus . . ... .= 40—45 Mik. ER 24—28 Mik. Salamandra maculata . . . — 32—36 Mik. 22—24 Mik. 40—45 Mik. Die Breite des Stäbchens an der Stelle wo das Aussenglied ans Innenglied grenzt, beträgt bei Triton eristatus . Siredon pisciforme . . . . Bombinata igneus . . . Il [>77 ‚ Rana temporaria. . . . .= 6-7 Mik. Buto !einereüs.. Ra at 2:7 =..,6. Milk! Bombinator igneus'. ..".... =" 8 Mik. Triton. eristatusi ie na n a 22 = 10-12 7MiR Salamandra maculata. . . = 10—11 Mik. Siredon pisciforme. . . .— 12—12,5 Mik. Mit den Innengliedern der Stäbchen stehen die Körner der ausseren Körnerschicht in Verbindung. Die Stäbchenkörner liegen unmit- telbar unter der Membrana limitans externa. Jedes Körn besitzt bekanntlich einen grossen hyalinen Kern mit Kernkörperchen. Zuweilen liegt der Kern unmittelbar unter der Membrana limitans externa, sehr oft jedoch ragt ihr oberstes Seg- ment oberhalb der Limitans heraus. Nur eine dünne Schicht einer äusserst fein körnigen Substanz — die Rindenschicht des Kornes, umgiebt den grossen Kern. Das Korn und das Innenglied des Stäbchens gehen allmählich in einander über, gewöhnlich nimmt man die Membrana limitans externa als die Grenzschicht an, wo das Korn anfängt und das Innenglied des Stäbchens endigt. Höchst schwierig ist es den Verlauf der Stäbehenfaser weiter zu verfolgen. Am meisten sind hier auch wieder in Osmiumsäure von 1°, behandelte Praeparate zu empfehlen. Die Stäbchenfasern zei- gen dann in dem Theil welcher der Granulosa externa zugekehrt ist, eine kleine, sehr oft kegelförmige Anschwellung, die durch Osmiumsäure mehr oder weniger schwarz gefärbt wird und innig mit der Granulosa externa verbunden ist. In sehr vielen Fällen sieht man dann, dass von dieser Anschwel- lung zwei äusserst feine varieöse Fäserchen entspringen (Rana, Bufo,, Bombinator, Axolotl) derer Richtungen einander entgegengesetzt sind. Sehr deutlich ist die dichotomische Theilung der Stäbchenfaser bei Triton und Salamandra, wo im Allgemeinen auch die Stäbchen- fasern dicker sind. Zuweilen begegnet man Stäbchen in Verbindung + 7 mit Körnern wo die Länge der Stäbcehenfaser länger ist als die Dicke der äusseren Körnerschicht — gemessen von der Membrana limitans externa bis zur äusseren granulirten Schicht —; hieraus dürfte man vielleicht den Schluss ziehen, dass wenigstens einzelne Stäbchenfasern einfach die Granulosa externa durchbohren. Bei allen Amphibien kommen in der Retina einfache Zapfen und Doppelzapfen vor, letztere von Max Schultze auch wohl als Zwie- lingszapfen bezeichnet. Im Allgemeinen sind bei allen Amphibien die Aussenglieder so wohl der einfachen Zapfen wie der Doppel- zapfen kurz. Die Zapfenaussenglieder sind aber so vergänglich , dass es äusserst schwierig ist genau ihre Länge zu bestimmen. Die Aussenglieder der Zapfen sind bei allen Amphibien von mehr oder weniger konischer Gestalt, was besonders für Tritonen und Salamandrinen gilt. Die grossen Differenzen in Lichtbrechung, che- mischer Beschaffenheit u. s. w., welche bei allen anderen Abthei- lungen der Wirbelthiere zwischen den Aussengliedern der Stäbchen und Zapfen bestehen, treten bei allen Amphibien sehr auf dem Hintergrund, besonders bei den Tritonen. Bei letztgenannten wer- den die Aussenglieder der Zapfen durch Osmiumsäure ebenfalls schwarz gefärbt und zeigen dieselbe Cannelirung der Oberfläche wie - die Stäbchenaussenglieder, nur mit dem Unterschiede dass die Leis- ten und Rinnen hier feiner sind. Max Schultze ') hat die feine longitudinale Streifung am Zapfenaussengliede auch schon gesehen und abgebildet. In den einfachen Zapfen kommen im Innengliede planconvexe linsenförmige Körperchen vor, welche dieselbe Stelle als in den Stäbchen einnehmen und die flache Seite dem Aussengliede, die convexe Seite der Membrana limitans externa zugekehrt haben. Bei den eigentlichen Fröschen kommen in diesen planconvexen linsenförmigen Körperchen rothartig braune Kugeln vor. Diese Kugeln von welchen in jedem Zapfen nur einer vorkommt, sind unmittelbar unter der Grenze des Innengliedes am Aussen- gliede gelegen. Bei Bufo und Bombinator fehlen diese gefärbten 1) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. V. Taf. XXI. Fig 2b, 2c. 8 Kugeln in den Zapfen, wahrscheinlich gilt dies von allen Batra- chiern, welche mehr eine nächtliche Lebensweise führen, während dagegen bei den Tagthieren unter den Fröschen, also bei den eigentlichen Fröschen und wahrscheinlich auch bei den Baumfrö- schen diese gefärbten Kugeln vorkommen. Bei Triton, Salamandra und Siredon fehlen ebenfalls die gefärbten Kugeln in den Zapfeninnengliedern. Die linsenförmigen Körperchen der Zapfen werden ebenso wie die der Stäbchen durch Osmiumsäure schwarz gefärbt, darauf folgende Tinction mit Fuchsine färbt sie dunkelroth während der übrige Theil des Innengliedes eine blass- rothe Farbe annimmt. Höchst merkwürdig sind die zuerst von Max Schultze ‘) beschrie- benen Doppel- oder Zwillingszapfen. Diese Doppelzapfen sind beim Frosch von Max Schultze so genau beschrieben, dass ich daran weiter nichts zufügen kann. Auch bei Bufo und Bombinator kom- men diese Doppelzapfen vor und zeigen hier denselben complieirten Bau, wie beim Frosch, nur mit dem Unterschiede, dass die ge- färbte Kugel welche im Hauptzapfen beim Frosch vorkommt bei Bufo und Bombinator fehlt. Dasselbe gilt für Triton, Salamandra und Siredon. Bei Salamandra ist die planconvexe Linse in dem Hauptzapfen stark lichtbrechend und zeigt erst viel später eine körnige Trübung als die planconcave Linse in dem Nebenzapfen. Beide zeigen dasselbe Verhältniss gegenüber Osmiumsäure, beide werden auch nach Behandlung mit Osmiumsäure durch Fuchsine roth gefärbt, während der übrige Theil des Innengliedes nur eine leicht rothe Farbe annimmt. Sehr schön sind die ovalen, vollkom- men homogenen, glänzenden Körperchen (Ellipsoiden) in den Neben- zapfen von Triton und Salamandra; bei Siredon, Rana, Bufo und Bombinator kommen dieselben ebenfalls vor, sind dagegen viel weniger scharf umschrieben, sie werden weder durch Osmiumsäure, noch durch Carmin tingirt. Wie bei den Innengliedern der Stäb- chen, so nehmen auch bei den der Zapfen — so wohl in den einfache, wie in den Doppelzapfen — die linsenförmigen Kör- l) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. III. p. 233. g perehen nie die ganze Breite des Innengliedes ein, sondern werden hier immer auch noch durch eine Fortsetzung der Substanz des Innengliedes, wie von einem äusserst dünnen Mantel umgeben. Die Frage entsteht jetzt, hängen die Doppelzapfen mit einem einzigen, oder mit zwei Körnern der äusseren Körnerschicht zusa:nmen. Max Schultze }) gibt darüber Folgendes an: „Es hat mir meist den Eindruck gemacht, als wenn dem Doppelzapfen nur ein einziges Korn der äusseren Körnerschicht entspräche, an welchem Korn ich einmal bei Triton eine helle Längslinie wie die Andeutung einer Zweitheilung wahrnam’. Meine Untersuchungen weichen jedoch hierin von Max Schultze ab. Stets fand ich die Doppelzapfen in Verbindung mit zwei Körnern. Es ist nicht schwierig derartige Praeparate in jeder Retina zu finden, welche 24 Stunden in einer Osmiumsäurelösung von 1°, behandelt und dann in Wasser macerirt sind. So wohl bei den Batrachiern (Rana esculenta und temporaria, Bufo cinereus, Bom- binator igneus) wie bei den Caudaten (Triton taeniatus und cris- tatus, Salamandra maculosa, Siredon pisciforme) fand ich immer zwei Körner in Verbindung mit den Doppelzapfen. llierbei will ich noch Folgendes bemerken. Bei einigen hängen die beiden Körner an dem der Granulosa externa zugekehrten Theil unter einander zusammen, so dass es dann so zu-sagen nur ein Korn ist welches nach aussen zu gabelförmig sich theilt und wo jede Ilälfte einen eigenen Kern besitzt. Wie die Zapfen würde man auch diese Körner mit dem Namen „Doppelkörner” bezeichnen können. Von dem gemeinschaftlichen inneren Ende dieser Doppelkörner — das gewöhnlich in der Granulosa externa wurzelt — entspringen immer zwei Fasern, welche jede von dem ihr entsprechenden Korn entspringen. In anderen Fällen dagegen scheinen diese Doppel- körner an ihrem unteren Ende nicht unter einander verbunden zu sein, man sieht jede Hälfte des Doppelkornes in eine eigene Faser übergehen. Im letzten Fall laufen diese Fäsern immer neben 1) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. III. p. 235. 10 einander her, während sie in dem erst erwähnten Fall mehr von einander entfernt verlaufen und am äusseren Ende der gemeinschaft- lichen Basis entspringen. Was die Dimension der Zapfen angeht, so ist schon bemerkt, dass die Aussenglieder so vergänglich sind dass es keine leichte Aufgabe ist, deren Länge mit Genauigkeit zu bestimmen. Ausgezeichnet schön conservirte Osmiumsäure-Praeparate gaben die folgenden Verhältnisse für die Zapfenaussenglieder Rana temporaria und esculenta = 8 Mik. Buio. emereus „mL Rn IEMIE Bombinator igneus. . . . „= 95 —10Mik. Triton-eristasus. Na meer rel Me Salamandra maculosa . — 13 — 14 Mik. Siredon pisciforme. . . . „= 11—12Mik. Noch schwieriger ist es die Länge der Aussenglieder bei den Doppelzapfen genau zu bestimmen. Gewöhnlich gilt wohl der Satz dass das Aussenglied des Hauptzapfens länger und schmaler, das des Nebenzapfens kurzer und dicker ist, doch kommen davon viele Abweichungen vor, und sehr oft begegnet man Doppelzapfen deren Aussenglieder von gleicher Länge sind, während andere wo das Innenglied des Hauptzapfens kürzer als das des Nebenzapfens ist, gar nicht selten sind. | Dobrowolsky ') hat in der letzteren Zeit ein besonderes Studium der Doppelzapfen gemacht. Er ist zum Resultate gekommen, dass die Doppelzapfen nur als Theilungsproducte von einfachen Zapfen aufzufassen sind. Dieses Phaenomen leitet er aus den verschiedenen Formen ab, in welchen ‘er die Zwillingszapfen beobachte. Viele der durch Dobrowolsky besonders bei Vögeln, so wie auch beim Frosch und Salamandra beobachteten Formen, habe ich bei den von mir untersuchten Amphibien ebenfalls zurückgefunden , ich kann dieselbe jedoch nur auf verschiedenen Lage der beiden Abtheilungen 1) W. Dobrowolsky. Die Doppelzapfen. Archiv. f. Anat. u. Phys. p. 208. 1871. 11 des Doppelzapfens zu einander zurückführen, wodurch sie einer- seits einander vollkommen zu decken scheinen andererseits wieder mehr in verschiedenen Richtungen über einander hin gelagert sind. Dass jedoch die Doppelzapfen Theilungsproduete von einfachen Zapfen sein sollten, kommt mir im höchsten Grade unwahrscheinlich vor. Dagegen sprechen viele wichtige Gründe. Allererst der verschiedene Bau der beiden, den Zwillingszapfen zusammensetzenden Theile, der Nebenzapfen zeigt nie denselben Bau als der Hauptzapfen. “ Zweitens das Verhältniss der Doppelzapfen bei Säugethieren und Fischen, bei erstgenannten kommen nie Zwillingszapfen vor, bei den Fischen sind beide Theile des Doppelzapfens immer von gleichem Baue. Wenn die Doppelzapfen Theilungsproducte der einfachen Zapfen sind, warum fehlen sie dann immer beim Menschen und haben beide Theile immer dieselbe Gestalt bei den Fischen. Die Zeichnungen welche Dobrowolsky giebt, sind ausserdem so mangelhaft, dass man fast glauben sollte, er habe niemals intacte Doppelzapfen gesehen. Höcht merkwürdig sind die von Landolt !) aus der Retina von Triton und Salamandra beschriebenen Gebilde Unmittelbar aus dem Stützgewebe der Granulosa externa von Triton und Salamandra entwickelen sich nämlich bis jetzt unbekannte Fasern, welche in ein stets äusserst fein granulirtes kolbenförmiges Körperchen enden, das in Osmiumsäure intensiv gefärbt wird und zuweilen nach Landolt !) einen Kern trägt. Zuweilen zeigt die Faser eine zweite Anschwellung, die gewöhnlich in der unmittelbaren Umge- bung des kolbenförmigen Endes gelegen ist. Das innere Ende, respective der Stiel der Kolbe steht nach Landolt beim Salamander direkt mit dem Stützgewebe der Granulosa externa in Zusammen- hang. Bei den Tritonen sollte das innere Ende sich faserig aus- breiten und so die Granulosa externa selbst bilden. Schwalbe ?) meint, dass diese eigunthümlichen kolbenförmigen Elemente wahrscheinlich nichts weiteres sind, wie abgebrochene 1) Landolt 1. c. 8. 88. 2) Schwalbe l. c. 8. 423. 12 Stäbehen — oder Zapfenfasern, deren Korn durch den endständigen Kolben dargestellt wird. Auch ich habe oft die Landolt'schen Kolben gesehen, deren Be- deutung mir jedoch vollkommen unbekannt geblieben ist. Die Kolbe selbst ist — wie Landolt mit Recht angiebt -— fein granulirt und färbt sich nach Behandlung mit Osmiumsäure schwarz. Kerne jedoch habe ich in diesen Formelementen nie angetroffen. Die Kolben liegen zwischen den Körnern der äusseren Körnerschicht und strecken sich nie über die Grenze der Membrana limitans externa hinaus. - Das nach Innen geriehtete Ende dieser kolbenförmigen ‚Körperchen breitet sich nicht, wie Landolt angiebt, faserig’ aus um so die Granulosa externa selbst zu bilden, sondern geht einfach durch die Granulosa externa hin um mit einem unmittelbar unter der äusseren granulirten Schicht gelegenen Korn der inneren Kör- nerschicht in Verbindung zu treten. Von dem entgegengesetzten Theil dieser Körner lässt sich zuweilen noch eine lange, äusserst dünne, varicöse Faser verfolgen. Am meisten Aehnlichkeit haben dann diese kolbenförmigen Körperchen mit Körnern der inneren Kör- nerschicht, deren nach innen gerichtetes Ende, sich in einen dünnen, langen, varieösen Auslaufer fortsetzt während der nach aussen gerichtete Fortsatz die Granulosa externa durchbohrt, um kolben- förmig in der äusseren Körnerschicht zu enden. Dass die Landolt- schen Kolben abgebrochene Stäbchen oder Zapfen sein sollten, deren Korn „durch den endständigen Kolben dargestellt wird” — wie Schwalbe vermuthet, scheint mir höchst zweifelhaft, indem man zwischen und neben in Osmiumsäure ausgezeichnet schön con- servirten Stäbehen und Zapfen mit den mit ihnen in Verbindung stehenden Körnern,, diesen kolbenförmigen Formelementen begegnet. Am meisten fand ich dieselben bei Triton, aber auch bei den Sala- mandern, bei beiden kommen sie durch die ganze Retina ver- breitet, aber niemals in grosser Zahl vor und wie mir scheint, an keine bestimmte Stelle gebunden. Die Körner mit welchen die Zapfen zusammenhängen liegen bei allen Amphibien, niemals unmittelbar unter der Membrana limitans externa sondern immer etwas tiefer, so dass das innere Ende der 13 Zapfenkörner unmitte!bar an die Granulosa externa liegt, dies gilt so wohl für die einfachen Zapfen als für die Doppelzapfen. In der letzten Zeit hat man vielfach über die Frage gestritten ob die Zapfen und Stäbchen durch eigene Membranen umhüllt sind oder nicht. Die Frage ist sehr verschieden beantworet. Landolt ') beschreibt für die Stäbchen und Zapfen eine häutige Membran und betrachtet dieselbe als eine Fortsatzung der Stütz- fasern. Das Resultat seiner Untersuchungen fasst er in folgenden Worten zusammen: „Das Stützgewebe durchsetzt beim Frosch, „Salamandra und Triton die ganze Retina von der limitans interna „bis zur Chorioidea und zwar in der Art, dass es erst bei seinem „glockenförmigen inneren Anfange die Ganglienzellen in seine Arca- „den aufnimmt, dann in glänzenden, wenige dünne Seitenzweige „abgebenden Fasern die breite Granulosa interna durchsetzt, in der „inneren Körnerschicht sich zu einem Maschenwerk auflöst, das „jedes einzelne Korn umschliesst, hernach bei Frosch und Sala- „mandra ein engeres Netz in der Granulosa externa bildet, während „es beim Triton unaufgelöst, selbst zur Granulosa wird. In der „äusseren Körnerschicht umgreift es bei den erstgenannten beiden „Thieren das kolbenförmige Ende der Stäbehenfasern, sammelt sich „wieder zu Fasern um dann am Stäbchen und Zapfenkorn wieder „zu Rippen, oder aber, was häufiger der Fall ist, zu einer mem- „branartigen Hülle auseinanderzuweichen,, welche Korn, Innenglied , „linsenförmigen Körper und Aussenglied gleichmässig umschliesst, „vielleicht selbst zwischen die Lamellen der Stäbchen- und Zapfen- „aussenglieder hinein sich erstreckt und durch seitliches Zusammen- „Hiessen der Limitans bildet’. Merkel *) der bei allen anderen Thieren, eine sowohl das Innen- als Aussenglied vollkommen umhüllende Membran beschreibt, läugnet dieselbe bei den Amphibien (Rana, Triton, Salamandra) und erklärt die von Landolt beschriebene Membran für ein Kunstproduct. Bei den Amphibien fand Merkel dagegen das Stäbeheninnenglied mit I). Zandolt.1. e. 8. 94. 2) Merkel l. c. S. 648. 14 einer ganz unzweifelhaft leicht sichtbar zu machenden Membran umgeben, und glaubt „dass vielleicht eine ganz dünne, nicht sicht- bare Fortsetzung dieser Membran das Aussenglied noch eine Strecke weit umgiebt”’. Merkel glaubt zu diesem Schlusse berechtigt zu sein, durch Hinweisung auf die Thatsache, dass die Stäbchen- aussenglieder nach dem Tode in ihrer ganzen Ausdehnung nie überall gleichmässig in die bekannten Plättchen zerfallen, sondern dass diese Plättehen am äusseren Ende der Stäbchen viel eher auf- treten als an dem nach dem Innengliede gekehrten Theil. Merkel schreibt diese Erscheinung einer das innere Ende des Stäbchens umhüllenden Membran zu. Abbildungen wie Merkel ') giebt habe ich ebenfalls oft gesehen, ich glaube jedoch dass diese nur auf Faltenbildung beruhen. Häutige Membrane im Sinne Merkel’s oder Landolt’s habe ich nie gesehen. Auch Schwalbe”), und Max Schultze *) erklären sich zur Gunsten einer das Aussenglied der Stäbchen und Zapfen umhüllenden Mem- bran, obgleich, wie wir gleich sehen werden, in einem ganz anderen Sinn. Die Frage ist’ also: werden die Aussenglieder von Stäbchen und Zapfen durch eigene Membrane umschlossen und ist dem so, wie werden “dann diese häutigen Membrane gebildet. Allererst müssen wir also das Verhältniss der radialen Stützfasern untersuchen. In der inneren granulirten Schicht und in der inneren Körnerschicht verhalten sich die radialen Stützfasern, wie Landolt beschreibt. In der inneren granulirten Schicht sind dieselben glatt und verzwei- gen sich nur äusserst gering, in der inneren Körnerschicht dagegen geben sie zahlreiche Fortsätze ab, welche die Körner umspin- nen. Man trifft also in der inneren Körnerschicht ein sehr weit- maschiges Netzwerk an, die Balken dieses Netzwerkes sind äusserst dünn und zart und werden durch die Fortsätze der radicalen Stütz- fasern gebildet, während die Maschen des Netzwerkes eingenommen werden von den Körnern der inneren Körnerschicht. In der inneren Kornerschicht besitzt jede Stützfaser einen Kern, welcher bei Isoli- 1) Merkel 1. c. fig. 6. Taf. XIV. 2) Schwalbe 1. c. S. 410. 3) Max Schulize 1. c. Bd. V. Taf. RI 217, 15 rung an der Faser hängen bleibt und sich sehr deutlich von den anderen Körnern der inneren Körnerschicht unterscheidet. Diese Kerne der Stützfasern haben einen äusserst fein körnigen Inhalt mit einem kleinen, runden Kernkörperchen. Bei den Amphibien nehmen sie nie die Mitte der Faser ein, sondern sind denselben immer seitlich angefügt. In der Gegend der äusseren granulirten Schicht und der äusseren Körnerschicht verhalten sich die Stütz- fasern vollkommen so, wie von Max Schultze ') und Schwalbe ?) angegeben ist, in der letzteren bilden sie um die Körner der äusseren Körnerschicht zarte Hüllen, welche theilweise mehr als feine Fibrilen, theilweise mehr als hyaline Membranen sich auszeichnen. Nach Bildung der Limitans externa hören sie noch nicht auf, sondern strahlen als äusserst feine Fasern um die Innenglieder der Stäbchen und Zapfen aus, um so die von Max Schultze beschrie- benen Faserkorben zu bilden. Ich habe diese Faserkorben nie weiter als ungefähr zur halben Höhe des Innengliedes von Stäb- chen und Zapfen verfolgen können, ob sie mit den Ausläufern der Pigmentzellen in Zusammenhang stehen, kann ich nicht bestimmen, glaube es in dessen nicht; keinenfalls aber beschreiben sie mem- branartige Hüllen um die Aussenglieder der Stäbchen herum -— wie von Landolt angegeben ist. Werden die Stäbchen und Zapfen von eigenen Membranen umge- ben, dann sind diese also nie in Fortsätzen der Stützfasern zu finden, sondern muss man ihren Ursprung irgendwo anders suchen. Wie schon angegeben erklären sıch auch Schwalbe und Max Schultze zur Gunsten einer das Aussenglied von Stäbchen und Zapfen umhül- lenden Membran, obgleich auf eine ganz andere Art als Landolt und Merkel. Schwalbe ?) äusserst sich darüber folgendermassen: „Nach meinen „Beobachtungen scheint mir so viel fest zu stehen dass bei keinem „Ihiere dem Innengliede der Stäbchen und Zapfen eine distinkte 1) Max Schultze ]. c. Bd. VII. 1870. p. 144, 2) Schwalbe ]. ce. S. 423. 3) Schwalbe 1. c. S. 410, 16 „Membran zukomme, wenn wir nicht die Faserkorbe als eine Art „Membranbildung auffassen wollen wogegen ich mich schon oben „aussprach. Die Aussenglieder der Stäbchen werden dagegen bei „allen von mir genauer untersuchten Formen (Amphibien, Vögel) „mit ihren dem Innengliede benachbarten Enden in eine kurze „röhrenförmige Hülle aufgenommen, während der grösste Theil frei „bleibt. Diese meist feinstreifige Hülle vermittelt den Zusammen- „hang zwischen Innen- und Aussenglied, sie ist eine directe Fort- „setzung der Rindenschicht des Innengliedes, nicht der Faserkorbe. „Die feinen Streifen scheinen nur Falten, nicht Fasern zu ent- „sprechen. Auch die Aussenglieder der Zapfen werden von einer „ähnlichen glashellen Hülle, die viel seltener fein gestreift erscheint, „vollständig umgeben, die mit der Rindenschicht des Zapfenkörpers „zusammenfliesst.’’ Was die die Aussenglieder der Zapfen umhüllende Membran betrifft, so schliessen meine Beobachtungen sich vollkommen denen von Schwalbe an. Es ist nicht schwierig sowohl für die einfachen als für die Doppelzapfen eine umhüllende Membran wahrzunehmen, welche die Substanz des Aussengliedes vollkommen umgiebt und nichts anderes als eine unmittelbare Fortsetzung des Innenglie- des bildet. Aehnliche Praeparate hat auch schon Max Schult.ze ') abgebildet. Je nachdem die Aussenglieder der Zapfen besser con- servirt geblieben sind, ist von einer umhüllenden Membran auch weniger zu sehen, während des Lebens scheint dieselbe sich der Substanz des Aussengliedes unmittelbar anzuschliessen. So bald jedoch die Aussenglieder der Zapfen die bekannte Plättehenstructur zeigen , ist es nicht schwierig zu sehen dass sie durch eine umhüllende, äusserst zarte Membran in Zusammenhang gehalten werden, das Häutchen hat sich dann oft bedeutend von der Plättchensubstanz getrennt und umgiebt als eine weite Tasche die Substanz des Aus- sengliedes. Nicht so leicht ist es, nachzuweisen in wie weit auch die Aussenglieder der Stäbchen durch eigene Membrane umgeben werden. Indessen haben lang fortgesetzte genaue Untersuchungen 1) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. V. Taf. XXU. Fig. 17. I! mir gezeigt, dass auch die Aussenglieder der Stäbchen von Mem- branen umgeben werden, welche eine unmittelbare Fortsetzung der Innenglieder bilden. Mehrmal begegnet man nämlich Innengliedern in Verbindung mit den Körnern der äusseren Körnerschicht, von welchen das Aussenglied abgefallen ist. Man sieht dann sehr oft wie von den Innengliedern häutige Membrane abgehen, welche sich nach aussen hin fortsetzen und so die Substanz des Aussengliedes umschliessen. Schon Max Schultze ') erklärte sich zu Gunsten solcher häutigen Fortsätze um die Aussenglieder der Stäbchen, wie aus folgendem Satze hervorgeht: „Man kann sich vorstellen, dass im Leben eine „zarte Membran vom Innengliede auf das Aussenglied überspringe „und auch die Kittsubstanz einschliesse.’ Dass diese häutigen Membrane das ganze Aussenglied umgeben, geht, wie ich glaube, ziemlich deutlich aus einer Betrachtung von Fig. 27, Taf. I hervor. Hier ist das Aussenglied theilweise aus seiner umhüllenden Membran gefallen, welche noch als eine Kappe das äussere Ende des Aussengliedes umschliesst. Während all meine Aufmerksamkeit auf das Verhältniss des Innengliedes zu dem Aussengliede gerichtet war, um nachzugehen , in wie fern das Aussenglied durch eine Fortsetzung des Innengliedes umgeben wird, wurde ich nicht wenig durch die Beobachtung über- rascht, dass von der Substanz des Innengliedes Fortsätze ausgehen, die in longitudinalen Reihen angeordnet das Aussenglied um- schliessen. Diese Fortsätze sind unmittelbare Ausläufer der Substanz des Innengliedes und verlaufen in den Rinnen des Aussengliedes. Am günstigen lassen diese Fortsätze — welche man vielleicht mit dem Namen „Haare” bezeichnen kann — sich an Praeparaten nach- weisen, welche 24 Stunden in Osmiumsäure van 1°/, behandelt und dann 1—2 Tage in Wasser macerirt sind. Bei einem bestimmten Stande des Focus sieht man plötzlich ein Bündel äusserst zarter Fortsätze oder so man will „Haare’” von der Substanz des Innengliedes ausstrahlen. Es ist mir unge- 1) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. IH. S. 217. 18 achtet wiederholter Versuche nicht gelungen die Dicke, oder die Länge dieser Haare genau zu bestimmen sie sind unmessbar fein und dünn. Was ihre Länge angeht, so lässt sich, durch Verglei- chung mit den Aussengliedern von Stäbchen, welche in der unmit- telbaren Nähe liegen, wohl ungefähr so viel sagen, dass sie sich mindestens zur halben Länge der Stäbchenaussenglieder ausstreken. Zuweilen begegnet man Stäbchenaussenglieder von welchen ein Stück abgebrochen ist, auch an diesen gelingt es zuweilen die Haare zu sehen und man überzeugt sich dann dass diese Haare gerade den longitudinalen Rinnen in den Stäbchenaussengliedern entsprechen, mit anderen Worten in diesen Rinnen verlaufen. Indessen habe ich Praeparate wo an abgebrochenen Stäbchen noch solche haarförmige Fortsätze hangen geblieben waren, nur zwei oder drei Male gesehen, wiederholt dagegen Innenglieder, von welchen solche haarförmige Fortsätze in regelmässigen Reihen ent- springen. Beim Frosch, Salamander und Triton habe ich diese haarförmigen Fortsätze der Innenglieder wahrgenommen, indessen nur mit den stärksten Vergrösserungen (Hartnack Immersion 9 und 11, Zeiss Immersion 2 und 3). Längere Zeit habe ich in Zweifel gestanden ob diese haarförmigen Fortsätze der Innenglieder wirklich als solche, oder als Falten der Umhüllungshaut aufzufassen sind. Dass Schwalbe ') auch schon ähnliche Fortsätze des Innengliedes gesehen hat, geht sowohl aus seiner Beschreibung als aus seinen Abbildungen hervor. Schwalbe hat sie aber viel kürzer abgebildet, als sie in Wirklichkeit verkommen, ich habe sie wenigstens drei bis vier Mal so lang gesehen, sie werden von Schwalbe einfach als Falten der Umhüllungsmembran betrachtet, , obgleich er ausdrücklich hervorhebt „dieselben scheinen sich wenigstens beim Frosch unmittel- bar aus der Rinde des Innengliedes zu entwickelen”. Es kommt mir indessen nicht wahrscheinlich vor, dass es Falten sind. Wären diese Fortsätze einfache Falten der umhüllenden Membran, dann ist es doch wirklich nicht gut zu erklären, wie diese Falten immer in solchen regelmässigen Reihen stehen, man müsste dann doch 1) Schwalbe 1. c. S. 405. Fig. 36. 19 - wenigstens hin und wieder einzelne Praeparate antreffen, wo die Fortsätze mehr oder weniger gebogene Linien beschrieben, oder in dem einen Falle dünner, in dem anderen dicker wären, dies sieht man jedoch nie, sie sind immer an der Basis am breitesten (dort wo sie vom Innengliede abgehen), um allmählig dünner und dünner zu werden und endlich unmessbar fein zu enden. Dort wo man ihnen begegnet zeigen sie sich immer in ganz gleicher Weise, sie ver- laufen stets regelmässig parallel mit einander. In den best conser- virten Praeparaten sieht man sie von der ganzen Oberfläche des Innengliedes abtreten, in weniger günstigen sieht man sie in ge- ringerer Zahl und stehen sie auch nicht so regelmässig angeordnet. Die Aussenglieder der Stäbchen werden also umgeben durch eine umhüllende Membran und durch einen Bündel äusserst feiner Haare, welche sich unmittelbar aus der Substanz des Innengliedes entwic- keln und sich in den Rinnen des Aussengliedes fortsetzen , während auch die umhüllende Membran eine unmittelbare Fortsetzung des Innengliedes bildet. Ich kann mich wenigstens nicht mit dem Gedanken vereinigen, dass diese haarförmigen Fortsätze einfach als Falten der umhüllenden Membran zu betrachten sind, sondern glaube sie als wirkliche Fortsätze von der Substanz des Innenglie- des, als haarförmige Fortsätze oder „Haare” ansehen zu müssen. Es braucht indessen wohl nicht hervorgehoben zu werden, dass es äusserst schwierig ist mit vollkommener Sicherkeit zu bestimmen, was auf der Grenze der mikroskopischen Wahrnehmung steht. Dass die Aussenglieder der Stäbchen auf Querschnitten nie eine Spur dieser haarförmigen Fortsätze zeigen, liess sich a priori erwarten. Erstens sind diese haarförmigen Fortsätze so ausser- ordentlich fein und zart, dass sie auf einem Querschnitt wohl kaum zu sehen sein dürften, zweitens bleiben sie in den meisten Fällen in Zusammenhang mit den Innengliedern und nur äusserst selten bleiben einzelne an den abgebrochenen Enden der Stäbchenaussen- glieder hängen. Wenn auch die haarförmigen Fortsätze wirklich auf Querschnitten zu sehen sind, so wird es doch wohl zu den grössten Seltenheiten gehören, dass man gerade solch ein abge- brochenes Stäbchenaussenglied, an welchem ein Paar solcher Haare 20 hangen geblieben sind, auf einem Querschnitt zu sehen bekommt. Haarförmige Fortsätze, vom Zapfeninnengliede entspringend,, habe ich bei den Amphibien nicht gesehen. Ich werde später noch näher auf diese haarförmigen Fortsätze oder „Haare’”’ der Innenglieder zurückkommen. Sehr schön lassen sick bei den Amphibien die beiden Fortsätze der Körner der inneren Körnerschicht nachweisen, besonders bei Triton und Salamandra. Von den beiden Fortsätzen ist wie Merkel ') schon nachgewiesen hat, der äussere immer um beträchtliches dicker als der innere. Der innere Fortsatz kann zuweilen eine bedeutende Länge erreichen bis zu 60 Mik. und mehr und mit feinen Varieosi- täten unregelmässig bedeckt sein. Der äussere Fortsatz ist im Allge- meinen viel kürzer, fein granulirt, zeigt nur selten Varicositäten und theilt sich an der Grenze der äusseren granulirten Schicht sehr oft in zwei unter spitzem, oft rechtem Winkel umbiegende feine Fäserchen. Schwalbe ?) hat diese gabelförmige Theilung unter den Amphibien zuerst beim Frosch gesehen und abgebildet. In einer früheren Mittheilung °) habe ich mich dahin ausgesprochen, dass ich mich von dieser gabelförmigen Theilung nicht habe überzeugen kön- nen. Wiederholt fortgesetzte Untersuchungen haben mich indessen belehrt, dass diese gabelförmigen Theilungen bei allen von mir unter- suchten Amphibien (Rana, Bufo, Bombinator, Axolotl und beson- ders schön bei Triton und Salamandra) vorkommen. Am meisten zu empfehlen sind Praeparate, welche erst 24 Stunden in Osmium- säure von 10/o behandelt und dann Tage, ja Wochen in destil- lirtem Wasser, besser noch in Müller’schen Flüssigkeit, mit der Hälfte Wasser verdünnt, macerirt sind. Ob bei den Amphibien, die Ausläufer der Stäbehen- respective Zapfenkörner mit den peri- pherischen Fortsätzen der Körner der inneren Körnerschicht in Zusammenhang stehen, habe ich mit Bestimmtheit nie nachweisen können. Auffallend ist es, dass gerade in der Gegend wo die 1) Merkel. Ueber die Macula lutea des Menschen und die Ora serrata einiger Wirbelthiere. Leipzig 1870. 2) Schwalbe 1. c. 8. 391. 3) €. K. Hoffmann. Bronn’s Amphibien. 21 Stäbehen- respective Zapfenfasern, und die äusseren Fortsätze der Körner der inneren Körnerschicht an einander grenzen i. e. an der äusseren granulirten Schicht, beide gabelförmig sich theilen. Sehr oft kann man bei günstigen Praeparaten , Körner der inneren Körnerschicht isoliren, deren beide Fortsätze inclusive der Durch- messer des Zellkörpers eine Länge von 90—94 Mik. betragen, also ungerähr so lang als die Dicke der inneren granulirten Schicht (26—28 Mik.) und inneren Körnerschicht (64—68 Mik.) zusammen , so dass die Enden der inneren Fortsätze in der unmittelbaren Nähe der Ganglienzellenschicht zu suchen sein würden. REPTILIEN. So reich die Litteratur an Untersuchungen über den Bau der Retina bei den Amphibien ist, so arm ist sie an Untersuchungen über die Retina bei den Reptilien. Der Grund davon wird wohl in der grossen Schwierigkeit zu suchen sein Material im frischen Zustande zu bekommen. Auch mir stand nur überaus wenig Mate- rial zur Verfügung. Wie aus den folgenden Mittheilungen hervor- gehen wird, ist die Retina bei den Reptilien in mancher Beziehung sehr merkwürdig. Schildkröten. Von Schildkröten bin ich nur in der Gelegenheit gewe- sen Emys europaea im frischen Zustande zu untersuchen. Bei den Schildkröten kommen nur Zapfen vor und hier auch wieder einfache und Doppelzapfen. Wie die meisten Reptilien unterscheiden sich auch die Schildkröten durch die auffallend kleinen Aussenglieder, was sowohl für die einfachen wie für die Doppelzapfen gilt. Was allererst die Untersuchung im frischen Zustande angeht, so kann ich hierüber Folgendes mittheilen. Während im Allgemeinen als Regel gilt, dass die Aussenglieder der Zapfen überaus ver- gänglich sind und schon kurze Zeit nach dem Tode solche Verän- 22 derungen zeigen, dass sie fast nicht mehr zu erkennen sind, blei- ben dagegen die Zapfenaussenglieder bei den Schildkröten in Jod- serum ziemlich lange intact. Eine Retina die zwei Mal vier und zwanzig Stunden in Jodserum macerirt ist, zeigt die Zapfenaussen- glieder fast in gleicher Schönheit als wenn man unmittelbar nach dem Tode untersucht. Die Länge der Aussenglieder der einfachen Zapfen fand ich 6—7 Mik. lang. Die meisten, ja man kann fast wohl sagen alle einfache Zapfen besitzen gefärbte Kugeln, die auch hier wieder in dem äussersten Theil der Innenglieder liegen, unmittelbar ans Aussenglied grenzend. Man kann fünferlei Art von Kugeln unterscheiden: rothe, gelbe, grüne, blaue und farblose Kugeln. Die rothen sind am meisten vertreten. Die grünen und blauen scheinen unmerkbar in einander überzugehen, wie ebenfalls die blauen un- merkbar in die farblosen übergehen. Je mehr man der Pars ciliaris retinae nähert, desto mehr treten die blauen und ungefärbten Kugeln auf, in der unmittelbaren Umgebung der Pars ciliaris retinae sind die gefärbten Kugeln fast vollkommen verschwunden. In jedem Innen- sliede der einfachen Zapfen unterscheidet man ein plan-concaves, linsenförmiges Körperchen und eine Ellipsoide. Letztere ist stark glänzend, homogen und bleibt das selbst längere Zeit nach dem Tode, während in dem linsenförmigen Körperchen — das ebenfalls im frischen Zustande homogen ist —, sehr bald nach dem Tode eine fein körnige Trübung entsteht; beide nehmen nie den ganzen Umfang des Innengliedes ein, sondern werden immer noch durch eine äusserst dünne Randschicht des Innengliedes umgeben, was am deutlichsten zu sehen ist, wenn man 24—48 Stunden in Jod- serum macerirte Praeparate untersucht. Auch hier wird die Sub- stanz des Aussengliedes von einer äusserst zarten Hülle als einer unmittelbare Fortsetzung der Substanz des Innengliedes umgeben. An der Stelle wo das Innenglied in das Korn der äusseren Körnerschicht übergeht, zeigt das Innenglied entweder keine, oder nur eine höchst geringe Einschnürung, so dass die Körner der äusseren Körnerschicht — die Zapfenkörner — entweder unmittelbar unter der Membrana limitans externa oder wenigstens in einer zweiten Reihe liegen müssen. Es gelingt sehr oft von Retinae 23 welche 24—48 Stunden in Jodserum macerirt sind, Zapfen zu isoliren, welche nicht allein die Aussenglieder noch sehr schön in situ zeigen, sondern wo auch die Zapfenkörner mit sehr langen Fasern, den Zapfenfasern in Zusammenhang stehen. Diese Zapfen- fasern zeigen hier und dort sehr schöne Varicositäten. Wiederholt habe ich solche Zapfenfasern gesehen, welche wenigstens zwei bis drei Mal so lang als die Dicke der äusseren Körnerschicht inclusive äussere granulirte Schicht sind. Die äussere granulirte Schicht ist sehr dünn, 2—3 Mik dick, die äussere Körnerschicht 1. e. der Ab- stand zwischen Membrana limitans externa und Granulosa externa hat eine Dicke von 22—24 Mik. Zuweilen begegnet man Zapfen — wie auf Taf. II, Fig. 50 abgebildet ist — wo an den Zapfenfasern zwei bis drei Körner der inneren Körnerschicht hangen. Bei Verschiebung des Deckgläschens bleiben die Körner an den Fasern sitzen, ob sie jedoch nur denselben ankleben, oder mit diesen verbunden sind, liess sich mit Bestimmtheit nicht ausmachen. Nur so viel geht daraus hervor, dass die Zapfenfasern einfach die Granulosa externa durchbohren um in die innere Körnerschicht weiter zu verlaufen. Für Reptilien scheint mir die Untersuchung im frischen Zustande, besonders nach 24—48 Stunden maceriren in Jodserum von sehr grossem Vortheil. An solchen Praeparaten sind auch die Faserkorben sehr deutlich zu sehen. Wird die Retina 24 Stunden in Osmiumsäure von 1%, behandelt und darauf im Wasser macerirt, dann haben sehr viele Zapfen ihre Aussenglieder verloren. Die planconcaven linsenförmigen Körperchen werden durch Osmiumsäure mehr oder weniger schwarz gefärbt, während die Ellipsoiden ausserordentlich deutlich hervortreten. Auch die Faserkorben sind an Osmiumsäurepraeparaten ausgezeichnet schön zu sehen. Aus der Substanz des Zapfen-Innengliedes entwickelen sich äusserst feine Haare, welche das Aussenglied umgeben. Sehr deutlich habe ich diese Haare an Praeparaten gesehen, die 24 Stunden in Osmiumsäure von 1°), behandelt und dann 1—2 Tage in Wasser macerirt sind. Taf. II, Fig. 53 und 55 stellen solche Innen- glieder mit llaaren vor. Das Aussenglied ist — wie sehr oft der Fall verloren gegangen, — diemembranöse Hülle, welche das Aussenglied 24 umgiebt, ist sehr deutlich zu sehen und zeigt nicht mehr die Gestalt des Aussengliedes, sondern ist, wie sehr oft wahrgenommen wird, taschenförmig ausgedehnt. Aber ausserdem sieht man dann einige überaus feine Haare — ich könnte 5—7 von diesen Haaren zählen — von der Substanz des Innengliedes entspringen und inner- halb der membranösen Hülle verlaufen (Fig. 55). Die Haare sind hier nicht, wie ich sie bei den Amphibien wahrnahm, vollkommen homogen , sondern mehr oder weniger äusserst fein körnig. Hier war also an eine Verwechslung mit Falten der umhüllenden Membran nicht zu denken, indem die umhüllende Membran vollkommen hyalin ist. Die Haare sind an der Basis, i. e. dort wo sie aus der Substanz des Innengliedes zum Vorschein treten am dicksten, und laufen unmessbar fein aus. Bei Anwendung von Tauchlinsen kommt es nicht selten vor, dass, wenn etwas zu viel Flüssigkeit zwischen Deck- und OÖbjectgläschen sich befindet, bei jeder Bewegung der Mikrometerschraube die ÖObjecte ebenfalls eine leichte Bewegung mitmachen. An solchen Praeparaten sieht man dann, dass die Haare vollkommen frei liegen, man sieht wie sie jede Bewe- gung des Objectes mitmachen, wie sie zu einander sich bewegen und von einander sich wieder entfernen was natürlich unmöglich sein würde, wenn man mit Falten der Umhüllungsmembran zu thun hätte. Könnte bei den Amphibien noch irgend Zweifel be- stehen, ob man mit Falten der Umhüllungsmembran oder wirklich mit Haaren zu thun hätte, dann wird dieser Zweifel bei Vergleichung mit dem was die Untersuchung der Retina bei den Schildkröten lehrt, wohl aufgehoben, besonders da hier die umhüllende Mem- bran, wie bei den Zapfen im Allgemeinen, ausserdem aber auch die Haare sehr deutlich von einander zu unterscheiden sind. Die Doppelzapfen kommen in der Retina bei den Schildkröten in sehr grosser Zahl vor. Die Unterschiede der beiden die Zwielings- zapfen zusammensetzenden Theile sind- nicht so ‘constant wie bei den Amphibien. Dies bezieht sich jedoch nur auf die Innenglieder. Man begegnet Doppelzapfen derer Innenglieder eben gross, andere, bei welchen der Hauptzapfen grösser als der Nebenzapfen ist, fast immer besteht jedoch ein Unterschied in der Länge der Aussen- 25 glieder, das Aussenglied des Hauptzapfens ist 6,4—7 Mik lang, das des Nebenzapfens 4,5—5 Mik. Die Nebenzapfen stimmen im Bau vollkommen mit den einfachen Zapfen überein, der Hauptzapfen welcher besonders an dem der Membrana limitans externa zugekehrten Theile sehr schmal ist, besitzt in seinem äusseren Ende ein planconvexes, linsenförmiges Körperchen, das nach dem Tode sehr schnell körnig sich trübt, während der übrige Theil des Innengliedes fein granulirt ist. Was die gefärbten Kugeln angeht, so kommen hier alle mögliche Uebergänge vor. Man begegnet Doppelzapfen wo die beiden Innen- glieder rothe Kugeln besitzen, anderen wo das eine Innenglied eine rothe, grüne, blaue, gelbe, das andere Innenglied eine gelbe, grüne, blaue, oder ungefärbte Kugel, zuweilen gar keine Kugel besitzt; kurz alle möglichen Combinationen kommen vor. Doppelzapfen wo der Nebenzapfen keine Kugel besitzt sind nicht selten. Während sonst die Doppelzapfen der Schildkröten denen der Vögel ausserordentlich ähnlich sind, weichen sie in Be- ziehung auf die gefärbten Kugeln bestimmt von denen der Vögel ab, wie ich in einer späteren Mittheilung genauer erörtern werde. Jede Hälfte des Doppelzapfens steht in Verbindung mit einem eigenen Korn und von jedem dieser Körner entspringt eine Faser, Zapfenfaser, welche wie die der einfachen Zapfen Varicositäten zeigt. Taf. II, Fig. 42 stellt einen Doppelzapfen vor in Verbindung mit den Körnern und den Zapfenfasern, das Praeparat ist von einer Retina erhalten, welche 24 Stunden in Jodserum macerirt ist. Die Körner der Nebenzapfen liegen unmittelbar unter der Membrana limi- tans externa, während die der Hauptzapfen mehr in der zweiten Reihe liegen. Mit Ausnahme der gefärbten Kugeln stimmen die Zwielings- zapfen der Schildkröten vollkommen mit denen der Urodelen überein. Die Körner der äusseren Körnerschicht, welche in Verbindung mit den einfachen Zapfen stehen, liegen fast immer unmittelbar unter oder doch nur sehr wenig unter der Membrana limitans externa, nur die Körner welche in Verbindung mit dem Haupt- zapfen stehen, liegen etwas mehr centralwärts. A priori liess sich also erwarten, dass die äussere Körnerschicht bei den Schildkröten 26 aus höchstens zwei Reihen von Körnern bestehen würde. Die Untersuchung von in Osmiumsäure von 1, behandelten Retinae, lehrte jedoch dass dies nicht der Fall war, und dass die äussere Körnerschicht aus drei bis vier Reihen Körner besteht. Es wären also zwei Fälle möglich: entweder ein Theil der mit den Zapfen in Verbindung stehenden Körner müsste in einer tieferen Schicht gele- gen sein oder die Körner aus den tieferen Schichten der äusseren Körnerschicht stehen nicht in Zusammenhang mit den Zapfen. Eine erneuerte Untersuchung zeigte jedoch, dass die Körner so wohl der einfachen als der Doppelzapfen stets so dicht unter der Membrana limitans externa liegen, dass in der äusseren Körnerschicht höch- stens Platz sein könnte für zwei Reihen Körner. Die Körner in den tieferen Schichten könnten also nicht in Verbindung stehen mit den Zapfen. Eine genaue Untersuchung der äusseren Körnerschicht ergab nun Folgendes: Ein Theil der Körner aus der tieferen Schicht steht mit mehr oder weniger kolbenförmigen , äusserst fein granulirten Gebilden in Verbindung, die sich nicht oberhalb der Membrana limitans externa fortsetzen. Diese Formelemente kommen am meisten mit den von Lan- dolt zuerst bei den Salamandern beschriebenen Kolben überein. Nicht immer jedoch stehen diese Kolben mit Körnern der äusseren Körnerschicht in Verbindung. Sehr oft sieht man dass diese fein granulirten Kolben einfach als Stützfasern zwischen Limitans externa und Granulosa externa ausgespannt sind. Ausserdem nimmt man in den tieferen Schichten der äusseren Körnerschicht auch Körner wahr, die nach der Membrana limitans externa zu, eine feine Faser absenden, welche vollkommen den Zapfenfasern gleicht. Wie diese Fasern sich weiter verhalten weiss ich nicht. Welche Bedeutung den fein granulirten kolbenförmigen Körperchen zukommt, ist mir vollkommen räthselhaft. Aber höchst merkwürdig ist es, dass diese Kolben gerade bei Salamandern und Schildkröten angetroffen wer- den, zwei Thiergruppen die phyllogenetisch einander so nahe stehen. Wie besonders deutlich aus der Untersuchung von Reünae her- vorgeht, welche 24 Stunden in Jodserum macerirt sind, durch- bohren die Zapfenfasern einfach die Granulosa externa um wahr- 27 scheinlich unmittelbar mit den peripherischen Fortsätzen der Körner der inneren körnerschich5 zu anastomosiren. Die radialen Stützfasern bilden breite, platte Bänder mit deut- lichem Kern und blass homogenem Inhalt. In der inneren Körner- schicht geben sie Fortsätze an die Körner ab, durchsetzen als fein körnige, mehr rundliche pfeilerartige Stränge die äussere Kör- nerschicht um dann die feinfaserigen Schultze'schen Korben zu bilden. Ueber den Bau der Retina bei den Schildkröten besitzen wir einige Mittheilungen von Hannover, Leydig, Nunneley, Hulke und Max Schultze. Hannover ') giebt an, dass die Retina der Schildkröten der der Vögel sich eng anschliesst und constatirt das Vorkommen von ge- färbten Kugeln. Leydig *) unterscheidet bei Testudo graeca dreierlei Art von Kugeln: farblose, gelbe und rothe Kugeln, ebenfalls Nunneley °). Hulke *) der von Schildkröten Testudo graeca, Emys europaea und Chelonia mydas untersuchte, beschreibt bei allen so wohl Stäbchen als Zapfen. Die Stäbchen sollten sich bei 'Testudo graeca von den Zapfen durch den Mangel an gefärbten Kugeln unterscheiden. Hier hat Hulke wahrscheinlich Zapfen mit ungefärbten und Zapfen ohne Kugeln vor sich gehabt. Bei Emys europaea beschreibt er rothe, gelbe und grüne Kugeln. Auch bei Chelonia unterscheiden sich nach Hulke die Stäbchen von den Zapfen durch den Mangel an gefärbten Kugeln. Auch in einer späteren Mittheilung hält Hulke 5) an dem Vor- kommen von Stäbchen und Zapfen bei den Schildkröten fest. Max Schultze °) unterscheidet bei Emys europaea nur orange-gelbe, 1) Hannover. Recherches mieroscopiques sur le systeme nerveux. 2) Fr. Leydig. Anat.-hist. Untersuchungen über Reptilien und Fische. p. 97. 3) Nunneley. Quarterley Journal of mieroscopical science. April 1858. 4) Hulke. A Contribution to the anatomy ot Amphibian and Reptilian retina. Ophthalmie hospital Reports 1863 —1865. Bd. V. 5) Hulke. On the retina of Amphibia and Reptiles. Journal of Anatomy and Physiology. Bd. I. 1867. 6) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. III. p. 215. 1867. 28 rothe und farblose Kugeln, durchaus keine blaue oder grüne. Für die Zwielingszapfen gibt Max Schultze an, dass der Hauptzapfen eine orange-gelbe Kugel besitzt, während in dem Nebenzapfen jede Spur einer Kugel fehlen sollte. Bei Untersuchung im frischen Zustande überzeugte ich mich jedoch, dass so wohl in dem Haupt- zapfen als in dem Nebenzapfen Kugeln von verschiedener Farbe vorkommen können und hierdurch gerade am meisten von den Doppelzapfen der Vögel sich unterscheiden. Merkwürdig sind die Angaben der verschiedenen Autoren über das Vorkommen blauer und grüner Kugeln. Max Schultze ') läugnet die blauen und grünen Kugeln; Schwalbe ?) dagegen nimmt wohl grüne Kugeln an, aber keine blaue, Krause °) dagegen und Dobrowolsky *) nehmen wieder bestimmt das Vorkom- men blauer Kugeln in der Retina bei den Eidechsen an. Ich habe in frischen Zustande keine Eidechsen, nur Schildkröten untersuchen können und hier habe ich mich wiederholt von dem Vorkommen blauer Kugeln überzeugen können. Die rothen und gelben Kugeln behalten eine Zeit lang nach Osmiumsäure-Behandlung ihre Farbe, während die Farbe der blauen und grünen Kugeln verschwindet. Schlangen. Von Schlangen bin ich nur in der Gelegenheit ge- wesen Coluber natrix in frischem Zustande untersuchen zu können. Wie bei den Schildkröten kommen in der Retina der Schlangen nur Zapfen vor. Auch hier kann man einfache und Zwielingszapfen unterscheiden. | Einfache Zapfen. Die Aussenglieder der einfachen Zapfen sind wie bei allen Reptilien ausserordentlich klein, ihre Länge wech- selt zwischen 5—6 Mik. Die Innenglieder werden fast vollkommen durch grosse, birnförmige, im frischen Zustande durchaus farblose, 1) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. Ill. p. 371. 1867. 2) Schwalbe ]. c. p. 414. 3) W. Krause. Die Membrana fenestrata der Retina. Göttinger Nachrichten. Nr. 9. 1868. W. Krause. Die Membrana fenestrata der Retina. Leipzig 1868. 4) Dobrowolsky. Zur Anatomie der Retina. Archiv. von Reichert und Du Bois- Reymond. 1871. p. 221. 239 stark lichtbrechende Körper ausgefüllt, welche nach Osmiumsäure- Behandlung intensiv braun gefärbt werden. Diese Körper, welche wir ebenfalls mit dem Namen „Ellipsoiden” bezeichnen wollen, haben eine Länge von 14—16 Mik, der breiteste, der Membrana limitans externa zugekehrte Theil ist S—9 Mik dick. Bei genauerer Untersuchung bemerkt man, dass diese Ellipsoiden nicht alle den- selben Bau haben. Einige sind durchaus homogen, sehr stark lichtbrechend und glänzend wie Amyloid, an anderen kann man wieder deutlich zwei Partieen unterscheiden, von welchen die eine, welche unmittelbar an das Innenglied grenzt, immer sehr stark lichtbreehend ist, während der andere Theil, der in dem einen Falle grösser, in dem anderen kleiner von Umfang ist, bald matt glänzend, bald fein körnig granulirt ist. (Vergl. Taf. I, Fig. 33a.b.c.d.). Zwischen beiden kommen alle möglichen Ueber- gangsformen vor. Kugeln, so wohl farblose, als gefärbte fehlen den Schlangen vollkommen. Bei oberflächlicher Betrachtung sollte man meinen, dass die Ellipsoiden den ganzen Umfang des Innen- gliedes einnehmen, eine genauere Beobachtung lehrt jedoch, dass die Ellipsoiden immer noch durch eine äusserst dünne Randschicht fein körnigen Protoplasma’s als unmittelbare Fortsetzung der eigent- lichen Substanz des Innengliedes umgeben werden. Höchst eigenthümlich sind die Doppelzapfen. Während bei allen anderen Thieren, bei welchen das Vorkommen von Zwielings- zapfen constatirt ist, entweder ein kleinerer oder ein grösserer Unterschied zwischen den beiden, den Zwielingzapfen zusammen- setzenden Theilen besteht, erreicht der Unterschied bei den Schlan- gen ihren Gipfelpunkt. Der eine Theil, welcher dem Nebenzapfen anderer Thiere entspricht, trägt hier seinen Namen sehr mit Unrecht und stimmt im Bau vollkommen mit den einfachen Zapfen überein. Der andere Theil der mit dem Hauptzapfen bei anderen Thieren über- einstimmt , ist bei den Schlangen ausserordentlich klein (Vergl. Taf. II, Fig. 33c, 38). Indessen kann man an ihnen noch sehr deutlich zwei Theile unterscheiden, das Aussenglied ist länger (3—8,5 Mik) und dünner als das des Nebenzapfens, während das Innenglied äusserst fein granulirt ist und so zu sagen schorsteinartig aus der 30 äusserst dünnen Rindenschicht des Innengliedes vom Nebenzapfen, welche die Ellipsoide umgiebt, hervorragt. So wohl bei dem Hauptzapfen wie bei dem Nebenzapfen wird die Substanz des Aus- sengliedes durch eine äusserst hyaline Membran als unmittelbare Fortsetzung der Substanz des Innengliedes umgeben. Ob hier die Doppelzapfen auch mit zwei Körnern zusammenhangen, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, ich glaube es jedoch nicht, in den Fällen wo ich Doppelzapfen noch in Zusammenhang wahrnahm mit Körnern, habe ich immer nur ein einziges Korn in Zusammenhang mit den Doppelzapfen angetroffen. Was jedoch die Retina der Schlange besonders so merkwürlig macht, das sind die colossalen dicken Zapfenfasern, welche die Granulosa externa durchbohren um in der inneren Körnerschicht ihren Weg zu verfolgen. Auch bei den Schlangen ist die äussere granulirte Schicht nur 3—4 Mik dick. Besteht wirklich ein unmit- telbarer Zusammenhang zwischen den Körnern der äusseren und inneren Körnerschicht, dann wird die Retina der Schlange wohl die günstigste Gelegenheit anbieten, um diesen Zusammenhang nach- zuweisen. An Praeparaten welche 24 Stunden in Osmiumsäure von 1 °/, behandelt und darauf Tage lang in Wasser macerirt sind , habe ich wiederholt mit der dicken Zapfenfaser ein Korn der inneren Kör- nerschicht in Verbindung angetroffen, in den meisten Fällen jedoch ist die centrale Faser des Kornes der inneren Körnerschicht abge- brochen. Einmal ist es mir gelungen ein Korn der inneren Körner- schicht zu finden, dessen beide Fortsätze prächtig conservirt ge- blieben waren. Die feinere centrale Faser liess sich über eine bedeutende Länge verfolgen während die dickere, peripherische Faser in unmittelbarem Zusammenhang mit der dicken Zapfenfaser respec- tive mit dem Zapfenkorn stand, das ebenfalls noch in Zusammen- hang mit dem Innengliede geblieben war. Das Praeparat lag voll- kommen isolirt und ist mit dem Zeichenprisma nachgezeichnet (Taf. II, Fig. 39). Hiermit ist also der directe Beweis des Zusammenhanges der Zapfen (Stäbchen) mit den Körnern der inneren Köraerschicht gelie- fert. Obgleich wohl Niemand mehr einen solchen Zusammenhang bezweifeln wird, ‚glaube ich dass ein direeter Zusammenhang bis 31 jetzt doch noch nicht überzeugend nachgewiesen ist. Wohl äussert Hasse ') sich folgendermaszen: „Einmal ist es mir vorgekommen, als sähe ich einen Zusammenhang zwischen den Fäserchen der Innenkörner und der Stäbehenfasern, allein das Praeparat war mir nicht über allen Zweifel erhoben und so will ich keinen weiteren Werth darauf liegen besonders auch da die Verbindung nicht ge- nügend isolirt dargestellt werden könnte. Hätte man die Retina von Schlangen früher genauer untersucht, dann würde man über den Zusammenhang der Körner der inneren Körnerschicht mit denen der äusseren Körnerschicht wahrscheinlich nicht so lange gestritten haben. Eine zweite Eigenthümlichkeit, welche die Retina der Schlangen erkennen lässt, ist der höchstmerkwürdige Verlauf der Zapfenfasern. Die Zapfenfasern zeigen namentlich in der Retina bei den Schlangen denselben Verlauf als in der Umgebung des gelben Fleckes des Men- schen, mit anderen Worten, die Zapfenfasern biegen fast unter einem rechten Winkel von der äusseren Körnerschicht ab, um so nach der Granulosa externa weiter zu verlaufen. Hier biegen sie sich dann wieder um, um in der inneren Körnerschicht den radialen Stützfasern parallel, weiter ihren Verlauf zu verfolgen. Was wir bis jetzt von dem Baue der Retina bei den Schlangen wissen, verdanken wir den Untersuchungen von Leydig,, Hulke und Max Schultze. Hulke ?) welcher von Schlangen Coluber natrix, und später ?) Boa constrietor, Vipera communis und auf’s neuem Coluber natrix untersuchte, gibt erst an, dass bei Coluber Stäbchen und Zapfen vorkommen, während er später mittheilt dass bei Schlangen nur Zapfen angetroffen werden, welche nie gefärbte Kugeln enthalten. Auch Hulke giebt an, dass die Zapfenfasern unter fast rechtem Winkel von den Zapfenkörnern sich abbiegen (Vergl. Taf. III, Fig. 2 von seiner Arbeit in „Journal of anatomy and Phisiology’”). 1) AJasse. Beitrage zur Anatomie der menschlichen Retina. Zeitschrift f. rat. Med. Bd. 29. p. 238. 1867. 2) Hulke l. e. Ophthalmie reports. Bd. V. 1863—1865. 3) Hulke 1. c. Journal of Anat. and Phys. Bd. I. 32 Leydig ') welcher bei Coluber natrix, wohl aus Versehen die Zapfen mit denı Namen von Stäbchen bezeichnet hat, fand eben- falls keine gefärbten Kugeln in den Innengliedern. Max Schultze?) der nur Gelegenheit hatte in Spiritus conservirte Schlangen zu untersuchen gibt an, dass bei den Schlangen nur Stäb- chen angetroffen werden. Eidechsen. Von Eidechsen habe ich nur Crocodilus vulgaris frisch untersuchen können. Während alle Autoren, welche sich mit dem Bau der Retina bei den Reptilien beschäftigt haben, darin mit einander übereinstimmen, dass bei den Reptilien nur Zapfen in der Retina angetroffen werden, wie ich das ebenfalls für Schild- kröten und Schlangen bestätigen kann, weichen die Krokodile auf eine merkwürdige Weise dadurch von allen anderen Reptilien ab, dass in ihrer Retina nicht allein Zapfen , sondern auch Stäbchen vor- kommen. Die Stäbehen sind am zahlreichsten vertreten, nur in der Umge- bung der Fovea centralis praedominiren die Zapfen, während in der Fovea selbst nur Zapfen angetroffen werden. Im histologischen Bau stimmen die Stäbchen der Krokodile voll- kommen mit denen der Frösche überein. Die Länge des Aussenglie- des wechselt zwischen 50—54 Mik,bei einer Dicke von 6,5—7 Mik. Das Innenglied zeigt wie die Innenglieder der Frösche ein plan- convexes linsenförmiges Körperchen. Auch bei den Krokodilen lie- gen die Stäbchenkörner in sehr vielen Fällen, nicht unterhalb, sondern zur halben Höhe der Membrana limitans externa, so dass in dem einen Falle ein kleineres, in dem anderen Falle ein grösseres Segment des Kernes der äusseren Körnerschicht oberhalb der limitans hervorragt. Die Körner der äusseren Körnerschicht liegen in zwei Reihen, in der oberen liegen die Körner, welche mit den Innen- gliedern der Stäbchen in Zusammerhang stehen — die Stäbchen- körner —, während in der unteren die Körner gelegen sind> welche mit den Zapfen in Zusammenhang stehen — die Zapfenkörner. 1) Leydig 1. c. 2) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd, II. 39 Dieselbe Uebereinstimmung im Bau welche zwischen den Stäbchen bei den Fröschen und den Krokodilen besteht, wiederholt sich auch wieder für die Zapfen, nur mit dem Unterschiede dass die Kugeln in dem Innengliede entweder fehlen oder immer farblos sind. Das Aussenglied der Zapfen hat eine Länge von 6—7 Mik. Auch Dop- pelzapfen kommen in der Retina der Krokodile vor und die beiden Theile des Zwielingszapfens verhalten sich gerade so, wie bei den Fröschen nur mit dem Unterschiede dass der Hauptzapfen immer eine farblose Kugel enthält. Das Aussenglied des Hauptzapfens ist gewöhnlich kurz und dick und hat eine Länge von 5 Mik, während das Aussenglied des Nebenzapfens länger und schmaler und 8—9 Mik. lang ist. Nur in einem wichtigen Punckte weichen die Krokodile von den Fröschen ab, nämlich durch das eigenthümliche Verhältniss der Zapfen in der Fovea centralis. Nicht allein dass die Stäbchen in der Umgebung der Fovea centralis stets mehr und mehr in den Hintergrund treten um in der Fovea selber vollkommen zu verschwinden, sondern auch die Form der Zapfen wird in der Fovea eine durchaus andere. Allererst werden die Innenglieder in der Fovea viel schmaler, in der Mitte der Fovea sind sie kaum 4 Mik. breit, während sie in den übrigen Partieen der Retina eine Breite von 7—8 Mik. haben. Besonders merkwürdig ist aber die Länge der Aussenglieder, welche in der Fovea selber eine Länge von 30—34 Mik. erreichen können, während sie äusserst dünn werden. Die mehr oder weniger linsenförmigen Körperchen weichen für vollkommen homogenen Ellipsoiden, welche fast den ganzen Umfang des Innengliedes einnehmen. In der Fovea selber scheinen nur einfache Zapfen vorzukommen. Doppelzapfen traf ich wenig- stens dort nicht an. Heinrich Müller ‘) dem wir sehr genaue Mittheilungen über den Bau der Retina bei dem Chameleon verdanken, fand auch, dass bei den Eidechsen die Zapfen in der Fovea centralis bedeutend dünner 1) Heinrich Müller's gesammelte und hinterlassene Schriften zur Anatomie und Physiologie des Auges, 1872. p. 145. Wurzb. naturw. Zeitschrift. Bd. III. p. 1862. 34 und zugleich wie bei den Krokodilen auch viel länger werden. Auch in dem Bau der Retina zeicht sich also die höchste Entwicke- lung der Krokodile unter den Reptilien. Welchem Umstande ist est wohl zuzuschreiben dass in der Retina der Krokodile Stäbehen und Zapfen vorkommen, und zwar die ersteren in übergrosser Zahl, während bei allen anderen Reptilien nur Zapfen angetroffen werden ? Max Schultze !) hat nachgewiesen, dass höchstwahrscheinlich die Stäbehen zur Perception des Lichtes, die Zapfen zur Perception der Farben dienen. Bei Tagthieren werden also die Zapfen entweder allein vorkommen, oder wenigstens in der grössten Anzahl sein, bei Nachthieren dagegen wird das umgekehrte statt finden, dort werden die Zapfen entweder in kleiner Zahl vorkommen oder vollständig fehlen. Bekanntlich sind Schildkröten, Eidechsen und Schlangen Tagthiere, welche am liebsten im hellsten Tageslicht sich aufhalten, hier müssen also — im Einklang mit der Theorie von Max Schultze — die Zapfen die Ueberhand haben. Aber eine Ausnahme machen die Krokodile, die gespaltene Pupille, deutet schon darauf hin, dass wir hier nicht mit Tagthieren zu thun haben; aus der Lebensweise der Krokodile wissen wir denn auch, dass sie in der Dämmerung auf Beute ausgehen. Hier müssen also — wie a priori zu erwarten war — die Stäbchen in übarwie- gender Zahl vorhanden sein und die Untersuchung hat dies voll- kommen bestätigt. Das scheinbar abweichende in dem Bau der Retina bei den Krokodilen bestätigt auf’s Neue die geniale Hypo- these von Max Schultze. ERGEBNISSE. Von den verschiedenen Schichten welche die Retina zusammen- setzen, ist die Schicht der Stäbchen und Zapfen in Vereinigung 1) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. III. 1867. 35 mit der äusseren Körnerschicht, jedenfalls wohl die bedeutendste für die Perception des Lichtes. Die Stäbchen und Zapfen bestehen aus zwei Theilen, einem Aussen- und einem Innenglied. Beide Theile sind scharf von einander getrennt. Dies zeigt sich am deutlichsten aus dem Verhältniss der beiden Theile zu chemischen Reagentien. Während also eine Trennung von Stäbchen und Zapfer in Innenglieder und Aussenglieder vollkommen berechtigt ist, entsteht unwillkürlich die Frage ob wir mit eben solchem Rechte die Innenglieder der Stäbchen und Zapfen von den Körnern der äusseren Körnerschicht trennen dür- fen. Als Grenzmembran nimmt man gewöhnlich die Membrana limitans externa an. Allererst bemerkt man bei genauerer Untersuchung, dass die Membrana limitans externa wohl schwerlich als Grenzschicht zwischen Innengliedern und Körnern angenommen werden kann. Bei den Amphibien liegt in den meisten Fällen der Kern des Kornes nie vollkommen unter die Limitans, was doch wenigstens wohl der Fall sein müsste, wenn man der Limitans als Grenzscheidung zwischen Innenglied und Korn annehmen will, sondern wohl ragt entweder ein kleineres, oder ein grösseres Segment des Kernes oberhalb der Limitans hervor und die Fälle in welchen der Kern des Kornes vollkommen unter der Limitans liegt, sind bei den Amphibien wirklich selten. Und wirklich angenommen, dass der Kern des Kornes immer unter die Limitans externa zu liegen kommt, dann glaube ich doch nicht, dass wir darum Recht haben, die Limitans externa als Grenz- scheide zwischen Innenglied und Korn anzunehmen. Die Limitans mit ihren „Faserkorben” liegt durchaus aussen um das Innen- glied herum und hat mit dem innerlichen Bau des Innengliedes und Kornes nichts zu schaffen. Innenglied und Korn gehen ohne bestimmte Grenzen unmerkbar in einander über. Dieselbe fein körnige Substanz, welche den Kern des Kornes umgiebt, setzt sich auch in das Innenglied fort, um dort den wichtigsten Bestandtheil des Innengliedes zu bilden. Die linsenförmigen Körperchen und die Ellipsoiden haben mit der Substanz des Innengliedes nichts zu schaffen , sie verhalten sich chemisch, durchaus anders als die Substanz des Innengliedes. Dies geht am deutlichsten aus der Betrachtung von Praeparaten hervor, welche in Osmiumsäure behandelt und 36 darauf in Wasser macerirt sind, nicht selten beobachtet man dann Stäbchen- und Zapfeninnenglieder, wo die linsenförmigen Körper- chen und Ellipsoiden sich vollkommen von der eigentlichen Sub- stanz des Innengliedes zurückgezogen haben. Ich glaube nicht dass wir Recht haben, Innenglied vom Korn zu trennen, beide Theile gehören zu einander, bilden ein einziges Formelement, das sich vollkommen mit einer Epithelzelle oder wenn man will mit einer Neuro-epithelzelle vergleichen lässt. Der Kern des Kornes stellt dann den Kern der Epithelzelle, das Stäbchen- oder Zapfeninnen- glied den Zellkörper vor. Schon Henle !) hat die Schichten, welche die Retina zusammen- stellen, in zwei grosse Abtheilungen getrennt, welche er als die „musivische Schicht”’ und die eigentlich „nervöse Schicht” bezeich- net hat. Zur ersten gehören dann die Stäbehen und Zapfen inclusive Limitans externa und äussere Körnerschicht, zur letzteren alle andere Schichten. Schwalbe ?) wies nach, dass man vollkommen berechtigt ist, die zwei von Henle angenommenen Hauptabtheilungen zu behalten und nennt die musivische Schicht Henle’s, die Neuro-epitheliumschicht, die nervöse Schicht Henle’s die Gehirnschicht. Die bahnbrechenden Untersuchungen von Wilhelm Müller °) welche mir nur aus einem Referat von Theile in Schmidt’s Jahrbüchern bekannt war, kamen mir erst in die Hände als ich meine Unter- suchungen über den Bau der Amphibien- und Reptilien-Retina schon abgeschlossen hatte, und das Manuscript schon dem Drucke ergeben war. Es war mir also nicht mehr möglich die von W. Müller vorgeschlagene Terminologie einzuführen. W. Müller unterscheidet an der Retina einen Ektodermtheil (epithelialen Theil) und einen Neurodermtheil (cerebralen Theil. Zum ersteren rechnet er die Stäbchen-Zapfenschicht und die äussere Körnerschicht, welche er 1) J. Henle. Handbuch der Eingeweide-Lehre des Menschen. Dritter Abschnitt 1. 641. 1866. 2) Schwalbe 1. c. 8. 359. 3) W. Müller. Über die Stammesertwickelung des Sehorgans der Wirbel- thiere als Festgabe Carl Ludwig zum 15 Oct. 1874. 37 als die Schicht der „Sehzellen” bezeichnet. Die Stäbchen inclusive Stäbchenkörner werden als die langen, die Zapfen inclusive Zapfen- körner werden als die kurzen Sehzellen betrachtet. Die Landolt'schen Kolben in der äusseren Körnerschicht der Salamandrinen,, so wie die kolbenförmigen Körperchen, die Proto- plasmastränge u. s. w. bei den Schildkröten gehören wohl dem Spe- eialfulerum Müller’s an. Zu dem Neurodermtheil rechnet W. Müller zuerst die Schicht der Nervenansätze (äussere granulirte Schicht der Autoren). Während ich Müller vollkommen beistimmen kann, wenn er den Zusammenhang der Nervenfaser von der Ganglienzelle bis zur Sehzelle für einen continuirlichen erklärt, kann ich ihm doch nicht vollkommen beistimmen, was die Art der Verbindung selber betrifft. Die Insertion erfolgt nach Müller am inneren Ende der Sehzellen (Stäbehen- respeetive Zapfenfaser) und zwar in der Regel an einer etwas ausgezogenen Stelle, welche seitlich ange- bracht ist, mittelst einer conischen im Profil dreieckig erscheinenden Erweiterung. Bei den Amphibien (Rana, Bufo, Bombinator, Sire- don, Triton, Salamander) zeigen die Stäbchen- respective Zapfen- fasern wohl sehr oft eine conische Verdickung, aber von dieser conischen Verdiekung entspringen wieder zwei feine Fäserchen. Nicht selten sieht man auch dass die Faser ohne eine Verdiekung zu bilden sich dichotomisch theilt. Unter den Reptilien kommt bei den Schlangen (Coluber natrix) solch eine Verdiekung jedenfalls nicht vor, ebenso wenig bei den Schildkröten (Emys europaea) und auch bei den Krokodilen habe ich nie weder an den Stäbchen- noch an den Zapfenfasern je eine solche Verdiekung gesehen. Die conischen Verbreiterungen an den Stäbehen- respective Zapfenfasern , wie Müller sie aus der Retina von Platydactylus beschreibt, dürfte wohl kaum so allgemein sein als dieser Forscher angiebt. Die innere granulirte Schicht wird von Müller in zwei Abthei- lungen getrennt, nämlich in die Schicht des Ganglion retinae und die Schicht der Spongioblasten. Zur ersteren rechnet er die äussere Lage, zur letzteren die innere Lage der inneren Körner- schicht. Bei Salamandra maculata ist der Unterschied von beiden Zellenschichten sehr deutlich, das Protoplasma der Zellen des Gan- 38 glion retinae ist fast vollkommen homogen, während das der Spon- gioblasten äusserst fein granulirt ist. Bei anderen von mir unter- suchten Amphibien und bei den Reptilien ist mir der Unterschied nicht aufgefallen, was ich wohl allererst dem Umstande zuschreibe , dass ich damals mit den schönen Untersuchungen von Müller nicht bekannt, wohl hauptsächlich isolirten Körnern, und nicht Schnittpraeparaten der inneren Körnerschicht meine Aufmerksamkeit gewidmet habe. Am meisten dürfte wohl für diese Untersuchung die innere Körnerschicht von Siredon pisciforme zu empfehlen sein, wo die ganze Schicht nur aus zwei Reihen von Körnern gebildet wird wie auch neuerdings Emery }) angegeben hat. Die innere granulirte Schicht bezeichnet Müller als das „Neuro- spongium’” und die Ganglienzellenschicht als das „Ganglion nervi optici”. Die Dicke der Retina der verschiedenen von mir untersuchten Amphibien verhält sich folgendermaszen : A ge Q un .g.! = . A FEN -_ =} = ® 2235| 282 |3382| 33 323: S SIDE (es 8 Son =) sas| 533S |3892S nn Zu 3 NS Sie BI LS Sn e TS Am OSSs a EIICORES una Era Ar en gehe San „ 8 THIERSPECIES. B33085 IN» = =+n =. ©.8 Bee ee ee Br en areas Es8 |S25% So See © LEO 2058 Pue= | = a) m5.o a» = Eu 300 =.2 82 3 a2 .= sE3un| 552 |3350 25 aa = Son 105 san 5 Sn oO B) 2.2:0 8 nr ins” a,o RZ) un PR S) A |H5 SZ >: a u Rana esculenta ... .| 88 Mik |5-6 Mik | 88 Mik | 54 Mik | 20 Mik |10 Mik Triton “eristatus.... „1.56 >» 18,9,.2 11.06 >» 32 >» 20 » 10923 Salamandramaculosa) 52 » |5 > 64 > 24 >» 24 » 10 > Bombinator igneus. .| 96 » |6 2.8805 48 >» 223 2, UIOS> Siredon pisciforme. .| 48 » |35 » | 22 » 16 >» 12 su NO uber natrix. . ee » » » >» > - > Colube t 40 4 56 50 10-12 Emys europaea ...| 54 » [2-3 » | 40 >» 48 > » ı14-15 > illus vulgaris. > 5-5 » » > > > Crocodill lg 82 4,5-5 32 54 9 15 1) €. Emery. La terminazione del nervo ottico nella retina dei Batracii urodeli. Societa Italiana di scienze naturali di Milano. Vol. XVIII. fasc. IV. 1876. 39 Das Vorkommen von Haaren, welche von der Substanz des In- nengliedes der Stäbchen (Rana, Salamandra, Triton) und der Zap- fen (Emys europaea) abtreten, giebt uns wahrscheinlich wohl das Recht die Sehzellen Müller’s als ein haartragendes Neuro-epithelium aufzufassen. . Haartragenden Sinnesepithelien , begegnet man in der Geruchsschleimhaut, in den bekannten „Riechzellen” ; haartragende Sinnesepithelien findet man in dem sechsten Sinne bei Fischen und niederen Amphibien, in den sogenannten Seiten- und Kopfkanälen. Ein haarförmiger Fortsatz kommt ebenfalls den Geschmackszellen zu. Haartragenden Sinnesepithelien begegnet man endlich auch in dem Gehörorgane (Ampullen, Utrieulus, Oorti’schen Organ). Unwillkürlich erinnert uns das Corti’sche Organ an die Retina. Waldeyer ') vergleicht die Stäbchenaussenglieder mit den Haaren der haartragenden Sinneszellen des Corti’schen Organes, das Protoplasma dieser haartragenden Sinneszellen mit den Innengliedern und Körnern von Stäbchen respective Zapfen. Dieser Vergleich geht indessen nicht auf. Die haartragenden Sinneszellen des Gehörorganes werden von der Membrana tectoria und der Otolithenmasse gedeckt. Hasse ?) sieht beide als „die wesentlichsten empfindungserregenden Einrich- tungen des inneren Ohres” an. Waldeyer °) dagegen glaubt, dass sie ausserdem noch eine andere wichtige Rolle als „Dämpfungs- apparat”” spielen. Es fragt sich also, ob es nicht viel besser ist, die Membrana tectoria und die Otolithenmasse mit den Aussenglie- dern von Stäbchen und Zapfen zu vergleichen, oder lieber noch die Membrana tectoria den Aussengliedern von Stäbchen und Zapfen und die Otolithenmasse den in den Innengliedern gelegenen linsen- förmigen Körperchen und gefärbten Kugeln gleich zu stellen. Der Zellkörper und der Kern der Gehörzelle kommt dann mit dem Innengliede und dem Korne der Stäbchen respective Zapfen überein. Dass die linsenförmigen Körperchen, inclusive Ellipsoiden und gefärbten Kugeln einen bestimmten Einfluss auf die Richtung 1) Waldeyer. Hörnery und Schnecke. sSitricker’s Handbuch. p. 953. 2) C. Hasse. Zeitschrift f. wiss. Zool. Bd. XVII. 1867. p. 56, p. 381. Bd. XVII. p. 72, p. 359. 3) Waldeyer 1. c. S. 952. 