Yalı N 1 : Kibrarp of tbe Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. Er gift RN sale! ach Dutch Modemis dar Natinfnucher | No. 635% | Moay 3,1892 Be Tal NOVA AUTA AUADENMIAR CAESAREAR LEOPOLDINO -CAROLINAR GERMANICAE NATURAE CURIOSORUN. TOMUS QUINQUAGESIMUS SEXTUS. CUM TABULIS XXVIIL Verhandlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch-Carolinischen ‚Deutschen Akademie der Naturforscher. Sechs und fünfzigster Band. “ Mit 28 Tafeln. "Halle, 1891. Dr ale a Blochmann und Sohn in Dresden. Für ie Akademie in Commission bei W. Engelmann in Leipzig. HOSRI- loalic blog 108 { & % ze r u MIR E j ital ig a arrT | sro. ana ı Verhandlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch-Garolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher. Sechs und fünfzigster Band. Mit 28 Tafeln. Halle, 1891. Druck vonE Blochmann undSohn in Dresden. Für die Akademie in Commission bei W. Engelmann in Leipzig NOVA ACTA AGADEMIAE CAESAREAE LEOPOLDINO-CAROLINAE GERMANICAE NATURAE CURIOSORUM. TOMUS QUINQUAGESIMUS SEXTUS. CUM TABULIS XXVIM. HALIS SAXONUM, MDCCCXCI. Eys2orfrfieina Rn -Biloleih mannd etymräTı Dresdae. Pro Academia apıd W. Engelmann. Lipsiae. ayızze BUN Uno AUAnEUR Kanon PS la! or: Bm IR 4 a . er 6 Penlia, 110093 rt Kg = - - P u ———— b) N 5 EN ki Ba HRIDIOH, Hunnkaa elJäl, I ER ui Mu aan SM 7 28 Een nr 5 DB. HP WERFE UN ee Ber wi 3 F “ 3 er; Hera ee Re F Pe 2 ws r GUILIELMO II REGNI GERMANICI IMPERATORI GLORIOSISSIMO BORUSSORUM REGI AUGUSTISSIMO POTENTISSIMO ACADEMIAE CAESAREAE LEOPOLDINO-CAROLINAE GERMANICAE NATURAE CURIOSORUM PROTECTORI SUPREMO, AMPLISSIMO, CLEMENTISSIMO HOC QUINQUAGESIMUM SEXTUM NOVORUM ACTORUM VOLUMEN SACRUM ESSE DESPONSUM@QUE VOLUIT ACADEMIA PRAESIDE HERMANNO KNOBLAUCH. u 4 h ‘ = y 44 a rt wi, w Kain a duu # eier a8 a ee nal I Br b =... ur j i Ze R Ri | Oize1TaR TRABR ser - - nA 5 we . j j Br a az 7 Fra: u sry ve In reagR: We ap ri, u “ . Sr , P- N: ER I h 1 rear Amena an ia,er En: | f | 2 % a “ x 2 = | 2 are ann a: ö a 5 . | una Jaon a OHKAMRAR a + 2” Inhalt des LVI, Bandes. I. Dr. Victor Schiffner. Monogsraphia Hellebororum. Kritische Beschreibung aller bisher bekannt ge- wordenen Formen der Gattung Helleborus . . . . 8. 1—198. Taf. I-VII. ll. Dr. Heinrich Simroth. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna m ihrem Verhältniss zu denen der paläarktischen Region überhaupt u 201—424. Taf. IN—XVII. Il. Dr. Joh. Georg Bornemann. Die Versteinerungen des Cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien nebst vergleichenden Untersuchungen über analoge Vorkommnisse aus andern Ländern. Zweite Ab- theilung . [0 p} . 425—510. Taf. XIXN—XXVM. IIO VA. AETX der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Bde BEVE INT Monographia Hellebororum. Kritische Beschreibung aller bisher bekannt gewordenen Formen der Gattung Helleborus. Von Dr. Vietor Schiffner, Privat-Docent an der k. k. Universität Prag. Mit S Tafeln Nr. I—VIII. Eingegangen bei der Akademie den 14. Mai 1839. HALLE. ”\ 1890. Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. > . “ T = j 5 a j ” eo» af = we > u ns ont Tor sori Hei ya ih a end L ” p - - ” . E m Im 14 Mint r Bd B \ ’ D . u E m >Y Pr a a a ee eo u zz jet “ g 3 ‘ "EEIAH ‘ D un = b ubeurt e eee eeet = = = ö - arena A en u ” i . zunodslfoH suntini) ee 7 Seinem hochverehrten Lehrer Herrn, Herrn Dr. Moritz Willkomm, kais. russ. Staatsrath, ord. Prof. der systemat. Botanik an der k. k. deutschen Universität und Director des k.k. botanischen Gartens zu Prag, Inhaber des Comthurkreuzes mit der Krone des kais. russ. St. Stanislaus- Ordens, Commandeur des königl. spanischen Ordens Isabella der Katholischen, Ritter des königl. spanischen Ordens Carl III., des grossherzogl. Oldenburgschen Verdienstordens und des Ordens Bolivar des Befreiers der Republik Venezuela, Mitglied der kais. Leopoldinisch - Carolinischen dentschen Akademie der Naturforscher, corresp. Mitglied der königl. span. Akademie der Wissenschaften zu Madrid, der Royal horticular Society zu London und vieler anderer gelehrter Gesellschaften Ehren-, wirkl. und corresp. Mitglied ete. etc. widmet seine Monographia Hellebororum als ein bescheidenes Zeichen des Dankes und der Verehrung der Verfasser. 1* write oh Ins ara hr eilt en mr B * wedıe) wub . Vorwort. Hiermit übergebe ich eine Schrift der Oeffentlichkeit, die das Resultat mehrjähriger sorgfältiger Studien ist. Ich bin mir der Schwierigkeit in der Erreichung des mir vorschwebenden Zieles bewusst gewesen, eine Monographie einer so diffieilen Gattung zu schreiben, die den Anforderungen der modernen Systematik in allen Richtungen bestmöglich entsprechen sollte. Ob es mir einigermaassen gelungen ist, mich diesem Ziele zu nähern, mögen die Fachmänner, denen diese Schrift in die Hände fällt, beurtheilen; jedenfalls wird man manche Lücken finden, die ich gern ausgefüllt hätte, allein ich habe mit bedeutenden Schwierig- keiten bei der Ausarbeitung zu kämpfen gehabt. Zunächst ist das Material in den Herbarien meist nur sehr spärlich vorhanden und es gehört immer schon eine bedeutende Uebung dazu, sich nach getrockneten und oft noch dazu schlecht präparirten und mangelhaften Exemplaren zu orientiren. Noch viel schwerer wurde es mir, die nöthige Litteratur zu beschaffen; einige Werke, die ich gern eingesehen hätte, konnte ich mir bei aller Mühe nicht verschaffen. Soweit mir die sehr umfangreiche Litteratur (es sind über 250 Werke und Abhandlungen) zugänglich war, habe ich sie sorgfältig geprüft und kritisirt und schmeichle mir damit, dass es mir in einigen Fällen gelungen ist, auf den ersten Blick schier unentwirrbar scheinende Confusionen in der Synonymik cor- rigirt zu haben. Zu den besonderen Schwierigkeiten gehört noch, 6 Dr. Vietor Schiffner. dass das aus Gärten stammende Material selten reine Arten repräsentirt, sondern dass man es hier meistens mit Qultur- oder Bastardformen zu thun hat, die man nur mit grosser Reserve benützen darf. Was den Standpunkt betrifft, auf den ich mich gestellt habe in Bezug auf die Begrenzung des Speciesbegriftes, so glaubte ich in der Artenzerspaltung nicht zu weit gehen zu dürfen, trotz- dem ich die Formen, die mir genug constant zu sein scheinen, als Arten aufgefasst habe, wenn sie auch äusserlich nicht sehr auffällig verschieden sind. Um allen gangbaren Richtungen der Systematik thunlichst gerecht zu werden, habe ich nie verab- säumt, in den kritischen Bemerkungen darauf hinzuweisen, welche systematishe Stellung den einzelnen Formen anzuweisen sein würde, wenn man einen anderen Standpunkt in der Fassung des Artenbegriffes einnimmt. Das Hauptgewicht bei meiner Arbeit legte ich auf die kritische Sichtung des in Herbarien und in der Litteratur ge- ebenen Fundus instructus, nichts desto weniger wird man sowohl im organographischen, wie im systematischen Theile auch manches Neue finden. Ich habe in der vorliegenden Monographie möglichste Voll- ständigkeit angestrebt, weil ich von dem Grundsatze ausgehe, dass in eine Monographie Alles hineingehört, was bisher über die betreffende Pflanzengruppe bekannt geworden ist, dennoch habe ich zahlreiche minder wichtige Details, die das Manuseript ent- hält, weggelassen, um Raum zu ersparen. Aus demselben Grunde glaubte ich ein detailirtes Separatverzeichniss der einschlägigen Litteratur nicht geben zu müssen, zumal da die im Texte gebrauchten Abkürzungen jedem Botaniker ohne Weiteres ver- ständlich sind. ES Monographia Hellebororum. Schliesslich genüge ich der angenehmen Pflicht, allen Denen, welche wich bei meiner Arbeit irgendwie unterstützt haben, hier meinen herzlichsten Dank öffentlich auszusprechen. Zu besonderem Danke bin ich verpflichtet Herrn Prof. Dr. Will- komm und Herrn Baurath J. Freyn, die mir mit ihrer reichen Erfahrung stets in der liebenswürdigsten Weise zur Seite standen und sich in aufopfernder Weise bemühten, mir Litteratur und Herbarienmaterial zugänglich zu machen. Ferner muss ich dankend der gütigen Unterstützung folgender Herren gedenken: Fried. Tempsky, Verlagsbuchhändler (Prag), Dr. K. Keck (Aistershaim), P. Gab. Strobl (Melk), Prof. Dr. Celakovsky (Prag), Dr. J. Velenovsky (Prag), Vietor v. Janka (Budapest), Staatsrath Dr..G. Radde (Tiflis), Dr. W. O0. Focke (Bremen), Prof. Dr. A. Garcke (Berlin). Ausserdem verdanke ich die Zu- sendung von lebendem Materiale den Herren: F.. Benseler, k. Universitätsgärtner und Docent an der landwirthschaftlichen Lehr- k. Garteninspector in Wien, und H. Lindemuth, köniel. anstalt in Berlin. Herr M. Tatar, k. k. Obergärtner am botanischen Garten zu Prag, eultivirte mir zahlreiche Arten zu morphologischen Studien. Von grösseren Herbarien wurden folgende zu der Arbeit benützt: Universitätsherbarium Prag, Herbarium des königl. böhm. Landes- Museums zu Prag, Herbarium des ungarischen National- Museums zu Budapest, Universitätsherbarium Berlin, Herbarium des kaukausischen Museums in Tiflis, Herbarium Tempsky (Prag), Herbarium Dr. Keck (Aistershaim), Herbarium P. Strobl (Melk), Herbarium Felicetti Liebenfelss (durch Herrn P. Strobl), Herbarıum Freyn (Prag), Herbarium Willkomm (Prag), Herbarium Wildenow (Berlin), Herbarium Zahlbruckner (Prag), Herbarium Dr. Velenovsky (Prag), Herbarium A. Braun (Berlin), Tausch, Fl. bohem. (Prag), S Dr. Vietor Schiffner. Herbarium Tauscher (Budapest), Herbarium Sadler (Budapest), Herbarium Frivaldsky (Budapest), ausserdem zahlreiche kleinere Privatherbarien. Die benützten käuflichen Exsiecatenwerke sind im Texte eitirt. Das jedenfalls sehr werthvolle Material des kaiserlichen Herbariums ın St. Petersburg wurde mir leider nicht zugänglich. Obwohl sich Herr Staatsrath Willkomm in liebenswürdiger Weise selbst bei Herrn Dr. Regel behufs Erlangung desselben verwendete, so blieb doch selbst diese Intervention erfolglos. Ich schliesse mit dem Wunsche, dass diese Schrift, an der ich mit Fleiss und Liebe arbeitete, etwas dazu beitragen möge, die Kenntniss einer schwierigen, aber ebenso schönen als inter- essanten Pflanzengruppe zu fördern! Prag, im December 1887. Der Verfasser. Monographia Hellebororum. 9 Inhalts-Verzeichniss. Seite Einleitung. istorischessundepharmakolosischese. 2. re re Et Allgemeiner Theil. Genus Helleborus (Synon. et Litterat. Vulgärnamen, Diagnose) . » » . .... 15 Organographisches . . . HOT re na ee er 16 1. Die Keimpflanzen und il: Backelune der unterirdischen Organe . 16 3. Der Stengel der caulescentenj/Arten..I..- Ik 4duha ai. ... 21 3. Der Blüthenstengel der acaulen Arten... wu. nen. 2... 0021 4. Die Laubblätter . . Sr euer ee 22 5. Die Hochblätter een). Specht erbauen 094 bDiewNiederblätter ... ... .. tira. : Wins es ee Tas eSBluthenweer ..-. u ra I ER ee 225 a)Dliessepalene. 2.0 0 a. ee 26 b)@Die@Nectamiene 2. :0e en nr Eee c) Die Stamina a NE ER ER N a 25 DEBiesStempeln 4... 2.2... 3: 083 72 ale er a EEE >) SEAN ICHEIE CH N NEST In nn ea ee 20} GaDIeRSamTten ee We. ON ER EEE SEN ae) SystematischegBemerkungen, ., „ra > Ess Re | 1. Die Stellung der Gattung im natürlichen System . . . 2. .....0 81 2. Ueber den diagnostischen Werth der Merkmale . . » 2. .2..2..2....82 3. Systematische Gliederung der Gattung . . . » . 2 2 2 0 un. 84 Hellebori excludendi . . . ee Bee RR ER ER VE RER Ar! Analytische ee eutabelle N 00 20 a, er) als) Geographische Verbreitung nen re a 41 Phylogenetisches Notiz. ame. u. ee nen. Er Ber. Bus He SE SE DE. 42 Spedieller nen: A, Hellebori caulescentes . . . Sag En Kae Veen. ee sa Re SEEROBIESUREMIUS SChfiM.. = 2.2. nes, Sonde Rec en A 5A Erle esieamimis Auch, , - - Se et ISCEROBINERL GN EPRODUSESDACHE. N N 7 IeH.-toetidusil: 2 =... er Sr Ar ea AS San IDDEE has Se oe Be HREOTSIEUSEWAllde Lt. er ee er 55 ARSubsp:) EI livsdussAnt.ge Seen BmE Em U ee B. Hellebori acauies . . En a Te 2 ae RD Sectio IV. Annorhodei Shack: a a ER a ern ee ar (00 VE nieersl en En 2. 6. (Subsp.) H. macranthus ine En a 10 IQ Seetio V. Euhelleborus Schffn. . . - A a a ie a EN ne EX) Systematische und kritische Bemerkineen 2 JE 5) Nova Acta LVI. Nr. 1. 2 VII. VII. IR X. XI. xM. XII. XIV. XV. xVI. 17% XVII. XIX.. 20: =r2l: XXI. Dr. Vietor Schiffner. . Kochii Schfin. abchasicus A. Br. . . guttatus A. Br. et Sauer . antiquorum A. Br. olympicus Lindl. cyclophyllus Boiss. . odorus Kit. . multifrdus Vis. . sieulus Schftn. . viridis L Nah Su H. oceidentalis Rene dumetorum Kit. (Willd.) atrorubens W. et K.. . intermedius Host graveolens Host. : . purpurascens W. et K.. a Lern Ey Anhang. Ueber Helleborus-Bastarde. Allgemeines A. Bastarde der orientalischen Aeren unter einander. = MI. =, N: =, NIT )( = SE AB Heyderi Hort. bot. ber. = H. guttatus 5 X abchasicus © . . Kochii > abchasieus (?) . . ? . antiquorum var. purpurascens es Ber Kor . atrorubens (false!) Hort. bot. ber. guttatus, parce punetatus et parcissime es a, AR De guttatus var. albus Herb. A. Br. — H. olympieus X guttatus? guttatus, speciosus Herb. A. Br. Kamtschatensis Hort. Ellacombe B. Bastarde der orientalischen Arten mit Arten aus der Verwandtschaft des H, viridis L. = IX. H. dives A. Br. — H. guttatus @ X purpurascens & . = X. H. lividescens A. Br. et Sauer — H. abchasicus x purpurascens = XI. H. pallidus, roseo-marginatus Herb. A. Br. = H. abchasicus x odorus? = XI. H. lucidus Hort. Ellacombe . De Br N er: — XII. H. atrorubens W. K. var. maximus Herb. A. Br. = H. abchasicus X viridis? = XIV. H. fissus Schffn. = H. olympicus > multifidus? C. Bastarde der mit H. viridis L. verwandten Arten unter einander. = XV. H. yızidıs I. var. grandiflorus — H. viridis X purpurascens sec. A. Br. XVI. H. intermedius Host = H. atrorubens > dumetorum ? — XVII. H. graveolens Host —= H. atrorubens x odorus? — XVII. H. viridescens Schfin. = H. atrorubens > viridis? £ — XIX. H. multifidus var. purpurascens Herb. A. Br. — H. atrorubens (ed, pur- purascens) > multifidus? Monographia Hellebororum. 11 Einleitung. Historisches. Der ‘E74230005') war eine im Alterthume hochberühmte Pflanze, die in der Mantik und Heilkunst eine wichtige Rolle spielte. Es ist wohl ziemlich sicher, dass die Alten unter Helleborus sowohl die Rhizome von Veratrum als von Helleborus verstanden, da sie einen 844230008 uehas zai jerzos unterschieden. Für den schwarzen Helleborus hatten sie verschiedene Namen, wie: Fronov, ueheusrödıoy (nach einem gewissen Melampus genannt, der nach I’heophrast ein Hirt, nach Plinius ein berühmter Seher war), Polyrrhizon, Proition, Koiraneion, Melanorrhizon ete. "T'heophrast berichtet uns darüber (Hist. pl. 9, 10), dass der schwarze die Hausthiere tödtet, während der weisse von Schafen gefressen wird. Der schwarze Helleborus wachse in Böotien, Euböa und anderwärts, der meiste auf dem Oeta jedoch nur an der Brandstätte des Herkules. Plinius beschreibt (25. 5, 21) die Blätter der Pflanze als denen der Platane ähnlich, aber kleiner, dunkler und mehr zer- theilt, und dieser Beschreibung fügt Dioscorides (De m. m. 4, 149) hinzu, dass die Blüthen purpurroth und den Rosen ähnlich seien. In der Mitte der Blüthe stehe die Frucht, welche der von Knikus ähnele. Von der Verwendung des schwarzen Helleborus berichtet Plinius (. e.), dass man mit den Blättern die Häuser räuchere. Das Pulver der Wurzel, die man unter verschiedenen Feierlichkeiten und Gebeten sammelt, erregt Niesen und Schlaf, heilt Lähmung, 1) Die Etymologieist nicht ganz sicher; einige Philologen leiten das Wort ab von dem hebräischen helibar oder hilebar (was einen ungesunden oder wahnsinnigen reinigt). Theophrast erklärt es aus &4eiv, tödten und 00@ Nahrung, Speise: also eine tödtliche Speise. Amatus Lusitanus bringt es mit dem Namen des Flusses Helleborus in Anticyra in Zusammenhang. Ir 12 Dr. Vietor Schiffner. Wahnsinn, Wassersucht, Podagra, führt Galle und Schleim ab ete., heilt die Schleimkrankheiten der Schafe, Pferde und Rinder und ist mit Weihrauch und Pech gemischt ein Mittel gegen die Räude. Ferner wird erzählt, dass viele Gelehrte dieses Medicament einnahmen, wenn sie recht scharfsinnig denken wollten. Die Gallier bestreichen damit die Pfeile, damit das Wild schmackhafter werde. Greisen, Kindern und schwächlichen Menschen solle man keinen Helleborus geben. Dioscorides erzählt Alles dies dem Plinius nach und fügt noch hinzu, dass der beste Helleborus aus Anticyra komme, wo man ihn Neoauoides nennt, auch wächst er auf dem Parnass, Helikon und Oeta. Man pflanzt ihn auch zwischen die Weinstöcke, damit der Wein purgirende Eigenschaften erhält. Auch die Dichter sprechen öfters vom Helleborus, so: Gellius, noctes atticae 17, 15; Plautus, Pseudolus 4, 7, v. 89. Horaz, de arte poetica v. 300; Satiren 2, 3, v. 82; Ovid, Epist. ex Ponto 4, 3, v. 53. Welche Pflanze die Alten Helleborus nannten, ist kaum mit Sicherheit festzustellen, wohl aber ist es nicht zweifelhaft, dass es ein Helleborus (oder mehrere Arten) nach der modernen Auffassung dieses Begriffes gewesen ist. Brunfels und Bock erklären H. viridis (dessen Blüthezeit sie fälschlich um Weihnachten angeben) für den “EA22Bogos uelcs der alten Griechen. Fuchs theilt zwar mit diesen Autoren den Irrthum bezüglich der Blüthezeit, aber erklärt schon AH. viridis für die falsche Nieswurz. Clusius (De l'Ecluse) war der Ansicht, dass der antike Helleborus mit unserem FH. niger identisch sei und nannte diese Pflanze H. niger legitimus. Da die Pflanze zumeist aus Steiermark gebracht wurde, so gab ihr Tabernaemontanus den Namen: Veratrum nigrum stiriacum. Erst Tournefort machte in seinem Werke: Re- lation d’un voyage du Levant (Tom. II, p. 189) darauf aufmerksam, dass der ‘E11£30008 ut)ag der Hippokratiker von einer anderen Pflanze stammen müsse, die er als „AH. niger orientalis, amplissimo folio, caule praealto, flore purpurascente“ bezeichnete. A. Braun ist der Ansicht, dass 'Tournefort darunter alle auf seiner Orientreise gesammelten Hellebori zusammenfasste. Aus den Abbildungen von Desfontaines (Choix des plantes du Corollaire des inst. de Tournefort, Tab. 45) und Garsault (Description des vertus et usages de 719 plantes tant etrangeres de nos climats Tom. I, tab. 17) ist darüber nichts Sicheres zu entscheiden. Das Wahrscheinlichste ist wohl, dass die Griechen die Rhizome Monographia Hellebororum. 13 aller in Griechenland und den ihnen zugänglichen Theilen Kleinasiens wachsen- den Helleborus- Arten verwendeten, also vorzüglich H. cyelophyllus Boiss., H. Kochii Sehffn. (über dessen Synon. siehe den Text) und H. antiquorum A. Br.') Auch in unseren Arzneischatz ist die Rad. Hellebori aufgenommen. In Mittel- und Südeuropa kommt diese Drogue von FH. niger L., H. viridis 1.2) und den damit verwandten Arten. Wegen ihrer gefährlich giftigen Eigen- schaften wird die Rad. Hellebori gegenwärtig wohl nur noch in der Veterinär- kunde angewendet. Das Rhizom ist von widerlichem Geruch und auch trocken von unangenehm scharfem, bitterlichem Geschmack, im Munde heftiges Brennen und Gefühllosigkeit hervorrufend. Es enthält nach Riegel Spuren eines ätherischen Oeles, fette Substanz, einen bitteren Extractivstoff, ein scharfes Halbharz, Gummi, Schleim ete. Nach Feneulle und Capuron eine scharfe, fettige Substanz mit einer flüchtigen Säure. Nach Husemann sind die wirksamen Bestandtheile zwei Glycoside, das süsslich bittere Helleborein (Pflanzenstoffe 796) und das im trockenen Zustande geschmacklose, in weingeistiger Lösung brennend scharf schmeckende Hellebrin (l. e. 799). Die Wirkung ist eine stimulirende auf den ganzen Organismus und besonders auf die vegetativen Organe. Grössere Dosen bewirken heftige Unterleibsschmerzen, starkes Erbrechen, endlich eine Er- schlaffung und den Tod. Als Gegenmittel werden starker Kaffee und Oele angegeben. Sehr kleine Gaben regen die erschlaffte T’hätigkeit der Eingeweide, der Gefässe und der Unterleibsnerven heilsam an. Die Rad. Hell. wird oft verfälscht und verwechselt mit dem Rhizom von Adonis vernalis. Die Wurzel des H. foetidus wirkt viel schwächer, hingegen erzeugen die frischen und ge- troekneten Blätter drastisches Purgiren und wurden auch als Anthelmintieum angewendet. Die Dalmatiner mischen das Rhizom von H. multifidus Vis. in das Getränk lungenkranker Pferde, um ein heftiges Purgiren zu erzeugen. !) Die Gattung Helleborus hat für uns noch eine ganz besondere historische Bedeutung, indem diese Pflanzen unseren grossen Dichter Goethe zu der geistreichen Idee von der Meta- morphose der Pflanzenorgane veranlassten. 2) Hell. virıdis ist nur in den englischen Pharmakopöen vorschriftsmässig officinell (Rad. Hell. viridis), jedoch durch den Gebrauch auch in Deutschland, Frankreich und Italien vielfach an Stelle des Z. niger getreten. Anwendung äusserlich als blasenziehendes Mittel, innerlich als Tinetura und Extractum ebenso wie Z. niger auch gegen chronische Wasser- suchten und Manie. 14 Dr. Vietor Schiffner. Unsere Forstleute bedienen sich desselben als eines vorzüglichen Mittels gegen die Staupe der Hunde. Schroff (im Prager Viertelj.) erklärt A. viridis für wirksamer als H. niger.!) 1) Ueber alles im Texte Gesagte findet man nähere Details in folgenden Schriften: Billerbeck: Flora classica 1824. — Fraas: Synopsis plantarum florae classicae 1845. — Lenz, K. ©.: Botanik der alten Griechen und Römer 1859. — Koch: „Die Arten der schwarzen Nieswurz“ in Berl. allg. Gartenz. 1858, p. 130. — Berg und Schmidt: offie. Gew. I. Bd., Ile und IV. Bd. tab. XXIX. — Endlicher: Enchiridion bot. 1841, p. 438. — Feneulle und Capuron in Journ. de pharm. VII, 1821. — Aceidents occasionnes au betail par la colchique, l’Agrostis spica ventis, la cuscute, l’Hellebore noir ete. in Bull. du Conseil. super. d’agric. tom. XXIX, 1875. — Husemann: Pflanzenstoffe 706 et 799. — Pharm. germ. 274. — Pharm. austr. 103. — (od. med. 52. — Berg: Waarenkunde 89, Atlas zur Waarenk. tab. XVII, Fig. 42, A—-E. — Flückig, Pharm. 270. — Luerssen, med. pharm. Bot. II, p. 593. Monographia Hellebororum. 15 Genus: Helleborus Adans. (non Mönch!) Synon. et literat. Helleboraster Mönch, Meth. 236 (1794): Helleborus Adanson, Familles des pl. II. p. 458. — Linne, Genera pl. No. 702. — Gaertner, De fructibus et sem. plt. I. 310. tab. 65. — Salisb. in Linn. Trans. VII. (180%7.) 304. — Juss. Gen. 233. — Pers. Syn. pl. gen. 1366. — Biria, Ra- nune. 2]. — D.C. Syst. I. 315. — D.C. Prod. I. 46. — Meisner, Gen. 1. (2.) [1836—43.]| — Peterm. Deutschl. Fl. tab. 2. — Spach, Hist. nat. des Veget. VI. 312. — Endlicher, Gen. pl. p. 848. No. 4789. (1536—40.) — Berg und Schmidt, off. Gen. I. tab. II. e. — C. Koch, in Berl. allg. Gartenz. 1855, p. 121. — Le Bele, in Bull. de la societe d’hortieulture de la Sarthe. 1857. — Payer, Organogr. 258. tab. LV II. — Pfeifter, Synonymia bot. Nr. 9418. — Benth. et Hook, Gen. 7. n. 15. — Baillon, in Adansonia IV. 44. — Baillon, Monogr. des Ranone. p. 12 ft. (1869.) 1) — Boiss. Fl. or. I. p. 61. — Gras, Le Ranun- eulaceae del Piemonte 1570. — J. G. Baker, The species of Helleborus in Gard. Chron. 7. et 14. Apr. 1577. — Prantl, Beitrag zur Morph. u. Syst. der Ranunculaceen in Engler's bot. Jahrb. IX. Bd. 188%. Vulgärnamen: Griech. ant. 'Ei4230008 u&les. — Latein: Helleborus. — Deutschland: Nieswurz, Christwurz, Läusekraut, Bärenfuss, Weihnachts- rose, Feuerwurz, Alröschen, Starkwurz, Winterrose, Schneerose, Schneeblume, Schneekaderl, Loantscha (N.-Oest.), Gilbkraut. — ÜUzechisch: Ellebor, Cemerice. 2) — Englisch: Hellebore, Setterwort, Bear's foot. — Holländisch: Nieskruid. — Frankreich: Hellebore, Pied de Griffon, Pied des Alpes, Pommeraie, Rose de serpent, Herbe a setons. — Spanisch: Eleboro, Yerba de ballesteros, Vedegambre, Quitalocura, Cornivarios, Saglierro, Chigiierro, 1) Baillon zieht zu Helleborus auch noch die Genera Zranthıs Salısb. und Coptis Salısb. 2) In Wolhynien bezeichnet man mit diesem Namen Veratrum album. 16 Dr. Vieter Schiffner. Yerba llavera, Y. del Alobado, Castellada, Pie de grifo, Heboro, Herha, Herbal, Herbedal, Chaveiro, Herba do porco, H. da brana, H. claveira, H. da sarja, H. da poita, H. forte, H. da eruz, H. da papeira, H. dos bois, H. do gando (gado), H. chaveira, H. do sanguino, H. do sapo, Marxibuls, Marxigols, Manxigols, Manxiubuls, Manxibuls, Mansiulot, Mansiulo, Flor navarro, Bieiyo balarra, Baladra, Lupi belarra. (Balearen): Palonis borda, Baladrea. — Portugal: Erva besteira, Erva (Herva) de besteiros, Besteira. — Italien: Erba nocca, Tavo di Jupo, Cavolo di lupo, Pie de diavolo. — Windisch (Kärnthen): Tavh. — Illyrisch: Sprex, Jessenak, Sdravaz. — Serbien: Kukurjek, Kokorek. — Rumänisch: Bojotei, Cutkurig, Spänt, Spins, Erba nebunilor. — Türkisch: Karadscha ot, Zopleme. — Neugriechisch: oz«epy. Calyx subeorollinus, pentaphyllus, foliolis aestivatione imbrieatis, per- sistentibus. Corollae petala S—12, hypogyna, minima, tubulosa, breviter petio- lulata, ore truncata vel bilabiata. Stamina indefinita, hypogyna. Ovaria 3—10, basi connata vel libera, unilocularia, ovulis plurimis, juxta suturam ventralem biseriatis. Capsulae follieulares, coriaceae, basi eonnatae vel liberae, stylis persistentibus coronatae, intus longitudinaliter dehiscentes, placentis tandem solutis, pleiospermis. Semina elliptica vel globosa ad Jatus ventrale subeari- nata, carinata vel apophysi spongiosa instructa; umbilicus protraetus. !) Organographisches. I) Die Keimpflanzen?) sind in den einzelnen Seetionen sehr ver- schieden. Von H. vesicarius Auch. konnte ich keine untersuchen, da die Pflanze noch nicht Eingang in die europäischen Gärten gefunden hat. Bei H. foetidus L. keimen die im Sommer aus den Kapseln heraus- gefallenen Samen im Frühlinge oder Sommer des nächsten Jahres. Die junge 1) Dieser Diagnose ist die von Endlicher (Gen. pl.) zu Grunde gelegt. 2) Da ich nirgends etwas Genaueres über diesen Punkt in der vorhandenen Literatur vorfinde, so halte ich es für entsprechend, über diese interessanten Verhältnisse etwas aus- führlicher zu berichten. Monographia Hellebororum. IM Keimpflanze wirft sehr bald die Testa des Samens ab, und wenn sie sich über die Erde erhebt, sind die Cotyledonen nie mehr in der Testa eingeschlossen, sondern flach ausgebreitet, in diesem Stadium elliptisch, sitzend, zwischen ihnen ist die kegelförmige Plumula sichtbar. Das aufrechte hypocotyle Glied ist etwa 4 cm lang, die Wurzel ist noch einfach. (Tab. I. Fig. A.) Im Ver- laufe der Entwickelung vergrössern sich die Cotyledonen bis zu einer Länge von 5—6 em und erscheinen dann in einen Stiel verschmälert, die wenigen Nerven werden deutlicher sichtbar. Zwischen ihnen ist bereits das erste Blatt hervorgebrochen, welches immer aus drei Blättchen zusammengesetzt ist, die eiförmig und fein gesägt sind (Tab. I. Fig. B.), auch die 2—-4 folgenden Blätter sind noch dreitheilig, erst die folgenden werden fünftheilig, indem sich die beiden seitlichen Blättehen mehr weniger tief spalten und so fort bis die fuss- förmige Gestalt deutlich zu Tage tritt!). Unterdessen hat sich auch das hypo- cotyle Glied in die Länge gestreckt und sieh etwas rothbraun gefärbt, an, seiner Basis bemerkt man bereits eine seichte Krümmung; die Wurzel hat zwnächst nahezu gegenständig an der Stelle, wo sie in das hypocotyle Glied übergeht, zwei Nebenwurzeln gebildet, die sich wieder verzweigen (Wurzeln dritten Grades in acropetaler Folge entwickeln). Darunter entstehen in un- regelmässig spiraliger acropetaler Folge andere Nebenwurzeln; alle entwickeln mehr weniger reichlich an ihrer Oberfläche Wurzelhaare von brauner Farbe. Im folgenden Stadium streckt sich das hypocotyle Glied zur Erde nieder und entwickelt an seiner der Erde zugekehrten Seite zahlreiche den Nebenwurzeln ganz Ähnliche Adventivwurzeln. (Tab. 1. Fig.C.) Aus der Plumula hat sich unter- dessen der Stengel entwickelt, der aufrecht emporstrebt, die Cotyledonen und untersten Blätter sind längst abgestorben und ihre fast stengelumfassenden Basen geben dem Stengel eine zierliche Ringelung. Wir haben also hier kein wirkliches Rhizom vor uns (ein Um- stand, auf den noch nie gebührend Rücksicht genommen wurde), sondern die Combination einer echten Wurzel und eines Rhizomtheiles, welcher letzterer durch das niedergestreckte hypocotyle Glied mit seinen Adventiv- 1) Ueber die Entwickelung der Helleborus-Blätter berichtet Treeul (Ann. des sc. nat. ser. 3. XX. 266, 268, tab. 23), er fasst sie auf als sehr tief getheilte handnervige Blätter, eine Auffassung, die ich nicht theile. Ihre Entwickelung wird ganz richtig als basipetal oder centrifugal angegeben. Nova Acta LVI. Nr. 1. 3 18 Dr. Vietor Schiffner. wurzeln dargestellt wird. (Tab. I. Fig. C, a,d). In diesem Stadium bricht schon an der Oberseite der sich aufwärts krümmenden Stengelbasis eine Adventiv- knospe hervor (Tab. I. Fig.C, b), die einen neuen Stengel bilden wird. Bei alten Stöcken sind diese Verhältnisse schon etwas verwischt, aber mit Zuhülfenahme der Zwischenstufen immer noch deutlich erkennbar. (Tab. I. Fig. D.) Die Haupt- wurzel, sowie die Nebenwurzeln verholzen!); letztere (Tab. I, Fig. D, e) haben sich so vergrössert, dass sie die primäre Hauptwurzel an Grösse übertreffen und oft zur Seite drängen. Die Adventivwurzeln des unterdessen sehr kräftig gewordenen Rhizomtheiles (hypocot. Glied) sind mehr weniger obliterirt. (Tab. I, Fig. D, d). Dieser sowie die Wurzeln bestehen aus einem compacten, festen Holzkörper und einer derben rissigen Rinde. Durch Hervorbrechen neuer Adventivknospen hat sich die Zahl der Stengel bedeutend vermehrt und da schliesslich auch an den verschiedenen Stengelbasen solche Knospen hervor- brechen, so erhält der Stock eine reichliche Verzweigung, bleibt aber immer auf einen verhältnissmässig geringen Raum beschränkt, da das Rhizom nicht von rückwärts abstirbt und vorn weiter wächst, wodurch bei vielen Pflanzen eine langsam kriechende Weiterverbreitung bedingt wird. Bei der Section Chenopus (A. lividus Ait.) sind die Verhältnisse wesentlich andere; mit ein Hauptgrund, der mich bestimmte, diese Section von Spach's Section Griphopus abzutrennen. Ich konnte nur junge Keimpflanzen und zwei Rhizome des Willkomm’schen Herbariums untersuchen, jedoch stellt sich dennoch die Entwickelung ziemlich klar folgendermaassen dar?). Die Radieula durehbricht die Spitze der 'T’esta des Samens und dringt senkrecht in die Erde hinab. (Tab.I. Fig.G.). Bei der Streckung des meist knieförmig gekriimmten, kurzen hypocotylen Gliedes wird die Testa mit über die Erde gehoben, die Cotyledonen sind noch in ihr verborgen. Bald streckt sieh das hypocotyle Glied gerade, die Cotyledonen, die hier schmal spatelförmig und in einen langen Stiel verschmälert sind, treten mit den Stielen aus der 'Testa !) Ueber die Anlage der Fibroversalstränge in den Wurzeln berichtet Wigand in: Bot. Hefte, Bd. II, p. 17. Ferner vergl. die Notizen über den anatomischen Bau der Rhizome von ZH. viridis und niger in Berg und Schmidt, off. Gew. 1. ec. 2, Ich werde meine Studien über diese Punkte noch fortsetzen, da ich gegenwärtig über eine grosse Zahl junger Keimpflanzen verfüge. Sollten sich dadurch Differenzen mit meiner hier geäusserten Ansicht ergeben, so werde ich darüber an geeignetem Orte berichten. Monographia Hellebororum. 19 hervor, bleiben aber an den Spitzen noch in der Testa stecken (Tab. I. Fig. H.): zwischen ihnen sieht man schon die Plumula. Auf der oberen (inneren) Fläche sind die Cotyledonen höckerig durch ungleichmässiges Wachsthum beider Seiten. Bald wird die Testa abgeworfen, die Cotyledonen vergrössern sich, die Plumula entwickelt sich: an der primären Wurzel erscheinen die ersten Nebenwurzeln, das hypocotyle Glied schwillt an der Stelle, wo es an die Wurzel grenzt, etwas an. (Tab. 1. Fig.J, a.) Die ersten Blätter sind zum Unter- schiede von denen aller anderen Arten einfach, herzförmig und an den Rändern gesägt. Jedes Blatt hat drei Hauptnerven, einen mittleren und zwei seitliche. Bei dem vierten oder fünften Biatte bildet sich neben dem Hauptnerven noch ein zweiter etwas schwächerer aus, und das Blatt erhält neben der Spitze einen unsymmetrischen, seichten Einschnitt, die erste Stufe der Theilung; erst später treten normale dreizählige Blätter auf. -—— VOefters sind die allerersten Blätter genau so wie die Cotyledonen gestaltet, wie diese gegenständig und mit ihnen decussirt. Man könnte hier ohne Weiteres diese Erscheinung als eine Vervielfältigung der Cotyledonen betrachten, ein Beweis, dass der Unter- schied zwischen Cotyledonen und Laubblättern nur ein gradueller, nicht ein prineipieller ist. Ebenso ist dies ein Beweis, dass die Zahl der Cotyledonen, die als ein Haupteintheilungsgrund der grossen Gruppen der Samenpflanzen figurirt, eigentlich nicht das entscheidende Merkmal ist, sondern vielmehr ein aus der verschiedenen Anlage der Pflanzen resultirender Gesammthabitus der- selben. (Tab.I. Fig. J,e.) Weitere Entwickelungsstufen habe ich nicht gesehen, doch wird wahrscheinlich die primäre Hauptwurzel bald obliterirt und die Anschwellung des hypocotylen Gliedes bildet sich zu einem knolligen echten Rhizom aus, in späteren Entwickelungsstadien verwandelt sich die Rinde des- selben in eine dicke, runzelige braune Schicht: es brechen viele starke Ad- ventivwurzeln und Knospen hervor, die wieder die neuen Stengel erzeugen. Ich habe junge Stöcke gesehen, die bereits Blüthen und doch noch am Grunde ungetheilte Blätter besassen. Der Vorgang der Entwickelung in der Seetion Chionorhodon (A. niger) unterscheidet sich in keinem wesentlichen Punkte von dem bei Euhelleborus und ich will mich daher darauf beschränken, denselben von der letztgenannten Gruppe zu beschreiben. Ich habe folgende Species untersucht: 4. vöridis L., H. odorus Kit., H. dumetorum Kit., H. multifidus Vis., H. purpurascens W.K., 3* 20 Dr. Vietor Schiffner. H. abchasicus A. Br. und H. antiquorum A. Br.; bei allen ist der Vorgang ganz gleich. Die Keimpflanze ist der des AH. foetidus ganz ähnlich, nur sind die Cotyledonen länger, schmäler und zugespitzt. (Tab. I. Fig. L.) Das hypo- cotyle Glied krümmt sich auch hier nieder und entwickelt zahlreiche Adventiv- wurzeln. Das Wachsthum der primären Hauptwurzel hält aber nicht gleichen Schritt mit dem des hypocotylen Gliedes, denn während sich dieses stark ver- grössert und verdickt, behält sie fast dieselbe Grösse und Gestalt und er- scheint öfters noch bei über zwei Jahre alten Pflanzen als verhältnissmässig kleiner Anhang des durch das herangewachsene hypocotyle Glied gebildeten Rhizoms. (Tab. 1. Fig. M,b.) Später stirbt sie ganz ab und man muss demnach hier die unterirdischen Gebilde als wirkliches Rhizom betrachten, wenigstens bei älteren Stücken, wo sich keine Spur von echten Wurzeln vorfindet. Die ersten Blätter sind dreizählig, ähnlich denen bei H. foetidus, die Blättchen sind aber breiter und stumpf. Erst das dritte bis fünfte Blatt ist fünftheilig, indem bei ihm die beiden Seitenblättchen mehr weniger tief getheilt erscheinen. Es muss hier bemerkt werden, dass bei Arten, wo die einzelnen Segmente des Blattes wieder vielfach getheilt sind, wie bei H. multifidus, H. purpurascens etc. diese Erscheinung erst an alten Stöcken typisch hervortritt, die Blätter jüngerer Stücke von H. multifidus zum Beispiel bieten ein ganz ähnliches Bild als wie H. viridis L. und solche Exemplare können einen weniger sorg- fältigen Beobachter zu der Ansicht verleiten, dass er es hier mit einer anderen Art oder doch mit einer guten Varietät zu thun habe. Bei H. purpurascens W.K. sind solehe jugendliche Stöcke mit breiten ungetheilten Blattsegmenten besonders auffällig. An verschiedenen Stellen der Oberfläche des Rhizoms brechen Laubknospen hervor (Tab. I. Fig. M. c), die häutige Scheidenblätter, dann langgestielte Grundblätter und endlich auch Blüthenstengel entwickeln, während- dessen wächst die Achse der Knospe in einen kürzeren oder längeren Ast aus, der durch die Basen der bereits abgestorbenen Scheiden- und Laub- blätter geringelt erscheint. Diese Aeste sind nichts als sehr verkürzte Stengel, die Arten der beiden in Rede stehenden Sectionen sind also nicht im vollen Sinne des Wortes „stengellos“. Die Entwickelung dieser Aeste nimmt nach A. Braun!) zwei Jahre in Anspruch. Sicher ist, dass die im ersten Jahre 1) A. Braun: „Ueber perenn. Pflanzen mit zweijähriger Entwickelung der Sprosse“. 1877. Monographia Hellebororum. 21 angelegte Knospe erst im nächsten Frühlinge Laubblätter entwickelt, aber be- vor sie auch einen Blüthenstengel entwickelt, vergehen wohl immer oder doch meistens drei Jahre. Bei FH. foetidus wenigstens kommt der Stengel nie vor dem dritten, oft erst im vierten Jahre zur Blüthe. Mit der Blüthe (resp. Frucht) ist das terminale Wachsthum eines Sprosses abgeschlossen und der Rhizomast (bei H. foetidus und lividus der Stengel) stirbt darauf ab. An jedem älteren Stocke findet man neben einander frisch hervorbrechende Knospen, ein und mehrjährige und schon abgestorbene Aeste (resp. Stengel). ‘ Während also die einzelnen Aeste (resp. Stengel) ihr Dasein in einer bestimmten Reihe von ‚Jahren vollenden, verjüngt sich das Rhizom immer wieder durch Neubildung von Knospen. (Tab. VIII. Fig. C.) 2) Der Stengel der caulescenten Arten besitzt die Eigenthüm- lichkeit, dass er, unten schmächtiger, sich nach oben verdickt, ähnlich wie bei Jüngeren Pflanzen von Dracaena und Aletris, eine Erscheinung, die besonders bei H. foetidus sehr auffällig ist. Während die Wurzeln und der Rhizom- theil aus einem compacten Holzkörper gebildet werden, besteht der Holz- theil des Stengels in einem dünnen Hohleylinder, der unter der grünlichen, aussen glatten Rinde, die sich leicht abschälen lässt, liegt.!) Der Innenraum ist durch ein weiches, weisses Markparenchym ausgefüllt (ähnlich wie bei Sambucus). Bei älteren Stengeln ist dieses Mark oft schon ganz oder theil- weise zerstört und der äusserlich frisch erscheinende Stengel ist inwendig hohl.2) Die Stengel sind stets einfach (ungetheilt), verzweigen sich aber nach oben sympodial in einen rispig-cymösen Blüthenstand. Bei H. foetidus bildet dieser Blüthenstand im noch unentwickelten Zustande im ersten Frühjahre (indem die Aeste und Blüthenknospen noch unter den anliegenden fast scheidigen Hochblättern verdeckt sind) einen hakig gebogenen Kolben, der sich dann gerade streckt und sich ausbreitet, indem sich die Aeste strecken. 3) Die Blüthenstengel der acaulen Arten sind im unteren Theile nackt, drehrund, glatt, krautig. Nach oben sind sie mehr weniger sympodial ‚verzweigt mit fast dichotomer Ausbildung des Sympodiums, indem 1) Eine Ausnahme davon bildet ZZ. vesicarius Auch., dessen Stengel wahrscheinlich durchwegs krautig und einjährig ist (siehe die Bemerkungen bei dieser Species). ?) Ueber den Bau des Laubstengels berichtet Wigand in: Bot. Hefte, Bd. I., p. 3. ff. 22 Dr. Vietor Schiffner. immer einem Hochblatte (Stengelblatte, Braetee) gegenüber ein Zweig hervor- bricht, der sich wieder in derselben Weise weiter theilen kann. Der so gebildete Blüthenstand ist trugdoldig mit subdichotomer Ausbildung. Die Verzweigungen sind oft etwas kantig, indem von den Ansatzstellen des nächst höheren Hochblattes erhabene Linien herablaufen. Die letzten Ver- zweigungen sind dann die Blüthenstiele selbst. Es sei hier bemerkt, dass die in Rede stehenden Blüthenstengel keineswegs analog sind den Stengeln der caulescenten Arten, letzteren entsprechen die oben besprochenen Rhizomäste. 4) Die Laubblätter haben bei allen Arten eine fussförmige Grund- form, obwohl dies nicht überall mit gleicher Deutlichkeit hervortritt. Bei H. vesicarius besteht die Spreite aus drei Segmenten, die wieder mehr weniger tief getheilt sind: dass auch hier die fussfürmige Gestalt zu Grunde liegt geht aus dem Umstande hervor, dass die beiden seitlichen Segmente unsymmetrisch getheilt sind. Dasselbe ist auch bei A. lividus der Fall. Hier sind alle drei Segmente ungetheilt, die beiden seitlichen sind aber völlig un- symmetrisch (der Mittelnerv theilt das Segment nicht in zwei symmetrische Hälften). Bei dieser Art habe ich Anomalien gesehen, die deutlich beweisen, dass auch hier die Anlage der Blattes fussförmig ist. In Reverchon’s plt. de la Corse 1881, Nr. 69, sind Exemplare ausgegeben, wo einzelne Blätter vier- zählig sind !); anstatt des einen symmetrischen Mittelblättchens sind zwei vorhanden. Ein Blatt sah ich, das fünfzählig ist, indem jeder seitliche Segment sich in zwei zerlegt hat, die an ihrer Basis deutlich fussförmig ver- bunden sind, d. h. die Hauptnerven der beiden inneren Blättehen entspringen von dem Hauptnerven der beiden äussersten. Ich habe dieses für die Morphologie des Helleborusblattes so sehr interessante Objeet Tab. I. Fig. K. abgebildet. — Bei H. foetidus sind die Blätter sehr deutlich fussförmig. Nur das mittelste, oder die drei mittleren Blättchen sind an der Basis völlig frei und symmetrisch gebaut; die weiter nach aussen liegenden entspringen der Reihe nach in gewissen Entfernungen aus dem Hauptnerven der beiden äussersten Blättchen. — In der Section Chionorhodon sind die Blätter nach 1!) Die Exemplare befinden sich im Herbarıum des böhmischen Landesmuseums zu Prag. Monographia Hellebororum. 23 demselben Plane gebaut; hier sind sie höchst auffallend fussförmig. — Das- selbe gilt von der Section Euhelleborus, nur tritt hier die Fussförmigkeit nicht bei allen Arten gleich deutlich hervor. Am deutlichsten ist sie wohl bei H. dumetorum Kit., am verwischtesten bei H. purpurascens W. K. und bei H. siculus Schffn,, doch ist auch bei diesen Arten die Grundform unschwer zu erkennen. In dieser Section zeigt sich auch die Tendenz, dass sich einzelne Segmente des Blattes mehr weniger tief von der Spitze her theilen. Normaler Weise ist dies bei H. siculus, H. multifidus und H. purpurascens der Fall, anormaler Weise auch bei allen übrigen Arten. Auch von H. foetidus habe ich Blätter gesehen, wo alle Blättchen gespalten sind, doch ist dies bei dieser Art selten. — Die Nervatur der Blätter ist eine verschiedene, während bei H. vesicarius, H. foetidus und H. niger auf den Segmenten nur wenige Nerven hervortreten, sind sie bei HZ. lividus schon zahlreicher und netzig verbunden; sehr zahlreich und ein dichtes Netz darstellend sind sie bei der Section Euhelleborus. — Die Serratur ist auch verschieden. Bei H. vesicarius sind die Segmente kaum gezähnt, sondern eher unregelmässig eingeschnitten zu nennen. Bei MH. foetidus sind sie dieht und fein einfach bis doppelt gesägt. Bei H. niger sind sie nur im vorderen Drittel (selten bis zur Hälfte) entfernt einfach gezähnt. Bei H. corsicus sind die Zähne sehr gross, dornig, zwischen sich rundliche Buchten lassend, in denen sich meist ein kleinerer secundärer Zahn vorfindet. Bei H. lividus sind die Zähne entfernt, klein bis fast ganz tehlend. In der Section Euhelleborus sind sie stets dicht, feiner oder gröber, einfach bis doppelt gesägt. Bei allen sind die Basen auf eine längere oder kleinere Strecke zahnlos. — Die Consistenz ist ebenfalls bedeutenden Ver- schiedenheiten unterworfen. Bei H. vesicarius sind die Blätter saftig-krautig, dünn. In den Seetionen Chenopus und Chionorhodon dicklich, lederartig:; in den Sectionen Griphopus und Euhelleborus krautig bis dünn lederartig. -— Die Behaarung fehlt entweder gänzlich, wie in den ersten vier Sectionen, oder es sind die Blätter auf der Unterseite, besonders auf den grösseren Nerven mehr weniger abstehend oder flaumig -drüsig behaart, wie dies bei mehreren Arten der Section Euhelleborus der Fall ist. — Der Blattstiel ist bei HM. vesicarius (Tab. II. Fig. A.) nach unten zu scheidig geflügelt mit der Basis den Stengel mehr als halb umfassend. Dieser scheidige "Theil ist oft mehr als halb so lang als der ganze Stiel. Auch bei allen anderen Arten ist die äusserste Stielbasis 24 Dr. Vietor Schiffner. etwas scheidig erweitert, doch ist diese Erweiterung nur kurz und wenig in die Augen fallend. Der Stiel ist oberseits etwas abgeflacht, oder selbst etwas vinnig. Bemerkenswerth ist, dass die Stiele der älteren (unteren) Blätter von H. foetidus, H. lividus und H. corsicus sieh knapp über der Basis winkelig nach abwärts krümmen, so dass die Blätter herabzuhängen scheinen, was der Pflanze ein eigenthiimliches Aussehen giebt. 5) Die Hochblätter (Bracteen): Bei den caulescenten Arten gehen die Laubblätter nach oben zu allmählich in die Form der Hochblätter über. Die Spreite nimmt an Grösse ab, der flächenförmig scheidige Stiel dagegen zu. Bei H. foetidus besitzen die untersten Hochblätter einen sehr breiten, blassen, scheidigen Stiel und eine sehr kleine fünftheilige Spreite, deren Fuss- törmigekeit aber noch deutlich hervortritt. Die folgenden haben nur eine einzige dreitheilige Spreite, die obersten sind spreitenlos, oval, ganzrandig, blass, fast häutig. Bei #4. lövidus und corsicus ist der Uebergang meist ein plötzlicher, auf die Laubblätter folgen in den Verzweigungen des Blüthen- standes sofort spreitenlose Bracteen. Doch habe ich auch hier Ausnahmen gesehen. Bei Var. pictus Schffn. sah ich ein tief stehendes Hochblatt mit deutlicher, grosser dreitheiliger Spreite und sehr grossem scheidigem Stiel (Tab. Ill. Fig. B.): die höheren Bracteen sind ungetheilt, blass. eiförmig, am Rande gesägt. Dies ist ein deutlicher Beweis, dass die spreitenlosen Hoch- blätter der bisher genannten Arten metamorphosirten Blattstielen entsprechen. Anders verhält es sich bei 4. vesicarius, hier tritt der Blattstiel gegen die Spreite zurück. Die Spreite der untersten Bracteen ist noch sehr ähnlich der der Laubblätter gebildet und nach unten keilförmig in einen breiten, höchst undeutlichen Stiel verschmälert. Die oberen sind weniger getheilt, der Stiel ist nicht mehr zu unterscheiden, sie müssen als sitzend bezeichnet werden. Hier ist also der Stiel der Theil, welcher einer Reduction unterliegt. Bei den acaulen Arten lassen sich dieselben zwei 'T'ypen unterscheiden. Bei H. niger sind die eiförmigen, ganzrandigen, bleichen Bracteen metamorphosirte Blattstiele. Auch bei dieser Art habe ich Exemplare gesehen, wo die unterste Bractee eine winzige Spreite trägt. — Bei den Arten der Section Euhelleborus tritt der andere Fall ein; die untersten Bracteen haben eine grosse meist fünf-, oft aber auch mehrtheilige Spreite, die die fussförmige Gestalt noch undeutlich erkennen lässt; dieselbe sitzt mit einem scheidigen flachen Stiele Monographia Hellebororum. 25 der ersten Theilung des Blüthenstengels an. (Bei H. siculus Schftn. trägt der Blüthenstengel zwischen der Basis und der ersten Gabeltheilung ein wirk- liches, gestieltes Laubblatt.) Die höher stehenden Bracteen sind weniger getheilt, dreitheilig, der scheidige Stiel tritt immer mehr zurück, die obersten sind sitzend, dreitheilig oder selbst ganz, an den Rändern gezähnt, grün wie die Laubblätter und diesen überhaupt ähnlich gebaut. 6) Die Niederblätter sind die ersten Blätter der Laubknospe. Bei H. foetidus sind sie bei der völligen Entwickelung des Stengels längst ver- schwunden, der Stengel erscheint an der Basis nackt. Bei H. Kvidus und corsicus bleiben sie meist erhalten, vergrössern sich aber nicht besonders, sondern umgeben den Stengel an der Basis als 2—4 ovale häutige Schuppen. Bei H. vesicarius vergrössern sie sich ziemlich stark, erreichen eine Länge bis 3 em, sind blass, häutig, oval, zugespitzt. Bei allen acaulen Arten sind sie vorhanden, denen des H.vesicarius ähnlich oft noch von bedeutenderer Grösse. Sie stehen an der Spitze der Rhizomäste und umgeben die Basen der Blatt- stiele (resp. Blüthenstengel). Auch die Niederblätter sind sehr wahrscheinlich als metamorphosirte spreitenlose Blattstiele zu deuten; einen direeten Beweis dafür kann ich nicht erbringen, hingegen hat Baillon an solchen Nieder- blättern von A. niger rudimentäre Spreiten gesehen, was meine Ansicht bestätigt. %) Die Blüthen stehen bei fast allen Arten nickend !) auf ziemlich langen Blüthenstielen, die durch ungleichmässiges Wachsthum der verschiedenen Gewebsschichten wellig - höckerig erscheinen, nur bei FH. vesicarius sind sie anfänglich fast aufrecht, neigen sich aber später. Bei vielen Arten der Section Euhelleborus zeigen die Blüthenstiele das Bestreben, sich nach der Blüthezeit mehr aufzurichten, was besonders bei 4. Kochiäi Schffn. deutlich hervortritt. Die Blüthen sind zweigeschlechtig, actinomorph?), nach pentamerem T’ypus gebaut.. Die Blüthe besteht aus einem kegelförmigen Receptaculum an dem !) Nach H. Vöchting (‚Die Bewegung der Blüthen und Früchte“ 1882) ist diese Stellung nicht durch Geotropismus verursacht, sondern durch das Gewicht der Blüthe. 2, Pippow beobachtete Blüthen von Z. caucasieus (H. Kochir\, welche durch Einbuchtung der Sepalen scheinbar monosymmetrisch wurden. Nova Acta LVI. Nr. 1. 4 26 Dr. Vietor Schiffner. von unten nach oben nach der Reihe folgende Kreise auftreten: Die Sepalen, die Nectarien, das Androeceum, das Synoeceum. a. Die Sepalen (Blätter der Blüthenhülle) sind verhältnissmässig grosse blumenblattartige Organe, die in der Stellung des Quincunx angeordnet sind. Es sind zwei äussere und drei innere vorhanden, die gewöhnlich alle gleich gestaltet sind, hei H. vesicarius und H. foetidus aber sind die äusseren elliptisch an der Spitze abgerundet, die inneren sind oben quer abgestutzt. Ausnahmsweise findet man 6 oder 7 Sepalen, wie ich dies bei H. Kochii, H. niger und anderen beobachtet habe. Der Kreis der Sepalen muss als Kelch aufgefasst werden, der hier eine corollinische Entwickelung hat. Sie zeigen viel Affinität zu den Bracteen; bei H. lividus und H. niger findet man oft knapp unter der Blüthe eine Bractee, die ganz den Sepalen ähnlich ist, auch sind bei A. lividus die Sepala oft an der Spitze mehr weniger gezähnt, so dass sie den Bracteen täuschend ähneln. Bei H. niger beobachtete ich an einigen Sepalen an deren Spitze eine Vergrünung und Zähnung, die nur als eine sehr rudimentäre Spreitenbildung gedeutet werden kann. Auch schon die grüne Farbe, die sie bei vielen Arten haben, deutet auf ihre Ver- wandtschaft mit Bracteen ). Die Sepalen fallen nach der Blüthezeit nicht ab (wie bei Eranthis), sondern färben sich intensiver grün und ihre nach und nach vertroekneten Reste erhalten sich bis zur Fruchtreife, oft sind sie bei der Fruchtreife sogar noch ganz frisch. b. Die Nectarien sind trinkhornförmige oder dütenförmige hohle Gebilde von grüner oder gelblicher Farbe, die einem kurzen Stielchen aufsitzen. Im Inneren sind sie mit Drüsen bedeckt, die reichlichen Honigsaft (Neetar) ab- sondern; das Neetarium ist oft bis zur Hälfte damit erfüllt. Bei #. lividus, H. vesicarius, H. foetidus sind sie hornförmig, an der Mündung schief ab- gestutzt, daselbst ganzrandig oder gezähnelt, öfters mit einer Tendenz zur Zweilippigkeit. Die Neetarien des H. niger sind ähnlich gestaltet, aber deut- lich zweilippig: die fast zungenförmige Oberlippe ist gerade vorgestreckt oder nach aussen gekriimmt. In der Section Euhelleborus sind die Nectarien dütenfürmig, etwas zusammengedrückt, an der Mündung fast zweilippig, die 1) Auch Closs (in Bull. Soe. Bot. III. 682) vergleicht die Sepalen mit Braeteen und betrachtet sie als Blattscheiden. Monographia Hellebororum. 27 Oberlippe ist meist nach innen eingerollt, so dass dadurch die Mündung theil- weise oder ganz verschlossen wird. — Die Anzahl der Nectarien ist bei den einzelnen Arten und selbst bei derselben Art sehr variabel. Sehr selten finden sich nur fünf vor, die mit den Sepalen alterniren, meistens sind mehrere vor- handen (bei H. niger bis gegen 30). Nach Payer (Organographie 258) und Baillon (Monogr. d. Renonc. p. 12 ff.) folgen die Nectarien derselben spi- raligen Anordnung, wie die Stamina, letztere sind in mehrere Spiralreihen geordnet und jede solche Reihe wird angefangen durch ein Nectarium, die Zahl ist, wie gesagt, nicht constant. Bei H. foetidus findet man oft fünf, welche die mit den Sepalen .alternirenden Reihen der Stamina beginnen, oft aber auch acht; dann ist je eines von ihnen gegenständig den Sepalen 4 und 5, während den drei anderen Sepalen je zwei entsprechen; sind 6 oder 7 Nectarien vorhanden, wie das bei H. foetidus öfters vorkommt, so ist ein oder das andere Nectarium nicht zur Entwickelung gekommen. Bei H. foetidus ent- sprechen sechs Staubfädenreihen den Sepalen 4 und 5, fünf dem Sepalum 3 und zwei den Sepalen I und 2. Bei H.niger ist die phyllotaktische Formel der Spirale, welcher die Nectarien, die Stamina und die Carpelle folgen, nach Payer's genauen Untersuchungen = Aus dieser Anordnung der Nectarien schliessen Payer und Baillon, dass diese Organe als umgewandelte Staubgefässe (als Staminodien) aufzufassen seien. A. Gras (l. ce.) kommt zu demselben Schlusse durch den Vergleich der Nectarien von Helleborus mit denen von Nigella. Bei letzterer stehen diese Organe den Sepalen opponirt. Es ist nun kein Zweifel, dass die Sepalen als Kelch gedeutet werden müssen und Gras glaubt, dass die opponirte Stellung der Nectarien Beweises genug sei, dass man dieselben nicht als Corolle auf- fassen dürfe. Da nun augenscheinlich die Nectarien bei Helleborus denen von Nigella analog sind, so könne man sie auch nicht als Corolle gelten lassen, trotzdem hier die Verhältnisse viel weniger klar sind, als bei Nigella. Ich kann mich keineswegs mit der Meinung dieser Forscher einverstanden er- klären und stehe nicht an, den Kreis der Nectarien für die Corolle zu er- klären. Dazu glaube ich mich durch folgende Ueberlegung berechtigt: Die schön gelb gefärbten Blumenblätter unserer Ranuneulusarten wird gewiss Nie- mand für etwas Anderes, als für eine Corolle halten können. Jedes solche Blatt trägt am Grunde ein taschenartiges Nectarorgan. Denken wir uns die 4* 28 Dr. Vietor Schiffner. Spreite des Blumenblattes bedeutend an Grösse reducirt, so dass sie nur als kleine ausgerandete Oberlippe des Nectariums erscheint, so haben wir ziemlich genau die Form der Nectarien, wie sie bei der Helleborus nächstverwandten Gattung Eranthis, die von vielen Autoren (so von Baillon) jetzt noch mit Helleborus vereinigt wird, und von diesen bis zu den Nectarien von Helle- borus ist nur ein unbedeutender Schritt. Die Zahlen- und Stellungsverhält- nisse fallen bei einer so polymorphen und typenreichen Familie, wie es die Ranunculaceen sind, nicht in die Wagschale.') c. Die Stamina besitzen lange, freie Filamente von weisser Farbe und längliche oder elliptische, basifixe, zweifächerige Antheren?) von gelblichweisser oder gelber Farbe, deren Fächer sich durch mehr nach imnen gelegene Längs- spalten öffnen. Das Conneetiv ist schmal. Die Stamina sind in grosser, un- bestimmter Anzahl (bis 150) vorhanden und bilden vor dem Verstäuben des Pollens ein dichtes Köpfchen. Beim Aufplatzen der Antheren, das von unten (aussen) nach oben (innen) fortschreitet, strecken sich die Filamente in die Länge und krümmen sich dabei nach aussen. Die Anordnung der Sta- mina ist eine dichte Spirale, es ist oben schon davon die Rede gewesen. Der Pollen besteht aus länglichen Körnern, die drei gleich weit abstehende Furchen 1) Nachdem das Manuseript längst abgeschlossen ist, kommt mir die neueste Arbeit von Prantl zu (Beitrag zur Morphologie und System der Ranunculaceen — in Engler’s botanischem Jahrbuch, IX. Bd. 1887). Genannter Botaniker ist der Ansicht, dass die Nectarien von Helle- borus als Staminodien zu deuten seien. Bei Pulsatilla ist dies ohne Weiteres klar; hier sind die äussersten Staubgefässe in Staminodien umgebildet, die an der ganzen Oberfläche des der Anthere entsprechenden Köpfchens Nectar absondern. Prantl nennt alle Nectar absondernden Blattorgane Honigblätter; Nectarium heisst nur der Theil des Honigblattes, der secernirt. Bei den Ranunculaceen sind solche Nectarien an den verschiedensten Organen vorhanden: an Peri- gonblättern, Blumenblättern, Staminodien, am Grunde der Fruchtknoten ete. Bei Füllung der Blüthe verwandeln sich entweder noch weitere Staubgefässe in Honigblätter oder die Staub- gefässe und Honigblätter verwandeln sich in Perigonblätter. Aus der Füllung ist also eigent- lich nichts Sicheres über die Natur der Nectarien zu entnehmen. 2) Die nach H. v. Mohl’s Beobachtungen als allgemein gültig angenommene Regel, dass sich die Pollensäcke immer auf der oberen Seite des Blattrandes des metamorphosirten Blattes entwickeln, scheint bei Helleborus eine Ausnahme zu erleiden, denn J. Bonnier (Observations sur la situation des sacs polliniques chez l’Helleborus foetidus, in Bull. soc. bot. Fr. 1879) beobachtete ein Exemplar von Z. foetidus, das Uebergänge von Staubblättern in Fruchtblätter zeigte, woselbst sich die Antherenfächer auf der Unterseite der Blätter ent- wickelten. Monographia Hellebororum. 29 zeigen; sie erscheinen feinkörnig an der Oberfläche; bei der Quellung in Wasser werden die Körner rund und die feine Granulirung löst sich in ein zierliches, wabiges Netzwerk auf. d) Die Stempel sind in der Zahl 3—10 vorhanden (selten durch Obliteration nur zwei, oder mehr als zehn) und sollen ebenfalls spiralig an- geordnet sein nach derselben phyllotaktischen Formel, wie die Neetarien und Stamina. Wenn nur drei vorhanden sind, wie dies immer bei H. vesicarius und meistens bei H. foetidus der Fall ist, so sind sie den beiden innersten und dem äussersten Sepalum opponirt. Sie bestehen aus einem länglichen, etwas zusammengedrückten, an der Basis getrennten oder etwas verwachsenen Fruchtknoten, die mehr oder weniger gekrümmt und am Rücken gekielt sind. An der Spitze verschmälern sie sich in einen langen Griffel, der anfänglich oft bogig gekrümmt erscheint, sich aber später gerade streckt. An der Innen- seite (Bauchseite) verläuft eine Furche, die sich von der Spitze des Griffels bis zur Fruchtknotenbasis erstreckt. Die Spitze des Griffels ist nur wenig oder nicht verdiekt und von den weisslichen Narbenpapillen bedeckt, die sich an der Bauchseite weiter herabziehen. — Die Befruchtung ist bei H. foetidus bei Insektenabschluss autogam durch Einzelbewegung des Gynoeceums (Orazio Comes: „Continuazione degli studii sulla impollinazione“, 1875 etc., „Ulteriori studii e considerazioni sulla imp. delle piante“, in Schriften der Akademie von Neapel 1879). — Was die morphologische Deutung der Stempel bei Helle- borus, sowie bei Eranthis, Aquilegia etc. betrifft, so glaubt Trecul („De la theorie carpellaire“) aus der Verzweigung der drei Hauptgefässbündel, sowie aus dem Vorhandensein eines Stratum fibrosum supra-vasculare bei den einen oder eines Endocarpium fibrosum bei anderen schliessen zu können, dass dies nicht Blatt-, sondern Achsengebilde sind, was sicher ein Irrthum ist, da ich bei zahllosen „vergrünten“ Blüthen des FH. foetidus aus dem botanischen Garten zu Prag alle Uebergänge von den Stempeln in Laubblätter beobachten konnte. Das Ovarium ist einfach, einfächerig; die voluminöse Placenta steht an der Bauchnaht und trägt zwei Reihen horizontal abstehender anatroper Samenknospen, die nach Baillon und Prantl nur ein Integument besitzen, während die Samenknospen der nächstverwandten Gattung Eranthis zwei aufweisen. 8) Die Frucht besteht aus ebenso vielen Balgkapseln, als Fruchtknoten vorhanden waren. Beim Heranreifen fallen die Nectarien und Stamina ab, 30 Dr. Vietor Schiffner. während die Sepalen persistiren und sich dabei etwas verändern. Die Balg- kapseln sind bei den meisten Arten sehr ähnlich; der persistirende Griffel er- scheint aufrecht als direete Fortsetzung des Rückenkieles der Balgkapsel, ihre Bauchseite ist vorgewölbt. Das Fruchtfach ist etwas zusammengedrickt oder fast drehrund, aussen lassen sich bei der reifen Kapsel Querrippen unter- scheiden, wodurch die Kapsel querrunzelig erscheint. Am Grunde sind die Kapseln entweder schlank verschmälert, so dass man sie als sehr kurz ge- stielt auffassen könnte: in diesem Falle sind sie vollkommen frei, unter einander nicht verwachsen; es kommt dies vor bei den asiatischen Arten der Section Euhelleborus (Tab. V. Fig. 6). Bei den anderen Arten dieser Section, sowie bei H. niger, foetidus und lividus sind die Follikel an ihrer Basis mit einander auf kleinere oder grössere Strecken verwachsen (Tab. V1. Fig. E. Tab. VIl. Fig. C.). Das Periearp aller dieser Arten ist lederartig und öffnet sich durch einen Spalt der Bauchseite, der von der Spitze gegen die Basis fortschreitet und die Placenta in zwei Streifen theilt, die mit den daran befindlichen Samen den beiden Rändern des geöffneten Carpelles anhaften. Sehr abnorm sind die Carpelle von H. vesicarius beschaffen. Hier sind immer nur drei Carpelle vorhanden, von denen oft eins im Wachsthum etwas zurückbleibt und keine keimfähigen Samen hervorbringt. Sie entwickeln sich aus Stempeln, die denen der anderen Arten völlig gleichen, die Carpelle sind aber sehr verschieden durch ihre co- lossale Grösse, ihre fast halbkreisförmige Gestalt, ihre dünnhäutig-papierartige Consistenz und die nicht aufrechten, sondern nach innen gebogenen, der Bauch- naht des Uarpelles angedrückten Griffel. Die drei Carpelle sind bis zur Hälfte der Länge an ihrer Bauchseite verwachsen; sie öffnen sich nur an der Spitze. Selten sind mehr als zwei Samen in einem Carpell vorhanden (Tab. H. Fig. B.). 9) Die Samen. Nicht alle Samenknospen entwickeln sich zu frucht- baren Samen, fast stets sind einige Samen des Carpelles steril. Die Zahl ist verschieden : Bei H. vesicarius sind meist nur 1—2 fertile Samen in einem Follikel vorhanden, bei den anderen Arten schwankt sie von 10—20. Bei H. vesicarius sind die Samen fast kugelig, braun, mit kaum bemerkbarem Kiel an der Bauchseite und nicht sehr stark ausgebildetem Umbilieus (Tab. I. Fig. J.). Bei den anderen Arten sind sie ellipsoidisch bis fast walzlich, glänzend schwarz. Bei H. foetidus ist die Raphe als ein konisches Anhängsel Monographia Hellebororum. 31 entwickelt (Tab. I. Fig. E. F.), welches der Bauchseite angeheftet ist und an seiner unteren breiten Basis eine tiefe Nabelgrube trägt. In den Seetionen Chenopus und Chionorhoden ist die Raphe als eine sehr voluminöse, weisse, blasig erscheinende, innen spongiöse Wulst (Apophyse) ausgebildet, die mit ihrem etwas gekrümmten, verdickten Ende den Scheitel des Samens_ über- ragt (Tab. III. Fig. H., Tab. IV. Fig. H.); an der Basis trägt sie die Nabelgrube. Bei der Section Euhelleborus ist an Stelle der Apophyse ein scharfer, mehr oder weniger hervorragender Kiel entwickelt, der sich an der Basis plötzlich aus- breitet und die von einem verdiekten Wall umgebene Nabelgrube trägt (Tab. V. Fig. H., Tab. VII. Fig. J.). Alle diese Gebilde stellen den umgebildeten Funieulus der Samenknospe dar. Die Testa der Samen ist lederartig, im frischen Zustande aussen glänzend und glatt, beim Trockenwerden des Samens wird sie durch Schrumpfung etwas runzelich. Das Innere nimmt ein sehr voluminöses hornartiges Endosperm ein, in dessen Centrum der sehr kleine und wenig entwickelte Embryo liegt. Systematische Bemerkungen. 1) Stellung der Gattung im nätürlichen System. Nach Spach (Hist. nat. des Veget. VII. 1839) gehört die Gattung Helleborus in seine 109. Fam. Helleboraceae und bildet mit den beiden Gattungen Eranthis und Coptis Salisb. die dritte Section derselben: die Helleborineae. Die meisten Autoren stellen die Helleboreen als Section in die Familie der Ranuneulaceae. Ich will mich hier nicht in eine Kritik verlieren, jedoch scheint mir Spach’s Ansicht, die Helleboraceen als eigene Familie aufzufassen, wenigstens nicht unnatürlich, sicher ist diese Familie mindestens ebenso berechtigt, wie die der Smilacaceen u. a. Die Familie der Ranunculaceen pflegt man gegenwärtig in vier Gruppen zu theilen: I. Aquilegieae (Baillon) [Helleboreae Aut.|, II. Ranuneuleae |Anemoneae], III. Clematideae, IV. Paeonieae. Die Helleboreen zerfallen in solche mit actinomorpher Blüthe, zu denen u. A. auch Helleborus gehört, und in solche mit zygomorpher Blüthe. — Linne zog zu Helleborus auch noch die beiden nahe verwandten Genera Eranthis und Coptis; erst Salisbury trennte letztere davon ab. Baillon 832 Dr. Vietor Schiffner. greift auf den Linne’schen Standpunkt zurück und vereinigt sie wieder mit unserer Gattung, ein Vorgang, den ich nicht für gerechtfertigt halte, da diese Gattungen, abgesehen von äusseren Merkmalen, eine ganz andere Entwickelung aufweisen. Ich werde mich vielleicht seiner Zeit an anderem Orte darüber näher aussprechen. A. Gras ist im Gegensatze zu Baillon der Ansicht, dass Eranthis von Helleborus unbedingt zu trennen sei und bringt in seiner Schrift: Le Ranuneulaceae del Piemonte seine Argumente dafür vor, die man dort nachsehen möge. . 2) Diagnostischer Werth der Merkmale: Wenn man sich über die Formen einer polymorphen Pflanzengruppe klar werden will, so muss man sie zunächst in grössere Gruppen zerfällen und diese wieder in Sectionen ein- theilen. Die zu diesem Zwecke dienenden gemeinsamen Merkmale sind gewöhn- lich leicht herauszufinden. In der Gattung Helleborus ist dies der Fall; die beiden Gruppen der Hellebori caulescentes und acaules sind auf den Gesammtwuchs der Pflanzen, auf ihre ganze Wachsthumsanlage gegründet. Die Merkmale, die die Seetionen unterscheiden, sind bisher keineswegs fest definirt worden, man stellte die Sectionen mehr geleitet durch die Habitusunterschiede auf. Meiner Anschauung nach sind hier folgende Punkte von besonderer Wichtigkeit: 1) ob die Hochblätter (Bracteen) metamorphosirte, spreitelose Blattstiele sind (in diesem Falle sind sie blass gefärbt und ungetheilt) oder ob der Blatt stiel bei ihnen gegen die Spreite zurücktritt (sie sind dann grün gefärbt und verschieden getheilt). 2) Die Form der Nectarien. 3) Die Gestalt und Bildung der Samen. Letzteres Merkmal scheint mir weitaus das wichtigste zu sein. Bei der Unterscheidung von Arten findet man ohne Weiteres, dass das Genus aus einzelnen, isolirten, durch keine Mittelglieder verbundenen Formen besteht, die auch nur wenig variiren und wechselseitig nicht bastardiren, und aus einem Formenschwarme, der ein schwer entwirrbares Gemisch von allen möglichen Formen von sehr verschiedenem systematischen Werthe, von Ueber- eangsformen, Bastarden und dergleichen darstellt. Es muss das bei so nahe verwandten Formen Wunder nehmen, dass die einen so zu sagen stereotypirt worden sind, während andere Formen eine geradezu erstaunliche Variabilität aufweisen. Ich muss hieran die Bemerkung knüpfen, dass die Ansicht: nur solche Formen, die durch keine Uebergänge verbunden sind, dürfe man als Monographia Hellebororum. 33 „gute Arten“ auffassen, in der modernen Systematik längst ausser Cours gesetzt ist, und dass heutzutage die extremsten Systematiker Alles als Art aufstellen, was nur irgendwie (und sei es durch die kleinlichsten Merkmale) unterscheid- bar ist. Dass man sich mit einer solchen Fassung des Speciesbegriffes auf einer ganz unwissenschaftlichen Basis befindet, leuchtet ein. Durch dergleichen Haarspaltereien kann der Wissenschaft keine Bereicherung werden, hingegen wird ihr dadurch ein lästiger Balast aufgebürdet und viel gute Kräfte werden dadurch vergeudet, indem sie mit der Wegräumung desselben sich befassen müssen. Die Mehrzahl der heutigen Systematiker verlangt von einem Merkmal, worauf man berechtigt ist eine Species zu begründen, weiter nichts als die Constanz derselben, d. h. „das Gleichbleiben desselben in den auf einander folgenden Generationen und bei der meist unüberwindlichen Schwierigkeit ihrer Feststellung die Permanenz, d. h. die Uebereinstimmung des Merkmals bei Individuen der nämlichen Generation oder einiger Generationen“.!) — In der Gattung Helleborus bestehen die vier ersten Sectionen nur aus je einer Art oder aus einer Art und einer Subspecies, hin- gegen repräsentirt die fünfte Section (Kuhelleborus) einen Formenschwarm und auf diese müssen wir hier unser Augenmerk richten. Für die asiatischen Arten dieser Section glaubte A. Braun und nach ihm alle Autoren, die sich damit befasst haben, das entscheidende Merkmal in der Anzahl der Grund- blätter, die aus einer Rhizomknospe hervorbrechen und in der Behaarung derselben gefunden zu haben. Nach meinen Untersuchungen sind aber beide Merkmale nur von untergeordnetem Werthe. Die Zahl der Blätter habe ich bei eultivirten Exemplaren selbst nicht einmal am nämlichen Stocke constant gefunden. Desgleichen hat z. B. H. Kochii mihi eine behaarte und eine kahle Form, die sonst vollkommen übereinstimmen. In der Cultur verhält sich ebenfalls dieses Merkmal nicht ganz constant. Ich halte, so paradox dies im Vergleiche mit anderen Gattungen klingen mag, hier für das ent- scheidende Merkmal die Blüthenfarbe, die sich in der Cultur gleich erhält. Für die europäischen Formen dieser Section reicht dieses Merkmal 1) Recht interessante Details zu ähnlichen Fragen findet man ausser in den modernen Monographieen in der Schrift von A. Peter: Ueber die systematische Behandlung polymorpher Ptlanzengruppen, in Ber. der deut. bot. Ges. IV. 1886. Nova Acta LVI. Nr. 1. 5 34 Dr. Vietor Schiffner. allein zur Unterscheidung nicht hin. Hier giebt es Formen von derselben Blüthenfarbe, bei deren Betrachtung man sofort herausfühlt, dass sie ver- schieden sind, aber welches sind diese gefühlten Unterschiede? Es ist eine Summe von an sich subtilen Merkmalen, die der Pflanze ein ganz bestimmtes charakteristisches Gepräge geben. Bei genauerer Betrachtung findet man, dass es hauptsächlich schwer zu definirende Verschiedenheiten in der Form der Laub- und Hochblätter und der Blüthe sind, die diese Figenthimlichkeit bedingen. Die Behaarung ist sicher nicht werthlos, aber doch nur bis zu einem gewissen Grade zuverlässig. Auch das Perduriren oder Absterben der Blätter, auf welches Merkmal die meisten Autoren ein so grosses Gewicht legen, ist nicht immer constant: man findet oft genug Exemplare von H. odorus, H. multifidus und anderen, die neben den Blüthenstengeln keine vorjährigen Blätter tragen. Die Form der Carpelle ist auch bei den einzelnen Arten etwas verschieden, jedoch scheint sie selbst bei der nämlichen Art nicht hinreichend eonstant zu sein, während der oben erwähnte charakteristische Habitus sich stets als sehr constant erweist. Man muss dabei natürlich von den sehr oft vorkommenden Uebergangsformen absehen, die vielleicht öfter als wir das bei unserer gegenwärtigen Kenntniss der Formen behaupten dürfen, sich als Hybriden erweisen werden. Jedenfalls ist es sehr schwer, solehen habituellen Unterschieden den wissenschaftlichen Ausdruck zu geben, d. h. sie in den engen Rahmen einer Diagnose zu fassen, und A. Braun sagt mit Recht von unserer Gattung: „Hellebori genus quoad ritam specierum limitationem diftieillimum“. 3) Systematische Gliederung der Gattung. Spach theilte die Gattung Helleborus in drei Seetionen ein: 1) Chionorhodon, gebildet durch H. niger. 2) Helleborastrum enthaltend die von ihm aufgestellte Collectiv- species H. officinalis, in welcher er alle Verwandten des AH. viridis L., sowie H. orientalis Lam. zusammenfasst. 3) Griphopus, bestehend aus A. foetidus und 4. lividus. Seit Spach haben wir eine hochinteressante Form kennen gelernt, die, trotzdem sie völlig isolirt dasteht und sich von allen anderen Arten am weitesten entfernt, doch bisher nicht zum "Typus einer eigenen Section erhoben wurde; ich habe dies mit vollem Rechte thun zu dürfen geglaubt und habe die neue Section Syncarpus genannt. Spach’s Section ‚riphopus enthält zwei Typen, die von einander mindestens ebenso ver- Monographia Hellebororum. 35 schieden sind wie A. niger L. von H. viridis und dessen Verwandten; ich habe es also für nöthig erachtet, diese Section in zwei zu spalten. — Was die Aufeinanderfolge der Spach’schen Sectionen anlangt, so ist dieselbe sicher nicht der natürlichen Verwandtschaft entsprechend. Die Section Chionorhodon zeigt mit dem einen Typus der Section Griphopus (nämlich mit H. lividus) grosse Uebereinstimmung in der Consistenz und Nervatur der Blattsegmente, sowie in dem für die Begründung von Seetionen so hochwichtigen Merkmale der Samenbildung, so dass diese beiden Sectionen an einander gereiht werden müssen. Den Namen Helleborastrum musste ich auch aufgeben, da er schon früher als Gattungsname für eine Pflanze einer ganz anderen Section (für H. foetidus) gebraucht wurde.!) Die von mir anerkannten fünf Sectionen lassen sich nach der gesammten Wachsthumsanlage der Pflanzen in zwei grössere Gruppen theilen.?2) Nach alledem stellt sich nach meiner Auffassung die systematische Gliederung der Gattung Helleborus folgendermaassen dar: A. Hellebori cauleseentes. Sect. I. Syncarpus mihi. Spec. I. H. vesicarius Auch. Sect. II. Griphopus Spach ex p. Spec. II. H. foeditus L. Sect. IH. Chenopus mihi. Spee. II. 4. corsicus Willd. Subsp. 4. H. lividus Ait. B. Hellebori acaules. Sect. IV. Chionorhodon Spach. Spec.V. AH. niger L. Subsp. 6. H. macranthus Freyn. Sect. V. Euhelleborus mihi. Spec. VII. H. Kochii mihi. Spec. VII. AH. abchasicus A. Br. 1) Nähere Details, sowie die diagnostischen Merkmale der einzelnen Sectionen möge man im speciellen Theile dieser Abhandlung nachsehen. 2) So thut dies J. G. Baker, The species of Helleborus in Gard. Chron. 7. und 14. April 1877. He 36 Dr. Vietor Sehiffner. Spee. IX. H. guttatus A. Br. et Sauer. Spec: X. H. antiquorum A. Br. Spec. XI. A. olympicus Lindl. Spee. XI. AH. ceyelophyllus Boss. Spec. XII. H. odorus Rit. Spee. XIV. 4. mudtifidus Ns. Spee. XV. NH. siculus mihi. Spec. XVI. H. wiridis L. Subsp. 17. H. oceidentalis Reut. Spee. XVII 4. dumetorum Kit. (Willd.) Spec. XIX. AH. atrorubens W.K. : = Alk H. intermedius Host. (= H. atrorubens x dumetorum?). ZZ 2lk H. graveolens Host. (—H. atror. X odorus?). Spec. XXI. 9. purpurascens W. K. Anmerkung. Nachdem ich mein Manuscript schon längst abgeschlossen habe, geht mir die neueste Arbeit von K. Prantl zu: „Beiträge zur Morphologie und Syste- matik der Ranunculaceen“ im Engler’s Jahrb: IX., Bd. 1887. Der genannte Botaniker kommt daselbst zu einer ähnlichen Anordnung wie die von mir gegebene, nur finden sich darin einige Irrthümer, auf die ich gleich hinweissen will. Es heisst dort: „Als einfachere Formen sind jene mit geringerer Differenzirung der Blätter zu betrachten, daher gruppire ich die Arten folgendermaassen : A. Caulescentes. Laubblätter zahlreich, allmählich in Hochblätter über- gehend. a) Sommergrün; Hochblätter nur wenig verschieden, Fruchtknoten ganz ver- wachsen. H. vesicarius Auch. b) Wintergrün; Hochblätter deutlich verschieden, Fruchtknoten nur am Grunde verwachsen. 4. lividus Ait. und MH. foetidus L. B. Scapigeri. Laubblätter einzeln oder nur wenige am Grunde des Stengels, darauf folgen Schuppen; in der Blüthenregion meist wieder Laubspreiten. a) In der Blüthenregion Laubspreiten. «) Laubblätter am Grunde mehrere, wintergrün. H. Abchasieus, H. guttatus, H. antiquorum, H. olympteus. 3) Laubblätter am Grunde einzeln, wintergrün, 4. Colchieus, H. caucasieus, H. orientalis Lam., H. odorus. /) Laubblätter einzeln, sommergrün. I) Mittlerer Blattabschnitt ungetheilt. 4. cyelophyllus, H. viridis. 2) Mittlerer Blattabschnitt gespalten bis getheilt. H. purpuwrascens, H. Bocconei en. Monographia Hellebororum. 37 b) Blätter der Blüthenregion schuppenförmig, Laubblätter einzeln wintergrün; H. niger. Diese systematische Eintheilung führt als Haupteintheilungsgrund der Hellebori acaules abermals das von A. Braun aufgestellte Merkmal der Zahl der Grundblätter ein, ein Merkmal, welches, wie ich seines Ortes bewiesen zu haben glaube, gar keinen systematischen Werth besitzt. Ebenfalls nur von relativem Werthe in dieser Gruppe ist das Merkmal, welches sich auf das Ausdauern der Blätter bezieht. H. eyelophyllus hat sogar meistens das Mittelblättchen getheilt, solche Exemplare könnte man also in der obigen Eintheilung nicht unterbringen. Warum fehlt m der Aufzählung der Arten H. dumetorum und atrorubens, die doch mindestens bessere Arten sind als ZH. Bocconei Ten., welchen Prantl für Synonym mit dem echten 4. multifidus Vis. zu halten schemt? — Endlich ist es ein Irrthum, dass bei H. vesicarius die Fruchtknoten ganz verwachsen sind. Die Fruchtnoten sind hier fast völlig frei und ebenso gestaltet wie bei anderen Helleboren. Erst bei dem Heranreifen der Carpelle. tritt eine theilweise Verwachsung (etwa bis über die Mitte) ein, Hellebori excludendi. 1) Helleborus hyemalis L. sp. (1753) p. 557. Ed. I. (1762— 63) p. 783. Ed. IV. Tom. U. p. 1335. — Eranthis hiemalis Salisb. Transact. Linn. 'Soe. «VIII. (180%) p- 303. ’ ’ 2) Helleborus niger tuberosus, Ranunculi -folio, flore luteo: l'ournf. Instit. (1700) p. 272. — Eranthis hiemalis Salisb. 3) Helleborus ranunculoides, praecox, 'tuberosus, flore luteo Moris, hist. s. p. 459 (12) t. 2. f. 4. — Eranthis hiemalis Salisb. 4) Helleborus trifolius L. sp. Ed. IV. Tom. I. p. 1338. — Coptis trifolia Salish. 1. e. 5) Helleborus ranunculinus Smith. Pl. ie. ined. plerumque ex h. Linn. 1789—1791. tab. 37, L. sp. Ed. IV. Tom. II. p. 1336. — Trollius patulus Salisb. 1. c. 6) Helleborus niger orientalis Ranunculi folio, flore nequaquam globoso Tournf. coroll. p. 20. — Trollius patulus Salisb. %) Helleborus heterophyllus Wender. Dürfte ein wirklicher Helleborus sein: ich konnte aber ausser dem Namen nichts über diese Art erfahren. 35 Dr. Vietor Schiffner. Analytische Bestimmungstabelle.') [| Pflanzen mit beblättertem Stengel, langgestielte Grundblätter fehlen. Hellebori caulescentes. 2 1 Langgestielte Grundblätter und Blüthenschäfte mit spreitenlosen oder laub- blattähnlichen Hochblättern (Bracteen) kommen aus den Rhizomästen hervor. Hellebori aucaules. 5 Hochblätter lJaubblattartig, mit getheilter Spreite: Blätter fast handförmig, dreitheilig, die einzelnen Abschnitte wieder unregelmässig tief getheilt: Carpelle 3, sehr gross, aufgeblasen, bis zur Hälfte unter einander verwachsen; Griffel dem Carpell angedrückt; Samen kugelig un- deutlich gekielt. (I. Section: Syncarpus mihi) I. H. vesicarius Auch. Hochblätter oval, blass, spreitenlos. 3 [89 Blätter dreitheilig, Segmente ungetheilt, breit eiförmig; Hochblätter gesägt: | Carpelle nur am Grunde verwachsen: Samen mit grosser, blasiger | Apophyse. (III. Sect. Chenopus mihi.) 4 | | 3 - Blätter mehrtheilig, fussförmig mit lanzettlichen Segmenten, Samen mit conischer Apophyse. (II. Sect. Griphopus Spach. e. p) U. H. foetidus L. Blattsegmente, an den Rändern mit grossen dornigen Zähnen. Ill. H. corsicus Willd. | Zähne ziemlich entfernt klein, bis fast ganzrandig. 4. Subsp. A. lividus Ait. 1) Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, dass man sich, wenn man auf eine in jeder Hinsicht zufriedenstellende Bestimmung refleetirt, nicht ausschliesslich auf eine Bestimmung nach obiger Tabelle, die bei der ersten Orientirung gewiss gute Dienste leisten wird, beschränken möge, sondern man vergleiche noch sorgfältig die ausführlichen Beschreibungen. Auch sei man vorsichtig in der Bestimmung von in Gärten gezogenen Pflanzen, da man in diesem Falle oft spontan oder durch die Kunst der Gärtner entstandene Kreuzungsformen vor sich haben wird. Monographia Hellebororum. 39 Hochblätter spreitenlos, ganz, oval, bleich, ganzrandig; Blüthe weiss oder rosa; Nectarien zweilippig, offen; Samen mit grosser, blasiger Apophyse. (IV. Sect. Chionorhodon Spach.) 6 St mit eingerollten Rändern; Samen ohne Apophyse, gekielt. (V. Sect. Euhelleborus mihi.) 7 | Hochblätter laubblattartig, mehrtheilig; Nectarien etwas zusammengedrückt Blätter dunkelgrün; Segmente keilförmig (die breiteste Stelle liegt weit vor der Mitte), Zähne nicht nach aussen geneigt, nicht stechend spitz. V. H. niger 1.. Blätter blässer, mattgrün; Segmente breit-Janzettlich (die breiteste Stelle | liest in oder wenig vor der Mitte); Zähne nach aussen geneigt, stechend. 6. Subsp. HM. macranthus Freyn. (Arten aus den Kaukasus-Ländern, Kleinasien und der südlichen Balkan - Halbinsel). 8 Carpelle an der Basis mehr weniger deutlich verwachsen (mittel-, süd- [ Carpelle am Grunde nicht verwachsen, fast in ein Stielchen verschmälert \ | und westeuropäische Arten). 12 aller sehr gross, nicht perdurirend; Blüthen grün, sehr gross; Sepalen 6) hreit. XI. H. eyclophyllus Bois. | Blätter perdurirend, Blüthen anders gefärbt. s) „ | Antheren durch das vortretende Connectiv mehr weniger deutlich gespitzt. 10 “ | Antheren am Scheitel stumpf oder ausgerandet. 11 | Blüthen matt rosenroth; Antheren lang gespitzt. X. H. antiquorum A. Br. 10 ’ Blüthen weiss; Antheren oft weniger deutlich gespitzt. | XI. H. olympieus Lindl. VIII. H. abchasicus A. Br. n b. Blüthen weiss, dicht carminroth punctirt; Blätter kahl. a. Blüthen mehr weniger intensiv earminroth; Blätter kalıl. IX. A. guttatus A. Br. et Sauer. | e. Blüthen blass-grünlich-gelbbrau; Blätter behaart oder kahl. VII. H. Koch mihi. 40 Dr. Vietor Schiffner. | Blüthen rein grün oder gelblichgrün, ohne jede Beimischung von violetten 12 Farbentünen. 13 | Blüthen trüb dunkelgrün, violettgrün bis trüb violett. 17 | Blattsegmente alle vieltheilig mit schmalen Zipfeln. 14 13 \ Blattsegmente ganz oder nur ausnahmsweise eines oder das andere zwei- | bis dreitheilig. 15 Blätter gross, unterseits behaart, sehr vielschnittig; Blüthen klein oder mittelgross;: Sepalen meist schmal, sich kaum mit den Rändern deckend. XIV. H. multifidus Vis.!) | Blätter verhältnissmässig klein, kahl, perdurirend; am unteren Theile des Blüthenschaftes steht meist ein gestieltes Laubblatt: Blüthen gross, gelblichgrün; Sepalen breit (sieilische Pflanze!). XV. H. siculus mihi. Blätter meist perdurirend; Blättchen breit, unterseits stark, abstehend behaart: Blüthen sehr gross; Sepalen breit; Narben rechtwinkelig 15 abstehend. XIII. H. odorus Kit. Blätter nicht perdurirend, kalıl oder schwach behaart: Blüthen mittelgross oder klein. 16 a. Blätter kahl, sehr deutlich fussförmig, freudig grün, etwas glänzend, Segmente fein gezähnt, die Nerven treten auf der Unterseite nur undeutlich hervor; Stengel vielblüthig: Hochblätter gross; Blüthen klein, gelbgrün:; Sepalen schmal: Narben nach aussen gekrümmt. XVII. H. dumetorum Kit. bh. Blätter kahl, Segmente grob gezähnt; Hochblätter sehr gross, sehr grob gezähnt; Blüthen gelblichgrün, klein oder mittelgross (westliche Pflanze). 17. Subsp. H. oceidentalis Reut. c. Blätter etwas behaart, mit unterseits vortretenden Nerven, mattgrün, etwas bereift: Segmente mittelmässig fein gezähnt; Blüthen mittel- gross: Sepalen breit, grün, etwas bereift; Narben aufrecht. XVI. A. viridis L. 1) Bei der Var. Bocconi Ten. sind die Blättchen weniger getheilt; die Blüthen sind grösser; Sepalen breiter. Monographia Hellebororum. 41 a. Blüthen dunkel trüb-grün: Blätter etwas behaart, deutlich fussförmig. = 2]. H. graveolens Host. (H. atrorubens X odorus?) b. Blüthen grünlich, gegen die Ränder der Sepalen violett tingirt, klein; 17 Sepalen schmal; Blätter auffallend gross, deutlich fussförmig. = 20. H. intermedius Host. (H. atrorubens X dumetorum?) ce. Blüthen mehr weniger trüb-violett (oft mit Beimischung von etwas | grün). 18 Blätter deutlich fussförmig: Segmente ungetheilt, kahl oder schwach behaart: Blüthen meist klein mit schmalen Sepalen; Narben nach aussen gekrümmt. XIX. H. atrorubens W. K. Blätter fast handfürmig; Segmente fast immer alle zwei- bis fünftheilig, unterseits behaart: Blüthen gross; Sepalen breit. XXI. H. purpurascens W. K. Geographische Verbreitung. Die Gattung Helleborus gehört ausschliesslich der alten Welt an und sind die einzelnen Arten verbreitet in den Kaukasusländern, Kleinasien und Syrien, ferner durch den ganzen Continent Europas mit Ausnahme des Nordens von der norddeutschen Tiefebene und den Niederlanden aufwärts !), endlich auf den Inseln Euböa, Sieilien, Corsica, Sardinien, den Balearen und in England. Mehrere Arten sind ausschliesslich Gebirgspflanzen, nur wenige kommen auch im Tieflande vor und steigen bis zur Meeresküste herab: alle sind kalkliebend, trotzdem sie auch auf anderen geognostischen Substraten nicht fehlen. 1) Trotzdem scheinen die Lebensbedingungen auch im nördlichen Europa den Pflanzen angemessen zu sein, da sie daselbst an zahlreichen Orten verwildert vorkommen. Nach Goepperts Untersuchungen gehen die Wurzeln von ZH. nıger und vir.dis schon bei S—10 ° Kälte zu Grunde, während ZZ. foetidus die grössten Fröste aushält. Meine Beobachtungen be- stätigen dies nicht, da ZH. foetidus im Prager botanischen Garten in strengeren Wintern regelmässig erfriert. Nova Acta LVI. Nr. 1. 6 48 Dr. Vietor Schiffner. Was die geographischen Verbreitungs - Centren anlangt, so hat jede Seetion ihr eigenes. Die Section Syncarpus hat iiberhaupt eine sehr be- schränkte Verbreitung, und zwar im südlichen Theile Kleinasiens. Die Section Chenopus ist auf die Inseln des westlichen Mittelmeerbeckens beschränkt. H. foetidus gehört ganz eigentlich dem westlichen Europa an und liegt das Centrum seiner Verbreitung auf der pyrennäischen Halbinsel. Die Formen der Section Chionorhodon erreichen das massenhafteste Auftreten in den nörd- lichen Kalkalpen Salzburgs und Steiermarks. Das Eldorado der Euhellebori sind die unteren Donawänder, etwa das Banat, Croatien und Slavonien. Von diesen Centren aus verbreiten sich die einzelnen Formen mehr weniger weit nach allen Richtungen hin. Phylogenetische Notiz. Auf die Frage, welche von den jetzt lebenden Formen der Gattung Helleborus die älteste und ursprüngliche ist, aus der die anderen hervor- gegangen sind, lässt sich wohl keine unbedingt sichere Antwort geben. ‚Jedenfalls ist die Stammform unserer Arten gar nicht mehr unter den Lebenden nnd bleibt nur die Frage übrig, welche unserer Formen der Stammform am nächsten steht, welche sich im Kampfe ums Dasein durch Anpassung an ver- änderte Lebensbedingungen am wenigsten verändert hat und darum den relativ ältesten und ursprünglichsten Typus aufweist. Die palaeontologischen Befunde geben darüber sehr ungenügenden Aufschluss. Zwar sind schon aus dem Tertiär Reste bekannt, die auf Helleborus ähnliche Pflanzen bezogen werden, doch sind diese Reste zu dürftig, um daraus weitgehende phylogenetische Schlüsse ziehen zu können. Gewöhnlich pflegt man die Formen als die älteren zu betrachten, die eine einfachere Organisation aufweisen; aber auch dieses Merkmal lässt uns in unserem Falle im Stiche, denn alle Formen stehen ziemlich auf derselben Stufe der Organisation und es wäre selbst schwer anzugeben, ob man in dieser Beziehung die caulescenten oder die acaulen Formen höher stellen sollte. Monographia Hellebororum. 43 Das natürlichste wird sein (und man wird sich dabei wenig von dem thatsächlichen Sachverhalte entfernen) anzunehmen, dass man die wenig variablen, ausserdem durch keine Zwischenformen mit den übrigen Formen verbundenen Arten für die älteren und ursprünglichen ansieht und ist in dieser Hinsicht H. foetidus entschieden als die ursprünglichste Form zu betrachten, der trotz seiner sehr weiten geographischen Verbreitung fast gar keine Variabilität auf- weist, es ist dies eine so zu sagen im Laufe der Jahrtausende stereotyp gewordene Form. Vielleieht gleichalterig mit diesem und wahrscheinlich der- selben Wurzel entsprossen ist H. vesicarius, der eine Entwickelungsreihe repräsentirt, die in ihm ihren Abschluss gefunden hat. An den Typus des H. foetidus würde sich dann als jüngeres Glied die Section Chenopus anreihen, die, wie auseinandergesetzt werden wird, eine deutliche Affinität zur Section Chionorhodon besitzt und dadurch die caulescenten mit den acaulen Arten verbindet. Den grossen Formenschwarm der Euhellebori halte ich für das Jüngste Glied der Reihe. Die ungemeine Bildsamkeit und Variabilität der Formen dieser Gruppe weist deutlich darauf hin, dass wir es hier mit einer in aufsteigender Entwickelung begriffenen Formenreihe zu thun haben. Dazu kommt noch, dass diese Gruppe, sowohl was die weite geographische Ver- breitung betrifft, als auch nach der Formen- und Individuenzahl weitaus die herrschende in der gegenwärtigen Flora ist, Argumente, die bei der Beurtheilung des Alters einer Form sehr in die Waagschale fallen. Soll ich nun noch meine Meinung äussern, welche Form aus dem Schwarme der Euhellebori mir am nächsten derjenigen zu stehen scheint, aus der sich alle Euhellebori entwickelt haben mögen, welche Form also den Typus dieser Gruppe repräsentirt, so möchte ich mich entschieden für H. odorus erklären, denn aus ihm lassen sich alle Formen, sowohl die weichblätterigen oceidentalen, als die lederblätterigen orientalischen Arten mit Leichtigkeit ab- leiten, ja man kann direete Uebergänge in grosser Zahl nahmhaft machen. Zudem fällt eine geographische Verbreitung in das Verbreitungscentrum der in Rede stehenden Gruppe. (Dazu bitte ich auch die allgemeinen Betrachtungen nachzusehen, die der Beschreibung der Formen der Section Euhelleborus vorangeschickt sind.) 6* 44 Dr. Vietor Schiffner. A. Hellebori caulescentes. Der Stengel ist unterhalb der Inflorescenz beblättert. Es sind keine wirklich grundständigen Blätter vorhanden. Die Blattform der unteren Stengel- blätter geht allmählich in die Form der Hochblätter (Braeteen) über. Secetio I. Synearpus. Caulis herbaceus, foliosus; folia palmata, tripartita, laciniis ineisis den- tatisque; nectaria ore aperta, non bilabiata, oblique truncata, integerrima; car- pella 3 permagna, subeompressa, basi ad medium tenus connata; stylus persistens adpresso incurvatus; semina globosa, inconspieue carinata, umbilico minutissimo. Die einzige Pflanze, welche hier in Betracht kommt, unterscheidet sich von dem unzweifelhaft am nächsten stehenden 4. foetidus durch den ein- jährigen Stengel, die Form der Samen und andere oben angeführte Merkmale so auffallend, dass ich es für genügend gerechttertigt halte, sie als eigene Section aufzustellen. Die Form der Samen erinnert auffallend an die von Eranthis, ohne dass jedoch unsere Pflanze zu dem genannten Genus nähere Beziehungen aufweist. Uebergänge in andere Formen der Gattung Helleborus finden sich nicht vor. I. Helleborus vesicarius Auch. (Tab. II.) Litteratur: Aucher-Eloy in Ann. d. sc. nat. II. ser. Tom. XVI. p. 357. 1841. — Walpers, Repert. Tom. I. p. 48 (1842). — Koch in Alle. Gartenztg. 1858, p. 138. — Boiss, fl. or. I. p. 60 (1867). Monographia Hellebororum. 45 Exsice: Auch. Exs. 60. — Ky, Exs. 265. — Hausknecht, Iter Syriaco-Armeniacum 1865 et iter orientale 1867! — J. J. Manissadjian, Fl. Taurica Nr. 18. 1887! H. glaberrimus; caulis herbaceus, ramosus, foliosus; folia inferiora longe petiolata, petiolo vaginante alato suffulta, palmato-tripartita, laciniis euneatis profunde partitis dentatisque; folia superiora similia sedentia, triloba, minora; flores globoso-campanulati, suberecti dein subeernui: parvi, extus glan- dulosi, virides; nectaria tubaeformia, imeurva, ore aperta, oblique truncata inte- gerrima: carpella 3 maxima, semiorbieularia, subeompressa, chartacea, venosa, ad medium tenus connata, stylo persistente adpresso inceurvo; semina globosa ineonspieue carinata, umbilico minutissimo. Der krautige Stengel entwickelt sich alljährlich aus dem peren- nirenden Rhizom, um nach der Fruchtreife (im Sommer) zu Grunde zu gehen. Dass der Stengel wirklich einjährig ist und nicht, wie bei H. foetidus und anderen von mehrjähriger Dauer, ist nach dem mir vorliegenden Material unzweifelhaft. Derselbe ist stielrund, etwas gerieft und trägt mehrere, meist wieder gabelige Aeste; während der Blüthezeit sind die Aeste sehr verkürzt und strecken sich bis zur Fruchtreife in die Länge. Die ganze Pflanze ist kahl (mit Ausnahme der Blüthen und Blüthenstiele). Am Grunde ist der Stengel umgeben von mehreren häutigen Schuppenblättern, dann folgen in ge- ringer Entfernung von einander zwei bis drei grosse, langgestielte Blätter. Der 1—1,5 dm lange Blattstiel ist scheidig, breit häutig berandet; der Hautrand reicht bis auf wenige Centimeter unter die Spreite. Letztere ist ca. 1 dm (im Blüthenstadium) breit, handförmig getheilt und setzt sich aus drei breit keilförmigen, sehr kurz gestielten Segmenten zusammen, von denen jedes wieder fast bis zum Grunde dreitheilig ist; diese Segmente sind abermals seicht eingeschnitten oder unregelmässig eingeschnitten gezähnt. — Die höher stehenden Stengelblätter besitzen einen breiten, scheidigen, kurzen Stiel; die Lamina ist dreitheilig, die Abschnitte gespalten oder ge- zähnt. Der Blüthenstand ist während (oder wenigstens zu Anfang) der Blüthezeit zusammengedrängt, die grossen gelblichgrünen Hochblätter bilden einen diehten Busch, zwischen dem Blüthen und Knospen stehen. — Blüthen stehen nur wenige an einem Stengel (bis 10), auf ziemlich langen, schwach drüsigen Stielen, fast vollständig aufrecht, in späteren Stadien 46 Dr. Vietor Schiffner. verlängern sich die Blüthenstiele noch mehr und die Blüthen nehmen eine fast hängende Stellung an. Sie sind klein, halbkugelig-glockig, von grüner Farbe. Jedes Sepalum trägt auf der Innen- und Aussenseite in der oberen Hälfte einen grossen braunvioletten Fleck, der oft bis gegen die Mitte herabreicht; der vordere Rand ist wieder grün gefärbt. Die Grösse dieses Fleckes scheint sehr zu variiren. Im Baue und der Farbe ähneln sie auf- fallend denen von H. foetidus, sind aber kleiner, als bei diesem. Die äusseren Sepala sind eirundlich, die inneren vorn wie abgestutzt, auf der Aussenseite sind sie mit Drüsenhaaren bedeckt. Die Nectarien sind lang röhrenförmig, etwas gebogen, kurz gestielt, oben fast gerade ab- sestutzt und daselbst ganzrandig vollkommen geöffnet, von einer Zweilippigkeit ist keine Spur vorhanden. — Die Staubgefässe sind viel länger, als die Nectarien und besitzen rundlich ovale bis fast kreisfürmige An- theren mit ausgerandeter oder doch stumpfer Spitze. — Griffel sind immer nur 3 vorhanden und besitzen dieselbe Gestalt, wie bei den anderen Helleborusarten. — Die Sepala vergrössern sich nach der Blüthezeit und sind dann flach ausgebreitet, zur Fruchtreife zurückgeschlagen. — Die Früchte stehen immer zu drei auf langen (5 cm) Stielen in hängender Stellung. Die einzelnen Carpellen sind bis fast zur Mitte mit ihren Innenrändern verwachsen, sehr gross, 6—7 em lang und über 3 cm breit, nahezu halbkreisfürmig (eines ist oft viel kleiner und steril), von papierartig dünnhäutiger Beschaffenheit, in der Mitte stark aufgeblasen, gegen den Rand zu kielig zusammengedrückt, aussen netzig geadert, lichtgelblichbraun. Der persistente Griffel ist nicht, wie bei den anderen Helleboren, hei der Fruchtreife aufrecht, sondern der Bauchseite des Carpelles angedrückt, an den Stempeln und bis zu dem Entwickelungsstadium, in welchem die heranreifende Frucht etwa die halbe Grösse erreicht hat, ist aber der Griffel noch völlig aufrecht. — Samen finden sich in jedem Carpell meist nur zwei; sie sind fast vollkommen kugelförmig mit einem nur sehr schwach vortretenden Kiel, die Basis ist abgerundet ohne deutlichen Vorsprung, die Nabelgrube ist winzig klein: sie sind rothbraun und (wenigstens im trockenen Zustande) feingrubig-runzelig. Bemerkung: H. vesicarius zeigt keine Uebergänge zu verwandten Arten und scheint auch keine Neigung zur Variabilität zu haben. — Die Monographia Hellebororum. 47 blüthezeit fällt in den Januar und Februar bis März, die Fruchtreife in den Juni. (Geographische Verbreitung: Die Heimath dieser höchst merk- würdigen Pflanze sind die Wälder der Region der immer grünen Laubhölzer und die niedere Bergregion des nördlichen Syrien, wo sie der unglückliche Reisende Aucher-Eloy auf dem Dschebel-Akra (Mons Cassius) entdeckte. In Ky exs. [265] ist sie ausgegeben von Amanns oberhalb Beilan. Hausknecht sammelte sie auf den Bergen bei Saffagh und Aintab in einer Höhe von 2000 bis 4000 Fuss in den Jahren 1567 und 1568 mit Blüthen und Früchten! Aintab, nördlich von Aleppo, ca. 300 m. Schöne Exemplare mit Blüthen und theil- weise sich entwiekelnden Früchten. (J. J. Manissadjian 1887!) Sectio UI. Griphopus Spach. Hist. nat. des Veget. VII. p. 319 ex. p. — Helleboraster Mönch. — Helleborastrum Rehb. Radix primaria persistens, radices secundariae illam magnitudine mox adaequantes itaque radicem fibrosam formantes: caulis primarii pars infima radices adventitias multas proferens, rhizomoidea, quotannis turiones perdurantes foliosos emittens; folia pedata, perdurantia, coriacea; nectaria tubaeformia, ore 4 inflata, oblonga, hbasi tantum connata, stylo erecto; semina oblonga, carinata, carina aperto, truncato, irregulariter dentato (saepe subbilabiato); carpella 3 basin versus in apophysim umbilicalem magnam, conoideam, albam dilatata. Auch diese Section wird nur von einer Art gebildet, dem H. foetidus L., welcher theils habituell theils durch die oben zusammengefassten Merkmale von anderen Arten dieses Genus so verschieden ist, dass selbst ältere Botaniker ihn als den Typus einer eigenen Section auffassten. Die Wurzel- (resp. Rhizombildung) ist prinzipiell ähnlich der in den Sectionen Chionorhodon und Euhelleborus, nur dass hier die Hauptwurzel erhalten bleibt, sich ver- grössert und vollkommen verholzt, während sie bei den letzteren bald zu Grunde geht und sich überhaupt nie erheblich vergrössert. (Näheres darüber in der Einleitung.) — In der Samenbildung macht die Section Griphopus 48 Dr. Vietor Schiffner. einen unverkennbaren Uebergang zu der folgenden Gruppe, während in der Blüthe und anderen Merkmalen eine Affinität zur vorigen deutlich zu Tage tritt. Uebergänge und Bastarde mit Arten anderer Sectionen sind nicht bekannt. Spach (l. e.) zählt zu seiner Section Griphopus auch noch H. lividus, welcher aber meiner Ueberzeugung nach eine eigene Section bildet (siehe bei H. lividus). II. Helleborus foetidus L. Synon. et litterat: Helleboraster maximum Lobel. Je. 6%9. — Dodon. Pempt. 382. ie. — Helleborastrum, Erva besteira Grisl. (1661). — Helle- borastrum magnum «et H. minus, Jabern. p. 1098. — Helleboraster foetidus Moench (1794). — Helleborus niger foetidus. C. Bauh. pin. p. 185. — Bergen, fl. Francof. p. 153, n. 3. — Volekamer, fl. Norimb. p. 207. — Helleborus foemina Sternb. fung. 372. tab. 36. f. ©. — Helleborus niger, s,lvestris, adulterinus, etiam hyeme virens J. Bauh. histor. III. p. 364. — Helleborus viridis Ayuda et abor. (non L!) — Helleborus Il. Quer. — H. ramosus multiflorus folüs multipartitis, serratis, stipulis ovatis, lanceolatis, coloratis. Hall. helv. n. 1193. — H. caule inferne angustato, multifolio, multi- floro, foliis caule brevioribus. Hort. cliff. 227. — Rover, lugdb. 484. — Dalib. paris. 169. — Sauv. monsp. 150. — Miller, diet. n. 1. — Pollich, palat. n. 540. — Doerr. nass. p. 123. — Blackw. Herb. 57. — Kniph. Cent. 12 n. 52, 53. — H. foetidus [caule multifloro folioso, folüs pedatis] 1. sp. Ed. IV. (Willd.) T. II. p. 1337. No. 6. — Hoffm. Deutschl. Fl. P. I p. 199. — Roth, Fl. germ. I. 234, IH. P. I. p. 600. — Lam. Ene. tab. 499. — Engl. Bot. IX. tab. 613. — D. C. Syst. I. 320. — D. C. Prod. P. I p. 47. n. 8. — D.C. fl. fr. IV. p. 907. — Boxter, Brit. Bot. II. p. 103. -— Cambessedes Enum. Balear. n. 10. — Koch, Syn. I. p. 21. — Dreves et Heyne, bot. Bilderb. IV. tab. 132. — Hymne, Arzn. I. 10. — Brandt et Ratzeb. Giftg. tab. 35. — Nees, Düsseld. Suppl. tab. 47, 45. — Woodwille and Hooker, Med. Bot. III. tab. 170. — Rehb. Je. IV. tab. 103 (f. 4715). — Gren. God. fl. fr. I. p. 41. — Maly fl. Styr. p. 5. — Meyer, fl. Hann. exc. p. 20. — Wirtgen, fl. d. Rheinpr. p. 11. — Bertoloni fl. Ital. V. p. 592. n. 3. — Spach, Hist. d. veg. VII. 319. — C. Koch, in Berl. Gartenz. 1858. p. 162. — Hausmann, Fl. Tir. I. p. 28. No. 63. — Boreau, fl. du centre d. ]. Fr. U. Monographia Hellebororum. 49 p. 22. No. 7%. — Willk. et Lange, Prod. fl. Hisp. I. p. 962. — Amo, fl. iber. p. 731. — Costa, Introd. & la fl. de Catal. p. 8. No. 52. — Schloss. et. Vuk. fl. Croat. p. 175. — Krombach, Fl. v. Luxemb. p. 33. — Nymann, Consp. p. 17. — Baillon, Monog. d. Ran. p. 13, fig. 27—31. — Prantl, Fl. v. Bayern. p. 208. — Nicholson, Diet. II. p. 132. — Arcangeli, Fl. Ital. p- 17. — Mares et Vigineix, Catal. r. des pl. vasc. des iles Baleares. p. 10. — Thome, Fl. v. Deutschl. I. p. 121. — Garcke, Fl. v. Deutschl. Ed. XI. (1878) p. 13. Nr. 58. — Bxejeer Wirtgen Hrdb. pint. select. tl. Ichen. Id. M- Fase.’ XI N. 556! — Seringe, No. 48! — Billot, ex. 1496. — Willkomm, pl. Hisp. Se (le) Vulgärnamen: Deutschland: Stinkende Niesswurz, stinkende Christ- wurz, wilde Christwurz, Läusekraut, Bärenfuss. — ÜUzechisch: Ellebor smradlavy. — England: Stinking Hellebore, Setterwort, Bear's foot. — Holland: Stinkend-Nieskruid. — Frankreich: Pied de Griffon, Hellebore puant, Pied des Alpes, Pommeraie, Rose de serpent, Herbe a Setons. — Spanien: (Cast.) Eleboro no legitimo 0 Yerba de ballesteros negra y no legitima, Eleboro negro, Vedegambre 0 Vedegambre negro, Hel&boro fetido, Vedegambre de Moncayo, Quitalocura, Vedegambre silvestre, Cornivarios, Sagüerro, Chigüerro, üleborastro, Vedegambre fetido, Yerba llavera (in Leön), Yerba del Alobado, Castellada, Pie de grifo. — «(Port.) Erva besteira, Erva 6 Herva de besteiros, Eleboro fetido, Helleboro fetido, Besteira, Herba besteira.. — (Gallie.) Heboro, Herba, Herbal, Herbedal, Chaveiro, Herba do porco, Herba da brana, Herba claveira, Herba da sarja, Herba da poita, Herba forte, Herba da eruz, Herba da papeira, Herba dos bois, Herba do gando, Herba do gado, Herba chaveira, Herba do sanguino, Herba do sap.. — (Catal.) Marxibuls, Marxigols, Manxigols, Manxinbuls, Manxibuls. — (Val.) Mansiulot, Mansinlo, Flor navarro, Sagüerro.. — (Balear.) Palonis borda. — (Vasc.) Baladrea. !) — !) Die Aufzählung der spanischen Vulgärnamen ist entnommen dem Werke von Golmeiro; Enumeration y revision de las plantas de la peninsula Hispano - Lusitana. 1885. p. 69. Noya Acta LVI. Nr. 1. — 50 Dr. Vietor Sehitfner. H. glaber, sempervirens, suffrutescens; caulibus basin versus tenuioribus, foliosis; foliis subcoriaceis, obseure viridibus, nitentibus, petiolo longo plano- canaliculato suffultis, pedatisectis, segmentis 7—10 angustis, lanceolatis, margine argute serrulatis; bracteis inferioribus petiolo latissimo vaginantibus, limbo minore vel minimo, 3—5-secto, bracteis supremis (floralibus) indivisis, ovalibus, obtusis, pallidis; inflorescentia ramosa, cymosa, magna, multiflora; floribus nutantibus, parvis, globoso-campanulatis, extus glandulosis, viridibus, sepalis interioribus apice obtuso purpurascentibus; neetariis tubaeformibus, truneatis, ore aperto irregulariter dentatis; follieulis 3—4 magnis, oblongis inflatis, dorso carinatis, rugosis, stylo breviore ereceto coronatis; semimibus oblongis carinatis, rugosis, carina basin versus in apophysin umbilicalem magnam, conoideam, albam dilatata. Die primäre Hauptwurzel bleibt erhalten, einige der zuerst angelegten Nebenwurzeln erreichen die Hauptwurzel bald in der Grösse und verholzen gänzlich wie die erstere. So wird eine sehr kräftige 3—4-ästige holzige Wurzel gebildet. Der unterste Stammtheil, der bald eine mehr weniger horizontale Lage annimmt, treibt zahlreiche Adventivwurzeln und stellt so ein Rhizom dar, welches zwischen den Adventivwurzeln zahlreiche Stammknospen treibt, aus denen sich alljährlich neue Stengel entwickeln. (Näheres über diese Verhältnisse findet man in dem organographischen Theile der Einleitung.) — Die ganze Pflanze ist mit Ausnahme der letzten Verzweigungen des Blüthenstandes und der Aussenseite der Sepala kahl. — Der Stengel ist von mehrjähriger Dauer, gewöhnlich kommt er erst im dritten Jahre zur Blüthe und Fruchtreife und stirbt dann ab. An demselben Stocke kann man immer Stengel in den verschiedensten Entwickelungsstadien gleichzeitig be- obachten. Der ausgewachsene Stengel ist 0,5—1 m hoch, am Grunde bogig aufsteigend und daselbst erheblich dünner als gegen die Spitze, stielrund, von einer glatten grünlichen Rinde bekleidet, unter welcher der feste Holz- eylinder liegt, das Centrum ist von einem spongiösen Marke erfüllt, alte Stengel sind meist hohl. Der Stengel ist reichlich mit alternirenden lang- gestielten Blättern besetzt, die verhältnissmässig nicht sehr gross sind (etwa 1.5 dm im Querd.). Der Blattstiel ist etwa I dm lang oder länger flach rinnig, an der Basis stark verbreitert, so dass er den halben Stengel umfasst. Die Spreite ist immer deutlich fussförmig getheilt, im Umrisse Monographia Hellebororum. 5l ziemlich kreisförmig und besteht aus 7—10 schmalen, lanzettlichen, nach beiden Seiten von der Mitte an ziemlich gleichmässig verschmälerten Blättchen von dunkelgrüner Farbe. deren Ränder scharf und fein gezähnt sind. Die Nerven treten auf der blässeren Unterseite nicht deutlich hervor. (Die Blättchen sind nur in anormalen Fällen mehr weniger tief getheilt.) Die Blattstiele sind an jungen Stengeln schief aufrecht, während der Blüthe- zeit und nach derselben aber unter spitzem Winkel nach abwärts gerichtet. — Die höher stehenden Blätter gehen in der Form allmählich in die Hoch- blätter über, ihr Stiel ist sehr breit, scheidig, die Spreite klein, aus 3—5 oft sehr kleinen schmalen. Zipfeln gebildet. — Der sehr reichästige, grosse, eymöse Blüthenstand ist bei seiner Entwickelung kolbig zusammengezogen und an der Spitze bogig gekrümmt, später breitet er sich gleichmässig aus. ‚Jede Verzweigung ist von einem ovalen, ungetheilten, blassgrünen Hoch- blatte gestützt. Die letzten Verzweigungen der Inflorescenz sowie die nicht sehr langen etwas kantigen Blüthenstiele sind flaumig drüsenhaarig. — Die Blüthen sind nicht sehr gross, hängend, halbkugelig-glockig. — Die 2 äusseren Sepala sind oval hohl, ganz grün, die 3 inneren abgerundet- keilförmig, vorn am breitesten und daselbst purpurbraun, sonst ebenfalls grün, alle auf der Aussenseite kurz drüsig-Haumig. — Die Nectarien sind kurz gestielt, trichterförmig-röhrig, etwas gekrümmt, an der Mündung völlig geöffnet, etwas schief abgestutzt, unregelmässig gezähnt, nicht selten init einer T’endenz zur Zweilippigkeit, von grünlich-gelber Farbe. — Die Staubgefässe sind länger als die Nectarien, mit breit- elliptischer bis fast kreisförmiger Anthere, von gelblich- weisser Farbe; die grünlichen Griffel ragen nur wenig über dieselben hervor. — Stempel sind 3—4 vorhanden; Fruchtknoten und die aufrechten Griffel sind ziemlich gleich lang. — Nach der Blüthezeit breiten sich die Sepala flach aus oder krümmen sich selbst etwas zurück. — Die 3 4 grossen etwa 2,5 cm langen und über 1 cm breiten Carpelle stehen auf einem ziemlich langen Fruchtträger und sind ein wenig nach aussen geneigt, am Grunde bis auf Y/, oder !/;, der Länge ver- wachsen, aufgeblasen, eylindrisch-walzlich, oben etwas breiter, am Rücken scharf gekielt, fein runzelig und etwas drüsig behaart, im reifen Zustande blassbraun:; der persistente Griffel ist kaum halb so lang als das Fruchtfach, aufrecht. — Samen 14—16 in jedem Carpell, davon gewöhn- ax ‘ Dr. Vietor Sechiffner. or [80] lich mehrere rudimenfär, Jänglich elliptisch; an der einen Seite ist die weisse, spongiöse, grosse, conische Nabelapophyse angewachsen, die sich gegen die Spitze zu (kielartig) zuspitzt. Bemerkungen: Die Merkmale des Helleborus foetidus sind so ausser- ordentlich constant und die einzelnen Individuen selbst von sehr weit aus- einanderliegenden Standorten gleichen sich so sehr, dass es unmöglich ist, von dieser Pflanze irgendwie nennenswerthe Varietäten zu unterscheiden. Daher kommt es auch, dass Uebergangsformen zu anderen Typen völlig fehlen. Schon diese ganz isolirte, scharf abgeschlossene Be- grenzung allein würde es gerechtfertigt erscheinen lassen, diese Art zum Typus einer Seetion zu erheben. Das Fehlen so zu sagen jeder Variabilität bei H. foetidus ist eine in hohem Grade merkwürdige Erscheinung, da andere Typen derselben Gattung (Section Euhelleborus) eine geradezu verblüffende Formenfülle aufweisen, und ihre Formen zeigen eine entschiedene Neigung, unter einander Bastarde zu erzeugen; H. foetidus jedoch scheint keine Fähigkeit zur Bastardbildung zu haben; wenigstens sind solche Hybriden bis zum heutigen Tage weder wildwachsend beobachtet, noch durch Cultur her- vorgebracht worden. Eine gewisse oft beträchtliche Neigung zur Hervor- bringung von Missbildungen ist ihm jedoch keineswegs abzusprechen, und kommen dergleichen besonders an cultivirten Exemplaren oft reichlich vor. Die einzelnen Segmente des Blattes sind oft tief gespalten, jedoch erhält sich diese Bildung keineswegs, obwohl sie an einem Stengel oft massen- haft auftritt, ist daher als Abnormität aufzufassen. Im vorigen Jahre waren an vielen Stöcken von H. foetidus im k. k. botanischen Garten zu Prag eine Unzahl von missgebildeten Blüthen zu beobachten, zum "Theil recht interessante und instructive retrograde Metamorphosen der Blüthen- hülle, der Neectarien, Stamina und. der Carpelle in grüne Laubblätter (so- genannte Vergrünungen). In der Cultur ändert 4. foetidus kaum ab, nur dass er grössere und kräftigere Stöcke bildet. Im Prager botanischen Garten, wo die Pflanze sich seit vielen Jahren in halbverwildertem Zustande vorfindet, konnte ich keine nennenswerthe Culturvarietät constatiren. Die Cultur ist eine sehr leichte, da diese Art selbst die strengsten Winter ohne Bedeckung überdauert, wenn nur ein reichlicher Schneefall stattfindet. Sehr bedeutende Fröste - ohne Monographia Hellebororum. 58 Schneefall sind jedoch verderblich. Im Juli reifen die Samen, säen sich selbst aus und bringen ohne jede gärtnerische Pflege im nächsten Frühjahre zahlreiche Keimpflanzen hervor. Blüthezeit: März bis Mai. Fruchtreife im Sommer. Geographische Verbreitung: H. foetidus gehört dem west- und siideuropäischen Florengebiete an und ist eine kalkliebende Pflanze; er wächst auf trockenen steinigen Orten, an Wegrändern, an Zäunen und in Gebüschen vornehmlich auf Kalk- und Mergelboden. Er ist verbreitet in England und auf dem Continente; nördlich bis Belgien und die südlichsten Theile von Hannover, östlich bis nach T'hüringen, das nordwestliche Bayern, Württemberg, in den nördlichen Alpen der Schweiz und Tirols fehlt er und tritt erst im ‚Juragebiet und im südwestlichen Theile der Schweiz auf, ebenso in Südtirol und verbreitet sich von da östlich bis an die Grenze Salzburgs, nach Krain und das siidliche Steiermark, südlich dureh Norditalien und die ganze apenninische Halbinsel, wo er bis nach Calabrien vordringt, ebenso ist er über die ganze pyrennäische Halbinsel bis ins südlichste Andalusien ver- breitet, auch fehlt er nieht auf Corsica und den Balearen. Ob er auch in Griechenland wächst, muss vorläufig noch als zweifelhaft betrachtet werden. (Ich sah ein Exemplar im Herbarium Tempsky mit der Scheda: „E Graecia, lg. Fiedler“ sub nom. Hell. orientalis.) In Sieilien und Sardinien fehlt er wohl kaum, sichere Angaben sind mir nicht bekannt geworden. In den westlicheren und südlichen T'heilen seines Verbreitungsgebietes ist er sehr häufig, gegen die nördliche und östliche Grenze aber zerstreut und selten. — England: Auf Kalk verbreitet, Cromford, Backewell (Painter, Notes on the flora of Derbyshire). — Wood near Micketham (Surrey)! — Witts (Hrb. Roy. bot. Gard., Edingburgh)! — In Sussex eingeschleppt nach Hemsley. — Belgien: Bei Apeldorn (Oudemans) — Liege (Dieudonne)! — In den Ardennen der Provinz Lüttich selten (Durand et Donckier, Materiaux p. serv. a la Fl. de la prov. de Liege). — In Mittelbelgien im Kalkgebiete südlich von der Mosel stellenweise gemein, im ‚Juragebiete ziemlich selten. — Luxemburg: Häufig an verschiedenen Orten, z. B. Echternach, Kospart, Beaufort. — Frankreich: Ueberall verbreitet, aber häufig in Uentral-Frankreich, in dem gebirgigen Südosten selten: Monceau (Kunth)! — Fontainebleau b. Paris (Degenkolb)! — St. Mames, Seine-et-Marne (Hagueron)! — Mamers, 54 Dr. Vietor Schiffner. Dep. Sarthe (Chevallier)! — Besancon (Paillot)! — Villars im Val de !’Ouche (Viallanes).. — Langoiran (Montelay in Act. Soc. Linn. de Bordeaux 1850, Delognes 1882). — Lyon (Magnin, Rech. sur la geogr. bot. de Lyon). — Montpellier (Hrb. Sadler)! — St. Germain (Hrb. Kunth)! — Dep. Pas-de- Calais: Hesdin (Lestibroudois). — Estree Blanche (Dovergne fils), — Schweiz: Lausanne (Favrat)! — Üouvet im Neuenburger Jura (Lerch)! — Neufehatel (Tripet)! — Genf (Ducommun)! Villeneuve im Rhönethale (Hrb. Willkomm)! — Nach Christ in der westlichen Schweiz überhaupt verbreitet, besonders im ‚Jura. — Basel (Hrb. Link)! — Hannover: Nur im süd- lichsten Theile am Solling bei Dassel (nach Meyer, Möller, Garke; findet sich hier nicht nach Schambach). — Rheinprovinz: Sehr verbreitet, besonders im Rhein-, Nahe-, Mosel- und Lahnthale bis gegen das Siebengebirge nach Norden, z. B. bei Koblenz (Wirtgen)! — Kirn a. d. Nahe (Öberleitner)! — Siidabhang des Hunsrücks auf Devonschiefer und dem dazu gehörigen Quarzit im Gräfenbach- und Güldenbachthale bis S00 —-900° (Wirtgen in „Pollichia“ 1866). — Im Elsass nur im Rheinthale, fehlt in den Vogesen. — Pfirt (Fietz)! — Westphalen: Am Abhange des Wettekinosberges bei Oeyn- hausen (Weihe in Verh. des. nat. Ver. d. pr. Rheinl. u. Westph. 1881). — Pfalz und Hessen: Tertiärkalk von Dürkheim bis Bingen — Kohlen- schiefer, Rothliegender Melaphyr und Porphyr von Kusel, Kirchheimbolanden bis Kreuznach (Schultz in „Pollichia“ 1863) — Zweibrücken (Schultz)! — Mainz! Bingen (Gansauge)! — In Kurhessen und Nassau nach Wigand sehr selten — Fulda. — Thüringen: Selten, Medebach, Schloss Reifenstein bei Heiligenstadt (Meyer). — Eisenach (Osswald). — Seeberg bei Gotha, ein- geschleppt (0. Thomas). — Mühlhausen, am Landgrafen bei Jena, Schloss Henneberg, Behlrieth (Garcke),. — Bayern: Nur im Norden, besonders im Mainthale, bei Dünkelsbiühl, Schwanberg, Schweinfurt, Würzburg! Homburg ete., im ‚Juragebiet: Grafenberg (?), Vorderröhn, auf Kalkbergen bei Ostheim. — Württemberg: Im Unterland ziemlich häufig, übrigens auch auf thonreichen Böden des Keupers: schwäbische Alp häufig; fehlt im Schwarzwald; Oberschwaben, bei Schweinhausen auf Nageltlue (Probst, Seyler nach Martens und Kemnler). — Ulm (Hegelmeyer)! — Tübingen! Hohenasperg (Ziegele)! — Stuttgart (Hrb. Lechler)! — Baden: Südlich in der Juragegend und in der nördlichen Gebireseevend (Seubert).. — Heidelberg (Jessen)! — Böhmen: Die dies- eis elite) to} [511 or Monographia Hellebororum. bezüglichen Angaben beruhen sicher auf einem Irrthum.!) — Salzburg: Ein einziger isolirter Standort bei Mangerberg unweit Berndorf und Palling (Pf. Michel, Sauter). — Steiermark: Nur im Siiden selten, bei Cilli (Zahl- bruckner!, Döllinger, Kitaibel!.. — Krain: „e Carniolia* Herb. Sadler! — Croatien: COultivirt und wohl auch verwildert, nieht wirklich wild (Sehlosser). — Tirol: Im siüdlichsten "Theile. selten westlich von Roveredo, bei Riva und Condino, in Rendena. — Arco! — Auf Schutthaufen bei Brixen (ob verwildert?) (Bracht)! — Italien: Von den Sidabhängen der Alpen bis nach dem südlichen Calabrien über die ganze Halbinsel verbreitet vom Meere bis in die Bergregion. — Am Gardasee, zwischen Maderno und Gargano, 300—500° (Bracht! Strobl!) und Garda (Rigo)! — Brescia (Lanfossi)! — Castello Gurdalfo (v. Hohenthal)! — Casale Monferatto (Negri)! — Frascati bei Rom (Gansauge)! — Teerni bei Rom (Strobl)! — Frascati bei Rom (ipse)! — Bei Neapel z. B. Castellamare (Strobl)! — Ualabrien, Casalnuovo (Lehmann in Hrb. Kunth sub nom. H. Bocconei)! — Corsica: Bei Bastia (Boullu in Bull. soc. bot. Fr. 1877). — Sardinien und Sieilien? — Balearen: Majorca an steinigen Orten und in Wäldern häufig: Luch, Aumaluch, Serra de Soller, Puig Major de Massanellas, Puig Major de Torellas von 460—1400 m (Mares et Vigineix, Cambessedes! Serra, et al.) — Minorca (Cursach) — Spanien: Von dem Südfusse der Pyrenäen bis in den äusserten Süden ver- breitet, stellenweise häufig. — Cataluna: Von den Küstengebirgen bis in die T'häler der Pyrenäen (nach Costa) — Monserrat (Willkomm! et al.) — La Mola (Willk.). — Valle de Aran (Villiers). — Barcelona (Webb, Colmeiro). — La Pudo (Arnis). — Caldas de Montbuy (Graells, Colm.). — Ripoll, Camprodön (Bassag.) — Plana de Vich (Masf.) — San Miquel de Fay, Arbucias, Garriga, Cerdana (Cuni). — Aragonien: Im Osten und Süden gemein; Moncayo (Asso et al... — Sierra de Villarroya, Ualcena, Villarluengo, Cantavieja, Camarena (Asso). — In den Bergen von Benasque und Castanesa (Villiers). — Montes varios (Lagaita). — Panticosa (Cabanes, H. Ruiz). — Maestrazgo, Penarroya, Zurita (Pardo, loscos) — Fiscal, !) Im Herbarium des böhm. Museums liegt ein Bogen der Flora bohemica (exs.) von Opiz (1807), worauf sich die Angabe findet: „an schattigen, bergigen Orten. Um Kost, Sobotka, Gitschin“. Citirt in Pohl, fl. boem. n? 864. Vielleicht war die Pflanze daselbst verwildert, sicher nicht wild! 56 Dr. Vietor Schiffner. Bielsa, Mosqueruela (Loscos). — Aranda del Conde (Calavia) — Valle de Castanesa (Timb.). — Navarra: Pamplona (F. de Salas, Gil). — Villaba und Betelu (Casav.). — Provinz Vascongadas (Eguia). — Santander: Reinosa (G. Camal.). — Bargas (Perojo). -— Caldas de Vuelna (Argum). — San Pelayo (Salcedo). — Otanez (Willk.). — Penavieja (ler. Lev). — Santander (Lange). — Asturien: Mieres (G. Ort.). — Umgebung von Oviedo (Pastor G. L. Ming... — Galicia: Hier und da häufig; in der Gegend von Santiago (Colmeiro) — zwischen Piedrafita und Lugo (Planellas) — Ferreiras (Texidor). — Leon: Villafranca del Vierzo (Lange). — Alt-Castilien: Amedillo (Quer). — Burgos (Cavanilles). Logrono (Exposit. de Agrieult.). — Gebirge von Penaseto um Toreeilla de Cameros (Zubia). — Eneinillas (Lange). — Umgebung von Valladolid (Texidor. — Neu-Oastilien: Navalcarnero (Negro). — Valencia: Rambla de la Vidua, Cascajares, Forcall, Ortells, Zorita (F. Gil). — Sierra de Engarcerän, Penagolosa (Barreda). — Villafranca del Cid (8. Bened.).. — Andalusien: Verbreitet, im Siiden (Königreich Granada), in der Berg- und subalpinen Region bis zur Höhe von 56000: 8. Nevada (Boissier, Willk. Bory). — Antequera (Nipho). — Gibraltar (Talbot). — Mälaga (G. de la Lena). — Portugos und Pateraa in den Alpujarras (Ayuda). — Im Thale des Avellano, Ufer des Genil, Velez, Beas, Uastril, Tolox, Ronda, Grazalema (Clemente). — Sierra Tejeda im Tejothale, Sierra de Gador, Sierra de la Nieve (Boissier). — Convento de las Nieves, Sierra de Yunquera!, Pilar de Tolox (Willk.).. — Sierra Nevada en Ja Cartujuela (Colmeiro). — Jaen (Blanco). — Lanjarön (Medina). — Um- eebung von Granada und Guejar (Lange). — Sierra de Alfacar (Amo). — Estremadura: Banos de Montemayor (Lag.). — Portugal: Zwischen Minho und Duero (Hrb. Link)! — Berge von Uintra in Estremadura, Semide, Arouca und anderwärts in Beira (Brotero, Figueiredo), — Uabeceiras de Bastos (Henriques).!) — Griechenland? 1) Die auf Spanien und Portugal Bezug nehmenden Angaben sind zum grossen Theile entnommen den Werken von Willkomm und Lange, Prodromus florae Hispanicae und Colmeiro, Enumeracion y revision de las plantas de la peninsula Hispano-Lusitana 1885. Monographia Hellebororum. 57 Sectio III. Chenopus Schffn. Rhizoma subtuberosum (?); caulis foliosus; folia digitata, tribus foliolis composita, perdurantia, coriacea; nectaria tubaeformia, ore aperto, oblique truneato, dentieulato: carpella plura inflata, basi tantum connata, stylo erecto; semina oblonga, apophysi magna, apicem seminis superante, alba, spongiosa praedita. Den Namen dieser Gruppe habe ich darum gewählt, weil die höchst charakteristischen dreizähligen Blätter mit einiger Phantasie betrachtet an einen Gänsefuss oder vielmehr an den Fuss eines T'auchers erinnern. Zweifellos stehen die Formen dieser Section dem MH. foetidus sehr nahe, sowohl im Wuchs (beblätterten Stengel), sowie in der Form der Nectarien. In der Form ähneln die Blüthen aber mehr denen eines Euhelleborus, als denen von Griphopus. Die Samen sind auch verschieden, indem sich hier die Apophyse gegen den Scheitel nicht in eine Carina verschmälert, sondern den Samenscheitel noch bogig gekrümmt überragt, in dieser Beziehung stimmen sie mit der folgenden Section überein. Während die ganze Gruppe sehr gut und scharf von anderen ab- gegrenzt ist, zeigen die einzelnen Formen derselben eine ausserordentliche Variabilität und lassen sich zwischen ihnen keine feste Grenzen angeben. Trotzdem die einzelnen Formen in ihrer extremsten Entwickelung äusserlich recht unähnlich sind, so findet man doch wieder Formen, in denen sich die Extreme berühren und bei denen man zweifelhaft sein kann, in welchen Formenkreis man sie stellen soll. Es sei mir erlaubt dafür Mares und Vigineix, zwei sehr sorgfältige Forscher zu eitiren, die über diesen Punkt Folgendes berichten: „Cette plante, dont nous possedons nombreux &chantillons et que nous avons pu observer en abondance sur place, presente de nombreuses varjations dans la forme des segments de ses feuilles: ils sont ovales ou laneeoles, mais plus ou moins obtus, et tantöt les dents sont rapprochees, tres- aigues, comme les indiques la figure du Flora Sardoa, de Moris, tantöt les dents sont ä peine indiquees par des points tres-espaces“. (Mar. et Vig., Cata- logue raisonne des plantes vasculaires des iles Baleares. 1880. p. 10.) — Nach dem Gesagten möchte es am einfachsten scheinen, alle hierher gehörigen Formen unter eine Species zu subsummiren, wie dieses bisher thatsächlich Nova Acta LVI. Nr. 1. 8 53 Dr. Vietor Schiffner. zumeist geschehen ist, jedoch muss zugestanden werden, dass einzelne Formen von einander mindestens ebenso verschieden sind, wie näher verwandte Arten aus der Section Euhelleborus, die auch durch Uebergänge verbunden sind und trotzdem gegenwärtig als „Arten“ aufgefasst zu werden pflegen. Diesem Umstande Rechnung tragend fasse ich die beiden extremsten Formen ins Auge und stelle sie als Arten, von allerdings sehr ungleichem Werthe, neben einander und betrachte die übrigen Formen als Varietäten. Als Typus der Seetion gilt mir die Form mit grob dornig gezähnten breiten Blattsegmenten (H. corsicus Willd.), während ich die Form mit fast ganzrandigen Blättern für eine Art zweiten Ranges oder als Subspecies hinstelle. III. Helleborus corsicus Willd. (Tab. III.) Synon. et litterat.: Helleborus corsicus Willd. En. horti bot. Berol. suppl. p. 40. — Gillot in Bull. soc. bot. Fr. 187%. — HH. lividus (non Aiton) Moris, Fl. Sardoa I. p. 53. n. 29. tab. 3. — Dub. bot. I. p. 14. — Gr. et God. fl. Fr. L. p. 42. — Spach, Hist. nat. des Veget. VII. p. 321. Pers. Synops. plt. p. 107. — L. sp. plt. Ed. IV. (Willd.) Tom. U. p. 1338. No. 7. — Edwards, Bot. Reg. New Ser. XI. tab. 54. — Sweet, Brit. Flor. Gard. I1..tab. 109. —ı D.C. Prod. L.p. 42 Nr ,9 -—— D.C Svslsl p: 321. — Bertol. Fl. Itat. V. p. 594. No. 4. — Mut. fl. fr. I. p. 28.— Lois. fl. gall. I. p. 406. — C. Koch in Berl. allg. Gartenz. 1858. p. 138. — Camb. Enum. plt. Balear. Nr. 11. — Mares et Vigineix, Balear. p. 10. ex. p. Nicholson, Diet. II. p. 133 (1886). — Arcangeli, Fl. ital. p. 17. — H. triphyllus, Lam. Ene. 3. p. 97. — H. spinescens, Tausch (in sched. Herb. Univ. Pragensis). — H. argutifolius Viv. fl. corsie. prodr. I. p. 8. Ex. Presl. Repet. bot. I. 66. — Walpers, Repert. bot. I. p. 48. — Moris, Histor. II. 460. seet. 12. tab. 4. fie. 7. — AH. niger trifoliatus, Aldini, farn. 93. tab. 92.2 = Exsiee. Mabille: Herbar. Corsieum (1865) No. 28! — Kralik exs. No. 460. — Soleirol, exs. No. 268 (sub. nom. H. argutif,)! — Reverchon: Plantes de la Corse (1881) No. 69! (sub. n. H. corsic.) — Reverchon: Plantes de la Sardaigne (1881, 82) No. 258! Monographia Hellebororum. 59 Vulgärnamen: Elabro trifogliato — Palonia blanca — Palonis borda ab fuyas de tres en tres. H. glaberrimus, sempervirens, suffrutescens; caulibus foliosis; foliis erassiuseulis coriaceis, livido - viridibus, ternato - digitatis, segmentis margine argute et grosse spinuloso-dentatis; bracteis indivisis, ovalibus, pallidis, argute serratis: inflorescentia ramosa multiflora; Horibus nutantibus magnis semigloboso patulis; sepalis late - ovatis, pallide livido-viridibus; nectariis tubaeformibus, oblique truncatis, ore aperto dentieulatis; follieulis pluribus magnis, inflatis, subteretibus, dorso carinatis, rugosis, stylo praelongo coronatis; seminibus oblongis, apophysi magna apicem seminis superante, alba, spongiosa instructa. Forma «: latifolius Schffn. Foliosis latis, elliptieis vel ovato-elliptieis, acutis. — Forma #: angustifolius Schtfn. Foliolis angustis, lanceolato-elliptieis ve] lanceolatis, acutis. Den Wurzelstock konnte ich nicht untersuchen, doch ist zu ver- muthen, dass er genau so, wie bei der folgenden Subspecies beschaffen ist. — Der Stengel ist bis /; m hoch, aufrecht aber nicht ganz gerade, sondern von Blatt zu Blatt etwas hin und her gebogen, 5—10 em dick, vollkommen stielrund, liehtgrün und bläulich bereift. — Die langgestielten Blätter stehen abwechselnd am Stengel (in einer Spirale von Y/;); ihr I—2 dm langer Stiel ist oben tief und breit rinnig, unterseits halbrund, ungerieft und umfasst mit etwas scheidiger Basis den halben Stengel. Auch hier findet sich dieselbe Erscheinung, wie bei H. foetidus, dass die älteren Blattstiele stark nach abwärts geneigt sind. — Die Blattspreite ist aus drei grossen Blättchen zusammengesetzt, die flach ausgebreitet oder etwas kielig gefaltet stehen und von dieklicher, lederartiger Oonsistenz sind. Sie sind, wie die ganze Pflanze völlig kahl, oberseits dunkelgrün mit bläulichem abwischbaren Reif bedeckt, unterseits heller und ebenfalls bereift. Die Adern sind oberseits etwas eingesenkt, unterseits nicht deutlich hervortretend (im frischen Zustande). Das mittlere Blättchen ist eiförmig-länglich, seltener länglich- lanzettlich, zugespitzt, nach der Basis keilförmig verschmälert; die beiden seit- lichen sind unsymmetrisch, der untere Rand ist bauchig vorgewölbt. Die Ränder sind bis fast zur Basis scharf dornig gezähnt; Zähne von ungleicher Grösse bis 1 cm lang, etwas nach vorn geneigt. — Nach oben verzweigt sich der Stengel in eine ästige, bis 20blüthige Inflorescenz, deren Aeste aus 8* 60 Dr. Vietor Schiffner. den Axeln von Hochblättern entspringen, von denen die untersten aus einem sehr breitscheidigen Stiele mit kleiner Lamina bestehen, während die. oberen sitzend, eiförmig und an den Kändern fein gesägt sind. Die letzten Verzweigungen und Blüthenstiele sind kantig; die ganze Inflorescenz ist hell gelblich grün gefärbt und wie die Blätter bläulich bereift. — Die langgestielten, nickenden Blüthen sind gross (bis 6 cm breit), nie — selbst nach dem Verblühen nicht — flach ausgebreitet, sondern etwa halbkugelig, ihre Sepala sind breit eiförmig, stumpf, öfters an der Spitze etwas gezähnelt, von gelblich grüner Farbe und beiderseits bereift. — Die Neetarien sind trichterig-röhrig, etwas gekrümmt, an der Mündung völlig offen, schief gestutzt und fein gezähnelt, oft an der inneren Seite bis gegen die Mitte aufgeschlitzt, von grünlich gelber Farbe. — Die Staubgefäse besitzen sehr lange, fädliche Filamente und fast kreisrunde Antheren. — Die 4--7 Stempel stehen auf conisch - eylinderischem Fruchtboden und bestehen aus einem am Rücken scharf gekielten Ovarium und einem mindestens doppelt so langen Griffel. — Carpelle nur am Grunde verwachsen, etwas aufgeblasen, eylindrisch-walzlich über dreimal so lang als breit, mit vortretendem Rückenkiel und fast gleich langem aufrechtem oder wenig ge- krümmten Griffe. — Samen bis 10 in jedem Carpell, meist alle fertil, ca. 4 mm lang und mehr als 3 mm breit (mit Einschluss der Nabelwulst), schwarz, glänzend. An der Bauchseite mit sehr stark entwickelter, eylindrischer Nabelwulst (Apophyse) von weisslicher Farbe, welche den Scheitel in etwas bogiger Krümmung überragt. Der Nabel ist schnabelig vorgezogen mit tiefer Nabelgrube. Bemerkungen: Diese Art, welche ich wegen ihrer weiteren Ver- breitung und ihrer grösseren Häufigkeit für den Typus der Section Chenopus halte, ist sehr ausgezeichnet durch die stechend dornig gezähnten Blattränder, jedoch ist, wie schon Eingangs bemerkt wurde, dieses Merkmal keineswegs stereotyp, da es Uebergangsformen zwischen dieser Art und der folgenden Subspeeies giebt, bei solchen hat die individuelle Ansicht des einzelnen Be- obachters freien Spielraum; noch viel weniger constant erweisen sich die beiden von mir aufgestellten Formen, die ich mehr der Vollständigkeit wegen speciell angeführt habe; sie mögen auf locale Verhältnisse zurückzuführen Monographia Hellebororum. 