40 der Lichtstrahlen ausüben werden, ist wohl über jeden Zweifel erhaben. Denn die Lichtstrahlen müssen erst die Ellipsoiden, lin- senförmigen Körperchen und gefärbten Kugeln durchlaufen bevor sie in die Aussenglieder ankommen. Die erstgenannten werden einen bestimmten Einfluss auf die Lichtstrahlen ausüben, dagegen werden die gefärbten Kugeln bestimmte Farben zurückhalten. Wie die Otolithenmasse einen bestimmten Einfluss auf die Schall- wellen ausübt, üben die gefärbten Kugeln, linsenförmigen Körperchen und Ellipsoiden einen bestimmten Einfluss aus auf die Lichtstrahlen und dieser Einfluss steht in Einklang mit der Function des betret- fenden Sinnesorganes. Die Membrana tectoria des Corti’schen Organes durch Schallwellen getroffen, wird in Vibration kommen und die Vibrationen werden sich dem haartragerden Neuro-epithelium mittheilen, welche die empfangenen Eindrücke weiter leiten soll. In der Retina jedoch würde solch ein einfacher Vibrations-apparat durchaus ungenügend sein, dort muss dieser Apparat ein viel complieirterer sein. Der Nervus optieus scheint für Lichteindrücke unempfindlich. Es muss also eine Einrichtung vorhanden sein, wo die Lichtwellen verarbeitet, wo die Lichtbewegung in Nervenbewegung umgesetzt wird. Diese Einrichtung findet man in den Aussengliedern der Stäbchen und Zapfen, welche also nur als pereipirende Elemente angesehen werden müssen. Die Haare des Neuro-epitheliums ver- laufen in den Rinnen an der äusseren Oberfläche von Stäbchen und Zapfen und stehen also in unmittelbarer Berührung mit den pereipiren- den Elementen gerade wie die Gehörhaare in unmittelbarer Berührung mit der Membrana tectoria des Corti’schen Organes stehen. So wird die Hypothese von Max Schultze ') „Es ist das wahrscheinlichste, dass Ner- vensubstanz auch mit den Aussengliedern in Contact oder Continuität stehe’”’ vollkommen bewahrheitet. Und dass wirklich die mit den Kör- nern der äusseren Körnerschicht in Verbindung stehenden Fasern, die sogenannten Stäbchen- und Zapfenfasern als echte Nervenfasern an- gesehen werden müssen, daran braucht man, wie ich glaube, wohl nicht 1) Max Schultze. Dessen Archiv. Bd. VII. 41 mehr zn zweifeln. Max Schultze hat nachgewiesen, dass die Stäbchen- und Zapfenfasern — was ihren anatomischen Bau angeht —, voll- kommen mit echten Nervenfasern übereinstimmen. Die Stäbchen- und Zapfenfasern stehen in direetem Zusammenhang mit der inneren Körnerschicht, und dass die Körner der inneren Körnerschicht als bi-poläre Ganglienzellen betrachtet werden müssen, dass darf man wohl als gesichert stellen. Zwar ist ein direeter Zusammenhang zwischen den Fortsätzen der inneren Körnern und den Ganglien- zellen noch nicht nachgewiesen, dennoch spricht nichts dafür diesen Zusammenhang zu bezweifelen. Als peripherische Enden von allen Sinnesorganen findet man also haartragende Neuro-epithelien und die Structur dieser Endorgane hat sich durch Anpassung modificirt je nach der Function welche sie zu verrichten haben. Aber nicht allein besteht eine vollkommene Uebereinstimmung in dem Bau der Neuro-epithelien der höheren Thiere, auch der Gesichts-apparat der niederen Thiere schliesst sich vollkommen dem der höheren an. Unsere Kenntniss über den Bau der Retina bei Cephalopoden und Heteropoden und der zusammengesetzten Augen der Arthro- poden verdanken wir hauptsächlich den schönen Untersuchungen von Max Schultze !). Bei Cephalopoden und Heteropoden liegen die Stäbchen den Nervenfibrillen eng an. Die Stäbchen umfassen die Nervenfibrillen , so dass die letzteren das innere der ersteren anfüllen, oder die Nervenfibrillen verlaufen auf der Oberfläche der Stäbchen, welche dafür rinnenförmige Vertiefungen zeigen. Die Nervenfibrillen treten aus spindelförmigen, mit Kernen versehenen Zellen zu Vorschein. Die Basis dieser Zellen, welche vollkommen dem Neuro-epithelium (Innenglieder, inclusive Körner der äusseren Körnerschicht), der Wirbelthiere ähnlich sind, theilt sich in einen Bündel äusserst 1) Max Schultze. Die Stäbchen in der Retina der Cephalopoden und Hetero- poden. Dessen Archiv. Bd. V. p. 1. 1869. Max Schultze. Untersuchungen über die zusammengesetzten Augen der Krebse und Insecten. 1868, 42 feiner, varicöser Fasern, welche unmittelbar mit dem Opticus in Verbindung stehen. Auch hier findet man also ein haartragendes Sinnesepithelium, auch hier sind die Haare oder Nervenfibrillen, die peripherischen Endorgane des Nervus opticus, in unmittelbarer Berührung mit den Stäbchen, welche hier bekanntlich ebenfalls Plättehenstrucetur zeigen. Auch bei den Arthropoden begegnet man lamellös geschichteten Stäben, welche auch hier in nächster Beziehung zu Nervenfibrillen stehen, welche aus der Opticusfaserschicht an deren hinteres Ende herantreten und in ihnen oder an ihnen endigen. Es besteht also eine vollkommene Uebereinstimmung in dem Bau des Auges bei höheren und niederen Thieren, Bei beiden findet man als letzte Endorgane des Nervus opticus ein haartragendes Neuro-epithelium, bei beiden sind die Haare dieses Neuro-epitheliums in unmittelbarer Berührung mit der Schicht der percipirenden Elemente. LEIDEN, Nov. 1875. ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN VON TAT I. UND: BUCHSTABENBEDEUTUNG. . Aussenglied. . Innenglied. . Linsenförmiges Körperchen. . Körner der äusseren Körnerschicht. . Membrana limitans externa. Stäbchen- respective Zapfenfaser. . Aeussere granulirte Schicht. SISTERS nee . Körner der inneren Körnerschicht. Rana temporaria. Taf. I. Fig. 1—7. Fig. 1. Stäbchen mit Stäbchenkorn und Stäbchenfaser der allgemein vor- kommenden, Fig. 2. Stäbchen mit Stäbchenkorn der seltener vorkommenden Art. Fig. 3 und 4. Stäbcheninnenglieder sammt Stäbchenkorn und Stäbchenfaser. Aus dem Innengliede ragt ein Bündel feiner Fäserchen s. Haare hervor. Fig. 5. Doppelzapfen. Fig. 6. Korn der inneren Körnerschicht mit den beiden Fortsätzen. Fig. 1—6 nach Osmiumsäure-Behandlung und darauf folgender Maceration in destillirtem Wasser. Bombinator igneus. Taf. I. Fig. 7—14. Fig. 7. Stäbchen mit Stäbchenkorn und Stäbchenfaser der allgemein vor- kommenden, Fig. 8. Stäbchen mit Stäbchenkorn der seltener vorkommenden Art. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 44 Stäbchen mit Stäbchenkorn und Stäbchenfaser, das peripherische Ende des Stäbchenaussengliedes ist abgebrochen. Einfacher Zapfen mit Zapfenkorn, das Aussenglied ist abgebrochen. Einfacher Zapfen mit Zapfenkorn. Doppelzapfen. Aussenglieder auf dem Querschnitt betrachtet. Fig. 7—14. Osmiumsäure-Praeparate. Salamandra maculosa. Taf. I. Fig. 14—24. Stäbcheninnenglied mit Stäbchenkorn und Stäbchenfaser. Stäbchen mit Stäbchenkorn und Stäbchenfaser. Doppelzapfen. Stäbeheninnenglied mit Stäbchenkorn und Stäbchenfaser. Aus der Substanz des Innengliedes ragt ein Bündel Haare hervor. Doppelzapfen. und 20. Stäbcheninnenglieder mit Korn und Stäbchenfaser, aus der Substanz des Innengliedes ragt ein Bündel feiner Haare hervor. Abgebrochenes Stück eines Stäbchenaussengliedes an welchem noch einige haarförmige Fortsätze hangen geblieben sind. Einfacher Zapfen mit Zapfenkorn. Korn der inneren Körnerschicht mit den beiden Fortsätzen. Fig. 14—24. Osmiumsäure-Praeparate. Triton cristatus. Taf. I. Fig. 24—31. Taf. II. Fig. 31—53. Stäbchen mit Stäbchenkorn und Stäbchenfaser. Doppelzapfen mit den beiden Zapfenkörnern. Einfacher Zapfen, das Aussenglied ist abgebrochen. Stäbchenaussenglied theilweise noch von der umhüllenden Membran umschlossen. Stäbcheninnenglied mit Stäbchenkorn, aus der Substanz des Innen- gliedes ragt ein Bündel feiner Haare hervor. Einfacher Zapfen. Landolt'sche Kolbe. Einfacher Zapfen. Stäbcheninnenglied an welchem theilweise noch die vom Innengliede sich fortsetzende das Aussenglied umhüllende Membran sichtbar ist. Fig. 24—33. Osmiumsäure-Praeparate. Coluber natrix. Taf. II. Fig. 33—40. 33a.b.d. Einfache Zapfen, c. Doppelzapfen. 34. Doppelzapfen mit Zapfenkorn und Zapfenfaser. 45 Fig. 35. Vier einfache Zapfen mit Zapfenkörnern und Zapfenfasern. Fig. 36 und 37. Einfache Zapfen. Fig. 38. Doppelzapfen. Fig. 39. Einfacher Zapfen mit Zapfenkorn und Zapfenfaser, letztere in unmit- telbarem Zusammenhang mit dem peripherischen Fortsatz eines Kornes der inneren Körnerschicht. i. Centraler Fortsatz des inneren Kornes. Fig. 33—40. Osmiumsäure-Praeparate. Emys europaea. Taf. II. Fig. 40—57. Fig. 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46. Doppelzapfen in frischem Zustande. Fig. 47, 48, 49, 50. 5l, 52. Einfache Zapfen in frischem Zustande. Fig. 53. Doppelzapfen nach Osmiumsäure-Behandlung. Aus der Substanz des Hauptzapfeninnengliedes ragen die haarförmigen Fortsätze hervor. Fig. 54. Doppelzapfen nach Osmiumsäure-Behandlung. Fig. 55. Einfacher Zapfen nach Osmiumsäure-Behandlung. Das Innenglied ist abgebrochen; die das Aussenglied umhüllende Membran is taschen- förmig angeschwollen und so wohl als die aus der Substanz des Innengliedes hervorragenden Haare deutlich zu sehen. Fig. 56. Querschnitt durch die Retina. Osmiumsäure-Praeparat. a. fein granulirte Kolben in der äusseren Körnerschicht. (Special- fulecrum Müller's.) i. Stützfasern. Crocodilus vulgaris. Taf. II. Fig. 57—61. Fig. 57. Drei Stäbchen mit Stäbchenkörnern und Stäbchenfasern. Fig. 58. Stäbchen und einfacher Zapfen. Fig. 59, 60. Zapfen aus der Fovea centralis. Fig. 61. Doppelzapfen. Fig. 57—61. Osmiumsäure-Praeparate. wi I E HE Be Fi EEE ZUR ENTWICKELUNGSGESCHICHTE DER ENTOMOSTRAKEN VON Dr+ BD. P2,. CH, HOER, ASSISTENT DES ZOOTOMISCHEN LABORATORIUMS ZU LEIDEN, I. Embryologie von Balanus. MIT TAFEL III UND IV. Was ich hier der Veröffentlichung übergebe sind theils im Zootomischen Laboratorium zu Leiden, theils an der Zoologischen Station zu Neapel vorgenommenen Untersuchungen, deren Zweck im ganzen die Lösung verschiedener anatomischen und embryologi- schen Fragen beabsichtigte, von welchen aber nur der embryologi- sche Theil so weit vorgeschritten ist, dass ich ihn zu publieiren wage. In Neapel studirte ich Balanus perforatus Brug., während ich in Leiden mich mit Balanus improvisus Darwin und Balanus balanoides Linn. beschäftigte '). 1) Was die zu der Niederländischen Fauna gehörigen Cirripedien anbetrifft, so verweise ich nach meiner im vergangenen Jahre publieirten Inaugural- Dissertation: Eerste bijjdrage tot een nauwkeuriger kennis der Sessile Cirripedien , deren faunistischer Theil mit Aufnahme auch der nicht sessilen Formen in dem »Tijdschrift ‘der Nederlandsche Dierkundige Vereeniging”, 2ter Jahrgang 1875 aufs Neue gedruckt wurde. Die bis jetzt für die Niederländischen Küsten nach- gewiesenen Cirrepedien sind: von dem Genus Balanus: B. improvisus Darwin, B. crenatus Bruguiere, B. balanoides Linn., B. Hameri Ascanius; von dem 48 Eine Darstellung der auf den Geschlechtsorganen und der Eibil- dung bezüglichen Verhältnisse , lasse ich der Embryologie vorangehen. I. GESCHLECHTSORGANE UND EIBILDUNG. Nur die weiblichen Geschlechtsorgane verdienen eine in etwa eingehende Betrachtung: der Bau der männlichen wurde schon von Martin— St. Ange richtig erkannt. Uebergehen wir die Literatur von Darwin mit Stillschweigen, so genügte für die Schriften bis 1869 eine Verweisung nach Buchholz’ Arbeit: Entwickelungsgeschichte von Balanus improvisus Darwin. Ich halte es aber für besser die verschiedenen seit Darwin geäus- serten Meinungen im Zusammenhang zu betrachten. Darwin ') selbst nannte „true ovaria” die drüsigen Gebilde, welche nicht weit von der Basal-Ecke des Labrum’s entfernt im Prosoma sich finden. Die „ovarian branching tubes and caeca”, welche bei den Balaniden den Boden der Schale bedecken und bei den Lepa- diden den oberen Theil des Stieles anfüllen, communieiren durch zwei „main ovarian ducts’’ mit den im Prosoma geliegenen Ovarien. Eine Verbindung zwischen den Övarialblindschläuchen und den Eilamellen gelang es Darwin nicht nach zu weisen: „the ova being brought to the surface by the formation of a new membrane round the sack underneath them”. Krohn ?) entdeckte, dass die von Darwin beschriebenen „ovarian ducts’” nicht mit den im Prosoma geliegenen Ovarien communicirten , sondern dass sie an der Basis des ersten Spaltfusspaares ausmün- deten. Die von Darwin sogenannten „auditory sacs’’ sind nur blasenartige Anschwellungen des Oviducts. Genus Verruca: V. Strömia Müller; von dem Genus Lepas: L. anatifera Linn., L. pectinata Spengler. Auf Schiffskielen sind auch von Balanus tintinnabulum Linn. und Conchoderma aurita Zinn. Exemplare gefunden. Diese werden aber schwerlich zu der Niederländischen Fauna gerechnet. Die parasitischen Formen sind noch kaum berücksichtigt. 1) Darwin. A monograph of the Sub-class Cirripedia. Balanidae. 1854. 2) Krohn. Archiv. f. Naturgeschichte. XXV. 1859. 49 Auch Pagenstecher ') fand keinen Zusammenhang der „true ovaria” von Darwin mit den sogenannten „ovarian ducts’: die „ovarian branching tubes’” seien die eigentlichen Ovarien, die Darwin’schen Ovaria seien eher für Kittdrüsen zu halten. Buchholz ?) sucht ebenfalls in den Ovarialschläuchen den Sitz der Eibildung: die geringe Grösse des von ihm untersuchten B. improvisus machte es ihm aber unmöglich diesen Verhältnissen genauer nach zu forschen. Kossmann °) gelang es bei der sehr grossen Lepas Hillii den Oviduct in seiner ganzen Länge „in continuo” bloss zu legen: so überzeugte er sich dass Krohn mit seiner Angabe durchaus Recht hatte. Die Wandung der mit dem Oviducte in Verbindung stehenden Blase übernimmt bei Lepas die Function einer Eikittdrüse. Von allen genannten Autoren beschäftigte sich aber nur Buchholz mit der eigentlichen Eibildung. Nach ihm besteht die Ovarialmasse überall aus zahlreichen dicht an einander gelagerten verzweigten Blindschläuchen, welche mit Eiern in verschiedenen Ausbildungs- stadien ganz erfüllt sind. Zwischen den ziemlich ausgebildeten Eiern findet man an den Wandungen der Schläuche kleinere Zellen, welche durch allmählige Uebergänge als in verschiedener Entwicke- lung begriffene Eizellen sich erweisen. Die Wandungen der Schläuche sind sehr dünn und strukturlos. Untersucht man die blinden Enden der Schläuche hei stärkerer Vergrösserung, so findet man die jüng- sten Eizellen vor. Diese sitzen in ziemlich weiten Entfernungen von einander der Wandung der Ovarialschläuche an. Nach Buchholz „kann es kaum zweifelhaft erscheinen, dass wirklich die Eier in diesen äusseren Eischläuchen aus jungen Keimzellen entstehen, und nicht etwa aus einem innerhalb des Körpers selbst gelegenen Ovarium, bereits vorgebildet, in dieselben gelangt sind.” Ausser Buchholz haben sich in den letzten Jahren einige Französischen Zoologen und mit ihnen der Belgische E.van Beneden um die Eibildung 1) Pagenstecher. Z. W. Z. XIII. 1863. 2) Buchholz. Mittheil. a. d. Naturwissensch. Ver. v. Neu-Vor-Pom. und Rügen. I. 1869. 3) Kossmann. Arbeiten aus dem Zool. Zoot. Inst. in Würzburg. I. 1873. 4 50 der Cirripedien, namentlich der parasitischen bemüht. Nach @erbe ') ist bei Sacculina jedes Ei aus zwei Bläschen gebildet, von denen das eine das eigentliche Keimbläschen ist, während das andere „ne peut avoir d’autre röle que celui de centre de formation de l’element nutritif.” Die darauf von Balbiani ?”) gemachten Bemerkungen sind, wie Grenacher im Berichte für 1869 mit Recht sagt, haupt- sächlich persönlich und auch die Erwiederung Gerbe’s °) „enthält nur Persönliches”. Von viel grösserer Bedeutung war die Mittheilung von van Beneden *), dass die jüngsten Eier der Sacculina einen, die älteren zwei Kerne enthalten. So bald sich zwei Kerne ent- wickelt haben, entsteht an dem einen Pole eine kleine Knospe » welche, nachdem sie sich weiter ausgebildet hat, einen der beiden Kerne in sich aufnimmt, immer aber von der Mutterzelle deutlich abgesetzt erscheint. Die eine der so entwickelten Zellen wächst nun weiter, die andere bleibt zurück. Aus der ersteren geht das Ei hervor, das eine Membran bekommt, welche an der Ansatzstelle der kleinen polaren Zelle eine Lücke zu haben scheint. Die Polzelle bleibt immer in dem Eierstock zurück um als Mutterzelle wieder neue Eier zu erzeugen. Die Meinungen @erbe’s und Balbiani’s sind factisch durch van Beneden widerlegt: die grosse Zelle, welche nach Gerbe nur den Werth eines Bildungsdotters haben würde, ist wirklich das ganze Ei. Woher aber die Eierstockschläuche und die in ihnen vorkom- menden Eier selbst stammen, wird von E. van Beneden ebenso wenig als von Ludwig °) in seiner Preisschrift „Ueber die Eibildung” mitgetheilt. Wohl sagt letzterer, was die Balaniden angeht, die Angaben von Buchholz völlig bestätigen zu können („die Eier sind nur gewachsene und umgewandelte Zellen des Ovars, welche in der Jugend der Wandung desselben wie Epithelzellen ansitzen”): 1) Gerbe. Comptes rendus LXVIII. 1869. 2) Balbiani. Comptes rendus LXVIII et LXIX. 1869. 3) Gerbe. Comptes rendus LXVIII. 1869. 4) Van Beneden. Comptes rendus LXIX. 1869, und Bulletin de l’Acad. Roy. de Belg. 2. Serie Tom. XXIX. Bruxelles. 1870. 5) Ludwig. Ueber die Eibildung im Thierreiche. Würzbnrg. 1874. pr 51 dies erklärt die Bildung der Eischläuche selbst ebenso wenig als für die Bildung der Eier bei Sacculina die negative Behauptung „ein inneres Epithel konnte ich so wenig als Ed. van Beneden und Kossmann mit Sicherheit erkennen”. In wie weit es mir gelungen ist die Frage ein wenig ihrer Lösung näher zu bringen, mögen folgende Mittheilungen zeigen. Für die Eibildung benutzte ich B. balanoides, B. perforatus und B. improvisus. Weder B. balanoides noch B. perforatus lieferten mir bis jetzt die für das Studium der Eibildung so unentbehrlichen Jugend-Stadien: als ich während der Monate Juli und August in Neapel die Verhältnisse bei B. perforatus zu studiren beabsichtigte , fand ich den ganzen Raum zwischen Basis und Mantel prall mit Ovarial-Blindschläuchen gefüllt. Alle Exemplare waren ungefähr in dem nämlichen Stadium der Geslechtsreife. Was übrigens die Blind- schläuche bei B. perforatus von den nämlichen Gebilden des B. bala- noides unterscheidet ist: 1°. dass sie viel eher mit dem Namen „Klumpen’” als „Schläuche” zu bezeichnen sind, und 2°. dass immer selbst in den am meisten fortgeschrittenen und gegen einander ge- drungenen Eiern ein heller Fleck die Stelle zeigt, wo sich im Primordial-Ei das Keimbläschen befinde. Auch von B. balanoides gelang es mir bis jetzt nicht die geeigneten Stadien zu beobachten. Im Nachsommer findet man nur schon ziemlich weit entwickelte Ovarialschläuche, welche während der Herbst-Monate allmählich die befruchtungsfähigen Eier lieferen. Die befruchteten Eier trifft man von Ende November bis März innerhalb der Mantelhöhle, und erst im Laufe des Sommers fangen die Ovarialschläuche sich von Neuem zu bilden und zu entwickeln an. Indem ich aber während dieser Jahreszeit gewöhnlich ziemlich weit vom Strande der Nordsee entfernt wohne, war ich bis jetzt nicht in der Gele- genheit das an B. balanoides zu prüfen, was ich bei B. improvisus gefunden und unten erörtere. B. improvisus lebt im Brackwasser des Amstel-Stromes und kommt darin massenhaft vor. Ganz junge Stadien bekam ich in August und September zu Gesicht; es war aber von Ovyarial- schläuchen noch keine Spur da. Auch der Mantel war anfangs sehr 52 schwer nach zu weisen. Im jüngsten von mir beobachteten Stadium zeigte derselbe nur eine Schicht von ganz regelmässigen ungefähr hexagonalen Zellen. Diese sind alle mit scharfbegrenzten Kernen mit Kernkörperchen (bald eins, bald zwei) versehen, während der Inhalt aus einem vollkommen hellen Plasma bestand. Hier und da war in dem Zellplasma eine leichte körnige Trübung zu sehen. Die Grösse der Zellen war durchschnittlich 0.016 a 0.025 m.m., die Grösse der Kerne 0.004 a 0.005 m.m. (Taf. III, fig. 1.) Allmählich begann sich darauf dies Gewebe, das anfänglich nur ein wahres „Epithelial-Gewebe’” war, zu differenziren. Während es durch Theilung nach unten ein mehrschichtiges wird, scheidet es nach aussen eine Chitinhülle ab, wodurch später die eigenthümliche Häutung ermöglicht wird. Auch gehen die Zellen der äusseren Schichte in Pigment-Zellen über: das Pigment wird anfangs nur rings um die Kerne herum gesehen, füllt aber später die ganze Zelle an, wodurch das Gewebe das Aussehen gewinnt aus einer dunkelen Masse, in welcher die Kerne als hellere Stellen gestreut liegen, zu bestehen (Taf. III, fig. 2 und 5). Aus diesem Gewebe entwickeln sich nun auch die Ovarial- schläuche. Wie ich gesagt habe, besteht der Mantel anfänglich nur aus einer Zellenschicht; sobald aber mehrere gebildet sind, sieht man eigenthümliche Zellen, welche in directem Zusammen- hang mit dem Mantel stehen. Freilich is est mir nicht gelungen nach zu weisen, wie diese eigenthümlichen Zellen (welche ich Ovarial-Mutterzellen zu nennen vorschlage) sich aus dem Mantel- Epithelium entwickelt haben: nur hier und da beobachtete ich (Taf. III, fig. 4), dass zwischen den einkernigen Epithelzellen sich grössere mit drei Kernen vorfanden, welche ihrer Lage und der Grösse der Kerne nach, nur durch Verschmelzung von einkernigen entstanden sein könnten und vielleicht ist hierin ein erster Vor- gang zur Bildung der Ovarialschläuche zu sehen. So viel steht aber fest, dass bei jungen Balanen mit dem Epithel des Mantels gestielte Zellen in Zusammenhang stehen, welche ent- weder oval oder rund sind und einen Durchmesser von 0.17 a 0.1 m.m. besitzen. Das Eigenthümliche ist aber grossentheils in der 53 Grösse ihrer Kerne gelegen, deren Durchmesser nämlich unge- fähr halb so gross als der der Zellen ist und von 0.08 bis 0.06 m.m. beträgt. Der Kern enthält neben zahlreichen feineren und grösseren Körnern immer einige viel grössere Gebilde; im gra- nulirten Plasma, das rings herum den Kern umgiebt, liegen auch einzelne Körner von bedeutenderem Umfang zerstreut (Taf. III, fig. 5 und 6.) Diese Zellen sitzen nun immer in gedrängten Büscheln zusammen (Taf. III, fig. 7) am Ende oder im Verlaufe von Schnüren, welche mit dem Mantel-Epithelium zusammenhangen. In den allerjüngsten von mir beobachteten Stadien sind die Schnüre mit einem hellen Plasma und mit in diesem schwebenden Kernen gefüllt. Die Kerne liegen nicht regelmässig in dem Inhalte der Schnüre, sondern kern- lose Stellen, wo das Plasma auch nicht feinkörnig, sondern durchaus homogen ist, wechseln mit anderen ab, wo zahlreiche Kerne gedrängt sich vorfinden. Die Länge der Schnüre ist sehr verschieden: sie übertrifft die Länge der mehrgenannten eigenthümlichen Zellen durchschnittlich um das drei- oder vierfache. Diese Letzteren müssen daher als der äussere angeschwollene Theil der aus dem Mantel-Epithelium hervor- gewachsenen Schnüre betrachtet werden. Das sich an das oben beschriebene am Nächsten anknüpfende Stadium ist in Fig. 8 auf Taf. III abgebildet. Ein Theil der grossen Zelle war durch Ovarialschläuche verdeckt, der frei hervorragende Stiel war bedeutend in die Breite gewachsen und masz jetzt ungefähr 0.07 mm. Die Gränze zwischen dem Stiel und dem knopfförmig angeschwollenen Theil war schwer zu bestimmen, indem sie ganz allmählich in einander übergingen. Der ganze Stiel war mit Epithelzellen bekleidet, deren Grösse zwischen 0.017 und 0.021 m.m. wechselte. Bei verschiedenem Einstellen konnte man ganz bestimmt sehen, dass der Stiel ein Lumen be- kommen hatte: aus einem dünnwandigen Schlauche mit einem plasmatischen Inhalte hatte sich ein hohles Rohr gebildet, dessen Wand eine Epithelbekleidung zeigte. Was den knopfförmigen Theil angeht, so war sein Inhalt, 54 welcher anfangs aus dem grossen Kerne und dem diesen umgeben- den feinen Plasma bestand, in der Weise verändert, dass man hier und da, und namentlich dort wo er in den Stiel überging, ein deutliches die Wände auskleidendes Epithelium unterscheiden konnte. Zugleich beobachtete ich aber im Inneren zahlreiche frei schwebende Eier, welche nur aus den Epithelzellen hervorgegangen sein konnten. Der knopfförmige Theil, für welchen ich schon oben den Namen „Ovarial-Mutterzelle’” vorschlug, ist indessen stark gewachsen, und füllt sich allmählich mit Primordial-Eiern an. Der Stiel ist in etwa mehr fortgeschrittenen Stadien 'gar nicht mehr zu verfolgen in- dem die ÖOvarialschläuche sehr bald allen vorhandenen Raum aus- gefüllt haben. Natürlich können nicht alle Epithelzellen zu Eiern sich entwickeln: untersucht man die blinden Enden, so gelingt es leicht die geschrumpften Zellüberreste oft mit noch darin sich findenden Kernen, zu Gesicht zu bekommen. Fig. 9 auf Taf. III möge diese Verhältnisse veranschaulichen. Fassen wir die Resultate kurz zusammen, so haben wir 1°. der Eierstock der Balaniden bildet sich ausserhalb der Mantelhöhle aus dem eigenen Gewebe des Mantels, und 2°. die Eier entwickeln sich in den Ovarial-Mutterzellen aus wahren Epithelzellen. Wenn auch Buchholz vielleicht schon dieser Meining zugethan war, wie Ludwig hervorhebt, so hat doch letztgenannter sie zuerst ausgesprochen; dass es wirklich so ist, dafür glaube ich den Beweis geliefert zu haben. Es bleibt jetzt noch die Frage übrig, wie die aus den Ovarial- schläuchen (wahrscheinlich durch Bersten der ausserordentlich dünnen Wand) freikommenden Eier in die Mantelhöhle gelangen, und wo sie befruchtet werden. Schon früher hatte ich mich bemüht die Oviducte, wie Krohn sie für Lepas und Balanus tintinnabulum be- schreibt, auch bei B. balanoides oder B. improvisus nach zu weisen, aber vergebens. Kossmann’s bestimmte Angaben zwangen mich die Sache aufs Neue auf zu fassen, aber leider kann ich mich jetzt keines besseren Resultates freuen als zuvor. Bei der geringen Grösse der von mir untersuchten Balanen war eine Präparation der Oviducte, wie Kossmann sie bei Lepas Hillii ausgeführt zu haben behauptet, durchaus unmöglich. Ich habe 55 desshalb bloss versucht die Ausmündungs-Stelle zu finden, und ich hätte mich recht gern, wenn mir auch nur dies gelungen wäre, ganz der Meinung Kossmann’s (Krohn’s) angeschlossen. Nach diesen Autoren öffnet sich der Oviduct in der Tiefe einer Falte, welche am ersten Spaltfusspaare unter der Wurzel des Filamentanhanges bei verschiedenen Arten von Lepas sichtbar ist, und auch für B. tintinnabulum constatirte Krohn ein dem Lepas analoges Ver- hältniss. Bei keinem der von mir untersuchten Balanen (B. impro- visus und balanoides benutzte ich ganz frisch, von B. perforatus und tintinnabulum hatte ich gut conservirte Spiritus-Exemplare) fand ich aber, was ich suchte, obgleich ich zu sehr verschiedenen Unter- suchungs-Methoden meine Zuflucht genommen habe. Weder durch Kochen des Thieres mit Kali um so die Chitinhülle zu isoliren, noch durch Anwendung des Compressoriums oder durch Präparation mit Hülfe des Präparir-Mikroskopes gelang es mir an dem ersten Spaltfusspaare die oben erwähnte Oeffnung zu entdecken, und auch von einem Oviducte, welcher von der Aussenseite des Mantels bis in das Prosoma laufen sollte, fand ich keine Spur. Auf welche Weise also die Eier in die Mantelhöhle gelangen ist mir für die Balaniden bis jetzt noch ganz räthselhaft. Dass sie wie Darwin behauptet durch eine Häutung des Mantels frei kommen sollten scheint mir desshalb unwahrscheinlich, weil nicht der ganze Mantel sondern nur sein Chitin-Ueberzug bei jeder Häutung erneuert wird. Andererseits muss ich gestehen im Mantel von B. perforatus Gebilde angetroffen zu haben, welche mich auf die Annahme hinwiesen,, dass eben der Mantel das Freikommen der Eier ermöglichte. Es sitzen näm- lich auf der inneren Mantelfläche zwei Reihen Höckerchen , wie kleine Schornsteine, welche in der Richtung der Längenaxe des Körpers angeordnet, auf eine Communikation des unteren Schalenraumes und der Mantelhöhle hinzudeuten scheinen. Diese Höckerchen waren aber von oben geschlossen: nur ein einziges Mal gelang es mir von einer deutlichen Oeffnung mich zu überzeugen; indem ich aber bisjetzt über die Function dieser Höckerchen nichts bestimmtes mitzutheilen im Stande bin, möge es vorläufig genügen auf ihr Vorkommen auf- merksam gemacht zu haben, 56 II. ENTWICKELUNe Im Eı. Die Cirripedien gehören bekanntlich zu den Entomostraken, bei welchen ziemlich allgemein nachgewiesen ist, dass die Entwickelung ein Nauplius-Stadium durchläuft. Rechnen wir nämlich mit Claus die vier Ordnungen der Cirripedien, Copepoden, Ostracoden und Phyl- lopoden zu dieser, von O. F. Müller in die Wissenschaft einge- führten, Hauptabtheilung der Orustaceen, so finden wir eine Nau- pliusbrut bei allen diesen nur mit Ausnahme der Öladoceren unter den Phyllopoden (bei Leptodora sollen die Jungen wieder als Nauplii ausschlüpfen). Dagegen ist auch bei einigen Malacostraken diese Larvenform aufgefunden (von Fritz Müller bei Penaeus, von Metschnikoff bei Euphausia). Somit ist der Nauplius sehr allgemein verbreitet und auch die auf dieser Larvenform bezügliche Literatur eine überaus reiche: namentlich haben diese Larven und die sich aus ihnen entwickelende weitere Stadien an Interesse gewonnen, seitdem man mit Fritz Müller und Dohrn angefangen hat in ihnen die Stammväter aller Arthropoden zu erblicken. Ist Dohrn auch später von diesen An- sichten zurück gekommen und ist der phyllogenetische Zusammen- hang der Crustaceen und Insecten jetzt auch wieder ganz „in der Schwebe”, so verdanken wir die genaue Kenntniss der Larvenformen , namentlich was ihre Gliedmaszen angeht, wohl diesen Untersuchun- gen, wenn auch die Homologieen nicht weiter als in einer der Classen (die Crustaceen) sich durchführen lassen. Fragen wir aber nach der Weise, wie sich das Ei zu einem Nauplius entwickelt, so müssen wir gestehen, dass hier unsere Kenntniss noch sehr lückenhaft ist, was gewiss theils von der Schwierigkeit der Untersuchungen selbst, theils von dem wenigeren Interesse, welchen nach Fritz Müller’s Behauptung dergleichen Studien beanspruchen, herrühren mag. Kommt doch dieser Autor in seiner berühmten Schrift „Für Darwin” zu dem Resultate, dass weder die verschiedene Art der Furchung, noch die Lagerung des 57 Embryo, noch die Zahl der im Ei angelegten Gliedmaszen sich für die natürliche Eintheilung der Kruster benutzen lässe. Mit der Embryologie der Cirripedien haben sich zahlreiche Autoren beschäftigt, welche sich aber fast sämmtlich bloss mit den Larven- formen und deren weiteren Ausbildung beschäftigt haben. Ich glaube, dass ihre Namen hinreichend bekannt sind und hebe nur jene hervor, welche mehr speciell der Entwickelung des befruchteten Eies ihre Aufmerksamkeit gewidmet haben wie de Filippi, Buchholz, Ed. van Beneden, Kossmann und neulich auch Willemöes-Suhm. de Filippi ‘) untersuchte Dichelaspis Darwinii und verfolgte hier die Furchung, welche zu einer Sonderung eines „Nahrungsballens’» von einem „Bildungsballen” führt; letzterer theilt sich „um die Bildung der Keimblase vor zu bereiten.” Die Keimblase spaltet sich weiter in zwei Blätter von denen er das äussere als „animales”, das innere als „vegetatives’” Blatt bezeichnet. Die Organisation des Embryo „beginnt hier wie in allen Arthropoden mit der Anlage des Bauchtheils des Thieres’. Weiter theilt der Autor mit, dass das Ei vor dem Spalten der Keimblase in zwei Blätter die äussere Membran zerreist „weshalb ich diese Decidua genannt habe”; von einem Darmkanal bei der ausschlüpfenden Larve spricht de Filippi nicht. Buchholz ?) gab eine eingehende Darstellung der Embryologie bei B. improvisus; indem meine Arbeit am meisten sich der seinigen anschliesst, werde ich unten am besten in der Gelegenheit sein auf dieselbe näher einzugehen. E. van Beneden ?) verfolgte die Embryologie von Sacculina Careini. Hier ist die Furchung eine totale bis sich vier Segmente gebildet haben, worauf in jedem der Segmente „s’opere une separation entre les elements nutritifs et l’el&ment protoplasmatique du vitellus”. Weiter entsteht eine Furche in jedem Segmente zwischen dem plas- 1) F. de Filippi. Entwickelung von Dichelaspis in » Moleschott's Untersuchungen zur Naturlehre”. Bd. IX. 1865. 2) Buchholz. ]. c. 3) Ed. v. Beneden. Developpement des Sacculines in »Bullet. de l’Ac. Roy. de Belg.” 1870. 58 matischen und dem grobkörnigen Theile. Die Zellen mit dem plas- matischen Inhalte theilen sich und umwachsen als „membrane blastodermique” den grobkörnigen (den Nahrungs-Dotter bildenden) Theile. An der Bauchseite des Embryo entsteht bald darauf der Keimstreifen als „epaississement cellulaire”’. So bald sich nun weiter der Kopftheil durch eine kreisförmige Furche von dem übrigen Leib des Embryo gesondert hat, ist die erste embryonale Form der Arthropoden erreicht: diese ist nämlich nach van Beneden „depourvue d’appendices articules et le corps se constitue de deux anneaux ou segments”. Indessen hat der Embryo durch eine Häu- tung seine ursprüngliche Ei-hülle verloren und an deren Stelle eine sogenannte „euticule blastodermique’” bekommen. Die eigenthüm- lichen Extremitäten entstehen zugleich, und kurz darauf das ein- fache Auge. Noch will ich bemerken, dass die ausschlüpfenden Nau- plius-Larven der Sacculina nach van Beneden im Inneren des Körpers noch gar keine Differenzirung (Spezialisation) von Organen zeigen. Kossmann ') studirte gleichfalls die Embryologie von Sacculina und schliesst sich in der Hauptsache den von E. van Beneden erreichten Resultaten eng an, fand aber einige „Unrichtigkeiten” in der Darstellung dieses Autors, welche er daran zuschreibt, dass dieser die Eier in süssem Wasser untersucht hat: eine Behauptung, die sich nur darauf stützt, dass er (Kossmann) „durch Anwendung desselben (des süssen Wassers) ganz gleiche Bilder erzielt” habe! Ueber die Entwickelung von Lepas faseicularis hat der kürzlich verstorbene R. von Willemöes-Suhm Beobachtungen angestellt, deren Resultate den 9ten December 1875 der Royal Society vorgelegt sind. Im Auszug sind sie in den „Annals and Magazine of Natural History” (Februari 1876) mitgetheilt: die Segmentation ist sehr unregelmässig, scheint aber „complete” zu sein; Bildung eines Blastodermes an welchem kein Keimstreifen (primitive Streak) konnte beobachtet werden; Anlage von drei Paar, „appendages” an beiden Seiten einer longitudinalen Furche: „the development of the Nau- 1) Kossmann. Suctoria und Lepädidae. Arbeiten des Zool. Zoot. Instit. der Univers. Würzb. I. 1873. 59 plius in the ovun of this Lepas shows very much the same stages as those described by Buchholz in Balanus improvisus.” Die Entwickelung des Copepoden-Nauplius ist hauptsächlich durch die Arbeiten von Claus und von van Beneden bekannt geworden. Nach Claus ') entsteht eine Keimhaut nach Vollendung der totalen Dotterklüftung dadurch dass sich in der Peripherie des Eies „eine einfache Schicht heller gekernter Zellen von der centralen Masse der grösseren Dotterkugeln dunkeln und körnigen Inhalts” abhebt. Von der Anlage eines Primitivstreifens hat er sich nicht überzeugen können. Nachdem die Oberfläche zwei Querfurchungen bekommen hat und so im Ei drei ziemlich gleich grosse Abschnitte enstanden sind, hellt sich der Inhalt des Leibes auf und differenzirt er sich „in die inneren Organe, Muskeln, Darmcanal und Auge.” Die drei Gliedmaassenpaare sprossen darauf an den Seiten der Bauchfläche hervor, und die Mundkappe entsteht als unpaarer Wulst. Die parasitischen Copepoden fanden für den embryologischen Theil ihrer Naturgeschichte einen wackeren Bearbeiter in E. van Beneden, der anfänglich ?) von E. Bessels gestützt von verschiedenen Gat- tungen die Anlage des Blastodermes beschrieb, später ?) aber auch von einzelnen Formen die ganze embryonale Entwickelung verfolgte. Fassen wir die Resultate seiner Forschungen kurz zusammen so finden wir bei Chondracanthus eine Furchung, die mit der von Claus für die frei lebenden Copepoden beobachtete in Hauptzügen übereinstimmt, dagegen bei den Gattungen Anchorella, Lerneopoda, Brachiella, Clavella, Caligus und Hessia Verhältnisse wie sie nach Buchholz (und mir, wie ich unten gleich näher erörtern werde) bei Balanus, nach de Filippi bei Dichelaspis, nach van Beneden selbst bei Sacculina (wenigstens was die Hauptsache angeht) wahrgenom- men sind *). 1) Claus. Die Frei lebenden Copepoden. Leipzig. 1863. 2) Van Beneden et Bessels. M&moire sur la formation du blastoderme. Present. a la classe des Sciences de l’Acad. Roy. de Belgique 6 Juin 1868. (M&m. couron. Tom. XXXIV). 3) E. van Beneden. Developpement des genres Anchorella, Lerneopoda, Bra- chiella et Hessia. (Bullet. de l’Acad. Roy. de Belg. Tom. XXIX. 1870.) 4) Siehe die Schlussbemerkungen am Ende dieses Capitels. 60 Bei Sphaeronella Leuckarti finden wir nach Salensky ') einen Furchungsprocess, der nicht so gleichmässig vor sich geht wie bei den übrigen Copepoden, indem der ganze Dotter sich nicht gleichmässig klüftet, sondern die eine Hälfte viel rascher als die andere. Im Wesentlichen stimmt also auch diese Form in ihrem Klüftungsprocesse mit Balanus überein. Merkwürdig ist noch, dass die Larve hier nicht als Nauplius ausschlüpft sondern sich im Ei bereits viel höher organisirt und mit acht Paaren Gliedmaassen versehen die Eihülle verlässt. Für die Ostracoden-Entwickelung, namentlich die Vorgänge im Ei wissen wir noch nichts bestimmtes. Die Embryonen schlüpfen als Nauplius-ähnliche Thierchen aus, sind aber bereits „von einer dünnen zweiklappigen Schale umschlossen.” Von den innern Orga- nen tritt der Darmkanal und das einfache mit zwei lichtbrechenden Körpern versehene Auge hervor. (Claus ?). Auch für die Phyllopoden ist von der eigentlichen „Embryologie’” kaum etwas mehr bekannt. Bei der eigenthümlichen Leptodora hya- lina wird wie bei dem Insectenei die Bildung einer Keimhaut be- obachtet ohne wahrgenommene Furchung und an dieser Keimhaut entsteht der bauchständige Primitivstreifen durch einseitige Ver- diekung. Dagegen durchlaufen die gleichfalls als Naupliuslarven ausschlüpfende Branchiopoden eine totale Dotterklüftung. Die Eier der Limnadien (und auch wohl der Apusiden) haben nach Lereboullet °) eine Schale, welche ist „tellement &paisse et opaque, qu’il est de toute impossibilit& de voir par transparence l’oeuf qu’elle renferme, et d’en &tudier le developpement”. Hat Leydig *) weiter auch noch für die Entwickelung von Artemia, Spangenberg °) für die von Branchipus einzelne Thatsachen hervorgehoben, unsere Kennt- 1) Salenky. Sphaeronella Leuckarti. Archiv. für Naturg. 1868. 2) Claus. Entwickelungsgeschichte von Cypris. Marburg. 1868. 3) Lereboullet. Observations sur la generation et le developpement de la Limnadie de Hermann. (Annales des sciences naturelles. Zoologie. Tome V. 1866). 4) Leydig. Ueber Artemia salina und Branchipus stagnalis. Zeits. Wiss. Zool. III. 1851. 5) Spangenberg. Zur Kenntniss von Branchipus stagnalis. Zeits. Wiss. Zool. XXV. Supplementband. 1875. 61 niss ist auch hier so lückenhaft, dass ich mich desshalb nur in den Gruppen der Cirripedien und Copepoden nach Verglei- chungspunkten umgesehen habe; wohl kann man auch nach Dohrn in der Embryologie fast sämmtlicher Malacostraken noch von einem Naupliusstadium reden: „Dies Stadium !) ist nur noch bei Penaeus, soweit wir wissen, als freie Larvenform conservirt, bei allen übrigen dagegen erscheint es als ein Ruhepunkt in der Ent- wickelung des Embryo, ohne zu selbständiger Existenz zu gelangen.” Ich glaube aber kaum, dass in der Entwickelungsgeschichte dieser höheren Kruster Anhaltepunkte zu einem richtigeren Verständniss der Verhältnisse, wie sie bei der Embryologie der Cirripedien in Betracht kommen, zu finden sind. Nur will ich noch im Vorüber- gehen bemerken, dass die Entwickelung im Ei weder bei Penaeus noch bei Euphausia (die einzelnen mit wahren Nauplii sich ent- wickelenden Malacostraken) bekannt ist und gehe jetzt gleich zu einer Darstellung des von mir bei Balanus Beobachteten über. Während des Monates August gelang es mir ein einziges Mal in Neapel befruchtete Eier von B. perforatus zu bemächtigen. Bei der grossen Hitze verdarben sie mir fast alle in wenigen Stunden; als ich aber die nächsten Tage wieder frische Thiere empfing, waren sämmtliche Eier schon zu Naupliuslarven entwickelt, wesshalb ich für ihre Embryologie nur recht spärliche Notizen mit nach Haus nahm. Die Grösse der Eier war von 0.18 m.m. Länge und 0.11 m.m. Breite, während die frei kommenden Larven eine viel ansehn- lichere Grösse zeigten. An B. balanoides lässt sich die Entwickelung viel bequemer studiren, indem dessen Eier durchschnittlich drei Monate zu ihrer gänzlichen Ausbildung brauchen. Man findet nämlich gegen Mitte November die ersten befruchteten Eier, welche noch im Laufe dieses Monates das Blastoderm sammt Anlage der Gliedmaszen herausbil- den, darauf während der zwei folgenden Monate in Ruhe verharren (wie schlafen) und sich sobald die Temperatur milder wird (Mitte Februar 1) Anton Dohrn. Zur Entwickelungsgeschichte der Panzerkrebse. Zeits. Wiss. Zool. XX. 1870. 62 oder später) ganz zu Nauplii entwickeln, welche in der Mantelhöhle zusammengepackt nur auf eine Gelegenheit um zu entwischen warten. Gleich hier mache ich auf zwei Eigenthümlichkeiten auf- merksam: 1°. dass die Entwickelung der Eier von B. balanoides nicht wie Darwin ‘) meint das ganze Jahr hindurch geschieht, und 2°. dass man bei diesem Balanus nicht „die verschiedenen Stadien des Furchungsprocesses bei demselben Individuum und innerhalb derselben Eilamelle gleichzeitig nebeneinander” antrifft, wie Buch- holz *) für B. improvisus bemerkt, sondern dass fast sämmtliche Eier eines Individuums ungefähr gleichweit in Entwickelung fort- geschritten sind, obgleich bisweilen die an der Aussenseite der Eilamellen liegenden Eier den mehr gegen das Innere gelagerten ein wenig in Entwickelung voraus sind. Im frühesten von mir beobachteten Stadium beträgt der Längen- durchmesser des Eies 0.29 a 0.31 m.m., der Breitendurchmesser 0.16 & 0.19 m.m.; gleich vom Anfang an lässt sich ganz genau ein stumpferer und ein spitzerer Pol erkennen. An den beiden Polen hat sich der Dotter schon ein wenig von der Eihülle zurückgezogen und fast bei allen Eiern dieses Stadiums fand ich an dem stumpfen Pole zwischen dem Dotter und der Hülle ein kleines Kügelchen, ein Protoplasma-Tröpfchen, das von dem Dotter ausgepresst vielleicht den Koth des Eies (Selenka) °) bildet. Dass das Ei noch sehr jung ist (neulich befruchtet) zeigt der Umstand, dass in dem hellen Theile der Hülle zahlreiche Spermatozoen-Rudimente sichtbar sind. Der Dotter hat eine grobkörnige Beschaffenheit; der Durchmesser dieser Körnchen wechselt zwischen 0.002 und 0.007 m.m. (Taf. IV, Fig. 1). Das feinere sich zwischen den Dotterelementen befindende Plasma fängt darauf an sich um den Kern an zu sammeln, der bis da nicht zu sehen, jetzt bei verschiedenem Einstellen des Mikroskopes deutlich als aus einigen grösseren Plasmaklümpchen bestehend, 1) Darwin ]. c. pag. 101. »most sessile Cirripeds breed when very young; and I have every reason to believe, that they breed several times in the year." 2) Buchholz 1. ce. p. 21. 3) Selenka. Eifurchung und Larvenbildung von Phascolosoma. Zeits. Wiss. Zool. XXV. 1875. 63 welche in einem hellem Bläschen schweben, sich zeig. An dem stumpferen Pole hat sich schon ein ganz flüssiges Plasma ausge- schieden (Taf. IV, fig. 2). Dies bleibt auch in dem darauf folgen- den Stadium als ein heller Saum um den feinkörnigen Theil sichtbar. Das feinkörnige Plasma schreitet nämlich allmählig gegen den stumpferen Pol des Eies vor (fig. 3), um sich da zu einem scharf markirten Segmente an zu häufen, das sich ganz fest der Eihülle anschliesst. Das feinkörnige Segment (in welchem der Kern nicht mehr zu unterscheiden ist) zeigt an seinem Rande noch den blassen helleren Saum. Auch der grobkörnige Theil hat sich verdichtet und lässt einen ziemlich grossen Theil der Eihülle an dem spitzen Pole ganz leer (fig. 4). Der feinkörnige Theil hat ungefähr ein Drittheil der Grösse des grobkörnigen. Die Art, auf welche, nach dem oben Gesagten, sich die ersten beiden Furchungs- kugeln bilden ist nun gänzlich verschieden von der von Bbuchholz gelieferten Darstellung: „die ersten beiden Furchungskugeln ent- stehen auf gewöhnliche Weise, indem eine Furche in der Richtung der kürzeren Queraxe des Eies den Dotter in zwei ziemlich gleich grosse Furchungskugeln theilt.” Dagegen spricht van Beneden bei Sacculina ganz bestimmt von einer „separation entre les elements nutritifs et l’elöment protoplasmatique du vitellus” und obgleich der Dotter sich hier zuvor in vier Segmente getheilt hat, lassen sich nach meiner Meinung die Furchungsprocesse bei Balanus und Sacculina am besten vergleichen. Am Schlusse meiner Darstellung werde ich hierauf noch zurückkommen. Der feinkörnige Theil fängt darauf an sich zu furchen und so entstehen erst zwei (fig. 5) später vier Furchungskugeln, die in diesem Stadium schon eine Parthie des grobkörnigen Theils (des Nahrungsdotters) zwischen sich aufnehmen (fig. 6). Leider war es mir durch die Dichte des Plasma’s nicht möglich die Rolle, welche die Kerne bei der Theilung spielen zu verfolgen; nur gelang es mir bisweilen in diesen ersten Furchungskugeln einen Kern als hellere Stelle zu beobachten. Die weitere Furchung verläuft sehr schnell und ziemlich unregel- mässig: wenigstens konnte ich gar kein mathematisches Gesetz in 64 den aufeinander folgenden Zahlen der wahrgenommenen Furchungs- kugeln entdecken. Die mehr gegen den spitzeren Pol des Eies liegenden Segmente sind anfänglich sehr gross und zerfallen durch secundäre Furchungen in kleinere Kugeln (fig. 7). Bei fortschrei- tender Theilung werden die aus dem Bildungsdotter hervorgegangenen Kugeln je länger je kleiner, sie runden sich gegeneinander ab, und umschliessen endlich den ganzen Nahrungsdotter (fig. 8). Sobald dies Stadium erreicht ist, ist die erste Periode der embryonalen Entwickelung durchlaufen. Merkwürdig ist es, dass die peripheri- schen Furchungskugeln (die Zellen der Keimhaut) jetzt wieder fast alle einen deutlichen Kern zeigen. Diese Darstellung der Keimhaut-Bildung schliesst sich ziemlich genau der von Buchholz gelieferten an. Nur scheinen die Furchungs- kugeln bei B. improvisus „durch successive auftretende äquatoriale und meridionale Furchen’” zu entstehen und nach Buchholz’ Abbil- dungen bleiben sie sich fast fortwährend an Grösse gleich. Was er weiter über die Veränderungen der Gesammtform und der Grösse der Eier während des Verlaufes des Furchungsprocesses und während der weiteren Entwickelung mittheilt, kann ich darum für B. bala- noides nicht bestätigen, weil hier die Eier von Haus aus merk- liche Verschiedenheiten in Grösse und Form zeigen und es mir nie gelungen ist die obenbeschriebenen Vorgänge an einem und dem- selben Individuum zu verfolgen. Dagegen beobachtete ich, dass das Ei von B. balanoides in den allerletzten Stadien, wenn die Naupliuslarve fast ganz ausgebildet ist, vor dem Zerspringen der Eihülle oft viel grösser wird (fig. 14), was ich auch bei B. perfo- ratus constatiren konnte: während das Ei mit dem gebildeten Blastoderm eine Grösse hatte von 0.18 x 0.11 m.m., maszen die Eier mit dem fertigen Nauplius 0.3 X 0.15 m.m. Die Zellen der Keimhaut nehmen durch weiter fortgesetzte Theilung stark an Grösse ab, und auch der Nahrungsdotter fängt jetzt sich zu zerklüften an, welcher Zerklüftungsprocess nach Buchholz „so regelmässig verläuft, dass man in demselben die Furchung der bis jetzt in einem ruhenden Zustande gebliebenen zweiten primären Furchungskugel erblicken könnte.” Dies kann ich nun durchaus 65 nicht beistimmen, indem es mir gar nicht gelingen wollte auch nur einige Regelmässigkeit zu entdecken. Die erste Furche ist bald der Breitenausdehnung des Dotters parallel (fig. 8) bald ist sie schief gegen den Durchmesser gerichtet, und die weiteren Furchun- gen entstehen wie es mir scheint ganz willkürlich nach allen Richtungen. Oft sah ich auch sich entwickelende und schon weit fortgeschrittene Eier, in welchen man einen getheilten Nahrungs- dotter zu sehen erwartete, der indessen noch ganz seine ursprüng- liche Beschaffenheit zeigte. Ich glaube desshalb bestimmt versichern zu können, dass die Zerklüftung des Nahrungsdotters ein Process von secundärem Werth ist und wohl nicht mit der Anlage des Darmrohres in Zusammenhang steht. Fig. 10 zeigt einen opti- schen Längschnitt eines Eies, dessen Blastoderım ganz regel- mässige Zellen anweiset, und dessen Nahrungsdotter in einige Parthieen (Dotterschollen) zerfallen ist. Am Rande des Blastodermes sieht man schon zwei Paar (einander gegenüberstehende) „seichte Einbuchtungen” welche „die ursprünglichen drei Segmente des Embryokörpers”” andeuten sollen (Buchholz). Diese müssen aber nur die Bildung der drei Paare Gliedmaszen einleiten und haben durchaus keine Gliederung des Körpers zur Folge, indem fast der ganze Nauplius-Körper dem Kopf des ausgewachsenen Thieres entspricht. Während nun die zellige Struktur des Blastodermes gröszentheils verschwindet und an der Stelle der scharf isolirten Zellen eine mehr homogene Schichte von Plasma mit hier und da sichtbaren Kernen entsteht, ändert sich die Lage des Nahrungsdotters gegen die peripherische ihn umhüllende Schicht. Man sieht nämlich, kurz nachdem die seichten Einbuchtungen entstanden sind, dass die centrale Dottermasse an der einen Seite fast ganz gegen die Hülle des Eies gepresst liegt, während das ursprüngliche Blastoderm an der gegenüberliegenden Seite (Bauchfläche) ansehnlich an Dicke zugenommen hat. Den oben genannten schwach angedeuteten Ab- theilungen des Eies entsprechend entstehen dann weiter auf dieser verdiekten Bauchfläche drei Paare grosse Höcker, welche allmählich zu den Gliedmaszen anwachsen (fig. 11). 66 Eine hiermit in der Hauptsache ganz übereinstimmende Darstel- lung finden wir bei Claus für Cyelops, bei Buchholz für B. impro- visus und (von vielen anderen nicht zu reden) bei van Beneden für Sacculina. Letzterer sieht nun eben in diesem „epaississement cellu- laire ventral”’ den „Keitnstreif”’ien) und indem sämmtliche Schrift- steller, welche die Entwickelung des Nauplius verfolgt haben, die Entstehung eines Keimstreifens läugnen, kommt van Beneden zu der Folgerung, dass sie auch kein „epaississement ventral’’ beob- achtet haben. Freilich wird aber (wenigstens von Claus und Leuckart) unter dem Namen Keimstreifen eiwas ganz anderes ver- standen als eine blosse Verdickung des Blastodermes an der Bauch- fläche, und kann man sehr gut die Anwesenheit dieser Verdiekung zugestehen und doch mit Claus sagen „dass der Embryo nach totaler Klüftung nicht von einem Primitivstreifen aus gebildet wird , sondern in seiner ganzen Gestalt angelegt” }). Für die weiteren Ausbildungsprocesse des Larvenkörpers konnte ich bei der gänzlichen Undurchsichtigkeit der Eier nur wenig Neues beobachten. An der Bauchseite entsteht die Mundkappe als unpaarer Wulst; die paarigen Gliedmaszen bilden sich allmählich zu eylin- drischen Fortsätzen aus (fig. 12 und 13). An der Rückenfläche hebt sich die Körperwand mit dem dünnen Hautpanzer als eine ovale Platte ab und nach und nach fängt auch der Schwanztheil des Naupliuskörpers (derjenige Theil, der den Thorax sammt dem Abdomen bilden muss) sich scharf ab zu setzen an (a. fig. 13). Sobald das Ei in dieses Stadium angelangt ist, untergeht es eine Häutung, welches Häutchen (b. fig. 13) bei allen mit einem schon ausgebil- deten Nauplius versehenen Eiern an dem spitzen Pole leicht. zu constatiren ist (b. fig. 14). Nachdem dieses Häutchen abgestreift ist, fängt der Schwanztheil des Embryo sich ansehnlich zu strecken an, wodurch sehr viele von mir beobachtete Eier eine starke Grösse-Zunahme zeigten. 1) Uebrigens unterschreibe ich gern was Haeckel (Seite 74 seiner Arbeit: die Gastrula urd die Eifurchung der Thiere. Jenaische Zeits. 1875) behauptet: die Unterscheidung von »Entwickelung mit oder ohne Primitivstreif", ist im Grunde ganz unwichtig und werthlos. 67 Indessen hat sich an der Peripherie des Nahrungsdotters die Darmwand gebildet und ist die Mundöffnung, wahrscheinlich durch Auseinanderweichen von Zellen zum Durchbruche gekommen: dass der Hinterdarm von der Wand des Körpers gegen die centrale Dottermasse nach innen wächst, kommt mir sehr wahrscheinlich vor; es war mir aber bei der gänzlichen Undurchsichtigkeit des Eiinhaltes unmöglich dies direct zu beobachten. Als Nervensystem kann man den unter dem Auge liegenden Zellenhaufen betrachten, welcher sich nicht auf, sondern vor dem Schlunde bildet. Das Auge besteht bloss aus einer Sammlung kleiner Pigmentkörnchen und muss sich ganz schnell ausbilden können, da es mir nie gelang ein Zwischenstadium zu beobachten , in welchem das Auge im Werden begriffen war, sondern immer solche, in welchen das Auge entweder durchaus fehlte oder schon vollkommen fertig war. Die Muskeln sind so lang der Embryo noch in der Eihülle einge- schlossen liegt, schwer nach zu weisen: Claus lässt sie bei Cyelops aus den peripherischen Schichten des Dotters (des sich aufhellenden Nahrungsdotters) dargestellt werden, während de Filippi bei Diche- laspis Darwinii von einer Spaltung der Keimblase (des Blastodermes) in zwei Blätter spricht, von denen er das Innere vegetatives Blatt nennt und dem er die nämliche physiologische Bedeutung zuschreibt, als dem gleichnamigen Blatte der Wirbelthiere. Das vegetative Blatt bildet bei diesen bekanntlich den „Darmkanal mit seinem Zugehör” (Hyrtl), und so müssen sich nach ihm die Muskeln wohl aus dem äusseren Blatte (dem animalen Blatte) entwickeln. Weder Buchholz noch van Beneden beschäftigen sich mit der Frage nach dem Entstehen der Muskeln; dass sie aber ihre Ent- stehung dem ursprünglichen Blastoderme, und nicht wie Claus meint dem Nahrungsdotter verdanken, scheint mir darum ausser allem Zweifel, weil sie sich ganz bestimmt in den Extremitäten- höckern ausbilden. welche als Auswüchse des Blastodermes zu betrachten sind, an welcher Formation sich der Nahrungsdotter aber gar nicht betheiligt. Schliesslich will ich noch über das Freikommen der Larven ein- 68 zelne Eigenthümlichkeiten hervorheben. Macht man während des Monates Februar eine Schale von B. balanoides auf, so findet man die Mantelhöhle ganz mit bis in’s Einzelne entwickelten aber noch von ihrer Hülle umschlossenen Embryonen angefüllt. Bringt man diese Eier in reines Seewasser, so sieht man dies bald, wenn die hineingeworfenen Klümpchen nur einigermaszen ansehnlich sind von freien Nauplii wimmeln: die Eier scheinen mir nur auf eine Ver- anlassung um zu entwischen zu warten. Wenn man bei einer schwachen Vergrösserung ohne Deckgläschen observirt, gelingt es leicht das aus dem Ei Kriechen der Larven zu beobachten. Eine Längespalte, welche vom Kopf bis über drei Viertel der Eilänge hinausreicht, lässt den Vorderfuss austreten; dieser fängt bald an energisch zu klappen, wodurch die Spalte sich erweitert und das Thierchen sich nach und nach aus der Eihülle heraus arbeiten kann. Ein einziges Mal gelang es mir auch das Hervorschleudern der Larven aus der Schalenöffnung des Mutterthieres zu beobachten. Wenn das Thier die Deckelöffnung aufmacht, um die Cirren nach aussen zu bringen, tritt ein Wassertropfen in die Mantelhöhle. Wenn es hierauf die Cirren zurückzieht und die Deckelöffnung verschliesst, entweicht ein Theil des Wassers, wird aber ein anderer Theil gegen die aus reifen Eiern bestehenden Eilamellen gestossen : mit dem entwischenden Wasser schlüpfen aber zugleich jedes Mal einige Larven mit aus. Fassen wir nun auch dasjenige, was in der Entwickelung im Ei bei Balanus das wichtigste ist, in Vergleichung mit dem, was für die übrigen Entomostraken bekannt ist, kurz zusammen, so bezieht sich dies 1%. auf die Furchung, und 2°. auf die Keim- blätterfrage.e Müssen wir auch mit Fritz Müller und van Beneden einverstanden sein, dass für die Details erhebliche Verschiedenheiten in dem Furchungsprocesse der verschiedenen Entomostraken vorkom- men, so scheint es mir doch nicht unmöglich diese Vorgänge im Allge- meinen bei dieser ganzen Gruppe unter einen Gesichtspunkt zu bringen. 69 Jedes Entomostraken-Ei besitzt nämlich ausser dem grobkör- nigen ein feinkörniges Plasma, dessen Aufgabe es ist an der Peripherie des Eies eine einfache Zellenschicht (das Blastoderm) zu bilden. Die Art und Weise wie nun dies Ziel erreicht wird ist verschieden, je nachdem das feinkörnige Plasma sich an einer Stelle ansammelt, nach aussen schwitzt, sich dann furcht und das grobkörnige umwächst (Balanus, Dichelaspis), oder nur austritt, nachdem das Ei in vier Segmente zerfallen ist (Saceulina) oder endlich erst nach vollendeter Furchung von dem grobkörnigen sich löst und dann zugleich um die ganze Peripherie des Eies herum eine zusammenhängende Schicht bildet. Dass bei diesem Processe die Furchung selbst nur Nebensache ist, die Spaltung des Dotters in einen Nahrungsdotter und eine diesen umhüllende Keimhaut, Hauptsache, zeigt sich am besten, wenn man, wie van Beneden gethan hat, auch einen Malacostraken in Betracht zieht (Gammarus fluviatilis z. B.) wo die Keimhaut an der ganzen Peripherie ohne voraufgegangene Furchung als isolirte später mit einander verwachsende Zellen heraus geschwitzt wird. Was zweitens die Keimblätter-Theorie angeht, so will ich gern zugestehen, dass es mir ganz unklar ist, wie sich der Nauplius und seine Entwickelungsweise zu dieser verhalten soll: wenn die Larve angelegt wird, besteht das Ei aus dem Dotter und der ein- zigen Zellenschicht des Blastodermes. Bildet der Darm sich nun an der Peripherie dieses Nahrungsdotters aus dessen eigenen Elementen, so könnte man hier ein Homologon des Darmdrüsenblattes sehen , während dann die einfache Zellenschicht des Blastodermes den zwei anderen Keimblättern entsprechen sollte. Obgleich diese Darstellung ziemlich genau mit den von mir beobachteten Verhältnissen über- einstimmt, wage ich es doch nicht mich bestimmt zu Gunsten einer derartigen Auffassung aus zu sprechen. Il. ZUR FEINEREN STRUKTUR DER NAUPLIUSLARVE. Die Naupliuslarven der Cirripedien sind hauptsächlich durch die Untersuchungen von Spence Bate und Darwin bekannt, obgleich vor diesen schon Burmeister, Goodsir und Thompson ihre merk- 70 würdige Metamorphose richtig gedeutet hatten, und wir Niederlän- der mit Stolz Martinus Slabber anführen können, der schon in 1767 ziemlich genau die Larve von Lepas anatifera beschrieb und ab- bildete. Leider müssen wir dabei gestehen, das Slabber gar keine Ahnung davon hatte, dass die winzigen Thierchen, welche er wie schwere Rauchwolken aus den Schaalen der Lepaden entwischen sah, Entwickelungsformen dieser letzteren sein sollten '). Für meine Untersuchungen, welche theils auf ihre anatomischen Verhältnissen, theils auf die histologische Struktur ihrer Organe gerichtet waren, benutzte ich fast ausschliesslich die Larven von Balanus balanoides. Wie ich oben schon erwähnte, ist es während der Monate Februar und März durchaus leicht von diesem Balanus die Nauplii zu bekommen. Bringt man die Eilamellen in ein Uhrgläschen mit Seewasser, so hat man bald so viele Exemplare wie man nur braucht, welche wahrscheinlich ihrer Empfindung für Licht zufolge sich an der nach dem Fenster des Zimmers gewendeten Seite des Schälchens anhäufen. Untersucht man diese Thierchen so bemerkt man, dass einige mehr als vier und zwanzig Stunden die Form des ersten Stadiums bewahren, während andere recht bald nach dem Ausschlüpfen eine erste Häutung bestehen. Mir kommt es desshalb sehr wahrscheinlich vor, dass diese letztere sich schon im Ei für das zweite Stadium ausgebildet haben. Die eben ausgekommenen Larven von B. balanoides haben eine Länge von 0.36 & 0.37 m.m., während ihre Breite ungefähr halb so gross sein mag ?). Die respectiven Proportionen der Glied- 1) Schon Claparede sagt auf Seite 101 seiner »Beobachtungen über Anatomie und Entwickelungsgeschichte wirbelloser Thiere”, 1863: »Wie entfernt er (Slabber) aber war zu vermuthen, dass sich später ein genetischer Zusammen- hang zwischen der sog. Seelaus und der Entenmuschel herausstellen würde, er sieht man aus folgendem Satze: »Dus meen ik mijne Lezeren een wonderbar Schepsel bekendt gemaakt te hebben, hetwelk een ander Dier ten voedsel verstreckte". ” 2) Die Larve von B. improvisus ist genau halb so gross und hat nach Buchholz eine Länge von 0.18 ä 0.19 m.m. Dies correspondirt auch genau mit der von ihm angegebenen Grösse der Eier. Schade, dass Spence Bate keine Grösse- angaben lieferte, und man diese auch bei Darwin vergebens sucht. 71 maszen, der Mundkappe, des Auges undsow. lassen sich am besten nach der Figur 10 auf Taf. III beurtheilen; vergleicht man diese Figur mit der von Spence Bate für das nämliche Stadium ge- zeichneten, so bemerkt man leicht das eine neue Figur nicht ganz überflüssig wäre. In einer Hinsicht sind die Abbildungen von Spence Bate aber ungemein fehlerhaft nämlich was die Darstellung des Rückenpanzers angeht. Betrachtet man die Figuren von Spence Bate (welche gröszentheils von Gerstaecker für Bronn’s Klassen und Ordnungen. Arthropoda übergenommen sind) so sollte man fast meinen, dass der ganze Körper der Larve als ein schmales wurm- förmiges Gebilde gegen ein breites und starkes Schild (Shield bei S. B.) anliege. In der Wirklichkeit ist der Rückenpanzer in dem ersten Stadium der Larve noch kaum zu sehen und bildet eine ganz dünne Chitinhaut als Ueberzug der dorsalen Fläche des Nau- plius. Nur wo die seitlichen Fortsätze, die in gar keiner Verbin- dung mit dem Panzer stehen, entspringen, kann man die Grenze des Panzers, welche nach vorne mit derjenigen des Larvenkörpers zusammenfällt unterscheiden, da diese frei über die Fortsätze hin- läuft (fig. 13 e). Auch für die Zahl der Borsten an den Schwimmbeinen sind die Abbildungen von S. Bate übertrieben „schematisch” ; ihre Ungenauig- keit hat aber Gerstaecker in Bronn’s Arthropoda in Verlegenheit gebracht wo er (pag. 510 und 511) schreibt: „Ob bei Balanus das zweite Nauplius-Stadium abweichend von dem ersten und dritten am vorderen Aste des zweiten Schwimmbeimpaares stets die zahl- reichen (7) von Spence Bate dargestellten Ruderborsten besitzt, muss mindestens zweifelhaft erscheinen; wenigstens möchte es über- raschen dieselbe während des dritten Stadiums wieder auf die frühere Zahl drei redueirt zu finden”. Hauptsächlich um diesen Zweifel zu beseitigen nahm ich die geringe Mühe die Borsten ein- mal genau zu zählen und fand ich, dass sie im ersten Stadium sechs, im zweiten und dritten aber sieben betrage, indem noch ein fünfter Höcker zu den vier des ersten Stadiums hinzugekommen war. Keiner der früheren Autoren hat den Mund oder auch nur die Stelle, wo er sich finden sollte richtig beobachtet. Spence Bate 12 sucht ihn an dem Ende der Mundkappe, sah aber an deren Basis eine unregelmässige „pulsation’” welche er einem Herzen zuschrieb. Auch nach Buchholz liegt die Mundöffnung am Ende der Mundkappe. Man überzeugt sich aber leicht an lebenden Embryonen, dass eben diese „pulsation” von S. Bate die Stelle der Mundöffnung bestimmt, und wenn man ein Thierchen in seitlicher Lage untersucht, sieht man recht bald, dass der Oesophagus auch eben an dieser Stelle anfängt (fig. 11 a). Auf den kurzen Oesophagus folgt ein geräumiger Magen, von dem der hintere Theil eine etwa kugelrunde Form hat und durch ein kurzes Rectum ausmündet. Der Anus liegt zwischen dem kurzen (später längeren) Stachel des Rückenpanzers und dem in zwei Stacheln endenden Vorsprung der Bauchfläche (fig. 12). Als Nervensystem hat die Larve eine ziemlich grosse Ganglien- masse, die aus einigen zusammenhängenden Partieen besteht und bereits von Buchholz richtig dargestellt wurde. Das Gehirnganglion liegt ganz nach vorne im Kopftheile (fig. 13) liegt desshalb gar nicht auf dem Oesophagus, sondern vor diesem: bei der Durchsichtigkeit der Larven ist es aber schwer zu ermitteln, welcher Seite des Naupliuskörpers, entweder Bauchfläche oder Rückenfläche das Gan- glion am meisten genähert ist. Auch einige vom Gehirnganglion ausgehende Nerven lassen sich leicht nachweisen: in der Mitte läuft ein unpaarer Nerv (b) nach hinten, und von den grossen Seiten- ganglien verlaufen jederseits zwei Nerven, von denen der eine (ec) gegen den seitlichen Fortsatz gerichtet ist, während der andere (a) nach unten läuft und sich gegen den Oesophagus wendet '). An der Bauchseite ruhet der grosse Pigmentfleck, welcher das Auge repraesentirt auf dem Gehirnganglion (fig. 14); das Auge besteht deutlich aus zwei Hälften und hat eine dunkelrothe Farbe. Immer unterscheidet sich ein hellerer Saum ganz scharf von einem dunkleren Centraltheile 2). 1) Buchholz zeichnet diese Nerven als breite Stränge, meint, dass sie mit einem unteren Schlundganglion zusammenhangen, und schlägt desshalb vor diese Nerven-Stränge als Gehirncommissuren zu deuten. 2) Eine Linse, wie Claparede für das unpaarige rothe Auge der Nauplius- larve von Lepas anatifera beschreibt, kommt nicht vor! 73 Auch müssen zu dem Nervensystem die eigenthümlichen vom Anfange an aus zwei Gliedern bestehenden blassen Anhänge ge- rechnet werden, welche dem eben ausgeschlüpften Nauplius immer fehlen, balb aber (und ohne voraufgegangerer Häutung '") am Kopf- theile hervortreten. Diese Anhänge, welche ganz in die Categorie der „blassen Fäden” oder „Leydig’schen Organe” (Claus) fallen, sind schon von Fritz Müller richtig als vermuthliche Riechfäden gedeutet. Ihr Inhalt zeigt eine etwas getrübte Beschaffenheit während in der Mitte oft eine ausserordentlich feiner heller Streifen bemerk- lich ist. Dass ihr Inhalt eine gerade Fortsetzung der Hirnmasse bilden sollte, kommt mir sehr wahrscheinlich vor (fig. 14). Fast sämmtliche Muskeln heften sich in der Mitte der Rücken- fläche an, wo sie demzufolge eine sternförmige Figur bilden (fig. 135). Die meisten lassen sich bis in die Extremitäten verfol- gen; ein starker Muskel (m) wendet sich gegen die seitlichen Fort- sätze und ein anderer läuft nach hinten und heftet sich an der Bauchseite kurz vor dem in zwei Stacheln endenden Vorsprung an: die Function des letzteren ist unzweifelhaft die Biegungen des Körpers bei dem hurtigen Schwimmen zu ermöglichen. Der Muskel (m) der nach der Wurzel der Seitenhörner läuft soll denselben (nach Buchholz) zu schwachen Biegungen im Stande setzen. Ueber diese Seitenhörner sind bis jetzt sehr verschiedene Meinungen geäussert. Von Darwin und Thompson wurden sie als Fühlhörner betrachtet, Fritz Müller sah sie „in unzweideutiger Weise” in Verbindung mit sogenannten Schalendrüsen und schreibt ihnen desshalb eine excretorische Function zu; Claus (und mit ihm Kossmann) fasst sie als eine Scheide auf, aus welcher ein spitzes Stilet hervorragt: einige grosse Zellen stehen mit dem Stilet in Verbindung und Kossmann nennt desshalb die Wahrscheinlichkeit gross dass „es sich hier um eine Waffe handele”. Auch mir scheint diese Auffassung am meisten mit der Wahrheit in Uebereinstim- mung. Bei B. balanoides bildet das Seitenhorn der Naupliuslarve 1) Spence Bate sah die Anhänge nur bei einmal gehäuteten Nauplü, Max Schultze dagegen bei eben aus dem Ei ausgeschlüpften Larven: wie oft liegt auch hier die Wahrheit in der Mitte. 14 ein hohles Rohr in welchem es leicht gelingt bei verschiedenem Einstellen ein feines Stilet zu beobachten. In directem Zusammen- hang mit dem Horne steht ein Drüsencomplex aus gekernten Zellen gebildet (fig. 13d). Auch läuft (wie wir oben gesehen haben) ein dünner Nervenstrang nach der Basis der Scheide '). Verfolgen wir jetzt die Veränderungen, welche der Nauplius bei einer einmaligen Häutung erleidet. Das Häutchen hebt sich in der ganzen Peripherie von dem Körper und ist oft leicht in continuo zwischen den frei schwimmenden Larven zu beobachten: alsdann überzeugt man sich leicht, dass auch die Borsten der Extremitäten die Häutung mitmachen. In diesem zweiten Nauplius-Stadium ist die Form und die Grösse eine merklich andere: statt 0.3 m.m., wie in dem ersten Stadium, misst das Thierchen jetzt 0.43 a 0.45 m.m., ein Grössezunahme, die man beschwerlich nur auf Rechnung des stark verlängerten Abdominal-Fortsatzes setzen kann. Die Form der Körpers ist mehr dreiseitig geworden, die Borsten und Haken der Extremitäten sind viel mehr ausgebildet und oft an ihrer Stelle mit feinen Härchen besetzt. Die Mundkappe ist grösser geworden und zeigt an ihrer unteren Seite einen feinen Besatz von Haaren. Jetzt gelingt es auch viel leichter einen Rückenpanzer als eine die Rückenseite bedeckende und nach hinten in den Dorsal-Stachel aus- laufende Platte zu unterscheiden. Sämmtliche Theile sind jetzt viel stärker und das ganze Thierchen hat dadurch ein viel kräftigeres Aeusseres erhalten. Auch der ventrale Ablominal-Fortsatz ist in die 1) Dohrn, der die 13 m.m. grosse Archizoda (nach Willemöes-Suhm die Nau- pliuslarve von Lepas australis) untersuchte, findet es wieder »im. höchsten Grade wahrscheinlich, dass Darwin und Burmeister im Recht sind, wenn sie die sogenannten Haftantennen mit der Ausmündung der Cementgänge als die früheren von ihnen freilich fälschlich Antennen benanrten Seitenhörner be- trachten” (Z. W. Z. 1870). Die weitere »Auseinandersetzung dieser Verhält- nisse” hat Dohrn bis jetzt nicht geliefert: in seiner Geschichte des Krebs- stammes (Jenaische Zeits. 6ter Bd. 1871. pag. 98) finden wir statt dieser das Folgende: »Betreffs der von Fritz Müller für die Schalendrüse in Anspruch genommenen Drüsen iu: den Stirnhörnern des Cirripeden-Nauplius (Archizoea) verweise ich auf die ausführlichere Erörterung, die ich an anderer Stelle gegeben habe”. Die andere Stelle ist aber eben diejenige an welcher er »ine weitere Auseinandersetzung verspricht!! Willemöes-Suhm scheint sich aber ganz wieder der Meinung von Claus an zu schliessen. 75 Länge gewachsen, obgleich nicht so beträchtlich als Buchholz dies bei B. improvisus beobachtete; auch hier haben sich an der Wurzel dieses Fortsatzes zwei dornartige Fortsätze gebildet, welcke aber nicht an der Innenseite, (wie bei B. improvisus) sondern an der Aussenseite feingezähnte Ränder darbieten '). Im ganzen ist diese Metamorphose schon ziemlich richtig von verschiedenen Autoren verfolgt und nur vollständigkeitshalber habe ich meine Bemerkungen hier eingeschaltet. Fig. 11, Taf. III giebt von der Larve in dem zweiten Stadium eine genaue mit der Camera ausgeführte Abbildung. Schliesslich will ich auf einige histologische Details etwas aus- führlicher eingehen. Die einfachste Methode, die zellige Struktur der in frischem Zustande ganz durchsichtigen Larven zu Gesicht zu bekommen, ist eine schwache Lösung ('/,,. °/o) von Osmiumsäure an- zufertigen und in diese einige Tausende Nauplii zu werfen. Nach einigen Minuten haben sich die Thierchen schwach gefärbt und an dem Boden des Gefässes angesammelt; jetzt giesst man vorsichtig die Osmium-Lösung ab und frisches Wasser hinzu: man kann die Thierchen dann während einer Woche als Untersuchungs-Material benutzen, indem sie nur ganz langsam nachdunkeln. Die Haut besteht immer aus einer einfachen Schichte von Zellen, deren Körper mit einander verschmolzen sind, indem nur noch die Nuclei mit glänzenden Nucleoli sichtbar sind. Die Kerne sind einander oft ziemlich genähert, lassen an anderen Stellen aber merklich grosse Distanzen zwischen sich bestehen und messen 0 007 a 0.009 m.m. indem ihre Nicleoli 0.003 & 0.0035 m.m. messen (Sieh fig. 12 und 15). Sämmtliche Stachel wie sie im zweiten 1) Dohrn betrachtet die grossen von ihm Archizoöa genannten Cirripedien- Larven, als eine Zwischenstufe zwischen den Nauplius und der Zoöa. Ich halte aber die Unterschiede zwischen diesen Larven und den übrigen Nauplius- larven nicht wesentlich genug um erstere als eine gesonderte (mit Nauplius und Zo&a gleichwertige) Larvenform zu betrachten: ein Gelenk zwischen dem ventralen Fortsatze und dem übrigen Leib kommt nicht vor, und ein starker Muskel befähigt diesen Fortsatz schon gleich nachdem der Nauplius die Eihülle verlassen hat (wenigstens bei Balanus) zu energischen Bewegungen. (Sieh auch Willemöes-Suhm 1. c.). 76 Nauplius-Stadium vorkommen, gehören zu der Cuticula, welche als Chitin-Ueberzug den ganzen Körper überkleidet, und auch an den langen Borsten der Extremitäten kann man leicht die feine chitin- artige Hülle unterscheiden. In der Mitte dieser Borsten ist nun bei starker Vergröszerung ein feiner Faden bemerkbar, welcher einen schlängelnden Verlauf zeigt. Der feine Faden lässt sich auch in der Extremität verfolgen und muss ohne Zweifel als ein Nerv betrachtet werden (fig. 16). Lässt man verdünnte Essigsäure auf die Larven einwirken, so zieht sich der ganze plasmatische Inhalt der Extremitäten als ein zusammenhängender Schlauch zusammen: man sieht dann sehr scharf, dass der Inhalt der Borsten mit dem plasmatischen Theile der Extre- mität in directer Verbindung steht. An der Bauchseite der Larve in der Gegend des ventralen Fort- satzes liegt ein Zellenhaufen (fig. 12 d.) welcher bis jetzt von den verschiedenen Autoren übersehen ist. Bei Copepoden sah Claus an dieser Stelle zwei Drüsenkörper, welche mit dem Darme in Ver- bindung standen und welchen er desshalb eine excretorische Func- tion zuschreibt. An den Ganglienknoten gelang es mir nur mit groszer Mühe eine Struktur zu entdecken, indem es mir fast unmöglich war dieselben von der Haut zu isoliren. Die Masse besteht aus schwach contou- rirten Zellen, in welchen ich keinen Nucleus unterscheiden konnte (ig. 14). Die Grösse der Zellen ist von 0.0026 a 0.0035 m.m. Die Muskeln sind (wie bekannt) quergestreift, nur sucht man die Querstreifung in den Extremitätsn der eben ausgeschlüpften Larven vergebens. Dagegen sind die Muskeln, die in dem Körper selbst verlaufen im jüngsten von mir beobachteten Stadium gleich quergestreift. Wenn man die mit Osmiumsäure behandelten Nauplii mit Nadeln aus einander reisst, bekommt man leicht einige Stückchen freier Muskelfasern zur Gesicht. Untersucht man diese bei starker Ver- grösseruug (9 & 11 Immersion Hartnack) so tritt die Querstreifung scharf hervor. Es ist nicht schwierig (Fig. 17) ein helles das Licht sehr schwach brechendes Band von einem dunkelen das Licht ziem- 77 lich stark brechenden Bande zu unterscheiden, während meisten- theils ein feiner das Licht aber stark brechender,, desshalb dunkeler Streifen, das helle Band in zwei Theilen spaltet. Die Breite der Faser ist sehr verschieden und beträgt von 0.0035 & 0.008 m.m.; die dunkelen (anisotropen) Bänder haben eine Höhe von 0.0008 & 0.0009 m.m., die hellen (isotropen) in zwei Hälften getheilten Bän- der sind etwas höher. Das Muskelkästchen, wie es zwischen zwei dunkelen Streifen eingefasst ist, hat durchschnittlich eine Breite (Höhe) von 0.0023 m.m. 1). Im Verlaufe der Muskeln sieht man nun immer grosse im Plasma eingebettete seitlich den Fasern anliegende Kerne, welche mehr oder weniger hervorragen und einen Durchmesser von 0.007 & 0.009 m.m. haben, während ihre Nucleoli 0.003 & 0.004 m.m. messen. Das plasmatische Kissen, das sich oft sehr weit der Muskelfaser entlang verfolgen lässt, zeigt eine ausserordentlich feinkörnige Be- schaffenheit; an einigen Muskelfasern (fig. 17 A) konnte ich sehr gut sehen, dass die plasmatischen Fortsätze von zwei ursprüng- lichen Zellkörpern ausgehend mit einander in directem Zusammen- hang standen. Vergleichen wir hiermit die Zustände der Muskelfasern in den Extremitäien des eben ausgeschlüpften Nauplius, in welchen sie (wie ich oben schon erwähnte) noch keine Querstreifung zeigen. In Figur 15, II und IIl, ist « die Muskelfaser,, welche sich im inneren der Extremität als ganz zarte Faden verbreitet: bei II sieht man die Extremität „en face”, bei III im Längsschnitte. Die Fasern bestehen hier bloss aus der Kernen und deren plasmatischen Ver- bindungen, während eine ausserordentlich dünne Wand das ganze Gebilde umgiebt; ob die Kerne, welche man mit einander in Ver- bindung sieht, durch Theilung aus einem Kern hervorgegangen sind 1) Diese Breite correspondirt genau mit der von Hensen angegebenen , welche er ziemlich constant (zwischen 0.0020 und 0.0026 m.m. wechselnd) bei Mus- keln von allen Thieren zurück zu finden behauptet. Engelmann (Pflüger's Archiv. und Onderzoek. phys. Labor. Utrecht. III. 2, Reeks. 1873) hat aber gezeigt, dass die Meinung von Hensen nicht stichhaltig ist. Leider war es mir nicht möglich die Muskeln an frischen Embryonen zu studiren, da die plas- matisch-kleberige Beschaffenheit der Gewebe, keine Isolirung der Theile gestattet. 78 (wie Kölliker ‘) behauptet) oder ob die jüngste Muskelfaser schon durch Verschmelzung von mehreren Zellen (jede mit ihren Kerne versehen) entstanden ist, liess sich nicht ausmachen ?). Im Ganzen schliesst sich aber nach meinen Beobachtungen die Bildungsart der quergestreiften Muskelfasern bei diesen COrustaceen-Embryonen genau der von Kölliker (l. c.) gegebenen Darstellung für deren Bildung bei Wirbelthieren an: das Sarkolemma ist die ungemein gewachsene Hülle der ursprünglichen embryonalen Muskelzellen, die Kerne die Abkömmlinge des ersten Zellkernes dieser. An dem Darmtractus gelang es mir nicht eine Muskelschichte auf zu finden; bringt man eine Larve in seitlicher Lage, so lässt sich leicht nachweisen, dass der Darm an verschiedenen Stellen mittels feiner Muskeln mit der Körperwand zusammenhängt: wahr- scheinlich breiten sich diese Muskeln auch über die Darmwandun- gen selbst aus. Dass nämlich Muskeln an der Magen- und Darm- wand vorkommen scheint mir. desshalb unzweifelhaft, indem der Darm bei gut lebenden Embryonen (und namentlich nach der ersten Häutung) fast fortwährend in wellenförmigen Contraktionen begriften ist. Die Struktur der Darmwand ist sehr einfach und besteht am Magentheile aus grossen lose zusammenhängenden Elementen, während der Hinterdarm aus viel kleineren, gegen einander gedrückten Zellen besteht (fig. 12 und 15). Stellen wir die Mittheilungen von Buchholz über die Nauplius- larve von B. improvisus mit den unserigen zusammen, so glaube ich bestimmt behaupten zu können: 1°. dass die Nauplii von keinem Geschlechte der Cirrepedien jetzt so gut bekannt sind als eben die vom Geschlechte Balanus, und 2°. das eben bei diesem Geschlechte diese Larve am höchsten organisirt sind, wie aus dem Folgenden hervorgeht: das Nervensystem ist stark entwickelt, die Muskulatur 1) A. Kölliker. Handbuch der Gewebelehre. 5te Auflage. 1867. (pag. 175). 2) Zu vergleichen ist auch mit dem oben Gesagten was Claus (Ueber die Ent- wickelung, Organisation u. systematische Stellung der Arguliden. Z. W. Z. XXV. 1875. S. 233) über das Entstehen der Muskelbündel bei den Arthro- poden mittheilt. 79 ist vollkommen ausgebildet, der Darmkanal zeigt hier eine Gliede- rung in scharf begrenste Abschnitte wie bei keinem der anderen Geschlechter. Sieht man die Larven der Lepaden, wie sie von Thompson abgebildet sind an, so sollte man fast meinen, dass bei diesen gar kein Darmcanal vorkommt. Dass aber auch bei diesen ein Intestinum wirklich dasei, ist zur Genüge bekannt (Claparede) und von Dohrn für Archizo&a (Lepas australis) von Willemöes-Suhm für Lepas fascicularis bestätigt; nur steht der Darm in Ausbildung (Differenzirung der Abschnitte) weit dem der Balanuslarven nach. Dagegen fehlt der Darm den Suctorialarven ') gänzlich und gelangt man desshalb im Grossen aus der Organisation der Larven zu der Ansicht, dass unter sämmtlichen Cirripedien die Balanen die höchste Stufe einnehmen: eine Behauptung, die auch der Organisation des ausgewachsenen Thieres ganz merkwürdig entspricht. Sagte doch Darwin auf Seite 32 seines Monograph on the Sub-elass Cirripedia, Balanidae: „here (in dem Genus Balanus) the cementing apparatus is most complex; here the several pairs of eirri differ most from each other in structure and action; here the peculiar branchiae are best developed; here the nervous system is most highly concentrated; and, lastly, here we meet with the largest and most massive species of the whole group.” LEIDEN, Februar. 1876. 1) Wenn wie Kossmann behauptet die Suctoria eine jüngere durch retrograde Metamorphose in Folge parasitischer Lebensweise hervorgerufene Form von Lepa- diden repraesentiren, so muss sich diese rückschreitende Metamorphose secundär auch über die Larven (wie aus ihrer niederen Organisation hervorgeht) ausge- breitet haben, was mir desshalb schwer zu verstehen scheint, weil diese Larven sich weder in ihrem Nauplius- noch in ihrem Cypris-Stadium an der parasitischen Lebensweise betheiligen, sondern sich mittelst ihrer kräftigen Schwimmfüsse frei bewegen. Dohrn (Prineip des Functionswechsels. Leipzig. 1875) versucht das Fehlen der gesammten Verdauungsorgane bei den Rhizocephalen-Nauplii durch die Annahme zu erklären, dass die Wurzelkrebse offenbar im Begriff seien »ihr frei lebendes Naupliusstadium zu unterdrücken, um sofort in dem Cyprisstadium das Ei zu verlassen”. Das Cyprisstadium der Cirripedien wird aber gar nicht durch das Fehlen der Verdauungsorgane charakterisirt! (Sieh Claus: Cypris-ähnliche Larve. 1869). ERKLAERUNG DER TAFELN. TAFEL I. Fig. 1—9. Zur Eibildung von Balanus improvisus. Fig. 1. Zellen des Mantels. 500: 1. Fig. 2. Anfang der Pigmentbildung in den Zellen des Mantels. 750: 1. Fig. 3. Pigmentzellen des Mantels. 300: 1. Fig. 4. Grössere dreikernige Zelle des Mantels, von einkernigen umgeben. 500: 1. Fig. 5 und 5*. Ovarial-Mutterzellen. 250: 1. Fig. 6. Ovarial-Muterzelle sammt der langen Schnur. 230: 1. Fig. 7. Büschel von Ovarial-Mutterzellen (halb schematisch). 75: 1. Fig. 8. Stiel, sammt dem unteren Theile der Ovarial-Mutterzelle. 230: 1. Fig. 9. Aelterer Ovarial-Schlauch mit sich entwickelenden Eiern. 230: 1. Fig. 10—18. Zur feineren Struktur der Naupliuslarve von Balanus balanoides. Fig. 10. Eben ausgeschlüpfte Naupliuslarve. 95: 1. Fig. 11. Die Larve nach einmaliger Häutung. 250: 1. a. Mundöffnung. Fig. 11*. Der sich ausschiebende Rückenstachel. 575: 1. Fig. 12. Hinterer Theil des Nauplius-Körpers in seitlicher Lage. 325: 1. a. Muskel, der die Magenwand an der Bauchwand befestigt, b. Kugelig angeschwollener Hinterdarm, ce. Rectum, d. bauch- ständiger Zellenhaufen. Fig. 13. Vorderer heil des Nauplius Körpers von der Rückenseite. 270: 1. a. sich gegen den Oesophagus wendender Nerv, b. unpaarer Nerv, c. gegen den seitlichen Fortsatz gerichteter Nerv, d. Drüsen- complex mit dem Seitenhorne in directem Zusammenhang, e. frei über die Fortsätze hinlaufende Grenze des Panzers. si Fig. 14. Gehirm mit dem darauf ruhenden Augenflecken und den blassen Anhängen. 575: 1. Fig. 15. I. Der aeussere Theil eines Hinterbeines. II. Ansicht ven face’ des Vorderbeines. III. Optischer Längenschnitt des nämlichen. a. primitiver Muskelfaser, b. die Wand des Beines in Querschnitt. (nach Einwirkung sehr verdünnter Essigsäure. 575: 1.) Fig. 16. Die Borsten eines Hinterfusses. 575: 1. a. Der in die Borsten tretende Nerv. Fig. 17. Muskelfasern aus dem Körper des eben ausgeschlüpften Nauplius. Osmiumsäure-Praeparat. 575: 1. Fig. 18. Zellen der Darmwand (Magentheil). 575: 1. TAFEL I. Zur Embryologie von Balanus balanoides. Fig. 1. Ei einige Zeit nach der Befruchtung. a. Koth des Eies. (Richtungsbläschen). b. In der Eihülle steckende Gebilde (Spermatozoön ?) Fig. 2. Das feinere Plasma hat sich um den Kern angesammelt. c. der Kern. Fig. 2*. Der Kern isolirt dargestellt. Fig. 3. Das feinere Plasma sammelt sich an dem stumpferen Pol des Eies an. Fig. 4. Das feinere Plasma hat sich scharf von dem grobkörnigen gesondert. (In Fig. 3 und 4 ist d der hellere Saum). Fig. 5. Das feinkörnige Plasma ist in zwei Furchungskugeln zerfallen. Fig. Vier Furchungskugeln sind da. Links tritt die Dritte (IlIe) ein wenig hervor, die Vierte is ganz verdeckt. e. der Theil des Nahrungsdotters, den die Furchungskugeln zwischen sich nehmen. Fig. 7. Der Bildungsdotter hat fast den ganzen Nahrungsdotter umwachsen. Fig. Das Blastoderm ist ganz angelegt. Der Nahrungsdotter zeigt eine erste Quertheilung (a). Fig. 8*. Zellen des Blastodermes, starker vergrössert. 575: 1. Fig. 9. Die Blastoderm-Zellen haben sich durch Theilung vermehrt. Der Nahrungsdotter ist in zahlreiche Partieen zerfallen. Fig. 9*. Die Zellen des Blastodermes in seitlicher Lage stärker vergrössert. 575: 1. Fig. 10. Optischer Längsschnitt eines etwa mehr vorgeschrittenen Stadiums. Bei a und a’, b und b’ sieht man die Einstülpungen sich bilden, welche die Anlage der Gliedmaszen einleiten. 11. az. is: .14. 82 Die Gliedmaszen sind als breite Höcker angelegt. Der abdominale Theil des Körpers (a) wächst hervor. Die unteren Gliedmaszenpaare (b und c) zeigen schwach eine Spaltung. Schwanz-Theil (a) Gliedmaszen weiter entwickelt. Der Rückentheil hebt sich ziemlich scharf ab. Der Embryo häutet sich (b). Die fast ausgewachsene Larve im Ei. b. Das gegen die Eihülle angelagerte Häutchen. (Sämmtliche Figuren sind mit der Camera lucida bei Projection auf den Arbeits-Tisch gezeichnet. Vergröszerung 270; 1). ZUR HISTOLOGIE DER SYNOVIALHAUT, VON Dr. J. G. VAN DER SLUNWS, ASSISTENTEN AN DER ANATOMISCHEN ANSTALT ZU LEIDEN. Seit dem Jahre 1866 sind die Ansichten der Histologen über die Natur der Elemente, welche die innerste Schicht der Synovial- kapsel bilden, sehr getheilt. Vor dieser Zeit herrschte kein Zweifel darüber, dass die Synovialmembran mit Epithelium ausgekleidet sei. Nach Hüter’s ') Untersuchungen aber, 1866 mit Hülfe der Silberimprägnation ausgeführt, sind genannte Elemente als Binde- gewebezellen aufzufassen. Bald trennt sie eine gröszere, bald eine geringere Menge der braun tingirten Intercellularsubstanz, wovon ihre keratoide oder epithelioide Anordnung (des cornea- oder epithelähnlichen Bildes wegen) abhängt. Später wurde Hüter’s Meinung von Böhm ?) und von Reyher ?°) bestätigt. 1) Zur Histologie der Gelenkflächen und Gelenkkapseln mit einem kritischen Vorwort über die Versilberungsmethode m Virchow’s Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin, 1866, Bd. 37. 8. 53. 2) Beiträge zur normalen und pathologischen Anatomie der Gelenke, Inaugural- Dissertation, Würzburg, 1868. 3) Journal of Anatomy and Physiology. Vol. III. 1874. pag. 261. 84 Schweigger-Seidel ') und Landzert ?) hielten die frühere Deutung jener Elemente als Epithelzellen aufrecht, Albert °) hielt sie theils für Epithel-, theils für Bindegewebezellen. So viel mir bekannt ist rühren die letzten, diesen Gegenstand be- treffenden, Untersuchungen von Tillmanns °) her. Nach seinem Befunde wird die Synovialhaut von einem continuirlichen einschich- tigen Endothelium bedeckt. Ueberall, wo dieses Endothelium öfterer Reibung ausgesetzt ist, geräth es in einen leicht entzündlichen Zustand, fängt an sich zu vermehren und kann demzufolge mehr- schichtig werden. | Die herrschende Ungewissheit in der Deutung der Elemente ver- anlaszte mich zu den folgenden Untersuchungen, die ich bereits im vorigen Jahre in meiner Inaugural-Dissertation mitgetheilt habe. Zur Untersuchung dienten Synovialhäute vom Menschen, Rinde, Kaninchen, Hunde, von der Ratte und Katze. Auf der frischen in Glycerin untersuchten Synovialhaut eines sieben- jährigen Kindes fand ich zwei bis drei Schichten runder oder un- regelmäszig vieleckiger Zellen, die sich nur selten berührten, da in der Regel eine homogene oder leicht granulirte Substanz sie von einander trennte. Nach Hinzufügung von ein wenig Essigsäure wurden in vielen der Zellen Kerne, in einzelnen mit Kernkörperchen, sichtbar. Eine Zellenmembran nahm ich nicht wahr. Auf der Synovialhaut des Handgelenkes eines erwachsenen Man- nes lagen dieselben Zellen (Fig. 3), nur etwas gröszer und in kleinerer Zahl. Jede Zelle war hier auch von einer ziemlich weiten Kapsel umgeben, welche structurlos war. Die homogene Zwischen- 1) Die Behandlung der thierischen Gewebe mit Nitr. arg. in Arbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig. 1866. 8. 150. 2) Zur Histologie der Symovialhaut im Centralblatt der medicinischen Wissen- schaften. Jahrg. 1867. S. 369. 3) Zur Histologie der Synovialhäute in Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissenschaften. Bd. 64. 2e Abth. Jahrg. 1871. S. 430 und in Stricker's Handbuch der Gewebelehre. Leipzig. 1871. S. 1230. 4) Beiträge zur Histologie der Gelenke m Max Schultze's Archiv für mikro- skopische Anatomie. Bd. X. S. 401. 35 substanz bildete die Wand der Kapseln, welche bisweilen auch zwei Zellen umschloszen (Fig. 3b). i An Chromsäurepräparaten waren diese Verhältnisse am deutlich- sten. Als ich später Präparate in Lösungen von neutralem chroms. Ammon. (5°/,) und in Müllerscher Flüssigkeit macerirte, gelang es mir durch Pinseln Zellen zu isoliren. Auch dort wo sich keine Kapseln zeigten waren die Räume, die nach der Isolirung in der homogenen Substanz offen blieben, immer gröszer als die Zellen selbst. Die Zellen lagen also in Höhlungen der Intercellularsubstanz , als deren optischer Ausdruck die Kapseln aufzufassen waren. In Chromsäurepräparaten von einem neugeborenen Kinde war der Zel- lenreichthum ausserordentlich grosz (Fig. 2); die Zellen bildeten zwei bis vier Schichten, in deren tiefster sie am wenigsten zahlreich waren. Nach der Application einer Silbersolution von 1°, auf frischen Synovialhäuten erschienen beinahe überall die Hüterschen Bilder. Wo die von ihnen gebildete Schicht nicht all zu dick war (Fig. 1a), schimmerten die gewöhnlichen Zellen durch und leicht konnte man verführt werden sie für die Kerne der weiszen Hüterschen Proto- plasmamassen zu halten (Fig. 15). Wo aber die Hüterschen Zeich- nungen fehlten waren zwei bis drei Zellenschichten sichtbar. In allen Präparaten lagen kleine Fettmassen zwischen den Zellen verbreitet und die Zellen überdeckten immer die Blutgefässe. Die frische Synovialhaut des Rindes, besonders von jüngern Thieren,, enthielt eine grosze Menge rundlicher, kernhaltiger Zellen , ohne Zellenmembran und zwei bis drei Schichten bildend; in den tieferen Schichten war ihre Gestalt auch wohl spindelförmig. In Präparaten, welche in Ohromsäure erhärtet waren, zeigten sie öfters Ausläufer. An einigen Stellen waren sie deutlich in parallel lau- fenden Reihen geordnet. Unter den Zellen gab es auch gröszere, die sich in Fettdegeneration befanden. Nach Behandlung von Synovialmembranen mit Müllerscher Flüs- sigkeit oder Lösungen von neutralem chroms. Ammon. (5°/,) gelang es mir Zellen, auch wohl noch in Verbindung mit ihren Ausläufern , zu isoliren. Auch die Kapseln, jedoch weniger weit und grosz als beim Menschen, fehlten nicht. 36 Die Silberbehandlung brachte hier die schönsten Hüterschen Bilder zum Vorschein. Wo sie fehlten, was häufig auf den zahl- reichen Zotten der Fall war, lagen die oben beschriebenen Zellen. Diese erschienen überall wo vor der Silberapplication die Synovial- membran mit destillirtem Wasser abgespült war. Wo die Bilder sich dann noch zeigten , bildeten sie eine äusserst dünne, die Zellen bedeckende, Schicht. Unter Beihülfe der Haematoxylinfärbung wurden in allen Zellen Kerne sichtbar. Die Dünnheit der Synovialkapsel des Kaninchens ermöglichte es, sie in ihrer Totalität und ohne weitere Präparation untersuchen zu können. Zwei bis drei Zellenschichten überdeckten die frische Synovialmembran. In der oberen Schicht waren die Zellen am zahlreichsten; ihre Gestalt war rund oder unregelmäszig vieleckig (Fig. 5); eine Zellenmembran fehlte; der Inhalt war fein granulirt; erst nach Einwirkung von Essigsäure oder nach Färbung mit Carmin oder Haematoxylin waren Kerne sichtbar. Die Kapseln zeigten sich in der Form von weiszen Säumen (Fig. 5a) um die Zellen; die dunkler gefärbte Zwischensubstanz trennte die Säume von einander (Fig. 55). Kleine Fettmassen lagen immer zwischen den Zellen verbreitet (Fig. 6 a). In der tiefsten Schicht war die Zahl der Zellen am kieinsten ; ihre Gestalt war hier spindelförmig (Fig. 6); sie waren in Reihen geordnet, die dem Verlaufe der unterliegenden Bindegewebebündel folgten; sie bildeten, so zu sagen, den Uebergang der runden Zellen zu den tiefer gelegenen Bindegewebekörperchen. In Präparaten, die mit einer Lösung von chroms. Ammon. be- handelt waren, hatten die Zellen die schönsten Ausläufer. Die letzteren verbanden sich nicht mit einander und bestanden aus einer dunklen, fein granulirten Masse (Fig. 8). Wurde die Membran gleich nach dem Tode in eine Osmiumsäure- lösung von !/,°/, gebracht, so zeigten sich die Zellen mit ihren Kapseln sehr deutlich (Fig. 7). Kleine, dunkle Körner lagen in den meisten Fällen in den Zellen und ihren Kapselsäumen ver- breitet (Fig. 7a). Eine besondere Kapselwand fehlte auch hier. Da ich wünschte in Betreff der Natur dieser Kapseln , die ich beim 37T Menschen, Rinde, Kaninchen und später auch bei der Ratte wahr- nahm, grössere Gewissheit zu erlangen, und vermuthete, dass sie vielleicht Lymphräume um die Zellen bildeten, machte ich mittelst fein ausgezogener, gläserner Röhren parenchymatöse Injectionen von Richardson’s Blau in das Gewebe des Kapselbandes und in das umliegende Bindegewebe. Ich steckte diese Röhren in ver- schiedenen Richtungen ein und versuchte den Farbstoff unter sehr niedrigem constantem Drucke in die Intercellularräume des Gewebes zu bringen. Ich erhielt aber keine sicheren Resultate und meine Injeetionspräparate waren immer ungenügend. Einige Male sah ich die blaue Masse in den Kapseln liegen und die Zellen einschlieszen, aber ich fand die Wege nicht auf welchen der Farbstoff einge- drungen war. Auch die Blutgefässe habe ich mit Riehardson’s Blau injieirt. Bisweilen lagen diese der Oberfläche sehr nahe und wenn dies zusammentraf mit einer Stelle, wo die Zellen weniger zahlreich waren und die Intercellularsubstanz nur die Blutgefässe bedeckte , konnte es sehr leicht scheinen, als ob die Gefässe nackt lägen. Häufig beobachtete ich hier spiralig aufgewundene Capillaren, wie Tillmanns solche beim Menschen beschrieben hat. Die gröszten Zellen fand ich auf der Synovialhaut des Knie- gelenkes der Ratte. Sie waren immer kernhaltig, rund oder viel- eckig von Gestalt und bildeten zwei bis drei Schichten. In der obersten Schicht (Fig. 9a, «) waren sie am gröszten und zahlreich- sten, in den tieferen mehr spindelförmig und in Reihen geordnet (Fig. 95,b). Die Kapseln zeigten sich als helle Ringe um die Zellen (Fig. 9c). Nach Abspülung mit destillirtem Wasser und Hinzufügung einer Silberlösung (1°/,) erschien bald eine dünne Schicht Hüterscher Zeichnungen , zum gröszten Theile von epithe- lioidem Charakter. Die Zellen schienen bisweilen die Kerne der weiszen Räume zu sein; dieser Schein verschwand aber bald nach Färbung der Zellen mit Anilin. Jetzt bemerkte ich auch, dass die Kerne und das Protoplasma nie zugleich scharf gesehen werden konnten; die Protoplasmamasse schien eher eine Platte zu bilden, auf welcher der Kern ruhte. 38 In groszer Menge sah ich hier die auch beim Rinde beschriebe- nen mit Fettkörnchen gefüllten Zellen (Fig. 10). Beim Hunde und bei der Katze fand ich dieselben Zellen wie bei den andern Thieren; beim Hunde bildeten sie mehrere, bei der Katze zwei bis drei Schichten. . In den oberen Schichten rund von Gestalt, waren sie in den tieferen spindelförmig und in Reihen geordnet. Ueberall waren die Blutgefässe von Zellen oder Intercellular- substanz bedeckt. Im Vorhergehenden zeigte ich, dass die Synovialmembran, aus Bindegewebe mit vielen elastischen Fasern bestehend, an ihrer freien Fläche zahlreiche Zellen trägt, welche durch eine homogene Zwischensubstanz von einander getrennt werden. Die Zellen bilden zwei bis drei Schichten, sind in den oberen rund, in den tieferen spindelförmig und zuletzt von den gewöhnlichen Bindegewebekör- perchen nicht mehr zu unterscheiden. Eine Hülle geht ihnen ab und sie bestehen aus granulirtem Protoplasma mit deutlichen Kernen. Sie sind öfters mit Fortsätzen versehen und in der obersten Schicht von ziemlich weiten, eigener Wände entbehrenden Kapseln um- geben. In vielen Fällen sind sie in Reihen geordnet, den unter- liegenden Bindegewebebündeln parallel. Die Capillaren liegen immer unter oder zwischen den Zellen und sind nie ganz unbedeckt; wenn sie nackt zu liegen scheinen, über- deckt sie doch immer eine dünne Schicht der homogenen Inter- cellularsubstanz. Welcher Natur sind nun die zelligen Elemente der Synovialhaut? Meiner Ansicht nach sind es Bindegewebezellen. Nur bei dem Binde- gewebe und seinen beiden Abkömmlingen, dem Knochen- und Knorpelgewebe, ist die Zwischensubstanz so reichlich vertreten als in dieser Zellenschicht der Synovialmembran. Eine weitere, grosze Ueber- einstimmung im Bau dieser Zellen mit den Bindegewebezellen zeigt sich im Folgenden. An allen Zellen des Bindegewebes kommen Ausläufer oder Fortsätze vor; nach den letzten Untersuchungen 89 sind sie selbst ausserordentlich verbreitet. Eine gesonderte Wand geht allen Bindegewebezellen ab, aber constant sind der granulirte Inhalt, sei die Protoplasmamasse auch öfters gering, und der deut- liche Kern. Gröszer noch würde die Uebereinstimmung mit den Resultaten der letzten Untersuchungen über die Structur des Binde- gewebes sein, wenn es sich wirklich so verhielte als ich bisweilen zu sehen glaubte, dass nämlich der Zellenkörper eine Platte bildet, auf welcher der Kern ruht. Auch die Thatsache, dass die Zellen bei jugendlichen Individuen am zahlreichsten sind und bei zunehmenden Jahren relativ geringer an Zahl werden, macht es wahrscheinlich, dass die Synovialhaut Bindegewebezellen enthält, denn auch beim Bindegewebe und seinen Derivaten ist es eine constante Erscheinung, dass im Laufe der Zeit die Zwischensubstanz vermehrt. Ferner weise ich darauf hin, dass die Synovialkapsel sich ent- wickelt aus dem ursprünglichen Perichondrium, das keine anderen Zellen als Bindegewebezellen enthält. Zuletzt wird meine Ansicht noch bestätigt durch die Wahrnehmung , dass die Zellen, je tiefer man kommt, desto mehr den gewöhnlichen Bindegewebekörperchen gleichen und endlich von diesen gar nicht mehr unterschieden werden können. Die genannten Zellen gehören desshalb, wie ich meine, zu den Bindegewebezellen und eben zu denjenigen, welche Waldeyer beschrieb und „runde” nannte '). Unter diesem Namen versteht dieser Forscher Bindegewebezellen , die gröszer sind als die gewöhnlichen, nach Virchow so genannten , Bindegewebekörperchen. Viele Autoren hatten diese Zellenform schon in verschiedenen Geweben erwähnt; Waldeyer fasst sie zum ersten Male alle zusammen. Durch die folgenden Eigenthümlichkeiten sind sie von den Bindegewebekörperehen unterschieden: durch ihre Grösze, durch ihren Protoplasmareichthum, durch ihren deutlichen Kern ° 1) Ueber Bindegewebezellen in Max Schultze's Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. II. 1874. S. 186. 90 und durch ihre Beziehung zu den Blutgefässen, um welche herum sie in der gröszten Menge angehäuft sind. Merkwürdig auch ist ihr Verhalten zum Fettgewebe, da die Fettzellen vielleicht aus ihnen entstehen. Wenn man diese Zellen mit den von mir erwähnten der Synovial- haut vergleicht, bemerkt man sogleich zwischen beiden eine auf- fallende Uebereinstimmung. Dass die von mir beschriebenen Zellen gröszer sind als die gewöhnlichen Bindegewebezellen unterliegt keinem Zweifel, da in der Regel ihre Grösze das Zweifache von der der rothen Blutkörperchen beträgt; das granulirte Protoplasma und den deutlichen Kern habe ich öfters erwähnt; der Uebergang in Fett- zellen wird sehr wahrscheinlich gemacht durch die beim Rinde und bei der Ratte beobachteten Zellen mit reichlichem Fettinhalte (Fig. 10). Das vielfache Vorkommen von Fettmassen zwischen den Zellen und die gröszeren Fettanhäufungen an verschiedenen Stellen der Synovial- kapsel werden so leicht verständlich. Bestimmte Beziehungen zwischen den Zellen und den Blutgefässen oder eine Abhängigheit der Zellengruppirung vom Verlaufe dieser habe ich nicht wahrge- nommen. Die Zellenschnüre, die ich fand und deren auch Kühne im intermusculären Bindegewebe des Frosches erwähnt, folgten der Richtung der unterliegenden Bindegewebebündel, nicht der der Blutgefässe.. Waldeyer aber sagt selbst, dass die runden Binde- gewebezellen vorläufig in näheren Verhältnissen zu den Blutgefässen zu stehen scheinen. Dieser Eigenschaft kann desshalb nicht derselbe Werth wie den bisher besprochenen zugeschrieben werden. Weitere Verschiedenheiten scheinen die vielen Ausläufer zu bilden, die ich so häufig an den Zellen fand. Aber die Eigenschaft, rund zu sein, wie sie Waldeyer seinen Zellenformen zuschreibt, ist so aufzufassen, dass sie nicht wie die meisten Bindegewebezellen nur in einer Richtung besonders entwickelt sind, sondern in mehreren. Obgleich Waldeyer in seiner Arbeit keine Ausläufer erwähnt, sind sie auf seinen Abbildungen doch beinahe an allen Zellen sicht- bar; bei den mehr spindelförmigen Zellen sind sie sogar sehr lang. Soweit mir bekannt ist werden die Kapseln, in welchen ich die Zellen der obersten Schicht in den meisten Fällen liegen sah, 91 nirgends erwähnt. Nur Tillmanns sagt, dass er an der Hinter- Hläche der Sehne des M. quadriceps femoris zellige Elemente inner- halb Kapseln eingeschloszen fand, die weder zu den Endothel-, noch zu den Knorpelzellen gehörten, sondern Zwischensiufen bil- deten, die er als Beweise des Ueberganges von Endothel- in Knor- pelzellen betrachtet. Ich halte die von mir beobachteten Kapseln nicht für analog mit denen der Knorpelzellen, weil keine weitere Structur daran zu be- merken war und die Kapseln fehlten, so oft die Zellen isolirt waren. Es kommt mir vor, dass diese Kapseln als Höhlungen betrachtet werden müssen, worin die Zellen liegen. Zur Rechtfertigung dieser Ansicht führe ich die folgenden Gründe an: 1°. das Fehlen einer gesonderten Kapselwand, 2°. das Vorhandensein derselben dunklen Körner im weiszen Saume um die Zellen, wie in den Zellen selbst (Fig. 7), und 3°. die Räume in dem Bindegewebe nach Entfernung der Zellen durch Pinseln, welche Räume immer gröszer waren als die darin gelagerten Zellen. Endlich will ich noch erinnern, dass ich bisweilen die Injectionsmasse um die Zellen antraf ganz in der Form der Kapseln. Vielleicht stehen die Kapseln zu dem Lymph- gefäszsysteme in Beziehung, denn es ist bekannt welche nahen Verhältnisse zwischen diesem Systeme und dem Bindegewebe von v. Recklinghausen und anderen Autoren durch die Ent- deckung der Wurzeln der Lymphgefässe im Bindegewebe nachge- wiesen wurden. Wenn man die von mir beschriebenen Zellen mit den weiszen Räumen der Hüterschen Bilder vergleicht, welche von Hüter als Zellen betrachtet werden, so wird die grosze Verschiedenheit zwischen beiden Niemandem entgehen. Die von mir beschriebenen Zellen sind einander auch im Ein- zelnen sehr ähnlich, bei denen Hüter’s ist nur ein im Allgemeinen gleicher Typus erkennbar. Auf frischen Synovialhäuten sieht man 92 nach meinen Untersuchungen keine Zellen, welche den Hüterschen Bildern gleichen, vielmehr erscheinen solche erst nach der Silber- application. Nun will Böhm zwar auch auf frischen Synovialhäuten kern- haltige, den Hüterschen Bildern gleichende, Zellenformen gefunden haben, aber aus seiner Beschreibung und Abildung erhellt, dass ‘ diese Zellen in der That weniger den Hüterschen als den von mir beschriebenen gleichen. Dieser Gründe wegen glaube ich, dass die Hüterschen Bilder keine ursprünglichen Bildungen sind, sondern Artefacten, entstanden durch die Einwirkung der Silbersolution auf die Synovialflüssigkeit. Meine Fig. 1, wo eine dünne Schicht Silberzeichnungen die gewöhnlichen Zellen bedeckt, weist die Ver- schiedenheit beider Bildungen an. Als ich vor der Silberzusetzung die Synovialmembran mit Wasser abspülte wurden die Silberfiguren um vieles schwächer und bildeten zuletzt nur eine sehr dünne Schicht. Sie verschwanden zwar nicht gänzlich, aber es ist auch nicht zu übersehen, dass ich die Ab- spülung nicht lang genug fortsetzen durfte, da ich fürchten musste die zarten Zellen, auf welchen die schleimige Synovialflüssigkeit äusserst fest klebte, zu vernichten. Auch die von keinem anderen Autor getheilte Behauptung Hüter’s, dass die Synovialhaut in verschiedenen Gelenken in der Form von Fortsätzen über die Gelenkknorpel übergreift, glaube ich so erklären zu können: Die Synovialflüssigkeit adhaerirt auch an den Knorpelflächen und die Silberlösung bildet auch hier bisweilen dieselben Figuren. Mitten auf einem Sesambeine einer Artieulatio metarcarpo-pha- langea des Rindes traf ich die schönsten Silberbilder an. Hüter sagt selbst, dass seine Präparate von der Gelenkfläche der Patella noch feucht von Synovialflüssigkeit waren, als er die Silberlösung zusetzte; er wusch den gebildeten Niederschlag zwar ab, allein meiner Ansicht nach nur zum Theil. Auch Tillmanns, glaube ich, hat Unrecht wenn er die Zellen der Synovialhaut zum Endothelium rechnet. Die zelligen Elemente werden von ihm als Kerne aufgefasst und die in diesen Elementen 93 eingeschlossenen Theile, welche ich als Zellenkerne betrachtete, werden von ihm nicht erwähnt. Nach Einlegung der Membranen in Lösungen von bichrom. Kalie. (2°) gelang es ihm die Zellen zu isoliren. Die Zelleneontouren , die er nie auf der frischen Membran beobachtete, waren sehr un- regelmäszig, wie man es an keiner anderen Stelle am Endothelium gesehen hat; auch mit den Ausläufern, die ich beschrieb, haben sie keine Aehnlichkeit. Weiter ist beim Endothelium die Intercellular- substanz auch nie so reichlich vertreten. Das Vorkommen von mehreren Endothelschichten lässt sich schwer durch eine entzündliche Erregung erklären , denn neben den Gelenken funetioniren viele Organe des Körpers ebenso häufig oder noch häu- figer ohne dass sie in einen solchen physiologischen Entzündungs- zustand gerathen. Aber nicht nur an Stellen der wiederholten Reibung ist das Endothelium mehrschichtig, auch längs der ganzen Innenseite der Kapsel wird es in dieser Form angetroffen NACHTRA:G. Bei Abschlusz dieser Arbeit gelangten Hüter’s Wiederlegungen der Tillmannschen Ansicht zu meiner Kenntniss !). Wie ich oben zeigte, pflichte ich Hüter darin bei, dass auch meiner Meinung nach Tillmanns Unrecht hat die zelligen Elemente als Endo- thelium zu deuten. In Betreff der Auffassung der Hüterschen Silberbilder halte ich meine schon erwähnte Behauptung der oben mitgetheilten Gründe wegen aufrecht. Die Zellen der Präparate, welche Reyher mit Benutzung des Goldchlorids herstellte, sind den Zellen meiner Figur 8 ganz ähnlich aber ich halte diese Bilder für etwas Anderes 1) Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 6° Band. 3es Heft. S. 290. 94 als die weiszen Räume der Silberpräparate dieses Forschers. Solche Silberbilder werden von Hüter nicht abgebildet; ich erhielt sie ebenso wenig und halte sie für zufällig gebildet. Die Capillaren werden gewiss nicht immer von zelligen Elementen bedeckt, jedoch liegen sie, wie ich meine, nicht nackt, sondern sind sie dort, wo die Zellen fehlen, unter einer dünnen Schicht der homogenen Intercellularsubstanz gelagert. Bag. 1. Fig. 3 Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Bio. 9 Fig. 10 ERKLAERUNG DER ABBILDUNGEN, Synovialhaut des HEllbogengelenkes des Menschen mit nitras Arg. a. Hütersche Bilder, nur eine dünne Schicht bildend. db. Zellen. c. Aufgeschwollener Kern. Hartnack. Ocul. 3. Obj. VII. Synovialhaut des Hüftgelenkes des neugeborenen Kindes in Chrom- säure. Nachet 3. II. Synovialhaut des Handgelenkes eines Mannes in Chromsäure. a. Zellen dicht neben einander. b. Mehr von einander entfernte Zellen. c. Zelle mit zwei Kernen. Deutliche Kapseln um die Zellen. Hartnack 3. VII. Synovialhaut des Ellbogengelenkes eines Mannes in Müllerscher Flüs- sigkeit. Zahlreiche Zellen und eine grosze Menge elastischen Gewe- bes. Hartnack 3. VII. Öberflächliche Zellenschicht des Kniegelenkes des Kaninchens. a. Zelle mit Kapsel. b. Intercellularsubstanz. Hartnack 3. VII. Tiefere Zellenschicht des vorigen Präparates. a. Kleine Fettmasse , auch in Fig. 5 sichtbar. 5. Zellen der obersten Schicht. Hart- nack 3. VII. Osmiumsäure-Präparat des Kniegelenkes des Kaninchens. Zellen mit deutlichen Kapseln. a. Dunkle Körner in der Zelle und ihrer Kapsel. Hartnack 3. IX (Immersion). Zellen mit Ausläufern des Kniegelenkes des Kaninchens. Präparat in chrom. Ammon. a und b. Die am meisten vorkommenden Formen. Hartnack 3. VII. Zellen des Kniegelenkes der Ratte. «a. Öberflächliche,, b. Tiefere Zellen. c. Zellenkapsel. Hartnack 3. VII. Zellen der Synovialhaut der Ratte in Fettdegeneration. Hart- nack 3. VII. UEBER DAS SOGENANNTE BAUCHGEFAESS DER LEPIDOPTERA, NEBST EINIGEN BEOBACHTUNGEN UEBER DAS SYMPATHISCHE NERVENSYSTEM DIESER INSECTENORDNUNG VON DIONYS BURGER, PHIL. NAT. DOCTORANDUS AN DER UNIVERSITÄT LEIDEN. (HIERZU TAF. VI). Mitgetheilt aus dem Nachlasse des Verstorbenen. von C. K. HOFFMANN. Die hier folgende Arbeit ist während des Sommer-Semesters 1874 in Tübingen unter Leitung des Herrn Prof. LEeypDıs ausgeführt. Es mag gestattet sein, einige die Entstehung derselben berück- sichtigende Worte über den so früh dahin gerafften Verfasser vor- auszuschicken. Dıonys BURGER wurde im Sept. 1871 als Student in den Natur- wissenschaften an der Universität Leiden eingeschrieben. Schon innerhalb eines Jahres überstand er „magna cum laude’” sein Can- didats- und im Anfang von 1874 mit eben so glänzendem Erfolg sein Doctor-Examen. Mit dem Anfang des Sommer-Semesters, als der hiesige Prof. der Zoologie E. SELENKA einen Ruf nach Erlangen angenommen hatte, begab BURGER sich nach Tübingen um dort unter Leypıig’s Leitung sich weiter auszubilden und seine zoologi- schen Untersuchungen fort zu setzen, und im Winter-Semester 7 98 1874/75 zumselben Zweck nach Marburg um dort unter GREEFF zu arbeiten. In Tübingen beschäftigte BürGER sich hauptsächlich mit den Untersuchungen, welche hier vorliegen. Der Verfasser hat dieselben selbst noch in der holländischen Sprache abgefasst, mit der Absicht sie als seine Doctordissertation zu gebrauchen. Indessen wollte er noch die letzte Hand an seine Arbeit legen, wie die zahlreichen Zeichnungen beweisen, welche zum grössten Theil nur in Skizze vorhanden waren. Es sollte leider anders sein. Schon nach seiner Rückkehr aus Marburg im März 1875 zeigten sich die ersten Spuren einer schleichenden Krankheit, die Ihn nur zu bald zum Grabe schleppen sollte. Wohl begab er sich im Frühsommer nach Dadeweiler, wohl hoffte er dass die reine, milde Luft dort einen wohlthätigen Einfluss auf seine erschütterte Gesundheit ausüben würde, aber die Hoffnung schlug fehl und der gewünschte Erfolg blieb aus. In seine Vaterstadt Leeuwarden zurückgekehrt, stei- gerten sich allmählig die Krankheitserscheinungen und so traf uns am Ende des vorigen Jahres die bedauernswerthe Kunde, dass am 10 Dec. der Tod dem zweiundzwanzigjährigen hoffnungsreichen Forscher ein frühes Ziel seiner Bestrebungen gesetzt habe. Möge seine Erstlings-Leistung ihm dennoch einen ehrenvollen Platz unter den Bearbeitern der Inseeten-Anatomie sichern. Einleitung. Durch Leyvıe’s Verhandlung „Ueber das soge- nannte Bauchgefäss der Lepidoptera ete.” in MüLLEer’s Archiv 1862, ware zum ersten Mal die Bedeutung eines räthselhaften Or- ganes aufgeklärt, welches den abdominalen Nervenstrang bedeckt, und von den meisten früheren Beobachtern, obgleich nicht immer ohne Zweifel für ein Blutgefäss gehalten wurde. Auf Rath des Prof. Leypıe habe ich diesen Sommer unter seiner Leitung das oben erwähnte Organ einer näheren Prüfung unterworfen; ich ergreife hier die Gelegenheit, ihm für seine ausgezeichnete und freundliche Unterstützung meinen herzlichsten Dank auszu- sprechen. Unglücklicherweise war der verflossene Sommer für die Inseetenwelt sehr ungünstig, der kalte und nasse Mai hatte be- stimmt viele Puppen und Raupen getödtet und hierdurch fehlte mir 99 hin und wieder das gewünschte Material, besonders gilt dies was die Untersuchungen über die Entwickelung dieses Organs angeht; es kostete mir ungeheuer viel Mühe eine einigermassen beträcht- liche Zahl von Raupen einer Art zu sammeln während endlich doch noch durch zahlreiche Tachinen-larven meine Erwartungen getäuscht wurden. Für die Untersuchungen wurden so viel wie möglich Arten aus allen verschiedenen Familien genommen, obgleich zu meinem Bedauern unter den untersuchten Arten verschiedene Familien noch nicht repraesentirt sind. Zur bequemeren Uebersicht gebe ich hier eine Liste der untersuchten Arten nach Staudinger’s und Wocke’s Catalog der Lepidopteren des europaeischen Faunengebiets geordnet. PAPILIONIDAE. Vanessa ÜUrticae. Thecla Quercus. Lycaena Corydon. 5 Icarus. Polyommatus Dorilis. Coenonympha Pamphilus. HESPERIDAE. Hesperia Thauvmas. SPINGIDAE. Smerinthus Ocellata. > Populi. Deilephila Elpenor. ZYGAENIDAE. Zygaena Filipendulae. = Minos. CHELONARIAE. Spilosoma Mentastri. 5 lubricipeda. Arctia Caja. Phragmatobia fuliginosa. 100 LIPARIDAER. Phalaera bucephala. BOMBYCIDAE. Bomby& Querecus. Sericaria Mori. SATURNIDAE. Saturnia Carpini. Antheria Pernyi. NOCTUINA. Hadena Brassicae. a Genistae. Agrotis Spec.? Euclidia glyphica. GEOMETRIDAE. Pseudoterpna pruinata. Boarmia Spec.? Cidaria_ bilineata. PYRALIDAE. Botis urticalıs. Crambus pratorum. TORTRICIDAE. Grapholitha Spec.? Cochylis hamana. TINEIDAE. Oecophora lactella. Hyponeumeuta variabilis. PTEROPHORIDAE. Pterophora Spec.? Geschichtliches. In 1832 erschien ein Aufsatz von @. R. TREVIRANUS !), in welchem die Entdeckung „eines bisher noch nicht gekannten Bauchgefässes, welches neben und längs dem Gan- 1) Zeitschrift für Physiologie Bd. IV. Heft 2. S. 181. 101 glienstrang in der weiten häutigen Scheide desselben liegt” mit- getheilt wurde. Er beschreibt dasselbe von Sphin« Ligustri, Vanessa Io, Vanessa Atalanta und Oeneria Dispar. Die lateralwärts abtretenden Muskeln erklärt er für feine Blut- gefässe, obgleich er in denselben die Reihen von Kernen (Reihen von Kügelchen) schon erkannt hat. Zwei Jahre später (in 1834) wurde dasselbe Organ auf’s neue von NEWPORT !) entdeckt und als ein Band beschrieben, das so wohl im Thorax als im Abdomen den Bauchstrang deckt. In 1839 kommt er ?) nach wiederholten Untersuchungen auf dasselbe Organ zurück und fasst dasselbe dann wie Trevıranus als ein Bauch- gefäss auf, welches mit dem von ihm (NEwPoRT) bei Scorpionen und Myriapoden entdeckten Vas supraspinale übereinstimmen würde. Durour °) entdeckte dasselbe zum dritten Mal (1852), gab in- dessen von demselben nur eine ziemlich oberflächliche Beschrei- bung, was nicht zu verwundern ist, indem der ausgezeichnete französische Entomotom nie andere als schwache Vergrösserungen brauchte. Inzwischen war auf Grund von TREVIRANUS’ Untersuchun- gen, das Organ von R. WAGNER und in 1847 von LEUCKART !) näher untersucht. Letzterer beschreibt dasselbe als ein „einfaches, unverzweigtes, schlauchartiges Gebilde,’ mit zwei verdickten Enden, beide ohne deutliche Oeffnung und von „undeutlich fäserigem Ge- füge’ mit einer grossen Zahl „kernartiger Bildungen.” Ueber die Bedeutung des Organs hat er sich nicht ausgesprochen. In 1862 untersuchte endlich Leyvıq °) das erwähnte Organ näher und wies zum ersten Mal seine ware Natur nach. Indem ich noch oft auf seine Verhandlung zurückkommen werde, will ich hier nur in der Hauptsache seine Resultates mittheilen. Dieselben sind folgende: Das sogenannte Bauchgefäss ist ein Bindegewebe- strang der mit dem äusseren Neurilemm in directer Verbindung 1) Philos. Transactions 1834. S. 395. 2) Cyvlopaedia. Art. Insecta. Vol. II. S. 980. 3) Comptes Rendus 1852. S. 749. 4) Frey und LxuckART, Lehrb. der Anatomie der wirbellosen Thiere, 5) Archiv f. Anat. und Physol. 1862. S. 565. 102 steht und sich von oben zweihörmig verbreitert zur Insection der beiderseits von der Bauchwand sich auf „dessen Oberfläche begebenden Muskelfasern.” In seinen Tafeln zur vergl. Anatomie gab er später ein Paar der Sphinz Convolvuli entnommener Ab- bildungen. Eigene Untersuchungen. Das „Bauchgefäss ist — so weit mir bekannt — bis jetzt nur bei Lepidoptera im ausgebildeten Zustande angetroffen. NEwWPOoRT !) glaubt dass es auch bei Larven vor- kommen sollte und meint es auch bei der Raupe von Sphinx Ligustri gesehen zu haben. „But of so delicate a structure as almost always to elude detection.” LEUCKART ?) sagt: „Selbst bei vielen Raupen ist es vorhanden, doch fehlt es z. B. bei der von Cossus, von Bombyx brassicae (?) und rubi von Sphin« Tiliae und anderen.” Es wäre zu wünschen, dass er lieber einiger Raupen erwähnt hätte, wo es wohl vorhanden wäre. Zu meinem Bedauern ist mir diese Mittheilung zu spät in die Hände gekommen, so dass ich nicht viele Raupen in dieser Hinsicht untersucht habe. Dagegen fehlte es bei keinem der von mir untersuchten Schmetterlinge und so glaube ich daraus wohl schliessen zu dürfen, dass es ein in der Ordnung der Lepidoptera constant — und nicht nur, wie LEUCKART glaubt „ziemlich allgemein” — vorkommendes Organ ist. Aus- drücklich muss ich hier erwähnen dass es auch bei dem Seiden- spinner angetroffen wird und das OORNALIA also in seiner Verhand- lung über den Seidenspinner es übersehn hat, wie auch LEYDIe 3) schon vermuthete. Die Chorda supraspinalis (ich schlage vor diesen Namen dem „Bauchgefäss” zu geben) zeigt sich bei grösseren Arten schon dem blossen Auge als ein weisses oder gelbliches Band, das den Bauch- strang — so weit dieser im Abdomen liegt — deckt. Bei Be- trachtung eines Querschnittes (Fig. 1) bemerkt man dass es nach unten in unmittelbarer Verbindung mit dem Bauchstrang steht, D)aL..c, 2) L. c. 3) L. Archiv. f. Anat. und Physiol. 1862. 103 während es sich nach oben in zwei Lamellen fortsetzt, die in ihrer natürlichen Lage horizontal ausgebreitet sind und an deren oberen Fläche sich ein Bündel Muskelfasern inserirt, welche seitwärts von der Bauchwand kommen und so eine Art horizontalen Diaphragma’s durch das Abdomen bilden, an welchem die Chorda mit dem Bauch- strang aufgehängt ist. Wenn man beide (Bauchstrang und Chorda) zusammen aus dem Thier herausgenommen hat (was für eine genauere Untersuchung nöthig ist) schlagen sich oft die beiden Lamellen, in welche die Chorda nach oben sich fortsetzt, zusammen und man bekommt dann das ganze Organ nur von der Seite zu sehen. Besonders ist dies der Fall mit dem vorderen Theil, der gewöhnlich am stärksten entwickelt ist; derselbe krümmt sich gewöhnlich zugleich nach unten, besonders bei kleineren Arten und kann dann fast einen vollkommenen Kreis bilden. Ehe ich zu einer genaueren Beschreibung übergehe, muss ich erinnern, dass der Bauchstrang in dem Abdomen der Schmetter- linge gewöhnlich (nach Durour immer, siehe gleich weiter unten) vier gleich weit von einander entfernte Ganglien zählt, von welchen das letzte viel grösser ist und zahlreiche Nerven abtreten lässt. Das vordere Ende der Chorda supraspinalis liegt wie erwähnt, auf der Grenze zwischen Thorax und Abdomen, in der Mitte zwischen dem letzten Ganglion des Thorax und dem letzten des Abdomens, wo aus den Commissuren regelmässig noch zwei Paare Nerven entspringen, Ueberreste eines während der Metamorphose verschwundenen Ganglions. Die Chorda endigt hier entweder ziem- lich plötzlich oder setzt sich in eine allmählig auslaufende Spitze fort, welche stets innig mit den Commissuren verbunden ist. Darauf erreicht dieselbe sehr bald ihre grösste Breite und Entwickelung um noch vor dem ersten Abdominalganglion wieder schmaler zu werden und sich darauf mit einer gleichmässigen Breite bis zum letzten Ganglion fortzusetzen. An den verschiedenen Ganglien bildet sie nur einen schmalen, lateralen Saum, so dass die beiden Ränder ungefähr in einer geraden Linie fortlaufen. Was die Verbindung der Uhorda mit dem Bauchstrang angeht, 104 so lehren so wohl Querschnitte (Taf. VI, Fig. 1) als die directe Beobachtung, dass ihre Seitenwände sich gleichmässig in das Neurilemm der dicht bei einander liegenden Commissuren fortsetzen, so dass diese so zu sagen in dem unteren Ende der Chorda einge- schlossen liegen. Diese Vorstellung weicht einigermassen von. der Leypı@’schen ab, welcher das „sogenannte Bauchgefäss” keilförmig zwischen die weit aus einander liegenden Commissuren eindringen lässt, ich muss jedoch ausdrücklich hervorheben dass ich das Object, nach welchem Leyvig seine Abbildung verfertigt hat ') nicht unter- sucht habe, doch ist die von mir erwähnte Form die gewöhn- liche, wie auch daraus schon hervorgeht, dass bei den Lepidoptera, die beiden Commissuren oft zusammen schmelzen. Die Farbe der Chorda wechselt ab zwischen intensiv gelb und farblos, letztere kam bei weitaus den meisten untersuchten Arten vor (Vanessa Urticae , Coenonympha Pamphilus, Polyommatus Dorilis , Hesperia Thaumas, Smerinthus ocellata , Spilosoma Menthastri, Arctia Caja, Sericaria Mori, Euclidia glyphica , Cochylis hamana, Boarmia) , intensiv gelb ist sie u. A. bei Zygaena Filipendulae, Pseudoterpna pruinata, Lycaena Icarus, und nach Leyvie bei Argimus Paphia L., gelblich bei Spilosoma lubricipeda, Hadena Brassicae u. Hyponeu- meuta variabilis. Bei Lycaena Corydon ist dieselbe vor dem ersten Abdominalganglion intensiv gelb, weiterauf farblos. Die Muskeln welche sich von der oberen Fläche der Chorda lateralwärts ausstrecken und von verschiedenen früheren Beobachtern mit den Flügelmuskeln des Herzens verglichen sind, bestehen aus eigenen Primitivbündeln, welche sich nach der Chorda zu ge- wöhnlich verbreitern und verzweigen und sich auf ihrer oberen Fläche meist durch starke Verzweigung als ein ganzes Bündel feiner Muskelfasern inseriren. Sie stehen entweder in ziemlich regel- mässigen Entfernungen von einander und verlaufen ungefähr parallel nach der Bauchwand, oder sie convergiren nach aussen um sich zu grössern oder kleinern Bündeln zu vereinigen. So findet man z. B. bei Aperea Pernyi jederseits vier, ungefähr mit den vier Abdominal- 1) Tafeln zur vergl. Anatomie V. fig. 9. 105 ganglien übereinstimmende Muskelbündel; bei anderen (Zycaena Corydon, Zygaena Filipendulae) wo die Muskeln den ganzen Bauch- strang entlang ungefähr eine gleichmässige Schicht bilden, ver- einigen sie sich an dem vorderen breiten Theil zu einer Reihe von kleinen Bündeln und sind dort dann auch stark entwickelt. Bei Sphingidae (Smerinthus ocellata, Deilephila Elpenor) beob- achtete ich an den Primitivbündeln der Chorda-Muskeln noch eine Eigenthümlichkeit, welche darin besteht, dass ihr Hinterrand einen dreieckigen Anhang zeigte, welcher in 1—3 Sehnenfasern sich fort- setzte. Der dreieckige Anhang war wie der Muskel, mit welchem er ein Ganzes bildete quergestreift, die Muskelsubstanz scharf von der Sehne abgesetzt und die letzte, wie bei Arthropoda gewöhnlich , dünn und glatt, von ansehnlicher Länge und aus Chitin bestehend. (Sie Fig. 2, 3, 4, 5). Bei einem Exemplar von Spilosoma Menthastri habe ich an der Chorda ausser den an beiden Seiten quer verlaufenden Muskeln, auch noch Längenmuskeln beobachtet. Sie verliefen unter die queren Muskeln dem Rande der Chorda entlang und waren zwischen dem ersten und zweiten und zwischen dem zweiten und dritten Abdo- minalganglion beiderseits vorhanden; jedesmal fingen sei dicht hinter dem Ganglion an und inserirten sich ungefähr auf die Höhe der Nervi transversi an dem Rande der Chorda. Ausser durch Muskeln, ist der Bauchstrang mit der Chorda, wenigstens bei einigen Lepidoptera, noch auf eine andere Art be- festigt. An der Unterseite des Vorderendes der Chorda-Lamellen begegnete ich einzelne Male !) einem Bündel sehnenartiger Fasern, ganz von dem Charakter der Sehnen bei Arthropoden und in Kali unlöslich. Bei Zygaena Filipendulae kommen ähnliche Bänder vor, hier jedoch entspringen sie nicht von der Chorda, sondern eine Strecke vor ihrem Anfang in zwei Bündeln von der unteren Seite der Com- missuren. Sie dienen wahrscheinlich dazu den Bauchstrang an den Fortsätzen des äusseren Chitinskeletts zu befestigen, auf welchen er bei dem Uebergang vom Thorax ins Abdomen ruhet. 1) Die Arten bei welchen Verf. dies gefunden hat, sind nicht näher angegeben. Her. 106 Das ganze Organ ist obgleich so weit mir bekannt bei allen Schmetterlingen vorhanden, durchaus nicht immer gleich stark ent- wickelt. Am meisten ist dies der Fall bei grösseren Arten (Sphin- gidae, Aperidae) wo es (von der Seite gesehen) oft drei bis vier Mal breiter ist als die Commissuren des Bauchstranges, während es bei kleinen Individuen (Microlepidoptera) kaum die Breite des Bauchstranges erreicht. Aehnlich verhalten sich die Muskeln , welche bei grösseren Arten eine dicht angeschlossene palissadenähnliche Reihe bilden, während bei Anderen (Oecophora, Grapholitha) die einzeln Primitivbündel, welche sich ausserdem wenig verzweigen, sehr weit von einander stehen. Von dem oben im allgemeinen angegebenen Verhältniss, kommen einige Abweichungen vor, die ich hier nicht unerwähnt lassen will. Bei Sphingidae (Smerinthus ocellata und Populi, Deilephila Elpenor , nach Leypıg auch bei Sphin® Convulvuli) streckt die Chorda supra- spinalis nach hinten sich noch weiter als das letzte Abdominal- Ganglion aus und begleitet noch einen kleinen Theil der beiden grossen Nerven, welche aus der hinteren Fläche dieses Ganglions entsprin- gen. Die beiden lateralen Lamellen jedoch verschwinden oberhalb des Ganglions und der mittlere Theil des Bauchgefässes theilt sich in zwei Arme, deren jeder einen der Nerven begleitet und an deren lateralen Fläche sich die Muskelfasern inseriren. Bei Saturnia Carpini streckt die Chorda sich nach hinten nur bis zum vorletzten Abdominalganglion aus. Die Muskeln sind jedoch auch zwischen den beiden letzten Ganglia vorhanden und inseriren sich dort direct dem Neurilemm an. Ich muss jedoch bemerken, dass ich von dieser Art nur ein Exemplar unter- sucht habe. Bei Cidaria bilineata kommen nur drei Abdominal-Ganglia vor, die gleich weit von einander entfernt sind. Die Chorda streckt sich nach hinten nicht weiter als bis zum zweiten dieser Ganglia aus, die Muskeln verlaufen noch etwas weiter und inseriren sich direct an die Commissuren. Der vordere Theil der Chorda ist nicht- breiter als der übrige. 107 Das Studium des feineren Baues der Chorda supraspinalis ist eine schwierige Untersuchung, indem nicht allein bei den grösseren Arten die Dicke des Organes selbst und die an dasselbe inserirten Nerven und besonders die Muskeln die Beobachtung sehr belästigen und die kleineren Arten die stärksten Vergrössungen bedürfen, son- dern auch die Bilder, welche man sieht, in den meisten Fällen äusserst schwierig zu deuten sind. Gewöhnlich hat das Organ ein ziemlich klares und durchsichtiges Aussehen und besteht zum grössten Theil aus der „Gallertsubstanz”’, welche in dem Binde- gewebe der Arthropoda im Allgemeinen eine so bedeutende Rolle spielt, und hier eben so oft als Zelleninhalt, wie als Intercellularsub- stanz auftritt. Dass weiter auch zellige Elemente einen Hauptbestand- theil bilden, ergiebt sich aus der grossen Zahl von Kernen, die stets durch das ganze Organ angetroffen, und besonders nach Be- handlung mit Essigsäure oder Carmin deutlich werden. Was das nähere Verhältniss der Zellen angeht, so scheinen darin bei ver- schiedenen Arten, ziemlich grosse Abweichungen vor zu kommen. Am genauesten sind in dieser Hinsicht die Sphingidae (Sphinz Con- volvuli) von LeypıG untersucht. Man findet hier in der durch- scheinenden „Gallertsubstanz” ein dicht verzweigtes Balkennetz (Fig. 1 u. 6) und es ist äusserst schwierig auszumachen ob man diese als verzweigte und mit ihren Ausläufern zusammenhängende Zellen auffassen muss oder als die Grenzen und Zwischenräume zwischen runden und ovalen Gallertzellen, m. a. W. ob die Gewebe nach Leypıe’s Bezeichnung, zu der „gallertigen” oder zu der „zellig blasigen Bindesubstanz” gehören. Wie man aus den beiden Figuren — welche so genau möglich nach der Natur verfertigt sind — sieht, erinnern die Bilder in dem einen Fall mehr an die eine, in dem anderen Fall mehr an die andere. Ich glaube mich jedoch — eben so wie LEYpDIG —, überzeugt zu haben, dass wir hier mit zellig-blasigem Bindegewebe zu thun haben und dass also die durchsichtigen Vaeuolen Zellen mit wandständigen Kernen sind. Aus der Betrachtung von Fig. 1 geht hervor, dass Leyvig’s Abbildung (Tafeln zu vergl. Anatomie T. VI, Fig. 1) viel zu schematisch ist und besonders dass die Scheidung zwischen 108 ovalen peripherischen und runden centralen Elementen viel weniger scharf, ja kaum wahrzunehmen ist. Bei anderen Arten dagegen finden wir „gallertiges” Bindegewebe. Bei einer Species von Boarmia kamen in regelmässigen Entfernungen grosse Kerne vor, um welchen herum etwas körniges Protoplasma zu sehen war. Dieses körniges Protoplasma setzt sich in ver- zweigte Ausläufer fort, welche unter einander anastomosiren. Diese Form scheint besonders unter den kleinen Arten die gewöhnliche zu sein, obgleich man die Protoplasma-Fortsätze nicht immer deutlich unterscheiden kann, so dass man bei den meisten Microlepidoptera nur eine vollkommen durchsichtige Masse mit Kernen beobachtet. In vielen Fällen kommt man nicht weiter als LEUCKART, indem man ausser den Kernen nur ein „undeutlich fasriges Gefüge be- merkt, in welchem die eigentliche Natur sich nicht nachweisen lässt. Endlich gebe ich in Fig. 7 noch eine Abbildung von einem Stück der Chorda von Pseudoterpna. Zum Theil besteht sie aus deutlichen Zellen mit rundem, körnigem Kern und feinkörnigem Inhalt. Dazwischen kommen jedoch ziemlich stark lichtbrechende, eckige Körperchen vor, welche durch Metamorphose der Kerne entstanden zu sein scheinen, wie die Zellen sind sie in unregel- mässigen longitudinalen Reihen geordnet, von welchen ungefähr 6 die Breite der Chorda einnehmen. Ausserdem. scheint auch noch ein wenig Intercellularsubstanz vorhanden zu sein, welche sich besonders an den Rändern als ein heller Saum auszeichnet. In wie weit die beschriebenen Körperchen vielleicht eine pathologische oder postmortale Erscheinung sind, muss ich unentschieden lassen, dem letzteren wiederspricht ihr Vorkommen mit und zwischen nor- malen Zellen. Tracheen kommen in den meisten Fällen wenig oder nicht in der Chorda vor. Bei Bombyx Quercus sind ziemlich zahlreiche feine Tracheen vorhanden, besonders gilt dies für Aperea Pernyi, dessen Körper ausserordentlich reich an Tracheen zu sein scheint, hier war die ganze Chorda von einem dichten Netze feiner Zweige durchsponnen. Zu meinem Bedauern hat meine Untersuchung nach der Entwicke- 109 lung der „Chorda” nicht die Früchte getragen, die ich wohl ge- wünscht hätte. Das kalte Frühjar war für die ganze Insectenwelt sehr schädlich gewesen, so dass ich mir nicht immer das ge, wünschte Material verschaffen konnte. Ich gebe also nur die fol- genden einzelnen Beobachtungen für das was sie sind und hoffe sie vielleicht später durch nähere Prüfung zu completiren. Die Beobachtungen wurden angestellt an Puppen von Vanessa Urticae L. welche ich zu diesem Zweck aus den Raupen gepflegt hatte. Bei einer Puppe des vierten Tages war von dem ganzen Organ noch nichts zu sehen, während es am dem sechsten Tag schon in allen seinen definitiven Dimensionen vorhanden war. Bei einer Puppe von einem Tage war die fibrilläre Substanz der Com- missuren des Bauchstranges von ziemlich grossen durchsichtigen Kugeln umgeben, in welchen nach Hinzufügung von Essigsäure Kerne bemerkbar werden, welche oft an ihren Rande ein ovales, stark lichtbrechendes Körperchen zeigten, das den Eindruck einer Ver- dickung der Kernwand machte. An der Aussenseite dieser Schicht war ein feines structurloses Häutchen bemerkbar, unter welchem in der Nähe der Ganglien einzelne Tracheen sich zeigten. An einer Puppe von zwei und einem halben Tag ist die Schicht heller grosser Zellen um die Nervensubstanz in eine sehr körnige Schicht umgeändert, welche zahlreiche grosse Kerne enthält und an denen die eigenen Zellgrenzen nicht deutlich mehr wahrzu- nehmen sind. Die Dicke dieser Schicht, die wenigstens während eines grossen Theils des Puppen-Stadiums in dieser Form fort- besteht, ist in Bezug auf die Dicke der Nervensubstanz sehr auffallend und beträgt ungefähr ein Zwölftel der ganzen (dop- pelten) Commissur. Aeusserlich ist sie von einer dieken Cuticula umgeben. Die Chorda, welche ich, wie oben erwähnt ist, zuerst bei einer Puppe des sechsten Tages beobachtete, habe ich an einer des zehnten Tages histologisch näher untersucht. Ihre Elemente hatten die grösste Uebereinstimmung mit der soeben beschriebenen kern- führenden Schicht: dieselben grossen, runden körnigen Kerne in der- selben körnigen Zwischensubstanz, die sich hier jedoch in besonderen 110 Theillen um die Kerne herum gruppirte, welche durch durch- sichtige Zwischenräume getrennt wurden, ohne dass jedoch Mem- brane vorhanden zu sein schienen. Mit dem dreizehnten Tag hat die Chorda ein sehr durch- sichtiges Aussehen angenommen, welches gegen das embryonale des vorigen Stadiums sehr stark absticht. Man sieht helle Vacuolen, mit einer durchscheinenden Gallerte gefüllt und mit einem ebenso durchsichtigen Kern, in der äusseren Hälfte der Chorda sind sie in einer Richtung, senkrecht auf die longitudinale Axe des Bauchstranges, stark verlängert. Die dieke, kernhaltige Schicht um die Commissuren hat sich stark verdünnt und das ganze nähert sich also sehr seinen definitiven Form. Die Deutung der beschriebenen Erscheinungen ist in vielen Hin- sichten höchst schwierig und zu meinem Bedauern habe ich noch keine Gelegenheit gehabt, meine Untersuchungen über die histolo- gischen Veränderungen des Nervensystemes, besonders des Neuri- lemms, während der Metamorphose fort zu setzen. Wahrscheinlich gehört die Neurilemm-Schicht, welche eine so starke Entwickelung zeigt, zu dem äusseren Neurilemm, obgleich auch die Gründe nicht fehlen, welche uns zu dem Resultate führen würden diese Neurilemm- Schicht als das innere Neurilemm zu betrachten, wäre es auch nur die dicke, strueturlose Schicht, welche es noch äusserlich umgiebt und die besonders in den ersten Tagen nach ihrer Verpuppung oft in zwei Schichten gespalten scheint, zwischen welchen man Anhäu- fungen von Tracheen und kleinen Fettkugeln bemerkt. Diese Schicht scheint ungefähr am fünften Tage durch kolossale Wucherung in der Chorda sich um zu bilden, in welcher sich dann die Zellen schärfer von einander trennen und sich histologisch weiter entwickelen , wie das letztere Statt findet, ist auch bei weitem nicht klar. Die transversalen Muskeln der Chorda zeigen eine beziehungs- weise geringe Entwickelung. Es sind eigene Primitivbündel, die in einer Fläche neben einander geordnet sind und bei grossen Arten (Sphingidae, Aperea) gewöhnlich ziemlich dicht neben einander, bei kleinen oft sehr weit von einander entfernt liegen. In dem letzten Falle können sie durch eine sehr feine structurlose Membran , 111 welehe mit dem Sarcolemm verbunden ist, mit einander zu einer Membran verbunden sein, wie ich besonders bei Cidaria bilineata sehr schön beobachtete. Man unterscheidet an den Muskeln, ausser dem äusserst feinen Sarcolemm, das in den Fällen am besten zu sehen in welchen durch Zerreissung der Inhalt verloren gegangen war, eine quer- gestreifte Sarcode, die jedoch weiter sehr wenig differenzirt ist und z. B. zu den Thoraxmuskeln der Inseeten mit ihren hohen Ent- wickelung von Fibrillen und Sarcous-elements in scharfem Gegen- satz steht. In der Mitte liegt fast ohne Ausnahme eine dicht angeschlossene Reihe runder Kerne, um welche herum man gewöhnlich noch etwas körniges Protoplasma wahrnehmen kann. In einzelnen Fällen wenigstens (Ph. Bucephala) liegen sie nicht in der Axe des Primitivbündels, sondern an der Oberfläche und stülpen dort das Sarcolemm blasenartig aus. Eine Beobachtung die ich auch sehr oft an den verschieden- sten Arten (Hesperia Thaumas, Smerinthus ocellata, Hyponeumeuta variabilis u. s. w.) machte, war das mit einander verbunden sein der neben einander liegenden Muskeln, durch äusserst feine Fädchen, welche ganz das Ansehen hatten, als ob sie sich von einem Pri- mitivbündel abtrennten, um sich dem nächstliegenden anzufügen. Indem ich an den meisten sehr bestimmt eine Vertheilung in quere Stücke wahnehmen kannte, muss ich sie für Primitiv- bündel halten. Uebrigens muss ich hier noch erinnern, dass die Muskeln sich in der Regel nach der Chorda hin stark verbreitern und verzweigen , und auf ihrer Oberfläche sich in zahlreiche feine Aestchen ver- zweigen, die sich dort inseriren. Einzelne Male meinte ich auch einen Zusammenhang zwischen den Muskeln der beiden Seiten wahr- zunehmen; jedenfalls strecken sie sich bis dicht zu der Mitte der Oberfläche der Chorda aus. Die longitudinalen Muskeln (Sieh oben) sind dagegen viel höher entwickelt und ganz den Thoraxmuskeln ähnlich; sie bestehen aus einzelnen wenigen Primitivbündeln. Ueber ihre Innervirung wird bei dem sympathischen Nervensystem gehandelt werden. 112 Ueber die morphologische Bedeutung habe ich LEYpıs’s ausge- zeichneter Vorstellung !) dasjenige hinzuzufügen, was ich hier kurz folgen lassen werde. Bei Orthoptera (Acheta, Gryllotalpa) kommt eine Muskulatur des Bauchstranges vor, welche schon von BLANCHARD wahrgenommen ist. Es sind regelmässig angeordnete Muskelfasern, die, an beiden Seiten der Bauchwand sich inserirend, quer über den Bauchstrang hinlaufen. Hier und dort nahm LervvıeG war, wie sich einzelne Muskelbündel an die Commissuren inserirten. Ein ähnliches Verhältniss findet man bei Hymenoptera. Bei Diptera dagegen und zwar bei Tipulidae, wo man demselben Dia- phragma von Muskelbündeln begegnet, inseriren diese sich über die ganze Länge des Bauchmarkes an seinem Neurilemm, so dass hier- durch die Musculatur in zwei laterale Hälften getheilt wird. Da nun, wie wir gesehen haben, die Chorda supraspinalis der Lepidoptera ein Bindegewebsstrang ist, der mit dem Neurilemm zusammenhängt und an welchen sich ähnliche Quermuskeln inseriren , so ist die Annahme sicher nicht zu gewagt, dass es eine einfache Neurilemm-Ausbreitung ist, bestimmt um den Bauchstrangmuskeln der Orthoptera, Hymenoptera und Diptera analogen Quermuskeln zur Insertion zu dienen. Dies beweisen auch die Befunde bei Saturnia Carpini und Cidaria bilineata wo die Muskeln sich, indem die Chorda fehlt, unmittelbar dem Neurilemm inseriren. Ich muss jedoch von Leyvıe’s Vorstellung in so weit abweichen, als dieser wie mir scheint, die Chorda als ein Product, des inneren Neurilemms erklären will. Obgleich er dies wohl nirgends aus- drücklich sagt, kann man es sich doch schwerlich anders denken wenn man liest: „Zu äusserst grenzt noch eine feste Membran, in Continuität mit dem inneren oder eigentlichen Neurilemm stehend, das ganze ab, und um diese sieht man doch fast nur spurweise, die zarte, lockere, äussere Hülle des Neurilemms herumziehen, auch noch kenntlich an einzelnen beglei- tenden Fettkügelchen.” Dagegen lesen wir ein Paar Zeilen 1) Vom Bau des thierischen Körpers, p. 210—213. 113 früher „Die Gallerte ist in derselben Weise Zelleninhalt, wie es vorhin vom Neurilemm im Allgemeinen ausgesagt wurde” — diese „Aussage” betraf jedoch nur das äussere Neurilemm. Es ist denn auch a priori unwahrscheinlich dass ein Organ von der Structur der Chorda ein Ganzes ausmachen sollte, mit einer Schicht wie der Matrix des inneren Neurilemms, welches uns beschrieben wird als eine schwierig zu beobachtende Schicht von „dicht feinkörniger Substanz in der klare, rundliche Nuclei eingebettet erscheinen ‚’ während das äussere Neurilemm vollkommen dieselbe Structur wie die Chorda hat und von Leypvıc selbst in dieser Hinsicht eitirt wird. Aller Zweifel in dieser Hinsicht wird jedoch aufgehoben durch Bilder wie in Fig. 1, wo man sehr deutlich um die beiden Commissuren herum die homogene Membran des inneren Neurilemms als einen geschlossenen Ring sieht, während das äussere mit seinen Tracheen in direetem Zusammenhang mit der Chorda ist. Auch an dem hinteren Ende der Chorda bei Sphingidae wo es — wie be- schrieben, auf den grossen Nerven des letzten Abdominalganglions endigt, sieht man ohne besondere Praeparation sehr schön den directen Zusammenhang mit dem äusseren Neurilemm der Nerven. Ich glaube also zu dem Resultat berechtigt zu sein: Dass die Chorda supraspinalis der Lepidoptera in directem Zusammenhang mit dem äusseren Neurilemm des Bauchmarkes steht, und von diesem eine Wuche- rung ist. Levpıe erwähnt als möglichen Zweck der Muskulatur des Ner- vensystemes der Arthropoden, das Beschützen des letzteren bei Bewegungen der Eingeweide, indem das Nervensystem hier nicht, wie bei den Vertebraten, in einem besonderen Raum liegt. Obgleich es nicht unmöglich ist, dass auch diese Umstände auf die Entwicke- lung der erwähnten Muskulatur Einfluss ausgeübt haben, glaube ich doch dass der Hauptzweck dieser Muskeln in einer anderen Richtung gesucht werden muss und zwar mit Rücksicht auf den Blutkreislauf. Schon den ersten Untersuchern fiel die Uebereinstimmung dieser Muskeln mit den Flügelmuskeln des Herzen auf, die vollkommen auf eine ähnliche Weise in der oberen Hälfte des Körpers ange- 8 114 ordnet sind. Ihre physiologische Bedeutung scheint in der Bildung eines Blutraums (Pericardsalsinus, GRABER ')) um das Herz zu bestehen, welcher als eine Art von Vorkammer dient, aus welchem das Blut durch die Ostien in das Herz hinübertritt. Ein ähnlicher Blutraum befindet sich auch unter dem „Spinal- septum”” wie man die Bauchmarkmuskulatur in Gegensatz zu dem „Pericardialseptum” (die Flügelmuskeln des Rückengefässes) nennen könnte. Schon Levvıe ?) hat diesen Raum, obgleich nicht mit Sicherheit entdeckt. „An Exemplaren von ‚Sphinz Convolvuli welche längere Zeit in Weingeist gelegen hatten, erscheint beim behutsamen Abheben des Bauchmarks unterhalb desselben und von gleicher Länge wie dieses ein grosser Raum, zwar nur begrenzt von dem Fettkörper, aber von so glatter, bestimmter Fläche, dass man unwillkürlich zur Annahme eines unterhalb des Bauchmarks befindlichen Blutsinus sich geneigt fühlen muss.” Ich habe mich an Querschnitten von gehärteten Lepidoptera sehr bestimmt von dem Vorhandensein dieses Blutsinus überzeugen können. Derselbe erscheint als eine ziemlich grosse Höhle, durch eine dünne, glatte Membran begrenzt, die mit Zellen des Fettkörpers bedeckt ist und sich beiderseits an den transver- salen Muskeln der Chorda inserirt. Diese bilden natürlich die obere Wand der Höhle, in welcher das Bauchmark an der Chorda nach unten hängt; ich muss hier auch noch an die Membran erinneren, die in vielen Fällen die getrennten Muskelfasern zu einer geschlossenen Haut verbindet. Bei Zygaena Filipendulae ist mit Ausnahme einzelner Nerven und Tracheen, die durch den ganzen Raum hin ausgespannt sind, der grösste Theil noch mit einer äusserst feinkörnigen Masse angefüllt, die wohl nichts anderes als coagulirtes Blut und zersetzte Blutkörperchen sein kann. Es ist. merkwürdig, wie vollkommen diese Einrichtung mit der von LeyDi@ °) bei Juliden gefundenen übereinstimmt , und ich zweifle 1) Vergl. GRABER. Ueber den Propuls. Apparat der Insecten. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. IX. 1873. 2) Leypıs. Von Bau des thier. Körpers. S. 215. 3) LeyviG. Ibidem. S. 214. Taf. V, Fig. 4. 115 auch nicht daran dass bei anderen Inseetenordnungen, wo dieselbe Muskulatur vorkommt, ein ähnlicher Blutsinus vorhanden sein wird. Genau die Wirkung der Bauchmarkmuseulatur auf die Cireulation anzugeben ist mir nicht möglich, man könnte sich dieselbe noch am besten als eine wellenförmige Zusammenziehung von vorn nach hinten vorstellen. Damit stehen jedoch die folgenden Beobachtun- gen im Wiederspruch. Lrvoıg sah bei einer eben ausgeschlüpften Aperea Pernyi — bei welcher wie gewöhnlich bei eben aus der Puppe ausgeschlüpften Schmetterlingen, der Hinterkörper ausserordentlich stark ausgedehnt und die Metameren also aus einander geschoben sind — durch die durchscheinenden Hautstücke zwischen den Ringen, das Bauchmark in einer regelmässig pendelförmigen Bewegung. Zu meinem Bedauern war ich selbst zufällig nicht da und ich habe seit der Zeit keine Gelegenheit mehr gehabt eben ausgeschlüpfte Schmetterlinge zu beobachten, doch habe ich eine ähnliche Beobachtung gemacht an einem Schmetterling von derselben Art. Nachdem ich den Hinter- körper von oben geöffnet und die Eingeweide entfernt hatte, zeigte sich der Bauchstrang auch in einer hin- und hergehenden Bewe- gung, die jedoch, indem durch die Contraction der Muskeln des Abdomens der Bauchstrang stark zusammen gekrümmt war, mehr den Eindruck einer schlangenförmigen Bewegung machte. Wann man nicht annehmen will, dass der Zutritt von Luft auf die Muskeln reizend gewirkt hat, muss man aus der eben mitge- theilten Erscheinung den Schluss ziehem, dass der Bauchstrang constant in einer hin- und hergehendenden Bewegung begriffen ist und dass diese nur — wie man aus Leypie’s eben mitgetheilter Be- obachtung vermuhten möchte — mit den Wachsthumserscheinungen direkt nach dem Verlassen der Puppenhaut, speciell mit dem Ein- pumpen von Blut in die Flügel, im Verband steht. Wäre das Integument bei den Schmetterlingen nicht so voll- kommen undurchscheinend, so würde man dieselbe Beobachtung also auch an älteren Individuen machen können. Ich muss hier noch erwähnen, dass man für diese Beobachtungen kaum ein gün- stigeres Object finden kann als den eben erwähnten grossen Seiden- 116 spinner, indem abgesehen von der Grösse des Thieres, der Bauch- strang vollkommen von Tracheen umhüllt und also durchaus weiss ist. Für die Ernährung des Bauchmarks hat wahrscheinlich seine Befestigung und seine Bewegung in einem mit Blut gefüllten Raum eine besondere Bedeutung. Bemerkungen über den Bauchstrang der Lepidop- tera. Es sei mir erlaubt hier noch einige Bemerkungen über das Nervensystem der Lepidoptera mitzutheilen, welche ich während der Untersuchung über die „Chorda” gemacht habe. Sie beziehen sich natürlich nur auf den Theil des Nervensystems, welcher im Abdomen liegt, indem meine Untersuchung sich nicht weiter aus- gestreckt hat. Durour ') sagt von den Abdominalganglien der Lepidoptera: „Constamment quatre dans tous les groupes, arrondis, lenticulaires, separes par des cordons de möme longueur partout. Leypie ?) äusserst sich folgenderweise: „Die Zahl der Bauchknoten soll sehr constant, vier, sein. Allein betrachtet man die Abbildung des gesammten Nervensystems, welche NEwPorRT vom Sphinz Nerei und CoRNALIA vom Bombyz Mori gegeben haben, so sind bei letzterem zwischen dem hinteren grossen Thoraxknoten und dem sonst als ersten Abdominalknoten geltenden Ganglion noch ein deutlicher Knoten und bei Sphinz wenigstens Seitennerven vorhanden die vielleicht auf ein kleines Ganglion schliessen lassen.” Ich kann hier hinzufügen, dass sehr constant zwischen dem letzten Thorax- und dem ersten Abdominalganglion zwei Paare Nerven dicht bei einander aus der Commissur entspringen, ohne darum noch, „auf ein kleines Ganglion schliessen zu lassen.” Dies letztere habe ich wirklich bei Spilosoma Menthastri und bei Boarmia als eine kleine Verdickung der Commissuren beobachtet. Ich glaube jedoch dass wir hier mit einer individuellen Abweichung zu thun 1) Apergu anatomique sur les insectes Lepidopteres. Compt reudus. 