61 sein und sind vielleicht nicht einmal constant. NReverchon giebt in seinem Exsiecatenwerke unter derselben Nummer beide Formen aus, ein Beweis, dass auch dieser sorgfältige Sammler und Beobachter die Breite der Blattsegmente nicht für besonders wichtig erachtet. Anormale Bildungen habe ich bei HM. corsicus Willd. mehrere gesehen: Die Bracteen gehen häufig direct in die Sepalen über, indem knapp unter der Blüthe ein sechstes Sepalum steht, welches am vorderen Rande fein gesägt ist, wie die Bracteen; diese Bildung kommt nicht nur bei der cultivirten, sondern auch bei der wildwachsenden Pflanze oft genug vor, — Weit interessanter sind die Blattanomalieen an einem Exemplare, welches Reverchon (Pl. d. l. Corse 1581, No. 69; dasselbe befindet sich im Herbarium des böhmischen Museums zu Prag) ausgegeben hat. An diesem findet sich ausser normalen Blättern eines mit vier Segmenten, die beiden äusseren sind wie gewöhnlich unsymmetrisch, die beiden inneren sind symmetrisch und am Grunde einander etwas genähert. Ein anderes Blatt derselben Pflanze zeigt sogar fünf Blättchen, von denen das mittlere symmetrisch und am Grunde frei ist, die beiden seitlichen ein wenig unsymmetrischen sind mit den äussersten am Grunde fussförmig verbunden, indem ihre Hauptnerven von den Hauptnerven der äusseren Blättchen (allerdings unfern der Basis) entspringen. Dieses Blatt liefert den deutlichen Beweis, dass das scheinbar handnervige Blatt des H. lividus auch auf die Form des folium pedatum zurückzuführen ist. Bei eultivirten Exemplaren sah ich auch den Fall, dass ein seitliches Blättehen mit dem mittleren an der Basis oder selbst der ganzen Länge nach verwachsen ist. An dieser Stelle sei es gestattet, dass ich eine höchst merkwürdige Form beschreibe, die ich in älteren Herbarien mehrfach vorfand (Hb. Wildenow No. 10619, Hb. Univers. Prag., Hb. d. böhm. Mus. ete.). Ich halte sie für eine Culturform. Die ganze Pflanze ist viel kleiner und schmächtiger, kaum 2dm hoch. Blätter in allen Dimensionen viel kleiner, Blättchen schmal, lanzettlich-elliptisch; Ränder klein und scharf gezähnt, Zähne oft etwas entfernt, sehr spitz aber nicht dornig und buchtig nach aussen gekrümmt. Das unterste (grundständige) Blatt ist oft einfach herzförmig, gezähnt. Bracteen schmäler als bei der Normalform, breit lineal, scharf gezähnt, Zähne ent- fernt. Blüthen nicht zahlreich. Sepala fast immer von ungleicher Grösse 62 Dr. Vietor Schiffner. (die inneren Jänglich-oval, stumpf, die kleineren äusseren eiförmig, spitzig), sind verhältnissmässig sehr schmal, so dass sie sich nur an der Basis ein wenig decken. Gegen die Spitze hin sind sie unregelmässig gezähnt. H. corsicus ist ist eine elegante Zierpflanze, die sehr zur Oultur empfohlen werden kann, sie ist aber zärtlich und hält bei uns im Freien nicht aus. Was die Litteratureitate anlangt, so sind zwar viele der Diagnosen recht mangelhaft, die Autoren dürften aber doch mit ziemlicher Gewissheit diese Form (mit dornig-gezähnten Blättern) gemeint haben. Geographische Verbreitung: Das Verbreitungsgebiet des H. corsicus ist ein sehr beschränktes, er wurde bisher nur in Corsica, Sardinien und auf den Balearen gefunden, woselbst er häufig vorkommt. Er wächst auf Hügeln und Bergen zwischen Geröll, häufig in den ausgetrockneten Betten der Giessbäche; in Corsica und Sardinien nach Arcangeli in einer Höhe von 600—1000 m (nach Gillot in Bull. soc. bot. de France 1577 auch 1100 bis 1200 m hoch), auf den Balearen wächst er schon bei 300 m. Ueber die Lebensweise dieser Pflanze speciell auf den Balearen berichten Mares und Vigineix (l. e.) unter Anderem Folgendes: „Am Puig Gros de Ternellas findet man den H. lividus ebenfalls zwischen grossen Geröllblöcken schön und üppig. Diese Pflanze scheint es nöthig zu haben, geschützt zu stehen, in einer ausgezeichneten Erde zu wachsen und wenigstens in der ersten Wachsthumsperiode einen Schutz vor der Dürre des Bodens und dem Sonnenbrande zu haben. Diese Bedingungen sind überall da erfüllt, wo wir sie angetroffen haben und manchmal sind die Stengel gezwungen, ungewöhnlich sich zu entwickeln, um sich von den Steinblöcken zu befreien, welche sie verdecken und ihre Blüthen und ihre schönen blaugrünen Blätter ans Licht zu bringen“. Von speciellen Standorten sind mir folgende bekannt geworden: Sardien: Bois a monte-rosso; Santa Teresa Gallura, par Tempio. (Moris!) — Arrondissement de Tempio Monte Libardo, bois, terrain granitique (Reverchon)! — Ausserdem befindet sich im Prager Universitäts-Herbarium ein altes Ex. mit der Scheda „Sardinien“ ohne nähere Angabe! — Corsica: Bastelica (Reverchon Pl. de la Corse 1878)! — Pentes du Pigno, ä Bastia (Mabille)! Monographia Hellebororum. 63 — Bastia (Herb. Authemans)! — Bastia in monte Signo (Mabille)! — Am Etang de Biguglia (Boullu in Bull. soe. hot. de Fr. 1877). — Bonifacio, Mont Cagno dans les bois de pins (Reverchon Pl. de la Corse No. 69)! — An Bächen und in den Wasserläufen bei San-Martino di Lota, häufig in den Macchien daselbst 1100—1200 m (Gillot in Bull. soe. bot. de Fr. 1877). — Erbalunga (Gillot 1. «.) — Mallorca: Schlucht der couma de Carnisero, am Fusse der Serra de Soller, über 300 m. An der Nordseite des Puig Gros de Ternellas, im Nordwesten von Pollenza am sogenannten „el Parat d’ente Marte, über 400 m (Mares und Vieneix). — Um Esporlas (Trias, Cambessedes) Puigpunent und anderwärts (Barcelö) '). Blüthezeit: März, April (in höheren Lagen auch noch im Mai). 4. (Subspec.) Helleborus Tividus Ait. (Tab. IV.) Synon. et litterat. H. lividus Ait. H. Kew. ed. I. vol. H., p. 272, No. 5. — Ed. II. vol. II. 361. No. 5. — Curtis, Bot. Magaz. I. t. 72. — Trattinick, Ausg. Taf. aus dem Archiv d. Gew. (1814) tab. 205, 205%. — Willkomm et Lange, Prod. fl. Hisp. p. 974. — H. lividus var. integrilobus D. C. prodr. I. p. 47. — AH. trifolius Mill. Diet. Nr. 4. (von L.). Differt a specie praecedente foliolis margine subintegerrimis vel remote dentatis, nunquam spinuloso - dentatis, dentibus minoribus vel minimis; aliis notis cum illa convenit. Foliolis latioribus (forma «: latifolius) et angustioribus (forma 2: angustifolius) provenit. Var. b. pictus Schfin. [,H. lividus var. folüs pictis subintegerrimis“ Schedae Herb. Willkomm.] Formae latifoliae ex habitu simillimus, sed differens foliis superne eleganter albo-marmoratis, subtus plus minus purpureo-violaceis; sepalis subpurpurascentibus (ceterum tota planta ut forma normalis livida est). Von dieser Subsp. (resp. von der var. 5) kam mir ein Rhizom zu Gesichte, und da es höchst wahrscheinlich ist, dass dasselbe bei der vorigen 1) Da Mares und Vigineix (l. e.) ausdrücklich betonen, dass beide Formen, die mit dornig-gezähnten und fast ganzrandigen Blättern auf den Balearen gemeinsam wachsen, so beziehen sich die Standortsangaben der genannten Forscher auf beide, vielleicht ebenfalls die anderen Standorte von den Balearen, die dem Werke von Colmeiro entnommen sind. 64 Dr. Vietor Schiffner. Species ebenso gebildet sein wird, so will ich es hier nachträglich beschreiben. Das Rhizom ist knollig, länglich, mit unregelmässigen Verdiekungen; in diesem Stadium ist von der primären Wurzel keine Spur mehr zu sehen, sie geht vermuthlich schon im jugendlichen Alter ein. Aeusserlich erscheint es von einer korkigen, dicken, dunklen Rinde bedeckt und entwickelt viele dicke, fleischige Adventivwurzeln, ähnlich wie andere Helleborus-Arten. Neben dem Stengel und den Narben der abgestorbenen Stengel entwickeln sich Knospen, die einige Ringscheiden und wieder beblätterte Stengel hervorbringen. Inwendig ist es gelblich mit concentrischen Wachsthumsringen und von einem dunkleren Centralstrange durchzogen. Der Geruch im getrockneten (und frischen ?) Zustande ist süsslich, etwa wie Zimmet; der Geschmack süsslich-bitter mit brennend scharfem Nachgeschmack. Das Rhizom ist von dem des H. foetidus gewiss sehr verschieden. Ueber seine Entwickelung aus der Keimpflanze ist im allgemeinen Theile die Rede gewesen. H. lividus Ait. steht dem A. corsicus Willd. ausserordentlich nahe und unterscheidet sich eigentlich nur durch die verschiedene Serratur der Blätter, während die Blattsegmente dort buchtig und dornig gezähnt waren, sind sie hier oft nahezu ganzrandig oder doch nur mit kurzen Zähnen versehen, die oft sehr entfernt stehen und durchaus nicht dornig sind. Auch hier kommen Formen mit breiten und solche mit sehr schmalen Blättern vor, doch auch bei dieser Subspecies sind dies nur unbedeutende Form- unterschiede, die wohl auf localen Verhältnissen beruhen mögen. Eine ebenso interessante als schöne Form ist die var. b. pictus. Die- selbe ist habituell ganz ähnlich der gewöhnlichen breitblättrigen Form. Die Blattränder sind meist nur ganz unmerklich gezähnt, öfters kommen aber doch Blätter mit deutlicheren Zähnen vor (Uebergänge zu H. corsicus). Auf der Oberseite besitzen die dunkelgrünen, übrigens stark hechtgrau bereiften Blätter grosse unregelmässige weisse Flecken, die besonders gegen den Rand und um die grossen Blattnerven häufig sind (dieselben haben ihren Grund in grossen luftführenden Intercellularräumen unter der Epidermis. Auf der Unterseite sind die Blätter mehr weniger violettroth angehaucht, oft ziemlich intensiv gefärbt. Die Sepala der übrigens sonst normal ge- stalteten Blüthen sind ebenfalls beiderseits (wenigstens meistens) purpur- violett angelaufen; auch die Stempel, die hier am Grunde immer deutlich Monographia Hellebororum. 65 (selbst bis zu 1/; der Länge) verwachsen sind, zeigen dieselbe Farbe. — Ich sah Exemplare dieser prächtigen Pflanze nur von der Insel Mallorca, und zwar: „Ad rivulos et in petrosis Sierrae de Soller, sol. calecar. 40—1000 m. Gesammelt von Porta und Rigo 1885 und vom Puig Gros de Ternellas; gesammelt von Willkomm 1873. Ich glaube kaum, dass vor dem letzt- genannten Naturforscher früher Jemand diese Pflanze beobachtet hat. Derselbe theilte mir gesprächsweise mit, dass er auf Mallorca überhaupt nur diese Form gesehen habe. Es ist immerhin möglich, dass auch diese so auffallende Form nur eine mehr weniger zufällige, durch locale Verhältnisse bedingte Aberration der typischen Pflanze ist; einmal darauf aufmerksam gemacht, wird es den Botanikern, welche die Pflanze an Ort und Stelle zu beobachten Gelegenheit haben, leicht sein, dies zu entscheiden. Was die geographische Verbreitung des A. lividus Ait. überhaupt betrifft, so ist mir derselbe nur von den Balearen bekannt geworden ; möglicher Weise wächst er auch in Corsica und Sardinien, jedoch beziehen sich sämmt- liche Angaben, die darüber in der Litteratur zu finden sind, mit ziemlicher Gewissheit auf H. corsicus. Mares und Vigineix (l. c.) führen aus, dass unsere Subspecies auf den Balearen gemeinsam mit H. corsicus wächst, und dass Uebergänge zwischen beiden gefunden werden, die bei letzterem citirten Standorts-Angaben beziehen sich also gleichzeitig auf unsere Abart, und sind dieselben p. 62, 63 nachzusehen. Nach Willkomm (Prodr. flor. Hisp. p. 974) kommt A. lividus Ait. (nach dem oben Gesagten also wohl H. lividus var. b.) vermuthlich auch im König- reiche Valencia vor; sichere Angaben fehlen noch darüber. Nova Acta LVI. Nr. 1. 9 66 Dr. Vietor Schiffner. B. Hellebori acaules. Aus dem Rhizom entspringen Seitenäste, deren 'Terminalknospe lang- gestielte, grosse, grundständige Blätter und Blüthenschäfte entwickelt, die nur an ihren Gabelungen braeteenartige, von den Grundblättern verschiedene Blätter tragen. Sectio IV. Chionorhodon Spach. [Hist. des veg. VII, p. 319.] Folia radicalia perdurantia, coriacea, pedata; bracteae ovales, pallidae; scapus paueiflorus; nectaria tubaeformia, bilabiata, ore aperto, labio superiore majore lingulato; carpella basi usque ad /, longitud. connata; semina oblonga apophysi magna, alba, spongioso-inflata instructa. Diese Section enthält nur eine Art und eine Subspecies, die man wohl auch als Varietät auffassen könnte. Die Variabilität ist hier verhältnissmässig nicht bedeutend. Die Grenzen der Gruppe sind scharf gegen die anderen Sectionen, direete Uebergänge giebt es nicht, ebenso ist keine Neigung zur Bastard- bildung mit Formen anderer Sectionen vorhanden; wohl aber lassen sich gewisse verwandtschaftliche Verhältnisse constatiren, die die Stellung der Section zwischen den Gruppen Chenopus und Euhelleborus rechtfertigen. Von der erstgenannten habituell sehr verschieden, stimmt die Section Chionorhodon doch mit ihr im anatomischen Baue der Vegetationsorgane, in der Form der Nectarien und im Baue der Samen überein; für die nahe Verwandtschaft mit Euhelleborus spricht schon der gesammte Wuchs und die Uebereinstimmung im Bau und der Entwickelung des Rhizoms. V. Helleborus niger L. Synon. et litterat. Veratrum nigrum Dodon. Pempt. p. 335. Fig. 1. — Veratrum nigrum stiriacum Tabernaem. 1099 Fig. 2. — Veratrum nigrum Monographia Hellebororum. 67 I. Clus. Stirp. Pann. p. 570. — KElleborus niger legitimus Clus. rar. plt. histor. p. 274. — H. scapo florifero subnudo petiolo communi bipartito. Hort. cliff. 227. — AH. nectarüs obsubulatis, filamentis staminum duplo brevioribus. Scop. earn. ed. I. p. 556. n.2 — ed. II. 696 (?). — H. niger flore roseo. Bauh. pin. 186. — Hill anat. t. I. — AH. foliis pedatis flore roseo. Urantz aust. Ed. I. Fasc. Il. p. 122. — AH. niger Lobel. Icon. 681. Fig. 1. — Histor. p. 388. Fig. 1. — Adversar. p. 304. — ÜCamerar. Kräuterb. p. 418. C. Fig. 2. — H. niger |scapo subbifloro subnudo folüs pedatis|. L. sp. (1753). p. 558. — L. cod. Nr. 410%. — Willd. sp. Tom. II. p. 1336 no. 3. — Hort. ups. 15%. — Roy, lugdb. 484. — Mat. med. 142. — Miller, diet. n. 3. — Curtis bot. Magaz. tab. 8. — Schmidel Icones pl. t. 6. — Urantz, aust. Ed. II. p. 133 n. 3. — lIcg. aust. III. tab. 201.— leg. En. pl. 97. — Mattusch, fill. n. 420. — Blackw. t. 506, 507. — Ludw. ect. n. 139. — Kniph cent. 1 n. 41. — Knorr, del. I. t. Nr. 6. — Hoffm. germ. 199. — Kramer, Elenchus. p. 162 n. 2. — Malg. Fl. Styr. (1838) p. 4. — Fleisch- mann, Fl. v. Krain. p. 121 (?). — Koch, Deutschl. Fl. IV. p.195. — Koch, Syn. Ed. II. p. 21. — Sturm, Deutschl. Fl. I. tab. 3. — Röhling, Deutschl. Fl. IV. p. 195. — Aiton, Hort. Kew. Ed. I. tom. III. p. 260. — Pers. Syn-sples,p. 10% — Al. Braun, d. Ind, d,.PBilp462 et59277 726 syst. IL p. 516. — D. Ü. Prodr. I. p. 46. — D. C. fl. fr. IV. p. 908 (2). — Dub. bot. 14 (?). — Lois. gall. I. p. 407 (?). — Mut. fl. fr. I. p.27 (0). — Gren. God. fl. fr. I. p. 41 (2). — Hayne, Arzng. T. I. tab. —8. — Dreves et Hayne, bot. Bilderb. IV. 129, 130. — Kunth, ofl. Gew. p. 323. — Woodville and Hook, Medic. Bot. III. tab. 196. — Brandt und Ratzeb,, Deutschl. Giftg. t. 34. — Berg, Handb. I. p. 423. U. p. 60. — Bot. Zeitg. IX. p. 313. — Josch, Fl. v. Kärnth. p. 15. — Nees, Düsseld. Suppl. t. 391 et 48. — Guimpel und Schlechtend. Abb. d. Gew. der Pharm. boruss. tab. 66. — Wagner, pharm. med. Bot. tab. 12. — Rehb. Icon. IV. tab. 111. Fig. 4726. — Bull. Herb. tab. 33. — Swet. Brit. Flor.. Gard. ser. 2. tab. 186. — Spach Hist. des veg. VII. 314 et atlas. tab. 58 (Details). — Berg et Schmidt, Darst. I. tab. 2e (exel. icon... — Baumgarten, Enum. stirp. Transsyl. n. 1127 (?). — Schur, Enum. pl. Transs. 141 (?). — Boiss, fl. or. I. p. 61 (?). — Hinterhuber et Pichlm., Salzb. p. 7. — Koch in Berl. Allg. Gartenz. 1858. p. 139. — Knapp, Pfl. Galiz. (1872) (?). — Neilreich, 9* 68 Dr. Vietor Schiffner. Aufz. d. i. Ung. u. Slavon. beob. Phan. p. 243. — Wimmer, Fl. v. Schles. III. Ed. 493. — Hausmann, Fl. v. Tirol. I. p. 27. Nr. 60. — Fuss, fl. Transs. p. 29. no. 140 (?). — Schlosser et Vukot, Fl. Croat. 174 (2). — Baillon, Monogr. des Ran. p. 15, 16. — Paneie, Verz. Nr. 607 (9). — Nyman, Consp. p. 17. — Seboth, Alpenpfl. tab. 10. p. 42. — Krombach, Fl. v. Luxemb. p. 33. — Prantl, Fl. v. Bayern p. 208. Nr. 746. — Beck, Fl. v. Hernstein p. 57 et 193. — Pacher und von Jabornegg, F]. v. Kärnthen I. Th. II. Abth. p. 91. Nr. 1522 (1887).') Exsicc. F. Schultz et Winter herb. normale Phan. Cent. I. Nr. 7! — Fl. Galliae et German. exsice. Nr. 1002! — Rchenb., Fl. german. exsice. 892! — AI. Skofitz, Fl. austriaca exsicc. Cent. 38. sp. 3761! — Koväts, Fl. exs. Vindobonensis Nr. 1003! — Kerner, Fl. exsiec. Austro-Hungarica Nr. 895! Vulgärnamen. Deutschland: Schwarze Niesswurz, Christrose, Schelmrose, Christwurz, Weihnachtsrose, Feuerwurz, Alröschen, Starkwurz, Winterrose, Schneeblum (N.-Oest.), Schneekaderl (N.-Oest., Salzburg), Loantscha (N.-Oest.), Schneerose. — Holländisch: Winter-Nieskruid. — Frankreich: Rose de Noel, Ellebore noir. — England: Black Hellebore, Christmas Rose. — Italien: Erba nocca, Fava di lupo, Pie de diavolo.. — Windisch (Kärnthen): Tavh (Jaunthal, Griffen). — Serbien: Kukurjek. — Türkei: Karadscha ot. H. glababerrimus acaulis sempervirens; foliis radicalibus pedatisectis, coriaceis, atroviridibus, segmentis ovato-cuneatis, apicem versus remote dentatis; scapo pancifloro, bracteis pallidis, indivisis, ovatis instructo; floribus permagnis subnutantibus, albis vel saepius roseo tinctis; sepalis latis, patentibus; nectariis luteis, tubaeformibus, apertis, bilabiatis, labio superiore erecto vel reclinato sublingulato; staminibus longis, antheris brevibus suborbieularibus; carpellis pluribus (6—10) basi connatis, ad basin angustatis, stylo persistente suberecto: seminibus oblongis, atris, nitentibus, apophysi umbilicali magna, spongiosa, alba instructa. 1!) Bei den mit (?) bezeichneten Angaben können noch Zweifel übrig bleiben, ob die betreffenden Autoren ZZ. niger oder H. macranthus Freyn im Auge gehabt haben. Dieselben Citate finden sich darum wieder bei letzgenannter Subspecies, und zwar auch mit (?). Monographia Hellebororum. 69 Var. b. altifolius Hayne pro sp. Litterat. Hayne, Arzneig. I. 8. — Fleischm., Fl. v. Krain. p. 121. (pro spec.) — Rchb. Ie. IV. tab. 112. (Fig. 4727). — Schloss. et Vuk., Fl. Croat. p. 174 |?] (pro sp.) — Rchb., Fl. germ. excurs. p. 747. — Rehb,, fl. germ. exsiec. Nr. 1779. Differt a forma normali foliis longissime petiolatis scapıım longitudine superantibus, majoribus saepe foliolis pluribus compositis, segmentis cuneatis apicem versus grosse, fere inciso dentatis, scapo et petiolis saepissime rubro- maculatis, floribus plerumque roseis, majoribus. Der ausdauernde Wurzelstock ist an der Oberfläche geringelt, dicht mit langen fleischigen Adventivwurzeln bedeckt, und theilt sich in mehrere Aeste von der Länge bis zu 1 dm, die aus ihrer Terminalknospe mehrere häutige halbkreisförmige Niederblätter, dann 1—3 Grundblätter und den Blüthenschaft entwickeln.!) Die Grundblätter stehen auf einem ca. 2,5 dm langen Stiele, der oft bis über die Mitte herauf roth punktirt und gestrichelt ist. Die Blattspreite ist sehr deutlich fussförmig aus 7—9 breit keilförmigen, meist stumpflichen Blättchen zusammengesetzt. Dieselben sind gegen den Grund zu keilig in ein kurzes Stielchen verschmälert, die breiteste Stelle liegt weit vor der Mitte. Nur im vorderen Drittel der Länge ist der Rand entfernt gezähnt; die Zähne sind unregelmässig, ziemlich grob, in ein etwas nach vorn gerichtetes Spitzchen zusammengezogen, im frischen Zustande kaum stechend. Die Consistenz der Blätter ist dicklich, fast lederartig, ihre Farbe ist oberseits ein freudiges Dunkelgrün mit mattem Glanze, unterseits heller (die Basis der Blatt- spreite ist oft oben rothbraun gefärbt); sie sind wie die ganze Pflanze völlig kahl. Der Blüthenschaft ist bei der normalen Form oft (aber nicht immer) ebenso hoch oder höher als die Blattstiele, ziemlich kräftig, drehrund, glatt und meistens nach unten zu rothbraun punktirt. Er trägt nur wenige (2—3) Blüthen; an den Abzweigungen der Blüthenstiele stehen Bracteen von blassgelblicher oder grünlichweisser Farbe, die keine Spur 1) Weitere Details über den Bau des Rhizoms findet man in der Einleitung. 0 Dr. Vietor Schiffner. einer Blattspreite entwickeln und oval und ganzrandig sind. Die Blüthen sind etwas niekend, ziemlich flach ausgebreitet. — Die Sepala sind sehr gross, breit eiförmig, sich mit den Rändern deckend, schmutzig weiss gegen den Grund gelblich grün, gewöhnlich etwas purpurn ange- haucht, aussen etwas intensiver purpurn. Neectarien 11—12 mm lang (davon entfallen auf die Röhre etwa 6 mm, 2,5 mm auf das Stielehen und 3,5 mm auf die Oberlippe), gelb, gestielt, röhrig >)I etwas gebogen, deutlich zweilippig, die Unterlippe ist klein, oft eingeschnitten gezähnelt, die lang zungenförmige Oberlippe ist gerade aufrecht vorgestreckt oder nach rückwärts gebogen, nie eingerollt oder die hier stets weit geöffnete Mündung des Nectariums bedeckend.. — Die ausserordentlich zahlreichen Staubgefässe neigen anfänglich um die nur wenig längeren Griffel in ein Köpfchen zusammen, beim Aufplatzen der Antheren strecken sich die Filamente und neigen sich nach aussen. Die Antheren sind klein, fast kreisrund, an der Spitze etwas ausgerandet, schön eitronengelb. Stempel 7—10 mit kleinem undeutlich gekielten Ovarium, und etwa gleich langem, oft röthlich ge- färbtem Griffel mit undeutlich abgegrenzter kleiner Narbe. — Carpelle auf einem langen conischen Fruchtträger, etwas nach aussen geneigt, gegen die Basis zu schmäler (so dass sie fast dreieckig erscheinen) und daselbst mit ihren Bauchseiten bis etwa zu ein Drittel der Länge verwachsen. Der persistente Griffel ist ziemlich aufrecht oder nach aussen geneigt. Die Samen sind ganz ähnlich denen des H. lividus. Sie sind länglich-walzlich, schwarz, glänzend und besitzen eine tiefe Nabelgrube und eine voluminöse, schwammige weisse Wulst an der Bauchseite. Bemerkungen. AH. niger ist eine ziemlich variable Pflanze, obwohl die Variabilität zwischen gewisse Grenzen eingeschlossen ist. Uebergänge finden sich wohl zu der folgenden Subspecies, die der normalen Form des H. niger überhaupt ausserordentlich nahe steht. Von den von früheren Forschern hervorgehobenen Merkmalen sind viele, wie ich mich überzeugt habe, von höchst untergeordnetem Werthe; am besten wird man die normale Form von der Var. altifolius, sowie von der Subspecies macranthus auch im getrockneten Zustande immer noch durch die Form der Blättchen (Blatt- segmente) unterscheiden. Die Grösse und Farbe der Blüthe, die Höhe des Blüthenschaftes, die Länge und Färbung der Griffel ete., die als Unter- Monographia Hellebororum. ga schiede angegeben werden, sind so variabel, dass ihnen kein diagnostischer Werth beigemessen werden kann. Es kommen Formen vor mit ziemlich schmalen spitzen Sepalen, was bei #7. macranthus der häufigere Fall ist. Die Var. altifolius kann, wie schon Koch in seiner Syn. fl. germ. behauptet, auf keinen Fall als selbstständige Art gelten, wie dies einige Botaniker annehmen, denn alle hervorgehobenen specifischen Unterschiede sind entweder an und für sich so geringfügig oder haben sich bei meiner eingehenden Untersuchung als so unbeständig gezeigt, dass sie kaum eine Varietät begründen könnten.!) Auszunehmen ist das Merkmal, welches sich auf die Serratur der Blätter, die übrigens sonst denen der Normalform gleichgestaltet sind, bezieht. Die Serratur ist ein gutes habituelles Merkmal, welches sich auch in der Cultur sehr constant gezeigt hat. Dass ich den AH. altifolius nicht als Subspecies unterschieden habe, dazu hat mich auch noch der Umstand bewogen, dass er mit der Normalform dieselbe geographische Verbreitung theilt und mit dieser oft gemeinsam wächst, während H. macranthus eine andere Verbreitung hat. Weiteres über diesen Punkt wird in den Bemerkungen zur folgenden Sub- species gesagt werden. Der MH. latifolius, den Lilienfeld aus Steiermark aus- sieht, ist nur eine sehr robuste, sehr breitblätterige Form des FM. niger. Abnormitäten kommen häufig (besonders bei cultivirten Exemplaren) vor. Ich sah Blüthen mit 7 Sepalen, sonst normal gebildet. Die Sepalen zeigen oft an ihren Spitzen eine Tendenz zur Vergrünung. — Eine sehr kleine, verkiümmerte Blüthe steht zwischen zwei grossen, grünen, gezähnten Deckblättern. — Am Blüthenstiele, knapp unter der Blüthe, steht eine bleiche sepalenartige Bractee. — Die unterste Bractee geht in einen langen Stiel aus, der eine kleine, aber vollkommen normal gebildete, aus 7 Blättchen be- stehende Laubblattspreite trägt. — Ein Exemplar (blos Blüthenschaft) aus dem Berliner botanischen Garten im Herbarium Al. Braun’s zeigt einen differenten Habitus, dass ich es auf den ersten Blick für einen Bastard von H. niger mit einem Euhelleborus hielt, was sich aber bei genauerer Unter- !) Hayne giebt unter anderen den Unterschied an, dass die Neetarien hier nicht zweilippig seien, was ich durchaus nicht bestätigen kann. Auch soll das Bild der Gefäss- bündel auf dem Querschnitte bei 4. altifolius ein anderes sein, die Samen sollen grösser sein ete., lauter sehr relative Merkmale. 7% Dr. Vietor Schiffner. suchung als irrthümlich herausstellte. Der hohe, schlanke Blüthenschaft ist hier oberhalb der Mitte in zwei lange Aeste getheilt, in einen einblüthigen und einen zweiblüthigen: die unterste Bractee trägt eine kleine, aus drei gezähnten Blättchen bestehende Lamina; die Sepalen der grossen Blüthen sind schmal und zugespitzt, sonst ist Alles normal. H. niger ist mit Recht eine sehr beliebte Gartenpflanze geworden, die sich durch ihre schönen Blüthen, das immergrüne Laub und vornehmlich durch die Blüthezeit sehr empfiehlt. Inwieweit die in Gärten cultivirten, meist ungemein grossblüthigen Formen (es giebt solche mit Blüthen von 12 cm Durchmesser) hierher gehören, wage ich nicht mit Gewissheit zu be- haupten, doch glaube ich mit gewissem Rechte folgende Beschreibungen als auf H. niger resp. var. altifolius bezüglich hier anführen zu können: Wittmack „Die grosse oder hochblättrige Christblume, 4. niger var. altifolius“ in Berl. Gartenz. 1884 p. 75. — Maxwell Masters in Gard. Chron. n. ser. XX. p- 686. — Win. Brockbank in Gard. Chron. n. ser. XX. p. 526. — Mis F. J. Hoppe in Gard. 1875. — Als zweifelhaft führe ich noch an H. niger L. $. vernalis Sweet, Flor. Gard. U. tab. 186. eit. in Walpers Rep. 1. p. 47 und die in Heer-Hegetschweiler Fl. d. Schweiz erwähnte klein- blüthige Form. Geographische Verbreitung: H. niger ist eine kalkliebende Gebirgspflanze; der alpinen und subalpinen Region angehörig, steigt er nur selten in die T'häler herab und ist es bei solchen Fundorten nicht selten zweifelhaft, ob die Pflanze daselbst wirklich wild wächst. Das Haupt- Verbreitungsgebiet sind die nordöstlichen Kalkalpen vom nordwestlichen Tirol durch das bayerische Hochland bis in die nordöstlichen Ausläufer in Nieder-Oesterreich (Schneeberg) und die Voralpen Ungarns, fehlt aber in den mährisch -schlesischen Karpathen (nach Wimmer, Fl. v. Schles. IH. Ed. 1857. p. 439, und Schosser, Anl. d. mähr. Pfl. z. best. 1843. p. 54). Die Pflanze der siebenbürgisch-wallachischen Karpathen gehört mit ziemlicher Gewissheit zu H. macranthus, ebenso vielleicht die aus dem südlichen Podolien (Besser, Volh. 70). Der H. niger von Bilez (Lenz, Sprawodanie Komisyi fizyograf. II. 62.) soll nach Knapp H. purpurascens W. K. sein. Südlich scheint H. niger nur bis Kärnthen verbreitet zu sein. Pflanzen aus Krain, die ich sah, bilden theilweise entschiedene Uebergänge zu H. macranthus Monographia Hellebororum. 13 Freyn und werden die betreffenden Standorte dort aufgezählt werden. Ebenso scheinen sich mit ziemlicher Gewissheit die Standorte aus Croatien, Serbien, Griechenland etc. auf letztgenannte Subspecies zu beziehen. Näheres darüber wird dort angegeben werden. Von dem ganz vereinzelten Standorte in der Rheinprovinz (Oeynhausen) scheint es mehr als wahrscheinlich, dass dort die Pflanze nur verwildert ist. — Westlich von Tirol scheint 4. niger nicht vor- zukommen; bezüglich der Schweiz giebt Gremli an, dass die Pflanze nur südlich der Alpenkette vorkommt, also mit Sicherheit zu H. macranthus gehörig, ebenso gehören wohl zweifellos die Angaben aus den französischen Alpen zu letzterer Subspecies und ebenfalls zweifelsohne die aus Italien. — H. niger ist stellenweise sehr häufig und eine Charakterpflanze der betreffenden Vegetations- gebiete. — Rheinprovinz: Oeynhausen, am Jakobsberge der Porta vereinzelt (Weihe) [wohl nur verwildert?]| — Westphalen: Nur als Zierpflanze, ebenso in Belgien. — Luxemburg: Bei Rosport, verwildert (Krombach). — Scandinavien: An mehreren Orten verwildert (El. Fries, summa veget.) — Schlesien: Wohl nur verwildert „Schlesien“ (Herb. 'Tempsky)! — Frank- furt a. ©. (Buck)! — „Silesia“ (Günther)! — Hohes Gesenke (v. Mükusch)! — Warschau: Am Belvedere verwildert (Rostafinski). — Tirol: In schattigen Wäldern der Gebirge und Voralpen, Kufstein (Hora)! — Unter-Innthal bei Pittersee (Hausmann), Waidring (Hausmann, Traunsteiner! v. Spitzel!) ete. — Bayern: In den Allgäuer Alpen allgemein verbreitet, bis zu 1560 m Seehöhe, 7. B. Berchtesgaden (Einsele)! — Von St. Bartholomae nach Eiskapelle bei Berchtesgaden (A. Br.)! — In der bayerischen Hochebene bei Safeld am Ammersee, wahrscheinlich verwildert (Prantl). — Ober-Oesterreich: Ufer der Traun (Keck)! — St. Pölten (Hackel)! — Ischl, Hundskogel (Tempsky)! Admont (Angelis)! — St. Pankraz (Oberleitner)! — Steier (Bayer)! — Nieder-Oesterreich: Gemein in den Wäldern der Kalk- Voralpen bis an die Grenze des Krummholzes, mit den Alpenbächen bis in niedere Gegenden herabziehend, so im Schwarzathale bis Neukirchen, im Traisenthale bis Ochsenburg, in den 'T'hälern der grossen und kleinen Erlaf bis Schwibbs und Gresten, im Ihbsthale bis über Waidhofen, sogar bis Amstetten; auf den Schiefern des Wechsels kommt sie nieht vor, dagegen nach Lorenz auf dem Jauerling und nach Staufer auf dem Hiesberge bei Nova Acta LVI. Nr.]. 10 74 Dr. Vietor Schiffner Melk (Neilreich) ). — Im Grabenweger 'T'hale bei Pottenstein und dem 'Tass- hofe nächst Altenmark (Beck). — Reisalpe, Fuchsgraben (Heimerl). — Ahorn- wald b. St. Egid am Traisenflusse, Kalk, 550 m (Woloszezak)! — Kl. Zell (Schedl)! — Schwarzau (Brandmeyer)! — Seitenstetten a. Ibbs bei Rosenau (Strobl)! — Schneeberg (Kilimek! Ehrenberg)! — Reichenau (Haläesy)! — Salzburg: Auf steinigem Boden, an Waldrändern und Gebüschen, Auen, vom Fusse der Kalkalpen bis auf die Voralpen |1600 m] sehr gemein, als: Am Fusse des Unterberges bei Glanegg, Gröding, Waldränder bei Oberalm, Strobl, Salzachau bei Puch, von Scheffau zur Lammerbrücke, in der Abtenau, bei Fuschl und St. Gilgen, Schafberg, bei Werfen: im Unter-Pinzgau selten ı) Dr. G. R. v. Beck giebt in seiner Fl. v. Hernstein (p. 234) sehr interessante Details über die Verbreitung des ZZ. niger ın dem von ihm genau untersuchten Gebiete, die ich hier folgen lasse: „Die Ansicht Neilreichs (Fl. v. N.-Oest. p. 693), dass die Schneerosen in den Kalk-Voralpen bis an die Grenze des Krummholzes überall anzutreffen seien, kann für dass unserer Forschung unterzogene Gebiet nur theilweise als richtig zugegeben werden. Im ganzen westlichen Grenzzuge von Furt nach Röhs und bis Schwarzau, im Höllenthale bis Gloggnitz ist diese Pflanze sehr häufig; dagegen fehlt sie in einem grossen Theile unserer Voralpenzone, in einem Gebiete, das etwa durch die nördlichen Abfälle des Schneeberges, durch das Klosterthal vom Gschaid bis Pernitz und weiter nach Peisching, sowie durch die Ebene des Steinfeldes umschlossen wird. In diesem ausgedehnten Territorium weist die Schneerose nur- eine einzige Fundstelle auf, auf einer Fläche, die sich vom rechten Thalabhange bei Peisching in das Dürrenbachthal hineinzieht und wahrscheinlich auch den von Herrn Forstmeister Stöger mir angegebenen Standort auf der Hohen Wand als Fortsetzung in sich begreift. Auf der Nord- seite des Schneeberges konnte ich nur auf der Alpelleiten einige Helleborus-Stöcke bei 1350 m Seehöhe finden. Für den Fachmann interessanter gestaltet sich jedoch das Vorkommen der Schneerose zwischen Pottenstein und Pernitz. Hier endet nämlich das Gebiet der Schnee- rose in ihren Massenauftreten mit einer Linie, die im Allgemeinen vom Hocheck gegen die hintere Mandling hinzieht. Schneerosen finden sich jedoch noch ausserhalb dieser Linie im Grabenweger und Grillenberger Thale, wo die von ihnen bedeckte Fläche im oberen Theile dieser engen Thäler mit dem Hauptverbreitungsgebiete zusammenhängt, im unteren Theile aber von demselben vollkommen inselförmig abgetrennt erscheint. Weiter wurden noch einzelne Schneerosenstöcke beobachtet am Kamm zwischen der vorderen Mandling und dem Rosenkogel, auf der Wurzen zwischen Grabenwegendörfel und der Bruthenne, endlich auf dem Tasshofe nächst Weissenbach, und zwar an letztgenanntem Orte in einem verwilderten Parke, weshalb hier möglicher Weise auf eine künstliche Anpflanzung geschlossen werden könnte“. H.niger „steigt am südlichen Hange des Schneeberges in der Bocksgrube bis 1500 m, am Krummbachsteine bis 1600 m an, an der Nordseite der Alpel sah ich die Pflanze ver- einzelt bei 1350 m“, ]. c. p. 369. -? or Monographia Hellebororum. (Sauter, F]. v. Salzb. II. Ed. p. 109). — „Salzburg“ (Herb. Berol) var. altif.! — Untersberg, Kalk 440 m (Eysn)! (Funk)! — Schafberg unter der Oberalp (Tempsky)! — Glanek (A. Br.)! — Bluntau bei Golling (Postl)! — Steier- mark: In Wäldern der Gebirge und Voralpen Obersteyers; bei Cilli und Tüffer in Untersteyer (Maly). — Unter-Steiermark (Maly)! |Blüthen über 11 cm breit). — Tüffer (Fürstenwärther)! — „Steiermark (Zahlbruckner)! — Ober-Steiermark (Herb. Zahlbruckner)! Lilienfeld (Herb. univ. Prag)! — Ober-Steiermark: Unterer Theil des Gesäuses (Willkomm)! — Bruck a. M. (Fürstenwarther)! — Kärnthen: Im Loibel- und Rosenthale, überhaupt auf Kalk (Josch). — Rosenthal (Jabornegg)! — Bei Fellach (Jabornegg)! — Nach Pacher und v. Jabornegg an folgenden Orten: Satnitz, Unterhausschlucht im Lavantthale, Flatnitz, Weissbriach, Radnig und obere Vellach bei Hermagor, Kanalthal, Seiserawald, Raibl in allen Wäldern, Erzberg und Dobratsch, Rosenthal sehr häufig, Stougruppe gemein, Bodenthal, Strachalm, Seleniza, Ferlach, Fuss des Loibl, Wildsteiner Graben, Petzen. — Krain: In den Thälern der Kalkalpen und den Kalkbergen in Ober-, Unter- und Inner-Krain bei Germada, Krim und Utik, var. altifolius (hier als Art!), an Kalkbergen bei Reifnitz, Auersberg und Laschitsch.“ (Fleischmann ]. e. Anm.: Vielleicht gehören einige der angeführten Standorte zu H. macranthus. Ob Fleischmann mit seinem H. altifolius die Hayne’sche Variation oder H. macranthus meint, kann ich nicht entscheiden.) — „Krain“ (Skofitz, Fl. exs. aust.)! — Planiner Wald in Hochwäldern (Tommasini)! — Zwischen St. Cantzian und Auersberg (Freyer) ist eine Uebergangsform zwischen H. niger und macranthus! — Gerlachstein bei Laibach (Hb. Restmann) wie die vorige! — Ungarn: Auf den Voralpen in Ungarn (Schultes, Oest. Fl. II. Ed. p. 101). Auf den Alpen von Friaul (Neilreich, Nachtr. zu Maly). — In den Karpathen Ober-Ungarns (Reuss, Kvetna slov. nach Wimmer und Schosser daselbst nicht). —- Im Comitate Trenesin (Kikö, brevis adumb. com. Trench. p. 15). — „Ad pedem longae silvae (Langenwald apud Kesmark) me colegisse memini (Genersich, Fl. scepus- ciensis elench. 1798. p. 42). — Auf den Liptau-Sohler Alpen? (Reuss, Kvetna sloven. p. 13). — Andere zweifelhafte Fundorte werden bei H. macranthus angeführt werden. Blüthezeit im Januar und lebruar, zum zweiten Male öfters im Juni; häufig auch im December. 10* 76 Dr. Vietor Schiffner. 6. (Subspee.) Helleborus macranthus Freyn [pro var. H. nigri). Synon.etlitterat.: Helleborus nectarüis obsubulatis, tilamentis staminum duplo brevioribus Scop. carn. Ed. I. p. 556 n. 2. Ed. II. n. 696 (?). — H. niger angustioribus foliis, Seguier, Plant. Veron. p. 479. — H. niger scapo subbifloro subnudo folüis pedatis. Allioni, Fl. Pedem. "Tom. II. p. 66. — H. niger Pollini Fl. Veron. — Dub. bot. 14 (9). — Loisel. gall. 1. p. 407 9). — Mut. fl. fr. 1. p. 27 9). —= D.C. A. fr IV. p. 9080). — Gr. et Godr. fl. fr. I. p. 41 (?). — Baumgarten, Enum. stirp. Trans. n. 1127 II. 136 (?). — Besser, Enum. plt. Volhyn. Podol ete. p. 70. no. 1540 (?). — Eichwald, naturh. Skizze v. Lithauen, Volh. u. Podol. II. Abth. p. 183 (?). — Eichwald, Iter caspio-caucas p. 20 (??). — Sipthorp, Flora graeca Vol. VI. (1827). -—— Bertoloni, Fl. ital. Vol. V. (1842). — Besser; Primit. fl. Galic. 1809 (?). — Fuss, fl. Transs. p. 29. no. 140 (?). — Zawadski, Enum. plt. Galie. p- 69 9). — Schloss. et Vukot. fl. Croat. p. 174 (2). — Paude, Verz. no. 607. — Knapp, Pfl. Galie. u. d. Bukow. 1879 (?). — Schur, Enum. plt. Trans. p. 141 9). — Berg mıd Schmidt, Darst. d. off. Gew. I. tab. II. 1. (Die Abbildung gehört sicher hierher!) — Boiss. Fl. or. I. p. 61, (Exel. Diagn.). — Gremli, Excursionsfl. f. d. Schweiz. (1867). — Arcangeli, Fl. Ital. p. 16. — Thome, F}. v. Deutschl. I. tab. 350 (excl. diag. p. 120). — H. niger var. macranthus Freyn, Phytograph. Notizen in Flora LXIV. (1881) p- 209. — H. niger var. minor Hort. bot. Berol. — H. niger 8 vernalis Sweet, Brit. fl. Gard. II. Ser. t. 186. (?,. — HH. altifolius Kerner, Schedae ad fl. exsice. Austro-Hung. no. 896 (exel. synon. ex p.).. — H. niger maximus, major grandiflorus Miss F. J. Hoppe in Gard. Chron. 1875 (2). — H. niger angustifolius Hort. angl. — Nicholson diet. U. p. 133. Fig. 214 (2). Exsice: Kerner, Fl. exsiee. Austro-Hung. no. 896! Von den bei H. niger angeführten Vulgärnamen dürften sich wohl einige auf diese Subspecies beziehen, weil der normale M. niger in den be- treffenden Ländern gar nicht vorkommt. Diftert a H. nigro simillimo statura saepius robustiore, segmentorum folii forma late-lanceolata (nee oblongo-cuneata), eolore pallidiore, subcaesio- viridi, serratura subtiliore, dentibus rigidis subspinescentibus aliquantum Monographia Hellebororum. “ extrorsum conversis, floribus plerumque majoribus albis rarius roseo tinctis, sepalis angustioribus, stylis longioribus. ‚Von den oben hervorgehobenen Merkmalen verdient besondere Be- achtung der Zuschnitt der Blattsegmente, ein Umstand, auf den auch Kerner ]. e. ganz besonders hinweist. Die Blättchen sind hier nicht breit- keilförmig, sondern breit-verkehrt-lancettlich, indem die breiteste Stelle ziemlich in der Mitte oder nur wenig vor derselben liegt. Im Allgemeinen sind auch die Blättchen schmäler als bei ZH. niger. Ebenso ist die Serratur des vorderen Drittels eine verschiedene; hier sind die Zähne ver- hältnissmässig kleiner, mit einem aufgesetzten etwas nach aussen gerichteten scharfen, auch im frischen Zustande stechenden Spitzchen. Die Farbe ist ein blasses, mattes Bläulichgrün, nicht ein freudiges Dunkel- grün wie bei H. niger, was besonders im lebenden Zustande sehr auffällig ist. Nach Kerner rührt diese Färbung daher, dass die mit Luft gefüllten Intercellularen unter den Epidermiszellen hier viel grösser sind als bei H. niger, auch ist hier die Zahl der Spaltöffnungen auf einem gleichen Flächenraume eine viel grössere und sind diese hier selbst grösser. Nach Freyn ist auch die Grösse und Färbung der Blüthen eine etwas andere, allerdings kommt bei 4. macranthus eine röthliche Färbung der Blüthen viel seltener vor wie bei H. niger und ist in keinem Falle sehr intensiv. Die Sepalen sind hier oft schmäler und zugespitzt, so dass sie sich nur an ihrem Grunde bis etwa zur Mitte decken. Die Griffel sind länger und überragen weit das Köpfchen der Staubgefässe. Die von Freyn als charakteristisch angegebene Krümmung derselben habe ich nicht als constantes Merkmal erkannt. Sicher sind alle zuletzt angeführten und noch andere von genannten Forschern hervorgehobenen Merkmale nicht von maassgebender Be- deutung; jedenfalls aber ist unsere Form für den halbwegs geübten Syste- matiker auf den ersten Blick zu unterscheiden. — Die Merkmale erhalten sich in langjähriger Cultur, wie auch schon Kerner versichert, constant. Obwohl sämmtliche Unterschiede von dem normalen FH. niger mehr habituell sind, so habe ich mich dennoch nicht entschliessen können den H. macranthus mit H. altifolius auf gleiche Stufe zu stellen und ihn ebenfalls als Var. zu H. niger zu ziehen. Mir scheint es von durchschlagender Be- deutung, dass die geographische Verbreitung desselben eine ganz andere ist is Dr. Vietor Schiffner. als die des H. niger und der mit diesem oft am selben Standorte wachsenden var. altifolius. Auch sind hier die thatsächlichen Unterschiede grösser als zwischen den beiden oben genannten Formen. Merkwürdig muss es erscheinen, dass Kerner den H. macranthus für identisch hält mit 4. altifolius Hayne. Seine Diagnose (l. «.) hebt wirklich sehr scharf alle wesentlichen Merkmale des H. macranthus Freyn hervor, man würde sich aber vergebens bemühen, dieselbe mit den von Hayne und Reichenbach gegebenen Abbildungen und Beschreibungen und den vorhandenen Exsiecaten von H. altifolius in Einklang zu bringen, da eben letzterer nur eine ziemlich unbedeutende Form des echten H. niger darstellt. Ein sehr gutes Bild giebt von unserer Subspecies die ausgezeichnete, wahrschemlich nach einem cultivirten Exemplare angefertigte Abbildung von Berg und Schmidt (1. e.). Sehwierig ist es zu entscheiden, inwieweit die einzelnen Beschreibungen älterer Autoren hierher gehören, da dieselben auf die wesentlichen Merkmale, die erst durch Freyn und Kerner festgestellt wurden, kaum Rücksicht nehmen oder sieh überhaupt mit einer Collectivspeeies H. niger begnügen. Pflanzen- geographische Rücksichten geben hier mehr weniger sichere Anhaltspunkte. Um mich vor jedem Vorwurfe der Oberflächlichkeit zu verwahren, habe ich alle nicht vollkommen sicheren Angaben mit ? gekennzeichnet. Noch schwerer dürfte es zu entscheiden sein, von welcher Form diese oder jene von den zahlreichen Gartenvarietäten abstammt und habe ich die diesbezügliche Litteratur hier mehr vermuthungsweise angeführt. Beiläufig sei hier bemerkt, dass es auch Gartenformen mit weiss gerandeten Blättern giebt (vide Nicholson 1. e. Il. p. 133. 1886). Uebergänge von H. macranthus zu dem normalen »iger sind vorhanden und finden sich in den Ländern, wo die Verbreitungsgebiete zusammentreffen. Ich habe dergleichen aus Krain und Croatien gesehen. Geographische Verbreitung: H. macranthus lebt unter ganz ähn- lichen Bedingungen wie H. niger, bewohnt aber ein von dem des letzteren streng getrenntes Gebiet und vertritt diesen in der westlichen und südlichen Alpenzone; in den Krainer Alpen und in Croatien scheinen sich die beiden Verbreitungsgebiete zu treffen. Von den Alpen Frankreichs, von der Provence verbreitet er sich, dem südlichen Hange der Alpen folgend, durch die süd- Monographia Hellebororum. ‘9 liche Schweiz und Nord-Italien und von hier bis in die mittleren Apenninen, dann weiter durch das südliche Tirol nach Krain und das Littorale, auf die Gebirge Croatiens und Serbiens (vielleicht auch Bosniens) bis in die sieben- bürgisch-wallachischen Karpathen. Der H. niger Süd-Podoliens scheint auch hierher zu gehören. In der Bukowina ist sein Vorkommen noch als zweifel- haft zu bezeichnen. Ueber die Standorte in Griechenland herrscht noch ein ziemliches Dunkel und wären neuerliche Untersuchungen darüber sehr er- wünscht. Auf dem Balkan und anderen Gebirgen Bulgariens fehlt er wohl, wenigstens hat mein Freund Dr. Velenovsky, der diese Gegenden durch- forschte, dort nur den H. odorus Kit. auffinden können. Sehr ünwahrschein- lich ist sein Vorkommen im Kaukasus (Iberien); es ist wohl zweifellos, dass die ganz isolirte Angabe Eichwald’s auf einer Verwechselung vielleicht mit H. Kochi Schffn. beruht. — Spanien: certe non provenit. Stirps Aragonensis a. b. Asso pr. Jaca et Aragues lecta et sub nom. H. nigri enumerata forsan ad H. viridem v. H. occid. spectat. Willk. Prod. — Frankreich: Brianconnaise (Vill).. — ÜUolmars und Allos in der Provence (Ger..) — Im Elsass fälschlich von Loiseleur angegeben nach Gr. et God. — Schweiz: Südlich von der Alpenkette nach Christ und Gremli. — Tessin (Gremli). — Italien: Waldige Orte der subalpinen und Bergregion in den Alpen und den centralen Apenninen (Arcangeli, Hayne). — Lombardei, im Thale Malenga (Freyn). — Toscana (Hayne). — Tirol: Im Tridentinischen, von Roveredo (!) weit verbreitet südlich bis ins Veronesische und westlich bis ins Breseianische von der Weinregion bis über die mittlere Gebirgsregion. Am Baldo bei Ponale. Judicarien: häufig in den Wäldern bei Tione (Hausmann). — Süd- westtirol, auf Bergweiden im Thale Vestino, Kalk S00—1000 m (Porta)! — Südtirol: Häufig im Val di Ledro, Kalk (Porta)! Val d’ Ampola, Valdarsa. — Krain: Adelsberg (Tommasini)! — Uebergangsformen und fragliche Stand- orte, siehe 4. niger. — Oroatien und Littorale: In Berg- und Voralpen- wäldern, vornehmlich im Süden, aber auch selbst in Zagorien, so bei Sutinsko und Krapina, Okie, Sambor — Karst: Cubar, Klek — Hochebene von Ljeskovac, Plitvica Seen, Hochgebirge der Liska, Merzin und anderwärts in Croatien. Liburnischer Karst an mehreren Orten. — Ad vias et in dumetis totius Cratiae et Littoralis (Herbarium Sadler)! — Croatien (Herbarium Sadler)! (sind theilweise Uebergangsformen zu H. niger).. — Küstenland im s0 Dr. Vietor Schiffner. Trentathale (Solla)! — In Serbien nach Bone. — Slavonien und Ungarn: Bei Fünfkirchen (Mayer fl. v. Fünfk. p. 9). — Sirmien (Rumy Szerem &ghajlata Szlavon. 1542. p. 53). — Im östlichen Com. Arad (Ker)? — Fehlt im Banat. — Siebenbürgen: In den siebenbürgisch-wallachischen Karpathen (Baumgarten). — In den Forgarascher und Burzenländer Vor- alpen. — Im gebirgigen Theile des Sanoker Kreises (Christ in Besser, Prim. fl. Gal.). — Bukowina (?) in Wäldern; (nach Zawadzky, fehlt aber nach Herbich fl. d. Buk. 330). — Podolien: Bei Sawran (Besser, Volh. 70). — Griechenland: Berg Athos (Sibth). — Oeta, Parnass, Korax, 'T’hymphrest, Delphi ete. immer erst bei 2500—3000’ (Fraas, Syn. plt. florae class. 1845. p- 132). — Kaukasus: Iberien (Eichwald)?? Blüthezeit wie bei A. niger L. Sectio V. Euhelleborus Schffn. Sect. Helleborastrum Spach, Hist. nat. des veg. VII, p.316 [1839].) Folia radicalia perdurantia vel herbacea, plus minus pedata, segmentis marginibus dense duplicato-serratis; bracteae frondescentes, lamina 3 — plurisecta, laeiniis serrulatis; nectaria tubaeformia subeompressa, subbilabiata, marginibus involutis subelausa; carpella basi omnino libera vel connata; semina oblonga in latere ventrali sine apophysi inflata sed carinata. Ich habe den von Spach dieser Section gegebenen Namen nicht bei- behalten, da derselbe schon viel früher auf 4. foetidus L. angewendet wurde und also eigentlich der Section Griphopus Spach zukommen müsste. . Der von mir gewählte Name soll ausdrücken, dass sich in den hier vereinigten Formen die Gattungsmerkmale am deutlichsten ausgeprägt vorfinden. Die Section Euhelleborus ist in jeder Hinsicht eine höchst natürliche zu nennen; alle hierher gehörigen Arten sind sehr nahe verwandt und zeigen ausser dem sehr übereinstimmenden Habitus so viele gegenseitige Beziehungen und Uebergänge, dass ihre enge Zusammengehörigkeit ohne weiteres ein- leuchtet. Unsere Section schliesst sich ganz ungezwungen der Section Chionorhodon Spach an, mit welcher sie im Habitus ziemlich übereinstimmt, aber die Bracteen, die Nectarien, die Samen und andere Merkmale scheiden die beiden Gruppen streng. Uebergänge zu anderen Sectionen sind nicht vorhanden. Auch bilden die Formen dieser Section keine Bastarde mit solchen Monographia Hellebororum. | aus anderen Sectionen, obwohl sie unter einander ausserordentlich zur Hybri- dation geneigt sind. — Während alle anderen Sectionen eigentlich nur von je einer Species gebildet werden, ist diese Gruppe eine formenreiche, die- selbe bildet einen grossen „Formenschwarm“, ein Gewirr von kaum zu definirenden Formen, Zwischenformen und Bastarden, in dem sich nur schwer einige T’'ypen fixiren lassen; diese herauszugreifen und zu charakterisiren ist die Sache des Monographen, sie aber von einander durch feste Grenzen zu trennen, ist geradezu unmöglich, da die Natur selbst keine Grenzen gezogen hat. Je mehr Formen man aus solchen polymorphen Gruppen kennen lernt, desto mehr häufen sich solche, bei denen man in ernstliche Zweifel geräth, wohin man sie stellen möchte, da sie die Merkmale zweier Formen in nahezu gleichem Maasse zur Schau tragen; die Entscheidung wird in solchen Fällen gewöhnlich ein Act der Willkür sein, oder wenn man sich lange mit der betreffenden Gruppe intensiv beschäftigt hat, wird man solche Entscheidungen öfters auf Grund von Merkmalen fällen, die dem ungeübteren Auge ganz entgehen, die man selbst kaum oder nicht zu definiren im Stande ist, da solche subtile Differenzen mehr gefühlt als gedacht sind. Man wird bei sorgfältigem Studium einer solchen Gruppe bald die bedeutenderen Formen herausfinden und sich nach und nach auch klar werden, worin die Unterschiede liegen. Gewöhnlich erkennt man zunächst aufs Bestimmteste, dass zwei Formen verschieden sind, und ist leicht im Stande, wenn man neues Material bekommt, dasselbe richtig zu sondern, ohne dass es möglich wäre, die Unterschiede, die doch vorhanden sein müssen, klar zu definiren. Erst das letzte Glied einer oft langen Gedankenreihe ist der wissenschaftliche Ausdruck dieser Differenzen: die Diagnose. Der Vergleich der so gefundenen Formen zeigt, dass sie keineswegs gleichwerthig sind, man wird sie also als Species, Subspecies, Varietät oder Form auffassen, Rangstufen, die das in der Natur statthabende Verhältniss mehr andeuten als wirklich darstellen, denn einestheils sind der Rangstufen viel zu wenige, anderntheils richten sich diese Begriffe nach der jeweilig in der Systematik modernen Strömung, sowie nach der individuellen Auffassung des Einzelnen. In unserer Section wird man bald zwei Formen finden, um welche sich alle anderen zwanglos gruppiren lassen, die aber keineswegs isolirt Nova Acta LVI. Nr. 1. 11 s2 Dr. Vietor Schiffner. dastehen, sondern auch wieder durch vermitt elnde Formen verbunden sind. Es sind dies H. viridis L. und A. Kochii Schffn. Die Gruppe, in deren Centrum H. viridis L. steht, gehört dem westlichen Gebiete an und zeichnet sich durch meist nicht iüberwinternde Blätter und an der Basis verwachsene Carpelle aus; die Verwandten des H. Kochii gehören Kleinasien und den Kaukasusländern an, haben perennirende Blätter und vollkommen freie Carpelle.!) Zwischen beiden Gruppen steht als Mittelglied H. odorus Kit. H. odorus ver- einigt also die Merkmale aller Formen der Gruppe in sich, und ihn muss ich daher als Typus der Section betrachten, nicht, wie andere Autoren, den H. viridis. Zudem fällt auch seine geographische Verbreitung mit dem Centrum der Verbreitung der Section zusammen. Da diese beiden Gruppen nicht genug isolirt und scharf begrenzt sind, so habe ich es unterlassen, sie als Subsectionen namhaft zu machen. Ich habe mich bemüht, nur solche Formen aufzustellen, die in ihren Merkmalen einigermaassen constant sind und habe es vermieden oder für völlig überflüssig erachtet, die zahllosen Standortsformen, die ja oft ein recht differentes Aeussere haben, aber nicht im Mindesten constant sind, unter besonderen Namen anzuführen, ich habe mir genügen lassen, bei den einzelnen Arten in den Anmerkungen darauf hinzuweisen, in welcher Richtung die Pflanze zu variiren geneigt ist. Ich gehe wie Kerner, Nägeli, Peter u. A. von dem Grundsatze aus, dass nicht auffällige, sondern ganz allein bis zu einem gewissen Grade constante Merkmale zur Unterscheidung von Arten berechtigen, und ich habe zu diesem Zwecke sorgfältig lange ceultivirte Pflanzen studirt, die am besten über die Constanz der Merkmale Aufschluss geben. Schwierig ist die Frage zu entscheiden, in wie weit man intermediäre Formen als blosse Uebergangsformen?) oder als Bastarde betrachten soll. In 1) Auf letztgenannten Unterschied ist von früheren Autoren, wie mir scheint mit Unrecht, keine Rücksicht genommen worden. Boissier theilt die orientalischen Arten in zwei Gruppen: 1) Carpella maxima lateraliter plano- compressa ad medium usque coalıta (H. vesicarius Auch.); 2) Carpella inflata obovata basi coalıta, wohin er H.niger L., H. cyelophyllus und die Verwandten des 7. Kochil vechnet; er hat dabei übersehen, dass alle diese Arten mit Aus- nahme des A. niger vollkommen getrennte Carpelle haben. 2) In diesem Falle muss man sich beide Arten phylogenetisch aus einer gemeinsamen Form entstanden denken. Monographia Hellebororum. 83 Anbetracht der T'hatsache, dass die Arten dieser Section, wie die Beobachtung eultivirter Pflanzen beweist, ausserordentlich leicht Bastarde bilden, und des Umstandes, dass verschiedene Arten dasselbe Verbreitungsgebiet theilen, würde man in meiner Abhandlung die Aufzählung von viel mehr Bastarden erwarten, und ich gebe zu, dass wahrscheinlich viele Zwischenformen sich bei genauerer Untersuchung in loco natali als Bastarde erweisen werden, so lange aber solche Beobachtungen noch ausstehen, hielt ich es für gerathen, gegenwärtig noch mit einer Entscheidung über solche Fragen zurückhaltend zu sein. Um sich in dem Formengewirre einer polymorphen Pflanzengruppe zurecht zu finden, ist es unerlässlich, sich ein klares Bild von den gegen- seitigen Beziehungen der hervorragenderen Formen zu bilden. Eine lang- wierige Auseinandersetzung würde da meiner Ueberzeugung nach nicht am Platze sein, und ich habe versucht, ein schematisches Bild der Gruppe, wie sie sich nach meinen Untersuchungen darstellt, zu entwerfen. Selbstverständlich werden sich die Formen nicht in eine continuirliche Reihe ordnen, sondern sich eher durch das Bild von sich vielfach verschlingenden Kreisen dar- stellen lassen!). Ich lasse die graphische Darstellung ohne Weiteres (siehe Seite 84) folgen, da bei einer aufmerksamen Betrachtung der Figur jede weitere Erklärung überflüssig ist. Vielleicht giebt die Figur zugleich ein annähernd richtiges Bild von den thatsächlichen Verwandtschaften der einzelnen Formen. Wie schwierig es ist, sich ein Urtheil über den Werth der verschiedenen Formen dieser Gruppe zu bilden, tritt am klarsten hervor, wenn man die diesbezüglichen Ansichten der einzelnen Autoren vergleicht; bei den einen zeigt sich das Bestreben, die Gruppe in möglichst viele Arten zu zerspalten, 1!) Ich will hier bemerken, dass die fast allgemein in der Systematik anerkannte Methode, die Pflanzenformen als Species, Subspecies etc. an einander zu reihen, der Ausdruck der An- schauung ist, als ob auch in der Natur die Formen eine bald continuirliche, bald unter- brochene Reihe darstellten, was aber sicher wohl nie der Fall ist. Vielleicht wäre es der Natur der Sache angemessener, den Begriff der Species ganz aufzugeben, bei dem man über- dies immer das Gefühl von etwas unveränderlich Feststehendem hat und an Stelle dessen den Begriff von Formenkreisen oder Formengruppen zu setzen, wie dies Dr. Ö. Kuntze mit mehr weniger Glück in seiner Monographie der Gattung Clematis (Verh. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenb. 1885) versucht hat. 11* 54 Dr. Vietor Schiffner. während andere sich mit einer oder wenigen „ÜOollectivspecies“ genügen lassen. Ich will des Vergleiches wegen einige Daten hier anführen: Spach macht aus der ganzen Section eine einzige Art, H. offieinalis, die er in zwei Varietäten sondert: «: @ sepales verts (viridiflorus) und 3: a sepales violatres (atrorubens), zu welch letzterer er nicht nur H. atrorubens W. K., purpurascens W. K., intermedius Host, sondern auch H. orientalis Desf. stellt. — Seitdem pupuraseens uns A. Braun die orientalischen Formen etwas näher kennen gelehrt hat, hat man wenigstens diese von den mitteleuropäischen Arten gesondert. Was jedoch die letzteren anlangt, so herrscht bis auf den heutigen Tag die grösste Meinungsverschiedenheit. Host stellte eine grössere Zahl von Arten auf, worunter sich solche von recht zweifelhaftem Werthe befinden, jedoch die Mehrzahl derselben kann heute noch anerkannt werden. Die von ihm ge- schaffenen Arten wurden von Reichenbach, Josch, Fleischmann, Maly Monographia Hellebororum. 35 Schlosser und Vukotinowie!), Pacher und Jabornegg und anderen Autoren anerkannt. ©. Koch führt die Host-Reichenbach’schen Arten zwar an, bewahrt aber die grösste Reserve in Bezug auf sein Urtheil über den Werth derselben. Der scharfsinnige Verfasser der „Synopsis fl. germ.* hat die Formen von wirklichem Werthe in seinem ausgezeichneten Floren- werke mit kritischer Schärfe von den unbedeutenden gesondert. Neilreich hingegen fasst alle hier in Rede stehenden Formen als Varietät des H. viridis L. auf. In der „Aufzählung“ (1866) stellt er zu diesem als Var. «. H. purpurascens und 23. atrorubens, hegt aber doch noch Zweifel, ob diese nicht doch als Arten zu beurtheilen seien. In den „Diagnosen“ und den „Vegetationsverhältnissen“ theilt er seine Varietät des H. viridis L. in zwei Gruppen: «a. grandiflorus mit den Varietäten: a. H. viridis Jeq. als forma genuina; b. H. odorus, forma australis luxurianus, H. graveolens et laxus; c. H. purpurascens; d. H. multifidus. — 8. parviflorus; e. dumetorum, H. pallidus eadem forma; f. H. atrorubens et cupreus (a forma priori vix diversus). — Aehnlicher Anschauung sind A. Braun und Willkomm und auch Boissier, wie aus einer Bemerkung desselben in Fl. or. hervorgeht. Andere Autoren urtheilen mehr weniger willkürlich über die einzelnen Formen; das Nähere darüber ergiebt sich aus den Synonymen- und Litteratur-Verzeichnissen bei den einzelnen Arten. — Kanitz (in Hunfalvys ungar. Pflanzen - Geographie) durchschneidet den gordischen Knoten, indem er alle Formen als H. Hun- falvyanus zusammenfasst, und die hervorragendsten als Varietäten desselben neben einander stellt. VII. Helleborus Kochii Schfin.?) (Tab. V.) Synon. et litterat.: H.niger orientalis amplissimo folio, eaule praealto A, I z I I flore purpurascente. Tournef.; Relat. d’un voyage du Levante. Tom. U. !) Die beiden genannten Autoren scheinen aber doch gewisse Zweifel über den Werth der von ihnen acceptirten Arten gehegt zu haben, denn in der Fl. croat. findet sich p. 178 folgende Bemerkung: „Species praecitatae nempe H. purpurascens, H. atrorubens, H. cupreus, odorus et graveolens reduci possent et re vera etiam deberent ad unicam genuinam speciem, reliquae autem (multifidus, pallidus, viridis, laxus) varietates aut plane formae simplices et transitoriae forent“. i 2) Ueber den Namen und die citirte Litteratur s. die kritischen Bemerkungen p. 88 ff. Ss6 Dr. Vietor Schiffner. p. 159 (?). — Garsault; Descript. Tom. I. tab. 17 (?). — Desfont. Choix d. pl. p. 58. tab. 45 (?). — AH. viridis (non L.!). Güldenst. Reise d. Russl. I. p. 412 (? teste Ledeb.). — M. Bieb. tauric. cauc. p. 23. (exelus. syn.). — H. foetidus (non L.!). Georgi, geogr. phys. Beschr. d. russ. R. p. 1071 (?). — H. viridis caucasicus. Steven in Herbarium Link (n. v.). — AH. ibericus Steven. Herbarium (n. v.). C. M. A. Meyer. — H. orientalis.. Lam. Ene. Il. p. 92. (diagn. insuff!. — Willd. in L. sp. p. Ed. IV. Tom. I. p- 1337. no. 5. (diagn. insuff!). — D. ©. Prodr. I. p. 46. et syst. I. p. 317 (diagn. -insuff!.. — Hayne, Arzneig. I. Nr. 2 (?). — Person, Syn. p. 107 (diagn. insuff!). — Ledeb. fl. ross. I. p. 52. — Annales de Mus. d’hist. nat. XI. tab. 32. (n. v.). — Tischihatscheff, Asie Mineure I. p. 384. — Trattenick. Ausg. Taf. tab. 199. (zu roh!). — C. Koch in Berl. alle. Gartz. 1858. p. 131. — Boiss. fl. or. I. p. 61. — H. officinalis. Salisb. in Proc. Linn. Soc. VIII. (180%) p. 305. (non Sipth. fl. Graec. Tom. VI. tab. 523 et Griseb. Spieil. p. 316!). — H. Colchicus (non Regel!) Bayern in sched, fl. cauc. (exs.) Nr. Sl. — H. ponticus. A. Br. Append. ad. ind. sem. hort. berol. 1853. p. 14. — Walpers, Annal. Tom. IV. p. 28. — H. caucasicus. A. Br. 1. ec. — C. Koch, 1. ce. p. 137. — Boiss. fl. or. I. p. 62. —.. Regel, in Ind. sem. hort. Petrop. 1860. p. 42. et 1868. p. 89. — Ruprecht, fl. Cauec. p. 257. — Smirnow, in den Schriften der Kaukas. Gesellsch. d. Wissensch. Bd. II. p. 32 (russisch!). — Trautvetter, Incer. I. Fasc. p. 27, no. 173 et 177. — Smirnow, Enumeration des especes de pl. vasc. du Caucas. in Bull. de la Soc. imp. des naturalistes de Moscou 1887, no. 4. p. 955. — H. caucasicus «) genwinus Regel 1. c. — H. officinalis Spach 5 A sepales violatres (atrorubens) [ex parte] Spach, Hist. nat. des veget. VI. p. 317 et Atlas tab. 58 P). Exsiee: Kotschy, iter. cauc. Suppl. Nr. 733 als H. caucas. (var. a)! — Plantae Bayerianae, Nr. 78 als H. niger L. (var. kb)! — Nr. 79 als H. ibericus C. A. Meyer (var. b)! — Nr.:792 als H. :ber. (var. b)! — Nr. 34 als H. iber. (incomp.)! — Nr. 80 als H. iber. (var. b)! — Nr. S1 als H. colchicus Bayern cum diagn. (var. 3? incomp. sine fol.)! H. rhizomate repente polycephalo, acaulis: foliis radicalibus 1—2, longe petiolatis permagnis vel maximis, coriaceis, perdurantibus, plus minus pedati- sectis, e foliolis 5—11 lanceolato-elliptieis vel late-ellipticis basi cuneatis, Monographia Hellebororum. 57 margine duplicato-serratis, subtus (praesertim ad venas prominentes) hirtis vel glabris; scapo paueifloro, basi squamato, bracteis frondescentibus 3—5 fidis instructo; floribus magnis vel permagnis, convexiusculis, nutantibus demum erectis; sepalis plerumque late ovatis sese marginibus tegentibus, pallidissime fuscato flavo-viridibus; nectarriis subcompressis, margine involutis, luteo- viridibus; antheris elliptieis apice rotundatis; carpellis pluribus basi liberis, eurvato abscendentibus, stylis perlongis ereetis; seminibus oblongis carinatis. Var. a: hirtus Schtfn. Foliis plerumque majoribus; foliolis numerosioribus, latissimis, subtus aeque ac inflorescentiae ramificationes et bracteae hirsutis. Var. b: glaber Schffn. Foliis minoribus; foliolis 7—9 lanceolato- elliptieis, glabris seu juventute inconspieue puberulis. Der kräftige Wurzelstock ist über 1 dm lang und bis fingerdick, dunkelbraun bis schwarz gefärbt, von den stehenbleibenden Scheidenbasen ge- ringelt mit oft ziemlich gestreckten Internodien. Er treibt einen bis mehrere aufrechte Aeste, die einfach oder gabeltheilig sind und aus ihrer Terminal- knospe häutige, gefaltete ovale Scheidenblätter, die Grundblätter und Blüthen- schäfte hervorbringen. Das ganze Khizom ist dicht bedeckt mit einfachen, seltener verzweigten etwa federspuldicken, braunen Adventivwurzeln, die wiederum zahlreiche stark verzweigte dünne Nebenwurzeln tragen. Die leder- artigen, festen, ausdauernden Grundblätter sind sehr gross, überhaupt kommen von allen Arten bei H. Kochii die allergrössten Blätter vor. Der Stiel ist hoch, kräftig, am Grunde scheidig-rinnig, oben fast stiel- rund, nicht kantig. Die bis über 4 dm im Querdurehmesser haltende Spreite ist mehr weniger fussförmig getheilt und bestehlt aus 7—11 Blättchen. (Das äusserste Blättchen ist oft so tief getheilt, dass man es auch als zwei am Grunde verwachsene Blättchen ansehen kann, die beiden nächsten entspringen von den beiden bogig gekrümmten Hauptrippen, die folgenden stehen dem Centrum schon ganz nahe, entspringen aber genau genommen doch noch von den Hauptrippen). Die Blättchen stehen meistens etwas aufrecht ab oder sie sind ganz ausgebreitet, sind von breit eiförmiger oder eiförmig- lanzettlicher Gestalt, gegen die Basis keilföürmig in das sehr kurze Stielcehen verschmälert, vorn zugespitzt, die breiteste Stelle liegt in der Mitte oder wenig vor derselben. Die Ränder sind bis auf etwa ein Viertel der Länge herab klein und dicht doppelt-gesägt. Die Oberseite ist schön dunkelgrün glänzend und hier 58 Dr. Vietor Schiffner. sind die Blattuerven etwas eingesenkt, auf der viel heller gefärbten Unterseite treten die Nerven deutlich hervor und sind die Blättchen daselbst (besonders auf den Basen der Nerven) stark abstehend behaart bis vollkommen kahl (siehe darüber in den Bemerkungen‘. Der Blüthenstengel ist meist niedriger als die Blätter, mehrfach gabelästig, rund die Aeste und Blüthenstiele etwas kantig; oft ist er armblüthig. Die Stengelblätter (Bracteen) sind fünftheilig, dreitheilig bis ganz an den Rändern fein gesägt, unterseits sowie die Aeste und Blüthenstiele mehr weniger behaart (var. «) oder kahl (var. #). Blüthen an einem Schafte 3—4, selten mehr, gross bis sehr gross (bis gegen 7 cm im Querdurchmesser erreichend, meist aber kleiner); Anfangs auf etwas gekrümmten, ziemlich langen Stielen nickend und halbkugelig-convex, nach der Blüthezeit fast flach ausgebreitet und auf den straff abstehenden Stielen aufrecht. Die Sepala sind breit rhombisch-eifürmig und decken sich mit den Rändern bis auf etwa Y/, der Länge, viel seltener sind sie schmäler elliptisch, ihre Farbe ist beiderseits ein blasses bräunliches Gelbgrün oder man könnte sie auch grünlich ledergelb nennen; gegen die Basis mehr grünlich (nach dem Verblühen färben sie sich mehr grün), jedenfalls von der Blüthenfarbe der Arten aus der Verwandtschaft des 7. viridis sehr verschieden. Nectarien zahlreich, conisch in ein kurzes Stielchen verschmälert, oben platt gedrückt durch die etwas eingerollten wellig gezähnten Ränder fast verschlossen, gelbgrün. Die Antheren etwa doppelt so lang als breit, sind am Scheitel abgerundet oder wenig ausgerandet (die Exemplare von Szowits zeigen ein kleines aufgesetztes Spitzchen), gelblich-weiss. Stempel grün, Griffel etwa dreimal so lang als das Fruchtknotenfach, Narbe aufrecht, klein, weiss. Carpelle 3—6 platt gedrückt, deutlich gekielt, etwa doppelt so lang als breit, dunkelbraun und trocken stark quer runzelig. Sie sind bis zum Grunde völlig frei und liegen mit den inneren Rändern nicht an einander, sondern steigen etwas nach aussen gekrümmt auf. Die Samen sind auf der Bauchseite gekielt, länglich eylindrisch, schwarz glänzend von mittlerer Grüsse. Kritische Bemerkungen: Dass 'T'ournefort unter seinem H. niger, orientalis alle Arten verstanden habe, die er auf seiner Orientreise gesehen hat, wie A. Braun vermuthet, ist sehr wahrscheinlich; wenigstens lässt sich Monographia Hellebororum. 89 die allzu kurze Diagnose auf keine bestimmte Art beziehen. Das Exemplar des deutschen Arztes Gundelsheimer, des Reisegefährten Tourneforts, welches sich im Herbarium Willdenow (Nr. 10621, Fol. 1!) befindet, gehört nach meiner Untersuchung unzweifelhaft zu 4. Kochü, und zwar zu der schmal- blättrigen Form der var. «. Es ist dasselbe, welches Hayne (l. ce.) und wohl auch Garsault und Desfontaines abbilden: es ist ein Fruchtexemplar, und da sich die Sepala nach der Blüthezeit verfärben, so ist es wahrscheinlich, dass Tournefort vermuthete, die Blüthen seien purpurroth gewesen, ein Irrthum, der in die Diagnosen seiner Nachfolger vielfach übergegangen ist. — Lamarck mag vielleicht unsere Art gemeint haben, aber seine Diagnose ist so unvoll- ständig, dass sie ebenso gut auf H. odorus und andere Arten passen könnte. — M. Bieberstein giebt eine ebenfalls nur sehr knappe Beschreibung, dürfte aber doch die richtige Art im Auge gehabt haben, obwohl er als Synon. H. viridis L.! Jeq.' und Haller! eitirt. — Ledeburs Beschreibung ist etwas ausführlicher, nimmt aber leider gerade auf die wichtigsten Merkmale keine Rücksicht, dennoch glaube ich ohne Fehler seine Angabe hierher stellen zu dürfen. — 'Trattenick’s Abbildung ist ein Habitusbild ohne kritischen Werth. Dasselbe gilt von der Zeichnung von Spach in Hist. des veg., die nach Trattenick angefertigt ist: eine Beschreibung giebt Spach nicht, sondern stellt „FH. orientalis Dest.“ einfach als Synon. zu seinem H. offieinalis (non Salis. etc.) 32. & sepales violatres in Gemeinschaft mit H. atrorubens, purpurascens ete. — Das Original-Exemplar des H. colchieus Bayern (non Regel!) ist ein sehr junger Blüthenstengel des MH. Kochi, es befindet sich im kaukas. Museum zu Tiflis. Bayerns Originaldiagnose lautet wörtlich: „H. colchicus Bayern sp. nov. foliis coriaceis, radicalibus, pedatisectis, 5 bis 6 segmentis, 1—2 polieariis longis angustis, lanceolatis, acutis, subtiliter pentatis, floralibus Y/,—1 policaris triseetis; antheris duplo majoribus quam in H. orientalis (N. B. Dieses Merkmal stimmt nicht! Anm. d. Verf.) peduneulus opositifloris carnosis subdentieulatis“. — Die Abbildung in Sipthorp's Flora (Grraeca (tab. 523) gehört nicht zu unserer Species. — A. Braun war der erste, der sich bemühte, in das hier noch herrschende Dunkel einiges Licht 1) Fol. 2 derselben Nummer ist ein Blatt, welches, wie A. Braun richtig bemerkt, zu H. odorus W. K. gehört; Fol. 3 ist ein Blatt, das vollkommen mit denen des Koch’schen Exem- plars im Berl. Univ.-Herb. Nr. 2177 übereinstimmt und ohne Zweifel zu unserer Species gehört. Nova Acta LVI. Nr. 1. 12 90 Dr. Vietor Schiffner. zu bringen, allerdings beschränkten sich seine Studien, wie er auch selbst gesteht, auf ein unvollständiges Material (von Originalstandorten hatte Braun bloss einige von K. Koch gesammelte Exemplare, die sich noch jetzt im Herbarium des Berl. Museums befinden, es wird davon unten die Rede sein). ör unterschied zwei Arten und nannte die eine FH. ponticus, indem er mit Recht den sehr vagen Namen H. orientalis aufgab, die andere H. caucasicus. Erstere ist nach ihm die Form mit nur einem Grundblatte, welches auf der Unterseite behaart ist, die Blüthen seien vermuthlich purpurroth; die letztere ist die kahle Form mit niedrigem Schaft und grünen Blüthen. Mir selbst ist durch sorgfältiges Studium ceultivirter, sowie an Ort und Stelle gesammelter Exemplare klar geworden, dass die Zahl der Grundblätter und überhaupt die von dem berühmten Forscher hervorgehobenen Merkmale nicht stichhaltig sind. — K. Koch, der die Pflanzen an Ort und Stelle beobachtet hat und dem wir die genauesten und ausführlichsten Beschreibungen verdanken, nimmt merkwiürdiger Weise die beiden von A. Braun aufgestellten Arten an, ist aber bestrebt, die diagnostischen Merkmale Braun’s durch bessere zu ersetzen. Die beiden Pflanzen, die nach Koch „allerdings auch die grösste Aehnlichkeit besitzen“, unterscheiden sich nach ihm folgendermaassen: Bei MH. caucasicus sind die Blätter ganz kahl, die Blüthenschäfte niedriger, die sehr grossen, schmutzig-grünen, zuweilen in der Mitte ins bräunliche übergehenden Blüthen sind nach dem Verblühen aufrecht; bei H. orientalis (= H. pontieus A. Br.) sollen die sehr grossen Grundblätter auf der Unterseite behaart sein, die Blüthenschäfte höher als diese, die viel kleineren stets nickenden Blüthen sind bräunlich grüngelb. Koch’s Herbarium enthält nun unter Nr. 6130 ein vollkommen kahles Exemplar (steril) aus Tiflis, welches A. Braun, in dessen Besitz es später überging, mit der Scheda versah: „wohl zu H. caucasicus C. Koch. — A. Br. 1853“. Ferner liegt im Herbarium des botanischen Museums in Berlin ein gleiches Exemplar von Koch als H. caucasicus eben- falls aus Tiflis; unter Nr. 2177 ein Exemplar aus Muchrawan mit unterseits behaartem Blatt als H. orientalis, in der Blattform, Höhe des Blüthenschaftes, in Form, Farbe und aufrechter Stellung der Blüthen kann ich übrigens nicht den geringsten Unterschied zwischen diesem und den früher erwähnten Exemplaren entdecken; auch findet sich vom selben Standorte noch ein völlig kahles Exemplar vor. Dass die von Koch geltend gemachten Merkmale Monographia Hellebororum. 91 nicht maassgebend sind, geht also aus dem Vergleich seiner eigenen Original- Exemplare zur Genüge hervor. Das Hauptmerkmal, nämlich die Behaarung der Blätter ist auch nicht einmal an derselben Pflanze constant, wie ich sicher constatiren konnte, da ganz ähnlich wie bei unserem #7. purpurascens die anfänglich behaarten Blätter im Alter kahl werden. Auch was über die Blüthenfarbe gesagt ist, besagt bei beiden Arten ziemlich dasselbe. — Boissier beschreibt in der Fl. Or. die Blüthen von FH. caucasicus als „verides purpureo tinct“, ein Irrthum, der wohl auf die allzu sorgfältige Benutzung früherer Diagnosen zurückzuführen ist. Dasselbe lässt sich sagen von der etwas ausfihrlicheren Beschreibung in Walpers Annal. Tom. IV. — Bei H. orientalis giebt Boissier die Blüthen als weiss oder rosenroth an, dies ist entweder ein Irrthum oder hatte Boissier eine andere Art im Auge (vielleicht H. olympieus?), die eitirten Exemplare gehören wohl zumeist zu H. Kochü. Ein Blick in die vorstehende Litteraturkritik wird überzeugend sein, dass bisher durch blinden Autoritätsglauben die Synonymik und systematische Umgrenzung der hierher gehörigen Pflanzenformen in eine grenzenlose Ver- wirrung gerathen seien. Alle diese Wirrnisse lösen sich aber leicht auf, denn wir haben es hier thatsächlieh nur mit ziemlich unbe- deutenden Formen einer und derselben Art zu thun. Hätten schon die oben angeführten kritischen Daten genügt, mir diese Idee nahe zu legen, so wurde sie zur Ueberzeugung durch das Studium des überaus reichen Materiales aus dem Herbarium des kaukasischen Museums in Tiflis, das mir durch die ungewöhnliche Güte des Herrn Staatsrathes Dr. Radde zugänglich gemacht wurde. Da keiner von den früheren Namen auf die Art in der von mir gefassten Umgrenzung passt und um zugleich der hier platzgegriffenen Namensverwirrung ein für allemal ein Ziel zu setzen, ‚habe ich mir erlaubt, diese Art H. Kochii zu nennen, zu Ehren Carl Kochs, welcher der erste Forscher war, der uns mit brauchbarerem Materiale von dieser Pflanze be- kannt machte und zugleich die besten Beschreibungen geliefert hat. Es erübrigt noch einige Worte über die diagnostischen Merk- male und die Variabilität dieser Art hier beizufügen. Was die von A. Braun geltend gemachten Merkmale anlangt, so habe ich bereits oben an- gedeutet, dass ich dieselben nach meinen Untersuchungen nicht für ent- 19% 92 Dr. Vietor Sechiffner. scheidend halten kann, die Zahl der Grundblätter, auf die der beriihmte Forscher so viel Gewicht legt, erhält sich auch nicht constant in der Cultur. Ich halte für diese Art charakteristisch die meist ausserordentlich grossen Grundblätter, die sehr eigenthümliche Blüthenfarbe und die nach dem Ver- blühen straff aufrechte Stellung der Blüthen. Alle Arten aus der Gruppe Euhelleborus tragen die Blüthen nach der Blüthezeit etwas aufrecht, aber keine so ausgesprochen wie unsere Art, ich habe daran selbst mangelhaft präparirte Fruchtexemplare immer mit Sicherheit erkannt. Die beiden von mir aufgestellten Varietäten sind in ihrer typischen Entwickelung leieht zu unterscheiden; die Varietät a besitzt gewöhnlich viel grössere Blätter, die auf der Unterseite stark abstehend behaart sind, und aus einer grösseren Zahl (bis 11) sehr breiten Blättchen zusammengesetzt sind. Hierher gehört wohl mit Sicherheit als Synonym ZH. orientalis Koch (l. e.) und H. ponticus A. Br.; die Varietät b besitzt gemeiniglich kleinere Blätter mit weniger und schmäleren Segmenten, die im entwickelten Zustande wie die ganze Pflanze kahl sind, nur ganz junge Blätter sind bisweilen ganz wenig drüsig-Haumig (nicht abstehend) behaart: hierher dürfte wohl als Synonym AH. caucasicus A. Br. et Koch gerechnet werden müssen. In den Blüthen und anderen Theilen vermag ich nach den Original-Exemplaren Koch’s und A. Braun’s nicht den geringsten Unterschied zu entdecken.!) Bis- weilen kommen Formen beider Varietäten mit viel schmäleren Segmenten und andere wieder mit schmäleren Sepalen vor, die ich aber nur für unwesentliche und nicht constante Abänderungen halte, eine Ansicht, die durch die Be- obachtung eultivirter Pflanzen bestätigt wird. In Gärten wird die Pflanze öfters gezogen, aber meist unter falschen Namen, sie hält unter Bedeckung unseren Winter sehr gut aus und blüht Mitte März reichlich. Ob dies schon eine Bastardform sei, wage ich nicht in Abrede zu stellen, die cultivirte Pflanze stimmt aber, abgesehen von der Ueppigkeit, mit der wildwachsenden im Wesentlichen überein. Dass A. Braun Exemplare dieser Pflanze aus dem Berliner botanischen Garten als H. cyclophyllus Bois. und als H. caucasicus C. Koch var. pallidus Rgl. in sein Herbarium !) Ob die Blüthenfarbe beider Formen genau übereinstimmt, kann ich nach dem ge- trockneten Materiale nicht mit Bestimmtheit behaupten. Monographia Hellebororum. 93 aufnahm, ist nicht zu verwundern, da er nach seiner eigenen Aussage seinen H. ponticus nur ungenau kannte. H. Kochü ist schon durch die Blüthenfarbe von allen anderen orientalischen Arten leicht zu unterscheiden, von H. odorus W. et K. ist er ausser durch die Blüthenfarbe durch die viel stattlichere Grösse aller Theile, zumal der Blätter, auffallend verschieden, mit dem ebenfalls sehr grossblättrigen H. eyclophyllus kann er wegen der ausdauernden, lederartigen Blätter kaum verwechselt werden.!) Geographische Verbreitung: AH. Kochii ist verbreitet durch den alten Pontus (das sidöstliche Gestade des schwarzen Meeres) und südlich vom Kaukasusgebirge durch Imerien, auf dem Kaukasus im Gebirgslande der Ossen und durch Georgien (Grusien), südlich bis in das russische Armenien. Weiter östlich bis Schirwan, Karabagh und das westliche Talysch, wo er von M. Bieberstein bei der Mündung des Aragus in den Kur bei Mzcheta ange- geben wird.?2) Westlich verbreitet sich diese Art wohl nicht weit über Trebisond hinaus. Die Angaben Grisebach's, Ascherson's u. a. (Byzanz, Skutari, Griechenland, T'hracien) beziehen sich wohl auf H. cyclophyllus Bois.; sicher nicht auf H. Kochä.3) — Im Gouvernement Kutais steigt H. orientalis Lam. nach Sredinsky (Umriss der Veget. des Rion-Beckens, Odessa 1874, russisch!) bis zu 4700’ in die Höhe. !) Beiläufig sei hier noch bemerkt, dass 7. orientalis (also wohl HZ. Kochit) nach Masters eine insectenfressende Pflanze ist (Masters, in Gard. Chron. Vol. V. 1876. p. 468—470, 474). 2) Dagegen macht Smirnow (1. ce.) über ZZ. caucasicus C. Koch (also unsere var. glaber) folgende Bemerkung: „Assez repandue en Transcaucasie ccc. et centr., ou elle s’observe jusqu’ä une altitude de 1100 m; cette plante ne se trouve plus ä l’est de la Kakhetie“. 3) Carl Koch (l. e.) macht über seine beiden Arten folgende Angaben: „Ich habe den ächten ZZ. orientalis Lam. (also uusere var. a!) hingegen nur in dem alten Pontus gefunden, und zwar auf meiner zweiten Reise sehr häufig in der Nähe von Trebisond unter Gesträuch und in Hecken, aber auch ausserdem längs der ganzen pontischen Küste bis nach dem Aus- flusse des Tschoruk“. Von ZZ. caucasicus (unserer var. b!) sagt er: „Ich fand sie sehr häufig in dem eigentlichen Georgien und in dem Gebirgslande der Ossen, wo sie den ganzen Winter hindurch fast in den Wäldern blühte. Im Osten Transkaukasiens und in Daghestan habe ich sie nirgends, im Westen nur bisweilen aufgefunden“. Es sei dazu bemerkt, dass die behaarte Form wirklich mehr dem westlichen Theile des Verbreiterungsgebietes angehören mag, während var. 9 verbreiteter im Osten ist, aber jedenfalls kommen beide Formen auch zusammen im ’ ganzen Gebiete vor. (Vgl. darüber die speciellen Standortsangaben.) 94 Dr. Vietor Schiffner. Ich will nun noch die Standorte speciell anführen, von denen ich die Pflanze gesehen habe: In Post Dagh prope Trapezunt. Kotschy, iter cilie. eurd. Suppl. 733 sub nom. H. caucasicus (var. a.)! — Toabse am schwarzen Meere. Bayern Nr. 75 sub nom. H. niger L. (var. b. sehr breitblättrig. sine tlor.)! — Muchrawan, ©. Koch im Herb. univers. berol. (var. a.)! et (var. b.)! — Imeretien, Quirilla-T'hal; Bayern, Nr. 79%. (var. b.)! — Imeretien; Bayern, Nr. 80 sub nom. „H. ibericus var. fol. 3 fidis, ist ähnlich foetidus“ (var. b. sine fol. rad)! — Armenia rossica; Szowits in herb. hort. Petrop. sub nom. H. caucasicus (var. b.)! — Kutais, Herb. mus. caucas. (var. b.)! — Grusien, Daschet, Aragua-T'hal; Bayern, Nr. 79. (var. b.}! — Tiflis; C. Koch sub nom. H. orientalis (var. b.)! — Tiflis; Herb. mus. caucas. (var. b.)! — Mont Saguram b. Tiflis; Tscherm. (var. b.)! — Raditha; Bayern 81 sub nom. H. colchieus mov. sp. (var. b. incompl.)! — Suram (?); Herb. mus. caucas. (var. b.)! — Sajopo (?); ibid. (var. b.)! — Ausserdem sah ich im Herbarium des kaukasischen. Museums in Tiflis mehrere Exemplare ohne Standortsangabe; wohl aus der Gegend von Titlis! Endlich will ich der Vollständigkeit halber noch die Standorte anführen, von denen Boissier die Pflanze (seinen H. orientalis) gesehen hat: Byzantii (Aucher exs. 4020). |Gehört meiner Vermuthung nach unbedingt nicht hierher!| — Asia minor borealis (Auch. exs. 61). — In monte Aldagh (Widem.). — Ad Samsun (Tchihat.). — Ad Trapezuntem (Gundelsheimer in Herb. Willden. [et ipse vidi!], Huet, Kg. suppl. Nr. 733). Blüthezeit den ganzen Winter hindurch (nach ©. Koch), bei uns im ersten Frühjahre, Februar, März, April. Nach Angaben Smirnows (l. ce.) blüht die Pflanze in Georgien bei Martkobi im April, bei Borjom, Gori 3jateha manchmal vom December an, bei Tiflis vom Februar an. VIIl. Helleborus abchasicus A. Br. (1853). Synon. et litterat.: H. abchasius A. Br. Appendix ad indie. sem. horti Berolin. 1553. p. 14. — Walpers, Annal. IV. p. 28. (1857). — C. Koch, in Berl. allg. Gartenz. 1858. p. 123. tab. I. — Boiss. Fl. or. I. (1867). p. 63. Ruprecht, Fl. Cauc. p. 32. (1869). — M. N. Smirnow, in den Schriften der kaukas. Gesellsch. der Wissensch. Bd. Il. p. 32 (russisch!). — Trautvetter, Increm. p. 27. no. 172. (1882). — Nicholson, Dietion. II. p. 132. (1886). — Monographia Hellebororum. 95 Smirnow, Enum. des especes d. plt. vasc. du Caucas. in Bull. soc. imp. des natu- ralistes de Moscou 188%. no. 4. p. 956. — H. Abascius Passerini, Piant. nuove p- 11. (1855). — H. caucasicus var. abchasicus Rgl. Ind. Gartenfl. 1860. p. 93. — H. caucasicus var. abchasica Rgl. Ind. sem. horti Petrop. 1860. p. 43. Rel. Gartenfl. 1866. p. 33. tab. 496. fig. 4. — HH. colchicus Rgl. in Bull. de Y’Acad. de St. Petersb. 1856. p. 403. Regel. Gartenfl. 1856. p. 293. — 1858. p. 340. — Boiss. Fl. or. I. p. 62. — Ruprecht, Fl. Caue. p. 32. — M. N. Smirnow, ]. ec. U. p. 32. — Trautvetter, I. ec. p. 27. no. 174. — Nicholson, II. p. 132. — Smirnow, Enum. des especes d. plt. vasce. du Caucas. in Bull. soe. imp. de Moscou. 1887. no. 4. p. 955. — H. offieinalis var. colchica Hort. (sec. Regl. 1. c.). — HH. tinetus -Steven herb.? sec. Ruprecht 1. c. p. 257. — Trautvetter 1. ec. p. 27. no. 178. — AH. caucasieus var. cholchica Regl. in Ind. sem. hort. Petrop. 1560. p. 43. — Regl. Gartenfl. 1560. p. 190. tab. 293. — H. porphyromelas A. Br. et Bouch€@ in Ind. sem. horti Berol. 1862. p. 13. — MH. caucasicus Regel. var. purpureus A. Br. (in sched.). — H. Abascius hybridus purpureus unicolor A. Br. (in sched.). H. glaber, foliis radicalibus saepissime pluribus (24) in quodam capite rhizomatis, subpedatis, perdurantibus, coriaceis, e foliolis 5—7 ovato- lanceolatis, atro-vel potius violaceo-viridibus, duplicato-serrulatis, venis subtus vix prominulis; scapo foliis saepe altiore plus minus purpureo-tineto, 3—4 floro, braeteis 5—3 fidis (vel summis simplieibus, lanceolatis) serrulatis instructo; tloribus nutantibus, longe petiolatis convexis dein subexplanatis, sepalis angu- stioribus, sese vix tegentibus, acutis, margine subundulatis (in speeim. eultiv. latiora, marginibus sese tegentia) plus minus intense atro-purpureis; nectariis subeompressis, labiis involutis clausis, viridibus saepe purpureo-striatis: staminibus filamentis purpureis antheris apice emarginatis albo-lutescentibus:; ovariis subeurvatis et stylis purpureis; carpellis omnino liberis, subpetiolulatis, lateribus ventralibus inter se distantibus; seminibus carinatis, oblongis, nigris, nitentibus. Aus der Endknospe eines jeden Astes (Kopfes) des genau so wie bei den verwandten Arten gebildeten Rhizomes gehen 2—4 (sehr selten nur eines) Blätter hervor; die von einem etwa 2 dm langen etwas kantigen mehr weniger rothbraun gestrichelten Stiele getragene, nicht allzu grosse, bis 2,5 dm im Querdurchmesser haltende Spreite ist undeutlich fussförmig 96 Dr. Vietor Schiffner, gestaltet, indem von den 5—7 Blättchen nur immer die beiden äussersten zu nahe ihrer Insertionsstelle mit einander verbunden sind. Die Farbe ist ein glänzendes sehr dunkles Grün durch eine Beimischung von Violett, was besonders gegen die Blattränder deutlich hervortrit. Die Blättehen sind breit, eiförmig-lancettlich gegen die Basis keilig verschmälert. Serratur doppelt, Zähne ziemlich klein nach vorn geneigt. Die Nerven sind oberseits etwas eingedrückt, unterseits nur wenig oder nicht hervortretend. Die Blätter sind wie die ganze Pflanze kahl (nur sehr spärliche sitzende Drüsen sind auf der Unterseite vorhanden). Der Blüthenschaft ist meist höher als die Blätter und roth angelaufen. Die Brakteen sind ziemlich klein, die unterste ist oft auf eine spreitenlose Scheide redueirt, die oberen bestehen aus einem scheidig geflügelten Stiele und einer aus 5—3 Segmenten bestehenden Spreite, die obersten sind manchmal einfach breit lancettlich. Die 4—5 Blüthen hängen an langen Stielen, sind mittelgross, 6—7 em im Querdurchmesser, anfänglich halbkugelig, später fast ausgebreitet. Die Sepalen sind bei der wild- wachsenden Pflanze wohl meistens ziemlich schmal und zugespitzt, an den kändern wellig verbogen, von mehr weniger intensiver dunkel carmoisin- rother Farbe. Bei der eultiv. Pflanze (H. colchieus Rgl.) sind die Sepalen meist breit, bis über die Mitte herauf sich deckend und sehr intensiv gefärbt, innen mit einem schönen Sammetschimmer. Die zahlreichen Nectarien sind von derselben Form wie bei den verwandten Arten, grün und oft dunkel- roth gestreift. Die Filamente der Staubgefässe sind bis fast unter die gelblichweisse, Jänglich-ovale, an der Spitze ausgerandete Anthere purpurroth gefärbt. Die 5—S Fruchtknoten sind völlig frei, die Ovarien etwas gekrümmt, grün, röthlich angelaufen, die Griffel mehr als doppelt so lang als letztere, röthlich mit weisser aufrechter Narbe. — Die Carpelle sind am Grunde völlig frei in ein deutliches Stielchen zusammen- gezogen und weichen mit ihren Bauchnäthen deutlich von einander, so dass sie etwas nach aussen geneigt erscheinen. — Die Samen sind wie bei den verwandten Arten. Bemerkungen: In den Werken von Boissier, 'Trautvetter etc. ist neben FH. abchasicus als verschiedene Art H. colchicus angeführt; in den Diagnosen der beiden Arten ist kaum ein thatsächlicher Unterschied zu finden. Es ist zweifellos, dass diese Diagnosen und alle vorstehend an- Monographia Hellebororum. 9% geführten Synonyma sich auf dieselbe Species beziehen. Trotzdem bereits C. Koch (l. ec.) 1858 auf diesen Irrthum hinwies, hat er sich doch merk- würdiger Weise bis in die neueste Zeit erhalten. Wie Koch ganz richtig auseinandersetzt, wurde die Pflanze zuerst von A. Braun 1853 als HZ. abchasicus beschrieben. Regel, der von der Braun’schen Publication nichts wusste, beschrieb 1556 dieselbe Pflanze nach eultivirten Exemplaren als H. colchicus. Die beiden Beschreibungen weichen in unwesentlichen Punkten von einander ab, da Braun Exemplare vorlagen mit schmäleren Sepalen und lichter ge- färbten Blüthen. Form und Färbung der Sepalen ändern sich aber in der Cultur und scheint besonders die Farbe der Blüthen intensiver zu werden, jedoch ist dies nur bedingungsweise der Fall, da man an derselben Pflanze in ver- schiedenen Jahrgängen dunkler und lichter gefärbte Blüthen mit breiteren und schmäleren Sepalen beobachtet. Regel scheint der Vermuthung gewesen zu sein, dass Braun doch eine andere Art vorgelegen habe, da er später neben seinem H. caucasicus var. abchasicus noch einen H. caucasicus var. colchicus unterschied. Ihm folgt auch Smirnow (l. e.). A. Braun andererseits beschrieb später noch andere Culturformen (die wohl sicher keine Bastarde sind) der- selben Pflanze als H. porphyromelas ete. So entstand die auf den ersten Anblick schier unentwirrbar scheinende Confusion in der Synonymik dieser Art. Dass die Pflanze in der Cultur ungemein viel Neigung zur Variabilität besitzt, geht schon aus dem soeben Gesagten zur Genüge hervor, ob dies auch bei der wildwachsenden Pflanze der Fall ist, kann zur Zeit noch nicht entschieden werden, doch ist es sehr wahrscheinlich, FH. abchasicus bildet auch ungemein leicht mit anderen Euhelleborus-Arten Bastarde, von denen viele zum Theile prachtvolle in Gärten eultivirt werden; es wird von ihnen im Anhange die Rede sein. Einige derselben sind durch die Kunst der Gärtner, andere durch freiwillige Kreuzung enstanden. — Ich hielt es nicht für nothwendig, kleinliche Culturformen als Varietäten speciell aufzuführen, es dürfte genügen, auf die Variabilität der Art hingewiesen zu haben, zudem sind solche Formen, wie bereits angedeutet wurde, nicht eben constant, sondern scheinen von äusseren Bedingungen abzuhängen. &, dass unsere Pflanze ein Bastard des H. orientalis >! Regel war der Meinun Lam. (also H. Kochä) und H. purpurascens W. K. sei, was schon darum unmöglich ist, dass letztere Art sicher nicht in den Caucasusländern vorkommt. Nova Acta LVI. Nr. 1. 13 98 Dr. Vietor Schiffner. Schliesslich möge es erlaubt sein, etwas über die Geschichte unserer Species zu berichten. Ü. Koch hat die diesbezüglichen Daten sorgfältig ge- sammelt; ich lasse ihn selbst sprechen: „Diese Art wurde von dem kaiser- lichen Gärtner Rögner in Kutais, der Hauptstadt von Imerien, der sich früher in gleicher Eigenschaft in Odessa befand und zweimal auf Befehl des da- maligen Greneralgouverneurs, Fürst Woronzoff, eine Reise nach der tscher- kessischen und abchasischen Küste im Osten des schwarzen Meeres machte, daselbst entdeckt und nach Petersburg versandt. Von dort ist sie als Helleborus sp. Abchasiae, was man später in H. abchasicus umwandelte, in Deutschland verbreitet worden. James Booth und Söhne in Hamburg scheinen sie zuerst gehabt zu haben!). Dann bekam sie der Gärtner Kunicke in Wernigerode. — Prof. Al. Braun in Berlin untersuchte sie zuerst genauer und beschrieb sie unter dem Gärtnernamen, der aber aus Versehen „abschasicus“ geschrieben wurde. — Später kam sie nach Belgien, wo Bedinghaus in Nimy bei Mons sie zuerst gehabt zu haben scheint und endlich nach Frankreich. Dort sah sie Le Bele in dem Garten eines gewissen Foulard und beschrieb sie 1857 in der oben schon genannten Abhandlung. — 1856 unterwarf auch Regel, Director des botanischen Gartens in Petersburg, die Pflanze einer näheren Untersuchung und nannte sie, von der Bekanntmachung des Prof. Braun nichts wissend, H. colchieus.“ Die Heimath dieser schönen Pflanze ist die kaukasische Provinz Abchasien am östlichen Gestade des schwarzen Meeres. H. colchicus wird von Regel aus Mingrelien angegeben. Die Blüthezeit fällt bei uns etwas später als die des FH. Kochii, Ende März bis Mitte April. In seiner Heimath fällt die Blüthezeit jedenfalls auch in den ersten Frühling. IX. Helleborus guttatus A. Br. et Sauer. Synonym. et litterat.: H. macranthus C. Koch (non Freyn!) [sec. Ruprecht, Fl. Caue. p. 32. H. grandiflorus ©. Koch]. A. intermedius Morr. (nee Guss. nee Host!) Ann. de Gand I. p. 474. tab. 44. — H. guttatus A. Br. et Sauer in App. ad ind. semin. horti Berol. 1853. p. 13. — Ruprecht, Fl. Caue. 1) Im Kataloge dieser Firma befindet sie sich zuerst im Jahre 1852. (Anm. d. Verf.) Monographia Hellebororum. 99 p- 32. — C. Koch, in Berl. allg. Gartenz. 1858. p. 129. tab. 2. — Boiss,., Fl. Or. I. p. 63. — M. N. Smirnow, in den Schriften der kaukas. Gesellschaft der Wissensch. Bd. II. p. 32. — Trautvetter, Iner. p. 27. Nr. 176. — Smirnow, Enum. d. especes d. plt. vasec. du Caucas. in Bull. soec. imp. de Moscou 1987. Nr. 4. p. 956. — H. caucasicus, var. y. guttatus Regel, Gartenfl. 1560, p. 192. — H. caucasicus, var. guttata Regel in Ind. sem. horti Petrop. 1560. p. 43. — H. caucasicus Hort. nonn. sec. Koch, 1. c. — H. offieinalis Hort. Petrop. (non Salisb.! non Sibth.!) — H. orientalis var. guttatus Hort. ang]. H. glaber foliis radicalibus plerumque binis, magnis, illis H. abchasiei simillimis, sed dilutius viridibus, subpedatis, foliolis 5—7 ovato-lanceolatis, argute serrulatis compositis; scapo elato folia radic. superante, paucifloro inferne purpureo-striolato, bracteis 5—3-partitis in petiolum vaginantem attenuatis; floribus maximis, in pedicello brevi nutantibus, subexplanatis, sepalis late- ovatis vel rhomboideo-ovatis, acuminatis vel obtusiusculis, marginibus sese tegentibus, supra albis basin versus virescentibus, margine subpurpurascentihus, maculis obscure-purpureis innumeris obsitis, subtus magis purpurascentibus sed sine maculis; neetariis clausis subcompressis flavo-viridibus, staminibus albis, antheris oblongis apice obtusis vel emarginatis, carpellis et seminibus ut in H. abchasico. Die sehr grossen lederartigen Blätter kommen aus den Sprossen meistens zu zweien hervor. Sie sind am Grunde von 2—3häutigen, ge- falteten, ovalen Bracteen umgeben. Der lange Blattstiel ist fast drehrund, oberseits mit einer seichten Furche versehen, gegen die Basis zu bis fast gegen die Mitte herauf purpurn gestrichelt. Die Blattspreite besteht aus 5— grossen, eilanzettlichen Blättchen, von denen die äussersten zu zwei verwachsen sind, wodurch das Blatt etwas oder deutlich fussförmig erscheint. Die Blättchen sind kahl (oder bei jüngeren Blättern auf der Unterseite gegen die Basis zu zerstreut drüsenhaarig), oberseits sind sie freudig grün und etwas glänzend, unten lichter grün mit nicht deutlich hervortretendem Adernetz. Die Ränder sind (mit Ausnahme der Basis) fein und scharf gesägt; die Zähne oft nur einfach, sehr stark nach vorn geneigt oder etwas eingekrümmt. Stengel bis 4 dm und darüber hoch, die Blätter überragend, sparsam zweitheilig, drehrund, bis über die Mitte herauf purpurbraun gefleckt; die Aeste sind kantig durch die von den Basen der Stengelblätter herablaufenden Leisten. 13* 100 Dr. Vietor Schiffner. Die Stengelblätter sind 5—3theilig, mit scheidiger Basis, die Zipfel ähnlich in Bau und Farbe den Wurzelblättern, doch kleiner, völlig kahl. Die prächtigen, grossen Blüthen stehen 3 (selten 5) an der Zahl an ziemlich kurzen, kantigen Stielen in niekender Stellung. Sie sind die grössten in diesem Genus, denn ihr Querdurchmesser beträgt oft mehr als Sem. Die fast ausgebreiteten Sepala sind breit-eiförmig oder fast viereckig - eiförmig zugespitzt oder stumpflich und decken sich mit den Rändern. Ihre Farbe ist innen weiss, gegen den Rand zu in blassrosa übergehend, gegen die Basis grünlich werdend. Die Mitte der Fläche ist, mit Ausnahme der Basis, soweit diese von den Nectarien bedeckt wird, mehr weniger dicht mit dunkel-purpurnen Punkten bedeckt, die an Häufigkeit gegen die Basis hin zunehmen. Die Aussenseite ist etwas intensiver matt purpurroth gefärbt, ungefleckt, die Adern treten hier deutlich hervor. Die Nectarien, 15—20 an der Zahl, stehen etwas ausgebreitet, sind conisch zusammengedrückt, auf einem kurzen Stielehen aufsitzend, die Ränder sind umgerollt, die Mündung verschliessend; von grünlichgelber Farbe. Die Staubgefässe sind viel länger als die Neetarien, anfänglich etwas einwärts gekrümmt, später beim Verstäuben sich rasch in die Länge streckend und sich nach aussen biegend. Filamente weisslich. Die ovalen Antheren sind gelblich gefärbt und am Scheitel ab- gestumpft oder ausgerandet. Stempel meist 4—5 (seltener mehr). Ovarium am Rücken gekielt, grün oder purpurbraun angehaucht. Griffel fast 3 Mal so lang, als das Ovarium, purpurbraun, Anfangs aufrecht, später etwas nach aussen gebogen. Narbe klein, fast aufrecht, weisslich., Frucht und Samen wie bei H. abchasicus. Sepala beim Heranreifen der Frucht sich matt- grün färbend; die purpurne Färbung und Punktirung bleibt, nimmt aber durch die grüne Beimischung einen dunkleren "Ton an. Bemerkungen: H. guttatus ist unstreitig die schönste Art unseres Genus, welche darum und wegen ihrer leichten Oultur als Zierpflanze sehr empfohlen werden kann. Sie vermehrt sich leicht aus Samen und durch Rhizomtheilung und hält in Süddeutschland, wie die verwandten asiatischen Arten, unter Bedeckung auch den Winter über im Freien aus, auch lässt sie sich leicht treiben. Entdeckt wurde diese prächtige Pflanze von C. Koch in den Wäldern bei Tiflis im Jahre 1837 und von dem Entdecker wegen ihrer auffallend Monographia Hellebororum. 101 grossen Blüthen H. macranthus genannt. Später wurde sie wieder von Frick bei der deutschen Colonie Helenendorf im Kaukasus gefunden und nach Petersburg gesandt. Von da gelangte sie an den Gärtner Haage in Erfurt und wurde von hieraus weiter verbreitet. In Belgien sah sie Morren und beschrieb die Pflanze als H. intermedius; später erst gelangte sie durch den Universitätsgärtner Sauer nach Berlin, wo sie Al. Braun beobachtete und genauer beschrieb. Verfasser hatte Gelegenheit, die Pflanze lebend zu beobachten, und ist obige Beschreibung nach lebenden Exemplaren entworfen. Wegen der hervor- gehobenen Merkmale, die sich in langjähriger Cultur als constant erweisen, scheint sie eine recht gute Species zu repräsentiren. In der Cultur variirt die Pflanze nur unwesentlich. Die rothen Punkte stehen bald dichter auf den Sepalen, bald sind sie nur spärlich vorhanden; auf dergleichen Abänderungen beziehen sich die Namen im Braun’schen Herbarium: „var. speciosus, var. parce punctatus, pareissime punctatus, forma humilis parviflora parce guttata etc. Da es bei der grossen Neigung der Pflanze zur Bastardbildung nieht unwahr- scheinlich ist, dass hier Kreuzungsformen vorliegen, so werde ich in dem den Helleborus-Bastarden gewidmeten Anhange nochmals darauf zurückkommen. Dort werden auch die anderen, sicheren, zum Theil prachtvollen Bastarde dieser Species genauer besprochen werden. Die Heimath des H. guttatus sind die Bergwälder der kaukasischen Provinz Georgien (Grusien). Die Blüthezeit fällt in das Frühjahr. Bei uns nach mittelmässigen Wintern Ende März und Anfang April. Fruchtreife im Hochsommer. X. Helleborus antiquorum A. Br. Synonym. et litterat.: A. orientalis Lindl. (non Lam.!) in Bot. Reg. 1842. tab. 34. — H. antiquorum A. Br. in app. ad ind. sem. horti berol. 1853. — Walpers, Annal. IV. p.26. (155%). — C.Koch, in Berl. allg. Gartenz. 1858. p- 130. — Boiss, Fl. Or. I, p. 62. — ?? H. offieinalis Sihth. (non Salisb.!) Fl. Graee. VI. tab. 528. (sec. A. Br.) vide H. eyclophyllus! — H. olympicus Hort. brit. (non Lindl.!) et H. orientalis (non Lam.!) Nicholson, Diet. II. p. 133. Fig. 215. (1886). 102 Dr. Vietor Schiffner. H. glaber, foliis radicalibus binis (rarissime unico tantum) coriaceis, perdur- antibus, magnis subpedatisectis, segmentis 7—5 ovato-lanceolatis, marginibus argute-serrulatis, venis subtus vix prominulis; scapo foliis humiliore, inferne rubro-striolato, 3—4 floro; bracteis ut in affinibus, 5—3sectis, serrulatis; floribus permagnis, longe petiolatis, nutantibus (etiam post anthesin), convexis, sepalis late-ovatis acuminatis, sese tegentibus, extus et intus dilute roseo- purpureis, basi virescentibus; filamentis albis roseo-tinetis; antheris longis, linealibus, luteo-albis, apice conspicue acuminatis; carpellis, quam in affinibus longioribus, triplo fere longitudine latitudinem superantibus, subpetiolulatis, omnino liberis; stylo breviore. Die ganze Pflanze ist kahl, nur im unteren Blatttheile auf der Unterseite der Blätter lassen sich mit dem Mikroskop einige keulige, kurze Trichome erkennen. Die aus den Rhizomästen fast immer zu zweien hervor- kommenden grossen Grundblätter stimmen in allen Punkten mit denen der nahe verwandten: H. abchasicus und guttatus überein, nur sind sie öfters etwas deutlicher fussförmig, indem hier nicht selten drei Segmente jeder- seits an ihren Basen verbunden erscheinen. Die Serratur der Blattränder ist ebenfalls sehr ähnlich, doch kommen oft einfache Sägezähne vor. — Der Blüthenschaft erreicht in der Länge meist die Blätter nicht oder ist doch nur unmerklich höher als diese. Er ist kräftig, einfach oder mehrfach gabel- theilig, am Grunde meist rothbraun gestrichelt. Von den Stengelblättern (Bracteen) ist das unterste meist auf eine Scheide mit sehr kleiner oder fehlender Spreite redueirt. Das folgende ist 5- bis 3-theilig, von mittlerer Grösse, die obersten einfach mit drei Zipfeln oder ganz und oval-lanzettlich. Die Ränder aller sind fein, meist einfach gesägt. — Die sehr grossen, schönen Blüthen hängen an ziemlich langen Stielen und richten sich auch nach der Blüthezeit nie ganz auf; sie halten 6—6,; cm im Querdurchmesser und sind, besonders in der Jugend halbkugelig-glockig. — Die Sepalen sind breit eiförmig, wenigstens die drei inneren zugespitzt und decken sich an ihren Rändern bis weit über die Mitte. Ihre Farbe ist beiderseits ein trübes Rosa-purpurroth. Aussen ist die Farbe etwas dunkler, besonders bei den beiden äusseren Sepalen; gegen die Basis geht die rothe Farbe in eine gelb- grüne über. — Die 10—15 Nectarien unterscheiden sich in nichts von denen des H. guttatus, Kochii und der anderen verwandten Arten, sie sind gelb- Monographia Hellebororum. 103 grün. — Die Filamente sind etwa drei Mal so lang, als die Anthere, weiss, in der Mitte rosenroth. Die lineal-länglichen Antheren sind etwa vier Mal so lang als breit, von gelblich-weisser Farbe; sie sind am Scheitel durch das hervortretende Uonnectiv stets deutlich, oft ziemlich lang gespitzt. — Die roth gefärbten Griffel mit kleiner aufrechter Narbe iber- ragen nur wenig die Staubgefässe. — Die 5—7 Carpelle sind verhältniss- mässig länger als bei den verwandten Arten, indem sie fast drei Mal so lang als breit sind: sie sind aufgeblasen, rundlich im Querschnitte und vollkommen getrennt, nach abwärts in ein Stielchen zusammengezogen und etwas bogig nach aussen gekrümmt. — Die Samen stimmen mit denen der verwandten Arten überein. Bemerkungen: H. antiquorum A. Br. ist durch die Blüthenfarbe, sowie durch die stets deutlich gespitzten Antheren von allen verwandten Arten sicher zu unterscheiden, alle anderen Merkmale halte ich aber von secundärer Bedeutung, jedoch tragen sie immerhin mit dazu bei, die Ansicht, dass wir es hier mit einer „sehr guten“ Art zu thun haben, zu bekräftigen. Diese prachtvolle Pflanze wurde von dem englischen Consul in Brussa, Sandison, auf dem bithynischen Olymp in Kleinasien entdeckt und mit der folgenden Art (H. olympieus) nach England gebracht, wo beide von Lindley (l. e.) beschrieben und abgebildet wurden. Von England kam die Pflanze an den Hamburger Gärtner James Booth, von dem sie der Berliner botanische Garten erhielt. Hier wurde sie von A. Braun abermals untersucht und beschrieben. Es ist nach diesem kaum zu zweifeln, dass der Berliner Garten den echten H. antiquorum besitzt. Ich sah Exemplare im Herbarium A. Braun’s, die mit denen des Prager k. k. botanischen Gartens vollkommen übereinstimmen, die Pflanze scheint sich in der langjährigen Cultur (seit 1553, wo A. Braun’s Beschreibung erschien) kaum verändert zu haben. A. Braun ist der Ansicht, dass das Synonym Tournefort’s „FH. niger orientalis, amplissimo folio, caule praealto, flore purpurascente“ theilweise hier- her gehört, indem Toournefort darunter mindestens zwei Species begreift, eine pontische, die Desfontaines und Hayne (siehe bei H. Kochii!) abgebildet haben, und eine olympische, wie sein Reisebericht: Voyage en Levant (II. p. 189) darthut. — Nicht mehr mit Sicherheit zu deuten ist die Abbildung von Sibthorp, Fl. graee. tab. 528. Nach A. Braun und C. Koch gehört sie trotz 104 Dr. Vietor Schiffner. einiger Unterschiede doch vielleicht hierher. Ich bin nicht dieser Ansicht, ich vermuthe aus den bei FH. cyclophyllus Bois. näher zu erörternden Gründen, dass es eine misslungene, mit zu viel Phantasie ausgeführte Abbildung der letztgenannten Species ist. Zur Synonymik der Art ist noch zu bemerken, dass sie von Lindley H. orientalis genannt wurde, da aber Lamarck’s H. orientalis sicher eine andere Pflanze (unser H. Kochii) ist, so gab A. Braun diesen Namen auf und nannte die Art H. antiquorum. ©. Koch 1. e. möchte unsere Art mit H. olympicus Lindl. für identisch halten, darüber Näheres bei Letzterem. Jedenfalls ist die Verwandtschaft der beiden Arten, wie auch A. Braun zugiebt, eine sehr enge. Die Heimath des H. antiquorum ist der bithynische Olymp in Kleinasien. Blüthezeit im ersten Frühjahr. Bei uns etwa Ende März bis Mitte April. Die jungen Wurzelblätter beginnen sich während der Blüthezeit zu entwickeln. So lange sie zusammengefaltet sind, sind sie röthlich angehaucht und unterseits mit feinem hinfälligen Flaum bedeckt. XI. Helleborus olympicus Lindl. Synon. et litterat.: H. olympicus Lindl. in: Bot. Reg. XIV. Misc. p. 113. (1841) et tom. XXVIIH. tab. 58. (1842). — Walper, Repert. I, p. 48. (1542). — A. Braun, app. ad Ind. sem. horti berolin. 1553. p. 23. — Walper, Annal. IV. p. 2%. (1557). — €. Koch in berl. allgem. Gartenz. 1858. p. 180. — Boiss. Fl. Or. I. p. 63. — H. caucasicus var. pallidus Regel, Gartenfl. 1860. (ex parte formae et hybridae hort.?) — H. odorus var. önodorus Herh. A. Br. — H. pallidus Hort. (non Host?) var. grandiflorus. — H. biflorus Hort. bot. Vindob. — H. guttatus var. albo-virescens Herb. A. Br. — H. offi- cinalis Hort. bot. Prag. H. subglaber vel glaber, foliis radicalibus plerumque binis, permagnis, perdurantibus, coriaceis, obsceure-viridibus nitentibus, pedato-digitatis vel pedatis, foliolis 7—9 late-lanceolatis, pro more angustioribus, marginibus argute serru- latis, subtus venis non tantum prominentibus, glabris vel subpilosis; scapo foliis humiliore, 2—83 floro, foliis caulinis 5—3 partitis, minutissime serrulatis; Monographia Hellebororum. 105 floribus illis praecendentis minoribus, convexis, in pedicellis longis nutantibus (etiam post anthesin), sepalis ovatis, marginibus sese tegentibus, interioribus acutiusculis, e virescenti albis, nulla rubedine suffusis, basi virescentibus; nectariis et pistillis ut in H. guttato, antheris oblongis apice apiculatis vel rarius submutieis, rarissime paulisper emarginatis; carpellis subpetiolulatis, omnino liberis. Die Wurzelblätter kommen gewöhnlich zu zweien aus den Sprossen des ebenso wie bei den verwandten Arten erscheinenden Rhizoms hervor, jedoch ist dies nach meinen Untersuchungen keineswegs constant. Die 4—5 dm langen Blattstiele sind etwas rinnig. Die grosse Blattspreite wird zusammen- gesetzt aus 7—9 breit-lancettlichen Blättchen, die länger, aber schmäler sind als bei FH. antiquorum, worauf auch Boissier (l. e.) hinweist. Die äussersten 2, ja selbst 3 Blättchen jederseits sind fussförmig verbunden und das äusserste ist oft noch tief zweitheilig, wodurch die Gesammtform des Blattes deutlicher fussförmig erscheint als bei H. antiquorum; dies läuft den Angaben Braun’s und Boissier's zuwider, die die Blätter des H. olympieus als fast handförmig beschreiben, jedoch ist darauf kein zu grosses Gewicht zu legen, da die Blattform sogar an demselben Stocke varüirt. Die Farbe ist ein etwas helleres Grün als bei A. antiguorum. Auf der Unterseite treten die Nerven etwas hervor und ist hier mitunter eine kaum merkliche Behaarung wahrzunehmen. Die Ränder der Blättchen sind bis auf '/,; oder !/; der Länge herab klein doppelt gezähnt mit straff nach aussen und aufrecht abstehenden Zähnen. Der Stengel ist niedriger als die Blätter, 2—3blüthig, grün, drehrund, gabeltheilig mit etwas Kkantigen Aesten. — Die Stengelblätter sind wie bei den verwandten Arten beschaffen. — Die grossen, convex-halbkugeligen Blüthen haben einen Durchmesser von ca. 5—6 em, sind also kleiner als die der vorigen Art. — Die breiten Sepalen decken sich mit den Rändern, die inneren sind zugespitzt, die äusseren oft stumpflich. Ihre Farbe ist ein etwas ins Gelbliche ziehendes Grünlich- weiss, ohne jede Spur einer rothen oder braunen Beimischung. Die Nectarien sind wie bei den verwandten Arten gestaltet, anfänglich schön apfelgrün, seidenglänzend, später mehr gelbgrün. Die Staubgefässe haben weisse Filamente und oval-längliche, gelblichweisse Antheren, die am Scheitel meistens durch ein sehr kleines aber deutliches Spitzchen gekrönt sind, welches Nova Acta LVI. Nr. 1. 14 106 Dr. Vietor Sehiffner. aber oft fehlt, ja man findet selbst etwas ausgerandete Antheren; diese Ver- hältnisse sind, wie ich mich überzeugt habe, selbst bei den Bliüthen ein und desselben Stockes keineswegs constant. Der Pollen, den ich bei dieser Art genauer untersuchte, ist mit der Anthere gleichfarbig trocken ellipsoidisch-drei- kantig, im Wasser kugelig aufquellend und äusserst fein gekörnelt. Bei starker (ca. 600facher) Vergrösserung löst sich diese Körnelung in ein sehr 6eckigen Feldern auf. — Die grünen Griffel zierliches Netzwerk von 5 überragen die Staubgefässe um die Hälfte. Die Ovarien sind etwas bogig gekrümmt. — Die Carpelle sind kürzer als bei H. antiguorum, etwa denen von H. guttatus und H. abchasicus ähnlich und wie diese in ein Stielehen zusammengezogen und vollkommen frei. Die Samen sind von derselben Bildung, wie bei den verwandten Arten. Bemerkungen: H. olympicus wurde von Sandison mit H. antiguorum um das Jahr 1840 auf dem bithynischen Olymp entdeckt, nach England ge- bracht und daselbst von Lindley beschrieben und abgebildet. Die Exemplare des Berliner botanischen Gartens, die mit denen des Prager Gartens identisch sind, stammen von dem Hamburger Gärtner James Booth, der die Pflanze aus England erhielt. Es ist schon aus diesem Grunde sehr wahrscheinlich, dass die cultivirten Pflanzen, nach denen die obige Beschreibung entworfen ist, wirklich von dem Sandison-Lindley’schen Exemplar abstammen. Ausser- dem, wenn man glauben möchte, unsere Pflanze sei ein Bastard, wäre nicht einzusehen, von welchen Arten dieser abstammen könnte, da dies die einzige Form ist mit weissen Blüthen. Im Herbar. A. Braun’s finden sich freilich Formen von H. guttatus mit fast gar keinen rothen Punkten, aber dies sind sicherlich Hybriden zwischen dem echten FH. guttatus und H. olympicus. In wie weit die oben als Synonyma eitirten Gärtnernamen mit Recht hier stehen, kann ich nicht entscheiden, so viel aber ist gewiss, dass die mir unter diesen Namen zu Gesicht gekommenen Pflanzen keinen erheblichen Unterschied von der oben beschriebenen Pflanze zeigen. Ueber die Gartenformen, welche mit mehr weniger Sicherheit Bastarde mit dieser Art sind, werde ich im Nach- trage berichten. Die Beschreibung A. Braun’s und ebenso die Boissier's weicht in un- wesentlichen Dingen von der meinigen ab, worauf schon oben hingewiesen wurde. Eigenthümlich ist, dass das Merkmal, welches sich auf die Zuspitzung Monographia Hellebororum. 10% der Antheren bezieht, sich bei H. antiquorum so ausserordentlich constant er- halten hat, während es bei AH. olympicus ungemein variabel ist, man findet kaum zwei Blüthen, die in dieser Beziehung übereinstimmen; möglicher Weise sind gewisse Differenzen auch durch die langjährige Cultur bedingt worden. Al. Braun spricht die Vermuthung aus, dass möglicher Weise H. anti- quorum und H. olympicus zusammen nur Formen einer Art darstellen, eine Ansicht, die in Anbetracht der gleichen geographischen Verbreitung der beiden Pflanzen und der sonstigen ausserordentlichen Aehnlichkeiten sehr viel Wahr- scheinliches für sich hat. Die total verschiedene Blüthenfarbe allein schon wird aber die beiden Formen sofort unterscheiden. C. Koch (l. ce.) scheint gar der Anschauung zu sein, dass H. antiquorum und H. olympicus als Synonyma zu fassen seien, weil er in den beiden Abbildungen Lindley’s keinen irgendwie bemerkenswerthen Unterschied zu entdecken vermag. Jedenfalls herrscht über dieser Art noch ein ziemliches Dunkel und ist es höchst wünschenswerth, dass neuerliche Beobachtungen der Pflanze in ihrer Heimath darüber etwas Licht verbreiten. Die Heimath des H. olympieus ist der bithynische Olymp in Klein- asien (In Walper’s Repert. 1. ce. ist fälschlich angeführt: „ereseit in monte Olympo in 'T’hessalia“). Ein Exemplar von Wiedemann „ex Anatolia“ (unter dem Namen H. orient. Lam. teste Boiss.) dürfte auch hierher gehören, ich konnte darüber nicht ins Reine kommen, da das Exemplar unvollständig ist. Die Standorte in Nyman’s Consp.: Macedonia, 'T'hracia (Grisebach) und Byzant (Aucher)! gehören wohl zu H. cyclophyllus. Die Blüthezeit scheint in seiner Heimath in die Monate November oder December zu fallen. Bei uns blüht er in besseren Jahren etwa Mitte März bis Anfang April. Die jungen Blätter entwickeln sich schon während der Blüthezeit, wenn zwei vorhanden sind, so kommt das zweite viel später zum Vorschein und bleibt immer viel kleiner; die noch zusammengefalteten Blätter sind mit einem sehr zarten Flaum bedeckt. Die Pflanze hält in Süd- deutschland den Winter über an geschützteren Stellen auch ohne Bedeckung aus, bleibt aber dann immer etwas kiümmerlich. 14* 108 Dr. Vietor Schiffner. XI. Helleborus cyclophyllus Boiss. 1867. Synon. et litterat.: H. orientalis Gars. (sec. Nyman)? — ? H. offi- cinalis Sibth. Fl. graeca. IV. tab. 523. — Fraas, Synops. plant. fl. class. p. 132. (1845). — H. officinalis Salisb. in Grisebach, Spie. p. 316. — Ascherson, Beitrag zur Flora des nordwestl. Kleinasiens in Jahrb. des königl. bot. Gartens zu Berlin von Eichler und Garcke. Bd. II. 1883. — ? H. viridis var. cyclophyllus A. Br. Ind. sem. horti berol. 1862. p. 14. (Ex parte!). — AH. cyclophyllus Boiss. AHOE Tapas! Exsiec: De Heldreich, Herbarium graecum normale No. 647. sub nom: H. orient. Gars.! — Flora Graeca exsiccata No. 1052. — De Heldreich, tlora T'hessalica. Vulgärnamen: Türkisch: Zopleme; Neugriechisch: ozdopn. H. folio radieali unico, permagno, haud perdurante, subpalmato, sub- pedato vel evidenter pedato, foliolis ”—9 late-lanceolatis saepissime plus minus profunde divisis, subtus nervis prominulis, pilosis; scapo foliis altiore, 3—4-floro, bracteis 5—3-fidis subtus pilosis; Horibus permagnis, suberectis, concavis, suave olentibus, sepalis latis sese tegentibus, flavo-viridibus, sub- pruinosis; antheris luteo-albis, oblongis, apice muticis vel emarginatis; stigmate erecto; carpellis 5—14 brevibus, latis, omnino liberis, subpetiolulatis, stylo perbrevi coronatis; seminibus latius carinatis. Der kräftige, aufsteigende oder verticale Wurzelstock ist dicht mit starken, über 2 dm langen, meist unverzweigten Wurzeln besetzt, die lange fadenförmige, reich verzweigte, mit langen rothbraunen Wurzelhaaren bedeckte Nebenwurzeln tragen. Die blätter- und blüthenstengel-tragenden Köpfe des Rhizoms sind schlank, aufrecht, meist einfach und geringelt. Blätter und Blüthenstengel sind am Grunde von 4—6 häutigen, ovalen Scheidenblättern umgeben. — Die sehr grossen Grundblätter kommen fast immer einzeln hervor und sind von ziemlich fester Consistenz, aber nicht über- winternd, wie alle von mir untersuchten Exemplare von zahlreichen Original-Standorten, sowie die aus Athen in den Berliner botanischen Garten gekommenen ceultivirten Exemplare zweifellos darthun. Die 2—3 dm hohen blattstiele sind etwas gefurcht und nach oben zu ein wenig behaart. Die oft bis 4 dm im Querdurchmesser haltende Blattspreite ist in der Form variabel von fast handförmig bis deutlich fussförmig, indem von den 7—9 sie Monographia Hellebororum. 109 zusammensetzenden Blättchen oft die äussersten mehr weniger deutlich fuss- förmig verbunden sind; sie sind selten alle ganz, meistens ist eines oder mehrere tief 2—3-spaltig; sie sind breitlanzettlich und messen bei einer Länge von 17—18 cm an der breitesten Stelle, die ungefähr in der Mitte liegt, etwa 5—6 cm; nach beiden Seiten hin sind sie ziemlich gleich- mässig zugespitzt. Die Serratur der Ränder reicht nicht weit über die Mitte herab: die Zähne sind klein, scharf, meistens einfach. Die Oberseite ist freudig grün, etwas glänzend, unten blässer, daselbst treten die Nerven ziemlich deutlich hervor, und ist daselbst die Fläche (auch zwischen den Nerven) deutlich und ziemlich stark behaart. — Der Stengel ist höher als die Blätter, drehrund, oberwärts, sowie die etwas kantigen Aeste dünn behaart, und trägt an seinen Verzweigungen ziemlich grosse, 5—3-theilige Stengelblätter, die unterseits etwas flaumig sind. — Die grossen, 6 cm (seltener bis 7,5 cm) im Querdurchmesser haltenden convexen, stark honigduftenden Blüthen stehen fast aufrecht auf langen Stielen. Die breit-eiförmigen Sepala sind gelbgrün gefärbt und schwach bereift. Die Nectarien sind wie bei den anderen Euhelleborus- Arten gebildet. Die gelblich-weissen, länglich-elliptischen Antheren sind am Scheitel abgestumpft oder etwas ausgerandet. Die Griffel überragen die Staubgefässe und tragen kleine, etwas kopfige, aufrechte Narben. Die 5—14 Carpelle sind kurz (2 cm) und breit (fast 1,; cm) nach abwärts verschmälert in ein kurzes Stielchen, unter sich vollkommen frei. Der persistente Griffel ist sehr kurz, etwa halb so lang als das Carpell. — Die glänzend schwarzen Samen sind rundlich mit verhältnissmässig sehr breitem Kiel und grosser Nabelgrube. Bemerkungen: Schon durch den Habitus und auch durch die oben hervorgehobenen Merkmale ist FH. cyelophyllus leicht von allen anderen Arten zu unterscheiden. Von den asiatischen Arten, mit denen er die völlig freien Carpelle gemeinsam hat, ist er ausser anderen Merkmalen schon durch die nicht überwinternden Blätter und die entschieden grüne Blüthenfarbe unter- schieden. Mit H. odorus Kit. zeigt er unbedingt die grösste Verwandtschaft, ist aber viel stattlicher als dieser, hat nicht überwinternde Blätter, freie Carpelle, aufrechte Narben ete. Von H. viridis L. unterscheidet ihn schon die viel bedeutendere Grösse aller Theile, die starke Behaarung, die wohl- 110 Dr. Vietor Schiffner. riechenden Blüthen, die Carpelle etc. Jedenfalls nimmt er eine vermittelnde Stellung ein zwischen den Arten aus der Verwandtschaft des H. viridis und den asiatischen Formen, von denen er dem AH. Kochii und H. olympicus am nächsten steht. Der Name cyelophyllus ist ein ziemlich unglücklich gewählter, da hier die Blattsegmente keineswegs auffallend breit sind. A. Braun, der die Pflanze als Varietät zu H. viridis stellte, hatte nämlich ausser Exemplaren unserer Art, auch solche vor Augen, die entschieden zu der behaarten sehr breitblätterigen Varietät des H. Kochii gehören, wie sein Herbarium aufs Zweifelloseste darthut, dazu gehören auch einige Specimina, die Exemplaren des Berliner botanischen Gartens entnommen sind, welche angeblich aus Athen dorthin gebracht wurden. ‚Jedenfalls hat A. Braun diese Art nicht genügend genau gekannt. Boissier’s Originaldiagnose in Fl. Or. giebt die Blätter als hand- förmig getheilt an, was aber keineswegs immer zutrifft, im Gegentheile sind sie meistens deutlich fussföürmig. Die Antheren sollen gespitzt sein, was wohl auf einem Irrthume beruht; alle die zahlreichen von mir untersuchten Üxemplare zeigten dieses Merkmal entschieden nicht. H. orientalis Gars. gehört nach Nyman hierher; sicher gehören hierher die unter diesem Namen im Herb. graec. norm. von Heldreich ausgegebenen Exemplare, wie auch Boissier bestätigt. Dass die Angaben aus Griechenland unter dem Namen H. officinalis Salisb. von Grisebach (excel. synon.) und Ascherson hierher gehören scheint mir schon darum kaum zweifelhaft, als ich aus Griechenland nie einen anderen Euhelleborus zu Gesicht bekam, als H. eyclophyllus. Die beiden an- geführten Autoren scheinen aber auch H. olympicus mit zu ihrem H. offieinalis zu ziehen, da sie die Art auch aus Bithynien und dem nördlichen Kleinasien bis Trapezunt angeben. Möglicher Weise kommt die Art noch im westlichen Kleinasien vor. Ich sah ein dürftiges Exemplar, das Frivaldsky angeblich auf dem bithynischen Olymp gesammelt hat und später als H. odorus ausgab; die Pflanze gehört sicher nicht zu H. antiquorum oder H. olympicus, die Antheren sind stumpf. So viel sich erkennen lässt, gehört das Exemplar hierher. A. Braun bestimmte es als H. orientalis, für H. Kochii ist es aber Monographia Hellebororum. 111 doch zu kleinblüthig, die Blüthen waren übrigens wohl sicher grün. Es ist möglich, dass der Standort unrichtig angegeben ist, jedenfalls ist das Vor- kommen unserer.Art in Asien vor der Hand noch als zweifelhaft hinzustellen. H. officinalis Sibthorp Fl. gr. gehört wohl aus dem oben angeführten Grunde auch sicher hierher, ebenso die Angaben von Fraas „Syn. pInt. florae celassicae: nach autoptischen Untersuchungen im Florengebiete entworfen und nach Synonymen geordnet“. 1845. p. 132. Sehr wahrscheinlich beziehen sich auch die Angaben von Byzanz (Sibth. Aucher) auf H. cyelophyllus. Nach Fraas ist der Gebrauch des Rhizoms besonders bei Krankheiten der T'hiere in seiner Heimath allgemein. Von abnormen Bildungen ist mir bekannt geworden, dass einzelne Sepala an der Spitze einen tiefen Einschnitt haben. Ferner zeigte ein schönes Blüthenexemplar vom Pelion die Eigenthümlichkeit, dass neben dem normalen Stengel aus den grundständigen Scheidenblättern ein dünner, etwa 1 dm hoher Stengel hervorkam, der eine winzige Bractee und eine kleine, aber normale Blüthe trug. Auch sah ich Blätter, die sehr grosse, schmale, sehr fein zugespitzte Zähne zeigten, und solche, deren Blättchen an ihrer Spitze in 4—5 etwa 1 cm lange Spitzen getheilt waren. Geographische Verbreitung: AH. cyclophyllus gehört der subalpinen Region (Tannenregion) der höheren Gebirge der südlichen Türkei und Griechenlands an und tritt nach Fraas immer erst bei 2500—3000’ auf. Er scheint als Substrat Kalk zu lieben. (Nach Fraas wächst er mit Pteris zusammen und oft in Gesellschaft des AH. niger.) Macedonien, 'T'hracien, einzeln in Wäldern des Gebirges Balabandere zwischen Basardschik und Kemlik, 2500’ auf Kalk (Grisebach). Oestlich vielleicht bis Byzanz (Aucher). In den Gebirgen bei Salonichi (Sibth.)? Auf dem griechischen Festlande: Athos (Frivaldsky sub H. odorus! Sibthorp.) — Olymp, 'Thessalien (Sibth.) — Oeta, Parnass, Korax, Thymphrest, Delphi ete. (Fraas.. — In regione abietina Parnassi alt. 4000’ loco dieto Drakö (Guieeiardi)! — In monte Pelio, in reg. media et superiore 2000—4500’ (Heldreich et Timoleon Holz- mann)! — In monte Helicone Boeotiae 3000—5000’ (Orphanides)! — In pascuis montis Olenos Achaiae alt. 6000° (Heldreieh)! — In montibus insulae Euboeae (Heldr. Herb. gr. norm. Nr. 647)! 112 Dr. Vietor Schiffner. Ob die Art sich östlich bis Kleinasien verbreitet, ist vorläufig noch zweifelhaft (vergleiche oben die Bemerkungen). Blüthezeit: April, Mai. Die Blätter entwickeln sich während der Blüthezeit. Fruchtreife im Juli. XIII. Helleborus odorus Kit. Synon. et litterat. H. odorus. Kitaibel in Rochel, Plantae Banatus exsice. No. 69. — Rochel, PlInt. Banatus rariores iconib. et deser. illust. tab. X. fig. 24 (1828.) — Host. Fl. Aust. II. p. 89. (1827—31). — Willden. Enum. plInt. horti Berol. I. p. 446. — De Cand. Syst. I. p. 318. — D.C. Prod. I. p. 47. — Reichenb. Fl. germ. exc. p. 746. — Bot. Reg. XIX. (1833) tab. 1643. — Reichenb. Ic. fl. germ. tab. CVIII (4721). — Koch, Syn. Ed. I. p: 22 — Ed. II. p. 17. — Visiani,' fl. Dalm.; II. 88. — Fleischmann, Fl. v. Krain, p. 121. (1844). — Hausmann, Fl. v. Tirol. I. p. 27. (1851). — C. Koch, in Berl. allg. Gartenz. 1858, p. 161. — Heuffel, Enum. plt. in Banatu 'T’emese. sp. cresc. in Verh. d. zool.-bot. Ges. in Wien, 1858, p. 10. No. 59. — Neilreich, Aufz. d. in Ung. u. Slavon. beob. Phanerog., p. 243 (1866). — Fuss. fl. Transs. No. 142. (1866). — Schur, Sertum A. Trans. No. 98. — Schlosser et Vuk. fl. Croat. p. 178. — Paucic, Verz. d. in Serb. wildw. Phanerorg. No. 608. — Brandza, Prodromul Florei Romäne, p. 6 et 515. — Grecescu, Enum. plt. in Romania cresc. (rumänisch) als H. viridis. — Czihak et Szabo, Heil- und Nahrungsmittel ete., welche die Ost-Romanen, Moldauer und Walachen aus d. Pflanzenreiche gewinnen: in Flora XLVI. (1863). — Nyman, Consp. p. 17. (inel. H. atrorubens Host. et H. cupreus Host.). — Nicholson, Diet. Il. p. 133 (1886). — H. graveolens Reichenb. Ie. tab. CIV. (4716) |non Host... — H. decorus Le Bele, Monogr. d. Helleborusarten eit. von C. Koch in Berl. allg. Gartz. 1858 p. 162. — H. officinalis Spach (non Salisb.) «. ä sepales verts (viridiflorus) ex p! Spach, Hist. des veg. VII. p. 316. — H. viridis var. odorus Neilreich, Nachtr. zu Maly. — Willk., Führer ins Reich d. d. Pfl. Ed. II. p. 871. — AH. viridis var. graveolens Neilreich, Nachtr.? H. Hunfalvyanus Kan. var. odorus, Aschers. et Kanitz Oatal. Cormoph. et Antoph. Serbiae, Bosn. Herceg. Montis Scodri, Albaniae, p. 73. No. 2027 (1877). Monographia Hellebororum. 113 Exsice. hRochel, Plantae Banatus exsice. No. 69! — Reichenb. Fi. germ. exsiec. 1588 (sub nom. H. graveol.)! Fl. istriaca exsiece. No. 10. — J. Freyn, Pfl. aus Oest.-Ung. (als H. viridis) ! Vulgärnamen: Rumänisch: Bojotei, Cuteurig. — Serbisch: Kokorek. H. folio radicali plerumque solitario, coriaceo, hiemem plerumque perduranti, magno, pedato vel rarius (in plantis junioribus) subpalmato, foliolis composito 7—11, late-lanceolatis, quam plurimum indivisis, supra obscure viridibus, nitentibus, subtus pallidioribus venis prominentibus, (ut tota planta exceptis Hloribus cauliumque basibus) hirsutis, marginibus regulariter duplicato- serratis; caule paueitloro folia longitudine adaequante vel superante; tloribus magnis, nutantibus, convexis, suave fragrantibus; sepalis latis marginibus sese tegentibus, Havo-viridibus; staminibus Hlavo-albis, antheris elliptieis apice emarginatis; stylis stamina longe superantibus, viridibus; stigmate majusculo, rectangulariter extrorsum converso; earpellis 6-—-7 duplo longioribus quam latis, basi connatis; seminibus ut in speciebus affinibus. Var. b. östriacus mihi. — H. viridis Freyn, Pfl. aus Oest.-Ung. — Fl. istriaca exsice. No. 10. Pareius pilosus, folia radicalia pedata, multis (12—16) foliolis angusti- oribus lanceolatis composita, quorum unum vel alterum plus minus profunde divisum vel omnia integra; scapus pauciflorus, gracilis, flores minores, sepalis angustioribus. Die aufrechten Aeste des kräftigen Rhizoms bringen gewöhnlich nur ein überwinterndes grundständiges Blatt hervor, welches zwischen 2—3 ovalen, längsfaltigen, häutigen Scheidenblättern steht. Die ziemlich grosse Spreite steht auf einem langen, etwas furchigen, oberwärts behaarten Stiele; sie ist meist deutlich fussförmig, seltener, besonders bei jüngeren Stöcken, nähert sie sieh mehr der handförmigen Gestalt. Von den 7—I1 k3] lederartigen Segmenten sind die 3 5 mittleren frei, «die seitlichen sind an ihren Basen verbunden, sie sind breit-Jancettlich oder elliptisch- lancettlich, die breiteste Stelle liegt ungefähr in der Mitte; fast stets sind sie ungetheilt. Die Ränder sind bis auf ein Viertel der Länge herab regel- mässig, ziemlich fein doppelt-gesägt. Oberseits sind sie dunkelgrün, glänzend, unterseits blässer mit deutlich hervortretendem Adernetz und meist stark abstehend behaart, besonders auf den Nerven aber auch in den Nova Acta LVI. Nr. 1. 15 114 Dr. Vietor Schiffner. Zwischenflächen. Exemplare mit schwächerer bis fast undeutlicher Behaarung kommen nicht selten vor, doch schien mir dieser Umstand nicht schwer- wiegend genug zu sein, um darauf eine Varietät zu begründen. — Der Stengel überragt meist die Blätter, im unteren 'T'heile ist er drehrund, kahl, öfters bräunlich angelaufen ; die Aeste sind etwas kantig, fein behaart. — Die Stengelblätter sind von mittlerer Grösse 5—3-theilig in einen scheidigen Stiel verschmälert, unterseits fein behaart. — Die grossen, bis gegen 6 cm im Querdurchmesser haltenden Blüthen stehen auf mittelmässig langen kantigen Stielen nickend, sind halbkugelig glockig und von angenehmem, starkem Dufte!) (ähnlich wie die Blüthen von Berberis). — Die Sepala sind breit eiförmig sich bis über die Mitte deckend, stumpflich, selten schmäler und zugespitzt, gelbgrün gefärbt. Die Ränder der grünen, conischen, etwas flach gedrückten Nectarien sind meist nicht sehr stark ein- gerollt, so dass sie die Mündung nur unvollständig schliessen. — Die weissen Filamente tragen gelblich-weisse, länglich ovale an der Spitze ausge- randete Antheren. Die Stempel sind grün, am Grunde verwachsen. Die langen grünen Griffel tragen ziemlich grosse, etwas kopfige, weisse Narben, die deutlich abgesetzt und horizontal abstehend sind. — Die 4—7 mässig grossen Carpelle sind bei einer Länge von 2 cm ca. 13 mm breit, durch den über 1 cm langen Griffel geschnäbelt, am Grunde meistens sehr deutlich verwachsen. Die Samen bieten keine besonderen Unter- schiede von denen der verwandten Arten. Bemerkungen: H. odorus wurde zu Anfang dieses Jahrhunderts von Rochel im Banat entdeckt und mit dem ihm von Kitaibel beigelegten Namen zuerst in seinen Exsiee. ausgegeben, später erst beschrieben (l. ce.) und sehr gut abgebildet. Ich bin der Ansicht, dass H. odorus eine verhältnissmässig sehr gute Art darstellt, die von den verwandten Arten durch die. oben hervorgehobenen Merkmale deutlich unterschieden ist. Seine Unterschiede von dem ihm sehr nahe stehenden H. cyclophyllus wurden bereits bei diesem letzteren erörtert; von H. viridis L. unterscheiden ihn schon die überwinternden Blätter, der !) Ueber den Duft bemerkt Kitaibel zu einem Exemplare im Herbarium Willdenow, No. 10623 Fol. 2.: „Flores suavi odore sylvas Syrmii et Banatus replent primo vere‘“. Monographia Hellebororum. 