1852. p. 749. 2) Von Baue des thierischen Körpers. 8. 271. 117 haben: in dem Larvenzustand ist das Ganglion vorhanden und so ist es sehr leicht zu begreifen, dass es nicht immer vollkommen schwindet. Die erwähnten zwei Nerverpaare befinden sich stets in der Gegend des vorderen Endes der Chorda in dem einen Fall etwas mehr nach vorn, in dem andern wieder etwas mehr nach hinten. Die grösste Abweichung von dem bei Lepidoptera als normal zu betrachtenden Verhältniss (vier Ganglien in gleichen Zwischenräumen) traf ich an bei Cidaria bilineata. Hier waren (wie schon angegeben) nur drei Ganglien in ungefähr gleichen Zwischenräumen vorhanden. Aus dem ersteren nahm die gewöhnliche Zahl (12 Paare) Nerven ihren Ursprung; das zweite zeigte nur ein Paar, doch kommt kurz vor diesem Ganglion noch ein Paar aus der Commissur, während zwischen dem zweiten und dritten Ganglion zwei Paare Nerven, ziemlich weit von einander entfernt, aus der Commissur ihren Ursprung nehmen. Wahrscheinlich ist also das dritte der gewöhnlich vor- handenen vier Ganglien verschwunden, und gehören hierzu die bei- den letztgenannten Nervenpaare, während dem-vor das zweiten Gan- glion aus der Commissur entspringende Paar Nerven, das erste Paar dieses Ganglions ist. Wie gewöhnlich sind auch an dem Anfang der Chorda zwei aus den Commissuren entspringende Ner- venpaare vorhanden. Dass übrigens in einzelnen Fällen die Nerven, anstatt aus dem Ganglion vor oder hinter diesem aus den Commissuren entspringen können, zeigen einzelne Beobachtungen an Hadena Grenistae, Pterophora und Zygaena Filipendulae, wo das erste Paar Nerven von dem letzten Abdominalganglion dicht vor diesem Ganglion aus den Commissuren seinen Ursprung nahm, zuweilen die beiden Nerven in sehr ungleicher Höhe. Bei der letztgenannten Art entsprang von dem hintersten Nerven-Paar des zweiten Abdominalganglions der rechte aus dem Ganglion selbst, der linke aus der Commissur gerade hinter dem Ganglion. Zahlreicher sind die Fälle, in welchen die Entfernungen zwischen den Ganglien unter einander nicht gleich sind; ich will hier als Beispiel Phalera Bucephala erwähnen, wo die Commissur zwischen den letzten zwei Abdominalganglien doppelt so lang als zwischen 118 den übrigen ist. Bei den Lycaeniden scheint bei dem dritten Ganglion ein Streben zu bestehen in Entwickelung zurück zu bleiben. Bei Thecla Quercus und Polyommatus Dorilis war es kleiner und die ÖÜommissur zwischen den beiden hintersten Ganglien nur halb so lang als zwischen dem ersten und zweiten und diesem und dem dritten Abdominalganglion. Bei Lycaena Icarus und Corydon war die Commissur hier selbst vollkommen verschwunden, so dass das dritte Abdominalganglion nur eine besondere Verdiekung an dem vorderen Ende des grossen, hintersten Ganglions bildete. Die Nervi transversi waren jedoch zwischen beiden Ganglien noch deutlich vorhanden. Dass die Commissuren oft theilweise mit einander verschmelzen, habe ich mehrmals, bei sehr verschiedenen Arten Gelegenheit gehabt zu bemerken. Besonders ist dies hinter den verschiedenen Ganglien der Fall, während sie gewöhnlich, bei dem Eintreten in die Gan- glien frei sind. Als Beispiele nenne ich Spilosoma Menthastri und Arctia Caja,; besonders bei der letztgenannten Art war das fragliche Verhältniss sehr schön zu sehen. — Die stärkste Verschmelzung scheint bei Pterophoridae vor zu kommen. Bei der von mir unter- suchten Art bildete das ganze Bauchmark nur einen im Verhältniss zu seiner Länge ausserordentlich dünnen Strang, von welchem die verschiedenen Ganglien, mit Ausnahme des letzten, welches mehr entwickelt war, nur schwache spindelförmige Verdickungen bildeten. Die Verschmelzung streckte sich selbst bis auf die beiden grösseren Nerven aus, welche bei anderen Arten, den Öommissuren analog, aus der hinteren Fläche des letzten Ganglions entspringen , sie zeigten sich hier als einen unpaaren Nerv von der Länge des Ganglions, welcher sich darauf in zwei gleich starke Aeste theilt. Auch ein Paar histologische Wahrnehmungen mögen hier einen Platz finden. Die erste bezieht sich auf das Vorkommen von Pig- ment in den Ganglien des Bauchmarks. Bis jetzt scheinen die Beobachtungen in dieser Hinsicht bei Arthropoden selten zu sein. Leypıe '!) erwähnt — um von der diffusen gelben Farbe des 1) Vom Bau des thierischen Körpers. 8. 218. Laß Nervensystemes von Timarcha und Meloe nicht zu sprechen — allein violette Pigmenthaufen im Neurilemm bei Scolopendra, ein orange- gelbes Pigment in dem Hirnganglion vieler Daphniden und ein körniges, gelbes Pigment in den Gangliencellen des Bauchmarkes ver- schiedener Raupen von Lepidoptera. Auch HaEcKEL beschreibt das Vorkommen vom Pigment im Neurilemm bei Krebsen (Astacus, Homola). Ich fand ein, gewöhnlich violettes oder röthliches Pigment in den Ganglien des Bauchmarks verschiedener Lepidoptera (Hesperia Thaumas, Phragmatobia fuliginosa , Hyponeumeuta variabilis, Crambus pratorum); es kommt als ziemlich freie Körnchen vor und hat, wenn ich mich nicht irre, seinen Sitz in der Matrix des inneren Neurilemms. Bei Crambus kommt es hauptsächlich auf den Grenzen zwischen den Ganglienzellen vor und lässt diese sehr deutlich zum Vorschein treten. Es zeigte sich nicht auf den Commissuren oder nur in sehr geringen Spuren, mit Ausnahme der Stelle, wo am Anfang der Chorda, zwei Paar Nerven aus den Commissuren ent- springen; dort befindet sich gewöhnlich eine ziemlich starke Anhäu- fung von Pigment. Cuvier !) hat dies Pigment zuerst bei Ocneria dispar wahr- genommen, indem er sagt: „Il est a remarquer que ce gros gan- glion (das letzte Thoraxganglion) qui a la forme d’un coeur est le seul qui, avec le cerveau, soit d’une couleur absolument blanche, tandis que tous les autres offrent une teinte plus ou moins foncde et sur lesquels on voit a la loupe des points rougeätres plus ou moins allonges et sinueux, qui ressemblent assez bien & des vais- seaux sanguins, tels qu’on les voit dans les glandes injectees”. Wie Leyoıg ?) diese Stelle auffassen kann als auf die Chorda supra- spinalis bezüglich begreife ich nicht. . Ich muss noch an die bei einzelnen Insecten gefundenen Stäbchen erinnern, die in Verdickungen von Nerven vorkommen. Sie sind zuerst von VON SIEBOLD °) in dem Gehörorgan von Achetiden und 1) Legons d’anatomie comparee, II. Ed. 1845. Tom. III. p. 362. 2) Vom Bau des thierischen Körpers. S. 272, 3) Archiv f. Naturg. 1344. 120 Locustiden entdeckt und später von LEyDIe !) ausserdem auch bei Coleoptera (in ganglionären Ausbreitungen der Flügelmuskeln, in den Extremitäten einer Larve von Dytiscus, in den Antennen von Telephorus) und bei Diptera (an der Basis der Halteres); bei Musca in einigen Nerven des Brustganglions beschrieben. Ich habe auch bei Lepidoptera ein Paar Male ähnliche Stäbchen angetroffen, und obgleich ich, indem ich denselben an dem isolirten Bauchmark begegnete, nicht einmal die Stelle im Körper angeben kann, wo dieselben vorkommen, glaube ich doch dass es nicht ohne Interesse ist derselben hier zu erwähnen. Fig. 8 stellt solch ein Stäbchen vor von Spilosoma Menthastri, in einer Verdickung eines Nervenzweiges aus dem vom zweiten Abdominalganglion nach hinten entspringenden Nerv liegend. Etwas vor der Anschwellung setzt sich der Nerv ziemlich stark verdünnt und bandförmig plattgedrückt fort. In Fig. 9 ist ein ähnliches Stäbchen aus einem Ast des letzten Abdominalganglions von Mamestra (Genistae abgebildet. In beiden Fällen besteht die Anschwellung aus zwei auf einander folgenden Verdiekungen, von welchen in dem ersten Fall die erste von der zweiten etwas um- schlossen zu werden scheint, während in dem anderen Fall die zweite Verdiekung durch eine dicke, stark lichtbrechende Scheide umgeben ist, was mich, in Zusammenhang mit dem abgerissenen Ende, fast an eine Insertion an die Haut denken liesse. In dieser Verdiekung liegt der stark lichtbrechende Nervenstab, der wie gewöhnlich aus einem kleinen kegelförmigen Spitzchen, dass an dem Ende eines längeren cylinderförmigen Stückes befestigt, besteht, das entgegengesetzte Ende setzt sich in einen langen, sehr fein auslaufenden Faden fort, der bei Mamestra vollkommen gerade, bei Spilosoma dagegen ziemlich stark gebogen ist. In beiden Fällen lag das dicke Ende in der zweiten Verdiekung, und also, wie das gewöhnlich der Fall zu sein scheint, nach der Peripherie hin gekehrt, während der Faden bis zum Anfang der ersten Verdiekung sich ausstreckte. 1) Archiv f. Naturg. 1855 und 1860. Tafeln zur vergl. Anatomie. Taf. VIII, Fig. 1. Taf. X, Fig. 3—5. 121 Nervus sympathicus. Durch den engen Zusammenhang in welchem der Sympathicus zu der Chorda supraspinalis steht, habe ich demselben besonders meine Aufmerksamkeit gewidmet und bin demnach auch im Stande ein Paar neue Beiträge zur Kenntniss dieses Systems bei den Lepidoptera herbeizubringen. Die Nerven, welche uns hier allererst angehen, sind die von LyoxEr zuerst entdeckten und als „brides &pinieres” beschriebenen Querstämme. NEWPORT hat zuerst ihre Vertheilung näher untersucht und nach- gewiesen, dass sie sich nach den Organen begeben, welche dem Einfluss des Willens entzogen sind, besonders nach den Tracheen , darum nannte er dieselben „Nervi respiratorii — auch Nervi trans- versi. Von BLANCHARD und später von LEYDIG wurden sie zuerst mehr bestimmt mit dem Sympathieus der Vertebraten verglichen, vom Letzterem hauptsächlich auf Grund der histologischen Diffe- renz welche zwischen ihnen und den Cerebrospinalnerven besteht. Zwischen jeden zwei Ganglien des Bauchmarks entspringt von einem der beiden Commissuren ein Nervenstamm, welcher nach hinten verläuft und bald in zwei lateralwärts abbiegende Aeste — die Nervi transversi — sich theilt. Dass der gemein- schaftliche Stamm bei der Vertheilung nicht immer ein Ganglion bildet, wie die herrschende Meinung war, hat Leyvıe !) nachgewie- sen, welcher bei der Raupe von Phalera Bucephala an dieser Stelle eine dreieckige Oeffnung bemerkte, indem die beiden Aeste nach ihrer Vertheilung sich noch durch eine Brücke von Nervenfibrillen verbanden. Ich kann hier hinzufügen, dass ich an dieser Stelle nie ein Ganglion angetroffen habe, obgleich das Verhältniss auch nicht immer so war wie Levvıq beschreibt. Gewöhnlich bildeten die Nervenfibrillen durch Theilung oder durch Zusammentreten einen grösseren oder kleineren Plexus, von welchem verschiedene Nerven ihren Ursprung nahmen, von diesen waren die Nervi transversi die stärksten. Dieser Plexus, welcher bei Noctuiden besonders stark entwickelt zu sein scheint, liegt auf der oberen Fläche der Chorda. Der gemeinschaftliche Stamm welcher, wo die Commissuren theil- 1) Leyvıs. Vom Bau des thierischen Körpers. S. 272. 122 weise verschmolzen sind, gerne an der Stelle, wo sie sich trennen, zu entspringen scheint, durchbohrt namentlich in etwa schräger Richtung, während er an Dicke zunimmt, die Chorda und verläuft dann auf ihrer oberen Fläche nach hinten um den Plexus zu bil- den. Von grosser Bedeutung scheint mir eine Beobachtung, die ich ein Paar Male (u. A. bei Spilosoma lubrieipeda, Cochylis hamana) machte, dass namentlich aus diesem Plexus nach hinten noch ein kleiner Nerv seinen Ursprung nimmt, welcher auf ähnliche Weise wie der Hauptstamm die Chorda durchbohrt und sich mit den Commissuren vermischte. Ich glaube dass hierdurch das System der Nervi transversi der Lepidoptera in Uebereinstimmung gebracht wird mit dem bei anderen Arthropoden; z. B. den Isopoden !), bei welchen medianwärts über die Commissuren des Bauchmarks ein longitudinaler Nerv von Ganglion zu Ganglion verläuft, und be- sonders den Neuropteren ?) wo ein ähnlicher medianer Nerv rechts und links, ebenfalls in der Form eines kleinen Plexus, einen Querstamm abgiebt. Ebenso kann man jetzt die Nervi trans- versi wenigstens bei einzelnen Lepidoptera als Queräste eines medi- anen longitudinalen Nervs auffassen, welcher aus der Commissur entspringt und mit diesem darauf sich wieder verbindet, nachdem er unter Weg einen Plexus gebildet und Queräste abgegeben hat. Die Nervi transversi verlaufen, wenigstens in vielen Fällen , direct quer nach hinten und aussen, begeben sich unter die Schicht der Quermuskeln und verbinden sich mit dem ersten Nerv, der aus dem folgenden Ganglion entspringt, nicht weit von ihre Ursprung, nachdem sie zuweilen kurz vorher, noch ein Paar Aeste abgegeben haben, die sich mehr in schräger, so wohl peripherischer als centraler Rich- tung mit demselben Nerv vereinigen. Seitenäste giebt der Nervus transversus übrigens nur dieht an seinem Ursprung ab, so dass man dieselben eigentlich noch als von dem Plexus entspringend be- trachten kann. Eben so wie andere direct von dem Plexus der Nervi transversi entspringende Nerven, begeben sie sich nach den Muskeln 1) Verg. Leypıe. Vom Bau des thierischen Körpers. S. 251. 2) Leyoic. L. c. S. 266. 123 der Chorda, wo sie sich stark verzweigen und ein reiches Netz feiner sympathischer Nerven bilden, die zur Innervation dieser Muskeln dienen. Einige Male habe ich deutliche Nervenende gesehen (Fig. 10 von Phalera bucephala, Fig. 11 von Botys urticalis), die alle darin übereinstimmen, dass das feine Nervenästchen an seinem peripheri- schen Ende eine Anschwellung mit einem Kern zeigt, also eine Ganglienzelle bildet, von welcher ein oder mehr äusserst feine Fäserchen entspringen, welche sich an den Muskel inseriren. Un- glücklicherweise liess die Kleinheit der Objecte, auch mit den stärk- sten Vergrösserungen, kein genaueres Studium zu , ich zweifle jedoch keinen Augenblick daran, dass wir hier mit einer Innervation zu thun haben, die so fern ich weiss mit keiner der bekannten Formen übereinstimmt. Endlich muss ich hier noch ein Paar Beobachtungen mittheilen , die beweisen, dass, ausser den Nervi transversi, noch mehrere sympathische Elemente an dem Bauchstrang vorkommen. Die erste machte ich an dem Bauchmark von Lycaena Icarus , zwar nur einmal, jedoch vollkommen deutlich. Auf der oberen Fläche der Chorda verlief ein feiner longitudinaler Nerv, welcher dicht hinter dem zweiten Abdominalganglion seinen Ursprung nahm und an dem vorderen Rande des dritten endigte; zwischen den anderen Ganglien konnte ich ihn nicht finden. Er that sich vollkommen wie ein sympathischer Nerv vor, nämlich wie ein durchscheinendes Band, hier und dort mit Kernen, und mit einem Paar Verdiekungen, die einige ähnliche Kerne zeigten. Zu meinem Bedauern habe ich nicht auf das Verhältniss der Nervi trans- versi geachtet: wären diese nicht vorhanden und wäre dieser Nerv an ihre Stelle getreten, dann würde diese Abweichung , im Verband mit dem oben angeführten, sehr interessant sein. Dass sie zwischen den beiden letzten Ganglien, die hier sehr dicht bei einander liegen, in ihrer gewöhnlichen Form vorhanden sind, ist schon früher angegeben. Ein anderer sympathischer, bis jetzt unbekannter Nerv ist besser constatirt und sehr verbreitet, wahrscheinlich allgemein vorhanden. 124 Er besteht aus einem Nerv, welcher schon durch sein Aeusseres an seiner sympathischen Natur keinen Zweifel zulässt und quer dem Hinterrand des letzten Bauchmarkganglions entlang verläuft. Bei- derseits begiebt er sich über den grossen, den Commissuren homologen Nerv und an die äussere Seite des zweiten Paares, das gewöhnlich etwas tiefer als der erwähnte Nerv, zuweilen auch aus seiner Wurzel entspringt. Dort verdickt er sich zu einem ovalen Ganglion, welches sich nach hinten zu einem feinen Nerv verdünnt, welcher den so eben beschriebenen Cerebro-Spinalnerv begleitet; während aus seinem vorderen Winkel ein anderer Zweig entspringt, der dem Aussenrand des grossen Ganglions entlang nach vorn ver- läuft und dessen weiteren Verlauf ich nie weiter habe verfolgen können, indem er zwischen den zahlreichen hier vorhandenen Ner- ven, Tracheen, Fettzellen u. s. w. verschwindet. Bei Spilosoma Menthastri (Fig. 12) entspringt aus dem letzten Abdominalganglion ausserdem noch lateralwärts ein feiner Nerv, ohne Zweifel sympa- thischer Natur, der ohne sich mit anderen zu verbinden ‘oder Gan- glien zu bilden sehr lang isolirt verläuft, um sich dann in zwei Aeste zu theilen, die ich nicht weiter verfolgen konnte. — Ich habe diesen ebengenannten sympathischen Querstamm ausserdem auch noch bei Coenonympha Pamphilus, Zygaena Filipendulae , Hadena Brassicae und Oidaria bilineata beobachtet; indem er durch seinen Verlauf dicht dem grossen Bauchmarkganglion entlang etwas schwierig zu beobachten ist, glaube ich ihn auch bei anderen Lepidoptera mit Recht annehmen zu dürfen. Fig. 1 Fig. 2 Fig. 3 Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6 Rig. 7 Fig. 8 Fig. 9 Fig. 10 Fig. 11 Fig. 12 ERKLAERUNG DER ABBILDUNGEN von TAFEL VI. Querschnitt der Chorda supraspinalis von Smerinthus Populi. Stück der Chorda supraspinalis von Smerinthus ocellata nach Glycerin- Carmin-Behandlung. Seitenmuskel der Chorda supraspinalis mit seitlichem Muskelansatz von Deilephila Elpenor. a. Vorn, b. Hintern. Wie Fig. 3, nur konnte der Ansatz an die Chorda-Seitenmuskel nicht genau beobachtet werden. Seitenmuskel der Chorda supraspinalis mit seitlichem Muskelansatz von Smerinthus ocellata. Muskel der Chorda von Hyponeumeuta. Bauchgefäss von oben zwischen dem 2!en und 3ten Abdominalganglion von Pseudoterpna pruinata. Nervenanschwellung mit Sinnesorgan von Spilosoma Menthastri. Nervenanschwellung mit Sinnesorgan von Mamestra Genistae. Muskel der Chorda mit sympathischem Nervenende von Phalera Bucephala. Dasselbe von Botys urticalis. Letztes Abdominalganglion von ‚Spilosoma Menthastri. Das Aestchen a verläuft sehr weit frei und theilt sich dann in zwei gleich dicke Aeste. /ur Kenntniss der freilebenden Susswasser- Öopepoden der Niederländischen Fauna )). VON Dr P->B...C0. -HOBK, ASSISTENT DES ZOOTOMISCHEN LABORATORIUMS ZU LEIDEN. MIT TAFEL VI—IX. Als ich im vergangenen Sommer meine embryologischen Studien an Entomostraken auch auf die Copepoden auszudehnen anfıng, zwang mich das gänzliche Fehlen faunistischer Arbeiten, welche etwas eingehend die Spaltfüssler der Niederländischen Gewässer berücksichtigen, mich selbst mit dem Bestimmen der Arten zu beschäftigen. In wie weit diese Arbeit eine lohnende heissen darf, möge aus folgenden Seiten hervorgehen; man vergesse jedoch nicht, dass die Formenkenntniss Nebensache bei meinen Untersuchungen war, und somit der Reichthum an Copepoden der Niederländischen Gewässer sehr leicht noch viel grösser sein kann, als ich ihn gefunden habe. Seitdem CrAUs in seiner vorzüglichen Monographie „die frei- lebenden Copepoden” 2) eine wissenschaftliche Bearbeitung der 1) Etwas ausführlicher in Holländischer Sprache erschienen in dem »Tijdschrift der Nederlandsche Dierkundige Vereeniging”, 3!er Jahrgang. 1876. 2) C. Craus. Die freilebenden Copepoden. Leipzig. 1863. 128 Gruppe lieferte, wie keine Crustaceen-Ordnung (die Daphniden viel- leicht ausgenommen) auf zu weisen im Stande ist, sahen verschie- dene Länder Europa’s ihr Spaltfüssler einer eingehenden Unter- suchung unterwerfen. In Gross-Brittannien, wo BAıRD !) schon eine gute Basis gelegt hatte, durchmusterte LuBBock ?) die Süsswasser- und Brapy °) die marinen Copepoden. In Norwegen erschienen gleichfalls zwei Arbeiten, von denen ebenso die eine (Axru BoEck ?) die Meeresformen berücksichtigt, während die andere die Spalt- füssler der süssen Gewässer aufzählt (G. O. Sars 5). Russland, das schon die Fischer’schen Beiträge ©) zeigen konnte, sah CZER- NIAWSKY 7) sich mit den Copepoden des Schwarzen Meeres be- schäftigen. Auch in Belgien erschienen dicke Abhandlungen über Süsswasser- Crustaceen von FELIX PLATEAU ®), von welchen man aber für die Formen kenntniss der in Belgien vorkommenden Copepoden kaum Notiz zu nehmen braucht. Von der Gattung Cyclops nennt er zum Beispiel nur C. quadricornis und bemerkt dazu, dass diese „exces- sivement variable” sei „quand ä la taille et a la coloration les prineipales varietes existantes n’ont suivant moi, comme cause possible, que l’äge et la composition de l’eau, dans laquelle on les 1) W. Barkv. The natural history of the British Entomostraca. Ray Society.1850. 2) Jonn Lusgock. Notes on some new or little-known Species of Fresh-water Entomostraca (Transact. Linnean Soc. of London. XXIV. p. 197-210. Taf. 31). 3) GEORGE STEWARDSON Brapy. Contributions to the Study of Entomostraca. A list of non-parasitic Marine-Copepoda of the North-East Coast of England. (Annals and Magazine. N°. 55. 1872. Juli). GEORGE STEwARDSON BrADy und Davıp RoBErrson. On Marine-Copepoda taken in the West of Ireland. (N°. 68. 1873. Aug.). 4) Axkı Borck. Oversigt over de ved Norges Kyster jagttagne Copepoder (Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet i Christiania. Aar 1864). 5) G. O0. Sars. Oversigt af de indenlandske Ferskvandscopepoder (Forhandl. Christ. Aar 1862). 6) Sep. Fischer. Beiträge zur Kenntniss der in der Umgegend von St. Peters- burg sich findenden Cyelopiden. (Bull. Soc. Imp. Natur. Moscou. XXIV. 1851. XXV1. 1853). 7) CzernIawsky. Material. ad Zoograph. Ponticam compar. 8) Ferıx Prarzav. Röcherches sur les Crustaces d’eau douce de Belgique. 2°, et 3°. parties. M&m. des savants dtrangers de 1l’Acad. roy. de Belgique. Tom. XXXV. 1870. 129 rencontre”. Und das findet man in einer Abhandlung, in 1870 durch die Belgische Academie in ihren „M&moires couronnees” publieirt. Nur bedenke man, dass die in 1863 erschienenen „frei leben- den Copepoden” von Craus in 1870 noch nicht unter die Augen von PLATEAU gekommen waren! Aus sämmtlichen Untersuchungen ist für die Copepoden des süssen Wassers unstreitig hervorgegangen, dass die Zahl der Genera eine ganz beschränkte ist, und dass unter diesen Gattungen nur eine (das Genus Cyelops) eine grosse Artenzahl besitzt. Im ganzen waren bis jetzt fünf Süsswasser-Genera bekannt, von denen Oyclops der Familie der Cyelopidae, Canthocamptus den Harpactidae, Diap- tomus, Heterocope und Limnocalanus den Calanidae angehören, während sämmtliche Repraesentanten der Familien der Peltidien und Corycaeiden dem Meere zukommen. Ausser sieben Arten der Gattung Cyclops, von denen eine (©. Leeuwenhoekii) neu, und einer Art der Gattung Canthocamp- tus, fand ich die Familie der Calanidae durch eine Art vertreten, welche sich zu keiner der drei Süsswasser-Genera dieser Familie bringen liess. Dagegen zeigte diese Form alle Merkmale der Gat- tung Temora; und obgleich diese ganz bestimmt eine marine Gat- tung ist, habe ich mich doch genöthigt gesehen meine Calanide als eine Art dieser Gattung zu betrachten. Während ich mir vorbehalte, diese Art unten in etwa eingehend zu beschreiben, lasse ich hier zu den übrigen von mir aufgefundenen Süsswasser-Copepoden kurze Bemerkungen folgen. 1. Oyclops coronatus Cls. (freileb. Cop., Seite 97). Wie Cravs richtig hervorhebt erkennt man diese Art leicht mit dem blossen Auge an der eigenthümlichen Haltung der Eiersäckchen, welche nämlich dem Abdomen dicht anliegen. Die Kränze von zahnförmigen Spitzen an einigen Antennengliedern , die sägeförmig gezähnte Firste am Endgliede sind genau von CrAus beschrieben. In der Nähe von Kampen (am Ausflusse der Issel) im Juli und August in kleinen Gräben (ziemlich selten). 130 2. Cyelops tenwicornis Cls. (freileb. Cop., Seite 99). Diese Art schliesst sich in manche Hinsicht eng an C. coro- natus, nur trägt die Längsfirste am Endgliede der vordern Antennen keine Zähnchen. Dagegen kommen auch bei dieser Art Kränze von zahnförmigeu Spitzen am obern Verbindungsrande des achten, neunten, zehnten, zwölften und dreizehnten Antennenringes vor, während von dem fünften bis fünfzehnten sämmtliche Glieder mit äusserst feinen Spitzen in nicht durchlaufenden Längsreihen be- setzt sind. Schon LuBBock (l. c.) hat auf die grosse Uebereinstimmung mit C. coronatus hingewiesen. Häufig in kleinen Gräben in der Nähe von Kampen (August und September). Im October auch um Leiden. 3. Oyclops brevicornis Cls. (freileb. Cop., Seit. 99). Ist eine von OLAUS genau beschriebene und ganz leicht zu be- stimmende Art: sowohl das Gedrungene der Körperform als die Kürze der vordern Antennen lässt ihn sehr bald unterscheiden. Das rudimentäre Füsschen „besteht aus einem sehr breiten Basal- gliede, dessen äussere Ecke mit einer langen Borste besetzt ist, und einem schmalen cylindrischen Stummel, welcher sich am Innenrande des Basalgliedes einlenkt und ebenfalls eine Borste trägt.” (CLADS). Dass dieser Stummel gleichfalls ein Fussglied repraesentirt, geht unzweideutig daraus hervor, dass er ausser der Endborste noch einen ganz kurzen Seitenstachel trägt. In den Niederlanden eine der gemeinsten Arten. Scheint ziem- lich spät die vollkommen ausgebildete Form anzunehmen: Exem- plare von 3.5 m.m. Grösse zeigten oft elf-gliedrige Antennen und keine Spur von Geschlechtsorganen. 4. Oyclops brevicaudatus Cls. (freileb. Cop., Seite 100). Gehört zu den kleineren Arten mit siebzehngliedrigen Antennen von 2—3 m.m. Länge (OLAvs). Länge 2.6 a 3.2 m.m. Die Breite verhält sich zu der Länge wie 1: 3.4 (die Furcal-Borsten sind mitgerechnet). Antennen des ersten Paares gedrungen, reichen bis zum Anfange des dritten 'T'horocal- 131 segmentes. Der rudimentäre Fuss ist von CLAus genau beschrie- ben, ebenso die schlanke Furca mit ihren kurzen Borsten. Häufig in Gräben um Kampen, Leiden, Wageningen, undsow. Findet sich auch in Cisternen. 5. Oyelops bicuspidatus Ols. (freileb. Cop., Seite 101). Gehört zu der nämlichen Gruppe als der vorhergehende, mit welchem er einige Uebereinstimmung im Bau und namentlich im Vorkommen (in Cisternen), zeigt. Länge 1.6 & 1.9 m.m. Die Breite verhält sich zu der Länge wie 1:3; obgleich die Furcalborsten viel länger sind als bei der vor- herbesprochenen Species, ist bei dieser Art das Verhältniss der Breite zu der Länge doch geringer. Die Antennen des ersten Paares reichen bis zum Anfange des zweiten 'Thoracalsegmentes. Der rudimentäre Fuss besitzt ein ge- strecktes Basalglied und ein Endglied mit zwei Borsten an seiner Spitze, von denen die eine die doppelte Länge der anderen hat. Die Furca der von mir untersuchten Exemplare war genau wie UrAus sie beschreibt. Während der Sommermonate zahlreich in Cisternen mit C. brevi- caudatus. War im September verschwunden, zeigte sich aber im März und April wie zuvor. Bemerkung. Das Vorkommen dieser zwei ziemlich nah ver- wandten Arten des nämlichen Genus an einem so scharf begrenz- ten Aufenthaltsorte wie eine Cisterne, scheint mir vom Darwinisti- schen Standpunkte aus eine nicht leicht zu erklärende Erscheinung. Zugleich ist es ein nicht unwichtiger Beitrag zur Kenntniss der „Faune des eaux privees de lumiere” '). Während man erwarten sollte, an dem ganz dunkelen Aufenthaltsorte Thiere mit geschwäch- tem Sehvermögen anzutreffen, waren ihre Augen durchaus nicht weniger ausgebildet als die der sonstigen Arten. Dagegen stehen dem Tastsinne (Riechsinne: Rougemont) welcher sich bei anderen, dunkele Höhlen bewoknenden Krustern (Gammarus puteanus, Asellus Sieboldii Rougemont) hoch entwickelt, hier nicht einmal 1) Pu. DE RougEemoxT. Etude sur la faune des eaux privees de lumiere. 1876. 132 die blassen Fäden zur Verfügung, wie wir sie bei Ö. serrulatus finden. ©. brevicaudatus und bicuspidatus halten sich aber auch in Gräben auf; nur meine man nicht, dass ihr Vorkommen in Cister- nen etwas zufälliges sei, denn schon in 1688 hat der Holländer STEPHANUS BLANKAART !) sie an dem nämlichen Aufenthaltsorte aufgefunden. 6. Cyclops Leeuwenhoekü ?) N. sp. (Hierzu Taf. VII). Gehört ebenfalls zu den „kleineren Arten mit siebzehngliedrigen Fühlern.” Länge 1.56 & 1.95 m.m. Die Breite verhält sich zu der Länge wie 1:3.6 (fig. 1). Die vordern Fühlhörner reichen bis zu der Basis des Abdomens. Ihre zwei letzten Glieder zeichnen sich durch eine langgestreckte Form aus, während das vorhergehende Glied bedeutend kürzer ist. Eine Längsfirste läuft über die zwei letzten Glieder und zeigt am FEndgliede nach unten feine Stächelchen, nach oben gröbere Zähnchen (fig. 2 u. 3). Die hintern Antennen sind ziemlich lang gestreckt und an der Innenseite schwach behaart (fig. 4). Die Oberlippe läuft am obern Rande in zehn Zähnchen aus, von denen die Zweitinneren jeder- seits die grössten sind (fig. 5). Die Mandibeln tragen neben acht kürzeren Anhängen eine lange gezähnte Borste (fig. 6). Die Maxillen haben längere Zähne und schmalere Fühler als bei ©. bre- vicaudatus (fig. 7). Die Maxillarfüsse (fig. 8 u. 9) sind ziemlich schlank, der äussere zeigt an der Basis die geperlte Contour, deren Craus bei C. Leuckarti erwähnt. Die Fusspaare zeigen nur an der Aussenseite einen ganz feinen Besatz von Haaren (fig. 10). Der rudimentäre Fuss ist zweigliedrig, trägt am kurzen Basalgliede auf einem Seitenhöcker eine ziemlich lange Borste und am End- 1) Stern. Brankaart. Schou-burg der Rupsen, Wormen, Ma’den, en vlie_ gende Dierkens. tot Amsterdam. 1688. Seite 149. 2) Wo es ein C. Leuckarti und ein C. Clausii giebt, soll doch auch einer nach Leeuwenhoek getauft werden: dem ersten, der die Larvennatur der jungen Cyelopsstadien richtig erkannte. 133 gliede zwei Borsten, von denen die kürzeste ebenfalls auf einem Seitenhöcker ruhet (fig. 11). Die Furca ist fast doppelt so lang als das letzte Abdominalsegment, die äussere Seitenborste steht auf zwei Fünftel der Furcallänge von der Spitze der Furca entfernt. Von den vier Endborsten ist die äussere fast so lang als die Furca, die zweite ist länger als die Furca sammt den drei letzten Abdominalringen, die dritte ist etwa doppelt so lang als die innere, diese doppelt so lang als die äussere. Selten im September in der Nähe von Kampen; im Frühjahre häufig in den Leidener Stadtgräben. Bemerkung. C. Leeuwenhoekii ist an der gezähnten Firste der vordern Antennen, der Form des rudimentären Füsschens und der Furea mit ihren Borsten sehr bald zu unterscheiden. Die nächste Verwandschaft besitzt sie unzweifelhaft mit ©. Leuc- karti Cls., namentlich in der Form der Furca mit ihren Borsten und (wie unwesentlich das Merkmal auch sein möge) in der geperlten Contour an der Basis des äusseren Maxillarfusses. Dagegen ist die Beschaffenheit des rudimentären Fusses sammt sei- nen Borsten eine ganz andere, und jeder, der Oyelopsarten bestimmt hat, weiss, welch sicheres Unterscheidungsmerkmal eben das fünfte Fusspaar bietet. Hierzu kommt die Bezähnelung des Antennen- Endgliedes; und glaube ich auch nicht an die Unmöglichkeit, dass C. Leuckarti Ols. und ©. Leeuwenhoekii mihi eine und die näm- liche Art seien, so halte ich doch bei meinem festen Glauben an der Gewissenhaftigkeit von CLaus das Aufstellen einer neuen Art für nothwendig. Jedenfalls bildet er eine merkwürdige Uebergangsform zwischen den verschiedenen kleineren Arten mit siebzehngliedrigen Antennen. 7. Cyclops serrulatus Fischer. Von FiscHErR und CLAUs genau beschrieben. Sehr häufig durch ganz Holland. 8. Canthocamptus staphylinus Jurine (mit Fig. 13 auf Taf. VI). Allgemein verbreitet wie der vorhergehende. Scheint aber mehr im Herbst als im Frühjahre vor zu kommen. Von dem rudimentären Füsschen giebt CLaus blosz eine Abbildung 134 für das weibliche Geschlecht: auf Taf. VII giebt Fig. 13 eine Skizze des nämlichen Organes vom Männchen. Wie CLaus schon richtig hervorgehoben hat, besteht es aus einem Basalglied mit nur zwei Borsten und einem Endglied. 9. Temora Clausii N. sp. (mit Taf. VIII u. IX). a. Das Weibchen. Länge der ausgewachsenen Exemplare fast 2 M.m. Die Breite verhält sich zu der Länge wie 1: 3.4. Der Kopf ist vom ersten Thoracalsegment getrennt, während die Zahl der freien Thoracalsegmente fünf beträgt ') (Taf. IX, Fig. 15). Das Abdomen besteht aus drei Segmenten, von denen das erste an der Bauchseite die Genital-Oeffnungen unter einer kurzen Klappe (fig. 11a) trägt und einen verdieckten Ring (fig. 11) zeigt, was auf eine Verwachsung vop zwei Gliedern hindeutet. Das letzte Segment des Abdomens ist zum Theil gespalten und verlängert so augenscheinlich die Furca. Die Furcalglieder sind fein behaart und haben die dieken kurzen und gleichfalls behaarten Schwanzborsten in „Cyelops-ähnlicher Anordnung.’ Der Schnabel (fig. 3 auf Taf. VIID) zeigt die beiden gabelförmigen Zinken, das letzte Thoracalsegment läuft jederseits in einen fein behaarten eigenthümlich gebildeten Vorsprung aus (Taf. IX, fig. 11). Die 24-gliedrigen Antennen (Taf. VIII, fig. 1) sind ziemlich ge- streckt und reichen bis an das zweite Abdominal-Segment. Von unten her nehmen die Glieder gleichmässig in Länge zu und in Breite ab. Die Zahl der Borsten ist nicht für alle Glieder die nämliche; ihre Grösse ist an den mittleren Gliedern viel ansehn- licher. Auf dem Endgliede (fig. 1a) steht in der Mitte der Borsten ein stummelförmiger Anhang, den ich gewiss als fünf und zwan- zigstes Glied aufgefasst hätte, wenn nicht die Endborsten statt auf, nächst dem Anhange eingepflanzt wären. Für die Anordnung der 1) Baırp sagt von Temora: »head consolidated with first Segment of Thorax”; Craus dagegen: Kopf vom ersten Thoracalsegment getrennt, die Zahl der freien Thoracalsegmenten reducirt sich auf vier, durch die Vereini- gung der beiden letzten Brustringe. Diese Vereinigung hat bei meiner Temora nicht statt gefunden. 135 Borsten, wie für die der Leydig’schen Organe („flattened lanceolate hairs””, LUBBOCK) verweise ich nach Fig. 1 auf Tafel VIIT '). Die Antennen des zweiten Paares tragen doppelte Aeste, von denen der Hauptast aus zwei, der Nebenast aus sieben oder acht Gliedern besteht (Taf. VIII, fig. 5). Das stielförmig verlängerte untere Glied des Hauptastes trägt zwei, das Endglied sechzehn Borsten in zwei Gruppen vertheilt. Auf den Seiten des Nebenastes sind acht Borsten in gleichen Entfernungen und vier auf dem Gipfel eingelenkt. Als Oberlippe bezeichne ich ein dreilappiges Plättchen , das mit zahlreichen feinen Haaren besetzt ist. Die Mundtheile stimmen im Allgemeinen mit der Gattung Calanus überein. Die Lade der Mandibeln trägt acht spitzhöckerige (zweispitzige) Zähne, von denen der obere bei weitem der grösste ist. Der zweiastige Mandibular-Taster hat drei Glieder in dem Hauptaste, vier im Nebenaste (Taf. VIII, fig. 6). Die Maxille (Taf. VIII, fig. 7) zeigt gleichfalls einen Basalabschnitt und einen Taster. Die Lade ist stark und trägt neun breite Borsten, während der kammförmige Lappen (c) mit sechs langen Borsten besetzt ist. An dem Taster befindet sich der Fächer (fig. 7 d) mit acht langen Borsten besetzt. Die Kieferfüsse stehen nicht neben einander, sondern der äussere ist zu dem vorderen oder oberen, der innere zu dem unteren Kieferfusse umgebildet. Der obere (Taf. IX, fig. 9) zeigt zahlreiche fingerförmige etwas gekrümmte Ausläufer am Innenrande, besteht aus drei Hauptabschnitten (@, b und c) und einer zweigliedrigen Spitze (d); der untere Maxillarfuss (Taf. IX, fig. 8) lässt sich ebenfalls auf drei Abschnitte zurückführen (a, b und ce) und zeigt die den Calaniden eigenthümliche Gliederung. Ein Theil des End- abschnittes (d) geht mit dem Mittelabschnitte eine nähere Verbin- dung ein. Die Schwimmfüsse der vier ersten Paare sind sämmtlich zwei- aestig, der Aussenast ist dreigliedrig, der Innenast zweigliedrig; 1) Nicht unwichtig scheint mir für das Vorkommen dieser lanzettförmigen blassen Fäden bei Temora, dass Craus (freil. Cop., Seite 21) nachdrücklich bemerkt, dass man diese Anhänge bei Diaptomus Castor vollständig vermisst. 136 nur besteht der Innenast des ersten Schwimmfusspaares aus einem Glied, wie dies für Temora karakteristisch ist. Bauchwirbel und Fusspaare waren bei vielen Exemplaren deutlich blau gefärbt, oft war der Innenast von dunkler Farbe, während der Aussenast ganz durchsichtig und ungefärbt war. . Die Füsse des fünften Paares (fig. 11 d) sind einfach; das heisst sie besitzen gar keinen Seitenast, zeigen dagegen deutlich dass sie aus mehreren Gliedern (vier) zusammengesetzt sind. Von April bis October fand ich das Abdomen des Weibchens mit Spermatophoren (1—4) und Eiern, zu einem einfachen unpaaren Eiersäckchen vereinigt, behangen. b. Das Männchen. Länge der ausgewachsenen Exemplare nie grösser als 1.5 m.m. Die Breite verhält sich zu der Länge wie 1: 4.2. Die Gliederung des Cephalothorax wie beim Weibchen, dagegen zeigt das Abdomen statt drei, deutlich fünf Segmente, welche mit Ausnahme des viel längeren letzten fast alle gleich lang sind (Taf. IX, fig. 12 und 15). Das letzte Thoracal-Segment ist abgerundet: vermisst die eigen- thümlich gebildeten Vorsprünge des Weibchens. Uebrigens sind die Männchen nur in zwei Hinsichten von den Weibchen verschieden: 1°. im Bau der grossen Antennen der rech- ten Seite, und 2°. in der Form der rudimentären Füsschen. Die rechte Antenne zeigt die den meisten Calaniden eigenthüm- liche Genieulation, durch welche das Organ für die Nebenleistung als Greif- und Fangapparate umgeformt ist. Cıaus der die rechte Antenne des Männchens von Temora be- schreibt sagt: die Glieder 13 bis 18 sind etwas erweitert und von einem kräftigen Längsmuskel durchsetzt, dann folgt das genieuli- rende Gelenk, zwei längere, aus verschmolzenen Gliedern gebildete Abschnitte und das apicale Glied (f. O., Seite 194). Fig. 2 auf Taf. VIII zeigt dass diese Beschreibung ziemlich genau auch für meine Temora stichhaltig ist. Im Ganzen zähle ich zwei und zwanzig Glieder, während das Gelenk zwischen dem acht- zehnten und neunzehnten Gliede sich vorfindet. Der kräftige für 137 die Bewegung bestimmte Längsmuskel (vom dreizehnten bis zum neunzehnten Gliede) heftet sich an die Basis des einzuschlagen- den Abschnittes an, während auch die längeren Glieder des Endab- schnittes von einem gemeinsamen Längsmuskel durchzogen werden. Der obere äussere Rand des siebzehnten und achtzehnten Gliedes zeigt einen Besatz von feinen Häkchen, auf welchen ein ähnlicher Besatz des unteren (neunzehnten) Gliedes des einzuschlagenden Abschnittes passt. Die Füsse des fünften Paares sind wie beim Weibchen einaestig, aber nicht gleichartig ausgebildet, indem der rechte viel kräftiger ausgewachsen ist. Beide sind Greiffüsse und von kräftigen Muskeln durchsetzt: nur der rechte bildet am End- gliede eine kurze Zange, an welcher ich aber keinen zweigliedrigen Arm (wie CLAus erwähnt) unterscheiden konnte (Taf. IX, fig. 13). Temora Clausii ward von mir im Spätsommer des vergangenen Jahres in dem Stadtgraben, welcher zu Leiden längs dem neu erbauten Zoötomischen Laboratorium fliesst, entdeckt. Damals waren es aber fast ausschliesslich Weibchen, die ich zu Gesicht bekam; so bald das Wasser sich aber in dem Frühlinge dieses Jahres von neuem mit Entomostraken zu beleben anfing, zeigten sich meine Temora’s wieder in ungezählten Massen; jetzt aber war die Zahl “ der männlichen und weiblichen Individuen nicht wesentlich ver- schieden. Bemerkung. Als ich das erste Mal den oben beschriebenen Spalt- füssler durchmusterte, meinte ich es wäre eine Art der Gattung Diaptomus; kaum hatte ich aber etwas genauer zugesehen, so leuchtete es mir ein, dass das Thier eben in den wesentlichsten Gattungsmerkmalen von Diaptomus verschieden war. Dagegen zeigte sich eine genaue Uebereinstimmung mit der von CLAus für Temora gestellten Diagnose. Und obgleich es mir nicht unmöglich scheint, dass das nämliche (oder doch ein nah verwandtes) Thier schon von Koch und später von Fischer (wie ich unten näher zu erörtern gedenke) als eine Art der Gattung Cyclopsina beschrieben sei, 138 habe ich mich entscheiden müssen diese Form mit Temora zu identificiren. Bekanntlich sind aber sämmtliche bis jetzt beschriebene Temora- Arten dem Meere eigen, während meine Temora Clausii eine Süsswasser-Art ist. Zieht man aber in ‘Betracht, dass die Süss- wasser-Gattung Cyclops durch vier Arten im Meere vertreten ist, die Gattung Canthocamptus durch neun Arten, die Gattung Dia- ptomus durch zwei (GERSTAECKER in Bronn’s Klassen u. Ordn. Arthr. Seit. 731) so hört auch dies auf, etwas sonderbares an sich zu haben. Ein merkwürdiges Faetum bleibt es freilich, dass eine so massen- haft auftretende und gewiss in Europa nicht seltene Form, wie meine Temora (denn dass sie eben ausschliesslich den Niederlanden zukommen sollte, ist mir sehr unwahrscheinlich) bis jetzt entweder nicht, oder nur ganz oberflächlich beobachtet ist. Dass es wirklich eine Temora ist, liegt nun nach der Diagnose von OLAUS ausser allem Zweifel. Denn diese Diagnose, wie ich sie hier folgen lasse, gilt wörtlich für meine Calanide: Antennae anticae 24 articulatae, maris dextra geniculante, articulis medianis dila- tatis. Antennae posticae et partes manducatoriae iisdem Calani haud dissimiles.. Pedum primi paris ramus internus uniarticulatus, secundi, tertii, quarti paris biarticulatus. Pedes postici uniramosi feminae ac in Calano, maris prehensiles, dextra parte subchelifor- mes. Oculus compositus. Abdomen maris 5, feminae 3 articulis, compositum. Es blieb mir desshalb nur die Frage übrig, ob meine Temora von sämmtlichen schon beschriebenen Arten dieser Gattung hin- länglich verschieden sei, oder ein neues Beispiel liefere von einer Art, die zugleich in Meereswasser und süssem Wasser gedeihet. Obgleich nun eine ziemlich grosse Uebereinstimmung meiner Temora mit der von LıLseBorG beschriebenen Temora velox nicht zu läugnen ist, so halte ich diese zwei Formen doch nicht für die- selbe Art, wie aus einer genaueren Vergleichung aufs deutlichste hervorgeht: 1°. die Länge von T. velox ist 1!/,, die Länge meiner Form 2 M.m. 139 2%, Bei T. velox ist die Länge 6.2 Mal grösser als die Breite, dagegen bei meiner Art nur 4.2 Mal. 3%. Die Form der rudimentären Füsschen des Männchens meiner Temora ist grundverschieden von der von LiLJEBoR@ (l. ec. Taf. XIX) für T. velox gezeichneten. 4°. Die Furca von T. velox ist viel länger und schmaler. Von den übrigen Temora-Arten (so viel mir bekannt giebt es deren noch drei: Temora Finmarchica Gunner, Temora armata Claus, Temora inermis Boeck) zeigt meine Temora viel grössere Verschiedenheiten. Somit halte ich auch hier das Aufstellen einer neuen Art für nothwendig: nur kommt es mir sehr wahrscheinlich vor, dass das nämliche Thier schon von Fischer als Cyelopsina laeinulata be- schrieben sei '). „Am Ausflusse der Newa in der Nähe von Ser- giefskoje bei Peterhof im ruhigen Wasser am Ufer des Flusses” fand Fischer eine Form wie er meint der Gattung Cyelopsina (Diaptomus Westwood), welche sich aber von den übrigen Cyelop- sinen unterscheidete durch kürzere Antennen, durch einaestige aus vier Gliedern bestehende, rudimentäre Füsschen, durch mehr nach aussen hervortretende Ecken des letzten Thoracal-Segmentes. Mir scheint es fast gewiss, dass es sich mit dieser Oyclopsina um eine Temora handle ?): das einzige, was bei mir Zweifel erregt hat, ist, 1) Beiträge zur Kenntniss der in der Umgegend von St. Petersburg sich findenden Cyclopiden von S. Fischer. In »Bulletin de la societ€e imp£riale des Naturalistes de Moscou.” Annde 1853. I. Vielleicht ist auch die Glaucea caesia Koch (Deutschland’s Crustaceen, Myriapoden und Arachniden) sehr nah mit meiner Temora verwandt. 2) Jetzt, da ich mit dem Corrigiren der Druckprobe dieser Mittheilung beschäftigt bin (Ende Juni 76) will ich noch einer kleinen Merkwürdigkeit erwähnen, die meiner Vermuthung von der Identität der Cyclopsina lacinulata Fischer und Temora Clausii mihi eine unerwartete Stütze verleihet; Poly- phemus oculus O. F. Mürter (eine nach Leyvıe in Deutschland ziemlich sel- tene und bis jetzt in den Niederlanden nicht aufgefundene Daphnide) fand ich im Anfange dieses Monats massenhaft zwischen den Temora’s im Leidener Stadt- graben: eben diese Cladocere fand Fischer »ziemlich häufig in stehenden Ge- wässern von Sergiefskoje”, woher er auch seine C. lacinulata bezog! (Fischer, über d. in der Umgeb. v. St. Petersb. vorkommenden Crustaceen. S. 168. Taf. III. 1851). 140 dass Fischer nachdrücklich bemerkt, der Bau der Schwimmfüsse seiner Cyclopsina lacinulata sei wie bei C. coerulea (Diaptomus Castor M. E.). Ist dies genau, so ist freilich seine Cyelopsina keine Temora (da diese bekanntlich eben durch eingliedrige Innen- zweige des ersten Fusspaares gekennzeichnet werden); hat er sich aber eben in diesem so wichtigen Merkmale geirrt, so ist es mir nicht übel zu deuten; wenn ich einen neuen Namen vorschlage. Leiden, Mai 1876. ERKLAERUNG DER TAFELN. TAFEL VI. Fig. 1. Umriss des Körpers. >. Fig. 2. Antenne des ersten Paares. 2:5j,. Fig. 3. Letztes Glied dieser Antenne. 5°),. Fig. 4. Antenne des zweiten Paares. 5). Fig. 5. Labrum. >9),. Fig. 6. Kautheil der Mandibula. >o/.. 1. Maxilla sammt dem Basaltheile der Mandibula. 5/,. a. Basaltheil der Mandibula, d. Kautheil der Maxilla, c. Palpe der Maxilla. Fig. 8. Der innere Maxillarfuss. 3/.. Fig. 9. Der äussere Maxillarfuss. 2/,. Fig. 10. Ein Ruderfuss des ersten Paares. 2°3],. Fig. 11. Der rudimentäre Fuss. 5%]. Fig. 12. Die Furca mit den Borsten. **s/.. Fig. 1—12 Cyclops Leeuwenhoekii N. sp. Fig. 13. Der rudimentäre Fuss von Canthocamptus staphylinus Jurine. 5°%.. TAFEL VIII. Fig. 1. Die Antenne des ersten Paares des Weibchens. 13. Fig. 12. Das 24ste Glied der Antenne. 5/,. Fig. 2. Die rechte Antenne des ersten Paares des Männchens. »°),. Fig. 3. Die Schnabel-Zinken des Weibchens. 5%,. Fig. 4. Labrum. :/,. Fig. 5. Die Antenne des zweiten Paares des Weibchens. :s/.. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. 142 Mandibula des Weibchens. »s],. a. Kautheil, b. Seiten-Ast des Fühlers, c. Haupt-Ast des Fühlers. Maxilla des Weibchens. »s/,. a. Kautheil, 5b. zum Kautheile zugehörender Fortsatz, c. Kamm- förmiger Theil, d. Seiten-Ast des Fühlers, e. kleiner gesonderter Fortsatz des Haupt-Astes des Fühlers. TAFEL IX. Der innere Maxillarfuss des Weibchens. :/,. a. Basaltheil, d. mittler Theil, c. Endtheil, d. Borsten des unteren Gliedes des Endtheiles. Der äussere Maxillarfuss des Weibchens. s/ı. a, b und c. die Hauptglieder, d. der aus zwei Glieder bestehende Scheitel. Ein Ruderfuss des ersten Paares des Weibchens. 2/1, Das letzte Thoracal-Segment sammt den rudimentären Füsschen , dem Abdomen und der Furca mit den Borsten, des Weibchens. :s3/ı. a. Kläppchen, unter welchem die Genital-Oeffnungen, b. der ver- dickte Ring, der das Genital-Segment in zwei Glieder zu theilen scheint, c. Spermatophoren, d. rudimentäre Füsschen. Das letzte Thoracal-Segment sammt den rudimentären Füsschen und dem Abdomen des Männchens. 33/1. Die rudimentären Füsschen des Männchens. 5°. a, b, ce und d. die Glieder des linken Fusses. a', b', ce und d’. die Glieder des rechten Fusses. e. grober Stachel des letzten Gliedes. f. die zwei gegen ein ander klaffenden Fortsätze. Umriss des Männchens. Schematisch. */ı. Umriss des Weibcehens. Schematisch. */ı. Fig. 1—15 auf Tafel VIII und IX. Temora Clausi N. sp. NB. Sämmtliche Figuren auf Tafel VII-IX sind mit dem Zeichenprisma gezeichnet. BEITRÄGE ZUR KENNTNISS DES BECKENS DER AMPHIBIEN UND REPTILIEN. Eine vergleichend anatomische Untersuchung. VON OR. HOREMANN MIT TAFEL X UND XI UND 15 HOLZSCHNITTEN. AMPHIBIEN. — Geschwänzte Amphibien. An dem Becken der geschwänzten Amphibien kann man zwei Abschnitte, einen dorsalen und einen ventralen , unterscheiden , welche in der Pfanne des Hüftgelenkes zusammenstossen. Der dorsale Abschnitt, das Ilium, zeigt bei Proteus die niedrigste Entwickelung, indem es zeitlebens knorpelig bleibt, bei allen anderen Urodelen ist es mehr oder weniger verknöchert, obgleich die Verknöcherung allein auf die Diaphyse sich beschränkt, und die Epiphysen immer in grossem oder geringerem Grad knorpelig bleiben. Bei Cryptobran- chus, Menobranchus, Menopoma, Siredon, Salamandra und Triton , also bei allen Urodelen mit Ausnahme von Proteus und Amphiuma ist das Ilium nicht unmittelbar an dem Querfortsatz des Sacrums 144 aufgehängt, sondern immer durch Vermittelung einer Rippe (Sacral- rippe) mit dem Querfortsatz des Kreuzbeinwirbels verbunden. Diese Sacralrippe zeichnet sich gewöhnlich durch ihre kräftige Entwicke- lung vor den anderen Rippen aus. Nur bei Proteus und Amphiuma wo an dem zehnten oder zwölften Wirbel die Rippen schon ver- schwinden, ist das Ilium auch unmittelbar mit dem Querfortsatz des Kreuzbeinwirbels verbunden. Der ventrale Abschnitt des Beckens bildet das Scham-Sitzbein. Auch hier finden wir bei Proteus die niedrigste Entwickelungstufe, indem ebenso wie das Ilium auch das Scham-Sitzbein immer knorpelig bleibt. Bei allen anderen Urodelen ist nur bei jungen Thieren das Scham-Sitzbein ganz knorpelig, bei ausgewachsenen Individuen ist es dagegen mehr oder weniger verknöchert. Am ersten tritt die Verknöcherung auf an dem hinteren Umfang des Scham-Sitzbeines — welcher dem Ischium —, am spätesten an dessen vorderem Umfang, welcher dem Pubis entspricht. Bei Menobranchus findet man hier zwei kleine Knochenplatten , welche den lateralen hinteren Umfang des Scham-Sitzsbeines einnehmen, während sie in der Mittellinie noch durch einen nach hinten gekehrten Fortsatz der grossen knorpeligen Partie des Scham-Sitzbeines von einander getrennt werden. Bei Amphiuma und Menopoma sind die zwei Knochenplatten schon grösser -und grenzen in der Mittellinie fast aneinander. Immer bleibt aber noch der grösste Theil des Scham-Sitzbeines knorpelig, giebt nach hinten noch einen mehr oder weniger dicken Fortsatz ab, welcher die beiden Knochenplatten von einander trennt. Bei Süredon ist die Verknöche- rung noch weiter fortgeschritten, in noch höherem Grad gilt dies für Salamandra, noch mehr für Triton, während endlich wie ich aus WIEDERSHEIM’s !) Abhandlung sehe, bei Salamandrina die Ver- knöcherung des Scham-Sitzbeines ihre höchste Entwickelung erreicht, indem hier der ganze Ventral-Theil des Beckengürtels durch eine paarige Knochenplatte repraesentirt wird, von welcher beide Hälften unter einem nach oben sehr weit offenen Winkel mittelst einer 1) WIEDERsHEIM. Salamandrina perspieillata und Geotriton fuscus. Versuch einer vergl. Anatomie der Salamandrinen, 145 schmalen, nach hinten zu kaum papierdünnen knorpeligen Symphyse zusammenstossen. Hier ist also auch der vordere Theil des Scham- Sitzbeines, welcher das Pubis repraesentirt, verknöchert. Die Ver- bindung, welche das Ischium bei Salamandrina durch die gemein- same Verknöcherung mit dem Pubis angeht, zeigt uns die in der Anlage bestehende Zusammengehörigkeit dieser Theile auch noch für den definitiven Zustand. Man kan daraus schliessen dass das Pubis der Urodelen noch nicht als ein selbstständiger Theil des Beckengürtels sich anlegt. Höchst eigenthümlich verhält sich in dieser Beziehung Crypto- branchus japonicus. Bei dem von SCHMIDT, GODDARD und J. VAN DER HoEvEn !) beschriebenen Exemplar war das Scham-Sitzbein noch vollkommen knorpelig. Dennoch geht aus ihrer Beschreibung hervor, dass sie ein gut ausgewachsenes Individuum untersucht haben, denn das Thier hatte von der Schnauzenspitze bis zum Schwanzende eine Länge von fast einem Meter. Auch in der noch sehr kleinen Sammlung des hiesigen Laboratoriums befindet sich ein Scham-Sitzbein von Oryptobranchus, welches, wie aus der Abbil- dung (Taf. X, Fig. 8) deutlich hervorgeht, auch jedenfalls wohl einem ziemlich grossen und ausgewachsenen Exemplar zugehört haben mag, und wo der ganze Knochen ebenfalls noch knorpelig ist. In beiden Fällen gehörte das noch vollkommen knorpelige Scham-Sitzbein einem männlichen Thier an. Während also in den beiden eben genannten Exemplaren durchaus noch keine Ver- knöcherung in dem ventralen Abschnitt des Beckens statt gefunden hat, befinden sich dagegen in dem von Hyrru ?) beschriebenen Exemplar jederseits zwei Knochenstücke, welche ebenfalls wie bei Menobranchus, Menopoma u. A. den hinteren Theil des grossen Scham-Sitzbeines einnehmen. Auch in der Sammlung des Reichs- museums in Leiden befindet sich ein Skelet von Uryptobranchus wo 1) ScumIDT, GoDDARD und J. van DER Horven. Aanteekeningen over de anatomie van Cryptobranchus japonicus. Natuurkundige Verhandelingen der Hollandsche Maatschappij van Weten- schappen. 2 Verz. 19 Deel. 1864. 2) J. HykıtL, Cryptobranchus japonicus. Schediasma anatomicum. 10 146 die beiden von Hyrrı beschriebenen Knochenstücke sich gut ent- wickelt haben. Das von Hyrru beschriebene Exemplar war ein weibliches über das Geschlecht des im Reichsmuseum zu Leiden sich befindenden war nichts bekannt. Welchem Zustande es zuzuschreiben ist, dass in dem einen Fall durchaus noch keine Verknöcherung in dem ganzen ventralen Abschnitt des Beckens, in dem anderen Fall dagegen ein Knochenstück sich ausgebildet hat, bleibt vor der Hand nicht leicht zu entscheiden. Es fragt sich. ob es vielleicht nur ein Geschlechtsunterschied ist, ob bei den männ- lichen Thieren das ganze Scham-Sitzbein zeitlebens knorpelig bleibt, bei den weiblichen dagegen der hintere Abschnitt verknöchert, - was vielleicht mit der Geschlechtsfunetion im Zusammenhang steht und als eine Anpassungs-Erscheinug aufzufassen wäre. Die beiden Scham-Sitzbeine stossen in der Mittellinie an einander und werden hier durch wenig straffes Bindegewebe fest mit einander verbunden, so dass sie bei einer oberflächlichen Betrachtung ein einziges unpaariges Stück scheinen zu bilden. An der Stelle wo die beiden Seitenhälften an einander stossen erhebt sich gewöhnlich an der ventralen (nach unten gekehrten) Seite eine nicht sehr stark ausgeprägte Leiste. Die obere (nach der Bauchhöhle gekehrte) Fläche des Scham-Sitzbeines ist bei Menopoma , Oryptobranchus , Süiredon , Salamandra, Triton grubenförmig ausgehöhlt, welches besonders durch das sehr stark nach oben Hervorragen des vorderen Randes des Scham-Sitzbeines hervorgebracht wird. An der Stelle wo der ventrale und dorsale Abschnitt des Beckens an einander stossen, befindet sich die Gelenkpfanne — das Aceta- bulum — zur Aufnahme des Kopfs des Oberschenkels. Bei Proteus und Menobranchus ist die Gelenkpfanne noch nicht vollkommen geschlossen, sondern hat einen offenen Boden, Bei allen anderen Urodelen dagegen ist die Gelenkpfanne geschlossen. Der dorsale und ventrale Abschnitt des Beckengürtels haben immer eine con- stante Lage hinsichtlich des Acetabulums, welches durch sie gebil- det wird in der Art, dass das Ilium die obere, das Scham-Sitzbein die untere Partie der Gelenkpfanne bildet; und so dass der Theil des Scham-Sitzbeines welcher dem Ischium entspricht die hintere 147 untere Partie, und der Theil des Scham-Sitzbeines, welcher dem Pubis entspricht die vordere untere Partie des Acetabulums einnimmt. Bei allen Urodelen kommt in dem Scham-Sitzbein ein Loch vor, — das Foramen obturatorium, zum Durchgang des Nervus obturatorius. Dies Loch wird nicht bei allen Urodelen an derselben Stelle ange- troffen. Bei den niedrigsten geschwänzten Amphibien (Oryptobran- chus, Menobranchus) liegt das Foramen obturatorium mehr in der Mitte des Scham-Sitzbeines, während es bei den höher entwickelten geschwänzten Amphibien (Salamandra, Siredon, Triton) viel mehr dem vorderen Rand des Scham-Sitzbeines genähert ist. Nur mit Ausnahme von Triton und Salamandrina bleibt sonst immer der Theil des Scham-Sitzbeines, in welchem das Foramen obturatorium liegt, es möge sich mehr in der Mitte, oder mehr in der vor- deren Partie des Scham-Sitzbeines befinden, das ganze Leben hin- durch knorpelig. Auf dem vorderen freien Rande des Scham-Sitzbeines, an der Stelle wo die beiden Seitenhälften zusammenstossen , befindet sich bei verschiedenen Urodelen (Menopoma, Oryptobranchus, Süredon, Salamandra, Salamandrina und Triton) ein knorpeliger Fortsatz, welchen ich als „Epipubis’’ bezeichnen will, und welcher durch festes Bindegewebe beweglich mit dem Scham-Sitzbein verbunden ist. Das vordere Ende des Epipubis theilt sich gabelförmig und die beiden Theilstücke weichen mehr oder weniger stark ausein- ander um lateralwärts in die Musculatur der Bauchwand hinein- zuragen. Am stärksten sind die beiden Theilstücke bei Salamandra und Triton entwickelt. Nur bei Salamandrina perspicillata treten wie W1IEDERSHEIM !) nachgewiesen hat, in dem Epipubis Spuren von Verknöcherung ein, bei allen anderen bleibt es fortwährend knorpelig. Ein Epipubis geht Proteus, Menobranchus und Am- phiuma ab. Sehr eigenthümlich verhält sich auch hier wieder Oryptobranchus japonieus. Bei dem Exemplar des hiesigen zootomischen Laborato- riums theilt sich das vordere freie Ende des Epipubis gabelförmig 1) WIEDERSHEIM L. c. 148 und bildet so zwei platte, nach hinten breite, nach vorn spitz zulaufende Schenkel. Aehnlich verhält sich das Epipubis bei dem von SCHMIDT, GODDARD und J. VAN DER HoEvEN beschriebenen Individuum. An dem getrockneten Skelett des Reichsmuseums war natürlich davon nichts mehr zu sehen. Bei dem von HyrrL be- schriebenen Exemplar sitzt noch auf dem vorderen Rand des knor- peligen Theils des Scham-Sitzbeines, eine ebenfalls knorpelige, kurze Platte, welche dieselbe Breite hat als das Scham-Sitzbein und nur durch seine grössere Dünnheit und Zartheit von dem übrigen knorpeligen Theil sich unterscheidet. ‘Diese breite Platte fehlt so wohl dem von SCHMIDT, GODDARD und J. VAN DER HoEVEN be- schriebenen Exemplar als dem des hiesigen zootomischen Laborato- riums. Von dem vorderen Rande dieser breiten Knorpelplatte erhebt sich nun das knorpelige Epipubis, welches sich hier ebenfalls in zwei Schenkel theilt. Merkwürdiger Weise ist hier der rechte Schenkel länger und breiter und in drei Zipfen vertheil. Wo die Unterschiede im Becken von Cryptobranchus herrühren, so wohl was die Verknöcherung an dem hinteren Umfang als was die breite, schmale Platte auf dem vorderen Rand des Scham-Sitzbeines angeht, ob dieselben einfach als Geschlechts- oder als ein bis jetzt unbe- kannter Art-Unterschied aufzufassen sind, bleibt künftigen Unter- suchungen vorbehalten. An dem hinteren Rande des grossen Scham-Sitzbeines befindet sich ein kleines, unpaares Knorpelstückchen wie ich aus Hyrrr’s !) Abbildung sehe, das ich indessen in dem von mir untersuchten Exemplar nicht auffinden konnte. Dies Knorpelstückchen welches ich als „Hypo-Ischium” bezeichnen will, scheint sonst bei keinem anderen Repraesentanten der geschwänzten Amphibien vor zu kommen, dagegen kommt es, wie wir gleich näher sehen werden, vielfach verbreitet bei den Reptilien vor. Von sehr grossem Gewicht zum rechten Verständniss der Becken- knochen ist das Verhältniss der Beckennerven, nl. des Nervus eru- ralis, obturatorius und ischiadicus, besonders aber der beiden ersten, VW ENRTn, Dice. 149 von welchen der eine, der Cruralis, die Extensoren, der andere, der Obturatorius, die Adductoren innervirt. Gerade von den niedrigsten geschwänzten Amphibien, bei welchen natürlich die Verhältnisse am interessantesten sind, wissen wir von den Beckennerven noch sehr wenig. Bei Oryptobranchus japonicus (Vergl. Holzschnitt Fig. 1) bethei- ligen sich, wie ich aus Humpry’s!) Arbeit sehe, vier Stämme an der Innervirung der hinteren Extremität. Der erste, der dritte Praesa- cralnerv giebt einen Zweig ab zum folgenden, durchbohrt darauf ungefähr die Mitte des Scham-Sitzbeines, innervirt die Adductoren und repraesentirt also den Nervus obturatorius (0). Der zweite Praesacralnerv giebt einen Zweig zum folgenden ab, schlägt sich nach Aufnahme des ebenerwähnten Astes des dritten Praesacral- Fig. 1. Fig. 2. nervs über das lIlium, innervirt die Extensoren und bildet also den Nervus eruralis (ec). Der erste Praesacralnerv vereinigt sich — nach Aufnahme des von dem zweit Praesacralnerven abgegebenen 1) Humrury, The Muscles and Nerves of the Cryptobranchus japonicus in Journal of Anat. and Phys. 1871. Obseryations on Myology including the Myology of Cryptobranchus, Lepi- dosiren Ceratodus etc. London and Cambridge. 1872. 150 Astes —, mit dem Postsacralnerv, um so gemeinschaftlich den Nervus ischiadieus (ü) zu bilden. Aehnlich verhalten sich die Nerven bei Menobranchus lateralis. Dagegen findet man bei Salamandra und Triton, nur drei Nerven für die untere Extremität. Der erste — der erste Praesacralnery — bildet einen ziemlich dicken Stamm. Nach Abgabe eines Astes an dem folgenden, theilt er sich in zwei Aeste, von welchen der eine den vorderen Theil des Scham-Sitzbeines durchbohrt und den Nervus obturatorius (0) bildet, während der andere sich über das Ilium hinschlägt, die Extensoren innervirt und also den Oruralis darstellt (c). Der zweite — der erste Post- sacralnerv, ist der diekste der drei Stämme. Nach Aufnahme des ebenerwähnten Astes des Praesacralnervs bildet er den Nervus ischiadieus (if), an dessen Zusammenstellung auch noch der dünne zweite Postsacralnerv sich betheiligt (Sieh Holzschnitt Fig. 2). Aehnlich beschreibt auch GEGENBAUR !) die Beckennerven bei Salamandra. Wie in dieser Beziehung die anderen geschwänzten Amphibien sich verhalten, muss noch näher untersucht werden. Wir sehen also, dass bei den niedrigsten geschwänzten Amphibien (Oryptobranchus, Menobranchus) wo der Nervus obturatorius einen eigenen Stamm bildet, das Foramen obturatorium mehr in der Mitte des Scham-Sitzbeines angetroffen wird, während bei den höher ent- wickelten Urodelen (Triton, Salamandra), wo der Nervus vbturato- rius mit dem COruralis einen gemeinschaftlichen Stamm, den Obtu- ratorius-Cruralis-Stamm, bildet, welcher noch innerhalb der Becken- höhle in seine zwei Aeste sich theilt,, das Foramen obturatorium dem vorderen Rand des Scham-Sitzbeines viel näher gerückt ist. Was die Deutung der verschiedenen, das Becken bei den ge- schwänzten Amphibien zusammensetzenden Theile angeht, so herrscht darüber ein wohl übereinstimmendes Urtheil. CUVIER ?), MEcKEL °), 1) GEGENBAUR. Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Vögel. Jenaische Zeitschrift für Mediein und Naturwissenschaften. Bd. VI, 1871. p. 157. 2) Cuvrer. Ossemens fossiles Nouv. Edit. Ton. V. 2 partie. 1824. Legons d’anatomie comparde. 2 Ed. 1835. T. I. 3) J. F. Mecker. System der vergleichenden Anatomie. Zweiter Theil. Erst. Abth. pag. 471. 1824. 151 Dveks !), STANNIUS ?), J. VAN DER HoEVEN °). Owen '), HyRtL®), GEGENBAUR 6), MAYER °’) betrachten den dorsalen, bei Proteus und Amphiuma durch Bandmasse, bei den übrigen Gattungen der Urodelen durch Vermittlung einer Rippe, mit dem Querfortsatz des Sacrums verbundenen Abschnitt als das Ilium und den grossen in der Mittellinie dem der anderen Seite begegnenden ventralen Ab- schnitt als das gemeinschaftliche Scham-Sitzbein, von welchem die vordere Partie, die am längsten knorpelig bleibt, dem Pubis, die hintere, gewöhnlich mehr oder weniger verknöcherte, Partie, dem Sitzbein entspricht. Indem das Pubis bei den Urodelen noch nicht als ein selbstän- diger Theil des Beckengürtels sich anlegt, kann man auch in den Fällen wo das Scham-Sitzbein vollständig verknöchert ist, wie bei Salamandrina, nicht mit Bestimmtheit angeben, welcher Theil des Scham-Sitzbeines das Pubis, und welcher Theil das Ischium bildet. Giebt man aber auch Acht auf das Verhältniss der Nerven, so kann man darin einen Fingerzeig finden um zu bestimmen, welcher Theil des Scham-Sitzbeines dem Pubis, welcher dem Ischium zukommt, indem man den Obturatorius als die Grenzscheidung beider Knochenstücke betrachten und diejenige Partie, welche vor dem N. obturatorius liegt als Pubis, diejenige welche dahinter liegt, als Ischium ansehen kann. Bei den niedrigst entwickelten Urodelen, wo der Nervus obturatorius einen eigenen Stamm bildet, finden wir dem entsprechend auch ein sehr stark entwickeltes Pubis, bei den höheren Urodelen wo der Obturatorius einen gemeinschaftlichen Stamm mit dem Cruralis bildet, hat sich auch das Stück, das dem 1) Duszs. Recherches sur l’ost&ologie et la myologie des Batrachiens & leur diff. ages. 1835. p. 180. 2) H. Stannıus. Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 2 Auf. 1854. 2e Buch. 1876. 3) J. VAN DER Horven. Ontleed- en dierkundige Bijdragen tot de kennis van Menobranchus, den Proteus der meren van Noord-Amerika. Leiden. Brill. 1867. 4) R. Owen. On the anatomy of the Vertebrates. Vol. I. p. 180. 1866. 5) Hyrıı. L. c. 6) C. GEGENBAUR. Vergl. Anatomie 1870. 1874. 7) A. F. J. C. Mayer. Analecten für vergl. Anatomie. le Samml. 1836. 152 Pubis entspricht, sehr stark zurück gebildet. Die Verknöcherung, welche wir allmählig in dem Scham-Sitzbein bei den höher ent- wickelten Formen unter den Urodelen auftreten sehen, und welche bei Salamandrina ihren höchsten Punkt erreicht, zeigt uns, dass die höher entwickelten Urodelen auch in ihrer Beckenform Zustände durchlaufen, welche bleibend für die niedriger entwickelten sind. Das in dem vorderen Theil des Scham-Sitzbeines immer vorhan- dene Loch erwähnt Duess ') zuerst als „un petit trou sous-pubien qui se forme tontefois chez l’adulte, quand l’ossification a envahi presque tout le cartilage.”” CuviErR und MEcKEL ; SCHMIDT, GODDARD und J. VAN DER HOEVEN scheinen diese Oeffnung nicht beobachtet zu haben, ebenso wenig J. VAN DER HoRVEN. Owen ?) dagegen hat dieselbe wohl gesehen, beschreibt sie indessen als ein „vascular perforation.” HyrrL *) und Humpury °) haben bei Oryptobranchus dies Loch richtig als Foramen obturatorium gedeutet, ebenso WIE- DERSHEIM °) bei Salamandrina und Geotriton. Auch in der Abbil- dung von äMenobranchus ist bei HyrıL das Foramen angegeben, dagegen fehlt es in seinen Abbildungen des Beckens von Proteus, Siredon und Amphiuma, obgleich es bei den beiden erst genannten Gattungen bestimmt vorkommt, wie ich aus eigener Erfahrung weiss, und auch wohl kaum bei Amphiuma fehlen dürfte. Höchst eigenthümlich ist das vor der Schambeinsymphyse gelagerte knorpelige Skeletstück, welches von Ducks als „Marsupial”; von Hyrrı als „Cartiloga ypsiloides’”’; von SCHMIDT, GODDARD und J. VAN DER HoEvEN als „Processus ypsiloides”’; von MECKEL als „Bauchbein” bezeichnet worden ist und welches ich mit dem Na- men „Epipubis” belegt habe. Cuvier sagt von diesem Knorpel- stab „quel rapelle les os marsupiaux des didelphes”, während OwEN glaubt, dass er „the last pair of abdominal ribs in higher reptiles’’ 1) Dvezs. L. c. 2) Owen. L. c. 3) Hyrıı. L. c. 4) Humrury. L. c. 5) WIEDERSHEIM. L. c. 153 repraesentirt. Bekanntlich kommt das Epipubis nicht allen ge- schwänzten Amphibien zu, sondern fehlt bei Proteus, Menobranchus und Amphiuma. Dagegen kommt es vor bei COryptobranchus, Menopoma, Siredon, Salamandra, Triton und Salamandrina. Unter den Tritonen fehlt es aber wieder bei Geotriton. Die Bedeutung dieses knorpeligen Skeletstückes ist, wie ich glaube, unbekannt. Wirft man aber einen Blick auf die innere Organisation, so ist es vielleicht möglich, darin Befunde zurückzufinden, welche mit dem Vorkommen dieses Epipubis zusammenfallen. Aus einer Unter- suchung des Darmtractus geht nämlich hervor, dass eben bei den geschwänzten Amphibien ein Epipubis angetroffen wird, bei welchen der Enddarm durch seine ausserordentliche Grösse und Weite sich auszeichnet, während es bei den geschwänzten Amphi- bien fehlt, bei welchen der Enddarm kaum von dem Mitteldarm unterschieden ist. Bei Proteus und Menobranchus geht der End- darm unmerklich in den Dünndarm über, dagegen ist bei Orypto- branchus, Menopoma, Siredon, Salamandra und Triton der End- darm beträchtlich weit und lang, und bei allen diesen findet man auch das der Schambeinsymphyse aufgelagerte Epipubis mehr oder weniger bedeutend entwickelt. Es fragt sich also ob dies Knorpel- stück, das Epipubis, vielleicht nicht nur die Bedeutung eines Stützapparates hat, besonders zum Stütz des Enddarmes, welcher, wie ich wenigstens bei Salamandra, Triton und Siredon gesehen habe, durch Koth ausserordentlich stark ausgedehnt sein kann. Wie in dieser Beziehung @eotriton fuscus sich verhält, bei welchem, wie oben angegeben, das Epipubis fehlt, ist mir aus den Mitthei- lungen von WIEDERSHEIM nicht ganz deutlich geworden, wohl aber sehe ich, dass der Mastdarm „blasig aufgetrieben ist und in gefüll- tem Zustande an Volum sogar den Magen übertrifft,” aber ob derselbe besonders weit in die Bauchhöhle hervorragt, wie bei den anderen Gattungen der ungeschwänzten Amphibien, wo das Epi- pubis angetroffen wird, was jedenfalls hier von sehr grosser Be- deutung sein würde, ist leider nicht bestimmt angegeben. Höchst eigenthümlich ist in dieser Beziehung Amphiuma, bei dem bekanntlich das Epipubis fehlt. Aus einer Mittheilung von 154 CuvIEr !) sehe ich, dass bei Amphiuma auch ein Enddarm vor- kommt, welcher durch seine ausserordentliche Länge und Weite sich auszeichnet. Indessen zeigt der Enddarm gerade an der Stelle wo bei den anderen geschwänzten Amphibien ein Epipubis vorkommt , eine sehr starke Einschnürung. Fassen wir also die gewonnenen Resultate noch einmal kurz zusam- men, so sehen wir: 1) dass mit Ausnahme von Proteus und Amphiuma das Ilum immer vermittelst einer Rippe (Sacralrıppe) mit dem Processus transversus des Sacralwirbels verbunden ist. 2) dass bei den niedrigen geschwänzten Amphibien (Gryptobran- chus, Menobranchus) der Nervus obturatorius und cruralis immer beide einen eigenen Stamm bilden, während bei den höher ent- wickelten Formen (Salamandra, Triton) der Obturatorius mit dem Cruralis einen gemeinschaftlichen Stamm, den Obturatorius-Cruralis- Stamm bildet. 3) dass das Foramen obturatorium , welches anfangs in der Mitte der Scham-Sitzbeinplatte liegt (Gryptobranchus, Menobranchus) um so mehr dem vorderen Rand des Scham-Sitzbeim sich nahert , je mehr der Obturatorıus als eigener Nervenstamm schwindet und mit dem Cruralis einen gemeinschaftlichen Stamm bildet. 4) dass das Pubis bei den Urodelen noch nicht als ein selbst- ständiger Theil des Beckens sich anlegt. Ungeschwänzte Amphibien. Das Becken der ungeschwänzten Amphibien weicht bekanntlich be- deutend von dem der geschwänzten Amphibien ab, was erstens aus der colossalen Entwickelung der Darmbeine, zweitens aus der eigenthüm- lichen Bildung der sogenannten Scham-Sitzbeine hervorgeht. Die cha- rakteristische V-förmige Gestalt der Beckengürtel der Bratachier ent- steht nach Ecker ?) dadurch dass die als Scham-Sitzbeine bezeichneten 1) Cuvıer. Ueber Amphiuma in Me&moires du Muse d’hist, nat. T. XIV. p.HL. 1827. 2) A. Ecker. Die Anatomie des Frosches. 1864. 155 Stücke beiderseits zusammen eine verticale Scheibe bilden, die nach vorn sich gabelförmig in die beiden Darmbeine theili. Die soge- nannten beiderseitigen Sitz- und Schambeine sind mit ihren medi- alen Flächen der Art verbunden, dass die Beckenhöhle auf den Raum zwischen den beiden Darmbeinen redueirt ist. Das Ilium zeigt bekanntlich in der Abtheilung der Batrachier bedeutende Modificationen. Während bei den mehr kriechenden Batrachiern das Tlium eine sehr grosse Verbindungsfläche mit dem Processus trans- versus des Sacralwirbels zeigt (Pipa, Bombinator, Bufo), ist dagegen bei den mehr springenden Batrachiern, die Vereinigungs- fläche des Iiums mit dem Processus transversus des Sacrums eine viel kleinere (Rana, Hyla). Der hintere, breitere Theil, — der Körper EcKkER — des Iliums, betheiligt sich an der Bildung des Acetabu- lums. Mit dem hintersten, breitesten Ende sind die beiderseitigen Körper unter einander durch Bandmasse verbunden, während sie nach vorn zu auseinander weichen und die Beckenhöhle zwischen sich lassen. Die Nacht, durch welche der Körper des Darmbeins mit den als Sitz- und Schambein bezeichneten Stücken verbunden ist, geht in der Richtung von oben nach unten mitten durch das Ace- tabulum. Nach unten und vorne bildet das Darmbein jederseits einen Fortsatz (Taf. X, Fig. 16 ».p.), welche in der Mittellinie an einander stossen und hier einen Vorsprung bilden, welcher eigent- lich, wie EckER ganz richtig bemerkt, der Symphysis ossium pubis beim Menschen entspricht. Diesen Fortsatz am Ilium , welcher von sehr grosser Bedeutung zu sein scheint, werde ich als Processus pubicus bezeichnen. Zwischen dem Fortsatz und dem Flügel des Iliums befindet sich jederseits ein Ausschnitt, die Incisura ileo-pubica. Von den beiden anderen Stücken, die in der ganzen Ausdehnung ihrer medialen Flächen unter einander verwachsen sind, wird ge- wöhnlich das knöcherne Stück, das nach hinten gekehrt ist und nur einen sehr geringen Antheil an der Bildung der Pfanne nimmt als Ischium, der gewöhnlich mehr oder weniger knorpelige Theil, der ein dreieckiges, zwischen den beiden anderen Knochen einge- keiltes Stück bildet und ebenfalls Antheil an der Bildung der Ge- lenkpfanne hat, als Pubis bezeichnet. 156 Während über die Deutung des mit dem Querfortsatze des Sacrums sich verbindenden Knochens als „Ilium’” wohl kein Zweifel besteht, fragt es sich ob wir mit eben vielem Rechte, die beiden ebenge- nannten Stücke als „Pubis” und „Ischium’ deuten dürfen, und am meisten gilt wohl dieser Zweifel für das Pubis. Denn das Pubis hat hier eine ganz andere Lage zur Gelenkpfanne und verhält sich hier auch ganz anders in Beziehung zu den Nerven. Was die Lage des Pubis betrifft, so bildet es hier nicht den vorderen unteren Theil des Acetabulums wie bei den Urodelen, sondern ein zwischen den beiden anderen Knochenstücken einge- keiltes Stück. Und was die Nerven angeht, so finden wir für die ungeschwänzten Amphibien folgende Verhältnisse. Bei einigen (Dac- tyletra, bombinator) theilt der erste Praesacralnerv sich in zwei Aeste, der eine verbindet sich mit dem folgenden, der andere tritt durch die Incisura ileo-pubica (zwischen dem Processus pubicus ossis ilei und dem Flügel des Iliums) aus der Beckenhöhle,, um erst nach- dem er das Becken verlassen sich in zwei Aeste zu theilen, von welchen der eine die Extensoren innervirt, also dem Cruralis (c) homolog ist, der andere die Adductoren inner- Fig. 3. virt, also dem Öbturatorius entspricht (Sieh Holzschnitt Fig. 3). Diesen Stamm können wir also als den gemeinschaftlichen Obturato- rius-Oruralis-Stamm bezeichnen. Der Postsacral- nerv, bildet nach Aufnahme des eben erwähn- ten Astes des Praesacralnerven den Ischiadi- eus (ti), an dessen Zusammensetzung sich auch ein Caudalnerv betheiligt. Von den drei Ner- venstämmen welche hier also die untere Ex- tremität innerviren, ist der Postsacralnerv der dickste. Die Nerven verhalten sich also fast ganz ähnlich wie bei den höchst entwickelten Urodelen, nur mit dem Unterschiede, dass bei den Urodelen immer noch innerhalb der Bec- kenhöhle der gemeinschaftliche Cruralis-Obturatorius-Stamm sich in den Obturatorius und den Üruralis theilt, von welchen der erste 157 den vorderen Theil des Scham-Sitzbeines durchbohrt, und der andere über das Ilium sich hinschlägt, während hier der Obturatorius- Cruralis-Stamm ungetheilt aus der Beckenhöhle tritt. Bei anderen Batrachiern wie z. B. bei den höher entwickelten Gattungen (Rana, Hyla) finden wir nicht drei sondern vier Nerven, welche die untere Extremität versorgen, indem sich hier noch ein zweiter Praesacralnerv hinzufügt (Sieh Holzschnitt Fig. 4). Dieser zweite Praesacralnerv gibt eine Anastomose ab für den ersten Prae- sacralnerv und theilt sich dann in zwei. Fig. 4. Der eine Ast begiebt sich nach den Bauch- muskeln und geht uns hier nicht weiter an, der andere dagegen tritt durch die Insicura ileo-pubica aus der Beckenhöhle und bildet den Obturatorius-Cruralis-Stamm, welcher sich ähnlich dem der eben beschriebenen verhält. Der erste Praesacralnerv bildet hier mit dem Postsacralnerven und dem Caudalnerven den Ischiadieus,. Hier wird also der Ischiadieus aus drei Stämmen gebildet, während er bei den anderen Gattungen nur aus zwei Stäm- men gebildet wird. Uebrigens zeigen die Nerven dieselben Verhältnisse. Spricht also die Lage, welche das als „Pubis’” bezeich- nete Knorpelstück bei den ungeschwänzten Amphibien in Beziehung zur Gelenkpfanne einnimmt, gegen seine Deutung als ein dem Pubis der Urodelen homologer knochen, so wird der Zweifel an der richtigen Deutung noch grösser, wenn man auch das Verhältniss der Nerven, besonders des Cruralis und Obtu- ratorius, von den Batrachiern mit denen der Urodelen vergleicht. Denn bei den Urodelen könnte man das Foramen obturatorium, durch welches der Nervus obturatorius aus der Beckenhöhle heraustritt als die Grenzscheide zwischen Pubis und Ischium betrachten. Bei den Batrachien dagegen bleibt der Obturatorius mit dem Cruralis zu einem gemeinschaftlichen Stamm verbunden, so lang dieser noch nicht aus dem Becken herausgetreten ist und das Foramen obtura- 158 torium hat sich also vollkommen zurückgebildet. Das Pubis welches also bei den Urodelen unmittelbar über dem Nervus obturatorius sich befindet, würde dann bei den Batrachiern, angenommen dass wirklich das als Pubis bezeichnete Knorpelstück dem Pubis der Urodelen entspräche, durch einen Knochenfortsatz des Iliums (den Processus pubicus) von dem Nervenstamm getrennt werden, welcher in sich so wohl den Bahn des Obturatorius als den des Cruralis enthält. Es ist also im hohen Grade unwahrscheinlich , dass das als Pubis be- zeichnet Knorpelstück der Batrachier wirklich einem Pubis entspräche. Wenn man das Homologon des Pubis der geschwänzten Amphi- bien bei den ungeschwänzten zurück finden will, so kommt dafür noch am ehesten der Processus pubicus des Darmbeins in Betracht, denn denkt man sich das Becken der Salamandrinen (und im all- gemeinen der geschwänzten Amphibien) zugeschlagen dann bekommt man ungefähr die Form des Beckens bei den Batrachiern. Durch den seitwärts auf das Becken wirkenden Druck, welcher durch die Bewegungen der hinteren Extremitäten beim Kriechen, Schwimmen und besonders beim Springen ausgeübt wird, kann man sich vor- stellen, dass allmählig die Beckenknochen aus ihrer ursprünglichen Lage, wie sie bei allen geschwänzten Amphibien angetroffen wer- den — wo die Darmbeine weit auseinander liegen und die Scham- Sitzbeine einander nur in der Mittellinie begesnen — in diejenige herübergeführt werden, welcher man bei den ungeschwänzten Amphi- bien begegnet, wo die Darmbeine einander sehr genähert sind, die- sogenannten Scham-Sitzbeine mit ihren medialen Flächen unmittelbar an einander grenzen. Denkt man sich so das Becken der unge- schwänzten Amphibien aus dem der geschwänzten entstanden, dann entspricht der Processus pubieus des Darmbeins bei den unge- schwänzten Amphibien dem Schambein bei den geschwänzten. Die Lage des Processus pubicus des Darmbeins bei den ungeschwänzten Amphibien stimmt mit der des Schambeines bei allen anderen Wirbelthieren überein, indem das Pubis immer den oberen vorderen Theil des Acetabulums bildet, was auch von dem Processus pubicus des Darmbeins der Batrachier gilt. Der einzige Unterschied welcher dann noch zwischen dem Becken 159 der Urodelen und dem der Batrachier bestände, liegt in dem eigen- thümlichen Verhältniss des Nervus obturatorius, welcher bei den den Batrachiern am nächsten stehenden Urodelen noch innerhalb der Beckenhöhle von dem Obturatorius-Cruralis-Stamm abgeht und den vorderen, das Pubis repraesentienden Theil des Scham-Sitzbei- nes durchbohrt, bei den Batrachiern dagegen erst ausserhalb des Beckens von dem Obturatorius-Cruralis-Stamm sich trennt. Nimmt man aber auch die niedriger entwickelten Urodelen in den Ver- gleich mit auf, dann sieht man, dass der Obturatorius, welcher bei den niedrigern Urodelen noch einen eigenen Stamm bildet, bei den höheren Urodelen allmählig in Entwiekelung zurück tritt. Bei Salamandra und Triton theilt sich der Obturatorius-Cruralis-Stamm noch eben vor seinem Austritt aus dem Becken in seine zwei Aeste, den Obturatorius und den Cruralis und man braucht sich also die Rückbildung des Obturatorius nur eine Stufe weiter zu denken, um das Verhältniss bei den Batrachiern zu bekommen, wo der Obturatorius und Oruralis, während ihres Verlaufes durch das Becken zu einem gemeinschaftlichen Stamm verbunden bleiben. | Sprechen also theoretische Gründe für die Deutung des Processus pubicus des Darmbeines bei den Batrachiern als Homologon des Pubis bei den geschwänzten Amphibien, so muss man jetzt nach Beweisen umsehen, welche diese Gründe bestätigen. Am ersten dürfte einiger Aufschluss zu erwarten sein aus einer Untersuchung des Beckens von Dactyletra , indem so weit mir bekannt, Dactyletra der einzige Repraesentant unter den ungeschwänzten Amphibien ist, wo ein dem Epipubis der Urodelen ähnliches Knorpelstück ange- troffen wird. Und wirklich glaube ich dass Dactyletra uns den Schlüssel giebt, um das Becken der ungeschwänzten Amphibien richtig zu verstehen, indem das Becken von Dactyletra so zu sagen eine Uebergangsform darstellt zwischen dem Becken der Batrachier und dem der Urodelen. Das Becken von Dactyletra zeigt nämlich drei diserete Knochen- stücke und zwar eins in dem dorsalen und zwei in dem ventralen Abschnitt. Das Knochenstück des dorsalen Abschnittes repraesentirt natürlich das Ilium. Von den beiden Knochenstücken des ventralen 160 Abschnittes ist das nach hinten gekehrte das grösste, es bildet den hinteren unteren Umfang des Acetabulums, ist also das Ischium. Die übrige Partie des ventralen Abschnittes ist viel kleiner und bildet ein theilweise noch knorpeliges, theilweise verknöchertes Stück. Die verknöcherte Partie nimmt den vorderen unteren Um- fang des Acetabulums ein, in ihrer Lage stimmt sie vollkommen mit dem Processus pubicus des Darmbeins bei den anderen Batra- chiern überein. Lateralwärts streckt sie sich bis zum Ilium aus, von welchem sie noch durch eine deutliche Naht getrennt ist. Me- dianwärts geht sie in eine noch vollständig knorpelige Partie über, welche der der anderen Seite in der Mittellinie begegnet und zwar unter einem Winkel von ungefähr 45°. Nach hinten geht sie eben- falls noch in einen vollständig knorpeligen Theil über, durch welchen sie jederseits von dem Ischium getrennt wird. Leider stand mir nur ein noch sehr junges Exemplar von Dactyletra zu Gebote, ob bei ganz ausgewachsenen Thieren, das in dem vorderen Theil des ventralen Beckenabschnittes auftretende zweite Knochenstück, welches dem Processus pubicus bei den anderen Batrachiern entspricht, mit dem Ilium vollständig verwächst, oder bei Dactyletra zeitlebens durch eine Naht von dem Ilium getrennt bleibt, kann ich nicht angeben. Von dem vorderen Rande der jederseits einander in der Mittellinie begegnenden noch vollständig knorpeligen Partie des vorderen ven- tralen Beckenabschnittes geht ein dünner, platter, knorpeliger Fortsatz aus, welcher dem stabförmigen Fortsatz der Urodelen entspricht und also ein Epipubis repraesentirt. Wir sehen also dass bei Dactyletra das Becken eine höhere Entwickelungsstufe repraesentirt, indem hier bei jungen Thieren zuerst in dem vorderen Theil des ventralen Beckenabschnittes, welcher dem Pubis homolog ist, eine eigene Verknöcherung auftritt. Diese Verknöcherung bleibt aber auch hier wahrscheinlich nicht als ein eigenes Knochenstück fortbestehen, sondern geht eine innige Verbindung ein, mit dem Ilium und bildet dessen Processus pubieus. Wir thun also besser das Ilium der Batrachier als ein Ileo-pubis zu bezeichnen. Und dass wirklich der vordere Theil des ventralen Beckenabschnittes bei Dactyletra einem Pubis entspricht, geht so wohl aus seiner Lage in 161 Beziehung zur Gelenkpfanne, als aus dem Vorkommen eines Epi- pubis auf einem vorderen Rande hervor. Ob auch bei jungen Thieren anderer Gattungen von ungeschwänzten Amphibien der Processus pubicus des Darmbeins als eine eigene Verknöcherung auftritt, dürfte noch näher untersucht werden, mir fehlte leider das Material, am ehesten dürfte es zu erwarten sein bei den Gattungen, welche in dem Verhältniss ihrer Nerven den Salamandrinen noch am nächsten stehen, weniger bei denjenigen welche sich in dieser Hinsicht mehr und mehr von den Salamandrinen entfernt haben ‚und bei welchen nicht der erste Praesacralnerv, wie bei Salamandra , sondern der zweite Praesacralnerv den Cruralis-Obturatorius-Stamm bildet. Bei einjährigen Fröschen, wo das Ilium schon vollständig verknöchert ist, ist von einer eigenen Verknöcherung des Processus pubicus ossis ilii nichts mehr zu sehen, jüngere Thiere fehlten mir leider. Es dürfte also näher untersucht werden, ob hier auch wirklich der Processus pubicus bei jungen Thieren ein eigenes Knochenstück bildet und später sich innig mit dem Ilium verbindet, oder ob durch Vererbung der Processus pubicus ossis ilii als eigenes Knochenstück sich verloren hat, um unmittelbar als ein Fortsatz des Iliums aufzutreten. In dem Stamm der Batrachier (Dactyletra) zeigt also die Becken- form eine höhere Entwickelungsstufe, wie bei den Urodelen, indem hier in dem vorderen Theil des ventralen Beckenabschnittes, welcher das Pubis repraesentirt, eine selbstständige Verknöcherung auftritt, welche bei den Urodelen noch fehlt. Diese Verknöcherung bleibt indessen nicht als ein eigenes Knochenstück fortbestehen , sondern verbindet sich mit dem Ilium zu einem lleo-pubis, und stellt den als Processus pubicus bezeichneten Knochenfortsatz des Iliums dar. Dies eigenthümliche Verhältniss des Ileo-pubis der Batrachier lässt sich aus dem merkwürdigen Zustand der Becken- nerven erklären, indem wir das Nervensystem als das am meisten conservative annehmen müssen. Durch die Incisura ileo-pubica, also durch die Ineisura, welche zwischen dem Processus pubicus, welcher dem Pubis entspricht, und dem Flügel des Darmbeins sich befindet, tritt ein Nervenstamm aus der Beckenhöhle, welcher in 1 162 sich die Bahnen des Cruralis und Obturatorius enthält, und nachdem er aus der Beckenhöhle getreten ist, sich erst in den Obturatorius und Cruralis theilt. Demzufolge sehen wir auch, dass die beiden Knochenstücke Iium und Pubis (processus pubicus ossis ilii), zwischen welchen der Obturatorius-Oruralis-Stamm aus der Becken- höhle tritt, und welche sonst, wenn der Obturatorius und der Cruralis jeder als ein eigener Stamm aus der Beckenhöhle treten, jedes in einer eigenen Beziehung zu diesen Nerven stehen, eben so wie der Cruralis und Obturatorius zu einem gemeinschaftlichen Stamm , hier zu einem gemeinschaftlichen Knochen, dem Ileo-pubis sich vereinigt haben. Erst bei der Mehrzahl der Reptilien, wo, wie wir gleich sehen werden, der Obturatorius und der Cruralis jeder für sich wie- der als ein eigener Stamm die Beckenhöhle verlassen, entwickelen sich die beiden Knochen, Ilium und Pubis, nebst dem Ischium als drei discrete Knochenstücke. Das nach hinten gekehrte Knochenstück des ventralen Becken- abschnittes der Batrachier repraesentirt also das Ischium, welches immer durch eine mehr oder weniger grosse knorpelige Partie von dem Ileo-pubis getrennt ist. Bei alten Thieren ist diese knorpelige Partie gewöhnlich in Kalkknorpel umgewandelt. Sehr klein ist dies Knorpelstück bei Hyla, grösser dagegen bei Bufo und Rana. Ob dies Knorpelstück als eine nicht verknöcherte Partie des Ischium oder des Pubis (processus pubicus ossis ilii) zu betrachten ist, weiss ich nicht. Mit Ausnahme von Dactyletra kommt sonst bei keinem Reprae- sentanten der Batrachier ein Epipubis vor. Dagegen entspringt bei Rana, Bufo und wahrscheinlich wohl bei mehreren, wenn nicht allen Gattungen der Batrachier, von der Spitze des Vorsprunges welche die Processus pubiei ossis ilii — dort wo sie in der Mittel- linie einander begegnen — zusammen bilden, eine platte, dünne, ziem- lich starke Sehne, welehe der Längsaxe des Körpers parallel ver- läuft und in die Bauchmuskeln sich fortsetzt. Diese Sehne können wir als ein dem knorpeligen Epipubis der Urodelen homologes Ge- bilde betrachten. Wie wir bei den Urodelen gesehen haben, ist bei fast allen 165 Repraesentanten dieser Abtheilung das Ilium nicht unmittelbar mit dem Querfortsatz des Sacrums verbunden, sondern mittels einer Rippe an dem Sacrum aufgehängt. Wie in dieser Be- ziehung sich die Batrachier verhalten, lässt sich sehr schwierig mit Bestimmtheit nachweisen. Bekanntlich fehlen bei den Batra- chiern die eigentlichen Rippen und trifft man hier nur fest mit den Wirbelkörpern verbundene Fortsätze an, welche von den Einen als Processus transversi, von den Anderen und wahrscheinlich mit mehr Recht als vereinigte Elemente von Querfortsätzen und Rippen (Pro- cessus transverso-costales) gedeutet worden sind. Letztere Auffas- sung wird nach den schönen Untersuchungen von FÜRBRINGER !) durch die Ursprungsverhältnisse des Serratus magnus und Latissimus dorsi unterstützt. An dem distalen Ende des Querfortsatzes des Kreuzbeinwirbels befindet sich ein kleines Knorpelstückchen,, welches zum Theil ebenfalls zur Verbindung mit dem distalen Ende des Tliums dient. Auf einem Querschnitt durch die Articulatio ileo- sacralis sehen wir nämlich, dass das Ilium zum grössten Theil, dem Sacralfortsatz sich anlegt, an seinem lateralen Umfang jedoch an das Knorpelstückchen grenzt. Es fragt sich jetzt, welche Bedeu- tung kommt diesem Knorpelstückehen zu. Am ehesten glaube ich , dass man dies Knorpelstückchen als ein Rippenrudiment, als das Sacral- rippenrudiment ansehen darf, welches nicht, wie bei den anderen Wirbeln, mit dem Querfortsatz zu einem einzigen Stück, zu einem Processus transverso-costalis, verschmolzen, sondern hier am Sacral- wirbel als ein selbstständiges Knorpelstückchen bewahrt geblieben ist. Im Allgemeinen finden wir ja, dass der Sacralwirbel eine grössere Neigung hat, den ursprünglichen Zustand länger zu bewahren als die anderen Wirbel, mit anderen Worten, wir sehen dass an dem Sacralwirbel eine Rippe noch nachgeweisen worden kann, wenn sie bei den vorhergehenden Wirbeln schon nicht mehr angetroffen wird oder dass die Rippe am Sacralwirbel viel kräftiger entwickelt ist als die an den, dem Saerum vorhergehenden Wirbeln. So z. B. — 1) Mıx FüRBRINGER. Zur vergleichenden Anatomie der Schultermuskeln. Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft, Bd. VII. 1873. p. 237, 164 hat FRENKEL ') nachgewiesen, dass, obgleich bei den Säugethieren an den Lendenwirbeln nichts den Rippen vergleichbares angetroffen wird, bei allen immer an dem ersten häufig auch an dem zweiten und dritten Sacralwirbel, ventrale Seitenstücke vorhanden sind durch welche die Verbindung mit dem Darmbeine Statt findet, welche ventralen Seitenstücke nur, wie GEGENBAUR nachgewiesen hat, als Homologa der Rippen zu deuten sind. Ein ähnliches Ver- hältniss hat GEGENBAUR ?) schon früher für die Crocodile angege- ben, wo ebenfalls (Alligator) in der Lendenregion die Rippen fehlen, an den Sacralwirbeln dagegen wieder Rippen angetroffen werden, indem die an den Sacralwirbeln vorkommenden Fortsätze keinen Processus transversi wie man früher glaubte, sondern Rippen ent- sprechen. Auch bei den Vögeln kommen wie GEGENBAUR gezeigt hat, an den beiden primären Sacralwirbeln Rippenrudimente vor. Ueber die Rippenrudimente bei den Schildkröten wird bei dieser Abtheilung näher gehandelt werden. Bei den meisten Urodelen ist nicht allein das Ilium immer durch eine Rippe mit dem Querfortsatz des Sacrums verbunden, sondern diese Sacralrippe zeichnet sich auch durch ihre kräftige Entwickelung aus. Wenn wir also sehen, dass bei fast allen Wirbelthieren das Ilium niemals unmittelbar, sondern immer durch Vermittlung einer Rippe mit dem Sacrum verbunden ist, so liegt, wie ich glaube, die Vermuthung vor der Hand, in dem Knorpelstückchen, welches in der Artieulatio sacro-iliaca der Anuren angetroffen wird und welches auch zum Theil zur Befestigung des Iliums an das Sacrum dient, ein Rippenrudiment zu sehen, welches an dem Sacrum als ein selbstständiges Stück sich bewahrt, während es an den anderen Wirbeln sich verloren hat. Und das auch wirklich die Anuren einmal Rippen bessessen haben müssen, dafür giebt das Vorhan- densein eines Sternums bei dieser Atheilung der Amphibien wohl den besten Beweis. 1) P. Fresker. Beiträge zur anatomischen Kenntniss des Kreuzbeines der Säugethiere. Jenaische Zeitschrift, Bd. VII. 1873. p. 391. 2) GEGENBAUR. Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Vögel. Jenaische Zeitschrift, Bd. VI. 1871. p. 157. 165 Fassen wir also die Resultate kurz zusammen, so finden wir für die Batrachier folgendes: 4) Beı allen Batrachiern sind der Nervus obturatorius und Gru- ralis zu einem gemeinschaftlichen Stamm, dem Obturatorius-Cru- ralis-Stamm verbunden, welcher erst, nachdem er die Becken- höhle verlassen hat, sich in zwei Aeste theilt, welche dem Obtu- ratorius, respective Cruralis homolog sind. 2) Bei den niedrigen Anuren (Daciyletra, Bombinator) sehen wir, dass bei der Bildung des Nervus ischiadicus die postsacrale Wurzel vorwiegt, bei den höheren (Rana, Hyla) sind die post- sacrale und die praesacrale Wurzel gleich stark. Bei allen be- theiligt sich auch noch eine caudale Wurzel an der Zusammen- setzung des Ischiadicus. 3) Die Anuren zeigen eine höhere Entwickelungs-Stufe in der Beckenbildung als die Urodelen , indem bei ihnen zum ersten Mal die Ossa pubis als eigene Knochenstücke sich anlegen (Dactyletra). Diese Knochenstücke bleiben aber nicht selbstständig fortbestehen , sondern verbinden sich mit dem Darmbeine zu den Ossa ileo-pubica und repraesentiren bei ausgewachsenen Thieren nur den processus pubicus des Darmbeins. l 4) Die Verbindung des Iiums und Pubis zu einem gemein- schaftlichen Knochen, dem Ileo-pubis, muss als eine secundäre, dem eigenthümlichen Verhältniss der Beckennerven (Öbturatorius und Cruralis) untergeordnete Erscheinung aufgefasst werden , indem der Obturatorius und Cruralis, welche sonst jeder in einer eigenen Beziehung zu dem Pubis und Ilium stehen, hier zu einem ge- meinschaftlichen Stamm — dem Obturatorius-Gruralis-Stamm — verschmolzen sind. 5) Nur bei Dactyletra kommt ein knorpeliges Epipubis vor, bei den anderen bildet ein straffer Sehnenbündel das Epipubis. 166 REPTILIEN. — Schildkröten. Bei den Schildkröten betheiligen sich bekanntlich drei Knochen- stücke an der Zusammenstellung des Beckens, von welchen das eine, das Ilium, dorsalwärts, die beiden anderen, das Ischium und das Pubis ventralwärts gekehrt sind. Die drei Knochenstücke stossen an der Gelenkpfanne an einander, indem das Ilium den dorsalen, das Ischium den hinteren ventralen, das Pubis den vorderen ven- tralen Theil des Acetabulums bildet. Zwischen Ischium und Pubis bleibt jederseits eine grosse Oeffnung übrig, durch welche der Nervus obturatorius aus der Beckenhöhle tritt. Eine Membrana obturatoria schliesst gewöhnlich das grosse Foramen obturatorium. Obgleich das Becken bei den Cheloniern im allgemeinen eine sehr grosse Uebereinstimmung im Bau zeigt, kommen bei den einzelnen Unterabtheilungen doch noch einige kleine Modificationen vor. Bei den Seeschildkröten sind die beiden Foramina obturatoria von einander durch einen dünnen, schmalen Knorpelfortsatz getrennt, welcher von dem vorderen Rand der Sitzbeinsymphyse entspringt und sich an den hinteren Rand der Schambeinsymphyse inserirt. ÄAehnlich wie die Seeschildkröten verhalten sich auch die Trionycidae , nur mit dem Unterschiede dass der die beiden Foramina obturatoria von einander trennende Knorpelfortsatz, hier durch ein Ligament ver- treten wird. (Vergl. Fig. 1 und 4 auf Taf. XD). Bei den Trionycidae und bei den Seeschildkröten ist das Pubis der grösste der drei Beckenknochen. Der vordere Rand des Pubis zeigt an dem medialen und lateralen Ende jederseits einen grossen platten Fortsatz, welche beiden durch einen ziemlich tiefen Einschnitt von einander geschieden werden. Zwischen den beiden medialen Fort- sätzen schiebt sich ein keilförmiges Knorpelstück, das nach hinten spitz zuläuft, nach vorn in einen breiteren Theil sich fortsetzt und das Epipubis repraesentirt, das hier ebenfalls noch ein unpaares Stück bildet. Während also bei den Trionycidae und Seeschildkröten die Fora- mina obturatoria an den einander zugekehrten Seiten nicht von 167 knöchernen Theilen umgeben werden, sind sie dagegen bei Land- und Süsswasser-Schildkröten ringsherum von knöchernen Theilen be- grenzt, indem mediale knöcherne vordere Fortsätze der beiden Sitzbeine unmittelbar an hinterwärts gerichtete, ebenfalls mediale knöcherne Fortsätze der Schambeine stossen. Hier werden also auch beiderseits die Foramina obturatoria medianwärts von Knochen umgeben. Bei den Süsswasser-Schildkröten (Emys) werden die beiden Fort- sätze noch durch dünne, schmale Knorpelstreifen von einander ge- trennt. Diese Knorpelstreifen sind Querfortsätze eines medialen Knor- pelstückes, welches die Symphysis ossium pubis und ischii bildet. Nach vorn verbreitert sich dies Knorpelstüick um, wie bei den Seeschildkröten, ein Epipubis zu bilden; nach hinten nimmt es sehr in Umfang zu und ragt an der unteren Fläche zwischen den beiden Sitzbeinen eine Strecke weit als ein keilförmiges Stück frei hervor. Bei den Landschildkröten ist dagegen dies keilformige Stück ver- knöchert, ‚auch das mediale Knorpelstück ist verschwunden , die Ossa pubica und ischia, so wie die von beiden Knochen abgehenden medialen Förtsätze sind durch eine Naht unmittelbar mit einander verbunden. Zwischen den beiden am vorderen Rande des Pubis gelegenen medialen Fortsätzen, welche hier ebenfalls noch ihre platte Form behalten haben, bleibt noch ein kleines, Fig. 5. dreieckiges Knorpelstückchen als Epipubis fort- bestehen. (Vergl. Fig. 2, Taf. XJ). So wohl bei den Süsswasser- wie bei den Land- Schildkröten wird der mediale Fortsatz am vor- deren Schambeinsrande durch einen tiefen Aus- schnitt von dem lateralen getrennt, welcher bei beiden ebengenannten Unterabtheilungen weit nach vorn hervorragt und einen langen, dicken Fortsatz bildet. Die Beckennerven verhalten sich bei den Schild- kröten (Trionyx stellatus) folgenderweise: Der dritte Praesaeralnerv (Vergl. Holzschnitt Fig. 5) theilt sich in drei fast gleich starke Aeste, die beiden oberen innerviren mehr die in 168 der Beckenhöhle gelegenen Muskeln, gehen uns also hier nicht weiter an, der dritte vereinigt sich mit einem Zweig des zweiten Praesacralnervs, tritt zwischen Ischium und Pubis aus der Becken- höhle, innervirt die Adductoren und repraesentirt also den Nervus obturatorius. Der zweite Praesacralnerv theilt sich ebenfalls in drei Aeste, der obere schlägt sich über das Ilium, innervirt die Extensoren, bildet also den Cruralis; der zweite, der dünnste Ast, vereinigt sich mit dem eben erwähnten Zweig des dritten Prae- sacralnervs zum Obturatorius; der dritte, der dickste Ast, endlich, verbindet sich mit dem starken ersten Praesacralnerv, welcher mit dem noch etwas stärkeren Sacralnerven den Ischiadieus bildet, welcher auch noch einen dünnen Ast des ersten Postsacralnervs aufnimmt. Der Cruralis wird hier also nur von dem zweiten, der Obturatorius theilweise aus dem zweiten und dritten Praesacralnerven gebildet, während der Ischiadieus aus vier Wurzeln zusammengesetzt wird, zwei praesacralen, einer sacralen und einer postsacralen , von welchen die sacrale die stärkste ist. Wir sehen also ein Vorwiegen des eigentlichen Sacralnervs und damit ein Verhalten, welches in so fern als ein niederes bezeichnet werden kann, als das gleiche bei den Amphibien sich wiederfindet, nähmlich unter den Urodelen bei den Salamandrinen und unter den Batrachiern bei den Formen, welche in dem Verhältniss ihrer Beckennerven noch den Salamandrinen am nächsten stehen, mit anderen Worten bei denjenigen , bei welchen der Ischiadieus wie bei den Salamandrinen aus drei Wurzeln ge- bildet wird (Dactyletra, Bombinator), indem auch bei diesen der postsacrale Nerv die stärkste Wurzel des Ischiadicus bildet. Und wenn wir den einzigen Sacralwirbel der Amphibien dem ersten Wirbel des zweiwirbeligen Sacrums für homolog halten, was kaum zu bezweifeln, wie schon von GEGENBAUR !) hervorgehoben ist, so ist auch jene stärkste Ischiadieus-Wurzel der Amphibien (die post- sacrale) dem Sacralnerv der Schildkröten homolog. Ungefähr ähnlich wie bei Trionyx verhalten sich auch die Beckennerven von 1) C. GesengaurR. Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Vögel. Jenaische Zeitschrift, Bd. VI. 1871. pag. 157. 169 Chelonia, wo wir ebenfalls einem Vorwiegen des eigentlichen Saeralnervs begegnen. Dagegen giebt Bosanus !) an, dass bei Testudo der eigentliche sacrale Nerv einen schwächeren Ast bildet als der praesacrale. Hier finden wir also ein Zurückschreiten des eigentlichen Saeral- nervs und in dieser Beziehung repraesentirt Testudo eine höhere Entwickelungsform, indem auch bei den meisten Sauriern wie wir gleich sehen werden, der sacrale Nerv sich sehr rückgebildet hat, ein Verhältniss was schon bei den höheren Amphibien sich auszu- bilden anfängt, indem schon hier die postsacrale Wurzel des Ischi- adicus, welche der sacralen der Schildkröten homolog , nicht stärker , sondern ungefähr gleich stark wie die praesacrale Wurzel entwickelt ist. Wenn wir also beider Vergleichung von den Amphibien ausgehen, — namentlich von den höchsten Formen unter den Urodelen, den Salamandrinen (die Batrachier mit dem eigenthümlichen Verhältniss ihrer Nerven und ihrer Beckenknochen sind von der Vergleichung ausgeschlossen) —, so finden wir bei T’rionyx und Chelonia ein niedri- geres Verhältniss als bei Testudo, was auch in der ganzen Becken- form, wie wir gesehen haben, und auch in einem gleich noch näher zu erörterenden Punkt — dem langen getrennt bleiben der Sacral- rippen und der Processus transversi der Sacralwirbel — durchstrahlt. Ueber die Deutung der Beckenknochen bei den Schildkröten kann wohl kein Zweifel bestehen, wie wir denn auch bei allen Autoren wie CUVIER ?), Stannıus ?), BoJAanUs ‘), MECKEL °), GEGENBAUR ®), HarTınG ?), Owen 8), RATHKE ®) und Anderen, den mit den Sacralwirbeln verbundenen dorsalen Abschnitt als Ilium, das den 1) L. H. Bosaxus. Anatome testudinis europ. 1819. 2) Cuvier. Ossemens fossiles. Lecons d’anat. comp. 2 Ed. 3) STAnnıus. L. c. 4) Bosanus. L. c. 5) MEckEL. L. c. 6) GEGENBAUR. Grundzüge der vergleichenden Anatomie. 7) Harrıns. Leerboek van de grondbeginselen der Dierkunde. 2e Deel. 2e Afd. Morphologie. 1867. 8) Owen. L. c. 9) Ratuke. Ueber die Entwickelung der Schildkröten, 170 dorsalen Theil des Acetabulums bildet, und die zwei Stücke des ventralen Abschnittes als „Pubis” und „Ischium’’ bezeichnet finden. Von den beiden ventralen Stücken bildet dann das vordere, welches den vorderen Theil des Acetabulums darstellt und vor dem Nervus obturatorius liegt, das Pubis, das hintere, welches den ven- tralen hinteren Theil der Gelenkpfanne bildet und hinter dem Nervus obturatorius liegt, das Ischium. Während also über die Deutung der Beckenknochen bei den Schildkröten wohl kein Zweifel bestehen kann, hat GoRSKI !) versucht, dieselbe irrthümliche Deu- tung der Beckenknochen, welche er für die Saurier vorgeschlagen hat, und auf welche wir bei dieser Abtheilung der Reptilien gleich näher zurückkommen werden, auch auf die Schildkröten über- zubringen, ohne auch nur einen einzigen Beweis zu Gunsten seiner aufgestellten Nomenclatur herbei zu bringen. Wir müssen jetzt noch einen Augenblick bei der Verbindung des Iliums mit den beiden Sacralwirbeln stillstehen. Allgemein nimmt man an, dass bei den Schildkröten, sowohl am Halse als am Rumpfe selbst Rippenrudimente zu fehlen scheinen, indem man nähmlich die in den Rückenschild eingegangenen Knochenstücke als Querfortsätze betrachtet. GEGENBAUR *) indessen glaubt, dass jene Auffassung vorzuziehen sein dürfte, welche, wie bei den unge- schwänzten Amphibien, einen indifferenten Zustand annimmt, nähm- lich Rippe und Querfortsatz nicht von einander gesondert und durch ein Stück repraesentirt. Dass die Vermuthung von GEGENBAUR vollkommen richtig, dass Rippe und Querfortsatz bei den Schild- kröten ein einziges Stück bilden, hoffe ich in einer späteren Arbeit ausführlicher zu beweisen, hier lasse ich es nur bei der Mit- theilung bewenden, dass das, was man gewohnt ist als Querfort- satz zu betrachten, nichts anderes als eine Rippe ist, welche den Querfortsatz, der bei den Schildkröten nur sehr klein ist, ringsherum vollständig umknöchert hat. Das an den Wirbelkörpern articulirende Ende der Rippe bildet, so zu sagen einen kleinen 1) Gorskı. Einige Bemerkungen über die Beckenknochen der beschuppten Amphibien. Archiv. f. Anat. und Phys. 1858. p. 382. 2) GEGENBAUR. L. c. 171 hohlen Kegel, der in seinem Innern den Querfortsatz aufnimmt: der Mantel des Kegels bildet die Rippe, der Kern den Querfortsatz. Wie schon bei den Amphibien hervorgehoben, besitzen die Sacralwirbel eine Neigung, ihre Rippe am längsten zu bewahren. Gilt derselbe Satz für die Schildkröten , so müssen diejenigen, welche in dem Verhältniss ihrer Nerven noch die meiste Aehnlichkeit mit den Urodelen besitzen, um so eher ein ähnliches Verhältniss zeigen, als auch bei den, ihnen am meisten verwandten Urodelen eine Sacralrippe fast immer nicht allein deutlich bewahrt, sondern selbst kräftig entwickelt vorkommt. Bei jungen Exemplaren von Trionyx, wo das ganze Skelett schon vollständig verknöchert, waren an den beiden Sacralwirbeln die Querfortsätze und die Sacralrippen noch sehr deutlich als zwei dis- erete Knochenstücke zu unterscheiden. Hier also sind die Quer- fortsätze der Sacralwirbel noch nicht von den Rippenenden um- wachsen, sondern bilden noch deutlich zwei discrete Knochenstücke, während sonst bei allen anderen Wirbeln von einem gesondert Bleiben des Querfortsatzes und der Rippe keine Spur mehr su sehen war. Aber auch bei gut ausgewachsenen Exemplaren von Trionyx sind die Sacralrippen noch von den Querfortsätzen getrennt, welche hier noch durch eine deutliche Naht von den Wirbelkörpern abge- setzt erscheinen. (Sieh Fig. 4, Taf. XI). Wir sehen also dass bei Trionyx an den Sacralwirbeln die Quer- fortsätze und die Rippen sich als zwei discrete Knochenstücke be- wahren, welche auch noch bei ganz ausgewachsenen Thieren sehr gut als zwei eigene Knochenstücke sich nachweisen lassen, während sonst an den andern Wirbeln Rippen und Querfortsätze vollständig mit einander verschmolzen sind, indem erstgenannte die letzteren umknöchert haben. An den Sacralwirbeln sind also die ursprüng- lichen Zustände, das Auftreten von Querfortsätzen und Rippen als zwei discrete Knochenstücke noch am längsten bewahrt, welche an den anderen Wirbeln sich schon verloren haben. Und nicht allein in den den Urodelen am nächsten stehenden Verhältnissen der Nerven und dem deutlichen Bewahrtbleiben von Sacralrippen strahlt die niedrigste Entwickelungsstufe der Trionycidae 172 durch, sondern dasselbe folgt auch aus folgenden Umständen. Bei jungen Thieren ist eigentlich das Ilium nur mit der Sacralrippe des ersten Sacralwirbels verbunden, die zweite Sacralrippe erreicht das Ilium nicht, sondern sendet einen knorpeligen Fortsatz aus, welcher das Ilium erreicht und so die zweite Sacralrippe mit dem Ilium verbindet, bei gut ausgewachsenen Thieren ist dieser Knorpelfort- satz ebenfalls verknöchert und hier also das Ilium deutlich mit den beiden Sacralrippen verbunden. Wir finden also auch hier bei den jungen Thieren Zustände, welche noch am meisten an die Urodelen erinnern , bei welchen bekanntlich wie bei allen Amphibien nur ein Sacralwirbel vorhanden ist. In allem strahlt also die den Salaman- drinen am nächsten stehende phylogenetische Verwandtschaft der Trionycidae durch. Bei den Land- und Süsswasserschildkröten bei welchen die Becken- form durch die ringsherum von knöchernen Theilen umgebenen Foramina obturatoria und durch das Verhältniss der Nerven auf eine höhere Entwickelungsstufe hinweist, ist auch das ursprüng- liche Getrenntbleiben von Querfortsatz und Rippe an den Becken- wirbeln verloren gegangen. Rippen und Querfortsätze der Sacral- wirbel sind hier vollkommen mit einander verwachsen, die Sacral- rippen haben vollständig die Querfortsätze der Sacralwirbel um- knöchert und zeigen vollständig dieselben Verhältnisse als alle anderen Rippen und Querfortsätze der übrigen Wirbel. Wie in dieser Beziehung die Seeschildkröten sich verhalten, dürfte noch näher untersucht werden, schon bei jungen Thieren war von einem ge- sondert Bleiben der Rippen und Querfortsätze an den Sacralwirbeln nichts mehr zu sehen. Hasse und ScHwARK !) haben es dahingestellt gelassen ob bei den Schildkröten an den beiden Kreuzwirbeln die äusseren Abtheilungen der Seitenfortsätze als Rippen und die inneren als Processus late- rales, oder ob das Ganze als Seitenfortsatz anzusehen ist. Mit 1) ©. Hasse und W. ScHwARK. Studien zur vergleichenden Anatomie der Wir- belsäule insbesonders des Menschen und der Säugethiere. In den von C, Hasse herausgegebenen anatomischen Studien. Heft I. 1868. 173 vollem Recht führen sie an, dass in den ersteren Fällen eine Aehn- lichkeit mit den Verhältnissen bei einigen Perennibranchiaten sich finden würde, bei welchen (Salamandra, Siredon) auch von ihnen die Sacralrippe als Träger des Iliums nachgewiesen ist. Bei allen Schildkröten entsprechen die äusseren Abtheilungen der gewöhnlich als Seitenfortsätze betrachteten Spangen, Rippen; die inneren Abthei- lungen, welche unmittelbar an den Wirbeln articuliren , mit einander verwachsenen Rippen und Querfortsätzen, in der Art, dass der äussere knöcherne Mantel die Rippe, der innere knöcherne Kern den Querfortsatz repraesentirt. Nur bei den Trionycidae bleiben Sacralrippen und Querfortsätze gesondert fortbestehen, die Rippen erreichen die Wirbelkörper nicht, sondern verbinden sich zeitlebens durch eine Naht mit den kleinen Querfortsätzen der Sacralwirbel, welche ebenfalls immer noch deutlich durch eine Naht mit den Wirbeln verbunden sind. Fassen wir also die Resultate kurz zusammen, so finden wir für die Chelonii: 1) dass das Becken aus drei discreten Knochenstücken besteht , Ilium, Ischum und Pubis, welche an der Gelenkpfanne zusam- menstossen. 2) dass der Nervus obturatorius zwischen Ischium und Pubis durch das Foramen obturatorium aus der Beckenhöhle tritt. 3) dass die beiden Foramina obturatoria bei den Schildkröten (Trionycidae, Chelonii) welche durch ihr Verhältniss der Becken- nerven noch am meisten an die Urodelen (Salamandrinen) erin- neren, besonders durch das Vorwiegen des eigentlichen Sacralnervs bei der Zusammensetzung des Ischiadicus, nur durch einen Knorpel- fortsatz oder durch ein Ligament von einander geschieden sind, während bei denen (Land- und Süsswasserschildkröten) welche durch das Zurückschreiten des eigentlichen sacralen Nervs auf eine höhere Entwickelungsstufe hinweisen, die beide Foramina obtu- ratorıa durch knöcherne Theile von einander getrennt sind. 4) dass bei den niedrigst entwickelten Formen (Trionycidae) Sacralrippen und (uerfortsätze als discrete Knochenstücke fortbe- 174 stehen bleiben, während bei den höher entwickelten (Land- und Süsswasserschildkröten) (Querfortsatz und Sacralrippe, wie bei allen anderen Wirbeln zu einem einzigen Knochenstück verschmel- zen, indem die Sacralrippe auch hier den (uerfortsatz vollständig umknöchert und so unmittelbar dem Wirbelkörper sich anlegt. 5) dass der Obturatorius und Cruralis zum grössten Theil zusam- men noch aus einem einzigen Stamm (dem zweiten praesacralen Nerven) kommen, welcher aber bereits innerhalb der Beckenhöhle sich in die beiden betreffenden Aeste theilt, obgleich doch schon ein Zweig des dritten praesacralen Nervs an der Zusammen- setzung des Nervus obturatorius sıch betheiligt. Eidechsen. Bei allen Eidechsen, deren hintere Extremitäten gut entwickelt sind — und nur diese habe ich untersucht —, begegnen wir den drei Beckenknochen wieder. Alle drei stossen auch hier in der Gelenk- pfanne zusammen und betheiligen sich in ähnlicher Weise wie die der Schildkröten an der Bildung des Acetabulums. Während aber bei den Schildkröten der Nervus obturatorius zwischen Pubis und Ischium aus der Beckenhöhle zum Vorschein tritt und demzufolge auch der Raum zwischen Pubis und Ischium als ein wirkliches „Foramen obturatorium’” bezeicknet werden kann, sehen wir, dass bei den Eidechsen, der Obturatorius niemals zwischen Pubis und Ischium aus der Beckenhöhle tritt, sondern immer durch ein eigenes Loch in dem Pubis nach den Adductoren sich begibt. Wir dürfen also den zwischen Pubis und Ischium jederseits sich befindenden Raum durchaus nicht als „Foramen obturatorium” bezeichnen, son- dern müssen diesen als „Foramen cordiforme” scharf van den immer im Pubis vorhandenen „Foramen obturatorium’” trennen. Was allererst das Verhältniss der Nerven angeht, so kann ich hierüber folgendes mittheilen. Bei Chamaeleon theilt sich der zweite praesacrale Nerv (Vergl. Holzschnitt Fig. 6) in zwei Aeste, der obere, der bedeutend dicker ist, nimmt den grössten Theil des dritten Praesacralnervs auf, um 175 sich dann wieder in zwei Aeste zu theilen; der eine perforirt das Pubis, innervirt die Adduetoren und bildet also den Öbturatorius, der andere schlägt sich über das Ilium und wird Cruralis. Der andere untere Zweig des zweiten pıaesacralen Nervs ist viel dünner und verbindet sich mit dem ersten Praesacralnerven, welcher der Fig. 6. Fig. 7. dickste Stamm der Beckennerven ist. Dieser bildet mit dem viel dünneren sacralen Nerven, den Nervus ischiadicus, welcher aber vor- her noch mit einem dünnen Zweiglein des postsacralen Nervs anastomosirt. Bei Monitor bivittatus theilt der zweite praesacrale Nerv sich in drei Aeste (Fig. 7), der erste Stamm nimmt einen Fig. 8. Zweig des dritten praesacralen Nervs auf, durchbohrt das Pubis und bildet den Obturatorius (0); der zweite Stamm, der dickste , wird 176 zum Cruralis (c); der dritte endlich, der dünnste, begibt sich nach dem ersten praesacralen Nerv. Dieser ist hier ausserordentlich stark entwickelt und bildet mit dem ebenfalls starken sacralen Stamm, der vorher noch einen Ast des postsacralen Nervs auf- nimmt, zum Ischiadieus. Bei @ecko (Fig. 8) theilt sich der dritte Praesacralnerv in zwei fast gleich starke Aeste, der obere anasto- mosirt mit einem dünnen Zweig des vierten praesacralen Nervs, durchbohrt das Pubis, innervirt die Adductoren und bildet den ÖObturatorius; der zweite Stamm des dritten praesacralen Nervs, bildet nach Aufnahme eines dünnen Zweiges des zweiten prae- sacralen Nervs den Cruralis. Der zweite praesacrale Nerv theilt sich unmittelbar nach seinem Austritt aus der Wirbelsäule in zwei Aeste, von welchen der viel dünnere nach dem eben erwähnten Cruralis geht, während der andere viel dickere Stamm mit dem noch dickeren praesacralen Nerven den Ischiadius bildet, der auch noch den schwachen Sacralnerv aufnimmt. Bei Lacerta viridis durch- bohrt der dritte praesacrale Nerv (Fig. 9 Holzschnitt), nach Abgabe eines dünnen Astes an einen Zweig des zweiten, das Pubis und Fig. 10. Fig. 11. bildet also den Obturatorius (0); der zweite praesacrale Nerv theilt sich in zwei Aeste, der dünnere wird nach Aufnahme des eben- erwähnten Astes des dritten Praesacralnervs, Cruralis (c), während der andere viel dickere mit dem noch diekeren Praesacralnerv den Ischiadieus bildet (i{), an dessen Zusammenstellung auch noch ein 177 dünner Zweig des sacralen Nervs Theil nimmt. Bei Iguana tuber- culata (Vergl. Holzschnitt Fig. 10) durchbohrt der vierte praesacrale Nerv nach Aufnahme eines Astes des dritten das Os pubis und bildet also den Nervus obturatorius, der dritte praesacrale Nerv theilt sich in zwei Aeste, der eine dünnere verbindet sich mit dem vierten prae- sacralen Nerven zum Obturatorius, der andere diekere Stamm nimmt einen dünnen Zweig des zweiten praesacralen Nervs auf und bildet den Cruralis. Der andere sehr dicke Stamm des zweiten prae- sacralen Nervs verbindet sich mit dem ebenfalls mächtigen ersten praesacralen Nerven, zum Ischiadicus (i), der noch ein feines Aestchen des Sacralnervs — , welcher hier nur einen dünnen Stamm bildet — aufnimmt. Bei Urothrophus (Vergl. Holzschnitt Fig. 11) durchbohrt der dritte praesacrale Nerv — nach Abgabe eines dünnen Astes an einen Zweig des zweiten — das Pubis und bildet also den Nervus obturatorius (0). Der zweite praesacrale Nerv theilt sich in zwei Aeste, der obere dünnere vereinigt sich mit dem eben erwähnten feinen Aestchen des dritten praesacralen Nervs zum Üruralis (c), der untere dickere Stamm bildet mit dem ersten praesacralen Nerven, Fig. 12. Fig. 13. — Z ——— welcher den dicksten Stamm der Beckennerven bildet zum Ischiadieus (z), an dessen Zusammenstellung ebenfalls nach der dünne sacrale Nerv Theil nimmt. Bei Polychrus marmoratus (Vergl. Fig. 12 Holzschnitt) durchbohrt der dritte praesacrale Nerv — nach Aufnahme eines dünnen Zweiges des zweiten Praesacralnervss — das Os pubis, 12 178 innervirt die Adductoren und bildet also den Obturatorius (0). Der zweite praesacrale Nerv, theilt sich gleich nach seinem Austritt aus der Wirbelsäule in zwei gleich starke Aeste, der obere wird nach Abgabe eines dünnen Astes an den Obturatorius — zum Stamm des Cruralis (c), der andere verbindet sich mit dem ersten, sehr starken praesacralen Nerven zum Ischiadicus (i) nach Aufnahme des sehr dünnen sacralen Nervs. Bei einem Exemplar von Polychrus marmoratus zeigte sich eine eigenthümliche Modification, indem nicht der dritte, sondern der vierte praesacrale Nerv (Vergl. Fig. 13 Holzschnitt) den Obturatorius bildete und nicht der zweite praesacrale Nerv, sondern der dritte zum Cruralis ward. Der Ischiadieus wird hier von dem zweiten praesacralen, dem sehr dieken ersten prae- sacralen und dem dünnen sacralen Nerv gebildet. Wir sehen also dass bei allen Sauriern der Obturatorius durch eine eigene Oeffnung aus der Beckenhöhle tritt. Bei Monitor und Chamaeleon ist der sacrale Nerv noch stark entwickelt, während auch noch ein postsacralis an der Bildung des Ischiadieus theil- nimmt, während bei den anderen wie bei Gecko, Polychus, Urothropus , Iguana, Lacerta u. A., die sacrale Wurzel viel schwächer entwickelt , und die Betheiligung postsacraler Nerven am Plexus ischiadieus gänzlich aufgehoben ist, ein Verhalten auf welches GEGENBAUR |) und theilweise auch schon Huxrey ?) hingewiesen haben. Bei allen sehen wir ein Vorwiegen der ersten praesacralen Stammes und, je nachdem die postsacralen Wurzeln allmählig schwinden, auch eine geringere Entwickelung der sacralen Wurzel. Das Foramen obturatorium durch welches bei allen untersuchten Sauriern der Obturatorius-Stamm aus der Beckenhöhle tritt, kommt bei allen ziemlich constant an derselben Stelle im Pubis vor, nämlich in dem Theil des Pubis, welcher unmittelbar oberhalb der Gelenkpfanne liegt. Das Pubis hat ungefähr bei allen Urodelen dieselbe Gestalt und 1) C. GEGENBAUR. Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Vögel. Jenaische Zeitschrift. 2) Huxıey. Proceedings zool. Society. 1869. pag. 417. 179 springt ziemlich weit nach vorn in der Medianlinie hervor um dort mit dem der anderen Seite, die Symphysis ossium pubis zu bilden, nur bei Agama plica erreichen die Vorderenden der Ossa pubis einander in der Mittellinie nicht, sondern werden hier durch einen breiten platten Bindegewebestrang mit einander verbunden. Wie bei den Schildkröten, so nehmen auch bei den Sauriern die Ossa pubica den vorderen ventralen Umfang des Acetabulums ein, den hinteren ventralen Theil bilden die Ischia. Die Sitzbeine bil- den wie die Schambeine zwei platte, gewöhnlich etwas breitere Knochen, welche einander in der Mittellinie begegnen um dort die Symphysis ossium ischii zu bilden. Der jederseits zwischen Pubis und Ischium sich befindende Raum, das Foramen cordiforme, wird durch eine strafte Sehne, welche von der Symphysis ossium ischii entspringt und sich an dem hinteren Rand der Symphysis ossium pubis inserirt, von einander getrennt; nur bei Monitor ist der grösste Theil dieser Sehne verknöchert und werden also die Fora- mina cordiformia medianwärts durch Knochen begrenzt. Der dorsale Theil des Beckengürtels ist das Ilium. Es bildet einen langen, schmalen, dünnen Knochen, der eine fast horizontale i. e. mit der Wirbelsäule parallele, an den Sacralwirbeln abwärts geneigte Lage besitzt. Das nach hinten gekehrte Ende ist gewöhn- lich mehr oder weniger knorpelig, am stärksten bei C'hamaeleon , bei welchem das Ilium auch im Gegensatz zu den meisten anderen Sauriern mehr in die Breite entwickelt ist. Wie schon von GEGEN- BAUR !) hervorgehoben, gleicht das Ilium von Chamaeleon überaus einer Scapula, das nach hinten gerichtete Ende wird durch eine breite, verkalkte Knorpelplatte eingenommen, die als ein dem Suprascapulare honologes Gebilde angesehen werden kann. Am Acetabulum nimmt das Ilium bei allen Sauriern, wie bei den Schildkröten die obere, dorsale Partie ein. Cuvier ?2), MECKEL 3), Stannıus ®), Owen °), Harrıne ®), 1) ©. GEGENBAUR. Beiträge etc. Jenaische Zeitschrift Bd. VI. 2) CuvIer. L. c. 3) MeckeL. L. c. 4) Stannıus. L: c. 5) Owen. L. c. 6) Harrıne. L. c. 180 GEGENBAUR !) so wie die meisten anderen Autoren, stimmen in der Deutung der Beckenknochen vollkommen mit einander über- ein, indem von allen der dorsale Abschnitt des Beckengürtels, der mit dem beiden Sacralwirbeln sich verbindet, und den oberen Theil des Acetabulums einnimmt als „Ilium”; und von dem ven- tralen Abschnitt, der vordere Knochen, der den vorderen unte- ren Umfang des Acetabulums bildet, als „Pubis”, der hintere Knochen, der den hinteren unteren Umfang des Acetabulums bildet als „Ischium’” bezeichnet ist. Dieselbe Knochenstücke, wie bei den Schildkröten, kehren also auch an dem Beckengürtel der Saurier zurück, nur mit dem Unterschiede, dass bei den Schildkröten der Nervus obturatorius zwischen Pubis und Ischium die Beckenhöhle verlässt und somit auch der Raum zwischen Pubis und Ischium als ein wahres Foramen obturatorium anzusehen ist, während bei den Sauriern der Nervus obturatorius immer das Pubis selbst durch- bohrt, und also der Raum zwischen Pubis und Ischium nicht ein Foramen obturatorium bildet, sondern als Foramen cordiforme scharf von dem im Pubis sich befindenden Foramen obturatorium zu tren- nen ist. Dagegen hat Gorskı ?) versucht, das von allen Autoren als Pubis bezeichnete Knochenstück als „Os ileo-pectinea” und das Ischium als „Pubis” zu deuten. Ein wahres Ischium sollte demzufolge vollständig fehlen und durch ein Band ersetzt werden, welches er als „Ligamentum ischiadieum” beschreibt. In Folge dieser Deutung ist auch nach Gorskı der zwischen den Ossa pubis (Ossa ileo pec- tinea GORSKI) und den Ossa ischii (pubis GoRSKI) eingeschlossene,, oft durch einen knöchernen oder ligamentösen Fortsatz in zwei Hälf- ten getheilte Raum nicht als Foramen obturatorium, sondern als ein besonderes, von ihm als „Foramen cordiforme’”’ genanntes Loch, aufzufassen. Als das Foramen obturatorium würde man allenfalls den zwischen dem hinteren Theile des Iliums, dem ligamentum ischia- diecum und dem hinteren Rande des Ischiums (Pubis GoRskI) sich 1) GEGENBAUR. Grundzüge etc. 2) Gorsk1. Ueber das Becken der Saurier. Dorpat. 1852. 181 befindenden Raum ansehen können. Diese höchst: irrthümliche Deutung der Beckenknochen bedarf wohl keiner Wiederlegsung. Ein einfacher Blick auf den Verlauf des Nervus obturatorius genügt um nachzuweisen, dass die GorskI’sche Deutung der Beekenknochen grundfalsch ist. Wenn GoRSsKI anführt dass der zwischen Ischium und Pubis eingeschlossene Raum, nicht einem Foramen obturatorium entspricht, so ist dies vollkommen wahr, aber die Gründe welche er anführt. sind eben so grundfalsch als die Deutung seiner Beckenknochen. Auch später, nachdem STANNIUS auf die Irrthümlichkeit der von GoRSKI vorgeschlagenen Deutungsweise der Beekenknochen aufmerk- sam gemacht hat, versuchte er !) nicht allein seine Meinung aufrecht zu halten, sondern auch auf die Beckenknochen der Schildkröten zu übertragen , ohne auch hier wieder irgend welche plausible Gründe anzuführen. Bei sehr vielen Repraesentanten der Saurier kommt ein Hypo- ischium vor, gewöhnlich unter dem Namen eines „Os cloacae” bekannt. Es bildet gewöhnlich ein kleines, dreieckiges, plattes Knochenstückchen,, welches eigentlich nichts anderes ist als eine Ver- knöcherung der sehr starken, straffen Sehne, welche von dem hin- teren Rande der Symphysis ossium ischii entspringt und an die Haut, welche den Rand der Cloaca-oeffinung umgiebt, sich inserirt. Bei allen Sauriern kommt es jedoch nicht vor, so z. B. fehlt es bei Chamaeleon, bei den meisten, welche ich Gelegenheit hatte zu untersuchen (so z. B. bei Polychrus marmoratus,, Iguana tuber- culata, Lacerta agilis, Monitor bivittatus, Gecko, Agama plica , Basiliscus amboinensis u. A.) wurde es aber wohl angetroffen. So allgemein bei den Sauriern ein Hypo-ischium angetroffen wird, so wenig scheint bei dieser Gruppe ein Epipubis vorzukommen , wenigstens bei den meisten Sauriern, welche ich in der Gelegen- heit war zu untersuchen, fehlte es; und nur bei Gecko (Vergl. Taf. XI, Fig. 8) könnte es mit Bestimmtheit nachgewiesen werden. Hier bildet es eine paarige kleine Knochenplatte, welche wie ein keilförmiges Stück zwischen den beiden Ossa pubis sich einschiekt, 1) Goxskı. Archiv f. Anat. und Phys. L. ce. 182 in der Art, dass die Ossa pubis nur an ihrem unteren (hinteren) Rand in der Mittellinie unmittelbar an einander grenzen und so die Symphyse bilden, während sie in ihrem oberen (vorderen) Umfang durch die Epipubica von einander getrennt werden. Die Epipubica sind aber hier noch sehr klein und ragen nur eben oberhalb des vorderen Randes des Pubis hervor. Wir sehen hier also zuerst das Epipubis als einen paarigen Knochen auftreten, während es bei den Amphibien und Schildkröten immer noch ein unpaariges Stück bildet. Auch am Becken bei Chamaeleon kommen in der Gegend der Symphysis ossium pubis noch zwei kleine Knöchelchen vor, welche aber, wie mir scheint, nicht als Epipubica angesprochen werden dür- fen, indem sie sich hier ganz anders verhalten. Sie sitzen nämlich nicht auf der Symphysis ossium pubis oder wie bei Gecko theilweise zwischen den Ossa pubis, sondern sind hier jederseits von der Sym- physis ossium pubis, der unteren Fläche der Schambeine aufgelagert und entspringen dort von einem höckerartigen Fortsatz. Sie ragen frei nach unten und hinten hervor und werden von straffen Sehnen, welche von dem vorderen Rande der Symphysis ossium ischii entspringen und nach ihren freien Enden verlaufen, am Becken befestigt. Wie schon GEGENBAUR in seinen „Beiträgen zur Kenntniss des Beckens der Vögel” hervorhebt, erscheinen die lateralen Fortsätze der beiden Sacralwirbel am schwersten zu verstehen, da sie bei der Verglei- chung mit dem praesacralen Wirbelabschnitte, den dort befindlichen Rippen, bei der Vergleichung mit der postsacralen Wirbelsäule den hier sehr mächtigen Querfortsätzen homolog gelten können. Leider bin ich auch nicht im Stande gewesen darüber nähere Untersuchun- gen anzustellen, indem mir dazu das nöthige Material fehlte. Hier können natürlich nur Untersuchungen an Embryonen entschei- den. Bei sehr jungen Thieren, wie ich mich an Exemplaren von Gecko überzeugen konnte, lässt es sich schon nicht mehr ausmachen ob man mit einer Rippe oder mit einem Querfortsatz zu thun hat. Wenn man aber bedenkt, dass bei fast allen Wirbelthierabtheilun- gen Sacralrippen nachgewiesen werden können, dann darf man es wohl für wahrscheinlich halten, dass man hier ebenfalls mit Rippen zu thun hat. 183 Fassen wir also die Resultate kurz zusammen, so finden wir: 1) dass bei den Sauriern wenigstens bei denen, deren hintere Extremitäten gut ausgebildet sind, immer drei Knochen, Ilium, Ischhum und Pubis an der Bildung des Beckengürtels sich be- theiligen, welche an dem Acetabulum zusammentreten 2) dass der Nervus obturatorius immer durch ein eigenes Loch in dem Schambein die Beckenhöhle verlässt. Crocodhle. Am schwierigsten zu verstehen ist das Becken der Croeodile. Giebt man indessen Acht auf das Verhältniss der Nerven und auf das Verhältniss der Beckenknochen bei jungen Thieren, so glaube ich, dass man darin den Wegführer finden kann auch das Becken der Crocodile zu verstehen. Bekanntlich betheiligen sich an der Bildung des Beckens bei den Ürocodilen drei Knochen, welche jedoch auf eine ganz andere Art in Beziehung zur Gelenkpfanne sich verhalten, indem nur zwei Knochen an deren Zusammensetzung sich betheiligen, während das dritte davon ganz ausgeschlossen ist. Ueber das mit den beiden Sacralwirbeln sich verbindende Ilium herrschen wohl keine Meinungsverschiedenheiten. Wie GEGEN- BAUR !) für das Ilium von Alligator nachgewiesen hat — und ebenso verhalten sich auch Crocodilus und Gavialis — sendet dieser Knochen an der Pfanne zwei Fortsätze aus, beide durch eine Ineisur geschieden. Der hintere Fortsatz vereinigt sich mit einem ähnlichen Fortsatz des Ischiums, das dem vorderen Fortsatz einen gleichen entgegenschickt. Bei ganz alten Thieren stösst dieser vor- dere Fortsatz des Ischiums unmittelbar an den des Iliums. Bei jüngeren Thieren dagegen ist der Theil des vorderen Fortsatzes des Ischiums, welcher an den entsprechenden Fortsatz des Iliums grenzt, noch knorpelig. Indem an getrockneten Skeletten diese 1) ©. GEGENBAUR. Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Vögel. Jenaische Zeitschrift. Bd. VI. 1871. 184 Knorpelpartie zusammenschrumpft, erreicht der vordere Fortsatz des Ischiums den entsprechenden des Iliums scheinbar nicht. Zwischen den beiderseitigen Fortsätzen des Ischiums liegt eine nur mem- branös geschlossene Oeffnung. Mit dem Gegeneinanderwachsen der vorderen Acetabularfortsätze des Iliums und Ischiums wird das dritte Knochenstück von der Betheiligung an der Pfannenbildung ausgeschlossen, es sitzt beweglich auf dem Acetabularfortsatz des Ischiums und schon dadurch wird die Deutung dieses dritten Knochenstückes als Pubis höchst zweifelhaft. Ich hoffe nun nach- weisen zu können, dass dieser vordere Acetabularfortsatz des Ischiums, welcher das dritte Knochenstück trägt und so dieses dritte Knochenstück an der Betheiligung der Pfannenbildung aus- schliesst, das Pubis repraesentirt, während dagegen das darauf bewegliche grosse Stück, welches ziemlich allgemein als Pubis auf- gefasst ist, das Epipubis vorstellt, welches sich hier ausserordent- lich stark entwickelt hat. Während also über die Deutung des mit den Sacralwirbeln ver- bundenen Knochenstückes als „Ilium” wohl kein Zweifel besteht, herrschen dagegen über die beiden anderen Knochenstücke immer noch ziemlich grosse Meinungsverschiedenheiten. CuvIEr !) be- trachtet das vordere Stück als Pubis, das nach hinten gekehrte, das mit dem der anderen Seite eine Symphyse bildet als das Ischium. Dieselbe Bezeichnung finden wir zurück in seinen Lecons ?). Auch STANNIUS °), BRUEHL °), Owen 5), MECKEL ®), Harrıne °) u. A. schlossen sich dieser Deutung an. In seinen Grundzügen der ver- gleichenden Anatomie sieht GEGENBAUR ®) diesen nach hinten ge- 1) Cuvıer. Ossemens foss. T. V. 2e Part. 1824. p. 102. 2) Cuvıer. Lecons d’anat. comp. 2e Ed. 1835. T. I. pag. 486. 3) Stansıus. Handbuch der Zootomie von Siebold und Stannius. 2e Aufl. 1856. p. 80. 4) Brüur. Das Skelet der Krokodilinen, dargestellt in zwanzig Tafeln. 1862. 5) Owen. On the Anatomy of the Vertebrates. Vol. I. pag. 188. 1866. 6) J. F. Mecker. System der vergleichenden Anatomie. 2e Bd. 1° Heft. p. 496. 1824. 7) P. Hırıına. Leerboek van de grondbeginselen der Dierkunde. 2® Deel. 2° Afd. Morphologie 1867. pag. 227. 8) GEGENBAUR. Grundzüge der vergl. Anatomie. s. u. 2e Aufl. 185 kehrten Knochen — das Ischum — als ein Scham-Sitzbein an, das jederseits ein einziges Knochenstück darstellt, vor dem noch ein starker, noch vorne convergirender Knochen gelagert ist. Da der letztere gesondert auftritt, wird er, so hebt GEGENBAUR mit Recht hervor, den typischen Beckenknochen nicht beigezählt werden dürfen. In der ersten Auflage seiner „Grundzüge” fügt GEGEN- BAUR ausserdem hinzu „dass sie den vom Becken der Salamander u. s. w. abgehenden Knorpeln, oder den Beutelknochen der Mar- supialia verglichen werden können.” In seinen „Beiträgen zur Kenntniss des Beckens der Vögel” neigt GEGENBAUR !) sich mehr der Ansicht zu, dass die vorderen jener Beckenknochen, die von manchen Autoren als Schambeine bezeichnet werden, in der That solche sind, ungeachtet des ganz abweichenden Verhältnisses zur Pfanne des Hüftgelenkes. Untersucht man allein halb oder gut ausgewachsene Thiere, so ist es vollkommen wahr, dass nur zwei Knochenstücke an der Bil- dung der Gelenkpfanne sich betheiligen. Nimmt man aber auch ganze junge Exemplare in die Untersuchung auf, so bemerkt man dass auch hier wirklich drei Stücke die Gelenkpfanne bil. den helfen, wenn auch hier das dritte Stück — das Pubis — viel weniger stark entwickelt, als sonst gewöhnlich der Fall ist. Embryonen standen mir nicht zu Gebot, dagegen wohl zwei noch ganz junge Exemplare von Alligator. Hier bestand das Becken noch sehr deutlich aus drei discreten Stücken, von welchen zwei, das Tlium und Ischium, schon vollständig verknöchert waren, während das dritte Stück — das Pubis — noch ganz knorpelig war. (Vergl. Fig. 11 und 12, Taf. XT). Dies dritte knorpelige Stück streckt sich von dem vorderen Fortsatz des Iliums bis zum hinteren Forisatz des Ischiums aus; es ist also der vordere Acetabularfortsatz des Ischiums ausgewachsener Thiere und repraesentirt das Pubis, welches hier wie gewöhnlich, den vorderen ventralen Theil der Gelenk- pfanne bildet. In beiden Exemplaren eines jungen Alligators bildete es noch ein vollkommen discretes Knorpelstückchen. Bei einem 1) GEGENBAUR. Jen. Zeitschrift. Bd. VI. 186 ziemlich gut ausgewachsenen Exemplar von Alligator des Leidener Museums, war der vollkommen verknöcherte vordere Acetabular- fortsatz des Ischiums noch deutlich durch eine Naht von dem hin- teren Fortsatz des Ischiums getrennt. (Vergl. Fig. 15, Taf. XI). Wie sehr jugendliche Individuen von Drocodilus und Gavialis sich verhalten, kann ich nicht angeben, indem ich hierüber keine Untersuchungen habe anstellen können und hier also nicht angeben kann, ob der vordere Acetabularfortsatz des Ischiums als ein discretes Knorpelstück- chen auftritt, oder nur einen knorpeligen Fortsatz des Ischiums bildet. Bei noch ziemlich jungen Exemplaren von Crocodilus ist kein Spur von einer Naht zwischen den beiden Acetabularfortsätzen mehr zu sehen und zeigt sich der zum grössten Theil noch knorpelige vordere Acetabularfortsatz als eine unmittelbare Fortsetzung des Sitzbeines. Die Verknöcherung dieses vorderen Acetabularfortsatzes des Sitz- beines fangt zuerst an der dem Sitzbein angrenzenden Partie an und schreitet so allmählig dem vorderen Fortsatz des Iliums zu, erreicht diesen aber erst bei ganz ausgewachsenen alten Thieren, während dagegen bei jüngeren Thieren, diese Partie des vorderen Acetabular- fortsatzes des Ischiums knorpelig bleibt, und bei noch jüngeren Thieren auch der peripherische Theil dieses vorderen Fortsatzes, welcher das Epipubis trägt, noch knorpelig ist. (Vergl. Fig. 13 u. 14, Taf. X). Bei den Crocodilen besteht also auch das Becken aus drei Stüc- ken, das Iium und das Ischium sind gut ausgebildet, das Pubis dagegen hat sich sehr zurückgebildet, es nimmt aber wie bei allen anderen Thieren dieselbe Stelle in der Bildung der Gelenkpfanne ein. Bei jungen Thieren (Alligator) bildet es ein discretes Knorpel- stückehen, bei älteren Thieren, wo es verknöchert ist, verschmilzt es mit dem Sitzbein und bildet dessen vorderen Acetabularfortsatz. Die alte GEGENBAUR’sche Deutung, dass der nach hinten gekehrte Knochen der Crocodile das Scham-Sitzbein repraesentirt, war also die richtige. Das grosse mit dem vorderen Acetabularfortsatz beweglich ver- bundene Knochenstück ist das Epipubis, das mit dem Lateralwärts- rücken des Pubis, dem Pubis gefolgt ist. Mit der Rückbildung des Pubis, hat das Epipubis sich stärker entwickelt. Es bildet hier bekanntlich jederseits ein grosses, plattes Knochenstück. 187 Wenn über die Deutung des vorderen Acetabularfortsatzes als Pubis noch irgend ein Zweifel bestehen könnte, so brauchte man nur einen Blick auf das höchst eigenthümliche Verhältniss der Nerven zu werfen. Wie wir gesehen haben, durchbohrt der N. obturatorius entweder das Pubis (Eidechsen), oder verlässt zwischen Pubis und Ischium die Beckenhöhle (Urodelen, Schildkröten). Beim Alligator theilt der zweite Praesacralnerv sich in drei fast gleiche Fig. 14. Aeste, der obere geht nach den Muskeln , welche noch in der Beckenhöhle ihren Ursprung neh- men (Vergl. hierzu Fig. 14); der zweite Ast nimmt ein feines Zweiglein des dritten Prae- sacralnervs auf, und theilt sich darauf wieder in zwei Aeste: der eine welcher nach den inneren Beckenmuskeln verläuft, geht uns hier nicht weiter an, der andere dagegen nimmt einen Ast des ersten Praesacralnervs auf, schlägt sich über das Ilium , innervirt die Extensoren und ist also dem N. Cruralis homolog. Der dritte Ast endlich des zweiten Praesacral- nervs, nimmt ein dünnes Fädchen des ersten Praesacralnervs auf und tritt, indem er sich gerade unterhalb des vorderen Acetabularfort- satzes des Ischiums begiebt, zwischen den beiden Acetabularfort- sätzen des Ischiums an Muskeln, welche an der Innenfläche des Oberschenkels verlaufen und bildet also den Nerv, welcher dem N. obturatorius homolog ist, wie auch GEGENBAUR !) angiebt. Der erste Praesacralnerv theilt sich ebenfalls in drei Aeste. Der obere von mittelmässiger Dicke, hilft, wie wir gesehen haben den Cruralis bilden, der mittlere, ein sehr feines Zweiglein, betheiligt sich an der Zusammenstellung des N. obturatorius, der dritte endlich , welcher viel dieker ist, als die beiden anderen zusammen, vereinigt sich mit dem noch dickeren Sacralnerven zum N. Ischiadicus, an dessen Bil- dung auch noch ein dünner Ast des ersten Postsacralnervs Theil nimmt. Während also beim Alligator ein selbständiger Obturatorius obgleich nicht stark, doch noch gut ausgebildet vorkommt, ist er 1) C. Grerxsaur. Jen. Zeitschrift Bd. VI, 188 beim Crocodilus gänzlich verschwunden. Der dritte Praesacralnerv theilt sich beim Crocodilus in zwei Aeste, von welchen der eine viel diekere — welcher uns hier allein angeht — mit dem zweiten Praesacralnerv sich verbindet. Der so entstandene Stamm nimmt Fig. 15. ausserdem noch einen dünnen Ast des zweiten “ praesacralen Nervs auf, schlägt sich über das 3 Er Ilium und theilt sich dann in Aeste, welche zyr die Extensoren und Adductoren des Oberschen- kels innerviren, und also einem Cruralis und 7” einem Obturatorius homolog sind. Wir haben ix #\, hier also eben so wie bei den Batrachiern einen =®_ gemeinschaftlichen Obturatorius-Cruralis-Stamm , welcher ungetheilt die Beckenhöhle verlässt F % und erst nachdem er die Beckenhöhle verlassen Nr hat, sich in Aeste theilt, welche bei den Sauriern und Schildkröten, so wie auch bei den Urodelen, schon innerhalb der Beckenhöhle als selbstständige Zweige auftreten. Der erste Praesacralnerv theilt sich in zwei Aeste, der eine, viel dünnere, hilft — wie eben angegeben — den Obturatorius-Oruralis- Stamm bilden, der andere, viel dickere, vereinigt sich mit dem sehr star- ken Sacralnerven zum Ischiadicus, an dessen Bildung ausserdem auch ein Zweig des ersten Postsacralnervs Theil nimmt. Vom Ischiadieus treten beim Crocodil auch noch ein Paar sehr dünne Aestchen ab zu den Adduetoren. Beim Crocodilus hat sich also der Obturatorius vollkommen verloren, seine Fasern sind zum grössten Theil in den Cruralis, zum sehr kleinen Theil auch noch in den Ischiadieus übergegangen. Wie in dieser Beziehung Gavialis sich verhält, weiss ich nicht. Leider konnte ich vom Crocodilus keine junge Thiere untersuchen, aber es wäre wohl der Mühe werth. einmal zu untersuchen, ob mit dem Schwinden des N. obturatorius auch das Pubis als ein selbstständiges Knorpelstück verschwunden ist und vielleicht hier nur als ein sehr lang knorpelig bleibender Fortsatz (der vordere Acetabularfortsatz) des Ischiums auftritt, oder ob es bei sehr jungen Thieren hier ebenfalls noch als ein diseretes Knorpelstück- chen vorhanden ist, welches erst später mit dem Ischium verschmilzt. 189 Dass auch bei den Crocodilen das Ilium mittelst zweier Rippen- rudimente an die beiden Sacralwirbel befestigt wird, ist von GEGEN- BAUR ') in seinen „Beiträgen zur Kenntniss des Beckens der Vögel” schon vollkommen nachgewiesen. Ueberblicken wir also noch einmal die gewonnenen Resultate so sehen wir, dass die Crocodilini in ihrer Beckenform den Batra- chiern am nächsten stehen. Dies geht so wohl aus einer Betrach- tung der Nerven als der Knochen hervor. Was zuerst die Becken- nerven angeht, so sehen wir dass bei Crocodilini (Crocodilus) und Batrachii, der Nervus obturatorius und Cruralis, während ihres Verlaufes innerhalb der Beckenhöhle zu einem einzigen Stamm — zum ÖObturatorius-Cruralis-Stamm verbunden sind, welcher erst, nachdem er die Beckenhöhle verlassen hat, in einen dem Obtü- ratorius und einen dem Cruralis homologen Nerv sich theilt. Nur bei Alligator zweigt sich noch innerhalb der Beckenhöhle von dem gemeinschaftlichen Obturatorius-Cruralis-Stamm ein Ast ab, welcher unterhalb des dem Pubis entsprechenden Acetabularfort- satzes des Ischiums die Beckenhöhle verlässt und nach den Adduc- toren sich begiebt, somit einem dem Obturatorius homologen Zweig entspricht. Beim Crocodilus enthält die Bahn des Nervus ischia- dicus auch noch einzelne Obturatorius-Fasern. Aber nicht allein in dem Verbundensein des Cruralis und Obturatorius zu einem ein- zigen Stamm, während ihres Verlaufs durch die Beckenhöhle, strahlt die Verwandtschaft der Crocodilini (Orocodilus) mit den Batrachiern durch, sondern auch in der Zusammensetzung des Ischiadicus. Bei den Crocodilini sehen wir ein Vorwiegen der eigentlichen sacralen Wurzel bei der Bildung des Ischiadieus-Stammes, dasselbe gilt von den Batrachiern — wenigstens von den niederen (Dactyletra) —, wo die postsacrale Würzel, welche der sacralen der Crocodilini homolog ist, am stärksten ausgebildet ist, viel weniger stark sind 1) GEGENBAUR. L. c. 190 bei beiden die praesacralen Wurzeln. Bei Crocodilini betheiligt sich ausserdem auch noch ein postsacraler Nerv an der Bildung des Ischiadieus und bei den Batrachiern finden wir auch noch eine dünne Caudalwurzel — dem postsacralen Stamm der Croeodilini homolog — welcher ebenfalls an der Zusammensetzung des Ischia- dieus sich betheiligt. Was die Beckenknochen selbst betrifft, so stimmen Batrachier und Crocodilini mit einander darin überein, dass bei beiden das Pubis sich sehr stark zurückgebildet hat, was als eine Folge der Nicht-Ausbildung des Obturatorius noch innerhalb der Beckenhöhle zu betrachten ist. Bei den Batrachiern verschmilzt das Pubis vollkommen mit dem Ilium zu einem „Ilio-pubis” und stellt dessen Processus pubicus vor, bei den Crocodilini verschmilzt es mit dem Ischium zu einem Ischio-pubis und stellt dessen vor- deren Acetabularfortsatz vor. Bei jungen Thieren (Dactyletra) tritt das Pubis anfangs als ein discretes Knorpelstück auf, um erst später mit dem Ilium zu einem Ilio-pubis zu verschmelzen und auch bei den Orocodilini (Alligator) trifft man bei jungen Thieren das Pubis als ein discretes Knorpelstück an, das erst später mit dem Ischium verschmilzt, um so das gemeinschaftliche Ischio-pubis zu bilden. Den Croeodilini stehen die Saurier am nächsten. Allererst kom- men die Monitoren und Chamaeleone in Betracht, bei welchen an der Zusammensetzung des Nervus ischiadicus eine starke sacrale Wurzel und auch noch ein, wenn auch schwaches postsacrales Aestchen sich betheiligt. Bei beiden finden wir ein Vorwiegen des ersten praesacralen Nervs, während dagegen eine zweite praesacrale Wurzel nur äusserst schwach entwickelt ist. Bei Lacarta , Iguana , Urothropus, Gecko, Polychrus u. A. sehen wir dagegen, dass eine postsacrale Wurzel sich nicht mehr an der Bildung des Nervus ischiadieus betheiligt, und dass auch die eigentliche sacrale Wurzel nur schwach ausgebildet ist, dagegen sehen wir hier bei allen, den ersten praesacralen Nervenstamm als eine starke Wurzel und auch die zweite praesacrale Wurzel, je nachdem die postsacrale und eigent- liche sacrale sich zurückgebildet haben, viel kräftiger und stär- ker ausgebildet. Bei allen Sauriern finden wir, dass der Nervus obturatorius und cruralis schon jeder als ein selbstständiger Stamm 191 die Beckenhöhle verlassen und demzufolge sehen wir auch, dass bei allen Ilium und Pubis, von welchen jedes in einer eigenen Beziehung zu den betreffenden Nerven stehen, sich als zwei selbstständige Knochenstücke entwickelt haben. Durch ein eben oberhalb der Gelenkpfanne befindliches Loch im Pubis verlässt der Obturatorius- Stamm die Beckenhöhle. Dagegen scheinen die Schildkröten den Urodelen (Salamandrinen) näher zu stehen. Bei den Urodelen bilden Schambein und Sitzbein noch einen gemeinschaftlichen Knochen — das Scham-Sitzbein. Die Verknöcherung schreitet von dem hinteren Rande des Scham- Sitzbeines allmählig nach vorn und erreicht bei Salamandrina selbst dessen vorderen Rand. Ein Pubis legt sich also bei den Urodelen noch nicht als ein selbstständiges Knochenstück an. Bei allen Uro- delen kommt aber in dem gemeinschaftlichen Scham-Sitzbein ein Canal vor, zum Durchtritt des Nervus obturatorius; und diesen Canal kann man als die Grenzscheidung betrachten, indem der Theil des Scham-Sitzbeines, welcher vor dem Üanalis s. Foramen obturatorium gelegen ist, dem Pubis, was da hinter liegt, dem Ischium zugehört. Aehnlich verhalten sich die Schildkröten; nur mit dem Unterschiede, das hier auch das Pubis als ein eigenes Knochenstück sich anlegt und somit hier das Becken immer aus drei discreten Knochen- stücken besteht. Die niedrig entwickelten Schildkröten (Triony«) kommen weiter darin mit den Urodelen (Salamandrinen) überein, dass bei diesen (Trionyx) eine starke sacrale Wurzel und auch noch eine schwache postsacrale Wurzel an der Bildung des N. ischiadieus sich betheiligen, während bei den Salamandrinen ein ausserordentlich starker postsacraler Nerv — welcher dem sacralen der Schildkröten und auch noch eine zweite postsacrale Wurzel, welche der ersten post- sacralen der Schildkröten homolog ist, an der Bildung der Ischiadieus Theil nehmen. Wir finden bei beiden ein Vorwiegen des eigent- lichen sacralen Nervenstammes, nur bei den höher entwickelten Schildkröten (Land- und Süsswasserschildkröten) schreitet allmählig die sacrale Wurzel in Entwiekelung zurück und näheren sich diese also in dieser Beziehung mehr den Eidechsen. Fig. D' ST a ERKLAERUNG DER ABBILDUNGEN. TAFEL X. Für alle Figuren gültige Bezeichnung. Epipubis. \ Dem Pubis entsprechender vorderer Abschnitt des Scham-Sitzbeines. Dem Ischium entsprechender hinterer Abschnitt des Scham-Sitzbeines. Dlium. Foramen obturatorium. Acetabulum. Processus pubicus ossis ilii. Vorsprung durch das Zusammentreten der beiden Processus pubici gebildet. Ineisura ileo-pectinea. Beckenhöhle. Beckenknochen von Salamandra maculata von der inneren (der Becken- höhle zugekehrten) Fläche gesehen ?