115 robustere Wuchs, die starke Behaarung, die wohlriechenden viel grösseren Blüthen, die gekrümmten Narben ete., noch weiter entfernt er sich von H. dumetorum, mit dem er allerdings den Geruch der Blüthen und die winkelig gekrümmten Narben gemein hat. Eine entschieden grössere Affinität besitzt er zu H. multifidus Vis. Die von mir unterschiedene Var. istriacus bildet ganz sicher einen Uebergang zu letztgenannter Art und noch mehr zu deren Var. Bocconei, welche, . wie wir unten erörtern werden, nichts als eine Form des H. multifidus mit weniger getheilten breiteren Blättchen ist. Bei Var. istriacus sind auch oft 1—3 Blättchen mehr weniger tief getheilt, und so ist durch unsere Varietät und durch H. Bocconei eine Kette hergestellt zwischen den in ihrer typischen Entwickelung so sehr verschiedenen Species: H. odorus und H. multifidus. Den Namen „istriacus“ habe ich der Varietät beigelegt, weil sie mir aus Istrien zuerst bekannt wurde, wo sie die häufigste Form zu sein scheint, ohne dass ich behaupten möchte, dass sie nicht auch anderswo vor- kommen könnte. C. Koch scheinen Exemplare dieser Varietät oder gar des H. multifidus vorgelegen zu haben, jedenfalls nicht der typische H. odorus. Verfehlt scheint es mir, wie Nyman und Koch in Syn. zu unserer Art H. atrorubens und cupreus Host, die übrigens synonym sind, zu ziehen, da diese Art, ganz abgesehen von anderen Merkmalen, schon durch die Blüthen- farbe so auffallend verschieden ist. — Wie Grecescu mit H. odorus den H. purpurascens W. K. eonfundiren konnte, ist mir unbegreiflich. Was Host unter seinem H. graveolens verstanden wissen will, ist aus dessen ziemlich unklarer Beschreibung nicht mit Sicherheit zu entnehmen, möglicher Weise eine Form oder ein Bastard des H. atrorubens, sicher aber gehört die Abbildung von H. graveolens in Reichenb. Ie. hierher, die dort abgebildete Pflanze unterscheidet sich nur durch Jlichtere, grünlich-weisse Blüthenfarbe. Das Reichenbach’sche Exsiecat No. 1585 sub nom. H. graveolens ist sicher H. odorus. Exemplare aus Host's Garten, die im Berliner botanischen Garten eultivirt werden, sind nach C. Koch ].c. H. dumetorum. Maly (Eum.) hält ihn wieder für eine Varietät des M. odorus. Die Blüthen sind nach Host’s Beschreibung „schwarz-grün“, was auf einen Bastard einer grünblüthigen Form mit IH. atrorubens gedeutet werden könnte. (Siehe bei diesem.) A. decorus, 15* 116 Dr. Vietor Schiffner. den le Bele in der Monographie der Helleborus-Arten beschreibt, soll sich durch grössere, sich an der Basis mit den Rändern deckende Sepalen von H. odorus unterscheiden, bei dem diess nach le Bele nicht der Fall sein soll. Er gehört also unzweifelhaft hierher. Die Heimath der Pflanze wird nicht angegeben. H. odorus zeigt auch eine unverkennbare Verwandtschaft mit H. Kochii und bildet darum ebenso wie IT. cyclophyllus ein Mittelglied zwischen den europäischen und den asiatischen Arten der Section Euhelleborus. Von abnormen Bildungen sah ich solche (von Gerlachstein b. Lai- bach), wo neben dem normalen Blüthenstengel noch ein zweiter dünner ein- blüthiger hervorkommt, genau so wie dies bei H. cyclophyllus beschrieben wurde. — Die Blättehen sind hier und da mehr weniger tief gespalten; dies kommt häufig bei Var. istriacus, seltener bei der Normalform vor. — Im Herbarium des ungarischen Nationalmuseums befindet sich ein Exemplar von Nentwich von ungemein üppigem Wuchs und sehr grossen Stengelblättern, von denen das unterste fast einem wirklichen ziemlich langen Blattstiele ansitzt. Die Form scheint durch einen anormalen Standort bedingt worden zu sein. Schliesslich will ich noch bemerken, dass es mir scheint, als ob die Blätter nicht in allen Fällen überwinterten, denn ich habe mehrere Blüthen- exemplare ohne vorjährige Grundblätter gesehen. Geographische Verbreitung: H. odorus ist entschieden keine Hochgebirgspflanze, sondern gehört der warmen Hügel- und Bergregion an und liebt wie die anderen Arten unseres Genus Kalk, kommt aber auch auf Glimmerschiefer und anderen Substraten vor. Das Verbreitungscentrum sind die unteren Donauländer: das südliche Ungarn, Uroatien, Slavonien, Bosnien, Herzegowina, Montenegro, Serbien, Rumänien, Bulgarien; weiter östlich aus Siebenbürgen sind mir keine sicheren Angaben bekannt geworden, obwohl hier sein Vorkommen sehr wahrscheinlich ist. Von diesem Uentrum verbreitet er sich westlich nach Istrien und sporadisch bis Oberitalien, Krain, Kärnthen, das südliche Steiermark; nördlich bis in das centrale Ungarn. Bemerkens- werth ist, dass sich die Pflanze mit der grösseren Entfernung von ihrem eigentlichen Verbreitungsgebiete auch von dem T’ypus mehr weniger entfernt und dem H. vwiridis, H. multifidus und selbst H. dumetorum annähert, auch tritt er daselbst mehr sporadisch auf. Sehr entlegene Standorte, wie Monographia Hellebororum. Er? die Angaben aus Salzburg, Tirol und der Schweiz!) sind mir sehr unwahr- scheinlich, wenigstens war alles, was ich aus diesen Ländern sah, entweder H. viridis oder dumetorum. Vielleicht liegt hier doch eine Verwechselung mit einer oder der anderen dieser ähnlichen Arten vor. Eine Angabe aus Spanien von Willkomm wurde später von diesem Forscher selbst rectifieirt.?) Schweiz?: Chur (Gremli). — Tirol?: Am Waldschlösschen bei Bregenz in Grasgärten (Gremli, Sauter). — Italien: Brescia! — In monte Pisano (Savi)! S. Felice a Ema bei Florenz (Levier, Herbarium Etruseum)! -— Salzburg?: An schattigen steinigen Orten, z. B. 'Thhalgau nächst der Strasse im Bärenthal, Unterkammer am Attersee, Zell am See im Pinzgau ete. (Hinterhuber et Pichelmeyer, Sauter). — Steiermark: Römerbad (Veselsky)! — Kärnthen: Auf grasigen, steinigen Plätzen bei Predil (Willkomm)! — Krain: Wälder bei Sagor, Trojana, Seifenberg und Rieg in Unterkrain. — Laibhach (Rastern)! — Istrien: Monte maggiore bei Fiume [var. b.] (Dr. Schulz! Reuss. Fil.!) — Gestrüppe in der Schlucht zwischen Altura und Marzana unterhalb Peruski auf Kalk, Seehöhe 25 m (Freyn)! — Bosco Fernando bei Triest (Hackel)! — Skurinjathal bei Fiume |var. b.] (Roth)! — Bei Fiume [var. b.] (No& als H. graveolens). — Lipizza bei Triest (Herbarium Strobl)! (Tommasini)! Trentathal (Solla)? — Ungarn: Üentral- Ungarn, Comitat Alba, Lovasbereny (Tauscher)! — Comitat Baranya (Bohatsch! Borbäs!) bei Harsany (Borbäs)! Nagy Nyärad (Janka)! — Fünfkirchen (Nentwich! Bilek!) — Im ganzen südwestlichen Ungarn (Simkovies et al.)! — Comitat 'Temes bei Versetz (Borbäs)! — Im Banat gemein. (Rochel! Kitaibel! Perenday! Herbarium Zahlbruckner! Bohatsch! Heuffel! Lojka!) — Comitat Krassö (Heuffel}! — Orawitza sehr häufig. (Schott! Heuffel! Wierzbicki!) — Basiäs. (Bayer! Borbäs!) — Berg Cinhar bei Dubova (Borbäs)! — Krassova (Heuffel)! — Syrmien: Erdöd an der Donau (Herb. univ. Prag)! Kitaibel! 1) Die Angabe Christ's in Flore de la Suisse p. 493, dass im oberen Rheinthale I. odorus und HM. dumetorum ihre „Ostgrenze“ erreichen, beruht entschieden auf einer Irrung. 2) „Stirps a me in serto Fl. Hisp. p. 4. sub H. odori nomine, sed cum ? enumerata aut ad ZH. vridem, aut ad H. oceidentalem Reut. speciem hucusque in Pyrenaeis Hispanicis nondum repertam, referenda erit, sed propter speciminum duorum a me lectorum juventutem discernere nequeo, ad quamquam speciem pertineat. ZH. odorus, planta Europae mediae orientalis, in Hispania certe non proyenit.“ Willk. Prod. fl. Hisp. I. p. 963. 118 Dr. Vietor Schiffner. Rochel!) — Croatien und Slavonien: In Bergwäldern und an Wegrändern häufig. (Schloss. et Vuk.) — Bei Agram (Klinggraeff)! — Hierher dürften auch die folgenden Standorte des „H. wiridis“ gehören: Bergwälder der Moslavina, bei Agram, Perusic, Udbina (Neilr. Veg.), Popovac, Selee, Pozega, Vukova, (Cerevie und die Insel Cherso nach Visiani und Sendtner. — Bosnien: Nach Conrath’s Mittheilung eine charakteristische Pflanze der niederen Bergregion, stellenweise sehr häufig, — Serajevo (Hoffmann)! — Banjaluka (Hoffmann)! — 'Travnik (Wiesbauer)! — Herzegowina: Piva (Dr. Zaltonovski)! — Montenegro nach Ascherson und Kanitz. — Serbien: Hügel und Waldränder gemein durch ganz Serbien; hierher auch die Stand- orte von Friedrichsthal sub H. vöridis in Griseb. Spice. I. p. 317. Avala bei Belgrad auf Kalk, Waratschewnitza bei Kragujevaez (Pauäc, fl. rumel.), siehe auch bei H. viridis. — Rumänien: Prahover (Brandza nach Hoft- mann). — Rumelien: (nach Skorpil)! — Bulgarien: Häufig, aber nicht überall, fehlt z. B. bei Lom-Palanka, Ruscuk, Varna. Bei Razgrad selten ()). Bei Laskowee an der Jantra sehr gemein. — Bei Popovo, Turski Iswor (!) und Orchanie häufig (Dr. Velenovsky). Blüthezeit: Das erste Frühjahr, Februar, März. Fruchtreife im Sommer. XIV. Helleborus multifidus \ıs. Synon. et litterat.: H. multifidus Vis. plt. rar. Dalmat. in Ergänz. Bot. Zeit. 1829. I. Bd. Nr. 18. — Alschinger, fl. Jadr. p. 122. — Pett.. bot. Wegweiser n. 468. — Walpers, Rep. I. p. 48. n. 3. — Schur, Enum. plt. Trans. p. 144. Schlosser et Vuk. fl. Croat. p. 176 (inel. H. Bocconi). — Reichenb. fl. exe. p. 746. — Rehb. Ice. IV. tab. 103. fig. 4717. — Nyman, Con. p. 1: — H. angustifolius Host. fl. Aust. H. p. 190. — H. Bocconi Fleischm. Fl. v. Krain p. 126. — ©. Koch in Berl. allg. Gartenz. 1858. p. 139 ex parte et 170. — H. viridis var. multifidus Vis. Fl. Dalm. Vol. H. tab. XXXL, Vol. II. p. SS. — Neilreich, Vegetatverh. v. Croat. et ej. Nachträge zu Maly. — Freyn, in Terem6szetrajzi füzetek III. 1579. p. 272. — Bertol. fl. ital. V. p. 590. — Walpers, Ann. IV. 1857. — H. officinalis Spach (non Salisb.) «. A sepales verts (viridiflorus) ex. p. Spach, Hist. des veg. VII. p. 316. — H. Hunfalvyanıs Kan. var. multifidus (Vis.) Kan. Aschers. et Kanitz, Catal. Monographia Hellebororum. 119 Serb. Bosn. Herzeg. ete. (1877) p. 73. n. 2027. — H. viridis var. Bocconi Arcangeli, Fl. Ital. p. 17 (ex p.) — H. multifidus Vis. var. foliolis angustissimis Pantoesek in Sched. Exsice.: Porta et Rigo ex itinere II. italico Nr. 460! — F. Schultz: Herb. norm. nova ser. Cent. 14. Nr. 1311! — Petter Ex. 194! — Freyn: Pfl. aus Oest.-Ung.! — Hohenacker, Arznei- und Handelspflanzen Nr. 63! — Pantocsek, iter hercegovinico-ernogorieum anno 1872 suse. Vulgärnamen: Illyr.: Sprex, Spex bili, Jessenak, Sdravaz. H. foliis radicalibus perdurantibus vel hieme putrescentibus, subeoriaceis, rigidis, pedatisectis, foliolis multis (11—15) ad medium tenus vel ultra medium 3—6-fidis, Jaciniis angustis lineariter-lanceolatis, grosse serratis, subtus venis prominentibus hirtis (vel demum subglabris); scapo folia longitudine superante, subeompresso, pluries diviso, multifloro, supra piloso; floribus parvis vel medioeribus, demum explanatis sepalis plerumque angustioribus subacutis; antheris emarginatis; carpellis infima basi connatis, compressis; stylo breviore. Var. b. Bocconi 'Tenore (pro sp.) Synon. et litterat.: ? Boccone, mus. Il. tab. 11. pag. 26. — H. Boc- coni, Ten. fl. Neap. III. tab. 150. IV. p. 354. — Ten. Sylloge plant. vasc. flor. Neap. app. 4. p. 10. — C. Koch in Berl. allg. Gartenz. 1858. p. 139 (ex parte). — H. purpurascens var. Bocconi D.C. Prod. I. p. 47. — H. inter- medius Gussone, Plt. rar. quas per reg. Samnii et Aprutii legit. p. 224. tab. 41 (nee. Mor. nec Host.) — H. viridis var. $. intermedius et var. y. Bocconi Arcangeli, fl. ital. p. 17. Differt a forma normali foliolis non tantum disseetis uno alterove saepe indiviso, laeiniis latioribus, scapo paucifloro, sepalis plerumque latioribus. Die grundständigen Blätter sind starr, fest von fast leder- artiger Uonsistenz, scheinen aber nicht immer zu überwintern, be- sonders in der nördlichen Verbreitungszone der Pflanze; man sieht oft genug in Herbarien Blüthenexemplare, denen die Grundblätter fehlen. — Der Blatt- stiel ist bis 3 dm lang, drehrund, oben mit einer deutlichen tiefen Furche. Die grosse bis 3 dm im Durchmesser haltende Spreite ist deutlich fuss- förmig und wird von zahlreichen (11—15) gegen die Basis keilig ver- schmälerten Blättehen zusammengesetzt, die meistens alle tief oft über die 120 Dr. Vietor Schiffner. Mitte 3—6-theilig sind mit schmalen lineallancettlichen Zipfeln. Die Ränder sind ziemlich grob entfernt gezähnt mit meist einfachen nach vorn gerichteten Zähnen. Die Oberseite ist dunkelgrün ohne deutlichen Glanz, die Unterseite ist lichter etwas glänzend; die Nerven treten hier deutlich hervor und ist die Fläche daselbst, besonders aber die vortretenden Nerven, ziemlich stark abstehend behaart. Bei alten Blättern verliert sich die Behaarung immer mehr, wie dies bei allen behaarten Helleborus-Arten der Fall ist, und können dann die Blätter selbst fast ganz kahl erscheinen. — Der vielfach getheilte, reichblüthige Stengel ist meist höher als die Blätter, etwas zusammengedrückt, so dass er im Querschnitte elliptisch- zweikantig erscheint. Die unteren Stengelblätter sind 5-theilig mit schei- digem Stiele, die Zipfel sind oft wieder gespalten; die oberen sind 3-theilig. — Die kleinen selten über 4 cm im Durchmesser haltenden Blüthen stehen auf kurzen Stielen nickend (sie sind in der Form denen des H. dumetorum sehr ähnlich). Die Sepalen sind gegen den Grund keilig verschmälert, sich mit den Rändern kaum deckend, von grüner Farbe, nur selten sind sie breiter und sich mit den Rändern deckend. — Die Staubgefässe mit ihren ausgerandeten Antheren, sowie die grüngelben Nectarien bieten keine Unter- schiede von denen der verwandten Arten. Die am Grunde verwachsenen Fruchtknoten verschmälern sich nach oben in den doppelt so langen Griffel, der eine kleine aufrechte Narbe trägt. — Die ziemlich grossen, etwa 22 mm an langen und 12 mm breiten etwas zusammengedrückten Carpelle, 3 der Zahl, sind nur an der Basis verwachsen, unten am breitesten, der Kiel ist nicht deutlich abgesetzt und oft unregelmässig ausgerandet ge- zähnelt, die Querrippen sind nur undeutlich, doch finden sich auf der Fläche oft zerstreute stumpfe Höckerchen vor. Der persistente Griffel ist etwa halb so lang als das Fruchtfach. — Die schwarzen glänzenden Samen sind fast eiförmig, oben am breitesten, mit deutlich abgesetztem Kiel, der sich am Scheitel in einen etwas erhabenen Fleck auflöst. 3jemerkungen. H. multifidus wurde bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts von dem gelehrten Mönche Boceone beschrieben und abgebildet. Zweifelhaft hingegen scheint es, ob die Beschreibung von Cupani im Panphyton sieulum, die ungefähr aus derselben Zeit stammt, hierher oder nicht vielmehr zu meinem H. siculus gehört, was einige Wahrscheinlichkeit Monographia Hellebororum. 121 für sich hat: — Visiani beschreibt die Pflanze. und bildet. sie vorzüglich ab; später scheinen dem genannten Forscher Zweifel über die Güte ‚seiner: Art aufgestossen zu sein und er stellte sie als Varietät zu A. viridis.. ‚De Uan- dolle zog sie zu H. purpurascens W. K., mit dem er allerdings dürch eine Zwischenform, den H. Baumgarteni Koväts (vide apud H. purp.), verbunden erscheint. ‘Von mehreren Autoren wird diese Art unter dem Namen H, Bocconi angeführt, | Der H. Bocconi 'Tenores ist sowohl nach dessen Beschreibung ; und Abbildung, als auch nach einem Originalexemplare, welches ich untersuchen konnte, nichts als eine Form des H. multifidus mit weniger getheilten Blatt- segmenten und grösseren Blüthen mit breiteren Sepalen, die, wie. es scheint, der italienischen Halbinsel und besonders deren südlicherem Theile anzu- gehören scheint. Unzweifelhaft stellt diese Form und die Var, östriacus von H. odorus eine continuirliche Uebergangsreihe zwischen H. multifidus zu H. odorus her. Ich bemerke hier noch, dass die unter dem Namen H. Bocconi in Herbarien häufig anzutreffende Pflanze aus Sicilien von. H. Bocconi: Tenore sehr verschieden ist und nach meiner Ansicht eine gut unterschiedene eigene Art darstellt, für die ich mir den Namen H. siculus vorzuschlagen erlaube. H. intermedius Guss. (nee Mor. nee Host) gehört ganz ohne Zweifel bierher, und zwar wohl zu der Var. Bocconi, von dem in Beschreibung: und Abbildung sich kaum ein Unterschied vorfindet, als der, dass die Pflanze kahl sein soll, ein Umstand, der sich leicht darin erklärt, dass Gussone nur Fruchtexemplare gesehen hat; alle behaarten Hellebori verkahlen aber im Alter mehr weniger, ja oft vollständig. Gussone erkannte selbst, wie ©. Koch bemerkt, in der sehr gelungenen Abbildung des FH. multifidus in Reichenb. Ie. seinen FH. intermedius wieder. C. Koch scheint sich über H. multifidus, wie seine etwas unsicheren Angaben beweisen, nicht ganz klar gewesen zu sein. Host's H. angustifolius ist synonym mit 4. multifidus \Vis. H. multifidus stellt nach meiner Ueberzeugung eine verhältnissmässig recht ‘gute Species dar, denn trotzdem deutliche Affinitäten und Uebergänge zu anderen Arten, wie oben angedeutet wurde, vorhanden sind, ist die Pflanze in ihrer typischen Entwickelung doch immer leicht kenntlich und erhalten sich die sehr auffallenden habituellen Merkmale ‚in der Cultur, was Noya Acta LVI. Nr. 1. 16 122 Dr. Vietor Schiffner. das einzige von der modernen Systematik anerkannte COriterium für den Artenwerth ist. Das scharf giftige Rhizom wird von den dalmatinischen Pferdeärzten nach Visiani in das Getränk lungenkranker Pferde gemischt, um heftiges Purgiren zu erzeugen. Geographische Verbreitung. H. multifidus ist eine kalkliebende Pflanze der niederen Berg- und Hügelregion, steigt wohl auch gelegentlich bis an die warmen Gestade des Meeres herab (ist aber keine Strandpflanze). Das ÜOentrum der geographischen Verbreitung ist Dalmatien, wo die Pflanze gemein und die weitaus vorherrschende Art ist. Von da verbreitet sie sich durch die Herzegowina, Montenegro, Bosnien und östlich durch Croatien bis nach Siebenbürgen; nördlich nach Istrien und Krain, endlich durch die italienische Halbinsel bis nach Calabrien, woselbst aber die Var. b vor- herrscht. Nach Fournier und Personnat kommt sie auch noch in der Dauphine und Savoyen vor, Angaben, die noch der Bestätigung harren. Dalmatien: Auf Bergen und in Wäldern in ganz Dalmatien sehr gemein (Visiani)! (Hohenacker)! (Petter)! — Spalato (Herb. univ. berol.)! — Berg Radigne (Herb. Duftschmidt)! — Berg Visosnizza bei Sign, bei Radigne, Schlossberg bei Sign, an der Strasse von Sign nach Verlika (Endlicher)! — Salona (Pittoni)! (Alschinger)! (Maly)! — Croatien: Im südlichen Croatien und im croatischen Littorale gemein auf trockenen Hügeln und in Gebüschen (Schl. et Vuk.} — Sitd-Oroatien auf hoch gelegenen Wiesen bei Kraszno auf Kalk (Borbas)! — Karst: auf dem Berge Klek; gemein im Ötocaner und Likaner Regimente. — Siebenbürgen: In Gebüschen und an Wegrändern der Hügelregion bei Schellenberg und Michelsberg bei Hermannstadt (Schur). — Krain: Auf Kalkboden an Bergen und Gebüschen bei Zherneml, Gottschee, Polland und Krupp in Unterkrain (Fleischmann). — Bosnien: Berg Sliva bei 'Trebinje (Pantocsek)! — Herzegowina et Montenegro nach Ascherson und Kanitz. — Italien: In den Abruzzen (Arcangeli,, — In nemoribus Lucaniae |var. b] (T'enore)! — Calabrien |var. b] (Gasparini! 'T’enore!) — In den Abruzzen Süd-Italiens, auf Bergweiden des Berges Morrone, im Majella- Gebirge auf Kalk 5— 6000’ (Porta et Rigo)! — Bei Radicofani |var. b] (Herbich 1524)! — Valombrosa bei Florenz, in der Castanienregion |var. b] (Schiffner)! Blüthezeit: April, Mai; Fruchtreife im Hochsommer. Monographia Hellebororum. 123 XV. Helleborus siculus Schfin. | (Tab. VI.) Synon. et litterat.: ? Cupani, Panphyton siculum. — H. Bocconi Guss., syn. fl. sie. I. p. 31. — Strobl, Flora des Aetna in Oest. bot. Zeit. XXXIV. 1884. p. 368. — H. viridis var. Bocconi Arcang. fl. ital. p. 17 (ex parte). — H. viridis, Raf. Il. (non L.) Exsiee.: Huet, Exs. 1855 (?). — Todaro, fl. sicula exsiee, Nr. 334! — Lo Jacono, Plantae siculae rariores No. 245! H. glaber, foliis radicalibus perdurantibus, chartaceo-coriaceis, minorihus, l dm rarius ad 2 dm diametro metientibus, inconspieue pedatis, segmentis pluries inaequaliter profunde divisis, venis subtus prominentibus; scapo gracili, foliis radicalibus saepe duplo altiore, paucifloro, ramis elongatis; folio caulino infimo plerumque foliis radicalibus simillimo, plus minus longe (ad 1 dm) petiolato, superioribus 5 3-fidis, subsessilibus, segmentis saepe iterum divisis; floribus magnis nutantibus, sepalis ovatis, latis, pallide flavo-viridibus; nectariis marginibus minus involutis; antheris obtusis; stigmatibus parvis erectis; car- pellis basi connatis, carina lata distineta instructis, stylo persistente brevi. Die ganze Pflanze ist kahl. Der schief aufrechte oder horizontale Wurzelstock entsendet schlanke geringelte Aeste, die Blätter und Blüthen entwickeln, und trägt an seiner Oberseite die Narben der bereits abgestorbenen Aeste und zahlreiche fleischige Wurzeln mit reich verzweigten Nebenwurzeln. Die Rhizomäste sind gewöhnlich wieder zweispaltig; der eine T'heil trägt nur 2—3 Grundblätter, der andere I—2 Grundblätter und den Blüthenstengel. Die Blätter sind nicht sehr derb, von papierartig-lederiger Beschaffenheit, aber sicher überwinternd, da sie sich an allen Blüthenexemplaren noch frisch vorfinden; am Grunde sind sie von mehreren länglich-lancettlichen oder ovalen häutigen Scheidenblättern, die blass und etwas violett angehaucht sind, umgeben. — Die Blattstiele sind dünn und schlank, etwas gerieft, gegen die Basis violett angelaufen, an den Blättern der Blüthenschäfte hervor- bringenden Rhizomästen sind sie nur 1,5 dm, selten 2 dm lang, an denen der sterilen Aeste viel länger (oft 3 dm). — Die Spreite ist verhältnissmässig klein, 1 dm im Durchmesser, selten bis 2 dm, meist nicht flach ausgebreitet, indem die Blättchen etwas aufgerichtet stehen, undeutlich fussförmig, da zwar die äussersten Blättchen jederseits fussförmig verbunden sind, 16* 124 Dr. Vietor Schiffner. aber so, dass sie ein einzelnes mehrfach getheiltes Segment zu bilden scheinen. 7 Segmenten, Fasst man dies Verhältniss so auf, so besteht das Blatt aus 5 von denen jedes mehr weniger tief unregelmässig drei- oder mehrspaltig ist, mit lineal lJancettlichen schmalen Zipfeln, die an ihren Rändern unregel- mässig grobzähnig sind. Oberseits sind die Blätter freudig grün, etwas glänzend, unten blässer mit deutlich vortretenden Nerven, ganz kahl oder nur sehr unmerklich zerstreut flaumig. — Der schlanke Blüthenstengel ist viel höher, meistens doppelt so hoch als die Blätter, wenig blüthig, in 2—3 verlängerte Aeste getheilt. Die unteren 1—2 Stengelblätter sind meist verhältnissmässig sehr gross, den Grundblättern sehr ähnlich, mit einem wirklichen oft über I dm langen Blattstiele versehen, der nach unten zu sich verbreitert und etwas scheidig den Stengel umfasst; selten fehlt dieses Stengelblatt oder ist nur durch eine häutige Scheide vertreten. Auch das Blatt unter der ersten Verzweigung ist in einen scheidigen oft noch ziemlich langen Blattstiel verschmälert, seine Spreite ist in 5 oft wieder mehr weniger tief getheilte Abschnitte zerspalten. Die oberen Blätter sind { cm im 5—3-theilig, fast sitzend. — Die grossen Blüthen, welche 5 @uerdurchmesser halten, stehen nickend auf ziemlich langen Stielen und sind Anfangs convex, später etwas ausgebreitet. — Die breiten, eiförmigen Sepalen deeken sich mit den Rändern, sind stumpf oder etwas zugespitzt, von blass gelblichgrüner Farbe. — Die Nectarien sind am Rande nur wenig eingerollt und dadurch fast often. — Die Staubgefässe sind viel länger als die Nectarien; die Antheren sind oval-länglich, am Scheitel ab- gerundet oder ausgerandet. — Fruchtknoten 5—7 kurz und breit, Griffel lang (mehr als doppelt so lang wie der Fruchtknoten). Narbe klein auf- recht. — Carpelle länglich, mehr als doppelt so lang wie breit, unten am breitesten, aufgeblasen, am Grunde verwachsen, Kiel scharf und breit; Griffel kaum länger als die halbe Kapsel. — Samen wie bei den verwandten Arten, Kiel breit. Bemerkungen: Diese Pflanze ist bisher allgemein mit H. Bocconi Ten. verwechselt worden, von welchem sie aber sicher sehr verschieden ist (siehe die Anm. bei FH. multifidus).. Von H. multifidus Vis. resp. dessen Var. Bocconi ist er durch den ganzen schlanken Wuchs, die kleinen Grundblätter, den sehr hohen Stengel, die meist vorhandenen gestielten unteren Stengel- Monographia Hellebororum. 125 blätter, die Kahlheit aller Theile, die grossen gelblichgrünen Blüthen und andere Merkmale verschieden. Mit einer anderen Art- ist er wohl kaum zu verwechseln. Die Grundblätter sind hier sicher stets überwinternd. — Ich lasse es dahingestellt sein, ob sich im südlichen Calabrien oder vielleicht in Sieilien selbst nicht vielleieht doch Uebergangsformen von H. multifidus resp. Bocconi zu dieser in der typischen Entwickelung sehr leicht kenntlichen Art vorfinden. Mir sind jedoch keine zu Gesichte gekommen. Auch ist mir die Pflanze bisher nur aus Sicilien bekannt geworden, weswegen ich ihr den Namen H. siculus beigelegt habe. Die Merkmale dieser Art sind bis zu einem gewissen Grade schwan- kend, dennoch habe ich mich nicht entschliessen können, sie als blosse Subspecies oder gar nur als Varietät aufzufassen, da ihr trotz einzelnen Schwankungen der Merkmale doch immer der eigenthümliche höchst charak- teristische Habitus gewahrt bleibt. So sah ich von S. Martino bei Palermo ausser ganz normalen Exemplaren auch eines, weiches durch das grosse deutlich fussförmige Grundblatt mit schmäleren Zipfeln etwas an H. multifidus erinnerte, sich aber sonst im Habitus, durch das gestielte Stengelblatt, die Kahlheit etc. ete. sofort als hierher gehörig erwies. Da die Exempläre selbst desselben Standortes etwas variiren, erachte ich es für überflüssig, die vor- kommenden Abänderungeu als besondere Formen zu benennen und zu beschreiben. Die Pflanze ist schon lange bekannt und scheint sich die Beschreibung von Cupani im „Panphyton sieulum“® aus der zweiten Hälfte des 17. Jahr- hunderts auf sie zu beziehen. — Merkwürdiger Weise erkannte auch P. Gab. Strobl, der die Pflanze im Leben beobachten konnte, nicht, dass sie eine von H. multifidus verschiedene Form sei; seine Beschreibung ist ganz richtig und hebt fast alle Merkmale ganz treffend hervor, nichts desto weniger sagt er in der Bemerkung: „Meine Exemplare des H. multifidus Vis. aus Dalmatien und Montenegro sind von denen Neapels und Siciliens nicht verschieden“ (l. e. p. 368). Geographische Verbreitung: H. siculus ist bisher nur von der Insel Sicilien bekannt geworden, wo er in Hainen und Bergwäldern vor- kommt. Waldregion des Etna (Raf. II.) um Oatania? von Cajtorina gesammelt (Herb. Torn.) [nach Strobl. — In dumetis sylvatieis querei suberi, Boschetti 126 Dr. Vietor Schiffner. del Pianetto (Lo Jacono)! — In dumetis montosis inter Palermo et S. Martino (Todaro! Gansauge!) — Messina (A. Otto)! — Castiglione (Philippi)! — In Bergwäldern bei Renda (Lo Jacono)! Blüthezeit: Januar, Februar. (Ein vollkommen blühendes Exemplar wurde im November von Philippi gesammelt.) Früchte schon im Mai! xVI. Helleborus viridis L. Synon. et litterat.: H.niger, Brunfels Herbarium s. herb. vivae eicones (1530-37) — Camerarius, Krtrb. 418 e. — Elleborus niger adulterinus hor- tensis. Fuchs, Krtrb. 274 cum icone (ca. 1550). — Elleborus niger adulterinus domesticus. Trag. — Veratrum nigrum 1. Cordus, in adnot. ad Dioscor. lib. (1561). — Dodon. Stirp. hist. Pempt. sex. 381. — Clus. Stirp. Pann. in corrig. t. 3. p. 572. — Clus. Rar. plt. hist. p. 275. (1601) — Tabernaem. Krtrb. 1099. (158S—91, Ed. II. 1613.) — Elleborum nigrum alterum, Mathiol. Diose. ‘ mat. med. cum comment. 1221 cum icone (1554). — Cam. epit. 941. — Helle- borastrum. Lobelius, Obs. 387. — Helleborus niger hortensis flore viridi. C. Bauh. Pinax theatri bot. 185 (1620-—23, Ed. II. 1671). — Ray, Hist. plt. gener. 69% (1686—1704). — Tournef. Inst. rei bot. 272 (1700). — Helle- boraster minor flore wiridi, Parkins, Parad. — Helleboraster viridis, Moench, method. p. 236. — Helleborus niger vulgaris, flore viridi vel herbaceo, radice diuturna. J. Bauh. Hist. plant. univ. Ill. 636. (1650—51.) — AH. nectarüts obconicis, filamentis staminum triplo brevioribus. Scop. earmiol. pP. 556. n. 1. Ed. I. 69%. — H. folüs digitatis, flore viridi. Crantz, Fl. austr. p. 134. — H. folüis multipartitis, serratis caule paucifloro, Haller, helvet. n. 1192. — AH. caule aequali folioso, folüs radicalibus caulem tandem superantibus. Hort. elift. 227. — Hort. ups. 158. — Roy, lugdb. 484. — H. viridis (caule bifido, ramis bifloris foliis digitatis) L. sp. p. 784. — Ed. IV. Tom. II. p. 13836. no. 4. — Cod. Linn. No. 4108. — Miller, Fig. of plants in the gard. Diet. no. 2. (1760). — Grim. isen. in Nov. Act. A. N. C. tom. III. app. p.. 329. — Kramer, Elenchus veget. et animal. per Aust. inf. obs. p. 162. No. 3. (1756) — Blackwell, Herb. 509, 510. — Jeq. Enum. p. 97. — Jeq. fl. austr. II. tab. 106. (1773—78.) — Mattusch, Fil. n. 421. — Doerr, nass. p. 123. — Kniph. cent. I. no. 42. — Knorr, del. I. t. No. 5. — Roth, fl. germ. 1. 234. Monographia Hellebororum. 127 II. 600. — Gaertner, de fructibus et sem. plt. tab. 65 (1778— 1507). — Hoffm. fl. germ. 199. — Plenck, Icon. 447. — (?) Smith and Sowerby, Engl. Bot. III. 200. — Dreves et Hayne, bot. Bilderb. IV. 131. (1794—1801.) — Hayne, Arzneig. I. 9. — Ait. Hort. Kew. III. p. 360. — Pers. Syn. p. 10%. — Lam. Eneyel. tab. 499. — D. C. Fl. France. no. 4665. — D. C. Syst. I. 318. — D. C. Prodr. 1.47. — Schkuhr, bot. Handh. II. Ed. tab. 154. — Nees, Düsseldorf. Suppl. 111 et 113. tab. 46, 48. — Brandt, Phoeb. et Ratzenb. Deutschl. Giftg. tab. 36. — Nees, Plantae med. suppl. Heft 2. tab. 22. — Spenner, Fl. Frib. 1031. — Mert. et Koch, Deutschl. Fl. IV. 196. — Dietrich, Preuss., VIII. 538. — Rchb. Ie. fl. germ. IV. 105. tab. (fig. 4718.) — Berg et Schmidt, Darst. d. off. Gew. Bd. I. tab. II. f. Bd. IV. tab. XXIX. f. (1858— 1864). — Berg, pharm. Bot. 408. — Schroff, in Prager Viertelj. — Walpers, Ann. Tom. IV. (1857.) — Vis., Fl. Dalm. n. 1310. III. p. 88. — Baumgart, En. stirp. T’ranss. 1128. (1516.) — Host, fl. aust. II. p. 90. — Koch, Syn. Ed. I. p. 21. — (?) Meyer, Fl. v. Hannov. p. 20. (1849.) — (?) Sadler, Flora comitatus pestiensis Ed. I. 2. p. 64—65, Ed. II. p. 221. — Fleisch- mann, El y. Kran. p. 121 (1844.) — Maly, El. Styr. p. 4. (1838.) — Kittel, Taschenb. d. Fl. Deutschl. II. p. 781. — Hausmann, Fl. v. Tirol, 1. p. 27. No. 61. (1851.) — Josch, Fl. v. Kärnth. p. 15. (1853.) — Schultz, Arch. de Flore, p. 225. (1856.) — Wirtgen, Fl. d. Rheinpr. p. 19. (1857.) — (?) Boreau, Fl. du centr. de la Fr. II. p. 22. No. 78. (1857.) — (?) Gr. et God., Fl. de Fr. I. p. 41.— C. Koch, in Berl. allg. Gartenz. 1858. p. 168. — Fuss, Transs. no. 141. (1866.) — Schur, En. plt. Trans. 142. (1866.) — Schlosser et Vuk., Fl. Croat. p. 177. (1869.) — Panic, Verz. No. 609. — Knapp, Pfl. Galiz. u. d. Bukow. 291. (1872.) — Journal of Hortic. Vol. XXIX. 1875. p. 157. — Garcke, Fl. v. Deutschl. Ed. XII. (1878.) p. 13. No 57. — Krombach, Fl. v. Luxemb. p. 33. No. 32. (1875.) — Hinterh. et Pichlmeyer, Fl. v. Salzb. p. 8. (1879.) — Fiek, Fl. v. Schlesien. p. 15. (1881). — Martens et Remmler, Fl. v. Württemb. I. p. 13. (1882) — Prantl, Exefl. v. Bayern, p. 208. (1854.) — (?) Bertram, Fl. v. Braunschweig, p. 23. (1855.) — Formanek, Fl. v. Mähren, p. 6%. (1886.) — Pacher u. v. Jabornegg, Fl. v. Kärnthen. I. Th. III. Abth. p. 91. No. 1520. (1887.) — H. offieinalis Spach (non Salisb.) «. A sepales verts (vöridiflorus) ex p. Spach, Hist. d. veg. VI. p- 316. — H. viridis var. Jacquinianus A. Br. in Sched. — H. viridis « grandi- 128 Dr. Vietor Schiffner. florus (ex parte) Neilreich, Diagn. p. 5 et 6 (186%). — Neilr. Aufz.d. in Ung. u. Slav. beob. Gefptl. — H. viridis. « silvaticus Neilr. Fl. v. N.-Oe. p. 693, Nachtr. I. p. 78, Nachtr. II. p. 36. — H. Hunfalvyanus Kan. var. viridis (L) Kanitz in Hunfalvys ungar. Pflanzengeographie (ungarisch!) — Ascherson et Kanitz, Catal. Cormoph. p. 73. No. 2027. (18%%7.) — AH. brevicaulis Fourr. (eit. in Nyman consp.). | Exsice: Wirtgen, Herb. plant. select. flor. rhen. Ed. II. Fasc. 12. 555! — Wirtgen, Herb. pInt. erit. fl. rhen. H. 162!-— Koväts. Flora’ exs. Vindolonensis No. 603! Vulgärnamen: Deutschl.: Grüne Niesswurz, grüne Christwurz, grün- blumige schwarze Niesswurz, Bärenwurz, Bärenfuss. — Holland: Groen Nieskruit. — Ital.: Erba nocca, cavolo di lupo (damit werden wohl alle grün- blüthigen Helleborusformen bezeichnet). — Frankr.: Herbe ä setons. H. subglaber; foliis radicalibus herbaceis, duris sed non perdurantibus, medioeribus, pedatis; foliolis —11 indivisis, lanceolatis, irregulariter serratis, supra obseure viridibus, aliquantum pruinosis, non nitentibus, venis impressis, subtus pallidioribus, venis prominentibus sub-pilosis; scapo foliis subaequilongo, tereti, pancifloro; foliis caulinis medioeribus, subsessilibus, 5—3- partitis, sub- tiliter serrulatis, subglabris; floribus mediocribus vel majoribus, convexis, nutantibus, inodoris, sepalis latis sese tegentibus, pruinoso-viridibus; nectariis compressis marginibus involutis clausis; antheris emarginatis; stigmatibus erectis, parvis; carpellis latis inflatis, carinatis, basi conspicue connatis. Var. b. lawus Host. p. Sp. Synon. et litterat.: H.laxus, Host. fl. Austr. II. p. 89. — Fleischmann, Fl. v. Krain, p. 121. — Schlosser et Vuk., Fl. Croat. p. 177. — Josch, Fl. v. Kärnth. p. 15 (als H. laxus Hoppe, soll wohl heissen Host.). — Rehb. Ie. fl. germ. IV. tab. 10%. — Pacher u. v. Jabornegg, Fl. v. Kärmnthen. I. Th. III. Abth. p. 91. No. 1521. (188%.) — H. viridis var laxus A, Br. in Sched. Exsice.:-Rchb. fl. germ. exsice. No. 1587! Differt a forma normali Hellebori viridis foliis plerumque majoribus. saepe densius pilosis, minus pruinosis, uno alterove foliolo saepe bifido, scapo altiore, duobus ramis valde elongatis gracilibus, plerumque bifloro, Monographia Hellebororum. 129 tloribus saepissime magnis, sepalis saepe angustioribus subacutis, carpellis longioribus. (Nectaria sec. Freyer omnium congen. latissima.) Var. ce. pallidior Schffn. (H. viridis x dumetorum?) Synon.: H. viridis 3 pallidus A. Br. in Sched. — H. odorus Hort. bot. Vindob. et Prag. Exacte medium tenet, inter H. viridem et H. dum. differt a H. viridi colore foliorum laete viridi, foliis haud pruinosis, subnitentibus, venis subtus minus prominentibus, floribus flavicanti-viridibus subpruinosis, subfragrantibus stigmatibus subdecurvis; a H. dumet. venis foliolorum subtus prominulis, pilosis, floribus majoribus, sepalis latioribus, carpellis magnis; florescentia praecoeiore. Der Wurzelstock zeigt denselben Bau wie bei den verwandten Arten und findet man nähere Details darüber in dem organographischen Theile der Einleitung. — Die Wurzelblätter von mittelmässiger Grösse (ca. 2,5 dm im Querdurchmesser) kommen meist zu zweien aus einer Knospe des Rhizoms hervor, besitzen einen etwa 2,5 dm hohen, an der Basis etwas rothbraun ge- fleckten Stiel. Sie sind krautig, von ziemlich fester Consistenz, aber nicht überwinternd. Die deutlich fussförmige Spreite ist ausgebreitet, die 7—11 Blättchen derselben sind sogar etwas bogig zurückgebogen, die drei mittelsten frei, in ein Stielchen verschmälert, die übrigen beiderseits fussförmig verbunden, sie sind verhältnissmässig schmal, lancettlich von der Mitte aus, wo die breiteste Stelle liegt, nach beiden Seiten zu all- mählich und ziemlich gleichmässig verschmälert. Die Ränder sind, mit Ausnahme der Basis, gezähnt, die Zähne sind unregelmässig, ziemlich grob, aber nicht auffallend. Die Oberseite ist trüb dunkelgrün, etwas bläulich be- reift, nicht oder kaum glänzend, die Stelle, wo die Nerven der Blättchen zusammentreffen, ist braunroth, die Nerven sind oberseits deutlich eingesenkt auf der blasser gefärbten Unterseite stark hervortretend und etwas, meist deutlich, behaart, besonders gegen die Blatthasis zu. — Der armblüthige, wenig ästige, drehrunde Stengel ist unten etwas rothbraun gestrichelt, kahl oder unter den Gabeltheilungen spärlich behaart. — Die Stengelblätter sind ziemlich klein oder doch nur mässig gross, 5—3theilig, die unteren in einen kurzen, scheidigen Stiel verschmälert, die oberen sitzend; die Ränder sind fein Nova. Acta LVI. Nr. 1. 17 130 Dr. Vietor Schiffner. sezähnelt. — Die mittelgrossen bis ziemlich grossen Blüthen stehen niekend auf ziemlich langen kantigen Stielen und sind Anfangs convex nach dem Verblühen ausgebreitet. — Die Sepala sind eiförmig breit, sich bis zur halben Länge mit den Rändern deckend, erün und (besonders innen) ziemlich stark bereift, was den Blüthen einen sehr charakteristischen Farbenton ver- leiht. — Die Neetarien sind etwas gekrümmt, zusammengedrickt, mit ein- gerollten Rändern der fast zweilippigen Mündung, gelbgrün. — Die Stamina sind viel länger als die Nectarien und besitzen gelblichweisse, länglich-ellip- tische, am Scheitel ausgerandete Antheren. — Die grünen Griffel tragen 5 an der Zahl, sind kleine fast aufrechte Narben. — Die Carpelle, 3 gross, breit, etwas aufgeblasen, ziemlich breit gekielt, am Grunde sehr deutlich verwachsen. — Der persistente Griffel hat etwa ?/; der Länge der Kapsel. — Die Samen bieten von denen der nächstverwandten Arten keine Unterschiede dar. Bemerkungen: H. viridis könnte mit einigem Rechte als der Typus der oceidentalen Euhelleborus betrachtet werden, nicht nur weil er die häufigste und am weitesten verbreitete und auch am längsten bekannte Art ist, sondern weil die Merkmale aller anderen hierher gehörigen Arten so ziemlich in dieser Form vereinigt erscheinen und weil die charakterischen Merkmale der ganzen Gruppe in ihr deutlich ausgeprägt sind. Man kann sich leicht ein Bild von dem Verwandtschaftsverhältnisse dieser Gruppe verschaffen, wenn man H. viridis ins Centrum stellt und die anderen Formen Jassen sich dann leicht radial darum anordnen. Die grünblüthigen Formen dieser Verwandtschaftsgruppe sind sehr nahe verwandt und einander ziemlich ähnlich, so dass dem Ungeübteren die Unter- scheidung einigermaassen schwer fällt. Die Unterschiede des H. viridis von den noch zu behandelnden Formen: H. occidentalis Reut. und H. dumetorum Kit. werden bei diesem hervorgehoben werden. Von H. odorus Kit. unter- scheidet er sich durch die geringere Grösse aller Theile, durch die viel schmäleren etwas bogig herabgekrümmten Blattsegmente, die viel schwächere Behaarung, die nie überwinternden, nicht lederartigen Blätter, die geruchlosen Blüthen von bläulichgrüner Farbe, die aufrechten Narben etc. Ich kann dem ausgezeich- neten Systematiker Neilreich keineswegs beipflichten, der 4. odorus nur für eine forma luxurians des H. viöridis betrachten möchte. — Mit den typischen Monographia Hellebororum. 131 Formen des H. multifidus Vis. und H. siculus Schffn. ist wohl wegen des höchst ausgezeichneten Habitus dieser letzteren kaum eine Verwechselung mög- lich. Allerdings kommen auch (aber selten) Formen von H. viridis vor, bei denen 1—2 Blättehen mehr weniger tief getheilt sind, doch lassen die matte bläulichgrüne Farbe der Blätter und die bläulich bereiften Blüthen diese Art immer deutlich erkennen. Die Merkmale sind bis zu einem gewissen Grade variabel. Die Grösse und Ueppigkeit der Pilanze, die Stärke der Behaarung etc. ändert etwas ab, je nach dem Standorte, jedoch nicht so weit, dass die Art als solche nicht immer erkennbar wäre. Von etwa nennenswerthen Formen, die aber keinen besonderen systematischen Werth besitzen, können erwähnt werden: 1) Forma incisa, ein oder mehrere Blättchen sind getheilt; die Form scheint in der Cul- tur nicht besonders constant zu sein. 2) F. angustisecta, Blattsegmente schmäler, nach der Basis schlank verschmälert. Zähne grob. 3) F. major, ganze Pflanze sehr gross, robust; Sepala sehr breit, Blüthen gross. 4) F. villosa, stärker behaart, fast wie H. odorus; scheint eine Localform zu sein. H. viridis var. Jacquinianus A. Br. in Sched. ist nur die Normalform unserer Art. Die Vermuthung Neilreichs, dass diese Art (sein H. viridis « silvaticus) in der Cultur sich in H. dumetorum verwandle, beruht sicher auf einem Irr- thume. Im k. k. bot. Garten zu Prag werden H. viridis und H. dumetorum seit vielen Decennien cultivirt und haben sich in allen Stücken so rein er- halten, dass man meinen könnte, sie seien frisch von Originalstandorten herein- gebracht worden. Neilreich hatte wohl Formen meiner Var. ec. im Auge, die wirklich Mittelstufen zwischen beiden Arten darstellen; dieselben sind aber wohl ohne Frage aus Samen erzogene Exemplare und halte ich sie für Bastarde zwischen beiden, was um so wahrscheimlicher ist, da die Arten dieser Section nachgewiesener Maassen bei Kreuzungsbefruchtung viel fruchtbarer sind, als bei Bestäubung durch Pollen derselben Art. Die Var. ce. hätte ich überhaupt mit demselben Rechte bei H. dume- forum behandeln können oder auch im Anhange „über Helleborus-Bastarde“, jedoch zog ich es vor, sie vorläufig hierher als Var. zu stellen, bis meine sub- Jeetive Ueberzeugung, dass wir es hier mit Bastardformen zu thun haben, auch durch das Experiment bestätigt sein wird. 17% 132 Dr. Vietor Schiffner. Die Var. b. Zaxus, die von Host, Reichenbach u. A. als Art aufgestellt wurde, zeigt allerdings einige habituelle Unterschiede, die sich auch in der Cultur zu erhalten scheinen, wie Exemplare aus dem Host’schen Garten in Wien beweisen, jedoch scheinen mir dieselben nicht hinreichend, um darauf eine Art zu begründen; eher noch möchte ich mich überreden, dass wir es hier mit einer Bastardform zu thun haben (vielleicht HM. odorus > dume- torum ??), die ich, vielleicht mit Unrecht, durch äussere Aehnlichkeiten ver- leitet, als Varietät hier untergebracht habe. Die Diagnose Host’s ist dürftig, die von Schlosser und Vuk. ist ziemlich nichtssagend, doch wollen wir an- nehmen, dass er damit die Host'sche Pflanze meint. Ueber die ungemein engen verwandtschaftlichen Beziehungen des H. viridis zu anderen Formen der Sectionen Euhelleborus und über die daraus resultirende grosse Meinungsverschiedenheit der Systematiker in der Begren- zung dieser Art habe ich bereits auf pag. 83 ff. das Wichtigste mitgetheilt und bitte nähere Details dort nachzuschlagen. Meine Auffassung der verwandt- schaftlichen Beziehungen der Formen dieser Gruppe, die das Resultat des sorgfältigsten vergleichenden Studiums ist, wird übrigens durch einen Blick auf das dort gegebene graphische Schema deutlicher werden, als durch eine lange Auseinandersetzung. Von der eitirten Litteratur gehört einiges nur sehr zweifelhaft hier- her, da aus den vorfindlichen Daten sich nichts sicheres ergiebt; bei älteren Angaben trägt die Schuld die Unvollständigkeit und Knappheit der Diagnosen, bei neueren lassen pflanzengeographische Rücksichten hier und da schliessen, dass die Autoren theils 4. occidentalis, theils H. odorus und H. dumetorum im Auge gehabt haben. Ich habe solche Angaben mit ? bezeichnet und sie ebenso bei den betreffenden Arten wiederholt. Ueber die Verwendung dieser Art als Heilpflanze und darüber, dass sie von einzelnen älteren Autoren für den E7722000s der Alten gehalten wurde, ist schon in der Einleitung die Rede gewesen. Geographische Verbreitung: Das Centrum der Verbreitung ist Siiddeutschland und die nördliche Zone der österreichischen Alpenländer; auch diese Art zieht als Substrat den Kalk vor, doch kommt sie auch auf anderer geognostischer Unterlage vor. Die Nordgrenze der Verbreitung liegt in der Linie von Osnabrück, Koppenbrügge, Peine (nach Meyer); die Monographia Hellebororum. 133 Nordostgrenze in den westlichen Vorbergen Schlesiens (nach Fiek). Nördlich von dieser Grenzlinie sind die Angaben unsicher oder beziehen sich auf Standorte, wo die Pflanze nur verwildert vorkommt (diess beweist aber, dass auch dort die nöthigen Lebensbedingungen nicht fehlen), so in der Mark Brandenburg, Pommern, Ost- und Westpreussen, Schleswig-Holstein, Scandinavien. Die Ostgrenze zieht dann herab durch das nordwestliche Ungarn (Beskiden und wahrscheinlich die Comitate Sohl [und Marmaros?], welch letztere Stand- orte Neilreich wohl mit Recht für diese Art in Anspruch nimmt). Die An- gaben aus Croatien, Slavonien, Serbien und Bosnien sind jedenfalls sehr ver- dächtig und dürften sich mit ziemlicher Gewissheit theils auf 4. dumetorum, theils auf A. odorus beziehen; alles, was mir als H. viridis L. aus diesen Ländern zu Gesichte kam, gehörte zu den genannten Arten. Die Westgrenzen sind nicht leicht zu fixiren, da hier die Verbreitungsgrenzen dieser Art mit denen des A. oceidentalis Reut. vielfach in einander greifen. Als Westgrenze des Hauptverbreitungsgebietes kann man angeben die östliche Schweiz, Baden, die Rheinprovinz, Pfalz, Braunschweig. Uebergangsformen zu letzt- genannter Subspecies sind zweifellos vorhanden, mir sind dergleichen oft zu Gesichte gekommen, auch scheint H. viridis L. öfters gemeinsam mit H. occidentalis zu wachsen, und zwar selbst noch an weit westlich gelegenen Standorten, sogar noch im Departement Pas-de-Calais, wenn man dem sorg- fältigen Beobachter Maselef Glauben schenken kann.!) Die Südgrenze wird im westlichen "Theil des Gebietes ungefähr durch den Hauptzug der Alpen gebildet, im östlichen erstreckt sie sich bis Kärnthen und Krain herab; !) Derselbe berichtet in seinem „catalogue raisonne des pl. vasc. du Dep. du Pas-de- Calais“ (1886) p. 5. folgendes hierüber: „Cette espece critique presente des formes nombreuses et quelquefois bien tranchees. Les plus petites, d’un vert foncee, absolument glabres dans toutes leurs parties, & fleurs (2—-3) d’environ 4 cm de diametre et ä styles generalement incurves correspondent tres bien & la forme decrite par Reuter sous le nom de H. occidentalis, les plus grandes se rapprochent beaucoup du type Linneen par leur feuilles puberulents recouvertes, principalment & la face inferieure et sur les nervures, d’un leger duvet tomenteux d’un gris blanchätre, a poils unicellulaires simples, et par leurs fleurs (1—2) de 6 cm environ de diametre a styles generalement droits (ef., Reuter, cat. Geneve et Clavaud, Fl. Gironde). D’autres echantillons intermediaires semblent, au eontraire, etablir un passage insensible entre ces deux formes extremes que l’on rencontre a cöte l’une de l’autre dans une me@me localit@; de nouvelles recherches m’apprendront, quelle valeur il faut veritablement leur accorder“. 134 Dr. Vietor Schiffner. die Angabe aus dem Küstenlande dürfte sich mit ziemlicher Gewissheit auf H. odorus oder eine Form desselben (var. striacus) beziehen. In Italien kommt der echte H. viridis L. nach alle dem, was ich dorther gesehen habe, nicht vor; trotzdem die norditalienische Pflanze nicht überwinternde Blätter hat, gehört sie dennoch, dem ganzen Aussehen nach zu H. odorus, eben hierher gehört wahrscheinlich zum Theil auch der AH. viridis des südlichen "Tirol. H. viridis 1. ist also aus folgenden Ländern sicher als wildwachsend bekannt: Schlesien, Mähren, Böhmen!), das westliche Ungarn, Ober- und Nieder-Oesterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnthen und Krain, "Tirol, östliche Schweiz, Bayern, Würtemberg, Baden, Pfalz, Kurhessen und Nassau, Rhein- provinz, Hannover und wohl auch noch vereinzelt in Frankreich. Scandinavien: Verwildert an mehreren Orten (El. Fries, Summa veg. p. 27). — Schleswig-Holstein: Verwildert im Traventhaler Park im südlichen Holstein (Schmidt, in Schr. des nat. Ver. f. Schl.-H.. 1878). — Pommern: Stettin, in Grasgärten verwildert. — Grasgarten bei Gutsdorf, (Sydow)! — Ost--und Westpreussen: Verwildert, so bei Alt-Lobitz, Kreis Deutschkrone (Ruhmer). — Mark Brandenburg: Netzbruch bei Driessen (Dietrich)! — Sehlesien: „Humose, etwas feuchte Laubwälder, buschige Berglehnen, wohl nur im westlichen Vorgebirge, erreicht hier die Nordost- grenze der Verbreitung; hin und wieder in Grasgärten von früherem Anbau verwildert. Marklissa: Schwerta bei der Ruine (Kolbing). — Hirschberg: Im Laubwalde am Molkenbache unterhalb Flachsenseiffen in Menge bis gegen Langenau (Siebenhaar). — ‚Jauer: Hessberg (Hiller). — Bolk: Bei Ober- Röhrsdorf, Grasgarten bei Wärgsdorf. — Liebau: Uudowa: Georgsdorf, T'schischne. — Tanz: Habelschwerdt, Vogtsdorf (Rauhut), — Neisse: Struwitz (Reinhold), Kieferstädtel (Matzek. — Leobschütz: Stadtwald (Sehramm), Fillstein (Kölbing). — Ratibor: Neugarten (Kelch), — Jägern- dorf: Weisskirch (Spatzier). Geppersdorf (v. Mückusch.)“ |Fiek, Fl. v. Schl. 1881]. — Geppersdorf und Pulsanetz (Günther)! — Riesengebirge (Sieben- 1) Wenn Üelakovsky im Prodr. d. Fl. v. Böhmen aus allzu grosser Gewissenhaftigkeit bezweifelt, dass die Pflanze in Böhmen wirklich wild wächst, so muss dagegen geltend gemacht werden, dass sein Vorkommen daselbst gar keine Unwahrscheinlichkeit einschliesst, im Gegen- theile wäre nicht einzusehen, dass sie in einem Lande, welches mitten im Verbreitungsgebiete liest, nicht wirklich wildwachsend vorkommen sollte. Monographia Hellebororum. 135 haar)! — Hirschberg, Grunau (Krause)! — Rosenau verwildert (Fiek). — Sachsen: Meissen, verwildert? (Herb. berol.)! — Zittau, Hochwald (Lange)! — Schiebach verwildert. Rgzb. Dresden bei Niederwartha und Gross-Cotta bei Pirna. — Böhmen: „In feuchten Gebirgswäldern, an Waldbächen, Berglehnen; ausserdem in Gebirgsgegenden und Bauerngärtchen eultivirt und halb ver- wildert“: Landskron (Erxleben). — Herrschaft Schatzlar (Herbarium Opiz). — Hohenelbe (Kablik). — Rochlitz (Pohley). — Lomnitz und Neupaka in Bauerngärten (Polak). — Belohrad und Horie (Cenek). — Wolfsberg bei Rumburg (Opiz). — Tetschen (Malinky). — Koselberg bei Leipa, vielleicht nur verwildert (Schiffner)! — Oberh. Graupen im Erzgebirge (Eichler). — Neuhaus (?) Novotny [Celakovsky, Prod. d. Fl. v. Böh.]. — Teplitz (de Thümen)! -- „Böhmen“ (Opiz, Tausch)! — Landskron (Stimmann)! — Mähren: Im Walde bei Kojetitz, bei den Ziegelhütten bei Unter-Wladislau, Wald bei Parlowitz nächst Wischau, Boschowitz (Formänek, Beitr. z. Fl. des. mitt]. u. südl. M. 1886). — Ungarn: Nach Rochel kommt H. viridis in den Karpathenthälern nicht wirklich wild vor, sondern nur in Bauerngärten eultivirt. Beskiden, Walachisch-Meseritsch (Klaniö in Oesterr. b. Z. 1884). — Hermance im Com. Sohl (Varecka, Fl. v. Neusohl 185%. p. 9) —? Am Fusse des Pop-Ivan und bei Visso im Com. Marmaros (Relig. Kitaib. p. 44.)!) — Siebenbürgen: Von Baumgarten daselbst angegeben, ist nach Schur nicht mehr gefunden worden. — Bukowina: In Bergwäldern der Bukowina. Auf dem Wege zum Ouschor (Zawadzki, En. pl. Gal. 1835. p. 69 nach Knapp vielleicht H. purpurascens). — Die Angaben aus Oroatien und Slavonien (liburn. Karst u. anderw.) und von der Insel Cherso (Sendtner, Visiani) beziehen sich vermuthlich auf H. odorus. H. laxus wird von Schloss. u. Vuk. in Bergwäldern und Hainen Slavoniens angegeben, sein Vorkommen ist im westlichen "Theile Slavoniens wirklich sehr wahrscheinlich. — ? Bosnien: Serajevo, Bielo Brdo (Hofmann nach Freyn, wohl sicher H. odorus). — ?Serbien: Wälder des M. Jelika unweit Cacak und Medvednik „scheint der nach Serbien sich erstreckenden Partie der Alpen eigen, und wird im übrigen Serbien von H. odorus ersetzt.“ (Paneie.) Das Vorkommen des echten H. viridis L. in Serbien scheint mir trotzdem unwahrscheimlich! — Nieder- 1) Vielleicht 7. dumetorum Kit., deu ich aus dem Com. Marmaros gesehen habe! 136 Dr. Vietor Sehiffner. Oesterreich: „An Bächen, auf Abstürzen und in Schluchten gebirgiger Gegenden nicht gemein und meist einzeln. Im Wiener Walde: Kahlenberg, Hohenwand, Rosskopf, Heuberg, Satzberg und von hier durch die Schluchten in das Halterthal bei Hütteldorf und in den Park von Neuwaldegg herab- steigend, dann in den 'T'hälern von Habersdorf und Hainbach, Steinbach und Mauerbach bis auf den Thulbingersteig; auf den Abfällen des Unterberges gegen die Ramsau bis Hainfeld, im Salzbachthale, bei Kleinzell und im '[raisenthale zwischen Lilienfeld und Lehenroth; bei St. Anton hinter Scheibbs bei Zelking, B.-A. Melk, zwischen Seitenstetten und Steier. Wird auch in Bauerngärten als Heilmittel gepflanzt und verwandelt sich durch Cultur in H. dumetorum; zwischen Kirchschlag und Lembach im südöstlichen Schiefer- gebirge (Krzisch) bei Oberndorf im Bezirksamte Scheibbs (Fauberger) unweit Horn (Steining)* |Neilreich, Fl. v. N.-Oe.] — Steyer verwildert (Zimmeter)! — Seitenstetten im Conventgarten (Strobl)! — Schwarzau (Brandmayer)! — Kremsmünster verwildert (Strobl)! -— Hütteldorf bei Wien (Reuss)! — Ochsenbachthal (Zahlbruckner)! — Klein-Zell (Schede et al.)! — Halterthal bei Wien (Koväts)! — Salzburg: „In Gebüsch und an Waldrändern am Fusse des Nocksteines“ (Sauter. — Am Fusse des Heuberges in einem Graben, wie auch bei dem Leiterbauern (Pichelm.). Auch bei Morzg, Golling, Lofer ete. |Hinterh. et Pichlm. Fl. v. S.]. — Bei Salzburg (Hinterhuber)! — Mondsee (Hinterh. Nr. 1399)! — Thalgau bei Salzburg (Hb. Kunth)! — Salzburg am Fusse des Nockstein (Eysn)! — Steiermark: Auf Hügeln, an Zäunen; bei Grätz auf dem Rukerlberge, Rosenberge, den Hügeln um St. Martin, bei Eckenberg, bei Seckau oberhalb Leibnitz im Sausal u. a. O. [nach Maly]; — Styria (Gebhard)! — Bei Graz (Maly)! (A. Br. Herb.)! — Die Pflanze Steiermarks scheint grossentheils der Varietät ec. anzugehören. — Kärnthen: Lavantthal, Globasnitz (Josch). Nach Pacher und von Jabornegg: St. Paul im Lavantthale, Siegelsdorf und beim Mairbauer in den Auen nächst Wolfsberg, Laibl, St. Homma bei Globasnitz; Var. b: Unterhaus bei St. Paul im Lavantthale, Predil. — Krain: „An Waldrändern, in Gebirgsgegenden bei Gottschee, Pölland, Zirknitz, Veldes, Höflen, Krim, Zhernaperst in d. Wochein, Veldes und Möttling“ (forma typ.). „An den Bergen Nanos, Zhavn, bei Wippach und Sagor‘“ (var. laxus) |Fleischmann, Fl. v. Kr.| — Franzdorf (ähnlich H. dumetorum) (Lutz)! — Billichgräz bei Idria Monographia Hellebororum. 137 (Freyer; Var. b.)! — „Ueberall in Krain“ (Graf; Var. b.)! — „Krain“ (Dr. Pacher; Var. b.?)! — Anmerkung: In Krain scheint var. lazus vorzu- herrschen. — Tirol: Unterinnthal: St. Johann (Traunsteiner). — Bei Erl (Harrasser). — Voralpen in Judicarien, Val di Vestino (Leybold). — Vallarsa (Perini). — Vestinothal (Porta)! — Im Dorfe Hörting bei Innsbruck (Murr)! — Schweiz: Uri (Christ). — St. Gallen (Dr. Wartmann)! — Bayern: „Am Füssen, Farchant: Allgäuer Alpen: Berchtesgaden S00, Karlstein; Bodensee- gegend: Lindau; oberer Theil der Hochebene: Starnberg, Tölz, Tegernsee, Traunstein, Laufen ete.; unterer Theil der Hochebene: Landhut, Griesbach im Rottthale, Deggendorf. Bayrischer Wald: Schwarzenkirchen, Schönberg: Keupergebiet: Reichenbach, Neuhof bei Lauf. Hassberge; Juragebiet: Pars- berg, Gräfenberg; Muschelkalkgebiet: „Schweinfurt, Würzburg“ [Prantl, Fl. v. B.]. — Bayrische Voralpen (Zwackh)! — Wangen im Allgäu (Johow.)! — München (verwildert?)! — Thüringen: Eisenach (Osswald). — Am Ritter- stein bei Arnstadt-Dosdorf (Nicolai?). — Siegelbach (Rich. Hoppe). — Arnstadt (Auerswald)! — Württemberg: „Ziemlich selten an Hecken und Gebüsch. Unterland: Eibensbach, Brackenheim (Karrer. — Alb: Ulm, wohl ver- wilder. — Oberschwaben: Oberdischingen (Troll), Biberach (Seyerlen und Engel), Schussenried (Valet), Wickenreute (Pfanner) ete.“ |Martens et Remniler, Fl. v. Württ.] — Ulm (Hegelmeier)! — Kurhessen und Nassau: In Gebiüschen selten. — Baden: „In Hecken und Gebüschen“; Bodenseegegend: Ueberlingen, Deggenhauser T'hal. — Vorberge des Schwarzwaldes, an mehreren Orten. — Nördliche Gebirgsgegend: Wenkhein [Seubert, Fl. v. B.]. — Pfalz: Auf Melaphyr bei Erzweiler unweit Kusel und (auf Schiefer?) bei Herstein im Nahegebiet (F. Schultz in Pollichia 1863). — Rheinprovinz: In Hecken und Gebüschen im nördlichen Theile des Gebietes; im Süden sehr selten, z. B. Wernerseck bei Andernach (Wirtgen)! — Nettethal bei Pleidt nächst Neuwied (Wirtgen)! — Dottendorf bei Bonn (Kegel)! — Anmerkung: Die Pflanze der Rheinprovinz steht dem FM. oceidentalis schon sehr nahe, es sind entschieden Uebergänge zu demselben. — Hannover und Braun- schweig: „In Wäldern und Hainen und Gebüsch, auf Kalkgebirge im süd- westlichen und südlichen Theile des Gebietes“; Hessen, Hann., Br. ziemlich häufig; in der Linie von Osnabrück, Koppenbrügge, Peine, die Nordgrenze des Vorkommens in Deutschland, in Braunschweig die Ostgrenze (soll wohl Nova Acta LVI. Nr. 1. 1 [de] 138 Dr. Vietor Schiffner. heissen Westgrenze) der Gesammtverbreitung erreichend [Meyer, Fl. Hann.]. — Braunschweig: Schattige Bergwälder, zerstreut. Elm bei Langeleben, Bären- köpfe bei Salzgitter (ist H. oceidentalis!), Oder, Lichtenberge, Fallstein. — Hildesheim (Herbarium Link; similis H. oceidentalis)!? — In der Gegend von Göttingen und Grubenhagen (Noeldeke). — Göttingen (Auerswald) ! — Ausser- dem vielfach verwildert. — Anmerkung: Die Pflanze des westlichen Teiles des Gebietes gehört wohl zu H. occidentalis, ausserdem giebt es hier ent- schiedene Uebergangsstadien von H. vüridis zu H. occidentalis. -— West- phalen: Nur als Gartenpflanze und verwildert (wohl 4. oceidentalis). Wadersloh (Wilms, in Jahresb. d. bot. Sect. d. westph. Prov.-Ver. f. Wiss. u. Kunst 1881). — Lippstadt (Müller)! — (Sevinghausen [Schemmann] ist H. oceidentalis)! — Attendorn in Wäldern und Gebüschen (Herbarium Tauscher; scheint wild)! — Die Standorte in Luxemburg und Belgien dürften sich mit ziemlicher Bestimmtheit auf A. oceidentalis beziehen und sollen daher dort angeführt werden. Ueber das Vorkommen in Frankreich ist die An- merkung auf pag. 133 nachzusehen. Blüthezeit: Von allen verwandten Arten am frühesten blühend, in südlicheren Breiten schon im Februar. Im botanischen Garten zu Prag blühte er 1586 schon Anfang Februar im Freien mitten im Schnee (selbst Eranthis hiemalis war noch ganz unentwickelt). In rauheren Lagen blüht er März bis April. Fruchtreife im Sommer. 17. (Subspee.) Helleborus oceidentalis Reut. (Tab. VII.) Synon. et litterat: H. niger, Asso, Synops. stirp. Arag. (1779) et al. (non L.) — Helleborus I et IV (sanguineo folio) Quer, Flora espanola. (1762 —64.) — Helleborus viridis Amo, fl. iberica VI. p. 730. — Engl. Bot. III. tab. 200. — Curtis, fl. londin. VI. tab. 34. — Smith, fl. Brit. p. 598. — D.C. fl. fr. IV. p. 908. — Dub. bot. 14. — Lois. fl. gall. I. p. 407. — Mut. fl. Fr. 1. p. 28. — Garid. Aix. t. 48. — Gr. et. God. Fl. fr. I. 41. — (?) Lam. Ene. tab. 499. — Meyer, Fl. Hann. p. 20. (1840) ex p. — Wirtgen, Fl. d. Rheinp. p. 19. (1857) ex p. — Willkomm et Lange, Prod. fl. Hisp. p. 962. — (?) Krombach, Fl. v. Luxemb. p. 33. Nr. 32. (1875). — Bertram, Monographia Hellebororum. 139 Fl. v. Braunsch. p. 23. (1535) ex p. — Gremli, Exe. fl. d. Schweiz (1885) ex p. — Colmeiro, Enum. y revis. de las pl. de la penins. Hispano- Lusitana, I. (1585) p. 66. — Masclef, Catal. raisonne des pl. vasc. du Dep. du Pas-de-Calais, p. 5. (1886.) — H. viridis var. Smithianus A. Br. in Sched. — H. occidentalis Reuter, Catal. gr. Genev. rec. en 1868 et Bull. Soc. bot. fr. tom. XVI. (Rev. bibl.) p. 53. — Colmeiro 1]. e. p. 67. — Ilme Bull. soc. dauph. p. l’ech. d. p. 1576 („Note sur le H. vöridis trouve dans les environs de Gap et q’on suppose &tre le H. oceidentalis Reut.“). -- H. pyrenaicus Zahlbruckner in Herb. univ. Prag. Exsice.: Willkomm, iter hisp. secundum 1850. No. 41! — Puel et Maille, Plantes de France! — Billot, Fl. Galliae et Germ. exsiee. No. 309! — Baenitz, Herb. europ. No. 2017! — Soeciete Dauphinoise No. 284! Vulgärnamen: England: Green Hellebore, Bear'sfoot. — Frank- reich: Herbe ä setons. — In Deutschland, wo diese Art vorkommt, trägt sie dieselben Namen wie H. vöridis. — Holland: Groen Nieskruit. — Spanien: (Cast.) Elebor, Vedegambre de jardines, Vedegambre negro, Yerba de ballesteros, Vedegambre verde, Eleboro verde, Yerba llavera, Hel&boro verde, Hel&boro negro. (Catal.) Marxigols, Manxigols, Baladra. (Vasc.) Bieiyo belarra, Baladrea, Lupi belarra. Diftert a H. viridi L. foliorum radicalium segmentis pro more latioribus, grosse serratis, subtus glabris (vel juventute inconspieue pilosis), laete viridibus, haud pruinosis; scapo graciliore; foliis caulinis maximis, 5 fere ineiso-dentatis; floribus paulum minoribus, sepalis angustioribus haud 3 fidis inferioribus saepius longius vaginato -petiolatis, marginibus grosse, pruinosis eoque plus minus laete viridibus; carpellis brevioribus. Die Grundblätter sind mittelgross, etwa 2 dm breit, auf ebenso hohem etwas kantigem und an der Basis schwach roth punktirtem Stiele. Die 9—11 Blättchen, welche die Spreite zusammensetzen, sind deutlich fuss- förmig angeordnet, gewöhnlich breiter als bei H. viridis. Ihre Ränder sind sehr unregelmässig und grob gesägt; die Zähne einfach oder doppelt, nach aussen und vorwärts gerichtet. Die Nerven sind oberseits eingesenkt, unten deutlich hervortretend, fast immer völlig kahl, seltener kaum merklich behaart, ältere Blätter sind immer ganz kahl. Die Farbe des Laubes ist heller als bei AH. viridis, freudig grün nicht 18* 140 Dr. Vietor Schiffner. bereift. Der Stengel ist während der Blüthezeit etwa 2 dm hoch, später streckt er sich stärker in die Länge und erscheint schlank. Er ist wenig ästig und arm (3—4)blüthig. Die Stengelblätter sind sehr gross, bei allen verwandten Arten am grössten, die Blüthen überragend, 3—5theilig; das an der untersten Gabeltheilung stehende ist oft länger gestielt (ein frei am Stengel stehendes gestieltes Blatt, wie dies bei H. siculus fast stets vor- kommt, habe ich nie gesehen); die Zipfel sind sehr grob-, fast einge- schnitten-gezähnt. — Die Blüthen sind kleiner als bei H. viridis, länger gestielt; die Sepala schmäler, sich nur an der Basis deckend, meist zugespitzt, öfters eins oder das andere an der Spitze fein ge- zähnelt, die Farbe ist mehr gelblich-grün, nicht bereift. Nectarien und Stamina wie bei H. viridis. Die Carpelle sind kurz, etwa ähnlich wie die des H. dumetorum gestaltet, am Grunde verhältnissmässig weit ver- wachsen. Bemerkungen: Der Umstand, dass H. occidentalis durch alle mög- lichen Uebergangsformen mit der typischen Form des H. viridis ver- bunden ist, würde es vielleicht gerechtfertigt erscheinen lassen, denselben blos als Varietät mit letzterem zu vereinigen oder, wie dies Gremli, Masclef und andere Autoren thun, beide als synonym zu betrachten. Ich habe mich dazu nicht entschliessen können, da diese Form in ihrer typischen Entwickelung habituell sehr leicht kenntlich ist an der schwachen meist fehlenden Behaarung, an der mehr hellgrünen (gelblich-grünen) Farbe des Laubes und der Blüthen, den unverhältnissmässig grösseren Stengelblättern, sowie an der ungemein groben Serratur der Grund- und Stengelblätter. Auch ist die geographische Verbreitung eine andere; aus dem östlichen Verbreitungsgebiete des H. viridis ist mir nie eine Form zu Gesichte ge- kommen, die mit FH. occidentalis hätte verwechselt werden können. Dabei ist allerdings zu bemerken, dass in den Ländern, wo die beiden Verbreitungs- gebiete zusammentreffen, so in der Rheinprovinz, im Elsass, im östlichen Frankreich, in Braunschweig ete., Formen gefunden werden, die so genaue Mittelstufen zwischen beiden darstellen, dass sich bei ihrer Beurtheilung selbst für den geiibten Kenner Zweifel einstellen, wohin sie zu stellen sind, und eine Entscheidung beruht in diesem Falle immer mehr weniger auf der Will- kür des einzelnen Beobachters. Auch ist es durch die Beobachtungen sorg- Monographia Hellebororum. 141 fältiger Forscher wahrscheinlich geworden, dass sich die Verbreitungsgrenze des HM. viridis noch weit westlich in das Gebiet des AH. oceidentalis hinein erstreckt (siehe Anmerkung p. 133). Jedoch ist der Speciesbegriff nicht in allen Gattungen des Pflanzenreiches mit gleichem Maassstabe zu messen, und in so ungemein polymorphen Gattungen wie unsere scheint es geboten, alle irgendwie deutlich unterscheidbaren Formen, mögen sie durch Uebergänge verbunden sein oder nicht, so viel wie möglich zu separiren, wenn nur auf die Beziehungen zu den anderen nächstverwandten Formen in entsprechender Weise hingewiesen wird. Nach alle dem Gesagten würde man es auch nicht als Fehler auffassen dürfen, wenn man H. occidentalis zu H. viridis ziehen würde, das sind eben Ansichtssachen, über die sich nicht rechten lässt. weil die systematische Botanik über keine ad verbum gültige Definition des Species- begriffes verfügt. H. oceidentalis ist in vielen Stücken (so im der Farbe der ganzen Pflanze, den grösseren Stengelblättern, der schwachen Behaarung ete.) dem H. dumetorum ähnlich, jedoch wird man bei einiger Bekanntschaft mit dieser Formengruppe die beiden nie verwechseln: z. B. kommt die charakteristische grobe Zähnung des Laubes bei dem nur dem östlichen Gebiete angehörenden H. dumetorum nicht vor; andere Unterschiede giebt der Vergleich der Be- schreibungen. — Andere Anklänge finden sich an den jedoch habituell sehr ausgezeichneten 4. siculus. H. occidentalis vertritt im westlichen und siidwestlichen Gebiete ganz und gar den östlichen H. viridis und ist nicht weniger formenreich als dieser; ganz abgesehen von den zahllosen Uebergangsformen könnten hier Erwähnung finden: 1) Forma ineisa: einige Blättchen sind mehr weniger tief gespalten; 2) Forma robusta: Pflanze sehr kräftig und gross, mit verhältnissmässig colossalen Stengelblättern und grösseren Blüthen; die Pflanze ist deutlicher behaart als die Normalform. — Es scheinen dies aber lediglich Standorts- formen zu sein und liessen sich dergleichen noch mehr anführen. Al. Braun scheint der erste gewesen zu sein, der unsere Pflanze von H. viridis L. unterschied. Letzteren bezeichnete er als H. viridis var. Jacquinianus, H. occidentalis als H. viridis var. Smithianus. Es würde also dem Namen von A. Braun die Priorität gebühren, jedoch hat er ihn nur in den Scheden seines Privatherbars angewendet und nirgends eine Diagnose 142 Dr. Vietor Schiffner. publieirt, daher muss der von Reuter gegebene Name beibehalten werden. Auch der Name H. pyrenaicus ist von Zahlbruckner nur in den Scheden seines Herbars gebraucht worden. — Die Pflanze von Luxemburg gehört mit grösster Wahrscheinlichkeit hierher. Der fleissige Compilator Colmeiro führt neben H. viridis noch H. occidentalis speciell für Spanien an, sicher kommt dort nur H. occidentalis vor. — Von der angeführten Litteratur bezieht sich nicht Alles mit gleicher Gewissheit auf unsere Form, Näheres ist aus dem Verzeichnisse selbst ersichtlich. A. Braun glaubte, dass MH. intermedius Guss. hierher gehöre, was sicher nicht der Fall ist. Geographische Verbreitung: H. occidentalis gehört dem west- lichen und südwestlichen Europa an, woselbst er, hauptsächlich auf Kalk- boden verbreitet und stellenweise häufig ist. Oestlich geht er bis in das westliche Hannover und Braunschweig, wo sich auch viele Uebergangsformen zu H. viridis finden, eben solche kommen auch weiter südlich in der Rhein- provinz vor. In Westphalen soll er nicht wirklich wildwachsend gefunden werden. Ferner tritt er auf in der westlichen Schweiz; der H. viridis aus Belgien gehört wohl sicher hierher. In ganz Frankreich ist die Pflanze verbreitet (Uebergangsformen zu H. viridis finden sich in den Alpenländern Ost-Frankreichs, in der Dauphine und Savoyen, übrigens kommt auch H. vöridis L. in Frankreich nach Masclef öfters an demselben Standorte mit H. oceidentalis vor). In den nördlichen und mittleren Provinzen Spaniens (nach Quer sogar bis südlich in der Sierra Nevada, die Angabe ist aller- dings unsicher) ist er verbreitet, ebenso durch England, fehlt aber in Schottland. !) — Hannover: + Hildesheim (Hb. Link)! — Nach Meyer ist im süd- lichen und südwestlichen Theile H. viridis häufig; mag wohl wenigstens grossentheils hierher gehören. — Braunschweig: In schattigen Berg- wäldern zerstreut: Bärenköpfe bei Salzgitter (Krümmel)! — Die anderen von Bertram angegebenen Standorte: Elm bei Langenleben, Oder, Lichten- berge, Fallsteine gehören wohl wenigstens theilweise auch hierher oder zu Uebergangsformen. — Westphalen: Soll daselbst nicht wirklich wild vor- kommen. — Sevingshausen (Schemmann)! — Luxemburg: „Sehr selten in trockenen, steinigen Wäldern zwischen Kopstal und Ansembourg“ (nach !) In dem folgenden speciellen Standortsregister setze ich den Fundorten, von denen ich Uebergänge zu Z. viridis gesehen habe, ein } vor. Monographia Hellebororum. 143 Krombach, gehört wohl hierher. — Belgien: H. viridis (ist wohl H. oceidentalis gemeint) sehr selten, auf Kalk selten, sehr selten im Jura“, (Crepin.) — Mons (Wesmael). — Wavre (Lecoyer im Bull. soc. bot. de Belgique 1579). — Häufig im Thale der Molignee (Wesmael). — Selten in dem nördlichen Gebiete des sandigen Lehms. — Denderwindeke (Durand). — Rheinprovinz: Im Süden des Gebietes selten, + Wernerseck bei Andernach (Wirtgen)! -— Schweiz: Im Westen (Gremli). Gebirge um Genf (Herb. berol. bez. mit No. 47)! — Frankreich: Verhreitet durch ganz Frankreich, vom äussersten Norden bis auf die Pyrenäen und vom Elsass bis in die Normandie, jedoch nicht überall. — Nord de la France (Bordere)! (Jaquemont)! — Departement Pas-de-Calais hier und da häufig: Gorre bei Bethune (de Melicog). — Uamblais (Dumon). — Bavincourt (Tolmer). — Wismes; Lumbres (Gerard). -— Bois du Paradis & Dohem (de Lamarliere). — Entlang des Thales der Canche von Vieil-Hesdin (Carpentier). — In Wäldern bei Hesdin gegen Grigny (Dovergne) und Aubin (Dov. William). — Quellen der Liane bei Quesques; Wald „du Hamel“ bei Tardinghen (de Lam.). — Auen bei Echinghen, Brucdale (Rigaux). — Somme: Lucheux und Quend (Demailiy). — Nord: Hondeghem und Morbeque (Huissen, Vandamme). — Picardie (Gr. God.). — Aisne: Bois d’Entreaupont, cantan de la Capelle, arr. de Vervins (de Marsy)! — Marne: Env. de Rheims! — Paris: Häufig in dem Walde von Lognes bei Lagny (G. T'huret). Wald von St. Martin a Boullarre bei Betz (Questier), 'Trianon subspont. — Üentral-Frankreich: „Departement Indre et Loir, Tours (Herbarium 'Tourlet)! — Normandie, Cherbourg (Le Jolis)! — Auvergne: Puy de Döm. — Route de Clermont a Lacs Guerry et Chambon. — Cantal (Fr. Heribaud)! — Environs des Mans Laval, Mayenne. — Orne: Domfront. — Maine et Loire: Noelles, Bourg d’Ire. — Deux-Sevres: Chätillon-sur-Severe pres de la Touche [Boreau, Fl. du centre de la Fr. II.|. — Rochefort. — Vire: Calvados (Lenormand)! — Dauphine: Vriage pres de Grenoble (Gr. God.). — 7 Environs de Gap (Herb. Willk.)! — Hautes-Alpes: 7 Montagne de ÜOharance (Gariod)! — 7 Monte Viso 9000’ (Gandoger)! — 7 Savoyen (Schmidely)! — Gers: Bois de Duran, pres d’Auch (A. Brat)! — Lot-et-Garonne: Env. d’Agen (Chanbard)! — Basses-Pyrenees: Pau (Caspary)! — Hautes-Pyrenees: Gavarnie (Bordere) ! — Gedre, auf Kalk, 1000 m (Bordere)! — Val d’Eynes (Herb. univ. Prag)! 144 Dr. Vietor Sehiffner. (Endres)! — Pyrendes-Orient: Mont Luis aux Eaux-Bonnes (Gr. et God.) (Herb. Debaux)! — Spanien:!) Auf steinigen Abhängen, an trockenen waldigen Orten, in Hainen, 'Thälern, an Zäunen der unteren und Bergregion des nördlichen, mittleren und östlichen Spanien. In den nördlichen Provinzen bis zu einer Höhe von 3500 (nach Willk.). — Uatalonien: Villaler, Angles, Amer, Montenegro (Salvador). — Monseny (Salv. Quer). — Pirineos de la Magdalena (Quer). — Valle de Aran (Villier). — Gebirge von Nuria (Pourret). — Monserrat (E. Boutelon). — Valle de Ribas, Set Casas (Isern). — Ripoll, San Juan de las Abadesas, Uamprodon (Bassagana). — Pirineos (Willk.). — Berga, Olot, Berge von Bassagoda, San ‚Juan las Fonds (Texidor). — Puertos de Horta (Costa). — Monteo de Nuria y Cabrera (Tremols.. — Plä de Beret (Timbal-Lagrave). — San Miquel del Fay (Cuni). — Aragonien: Moncayo (Quer). —- Jaca, Aragiies (Asso,,. — Gebirge von Benasque y Castanesa (Villiers.. — Panticosa (H. Ruiz). — Tarazona (Jubera). — Pena de Oroel, Valles de las Pirineos, Puerto de Izas? (Willk.). — Puerto de Banasque, Castanesa, Bacibe (Timb.). — Um Riscal (Campo). — Navarra: Burguete (Nee). — Valle de Bastän (Willk.). — Villaba y Arre (R. Casav.). — Umgebung von Pamplona (F. de Salas, P. Gil... — Valle de Vertizarana (Lacoizqueta). — Provinz Vascongadas: Umgebung von Bilbao (Eguia, Lange). — Oyarzun, Tolosa, Thäler der cantabrischen Gebirge, Irun, Vena de Gorbaya, Eucartaciones, Berg, genannt Castillo de la Mota bei San Sebastiän, valle del Bidasoa (Willk.). — Vitoria (Andia). — Monte del Haya (Schaufuss). — Santander: Reinosa (G. Camal.). — Bargas (Perojo). — Montes de Pas (Salcedo). — Penavieja (Leresche et Levier). — Asturien: Cangas de Tineo (Durieu). — Umgebung von Oviedo (Pastor, L. P. Minguez). — Galieia, „satis frequens“ (Willk.). — Puerto de Piedrafita (Planellas). — Leon: Gebirge von Leon (Lagasca). — Bejar (Graells). — Alt-Castilien: San Ildefonso (Navarrete). — Montes de Avila, Burgos (Quer, Palau). — Garganta de Pancorbo (Willk.) — Logrono (Expos. de Agrieult.)., — Puerto de Villatoro, Serrota, Piedrahita, Barco de Avila (Graells). — Lastra (Cutanda). — Eneinillas (Lange). — Berge nächst Valladolid? (Texidor). — Sierra t) Die Aufzählung der Fundorte nach der höchst sorgfältigen Zusammenstellung von Colmeiro und nach Willkomm. Monographia Hellebororum. 145 de Cameros (Zubia). — Valencia? (Quer, Palau). — Sierra de Mariola? (Quer). — Andalusien? (Quer). — Sierra Nevada? (Quer). — In montibus cantabrieis v. ec. prope Yrun (Willkomm)! — Astur: Caldas (Gandoger)! — England: Auf Kalk verbreitet (Babington). — Bei Bistol (Herb. Uleghorn)! — Weston Mitts bei Plymouth (Payne)! — Witts (Herb. roy. bot. Garden Edinburgh)! Blüthezeit in den südlicheren Gegenden Februar bis April, nördlicher und in höheren Lagen März bis Mai. In Colmeiro 1. ec. p. 6% ist bei H. viridis angegeben März bis Juni, bei H. oceidentalis Juli, August, was wohl auf einem Irrthume beruht. XVII. Helleborus dumetorum Kit. (Willd.) Synon. et litterat: H. dumetorum Kit. in Willd. Enum. horti berol. 1809,:p. 592.) — D.C. Prod. I p. 47. — D. C. Syst. I. p. 320. — Sweet, Brit. Flov. Gard. II, tab, 109. — Maly, Fl. Styr., p. 5 (1838). — a Dollinger, En. pl. phan. Aust. inf., p. 7 (1842). — Fleischmann, Fl. v. Krain, p- 121, (1844). — Koch, Deutschl. Fl. IV, p. 198. — Koch, Syn. Ed, II, p. 22. — Rcehb., Icones IV, tab. 106. — C. Koch in berl. allg. Gartenzte. 1855, p. 170. — Beck, Fl. v. Hernstein, p. 192. — H. pallidus, Host, fl. austr. II, p: 90. — Schloss. et Vuk., Fl. v. Croat., p. 176..(1869). — H. viridis L. var. dumetorum Sadler Fl. Com. Pestiensis, p. 221. — Berg- et Schmidt, offic. Gew. ROUX (1858—64). — Neilreich, Fl. v. N.-Oe., p. 693. — Neilreich, Veget. 1868. — A. Braun in Ind. sem. h. berol. 1862. I. — Willkomm, Führer ins Reich d. d. Pfl. Ed. II, p. S71 (1881). — AH. vaginatus Host l. . — AH. viridis L. «: pallidus Schur, En. pl. Trans. 1866. — H. Hunfalvyanus var. dumetorum Kanitz in Hunfalvys ung. Pflanzengeogr. (ungarisch!). — H. officinalis Spach (non Salisb.!) «: A sepales verts (viridi- florus) ex parte; Spach, Hist des veget. VII, p. 81%. !) Das Öriginalexemplar, welches Kitaibel an Willdenow schickte, habe ich ım Herbarıum Willdenow gesehen, auf der Scheda ist von Kitaibel bemerkt: „Wenn Sie mir einen schicklichen Namen sagen, so werde ich Ihnen Dank wissen, in Ungarn und Croatien ist er in Gebüsch häufig“. Daher benannte ihn wohl Willdenow ZZ. dumetorum. Noya Acta LVI. Nn. 1. 19 146 Dr. Vietor Schiffner. Exsiee.: Reichenbach, Fl. germ. exsiee. 2275! — Baenitz, Herb. europ.! — Schultz, Hrb. normale, nov. ser. cent. I. No. 4! — Koväts, Pl. rar. Imp. Austr. No. 343! Vulgärname: Nieder-Oesterreich: Gilbkraut. H. glaber, foliis radicalibus 2—3. mediocribus non perdurantibus exacte pedatis, segmentis 11—13 late-lanceolatis, subtiliter serratis, laete viridibus, subnitentibus, haud pruinosis, subtus venis vix prominulis, glabris; scapo foliis altiore plerumque multifloro; foliis ceaulinis pro more magnis, 5—3-partitis, flores superantibus subtiliter serrulatis; floribus parvis, explanatis, nutantibus, subfragrantibus; sepalis angustis sese non tegentibus, flavo-viridibus; stigmatibus rectangulariter extrorsum conversis; carpellis brevibus, latis, carina lata sed non tantum distineta, basi longe connatis, stylo persistente carpello breviore. Der Wurzelstock ist ganz ähnlich dem des H. viridis, jedoch schlanker und kleiner, die aufrechten Blätter und Blüthen tragenden Sprossen schlank und ziemlich verlängert. Grundblätter bringt jeder Spross 2—3 hervor, die von mittlerer Grösse sind; der etwas gefurchte, gelb- grüne, kahle Blattstiel ist nur selten 2 dm hoch, die höchstens 2 dm im Querdurchmesser haltende Spreite ist immer sehr auffallend fuss- förmig, meist ist nur das mittelste der vorhandenen 11—13 Blättchen frei, alle anderen entspringen von den seitlichen Hauptnerven.!) Die Blättchen sind etwas gewölbt, nicht flach und ein wenig bogig herabgekrimmt, breit- lancettlich, die breiteste Stelle liegt in der Mitte oder noch unter der Mitte, nach beiden Seiten hin sind sie gleichmässig verschmälert. Die Zahnung der Ränder reicht bis weit gegen die Basis herab und besteht aus sehr kleinen, scharfen Zähnen. Die Nerven treten auf. der Unterseite nicht deutlich hervor, die secundären sind sogar etwas eingesenkt. Ober- seits sind die Blätter freudig-dunkelgrün gefärbt, etwas glänzend nicht bereift: unterseits glänzend, blässer grün und unbehaart. — Der Stengel ist meist höher als die Blätter, im völlig entwickelten Zustande bis eirca 3 dm hoch, doch meistens niedriger, entweder wenig blüthig, dann 1!) Ueberhaupt bei keiner anderen Art tritt die Fussförmigkeit so stark hervor, wie bei dieser. Monographia Hellebororum. 147 verhältnissmässig hoch oben in zwei verlängerte Aeste gespalten, oder, wie dies meistens der Fall ist, reich blüthig; dann beginnt die T'heilung schon ungefähr in der Mitte des Stengels. Die Aeste sind etwas kantig. — Die sehr grossen Stengelblätter sind 5—3-theilig, mit lancettlichen Zipfeln und überragen die Blüthen weit, besonders wenn letztere erst aufblühen ; dadurch wird ein eigenthümlicher Habitus der Pflanze bedingt. — Die Blüthen sind klein (von allen Arten die kleinsten), normal höchstens 4 cm im Quer- durchmesser, auf ziemlich langen Stielen niekend; schwach süsslich duftend, fast flach ausgebreitet. — Die Sepalen sehr schmal, meist stumpflich, nach abwärts etwas keilförmig verschmälert und zwischen sich ziemliche Zwischenräume lassend, nur sehr selten sich am äussersten Grunde etwas deckend. Die Farbe ist gelblich-grün, kaum bereift. Neetarien schlank, die Ränder “sehr wenig eingerollt, grüngelb gefärbt, S—12 an der Zahl. — Staubgefässe nicht viel länger als die Nectarien, mit Kleinen, ovalen, am Scheitel ausgerandeten Antheren. — Die 3—4 grünen Stempel überragen nur um !/, oder !/; mit ihren Griffeln die Staubgefässe; letztere tragen weissliche rechtwinkelig nach aussen gekrümmte Narben. Nach dem Verblühen färben sich die jungen Kapseln bald zimmet- braun, ein Umstand, der mir für diese Art charakteristisch zu sein scheint. — Kapseln 3—4, kurz, breit, wenig aufgeblasen, vom Grunde weit herauf verwachsen, mit wenig abgesetztem aber breitem Kiel und nur undeutlichen @Querrunzeln. Der persistente Griffel erreicht etwa die halbe Länge des Car- pelles. Die Samen sind kleiner, aber sonst wie bei den verwandten Arten. Bemerkungen: H. dumetorum ist wohl als eine verhältnissmässig gute Art aufzufassen, trotzdem vielfache Uebergänge zu A. vöridis sich vor- finden, besonders in den Ländern, wo die Verbreitungsgebiete der beiden genannten Arten zusammentretfen; ich habe dergleichen z. B. mehrfach aus Steiermark gesehen, darunter so vollkommen intermediäre Formen, dass man Bedenken tragen kann, zu welcher der beiden Arten man sie stellen möchte. Solche Zwischenformen mögen theilweise wirkliche Uebergangsformen, theils Bastarde sein, ich habe schon bei H. viridis davon gesprochen. Auch ©. Koch berichtet ]. ec. p. 171: „Es liegen mir, wie schon angedeutet, eine Menge Mittelformen vor, die sich dem 4. viridis L. ungemein nähern.“ Bei typischer Entwickelung der Pflanze fällt es hingegen nie schwer, sie sofort von 19* 148 Dr. Vietor Schiffner. H. viridis zu unterscheiden. Schon die Farbe der ganzen Pflanze ist bei H. dumetorum eine mehr gelbgrüne, die Blätter sind etwas glänzend, die Blattsegmente von anderem Zuschnitt, unterseits kahl, der Stengel ist meist reich blüthig, die Stengelblätter sind sehr gross und verdecken etwas die Blüthen, indem sie dieselben weit überragen, die Blüthen sind klein mit sehr schmalen Sepalen. Durch diese und noch andere Merkmale wird der Pflanze ein ganz eigenthümlicher charakteristischer Habitus verliehen. Mit H. ocei- dentalis Reut. hat unsere Art trotz der ganz verschiedenen geographischen Verbreitung äusserlich noch mehr Aehnlichkeit, unterscheidet sich aber doch sofort durch die klein-gesägten Grund- und Stengelblätter, die kleineren, meist zahlreichen Blüthen mit schmäleren Sepalen und andere Merkmale, die aus dem Vergleiche der Diagnosen entnommen werden können. Mit anderen Arten als den genannten ist wohl eine Verwechselung nicht gut möglich. Mit dem sonst auffallend verschiedenen H. odorus Kit. hat er die süsslich duftenden Blüthen und die abstehenden Narben gemein; mit H. atrorubens ist der ganze Habitus sehr ähnlich, jedoch ist die total verschiedene Blüthenfarbe ein nicht leicht zu übersehendes Merkmal. | H. dumetorum ist eine recht variable Pflanze und man ‚sieht oft Exemplare, die auf den ersten Anblick einen sehr verschiedenen Eindruck machen; aber doch lassen sich immer in ihnen, wenn man von Einzelheiten absieht, die in der obigen Beschreibung hervorgehobenen Merkmale erkennen. Solche Formen scheinen theils durch verschiedene Wachsthumsbedingungen, theils durch Cultur hervorgebracht zu sein und sind nicht constant, weshalb sie auch nicht von maassgebender Bedeutung sind, jedoch will ich mir doch erlauben, einige derselben hier zu nennen: 1) Forma major: ist nichts als eine sehr grosse, üppige Form mit auch etwas grösseren Blüthen; 2) Forma pauciflora: 2—4-blüthig; 3) Forma multitlora: 5—15-blüthig; 4) Forma incisa: 1—2 Blättehen mehr weniger tief getheilt; 5) Forma multiseeta: wohl nur eine Culturform (wie sie sich z. B. im k. k. botanischen Garten zu Prag vorfindet) mit Blättern, deren Spreite aus 15—17 schmäleren nach abwärts schlank verschmälerten Segmenten besteht; 6) Forma tenella: ein ungemein zierliches Pflänzchen von nicht mehr als 1,5 dm Höhe, reich-, aber sehr kleinblüthig (ausgegeben im Herb. eur. von Baenitz). — Solcher Formen liessen sich noch mehr aufführen. Monographia Heilebororum. 149 Mehrere Autoren, z. B. A. Braun, Neilreich, Willkomm, F. Schultz fassen 4. dumetorum als Varietät des H. vöridis L. auf. Host kennt keinen H. dumetorum, jedoch ist sein H. pallidus mit diesem zweifellos identisch, ausserdem führt er einen HM. vaginatus an; vielleicht lag ihm dabei irgend eine etwas abweichende Standortsform des H. dumetorum vor, die aber ihre Merkmale in der Cultur nicht beibehalten hat, denn die Exemplare des botanischen Gartens zu Prag, die aus dem Host'schen Garten zu Wien stammen, zeigen nicht die mindeste Verschiedenheit von anderen daselbst eultivirten Pflanzen des H. dumetorum. Le Bele führt in seiner Monographie der Helleborus-Arten (eit. von ©. Koch) neben A. dumetorum Kit. noch einen H. pallidus Host auf, hält sie also für verschieden, jedoch giebt nach ©. Koch’s Angabe die kurze Beschreibung keine Aufschlüsse. ©. Koch bemerkt auch l. e., dass sich A. graveolens Host aus dem Host'schen Garten durchaus nicht von FH. dumetorum wunterscheide. Aus Host's Beschreibung ist auch nicht viel zu entnehmen: die Blüthen werden als schwarzgrün angegeben. Näheres über ZH. graveolens möge man bei der folgenden Species H. atro- rubens nachsehen. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass Neilreich der irrthümlichen Ansicht war, dass sich A. viridis L. in der Cultur in H. dumetorum verwandle. Geographische Verbreitung: AH. dumetorum gehört dem südöstlichen Gebiete an und hat das Centrum seiner Verbreitung im mittleren und süd- lichen (besonders sidwestlichen) Ungarn und im croatischen Littorale, in Croatien und Slavonien, wo.er sehr verbreitet ist; östlich geht er bis ins centrale Siebenbürgen, westlich bis nach Niederösterreich, Steiermark, Krain; die Westgrenze erreicht er nach Gremli in der Schweiz bei Sargans und Wels, was mir unwahrscheinlich erscheint, da ich mit Sicherheit annehmen zu können glaube, dass er schon in Tirol nicht mehr vorkommt: südlicher als aus Slavonien habe ich keine Exemplare gesehen, Slavonien scheint also die Südgrenze zu bilden. — H. dumetorum ist keine entschiedene Gebirgs- pflanze und findet sich an Waldrändern, in Hecken und Gebüschen der Berg- und Hügelregion, selbst in der Ebene. Wie alle anderen Arten der Gattung liebt er Kalk, kommt aber auch auf Sandstein, Schiefer und anderer Unterlage vor. Ungarn: Folgende Angaben Neilreichs (Aufz. d. in Ung. u. Slav. beob. Gefpfl. 1866) von H. viridis L. beziehen sich mit grösster Wahr- 150 Dr. Vietor Schiffner. scheinlichkeit auf H. dumetorum: „Wälder, Vorhölzer und buschige Hügel diesseits der Donau, als bei Oedenburg (Szontagh in Verh. d. zool. bot. Ges. in Wien XIV, 492), auf dem Pilis-Gebirge (Sadler, Fl. com. Pest. 1825—26, 922, Grundl in Oest. B.Z. XV, 12), in den Comit. Eisenburg (Poläk, Recens. pl. phan. in com. Castriferrei 1837, p. 11), Zala, Somogy, Veszprim, Stuhl- weissenburg, 'T'olna, Baranya [Slavon: Verovitie, Pozega| (Rel. Kitaib. 7. 76. Kit. Addit. ad Fl. Hung. 1864, 182).“ — „In Ung. u. Croat. ist er in Ge- bischen häufig“ (Kit. in Herb. Willd.)! — Waldsaum des Kalkberges Oerhagy bei Gran (Herb. berol.)! — Pressburg (Welwieh)! — Com. Alba: E silvis umbrosis montis Meleghegy pr. pagum Nadap (Tauscher)! — Com. Alba (Tauscher)! — E Hungaria (Frivaldsky)! — Johannisberg bei Ofen, Kalk 460 m (Freyn)! (Lang)! — Dreibrunnenberg bei Pest (Szepligeti)! — Bei Ofen (Sadler)! — Marmaros (Dr. Krzisch)! — Dorogh ad Strigonium (A. Ker- ner)! — Com. Zala: inter virgultis ad Oräes pr. urbem Balaton-Fured (Sim- kovies)! — Com. Zala (Hermann)! — Eisenburger Com. bei Szombathely (Borbäs)! — Com. Tolna (Kiss)! — Fünfkirchen (Nentwich)‘! (Hrb. Duft- schmidt als AH. laxus)! — Siebenbürgen: Siebenb. (Schur)! — Auf dem Csukas bei Kronstadt (Hornung nach Schur)! — Radna (Freyn)! (Herb. mus. Transs.)! — Croatien und Slavonien: In Wäldern und Gebüschen der Ebenen im er. Littoral, ebenso bei Zara, Crisium Lovreeina und anderwärts. — Slavonien (Pavich)! — Croatien (Schlosser)! — Zwecovo Sl. (Stoitzner)! — Vuein S1.! — Im ung. Littorale (Sadler)! — In silvis humidis Croatiae (Vu- kotinovie)! — In Croatia (Kitaibel)! — Waldränder in Cr. (Schlosser)! — In Wäldern und feuchten Wiesen östlich von Agram bei Sesvete und in Mazimir (Vukot.)! — ÜCroat.: Bosanei, Jaska, Sesvete, Agram, Karlstadt, Varasdin und St. Ivan, Lovredina, Novimarov (Neilreich),. — Krain: An schattigen Hügeln und Waldrändern bei Sagor, Reifniz, Zirkniz und bei Pär- wald (Fleischmann). — Schlossberg bei Adelsberg, Kalk. 1900° (Strobl)! —- Steiermark: Eggenberg bei Graz (Zahlbruekner)! (Kristof)! — Wälder bei Radkersburg (Zechenter)! — Bei Graz (Maly)! (Gebhard)! — Auf Hügeln bei Graz, bei Seggau u. a. ©. (Herb. univ. Prag)! — 7 St. Martin (Pittoni v. Dannenfeld)! — Steiermark (Herb. Felicetti)! — Nieder-Oesterreich: Nach Neilreich nur in Gras- und Baumgärten gebirgiger und subalpiner Gegenden, z. B. in der Prein, wo er zu gleichen Zwecken wie H. viridis Monographia Hellebororum. 151 eultivirt wird. Dollingers Fundorte beziehen sich ebenfalls auf eultivirte oder verwilderte Exemplare. Hölzl fand sie am Knieriegel des Josefsberges vor Maria Zell, hier vielleicht wirklich wild. — ?Schweiz: Bei Sargans und Wels die Westgrenze (Gremli).. Blüthezeit unter gleichen Verhältnissen später als bei H. viridis, März bis Mai. Im botanischen Garten zu Prag blüht er erst, wenn H. viridis schon verblüht ist. Fruchtreife im Sommer. Die jungen Blätter erscheinen sehr früh und sind bei der Blüthezeit schon fast vollkommen entwickelt. XIX. Helleborus atrorubens W. et K. Synon. et litterat.: H. atrorubens W. K. Deser. et icones pl. var. Hung. (1802—1812) IH, p. 301, tab. 271. — D. C. Prod. I, p. #2. — D.C. Syst. I, p. 319. — Reichenbach, Fl. germ. ete., p. 746 (183083). — Rehenb., Icones Fl. germ. IV, tab. 109. — Maly, Fl. Styr., p. 5 (1838). — Fleischmann, Fl. v. Krain, p. 121 (1844). — Paxton, Flov. Gard., p. #7, tab. 82. — Lemaire, Jardin fleuriste II p. 140 (ie.). — C. Koch, in Berl. allg. Gartenz., p. 163 (1858). — Schur, Enum. pl. 'Transs., p. 145 (1866). — Schloss. et Vuk., Fl. Croat., p. 175 (1869). — H. antiquorum Lerchenfeld, Herb. 'Transs. 1780 (non A. Br.) — H. atropurpureus Schultes, Fl. v. Oest. (1814). H. odorus 2 atrorubens Koch, Syn. fl. Germ. ed. R. I, p. 21. H. viridis var. atrorubens A. Br. Ind. sem. horti berol., 1862. — Neilreich, Aufz. d. in Ung. u. Slav. beob. Gfpfl., p. 243 (1866). — Willkomm, Führer ins Reich d. d. Pfl., Ed. I, p. 871 (1881). — Neilreich, Veget. v. Ung. u. Cr. (1868). — H. viridis, var. # odorus, floribus externe colore violaceo tinctis, J. Schultz. Hrb. norm. Cent. I, No.5. H. cupreus Host, Fl. Aust. I, p. 87 (1827—32). — Schlosser et Vukot., 1. e. — H. Hunfalvyanus Kan. var. atrorubens (W. K.), Kanitz in Hunfalvys ungar. Pflanzengeographie (ung). — Ascherson et Kan., Catal. Corm. Serbiae, Bosn. ete., p. 73, No. 2027. H. offieinalis (Spach) #: & sepales violates (atrorubens) [ex parte]. Spach: Hist. des veget. VII, p. 31%. Exsice.: Reichenb., Fl. germanica exsiccata, No. 1391! — Schultz, Herbarium normale Cent. I, No. 5! 152 Dr. Vietor Schiffner. H. subpubescens vel glaber, foliis radicalibus non perdurantibus, her- baceis, majoribus evidenter pedatis, foliolis saepissime 9 compositis, late- lanceolatis, acuminatis, argute serrulatis, venis subtus vix prominentibus, supra laete viridibus, ° subnitentibus, subtus pallidioribus, subpubescentibus vel glaberrimis; caule plurifloro, foliis caulinis mediocribus vel majoribus 5 —3-fidis, serrulatis subpilosis vel glabris; floribus parvis vel rarius majoribus, explanatis, inodoris; sepalis plerumque angustis sese vix tegentibus, extus obscure et sordide violaceis intus viridi-violaceis vel violaceis, nitore livido suffusis, neetariis viridibus elausis; antheris emarginatis; stigmatibus subdeflexis albis; carpellis oblongis, stylo persistente longiore. * Der kräftige Wurzelstock ist 1 dm und darüber lang und bis 1 cm dick, aufsteigend oder horizontal, aussen schwarzbraun, innen gelblichweis, mit langen 1—2 mm dicken, heller oder dunkler braun gefärbten Adventiv- wurzeln, die meist einfach, selten getheilt sind und vielfach getheilte Neben- wurzeln tragen, dicht bedeckt. Die blättertragenden Rhizomäste sind bis 6 cm lang, schlank, geringelt, am Gipfel zwei längsfaltige oft dreizähnige häutige Scheiden tragend, zwischen denen Blätter und Blüthenstengel hervor- brechen. — Die Wurzelblätter stehen auf oft bis 3 dm hohen Stielen, die eefurcht und etwas roth gestrichelt erscheinen. Die grosse bis 3 dm im Querdurchmesser haltende Spreite besteht aus 7—11 Fiedern, von denen die mittleren frei, breit-Jancettlich und nach beiden Enden hin ziemlich gleich- mässig verschmälert sind. Die seitlichen sind deutlich fussförmig ver- bunden (seltener ist eines oder das andere mehr weniger tief getheilt). Die breiteste Stelle liegt in oder noch unter der Mitte des Blättchens. Die Ränder sind bis auf ein Fünftel der Länge herab scharf doppelt säge- zähnig; die Zähne klein mit nach aussen gekehrtem Spitzchen. Die Farbe ist oberseits freudig dunkelgrün etwas glänzend, nicht be- reift, unterseits heller. Die Nerven treten hier etwas, aber nur schwach hervor. Die Blätter sind unterseits etwas behaart oder ganz kahl; ältere Blätter sind immer kahl. — Der Blüthenstengel ist etwas höher als die Blätter, 2—4 dm lang, 2—9-blüthig, unten drehrund und öfters röthlich gestrichelt, oben in den Verzweigungen von den Vorsprüngen, die von den Stengelblättern herablaufen, etwas kantig. — Die Stengelblätter sind mitteleross oder ziemlich gross, fünf- bis dreispaltig, fein gesägt, während Monographia Hellebororum. 153 der Blüthezeit durch einen röthlichen Anflug trüb grün, später rein grün, unter- seits entweder schwach behaart oder kahl. — Die kleinen oder mittel- grossen Blüthen (etwa 4--5 cm Querdurchmesser, selten grösser, öfters noch kleiner) stehen auf mässig langen, kantigen, querrunzeligen Stielen in nickender Stellung. — Die Sepala sind länglich-eiförmig, meist ziem- lich schmal und sich wenig deckend, zugespitzt oder stumpflich, (selten breit-eiförmig und sich mit den Rändern deckend), fast flach ausgebreitet. Aussen sind sie intensiv trübviolett, innen heller grünlichviolett oder mattviolett gefärbt, matt bereift. (Von Wimpern an ihrer Basis, die von Host angegeben werden, habe ich wie ©. Koch nichts bemerkt.) — Die 15—20 hellgrünen Nectarien stehen ausgebreitet, sind kegelförmig, etwas zusammengedrückt, die Mündung ist durch den stark eingerollten Rand der Oberlippe verschlossen. — Die Staubgefässe, Anfangs ein und einhalb, später zweimal so lang als die Nectarien '), sind denen der Verwandten ganz ähnlich, die Antheren sind stumpf oder ausgerandet. — Die 5 bis 6 Frucht- knoten sind etwas gekrümmt, grün, an der Basis verwachsen. Die Griffel sind purpurn angehaucht und überragen fast um die doppelte Länge die Staubgefässe: die Narben sind deutlich nach aussen gebogen. Car- pelle länglich, etwa doppelt so lang als breit, gekielt, am Grunde verwachsen, der persistente Griffel ist Jang. Die Samen sind wie bei den verwandten Arten gestaltet. —— Nach der Blüthezeit färben sich die Sepalen mehr grünlich; die Carpelle werden bald zimmetbraun. Bemerkungen: H. atrorubens W. K. kann schon wegen der auf- fallenden Blüthenfarbe mit keiner anderen Art, höchstens mit H. purpurascens W. K. verwechselt werden, von welch letzterem er aber durch die deutlich fussförmigen Blätter, die kleinen Blüthen mit meist schmalen Sepalen, die viel intensiver violette Blüthenfarbe und durch andere Merkmale deutlich unter- schieden ist. Näher steht er dem FH. intermedius Host, der aber schon durch die mehr grünen Blüthen, sowie durch andere Merkmale, die dort angeführt 1) Die Bemerkung C. Koch’s, dass die Nectarien so lang seien wie die Staubgefässe, beruht auf einem Irrthume, der durch die Untersuchung ganz junger Blüthen entstanden sein mag, bei denen dle Filamente noch nicht gestreckt sind. Noya Acta LVI. Nr. 1. 20 Ist Dr. Vietor Sehiffner. sind, verschieden ist, übrigens ist letzterer wohl ein Bastard von unserer Art. Der ganze Habitus des H. atrorubens stimmt, wie schon Waldstein und Kitaibel richtig bemerken, auffallend mit dem des H. dumetorum überein, ab- gesehen natürlich von der Blüthenfarbe, und ich hätte ihn vielleicht als Sub- species desselben aufgefasst, wenn mir das letztgenannte Merkmal innerhalb der Gattung Helleborus nicht von maassgebender Bedeutung erschiene. Die Merkmale unserer Art sind etwas variabel, so finden sich (und dies ist die Regel) kahle, aber auch mehr weniger behaarte Formen. Alle früheren Diagnosen geben die Pflanze als kahl an, was aber nicht in allen Fällen zutrifft; allerdings ist die Behaarung mehr flaumig und von der des H. odorus sehr verschieden, aber doch oft deutlich. Besonders merkwürdig sind Exemplare aus Steiermark mit grossen, intensiv gefärbten Blüthen und breiten, sich deckenden Sepalen. Die Farbe der Blüthen ist etwas variabel, manchmal treten die grünen 'l’öne deutlicher hervor, meist aber herrscht eine intensiv violette Farbe vor. Die Originalbeschreibung und Abbildung von Waldstein und Kitaibel sind vorzüglich, dasselbe gilt von der Reichenbach’schen Abbildung. Hookers Abbildung in Companion to the Botanical Magazine LXXVII, tab. 4581, ge- hört zu H. purpurascens W. K., was der Grund sein mag, dass diese beiden Arten in englischen Gärten vielfach verwechselt werden. Koch fasst in Syn. fl. germ. unsere Art als Var. des H. odorus auf, ebenso confundiren ihn Nyman (Consp. p. 1%. — Syll. 171) und F. Schultz (Herb. normale) mit dieser Art. Host’s H. cupreus ist zweifellos identisch mit H. atrorubens, was noch dadurch erhärtet wird, dass sich die Exemplare von H. cupreus aus dem Host'schen Garten, die in Berlin eultivirt werden, von unserer Art nach dem Zeugnisse Ö©. Koch’s nicht unterscheiden; dasselbe kann ich selbst auch nach getrockneten Exemplaren aus dem Host’schen Garten bestätigen. Geographische Verbreitung: H. atrorubens scheint ziemlich die- selbe Verbreitung zu haben wie H. dumetorum, vielleicht geht er aber in Ungarn nieht so weit nördlich. Ueber das Vorkommen in Ungarn ist aus den sehr vagen Angaben Neilreich’s nichts Sicheres zu entnehmen, jedoch ist es wahrscheinlich, dass er in den südwestlichen Comitaten verbreitet ist. In Monographia Hellebororum. 155 Croatien und Slavonien ist er sehr verbreitet, stellenweise gemein. Von hier verbreitet er sich in Bosnien und der Herzegowina und westlich durch Krain und Süd-Steiermark, östlich ins südliche Siebenbürgen. — Er bewohnt Berg- wälder, trockene Hügel und Abhänge, Waldränder und Gebüsche; er liebt kalk- haltige Substrate. — Steiermark: Zwischen Liehtenwald und Montreis (Maly)! — Lichtenwald (Graf)! — Oberliehtenwald (Pittoni v. Dannenfeld)! — Bei Tüfer (Maly)! — Landsberg (Zahlbruckner)! — Rann (Herb. Streinz)! — |Die Pflanze aus Steiermark ist sehr grossblüthig, mit breiten Sepalen.| — Krain: „In Bergwäldern bei Köttling, Krupp, um Neustadtl und beim Sorianz-Berge in Unterkrain“ [nach Fleischmann]. — Laibach (Rainer)! — Ruckenstein und Savenstein (Freyer und Dollinger)! — Nassenfuss und Sauenstein (Pittoni v. Dannenfeld)! — Dalmatien: Bei Zara (Kanitz). — Üroatien und Slavonien: In Wäldern und auf sonnigen Hügeln in der Moslavina bei Kreuz, Agram, Sused, Karlstadt [sehr häufig bei Korenieza (Waldst. Kit.)]|, (Schloss. et Vuk.) — In Slavonien gemein (Kanitz). — Agram (Sadler)! (Noe)! (Vukot.)! (Schlosser)! — Bei Agram, Sused et Samobor (Vukot)! — Gebirgswälder in Croat. (Schlosser)! — Berg Plesivica, Kalk 1500 -m (Borbäs)! — Siebenbürgen: In Bergwäldern auf Kalksubstrat, Szara Tömös am Predjal; oberhalb der Walkmühle bei Kronstadt. (Schur.) — "Transs. |als H. cupreus| (Schur)! — Bosnien und Herzegowina (nach Kanitz). Blüthezeit zeitig im Frühjahre, März bis Mai. Die jungen Blätter kommen spät hervor, während oder erst nach der Blüthezeit. (Waldstein und Kitaibel bemerken 1. e.: „Floret primus inter nostrates dempto nigro, nimirum ante ipsum A. hyemalem‘“.) Hier möchte ich einige Formen unterbringen, die ich für Bastarde von grünblüthigen Arten mit H.atrorubens halte. Die Hybridennatur ist allerdings noch nicht experimentell sichergestellt, doch sprechen dafür triftige Gründe; bis auf Weiteres könnte man sie wohl auch als Varietät betrachten. Ich überlasse dies dem Belieben jedes Einzelnen, ich beschränke mich darauf, sie hier zu beschreiben. Zwei weitere analoge Formen, die mir aber nur durch cultivirte Exemplare bekannt geworden sind, verweise ich in den Anhang über Helle- borus-Bastarde. 20* 156 Dr. Vietor Schiffner. = 20. Helleborus intermedius Host (non Guss., non Morr.) — H. atrorubens > dumetorum? Synon. H. intermedius Host, Fl. aust. Il, p. 87. — Schlosser et Vukot., F]. eroat., p. 178. — Rcehenb., Ic. IV, p. 26. — C. Koch in Berl. allgem. Gartenz. 1858, p. 170. — H.viridis, subcoloratus A. Br. in sched. ex parte. — H. officinalis Spach. 2: a s6pales violatres (atrorubens) |ex parte] Spach., Hist. des veget. VII, p. 317. Planta similis, H. atrovirenti, sed foliis multo majoribus segmentis pluribus (11—15) compositis, non nitentibus, glabris, uno alterove saepe plus minus profunde diviso: scapo elatiore, rubro-striolato, foliis caulinis majoribus tloribus parvis, fahrica simillimis illis H. dumetorum, sepalis violaceo-viridibus, intus viridibus margines versus plus minus violaceo tinctis, pruinosis, extus sordide violaceis. Die Pflanze ist auf den ersten Blick von AH. atrorubens zu unter- scheiden durch die sehr grossen Blätter, die aus viel mehr Blättchen zusammengesetzt sind, von denen eines oder mehrere getheilt sind; sie sind mattgrün gefärbt. Die Blüthenfarbe ist lichter, mehr grün, be- sonders innen, jedoch immer mit deutlicher Beimischung von Violett, was be- sonders gegen die Ränder deutlich ist. Die Blüthen stimmen mit Ausnahme der Farbe ganz und gar mit denen des H. dumetorum überein. Die Grund- blätter entwickeln sich sehr spät, erst nach der Blüthezeit. Dass die Pflanze eine Bastardform ist, wird bestätigt durch die Beob- achtung, dass die Hybriden der mit H. viridis verwandten Arten meist sehr üppige grosse Blätter besitzen. Es ist auch höchst wahrscheinlich, dass die von mir vermuthete Combination die richtige ist, da die Pflanze bisher nur aus Ländern bekannt geworden ist, wo beide der angegebenen Arten wachsen, und ich glaube, dass eine genauere Beobachtung der Pflanze an Ort und Stelle ihres Vorkommens meine Vermuthungen bestätigen wird. Die Merkmale erhalten sich sehr constant in langjähriger Cultur. Im botanischen Garten zu Prag findet sich ein schönes Exemplar, welches dem Host'schen Garten entstammt, und heute noch alle Merkmale ganz auffallend deutlich zur Schau trägt. Aus der Beschreibung in Schlosser und Vukotinovie, F]. croat., wo die Pflanze als Art aufgeführt wird, ist gar nichts zu entnehmen, doch ist ver- Morographia Hellebororum. 157 muthlich unsere Pflanze gemeint. Reichenbach sagt im Texte zu den Ie. fl. germ. IV, p. 26, dass Exemplare, die er von Graf erhielt, sich nicht von H. purpurascens W. K. unterscheiden; ich habe jedoch Exemplare von Grat gesehen, die unzweifelhaft zu H. interm. gehören. (Von H. purp. ist unsere Pflanze zu auffallend verschieden, als dass sie Reichenbach hätte verwechseln können, es muss also ein anderer Irrthum unterlaufen sein.) — A. Braun’s H. viridis, subcoloratus umfasst, wie aus den Exsiec. Braun’s hervorgeht, verschiedene Formen, worunter auch solche, die zweifellos hierher gehören. Host, Schlosser und Vukotinovie geben die Pflanze aus Croatien an. Ich sah sie von Vukot. gesammelt mit 7. atror. mit der Angabe: „Auf Hügeln und Bergen bei Agram, Sused, Sambor!“ — Ferner von Neustädtl in Unter- krain (Graf). — Ich vermuthe, dass sich H. intermedius auch anderwärts finden wird, wo H. atror. und H. dumet. wachsen ; jedenfalls ist die Pflanze selten. = 21. Helleborus graveolens Host (non kehb. ie.) — H. atrorubens >< odorus? Synon: H. graveolens Host, Fl. Aust. II, p. 89. — Fleischmann, Fl. v. Krain, p. 121. — H. orientalis, Hort bot. berol. (non Lam... — MH. offi- cinalis Spach, «: & sepales verts (vöridiflorus) |ex parte], Spach, Hist. des veget. VII, p. 31%. — HH. viridis var. graveolens Neilreich, Aufz. d. i. Ung. u. Slav. beob. Phan., p. 243.— H.viridis L. var. atrovirens A. Br. in sched. — H. viridis subcoloratus elatior A. Br. in sched. ex parte. — AH. atrorubens pallidior A. Br. in sched. — H. odorus var. graveolens Maly, Enum. pl. imp. Aust., p. 256. H. hirtus, foliis radicalibus non perdurantibus |permagnis, pedatisectis] magnitudine formaque illis praecedentis simillimis sed laete viridibus, sub- nitentibus, subtus venis prominulis pilosis: foliolis grosse dentatis; caule elato, paueifloro; foliis caulinis magnis; tloribus medioeribus, convexis; sepalis latis sese tegentibus, extus atro-viridibus marginibus interdum subviolascentibus, in- tus atro-viridibus pruinosis; stylis brevioribus, stigmatibus reetangulariter extrorsum conversis; seminibus late carinatis. Die ganze Pflanze ist kräftig, die Grundblätter sind denen des H. intermedius Host ganz ähnlich und ebenso gross, oft über 4 dm im Querdurchmesser haltend, aber freudig grün, etwas glänzend. Ein 158 Dr. Vietor Schiffner. oder das andere der 11—13 Blättchen ist mitunter gespalten; die Zähne der Ränder sind ziemlich grob. Die Nerven treten unterseits etwas hervor und sind mehr weniger deutlich abstehend behaart. Der schlanke, 3 etwas behaart. Die Stengelblätter gross, ähnlich wie bei H. dume- 4 dm hohe Stengel ist arm(2—4)blüthig, in den oberen Verästelungen torum. Die Blüthen mäÄssig gross, etwa 5 cm im Durchmesser, glockig-convex, auf ziemlich langen Stielen nickend. Die Sepala sind breit eiförmig, sich mit den Rändern deckend, aussen durch eine violette Bei- mischung trüb braungrün (an den Äussersten Rändern wohl bisweilen wirk- lich etwas violett), innen dunkel trüb grün, stark bereift. Antheren lang, ausgerandet. Griffel die Staubgefässe wenig überragend, mit ziemlich grossen, auswärts gebogenen Narben. Die Carpelle sind ähnlich denen des H. atrorubens. Die oval-eylindrischen Samen haben einen auffallend breiten Kiel. Bemerkungen: Es ist zwar aus der Diagnose Host's nicht be- schwarz- stimmt zu behaupten, dass er diese Pflanze gemeint hat, jedoch die „s grüne“ Blüthenfarbe und andere Merkmale machen es im höchsten Maasse wahrscheinlich. Im Herbar. A. Braun’s liegen cult. Exemplare unter dem Namen H. graveolens und unter anderen Namen. Maly hält sie für eine Ab- art des H. odorus Kit. Die Abbildung in Reichenbach, Ieones fl. Germ. IV, tab. 104, gehört, wie schon bemerkt wurde, zu H. odorus. Dass die Pflanze ein Bastard sei, ist wohl kaum anzuzweifeln, und es ist höchst wahrscheinlich, dass es der Hybrid von AK. odorus x atrorubens ist, fir welche Ansicht die Behaarung, die Blüthenfarbe, die Narben und andere Indieien sprechen. Ich habe nur eultivirte Exemplare zu Gesicht be- kommen können, doch ist zu vermuthen, dass dieselben sich zu den wild- wachsenden ebenso verhalten, wie bei FH. intermedius Host. H. graveolens wird von Host in Bergwäldern von Slavonien an- gegeben, von Fleischmann in Bergwäldern von Ober-, Unter- und Inner- Krain bei Utik, Germada und Grosskahlenberg. XXI. Helleborus purpurascens W. et K. (Tab. VII.) Synon. et litterat.: H. purpurascens Waldstein et Kitaibel, Plant. rar. Hungariae (1502—1S12) II, p. 105, tab. CL — Persoon, Syn. pl., p. 107 Monographia Hellebororum. 159 (180%). — Besser, En. pl. Volhyniae, p. 23, No. 689 (1822). — D.Ü. Systema, p. 318. — D. C. Prodr., pars I, p. 47 (1824). — Eichwald, Skizze v. Lith. Volhyn. u. Podol., p. 153 (1830). — Reichenb., Fl. germ. exeurs., p. 746 (1830—33). — Reichenb., Icones fl. germ. IV, tab. 110 (4725). — Baum- garten, Enum. stirp. Transsylv., No. 1129 (1836—46). — Ledebour: Fl. ross., I, p. 51 (1842). — Curtis, Bot. Magaz. (vol. LIX) tab. 3170. — Sweet, er) Brit. Flow. Gard. II, Ser. II, tab. 142. — Fleischmann, Fl. v.Krain, p. 121 (1844). — ©. Koch in Berl. allg. Gartenz. 1858, p. 164. — Schur, Sertum fl. Transs. No. 96a. — Fuss, fl. Transs. No. 143 (1866). — Schlosser et Vukot., fl. eroat., p. 175 (1869). — Heuffel, En. pl. Banat. 'T’emes., Verh. d. z.-b. Ges. in Wien 1858, p. 11, No. 60. — Schur, En. pl. Trans., p. 143 (1866). — Knapp, Pfl. Galiz. u. d. Buk., p. 290 (1872). — Brandza, Pro- dromul Florei Romäne, p. 5 et 518 (1879—83). — Blocki, Ein Beitrag zur Flora von Galizien u. Buk., p. 120 (1884). — H. viridis L. var. purpurascens Neilreich, Aufz. d. i. Ung. und Slav. beob. Gefässpflanzen, p. 242 (1566). — Willkomm, Führer ins Reich d. d. Pfl., Ed. II, p. S71 (1881). — AH. atro- rubens Hook, in Comp. to the Bot. Magaz., tab. 4581 (teste C. Koch). — H. Hunfalvyanus Kan. var. purpurascens (W. K.) Kanitz in Hunfalvys ung. Pflanzengeogr. — Aschers et Kanitz, Catal. Cormoph. Bosn. ete., p. 73, No. 2027 (187%). — H. offieinalis Spach : 9. & sepales violatres (atrorubens) |ex parte], Spach, Hist. des veget. VII, p. 317. Exsice.: Schultz, Herb. normale, nov. ser. Cent. 1, No. 3! Vulgärnamen: Rumänisch: Spänt purpuriu, Erba nebunilor, Spins. H. pilosus, foliis radiealibus non perdurantibus magnis, exacte fere pal- matisectis, foliolis plerumque 5, late-euneatis, profunde in lacinias late lanceo- latas 3—6 partitis, supra laete vel magis sordide aut caesio-viridibus, vix nitidis, subtus venis prominentibus pubescentibus demum glabris, marginibus grosse duplicato-serratis; scapo humili paucifloro; foliis caulinis medioeribus per tlorescentiam subtus purpureo tinctis, demum virescentibus, subpilosis; tloribus maenis, convexis nutantibus; sepalis latis, sese tegentibus extus sor- dide violaceo-purpurascentibus venosis, intus violaceo-virescentibus, lividis; nectariis flavo-viridibus clausis; antheris apice muticis vel emarginatis; stylis purpurascentibus; stigmate erecto; carpellis magnis, latius carinatis, basi connatis. 160 Dr. Vietor Schiffner. Var. b. Baumgarteni (Koväts in sched. olim p. sp.). Exsice.: Koväts, Plant. rar. Imp. Aust. No. 342! Litterat.: Schur, En. plt. Transs., p. 143 (1866). — Maly, En plt. Im. Austr., p. 256, No. 5 5. — Fuss, fl. Transs. No. 143 (1866). — ?H. purp. var. b. subflabellatus Schur, Phytograph. Mitth. über Pflanzenformen aus versch. Florengeb. d. österr. Kais. in Verh. d. naturf. Ver. in Brünn XV, 1876, p. 59. Differt a forma normali foliis radicalibus multifidis saepe subpedatis, laeiniis angustis linealibus, venis subtus valde prominulis hirsutis. Folia illis H. multifidi Vis. simillima sunt sed minus conspicue pedata ceterum ut illa rigida. Die Wurzelblätter, die meist zu zweien hervorkommen, sind krautig- häutig und stehen auf einem ca. 3 dm langen, ziemlich deutlich gerieften Stiele. Die Spreite ist vollkommen handförmig getheilt, etwa 3 dm im Querdurchmesser. Die Fiedern sind alle ähnlich gestaltet, sehr breit keilförmig, nach unten plötzlich keilig verschmälert, bis zur halben Länge in meist 4 (seltener 3 oder 5—6) lanzettliche, zugespitzte, in der Grösse meist wenig verschiedene Lappen getheilt. Die Ränder sind bis auf ein Fünftel der Länge herab grob gesägt. Die Zähne spitz, etwas nach vorn und aussen geneigt und tragen oft 3—4 secundäre Zähnchen. Die Oberseite ist gelblich- oder trüb grün, seltener etwas bläu- lich, fast immer völlig glanzlos, die Unterseite heller, wenig glänzend. Die Blätter sind unterseits, besonders auf den hier etwas hervortretenden Nerven behaart; im Alter verkahlen sie. Der dicke, fleischige Blüthen- stengel ist niedrig, 1,5 dm oder etwas höher, glatt, kahl, blassgrün und be- sonders nach unten zu dicht braunroth gestrichelt. Fr ist zweitheilig, arm- blüthig (meist nur 3 Blüthen tragend). Der eine von den beiden mässig langen Aesten ist einblüthig, der andere verlängert zweiblüthig. Am Grunde ist er umgeben von zwei grossen eiförmigen Scheidenblättern, die längsfaltig häutig und gewöhnlich ungleich gross sind. Von den Stengelblättern ist das unter der Gabeltheilung stehende ziemlich gross, Stheilig, jeder "Theil wieder in 2—3 Lappen getheilt, die oberen sind meist nur 3spaltig, sitzend oder in einen kurzen scheidigen Stiel verschmälert, übrigens von ähnlicher Consistenz, wie die Wurzelblätter. Während der Blüthezeit sind sie auf der Monographia Hellebororum. 161 Unterseite purpurviolett tingirt und schwach flaumhaarig. Die völlig geruch- losen Blüthen sind gross, oft über 5 em im Durchmesser, convex. Sie stehen zwischen zwei Stengelblättern oder einem opponirt, auf mässig langen Stielen etwas geneigt oder nickend. Die Sepala sind breit, rhombisch- eiförmig, zugespitzt und decken sich mit ihren unteren Rändern. Oft kommt ausser den fünf normalen noch ein sechstes vor (wie auch Kitaibel 1. e. be- merkt), welches dann etwas tiefer unter ersterem steht und am Rande etwas gezähnt und mehr weniger vergrünt ist. Ihre Farbe ist auf der Aussenseite ein mattes, düsteres Purpurviolett und sind hier deutlich die dunkleren Adern wahrnehmbar. Die Oberseite ist trüb grün mit Purpurviolett gemischt, mit einem Anfluge ins Blaugraue Gegen den Rand herrschen die röthlichen, gegen die Mitte die grünen Farbentöne vor. — Die Nectarien sind zahlreich, 15—20, und stehen ausgebreitet, in zwei unregelmässige Kreise geordnet. Sie sind viel kürzer, als die Staub- gefässe, ca. 6—7 mm lang, conisch, von oben her zusammengedrückt, in ein sehr kurzes Stielchen verschmälert. Die Mündung ist durch den stark ein- gerollten Rand der Oberlippe völlig verschlossen. Die Farbe ist ein schönes Gelbgrün mit seidenartigem Glanze, gegen den Grund mehr orangegelb, das Stielchen blässer. Später geht die Farbe mehr ins Gelbe über. — Die Stamina in der Zahl von mehr als 50 sind Anfangs etwas eingekrümmt, ein dichtes Köpfchen formirend, später beim Verstäuben sich nach aussen kehrend, wobei sich die Filamente bedeutend strecken. Letztere sind fadenförmig, weisslich, die Antheren Jänglich eiförmig, oben etwas breiter, vor dem Verstäuben etwa halb so lang als die Filamente, weisslichgelb, an der Spitze ausgerandet oder doch stumpf. — Fruchtknoten an der Spitze des halbkugeligen Blüthenbodens zu 5 bis 9 an der Basis deutlich verwachsen. Die Ovarien sind gekrümmt ungefähr 8 mm lang, querrunzelig, grün, mit deutlich und scharf hervortretendem Rückenkiele und einer sanften Furche auf der Bauchseite, die sich auf den Griffel fortsetzt. Griffel nur wenig die Staubgefässe überragend, so lang oder wenig länger als das Ovarium, dunkel purpurroth, an der Spitze blässer, mit kleiner weisslicher, ziemlich aufrechter Narbe. Beim Heranreifen der Frucht vergrössern sich die Sepala nur wenig, nehmen aber eine grünere Färbung an. Die Kapseln, in der Zahl der Nova Acta LVI. Nr. 1. 21 162 Dr. Vietor Schiffner. Fruchtknoten (5—9), sind gross, 20—25 mm lang, 12—14 mm breit, etwas zusammengedrückt, gekielt. Der sehr breite, scharfe Kiel verlängert sich auf dem persistenten, 12—14 mm langen Griffel, der aufrecht, aber etwas ver- bogen steht. Die Bauchseite der Kapsel wölbt sich stark vor. Die ganze Kapsel trägt hervorragende (Querleisten und ist von hellbrauner Farbe. — Die Samen sind, wie bei den verwandten, 12—14 an der Zahl in jeder Kapsel, von denen aber immer einige steril und unentwickelt bleiben. Sie sind eiförmig eylindrisch, an der Innenseite ein wenig eingeschweift und daselbst scharf gekielt, 4—5 mm lang, 2 mm breit. Die Testa ist etwas runzelig, glänzend, schwarzbraun oder schwarz. An der Basis findet sich zum Ansatze des Funiculus eine tiefe Grube. Bemerkungen: Diese schöne und sehr gute Art kann von den meisten verwandten Arten schon durch die eigenthümliche Blüthenfarbe sofort unterschieden werden. In letzterer Hinsicht zeigt sie nur eine wenn auch ent- fernte Aehnlichkeit mit H. atrorubens W. K., von welchem sie sich aber ausser durch die nahezu handförmig getheilten Blätter mit zerschlitzten Segmenten noch durch folgende Merkmale unterscheidet: Die Sepala sind meist breiter, sich mit den Rändern deckend, die Blüthen grösser und weniger intensiv ge- färbt, die Griffel kürzer, die Narben sind nicht nach aussen geneigt, die Car- pelle sind länger etc. Die Blätter ähneln durch ihre mehrfach tief getheilten Segmente einigermaassen denen des H. multifidus, sind aber von diesen bei der normalen Form dadurch auffallend verschieden, dass sie fast handförmig sind, auch sind die Lacinien der Segmente viel breiter, breit-lanzettlich; die Consistenz ist auch eine andere, sie sind nicht starr, wie bei diesen, sondern weich-krautig. Die Behaarung ist schwächer und verliert sich im Alter, wie schon ©. Koch ganz richtig bemerkt, fast vollständig. Aber auch bei jüngeren Blättern ist die Behaarung etwas variabel. Auch die Gesammtform der Blätter ist nicht ganz constant; man findet Formen, wo die Blattsegmente breit eiförmig- lanzettlich sind und entweder ganz oder nur seicht 2—3theilig. Ich kann auf dieses Merkmal nicht einmal eine Form, geschweige denn eine Varietät begründen, denn es ist zu inconstant, auch hat sich gezeigt, dass sich solche Blätter hauptsächlich an jüngeren Pflanzen vorfinden und es ist eine bekannte Thatsache, dass bei allen Arten mit stark getheilten Blättchen die Segmente Monographia Hellebororum. 165 der zuerst entwickelten Blätter ganz sind, eine Eigenschaft, die sich mit zu- nehmendem Alter des Stockes erst allmählich verliert. Ebenso wenig maassgebend erscheint mir die Form der Sepalen. Wohl ist es Regel, dass dieselben breit-eiförmig sind und sich mit den Rändern decken, jedoch findet man auch Blüthen, wo dies nicht der Fall ist; solche Erscheinungen sind aber sicher nur zufällige und nicht constant. Hingegen hat C. Koch gewiss Unrecht, wenn er die Form mit schmalen Sepalen als die typische betrachten möchte. Die Blüthenfarbe ist keineswegs immer gleich; ich habe ein von Sadler gesammeltes Exemplar gesehen mit auffallend blassen Blüthen; die Scheda enthält die Bemerkung „toribus albis“. Schur führt in den „phyto- graphischen Mittheilungen“ eine Var. vöridiflorus an; ich habe die Pflanze nicht gesehen, doch ist mir unter den zahlreichen Exemplaren von H. purp., die ich untersucht habe, nie eines mit grünen Blüthen vorgekommen, wenn hier nicht ein Irrthum vorliegt, so könnte man vermuthen, dass Schur irgend eine Bastardform mit einer grünblüthigen Art im Auge gehabt habe, Von allen den zahlreichen Formen scheint mir allein die Var. Baum- garteni Koväts einer speciellen Beachtung werth zu sein, einestheils wegen ihrer frappanten Auffälligkeit, andererseits darum, weil sie verhältnissmässig constant zu sein scheint. Koväts fasste sie ursprünglich als Art auf, wie aus einer Scheda hervorgeht, worauf es heisst: „ZH. purp. var. Baumgarteni olim pro specie in schedis ad amicos“; später stiegen ihm aber gerechte Zweifel über den Artenwerth dieser Pflanze auf. Die Blätter ähneln auf den ersten Anblick täuschend denen des H. multifidus Vis., sie besitzen dieselbe starre Consistenz. Die Nerven treten auch hier auf der Unterseite stärker hervor und sind stärker behaart, die Zipfel der vielfach zerschlitzten Segmente sind schmal lineal wie dort, jedoch nähert sich die Gesammtform mehr der handförmigen Gestalt. Auch die Segmente der. Stengelblätter sind meist gespalten. Trotz dieser Aehnlichkeiten wage ich nicht bestimmt zu behaupten, dass H. Baumgarteni ein Bastard MH. purpurascens > multifidus sei. Sehr ähnlich ist er dem 4. multifidus var. purpurascens A. Br. aus dem Berliner botanischen Garten, der sich aber durch die deutlich fussförmigen Blätter, die mehrblüthigen Stengel, die kleineren Blüthen als dem ZH. multif. näher stehend les 164 Dr. Vietor Schiffner. kennzeichnet, ich halte ihn für den Bastard H. multifidus > atrorubens; er ist sicher eine im Garten spontan entstandene Form. (Näheres darüber im Anhange.) H. purpurascens var. subflabellatus Schur, Phyt. Mitth., scheint identisch mit var. Baumgarteni zu sein. Uebergangsformen zur Normalform habe ich gesehen. Trotzdem H. purpurascens am wenigsten Affinität von den verwandten Arten zu H. viridis L. hat, so zieht ihn Neilreich doch als Varietät zu dem- selben. De Candolle stellt zu ihm als Var. den H. Bocconei 'Ten., wohl durch eine allerdings recht oberflächliche Aehnlichkeit der Blattform verleitet; abgesehen von der ganz verschiedenen geographischen Verbreitung sind auch die morphologischen Uebereinstimmungen der beiden Formen verhältnissmässig nur geringere. Die von Hooker im Bot. Mag. als 9. atrorubens abgebildete Pflanze ist nach ©. Koch H. purpurascens; ich habe die Abbildung nicht ge- sehen. Geographische Verbreitung: H. purpurascens ist verbreitet im centralen und südlichen Ungarn, nördlich bis in die Matra und die Comitate Zemplin und Marmaros, dann östlich im östlichen Galizien und der Bukowina bis in das südliche Podolien, ferner durch Siebenbürgen; südlich durch Croatien und Slavonien bis nach Rumänien und Montenegro (fehlt aber nach Ascherson und Kanitz in Serbien und Bosnien); westlich geht er bis Krain. Er scheint ausschliesslich eine Waldpflanze zu sein und kalkhaltige Substrate zu lieben. Var. Baumgarteni ist mir nur aus Siebenbürgen und dem Banate bekannt. — Krain: „In Wäldern bei Rieg, Krupp und Möttling in Unter- krain“ (Fleischmann). — Ungarn: Matra (Waldst. et Kit. Sadler!) — Bei Pest (Gerenday)! — Prope Budam (Herb. Streinz)! — St. Andr& bei Ofen (Gerenday)! — Pilisgebirge (Müller)! — Auf dem Nagyszäl, dem Pilis-Vertes- gebirge (Kerner i. Oest. B. Z. VII, 399, zool.-bot. Ges. VII, 26% ff.). — Com. Hont, auf den T’rachytfelsen bei Nagy Maros (Rel. Kitaib., p. 64. — Bohatsch!) — Uom. Zemplin (Behrendsen)! — Üom. Börsod in umbrosis ad pagum Felsö-Tärkäny (Vrabelyi)! — Com. Alba (Tauscher)! — Bei Lovasbereny, Com. Alba (Tauscher)! — In Bergwäldern bei Lonka und Szigeth in der Marmaros (Vägner)! — Marmaros (Kanäk)! — Com. Rigo (Richter)! — Monographia Hellebororum. 165 Szäntser Wälder (Läng)! — Banat, in höher gelegenen Buchenwäldern des Com. Krasso, bei Lunkany, Gladna, Ruzs ete. (Heuffel)! — Lugos bei Mehadia (Heuffel)! — Herkulesbad, Thal Özerna (Borbäs! Simkovies)! — Com. Arad (Kery Honunk legkeletieb Arad 1859, p. 19). — Bihariagebirge (Kerner, Pflanzenleben der Donauländer, 126). — Bei Fünfkirchen (Nentwich, Diss. inaug. de pl. Quinquecel., p. 24, 1836). — Mohac (Portenschlag)! — Sla- vonien und Croatien: In Wäldern und auf Hügeln in der Moslavina mit H. atrorubens. — In den Wäldern Slavoniens, vornehmlich in Sirmien häufig (Kanitz, Sadler.. — In Wäldern bei Ozalj (Neilreich, Veget.) — Montenegro (nach Aschers. und Kanitz, Cat. Cormoph.); fehlt nach den- selben in Serbien und Bosnien, kommt in letzterem Lande nach Hofmann vor. ?Bosnien: Banjaluka (Hofmann nach Freyn). — Rumänien: An mehreren Stellen an steinigen Orten der Bergregion (Brandza). — Sieben- bürgen: In Gebüschen, an Waldrändern, Waldwiesen, bebuschten Hügeln, bis auf die Alpentriften: Neu-Gredistie, Michelsberg, Götzenberg, Gross- Scheuern, Hermannstadt, Hammersdorf, Thalheim, Medwisch, Kronstadt, Pred- Jjal, Reen, Bistritz, Klausenburg, Kirälyhägo, Mezoseg (Fuss, En. pl. Transs.). — Michelsberg, Central-Siebenb. (Fuss — ist eine Uebergangsform zu Var. b)! — Langenthal (Barth)! — Com. 'T’horda (Csatö)! — Com. Kolos, Laubwälder bei Trerkenges. Miocän, 500 m (Freyn)! — Com. Kolos, buschige Bergabhänge bei Sztana, 'T’egel |Karpathen-Sandstein), 530 m (Freyn)! — Ad silvarum margines pr. Hosszutelka (Usatö)! — An der Maros (Richter)! — Ruszberg am eisernen T’hor (Andrä)! — Gross-Scheuern bei Hermannstadt (Andrä)! — Szent Gothärd (Janka)! — Galizien und Bukowina: In Gebischen hügeliger und gebirgiger Gegenden bis in die Voralpenregion, selten. Bei Kenty (Rehmann). — Niezwinka (Zavadzki, En. pl. Gal.), — Zaleszezyki (Besser, prim. fl. Gal. I, 373; Andrzejowski, Zavadzki l. e., Hoelzl). — Zwiniacze (Knapp, Herbich, Fl. Buk. 330). — Kriszezatek, Doroschontz, Okna (Herbich, Exs.).. — Am Onschor, auf dem Wege von Czotyna durch das 'Thal Haschalni (Herbich, Fl. Buk.) [Knapp, Pfl. Gal. u. d. Buk.]. — Podolien: An Rändern der an steilen Uferabhängen gelegenen Wälder Süd- podoliens, nicht überall, aber da, wo er vorkommt, in zahlreicher Menge. Sinköw, Buezacz, an der Grenze zwischen Bileze und Blyszezanka und an der sogenannten „Pisoczna“ zwischen Myszköw und Bileze Nagörzany 166 Dr. Vietor Schiffner. Blocki, Beit. z. Fl. v. Gal. u. Buk., p. 120). — Var. Baumgarteni Koväts. — Siebenbürgen: Nach Schur mit der Normalform gemeinschaftlich. — Transsylvania (Koväts)! — Schässburg, Klausenburg, Kiralyhägo (Freyn)! — Zwischen Gebüsch bei Szent Gothärd (Janka)! — District Schässburg, 'l'ertiär, Tegel 450 m (Freyn)! — Torda in silvis ad Hasadek (Wolff)! — Bei Kolos- Monostor, Nummulitenkalk, 500 m (Freyn)! — Ungarn: In sylvis elatio- ribus septent. Banatus (Heuffel)! — Croatien: Agram (Sadler)! — Blüthezeit sehr zeitlich im Frühjahre, oft schon Anfang März. Die Blätter entwickeln sich sehr spät, erst nach der Blüthezeit. Die noch zu- sammengefalteten Blätter sind meist braunroth angehaucht und flaumig. Frucht- reife etwa im Juni oder Juli. Anhang. Ueber Helleborus-Bastarde. Das Hybridationsvermögen oder die Fähigkeit und Neigung zu frucht- barer Wechselbefruchtung zweier verschiedener Arten bietet bei dem Genus Helleborus die merkwürdige Erscheinung dar, dass dasselbe bei den ver- schiedenen Arten, resp. in den einzelnen Sectionen sehr verschieden auftritt. Die Arten der Sectionen I bis IV bilden weder unter sich noch mit Arten der V. Section Bastarde, während die Arten der letztgenannten Section (Euhelleborus) ungemein stark zur Bastardbildung neigen. In unseren Gärten existirten bereits eine Anzahl von Kreuzungsformen, die theils freiwillig, theils durch die Kunst der Gärtner entstanden sind. Wenn man die Samen einer Art aus einem Garten, wo zahlreiche Arten der Section Euhelleborus eultivirt werden, aussät, so wird man unter der erzogenen Generation immer eine grössere Anzahl unreiner oder Mischformen erhalten. Dieser Umstand er- schwert ungemein die Bestimmung von in Gärten eultivirten Exemplaren, man wird oft meinen, die typische Pflanze vor sich zu haben, während man es mit einer „Forma ambigua“ zu thun hat. In Gebieten oder an Standorten, wo mehrere Arten wildwachsend gemeinsam vorkommen, werden jedenfalls auch Bastardformen in Menge zu finden sein, und es unterliegt keinem Zweifel, Monographia Hellebororum. 167 dass viele der in der genannten Section so häufig auftretenden Zwischen- formen wirkliche Bastarde sind, jedoch kann man sich darüber in den einzelnen Fällen noch kein endgültiges Urtheil erlauben, weil diese Verhält- nisse noch viel zu wenig an Ort und Stelle studirt sind und einzelne ge- trocknete Exemplare keinen sicheren Aufschluss geben. Ich möchte daher allen Botanikern, die Gelegenheit haben, die Pflanzen in loco natali zu beobachten, dringend empfehlen, auf diese Verhältnisse ihr Augenmerk zu richten. Von einigen Formen wie: H. intermedius Host und H. graveolens Host ist es wohl kaum zweifelhaft, dass dies Bastarde sind, jedenfalls giebt es aber deren noch viel mehr. Die Helleborus-Bastarde zeichnen sich meist durch sehr üppige Ent- wickelung der vegetativen Organe aus. Die Pflanzen sind sehr robust, Blätter und Blüthen sind von ungewöhnlicher Grösse, doch scheint diese Regel Aus- nahmen zu erleiden. — Die Bastarde sind wohl immer fruchtbar, ja die Sterilität, welche bei vielen Hybriden anderer Pflanzengenera eintritt (z. B. bei Epilobium und Verbascum) verwandelt sich hier im Gegentheil in eine erhöhte Fruchtbarkeit. Die orientalischen Arten der Section Euhelleborus bilden sowohl unter einander als mit den westlichen Formen derselben Section leicht Bastarde, zum Theil prachtvolle Gewächse, die deshalb sowie wegen ihrer leichten Cultur nicht genug den Gärtnern empfohlen werden können. In der That sind die Helleboren mit Recht in neuerer Zeit, besonders in englischen Gärten, zu wahren Modepflanzen geworden. !) Ich lasse, anstatt selbst von der Bastardbildung innerhalb unserer Gattung weiter zu berichten, hier die sehr interessanten Mittheilungen folgen, die mir der berühmte Bastardforscher Dr. W. OÖ. Focke darüber machte ?); derselbe schreibt mir: „Mein Interesse für die Gattung Helleborus wurde vor- züglich durch die Beobachtung rege, dass die meisten Stauden dieser Pflanzen 1) Herr Dr. W. O. Focke in Bremen theilt mir mit: „Im April dieses Jahres habe ich die Helleborus in Kew blühen sehen und habe mich nur schwer von diesem Reichthum von Formen trennen können. Ich hätte Ihnen wünschen mögen, dass Sie diese Pflanzen gesehen hätten!“ 2) Herr Dr. Focke hat mir freundlichst die Erlaubniss ertheilt, diese persönlichen Mittheilungen veröffentlichen zu dürfen. 168 Dr. Victor Schiffner. sehr selten Früchte bringen, wenn sie nur mit eigenem Pollen bestäubt werden. Ich habe seit einer Reihe von Jahren vielfache Kreuzungsversuche gemacht und noch zahlreichere Bestäubungen zwischen verschiedenen Blüthen desselben Stockes vorgenommen. Das allgemeine Resultat ist, dass die orien- talischen Arten, einschliesslich des H. purpurascens einander gegenseitig leicht befruchten, während die Bestäubungen mit Pollen desselben Stockes — wenn auch von anderen Blüthen und von längst getheilten Exemplaren — meist taub bleiben. Einzelne Exemplare scheinen indess befähigt zu sein, sich selbst zu befruchten.“ „Diese Erfahrungen legen den Gedanken nahe, dass die in Gärten gewonnenen Samen in der Regel durch zufällige Kreuzung erzeugt sein werden. Die Pollenpflanze wird selten ein Exemplar der nämlichen Art, sondern viel häufiger eine in der Nähe angepflanzte verwandte Art sein. Eine Anzahl „Arten“, die bisher mit Sicherheit nur aus Gärten bekannt zu sein scheinen, dürfte daher nur durch Gartenkreuzungen entstanden sein.“ „Eingehende systematische Studien habe ich nieht gemacht und habe daher auch so gut wie nichts eingelegt. Auch war ich nicht in der Lage, mir die Pflanzen selbst aus Samen anzuziehen. Ich habe nur eine einzige Pflanze von H. guttatus @ > purpurascens 5 aufgezogen, einer hybriden Ver- bindung, die A. Braun als besonders schön gerühmt hat. Die purpurn an- gehauchten grünen Blüthen des H. purpurascens können aber doch unmöglich zur Verschönerung des H. guttatus beitragen; dieser Umstand hat mich be- sonders bewogen, die Pflanze zum Zwecke der Nachprüfung der Braun’schen Angabe aufzuziehen. Mein Bastard ist intermediär und steht, wie zu erwarten, in der Schönheit der Blüthen dem H. guttatus weit nach.“ „H. foetidus ist mit eigenem Pollen ziemlich fruchtbar. Bestäubungs- versuche zwischen H. niger und H. guttatus blieben mir erfolglos. Bastarde von H. niger, foetidus und lividus sind mir nicht bekannt.“ „Ich bemerke noch, dass mein Bastard andromonöeisch ist (die ersten Blumen jedes Stengels mit verkümmerten Fruchtblättern). Gegenseitige Be- stäubungen zwischen ihm und H. Oolchicus und H.abchasicus sind vollständig erfolgreich.“ — Derselbe Forscher macht in seinem Werke: Die Pflanzenmischlinge, 1SS1, p. 14, folgende historische Bemerkung: „Mischlinge verschiedener Monographia Hellebororum. 169 Helleborusarten sind zuerst von dem verstorbenen Sprachforscher Professor Schleicher in Jena, von Dr. med. Rodigas in St. Trond und von ‚dem Uni- versitätsgärtner- Barleben in Berlin erzogen worden. Die Schleicher'schen Hybriden, meist von H. abchasicus A. Br., H. guttatus A. Br. und ähnlichen orientalischen: Arten stammend, sind durch die Firma F. C. Heinemann: in Erfurt in den Handel gebracht. Ueber alle diese Hybriden ist wenig Näheres bekannt.