/ı. Die Ossa ilii (2) sind abge- schnitten. Beckenknochen von demselben Thier von der äusseren Fläche gesehen ?].. Beckenknochen von Siredon pisciforme von der äusseren Fläche gesehen ?7. Beckenknochen von Siredon pisciforme von der inneren Fläche gesehen ?ı. Scham-Sitzbein von Proteus anguineus von der äusseren Fläche gesehen ?,.. Scham-Sitzbein von Menobranchus lateralis von der äusseren Fläche gesehen !/,. Fig. Fig. 193 Beckengürtel von Cryptobranchus japonicus nach HyrTL }}. cp. Caput femoris. pt. Processus transversus. cs. Costa sacralis. lt. Ligamentum teres ossis femoris. Scham-Sitzbein eines Cryptobranchus japonicus des hiesigen Labo- ratoriums }ı. Scham-Sitzbein von @Geotriton fuscus nach WIEDERSHEIM. Beckenknochen von Salamandrina perspicillata von der vorderen Fläche nach WIEDERSHEIM. Beckenknochen von Salamandrina perspieillata von der hinteren Fläche gesehen, nach WIEDERSHEIM. Beckenknochen von Dactyletra von der vorderen Fläche gesehen }.. Beckenknochen von Dactyletra von der rechten Seite gesehen (äussere Fläche). Beckenknochen von Dactyletra von der inneren Fläche gesehen; das Epipubis ep ist etwas nach vorn umgeschlagen. Beckenknochen von der inneren Fläche gesehen von Rana esculenta .. Die Darmbeine (il) sind abgeschnitten. Beckenknochen von Rana esculenta von der linken Seite gesehen ®/, (äussere Fläche). Beckengürtel von Rana esculenta von der vorderen Fläche gesehen (etwas nach der linken Seite gedreht). Medianer Durchschnitt des Beckengürtels von Rana temporaria. Linke Beckenhälfte von der inneren Fläche gesehen. Dasselbe von Ayla. Linke Beckenhälfte von Hyla von der äusseren Fläche gesehen. TAFEL Xl. Für alle Figuren gültige Bezeichnung. Os pubis. Os ischium. Os ilıum. Foramen obturatorium. Foramen cordiforme. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 194 ep Epipubis, sc Sacralwirbel. cs Sacralrippe. ac Acetabulum. pt Processus transversus. sp Symphysis ossium pubis. sis Symphysis ossium ischii. hy Hypo-ischium. 1. Beckengürtel von Chelonia ?,.. 2 > » Testudo ı. B) » » Emys europaea /. 4 » » Trionyx stellatus ?/ı. 9. » > Iguana tuberculata ®/,. s. Sehne. 6 » » Monitor bivittatus ?ı. 7 > >» Urothropus 7. 8 > » Gecko ?ı. 9 > » Chamaeleon *,. .l’ knorpelige Partie des Iliums. 10. » » Chamaeleon ?7ı. In Fig. 9 und 10 ep’ die eigenthümlichen Knochenstücke. S. die spe- cielle Beschreibung. 11. Beckenknochen eines sehr jungen Alligator lucius von der äusseren Fläche gesehen ?ıı. 12. Beckenknochen eines sehr jungen Alligator lucius von der inneren Fläche gesehen. Linke Hälfte 2,.. 13. Beckenknochen von Crocodilus sclerops, rechte Hälfte , innere Fläche, junges Thier }j.. 14. Beckenknochen von Crocodilus sclerops, rechte Hälfte, äussere Fläche , junges Thier :].. 15. Beckenknochen von Alligator lucius, halb ausgewachsenes Thier, innere Fläche ?.. i 16. Beckenknochen von Crocodilus, halb ausgewachsenes Thier, innere Fläche ılı. DRUCKFEHLER. Seite 148, Zeile 25 v. o.: befindet sich bei Menobranchus, statt: befindet sich. Seite 158, Zeile 33 v. o.: unteren, statt: oberen. ZUR ANATOMIE DER RETINA. II. Ueber den Bau der Retina bei den Beutelthieren, VON C. K. HOFFMANN. Hierzu Taf. XI, Fig. 1—12. Bekanntlich sind bis jetzt nur bei den Vögeln, Reptilien (Schild- kröten und Sauriern) und bei den Amphibien (Batrachiern) in den Zapfen gefärbte Kugeln beobachtet, dagegen sind sie, so weit mir bekannt, weder bei den Fischen noch bei den Säugethieren ängetroffen. Um so merkwürdiger muss es also scheinen, dass auch bei den Säugethieren, und zwar bei denen welche den Vögeln phy- logenetisch am nächsten stehen, ebenfalls in den Zapfen der Retina gefärbte Kugeln vorkommen, nämlich bei den Beutelthieren. Wohl sind sie bis jetzt nur bei einer Gattung der Beutelthiere — der Gattung Halmaturus — beobachtet, doch lässt sich erwarten, dass, wenn sie bei einer Gattung dieser merkwürdigen Säugethier- Abtheilung sich vorfinden, alle anderen zu dieser Abtheilung ge- hörenden Gattungen sich ähnlich verhalten werden. Von der Gattung Halmaturus ward untersucht H. Bennetti und giganteus. Ich war so glücklich die Thiere sehr bald nach dem Tode untersuchen zu können, ausserdem war die Temperatur sehr 196 niedrig und die Thiere, als ich sie empfing, vollkommen erfroren. Durch die niedrige Temperatur hatten sich die Augen ausserordent- lich schön conservirt und wenn auch über die feineren Struetur- verhältnisse der Säugethierretina nur eine Untersuchung des Thieres unmittelbar nach dem Tode zuverlässige Aufschlüsse geben kann, so liess sich folgendes doch noch sehr schön nachweisen. Die Retina ward sowohl frisch als nach 24-stündiger Behand- lung in Osmium-Säure untersucht. Zapfen (Kurze Sehzellen, W. MürLer). Die Untersuchung des frischen Auges ergab, dass die Zapfen gefärbte Kugeln enthal- ten. Man kann dreierlei Art von gefärbten Kugeln unterschei- den, hell blaue, hell grüne und rothe. Wie bei den Vögeln und Reptilien, nehmen die gefärbte Kugeln immer die periphe- rischen Enden der Zapfeninnenglieder ein. Die Aussenglieder haben eine Länge von 9—10 Mik., an der Basis sind sie kaum 1 Mik. breit. Die Substanz des Innengliedes (Zellkörpers der kurzen Sehzellen) ist äusserst fein körnig, besonders diejenige des der Membrana limitans externa zugekehrten Theiles des Innengliedes, während die Substanz des dem Aussengliede zugekehrten Theiles etwas mehr grob- körnig ist. Linsenförmige Körperchen oder Ellipsoiden wurden nicht wahrgenommen. Eine die Substanz des Innengliedes umhüllende Mem- bran ist sehr deutlich sichtbar. Die Wand ist äusserst fein hyalin und setzt sich nach aussen fort, um so eine die Substanz des Aussen- gliedes umhüllende Membran zu bilden. Sehr schön war dies an in Osmium-Säure behandelten Praeparaten zu sehen. Das Zapfen- korn (Zellkern der kurzen Sehzellen) liegt unmittelbar unter der Membrana limitans externa. Doppelzapfen kommen bei den Beutel- thieren nicht vor. Stäbchen (Lange Sehzellen, W. Mürter). Die Stäbchenaussen- glieder haben eine Länge von 22—24 Mik., sie sind sehr schmal, ihre Breite beträgt kaum 1—2 Mik. Die Substanz des Innengliedes (Zellkörper der langen Sehzellen, W. MüLLER) ist äusserst fein granulirt; linsenförmige Körperchen fehlen wie bei den Zapfen- auch in den Stäbcheninnengliedern. Das Stäbcheninnenglied hat eine birnförmige Gestalt, das breitere Ende ist dem Stäbchenaussenglied 197 zugekehrt, das entgegengesetzte Ende setzt sich in eine äusserst dünne Faser fort, die in das Stäbehenkorn (den Zellkern der langen Sehzellen) übergeht. So wohl vom Stäbchen- wie vom Zapfenkorn sieht man oft einen varicösen Faden (Stäbchen- resp. Zapfenfaser) ent- springen. Die Stäbehenkörner liegen niemals unmittelbar unterhalb der Limitans externa, sondern immer in einer tieferen Schicht. Die Membrana limitans externa selbst ist besonders an Osmium- Säure-Praeparaten sehr scharf ausgeprägt, die Max ScHuLTze’schen Faserkorben sehr deutlich zu sehen. In der Gegend der Membrana limitans externa sind die Stütz- fasern kegelförmig angeschwollen. Während ihres Verlaufes durch die Nervenfaserschicht, Ganglienzellenschicht und innere Körner- schicht (Schicht der Nervenfasern, des Ganglion opticum und des Neurospongium, MütLER) geben die radialen Stützfasern keine late- rale Fortsätze ab. In der inneren Körnerschicht (Schicht des Gan- glion retinae und der Spongioblasten, MürLer) liegen die Kerne der Stützfasern. Dieselben haben eine ovale Form, sind 10—12 Mik. lang und 5—6 Mik. breit und unterscheiden sich so fort von den Körnern der inneren .Körnerschicht, indem sie fein granulirt, die Körner der inneren Körnerschicht dagegen fast vollkommen homogen sind. Gewöhnlich liegt der Kern seitwärts der Faser an, zuweilen aber auch mehr in der Mitte derselben. In der inneren Körnerschicht fangen die Stützfasern an sich zu theilen und ein Netzwerk zu bilden, in dessen Maschen die Körner liegen. Besonders deutlich ist dies Balkennetz in der äusseren Körner- schicht; hier kann man sich leicht überzeugen, dass in jeder Masche ein Korn liegt, Anastomosen zwischen den Bälkchen ver- schiedener Stützfasern wurden manchmal beobachtet. So wohl in der äusseren wie in der inneren Körnerschicht haben die Körner einen Diameter von 5—6 Mik. Unterschiede in der Structur der äusseren Lage und der inneren Lage der inneren Körnerschicht (Schicht des Ganglion.retinae und der Spongioblasten von W. MüLLEr), waren an Osmium-Säure-Praeparaten nicht zu erkennen. Die Ganglienzellen liegen in zwei bis drei Reihen. Ihr feinkör- x 198 niges Protoplasma umschliesst einen 6—7 Mik. breiten Kern, mit deutlichem Kernkörperchen. Eine im Bau von den übrigen Partieen der Retina abweichende Fovea centralis liess sich bei Halmaturus nicht nachweisen. Die Dicke der verschiedenen die Retina bildenden Schichten des Halmaturus Benetti war (Vergl. Fig. 11, Taf. XII): Schicht der Stäbchen und Zapfen inclusive äussere Körnerschicht. (b) (Schicht der Sehzellen, MüLteR). . . . 2». 2... 92—54 Mik, Aeussere granulirte Schicht. (Schicht der Nervenansätze , MüLLER) (cl) . . » . . 90 —# >» Innere Körnerschicht. (Schicht des Ganglion retinae und der Spongioblasten, MüLLeR) (d) - ». ©» » . 2... 24—26 >» Innere granulirte Schicht. (Neurospongium, MüLLER) (6) » » >» 2 2.2.2... 39-88 >» Ganglienzellenschicht. (Schicht des Ganglion opticum , Be “ en II Schicht der Sehnervenfasern . . . . . a > » Die Zahl der Stäbchen ist bedeutend grösser als die der Zapfen. Gewöhnlich, dass auf 3—4 Stäbchen ein Zapfen angetroffen wird. Zapfen mit rothen, grünen und blauen Kugeln scheinen ungefähr in gleichen Verhältnissen vorzukommen, doch wiegen die rothen immer etwas vor. Ueber den Bau der Retina bei den Monotremen liegen bis jetzt noch keine Untersuchungen vor, doch lässt es sich erwarten, dass man auch hier wie bei den Beutelthieren gefärbte Kugeln in den Zapfen antreffen wird. 1—4. 4—5. 6—8. 8—10. Kir ERKLAERUNG DER ABBILDUNGEN. FIG. 1—11 auf TAFEL XI. Drei Zapfen von Halmaturus Benettii frisch untersucht. 1000], Zwei Zapfen von Halmaturus Benettii nach Osmium-Säure-Be- handlung. 1000), Drei Stäbchen von Halmaturus Benettii frisch untersucht. 20007: Zwei Stäbchen von Halmaturus Benettii nach Osmium-Säure-Be- handlung. le Radiale Stützfasern aus der Retina von Halmaturus Benettii nach Osmium-Säure-Behandlung und darauf längerem Maceriren in Wasser. re a’. Membrana limitans externa. a. Membrana limitans interna. k. Kern der radialen Stützfasern b, c,d, e, f. Vergl. die specielle Beschreibung. Ueber das Tapetum choroideum bei den Seehunden, VON GC. K.. HOFFMANN. Hierzu Taf. XII, Fig. 12, 13 u. 14. In dem Auge von Phoca vitulina kommt ein ausserordentlich schön entwickeltes Tapetum vor. Das Tapetum liegt bekanntlich wie bei allen anderen Thieren zwischen Chorioidea und Retina. Es lässt sich nicht in dem ganzen Umfang zwischen Retina und Chorioidea nachweisen, sondern nur in dem Hintergrund des Auges, während es nach der Ora serrata zu allmählig in Entwiekelung zurücktritt um endlich vollkommen zu schwinden. Mit der Pig- mentschicht der Retina mitgerechnet, kann man an dem Tapetum drei Schichten unterscheiden: 1) die Pigmentschicht der Retina; 2) die Zellenschicht des Tapetums; 3) die Capillarschicht des Tapetums. Die Pigmentschicht der Retina trägt hier ihren Namen mit Un- recht, indem an den Stellen, wo das Tapetum gut entwickelt ist, das Pigment vollkommen fehlt. Dieselbe besteht aus polygonalen fünf- oder sechseckigen Zellen. Jede Zelle enthält einen fein granulirten Kern, dessen Durchmesser 6,5 Mik. beträgt. Der Zellkern wird von einem hyalinen Saum 202 umgeben und darauf folgt die gewöhnlich ziemlich breite Rand- schicht, welche aus einer grobkörnigen Substanz besteht. Eine Zellwand lässt sich nicht nachweisen, so dass die grobkörnige Rand- schicht der einen Zelle ohne bestimmte Grenzen in die der anderen übergeht. Dort wo das Tapetum allmählig aufhört, tritt Pigment in den Zellen auf, und zwar zuerst in den Körnchen der grobkörni- gen Randschicht. Wie schon von Max ScHULTZE !) nachgewiesen ist, treten auch von diesen farblosen Zellen die haarfeinen, wimper- artigen Zellenfortsätze ab, welche die Stäbchen — die hier bei- läufig gesagt die einzigen pereipirenden Elemente sind, indem die Zapfen fehlen — scheidenartig umhüllen (Verg. Taf. XII, Fig. 14). Die Zellschicht des Tapetums besteht aus grossen, unregelmässig gebildeten Zellen, welche im Hintergrund des Auges in verschie- denen Schichten gelagert sind, nach der Ora serrata hin dagegen allmählig einschichtig werden. Die Grösse dieser Zellen ist ziem- lich abwechselnd. Der longitudinale Durchmesser wechselt ab zwischen 36—56 Mik., bei einer Breite von 20—32 Mik. Alle besitzen einen kleinen ovalen Kern, welcher bei einigen mehr in der Mitte der Zelle liegt, bei anderen mehr dem Rande genähert ist. An dem Inhalt des Kernes kann man einen hyalinen Randsaum und eine äusserst feine körnige Binnensubstanz unter- scheiden. Durch Fuchsin und Carmin werden die Kerne schön roth gefärbt. Der Inhalt dieser Zellen selbst besteht aus feinen, dünnen, lan- gen Nadeln, welche in Osmium-Säure schwarz gefärbt werden, un- messbar dünn sind, und entweder mehr oder weniger einander parallel verlaufen oder sich in verschiedenen Richtungen kreu- zen. Sie haben ein sehr stark iridisirendes Vermögen (Vergl. Taf. XII, Fig. 12a.b.c). Die Zellen grenzen so aneinander, dass sie kleine , kreisrunde Oeffnungen zwischen sich einschliessen , wenigstens ist dies bei sehr vielen der Fall. 1) Max Schurtze. Archiv. f. Mikrosk. Anat. Bd. Il. Stricker’s Handbuch der Gewebelehre des Menschen und der Thiere. Bd. II. p. 1014. i 203 Das Vorkommen eines Tapetum cellulosum bei den Seehunden hat schon Brücke !) beschrieben. Auf die Zellenschicht des Tapetums folgt eine Gefässschicht, welche aus einer unmessbar dünnen vollkommen structurlosen Mem- bran besteht, welche den Träger eines sehr reich entwickelten Capillarnetzes bildet. Auf diese Schicht folgt dann die eigentliche Chorioidea. Je nachdem das Tapetum in der Gegend der Ora serrata mehr schwindet, werden auch die Pigmentzellen der Retina mehr pigmentirt. 1) E. Brücke. Anatomische Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Augen bei den Wirbelthieren. Mürzer’s Arch. 1845. p. 387. Taf. XIII, Fig. 16, » ERKLAERUNG DER ABBILDUNGEN. FIG. 12—14 auf TAFEL XI. Fig. 12. Drei isolirte Zellen der Zellenschicht des Tapetums. +. Fig. 13. Zellen der Zellenschicht des Tapetums in Zusammenhang mit ein- ander. +9. Fig. 14. Pigmentlose Zellen der Pigmentschicht der Retina. »],. Beiträge zur Kenntniss der Nemertinen. I. Zur Entwickelungsgeschichte voN TETRASTEMMA VARICOLOR. OERSTED voN CI KR HOFEMANN:. HIERZU TAF. XIII. Während eines Aufenthaltes an der zoologischen Station des Niederländischen zoologischen Vereins, welche während der Som- mermonate dieses Jahres am Helder an der Nordsee errichtet war, bin ich in der Gelegenheit gewesen, die Entwickelungsgeschichte von Tetrastemma varicolor, einem zu der Gruppe der Nemertina enopla gehörenden Wurm zu studiren. Verschiedene Exemplare dieser Thiere wurden wiederholt bei dem Dreggen unter der Küste von Texel gefangen, wo sie zwischen Meergras und anderen Arten von Seepflanzen sich aufhalten. Die meisten der gefangenen Exemplare waren geschlechtsreif. Die Ent- wickelungsgeschichte wurde so wohl an künstlich, wie an natür- lich befruchteten Eiern studirt. Besonders zur Untersuchung der ersten Stadien der Ontogenie, wurden künstlich befruchtete Eier benützt. Die künstliche Befruchtung gelingt bei Tetrastemma sehr leicht, man braucht nur in einem Gläschen mit Seewasser ein Paar 14 206 männlicher und weiblicher Exemplare mitten durch zu schneiden. Durch die unmittelbar darauf folgenden sehr kräftigen Muskelcon- tractionen, werden die Geschlechtsproducte ausgetrieben und man ‚braucht dann nur das Seewasser , in welchem die beiderlei Geschlechts- producte sich befinden, ein wenig zu schütteln, um die Spermato- zoiden mit den Eiern in Contact zu bringen. Die meisten Eier werden dann befruchtet und fangen an sich regelmässig zu ent- wickelen. Die Befruchtung findet ausserhalb des mütterlichen Organismus statt. Man darf dies aus folgendem Factum schliessen. Entfernt man nämlich die Eier, welche von dem Weibchen abgelegt sind, unmit- telbar nachdem sie aus dem Mutterthier getreten sind und isolirt dieselben in einem Schälchen mit Seewasser, dann sieht man dass die Eier sich nicht weiter entwickelen, sondern nach einiger Zeit zu Grunde gehen. Die Eier werden jedes für sich, und nicht wie bei vielen anderen Nemertinen zu Schnüren vereint, abgelegt. Die geschechtsreifen Eier von Tetrastemma varicolor haben einen Diameter von 0,2 Millim. Der Dotter ist äusserst fein jedoch sehr dunkel granulirt. Jedes Ei enthält einen grossen Kern (Diameter = 0,065 Mm), welcher durch seinen blass granulirten Inhalt sehr deut- lich von der dunkel granulirten Dottermasse sich unterscheidet. Eine Kernmembran ist im natürlichen Zustande nicht zu sehen. Nur an Eiern, welche unter dem Compressorium zerdrückt sind, und wo der Kern aus der Dottermasse herausgetrieben ist, kann man an dem Kern, eine äusserst feine, hyaline Membran wahrnehmen. In keiner einzigen Eizelle habe ich ein Kernkörperchen gesehen. Jedes Ei ist von einer Haut umgeben, welche ich mit dem indifferenten Namen einer „Umhüllungshaut’”’ bezeichne, da es wenigstens bis jetzt nicht bestimmt ausgemacht ist, ob diese Membran als Chorion oder als Dotterhaut betrachtet werden muss (Fig. 1). In der ausgezeichneten Monographie von E. van Beneden !) liest man wenigstens „Dans le Tetrastemma (obscurum) les diffe- 1) E. van Beneden. Recherches sur la composition de l’oeuf. M&moires cou- vonnds, publi6s par l’Acad6mie Belgique T. XXIV 1867—1870. 207 rents oeufs sont entoures d’une enveloppe propre, mais il nous se- rait impossible de dire, si cette membrane doit ötre consider6e comme un chorion ou si elle est une membrane vitelline. Diese Membran ist an den Rändern von fransenförmigen Anhängen versehen, welche so äusserst zart und durchscheinend sind, dass sie nur bei ziemlich starker Vergrösserung wahrgenommen werden können. Bei befruch- teten Eiern sitzen zwischen den Falten oder freien Räumen dieser franzenförmigen Anhänge zahlreiche Spermatozoiden Die Spermato- zoiden müssen die umhüllende Haut perforiren, denn man trifft an befruchteten Eiern zwischen dieser Membran und dem Dotter immer einzelne Spermatozoiden an. Die Spermatozoiden sind ausserordentlich klein und sehr beweg- lich, der Schwanz ist auch bei der stärksten Vergrösserung nur haarfein. Die ersten Veränderungen, welche man an dem befruchteten Ei beobachtet, bestehen in einem vollkommenen Schwinden des Kerns. Der Kern welcher zuerst eine fast kreisförmige Gestalt hat, nimmt allmählig eine andere Form an, die Ränder werden mehr oder weniger ausgezackt, der Inhalt verflüssigt, und nach einer halben Stunde ist der Kern vollkommen verschwunden (Fig. 2). Das Schwinden des Kernes als eine der ersten Veränderungen im befruchteten Ei ist in der letzten Zeit von einer grossen Zahl von Beobachtern an Eiern verschiedener Thierspecies wahrgenommen. Aber nicht allein an befruchteten, auch an nicht befruchteten Tetrastemma varicolor schwindet der Kern, kurz nachdem das Ei abgelegt ist, (gewöhnlich nach einer halben oder ganzen Stunde), wenn man es nur in einem Schälchen mit Seewasser bewahrt; Greeff !) hat eine ähnliche Beobachtung bei Asteracanthion rubens gemacht. Gleichzeitig mit dem Schwinden des Kernes treten amoeboide Bewegungen in dem Dotter auf. Der Dotter fängt an sich zu con- trahiren und entfernt sich mehr oder weniger von der Umhüllungs- haut, um nach kurzer Zeit seine frühere Gestalt wieder an zu l) R. Greef. Ueber den Bau der Echinodermen 4 Mitth Sitzungsb. der Gesellschaft zur Beförd der gesamm. Naturw. in Marburg N. 1. 1876. 208 nehmen. Nach einigen Augenblicken der Ruhe, fangen die Con- tractions-Erscheinungen von neuem an. Gleichzeitig werden zwei kleine Körperchen „Richtungsbläschen oder Richtungskörperchen” ausgepresst die immer unmittelbar einander anliegen und wie mir schien auch immer unter einander zusammenhängen. Ueber den Ursprung dieser Richtungskörperchen kann ich bei Tetrastemma nichts Bestimmtes angeben, ebenso wenig als über das Entstehen karyolitischer Figuren, welche jetzt schon von zahlreichen Beo- bachtern, wie z. B. von Auerbach!), Bütschli?), Strasburger °), Flemming *), Fol5), Hertwig®) u. A. an Eiern verschiedener Thier- species bei dem Furchungsprocess wahrgenommen sind. Die Ursache davon glaube ich wohl hauptsächlich daran zuschreiben zu müssen, dass der Dotter bei den Eiern von Tetrastemma so dunkel granu- lirt ist, und die Eier dadurch also vollkommen undurchsichtig sind , während jeder Versuch das Ei unter dem Compressorium leicht zu drücken gewöhnlich fehlschlug, da die Umhüllungshaut reisst und der Inhalt austritt. Auch Behandlung mit Essigsäure von 1°/, gab nicht die gewünschten Resultate. Nachdem die Richtungsbläschen ausgepresst sind, zeigt sich auf der Dotteroberfläche eine seichte Einschnürung, welche nach einigen Augenblicken wieder verschwindet um nach einer kurzen Pause auf’s neue zurückzukommen. Zuweilen wiederholt sich dies einige Male hinter einander. Endlich wird die Einschnürung bleibend, wird tiefer und tiefer, bis endlich das Ei sich in zwei vollständig 1) Auerbach Organologische Studien 2 Helft 1874. 2) Bütschli. Studien über die ersten Entwickelungsvorgänge der Eizelle, die Zelltheilung und die Conjugation der Infusorien 1876. 3) Strasburger. Sur la formation et la division des Cellules. Edit. franc. 1875. 4) Flemming. Studien in der Entwickelungs-geschichte der Najaden. Wiener Sitzungsb LXXI 1875. III Abth. Feb. Heft. 5) Fol. Die ersten Entwickelung des Geryonideneies. Jenaische Zeitschrift. Bd. IX. 1875 pag. 195. Derselbe. Sur le developpement des Pteropodes. Archives de Zoologie experim. T. IV p. 104. 1874. 6) Hertwg: Beiträge zur Kenntniss der Bildung, Befruchtung und Be: des thierischen Eies. Morphol. Jahrb. I p. 347. 1875. 209 gleiche Halften getheilt hat, was gewöhnlich eine Stunde nach der Befruchtung statt findet. In keinem der beiden Theilstücke war der Kern zu sehen (Fig. 3). Auch an Eieren, welche unter dem Compres- sorium gedrückt sind, gelingt es nicht einen Kern sichtbar zu machen. Auf die Theilung in zwei folgt ein Stadium der Ruhe. Dies Stadium ist jedoch von kurzer Dauer. Bald fängt jedes der beiden Theil- stücke an dieselben Erscheinungen zu zeigen als vor kurzer Zeit das noch ungetheilte Ei, bis endlich jedes Theilstück in zwei vollkom- men gleiche Hälften getheilt ist und das Ei also jetzt aus vier voll- kommen gleichen Furchungskugeln besteht. (Fig. 4). Jede dieser vier Furchungskugeln wiederholt dieselben Erscheinungen, nur ver- läuft die Theilung etwas schneller und innerhalb zwei Stunden hat das Ei sich in 8 vollkommen gleiche Theile geheilt. (Fig. 5). So bald 8 Furchungskugeln vorhanden sind, ist in jedem dieser Theil- stücke wiederum ein Kern sehr deutlich zu sehen. Dieser Kern un- terscheidet sich gleichwie der im noch unbefruchteten Ei durch den blass granulirten Inhalt sehr deutlich von dem dunkel granu- lirten Protoplasma der Furchungskugeln. Die Theilung wiederholt sich jetzt regelmässig weiter, innerhalb 3 Stunden sind 64 Theilstücke entstanden, sodass endlich nach fol- während fortgesetzter Theilung das Ei in das sogenannte „Morula- stadium’’ übergeht (Fig. 6). In dem Morulastadium fangen die Furchungskugeln welche an der Peripherie gelegen sind, wiederum an eine etwas mehr gleichmässige und glatte Oberfläche zu bilden. Dies rührt hauptsächlich her von der mehr oder weniger eylindri- schen Gestalt, welche die äussere Schicht der Furchungskugeln an- nimmt. An der freien Oberfläche dieser Furchungskugeln entwickeln sich äusserst feine Wimperhaare, während an dem Vorderende ein Bündel sehr langer, aber äusserst feiner Geisselhaare entsteht. Das Embryo fängt jetzt an, innerhalb der Umhüllungsmembran sich zu bewegen und streckt sich mehr oder weniger in longitudinaler Rich- tung, so dass es dadurch mehr eiförmig wird. Endlich reiszt die Umhüllungsmembran und das Embryo fängt an frei und selbständig zu leben. Eine Einstülpung ist bis auf den Augenblick, wo das Embryo die Umhüllungshaut durchbricht und ein freies Leben an- 210 füngt, nicht wahrzumehnen so dass eine Gastraea hier also nicht angetroffen wird. So bald die Embryonen frei sind, begeben sie sich gewöhnlich nach der Oberfläche des Seewassers und nach der Seite des gläsernen Gefässes, welche dem Lichte zugekehrt ist. Ungefähr 24 Stunden nach der Befruchtung sind die Embryonen gewöhnlich schon so weit entwickelt, dass sie die Umhüllungsmem- bran durchbrechen und sich frei im Seewasser bewegen. Um die weitere Entwickelung der Embryonen mit gutem Erfolg zu studiren, zeigte es sich sehr bald dringend nöthig, Quer- schnitte durch die Embryonen anzufertigen, umso mehr als die Embryonen vollkommen undurchsichtig sind und eine Einstülpung an keiner Stelle des Körperembryo sich wahrnehmen lässt. Um aber mit gutem Erfolg Querschnitte durch das zarte Embryonalge- webe anfertigen zu können, war es nöthig dasselbe vorher künst- lich zu härten. Folgende Methode hat mir die besten Resultate gegeben. Mit einer feinen Pipette, werden 30 & 40 Embryonen, so vorsichtig möglich, aus dem gläsernen Gefäss, in welchem sie zur Entwickelung gekommen sind, aufgezogen und in einem Rea- girkelch isolirt, mit so wenig möglich Seewasser. Darauf werden sie mit einem Gemisch gleicher Theile Osmiumsäure von 1,°, und Bi.- chrom. Pot. von 3°), übergossen. Dieses Gemisch hat mir ausgezeichnete Dienste bewiesen, denn nicht allein dass dadurch das äusserst zarte Gewebe der Embryonen eine sehneidbare Härte bekommt, sondern ausserdem werden sie auch durch Osmiumsäure schwarz gefärbt. Nach einer halben Stunde wird das Gemisch abgegossen , die so erhärteten und schwarz gefärbten Em- bryonen mit destillirtem Wasser abgewasschen und dann in abso- luten Aleohol übergebracht. Dann kommen sie für einige Minuten in rectifieirten Terpentin um dann in Paraffin eingeschlossen zu werden. Mit dem Leyser’schen Mikrotom kann man sich dann sehr feine Querschnitte anfertigen. Die ersten Veränderungen, welche man an den frei lebenden Embryonen wahrnimmt, bestehen in einer Differenzirung der an der 211 Peripherie gelegenen Furchungskugeln zu einer regelmässigen Zel- lenschicht, welche das Ektoderm oder äussere Keimblatt bildet. Das -Protoplasma der Ektodermzellen ist an der Peripherie, wo die Flim- merhaare entspringen, mehr dunkel granulirt, während der central- wärts gekehrte Theil dieser Zellen äusserst blass granulirt ist und einen grossen, fast vollkommen hyalinen Kern einschliest. Auf die Zellen des Ektoderms, welche eine einzige Schicht bilden, folgen dann die noch nicht differenzirten Furchungskugeln, welche den Körper des Embryo vollkommen ausfüllen. Dies ist so wohl an Querschnitten wie an Sagittalschnitten vollkommen deutlich wahr- zunehmen. Von einer Einstülpung oder von der Entwickelung eines Darmtraetus ist in diesem Stadium durchaus noch nichts zu sehen (Vergl. Fig. 8 u. 9). Die Differenzirung der äussersten Schicht von Furchungskugeln, zu einer regelmässigen Zellenschicht, zum Ekto- derm oder äusseren Keimblatt-ist nicht allein an Quer-und Sagittal- schnitten, sondern auch an lebendigen Embryonen sehr deutlich zu sehen, besonders wenn sie mit grosser Vorsicht unter dem Com- pressorium gedrückt werden. (Fig. 7) Nach 5—6 Tagen, wenn der Bündel langer Geisselhaare am vor- deren Körperende noch vollkommen deutlich zu sehen ist, entwic- kelen sich am Hinterende des Körpers 1—2 sehr lange aber äusserst dünne, starre Haare oder Borsten. Macht man in diesem Stadium durch die Embryonen Querschnitte, dann bemerkt man dass die übrige Furchungskugeln sich ebenfalls langsam zu regelmässigen Zel- lenschichten zu differenziren anfangen. Querschnitte so wohl als Sagittalschnitte lehren namentlich, dass auf die äussere Zellenschicht oder das Ektoderm, eine Schicht langer, mehr oder weniger schmaler, cylindrischer Zellen folgt, welche ebenfalls nur eine einzige Schicht bilden und das mittlere Keimblatt oder das Mesoderm darstellen , während darauf eine Schicht mehr platter, dunkler granulirter Zellen folgt, welche das Entoderm oder das innere Keimblatt bilden. Innerhalb dieser Schicht des Entoderms liegen dann die noch übrig gebliebenen Furchungskugeln , welche sich nicht weiter differenziren , sondern in fettige Degeneration übergehen und dem Embryo zur Nahrung dienen. 212 In diesem Stadium kann man also an dem Embryo drei Keim- blätter unterscheiden: das äussere Keimblatt, Ektoderm oder Haut- blatt; das mittlere Keimblatt, Mesoderm oder Muskelfaserblatt; und das innere Keimblatt, Entoderm oder Darmdrüsenblatt. Untersucht man in diesem Stadium noch lebendige Embryonen unter dem Mikroskop, dann kann man sich leicht überzeugen, dass die früheren, einander vollkommen gleichen Furchungskugeln sich zu Zellen differenzirt haben, die deutlich drei verschiedene Schichten bilden. Eine Darmwand, durch die Zellen des Entoderms gebildet ist sehr gut zu sehen. Die Darmhöhle , welche mit einer sich in fettiger Degeneration befindenden Masse angefüllt ist, von den Furchungs- kugeln herrührend, welche keinen Antheil an dem Bau des Embryo genommen haben, steht noch nicht mit der Aussenwelt in Com- munication, Mund- und Afteröffnung haben sich noch nicht gebildet. Am sechsten Tag fangen die langen Geisselhaare am vorderen Körperende, so wie die langen, dünnen, starren Haare am hinteren Körperende an, sich zurück zu bilden, am vorderen Körperende entwic- keln sich an der Rückenseite ein Paar, später zwei Paare kleiner Pismentflecke, welche am Körper dieselbe Stelle einnehmen als die beiden Paare Augen bei dem ausgewachsenen Thiere.. Am sie- benten Tag bricht die Mundöffnung von innen nach aussen durch, kurze Zeit nachher auf ähnliche Weise die Afteröffnung und das junge Individuum gleicht jetzt schon sehr dem Mutterthier. Die Entwickelung ist bei Tetrastemma varicolor also eine directe. Auch von anderen Autoren wird angegeben, dass die Arten der Gattung Tetrastemma sich direet entwickeln i. e. ohne Metagenesis. So z. B. lesen wir bei Metschnikoff in seiner „Entwickelung der Echinodermen und Nemertinen” folgendes in Bezug auf die Onto- genie von einem Tetrastemma von ihm in Neapel beobachtet: „die Segmentation ist eine totale, die Zellen sind kuglig und eine Seg- mentationshöhle ist nicht vorhanden. Die Zellen lagern sich in zwei Massen deren weitere Entwickelung der Undurchsichtigkeit halber nicht zu verfolgen gewesen ist. Der Darm wird nicht eingestülpt, sondern aus der centralen Masse der Embryonalzellen herausgebil- det.” Wie kurz die Mittheilung Metschnikoff’s auch sein möge, so 213 stimmt sie doch in der Hauptsache vollständig mit dem von mir bei Tetrastemma erlangten Resultat überein. Dieck !) welcher die Entwickelungsgeschichte von Cephalotrie Galatheae, einem ebenfalls den Nemertinen angehörenden Wurm in Messina untersucht hat, fand auch bei dieser Art, die äussere Zellenschicht, das Ektoderm, an der freien Oberfläche mit Cilien besetzt, während schon früher das Entoderm durch Differenzirung einer zweiten, inneren Zellen- schicht entstanden ist. Innerlich befindet sich im Embryo eine Höhle, mit einem granulösen Inhalte gefüllt, welchen Dieck als den Rest des Nahrungsdotters (Deutoplasma van Beneden) betrachtet. Dennoch unterscheidet sich Cephalotrix von Tetrastemma, indem beim erstgenannten Thiere die Entwickelung nicht direct statt fin- det, während bei Cephalothrix das alte Wimperkleid abgestossen wird um einem neuen Platz zu machen, welches sich schon unter dem alten Wimperkleide angelegt hat. Ueber die weitere Entwickelung kann ich nur sehr wenig mit- theilen, indem der grösste Theil des Materials verbraucht war und das sehr ungünstige Wetter mir nicht zustand für neuen Vor- rath zu sorgen. Was ich habe beobachten können, theile ich hier mit: Ungefähr eben unterhalb der Stelle, wo das untere Paar Pig- mentflecken gelegen ist, fängt am siebenten oder achten Tag die Ektodermschicht an stark zu prolifiriren, wie an wirklichen Quer- schnitten sehr deutlich sichtbar war. Aus dieser nach innen gekehrten Verdickung des Ektoderms entwickelt sich das Nervensystem. In dem vorderen Körpertheil sendet der Darmkanal an der Rücken- seite einen breiten Fortsatz ab, welcher sich allmählig mehr und mehr vom Darm abschnürt und zum Rüssel wird, wenigstens zu dem drüsigen Theil des Rüssels. An der Stelle wo der Darm eine Ausstülpung bildet, entsteht zuerst eine starke Wucherung des Mesoderms, aus welcher sich die Muskeln des Rüssels entwickelen werden, während kurze Zeit nachher auch die anderen Zellen des 1) Dieck Beiträge zur Entwickelüngsgeschichte der Nemertinen. Jenaische Zeitschrift B. VIII. S. 500. 1874. 214 Mesoderms sich zu theilen anfangen, um so den Hautmuskelschlauch dar zu stellen. Auf welche Art der Rüssel nach aussen durch- bricht, weiss ich nicht, ob hier, entweder wie bei der Bildung der Mundöffnung, der Rüssel von innen nach aussen durchbricht, oder am vorderen Ende des Körpers eine Einstülpung entsteht, welche dann nach innen durchbricht und so mit dem vom Darme abgesch- nürten Rüsseltheil sich vereinigt, kann ich nicht angeben. Von Blut- gefässen und Geschlechtsorganen war in diesem Stadium noch nichts zu sehen. Wenn wir die hier erlangten Resultate kurz zusammenfassen so finden wir dass bei: 1. Tetrastemma varicolor der „Kern im befruchteten Ei vollständig schwindet und immer zwei Richtungsbläschen ” austreten, welche höchst wahrscheinlich die Residuen des verschwundenen Kernes sind. 2. Die Theilung ist eine vollkommene und regelmässige, 3. Aus den im Anfange einander vollkommen gleichförmigen Furchungskugeln entwickelen sich drei Keimblätter, Ektoderm, Me- soderm und Entoderm. Die übrigen Furchungskugeln, welche die centrale Masse bilden und innerhalb des Entoderms gelegen sind, gehen in fettige Degeneration über und dienen so dem Embryo zur Nahrung. 4. Das Ektoderm welches sich zuerst differenzirt, bekleidet sich regelmässig mit Wimperhaaren. Am Vorderende des Embryo ent- steht ein Bündel sehr langer, äussert dünner Geisselhaare und am Hinterende 1—2 lange, starre Haare. 5. Aus dem Ektoderm entwickelt sich die Epidermis und das Nervensystem; aus dem Mesoderm der Hautmuskelschlauch, die Muskeln des Rüssels und mit grösster Wahrscheinlichkeit Blut- und Geschlechtsorgane; aus dem Entoderm der Darmkanal und in dem vorderen Körperende durch Abschnürung vom Entoderm , der drüsige Theil des Rüssels. 6. Mund- und Afteröffnung bilden sich nicht durch. Einstülpung, sondern brechen von innen nach aussen durch. Eine Gastraea kommt also bei Tetrastemma varicolor nicht vor. 215 7. Die Entwickelung von Tetrastemma varicolor ist eine directe. 8. Am fünften bis sechsten Tag der Entwickelung bilden sich die Geisselhaare am vorderen Körperende zurück, so wie die lan- gen, starren Haare am hinteren Körperende und zeigen sich zuerst die Augenflecken. Fig. Fig. out om - .L1: ERKLARUNG DER ABBILDUNGEN. Richtungsbläschen. Umhüllungshaut. Ektoderm. Mesoderm. Entoderm. Anus Mund. Noch unbefruchtetes Ei von Tetrastemma varicolor. Hartnack. Obj. 7. Befruchtetes Ei, in welchem der Kern geschwunden ist. Zeiss. Obj. CC. Ei in zwei vollkommen gleiche Furchungskugeln getheilt. Zeiss. Obj. CC. Ei in vier Furchungskugeln getheilt. Zeiss. Obj. CC. Ei in acht Furchungskugeln getheilt. Zeiss. Obj. CC. Morula-Stadium. Zeiss. Obj. CC. Embryo am Ende des zweiten Tages. Zeiss. Obj. BB. Wirklicher Querschnitt durch ein Embryo vom vierten Tage. Hartnack. Obj. 8. Wirklicher Sagittalschnitt durch ein Embryo vom vierten Tage. Hartnack. Obj. 8. Wirklicher Querschnitt durch ein Embryo vom sechsten Tage. Hartnack. Immersion. 10. Junges Individu vom siebenten Tage. Hartnack. Obj. 5. Alle Figuren sind mit dem zeichenprisma nachgezeichnet. ZUR ANATOMIE DER RETINA. III. Ueber den Bau der Retina bei den Vögeln voN C. K HOFFMANN. HIERZU TAF. XIV. Bekanntlich kommen in der Retina bei den Vögeln zweierlei Art von percipirenden Elementen vor: Stäbchen und Zapfen. Aus den schönen Untersuchungen von Max Schultze wissen wir dass die Zapfen bei den Tagvögeln in bedeutend hervorragender Zahl vor- handen sind, während dagegen bei den Nachtvögeln die Stäbchen die Ueberhand haben und die Zapfen sehr in den Hintergrund treten. Die Stäbchen (langen Sehzellen). Bei allen Vögeln, welche ich Gelegenheit gehabt habe zu unter- suchen (Gallus domesticus, Fringilla cardinalis, Fringilla spinus , Phoenicopterus antigquorum, Struthio camelus) kommt nur eine Art von Stäbchen vor. Das nach aussen gekehrte, im Retinalpigment versteckte Ende ist bei allen kuppenförmig gewölbt. Die longitu- dinale Streifung ist bei weitem nicht so deutlich zu sehen als an den Aussengliedern der Amphibienstäbchen. Die Furchen sind viel schmaler und dadurch auch die Leisten nicht so scharf ausgeprägt. Am schönsten sind sie noch zu sehen an frischen Praeparaten,, weniger deutlich treter sie hervor nach Osmiumsäure-Behandlung (Vergl. 218 Fig. 7 u. 8). Wie bei den Amphibien verlaufen die Leisten und Furchen einander nicht parallel, sondern beschreiben eine mehr oder weniger langgestreckte Spirale. Im allgemeinen stimmt die Länge und die Breite der Stäbchenaussenglieder nahezu mit einander überein. Grössere Unterschiede dagegen zeigen die Innenglieder. Das dem Aussengliede zugekehrten Ende ist gewöhnlich kelchartig ver- breitert und setzt sich hinterwärts in einen mehr oder weniger feinen Faden fort. Bei allen kommt an der Stelle wo Innenglied an Aussenglied grenzt, das von Krause als „Opticus-Bllipsoide” von Max Schultze als „linsenförmiger Körper” bezeichnete Gebilde vor. (Fig. 1---12). Besonders nach Maceration in Jodserum treten diese linsenförmigen Körper sehr deutlich hervor. Im frischen Zustande sind dieselben vollkommen homogen, nach Maceration in Jodserum , werden sie bald mehr oder weniger fein körnig. Gegen Reagentien verhalten sie sich ähnlich wie bei den Amphibien. Mit der planen Fläche liegen sie immer unmittelbar dem Aussengliede an, im fri- schen Zustande die ganze Breite des Innengliedes einnehmend. Beim Huhn (Fig. 2 u. 3), bei Phoenicopterus (Fig. 7 u. 8) und bei Struthio (Fig. 9, 10 und 11) kommt dagegen noch ein zweites lichtbrechen- des Körperchen im Innengliede vor. Im frischen Zustand ist es voll- kommen homogen. Nach Osmiumsäure-Behandlung färbt es sich dunkler als der linsenförmige Körper. Nach Maceration in Jodse- rum bleibt es unverändert wie der linsenförmige Körper. Im frischen Zustande hat es beim Huhn (Vergl. 2und 4) eine kegelförmige Ge- stalt, mit der Spitze nach hinten, mit der leicht concaven Basis fast unmittelbar der convexen Fläche des linsenförmigen Körperchens angefügt. Nach Maceration in Jodserum bekommt es mehr eine fadenförmige Gestalt. (Fig. 3). Aehnlich wird es von Max Schultze !) und Schwalbe ?) beschrieben. Es ist höchst wahrscheinlich dass „die l) Max Schultze. Ueber Stäbchen und Zapfen der Retina. Archiv für mikrosk Anat. Bd. III p. 215. Derselbe. Die Retina in Stricker's Handbuch. 2) Schwalbe. Mikroskopische Anatomie des Sehnerven, der Netzhaut u. s. w. im Handbuch der gesammten Augenheilkunde von Graefe und Saemisch. 219 feine Faser in der Axe des Innengliedes” welche Krause }) beschrieben, scheinbar in Zusammenhang mit dem linsenförmigen Körperchen gesehen und für die Endigungen des Opticus erklärt hat, nichts anders als das veränderte, zweite lichtbrechende Körperchen im Innengliede der Vögel (Huhn) gewesen ist. Bei Phoenicopterus hat es mehr eine ovale Gestalt und gleicht vollkommen einer kleinen stark brechenden Linse mit starkem Krum- mungsstrahl (Fig. 8 und 9). Im normalen Zustande scheint diese zweite Linse unmittelbar dem linsenförmigen Körper anzuliegen in der Art, dass sein Längsdurchmesser mit dem longitudinalen Durch- messer des Stäbchens zusammenfällt. Nach Maceration in Jodserum dagegen löst es sich vom linsenförmigen Körperchen ab und liegt frei in der Substanz des Innengliedes. Fast ebenso verhält sich Struthio camellus. (Vergl. Fig. 9—10). Die übrige Substanz des Innengliedes besteht aus einer klaren, fast vollkommen homogenen, nur selten äusserst fein körnigen Masse. Nach innen verschmälert das Innen- glied sich sehr stark um dann in der Gegend der sogenannten äus- seren Körnerschicht wieder eine starke Auftreibung zu bilden, in welcher der Kern der langen Sehzelle (Körn der äusseren Körner- schicht) liegt. Nur bei Struthio camellus bleibt das Innenglied über seine ganze Länge überall sich gleich wie bei den Crocodilen und Am- phibien. (Fig. 11). Auch bei den Vögeln muss man wie bei den Amphibien und Reptilien „Innenglied”’ und „Korn der äusseren Körnerschicht” nicht als zwei verschiedene, einander fremde, son- dern als ein einziges zusammengehörendes Gebilde betrachten, als eine einzige Zelle, von welcher das „Korn der äusseren Körner- schicht” den Zellkern, das Innenglied den Zellkörper repraesentirt. Die Membrana limitans externa welche man als Grenzscheidung zwischen „Innenglied’” und „Korn der äusseren Körnerschicht” an- nimmt, hat doch eigentlich nichts mit der Structur des Innengliedes und des Kornes der äusseren Körnerschicht zu schaffen, es ist bloss ein an der äusseren Fläche gelegenes Gebilde, dessen Stelle nicht 1) W. Krause. Ueber die Endigung des Nervus opticus. Archiv für Anatomie und Physiologie von Reichert und Dubois Reymond p. 243 u. p. 643. 1867. 220 ımmer dieselbe ist. Innenglied und Korn der äusseren Körnerschicht gehen ohne bestimmte Grenzen in einander über, beide sind Theile eines nur einzigen Gebildes, einer einzigen Zelle. Im Gegensatz zu Innenglied und Korn der äusseren Körnerschicht der Zapfen, welche man beide zusammen ebenfalls als eine einzige Zelle be- trachten muss, kann man Innenglied und Korn der äusseren Körnerschicht der Stäbchen als „lange Sehzellen”” und Innenglied und Korn der äusseren Körnerschicht der Zapfen als „Kurze Seh- zellen bezeichnen.” Die Zellkerne der Sehzellen (respeetive Körner der äusseren Kör- nerschicht) liegen bei allen der von mir untersuchten Vögel nur in zwei Reihen. In der inneren Reihe unmittelbar in der äusseren granulirten Schicht wurzelnd, liegen die Zellkerne der langen Seh- zellen, während wie wir gleich sehen werden, in der oberen Schicht unmittelbar unter der Membrana limitans externa, die Zellkerne der kurzen Sehzellen sich befinden, ein Verhältniss auf welches Max Schultze schon aufmerksam gemacht hat. Auch bei den Vögeln dürfen wir eine äussere Umhüllungsmembran um das Aussenglied als Fort- setzung des Innengliedesalsin Wirklichkeit bestehend wohl annehmen. Besonders nach Maceration in Jodserum trift man zuweilen Prae- parate wo man sehr deutlich sehen kann, dass die Substanz des Innengliedes noch eine Strecke weit über das Aussenglied als eine glashelle Membran sich fortsetzt. (Vergl. Fig. 9). Diese glashelle Membran müssen wir uns als eine Fortsetzung der Wand (Zellmem- bran) des Innengliedes denken. Ob diese Membran das Stäbchen- Aussenglied vollständig umgiebt oder nur eine Strecke weit das Aussenglied umhüllt, kann ich, ungeachtet Durchmusterung zahl- reicher Praeparate , nicht bestimmt angeben. Auch Merkel '') hat schon früher auf das Vorkommen einer Um- hüllungshaut bei den Stäbchen und Zapfen der Vögel hingewiesen welche er bei den Amphibien vergebens gesucht hatte. Bei den Vögeln ist jedoch nach Merkel „das ganze Stäbchen und der ganze 1) Merkel. Zur Kenntniss der Stäbchenschichte der Retina. Zeitschrift für Anatomie und Physiologie von Du Bois. Reymond und Reichert 1870 p. 642. 221 Zapfen gleichmässig von einer leicht sichtbaren, kräftigen Membran umkleidet, welche in Zusammenhang mit dem Bindegewebe der äusseren Körnerschicht steht und daher völlig unzweifelhaft in rich- tiger Weise erkannt werden kann.” Was Merkel unter dieser Membran versteht, kann nichts’ anderes sein als die sogenannten Schultze'schen Faserkorben, welche jedoch ganz anders sich ver- halten als Merkel angiebt. Mit vollem Recht hebt Max Schultze ') hervor, dass die von der Basis eines Stäbchens, respective Zapfens ab- gehobenen Fasern nach aussen divergirend auseinander laufen und besonders, dass die Fasern auch unendlich viel feiner und dichter sind als Merkel seiner Abbildung zufolge annimmt. Ich habe die Max Schultze’schen Faserkorben (Vergl. Fig. 12) in ähnlicher Weise gesehen, wie er dieselben so schön abgebildet hat (dessen Archiv. Bd. VII Taf. XX fig. 21 u. 22) und kann zu deren Darstellung besonders vorherige Behandlung in Osmiumsäure (1°/,) und am darauf folgenden Tage lange Maceration in distill. Wasser, besser noch in Müller’scher Flüssigkeit empfehlen. Wirft man einen Blick auf Fig. 15 der Merkel’schen Abbildung, so überzeugt man sich gleich, dass die Abbildung welche er giebt eine vollkommen naturgetreue , die Beschreibung welche er jedoch von der Membran giebt, nicht mit der Abbildung in Einklang steht. In der angegebenen Figur sieht man nämlich von der Substanz des Innengliedes, mit anderen Worten, von der Zellmembran der kurzen Sehzellen einen deutlichen Fortsatz abgehen, welcher als eine vollständig geschlossene Kappe die Substanz des Aussengliedes umhüllt. Wie wir gleich bei den Zapfen sehen werden, ist es nicht schwierig derartige Praeparate bei den Vögeln in sehr grosser Zahl anzutreffen. Aber von einer Umhüllungshaut des Innen- und Aussengliedes als einer unmittel- baren Fortsetzung der Membrana limitans externa, welche Merkel beschreibt, giebt die betreffende Figur nichts an, wie denn auch in Wirklichkeit eine derartige Membran, die Schulize’schen Faser- korben natürlich nicht mit gerechnet, nicht existirt. 1) Max Schultze. Neue Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Retina. Dessen Archiv. Bd. VII p. 244 Taf. XX. 1871. 15 222 Schwalbe ') giebt ebenfalls an, dass er sich von einer Umhüllungs- membran im Sinne Merkel’s niemals hat überzeugen können. Ob auch bei den Vögeln von der Substanz des Innengliedes haarförmige Fortsätze abtreten, ist überaus schwierig mit Bestimmt- heit zu sagen. Beim Huhn ist er‘mir gelungen solche haarförmige Fortsätze zu sehen, welche aber durch ihre ungemein grosse Fein- heit und Zartheit wirklich kaum zu unterscheiden sind und nur bei den stärksten Vergrösserungen (Hartnack Imm 10; Zeiss, Immersion 2 und 3) und klarster Beleuchtung unterschieden werden können. Beim Huhn sind sie noch viel feiner und zarter wie bei den Amphibien. Ihre Länge war überhaupt nicht zu bestimmen, nach Schätzung könnte ich sie 12—16 Mikromillm. verfolgen, dann entzogen sie sich der Beobachtung (Vergl. Fig. 13 und 14). Aber auch bei Struthio * camelus habe ich von der Substanz des Innengliedes feine haarförmige Fortsätze abtreten sehen. Hier waren sie etwas stärker und dicker, aber für die Beobachtung nicht so lang als beim Huhn (Fig. 15 und 16). Bei den anderen untersuchten Vögeln habe ich sie dagegen nicht auffinden können. Länge der langen Sehzellen. (Aussenglied + Innenglied) inclusive äusseres Korn. Gallus domesticus = 34,5 — 37,5 Mik = (12,5 — 13,5 + 22 — 24 Mik) Fringilla spinus —=4 —4 Mik=(13 —14 +28 — 30 Mik) Phoenicopterus antiquorum —54 —57 Mik=(32 —34 +22 — 23 Mik) Struthio Camelus —=65 —68 Mik=(25 —26 +40 — 42 Mik) Fringilla cardinalis —=833 —42 Mik=(16 —18 +22 — 24 Mik) Breite der langen Sehzellen an der Stelle wo Innenglied an Aus- senglied grenzt Fringilla spinus = 2,5 — 2,75 Mik Gallus domestieus — AN Nun Phoenicopterus antiquorum — 3,6 — 4,0 Mik Struthio camelus — 3,2 — 3,4 Mik Fringilla cardinalis =3,0 — 3,2 Mik 1) Schwalbe L. c. p. 411. 998 ud Zapfen (kurze Sehzellen). Bei allen Vögeln kommen einfache und Doppelzapfen vor. Einfache Zapfen. Die Gestalt der einfachen Zapfen ist bei vielen Vögeln eine ausserordentlich wechseinde. Wie bei den Reptilien kann man einfache Zapfen mit gefärbten und ungefärbten Kugeln und einfache Zapfen ohne solche Bildun- gen unterscheiden. Was allererst die letztere Art angeht, also Zapfen ohne Kugeln, so ist ihre Anzahl in Vergleichung mit den anderen eine sehr geringe und ihre Form oft eine sehr verschiedene. Beim Huhn unterschei- den sich die Meisten durch ihren eigenthümlichen Bau; sie haben eine deutlich ausgeprägte kegelförmige Gestalt und bergen in ihrem Innern zwei Arten lichtbrechender Körper, ein linsenförmiges Körperchen und eine Ovale oder Ellipsoide. Letztere ist volkom- men klar und sehr stark lichtbrechend, nach Osmiumsäure-Be- handlung tritt dieselbe sehr scharf hervor, während sie nach Maceration in Jodserum, Stunden lang unverändert bleibt und ihr glänzendes Aussehen beibehält. Dagegen trübt der linsentörmige Körper sich sehr bald nach dem Tode und nur in den vorzüglichst conser- virten Praeparaten kann man sich überzgugen, dass auch der lin- senförmige Körper ein klares, durchsichtiges, aber weniger stark lichtbrechendes Gebilde ist (Vergl, Fig. 17) so dass also hier die einfachen Zapfen vollkommen denselben Bau zeigen als die in vie- len Fällen ungefärbten Nebenzapfen der Zwillingszapfen. Aehnlich verhalten sich die ungefärbten Zapfen bei Fringilla spinus (Vergl. Fig. 18). Die einfachen Zapfen mit linsenförmigen Körperchen und Ovalen sind allerdings selten und so erklärt es sich wie Merkel ') zu der Annahme kommen konnte, dass die einfachen Zapfen nie- mals ein Oval führen, sondern nur mit einem Ellipsoid ausgestattet sind. Dazwischen kommen ähnliche Zapfen von etwas anderer Ge- stalt vor, bei welchen das Innenglied viel schmaler ist und welche nur ein linsenförmiges Körperchen einschliessen. Im Allgemeinen unterscheiden sich die Aussenglieder dieser Zapfen 1) Merkel L. c. p. 693. 224 durch ihre bedeutende Kürze welche nur zwischen 3,5 Mik — 4,5 Mik schwankt. Einfache Zapfen mit gefärbten oder ungefärbten Kugeln. Was zuerst die Farbe der Kugeln angeht, so können die Kugeln alle mögliche Farben annehmen: roth, orange, gelb, hellgrün, gelblich grün , hellblau, orange-roth , orange-gelb, blau-grün,, hell- und dunkel- roth u.s. w. und endlich kan man auch vollkommen farblose Kugeln unterscheiden. Ich kann mich durchans nicht mit den Angaben von Max Schultze!) vereinigen, dass nur dreierlei Art von gefärbten Kugeln bei den Vögeln angetroffen werden, noch mit Schwalbe ”) dass blaue Kugeln nicht vorkommen, sondern habe mich wiederholt über- zeugen können, dass grüne und blaue Kugeln (gewöhnlich von heller Farbe, aber von verschiedenen Nuancen) in den Zapfeninnenglie- dern der meisten Vögeln vorkommen, wie auch schon früher von Krause ®2) und Dobrowolsky *) angegeben ist. Auch Talma °) spricht über das Vorkommen blauer Kugeln beim Huhn. Was zuerst den Bau der farbigen Kugeln angeht, so habe ich mich oft von der Andeutung einer Schichtung überzeugen können, wie dies auch von Schwalbe und in den Abbildungen von Max Schultze an- gegeben wird. Die Länge der Aussenglieder der einfachen Zapfen zeigt bedeu- tende Verschiedenheiten. Dobrowolsky giebt an, dass diese Länge von der Farbe der gefärbten Kugel abhängt und dass die Zapfen mit rothen Kugeln die längsten Aussenglieder neben relatif kurzen Innengliedern haben sollten, während die blauen sich gerade um- gekehrt verhalten. Dies habe ich indessen nicht bestätigen können, denn es kommen so wohl lange Innenglieder mit rothen Kugeln und 1) Max Schultze, 2) Schwalbe. L. c. p. 414. 3) Krause. Die membrana fenestrata der Retina. Archiv. für Anat. und Phys. 1871. p. 208. 4) Dobrowolsky. Zur Anatomie der Retina. Archiv. für Anat. und Phys. 1871. p. 208. 5) Talma. Over de kegels en hunne gekleurde kogels in het netvlies van vogels. Onderzoekingen gedaan in het phys. laboratorium. Derde reeks II. 1873. p. 259. 225 kurzen Aussengliedern als umgekehrt kurzer Innenglieder mit blauen und farblosen Kugeln und langen Aussengliedern vor. Im Allgemeinen sind aber die Zapfenaussenglieder in so hohem Grade vergängliche Gebilde, dass es wirklich kaum möglich ist, mit einiger Genauig- keit die Länge der Zapfenaussenglieder zu bestimmen. Im All- gemeinen fand ich, dass die Zapfen, welche keine gefärbte Kugeln besitzen, die kurzesten Aussenglieder haben, so z. B. beim Huhn 4,5 Mikromillm., bei Fringilla spinus 3,5 Mikromillm. Die Form der Zapfen-Innenglieder mit gefärbten Kugeln ist eine sehr wechselende Im allgemeinen kann man bei vielen Vögeln (Fringilla spinus, Fringilla cardinalis) zweierlei Art von Innenglie- dern unterscheiden: stäbchenförmige und kegelförmige, welche aber durch zahlreiche Zwischenstufen in einander übergehen. Die stäbchenförmigen Innenglieder der einfachen Zapfen (vergl. Fig. 19, @, d, c) sind ihrer ganzen Länge nach fast überall von gleicher Breite, welche von 1,8 Mik bis 3,5 Mik wechselt. Damit in Uebereinstimmung steht der Diameter der gefärbten Kugel, welcher den Diameter des Zapfeninnengliedes fast vollständig ausfüllt. Jedes dieser Zapfeninnenglieder bezitzt ein plan-convexes linsenförmiges Körperchen welches nach dem Tode sich sehr bald trübt. Die Länge der Aussenglieder dieser stäbchenförmigen Zapfen wech- selt zwischen 12—18 Mikromillm. Am deutlichsten sind diese stäb- chenförmigen Zapfen bei Fringilla spinus und Fringilla cardinalis , bei den anderen untersuchten Vögeln tritt ihre Gestalt viel weniger deutlich hervor; zwischen diesen stäbehenförmigen Zapfen — welche was ihre Länge angeht mit den kegelförmigen übereinstimmen —., kommen zahlreiche kleinere Zapfen vor, deren Aussenglieder kaum so hoch reichen als die gefärbten Kugeln der grösseren Zapfen. Talma !) hat auf das Vorkommen dieser kleinen Zapfen schon auf- merksam gemacht. Kegelförmige Zapfen. Bei den kegelförmigen Zapfen (Vergl. Fig. 21—24) hat das Innenglied eine exquisit kegelförmige Gestalt. 1) Talma. L. ce. 226 Bei Fringilla spinus liess sich in diesen Zapfen so wohl ein linsenför- miger Körper als ein Ellipsoid nachweisen. Der linsenförmige Körper zeigte nicht überall eine ähnliche Structur, der nach in- nen gekehrte Theil, war viel dunkler granulirt als der übrige nach aussen gekehrte Theil. Aehnliche Zapfen wurden auch beim Huhn angetroffen. Bei anderen dagegen kommt nur ein linsen- förmiger Körper, dagegen kein Ellipsoid vor. In Allgemeinen zei- chnen sich diese Zapfen durch die sehr geringe Länge der Aussen- glieder aus. Zwischen den stäbchen- und exquisit kegelförmigen Zapfen kom- men nun alle mögliche Uebergangsformen vor (Vergl. Fig. 24—42). Bei allen lässt sich ein linsenförmiges Körperchen leicht nachweisen , dagegen konnte ich ein Ellipsoid nicht auffinden. Die Länge der Aussenglieder dieser Zapfen wechselt zwischen 8—12 Mikromillm. Bei Struthio camellus kommt in den Innengliedern dieser Zapfen ausserdem noch ein stark lichtbrechendes Körperchen vor, das ge- wöhnlich dem linsenförmigen Körper eng anliegt (Vergl. Fig. 43 u. 44). Mit den Innengliedern respective Körpern der kurzen Sehzellen stehen die Stäbehenkörner respective Kerne der kurzen Sehzellen in Verbindung. Das Stäbchenkorn liest mit nur wenigen Ausnahmen immer in der obersten Reihe der äusseren Körnerschicht, unmit- telbar also unter der Membrana limitans externa. Die von dem Korn der äusseren Körnerschicht entspringende Zapfenfaser hat also immer nur eine sehr geringe Länge, indem — wie schon angegeben — die äussere Körnerschicht immer nur aus zwei Reihen Körner besteht. Von dem Innengliede setzt sich eine feine Hülle nach aussen fort, welche die Substanz des Zapfenaussengliedes vollständig um- giebt und so eine Umhüllungsmembran für das Aussenglied bildet. Besonders an den Zapfen sind diese Hüllen leicht nachweisbar. Am schwierigsten zu beantworten ist die Frage, ob von der Sub- stanz des Innengliedes auch feine haarförmige Fortsätze abtreten. Ungeachtet der möglichst grössen darauf verwendeten Mühe, der klarsten Beleuchtung und stärksten Vergrösserungen, ist est mir nicht möglich gewesen, mit Bestimmtheit zu sagen ob hier wirk- 227 lich feine haarförmige Fortsätze oder nur feine Faltenbildungen der Umhüllungshaut vorliegen. Oftmals habe ich Bilder gesehen, wie Fig. 45 und 46, wo man wirklich solche feine Haare mit Bestimmt- heid zu sehen glaubt, dennoch bin ich dessen nicht vollständig sicher. Sind es wirklich Haare, dann sind sie ausserordentlich fein und auch nur sehr kurz, höchstens 2 — 2!/, Mikromillm. lang. Wenn ich also mich zu der Ansicht hinneige , dass auch hier wirklich haarförmige Fortsätze vorkommen, so stütze ich mich hauptsächlich auf Bilder von grossen kegelförmigen Zapfen, welche ich beim Huhn wahr- genommen habe (Vergl. Fig. 45), und die man nach passender Behand- lung mit Osmiumsäure und nachheriger Maceration in distellirtem Was- ser bekommt. Hier bemerkt man oft in den oberflächlichsten Schich- ten des Zapfeninnengliedes, besonders in der Gegend des linsenför- migen Körperchens, ein System feinster Fibrillen, welche fast bis zur Basis des Zapfens i.e. bis zur Membrana limitans externa sich verfolgen lassen und wie ich mit Bestimmtheit zu sehen glaube, in einen feinen) Büschel äusserst feiner, kurzer, haarförmiger Fäden sich fortsetzt. Die Lage der gefärbten Kugeln an dieser Stelle, macht die Beobachtung immer in hohem Grade schwierig. Aehnliche Fibrillen hat auch Max Schultze !) gesehen, wie aus folgendem Satze hervorgeht: „Durch Maceration einer frischen Re- tina vom Huhn in Jodserum, erhielt ich eigenthümliche Bilder von Zapfen, wie Fig. 6° Taf. XIV. Der gequollene Zapfenkörper ist am Ende von der Pigmentkugel, dahinter von einem Klümpchen körnig geronnener Masse eingenommen, hinter welcher ein Bündel feiner Fasern folgt. Ich vermuthe in dieser Bildung dieselben Fasern welche ich bei menschlichen Zapfen gesehen habe.’ Später hat Max Schultze *) beim Menschen und bei Säugethieren eine feine Längsstrei- 1) Max Schultze. Ueber Stäbchen und Zapfen der Retina. Dessen Archiv. B. III. 1867. 2) Max Schulize. Ueber die Nervenendigung in der Netzhaut des Auges beim Menschen und bei Thıieren. Dessen Archiv. B. V. Max Schultze. Die Retina. Stricker’s Handbuch der Gewebelehre. Max Schultzc. Neue Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Retina, Dessen Archiv. B. VII. 228 fung der Oberfläche am Innengliede nachgewiesen: „Dieselben rücken an der Spitze des Innengliedes so dicht zusammen, dass sie sich mit unseren optischen Hülfsmitteln einzelnen nicht mehr erkennen lassen. Doch hat es den Anschein, als wenn die Streifen in Form einer conischen Röhre sich auf die Oberfläche des Aussengliedes fortsetzten” (Vergl. Stricker’s Handb. p. 1001). Dies System fein- ster Fasern am Zapfen — respective Stäbcheninnenglied — hat Max Schultze als „Fadenapparat” bezeichnet. Nachdem indessen Dobrowolsky ') das Ellipsoid an derselben Stelle beim Menschen gefunden hat, ist Schwalbe ?) geneigt „den Faden- apparat für eine eigenthümliche Modification des Ellipsoids zu hal- ten, sei sie nun praeformirt oder erst durch Einwirkung der dünnen Osmiumsäure-Lösungen entstanden. Dafür spricht vor Allem, dass die Fäden an der Stelle, wo sonst das Ellipsoid endigt, wie abge- schnitten aufhören. Wie die Zerklüftung in Fäden zu Stande komme, bleibt freilich noch unerklärt.” | Angenommen das wirklich an derselben Stelle wo der Fadenap- parat sich befindet, beim Menschen das Ellipsoid liegt, wie von Dobrowolsky angegeben wird, dessen Mittheilungen sonst wenig Vertrauen verdienen, wie bei den Doppelzapfen näher erörtert werden soll, so braucht daraus durchaus noch nicht zu folgen, dass darum der Fadenapparat eine eigenthümliche Modification des Ellipsoids ist, denn auch beim Huhn liegt an derselben Stelle, wo sich im äusseren 'Theil des Innengliedes den linsenförmigen Körper befindet, das so eben beschriebene System feinster Fibrillen. Die haarförmigen Fortsätze des Stäbehen- und Zapfeninnengliedes bei Amphibien, Reptilien und Vögeln, so wie die feinen Längs- streifen im Zapfeninnengliede bei Vögeln (Huhn) müssen zu neuen Untersuchungen aufforderen, um erforschen ob dieselben vielleicht vollkommen identisch sind mit dem von Max Schultze beim Menschen und bei den Säugethieren beschriebenen Fadenapparat. Doppelzapfen. Die Retina der Vögel ist sehr reich an Doppel- 1) Dobrowolsky. Zur Anatomie der Retina. Archiv. für Anat. und Phys. von Reichert. 2) Schwalbe. L. c. 229 zapfen. Im Allgemeinen haben sie dieselbe Structur wie bei den Amphibien: der Hauptzapfen ist länger und schmaler, der Neben- zapfen kürzer und dicker. In dem Hauptzapfen kommt nur ein lin- senförmiger Körper, im Nebenzapfen nebst einem linsenförmigen Körper auch ein Ellipsoid vor. In dem Hauptzapfen begegnet man immer einer gefärbten Kugel, im Nebenzapfen fehlt entweder die ge- färbte Kugel, oder sie ist viel kleiner, oder an ihrer Stelle findet man nur einzelne äusserst kleine Pigmentkörnchen. Die Kugel im Hauptzapfen hat gewöhnlich eine gelbe oder grünlich gelbe Farbe, Kugeln von rother Farbe habe ich bei Vögeln in den Doppelzapfen nie gesehen, ähnlich wie Max Schultze !), welcher bei den Vögeln nur gelbes Pigment in diesen Zapfen antraf. Bei Fringilla spinus habe ich Doppelzapfen gesehen, wo der Hauptzapfen eine Kugel von grünlich blauer, zuweilen von fast vollkommen blauer Farbe enthält. Was nun die gefärbten Kugeln in den Nebenzapfen angehen , so fand ich z. B. bei Fringilla spinus entweder im Nebenzapfen keine gefärbte Kugel. oder eine welche viel kleiner als die im Hauptzapfen ist und von hell-blauer, oder blass-blauer Farbe (Vergl. Fig. 47, 48, 49). Aehnlich verhält sich Fringilla cardinalis. Beim Huhn zeigt der Nebenzapfen in sehr vielen Fällen ein gefärbtes mehr oder weniger kugelförmiges Körperchen, welches um vieles kleiner als das des Hauptzapfens und entweder von derselben Farbe oder mehr blass-blau ist. Nach Max Schultze?) sind die Doppelzapfen beim Huhn immer mit eitronengelbem Pigment ver- sehen, während der Hauptzapfen die bekannte Kugel enthält, ist das Pigment des Nebenzapfens weniger intensiv gelb gefärbt und von abgestutzt kegelförmiger Gestalt als beim Huhn. Bei Phoenicopte- rus antiquorum finden sich ähnliche Verhältnisse. Nebenbei bemerkt man auch Doppelzapfen wo der Nebenzapfen an der Stelle wo sonst die gefärbte Kugel liegt, ein kleines Häufchen sehr kleiner Pigment- körnche “ üägt. Bei Struthio camelus kommen im Nebenzapfen sehr ofi iigmentkörnchen von blauer oder gelber Farbe vor, in 1) Max Schultze. Dessen Archiv Bd. III. 1867. Pag. 236, 2) Max Schultze. Dessen Archiv Bd. III. 230 anderen dagegen bemerkt man wieder eine kleine Kugel von der- selben Farbe als die des Hauptzapfens, in noch anderen fehlt die gefärbte Kugel im Hauptzapfen. Während sonst Haupt- und Neben- zapfen nicht unbedeutend in Länge von einander unterschieden , sind die beiden Theile des Zwillingszapfens bei Struthio camelus einander fast vollkommen gleich; beide Theile zeichnen sich durch die ausserordentlich starke Entwickelung der linsenförmigen Körperchen aus. Auch die Aussenglieder der Zwillingszapfen verhalten sich wie bei den Reptilien. Der Hauptzapfen trägt ein dickes, kurzes; der Nebenzapfen ein dünnes, aber längeres Aussenglied, aber die Länge der Aussenglieder der Doppelzapfen ist, durch die über- aus grosse Vergänglichkeit dieser Aussenglieder kaum mit einiger Genauigkeit zu bestimmen. Mit jeder Hälfie eines Doppelzapfens steht ein Korn der äusseren Körnerschicht in Zusammenhang und von jedem Korn geht eine Zapfenfaser aus, so dass auch in dieser Beziehung die Vögel sich vollkommen ähnlich wie die Reptilien verhalten. Das Korn des Hauptzapfens liegt immer etwas tiefer als das des Nebenzapfens, so dass ersteres in der obe- ren, letzteres in der unteren Reihe zu liegen kommt. Besonders beim Huhn, bei Phoenicopterus und bei Struthio stösst man sehr oft auf Doppelzapfen, von welchen jede zusammensetzende Hälfte in Verbindung mit einem Korn der äusseren Körnerschicht steht. Wie bei den Reptilien hat auch Dobrowolsky !) bei den Vögeln nachzuweisen versucht dass die Doppelzapfen ein Product der Thei- lung der gewöhnlichen Zapfen sind. Man braucht aber wirklich nur einen Blick auf seine Abbildungen zu werfen, um sich auch hier zu überzeugen dass der Verfasser der Doppelzapfen,, niemals wirkliche Doppelzapfen gesehen hat und seine Zeichnungen nur nach verstü- melten Praeparaten angefertigt sind. Von den anderen Retina-Schichten kann ich nur sehr wenig mittheilen. 1) Dobrowolsky. Die Doppeltzapfen Archiv f. Anat. und Phys. von Reichert und Du Bois-Reymond. p. 208. 1871. 231 Die äussere granulirte Schichte (Schicht der Nervenansätze W. Mül- ler) ist bei den Vögeln im allgemeinen nicht stark entwickelt. Ihre Breite wechselt von 3,5—4,5 Mikromillimeter. Sie verdeckt voll- kommen den Verlauf der feinen Fasern, welche von der langen und kurzen Sehzellen abtreten und nach der inneren Körnerschicht hin verlaufen, Von den kurzen Sehzellen (Zapfen) tritt immer nur eine Faser (respective zwei bei den Doppelzapfen) ab. Von den langen Sehzellen (Stäbchen) dagegen scheinen zuweilen mehr als eine Faser ihren Ursprung zu nehmen. Indessen ist dies äusserst schwierig mit Bestimmtheit aus zu machen, besonders dar der Kern der langen Sehzellen (Stäbehenkorn) unmittelbar der äusseren gra- nulirten Schicht anliegt und man also von den abtretenden Fasern nicht leicht gute Praeparate bekommen kann. Doch hat es mir an günstigen Praeparaten mehrmals geschienen als ob man wirklich 2—3 feine Fäserchen vom Stäbchenkorn ihren Ursprung nehmen sähe. Fig. Fig. ERKLARUNG DER ABBILDUNGEN. Sonınd3: or . all. all 2, ie. 13 u. 14. .15n.16. Sulz 18. 19 (a,b. Stäbchen und Stäbehenkorn (Lange Sehzelle) von Fringilla spi- nus; frisches Praeparat. Verg. 100011. Stäbchen und Stäbchenkorn von Gallus domesticus; frisches Praeparat. Verg. 1000/1. Innenglied und Stäbchenkorn von Gallus domesticus. Osmium- säure-Praep. Verg. 1000/1. Stäbcheninnen- und aussenglied von Fringilla cardinalis,, frisches Praep. Verg. 100011. Stäbchen und Stäbchenkorn von Phoenicopterus antiquorum. Ösmiumsäure-Praep. Verg. 100071. Stäbcheninnen- und aussenglied von Phoenicopterus antiquorum, frisches Praeparat. Vergr. 1000/1. Stäbcheninnen- und aussenglied von Struthio camelus, frisches Praep. Verg. 1000/1. Stäbcheninnenglied und Stäbchenkorn von Struthio camelus. Osniumsäure-praep. Verg. 10001. Stützfasern der äusseren granulirten Schicht und Max Schultze- schen Faserkorben vom Huhn. Osmiumsäure-praep. Verg. 1000/1. Stäbcheninnenglieder mit haarförmigen Fortsätzen vom Huhn. Osmiumsäure-Praep. Verg. 1000/1. Stäbchen-innenglied mit haarförmigen Fortsätzen von Struthio camelus 1000/l. Osmiumsäure-Praep. Zapfeninnenglied ohne gefärbte Kugel vom Huhn, frisch Vergr. 80011. Zapfen ohne gefärbte Kugeln von Fringilla spinus 1000/1. c)und 20. Zapfen mit gefärbten Kugeln von Fringilla spinus. Vergr. 1000/1. Fig. 21. Fig. 22. Fig. 23. Fig. 24. Fig. 25—30. Fig. 30—33. Fig. 33—36. Fig. 36—43. Fig. 43—45. Fig. 45. Fig. 46. Fig. 47—50. Fig. 50—53. Fig. 53—56. Fig. 56—59. Fig. 59--. 60. NB 233 Zapfeninnenglied mit gefärbter Kugel vom Huhn. Verg. 80011. Zapfeninnenglied mit gefärbter Kugel von Phoenicopterus an- tiquorum. Verg. 1000/1. Zapfen von Fringilla spinus. Verg. 1000/1. Zapfen und Zapfenkorn von Fringilla spinus. Verg. 100071. Zapfen von Phoenicopterus antiquorum. Verg. 100071. Zapfen vom Huhn nach Osmiumsäure-Behandl. Verg. 1000/1. Zapfen vom Huhn frisch. Verg. 800/1. Zapfen von Struthio camelus. Verg. 800/1 frisch. Zaphen von Struthio camelus. Osmiumsäure-Praep. Verg. 1000/1. Zapfen vom Huhn. ÖOsmiumsäure-Praep. Verg. 1000/1. Zapfen von Struthio camellus. Osmiums-Praep. Verg. 1000/1. Doppelzapfen von Fringilla spinus, frisch. Verg. 100071. Doppelzapfen vom Huhr, frisch. Verg. 800/1. Doppelzapfen vom Huhn. Osmiumsäure-Praep. Verg. 1000/1. Doppelzapfen von Struthio camelus, frisch. Verg. 8001. Doppelzapfen von Phoenicopterus antiquorum, frisch. Verg.1000/1. . Die feinen haarförmigen Fortsätze in Fig. 45 und 46 sind zu scharf gezeichnet. Re. 4 RR Da nr NP Kl Ne Ahect, N "N . 2 I BD IHIK X en (N 3 Fe LEN ” Wr de hie ee, I 1 tv AORARRR fi Ka Fe RW REN IINE ZA U) ERTL 1 anf NUN DREH Une Jh 3 Ko uch b N s l air Dr k a Kan ua RR) EZ Zu & De ' u Fr ee lt ur N N ER Den ı I EWR G Lie Kat { ih RATTE Dr, Make te U SM ß era! } End Ar Aal EC u Na Kr a > sr ET u, FR] hr | REN u Ri N ir N Ne N, 1 PEARL UEBER PYCNOGONIDEN VON Dr. P. P. C. HOEK, Assistent des Zootomischen Laboratoriums zu Leiden. MIT TAFEL XV UND XV. I. Die Arten der Niederländischen Fauna. Während eines fünf-wöchentlichen Aufenthalts in der Station der Niederländischen zoologischen Geselschaft im vergangenen Sommer zu den Helder etablirt, sammelte ich eine ziemliche Zahl von As- selspinnen. Leider war ich zu sehr mit anderen Untersuchungen beschäftigt um mich ganz diesen interessanten und auch nach Dohrn’s') und Semper’s?) Arbeiten räthselhaften Geschöpfen zu widmen. Ge- legentlich machte ich einige Notizen und Skizzen: was ich hier ver- öffentliche beansprucht keine Vollständigkeit; nur glaube ich in Kurzem nicht in die Gelegenheit zu kommen meine Bemerkungen aus zu arbeiten und halte sie auch so für nicht ganz unwichtig. Ausser Pyenogonum littorale findet man nach Harting ?) Phoxi- 1) A. Dohrn, Ueber Entwickelung und Bau der Pyenogoniden. Jenaische , Zeits. Bd V. 1869. Pag. 138. Taf. V u. VI. 2) C. Semper, Ueber Pycnogoniden und ihre in Hydroiden schmarotzenden Larvenformen. Arbeiten aus dem Zool. Zoot. Institut in Würzburg I. Pag. 264—286. Taf. 16 u. 17. 3) Harting. Leerboek. 3de deel Iste Afdeeling Pag. 363. 236 chilidium femorinum und Ph. aculeatum im Meere in der Nähe un- serer Küste. Wahrscheinlich wird mit Ph. femorinum Ph. femoratum von Rathke gemeint, welche Art aber das „aculeatum” sei, ist mir nicht klar. Als Phalangium aculeatum beschrieb Montagu in 1808 1) eine Pyenogonide, die etwa einer Nymphon-Art ähnlich sah; La- marck ?) erwähnt des Namens als Synonyme von Phoxichilus spinipes Bekanntlich sind aber die Gattungen Nymphon und Phoxichilus grund- verschieden; bei späteren Autoren suchte ich den Namen „aculeatum” vergebens. Harting fand den Namen bei Schlegel ?), der die Art einheimisch nennt. An der Belgischen Küste lebt nach van Beneden *) Pycnogonum littorale und Phoxichilus spinosus Montagu. Der letztgenannte ist nach Semper (l. ec.) eine auch von (Quatrefages’) an der Küste Frankreichs aufgefundene Art. Das Thier, das Quatrefages „Pho- xichile &pineux’” nennt, hat aber scheerenförmige Kieferfühler und ist gar kein Phoxichilus. Bis jetzt sind vier verschiedenen Arten von Pycenogoniden von mir aufgefunden ; merkwürdigerweise gehören sie vier verschiedenen Gattungen an: Pycnogonum, Pallene, Phoxichilidium und Nymphon. 1. Pycnogonum littorale Müll. Die einzige Europäische Art dieser Gattung. In den Nordischen Meeren ist sie allgemein verbreitet und auch im Mittelmeere ziem- lich häufig. Die Art wurde zu verschiedenen Malen gezeichnet: eine genaue Zeichnung von der Bauchseite eines mit accessorischen Füssen verse- 1) G. Montagu, Description of several marine animals found on the coast of Devonshire. Transactions Lin. Society. IX. 1808. Pag. 101. 2) J. B. P. A. de Lamarck. Histoire naturelle des animaux sans vertebres. Tom. V. 1838 (Deuxieme Edit.) Pag. 103. 3) H. Schlegel. Dierkunde voor alle wapenen. 1858 Deel II pag. 354. 4) P. I. van Beneden. Recherches sur la Faune littorale de Belgique. Crusta- ces. Bruxelles 1861. Pag. 146. 5) M. Qatrefages. M&moire sur l’organisation des Pycnogonides. Annales des Sc. Nat. 3iöme Serie, Tome quatricme 1845. Pag. 69—83. 237 henes Exemplars suchte ich aber vergebens !), und eben nur diese konnte für die Einpflanzung der accessorischen Füsse an dem Tho- rax Aufschluss geben. An sämmtlichen von mir untersuchten mit accessorischen Füssen versehenen Exemplaren, die meistens sich auch durch ihre Klein- heit leicht unterscheiden lassen, fand ich nämlich diese accessori- schen Füsse an einem eigenen scharfbegrenzten (obgleich schmalen) Segmente eingepflanzt (Taf. XIV. Fig. 1), wodurch in der Segmentation ein merkwürdiger Dimorphismus veranlasst wird. (Taf. XIV Fig. 2). Nach Milne Edwards ?) (vielleicht Johnston?) haben die accesso- rischen Füsse „dix articles”. Wie sich leicht aus meiner Zeichnung (fig. 1) ergibt, ist dies wahrscheinlich ein Irrthum dadurch veranlasst, dass auch die ovale Einpflanzungsstelle des Fusses als Glied mitgezählt wurde. Wirklich habe ich nie mehr als neun Glieder zählen können; sie endigen wie die übrigen siebengliedrigen Füsse mit einer Kralle. Statt der eigenthümlich gebildeten Fortsätze, wie sie bei anderen Pyenogoniden-Gattungen (Nymphon, Pallene: siehe unten) vorkom- men, tragen die Endglieder der accessorischen Füsse, wenig-zahl- reiche Stacheln, deren blasse Umrisse und in der Mitte verlaufender scharf markirter Faden mich stark an die an Copepoden-Antennen beobachteten Leydigschen Organe erinnerten. Die meisten Stacheln zeigten eine deutliche Spaltung an dem Ende (fig. 3). Pyenogonum littorale scheint an der Holländischen Küste im Früh- jahr geschlechtsreif zu sein: in Juli trugen die Weibchen keine Eier und auch die im Herbst und Winter aufgefundenen Exemplare wa- ren sämmtlich ohne Eier. 2. Pallene brevirostris Johnston. Das Bestimmen dieser Art bot mir grosse Schwierigkeiten, die 1) Vielleicht findet man eine bei Johnston: An Attempt to ascertain the British Pyenogonidae, veröffentlicht in dem »Magazine of Zoology and Botany.” Vol. 1. 1837: ein Buch das leider in sämmtlichen mir zu Gebote stehenden Holländischen Bibliotheken fehlt. 2) Histoire naturelle des Crustaces. III. 1840. Seite 537, 238 theilweise wohl davon herrührten, dass die Johnston’sche Arbeit mir nicht zu Gebote stand. Dass meine Art eine Pallene war, darüber liess die Diagnose der Gattung: fehlende Palpen, 3(?) gliedrige scheerenförmige Kieferfühler und 10—11 gliedrige Eierträger kei- nen Zweifel bestehen. Allein welche Art? Nach Semper (l. ce.) sind fünf Europäischen Arten bekannt, von denen drei von Kröyer !) als Grönländische beschrieben wurden. Diese und auch die von Goodsir ?) beschriebene P. circularis (aus dem Firth of Forth in Schottland) kommen aber bei der Vergleichung nicht in Betracht, indem sie keine Nebenklauen an den Füssen besitzen, während meine Art diese entschieden zeigt (fig. 7). Es bleibt nur die Art P. brevirostris Johnst. übrig und es muss desshalb meine Pallene entweder diese oder eine neue Art sein. Dies zu entscheiden ohne die Johnston’sche Arbeit war nicht leicht. Allein auch Grube ?) giebt von P. brevirostris Johnst. eine Diagnose; obgleich nun meine Art kleine Verschiedenheiten zeigt von seiner Beschreibung (namentlich im Bau der eiertragenden Füsse) hege ich keinen Zweifel über die Identität unserer Species. Nur ein weibliches Exemplar (freilich ein ganz vollständiges, lebendes, mit Eiern versehenes Exemplar) ward von mir zwischen Meerespflanzen (Zostera’s und Algen) kriechend aufgefunden, welche aus einer Tiefe von ungefähr fünfzehn Meter vor den Helder auf- gedreggt waren. Figur 4 auf Tafel XIV giebt von dem vorderen Theile des Kör- pers eine Zeichnung. Die Kieferfühler sind dreigliedrig — wenn die scheerenförmigen Endklauen als Glied gezählt werden, sonst zwei- gliedrig. Der Rüssel ist noch kürzer als Grube ihn zeichnet, die Verschmälerung des Kopftheiles noch schärfer ausgeprägt. Die accessorischen Füsse sind zehngliedrig, [das fünfte viel länger als die sonstigen Glieder], und endigen stumpf ohne Endklaue. (Apice 1) Kröyer, in Naturh. Tidschr. N. R. Bd I. 1845. pag. 90 -139. und Isis. 1846. pag. 429—448. 2) Goodsir in Ann. Nat. Hist. Vol. 14. 1844. p. 1—4. 3) Grube. Mittheilungen über St. Vaast la Hougue. Verhandl. der Schles. Ges. f. Vaterl. Cultur. 1869/72. Pag. 25—29 (Separatabdruck). 239 inermi: so weit bin ich mit Grube ganz einverstanden). Die wer Endglieder (fig. 5) sind an der Innenseite mit einer Längsreihe von zahlreichen Blättchen besetzt. Die Form der Blättchen ist oval, ihr Rand mit ganz feinen Borsten versehen (fig. 6). Dagegen be- hauptet Grube die drei Endglieder seien mit einer doppelten Längs- reihe von Blättchen besetzt. Ich zweifle aber ob Grube gut beobachtet hat; Kröyer sagt (l. e.): articulus septimus, octavus, nonus decimus- que modo laminis praediti sunt marginis interioris serrati , modo aculeis simplieibus; Nymphon zeigt die Blätterreihen, wie ich sie bei meiner Pallene sah, vier Glieder, jedes mit einer Längsreihe von zahlreichen Blättchen. Auch ist die Zeichnung von Grube sehr schematisch: wie genau und brauchbar seine Angaben übrigens auch seien, halte ich es für besser die sonst gefährdete Identität seiner und meiner Pallene aufrecht zu erhalten. Wie aus meiner Zeichnung hervorgeht trägt das Endglied acht, die drei vorhergehenden Glieder sieben Blättchen. Die Beine meiner Pallene (fig. 7) stimmen genau mit der An- gabe von Grube: das siebente Glied ist sehr kurz, das achte Glied mit einer starken Endklaue, und zwei zarteren Nebenklauen ver- sehen. Das von mir aufgefundene Pallene-Weibchen trug Eier (wenige, grosse) an ihren accessorischen Füssen, die aber sämmtlich schon sehr in Entwickelung vorgeschritten waren. Ich habe ihre weitere Entwickelung nicht untersucht, und würde dieses Umstandes gar nicht erwähnen, wenn Dohrn nicht die Entwickelung einer Phoxi- chilidium-Art beschrieben (l. ec. S. 152) und Semper nicht als seine Meinung geäussert, dass sich diese Beschreibung Dohrn’s auf eine Pallene-Art beziehe. Es ist dies in so weit von Wichtigkeit, als Dohrn das Thierchen „durch verkürzte Metamorphose in der defi- nitiven Gestalt” aus dem Ei schlüpfen sah, was nach Semper die mit nur 3 Paar Extremitäten ausschlüpfenden Phoxichilidium-Larven nicht thun. Ich schliesse mich nun ganz der Semper’schen Meinung an, denn die von mir gesehenen und (leider nur skizzenhaft) 240 gezeichneten Embryonen in den Eiern von Pallene brevirostris sehen den von Dohrn beschriebenen und gezeichneten ungemein ähnlich. Um dies zu erkennen hat man blos Figur 21 und 22 auf Tafel XVI zu vergleichen mit Figur 23 und 21 auf Tafel VI des fünften Bandes der Jenaischen Zeitschrift. Ungemein klar war zum Bei- spiel der Ring (fig. 22. x), mit welchem nach Dohrn der Embryo an die Larvenhaut befestigt ist, welche Haut und welcher Ring aber ausschlieslich den von Dohrn für Phoxichilidium-Eiern gehal- tenen zukommt. 3. Phoxichilidium femoratum Rathke. Die Gattung Phoxichilidium M. Edw. wird wie die vorhergehende | gekennzeichnet durch das Fehlen der Palpen und hat die 3? glie- drigen Scheerenfühler mit allen Nymphonidae gemein; die Eierträ- ger sind aber nicht 10—11, wie bei Pallene, sondern nach Johnston und Philippi‘) 5, nach Kröyer dagegen 7-gliedrig. Wären keine andere Unterscheidungsgründe da, so möchte es unthunlich heissen männliche und junge weibliche Exemplare zu bestimmen. Milne Edwards sagt aber von Phoxichilidium ?): il (ce genre) se compose des Pychnogonides , dont le premier article du Thorax est tres-court, et ne constitue pas une espece de cou entre la t&te et l’origine des pates ant6rieures. Dies verleiht dem Habitus etwas sehr eigenthüm- ° liches, und so war ich mit dem Bestimmen der Gattung bald in’s Reine. Und doch hatte ich nur ein Exemplar (ein weibliches) und dies mit nur 4-gliedrigen Eierträgern. Bei der Bestimmung der Art schwankte ich zwischen P, femora- tum Rathke, petiolatum Kröyer und mutilatum Frey & Leuckart; nach längerem Zaudern habe ich mich schliesslich für die erste Art entschieden. Diese von Johnston als Phoxichilidium coceineum be- schriebene ist die allgemeinste Art (ward von Harting schon für 1) Philippi, Ueber die Neapolitanischen Pyenogoniden. Wiegmann’s Archiv 1843, IX. 8. 179. 2) 1. c. pag, 535. 241 die Niederländische Fauna aufgenommen) und ihre Beschreibung stimmt am Besten mit meinem Exemplare überein. Fig. 8 und 9 auf Taf. XIV geben Zeichnungen des vorderen Kör- pertheils, fig. S von der Rücken- fig. 9 von der Bauchseite gesehen. Der Rüssel ist seiner ganzen Länge nach fast gleich breit, die bestimmt zweigliedrigen scheerenförmigen Kieferfühler stehen einander an der Rückenseite sehr nah (freilich nicht so nah als Hodge!) für P. virescens zeichnet) die kurzen viergliedrigen Eierträger sind nächst dem ersten Fusspaare eingepflanzt. Der Augenhügel ist im Profil gesehen conisch und trägt vier Augen, er ist wie die zwei Kiefer- fühler auf einer Hervorragung des ersten Körpersegmentes einge- pflanzt (fig. 8a) ?). Die Beine sind kürzer als bei Pallene und Nymphon, achtgliedrig (das siebente Glied sehr kurz). Das Endglied trägt auf einer Her- vorragung (fig. 10a) vier stärkere Stacheln ?) und endigt in einer durchaus kräftigen Kralle, in deren Nähe ein schmächtiges Stächel- chen eingepflanzt ist, das bis jetzt von den Autoren übersehen ward (fig. 105) und dessen nur Hodge ‘) erwähnt. 4. Nymphon gracile Leach Nach den vorliegenden Beschreibungen, sagt Semper ]. c., ist kaum eine Art (dieser Gattung) sicher zu bestimmen, und so ist sein Versuch zwei Helgolander Species zu identificiren nach langer Mühe gescheitert. Mit meiner Art war dies die nämliche Ge- 1) Hodge, List of the British Pyenogonoidea, with descriptions of several new species. Ann. N. H. 3 Ser. Vol. 13. 1864. p. 115. Taf. 13 fig. 13. 2) Sehr richtig ist, was Goodsir zu dieser Art bemerkt: the ocular tubercle is situated on a projection which extends forwards from the first thoracie seg- ment above the rostrum, and which likewise supports the mandibles. 3) Diese sind »die vier gekrümmten Zähne am inneren Rande der sichel- förmigen Handwurzel” wie Frey und Leuckart (Beiträge zur Kenntnisse wirbel- loser Thiere. 1847. S. 164) sagen. 4) Hodge. Observations on a species of Pycnogon (Phoxichilidium eoeeineum Johnston) with an attempt to explain the order of its development. Ann, Nat. Hist. IX. 1862. 242 schichte; weil man aber mit der blossen Behauptung „es ist nicht möglich die Arten zu sichten’ nichts weiter kommt, habe ich für meine Art den Namen gewählt der Form, die der meinigen am meisten ähnlich seht. Ist es allerdings möglich, dass Leach eine andere Species vor sich gehabt hat — was er von seiner Art behauptet gilt für die meinige: ich hoffe weiter die Art so genau zu beschrei- ben, dass ein späterer Semper auch meine Beschreibung „brauch- bar’ !) nennt. Der schmale Körper ist ungefähr 2.2 Millimeter lang und 0.3 Millimeter breit. Der Kopftheil (von der Spitze des Rüssels bis an das erste Fusspaar) misst 0.8 Millimeter: „l’espece de cou’”, wie Milne Edwards den Theil zwischen der Einpflanzung der Kieferfüh- ler und dem ersten Fusspaare nennt, ist desshalb lang. Die Kiefer- fühler sind bestimmt 3 gliedrig: das dritte scheerentragende Glied ragt über den Rüssel hinaus; wie die fünfgliedrigen Palpen sind die Kieferfühler mit zahlreichen Haaren besetzt. Die Kieferfühler sind scheinbar an der Rückenseite des Thieres eingepflanzt, die Palpen mehr an der Bauchseite auf einer seitlichen Hervorragung (fig. 11. Tat. XV, he. 18 Bat. X VI.) Die Beine sind 8) gliedrig und sehr lang und dünn; das vor- letzte Glied ist viel länger als bei Pallene und Phoxichilidium; das letzte nicht gekrümmt wie bei Pallene, endigt in einer kräftigen Kralle, (noch kräftiger als bei Pallene) an deren Seite zwei weniger kräftige Stacheln eingepflanzt sind (fig. 13). Die Gesammtlänge der Beine beträgt ungefähr 8 millimeter, und kommt desshalb der An- gabe von Leach und Milne Edwards (quatre fois aussi longues que le corps) sehr nah. Die accessorischen Füsse entspringen unmittelbar nächst (vor) dem ersten Fusspaare, und sind 10 gliedrig (fig. 12). Die ersten drei Glieder sind kurz, die zwei folgenden sind die längsten, 1) Semper 1. c. »nur Kröyer's und Grube's Beschreibungen sind brauchbar.” 2) Die seitlichen Hervorragungen des Körpers (fig. 18a, a‘, a’ und a”) sind natürlich nicht als Glieder mitgezählt. An den Beinen sind die drei ersten Glieder die kürzesten, die drei folgenden die "längsten, die zwei lezteren wieder viel kürzer. 243 das sechste ist wiederum kurz, die vier letzten Glieder. ver- schmälern sich und sind mit einer Reihe der eigenthümlichen Blättehen besetzt. Die Blättchen haben eine ganz andere Form als bei Pallene und sehen den „wie Eichblättergestalteten Fortsätzen’’ von Dohrn (Metamorphosen der Achelia laevis) ähnlich (fig. 12 und 12*). Die Zahl der Blättehen zeigte bei den verschiedenen Exem- plaren kleine Schwankungen, indem das Tte, &te, 9te und 10te Glied bei dem einen resp. 9, 7, 7 und 7 und bei dem anderen (vielleicht ein mehr ausgewachsenes Exemplar) 11, 10, 9 und 9 Blättchen trug. Das 10te Glied endigt in einer eigenthümlich gebildeten Kralle, die mit kurzen Seitenstacheln besetzt ist. Von dieser Art standen mir zwölf Exemplare zur Verfügung, welche alle in ziemlich untiefem Wasser (1 & 3 Meter) in der Nähe der Insel Texel mit Algen und Zostera’s aufgedreggt waren. Diese zwölf waren alle mit Eierträgern versehen, was ich leider erst entdeckte, als die Thierchen einige Monaten in Alcohol gelegen hatten. Sind dies alle Weibchen gewesen und sind die Männchen so selten? Oder haben die Männchen dieser Art (dieser Gattung vielleicht) auch accessorische Füsse? Warum sagt Semper (l. e. pag. 282) von Pallene: „Eierträger bei den Männchen fehlend”, sollte vielleicht Nymphon eine Gattung sein deren Weibchen so wie Männchen mit „Hülfsfüssen” ausgerüstet waren? (Siehe unten Seite 251). II. Zur Anatomie der Pycenogoniden. Unsere Kenntnisse über die Anatomie der Pyenogoniden sind im Ganzen genommen noch sehr lückenhaft, obgleich sie schon zu verschie- denen Malen und von sehr hervorragenden Zoologen !) untersucht ist. Als Beleg für diese Behauptung lasse ich hier einige vorläufige Re- sultate meiner Untersuchungen folgen, die ich , so bald ich von Neuem über frisches Material verfügen kann, fester zu begründen gedenke. 1) Man sehe das Literatur-Verzeichniss hinter Semper’s Arbeit: über Pyeno- goniden und ihre in Hydroiden schmarotzenden Larvenformen, 244 Was die Haut und das Nervensystem betrifft, wird sich die hierunter folgende Beschreibung schon in etwa mehr detaillirt zeigen. Harting ') nennt die accessorischen Füsse „eigendommelijk aan de wijfjes”, Claus?) sagt: es „findet sich beim Weibehen....noch ein accessorisches..... Beinpaar””. Vielleicht verhält sich die Sache so für einzelne Gattungen (Pallene, z. B.); für Nymphon halte ich das Vorkommen von accessorischen Füssen nur beim Weibchen für sehr unwahrscheinlich, bei Pyenogonum ist es ganz bestimmt nicht der Fall. Zwölf ausgewachsene Exemplare von Nymphon gracile, (die einzelnen von mir aufgefundenen) waren alle mit accessorischen Füssen versehen; es können diese freilich alle Weibchen gewesen sein, was ich leider an den frischen Thieren zu untersuchen ver- nachlässigte. Bei Pyenogonum littorale fand ich sämmtliche junge (nicht ausgewachsene) Exemplare mit drei-, vier-, fünf- undsow. gliedrigen accessorischen Füssen versehen. Ein ausgewachsenes, Exemplar, das (so wie ich oben schon zeigte , Seite 237) neun-gliedrige accessorische Füsse hatte, war ein männliches Thier. Dagegen ent- behrten weibliche, viel grössere Thiere , die ich oft mit Eiern durch den ganzen Körper angefüllt antraf, so weit ich es erforscht habe (d.h. bei allen von mir untersuchten Exemplaren) der accessorischen Füsse. Es kommt mir nicht unwahrscheinlich vor, dass auch jüngere un- ausgewachsene Weibchen mit accessorischen Füssen versehen seien, ich muss dies aber noch unentschieden lassen. Sind je weibliche Exemplare von Pyenogonum littorale aufgefunden, die ihre Eier an ihren accessorischen Füssen herumtrugen? Dohrn 3) sagt nichts über das Vorkommen der sich entwickelnden Eier dieser Art, und auch bei den übrigen Autoren fand ich keine Angaben über die Weise, wie die Eier abgesetzt werden. Nur Kröyer *) theilt mit „dass er alle untersuchten Weibehen ‘von der Mitte des Monates 1 Harting. 1. ce. Seite 363. 2) Claus. Grundzüge Ste Aufl. S. 576. 3) Dohrn. ]. c. 5 4) Kröyer. Ueber die Verwandlungen der Pycnogoniden. Isis 1841. p. 713— 717 aus Naturh. Tidsskr. Bd. 3. 1840—41, 245 April bis zur Mitte des Mai unter dem Bauche mit einer grossen , einfachen, schneeweissen Masse versehen gefunden hat, welche aus Eiern gebildet war.” Unter dem Bauche heisst aber noch nicht: „an ihren accessorischen Füssen”. Ich selbst habe mit den befruch- teten, sich entwickelnden Eiern dieser Art noch keine Bekanntschaft gemacht: nur fand ich häufig sehr junge und kleine Thierchen kriechend zwischen den Tentakeln von Aktinien, und ist es mir desshalb nicht unwahrscheinlich, dass letztgenannte Thiere für Pyenogonum eine ähnliche Rolle spielen werden, als Coryne und Hydraetinia für Phoxichilidium. Schon Zenker !) und lange vor ihm Kröyer erkannten, dass auch Männchen mit accessorischen Füssen versehen sind, wesshalb erst- genannter die Bezeichnung „eiertragende Füsse” „nicht vollständig entsprechend” nennt. Kröyer behauptet es für Nymphon, Zetes und Pallene, sagt dagegen dass nur die Weibchen von Pyenogonum und Phoxichilidium mit „Maxillis posterioris paris’ versehen sind. Zenker fand ein Zoosperm in einem Pycenogonum littorale mas. mit accessorischen Füssen, und kommt desshalb zu dem Resultate, dass die Thiere ohne accessorische Füsse geschlechtlich noch unausge- bildete Männchen ober Weibchen seien. Auch diese Angabe ist unrichtig: ich fand zahlreiche ausgewachsene Weibchen ohne acces- sorische Füsse. Gegen Semper’s Folgerung, als er ein ausgewach- senes und geslechtsreifes Weibehen (mit Eierstöcken in den Schen- kelgliedern sämmtlicher Beine) von einer Phoxichilidium-Art be- schrieb, ein Weibchen aber welchem jede Spur der Eierträger fehlte: es muss sich also das Thier noch mindestens einmal häuten und dabei müssen die Eierträger gebildet werden ?), scheint mir desshalb leicht ein Einwurf gemacht werden zu können. (Siehe unten: Seite 250). Nach Harting haben „die Pyenogoniden” ein Herz, nach Claus aber „findet sich in der Regel” ein Herz. Zenker fand zuerst 1) Zenker, Untersuchungen über die Pycnogoniden. Müller’s Archiv 1852. S. 379—391. 2) Semper. 1. c. S. 273. 246 ein schlauchförmiges Herz bei Nymphon, Krohn!) bei einer Pho- xichilus-Art, Olaparede?) bei Phoxichilus spinosus. Es heisst bei Claparede: Krohn hat das Herz der Pyenogoniden entdeckt und von Nymphon beschrieben; das ist aber ungenau, denn es ist ge- wiss Zenker der Entdecker. Bei Nymphon und Phoxichilidium ist es sehr leicht sich von der Anwesenheit eines Herzens zu überzeugen. Dagegen suchte ich es bei Pyenogonum vergebens, und auch Zenker konnte es bei dieser Art nicht auffinden. Vielleicht wird ein späterer Untersucher bei Pyenogonum mehr Erfolg haben: ich halte dies aber für sehr un- wahrscheinlich. Die ungemein schönen Längsschnitte, die es mir von zahlreichen Pyenogonum-Exemplaren anzufertigen gelang, hät- ten mir das Herz, falls es vorkäme, zeigen müssen. Die Geschlechtsorgane liegen in der unteren Hälfte der Beine (Claus), in dem dritten bis fünften Fussgliede sämmtlicher vier Beinpaare (Harting) Nymphon und Pallene zeigten mir ein mit diesen Angaben übereinstimmendes Verhalten, dagegen nicht so: Pyenogonum. Es sind für diese Gattung die Angaben Zenker’s wieder viel richtiger: „Eierstöcke und Hoden schicken wie der Darm Blindsäcke in die Füsse ab.”” Gut ausgewachsene Weibchen fand ich nämlich, den ganzen Körper und namentlich die Räume zwischen Darm und Rückenfläche mit dem Eierstocke gefüllt, während sich von dieser Centralmasse aus Fortsätze in die Füsse ausbreiteten. Ob die Hoden sich gleich verhalten, habe ich nicht entscheiden können. Besondere Athmungsorgane fehlen; es muss desshalb die Haut die Athmungsfunktion erfüllen. Es ist so weit mir bekannt Zenker der einzige, der über die Haut der Pyenogoniden etwas mittheilt; nach ihm besteht sie °) „aus Chitin, ist sie bei einigen Arten glatt und klar, bei anderen rauh und undurchsichtig. So ist bei Pyc- nogonum littorale die ganze Haut mit Wärzchen übersäet, unter 1) Krohn. Ueber das Herz und den Blutumlauf in den Pyenogoniden. A, f. N. 21. 1855. 8. 6—8. 2) Claparede. Untersuchungen über Anatomie und Entwickelungsgeschichte wirbelloser Thiere. 1863. S. 102. 8) Zenker 1. c. Seite 380. 247 deren zelliger Oberfläche sich Höhlungen befinden, welche vielfach verästelt, aber nicht anastomosirend, aus der Leibeshöhle entsprin- gen.” Es wollte mir die zellige Oberfläche der Wärzchen anfäng- lich gar nicht einleuchten. Später fand ich freilich, was Zenker mit dieser gemeint hat, aber ward es mir zugleich klar, dass seine Beschreibung sehr fehlerhaft ist. Es besteht die Haut bei allen Pyenogoniden aus Chitin und aus einer Matrix, die meistens ihren zelligen Charakter verloren hat und aus Plasma mit eingestreuten Kernen besteht. Die Chitinschichte ist dünn bei Nymphon und Pallene, dicker bei Phoxichilidium, sehr dick bei Pyenogonum. Auf Querschnitten zeigt das Chitin (namentlich wo es dicker ist) die bekannte parallele Schichtungs- streifen. Zahlreiche Porencanäle durchsetzen das Chitin, verlieren aber recht bald die Canalform und erweitern sich zu kegelförmigen mit der Basis nach innen gerichteten Höhlen, deren schräge Seiten entweder allmählig in die untere Fläche des Chitinlagers übergehen (Taf. XVI. fig. 14: Pallene, Nymphon) oder mit dieser Fläche eine Ecke bilden (fig. 15: Phoxichilidium, Pyenogonum). Während man desshalb in der Flächen-Ansicht bei allen Arten die äussere Mündung der Canäle beobachtet, sieht man nur bei Phoxi- chilidium und Pyenogonum durch ein tieferes Einstellen die innere Grenze der Höhle als einen weiten Kreis um die kleine centrale Oeff- nung (fig. 155). Die äussere Oberfläche der Chitinhaut ist bei den Gattungen Pallene, Nymphon und Phoxichilidium glatt, nur hie und da (bei Phoxichilidium freilich ein wenig häufiger) mit einem Stachel oder einer Borste besetzt. Dagegen ist sie bei Pyenogonum uneben durch sanfte Erhebungen (wie wellenförmig gebogen) in deren Mitte ein Porencanal ausmündet. Auf jeder Erhebung findet man weiter einen Besatz von mehr oder weniger zahlreichen in mehr oder weniger regelmässigen Kreisen um die centrale Porenmündung angeordneten Höckerchen, durch welche jede Erhebung ein warzi- ges aber höchst eigenthümliches Vorkommen gewinnt. In der Seiten- Ansicht sieht sie etwa einem Krönchen ähnlich aus. Es sind diese Höckerchen directe Fortsetzungen des Chitins, wie ein Querschnitt gleich zeigt (Fig. 16 und 16’). 248 Ich glaube nun, dass Zenker mit seinen Wärzchen die ganzen Erhebungen gemeint hat, mit deren „zelliger Oberfläche” die kleinen Höckerchen. Die verästelten nicht anastomosirenden Höhlungen sind natürlich die aus den erweiterten Porencanälen hervorgegange- nen, welche vereinzelt ausmünden aber nach der Innenfläche der Chitinhaut oft mit einander verschmelzen. „In der Mitte der Thoraxsegmente befinden sich grössere Hervor- ragungen, ähnlich dem Augenhügel. Sie bestehen gleichfalls aus Zellen” undsow. Es ist wieder Zenker der einzige, der dieser Hervorragungen des Pycnogonum littorale erwähnt. Man findet sie nun auf der Rückenseite nicht nur in der Mitte der Segmente, sondern auch auf den ersten Gliedern der Füsse undsow. (Taf. XV fig. 2%). Sie sind bei erwachsenen Thieren viel mehr entwickelt und zahlreicher als bei jüngeren. Zenker vergleicht sie sehr richtig mit dem Augenhügel, denn (obgleich ihm dies nicht bekannt war) auch ihrer Funktion nach zeigen sie damit einige Uebereinstimmung. Man findet nämlich über die Oberfläche des ganzen Körpers Tast- borsten (Leydigsche Organe) zerstreut, immer mit dem engen Lu- men oberhalb der Oeffnung eines Porencanales (fig. 16’ a). Sie stehen aber ziemlich weit aus einander; nur auf den Hervorragun- gen der Rückenfläche, stehen sie ziemlich dicht gedrängt (fig. 17). Oft gelang es mir Nerven zu beobachten (fig. 17” n und n) welche mit diesen Tastborsten communicirten: es leidet für mich keinen Zweifel, dass man in diesen Hervorragungen Tasthügel zu sehen hat. So weit mir bekannt kommen sie aber nur der Gattung Pyc- nogonum zu. Auch das Nervensystem der Pyenogoniden ist schon zu verschiedenen Malen beschrieben und abgebildet, so von Quatrefages , Zenker , Dohrn und Semper. Von den zwei letzteren ward es mehr besonders unter- sucht um die Stellung der Pyenogoniden in dem Systeme zu ermitteln. Bekanntlich kamen sie durch ihre Forschungen zu sehr verschie- denen Resultaten. Ich habe leider nur die Gattung Nymphon und Pyenogonum auf ihr Nervensystem prüfen können, und lasse hier die Resultate sofort folgen. Nymphon hat ein oberes Schlundganglion und fünf Bauchgang- 249 lienknoten (Tab. XVI fig. 18). Die zwei vordersten grenzen an einander, sind aber nach Semper durch eine allerdings kurze aber doch deutliche Commissur räumlich getrennt. Ich muss gestehen, dass ich von dieser Commissur nichts gesehen habe: gleichviel sind es doch zwei scharf von einander getrennte Ganglien. Die drei hinteren Ganglien sind durch doppelte Commissuren getrennt (ebenso das zweite und dritte) und schicken ihre Hauptnerven in die drei hinteren Beinpaare. Von dem oberen Schlundganglion werden die Kieferfühler innervirt und gleichfalls wie Zenker behauptet (obgleich Semper es anders angibt) die Palpen. Es wollte mir freilich nicht gelingen den Nerv der Palpe bis an das Ganglion zu verfolgen: ungefähr an Jder Stelle wo er den stärkeren Nerv der Kieferfühler berühren sollte, sah ich ihn immer verschwinden. Dazu gelang es mir am leichtesten diesen Nerv zu beobachten, wenn das Thierchen mit dem Rücken nach oben gewendet lag und auch der Kieferfühler-Nerv schärfer hervortrat. Es ist mir desshalb in hohem Grade wahrscheinlich, dass der Nerv der Palpe ein Zweig ist des Kieferfühler-Nervs. Das vorderste Bauchganglion innervirt den Rüs- sel nnd die accessorischen Füsse. Bei allen von mir (und so weit ich es zu erforschen im Stande war, übrigens) untersuchten Nymphon-Exemplaren (auch von verschiedenen Arten) kamen, wie ich oben schon hervorhob, accessorische Füsse vor, und eben für diese Gattung ist das Auftreten von fünf Bauchganglien gut consta- tirt. Wenn man dies bedenkt, dazu berücksichtigt, dass die In- nervation dieser accessorischen Füsse von dem vordersten Ganglion, so ganz mit der Innervation der vier folgenden Beinpaaren von den vier hinteren Ganglien übereinstimmt, klingt dann die Sempersche Behauptung, dass die Eierträger nicht zu den typischen Gliedmas- sen gezählt werden sollen, nicht ziemlich unerwartet? Das Nervensystem von Pyenogonum littorale besteht aus einem oberen Schlundganglion und vier Bauchganglienknoten. Das erste sendet Nerven nach dem Rüssel und gleichfalls nach dem Augen- hügel. Die Zenkersche Behauptung „Augennerven scheinen nicht vorzukommen” wird für diese Art durch meine mit dem Zeichen- prisma ausgeführte Figur 20 wiederlegt. In Spiritus aufbewahrte 250 und vor dem Gebrauche während zwei oder drei mal 24 Stunden in absolutem Alkohol gehärtete Pyenogonum-Exemplare lassen sich nämlich ungemein gut schneiden, (in Parafine eingebettet oder noch einfacher zwischen Hollundermark) und ist die Figur 20 nach so einem Schnittpreparate angefertigt. Nach der Ober- und Hin- ter-Seite wird das obere Schlundganglion bedeckt durch eine Blase, die mir anfänglich als zu dem Ganglion gehörig schien. Später leuchtete es mir aber ein, dass diese Blase mit dem Darmcanale communicirte, ohne dass es mir freilich gelang die Funktion und das Wesen derselben kennen zu lernen. SCHLUSS-BEMERKUNGEN. Es ist kaum möglich sich mit den Pyenogoniden in etwa einge- hend zu beschäftigen, ohne auch über die Frage nach ihrer näch- sten Verwandschaft nach zu denken. Semper hat diese Frage aus- führlich besprochen, ohne freilich über viele neue Data verfügen zu können; weil es mit mir der nämliche Fall ist, will ich nur kurz erwähnen in welcher Hinsicht ich mit seiner Auffassung nicht einverstanden bin. Die Pyenogoniden, sagt Semper, sind echte Spinnen, weil sie nur ein Fühlerpaar (die Kieferfühler), 2 Kieferpaare (die Palpen und das erste Füsspaar) und 3 Thoracalbeinpaare besitzen. Zwi- schen den Palpen und dem ersten Fusspaare schiebt sich noch wohl gelegentlich ein Fusspaar (die Eierträger) hinein, aber dieses tritt erst „nach längst erfolgter Ausbildung aller typischen Gliedmassen selbstständig auf.” Das letzte folgert Semper daraus, dass er ein ausgewachsenes und geslechtsreifes Weibchen von Phoxichilidium femoratum gefunden hat, dem jede Spur der Eierträger fehlte. „Es muss sich also das Thier noch einmal häuten und dabei müssen die Eierträger gebildet werden”, aber Semper sagt nicht: sie haben sich dabei gebildet, denn er hat es nicht gesehen. „Man könnte ein- wenden, es sei das beschriebene Exemplar ein Männchen; dem steht aber die Struktur des Eierstocks entgegen” sagt Semper weiter; 251 ich werde mich desshalb wohl hüten diesen Einwand zu machen, ich behaupte dagegen, dass das 8-beinige ausgewachsene Exemplar nie Eierträger bekommen wird, und dass somit der Beweis noch geliefert werden muss, dass die Eierträger nach längst erfolgter Ausbildung aller typischen Gliedmassen selbstständig auftreten! Ich stütze diese Behauptung auf das Verkommen ganz geschlechtsreifer und ausgewachsener Exemplare von Pyenogonum littorale ohne Eierträger, während dagegen ganz junge und wenig ausgewachsene Exemplare der rämlichen Gattung alle (so viele ich deren auch untersuchte) mit Eierträgern versehen waren: ich glaube zu dieser Folgerung wenigstens eben so gut berechtigt zu sein, als Semper zu der seinigen '). Nach meiner Auffassung stellt sich desshalb für die accessorische Füsse das Folgende heraus. Als drittes Gliedmassenpaar ist ihr Vorkommen bei einzelnen Gattungen (Nymphon z. B.) ein constan- tes nicht nur für die Weibchen, sondern wahrscheinlich auch für die Männchen, dagegen bei anderen (den meisten Gattungen) ein sehr schwankendes, so dass sie bald ausgewachsenen Weibchen (Pyenogonum, Phoxichilidium (?)) fehlen und wenig ausgewachsenen Weibchen und Männchen zukommen (Pyenogonum), bald nur den Weibchen zukommen (Pallene). In der Gattung Nymphon hat man dann weiter wahrscheinlich die am meisten typische Pyenogoniden- Form. Schliesslich will ich noch bemerken, dass ich mich mit der Auffassung Semper’s, nach welcher die Palpen und die Eierträger aus einem Segment entstehen noch desshalb nicht vereinigen kann, weil eben bei Nymphon eine deutliche Segmentation das die Eier- träger tragende Glied von dem sogenannten Kopftheile des Thieres 1) Angenommen die Semper'sche Folgerung wäre richtig für Phoxichilidium femoratum, so ginge es noch nicht an, den accessorischen Füsseu der Pyeno- goniden darum die Bedeutung von typischen Gliedmassen ab zu sprechen. Denn dazu wäre der Beweis erforderlich, dass diese Füsse bei keiner Form direct mit den anderen Gliedmassen angelegt würden. Dagegen war die Con- statirung eines einzigen Falles, in welchem der accessorische Fuss direct aus einem der ursprünglichen Gliedmassen-Höcker hervorging genügend, um ihre typische Bedeutung für die ganze Gruppe zu bestimmen, 252 scheidet (Tafel XV fig. 11). Auch bei mit Eierträgern versehenen Pyenogonum-Exemplaren, sieht man leicht, das diese einem scharı begrenzten Segmente aufsitzen (fig. 1). So bald ich in die Gelegenheit komme, hoffe ich diese leider sehr unvollständigen Angaben auszuarbeiten und fester zu be- gründen. Leinen, 22 Februar 1877. Bugs sale Fig. 2. Big 2= Fig 3. Fig. 4. Big Mo: Fig. Fig. Fig. 8. Big. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. ERKLÄRUNG DER TAFELN. TAFEL XV. Mundkegel nebst den vorderen Körpersegmenten mit den accessori- schen Füssen und dem ersten Fusspaare von Pyenogonum littorale. Männliches Thier. Die accessorischeu Füsse sind neun-gliedrig.Vergr.11. Weibliches Exemplar von Pycnogonum littorale von der Bauchseite. Vergr. TıJ.. Das nämliche von der Rückenseite. Vergr. 7'j.. Tastborsten auf dem achten und neunten Gliede des accessorischen Fusses von Pyenogonum littorale. Vergr. 575. Vordere Körpersegmente nebst Mundkegel und Kieferfühlern von Pallene brevirostris. Vergr. 64. Die vier Endglieder der accessorischen Füsse von Pallene brevirostris. Vergr. 180. Eines der Blättchen dieser Endglieder stärker (575) vergrössert. Die drei Endglieder eines ordiuären Fusses von Pallene brevirostris. Vergr. 95. Vordere Körpersegmente nebst Mundkegel und Kieferfühler von Phoxichilidium femoratum von der Rückenseite. a. der frei hervor- ragende die Kieterfühler tragende Fortsatz. Vergr. 32. Wie Fig. 8 aber von der Bauchseite. b. Die nur drei-gliedrigen accessorischen Füsse. Die drei Endglieder eines ordinären Fusses von Phoxichilidium fe- moratum. a. Hervorragender Fortsatz an dem letzten Fussgliede. b. Schwache Borste nächst der Endklaue. Vergr. 95. Vordere Körpersegmente nebst Mundkegel, Kieferfühler und Taster von Nymphon gracile von der Rückenseite. Vergr. 48. Die vier Endglieder des accessorischen Fusses von Nymphon gra- eile. Vergr. 155. 17 Fig. Fig. Fig. Fig. 21. Fig. 22. 254 12*. Eines der gezähnten Blättchen dieser Endglieder stärker (575) ver- . 13. 14. 15. ach la. ig. 17. Bike ig. 19. . 20. grössert. Endglied eines ordinären Fusses von Nymphon gracile. Vergr. 95. TAFEL XVI. Haut von Pallene brevirostris. Vergr. 575. a, b und c. Optischer Querschnitt, d. von oben gesehen. Haut von Phoxichilidium femoratum. Vergr. 270. a. Optischer Querschnitt (a’ eines der Röhrchen stärker (575) ver- grössert), b. von oben gesehen. Chitin der Haut von Pycnogonum littorale. Querschnitt. Vergr. 575. Haut von Pycnogonum littorale von oben gesehen. Verg. 575. a. ein mit einem Porenkanale communicirender Stachel. Querschnitt durch einen der rückenständigen Höcker von Pyeno- gonum littorale. Vergr. 135. | n, n’ Nerven. Nervensystem von Nymphon gracile von der Bauchseite. Vergr. 48, a, a’, a” und a’ die als Fussglieder nicht mitzählenden seitlichen Hervorragungen des Körpers. Bauchstrang von Pyenogonum littorale (von der Rückenseite ge- öffnet.) Vergr. 3. Verticaler Längsschritt durch die ersten Thorax-Glieder des Pyeno- gonum littorale. Vergr. a. Oberes Schlundganglion mit dem Schnerv a’ und nach dem Mundkegel gerichtetem Nerv «@’'. b. und b’. Vordere Bauchgang- lienknoten. h. Augenhügel mit h’ Augen. d. Darmwandungen. e. Mit dem Darmcanale communieirende Blase. o. Eier aus dem zwischen Rückenwand und Darmcanale ausgebreiteten Ovarium. Embryo von Pallene brevirostris von der Bauchseite. Vergr. 135. a. Nervensystem. Embryo von Pallene brevirostris von der Rückenseite. Vergr. 135. x. Ring mit welchem nach Dohrn der Embryo an die Larvenhaut befestigt ist. Beitrag zur Kenntniss des Kopfskeletes der Holocephalen. VON Dr. A. A. W. HUBRECHT, Conservator des Reichsmuseums zu Leiden. Die folgende Untersuchung setzte sich zur Aufgabe die Bezie- hungen des Schädels der Holocephalen, sowohl unter einander, als auch in Bezug zu den übrigen Selachiern zu bestimmen. Die Be- . antwortung dieser Frage mag wohl, nach der Erscheinung von @e- genbaur’s: Kopfskelet der Selachier, vielen nahe gelegen ha- ben, war aber meistens, wegen Mangel an Material, schon von vorn herein unmöglich Die Freundlichkeit der Herren Prof. Schlegel, der mir ein junges Individuum von Callorhynchus antarcticus, so- wie Geh. Hofr. Gegenbaur und Dr. Palmen, die mir zwei Exemplare von Chimaera monstrosa zu diesem Zwecke überliessen, setzte mich in die Lage diesen auch bei mir entstandenen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen. Dennoch möchte ich das in den folgenden Zeilen niedergelegte nur als einen ersten Versuch zur Lösung einiger der vielen schwierigen Fragepunkte, welche sich bei diesem Vergleich einem entgegenstellen, aufgefasst sehen. Eine nähere Betrachtung der Vertheilung der zum Seitencanal- system gehörenden Porenlinien in der Kopfhaut möchte ich voran gehen lassen, da sie vielleicht einiges Licht auf die eigenthümlichen Verhältnisse zu werfen vermag, welche im Rostrum dieser Thiere vorliegen, Verhältnisse, die dem Callorhynchuskopf, bei äusserlicher, 256 oberflächlicher Betrachtung, eine von dem der Chimaera so weit abweichende Gestaltung geben. Die Haut des nach vorn und oben stumpf auslaufenden Rostrums von Chimaera (Taf. XVII, fig. 5 u. 6) wird von bestimmte Felder ab- grenzenden Porenlinien durchzogen, welche in constanten Biegungen verlaufen und zum Theil von nebenliegenden Hautduplicaturen über- ragt werden. Diese Duplieaturen mit ihren zackig ausgeschnittenen Rändern geben einem Theil des Kopfkanalsystems das verbreiterte Aussehen, wie es auf Taf. XVII, fig. 5 u. 6, A dargestellt ist. Diese Eigenthümlichkeit fehlt dem Callorhynchus, wo bloss feine Linien die Lagerung dieser als Sinnesorgane aufzufassende Apparate ver- rathen. Bei beiden finden sich ausserdem Gruppen von einzelnen grösseren, zu demselben System gehörenden Oeffnungen und ist bei Callorhynchus der vordere Theil der Stirne in einem be- schränkten Umkreis von microscopischen Löcherchen auf’s feinste durchbohrt. Entfernt man die Haut an dieser Stelle so trifft man eine äusserst reiche Verzweigung feinster Nervenfäserchen, die zum Ramus II N. trigemini gehören. Uebrigens ist die Haut glatt und silberglänzend, nur an bestimmten Stellen (über der Augengegend, zwischen den Rückenflossen) mit paarigen Reihen feiner Stächelchen (Taf. XVII, fig. 7) besetzt '). Auch das langgestreckte Rostrum be- sitzt denselben Ueberzug; nur die Hinterseite des unten vom Ros- trum herabhängenden Hautläppchens ist von einem feinen, netz- artigen Maschenwerk, zwischen dem sich Poren des Seitencanal- systems hinziehen, bedeckt (Taf. XVII, fig 9). Was nun die Anordnung dieser verschiedenen Porenreihen in den beiden Holocephalengattungen betrifft, so lässt sich diese leicht auf denselben Typus zurückführen. Die Linien x, ß,y, 2, eundy (Taf. XVII, fig.5, 6, 7) sind schon beim ersten Blick als gleich- werthig für beide afzufassen, und ähnliches ergiebt sich für d,«, 1) A. Dumeril führt in seiner Histoire naturelle des Poissons, Bd I, 8. 694, das Vorkommen dieser Stacheln als unterscheidendes Merkmal für die Art: Callorhynchus Peronii an, wirft aber zugleich die Frage auf, ob es sich hierbei nicht um einen Charakter handelt, welcher allen Callorhynchen im Jugend- stadium zukommt. Das von mir untersuchte junge Individuum von Callorhyn- chus antarcticus liefert eine Bestätigung für diese Vermuthung. 257 A und “, wenn man beachtet, dass # und x sich nach einem bei beiden etwas verschieden geschlängeltem Verlauf in der Nähe der Schnauzenspitze vereinigen, um dann in der Medianlinie mit der anderseitigen in Verbindung zu treten. Die Linie A läuft bei Chi- maera unter dem Auge mit e zusammen; bei Callorhynchus ist sie im Anfang ihres Verlaufs vertical gerichtet und entspringt dem- nächst von x, ein sehr unwesentlicher Unterschied. In der Nähe der Medianlinie trennt sie sich bei beiden Gattungen in zwei; der zweite Stamm, der bei beiden auch noch eine Art wellenförmige Knickung erlangt ist mit « angedeutet; er verläuft bei Callorhynchus über die hintere Fläche des rostralen Hautlappens. Die Uebereinstimmung in dem Verlaufe der Porenlinien von Chimaera und Callorhynchus, wie sie sich also bei einer genaueren Deutung herausstellt ist nicht unwichtig für die Vergleichung der beiden, zu so verschiedener äusserer Gestaltung gelangten Rostra. Indem nämlich, wie es viele Haifischgattungen schon zeigen (Seyllium, Pristiurus, u. A), die grössere oder geringere Entfal- tung des Rostrums Hand in Hand geht mit einer mehr oder weni- ger bedeutenden Ausbildung dieser merkwürdigen Sinnesapparate in der Schnauzenspitze, und somit ein Causalnexus die Entwicke- lung beider Gebilden zu verknüpfen scheint, so dürfen wir bei einer typischen Uebereinstimmung in den Lagerungsverhältnissen der letztgenannten auch auf die Wahrscheinlichkeit einer tieferen, mor- phologischen Gleichwerthigkeit der zu ihrer Unterstützung verwen- deten Knorpelstücke, zurückschliessen. In der That lässt sich bei einer genaueren Vergleichung der zahlreichen, im Bereiche der Ethmoidalregion gelegenen Knorpel, unter denen wieder Nasen-, Lippen- und Rostral-knorpel unterschieden werden können, eine bis in Einzelheiten durchführbare Homologie nachweisen, wenn auch die Gestaltung, in Anpassung an die verschiedene äussere Form des Rostrums, eine andere geworden ist. Für Callorhynchus sind diese Knorpel von Johannes Müller !) sehr 1) Joh. Müller. Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Abhandl. der Berliner Akad. der Wissenschaften. 1834. S. 217 und folg. 258 genau beschrieben und abgebildet, für Chimaera liegt nur eine ganz unbrauchbare Abbildung und Beschreibung von Rosenthal ') vor. An einen Vergleich zwischen den beiden hat Müller sich nur selten gewagt und auch dann nicht immer richtige Schlüsse gezo- gen; es scheint dass ihm nur ein unvollständiges Exemplar zu Gebot gestanden hat und er sich grossentheils auf die Rosenthal- sche Darstellung verlassen musste. Hier mag also eine genauere Beschreibung dieses Knorpel-Complexes bei Chimaera folgen und zugleich der Versuch gemacht werden den Befund mit den That- sachen, wie sie bei Callorhynchus vorliegen, in Uebereinstimmung zu bringen. Wenn wir anfangen mit den von allen Autoren als Labialknor- pel gedeuteten Bildungen so lassen sich hier in der Oberlippe drei, in der Unterlippe eine erkennen. Der letztgenannte (Taf. XVII, fig. 2, 3, @) deren weder Cuvier, Müller noch Rosenthal bei Chimaera Erwähnung thun, ist erst vor kurzem von Solger ?) zum ersten Male als ein paariger, vor dem Unterkiefer gelegener Knorpel beschrieben worden. Ueber die Beziehungen zwischen diesen und dem unpaa- ren Mundknorpel des Callorhynchus (Zaf. XVII, fig. 1 a,b) äussert er sich folgendermaassen: „die Möglichkeit wäre vorhanden dass in diesen paarigen Gebilden das Homologon des unpaaren Mund- knorpels von Callorhynchus gesucht werden müsste.” Diese von Solger angedeutete Möglichkeit wird zur Sicherheit, wenn man bei Chimaera nicht nur diese vereinzelten Knorpelstückchen, sondern auch den Bandapparat b, vermittelst dessen sie befestigt sind, in Betracht zieht. Es streckt sich nämlich zwischen diesen Knor- peln und nach hinten über den Unterkiefer hinweg ein breites Band aus, welches sich mit einem Zipfel gegen den herabsteigen- den hinteren Lippenknorpel (c) des Oberkiefers legt, und sich mit einem anderen Zipfel nach hinten bis unter die Articulation des Untertiefers erstreckt. Also nicht in den kleinen Knorpelstückchen a allein, sondern ebenso in diesem ganzen Bandapparat, worin 1) Rosenthal. Ichthyotomische Tafela. Berlin 1826. Taf. XXVII. 2) Morphologisches Jahrbuch. Bd I. S. 219. 259 Verknorpelung allmählig weiter um sich gegriffen hat, muss man das Homologon für den unpaaren Lippenknorpel des Unterkiefers bei Callorhynchus suchen. Wie jener Bandapparat so ist auch Jieser unpaare Knorpel in der Mitte am schmalsten,, verbreitert sich nach hinten und läuft in einen freien Zipfel aus. Auch die oberen Lip- penknorpel finden wir bei Callorhynchus in mächtigerer Entwicke- lung als bei Chimaera. Ein vorderes (e) und ein hinteres (c, d) lassen sich erkennen, letzteres noch aus zwei unter rechtem Win- kel durch Gelenk verbundenen Stückchen (c und d) bestehend und beide dem Knorpel f angeheftet. Das Stück d ist mit einem nach vorn und oben gerichteten Fortsatz versehen und bietet einem platten, breiten Muskel, der seinen Ursprung an der Vorderfläche des Praeorbitalfortsatzes nimmt, die Ansatzstelle. Bei Chimaera finden sich diese drei Knorpelstücke wieder; die beiden e und d in viel geringerer Entfaltung; e bleibt hier ein schmales Knorpel- streifchen, d ein kleines viereckiges Stück. Die Beweglichkeit zwischen d und c ist zugleich eine viel beschränktere. Was nun das den Labialknorpeln als Stütze dienende Knorpel- stück f betrifft, so tritt dies auf in der Form eines nach aussen platten, nach innen sich in einen gebogenen Knorpelstiel fortsetzen- den Gebildes, welches vermittelst dieses Stieles an der Basis der Nasencapsel dem Schädel angeheftet ist. Es erleidet also eine Biegung nach hinten und innen. Der schlanke Knorpelstiel, wie er Callorhynchus zukommt, ist bei Chimaera kürzer und breiter, auch ist die Verbindung mit dem nächstfolgenden, in einem Zipfel auslaufenden Stücke 9, bei beiden eine verschiedene. Diese bei Chimaera noch durch ein nur schwächeres Mittelstück continuirlich verbundene Abschnitte eines einheitlichen Knorpels, weisen näml. bei Callorhynchus eine Gelenkverbindung auf, welche dem Knorpel- stück 9 einere grössere Beweglichkeit verleiht. Zu dieser erhöh- ten Beweglichkeit des Stückes g gesellt sich eine Längenausdeh- nung und Lageveränderung anderer im Bereiche des Rostrums vor- kommenden Knorpel, alles in Anpassung an das bei Callorhynchus so eigenthümlich entwickelte Rostrum, resp. an die in diesem geborgenen, dem Seitencanalsystem angehörenden Sinnesorgane. 260 Diese hier näher zu bezeichnenden Knorpelstücke sind die in den Figuren mit © und h angedeuteten. Bei Chimaera ist h ein paari- ger, kleiner, senkrecht gerichteter Knorpel, der mit seiner Basis an die vordere Mittelläche der Nasencapsel angeheftet ist. Bei Callorhynchus entspringen die homologen Knorpel an derselben Stelle, sind aber nicht mehr vertical, sondern horizontal nach vorne gerichtet und zugleich bedeutend in die Länge ausgewachsen. An ihre hintere Hälfte heften sich, mittelst Band, die Spitzen der Knorpel 9. Ausser diesen beiden paarigen fungirt noch der unpaare Knorpel i als Träger des verlängerten Rostums. Dieser Knorpel findet sich bei Chimaera viel höher am Schädel als bei Callorhyn- chus, scheint also bei der tieferen Stellung, welche das Rostrum vorn am Kopfe eingenommen hat, mit nach unten gewandert zu sein. Auch die an der Basis dieses Knorpelstieles sich befindende vordere Austrittsstelle (ce') des R. ophthalmicus N. trigemini ist bei dieser Lageveränderung betheiligt; sie liegt bei Callorhynchus mehr nach unten und vorn, immer noch in der Nähe der Anheftung des Knorpelstückes ;. Hiermit sind also die stark entwickelten Rostralknorpel von Cal- lorhynchus auf die entsprechenden, welche sich bei Chimaera vor- finden, aber dort noch nicht in diese Function getreten sind, zu- rückgeführt. Eine ähnliche Uebereinstimmung herrscht in Bezug auf die Nasenknorpel, von denen der grösste, den der anderen Seite in der Mittellinie berührende, mit % bezeichnet ist. Dieses Knorpelstück ist in verschiedener Weise muschelartig aufgerollt und umschliesst die zur innern Nasenhöhle führende Oeffnung; ein ihm zugehöriges Stück, welches sich oft als gesonderter Knorpel zu verhalten scheint, ist in Joh. Müller’s Abbildung mit f’ bezeichnet. Der Knorpelstreifen, welchen dieser Forscher daselbst unter g an- führt und welcher wie er sagt eine Verbindung zwischen dem innern grossen Nasenflügelknorpel, dem Träger der Lippenknorpel und dem seitlichen Schnauzenknorpel darstellt ist in fig. 1, Taf. XVII mit m angedeutet. Das Knorpelstück m bei Chimaera (fig. 2, 3), welches ich als Homologon des letzterwähnten auffassen möchte, ist hier platter und breiter, entspricht aber in seinen Beziehungen 261 zu den umliegenden Knorpeln den bei Callorhynchus vorkommen- den Verhältnissen, wie sie Joh. Müller definirt. Endlich muss ich noch ein kleines paariges Knorpelstückehen / erwähnen, welches ich nirgends vorgeführt finde und welches bei Chimaera als ein kurzes Knorpelsäulchen in der Tiefe zwischen den Nasenknorpeln liegend, eine Verbindung darzustellen scheint zwischen dem Nasen- knorpel k und dem Stiel des Lippenknorpelträgers f. Ich fand bei dem von mir untersuchten Exemplar von Callorhynchus keinen Knorpel, welcher diesem entsprechen könnte, auch Joh. Müller beschreibt nichts derartiges. Würde sich dieser negative Befund bestätigen, so läge hier wohl ein Knorpelstück vor, welches nur Chimaera zukommt und mit der Ausbildung der Rostralknorpel bei Callorhynchus verschwunden ist. Was die hohlen, als Nasenkapsel bezeichneten Auftreibungen (N) am Vorderende des Schädels betrifft, so zeigt sich hierin nur in so weit eine Verschiedenheit, als die abgerundete, obere Fläche dieser Theile bei Chimaera, bei Callorhynchus beiderseits an cor- respondirender Stelle in eine umgebogene Spitze m ausgezogen ist. Es ist sehr wahrscheinlich dass in dieser Bildung eine neue An- passung an das Längenwachsthum des Rostrums vorliegt, indem die betreffende Spitze der Anheftungsstelle eines Bandes entspricht, welches beim Tragen des weit vorragenden Rostrums Verwendung finden kann. Der hintere Theil eines solchen Bandes, sowie seine Anheftung am Hakenfortsatz konnte bei meinen Exemplar noch beobachtet werden. Bemerkung verdient vielleicht, dass bei Chi- maera schon ein dreischenkeliger Bandapparat, der aus einem obe- ren, medianen und zwei seitlichen unteren Strängen besteht, vor- kommt. Die beiden letzterwähnten entsprechen somit den bei Cal- lorhynchus eben beschriebenen, und sind bei der Lageveränderung des Rostrums auf die Nasencapsel gerückt. Einen von Solger (l. e.) beschriebenen linsenförmigen, hinter und unter dem Gelenke des Unterkiefers in derben Fasersträngen gela- gerten Korpel fand ich an der von ihm angedeuteten Stelle wieder. Auch seiner Deutung, dass wir näml. in diesem Knorpelrudimente das Homologon des Spritzlochknorpels anderer Haifische zu sehen 262 haben, möchte ich mich anschliessen. Mit dem Schwinden der Kieme zwischen Kiefer- und Zungenbein-bogen wäre dieses Stück s als ein rudimentärer Rest der Strahlen des ersteren zu betrachten. Callorhynchus wurde von mir untersucht ehe ich durch Kenntniss- nahme der Solger’schen Notiz auf das Vorkommen dieses Knorpel- rudiments aufmerksam geworden war; da der Kopf des von mir untersuchten Exemplars nicht mehr als 50 mm. maass , so ist es sehr möglich dass ich ein entsprechendes Knorpelrudiment, wenn über- haupt bei dieser Gattung vorhanden, übersehen habe. Nach dieser Beschreibung und Vergleichung der im Bereiche der Kiefer und Nasenkapsel vorkommenden, disereten Knorpel liegt es uns noch ob, den Versuch zu machen, welche von diesen zahl- reichen Stücken durch entsprechende Bildungen auch bei den Se- lachiern vertreten sind, und in wie weit beiderlei Modificationen vielleicht auf denselben Typus zurückzuführen sind. Was die Nasenflügelknorpel der Selachier betrifft so existiren diese in pri- mitiver Gestaltung bei Cestracion (Siehe Gegenbaur,, 1. c. Taf. XVI, fig. 2) und Scymnus (diese Abh. Taf. XVII, fig. 8). Diese beiden Gattungen mit relativ stark aufgetriebener Nasencapsel, wie sie auch die Holocephalen besitzen, bieten am leichtesten Anhaltspunkte für die Vergleichung. Die Verhältnisse bei Scymnus und Cestracion stehen einander sehr nahe. Die äusseren Ränder der knorpeligen Nasenkapsel gehen in verschiedener Richtung weitere Differenzi- rungen ein und lassen durch Fortsatzbildung (z, £, fig 8) zwei mit a und 5b bezeichnete Eingänge zur Nasenhöhle entstehen. Denkt man sich den Fortsatz & mit der Knorpellamelle y, welche die Nasengrubenöffnung b von dem freien Raum / scheidet, zur grösseren Selbstständigkeit gelangt und von dem Nasenkapselknorpel losgetrennt, so ist damit die beiderseitige Nasenmuschel % von den Holocephalen gegeben. Der Oefinung 5 dieser Selachier entspricht bei den Holocephalen der durch die Nasenmuschel in die Nasen- gıube führende Gang; ferner ist der hier zur breiteren Entfaltung gelangte Zipfel n dem Fortsatz & homolog. Dem Fortsatz 8, wel- cher bei Cestracion viel mehr als bei Scymnus nach vorn und oben gerichtet ist, entspricht bei Chimaera die ebenfalls noch mit dem 263 Nasencapselrande in Verbindung gebliebene Knorpellamelle /g, welche über die Nasenmuschel hinweg nach oben gerichtet ist. An dieser Lageveränderung hat sich auch das Knorpelstück m be- theiligt. Nach aller Wahrscheinlichkeit ist letzteres als discretes Knorpelstück mit von der vorderen Nasencapselbegränzung abge- löst worden, eine Vermuthung, welche durch die auch bei Scymnus in dieser Richtung angebahnten Differenzirungen bestätigt wird. Dem seitlichen Eingange zur Nasengrube, welcher sich bei C'himaera noch zwischen der Nasenmuschel kn und dem Knorpel fy findet, entspricht also die zweite mit a bezeichnete Oeffnnng bei Cestracion und Scymnus. Das diese beiden verbindende Knorpelsäulchen ! möchte somit ein Ueberrest des ursprünglich continuirlichen Zusammenhan- ges sein. Bei Callorhynchus ist das Stück fq, wie oben geschil- dert wurde, wieder in zwei Knorpelabschnitte zerfallen und sein hinterer Theil f zu dem von Joh. Müller als Lippenknorpelträger bezeichneten Stücke geworden. Somit sind die Nasenflügelknorpel der Selachier ebenfalls bei den Holocephalen, wenn auch unter abweichender, selbstständiger Differenzirung, erhalten. Es sind jetzt noch zu deuten die paarigen Stücke A und der unpaare Knorpel i. Für sie sind weniger directe Anknüpfungs- punkte im Selachiertypus geboten. Wohl lässt sich die Vermuthung aufstellen, dass bei der starken, seitlichen Compression der Gegend zwischen Augenhöhle und Nasencapsel bei den Holocephalen auch die immer hier gelegene, in die Schädelhöhle führende Praefrontal- lücke verschwunden und aus dem mehr oder weniger mächtigen Rostralfortsatz der Selachier (© bei Scymnus in fig. 8) der schlanke, lange Knorpelstab ö hervorgegangen ist; allein bei dem Mangel an Uebergangsformen bedarf diese Vermuthung noch einer nähe.en Be- gründung. So auch die Deutung der Knorpel A, die ich, wie es für den Fortsatz = bei Callorhynchus mit besseren Begründungen möglich war, ebenfalls als Bandverknorpeiungen an der Oberfläche der Nasen- capsel betrachten möchte. Ein mächtiger cylindrischer Bindegewebs- strang entspringt auch bei Scymmus von dieser Knorpelfläche; die Entstehung der Knorpel h liesse sich durch eine, im primitiveren Zustande in diesem Bande eingetretene Verknorpelung, erklären. 264 Die Vergleichung der Lippenknorpel der Holocephalen mit jenen der Selachier ist eine viel leichtere Aufgabe. Die oberen haben sich allerdings dem als Nasenflügelknorpel betrachteten Stücke fg angelagert, doch sind wie bei den Selachiern, ein vorderer , einfacher e und ein hinterer, gegliederter mit seiner unteren Hälfte zum Unterkiefer gehörender, zu unterscheiden. Dass die obere Hälfte (de) des hinteren - bei Chimaera eine schwache Andeutung einer Trennung in zwei separate Stücke zeigt, welche bei Callorhynchus zu einer wirklichen Gliederung und bedeutenden Entfaltung der beiden Stücke führt, wurde schon oben genügend betont. Das un- tere Stück des hinteren Lippenknorpels, welches auch bei Scymnus noch eine starke Entwickelung nach vorn und in die Breite zeigt, ist bei den Holocephalen verschieden erhalten; wie schon oben be- schrieben wurde, haben sich bei Callorhynchus die beiderseitigen Hälften in der Medianlinie vereinigt und bilden, wie es Joh. Mül- ler ausdrückt, fast einen zweiten Unterkiefer; während bei Chimaera das betreffende Skeletstück zum Theil in dem Bandapparat b, zum Theil in den paarigen Knörpelchen « erhalten ist. Wie gesagt steht in dieser Beziehung von allen Selachiern Scymnus den Holo- cephalen am nächsten. Ueber die Schädelkapsel selbst mögen einige kurzen Notizen zur weiteren Ausführung der genauen Darstellung Joh. Müller’s genü- gen. Die Oceipitalregion bildet nur ein geringer Abschnitt des Schädels; der Vagus tritt, nahe am Gelenkrande mit der Wirbel- säule, im Grunde einer Vertiefung durch eine nach hinten und unten gerichtete Oeffnung nach aussen; hinter dieser grösseren ist sowohl bei Callorhynchus als bei Chimaera noch eine ganz feine einen Nerv durchlassende Oeffnung bemerkbar Der zur Labyrinth- region gehörende Glossopharyngeus tritt kurz vor dem Vagus nach aussen, um sich sodann über den ersten Kiemenbogen zu verbrei- ten. Die Oceipitaleondylen sind vertical in die Länge gezogen; ihre concaven Gelenkflächen richten sich unter einem ziemlich spitzen Winkel gegen die Axe der Wirbelsäule. Eine schwache Crista oceci- italis, sowie eine Parietalgrube mit paarigen, zu dem Labyrinthe P 5 P gen, 265 führenden Oeffnungen kommen bei beiden Holocephalengattungen vor. Die Labyrinthregion zeichnet sich durch die starke Auftreibung aus, welche z. Th. von den halbeirkelförmigen Canälen äusserlich hervorgerufen wird; bei Chimaera setzt sich der dem Canal. semieire. anterius entsprechende Knorpelvorsprung sogar über die hintere Wand der Augenhöhle fort Diese Hinterwand, noch der Labyrinth- region angehörig, wird zum Theil als dem Postorbitalfortsatz der Haien entsprechend betrachtet werden können; die eingetretene Verwachsung des Hyomandibulare und Palatoquadratum mit der Schädelkapsel macht aber eine genauere Deutung ohne die Hülfe embryonaler Stadien oder älterer Zwischenformen unmöglich. Deut- licher erhalten ist dagegen die Praeorbitalleiste, welche sich vom Schädeldach über den vorderen Theil der Orbitalhöhle erstreckt (Pr, fig. 1, 2, Taf. XVII) und in ihrer Basis von dem Ramus oph- thalmicus N. trigemini durehbohrt wird. Dieser Nervenast, welcher auch bei den Selachiern an der oberen Hinterwand der Orbita seinen Verlauf nimmt, zweigt sich bei den Holocephalen schon innerhalb des Schädels von seinem Hauptstamm ab, durchbohrt die hintere Orbitalwand bei Zr und tritt, wie erwähnt, bei cp in einen Canal, welcher bei ziemlich bedeutendem Höhendurchmesser die seitlich comprimirte Ethmoidalregion durchsetzt. Bei ce’ ist die vordere, dem Nerv zum Durchlass dienende Oeffnung des Canals. Der Ca- nal entspricht wahrscheinlich nicht bloss dem Praeorbitaleanal der Selachier, sondern ist aufzufassen als eine Verschmelzung desselben mit dem Ethmoidalcanal. Der hart über den Nasencapseln austre- tende Nerv verläuft näml. nicht mehr duch eine letzterem vergleich- bare Schädelparthie, sondern begibt sich direct zu den von ihm versorgten Theilen des Rostrums. Die Oeffnung ce’ dient noch einem zweiten Nervenast als Austrittsstelle, welcher bei » eintritt und gleichfalls schräg über die hintere Orbitalwand hinwegzieht. Seine erste Austrittsstelle aus dem Schädel ist bei Callorhynchus mit v angedeutet, fällt aber bei C’himaera mit der Oeffnung Tr des Tri- geminushauptstammes zusammen. Dieser über dem Opticus gelegene Ast kann nur eine Abzweigung des R. ophthalm. N. trig. sein, welche sich schon innerhalb des Schädels von letzterem abtrennt; 266 er wird von Stannius!) als Ramus ophthalmicus profundus bezeich- net. Entsprechendes finden wir bei den Selachiern, wo dieser Ast des R. ophthalmicus die vordere Orbitalwand (bei w in den zahlreichen von Gegenbaur 1. e. gegebenen Abbildungen) durchbohrt, um durch den Orbitonasaleanal seinen Verlauf zu nehmen. Letzterer Canal wäre hier also gleichfalls mit dem Praeorbital- und Ethmoidal-canal zu dem geräumigen, ‘schon oben erwähnten Canal zusammengeflos- sen. Bei den Holocephalen wäre dieser seitlich comprimirte Canal wohl am einfachsten als Ethmoidalcanal zu bezeichnen. Der Hauptstamm des Trigeminus tritt durch die mit Tr bezeich- nete Oeffnung am Boden der hinteren Orbitalwand nach aussen und zwar in Vereinigung mit dem Facialis. Dennoch muss voraus- gesetzt werden dass auch hier ursprünglich zwei getrennte Oeffnun- gen vorhanden waren, wie man es gleichfalls für diejenige Sela- chier, wo der Facialis mit dem Trigeminus zusammen austritt (Mustelus, Prionodon, Galeus, Seyllium, Zygaena) annehmen muss. Hiermit ist jedoch nicht etwa eine nähere Verwandschaft zwischen diesen Selachiergattungen und den Holocephalen dargethan, vielmehr muss diese Eigenthümlichkeit als bei beiden auf verschiedenem Wege erworben (polyphyletisch entstanden), betrachtet werden. Bei den Chimaeren mag wohl der erfolgte Schwund der hinteren knorpeligen Orbitalwand, gegen welche sich die Labyrinthregion so scharf absetzt, ein Factor gewesen sein, welcher die Verschmel- zung der Oeffnungen mit hervorrief. Die RR. II et III N. trigemini verlaufen über den Orbitalboden nach vorne, unter Abgabe eines R. maxillaris inferior , welcher bei r die Schädelwand durchbohrt und seinen Weg unter dem Schädel- boden fortsetzt. Bei Callorhynchus ist der Ramus II, der haupt- sächlich die Sinnesorgane der Kopfhaut und des Rostrums versorgt, ein besonders mächtiges Nervenbündel. Der Facialis verläuft nur eine kurze Strecke schräg nach aussen über den Orbitalboden, durchbohrt diesen bei fa und ver- 1) H. Stannius. Das peripherische Nervensystem der Fische. 1849. 267 folgt seinen Weg über den Zungenbeinbogen. Ein feiner Ast, der vom Facialis abgezweigte N. palatinus, durchbohrt noch den Orbi- talboden unweit von der grösseren Facialisöffnung. Was die Austrittsöffnungen für die Augenmuskelnerven betrifft, so verweise ich auf die Abbildungen von Chimaera, wo der Abducens mit ans, de Oculomotorius mit oms, der Trochlearis mit irs bezeichnet ist; die bezüglichen Nerven treten durch die derbe Interorbitalmembran nach aussen. Die mehr nach vorn in dieser Membran, zugleich am Boden der Orbita gelegene Oeffnung für den Opticus ist mit O angedeutet. Der Schädelboden wird an seiner Basis noch von zwei Canälen durchsetzt, welche in den Binnenraum führen. Es sind die Caro- tidencanäle, welche bei den Holocephalen ziemlich weit nach vorne liegen und, in Gegensatz zu den übrigen Selachiern, einen schräg nach hinten und oben gerichteten Verlauf haben. Dieses abwei- chende Verhalten erklärt sich, wenn wir auch hierbei die eingetretene Verwachsung des Palatoquadratum, sowie die weit nach vorne ge- rückte Lage des Unterkiefers in’s Auge fassen. Damit sind näml. die Kiemenbogen viel weiter nach vorn unter den Schädel gerückt als bei irgend einer Selachiergruppe. Demgemäss sind auch die Carotiden, welche aus der ersten Kiemenvene hervorgehen, bei ihrem Verlaufe durch die Schädelbasis, anstatt schräg nach vorn allmählig schräg nach hinten gerichtet worden und hat ihr Canal eine entsprechende Richtungsveränderung erlitten. Median hinter diesen Gefässöffnungen findet sich an der Schädel- basis eine kleine, aber ziemlich tiefe Einbuchtung, welche, bei dem hierauf untersuchten Exemplare, einen geschlossenen Sack enthielt über dessen histologische Zusammensetzung bei der unge- nügenden Conservation keine Auskunft gewonnen werden konnte. Die Frage muss hier aufgeworfen werden, ob vielleicht ein als Hypophysis zu deuiendes Gebilde vorliegt. Für diese zunächst nicht weiter begründbare Vermuthung spricht vorläufig nur die Lagerung. Möchten weitere Untersuchungen an frischen Exem- plaren hierfür DBestätigungen herbeiführen können, so wäre bei den Holocephalen ein Fall gegeben, wo die Hypophysis 268 durch die knorpelige Schädelbasis vom Gehirne getrennt ist. Es wurde schon oben erwähnt, dass die hintere Orbitalwand nicht mehr knorpelig ist, sondern von einer Doppelmembran (M) ver- schlossen wird; bei Chimaera in grösserer Ausdehnung als bei Oal- lorhynchus. Bei letzterem ist die hintere untere Ecke, wo der Trigeminus austritt, noch knorpelig; bei ersterem legen sich die beiderseitigen Membranen in der oberen Hälfte gegen einander — auf dieser Strecke ist die Schädelhöhle also gänzlich verdrängt —; in der unteren Hälfte, wo die Membran eine viel derbere Beschaf- fenheit zeigt, weichen die beiderseitigen seicht abstufend aus ein- ander und bilden einen zeltartigen Raum, vermittelst dessen der vordere und hintere Abschnitt der Schädelhöhle in Communication stehen. Es bleiben jetzt nur noch die Zungenbein- und Kiemen-bogen mit ein Paar Worten zur Erwähnung und Vergleichung übrig. Der Zungenbeinbogen besteht sowohl bei Chimaera als bei Callo- rhynchus aus drei seitlichen Stücken, median durch eine Copula ver- bunden. Die Zungenbeincopula der Chimaera ist ein ziemlich mächtiges Knorpelstück mit einem unpaaren nach vorn, und zwei paarigen nach hinten gerichteten Fortsätzen; ersterer entspringt vorn in der Medianlinie, die beiden letzteren am Hinterrande (Taf. XVII, fig. 2, C). Die Copula von Callorhynchus ist relativ viel kleiner und entbehrt dieser Fortsätze. Die drei Bogenstücke (hy, hy’, hy”) wer- den nach oben zu immer kleiner, nur das unterste, grösste trägt Radien. Doch lässt sich aus den Thatsachen schliessen dass die Vertheilung der Radien früher eine mehr gleichmässige war, wenn man näml. ein fünftes Knorpelstück , hinter den beiden ersteren ge- legen, mit in Betracht zieht. Von diesem (fig. 2, Taf. XVII) mit Op bezeichneten Stücke entspringen bei Chimaera zwölf Knorpelradien , welche sich ausschliesslich an dem Unterrande ansetzen. Ein an derselben Stelle bei Callorkynchus vorkommendes Stück trägt vier Radien. Dieses grössere Stück kann entweder als ein mächtig ent- wickelter Radius, oder als ein durch Zusammenfliessen mehrerer Radien an ihrer Basis entstandenes Stück, betrachtet werden. Letztere Deutung kommt mir in dem vorliegenden Fall als die 269 wahrscheinlichere vor, erstens weil dadurch das Fehlen von Radien an der entgegengesetzten Seite plausibel wird, zweitens weil am unteren Bogenstück Ay ein ähnlicher Vorgang mit den dort direct vom Bogenstück entspringenden Radien zu beobachten ist (Siehe u. A. die fig. 2, Taf. V, n’ bei Joh. Müller, l.c.).. Auch wäre es nicht unmöglich, dass die Breitenzunahme des unteren Stückes hy, wie sie sowohl Chimaera als Callorhynchus aufweisen, zum Theil einer allmähligen Aufnahme solcher verwachsenen Radienbasen in das Bogenstück selbst zuzuschreiben ist. Muss also das Stück Op als durch eine Verwachsung mehrerer Radien an ihrer Basis entstanden gedacht werden, so liegt es auf der Hand, diese Radien und die sie verbindende Knorpelplatte als dem oberen Bogenstücke hy' ursprünglich angehörend zu betrachten. Die Radien sind also, vermittelst dieser Basalplatte zu einer grösseren Selbstständigkeit gelangt und haben ihre ursprünglichen Anheftungsstellen am oberen Bogenstück verlassen können. Das Stück Op sammt den Knorpel- radien des Zungenbeinbogens fungirt bei den Holocephalen als Kiemendeckel, indem die Radien unter der Haut bis zu der einzi- gen äusseren Kiemenöffnung sich erstrecken. Gegenbaur hat (l. ce. S. 207) zuerst darauf hingewiesen, dass in dieser Weise das kie- menschützende Operculum bei Ganoiden und Teleostiern entstanden zu denken ist: der Befund bei den Holocephalen liefert einen neuen Beleg für diese Auffassung. Das Kiemenskelet, welches in der Hauptsache bei Chimaera und Callorhynchus übereinstimmt, ist von Joh. Müller (l. ec.) ganz genau beschrieben. Nur möchte ich einige Verhältnisse im System der Copulae und Copularia näher hervorheben, weil sich darin Anknüpfungspunkte an den Befund darbieten, wie sie Gegenbaur (l. e) für die Selachier dargestellt hat. Selbstständige Copularien kommen den vier ersten Kiemenbogen zu, der fünfte heftet sich bei Chimaera an die grosse, letzte Copulaplatte; bei Callorhynchus hingegen an das Copulare des vierten Kiemenbogens, welches sich seinerseits an die letzte Copula anlegt (Taf. XVII, fig. 4). Was die Copulae betrifft, so möchte man, bei einer ersten Betrachtung, deren Zahl bei Chimaera höher anschlagen als bei Callorhynchus. 18 270 Es kommen näml. bei C’himaera in der Medianlinie, zwischen den Copulae der Bogen II/III und der Bogen III/IV zwei unpaare Knorpelstückchen vor, in Bandmasse eingelagert, welche auf den ersten Blick für eine in zwei Hälften zerfallene Copula gehalten werden könnten. Aehnliche Bildungen kommen nach @Gegenbaur’s Angabe (l. ec. S. 138, Taf. XVII, fig. 2) bei Hexanchus vor. Er sagt darüber: „Diese... Knorpelstücke sind entweder Abgliederun- gen der Copularia des dritten Bogens, oder sind aus einer verbrei- terten Copula entstanden, welche zwischen dem dritten und vierten Bogen lag.” Im vorliegenden Falle möchte ich mich der ersten Deutung anschliessen. Die Lagerung der Stücke in dem Bandap- parat, welcher die Copularia mit der Copula vereinigt, die Knickung, welche besonders den hinteren Copularienpaaren zukommt und welche allmählig zu einer Abgliederung führen könnte, der Mangel sonsti- ger Beispiele für das Bestehen unpaarig angelegter, medianer Copu- lastücke, sind alles Gründe, welche zu Gunsten erstgenannter Auf- fassung angeführt werden können. Es bleiben also typisch für die Holocephalen vier Kiemenbogencopulae bestehen, wodurch sie sich dem primitiven Zustand, wie dieser unter den Haien noch am meis- ten bei Heptanchus erhalten ist, näher anschliessen. Ein wichtiger Unterschied von dem Befunde bei Heptanchus und ein neuer Uebereinstimmungspunkt zwischen den Chimaeren einerseits und Cestracion andrerseits, liegt in dem Fortvestehen der Copula des ersten und zweiten Kiemenbogens, welche sich sonst bei keinem Selachier mehr vorfindet, nur bei Cestracion in rudi- mentärem, nicht mehr mit den Kiemenbogen verbundenem Zustand vorhanden ist. Bei den Holocephalen aber besteht diese Copula als ein viereckiges Knorpelstück fort, welchem sich die Copularia des ersten Kiemenbogens eng anlegen, und welches an seinem Hinterrande durch Band mit den Copularien des zweiten Kiemen- bogens verbunden ist (Taf. XVII, fig. 4,c’). Die zweite und dritte Copula sind ebenfalls durch Band mit den Copularien der zweiten, dritten und vierten Kiemenbogen verbunden. Am Schluss dieser Betrachtungen wäre es vielleicht zweckmässig , 271 zu untersuchen, in wie weit die gefundenen Thatsachen die ver- wandschaftlichen Beziehungen zwischen Holocephalen und Selachiern zu beleuchten vermögen, und demnächst für die systematische Stellung der ersteren zu verwerthen sind. Abgesehen von der so charakteristischen Verwachsung vom Palatoquadratum und Hyomandibulare mit dem Schädel, über wel- chen Vorgang ein Studium der Entwickelungsgeschichte dieser Thiere vielleicht Aufklärung geben kann, giebt es noch verschiedene Gründe, welche an die Hand geben, die Holocephalen unter die älteren Formen der Knorpelfische zu stellen. Einer dieser Gründe wäre die Beschaffenheit der hier nicht in Betracht gezogenen Wirbelsäule, die, wie bei den ältesten Haifisch- formen (Notidaniden), noch keine durch Auftreten discreter Wir- belkörper bedingte Gliederung zeigt. Neben Hexanchus und Hep- tanchus sind auch Cestracion und Scymnus zu den in dieser Verte- bratenklasse schon in frühesten Zeiten entstandenen Differenzirungs- typen zu rechnen. Und gerade mit diesen beiden boten die That- sachen, wie sie oben dargestellt sind, verschiedene Punkte der Uebereinstimmung. Diese durch gemeinschaftliche Vererbung von einem noch älteren Typus bei beiden erhaltenen Einzelheiten sind somit werthvolle Hinweise für die gegenseitigen Verwandschaftsbe- ziehungen. Wie schon oben bei der Besprechung der zusammen- geflossenen Austrittsöffnungen für Trigeminus und Facialis erwähnt wurde, muss man iedoch hier die primitiven, übereinstimmenden Merkmale von den secundär erworbenen zu unterscheiden wissen. Zu den ersteren möchte ich das Verhalten des zum Unterkiefer gehörigen Labialknorpels, sowie die aufgetriebene Nasencapsel bei Scymnus einerseits, bei den Holocephalen andrerseits rechnen. Als Verknüpfungsfäden mit Cestracion sind in Anschlag zu bringen die hier nicht besprochene Gestaltung des Brustgürtels!), die Verhält- nisse welche in den Nasenflügelknorpeln vorliegen, die Verwachsung der Radien des Zungenbeinbogens an ihrer Basis und ganz beson- 1) Siehe: Gegenbaur, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wir belthiere. Heft II. S.88 u. 145. 