“ j Ich will: gleich. zu “der. Aufzählung der mir bekannt gewordenen Hybriden übergehen. Ich halte es dabei nicht für nöthig, die in Gärten gezogenen und freiwillig entstandenen derartigen Formen mit besonderen botanischen Namen zu belegen, ich will sie unter den Namen anführen, unter denen ich sie vorfand, muss dabei aber bemerken, dass diese Nomen- elatur nicht immer eine zutreffende, viel weniger noch eine wissenschaftliche genannt werden kann. A. Bastarde der orientalischen Arten unter einander. l. Helleborus Heyderi Hort. hot. Berol. — H. guttatus 5 >< abchasicus @! Synon.: H. officinalis atropurpureus Hort. b. Berol. olim. (C. Koch in Berl. allg. Gartenz., 1858, p. 162.) — H. Heyderi Hort. bot. Berol. (A. Br.) — H. guttatus, roseus, roseo-punctatus, purpureus, hybridus pur- pureus, punctato-maculatus, retieulatus, punctatus subconfluens et confluens roseo-purpureus, subguttatus roseo-virescens A. Br. in sched. — H. cau- casicus Reg. var. roseo-virescens A. Br. et roseus in Br. in sched. — H. cau- casicus var. punctatus Regel, Gartenfl. 1869, tab. 623. (Bastard H. caucasicus colchicus > H. cauc. guttatus) — H. purpureus adspersus C. Koch in Hort. berol. — H. punctatus Nicholson Diet. II, p. 132 (1886). Die Blätter sind denen des AH. guttatus und noch mehr denen des H. abchasicus ähnlich, ziemlich deutlich fussförmig, Nerven unterseits nicht oder undeutlich hervortretend, kahl oder unmerklich drüsig-haarig. Stengel kräftig höher als die Blätter, reichblüthig (4 bis 7 Blüthen tragend), Stengel- blätter verhältnissmässig gross. Die prachtvollen Blüthen sind sehr gross und übertreffen oft noch die des MH. guttatus an Grösse und Schönheit (sie Noya Acta LVI. Nr. 1. 22 74 170 Dr. Vietor Schiffner. sind manchmal bis 8,5 em im @Querdurchmesser), übrigens ist ihre Grösse und Form variabel, ebenso wie die Farbe der Sepalen. Letztere sind gewöhn- lich rundlich-quadratisch, fast so lang als breit, zugespitzt, sich mit den Rändern weit deckend. Die Farbe wechselt von blass grünlich-rosa bis zum intensiven purpurrosa mit mehr weniger deutlichen, bald spärlichen, bald dicht stehenden dunkelrothen Punkten. Rand und Aussenseite sind dunkler gefärbt, letztere ohne Punkte. Nectarien grün, oft roth gestrichelt, wie bei H. abchasicus. Antheren am Scheitel stumpt oder ausgerandet. Carpelle am Grunde vollkommen frei. Die Samen sind völlig fruchtbar. Diese Prachtpflanze, die selbst 4. guttatus an Schönheit übertrifft, tritt in zahlreichen Formen auf, die wohl öfters nicht besonders constant und in einzelnen Fällen wohl auf Rückkreuzungen zurückzuführen sind. Um einen Begriff von der Vielgestaltigkeit dieses zuerst wohl künstlich erzeugten Garten- bastardes zu geben, führe ich die interessantesten Formen, in denen er auf- tritt, hier an, bemerke aber dazu nochmals, dass diese Formen nicht sehr constant sind: a) Formen mit intensiv purpurrother Grundfarbe der Sepalen. Var. 1: punctatus. Sepalen intensiv purpurroth, gegen den Rand dunkler. Innenfläche dicht dunkelroth punktirt. Aussenseite matter und dunkler roth. Tritt in zwei Formen auf. «. Forma grandiflora. Blüthen sehr gross, oft über 8 cm im @uer- durchmesser, Sepalen breit viereckig-rundlich. Punkte dicht stehend. 3. Forma parviflora. Blüthen kleiner, oft lichter gefärbt, oft minder dieht punktirt, Sepalen eiförmig, sich nur am Grunde deekend. Hierher möchte ich auch eine Form zählen, bei der die Punkte gegen die Ränder der Sepala gedrängt sind, während die Mitte fast unpunktirt ist. Var. 2: maculatus. Form der Blüthe von I«, rosenroth mit grossen, tleckenartigen, verschwommenen Punkten. Var. 3: reticulatus. Blüthen gross, fast wie bei la. Die rosenrothen Sepalen- mit dunkelrothen Adern, ausserdem roth punktirt. Diese schöne Form scheint wenig constant zu sein. Var. 4: confluens. Blüthen wie bei vorigem, intensiv purpurroth, mit sehr zahlreichen Punkten, die aber nur gegen die Spitze deutlich unterschieden Monographia Hellebororum. 171 sind, gegen die Mitte und Basis hin aber zu einem grossen unregelmässigen Fleck zusammenfliessen. b) Formen mit lichterer, grünlich-rosenrother Grundfarbe der Sepalen. Var. 5: roseo-virescens. Blüthen sehr gross; Sepala breit, mehr weniger rosenroth mit einer grünlichen Beimischung, die besonders gegen die Mitte zu deutlicher wird. Punkte weniger zahlreich als bei Var. 1. Bald herrscht die rothe Farbe vor, dann sind gewöhnlich mehr Punkte vorhanden und diese Form nähert sich der Var. 1, oder es sind die Sepala blässer mit deutlicher grüner Beimischung, in diesem Falle sind nur wenige, oft undeutliche Punkte vorhanden. Diese Form hat oft sehr deutlich fussförmige Blätter mit schmäleren Blättchen. A. Braun hält diese Form wohl mit Recht für die zweite Bastardgeneration. Ich glaube, dass möglicher Weise hier ein Bastard des H. Heyderi > purpurascens vorliegt. ’ Var. 6: roseus. Stengel hoch, armblüthig, Aeste verlängert. Blätter wie bei H. abchasicus. bBlüthen gross, Sepalen breit, weisslich-rosenroth, nur gegen die Basis grünlich, ohne Punkte oder, genauer betrachtet, streifig rosen- roth. Diese Form entfernt sich weit vom Typus des H. Heyderi, ist aber nach der Versicherung des Berliner Universitätsgärtners Sauer 1863 aus guttatus >< abchasicus erzogen worden und blühte im vierten Jahre. Var. 7: angustisepalus. Wuchs wie bei Var. 6. Blüthen gross, Sepala sehr schmal, sich kaum am Grunde deckend, blass rosenroth, mit ziemlich dichten Punkten. Var. 8: striolatus. Blüthen gross, Sepala breit, die Punkte zu ader- artigen Linien zusammentliessend. Var. 9: marginatus. Sepala meist schmal, röthlich-grün mit weniger deutlichen oder verschwommenen Punkten. Aeusserster Rand dunkel braun- violett. Ist meiner Ansicht nach vielleicht ein 'T’ripelbastard von H. Heyderi x atrorubens. II. H. Kochii > abchasicus (2). Synon.: H. cyclophullus ilacino (rubro)-venosus Hrb. A. Br. H. atro- rubens (lilacino) reticulatus Hrb. A. Br. Blätter lederartig, überwinternd, in Grösse und Form von denen des H.Kochii Forma hortensis nicht zu unterscheiden; unterseits schwach behaart; 22% 172 Dr. Vietor Schiffner. Schaft wenigblüthig bis sechsblüthig; Stengelblätter gross, sehr schwach be- haart. Blüthen der in Form denen des H. Kochii ähnlich, oft grösser, Sepalen bränlich gelbgrün, gegen den Rand mehr weniger violett und violettroth ge- adert. Später auf steifen Stielen ziemlich aufrecht. Fruchtknoten völlig frei. III. H. antiquorum var. purpurascens (Hort. bot. berol.). Sehr wahrscheinlich irgend ein Bastard von H. antiquorum A. Br. mit einer anderen Art derselben Verwandtschaft. Ich habe nur Blätter gesehen, die Ähnlich denen der genannten Art sind, doch sind sie grösser, deutlicher fussförmig, aus 7 bis 9 Blättchen zusammengesetzt; wie diese völlig kahl. IV. H. atrorubens (false!) Hort. bot. Berol. Blätter lederartig, überwinternd, gross, aus S bis 10 breit-eilanzettlichen Blättehen zusammengesetzt, deutlich fussförmig, unterseits deutlich und ziem- lich dieht behaart. Blüthen habe ich nicht gesehen. Carpelle am Grunde völlig frei, gross mit verhältnissmässig kurzem Griffel. Ist vermufhlich ein Bastard des H. abchasicus. V. H. quttatus parce punctatus et parcissime punctatus Hrb. A. Br. Dem H. guttatus ganz ähnlich, Sepalen weiss mit sparsamen, bis fast ganz fehlenden Punkten. Antheren ausgerandet. Im Herb. A. Br. findet sich davon auch eine Forma humilis parviflora, sepalis angustioribus vor. Ist möglicher Weise ein Bastard von H. guttatus x olympicus. VI. H. guttatus var. albus Herb. A. Br. (— H. olympieus > guttatus?). Den letztgenannten Formen ähnlich. Sepalen weiss mit kaum merk- lichen blassrothen Pünktchen. Antheren entweder stumpf oder kurz zugespitzt, was viel häufiger der Fall ist. Diese Merkmale sprechen dafür, dass die Deutung der Form die richtige ist. VI. H. guttatus, speciosus Herb. A. Br. Dem normalen H. guttatus ähnlich, Punkte auf den Sepalen sehr dicht, besonders gegen die Basis zu, wo ihre Ränder oft zusammenfliessen, daselbst eine Anzahl Punkte unter den dunkelrothen hervortretend, die fast schwarz Monographia Hellebororum. 173 gefärbt sind. Antheren ausgerandet. A. Braun hält die Form für einen Bastard des H. guttatus >< abchasicus, eine Ansicht, der ieh- nicht beipflichten möchte. Möglicher Weise ist es gar kein Bastard, sondern eine Culturform des H. quttatus. VII. H. Kamtschatensis (Hort. Ellacombe). Die Form wird im Berliner bot. Garten eultivirt und stammt aus dem Garten des englischen Geistlichen Ellacombe. Ich habe nur Blätter gesehen, die denen des H. abchasicus ganz ähnlich sind, auf der Unterseite sind sie schwach behaart. Aus Kamtschatka stanımt die Pflanze sicher nicht, sondern ist wohl ein hierher gehöriger Gartenbastard. j Anmerkung: Im Diet. von Nicholson sind noch H. elegans Hort. und H. iridescens Hort. namhaft gemacht, von denen ich weder Exemplare noch eine Beschreibung auftreiben konnte, es sind gewiss Bastarde. B. Bastarde der orientalischen Arten mit Arten aus der Verwandtschaft des H. viridis L. IX. Helleborus dives A. Br. („Ueber die in bot. Gärten eult. orient. Helleborus- Arten“ in Verh. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenb., XVII. Sitzungsb. p. 54, 1876.) — H. guttatus © x H. purpurascens 5. Synon.: H. Hedwigü (Heyderi) cupreus Herb. A. Br. — H. roseo- virescens, unicolor, sublaciniatus Herb. A. Br. Blätter halb-ausdauernd (d.h. die vorjährigen zur Blüthezeit noch vor- handen, aber an den Rändern bereits abgestorben, seltener schon ganz ver- dorrt), lederartig, gross, aus 9—11 Blättehen zusammengesetzt, deutlich fuss- förmig, Blättchen schmal, gewöhnlich mehrere, oft alle tief 2—3theilig, unterseits kahl oder schwach behaart. Stengel höher als die Blätter, 3—6blüthig. Blüthen kurz gestielt, nickend, sehr gross, über 7 cm breit. Sepalen breit, oben blass grünlich-rosa, gegen die Mitte herrscht die grüne Farbe vor, gegen den Rand mehr rosa oder violett, deutlich bereift, fast immer mit undeutlichen Spuren weniger rother Punkte, unterseits dunkler, trüb röthlich-violett. Carpelle oft steril, kurz, mit fast gleichlangem Griffel, am Grunde deutlich verwachsen. 174 Dr. Vietor Schiffner. Dieser schöne Bastard kommt in zahlreichen Formen vor, indem Grösse und Form der Blätter, Form und Färbung der Blüthen ete. variiren. — Man vergleiche auch Das, was über diese Form auf Seite 168 gesagt worden ist. Vielleicht gehört auch hierher 4. roseus Hort., var. marginatus Hort. bot. berol.; ich kenne die Pflanze nur im fruchttragenden Zustande. X. Helleborus lividescens A. Br. et Sauer. — H. abchasicus > purpurascens. Synon.: H. abchasicus lividescens Hort. bot. berol. Blätter halb-ausdauernd, lederartig-krautig, sehr gross, deutlich fuss- förmig, aus 9—11 Blättchen zusammengesetzt, von denen meist mehrere tief gespalten sind, unterseits ziemlich behaart. Stengel hoch, 4- bis mehrblüthig. Blüthen gross, oft über 6 cm im @Querdurchmesser, Sepalen breit, innen violettgrün, wie bei H. purpurascens, stark bereift, gegen den Rand ins Rosenrothe, äusserster Saum dunkelviolett, aussen dunkel braunviolett, an den Flecken, wo sich die Sepala decken, verblasst. Carpelle klein, am Grunde verwachsen, mit fast wagerecht nach aussen geneigtem Griffel. Dass eine der Stammpflanzen H. purpurascens ist, ist wohl nicht zu bezweifeln, jedoch ist es unsicher, ob die andere H. abchasicus ist, wie A. Braun meint, denn ich habe die Antheren nie völlig ausgerandet gesehen, sondern stumpf oder mit einem kleinen Spitzchen, was A. Braun übersehen hat, da es auf seiner Scheda heisst: „Antherae emarginatae“. Letzterer Umstand würde auf H. antiquorum deuten. XI. Helleborus pallidus, roseo-marginatus Herb. A. Br. — H. abchasicus >< odorus? Synon.: H. pallidus subfusco-marginatus Herb. A. Br. H. pallidus subvirescens-grandiflorus, non punctatus Herb. A. Br. H. Caucasicus C. Koch var. pallidus Rgl., roseo-marginatus Hort. bot. berol. Blätter wie bei dem Vorigen, unten etwas behaart, oit wirklich per- durirend, zur Blüthezeit noch völlig frisch. Blüthen mittelgross, Sepala breit, gelblichgrün, gegen den Rand blass rosenroth, äusserster Saum manchmal dunkelviolett. Antheren länglich, ausgerandet. Kapseln am Grunde ver- wachsen oder völlig frei, gross, Griffel aufrecht mit abstehender Narbe. Monographia Hellebororum. 175 Es ist fraglich, ob die Deutung dieser Bastardform die richtige ist. XII. Helleborus lucidus Hort. Ellacombe. Ich sah von dieser Form nur Fruchtexemplare. Die Blätter unter- scheiden sich durch nichts von denen des H. dumetorum, sie sind oft aus 15 Blättchen zusammengesetzt; die Sepalen sind grösser als bei H. dumetorum, die kleinen Carpelle sind am Grunde vollkommen frei. Letzterer Umstand bestimmt mich, die Pflanze hier anzuführen. XIII. Helleborus atrorubens W. K. var. maximus Herb. A. Br. — NH. abchasicus > viridis? Blätter halb-ausdauernd oder ausdauernd, in der Form denen des H. viridis ähnlich, aber viel grösser, fast kahl. Blüthen gross, innen grünlich mit braunroth gemischt, aussen mehr braunroth, besonders gegen die Ränder violett angelaufen. Die von mir vermuthete Deutung der Form ist unsicher. Möglicher- weise gehört hierher die Pflanze, die im Berliner bot. Garten als „AH. Olym- picus, Sämling“* eultivirt wird. XIV, Helleborus fissus mihi — H. olympicus > multifidus? Synon.: H. odorus var. inodorus Herb. A. Br. Blätter ziemlich gross, halb-ausdauernd oder ausdauernd, oft mehrere Blättchen tief gespalten, dunkelgrün, unterseits etwas behaart. Blüthen ähnlich wie bei H. olympicus gefärbt, aber kleiner, mit schmalen Sepalen. Die Blüthen sind wohlriechend. Den H. pallidus Host var. grandiflorus des Berliner bot. Gartens kenne ich nur im fruchttragenden Zustande. Es ist wohl sicher ein in diese Gruppe gehöriger Bastard. C. Bastarde der mit H. viridis L. verwandten Arten unter einander. XV. Helleborus viridis 1. var. grandiflorus Herb. A. Br. — H. viridis > purpurascens sec. A. Br. Blätter nicht überwinternd oder im nächsten Jahre zur Blüthezeit nur noch als vertrocknete Reste vorhanden, ziemlich zäh, fast lederartig; in Gestalt, Farbe und Behaarung ganz ähnlich denen des H. viridis L., aber 176 Dr. Vietor Schiffner: doppelt so gross. Oft sind einige von den 11—16 Blättehen tief 2—3spaltig. Die Blüthenstengel sind niedriger als die Blätter, wenigblüthig. Blüthen sehr gross, Sepalen breit grün, stark bläulich bereift. Carpelle gross, am Grunde verwachsen. Habituell ist die Pflanze dem H. cyelophyllus Bois. ähnlich, dieser unterscheidet sich aber durch die höheren Blüthenstengel, die gelblichgrünen Blüthen, die völlig freien Carpelle ete. In Herbarien findet man als H. viridis grandiflorus oft den gewöhn- lichen H. viridis L., dies nach dem Vorgange Neilreichs. Von „H. pallidus Host seminibus nigris“ des bot. Gartens zu Berlin sah ich nur Blätter, die denen des H. viridis L. sehr ähnlich sind. Vielleicht ist es ein hierher gehöriger Bastard. XVI. Helleborus intermedius Host — H. atrorubens >< dumetorum? Siehe darüber pag. 156. XVII. Helleborus graveolens Host — H. atrorubens x odorus? Siehe darüber pag. 157. XVII. Helleborus viridescens mihi — H. atrorubens x viridis? Synon.: H. viridis, subcoloratus A. Br. ex parte. Blätter denen des H. viridis ähnlich, etwas behaart. Blüthen ziemlich gross, grün, mit violetten Rändern, stark bereift. Ist nur wenig von H. inter- medius verschieden. XIX. Helleborus multifidus var. purpurascens Herb. A. Br. — H. atrorubens (od. purpurascens) x multifidus ? Dem H. purpurascens var. Baumgarten ähnlich, Blätter aber deutlich fussförmig (abnormer Weise kommen solche vor, die denen des H. atrorubens ähneln), Blüthen mehr grün gefärbt, etwa wie die des H. intermedius Host. Sepalen breit, sich am Grunde deckend; Carpelle an der Basis verwachsen. AI EDEN Monographia Hellebororum. 177 Index. ET Seite Elleborum nigrum alterum Math. 126 Elleborus niger adulterinus domesticus Trag. . 126 ” 4 4 hortensis Fuchs 126 s „ legitimus Clus. 67 Helleboraster foetidus Moench 48 5 maximum Lobel . 48 e minor flore viridi Parkins 126 r viridis Moench 126 Helleborastrum Lobel . 126 nr Spach . ehe 34, 80 n Erva besteira Grisl. . 48 > magnum Jabern 48 53 minus Jabern - 48 Helleborus I et IV (sanguineo u Quer: 138 F II Quer. : 48 = abascius Passerini 95 e r hybridus, purpureus, el IN Br. ER EUER Ah) > abchasicus A. Br. 20, 39, 94, 100, 106 = 8 x odorus? 174 n en x purpurascens 174 ” ” x viridis? 5 175 ” Br lividescens Hort. b. De 174 re altifolius Fleischm. 69 r = Kerner 76 ” angustifolius Host ne) > antiquorum A. Br. 20, 36, 39, 101,.105 „ 3 Lerchenfeld . : 151 e 5 var. purpurascens Hort. b. Ber 172 a argutifolius Viv. . 58 atropurpureus Schultes ses aaa ee a Se ” atrorubens W. et K. (Host.). .\ .... ...,97, £1, 84, 115, 148, 151, 162 er 5 Hook 2 154, 159 a 5 (false!) Hort. b. ber. a 3 atrorubens >< dumetorum? 156, 176 5 Be x multifidus? 176 3 n x odorus? . 1571.06 es 55 > viridis? 176 Nova Acta LVI. Nr. 1. 23 178 — Du — a IE IE I Dr. Vietor Schiffner. Seite Helleborus atrorubens (lilacino) retieulatus Herb. A. Br. . . 2.2... . 47 x = var maaımusuklerb> Ay Br. ner r BaumgartenioKoyalsı (om) 197 £ birlonus Horte be \ınde en 22 een ee u a (A 5 EBoccom: Bleischmr se nr ee ee its 5 es Guss ER ee aa A Passen: Kane), ut, Jal 5 brevicaulıs- PoOurkys 7 ver ee ae el & Caeasicus Ar Br. - MER LH 2. Selen et ESG ” = Hort. ges. ea sn ale regt. r 5; Rel. var. Man Rel. are De Er . „ var. Abchasicus (abchasica) Re, MORE: ne er 95 e a „var 6olchica Reli... 2 Areal Een ® Mi „var. guttotus ((guttata)), Rolsası Bean 272.2 .20355599 e „ ‚var. pallidus; Rolsumsur ds ee Kae .92,104,774 er 7 „, VAR. PUNnchatus Bel >: .... Warst. 2169 ” 3 EDUNGUTEUSINS BI Se at. ri „ „ var. roseo-virescens et roseus M Be Mer - .. 169 ” ale ae folioso, folüis radicalibus caulem tandem ana Hört. "chiffs 4.23: 2er. ae. Saar 2° 22126 = caule inferne angustato, multifolio, multifloro, foliis caule brevioribus Hort. clills 243: 2.722 NEUN DMUNGERSEN EI I SSENERNDEEAS 5 GOlChicus>REIE In 4 aa ae ne ee A O5) mr = Bayern ner nr. TE NEED EST r corsicus; Walld:er ur. ErsratE, ENHEE Er5323473857585 Mapa rn BUDTEUSLTIOSU ie 8 ee a: a lyı] ” cyclophyllus Bois . 13, 36, 37, 39, =, 98, 93, 104, 107, 108, 114, 116 er = lacino- (rubro)- venosus Herb. A. Br. . . . . . 171 53 deeoruss herBeler 7.8... 00.2. 2:2 ULMER Er. a diveseNwbrrE N ev; % dumetorum Rit. (wild) . 3, ar, 40, 11, 117, 120, 135, 140, 141, 145 M elegamS ALL OTtH (Nicholson) er Er N „ fissus. Schinken: ee Se NER. UT foemina,Sternby er un ».. 48 „' " foetidus"h..'.:. 02720207 10 a0NR ‚28, 23, 24, 26, 27, 28, 29, 34, 35, 36, 38, 41, 42, 43, 47, 48, 57, 80, 168 r % Georgi °. . en + ER ARE NG RS ” folüis digitatis, flore aß ae oder Mi er 196 A " : multipartitis, serratis, caule nikon Hall. I REN O0: a TolıSEpedaLSmTLoneRnDS60 AOrantzE Er 7 ” gnamdhflonusEW AR ch Te u He MEINE Se er rs » graveolens‘ Host „2a 22 ar. N EEE NIAI, Bl, 106 55 r Rehb.s = 0 ee ee EEE Er 23 " gutticbus: N. Br.\et Bauer“ 3 urn u Senl gr 98, 10 SrSs<.-Abchasicus, Dr ar. 0, SUNEEEE NE ” Er IE I I Monographia Hellebororum. 179 Seite Helleborus guttatus 2 > purpurascens & 2 168, 173 ” a var. albo-virescens Herb. A. BI Da, Da 5 0A 35 = var. albus Herb. A. Br. en n el 5 FR parce punctatus et parcissime rohe Herk, nn Br. il, 17 er ns roseus, roseo-punctatus, purpureus hybridus purpureus, punctato-maculatus, reticulatus, punctatus subeonfluens et confluens, roseo-purpureus, subguttatus et roseo- virescens A. Br. 162 3 speciosus Herb. A. Br. dk, 72 EN Hodırigii (Heyderi) cupreus Herb. A Br. 173 5 heterophyllus Wender 37 5 Heyderi Hort. b. ber. 169 5 Hunfalvyanus Kan. ER EA 85 e ; „ var. atrorubens W. K. (Kan.) 151 ne ; „ var. dumetorum Kit. (Kan.) . 145 5 5 „ var. multifidus Vis. (Kan.) 118 R 5 „ var. odorus Kit. (Kan.) 112 > > „ var. purpurascens W. K. (Kanıı 159 es 52 „ var. viridıs L. (Kan.) . 123 5 hyemalıis L. A | re ibericus Steven TE ee 180 „5 intermedius Host 41, 84, 153, 156,..157, 176 53 55 (Guss. 119, 121 P e Morr. 98 r iridescens Hort. (Nicholson) 173 er Kamtschatensis Hort. Ellacombe ee A. -: le) 5 Kochii Schfin. N 13,25, 33398285, 110, Tab V iS = var. glaber Schfin. . 57 e e: var. hirtus Schffn. . 87 = = > Abchasicus? . a a e latifolius Lilienfeld . ee ER “= laxus Host srl: RER u = 198 5 lividescens A. Br. et Sauer ur 174 5 lividus Ait . 18, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 30, 34, En, 20, 38, 63, Tab. IV S e Moris 58 5 e var. elle D. C. 63 % ie var. pictus Schfin. 24, 63 en hreidus Hort. Ellacombe 5 175 macranthus Freyn (Schfin.) . 39, 68, 76 E & C. Koch ES ae 98 se multifidus Vis. . . . 19, 20, 23, 34, 40, 115, 118, 124, 2, Bl. 102 > ee var. Docconi Ten (Schfin.) IE) B r r. foliolis angustissimis Pantocsek 119 35 ” var. purpurascens Herb. A. Br. . 163, 176 hs neetariis obconicis, filamentis staminum triplo brevioribus Scop. 126 235 180 II Dr. Vietor Schiffner. Seite Helleborus nectaris obsubulatis, filamentis staminum duplo brevioribus Scop. . 67, 76 Nigen, »ASS0. 2 9. Mer ARE ER NREUE SEN E er SewBrunfelse er Ger ee 26 niger L. . . . .'19, 23, 24, 25, 26, 97, 30, 34, 35, 37, 39, 41, 66, 82 migerMliobel rer. ee ER ARE ET ee BT niger var. altifolius Be ee 2, en Aa uNangustıjolius®@klortsanel. ee Be Mr ee6, „u kongushnoräbus, jolis Seruern. me Dr nr emfoeldusAGCH Bauh. EA Aalen ee AS „» flore roseo Bauh. . . En EN IE 0 Ge | „» hortensis, flore viridi C. Ba nn ee 26 5, Alegitimus: Clus armer Br ON et, „ var. macranthus Freyn . . BIRNEN OETE. 1 re ic) „ mazximus, major grandiflorus Mi Kappe ee 6 minor: Horikb:nberz an zer 46 „ orientalis amplissimo folio, ae ae A pur ae Tournk aß» KA-Faak u Bee Veen. 1285180 „ orientalis Ranunculi folio, flore nequaguam globoso Toumf. . 37 „ scapo subbifloro, subnudo folüis pedatis Alioi . . . ...76 „ silwestris, adulterinus, etiam hyeme wirens J. Bauh. . . .. 48 » krifohiatus Aldnı °.. Were. 158 „» tuberosus, Ranuneuli folio, Alore Iuteo Tournf. NAME =. 37 ». 8. vernalis Sweet . ... . RR: 72, 76 „ vulgaris, flore viridi vel Baba ie aka I. Bauh. 126 occidentalis Reut. . . . . . 40, 117, 130, 133, 137, 138, Tab. VII odorus»H=b: Nınd. = = 27 Ber N DI odonusaKi mn. en 29, 34, 36, 40, 82, 93, 109,112, 748 L p. atrorubens Kach AN Be a ei es Nars graveolens May (Elosü)ae BuNeN E 55 var. inodorus Herb. A. Br. REN cr. l:! = varaberspaacusı Schiine re 113, 115, 116, 121 offieinalis! Hort. ber Bragı =. 2. mn vu 0 ARE 104 5, Hort. Petrop. 2... vEEER WHERE. er 99 h Griseb: Me 2m: EA EN 103 Ex Salisbyw.. ea: a ESG 5 Sıpth: 4. N AS 1012108, Spacht. 2... 2 = 2 A ELTERN. MEI m Kosammidhflorus 7 Fe 82112812, = ne eBalnorubensse: 82, 151,2156: 159 atropurpureus Hort. b. berol. \c. Koch) lite) E var. Jeolchica trifolius L. . 37 ” sales 63 5 triphyllus Lam. 58 5 vaginatus Host ER: 5 145 * vesicarius Auch. 16, 22, 23, 24, 25, 26, 29, 30, 36, 37, 38, 43, 1 82, Tab. I 5 viridescens Schffn. . 176 > viridis Amo, Engl. Bot. et al 138 R Me N\vudagevales. 48 e „ Güldenst. (M. Bieb.) ee EN Bil 6) > viridis L. 19, 20, 34, 36, 40, 41, 82, 109, 110, 114, 116, 117, 126, 139, 145, 149 en 5 Raf. II. 123 5 i Freyn 113 c5 en >x< purpurascens de 2a) 175 5 E var. atrorubens A. Br. (Neilr.) 85, 151 55 Rn var. atrovirens A. Br. 157 182 Dr. Vietor Sehiffner. Seite Helleborus viridis var. Bocconi Arcangeli . . „un „ua 2 ann 2u0119,.123 3 NVA. coucasteus“ Steyen u are Bee 6 & „. „var cyclophyllus, As Br. 2. 20... 7, 2. „Bil. ec 2 alle x „ var. dumetorum. Sadler (Neilr.) © .eulenlzr ur. 22 22.85, 4145 ix syar:.-grandijlorus Neil. rat ame ee. 22 7285,0128,0106 = b, ars & HerbyAstBewm ser. ol hl 277,2 la S van granenlensı Neil 2 SR 85, 55 ar intermechussArcangeliit Amer 2 al = ENarı JAgUmianusuh „Br me Bee a 127,131 n SEVOTMLERUSEN. BE... .. 2.0. zo Abk Rene. :85,,128,0122 D vanmuliapdus Nass (ohm)oH #4 Sur 2. messe ns r „anan.oderus Neilt: .. 2.2... . 1emleini aus 0485,00 3 „ var. ß. odorus, floribus externe colore violaceo tinetis F. Schultz 151 ei „van pallidionsSchtinseaena Se... ce ei „es pallıdus: AB Mel AN 2, 2 ee ee r SHE ® Schu ab A Mer net er Bere AS 2 > DB. panviflorus; Neiln. , re Sur saure: 23 22..e85 R san. punpüinssensaN eilr See ee 8554159 en il. Si DRaS; Neil Bere. re 28,1 3 = var SmithiomuseA Br... ek EN Tr = = a SUDCOLOKATUSEA Be hleae nrh eurahich "uses -1156,8276 = n 5 e elatior AS BEER er een Veratrum 'nigrum. Dodon. sen :.:.:2 =, 3 ll Amelie, > se Mb A sen Is Ca ee Anika le ua 2 SED en 3, 1..Cord se ine Rare: Tr: Ws 5 1 BsimiocumsLabernaemzs Kan ea Be 6 Monographia Hellebororum. 183 Erklärung der Tafeln. Tabula I. Morphologische Details. 184 Dr. Vietor Schiffner. Tafel 1. A—F. Helleborus foetidus L. A. Junge Keimpflanze; die ersten Blätter sind noch nicht entwickelt (nat. Gr.). B. Keimpflanze; das erste Blatt ist entwickelt, ebenso zahlreiche Seitenwurzeln. C. Unterer Theil einer zweijährigen Pflanze (Frühjahr des zweiten Jahres). a. der Rhizomtheil, welcher aus dem hypocotylen Gliede entstanden ist, d. Adventivwurzeln desselben, ce. die ersten beiden Seitenwurzeln des aus der Radicula hervorgegangenen Wurzeltheiles, b. eine Adventivknospe, die einen neuen Stengel bildet. D. Dasselbe von einer alten Pflanze. a. der Rhizomtheil, b. die primäre Hauptwurzel, c. Nebenwurzeln, d. Adventivwurzeln des Rhizomtheiles. E. u. F. Samen (Vergr. 3:1) von der Seite und von der Anheftungsstelle gesehen. G—K. Helleborus corsicus Willd. G. Junge Keimpflanze (nat. Gr.). H. Aeltere Keimpflanze, die Cotyledonen stecken mit der Spitze noch in der Testa. I. Noch ältere Keimpflanze. b. Cotyledonen, ce. die ersten den Cotyledonen ähnlichen Blätter, d. jüngere noch ungetheilte Blätter (nat. Gr.). K. Missgebildetes (fussförmiges) Blatt. L. Helleborus abchasicus A. Br. L. Keimpflanze. a. Hypocotyles Glied mit Adventivwurzeln (ec), d. die jüngste Adventiv- wurzel, b. die beiden ersten echten Nebenwurzeln. M. Helleborus odorus Kit. M. Rhizom einer über zwei Jahre alten Pflanze. a. Rhizomtheil aus dem hypocotylen Gliede hervorgegangen mit zahlreichen Adventivwurzeln (d), b. die in diesem Stadium noch vorhandene Hauptwurzel, c. Adventivknospen, die im nächsten Jahre Blätter und Blüthenstengel bilden werden. j Nova Acta LVI. Monographia Hellebororum. !Psbala, IE, Helleborus vesiearius Auch. NrSl® 185 186 Dr. Vietor Schiffner. Tafel 2. Helleborus vesicarius Auch. A. Ganze Pflanze zu Beginn der Blüthezeit (nat. Gr.). B. Stengel mit reifen Früchten (nat. Gr.). C. Blätter der Blüthenhülle: 1) inneres, 2) äusseres, 3) äusseres, anormal gebildet (nat. Gr.). . Staubgefäss (3: 1). . Stempel (3:1). . Nectarium von der Seite gesehen (4:1). . Dasselbe von vorn (4:1). . Halbreifes Carpell (nat. Gr.), der Griffel ist in diesem Stadium noch aufrecht. Samen: 1) vom Rücken, 2) von der Seite (5:1). Monographia Hellebororum. 187 "BPabula, DIE Helleborus eorsieus Willd. 188 Dr. Vietor Schiffner. Tafel 3. Helleborus corsicus Willd. A. Stengel eines schwächeren Exemplares. B. Umriss eines grosses Stengelblattes von einem sehr kräftigen Exemplare. C. Reife Frucht (nat. Gr.). D. Einzelnes reifes Carpell (nat. Gr.). E. Staubgefässe, von oben und von der Seite gesehen (Vergr. 2:1). F. Nectarium: a. von der Seite, b. von oben, c. vom Rücken (Vergr. 2:1). r. Stempel (Vergr. 2:1). H. Same im fast reifen Zustande (Vergr. 2:1). Monographia Hellebororum. 159 rbb EVe Helleborus lividus Ait. 190 Dr. Vietor Schiffner. Tafel 4. Helleborus lividus Ait. > . Ganze Pflanze (ein kleineres Exemplar) im fruchttragenden Zustande, in nat. Gr. . Uebergang der Laubblattform in die Form der Hochblätter (Bracteen); der Blatt- lee) stiel ist hier flächenförmig entwickelt, die Spreite ist gross, normal gebildet (nat. Gr.). . Staubgefässe von vorn und von der Seite (Vergr. 2:1). . Anthere von vorn (Vergr. 4:1); das linke Antherenfach ist bereits aufgeplatzt. . Nectarium von der Seite und von vorn (Vergr. 3:1). . Einzelnes Carpell, dem kegelförmigen Receptaculum aufsitzend (nat. Gr.). . Querschnitt desselben. eo u . Same im fast reifen Zustande (Vergr. 3:1). NB. Sämmtliche Figuren sind nach einem Exemplare gezeichnet, welches Professor Willkomm auf den Balearen fand. Monographia Hellebororum. 191 Arsbula ’V. Helleborus Kochii Schffn. 192 A. Dr. Victor Schiffner. Tafel 5. Helleborus Kochii Schffin. Blüthenstengel der Var. a. hirsutus. . Blatt desselben. (NB. Es ist dies ein kleines Blatt, meist sind die Blättchen grösser und verhältnissmässig breiter. ) . Ein Theil des Rhizoms desselben: a. Blüthenstengel, b. scheidige Niederblätter, zum Theil schon abgestorben und zerfasert, d. Laubknospen, aus denen sich im nächsten Frühlinge Blätter und Blüthenstengel bilden werden. . Ein Theil des Rhizoms einer cultivirten Pflanze (während der Blüthezeit): a. Blüthen- stengel, b. scheidige Niederblätter, ce. junges Blatt, d. Laubknospen. . Fruchtast einer cultivirten Pflanze. . Stempel (nat. Gr.). . Einzelnes Carpell im reifen Zustande, am Grunde völlig frei dem konischen Recepta- culum aufsitzend (nat. Gr.). . Same (Verer. 1,5 :1). . Nectarium (Vergr. 2:1). . Umrisse eines Blattes der cultivirten Pflanze in nat. Gr. Die Fig. A, B, C, G, H, I sind nach einem wildgewachsenen Exemplare gezeichnet. Monographia Hellebororum. 193 aBalsular Ver: Helleborus sieulus Sehffn. Nova Acta LVI. Nr. 1. 25 194 Dr. Vietor Schiffner. Tafel 6. Helleborus siculus Schfin. . Ganze Pflanze, kleineres Exemplar (nat. Gr..) . Blüthenstengel (nat. Gr.). . Nectarium (Vergr. 3:1). . Stempel (Vergr. 2:1). . Halbreifer Follikel (nat. Gr.). >BoBoi- 5: Monographia Hellebororum. 195 our VIET. Helleborus oceidentalis Reut. 196 Dr. Vietor Schiftner. Tafel %. Helleborus occidentalis Reut. A. Blühendes Exemplar (das Original stammt aus den Pyrenäen). B. Vollkommen entwickeltes Blatt | nach einem Exemplare aus der Gegend von Cantal C. Fruchttragender Stengel ki in Frankreich. Monographia Hellebororum. ıBabula VIER: Helleborus purpurascens W. K. 198 os) m Em Dr. Vietor Schiffner. Tafel 8. Helleborus purpurascens W. K. . Blüthenstengel, am Grunde die sehr grossen scheidigen Niederblätter und ein junges noch zusammengefaltetes Laubblatt . Fruchtexemplar. . Ganzes Rhizom eines etwa vier Jahre alten Stockes. Von der primären Hauptwurzel ist keine Spur mehr zu sehen. a. Blattstiele (die Niederblätter sind,schon vollständig zerstört; das Exemplar ist im Spätherbste gezeichnet), b. bereits abgestorbene Rhizomäste, ec. Laubknospen. . Nectarien in dem Stadium, wenn sich die Blüthe zu öffnen beginnt; der obere Rand (die Oberlippe) ist noch nicht eingerollt, die Mündung ist offen (Vergr. 2: 1). . Nectarium einer völlig aufgeblühten Blüthe (Vergr. 2:1). . Anthere von aussen gesehen; das rechte Antherenfach beginnt aufzuspringen (Vergr. 4:1). . Stempel, auf dem konischen Receptaculum aufsitzend (Vergr. 3:1). . Narbe (stärker vergr.). . Same (Verer. 2:1). NOVA ACTA der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band LVI. Nr. 2. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna in ihrem Verhältniss zu denen der paläarktischen Region überhaupt. Von Dr. Heinrich Simroth in Leipzig. NEMO Tarterlne NT IST —DSVEER Eingegangen bei der Akademie am 9. März 1888. HALLE. 1891. Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. i1 B N [Fo] 5 Auisei ; ah 5 a ae rem £ 4 Wie Sur At ehe ir Binktstiele falle, Ketscter ie Me verwt, RE U b. Zi FR j Fhisienigta a I zauibkpeigber K > Sudtarlen- & en Sale. nk sh Ai Til er itiäen a Aal Bis je rend et de Te a ee Se Sorkatlını dh rhär Aurora wre Tee EI ' Re; Mi > Aula ur NE BSR Antöirreaiueht eb un (an % f DAB, & DE a " ER a m a e a TE EEE HN alotaT vs M u ei ’ FEN NEL, Ki den ErmWET a 20 er) ZIEH jan ® wehrt Mr ee ee he rule ara MR NV any) al nie ae Fu i Einleitung, Die Ansicht, dass die europäische Limaeidenfauna ein Ausfluss der asia- tischen sei, wäre nur ein Sonderausdruck allgemeiner zoogeographischer Gesetze; andererseits werden dieselben Limaciden häufig als eine rein europäische Familie betrachtet. , Ja in neuerer Zeit gewann es den Anschein, als ob die Arioniden, die andere Hauptgruppe der Nacktschnecken unseres Erdtheils, von dessen Westende in völlig umgekehrtem Sinne ihren Ursprung genommen habe. Der erfreuliche Fortschritt, welchen die Kenntniss der Kaukasus- mollusken in den letzten Jahren gemacht hat, der genauere Einblick in die geographischen Grenzen der einzelnen Arten, die Festigung ihres natürlichen Systems erlauben es, die Fragen nach der geographischen und phylogenetischen Herkunft viel bestimmter einzurichten. In Betreff der für diese Fragen so wichtigen Nacktschnecken Portugals und der Azoren, welche uns vor geraumer Zeit durch Morelet's treffliche Untersuchungen erschlossen wurden, herrschte bei der grossen Verworrenheit des Arionidensystems überhaupt noch manche Unklarheit; die Lösung des Problems, in wie weit die asiatische Fauna hier äusserste Posten vorschiebt, in wie weit umgekehrt die eigene Schöpfungskraft an der indigenen Fauna noch nach- zuweisen sei, war nur durch das Studium der chorologischen Bedingungen an Ort und Stelle zu erhoffen. Für die Ermöglichung dieser Untersuchungen an Ort und Stelle sage ich der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin meinen ehrerbietigsten Dank. Sie ergaben manchen unerwarteten unmittelbaren Einblick in die Artbildung, welcher zu weiteren Schlüssen anregte. Daher schien es nicht angezeigt, die Arbeit auf eine kritische Sichtung des westlichen Materiales zu beschränken, sondern die Verwandten dazu zu nehmen und die Arten 26* 204 Dr. Heinrich Simroth. (p. 4) so weit als irgend möglich bis in ihre Wurzeln zu verfolgen. So kamen vor Allem die Vitrinen dazu, die in der vorigen in diesen Acten erschienenen Abhandlung besprochen wurden, wie denn die systematische Begrenzung der Nacktschnecken überhaupt nur eine unnatürliche sein könnte. Die gegen- seitigen Ableitungen, wie sie in Nachstehendem gegeben werden, rechtfertigen hoffentlich den Umfang der Erörterungen von selbst. Bevor ich auf die Einzelgruppen eingehe, mögen einige Bemerkungen über die bereisten Länder- strecken Platz greifen, so weit sie für die vorliegende Aufgaben dienlich und erforderlich erscheinen. Die Azoren. Die nördliche Hälfte des atlantischen Ozeans hat keine zweite Insel- gruppe, die sich vom Festlande so weit entfernt, als die von Europa und Afrika um das Maass von siebzehn bis zwanzig Längengraden abstehenden Azoren. Dieser Umstand allein schon muss den Boden für die Untersuchung des Insel- problems, d.h. des Einflusses insularer Isolirung auf die Artbildung, besonders geeignet erscheinen lassen; beherbergt doch selbst das Becken des Stillen Ozeans von der gleichen Breite an nicht einen einzigen gleich günstig ab- getrennten Archipel. Die nicht zu nördliche Lage, das immerhin hoch an- steigende Gebirge, die räumlich nieht unbeträchtliche Trennung in drei von Ost nach West gestreekte und so den beiden benachbarten Continenten ver- schieden genäherte Gruppen, die grosse gleichmässig über das Jahr vertheilte Feuchtigkeit, die immergrüne Pflanzendecke sind Bedingungen, die, nach europäischen Verhältnissen beurtheilt, dem Leben und Reichthum der Pul- monaten, zumal der Nacktschnecken, ausserordentlich vortheilhaft sein müssen, daher der Untersucher mit hochgespannten Erwartungen an seine Aufgabe herantritt. Die nähere unmittelbare Einsichtnahme drückt theils die Gunst der biologischen Verhältnisse um einen bedeutenden Betrag herab, theils modi- fieirt sie dieselben in einer für weitere Folgerungen willkommenen Richtung. Die späte Entdeckung und Besiedelung, das dadurch erleichterte Urtheil über die Grenzen der ursprünglichen und der Culturzone geben erwünschte Anhalts- punkte, die eingeführten Arten von den indigenen zu sondern und, da das geologische Alter durch die Petrefacten von Santa Maria festgestellt ist, historisch die Umwandlungen an beiden zu verfolgen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 5) 205 Das Historische erscheint freilich sofort von einer anderen Seite, wenn man die Atlantissage dazu nimmt. Kobelt (XXXV]) hat neuerdings die Gründe zusammengestellt, welche trotz dem Fehlen aller nicht flugfähigen Säugethiere und der Armuth an Süsswasserconchylien!) die Inseln als einen Rest des alten Festlandes erscheinen lassen; die ausgedehnten Süsswasserablagerungen Neucastiliens dürften am meisten ins Gewicht fallen. Bourguignat (VII) kam früher auf Grund der Malacozoologie zu einem anderen Resultate. Darnach sollte Nordafrika von Marocco bis Tunis eine Halbinsel Spaniens gehildet haben, südlich vom Saharameer bespült. Die Ansichten über das letztere haben sich seither sehr verändert; doch ist das gleichgültig, da Wüste und Meer den Landschnecken ungefähr die gleiche Schranke bereiten. Im Ozean nahm Bourguignat drei güssere Inseln an, die eine das Gebiet der Canaren; die zweite das der Madeiragruppe, die dritte und grösste (Atlantis) die Azoren umfassend. Es lässt sich nicht leugnen, dass diese Annahme dem inzwischen durch genauere Lothungen festgestellten Bodenrelief des atlantischen Ozeans am besten entspricht, wie die modernen Karten lehren; nur die Canaren sind durch eine etwas weniger tiefe Rinne vom Festlande getrennt, ein Punkt, der von besonderer Bedeutung zu sein scheint. Im Allgemeinen kommt auf den früheren Landzusammenhang im Grossen und Ganzen, wie sich zeigen wird, für die vorliegenden Untersuchungen viel weniger an, als auf den Umstand, dass die Gattungen jener Inselfauna mit denen der mittel- und selbst alttertiären Ablagerungen von Centraleuropa übereinstimmen. Die eocäne Schneckenwelt hat sich auf den Eilanden erhalten und weiter gebildet, und damit hat die Arbeit zu rechnen; wie sie dahin gelangte und wie sich die zum Theil grosse Uebereinstimmung zwischen den Azoren und den südlicheren Inseln erklärt, das eigentliche Atlantisräthsel also kann hier unerörtert bleiben. Ich landete am 7. August 1856 in Ponta Delgada und verbrachte die Zeit bis zum 2. October fast ganz auf San Miguel, der östlichen Hauptinsel, deren wichtigste Stadt jener Hafenplatz ist. In der zweiten Hälfte des Sep - 1) Anmerkung. Bisher waren keine solchen bekannt gemacht; ich fand eine Physa und ein Pisidium, Formen über welche inzwischen J. de Guerne u. a. berichtet hat. 206 Dr. Heinrich Simroth. (p. 6) tember allein benutzte ich den Dampfer, der die regelmässige Rundreise zu sämmtlichen Inseln machte, zu einem achttägigen Ausfluge nach der Mittel- gruppe, wobei ich drei Tage auf Fayal zubringen und durch den üblichen Transport auf Eselsrücken den Rand der wunderbaren Caldeira ersteigen konnte. Den Besuch der Westgruppe Corvo und Flores unterliess ich, denn der zum Mindesten nothwendige Aufenthalt von vier Wochen, welcher sich bei der im Spätjahr nicht selten durch die Stürme gesteigerten Brandung, die in einem der letzten Winter selbst die Landung des zur Ablösung gesandten üblichen Militärcommandos vereitelt hat, leicht unfreiwillig verlängern konnte, schien in keiner Weise durch etwa zu erhoffende Resultate gerechtfertigt. Und God- man bemerkt ausdrücklich (XXIV), dass die westlichsten Inseln, obwohl am wenigsten angebaut, doch die spärlichste Fauna beherbergen. Schon die Untersuchungen der französischen Forscher ergaben eine grosse Gleichmässig- keit der Molluskenfauna auf allen Inseln (XLII und XV), ja eine ganze Reihe von Arten beschalter Landschnecken dürfte durch die anatomische Untersuchung zum Rang von Localvarietäten herabsinken; meine Beute auf Fayal lässt die Vertheilung der Nacktschnecken noch uniformer erscheinen, als bisher angenommen wurde. Die Einmischung amerikanischer Typen, für die Fischer einzutreten scheint (XVIII S. 456), indem er die azorische Plutoria mit Selenites zusammenstellt, fällt durch die neue Untersuchung in sich zusammen; endlich hat wohl bei sonstiger Uebereinstimmung das grössere Areal die meiste Aussicht, bei der Umwandlung der Species sich geltend zu machen, wenigstens auf den Azoren, unter denen S. Miguel unstreitig den grössten Wechsel landschaftlicher Scenerie aufweist; man müsste den hoch aufsteigenden Pico do Pico ausnehmen, der majestätisch über die Meerenge nach Fayal herübergrüsst. Er allerdings überragt alle übrigen Gipfel der Inseln um das Doppelte, und die stattliche Höhe von 7600’ könnte Aussicht gewähren, bei der Schneebedeckung im Winter und der dadurch gegebenen klimatischen Abwechselung ein neues Moment der Variation hinzuzufügen. Solche Hoffnung wird durch den Anblick und die Beschreibungen schnell vernichtet. Die vollkommen regelmässig konische Gestalt, die nur durch zahl- reiche kleine Flankenkrater wie durch Maulwurfshügel unterbrochen wird, lässt es zu keinen Feuchtigkeitsansammlungen kommen, welche einer be- sonderen Ausdehnung der Sphagnüm- und Cyperaceenvegetation günstig wäre. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 7) 20% Ja die Niederschläge verlieren sich so bald in den lockeren Tuffen oder in den Lavaspalten, dass gerade die Einwohner von Pico gezwungen sind, den nöthigen Wasservorrath in Cisternen aufzubewahren. Es wird sich zeigen, wie viel gerade diese Sumpf- und Moorvegetation ausmacht. Der die übrigen Höhen überragende Gipfel trägt, soweit er überhaupt bewachsen ist, unsere Calluna vulgaris, eine Pflanze, die selbst in diehtem Bestande in unserem Vaterlande die allerwenigsten Nacktschnecken hat. Morelet fand sogar nur ganz wenige kümmerliche beschalte. Dieser Pik wird schwerlich Neues enthüllen. In Ponta Delgada hatte ich das seltene Glück, in dem deutschen Geologen Herrn Zervas, welcher sich der rationellen Ausbeutung der Puzzo_ lanen widmet, und dem portugiesischen Jäger-Olfizier und -Instructor Herrn Francisco Affonso Chaves zwei Genossen zu finden, die mit den natürlichen Verhältnissen des Eilandes auf das Beste vertraut, um ihre Erforschung aufs Eifrigste bemüht und die Ordnung und Erweiterung des naturwissenschaftlichen Museums der Insel mit Liebe pflegend, mich mit Rath und T'hat unterstützten und mich auf meinen Touren begleiteten; nicht weniger kamen mir Herr Dr. Carlos Machado, der Gründer und Director des Museums, und der um die Geschichte der Azoren so verdiente Dr. Ernesto do Canto mit ihren Erfahrungen entgegen. Hiermit sei den Herren öffentlich herzlicher Dank abgestattet. A. Die geologische Grundlage.!) Man hat für die Inseln mit ihrem Bestande in der gegenwärtigen Form eine colossale Temperaturschwankung nach- weisen wollen, insofern als die Funde alter krystallinischer Gesteine im Osten von Terceira und im Südwesten von Santa Maria für erratische Blöcke und Zeugen der Eiszeit genommen wurden. (LXXII und XXV.) Sie sind wohl auf ausgeworfenen Schiffsballast zurückzuführen. Die Bauern freuten sich der abweichenden, noch nie gesehenen Steine, sie schafften sie als Baumaterial vom Strande weg, verwandten sie bei dem Baue der Mauern oder liessen sie schliesslich liegen, wie man dann bei der ausserordentlichen Einfachheit der 1) Anmerkung. Die genauere Begründung der meisten im Nachstehenden vorgetragenen Behauptungen habe ich in der nach der Vollendung der vorliegenden Arbeit abgefassten Reise- beschreibung zu geben versucht, auf die ich verweise (vergl. Globus Bd. LII, 1887, Nr. 12—24). 208 Dr. Heinrich Simroth. (p. 8) steinernen Hütten häufig auf halbfertige und wieder verlassene Ruinen stösst, die allerdings zum "Theil auf Erdbebenverwüstungen zurückzuführen sein mögen. Somit ist sowohl das enorme Vordringen des nördlichen Gletschers wie der Gesteinstransport durch Eisberge zurückzuweisen, auch spricht gegen letztere Annahme die Lage der genannten Fundstellen an Uferstrecken, die nach ganz verschiedenen Himmelsrichtungen schauen. Ebenso fehlen alle Spuren von Moränen oder Gletscherschliffen, die von den Bergen der Inseln selbst thalabwärts gedrungen wären, vollständig, eine T'hhatsache, die mir von besten Kennern, zumal von den obgenannten, versichert wurde. Walcker’s gegentheilige Behauptung (LXXIII S. 2) scheint mir auf eine falsche Deutung von Hartung’s Angaben (XXV) hinauszulaufen. Somit liegt kaum ein Grund vor, für die Inseln während der Zeit ihres Bestehens hohe klimatische Schwankungen anzunehmen, von der allgemeinen Abkühlung der Erde ab- gesehen, die aber in dieser ziemlich südlichen Breite und bei der Ausgleichung durch die ozeanische Lage gering genug angeschlagen werden darf. Die Laven, welche die Inseln aufbauen, sind, wie wir durch Hartung zur Genüge wissen (XXV) und nach dem Augenschein und mündlicher Mit- theilung und Demonstration leicht bestätigen können, sehr gleichartig; und wenn sie in basaltische, trachytische und trachy-doleritische geschieden werden, so ist das Gemeinsame hervorstechender als die Verschiedenheit. Das Wichtigste aber ist für unsere Zwecke nicht die petrographische Zusammensetzung, sondern die durchgängig frische Beschaffenheit, die relativ geringe Verwitterung. Hartung weist auf die Unterschiede von den Canaren und Madeira hin, und in allem Einzelnen muss ich auf sein Werk verweisen. Auf letzteren wirkt die vulcanische 'T'hätigkeit nicht mehr in dem gleichen Maasse fort; nament- lich aber legen die zahlreichen regelmässigen Caldeiras der Azoren für die späte Modellirung der Krater beredtes Zeugniss ab. Mag die Lava in basal- tisch-säuliger Absonderung in das Meer abstürzen, mögen ihre zähflüssigen Ströme derbe Schlackenriffe hinaussenden, mag eine mehr porös-blasige Schlacke den Wasserdampf als treibende Kraft verrathen, selten hat die Phantasie Mühe, den ursprünglichen Hergang zu erschliessen, denn von den Höhen erblickt man die Formen der Kraterwände, und frische Aufschlüsse stehen überall in Masse an. Kaum ist es nöthig, die gewaltigen Aufschüttungen vuleanischer Tuff-, Bimstein- und Bombenmassen zu erwähnen, welche durch das Regen- Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 9) 209 wasser hie und da in scharfe Rinnen eingeschnitten sind; auch die Bedeckung ganzer Strecken mit schlackigen Lapilli, wie am Pico de Carväo über Ponta Delgada, kommt hier nicht in Betracht. Es fehlt den Abhängen der Azoren an Geröll, an Steinen, an Spalten. Wer nach längerem Aufenthalte zurück- kehrt, dem kann nichts mehr auffallen als der Strand von Funchal, wo das Boot über eine dieke Lage glatter Rollsteine und -blöcke in die Strömung hinabschiesst. Ein derartiger Strand kommt nach meiner Erfahrung nicht entfernt auf den Azoren vor. Es ist klar, dass solche Constitution des Landes dem Schneckenleben nicht zuträglich sein kann. Es fehlt an Gesteinsspalten und aufgethürmtem Geröll für Felsenschnecken; die "Uhiere sind gezwungen, in den Ritzen der künstlichen Mauern sich zu bergen, und Lapillianhäufungen bilden eine starre, humus- und vegetationslose Masse, wie aufgeschüttete Coaksstücke. Morelet weist darauf hin, wie die kleinen Helices und Pupae die ebenso kleinen Löcher blasiger Lavastücke sorgfältig ausfüllen, wie man überall beobachtet. Die mehr weniger grosse Kalkarmuth des Bodens mag dabei in geringerem Grade bestimmend sein. Wichtiger ist, dass die Steilwände der Caldeiras aus lockeren und doch nieht leicht nachgebenden 'Tuffhängen bestehen, ein Gefüge dem Loess ähnlich, aber nicht so fruchtbar. Kurz, die geologische Unterlage ist den Nacktschnecken wenig günstig. B. Die meteorologischen Verhältnisse. Fischer (VI) macht darauf aufmerksam, dass die atlantischen Inseln bei ihrer Entdeckung viel wald- und regenreicher gewesen seien als jetzt. Bei den Azoren mag das am wenigsten zutreffen (siehe unter Ö); auch muss das steile Ansteigen und die beträchtliche Erhebung für die Verdichtung des atmosphärischen Wasser- gehaltes zu Niederschlägen als Hauptfaetor in Betracht kommen. Dem sei wie ihm wolle, auch ohne jene Annahme ist das Klima der Inseln noch jetzt wohl gekennzeichnet. Dem Directorium der Sternwarte zu Lissabon verdanke ich die meteorologischen Aufzeichnungen, aus denen das Wichtigste in den umstehenden Tabellen zusammengestellt werden mag, denn für den besonderen Zweck mag es nützlich sein, etwas modifieirte Ablesungen daraus zu machen, als in den meteorologischen Handbiüchern üblich. Zunächst mag behauptet werden, dass die Azoren ein strenger insulares Klima haben, als Hartung aus den älteren Daten folgern wollte. Die Niederschlagsmenge ist nicht übermässig, Nova Acta LVI. Nr. 2. 27 Dr. Heinrich Simroth. (p. 10) 210 "NONSHNOT Aepı — p 9FuysorT A0po -DHugos op [RZ — vauyuasay aop JezZ = q "UAOJOUITLAL Ur Oduauuaday — % - sg, 80 FIT |Tgagr| 0088 TOLL os | 99) 2) soo |wnge | 620 ro |s'gy res | 26916‘ sog Terz | 8] — | 1'891 seon] 1473 | 6‘98T| P'ggg gef 1, — ste eirze |rzseg ze su. | 09 Folgiyz "rar | HT2| — re \s'sgr | 8‘89ls‘0 Ts #'sız | Hosl — | Tpn | Yore | 672 | — | S’8p | Forza] ' ° 98q20y st, | — KIT 88 | oiggiso Trier sy, | sel —Iss jr | gel — 5 rar [002 #7 gr | 862 — | SsT | FIT | 952 | — | 0'Tg | 806 | ° owuros zer | — 65 |99E | arsle's erg I1‘96z | s'rg| siolr'zz \o'agı | #99) — rs 8s'yer | s'zglı‘z 9'gz #cgr | Sol -- | Typ | Sisgz | 282 | — | Fr | 0'555 | ° Sununag og 80 ag Is'org | s’esls'sz |9'gge [e'gıg | 0'a2| 8‘zls‘Tg ‘ost | s's2lro ste Irarz | 702 19°z 608 |9'6Te | vrg] — | 8'aq | Base | 882 | — | 009 | 8955| ° ° AOyurAA #6, | — ver 00a |sisger \2ır Free | etz) Wolsor 829 | srl — (sort Is'a6 | vrzro IETE Isfert | 078 — | ost | Eger | #64 | — | vor | zgor| oqwoaon eg, — sr (siert |sirglet art (sıT | siogl —16 Tg 18691 — rg eier | gglro [69 Tr | log — | or | 8igor | Fez | — | o'cı | 284 | ° 10q0pO se — #6 woer | s’eyiro 86 |\esı [sign —r, cr [899 — va rag |oisg— HE rs |r32l — | FIT | 669 | a2 — | STr | org 9qwaydag sol Br |eug — FE gs (age —IeT art j09a — co 07 rc — oT et 1922 | T9 |ei95 |@s2] = | ETT | one v7 — 08 be Irigo Fe Isar |aigel —oır EI — | — |. ir (fo Iveı—|sa \sra Ira |—|r6 [arg | © me 0, | — #7 ge Isiggisio sig Iei9g | or —ioig 895 erg — Is jeTr | 869 — Fa jest Jos — 9, |29g rer | — Saga la rang ve, \— 26 \vBsı | H8ylro jo'gt |Ei6OT | 254 —26 FLG g — (eg |s'gp | role‘ 79 295 | s‘62] — | FigT | Te == T | 009 | ey oz, — sig 1098 |e’gylo's 0'6 19'209 g 8022 |v9E — #p "os | 82980 [69 Tg | #osl — | OCT | 07% — gr | 879 | ° ° ° jady ‘ey | — or SrgT | 29er) ST BETT | 36el Folo'or |#T9 — For 106 | 8'998‘ |eor |8°28 | ers] — | Zar | sH8 — | Wi EA 6 — TI isst [rose \sor 98 | oz Folror tg | r22) — Is (ei69 | H’sglo‘t |s‘s \er6 | Tr8| —- | ar | srar | 822 | — | 03T | Hoor]| ° zenıgog ses |— gr |TIHz | aßleor STIL e2ar | Fs2| eizlear 199 | 862) — jo'zr 208 | S'TZI@T |6°0T 8°96 | VHS — | SSL | SIOET | 882 | — | vIz | 0501, ° ° enugf 96, Fo LT ost | sH6l6st oT |8°50L | 292] Era 1859 | 862ro FIT |es6 | 0°T2v0 ETT |eisst | 9rsl | 26T | Hager | 882 | — | Fra | Est) Aoquaoacı De ro rd) ® p 1» q u p |» eo] elp | o| a| ® De Wo oe RED od ® v| h) | q % 04107 0 vp.en) ofen ode) soder Teyaung ourso.r0] Op BıSuy vpröfog vyUuod 211 schen Fauna etc. (p. 11) -aAzort ‚sch ugiesisc Die Nacktschnecken der port 'sppummp sap HONIoNoHg — U "uogJpSAHP unuwmummf soynjosqe | an "uoqjos19p umwmxeR] saynjosqe | nyersdws], 9ropyı | 2 7 | 80 — | vyE | Bot | 97 | Ty— | FE | 0601 vg | — pr] sz'gı | vg Fo jeigg | rar | ricı 6), | Fzgl sign | Fig ag | ey ar [oe | er Sr ey ame 17 | g—| HIg | saıT | 0°q | 0 —) 6'68] E9‘gT gung Sperre, |Errars &p | 0’ graz | #ei6 | 0'0 | Fo— Tze| sagt ee | Tı—| ig Fer Ir Ve Fe eg vg|eig ses | esı | vg) gr) sgzoriog |-s'e| zig | 0°, | 0sgr.| eg HG | Fisa | test] ° © 9sqrog ‘ ER FOTTRE | 26 | S'g| ZieL| 7°zE 9e'1s eg| co Fre | srigr | ag] 0°6 | 9°9z, z0°y 1 sı 8,5 8605| FE E66 | S6z | 20E wel eg | ges |argı]| 65 er | €9% STEL| Sumemat | 89 | Fortress wre Tour © FO 875 | 68'zL | Tg] 6 | | | IHAON se er Tor oe 0 | og Beigı 0°, IS | Erst | se] T’gT| s'ga 0208 | S'cı Fol) Les | orsı| Fe v6 | 195 car | ° 1040pO leg FT egr|g Tg | 6a, st ze | 2ETG | 8] gr) 8'8c| 8eizz 69 | 0, | ag ars) 22 | LT | s’zr| arigz 29 | 0%, | 3°pg | orsL | 92 | or | Epr 675 Sal ız |Tieg joy) eg | 6, | sTrlerez veloı || were rt | Tue srer Fr 0 — 805 |0FOL | IE | 85 E08 86°CT 1a | 1805 | 2'e| v'IT) vis | 08°0G | ‘gg | Brig | 9'9| s'yı| og] 02'%5 ‘15 | 10'656 | 2‘g] ver] Ser | 281 0) 6 & ggg | re | ziel sigr) 7ze| sitz | cl TFT) 825 | erTz | Fe SIT Fiss vet omg #L| LOLI6CE | 68‘Iz | 0‘c| 2er, F'6z| 11°0Z 0'az |Frsr | o'g| ee | 895 | sg] ° ° ° ung vIE |088T | SF] 2’sT| 0°95 or'gL Kg| Fr 6c | 2897 | s‘e| arı| 8'9c| or2ı a | co 18'95 | 98ST | 8a] 06 | Frz| 28er vc| 2°F 875 | 20‘eT | Sc) 0'6 | 675 g| ro 1905 FETT | 67] 6, | ST set 6 | es | wg || | Er l2egı | "mwN 0'685 |rs'gı | ° ° ° ndy eg | 08 | LrOI SF | 0° —| 0'6T | 22!q | e’q | #0 —| 8'gz| F9°TI 65 | FE | HST | zeig | sr | Eco | cz sroL 6% | | #r ie || He 0/15) 188 vg | 8°9— | 071 | He | 9 | | oz 208 sc| 29 | s'gt | eve os er|::' zuen 67 89 | 2'St | oc'eI cr 9 | 68T | 2EET ep 0°, | #6L | seht 68°CT 305 22 FL| ' enıgod sg |orpp | ° enurf 8F| oT lo'ez | ea'sr | 6P| 96 | 8'zz| Fe'gl EIG 20 GL | Oqwa9aalT OULTSO.LOH OP Bıduy| BPeSfpog Bruog sF|00 |o'ez |oy'zı | se | 8g—| rigr | 989 | 77 | Ho—ı sus TzIn | eg] eg jo'az | 90°cı | 97] a'gı] air] zrigı | 0‘c) 28 | Tg | scgr | 8a 2’6 | ses | 2eyı G I} I} 69 e) u E y Der 9 Gar 9 01104 0 ; TP.AenY ofen oduey sose] eypung 212 Dr. Heinrich Simroth. (p. 12) aber die Regenwahrscheinlichkeit ist zu allen Jahreszeiten eine grosse. Auf- fallend bleibt der etwas trocknere Sommer auf T'erceira, der sich bei meiner sehr fliichtigen Anwesenheit sogleich durch einen frappanten Reichthum an Heu- schrecken nach Individuen und Orten bemerklich machte; für die Schnecken kann ich nichts daraus herleiten. Beträchtlich trockener ist der Sommer in Funchal. Jedenfalls ist das Klima der Azoren ungleich insularer als das von Madeira, denn Funchal hat auch einen viel grösseren Unterschied zwischen Sommer- und Wintertemperaturen. Natürlich muss die gleichmässige Wärme auf den Inseln auch die Entwickelung der Schnecken, zumal der nackten, weniger nach Jahreszeiten gesondert sein lassen. .Jener Unterschied der Sommer- temperaturen spricht sich ebenso in der ungleichen Bewölkung aus, welche in Ponta Delgada unausgesetzt sehr stark ist, gewiss insofern von Bedeutung, als sie den Schnecken einen grösseren Theil des Tages einräumt; um so auf- fallender ist die vorwiegende Beschränkung ihrer Munterkeit auf die Dämmerungs- und Nachtstunden. Diese Bewölkung scheint mit der Bestimmung der rela- tiven Feuchtigkeit nicht ganz im Einklang zu stehen. Sie soll nach der Tabelle in Ponta Delgada geringer sein als in Angra, ja sie soll unter der von Oporto und noch mehr von Guarda zurückstehen. Als ich auf S. Miguel weilte, wurde sie von Herrn Chaves nicht selten auf mehr als 90°/, erkannt. In der That wurde man das Gefühl der Schwüle selten los; ein jeder Wind ist ein Regenwind, und die Sättigung der Luft mit Wasserdampf war so bedeutend, dass fast jeder Windwechsel eine Uebersättigung herbeiführte, die sich in einem kurzen heftigen Regenschauer entlud. Noch mehr, in dem hoch- gelegenen Gebirgskessel von Furnas war selbst noch nach der Zerstreuung der nächtlichen Nebel durch die Sonne die kaum sichtbare Feuchtigkeit so gross, dass sich bei jedem Frühspaziergang in die Berge Regenbogen auf Regenbogen durch das T'hal spannte. In diesen ozeanischen Nebeln, welche die Abhänge der Azoren unausgesetzt befeuchten, so dass beispielsweise die Versetzung einer bereits stattlichen Palme an einen anderen Standort kaum auf Schwierigkeiten stösst, liegt für das Gedeihen der Nacktschnecken die vor- nehmste Bedingung; sie können jahraus jahrein gleich lebhaft bleiben. Die Temperaturunterschiede der verschiedenen Stationen scheinen nicht allzu sehr ins Gewicht zu fallen, am meisten kommen sie für Portugal in Betracht (siehe unten). Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 13) 213 C. Die Vegetation. „Die Flora der Inseln ist (nach Watson in XXIV S. 116) ein spärliches Fragment der Mediterran-Flora, verstärkt durch einen geringen Procentsatz aussereuropäischer Arten, z. Th. den Inseln eigen, z. Th. mit Madeira und den Canaren gemeinsam“, daher die Pflanzen- geographie alle drei Inselgruppen als ein einheitliches, mesothermes Gebiet unter dem Namen Makaronesien zusammenfasst. Hartung giebt als obere Grenze der Culturzone die 1500’-Linie an. Es versteht sich von selbst, dass der Strich nicht streng zu ziehen ist. Die Steilheit der Abhänge vereitelt vielfach den Anbau, die Zufälligkeit der ersten Ansiedelungen bringt den mannigfachsten Wechsel. Ungleich wichtiger ist es, dass wir so leicht die Anfänge der Colonisation verfolgen können. Mögen die Araber bereits die „neun Inseln“ gekannt haben, mag selbst der fragliche Fund phönizischer Münzen auf Corvo, so wenig beglaubigt er ist, auf Wirklichkeit beruhen, sicher ist, dass sich keine Spuren von Besiedelung vor der Entdeckung durch die Europäer haben auffinden lassen. Dadurch beschränkt sich die Einführung der in der Culturzone lebenden fremden Arten auf die letzten vier Jahr- hunderte, und ich darf gleich die merkwürdige Thatsache hinzufügen, dass sich die einheimischen Nacktschnecken fast völlig von dieser Zone fern ge- halten haben. Es ist kaum auffallend, dass die nach und nach eingebürgerte Anpflanzung fremder Gewächse: des Weins, der Orange, der Batate, des Tabaks, des T'hees, der Igname (Caladium esculentum), der Banane u. a. keine einzige aussereuropäische Schnecke, wie es scheint, mitgebracht hat, wissen wir doch, wie spärlich amerikanische Einwanderer bei uns heimisch werden, während wir viel reichlichere Arten nach Westen abgeben. Auch die Anlage der unübertrefflichen Parks, in denen, sowohl in Ponta Delgada als im hochgelegenen Furnas, eine Unsumme ausgewählter Bäume der entlegensten Länder üppig gedeiht, brachte keinen Eindringling, was der Plutonia wegen erwähnt werden mag, im Gegentheil zeichnen sich diese Prachtanlagen durch Schneekenarmuth aus. Um so wichtiger ist es, der ursprünglichen Pflanzenbedeckung nach- zuspüren. Die Portugiesen pflegen die Azoren als den Garten ihres Landes zu bezeichnen. Waleker spricht von der unbegrenzten Fruchtbarkeit (LXXII). Davon kann schwerlich die Rede sein. Der Wein, der früher gedieh, ward um die Mitte unseres Jahrhunderts dureh Oidium zerstört, nach ihm wurde 214 Dr. Heinrich Simroth. (p. 14) die schon vorher gepflegte Orange die Haupteulturpflanze und erzielte aller- dings wunderbare Erfolge, die Apfelsinen der Inseln waren die vorzüglichsten von allen, die auf den Londoner Markt kamen. Jetzt ist die Cultur stark zurückgegangen, denn die Bäume geben immer schwächeren Ertrag, weniger in Folge der Angriffe durch die Schildlaus als einer eigenartigen Krankheit, des Schleimflusses (lagrima). Nur der Züchter, der sie von Zeit zu Zeit ver- setzt, hat gute Ernten. Viele Gärten liegen wüst. Der Grund kann blos in der Bodenbeschaffenheit gesucht werden. Dafür spricht auch der modernste Zweig der Hortieultur, die Züchtung der ausgezeichneten Ananas. Die Erde muss aus mühsam herbeigeschlepptem Haidegestrüpp künstlich präparirt werden, und jede Pflanze verlangt neue. Es fehlt also an gutem Humus- vorrath auf den Bergen. Der Mais nur gedeiht fortgesetzt sehr wohl auf den Abhängen, was im hohen Gehalte des Bodens an Kalisalzen seine Erklärung zu finden scheint (Zervas). Auch für die Parks erfordert die Herrichtung der Bodenunterlage ungewöhnlichen Aufwand. So gewinnt man den Eindruck, dass der Boden einer bestimmten nahrungsbedürftigen Pflanze nur kürzere Zeit das Dasein gönnt und bald ausgesaugt wird. Wohl mögen frische Laven durch die Absorption werthvoller Gase zunächst reichliche und leicht lösliche Nährsubstanzen enthalten, aber diese werden bei der grossen Durchlässigkeit der gewaltigen Tuffaufhäufungen bald ausgewaschen; und nur in den Schluchten häuft sich mässig das bessere Erdreich an, und hier gedeihen die Bananen- gärten. Die Igname verdankt ihre Ueppigkeit namentlich den vulkanischen T'hermen, mit denen sie bewässert wird. Es versteht sich von selbst, dass in Gärten, die eine gute Bodenunterlage haben, bei der gleichmässigen Temperatur und Feuchtigkeit ein unerschöpflicher Wechsel von Gemüse un- ablässig erzielt werden kann, woraus der Ruf der ungeheuren Fruchtbarkeit entstanden ist. Im Ganzen aber werden wir Hartung zustimmen müssen, wenn er den ursprünglichen Wald, mit dem die ersten Ansiedler die Inseln bedeekt fanden, nicht für einen Hochwald in unserem Sinne hält; es waren mehr Buschformen und ein lichter Hain immergrüner Laubhölzer'), und was 1) Anmerkung. Walcker vertritt umgekehrt die Ansicht, als hätte ursprünglich eine allgemeine Hochwaldbedeckung vorgeherrscht; er stützt sich auf die Balken, die man in der Kirche von Villa Franca trifft, auf den Reichthum an Nutzhölzern für Tischlerei, selbst Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 15) 215 für unsere Zwecke den Hauptunterschied macht, es war nicht zur Bildung einer dieken Humusdecke gekommen, der Folge uralten Waldbestandes. Dazu passt völlig der Habitus der Flora, die wir noch jetzt in ihrer Urspünglich- keit über der Culturzone antreffen. Gebüsch von Erica, Myrica, Buxus, Juniperus u. dergl. bedeckt die Abhänge, oben aber haben wir ein Weideland, wohl einer schottischen Landschaft vergleichbar; Wiesen, in denen die Cyperaceen vorwiegen, Polster von Sphagnum und namentlich von Leber- moosen. Die Hepaticae überziehen in überaus üppigem Rasen die Tuffwände der Kraterabstürze, Selaginellen geben ein südliches Ingrediens. Hier ist der Aufenthalt der einheimischen Nacktschneckenfauna und vieler indigenen Pul- monaten überhaupt. Das ist eine Unterlage, die mit deutschem Maassstabe gemessen, nicht schlechter gedacht werden kann. Das Moor und die sumpfige, saure Wiese sind die an Nacktschnecken ärmsten Localitäten, die kaum vom Steingeröll höchster Berggipfel übertroffen werden. Entsprechend hat diese Fauna sich auf den Azoren nirgends auch nur einigermaassen verdichten können. Noch ein weiterer Missstand. Der Mangel an Humus ist jedenfalls Schuld, dass die beliebteste Nahrung, die Pilze, zumal Boletus und Agaricus, sich äusserst spärlich entwickelten. Ich sah einen einzigen grossen Polyporus am Fusse einer Pinus maritima, einige fliegenpilzähnliche Formen in der Caldeira von Sete Cidades, wo wunderlicher Weise ZLycoperdon aus nackten Bimsteinbrocken hervorsprosste; einige gelbe Agarici standen auf dem Krater- rande von Fayal, wohl auf Schaf- oder Eselmist gedeihend; sie wurden auch gleich die Fangplätze für vereinzelte Arionen.!) Mit den Pilzen sind selbst die als Nahrung häufig stellvertretenden Flechten spärlich vorhanden. Einzelne nackte Abhänge, z. B. die Horta, sind von ihnen überzogen, und man hat viele Arten beschrieben und früher die Lackmusflechte gesammelt, aber sie beschränken sich hauptsächlich auf trockne Schlackenhänge und wuchern nicht Tarıs wurde hie und da reichlich gefunden. Aber Bezeichnungen, wie Pico de Cedros, beweisen wohl die Isolirtheit des brauchbaren Nadelholzes, und der Zaxus wurde bald für den Gebrauch der königlichen Hofhaltung monopolisirt. 1) Anmerkung. Aus der Thatsache, dass die Pilze nach Furtado’s Angabe allgemein vom Volke als Teufelsbrot (pio do diabo) gemieden werden, folgt wohl noch nicht ihre grössere Häufiekeit, wenn ich auch selbstverständlich mein Urtheil nur auf den kurzen Aufenthalt gründen kann, immerhin während der ergiebigsten Pilzsaison. 216 Dr. Heinrich Simroth. (p. 16) auf den Kämmen in der Weise, die wir auf unseren Gebirgen gewohnt sind. So scheint für die Limacidenentwickelung nur eine sehr mangelhafte Unter- lage in der Vegetation gegeben. D. Hypsometrische Beziehungen. Nach der jetzigen Vertheilung der Cultur und des Urlandes, vor Allem der Moos- und Grasflächen möchte der Unterschied zwischen Berg und Thal, oder besser zwischen Strand- und Gipfelzone sehr erheblich erscheinen, wodurch die einheimische Nacktschnecken- fauna den Charakter von Gebirgsschnecken erhielte. Allerdings würde eine hoch gelegene meteorologische Station etwas andere Daten liefern, als jene in den Uferstädten Ponta Delgada und Angra. Im Winter fällt auf den Höhen wohl ein leichter Schnee, und der Pico do Pico ist regelmässig längere Zeit weiss eingehüllt. Von ihm abgesehen, dürfte doch der klimatische Unterschied ungleich geringer ausfallen, als etwa in Deutschland eine entsprechende Er- hebung ausmachen würde. Im T'hale von Furmas wachsen in gewiss 1000’ Höhe (die Lagoa wird zu 865’ angegeben, und Dorf und Anlagen erheben sich weiter) in den Parks dieselben wunderbar üppigen tropischen Bäume, ebenso freudig wie in der Hauptstadt, verschiedene Mausa-Arten u. a., und die Igname wird hier auch in kleinen Schluchten eultivirt, die nicht von Thermen bewässert werden können. Man könnte hier mit Recht die geschützte Lage des eingeschlossenen Thales geltend machen, aber ich will bemerken, dass auf dem Wege zur Lagoa do Fogo, von der Praya bei Villa Franca aus, an dem einsamen Waldwärterhause, das den freien Blick auf die See hat, zwei Drachen- bäume so gut-gedeihen, wie unten an der Küste. Wenn also die Culturzone sich auf die unteren Theile der Inseln beschränkt, so hat das gewiss mehr in der Besiedelung von unten her seinen soeialen Grund, als in klimatischen Differenzen; dazu kommt die Bodenbeschaffenheit, die Herabschwemmung des fruchtbaren Erdreichs.. Und wenn wir die einheimische Nacktschneckenfauna jetzt auf die Berge, und namentlich auf die Kraterränder zurückgedrängt sehen, so entspricht das (die grössere Feuchtigkeit der Höhen bei Seite) schwerlich der ursprünglichen Verbreitung, und wir finden Plutonia und Vitrina, freilich nur an einem Punkte bei Ginetes, ziemlich weit unten, wohl kaum einige hundert Fuss über der See, in einer feuchten Bodensenkung, die mit einem lichten Hain ausgefüllt ist. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 1%) 21% Portugal. Müller-Beek, der im Ganzen von der Trockenheit des Landes nicht sehr erbaut ist, hat sein Augenmerk auf die Abhängigkeit der Vegetation von der geologischen Beschaffenheit gerichtet (XLVI) und die Steppen- und Haidegebiete (die Maquis der Pflanzengeographie), hauptsächlich den mächtigen tertiären Meeres- und besonders Süsswasser-Ablagerungen, die Bewaldung aber dem Urgestein, dem Foyait von Monchique, dem Granit in der nördlichen Hälfte zugewiesen. Der Granitboden soll die Bedingung abgeben für die hohe Cultur des idyllischen Minho, einer Provinz, die das Glück hatte, von Alters her eine ackerbautreibende Bevölkerung zu tragen. In der That macht der geologische Untergrund auch für das Schneckenleben viel aus; viel bedeutungs- voller aber sind die meteorologischen Verhältnisse. Einige Daten sind in der obigen Tabelle enthalten, der kundigste Führer für die Halbinsel bleibt natürlich Willkomm (LXXV). Für den Süden sind die trockenen heiteren Sommer und ein geringer Winterniederschlag bezeichnend, mit Umtra erst erreicht die Regenmenge 1000 mm, und sie steigert sich in den nördlichen Kiistenstrichen gleichmässig nach Galizien und Asturien zu mit der bekannten localen Anschwellung bei Coimbra!); mit der Steigerung aber mehren sich die Sommerniederschläge, die Regenwahrscheinlichkeit wird durch das ganze Jahr eine grosse, und da ist es geradezu wunderbar, wie eng sich die Verbreitungs- grenze jener Arten, die zu Mitteleuropa in näherer Beziehung stehen, so weit ich es bei dem immerhin flüchtigen Durchstreifen in fünf bis sechs Wochen herausbringen konnte, mit jener Zone reichlicherer Niederschläge deckt. In dieser Hinsicht ist es vielleicht nicht überflüssig zu bemerken, dass meine Karte 1 entworfen wurde, bevor ich die Regenkarte kannte. Südlich von jenem Gebiete beginnt mit dem "Tertiärbecken des T’ejo die Steppenregion und die mediterran-afrikanische Fauna; bis zu ihrem Nordrande streifen der süd- europäische Luchs und die Genettkatze; von den Schnecken gilt Aehnliches, die Clausilien, die Helix ponentina und inchoata bleiben im Norden, die scharf- gekielten turriplanaartigen Helices gehören dem Südgebiet an. Für die Nackt- schnecken ist der Unterschied beinahe noch viel grösser, wiewohl einige 1) Anmerkung. Nach der inzwischen erschienenen Arbeit von G.Hellmann „die Regen- verhältnisse der iberischen Halbinsel“, die ich nicht mehr benutzen konnte, die aber im Allgemeinen meine Angaben nicht zu sehr ändert, hat gerade Coimbra nur 900 mm jährliche Niederschläge. Nova Acta LVI. Nr. 2. 28 218 Dr. Heinrich Simroth. (p. 18) Arten, dieselben, welche auf die atlantischen Inseln überspringen, an der ganzen Küste zerstreut sind. In der Südhälfte ragt die Serra de Monchique als eine Waldoase hervor mit eigenthümlichem Charakter. Doch ist es wahr- scheinlich viel vortheilhafter, die portugiesischen Gebirge aus einer anderen Perspective zu betrachten, als die Ausläufer der grossen spanischen Gebirgs- systeme, die vom Rande des gewaltigen Plateaus sich in die Ebene verlieren. In diesem Sinne haben wir in der Serra de Monchique nur die Sierra Morena, in der Serra Estrella den Vorstoss des castilischen Scheidegebirges und im Norden, in der Serra de Gerez etc., den letzten Zipfel der nördlichen Küsten- verlängerung des pyrenäischen Systems vor uns; es wird sich zeigen, dass die Gliederung einer Nacktschneckengattung, des Geomalacus, sich dieser Gebirgsgliederung eng anschliesst. Somit haben wir in Portugal im Ganzen die so schroffen Gegensätze der pyrenäischen Halbinsel vereinigt, und wer das Land schnell durchreist, wird sie grell genug finden. Anders wenn man Willkomm’s Beschreibungen liest; darnach ist die portugiesische Steppe der spanischen an Oede und Trockniss nicht zu vergleichen, und die Gebirge mögen gegen die Wildheit der spanischen idyllisch erscheinen; die Temperatur- und Niederschlagsdifferenzen erreichen einen weniger hohen Grad. Es fragt sich, ob entsprechend das Nacktschneekenleben in Spanien reichere Gegensätze erwarten lässt. Hidalgo’s Catalog (XXXIV) giebt mehr und charakte- ristischere Arten von Portugal an als von Spanien; man mag versucht sein, auf die sicherlich ungenügende Erforschung als Grund hinzuweisen. Gleich- wohl lässt sich ein Urtheil mit einiger Sicherheit fällen. Fast alle die Arten, die nach Bourguignat’s intensiver Arbeit in Algerien vorkommen, finden ihre verwandten (viearirenden) Formen in Portugal wieder, ein Umstand, der einerseits in Spanien nicht allzuviel Neues erwarten lässt, andererseit den all- gemeinen Folgerungen grosse Festigkeit giebt. Freilich werden sich an manchen Stellen Lücken fühlbar machen, welche eine genauere Kenntniss der jedenfalls sehr eigenartigen spanischen Fauna höchst wünschenswerth erscheinen lassen, aber im Grossen und Ganzen darf man hoffen, in den portugiesischen Formen wenigstens die allgemeinen Grundzüge der iberischen Fauna vor sich zu haben. Man kann sich fragen, welche Jahreszeit die geeignetste zum Sammeln. Im Allgemeinen wird das Frühjahr als solche angegeben, und ohne Zweitel ist nach der langen winterlichen Regenzeit der Reichthum gerade an Nacktschnecken Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 19) 219 über das ganze Land ein ungleich grösserer, erwachsene Parmacellen z. B. sind fast nur dann zu haben, und in Lissabon vertröstete man mich gern auf den März etwa. Andererseits hat der Herbst besondere Vortheile und ist, wie mir scheint, zumal geeignet, über die eigentlichen Standorte Aufklärung zu verschaffen. Die beginnenden Regentage genügen, um die verborgenen Thhiere hervorzulocken; von denen, die wir jetzt finden, dürfen wir überzeugt sein, dass sie die warme Zeit gerade an der Stelle, wo sie auftreten. überdauert haben, und wo sie sich jetzt verdichten, da ist bestimmt ein Herd, an dem sie unausgesetzt gedeihen. Der allgemeine Charakter der einzelnen Landschaften, soweit er der Nacktschneckenwelt günstig oder ungünstig ist, lässt sich vielleicht einiger- maassen bezeichnen. Die weiten Sanddünen an der Guadianamündung bilden eine wirkliche Barriere für die Verbreitung, die weiter oberhalb bis Mertola durch Waldmangel nicht gerade beträchtlich vermindert wird. Algarbiens fruchtbare Küstenstriche sind gut angebaut, aber die Art der Cultur ist den Schnecken nicht hold. Das Land ist ein ‘Garten vereinzelter Fruchtbäume, eine grosse Plantage von Feigen und Mandeln, Johannisbrod und Orangen, aber der Boden wird regelmässig umgestürzt, und es kommt kein Kraut- und Graswuchs auf, ja man liebt es, die Feigen zu bequemerer Ernte breit cande- laberartig auf der Erde hinzuziehen. Lehmwälle mit Agaven und ÜOactus bilden die Grenzen der Besitzungen: wo Wein wächst, wird er in niedrigen Stücken am Boden gehalten. Mit dieser Region contrastirt die wasserreiche Serra von Monchique mit ihren Hainen von Kastanien und Korkeichen auf das Vortheilhafteste und darf in der That als ein Centrum gelten. Aber schon, wenn man ihre gewundenen Kämme nach Norden hinabreitet, macht sich der Mangel an Hochwald fühlbar. Ein gleichmässiger Haidebusch überzieht die Hänge und geht in die wellige Cistussteppe des Alemtejo, das Mato, über. In der Nähe der sehr zerstreut liegenden Ortschaften erhebt sich bisweilen frischerer Baum- wuchs, und hier mögen die Nacktschnecken besser fortkommen. Einen ähn- lichen Charakter, allmählich mit Ackerbau und Olivenhainen, dürfte das Land bis zum 'Dejo bewahren; namentlich werden die westlichen Niederungen des Sado mit ihren Salzlagunen als öde und sandig geschildert und gelten natur- historisch noch in Portugal selbst fast als Terra incognita. Schwerlich dürften 26* 220 Dr. Heinrich Simroth. (p. 20) hier Besonderheiten zu erwarten sein. Jedenfalls versprechen die meist mit Ulex- und Eriea-Arten, an denen Portugal so artenreich ist, bestandenen Flächen geringe, wenn auch vielleicht charakteristische Ausbeute. Die Serra da Arra- bida am Cap Espichel macht wohl eine Ausnahme, die sich aber nach der geologischen Unterlage (Kreide und Tertiär) und dem, was. von dort bekannt geworden, sicherlich nicht mit dem Foyait von Monchique messen kann. Ein wesentlich neues Moment tritt beim Cabo de Rocca in der granitischen Serra von Cintra hinzu, dem letzten Ausläufer der Serra Estrella.. Und nun findet man nach Norden mit der zunehmenden Regenmenge einen reicheren Laub- wald und grüne Flussniederungen am Mondego, dann wieder in der Vouga- niederung. Freilich wird auch hier das günstige Terrain immer wieder, namentlich gegen den Ozean hin, durch lange sandige Haiden und Kiefern- wälder unterbrochen; aber je weiter nach dem Douro zu, desto mehr nimmt die Gegend das wechselnde Ansehen etwa einer thüringischen Landschaft an, und jenseits des Flusses nach Braga hin bedeckt ein üppiges Grün überall den Boden; Wiesen wechseln mit Feldern, um jedes Feld ein Graben und Rasenstreif und eine Baumeinfassung, an der sich üppig die Rebe hinaufrankt, hier ist das Eldorado der Nacktschnecken, wo nicht an Arten, so doch an Individuenzahl. Das Maximum der Bedingungen vereinigt endlich in sich das nördliche Gebirge, von dem ich Gerez kennen lernte. Unten am Flusse die üppige Cultur, in den Schluchten eine reiche Vegetation von Lorbeer, Erdbeer- baum, grossen Eriken etc., in der Höhe ein grasbedecktes oder nacktes, wasser- reiches Gestein, auf dem die Capra hispanica und der Wolf, wenn auch vereinzelt, hausen. Hier erreichen unsere Schnecken den grössten Körperumfang. Es wäre äusserst undankbar, wollte ich die Namen der Herren ver- schweigen, die mich überall, sei es mit ihrer Localkenntniss und Sammel- erfahrung, sei es mit ihren Schätzen, freundlichst unterstüzten. Herr Professor Barboza du Bocage öffnete mir die Schätze des Lissaboner Museums und liess mir unausgesetzt seinen werthvollen Rath zu gute kommen. Die Herren Albert Girard und der leider inzwischen jung dahingeraffte Arruda Furtado in Lissabon, die Herren Professor Paulino d’Oliveira, Moller und Jose Maria Rosa de Carvalho in Coimbra und endlich die Herren Isaac Newton, Eduardo Segueira und Augusto Nobre in Oporto haben mich zu grossem Danke verpflichtet, den ich mit Vergnügen auch hier ihnen ausspreche. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 21) 221 Das europäische Gesammtgebiet. Seit Bourguignat's grossem Werke über Algerien sind die mala- kologischen Schöpfungsgebiete Europas wohl nicht wieder mit annähernd gleicher Gründlichkeit erörtert worden, und wenn im Folgenden der Anschluss und die Beziehungen der westlichen Fauna untersucht werden soll, so muss nothwendiger Weise auf die allgemeinen Sätze dieses Forschers immer wieder, pro oder contra, zurückgegriffen werden, daher hier das Wichtigste zusammen- gestellt werden mag. Bourguignat kommt zu folgenden Schlüssen: Durch Europa zieht sich zwischen 35° und 46° eine Schöpfungszone die Bergketten entlang, vom Atlantie bis zum Kaspisee. Alle nördlichen Arten stammen aus dieser Zone. Umgekehrt ist im Süden jede Species localisirt und wohnt unver- änderlich an Ort und Stelle. Die Schöpfungszone hat drei Oentra: a. das spanische, von den Pyrenäen bis zum Süden von Marocco, Algier und Tunis, westlich nur bis zur Garonne, — b. das alpine, von den französischen Alpen bis zum Schwarzen Meere mit Italien und Griechenland, — c. das taurische, der Taurus bis zum Kaspisee und Persien, mit dem Kaukasus, der südlichen Krim, Creta, Uypern und dem Libanon. Im Süden des ganzen Gebietes, "von der Sahara bis Persien, ist die Schöpfung erloschen. Das alpine Centrum allein hat die europäischen Formen geliefert; das taurische hat keine Strahlen ausgesandt, da von jeher das Schwarze Meer die Schranke bildete. ‚Jede Art hat nur einen Herd. Alle Arten stammen von den Bergen. Jedes Centrum hat eine Specialfauna. Im Norden hat jede Art einen viel grösseren Bezirk als im Süden (200: 1). Im Norden ging die Acclimatisation von Süd nach Nord. Der maritime Einfluss ist im Norden gleich Null, mit Ausnahme der Strecke von Biarritz bis zu den britannischen Inseln, wo sich der Golfstrom geltend macht, im Süden ist er colossal, Beweis eines alten Littorale. 222 Dr. Heinrich Simroth. (p. 22) Arten, die zufällig transportirt werden (mit Ausnahme derer, die mari- timem Einfluss unterliegen) können nur von Nord nach Süd und von Ost nach West und nicht umgekehrt acclimatisirt werden. Nordafrika ist artenarm, es bildet nur ein Annex von Spanien, Ich werde mich oft genug mit diesen Ansichten auseinander zu setzen haben, denn ich verdanke vieles werthvolle Material verschiedenster Herkunft einer Reihe von Freunden, die ich an den betreffenden Stellen erwähnen werde. Es hat mir die Verallgemeinerung vieler Schlüsse ermöglicht. Mögen sie alle meiner herzlichsten Dankbarkeit versichert sein. Noch mag eine Bemerkung bezüglich der Nomenclatur vorausgeschickt werden. In sehr vielen Fällen deckte sich eine Nacktschneckenart mit den von meinen Vorgängern gegebenen Beschreibungen nicht, da ihre Methode, nach dem Aeusseren einzutheilen, häufig Varietäten zumal der Färbung unter andere Species zu subsumiren verleitet. Soweit es anging, habe ich die Auf- stellung neuer Namen vermieden und nur den alten meist einen anderen Umfang gegeben. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 23) 2283 Erstes Kapitel. Die paläarktischen Raublungenschnecken, Pulmonata rapacia. Die Familie der Testacelliden oder Agnathen, von denen Fischer bereits, wenn auch in anderem Sinne, die Selenitiden abtrennte (XVII, kann schwerlich aufrecht erhalten werden, weil die 'Thiere einen polyphyletischen Ursprung haben, daher ich sie, soweit ich sie selbst untersuchen konnte, in ‚vier Familien auflöse. Erste Familie. Vitrinenähnliche Raubschnecken. Rapacia vitrinoidea. Plutonia (Viquesnelia) atlantica Morelet.!) Taf. 1, Fig. 1—13. Taf. 9, Karte II. Morelet bezeichnet mit Recht dieses T’'hier als die interessanteste Schnecke der Azoren. Er und Drouet hatten das Unglück, erst später auf diesen Punkt aufmerksam zu werden, daher denn die kleine Anzahl, die sie sammelten, unbeachtet sich verloren hat. Vorkommen und Lebensweise. Bis jetzt ist die Schnecke nur auf S. Miguel gefunden, wo sie nach Morelet ziemlich selten sein soll, in den Umgebungen von Ponta Delgada und im "Thal von Furnas, unter Steinen, sowie am Fusse von Mauern, die von der Vegetation der Gärten beschattet 1) Anmerkung. Es möchte von einigem Vortheil sein, darauf hinzuweisen, dass Wollaston (LXXVT) noch Vrguesnelia schreibt, lediglich, weil derselbe mit den Sammelangaben 7 5 5 anderer Forscher betreffs der atlantischen Inseln so äusserst kritisch zu Werke geht. 224 Dr. Heinrich Simroth. (p. 24) werden. Die Angabe könnte zu der Vorstellung verleiten, dass wir es mit einem durch die Gartenkunst eingeschleppten 'Thiere zu thun haben. Die Frage tritt um so mehr in den Vordergrund, als der einzige lebende Vertreter der Gattung, Fischers Viquesnelia Dussumieri (Clypeicella Dussumieri Val.) in Mahe sich finden soll (XIX). Um so wichtiger ist es mir, dass ich die Frage verneinen kann. Ich traf die Schnecke an Oertlichkeiten, die als der eigentliche Zufluchtsort der indigenen Fauna gelten müssen, und nicht nur auf S. Miguel, sondern ebenso auf Fayal, woraus es wahrscheinlich wird, dass sie über die sämmtlichen Inseln, zum Mindesten auch über die Mittelgruppe, verbreitet ist. Auf S. Miguel fehlt sie nach meinen und Herrn Chaves Erfahrungen in der näheren Umgebung der Hauptstadt, resp. in deren Garten- und Oulturbezirke, und ich vermuthe, dass die französischen Forscher den Umkreis nicht ganz eng gezogen haben. Wir fanden sie zuerst auf der Höhe über der Stadt, nach ein- bis zweistündigem Aufstieg, am Fusse des Pico de Carväo, vereinzelt unter Sphagnum und Lebermoosen (von hier giebt sie auch Walcker an VID, etwas zahlreicher unter den Schollen von Haideerde, die unter den Bogen eines stattlichen Aquaeduets zum Querwall aufgehäuft und völlig zusammen- gesackt waren. Letzteres ist von besonderer Wichtigkeit, insofern es die unterirdische Lebensweise der Schnecke bezeugt. Sehr vereinzelte Exemplare trafen wir wieder auf den Höhen des Kraterkessels von Sete Cidades unter ähnlichen Bedingungen wie die ersten, und in halber Höhe im Südwesten der Insel bei Ginetes, in der halbwaldigen Schlucht unter Steinen. Endlich glückte es mir, ein Paar 'T'hiere auf dem schmalen Grate der Caldeira von Fayal zu erbeuten, wo der Nordsturm heftige Regenschauer auf die kleinen, vom Winde kammartig geschärften Grashügel und armtiefen Sphagnumpolster ergoss, dass in den verborgenen Rinnsalen kleine Wasserbäche dem Schwammboden ent- rieselten. Wiewohl die Feuchtigkeit ein Paar Arionen über das Gras heraus- gelockt hatte, waren die Plutonien doch nur durch Umstürzen der Grasbüschel in der Erde zu finden. So ist die Schnecke als ein ächtes Kind der Azoren anzusehen, das nach Testacellenart ein unterirdisches Da- sein fristet. Mit den Testacellen theilt sie die Ernährung. Herr Chaves be- obachtete eine, wie sie einen Regenwurm verschlang, ich fand, entsprechend, nichts Anderes als je einen Regenwurm im Magen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 25) 225 Aeusseres. Furtado (XXI) weist darauf hin, dass Drouet’s Be- schreibung besser als die Morelet’s (XV, XLII); auch dessen Abbildung (Jedenfalls nach flüchtiger Reiseskizze) wird getadelt. Die Fühler sind zu lang und zu stark geknöpft, die hintere Mantelhälfte zu sehr gebuckelt, die Runzelung und Farbe nicht zutreffend. Umgekehrt haben Furtado’s Figuren zu spitze Fühler; auch kam mir die eigenthümliche Stellung mit erhobenem Hinterende (XXI Fig. 3) bei längerer Beobachtung nicht zu Gesicht. Sie kommt natürlich vor, kann aber nicht als besonders charakteristisch gelten. Kurz, ich beginne die Beschreibung von vorn. Das höchstens 2 em lange Thier ist in den Längenverhältnissen limaxartig, dabei aber ausserordent- lich stark von der Seite her comprimirt, wie man an der äusserst schmalen Sohle wahrnimmt (Taf. 1. Fig. la). Diese ist durch Rinnen dreifelderig. Der Rücken vom Mantel an ist stark gekielt, namentlich bei ermattenden Exemplaren wie ein Tritonenkamm. Die Ommatophoren sind in der T'hat ziemlich klein. Die Schale ist völlig vom Mantel überwachsen, ohne Porus; der fast glatte Mantel springt nach hinten ein wenig vor, d. h. er ist vom Kiel durch eine kurze weisslich schimmernde Querfurche geschieden. Die Athemöffnung rechts ziemlich weit hinten. Die Runzelung vorn unbe- deutend, hinten durch Furchen in polyedrischen Feldern, die als einzelne kunzeln am Schwanzende zum 'T'heil gekielt und mit feinen Drüsenporen ver- sehen sind, wie Furtado's Fig. 4 sie etwas stark und schematisch, aber richtig darstellt. Vorn ziehen die üblichen vier Furchen hin, in normaler Anordnung, die doppelte mediane Nackenfurche, die sich zwischen den Ommatophoren gabelt, und mehr divergirend die beiden seitlichen, von denen in Fig. 1 die rechte etwas sichtbar. Von einer Nasenrinne oder einem Nasenwulst ist unter der Mantel- kapuze nichts zu bemerken. Der Schleim ist klar und spärlich, die Haut macht denselben trockenen Eindruck, wie etwa die unserer Amalia marginata, doch ohne den Firniss. Plutonia ist die trockenste Schnecke der Azoren. Die Färbung verdient besondere Beachtung. Die meisten T'hiere sind schwärzlichgrau, mit etwas gelb besonders in der Nieren- oder Schalengegend des Mantels (Fig. 2), auch die Sohle ist dunkel, und zwar die Seitenfelder so gut wie die Mitte. Wie wir es von Amalia kennen, ist oft (durch irgend Nova Acta LVI. Nr. 2. 29 226 Dr. Heinrich Simroth. (p. 26) welchen Thätigkeitszustand als Interferenzerscheinung) die Mitte dunkler als die Seiten. Natürlich bleibt der Rücken unter der Mantelkapuze hell, doch so, dass das dunkle Colorit ziemlich weit nach hinten vordringt. "Thiere, die etwas weniger dunkel sind, nehmen ein verschieden tiefes Chocoladenbraun an, das namentlich nach dem Tode ins Rothbraune übergeht (Fig. 3). Der Mantel ist auffällig durch seine asymmetrische Zeichnung. Auf der rechten Seite geht eine dunkle Binde am Rande entlang, nach hinten ver- schmälert und am Hinterende ein wenig nach links umbiegend (Fig. 1 und 2), die linke Seite ist entweder gleichmässig wie die Mitte, oder es bildet sich auch hier am Rande ein schmälerer Streif dunklerer Flecken aus (Fig. 3). Alle diese Thiere sind auf der dunklen Erde, wenn man die Grasnarbe ab- hebt, schwer zu erkennen, sie liegen träg da, selbst erdfarben. Völlig ab- weichend fand ich auf Fayal neben dunkeln ein helles Exemplar (Fig. 4), hinten auf den Runzeln schwach grau schimmernd, vorn mit einem Anflug des röthlichbraunen Toons; auch schienen die Thiere von Fayal insofern eine Art Varietät darzustellen, als sie weniger scharf gekielt und namentlich in Alkohol dieker waren. Für die Entwickelung nicht unwichtig war ein im Kriechen kaum 3 mm langes, sehr schmales T'hierchen, ebenfalls von Fayal, von denselben Proportionen, ebenso geschlossenem Mantel wie die alten, auch dieses weisslich, wie das zuletzt geschilderte. Nach den Spuren von Färbung bei der hellen Form erscheint sie nicht als ein plötzlich und sprungweise eingetretener Albinismus, sondern als das hellste Glied einer Farbenscala, und andauernder Sammelfleiss dürfte zweifellos die noch fehlenden blasseren Stufen auftreiben. Schale. Das kleine flache Schälchen, von dem der Limaces nicht allzu sehr verschieden, füllt seine Tasche ganz aus. Seine Form erhellt aus den Fig. 9 und 10. Schwach ausgehöhlt, ist es insofern etwas differirend, dem Charakter solcher rudimentären Schalen entsprechend, als der Kern oder Wirbel, der hinten excentrisch liegt, bald als ein Windungsrest seitlich heraustritt (Fig. 9), bald nur aus der schmalen Streifung im hinteren Umfange bestimmt werden kann (Fig. 10). Die continuirliche Conehiolinmembran mit den gewohnten Rillen enthält bei jüngeren 'Thieren (Fig. 10) nur am Hinterende eine etwas kräftigere Kalkeinlagerung, die sich bei älteren (Fig. 9) verschwommen weiter nach vorn ausdehnt. Bei stärkerer Vergrösserung er- Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 27) 22% scheinen die Kalkmassen von dem unregelmässig rundlichen Umriss wie bei den Nacktschnecken im Allgemeinen. Man kann an der jüngeren Schale noch bemerken, dass einige Kalkwülste am hinteren Rande den Verlust des seitlich heraustretenden Wirbels andeuten. Einem solchen jüngeren Schälchen entsprechen Furtado’s Abbildungen. Dieses Schälchen sollte der fossilen Viquesnelia lenticularis gleichen, es wurde dann ein Schälchen von Mahe hinzugenommen als Viquesnelia Dussumieri (XIX). Vergleicht man die Abbildung, die Deshayes gab (XIV), genauer, dann schwindet sofort alle Aehnlichkeit, die zweite Art aber von Östindien oder den Seychellen zeigt zwar einen schwach heraustretenden Windungsrest, doch kann ein solches Schälchen, wie wir jetzt wissen, von den verschiedensten Punkten aus er- reicht werden, und bei der Viquesnelia Dussumieri hat wohl eine Zonitide die beschalte Ausgangsform abgegeben, man hat an Mariella gedacht. Darum schliesse ich mich Stabile an, der die azorische Viquesnelia in Plutonia umänderte (LXX). !) Anatomie. Die inneren Verhältnisse weisen die Schnecke, soweit die Verdauungsorgane in Betracht kommen, den Testacelliden zu, mit unbedeutenden Ausnahmen. Der Pharynx zwar ist mässig gross, höchstens wie bei einigen Daudebardien, nicht von der Ausdehnung wie bei den Testa- cellen selbst, auch schaut die Zungenscheide hinten frei heraus. Auch wird er blos durch die gewöhnlichen Muskenbündel am Ende gehalten und nicht, wie bei Testacella, durch viele. Ein physiologischer Ersatz, der aus dem Bedürfniss starker Retensionsfähigkeit bei Bewältigung der gewaltigen Beute entspringt, wird durch zwei flache Muskelbänder gebildet, welche von seiner oberen Fläche in der hinteren Hälfte nach aussen von den Speichelgängen gerade hinauf nach der Nacken- haut ziehen. Zwei feine Protrusoren fassen hinten am Schlundkopf an und ziehen über ihn hinweg divergirend nach vorn zu den Seiten des Mundes. Ein starker Kiefer ist vorhanden, aber doch nur hell weiss und nicht braun eonchiolinisirt. Furtado bildet ihn (XXI Fig. 8) so ab, dass der untere Rand in der Mitte winkelig geknickt ist. Man muss hinzufügen, dass er (Taf. 1. Fig. 5) dem gewöhnlichen Limaciden- oder Vitrinenkiefer gleicht, fr !) Anmerkung. Allerdings findet sich der Gattungsname P/utonia auch bei den Trilobiten. 29* 228 Dr. Heinrich Simroth. (p. 28) doch ohne den scharfen mittleren Zahnvorsprung, dass sich ihm aber von hinten her secundär eine Platte angelagert hat oder von ihm sich herab- schiebt, die den Winkel bildet. Die Zunge ist wie bei den Testacelliden gefiedert, ihre Formel 50 bis 52 (19 +1 + 19). Ein kleiner Mittelzahn ist vorhanden, von dem nach der Seite die schlanken pfriemenförmigen Zähne beträchtlich sich verlängern, um endlich sich eontinuirlich wieder ein wenig zu verkürzen. Es fehlt den Zähnen der hakige Ausschnitt der Testacellen, sie erinnern mehr an die Daudebardien. — Die Speicheldrüsen gewöhnlich. — Die erste Darmwindung, der Magen, lang und weit, doch kaum so muskulös wie bei den Testacellen, die zweite und dritte kurz und wenig gewunden. Nachher biegt der Enddarm oder eine vierte Windung, die den Testacellen fehlt, wie bei jeder gewöhnlichen Pulmonate, nach vorn zum rechten Lungen- rand, um sich am Athemloch zu öffuen. Die Mitteldarmdrüsen gewöhnlich. Sehr bemerkenswerth sind die Genitalien (Fig. 11—135). Alle Theile sind hell. Ich untersuchte ein Thier von S. Miguel in Ponta Delgada (Fig. 11 und 12), ein anderes von Fayal später (Fig. 13). Die Unterschiede sind unbedeutend. Die Zwitterdrüse einfach, der Zwittergang grob oder fein ge- wunden; Eiweissdrüse, Ovispermatoduet gewöhnlich. Die Prostata, eine kurze Strecke frei, geht in ein weites gerades Vas deferens über, das in einen kleinen, retractorlosen Penis mündet. Dieser hat eine drüsige Aus- sackung, als wenn er aus zwei parallelen Schläuchen bestände; bei dem Thiere von Fayal ist die weissliche Drüse stärker abgetrennt (Fig. 13). Der Oviduct ist nach der Abtrennung von der Prostata zunächst ziemlich eng, dann erweitert er sich, nachdem er den Blasenstiel aufgenommen (das kleine kugelige Receptaculum hängt am distalen Ende des Eisamenleiters), nachher schwillt er wieder ab und zieht zum Penis herab, worauf noch ein längeres Atrium folgt. Die Anschwellung, welche Furtado für eine Drüsenstrecke nahm, enthielt bei dem T'hiere von S. Miguei vielmehr im Inneren eine starke durchbohrte Muskelpapille (Fig. 12), hauptsächlich aus Ringfasern, die Pfeil- papille, bei dem Thiere von Fayal ist auch über der Papille die Pfeil- drüse völlig ausgebildet, wie bei den atlantisehen Vitrinen. Die Genitalöffnung liegt weit vorn. Von einer Kreuzung des Penis mit dem rechten Ommatophoren kann bei dem Mangel eines Retractors nicht die Rede sein. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 29) 229 Die Niere gewöhnlich. Die Urinkammer zeichnet sieh durch einen hinteren nach rechts unter den Enddarm vorspringenden Zipfel aus (Taf. 1. Fig. 6 und 7). Vorn beginnt der Ureter weit und riück- läufig und biegt dann über jenen Zipfel nach rechts hinüber, um mit dem Enddarm zum Athemloch zu ziehen. Lunge wie bei Zimax, doch mit kaum hervortretendem Athemgewebe, vielmehr auffallend glatter Oberfläche. Herz gewöhnlich, an der Seite der Niere. Die Ommatophorenmuskeln, welche die Retraetoren für die kleinen Fühler abgeben, entspringen getrennt, aber dicht neben einander, unter dem hinteren Mantelende und nehmen die beiden Pharynxretraetoren zwischen sich. Wir haben es mit einem bis zur Wurzel in seine vier Componenten gespaltenen oder noch nicht verwachsenen Spindelmuskel zu thun. Der Schlundring ohne Besonderheiten. Die Hirnganglien mit kurzer Commissur, die Connective ziemlich lang, die Visceralganglien leidlich ver- schmolzen, die Pedalganglien in ganzer Breite an einander gelagert. Semper’sches Organ fehlt. Fussdrüse kaum sichtbar, jedenfalls, weil sie sich in der schmalen Sohle versteckt. Ueber Blutlauf und Hautsinus durch Schnitte mich zu informiren, war mir das Material zu kostbar, denn es hätte bei der Kleinheit des Objectes gewiss einer Anzahl 'Thiere selbst zu unsicherem Resultate bedurft. Immerhin mag bemerkt werden, dass Morelet die Aehnlichkeit des Integumentes mit dem von Testacella auffiel, ohne dass er sonst beide Thiere vereinigt. Ich kann den Eindruck bestätigen. 230 Dr. Heinrich Simroth. (p. 30) Zweite Familie. Hyalinenähnliche Raubschnecken. Rapacia hyalinoidea. Testacella Ouvier. !) Taf. 2. Fig. 1-10. Taf. 9. Karte II. Von dieser in ihren Arten mannigfach umstrittenen Gattung kommt nach meiner Erfahrung nur 7. Maugei Fer. in Portugal und auf den Azoren vor, Ich fand sie auf S. Miguel und S. Maria unter Verhältnissen, welche vielleicht auf historische Einwanderung deuten, d. h. mehr in der Ufer- zone oder doch im Gebiete des Culturlandes, den Quintas, nicht aber auf den Moos- und Haideländereien der Kraterränder. Doch wurde auch ein Exemplar bei Ginetes erbeutet, unter der indigenen Fauna. Nach Morelet ist sie auf den Azoren allgemein verbreitet, und auch das weist für ein schwer wanderndes und in seinen geographischen Grenzen scharf begrenztes Thier vielleicht auf ältere Einwanderung hin. Kurz, ich möehte gerade hier die Frage offen lassen. Für Portugal giebt sie Morelet (XLIV) von Algarve bis zur Breite von Coimbra an; ich besitze sie verschiedentlich auch von Oporto ; sie fehlt wohl nirgends, ausser auf den höheren Gebirgen und in den allerdings umfangreichen Steppen, in denen ich wenigstens keine fand und die auch kein passendes Terrain für sie abzugeben scheinen. Fetter, thoniger, regenwurmreicher Boden wird ihr mehr behagen. Anfangs schien es mir, als wenn die T'hiere von S. Miguel etwas heller wären (Taf. 2. Fig. 1), indem auf hellgelblichem Grunde das punktirte Pigment sich lediglich an die den Blattrippen einer dicotylen Pflanze ähnelnden Furchen hielt. Doch fällt solcher geringer Unterschied wohl nicht aus dem Rahmen der allgemeinen unbedeutenden Farbenvarietäten heraus. Hidalgo’s Verzeichniss (XXXIV) giebt auf Grund verschiedener Autoren (Gassies und Fischer, welche die eine ganz unsichere Nacktschnecke Morelet's hierher beziehen, Pfeifer) auch 1) Anmerkung. Leider ist es mir nicht mehr möglich, auf die inzwischen (1888) erschienene gründliche Bearbeitung der T7estacella haliotidea von Lacaze-Duthiers (Arch. de Zool. exper. et gener. V) einzugehen. Ich muss den Vergleich den Lesern überlassen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 31) 231 die T. haliotidea Drap. von Portugal an, ebenso Westerlund. Ich finde mit Morelet nur die Maugei.t) Hesse zieht ein Exemplar von Tanger (XXVII) mit einigem Zweifel zu T. bisulcata Risso, welche nach Kobelt’s Catalog (KXXVII) in den See- alpen und Oberitalien, nach Westerlund in Südfrankreich, Oberitalien und Marocco sich findet, nach Hidalgo allerdings in Spanien, nach Gassies und Fischer (XXII) ausser in der Provence auch als Varietät bei Constantine, worauf wohl auch Bourguignat’s 7. Fischeriana beruht (VII). Ich erwähne diese Angaben nur, weil es bei der vielfachen Uebereinstimmung nordafrika- nischer und südspanisch-portugiesischer Typen nicht unwahrscheinlich wäre, dass wir auch die bisulcata in Algarve zu ermitteln hätten. Bemerkt sei aber ausdrücklich, dass mir die Maugei auch von dieser Sidprovinz vorliegt, von wo sie bekanntlich nach Norden am Mittelmeergestade bis Britannien (hier eingeführt) sich verbreitete, wie sie andererseits auf Madeira und Teneriffa sich findet. Von den acht Arten, die Gassies und Fischer auf- zählen, sind vier fossil und vier lebend, Westerlund hat neuerdings fünf- zehn, v. Martens beschränkt sich wieder auf zwei, die Maugei und die haliotidea, mit den Worten (I): „Bei der schwierigen und immer wieder an- gefochtenen Unterscheidung mehrerer europäischer Arten scheint die längst bekannte Art (haliotidea) auch die verbreitetste zu bleiben und das Areal der Gattung gänzlich zu erfüllen. Die Engländer kennen sie von London, Devon- shire, dem südlichen Irland und den normannischen Inseln, in Frankreich ist sie jedenfalls die häufigste. Calcara giebt sie von Palermo, Bivona von der Insel Ustica, Cantraine von Rom und Triest an, Graells von Madrid, More- let von Bona und Philippeville, Lowe von Madeira, Webb und Berthelot von Gran Canaria, während Morelet in Portugal nur Testacella Maugei fand. 1) Anmerkung. Eine Bemerkung Taylor’s (on the specifie distinetness and the geo- graphical distribution of 7estacella scutulum. Journ. of Conchology, July 1888), wonach Gassies und Fischer in Bezug auf die Geschlechtswerkzeuge Test. haliotidea und Maugei verwechselt hätten, kann leicht die Verwirrung vergrössern. Wie mir ihre Figur (Pl. I. Fig. 15) zu zeigen scheint, haben diese Autoren in der That die 7est. Maugei vorgehabt, aber das Vas deferens nicht bis zum proximalen Ende des Penis verfolgt, allerdings auch ein Irrthum. Pollonera’s Zestacella dubia von Turin würde ich, nach den Abbildungen der Genitalien wenigstens (Bollet. dei Mus. di Zool. ed Anat. compar. della R. Univ. di Torino IV. Tav. I. 1889), für identisch halten mit 7est. haliotidea. 232 Dr. Heinrich Simroth. (p. 32) Wir dürfen aus jenen Angaben nur das schliessen, dass eine Testacella, und zwar eine von haliotidea auf den ersten Blick nicht auffallend verschiedene alle jene Länder bewohnt.“ Noch heute möchte ich diesen Standpunkt mit geringer Verschiebung, die zunächst auch den atlantischen Inseln nur die T. Maugei zuweist, im Ganzen einnehmen, trotz der inzwischen auf das halb rudimentäre, wenigstens in seiner Bedeutung als Schutzorgan abgeschwächte und daher nicht allzu typische Schälchen gegründeten erhöhten Artenzahl. Ich hatte ein Thier von Triest, das ich der Güte meines Freundes v.Graff verdanke, und das nach dem Vorkommen die 7. haliotidea sein würde, längere Zeit lebend, ich konnte einige Exemplare, die Herr v. Maltzan von Sardinien und Corsika mitbrachte und die nach gleicher Bestimmung als T. Gastroi Issel zu gelten haben, prüfen. Sie unterschieden sich nach der Anatomie nicht von der bisulcata nach Gassies und Fischer; ich stehe nicht an, sie der haliotidea wiederum unterzuordnen. Eine 7. Companyoni Dup. aus den Ostpyrenäen schulde ich Herrn Goldfuss; auch sie steht, wiewohl einige Unterschiede vorhanden, der haliotidea ganz nahe, trotzdem sie von Westerlund der anderen Section, als deren Typus die 7. Maugei gilt, zu- getheilt wird — ein Beweis mehr für die taxonomische Unzulänglichkeit der Schale. Und so mögen die anatomischen Unterschiede beider Arten hier Platz finden, um zugleich das von den Franzosen 1856 begonnene Werk möglichst zeitgemäss fortzuführen. Verdauungsorgane. Ueber die Bewaffnung des Pharynx füge ich nichts Neues hinzu. Die Zunge mit den groben in Fiederreihen gestellten und hinten hakig ausgeschnittenen Zähnen ist bekannt genug. Ebenso wissen wir, dass die Ausdehnung der äusseren Wand des Schlundkopfes mit seinen Muskeln nach hinten so weit überhand nimmt, dass die Zungenpapille nicht mehr hinten herausschaut, sondern weit vorn ins Innere, etwa in die Längsmitte, zu liegen kommt. Sie liest in der oberen Rinne des langen, vorn löffelartig gebogenen Knorpels, über dessen vordere Lippe sich die Ra- dula hinwegzieht oder vielmehr in der des ebenfalls rinnenförmigen Zungen- retractors, der die Knorpelrinne ausfüllt und mit dem Knorpel zusammen bis zum Hinterende der Pharynx reicht. Feine Muskelbündel sind als Antagonisten zwischen der Unterseite der Knorpellippe und dem vorderen Pharynxboden ausgespannt, ihre Bodeninsertion liegt weiter vorn, als die obere. Endlich Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 33) 233 sind noch einige Bündel aus dem Innern des Schlundkopfes zu nennen: sie liegen auf den oberen Knorpelrändern und befestigen die Zunge seitlich. Der Protrusor des Pharynx entspringt vom unteren Mundumfange und zieht schräg nach hinten zur unteren Pharynxwand vor dem Zungenknorpel. Charakteristisch für die Arten ist der Pharynxretraetor, der nach Gassies und Fischer bei Maugei aus einem kräftigen Endmuskel besteht (XLII) (Taf. 1. Fig. 2), dem sich bei haliotidea (Fig. 1) eine Menge einzelne Bündel zugesellen, die auf der oberen Linie ziemlich median sich inseriren (Taf. 4. Fig. 7 und 8). Die Maugei von Portugal stimmt völlig mit der französischen überein, der Muskel besteht, wie Fischer andeutet, aus zwei symmetrischen Hälften, die sich jedoch in etwas scharfe Falten legen, so einen gelegentlichen Zerfall in einzelne Bündel andeutend; wie die haliotidea ver- halten sich die T'hiere von Triest, Sardinien und Corsika; auch Companyoni schliesst sich an, wiewohl eine Anzahl der kleinen Retraetorbündel sich an der Decke, nahe der dorsalen Medianlinie inserirt. Ueber den Ursprung der Pharynxretractoren siehe unten. Die Darmverhältnisse lassen sich an der Abbildung der Daude- bardia Saulzyi illustriren (Taf. 2. Fig. 11), oder sie sind dieselben, wie bei Plutonia, wenn man die vierte Windung sich wegdenkt und die dritte sich stark verlängern lässt bis zum After, der hinten unmittelbar mit der Athem- öffnung zusammenfällt. Fischer zeichnet (l. ce. Fig. 2) die Biegungen etwas weiter, als ich es sah, wodurch der Darm zu lang wird, ein ziemlich gleich- gültiger Umstand, wenn nicht gerade die Kürze für den Fleischfresser charak- teristisch wäre. Die erste Windung oder der ‘Magen (vom engen Oesophagus abgesehen) ist bekanntlich sehr starkwandig und muskulös, namentlich mit Ringfasern, es entsteht ein vorn kolbiger, nach hinten verengerter Theil, der sich ein Stückchen vor den Lebergängen scharf vom gewöhnlichen Darme ab- setzt. Das vordere erweiterte Ende wird durch zwei Muskelblätter an der Nackenhaut befestigt, neben dem verschmälerten Abschnitte dahinter liegen die Speicheldrüsen. Wiewohl auf dem Querschnitt dieses Abschnittes das Innere ausserordentlich durch vorspringende Längsfalten verengt wird, so glaube ich doch, dass es sich weniger um eine Absonderung von Fermenten, iiberhaupt um einen verdauenden Abschnitt handelt, als vielmehr lediglich um genügende Erweiterungsfähigkeit und Festigkeit zur Aufnahme des colossalen Bissens Nova Acta LVI. Nr. 2. 30 234 Dr. Heinrich Simroth. (p. 34) (s. Daudebardia). Denn der Lumbrieus wird ganz ‚verschlungen, wie Fischer es abbildet (l. ec. Tafel 2. Fig. 1D). Auch ich sah die italienische Testacella einen viel grösseren Wurm, als sie selbst war, ungefähr in der Mitte fassen und ihn allmählich, jedenfalls im Laufe von mehr als einer Stunde verschlingen, wobei nur das eine Stück übrig gelassen wurde, um welches die eine Hälfte die andere überragte. Die Schnecke war ähnlich verkürzt, wie in der Figur Fischer’s, ohne je die Fühler zu zeigen und stets mit dem Vorderende nach unten gekrümmt. Aller fünf bis zehn Minuten schienen stärkere Schling- acte einzutreten, indem sie sich eigenthümlich aufbäumte und das Kopfende vollständig nach unten zurückbog. Nach der Mahlzeit sass sie zusammen- gezogen und ruhig mit versteckten Fühlern, ein unscheinbarer Klumpen. Der Wurm lebte während des Fressaktes und entleerte Koth, eine Betäubung, wie bei Scolopenderangriffen trat nicht ein. Es ist natürlich, dass der Fressaet eine gewaltige Anstrengung sein muss, ist doch der Pharynx das umfang- reichste Organ des ganzen Körpers geworden. — Die Speicheldrüsen sind durch viele kräftige Arterien mit dem Magen verbunden, wie denn überhaupt die Gefässe stark und reichlich vorhanden sind. Die Mitteldarm- drisen gewöhnlich und, wie es bei carni- und fungivoren Schnecken üblich zu sein scheint, sehr heli (gegen das Dunkelbraun bei Pflanzenfressern), ein Färbungsunterschied, der funetionelle Bedeutung haben möchte, zumal bei der Energie der Fleisch-Auflösung und -Resorption (siehe unten), und es wäre wohl angezeigt, wenn man mit Frenzel die Molluskenleber als ein Hepatopankreas ansieht, künftig an frischem Materiale zu untersuchen, ob hier nicht die pan- kreatische Anlage und Absonderung bei Weitem überwiegt ; die rechte Leber nimmt die zweite und dritte Darmwindung auf; die linke, freie, reicht mit einem Zipfelchen bis ins Gewinde des kleinen Schälchens, wo sie sich dem Ursprunge des Pharynxretractors von rechts dicht anschmiegt. Die Genitalien sind ungefärbt. Die Zwitterdrüse ist, so lange klein, auffallend tubulös (Taf. 2. Fig. 7), wohl ohne wesentliche Bedeutung. Der Zwittergang mässig geschlängelt, kleine kugelige Vesicula seminalis, Eiweiss- drüse und Eisamenleiter gewöhnlich. Von hier an gehen die Arten aus ein- ander, bei beiden kreuzt sich der Penis mit den rechten Ommatophoren (Fig. 7), und der Penisretraetor entspringt von der Mitte des Rückens, aber der Penis selbst zeigt Verschiedenheiten, ebenso wie die Insertion des Blasen- Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 35) 235 stieles. Das kugelige Receptaculum, muskulös am Ovispermatoduct befestigt, mündet bei 7. haliotidea mit kürzerem Stiel (Fig. 9) oben in den langen, bei Maugei (Fig. 7) mit viel längerem, unten spindelförmig muskulös er- weitertem Stiel weiter unten in den viel kürzeren Eileiter. Eine Pa- tronenstrecke scheint zu fehlen, jedenfalls ist sie kaum dicker, als das Vas deferens. Der Penis der 7. haliotidea ist lang und gleichmässig und schaltet über dem Eintritt des Vas deferens gegen den Retractor hin noch einen kleinen erweiterten Blindsack ein, der mit dem nichtssagenden vieldeutigen Worte Flagellum oder Coecum penis (L) bezeichnet werden mag (hierin den Daudebardien und Glandinen gleichend), bei Maugei mündet das Vas deferens von hinten in die oben spindelförmig angeschwollene Ruthe. Das Flagellum eder Coeeum der 7. haliotidea hat schwerlich mit einer Seceretion etwas zu thun, dürfte vielmehr bei der Copula die äusserste Penisspitze (eine Art Glans) ab- geben. Schliesslich sei nicht unerwähnt, dass die 7. Maugei bereits halb- wichsig ganz wohl ausgebildete Genitalien zeigte, während die grössere Gestroi von Sardinien nur die Anlage hatte. Der Unterschied rührt wohl von der Fangzeit her; die Maugei wurde nach der Sommerdürre in der herbst- lichen Regenzeit, die Gestroö im Frühjahre erbeutet; es scheint, und nicht nur für diese Schnecke, dass für das niedere T'hierleben in Portugal der Beginn der Herbstregen die wahre Frühlingszeit bildet. — Bei der T. Companyoni ist das kugelige Receptaculum so kurz gestielt und noch ein Wenig mehr distal inserirt, als bei der T. haliotidea, dem Penis, der eben so lang und dünn war, scheint die obere Erweiterung zu fehlen, dafür tritt eine untere ein, die etwa das unterste Achtel umfasst. Eigenthümlich und an die Daudebardia Saulzyi erinnernd (siehe unten) ist die Befestigung des Vas deferens an das untere Ruthendrittel durch einen kräftigen Quermuskel. — Die Unterschiede im Pharynxretraetor und der Genitalien sind wohl die stichhaltigsten und für schnelle Bestimmung die geeignetsten. Retractoren. Die Rückzieher des Schlundkopfes, der rechten und linken Fühler entspringen getrennt, wie bei den Arionen, aber mit sehr be- merkenswerther Vertheilung der Fusspunkte. Die Muskeln der Ommatophoren geben zugleich die für die kleinen Fühler ab. Das Wunderlichste ist ihr verschiedener Ursprung bei den Arten. 7. haliotidea (Tat. 2. Fig. 8) lässt den kräftigen hinteren Pharynxretraetor und die zahlreich dazutretenden 30* 236 Dr. Heinrich Simroth. (p. 36) Muskelbündel von der linken Sohlengrenze, die durch den Sinus bezeichnet wird (siehe unten), ein wenig dariiber oder darunter, ausgehen. Davor gerade, in derselben Längslinie, entspringt der linke Fühlerretractor, ein Bischen vor diesem vom rechten Sohlenrande, also annähernd symmetrisch zum linken, der rechte. Bei 7, Maugei (Fig. 7) stellt sich der Pharynxmuskel (anscheinend!) als Homologon des Columellaris dar, indem er ganz hinten im Gehäuse links seinen Ursprung nimmt, weiter vorn entspringen die Fühlermuskeln, doch so, dass der rechte, länger als der linke, nicht von rechts, sondern von links, links von. der Fussdrüse, entspringt. Der linke ist gerade, wie bei der T. haliotidea, Es ist sehr schwer, zu entscheiden, welches der ursprüng- liche Zustand ist. Zunächst erscheint die Maugei mit ihrer linksseitigen Verdrängung der Muskelinsertionen einem einheitlichen Columellaris näher zu kommen und kann aus schraubiger Auflösung des Spindelmuskels erklärt werden. Weitere Umschau dreht das Urtheil merkwürdiger Weise gerade um. Das Semper’sche Organ fehlt. Die Fussdrüse ist stärker noch, als bei den Amalien aus dem Sohlenverbande herausgetreten als ein freier, geschlossener, beliebig ge- schlängelter Schlauch, so dass sie Fischer (XXI) für eine Vene nehmen konnte. Die Herauslösung deutet gewiss auf den stark abgeleiteten Charakter der Testacellen. Angesichts der von Brock ermittelten 'T'hatsache, wonach bei der Ackerschnecke die einzelligen Drüsenzellen im Allgemeinen nach. der Fussdrüse, zum Theil aber nach der seitlichen Rinne über der Sohlenleiste ihre Ausführgänge senden (IX), wäre die Prüfung solcher aberranter Formen, wie sie hier vorliegen, gewiss von Interesse. Nervensystem und Geruchsorgan. Genauere Nervenanatomie war bei dem spärlichen Vorrath nicht beabsichtigt. Die Hirnganglien, ein wenig von vorn gebräunt, haben eine kurze Commissur zwischen sich. Die Pedalganglien wie bei Plutonia; die übrigen sind, wenn auch ohne Com- missuren sich berührend, gut getrennt in zwei Commissural-, ein kleineres linkes und grosses rechtes Pallial- und ein ebenso grosses mittleres Intestinalganglion. Aus letzterem kommen Anal- und Intestinalnerv, beide bis zum Enddarm zu verfolgen, aus dem linken Pallialganglion ein Mantelnerv, der zum linken Mantelrande geht, das rechte Pallialganglion aber liefert zwei Nerven, die als Geruchsnerven nachher wieder aufgenommen werden sollen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 37) 23% Trennt man am Hinterrande das Schälchen ab, so kommt ein ge- fleekter Mantel zum Vorschein (Fig. 2), links mit einem Falz, in den der Schalenrand sich einfügt, rings mit einem breiten bräunlichen Mantelrande, der sich. zwar im ganzen Umfange breit abheben lässt, am meisten aber rechts, wo die Körperhaut zurücktritt, so dass unter und hinter dem derben Mantelrande eine förmliche Höhle zu Stande kommt (Fig. 5). In der hinteren Kante derselben öffnet sich auffallend tief versteckt hinten das Athemloch, mit ihm zusammen (in der Figur nicht sichtbar) der After, ein Stück davor mit mehreren gedunkelten Poren, wie es scheint, der Ureter. Die mehrfache Mündung ist schwer mit Sicherheit auszumachen, auch kommt schliesslich darauf nichts an, wenngleich es an verwandten Erscheinungen nicht fehlt. Das Wichtigste ist eine bräunliche Längsleiste auf dem Boden der Grube, mit ihrem äusseren, d. h. rechten Rande ein wenig frei hervorragend. Symmetrisch zu ihr, auf die hintere Kante bezogen, also gerade über ihr, ist das Epithel der Decke in gleicher Form und Ausdehnung, doch ohne kammartig hervor- zutreten, ebenso umgewandelt. Beim Schluss der Höhle müssen beide Ge- ruchsleisten sich berühren oder doch parallel nahe kommen. Wenn ich sie als Geruchsleisten bezeichne, so habe ich zunächst hinzuzufügen, dass der eine der beiden rechten Mantelnerven mehr von hinten in der oberen, der andere mehr von vorn in der unteren sich ausbreitet. Seit Spengel’s Arbeit über das Geruchsorgan der Weichthiere hat sich (nicht ohne histologische Speecial- untersuchungen) die Ansicht immer mehr gefestigt, dass wir es in den leisten- förmigen Sinnesepithelien in Verbindung mit dem Athemorgan mit Geruchs- werkzeugen zu thun haben. Nirgends erscheint der Fall wohl plausibler, als hier, wo die Raubschnecke des besten Geruchsinnes bei unterirdischer Jagd bedarf. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die gesammte Schleimhaut mit ihren Sinneszellen nach wie vor der Geruchswahrnehmung fähig sein kann, eine specifische Verfeinerung, die sich über das Maass der Ausbildung bei anderen Pulmonaten erhebt, liegt aber hier vor, wo eine obere Rückenfurchen, Nasenöffnung. wirkliche Nasenhöhle entsteht. Diese wird noch Mantelrand. Geruchsleiste, Nasenhöhle. viel deutlicher durch die Art und Weise, wie die Lungenhöhle. - Lungenöfnung (und Schnecke athmet. Die Luft strömt nicht aus der unmittelbaren Nachbarschaft in das Athem- Hinterende einer Testacella. 14 = < loch, sondern die Mantelränder legen sich 238 Dr. Heinrich Simroth. (p. 38) rings fest auf einander und es bildet sich eine neue seeundäre Oeffnung gerade vorn in der Medianlinie, indem die Haut am Zu- sammenflusse der beiden medianen Dorsalfurchen einsinkt und. ein rund- liches Athemloch formt, das man natürlich nur am lebenden Thiere be- obachtet. So muss die Luft erst durch die Athemhöhle zwischen den Riech- wülsten hindurchstreichen. Am besten sieht man die Bedeutung der Oeffnung, wenn man die Schnecke reizt. Dann quillt aus ihr ein lockerer, blasiger Schleim aus, der das Thier allmählich schützend einhüllt, gerade wie bei einer Schaumzirpenlarve. Erst auf wiederholten und stärkeren Reiz lüftet sich der Mantel ein wenig und es wird auch seitlich am Hinterrande, gerade dem Athemloch gegenüber, etwas Schaum ausgeblasen. (Der den Schaum bildende Schleim ist farblos, im Gegensatze zu der sonst gelblichen Haut- absonderung, eines der vielen Momente, welche die hohe Ausbildung der Testacellenhaut bezeugen).!) Auffallend bleibt das wunderliche Verhältniss der Niere zum Riechepithel; man sieht deutlich, dass das Secret sich gerade über die Geruchsgegend ergiessen muss. Es würde absurd sein, eine physiologische Beziehung zwischen beiden anzunehmen, wenn nicht analoge Erscheinungen bei anderen Lungenschnecken zu demselben Schlusse drängten. Bei diesen geht der einfache oder doppelte Nasenwulst unmittelbar vor dem Athemloche nach vorn und links unter der Mantelkapuze, so dass immerhin an der Anwachsstelle eine Rinne gewöhnlicher Haut bleibt. In diese ergiesst sich unmittelbar an der Athemöffnung das Nierenseeret, und zwar so, dass besondere Vorrichtungen vorhanden sind, um es wirklich, wenn vielleicht auch nur theilweise, hineinzuleiten und nicht nach unten abfliessen zu lassen. Bei Arion gabelt sich zu diesem Behufe die Ureteröffnung in drei Rinnen, bei Helices stellt sich dem direkten Abhflusse ein besonderer Hautvorsprung entgegen, der ihn in die richtigen Bahnen, d. h. in die Nasenrinne leitet. Es liegt mir noch völlig fern, irgendwelche physiologische Erklärung der Beziehung zwischen der sogenannten Niere und dem Geruchsorgan zu versuchen, die Thatsache aber glaube ich behaupten zu müssen. Mantelorgane, Integument, Kreislauf, Athmung. Gassies und Fischer bezeichnen, wie die Franzosen überhaupt, als Diaphragma den 1!) Anmerkung. Schnitte zeigten, dass die Riechleisten zugleich reichliche Schleim- drüsen enthalten. Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 39) 239 Boden der Lungenhöhle. Der Ausdruck passt hier besonders gut, da in der That die Lunge von den Verhältnissen der normalen Pulmonaten abweicht und ihr Boden zwerchfellartig durch die gestreckte Leibeshöhle geht. Vor Allem beschränkt sieh die Lunge nicht auf den Mantelumfang, wie es ihr zukommt, sondern greift rings ein Stück, vielleicht vom Sehalendurch- messer, darüber hinaus, mit Ausnahme von der linken Seite, wo der Ursprung des Pharynxretraetors einen Ausschnitt bildet. So ist sie eine mond- oder bohnenförmige Höhle, die oben etwas über die Mittellinie nach links hinübergreift, unten aber — die grösste Abnormität — eben- falls nach links bis über die Sohle. Von der Decke der Lungen- höhle ragt die frei aufgehängte Niere herab und an deren unterer Kante, nur wenig nach links verschoben, liegt das Pericard, in welchem die Herzkammer gerade vor der Vorkammer lagert. Wenn man mit Unrecht gelegentlich die Limaces als opisthobranch bezeichnet hat, hier haben wir die echte Herz- stellung der Hinterkiemer, das ausgeprägteste Beispiel unter den Pulmonaten, trotzdem wohl ohne Bedeutung, weil die Zurückdrängung und Kleinheit des Mantels und die abnorme Lungenbildung genügende Erklärungsgründe abgeben. Aus der Kammer entspringt gerade vorn die starke Aorta, welche sich noch fast innerhalb des Pericards in die kräftige Arteria cephalica und in die etwas schwächere, gleich abgehogene Intestinalis gabelt. Bemerkt wurde schon, dass alle Arterien, zumal die des Vorderdarmes, Zweige der cephalica, sich durch starke Wände auszeichnen; man hat an energische Pulswellen zu denken, die wohl mit der räuberischen Ernährungsweise und dadurch angeregtem Stoff- wechsel zusammenhängen. Die Nierenverhältnisse sind am schwierigsten fest- zustellen, so viel ich erkennen kann, aber völlig normal. Aus der länglich ovalen Urinkammer entspringt vorn der Harnleiter, sich ihr zunächst rechts mit weiterem rückläufigen Schenkel anlagernd. Dieser ist durch und durch maschig durchsponnen und biegt hinten, sich in gewohnter Weise verjüngend, nach rechts ab, aber nicht einfach mit dem Enddarm zum Athemloche, sondern über ihn weg ein wenig weiter nach vorn, um sich in der geschilderten eigen- thümlichen Beziehung zur Nase zu öffnen.!) !) Anmerkung. Ob sich am distalen Ende des Ureters noch eine Enddrüse be- findet, wie bei den Glandinen (LXXI), ist von mir nicht rechtzeitig in die Untersuchung ge- zogen worden. Doch kommt darauf weniger an, als es zunächst scheinen möchte, weil ich von 240 ® Dr. Heinrich Simroth. (p. 40) Mit der nieht ganz ünbeträchtlichen Grösse der Lunge, die wenigstens mit der Verkümmerung der Schale nieht gleichen Schritt gehalten hat, stimmt ihr innerer Mangel an Athemgewebe wenig überein. Nirgends trifft man ein liervorspringendes, verzweigtes oder gar schwammig verfilztes Gefässnetz, wie es dem Körperumfang des Carnivoren zukommen würde. -Gassies und Fiseher haben ähnlichen Mangel bemerkt. Höchstens im unteren und rechten vorderen Lungenumfange kommt ein wenig schwammiges Gewebe zum Vorschein, im Uebrigen sind Diaphragma oder Lungenboden und Lungen- decke glatt, was um so mehr auffällt, als der Einathmung, wie es scheint, bessere Mittel zur Verfügung stehen, als sonst bei Nacktschnecken. Im ganzen vorderen Lungenumfange nämlich heften sich kräftige Längsmuskelzüge am Diaphragma an, die nach vorn bald in das mehr aus Kreismuskeln gebildete dichte Integument verschmelzend übergehen. Es werden der Hauptsache nach kräftige Inspiratoren sein, wenn sie auch sonst beim wechselnden Spiel der Körperformen mithelfen mögen. Wie wird der Mangel an Lungenathmung ausgeglichen? Durch die Hautathmung, glaube ich. Ich wurde zur Annahme einer solchen, die auf experimentellem Wege sehr schwer exact zu beweisen sein müchte, bereits vor der Kenntniss der Lunge geführt, durch Beobachtung des Integuments beim lebenden T'hiere. Die Eigenart der Haut ist den früheren Beobachtern so gut aufgefallen, wie mir, aber eine genügende Aufklärung scheint mir noch zu fehlen. Auch ich habe es hier nicht mit der histologischen Untersuchung, die eine besondere Studie erfordern würde, zu thun. Zunächst erkennt man eine gleichmässigere, dichtere, ich möchte sagen, trocknere Glätte mit wenig Schleim. Auf dessen Verschiedenheit habe ich bereits hingewiesen. Besonders beweiskräftig für die Secretion der ganzen Haut scheint die interessante, neuerdings mitgetheilte T'hatsache (LV), wonach Testacellen im völlig ausgetrockneten Erdreiche eines Gefässes ein Sommer- vierteljahr ohne jeden Schaden dadurch überstanden, dass sie sich mit einer erhärteten Schleimkapsel, mit einem Cocon umgaben, zum Sommerschlafe. Trotzdem fallen die Drüsen weniger auf, und die dicke, muskulöse Cutis wird vielmehr von einer ziemlich dünnen Epidermis, die allein das bräunliche Pigment birgt, überzogen. So fehlen der Haut alle eigentlichen vor- der Drüse eine andere Auffassung vertreten zu müssen glaube, als Strebel und Pfeffer (siehe unter Glandina). Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 41) 241 springenden Runzeln, es giebt nur ‚in ein glattes Integument ein- geschnittene Furchen und Rinnen, ähnlich wie bei Agriolimax und Amalia, nur noch. viel ausgeprägter und einem ganz anderen Muskelspiele unterworfen. Die Sohle kommt bei diesem Relief natürlich weniger in Betracht, doch hat auch sie ihr Besonderes. Sie wird als glatt und ungetheilt beschrieben, wodurch sie aus dem Verbande der nächsten, Verwandten mit dreifelderiger Sohle eigenthümlich ausscheiden würde. Gelegentlich, wenn auch selten, sieht man einen. Rest der Längsrinnen, welche etwa in der zweiten Hälfte die Sohle in drei gleiche Felder theilen, wie Aehnliches auch von Pfeffer. beobachtet wurde. Vorn werden, der grössten Energie der locomotorischen Wellen am Vorderende entsprechend, die Rinnen zuerst ver- wischt. Auf dem Rücken vermissen Gassies und Fischer als einen wesent- lichen Unterschied von den Daudebardien die obere doppelte Nackenfurche: mit Unrecht, sie tritt hie und da deutlich hervor, daher eine Bezeichnung, die sich auf solchen Mangel gründet, wie bisulcata, keinen Sinn hat (siehe auch 1). Wir ‚haben vielmehr auf der gesammten Oberseite folgendes complicirte Furchennetz (Taf. 2. Fig. 6). Furchen erster Ordnung. (Hauptfurchen): a. die beiden unteren, welche ringsherum die Sohlenleiste abgrenzen ; b. die äusseren, welche in halber Höhe nach aussen divergiren ; ec. die oberen, welche der doppelten Nackenfurche der übrigen Pul- monaten entsprechen. Alle drei Furchenpaare finden sich bei den Lungenschnecken im All- gemeinen wieder; sie theilen die Hayt in ein medianes, zwei laterale und zwei untere Felder. Furchen zweiter Ordnung. Im unteren Felde und der grösseren äusseren Hälfte des lateralen divergiren ‚kräftige Rinnen (2) von der äusseren Furche aus nach Art eines Liorbeerblattes etwa, im äusseren Felde gehen sie bis zur unteren Hauptfurche, im lateralen gehen sie bogenförmig in einander über und entsenden Querrinnen 2, zu den oberen Hauptfurchen. Im medianen Feld zieht eine feine, nicht ganz regelmässige Längsfurche 2, genau in der Mittellinie des Körpers entlang. Furcehen dritter Ordnung. Im unteren Felde und der äusseren Hälfte des lateralen ziehen feinere Furchen (3) zwischen denen zweiter Nova Acta LVI. Nr. 2. 31 242 Dr. Heinrich Simroth. (p. 42) Ordnung und parallel zu ihnen, doch so, dass sie sich nieht mit den Haupt- furchen direet verbinden, vielmehr an beiden Enden schmäler werden und nur in schwächerer Furchenauflösung in sie übergehen. In der medialen Hälfte des lateralen Feldes und im medianen kommt nur noch ein Furchensystem 3, vor, das sich zu dem erster und zweiter Ordnung mehr weniger senkrecht stellt. Furchen vierter Ordnung. Diese feineren Furchen (4) gehören nur dem äusseren Felde und der äusseren Hälfte des lateralen an und verhalten sich zu 1, 2 und 3 gerade so, wie 3, zu 2, und den oberen Hauptfurchen. Man bemerkt somit, je nach der Entfernung der Hauptfurchen, eine immer weiter gehende normale Verzweigung des Rinnensystems, bis überall ein gleichmässiges Netz herauskommt; man sieht ferner, dass namentlich die Ver- zweigung im äusseren Felde und in der äusseren Hälfte des lateralen eine frappante Aehnlichkeit mit dem Gefässnetze einer Helixlunge besitzt. Auch hier strahlen von der Randkreisvene nach der Vorkammer starke secundäre Gefässstämme, zwischen welche sich andere, parallel gerichtete einschieben, die aber weder nach aussen noch nach innen in voller Stärke Atrium oder Kreisvene erreichen, vielmehr sich auflösen in Gefässe vierter Ordnung, die alle vorigen verbinden. Schon eine solche auffallende Uebereinstimmung muss den Gedanken an eine Hautathmung nahe legen. Beim Alkoholtode mögen nun alle möglichen Zustände der Haut- contraction eintreten. Entweder alle Rinnen bleiben in toto erhalten (einem solchen Exemplare ist Fig. 6 entnommen) .oder die starke Wirkung der Muskulatur hebt alle Furchen auf, bis auf die untere an der Sohlenleiste, und schafft eine vollkommen glatte Haut, wie sie bei kaum einer Lungenschnecke sich trifft. Zwischen beiden Extremen können alle Uebergänge auftreten, wobei meist nur die mediane Runzelung im Nacken hinter den Ommatophoren erhalten bleibt. Nicht weniger wechselvoll verhält sich das Integument im l,eben. Höchstens bei völliger Ruhe und eingezogenen Fühlern besteht das Furchennetz in toto. Im Uebrigen sieht man bald die vorderen, bald die hinteren, bald die inneren, bald die äusseren Furchen sich ausgleichen, wie z. B. Taf. 2. Fig. 3 und 4 zeigen.!) Namentlich auffallend ist das Bild Fig. 3, 1) Anmerkung. Auf solehen Contractionszuständen mit besonders regelmässiger Furchung in der Vorderhälfte des medianen und lateralen Feldes scheint mir mit Sicherheit der canarische Pleetrophorus zu beruhen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 43) 243 wo der Rücken in tiefen Furchen unregelmässig einsinkt. Diese Vertiefungen füllen sich mit einer hellen Flüssigkeit (Schleim?). Zweifellos sind alle Rinnen blutreich, dafür spricht die Pigmentvertheilung. Ich habe früher für die Schneeken die Abhängigkeit der Farbstoffanhäufung vom Kreislauf, und zwar entweder vom häufigen Blutdruck, wie in Kopf und Fühlern (was auch für die Testacellen gilt), — oder von den Hautsinus unter dem Einflusse der äusseren Temperatur zu erweisen gesucht (LXJ), ähnlich wie jetzt Kerschner (XXX V) selbst die Entwickelung und Färbung des Federkleides vasamotorischen Einflüssen zuschreibt. Drehen wir die Folgerung um und schliessen aus der Pigmentvertheilung auf Blutreichthum, dann sind solche hellere Exemplare, wie das von S. Miguel in Fig. 1, besonders lehrreich. Es zeigt die Haupt- färbung im Verlaufe der oberen und äusseren Furchen erster, sowie der Furchen zweiter Ordnung, sowie vorn im medianen Feld und seiner Um- gebung überhaupt. Es fehlt das Pigment der unteren Furche. Die Be- schränkung des Farbstoffs auf die oberflächlichen Hautschichten beweist den Blutreichthum in denselben Oberflächenschichten. Um über den Kreislauf letzte und völlige Sicherheit zu gewinnen, wären Injectionen unerlässlich, die aber bei der Art meiner Untersuchung am conservirten Material kaum thunlich. Ich schlug daher einen anderen Weg ein und zerlegte sowohl ein Exemplar mit völlig glatter Haut, als ein solches mit dem gesammten Furchensystem in Querschnitte, was einigermaassen zum Ziele führte. Das erste Thier mit der stärksten Hautmuskelcontraction zeigt durch die ganze Länge zwei Sinus, welche der ersteren Furche erster Ordnung in der Sohlenleiste entsprechen. Sie liegen weit von der hier sehr dieken Haut ab an der Innenseite, sind vorn am schwächsten und erweitern sich besonders in der Mitte. Hinten biegt der rechte nach links ab, vereinigt sich mit dem linken zu einem weiteren Spaltraum, der von unten und hinten zur Herz- vorkammer tritt. Ausser diesen waren nur in der Längsmitte etwas höher einige unbedeutende Lumina zu sehen. Anders die zweite Schnecke. Der untere Hauptsinus bleibt ebenso, aber es läuft ihm parallel, etwa in halber Höhe, durch die ganze Länge jederseits von vorn bis zur Lunge ein zweiter, neben dem noch eine Anzahl 31* 244 Dr. Heinrich Simroth. (p. 44) engere und weitere Lumina ober- und unterhalb sichtbar werden. Dieser zweite höhere Sinus!) würde dem Hauptsinus der Limaeiden und Arioniden zu vergleichen sein, wenn er bei diesen vor und nicht hinter dem Mantel läge. Wir haben es vielmehr bei den "Testacellen mit Neuerwerbungen zu thun; und es ist zu folgern, dass die unteren Sinus neben der Sohlenleiste lediglich als Venen dienen, die mit der Athmung direet nichts zu schaffen haben, dass dagegen die oberen Sinus in halber Höhe zwar auch als Venen dienen, dass sie aber ein oberflächliches Hautgefässnetz abgeben, welches dem Furchen- system entspricht und die Hautathmung unterhält. Freilich vermisst man bei dieser Art der Untersuchung noch einen einfachen oder doppelten Rickensinus unter den oberen Furchen erster Ordnung. Für diese oder die Nackenfurchen konnte ich schon gelegentlich der Parmacellen (LXIV) nachweisen, dass sie einem darunter liegenden venösen Sinus entsprechen; und man hat nur an- zunehmen, dass sie bei der feineren Auflösung des Hautgefässnetzes der Testacellen schwerer zu sehen als eine einfache geschlossene Vene. Gewiss wird die so gewonnene Vorstellung durch die Pigmentvertheilung durchaus gestützt. Die unteren Sinus werden öfters von einer Ablagerung von Reserve- kalk in Form zweier weissen Streifen begleitet (Fig. S), eine Parallele zur Kalkablagerung namentlich in den Gefässen der Arioniden oder den Venen- sinus mancher Limaciden, hauptsächlich des lange Trockniss überstehenden und daher der Reservestoffe besonders bedürftigen Limax arborum. P Aus diesem Allen resultirt im Wesentlichen das folgende Bild vom Kreislauf: Die Herzkammer treibt das arterielle Blut in die Aorta; durch deren Zweige gelangt es zu den Eingeweiden und von diesen zur Haut. Hier wird das venös gewordene Blut der Sohle einfach in den unteren Sinus nach hinten zur Lunge geleitet. Eine gleiche Leitung führt das venöse Blut durch die (den?) medianen und äusseren Sinus nach hinten. Auf diesem Wege aber wird es durch die Körpercontraetionen vielfach erst in das oberflächliche Gefässnetz der Haut getrieben und hier durch Hautathmung arteriell gemacht. Es findet bei der reichlichen Communication genug Gelegenheit, entweder dem oberen oder noch mehr dem unteren Hauptsinus zuzuströmen. So tritt es zum !) Anmerkung. Nach den eleganten Injektionen von H. de Lacaze-Duthiers kein zusammenhängender Sinus. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 45) 245 grossen Theile schon als arterielles Blut in das schwach entwickelte Athem- gewebe der Lunge, das nur noch den Zweck hat, hauptsächlich das venös gebliebene Sohlenblut zu oxydieren. Es tritt somit die Lungenathmung wahr- scheinlich hinter die Hautathmung zurück, und die Lunge verrichtet wesentlich die Nebenleistungen, einen kräftigen Luftstrom der Nase zuzuführen oder bei Angriffen dureh ausgestossene Luftblasen den Schleim zum schützenden Schaum zu schwellen. Es ist nicht schwer, sich die Hautathmung aus der Anpassung an die unterirdische Lebensweise zu erklären. Das Kriechen dureh Löcher und Spalten steigerte die Contractilität jeder einzelnen Hautstelle ins Ungemessene, was eine reichliche Cireulation im Integument bedingte. Die beständig feuchte Luft der Umgebung regte diese zur Athmung an. Zeiten völliger Boden- trockniss treten bei der vorwiegenden Beschränkung der Testacellen auf die Kistengebiete selten ein. Ihnen aber wird durch das erhärtete Schleimeoeon begegnet, welches die Athmung während des Sommerschlafes auf ein Minimum herabdrückt. Daudebardia. Tat. 2. Fig. 10—16. Taf. 6. Fig. 10—14. Taf. 8. Karte I. Die Daudebardien, welche feuchte Hügelgegenden lieben, haben be- kanntlich ihre Westgrenze da, wo das 'Testacellengebiet anfängt, d. h. in einer Linie den Rhein hinauf bis Sicilien; sie gehören dem östlichen, die Testacellen dem westlichen Mittelmeerbeceken an, mit nördlicher Er- weiterung beider Territorien und mancherlei Uebergriffen an der Grenze; auf afrikanischem Boden reichen die Daudebardien weiter bis Algerien ; östlich sind sie reichlich noch im Kaukasus vertreten.') Im Grenzlande Italien gehen sie mit den Testacellen durch einander. Mir standen sechs Arten zu Gebote: die drei deutschen brevipes Fis., rufa Fer. und Heldi Olessin2), die zwei kau- !) Anmerkung. Kobelt bemerkt (XXXVII 8. 2): „Vertreter der Gattung Daude- bardia sind nun aus allen süd- und mittekeuropäischen Bergländern bekannt, mit Ausnahme der Balkanhalbinsel und Spaniens, sie werden dort so wenig fehlen, wie in Kleinasien“. Für den Osten mag das gelten, für Spanien und Portugal ist es nicht unmöglich, aber nach der Herleitung (s. u.) mir keineswegs wahrscheinlich. 2) Anmerkung. Wie man weiterhin sehen wird, sind zwischen D. Heldi und den anderen deutschen Arten kaum sichere anatomische Unterschiede auszumachen, so dass der Auffassung Reuleaux’ (Nhbl. d. d. mal. Ges. 1888), die Held‘ sei nur eine Jugendform einer 246 Dr. Heinrich Simroth. (p. 46) kasischen Leder: Böttger und Heyden: Böttger und die Saulzyi Bourg. von Creta, letztere mir von Herrn Baron von Maltzan freundlichst aus seiner Ausbeute überlassen. Freilich ist es nicht unwahrscheinlich, dass die eretische Schnecke von der syrischen speeifisch verschieden, was ich: unentschieden lassen muss, so lange ich kein anatomisches Material von Syrien auftreiben kann. Bei auch sonst zum T'heil geringer speeifischer Verschiedenheit, die Streit um den Artwerth veranlassen könnte, zeigen sich höchst bemerkens- werthe Uebergänge. Die Abgrenzung gegen die Testacellen liegt zunächst in der etwas flacheren und gewundeneren, namentlich aber durchbohrten oder genabelten Schale. Fischer (XX) findet sodann bei den Testacellen nur zwei Rückenfurchen (die äusseren Furchen erster Ordnung), bei den Daude- bardien vier, auch die beiden medianen; ihm folgt Albers-von Martens (I). Der Unterschied wird nach dem, was wir bei den 'lrestacellen fanden, hin- fällig. Sodann heisst es, dass bei den Testacellen die Zähne mit Haken versehen sind, „hamati“ (I), bei den Daudebardien „non hamati“. Allerdings sind die Zähne der letzteren meist glatt, doch kommen nicht selten in einer Radula vereinzelte mit Haken vor, wenn auch der Haken (oder Ausschnitt) weiter unten sitzt; ich fand sie bei D. Saulzyi und brevipes (Taf. 2. Fig. 13). Die Sohle soll ungetheilt sein (XI), ich fand sie scharf dreifelderig, eine nach den Befunden an Zestacella nur relative Differenz. Durchgehende Unter- schiede liegen in dem kleinen, aber doch vorhandenen Kiefer, in der Radula- scheide, in der Fussdrüse, in der Lunge, in der mangelnden Kreuzung des rechten Ommatophoren mit dem Penisretractor, in der weit zurückliegenden Genitalöffnung, zum Mindesten aber äusserlieh — und das erscheint höchst beachtenswerth — in der Färbung. Die 'T'hiere sind unten hell, von oben aber schwarz, grau oder bläulich angeflogen, wobei das Pigment aus gleich- mässigem Grunde nach unten zumal oft in gröbere Flecken sich auflöst, doch ohne sich streng an die Rinnen zu halten, wie bei Testacella. Wichtig ist es, dass D. Saulzyi die hellste Art ist, oft nur mit ganz schwachem Rückenanfluge. anderen Art, kaum etwas entgegenzusetzen ist. Absichtlich bin ich hier der Frage nach der Berechtigung der verschiedenen Species, so gut wie bei der Saulzyı, noch aus dem Wege gegangen, weil nur genaue Serien nach Altersstufen endlichen Entscheid bringen können, den es hoffentlich durch fortgesetzte Detailstudien künftig zu geben gelingen wird. Auch Böttger hat verschiedentlich ähnliche Ansichten geäussert. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.47) 247 Anatomie. Verdauungsorgane. Diese gleichen im Wesentlichen denen der Testacellen, doch bleibt der Pharynx durchweg kleiner, wenn er auch, namentlich bei der Saulzyi, die halbe Körperlänge erreicht oder über- schreitet (Taf. 4. Fig. 10). Wesentlich an ihm ist es, dass stets die Radulascheide von aussen, oben und hinten her sichtbar bleibt. Die Muskelwand erreicht nicht die nach hinten überwuchernde Mächtigkeit, wie er denn auch stets nur von einem bei den kleinen Arten schmächtigen, nur bei der Saulzyi verstärkten, gespaltenen Retractor gehalten wird. Niemals treten die Bündel der T. haliotidea auf. So nähert er sich mehr dem all- gemeinen Heliceentypus. Obere Protrusoren zeichnete ich bei D. Saulzyi, Fig. 11. Auf den Schlund folgt ein ebenso muskulöser Magen, der aber von hinten her die Lebern aufnimmt, die bei Testacella erst ein Stück da- hinter münden. Auch hat er seinen grössten Querschnitt im Hinterende. Die Darmwindungen, besonders die zweite, sind noch kürzer als bei Testacella, die dritte zieht gerade zum After. Die Einbettung gerade so in die rechte Leber, welche bis hinter die Schale reicht. Die Speicheldrüsen der kleinen Arten sind klein, fest und rundlich und liegen unter dem Schlunde, bei der Saulzyi liegen sie vorn dem Magen auf. Die Thiere sollen sich von kleinen Helices, Vitrinen und Clausilien ernähren. Fischer vermuthet, dass sie im Winter auf Regenwürmer an- gewiesen sind. Ich. kann das bestätigen und erweitern. Eine Saulzyi hatte eine noch unverletzte Assel von fast 0,5 cm Länge im Magen, eine andere einen Regenwurm. Bei einer rufa vom Siebengebirge aber fand ich einen relativ gewaltigen Lumbricus unter Verhältnissen, die Schlüsse auf den Ver- dauungsvorgang gestatten. Der Wurm war offenbar in der Mitte gefasst, wie es bei den Teestacellen Sitte ist, er war gerade nach hinten gezogen und im Begriff, in dieser Lage aus dem Magen in den Darm zu gleiten (Taf. 2. Fig. 12). So weit er im Magen lag, war er noch unversehrt, so weit er aber zwischen die Lebermündungen gerathen war, vollständig verdaut. Daraus folgt zweierlei, einmal dass der Muskelbelag des Magens nur eine grosse Erweiterungsfähigkeit bedeutet, um den riesigen Bissen zu bergen, dass er dagegen keine peristaltischen und antiperistaltischen Bewegungen ausführt, an die man bei dem oft guten Sphincterverschluss denken könnte, und zweitens, dass der Magen kein wesentliches Verdauungsferment liefert, welches um- 248 Dr. Heinrich Simroth. (p. 48) gekehrt äusserst wirksam aus der Mitteldarmdrüse entleert wird. Die übrigen Darmwindungen werden lediglich die Resorption bewirken.!) Genitalien. Die D. Heydeni entfernt sich ein wenig von den übrigen, die ziemlich genau übereinstimmen. Hinten die helle dreieckige acinöse Zwitter- drüse, bei geringer Ausbildung in einzelne getrennte Lappen auf eine längere Strecke dem Zwittergang aufsitzend. Dieser leidlich 'geschlängelt, ausser bei Heydeni, wo er nach Art der Ackerschnecken in der unteren Hälfte spindel- förmig diek aufschwillt. Eine kleine kugelige Vesicula seminalis. KEiweiss- drüse mehr weniger rundlich. Ovispermatoduet gewöhnlich gut zusammen- hängend. ‘ Nach der "Trennung der Endwege folgt ein kurzer Oviduet, der sich dann stark drüsig verdickt, an der Stelle, wo der Blasenstiel ein- mündet. Die Blase länglich und mässig gestielt bei Feydeni, so dass der Stiel etwa der halben Länge des Receptaculums gleichkomnt (Taf. 6. Fig. 11), ähnlich bei rufa (Taf. 6. Fig. 14), rundlich und kürzer gestielt bei brevipes (Taf. 6. Fig. 13), kürzer als es Fischer zeichnet (sollte auch dieser Unter- schied sich verwischen?), rundlich und sitzend oder so gut wie ungestielt bei Saulzyi (Taf. 2. Fig. 11), wo sich die Einmündung etwas unter die drüsige Stelle verschiebt, doch nicht ganz so stark, als Fischer angiebt (XX. Pl. I. Fig. 5). Der Penis ist bei Saulzyö ungefähr so, wie er es darstellt, nur das Vas deferens kürzer und die Umrisse wohl etwas bestimmter. Der Samenleiter erweitert sieh in der. distalen Hälfte auf eine kurze Strecke, die dem Penis parallel zieht und ihm mit dem proximalen Ende durch einen Muskel ange- heftet ist. Im Innern ist dieser Abschnitt (Taf. 6. Fig. 10) theils mit derben 1) Anmerkung. : Fast. noch lehrreicher war die Lage eines riesigen Regenwurmes im Darm der 7. Companyoni: Die beiden Enden lagen gerade so, nur noch mehr zusammengefaltet im erweiterten Magen, das eine ragte noch durch den Oesophagus in den Pharynx und wurde durch die Zähne festgehalten. In dem Theile zwischen Magen und Lebern waren beide Wurm- theile ganz verdünnt und bei den hinteren verlor sich die Haut allmählich ganz und gar, so dass sie bald. aufhörte; dagegen zog der Regenwurmdarm mit seinem schwarzen Inhalt und fast ver- dauter Wand durch das ganze Intestinum fast bis zum After. Man kann also die Stadien der Verdauung genau verfolgen, namentlich wie energisch das Secret der Mitteldarmdrüsen Haut und Muskeln des Wurmes auflöst. Die Verdauung und Resorption war bereits für die mittleren Theile des Wurmes völlig beendet, während die Enden noch vom Munde gefasst waren und weiter gewürgt wurden; man wird schliessen dürfen, dass die Verdauung (Auf- lösung durch die Mitteldarmdrüsen und Resorption) höchstens eine halbe Stunde in An- spruch nimmt. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 49) 249 Längswülsten versehen, theils — in der proximalen Hälfte — spiralig durch- bohrt. Es wird wohl eine spiralige Spermatophore erzeugt. Wo der Samen- leiter in den Penis einmiündet, sitzt ein ähnlicher Blindsack an, wie bei Testacella haliotidea (eine Glans?). Der Penis selbst ist glatt, eylindrisch und derb, unterhalb der Anheftung der Patronenstrecke etwas spindelig er- weitert und weniger fest. Es ist nicht zu zweifeln, dass alle diese Details die Form der ausgestülpten Ruthe beeinflussen. Ein langer Penisretraetor geht vom Blindsack zur Spindelgegend des Hauses. Ganz ähnlich gestalten sich die männlichen Endwege bei rufa, Heldi (Taf. 6. Fig. 12) und wohl auch brevipes, indem die distale Hälfte des Vas deferens zu einer noch kürzeren Patronenstrecke wird, die dem Penis parallel läuft, ohne durch einen besonderen Muskel sich ihm anzuheften. Der Retractor, ebenso der Blindsack findet sich nur noch bei brevipes, den beiden anderen fehlt er nach meiner Erfahrung (danach würde die Fig. 6 der D. brevipes bei Fischer ]. e. eventuell abzu- ändern sein). Bei der D. Heydeni allein (Taf. 6. Fig. 11) war der eylin- drische, unten eingeknickte Penis ungleich länger, der Retraetor ganz kurz, der Blindsack fehlte, so gut wie die Patronenstrecke des Samen- leiters. Die D. Lederi zeigte insofern eine. eigenthümliche Abnormität (?), als bei sehr starker Eiweissdrüse und weit aufgetriebenem Ovispermatoduet die Endwege geradezu minimal geblieben waren. Wie soll man das erklären? Sind sie nach der Copula zurückgegangen? Dennoch war das Receptaculum ganz klein. — Dass die Genitalöffnung von den grossen Fühlern entfernter liegt, wurde bereits erwähnt. Es fällt damit die Kreuzung zwischen rechtem Ommatophor und Penis fort. — Die Geschlechtsreife scheint auch bei jüngeren T'hieren bereits einzutreten, aber leider sehr unregelmässig, so dass die Art- bestimmung nach den Genitalien sehr erschwert ist. Retraetoren. Im System der inneren Muskulatur herrscht eine grosse Differenz zwischen den kleinen Arten und der D. Saulzyi. Bei jenen kommen alle Retraetoren von der Schale als ein nur wenig aufgelöster oder noch nicht verschmolzener Columellaris (Taf. 2. Fig. 14 und 15), der schlanke Pharynxretractor entspringt neben dem linken Fühler- muskel, der rechte trennt sich ein wenig ab; neben ihm inserirt sich, natürlich ohne Beziehung zur Spindel, der Ruthenmuskel. Die Fühlermuskeln theilen sich meist sehr bald in die für die grossen und kleinen Fühler, bisweilen Nova Acta LVI. Nr. 2. 32 250 Dr. Heinrich Simroth. (p. 50) später, wie rechts bei Lederi (Fig. 15), beiderseits bei Heydeni (Fig. 16), es wechseln schwache aber typische Muskelbündel zwischen grossem und kleinem Fühler hin und her, es gesellt sich ein anderes für den kleinen Fühler aus der Haut hinzu. Man sehe Fig. 16 von der Heydeni, die zugleich die geringe Grösse des Auges erläutert. Bei D. Saulzyi aber (Taf. 2. Fig. 10) ist jede Erinnerung an den Columellaris aufgegeben, nur insofern bleiben die alten Beziehungen, als sich der kurze starke Pharynxretraetor mit dem linken Fühlermuskel zusammenhält.!) Beide heften sich etwa in der Mitte der linken Seite an die Haut, die in diesem Bezirke ungefähr auf das Doppelte verdickt ist, offenbar um Halt und Widerstand zu leisten. Der rechte Fühlermuskel entspringt annähernd symmetrisch rechts unten etwas weiter rückwärts. Die Fussdrüse ist wie die Limaces oder Helices in die Sohle ein- gelassen, ohne scharfe Umschreibung oder Loslösung (Fig. 10). Am Schlundring stehen die Hirnganglien etwas weiter von einander ab als bei Testacella. Aus den Pedalganglien kommt jederseits ein kräftiger seitlicher Fussnerv (ausser den Sohlennerven) zum seitlichen Integument (bei Testacella gleich mehrere), die Commissuralganglien sind kleiner, ebenso das linke Pallialganglion, das einen linken Mantelnerven abgiebt, das rechte Pallialganglion ist mit dem Intestinalknoten zu einem einzigen grossen drei- eckigen Knoten verschmolzen, der die drei anderen Visceralganglien zusammen um das Doppelte wenigstens übertrifft. Zwischen ihm und dem linken Mantel- ganglion ein feiner Schwanzrückennerv. Ein so ausgeprägtes Geruchsorgan, wie bei den Testacellen, fehlt. Die Mantelorgane schliessen sich durchweg denen gewöhnlicher Gehäuseschnecken an, die Niere ist gebogen und reicht ein Stück ins Gewinde. Der Ureter ist etwas unsicher zu verfolgen, scheint aber neben dem After zu münden. Vorn und unten an der Niere das Herz in richtiger Prosobranch- stellung, vor ihm, die Niere umfassend und vom Mantelrande begrenzt, der kleine Lungenraum. Er ist bei der Kleinheit des Hauses in einer Weise 1) Anmerkung. Wer Lust hat zu scheiden, mag recht wohl die eretensische D. Saulzyr zum Rang einer esonderen Gattung erheben (Zibania Bgt.). Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p.5l) 251 beschränkt, dass er schwerlich dem Athembedürfniss genügen kann. In der That geben die glatte feste Beschaffenheit des Integuments, dem der Testa- cellen ähnlich, sowie das peinliche Meiden aller Trockniss Gründe genug, auch hier vorwiegend Hautathmung anzunehmen. Zu diesen Schlüssen war ich gekommen, als mir Herr Böttger die überraschende Mittheilung machte, dass Daudebardien unter Wasser besonders schwer ersticken wollten, und in Alkohol geworfen aus der ganzen Haut wie Champagner perlten und durch die Flüssigkeit gewirbelt wurden. Beide T'hatsachen unterstützen natürlich in in hohem Grade die Annahme der Hautathmung, wenn auch die zweite ihrer Sonderbarkeit wegen erst noch näher untersucht werden muss. Einige Thiere, die ich im letzten Frühjahre unter Wasser hielt, erstickten ziemlich bald. Ueberhaupt möchte ich angeben, dass Versuche über Hautathmung zunächst Schwierigkeiten boten und viel weiter auszuholen zwangen, als zuerst zu erwarten war. So hielt sich eine Cochlicopa lubrica drei bis vier Tage lebend in abgekochtem, also sauerstofffreiem Wasser! Dritte Familie. Die Glandiniden. Taf. 6. Fig. 16, Taf. 9. Karte III. Seitdem A. Schmidt die Uebereinstimmung des Gebisses erkannte, wird die Gattung Glandina zu den "Testacelliden gerechnet. Auch sie fehlt der pyrenäischen Halbinsel, wie den atlantischen Inseln, wiewohl sie merk- würdiger Weise im Osten und Westen durch Arten vertreten wird. Central- amerika beherbergt bekanntlich eine Anzahl (von den Bermudas kennt man wohl keine), und im Osten setzt die @/. algira Linne in Algier ein und ver- breitet sich durch Südeuropa bis zum Kaukasus. Ich hatte von der europäl- schen Art lebende Exemplare von Triest und Corfu, wobei ich betone, dass sie bis ins Detail der Muskulatur übereinstimmen, wiewohl die Systematik sie vermuthlich trennen möchte, wenn wir Westerlund folgen. Die äussere Haut gleicht viel mehr der einer Helix, als einer Testacella, sie wird zwar von denselben so verbreiteten vorderen Hauptrinnen gefurcht, hat aber bei der normaleren Lage des Mantels und entsprechender Schwanzausbildung die ge- 32* 252 Dr. Heinrieh Simroth. (p. 52) wöhnliche Runzelung. Bemerkenswerth ist die Sohle. Sie ist einfelderig, wenigstens. fehlen bestimmt die trennenden Furchen. Allerdings beschränken sich die locomotorischen Wellen im Wesentlichen auf das mittlere Drittel, aber das ist z. B. auch den Arionen eigen, die der Furchen entbehren. In der hinteren Hälfte sind die äusseren Drittel durch strahlige, nach innen ver- schwimmende Querlinien ausgezeichnet, ebenfalls wie bei den Arionen, mit denen sonst keinerlei Verwandtschaft zu bestehen scheint. Den Linien ent- spricht die Drüsenvertheilung (bei Arion das Pigment) — Wenn eine Glandina längere Zeit an einer Stelle eines Glases ruhig gesessen hat und dann ihren Ort verlässt, bleibt an Stelle jeder Linie ein ebenso nach innen verwischter Streif schneeweissen Schleimes übrig, ein sehr zierliches Bild. Anatomie. Die Verdauungsorgane gleichen denen .. der Vesta- cellen, doch mit schwächerer Magenbegrenzung, mit verlängerter zweiter und dritter Windung und dem Zutreten einer langen. vierten, die zu. dem im hinteren Mantelwinkel beim Athemloche. gelegenen After zieht. Die Windungs- verhältnisse sind die der Heliceen. Der Schlundkopf, kieferlos, hat sich kräftig muskulös nach hinten entwickelt, so dass er die Zungenscheide völlig ins Innere aufnahm, wie bei Testacella. Die Zungenzähne ohne Haken, wie bei Plutonia und den meisten Daudebardien. Glandina habe ieh nicht fressen sehen, wohl aber Testacella (siehe oben). . Diese Beobachtung zusammen mit der genauen Untersuchung des so ähnlichen Pharynx hat mir eine andere Vorstellung von der Mechanik des Schlingens verschafft, als Strebel, der die grossen mexikanischen Glandinen so aufmerksam bei allen Lebens- verrichtungen verfolgte, gelten lassen will. Wenn hier ganze Schalen selbst grösserer Helices gelegentlich mit übergeschluckt werden, so soll das auf eine schlürfende Saugbewegung zurückzuführen sein und der Eingang der Mund- höhle, der beim Ergreifen der Beute sich vorstülpt, wird als Saugapparat an- gesprochen. Der Mundhöhleneingang zwischen den Lippententakeln und dem Kiefer wird aber auch bei anderen Schnecken so vorgestreckt, um den Kiefer zur Nahrung zu bringen, und ich zeichnete eine Amalie in dieser Lage. Bei diesem T'hiere kann aber von Saugen nicht die Rede sein, vielmehr wird Bissen auf Bissen mit Hülfe der Radula abgeschabt und hintergeschluckt. Die Raubschnecken erfassen ihre Beute ebenfalls mit der Zunge, schaben aber nichts ab, sondern ziehen, indem die Zähne sich in die Haut graben, den er- Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.53) 253 griffenen "Theil in den Mund. Eine gewisse Schwierigkeit, die aber bei den anderen Schnecken ebenso gross ist, bleibt blos die Ueberführung aus dem Pharynx in den Oesophagus, doch ist sie gering bei der reichen Ausstattung’ des Schlundkopfes mit den verschiedensten Muskelfasern, namentlich Ring- fasern. Sie brauchen nur zur geeigneten Zeit eine Verengerung hinter dem Schlunde zu erzeugen, um den Bissen zur Ablenkung in diesen zu bewegen.‘ Ist das Beutethier, Regenwurm oder Schnecke, einmal mit dem Ende in den Oesophagus und Magen gelangt, dann schiebt sich vermuthlich die Radula’ allmählich unter der Beute langsam gleitend nach vorn, um sie dann durch kräftigen Hub ein Stück weiter hereinzuziehen. Der Hub erschien wohl Strebel als ein saugendes Schlürfen. Die Genitalien bilde ich ab (Taf. 6. Fig. 15), weil in der älteren französischen Darstellung, die im Bronn wiedergegeben ist (Taf. XCIX), nicht unwesentliche Verwechselungen untergelaufen sind. Gewöhnliche Zwitterdrüse, geschlängelter Zwittergang mit Vesieula seminalis, längliche Eiweissdrüse, ge- wöhnlicher Eisamenleiter. Hoch oben am Oviduct, kurz nach der Abgabe des Vas deferens, setzt der sehr lange Blasenstiel ein, der, unten spindelförmig geschwollen, oben ein kleines kugeliges Receptaculum trägt. Weit unten der Penis, der sich mit dem rechten Ommatophoren kreuzt. Er ist ziem-' lich kurz, eylindrisch, und hat einen ziemlich weiten, quergestellten Blindsack (Glans), von dem ein langer Penisretraetor zum Lungenboden zieht. In der Bronn’schen Figur scheint der Penis für das Receptaculum genommen zu sein und der Blasenstiel fir den Penis, dem ein röhrenförmiges Flagulum zu- geschrieben wird und dergleichen. Auch sind die Insertionen falsch an- gegeben. Fussdrüse gewöhnlich, eingebettet. ketractoren (Taf. 6. Fig. 16). Ein eigentlicher Columellaris ist nicht vorhanden. Zu oberst an der Spindel entspringt ein Muskel, der sich sogleich in den langen Pharynx- und den linken Fühlerretractor gabelt. Letzterer theilt sich in die Bündel für den grossen und kleinen Fühler und dieser giebt schliesslich den Retractor für die sehr dehnbare Lippe ab. Weit unten an der Spindel bildet sich der starke Retractor für den Schwanz aus und in gleicher Höhe mit ihm gehen nach vorn zwei Sohlenretractoren ab, die sich mit je einer Reihe von Bündeln seitlich in die Sohle einsenken. Ein ent- 254 Dr. Heinrich Simroth. (p. 54) sprechender trennt sich oft rechts ein wenig weiter unten ab (in der Figur fehlt er) und mit ihm der rechte Fühlerretractor, der sich zum linken sym- metrisch verzweigt. Nervensystem. Die birnförmigen Hirnganglien mit ganz kurzer Commissur, ebenso die umgekehrt birnförmigen Bucealganglien. Noch enger sind die Pedalganglien verbunden. Die Pleural- oder Commissuralganglien klein. Zwischen ihnen und dem WVisceralknoten schieben sich Commissuren ein, während sich diese Knoten zur Berührung zusammendrängen. Das linke Pallialganglion klein und mit einem Mantelnerven, zwischen ihm und dem Intestinalganglion (mit Anal- und Intestinalnerv) der feine Schwanzrückennerv. Aus dem grossen rechten Pallialganglion zwei Mantel- oder Geruchsnerven. Geruchsorgan. Dieses, noch proplematisch, kann nicht direct mit dem der Helieiden, Parmacellen ete. verglichen werden, denn es schiebt sich rechts in der tiefen Mantelbucht ein Nackenlappen ein, der vor dem tief hinten gelegenen Athem- loch mit dem Mantel eine besondere Rinne bildet. In dieser ist ober- und unterhalb ein brauner verschwommener Epithelstreif bemerkbar, ähnlich wie bei den Testacellen, doch ohne vorspringende Leiste. Auch Strebel giebt von verwandten Amerikanern dieses Pigment an. Andererseits liegt die Ver- muthung nahe, dass die starke fühlerartige Verlängerung der Lippen bei der Raubschnecke mt dem Geruch zu thun hat, ebenso wie die charakteristische Verbreiterung des Endknopfes der Ommatophoren, die gewiss der Ausbildung des terminalen Ganglions ihre Form verdankt. Mantelorgane helicid, aber die Niere lang, dreieckig und schräg davor in Querstellung das Pericard. Die Lunge ganz unter Mantel und Schale, mit dem rechten Flügel zwischen Niere und Enddarm, mit dem linken die Niere umfassend. Wiewohl man nicht von einem besonders starken Athemgewebe reden kann, mag es doch der Grösse des 'T'hieres genügen. Strebel hat bei den mexikanischen Glandiniden (@Glandina, Streptostyla, Salasiella) eine Drüse entdeckt, auf welche ich bei der Untersuchung der @l. algira leider nicht geachtet habe. Gleichwohl stehe ich nicht an, über die morphologische Bedeutung dieses Organes eine von der des Entdeckers abweichende Ansicht auszusprechen. Die blättrige Drüse soll neben der Nieren- und Aftermündung liegen. Prüft man aber die verschiedenen, mit so vieler Sorgfalt und Natürlichkeit, ohne jede Interpretationstendenz wieder- Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.55) 255 gegebenen Figuren (LXXI, Heft III, Taf. III. Fig. 6, Taf.V. Fig. 2, Taf. X. Fig. 4, Taf. XIH. Fig. 3 und 4, und vor Taf. XXI. Fig. 2) dass entweder gar kein Nierenporus gezeichnet ist, indem der Ureter sich ,‚ so fällt auf, schon ein Stück vor dem Anus am FEinddarm verliert, oder dass die Drüse mit der Harnöffnung direet zusammengehört, sie ist eine drüsige Erweite- rung und Auskleidung des Ureterendes. Damit verliert sie aber ihren Charakter als besondere Familieneigenthümlichkeit der Glandiniden, denn ähn- liche Enddrüsen kommen auch sonst am Ureter vor, zum Mindesten im Genus Lima. Vierte Familie, Limaxähnliche Raublungenschnecken. Rapacia limacoidea. Trigonochlamys imitatrix Böttger. Tafel 1. Fig. 14—17. Taf. 9. Karte III. Noch giebt es verschiedene paläarktische Testacellidengattungen von den Ostgrenzen des europäischen und Mittelmeergebietes. Aus den fortlaufenden Berichten Böttger’s über die ungeahnt reiche Schneckenfauna des Kaukasus (V) sind wohl diese Novitäten von allen die interessantesten, die Genera Seleno- chlamys, Pseudomilax und Trigonochlamys. Hesse (XXVIII) hat die Zunge einer Trigonochlamys untersuchen können und ihre Testacellidennatur erwiesen, sie trägt dieselben hakenlosen Zähne wie Daudebardia und Plutonia in gleicher Fiederanordnung. Er glaubt auch die Mabillea Bourguignat's vom Libanon und Antilibanon nach des Autors kurzer Beschreibung trotz dessen Zu- rechnung zu den Limaeiden hierher rechnen zu sollen und vermuthet eine besondere Gruppe der 'Trigonochlamydinen. Die T’'hiere leben versteckt unter Baumrinden und Erde und sind wohl noch seltener als die Daudebardien, so dass z. B. Heinemann vergebens sich miht, in den syrischen Funden der tüchtigsten Sammler die Mabillea wieder zu erkennen (XXX). Die Vertreter der Gruppe sind echte Nacktschnecken ohne alle äussere Schale, sie haben einen mehr weniger gekielten Rücken und, wie Böttger bei Pseudomilax definirt, eine „Solea perangusta“. Nach diesen Merkmalen lag es nahe, in ihnen 256 Dr. Heinrich Simroth. (p. 56) nächste Verwandte der Plutonia zu erblicken, wie Fischer gethan hat, und der Wunsch nach anatomischer Prüfung ward sehr lebhaft. Herr Böttger hatte die grosse Freundlichkeit, das einzige erwachsene Exemplar der ganzen Gruppe von mir öffnen zu lassen, und so bin ich im Stande, die Beschreibung der Trigonochlamys imitatrix zu geben, wobei einige Wiederholungen von Böttger’s Beschreibungen nicht zu vermeiden sind. Aeusseres. Die Sohle ist dreifelderig, schwarz und weiss, genau wie bei Limax maximus eimereoniger. 'Thier schwarz. Der ganz kleine, wenig hinter der Mitte liegende Mantel (Taf. 1. Fig. 14) mehr weniger dreieckig, indem er sich rechts an der Seite des Athemlochs, Afters und Nierenporus weiter auszieht. Er ist so klein, weil er nur der inneren Schalentasche ent- spricht, es fehlt jede Spur von Kapuze, rings ist er durch eine ganz enge, wenn auch vorn leidlich tiefe Furche abgegrenzt, die keinen Raum für ein Geruchsorgan bietet. Die Fläche des Mantels fein quergerunzelt, im Leben jedenfalls so gut wie glatt, aber, was sehr wichtig, mit ausgebildeter, hinten fast geschlossener Mantelrinne, wie Böttger solches für Pseudomilax in seinem sechsten Verzeichnisse ausdrücklich angiebt; ist doch der Name dieses Genus auf diese Amalien- oder Milaxähnlichkeit gegründet. Auf dem äussersten Ende eine feine punktförmige Vertiefung, die an einen Porus denken lässt. Hinten ein kräftiger Kiel. Die Furchung so, dass alle Hauptfurchen vorhanden, die doppelte Nackenfurche, das divergirende äussere Paar und die rings um die Sohlenleiste ziehende untere Furche. Secundär schaltet sich zwischen den hinteren T’'heilen der Nackenfurche eine neue ein, sodann in das dreieckige Feld zwischen jede Nacken- und äussere Furche zwei andere, eben- falls nach vorn ausstrahlende, natürlich unter noch spitzerem Winkel; an den Körperseiten ein regelmässiges Furchensystem von der unteren Hauptfurche normal herauf zum Mantel bis an sein vorderes Ende, alle selbstverständlich nach unten aus einander strahlend. Vor dem Mantel sind die Furchen dieses Systems parallel schräg nach oben gerichtet und münden in die äussere Furche ein. Tertiär werden alle die vorigen Furchen durch kurze normale, fein zick- zackförmige Furchen (wie bei einer Knochennaht) verbunden und so die Haut in ziemlich gleiche viereckige Runzeln getheilt. Ob das Hautathmung an- deutet, ist kaum zu sagen, wiewohl bei einer Schnecke vielleicht überhaupt schwer gänzlich von der Hand zu weisen; die Tiefe aller Furchen und ihre Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (pP: 57) 25% constante Ausbildung bei allen T'hieren der Gruppe spricht dagegen. Zum Mindesten zieht ein venöses System möglichst direct von der Sohle zum Mantel. Verdauungsorgane. Der Pharynx der 4, 6 em langen Schnecke, in Fig. 16 (Taf. 1) ganz wenig vergrössert, ist geradezu colossal, aber genau von den Verhältnissen jeder gewöhnlichen Lungenschnecke, denen sich darin die kleineren Daudebardien anschliessen. Er ist nicht schlank und ceylindrisch wie bei Testacella und Glandina. Hinten sieht zwischen den beiden enormen Muskelwülsten die Radulapapille heraus, an der man mit freiem Auge die gefiederten Zahnreihen von aussen erkennt. Die muskulöse Wand ist in die Dieke gewachsen, anstatt in die Länge; und der Grund liegt in jeglicehem Mangel des gewohnten Retraetors. Das übliche Columellarbündel reichte für den riesigen Schlundkopf nieht mehr aus, und da es nicht durch Neuerwerbungen gestützt wurde, ist es geschwunden. Dafür bildet sich ein eigenthiümlicher Retensor aus, indem nach dem ersten Drittel von der Rückenhaut im Halbkreis eine Anzahl kurzer Muskeln von hinten her herabtreten (Fig. 16 bei m.). Protrusoren sind stark entwickelt, ein Flächenmuskel mit doppelter Wurzel von der Furche, welche die hinteren Muskelwülste vorn abgrenzt, ebendaher ein unteres Bündel, drei obere weiter vorn entspringend. Dass ein zahnloser halbmondförmiger Kiefer vorhanden, hat Hesse constatirt (XXVIlD. Der Darm in vier ziemlich kurzen Win- dungen, die erste, hinter dem kurzen Oesophagus, wie bei allen Raublungen- schnecken weit und muskulös und in der hinteren Hälfte sehr gefässreich. Speicheldrüsen gewöhnlich, Lebern gross, die rechte mit den Darmwindungen. Das Retractorensystem eigenthümlich (Taf. 1. Fig. 15). Ein Columellaris entspringt vom hinteren Mantelrande als flaches Band, das sich gabelt in zwei lange Ommatophorenmuskeln, welche aber einzig die grossen Fühler versorgen. Fast so gross wie die Augenträger und ebenso geschwärzt sind die kleinen Fühler. Jeder hat einen be- sonderen kräftigen Retractor, der aus der Seitenwand gerade unter dem Mantel etwas unter der Mitte entspringt. Was hat die hohe Ausbildung des kleinen Fühlers zu Wege gebracht? Ich denke nicht fehlzugehen, wenn ich ihre Grösse fir einen physiologischen Ersatz des am Mantel fehlenden Geruchsorganes anspreche. Den überzeugenden Beweisen Spengel’s, welcher das Geruchsorgan mit den Mantelnerven in Zusammenhang bringt, glaubte Nova Acta LVI. Nr. 2. 33 258 Dr. Heinrich Simroth. (p. 58) ich wiederholt zustimmen zu müssen; ebenso aber hiess es dem gesammten Schneckenintegument als einer Schleimhaut mit freien protoplasmatischen Aus- läufern der nervösen Endzellen die Fähigkeit von Sinnesperceptionen zu wahren, die auf chemischen (und mechanischen) Reizen beruhen. Im speei- fischen Mantelgeruchsorgan handelt es sich allein um eine Concentration, wie sie ebenso gut. den Fühlern zukommt. Wiederholt hat man die kleinen Fühler für den Geruch, die grossen für das Gesicht in Anspruch genommen, eine Anschauung, die insofern einer Abänderung bedarf, als die grossen bei gleichem Bau und doch so unbedeutendem Auge gewiss auch derselben Wahr- nelımungen für fähig zu erachten sind. Bei Trigonochlamys, die als Raubschnecke feineren Geruchs bedarf, sind die kleinen Fühler zu diesem Zwecke in hervorragendem Maasse entwickelt. Geschlechtswerkzeuge (Taf. 1. Fig. 17). Zwitterdrüse rundlich gelappt, Zwittergang kaum geschlängelt, Vesicula seminalis vorhanden, Eiweiss- drüse gewöhnlich, Ovispermatoduet sehr lang und gewunden, die Prostata wird unten sehr stark, dann tritt der Samenleiter ab, der ohne Verdickung, also ohne Patronenstrecke, bis zur Spitze des Penis zieht. ihm nur an einem Punkte am unteren Theile muskulös angeheftet. Receptaculum kurz gestielt; der Penis eylindrisch, sehr lang und etwas aufgewunden, oben verjüngt und mit kurzem Retractor am vorderen Theile des Lungenbodens befestigt; er kreuzt sich mit dem rechten Ommatophoren. Ruthe, Blasenstiel und Eileiter münden von oben in ein längeres, innen schwärzliches Atrium ein, das durch kräftige Muskeln der Wand flach angeheftet ist und dieht hinter den rechten Fiühlern nach aussen mündet. Sehr bemerkenswerth der Penis, sehr dick, muskulös, aber unten noch von einem freien kräftigen Muskeleylinder umgeben, der mit ihm absolut nicht verwachsen ist. Nur an dem Punkte, wo das Vas deferens herantritt, scheint das obere Ende des scheidenförmigen Aussen- eylinders einseitig mit diesem und dem Penis durch muskulöses Bindegewebe zusammenzuhängen. Soweit der Penisschlauch im Cylinder steckt, ist er dünner und im Innern ziemlich glatt, oben ist die dicke Wand innen faltig und buchtig und durch allerfeinste Papillen gleichmässig sammetartig. Wir finden bei manchen Limaciden einen kräftigen kurzen selbstständigen Sphieter um das untere Penisende. Sollte nicht aus ihm die Cylinderscheide erwachsen sein? Der Same wird als Flüssigkeit ohne Spermatophore übertragen. Bei Die Nacktschnecken der portugtesisch-azorischen Fauna etc. (p. 59) 259 der Copula wird zunächst das Atrium und auf ihm als Basis der lange Penis ausgestülpt, man hat wohl an eine ähnliche Begattung wie beim Zimax: maximus zu denken. Die Fussdrüse deutlich, aber gut eingebettet. Semper'sches Organ nicht bemerkt. Mantelorgane. Eine wohl ausgebildete Lunge hält sich vorn und hinten ungefähr an die Mantelgrenzen, während sie sich beiderseits stark nach unten erweitert, sie ist sattelfürmig. Die Athemöffnung wenig rechts vom Centrum. Die Niere hängt an der Decke links oben, sie ist etwa. bohnen- förmig, noch stärker gekrümmt, der Ausschnitt nach rechts und vorn gewendet. Auf der concaven Seite entlang der rückläufige Ureter, der dann in einen dicken, über das gewöhnliche Maass erweiterten Endtheil übergeht und sich als solcher zum Enddarm und After herüberschlägt. Etwas nach vorn an der linken convexen Seite der Niere das Pericard in Prosobranchstellung. Ein kräftiges Athemgefässnetz als starker Baum rechts (noch rechts vom Athem- loch), weniger stark in der Concavität der Niere bis zum Athemloch und links von der Niere. Die wohl verzweigten Gefässe gehen auch auf den Boden über. Die Lungenathmung ist für das 'T'hier ausreichend, daher auch aus diesem Grund auf Hautrespiration nicht zurückgegriffen zu werden braucht. — Unter dem Mantel, ungefähr von seiner Grösse, die enge Schalentasche mit dem Schälchen, das der Form des äusseren Mantels nur rechts nicht ganz entspricht. Das Schälchen (Taf. 1. Fig. 14%) flach, sehr dünnhäutig, ganz schlaff, nur in der hinteren Hälfte mit wenigem. concentrisch vertheilten Kalk, der einen ‚gegen das Hinterende vortretenden comprimirten scharfen Nabel bildet. Dieses Spitzchen hat in der. Unterseite der deckenden Haut einen tiefen Eindruck hervorgebracht, noch tiefer, als das gerade gegenüber sich ein- senkende hintere Mantelgrübchen (s. 0.). Der Eindruck eines Mantelporus wird so verstärkt, und doch gelang mir es nicht, eine Oeffnung zu sehen. Vom Schlundring bemerkte ich. nur die gut verkitteten Pedal- und die von ihnen abstehend getrennten, aber unter einander verschmolzenen Visceral- ganglien. Die Phylogenie der paläarktischen Raublungenschnecken. Die Versuche, den gesammten Stammbaum der Schnecken auf Grund einer durchgreifenden Bearbeitung einzelner Organe herauszubringen, müssen 33* 260 Dr. Heinrich Simroth. (p. 60) vor der Hand noch als im weiten Felde liegend angesehen werden, trotz dem Vorzuge, dass grosse allgemeine Züge, bei denen man von Kleinigkeiten ab- sieht, sich theoretisch bequemer handhaben lassen. Deshalb darf solcher Versuch nicht aufgegeben werden, er erhält aber vielleicht um so festere Handhaben, wenn man im Einzelnen anfasst, um von da später zum All- gemeinen überzugehen. Auch lässt sich eine Methode, welche an enger geschlossenem Kreise bis ins Detail operirt, viel besser auf ihre Stichhaltig- keit abschätzen. Zu solcher Probe schienen mir die Raubschnecken in hohem Maasse geeignet. Kaum irgend eine Schneckenfamilie ist durch die Zungenbewaffnung, das beste Merkmal moderner Malacozoologie, so scharf und übereinstimmend charakterisirt, als die 'Testacelliden, denn es handelt sich nieht um die all- gemeine Vitrinidenradula, die eine Menge feiner Nüaneirungen verträgt, in den Nebenspitzchen und Längenverhältnissen der einzelnen Zähnchen, und die deshalb nach allen Seiten auf die kleinsten Abweichungen hin für subtile Unter- scheidungen ausgebeutet werden kann, sondern um das kräftige, auf den ersten Blick kenntliche Landraubschneckengebiss, und die ganze Differenzirung, die man auftreiben kann, dreht sich um die geringe hakenförmige Einkerbung der einen Zahnseite. Die Uebereinstimmung wird erhöht durch die gleichmässige Ausbildung des Darmes. Ueberall folgt dem kurzen Schlunde ein muskulöser, erweiterungsfähiger, im hinteren Abschnitte durch reichlichen Blutzufluss aus- gezeichneter Magen, hinter dem bald die grossen Mitteldarmdrüsen einsetzen; das Uebrige ein schmächtiger, wenig gewundener, kurzer Dünndarm, die Speicheldrüsen durchweg klein und dicht. Je fester die systematische Zu- sammengehörigkeit durch solche Harmonie gestützt wird, um so bemerkens- werther die T'hatsache, dass die Vergleichung fast aller übrigen Organsysteme in dieses System Bresche schiesst. Mir scheint, hier ist die beste Gelegen- heit, das für die allgemeine Uebersicht so sehr nützliche System, das sich auf die Bezahnung stützt, für bankerott zu erklären und zu beweisen, aller- dings zunächst nur an diesem einen Punkte.!) 1) Anmerkung. Das Testacellidengebiss hat sich bekanntlich wenigstens annähernd ebenso in Australien entwickelt, bei Z’hytida (LIX). Wenn auch hier ein ähnlicher Typus erreicht ist, kann man doch trotz fehlender Nebenspitzen Unterschiede erkennen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 61) 261 Von der Schale, so grundverschieden sie bei den einzelnen Gattungen ist, mag zunächst abgesehen werden, denn es ist noch Niemanden eingefallen, dass es sich nicht um Reductionen handele. Das Integument mag ähnlich beurtheilt werden, insofern die sehr wechselnde Runzelung Hand in Hand zu gehen scheint mit einer bei der Schalenreduetion erworbenen Hautathmung. Von hoher Bedeutung aber ist die Sohle, deren Dreitheilung die Plutonia, die Testacellen, Daudebardien und 'Trigonochlamydinen den Glandinen mit ungetheilter Sohle sehr scharf gegenüberstellt; das Merkmal hat sich bisher als sehr zuverlässig erwiesen. Die Ausbildung eines Mantelgeruchsorganes oder der kleinen Fühler ist vielleicht auch nur von secundärer Bedeutung, insofern als die Entwickelung des Mantels von der der Schale in gewisser Abhängigkeit zu stehen scheint. Uebereinstimmung findet jedenfalls nicht statt. Selbst bei den sonst conformen Verdauungsorganen zeigt der Pharynx geradezu Extreme, die Testacellen und Glandinen stellen sich den übrigen gegenüber, unter denen die Trigonochlamydinen besonders sich ausbilden. In den Genital-Endwegen passen allenfalls 'Trestacellen, Daudebardien und zur Noth Glandinen zusammen, Plutonia und Trigonochlamys stehen ganz abseits, und zwar jede für sich, weit von einander entfernt. Im Retractorsystem, das dem Columellaris entspricht, schliesst sich Plutonia den kleinen Daudebardien an, die grosse Daudebardia Saulzyi den Testacellen, Trigonochlamys und Glandina verfolgen jede ihren eigenen Weg. In der freien Loslösung der Fussdrüse stellen sich die 'Testacellen allen übrigen gegenüber (vielleicht schliessen sich ihnen amerikanische Glandinen an, nach Abbildungen Strebel’s, LXXI). Dabei sind es durchweg grobe anatomische Differenzen, die ins Spiel kommen, jedes Organ bedingt eine andere Eintheilung, kurz, die Familie scheint mir unhaltbar. Wie ist sie aufzulösen? Die Glandinen zunächst trennen sich am leichtesten ab. Die Schale giebt die normale Lagerung und Ausbildung des Eingeweidesackes und der Mantelorgane, ähnlich wie bei den Helieiden; die mangelnde Sohlengliederung scheint auf dieselbe zu deuten, wenn auch nicht im engeren Sinne, jedenfalls weist sie auf eine weit gegangene Umbildung. Doch ist die Sache von einer anderen Seite anzufassen. Wenn auch unsere Glandina algira eine der besten Charakterschnecken des Mediterrangebietes ist, so hat doch Kobelt darauf hingewiesen (XXXVIII), dass diese eine Art bei uns nur ein Rest einer 262 Dr. Heinrieh Simroth. (p. 62) reicheren Fauna ist, die bis ins Eocaen reicht (nach Fischer’s Manual sogar bis in die Kreide), dass dagegen das Gros sich mit anderen alttertiären Conchylien nach Centralamerika verschoben hat. Wir haben also den Blick nach Westen zu richten, ob dort noch weitere Glieder des bei uns auf eine Species zusammengeschrumpften Stammes vorhanden sind. In der That bestätigt sich die Vermuthung in vollstem Maasse, indem einerseits sich an die @landina die gestrecktschaligen Gattungen Salasiella, Streptostyla und Strebelia in abnehmender Grösse anreihen, andererseits die amerikanischen Glandinen selbst Merkmale grösserer Ursprünglichkeit aufweisen, als unsere Europäerin. Zwnächst der letztere Punkt. Strebel’s Abbildung des Retractorsystems der Glandina Sowerbyana (LXXI, Taf. XVU. Fig. 1) ergiebt Unterschiede in der Muskulatur insofern, als der Pharynx nicht von einem eigenen von der Spindel entspringenden Muskel versorgt wird, sondern von zwei Biündeln, die sich rechts und links von den Fühlermuskeln abzweigen. Viel wichtiger aber ist die weit grössere Entfernung der Genitalöffnung vom rechten Fühler, die es zu Wege bringt, dass die Kreuzung des Penis mit dem rechten Ommato- phorenretractor, die der Glandina algira zukommt, bei den Amerikanern noch fehlt. Man wird annehmen dürfen, dass hierin die tertiären Arten in Europa mit den lebenden amerikanischen übereinstimmten. Die Schlüsse für generische oder subgenerische Unterscheidung, wie sie von Martens bereits vorschlug, überlasse ich den Systematikern. Jedenfalls erhält das Bestreben, die bei uns ausgefallenen Vorfahren auf amerikanischem Boden zu suchen, eine neue Stütze; und da soll nach von Martens und Strebel das kleinste Glied der oben genannten Reihe, die Strebelia, den Uebergang zu unseren Daudebardien vermitteln, — schwerlich. Eine Uebereinstimmung zwar glaube auch ich aus den Figuren ablesen zu sollen (der Wext sagt nichts darüber), im Pharynx nämlich. Er scheint hinten noch nicht verlängert, so dass die Radulapapille von aussen sichtbar bleibt. Doch mag das, sowie der Mangel tasterartig aus- gezogener Lippen ebenso gut auf Rechnung des geringen Körperumfanges zu setzen sein, wie wir denn in den kleinen Arten nicht Kümmer-, sondern solche Formen zu erblicken haben, die dem allgemeinen Gros noch näher stehen, also der starken Form-Aus- und -Umprägungen noch entbehren. Im Uebrigen scheint mir zwischen Daudebardia und Strebelia wenig Gemeinschaft Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 63) 263 zu bestehen, weder in der Schale, noch im Retractor, noch in der bei allen amerikanischen Glandiniden ungetheilten Sohle (soviel ich für Strebelia wiederum aus den Figuren schliessen zu sollen glaube). Letzteres Moment aber ist besonders zu betonen, auch zeigen die Streptostylen an den Genital- Endwegen eine gelegentlich auf den Penis übertretende „Glandula mucosa“, in der ich nach der Form ein Homologon der Pfeildrüse erblicken möchte, und die auf eine andere systematische Anknüpfung hinweist. Sollte man an Cochlicopa, specieller an Ferussacia denken dürfen? Die übrigen paläarktischen Raublungenschnecken sind, glaube ich, aus dreifacher Wurzel entstanden. Am sichersten lässt sich Plutonia herleiten, leidlich Testacella und Daudebardia als zusammengehörige Gruppe, am schwersten die 'Trigonochlamydinen. Plutonia dürfte weiter nichts sein, als die umgewandelte Vitrina der Azoren (siehe die vorige Abhandlung in diesen Acten), an Ort und Stelle entstanden und dadurch besonders interessant. Es sind sehr viele Momente, die dafür sprechen, kaum eins dagegen. Am überzeugendsten ist die Uebereinstimmung in den Genitalien. Beide haben geradezu auffallend gleiche und sehr merkwürdige Endwege, langes Atrium, langen Oviduet, Pfeildrüse und Pfeilpapille mit dem Eileiter verbunden, den gleichen kümmerlichen Penis mit der Nebendrüse, die gleiche Form, Grösse und Befestigung des Receptaculums und seines Ganges. Die übrigen inneren Organe sind von der allgemeinen Norm bei beiden wenig abgewichen, daher sie weder pro noch contra viel beweisen. Immerhin darf die Harmonie im Pharynxumriss, in der Fussdrüse, in der inneren Pigmentlosigkeit an- geführt werden. Für Mantel und Schälchen ist die Ableitung besonders leicht. Wir haben gesehen, wie die Vitrina bei hoher Feuchtigkeit ihr Haus bereits völlig in den Mantel einhüllt. Zur Verwachsung ist nur ein weiterer Schritt. Wir kennen ferner die Neigung der Schale bei vielen Vitrinen und besonders bei der pelagica, ihre Unterseite kalkfrei und dünn werden zu lassen, daher sie oft einbricht, der Schalenschutz schwindet unter dem erweiterten Mantel. Bei totaler und constanter Umhüllung wird der Bruch der Unter- seite völlig, sie schwindet ganz, es bleibt das Plutonienschälchen übrig, welches sein Gewinde auf ein Minimum redueirt oder ganz einstellt. Der Einbruch der Unterseite hat eine Abflachung der Mantelorgane bewirkt, daher 264 Dr. Heinrich Simroth. (p. 64) der seitlich herüberragende Nierenzipfel der Plutonia dem schwach nach unten abgebogenen der Vitrina entspricht. Der Mantel stimmt aber auch in der Grösse der vorspringenden Kapuze und der bei einer Nacktschnecke höchst unerwarteten asymmetrischen Zeiehnung der Plutonia; die rechte Binde der Plutonia ist nur aus derselben einseitigen Binde der Vitrina, die dem einseitigen Mantellappen ihre Entstehung verdankt, zu erklären. Aber nicht nur die Zeichnung, in ebenso hohem Maasse ist es die Färbung, die beide Schnecken zusammenkettet. Nicht nur das dunkle Chocoladenbraun haben beide gemein (man könnte es klimatisch ableiten), sondern auch die merk- würdige Farbenscala vom Weiss bis zum tiefen Sehwarzbraun mit der dunklen Mittelsohle, welche die Azorenvitrina vor allen Gattungsgenossen auszeichnet, wird von der Plutonia durchlaufen. Ein Merkmal nur weicht wesentlich ab, die schmale Sohle nämlich, die bei der Plutonia alles Bekannte übertrifft. Sollte dies nicht eine Anpassung an die unterirdische Lebensweise sein, um ein bequemeres Durchzwängen durch Risse und Spalten zu gestatten? Die träge Plutonia hat nicht die Dehnbarkeit der Testacellen, dafür aber entsinne ich mich, dass wir sie beim Sammeln unter abgehobenen Erdschollen auf der Seite liegend fanden, ein Umstand, der zeigt, wie die Schnecke sich ihre seitliche Compression zu Nutze macht. Diese Ableitung der Plutonia aus einer alttertiären Vitrina unterstützt noch wesentlich das oben schon abgeleitete Gesetz: Das Integument oder Ectoderm kann durch Anpassung ausserordentlich wechseln, hier bis zur Herausbildung einer neuen Nacktschneckengattung, die Anatomie bleibt constant. Als Testacelliden im engeren Sinne nehme ich die Daudebardien und Testacellen, letztere von den ersteren ableitend und diese von den Hyalinen. Dass die Testacellen als ausgesprochenste unterirdische Raub- schnecken nach keiner Seite zum Ausgangspunkt genommen werden dürfen, versteht sich wohl von selbst, wie sie umgekehrt ziemlich leicht an die Daudebardien anzuknüpfen sind. Und bei denen hat man, wie wohl bei den Schnecken zumeist, die kleineren Formen für weitere Ableitung ins Auge zu fassen. Diese stimmen in ihren Genitalien auffallend genau mit den Hyalinen; die Sondererwerbungen, die Endwege sind soweit gleich, dass derselbe Drüsenbelag an der Mündung des Blasenstiels diesen und den Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 65) 265 . Eileiter auszeichnet; am männlichen Abschnitt haben die meisten Daude- bardien die so charakteristische kurze Patronenstrecke der Hyalinen; wie aber unter diesen manche derselben ermangeln, und eine einfache glatte kuthe besitzen, so unter den Daudebardien die D, Heydeni. Andererseits haben einige der letzteren den, Penisblindsack der Testacella haliotidea aus- gebildet, so von den kleineren die brevipes und am deutlichsten die grosse Saulzyi. Die Retractoren der Daudebardien sind von demselben Typus, nur ein wenig freier, als bei den Hyalinen, die kleinen Fühler sind ver- grössert, die Fussdrüse ist bei beiden sehr einfach. Sodann harmonirt mit den Hyalinen die Färbung, nicht nur durch den dunklen Rücken und die helle Unterseite (mit dreitheiliger Sohle), sondern beide Gattungen lassen gern das Schwarz ins Blaugraue umschlagen; endlich das Haus, das bei Daudebardia so gut genabelt ist, als bei den allermeisten Hyalinen. Die Veränderung seiner Form- und Windungsverhältnisse ist eine Folge der ver- änderten Körperproportionen (s. u.). Der Aufenthalt beider Gattungen ist nahezu derselbe, denn auch die Hyalinen, die zwar nicht eigentlich unter- irdisch sieh verkriechen, „sind an sehr feuchte, kühle Orte gebunden, und deshalb sind sie während der Herbst- und Wintermonate leichter zu sammeln, als im Sommer, wo sie sich wegen der Trockenheit der Luft mebr verborgen halten“ (XII). Soweit der immerhin nicht unbeträchtliche Bruchtheil der Gattung, der untersucht werden konnte, überhaupt einen derartigen Schluss gestattet, kann man sich auch über den Ursprungsherd der Daudebardia ein Urtheil bilden. Natürlich kommen. nur die kleineren in Betracht. Die deutschen haben am Penis die Patronenstrecke oder den Blindsack, im Kaukasus dagegen fehlt der Blindsack, und nur hier ist die Form, die D. Heydeni, die auch zu der anderen Hyalinenbildung ohne Spermatophoren- strecke die Parallele bietet. Solche Uonvergenz verlegt den Gattungsursprung eben nach dem Kaukasus, ‚Der Uebergang von den Daudebardien zu den Testacellen ist, glaube ich, sowohl geographisch als anatomisch einigermaassen festzustellen. Er erfolgt durch die D. Saulzyi. Der Ort der Umbildung sind .die Mittelmeerländer Creta oder Italien, der Siden oder Südwesten des Ost- beckens. Dieser Schluss mag verwegen erscheinen, weil die 'Testacellen eine leidlich alte Gattung sind, die zum Mindesten bis ins Miocaen zurückreicht Nova Acta LVI. Nr. 2. 34 266 Dr. Heinrich Simroth. (p. 66) (s. Heynemann XXX). Gerade daraus ergeben sich umgekehrt, wenn man der geologischen Durchforsehung Mitteleuropas nur einige Vollständigkeit zu- traut, gute Argumente; die Fundorte der fossilen“ liegen in Frankreich, Piemont, im Berner Jura, im Mainzer Becken und in Württemberg. Die Testacellen haben mit ihrem ursprünglichen Auftreten ihre geographische Grenze gar nicht oder nur unwesentlich ver- schoben, insofern als sie in Mitteleuropa früher ein wenig weiter nach Osten nach Deutschland hereinreichten. Nacktschnecken haben im Allgemeinen geringere Aussichten auf weite Verbreitung als solehe, die sich während eines langen 'T’ransportes ins Haus zurückziehen und unter seinem Schutze den Eintritt passender Witterungs- und Ernährungsverhältnisse abwarten können, wenige Arten nur haben durch besondere Anpassungen diese Schwierigkeit überwunden. Die Chancen, lange passive Wanderungen mit Erfolg zu über- stehen, müssen noch ausserordentlich herabgedrückt werden bei Raubschnecken, die fast ausschliesslich auf ein bestimmtes Beutethier angewiesen sind, die Wahrscheinlichkeit, durch gelegentliche "Transportmittel aufgenommen zu werden, muss abermals sinken bei unterirdisch hausenden Raubschnecken, sie sind an die Scholle gebunden. Diese Erwägung dürfte der geographischen Ableitung mehr Sicherheit geben, ja ich gehe soweit, unter den Testacellen der Mittelmeerländer die östliche Form, die haliotidea, direct an die südlichste Daudebardia (Libania, von den algerischen Formen ab- gesehen) anzureihen, an die D. Saulzyi, und nicht umgekehrt die nach der Muskulatur scheinbar ursprünglichere 7. Maugei. Der Ursprung des linken Fühler- und des Pharynxretraetors von der linken und des rechten Fühler- retractors von der rechten Seite ist bei D. Saulzyi und T. haliotidea derselbe. Während aber bei jener der Pharynxretractor als normal gegabeltes Bündel in der Längsmitte mit dem linken Fühlermuskel zusammen entsteht, treten bei T. haliotidea zu der Reihe vorderer Bündel noch immer kräftigere hinzu, die schliesslich ganz überwiegen und bei 7. Maugei als eine Art Columel- larisimitation allein noch da sind. Es hat den Anschein, dass mit der Aus- bildung neuer accessorischer Bündel nach hinten zu die hintere Verlängerung der Pharynxwand und die Ueberwachsung und Einschliessung der Radula- scheide ursächlich zusammenhängt. ‚Jedenfalls muss betont werden, dass nieht der scheinbare Columellaris der Maugei das primäre Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 6%) 26% Stadium ist, sondern das abgeleitete. Auch in den Genitalien schliesst sich die T. haliotidea besser an die D. Saulzyi an, als die 7. Maugei, denn sie hat, wenn auch keine Patronenstrecke, so doch den Endblindsack am Penis. Ein Unterschied trennt allerdings beide Gattungen hier ziemlich scharf, bei den Teestacellen kreuzen sich Penis und rechter Ommatophor, bei den Daudebardien nicht. Die Erklärung dürfte in der fortschreitenden Ver- lagerung der äusseren Genitalöffnung nach vorn liegen, worin die Daudebardien zwischen Hyalinen und Testacellen die Mitte halten. Mit dem Wachsen der 'T'estacellen über das Körpermaass der Daudebardien scheint die freie Herausbildung der Fussdrüse zusammenzuhängen, womit allerdings keine letzte Erklärung gegeben sein kann. Erst in den Testacellen kommt die Raubthiernatur zur vollen Geltung und Abrundung, wie am Pharynx, so am Geruchsorgan, an der gesteigerten Contractilität des Integuments und der Elastieität der Körperform, die jedes Eindringen in Wurmlöcher gestattet. Mit dieser Hautausbildung ist ein wesentlicher Charakter fast verloren gegangen, die theilenden Sohlenfurchen, umgekehrt hat sich die Hautathmung erzeugt. Endlich lässt sich die Umänderung des blauschwarzen Daudebardia-Colorits in das gelblichröthlich- und braungesprenkelte der Testacellen unschwer verfolgen. Die helle D. Saulzyi bildet den Uebergang; die kleinen dunklen Daudebardien halten sich an die frisch kühlen Gebirge und dort noch an die kälteren Jahreszeiten, die Testacellen sind theils südlicher, theils auf die Küstenstriche beschränkt. Der Meereseinfluss scheint ähnlich gewirkt zu haben, wie bei den bunten Parmacellen gegenüber den dunkelen Gebirgsvitrinen ete. Betreffs der Trigonochlamydinen kann man sich wohl ein Urtheil bilden, doch ist das letzte Wort hier natürlich noch nieht zu sprechen, so lange wir nur die eine Gattung kennen. Wie es Böttger durch den Namen Pseudomilax ausdrückt, lege auch ich auf die amalienhafte Mantelrinne, die nur Selenochlamys zu fehlen scheint, besonderen Werth. Dieses Merkmal ist ein so ausserordentlich beschränktes und doch so scharfes, dass eine gemein- same Vererbung mit den Amalien äussert wahrscheinlich. Geben wir solche Aehnlichkeit zu, so ist doch die Differenz beider Gattungen eine sehr wesent- liche, äusserlich durch das Fehlen der Mantelkapuze und Mantelnase bei Trigonochlamys, innerlich dureh die fehlende Penis- und Ommatophorenkreuzung 34* 268 Dr. Heinrich Simroth. (p. 68) bei Amalia, durch die Patronenstrecke und freie Fussdrüse bei derselben, durch die verschiedene Ausbildung des Retractors. Von der Lunge muss ab- gesehen werden, sie scheint von der Mantelverschiedenheit abzuhängen; da- gegen konnte die gekrümmte Niere der Trigonochlamys auf die knieförmige der Amalia zurückgeführt werden. Möglich, dass die Differenzen durch die genauere Kenntniss des P’seudomilax ausgeglichen würden, der im Verhältniss noch den grössten Mantel hat. Andererseits erinnert der Penis und die Sohlenzeichnung der Trigonochlamys an Limax, am meisten an mazximus, wie ebenso der bei Pseudomilax bicolor aus den dunkelen Rücken heller heraus- tretende Kiel ein Merkmal ist, das fast nur in der Gattung Limax Parallelen findet. Umgekehrt scheint die kleine blasse Selenochlamys (IL, 7. Verzeichniss) die am weitesten abstehende Form zu sein. Bei ihr ist der Mantel am meisten zurickverlegt und so klein, dass ein inneres Schälchen unwahrschein- lich wird. Trotz der Kleinheit und der geringen Zahl der Furchen sind die Nackenfurchen am weitesten aus einander getreten und haben in ganzer Länge eine secundäre Furche zwischen sich. Bedenken wir, dass im Kaukasus- gebiet aus der Wurzel der Vitrinen sich eine reiche Gruppe von Limaciden entwickelt hat (s. u.), so wird es verständlich, dass mit und aus diesen Limaciden auch die Familie der T'rigonochlamydinen entstand. Nach alle Diesem stellt sich der Stammbaum der Raublungenschnecken folgendermaassen dar: T. Maugei. | Testacella haliotidea. | D. (Libania) Saulzyi. | D. rufa. Heldi. brevipes. Selenochlamys. | | Daudebardia Lederi. Heydeni. _ Trigonochlamys. a | Pseudomilax. I. F.Glandinidae. ll. F.Vitrinoidea. III. F. Hyalinoidea IV. F. Limacoidea Die ursprünglicheren Plutonia atlantica, auf s.Testacellideas.,von s. Trigonochlamydina Gattungen jetzt in den Azoren entstanden OÖ. nach W, weiter Hesse. Centralamerika. und dort geblieben. entwickelt. | | Kaukasische | | Limaeiden. | | | Vitrina pelagica. Hyalina. Kauk. Vitrinen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 69) 269 Noch habe ieh nicht der neuesten Eintheilung Fischer’s gedacht (XVUN; er trennt die kaubschnecken in die Testacelliden (Testacella, Daudebardia, Glandina, Rhytida u. v. a.) und die Selenitiden, in denen die Gattungen Trigonochlamys, Plutonia und die nordamerikanische beschalte Selenites sich vereinigen. Die Abzweigung der zweiten Familie beruht auf der Existenz eines Kiefers neben der Testacellenbezahnung. Gewiss ist das Merkmal sehr praktisch, aber es ist unnöthig, dasselbe von Neuem kritisch zu zer- pflüeken. Vielmehr stellt sich die Familie der Testacelliden (oder Agnathen) als ein unnatürliches Convolut durchaus verschiedener Schnecken dar, das lediglich einer starken Convergenz der Verdauungsorgane, zum Mindesten der Radula seine Entstehung verdankt. Wahrscheinlich das jüngste Glied ist Plutonia. Es bleibt nur übrig, die Ursachen der Convergenz zu untersuchen. Sie liegen in der Anpassung an die Fleisch-, im Besonderen an die Lumbrieidennahrung und die damit verbundene unterirdische Lebens- weise. Alle jene Schnecken zunächst, die ich als die Wurzeln der ver- schiedenen Familien betrachte, sind gelegentlicher Raubthiergelüste überführt. Von den Glandiniden müssen wir absehen, da wir die Verwandten zu wenig kennen. Ueber die Nahrung der Vitrinen s. ©. Von den Hyalinen sagt Clessin (XII): „Die Thiere der kleineren Arten leben mehr von faulenden Pflanzen, während die grösseren Raubthiere sind, die selbst Individuen der eigenen Art angreifen und verzehren“. Sehr lehrreich in letzterer Hinsicht ist der Fall, den Miss Stele von H. Draparnaldi beschreibt (XXVD. Sie züchtete eine grosse Familie, die sie mit Kräutern ernährte. Im Winter gab sie in Ermangelung der Pflanzen geschabtes Rindfleisch, und das machte sie nachher zu Cannibalen, die sich unter einander auffrassen. Wir sehen, wie leicht die Hyalinen an ausschliesslich animalische Kost sich gewöhnen. Die Limaces, von Natur Pilzliebhaber und darin Carnivoren an und für sich nahe stehend, sind ebenso wie die Amalien als gelegentliche Räuber bekannt (iiber letztere s. u.); und man hat ja vielfach solche Gelüste mit den schlanken Zähnen der Seitenfelder bei allen diesen Arten in Zusammenhang gebracht. Besonders zu bemerken ist aber, dass in allen diesen Fällen von Fleischkost die Beute in einzelnen Bissen, wie Pflanzennahrung aufgenommen wird. Sie wird nach und nach abgeschabt, wie man in neuerer Zeit wiederholt junge Nestlinge der niedrig brütenden Goldammer vom Arion empiricorum über und 270 Dr. Heinrich Simroth. (p. 70) über abgeleckt fand (LXXI). Je stärker die Raubthiernatur sich entwickelte, je mehr ganze T'hiere gewürgt wurden, um so gewaltsamer wurde die Zunge nach hinten gezogen, und damit scheint mir nicht nur die Zunahme der Pharynx-Wandmuskeln und -Retractoren sich zu er- klären, sondern ebenso die Umbildung der Radula, selbst bei gleichzeitig nach hinten verlängertem Zungenknorpel. Denn mit der stärkeren Zurück- ziehung in die schmale Knorpelrinne legten sich die Radulahälften in ihren medialen Partieen enger an einander, damit wurde das Mittelfeld in seiner Entwickelung beeinträchtigt auf Kosten der freier, namentlich vorn über die seitlichen Ränder der Knorpellippe spielenden Seitenfelder. Dieses mechanische Moment dürfte allein die Umbildung der Radula bewirkt haben, wie ähnliche Erwägungen von Pfeffer zur Erklärung der Zahnformen in den verschiedenen Partieen der Pulmonatenzunge im Allgemeinen bereits angestellt sind. Aber nicht nur die Radula selbst wurde in ihren Proportionen abgeändert, sondern ebenso der sie einschliessende Pharynx, der an Länge und Dicke gewaltig zunahm und, wie sich an der postembryonalen Entwickelung der Daudebardien noch jetzt erweisen lässt, die Ursache wurde von dem Missverhältniss zwischen T'hier und Schale gegenüber den verwandten Hyalinen. Böttger und zuletzt Reuleaux (s. 0.) haben die Hyalinenähnlichkeit der jungen Daude- bardiengehäuse betont. Eine Serie namentlich jugendlicher Formen von Kösen, welche ich Herrn Goldfuss verdanke, giebt genauen Aufschluss über die Um- bildung während des Wachsthums. Das jüngste T’hier 1 mit 1 mm lang hervorstehender Sohle vermag sich noch fast so ins Gehäuse zurückzuziehen, 0) wie eine Hyalina. Bei 3 mm Sohlenlänge bereits ist die Retraetion unmög- 4 l mm 5 mm 4,; mm 8,5 mm Daudebardia vrufa (Heldi) in verschiedenen Altersstadien (aus der Schale genommen). lich, und nun wächst der Körper immer mehr in die Länge, während das Haus stabil bleibt. Die anatomische Untersuchung aber lässt erkennen, dass die Ursache speciell in dem überwiegenden Wachsthum des Pharynx liegt. In 1 ist dieser noch so klein und schmal, dass er unter vollständiger Ein- krempelung des Kopfes tief in die Schale verborgen wurde. In 2 hat er an Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p.71) 271 A] j Umfang so zugenommen, dass er nieht mehr in die Mündung hineinpasst, daher die Unmöglichkeit der Retraction. Aber noch in 3 bleibt das Ver- hältniss dasselbe, nämlich von den Eingeweiden ist allen der Pharynx ausserhalb, Darm und Leber aber innerhalb des Gehäuses. Erst in 4 ist die nun eingeschlagene Wachsthumsrichtung, die zur walzenförmigen Ver- längerung des Körpers führt, so weit selbstständig weitergegangen, dass auch die Hauptmasse der Lebern aus dem Gehäuse herausgetreten und neben ihnen vor demselben Raum für die Genitalien geschaffen ist. Weiterhin aber ist die Jugendliche Gewohnheit, nach Art echter Gehäuseschnecken, den Kopf in die Schale zurückzuziehen, bis in ältere Zustände bestehen geblieben, wie man etwa noch an den Umrissen von 2 erkennt; dieses gewohnheitsmässige Bestreben der Retraction ins Haus führt nun zu dessen gewaltsamer Er- weiterung, zu der, wie es scheint nieht ganz typischen Retraetion und Ver- flachung des letzten Umganges. Man kann also die Umwandlung der Körperform von der Hyalina zur Daudebardia direct während des Lebens verfolgen und nachweisen, dass die Raubthiernatur durch Vergrösserung des Pharynx das Motiv ist. Dabei ist zu betonen, dass sich nicht etwa während des Lebens noch jetzt diese Anpassung von der ersten Stufe an recapitulirend an allen 'Theilen vollzieht, sondern schon so kleine Exemplare wie Nr. 1 haben die ächte Daudebardienradula der erwachsenen, sind also von Anfang an praedestinirte Raubthiere; und man darf behaupten, dass lediglich der wesentlichste Raubthiercharakter, d. h. die Radula, auf die junge Daudebardia vererbt wird und dass nach ihm die Körperproportionen sich bei jedem Individuum von Neuem modeln und die phylo- genetische Entwickelung recapituliren. Während so die ganze Daude- bardia eine Hyalina darstellt mit Raubthiergebiss, verhält sich wahrschein- lich oder so gut wie gewiss die Daudebardia (Libania) Saulzyi vom Süd- rande des östlichen Mittelmeerbeckens von klein auf anders. Denn es ist wohl nicht anzunehmen, dass der Columellarisursprung erst während der Ent- wickelung aus der Schale herausrückt an die linke Körperseite; die Libania wird also von klein auf echte Daudebardiagestalt haben. Der Uebergang von hier zu den 'Iestacellen ist dann, von der Muskulatur abgesehen, so zu denken, dass das Haus, da es gar nicht mehr zur Retraction dient, die Hyalinenähnliehkeit aufgegeben hat und atypisch geworden ist. — Mit dem 212 Dr. Heinrich Simroth. (p. 72) Wechsel der Nahrung war bei den Raubschnecken eine Verkürzung des Darmes und die Erweiterung eines derben Magens verbunden, zugleich mit der Herstellung kräftiger Retensoren. Die letzte physiologische Forderung, die Anstrengungen der lebendig verschlungenen Beute zu überwinden, werden auf sehr verschiedenem Wege erreicht, im Allgemeinen durch Verdiekung oder Erweiterung des normalen Pharynxretractors, bei den Trigonochlamydinen aber durch stellvertretende Muskelbündel, die von der Nackenhaut zum Vordertheil des Schlundkopfes im Halbkreis herabsteigen. Aehnliche, aber paarige Retensoren entspringen weiter hinten in der Nackengegend und gehen bald zur hinteren Partie des Pharynx (Testacella und Plutonia), bald zum Vorderrande des Magens (Daudebardia). — Ebenso unmittelbar mit der Nahrungsveränderung hängt die Rückbildung des Kiefers zusammen. Da das Beutethier ganz verschluckt wird, würde ein scharfer Kiefer, der die einzelnen von der Zunge gefassten Bissen abschneidet, nur hinderlich sein; er wird daher rudimentär, oder seine Schneide wird bei Plutonia durch eine weniger scharfe, an der Hinterwand vorspringende weichere Leiste unschädlich gemacht. — In diesen Erörterungen ist die Glandina einigermaassen auszunehmen, von der man wohl weiss, dass sie andere Schnecken, Limaces ete., verzehrt, nicht aber Regenwürmer; immerhin ent- spricht es der Pharynx- und Retractorbildung, dass auch sie ihre Beute ganz verschlingt. Da sie aber den Würmern nicht nachstellt, mag sie wohl ver- borgen leben und versteckte Schnecken aufsuchen, steigt aber nicht in den Boden hinab, und damit schliesst sie sich vom Folgenden aus. — Die Jagd auf Regenwürmer verlangt von den Thieren eine Umwandlung ihrer äusseren Gestalt, die sie zum Kriechen in den Röhren und Erdspalten befähigt. Zudem Zwecke werden alle Vorsprünge am Körper beseitigt, da sie bei jedem Vorsprunge der Röhrenwand hemmen würden. Plutonia, das jüngste Glied, erfüllt diese Forderung nur unvollkommen, indem sie die Mantelkapuze behält, zum Ersatz aber wenigstens den Körper seitlich comprimirt und die Sohle verschmälert, so dass es dem Thiere möglich wird, nach Bedarf in der Seitenlage durch enge Spalten zu kommen. Die übrigen verlegen entweder die verkleinerte Schale an das Hinterende, indem sie die- selbe soweit. hinabschieben, dass sie nicht mehr über den Querschnitt vor- springt (Daudebardia, s. Zinkographie 4, Testacella, Selenochlamys), oder sie Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 13) 2%3 redueiren, wenn der Mantel das verdünnte und seines Kalkgehaltes fast ganz beraubte und somit geschmeidige Schälchen an normaler Stelle über- wächst, die vorspringende Mantelkapuze vollständig (Pseudomilax, Trigono- chlamys). Dem gleichen Zwecke der Schmiegsamkeit durch die engsten Veffnungen dient die kautschukartige Biegsamkeit und Dehnbarkeit der Körper- form, die bei Testacella wenigstens zu beschreiben war. Die vom Raubthiere geforderte grössere Sinnesschärfe, hier namentlich des Geruchs, wird bei den grossen beschalten Formen (Glandina, Testacella) durch ein besonders entwickeltes Mantelgeruchsorgan, bei den übrigen durch stärkere Ausbildung der kleinen Fühler geleistet. Mit dem unterirdischen gleichmässig feuchten und namentlich mit feuchter Luft versehenen Aufenthalt ist die Anregung zur Hautathmung gegeben. Dieser Punkt erscheint mir als einer der schwierigsten, nicht des- halb, weil ich an der Hautathmung der Testacellen noch zweifelte, sondern umgekehrt wegen der Ungewissheit, auf welche Schnecken der Vorgang sich beschränken mag. Es lassen sich Gründe anführen, wonach zum Mindesten alle die kleinen auf das Feuchte angewiesenen Vitrinen, Hyalinen, Daude- bardien und fast alle Nacktschnecken ausser der Lunge das Integument zur hespiration benutzen. Es sei gestattet, ein wenig weiter auszuholen. Bei den Wasserlungenschneeken ist für einzelne Limnaeen festgestellt, dass sie in der Tiefe der Seen ohne Luftzufuhr existiren können. Zum Mindesten muss das Lungenareal wasserathmend geworden sein. Die Frage dürfte nach Pauly noch nieht bis zum letzten Abschlusse erschöpft sein. Fast immer findet man in der Lunge von 'T'hieren, die man eine Reihe von Tagen unter Wasser hielt, wie ich es mit Planorbis corneus that, die Lunge noch mit Luft gefüllt (LXV). Ich glaubte bei Planorbis eine Wasser athmende Lungen- hälfte annehmen zu sollen, wie bei Ampullaria, namentlich aber liess sich zeigen, dass ein kleiner Hautanhang unter solchen Umständen gewaltig durch Blut auschwillt und ein starkes Gefässnetz durcehschimmern lässt. Er dient als Hautkieme. Eben solche unausgesetzt thätige Hautkiemen sind aber sicherlich die grossen flachen dreieckigen Fühler der Limnaea auricularis, Amphipeplea u. dergl. Bei diesen Fühlern sieht man an jedem Aussenrande ein starkes Gefäss, und beide Gefässe geben reichliche Zweige nach der Mitte zu ab, so dass das eine als Vene, das andere als Arterie dient. Nach Noya Acta LVI. Nr. 2. 35 274 Dr. Heinrieh Simroth. (p. 74) solchen Beobachtungen müsste es eine interessante Aufgabe sein, die Mantel- anhänge der Physa, den geschlossenen lockeren Mantel der Amphipeplea und dergleichen auf ähnlichen Bau zu untersuchen und zu prüfen, wie weit sie zu Hautkiemen umgewandelt sind. Bei den kleinen Hyalinen und Vitrinen nun bleibt nicht nur die Haut eine einfache, nur mit dünnem, klaren Schleim ver- sehene Schleimhaut, die gegen trockenere Luft ausserordentlich empfindlich ist, sondern sie ist durchweg an den Stellen, die der Luft am meisten aus- gesetzt sind, d. h. vom Rücken abnehmend nach unten, durch schwarzes oder blauschwarzes Pigment charakterisirt (wobei nur die oceanischen Vitrinen in das köthliche abspringen. Wenn es richtig ist, dass die Ablagerung der Pigmente auf äussere Einwirkungen hin aus besonders activem, unter er- höhtem Drucke stehenden Blute (wie Kerschner sagt, unter vasomotorischen Nerveneinfliissen) erfolgt, dann ist anzunehmen, dass es sich in dieser Rücken- haut nicht um einen einfachen Venenstrom handelt, sondern um chemisch be- sonders angeregtes, im Athmungsstoffwechsel begriffenes Blut. Die gleichen Gründe machen sich bei den Nacktschnecken geltend, d. h. eine hohe Empfind- lichkeit der Haut gegen Trockniss, und ein besonderer, durch meteorische Einflüsse variirter Farbenreichthum. Dazu kommt eine fast durchweg starke, eigenartige Furchung und Runzelung und, wie es gelegentlich für Zimax mazimus angegeben wurde, eine nicht seltene Pulsation in diesen Runzeln. Soll eine solche z. B. in den Rückenrunzeln neben dem Kiel, wo man sie häufig beobachtet, weiter keine Bedeutung haben, als das nach langer Cireu- lation in den Arterien und durch das Integument venös gewordene Blut der nahen Lunge schneller zuzutreiben? KRespiration liegt näher. Bei der Testa- cella sind die Furchen zu einem echten Lungengefässnetz geordnet. Es bleibt schliesslich nur fraglich, wie weit die in ihren Hautfarben weit ein- facheren Heliceen an der Hautrespiration Theil haben. Zum Mindesten ist sie unwahrscheinlich. Den Heliceen schliesst sich in der Färbung, um noch dieses Moment vergleichend hervorzuheben, die @landina an. Die übrigen sind entweder als (Gebirgsbewohner schwarz (blauschwarz) oder blass, oder als oceanische Formen (Plutonia, Testacella) röthlich oder bräunlich. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.75) 275 Zweites Kapitel. Die Limaciden. Die Gattung Limax Linne. Taf. 5, Karte I, II und Taf. 9, Karte IV. Mit einer fünften und einer sechsten Darmsehlinge jenseits des Columellaris. Penisretraetor mit dem rechten Ommatophoren gekreuzt. A. Heynemannia Malm. Mit den reinen Charakteren der Gattung. 'T'hier gestreift. Auf den Azoren und der iberischen Halbinsel findet sich nur 1) Limax maximus Linne, var. cinereus Lister (und unicolor Heyn.). Ueber die Zusammengehörigkeit des umicolor mit dem cinereus kann kaum noch ein Zweifel bestehen. Ebenso habe ich den cinereus, der nach den Beschreibungen ausserordentlich wechselt, bis in die kleinsten anatomischen Details dem mazximus unterordnen zu sollen geglaubt. Fraglich bleibt es nur, wie weit sich eine geographische Race gefestigt hat. Azoren. Ich fand ein Dutzend auf S. Miguel, an der Küste in Ponta Delgada, auf der Höhe in Furnas, immer nur in und an Gebäuden, ein Beweis für die Einwanderung im Gefolge des Menschen. Morelet giebt die Schnecke vom ganzen Archipel an (XL). Die 'Thiere waren halbwüchsig bis erwachsen. Alkohollänge 2,4 bis 6,2 em, Maximalgewicht 9 g. Die Färbungen halten sich durchweg in den Grenzen, die Morelet festlegt. „a. Cinereus, elypeo maculis, dorso faseiis continuis vel interruptis notato. ?. Brunneo-einerascens, elypeo maeulis obsoletis pallidioribus vel rufes- centibus notato, y. Fusco-cinereus faseiis vix distinetis. 276 Dr. Heinrich Simroth. (p. 76) d. Brunneus, carina pallidiore, elypeo maculis paueis et latere fascia unica notatis“. Die Hauptsache ist die sehr nüchterne Färbung, die Sohle ist hell, der Rücken mäusegrau, mit schwachem Stich ins Rothbraune. Bei den grossen 'Thieren ist der Rücken einfarbig, kaum in der hinteren Hälfte mit schwach weisslichem Kiel. Der Mantel vorn weiss gesprenkelt oder genetzt, nur in einem Falle mit einigen schwarzen Punkten. Am längsten erkennt man die Stammbinde durch. Das kleinste Thier am bhuntesten, die Stammbinde continuirlich, die innere jederseits in eine Reihe schwarzer T’upfen, die äussere nach unten fein netzartig aufgelöst. Der Mantel hinten mit Stammbinde, sonst schwach getupft und genetzt. Das buntere, vielfach ins Schwarze und Gesprenkelte gehende Kleid des jüngsten beweist, dass, wie bei den centraleuropäischen und namentlich alpinen die Anlage vorhanden ist zur lebhaften, aus schwarz und weiss ge- mischten Tracht. Die spätere Abstumpfung in einfarbiges Graubraun mit schwachem Roth dürfte auf Rechnung des gleichmässig weichlichen Klimas zu setzen sein. Von biologischem Interesse sind die völlig nächtlichen Gewohnheiten der Schnecke; sie hält sich am Tage auch bei Regenwetter verborgen, in später Abendstunde dagegen beobachteten wir sie wiederholt an den Mauern des Gasthofs von Furnas bei Beleuchtung in Copula. Nach Furtado’s miüindlicher Mittheilung bedecken sie oft, so gut wie variegatus, in grossen Massen die Wände. Madeira. Die maderenser T'hiere sind helle und stark gefleckte cinereus. Im Göttinger Museum eine Familie mit reichlichen rothgrauen Flecken, die in der Mitte sich aufhellen: pardalis (LXVI), im Berliner eine andere, die auf hellem Grunde überall dicht schwarze Flecken trägt: psarus. Mit Heynemann bezweifle ich das Vorkommen der Varietät cinereoniger sehr entschieden. In derlei Bestimmungen sind früher zu viel Ungenauigkeiten untergelaufen, als dass man sich das Recht der Correctur auf Grund von Beobachtungen, selbst negativen, verkümmern lassen dürfte. Portugal. Morelet beschreibt den sylvaticus, den er im Nachtrag (XLV) in cinereus verbessert, allein von Cintra. Ich fand den einereus eben- daselbst, erhielt ihn aber auch durch Freundes Güte von Oporto. Da Silva Lie Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 17) 27% e Castro beschreibt als neue Art einen Limax Bocagei, der hierher gehört (LX). Ich verdanke Herrn Barboza du Bocage Exemplare aus dem Lissaboner Museum, die vom Minho sein dürften. Die Zeichnung ist durchweg kräftiger als die der Azoreaner, schwarz- grau, wobei fast immer auf dem Rücken sich die Streifung erhält als Grund- zeichnung. Dazu schwarze Punkte, besonders auf der Mantelkapuze, in Reihen in der Rückenbinde. Drittelwichsige blendend weiss und schwarz auf dem Rücken, mit starker innerer und Stammbinde, durch schmale weisse Streifen getrennt, die äussere Binde nach aussen aufgelöst, auf der vorderen Mantelhälfte Fleckenauflösung, auf der hinteren noch Spuren der Stammbinde. Somit echte cinereus vom verbreitetsten Habitus. Die Varietät Bocagei gleicht den pardalis von Madeira. In Cintra traf ich die Schnecke Anfangs October, theils an Mauern, theils ausserhalb im Walde. Zu einem halben Dutzend erwachsener etwa eben soviel ganz junge von 0,7 Üentimeter Länge im Leben. Diese gleichen keineswegs den röthlichen Jungen unseres cinereoniger, sondern waren bräunlich und bereits stark in Bindenzeiehnung. Das weist allerdings auf eine ziemlich selbstständige Herausbildung des portugiesischen cimereus zur Race oder Art hin. Aus der Fangzeit folgere ich umgekehrt, dass die Art sich in der Fortpflanzung den Jahreszeiten ebenso anpasst, wie bei uns die frei lebende; ja der völlige Mangel aller Zwischenstufen zwischen ältesten und jüngsten scheint die einjährige Lebensdauer, die ich den meisten Nacktschnecken normaliter zuschreiben zu sollen glaubte, anzudeuten: zum Mindesten wachsen die Jungen in einem Jahre oder Halbjahre zur völligen Reife heran. Beide Behauptungen erleiden allerdings Einschränkungen , denn aus der nassen Umgebung von Oporto erhielt ich im April auch ganz junge Thiere lebend durch Herrn Nobre. Das jüngste, kaum dem Ei entschlüpft, glich den jüngsten Stadien unseres maximus (rothbraun mit Stammbinde auf Mantel und Rücken), so dass wenigstens im Norden nach Asturien zu die Jugendzeichnung die gewöhnliche bleibt. Die herbstliche Fortpflanzungszeit bei Cintra macht allein schon die Verbreitung in das Flachland unwahrschein- lich; nach dem heissen Sommer waren erst wenige Regen gefallen, und dürr und trocken winkten noch Hügelketten und Ebenen von Mafra und Collares nach dem herrlichen, üppigen, wasserreichen, „kalten“ Cintra (Camodes: os Lusiadas III. 56) herüber. Vielmehr weist das, wie es heisst, häufigere Vorkommen 278 Dr. Heinrich Simroth. (p. 75) in der gesegneten Provinz des Minho darauf hin, dass die Schnecke sich auf die bergigen Granitgegenden des Nordens und der Serra Estrella beschränkt, jene Gegenden, die allen Baumwuchs, zumal Laubwald, an sich fesseln. Sollte sie dem Foyait von Monchique fehlen? Bis jetzt scheint Cintra der siidlichste Punkt. Die kräftigere Färbung gegenüber den Azoreanern erklärt sich aus dem immerhin kräftigeren Klima gerade dieser Gegenden. Spanien. In den Pyrenaen ist der L. maximus als nubigenus Bourguignat einfach schwärzlich, also dem cinereoniger ähnlich. Im Uebrigen giebt Hidalgo (XI) den cinereus an und bezweifelt den eönereoniger. Leider bleiben wir ganz im Unklaren, wie weit das Gebiet des cinereus reicht. Algier. Aus Afrika wird der maximus bis jetzt nicht angegeben. Dennoch glaube ich ihn aus der Litteratur nachweisen zu sollen. Es ist sehr schwer, die Arten, welche Bourguignat für Algier aufgestellt hat (VII), richtig zu deuten. Seinen L. nyetelius, den ich neuerdings das erste Mal abgebildet sah, halte ich für nichts Anderes, als die Jugendform des cinereus, wie ich sie als eins der allerersten Stadien in Cintra traf. Die alten scheint man in Algier nicht gefunden zu haben, wahrscheinlich wegen der ‚Jahreszeit, in der man sammelte. Die stark vergrösserte Abbildung hat inzwischen mancherlei Verwechselungen veranlasst, die jetzt aufzuklären sind. Diese Jugendform ist der einzige gestreifte Limax, den Bourguignat angiebt. Dadurch haben sich die Nachfolger bewogen gefunden, einen ähnlichen, kleinen, rothbraunen und gestreiften algerischen Limax als nyetelius zu bestimmen; so habe ich ihn erhalten und seine Anatomie publieirt (LXI); diese kann nicht mehr auf den »yetelius bezogen werden. Die Figur des nyctelius trägt un- verkennbare Merkmale der Jugendlichkeit an sich, vor Allem die plumpen Ommatophoren, ein Merkmal, auf das man bei der Vorzüglichkeit der Ab- bildungen in Bourguignat's Werk unbedingt recurriren darf. Ich nehme ihn zweifellos als maximus cinereus. Damit ist der nyetelius zu streichen. B. Lehmannia. Die sechste Darmwindung mit einem Blinddarm. 2) Limax variegatus Drap. Von den Azoren giebt Morelet die kosmopolitische Art nur von der Kistenregion an (Ponta Delgada und Villa Franca), ich kann den Kraterkessel Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 79) 2%9 von Sete Cidades hinzufügen. Ueberall hält sich das T'hier im Gefolge des Menschen. Exemplare von Lissabon (Alcantara) sind allerdings etwas kleiner als etwa ungarische, wie es Morelet angiebt, immerhin bis 4,; Centimeter lang in Alkohol. Die Färbung gewöhnlich wie bei den deutschen, der Schleim meist weniger .roth. Morelet’s Beobachtung (XLIV), dass die leb- hafte Farbe sich mit längerem Hungern oder auf andauerndes Reizen (tourmentee) in fahles Olivengrün abstumpft, beruht offenbar auf einer Er- schöpfung des bunten Schleimes; die Grundfarbe kommt mehr zum Vorschein. Hier sind die hellen Flecken oben meist zu einem unregelmässigen Kiel- streifen geordnet und sonst mehr weniger regellos vertheilt. Auf jeden Fall muss ich Morelet zustimmen, wenn er Mabille, der für die portugiesische Form die neue Art Limax baetieus aufstellt, zurückweist; es liegt nicht einmal Grund vor, eine besondere geographische Varietät oder nur Mutation daraus zu machen. Unter diese Art beziehe ich, so sicher als sich überhaupt bei unserem Thiere nach Abbildungen urtheilen lässt, den ZL. Deshayesi Bourguignat's von Algier (VII. Der Autor denkt zwar mehr an die Nachbarschaft mit L. maximus einereus, indessen reicht ja dieselbe Uonfusion der Subgenera bis in die neueste Zeit. 3. Limax arborum Bouch. Das Schicksal der Entdeckung dieser Schnecke in Portugal ist eigen- thümlich. Zunächst veranlasste Morelet's ursprüngliche Angabe des sylvaticus hei Cintra den Glauben, er habe die Art dort gefunden. Ich gab mir alle mögliche Mühe, sie dort wieder aufzutreiben, umsonst. Aus dem Nachtrag geht ja auch hervor, dass Morelet das T'hier nicht angetroften hat. Dem- nach ist der erste, der es heimbrachte, v. Maltzan. L.v.Heyden sammelte eine kleine Form in Spanien, in der Sierra de Guadarrama, v. Maltzan einige Exemplare in den Bergen von Monchique, die ich untersuchte (EXT). Sie waren lebhaft gezeichnet, namentlich mit einer Ziekzackstammbinde. Bei Oporto sass an einer (rartenmauer ein Thier, das ich zuerst für Agriolimax agrestis hielt, einfarbig hellgrau, mit ganz schwacher Stammbinde auf der hinteren Mantelhälfte. Die Anatomie bestätigte ein halbwüchsiges Exemplar des L. arborum. Somit ist sicher, dass die Art in ihren verschiedenen 280 Dr. Heinrich Simroth. (p. SO) Farbenvarietäten im Norden und Süden des Landes vorkommt, auch sie dürfte sich an die Granitgebiete halten. Wichtiger ist das Vordringen auf die Inseln, zwar nicht auf die Azoren und die Madeiragruppe, wohl aber auf die Canaren (und Tristan d’Acunba’?) — als L. camariensis d’Orbigny? — Aus der Original-Abbildung und -Be- schreibung (LXXIV) ist leider kaum etwas Sicheres zu entnehmen. Zwei kleine Exemplare der Senckenberg’schen Sammlung von den Canaren konnten zwar wegen zu starker Erhärtung nicht mehr seeirt werden, doch gab die Zeichnung Anhalt genug, daher ich beide abbilde (Taf. 3. Fig. 5 und 5a). Sie sind noch nieht erwachsen, haben aber die charakteristische Zeichnung unserer Art, die vor Allem im Vorwiegen der inneren Binde auf dem Rücken besteht. Die Stammbinde und die äussere lösen sich beim kleineren Exemplar auf, während sie sich beim grösseren zu einer Art von Quer- oder Schräg- streifung umgesetzt haben, gerade wie ich früher das Zeichnungsgesetz der Schnecke entwickeln konnte. So schliesst sich diese Form direet an die von Algarve an; nur der lebhaft rothgraue Grund ist auffallend. Auch die Beschreibung, die Smith vom ZL. canariensis auf "Tristan d’Acunba giebt (LXIX), wonach die Thhiere im Allgemeinen schwarz gefleckt, hie und da einfarbig sein sollen, passt wohl am besten zu unserer Art.!) Dieselbe Lebhaftigkeit der Töne zeigt sich bei einer anderen, halb verschollenen und neuerdings wieder aufgetauchten Form, beim L. valentianus Fer. (XVII). Pollonera, der die Art wieder aufgenommen hatte (LIII) und freundschaftlich genug war, mir ein Exemplar aus der Umgebung von Valencia zu überlassen, sah sich veranlasst, für diese Schnecke (und den Agriolimax fulvus Normand) die Untergattung Ambigolimax aufzustellen und diese der Gattung Agriolimaxr einzuverleiben. Beides muss ich bestimmt zurückweisen. Kein Agriolimar hat eine echte Binde; andererseits macht die Anatomie den valentianus zu einer echten Lehmannia. Der Blinddarm an der sechsten Darmschlinge ist sehr lang; Kreuzung vorhanden ete. Am kurzen Penis eine seitlich gestellte Enddrüse, welche sich, unverjüngt geschlossen, an der Seite 1) Heynemann denkt bei diesem Thiere an Z. variegatus (XXX), es ist auch sehr wohl möglich, dass der canariensis so zu deuten bleibt; annähernd sicher ist nur, dass der EL. arborum valentianus auf den Canaren vorkommt. Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 81) 281 der RKuthe mehrfach eng zusammenlegt, so dass sie das Bild vortäuschen kann, welches Pollonera giebt (l.e. Fig. 2 und 3). Der Retraetor entspringt vom Lungenboden neben dem Herzen. Im Inneren hat die Ruthe einen Längs- kamm, der sich oben hakig oder kreisfürmig umbiegt (ähnlich wie bei L. tenellus und cephalonicus). Nur diese Penisbildung kann eine wenig diffe- renzirte anatomische Varietät oder Art begründen. Da sich bei dem T'hiere von Monchique dieselbe lange Form der Penisdrüse vorfand (LXT), da anderer- seits alle die südlichen 'Thiere lebhaft gezeichnet sind, so ist anzunehmen, dass der L. arborum var. valentianus das Gebiet von Siidspanien, Algarve bis zu den Canaren einnimmt. Die Gattung Agriolimax Malm. Thier ungestreift. Vier Darmwindungen, die erste die kürzeste. Penis retractor und rechter Ommatophor kreuzen sich nicht. 1. Agriolimax agrestis Linne. Taf. 8, Karte I und Taf. 9, Karte V. Azoren. Hier ist die Schnecke der einzige Vertreter der Gattung und nach Morelet über den ganzen Archipel verbreitet; ich fand sie auf S. Miguel überall, am dichtesten natürlich in den Gemiisegärten von Ponta Delgada. Morelet giebt vier Varietäten an (IV): ce) pallide griseus. 3) griseorufescens, y) violaceo-nigricans, d) albido-stramineus, capite rufescente, atomis nigris sparsis. Malm hat nach Heynemann (XXX) noch mehr (sieben) Varietäten aus dem Material herausgelesen, worauf wenig ankommt. Die Schnecken bleiben auffallend klein, in Ponta Delgada erreichen sie etwa gute Mittelgrösse, unter den aus den Kraterkessen von Furnas und Sete Cidades erhebt sich kaum eine über 1 em Alkohollänge. Der wenig gebundene Bimstein- und 'Tuffboden ist ihnen entschieden nicht günstig, selbst in den Batatenfeldern verkriechen sie sich als richtige Nachtthiere mit steigender Sonne unter dem Klümpehen des bröckelig-krümeligen Bodens, der ihnen überall müheloses Eindringen gestattet. Die Schnecken sind an der Nova Acta LVI. Nr. 2. 36 282 Dr. Heinrich Simroth. (p. 2) Küste fast durchweg hell, durch Kalkschleim auffallend weisslich, in Alkohol reticulatus (die Varietäten « und 6). Auf den Höhen werden die kleinen Formen, sei es, dass der Kalk hier spärlicher, sei es, dass das gleichmässig feuchte Klima die Haut nicht zu Pigment- und Kalkbildung anregt, einfarbig mäusegrau, laevisartig, einzelne mit gedunkeltem Rücken (Taf. 3. Fig. 6). Was aber wichtiger, es tritt plötzlich unter Hunderten von hellen Individuen an verschiedenen Orten auf einmal ein schwarzes auf, nicht als Steigerung solcher kümmerlich grauen Familien, sondern als übergangsloser Melanismus (Taf. 3. Fig. 7). Ich glaubte in den laevisartigen sowohl als in den schwarzen besondere Arten vor mir zu haben und fahndete eifrigst danach; die Anatomie ergab keine Abweichungen. Dieser plötzliche Farbenumschlag ist gewiss interessant und erinnert an ähnliche insulare Dunkelung derselben Art auf Sieilien und Creta (panormitanus), nur dass hier, wenigstens auf Üreta, Uebergangsreihen von hellgraublau bis schwarz zu constatiren sind mit besonders erhabenem Kielkamm am Hinterende, der den Azoreanern fehlt. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass wir es mit einem Einfluss des Inselklimas zu thun haben. — Das Vorkommen auf den Bergen ausserhalb der Culturzone weist wohl auf die prähistorische Existenz hin. Freilich wissen wir, wie leicht die Schnecke sich verbreiten kann; erst neuerdings hat Philippi (LI) gezeigt, wie sie in Chile binnen dreiunddreissig Jahren um sich gegriffen hat; und es ist gewiss anzunehmen, dass auf den Azoren durch den Menschen gelegentlicher Nachschub mitgebracht ist. Gleichwohl muss sie für indigen gelten; denn auch in Chile scheint sie sich bis jetzt auf Gärten und Felder zu beschränken. In den Genitalien sind die '[hiere, trotzdem es an jüngsten nicht fehlte, ziemlich schwach entwickelt, durchweg wie jene Figur (LXI), die Brock für nicht geschlechtsreif hielt (IX). Die grosse Zwitterdrüse ist hell- grau bis dunkel, die Eiweissdrüse klein, der Ovispermatoduct mit mässiger Manschette, die Enddrüse des Penis klein und wenig zertheilt, nur einfach gegabelt. Copula sah ich nicht, sie wird in der Nacht erfolgen. Das Schälehen verschieden stark, doch immer nur mässig verkalkt. Madeira und Canaren. Morelet giebt an (XLIIl. S. 139), dass diesen Inseln der agrestis fehle. In der Senckenberg’schen Sammlung stehen echte retieulatus von leneriffa, die ich früher erwähnte (LXVII). Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 83) 283 Portugal. Unter den verschiedenen Limaces, die Morelet aufführt (XLIII), betrachte ich drei als zu den Ackerschnecken gehörig, L. agrestis, nitidus und lombricoides, wobei es freilich, wie wir sehen werden, nicht leicht ist, die von ihm beschriebenen Formen aus den schwierig zu trennenden Arten herauszufinden und sie alle richtig zu vertheilen. Ich habe versucht, einiger- maassen die Arten unter Morelet's Namen unterzubringen. Wenn ich daher in Folgendem vier oder selbst fünf portugiesische Ackerschnecken aus einander halte, so thue ich es unter dem ausdrücklichen Vorbehalte, dass es nicht mehr auszumachen ist, in wie weit sie sich mit den früheren Bezeichnungen decken. Die ausführlichen Beschreibungen, die Morelet vom agrestis giebt, scheinen anzudeuten, dass er überhaupt keinen gefunden habe, die drei Varietäten „«) niger, 3) cinereus, „) rubescens, elypeo immaculato vel maculato“, sollen einfarbig und schlanker und der Schleim nicht milchig, sondern farblos sein, « und 3 sollen gemein sein in Estremadura, Alemtejo und Algarve, y zwischen den Binsen an den Bachufern feuchter Ebenen. Ich habe dem gegenüber nur den reticulatus (höchstens gelegentlich sehr schwach gezeichnet und dann, wiewohl hell, vielleicht auf die Var. „ zu beziehen) gefunden mit weissem Kalkschleim an folgenden Punkten, denen ich gleich die anderen, wo das gemeine T'hier vermisst wurde, gegenüberstelle: Kommt vor in: Lisboa, Fehlt in: Abrantes, Cintra, E Coimbra, Espinho, Oporto (städtische Anlagen), Mattosinhos, Braga. Gerez. Ueber Algarve habe ich leider keine Aufzeichnungen, glaube aber, kein Exemplar dort gesehen zu haben. Bei der Verbreitung fällt nun auf, dass sämmtliche Fundorte stark besuchte Verkehrscentren sind, während die Localitäten, wo die Schnecke fehlt, mehr abseits liegen. In der unmittelbaren Umgebung des gebirgigen Gerez z. B. fing ich 45 Agr. lombricoides und keinen agrestis. Besonders auffallend ist der Mangel in Mattosinhos, fast vor den Thoren von Oporto, das in einem Garten die Schnecke beherbergte. Kurz, ich komme zu dem gewiss überraschenden Schlusse, dass die gemeine Acker- schnecke keineswegs ursprünglich in Portugal heimisch, sondern erst in verhältnissmässig neuer Zeit eingeschleppt ist. Die einzige 'Thatsache, die 36* 254 Dr. Heinrich Simroth. (p. 84) mir Bedenken erregt, ist die Angabe meines Freundes Paulino d’Oliveira, dass das 'T'hier im "Thale von Coimbra häufig sei nach den Ueberschwemmungen des Mondego, der allerdings mit Bestimmtheit die Nacktschnecken von der Serra Estrella mit herunterbringt. Ja derselbe hat mir inzwischen ein Exem- plar von Guarda geschickt. Die Zunahme der Schnecke in der fruchtbaren Mondegoaue, wo sie regelrecht haust, wenn auch spärlich, kann man ebenso gut auf die feuchte Jahreszeit zurückführen. — Bemerkt mag werden, dass unter Frühjahrsexemplaren von Oporto einzelne auffallend grob gefleckte sich befanden. 2. Agriolimax lombricoides Morelet. Krymnickillus lombricoides Bourguignat (VII). Taf. 3. Fig. 8, 11—16, Taf. S, Karte I und Taf. 10, Karte V. Morelet beschreibt seinen Limax lombricoides als ein kleines schlankes, sehr lebhaftes 'Thier von Regenwurmfarbe mit schwarzen Spritzflecken auf Mantel und Rücken. Der Mantel soll vorn mit concentrischen, hinten mit queren Strichen versehen sein (XLIIL, Pl. III. Fig. 4), während ich nichts besonderes bemerken konnte. Auf keinen Fall ist die Differenz der Streifungs- richtungen so prägnant, wie Morelet zeichnet. Eine hellere, nur wenig ge- sprenkelte Form soll in Monchique, eine dunklere in den Bergen bei Braga zu finden sein. Es handelt sich bei den verschiedenen Orten um zwei ganz verschiedene Arten, ich nehme nur die nördlichen Schnecken als A. lombricoides und erweitere sein Gebiet auf folgende Fundorte: Coimbra, Praya d’Espinho, Oporto, Mattosinhos, Gerez. Danach ist die Schnecke über die nördliche Hälfte von Portugal verbreitet und überall gemein, am gemeinsten war sie im Gebirge von Gerez, wo sie die einzige Ackerschnecke darstellt. Der Schleim ist hell. Anatomie: Ich gebe nur das Charakteristische, da das Uebrige mit dem allgemeinen Bau übereinstimmt. Das Mesenterium hell, nur die Zwitterdrüse goldbraun. Am Enddarm kein Blinddarm. Genitalien (Taf. 3. Fig. 15): acinöse Zwitterdrüse, wenig geschlängelter Zwittergang, die Prostata breit, stark blätterig. Der Penis hat eine wohlverzweigte Anhangsdrüse wie agrestis, aber keinen Reizkörper; auch steht die Drüse gewöhnlich nicht am proximalen Ende, sondern vor einem kurzen Endblindsack, vor dem auch der Samenleiter eintritt. Im Innern ist statt des Reizkörpers eine hohe, vielfach umgebogene Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.85) 285 und zusammengelegte kammartige Falte vorhanden, deren wechselnde Lagerung dem Penis einen sehr verschiedenen Umriss giebt (Fig. 16a und b), so dass er bald nur stark geschwollen erscheint, bald auf der einen oder anderen Seite mit weiter, mehr weniger ein- und abgeschnürter T’asche. Der Retractor, der ein Stück unterhalb des Endes anfasst, kommt vom vorderen Theile des Lungenbodens. - Ein secundärer, weniger typisch, kann weiter unten dazu treten (Fig. 16a), er geht direet zur Haut. — Somit haben wir im lombri- coides eine jener Ackerschnecken, bei denen der Reizkörper durch eine Falte vertreten ist. Bei denen mit Reizkörper, deren Hauptvertreter agrestis, kennen wir Vorspiel und Uopula genau. Für die mit Falten fehlte uns das biologische Verständniss. Der allgemeine Liebesfrühling, der gegen Ende October für die niedere portugiesische 'T'hierwelt gekommen zu sein schien (fast unter jedem Stein im Grase traf man Käfer in Copula), machte mir es leicht, die Licke auszufüllen. Beim agrestis wissen wir, dass die 'T’'hiere ein langes Vorspiel unterhalten, indem sie sich halbkreisförmig gegen einander legen, mit den oft geschwungenen, oft angedrückten Reizkörpern sich gegenseitig den Rücken betasten und dabei sich im Cirkel drehen, bis plötzlich die Penes voll hervor- schiessen, sich spiralig umwinden, ebenso wie die Vorderenden der 'T'hiere, und eine so stürmische Copula ausführen, dass das Auge den Vorgang nicht genau zu unterscheiden vermag. Ganz anders lombricoides. Vorspiel und Copula vollziehen sich meist unter Steinen zu jeder Tageszeit; durch vor- sichtiges Aufdecken lassen sich die T'hiere nicht stören. Sie liegen ebenso im Halbkreise gegen einander, aber statt des Reizkörpers tritt ein grosser dreieckiger flacher Lappen aus der Geschlechtsöffnung, an dem durch eine schräge Eintiefung ein vorderes helleres Dreieck undeutlich abgegrenzt wird. Mit diesem Lappen halten sie sich unter festem Drucke gegenseitig den Rücken, von Zeit zu Zeit ebenfalls kreisend (Taf. 3. Fig. 11). Ich fand ein Paar bei Oporto in dieser Lage um 2 Uhr 15 Minuten, es drehte sich langsam bis 2 Uhr 40 Minuten. Bis 3 Uhr lagen die T'hiere ruhig, dann wieder eine volle Kreis- tour, die 2,; Minuten dauerte, dann wieder Ruhe bis.3 Uhr 8 Minuten, wieder langsames Drehen, 3 Uhr 15 Minuten wieder Ruhe. Weiter hatte ich nieht Zeit, das Ende abzuwarten, so wenig ich den Anfang gesehen hatte. Während der ganzen Stunde blieben die Reizlappen fest dem Partner aufgedrückt und regten ihn so an; ja man sieht das weisse Sperma bereits am Grunde durch- 256 Dr. Heinrich Simroth. (p. 86) scheinen. 'T'hiere, die ich aus solcher Lage schnell in Alkohol warf, retrahirten die Lappen verschieden stark, entweder blieb blos eine rundliche Kelle ausserhalb (Fig. 13), wie ich sie ähnlich früher vom Agr. berytensis abbildete (LXI), oder — mit allen Zwischenstufen — eine grosse eingebogene Falte (Fig. 14), deren concave Fläche auf den Rücken des Gegners passt. An der Spitze dieser Fläche (Fig. 14 bei a) sieht man eine scharf umschriebene Stelle von etwas veränderter dichterer Epithelbeschaffenheit. Ich stehe nicht an, einen besonderen Reizfleck in ihr zu erblieken. Die Copula zeichnete ich flüchtig von einem anderen Paare (Fig. 12). Hierbei sind die Reizlappen eingezogen (während bei agrestis die Reizkörper gerade in die Luft starren), es sind nur zwei kleinere weissliche Blasen sichtbar, die mit den Oeffnungen fest an einander haften. Die Oeffnungen müssen den Blasenstielen entsprechen, bis ins Einzelne möchte ich die Blasen ohne reichliches Material gerade dieses Stadiums nicht auf Ruthentheile beziehen. Die Copula dauerte lange, ich habe ihr Ende nicht verfolgen können. Die grosse Differenz zwischen. dem Begattungsvorgange bei Agr. lom- bricoides und agrestis weist so recht darauf hin, wie viel darauf ankommt, dass man aus den nach den zufälligen Contractionszuständen wechselnden Penis- formen das Wesentliche abstrahiren leıne. Denn man hat dann ein classificatorisches Merkmal, mit dem sich ganz auffallende Unterschiede im Benehmen der Arten verbinden, ganz andere jedenfalls, als mit einem noch dazu unbestimmt variirenden Zahnspitzchen mehr oder weniger, daher die Bedeutung der genauen Kenntniss der Genitalendwege gerade für die Acker- schnecken hier nochmals betont sei. Noch sei endlich bemerkt, dass ich trotz genauen Suchens keine jüngeren Stadien fand als etwa halbwüchsige, in den Genitalien bereits entwickelte 'Thiere, eine T'hatsache, die auf bestimmte Abhängigkeit von der Jahreszeit und wahrscheinlich einjährige Lebensdauer hinweist. 3. Agriolimax immaculatus n. sp. Taf. 3, Fig. 9, 10, 17, 19. Taf. 8, Karte I und Taf. 10, Karte V. Der neue Name gilt für eine Schnecke, die ich bei der Beobachtung im Freien mit dem lombricoides verwechselte, gerade, wie es Morelet ergangen zu sein scheint. Auch sie hat Regenwurmfarbe, oft hell röthlich-grau (Tat. 3. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 8%) 287. Fig. 9); doch wird sie dunkler und dunkler bis schwarzbraun (Fig. 10). Auch sie ist schlank und hat farblosen Schleim, entbehrt aber stets der Spritzflecken. Bei den dunkelsten ist die Unterscheidung am schwersten, denn hier häuft sich das Pigment auf den unteren Seitenrunzeln, offenbar in Abhängigkeit vom Blute, ja eine andere Unklarheit entsteht dadurch, dass es sich entlang dem Seitensims ein wenig scheidet, aus gleichem Grunde, daher eine Art von kiückenstammbinde entsteht, die jedenfalls mit der Stammbinde nichts zu thun hat und wahrscheinlich den Jungen fehlt. Ich traf nur Erwachsene, zum Theil etwas grösser als /ombricoüdes. In der Anatomie sind die Abweichungen vom lombricoides sehr gering, aber constant. Der Penis (Taf. 3, Fig. 17a und b) hat dieselbe önddrüse, aber weder einen Endblindsack, noch ist die Faltenbildung gleich stark. Die Falte ist beträchtlich kleiner, und die Figuren stellen bereits das höchste Maass vorkommender Ausladungen dar. Am Enddarm fehlt der Blindsack, wohl aber findet sich eine Andentung (Fig. 19), welche zeigt, dass sich ein solcher leicht abtrennen könnte. Bei den Arten, welche ihn isolirt haben, wie agrestis, berytensis ete., nimmt die Zwitterdrüse gerade den Winkel zwischen End- und Blinddarm ein, und die verschiedene Richtung des letzteren, bald schräg nach hinten, bald nach vorn umgewendet, scheint vom Entwiekelungs- zustand der Geschlechtsdrüse abzuhängen. Ich halte es auch für sicher, dass hei Arten, welche den Blinddarm wirklich losgelöst haben, er ausnahmslos losgelöst ist, während andererseits Vorkommnisse, wie hier beim immaculatus oder ebenso beim nitidus (s. u.) Uebergänge andeuten, die das Merkmal für eine scharfe Gruppirung der Ackerschnecken in zwei Subgenera hinfällig machen. Die geringen Differenzen könnten den immaenlatus als eine einfache Varietät des lombricoides erscheinen lassen, und zweifelsohne sind beide sehr nahe verwandt, ja man könnte daran denken, den Fleckenmangel auf äussere Ursachen zurückzuführen. In der 'T'hat, man trifft beide Formen nie unter einander, und vom ömmaculatus scheinen die Farbennuaneen sich genau nach Familie oder Aufenthalt zu sondern, wie ich denn bei Uintra an einer Mauer ein Paar rothgraue, an einem Pilze im Walde nicht weit davon zwei schwärz- liche antraf. Dennoch halte ich den gleichzeitigen Fleckenmangel und die Unterschiede des Penis, die z. B. eine Kreuzung beider Formen unwahrschein- 258 -Dr. Heinrich Simroth. (p. 88) lich machen, für ausreichend, um den ömmaenlatus als eine in ihrem gegen- wärtigen Formenkreise constante Schnecke, d. h. als besondere Art erkennen zu lassen. Die Verbreitung deckt sich so ziemlich mit der des lombricoides, nur dass er auch in Cintra auftritt, in Gerez aber fehlt, beides mit ziemlicher Sicherheit. Vielleicht sind vom agrestis Morelet's Var. #. griseorufescens und y. violaceo-nigricans hierher zu zählen. Agriolimax sardus Simroth. Taf. 10, Karte V. Auffallender Weise schliesst sich an den lombricoides diese Art (LXVI) von Sardinien und Corsica an, die ich nach Freiherr von Maltzan’s Aus- beute aufstellte. Die Unterschiede liegen eigentlich im Inneren nur in der schwächeren Penisdriüse, im Aeusseren im Mangel des Roth und in den meisten Fällen der Spritzfleckung. Die Schnecken waren „hellgelbgrau, oben dunkler angeflogen, einer mit dunkleren Spritzflecken“. In keinem Falle raren die feinen, dichten Fleckehen des lombricordes vorhanden. Die Differenzen sind äusserst gering, die Schnecken gehören wenigstens so eng zusammen. als lombricoides und immaculatus. 4. Agriolimax Drymonius Bourguignat. !) Taf. 10, Karte V. An demselben Orte (LXVI) konnte ich die Anatomie dieser Schnecke von Madeira aus der Senckenberg’schen Sammlung geben. Das Thier hat einen rothgrauen Grundton mit schwarzen Spritzflecken, die sich auf dem Rücken zur Retieulatus-Zeiehnung des agrestis schliessen; der Mantel ist etwas heller. Innerlich ein Blinddarm, aber im Penis statt des Reizkörpers nur Falten. r 1!) Anmerkung Bourguignat schreibt freilich Milax drymonius, meint also möglicher Weise die Amalia von Madeira, was freilich nicht mehr auszumachen ist. Es müsste also woh! ein neuer Name für die Ackerschnecke aufgestellt werden. Da aber eine besondere Amalia auf Madeira nicht zu existiren scheint, so ist wohl das Einfachste, die häufige Con- fusion von Amalia und Agriolimax sich zu Nutze zu machen und den drymonius auf eine Ackerschnecke zu beziehen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 89) 259 5. Agriolimax nitidus Morelet. Taf. 3. Fig. 18. Taf. S. Karte I und Taf. 10. Karte V. Die dünn bewachsene Ginster- und Ericahaide schien bei einer trüben Wanderung von Abrantes nach Alvega (20 km) auf den öden, nach dem Tejo abfallenden Tertiärbildungen aller Schnecken bar zu sein, einige Heerden schwarzen oder röthlichen Borstenviehes wühlten hie und da den Boden auf, um die sehr zerstreuten (rehöfte gediehen magere Oelpflanzungen. Da tauchten unerwartet zwischen spärlichen Grashalmen, wo einige Binsen einen länger andauernden, jetzt vertrockneten Regentümpel andeuteten, glänzend tief schwarze Amalien auf, ziemlich häufig, so dass ich bald SO Stück zusammen hatte und noch mehr hätte sammeln können. Bei genauerer Prüfung erst fiel es auf, dass sich unter den kleineren ein Agriolimax verbarg, ganz genau von demselben tief glänzenden Schwarz, ohne eingehendste Untersuchung nur an dem mangelnden oder wenigstens ganz auf das Hinterende beschränkten Rückenkiel kenntlich. Auf zehn Amalien etwa mochte eine Ackerschnecke kommen; beide waren gleichmässig über die Haide zerstreut in der Nähe der feuchten Stellen, Färbungsausnahmen gab es bei beiden nicht, nur die Mittel- sohle war hell. Die Ackerschnecken waren alle von gleicher Grösse, etwa halb so lang, als die grösseren Am. gagates, 1,2 bis 1,3; em in Alkohol (in diesem seitlich ein wenig abgeblasst und nicht entfernt mehr das frische Aussehen verrathend). Ich vermuthe, dass in dem kleinen Thiere Morelet's Limax nitidus vorliegt, von dem er keine Abbildung gegeben hat. Auch würde sie kaum etwas helfen können. Mit der lateinischen Diagnose: „L. aterrimus; elypeo laevi, gibboso: eorpore eylindraceo, subrugoso; cavitate branchiali subpostica“, ist nicht viel anzufangen; auch die Angabe, dass die Schnecke ungefähr die Grösse der Amalia gagates habe, sprieht nicht sehr für die Identität; und ich würde annehmen, dass Morelet die gagates selbst mit seinem L. nitidus gemeint habe, wenn er nicht ausdrücklich erklärte, dass deren Rückenkiel und Mantelrinne fehle. So bleibt mir nur übrig, anzunehmen, dass Morelet unsere Schnecke gehabt habe. Er giebt sie von Lisboa und Beja im Alemtejo an. Bei Lissabon wäre es nöthig gewesen, genauer zu unter- scheiden. Hier findet sich die Am. gagates, und zwar auch gelegentlich in recht schwarzen Exemplaren, andererseits beginnen hier die gleichen tertiären Nova Acta LVI. Nr. 2. 37 290 Dr. Heinrich Simroth. (p. 90) Siisswasserbildungen, und unmittelbar gegenüber bei Cazilhas auch die sandige Kiefernhaide. Beja hat zwar Dioritboden, aber seitdem in den langwierigen Maurenkriegen die fruchtbaren Getreidefluren des Alemtejo verwiistet wurden, die gleiche Steppenlandschatt. Anatomisch schliesst sich die Schnecke in Bezug auf die Verdauungs- organe genau dem Zombricoides an, der Enddarm hat keinen Blindsack, aber die Andeutung künftiger Lostrennung. Der Penis (Taf. 3. Fig. 15a und b) mit kurzem Endblindsack und einer wenig verzweigten Drüse, im Innern aber mit langem Reizkörper, dessen Lage Fig. 18b verdeutlicht. 6. Agriolimax (Krynickillus) Brondelianus Bourguignat. Taf. 10. Karte V. Sehr interessant ist es, dass der südportugiesischen pechschwarzen Steppenackerschnecke eine ähnliche aus Nordafrika, und so viel wir wissen, nur von dort gegenübersteht. Denn der algerische Agr. Brondelianus (II) unterscheidet sich, soweit ohne Anatomie etwas auszumachen ist, nur durch die etwas hellere Sohle, sonst fällt auch er durch die Schwärze auf. — Dass die Schnecke unter unsere Gattung gehört, wird durch Bourguignat's Be- zeichnung als Krynickillus Kaleniezenko sichergestellt, denn er versteht darunter nur die mediterranen Ackerschnecken. Der Name ist nieht haltbar, theils weil diese keinen systematischen Begriff ausfüllen, theils weil andere Autoren gelegentlich Amalien mit darunter verstanden haben und wie es scheint, Kaleniezenko selbst. Ich lasse ihn, so gut wie die meist mit Recht vernachlässigte Gray’sche Genusbezeichnung Malino, bei Seite. Bourguignat stellt noch eine zweite Ackerschnecke für Algier auf, den subsaranus; da mir diese Art ein Limax zu sein scheint (s. u.), so bliebe für Nordafrika hauptsächlich diese schwarze Art, was gewiss für die Erklärung des südportugiesischen Agr. nitidus von Belang ist. 7. Agriolimax Maltzani Srth. Limax lombricoides Morelet ex parte. Bei Monchique fing ich einige graue Ackerschnecken; in dem Glauben aber, dass die eigentlichen portugiesischen Agriolimaces alle einer Art an- gehörten, nahm ich sie lebend mit, um durch Zuchtversuche wo möglich die Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 91) 291 Ursachen der Umfärbung zu ergründen. Bei langem Steppenritt, Eisenbahn- fahrt und beschleunigtem Abschied von Lissabon sind sie leider zu Grunde gegangen. Glücklicher Weise füllen Freiherrn von Maltzan’s frühere Funde die Lücke aus (s. LX]). Die Schnecke ist mittelgrau oder grauroth mit spärlichen Spritzflächen und etwas hervortretendem Kielkamm am Schwanzende. Morelet hat sie, wie angeführt, bereits gefunden und richtig gekennzeichnet, aber zum nordportugiesischen /ombricoides gestellt. Sie hat zwar denselben Darm ohne Blindsack, aber im Penis ist derselbe lange Reizkörper, wie beim nitidus. Auch hat er eine kaum verzweigte Enddrise. Nur der Penisblind- sack, auf den ich allerdings bei der damaligen Beschreibung noch nicht achten gelernt hatte, scheint zu fehlen. Der Agr. Maltzani ist aber nicht auf Monchique beschränkt, sondern tritt an der Südküste weiterhin auf, zum Mindesten bei Gibraltar, von wo ihn Hesse als Agriolimax panormitanus var. Ponsonbyi beschrieben hat (XXVID). Der Autor selbst fand nach brieflicher Mittheilung die Identität mit den von mir abgebildeten heraus. Somit bilden der Agr. nitidus und Maltzani eine südliche Gruppe, die im Teejo ihre Nordgrenze findet. Der Maltzani ist die hellere Küsten- und Gebirgs-, der nitidus die schwarze Haideform, eine in Bezug auf die Färbung auffallende Thatsache, da doch beim agrestis der Melanismus gerade durch das Seeklima bedingt wird. Die Gattung Amalia Heynemann. Mantelrinne. Darm wie bei Agriolimar, ohne Blinddarm, stärker auf- gewunden. Niere knieförmig geknickt. Fussdrüse frei. Genitalien mit Patronenstrecke und accessorischen Drüsen am Atrium oder Oviduet. Amalia gagates Drap. Milax atratus Mabille (XLD). — Limax agrestis Morelet ex parte. Taf. 3. Fig. 2—4. Taf. S. Karte I und Taf. 10. Karte VI. kücken bis zum Mantel gekielt. Im Atrium ein gekriimmter, auf der coneaven Seite mit Reizpapillen ausgestatteter Reizkörper. Grosse acces- sorische Drüse mit vielen Ausführgängen einerseits links am Atrium. Hell- grau bis schwarz, seiten gelblich oder röthlich. 292 Dr. Heinrich Simroth. (p. 92) Azoren. Morelet giebt sie für den ganzen Archipel an mit vier Varietäten „«e) aterrimus, 53) plumbeus vel griseo-niger, „) fulvus vel nigricans, carina secante, 6) niger vel griseo-rufescens, carina obtusa. — leh fand sie auf S. Maria nahe dem Hafen, auf S. Miguel in Ponta Delgada, Sete Cidades und am Pico do Carväo. Letztere .Vorkommnisse scheinen mir die prähistorische Existenz zu beweisen. Die T'hiere waren ziemlich klein, höchstens 2 em in Alkohol, in mittleren Farbenlagen, olıne Besonderheiten. Sr. Chaves ver- sicherte mir, dass sie viel grösser würden. Sie hielten sich bei Tage unter Steinen versteckt. Portugal. Nach Hidalgo (XXXIV) kommt sie auf der iberischen Halbinsel vor — wie zu erwarten; nach den Exemplaren des Göttinger Museums, die Herr Professor Ehlers heimbrachte, ist sie verbreitet und gemein; schwer verständlich ist es, dass sie Morelet nicht besonders auffiel, denn sie ist fast durchweg die gemeinste Nacktschnecke, die ich zu Hunderten traf. Sollten im Frühjahr bloss junge da sein? Der Umstand, dass ich im Herbst alle Grössen von 0,45 bis 4,4 Alkohollänge und in Braga auch Eier sammelte, spricht nicht für eine Beschränkung der Brunstzeit. So hat wohl Morelet die Schnecke unter seinen Limaz agrestis einbezogen (wie ich sie auch im Lissaboner Museum bezeichnet fand). Die Art fällt noch besonders dadurch auf, dass sie diejenige Schnecke ist, die am wenigsten sich um die Tageszeit kümmert und bei bedecktem Himmel den ganzen Tag über umherkriecht. Im Kriechen ist sie viel lebhafter als unsere marginata, überhaupt viel schlanker und schlüpfriger, der Schleim farblos und flüssig, nicht firnissartig zäh, die Haut eher durchscheinend als dicht. Nur bei den blassen sieht man zu den Seiten des Rückenkieles in den Feldern zwischen den Furchen entlang unregelmässig einen dichteren Stoff eingelagert, welcher die Transparenz nimmt; ein Finger- zeig, glaube ich, wie wir etwa unsere marginata und Verwandte abzuleiten haben. Meine Fundorte sind folgende: Braga, Anlagen; Oporto und Matto- sinhos; Coimbra; Cintra, wo das T'hier häufig ist, aber nur bis zur Wald- grenze emporsteigt: Abrantes; Haide zwischen Abrantes und Alvega; Lissabon, Gärten, Anlagen und Umgebung, Alcantara und Alfeite; S. Martinho und andere zerstreute Orte in der Cistussteppe des südlichen Alemtejo; verschiedene Haltepunkte in der Nähe der Küste von Algarve während der Fahrt von 'Tavira nach Portimao. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 93) 293 Man vermisst unter den Stationen das Gebirge von Gerez und Monchique; und wie man bei Cintra sieht, vermeidet die 4. gagates das Betreten der Laub- und noch mehr der höher stehenden Nadelhölzer, sie ist eine Flachland-, Hügel- und Küsten-, keineswegs aber eine Gebirgs- und Waldschnecke, im direeten Gegensatze etwa zu unserer A. marginata. Nur von Guarda sandte Sr. Oliveira ein ganz junges Exemplar, das aber gleich eine Varietät darstellt. Die Färbung traf ich bei den Erwachsenen, die oft in Alkohol den kkeizkörper herausstreckten, in allen Zwischenstufen von Weissgelb bis Schwarz, selbst mit gedunkelter Mittelsohle. Ein ganz helles Thier in Algarve, annähernd so von Lissabon (Taf. 3. Fig. 3); sonst herrschte Grau und Grauschwarz vor, meist unten mit abgeblassten Seiten. Die dunkel schwarzgrauen prävaliren überhaupt, so bei Mattosinhos, Braga, Cintra, Coimbra: gelegentlich sind sie nach Localitäten dieht bei einander wechselnd, z. B. im Jardim botanico von Lissabon dunkel, am Exereierplatze nach Alcantara zu mittelgrau, in einem Garten von Alcantara dagegen bald hell, bald mittelgrau, bald dunkel. Durch- weg aber sind die jungen heller, die etwas älteren gegen den Kiel dunkel, unten hell, oft in scharfem Absatz, so dass die Dunkelung mit dem Alter zunimmt. Eine Ausnahme hiervon machen allein die oben erwähnten "T'hiere aus der Haide von Abrantes. Alle 77 Exemplare von 1,2 bis 3,3 em Alkohol- länge sind schwarz, auch mit olivengrauer Mittelsohle, nur unter der Kapuze weisslich. Einige nur sind ein wenig dunkelgrau aufgehellt, aber nur unter den grössten, während gerade die kleinsten am intensivsten geschwärzt sind und die Aufhellung aus einer Dehnung des Pigmentes beim Wachsthum sich erklärt. Hier ist eine noch unerklärliche Einwirkung der Localität ganz un- verkennbar, zumal sie auf die Ackerschnecke (A. nitidus) ebenso gewirkt hat, und andere Schnecken, nackte wenigstens, nicht vorkommen. — Eine zweite Ausnahme bildet das junge T'hier von Guarda, das dunkelschwärzlich, aber durch einen hellen Rückenkiel gekennzeichnet ist. Unter den 'T'hieren von Cintra fand sich eine sehr merkwürdige tera- tologische Bildung (Taf. 3. Fig. 4). Das Schwanzende des Rückens war näm- lieh nicht mit der Sohle verwachsen, sondern stand frei heraus, wie die Spitze einer Cigarre. Die normale Runzelung schloss künstliche "Trennung, wie sie in südlichen Ländern durch Eidechsenbisse oft vorkommt und mir 294 Dr. Heinrich Simroth. (p. 94) am Agr. agrestis von Ureta und Portugal entgegentrat, aus. Wie Missgeburten so oft besonders instructiv sind, so scheint die vorliegende für die Herleitung des Nacktschneckenkörpers von dem beschalter sehr lehrreich. Bei beschalten richtet sich die Axe des Intestinalsackes schräg nach oben gegen den Mantel, in den es hineinwächst; bei Nacktschnecken wird diese Axe aus der schräg aufgerichteten Lage in die horizontale nach hinten herabgedrückt (LXII), bei unserem Exemplar ist diese Lageveränderung unvollständig geblieben. Die Eier der Am. gagates gleichen ganz denen der marginata, sie sind oval, kalkig weiss, an einem Pole geknöpft. Noch interessirte mich die Ernährung. Es gilt bekanntlich für sehr schwer, Amalien in der Gefangenschaft zur Annahme von Futter zu bewegen. Ich habe die Beobachtungen zusammengestellt, wonach die verschiedenen Amalienarten auf bestimmte Helices angewiesen zu sein scheinen (LX]). Ganz anders die gagates, die ich meist an zarteren Kräutern, Rumex und dergleichen, fressen sah, ausserdem aber an einer halbwüchsigen Helix lactea, an einer todten Heuschrecke, der sie ein Loch in den Hinterleib geschabt hatte, um zum Inneren zu gelangen, selbst an Schafdünger. Auf einem Schutthaufen hielt sie sich mit Vorliebe unter 'Tapetenresten, sei es um des Papiers, sei es um des Leimes willen. Kurz, sie ist omnivor und sucht die ge- wöhnliche Pflanzenkost nur gelegentlich durch Fleischnahrung zu unterbrechen. !) Die Veränderungen der Kost, zusammen mit grösserer Lebhaftigkeit des Betragens, die sie wenieer an einem Punkte fesselt, als unsere marginata 5 ’ > , I I) Anmerkung. Jene früheren Angaben, die sich auf die Zusammenstellung directer Beobachtungen stützten, wo lediglich einzelne Helixarten verzehrt, alles Uebrige aber zurück- gewiesen wurde, suchte ich durch Untersuchungen verschiedenen Mageninhalts zu erweitern. Schon diese Resultate zeigen, dass auch von anderen Arten gelegentlich grüne, noch mehr vermodernde Pflanzentheile, ja, wie es scheint, ganz unmittelbar der Humusboden des Waldes eingenommen wird. Es fand sich nämlich im Magen Folgendes: marginata Drap. (Sachsen): dicker brauner Chymus ohne Pflanzentheile, carinata Risso (Florenz); wenig Inhalt, wie es scheint animalisch, doch mit Be- stimmtheit auch etwas Pflanzengewebe, carinata (Canea): rein pflanzlich, namentlich Stengel und derbe Bastfasern, graeilis Leydig (Tübingen): Moderpflanzen, die Zellen schwarz gefüllt, auch Spiral- gefässe. gracilis Leydig (Budapest): dunkler Detritus, knirschend mit Stückchen von kohlen- saurem Kalk, der nicht als Rest eiens Schneckenhauses erscheint, sondern vom ‚Boden auf- genommen sein wird, Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.95) 298 scheint das Hauptmittel geworden zu sein, das der Schnecke eine sehr grosse Verbreitung gegeben hat; sie ist, einmal nach fremdem Lande versetzt, sofort im Stande, sich häuslich einzurichten. Und so hat sie sich bis jetzt folgendes enorme Grebiet erobert: Im Mittelmeergebiet: Aegypten, Italien, Sicilien, Sardinien, Balearen, Algier, Marocco. In Mitteleuropa: Frankreich, Belgien, Holland, Grossbritannien. Weiter im Süden und Westen: Madeira, Capverden (?), S. Helena, Ascension (?) !), Süd-Afrika, Juan Fernandes, Brasilien, Bermudas, Oalitornien. Es fehlen allein noch die Canaren. Hier tritt ein interessantes Stück ein aus dem Frankfurter Museum, das ich abbilde (von Canaria. Taf. 3. Fig. 2). Es ist oben schwarz angelaufen, unten aber auffallend roth. Das Roth ist nicht nur kurzweg als durch südliche Wärme erzeugt anzusehen, sondern es bringt vor allen Dingen die canarische Form aufs Engste mit dem algerischen Zimax Raymondianus Bourguignat zusammen, der genau so gefärbt ist, und ebenfalls nur eine Varietät der Am. gagates darstellt. Diese Farben- varietät ist bisher nur von den beiden angegebenen Localitäten bekannt.) Man wird daraus folgern dürfen, dass die Einwanderung auf den Uanaren eine alte, selbstständige gewesen und nicht erst durch den Menschen vermittelt worden ist. — Ueberall bleibt die gagates Küstenschnecke. Das Auftreten bei Stuttgart allein liegt weiter im Binnenlande, und es wird abzuwarten sein, ob es zur definitiven Einbürgerung und Ausbreitung führt. (Auffallend genug graeilis (Siebenbürgen): Inhalt reich an vegetabilischem Gewebe, Blattepiderm ete. Robici Sıth. (Krain): der Chymus liess nichts mehr von Pflanzen erkennen, doch war der Alkohol grün gefärbt durch Chlorophyll, ebenso wie bei carinata von Athen und Sitia, bei einer gracılis-budapestensis, gerade so wie bei der dalmatischen Am. Reuleauxi, die nach Herrn Clessin’s Bemerkung Pflanzen-(Moos-)fresser ist. I) Anmerkung. Die Capverden sind nicht auf die Arten untersucht, nur auf das Vorkommen von Zimax überhaupt (XXX); es war wohl sicher Am. gagate.. Vom L. _Ascensionis habe ich die Originalabbildung (XXIII) verglichen und gewinne mit Heyne- mann die Ueberzeugung, dass es unsere gagates sei. 2) Bourguignat (II) zählt unter der canarischen Fauna NHelax polyptyelus — Limazx carenata d’Ale. d’Orbisny auf; man hat daraus wohl entweder die gemeine Amalia gagates zu machen oder ihn auf den ZAaymondianus zu beziehen, den freilich Bourguignat als einen Zimax betrachtet, wogegen ich ziemlich entschiedene Einsprache erheben muss, nach der Figur und Beschreibung. 296 Dr. Heinrieh Simroth. (p. 96) ist es, dass dieser Fundort mit dem der Vitrina brevis zusammenfällt, die auch ein transalpines Gebiet bewohnt (s. 0.). Den Verbreitungsweg halte ich für den durch die Reihenfolge der Länder angegebenen, also von Osten her, und nicht umgekehrt (s. u.). Dagegen muss ich Heynemann beistimmen, wenn er auch den Limax Sowerbyi zur Am. gagates vechnet und nicht zur Am. carinata, wie ich es wollte (LXI). Ich werde zu der anatomischen Begründung geführt, weil ich eine englische Schnecke unter der Bezeichnung L. Sowerbyi von kundiger Hand erhielt. Sie gehörte mehr zur carinata. ‚Jetzt habe ich ein Exemplar aus dem Berliner Museum prüfen dürfen, das mit der Originalabbildung (XVII) in dem eigenthümlich rothen Rückenhauch, der Fleckenlosigkeit ete. vollkommen übereinstimmt, es ist ein gagates (leider fehlte die Fundortsangabe). Diese Identifieirung des Limax Sowerbyi schaftt leider sogleich eine neue Unklarheit. Die Art wird von Spanien angegeben. Hidalgo aber bezieht sie auf Am. marginata (XXXIV); dadurch wird die Verbreitung der letzteren Schnecke auf der iberischen Halbinsel zum Mindesten fraglich. Betreffs der algerischen Formen kann ich einige weitere Aufklärungen geben. Exemplare, die Kobelt früher von dort mitbrachte, waren sehr robust und etwas schwarz und weiss gesprenkelt, eine Besonderheit, welche von Bourguignat, der vermuthlich eine neue Art daraus gemacht hätte, nicht beschrieben wird. Herrn Pollonera danke ich sodann ein Exemplar des algerischen Milax eremiophilus Bourguignat (VII), nach der Anatomie eine zweifellose gagates. Das Thier ist hell ockergrau, ganz schwach mit noch helleren Flecken angehaucht und darin der obigen Form ähnelnd. Bemerkenswerth aber bleibt es, dass die gleiche Form nur in Algarve auftrat, und eine etwas grau angeflogene noch bei Lissabon (Taf. 3. Fig. 3), wiederum ein paralleler Zug. Endlich muss ich den algerischen Milax scaptobius Bourg. (VII) für eine junge Am. gagates erklären, wahrscheinlich eine Gebirgsform: sie gleicht aufs Haar jener Jugendform, die ich oben von Guarda beschrieb; schliesslich gehört hierher noch das Stück von Maroeco, in welchem Hesse eine neue Art vermuthet (XXVII).!) 1) Anmerkung. Den Phosphorax noctilueus von den Canaren kann ich so wenig auf- nehmen, wie Andere vor mir. Die Beschreibung und Entdeckungsgeschichte zeigen, dass man auch die Hoffnung, ihn einst zu identificiren, aufgeben muss. Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.IN) 29% Herkunft der Limaeiden. Heynemann hat in seiner Arbeit über die nackten Landpulmonaten (XXX) die vortrefflichste Basis für die geographische Verbreitung gegeben. Es dürfte an der Zeit sein, auf Grund seiner allgemeinen Zusammenstellungen nunmehr eine eingehendere Darstellung unserer Gattungen zu versuchen. Die Beschränkung auf das kleinere Gebiet erlaubt mehr Kritik. Aus der Sichtung können Schlüsse auf den Ursprung abgeleitet werden. Vor der Hand halte ich es für völlig verfrüht, den Arten andere als anatomische Merkmale zu Grunde zu legen. Es ist zweifellos, dass die Bildung neuer Species unter den Limaciden theils durch Isolirung auf Gebirgen oder Inseln oder durch „Abgrenzung vermittelst Wüsten, Steppen oder Haiden in der gegenwärtigen Epoche stark im Fluss ist. Die grosse Summe oft auffallendster Farbendifferenzen, die sich zum "Theil localisiren, namentlich bei Zimax, die ähnlich beschränkten Haut- und Farbenverschieden- heiten bei Agriolimar und die oft kaum zu trennenden reichen örtlichen Nuaneirungen der Amalien zeigen es. Aber trotz aller Mühe, welche die Systematik auf die Auseinanderhaltung und Spaltung verwandt hat, ist es kaum in einem einzigen Falle gelungen, den Beweis zu erbringen, dass eine Farben- oder Formabänderung so beständig sei, dass sie nicht unter veränderten Umständen in die Stammart zurück- oder in eine andere Varietät umschlüge, dass sie die Kreuzung mit anderen Varietäten vermeide, dass nicht unter ähnlichen Umständen aus der Stammart ähnliche Varietäten erzeugt werden könnten; kurz, die verschiedenen Abweichungen erscheinen als ein Produet von Klima, Aufenthalt und Ernährung, ein Produet, das jederzeit, wie es scheint, wieder entstehen kann. Umgekehrt ist mir es wenigstens jederzeit leicht gewesen, die Arten anatomisch aus einander zu halten: ja es ergiebt sich, dass bei den Limaces die anatomische Variation eine äusserst geringe, dass sie bei den Ackerschnecken in Genitalien und Darm sehr beträchtlich ist, während bei den Amalien die Genitalien nur durch sehr feine Unterschiede in den verschiedenen Arten gesondert sind. Die Beobachtung der lebenden aber macht es ebenso sicher, dass bereits eine geringe Abweichung in den Geschlechtsorganen genügt, um die Copula wesentlich anders zu gestalten und dadurch die Kreuzung zu verhindern: ich erinnere nur an die starken Nova Acta LVI. Nn. 2. i 38 298 Dr. Heinrich Simroth. (p. 98) Differenzen in der Copula vom Agr. agrestis und lombricoides, oder an die ganz aparten Vorgänge, welche die Länge der Ruthe beim Zimax maximus zu Wege gebracht hat.!) Ich glaube, man wird zugeben, dass bis jetzt allein anatomische Arten zu gelten haben, während die localisirten Varietäten geeignet sind, auf die Einflüsse, welche sie erzeugten, einiges Licht zu werfen. Freilich ist die Artbezeichnung jeden Farbentones ein hequemes Mittel, Novitäten zu bringen, die häufig trüben, statt zu klären. Bevor ich auf die einzelnen Genera eingehe, muss ich leider noch einmal die Subgenera zur Sprache bringen. Die nordischen Malacozoologen warfen noch Limax und Agriolimax zusammen, und nach der von der Lebens- weise abhängigen Hautbeschaffenheit entstanden Untergattungen wie Hydro- und Malacolimax; Lehmannia, Heynemannia, Eumilax traten dazu. Nach der Grösse, dem Integument, der Radula wurden die Arten eingeordnet, wodurch ein unhaltbares Uonvolut entstand, das um so grösser wurde, wenn gleiche Eintheilungsgründe auch auf die Novitäten aus dem Kaukasus und Armenien angewandt wurden, wonach z. B. Eumilax eine besondere mit Amalia ver- wandte Gattung, Paralimax dagegen eine Untergattung von Limax sein sollte. Bei ‘dem interessanten (@rgantomilax hat der starke Kiel die Bezeichnung zu Amalia s. Milax veranlasst, wo der Kiel gar keinen generischen Werth mehr hat, während die fehlende Mantelrinne ihn der Gattung ZLimax nähert. Neuerdings hat Pollonera abermals (LIII) Malacolimax und ein besonderes Subgenus Ambigoliman zu Agriolimar gezogen und ftolgendermaassen ein- getheilt: (sen. Agriolimax Malm. 1568. l. Subgen. Malacolimax Malm.: 1) A. tenellus Nilsson. 2) A. fin- givorus Poll. 1885. 3) A. nyetelius Bourg. 1861. 4) A. majoricensis Heynem. 1862. II. Subgen. Ambigolimax Poll.: 5) A. Valentianus Fer. 1923. 6) A. fulvus Nonn. 1852. 1) Anmerkung. Es sei betont, dass ich diese Bemerkungen zunächst auf unsere Limaciden heschränke. Verallgemeinerungen dürften eher schädlich sein; vielleicht. könnte man au die Landpulmonaten überhaupt denken, während die Branchiopneusten schon nach der gleichmässigen Art ihrer Copula viel eher zu Kreuzungen hinneigen mögen, woraus etwa auch das starke Verfliessen der Limnaeenspecies zu erklären. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.99) 299 Ill. Subgen. Agriolimax Malm. 1865. 7—1S echte Ackerschnecken. IV. Subgen. Hydrolimax Malm. 1868.: 19) 4A. laevis Müll. 1774. 20) A. engadinensis Heynem. 1863. 21) A. lacustris Bonelli 1882. (en. Platytoron Simroth = Lytopelte Böttger. 1) Platytoxon maculatus (Amalia maculata Koch und Heynemann 1874 —= Lytopelte maculata) !). A Vom Valentianus habe ich gezeigt, dass es ein Zimax, und zwar aus der I,ehmanniagruppe, mit L. arborum identisch. Das Gleiche gilt vom tenellus, es ist ein echter Zömaxr, ebenso der nyetelius, der wahrscheinlich sabsaxanus heissen muss (s. u.). Der kleine fungivorus Poll. ist nach der trefflichen Ab- bildung (l. ce.) nichts Anderes, als der junge L. maximus (cinereoniger), von dem ich früher feststellte, dass er im Freien auf Pilznahrung angewiesen (LXI). Vom majoricensis wissen wir nichts Sicheres (s. u.). Für den französischen L. fulvus habe ich leider die Origmalarbeit nicht einsehen können; ich halte es (in Uebereinstimmung mit Bourguignat's Prineipien) für äusserst un- wahrscheinlich, dass Centraleuropa noch eine zweite kleine Art gezeitigt habe (s. u.), der fulvus dürfte vielmehr mit dem auffallend gelben Zenellus identisch sein. Somit sind die ersten beiden Subgenera zu Limax zu ziehen, wo sie aber auch als Untergattungen Malaco- und Ambigolimax hinfällig sind. Pla- tytoxon, den ich als Untergattung den echten Ackerschnecken gegenüber- gestellt habe, mag wegen der gespornten Kalkplatte am Reizkörper abgetrennt werden unter dem Namen Zytopelte. Unter den eigentlichen Ackerschnecken halte ich den engadinensis noch für den «agrestis und den lacustris für den laevis. Es bliebe also dieser allein, um die Untergattung Hydrolimax als einen Zweig der Ackerschnechen aufrecht zu erhalten. Da aber der Maltzani, !) Anmerkung. Der Name Z7atytoron ist schon wieder zu ändern. Heynemann hatte die Samarkander Schnecke als Amalia beschrieben. Neuerdings kommt nun eine andere sogenannte Amalia von Talysch hinzu, die A. /ongicelis Böttger, welche der Autor zum Sub- genus Zytopelte erhebt und weiterhin lediglich unter diesem Namen anführt (LVI). Während ich die Arbeit über //atytoron niederschrieb, erschien Radde’s Werk. Jetzt macht mir’s die Betrachtung der Abbildungen völlig unzweifelhaft, dass die Schnecke von Talysch und die von Samarkand zu eier und derselben Gattung gehören. Da Böttger’s Arbeit früher er- schien, ist der Name Zytopelte festzuhalten. 300 Dr. Heinrich Simroth. (p. 100) immacenlatus a. A. ihm näher zu stehen scheinen, als dem agrestis, so ist auch diese Untergattung kaum zu halten. Genug der Kritik! Sie sollte nur zeigen, dass zu viele Suhgenera vor der Hand nur verwirren. — Ueberhaupt kann man die Behauptung aufstellen, dass auf dem europäischen Festlande und in England höchstens noch neue Farbenvarietäten, auf den Mittelmeerinseln und in Nordafrika vielleicht noch neue Arten, aber in den Kaukasusländern, Bourguignat’s taurischem Uentrum, allein noch neue Untergattungen (oder Gattungen) zu finden sein dürften. Und. damit in's Einzelne. A. Limax-Gruppe. Gen. Paralimax Böttger.') Taf. 9. Karte IV. Die einzige liimacidengattung, welche das Athemloch vor der Mitte des Mantels hat. Vier Darmwindungen, die erste die längste. Kreuzung zwischen Penis und rechtem Ommatophoren. Durchweg limaxähnlich. Subgen. Eumilax. Der ganze Riicken gekielt; Genitalendwege complieirter (noch an er- wachsenen 'T'hieren aufzuklären). 1) Anmerkung. Leider muss ich mich hier wieder mit Pollonera auseinandersetzen. Er greift zur Eintheilung der Gattung auf die Radula, in deren Untersuchung er Meister ist, zurück, weil er meint, dass meine anatomischen Momente, namentlich den Darm betreffend, nicht stichhaltig sind. Es soll Ausnahmen geben. Mein Zimax armeniacus soll mehr paralimaxartig sein, Paralimax aber und namentlich Zumilax sollen einen amalienartigen Darm haben. „Nel genere Eumilax, considerato dal Simroth quale semplice sottogenere di Paralimax, il canale digerente & como nelle Amalia; tale pure lo vitrovai nel Gigantolimax.“ Das ist ein Irrthum. Paralimax ete. und Amalia gleichen sich nur in der stärkeren Aufwindung des Darmes. Die morphologische Anlage ist eine andere. Bei Zaralimax reichen die ersten beiden Darm- schlingen (dı und da) am weitesten nach hinten, wie bei Zeimax, bei Amalia die beiden letzten (d; und d4) wie bei Agriolimax, womit eine völlige Verschiebung der beiden Mitteldarmdrüsen sich verbindet. Das ist die wesentliche topographische Anlage. Die Aufwindung scheint ein secundäres Moment zu sein, welches mit der Verlängerung des Darmes in Folge der Körper- grösse oder veränderten Nahrung zusammenhängt. Bei Zimax und ZLimacopsis wird diese durch Zufügung einer fünften und sechsten Darmschlinge erreicht. — Eine andere Bemerkung be- trifft die Genitalien. Der Zaralimax, den ich untersuchen konnte, hatte sie noch gar nicht entwickelt, der Zumilar hatte sie ebenfalls noch klein, doch schien der Penis lang, mit ge- theiltem Retractor, und mit einem unteren Seitenanhange. Pollonera hat nun bei Zaralimax eine ganz ähnlich entwickelte Ruthe beschrieben, ein Grund mehr, beide Formen in eine Gattung zu vereinen, während sie Pollonera wieder schärfer trennen will. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 101) 301 Paralimax Brandti von Martens. Schwarz. Sohle schwarz und weiss. Mingrelien. Wahrscheinlich gehört hierher (Gigantomilar. Taf. 9.. Karte IV. Paramilax ( Gigantomilax) Lederi Böttger. Kaukasus (Swanetien).. Pollonera hat die Art untersucht, und die Darmverhältnisse stimmen mit denen unserer (rattung. 6,85 cm Alkohollänge. Rücken in ganzer Länge stark gekielt. Schwarz, Schild und Kiel lebhaft grau, die Seiten unten grau gefleckt, die Sohle ein- farbig grau, in der Färbung an L. marimus cinereus erinnernd. Böttger (V, 6. Verz.) scheint an nächste Verwandtschaft mit Eumilax zu denken.!) Subgenus Paralimax s. str. Rücken nur am Ende scharf gekielt. Paralimax intermittens Böttger. Rothgrau, auf Mantel und Rücken schwarz gebändert. Swanetien. Mingrelien. Paralimax varius Böttger. Abchasien. Bis 2,75 cm Alkohollänge. KRöthlich, nach unten ab- geblasst. Ricken oben schwarz gefleckt, mit rother Kiellinie. Mantel ein- farbig. Wenn Böttger nicht bestimmt angäbe, dass das Athemloch vor der Mitte, würde ich an Zytopelte denken. Genus Limax Linne. Karte I. II und IV. Diagnose s. 0. Subgenus Vitrinoides mihi. Sechs Darmwindungen, aber die fünfte und die sechste noch sehr kurz. Genitalien einfach, Penis klein. Nur auf dem Mantel eine undeutliche vitrinen- hafte Stammbinde. !) Anmerkung. Hierher etwa gehört auch die neue von Pollonera beschriebene kleinasiatische Gattung Mesolimax (s. Karte II), mit der einzigen Art M. Drauni. Vergl. Pollonera, Appunti di Malacologia (Boll. Musei Zool. ed Anat. comp. Torino. Vol. III. 1888), und Simroth, über einige Tagesfragen der Malacozoologie (Ztschft. f. Naturw. LXII. 1889. S.70). 302 Dr. Heinrich Simroth. (p. 102) Limax armeniacus (LXVI]). Taf. 9. Karte IV. Klein wie eine Ackerschnecke, oberhalb schwärzlich, mit Spritzflecken, unten hellgrau. Armenien. Subgenus Heynemannia Malm. Meist ächte Stammbinde auf Mantel und Rücken. Die letzten Darm- windungen verlängert. A. Mikroheynemannia. Limax tenellus Nilsson. Taf. 9. Karte IV. Klein, weich, mit gelbem Schleim. Stammbinde höchstens hellgrau in der Jugend, nachher verschwindend. Penis ziemlich kurz, mit innerem zurück- laufenden Kamm. Einjährig, an Pilzen, hauptsächlich in Nadelwäldern. „In der kalten Jahreszeit werden die Eier gelegt, in ihr kriechen die Jungen aus, in ihr sterben die Alten, ebenso wenig wird man zweifeln dürfen, wo die Jungen Frühjahr und Sommer verleben: unterirdisch an Pilzmycel.“ Ich ver- gass seiner Zeit darauf hinzuweisen, dass der unterirdische Aufenthalt gerade in der Zeit, wo die Ausfärbung zu erfolgen hat, Ursache der Blässe ist. Alpen, Uentraleuropa, Norwegen bis 61° (XVI). — Dass Limax fulvus Nor- mand wahrscheinlich hierher gehört, wurde oben bemerkt. Mit Tristram's Lima: tenellus Müller von Syrien ist gar nichts anzufangen. Limax cephalonicus Simroth., Taf. 9. Karte IV. Penis kurz mit Blindsack, unterhalb dessen der LRetractor anfasst. Innen ohne Kamm. — Von tenellus-Grösse: oben grauroth, chocoladenbräunlich, nach unten heller. Im Alter ohne Zeichnung (in der Jugend?). Cephalonia. Limax subsaxanus Bourguignat. Taf. S. Karte II und Taf. 9. Karte IV. Bourguignat beschreibt einen Arynickillus subsaxanus, den man bisher nicht wieder hat unterbringen können (VII. Das Thier hat etwa tenellus- Grösse und ist einfarbig röthlich. Oben habe ich angegeben, dass der L. nyetelius Bgt. ein junger marimus cinereus. Die Schnecke, die mir früher als »yetelius zuging (LXD, war in der Jugend röthlich mit einer Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 103) 308 dunklen Stammbinde auf dem Mantel: eine eben solche Binde, jedoch mehr nach der Mitte zu verschoben, zog über den Rücken. Erwachsene T’'hiere werden einfarbig, sind sie im Leben ganz roth übergossen; und dann würden sie mit Bour- in Spiritus oben rothgrau, nach unten abgeblasst. Wahrscheinlich guignats Abbildung des subsaranus stimmen. So viel wenigstens steht fest, dass die von mir als »yetelius beschriebene Schnecke entweder der subsaxanus ist oder eine neue, bisher aus Algier unbekannte Art. Natürlich ist vorläufig die erstere Annahme vorzuziehen, da sie keine Widersprüche enthält. — Penis kurz, ohne Blindsack, innen ohne Kamm. Der Retraetor fasst oben an. — Aleier. Hierher gehören noch fraglich zwei Mittelmeerarten, die nicht genauer bekannt sind, aber nach Heynemann's Vermuthung, die sich auf die Radula- untersuchung stützt, in die Gruppe isolirter Limaces des Mediterrangebietes fallen (XXXI), nämlich der Limax majoricensis Heynemann, Balearen, und Limax eustrietus Bourguignat, Syrien. B. Macroheynemannia, Limax talyschanus Böttger (LVI). Taf. 9. Karte IV. Penis mässig lang, innen mit rücklaufendem Kamm. Alkohollänge bis 4,5 cm. Schmutziggelb, Rücken mit einer Reihe hellerer Flecken, die fehlen kann. Var. fgris. Alkohollänge bis 5,% em. Schild gross, mit grossen orange- gelben Flecken. Rücken orangegelb mit 3 oder 5 schwarzen Binden, oder schwarz mit gelben Flecken. Kiel gelb. Sohle hell. — Talysch. Ich habe darauf hinzuweisen, dass nach Anatomie und Zeichnung hier die Mittelform vorliegt zwischen L. maximus und tenellus, und zwar steht die Var. talyschanus nach Grösse und Färbung dem letzteren, die Var. figris nach denselben Merkmalen dem ma.srimus näher. Limax monticola Böttger (V, 6. Verz.). Ein Stück 2,8 em in Alkohol. Kiel fast zwei Drittel der Rickenlänge. Tief lederbraun. Seiten und Sohle etwas heller, gelbbraun. Nach dem Autor dem Limax transsylvanicus, also östlichen maximus, am nächsten stehend, daher eventuell dorthin zu rechnen. Doch ist jedes bestimmte Urtheil zurückzuhalten, und es genügt, die neue Form zu registriren von Hocharmenien. 304 Dr. Heinrich Simroth. (p. 104) Limax maximus Linne. Taf. S. Karte I, II und Taf. 9. Karte IV. Penis lang, im Inneren mit hohem Kamm. Das Thier ist aus den verschiedenen Ländern in so vielen Varietäten (Arten) beschrieben, dass es sehr schwer hält, dieselben genügend mit ein- ander zu vergleichen und dadurch redueiren .zu können (wie ich z. B. den Bocagei auf den cinereus zurückführte). Es soll der Versuch gemacht werden, mit dem Vorkommen in den einzelnen Ländern die Anzahl der Varietäten festzustellen. Nach diesem Prineip ist die Karte IV eingerichtet, so dass die Intensität der Farbe der jedesmaligen Variationsweite einigermaassen ent- spricht. Kaukasus. L. maximus, Imeretien, Eichwald. Ich eitire nach Heynemann (XXX). Dieses wäre die einzige Angabe vom Kaukasus, die aber mit Zweifel aufzunehmen ist, da Böttger unter den reichen Vorräthen, die ihm unausgesetzt zugingen, keinen einzigen auffand, man müsste denn an den monticola denken. Krim. Hier ist wohl das einzige bekannte Exemplar jenes, das ich in der Senekenberg’schen Sammlung auffand von Sebastopol. Var. ceimereus. Balkanhalbinsel. Mit besonders herausgebildeten Arten (s. u.). Vielleicht beibt Var. subunicolor bestehen. Dunklere Formen, und wie aus der Bemerkung Böttger's, dass sub- unicolor in Spiritus Anfangs ziegelroth gewesen, hervorgeht, mit rothem Schleim. Var. cinereoniger, wolfgrau, Centralbosnien. Böttger. Doch auf die griechischen komme ich zurück. Karpathenländer. Var. franssylvaniens Heynemann. —Bräunliche Formen, zusammen mit denen der Var. ceinereoniger eine breite Reihe. Var. Bielzi Seibert. Mit rothem Schleim, verschiedene Zeichnungen. Alpen. In den Alpen steigert sich der Reichthum der Farben, je weiter man von Ost nach West vordringt. Für die Ostalpen konnte ich etwa folgende Formen aufstellen (LXVIL). a. Ohne Roth: Var. cinereoniger. Mantel einfarbig; ganz schwarz, gestreift und getigert. Var. Tschapecki Srth. Mantel seitlich gefleckt. Var. Villae Pini, doch nicht ganz so bunt, als die von Pini geschilderten (LI). Var. montanus Leydig. Var. Hareri Heynemann. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 105) 305 b. Mit Roth: Parallelformen zum cinereoniger und Tschapecki. Var. Bielzi. Für die Westalpen sind die schönen Arbeiten von Lessona und Pol- lonera maassgebend (XXXIX). Eine Kritik in wie weit die Formen der einen Varietät mit denen einer anderen identisch oder nahezu identisch, erspare ich mir; ich glaube aber nicht, dass Jemand, der auf einer Sommerreise dort sammelt, im Stande sein wird, seine Funde genau unter die 79 und unter Zurechnung von Heynemann's engadinensis SO Formen einzureihen. Der erdrückende Reichthum geht aus der Aufzählung hervor: Var. punctulatus Jord. mit 4 Formen, Var. psarus Bourg. mit 1 Form, Var. milli punctatus Poll. mit 1 Form, Var. cellarius s. cinereus mit 7 Formen, Var. wmicolor Heyn. mit 4 Formen, Var. ater Baz. mit 4 Formen (darunter montanus Leydig), Var. cinereoniger mit 8 Formen, Var. Dacampi Meneg. mit 21 Formen, Var. subalpinus Less. mit 5 Formen, Var. corsicus Mog. Tand. mit 21 Formen, Var. Perosinii Less. u. Poll. mit 3 Formen (prachtvoll gelb und roth).') Mittel- und Unteritalien: Var. cinereus, Var. wmicolor, Var. cinereoniger, Var. corsicus mit mehreren Formen. Ich selbst konnte von Neapel beschreiben eine rothgraue Parallelform zur Var. psarus. Sardinien und Corsica: Var. cinereus, Var. Genei Less. u. Poll., gelbbraun mit wenigen grossen schwarzen Tupfen auf Mantel und Rücken. Var. cinereoniger, Var. corsicus. Sieilien: Var. umicolor. Algier: Wahrscheinlich der cinereus, dessen Jugendstadium der nyctelius Bgt. Deutschland mit Belgien und Holland: Var. cinereoniger, Var. cinereus, Var. unicolor, Var. Hareri, Var. psarus, Var. pumetulatus, letztere 1) Anmerkung. Inzwischen hat Pollonera noch mehr italienische Formen abgeschieden, Limaxpolipunctatus mit Var. raripunctatus, einem canapieianus mit Var. ocellatus, eine Var. ciminensis vom corstcus. (Boll. dee Mus. Zool. ed An. comp. Torino. Vol. III. 1888, und Vol. V. 1890.) Noya Acta LV]. Nr. 2. 39 306 Dr. Heinrich Simroth. (p. 106) drei gelegentlich, mehr in Mittel- und Süddeutschland zerstreut, mit röthlichem Ton nur in Südwestdeutschland.!) Nach der Formentheilung, welche Lessona und Pollonera vornehmen, würde man etwa 20 bis 25 Formen herausbekommen. Russische Ostseeprovinzen: Var. cinereoniger, Var. cinereus. Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland: L. maximus, Var. cinereus, Var. unicolor. Nach der Arbeit der Miss Esmarch hätten wir nach peinlicher 'T'ren- nung neun Formen zu unterscheiden, die im Allgemeinen bis zum 60 Grad hinauf- gehen (XV). Eine ganz schwarze erreicht den 68 Grad. Merkwürdiger Weise soll ein cönereus noch unter dem 70 Grad auf der Insel Tromss gefunden sein, doch hat das insofern weniger Auffallendes, als das im Süden freilebende T'hier bei uns und im Norden sich in Kellern und dergleichen aufhält. Frankreich: Etwa die deutschen Varietäten, doch muss dazu ein grosser Reichthum von bunten Formen in den südöstlichen Gebirgsländern gerechnet werden, welcher denen von Piemont sich allmählich abnehmend anschliesst, Bourguignat’s alpinem Schöpfungscentrum entsprechend. Grossbritannien: Etwa dieselben Formen, Neues schwerlich. Die Bearbeitung der Fauna wird ja gerade jetzt eifrig betrieben. Spanien: Var. ceinereoniger. Var. cinereus. Var. nubigenus. In den Pyrenäen fehlt der Farbenreichthum der Alpenländer. Portugal: Var. cinereus mit lebhaften Farben (Docage:). Azoren: Var. cinereus-unicolor. Düstere Farben. Madeira: Var. cinereus-psarus, lebhaft gefleckt. Nordamerika: Var. cinereus eingeschleppt. Neuseeland: maximus (?) Ss. u. Limax graecus mihi. Ich schalte hier eine Novität ein, die inzwischen an anderer Stelle veröffentlicht ist.2) Herr von Oertzen brachte im vorigen Jahre unter 1) Anmerkung. Bei Stuttgart kommen auffallend rothe psarus-ähnliche Formen vor (Berliner Museum), wie sonst nur in den Südalpen. Fallen sie unter denselben Gesichtspunkt wie Fitrina brevis und Amalia gagates: 2) Anmerkung. Abhandlungen der Senckenbergischen naturf. Ges. 1889: Simroth, die von Herrn von Oertzen in Griechenland gesammelten Nacktschnecken. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 10%) 30% mancherlei Nacktschnecken einen mittelgriechischen Limar vom Korax- gebirge heim, der eine neue Art, eine entschiedene Weiterbildung des marimus, bis jetzt die einzige bekannte, darstellt. Von der Grösse eines mittleren mazximus stimmt das rothgraue, unten abgeblasste, einfarbige Thier in der Ana- tomie durchaus mit dem maximus überein, bis auf den Penis, der zwar ebenso lang ist und denselben Kamm im Inneren trägt, aber das Vas deferens eine Strecke vor dem Ende eintreten und den Retractor um eine weitere Strecke weiter unten sich inseriren lässt, so dass ein langer Blindsack entsteht. Dazu Var. carbonaria Böttger. Von Interesse ist, dass diese griechische Form nicht unvermittelt dasteht. Limax Conemenosi Böttger. Diese Schnecken sind etwa psarus-Ähnlich mit weisslichem, roth grauem, unten abgeblasstem Grund und beliebig auf Mantel und Rücken zerstreuten, grell schwarzen Flecken in sehr scharfer Abgrenzung. Auch hier hat der Penis den Blindsack, aber nur etwa ein Viertel so deutlich, blos ein wenig ausgesprochener und constanter, als er bei manchen mazximus-Formen (z. B. von Graz, von den Azoren) andeutungweise vorkommt. Subgenus Lehmannia Heynemann. Mit Blinddarm an d.. Limax variegatus Drap. Taf. 9. Karte III. Penis ohne Anhangsdrüse. Im Kaukasus die einfarbige kleine kräftig gerunzelte Var. ecarinatus. Aehnliche einfarbige Junge von Sebastopol. — Im Uebrigen dürfte eine Unterscheidung von Varietäten ohne allen Nutzen sein, da von irgendwelcher Regelmässigkeit der Zeichnung nach Binden kaum die hede sein kann. Ob aber der Schleim etwas gelblicher, röthlicher oder der- gleichen, verschlägt nichts, weil wir auch im Norden, wenigstens in Deutschland, genügend derlei Exemplare finden und weil die Secretion vom jeweiligen Zu- stand des T'hieres abhängt (s. 0.). Wichtiger ist, dass die Schnecke in kälteren Ländern sich in Kellern und an geschützten Orten, in wärmeren mehr im Freien findet. Die gemeine Form hat etwa folgende Verbreitung: Kaukasus, Syrien. Cypern, Griechenland, Ungarn, Küsten des adriatischen Meeres, Süd- Alpen, 39* 308 Dr. Heinrich Simroth. (p. 108) Mittel- und Unteritalien, Sardinien, Sizilien, Balearen, Deutschland, Bel- gien, Holland, Dänemark, Frankreich, Grossbritannien, Spanien, Portugal, Azoren, Madeira (die südlichen atlantischen Inseln bleiben fraglich), Nordafrika, Nordamerika, Südamerika (Rio grande do Sul; Jagueras; Porto Alegre, Chile, als Limax chilensis), Seychellen, Japan, Australien und Neuseeland (2). Der Limar Breckworthianus von Australien entspricht dem ecarinatus vom Kaukasus. Limax arborum Bouch. Taf S. Karte I und Taf. 9. Karte IV. Penis mit Anhangsdrüse. — Siebenbürgen: Var. Dianae, schwarz oder etwas gefleckt. Diese Form kommt nicht wieder vor an anderer Stelle, dafür treten die gestreiften und gefleckten ein. Die innere Binde wiegt vor. Schliess- lich entsteht ein einfarbiges, nach unten abgeblasstes rothgraues T'hier. 'T'hes- salien, Nordküste der Adria, Schweiz, Ober-, Mittel- und Unteritalien, Sizilien, Deutschland, Belgien, Holland, Ostseeprovinzen, Skandinavien (Nor- wegen bis 71. Grad, XVI), Frankreich, Faröer, Shetland-Inseln, Gross- britannien, Island, Spanien, Portugal, Kanaren (Var. valentianus Fer.), Ascen- sion (?), Tristan d’Acunha (?). Nach der Vorliebe für Waldgebirge ist das Auftreten im ganzen Alpen- gebiet kaum zu bezweifeln. Genus Limacopsis Srth. Darm wie bei Heymemannia. Kein Penis, dafür eine Pfeildrüse. Grün, himmel- bis schwärzlich-indigoblau. Ohne Binden. — Karpathenländer, Bosnien.!) Im Allgemeinen ergeben die Karten III und IV ein Vordringen der Limaces von Osten her und damit nichts Neues, denn das hat Bourguignat längst auseinandergesetzt; ebenso wenig können sie Anspruch erheben auf Genauigkeit, denn wir haben noch keine Nacktschneckenstatistik, wie von menschlicher Bevölkerung. Dennoch, glaube ich, geben sie mancherlei Anhalts- punkte und Aufschlüsse bis ins Einzelne. Zunächst ein Wort über die Lücken. Wenn auch noch mancher Fund im Einzelnen gemacht werden wird, im 1) Anmerkung. Zu dieser Zimacopsis Schwabe konnte ich inzwischen eine zweite Art von Creta fügen (s. Karte II), Z. eretica. Vergl. Beiträge zur Kenntniss der Nacktschnecken Nachrichtsbl. d. d. mal. Ges. 1889. S. 177 ff.). Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 109) 309 Ganzen wird sich nicht viel ändern. Nur eine empfindliche Leere fällt in die Augen an der Südküste des schwarzen Meeres und im Balkan. Dass uns Inner-Asien, Persien ete. noch ziemlich verschlossen erscheint, hat nicht viel auf sich; denn das Wenige, was von dort bekannt wurde, betrifft kleine Asgriolimaxformen; wo sie gefunden wurden, sind die grüsseren Läömaces schwerlich übersehen. Innere Gründe erheben den Kaukasus zum wahren Herd der Limaxschöpfung, sie werden weiterhin hoffentlich klar werden. Aber wir wissen nicht, ob von dort die Einwanderung nach Europa südlich oder nördlich vom schwarzen Meere erfolgt ist. Im Allgemeinen lässt man die Strasse von Kertsch leicht überbrücken, aber wie von dort zum Balkan’? von Maltzan fand am Olymp bei Brussa und auf der adriatischen Seite der Dardanellen nur Ackerschnecken, die sich an die Fauna von Ureta und Griechen- land anschliessen, sonst keine Nacktschnecken. Vielleicht dürfen wir das wenigstens als einen Anhalt nehmen, die Strasse nach der pontischen Nord- küste zu verlegen. Weiter nach Norden brauchen wir kaum zu blicken, denn die russische Steppe wird für die freilebenden Limaces wenigstens zur chine- sischen Mauer. Die wichtigsten Züge der Verbreitung dürften etwa die sein: 1) Wir haben sesshafte Arten von geringer und wandernde von grosser Verbreitung. Weder bei den sesshaften noch bei den wan- dernden sind in ihrem Gebiet wesentliche Lücken vorhanden. Nirgends sind eigentlich versprengte Arten wahrzunehmen, die bald hier, bald an entfernten Orten auftauchten (die merkwürdige Antipodenfauna von Neuseeland allerdings ausgeschlossen, s. u.). Das giebt unseren Schlüssen eine wesentliche Stütze: die Arten sind innerhalb ihrer jetzigen Verbreitungsbezirke entstanden. Die wandernden Arten sind L. maximus, variegatus und arborum. 2) Der Wandertrieb, der wahrscheinlich als erworbene Anpassungs- fähigkeit an wechselnde Lebensverhältnisse zu deuten, hat sich allmählich entwickelt, die jüngsten Arten wandern am energischsten. Die anatomische Reihe der Limaces zeigt es ohne Weiteres. Noch mehr fällt auf, dass es die grössten Formen sind, die am weitesten vordringen, eine sehr bemer- kenswerthe T'hatsache. Dass bei activ wandernden T'hieren die voluminöseren im Vortheil sind wegen der grösseren Ausgiebiskeit ihrer Locomotion, leuchtet ein; bei passiv wandernden dagegen, als welche die Schnecken betrachtet 310 Dr. Heinrich Simroth. (p. 110) werden müssen, wird umgekehrt Kleinheit einen Vorsprung geben, wofür eine Menge kleiner beschalter Pulmonaten als Beleg dienen kann. Um so mehr springt die Verbreitungsenergie gerade der grösseren Arten in die Augen. Der Limax maximus, unter den Heynemannien die entwickeltste, wenn man von der Weiterbildung auf griechischem Boden absieht, ist in seinen Varietäten so verschiedenen Anforderungen gerecht geworden, dass er bald als Hoch- gebirgsschnecke in einfachem Gewande der Kälte trotzt, bald als gesprenkelte Form Keller- und Speicherschnecke wird und als solche den menschlichen Verkehrsbahnen sich anschliesst. Die ursprünglich selbstständige Wanderung scheint sich auf die europäischen Gebirgsgrate beschränkt zu haben, wie der Variationsreiehthum der freilebenden Formen beweist. L. variegatus verdankt seine grosse Verbreitung dem Anschluss an den Speicher des Menschen; die Schnecke fehlt daher den Hochgebirgen, so wie sich ihr der höhere Norden verschliesst, sie scheint sich seit langer Zeit mehr weniger desselben Vehikels bedient zu haben. Am auffallendsten ist die Wanderung des L. arborum, des anatomisch complieirtesten, jüngsten Gliedes. Er hat sich ganz Europa von Siebenbürgen an erobert und den grösseren Theil der atlantischen Inseln nach Nord und Siid: vielleicht werden noch Lücken sich ausfüllen in der letzten Linie (die Azoren schwerlich). Verschleppungen durch den menschlichen Verkehr sind nirgends bekannt geworden, wenn auch wohl gelegentlich solcher Transport vorgekommen ist. Ich würde für manche Inseln am liebsten an 'Treibholz denken, doch widersprechen dem die herrschenden Meeresströmungen. Die Wanderung erscheint um so mehr als eine energische active, als das 'Thier kaum irgendwo Speicherschnecke wird, sich viel mehr mit Vorliebe an die Gebirgsgegenden hält und im mittleren Norwegen z. B. noch bis S60 Meter Höhe aufsteigt. Die allmählich erworbene Fähigkeit, in einer Ritze verborgen Zeiten von Nahrungsmangel und Trockniss zu ertragen, beruht in der Um- bildung der Leibeshöhle zu einem ausgiebigen Wasserreservoir. So übersteht das Thier, in Holz oder Stein versteckt, zufälligen Transport, auch ohne im Speicher zu gedeihen. Gewöhnt an Flechtennahrung (ausser Pilzen), muss dies für das Vordringen in kümmerlich bewachsene Steinwüsten, z. B. in Norwegen, sehr vortheilhaft sein. Was für Zeiträume sollen wir für die Ausbreitung dieses jüngsten (2) Gliedes der Gattung verlangen? Jedenfalls schon sehr Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 111) 311 beträchtliche, da der valentianus sich aus den fernsten Vorposten heraus- gebildet hat. 3) Unter den sesshaften Arten sitzt die ursprünglichste, Z. armeniacus, noch am Ursprungsherde im Kaukasusgebiet; ebenso die kleinste der Macro- heynemannien, der talyschanus, den ich als Stammart des maximus annehme. - Die eng zusammengehörige Gruppe der Mieroheynemannien aber unter- nahm schon früher, in gleicher aber weniger starker Wanderung einen Vorstoss gegen Westen, als deren versprengte Reste wir die dureh Isolirung- umgebildeten Arten in Centraleuropa, Algier, auf Öephalonia und wahrscheinlich noch auf anderen Mittelmeerinseln und in Syrien wiederfinden. Das Gros dieser Gruppe scheint verloren. Gerade die geographische "I'ren- nung der einzelnen Arten gegenüber dem Zusammenhange der modernen spricht für die frühere Wanderung, in der sie dann von den letzten, besser aus- gestatteten, überholt wurden. 4) Der eigentliche Schöpfungsherd liegt im Kaukasus, ein secundäres Uentrum in den Karpathen (resp. im noch unerforschten Balkan). Für den Kaukasus ist nicht viel zu sagen, ein Blick auf die Karte IV zeigt es ohne Weiteres. In den Karpathen treffen wir zwei Neuigkeiten, die Gattung Limacopsis und die Lehmannia arborum. Es ist unwahrscheinlich, dass die grosse blaue Zimacopsis, wenn sie im Kaukasus vorkäme, sich bis jetzt den Blicken zu entziehen gewusst hätte; unmöglich freilich ist es auch nicht. L. arborum ist zunächst jenseits der Karpathen nicht wiedergefunden, er ver- hält sich aber zu den Karpathen ganz ähnlich wie die Schwesterart L. variegatus zum Kaukasus. Der bunte variegatus hat hier seine Stammform im freilebenden, einfarbig schwärzlichen L. ecarinatus, der bunte L. arborum tritt nur auf der höchsten Höhe der Ostkarpathen als schwarze Varietät auf (Var. Dianae). Und so dürfte hier die Färbung den Ursprung verrathen. B. Gruppe der Ackerschnecken. Taf. 10. Karte V. Von den beiden Gattungen Zytopelte Böttger (Platytoxon Srth.) mit und Agriolimaxw Mönch ohne kalkige Reizplatte beschränkt sich die erstere auf zwei Fundorte, Samarkand (maculata) und Talysch (brevicollis). Es wird abzuwarten sein, ob sie, was nahe liegt, auf den Ketten vom Elburs bis zum Hindukusch 312 Dr. Heinrich Simroth. (p. 112) ein zusammenhängendes Gebiet bewohnt. — Die andere Gattung Agriolimar ist, wie man zu sagen pflegt, kosmopolitisch, d. h. es scheint ihrem Verbreitungs- gebiete die ganze äthiopische und orientalische Provinz verschlossen, mit Aus- nahme eines Vorstosses an der ostafrikanischen Küste bis Madagascar. Es sei der Versuch gemacht, die Arten mit ihren wichtigen Varietäten in ein Uebersichts- schema zu bringen.!) Schematische Uebersicht von Agriolima:r. Reizkörper Penisdrüse Ohne Blinddarm Mit Blinddarm / (0) melanocephalus Kalen. — einfach = altaicus Sith. 0) schwach acinös Dymzewiezi Kalen. — sardus Srth. berytensis Bourgt. verästelt lombricoides Morelet Drymonius Bourst. immaculatus Srth. —_ | einfach laevis Müller Fedtschenkoi Koch u. Heyn. (varians Adams ; \ verzweigt ‚Jickeli Heynemann En nitidus Morelet — lang verzweigt brondelianus Bgt.? En Maltzani Sıth. agrestis Linne, dazu anatom. Var. T’hersites Heynem., Integumentvar. panor- mitanus Less. u. Poll. Es ist oben auseinandergesetzt, dass der Blindsack am Enddarm nur einen seenndären Werth hat für die Systematik oder wenigstens für die natür- liche Trennung; ich darf nicht behaupten, dass das Schema die beiden Aeste eines Stammbaumes darstelle. Von der Radula zu schweigen, geben uns auch die Genitalien nur unsicheren Anhalt; am ersten noch der Reizkörper, insofern als sich mit der Existenz eines solchen oder eines blossen Faltensystems die biologisch scharfe Trennung in der Copula vollzieht. Leider wissen wir, dass beim /aevis der alten und neuen Welt bald der Penisretractor wegfällt, wobei sich der Penis, ohne Reizkörper, abnorm verlängert, bald der ganze männliche !) Erwähnt mag werden, dass von der griechischen Inselwelt mehrere neue Arten mit geringen, aber charakteristischen Abweichungen bekannt zu machen sind, Döttgeri, Oertzen! und Andrios, an Thersites und berytensis sich anschliessend. Kein Wunder, dass die von Osten her vorgedrungene Gattung an den ältesten Sitzen am meisten differenzirt ist (s. o., 1. c.). Ebenso kommt eine Art von Palermo hinzu, 4A. Pollonerae (l. e. Nachrichtsbl. 1889). Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 113) 313 Antheil der Genitalien, so dass die T'hiere rein weibliche Endwege ausbilden. So bleibt noch ein einziges, zunächst sehr unbestimmtes Merkmal, die Färbung. So irrelevant sie für den ersten Augenblick erscheint, so wichtig dürfte sie werden. Das allgemeine Kleid unserer Gattung, das ich als Originaltracht bezeichnet habe, ist ein Mäusegrau, das nach dem Rücken zu dunkelt, oft in feinen Spritzflecken, die allerdings in den meisten Fällen erst dureh Con- traction der Chromatophoren nach dem Alkoholtod hervortreten. Die Färbung ändert blos in einigen Arten stärker ab, am meisten beim «agrestis, dessen Varietäten /ilacinus, rufescens etc. allgemein verbreitet sind; dazu kommt em totaler Melanismus, wie auf den Azoren, oder ein blasses Gelb, oder das Schwarzviolett des panormitanus von Sizilien, oder das Blauschwarz oder leb- hafte Roth derselben Varietät von Creta oder das bunte, aus dunklen Flecken auf ganz hellem Grunde gewebte Kleid der florentinus oder endlich das dunkelbräunliche Netz auf grauem, gelb- oder röthlich-grauem Grunde des gemeinen reticulatus, der in Oportos Umgebung am gröbsten gefleckt zu sein scheint. Dieser vielfarbigen, zumal im Mittelmeergebiete bunten Art schliesst sich der orangegelbe, auch anatomisch am nächsten stehende Fedtschenkoi an und diesem der hellgelbe varians von Hakodade. Ich nahm ihn nach einem nicht geschlechtsreifen Exemplar für agrestis (LXVU), Heynemann dachte nach den relativen Längenverhältnissen mehr an Fedtschenkoi (XXX). Da gerade die Genitalien den Ausschlag geben würden, habe ich natürlich nichts dagegen einzuwenden und stelle die japanische Form zur turkes- tanischen. Demnach gehören agrestis, Fedtschenkoi und varians zu einer Gruppe und, wie ich vermuthe, auch der altaicus. Ich habe ihn früher bereits als einfachste Form des agrestis bezeichnet, und ein Vergleich der Figuren zeigt (LXVI), dass im Penis zwar kein Reizkörper, aber auch nicht die langen Falten des lombricoides etwa, sondern ein kräftiger Wulst, der am ehesten an einen Reizkörper erinnert (?). Alle übrigen Acker- schnecken wären vor der Hand der /aevis-Gruppe zuzuweisen, einer Gruppe, die aus dem Mäusegrau nicht heraustritt, oder höchstens insofern, dass das- selbe sich zum weisslichen pallens aufklärt oder dunklere Spritzflecken von röthlich-grauem Grunde abhebt (lombricoides, Maltzani) oder bis ins Schwärz- liche (immaculatus, berytensis) und Schwarze vertieft (nitidus, brondelianus). Unter dieser Voraussetzung verliert der agrestis sofort seinen Ruf, kosmo- Noya Acta LVI. Nr. 2. 40 314 Dr. Heinrich Simroth. (p. 114) politisch zu sein (auf Karte V ist sein Gebiet vergrössert, da ich ihn in den Steppen Siüdrusslands vermuthe), vielmehr hat sieh die Gruppe von. Innerasien aus nach Ost und West verbreitet, um in Europa bis Nord und Süd das Hauptgebiet zu finden, von hier nach den Faröern auszustrahlen und nach der Gegenküste von Amerika verschleppt zu werden. Es scheint beinahe, als wenn der agrestis den nördlichen Wendekreis nicht überschritten hätte. Unter dieser Voraussetzung bleibt nur das merkwürdige Auftreten auf Neuseeland, ddas ich hier nieht discutiren will, und der Fund von Sansibar, der ebenso, wie das Vorkommen in Chile, auf jüngste Einschleppung gedeutet werden kann.) Fiir Teneriffa wurde bereits früher darauf hingewiesen, dass die Einwanderung des agrestis erst erfolgt sein kann nach der Ausbildung des Drumonius, für Portugal wurde oben ein ähnlicher Sachverhalt wahrscheinlich. So scheint die Schnecke, so lange sie die Hülfe des Menschen noch nicht in Anspruch nahm, sieh in alter Zeit quer durch Europa und Asien verbreitet zu haben. Für den Eintritt in Europa ist es bezeichnend genug, dass an der Schwelle im Kaukasus die Var. minutus Kal. von Böttger constatirt wird, nieht der bei uns gemeine; ebenso wandert zu der Südküste des Pontus nach Kleinasien und Griechenland nieht der gemeine agrestis, sondern der T'hersites, ein helleres, gelbgraues 'T'hier, in seinen Ruthenverhältnissen nicht leicht fest- zustellen. — Es wäre sehr wünchenswerth, zu wissen, welcher Varietät der sibirische agrestis angehört, und ob er nieht vielmehr zu Formen wie Fedtschenkoi und varians zu rechnen. Letzteres würde die vorgetragene Verbreitungs- theorie um so sicherer beglaubigen. So viel ich aus den Beschreibungen sehen kann, ist die Schnecke vom Amur viel eher zum altaicus zu ziehen. Was der agrestis an Gebiet eingehbüsst hat, das hat der Zaevis reichlich gewonnen, er ist der wahre Kosmopolit geworden. Heynemann und ich haben kürzlich die Namen und anatomischen Daten zusammengestellt (XNLVIIL und XXIJI), die darauf hinweisen, dass sämmtliche in Amerika indigenen Li- maces nicht Anderes sind, als diese Species. Sie kommt ebenso auf der Tschutschkenhalbinsel vor und am Jenissei. Wenn sie auch in Skandinavien erst bis zum 61. Grad constatirt wurde (sie geht als ein gegen die Winter- kälte gut abgehärtetes T’hier wohl nördlicher), so möchte ich doch nicht zwei- 1) Anmerkung. Durch Herrn Cockerell kenne ich jetzt den agrestis retieulatus auch von Californien. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 115) 315 feln, dass sie, nach meiner Meinung der einzige Repräsentant des Feuchtigkeit liebenden Subgenus Aydrolimax, auch über die russische und sibirische Tundra verstreut ist. Selbst im mittleren Europa sind die Grenzen unsicher: ich habe ganz Frankreich angenommen, wahrscheinlich mit Recht. Aus Spanien giebt sie Hidalgo an, und sie wäre wohl höchstens an der Nordküste zu. er- warten. Wie die Verbreitung in Grossbritannien sich stellt, muss die Zukunft lehren, betreffend Irlands. Die Shetlandinseln schliessen das Areal im Nord- osten vortrefflich ab. Wie die Pyrenäen, so scheinen auch die Alpen den Abschluss zu bilden, doch nicht so, dass das Ueberschreiten unmöglich wäre, vielmehr. findet sich die Schnecke auch im Piemontesischen. - Auch der Ab- schluss nach den Karpathenländern bleibt abzuwarten. Auf diesem ganzen ungeheuren Gebiet weist die Schnecke noch lange nicht so viel: Farben- oder Formenvarietäten auf, als etwa die kleinen Ackerschnecken von Portugal. unter einander differiren, und das ist noch nicht so viel, als der Variationsbetrag des agrestis allein in Italien und Sizilien. Für die Art der Ausbreitung: sind die iibrigen Vorkomnisse maassgebend, die klaffende Spalte der atlantischen Inseln zwischen Europa und Amerika, die Verbreitung andererseits über die meisten Inselgruppen des Stillen Ozeans bis zur australischen Ostküste beweist, wie Amerika nicht von Europa, sondern von Westen, von Asien aus, besiedelt wurde. Vorausgesetzt, dass der Ursprung in Mittelasien liegt, ist ein westliches und ein östliches Vordringen anzunehmen, von denen das letztere bei Weitem aus- giebiger wurde. — Noch bleibt Madagascar, und zwar ‚dessen Inneres. (terade dieses deutet auf frühe Einwanderung, nicht auf Verschleppung durch mo- dernen Völkerverkehr. Ich habe die Vermuthung ausgesprochen, dass der verwandte .‚ekeli von Afrikas Ostküste die Strasse andeute, wobei ich an- nehme, dass, wie der «agrestis, so auch der /aevis von Osten her ins Mittelmeer- gebiet eindrang, dass er- sich hier an der Küste verbreitete (Nordafrika bleibt zu untersuchen) und dass er am rothen Meere abwärts wanderte. Die Mittelmeer- länder haben einen merkwürdigen Anstoss zu weiterer Umbildung gegeben, und daraus sind alle die vicarirenden Arten entstanden von Portugal bis zum Kaukasus, vom lombricoides bis zum melanocephalus. Die Schätzung mag schwer sein, in welchem Maasse die Artbildung an diesen Schneeken in den Mittelmeerländern‘ noch fortwirkt, und die nahe ‘Zusammengehörigkeit des sardus mit den westlichen lombricoides deutet auf älteren Zusammenhang, 40* 316 Dr. Heinrich Simroth. (p. 116) indess die Anregung zur Artbildung erweist sich in demselben Gebiete noch jetzt gleich stark beim agrestis. Der Reichthum der Mittelmeerländer, die bestimmt an Arten und Formen mehr enthalten, als der übrige orbis terrarum zusammen, könnte dazu verleiten, an diesem modernen Schöpfungsgebiet auch den ursprünglichen Ent- stehungsherd der Gattung zu vermuthen. Der aber verschiebt sich nach Asien in das Gebiet vom Kaukasus bis zum Altai. Einmal findet sich dort die zweite merkwürdige Gattung Zytopelte, andererseits sind der kaukasische Agr. melano- cephalus und der altaicus die einfachsten Glieder der laevis- und agrestis-Gruppe. Es ist ausserordentlich schwer, über die Ursachen der Art- und Varietätsbildung in unserer Gattung sich zu entscheiden; der oceanische Ein- Huss ruft bei agrestis Melanismus hervor (Azoren, panormitanus), ebenso der entgegengesetzte der trockenen Steppe (nitidus, brondelianus), Isolirung auf Inseln mag als ein Hauptfactor wirken (panormitanus, sardus, Drymonius), nieht weniger aber die freie Küstenlage nach dem Meere (Portugal). Freilich fragt man sich vergeblich, warum der /aevis am Mittelmeere in vicarirende Arten umschlug, in ganz Amerika etc. sich gleich blieb. Es zeigt sich aber ein günstiges Uebergewicht unseres Erdtheils, und zwar des Südens. Sollen wir das immer mehr zurückgewiesene Saharameer zu Hülfe nehmen, um die Mittelmeerländer mit dem stärksten Oceanklima auszustatten? Die Geologie bietet eine viel wirksamere Handhabe, das ist die enorme Verschiebung der Mittelmeer- küsten, das Auf- und Abschwanken des Meeresspiegels, der Wechsel der Verbindungen, der Einbruch des ägäischen Meeres in jüngster geologischer Zeit und dergleichen mehr, Vorgänge, die noch unausgesetzt fortwirken. Auf jeden Fall steht so viel fest, dass die Ackerschnecken nicht wie die freilebenden Limaeciden, den Gebirgen entlang wandern, sondern den Ebenen und Küsten folgen, im Gegensatz zu Bourguignat's Annahme (VII). An der Küste aber werden sie entstanden sein, und zwar zu einer Zeit als das Kaspische Meer nach Osten und Norden sich ausdehnte und den nördlichen Fuss der inner- asiatischen Gebirgsländer bespülte. Dasselbe Meer, erst in jüngerer geologischer Zeit eingetrocknet und jetzt noch im Schwinden, es wird die Ursache gewesen sein, welche den Kaukasus zu einem unauslöschlichen Herd machte für die Bildung der Limaciden. ‚Jetzt noch hat der Kaukasus nach dem Schwarzen Meere zu sehr reichliche Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 11%) 317 Niederschläge ; als das Kaspische Meer sich über die jetzigen weiten Steppen aus- dehnte und statt der trockenen Wüstenwinde oceanische Feuchtigkeit brachte, da musste die Gebirgsscheidewand triefen, wie keine zweite Stelle der alten Welt. Die Feuchtigkeit aber veranlasste die Vitrinen, wie noch jetzt auf den Azoren, den Mantel über der Schale zu schliessen und zu Nacktschnecken zu werden. CC. Amalia. Tat. 10. Karte VI. Von der Am. gagates ist oben bereits die Verbreitung registrirt, sie ist auf Karte VI ersichtlich. Betreffs der übrigen ist es nicht leicht, eine klare Uebersicht zu gewinnen; doch gelingt es wenigstens, die allgemeine geographische und anatomische Entwickelung zu verfolgen. Die Gattungs-Oharaktere siehe oben. Dass der Kiel nicht bis zum Mantel zu reichen braucht, ist jetzt bekannt geworden: die ungekielten Arten werden als Subgenus Malinastrum s. Subamalia!) zusammengefasst; ich schliesse sie zunächst von der Erörterung aus, da sie ja eine Sonderstellung einnehmen. Soweit bekannt, erstrecken sie sich von der Krim bis Algier, so dass sie im Folgenden wenigstens nicht stören, noch dazu Algier zu streichen sein wird (s. u.). — Auch das merkwürdige Auftreten in der Antipodenfauna lasse ich hier noch bei Seite. Nach unseren jetzigen Kenntnissen reichen die Amalien ( Milaces) östlich nicht über die Krim hinaus. Die Amalia maculata aus Asien ist zur Lytopelte geworden, die höchstens als Zwischenform gelten kann, aber Agriolimax näher steht, Eumilar und Gigantomilax aus dem Kaukasus sind bei den Limaces und Pseudomilax bei den Raubschnecken untergebracht. Die Formen der gekielten Amalien gehen nach ihren inneren und äusseren Charakteren sehr stark in einander über. Früher versuchte ich bereits eine fortlaufende Reihe aufzustellen (LXI). erweiterte Kenntniss lässt sie mit ziemlicher Sicherheit begründen. Danach erhalten wir nach den Genitalien: 1) Anmerkung. Neuerdings hat Pollonera den ganz unsicheren Namen Malinastrum in Subamalia abgeändert und sie auf die von mir nach Autopsie zusammengefassten Arten beschränkt. 318 Dr. Heinrich Simroth. (p. 115) Accessorische Drüsen le nach dem 5 keizkörper er 5 des Atriums Körperumfang \ ertstata Kalen. . 0 graeilis Leydig 2 zweiseitig symmetrisch marginata Drap. \ griechische carinata Risse . 3 klein ital.-englische carinata . . 5 einseitig gross Oagatesa) Kap > Hierzu einige Bemerkungen: Aus England werden angegeben (XXX) Am. gagates, Sowerbyi und marginata. Ich habe oben die Somwerbyi für eine Farbenvarietät der gagates genommen. Daraus geht hervor, dass es keine carinata sein kann (L,X1). Der Irrthum war dadurch entstanden, dass ich ein englisches 'T’'hier unter falscher Bezeichnung erhielt. Dasselbe lehrt bestimmt, dass in England die carinata lebt. Ich folgere jetzt daraus, nicht dass sie bisher in Britannien übersehen, sondern «dass sie für die marginata gehalten wurde, was ja leicht vorkommen kann. Geographisch ist die carinata mehr eine oceanische, marginata mehr eine Binnenlandschnecke; erste passt folglich besser zur englischen Fauna, wenn auch ihr sporadisches Vorkommen jenseits des marginata-Gebietes auffällig ist.!) — Zur carinata scheint auch die syrische Am. barypus?) Bourguignat zu gehören. Wenigstens passt deren Beschreibung am besten zu dieser Art. Ohne Autopsie muss das Urtheil natürlich zurück- gehalten werden, und die Möglichkeit bleibt immer offen, dass sie eine besondere Species bildet. Höchst wahrscheinlich schliesst sie sich dann, wie in der Färbung und geographischen Verbreitung, so auch in den anatomischen Merkmalen der carinata an. — Die gagates stellt sich anatomisch wohl un- bestreitbar als höchstes Glied der Reihe dar, die Drüsenanlage war jedenfalls Anfangs zweiseitig, wahrscheinlich blos aus kleinen Schläuchen gebildet, wie bei Reuleauxi und Robiei, nachher nahm die Drüse zu und hatte schliesslich nur noch auf der linken Seite des Atriums Platz, da die rechte vom Blasen- stiel und Penis eingeengt wurde. Mit der einseitigen Ausbildung ist der grösste Körperumfang erreicht. !, Anmerkung. Vergl. auch die Amalienzusammenstellung, welche Cockerell neuer- gegeben hat. (Notes on Slugs. Ann. and Mag. Nat. hist. Oct. 1890). oO7D 2) Anmerkung. Wenn der Name des Milar barypus aus Paoug und zrotg gebildet ist, dings darf man natürlich nicht Amalia barypa schreiben, wie man jetzt liest. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 119) 319 1 I Aehnlich der Reizkörper. Bei der italienisch-englischen carinata ein kleines gebogenes Hörnchen ganz unten im Peniseingange, verschiebt er sich bei gagates auf die Wand des Atriums, wird länger und auf der Innenseite mit vielen Reizpapillen ausgestattet, wie solche, ohne Reizkörper, in der Wand des Atriums bei Reuleauri ringsum sitzen. Durch diese Entwickelung des Reizkörpers wird eine Homologisirung mit dem gleichen Organ im Penis vieler Ackerschnecken (d. h. mit dem Liebespfeil?) hinfällig oder doch zum Min- desten unwahrscheinlich. Die anatomische Reihe wird durch äussere Momente wesentlich gestützt, durch Körpergrösse und Färbung nämlich. Die kleine eristata ist in Taf. 5. Fig 1 abgebildet; sie erreicht noch nicht 2 em Alkohollänge: ihr schliesst sich der Binnenlandzug an, gracilis-marginata in zunehmender Grösse: in gleicher Zunahme die Küstenreihe der griechisch-kretischen, wie der italienischen carinata; die italienische wird bedeutend grösser und ihr gleichen die umfänglichsten gagates, z. B. die von Algier. So geht ein Binnenland- und ein Küstenzug') nach Westen, beide erreichen in der Länge von Deutsch- land und Italien ihr Ende; weiterhin kommt es nur noch zu unbedeutenden Varietäten des Küstenzuges, d. h. der gagates (Sowerbyi, Raymondiana, ere- miophila, scaptobius). Die Färbung scheidet die Amalien in solche mit rötl- lichem oder braunvioletem "Ton (meist gesprenkelt) und solche, die sich ohne dunklere Flecken in Grau, Gelbgrau oder Schwarz kleiden, auch wohl den Grund- ton in Terra de Siena haben. Die erstere Färbung ist der eristata und dem ganzen Binnenlandzug eigen, die andere gehört dem Küstenzug von Italien an. Die griechisch-kretische ist noch stark gelblich oder röthlich, die italienische schlägt durch verschiedene gestrichelte bräunliche Varietäten (tyrrhena, etrusca, insularis, sicnla, Doederleint, ichnusae) ganz allmählich in (die einfarbig graue bis schwarze gagates um. Das stärkste Variationsgebiet !) Anmerkung. Für jeden dieser Züge giebt es eine Ausnahme, das Auftreten der gagates bei Stuttgart, und ein neues Vorkommen der yracılis bei Garzignano am Fusse des Monte Rua, in den euganeischen Hügeln bei Padua. Hesse sammelte dort drei Stück, die er mir gütigst zusandte; die Bestimmung kann ich verbürgen und eine anatomische Ergänzung beibringen. Die eine hatte eine frische Spermatophore im Receptaculum, unten ringsherum und bis zum anderen Ende einseitig, mit mehreren Reihen besenartig zerschlitzter Conchiolinstacheln besetzt, wie ich ähnliche in anderer Anordnung von der carınata beschrieb (XXIV). Inzwischen ist auch Pollonera auf das Vorkommen in Oberitalien aufmerksam zeworden. 320 Dr. Heinrich Simroth. (p. 120) liegt augenblicklich in Italien, wo die letzte Vollendung der Abtheilung erreicht ward. Liegt der Ursprung in der Krim oder ist er weiter ostwärts zu suchen? Zweifelsohne das Letztere. Die Mantelrinne ist für die Amalien ein so völlig untrügliches Merkmal, dass ich nicht anstehe, in den kau- kasischen Raubschneckengattungen Pseudomilax und Trigonochlamys, die oben auf die Limaciden im Allgemeinen zurückgeführt werden, einen Zweig zu erblicken, der mit Amalia aus gemeinsamer Wurzel sprosste, lediglich weil auch sie die Mantelrinne haben und. die übrige Anatomie wenigstens nicht wesentlich dagegen, sondern eher dafür ist. Ob die Verwandtschaft mit Lytopelte noch näher zu betonen und der Herd noch weiter nach Osten zurückzuschieben, muss vor der Hand völlig unerörtert bleiben, die Mantel- inne fehlt der asiatischen Gattung. Die Malinastrum- oder Subamalia-Formen scheinen sich einer zu- sammenhängenden Erörterung nicht blos vorläufig, sondern definitiv zu ent- ziehen; einige von denen, die ich kenne, schliessen sich an die benachbarten gekielten Arten; so ist A. Kaleniczenkoi Clessin aus der Krim, freilich nur in einem Exemplar, ebenso klein und gedrungen als die eristata; dabei ent- fernt sie sich in der Färbung, sie ist ganz schwarz; die anatomische Ver- wandtschaft hat noch nieht geprüft werden können. Die A. Robici Srth. von Krain, bald schwarz mit heller Sohle, bald von obenher einfarbig rothgrau, schliesst sich an die gekielte schwarze Zeuleauxi vom dalmatinischen Küsten- lande insofern an, als beide ganz kurze Drüsenschläuche am Atrium sitzen haben, was deshalb zu betonen ist, weil die Robici dadurch zu einem Appen- dix der mediterranen, nieht aber der Binnenlandarten wird. Die grosse un- ekielte hellenica ist lebhaft gelbbraun und erinnert darin an die häufig gelbliche Färbung der griechischen carinata; ihre Genitalien waren trotz der Grösse nicht entwickelt und entziehen sich daher dem Urtheil. Endlich scheint die eretica, die letzte, welche ich gesehen habe, eine ganz besondere Stellung einzunehmen. Von der kretischen braunvioleten carinata unter- scheidet sie sich äusserlich dureh die robuste Grösse und oben blauschwarze Farbe, die Genitalien sind ganz abweichend herausgebildet, insofern der Oviduet sich verlängert, dass an ihm nicht nur die Drüse, sondern auch die kurze dicke Patronenstrecke sich hinaufgeschoben hat. Da die Schnecke Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 121) 321 wohl an keine andere Art angereiht werden kann, so scheint es, als wenn sie nach ihrer Abtrennung nach jeder Richtung hin sofort einen kräftigen Antrieb zur Umbildung bethätigt hätte. Die anderen Glieder der Gruppe melitensis von Malta und cyrniacus von Corsica hat Pollonera jetzt wieder fallen lassen; subsaxanus von Algier, den man hierher gestellt hat, ist wohl ein Limax (siehe oben). So sehen wir denn die Amalien als kleine bunte Form in der Krim auftauchen, von dort in zwei Zweigen, an Körpergewicht zunehmend, sich nach Westen ausdehnen: der eine bunt bleibend und nicht allzu variabel, hält sich an die Mittelgebirge Central- europas, er bleibt bunt, d. h. rothgrau und fein dunkel ge- sprenkelt. Der andere Zweig folgt den Mittelmeerküsten, wobei er anatomisch und äusserlich sich viel stärker umwandelt, bis zur schwärzlichen gagates, die wiederum im südportugiesisch- afrikanischen Gebiet und auf den ÜCanaren charakteristische Varietäten erzeugt und sonst Weltform wird. Besonders stark er- weist sich aber die artbildende Kraft der Mittelmeerländer dadurch, dass sich an verschiedenen Oertlichkeiten ungekielte Localarten abgezweigt haben. Diese letzteren scheinen unter dem Einfluss höherer Gebirgslagen im Mittelmeerklima entstanden zu sein. Ueber die merkwürdige 'T’hatsache, dass zu allen Limacidengattungen Paralleltormen, die allerdings erst näher aufzulösen sind, auf Neuseeland und der Gegenkiste von Australien gefunden werden, ist in der vorigen Arbeit in diesen Acten ausführlich berichtet worden, ebenso wie über die Verdichtung der Hyalinen und Vitrinen, als der Stammformen, in denselben Gegenden. Es wurde auf die geographische Aehnlichkeit zwischen Neuseeland und dem Kaukasus in mehr als einer Hinsicht hingewiesen und daraus die Möglichkeit einer Parallelschöpfung abgeleitet. Naturgemäss konnte und sollte damit nur künftiger Untersuchung der Weg gezeigt werden. Nova Acta LVI. Nr. 2. 41 322 Dr. Heinrich Simroth. (p. 122) Drittes Kapitel. Parmacella. Die Parmacellen sind als einjährige 'T'hiere bekannt. Sie beschränken ihre Lebensenergie auf die nasse Jahreszeit. Morelet zieht die nördliche Grenze ihres Gebietes in Portugal in der Breite von Lissabon. Er beobachtete sie an einem Aprilmorgen zu Hunderten in der Ebene von Beja, die Haide- charakter trägt. Bei Lissabon suchte ich vergebens, selbst in dem 'T'hälchen von Alcantara, wo sie in den Gärten häufig sein sollen, nach Alt und Jung, wiewohl eine, natürlich eine alte, ausnahmsweise noch im August beobachtet war, denn die jungen hatte man vernachlässigt, wenigstens im Museum. Kurz nachher, Anfang November, fand ich sie reichlich in Algarve, kaum eine Woche später. Die jungen waren unter den Steinhaufen an der Landstrasse verborgen. Ein eben solches '’'hierchen erbeutete ich auch bei kurzer Rast in S. Clara, nördlich von der Serra von Monchique, der sie zu fehlen scheinen, in der Cistushaidee Der Güte der Herren Barboza du Bocage und Furtado schulde ich eine Reihe aus dem Museum aus verschiedenen Gläsern, von verschiedenen Fundorten bei Lissabon und in Algarbien. Die Jungen, von denen ich nur eine Anzahl Schalen rettete, (ich suchte sie lebend zu transportiren), hatten noch nichts von der lebhaft braunen oder gelbrothen Farbe der Erwachsenen, sie waren grau oder gelblichgrau. Auch die Mantelzeichnung fehlte noch fast ganz (nach der Erinnerung), dagegen machten sich auf dem grossen Mantel, von hinten nach vorn verbreitert, Streifen hellerer Körnchen in der Haut bemerklich, die hinten dichter und tiefer Jagen und nach vorn oberflächlich hervortraten, als wenn sie sich von inneren Herden her nach vorn vorschöben. Auch halbwüchsige (in Alkohol) lassen noch kleine Granulationen in der Vorderhälfte des Mantels erkennen. Handelt Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 123) 325 es sich um Drüsenproduete? Lohnt es sich, die Aehnlichkeit mit den Stäbehen- strassen der Rhabdocoeliden zu betonen? Die Parmacella von. Algier soll nach Fischer einen penetranten Geruch. von sich geben, ebenso aber die spanische nach Crosse (XIII), so dass man das entwichene T'hier darnachı leicht wiederfindet; — möglich, wenn auch nicht eben wahrscheinlich, dass der Geruch mit der Mantelausscheidung zusammenhängt. Die Thiere aus dem Lissaboner Museum schwanken zwischen 1,8 und 7 gr Alkoholgewicht, sie waren bezeichnet als: P. Gervaisi und Valenciennesi, und zwar a)5 Gervaisi von Alfeite bei Lissabon (März 1884), b) 3 Valenciennesi von der Vorstadt Alcantara, also aus der Nachbarschaft. Die Uehrigen ohne Bezeichnung der Herkunft, e) und d) 1 und 4 kleinere, die nach dem Aeusseren zu a (Gervaisi) gehören würden, e) 2 sehr grosse und f) 3 grosse algarvische von Tavira (April 1554) zu Valenciennes? zu rechnen. Hiernach sind die P. Gervaisi (a, e, d) die kleineren und, wie ich hinzufüge, mit lebhafter Mantelzeichnung, jederseits eine dunklere, nach vorn verbreiterte Stammbinde, die auf der Kapuze in unregelmässige Flecken ausstrahlt; alle, die ich als Valenciennesi bezeichnet habe, sind gross und einfarbig. Morelet bemerkt (XLIV), dass er die T'hiere am April-, morgen meist paarweise fand, doch nie in der Copula selbst. Die im Museum waren nicht selten gerade dabei überrascht und gesammelt worden, wie die aus- gestülpten Genitalien beweisen; ich konnte ein halbes Dutzend solcher ent- nehmen. Trotzdem nun auch zwei der Gervaisi in diesem Zustande sich befinden, ergiebt die Anatomie doch ohne Weiteres, dass sie noch jugendlieh: sind; da sie im März, die grossen, so viel bekannt, im April gefangen wurden, so folgt ferner, dass parallel mit der sehr schnellen zweiten Wachsthumshälfte die Zeichnung sich verliert (ob immer? schwerlich). Auf einen anderen Unterschied, der für allgemeine Folgerungen wichtig, machten mich die Lissaboner Herren Girard, Furtado und Burnay aut- merksam. Die Schale der algarvischen Schnecken ist ausserordentlich dick, die der nördlichen von Lissabon bleibt im Verhältniss dünn, doch so, dass nach beiden Richtungen Ausnahmen vorkommen. In der That ist die Differenz sehr leicht zu constatiren, man erkennt darnach sofort, dass die grössten Exemplare e südlich sind. Die Verstärkung der Schale ist dabei sehr unregel- mässig, in dem einen Falle war das Gewinde beinahe von Kalk ausgefüllt und über die Spathula gingen mehrere starke Anwachsstreifen, dabei hatte 41* 324 Dr. Heinrich Simroth. (p. 124) der vordere Umriss einen einseitigen Ausschnitt, die Unterseite war ziemlich glatt. In einem anderen erhob sich auf der Unterseite parallel dem linken Rande eine schmale hohe Kalkleiste. Alle diese Abweichungen sind geeignet, das Vertrauen in die Bestimmung der Arten nach den Schalencharakteren zu erschüttern; die Differenzen sind etwa ebenso ausgiebig wie beim Schälchen des Limax arborum u. a. Anatomie: Im allgemeinen Körperbau waren keine Besonderheiten zu verzeichnen, höchstens der bald ganz glatte, bald mit schwachem Mittelzahn versehene Kieferrand oder die mehr gestreckte Gestalt des Magens, der immer leer gefunden wurde. Sie hat insofern Bedeutung, als sie die Gattung den Verwandten, namentlich den Vitrinen, wieder näher bringt. Jedenfalls sind seine Wände sehr dehnbar, so dass er im gefüllten Zustande zu einem weiten Sacke aufschwillt. Die ausgestülpten äusseren Genitalien erwiesen sich durchweg als ler äussere Penistheil, die weite Blase kommt durch die untere seitliche Aus- ladung zuwege (LXIV Taf. I. Fig. 5 vp.). Vorn ragt aus der Oeffnung der (litoristasche ein rundliches Blättehen (nieht wie es Cuvier bei der Olivieri sah, ein Reizkörper, „Olitoris“) heraus, oder ein Paar kleine fleischige Spitzchen. Es ist anzunehmen, dass die 'I’hiere, die scheu zu sein scheinen, die Begattungswerkzeuge durchweg wieder halb eingezogen hatten, denn nach der Retractormuskulatur, der Glans etc. ist anzunehmen, dass bei völliger Aus- stilpung noch ein weiterer Ruthentheil, die Bursa eopulatrix, und das Reizorgan mehr heraustreten, wie denn Urosse, der die Copula der P. Valenciennesi beobachtete, die hervorgestülpten "Theile über und iber mit 'Tuberkeln be- setzt fand. Alle 'T'hiere, auch die jüngsten, die kaum ein Drittel des vollen Körpergewichts erreichen, haben die Zwitterdrüse gross und in eine Anzahl von Lappen getheilt. Verfolgen wir einige Stadien: Das jüngste, eine Gervais:, hat die fünflappige Zwitterdrüse mit hellgrauer Membran überzogen, den Zwittergang ganz zart hellgrau angeflogen. Die erste gewöhnliche Eiweiss- drüse ist angelegt, daneben als ein kleines Blättchen, durch die kugelige Vesieula seminalis von jener getrennt, die zweite den Parmacellen eigenthüm- liche. Ovispermatoduet noch dünn und ohne Prostata, Vas deferens, Patronen- strecke, Penis und Penisretractor bereits normal, im Penis eine zweilappige, D Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.125) 325 sehr unregelmässige, mit Reizpapille bewaffnete Glans, der grössere Lappen lang und etwas kugelig geschwollen. Das Receptaculum gross, mit dem Fundus dem proximalen T'heile des Ovispermatoducts angeheftet, lang gestielt, unten, wo es den Eileiter aufnimmt, derb angeschwollen. Die kräftige Bursa copulatrix noch Jänglich, sehr klar als ein T'heil des weiblichen Endschlauches erkennbar. Unten eine oben umgekrümmte, mit Muskeln versehene Clitoristasche, im Inneren mit einer Falte. Das nächste, kaum grössere Stadium unterscheidet sich hauptsäch- lich durch die Dunkelung der Zwitterdrüse und des Zwitterganges und die beträchtliche Entwickelung der zweiten Eiweissdrüse zu grösserem, dicht weissem Lappen, während die gewöhnliche klein geblieben ist. Die weitere Entwickelung färbt die Zwitterdrüse und den Zwitter- gang bis auf die unterste helle Stelle (wie bei Olivieri) ganz schwarz. — Beide Eiweissdrüsen nehmen zu, die Prostata bildet sich aus als ein dünnblätteriger Belag der männlichen Rinne am Ovispermatoduct. Das Receptaculum enthält Spermatophoren, in mehreren Fällen zwei, in einem drei. In einem Falle waren beide zerbröckelt, in einem anderen, wo das T'hier ausgestülpte Begattungswerkzeuge zeigte, beide wohl erhalten, und zwar so, dass ihre langen feinen Stiele, die unten ein wenig wieder anschwellen, mit kleiner Haft- scheibe in der Wand der distalen Blasenstielverdickung befestigt waren. Dabei erweitert sich das Receptaculum nunmehr auf Kosten seines Stieles, der end- lich bis allein auf die letzte Verdickung mit zur Blase aufschwillt. Die Bursa nimmt an (@uerdurchmesser zu. Die Ulitoristasche verliert, offenbar durch häufige Wandeontraction, ihre hintere Umbiegung, nur bei zwei T'hieren von Algarve wurde eine kurze, retractorlose, zweite Clitoristasche mit Längs- falten gefunden, als Ausstülpung oder Knospe der grösseren. Die Glans des Penis bleibt sehr unregelmässig. Auffallender Weise wurde vergeblich nach einer Mündung der Patronenstrecke gesucht, es scheint fast, als ob sie sich jedesmal wieder schliesst, so dass die Spermatophore das Gewebe zu durch- brechen hätte. Die Patronenstrecke endlich ist durchweg mehr ceylindrisch, nur im proximalen "Theile, der den Endfaden bildet, dünner (bei Olövieri ver- Jüngt sich die distale Hälfte, LXIV). Die Schlüsse, die sich aus diesen Befunden ergeben, sind folgende: 326 Dr. Heinrich Simroth. (p. 126) Die männliche Reife eilt der weiblichen voran. Dabei häuft sich das Pigment an den Genitalien, während es aussen schwindet. Sollte das ‘ein blosses „cum hoc“ sein, ohne ursächlichen Zusammenhang? Die zweite Eiweissdrüse, so sehr sie sich von der gewöhnlichen Prostata durch Farbe und dichte Struetur unterscheidet, ist eine männliche Drüse, die dem Sperma die erste Beimischung liefert. Die Entstehung der Olitoristaschen geschieht nicht durch Abspaltung, sondern dureh Knospung, wie beim Penis. Die Blätter der Clitoris wirken als Reizorgan, vermuthlieh ähnlich wie hei Agriolimax lombricoides, natürlich nicht so weit den Partner umfassend. Leider giebt Crosse in der Schilderung der Copula davon gar nichts an. Die Schnecken wachsen während des Winters heran, im März und April erfolgt die rapide Vollendung. Die Hauptbrunst fällt in den April. Die Copula wiederholt sich zwei oder drei Mal in sehr kurzen Zwischen- yäumen,. Dann werden die Eier gelegt (10 Tage nach der Copula, XIII), und die alten sterben, vermuthlich meist sehr bald. Was weiter? _ Ueber- stehen die Eier die trockene ‚Jahreszeit oder die ganz jungen ? Im letzteren Falle erwarten sie, ohne zu wachsen, die Herbstregen. Im Süden kommen sie etwas früher zum Vorschein als bei Lissabon. | Soweit die portugiesische Art. Die an ihr beobachteten "Thatsachen lassen sich weiter verwerthen. Die Unterschiede der beiden französischen Formen @Gervaisi Moquin- T'andon und Moguini Bourguignat, die im südwestlichen Frankreich in dem- selben Bezirke leben, sind nach Moquin-Tandon sicher nicht grösser als die der portugiesischen unter einander (XLID). Hesse und ich haben sodann an einigen Parmacellen von Oran, Tanger und Gibraltar zu zeigen gesucht (XXVII und LXII), dass sich Artunterschiede kaum ergeben. Die Deutung der Species war freilich an und für sich schwierig. Das Thema mag daher hier wieder aufgenommen werden. Heynemann verzeichnet die Verbreitung, die ich geographisch ordne, folgender- maassen (XXX): Westliche Arten: P. Valenciennesi Webb und Berth. © Maroeco, Spanien, Portugal. — P. Deshayesi Moquin-Tandon. Spanien, Marocco, Oran. — Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 12%) 32% P. calyeulata Webb und Berth. Spanien!). Canaren. — P. callosa Mousson. Canaren!. — P. auriculata Mousson. Canaren. — P. dorsalis Mousson. Maroeeo. —- P. @ervaisi Moquin-landon. Frankreich. — P. Moquini Palad. Frankreich. — P. alexandrina Ehrenberg. Alexandrien (nur das eine Exemplar im Berliner Museum). Oestliche Arten: P. Olivieri Uuvier. Mesopotamien. Georgien. — P. var. ibera Eichn. Georgien. — P. velitaris von Martens. Astrabad2). — P. rutellum Hutton. Kandabar. Darnach habe ich früher, weil Oran unter den Fundorten war, zum Mindesten Deshayesi vorgehabt, möglicher Weise aber auch Valenciennesi und dorsalis. ‚Jetzt wird mit Bestimmtheit Valenciennesi hinzugefügt und (nach der Determination im Lissaboner Museum) auch Gervaisi, die sich hier wenigstens als Jugendform erwiesen hat. Zwischen Valenciennesi' nun und Deshayesi sind durchaus keine anatomischen Differenzen zu constatiren, die Clitoris ist in ihrer Ausbildung wechselnd nach Zahl und Falten. Es kommt dazu, dass die portugiesische Art, welche auch von Urosse als eine einzige P. Valenciennesi angesehen wird, von Beja und Alcantara (XIII), die grössten Differenzen zeigt in der Schalendicke, ein Charakter, dem man allgemein für die Artunterscheidung den grössten Werth beimisst. Ebenso variirt sie aber auch als geschlechtsreifes Thier in der Zeichnung, worauf Crosse den Haupt- werth legt. Ob die Färbung etwas röthlich oder gelblich, gefleckt oder un- gefleckt, kann keinen Unterschied machen, so wenig als geringe Abweichungen in gröberer oder feinerer Runzelung. Ich stehe nicht an, meine frühere An- nahme, dass die sämmtlichen westlichen Parmacellen zu einer Art gehören, zu wiederholen mit grösserem Nachdrucke. 1) Anmerkung. Wollaston hat, Mousson folgend, selbst die Gründe angegeben, wonach die callosa wahrscheinlich nur eine ealyeulata mit stärker verkalkter Spathula bedeutet (LXXVI); nach meinen Erfahrungen in Portugal stehe ich nicht an, calyculata, auriculata und callosa als eine Species zu nehmen. Interessant bleibt es, dass Kobelt die Zarmacella von Gibraltar für calyeulata hielt, offenbar ein Beweis grosser Schalenähnhichkeit. — Eine andere Bemerkung mag die 7. zbera betreffen. Herr Goldfuss sandte mir freundlichst junge der- selben. Schale und Zeichnung stimmen durchaus mit den westlichen Formen, höchstens fillt ein schwarzer Strich auf jederseits vom Endkiel. 2) Anmerkung. Zarmacella velitaris ist inzwischen als ein Pseudomilax ausgeschieden. Vergl. Böttger, die Binnenmollusken Transkaspiens und Chorassans. Zoolog. Jahrbücher Bd. IV. 325 Dr. Heinrich Simroth. (p. 128) Der Betrag der Abweichungen aber bei der portugiesischen Form überbrückt die anatomische Kluft zwischen den europäischen und asiatischen '['hieren, die ich früher schon als gering bezeichnen konnte, fast vollkommen. Die Differenzen zwischen der Olivieri und der Deshayesi waren etwa folgende: P. Olivieri: P. Deshayesi: a) der Penisretraetor entspringt vor vom Lungenboden. der Lunge, b) Glans rundlich, durchbohrt, aus zwei Halbkugeln gebildet, un- durchbohrt. ec) Ende des Patronenfadens mit — — ohne Haftscheihe. d) aus den Falten der grossen blos Falten. Clitoristasche bildet sich ein Reizkörper heraus, e) Kiefer mit deutlichem Mittelzahn, Mittelzahn undeutlich. Der Punkt a ist von sehr untergeordnetem Belang; b verliert seinen Werth dadurch, dass man die Glans der Westformen sehr wechseln sieht. Die Haftscheibe (ce) für den Spermatophorenfaden kommt auch den westlichen Arten zu. Der Reizkörper (d) ist allerdings etwas charakteristischer bei der Olivieri, aber auch da schwankend; zudem verhält sich die kleine "Tasche ebenso variabel wie bei der portugiesischen Art. Auf keinen Fall ist die Differenz von dem Belang wie bei den Ackerschnecken, wo die mit Reiz- körper ausgestatteten Arten diesen fast von der ersten Anlage des Penis an deutlich entwickeln, während bei den Parmacellen die Faltenwucherungen viel unregelmässiger sind und erst mit der Geschlechtsreife kräftig eintreten. Auch ist die physiologische Bedentung beim Vorspiel so wenig hervortretend, lass Ürosse gar nichts davon gemeldet hat (s. o.). Der Kiefer endlich, bei der früher untersuchten Deshayesi fast glatt, war bei einzelnen portugiesischen T'hieren wieder mit deutlicher Mittellinie und demselben Zähnchen wie bei Olövieri versehen. üs bleibt ein Unterschied in der Färbung. Die Olöweri behält ihre Rinden und Flecken auf dem Mantel bis ins Alter (die Hautfarbe kann ich nach dem Spiritusmaterial nicht sicher beurtheilen), bei den Westformen des Festlandes verschwinden sie mit der Reife. Ein Blick auf die Arionen etwa (s. u.) zeigt die Variabilität des Merkmales innerhalb einer Art. Es kommt dazu, dass auch die calyeulata von den Canaren in der Originalabbildung als Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 129) 329 Oryptella vollkommen die Bindenzeichnung der kaukasischen Olöwieri bis ins Alter besitzt, ja dass die afchanische P. rutellum der canarischen von allen Formen am nächsten steht (XIII). Bei der Uebereinstimmung zweier soweit getrennter Formen wie der kaukasischen und portugiesischen oder der afghanischen und canarischen ist vor der Hand eine wesentliche Differenz durchaus nieht auszumachen, und so komme ich zu dem Schlusse, dass es nur eine paläarktische Parmacellenart giebt, wie sich eine ähnliche Anschauung allmählich für die europäische Glandina Bahn brach. Sie muss nach der zuerst beschriebenen Parmacella Olivieri Cuvier heissen. Fraglich erscheint es mir selbst, ob es bei genauer Kenntniss des ganzen Umfanges localer Färbungen und anatomischer Entwickelung möglich sein wird, überhaupt bestimmte Varietäten aufzustellen. !) Ueber die Verbreitung heisst es bei Kobelt (XXXVI S. 5): „Bourgwignat macht darauf aufmerksam, dass die Parmacellen ausschliesslich die Miüindungsgebiete der grösseren ins Mittelmeer mündenden Flüsse bewohnen und nur an wenigen Orten weiter landeinwärts dringen.“ Auf keinen Fall, kann man beschränkend zufügen, sind sie Gebirgsschnecken. Inwieweit der Salzgehalt der Luft ihnen Erforderniss ist, wird schwer auszumachen sein: sicherlich sind sie an Feuchtigkeit gebunden, vor Allem der ‚Jahreszeit nach: die Mündungsgebiete der Flüsse sind gewiss selbst innerhalb der Küstenregion noch die feuchtesten Stellen, an ihnen haben wir vielleicht den Schöpfungs- herd der Gattung zu suchen, wiewohl das Vorkommen in Alemtejo und Al- garve sich von den Flussgebieten entfernt. — Ein anderer sehr merkwürdiger Factor hat vielleicht für die Verbreitung mehr zu bedeuten. Die Wärme scheint dafür maassgebend, in der T'hat kann man eine Beziehung zu den Isothermen auffinden, aber weder zu denen des Jahres, noch zu denen des Winters, in dem sie ihre Hauptentwickelung erreichen, sondern lediglich, wie bei den meisten Pflanzen, zu denen des Sommers, und zwar fällt das Gebiet zwischen den 20. und 25. oder 30. Grad C. der Juliwärme. Es scheint also, dass eine solche Wärme für die Entwickelung der Eier oder der verborgenen !) Anmerkung. Inzwischen habe ich dieselbe Ansicht auch noch auf nordpersische Parmacellen ausdehnen können, m Böttzer’s Arbeit über Transkaspien und Chorassan. Noya Acta LVI. Ni. 2. 42 330 Dr. Heinrich Simroth. (p. 130) ‚Jugendstadien erforderlich ist, während die älteren Stadien sich weniger an die Temperaturen kehren. — Die Parmacellen sind übrigens die einzige Nacktschneckenfamilie, welche die zweite Provinz der palaearktischen Region nach Wallace (das Mittelmeerbeeken mit Nordafrika und Westasien) nicht üiberschreiten und, wenn auch sporadisch, voll ausfüllen. Aus welcher Wurzel die Parmacellen entstanden, darüber kann kaum ein Zweifel bestehen. Gelegentlich der Vitrinen (s. 0.) sind die Gründe bereits dargelegt worden, dass sie aus ihnen oder mit ihnen aus gemeinsamer Wurzel sich herleiten. (Auf keinen Fall können wir sie mit Wollaston zu den Testacellen stellen.) Noch haben sie dieselbe Lebensdauer, dieselbe Oekonomie nach den Jahreszeiten; die Organe stimmen in den meisten Punkten; der Hauptunterschied liegt in der Vergrösserung des Mantels zur Bedeckung des Hauses, in der stärkeren Entwickelung von Lunge und Niere und in der ge- waltigen Grösse, die zur Umwandlung der Vorderschale in die Spathula und zur Magenvergrösserung in ursächlicher Beziehung zu stehen scheint. Für die Mantelerweiterung wird man, wie bei der Vitrina und Plutonia der Azoren, die Feuchtigkeit der Luft verantwortlich zu machen haben. Die Erweiterung aber des Vorderkörpers dürfte von der veränderten Nahrung abhängen. Die Parmacellen sind Krautfresser geworden, haben damit den Magen enorm ver- grössert und erweitert und dadurch die Haut des Rückens zu einem Winkel . mit der Embryonalschale gestellt, wodurch das Schalenwachsthum in der ent- sprechenden Weise abgelenkt wurde. Mit der veränderten Nahrung hängt die Schwächung, die geringere Bezahnung des Kiefers zusammen; die Zähne der Radula haben ebenso ihre Schärfe, besonders die ihrer Seitenspitzen verloren, wiewohl sie noch durch ihre Verlängerung in den Seitenfeldern die Beziehungen zur Vitrinenradula ausdrücken. !) Wo endlich lag der Bildungsherd? Im westlichen Mittelmeerbecken oder in Asien?” Die Antwort ist höchst unsicher. Ein wichtiges Moment ist vielleicht der hohe Procentsatz mediterraner Formen auf den Canaren über- haupt, und die Züge, welche die Nacktschneckenfauna dieser Inseln gerade mit Marokko, Algier und Süd-Spanien und -Portugal verbinden. Unter diesem 1) Anmerkung. Hierbei ist angenommen, dass der von den Entdeckern beschriebene ‚Jugenddeckel auf einem Versehen beruht. Ich habe ihn auch bei recht jungen Thieren nicht gesehen. Die Zartheit der Schale mag ein Schleimdiaphragma als Deckel haben erscheinen lassen. Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 131) 331 Gesichtspunkte bilden die genannten Länderstrecken das geschlossenste Ver- breitungsgebiet, dem sich, wie es scheint, ein ähnlich geschlossenes vorder- und mittelasiatisches entgegenstellt: dazwischen liegen nur vereinzelte Fund- orte. Danach kann man ebenso gut den Westen des Mediterran- oder atlantischen Gebietes als jenen 'T'heil Asiens als Schöpfungsherd ansehen. Die Frage wird aber noch verwickelter durch die fossilen Funde. Sandberger hat eine Parmacellina aus dem Obereocän von Buxweiler aufgestellt (LVID), die Heynemann fraglich zu Parmacella zieht (XXX). Sandberger selbst denkt mehr an Peltella und Testacella; die Abbildung (LVII Taf. X. Fig. 24) müsste bei der geringen Grösse Gewinde und Spathula viel schärfer getrennt zeigen, wenn eine Parmacella vorläge. Mir scheint die Form nicht hierher zu gehören, sondern, wie sie Fischer interpretirt, zu Vitrina. Dagegen be- weisen die Parmacella unguiformis Gervais aus dem Pliocän von Montpellier, die Palidilhiana Peuchinat aus jüngeren Schichten in demselben Departement und die Sayni Fontannes aus dem Obermiocän des Rhonebeckens schon eine ziemlich alte Existenz der Gattung im jetzigen Verbreitungsgebiete. Das Merkwürdigste bleibt aber die P. succini Klebs aus dem preussischen Bern- stein (LVIII). Sandberger will die Vergleichung mit recenten Arten nicht vornehmen, was auch bei der Unsicherheit eben dieser kaum angeht. Die Bernstein-Pflanzen und -Schnecken aber sollen mit keiner lebenden europäischen Form übereinstimmen, vielmehr sollen analoge Formen nur in Ostasien und Nordamerika auftreten. Beide Gebiete enthalten aber jetzt keine Parmacella mehr und man hat eben in dieser Bernsteinschnecke doch wohl eine Ausnahme, ein Durcheinander von Formen verschiedener Herkunft zu erblicken — oder wir stehen noch vor einem völligen Räthsel. 332 Dr. Heinrich Simroth. (p. 132) Viertes Capitel. Die Arioniden. Die Arioniden bleiben nach wie vor die am schwierigsten zu trennende Gruppe. Manche Arten sind in der Färbung und Grösse sehr constant, andere ausserordentlich wechselnd, die Jugendform ist oft anders als das alte Thier, die anatomischen Verschiedenheiten sind, wenn auch beständig, nur gering und nur bei grösserer Uebung oder reichlichem Vergleichsmaterial heraus- zufinden; sie liegen fast nur in den Endwegen der Genitalien. Wie leicht die Verwechselungen, dafür sprechen am besten die Azoren selbst. Morelet hat hier die drei Arten (XLIII) rufus, subfuscus und fuscatus von dort be- schrieben, es kommt nicht eine der drei vor: Drouet setzt dafür rufus, subfuscus und fuscus (XV), Malm aber fand unter den Vorräthen (XXX, 8.51) nur A. fuscus, aber auch das hält nicht Stich. In Portugal leben ausser Arion auch noch mindestens drei Geomalacus. Kine Reihe alter und junger Arioniden hat Morelet noch zu Limax gestellt: vor vierzig Jahren, also nicht zu verwundern. Auch Mabille hat sich aus dem Materiale nur unvollständig herausgefunden, da er sich das Vergnügen gemacht hat, nach Morelet's Abbildungen und Beschreibungen neue Arten und eine Gattung (!) zu creiren. Die Verwirrung, die für die iberische Halbinsel Platz gegriffen hat, geht daraus hervor, dass fast alle einschlägigen Autoren die grösste Art, den empiricorum, von dort angeben, aber durchweg eine andere Art darunter ver- stehen, den wirklichen empiricorum aber nicht erkennen, sondern unter fremdem Namen aufführen. Das Schlimmste bleibt, dass wir uns vorläufig leider auf die spärlichen spanischen Angaben so wenig verlassen können, als auf die % Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 133) 333 zahlreichen französischen.!) Die ältere Litteratur Jässt uns bekanntlich gleichfalls im Stich, Ferussac und Daudebard sind nur in den Hauptzügen zuver- lässig, aber für die Arionen entschieden noch ungleich brauchbarere Rathgeber, als die moderne französische Schule. Die Familien- und Gattungsdiagnosen mögen im Ganzen gelten, wie früher (LXD). Sie verschieben sich freilich, wenn man die amerikanischen Ariolimaces und vielleicht selbst Philomycus dazunimmt, von denen ich einige aus dem Berliner Museum untersuchen konnte. Gattung Arion Ferussae. Uopulationsorgane vom Oviduet gebildet. Genitalöffnung nahe dem Athemloch. Kalkschale aus locker zusammenhängenden Stückchen gebildet oder zerfallen. l. Arion minimus Srth. Arion fuscatus Morelet (XLIIN? — Arion fuscus Drouet (XV)? — Arion fuscus Malm.? Taf. 5. Fig. 2. Taf. 6. Fig. 4, 6. Die kleinste deutsche Art, die sich in Wäldern unter Moos und an Pilzen findet, habe ich mit diesem Namen bezeichnen zu müssen geglaubt, weil mir es unmöglich war, die Schnecke mit einiger Bestimmtheit aus den Beschreibungen anderer Autoren herauszufinden.2) Das Wesentliche ist die gsedrungene, kleine Gestalt, die helle, namentlich auf den Seiten- feldern von gelbem Schleim überzogene Sohle, oben eine mehr 1) Anmerkung. Inzwischen hat Pollonera eine Reihe sehr hübscher Arbeiten über die Arioniden, einschliessiich der portugiesischen, veröffentlicht: a. Specie nuove o mal conosciute di Arion europei. Torino 1887. b. Nuove contribuzioni allo studio degli Arion europei. 1889. e. A proposito degli Arion del Portogallo. Risposta al Dr. Simroth. 1890. d. Recensement des Arionidae de la region paleartique. 1890. Leider kann ich sie nur noch in Anmerkungen flüchtig heranziehen. Glücklicher Weise basirt eine allzu peinliche Trennung hier mehr auf persönlicher Anschauung, als auf scharf ausgeprägten Merkmalen. ?2) Anmerkung. Pollonera nimmt meinen 4. minimus für den A. intermedius Norm. Seine Fig. 3 in a würde ich bei den scharfen Rückenfurchen schwerlich für den minimus nehmen, viel eher dagegen Fig. 11 in b, die var. apennina. Da Pollonera beide nach Autopsie für specifisch identisch hält, kann ich mich gern anschliessen. 334 Dr. Heinrich Simroth. (p. 134) indifferente graue Farbe, d. h. bald auf dem Mantel eine nach Aussen abklingende Stammbinde, bald dieselbe verwischt, auf dem Rücken ähnlich, bald Stammbinde, die beiderseits leidlich scharf begrenzt ist, bald nach Aussen verwischt, bald ganz verschwommen. Mantel klein, rundlich. Runzeln auf dem Rücken kurz polygonal, mit einzelnen, oft vorstehenden Driüschen, deren Secret den Rücken oft wie körnig erscheinen lässt. Die relative Stärke dieser Hautdrüsen bringt ein sehr wechselndes Aussehen des Rückens mit sich, so dass ihm oft alle Runzeln zu fehlen scheinen. Das geschieht regelmässig, sobald die Schnecke aus der gewohnten Umgebung gerissen, in der Hand gehalten wird ete. Kiefer grob, unregelmässig gerippt. Die Genitalien sind von allen die einfachsten (LXI, Taf. 11. Fig. 15) und im Verhältniss die kleinsten. Ein gelbdrüsiges kurzes Atrium, ein kurzgestieltes rundes Receptaculum, der Eileiter kurz und gleichmässig eylindrisch (zum Unterschied von den meisten anderen Arten), die Patronen- strecke eylindrisch und von mittlerer Länge. Der Genitalretractor, bei der Kleinheit oft nicht leicht zu finden, fasst an Blasenstiel und Oviduct an. Von dieser Form traf ich Vertreter auf den Azoren auf St. Mieuel, und zwar unter Bedingungen, welche die Schnecke der einheimischen Fauna einreihen, nämlich nur auf den Höhen, am Pico de Carväo und im Thale von Fürnas, dort ein Dutzend unter Sphagnumpolstern, hier ein vereinzeltes kleines Thier auf dem Boden einer kleinen Ignampflanzung, die sich in unmittelbarer Waldnachbarschaft in eine Schlucht einzwängte. Die Schneckchen blieben sämmtlich unter 1 cm Alkoholgrösse. Sie waren mehr weniger hellgelb, mit den Binden, die ganz so variren, wie ich für minimus angab. Doch interessirt die eingehende Betrachtung noch mehr. Bei der Abbildung (Taf. 5, Fig. 2) kann von eigentlichen Binden noch kaum die Rede sein, vielmehr ist das Seitenfeld dunkel, etwas zunehmend bis zur Sinuslinie; es entspricht diese Zeichnung den sich von unten her nach dem Sinus sammelnden Venen. Genau so auf dem Mantel, wo die Binde keineswegs regelrecht geschlossen ist; viel- mehr ist der innere Rand etwas ausgezackt, und es bleiben einige hellere Strahlen nach Aussen. Man erkennt ohue Weiteres die mit der darunter liegenden ringförmigen Lunge parallele Anordnung. Dass die Lunge sich vorn zusammenschliesst, die Binden aber nicht, hat seinen Grund in der Kapuze, die ja hier frei hervorwächst. Die Zeichnung dieses Thieres ist die Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 135) 335 Urzeichnung der Arionen, die sich unmittelbar dem Kreislauf anschmiegt (höchstens könnte sich eine gleiche Pigmentanordnung nochmals auf dem helleren Rücken- und Mantelfeld wiederholen). Wie die Mantelbinde vom kräftig chemisch regsamen Blut in der Respirationserneuerung abgeschieden wird, so möchte man umgekehrt den Schluss ziehen, dass das dunkle Seiten- feld der Hautathmung diene. — Bei grösseren Arten verwischt sich meist diese einfache Beziehung, wohl in Folge starker (bunter) Schleimabsonderung, Hautverdiekung und dergleichen. Leider waren die 'T'hiere noch nicht ganz geschlechtsreif, wie man namentlich an dem noch. gestreckteren drüsenarmen, jugendlichen Atrium sieht (Taf. 6. Fig. 4). Ein Exemplar mit derselben Zeichnung, das ich Furtado verdanke, und das er vorläufig als hortensis auffasste, war, wiewohl 1,1 cm im Alkohol, doch eher noch unentwickelter. Im Ganzen reihen sich die Genitalien denen des minimus an, insofern als ihnen charakteristische Ausbildung fehlt; sie sind sehr indifferent; freilich nur ein negatives Merkmal. Diese kleine Urform der Arioniden scheint eine weite Verbreitung zu haben. Herr Pollonera, mit dem ich austauschte, möchte das azoreaner Thierchen zum intermedius Normand rechnen, mir um so interessanter, als dadurch ein neuer Beitrag zur Kenntniss der französischen Geomalacus-Arten geliefert wird. Viel wichtiger noch war mir es, dass ich den. verrucosus Breviere von St. Saulge erhielt. Die Conservirung war weich, daher: die Haut glatt, ohne Runzeln. Im Uebrigen der echte, mehr in das Braune gehende minimus. Alkohollänge 1,05 und 1,1 cm, auf dem Mantel eine schwache, auf dem Rücken eine deutliche und beiderseits dunkel abgegrenzte Stammbinde. Intestinalsack plump, Genitalendwege ganz wie bei minimus. — Sodann gehört hierher Arion alpinus Pollonera. Rivarossa in Piemont. Alkohollänge 1,2 em. Kräftig, plump; mittelgrau, auf dem Mantel seitlich ausklingende, auf dem Rücken schärfere, innen hell begrenzte Stammbinde. Auf jeder der polygonalen kiückenrunzeln stehen drei (am Rande) bis acht (in der Mitte) feine Drüsen- wärzchen heraus. Endwege sehr klein (Taf. 6. Fig. 6), zumal die Patronen- strecke, und darin eine kleine locale Ausbildung verrathend, wie überhaupt 330 Dr. Heinrich Simroth. (p. 136) nur durch die nicht sehr schwankend relative Länge der Patronenstrecke möglicher Weise eine noch genauere Eintheilung mit einiger Aussicht begründet werden könnte. ') Von besonderem Interesse ist die Zugehörigkeit des Arion incommodus Hutton von Neuseeland zu dieser Art, wiederum eines Vertreters der Antipodenfauna. Ich durfte das Berliner Exemplar, das Finsch mitgebracht, untersuchen. Länge 1 cm. Hinten plump. Mantel klein. Runzeln perlig, nach hinten etwas verlängert polvgonal. Mantel mit hellmittelgrauer Stammbinde, innen heller gesäumt, so dass ein graues Feld in der Mitte bleibt. Rücken fasst gleichmässig hell, mit ganz schwachen Resten von Stammbinde, die kaum noch etwas durchschimmert. Genitalien noch nicht entwickelt, trotzdem sicher ein minimus. Unklar oder besonders merkwürdig aber wird die Sache durch die Identifieirung dieses incommodus mit dem fuscus Müller, den ich nach der Litteraturberücksichtigung für gleichbedeutend mit Formen des subfuseus gehalten habe. Sollten die Autoren unter fuscus Arionen aus der minimus- Gruppe verstehen, dann taucht die Art auch an der nördlichen Ostküste von Nordamerika wieder auf, wo 4. fuscus nach Binney lebt. Die Frage muss aber noch offen gehalten werden, theils wegen der Verbreitung des subfuscus (8. u.), theils wegen der grossen Unsicherheit des Materiales. Binney bezeichnet die Schnecke zwar im Text als fuscus (IV), in den Abbildungen aber (Taf. LXIV und LXV) als hortensis. lietztere Bestimmung ist mit Sicherheit aufzugeben. Die Abbildung des scharf gebänderten jungen 'Thhieres passt etwa auf fuscus, subfuscus und lusitanicus (Ss. u). Das. er- wachsene 'T'hier hat die Grösse eines stattlichen subfusceus, 6—%7 cm, ist dabei einfarbig und, soweit die uncolorirte Abbildung einen Schluss erlaubt, von mittelbraunem Ton. Der fuscus (minimus) könnte so gefärbt sein, erreicht aber die Grösste nicht entfernt; doch ist darauf nichts zu geben, da auf der- selben Tafel ein Limax campestris (Agriol. laevis) ebenso gross dargestellt ist, der nach dem Text nur 25 mm lang wird. Zum subfuscus passt die Figur !) Anmerkung. Auch den 4. Mollerii Poll. von Busaco in Portugal würde ich nach den Abbildungen (b, 7—10) nur als einen minimus oder intermedius betrachten, höchstens, Falls die Färbung besonders constant wäre, als eine Varietät. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 131) 337 deshalb wenig, weil ein erwachsenes einfarbiges T'hier entschieden dunkler sein müsste. Am besten würde die hellere Varietät des lusitunicus (s. u.) dadurch wiedergegeben sein. Die Schnecke soll erwachsen 25, gelegentlich aber mehr als 50 mm lang werden. - Auf jeden Fall ist die Identitieirung schwer oder unmöglich ohne anatomische Untersuchung, und man müsste in Binney’s Bestimmung als fuscus (minimus) Zweifel setzen, wenn nicht die Art in Neuseeland (incommodus) gleichfalls das in Centraleuropa gewöhnliche Maass etwas iüberschritte.!) 2. Arion pascalianus Mabille. Arion fuscatus Morelet”? — Arion hortensis Hidalgo ? Taf.5. Fig.3. Taf.6. Fig.5. und Taf. S. Karte I. Der kleinste portugiesische Arion ist sehr schwer nach den Litteratur- angaben zu begründen. Die Beschreibung passt nicht genau auf den fuscatus Morelet, der zum pascalianus Mabille geworden ist, ja die Unterschiede sind beträchtlich, lassen sich aber wohl durch ungenaue frühere Beobachtung des kleinen 'T'hieres erklären. Die Entdeckung des hortensis in Portugal scheint einen merkwürdigen Zusammenhang zu haben. Morelet giebt ihn nicht an, ebenso wenig Mabille; dagegen hat ihn Hidalgo im Hauptverzeichniss ganz allgemein von Portugal. In den Litteraturauszügen aber wird er von dort angeführt nach Grateloup und Gysser in dessen Molluskenfauna Badens! Ich habe wohl nieht nöthig, auf diese Quellen mich hier einzulassen. Hidalgo bezieht den fascatus unter den empiricorum! Morelet beschreibt einfach: „niger, lateribus cinereis.“ Das Thier soll klein sein und sich in T'ras os Montes finden. Wiewohl die Beschreibung nieht eben sehr prägnant, stehe ich doch nicht an, die kleinste Art, die ich in Portugal fand, darauf zu beziehen. Sie ist keineswegs häufig, zwei Exemplare erbeutete ich in Cintra (an felsiger Grartenmauer), zwei in Braga, einige mehr in Gerez; nirgends weitere, trotz grosser Aufmerksamkeit auf Jugendformen und dergleichen; m Tras os Montes war ich nicht, so dass meine Fundorte !) Anmerkung. Nach unausgesetzt andauernder Betrachtung des Materiales, zum Theil desselben, welches Pollonera vorlag, ist es mir unmöglich, in Deutschland mit P. einen 4A. fuseus und 4. farus vom subfuscus abzutrennen, zumal bei der nachweislichen ontogenetischen Verfärbung der Varietäten des 4. empiricorum. Nova Acta LVI. Nr. 2. 43 338 Dr. Heinrich Simroth. (p. 138) zu den alten sich addiren. Von Oporto sandte mir später Newton welche in Spiritus nach. Es ergiebt sich eine Schnecke, die nördlich vom Tejo die (Gebirge bevorzugt. Alkohollänge wenig über I em. — Sohle seitlich diek fleischig, die derben Seitenfelder nach der Mitte übergreifend, so dass nur eine schmale Medianlinie als Rest des locomotorischen Feldes in der Ruhe durchschimmert (Tat. 5. Fig. 3°). In der Bewegung gehen die Wellen natürlich ebenso über die vorgeschobene Seite, das mittlere Drittel ausfüllend. Die Sohle mit orangegelbem Schleim, der auf die Sohlenleiste übergreift. Die Oberseite bald mehr grau (Taf. 5. Fig. 3%? und 3), bald mehr tief schwarz (Fig. 3°). Die schwarzen vorwiegend im Gebirge (Tras os Montes, Gerez), die helleren von Braga und Cintra. Auf Mantel und. Rücken Stammbinde, nach innen überall heller gesäumt, nach aussen bei den hel- leren Formen scharf, bei den dunkleren mehr nach aussen abklingend oder auf die Runzeln sich fortsetzend. Morelet hat wohl die dunkle Form vor- gehabt und dabei die Bindenzeichnung übersehen; möglich auch, dass die Dunkelung weiter in der gebirgigen Provinz noch stärker wird und die Binden kaum noch erkennen lässt. Junge fand ich nicht selbst, wie denn die Schnecke überhaupt nirgends auch nur in einiger Diehte auftrat. Unter denen von Oporto aber, die Herr Newton im Winter sammelte, war ein junges von 0,25 cm Länge im Alkohol, von der Färbung, Zeichnung und Runzelung der alten, am Ende ungekielt. Die Zwitterdrüse (Taf. 6. Fig. 5) dunkel, sonst die Genitalien hell. In den Endwegen schliessen sie sich unmittelbar an minimus an, höchstens wird der Oviduet ein klein wenig länger. Das Schälchen noch in leidlichem Zusammenhange, zwar auch aus einer Anzahl einzelner Platten gebildet, aber diese scheinen noch sämmtlich an einander zu passen und durch eine Conchiolinunterlage verbunden zu sein, und wenn sich auch ein paar Stücke loslösen, so ist doch auf keinen Fall die Zerkrümelung der grösseren Arten eingetreten. Wenn es mir kaum zweifelhaft ist, dass der pascalianus sich ohne Weiteres an den als solchen in Portugal fehlenden minimus anreiht, so ist es auch möglich, von ihm aus durch einen geringen Schritt zu einer östlicheren Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.139) 339 Form zu gelangen, zum hortensis nämlich, deren Junge in der Jugend am Hinterende einen schwachen Kiel haben. Er würde sich dem Aeusseren nach unmittelbar an die dunkle Gebirgsform anschliessen — schwärzlich, mit nach aussen abklingender Stammbinde. Unter den deutschen Arten ist hortensis neben minimus die einzige, die ihren Sohlenschleim färbt (gelb bis rothorange), hauptsächlich auf den Seitenfeldern. In der Anatomie unterscheidet er sich vom pascalianus durch die noch stärkere Herausbildung des Oviduets in eine dünne obere und eine starke distale Strecke, durch den Retractor getrennt (die distale ein weiblicher Penis). In Deutschland suchte ich ihn vom BDour- guignati, mit dem er oft zusammengeworfen, zu scheiden und glaubte in 52° n. B. seine Nord-, im Oentrum des Reichs bereits seine Ostgrenze gefunden zu haben (LXI). In Italien ist er sicher (XXXIX), und zwar bis Calabrien hinunter, ebenso in Frankreich, wo er zuerst aufgestellt wurde. Neuerdings beschreibt Pollonera (LIV) einen Arion celticus von Brest, der nach der anatomi- schen Untersuchung mir überlassener Exemplare der reine hortensis ist (Taf. 6. Fig. 7). Der letzte Beweis völliger Uebereinstimmung muss von der Kenntniss der jüngsten erwartet werden. Sei dem wie ihm wolle, im portugiesischen pascalianus scheint ein Mittelglied zwischen dem minimus und dem hortensis gegeben. 3. Arion lusitanicus Mabille (XLI). Arion rufus Morelet und Drouet. Azoren (XLII und XV). — Arion subfuscus Morelet und Drouet. Azoren (XLIII und XV). — Arion rufus Morelet. Portugal (XLIV) = Arion lusitanieus Mabille (XLI). Dazu Arion ater Morelet (XLIV). — Arion ater Mabille (XLI). — Arion da-Silvae Pollonera (LIV). — Arion empiricorum (XLVIII und IL). — Arion empiricorum Hidalgo (XXXIV). — Arion ater Wollaston (LXXVD. — Arion fuligineus Morelet? (XLIV). — Arion empiricorum L. von Hayden? (XXIX). — Im Anschluss dazu Arion hispanieus Simroth (LXVII). Taf. 4. Fig. 1—13. Tat. 5. Fig. 5. Taf. 6. Fig. 1, 2 und Taf. 8 Karte I. Der Arion lusitanicus von Portugal, der in viel weiterem Sinne zu nehmen ist, als Mabille allein nach dem Aeusseren der rothen Varietät er- kannte, ist nach dem Integument wohl die wechselvollste Art der Gattung, selbst den empiricorum nicht ausgenommen, höchstens alpine Formen fehlen. Dafür varirt die erwachsene Schnecke um so mehr in der Grösse. Ich beobachtete die jüngsten bei Cintra und beschreibe zunächst den Formenkreis von dort. Ich fand nur die rothe Varietät, von der Laubwaldregion an bis 43% 340 Dr. Heinrich Simroth. (p. 140) hinauf zur oberen Grenze des Nadelholzes in den nackten Granitblöcken. Sie sammelten sich gern in den frühesten Morgenstunden an Weissbrotresten auf dem Wege. Die ersten Stadien nach dem Ausschlüpfen mochten -mir fehlen. Die jüngsten (Taf. 4. Fig 1) hatten eine mässig graue Stammbinde auf Mantel und Rücken, beiderseits scharf begrenzt, beiderseits von einem hellen Streifen gesäumt. Das Mittelfeld hellgrau. Die Seiten zwischen äusserem Streifen und Sohlenleiste weiss (die Runzeln in der Figur möglichst genau). Die Sohlenleiste lebhaft orange, noch ohne die dunklen Radiärstreifen. Der Kopf mit den Fühlern grau wie die Binden, die Sohle hell. — Die nächste Stufe (Fig. 2) hat die Binde und das Mittelfeld gedunkelt. Im äusseren Streifen ein bläulicher Ton. Das Schneckehen kann jetzt, ohne Anatomie, leicht mit dem erwachsenen pascalianus verwechselt werden. Eine deutliche Differenz liegt in der Sohle (Fig. 2%), sie ist ohne den gelben Schleim, nur am Rande scheint das Orange der Sohlenleiste durch, die Seitenfelder weniger compact, das locomotorische deutlicher. — Auf halbwüchsiger Stufe (Fig. 3) ist ausser einer kräftigeren Dunkelung mit deutlicher Binde und noch ebenso deutlichem inneren Streifen eine hochgelbe Schleimabsonderung auf dem hicken ein- getreten. Die Schnecke zeigt sich gern schlank und gleicht auf dieser Stufe Morelet's Limax anguiformis von Monchique (XLIV, Pl. II, Fig. 1), der indess anders zu deuten (s. w.). — Die erwachsenen sind lebhaft roth, orange oder selbst etwas purpurn übergossen, die Leiste mit schwarzen Strichen; entweder einfarbig, nach unten etwas lichter, oder meistens so, dass zwar die Binde nach aussen sich verwischt, der innere hellere Streif, wenn auch schwach, bald auf Mantel und Rücken, bald nur auf letzterem sich erhält. Die Sohle hell, höchstens seitlich zart grau angehaucht. Durchschnittliche Länge im Alkohol 4,2 bis 4,3 em, Durehsehnittsgewicht 5,2 gr. Ein Thier erreicht 5,5 cm und 9 gr. Im Alkohol verliert sich der Schleim mehr weniger, die Schnecken sind zart hell- oder mittelgrau mit entsprechender Zeichnung. Wie man sieht, könnten die Jungen für die von unserem A. subfuscus sehalten werden, während die ganz ausgefärbten rothen von einem kleineren Arion empiricorum var. rufus höchstens durch die etwas kürzeren Rücken- runzeln sich unterscheiden lassen. Nächstdem untersuchte ich am genauesten im Norden, zunächst in O porto. Hier waren nur halbwiichsige und namentlich erwachsene, fast überall häufig Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 141) 341 bis herunter zu dem Ufer des Douro, auch weiter draussen nach dem Meeres- strande von Mattosinhos, soweit zwischen der Haide frischerer Graswuchs. Die alten sind hier im Durchschnitt grösser, 7 bis 8 gr, und schwarz. Dass die wenigen Exemplare in der Ebene nach dem Meere zu wiederum kleiner, mag vielleicht bei der geringen Anzahl auf Zufall beruhen; kein rothes Exemplar war zu finden, höchstens bräunlich übergossen. Auch die Sohlenleiste dunkel. Die Sohle seitlich gedunkelt, mit einigen schwarzen Querlinien, die man ge- wöhnlich als Charakteristieum des empiricorum betrachtet. — Die Jungen nur selten so rostig, wie auf Taf. 4, Fig. 4; meist oben mehr stumpf olivengrau, seit- lich schmutzig bläulichweiss, die Leiste nur schwach gelblich (Fig 5). Immer dabei die Stammbinde und ihr innerer Begleitstreifen scharf. Ueberträgt man die Färbung von 4, noch etwas dunkler kirschroth, auf eine kleine erwachsene Form ohne alle Abzeichen, dann hat man Morelet's Arion fuligineus (XLIV, Pl. II, Fig. 1), der in der Provinz Minho (entre Douro e Minho, Ponta da Lima) gefunden wurde. Ich glaube, er ist so zu deuten, zumal er trotz seiner nicht zu geringen Grösse nur in dem einen Hohlwege getroffen wurde: doch bestreite ich nicht, dass Morelet's Angabe „un petit nombre de eoner6tions aplaties dans la euirasse“ immerhin die Möglichkeit, es möchte eine neue, nahe- stehende Art sein, offen lässt. — Einen anderen Anknüpfungspunkt bieten etwa zweidrittelwüchsige Formen, die durchweg schmutzig olivengrün aussehen, nur noch mit einem gelblichen Streifen auf dem Rücken (Taf.4. Fig6). Lässt man den Streifen weg, dann hat man, glaube ich, die nördliche Varietät von Morelet's timidus (s. u. XLIV, Pl. II, Fig. 2, das contrahirte 'Thier). Morelet meint, die zusammengezogene Schnecke möchte man schwerlich für einen Organismus halten. In der 'T’hat, wenn man das 'T'hier anfasst, dann schwinden, wenn sie nur ein wenig abtrocknet, alle Runzeln völlig, und man hat einen un- törmlichen Klumpen. Die Eigenthümlichkeit, die er geltend macht, dass die Sohlenleiste der Länge nach von einer gelben Linie halbirt werde, beruht vielleicht auf einer Zufälligkeit. An meiner "Taf. 4. Fig. 6 ist das Verhältniss in der vorderen Hälfte zu sehen. Indem sich die Schnecke heftig zusammenzieht, berührt die Seitenwand die Innenhälfte der Leiste und schiebt den Schleim nach aussen. Aehnlich pflegt bei empiricorum der entleerte Koth den bunten Schleim von der Leiste unterhalb des Athemlochs und Afters zu entfernen. 342 Dr. Heinrich Simroth. (p. 142) In Braga waren kleinere T'hiere, fast erwachsene (Taf. 4. Fig. 7) noch mit schwarzer Stammbinde auf gleichmässig braun übergossenem dunklen Grunde. Die alten (Fig. S) ohne jedes Abzeichen grauschwarz mit zierlicher Runzelung, seitlich blau schimmernd, die Leiste allein kräftig roth. Es mag die Bemerkung eingefügt werden, dass an den Gräben zwischen den kleinen von Ulmen und Kastanien eingefassten Feldern (ein gutes Arionrevier) wieder- holt kaum halb verweste Leichen erwachsener aufgefunden wurden, die, ohne Verletzung, eines natürlichen T'odes gestorben waren. Sie scheinen anzudeuten, dass hier die alten im Herbst vielfach zu Grunde gehen; bei uns wenigstens findet man todte auch .an dicht bevölkerten Stellen nur selten. Auf halbem Wege nach Gerez wurden mehrere gleichkräftige halbwüchsige erbeutet (Fig. 10) mit guter Stammbinde, der Rücken dunkel, die Seiten weisslich grau, die Sohle (Fig. 10%) hell. In der frischeren Serra von Las Caldas do Gerez, wo die klimatischen Gegensätze auf einander platzen, gedieh unser Arion zu riesiger Grösse (Fig. 11 und 112), bekam starke gekielte Runzeln, nur wenig kürzer als bei grössten empiricorum, und war rein schwarz auch auf der Leiste, nur die Sohle etwas heller; jüngere Exemplare in lebhafter Zeichnung, wie in Taf. 3. Fig. 3, 4 und 5, zum Theil ausserordentlich subfuscus-ähnlich, durch den bräunlichen "Ton. Aehnlich grosse T'hiere (9 cm im Alkohol und 18,5 gr) fand ich eine Woche darauf nur noch bei Coimbra, wo sie sich in einem Korkeichenhain an Pilzen mästeten. Alle von dort waren schwarz.') Dasselbe gilt von den Thieren von Monchique, die es indess nicht über 6,5 em und 11 gr brachten. Ebenso gross doch bräunlich durch bunten Schleim, waren die von Alvega, jenem kleinen Dorfe in der Nähe von Abrantes. Kleine Formen, höchstens wie die von Braga (Taf. 4. Fig.S) kommen bei Lissabon vor (nach Furtado’s Mittheilung), die von Mafra werden zum T'heil etwas grösser (Lissaboner Museum). Besonders interessirt noch ein T'hier, das ich bei Sr. Paulino d’Oli- veira in Coimbra sah. Die Form taucht bei den Mondegoüberschwemmungen !) Anmerkung. Diese Form hat Pollonera (b) inzwischen als besondere Art, 4. Nobrei, beschrieben. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 143) 343 auf und entstammt folglich der Serra Estrella. Seitlich schwarz (Taf. 4. Fig. 9), oben rehbraun, erinnert sie allein an subfuscus aus den höheren Alpen. ‚Jüngere von der Mondegomündung aus derselben Sammlung waren ohne das seitliche Schwarz, ganz wie gewöhnliche subfuscus. Noch sei erwähnt, dass der A. lusitanicus in Portugal, wenigstens in Algarve, denselben Ruf der Heilkräftigkeit zu geniessen scheint, wie bei uns noch vereinzelt der empiricorum. Mein Burriqueiro deutete sofort, als ich nach grossen schwarzen Nacktschnecken (lisma) fragte, auf den Gebrauch zum Einreiben kranker Beine hin. Inseln. Dieselbe Schnecke findet sich auf den Azoren und Madeira, dem südlichsten Punkte der Arion-Verbreitung. Auf S. Miguel machte es viele Mühe, sie aufzutreiben, ganz im Gegensatze zu den Angaben der französischen Forscher, wonach der rufus und subfuseus auf allen Inseln gemein sein sollen. Ich würde geneigt sein, die diesjährige Seltenheit auf einen ungünstigen Sommer zu schieben, wenn nicht Furtado mir meine Wahrnehmungen nachträglich vollauf bestätigt hätte. Sr. Chaves und ich erbeuteten sie nur in dem trie- fenden Kraterthale von Sete Cidades, und auch da nur an den feuchtesten Stellen sehr vereinzelt, so ein paar da, wo ein kleiner Bach steil in die kleinere Lagoa herabfällt, wo aus diehten Selaginellen Ignams herauswuchern und der lockere Tuff unter den Selagimellen von einem Lebermoosteppich überzogen ist, während Baumwuchs die Stelle beschattet. Nachher fand ich einige auf den Sphagnum-reichen Kraterrand der Caldeira von Fayal bei ganz nassem Wetter. Die 'Thiere (Taf. 4. Fig. 12 halbwüchsig, 13 erwachsen) zeigen eine geringe Dunkelung mit verwaschener Binde, aber hellem inneren Streifen. Furtado verdanke ich ein ebenso kleines, mehr einfarbig graues erwachsenes Exemplar. — Der Arion von Madeira wird gewöhnlich für den empöricorum gehalten. In der "That kommen von dieser Schnecke solche Färbungen und Zeichnungen, wie Fig. 13, vor. Das Stück im Berliner Museum, das noch nicht geschlechts- reif, sprach ich früher selbst für den empiricorum an; jetzt ist mir es zweifel- los, dass es ein /usitamicus ist. Werthvoll aber ist Wollaston’s Angabe, dass die Schnecke auf der Insel ziemlich selten und nur auf die grösseren Höhen be- schränkt sein soll, in voller Uebereinstimmung mit dem Auftreten auf den Azoren. Anatomie. Die Schale in einen Kalkdetritus zerfallen. — Da alles Uebrige bis ins Einzelne dem Arionschema entspricht, genügt es, die Genital- 344 Dr. Heinrich Simroth. (p. 144) endwege zu betrachten (Taf. 6. Fig. 1). Unten ein drüsiges Atrium. In dessen obere Verlängerung mündet von der einen Seite der mässige Stiel des kugeligen Iteceptaculums, der wiederum am unteren Ende eine sehr lange Patronenstrecke aufnimmt. Sie schwillt unten ein wenig glansähnlich an. Der Oviduet ist ziemlich lang und zerfällt in einen kurzen dinneren oberen und weiten unteren Theil, in welchem nicht nur Wandfalten, sondern eine richtige Ligula, eine freie, in mittlerer Längsspalte geöffnete Zunge sitzt: oberhalb derselben fasst der kräftige Genitalretractor an, dessen anderes Biindel zum oberen Theile des Blasenstieles geht. Das distale Ende der Patronen- strecke und des Oviduets sind gelegentlich schwärzlich angelaufen. Die Ligula hat die Schnecke vom A. empiricorum, deren Sitz im Oviduet und die Oviduet- form vom subfuseus, die lange Patronenstrecke für sich allein. Copula beobachtete ich häufiger, zumal bei Oporto. Ich darf ver- sichern, dass die Patronenstrecke nicht als Penis ausgestülpt wird, was hier besonders auffallen müsste. Die Förussac’sche Figur aus der Copula ge- trennter 'T'hiere ist, so blendend sie aussieht, nicht zu halten (XVII). Der äussere Anblick (Taf. 5. Fig. 5) ist derselbe, wie bei empiricorum, d. h. es werden die Oviduete mit den Ligulae ausgestülpt und an einander gelegt, an der Basis erscheint der gelbe Ring der Atriumdrüsen; nur der allerunterste Theil der Patronenstrecke kommt (was man an getrennten T’hieren sieht) als Glans zum Vorschein. Die Spermatophoren werden gleichzeitig gewechselt. Sie sind, der Patronenstrecke entsprechend, sehr lang, ein mehrfaches derer von A. empiricorum. In ganzer Länge, nur die beiden letzten Enden frei lassend, trägt die Hülse (Taf. 6. Fig. 2) den charakteristischen Conchiolinkamm, an dem Ende, das zuerst eingeführt wird, mit vereinzelten, dann mit dichten Zähnen. Ich muss hier eine Correetur einer früheren Ansicht beibringen. Ich olaubte, die Patrone würde so eingeführt, dass die Zähne, einfacher Vorstellung gemäss, nach hinten gerichtet wären, um dann im Receptaculum bei der Sprengung der Hülse durch das etwas explodirende Sperma als Sperrvorrichtung gegen das Herausschleudern zu dienen. In der That sitzen die entsprechenden zerfaserten Conchiolinbasen der Patrone von Amalia carinata nur am zuletzt eingeführten Ende. Hier indess war es umgekehrt. Ein Thier, aus der Copula, hatte die Spermatophore des Partners halb ins Receptaculum aufgenommen, bei der Störung und dem Einziehen der Genitalien war das andere Ende in Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 145) 345 den Oviduet gerathen. Ueber die Richtung der Patrone konnte danach kein Zweifel sein. Hier waren die Zähne nach vorn gerichtet, gegen den Strich. Der Zweck, als Sperrvorriehtung zu dienen, mag noch bestehen, da die Lage der eingeschobenen Patrone eine andere wird; auffallend bleibt es immer, dass die Einführung unter besonders erschwerenden Umständen erfolgt. Die Anatomie macht es nunmehr im Zusammenhange mit der äusseren Beschreibung sicher, dass der neuerdings von Pollonera beschriebene Arion da-Silvae (LIV) ein kleiner schwarzer lusitanicus ist; auch die von mir als hispanicus beschriebene Art (LXVII) ist als Varietät oder eigene Species hier anzureihen. Die Schnecken waren von Herrn Prof. Ehlers mitgebracht. Das kleine Exemplar von 2,9 em, dessen Genitalien ich zeichnete, stammte von der Serra Estrella und war schwärzer als irgend eine der sonstigen portugie- sischen Formen; denn auch die Sohle war ganz schwarz. Fbenso sind die (renitalenden, namentlich der Oviduct und das drüsenlose oder driüsenarme Atrium stark geschwärzt, sowie das untere conisch erweiterte Ende der langen Patronenstrecke. Das Receptaculum weicht insofern ab, als am weiten Stiel der Retractor unten anfasst. Deutliche Unterschiede sind vorhanden, und genaue Kenntniss des Formenkreises wird künftig zu entscheiden haben, wie weit sich eine solche Art nach dem regenärmeren Inneren zu abtrennt. — Der an gleicher Stelle (LXVII) beschriebene subfuscus-ähnliche grössere, noch nicht geschlechtsreife Arion von der Serra Estrella gehört zum lusitanicus. Endlich stehen die anderen spanischen Vorkommnisse, olivengraugrüne 'T'hiere vom öscurial oder Banos de Ledesma vom /usitanicus in anderer Richtung, nach dem Bourguignati zu, etwa ebenso weit ab, als der hispanicus. — Aus allen diesen Resultaten ergiebt sich etwa folgende Uebersicht. Der 4A. lusitanicus ist eine sehr wechselvolle Art, die anatomisch zwischen empiricorum und subfuscus die Mitte hält, die lange Spermatophore aber als Eigenheit voraus hat. Die Jungen gleichen Anfangs mehr denen von subfuscus (etwas weniger braun), halbwüchsige manchmal vollkommen. Doch sind auch Thiere dieses Alters oft dem gleichen Stadium des empiricorum ähnlich, indem sie die Binde verwischen, aber den Streifen erkennen lassen. Mehr an den subfuscus erinnert die lange Erhaltung der Mantelzeichnung. Die alten eilen schnell der Färbung des empiricorum zu, bald in Roth, bald in Schwarz. Die bei uns gemeine braune Färbung gehört zu den Seltenheiten. Die schwarzen Nova Acta LVI. Nr. 2. 44 346 Dr. Heinrich Simroth. (p. 146) aber sparen niemals gleich deutlich ein weisses locomotorisches Mittelfeld in der Sohle aus, wie unsere Art. Die rothen erreichen nie die Grösse der schwarzen. Die schwarzen aber sind sehr wechselnd; grauschwarze bleiben gern klein an der Küste und auf trockener Hügellage (?), sie werden enorm, auch mit Verlust jedes rothen Tones auf der Leiste ganz dunkel, namentlich in den feuchten Nordgebirgen, nächstdem an schattigen Abhängen von Coimbra und in der südlichen Serra von Monchique. Die Runzeln bleiben bei den kleinen Racen ziemlich dicht und fein, bei den grössten werden sie enorm, stark gekielt und auf dem hücken nieht viel kürzer, als beim emprricorum. Die Verbreitung geht iiber ganz Portugal, soweit Feuchtigkeit, Baum- und Graswuchs sich vereinigen. Den Steppen des Alemtejo fehlt sie, ebenso Alearve mit Anschluss der höheren Serren. Die rothen sind merkwürdig be- schränkt, nämlich nur auf die Umgegend von Cintra. Denn wenn auch Morelet vier Varietäten eines rufis von den verschiedensten Punkten verzeichnet, die rothen ohne Binde, d.h. die erwachsenen (« und ,) traf auch er nur in Uintra. Besondere kleinere, auch anatomisch abweichende Varietäten scheinen sich nach dem castilianischem Hochlande zu auszubilden. Eine kleine Race von geringer Energie der Ausfärbung bewohnt die Azoren, auf Madeira wird sie möglicher Weise etwas grösser. Die Abhängigkeit der Entwickelung von den ‚Jahreszeiten scheint zu schwanken. Bei Monchique und Coimbra waren Ende Oetober nur alte, die häufige Copula in Oporto deutete auf die vorwiegende Herbstbrunst. In der trockneren Umgebung aber von Lissabon waren zur gleichen Zeit noch gar keine zu finden, sie lebten wohl noch äusserst zurückgezogen. So dürfte die Fortpflanzungszeit vom Kintritt der Herbstregen abhängen, wobei sie sich in feuchten Gegenden verfrüht. Nach der Fortpflanzung scheinen die "Thiere abzusterben. 4. Arion empiricorum Ferussac. Arion suleatus Morelet et autt. (umfasst einen Theil der Vorkommnisse). — Arion empüricorum L. v. Heyden? — Arion rufus, var. pallescens \so war die zweite Varietät im Lissaboner Museum venannt (Ss. U.). Taf. 5. Fig. 1. und Taf. 8. Karte I Der grosse Arion hat in Portugal eine eigenthimliche Entwickelung; er ist. wo er vorkommt, gross und mit starken, in der Ruhe gekielten, auf Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 147) 344 dem Rücken lang verschmolzenen Runzeln: aber durchweg mangelt das Roth. Selbst die rothen Leisten, die Morelet bei seinem sulcataus malt (XLIV, Pl. geht iiber das, was ich sah, bereits hinaus. Ich kenne ihn von Coimbra und Praga d’Espinho, von Oporto und Gerez, wie denn Morelet berichtet, dass er ihn im Norden, besonders bei Oporto häufig fand. Ich suchte ihn dort unter den vielen /usitamicus vergebens, verdanke jedoch ein Exemplar vom 1. September 1585 der Lissaboner Sammlung. Ueberall war er viel seltener als der vorige. Das ‘hier ist schwarz und durch mässig rothen Schleim dunkelbraun, die Leiste nicht grell roth, sondern der allgemeine schwache Ton. Dies ist der A. solcatus Morelet's, also der A. empiricorum var. sulcatus Morelet nach meiner Auffassung. Dazu zweitens eine sehr schöne Form, auf die mich Herr Barboza du Bocage zuerst im Lissaboner Museum hinwies: sie war dort als A. vufus var. pallescens bezeichnet; doch kann der Name nicht gehalten werden wegen «der Besonderheiten. Ich nenne sie var. ‚bocagei. Taf. 5. Fie.-1% und 1b. Sie ist auf dem Rücken weisslich, nach unten dunkelt sie schwärzlich braun, die Sohle ist ziemlich dunkel mit guter Farbentrennung des locomotorischen Feldes. Das abgebildete Exemplar fand ich selbst. Bei grösseren T'hieren, die im Sommer gesammelt waren, ist der Rücken noch heller und bis weit hinab hell, die Sohle noch dunkler. Die schöne Varietät findet sich neben der anderen bisher nur in Gerez, vermuthlich auch in den spanischen Nord- gebirgen. Das abgebildete Thier ist noch ziemlich klein, denn die Dimensionen sind an den Alkoholexemplaren wahrhaft riesig, nämlich sulcatus Gerez re BOCdGeUNHERER El an 52 20 sulcatus Praya d’Espinho 65 „ 15 „ Unsere grösste schwarze Varietät erreicht im Erzgebirge, wo sehr stattliche Exemplare vorkommen, 12, höchstens wohl 15 er. Wie ist der Bocagei aufzufassen ? Als ein hell gewordener »wfars, wie unser albus mit weisser Sohle? Sicherlich nicht. Die Färbung ist umgekehrt. 44" 548 Dr. Heinrich Simroth. (p. 148) Im albus hat sich ein rothes '[hier von unten her aufgehellt, im Docagei ein schwarzes von oben. In Gerez traf ich ganz junge (Taf. 5. Fig. 1). Sie sind lebhafter roth, der Kopf mehr lila, als bei unseren mehr blassen semmel- gelben. Leider kenne ich nur die Jüngsten und die Erwachsenen, ohne Zwischenstufen. Immerhin kann man folgern: während unter den mittel- europäischen (von den Alpen bis Norwegen) sich aus den gelblichen Jungen im Norden und auf dem Gebirge mehr die schwarzen, in warmen Ebenen und im Siiden mehr die rothe kleinere Form entwickelt, so lehnt sich der grosse portugiesische nicht an die schwarze, sondern an die rothe südliche Form an, wie sein Jugendkleid erweist (oder vielleicht umgekehrt, wenn man die portugiesische Form für die ursprüngliche nimmt, der rothe lehnt sich an den schwarzen portugiesischen), er hat aber in Portugal seine Entwiekelungs- intensität gesteigert und nicht nur grössere Formen, sondern auch besondere Farben erzeugt; und es scheint mir, dass ein dunkelbrauner portugiesischer sulcatus nicht mit einem ebensolchen nordeuropäischen zusammenzuwerfen ist. Wenn auch nur geringe anatomische Differenzen aufzufinden gewesen wären, ich würde nicht anstehen, den sulcatus als besondere Art zu betrachten. Aber die Genitalien sind ebenso gebildet und die Schale in denselben weissen Kalk- brei zerfallen, welcher sich rings in den Winkeln der Schalentasche zusammen- hangslos anhäuft. Die Seltenheit des "T'hieres Ende October, ja die Abwesenheit bei Oporto, wo es sonst sehr gemein, der Mangel der halbwüchsigen, das Vor- kommen der allerjüngsten scheint auf einjährige Lebensdauer hinzudeuten. Die Jungen schlüpfen im Herbste aus, und die Alten sterben nach der Eiablage. 5. Arion timidus Morelet. Bandonia timida Mabille. — Bandonia montana Mabille. Taf. 5. Fie. 4. Taf. 6. Fig. 3, 32 und Taf. S. Karte I. Im Nachtrag giebt Morelet an (XLV), dass eine Varietät von Abrantes mehr schwarzbraun, die andere aus dem Norden von Beira grünlich- braun sei; in der ersten Beschreibung ist von einem disteren Braun (brun sombre) die Rede. Ich erwähne das, weil die Figur des grossen gestreckten Thieres (XLIV, Pl. II. Fig. 2) doch ziemlich wenig mit den angegebenen Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 149) 349 Farben harmonirt. Es hat wohl zu viel seitlichen Glanz, der die Farbe ver- deckt. Betreffs der nördlichen grünlichen Varietät wies ich oben darauf hin, dass es sich vielleicht um eine grosse Jugendform des /usitanicus gehandelt habe. So blieb mir nur übrig, nach Abrantes zu fahren und dort zu suchen, denn von dort, von den Ufern des Tejo, stammt ja die Schneeke. Die Auf- gabe schien von besonderer Wichtigkeit, weil Morelet seinem fümidus ein höchst eigenartiges 'T’entakelspiel zuschreibt. Die Ommatophoren sollen sich in der Weise zurückziehen, dass immer das Auge sichtbar bleibt, ganz im (regensatz zu den übrigen Landpulmonaten, bei denen es zuerst verschwindet. Die Sonderbarkeit liess ein neues merkwürdiges Genus vermuthen. Das bestätigte sich indessen nicht. "Trotz der Oelberge um die Stadt machte die Gegend einen steppenartigen Eindruck, vielleicht dieses Jahr nach dem trockenen Sommer besonders. Das halbe Bett des Stromes bestand aus Sandbänken. Ausser den gegen die Feuchtigkeitsunterschiede unempfindlichen Amalien trieb ich nur zwei kleine Arionen auf, von denen der grössere in Taf. 5. Fig. 4 in doppelter Grösse dargestellt ist. Der andere halb so gross, noch viel schwärzlicher. Das grössere Stück fing ich an der trockenen Landstrasse. Ausser der düsteren Farbe fiel der zähe, trockene, blasse Schleim auf (auch die Leiste ohne gelb), und die träge Langsamkeit. Ich glaubte es mit einer düsteren Steppenkümmerform zu thun zu haben. Die Anatomie ergab ein anderes Resultat. Die Genitalien des grösseren 'T'hieres waren voll entwickelt (Taf. 6. Fig. 3). Zwitterdrüse schwarz. Der Eileiterantheil des Ovispermatoduets graublau, während er bei allen anderen portugiesischen Arionen ungefärbt bleibt. Der Oviduet mit denselben beiden Abschnitten wie beim /usitanicus, aber die Patronenstrecke ganz ausserordentlich kurz, das Receptaculum kugelig und ziemlich langgestielt. Das Atrium mit den gelben Drüsen. — Das kleinere Exemplar zwar nicht ganz so entwickelt, aber mit denselben Proportionen. — Die Genitalöffnung ein wenig nach vorn gerückt, aber immer noch ein Stückchen hinter der Mitte zwischen dem Athemloch und den rechten Fühlern. (senaues Zusehen liess auch die dunklere Längslinie auf der Sohlen- leiste auffinden (Taf. 5. Fig. 4), kurz es lag eine besondere Art, der timidus, vor. 350 Dr. Heinrich Simroth. (p. 150) Am Ommatophorenspie] habe ich niehts Besonderes bemerkt. die Section zeigt ganz die gewohnten Verhältnisse zwischen Haut, Auge und Retractor. Letzterer (Taf. 6. Fig. 3°) ist gedrungen und giebt ein Bündel zum kleinen Fühler und ein zweites zur Lippe ab. Ich möchte mir Morelet's Beobachtung so erklären, dass er eine Verkürzung des Ommato- phoren durch die Hautmuskulatur, wie ich sie bei leiser Berührung am lusitanicus u. A. oft sah, bereits für Retraction durch den inneren Muskel hielt, wenigstens bemerkt er nicht, dass an anderer Stelle unterhalb der Spitze eine Furche entstand, die doch bei Retraction auftreten musste. Da ich an keiner anderen Localität einen gleichen Arion fand, glaube ich allerdings, dass wir es im föridus mit einer Art zu thum haben, die sich der Trockniss der Steppen angepasst hat. Sie hat die Hautabsonderung eingeschränkt, ist mit dem Mangel an innerer Feuchtigkeit träge geworden, wie etwa unsere Am. marginata gegenüber der gagates, und erlangt schon im jugendlichen Zustande die Geschlechtsreife. Auffällig genug ist es, dass auch unter den Ackerschnecken in der Nähe von Abrantes eine besondere Steppen- form gefunden wurde, der mötidus. Soweit reicht meine Untersuchung an von mir selbst gesammeltem Materiale. Im Frühjahre sandte mir Sr. Oliveira eine Anzahl Arionen von Guarda, also vom Fundort der var. montana Morelets. Unter ihnen waren nach der Anatomie unzweifelhaft drei Exemplare der vorliegenden Art, zwei von 2,5 cm erwachsen, das dritte 1,3 cm. Die beiden ersten einfach schwarz und fein gerunzelt, unten hell, der kleinere schmutzig schwarzbraun, mit einem letzten Schimmer von Binde, meinen Exemplaren von Abrantes ent- sprechend. Bei keinem war die Längstheilung der Sohlenleiste zu bemerken. Wenn es auch feststeht, dass hier eine dunkle Gebirgstorm vorliegt, die mit dem kleineren dunklen /usitanicus äusserlich völlig übereinstimmen, so bleibt es immerhin sehr fraglich, ob sie auf die grosse schmutzig grüne Varietät Morelet's bezogen werden darf. Im Ganzen kommt es wohl auf die Synonymie weniger an, als auf die Abgrenzung des Artumfanges überhaupt. Unwahrscheinlich ist mir es, dass die T’hiere solche Körpergrösse erreichen sollen, wie Morelet abbildet (sollte: er nicht beim Malen vergrössert und die Angabe vergessen haben?) „Jedenfalls sind seine Skizzen geschmackvoll. insofern als sie nicht die typische Körperhaltung wiederholen, sondern etwas Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 151) 351 abweichende Haltung darstellen, wie man sie wohl ebenso gut auch bei längerer Beobachtung an anderen Arion-Arten wahrnimmt. Freilich hätte das nicht für Mabille Anlass werden sollen, die neue Gattung Dandonia aufzustellen. Ob die fragliche Bestimmung einer Nacktschnecke von der Südseite der Sierra Nevada, welche L. von Heyden fand, als A. tümidus (XXIX) stichhaltig ist, muss in Zweifel gelassen werden, wiewohl sie viel Wahrschein- lichkeit für sich hat. Gattung Geomalacus. Der Blasenstiel wird zum Penis. Genitalöffnung weit vorn. Dicke Kalkschale. 1. Geomalacus maculosus Allman (II). Letourneu.via lusitana da Silva e Castro (LX). Taf. 5. Fig. 6, Taf. 7. Fig. 1, 3, 4 und Taf. S. Karte I. Die interessante Schnecke wurde 1346 in der Grafschaft Kerry in Siidwestisland entdeckt (ID) und 1865 in einem Exemplar in Asturien auf- gefunden (XXIX). Ich war so glücklich, über vierzig junge Exemplare in Las Caldas de Gerez zu erbeuten, bin aber gleichwohl nicht der erste, der sie mit Sicherheit auf portugiesischem Boden constatirte. J. da Silva e Castro hat 1573 ein erwachsenes Individuum auf dem Berge Sylvestre, bei Vianno de Castello, gleichfalls im Minho, gefunden und als Letowrneuxia lusitana beschrieben. Dass er unsere Art vorgehabt, unterliegt keinem Zweifel. Die Beschreibung passt völlig auf die typische Heynemann's (XXXIH) und dessen allerliebste Figur. Das [hier war gelb und schwarz. Die Genitalien bezeugen es bis in das Einzelnste, denn sie sind so charakteristisch (LXV]), dass jede Verwechselung ausgeschlossen. Er wandte andere Bezeichnungen an, als ich, fourreau de la verge für Patronenstrecke, bourse copulatrice für Receptaculum ete., aber die Verhältnisse sind genau dieselben, Patronenstrecke und Blasenstiel münden in einen längeren Kanal intermediaire, den ich als distale Verlängerung des Blasenstiels (oder als proximale des Atriumtheiles, an dem der Blasenstiel sitzt) und als Penis deute etc. Dass der portu- giesische Autor keine Schleimdrüse am Schwanzende fand, beruht auf einem Irrthum, ‘der auch Anderen passirt ist: sie fällt weniger in die Augen als bei Arion. 332 Dr. Heinrich Simroth. (p. 152) Ich fand die T'hiere an einer Granjitmauer, die eine 'l’errasse stützte, also sich an den Felsen anlehnte. Die kleinen Schnecken von 1 bis 1,5 em Länge im Leben krochen träg in den ersten Morgenstunden auf den spärlich mit Flechten bewachsenen Steinen umher, um bei steigender Sonne in den Ritzen zu verschwinden. Sie hatten ganz die wurmförmige, hinten und vorn nicht verschmälerte Gestalt, die für die irische Form angegeben wird. Dabei tlach, um zwischen den engsten Spalten durchkriechen zu können, auf welche Fähigkeit bereits Allman hinweist. Der Kopf resp. die Augenträger wurden nur wenig unter dem Mantel vorgestreckt, daher das Fressen kaum zu beobachten war. Niemals sah ich den Kopf erhoben. Gleichwohl liess sich aus fehlenden Stellen und dergleichen constatiren, dass die Schneckchen die Flechten abweideten. Heynemann, dem sie bei Möhren, Salat, Gurken u. A. gediehen, vermuthet im Freien Pilze als Nahrung und kommt somit der Wahrheit ganz nahe. Die Thiere gehörten der Var. Verkräzeni Heynemann an, d. h. sie waren hell olivengraugrün, mit feinen weissgelben Flecken. Die Haut glatt, init schwachen Runzeln, die Heynemann trefflich schildert. Die Flecken fand ieh weniger in vier Reihen geordnet, als es bei den irischen zu sehen war. Der Mantel war charakteristisch (Taf. 5. Fig. 6). Aussen eine feine dunklere Binde. In der Mitte hinten ein dunkler Längsfleck, der nach vorn in zwei verwaschene Binden sich gabelte, die von dem äusseren durch einen hellen Streifen geschieden waren und einen hellgrauen Mittelfleck einschlossen. Die inneren Binden, um für die unbestimmte Längsdunkelung den Ausdruck zu gebrauchen, Jösten sich nach vorn in feine dunkle, nach vorn verwaschene Flecken auf, doch so, dass das Gebiet der rechten Binde sich beträchtlich weiter nach der Mitte zu ausdehnte, als das der linken. Die Zeichnung wird asymmetrisch wie bei den Vitrinen. Ich vermuthe hierin einen Schlüssel für irgend welche Anknüpfung und würde auf die Vitrinen zurück- greifen, wenn nicht die Anatomie gar so eigenartig wäre. Die ganze Mantel- zeichnung ist etwas verwaschen. Die Sohlenleiste hebt sich sehr wenig ab. Die Sohle mit hellen Seiten ‚und dem transparenten locomotorischen Mittelfeld, die locomotorischen Wellen wenig zahlreich, von der dichten Farbe der Seiten- felder. Der Schleim hellgelb. Auf dem Hinterende häufig (aus der Schwanz- drise) ein kugelrunder Pfropf durchsichtig gelblichen Schleimes. Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 153) 353 Noch sei einer eigenthümlichen Körperhaltung gedacht. Wenn man die wurmförmigen 'T’hierchen aufnimmt (Taf. 7. Fig. 1), klappen sie sich zu- sammen, d. h. sie legen die Vorderhälfte der Sohle gegen die hintere, oder sie ringeln sich ein. Die merkwürdigen anatomischen Verhältnisse der Genitalien, des Re- tractors ete. habe ich früher beschrieben. Einen Irrthum muss ich berichtigen. Ich vermuthete, dass der Nierenporus vom Athemloch entfernt weiter zurückliege. Die Form eines hellen Fleckens hatte mich verführt. Auch jetzt kann ich an den kleinen Wesen die complieirten Nierenverhältnisse nicht völlig entwirren, erblicke aber, soviel ich sehen kann, völlige Uebereinstimmung mit Arion. Die Radula hat Heynemann an anderer Stelle geschildert (XXXI). Das Schälchen wird als ein fester Stein angegeben, länglich oval, oben und unten gleichmässig weiss verdickt. Die Copula wurde wohl noch nie beobachtet. Ueber die bisher un- bekannte Fortpflanzung klärt uns da Silva e Castro auf (LX). Sein 5,5 em langes T'hier legte einundzwanzig Eier, oval, an einer Seite geknöpft (pointus), durchsichtig, glänzend, 5 bis 7 mm lang und 3 mm breit. Die T'hatsache, dass meine jugendlichen T'hiere alle von annähernd gleicher Grösse waren, weist auf eine bestimmte Brunstzeit hin. Heynemann eitirt (LIV): „es sollen Winterthiere sein“. Damit stimmt freilich nicht ihre Entdeckung in Irland, wo im Herbst 1542 die erwachsenen gefunden wurden (IV). Meine Erfahrungen an der zweiten Art (s. u.) passen auch nur halb. Freilich sind in Portugal die Nacktschnecken alle mit Vorliebe Winterthiere, allerdings meist die jüngeren Formen. Der Verbreitung der Art ist noch zuzufügen, dass auch unter den von Herrn Newton bei Oporto gesammelten und mir gesandten Schnecken ein öxemplar sich befindet, daher sie in ganz Nordportugal auf geeignetem Boden sich finden wird. Meine jungen 'T’hiere erlauben mir einige nicht unwichtige Schlüsse über die postembryonale Entwickelung. Die im Verhältniss zum 'Thiere beträchliche Grösse der Eier lässt vermuthen, dass die Schneckchen ziemlich gross ausschlüpfen, zumal da anzunehmen ist, dass sie im Ei jene zusammen- gekrimmte Lage einhalten, in der ich einen Embryonalcharakter erblicke. Dem- Nova Acta LVI. Nr. 2. 45 354 Dr. Heinrich Simroth. (p. 154) gemäss vermuthe ich, dass das kleinste von 0,75 em im Alkohol noch nicht lange ausgekrochen war. Die Art und Weise, wie es sich im Alkohol contra- hirte (Taf. 7. Fig. 1%), deutet auf eine längere Erhaltung der Nacken- blase. Die Eingeweide haben sich unter der Einwirkung der Hautmuskulatur nach dieser lockersten Stelle des Integumentes gedrängt, sie sieht noch weiss aus. Dieses Thierchen hat eine etwas verschiedene Färbung, auf dem Rücken schwärzlicher, unten die Seiten über der Sohlenleiste noch etwas weiter hinauf weissgelb. Im schwarzen Feld macht sich auf Mantel und Rücken durch grössere helle Flecken nur ein Streifen jederseits bemerklich, der nach innen die dunkle Binde begrenzt. In dieser nach aussen verwaschenen Binde treten auf dem Rücken nur ganz feine helle Pünktchen hervor, die bei älteren Exemplaren sich vergrössern. So ähnelt das T'hier, da es nur je eine Stammbinde aufweist, mehr den Arionen. Besonders auffällig ist die Lage des Athemlochs weiter nach rückwärts, wenigstens in der Mitte des rechten Mantelrandes, eher noch dahinter. Endlich ist das Schälchen bei allen meinen kleinen T'hieren, so weit ich prüfte, durchaus von dem erossen verschieden. Es ist zart dünn und gewölbt (Taf. 7. Fig. 3*und 4), wie eine halbe Eierschale, oder besser wie ein Viertel, denn es ist merk- würdiger Weise hinten abgeschnitten, während am vorderen Rande einige Kalkzacken einen hervorragenden Schirm bilden. So überdeckt es als eine schützende Kappe den Herzbeutel. Es hat eine ganz feine, wasserhelle Conchiolingrundlage. Der Kalk ist von doppelter Form; zunächst sind der Grundmembran helle Platten verschiedener Grösse und Gestalt eingelagert, die- selben, die man bei Arion findet, wo sie sich bei den meisten Arten später durch Zerfall der Membran loslösen und den Kalkstaub bilden. Sodann aber lagert sich am Rande seitlich und nach hinten fortschreitend (Fig. 4 bei c) eine dichtere Masse an (concentrisch) und ausserordentlich fein gestreift (Ualeo- sphaeriten). Dieses Schälchen ist sehr auffallend. Einmal schneidet es jeden näheren Vergleich mit einer gewöhnlichen Pulmonatenschale ab, sodann wird es wieder durch weiteren Kalkansatz nach hinten zur gewöhnlichen Limax- Schale, wie sie gelegentlich in gleicher Verdickung beim Limax arborum be- obachtet wurde. Aus der Riehtung der Vergrösserung ergiebt sich aber, dass der Mantel mit seinen Organen in seiner vorderenHälfte beim Wachsthum mehr stabil bleibt, dagegen nach hinten zu sich Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 155) 355 ausdehnt: dadurch rückt das Athemloch nach vorn. Man kann aber über diese Lagebeziehung hinausgehen und folgern, dass die Arioniden- schale mit der der anderen nackten (und beschalten) Stylommatophoren nicht mehr gemein hat, als die allererste Embryonalanlage. Von da geht die Bil- dung ihren eigenen Weg. Bei den Muscheln wächst die Schale rings gleichmässig weiter, bei den Schnecken vorwiegend nach vorn, bei den Ario- niden nach hinten. 2. Geomalacus anguiformis. Limazx anguwiformis Morelet. — Squammatinus Morelet. — Viridis Morelet. Taf. 5. Fig. 7. Taf. 6. Fig. 8. Taf. 7. Fig. 2—2b und Taf. 8. Karte I. Wollte man Morelet’s Limax anguiformis nur nach seiner Figur (XLIV) beurtheilen, dann würde der obige Hinweis auf die Aehnlichkeit mit jüngeren Arion lusitanicus jedenfalls ausschlaggebend sein. Indess die nähere Be- schreibung erweckt Zweifel. Die Abbildung muss in den Farben ungenau sein. „Le manteau d’un fauve obscur, est roussätre aux extremites et verdätre sur les bords du plan locomoteur; Je dos plus fonce... Deux bandes noires regnent sur les cötes et se detachent sur une zöne plus claire. La tete et les tentacules sont violätres, le disque ventrale livide.“ Demnach hat sich das Rostroth nur auf den Mantel zu beziehen und nicht, wie in der Figur, auf das ganze Thier. Vom Violet am Kopf ist nichts zu sehen, ebenso wenig vom Grünlichen an den Mantelseiten. Die Art der Runzelung durch ein System feiner, oberflächlicher und netzförmiger Furchen, vor Allem die Langsamkeit, die geringe Contractilität, die Manier, den Kopf nur durch die Extension der Tentakeln sichtbar werden zu lassen, das „Wurmartige“, so zu sagen, sprechen für einen Geomalacus. Jeffreys hat nach He ynemann (XXXIII) daran gedacht, dass es dieselbe Art sein möchte, wie der macıulosus. Dem ist nicht so. — Ich will noch bemerken, dass Freiherr von Maltzan bereits ein Exemplar aus Monchique mit heimbrachte, das ich unter den Händen hatte. Es war nicht geschlechtsreif. Da es grünlich und schwärzlich gebändert war, so verfiel ich nicht entfernt auf die Abbildung des anguiformis, sondern auf Arion timidus (LX]). Das 'T'hier gehört hierher. An dem einen kurzen regnerischen kalten Novembertage, den ich in Monchique zubringen konnte, gelang es mir, über zwanzig Exemplare der 45* 356 Dr. Heinrich Simroth. (p. 156) zweifelhaften Schnecke in den Wäldern zu sammeln, durchweg an Pilzen, nach Art unserer Limax tenellus und Arion subfuscus. Da ich sie lebend mit nach Lissabon nahm, erging es mir leider wie mit den Ackerschnecken, ich rettete nur fünf in Alkohol; ich glaube, Amalien haben die übrigen gefressen. Die Schnecken waren 3,5 bis 6 cm lang, von flach bogenförmigem (Querschnitt; hinten abgerundet, nicht zugespitzt. Athemloch vor der Mitte. Fühler kurz, der Kopf meist versteckt. Sohle hell wie beim maculosus. Leiste wenig abgesetzt. Der Rücken jederseits mit zwei schwarzen Längsbinden (Taf. 5. Fig. 7), die nach aussen abklingen. Der Mantel mit einer ebensolchen Stammbinde. Im Uebrigen das 'Thhier schmutzig gelbgrau, wie mit Mehl be- stäubt, vielleicht mit einem Stich ins Grünliche. Der Mantel glatt, kaum ge- körnelt. Die Runzelung sehr fein, die Runzeln kaum erhaben, polygonal durch schwärzliche feine Riunen getrennt. Bei den grössten verwischten sich die beiden inneren Binden fast vollständig, so dass mehr ein gedunkeltes grau- gelbes Mittelfeld entstand. Der Mantel vorn häufig mit röthlichem Schleim. Das aufgenommene T'hier krümmt sich ein wenig ein, zu einem flachen Bogen, nicht entfernt so, wie der junge maculosus. Bei stark eontrahirtem Mantel erscheint eine scharfe Linie wie die Mantelrinne von Amalia, aber sie ver- schwindet vollständig bei der Streekung. Nach dieser Beschreibung ist es wohl ganz sicher, dass Morelet grosse Exemplare dieser Art vorgehabt hat; er hat die Vierbindigkeit daher nicht gesehen. Der rothe Schleim auf der Mantelextremität ist ganz besonders charakteristisch. In der Figur müssten (von den Farben abgesehen) die Binden nach aussen abklingen. Die Schnecken waren geschlechtsreif, die Genitalöffnung ganz vorn. Anatomie. Der Darm ganz wie bei Arion, gut gewunden. Die ungetheilte linke Leber bildet die Spitze des Intestinalsackes und sendet einen langen Zipfel nach vorn. Die Radula genau wie bei maculosus nach Heyne- mann's Abbildung, höchstens der Mittelzahn unten jederseits mit einem ganz kleinen knopfförmigen Seitenspitzchen. Die drei Retractoren für die Fühler und den Pharynx genau wie bei Arion (Taf. 7. Fig. 2). Fussdrüsse arionhatt Jang und in der Sohle versteckt. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 151) 35% Das Semper'sche Organ, das Arion fehlt, aber beim maculosus von mir gefunden wurde, durch drei oder vier kleine seitliche Lappen vertreten. Schlundring gewöhnlich, Ganglien mässig getrennt. Genitalien (Taf. 6. Fig. S). Zwitterdrüse dunkel, Zwittergang hell. Eiweissdrüse gross. Ovispermatoduct lang. Von hier führt der kurze Oviduet in das längliche ovale Atrium, das lange Vas deferens wird zu einer sehr langen, ceylindrischen, gleichmässig weiten Patronenstrecke. Zwischen dieser und dem Atrium ein kurzer Gang (canal intermediaire de Silva e Castro); andererseits mündet in ihn der lange Blasenstiel, an dem oben der Retractor anfasst. An dessen Insertion biegt er sich nach vorn um und trägt ein ziemlich grosses, ovales Receptaculum. Es ist einseitig knotig angeschwollen. Hier unterliegt es keinem Zweifel, der Blasenstiel ist der Penis. Wenn meine gleiche Deutung beim maculosus noch angegriffen werden konnte deshalb, weil der canal intermediaire viel länger und der Retractor am proximalen Ende dieses Ganges anfasst, so freute mich es um so mehr, hier die Deutung in bestimmter Weise bestätigt zu finden. Wie beim maculosıs nimmt der Genitalretractor seinen Ursprung ganz hinten in der Medianlinie des Rückens (Taf.7. Fig. 2). Das Atrium nicht mit dem Drüsenkranze des 4rion, sondern innen dicht mit Längsfalten und Wülsten ausgekleidet. Der untere Theil des Penis (canal intermediaire) glatt, der obere (der knotige Blasenstiel) überall mit feinem, vorwiegend längsgerichtetem Netzwerk (drüsigen Epithelleisten). Im Receptaculum Reste einer Patrone, die sich nicht mehr reconstruiren lassen, jedenfalls war die Spermatophore sehr lang, der Patronenstrecke entsprechend. Die Mantelorgane (Taf. 7. Fig. 2) wie bei Arion. Die Aorta theilt sich gleich in die Arteria cephalica und intestinalis. Die Niere strahlig blätterig, hinten nicht ganz geschlossen. Ein kleines derbes Schälchen (Fig. 2b) ist der Niere fest angewachsen (Fig. 2%), so dass das Secretgewebe beim Herausnehmen daran hängen bleibt, diek weiss, mit excentrischem Kern. Seine Form ist jedenfalls so bedeutungslos wie beim maculosus. Wie stellt sich die Entwickelung nach den Jahreszeiten? Morelet fand die ganz alten im Frühjahr oder Sommer, von Maltzan ein ziemlich ausgewachsenes, aber noch nicht reifes Thier im Frühjahr, ich die reifen im 358 Dr. Heinrich Simroth. (p. 158) Spätherbst. Wo bleiben die Jungen? Als solche nehme ich mit aller Bestimmtheit Morelets Limax squammatinus und viridis in Anspruch. Der squammatinus von 2,4 cm Länge im Leben (sehr gestreckt) als allerkleinste Form hat etwa folgende bezeichnende Merkmale: Schlank und eylindrisch, der Kopf meist unter dem Mantel verborgen, nur die vorgeschobenen Fühler bemerkbar. Rücken goldgrün, Seiten graublau, nach unten heller. Vier schwarze Binden auf dem Rücken, zwei auf dem Mantel. Ausserordentlich feine Runzeln wie beim anguwformis. Dazu der Habitus nach der Abbildung, die kurzen Fühler ete. Die Farbe geht auch beim maculosus in der Jugend gern in das Blaugrüne. — Nun einige Besonder- heiten: der Mantel von der Structur des anguwiformis, aber das Athemloch etwa in der Mitte, höchstens etwas davor. Das Schälchen elliptisch und hohl, vorn verdünnt. Nach dem, was oben von der Mantelentwickelung gesagt wurde, liegen hier Jugendmerkmale vor. Ob das Schälchen völlig elliptisch war, kann bei der Kleinheit vielleicht noch angezweifelt werden: Morelet hat es schwerlich mikroskopirt. Die ÜConcavität ist bezeichnend. — Durch diese Identifieirung erfahren wir noch, dass das junge T’hierchen lebhaft kriecht und sich an einem Schleimfaden herablässt. Ebenso leicht schliesst sich der Limax viridis Morelet an (XLIV), 3,2 cm lang in starker Streckung. Die Färbung ist dieselbe, ebenso der Habitus. Die Binden werden nicht angegeben, wohl aber gezeichnet. Der Mantel ist noch kürzer, das Athemloch in der Mitte. Der einzige wichtige Unter- schied liegt nach der Abbildung in der Streckung des Halses. Natürlich ist gerade eine solche auffallende Stellung gewählt. Dass sie bei jüngsten vor- kommen kann, ergiebt sich aus dem, was der Nacken des maculosus zeigte (s. 0... — Das Schälchen bereits etwas weniger concav und etwas derber, als beim squammatınus. Nach diesem Allen erhalten wir eine in derJugend lebhaft blaugrüne Schnecke mit vier schwarzen Binden. Später wiegt das Schwarz vor, das Grün wird mehr schmutzig gelbgrau, das Ende des Processes ist die Ausbildung rother Farbdrüsen auf der Mantel- kapuze. Zuletzt verwischen sich die inneren Rückenbinden. — Die Heimath erweitert sich, wie zu erwarten, von der Serra von Monchique auf die sich nach Nord und Nordwest anschliessende Serra de Caldeiräo, d. h. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 159) 359 auf die südwestportugiesischen Gebirge, die wie eine Oase das Flach- und Hügelland des Alemtejo gegen das halbafrikanische Algarve abschliessen. Die Jungen erscheinen im Frühjahr, wahrscheinlich aber auch schon gegen Weihnachten, vom Spätherbst (oder Spätsommer?) an werden die Alten geschlechtsreif. 3. Geomalacus Oliveirae n. sp. Taf. 6 Fig. 9 und Taf. Ss. Karte I. Zu den beiden bekannten Arten gesellt sich eine dritte, von welcher Sr. Paulino d’Oliveira zwei Exemplare im letzten Winter bei Guarda erbeutete und mir zur Bestimmung zusandte. Sie gleichen äusserlich sehr dem anguiformis oder sind vielmehr eine Mittelform zwischen ihm und maculosus. Das grössere, erwachsene ist 2 cm, das kleinere, unentwickelte 1,4 cm im Alkohol. Die Schnecken sind schwarz vierbindig, dazwischen und unten hell. Die inneren Binden sind unregelmässig unterbrochen, hier und da verfliessend, mit mehreren Fleckenreihen; die Stammbinde dagegen ist scharf dunkel, aussen kurz abklingend gegen die helle Seite. Anatomie. Als Hauptunterschied fällt zunächst auf, dass der Genitalretraetor weiter vorn in der Mittellinie des Rückens anfasst, um noch nicht den halben Nierendurchmesser hinter der Lunge, der Ovi- spermatoduect mit dunkelgrauer Eileitermanschette, auch das Receptaculum schwärzlich. Sonst die Endwege (Taf. 6. Fig. 9) mehr denen des anguiformis ähnlich, doch so, dass nicht der Blasenstiel, sondern der Oviduct die proximale Verlängerung des Atriums darstellt. Der Penis rein vom Blasenstiel gebildet. Das andere siehe Abbildung. Das Schälchen war bei dem kleineren T'hiere noch nicht 1 mm lang, hinten quer abgestutzt, bei dem grösseren 2 mm, in beiden Fällen dünn, flach und nicht ganz regelmässig. Somit haben wir bis jetzt drei @eomalacus-Arten in den portugiesischen Gebirgen, die eine im Norden, die intermediäre in der Serra Estrella und die dritte in Monchique. Strahlen sie in die Ebene aus? Vielleicht kann man die Frage beantworten, indem man jenes zweifelhafte kleine Thier von Alvega hierher bezieht, auf welches Morelet, da es ihm ver- loren ging, die Aufmerksamkeit künftiger Forscher lenken will. Ich wieder- hole die wichtige Stelle (XLIV, S. 50): „Sa forme est celle d’un Arion; le 360 Dr. Heinrich Simroth. (p. 160) dos est. eylindrace et lextr&mite posterieure arrondie; le plan locomoteur est large, non margine et nettement franche. La cuirasse est petite, Ja cavite branchiale un peu en avant; un pore muqueux terminal. Le phenomene partieulier que presente ce mollusque, c’est que le plan locomoteur ne se lie pas anterieurement avec la tete de animal, mais oftre une solution de continuite qui forme une espece de sac ol elle siengage dans la contraetion. La couleur est un brun enfum& avec deux bandes laterales plus claires. Le disque ventral est orange comme celui de Ja Testacelle“. üxpress wanderte ich nach dem erwähnten Alvega. Dorf und Flüsschen bilden einen Einschnitt in die Haidelandschaft. Durch einen künstlichen Wasserfall tritt der Fluss in eine kleine Schlucht ein, die sich bald wieder abflacht. Ihre Ränder werden hier und da durch Gartenmauern gebildet. Es schien mir nur diese Localität gemeint sein zu können. Ich durchsuchte Alles und fand den Arion lusitanicus, auch wie in einer Oase, aber nichts von dem kleinen 'T'hiere. Gleichwohl muss ich glauben, dass Morelet einen Geomalacus vorhatte und sich durch die zusammengebogene Form, in welche sich das berührte oder abgenommene ganz junge, vielleicht noch mit dem Nackensinus versehene 'T'hier begieht, täuschen liess, den ein- geschlagenen Vorderkörper für einen besonderen Sack zu halten. Ueber die Art ist natürlich niehts auszumachen. Gattung Letourneuxia Bourguignat. Arion. — Geomalacus. — Ariunculus autt. Schwanzdrüse vorhanden. Genitalöffnung weit vorn. Der Genital- retractor fasst nur am Blasenstiel an, ohne ihn zur Ruthe auszuziehen. Das Copulationsorgan vom Atrium gebildet. Schale solid zusammenhängend, von mässiger Dicke. Die Abgrenzung der Gattung ist auf geringfügige Charaktere gegründet, und man hat sicherlich das Recht, sie als Subgenus zu Arion zu ziehen, indess ist der Gattungsbegriff überhaupt nur ein relativer, und in der Familie der Arioniden ist jedes Merkmal zu beachten. Gerade die Unsicherheit, in welches der bekannten Arionidengenera man das 'T'hier hat rechnen sollen, weist auf die Schwierigkeit der Abgrenzung, auf eine interessante Mittel- stellung hin, die aus der Einzelbeschreibung sich ergiebt. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 161) 361 Letourneuxia numidica Bourguignat. Ariunculus Moreleti Hesse? Taf. 6. Fig. 17. Dass die zweifelhafte Schnecke, die Anfangs von Bourguignat (VL) aus Algier als Arion rufus aufgeführt, dann als Letouwrneusxia numidica oder Geomalacus numidicus auch von Marocco (XLVI) und von Hesse end- lich von Gibraltar beschrieben ist, eine Schwanzdrise besitzt, hat Letzterer gezeigt (XXVII). Ihm schulde ich neun "Ihiere, welche Ponsonby bei Tanger sammelte. Drei sind klein, höchstens 1 em, von brauner subfuscus- Färbung, die Medianlinie des Rickens ein wenig aufgehellt, also schwach vierbindig, unten hell. Die grossen 2?/, bis 4 cm, haben ebenfalls noch die Stammbinde auf Mantel und Rücken, innen von einem hellen Streifen begrenzt, nach aussen abklingend. Einige haben ebenfalls noch die Rücken- mitte etwas lichter, also einen Rest der Vierbindigkeit, die anderen nicht. Dabei waren sie an der Bauchseite eingekrümmt und erinnerten darin stärker, als andere Arionen, an Geomalacus. Die weiche Conservirung erlaubte nur die Feststellung der noth- wendigsten anatomischen Merkmale. Die Haut ist sehr dick. Die Genitalien waren noch nicht völlig entwickelt (Taf. 6. Fig. 17), daher die Schnecken noch etwas grösser werden mögen; immerhin zeigten sie alles Charakteristische. Hinten die kugelige braune Zwitterdrüse, Zwittergang noch gerade gestreckt, Eiweissdrüse klein, Ovispermatoduct noch schwach. Atrium sehr lang, es mündet hinter den rechten Fühlern. Oben ist es birnförmig geschwollen und hat im Innern etwas wie eine Ligula, oder vielmehr eine längere in zwei Zipfel gespaltene Zunge und eine kleinere daneben. Der Oviduet gewöhnlich, eylindrisch und kurz, das Vas deferens und die daraus zu bildende Patronenstrecke ganz kurz, ähnlich das Receptaculum. An dessen Stiele allein fasst ein kurzer Genitalretractor an, der hinter der Lunge ent- springt. — Die vordere Lage der Genitalöffnung erinnert an Geomalacus und Ariumeulus, die übrigen Genitalien an Arion. In der Schalentasche eine ovale, weisse, dichte, tHache Schale von 0,5 em Länge. Es ist fraglich, ob der Ariunculus Moreleti Hesse eine besondere Art ist. In der Figur (XXVII) ist er wie die geschilderten vierbindig, die Binden Nova Acta LVI. Nr. 2. 46 362 Dr. Heinrich Simroth. (p. 162) nach aussen abklingend. Schale und Genitalien wie bei Let. numidica. Nur wird er viel früher fortpflanzungsfähig. Es bleibt abzuwarten, ob sich dadurch eine eigene Species kennzeichnet oder ob nicht weitere Erfahrung zeigen wird, dass die Geschlechtsreife dieser selben Art durch äussere Umstände beschleunigt oder verzögert werden kann. Auf jeden Fall sind hier die Unterschiede verschwimmend. Man erhält wohl aus Vorstehendem ohne Weiteres den Eindruck, dass in der iberischen Halbinsel und dem gegenüberliegenden Theile Afrikas für die Arioniden ein Schöpfungsherd liegt (s. u.). Leider aber hat die genauere Untersuchung der Westformen die Kluft, welche zwischen dieser Gruppe und den übrigen Landpulmonaten besteht, eher er- weitert als überbrückt. Um wo möglich Anknüpfungspunkte zu finden, musste sich naturgemäss der Blick über den Ocean, nach Oentral- und Nordamerika wenden. Ich benutzte daher die Gelegenheit, einen Prophysaon, einen Ariolimazx und einen Philomycus, die sich im Berliner Museum fanden, in die Unter- suchung hereinzuziehen, und gebe hier die Resultate, trotzdem sie leider auch nicht gerade geeignet erscheinen, die Verwandtschaft der Arioniden endgültig festzustellen. Prophysaon Hemphilli Binney (IV). D Taf. 7. Fig. 5—: ( Meine Beschreibung mag die Binney’s ergänzen. In der leidlich schlanken, hinten zugespitzten Körperform und der Hautstructur, aber nur hierin, erinnert diese ziemlich grosse Schnecke an afrikanische Zonitiden oder Naniniden; die Runzelung ist wie bei Zlisa etwa, d.h. es strahlen vom Mantel aus nach allen Richtungen, seitlich am stärksten, Furchen aus, welche durch ein Labyrinth feinerer Rinnen communieiren, zu eigentlich erhabenen Runzeln kommt es nicht. Der Mantel ein wenig, aber ohne Norm, quergefurcht, Folge der Alkoholeontraction. Rücken ungekielt. Keine Schwanzdrüse. Die Sohle nicht durch Rinnen dreitheilig. Der Körper ohne alle Zeichnung hell (vielleicht etwas abgehlasst), nur auf dem Mantel eine Stammbinde, schmal, bräunlich, halb in Flecken aufgelöst, vorn, wo die Binden aufhören, lauter Spritzflecken, welche die Binden über das Mittelfeld ver- binden. Hierin liegt eine starke Abweichung von der rings geschlossenen Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauma etc. (p. 163) 363 Binde, die Binney zeichnet (ob specifisch?). Der Mantel hinten stark schnebbenartig verlängert oder vielmehr durch einen schmalen pfriemenförmigen Fortsatz mit der Rickenhaut verbunden. Athemloch etwas vor der Mitte. Nasenrinne bis weit auf die linke Seite hinüber, doch der Wulst, der dazu gehört, undeutlich. Das Schwanzende ist sehr merkwürdig (Taf. 7. Fig. 6). Ein beträchtliches Stick vor dem Hinterrande bemerkt man eine schwache Furche, die rings herumläuft. Die Hautstructur ist dieselbe; aber wenn man in den Rinnen zwischen den Runzeln am übrigen Körper eine schwache Graufärbung erkennt, hier fehlt sie. Die Sohle wird an dem gleichen Ab- schnitte durch allerlei kräftige, aber atypische Furchen gezeichnet, eine mediane, von der seitliche ausstrahlen. Beim Oeffnen des T'hieres erweist sich das ganze veränderte Schwanzstück als schwammig solid. Handelt es sich um ursprüngliche Structur oder um eine Neubildung? In letzterem Falle wäre sie sehr regelmässig, und man könnte wohl daran denken, dass der Schwanz regelrecht abbräche, wenn eine Eidechse anfasste, worauf er sich wieder ergänzte, wie Ähnliches Semper bei Helicarion tigrinus beobachtete.!) Noch mehr aber möchte man geneigt sein, in dem schwammigen End- stücke einen Rest der embryonalen Schwanzblase zu erblicken. Anatomie: Verdauungsorgane. Ein kräftiger Kiefer mit reich- lichen Rippen, wie bei Arion. Schlundkopf gewöhnlich. Radula etwa arionhaft, der Mittelzahn dreispitzig und wenig kleiner als die Nachbarn. Die beiden Nebenspitzen natürlich viel kleiner als der Hauptzahn, aber gut ausgebildet; die Nachbarn enthalten von der inneren Spitze kaum noch eine Andenutung, die äussere bleibt; die Hauptspitze richtet sich schräg symmetrisch zur Medianlinie. Die äussere Spitze verschwindet nun vollständig, und so geht es gleichmässig weiter bis zu den Randzähnen, die immer noch Haupt- und kleine äussere Nebenspitze erkennen lassen, beide parallel gestellt und weniger verbunden als bei den Mittelzähnen. Solche Randzähne mit zwei äusseren Seitenspitzen, wie Binney sie abbildet, sah ich nicht. Der Darm (Taf. 7. Fig. 7) mit vier Schlingen und mässig gewunden, auffallender Weise aber von den Verhältnissen der Ackerschnecken, d. h. die erste Windung, der Magen, am kürzesten. Entsprechend bildet die rechte 1) Anmerkung. Diese Vermuthung ist inzwischen bestätigt worden. 364 Dr. Heinrich Simroth. (p. 164) Mitteldarmdrüse, in die sich die übrigen Darmwindungen einbetten, das Ende des Intestinalsackes, während die linke unverzweigt schräg vor dem Magen liegt. Die Speicheldrüse mehr arionhaft flach, zerschlissen, kummetartig von vorn dem Magen aufsitzend. Der After am Athemloch. — Diese Beschreibung iiberhebt mich, hoffe ich, der Verpflichtung, die ältere Darstellung von Leidy zu verfolgen, nach welcher der Darm der von Binney beschriebenen Varietät dem von Arion hortensis gleichen soll. Genitalorgane (Taf. 7. Fig. 8). Zwitterdrüse rundlich, schwarz, dem Eingeweidesack eingebettet, etwa im vierten Fünftel der Körperlänge. Zwittergang lang, mässig gewunden. Ovispermatoduct lang, die Prostata aus (@uerblättern zusammengesetzt wie bei Arion. Endwege auffällig. Eileiter tehlend; denn da, wo der Samenleiter den Ovispermatoduet verlässt, beginnt sofort das grosse, weite, diekwandige, schwammig drüsige Atrium, das unten durch seitliche Muskelbündel am Integument gehalten wird; sein distaler Abschnitt ein kurzer, gewöhnlicher Schlauch. Weitere Genitalretractoren scheinen nicht da zu sein. In das proximale Ende mündet neben dem Eileiterantheil des Uterus der nicht eben kurze Blasenstiel, der in ein ovales Receptaculum führt. Das Vas deferens läuft am Atrium herab und verdickt sich dann ein wenig zu einer ausserordentlich langen, mehrfach ge- wundenen Patronenstrecke, die sich durch ihr muskulöses Aussehen als solche verräth. Sie beginnt bereits am Atrium, wie aus der dünnhäutigen Beschaffenheit des Samenleiters an seinem distalen Ende ersichtlich wird. Sie schwillt unten zu einem kräftigen spindelförmigen Körper an: unterhalb desselben sitzt seitlich ein kleiner Zapfen, und dann geht es in das Atrium. Die kurze Strecke, an welcher der Zapfen sich anheftet, lässt sich Öffnen, wie in der Abbildung geschehen. Nunmehr zeigt sich, dass eine Muskelhaut (eine Art Protractor oder Protrusor) über das untere, eylindrische. Atriumstück sich hinüberspannt zur Haut. Aus dem distalen Ende der Spindel tritt die Patronenstrecke unverändert heraus und von oben in den kleinen Zapfen, der eine Glans vorstellen dürfte. Die Spindel wird vom rechten Ommatophorenretractor umfasst, es hat Kreuzung statt. Sie ist ein äussert muskulöses Organ, der Querschnitt bietet radiäre und eirculäre Fasern in dichter Durchflechtung; das Lumen ist ganz eng punktförmig, von einem weissen Kranze jedenfalls hoher Epithelzellen eingefasst. Der langen Patronen- Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 165) 365 strecke entspricht eine lange, dünne, wurmförmige Spermatophore, ohne Kamm- oder Sonderbildung (Fig. 5%). Sie stak im Receptacılum und ging durch den Blasenstiel hinunter bis ins Atrium. Eine so ausgedehnte Patrone mag während der Copula schwer in den Partner zu befördern sein, daher wahrscheinlich die Spindel, die sie durch peristaltisch nach dem distalen Ende fortschreitende Contractionen herauspressen wird. Sicherlich aber ist es un- thunlich, einer Vorstellung hier Raum zu geben, der man häufig begegnet, als ob der ganze die Spermatophore bildende Abschnitt zu ihrer Entleerung sich nach aussen umkrämpelte und ausstülpte. — Von einem Penis kann nicht wohl die Rede sein. Fussdrüse schwach, gewöhnlich, eingebettet. Das Semper'sche Organ in flachen Schläuchen im unteren Pharynx- umfang bestehend. Retraetor arionartig, der für den linken Fühler entspringt getrennt am hinteren linken Nierenumfange, der rechte von rechts. Er trennt sich sehr bald in das Bündel für den Augenträger und das für den kleinen Fühler. Beide nehmen die Patronenstrecke, bez. die Spindel, zwischen sich. Der Pharynxretractor entspringt median hinter der Niere. Auch die Mantelorgane arionartig; die Niere das nach hinten und unten gewandte Herz umschliessend, die Lunge im vorderen Umfange die Niere, also etwas kleiner als bei Arion. Die Niere (Taf. 7. Fig. 5 und 5%) hinten zum Hufeisen geschlossen. Wer die Schwierigkeiten kennt, welche die ‚Arion-Niere der Untersuchung entgegensetzt, wird nicht unbedingt verlangen, dass man an einem Exemplar zur letzten Klarheit komme. Immerhin zeigte sich, dass der Ureter als Schlauch der Niere anliegt und von da nach aussen mündet, also ganz das Kennzeichen der Arioniden. Endlich eine ziemlich grosse Kalkschale, aber dünn, nur mit gefensterter Kalklage, daher leicht zerreissend und sich zusammenbiegend. Die achteckige Form, die Binney zeichnet, möchte ich nicht wiedererkennen. Ariolimax californicus Cooper. Taf. 7. Fig. 9-11. Das Aeussere macht zunächst einen ganz anderen Eindruck als das der vorigen Art. Die Schnecke ist gedrungen, robust, hinten plump ab- gerundet. Die Haut in reinem Gegensatz mit vielen Furchen, die wieder 366 Dr. Heinrich Simroth. (p. 166) durch darauf senkrechte Querrinnen sich verbinden, nicht das dichte Netz des Prophysaon. Sohlenleiste kräftigst abgesetzt. Das T'hier durchweg hell, ausser auf der Sohle, wo sich die Seitenfelder von einer gleich breiten weissen Mitte hellgrau abheben, doch ohne trennende Furchen, ganz wie bei vielen Arionen. Grenitalöffnung ganz vorn. Der Mantel ziemlich kurz mit kurzer ‘Kapuze, das Athemloch etwa in der Mitte oder wenig davor. Der Rücken plump gekielt, hinten der Kiel in eine Art kurzes Horm auslaufend über der flachen Schwanzdrüse, die durch horizontale Querfurchen etwas zerrissen. Die Nasenrinne !) sehr scharf bis auf die linke Seite fast symmetrisch zum Athemloch, davor als Grenze ein kräftiger Wall auf der Unterseite der Kapuze. Die Haut durchweg sehr dick und muskulös, nur am Nacken ver- dünnt sie sich. Innen hell, das Kopfmesenterium allein schwarz, natürlich ausser den Fühlerretractoren. Anatomie. Verdauungsorgane. Der Eingeweidesack hinten plump abgerundet. Der Darm wie bei der vorigen Art, doch viel stärker auf- gewunden. Der Magen reicht bis weit nach hinten und hat die kurze Aus- sackung wie bei Arion; aber d; und d, gehen noch etwas weiter. Die vom Dünndarm getheilte Leber bildet das Hinterende. Der Kiefer ähnlich ge- zähnelt und gerippt. Die Radula wesentlich verschieden, wenn auch vielleicht mit gleichem Grundplan. Der Mittelzahn viel kleiner als seine Nachbarn, unregelmässig zwei- oder dreispitzig. Der Unterschied war viel stärker, als Binney (l. ce.) es abbildet. Die nächsten schief dreispitzig, von den kurzen Nebenspitzen die innere natürlich die kleinere und bald ver- schwindend. Dafür die Hauptspitze immer länger, pfriemenförmig, etwas gebogen, limaxartig. Geschlecehtsorgane. Die helle Zwitterdrüse liegt vor dem Intestinal- sack, sie ist nicht eingedrungen. Ueber dieses Verhältniss bei Limax Schwabei, Dendrolimaw Heynemanni s. LX1l. Es hängt mit der Herausbildung der (ehäuseschnecken zu nackten, mit der Axenverdrängung, zusammen (s. oben Amalia gagates). — Da die Zwitterdrüse vorn blieb, musste der Zwittergang grössere Geräumigkeit und Länge durch starke Schlängelungen erreichen. Eiweissdrüse gewöhnlich. Ovispermatoduet lang. Endwege sehr bemerkens- 1) Anmerkung. Nach Plate’s genauen Untersuchungen kein Geruchswerkzeug. Die Nacktschnecken der portugtesisch-azorischen Fauna etc. (p. 167) 36% werth. Der kurze Oviduct führt in ein erweitertes, längeres, diekwandiges Atrium (Taf. 7. Fig. 11), das an Prophysaon erinnert. Oben mündet kaum gestielt ebenso das-ovale Receptaculum ein. Das Atrium ist durch viele kurze kräftige Muskelbündel an die Mitte des Lungenbodens und die rechte seitliche Körperwand geheftet. Das Vas deferens bildet, den Penis hinauflaufend, eine ziemlich lange Patronenstrecke, Anfangs dick, bald verjüngt. Der Penis ein längerer, kräftiger Schlauch, nach oben verschmälert und noch ein Stück über den Eintritt der Patronenstrecke hinaus fortgesetzt als ein Blindschlauch. Man kann ihn natürlich mit Binney Flagellum nennen, wenn man sich bewusst ist, dass dieser Name in völliger Indifferenz alle proximalen Penisanhänge, von welcher Struetur und Funetion sie auch seien, bezeichnet. Besser umgeht man wohl derlei Bezeichnungen, da sich zu leicht die Vorstellung wahrer Homologie oder funetioneller Uebereinstimmung mit ihnen einschleicht. Hier ist das Blindende nicht vom Penis selbst verschieden, sondern ein Theil von ihm. Freilich ist es fraglich, in wie weit der dicke Schlauch überhaupt den Namen der Ruthe verdient, ob in ganzer Länge oder nur unterhalb seines Retractors. Dieser, halbkreisförmig, fächerartig, mit derben strahligen Bündeln, sitzt breit hinter den Mantelorganen, hinter dem Aortenaustritt an der Decke an. Penis und Vas deferens kreuzen sich mit dem rechten Ommatophoren- retractor. Unten am ganz kurzen Atrium noch ein kleiner Muskel vor dem Integument. Der starkwandige Penis im Inneren mit knorpelig anzufühlenden Längsfalten. Patronenstrecke diekwandig, mit ganz engem Lumen. Der starke Eileiterabschnitt mit sehr dicker, einseitig eylindrischer Muskelaus- bildung und im excentrischen Canal bis oben feinstens gefältelt. Binney hat die Endwege nicht bis zur Genitalöffnung verfolgt, da er zwei Oeffnungen zeichnet, eine männliche und eine weibliche. Auch kann ich ihm nicht bei- stimmen, wenn er den Penis in einen Schlauch eingeschlossen sein lässt; es ist der Schlauch selbst, der den Namen verdient. Der Retractor (Taf. 7. Fig. 9) ist wesentlich von dem des Prophysaon verschieden. Seine Bündel vereinigen sich in gemeinsamer Wurzel zu einem Columellaris. Auch der mittlere Pharynxzweig spaltet sich bis oben hinauf in seine beiden Hälften. Dass der rechte Ommatophor die Ruthe kreuzt, ist erwähnt. Sehr merkwürdig ist aber ein weiterer, kräftiger Muskel (bei rg, ), der dicht neben dem Columellaris entspringt, sich weiter nach Art des 368 Dr. Heinrich Simroth. (p. 168) Pharynxretractors gabelt und am hinteren Umfange der Genital- öffnung anfasst. Etwas Aehnliches kenne ich von keiner Schnecke. Was hat er für Bedeutung? wie ist er entstanden? Wahrscheinlich hängt er mit der besonders starken Muskulatur der ganzen Uutis zusammen; diese muss wohl bei der Copula auf die ausgestülpten Genitalien einen so hohen Blut- druck ausüben, dass ein besonderer Retensor ihre Wurzel vor zu weiter Deh- nung und Herauspressung bewahrt. Fussdrüse (Taf. 7. Fig. 10) kaum von halber Körperlänge, ein dicker, völlig losgelöster, hinten zugespitzter Sack, der nur mit der Unterseite sich etwas auf der Sohle befestigt. Mantelorgane. Alles, was ich herausbrachte, ist aus Fig. 9 er- sichtlich. Die Niere ist durchweg dichtstrahlig und umschliesst das Herz. Ein Ureter wurde nicht erkannt, so wenig als Athemgewebe; man sieht kein Maschenwerk, oder der Schwamm ist so dieht und durch die umgebende Muskulatur so verdeckt, dass kein Gefäss besonders hervortritt. Künftige Prüfung ist an dieser Stelle sehr nöthig. Die Schale war gleichmässig kreideweiss, wenig typisch, wie es scheint, aus mehreren an einander passenden Stücken bestehend, nicht so normal, als es Binney zeichnet. Philomycus bilineatus Benson. Ich nehme die japanische Schnecke mit auf, weil sie vielleicht An- knüpfungspunkte bietet. Der letzte ausführliche Zergliederer der Gattung ist Bergh (III), denn Strebel geht ziemlich Hüchtig über seine Trebennophoriden hinweg !); und die Acten möchten als geschlossen gelten, wenn ich nicht eine principielle morphologische Differenz zu finden glaubte. Sie betrifft den Mantel und die von ihm abhängigen Organe. Wiewohl ersterer sich so ausgedehnt hat, dass zwischen ihm und der Sohlenleiste ringsum nur ein schwacher vor- springender Saum bleibt, soll nach allen Beobachten (Wymann, Leidy, Keferstein und Bergh) keine Mantelhöhle vorhanden sein. 'T'rotzdem heisst es unmittelbar weiter: „Die Lunge zeigt sich als ein platter Sack, dessen 1) Anmerkung. Die auffallende Angabe Strebel’s, dass beim mexikanischen 7ebenno- phorus (Philomyeus) die beiderlei Genitalöffnungen auf beide Seiten des Körpers sich vertheilen, darf vor der Hand wohl, nach dem, was er über die missglückte Section sagt, ganz unberück- sichtigt bleiben. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 169) 369 obere Wand gar nicht an den Mantel geheftet ist, und die Eingeweidemasse ist von diesem letzten vollständig frei“, d. h. meiner Meinung nach nichts Anderes, als dass die Mantelhöhle sich mit dem Mantel zusammen colossal erweitert hat, so dass sie diesen in ganzer Länge vom Körper trennt, denn bei einer Nacktschnecke kann unter Mantelhöhle wohl nur die Schaien- tasche verstanden werden. Das Diaphragma reicht quer über den Körper und vom Nacken bis zum Schwanzende. Man kann es am bequemsten vom Arion ableiten, dadurch, dass man die zerkrümelte Schale ganz schwinden und die Höhle sich mit dem Mantel nach hinten dehnen lässt. Natürlich soll damit noch nicht das Verwandtschaftsverhältniss ausgedrückt sein. Der schematische Längsschnitt in Binney’s Werk (IV), auf den Bergh sich bezieht, ist kaum brauchbar, (so wenig als der von Limazx, in dem die Lunge auch die Mantel- kapuze durchsetzt). Durch die Erweiterung der Mantelhöhle oder Schalentasche werden Niere und Lunge von der Riückenhaut gelöst, hängen aber natürlich am Dia- phragma. Die gestreckte Niere scheint sehr einfach zu sein und nur aus einer Urinkammer zu bestehen. Bei dem einen Exemplar war das blätterige Seeret- gewebe bruchsackartig aus der Oeffnung herausgequollen. Die Lunge umfasst sie von vorn zu beiden Seiten, doch so, dass sich ihr linker Flügel weiter ausdehnt. Auf dem Diaphragma (dem Boden der Mantelhöhle) laufen im hinteren Theil reichlich Sinus nach unten seitlich ab, besonders nach rechts, wo ein starker Hauptsinus am Mantelrande entlang zieht. Die lebhafte Stamm- binde und der schwache, hinten und vorn verwischte Mittelstreif auf dem Mantel machen Schwierigkeiten insofern, als sie sich nicht mehr so leicht, als bei den Limaciden etwa, auf den Blutlauf beziehen lassen. Durch dieselbe Erweiterung der Mantelhöhle scheinen namentlich auch die Retractoren beeinflusst zu sein. Der Pharynxretractor und die Fühler- muskeln sind getrennt, etwa wie bei Arion. Aber die letzteren entspringen seitlich vom Sohlenrande hinter dem ersten Längsdrittel. Ebenso heftet sich der vorn und hinten gespaltene, nur in der Mitte einheitliche bandartige Pharynx- retractor mit seinen beiden Wurzeln an den Seiten der Sohle an, etwa nach dem dritten Fünftel. Es ist, als ob die Ursprungsstellen, Anfangs im hinteren Umfange eines kleinen Mantels gelegen, wie bei Arion, durch dessen Ausdehnung aus einander gedrängt werden. Nova Acta LVI. Nr. 2. 47 370 Dr. Heinrich Simroth. (p. 170) Der Darm mit den Lebern ist durchaus arionhaft und stark gewunden; die Einzelheiten hat Bergh geschildert. Mir kam es mehr auf die "T'opo- graphie an. Der Kiefer ist ja mehr limacoid, die Radula aber noch arionhaft. Limaxartig ist die gute Entwickelung des Semper’schen Organs. Die Fussdrüse wie bei beiden Gattungen. Den Schlundring möchte Bergh mit dem des eben von ihm behandelten Z’riboniophorus vergleichen (s. u.); aller- dings sind die Ganglien näher an einander gerückt, aber bei der Kürze der Oere- braleommissur kommt doch vielmehr ein Bild zu Stande, wie oft bei Arionarten.!) Die Genitalien erinnern (von der gestreckten Zwitterdrüse und dem sehr geschlängelten Zwittergang abgesehen) sehr an Arion. Dennoch bestehen sehr weite Verschiedenheiten, und die Aehnlichkeit beschränkt sich auf den Umriss. Es sieht zwar aus, als wäre eine kurze dicke Patronenstrecke vor- handen, die auch gerade so und mit ähnlicher Knorpellippe in das obere Atrium mündet, doch wird sie sogleich durch den wohl entwickelten Retractor zum echten Penis. Arionartig ist der stark drüsige Besatz der distalen Atriumhälfte. Das lebende T'hier hat jedenfalls eine gewisse Aehnlichkeit mit @eo- malacus, welche durch die versteckte Haltung des Kopfes gesteigert wird. Die Fühler nur sehen unter dem Mantel hervor. Wie dieser, bevorzugt die Schnecke Pilze, und was dann stets dicht dabei liegt: Bergh fand Zähne aus einer ganz ähnlichen Radula, wie die Schnecke selbst trägt, im Magen. Uebersicht der Arioniden. Geomalacus. Diese bisher nur in einer Art anerkannte Gattung hat sich mit Bestimmt- heit auf mehrere Arten erweitert. Dass die acht französischen Species auf Illusion beruhen, ist durch Heynemann erwiesen. Somit zieht sich eine Reihe an der ganzen Westküste der iberischen Halbinsel entlang, um, auf demselben Meridian, nach der Südwestecke von Irland überzuspringen. Die weitere Ausdehnung der Nord-Art, des @. maculatus von Irland durch Asturien, Galizien und Nordportugal bis zum Douro, die grössere Dichtigkeit auf por- tugiesischem Boden verlegt das Centrum mehr hierher, nach Süden. Es ist !) Anmerkung. Nach der inzwischen erschienenen Arbeit von H. v. Ihering über Philomyeus und Pallifera (Nhrbltt. d. d. mal. Ges. 1889) wäre unser Phrlomycus zu Meghimatium zu stellen, womit vielleicht die obigen Differenzpunkte sich aufklären. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 171) 371 selbstverständlich, dass die Resultate einer kürzeren Reise keine Sicherheit bieten können für auch nur annähernde Vollständigkeit der Erforschung. Immerhin geben die bekannt gewordenen T’hatsachen geographische Finger- zeige, dass die Geomalacusarten nach den ost-westlich streichenden Gebirgssystemen der Halbinsel sich sondern und dass sie weiter nach Spanien hineinreichen (der inneren 'Trockniss wegen vielleicht nicht weit). Was wir von Portugal kennen, sind nur die Vorposten. Die nördliche Art, der maculosus, gehört der cantabrischen Kette an, der Oliveirae dem castili- schen Scheidegebirge, der anguiformis dem marianischen System; es wäre zu verwundern, wenn er der Sierra Morena fehlen sollte; vielleicht darf man in Morelet's zweifelhafter Form von Alvega eine neue Art vermuthen, die vom Gebirge von Estremadura stammt. — Sehr unsicher aber kommt mir die Be- stimmung des piemontesischen @. pliocenicus vor, den Heynemann eitirt (XXX, S. 84). Eine derartige frühere Ausbreitung der Gattung wird nach unseren jetzigen Kenntnissen kaum anzunehmen sein, auch schwankt das Schälehen zu sehr, um einen bestimmten Schluss zuzulassen, man braucht nur an die Lima- ciden zu denken. Arion. Die portugiesischen Arionen zerfallen in zwei Gruppen, in solche, die sich den centraleuropäischen und überhaupt weit verbreiteten anschliessen und in mehr weniger indigene. Zu der ersten Gruppe rechne ich den pascalianus als Uebergangstorm der so schwer zu trennenden minimus (oder fuscus) und hortensis, und den empiricorum, zur indigenen den lusi- tanicus und timidus. Erstere hält sich streng an die Regenkarte, bei ca 1000 mm setzt der kleine pascalianus ein, bei 1500 mm der grosse empiricorum. Ganz gewiss geht ihre Strasse am spanischen Nordrand zu den Pyrenäen und Frank- reich. Hidalgo giebt den empiricorum von Galizien, Asturien, den Nord- provinzen, Aragon und Catalonien an, wobei es leider fraglich bleibt, wieviel dabei auf Kosten des lusitanicus zu setzen ist (denn den sulcatus, also den be- stimmten empiricorum, kennt auch er nur von Oporto); der hortensis soll das- selbe Gebiet bewohnen, aber bis Valencia, und der fuscus soll im Norden auftreten. Andere Arten ausser den Morelet'schen sind überhaupt aus Spa- nien nicht beschrieben. "Trotz aller Unklarheit scheint der Weg, den die T'hiere genommen haben, leidlich sicher. 47* 372 Dr. Heinrich Simroth. (p. 172) Von den indigenen Arten beansprucht jede besonderes Interesse. Der lusitanicus hat eine Eigenheit erworben in der langen Patronenstrecke, sonst bildet er mit seinen verschiedenen Varietäten nach äusseren und inneren Merkmalen die Mitte zwischen dem empiricorum und subfuscus. Ebenso gewiss allerdings existiren jetzt keine Uebergänge mehr zur ersteren grossen Art, aber es steht doch fest, dass diese ihr Gebiet bis in das des /lusitanicus erstreckt. Ganz im Stiche gelassen werden wir leider betreffs des subfuscus, und ebenso wenig können wir die Grenzen des lusitanicus im Norden ziehen. Es ist anzunehmen, dass er den Norden weiter entlang geht, wohl bis zu den Pyrenäen. Sicherlich wird die portugiesische Grenze überschritten, da er bei Oporto noch so häufig. Der subfuscus wird zwar von Locard aus den Pyrenäen verzeichnet (XL), aber ob unter der Art dasselbe zu verstehen ist, was wir damit meinen? Die Behauptung, dass der subfuscus hauptsächlich das südliche Frankreich bewohne, macht es unwahrscheinlich, denn sonst ist er vorwiegend eine nördliche Art. — Dass der lusitanicus tiefer nach Castilien eindringe, ist kaum zu erwarten. Wenigstens hält er sich in Portugal, trotz- dem er an keine Niederschlagsmenge gebunden ist, doch an den feuchteren Stellen; hier allein erlangt er einen grösseren Körperumfang. Es scheint vielmehr, dass die nach dem Inneren einstrahlenden Ausläufer, wie der hispanicus, sich unter veränderten klimatischen Bedingungen zu kleineren neuen Formen umbilden. Je strenger sich der lusitanicus auf die Westseite (und den Norden) beschränkt, um so weiter ist er ausserhalb verbreitet, auf Madeira und den Azoren. Arion timidus, Letourneuxia und Ariumeulus. Der Arion timidus in der Fassung, die ihm oben gegeben wurde, scheint eine ganz andere Stellung in der Gattung einzunehmen, als der andere speciell portugiesische. Die etwas vorgeschobene Genitalöffnung und die ausserordentliche Kürze der Patronenstrecke bringen ihn zur südlichen Letourneuxia in nähere Beziehung. Diese springt von Nordafrika nach Gibraltar über, und der A. timidus geht nahe heran, wenn das Vorkommen in der Sierra Nevada sich bestätigt. Hesse hat die Letourneuxia, wenigstens eine kleinere Form, zum Ariuneulus von Sardinien und Piemont gezogen, der Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 173) 373 ebenfalls die Geschlechtsöffnung weiter vorn hat. ‘In der "That dürfte diese Gattung sich von der timidus-Letourneuxia-Gruppe als ein südlicher Zug abgezweigt haben. Die nördlichen Arionen. Wäre Frankreich kritischer behandelt und das Innere von Spanien besser bekannt, wir würden wahrscheinlich im Stande sein, für fast alle Arionen Entstehung und Verbreitung festzustellen. Aber ich muss leider den Versuch aufgeben, die zweiundzwanzig französischen Arten, die J,ocard aufführt, mit den dazu gehörigen acht sogenannten (Geomalacus, wozu mindestens noch der Arion verrucosus (VIII) kommt, auf die gut begründeten zurückzuführen und die Resultate auf eine Karte ein- zuzeichnen. !) Bis jetzt kann man vielleicht soviel annehmen. Arion empiricorum entstand in Nordportugal und verbreitete sich über die Pyrenäen und Centraleuropa etwa bis Finnland und zur Ukraine. Siidlich scheinen die Alpen kaum betreten und nur ganz vereinzelt überschritten zu werden, in Skandinavien geht die schwarze Form vielleicht bis 68°, die rothe bis 50°. Die weisse Varietät soll bis zu 70° reichen (XVI). Auffallend bleibt es, dass in Britannien nur die schwarze vorkommt. Gerstfeld (über Land- und Süsswassermollusken Sibiriens und des Amur-Gebietes) giebt den A. ater von Sibirien (Jokutsk, Amur und Wilni) an, fügt aber selbst hinzu: „wenn meine Bestimmung richtig ist“. Ich möchte die Frage noch ganz offen lassen. Arion subfuscus entstand entweder in Nord-Spanien oder im Pyrenäen- Gebiet; er verbreitet sich die Alpen entlang bis Siebenbürgen und geht über Central-Europa in Skandinavien bis 71%. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er 1) Anmerkung. In Locard’s Katalog sind alle sieben Arten in ihrem Auftreten auf ein Vierteljahr oder weniger beschränkt, meistens Winter und Frühjahr. Wenn ich nun selber auch die einjährige Lebensdauer der Arionen glaubte feststellen und betonen zu sollen, so sind doch die Jungen keineswegs so versteckt als etwa bei den Vitrinen, daher der Kreis- lauf auf so gut durchforschtem Boden wohl durch das ganze Jahr zu verfolgen wäre. Der- artige Bestimmungen legen, namentlich wenn jene Monate in den Jahresanfang fallen, den Verdacht gar zu nahe, dass Jugendformen zu Arten erhoben werden. Noch ein anderer Punkt macht jenen Katalog sehr verdächtig, die Concentration der Species um Paris. Es ist anzunehmen, dass die Arten vielmehr nach Westen zu sich verwischen und dadurch die Auf- stellung neuer Arten als Uebergänge rechtfertigen; leider aber wird man in dieser Hinsicht völlig enttäuscht. 374 Dr. Heinrich Simroth. (p. 174) iiber Sibirien vordringt. Auf Island scheint er gemein zu sein. Der brunneus muss als eine Farbenvarietät aufgefasst werden. !) Der Arion hortensis kann fast bis Nordportugal verfolgt werden. Er bleibt eine Siüdform, die in Deutschland im 52. Parallel ihre Nord- und wahr- scheinlich im Centrum ihre Ostgrenze hat. Dagegen überzieht er ganz Italien. Der Arion Bourguignati scheint westlich nicht über Mittel- und Nord- frankreich hinauszureichen. Dagegen geht er südlich bis (Ober-?) Italien, östlich bis Siebenbürgen, nördlich in Skandinavien bis 69°, nordöstlich über Russland bis zum Ural und wahrscheinlich bis weit nach Sibirien. Auf den minimus komme ich zurück (s. u.). Die Deutlichkeit, mit welcher die Arionen ihre Wurzel von West- europa herleiten, im Gegensatz zu den von Bourguignat angenommenen Verbreitungsgesetzen, macht es höchst unwahrscheinlich, dass im Mittel- und nordeuropäischen Gebiet neue Arten sich herausgebildet haben, daher ich den skandinavischen eitrinu«s Westerlund als irgend einen Rothalbinismus, wahr- scheinlich vom subfuscus, ansehen muss. Schöpfungsgebiet. Bei allen ächten Arioniden sind die Copulations- organe weiblich, bei Arion ist der Oviduct, bei Geomalacus der Blasenstiel zur Ruthe geworden; letzterem steht als indifferentestes Glied die Letourneuzxia am nächsten, denn bei ihr fasst der Genitalretractor bloss am Blasenstiel an, und man braucht ihn nur kräftiger wirken zu lassen, um etwa die Verhält- nisse des Geomalacus herauszubringen. Gleichwohl hat diese Form die Genitalöffnung weit nach vorn verlegt, während Arion die ursprüngliche Lage nahe dem Athemloch (s. Schlusskapitel) beibehalten hat. Die Schale ist gleichfalls bei Letourneuxia wohl die einfachste, mässig verdickt. Aus ihr kann man die Verstärkung beim Geomalacus ableiten, während sie um- gekehrt beim Arion zum Zerfall neigt. So genau also alle Strahlen der Arioniden von Nord und Süd, Nord- ost und Ost im westlichen Theile Europas zusammenlaufen, so wenig gelingt !) Anmerkung. An der angeführten Stelle sagt Gerstfeldt: „Vielleicht wird sich in Sibirien 4. subfuscus Drap. finden, welchen Middendorff in Finnland bis zum Polarkreise und im russischen Lapplande bis fast zu 69° n. Br. beobachtete und welchen derselbe Natur- forscher auch aus dem Ural erhielt. Middendorff ist selbst geneigt, diese Art für eircumpolar zu halten“. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 175) 375 es, eine letzte und einheitliche Wurzel auszuspüren, ganz im (Gegensatz zu den anatomisch viel mehr differirenden Zimaces mit ihrer Zurückführung auf den Kaukasus. Man wird anzunehmen haben, einmal dass die Schöpfung der Familie weit zurückreicht, zweitens dass sie sich mehr weniger auf ver- sunkenem Boden vollzog. Damit soll natürlich nicht gewaltsam der Versuch gemacht werden, wiederum dort Land zu beweisen, wo Tiefen von über 5000 m gelothet wurden. Im Gegentheil hat Wollaston aus der Mollusken- fauna der atlantischen Inseln längere Trennung gefolgert, und meine Ansicht von der Entstehung der Plutonia schneidet die Azoren sowohl von Europa als Amerika noch schärfer ab. Das Atlantisrätisel kommt nicht in Frage. Die Geologie weist vielmehr, von jenen Süsswasserbildungen abgesehen (siehe Einleitung), darauf hin, dass die Westabhänge des spanischen Plateaus streckenweise lange Zeit die Küstenlinien bildeten, dass das Tertiärmeer seine Sedimente in den Niederungen des Tejo, Guadiana und Guadalquivir ablagerte.e Und ich habe nicht nöthig, zur Erklärung der Verbreitung etwa die 1000-Faden-Linie heranzuholen, die vom Cap Vincent ziemlich gerade süd- wärts nach Marocco zieht. Sie verliert ihren Werth im Norden, insofern als der biscayische Golf, welcher die Landverbindung zwischen den auf flachem Meeresboden liegenden Irland und Asturien für die Verbreitung des Geom. maculosus herstellen müsste, über 5000 m einsinkt. Auch kann man demnach keineswegs die eigenartige Ausbreitung der speciell hesperischen Art, des Arion lusitanicus, durch die alte Ausdehnung des Festlandes erklären, wohl aber wird man der letzteren nicht entrathen können, um die ver- schiedenen Arion-, Letourneuxia- und Geomalacus-Arten noch enger auf einen gemeinsamen Herd zusammenzuschieben. Der charakteristische Mangel aller Arionen auf den Canaren und aller @eomalacus auf Madeira, sowie die Verbreitung der Letourneuxia lässt wohl die iberisch-afrikanische Verbindung besonders geeignet erscheinen, zumal Kobelt gezeigt hat, dass sie viel breiter gewesen sein dürfte als die Säulen des Herkules. Andererseits kann man sehr wohl daran denken, dass gerade die Bucht des Tertiärmeeres im heutigen Tejo- und Sadobecken die "Trennung abgegeben habe für eine Südhälfte, aus der sich die Ariunculus-Gruppe, und eine Nordhälfte, aus welcher sich die central- und nordeuropäischen Arionen herausbildeten. Sehr auffallend bleibt es, dass sich der Arion timidus, das Bindeglied zum Ariunculus, kaum vom spanischen 376 Dr. Heinrich Simroth. (p. 176) Rande gegen die portugiesische Niederung hin entfernt. Es ist sehr wohl möglich, dass diese Art mit ihren Varietäten theils das trockene castilianische Plateau, theils die Scheidegebirge bewohnt. Arion minimus. Wahrscheinlich ist die Rechnung mit tertiären Zeiten eine viel zu be- scheidene für die erste Herleitung der Arioniden. Wenn die grosse '"Tejo- bucht in die vorhergehende Fauna einschnitt, so musste diese bereits ent- wickelt sein. Aber noch mehr, die gesammte portugiesische Arionen-Gruppe hat, wie sie jetzt vorliegt und bekannt ist, ihr ursprünglichstes Glied ein- gebüsst, den minimus nämlich. Auf den Azoren ist er noch erhalten in der indigenen Zone auf den Höhen. Das T'hierchen!) taucht an sehr verschiedenen Punkten des Erdballes auf, in Nordamerika auf der Westküste (?), in Central- europa, im Amurlande!) und auf Neuseeland. Man könnte die Verbreitung durch den Verkehr annehmen wollen. Indess das Schneckchen meidet des Menschen Nähe. Fern von Wohnungen liebt es den moosigen Waldboden, namentlich die Nadelwälder, wo es sich fast ausschliesslich oder ganz allein 1) Anmerkung. Pollonera hat in einer seiner sorgfältigen Publikationen neuerdings eine Anzahl Arionen, sowie ihre Anatomie, abgebildet. Einige Exemplare, die er mir freund- lichst übersandte, erlauben mir weitere Identificirungen. Zunächst muss ich Pollonera Recht geben, wenn er meinen früheren Versuch, die Arionen auf Grund des deutschen Materiales zu gruppiren, umstösst. Ich selbst bin durch die Erweiterung der Kenntnisse von der Eintheilung in Mon- und Diatriidae zurückgekommen, wovon vorstehender Abschnitt Zeugniss giebt. Andererseits weiche ich in der Auffassung der Arten ab. Der Arvon sub- fuseus, den Pollonera vom grossen St. Bernhard abbildet, entspricht mehr der alpinen var. nivalis als dem gemeinen deutschen. Fig. 12 und 13 von Zegorari (XXXIX) weisen auf den brunneus (früher glaubte ich die Form nach der Schilderung ohne Abbildung zum subfuscus schlechtweg ziehen zu sollen), der Karlsbader brunneus zeigt durch den Bindenrest, dass er ein einfacher subfuseus, wie ich früher behauptete. Namentlich aber muss ich Pollonera’s fuscus von Vegesack, den ich selbst lebend besass, für den gemeinen etwas kleinen subfuseus erklären (ein neuer Beitrag zum Kapitel von der fuseus-Confusion), ebenso wie der Arzon Bavayi von Brest. Den 4. neustriacus und subcarinatus von Piemont kann ich nach anatomischer Prüfung nicht vom Bourguignati trennen. — Nach Pollonera’s exacten Figuren ist es nicht schwer, sich herauszufinden. Die der Franzosen sind meist sehr elegant, aber da häufig nicht vom Autor selbst herrührend, oft in den wesentlichsten Punkten nicht präcis. So wäre mir es unmöglich gewesen, in den sehr hübschen Figuren des Arion verrucosus (VIIL „Arnoul del.“) das wirkliche Thier wiederzuerkennen. Die grob polygonale Runzelung wird zu feinen dichten Längskämmen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 17%) 3% von Pilzen nährt. Die Verbreitung muss eine weit ältere und allgemeinere sein. Das Thierchen ist ein Reliet aus früherer Epoche, wie Neuseeland so manche bewahrt hat. Die Zwischenform zwischen ihm und den portugiesischen Formen ist verloren gegangen. !) Und wenn wir jetzt den Schöpfungsherd für die Familie nach Westeuropa verlegen, so beweist das nur, dass sich dort Bedingungen vorfanden, die einer allgemein verbreiteten kleinen T'hierform den Anstoss gaben zur kräftigen Weiterentwickelung (siehe achtes Kapitel). Aussereuropäische Gattungen. Es war natürlich, sich jenseits ‘des Ozeans umzusehen, ob auch dort verwandte Gattungen hausen und inwie- weit sie mit der vermuthlichen Urform übereinstimmen oder Schlüsse auf deren Eigenheiten gestatten. In der "That haben die Gattungen Prophysaon, Ariolimax und Philomycus bezüglich das verwandte Meghimatium alle ‘einige hervorstechende Züge mit den Arioniden gemein, ohne dass indess die eine oder andere ihnen näher stände. Prophysaon und Ariolimax haben dieselbe merkwürdige Niere und den gleichen Kiefer, und der erstere die -Arionmuskulatur, auch passen seine Genitalien einigermaassen zu Arion, er ist überhaupt die Schnecke, die am meisten noch dem Arion sich nähert; denn wenn auch die Schwanzdrüse fehlt, so ist doch wohl das eigenthümliche Ende, wie wahrscheinlich auch jene, unmittelbar auf die embryonale Schwanz- blase zurückzuführen und damit gerade ein hervorragend atavistisches Merk- mal. Arzolimax hat zwar die Schwanzdrüse, weicht aber dureh die Muskulatur _ und die Fussdrüse stark und nieht wenig auch durch die Genitalien ab, wiewohl auch sie der Complicationen an den Endwegen entbehren. Uebrigens fehlen beiden Gattungen die Drüsen am Atrium, und die Aufwindung des Darmes ent- fernt sich wesentlich von der der Arioniden. In letzterer Hinsicht gleicht ihnen wieder ganz genau der Philomycus (Meghimatium), der allerdings einen anderen !) Anmerkung. Schrenck (Reisen und Forschungen im Amurland) beschreibt von dort den Arion hortensis Fer. Bei der vielfachen Verwirrung bezüglich dieser Art scheint mir es namentlich nach der Beschreibung des 5 mm langen jungen Thierchens viel naturgemässer, die Art auf den sminzmus zu beziehen. Die Binden auf dem Rücken sollen schmal, aber scharf begrenzt sein, beim Jortensis dagegen sind sie von Anfang an nach aussen verwischt und dergleichen. > Anmerkung. Durch den Arion Mollerüi Poll. ıst, wie oben bemerkt, ein Vertreter des minimus (s. intermedius) in Portugal nachgewiesen. Nova Acta LVI. Nr. 2. 48 378 Dr. Heinrich Simroth. (p. 178) Kiefer hat. Der merkwürdigste Zug, der ihn den Arioniden nähert, ohne dass es freilich äusserlich auffällig wäre, ist die gewaltige Ausdehnung des Mantels und der Schalentasche nach hinten, wie denn beim Geomalacus eine gleiche Richtung für das Wachsthum der Mantelorgane sich ergab, woraus die Lage des Athemlochs vor der Mantelmitte sich erklärt. Wenn die meisten Arion-Arten ihr Schälchen in einen Kalkbrei zerfallen lassen, so ist es beim Philomycus ganz geschwunden. Redueirt man bei diesem Mantel und Mantelhöhle auf den Umfang, den sie bei Arion einnehmen, dann folgen von selbst die Retractoren in die entsprechende Lage. Die Genitalien haben auch Aehnlich- keit, wenn auch die Patronenstrecke durch einen Retractor zum Penis geworden und das obere Atrium (kein besonderer Pfeilsack) bei einer Art mit einem kalkigen Reizkörperchen ausgerüstet ist. Sonst fehlen die Anhangsorgane, das untere Atrium aber trägt den Drüsenkranz der Arionen. Die Niere freilich liegt nur einseitig dem Herzen an, sie scheint andererseits auf niederer Stufe zurückgeblieben zu sein. Ueberhaupt trägt Philomycus noch einige weitere atavistische Züge an sich, die Art der Ernährung von Pilzen und Raub und die weite geographische Verbreitung dieser Nacktschneckengruppe über Öentral- und Nordamerika, die Sandwichinseln, Japan, Formosa, China, Indien und Java (XXX), ein beachtenswerthes Moment, da sonst die viel grössere Expansionskraft der europäischen Binnenmollusken gegenüber den Exoten bekannt ist. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 179) 379 Fünftes Kapitel. Ueber die geologische und geographische Verbreitung der nackten Stylommatophoren. Die genauere Durcharbeitung des verschiedenen Nacktschneckenmate- riales ergiebt einen viel grösseren Reichthum an anatomischer Gliederung, Schöpfungsherden, origineller, mit der für die übrigen Landthiere giltigen Ge- setzen differirender Verbreitung, als man im Allgemeinen bisher annahm. Ja die Summe dieser, sowie der biologischen 'T'hatsachen scheint darauf hinzu- weisen, dass man für die Erklärung sehr weit ausholen und bis zu Perioden der Vergangenheit zurückgehen müsse, die nicht immer und nicht leicht heran- gezogen werden dürfen, um die jetzige 'I’hierwelt mit den Vorfahren und unter einander zu verknüpfen. Es versteht sich von selbst, dass ein solcher Versuch viel Problematisches hat: gleichwohl mag er, abänderungsfähig wie er ist, den ersten Anlass geben, um durch künftige Diskussion das verwickelte System äusserlich convergenter, innerlich sehr verschiedener T'hiere auf wissen- schaftlich immer festere Grundlage zu stellen. A. Das geologische Alter der Pulmonaten, insbesondere der Nacktschnecken. Nach Bronn fehlen die Iungenschnecken im palaeo- und mesolithischen Zeitalter, im kaenolithischen sind 530 Arten aufgefunden, denen 5700 recente gegenüberstehen. „Wie sehr diese Angaben“, fügt Zittel hinzu: „einer Revision bedürfen, mag daraus hervorgehen, dass gegenwärtig... mindestens 00 fossile Pulmonaten bekannt sind, wovon 2 in palaeozoischen (carbonischen) Ablagerungen, 7 in Purbeckschichten, 2 im Wealden und 20—25 in der mitt- leren und oberen Kreide“. Die Anzahl der lebenden Species lässt sich schwer abschätzen wegen der immer stärker aus einander gehenden Auffassung des Artbegriffes. Uebrigens beschränken sich die Funde der Landpulmonaten oder 48* 380 Dr. Heinrich Simroth. (p. 180) Stylommatophoren, von den carbonischen abgesehen, auf die Kreide und die darüber liegende Schichten, da die älteren, so viel ich sehe, den Branchion- pneusten oder Basommatophoren zuzuschreiben sind. Jene carbonischen Funde gehören bekanntlich Pupa- und Zonites-ähnlichen 'T’hieren an; es wird nichts schaden, wenn wir der durch einander gehenden Terminologie und der grösseren Gebräuchlichkeit der Gattungsbezeichnungen Rechnung tragend, für Zonites Hyalina setzen. Bei der Uebereinstimmung, mit welcher sie von den competen- testen Autoren für Pulmonaten und nicht für Neurobranchien genommen werden, ist ein Zweifel an ihrer systematischen Stellung wohl nieht mehr erlaubt, zumal die Pupa oder Dendropupa von Fischer auch im Perm des Dep. Saöne- et-Loire wieder aufgefunden worden ist (Compt. r. 1855). Sollen wir wirklich annehmen, dass in dem ungeheuren Zeitraume zwischen Kohle und Kreide keine Pulmonaten existirten? dass jene Urformen, als ein vorübergehender Prototyp, wieder erloschen? Dem steht ihre hohe Aehnlichkeit mit modernen Formen entschieden entgegen. Wenn sie also sich forterhielten und gewiss weiter umbildeten, — lassen sich dann Gründe für den Mangel ihrer Petrifieirung geltend machen? Mir scheint die Antwort nicht allzu schwierig. Unter den ältesten Formen, die nach jener langen Pause in der Kreide oder dem Eocän auftauchen, sind zunächst wieder Hyalina und die verwandte Vitrina, und Bulimus, bei dem man zweifelhaft sein kann, ob man ihn zu dieser Gruppe oder zu der der gestrecktschaligen engmündigen (die allerdings zunächst noch keine bestimmte Umgrenzung hat, da auch unter denen mit gedrückten Ge- häusen genug conoide Formen auftauchen) zu rechnen habe. Ausserdem setzen gleich Helices ein. Diese aber scheinen bereits einen Charakter an sich zu tragen, der auf weit gehende Umbildung hindeutet, die ungetheilte Sohle nämlich, von der früher gefolgert wurde, dass sie die secundäre Stufe darstellt. Schon das weist auf eine uns bis jetzt verborgen gebliebene lebhaft divergirende Fauna in der Zwischenzeit hin. Der Grund, dass sie verloren, scheint mir im früheren Zustande der Erde zu liegen, namentlich in klimatischen Bedin- sungen, die, ohne die Zonen zu scheiden, eine gleichmässig tropische Temperatur und. was noch richtiger, eine gleichmässige Feuchtigkeits- und Wolkendecke iiber den ganzen Erdball ausbreiteten. Erst die Zonenscheidung brachte die Verschiedenheit des Klimas, sie erst legte weite Gebiete, so zu sagen, auch von oben trocken. Damit scheint der Anstoss gegeben zu sein zur Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauma etc. (p. 151) 381 Verdickung des Gehäuses, die, bei den marinen Verwandten zunächst ein Sehutz gegen die Brandungswelle, bei denen des Landes als ein solches gegen die Trockniss sieh einstellt. Die muthmaassliche Zartheit der Schale also erklärt den Mangel oder die Seltenheit der Funde in palaeo- und meso- lithischen Schichten. Die Fauna der Gehäuseschnecken verdankt der relativ jungen Zonenscheidung den Entwiekelungsantrieb.!) Vorher herrschten wohl in mässiger Zahl dünnschalige Dauertypen und in reicher Entfaltung vermuthlich Nacktschnecken. Die von mir vertretene Auffassung, dass ihre Bildung geradezu auf ungewöhnlicher Feuchtigkeit ihrer Wohnplätze beruht, muss an und für sich schon geneigt machen, ihnen unter den Bewohnern der Erde in früheren Zeiten allgemeiner Feuchtigkeit, welche die riesigen (Grefäss- kryptogamen zeitigten, eimen hervorragenden Platz einzuräumen. Aber sie sowohl, als jene Hyalinen und Vitrinen, tragen noch jetzt vielfach eine Menge Züge an- sich, welche auf ein hohes geologisches Alter hinweisen. Mittel zur Altersbestimmung. a. Chorologische und biologische Kennzeichen. Von vielen Nacktschnecken steht es so gut wie fest, dass sie von beschalten abstammen, für Plutonia suchte ich es .direet zu erweisen, die afrikanischen nackten Zoni- tiden, die Limaciden, überhaupt wohl alle, welche die Retractoren für den Pharynx und die Fühler in eine Muskelwurzel zusammenfassen, sind so zu beurtheilen, denn diese Wurzel kann nur auf den Columellaris, also auf die Spindel des Gehäuses bezogen werden. Andere, wie die Arioniden oder die Mesommatophoren, haben dieses Merkmal entweder abgestreift oder gar nicht besessen. ‚Jene erste Gruppe ist unter dem Einflusse der Feuchtigkeit ent- standen. Wenn sie also jetzt noch, ihrem Integument entsprechend, ängstlich das Trockene meiden, so kann man das eben sowohl als erworbene Eigenthümlich- keit deuten, wie als ursprünglich. Gleichwohl scheinen die Nacktschnecken sammt Vitrinen und Hyalinen als ein Rest einer früheren allgemeinen Feuchtig- 1) Anmerkung. Die neuere Geologie scheint allerdings der von Einigen vertretenen Annahme, dass sich die Zonenscheidung erst im Tertiär vollzog, nicht mehr zuzuneigen; viel- mehr sind solche Voreänge ungleich weiter zurückzuschieben. Das ändert die vorliegende Frage bloss insofern, als eine gewisse locale Beschränkung der alten Pulmonaten, dünnschaliger und nackter, zeitweilig eintrat. 3832 Dr. Heinrich Simroth. (p. 152) keitsfauna gelten zu müssen. Und wenn z. B. die Limaces, soweit sie im Freien leben, die im Allgemeinen trockneren Nadelwälder, in denen sie sich viel ängstlicher verbergen müssen, bevorzugen, so kann das zwar zum Theil aus dem grösseren Pilzreichthum der Localität erklärt werden!), noch mehr aber aus der Schöpfung zu einer Zeit, in der die Coniferen vorwogen, etwa im Wealden, allgemein im mesozoischen Zeitalter. Charakteristisch ist es jeden- falls, dass jene einheimische Art, welche aus anderen Gründen als die zuerst eingewanderte erschien, der L. tenellus, am massenhaftesten in den Nadelholz- beständen, mögen sie selbst auf sandigem Haideboden wachsen, auftritt. Er hat sich den neuen Bedingungen dadurch angepasst, dass er seine Jugend während der trockenen Jahreszeit unterirdisch verbringt, während er in der nassen und kalten mit den Pilzen über der Erde erscheint. Die grossen und anatomisch complieirteren, also später entstandenen Arten haben eine neue Lebensweise angenommen, die immerhin noch von den krautfressenden Heliceen weit abweicht. Leider sind wir bei unserer geringen Kenntniss des biologi- schen Verhaltens nur auf tastende Versuche an einzelnen Beispielen angewiesen, immerhin dürfte die Bezeichnung Papa „muscorum“ (im Zusammenhalt mit dem Mangel der unteren Fühler bei vielen kleinen Puppen) mehr als den zu- fälligen Aufenthalt andeuten, die uralte Entstehung nämlich zur Zeit der Kryptogamenherrschaft; eine Reihe verwandter würde sich anschliessen. 1!) Anmerkung. Die von mir mehrfach vertretene Behauptung, dass die Nacktschnecken des Waldes, soweit sie phykophag sind, das Nadelholz bevorzugen, weil daselbst die Pilze vor- wiegen, beruht mehr auf eigener Erfahrung und der Gewohnheit der Pilzsucher, die im Nadel- wald ihre besten Ernten halten, als auf wissenschaftlichen Angaben der Handbücher, die leider in dieser Hinsicht ziemlich im Stiche lassen. Um die botanische Seite jener Behauptung wo- möglich einigermaassen zu begründen, stellte ich die Angaben in „Lenz, Die Schwämme“, 5. Auf- lage, Gotha 1874, zusammen, einem Buche, das lediglich in praktischer Hinsicht geschrieben ist. Hier findet sich hinter den angeführten Species, mit Ausnahme der unterirdisch wachsenden Trüffeln, die weniger in Betracht kommen, 35 mal als Standort „Laubwald“, 57 mal „Nadel- wald“, 63 mal „Wald“ schlechthin. Von der letzteren Summe würde wohl noch eine ganz beträchliche Menge, nämlich fast aller Bestand auf Sand- und Haideboden, sowie der meiste Gebirgswald auf Seite der Nadelwälder treten, wobei man allerdings insofern nicht zu peinlich sein darf, als man die seltener im geschlossenen Bestande auftretende Birke meist oder doch sehr vielfach in die Gefoleschaft des Nadelwaldes zu stellen hat. Und so scheint es allerdings, als wenn nicht nur die besonderen, bei den Nacktschnecken beliebten Agaricus- und Boletus- arten, sondern ihre grösseren Vertreter im Allgemeinen weit mehr auf Nadelhölzern schmarotzen, als auf Laubhölzern. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 183) 383 Mehr noch als der Aufenthalt gestattet uns die geographische Ver- breitung Schlüsse zu ziehen. Freilich haben wir in jüngster Zeit manche Arten, am stärksten wohl die elir aspersa, über ungeheuere Gebiete, dem Menschen folgend, wandern sehen, und es wäre vermessen, daraus einen Schluss auf hohes Alter zielen zu wollen, so wenig als beim L. maximus oder namentlich variegatus. Aber wenn Schnecken, deren Lebensverhältnisse sie von den menschlichen Behausungen entfernen, auf anderen Strassen als denen des Völkerverkehrs, namentlich in nahe verwandten, stellvertretenden Arten weithin sich ausbreiten, Schnecken, die zu leichtem "Transport nicht veranlagt erscheinen, und wenn die- selben unter anderen Gesichtspunkten für die Altersbestimmung immer wieder auftauchen, dann scheint der Schluss gerechtfertigt, dass sie ihre praehistorischen Wanderungen nur im Laufe sehr langer Zeiträume ausführen konnten. Hierhin ge- hören vor Allem die Hyalinen und die Vitrinen, vielleicht auch die Suceineen, die dem Systematiker so viele Mühe machen. Fischer zählt (Manual S. 194) als kosmopolitische Gattungen der Binnenmollusken auf: Helix, Succinea, Linnaea, Physa, Ancylus, Unio, Anadonta, d. h. von noch nicht genannten eigentlichen Landschnecken nur Helix, die als dickschalige Krautfesser ganz gewiss am häufigsten mit Pflanzen verschlagen werden und wurden, am leichtesten unter dem Schutz der Schale den 'T'ransport überstehen und ohne Mühe am neuen Wohnort ihre Nahrung finden konnten. Die Hyalinen scheinen zwar auch zum Theil in historischer Zeit erst gewandert zu sein, und die Wanderung ist durch die Bergung in die Schale erleichtert. Immerhin bleibt ihr enormes Gebiet (nur aus Afrika südlich der Salıara und aus Indien werden keine an- gegeben) räthselhaft ohne die Annahme hohen Alters und allmählicher Zer- streuung und Eroberung. In erhöhtem Maasse gilt das von den Vitrinen. Sie sollen eigentlich nur dem warmen Amerika fehlen. Fraglich mag es bleiben, wie weit die central- und südafrikanischen zu Helicarion übergehen; das Ge- biet bleibt trotzdem enorm. Und bei ihren Lebensgewohnheiten haben sie möglichst wenig Aussicht, von einem Orte in die Umgegend weit auszustrahlen, denn sie meiden des Menschen Nähe (Garten und Speicher), sind bei uns in der kalten Jahreszeit, in welcher der Mensch die wenigsten Naturproduete einheimst und versendet, munter und gehen schon bei geringer Trockniss, die bei 'Transporten unvermeidlich, zu Grunde. Wenn man bedenkt, dass die atlantischen Vitrinen gewiss schon seit der früheren Tertiärzeit (nach unseren 334 (IR Dr. Heinrich Simroth. (p. 154) Kenntnissen von den Azoren) nach den verschiedenen Inseln verschlagen wurden, und dass sie trotzdem kaum mehr verändert haben, als ihre zarte Schale, dann muss man für die Herausbildung der anderen Vitrinengruppen, die in den Geschlechtsendwegen so stark abweichen, lange Zeiten in Anspruch nehmen: die Vitrinen waren viel früher da, als Schalenreste von ihnen auf uns gekommen sind. Ganz ähnlich ist der Schluss für die Ackerschnecken, von denen der einfache Agr. laevis sein Gebiet so merk- würdig nach Osten ausgedehnt hat, ganz ähnlich für den sporadischen Arion minimus, für den Philomycus, der von Centralamerika über China und Japan bis Java reicht. Schon die Verbreitung allein lässt uns vermuthen, dass (die Limaces „eine europäische Gattung“, später entstanden als die Acker- schnecken, unter denen Agr. laevis ausser Helices die einzige Schnecke iüber- haupt sein dürfte, die, weit in der alten Welt verbreitet, sich den ganzen amerikanischen Continent erobert hat. Umgekehrt, wenn die Testacellen anatomisch von den Daudebardien und durch diese von den Hyalinen sich ableiten lassen, dann zwingt das Vor- kommen jener im frühen 'Tertiär und in der Kreide zu der Annahme, dass die scheinbar erst später auftretenden Daudebardien bereits beträchtlich älter sind als eben Testacella. und auch das zeigt wiederum, wenn der Schluss von ler Phylogenie richtig ist, das frühe Vorhandensein der Hyalinen, an welche wir die Daudebardien anknüpfen. Im Allgemeinen kann auch die anscheinend scharfe geographische Beschränkung der Testacellen durch lange Zeiträume den Schluss auf das viel höhere Alter der schwer ausstrahlenden und doch ungleich weiter verbreiteten Vitrinen nur unterstützen. Andererseits erscheint die Plutonia als ein sehr junges Glied, möglicher Weise die jüngste Gattung der Nacktschneckenwelt. Einen hübschen Aufschluss geben jene versprengten Formen im warmen Neckarthal. Das Vorkommen der Amalia gagates wurde von besten Ken- nern wiederholt in Zweifel gezogen. Da wir aber jetzt Vitrina brevis anders haben beurtheilen lernen, als ein Reliet nämlich der oberitalienischen Fauna, das entweder durch die Erhebung der Alpen oder dureh die Glacialzeit (mit mehr Wahrscheinlichkeit wohl durch erstere) abgeschnitten wurde, so erscheint die gagates unter gleichem Gesichtspunkte und mit ihr die rothe Form des Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 185) 385 Limazx mazimus!). Man darf daraus folgern, dass diese drei T’hiere (zu denen eine genaue Prüfung vielleicht noch mehr Schnecken hinzufügen wird) früher ein grösseres Territorium bewohnten, nämlich das gesammte noch nicht so hohe Alpengebiet. Umgekehrt scheint aber auch Oberitalien solche Relicte der nordischen deutschen Fauna zu beherbergen, nämlich die sonst nur im Binnenlande verbreitete Amalia gracilis, die Hesse auf den euganeischen Hügeln entdeckte, und den Arion empiricorum. Die Erhebung des Gebirges schnitt ihr Gebiet entzwei, wobei den 'T'hieren nichts anderes übrig blieb, als ent- weder bei höherem Emporsteigen sich den neuen Bedingungen anzupassen oder einzugehen. Die Amalien werden im Allgemeinen in den Alpen ver- misst, nur die Robiei in Krain ist Gebirgsart geworden; die Vitrina brevis ist in die vicarirende fruncata etc. der grösseren Höhen abgeändert, der Arion empiricorum vermochte den höheren Lagen nicht gerecht zu werden und ging zu Grunde, der Limax maximus erhielt neuen Anstoss zur Erzeugung fast un- gezählter Farbenvarietäten. Es ist möglich und wahrscheinlich, dass in dieser Anschauung sich noch Manches durch weitere Untersuchungen ändern wird aber im Allgemeinen dürfte der Schluss erlaubt sein, dass jene Arten bereits da waren, bevor die Alpen den Hochgebirgscharakter erhielten. b. Die Nahrung. Je ausschliesslicher sich echte Raubschnecken, wie es scheint, im Meere sowohl als auf dem Lande, auf einen geringen Kreis ganz bestimmter Beutethiere beschränken, um so weniger thut es im Allgemeinen das Gros der krautfressenden Stylommatophoren, für welches vielmehr die physikalischen Eigenheiten der Blätter, Saftreichthum, zarte Epiderm und dergleichen maassgebend sind, als die Pflanzenart. Auf keinen Fall kann von einer so ausschliesslichen Anpassung die Rede sein, als die, wofür haupe und Futterpflanze das bekannteste Beispiel bilden. Dennoch kann man in der Ernährung gewisse Kategorien ausfindig machen, die allgemeinere Anhaltspunkte ergeben und die Schnecken in ihren Nahrungs- mitteln sehr conservativ erscheinen lassen. 1) Anmerkung. Die nahe liegende Annahme, das Auftreten im Neckarthal durch Einwanderung von Südfrankreich her über das Rheinthal zu erklären, findet weder in der sonstiger Verbreitung der quaest. Arten eine Stütze, noch lässt sich es mit dem Vorkommen nördlicher Arten, die auch das höhere Gebirge meiden, in Oberitalien in Zusammenhang bringen. Nova Acta LVI. Nr. 2. 49 386 Dr. Heinrich Simroth. (p. 156) Die Ableitung der Stylommatophoren von den Branchiopneusten ist wohl allgemein aufgegeben; wenn auch einige dieser Siüsswasserbewohner Neigung zeigen, sich dem Landleben anzupassen, so scheint es doch sicher, dass die Anknüpfung bei den marinen Opisthobranchien gesucht werden muss, und von mehr als einer Gruppe (Vaginula ete.) nimmt man ihre selbst- ständige Herleitung von verschiedenen Seeschneckenformen an; ich glaubte, den bekannten noch die Athoracophoriden hinzufügen zu sollen. Die Hinter- kiemer sind aber entweder auf Raub, oder wenn Vegetarier, auf Algen angewiesen. Bei der grossen Verschiedenheit der Meeres- und Landflora hat es den Anschein, als ob Raubschnecken die Auswanderung aufs Land viel leichter hätte werden miissen, weil eine weit geringere Abänderung der Er- nährung von ihnen verlangt wurde. Gleichwohl fällt dieser Gedanke bald in sich zusammen, theils wegen der vorhin erwähnten Beschränkung auf gewisse Beutethiere, Regenwiirmer, bestimmte Landschneckenarten und dergleichen, theils weil die Untersuchung der Landraubschnecken diese als eine durch Convergenz von verschiedenen pflanzenfressenden oder omnivoren Familien entstandene Gruppe charakterisirt. Die Herleitung mag sehr wohl an fleischfressende Hinterkiemer anknüpfen, worüber wir kaum Bestimmtes erfahren werden, aber diese mussten sich dann anderer Nahrung anbequemen. Was bot sieh ihnen? Im Allgemeinen dürfte die alte Kryptogamenflora, wie jetzt noch die Schachtel- halme, eine feste Oberhaut gehabt haben, die ihre Petrifieirung so sehr erleichterte, und nur ausnahmsweise haben sich einzelne Schneekenformen zu ihrer Benutzung entschlossen, so gingen, wie es scheint, die Athoracophoriden die Fame an, die jetzt wohl durchweg verschmäht werden, und die pupen- ähnlichen, thurmförmig gestreckten, engmündigen die Moose. Auch bei Vitrinen finden sich gelegentlich Moosblättchen im Magen. Im Grossen und Ganzen boten sich von weichen Futterstoffen vielmehr die Pilze!) oder zunächst etwa die in der Uferzone verwesenden, mit Fäulnisspilzen geschwängerten Tang- massen, von wo der Uebergang zu dem faulenden, humösen Untergrunde der alten Wälder erfolgte; thierische Leichen wurden aus ähnlichen Gründen an- eenommen, und gelegentlich stellten cannibalische oder überhaupt Raubthier- geliiste sich ein, aber nicht mit der erst später erworbenen Exclusivität der 1) Anmerkung. Dass die Pilze uralte Pflanzenformen sind, versteht sich von selbst; interessant aber bleibt der Nachweis eines Agaricus im Miocän. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 157) 35% kaubschnecken. Wenn in den letzten Jahren von Seite der praktischen Chemie vielfach auf den geringen oder doch überschätzten Nährwerth der Pilze für den Menschen hingewiesen wurde, so bleibt doch in der niederen Thierwelt die nahe Verwandtschaft der Phykophagen mit Carnivoren bemerkens- werth. Auf diese Weise werden jene ersten Landschnecken mehr weniger Oimnivoren, doch mit hervorstechender Vermeidung des Kräutergenusses, nur die pupa-artigen scheinen von Anfang an herbi- resp. muscivor gewesen zu sein. So sehen wir die Vitrinen und Hyalinen sich am liebsten im ver- wesenden Laube des Waldbodens umhertreiben, wo sie bald dieses, bald thierische Leichen, bald die verschiedensten lebenden T’hhiere, seltener Moose und am seltensten Kräuter verzehren. Schon die Vertheilung ihrer Lebens- energie nach den Jahreszeiten und die Beschränkung des erwachsenen Zu- standes auf die kälteren Monate (in unseren Breiten) zeigt ihre hohe Unab- hängigkeit, ja ihre Gegensätzlichkeit zu der Entfaltung der Laub- und Krautbedeckung. Die nach ihrer geographischen Beschränkung wahrschein- lich später von den Vitrinen abgezweigten Limaces sind in der Ernährung der Stammform treu geblieben, sie sind mit gleicher Vorliebe Pilzfresser und wenig wählerische Raubthiere geworden; und wenn die grossen Formen, mazximus und variegatus, jetzt auch allerlei zarte Gemüse nicht verschmähen, so gehört doch die ausschliessliche Beschränkung der jungen freilebenden maximus auf die Pilznahrung, welche ihre Erhebung zu der Species L. fungivorus veranlasste, recht eigentlich unter das biogenetische Grundgesetz, die Ernährungsweise der ‚Jungen ist ein atavistisches Merkmal. Die Daudebardien, die sich an die Hyalinen anreihen, scheinen noch weniger exclusiv in ihrer Fleischnahrung, als die erst von ihnen abgeleiteten Testa- cellen, gleichwohl sah ich in der Serra von Monchique auch eine 7. Maugei am Pilzschmause betheiligt (ein eulinarischer Rückschlag). Ganz ähnliche Verhältnisse tauchen aber unter den verschiedensten, jedenfalls nur weit entfernten verwandten Nacktschneckengruppen wieder auf. Unter den Arionen gehen zwar die grossen Arten allerlei Kräuter an, hortensis und Bourguignati werden zu Garten- und Feldschädlingen, gleichwohl verschmähen die wenigsten unter ihnen die Leichen von ihres Gleichen oder von Inseeten, und Pilze bevorzugen sie; die kleinste, anatomisch einfachste und am weitesten zerstreute Art, der Arion minimus, scheint sich aber ganz auf Pilze zu beschränken, 49% 388 Dr. Heinrich Simroth. (p. 188) wie sich ähnlich die Geomalacus nur an Flechten und Pilze halten dürften. Von Philomycus gab Bergh Aehnliches an, und unter den Athoracophoriden fand er bei Aneitea Schüttei den Magen mit thierischem Brei gefüllt; das sind aber Schnecken, die weit im System abstehen. Die Ackerschnecken, die unseren Dieotylen oft so gefährlich werden, machen anscheinend eine Aus- nahme. Ihre Verbreitung verlegt die Entstehung weit zurück, daher man die Ernährung der übrigen Nacktschnecken erwarten sollte. Dem entsprechend kann man den entwickelten agrestis nicht ganz selten Seinesgleichen und Regenwürmer anfressen sehen, und der am weitesten verbreitete einfachere /aevis wird am massenhaftesten im Moder und Genist gefangen. So scheint bei ihnen allerdings eine nachträgliche Anpassung an die Krautnahrung eingetreten zu sein, aber, wie gesagt, nur eine nachträgliche. Klarer noch wird eine solche bei den ihnen ganz nahe stehenden Amalien. Während die östlichen Formen noch vielfach Moder und animalische Reste im Magen haben, ist die vorgeschrittenste gagates Krautfresser geworden, doch kommt bei ihr noch häufig die Neigung zum Genusse von verwesenden Stoffen, Exerementen und Leichen, zum Durchbruch. Alle diese Dinge scheinen anzudeuten, dass die genannten Gattungen mindestens in der Mitte des mesozoischen Zeitalters, als die Kräuter noch fehlten, wahrscheinlich aber schon früher existirten. Eine merkwürdige Erscheinung bilden jene afrikanischen Uroeyeliden, die sich von Grassamen emähren. Monocotylen werden wohl im Allgemeinen nur dann nicht verschmäht, wenn sie saftige Blätter haben, wie denn junge Arion empiricorum bei Leipzig viel an Allium ursinum zu finden sind. Die harten Gräser mit der kieseligen Obherhaut scheinen der Radula wenig zu- gänglich. Es ist wohl wahrscheinlich, dass die Herausbildung jener Uroeycliden mit der Schöpfung der Gräser zusammenfällt, das heisst, wohl in früherer mesozoischer Zeit vor sich ging, als noch die Erde des bunten Blüthen- schmuckes entbehrte, oder doch zum Mindesten in früh-tertiärer, wo, wenigstens in unseren Breiten, die Gräser zu Wiesen sich zusammengeschlossen haben sollen, was freilich auf die afrikanische Steppe kaum ohne Weiteres angewendet werden kann. Selbstverständlich können bestimmte Schlüsse noch nicht gezogen werden. Ebenso kommt man Betreffs mancher Pupen, die an Graswurzeln sich aufhalten, über Andeutungen nicht hinaus. Immerhin ist es schwerlich überflüssig, auf die Bedeutung der Ernährung für das noch immer so dunkle Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 189) 389 und schwierig aufzulösende System der Pulmonaten hinzuweisen. Die Parmacellen als reine Krautfresser sind jedenfalls spät entstanden, im Ein- klange mit ihrer bestimmt abgegrenzten Verbreitung. ec. Anatomische Merkmale. Leider bietet die Entwickelungs- geschichte der detaillirteren Systematik noch wenig Handhaben, wir sind auf vergleichend anatomische Schlüsse angewiesen, wobei man vielleicht auch schwache Fingerzeige beachten muss. Mimiery ist unter den Pulmonaten äusserst selten. Aus der einheimischen Fauna ist trotzdem ein eclatantes Beispiel zu betonen, die Aehnlichkeit zwischen Rhynchodesmus terrestris und Agriolimax laevis, die beim Sammeln in feuchter Waldstreu ausserordentlich auffällt. Ein Schutz (als Folge der chromatischen Function) kann bei der versteckten Lebensweise der oben dunkelgraubraunen, unten hellen T'hiere kaum gefunden werden. Sollte das gleiche Kleid nicht aus der Einwirkung gleicher äusserer Bedingungen auf verwandtes Material sich erklären? Jene Ackerschnecke scheint in der That noch an der Wurzel der Pulmonaten und der Schnecken überhaupt und damit zwar nicht den Dendrocoeliden, aber doch den Strudelwürmern im Allgemeinen nahe zu stehen. — Bestimmter schon ist folgende Erwägung. Bütschli leitet die Asymmetrie des Schneckenleibes embryologisch aus dem einseitigen Wachsthume der Mantelfurche, d. h. des Ringes, in dem der Mantel mit dem Körper sich verbindet, her, und bis jetzt ist dieser Annahme, welche die excentrische Lage des Afters erklärt, nicht widersprochen worden. Woraus aber erklärt sich das ungleiche Wachsthum ? Höchst wahrscheinlich aus der Einseitigkeit der Genitalanlage, die durchweg noch charakteristischer bleibt, als die mehr wechselnde Ausbildung der Mantelorgane.!) Man braucht nur das Material für die Genitalien, deren !) Anmerkung. Die asymmetrische Aufwindung der Weichthiere hat jedenfalls ‚ver- schiedene Ursachen, und das Bütschli’sche Gesetz, das für die Gastropoden aufgestellt ist, lässt beispielsweise die Windungen des Prosonbranchierdeckels ganz ausser Betracht. Wenn ich die einseitige Genitalanlage zur Erklärung des asymmetrischen Wachsthums der Mantelrinne heranzuziehen suche, so muss das vor der Hand auf die Pulmonaten beschränkt bleiben, bei denen in der That kein anderes Organ so streng einseitig angelegt wird, während für die Vorderkiemer v. Jhering zum Theil die allmähliche Verkümmerung einer Niere und Geschlechts- drüse nachgewiesen hat. Ganz anders stellen sich jene asymmetrischen Muscheln (Requienia, Monopleuriden, Capriniden), welche die eine Schale viel stärker ausbilden und meist schnecken- artig aufwinden, Muscheln, die allerdings hierin eine für diese Klasse so übertriebene Unregel- mässigkeit erworben haben, dass sich keine einzige derartige Form über die Kreide erhalten 390 Dr. Heinrich Simroth. (p. 190) erstes Auftreten sich damit freilich weiter in der Ontogenie zurückschiebt, als bis jetzt erwiesen werden konnte, der einen Körperseite zu entziehen, dann muss diese gegen die andere zurückbleiben. Das würde viel plausibler werden, wenn die Genitalknospe nicht, wie bei den am besten untersuchten Formen, weit von vornher, hinter dem Ommatophoren sich bildet, sondern in unmittelbarer Nachbarschaft der After- und Athemöffnung. In der That scheint die Geschlechtsöffnung ursprünglich weit rückwärts eben in dieser Nachbarschaft des Anus und des Nierenporus gelegen zu haben. Die Arioniden zeigen es am deutlichsten. Bei Arion mit Ein- schluss des minimus nimmt der Genitalporus noch diese Stelle ein, bei den abgeleiteten Ariunculus etc. ist er weiter nach vorn gerückt. Die Hyalinen haben das gleiche Merkmal der Ursprüngliehkeit; wenn auch der Porus ein klein wenig nach vorn sich verschiebt, bleibt er doch noch weit vom Ommato- phoren entfernt. Die Vitrinen, sonst den Hyalinen so nahe, sind in dieser Hinsicht allerdings weiter vorgeschritten, wie sich denn gerade dieser Zug nur ganz sporadisch erhalten hat. Bei der anfänglichen Lage des Porus fehlt die Kreuzung des Penisretractors mit dem Muskel des Augenträgers; es ist wahrscheinlich, dass derselbe Mangel der Kreuzung bei Agriolimax trotz der Vorschiebung auf frühe Entstehung hinweist. Die verwandten Amalien haben dasselbe Verhältniss zwischen Penis und Muskel, aber noch den Genitalporus etwas weiter zurück. Die Genitalien der Vitrinen zeigen ihre Ursprünglichkeit namentlich in der Pfeil-(Körner)-Drüse und dem einfachen durchbohrten Gonchiolinpfeil. Am interessantesten sind in dieser Hinsicht die Glandinen, deren amerikanische Formen den Porus noch weit zurück haben, während er bei der vorgeschrittenen europäischen Form sich nach vorn verschoben hat. Die verwandtschaftlichen Beziehungen, die daraus sich ergeben, sind an der entsprechenden Stelle erörtert. Möglich aber bleibt es, dass die Pfeildrüse bereits vor der Erwerbung des Penis ererbt wurde, worauf durch die Anatomie der Genitalenden Zimacopsis deutet, die ihr Blau mit den alten Hyalinen theilt. Nur diese Annahme scheint die wechselnde Verbindung des Pfeilsacks (oder der mannigfachen Reizkörper) bald mit den weiblichen, bald mit den männ- hat, — gewissermaassen eine Excentrieität, die als solche den Keim schnellen Erlöschens in sich trug. Darf man daran denken, dass hier die immer grössere, geradezu abnorme Differenz der riesigen Schlosszähne die Ursache der Asymmetrie und Aufwindung abgab: Die Nacktschmecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete, (p.191) 391 lichen Endwegen, bald mit dem Atrium (Philomycus) zu erklären, so dass die verschiedenen Pfeilsäcke in strengerem Sinne einander homolog zu setzen sind als die Penes, die bald mehr auf der Seite des Pfeilsackes, bald mehr auf der abgewendeten heraussprossten. Die Arioniden verrathen sich aber als uralt auch durch ihren Penis selbst, oder vielmehr dadurch, dass sie an seiner Stelle nur die Patronenstrecke entwickelt haben, während das Begattungs- organ, rein weiblich, theils vom Oviduet (Arion und Ariumeulus), theils vom Stiel der Spermatotheke (@eomalacus) gebildet wird; mit anderen Worten, diese Differenzirungen dürften bereits eingetreten gewesen sein, bevor die Penisknospe erworben wurde, und das weist sehr weit zurück. Unter diesem Gesichtspunkte gewinnt aber ihre Niere, die zweischenkelig symmetrisch das Herz umfasst, erneutes Interesse. Früher suchte ich umsonst, sie aus irgend einer anderen Pulmonatenniere abzuleiten; in der T’'hat vielleicht ein vergebliches Bemühen: die beiden Schenkel entsprechen möglicher Weise einer doppelten Niere, d. h. den Verhältnissen der Acephalen ete.; mit der durch die einseitige Genitalbildung sich einstellenden Asymmetrie wurde nur der Aus- führungsgang des Ureters einseitig auf der Seite des Afters und Athemlochs. Dass die Lunge, da sie rechts aussen vom Ureter liegt und nicht zwischen ihm und Niere sich einschiebt, mit der kemer anderen Schneckengruppe verglichen werden kann, wurde früher bemerkt. Sollte auch sie, da sie zweischenkelig die ganze Niere umfasst, ursprünglich zweiseitig gewesen sein, mit zwei Athemlöchern oder vorn ringsum klaffend?!) — Die Nierenform scheint die amerikanischen Ariolimax und Prophysaon mit Arion in Verbindung zu bringen, wiewohl auf- fallende Sondermerkmale für jede Gattung vorhanden sind. Fischer nimmt Prophysaon einfach als Untergattung der Anadenus vom Himalaya (l. e.). Mit welchem Recht, muss die anatomische Untersuchung der letzteren erst noch zeigen. Sie beide sollen nur Arionen sein ohne Schwanzdrüse. So nahe ist die Verwandtschaft jedenfalls nicht, wiewohl ich gerade in dem schwammigen Schwanzende von Prophysaon das Homologon der Schwanzdrüse finden und aus der embryonalen Blase ableiten zu sollen glaubte. Wenn Fischer Recht hat, wird die Versprengung nur noch auffälliger. !) Anmerkung. Mit gleichem Rechte kann man die ringförmige Umfassung des Pericards durch die Niere auf das rückwärts gerichtete Wachsthum von Schale und Mantel zurückführen. Damit ist aber die Lage und Form der Lunge noch nicht erklärt. 392 Dr. Heinrich Simroth. (p. 192) Bütschli beschränkt die einseitige Wachsthumsverzögerung, die ich auf die Genitalanlage zurückführte, ausdrücklich auf die Mantelfurche. Die iibrigen 'T'heile des Mantels sollen unbehelligt weiter wachsen, woraus denn die spiralige Einrollung der Schale und des Eingeweidesackes sich ergieht. Wirklich wird bei langem Gewinde die Wachsthumsverschiebung eben zu dessen Aufwickelung ganz aufgebracht. Wenn aber, wie bei den Vitrinen, das Gehäuse nur noch wenig, oder bei den Arioniden, noch gar nicht sich aufrollt, dann erhält das Mantelwachsthum einen anderen Ausdruck. Die rechte Mantelfurche (bei Laeotropie) ist zusammengezogen (der After nach vorn verlagert), die rechte Mantelhälfte aber darüber sucht sich zu dehnen wie die linke; nun muss sie, an ihrer Wurzel zusammengehalten, sich mehr nach der Mitte nach links zu verbreitern, als die rechte, mehr gedehnt, — dadurch entsteht bei den Vitrinen der rechte, noch nicht scharf gesonderte Mantel- lappen!) oder überhaupt die rechts stärkere Verbreiterung des die Schale bedeckenden Manteltheiles, dadurch vor Allem die asymmetrische Zeichnung dieses Mantels, die rechte Binde, die bei Plutonia erhalten blieb, oder die ebenso unsymmetrische Mantelzeichnung des Geomalacus maculosus. Die Schale des Geomalacus bezeugt uns durch ihre Entwiekelung, dass der Mantel bei diesen T'hieren sich rückwärts vergrösserte; durch eine Erweiterung des Mantels wie der Mantelhöhle kam Meghimatium zu Stande, wohei die Schale arionhaft sich auflöste und verschwand. (Sollte bei ihm keine Embryonalschale vorhanden sein?) Nun steht Meghimatium den Arionen keineswegs anatomisch allzu nahe, wenn auch anscheinend näher, als irgend einer anderen Schneckenform. So wird es wahrscheinlich, dass wir in beiden nur versprengte Reste einer alten Gruppe vor uns haben, die solebe Mantel- formen allgemeiner und reicher entwickelte. Etwas ähnliches, nur im um- gekehrten Sinne wird vom Mantel der Athoracophoriden zu gelten haben. Der Mangel der Lippen bei ihnen deutet mit dem der Mantelvorsprünge auf eine allgemeine Reduction oder ursprüngliche Abwesenheit der Hautanhänge, gewiss mit ihrer Verbreitung und Ernährung ein Zeugniss für gesonderte Entstehung und hohes Alter. 1) Anmerkung. Semper nimmt den zusanımenhängenden Mantelvorsprung der Vitrinen als eine Verschmelzung von Schalen- und Nackenlappen, doch, wie ich glaube, ohne Nachdruck auf den Vereinigungsvorgang zu legen; er kann ebenso gut noch nicht eingetreten sein. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 193). 393 Doch es erscheint wahrlich überflüssig, alle Züge im Einzelnen zu verfolgen, fast jedes Organ kann zum Beweismittel werden. ‚Je eingehender man die Nacktschnecken untersucht, um so schwerer lassen sich die ver- schiedenen Gattungen unter einander oder mit beschalten in unmittelbare Ver- wandtschaft bringen, Einzelheiten natürlich ausgenommen, meist ist es nicht der einzelne Körpertheil, an dessen Abweichungen die Systematik so gern sich klammert, sondern die Combination aller bringt den verschiedenen Habitus zu Wege. Es giebt gewiss noch eine grosse Menge von Formen, die durch genaue Zergliederung sich als versprengte Glieder erweisen werden, aus unserer Fauna Zonitoides, auch die soweit verbreiteten Suceineen. Wahr- scheinlich liegen auch in ihnen Reste einer alten Fauna vor, worauf bei beiden wohl auch die dünne Schale und das hohe Feuchtigkeitsbedürfniss hinweisen. An verschiedenen Stellen ist von mir die kurze einjährige Lebens- dauer der meisten hier ausführlicher behandelten Schnecken als ein primitiver Zug in Anspruch genommen. Es ist zunächst schwer, mit positiver Sicherheit dieselbe nachzuweisen; aber bei Vitrinen, Hyalinen und Parmacellen (letztere als nahe Verwandte der Vitrinen) spricht ihr Auftreten deutlich dafür, und für die Nacktschnecken kann man viele Beobachtungen in solchem Sinne geltend machen. Nun kann man aber z. B. den im Freien wahrscheinlich nur ein Jahr erreichenden Arion empiricorum in Gefangenschaft in engem Behältniss viel länger erhalten, ohne dass er sich wesentlich verfärbt und heranwächst (über solche Versuche berichtete ich früher und erfahre inzwischen von verschiedenen Seiten Bestätigungen). Die Entwickelung scheint also wesentlich von der freien Einwirkung der Jahreszeiten, Tag- und Nachttemperatur abzuhängen, die beim Versuch ausgeschlossen wird. Nun sind aber die Jahreszeiten erst parallel mit der Zonenscheidung aufgetreten, man könnte also ebenso gut die kurze Lebensdauer als eine Anpassung an diese ansehen. Mir scheint, mit Unrecht. Erst die Formen, die gleichzeitig mit oder nach der Jahreszeitentrennung entstanden (die Heliceen), lernten zugleich sie überwinden durch ein stärkeres, schützendes Gehäuse und Vertheilung des Wachsthums auf mehrere Perioden der Krautvegetation. Freilich kommen wir hier über ganz allgemeine Andeutungen nicht hinaus, da uns namentlich alle Anhaltspunkte für die Tropen noch fehlen. Und so tasten wir überall, bei dem Versuche, auch nur in ganz skizzenhaften Zügen das relative Alter Nova Acta LVI. Nr. 2. 50 394 Dr. Heinrich Simroth. (p. 194) der einzelnen Gruppen aufzuklären, noch in tiefer Dämmerung; doch muss man gerade deshalb alle Fäden festzuhalten suchen; und diese scheinen sich immerhin folgendermaassen zu verknüpfen. Im Carbon treten die Stylommatophoren mit zwei verschiedenen T'ypen auf, mehr flach- oder kegel- und mehr thurmförmig-engmündig. Das weist entweder auf zwei getrennte Reihen derselben überhaupt hin oder verlegt ihre gemeinsame Wurzel noch weiter zurück. Es ist wahrscheinlich, dass die thurmförmigen sich selbstständig weiter entwickelt haben und jetzt noch eine besondere Gruppe darstellen, doch ist das Urtheil darüber noch sehr unklar und fällt ausserdem aus den Rahmen dieser Untersuchung. Mit den Hyalinen oder vor ihnen, jedenfalls als nächstverwandte Sprossen, sind die Vitrinen entstanden. Beide haben sich wohl schon in ältester Zeit über den Erdball verbreitet und sind die Stammeltern der meisten Gattungen von Gehäuse- schnecken geworden, zuletzt der krautfressenden Heliceen. Wahrscheinlich bereits poläozoisch und selbst mit den Vitrinen weit rückwärts verwandt, sind die Arioniden mit Philomycus, auch Prophysaon und Ariolimazx, jedenfalls wohl die Athoracophoriden, unter den Limaeiden vielleicht ZLimacopsis. Nächstdem scheinen sich die Agriolimaces, Lytopelten und Amalien eingestellt zu haben, jedenfalls schon früh, da die Trigonochlamydinen oder limacoiden Raubschnecken einen bereits weiter differenzirten Ausläufer von ihnen dar- stellen; über l,ytopelte wird man schwanken müssen, ob sie gleichzeitig oder nachträglich mit oder aus dem Gros entstand. Mindestens alttertiär scheint ein ‘Theil der Urocycliden zu sein, bloss tertiär wahrscheinlich dagegen die Parmacellen, und vermuthlich am jüngsten Plutonia. Betreffs der echten Limaces ist das Urtheil schwierig. Die ganz grossen Arten scheinen sich erst später ausgebreitet zu haben, die kleinen zerstreuten Arten und die ähn- lichen im Kaukasus deuten durch die Zeichnung, Ernährung ete. auf ein höheres Alter; natürlich braucht ihre Schöpfung damit nicht abgeschlossen zu sein. B. Geographische Beziehungen. a. Schöpfungsgebiete. Ueber die Faktoren, die bei der Ausbreitung in alter Zeit maassgebend waren, über die Landvertheilung und die ältesten Schöpfungsherde, wissen wir natürlich nichts; höchstens kann man die scharfe Trennung der alt- und Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna ete. (p. 195) 395 neuweltlichen Fauna (vom nearktischen Gebiet abgesehen) heranziehen, wobei das Vordringen des Agriolimax laevis in der letzteren auffallend genug bleibt. Ein anderer Zug ist die starke Isolirung von Oentralafrika, die Sahara zieht die scharfe Grenze, während die asiatische Verlängerung des Wüstengürtels allmählich ausklingt. So sind die Uroeycliden in Afrika scharf abgeschlossen, die östlichen Verwandten Parmarion, Helicarion, 'Tennentia gehen nach Nord und Süd, nach Australien und den asiatischen Inseln aus einander. Ebenso scheinen die Hyalinen nur am Östrande von der paläarktischen Provinz her in dieses Gebiet einzugreifen und gleich weit mit jenen Zonitiden vorzudringen. Etwas genauer können wir über die jetzige europäische Fauna urtheilen; und da zeigt sich, dass die Nacktschnecken und die dünnschaligen Vitriniden von den Niederschlagsmengen abhängig sind in doppelter Weise, theils nach deren jährlichen Saisonschwankungen, theils nach dem absoluten Betrag. Letzterer scheint der einflussreichste Faktor; aber nur da, wo eine grosse jährliche Niederschlagsmenge sich gleichmässig über die Jahreszeiten vertheilt, liegen die eigentlichen Schöpfungsherde. Doch kommt innerhalb der paläarktischen Provinz noch ein anderer Faktor hinzu, die Wärme; nur in relativ südlicher Breite haben sieh einige Centren der Artbildung erzeugt. Dennoch müssen auch hier einige Ausnahmen festgestellt werden, da für die weiter verbreiteten Arion-Arten, für die Gruppe des Limar maximus und für die Vitrinen die Grenze weiter nach Norden rückt; sie dürfte aber kaum in einigen Fällen den 50. Parallel überschreiten, man müsste dann allein die hochnordische Vitrina angelicae als besondere Art und nicht als Varietät der Vitrina pellucida ansehen. Zweifelhaft aber bleiben auch jenseits derselben der skandinavische Arion citrinus und Limax gyratus W esterlund. Unter diesen Gesichtspunkten musste eine südliche insulare oder interoceanische Lage besonders geeignet sein, auf die bereits vorhandenen kosmopolitischen Nacktschnecken anregend zu wirken und zu Centren der Neu- bildung zu werden. Darnach erhalten wir folgende I. Entstehungsherde. l) Die atlantischen Inseln. Auf die jüngere Limacidenfauna scheinen nur die Azoren einigermaassen gewirkt zu haben. Der L. mazximus zeigt höchstens die klimatischen Einwirkungen, die sich auch in Südeuropa 50* 396 Dr. Heinrich Simroth. (p. 196) geltend machen. Die röthliche Am. gagates und der L. arborum von den Canaren sind anders zu beurtheilen. Der Agr. agrestis zeigt auf den Azoren Spuren von Varietätenbildung, namentlich von Melanismus; der Agr. Drymonius ist eine Sonderart von den Uanaren. Die Vitrinen documentiren die Folgen der localen Sonderung, aber auch fast nur am Integument (Schale und Färbung), während die anatomischen Abweichungen gering bleiben (die südliche Penis- verkiimmerung tritt vielleicht sporadisch auf). Am kräftigsten haben sich die entlegenen Azoren erwiesen durch die Herausbildung der Plutonia. 2) Der Kaukasus. Im ganzen paläarktischen Gebiet erscheint bei der jetzigen Configuration keine Stelle Landes gleich günstig für die Nackt- schnecken: zwischen zwei Meere gestreckt, mit grossen hypsometrischen und daher klimatischen Gegensätzen ausgestattet, durch die schroffen Abstürze des Hochgebirges in Sonderbezirke getheilt, ist er nach allen Richtungen bevorzugt. Aus seiner geologischen Vergangenheit, die noch dunkel genug sein mag, treten doch zwei Momente als wichtig hervor, einmal die grössere Ausbreitung des Meeres an seinem Fusse, und dann sein früherer Zusammenhang mit den innerasiatischen Gebirgen. Erstere musste die Menge seiner Feuchtigkeit ver- mehren, letztere erklärt die Ausstrahlungsriehtung seiner Erzeugnisse. Zur Zeit der sarmatischen Ablagerungen umgriff das westliche Meer seine Nord- seite; und die grössere Erweiterung des Uaspisees nach Nord und Ost mochte, wenn auch die Geologie Positives noch nicht angiebt, bedeutend genug sein, um auch die jetzigen östlichen Steppenwinde in Regenwinde zu verwandeln. So scheint der Kaukasus der Herd geworden zu sein für Daudebardia, Limazx, Paralimax (Gigantomilax), Amalia (£) und die Trigonochlamydinen oder limacoiden Raubschnecken, eine stattliche Zahl von Gattungen. Auch ‚Agriolima.xr scheint in einer Art, dem Agr. melanocephalus, auf den Kaukasus beschränkt. Alle diese Gattungen, ausser der letzten, scheinen entweder ganz (Trigonochlamydinen, Gigantomilar) oder fast ganz (Paralimas) oder in mehreren Arten (Daudebardia, Limax) am Schöpfungsherde geblieben zu sein, wahrscheinlich eine Andeutung für die Reihenfolge, in der sie entstanden. Wenn sie aber ausstrahlten, dann wanderten sie nach Westen; es muss also eine östliche Schranke bestehen, und diese ist der Caspisee und die östliche Steppe. Diese Schranke wird, wie es scheint, nur von der Gattung Agriolimaxr übersprungen, deren Glieder sich in fortlaufender Reihe vom Altai Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 197) 39% nach den Mittelmeerländern hinziehen auf der Strasse Kaukasus (melanocephalus), Krim (Dymezeviezi). Das deutet auf eine alte Brücke hin, und eben diese dürfte die östliche Fortsetzung des Kaukasus, die auf den Boden der Siüd- hälfte des Caspisees hinabgesunken sein soll, gewesen sein. Auch diese Beziehung kann zur Altersbestimmung benutzt werden, und die Ackerschneceken missen wohl älter sein, als jene kaukasischen Gattungen, worauf auch die sonstigen Merkmale verweisen. Man sieht, wie genau, auch ohne Petrefakten, die Kenntniss der Nacktschneckenschöpfung von den Fortschritten der Geologie abhängig ist. — Aufzuklären bleibt noch, warum nicht der Gebirgshang süd- lich vom Caspisee nach Osten eine bequeme Strasse gewesen ist; er scheint eigenthiimlich abgetrennt und der Herd der L,ytopelte gewesen zu sein. (Aehnlich wie der Kaukasus, ist vielleicht Neuseeland zu beurtheilen, mit seiner Antipodenfauna sonst paläarktischer Nacktschneckengenera.) 3) Der westeuropäische Schöpfungsherd. Betreffs der klima- tischen Bedingungen, welche die veränderten Landverbindungen zwischen Spanien und Nordafrika schufen, ist es aus mehreren Gründen viel schwieriger, sich ein Urtheil zu bilden. Wir kennen weder die Breite jener Brücke, noch die muthmaassliche Höhe des Verbindungsrückens der bätischen Kette mit dem Atlas, wir sind bezüglich der Landausdehnung in den Ocean im Unklaren, wir wissen, dass die See trennend in das Guadalquivirthal vordrang. Gleich- wohl ist es höchst wahrscheinlich, dass der Schöpfungsherd der Arioniden hier gelegen hat, wohl unter ähnlichen Einflüssen, wie sie am Kaukasus thätig waren. Man kann aber noch weiter gehen und behaupten, dass dieser Herd lange Zeit auf den Küstensaum des Oceans beschränkt geblieben ist. Das scheint bezeugt durch die auf dieses Gebiet beschränkten und doch gut gesonderten (reomalacus-Arten, sowie durch den Arion timidus, die alle zusammen von der Gebirgsgliederung des spanischen Plateaus abhängig er- scheinen, ebenso durch den /usitanicus, der am ganzen Saum sich verbreitete und daher (?2) nach Madeira und den Azoren übersiedelte. Die Herausbildung der allgemeinen Arionen aus der iberischen Fauna scheint erst erfolgt zu sein, als die tertiäre Tejobucht das ursprüngliche Oentrum in eine Nord- und Süd- hälfte geschieden und das Nordgebiet seine jetzigen Umrisse und die ‚jetzige Niederschlagssumme erhalten hatte, was bei der sehr weiten Ausbreitung der meisten Arten in grosser Ferne zurückliegen mag. — Ks ist nicht unwahr- 398 ’ Dr. Heinrich Simroth. (p. 198) scheinlich, dass auch die Parmacellen auf der westlichen Landbrücke ent- standen, wenn auch hier wiederum Genaueres nicht auszumachen ist. U. Breitere Schöpfungsgebiete. 1) Das nordspanisch-französische. Eine genaue Verfolgung der Arion-Arten nach Westen würde vermuthlich etwa vom mittleren Frankreich an, über die Pyrenäen und die cantabrischen Ketten an der portugiesischen Kiste bis zum Cabo de Roca, d.h. so weit der 1000 mm-Niederschlag reicht, allmählich Art für Art auftreten lassen, etwa in der Reihenfolge pascalianus, empiricorum, hortensis, Bourguignati, subfuscus. Der südwestliche Zipfel des Gebietes gehört in Bezug auf die Ackerschnecken (lombricoides, immaculatus) noch dem mediterranen an, woraus wohl hervorgeht, dass auch diese T'hiere mit dem Arion lusitanicus da waren, ehe die Trennung durch die Tejobucht eintrat. Es muss dahingestellt bleiben, wie weit ihr Gebiet an der nord- spanischen Küste in das der Arionen hineingreift. 2) Das mediterrane Gebiet. Kein 'T'heil der paläarktischen Provinz soll in den jüngstverflossenen geologischen Zeiten solche Umwand- lungen durchgemacht haben, als die Mittelmeerländer. Die vier Mediterran-, die sarmatische Stufe, die wechselnden Verbindungen des atlantischen Oceans mit dem Westbecken, zwischen Nordafrika und den europäischen Halbinseln, der Einbruch des adriatischen und ägäischen Meeres, das verschiedene Ein- oreifen der Buchten am Fusse der Ost- und Westalpen und der Pyrenäen gelten als Beweise. Die Wirkungen sind an der Nacktschneckenwelt, die häufig hin- und hergeschoben und dabei isolirt wurde, zu spüren. Die Glandina und Parmacella sind wunderlich verzettelt von den Säulen des Hercules bis zum Kaukasus, die Letourneuxia- Ariuneulus-Gruppe von Spanien, Marocco, Sardinien und den Alpen, vielleicht überall mit verschiedenen Formen, schliesst sich ihnen an. Am stärksten ist die Einwirkung an den Ackerschnecken und Amalien, die eine Menge besonderer Formen ven Halb- insel zu Halbinsel und von Insel zu Insel erkennen lassen, Formen, welche durch die Geringfügigkeit ihrer äusseren und inneren Unterschiede nur. bei genauestem Studium, dann aber deutlich aus einander zu halten sind. Aehnlich geht es mit Daudebardien und Testacellen. Bei ihnen allen haben die Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 199) 399 Mittelmeerländer eine weit grössere Variationssumme aufzuweisen als die ganze übrige paläarktische Provinz. Im Ganzen kommt es auf Bourguignat's (Gesetz hinaus, dass alle Arten in den Mittelmeerländern einen: viel kleineren Bezirk bewohnen (1:200): nur stumpfen Parmacella und Glandina das Schematische ab. Das Einzelne mag erspart bleiben, blos auf die grosse Uebereinstimmung zwischen Griechenland und Vorderasien sei hingewiesen, entsprechend der späten Einsenkung des ägäischen Meeres, von welcher nach Süss möglicher Weise der Mensch noch Zeuge war; der Agr. berytensis ist vom griechischen nicht zu unterscheiden, der griechische Thersites gleicht sanz dem kleinasiatischen, und wahrscheinlich sind Am. carinata mit den griechischen Charakteren und Am. barypus von Syrien und Smyrna identisch. Eigenthümlich ist die Beeinflussung der Limaces. Der variegatus von Syrien gleicht dem deutschen und spanischen vollständig, der mazimus zeigt in Griechenland und Unteritalien einige Farbenabweichungen, und in Griechen- land anatomische Weiterbildungen (L. Conemenosi Böttger und graecus Simroth), aber die kleinen Formen cephalonicus und subsaxanus (2) (eustrictus und majoricensis) sind anatomisch getrennte Arten geworden, ein Beweis für frühere Einwanderung eben während jener grossen Umwandlungen. — Es scheint, dass die Amalien in den Mittelmeerländern nieht nur ihr Variations- maximum, sondern auch im Osten dieses Gebietes ihren Ursprung haben. Alle ihre Zweige lassen sich bis zu den kleinen Arten der Krim verfolgen, der Zu- sammenhang mit den Gattungen des Kaukasus muss erst noch erwiesen werden. 3) Das alpine Gebiet. Sind die Alpen spät emporgehoben, dann erklärt sich dadurch ihre starke Einwirkung auf die Farbenveränderungen eines späteren Einwanderers, des Limaxr masximus. — Ihr Eingriff in die Amalien, von denen nur die Robici sich ihnen anpasste, in den Arion empiri- corum und in die Vitrinen wurde erwähnt. Das reiche Variiren der Gruppe der Vitr. brevis-elongata, welche nach anatomischen Merkmalen als sehr alt angesehen werden muss, erklärt sich aus der Erhebung. — Man kann ein östliches Untergebiet abtrennen, denn die Karpathen enthalten die merkwürdige Lima- copsis, in ihnen erreicht, wie es scheint, der 2. arborum seine Ostgrenze, einen stärkeren Anstoss hat auch Arion subfuscus mit einer schwärzlichen Sprenkelung erhalten. 400 Dr. Heinrich Simroth. (p. 200) 4) Die Mittelgebirge nördlich von den Alpen. Sie haben zwei Gruppen, die ebenso das Flachland wie das hohe Gebirge meiden, zu mehrfacher Artbildung veranlasst, die deutschen Daudebardien und den nördlichen Zug der bunten Amalien (graeilis, marginata). Muss man nicht daraus schliessen, dass diese Schnecken bereits vor der höheren Aufthürmung der Alpen, mindestens in früher Tertiärzeit hier verbreitet waren? Uebrigens verrathen die Amalien sich doch als mehr südliche Gäste durch ihr zerstreutes Auftreten an geschützten Punkten und verlangen wärmenden Humus an bewaldeten warmen Abhängen oder das- durchsonnte zerbröckelnde Gestein der Kalkberge. 5) Einzelne Punkte. Eine ganze Reihe von Formen sind an isolirten Punkten, meist Inseln, entstanden und haben sich nicht weiter ausgebreitet. Das Eigenthümliche besteht darin, dass nach dem Stande unserer Kenntnisse solche Inseln nur eine, höchstens zwei derartige Arten beherbergen, auch liegen sie sämmtlich im Süden: Azoren - Plutonia; "Veneriffa- Agr. Drymonius; Sieilien- Agr. parnomitanus: Creta — des letzteren andere Farbenvarietät, sowie Amalia cretica und Agriolimax Böttgeri. Sardinien- Ariunculus Isseli, Agr. sardus; Cephalonia-L. cephalonicus, Andros Agriolimax Oertzeni. Dazu ein Paar Gebirge aus derselben Zone: Gebirge von Athen- Am. hellenica: Krain- Am. Robiet. Im Uebrigen scheint Europa mit den Mittelmeerländern kaum art- bildend gewesen zu sein, wenn man nicht die Artbegriffe gar zu eng fasst. ce. Geographische Wechselbeziehungen. Auf anatomischem Wege gelang es, die Vitrinen in drei Gruppen zu scheiden, die atlantische, die als major-elliptica in jüngster Zeit bis Siidwest-Deutschland vorgedrungen ist, die cörcumpolare (pellucida-diaphana) und die ÜOentralgebirgsgruppe. Alle diese Gruppen greifen mit ihren (Gebieten in einander über. Das Gleiche thun natürlich alle weiter ver- breiteten Arten. — Auffallender ist das Auftreten vereinzelter Arten an verschiedenen jetzt getrennten Localitäten. Und wenn sich es auf mehrere Arten zugleich bezieht, so ist es längst als Beweismittel für alten Länderzusammenhang oder Verkehr benutzt worden. Natürlich sind Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 201) 401 derartige Schlüsse mit Vorsicht aufzunehmen, können aber als Glied in langer Beweiskette brauchbar sein. Auffallend bleibt die anatomische Ueber- einstimmung der Vitrinen aller atlantischen Inseln: doch ist damit weiter nichts anzufangen, als dass sie auf eine frühere Ausbreitung deutet, woraus noch kein Continentalzusammenhang zu folgen braucht, im Uebrigen gehen die Inseln aus einander. Wichtiger ist es schon, dass der portugiesische Arion lusitanicus auf den Azoren und Madeira sich findet, den Canaren aber fehlt, und die Beziehung zwischen Portugal und Madeira wird noch enger, theils durch das Fehlen einiger gleich zu nennender Formen. Andererseits hat Portugal-Spanien mit Sardinien einen gemein- samen Zug in der nahen Zusammengehörigkeit der Agr. lombricoides mit dem sardus und Arion timidus mit Ariumeulus Isseli. An welchen Zusammenhang sollen wir dabei denken? Auf die Parallele zwischen Griechenland und Vorderasien ist bereits hingewiesen, auch auf die Beziehung zwischen dem warmen Neckar- thal und Oberitalien. Das Merkwürdigste ist die Aehnlichkeit zwischen der südportu- siesischen Steppe, Südspanien, Nordafrika und den Üanaren. Wollaston hat auf den grösseren Procentsatz mediterraner Arten äuf den Canaren aufmerksam gemacht; die Nacktschnecken machen den Zusammen- hang noch inniger, mit grösserer Beschränkung auf die genannten Striche. Die Parmacella ist allen gemeinsam, fehlt aber auf Madeira, der Limax arborum in der bunten Varietät (valentianus) findet sich in Südspanien und auf den Canaren; die südliche Varietät der Am. gagates, die Bourguignat aus Algier beschrieb als Z. Raymondianus, lebt auf den Canaren, die helle Steppenform derselben Schnecke (L. eremiophilus Bourg.) kommt in Algier und Algarve vor, ihre dunklere Jugendform mit hellem Rückenkiel (L. scap- tobius Bourg.) in Algier, Gibraltar, Portugal, die höchst auffälligen schwarzen Steppenackerschnecken sind Agr. nitidus von Südportugal und brondelianus von Algier; der Agr. Drymonius von Teneriffa steht dem lombricoides von Portugal am nächsten. Ich habe nicht nöthig, abermals zu betonen, dass Am. gagates nicht erst in historischer Zeit sich verbreitet hat; sie mag jetzt erst nach den übrigen atlantischen Inseln gekommen sein, wie es Wollaston für Nova Acta LVI. Nr. 2. 51 402 Dr. Heinrieh Simroth. (p. 202) St. Helena behauptet, die Färbung der Raymondiana ist zwar eine nicht sehr starke, aber doch völlig charakteristische Nuance. Alle diese gemeinsamen Züge, (die, soweit bekannt, sich sämmtlich (die weit verbreitete Parmacella ausgenommen) auf das genannte Gebiet beschränken, machen einen breiten Landzusammen- hang zwischen der spanischen Halbinsel, Nordafrika und den Canaren höchst wahrscheinlich, und da es sich bei den Nacktschnecken durchweg mehr um Färbungsvarietäten als um anatomische Arten handelt, muss wohl der Zusammenhang bis in relativ junge Zeiten bestanden haben. Die Tiefen- verhältnisse an den Küsten unterstützen den Schluss, die Zone von 200 bis 1000 Meter springt von Cap Vincent wenig nach Südosten ein, zieht vielmehr ziemlich gerade nach Marocco hinüber und umschliesst die Canaren. Madeira ist durch eine Einsenkung von 3000 bis 5000 Meter abgetrennt. Dieses ist zudem das einzige geschlossene Gebiet, auf welchem die sonst sporadischen Parmacellen ohne Unterbrechung leben, wohl ihr Schöpfungsherd und der der Arionen. C. Hypsometrische Beziehungen. Im Allgemeinen, ja fast durchweg scheinen ganze Gattungen an gewisse Höhenverhältnisse gebunden; das soll nicht heissen, dass sie unter allen Umständen und an allen Orten auf demselben Niveau sich halten, viel- mehr senkt sich, den klimatischen Faktoren entsprechend, die Höhenfläche, welche die Verhreitungsoptima verbindet, nach Norden immer tiefer in die Ebene herab. Der südwesteuropäische Schöpfungsherd : zeigt es deutlich. Hier lebten (und entstanden?) die Parmacellen in der Ebene, die Arionen (Arion Tusitanicus und die Geomalaci) als Gebirgsbewohner. 