272 ders, das Fortbestehen der Copula zwischen den ersten und zweiten Kiemenbogen , welcher bei den Notidaniden schon ganz verschwunden, nur bei Cestracion noch in rudimentärem Zustand erhalten ist. Schliesslich müssen wir also die Holocephalen als eine Abzweigung betrachten, welche sich, wie die Notidaniden, Cestracion und Scymnus, schon in frühesten Zeiten von dem Stamme der Knorpel- fische abgelöst hat. Die zwei noch lebenden Repräsentanten dieses Typus nehmen jetzt eine isolirte Stelle ein, und sind als eine den Selachiern gleichwerthige Gruppe der Elasmobranchier aufzufassen. HEIDELBERG, Juli 1876. ERKLÄRUNG DER TAFEL XV. Schädel von Callorhynchus antarcticus. (9) ame: and. Unpaarer Lippenknorpel des Unterkiefers. Hinterer, oberer Lippenknorpel, hier in zwei discrete Stücke ce und d gesondert. Vorderer, oberer Lippenknorpel (Nasenflügelknorpel von Joh. Müller). Träger der Lippen- und Schnauzenknorpel. Unterer paariger Schnauzenknorpel (J. Müller). Oberer » » Unpaarer medianer Schnauzenknorpel. Nasenflügelknorpel. Die knorpelige Nasenkapsel, nach oben mit einer zur Muskelinsertion dienenden Spitze versehen. Vorsprung des vorderen » >» hinteren Bogenganges. > » äussern Austritts-öffnung des N. Vagus. » » N. Glossopharyngeus. Gemeinschaftliche Austritts-öffnung des N. Trigeminus und des N. Facialis. Austritts-öffnung des R. ophth. superior N. trigemini. » >» R. ophth. profundus N. trig. Eintritts-öffnung des R. ophth. sup. in den Ethmoidalcanäl. x des R. opth. prof. in id. Gemeinschaftliche, vordere Nervenaustritts-öffnung des Eth- moidalcanals. Durchtritts-öffnung durch den Schädelboden , des N. Facialis. 2 > » » ‚ des R bucealis N. trigemini. N. Opticus. Fig. 2. 274 Schädel und Zungenbeinbogen von Chimaera monstrosa (J'). Paariger Lippenknorpel des Unterkiefers. Bandapparat zur Verbindung desselben mit dem oberen Lippenkonorpel und mit dem Unterkiefer. Hinterer, oberer Lippenknorpel in dem eine Trennung in zwei discrete Stücken c und d erst durch eine Knorpel- verdünnung angedeutet ist. Vorderer, oberer Lippenknorpel. Träger der Lippen- nnd Schnauzenknorpel. Unterer paariger Oberer » Schnauzenknorpel. Unpaarer, medianer Nasenflügelknorpel. Nasencapsel. Membranöse Hinterwand der Augenhöhle. Knorpeliger Stirnfortsatz mit Häkchenbüschel (nur den Männchen zukommend). Knorpelrudiment gegen den Hinterrand des Unterkiefers gelagert. Vorsprung des vorderen » » hinteren \ Bogenganges. » » Äussern Austritts-öffnung des N. Vagus. » » N. Glossopharyngeus. Austritts-Öffnung (gemeinschaftliche) des N. Trigeminus und des N. Facialis. Austritts-Ööffnung des R. ophthalmicus superior N. trigemini. » » N. Opticus. » » N. trochlearis. » » N. abducens. » » N. oculomotorius. Eintritts-öffnung des R. ophth. sup. in den » »R. > prof. Gemeinschaftliche, vordere Nervenaustritts-öffnung des Eth- moidalcanals. Durchtritts-öffnung durch den Schädelboden des N. facialis. » Bas » » N. palatinus. » » oo» » » R.buccalis N. trigemini. 275 €. Copula des Zungenbeinbogens. hy. Radientragendes Gliedstück des Zungenbeinbogens. hy. a | Radienlose Gliedstücke des Zungenbeinbogens. De Op. Kiemendeckelplatte (Joh. Müller) mit zahlreichen davon ab- zweigenden Knorpelradien. Vordere Ansicht des in Fig. 2 abgebildeten Chimaeraschädels. ad en d,se, 172g, lad, km. ce wie an Aie.2. L. Knorpelstückchen zwischen den Nasenmuscheln und den Schnauzen-knorpeln. N. Obere Zipfel des Nasenmuschels. Die Copulae und Copularia im Kiemen-skelet von Callorhynchus antarcticus. hy, I, I, III, IV, V, unteres Gliedstück des Zungenbeinbogens und der fünf Kiemenbogen. 1, 1, 27 107 1 Copulariaı ce, c',.c', ec", c''. Copulae, von denen c’ die zwischen den ersten Hm und zweiten Kiemenbogen erhaltene, c’” die letzte zu einer verlängerten Platte ausgezogene Copula vorstellt. Seitliche Ansicht des Kopfes von Chimaera monstrosa (2). ©. ß.Y» 3: 8. 9, », #, A. @, die zum Hautsinnesapparat gehören- den Porenlinien in der Kopfhaut. Vordere Ansicht desselben Kopfes. Seitliche Ansicht des Kopfes von Callorhynchus antarctieus (2). 2—(., die Porenlinien in der Kopfhaut. Die bei Chimaera und Callorhynchus einander entsprechenden Linien sind mit den nämlichen Buchstaben in den figg. 5 und 7 bezeichnet. Nasenkapsel und Nasenflügel-knorpel von Scymnus lichia. a. Laterale Oeffnung der Nasengrube. Mediale » » » Nasenflügelknorpel. Vorderer Fortsatz des Nasenflügelknorpels. TOTER Sn Hinterer > » > > Fig. 9. 276 m. An den hinteren Fortsatz des Nasenflügelknorpels grenzender Knorpelabschnitt. i. Rostralspitze. Die nach oben gekehrte Fläche des von der Rostralspitze von Callorhynchus herabhängenden Hautläppchens, mit feinen, netzartig verwebten Hautfalten und geschlängelte Porenlinien x. Die Zoologie in den Niederlanden. Die während der Jahre 1875 und 1876 erschienenen Arbeiten. Keterent“. Dr. EX BC HORRK. ESPROTOZOA: INFUSORIA. 1. Engelmann (Th. W.). Over ontwikkeling en voortplanting van Infusoria‘ | P. L. U. 3de Reeks. III. 1875. S. 99—186. Tab. V u. VI. Wir halten es für unnütz auf die Angaben des Verfassers näher einzugehen, da seine Untersuchungen auch in einer deutschen Zeitschrift (Morphologisches Jahrbuch I. 1876. S. 573—636. Tab. XXI u. XXI) veröffentlicht sind. Wir beschränken uns darauf die (deutschen) Ueberschriften der Abschnitte zu erwähnen. I. Entwiekelung von Opalina rana- rum innerhalb des Darmcanals von Rana esculenta. II. Wahre Knospenbildung bei Vorticella. III. Weitere Schicksale der Knospen von Vorticella microstoma: knospenförmige Conju- gation. IV. Ueber die sogenannten Embryonen der Infusorien. Embryonalhypothese und Parasitentheorie. V. Ueber den Con- jugationsprocess und seine Folgen: A. Paramaecium aurelia 278 und seine Verwandten. B. Stylonychia pustulata, histrio und verwandte Arten. Ö. Vorticella mierostoma und Epistylis pli- catilis. VI. Theoretische Bemerkungen über die Bedeutung des Conjugationsprocesses. Physiologische und morphologische Bedeutung des Nucleus und Nucleolus. Verschiedene Formen geschlechtlicher Differenzirung der Infusorien. II. COELENTERATA. HYDROMEDUSAE. . Harting (P.). Eieren van Cyanea. Aus „Zoologische aantee- keningen gedurende een verblijff te Scheveningen’”. D. V. 1.1875. S. 208-206. fig. 1 u. 2 auf Tab. XI. Les oeufs de Cyanea. Aus „Notices Zoologiques faites pen- dant un sejour a Scheveningue, du 29 Juin au 29 Juillet 1874. A272 11.01875. Die Eier von Oyanea Lamarckii und capillata zeigen eine dicke von Poren durchbohrte Dotterhaut, über deren physio- logische Bedeutung der Verf. sich nicht bestimmt ausspricht. Otolithen van Cyanea en Chrysaora. Les Otholithes de Cyanea et de Chrysaora. Wie oben 8. 206—207 fig. 3 u. 4 auf Tab. XI. Die als Otholithen gedeuteten Körperchen gehören zu dem hexagonalen Systeme, enthalten aber keinen kohlensauren Kalk, aber wahrscheinlich phosphorsauren Kalk. Zenuwstelsel en zintuigen van Eucope. Le Systeme nerveux et les organes de sens d’une Eucope. Wie oben S 207—209. fig. 5 auf Tab. XI. Die Fasern des Nervenringes bilden in der Höhle jedes Randkörperchens einen hügelartigen Endapparat, zeigen sich aber nicht isolirt und sollen desshalb nicht (wie Hensen behauptet) als Gehörhärchen aufgefasst werden. Verf. vergleicht sie mit den zwei Sinnesnerven, die (Haeckel) in das Randkörperchen der Geryoniden treten. 279 Ill. ECHINODERMATA. ECHINIDA. . van Ankum (H. I.). Mededeelingen omtrent de vergroeiing van de generatie-organen bij Echinus en eenige verwante ge- slachten. ‚7, D. V. I. 1878, 8. 176—187. fig. 1 Tab. XI. Sur la soudure des organes genitaux des oursins reguliers. S. E.& N. XI. 1876. S. 97—117. Tab. IX u. X. Die Generationsdrüsen der regelmässigen Seeigel und na- mentlich des Echinus sphaera sind oft untereinander verwach- sen: man soll dies deuten als einen Oentralisations-Fortschritt, eine Entwickelung in dem nähmlichen Sinne wie der Typus der Echinodermen allmählich durchlaufen hat. . van Ankum (H. J.). Kalklichaampjes bij Echinometra lucunter Ag. D. V. I. 1873. 8. 188—196. fig. 2—4 auf Tab. IX, Tab. X. Ausser den auch von Semper und Hoffmann beobachteten fand Verf. bei Echinometra lucunter zahlreiche und ganz an- ders geformte Kalkkörperchen. Diese sind nähmlich drei- strahlig und denen der Kalkspongien sehr ähnlich. Sie enthal- ten einen Protoplasmafaden, der den kohlensauren Kalk se- eretirt, und in einem Centralkanale gebettet liegt. IV. VERMES. PLATHELMINTHES. Turbellaria. . de Man (J. G.). Geocentrophora sphyrocephala N. Gen. en N. spec. eene landbewonende Rhabdocoele. D. V. II. 1876. S. 62—67. Tab. I. Die Rhabdocoelen Strudelwürmer halten sich bekanntlich im süssen oder salzigen Wasser auf und desshalb macht die obengenannte in feuchter Erde lebende eine Ausnahme. Es liegt bei dieser Gattung die Mundöffnung an dem Vor- [er} 280 derrande des Körpers. Der Schlund ist tonnenrörmig. Eigen- thümliche glockenförmige Organe liegen zu jeder Seite des Pharynx, sind hohl und von längeren Wimpern umstellt: ihre Function ist dem Verf. nicht klar, vielleicht sind es Sin- nesorgane. Die Geschlechtsorgane tragen an der Bauchseite einen merk- würdig gebildeten, hakentörmig umgebogenen, harten und hohlen Körper, der in einem eigenen Canale liegt, und ent- weder frei nach aussen mündet, oder vielleicht in den Schlund führt, de Man (J. G.). De gewone Europeesche Landplanarie Geo- desmus tenestris OÖ. F. Müller. D. V. I. 1876. 5. 238—242. fig. 1—11 auf Tab. XIV. Dieser von dem von Metschnikoff beschriebenen Geodesmus bilineatus blos durch seine Farbe verschiedene Dendrocoele Strudelwurm ward in Rhoon unweit Rotterdam aufgefunden. Die Organisation des Thieres und die zellige Struktur des Körperparenchyms, der Darmwand, ist genau wie Metschnikoff für G. bilineatus beschreibt. Hubrecht (A. A. W.). Untersuchungen über Nemertinen aus dem Golf von Neapel. A. Z. DH. 1875. S. 99-135. Tab. IX-XI. Die Diagnosen der untersuchten Arten gehen der allgemei- nen anatomischen Uebersicht voran. Von den Nemertinea enopla wird Ommatoplea gracilis Die- sing kurz, drei Arten der neuen Gattung Drepanophorus (D. rubrostriatus, D. serraticollis und D. nisidensis) dagegen ziemlich eingehend beschrieben. Von den Nemertinea anopla werden Meckelia somatotomus Leuck., Nemertes (Meckelia ?) liguriea Diesing, Meckelia Ehrenbergii Diesing, Meckelia au- rantiaca Grube, Polia delineata delle Chiaje und Polia geni- culata delle Chiaje mehr weniger ausführlich diagnosticirt. In der allgemeinen anatomischen Beschreibung wird 1. die Leibeswand, 2. der Rüssel und die Rüsselscheide, 3. der Verdauungskanal, 4. das Gefässsystem und das Blut, 5. das 0) 281 Nervensystem, die Sinnesorgane und Seitenorgane und 6. die Geschlechtsorgane behandelt. Schliesslich werden die Haupt- resultate der Untersuchung übersichtlich zusammengefasst. NEMATHELMINTES. Nematoda. de Man (J. G.). Onderzoekingen over vrij in de aarde levende Nematoden. D. V. I. 1876. S. 78—196. Tab. TII—XII Die frei in der Erde lebenden Nematoden der Familien An- guillulidae und Enoplidae, (das heisst desshalb von den Anguil- lulidae die, welche nicht im süssen Wasser leben, und von den Enoplidae die nicht marinen Formen) welche Verf. in der Umgebung von Leiden und Middelburg (auf der Insel Wal- cheren) hat auffinden können, werden in dieser Arbeit aus- führlich beschrieben. Im ganzen werden 51 Arten aufgezählt, beschrieben und abgebildet, von denen 31 neu. Diese 5l Arten gehören zu 21 Gattungen, von denen 5 neu. Die neuen Arten sind die folgenden: Ironus tenuicaudatus; Dorylaimus regius, robustus, elongatus, rhopalocereus, bor- borophilus, gracilis, similis, brigdammensis; Tylopharynx N. Gen. striata; Tylencholaimus N. Gen. minimus, Zeelandicus; Tylenchus robustus, exiguns, elegans; Aphelenchus modestus; Cephalobus oxyruoides, bursifer; Rhabditis Butschlii, gracili- cauda; Diplogaster coprophages; Spilophora geophila; Chro- madora Leuckarti; Leptolaimus N. Gen. papilliger; Bastiania N. Gen. gracilis; Monhystera tenax, dolichura; Sphaerolaimus gracilis; Oncholaimus thalassophygas; Mononchus Bastiani, tridentatus. — Teratocephalus N. Gen. terrestris Btschli ist die Anguillula terrestris Btschli, welche aber nach dem Verf. keine Art der Gattung Anguillula ist. In der Einleitung seiner Arbeit versucht Verf. die ihm bekannten Arten in natürlichen Familien zu gruppiren: weil bei dieser Gruppirung die so nah verwandten Formen des süssen Wassers und gleichfalls die marinen Formen, gar nicht 282 berücksichtigt sind, halte ich den Werth des Versuchs für sehr problematisch. ANNELIDES. Chaetopodes. Horst (R.). Aanteekeningen op de anatomie van Lumbricus terrestris L. A. P. Utrecht. Servaas van Rooyen. 1876. 96 S., 1 Tab. Aanteekeningen op de anatomie van Lumbricus terristris L. D. V. II. 1876. S. 37—68. Tab. VI. Diese als Dissertation und ein wenig verkürzt als Zeit- schriftsartikel publicirte Arbeit spaltet sich in sechs Ab- schnitte. In dem ersten handelt Verf. über den Hautmus- kelschlauch und seine appendiculären Theile, in dem zweiten bis sechsten resp. über den Verdauungscanal, das Gefäss- system, die Segmentalorgane, das Nervensystem und die Ge- schlechtsorgane. In dem ersten Abschnitte bespricht Verf die streifige Struktur der Cutieula, die Drüsen, welche die Protoplasma-Maschen der Hypodermis anfüllen, die Drüsenschichte des Gürtels, schliesslich die Muskeln und die Entwickelung der Borsten. Für den Darmkanal gibt Verf. eine neue Theorie für die Funktion der Kalkdrüsen in dem Oesophagus: mit der Nahrung werden fortwährend Kalksalze aus der Erde aufgenommen, dazu lebt der Lumbricus in einer an Kohlensäure reiche Um- gebung: es ist desshalb die Funktion der Drüsen das Ueber- mass von Kohlensäure und Kalk aus dem Blute zu entfernen. Die Beschreibung des Gefässsystems schliesst sich der früherer Autoren an; was die Funktion betrifft, constatirt Verf. eine grosse Uebereinstimmung mit der Bluteirculation der Wirbelthiere und namentlich der Fische. Durch Gegenbaur’s Untersuchungen sind die Segmental- organe fast in allen Hinsichten aufgeklärt; der jedes Segmen- talorgan umspinnender Capillairplexus zeigt oft blasenförmige Anhänge (von Williams „botryoidal appendages’” genannt). 10. 283 Verf. vergleicht den braunrothen Inhalt dieser Blasen mit den Malphigischen Körperchen der Milz. Was das Nervensystem angeht bestreitet Verf. Leydig, der die grossen runden Röhren der inneren Neurilemmschicht als „riesige dunkelrandige Nervenfasern’” deutete, und schliesst sich Claparede an. Solche Röhren kommen bei vielen Oligo- chaeten vor. Zwischen der fibrillairen Punktsubstanz des cen- tralen Nervensystems sah Claparede zahlreiche Kerne: diese gehören dem von der inneren Neurilemmschicht ausgehenden Bindegewebe an, das netzartig die Nervenmasse durchsetzt. Auch hiermit hat Claparede, Leydig gegenüber, Recht. In dem letzten Abschnitte steht Verf. der Meinung d’Ude- kem’s, Hering gegenüber, vor; die von d’Udekem als Hoden gedeuteten Organe sind keine Behälter, in welchen die Sper- matozoiden sich weiter entwickeln (Hering), sondern wirklich Samen bereitende Organe. Für die Ovaria werden d’Udekems und Hering’s, für die Receptacula seminis Siebold’s Unter- suchungen bestätigt. V. ARTHROPODA. CRUSTACEA. Maitland (R. T.),. Naamlijst van Nederlandsche Schaaldieren. D. V. I. 1875. S. 228—269. Verf. liefert in dieser Arbeit ein Verzeichniss der von ihm und sonstigen Autoren beobachteten Krustern, so weit sie der Niederländischen und Belgischen Fauna angehören. Die Zahl derselben, die sich durch weitere Untersuchungen wohl noch beträchtlich vermehren wird (wie sich für einzelne En- tomostraken-ordnungen schon ergeben hat, Ref.) beträgt 194. Verf. hat sich die Mühe gegeben alle Niederländischen Autoren nach zu schlagen und liefert desshalb seine Arbeit zur Geschichte der Zoologie in den Niederlanden einen nicht unwesentlichen Beitrag. So finden wir die Namen von Blankaart, Leeuwen- hoek, Swammerdam, Baster, Slabber, Gronovius und Pallas ul 284 unter den Citirten erwähnt. Eine Art der Gattung Pilumnus Leach (P. tridentatus) und zwei der Gattung Sphaeroma Latr. S. rufo-lineata und S. variolosa (die zwei letzieren leider ohne Diagnosen) kommen als N sp. in dem Verzeichnisse vor. Hoek (P. P.C.). Eerste bijdrage tot een nauwkeuriger kennis der Sessile Cirripedien. A. P. Leiden. P. Somerwil. 1875. 94 Seiten 2 Tab. Hoek (P.P. C.). Eerste bijdrage tot de kennis der Cirripedien der Nederlandsche fauna. D.-V. 1876. IL 8.2.1661. Tab. T. Hoek (P. P.C.). Zur Entwickelungsgeschichte der Entomostra- ken. I. Embryologie von Balanus. A. Z. 1876. III S. 47—83. Tab. III u. IV. Der erste Theil der Dissertation ist in etwa umgearbeitet in dem „Tijdschrift der Nederl. Dierk. Vereeniging’” mit Auf- nahme auch der nicht sessilen Formen aufs Neue gedruckt. Aus beiden Arbeiten geht hervor, dass die bis jetzt für die Niederländischen Küsten nachgewiesenen Cirripedien die fol- genden sind: von dem Genus Balanus: B. improvisus Darwin, B. crenatus Brug., B. balanoides Linn., B. Hameri Ascanius; von dem Genus Verruca: V. strömia Müller; von dem Genus Lepas L. anatifera Linn., L. pectinata Spengler. Auf Schiffs- kielen sind auch von B. tintinnabulum Linn. und Conchoderma aurita Linn. Exemplare gefunden. Unter den bestimmt zur Niederländischen Fauna gehörigen Arten ist gewiss das Vor- kommen von B. improvisus Darwin das merkwürdigste. Diese Art lebt nähmlich in Salz- und in Brackwasser, ja selbst in Süsswasser und ward von Darwin in Süd-Amerika in dem La Plata-Flusse, und an der Englischen Küste in Hampshire und Rosshire aufgefunden. Aber auch in der Nähe der Ostsee in dem Rijkflusse kommen sie massenhaft vor (Münter) , während es Verf. gelang sie in der Nähe von Amsterdam und Leiden in der Amstel und in Canälen nach zu weisen. — Die zweite Abtheilung der Dissertation ist der Eibildung von Balanus gewidmet; über diese handelt gleichfalls der erste Abschnitt 14. 15. 16. 17: 285 der in dieser Zeitschrift publieirten embryologischen Arbeit, welcher wir vollständigkeitshalber erwähnten ohne auf sie näher einzugehen zu wünschen. Hoek (P. P. C.). De vrijlevende zoetwater-Copepoden der Nederlandsche Fauna. D. V. III. 1876. 8. 1—37. Tab. I—V. Zur Kenntniss der freilebenden Süsswasser-Copepoden der Nie- derländischen Fauna. A. Z. III. 1876. S. 127—143. Tab. VII—IX. Während in der ursprünglichen Holländischen Arbeit einige Seiten mehr der Literatur gewidmet sind und ausserdem die zwei in Cisternen vorkommenden Arten (C. brevicaudatus und bicuspidatus) ausführlich besprochen und abgebildet sind, wur- den die neuen Arten (©. Leeuwenhoekii und Temora Clausii) in beiden Abbandlungen eingehend beschrieben. Hoek (P. P. C.). lets over Pilumnus’ tridentatus Maitland. D. V. II. 1876. 8. 243—247, fig. 12—16 auf Tab. XIV. Die von Maitland neu beschriebene Art der Gattung Pilum- nus ward vom Verf. in zahlreichen Exemplaren in dem Brack- wasser des Amstelflusses unweit Amsterdam aufgefunden und scheint ihm das Aufstellen einer neuen Art für diese Form nicht allein berechtigt sondern auch nothwendig. ARACHNIDA. Thorell(T.). Diagnoses Aranearum Europaearum aliquotnovarum. E. V. XVII. 1874—75. 8. 81—109. Nicht weniger als 74 Arten zu 27 Gattungen gehörig wer- den in dieser Abhandlung (Lateinisch) diagnosticirt. van Hasselt (A. W. M.). Geschiedenis van een spinnen-cocon (Agelena s. Agroeca brunnea Blackw). E. V. XIX. 1875—76. 8. 23—43. Tab. 1. fig. 1—7. Histoire d’un Cocon d’Araignee (Agelena s. Agroeca brunnea Blackw). S. E. & N. XI. 1876. S. 117—131. Tab. XI. Die flaschenförmigen Cocons der Agroeca brunnea enthalten 19 18. 19. 20. 286 12 bis 32 Eier, und haben ein sehr verschiedenes Ansehen, was nach Verf. grossentheils durch das Vorkommen oder das Fehlen von Koth an der Oberfläche bedingt wird. Weil die Spinnen so wie ihre Cocons ziemlich seiten sind und die Zucht nicht so ganz leicht, bleibt es noch fraglich, ob die eigen- thümlichen flaschenförmigen Cocons (wie man sie auf Erica, Gräsern undsow. beobachtet) allein der Agroeca brunnea an- gehören, oder mehreren Arten zukommen. INSECTA. Ritzema (©... Cz.). Bijdrage tot de kennis der Insecten-fauna van het noordelijkst gedeelte van Sumatra. E. V. XIX. 1875—76. 8. 43—51. Es wurden dem Verf. aus Atjeh 13 Coleoptera und 1 He- mipter zugeschickt unter den Coleoptera fand Verf. vier neue Arten, die er als Myllocerus Atjehensis, Praonetha Köhleri, Hispa Leonardi, und Chnoodes bis-tri-pustulata beschreibt. NEUROPTERA. Mac-Lachlan (R.). Notes sur une collection de types des Phryganides, decrites par feu M. F. I. Pictet, existant dans le Musee Royal d’Histoire Naturelle a Leide. E. V. XVII. 1874—75. S. 22—33. Verf., der eine Synopsis der Europäischen Phryganiden zu schreiben beabsichtigt, und wie Hagen entdeckt hatte, dass „M. Pictet &tait bien plus heureux dans les descriptions des moeurs et de l’anatomie interne, que dans ses determinations specifiques”, untersuchte die 69 Individuen (59 verschiedene Arten) der Pictet’schen Sammlung des hiesigen Reichs-Museums und theilt die Resultate seiner Untersuchungen für die ver- schiedenen Arten mit. Mac-Lachlan (R.) Deseriptions de plusieurs Nevropteres-Pla- nipennes et Trichopteres nouveaux de l’ile de Celebes et de quelques especes nouvelles de Dipseudopsis avec considerations sur ce genre. E. V. XVII. 1874—75. 8. 1—22. Tab. I u. II. 21. 22. 23. 287 Verf. fand dass sämmtliche Exemplare einer kleinen aus Celebes geschickten Neuropteren-Sammlung neue Arten reprae- sentirten und beschreibt diese als Chrysopa ruficeps, Apochrysa Albardae, Myrmeleon celebensis, Anisocentropus croesus, A. Piepersi, A. eretosus, Setodes lanuginosa. Für die Arten der Gattung Dipseudopsis, zur Familie Hydropsychidae gehörig fand Verf. ein neues und gutes Unterscheidungsmerkmal in der Form des Spornes am Ende der Tibia eines Hinterfusses. Von dieser Gattung beschreibt er D. infuscatus, stellatus und indieus als neu. RHYNCHOTA. Snellen van Vollenhoven (S. C.). De inlandsche Hemipteren beschreven en meerendeels ook afgebeeld 5e Stuk. E.V. XVII 18 74—75. 8. 150—187. Tab. 8—10. 6 „ E. V. XIX 18 75—76. 8. 65—133. Tab. 3—5. Die Niederländischen Hemipteren der Capsiden-Familie wer- den in den vorliegenden Abschnitten dieser Arbeit eingehend studirt und wo nützlich sorgfältig abgebildet. Eine kurze Be- schreibung der ungemein artenreichen Familie und eine ana- lytische Tabelle zur Unterscheidung der Gattungen geht der Behandlung der Arten voran. Zwischen den älteren Autoren, die zu wenig und den neueren (Fieber, Douglas und Scott), die zu viel Gattungen aufgestellt haben, schlägt Verf. mit seinen 26 Gattungen einen Zwischenweg ein. DIPTERA. van der Wulp (F. M.). Opmerkingen betreffende eenige exo- tische Diptera. E. V. XIX. 18 75—176. 8. 170—177. Ueber einige seltnere Dipteren , meist der Asiliden-Familie an- gehörig, aus dem Brüsselschen Museum und der Insectensamm- lung der „Natura Artis Magistra”’” in Amsterdam werden von Verf. Bemerkungengemacht. Im ganzen bespricht er 7 Arten. 24. 25. 26. 27. 28. 288 LEPIDOPTERA. Die einzige anatomische Arbeit ist die von Burger (D.). Ueber das sogenannte Bauchgefäss der Lepidop- tera nebst einige Beobachtungen über das sympathische Ner- vensystem dieser Insectenordnung. Mitgetheilt aus dem Nachlasse des Verstorbenen von C. K. Hoffmann. A. Z. Ilı. 1876. S. 97—127. Tab. VI. Weil diese Arbeit in dieser Zeitschrift aufgenommen wurde, scheint es uns überflüssig auf sie näher einzugehen Piepers (M. C.). Lepidoptera van Batavia (eiland Java), met aanteekeningen van P. ©. T. Snellen. E. V. XIX. 1875—76. S. 138—168. Tab. 7. Mit Batavia soll nicht die ganze Residenz dieses Namens, sondern nur die Stadt und ein Kreis von einer Stunde Strahl in ihrer Umgebung gemeint werden: das ganze Territor fällt in Junghuhn’s erste Zone, wird aber vom Verf. in drei für die Verbreitung der Macrolepidoptera verschiedene Gebiete eingetheilt. Im ganzen sammelte Verf. 81 Arten, von denen 5 neu. Die neuen Arten (Lycaena Gnoma, Lysizone, Pyg- maea, Pamphila brunnea und Thymelicnus nigrolimbatus) werden von Snellen beschrieben. de Graaf (G. M.). Vier Atsjineesche Dagvlinders. E. V. XVII. 1874—75. 8. 265. Es wurden dem Verf. eine Cathemia-Art, zwei Diadema’s und eine Junonia in einem Briefe geschickt; keine der Arten war neu. Heylaerts (F. I. M. — fils). Les Macrolepidopteres de Breda et de ses environs. Liste Supplementaire N°. 4. Captures de 1874. E. V. XVIIL 1874—75. 8. 79—80. Dies sind N°. 586—588 seines Verzeichnisses. Grube (C. I.). Bijdrage tot de kennis van Calamia lutosa Hübn. E. V. XVIII 1874—75. 8. 118--121. Taf. 7, fig. a -e. Nach Verf. kommen von dieser Noctuiden-Art dunklere und blassere Varietäten vor. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 289 de Graaf en Snellen (H. W. en P. C. T.). Microlepidoptera nieuw voor de Fauna van Nederland. E. V. XVII 1874—75. S. 109—113. Es werden 5 Tortrieinen und 5 Tineinen als für die Fauna neu mitgetheilt. Snellen (P. C. T.). Opgave der Geometrina en Pyralidina, in Nieuw-Grenada en op St.-Thomas en Jamaica verzameld door W. Baron von Nolcken, met beschrijving en afbeelding der nieuwe soorten. Tweede afdeeling: Pyralidina. E. V. XVIIO. 1874—75. 8. 187—265. Tab. 11—14. Verf. zählt 85 Pyralidae auf und beschreibt von diesen 47 Ar- ten als neu. Von den neuen Arten gibt Verf. die Lateinischen Diagnosen. Snellen (P. C. T.). Over Oligostigma Guenee, een genus der Pyralidae. E. V. XIX. 1875—76. 8. 186—210. Tab. 8 und 9. Verf. beschränkt sich nicht auf der Beschreibung der Gat- tung Oligostigma, sondern liefert weiter eine analytische Ta- belle zur Unterscheidung der Arten. Von diesen unterscheidet er zwölf: 3 von Guenee, 9 von ihm aufgestellt. de Graaf. Carpocapsa grossana Haworth. E. V. XIX. 1875—76. 8. 54—55. fig. a«—f. Tab. 2. Verf. fing Raupen dieser Tortrieide und verfolgte ihre Verwandlung. de Graaf. Phthoroblastis juliana Curt. E. V. XIX. 1875—76. 8. 56—57. Verf. gibt eine Beschreibung der Raupe: wie er meint ward diese nie früher veröffentlicht. Snellen (P. C. T). Dactylota Kinkerella, nieuw genus en soort der Gelechiden uit Nederland. E. V. XIX. 1875—76. 5. 23—28. Tab. 1, (untere Hälfte). Das einzige Exemplar steht unter den Teneiden der Gat- tung Gelechia Zeller am Nächsten und ist vielleicht mit Do- ryphora Hein. verwandt. 35. 36. 37. 38. 39. 290 Snellen (P. C. T.). Drie nieuwe Choreutinen. E. V. XVII. 1874—75. S. 70—79. Tab. 6 fig. 5—7. Die nach Heineman (und Snellen) zwischen den Tortrieiden und Tineiden stehende Gruppe der Choreutinen spaltet sich nach Herrich-Schäffer in zwei Gattungen: Simaethis und Cho- reuthes. Von erstgenannter Gattung beschreibt Verf. drei neue Arten. Snellen (P. €. T.). Vier nieuwe soorten van het genus Nola. E. V. XVII 1874—75. S. 61—70. Tab. 6 fig. 1—4. Von dieser jetzt schon 24 Arten zählenden Gattung, be- schreibt Verf. zwei Arten aus Celebes, eine aus Java und eine aus Aegypte. Snellen (P. C. T.). Nepticula Zelleriella Nov. sp. E. V. XVII. 1874—75. 8. 111—118. Tab.7 fig. 1—4. Ein genaues Studium verschiedener Exemplare überzeugte Verf., dass N. Turicella Herr.-Sch , N. Hemargyrella Kollar heis- sen soll, während Zeller’s Hemargyrella den neuen Namen: N. Zelleriella tragen soll. Snellen (P.C. T.). Aanteekening over Oinophila V-fava Haw., Tinea nigripunctella Haw., Tinea parietariella Bruand en Coryptilum Klugii Zeller. E. V. XIX. 1875—76. 8. 51—54. fig. 1—6 auf Tab. 2. Oinophila ist sehr nah mit Tinea verwandt, T. nigripunc- tella und parietariella sind Dysmasia-Arten, Coryptilum ist nah mit Lampronia und Icurvaria verwandt. Ritzema (©. ...Cz.) Tweede aanvulsel tot het geschiedkundig overzigt van het geslacht Acentropus. Curt. E. V. XIX. 1875—176. 8. 1—23. Die Literatur über diese früher (und auch jetzt noch von Newman) zu den Phryganiden gezählte Mikrolepidopter, häuft sich ungemein an. In einer Tabelle erwähnt Verf. 87 Ab- handlungen (grössere und kleinere), welche bis Juni 1875 über sie erschienen sind. 291 COLEOPTERA. 40. Everts (Ed.). Lijst der in Nederland voorkomende schildvleu- 41. 42. 43. 44. 45. gelige insecten (Coleoptera). ’s Gravenhage. Nijhoff. 1875. 116 8. Die Zahl der Arten der Niederländischen Fauna beträgt nach Verf. 2145: dabei soll man nicht vergessen, dass die östlichen Provincen des Gebietes noch kaum genau explorirt sind. Ritzema (©. — Cz.). Aanteekeningen over en beschrijvingen van eenige Coleoptera van Neder-Guinea (Zuid-Westkust van Afrika). E. V XVII. 1874—75. S. 121—150. Es sind dies von van Woerden in Congo gesammelte Co- leoptera. Im ganzen sind es 56 Exemplare, über 38 Arten vertheilt, deren 16 neu sind. Die neuen Arten werden be- schrieben und über sämmtliche theilt Verf. Bemerkungen mit. Fauvel (A.). Synopsis des Creophilus. E. N. XVII. 1874—75. 8. 53— 61. Von den bis jetzt beschriebenen 15 Arten dieser Gattung, sind nach Verf. nur 7 „valables”; die übrigen 8 sind Spiel- arten theils von CO. incanus Klug, theils von C. maxillosus Linn. Ritzema (©. — Cz.). Eene nieuwe Pausside van Congo (Zuid- Westkust van Afrika). E. V. XIX. 1875—76. 8. 58—61. Verf. tauft die neue Art Pleuropterus Dohrnii und beschreibt sie ausführlich. S. v. V. lIets,over Otiorhynchus Sulecatus L. Die Larve Goses Rüsselkäfers ist nicht blos Reben , sondern auch dem Epheu schädlich, wie Verf. sich durch Autopsie überzeugte. HYMENOPTERA. Snellen van Vollenhoven (8. C.). Bijvoegsel tot de nieuwe naam- lijjst van Nederlandsche Vliesvleugelige Insecten (Hymenoptera). E. V. XIX. 1875—76. S, 211—258. 46. 47. 48. 49. 50. 292 Von zahlreichen Arten werden neue Fundorte mitgetheilt, dazwischen andere für die Fauna neue Arten aufgenommen. Verf, der die Hym. terebrantia in acht Familien spaltet (Tenthredinidea, Syricidea, Cynipidea, Ichnenmonidea, Bra- conidea, Chalcididea, und Proctotrupidea) schätzt deren Arten- zahl für die Niederländische Fauna auf 1352, während von den Aculeata ungefähr ein 600 Arten einheimisch sein sollen. Auch für die Hymenoptera sind aber die südlichen und öst- lichen Grenzen des Landes kaum untersucht. Snellen van Vollenhoven (8. C.). De inlandsche bladwespen in hare gedaantewisseling en levenswijze beschreven. 18de Stuk. E. V. XVII. 1874—75. 8. 33—50. Tab. 3—5. 19de Stuk E. V. XIX. 1875—76. 8. 258 — 278. Tab. 10—12. In der ersten Arbeit verfolgt Verf. die Metamorphose von Cimbex sylvarum F, Phyllotoma tenella Zadd. und Tenthredo colon Kl., in der zweiten die von Selandria candidata Fall., Nematus crassulus Dahlb., Selandria albipes L., und Nematus luridiventris Fall. S. v. V. Systematische lijst der in dit tijdschrift beschreven gedaantewisselingen van bladwespen. E. V. XVII. 1874— 175. 8. 50—53. Wie aus diesem Verzeichnisse hervorgeht, wurden bis jetzt in der Zeitschrift für Entomologie von 59 Blattwespen die Metamorphose beschrieben. Ritzema (©. — Cz.). Acht nieuwe Oost-Indische Xylocopa- soorten. E. V. XIX. 1875—76. S. 177—186. Die Arten werden ausführlich beschügeben : leider ohne Lateinischen Diagnosen. Ritzema (©. — Cz.). Opgave van beschreven Xylocopa-soorten , die noch als zelfstandige soorten, noch als synoniemen door F. Smith in zijne monographie over dit geslacht zijn opBenbn E. V. XIX. 1875—76. S 61—65. Im ganzen erwähnt Verf. 18 Arten-Namen von Smith nicht aufgenommen. 52. 93. 295 Six (G. A.). Opmerkingen omtrent zes merkwaardige inland- sche Pteromalinen en eene Proctotrupide. E. V. XIX. 1875—76. 8. 133—138. Tab. VI. In der Nähe von ’s Gravenhage fing Verf. einige kleinere Arten von Pteromalinen und eine kleine Proctotrupide, welche er für neue Arten hält und vorläufig beschreibt. Snellen van Vollenhoven (8. C.). Isosoma eximium Gir. Var. E. V. XIX. 1875—76. 8. 168—170. Ein Ex. dieser Art wurde von Verf. in der Nähe von Sche- veningen gefangen; es zeigte aber kleine Verschiedenheiten von Giraud’s Beschreibung und ist vielleicht eine Varietät. VI. MOLLUSCA. Jentink (F. A.). Over systematiek en generatie-organen van naakte Pulmonaten. A. P. Leiden E. J. Brill. 1875. 68 Seiten. 2 Tab. Nachdem Verf. in dem ersten Abschnitte ein Verzeichniss der auf seine Untersuchung bezüglichen Literatur gegeben hat, gibt er in dem zweiten Abschnitte eine allgemeine (wie to- pographische) Beschreibung der Generations-Organe der nack- ten Land-Pulmonaten. In dem dritten Abschnitte schliesst sich an diese Beschreibung eine kritische Behandlung der weit aus einander gehenden über die Geschlechts-Organe der Land-Pulmonaten veröffenlichten Meinungen. Die zwei folgen- den Abschnitte sind dann systematischer Natur: es werden (LV) die Gattungen Arion und Limax mit einander verglichen und (V) die Systematik der Arten dieser Gattungen verfolgt. Leider ist die Ausgabe von Troschel’s Gebiss der Schnecken noch nicht bis zu dieser Gruppe vorgeschritten; es ist bis jetzt Verf. nicht gelungen alle von ihm aufgefundene Arten mit Sicherheit zu bestimmen und hat er desshalb nur die Arten Arion rufus, Limax variegatus, cinereus und arborum in den Kreis seiner Untersuchungen gezogen. Wichtiger ist der 294 sechste Abschnitt, in welchem Verf. sich mit der Histologie seiner Schnecken beschäftigt. Für die Glandula hermaphroditica unterschieibt Verf. die Behauptung Bronn’s „unmittelbar neben den Eiern entsteht der Samen”; in dem Vas efferens fand Verf. niemals auch nur einen einzigen Dotter, dagegen war das Lumen stets mit Spermatozoiden überfüllt; die Glandula albuminipara zeigt die schon von Baudelot, Meckel und Semper beschriebene Struktur; die Drüsen in der Wand des Oviducts sind bei Arion und Limax verschieden gestaltet, in- dem sie bei dem letzteren von einem freien Canale durchsetzt werden, der bei Arion fehlt. Das Flimmerepithelium breite t sich nicht über die ganze Innenwand des Oviducts aus, son- dern es beschreiben die Flimmerzellen Curven (ziek-zack-förmig)). Die Prostata-Drüsen umkleiden das Vas deferens, das bei Arion von einer Halbrinne in dem Oviducte gebildet wird, da- gegen bei Limax ein vollkommen geschlossener Canal ist, und im ganzen die nähmliche Struktur zeigt als der Penis. — Dieser ist an der Innenseite mit Flimmerepithelium beklei- det (Bronn verneint dies), wie man es schon von Baudelot erwähnt findet; auch die Papillen sind mit Flimmerzellen be- kleidet. Zwischen diesen Papillen häuft sich eine weisse Masse an, die nach Verf. aus kohlensaurem Kalk besteht. Das Receptaculum seminis enthält oft Spermatozoiden, oft nicht, und "steht durch Bindegewebe mit dem Oviducte in Verbindung. An der Stelle, wo das Geschlechts-Atrium nach aussen mündet, findet man ringsherum eine dicke drüsen- reiche Wand: es sind dies birnförmige Drüsen, die nach allen Seiten durch Muskelgewebe und elastisches Bindegewebe einge- schlossen werden. In dem letzten Abschnitte bespricht Verf. die Befruchtung, und zeigt die Verschiedenheiten zwischen Arion und Limax; diese rühren theils von dem Fehlen des Capreolus bei Limax her, theils werden sie durch das bei dieser Gattung viel kleinere Receptaculum seminis (dessen Ductus dann oft ganz in den Oviduct mündet) bedingt. ' 54. Schepman (M. M.). Over Leucochroa degenerans Mouss. en d5. 56. 295 Helix mograbina Mor. en hunne plaats in het systeem. Met „Naschrift.” D. V. II. 1876. S. 1—6. Es wurden Verf. von dem Tausch-Vereine der Deutschen malakozoologischen Gesellschaft Exemplare zugeschickt von Leucochroa tureica Chemnitz, L. degenerans Mousson und L. mograbina Morelet. Diese Mollusken waren von Dr. yon Fritsch und Dr. Rein aus West-Marokko zurückgebracht (1872). Die Untersuchung der Genitalien der Arten mogra- bina und degenerans zeigte Verf. wichtige Verschiedenheiten von dem für die Gattung Leucochroa Bekannten, wesshalb er sie als Arten der Gattung Helix betrachtet. Schepman (M. M.). Over het onderscheid tusschen Suceinea putris L. en S. Pfeifferi Rossm. D. V. I. 1876. Seit. 248—253. Tab. XIV. fig. 17—20. Einige Autoren haben es neulich nicht über allen Zweifel erhaben gerechnet, ob diese Arten als verschiedene Arten aus einander gehalten werden können (Kobelt, Seibert). Verf. behauptet nun bloss in der Struktur der Genitalien zur Ge- nüge Grund für das Auseinanderhalten der Species zu finden. Harting (P.). Chromatophoren der Embryones van Loligo vulgaris. (Zoologische aanteekeningen gedurende een verblijf te Scheveningen). D. V. I. 1875. S. 209—227. Tab. X1. fig. 6—19. Les Chromatophores des Embryons de Loligo vulgaris. (Notices zoologiques faites pendant un sejour ä Sche- veningue. A. Z. II. 1875. S. 8S—25. Tab. XI. fig. 6—19. Die 3 bis 4 Millimeter grossen Embryonen von Loligo vul- garis sind sehr durchsichtig und desshalb für die Untersuchung der Chromatophoren sehr geeignet. Farbe, Grösse und Form dieser Chromatophoren sind bekanntlich sehr wechselnd; die letztere bleibt aber für jedes Chromatophor fortwährend die nähmliche. Nach früheren Untersuchern (Harless, Brücke, 57. 296 Boll) wird das Farbenspiel veranlasst durch die strahlenförmig an der Membran der mit Pigment gefüllten Zellen befestigten Muskelfasern, welche sich contrahirten und so die Chromato- phorenwand ringsherum ausdehnten. Es wäre so das zusam- mengezogene Stadium, in welchem der Farbstoff concentrirt ist, das ruhende, dagegen das ausgedehnte das active. Nach Verf. verhält sich die Sache nun eben nicht so; denn erstens verharren todte Thiere immer in dem sogenannten activen Stadium und zweitens sind die strahlenförmig geordneten Fa- sern keine Muskelfasern: das Protoplasma der Chromatophore soll selbst die Contraktion veranlassen, dagegen sollen die strahlenförmig geordneten Fasern (wahrscheinlich) Nervenfasern sein. Schliesslich hebt Verf. hervor, dass, wenn es sich wirk- lich bei dem Wechseln der Farbe um eine Contraktion des Protoplasmas handle, man in den Loligo-Embryonen ein schönes Object habe um die Bewegungs-Erscheinungen des Protoplasmas zu studiren. VI. VERTEBRATA. Benjamins (H. D.). Geschiedenis van de histologie der Villi intestinales. A. P. Leiden. P. Somerwil. 1875. 211 S. 2. Taf. Wie der Titel verspricht gibt Verf. eine Geschichte der Gewebelehre der Villi Intestinales; er spaltet seine Arbeit in einen morphologischen und einen histologischen Theil, wel- cher Letztere durch 160 compress gedruckte Seiten eine aus- führliche Darstellung gibt von allen über die Histologie (und selbstverständlich auch Physiologie) der Darmzotten publicir- ten Meinungen. Von Fallopius (1562) bis Watney (1874) bespricht Verf. mehr als 200 Autoren, die sich mit der Un- tersuchung dieses Thema’s beschäftigt haben. Am Schluss seiner Arbeit veröffentlicht Verf. einige von ihm selbst vorgenommene Untersuchungen. Es wurden von ihm die Zotten des Frosches, des Meerschweinchens, eines 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 297 Tritons, des Hundes, des Kaninchens und der Maus studirt, ohne dass es auch ihm gelang die interessanten Fragen, welche schon so viele und so tüchtige Mikroskopiker beschäf- tigten (Streifensaum der Epithelzellen, becherförmige Epithel- zellen undsow.) zu lösen. PISCES. Chromidae. Bleeker (P.). Sur la famille des Pseudochromidoides et revision de ses especes. VA XV.r1875. 3108. Percidae. —— Systema Percarum revisum. S. E.& N. XL 1876. S. 247—341. Pristipomatidae. —— Notice surles genres Gymnocaesio, Pterocaesio et Liocaesio. V. M. A. 2de Reeks. IX. 1876. S. 149—155. Mullidae. —— Revision des especes insulindiennes de la famille des Mulloides. NERV 1875 38,8 Sparidae. —— Sur les especes confondues sous les noms de Chry- sophrys Hasta, Berda, Calamara et Schlegelii. V. M. A. 2de Reeks. XI. 1876. S. 1—15. 3. Tab. Oirrhitidae. —— Sur les especes insulindiennes de la famille des Cir- rhiteoides. MIA RV 1870. 198 Squamipennes. —— Notices sur les genres et sur les espöces des Chetodon- toides de la sousfamille des Taurichthyiformes. V. M. A. 2de Reeks. X. 1876. 8. 308—320. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 12. 73. 74. 75. 298 Bleeker (P.). Notice sur le genre Chaetodon Art. (Pomacanthus Lac. Cuv.) et sur la pluralit& de ses especes vivantes. S. E. & N. XI. 1876. S. 178—186. —— Description du genre Parascorpis et de son espece type. S. E.& N. X. 1875. 8. 380—383. —— Sur la pluralite des especes insulindiennes de Toxotes. V. M. A. 2de Reeks. IX. 1876. S. 155—168. Triglidae. — — Generum familiae Scorpaenoidorum conspectus analyticus. V. M. A. 2de Reeks. IX. 1876. S. 294—301. — — Memoire sur les especes insulindiennes de la famille des Scorpenoides. V. A. XVI. 1876. 100 S. 5 Tab. Gobiidae. — — Gobioideorum species insulindicae novae. S. E.& N. X. 1875. S. 113—135. —— Revision des especes insulindiennes de la sousfamille des Eleotriformes. V. M. A. 2de Reeks. XI. 1876. S. 15—110. —— Notice sur les Eleotriformes et description de trois es- peces nouvelles. 8. E.& N. X. 1875. 8. 101—113. —— Revision des Sieydiini et Latrunculini de l’Insulinde. V.M A. 2de Reeks. IX. 1876. S. 271—294. —— Description de quelques especes insulindiennes inedites des genres Oxyurichthys, Paroxyurichthys et Cryptocentrus, V.M. A. 2de Reeks. IX. 1876. S. 138—149. —— Atlas Ichthyologique des Indes orientales Neerlandaises. Amsterdam, Fred. Muller & C°. Livr. 27—31. Bleeker, der im Yen Bande der Archives Neerlandaises den Ausspruch Günther’s (sieh dessen: Catalogue of the Fishes in the Brit. Museum, Bd. IIl): es sei eine Trennung der Familie der Gobiidae in natürliche, scharf charakterisirte, kleinere Gruppen beim jetzigen Stande unserer Kenntnisse 76. 07T. 299 noch nicht ausführbar, mit so grossem Erfolge als voreilig bezeichnet hat und zugleich so viele wichtige Data zur Lösung dieser schwierigen Frage herbeischaffte, hat im verflossenen Jahae einen neuen Fortschritt angebahnt in der so compli- cirten Systematik der Acanthopterygier durch sein „Systema Percarum revisum.” Die zahlreichen kleineren oben erwähnten Aufsätze können hier nicht näher berücksichtigt werden, das Wichtigste wird allmählig in den noch zu erwartenden Bänden des grossartigen „Atlas Ichthyologique des Indes Orientales Neerlandaises” desselben Verfassers Verwendung finden. Von letzt erwähnter Publication, die mit kräftiger Mithülfe von Seiten der Regie- rung schon seit dem Jahre 1862 regelmässig fortschreitet, sind in den Jahren 1875 und 1876 fünf Lieferungen er- schienen. Diese Lieferungen (die Tafeln sind dem Texte meist um eine Strecke im Voraus) enthalten die Fortsetzung der Pereidae. 3 Winkler (T. C.). Memoire sur quelques restes de poissons du systeme heersien. A. T IV. Fascicule premier. 1876. $. 1—16. Tab. I. Aus dem sogenannten „Systeme heersien” in Limburg be- schreibt Verf. einige Wirbeln von einer Smerdis , eine Schuppe von Ösmeroides, eine von Cycloides und zahlreiche Zähne von Squaliden. Fast sämmtlich gehören diese Fischreste nach Verf. neuen Arten von Fischen an. —— Deuxieme me&moire sur les dents de poissons fossiles du terrain Bruxellain. A. T. IV. Faseicule premier. 1876. S. 16—49. Tab. II. Es handelt diese Arbeit über Fisch-Zähne aus dem Brüs- selschen Becken des Belgischen Tertiairs. Die Zähne sind theils von Haifischen (Cestracion, Otodus, Corax) theils von Ganoiden (Phyllodus, Gyrodus) theils von Teleostiern (Trichi- urides, Enchodus). Ausser einigen schon in einer früheren Abhandlung beschriebenen, werden wir im ganzen mit den fossilen Zähnen von zehn neuen Fisch-Arten bekannt gemacht, 78. 79. S0. 8l. 300 AMPHIBIAE ET REPTILIA. van Hasselt (A. W. M.). Bijdrage tot de natuurlijke geschie- denis der water-salamanders. V. M. A. 2de Reeks. X. 1876. 8. 209—220. Verf. erzählt von einem (wahrscheinlich weiblichen) Exem- plare von Triton taeniatus Schneider, das von 1859 bis 1875 in einem Fisch-Glase auf einem kleinen Rasen am Leben ‘geblieben ist. So wohl für die Longävität der Amphibien als für die Fähigkeit der Tritonen ausserhalb des Wassers zu leben ist diese Beobachtung nach Verf. von Wichtigkeit. Hoffmann (©. K.). Beiträge zur Kenntniss des Beckens der Amphibien und Reptilien. Eine vergleichend-anatomische Un- tersuchung. ” A. Z. IU. 1876. S. 143—195. Tab. X und XI und 15 Holzschnitte. Hoffmann (C. K.). Zur Anatomie der Retina. I. Ueber den Bau der Retina bei Amphibien und Reptilien. A. Z. II. 1876. 8. 1--47. Tab. I. und II. Die Titel dieser Arbeiten werden bloss vollständigkeitshal- ber mitgetheilt. Winkler (T. C.). Etude sur le genre Mystriosaurus, et des- cription de deux exemplaires nouveaux de ce genre. A.T. IV. Fascicule premier. S. 49—132. Tab. I—II. (?) Das Museum der Teylerschen Stiftung in Harlem verfügt ausser über Exemplare von Pelagosaurus typus Bronn, Mys- triosaurus Tiedemanni Bronn, M. longipes Bronn und M. Mundelslohi über zwei Exemplare von einer unbeschriebenen Art von Mystriosaurus. Nachdem Verf. eine detaillirte durch drei Tafeln erläuterte Beschreibung dieser zwei Exemplare mitgetheilt hat, unterwirft er die Angaben der Autoren über Mystriosaurus-Arten einer historischen und kritischen Behand- lung, und schliesst sich als Resultat seiner Untersuchungen ganz der Meinung Quenstedt’s an, der behauptet, dass alle fossilen Gavialen des oberen Lias in England und Deutsch- 301 land in einer einzigen Species vereinigt werden müssen. Die zwei Burmeisterschen Arten sind wahrscheinlich Racen oder Varietäten. Fur diese Mystriosaurus-Art schlägt Verf. den Namen M. Stukelyi vor, für die Varietäten Burmeister’s die Namen M. Stukelyi var. germanicus und M. Stukelyi var. anglieus. AVES. . van Wickevoort Crommelin (J. P.). Nouvelles ornithologiques sur la faune des Pays-Bas. S. E.& N. X. 1875. 8. 166—181. Verf. beobachtete mehrere für die Fauna der Niederlande (speciell für den maritimen Theil der Provinz Holland) seltene Vogel-Arten (ungefähr 30) und theilt Bemerkungen über deren Vorkommen, Häufigkeit und geographische Verbreitung mit. Als ganz neu für die Niederländische Fauna ward von Verf. das Vorkommen von Biziura leucocephala (Scop.) Schl. con- statirt. MAMMALIA. de Man (J. C.). Beenderen van den Mammouth en van het uitgestorven rund, opgevischt in den omtrek van Zeeland. Archief. Vroegere en latere mededeelingen voornamelijk in betrekking tot Zeeland, uitgegeven door het Zeeuwsch genootschap der Wetenschappen. 3de deel 2de stuk. Middelburg 1875. 8. 101—127. Met houtsneden in den tekst. In der Nähe der Küste zwischen Westkapelle und Soute- lande (Südküste der Insel Walcheren) wurden in 1874 und 1875 einige fossile Knochen aus einer Tiefe von 11—15 Fa- den aufgefischt. Die meisten waren mit kleineren Balanen, Bryozoen, Mytili und vereinzelten Aktinien besetzt und zeig- ten noch Spuren des dunkelblauen Thones des Meeresbodens. Ausser einem Schenkel, Schienbeine, einem Ellenbogenbeine und einer Speiche von Elephas primigenius, einem Mahlzahne des 20 84. 302 nämlichen, ward auch noch das Horn eines Rindes (ob Bos priscus oder primigenius wagt Verf. nicht zu entscheiden) aufgefunden. Die Vermuthung, dass diese Thiere auf dem diluvialen Seeboden, als dieser noch Land war, gelebt haben, wird nach Verf. kräftig unterstützt durch das bekannte Fae- tum, dass der Boden des Canales wie besät ist mit Knochen (namentlich Zähnen) von Mammuthen. Mac Gillavry (Th.). De snijtanden van Mus decumanus, proeve eener ontwikkelingsgeschiedenis van het tandglazuur. V. M. A. IX. 1876. S. 51—74. 1 Tab. —— Les dents ineisives du mus decumanus. Essai d’une histoire evolutive de l’&mail dentaire. S. E. et N. X. 1875. S. 338—361. Tab. V. Während einige Autoren behaupten, dass die Epithelzellen des Schmelzorganes nach der Seite der Zahnpapille von einem hyalinen Häutchen begrenzt werden, lassen andere die Schmelzprismen durch eine directe Verkalkung der langen Cylinderzellen des Schmelzepithels entstehen. Für die Schneide- zähne des Mus decumanus fand Verf. nun keine dieser zwei Meinungen bestätigt. Es sind diese Zähne (und im Allgemeinen die Schneidezähne der Nagethiere) für odontogenetische Untersuchungen beson- ders geeignet, weil bekanntlich bei diesen Thieren der in die Mundnöhle hervorragende Theil fortwährend durch starke Abnützung verschwindet, wahrend an dem Wurzelende neues Zahngewebe gebildet wird. Verf. beschreibt seine Untersuchungsmethode detaillirt; wir glauben aber auf diese nicht einzugehen zu brauchen. Fast die ganze Zahnmasse besteht aus Zahnbein (Elfenbein); nur an der Vorderseite findet man den Schmelz. Die Schmelz- prismen der inneren Schicht haben die Form eines Integral- zeichens und sind unter einem scharfen Winckel auf die Zahn- beinfläche eingepflanzt. Sie werden durch Querstreifen in bauchig angeschwollene Partien vertheilt. Eine zweite (äussere) Schicht folget auf die innere, und lässt sich bis an das 305 Schmelzoberhäutehen verfolgen. Die Prismen dieser Schicht zeigen keine bauchige Anschwellungen, sie machen einen stumpfen Winkel mit den eigentlichen Schmelzprismen , einen sehr scharfen mit dem Öberhäutchen, das sich an dünnen Querschnitten als eine helle Linie mit doppelten Contouren zeigt. Das Schmelzorgan besteht aus einem Säckchen am Wur- zelende und einem Halse an der Vorderseite des Zahnes. Der eigentliche schmelzbildende Theil des Organes ist ein sechs Millimeter langes Stück des Halses gerechnet von dem Säck- chen. Der Inhalt des Säckchens wird von dem Stratum in- termedium gebildet, dessen Protoplasma-Zellen an dem Vor- derende des Säckchens und des angrenzenden Theiles des Halses sich zwischen den Elementen des das Säckchen um- hüllenden COylinder-Epitheliums einschieben. Die in der Länge wachsenden (Faser-Gestalt annehmenden) Oylinder-Epithelium- Zellen und die sich zwischen diese schiebenden nackten Protoplasma-Zellen des Stratum intermedium bilden zusammen die Schmelzschichtt. Aus den nackten Protoplasma-Zellen gehen die quergestreiften rosenkranzförmigen Schmelzprismen hervor, während aus den ursprünglichen Cylinder-Epithelium- Zellen glatte Fasern entstehen. Die glatten Fasern betheiligen sich aber nur an der Bildung der inneren Schmelzschicht; die äussere wird bloss von den ursprünglichen nackten Protoplasma-Zellen durch Fortsetzung des knospenbildenden Processes erzeugt. Nachdem auch diese Schicht ihre normale Dicke erreicht hat, bekommen die nackten Protoplasma-Zellen Wände, die nach der Seite des Schmelzes die Form einer glashellen Decke annehmen. Diese glashellen Decken verwachsen später zur Bildung der Cuti- cula, während die Zellen degeneriren und atrophiiren. Am Ende seiner Arbeit fasst Verf. deren Haupt-Resultate kurz zusammen. 85. Hoffmann (C. K.). Zur Anatomie der Retina. II. Ueber den Bau der Retina bei den Beutelthieren. 86. 87. 304 A. Z. III. S. 195—201. Tab. XII. fig. 1—12. Hoffmann (©. K.). Ueber das Tapetum chorioideum bei den Seehunden. A. Z. III. 1876. S. 201—204. Tab. XII. fig. 12—13. Weil in dieser Zeitschrift und in deutscher Sprache erschie- nen, werden diese Arbeiten von mir nicht referirt. Schlegel (H.). Museum d’histoire naturelle des Pays-Bas, Revue methodique et critique des collections deposees dans cet etablissement. Tome VII. Contenant Monographie 40: Simiae [1876] 354 8. Es bringt diese Riesenarbeit die erste monographische Bear- beitung einer Ordnung der Säugethiere des Niederländischen Reichsmuseums. Verf. der auch die Prosimiae zu den Affen (Singes, Simiae) rechnet beschreibt „methodisch und kritisch” sämmtliche Formen der Sammlung, der grössten, die wahr- scheinlich je einem Gelehrten zu Gebote gestanden hat. Im Ganzen verfügt das Reichsmuseum über 1037 ausgestopfte Exemplare (466 Vet. Orbis, 289 Americanae, 282 Prosimiae), 37 Exemplare in Spiritus (8 Vet. Orbis, 5 Americanae, 24 Prosimiae), 209 Skelette (118 Vet. Orbis, 56 Americanae,, 35 Prosimiae) und 569 Schädel (230 Vet. orbis, 123 Americanae , 216 Prosimiae). ERKLAERUNG DER BENURTZTEN ABKUERZUNGEN. >| . Academisch Proefschrift (Inaugural-Dissertation). . Archives du Musde Teyler. Harlem, Erven Loosjes. gr. 80. . Niederländisches Archiv für Zoologie. Leiden, E. J. Brill. Leipzig, C. F. Winter. . Tijdschrift der Nederlandsche Dierkundige Vereeniging. ’s Gravenhage, M. Nijhoff. Rotterdam, van Hengel en Eeltjes. . Tijdschrift voor Entomologie, uitgegeven door de Nederlandsche Ento- mologische Vereeniging. ”s Gravenhage, M. Nijhoft. . U. Onderzoekingen gedaan in het physiologisch Laboratorium der Utrechtsche Hoogeschool. Utrecht, W. F. Dannenfelser. . & N. Archives Neerlandaises des sciences exactes et naturelles, publides par la societe Hollandaise des sciences ä Harlem. La Haye, M. Nijhoff. . Verhandelingen der Koninklijke Academie van Wetenschappen. Am- sterdam, C. G. van der Post. . A. Verslagen en Mededeelingen der Koninklijke Academie van Weten- schappen. Afdeeling Natuurkunde. 2de Reeks. Amsterdam, C. G. van der Post. Pe NEE AI Er: BERICHT UEBER DIE ZOOLOGISCHE STATION DER Niederländischen Zoologischen Gesellschaft. Mit einer Federzeichnung und einer Karte. Auszug aus dem »Eerste jaarverslag omtrent het Zoölogisch Station der Nederlandsche Dierkundige Vereeniging’ veröffentlicht im 3 Bd. des »Tijdschrift der Nederl. Dierk. Vereeniging.” BERICHT UEBER DIE ZOOLOGISCHE STATION DER NIEDER- LAENDISCHEN ZOOLOGISCHEN GESELLSCHAFT. Das ausgedehnte Küstengebiet der Niederlande, die zahlreichen Einbuchtungen und Inseln bieten augenscheinlich dem Zoologen nicht nur ein reiches sondern zugleich leicht zugängliches Arbeits- feld. Gar Mancher hat sich aber in dieser Hinsicht bald ent- täuscht gesehen. Zwar gibt es kaum einen Punkt des Königreichs, von welchem aus man mit den heutigen Verbindungen nicht in einigen wenigen Stunden den Meeresstrand erreichen kann, allein nur ausnahmsweise wird es jemandem gelingen an irgend einem Punkte der Küste eine sich für zoologische Untersuchungen eig- nende Lokalität sowie hinlängliche Gelegenheit zur Herbeischaf- fung des erforderlichen Materials aufzufinden. Ausser den ungemein theueren Badeörtern (Scheveningen, Zandvoort) und den von Frem- den und Eingeborenen überfüllten Seehäfen (Nieuwediep) gibt es fast nur ärmliche Fischerdörfer, wo selbst die bescheidensten An- sprüche auf Lokalität und Wohnung völlig unbefriedigt bleiben müssen. Zwar sind in dieser Hinsicht die kleineren Badeörter (Katwijk, Noordwijk) günstiger gestellt; diese kommen aber kaum in Betracht weil sie sämmtlich (dies ist freilich auch mit Scheve- ningen und Zandvoort der Fall) an solchen Stellen der Küste liegen , an welchen durch den ungemein schwachen Abfall des sandigen Stran- des eine ausserordentliche Einförmigkeit der Fauna bedingt wird. Es machte sich desshalb der Mangel an ein practisches für zoologi- sche Zwecke eingerichtetes Gebäude, in welchem man während der Sommermonate an der Küste arbeiten konnte, je länger je mehr fühlbar. Demzufolge wurde in einer Versammlung der Nieder- 310 ländischen Zoologischen Gesellschaft eine Commission ernannt um zu untersuchen, was zur Beseitigung dieses Mangels zu thun wäre. Dieser Ausschuss (der sich später als Commission für die Zoologi- sche Station !) constituirt hat) sah ein, dass vorläufig eine hölzerne Baracke dem Zwecke wohl am Besten entspräche, so wohl der Billigkeit wegen, als weil man auf diese Weise die Station jeden Sommer an einer anderen Stelle errichten, und so allmählig die faunistischen Verhälltnisse der ganzen Küste erforschen konnte. Doch auch eine hölzerne Baracke kostet Geld und die Nieder- ländische Zoologische Gesellschaft hat keine sonstige Einnahmen als die Contributionen ihrer Mitglieder, mit welchen ohnehin die Kosten einer theueren Zeitschrift bestritten werden müssen: nur zwei ä drei Hundert Gulden konnten von ihr beigetragen werden, während für die Errichtung und Ausrüstung einer derartigen „Hiegen- den Station” fast drei Tausend Gulden erforderlich waren! Das Gebäude selbst sollte ungefähr fünfzehn Hundert Gulden kosten, während ungefähr die nämliche Summe für die Möblirung, die phy- sischen und chemischen Instrumente, Reagentien, Schleppnetze, Dreggen undsow. verwendet werden sollte. Finanzielle Beiträge von Freunden der Wissenschaft, von wissen- schaftlichen Vereinen, und schliesslich auch von der Niederlän- dischen Regierung, haben aber die Zoologische Gesellschaft in die Lage gesetzt, an ihre Zoologische Station beträchtlich mehr als die unumgänglichen drei Tausend Gulden zu verwenden. Hierdurch ist die Ausrüstung eine bessere geworden, als man anfänglich beab- sichtigte, und doch hat man (nachdem schon die Betriebskosten des vergangenen Sommers bezahlt sind) für den nächsten Sommer ein kleines Reservekapital übrig behalten ?). Im Anfang des Monats April des vergangenen Jahres war die 1) Die Commission zählte während des vergangenen (ersten) Jahres drei Mitglieder: Prof. C. K. Horrmans aus Leiden, Dr. P. P. C. Hork, Assistent des Zootomischen Laboratoriums, und Dr. A. A. W. HuBRECHT, Conservator am Reichsmuseum daselbst. 2) Für die finanziellen Einzelheiten verweise ich nach dem Holländischen Bericht (Tijds. d. Nederl. Dierk. Vereen. III). oll Commission mit ihren vorläufigen Bemühungen so weit fortgeschrit- ten, dass man die Anfertigung der Baracke einem Zimmermann auftragen und allmählich sämmtliche Instrumente, Fisch- und Dregg-Bedürfnisse ankaufen konnte. Drei Monate später an einem schönen Juli-Morgen wurde die vollständig möblirte und ausgerüstete Station feierlich geöffnet. Nur während der Monate Juli und August hat sie im vergangenen Sommer Dienste geleitet: diese acht Wo- chen haben aber zur Genüge gezeigt, dass der Gedanke einer „fie- genden Zoologischen Station’ ein practisch ausführbarer sei. Die Räumlichkeit, die Zahl der Arbeitstische, ist berechnet für sieben Studirende; bequemer ist es freilich wenn nicht mehr als fünf zugleich das vierzig Quadratmeter grosse Zimmer besetzen. Ein kleines Zimmer communieirt mit dem Hauptzimmer und ist für die Aquarien eingerichtet: zugleich war dies der Raum, in welchem sämmtliche Schleppnetze und sonstiges Fischzeug aufbewahrt wurde. In dem Arbeitszimmer findet man einen Schrank für Bücher, einen anderen für Instrumente, Reagentien, Flaschen u. s. w. Ein Schrank mit Schubladen enthält Handtücher, Schreib- und Zeichen- Geräth, Injeetions-Instrumente u. s. w.: man findet nl. in der Station alle Instrumente und sonstige Bedürfnisse für anatomische und em- bryologische Untersuchungen vor, nur bringt jeder Naturforscher sein Mikroskop und Disseeir-Instrumente mit. Von Büchern findet man selbstverständlich nur einige grössere Handbücher und die neuesten Jahrgänge der bedeutendsten Zeitschriften, ausserdem die faunistischen Hauptwerke die Nordsee und die benachbarten Meere und Küsten betreffend; recht leicht kann aber jeder was er braucht aus der Bibliothek der Zoologischen Gesellschaft oder aus einer der Holländischen Universitäts-Bibliotheken zugeschickt bekommen. Was den Betrieb der Station angeht, dieser ist selbstverständlich so einfach wie möglich organisirt. Von den Mitgliedern der zoolo- gischen Gesellschaft wird jährlich ein Ausschuss ernannt, der am Ende des Jahres einen kurzen Bericht veröffentlicht und die Gelder verantwortet. Die Station hat ihre eigene Casse, die aus der Oasse der Gesellschaft jährlich eine voraus bestimmte Summe bekommt, sonst aber von dieser ganz getrennt ist. Von der Commission ist 312 immer ein der Mitglieder an Ort und Stelle und diesem ist dann die gesammte Leitung des Betriebes anvertraut. Unter seiner Auf- sicht wird die Baracke errichtet, unter seiner Leitung die Möblirung u. s. w. der Station vollzogen. In gleicher Weise wird am Ende des Sommers die Einpackung sämmtlicher Gegenstände und der Aufbruch der Station besorgt. Ein geschickter Diener ist mit dem Reinhalten der Station beauftragt, auch sonstige auf das Laborato- rium bezügliche Dienste werden von diesem geleistet. Wo möglich ist der Diener zugleich Fischer und kommt seine Thätigkeit auch in dieser Hinsicht der Station zu gute. Das Directorium der Station besorgt den Verkehr mit den Fischern,, schafft möglichst viel Untersuchungs-Material für die ar- beitenden Naturforscher herbei, die aber auch auf eigene Hülfe angewiesen sind. Sämmtliche grössere Fisch-Expeditionen stehen unter Leitung des betreffenden Commissionsmitgliedes, welches, als für die Besitzthümer der Station verantwortlich, auch in der Station die Nacht zubringt. Die Station war im vergangenen Sommer auf dem Seedamme zu „den Helder’’ (der Insel Texel gegenüber und in der unmittelbaren Nähe des Hafens von Nieuwediep) errichtet. Im Ganzen war die Witterung günstig: Juli war freilich rauh genug, August zu heiss. Schon haben zehn Naturforscher in der Station gearbeitet, und wur- den von ihnen keine unwichtige Beiträge zur Kenntniss der fau- nistischen Verhältnisse eines freilich sehr beschränkten Theiles der Nordsee geliefert. Für das Herbeischaffen des benöthigten Materi- ales (in so fern man dies nicht von der Küste selbst, dem Deiche und den zahlreichen hölzernen und steinernen Bollwerken bezog) standen den Arbeitenden immer die „Fletten’’ !) zu Gebot, welche mit zwei oder vier Ruderern bemannt, sich auch bei ziemlich rauhem Wetter auf die See wagen und zugleich als Segelboote benutzt 1) Die »Flette” ist eine Art Jolle mit flachem Kiele und sieht mit ihrem hohen Vorsteven und hell angestrichenen Brettern den Neapolitanischen Ruder- booten nicht ganz unähnlich. 313 werden können. Ausserdem hatte der Marine-Minister in liberal- ster Weise eine Dampf-Barkasse der Niederländischen Flotte zur Verfügung gestellt. Freilich zeigte es sich bald, dass man mit diesem Fahrzeuge nur sehr kleine Ausflüge unternehmen konnte (sowohl der geringeren Seewürdigkeit wegen, als weil die Kleinheit des Schiffehens nur sehr wenig Steinkohlen und Wasser mit zu nehmen gestattete) allein durch die Dampfmaschine der Barkasse war man in der Lage sich auch der schweren Schleppnetze und Dreggen zu bedienen, und schon desshalb waren die während des vergangenen Sommers von der Barkasse geleisteten Dienste nicht unwesentlich. Die diesem Berichte zugefügte Karte zeigt das in der Umgebung Helders abgefischte Terrain, der wir zur Orien- tirung späterer in den Helder sich niederlassenden Forscher eine kurze Beschreibung hinzufügen. De Helder und Nieuwediep liegen an der Nordspitze des Fest- landes der Provinz Nord-Holland, da, wo dasselbe durch einen Seearm („Helsdeur’””) von der Insel Texel getrennt wird. Während nach Westen zu der Dünensaum anfängt, findet man nördlich einen mächtigen aus Granit und Basalt aufgebauten Deich, der mit zahlreichen aus den nähmlichen Materialien zusammengesetzten „Brechern” versehen sich aus dem ziemlich tiefen Wasser der Helsdeur erhebt. Oestlich (jenseits des Hafens von Nieuwediep) breitet sich eine grosse untiefe Wasserfläche aus, deren ein grosser Theil bei der Ebbe trocken liegt. Es ist besonders der nördliche Theil der Küste, jener wie ein künstlicher Felsen sich gestaltende Deich, für den Zoologen wich- tig. Von den äussersten Höhengrenzen der Fluth (der Balanen- Region) anfangend, folgen die verschiedenen Zonen kurz aufeinander, bis man an die nur bei niedriger Ebbe enblösste Laminarien-Region kommt. Laminarien sucht man an der ganzen Holländischen Küste vergebens: nur hier an dem Helderschen Seedamme findet man sie in reicher Fülle. Krustern und Weichthiere sitzen massenhaft zwischen den Tangen, die oft mit Bryozoen und Sertularien besetzt sind. Coelenteraten sind hier übrigens ziemlich selten : Aktinien z. B. fehlen ganz; wahrscheinlich ist der Wellenschlag hier zu gewaltig für ihre >14 ruhige Ansiedlung. Desto zahlreicher und schöner findet man die See-Anemonen in dem Hafen von Nieuwediep, an den zum Fest- legen der Schiffe dienenden Pfählen. Hier findet man z.B. Actino- loba dianthus, Sagartia nivea, Bunodes coronata , während (sonderbar genug) die an der Walcherenschen Küste so gemeine Aktinia olivacea ganz fehlt. Asteracanthions und handgrosse Exemplare von Careinus maenas kriechen ruhig zwischen den Aktinien herum und wenn man dieser letzteren zwei fängt ist man gewiss wenigstens einen von einer Sacculina careini gequält zu finden. Auf den am Helderschen Damme emporkletternden Krabben sucht man aber die Sacculina’s verge- bens. Auch für die pelagische Fischerei liefert der Hafen von Nieuwe- diep reiche Ausbeute: Aurelia’s und Cyanea’s, eine einzelne Cydippe und schöne Exemplare von Rhizostoma schwimmen ruhig umher, dazwischen Krabben-Zo&as, zahlreiche (an Arten freilich hier arme) Copepoden und Mysis chamaeleo so viele man wünscht. Freilich bevölkern die nämlichen Thiere die Oberfläche des Wassers auch ausserhalb des Hafens: die Witterung war aber fast durchgängig zu rauh um sich hier mit Erfolg des Marion’schen und sonstiger pelagischen Netze zu bedienen. Hier leistete das grosse Dreg, das Schlepp-kreuz mit seinen aus alten Netzen und ausgerupftem Seil bestehenden Fransen seine Dienste, während auf den untiefen nur für die Flette befahrbaren jenseits der Tonnenreihe liegenden Stellen kleirere und leichtere Instrumente gebraucht wurden. Wo die Tiefe mehr als SO Decimeter beträgt (Breewyd, Helsdeur u. s. w.) besteht der Meeresboden mit Ausnahme einer kleinen von weissem Sande gebildeten Stelle aus einem weichen blauen Thon, der nur ein sehr spärliches Thierleben aufweist. Die Echinodermen fehlen ganz, die Muschelthiere werden fast nur durch Mytilus und Cardium reprä- sentirt, von Krustern findet man bloss in Natiea’s und Buceinum’s hausende Bernards-Krebse, Garnelen und einzelne Krabben (Portu- nus depurator und ‚hie und da ein Platyonichus latipes). Reicher ist das Thierleben in dem untiefen den Sand der „Hors’” und der „Onrust-Bank” umspülenden Wasser, wo mit Botryllus besetzte Zostera’s und von Gammari wimmelnde Fungi den Boden des Meeres bedecken. 315 Es möchte überflüssig heissen die hier vorkommenden Thierfor- men aufzuzählen; fast sämmtlich sind es den untiefen Stellen der Nordsee allgemein zukommende und desshalb bereits in den Ergeb- nissen der Deutschen Nordsee-Expeditionen der letzteren Jahre er- wähnte Formen. In dem dieser Notiz zu Grunde liegenden Hol- ländischen Berichte sind obendrein die aufgefundenen Thiere durch die Mithülfe der Forscher, die während des ersten Sommers in der Station gearbeitet haben, in systematischen Listen aufgezählt, wess- halb wir den sich besonders für die faunistischen Verhältnisse der Nordsee interessirenden Leser dorthin verweisen. Durch verspätete Erscheinung der letzten Lieferung des dritten Bandes des Niederländischen Archivs ward die Veröffentlichung dieses Berichtes bis jetzt (Ende April 1877) verschoben. Wir sind durch diesen Umstand in der Lage bereits hier mit zu theilen, dass die Station während der nächsten Sommermonate in der Nähe von Vlissingen (auf der Insel Walcheren in Seeland) errichtet wird, dass die nähmlichen Herrn zusammen mit Herrn Dr. Horst aus Utrecht von neuem als Stationsausschuss angewiesen worden sind und das Herr Dr. Hubrecht aus Leiden als Schriftführer der Comis- sion thätig ist und die Anmeldungen für den kommenden Sommer entgegennehmen wird. P+P.C7 HOEK. LEIDEN, April 1877. sn! Er a ar) m 7 = Niederländisches Archiv für Zoologie IN. U I kn \ Taf. II. Niederländisches Archiv für Zoologie III. ' _ Niederländisches Archiv für Zoologie II. 8) — \rehiv I Niederländisches ua l m ! D c. u 2 nn u; ae) 2 . . u R En R K7 ” n — = Zu a R ö 5 \ r = I > fi z a 1 = a el u N = . u u; D D x j _— = I ! 4 “ya Niederländisches Archiv für Zoologie Il. TV c 1’ al, . eo (8 | , \ ( | . ß B . \ " . N 2 ö re ü y® v { j # Pa nn B ” j . u . | r; Be}: 2 a 2 = ü . % F a 7 , Ma 5 z ö . a ’ h ”* = * a ER IE hi y ae e Ta Niederländisches Archiv für Zoologie III. Eee, wel “r # n f N . . r { \ \ | t en, Bj r 2] / = = ee _ 5 3 ö y 4 an > u \ = 7 Niederländisches Archiv für Zoologie II. Taf. XI. Niederländisches Archiv für hoologie II. 3, FT, PR W.M. Trap impr B.K. Hoffmann del. - [ D > D \ ' . Be * j 3 ss 4 Sun ' ut = . © Ei, Li B D iu ar ut j f . } - j el u ‘ 2 u - r= es ’ = be u I * LE, jo = D pe L j £ j x y ER D v . . . on ; v i2 - ö . 2 % r Pe * = + Br Er z j Fr ” 5 nE f iu u - art ah * = . - 5 - u £ 10 E u - 5 Ex - . 5 = ® = ER ae - rn N j a e 4 en = 5 A En 5 A S “ * e ö B N s J j R P D E - 2 ‘ 1 | f ü i . \ / ’ J - . - . 5 P u & ( l E [} - j j f . l j ‘ a ® R; 2 r ‘ . 2 S y B 5 ’ . a f ei . ‘ \ D ee - h £ f r ü ö \ ri j 5 ar : j i . e | = . . \ ! l i \ ‘ . i = — {) u . a i % 0 b et & = \ . b i j ' J 4,8 @ B4 =] = yes) ra o SS = & n.-5 zZ rS 5) Niederländisches Archiv für Zoologie III. vn BEI Bork öl: PCHTra; mp en h j 3 1 “ ‘ Bern Die u & ei ZI De u Er u y ° r . N‘ a u u . = L u | , en s ‚ . En , Fe: . = u x . 2% . r [0 BD Fre Tun 2 FE . . . a . = © 4 u _ I > . . >. & vR re j u . 2 ur nn ® u u u u Bu u ‘ > N = u . \ n u \ 0 . . Di - - \ u u n [ u Eu 5 Bao u = = = u u e - = u 5 - . u LG . e = . Lu 2 i % . 1 ü cr . . Zu‘ i B D . % I ar r e . u = u 2 . 5 ‘ er: f > f . nur Eee . En — u u % 5 . = A E - u u 5 0 . u urzZ . Pr . « u = . y 5 . = 5 ° Bu = U sr e . u i E u BE = . 2 u Kur u 0 - . ( — . . u u * . u . u = B . ‘ . u D Ss ’ wa Zu . D 5 en De | 0 . . . “ s. u - u i u j - = E % j er P f oT { . j 5 5 Bun 7 & u - f ae u j D SI my IE & eu Berg = ZUrze (323 u Bez 9” 5 5 ER (a u u u % j . = . B 2 Er “ . D u EZ fi . = ‘ . - 4 u u FE NT i x u . m: “ Bi 5 0. 2 i eV We 5 u rw 5 B - a} . Dr 1% 5 i . i u Ma; P u 2: u cf . . oo FE Gr j ’ - u ı- Wr u Fu i - u va er E 5 r =, . u . u air Br‘ £ . e Lahr rs u . 5 — Rn u 5 RZ u Bert) = > . Dr . . os . u i . j u - u u f Fr u = u u 4 A vi he Fi Pa & De R. vi ar 5 ° u ” . 5 i Se Fe . = 5 z - i u artz RB ‚ Beer. Er - = 5 er Ei ze j = Ben . k > sE j) . “u u s u: de 1. \: m: = u j En R u u ’ 5 . . 1 D $ - wu; 4 D u. 7 BEER A : Bw: I j s h ze E u a) RN ° e 12 . ul % u Dar En 5 @- D 5 Yu . 5 u B . = - ‚0 r. { s ’ a j BR j a 7 u - 7755 I] BE E W t Br u D er u j ö q — € 5 u u a . = . = n ’ 5 . Bu u » . = e # 4 . Fu k u Sc . i A i . s var iu 1 u Ye u . yo u u D u u , Zu. »rländisches Archiv für Zoologie II. PPC Hosk de) O0 pa oms abd Tr IE = be . u D u - u Y u 1 Be B . e' | u y 5 “8 > - DET LE i Ä . u L?R - a u Fu ' u Di 47 >) j a F d 5 > u ER 4 % u. Br 5 © u , j „.& De ve u a j 4 . - i a B (3. Fr 5 2 oe WE e > “ u . . 2 i £ u ö u . B > PN B . . Ba Re [ iQ Mu ed: ä Zu Pa . in u ni: 1 ne "m - u Rs ev E° & , ZU), Mn. ’ f > mi u 4 oa Po Be L Ih oW 1 m ara u - Dr = 5 r erh 4 u. fi j Ps . b u 4 u na an E- "u ve P . u & N n u N m CZ 2 N Fu u er 5 m = . u . B [ u au, = ® u m‘ \ - u | i a: \. Cr Rn u . u . Ri 4 D 5 . ‘. I; B j u Kr ar \ Bez j a . i 5 | x ö > u RA KER \ j i # ö % E . . . 5 Fi u u u EZ u r2 ü . F . = 5 ® wie - 14 . r N Te} i R i ß 9 s En 5 ee. L 0 Bu = Zu 5 “ EP 1 = 5 - ’ 5 N mx = ” = . 0 ‚ . a u > - 5 . Iz N De zz . Be j . ’ u - ö - en. . . D pr ’ ir | - Bu Ar Pu)’ 22 > j TE} u = u , u rw . “ 2 E % = er u ü Bez « 0 = 5 u ’ j - Sr ar a zz j 2 . “zur D u vo v . Ey u‘ & s . u - Ei ı Du '# 5 -. 2 1 Br D m. N j Er ' j 2 a fs f 3 5 i DIES ü 7 ae „E: j . i L u . Bi = . 2 > 2 : DER . a 7.0 u in ö u - = j . u Ü . . I 7} u aM 5 =, 4 ° u ° j 4 5 war: . Im = DE 4 . j 2 | dk . u de we Fr . 5 E > ir Kary SC u . u nd j ne { . - - - - » > Aue . u u i - fi urR4 en ES" EI x VE DI u a i . . a f 5 2 Zu % . f 2 . X ‘ = Z Zu 5 A E Br > | E EEE er vr u pe 5 ws 5 an‘ -— z x 5 I u . Ey Bu + 2 { ; | Ba az ü 5° B “ = j A (va R w ; R e u . = j Bu 2 ze = u 2 j u yo cz - iu ? er - 4 2 ee En nn: , 2 u . ’ Tun a 5 f 5 R E; 15 N . BE Pr ü eh 5 u u { . u W 2 ” we EM hi) Er ee u 5 . . 1 Fu 7 ’= RE < Zu 5 . Ö u . u = a8 - 2 Ei i R Ye g I 0 es u Fa an n Tr Ber . u = 5 nn 5 . | en - Br d u = Le n Ber “ A BE Un), a 2 ze 2 . = u Ir D 5 D On Au I “ = oo Mn. u ri “. “x ., rr i ig = e ‚be | Be. 0 0 — u Dur un i Rn - ’ 5 . ‘ Dt i > . 5 j ” 2 ö En 2 BE u f nn - . A ara j m; u . \ w 5 j ı u j 5 . u % nr " B n hi u N - 5 NO u Ra. , Bu j . en GE ' 7 EEE u ö A Bus . - . ze a0 n ° . u A u,.0 - J . u > u 5 - AT va % 5 R u — z i ” 5 ’ E Y - . en PR f% u & '® ““ a j . . a | In e Bo De j 7 Fa j u Fra s < ut - & u rer N ıh . = [*. \ En u Pr u 5 5 Fe u ze ” D P& hai er i 4 { i m 5 u = u 5 u u N u ,ı D i 5 u ü . . B r en Br ER u a u “ = Pr Rz a i . a vr. ? a 5 . u u Fr De | az 'E u DD . fi . ORE . . , PUR . y eo; 5 . u 5 u u ) DV Yo u , Fe \ . n e 5 u Be u: { . D | 5 > a“ \ 5 . Bat zze > u 72 .n or .- % u 68 Pa KR 5 [ <& 2 . \ =. 9 ar . 8 Fi U . j € { = - 5 5 s nl . . ‘u u Di u ‘ 5 L Ari 5 Es PP RR 5 \ # I u: u 2 F IN = e ii . 4% BZ nr R R De u aY j . Aa u - & u j . 2 5 = ca r v8 x s 2 nu >. Je en) .. 04 u u fr ne . R Ds en 5 u . ’ F zZ . 5 i 2 u . Erz Fr; h u in . - ; vg [ ) . ya ’ı Zar zZ 2 u ı u i JM Die Miegende Zoologische Station der Niederländischen Zoologischen Gesellschaft. STATION DER NIEDERLÄNDISCHEN ZOVLOGISCHEN GESELLSCHAFT. — KARTE DES WÄHREND DER SOMMERMONATE 1876 ABGEFISCHTEN THEILES DER NORDSEE, 20° bes Westhoek van. de Hors 6 Harde Örond Wie Zand 05 7° Ru?‘ R neu De Zwemm a — Bf 2% —, A _— N Ze Mo Enefe Haringtrektsensnh\ DES Hoogwater ten WUre 25 mın D7 y #Huisduinen en (& Adıniraal nn wrehlerlalh 25 Bei der Ebbe trocken Sandbänke, : Land ende Sandbänke, decimeter liegende Sandbänke | RT N 175 Bd‘ an, rn Wi | LANTe ) AIR SE HI 1 7 ud in Ku! I h) IW DATE DUE mo | ei FEN ES REN RE Printed HIGHSMITH #45230 INIUNINNININ 0 er re a u ae, ee er un meter an eh area ee nen et bee Het re bee nl aan van fi | h % % ne LE a an 5 » he Mn gyie FRE, m a n a rn ewerz are Ars : X vr ade Ku ree tag immun