4. lusitanicus bleibt auch auf Madeira und den Azoren vorwiegend auf den Bergen. Natur- gemäss war es den Parmacellen verwehrt, weiter nach Norden vorzudringen, daher sie sich am Siüdrande der paläarktischen Provinz nach Osten verbreitet haben (Nordafrika bis Aegypten, Südfrankreich, Kaukasus bis Afghanistan); anders die Arionen. Soweit sie im Siüdgebiete geblieben sind, scheinen sie vorwiegend auf die Berge beschränkt (Letourneuxia, Ariunculus); ihre weit verbreitete Hauptmasse geht in Mittel- und Nordeuropa immer weiter in die Ebene herab; Arion empiricorum (sulcatus und Bocagei) und pascalianus- Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 204) 403 hortensis sind in Nordportugal fast nur Gebirgsschnecken, dann reichen sie bis Mittel- und zum Theil Osteuropa, entwickeln sich aber mehr in der Ebene, zum Mindesten meiden beide die höheren Alpen. Erst die im Mitteleuropa (?) entstandenen Formen Bourgwignati und subfuscus haben umgekehrt wieder auch das Hochgebirge, und damit den Norden, sich erobert. — Hätten die Parmacellen nicht im Wistengürtel ihre Schranke gefunden, so wären sie vielleicht weiter im Siden auch Gebirgsbewohner geworden, im Marocco steigen sie, wie es nach den Angaben scheint, schon in die Atlasthäler hinauf. Als Bergschnecken ergeben sich im Grossen und Ganzen: a. Geo- malacus, b. Vitrina, ce. Daudebardia, d. Subamalia, als solche der Ebenen oder mässigen Höhen: e'. Testacella, d’. Amalia, Agriolimax und Parmacella. Agriolimax allerdings steigt, namentlich im Süden, ziemlich hoch, ver- einzelt auch in den Alpen (engadinensis). Die in beiden Reihen durch die gleichen Buchstaben angedeuteten Verwandtschaftsbeziehungen scheinen auch Aufschlüsse über die Bildungsursachen zu enthalten. Die gekielten Amalien d’ südlich der Alpen bewohnen in continuirlicher Uebergangsfolge ein geschlossenes Gebiet, die ungekielten d, ohne anatomischen Uebergang, sind, wie es scheint, auf den Bergen desselben Gebietes zerstreut; man wird folgern dürfen, . dass der Verlust des Kieles, also die Umwandlung des Integuments, auf meteorische Einflüsse zurückzuführen ist, die mit der Erhebung zusammenhängen, sie haben die Formen, die von der Ebene aufstiegen, gemodelt. Gerade entgegengesetzt verhalten sich Daudebardien und Testacellen, und die letzteren erscheinen somit als eine Anpassung an die südliche Ebene oder Küste. — Die Daudebardien sind also Hügelbewohner; es fragt sich aber, ob sie nicht jenseits der Alpen, wo sie ebenfalls in den Bergländern hausen, auf grössere Höhen angewiesen sind als in Süd- und Mitteldeutschland, wo sie ziemlich bis in die Ebene hinabsteigen, ohne über die Hügelregion emporzuklimmen. Sie theilen bei uns die Höhen mit den Binnenland- amalien. Die Zimaces sind hauptsächlich Gebirgsbewohner und haben auf den Höhen namentlich ihren grössten Farbenreichthum. Der Limax variegatus, der ganz in die Ebene herabstieg, hat mit der Entfernung von den heimath- Sl 404 Dr. Heinrich Simroth. (p. 204) lichen Bedingungen zugleich die ursprüngliche Zeichnung eingebüsst, so dass man von den Binden kaum noch eine Spur bemerkt. Anatomisch ist der L. arborum am Weitesten vorgeschritten, aber Bergbewohner geblieben, damit scheint die Erhaltung seiner gesetzmässigen Bänderung, deren individuelle Entwiekelung freilich iiber die der Verwandten hinausgeht, zusammenzu- hängen. Bei der Besprechung der geographischen Verbreitung wurde oben im Allgemeinen mit grösseren geologischen Zeitabschnitten gerechnet. Man möchte geneigt sein, bei der hohen klimatischen Anpassungsfähigkeit gerade der Nacktschnecken noch eine andere Parallele besonders deutlich ausgeprägt zu finden, die auf die ganze Epoche des Diluviums Bezug hat. Indess gerade die erweiterte Kenntniss hat mir die Hoffnung, in der Verbreitung der Nackt- schnecken die Etappen der. Glacialperiode, namentlich eine versprengte Relietenfauna zu finden, herabgedrückt. Bei den Vitrinen wurde ein Beispiel namhaft gemacht, wonach eine Art, die im Diluvium der Ebene in Südwest- deutschland entdeckt ist, auf den Alpen noch fortlebt, und bei der Vitrina brevis musste die Möglichkeit zugegeben werden, die Vergletscherung und nicht die Gebirgserhebung (die wiederum beide von anderer geologischer Seite in ursächlichen Zusammenhang gebracht wurden, insofern, als die auf den noch un- verwitterten und unzerklüfteten Hochsätteln aufgehäuften riesigen Schneemassen die Temperaturerniedrigung bedingten), habe eingewirkt. Besondere Verwandt- schaft aber zwischen dem hohen Norden oder nur der norddeutschen Ebene und den Alpen lässt sich an unserem Materiale nicht scharf herausschälen, vielmehr scheint es, als ob die in Frage kommenden Thiere auf dem ganzen Zwischengebiete überall aufträten, allerdings mehr sporadisch, gegen grössere Dichtigkeit nach Nord und Süd. Arion minimus, den ich früher glaubte heran- ziehen zu dürfen, ist zu streichen, da er nach besserer Erfahrung viel weiter verbreitet ist; L. tenellus dagegen scheint in der norddeutschen Haide und auf den Alpen sich zu verdichten, ob aber nicht der Nadelwald die Ursache ist, muss dahingestellt bleiben. L. maximus ist nach den Angaben insofern von Belang, als er in den Alpen sein Hauptvariationscentrum hat, ein unter- geordnetes aber auch an der pommerschen Küste. Liegt hier nicht der Grund in der besonderen T'hätigkeit eines Nacktschneckenforschers, Lehmann, in Pommern? Vielleicht doch nicht, wenigstens gelingt mir es nicht, im flachen Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p.205) 405 Mitteldeutschland die Lehmann’schen Varietäten aufzutreiben, der gemeine dunkle cinereoniger wiegt bei Weitem vor. Immerhin scheint L. tenellus eine Form zu sein, die das europäische Gletschergebiet nicht überschreitet, während die nächstverwandten, L. cephalonicus und subsaxanus, eustrietus und majoricensis (?) abgeschiedene Gebirgs- und Inselbewohner geblieben sind. In noch höherem Maasse scheinen zwei Arionen in Frage zu kommen, 4. sub- fuscus und Bourguignati. Und wenn ich ihre Entstehung vorhin einfach in das nordspanisch-französische Schöpfungsgebiet verlegte, so dass sie wahrschein- lich erst nördlich der Pyrenäen sich abgegliedert haben, so scheint doch die weitere Verbreitung mit den Gletschern gegangen zu sein, wie sie denn beide, so gut wie tenellus, abgehärtete Kältethiere sind. Ihr Gebiet erstreckt sich aber vielleicht beinahe eircumpolar, wenigstens wohl durch den Norden der ganzen alten Welt; und vom subfuscus scheint die dunkle Varietät als nivalis auf den Alpen, als brunneus im Norden allerdings eine Glacialparallele dar- zubieten. Den speciellen Fall endlich der Höhengrenzen auf den Azoren, wonach die Ackerschnecke, Vitrinen und Plutonia weiter hinaufsteigen als die Limaces, lasse ich ausser Acht, da er mit dem Culturgürtel zusammenhängt und nur für die historische oder prähistorische Einwanderung in Betracht kommt, auch in den viel geringeren klimatischen Abweichungen mit der Höhe seinen Grund hat. Bourguignat hat darauf hingewiesen, dass auf den atlantischen Inseln überall die alte Fauna sich auf die Höhen beschränkt; er bringt die Vertheilung in Beziehung zu seiner 'T’heorie, nach der diese Inseln nur die Bergspitzen grösserer untergetauchter Eilande sein sollen: Mir scheint höchstens der umgekehrte Schluss erlaubt (wenn man nicht die Cultur ver- antwortlich machen will), nämlich der, dass alle jene Inseln sich in Hebung befinden (statt in Senkung). D. Die Färbung. Früher glaubte ich für die oft so grell differirenden Farben einer und derselben Nacktschneckenart hauptsächlich die Einwirkung der Tempe- ratur verantwortlich machen zu müssen, und zwar lediglich während der Zeit des am meisten beschleunigten Wachsthums. Im Allgemeinen 406 Dr. Heinrich Simroth. (p. 206) scheint mir der Satz Geltung zu behalten. Je weiter aber die Kenntniss reicht, desto verwickelter wird das Problem. Namentlich stellt sich die grosse Unzulänglichkeit der Erfahrungen heraus, denn man müsste nicht nur die ver- schiedenen Entwickelungsstufen jeder Art kennen, sondern sie nach Ort und Jahreszeit aus einander zu halten im Stande sein. Sodann aber erscheint die Beobachtung der lebenden unerlässlich. Denn wenn es beinahe sicher ist, dass die Färbung als ein Produet der Meteore auf die empfindliche Schleim- haut zu gelten hat, so beeinflussen diese doch auch die gesammte Structur des Integuments, namentlich die Absonderungen. Die unmittelbare Anschauung zeigte mir sofort den grossen Contrast des Integuments zwischen der Amalia gagates und marginata, nach Farbe, Schleim und Muskelthätigkeit, insofern als erstere ungleich schlanker und behender ist. Der Einfluss der Meteore scheint aber durch das Nervensystem vermittelt zu werden, und es hängt eins am anderen. Wer aber hat wohl nur die Am. marginata und die carinata etwa zusammen gleichzeitig lebend vorgehabt? In gewissem Grade dürfte dann noch die Naturauslese dazutreten, so dass die durch die Meteore erzeugten Pigmente als Schutz- oder 'Trutz- und Ekelfarben erhalten und weiter ge- ziichtet werden. Alles dies kann nur durch sehr vielseitige Erfahrung sich klären. Nichts desto weniger dürften einige allgemeine Behauptungen sich abstrahiren lassen. Zunächst ist entschieden die Färbung ein Charakter der Art, zum Mindesten der Gattung, so dass dieselbe Einwirkung, welche bei einer Art das Kleid authellt oder bunt macht, es bei einer anderen schwärzt und an einer dritten spurlos vorübergeht. Die Vitrinen z. B., für gewöhnlich einfarbig schwarz, werden durch Oceanklima, am stärksten auf den Azoren, röthlich bunt, die gemeine Ackerschnecke dagegen, in der röthlich grau und dunkel gesprenkelten Form des reticulatus, wird schwarz; das kommt noch stärker bei den Amalien zum Durchbruch, deren gekielte Binnenlandarten bunt sind, so gut wie die östlichen mediterranen; je weiter nach Westen, nach dem freien Ocean zu, um so mehr überwiegt das Schwarz, bis die gagates entsteht; die Vitrinen werden also durch denselben Einfluss bunt, der die Amalien dunkel macht. — Umgekehrt können, was nicht weniger auffällt, die entgegengesetzten Einflüsse dieselben Wirkungen äussern. So sehen wir die Vitrinen im weichen Oceanklima gelegentlich weisslich werden, ebenso, wie es scheint, nur am Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 20%) 40% Gletscherrande: die schwarze Amalia Robici wird in Krain unter dem Ein- tlusse des Hochgebirges, so weit wir urtheilen dürfen, gelegentlich hellgrau (oder rothgrau), während die schwarze Am. gagates sich zur gelbgrauen Var. eremiophila aufhellt im warmen Gebiete von Südportugal und Algier, und wie es scheint, dort namentlich im Flachlande: wie denn andererseits die schwärzeste Ackerschnecke nicht im Oceanklima, sondern in der Steppe auftritt, mitidus- brondelianus. So scheint zunächst jede Art eine Normalfarbe zu besitzen, die von einem gewissen Temperaturoptimum abhängig ist, das verschieden weite Grenzen haben kann. Soweit sie inne gehalten wird ohne wesentliche Veränderung, reicht das eigentliche Wohngebiet. Wahrscheinlich sind es auch die klimatischen Faktoren, welche sie ursprünglich erzeugt haben; aber hier- über wird das Urtheil am schwierigsten sein, und man kann sie höchstens zu Sehlüssen über die phylogenetische oder geographische Herkunft benutzen. Das Studium der Wirkungen, die jetzt statt haben, hat sich auf die Ab- weichungen von der Normalfarbe zu beschränken. Die Ackerschnecken kriechen im Allgemeinen mittelgrau aus dem Ei, in der durchsehnittlichen Zaevis-Färbung; wir wissen freilich nieht, ob das auch für die abweichendsten Arten gilt. Die Amalien sind Anfangs heller, namentlich die schwarzen, wobei blos die Steppen-gagates (von Abrantes) eine Aus- nahme macht, die dann einen um so besseren Fingerzeig abgiebt für die Schätzung der Steppe. Aber eine junge gemeine gagates ist von einer bunten Jungen marginata viel weniger verschieden, als beide im Alter. Das jüngste Thier des gefleckten Geomalacus maculosus ist kaum gefleckt, und nur die beiden äusseren Stammbinden treten stark schwarz hervor; es ähnelt das Schneckchen viel stärker dem Limax viridis und squammatinus Mor., ein Grund mehr, diese als Junge des Geom. anguiformis anzusehen; aber auch die Letourneuxia ist in der Jugend vorwiegend vierbindig, so dass sich alle drei phylogenetisch enger zusammenschieben. Die echten Limaces scheinen sämmtlieh in der Jugend mehr weniger gebändert zu sein und erst allmählich gelegentlich einfarbig zu werden. So erklärt sich der »yetelius als junger maximus, das gleiche Gesetz dürfte zur Festlegung des 4. subsaranus dienen, wahrscheinlich ist auch der cephalonicus in der Jugend gebändert. Beim 405 Dr. Heinrich Simroth. (p. 208) ma.rimus kann man aber mehr schliessen. Bei Weitem an den meisten Plätzen des grossen Wohngebietes dieser farbenwechselnden Art herrscht die röth- liche Jugendform vor mit Stammbinde (fungivorus). Man wird schliessen dürfen, theils dass das die ursprüngliche Zeichnung war, theils dass die röth- liche Färbung unter den alten ihr noch am nächsten steht und dass dort, wo sie vorherrscht, wenn nicht der Schöpfungsherd, so doch das erste Gebiet lag, auf dem sie sich, von Osten vordringend, dauernd festsetzte und wohl befand. Das sind aber die südlichen Alpenländer bis zu den Karpathen. Daraus ergeben sich weitere Anhaltspunkte zur Werthschätzung der röthlichen Form des Neckarthales als eines Reliets (s. 0.). So ziemlich am schwersten scheint mir die Beurtheilung des Arion empiricorum. Während die übrigen Arionarten in der ersten Jugend wenigstens durchweg die Stammbinde haben, setzt die grösste mit einfarbigen Jungen ein, die bald hellgelblich sind mit bläulichem Kopf (complementär) wie bei uns, bald röthlich in Portugal. Man müsste daraus schliessen, dass das Roth bei uns und in Frankreich in der Ebene die ursprüngliche Färbung war (die auf eine noch frühere hellere Form hinweise?) und dass das Schwarz in den Gebirgen und im Norden aus klimatischer Abänderung (durch Kälte) sich her- leite. Dann würde aber der sulcatus-Bocagei von Nordportugal erst von Osten her in dieses Gebiet eingedrungen sein, was allen übrigen Merkmalen der Anatomie und Gattungsverbreitung widerspricht. Und so mag hier be- merkt werden, dass diese grosse Art, die in ihren allgemeinen Zügen (roth in der Ebene von Deutschland — mit Ausnahme der nördlichen Küstenstriche — und Frankreich, schwarz auf den Gebirgen) so klar zu sein scheint, doch in ihrem Gesammtgebiete zu den problematischsten Formen gehört, die noch viel Studium erfordern, nicht nur wegen des sulcatus-Bocagei in Portugal, wegen der einzig schwarzen Form in England, sondern noch mehr, weil sie an unseren Küsten (nach dem Materiale, welches ich nach und nach durch Herrn Borcher- ding’s Güte erhielt) von klein auf einem anderen und sehr verwickelten Färbungsgesetze zu folgen scheint. Ausserhalb der Bedingungen des normalen Wohngebietes werden die Thiere zu Farbenabänderungen angeregt, die häufig sich in derselben Weise äussern. Hierher gehören die oben erwähnten Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 209) 409 Fälle von den Vitrinen, die im warmen Oceanklima und am Gletscherrande weisslich, von den Amalien (Robiei und gagates-eremiophila), die unter gleichen Bedingungen gelblich werden, von den Ackerschnecken, die unter den oceanischen wie unter dem Einflusse der Steppe sich schwärzen, d. h. panormitanus und der schwarze agrestis von Kreta, Sieilien und den Azoren, nitidus-brondelianus von Alemtejo und Algier. Man könnte letztere noch immer auf ähnlichen Einfluss des Oceans zurückführen, wenn nicht der graupunktirte allernächste Verwandte des nitidus, der Maltzani von Algarbien und Gibraltar, hier zu feinerer Unterscheidung aufforderte. Wahrscheinlich gehört hierher auch die Schwärzung des Limax maximus jenseits und diesseits der Alpen, als carbo- narius in Griechenland, als cönereoniger im Norden, hierher endlich wohl auch der Arion sulcatus von Portugal als Parallelform oder Gegenpol zum schwarzen empiricorum der nördlichen Gebirge. Wahrscheinlich liessen sich noch mehr herausfinden. Alle diese Fälle beziehen sich nur auf eine Farbenreihe, nämlich von Weiss oder Gelblich bis Schwarz. Sie lassen das Roth unberührt. In der ‘T'hat scheint es, dass das Roth durch Wärme hervorgebracht wird. Das zeigt sich an zahlreichen Beispielen. Die rothen Formen des L. maximus sind alle mehr südlich, wobei der Einfluss der alpinen Gebirgslagen noch immer genauer zu untersuchen bleibt; Arion empiricorum roth in der Ebene: Erythrismus von Agr. agrestis auf Creta; der rothe Grundton bei der Am. gagates-raymondiana von Algier und den Canaren, derselbe bei. den Acker- schneeken am Südrande ihres asiatischen Verbreitungsgebietes, Hedtschenkoi- varians; die rothbunte Färbung des L. arborum-valentianus von Südspanien und den Canaren; überhaupt haben die südlichen Parallelformen des gelben L. tenellus noch einen beträchtlichen Antheil von Roth gewahrt, nämlich der L. cephalonicus und subsavanus. Ja es scheint, dass südlicher Finfluss zwei ganze Gattungen röthlich bunt gefärbt hat, die Testacellen als Abkömmlinge dunklerer blauschwarzer Daudebardien und die Parmacellen als die ebenso dunkler Vitrinen. Was den Werth dieses Faktors besonders erhöht, es existirt, so weit meine Erfahrung reicht, kein Ausnahmefall, in welehem eine rothe Form dem Norden des Verbreitungsgebietes einer Art oder Gattung vorwiegend angehört. Nova Acta LVI. Nr. 2. 58 10) 410 Dr. Heinrich Simreth. (p. 210) Das Oceanklima (gleichmässige Temperatur und Feuchtigkeit, Salz- gehalt der ‚Luft, — welcher als wesentlicher Factor? —) scheint bunte Formen zu dunkeln, und einfarbig düstere bunt zu färben, letzteres in Verbindung mit dem dortigen Gesetze, d. I. mehr im Süden. Die Dunkelung zeigt sich an den erwähnten Ackerschnecken und Am. gagates, vielleicht auch an Arion 'empiricorum, sulcatus-Bocagei; das Umgekehrte an den Azorenvitrinen und Plutonia, an den 'Testacellen und Parmacellen. Es ist gewiss nieht zu- fällig, dass die bunteren Testacellen da an die düsteren Daudebardien an- knüpfen, wo umgekehrt die dunkle Amalia gagates aus den bunteren Ostformen entstand, auf der Länge von Italien nämlich (der Grenze der beiden Becken des Mittelmeeres). Bezeichnend aber bleibt es für beide, dass sie Niederungs- formen der Küsten sind. Für die Herleitung der Parmacellen aus den Vitrinen aber ist es ein beachtenswerthes Moment, dass sich die Färbung der ersteren lediglich an die der oceanischen Azorenvitrinen anlehnt,. woraus die oben ausgesprochene Hypothese, die den Schöpfungsherd an das Westende von Europa-Nordafrika, an die Oceankiste, verlegt, eine neue Stütze gewinnt, und man kann darauf hinweisen, dass unter allen europäischen Parmacellen wenig- stens die der Canaren die scheckigsten geblieben und den Azorenvitrinen noch mehr ähnlich sind. Ueber den Einfluss des Gebirges vermochte ich nicht mehr auf- zufinden, als was schon gelegentlich besprochen wurde. Sie sind den Ebenen gegenüber kühler, namentlich sehr wärmeschwankend und wirken meist dun- kelnd: es bleibt aber die Merkwürdigkeit der bunten Formen des L. ma.rımus in den Alpen, freilich mehr in den Sitdalpen. Wenn die Feuchtigkeit hier und da als Moment für die Dunkelung angegeben wird, so stellen sich dem die bunten Azorenvitrinen ebenso ent- gegen, wie die dunklen Steppenformen. Die Temperatur scheint mehr aus- zumachen. Aber wie in der Steppe? Die Complieirtheit des Problems erlaubt kaum durchgreifende Verallgemeinerungen, die über die Gattung hinausgehen, und man wird sich zunächst mit den dargelegten Andeutungen begnügen miissen. Möchten ausgedehnte Experimente weiter führen! So weit die äusseren Einflüsse. Sie wirken, wie früher angenommen wurde, auf das Blut, aus dem sich der Farbstoff ablagert; daher die starke Die Nacktschnecken' der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 211) 411 Pigmentirung der durch ‘den Blutdruck -ausgestülpten "Theile, des Kopfes, der Fühler, namentlich des Ommatophorenretractors; daher die Stammbinde, die dem Hauptsinus und dem nach der Lunge zusammenströmenden Hautblüte ent- spricht. Es haben sich noch manche Belege dafür ergeben, die Zeichnung junger Arion minimus von den Azoren, der Agr. immaculatus, ‚der bei: starker Dunkelung gegen. das Zeichnungsgesetz der Gattung selbst eine Art, Binde über den Rickensinus erzeugt, und besonders deutlich die Ablagerung des Farbstoffes in der Nachbarschaft der Hautfurchen bei den Testacellen, die vermuthlieh Hautathmung besitzen. Dieser Fall steht in einiger Parallele zu den Vitrinen, deren noch einer gewöhnlichen Haut sehr ähnliches Lungengewebe in dem thätiesten Bezirke die gleiche Pigmentablagerung zeigt, wohl ein Beweis mehr für die Stellung. der Vitrinen an der Wurzel des Pulmonatenstammes. Für die starke Färbung der Zwitterdrüse suchte ich kürzlich die Erklärung in dem Drucke des kräftig wachsenden Organs gegen das blutreiche Mesen- chym. . Andere innere Färbungen, namentlich an den Grenitalien, haben wohl eine ähnliche Ursache in der plötzlich heftigen. Entwickelung, wobei wir die Einzelheiten noch nicht würdigen können. _ So sehr die Abhängigkeit der Stammbinde von dem Sinus in die Augen springt, so wird sie doch bei erweiterter Erfahrung getrübt durch Beispiele, wie Philomycus, der im erwachsenen Zustande gar) keine Abhängigkeit mehr erkennen lässt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die postembryonale Entwickelung von dem ersten Stadium an gestaltet. Die Pigmentirung der: Vitrinenlunge liefert ein gutes Argument dafür, dass die: Hautfärbung: vielmehr: ‘unter dem. Einflusse der Meteore steht, als in. der etwaigen eonstitutionellen Beschaffenheit, des Blutes begründet ist, denn die. weissen Vitrinen des. Hochgebirges, haben - doch ihr Lungenareal völlig geschwärzt; äussere und innere Ausfärbung bleiben unabhängig ‚von einander. Umgekehrt scheint ‘eine solche Abhängigkeit zu bestehen bei den Parmacellen. : Die nur schwach mit dunkeln Binden und Flecken versehenen iberisch-afrikanischen Formen (gegenüber den lebhaft gezeichneten eanarischen und kaukasischen) verlieren ihre äussere Zeichnung mit der Ansehwellung der Zwitterdrüse, die dann ihre dunkle Hülle bekommt. Macht das nicht den 52% 412 Dr. Heinrich Simroth. (p. 212) Eindruck, als ob die 'Thiere unter den klimatischen Bedingungen des Fest- landes nur eine bestimmte Pigmentsumme aus dem Blute abzulagern ver- möchten, welche da sich niederschlägt, wo gerade der Reiz, sei es der Meteore, sei es localen Wachsthums, vorwiegt? Die räthelhafteste Pigmentanordnung zeigt wohl Athoracophorus. Am marmoratus lässt sich nichts sehen. Der verrucosus aber, der eine ganz auf- fallende Metamerie des Integumentes besitzt, die auf der Sohle vermuthlich durch die Strickleiter des peripherischen Fussnervennetzes, auf dem Rücken durch den sich an diese Vertheilung anschliessenden Blutlauf bedingt wird, kümmert sich in der helleren Form (die dunkle ist einfarbig) gar nicht um diese Metamerie, die irgend welche Querstreifung erzeugen müsste, sondern legt die erste Zeichnung in scharfen Längslinien an, welche das Metameren- system mehr weniger senkrecht durchschneiden. Es liegt wohl fern, hier im Gegensatz zu den übrigen Nacktschnecken gewaltsam an irgend welche An- passung an äussere Factoren, monocotyle Flora oder dergleichen, zu denken, vielmehr müssen wir uns zunächst mit der Thatsache begnügen und Auf- klärung von erweiterter Untersuchung erwarten. E. Verbreitungsliste der westlichen Arten. Schliesslich mag noch eine systematische geographische Uebersicht des westlichen Materiales folgen. Portugal hätte in Hinsicht einiger Arten in drei Theile gegliedert werden sollen, so weit es sich um die von Spanien hereindringende Gebirgsgliederung handelt; doch ist es unterblieben, weil solche 'Theilung den übrigen Verhältnissen nicht entspricht. Südportugal beginnt mit dem 'Tejo- beeken, Nordportugal umfasst das Gebiet, in welchem die jährliche Nieder- schlagsmenge 1000 mm überschreitet. Die eingeklammerten Formen habe ich nicht selbst untersuchen können; freilich auch die übrigen nicht von allen Fundorten, worüber im Text Rechenschaft gegeben ist. Algier, Marocco und Tunis zu trennen unterliess ich, weil wohl nur das erstere so genau unter- sucht ist, dass ihm eine besondere Fauna vindieirt werden könnte; wir wissen durchaus nicht, wie weit sich seine Arten von denen des westlichen und öst- lichen Nachbars abgrenzen. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna _ete. Madeira Südspanien Vitrinidae. — | (Vitrina subglobosa Mich.) er a | | Vitrina pelagica, d. h. die Vitrine der atlantischen Inseln, | | mit den Formen: | | EN UNTENSISÄG OA ee ( — mareida Gould) | — Lamarcki Fer. | URAN ee re na a (— CAMATUCNSISAMOUSSO) ee Js [Rn — brumalis Morelet . ( — mellis Morelet) — brevispira Morelet kr er nenn „Reha N SG. MeinmaMorelebyg ne neo or . — amgulosa Morelet | (=. reheuleia Mer: 22 2:22. aulaselle: (— Uatebasıs Mon ee ee 0 las More le ( — Blaumeri Shuttl.) | (m. Pelggicn Motel | Rapacia vitrinoidea. | Plutonia atlantica Morelet | Parmacellidae. | Parmacella Olivieri Cuv. mit folgenden, vielleicht nicht zu trennenden Formen: | Valeneiennesi Webb und Berth. | = _ Deshayesi Moquin Taud. RER E ie ( —_- calyeulata Webb und Berth) . . . :...|.]. | ! (— callosa, MousE BEN er 5 aan | le auriculata Mouss.) . | — dorsalis Mouss. | 414 ) Dr. Heinrich Simroth. _Limaeidae. Limax mazximus Linne. — cinereus Lister — umicolor Heynem. . . . — psarus Bourg. — pardalis. . » » - (21h saa:musabouye Er rer — _ variegatus Drap. — arborum Bouch. . ».... var. valentianus Fer. . Agriolimaw a. agrestis L. b. mediterrane Formen. — lombricoides Morelet — immaculatus Srth. _ drymonius Bourg. = nitidus Morelet brondelianussBours,) 2 rer — IM altzam UST rer Amalia gagates Drap. . . var. Raymondiana Bourg. . var. eremiophila Boure. var. scaptobius Bourg. . . » » . Rapacia hyaloidea. (Daudebardia 5 species) Testacella Maugei Fer. — en us nr ER Fön. f U bisuleata Rısso) Glandinidae. Glandina algira Lime . . . Arionidae. Arion mwinimus Seth, » » 2 2...» — yascalianus Mab»... . . . (p. 214) EINES NEUE (are tree Merle Eee VO er = areas Bsı 3123 eEeıi8 S 233 565]|> SIE la | aını 2 | | © I} — ? | | n 5 Ian steh 5 ale — | | © Al lo | | | —= | | | | ler [bie | nike | a a ” w in 1} Azoren Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. Südspanien Canaren Madeira | Nordwestafrika || I’ | | 81% | El: l&|2 Me z|# | Immc Ron LUSÜtanicu SE Ma er — empiricorum Fer., sulcatus Mor., bocagei Sıth.. . . |— tmndus) Morelau. Mur B REERF, N— |—| Geomalacus maculosus Alm: ren. . |— TDetounmeusia) numidıcaaB ons en ( OliveiraehSrth® ee N a >= anguiformis Mor. — viridis — squammatinus . |. —| Moreleii,.Hesea) wm o2ı 0. 416 III. IRaVE XVl. XVLo. XVII. Dr. Heinrich Simroth. (p. 216) Citirte Schriften. Albers-von Martens. Die Heliceen. Allman. 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Dieselbe, nach dem Leben (Caldeira von Fayal). Fig. 5. Kiefer derselben. Fig. 6. Eingeweide derselben. /g Lunge von unten. Fig. 7. Niere und Enddarm derselben von unten. d, Enddarm. » Niere. 4 Ureter. Fig. 8. Pharynx- und Fühlermuskeln derselben. Fig. 9. Schale derselben von oben. Fig. 10. Schale eines jüngeren Exemplares von unten. In beiden Fällen erscheint der Kalk dunkel. i Fig. 11. Genitalien einer Phutonia von S. Miguel. Fig Die Pfeilpapille freigelegt. Genitalien einer Plutonia von Fayal. Mantel *, Schale Fühlermuskeln desselben. le | - 93 m mm | von Trigonochlamys imitatrix. I oa 00 er or Pharynx derselben. in Integument des Nackens. ph Pharynx. m Pharynx- = = [or muskel. 2» Radulapapille. dı Darm. Genitalien derselben. ep! 9 a 1 DD 8. Fig. Fig. Fig. Fig. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 221) 421 1. 2. Tafel 2. Testacella Maugei von S. Miguel, etwas contrahirt, nach dem Leben. Mantel der Testacella Maugei nach Entfernung der Schale. Links der Schalenfalz. 3.| Testacella haliotiden von Triest, in verschiedenen Zuständen der Haut- . 13. lo: IDEE contraction. Nase der Testacella Maugei. Hautfurchen derselben. 1 bis 4 Furchen erster bis vierter Ordnung. Haut, Fussdrüse, Fühlerretractoren, Wurzel des Pharynxretractors und Geni- talien von 7. Mauger. Fussdrüsse (fd), Pharynx (ph), Pharynx- und Fühlermuskeln von Test. haliotidea. /i; Kalkeimlagerungen neben dem Sinus in der Sohlenkante. Genitalien von Test. haliotidea von Triest. Daudebardia Saulzyi von Ureta. Pharynx, Pharynx- und Fühlerretraetoren. fd Fussdrüse. Dieselbe. Darm und Genitalien. Ein Stück des Magens, Darmes und der Lebern von Daudeb. rufa, mit einem Regenwurm. Zahn von Daudeb. brevipes, ebenso von D. Saulzyi. Retractoren von Daudeb. rufa und brevipes. Dieselben von Daudeb. Lederi. Die linken Fühler von Daudeb. Heydeni mit ihren Muskeln. Tafel 3. Amalia eristata Kalen. Krim. Amalia gagates, var. Raymondiana Bourg. Canaren. Amalia gagates, var. eremiophila Bourg. (oder eine Zwitterform zwischen dieser Varietät und der gemeinen). Lissabon. Amalia gagates, monströses Exemplar. Coimbra. und 5% Limax arborum, var. valentianus Fer., Canaren. und 7. _Agriolimax agrestis von S. Miguel. Melanismus. Agriolimax lombricoides Morelet. Agriolimax immaculatus n. sp., helle Form. Agriolimax immaculatus, dunkle Form. Agriolimax lombricoides im Vorspiel. nh. d. L., etwa anderthalbfache Vergr. Agriolimax lombricoides in Copula, nh. d. L. Nat. Gr. und 14. Agriolimax lombricoides mit ausgestülpten Genitalien (Alkohol). bei « Reizplatte. Agriolimax lombricoides Genitalien. 422 Dr. Heinrich Simroth. (p. 222) Fig. 16° und ”. Agriolimasx lombricoides. Endwege derselben von verschiedenen Thieren. 16° bei 79, ein secundärer Ruthenmuskel. Fig. 17° und ®. Agriolimax immaculatus. Endwege der Genitalien. Fig. 18° und ®. Endwege der Genitalien von Agriolimax nitidus, in b ist der Reiz- körper in situ eingezeichnet. Fig. 19. Agriolimax immacenlatus. Enddarm. Fig. 20. Hyalina mitens. Pharynx- und Fühlermuskeln. Fig. 21. Hyalina atlantica. Genitalien frisch. Fig. 22. Hyalina miguelina. Genitalien frisch. Tafel 4. Arion lusitanicris in seinen verschiedenen Altersstufen und Varietäten, nh. d. Leben, nur Fig. 9 nach einem Alkoholexemplar. Fig. 1. Jung von Cintra. Fig. 2. Ebenso. 2“. Sohle desselben. Fig. 3 Fig. 4. Jung von Öporto. Fig. 5 Etwas älter, ebendaher. Fig. 6. Halbwüchsig, ebendaher. 6*. Sohlenstück eines ähnlich gefärbten grösseren Etwas älter, ebendaher. Exemplares. Fig. 7. Ziemlich erwachsen, ebendaher. Fig. 8. Erwachsen, ebendaher. Fig. 9. Von der Serra Estrella. Fig. 10. Halbwüchsig von Braga. 10* dessen Sohle. Fig. 11. Erwachsen von Las Caldas do Gerez. 11* dessen Sohle. Fig. 12 und 13. Die kleinere Inselform. Tafel 5. Fig. 1. Arion empiricorum von Las Caldas do Gerez. Ganz jung. Nh. d. L. Fig. 1%. Arion empiricorum var. Bocagei, ebendaher. Fig. 1°. Sohle desselben. Ganz grosse Exemplare mögen um die Hälfte grösser sein. = Fig. 2. Arion minimus von S. Miguel (Pico de Carväo). Alkohol. Fig. 3. Arion pascalianus. Cintra. Nh. d. L. Fie. 3°. Derselbe von oben. Fig. 3”. Derselbe von Las Caldas do Gerez. Nh. d. L. Fig. 3°. Sohle desselben. Die Nacktschnecken der portugiesisch-azorischen Fauna etc. (p. 223) 423 4. Arion tümidus. Abrantes. Alkoholexemplar. 5. Arion lusitanicus in Copula. Oporto. Nh. d. L. Nat. Gr. 6. Mantel eines jungen Geomalacus maculosus. Las Caldas do Gerez. 7. Geomalacus anguiformis. Monchiqua. Alkoholexemplar. Tafel 6. . Genitalien von Arion lusitanieus. 2. Spermatophore desselben. Daneben Theile ihres Conchiolinkammes in stärkerer Vergrösserung. 3. Genitalien von Arion timidus. ’ 3°. Linker Fühlermuskel desselben, mit Zweigen zum grossen und kleinen Fühler und zur Lippe. 4. Genitalendwege von Arion minimus von S. Miguel. 5. Genitalendwege von Arion pascalianus. 6. Genitalendwege von Arion alpinus. 7. Genitalendwege von Arion celtieus. 8. Genitalien von Geomalacus anguiformis. 9. Genitalendwege von Geomalacus Oliveirae. 10. Patronenstrecke von Daudebardia Saulzyi. 11. Genitalien von Daudebardia Heydenit. 12. Genitalien von Daudebardia Heldi. 13. Genitalien von Daudebardia brevipes. 14. Genitalien von Daudebardia rufa. 15. Genitalien von Glaudina algira. 16. Retractoren derselben. In der Mitte der Pharynxmuskel, darunter der für den Schwanz. Vorn rechts und links die Fühlermuskeln mit Zweigen für die Fühler und Lippen. Dahinter zu beiden Seiten die Sohlenmuskeln, rechts gelegentlich noch ein losgelöstes accessorisches Bündel. 17. Genitalien emer noch nicht ganz reifen Letourneuwia numidica. Tafel 7. 1. Junge Geomalacus maculosus. Las Caldas do Gerez. 1°. Jüngstes Thier. I®. Etwas älteres. 1°=®. Thiere, die sich beim Abnehmen zusammenkrümmen. a 2. Haut, Niere und Retractoren von Greomalacus angwiformis. mi \inker Fühler- muskel. 424 Dr. Heinrich Simroth. (p. 224) Fig. 2°. Mantelorgane desselben von unten. # Ureter. b Lunge. Die punktirte Linie deutet die Lage der Schale an. Fig. 2”. Schale desselben. Fig. 3. Schale eines jungen Geomalacus maculosus von oben. Fig. 4. Eine andere von unten. c Calcosphaeriten. Fig. 5. Mantelorgane von Prophysaon Hemphilli von unten. ! Lunge. rph Pharynx- retractor. d; Enddarm. » Insertionslinie des rechten, »nı die des linken Fühlermuskels. Fig. 5°. Niere und Enddarm desselben von unten. » Niere. ı Ureter, Av Herz- vorkarmmer. hk Herzkammer. Fig. 6. Hinterende desselben Thieres. Fig. 7. Darm desselben mit den Speicheldrüsen und der linken Mitteldarmdrüse. Fig. 8. Genitalien desselben. Fig. S®. Spermatophore desselben. Fig. 9. Niere und Retractoren von Ariolime® californicus. ao Aorta. rg, Retractor der Genitalöffnung. dı Enddarm. Fig. 10. Fussdrüse desselben. Fig. 11. Genitalien desselben. Tafel 8-10. Die Karten I bis VI wollen keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit erheben. Häufig musste nach einem vereinzelten Fundorte ein ganzes Land bezeichnet werden, so namentlich Neuseeland. Auf Tafel 10, Karte V bedeutet das braunschraffirte Gebiet die Strecken, auf denen Agriolimax laevis vermuthlich vorkommt. Die griechischen Weiterbildungen des Zimar mazimus, L. Conemenosi Böttger und Z. graecus Simroth konnten noch nicht aufgenommen werden, da ihre anatomische Untersuchung erst nach dem Schluss der vorliegenden Arbeit bewerkstelligt wurde. Dagegen ist der Zimax eustrietus vorläufig und fraglich noch unter den Limaces geblieben, wiewohl es unsicher bleibt, ob er nicht zu den Amalien gehöre. IN O VATER: der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band LVI. Nr. 3. Die Versteinerungen des Cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien nebst vergleichenden Untersuchungen über analoge Vorkommnisse aus andern Ländern. Von Dr. Joh. Georg Bornemann., \. \.N\. Ritter 1. Abth. des Grossherzogl. Sächs. Ordens der Wachsamkeit oder vom weissen Falken, Offizier des Ordens der Italiänischen Krone, Mitglied der Deutschen geologischen Gesellschaft, der Societe geologique de France, der Societä geologica italiana, der Deutschen botanischen Gesellschaft, correspondirendes Mitglied der k. k. Oesterr. geologischen Reichsanstalt etc. ete. Zweite Abtheilung. Were NO Mareike Se IIDTZIDIDIANDE Eingegangen bei der Akademne am 21. März 1890. HALLE. 1591. Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. Rn. fi = rs abe Are ET DE Sen NE m 1a! sera ha ale Ce Eau Sa almımohıT suolang, di egal area pa {are J B Dat u err ,& Ei 1} 1 A FE vr iR ir len Kr “m yuronianzra" M . M ‚unsrontoik ro BR Er 7 5 Er ü 5. neh Hinuc Ben us ann vis Kor, ur rd B ET nf hanyınd ai as „_ ah arnban Bu de I u we uch TASER Be an 1 we Er leid anime pi r N y Hherahuenenna; here ste "u sg 4: eg “aß er re rei 4 Pa 9 [re Pr, gr irliäntl Aretswd E n ! e =, sl ae am neh ee rer s Pe 7.1.22 ü -r Ru, DEE Z. 1 ja ale ia ee = Ar Vorwort. Die Fertigstellung dieses zweiten T’heiles „der Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien“ hat eine mehrjährige Verzögerung dadurch erlitten, dass sich dem Abschluss der Abtheilung über die 'Trilobiten eigenartige Umstände hindernd in den Weg stellten." Ein Theil des von mir gesammelten Materials war Herrn Meneghini iibergeben, welchem Seitens des R. Comitato geologieo d’Italia die Bearbeitung der palaeontologischen Sammlungen der sardinischen Landesuntersuchung über- tragen war. Ich hatte einen regen Briefwechsel mit ihm über die 'Trilobiten gepflogen, eine Anzahl der "Tafeln zu seiner „Paleontologia dell Iglesiente“ war seit längerer Zeit gedruckt und mir vom Verfasser mitgetheilt worden. Ueber Vieles herrschte Verschiedenheit der Meinungen. Meneghini hatte bei seinem hohen Alter und öfterer Krankheit Mühe, sich in das ihm fremde Gebiet der 'Trilobiten hineinzuarbeiten. Dazu kam als besonders erschwerender Umstand, der völlige Mangel eigener Anschauung des natürlichen Vorkommens, denn Meneghini hatte niemals eine cambrische Gegend selbst betreten und die Schiehtenfolgen nicht selbst gesehen. Alle darauf bezüglichen Angaben geschahen auf Grund von Mittheilungen Anderer, und seine eigenen Be- obachtungen waren eng auf den Raum seines Arbeitszimmers beschränkt. Er fühlte selbst diese Mängel und konnte sich deshalb lange nicht zur Ab- lieferung des Textes entschliessen. Erst nach öfterem Drängen Seitens des Vorstandes des Comitato erschien im Jahre 1555 das Heft der „Paleontologia dell’ Iglesiente* mit den "Trilobiten. Bald darauf starb der hochverdiente Gelehrte. 54* 428 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. #) Für die vorliegende Arbeit musste das Erscheinen seiner Publication abgewartet werden, weil auf den gesammten Inhalt derselben vielfach Bezug zu nehmen war. Dieses wäre aber vor der Herausgabe des Textes nicht möglich gewesen, ohne durch das gleichzeitige Erscheinen zweier Arbeiten über denselben Gegenstand eine grosse Verwirrung und eine schwer zu entwirrende Synonymik zu veranlassen. Durch weitere Sammlungen und Beobachtungen hatte sich in der Zwischenzeit mein Material erheblich vermehrt, so dass auch zur ersten Abtheilung Nachträge zu geben waren. Hierbei konnten auch Erwiderungen auf einige kritische Aeusserungen eingeschaltet werden, welche gegen einzelne meiner Auffassungen erhoben worden sind. Für das Studium der cambrischen Trilobiten konnte ich reichliches Vergleichsmaterial aus Schweden, Böhmen und Nordamerika benutzen, welches mir von den Herren Lundgren, Noväk und Walcott in dankenswerther Weise mitgetheilt wurde. Eine Besichtigung der Prager Sammlungen liess die Ueberzeugung gewinnen, dass die cambrische Fauna Böhmens von der sardinischen sehr verschieden ist. Nur eine vereinzelte Sao in der letzteren mahnt an die böhmische Art. Die Fauna von Hof!), bei welcher übrigens verschiedene Etagen zu unterscheiden sein dürften, bietet keine mit sardinischen Formen überein- stimmende Vorkommnisse. Dagegen erinnern einige sardinische Fossilreste, deren Erhaltungszustand allerdings unvollkommen ist, auffallend an Formen aus nordamerikanischen und nordischen Gebieten. Die stratigraphische Kenntniss der palaeozoischen Gebilde Sardiniens hat durch die Publicationen des R. Comitato geologico, Deserizione geologico mineraria dell’ Iglesiente eine Erweiterung erfahren. Dieselben sind auf Grund der vom italienischen Bergingenieurcorps gemachten Beobachtungen und Sammlungen von Herrn Zoppi redigirt und von Herm Giordano mit Zu- sätzen versehen worden, zu welchen ich einige Beiträge liefern konnte. !) Bei Hof hat in neuerer Zeit Herr Rechtsanwalt Glass Vieles gesammelt, was noch der wissenschaftlichen Bearbeitung harrt. Das Vorherrschen eines Asaphiden bei Leimitz weist den dortigen Schichten ein höheres Niveau an, als Barrande angenommen hatte. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.5) 429 Die geologische Karte giebt eine willkommene Uebersicht der bis jetzt durchforschten Theile der Provinz Iglesias. Es fehlen aber noch die An- schlüsse nach Siiden, Osten und Norden, in welchen das palaeozoische und azoische Gebiet seinen Abschluss findet und deren Gesammtdarstellung erst eine grössere Klarheit in die geologische Architektur dieser Gebirge bringen wird. Die Darstellung der stratigraphischen Verhältnisse leidet in den vor- liegenden Arbeiten noch an manchen Unklarheiten, besonders in Folge der Zusammenfassung sehr verschiedenartiger Schieferformationen und ferner wegen Beibehaltung der bisher gewohnten stratigraphischen Auffassung des Calcare metallifero. Das was auf der Karte mit (S) bezeichnet ist, umfasst einestheils das grosse Gebiet echter Silurschiefer mit Versteinerungen, anderntheils aber auch ältere azoische Schiefer, Gneiss und mancherlei krystallinische Gebilde des Grundgebirges und drittens: obersilurische und selbst devonische Schichten. Die mächtige Kalkformation des Calcare metallifero schliesst sich an das obere Cambrium an, gehört aber der Hauptmasse nach wohl zum Silur und enthält an ihrer Grenze, da, wo sie mit dem silurischen 'T'honschiefer zusammentrifft, fast überall eine Zone von Kalkschiefern mit erkennbaren Fossilresten. An manchen Orten beobachtet man ein wechselseitiges Ineinandergreifen der Kalkschiefer und der dicken Kalkbänke und kommt zu der Annahme, dass die unter dem Namen Calcare metallifero bekannten mächtigen Gebilde eine zusammenhängende Kalksteinfacies ist, welche in der cambrischen Periode beginnend, sich als eine Riffkalkbildung bis weit in die Silurperiode hinein fortgesetzt hat. Der Streit über das relative Alter des Kalksteins und des Schiefers, welcher neuerdings in einer Schrift des Herrn M. Marchese Ausdruck gefunden hat, findet seine Erledigung in der Weise, dass es sich um zwei petrographisch verschiedene, aber zeitlich nahe stehende und zum Theil parallele Formationen handelt. Für diese Auffassung sprechen auch die speciellen stratigraphischen Darstellungen des Herrn Mazzetti, welche neuerdings von der Direetion des Comitato im Bollettino geologieo Vol. XXI. p. 73—79 mit- getheilt worden sind. 450 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 6) Mannigfaltige Eruptivgesteine, welche an vielen Orten und mit ver- schiedenen Formen des Auftretens im Gebiete der azoischen, cambrischen und silurischen Schichten vorkommen und zum Theil das Grundgebirge der Sedimentformationen darstellen oder sonst in tektonisehen Beziehungen zu denselben stehen, verdienen noch eine sorgfältige Untersuchung und Darstellung. Vieles Material an Sammlungen und Beobachtungen aus «diesen Ge- bieten, besonders aus den versteinerungsreichen Silurschichten, liegt bereits vor und soll weiteren Publicationen über die älteren Gebirgsbildungen Sardiniens zum Gegenstande dienen. Die vollständige stratigraphische und geotektonische Klarstellung dieser Gebilde Sardiniens, bei denen auch die Faciesfragen schon eine bedeutsame Rolle spielen, lässt sich mit Sicherheit erst nach der speciellen palae- ontologischen und petrographischen Bearbeitung der ganzen Formationsreihe in Angriff nehmen. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.%) 431 Inhalt. Zweite Abtheilung. Brhteratuns eo, Se a eealen een ve yet nen = Del NS IV chinodermatare Pe EN Ve Brachı0p0Lla/ ar RE TE Ln ln ner MAR. AlHRnRE 2 BER Tl TER G asteropodaN MER ICE SE ie re ea a YIlWPteropoda FE or lien ge = 11305 Syrah ya ee ee ee ER SE Re, 2 Nachträge zur ersten Abtheilung. IE Aleue, 00 ee eo 2 nern = 98 II-ASpongIaes u ZELDA ET ua Fass ken grau rhn ray 68 Il, iArchaeaegathinae genen ns Beil al mein, wett sehl Sao ne Geologische Schlusshetrachtuneg 7. te] Ananeıl& Iaonnlan: zbamemale = 3 78 432 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 8) Litteratur. Siehe erste Abtheilung 186, pag. 9, 10. Walcott, On the Cambrian Faunas of North-America 1884. Bullet. Unit. St. Geol. Survey No. 10. Walcott, Second Contribution to the Studies of the Cambrian faunas of North- America 1586. Bullet. Unit. St. Geol. Survey No. 30. Schlüter, Archaeocyathus im russischen Silur? Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft 1886. pag. 899. Hinde, On the Work of M. Bornemann Cambrian fossils of Sardinia. Geological Magazine IV. p. 220. 1887. Waleott, Note on the Genus Archaeocyathus of Billing. Americ. Journal of Science Vol. XXXIV. August 1837. Menegh. Trilobiti. Meneghini, Paleontologia dell’ Iglesiente in Sardegna. Fauna Cambriana, Trilobiti. Estratto dal Vol. III. parte 24 delle Memorie del R. Comitato geologico d’Italia. Firenze 1888. Fol. 51 ete. 7 tav. Zoppi, Descrizione geologico-mineraria dell’ Iglesiente (Memorie deserittive della Carta geologica d’Italia Vol. IV) 1888. Con atlante e Carta geologica dell’ Iglesiente (Sardegna). Annuaire geologique universel. Tome IV. Paris 1888. p. 842; p. 852 (Dollfus). Hinde, Note on the Spicules described bei Billings in Connection with Archaeoeyathus Minganensis. Geological Magazine Vol. V. p. 226. 1888. Hinde, On Archaeocyathus Billings and other Genera allied or associated with it. Quart. Journ. of the Geol. Soc. of London. Febr. 1889. Walcott, Stratigraphie position of the Olenellus fauna in North-America and Europa. Americ. Journal of Science May and July 1889. Maurizio Marchese. Össervazioni alla Descrizione geologico-mineraria dell’ Iglesiente. Estratto dagli Annali degli Ingegneri ed Architetti italian. Anno IV. fascicolo IV. Roma 1889. Bergeron, Etude geologique du massif ancien au Sud du Plateau central 1889. p. 56. Steinmann, Referat über: Bornemann, Verst. d. cambr. Schichtensystems I. Abth. (N. Jahrb. f. Mineralogie 1889. I. p. 329). Bollettino del R. Comitato geologico 1890. Vol. XXI. p. 73—79. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.9) 4383 IV. Echinodermata. Kocystites’ sp. (Taf. 34. Fig 24.) Kleine 2—5 mm im Durchmesser haltende Täfelchen von eckigen oder gerundeten Umrissen kommen zerstreut als hohle Abdrücke neben 'Trilobiten- theilen und Archaeoeyathusresten im Sandstein von Punta Pintau bei Canal- grande vor. Manche derselben sind ziemlich regelmässig fünfeckig (Fig. 24), andere sind gerundet oder oval. Ihre Oberfläche ist meist eben oder mit einzelnen schwachen Falten, oder in der Mitte etwas vertieft. Wahrscheinlich rühren diese Schilder von Cystideen her und vielleicht von mehreren Arten. Die unvollkommene Erhaltung und Geringfügigkeit der Reste erlaubte aber keine nähere Bestimmung. Manche derselben ähneln den Täfelehen von Eocystites? longidactylus Waleott (Bullet. U. St. Geol. Survey No. 30, 1886, p. 94, pl. 5, 6) aus dem mittleren Cambrium Nord- amerikas. Auch das böhmische Cambrium hat Analoges aufzuweisen. In Bar- randes Systeme Silurien Vol. VII finden sich isolirte Cystideen-Täfelehen abgebildet (pl. 2), welche sardinischen Vorkommnissen sehr ähnlich sind. Dabei mag auf die grosse Uebereinstimmung zwischen Walcotts Eoeystites? longidactylas (). e. pl. Vl. Fig. 1) und Barrandes Acanthocystites Briareus (Syst. Sil. VIL: pl. 2. Fig. 13 welcher man wohl eine völlige Uebereinstimmung beider Fossilien annehmen 15) hingewiesen werden, auf Grund kann. stelleridarum gen. ac spec. Kleine Kalkkörper mit charakteristischer Echinodermenstruktur, welche selten bis 2 mm Durchmesser erreichen und mannigfaltige Gestalten haben, Nova Acta LVI. Nr. 3. 55 434 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 10) finden sich stellenweise in grosser Anzahl in den 'Trilobitenschichten von Porto Canalgrande zusammengehäuft. Ihre in Dünnschliffen beobachteten Durchschnitte zeigen sehr verschiedene Umrisse, sie sind bald halbkreis- förmig, rundlich, bald eckig oder mehrzähnig u. s. w. und entsprechen Gestalten, wie sie bei den vielgestaltigen Kalktheilen der Seesterne vor- kommen. Da !sie sich niemals im Zusammenhange, auch nicht im freien Zu- stande, sondern nur in Dünnschliffen zerstreut beobachten liessen, war eine nähere Bestimmung nicht ausführbar. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.11} 435 Y Brachiopoda. Von Brachiopoden sind hauptsächlich Lingula-Arten in den cambrischen Schichten Sardiniens verbreitet. Die häufigste Art, welche sich in Schiefern zuweilen gesellig vorfindet, aber auch in anderen Schichten vorkommt, wurde zuerst als Lingula Davisii M. Coy angegeben, ist aber besser als Lingula attenuata Sow. zu bezeichnen, unter welchem Namen sie hier aufgeführt ist. Von anderen Gattungen sind Kutorgina und Obolella vertreten. Lingula wd Lingulella, Die Unterscheidung von Formen dieser Gattungen aus cambrischen und untersilurischen Schichten unterliegt grossen Schwierigkeiten, da, wie Davidson (Brit. foss. Brachiop. Silur. p. 55) bemerkt, die Merkmale, welche zur Unter- scheidung von Lingulella dienen sollen (besonders der Austrittskanal des Stieles), noch weiterer Untersuchungen bedürfen und bisher nur in einzelnen wenigen Fällen haben beobachtet werden können. Ebenso sind einzelne Arten, wegen der ausserordentlichen Veränderlich- keit ihrer Umrisse und der Verschiedenheit an Grösse und Gestalt bei un- zweifelhaft zusammengehörigen Formen, schwer zu begrenzen und zu unter- scheiden. Der ungünstige Erhaltungszustand der meisten hierher gehörigen Vorkommnisse trägt ebenfalls zur Vergrösserung dieser Schwierigkeiten und zur Unsicherheit in der Artbestimmung bei. Die Abbildungen, welche Davidson (l. ce. tab. IV.) von Zingulella Dawvisit Salt. gegeben hat, bieten eine solche Auswahl in Bezug auf die äussere Gestalt von breiten und querovalen bis zu sehr langgestreckten Formen dar, dass man die als typisch betrachteten Umrisse mancher anderen 55 * 436 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 12) Arten innerhalb des Formenkreises von L. Davisii wiederfindet. Aehnlich verhält es sich mit Z. lepis Salt., deren Diagnose „Broad ovate, longer than wide“ (l. e. p. 54) der Vergleichung weiten Spielraum lässt. Dass die nntercambrische ZL. ferruginea Salter mit L. Davisii und L. lepis nahe verwandt ist, giebt Salter selbst bei der Aufstellung der Species (Quart. ‚Journ. t. XXIU. p. 341) trotz der dort nachfolgenden antidarwinistischen Ausführungen zu, und es würde sich kaum ein stich- haltiger Grund dagegen anführen lassen, wenn man die einander so ähnlichen Arten als zusammengehörig betrachten wollte. Linnarsson (On the Brachiopoda of the Paradoxidesbeds of Sweden 1576, pag. 15, t. III.) bildete eine Anzahl kleiner Formen ab, welche den englischen sehr ähnlich sind und ihm namentlich der L. Davisii vergleichbar erschienen, wmterliess es aber, auf die heikle Speciesbestimmung näher ein- zugehen. Barrande hat in seiner Darstellung der Primordialfauna von Hof (1865) kleine Lingulaformen als 6 neue Species beschrieben, deren eine (L. cedens) er der L. Davisii auffallend Ähnlich fand. In seiner älteren Arbeit über die silurischen Brachiopoden Böhmens (1845) führte derselbe Autor zwei Lingulaarten als L. attenuata Sow. von Beraun und Z. Lewisii Sow. von Konieprus auf, welche er als identisch mit englischen Arten betrachtete. In seiner neuen Bearbeitung der böhmischen Silurbrachiopoden sucht man diese Namen vergeblich. Es heisst dort im Beginn der Einleitung „Nous publions aujourd'hui 153 planches sur lesquelles sont figures tous nos Brachiopodes siluriens de Ja Boh@me“. Es werden dann (l. ce. pag. 92, 93) 41 Species von Lingula aufgeführt und abgebildet, aber von L. attenuata und L. Lewisii ist nicht mehr die Rede, und von den beschriebenen Arten wird nur eine einzige, L. cornea, bezeichnet, welche vielleicht ausserhalb Böhmens zu finden sei. „Le temps ne nous a pas permis de revoir les descriptions des 175 especes introduites par nous dans la science en 18447—1848“ be- merkt der Verfasser (]. e. p. XL.) und überlässt seinen Nachfolgern, sieh mit der Synonymik abzutinden. Nach einer gütigen Mittheilung des Herrn Prof. Noväk, welche auch durch die Vergleichung der Abbildungen bestätigt wird, ist die von Barrande Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.13) 43% g als L. Lewisii beschriebene Art — L. bohemica Barr. (Syst. Sil. Vol. V. pl. 105, 9). Bezüglich der von ihm als L. attenuwata bezeichneten Exemplare sei es wahrscheinlich, dass darunter zwei später von einander getrennte Formen begriffen seien, es sei aber nicht mehr zu entscheiden, um welche Stiicke es sich gehandelt habe! Von den nordamerikanischen Lingulaarten zeigt ZL. antiqua Hall (Pal. New York I. p. 3. Tab. 1. Fig. 3) sehr verschieden gestaltete Umrisse der Varietäten. Die lang zugespitzte Form gleicht der L. acuminata Conrad (Hall, Pal. New York I. p. 9), die breitere der L. attenwata Sow. Auch die von Hall als zweifelhafte L. attenuata Sow. (ibid. p. 95. Tab. XXX. Fig. 1) beschriebene Muschel, welche Billings!) später als L. Daphne abgetrennt hat, ist schwer zu unterscheiden. L. attenuata Sow. (Taf. 34. Fig. 1—10.) L. attenuata Sow. Sil. Syst. 1839. — Davidson, Brit. Silur. Brachiop. HI. p. 44. Taf. II. Fig. 18-27. V. p: 206. Taf. XVII. Fig. 13—19. L. Davisii Bornem. (reol. Zeitschr. 1884. p. 273. Länglich oval, nach dem Schnabel zu stark zugespitzt, concentrisch fein und meist regelmässig gestreift, oft auch mit grösseren unregelmässigen concentrischen Falten. Schwache Radial- oder Längsstreifung ist gewöhnlich auf der Mitte der Fläche deutlich hervortretend. Am Wirbel meist ein deut- licher gerader Längseindruck. Gestalt sehr veränderlich, oft unsymmetrisch, kurz gerundet-dreieckig oder fast kreisrund, oder schmäler und in die Länge gestreckt, mehr oder weniger gewölbt bis flach. Die lang gestreckten Exemplare (Fig. 5) ähneln der L. acuminata Conr., andere stimmen vollkommen mit Murchison’'s Originalfiguren überein, wieder andere lassen sich mit Z. Davisii vergleichen und wurden Anfangs zu dieser Art gestellt. Das massenhafte Zusammen- vorkommen und die zahlreichen Uebergangsstadien zwischen den extremen Formen lassen keinen Zweifel, dass alle diese Formen zu einer Art gehören und der mittlere T'ypus derselben passt am besten zu L. attenwata Dow. Grösse: 2 bis 9 mm. 1) Palaeoz. foss. I. p. 50. 438 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 14) Vorkommen: Sehr häufig in den cambrischen Schichten von Canal- grande, in gelbbraunen Schiefern unweit der Gebäude von Canalgrande (von hier stammen die in Fig. 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 10 abgebildeten Exemplare), in einem schieferig-sandigen Gestein mit Olenopsis an der Grotte (Fig. 6), in weissgrauem Quarzsandstein im T’'hale von. Gutturu Sartu (Fig. S und 9), in gelben Sandsteinen mit Archaeocyathus von Punta Pintau u. a. 0. Der Erhaltungszustand ist am besten in den Schiefern, doch sind die Exemplare hier meist ganz flach gedrückt. Die in den Sandsteinen in grosser Menge vorhandenen Exemplare zeigen oft noch ihre ursprüngliche Wölbung, die zarten Schalen sind aber gewöhnlich unregelmässig verdrückt und schlecht erhalten. L. attenuata findet sich in England an vielen Orten und in aus- oedehnter verticaler Verbreitung von Llandeilo bis Upper Caradoc, in Irland bis Llandovery. In Nordamerika ist sie durch den ganzen 'Trenton limestone verbreitet. Im Allgemeinen würde sie demnach dem ordovieischen System angehören, indessen ist sie mit den oben genannten cambrischen Arten so eng verwandt, dass sich stratigraphische Unterscheidungen auf ihr Vorkommen kaum begründen lassen. L. petalon Hicks. (Taf. 34. Fig. 11—14.) Hicks, Geol. Mag. Vol. V. p. 308. pl. XV. Fig. 16. 1868. Davidson, Brit. Silur. Brachiop. p 337. pl. 49. Fig. 30. Gerundet dreieckig, Stirnrand zuweilen fast gerade. Schalen ziemlich flach, ihre Wölbung am stärksten in der Mitte. Concentrische ziemlich grobe Anwachslinien. ll mm. Grösse 9 Vorkommen: in gelbem zerreiblichen Sandstein von Punta Pintau (Canalgrande) und von Gruguetta. Fig. 11—14 stellen verschiedene Formen dieser Muschel dar, welche mit dem Typus der englischen Art sich wohl vereinigen lassen. Die verticale Verbreitung der letzteren wird von Etheridge (Proceedings of the Geol. Soc. 1850—81. p. 64) von Tremadoc bei Arenig angegeben. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.15) 439 L. Rouaulti Salt.? (Taf.. 34: Fig. 21.) Salter, Quart. Journ. Vol. XX. pl. 27. Davidson, Brit. Silur. Brachiop. p. 40. pl. I. Fig. 14—20. Eine erosse aber schlecht erhaltene Lingula aus dem "T'rilobitenschiefer von Porto Canalgrande zeigt die etwas dreieckige Gestalt und Grösse, sowie die Anwachsungsstreifung dieser aus dem Cambrium Englands bekannten Art. Ein kleineres ebenfalls sehr unvollkommen erhaltenes Stück aus dem Quarzit von San Pietro bei Masua lässt sich auf Davidsons Fig. 19 (]. c.) beziehen. Auch Meneghini erwähnt diese Art von Canalgrande (ef. Menegh. Posizione relat. 1881, p. 261). Es ist dabei nicht zu übersehen, dass in Schiefern flach gedrickte Exemplare der grossen Klappe von Kutorgina eingulata ein sehr ähnliches Ansehen haben müssen, wie das vorstehend als Lingula Rouaulti (2) bezeichnete Fossil. L. Hawkei Rouault. (?) (Taf. 34. Fig. 19, 20.) M. Rouault, Bullet. geolog. de France. 2. Serie. Vol. 7. p. 728. Salter, Quart. Journ. Vol. XX. No. 293. pl. 17. Fig. 2, 3. Davidson, Brit. Silur. Brachiop. p. 41. pl. 1. Fig. 21—26. Zu dieser grossen Lingula, welche sich durch ihren etwas quadratischen Umriss und schwachen Sinus auszeichnet, können zwei sehr unvollkommene Exemplare gestellt werden, welche sich im Trilobitenschiefer mit Olenopsis und Metadoxides von Gutturu Sartu gefunden haben. Meneghini erwähnt (Trilobiti p. 26) eine Lingulaschicht mit L. Hawkei Rouault (?) von Nebida (presso all’ arco della Strada di San Pietro), welche mit trilobitenführenden thonigen Sandsteinen zusammen vorkommt. Grosse Aehnlichkeit mit L. Hawkei haben auch die Barrande’schen Arten L. Feistmanteli und L. expulsa aus dem böhmischen Silur (Etage D). Obolella Billings. O. crassa Hall (sp.) (?) (Taf.. 34. Fig. 15—17.) Walcott, Bullet. U. St. Geol. Survey Nr. 30. p. 114. pl. X. Fig. 1. Breitoval bis kreisrund mit etwas zugespitztem Wirbel. Die Schalen sind stark gewölbt, die eine etwas stärker als die andere. Sie sind mit stark hervor- tretenden concentrischen Linien besetzt, radiale Streifung ist nicht bemerkbar. 440 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 16) Sie findet sich in einer rothgelben Sandsteinschicht unweit der Häuser von Canalgrande auf dem Wege nach Punta Pintau. Bei der Unvollkommenheit des Erhaltungszustandes lässt sich die Be- stimmung nur auf die äussere Form begründen, deren Habitus mit der ameri- kanischen Art aus dem cambrischen Kalk von "Troy übereinstimmt. Obolella sp. (?) (Taf. .34. Eig. 18.) Breitoval, nach dem Wirbel dreiseitig hervortretend. Schale gewölbt, mit sehr feinen und regelmässigen concentrischen Streifen. Das einzige vorliegende Exemplar ist unvollständig erhalten und zeigt mehrere starke, durch Druck entstandene Falten. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Kutorgina Billings. K. cingulata Billings. (are 24-0 107925235) Obolella (Kutorgina) eingulata Billings, Palaeoz. foss. Vol. I. p. S. Fig. 8, 10. Obolella (2) Phillipsi Davidson, Brit. Silur. Brachiop. p. 62. pl. 4. Fig. 17—19. Kutorgina eingulata Davidson 1. c. p. 342. pl. 50. Fig. 25. Walcott, Bullet. U. St. Geol. Survey No. 30. p. 102. pl. 9. Fig. 1. Obolella? sp. (ef. O. eingulata Bill.) Menegh., Posizione relat. p. 261. — Fauna Cambr. p. 162. (Jueroval, mehr oder weniger gewölbt mit geradem Sehlossrande, welcher um wenig kürzer ist, als die grösste Breite der Muschel. Oberfläche mit starken eoncentrischen Anwachsstreifen. Sie findet sich häufig in den Schiefern mit Olenopsis und Metadoxides bei Canalgrande, einzeln auch in Sandstein mit Archaeocyathus auf Punta Pintau. Die Exemplare im Schiefer sind stets sehr flach gedrückt und unvoll- kommen, im Sandstein finden sich Abdrücke der äusseren Oberfläche. Vielleicht gehört hierher auch die oben als Lingula Rouaulti (2?) be- zeichnete Muschel. Kutorgina eingulata ist die verbreitetste Leitmuschel der eambrischen Schichten. In Schweden findet sie sich mit Parado.xides Forchhammert, in löngland in den Middle und Upper Lingula flags und Lower 'Tremadoc. In Amerika im mittleren Cambrium mit Olenellus Thompsoni. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p. 17) 441 VI. Gasteropoda. Von Gasteropoden sind bis jetzt nur sehr geringe und unvollkommen erhaltene Reste in den cambrischen Schichten Sardiniens gefunden worden. Sie beschränken sich auf wenige Formen, welche in den cambrischen oder untersilurischen Bildungen anderer Länder ihre Analoga finden. l. Carinaropsis Hall (?). C. patelloides n. sp. Taf. 34. Fig. 28. Fast kreisrund, mässig stark gewölbt, Wirbel über dem Rande, etwas schief. Sie ist der €. patelliformis Hall (Pal. New York I. p. 183. Tab. 40. Fig. 2 und Tab. 83. Fig. 7) aus dem 'T'rentonkalk nicht unähnlich. Es liegt nur ein einzelner kleiner Steinkern von ungefähr 5 Millimeter Länge vor. Im Sandstein mit Archaeocyathus und "Trilobiten von Punta Pintau, Canalgrande. 2. Capulus Montfort. (?) C. minutus n. sp. Taf. 34. Fig. 29. üin kleiner Steinkern mit schlanker, etwas gekrümmter Spitze und breiter Basis. Letztere ist auf der einen Seite gerundet, auf der anderen fast geradlinig begrenzt und mit einer etwas vorspringenden Ecke. Im Sandstein mit Archaeocyathus und "Trilobiten von Punta Pintau, Canalgrande. Noya Acta LVI. Nr. 3. 56 442 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 18) 3. Bellerophon \Monttort. (?) B. (?) priscus n. sp. Taf. 34. Fig. 3032. Scheibenförmig, in einer Ebene eingerollt mit strahligen, am Rücken etwas nach vorn gebogenen, unregelmässigen Anwachsstreifen dicht besetzt. Rücken gerundet. Die vorliegenden Exemplare aus dem Schiefer sind sämmtlich sehr verdrückt und schlecht erhalten. Im Schiefer mit Olenopsis und Metadorides von Porte Uanalgrande. Die Bestimmung dieser Körper, welche jedenfalls sehr dinnschalig waren und daher im Schiefer mit zusammengedrückter, oft verzerrter Form erscheinen, bleibt zweifelhaft. Ihre Flächen sind stets durch einen Eisenoxyd- anflug bezeichnet. Die Gattung Bellerophon tritt nach Walcott in Nordamerika zuerst im Obereambrium auf (ef. Bullet. U. St. Geol. Survey Nr. 30, p. 62). Eine Art (Bell, antiquatus) wird von Whitfield (Annual Rep. Geol. Survey of Wisconsin 1878) aus dem Potsdamsandstein angegeben. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p. 19) 443 VIl. Pteropoda. Es sind bis jetzt nur sehr vereinzelte und mangelhaft erhaltene Exemplare von Pteropoden in den cambrischen Sandsteinen Sardiniens vor- gekommen. Dieselben zeigen eine so grosse Uebereinstimmung in der Form mit Arten aus gleichalterigen amerikanischen Schichten, dass sie, wenn auch fraglich, unter bekannten Namen aufgeführt werden können. Hoyolithes Eichwald. H. primordialis Hall. (?) Taf. 34. Fig. 26. Theca primordialis Hall 1861. Rep. Geol. Survey of Wiscons. p. 48; Sixteenth Rep. N. 9. State Cab. Nat. Hist. p. 135. pl. VI. Fig. 30. 31. Hyolithus primordialis Hall & Whitfield 1873. Twenth Third Rep. N. 9. State Cab. Nat. Hist. p. 242. pl. II. Fie. 23. Ein Exemplar im Sandstein mit Archaeocyathus Ichnusae und 'Trilobiten- resten von Canalgrande gleicht der im Potsdamsandstein häufigen amerikanischen Art. Der unvollkommene Erhaltungszustand im verwitterten Sandstein hindert indessen eine genauere Feststellung. Länge: 15 mm, Breite am oberen Ende: 3,3 mm. An dem vor- liegenden Exemplar ist nur die stark gewölbte Seite sichtbar. Aehnliche spitzige Körper, welche sich in den versteinerungsreichen Sandsteinen mit Archaeocyathus und 'Vrilobitentheilen nicht selten finden und leicht für Hyolithen angesehen werden, erweisen sich bei näherer Unter- suchung als. Rückendornen oder Enden von Seitenstücken grösserer 'Trilobiten. 56* 444 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 20) H. americanus Billings. (?) Taf. 34. Fig. 25a, b. Theca triangularis Hall 1847. Pal. New York 9. Vol. I. p. 313, pl. 87. Fig. la, b. Hyolithes americanus Billings 1872. Can. Nat. 2d. Ser. Vol. VI. p. 215. Fig. 2a, b. Hyolithes americanus Bill. Walcott 1886. Bullet. U. St. Geol. Survey N. 30, p. 132, pl. XIII. Fig. 6, 6a—t. Ein Steinkern im Quarzsandstein von San Pietro bei Masua aus der Nähe der von Archaeoeyathinen erfüllten Kalke gleicht dem H. Americanus aus dem Middle Cambrian in Bezug auf den fast halbkreisförmigen Querschnitt und den Scheitelwinkel, welcher etwas stumpfer ist, als bei der vorher- gehenden Art. Von den böhmischen Hyolithen steht H. primus Barr. (Syst. Silur. Pterop., Taf. 11. Fig. 27, 25) unserer Art ebenfalls nahe. Hoyolithellus Billings. H. micans Billings? (DatsaraRle 27.) Hyolithes micans Bill. 1872. Can. Nat. 2d. Ser. Vol. VI. p. 213, 215. Fig. 3a, b. Hyolithellus micans Walcott. Bullet. U. St. Geol. Survey No. 30. 1886. p. 142. pl. XIV. Fig. 2. Als Abdruck und Steinkern im Sandstein mit Archaeocyathus Ichnusae von Canalgrande. Der schlanke kleine Steinkern ist 10 mm lang, am oberen Ende 0,6 dick, nach unten sehr allmählich an Dicke abnehmend, stielrund. Obgleich der schlechte Erhaltungszustand nur eine unsichere Bestimmung gestattet, scheint das Fossil mit den eitirten Abbildungen und amerikanischen Exemplaren hinlänglich übereinzustimmen, um es zu denselben zu stellen. Sehr ähnliche Dinge hat Barrande als Coleoprion Sandbergeri und ©. bohemicum beschrieben und abgebildet. Er stellt sie zu der Sandberger- schen Gattung COoleoprion, obgleich die für diese bezeichnende Spalte nicht beobachtet wurde. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.21) 445 VIII. Trilobitae. Geschichtliches. Der erste, dem cambrischen Gebiete Sardiniens angehörige Trilobit wurde schon im Jahre 1868 gefunden und Herrn Eugenio Marchese, damals technischer Leiter der Bergwerke von Masua, übergeben, von welchem er später in den Besitz des Herrn F. Giordano übergegangen ist. Ich sah das Exemplar, welches in einem undeutlichen Abdrucke auf einem viereckig zugehauenen (@warzitblocke besteht, am 23. Mai 1568 in Masua und unternahm an demselben Tage in Begleitung des Herrn Marchese und mehreren orts- kundigen Personen eine Excursion nach der Fundstelle. Von dem Trilobiten machte ich mit unvollkommenen Hilfsmitteln einen Abklatsch, welchen ich Herrn Meneghini gezeigt!) und später mit einem Briefe über den Fund und das Resultat meiner Excursion an Barrande gesandt habe. Es sind später Zweifel über die Fundstelle geäussert worden?), und gebe ich zur Beseitigung derselben die auf die Sache bezüglichen Stellen meines am 8. März 1569 an Barrande geschriebenen Briefes nach dem noch vorliegenden Uoncepte wieder: „L’annee derniere lors de mon voyage en Sardaigne, jai visite une nouvelle localit& de silurien ot peu de temps avant un ingenieur etranger avait trotve l’empreinte tres effacee d’un trilobite. Uette localite s’appelle sa Punta de sa Gloria, pointe elevee d’une erete qui s’etend de la mine d’Aquaresi vers celle de Domestica (Canalgrande), La surface quoique couverte de petits arbrisseaux comme toutes les montagnes de la Sardaigne I) C£. Menegh., Nuoy. foss. sil. p. 4. 2, Ibid. 446 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 22) laisse parfaitement entrevoir de loin la position des couches dirigees Nord- Sud et tres fortement inclinees vers l’Est. Ce sont ä commencer de la partie Est: 1" des schistes d’un gris verdätre, puis 2" une bande de schistes jJaunes döcomposes qui semblent jouer um röle important dans les phenomenes de contact de cette contree oü toute une serie de gisements metalliferes (Calamine et minerai de Plomb) se suecede de Nord au Sud, et 3° une serie puissante de gros bancs calcaires alternants avec des couches de gr&es compacte ou de veritable quartzite. (est A cette roche quwappartient Ja pierre qui porte l’empreinte du trilobite en question. Elle a ete donnee A lingenieur Marchese, qui m’a permis d’en faire le modele moyennant un morceau de papier et de la cire d’Espagne. Üe modele montre aussi bien et mal que l'original tout ce que l’on peut y observer. N’y a-t-i] pas une ressemblence avec Ualymene!) dans la glabelle, ou d’un Conocephalites dans le corps? La rarete de fossiles en general dans la contree ainsi que la grandeur comparative des deux parties qui se trouvent sur la meme pierre font supposer que la tete et le corps appartiennent A un me&me individu. Est-ce possible d’en determiner le genre, de deviner l’espece? Vous &tes le seul juge dans cette matiere, qu’en dites Vous ?* „J’ai passe quelques heures sur lendroit avee mon fils et deux ingenieurs de mines pour casser des pierres et pour chercher des fossiles, mais nous n’avons pas &t& tres heureux. La seule couche fossilifere, qui se soit prösentee ä nos recherches, est un banc de calcaire oolithique dans lequel jai trouve quelques etoiles qui rappellent les calyces isoles du genre Uyathophyllum.“ ? „Le grand nombre de nouveaux etablissements de mines en Sardaigne facilite aujourd’hui l’etude geologique de ce pays interessant. Le Silurien en Sardaigne parait se compliquer d’avantage. Les calcaires de Monteponi par !) Diese Vergleichung bezog sich auf die als (alymene Tristan! bezeichnete Figur 41 in Barrande’s Abhandlung: Faune Silurienne des environs de Hof (1868), welche ich kurz zuvor vom Autor erhalten hatte. In der That ist die Aehnlichkeit eine sehr auffällige; aber das Exemplar von Hof ist überhaupt keine Calymene, und seine Nahtlinien deuten auf andere Verwandtschaft. 2) Cf. die erste Abtheilung dieses Werkes p. 34. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.23) 44% exemple qu’on eroyait superpos6s aux schistes de la vallce paraissent aujourd’hui inferieurs ä ces schistes.“ . . . Der fragliche Trilobit findet sich zum ersten Male im Jahre 1880!) in der Litteratur erwähnt; es war aber dabei der vorhandene Kopf übersehen worden, und man neigte sich der Ansicht zu, dass die Schiehten von Punta sa Gloria und der ganze centrale T'heil des in geologischer Aufnahme be- griffenen Gebietes von Iglesias, in welchem man in der Folge vielfach die vermeintlichen Oyathophyllen gefunden hatte, Jüngeren Alters sein möchten, als die schon früher bekannten Silurscehichten von Flumini. Ich bestritt diese Ansicht mit Rücksicht auf den bekannten 'Trilobiten von Punta sa Gloria und die Gleichartigkeit einiger oolithischer Gesteine, welche man bei Canalgrande gefunden hatte, mit jenen von der ersteren Localität. Die Identität dieser Gesteine veranlasste mich, bei Canalgrande nach Trilobiten zu suchen, und eine an einem heissen Sommertage (10. Juli 1550) in Begleitung des Herrn Lambert zu diesem Zwecke unternommene Gebirgs- tour hatte den Erfolg, dass ich nach langem Suchen und Schieferspalten am Wege von den Gebäuden von Canalgrande nach Arcu du Solu ein 'Trilobiten- fragment auffand, welches Herr Meneghini mit dem Namen Paradozxides Bornemanni bezeichnet?) und abgebildet?) hat. Hierdurch wurde die Auf- merksamkeit der mit der Kartenaufnahme beauftragten Ingenieure auf die Gegend von Canalgrande gelenkt, und es fanden sich bald darauf eine Anzahl von Fossilien im Sandstein, Archaeocyathus Ichnusae und Trilobitenfragmente, welche Conocephaliten zugeschrieben wurden. Damit erschien der Nachweis einer primordialen Fauna ausser Zweifel gestellt. Das aus einem Rollstücke der Umgegend von Iglesias stammende Exemplar eines echten Paradozxides (P. G@ennarii Menegh.), für welches irrthümlicher Weise Canalgrande als Fund- ort angegeben worden wart®), befestigte die Annahme. Bei einem mehrtägigen Aufenthalte in Canalgrande im April 1881 entdeckte ich neue Fundstellen, aus welchen die Mehrzahl der bisher be- 1) Menegh., Nuoy. foss. sil. p. 4. — Menegh., Nuov. Tnil. p. 199. 2) Menegh., Fauna primord. 1881. pag. 2. 3) Meneeh., Trilobiti Taf. II. Fig. 3. ») Menegh., Nuov. Tril. p. 199. 445 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 24) schriebenen Formen hervorging. Bei der in den folgenden Jahren überhand- nehmenden Waldverwüstung und durch Waldbrände wurde das früher mit Vegetation bedeckte Gebiet der cambrischen Schichten und des Calcare metalli- fero in einer abschreckenden Weise seines Pflanzenschmuckes entkleidet. Diese auf der einen Seite so nachtheiligen Ereignisse haben andererseits wenigstens den Nutzen gehabt, dass sie die bergmänuische und geologische Durchforschung des Gebietes erleichterten und zur Vervollständigung des palaeontologischen Materials Gelegenheit gaben, welches der gegenwärtigen Arbeit zu Grunde liegt. Erhaltungszustand. Die eambrischen Trilobiten Sardiniens kommen in Schiefern, Quarziten und mehr oder weniger kalkhaltigen oder kalkfreien Sandsteinen vor. Ihr Erhaltungszustand ist je nach dem einschliessenden Gestein verschieden. Wohlerhaltene Schalen finden sich selten, doch trifft man in einzelnen (uarzitgesteinen solche von Olenopsis und Metadorides noch mit der ursprüng- lichen Kalksubstanz und vollkommen erhaltener Mikrostructur aus ver- schiedenen Lagen und prismatischen Elementen zusammengesetzt (siehe Taf. 40, Fig. 1). Man erkennt sie in Dünnschliften des Gesteins, aber es gelingt nicht, sie unverletzt freizulegen. In unverwittertem und diehtgefügtem Sandsteine von Punta Pintau kommen auch recht gut erhaltene Schalen von @iordanella vor, aus mehreren Lagen bestehend und mit sehr deutlicher Oberflächenseulptur (siehe "Taf. 41. Fig. 24, 27, 36). Im frischen Zustande haben sie fleischrothe Färbung und gehen bei der Verwitterung in einen rostbraunen Anflug über. Im Schiefer finden sich Schalenreste gewöhnlich chemisch umgewandelt, entweder als dünner rostfarbener Ueberzug oder durch eingedrungene Kiesel- erde zusammengehalten, während der Kalk in der Regel vollständig ver- schwunden ist. Die allgemeinen Formverhältnisse, die Wölbung der Schalentheile sind am besten bei den in Sandstein liegenden Exemplaren zu beobachten, weil hier die Lage der Gesteinselemente am wenigsten durch späteren Druck ver- ändert ist. In manchen Sandsteinen liegen getrennte Panzerstücke in grosser Menge zusammengehäuft, besonders von Giordanella, und diese zeigen mannich- Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.25) 449 faltige Krümmungen und Verdrückungen der ursprünglich elastischen Schalen in Folge der verschiedenartigen Druckwirkungen im Innern des zusammen- geführten Haufwerks. Die im Schiefer eingeschlossenen Trilobiten sind mehr oder weniger flach gedrückt. Oft sind die Abdrücke der Unter- und Oberseite gut erhalten und durch einen ockerigen staubigen Ueberzug von einander getrennt. Nach Entfernung desselben durch Waschen und mittelst weicher Bürste erscheint die Oberflächensceulptur der Schalen oft sehr deutlich. Modelle der positiven Gestalten lassen sich danach von Guttapercha leicht herstellen, feine Senlptur- verhältnisse drückt man sehr genau mittelst Siegellack ab. Meistens ist indessen in den Schiefern die Schalensubstanz der Trilo- biten gänzlich verschwunden und man beobachtet dann Formverhältnisse, welche in Folge der Zusammenpressung der Abdrücke von Ober- und Unterseite die Combination beider Flächen in einem einzigen Relief darstellen. Solche Gestalten können leicht zu Missdeutungen und Irrthiümern in den Beschreibungen Veranlassung geben. So erscheinen auf der Glabella oft- mals Furchen, wo auf der Oberfläche derselben ursprünglich keine solchen vorhanden und die Unterseite im Gegentheil mit hervorragenden Schwielen besetzt war. Durch Combination der vertieften Schwielenabdricke der Unter- seite und der ebenen Oberflächen des äusseren Abdruckes sind solche se- eundäre Formenverbindungen entstanden, deren Deutung besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit beansprucht. !) Die grössten Verzerrungen beobachtet man in Schiefergesteinen mit transversaler Schieferung und in dieser Beziehung ist besonders die zuerst entdeckte sehr reiche Fundstelle im Thale von Gutturu Sartu erwähnenswerth. Dieselbe Zone sehr splitterig spaltenden, etwas grünlich-gelben Schiefers steht auch an einer anderen Stelle des Gebirges, auf der Höhe oberhalb Canal- grande, am Wege nach Arcu su Solu zu Tage. Andere von Trilobiten erfüllte Schieferbänke, welche im Hafen von Canalgrande in der Nähe der Grotte anstehen und mit Sandsteinen, Quarziten und Kalksteinen wechsellagern, zeigen keine transversale Schieferung und ent- halten deshalb besser erhaltene Exemplare. Diese Schichtenreihe lässt sich !) cf. Geol. Zeitschr. 1883, je zfale Nova Acta LVI. Nr: 3. 5 -ı 450 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 26) mit nordöstlichem Streichen quer durch das Thal von Sussuia hindurch verfolgen. Von vielen Trilobiten haben sich nur einzelne Theile des Körpers oder unvollständige Bruchstücke gefunden, nur von wenigen Arten sind vollständige Exemplare mit allen Panzerstücken im Zusammenhange erhalten. Die Bestimmung der isolirten Bruchstücke ist oft schwierig; man ist dabei auf Analogien mit bekannten Vorkommnissen angewiesen, aber diese genügen zuweilen nicht, um sicheren Schlüssen zur Grundlage zu dienen. Manche Gattungen zeigen grosse Uebereinstimmung in der Gestalt ihrer Kopfschilder, während die Schwanzschilder sehr weit von einander ab- weichen. Die Bestimmung einzelner solcher Schilder kann daher nicht mit Gewissheit gegeben werden: ebenso verhält es sich mit isolirten Pleuren und Hypostomen, und manche Körpertheile, welche verschiedenen Arten oder Gattungen angehört haben, konnten irrthümlicher Weise als zu einer Art ge- hörig zusammengestellt werden, bis die zufällige Auftindung zusammenhängender Stiicke eine bessere Bestimmung ermöglichte. Beschreibung der Gattungen und Arten. Olenopsis Nov. Gen. (Taf. 35, Fig. 1-37, Taf. 36.) Olenus sp. sp. Menegh. Salt. Unter dem Gattungsnamen Olenus s. str. sind von älteren und neueren Autoren eine Anzahl von Arten zusammengefasst worden, welche in der Ge- stalt und dem Grössenverhältnisse des Schwanzschildes zum übrigen Körper sehr weit von einander abweichen. Burmeister bezeichnet in der Charakteristik «der Gattung das Schwanzschild als „viel breiter als lang, kreisabschnittförmig, vorn gerade, hinten bogig oder stumpfwinkelig, dreiseitig mit deutlich gegliederter Achse. Dieser Beschreibung entsprechen die Arten ©. gibbosus Wahlenb., O.truncatus Brünn, O.attenuatus Boeck. und andere, nicht aber O. mierurus Salter!) 1) Olenopsis (Olenus) mierurus Salter. Mem. Geol. Survey Decade 2, pl. 9 wird ın England aus den Lowest Llandeiloflags von vielen Localitäten angegeben. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.27) 451 und ebenso wenig die im sardinischen Cambrium häufigsten 'Trilobiten vom > > Typus des O0. Zoppii Menegh. Ich trenne die letzteren Arten als eine besondere Gattung unter dem Namen Olenopsis, welche sich von Olenus durch das kleine gerundete Schwanz- schild mit ungegliederter Achse unterscheidet. Als fernere Merkmale sind hervorzuheben der vollkommen halbkreis- förmige, vorn nicht geradlinige Umriss des Kopfschildes, die eonische, meist glatte Glabella, 14 oder 15 IKumpfsegmente. Olenopsis unterscheidet sich von Paradoxides durch die eonische Gla- bella und geringere Anzahl der Segmente, von Liostracus') durch das sehr verschieden gestaltete Schwanzschild; dagegen ist die Aehnlichkeit der Kopf- schilder bei der letzteren Gattung eine sehr grosse. Mit Anomocare, Conocephalites, Olenellus, Olenoides, Ptychoparia ist Olenopsis nicht leicht zu verwechseln. Unter den sehr häufigen Exem- plaren von Canalgrande lassen sich mehrere Arten oder Varietäten unter- scheiden. Meneghini hat in seiner Mittheilung vom 13. März 1881) unter dem Namen Conocephalites Bornemanni mehrere Kopfschilder aus dem Sandstein von Canalgrande beschrieben, deren conische Glabella als mit drei Furchen- paaren versehen und von einem ebenen Rande umgeben angegeben wurden. In seiner Schrift vom 5. Juni 18815) wurden vermuthungsweise mehrere an Conoceph. quaesitus Barr. erinnernde Schwanzschilder aus dem Sandstein von Gutturu Sorgiu mit jener Art vereinigt; später (2. Juli 1882) aber wieder als nicht dazu gehörig angesehen.*) Diese Schwanzschilder gehören in der 'T’'hat nicht zu jenen Kopf- schildern, sondern zu Formen der Gattung Giordanella. In der letzten Publieation Meneghini’s>) bezieht sich die Artbeschreibung von Conocephalites Bornemanni lediglich auf die zuerst benannten Kopfschilder, 1) Of. Liostracus microphthalmus Brögger, Paradozxidesskiferne ved Kregling 1378, Taf. III, Fig. 1. 2) Menegh., Nuov. tril. p. 201. 3) Menegh., Fauna primord. p. 2. 1) Menegh., Fauna cambr. p. 164. 5) Menesh., Trilobiti. p. 21. [2,1 452 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 25) welche daselbst (Tab. IV. Fig. 2, 4, 11) abgebildet sind. Die Eigenthümlich- keit derselben soll danach in einer Verlängerung der conischen Glabella bestehen. Die Untersuchung einer sehr grossen Anzahl von Exemplaren aus dem Schiefer und Sandstein hat ergeben, dass die als Conocephalites Bornemanni bezeichneten Exemplare sich von Formen, welche später als Olenus Zoppiüi beschrieben worden sind, nicht speeifisch unterscheiden. Die grössere oder geringere Erhabenheit der Glabella, das mehr oder minder starke Hervor- treten der Augenbogen und der Randstücke sind von sehr vielen Zufällig- keiten abhängig, je nachdem die beweglichen Theile sich bei der Einbettung mehr oder weniger nach dieser oder jener Richtung zusammen oder aus- einander geschoben hatten. Es sind dadurch zuweilen kleine Falten ent- standen, deren Erscheinung nur auf secundäre Druckwirkungen zurückzu- führen ist. Die schon oben näher besprochenen Verschiedenheiten des Erhaltungszustandes bedingen auffallende Abweichungen in der Form der Versteinerungen. Dazu kommen noch manche Unsicherheiten in den Zeichnungen, welche durch Verschiedenheit der Beleuchtung und des Schattenfalles entstehen. Von demselben Gegenstand können durch diese Ursachen recht verschiedene Ab- bildungen zu Wege gebracht werden, welche besonders, wenn der Autor nicht selbst zeichnet, leicht zu Irrthümern Veranlassung geben. Der Speciesname Olenus Zoppü würde aus diesen Gründen gegenüber der älteren Bezeichnung in Wegfall kommen müssen, wenn nicht andererseits aus Vergleichung der zahlreichen Exemplare hervorginge, dass unter diesem Namen zweierlei zu unterscheidende Formen vereinigt worden sind. Meneghini selbst bemerkte schon längere und breitere Gestalten, welche man nach dem Vorgange Anderer als Geschlechtsunterschiede deuten könnte. Es kommt aber hinzu, dass die schlankeren Exemplare meist eine sehr deutliche unterbrochene Mittellinie auf der Achse tragen, welche aus kleinen nach rückwärts gerichteten Dornen am Hinterrande der Segmente besteht. | An den als Steinkerne oder innere Abdrücke erhaltenen Exemplaren fehlen diese Merkmale: an den Abdricken der Aussenseite erscheinen sie Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.29) 453 deutlich und treten besonders auf Guttaperchamodellen oder Gypsabgüssen sichtbar hervor. Zur Berichtigung der Nomenclatur und schärferen Bestimmung erscheint es unter diesen Umständen als naturgemässer Ausweg, die Benennung 0. Zoppü auf aiejenigen Formen zu beschränken, denen die Mittelrippe fehlt und von welchen Meneghini gute Exemplare abgebildet hat, den Namen 0. Borne- manni aber für die schlankere Form mit deutlicher Mittellinie zu verwenden. Andere Unterschiede an Olenopsisformen bestehen in der sehr ver- schiedenen Länge der Seitenanhängsel an den letzten Pleuren, sowie in der Gestalt des kleinen Schwanzschildes, und hieraus lassen sich noch einige Art- unterscheidungen begründen. Von isolirten Kopfschildern, Kumpftheilen, Schwanzschildern und Hypo- stomen, sowie von jugendlichen Individuen lässt sich selten mit Bestimmtheit angeben, zu welcher Art sie gehören, doch wurde es für zweckmässig er- achtet, eine grössere Anzahl solcher Stücke abzubilden, welche zur Bezeichnung der Gattungscharaktere besonders geeignet erschienen. Zu Olenopsis Bornemanni oder ©. Zoppü gehören ohne Zweifel auch tolgende von Meneghini beschriebenen bez. abgebildeten Formen: 1) Anomocare? sp. ind. Menegh. Trilobiti p. 27. Tab. II. Fig. 4, Tab. IV. Fig. 3 aus dem Schiefer. 2) Anomocare sp. ind. Menegh. Trilobiti p. 29. Tab. VII. Fig. 6 aus dem Sandstein. 3) Olenus sp. ind. Menegh. 'Trilobiti p. 14. Tab. IV. Fig. 9. (Dasselbe Iixemplar ist auf unserer "Tafel 35. Fig. 14 von Neuem abgebildet.) 4) Die (ibid.) auf Tab. VI. Fig. S und Tab. VII. Fig. 10 und Fig. 15 abgebildeten Wangenschilder. 5) Anomocare pusillum Menegh. 'Trilobiti p. 31. Tab. V. Fig. 12, Tab; VIEH Auch Conocephalites phialare Menegh. Trilohiti p. 23. Tab. VI. Fig. 14, Conocephalites Lamberti ibid. p. 24. Tab. VII. Fig. 2, Conocephalites frontosus ibid. p. 25. Tab. VII. Fig. 4 sind unvollständige, mehr oder weniger ver- drückte Kopfschilder, welche unbedenklich mit denselben Arten vereinigt werden können. 454 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 30) Von den beiden als Conocephalites inops bezeichneten Kopfschildern zeigt das eine (Menegh. Trilobiti Tab. VII. Fig. 3) grosse Uebereinstimmung mit Olenopsis. Nur die grosse Breite der Glabella bedingt einen Unterschied, welcher aber kaum für die Aufrechterhaltung der Species genügen dürfte, Ein anderes von Meneghini als Anomocare? sp. ind. (ibid. Tab. VII. Fig. 9) abgebildetes Kopfschild hat ganz ähnliche Gestalt und eine ziemlich breite Glabella. Sie hält die Mitte zwischen den genannten Formen, so dass die ganze Uebergangsreihe gegeben ist und die Vereinigung dieser zweifelhaften und unvollständigen Rester mit Olenopsis nahe liegt. Jugendzustände. (Taf. 35. Fig. 1—12.) ‚Jugendformen von Trilobiten, welche ohne Zweifel zu Olenopsis ge- hören, finden sich stellenweise gesellig beisammen liegend in einer der trilobitenreichen Schieferbänke, welche am Hafen von Canalgrande südlieh vom Wege ins Meer ausstreichen und auf der anderen Seite Jandwärts fort- setzen. Die kleinsten dieser Embryonalformen stellen kreisrunde convexe Scheiben von kaum !/; mm Durchmesser dar. Sie haben eine von 4—5 Segmenten gebildete Mittelachse und im Bogen von den Einschnitten nach dem Hinterrande verlaufende Seitenfurchen. Das vorderste Segment der Achse ist gerundet, bei manchen Exemplaren von kleinerem Durchmesser als die Mitte der Achse, bei anderen aber stark verdickt. Bei manchen Exemplaren reicht die Achse bis zum Vorderrande der Scheibe, bei manchen bleibt zwischen beiden ein mehr oder weniger breiter Zwischenraum. Von der hinter dem Anfangsgliede der Achse befindlichen Einschnürung verläuft meistens ein erhabener Bogen nach der Hinterseite. Bei weiter .ent- wiekelten Exemplaren entspricht derselbe dem Augenbogen des Kopfschildes und die Hinterseite wird mehr und mehr geradlinig. Als Endglieder der Entwickelungsreihe erscheinen kleine Kopfschilder, welche denjenigen von Olenopsis vollkommen ähnlich sind. Auch kleine Hypostome finden sich zahlreich mit den Embryonal- formen (Taf. 35. Fig. 33, 34) bis zu 1 mm Länge herab und scheinen zu den kleinen Kopfschildern zu gehören. Dagegen fehlen segmentirte Rumpf- stiicke und Schwanzschilder von entsprechender Kleinheit. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.31) 455 Kleine Exemplare von Olenopsis zeigen bei 7 mm Länge schon die Anzahl von 15 Rumpfsegmenten und die vollständige Entwickelung aller Körpertheile. Nur in der Grösse unterscheiden sie sich von den 50 mm und mehr in der Länge messenden ausgewachsenen Individuen. Vergleicht man das Verhalten der vorliegenden Embryonalformen mit den von Barrande!) beschriebenen Entwickelungsreihen von Sao, Proetus, Arethusina, Oyphaspis, Dalmanites, Trinucleus, sowie mit der sehr vollständigen Reihe von Triarthrus Becki, welche Walcott?) abgebildet hat, so scheint bei Olenopis ein sehr abweichender Entwickelungsgang gegenüber jenen Gattungen mit stetig und allmählich zunehmender Zahl der Rumpfsegmente stattzufinden. Dagegen zeigt sich eine gewisse Analogie mit den Embhryonalformen von Olenellus, welehe Ford und Walcott?) beschrieben haben. Schliesslich möchte ich die Aehnlichkeit nicht unerwähnt lassen, welche zwischen einigen der vorliegenden Exemplare und gewissen Formen stattfindet, welche als Mierodiscus beschrieben worden sind. Vielleicht sind manche der letzteren, z. B. M. lobatus (Hall) bei Walecott*), ebenfalls Jugendzustände grösserer Trilobitenarten. Das Kopfschild. Die Gestalt des Kopfschildes ist halbkreisförmig mit spitz ausgezogenen Hinterecken und schliesst sich am nächsten den Formen von Conocephalites an (vergl. Conoe. striatus Emm. bei Barrande, Syst. Sil.), besonders in Bezug auf die vom Vorderrande nach dem Auge und von da nach dem Hinterrande verlaufende Gesichtsnaht. Das Mittelstück ist in der Augengegend ver- schmälert. Die Glabella ist glatt, etwas gewölbt, am Hinterrande am breitesten, nach vorn kegelförmig verschmälert und am Ende abgerundet, vorn von einer breiten ebenen Fläche umgeben, welche in Folge der Zusammen- drückung mit dem an der Unterseite umgebogenen Limbus gewöhnlich durch 1) Barrande, Syst. Sil. Vol. I. 2) Transact. Albany Instit. Vol. X. 1879, Waleott, Utica State pl. II. 3) U. St. Geol. Survey, Bullet. Nr. 30. p. 168, 169. pl. 17. Ibid. pl. 16. 1. ” 456 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 32) eine vertiefte Bogenlinie in zwei Theile getheilt erscheint (siehe Tat. 35. Fig. 13—26; "Taf. 36. Fig. 2—14). An der Innenseite ist die Glabella mit 3 Paaren vom Seitenrande schräg rückwärts nach der Mittellinie zu verlaufenden Schwielen versehen (siehe Tat. 35. Fig. 27%). Bei Exemplaren im Schiefer, deren Schale resorbirt ist, erscheinen anstatt der inneren Schwielen mehr oder weniger deutliche Furchen- paare auf der Glabella (siehe Taf. 35. Fig. 12—14, 15, 19). Die Augen sind sichelförmig. Gewöhnlich ragen sie über die Ober- fläche hervor. Sind sie vom Rande des Mittelschildes verdeckt, so veranlassen sie einen weiter greifenden erhabenen Bogen, welcher in Verlängerung der Augensichel sich dem vorderen Ende der Glabella nähert und auch rück- wärts bogenförmig fortsetzt; «dasselbe findet auch bei solchen Exemplaren statt, bei welchen die untere und obere Fläche durch Druck vereinigt sind. (Siehe Taf. 35. Fig. 12—15, 17, 19—27.) Die Wangenschilder entsprechen in ihrer Form dem Ausschnitt des Mittelschildes am Auge. Der äussere Rand schliesst sich dem Limbus des Stirnrandes in gleicher Breite an, erweitert sich nach hinten und endet mit einer scharfen Zuspitzung (siehe Taf. 35. Fig. 29, 30: Taf. 36. Fig. 6, 12— 14). Der Rumpf besteht aus 14 oder 15 Segmenten, deren Seitenstücke oder Pleuren breite, am Ende etwas verschmälerte und mit ihrem Ende schwach nach hinten ge- krümmte Gruben tragen. Die Pleuren sind flach (wie bei Olenus), nicht knieförmig gebogen und am Ende mit mehr oder weniger langen spitzigen Anhängseln versehen. Das Schwanzschild ist klein, scheibenförmig mit eingliederiger Achse und gerundetem oder hinten geradem oder schwach zweizähnigem oder in der Mitte schwach eingekerbtem Hinterrande (siehe Taf. 36. Fig. 2—9, 13, 15, 17—19). Es gleicht am meisten den Sehwanzschildern vieler Paradoxidesarten. Auch das "Tat. 35. Fig. 39 abgebildete Schwanzschild aus dem Sand- stein mit Archaeocyathus dürfte zu Olenopsis gehören. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.33) 457 Das Hypostom. (Taf. 35. Fig. 32-37.) sine Anzahl Hypostome haben sich mit den Exemplaren von Olenopsis zusammen gefunden, zwar nicht in ursprünglicher Lage an den Exemplaren, so doch unter solchen Umständen, dass man die Zugehörigkeit einiger der- selben mit Sicherheit annehmen kann. Meneghini hat ein solches genauer beschrieben.) Auf Tat. 35 finden sich 6 Hypostome von sehr verschiedener Grösse abgebildet. Ihre Gestalt zeigt mancherlei Abweichungen, zum 'T’heil wohl in Folge von Verdrückung. Im Allgemeinen nähert sich die Gestalt dieser ag POstome denen der Gattungen Sao, Arionellus, Conocephalites, Olenus, während sie von denen der Paradoxidesarten sehr abweicht. Von den abgebildeten Exemplaren zeichnen sich Fig. 32 und 35 be- sonders durch die weit hervorragenden Seitenecken und schmalen Unterrand aus. Sie entsprechen der von Meneghini gegebenen Abbildung. Bei Fig. 33 und 37 fällt der starke Wulst auf, welcher sich am Unterrande hinzieht. N Sehr ähnlich sind auch die Hypostome von Metadozxides, und es ist nicht unmöglich, dass unter den zu Olenopsis gerechneten Stücken das eine oder andere von Individuen der Gattung Metadoxides herrührte. Die Sculptur der Schale. Sie entspricht der Zusammensetzung des 'T'rilobitenpanzers, welcher aus mehreren Schichten besteht, deren stärkere untere aus prismatischen Elementen zusammengesetzt ist. Der grösste "Theil der Oberfläche, besonders das Mittelschild und der Rumpf, ist fein gekörnelt, die Körnchen sind von gleicher Grösse, auf der Mitte des Panzers rundlich oder polygonal, an den händern länglich. Auf der Oberseite sind sie erhaben; an der Innenseite ent- sprechen diesen Körnchen kleine Grübchen (siehe Taf. 35. Fig. 23%, 248, 25a, 31a). Das Wangenschild trägt auf der Scheibe eine zierliche vom Auge radial nach aussen verlaufende, etwas netzförmig verbundene Strichelung, an welche sich auch hinter dem Auge auf einem T'heile des Mittelschildes eine 1!) Menegh. Trilobiti p. 13 (Fig.). Nova Acta LVI. Nr. 3. 58 455 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 3#) entsprechende Ornamentirung anschliesst. Diese zierlichen erbabenen Zeich- nungen sind indessen nur bei grossen Exemplaren deutlich erkennbar (siehe Taf. 36. Fig. 12). Der äussere Limbus ist sowohl am Kopfschilde und den Wangenstücken als am Schwanzschilde mit feiner peripherischer Streifung versehen (siehe Mat 35. B12229 780: Ral36 513 a)! Die Anhängsel der Rumpfsegmente sind fein quergestrichelt (siehe Taf. 36. Fig. 13. 15). Das Einrollungsvermögen war gering, doch finden sich unter den zahlreichen Exemplaren einzelne Individuen mit deutlich einwärts gekrümmtem Rumpf (siehe Taf. 36. Fig. 10). Beschreibung der Arten. Olenopsis Bornemanni (Menegh. sp. em.). (Taf. .35.. Big: 31... Taf. 36. Big. 1,.7,:8, 9.011,12, 13,44, 16-0 Ta40 Rs: 25) Conocephalites Bornemanni Menegh. Nuov. Tril. (13 Marzo 1881) p. 201. — Fauna primord. p. 2. — Fauna Cambr. p. 64. — Trilobiti p. 21. Taf. IV. Fig. 2, 4, 11. Olenus sp. ind. Menegh. Trilobiti, p. 13. Taf. I. Fig. 4, 6. Olenus Zoppii Menegh. (pars). Fauna Cambr. p. 163. (2 Juli 1882). Trilobiti p. 8. Olenus Zoppii var. elongata Menegh. Trilobiti. p. 10. Taf. I. Fig. Ss. Taf. IV. Fig. 6, 7, 10. Conocephalites phialare Menegh. Trilobiti, p. 23. Taf. VI. Fig. 14. Umriss des Körpers länglich oval, schlanker als bei ©. Zoppü. Achse gewölbt, mit einer unterbrochenen erhabenen Mittellinie, welche dadurch ent- steht, dass jeder Ring auf der hinteren Hälfte eine Krhabenheit trägt, die als kurzer Dorn etwas über den folgenden Ring übergreift. An Exemplaren, welche nur den inneren Abdruck des Körpers darstellen, ist die Mittellinie nicht zu beobachten. Die Anlıängsel des letzten Rumpfsegmentes sind kürzer als die der vorhergehenden Segmente. Schwanzschild so lang als breit. Fünfzehn Rumpfsegmente. : Vorkommen im Schiefer von Gutturu Sartu, von Porto Uanalgrande, ferner im Sandstein mit Archaeocyathus Ichnusae von Punta Pintau, Gutturu Sartu, bei Nebida, Cueeuru Our. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.35) 459 Das grösste bisher vorgekommene Exemplar (Taf. 40. Fig. 4) liegt im Sandstein. Es wurde erst im vorigen Jahre bei Canalgrande gefunden. Olenopsis Zoppii (Menegh. sp. em.). (Taf. 36. Fig. 2—5, 10, 15. Taf. 40. Fig. 2.) Olenus Zoppii Menesh. Fauna cambr. p. 163 (2. Juli 1882). — Note alla F. cambr. p. 7. — Bornem. Geol. Zeitschr. 1883, p. 270 (Olenellus). — Menegh. Trilobiti, p. 7 (pars). Tab. I. Fig. 1-3, 5, 7, 9—11.2) Tab. I. Fig. 5. Tabs Ike 2 Tab SV ER 85 DabsaVLaRigz1, 2254 Tab VI Ri2272 2) Fig. 14. Körper eiförmig. Achse ohne erhabene Mittellinie. Anhängsel der Rumpfsegmente nach hinten allmählich an Länge zunehmend, die letzten Paare von gleicher Länge. Vierzehn oder fünfzehn Rumpfsegmente. Schwanzschild so lang als breit. Vorkommen: sehr häufig und oft gesellig im Schiefer von Porto Canal- grande, Gutturu Sartu, Bega Sussuia, Arcu su Solu, weniger häufig im Sandstein und Thonmergel, im Thal und auf dem Plateau von Canalgrande, Punta Pintau. Einzelne "Theile im Sandstein der unteren Zonen bis in höhere tegionen, wo sie mit Archaeocyathus Ichnusae, Giordanella etc. zusammen liegen (Nebida, P. Pintau, Gruguetta). Olenopsis longispinatus n. sp. (Taf. 36. Fig. 6.) Die Gestalt des Körpers ist ähnlich wie bei den vorigen, kurz eiförmig, nach hinten verschmälert. Fünfzehn Rumpfsegmente; das letzte derselben mit sehr langen Seitenanhängseln. Schwanzschild im Umriss kreis- rund mit flach ausgebreitetem Limbus. Vorkommen: im Schiefer von Porto Canalgrande. 1) Die Exemplare, welche Meneghini’s Figuren 10 und 11 auf Taf. I. zu Grunde liegen, sind auf unserer Taf. 36 als Fig. 3 und 4 neu abgebildet. 58* 460 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 36) Olenopsis micruroides n. sp. (Taf. 35. Fig. 28. Taf. 40. Fig. 3.) Umriss des Körpers kurz eifürmig. Kopfschild halbkreisförmig, die Wangenschilder in der Mitte schmäler als bei 0. Zoppi. Fünfzehn schmale Rumpfsegmente. Das Schwanzschild ist kurz, um die Hälfte breiter als lang, hinten gerade abgestutzt. Bei dem auf Taf. 35. Fig. 25 abgebildeten Exemplare (Steinkern) zeigt die Glabella drei Furchenpaare, welche als Abdrücke innerer Erhaben- heiten der Glabella zu betrachten sind. Diese Art ist dem Olenus micrurus Salter (Geol. Survey, Decade 2, pl. 9) sehr ähnlich. Letztere unterscheidet sich aber durch das Schwanz- schild, welches bei der englischen Art doppelt so breit als lang ist, durch die Gestalt des Kopfschildes, welches nicht vollkommen halbkreisförmig ist, und die Lage der Augen, welche weiter nach vorn stehen, als bei O. mieruroides. Vorkommen: im Sandstein von Canalgrande. Olenopsis? maximus sp. (Taf. 35. Fig. 38.) Sin Seitenstick eines Körpersegmentes von einem sehr grossen In- dividuum. Die wenig tiefe Rinne des Segmentes läuft dem Vörderrande des- selben nahezu parallel und unterscheidet es hierdurch von Ähnlichen Segmenten bei Paradoxiden (cf. P. ingens Barr.). Die ebenen Flächen desselben sind von einer fein gestrichelten welligen Sculptur bedeckt, deren Hauptrichtung ungefähr der Länge des Trilobitenkörpers parallel läuft. Die Gestalt des Segmentes entspricht derjenigen bei den häufig vorkommenden Olenopsisarten, unterscheidet sich aber von allen anderen bisher aufgefundenen Stücken durch das auffallende Grössenverhältniss. Aus gelbem mürbem "I’honmergel neben der Cantine von Canalgrande. Dieselbe Schicht enthält auch kleinere Exemplare von Olenopsis. Anhang. Unter dem Namen Entomostracites spinulosus hat Wahlenberg (Petrif. Suee. 1821, p. 38. Tab. 1. Fig. 3) einen kleinen 'Trilobiten beschrieben und abgebildet, dessen grosse Aehnlichkeit mit Olenopsis bei der Vergleichung der Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.37) 461 Abbildungen sofort in die Augen springt. Wahlenberg sagt: Vollständige Abdriücke seien nur im Alaunschiefer von Andrarum gefunden und so selten, dass er nur 2 Exemplare gesehen habe, das eine „in colleetione Retziana“ in Lund, das andere im Museum zu Upsala. Die Wahlenberg’sche Ab- bildung zeigt 17 Rumpfsegmente zwischen dem breiten Kopfschilde und dem kleinen Schwanzschilde, über welches die spitzigen Anhängsel der Pleuren weit hinausragen. Dalman (Palaeaden 1827, p. 56. Tab. 6. Fig. 4) beschreibt denselben Trilobiten als Olenus spinulosus und giebt an, die Zahl der Segmente scheine ungefähr 15 zu sein, aber sie sei noch weiter zu untersuchen. Die etwas idealisirte Abbildung zeigt 17 Segmente. Burmeister (Organisation der 'Trilobiten 1843, p. 50) führt dieselbe Art als Paradoxides spinulosus auf und bemerkt, er habe nur einige nicht ganz deutliche Exemplare derselben gesehen, welche mit Wahlenbergs und Brongniarts Figuren in der Hauptsache übereinstimmten. Im Rumpf zählte er 16 Ringe, d.i ebenso viel, als in Brongniarts Abbildung gezeichnet sind. Angelin (Palaeont. Scand. 1854, p. 45) und Salter (Geol. Survey, Decade XI, pl. 8) bringen die Art unter Parabolina spinulosa, welche nur 12 Rumpfsegmente und ein grösseres Schwanzschild mit gegliederter Achse und stacheligem Rande besitzt und von welcher auch Broegger (Die Silur- Etagen 2 u. 3, p. 100. Tab. 1. Fig. 12) gute Abbildungen gegeben hat. Wenn die Annahme der letztgenannten Autoren richtig wäre, so miissten die früheren Angaben von Wahlenberg, Dalman, Brongniart und Bur- meister in Bezug auf die Gliederzahl und die Gestalt des Schwanzschildes als irrthümlich angesehen werden. Obgleich die älteren Abbildungen zum ‘Theil unvollkommen sind, so erscheint doch ein so übereinstimmender Irrthum von vier bedeutenden Autoren kaum wahrscheinlich. Nach einer gütigen Mittheilung des Herrn Professors B. Lundgren befindet sich in der Sammlung zu Lund ein Exemplar, „welches angeblich Wahlenberg als Original gedient hat, obschon die Abbildung wenig Aehnlichkeit hat.“ Dieses Exemplar ist eine Parabolina spinulosa mit 12 Rumpfsegmenten. %s wäre sehr zu wünschen, dass die übrigen von den älteren Autoren beschriebenen Stücke einer genaueren Prüfung unterzogen würden. 462 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 35) Nach den im Vorstehenden besprochenen Umständen wäre es möglich, dass die in Bezug auf Olenus spinulosus vorhandenen Widersprüche durch eine Verwechselung von Exemplaren entstanden sein könnten und dass ursprünglich ein Olenopsis vorgelegen hätte. Metadoxides nov. Gen. (Paradozxides, Olenus sp. sp. Menegh.) Diese Gattung zeigt im Allgemeinen den Paradoxiden ähnliche Gestalten mit zahlreichen (18— 22) Rumpfgliedern und kleinem Schwanzschild. Ihre Arten unterscheiden sich aber durch viele Merkmale von jener Gattung. Das Kopfschild ist im Verhältniss zur Körperlänge kurz und breit, der Vorderrand fast geradlinig. Die Glabella ist ähnlich wie bei Olenus und Conocephalites kegelförmig, nach vorn verschmälert und trägt jederseits drei schräge Furchen, welche die Mitte nicht erreichen. Die vorderen Achsenringe tragen in der Mitte einen Höcker oder Dorn. (Taf. 37. Fig. 14.) Die Seitensticke der Rumpfglieder haben breite, flache Rinnen und flache, meist kurze, dreiseitige Seitenanhängsel. Das Hypostom ähnelt dem von Conocephalites und von Olenopsis und besteht aus einem ovalen, stark gewölbtem Schilde mit schmalem Saume, welcher oben beiderseits zu dreieckigen Vorsprüngen verbreitert ist. (Taf. 38. Fig. 10.) Von Oonocephalites unterscheidet sich Metadorides durch die eben ver- laufenden, nicht im Winkel gebogenen Rumpfseiten und zahlreichere Rumpf- glieder. Die Arten, welche im Cambrium Sardiniens vorkommen, sind anfäng- lich unter den Namen Paradozxides, Olenus und Conocephalites aufgeführt worden. Metadoxides torosus. Menegh. (sp.) (Taf. 37. Fig. 9, 9a, 10, 10a.) Paradoxides sp. Menegh. ult. Not. Paradoxides Gennarii (pars)) Menegh. Fauna primord. p.1.—Menegh. Fauna cambr.p. 163. Paradoxides torosıs Menegh. Trilobiti p. 20. - Tab. 2. Fig. 1.2. Tab. 3. Fig. 4. Die Reste dieses grossen, sehr in die Länge gestreckten Trilobiten fand ich im Frühjahr 1851!) in spröden, gelben Schiefern im Thale von 1) Bornem. Classif. p. 7. Compte rendu Bologna p. 227. Geol. Zeitschr. 1883. p. 270. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.39) 463 Gutturu Sartu am Wege gegenüber der zwischen Punta sa Gloria und Punta Crisaioni in das T'hal einmündenden Schlucht. Das grösste Stück, welches in die Sammlung nach Pisa und von da nach Rom kam, besteht aus zwei 'Theilen, zwischen welchen ein Splitter fehlt. Es enthält 20 Rumpfsegmente und das Schwanzschild, und stellt den inneren Abdruck des 'Trilobiten dar (siehe Menegh. Trilobiti Taf. 2. Fig. 1). Unsere Abbildung 'Taf. 37. Fig. 9 ist nach Guttapercha-Abdrücken mehrerer Fragmente des in meiner Sammlung befind- lichen äusseren Abdruckes desselben Exemplares gezeichnet, wobei das fehlende Hinterende nach Meneghini's Abbildung ergänzt wurde. Die vorderen Achsenringe tragen etwas hinter der Mitte jeder einen starken Dorn. Die 11 oder 12 letzten Achsenringe sind dornenlos. Die Pleuren sind auffallend kurz und breit, etwas nach hinten ge- krümmt, mit sehr breiter Furche, welche sich kurz vor dem Ende nach aussen und rückwärts verengt. Das äussere Ende wird durch einen breiten, drei- eckigen lL.appen gebildet. Das unvollständige und unvollkommen erhaltene Schwanzschild des jetzt in Rom aufbewahrten Exemplares ist ungegliedert, klein und länglich-oval. In denselben Schieferstücken fand sich das Taf. 37. Fig. 10 abgebildete Kopfschild, welches ohne Zweifel dazu gehört. Seine gleichförmig körnige Oberflächensculptur (Taf. 37. Fig. 10%) gleicht vollkommen derjenigen der Rumpfsegmente (Fig. 9%). Die Glabella ist nach vorn conisch verschmälert und trägt jederseits drei schräge Furchen. Vom Vorderende der Glabella zieht sich ein erhabener Bogen nach den Augen. Vorkommen im Schiefer in Gutturu Sartu, Bega Sussuia, Porto Canalgrande. Metadoxides armatus. Menegh. (sp.) (Taf. 38. Fig. 1-6, 8-10. Taf. 37. Fig. 11, 12(). Taf. 40. Fig. 1.) Paradoxides armatus Menegh. 1881. Fauna primord. p. 2. — Posizione relat. p. 260. Olenus armatıs Menegh. Fauna cambr. p. 164. — Note alla F. cambr. p. 7. — Trilobiti p. 14. Tab. I. Fig. 6,.7 (non 8). Tab. Ill. Fig. 1,5. Tab. VI. Fig.3. Conocoryphe ? Bornem., Geol. Zeitschr. 1883. p. 271. Liostracus sp. ind. Menegh. Trilobiti 1888. p. 34. Tab. VII. Fig. 12. Die von Meneghini gegebene Beschreibung dieses Trilobiten war auf unvollständige Stücke begründet, dennoch ist die Zahl der Rumpfsegmente 464 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. #0) richtig angegeben. Erst später gelang es, ein vollständiges Exemplar auf- zufinden, welches 19 Rumpfsegmente im Zusammenhange mit dem Kopfe und dem Schwanzschilde aufweist (Taf. 38. Fig. 1, 2). Das Schwanzschild war unter den Rumpf zurückgeschlagen und daher Anfangs nieht sichtbar: beim Freipräpariren des Stückes Jöste es sich durch Zufall von dem erhabenen Abdruck der Unterseite ab. Die Lichtdruck-Figur Taf. 38. Fig. 1 zeigt den vom umgeschlagenen Schwanzschilde am unteren Rumpfende hinterlassenen Sindruck, darunter das isolirte Schwanzschild. Demselben fehlt das linke Seitenstück, welches im Stein zurückblieb. Das Kopfschild von M. armatus ist sehr breit, vorn fast gerade ab- gestutzt. Die Glabella ist dick, stumpf-kegelfürmig, bis nahe an den Vorder- rand vorragend, mit drei schrägen Furchenpaaren, deren jedes durch eine flache, über die Mitte der Glabella laufende Rinne verbunden ist. Vom Vorder- rande der Glabella zieht sich ein erhabener Bogen nach dem Auge. Die Nahtlinie zwischen Kopf und Wangenschild ist vom Vorderrande fast gerade rückwärts nach dem Auge gerichtet und wendet sich hinter dem- selben stark auswärts nach der Hinterecke des Kopfschildes. Die Wangen- schilder sind breit und flach, hinten abgestutzt, mit stumpfem, bogenförmigem Ausschnitt. Die Glabella trägt am Hinterrande einen kurzen Dorn. Von den 19 Rumpfsegmenten tragen die vorderen 9 auf der Mitte der Achsenringe jedes einen Dorn. Die hinteren Segmente sind dornenlos. Die Achse ist etwas schmäler als die Seiten des Rumpfes, diese nach hinten an Breite abnehmend und mit breiter, den Rändern fast parallel laufender Furche. Das Schwanzschild ist etwas mehr als doppelt so breit als lang, fast kreissegmentförmig, etwas dreiseitig mit abgerundeten Ecken. Die breite, bis an das Hinterende reichende Achse zeigt von oben her zwei bis drei mehr oder weniger deutliche Glieder, an welche sich seitlich je zwei, mit ihren Enden stark nach hinten gekrümmte und mit ebenso gekrümmten Mittelfurchen versehene Segmentstücke anschliessen. Die Seitenanhängsel der Pleuren sind kurz und dreieckig. Das Hypostom besteht aus einem eiförmigen, stark gewölbten Schilde mit schmalem Saume, welcher oben beiderseits zu dreieckigen Vorsprüngen erweitert ist. Das "lat. 35. Fig. 10 abgebildete Hypostom fand sich in solcher Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.41) 465 Weise neben dem Kopfschilde Taf. 38. Fig. 6 liegend, dass die Zusammen- gehörigkeit ausser Zweifel ist. Die Seulptur der Schale von M. armatus zeigt eine feine Körnelung, aus welcher sich in regelmässigen Zwischenräumen etwas grössere Körner hervorheben (Taf. 35. Fig. 4%). Dieselbe Structur zeigen die in dem Diünn- schliff (Taf. 40. Fig. 1) in 21facher Vergrösserung dargestellten T'rilobitenreste, welche ohne Zweifel zu dieser Art gehören und die Struetur der nach allen Richtungen durchschnittenen Schalen in deutlicher Weise erkennen lassen. Bei a hat der Dünnschliff die aus mehreren Schichten bestehende Schale genau quer durchschnitten, während bei 5 der Schnitt als Flachschnitt in der Mitte der aus prismatischen Elementen gebildeten Hauptschicht liegt. Vorkommen: Ziemlich häufig in den Schiefern und Sandsteinen von Porto Canalgrande, Sussuia, Gutturu Sartu, auf der Höhe von Canalgrande, Arcu su Solu und Monte sa Gloria und anderen Orten (siehe Menegh. 'Trilobiti p. 16) der Provinz Iglesias. Zu Metadoxides armatus gehört auch der zuerst (im Jahre 1868) gefundene 'Trilobit von Punta sa Gloria !), welcher von Meneghini mehrfach erwähnt2), Anfangs mit Paradoxides Gennarii vereinigt, später wieder ab- getrennt und zu Olenus armatus Menegh. gestellt worden ist. Meneshini hat auf seiner Taf. III. Fig. 5 eine Abbildung des Rumpfes, nach einem Gyps- abguss gezeichnet, gegeben. Jch hatte später Gelegenheit, bei Herrn Giordano von dem Original- exemplare Guttapereha-Abdrücke zu machen, deren Relief sich bei geeigneter einseitiger Beleuchtung recht gut zur photographischen Abbildung eignet. Taf. 38. Fig. 3 giebt dieselbe in Naturgrösse, und man erkennt neben dem bekannten Rumpfe auch den lange übersehenen Kopf, und darüber befindet sich, wenn auch sehr undeutlich, ein Wangenschild. Taf. 37. Fig. 12 stellt ein Seitenstück eines Rumpfsegmentes aus dem Sandsteine von Canalgrande (Gallerie Basse I) dar, in welchem auch Reste von Giordanella vorkommen. Dieses Segmentstück zeichnet sich durch die breite und tiefe Grube aus und wurde als fraglich zu M, armatus gestellt, dessen letzte Pleuren grosse Aehnlichkeit damit aufweisen. 1) Siehe oben Seite (21) 445. 2)-Nuov. foss, sil p. 4. — Nuov. tril. p. 199. Nova Acta LVI. Nr. 3. 59 466 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 42) Zu Metadoxides armatus gehört sicherlich auch das von Meneghini (Trilobiti Taf. VII. Fig. 12) abgebildete und Liostracus zugeschriebene Schwanz- schild aus dem Sandsteine von Pitzuga. Eine Vergleichung mit den auf unserer Tafel 35 gegebenen Schwanzschildern lässt darüber keinen Zweifel. Metadoxides Bornemanni Menegh. (sp.) (Taf. 37. Fig. 18. Taf. 38. Fig. 7. Taf. 39. Fig. 16.) Paradosides Bornemanni Menegh. Nuovy. tril. p. 201 (1881). — Fauna primord. p.2. — Posizione relat. p. 260. — Fauna cambr. p. 163. — Trilobiti p. 19. Tab. II. Fig. 3. Tab. IH. Fig. 2. Olenus armatus Menegh. Trilobiti (Tab. II. Fig. 8. (Glabella)). Das erste Trilobitenbruchstück, welches ich im Sommer 1880 im Schiefer von Canalgrande auffand und Herrn Meneghini übergab, war die Veranlassung zur Aufstellung der Species, für welche besonders die sehr schmalen Pleuren charakteristisch erscheinen. Dazu kam später ein grosses, im Thale von Gutturu Sartu gefundenes Exemplar, an welchem 23 Rumpf- segmente gezählt wurden, welchem aber Kopf und Schwanz fehlten (cf. Menegh. Trilobiti Taf. III. Fig. 2). Nach der Abbildung lässt sich annehmen, dass das, was als letztes Rumpfglied gezählt wurde, ein Theil des unvollständig erhaltenen Schwanzschildes wäre; die Zahl der Rumpfglieder würde sich da- durch auf 22 reduciren. Kopf und Schwanzschild dieses Trilobiten waren Meneghini un- bekannt, und was. er (Fauna primord. p. 2) als Kopfschilder unter Paradoxides Bornemanni aufführte und mit Bavarilla verglich, gehörte wahrscheinlich zu Olenopsis. In seiner letzten Publication waren diese Dinge wieder aus- geschieden. Vollständigere Exemplare habe ich erst später erhalten. Die Ver- gleichung derselben ergiebt eine grosse Aehnlichkeit und nahe Verwandtschaft mit M. armatus. Die Oberflächensculptur ist die nämliche, wie bei dieser. Die Zahl der Rumpfringe ergiebt sich an dem Taf. 37. Fig. $ abgebildeten Exemplare als 22, andere haben nur 20 und 21. Die vorderen Achsenringe tragen jeder in der Mitte einen Dorn, die letzten sieben sind unbewehrt. Das Kopfschild ist im Verhältniss etwas breiter als bei M. armatus und vorn fast gerade abgestutzt. Die Glabella ist nach vorn stärker ver- Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.43) 467 schmälert als bei jener und erreicht nicht den Vorderrand. Die Pleuren sind schmäler, ihre. Anhängsel meist etwas länger. Das Schwanzschild ist fast drei Mal so breit als lang, verhältniss- mässig sehr klein. Seine Achse zeigt 2 bis 3 Gliedereinschnitte, die Seiten zwei fast gerade, furchentragende Segmente, welche am Ende wenig nach hinten gebogen sind. Das kleine, auf Taf. 39. Fig. 16 vergrössert abgebildete Exemplar aus dem Schiefer von Porto Canalgrande zeigt eine Jugendform, welche zu dieser Art zu gehören scheint. Es besteht aus dem abgetrennten Kopfschilde und li Rumpfgliedern; der hintere Theil des Rumpfes fehlt. Vorkommen: In mehreren Schieferzonen bei Canalgrande, am Hafen, im Thale von Gutturu Sartu, Bega Sussuia, Punta Pintau, am Wege nach Su Solu. Metadoxides arenarius n. sp. (Taf. 37. Fig. 13.) Das einzige bisher gefundene Exemplar dieses Trilobiten befindet sich in grauem Quarzsandstein von Punta Pintau (Canalgrande). Die Gestalt ist lang-eiförmig, die Achse stark gewölbt und schmäler als die flachen Seiten. Die Achsenringe, mit Ausnahme der letzten vier, sind in der Mitte je mit einem Dorn besetzt. Die Anhängsel der Pleuren sind länger und stärker zugespitzt als bei den vorigen Arten. Schwanzschild und Kopfschild sind in dem ziemlich grobkörnigen Sandsteine nicht sehr deutlich erhalten, entsprechen aber der für die Gattung angegebenen Charakteristik. Paradoxides Brong. P. Gennarii Menegh. Menegh., Nuov. Tril. 1881, p. 200. — Fauna primord. 1881, p. 1. — Posizione relat. 1881, p. 260. — Fauna cambr. 1882, p. 163. — Trilobiti, 1888, p. 18. Taf. IV. Fig. 1. Unter diesem Namen hatte Meneghini Anfangs mehrere grosse Trilobitenreste vereinigt, deren Verschiedenheit später erkannt wurde. In der letzten Publication ist unter dem Namen P. Gennarä nur das im Museum von Cagliari seit längerer Zeit aufbewahrte Exemplar begriffen, dessen nach 59* 468 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 44) vorn verbreiterte Glabella dem Charakter der Gattung entspricht. Die beiden anderen Anfangs dazu gestellten Formen gehören zu Metadoxides armatus und torosus. P. asper n. sp. (Taf. 39. Fig. 1, 1a, 2, 4%). Das als Fig. 1 abgebildete Exemplar wurde im Jahre 1582 in grauem sehr harten Quarzit auf Punta Pintau bei Canalgrande gefunden. Es um- fasst 14 Achsenringe des Rumpfes nebst den linken Seitentheilen desselben. Die Achse ist flach gewölbt und wenig schmäler als die Seiten des Rumpfes ohne die Anhängsel. _ Letztere sind unter stumpfem Winkel nach rückwärts gerichtet und ziemlich geradlinig zu starken Dornen zugespitzt. Gestalt und Grösse der Segmente stimmen sehr nahe mit denjenigen Verhältnissen überein, welche Barrande von P. spinosus (Syst. Sil. Taf. 12) abbildet. Ein grosser Unterschied besteht aber in der Seulptur der Oberfläche. Das vorliegende Exemplar ist zum grössten Theile nur als innerer Schalenabdruck oder Steinkern erhalten und auf der Oberfläche glatt. Nur das vorderste Segment hat seine Schale bewahrt. - Dieselbe ist an den vor- tretenden "heilen - gleiehmässig mit kleinen - Warzen besetzt, während die vertiefte schräge Furche des Seitentheils und die wuntergreitenden Theile der Achsenringe davon frei bleiben. Ei | Die Spitzen der Seitentheile -sind unten fein gestreift. Taf. 39. Fig. 2 stellt einen einzelnen Achsenring eines Trilobiten dar. Es stammt aus gelbem verwitterten Schiefer von Canalgrande. Die stark- sewölbte Aussenfläche ist dieht mit scharfen Höckern und in der Mitte mit einem grösseren Dorn besetzt. Der untergreifende Gelenkring ist glatt. Tat. 39. Fig. 4 ist nach dem Guttaperchamodell eines Wangenstückes gezeichnet, dessen innerer und äusserer Abdruck sich im gelben splitterigen Schiefer von Gutturu Sartu fanden. Dasselbe zeigt einen breiten ebenen Limbus, welcher am Rande noch durch einen scharfen etwas hervorstehenden Saum eingefasst ist. Die Fläche zwischen dem Limbus und dem vorstehenden Rande der Augenspalte ist flach ‚gewölbt und dicht mit kleinen Warzen be- setzt. Der an das Mittelstück des Kopfschildes anschliessende Rand dieses Seitenstückes ist, unvollständig. Die Gestalt des Seitenstückes ist ‚derjenigen sehr ähnlich, welche Barrande an seinem Parado.rides rotundatus (Syst. Sil. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.45) 469 Taf. 14. Fig. 24) gezeichnet hat. Es liegt daher die Annahme nahe, dass dasselbe von einem breiten Trilobiten dieser Gattung herrührt. Die rauhe höckerige Oberfläche veranlasst mich, die beiden zuletzt beschriebenen Körper- theile, wenn auch nur unter Zweifel, zu P. asper zu stellen. Mit den durch ihre höckerige Oberfläche ausgezeichneten Resten der Plutonia Hicks können sie wegen der ganz verschiedenen Gestalt nicht in Verbindung gebracht werden. ? Paradoxides ingens n. sp. (Taf. 39. Fig. 3.) Randstick vom Kopfschilde eines sehr grossen Trilobiten, dessen Dimensionen wenigstens diejenigen des P. imperialis Barr. (Syst. Sil. Taf. 13. Fig. 19) erreicht, wenn nicht übertroffen haben müssen. Die wenigen Merkmale dieses Fragmentes, das Verhältniss der Wölbung zur Breite und zur Biegung, sowie die etwas wellige Längsstreifung deuten auf einen Paradoxides, während sie von analogen Verhältnissen grosser Asaphusarten (A. ingens, A. tyrannus) sich weiter entfernen. 5 Aus graugelbem Quarzsandstein von Canalgrande. (Zwischen Galleria Basse 1 und III.) i ? Paradoxides bifidus n. sp. (Taf. 39. Fig. 5, 6.) - Die beiden Schwanzschilder von länglicher Gestalt sind stark gewölbt, nach hinten etwas zugespitzt und frackähnlich mit zwei spitzigen flachen Anhängseln versehen. Neben dem einen Exemplare befindet sich das Frag- ment eines Rumpfringes, welches durch seine schräge Furche auf Paradorides verweist. Da in dem Sandstein auch die anderen Reste echter Paradoxiden gefunden wurden, so liegt es nahe, auch diese Schwanzschilder zu dieser Gattung zu stellen. Vorkommen: im Sandstein von Canalgrande. ? Paradoxides sp. (Taf. 39. Fig. $.) Die Figur stellt ein Seitenanhängsel eines grossen Trilobiten dar; die Gestalt erinnert am meisten an analoge T'heile grosser Paradoxiden. Auch Olenellus Thompsoni (Hall sp.) zeigt ähnliche Fortsätze einzelner Pleuren. 470 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 46) Es befindet sich im Quarzit neben Resten von Giordamella Meneghinii und stammt von Nebida. ? Paradoxides sp. (Taf. 39. Fig. 7a, b, c.) Unvollständiger Achsenring eines grossen Trilobiten aus dem Sandstein mit Giordanella von Gutturu Sartu. Auch einzelne Fragmente entsprechender Pleuren kommen in demselben Gestein vor. | Olenellus Hall. 1562. Olenellus solitarius n. sp. (Taf. 39. Fig. 9.) Ein unvollständiges Kopfschild mit stark hervorragendem Vorderrande und Augenring. Die Glabella ist langgestreckt mit vier Querfurchen in gleichen Abständen von einander, nach vorn wenig verschmälert, das vorderste Stück vorn gerundet, etwas breiter als das vorhergehende. Die Gestalt zeigt Aehnlichkeit mit O. @älberti Wale.!) und 0. Kjerulfi liinn.2), sie unterscheidet sich aber von ersterem durch den etwas höher an die Glabella anstossenden Augenbogen, von letzterem durch die schmälere am Vorderende weniger verdickte Glabella und den stärker hervortretenden Vorderrand des Kopfschildes. Dieses Kopfschild ist bis jetzt der einzige mit Olenellus überein- stimmende Rest dieser Gattung aus dem Cambrium Sardiniens. Er stammt aus derselben Sandsteinzone, welche auch Paradoxiden enthält und in all- mählichem Uebergange sich den höheren Schichten mit Archaeocyathus an- schliesst, in welchen Giordanella vorherrscht. () Peltura. (?) Peltura inflata n. sp. (Taf. 39. Fig. 10.) Ein isolirtes Kopfschild aus dem Sandstein mit Giordanella von Canal- grande zeigt einen sehr abweichenden Habitus und nähert sich am meisten der Gestalt von Peltura. 1\ Walcott, Bullet. U. St. Geol. Survey, No. 30. 2) Linnarsson, Nägra Försteningar, 1873. Taf. 1. Fig. 1. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.47) +71 Die Glabella ist breit, stark gewölbt, vorn gerundet und reicht bis zum Vorderrande. Q@uerfurchen sind auf ihr nieht vorhanden. Die Augen liegen etwas weiter vorn als bei Giordanella, aber etwas weiter rückwärts als bei Peltura bidentata Broege.!) ?? Peltura sp. (Taf. 39. Fig. 11.) Im Sandstein mit Archaeocyathus bei Uanalgrande finden sich viele isolirte Pleuren, welche sich mit den von dort vollständig bekannten 'Trilobiten- formen nicht vereinigen lassen und als zweifelhafte Stücke unterzubringen sind. Das Taf. 39. Fig. 11 abgebildete Seitenstück schliesst sich durch seine breite flache Gestalt den bei Peltwra vorkommenden Formen an. Die etwas schräge Furche ist wenig vertieft. Aehnliche Pleuren finden sich übrigens auch an der hinteren Hälfte mancher Paradoxidesarten, z.B. P.brachyrhachys Linnars.2) und P. acadicus Matthew.3) Ptychopariza Üorda em. Waleott. (Bullet. U. St. Geol. Survey, No. 10, p. 34.) Ptychoparia laticeps n. sp. (Taf. 39. Fig. 12.) Das breite Koptschild zeichnet sich durch die breite, nach vorn kurz verschmälerte, nach hinten abgerundete Glabella mit zwei sehr deutlichen (@uerfurchen auf der hinteren Hälfte aus, von denen die vordere in der Mitte nach hinten gebogen ist. Auf der vorderen Hälfte finden sich zwei nur un- deutliche Querlinien. Die halbkreisförmigen erhabenen Augenbogen stossen etwas hinter der Spitze der Glabella an diese an. Der stark erhabene Vorder- saum des Kopfschildes berührt die Spitze der Glabella, so dass zwischen ihm und den Augenbogen nur ein schmaler Raum zu beiden Seiten der Glabella bleibt. Das "Taf. 39. Fig. 12 abgebildete Kopfschild aus dem Sandstein von Canalgrande ist der einzige bisher aufgefundene Rest dieses Trilobiten. Es zeigt Aehnlichkeit mit einer Anzahl der von Hall, Walcott und Anderen 1) Broegger, Die Silur-Etagen 2 und 3. Taf. 2. Fig. 7. 2) cf. Linnarsson, Undre Paradoxidenlagren. Taf. 3. Fig. 9. 3) cf. Walcott, Bullet. U. St. Geol. Survey, No. 10. Taf. 3. Fig. 3. 472 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 45) beschriebenen Formen aus dem nordamerikanischen Cambrium, sowie mit einigen europäischen Arten, ohne jedoch mit irgend einer ‚derselben völlig iibereinzustimmen: Meneghini hat unter dem Namen Oonocephalus inops zwei von einander verschiedene Kopfschilder abgebildet. Das eine derselben (Trilobiti, Tab. 6. Fig. 5) ist ein Fragment eines Schildes mit starken Querfurchen auf der Glabella, deren Verlauf an Piychoparia laticeps erinnert. In anderen Merkmalen herrscht aber Verschiedenheit. Die von Meneghini (l. c. p. 26) mit seinem Exemplare verglichenen Conocephaliten (©. quadriceps Dames und C. praevalens Barr.) sind erheblich davon abweichend, ebenso der später zum Vergleich herangezogene ©. Geinitzi Barr. von Hof und anderes. ? Ptychoparia Adamsi Billings sp. (Taf. 39. Fig. 13.) Ponocephalites Adamsi Billings. 1861. — Palaeoz foss. p. 12. Fig. 15. Ptiychoparia Adamsi Bill. sp. Walcott, Bullet. U. St. Geol. Survey, No. 30. p. 195. Tab. 26. Fie. 1. Das Taf. 39. Fig. 13 abgebildete Exemplar aus dem Sandstein mit Archaeoeyathus und Giordanella von Uanalgrande (Galleria Basse I) stimmt recht gut mit den eitirten Abbildungen und einem Exemplare aus dem Kalk- stein von Vermont überein, welches ich Herrn Walcott verdanke. Ein Kopfschild aus dem Schiefer von Porto Canalgrande (Taf. 39. Fig. 20) scheint derselben Art anzugehören. Es unterscheidet sich von dem Fig. 13 dargestellten Exemplare durch die im Schiefer stets vorhandene Abplattung. gleicht ihm aber in der Gestalt der Glabella und der bogen- förmigen Augenwülste und des erhabenen Vorderrandes, Grosse Aehnlichkeit mit der vorliegenden Form zeigen auch die Kopf- schilder von Ptychoparia Robbi Hartt. (cf. Walcott, Bullet. U. St. Geol. Survey, No. 10. Tab. 6. Fig. 1), sowie diejenigen mehrerer anderen als P’fychoparia und Orepicephalus beschriebenen Arten aus Nordamerika. Ptychoparia enantiopa n. sp. (Taf. 39. Fig. 14, 15.) Diese Art unterscheidet sich von anderen Conocephaliten durch die weiter nach vorn gerückte Stellung der Augen, während sie in Bezug auf die Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.49) 473 übrigen Merkmale des Kopfschildes sich an bekannte Formen von Pfychoparia und Conocoryphe anschliesst. Die Glabella ist schlank kegelförmig und hat 4 Paar schräge, am Rande der Glabella stark eingedrückte, gegen die Mitte verschwindende Furchen. Der erhabene Vorderrand des Kopfschildes ist in der Mitte der Stirn stark verbreitert und in stumpfem Winkel gegen das Vorderende der Glabella vorspringend. Hierdurch erinnert das Kopfschild an Conocoryphe bugp Hicks (Quart. Journ. Vol. 25. p. 52. pl. II. Fig. 8). Von den Vorderecken der Augen laufen stark erhabene Wiüilste in tlachem Bogen etwas rückwärts greifend nach den vordersten Furchen der Glabella. Die fast geraden Gesichtsnäthe sind nur an den Augen etwas nach aussen gebogen und bilden mit dem geraden Hinter- und Vorderrande des Kopfschildes ein Paralleltrapez. Von dieser Art liegen mir zwei Kopfschilder vor, welche aus dem Quarzsandstein von Uanalgrande stammen. Ein von Meneghini (Trilobiti, p. 32 beschriebenes und Tab. VII. Fig. S) abgebildetes Fragment eines Kopfschildes (Conocoryphe sp. ind.) aus dem Sandstein von San Pietro (Masua) zeigt ähnlich verlaufende Augenwülste und gehört vielleicht hierher. Sao Barr. Sao sarda n. sp. (Taf. 39. Fig. 17, 18.) Das einzige Exemplar dieses kleinen Trilobiten, welches sich bisher in Sardinien gefunden hat, stammt aus einer Bank weichen gelben Schiefers von Porto Canalgrande. Der halbkreisföürmige Kopf ist mit einem regelmässigen erhabenen Rande umgeben; Hinterecken mit kurzer etwas einwärts gerichteter Zuspitzung. Glabella kegelförmig, gewölbt, seitlich durch tiefe Furchen begrenzt, mit 3 Paar Seitenfurchen. Wangen breit und gewölbt, in ihrer Mitte die sichel- förmigen Augen. Die Gesichtsnäthe beginnen neben den Hinterecken und verlaufen convergirend nach den Augen. Der kumpf besteht aus 14 Gliedern. Die Pleuren sind knieförmig gebogen und mit breiter den Rändern paralleler, nach aussen verschmälerter Furche. Das Schwanzschild ist nicht deutlich erhalten. Naya Acta LVI. Nr. 3. 60 474 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 50) Das Exemplar zeigt eine so grosse Aehnlichkeit mit den von Bar- rande gegebenen Figuren analoger Alterszustände der Sao hirsuta (Syst. Sil. pl. 7. Fig. 16, 1%), dass man sich veranlasst fühlen könnte, die sardinische Form für identisch mit der böhmischen anzusehen. Es ist jedoch die Gla- hella der ersteren schmäler conisch als bei den böhmischen und hat nicht die dort überall deutliche Mittelfurche. Aus diesem Grunde erschien die Identität traglich und wurde für die sardische Sao ein besonderer Name gewählt. Meneghinella nov. Gen. M. serrata n. sp. (Taf. 39. Fig. 19a und b. ? Fig. 21a und b.) ? Paradoxides sp. ind. Menegh. Trilobiti p. 48. Tab. 6. Fig. 6. Kopfschild halbkreisförmig. Die breite stumpfeonische Glabella ist mit vier erhabenen (Juerrippen besetzt, deren jede in der Mittellinie des Körpers einen spitzen Höcker trägt. Zwischen der Glabella und dem stark hervor- tretenden Vorderrande des Kopfschildes liegt eine schmale etwas vertiefte Fläche. Durch diese sehr hervortretenden Eigenthümlichkeiten unterscheidet sich dieser 'Trilobit von allen anderen bekannten Formen und erscheint des- halb die Aufstellung einer neuen Gattung gerechtfertigt. Aus dem Sandstein mit Archaeocyathus Ichnusae von Punta Pintau bei Canalgrande. Meneghini hat (l. e.) einen kleinen 'Trilobitenrumpf nebst Schwanz- schild aus dem Sandsten von Grugua als Paradoxides sp. ind. abgebildet. Die starke Wölbung des etwas eingeröllten Körpers, die geraden Segment- furchen und kurzen Anhängsel unterscheiden sich aber von dieser Gattung. Dagegen legen die spitzen Höcker der Achsenringe in der Mittellinie ‚des Körpers und die Grössenverhältnisse eine Vereinigung der durch analoges Verhalten des Kopfschildes bezeichneten Meneghinella nahe. Ein kleines Rumpfstück mit denselben Eigenschaften wie das von Meneghini abgebildete Exemplar fand sich im Schiefer von Canalgrande (Porto) und wurde Tat. 39. Fig. 21a und 21h dargestellt. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.5l) 415 Arionellus Barr. Arionellus (?) dubius n. sp. (Taf. 39. Fig. 22—24.) Kopfschild mit stark verdiektem erhabenen Vorderrande. Glabella kegelförmig, mit 2—3 Paar schrägen Seitenfurchen. Nackenring durch eine tiefe Furche von der Glabella abgesetzt. Augenwülste stark hervortretend, gegen die Spitze der Glabella verlaufend. Diese isolirten Kopfschilder sind denjenigen ähnlich, welche Broegger (om Paradoxidesskifrene ved Krekling p. 42) beschrieben und Linnarsson (De undre Paradoxideslagren vid Andrarum Tab. IV. Fig. 3, 4 abgebildet hat. Auch die Kopfschilder von Crepicephalus Augusta und Cr. Lilana, welche Walcott (Bullet. U. St. Geol. Survey No. 30. Tab. 25) aus den Nordamerikanischen Cambrium abbildete, zeigen einige Aehnlichkeiten in Bezug auf den Vorderrand des Kopfschildes, unterscheiden sich aber durch die breitere GJabella. Da andere Körpertheile und vollständige Exemplare nicht vorliegen, bleibt es zweifelhaft, ob die abgebildeten Kopfschilder, welche aus einer der oberen Schieferbänke von Porto Canalgrande stammen, wirklich zu Arzonellus gehören. Anomocare Angelin. Anomocare arenivagum Menesh. (Taf. 39. Fig. 25. 26. Menegh. Trilobiti. p. 30. Taf. 5. Fig. 2, Taf. 6. Fig. 9. Taf. 7. Fig. 13. Kleine, im Ganzen ziemlich flache Kopfschilder, mit schlanker kegel- förmiger Glabella. Dieselbe trägt drei Paare seitlicher Furchen und ist vorn von einem breiten Limbus mit erhabenem schmalen Rande umgeben, welcher sich nach hinten einwärts an den vorderen Theil der grossen halbkreisförmigen Augenwülste anschliesst. | Im Sandstein mit Giordanella von Uanalgrande (Galleria Basse ]), Gutturu Sartu, Iglesias (Genna Arta), im Sandstein mit Archaeocyathus Ichmusae von Punta Pintau. Die Gestalt dieser Kopfschilder, denen übrigens die Seitenstücke fehlen, weist sie zu Angelin’s Gattung Anomocare. 60* 476 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 52) Andere, von Meneghini (Trilobiti Tav. V. Fig. 12 und 'Tav. VII. Fig 1) als Anomocare pusillum abgebildete Kopfschilder gehören ohne Zweifel zu den häufig vorkommenden Olenopsisarten (0. Bornemanni und ©. Zoppü). Neseuretus Hicks. Neseuretus (?) discurus n. sp. (Taf. 39. Fig. 27, 28, Taf. 40. Fig. 5.) Zwei Schwanzschilder aus einem grobschiefrigen, gelbgrauen Gestein, welches in der nächsten Umgebung der Häuser von Uanalgrande ansteht, zeichnen sich vor anderen durch ihre fast kreisförmige Gestalt, starke, fast bis zum Hinterrande reichende schlank-conische Mittelachse und ihre Gliederung aus. Achse und Seiten sind besonders im vorderen 'T’heile des Schwanzschildes deutlich segmentirt, am hinteren Ende wird die Gliederung undeutlich. Die Segmente der Seiten verlaufen im Bogen nach rückwärts und sind mit einer breiten, bis zum Aussenrande reichenden Mittelrinne versehen. Das eine der beiden Exemplare (Fig. 27) ist etwas seitlich zusammen- gedrückt; neben demselben befinden sich auf demselben Gesteinsstück schlecht erhaltene Körpertheile, besonders ein Kopfschild, welches vielleicht dazu gehört. Die Gestalt der Schwanzschilder erinnert an diejenige der Gattung Neseuretus Hicks aus den englischen Upper Lingulaflags und unterscheidet sich von den von dort beschriebenen Arten nur durch die etwas geringere Anzahl der Segmente. Von den mit grossen Schwanzschildern versehenen Gattungen Giordanella, Dikelocephalus, Bathyurus, sowie von den Asaphiden unter- scheiden sich die Schwanzschilder von Neseuretus durch den Mangel einer glatten oder ceireular gestreiften Umrandung. Die Schichten mit Neseuretus in England gehören zum „Middle Cambrian“ Sedgewick’s und enthalten auch Parabolina, Peltura, Eophyton u.s. w. (Cf. Hicks. Quart. Journ. 1873 p. 42.) Giordanella nov. Gen. Illaenıs Bornem. 1881. Compte rendu du Congres geologique internat. a Bologne. p- 228. Asaphus, Platypeltis, Psilocephalus Meneghini. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.53) 477 Körper oval, meist stark gewölbt, vollkommen einrollbar. Kopf- und Schwanzschild sehr entwickelt, Zahl der Segmente gering. Kopfschild halb- kreisförmig oder elliptisch, vorn gerundet. ohne Randfurche und Nackenfurche, Glabella undeutlich, nur am hinteren T'heile des Kopfschildes durch zwei schwache Furchen angedeutet, welche vom Hinterrande gerade vorwärts nach den Augen laufen. Die beiden Gesichtsnähte beginnen nahe an den Hinterecken, laufen einwärts nach den Augen, welche etwa in der Mitte der Länge des Kopf- schildes stehen, sodann im Bogen um die Augen herum und von da gerade vorwärts zum Stirnrande. Hypostom eiförmig, mit stark gewölbtem Buckel, unten umrandet, oben mit wenig oder nicht vorspringenden Seitenecken. Schwanzschild mit stark hervortretender, fast bis zum Hinterrande reichender Achse, an den Seiten mit zwei deutlichen, an den Vorderecken hervorspringenden Zähnen, denen sich zuweilen noch ein drittes schwaches Zähnchen zugesellt. Achse und Seiten des Schwanzschildes sind äusserlich ungegliedert, dagegen erscheinen die inneren Abdrücke oder Steinkerne mit 3—4 Ein- kerbungen, welche Verdickungen auf der Innenseite der Schale entsprechen. Auch bei Steinkernen mancher Kopfschilder erscheint der vordere Theil als ein schwach abgesetzter Rand; ebenso bei den Wangenschildern der Seitenrand, entsprechend einem auf der Unterseite verdiekten Limbus des ganzen Körpers. Die Achsenringe der Segmente sind gewölbt, mit engerem Gliederungs- ansatz, die Pleuren mit schwachen Mittelfurchen und schrägen Facetten zur Einrollung des Körpers. Schwanzschild und Wangenschilder sind unterseits mit wenigen zarten Randlinien verziert. Die. hierher gehörigen Arten schliessen sich durch ihren Körperbau zunächst an Illaenus an, von welcher Gattung sie sich im Wesentlichen durch die stark hervortretende Achse und die Seitenzähne des Schwanzschildes unterscheiden. Sie stellen hiernach eine neue Gattung dar, welche zu Ehren meines um die Geologie Sardiniens hochverdienten Freundes F. Giordano, mit dem Namen Giordanella bezeichnet werden möge. 418 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 54) Die Gattung Angelina Salter, welche ebenfalls Seitenzähne am Schwanzscehild hat, unterscheidet sich von @Giordanella durch das flache umrandete Kopfschild und die viel geringere Grösse des Schwanzschildes. Meneghini hat die zahlreichen von ihm beschriebenen Theile von Giordanella zur Gattung Asaphus gebracht, welche aber durch viele Merk- male, insbesondere durch das tief ausgeschnittene Hypostom weit von Gior- danella abweicht. Diese Theile sind von ihm theils mit Platypeltis Callaway,') theils mit P’sölocephalus Salter?) als Untergattungen von Asaphus in Zusammen- hang gebracht worden. Beide Gattungen haben wohl einige Aehnlichkeit aber bei keiner derselben finden sich Seitenzähne am Schwanzschild. Psilo- cephalus unterscheidet sich ferner durch die stumpfen abgerundeten Hinter- ecken der Wangenschilder. Die Untersuchung einer sehr grossen Anzahl von Exemplaren ergiebt, dass die von Meneghini beobachteten Merkmale, auf welche hin er die hierher gehörigen Stücke unterscheiden zu müssen glaubte, nur in Verschieden- heiten zwischen der äusseren Oberfläche der Schale und derjenigen innerer Schalenabdrücke oder Steinkerne bestanden und dass die von ihm als Asaphus ( Platypeltis?) Meneghinii Bornem. und Asaphus (Psilocephalus 2) gibber ab- gebildeten Exemplare zu einer Art zusammengehören. Der scheinbare Mangel der Seitenzähne an vielen der abgebildeten stark gewölbten Schwanzschilder beruht darauf, dass dieselben unvollständig waren oder dass die Zähne noch im Gestein verborgen liegen. bei der starken Wölbung der Kopf- und Schwanzschilder, welche sich stets als isolirte Stücke oft massenhaft zusammengeführt in einem als ein Küstengebilde zu betrachtenden Sandstein finden, kommen viele Ver- drückungen und Verzerrungen der ursprünglich elastischen, leichten Schalen vor, so dass die Beurtheilung und Reconstruction der normalen Form oft schwierig ist. In Bezug auf das Verhältniss der Länge zur Breite finden bei den Kopt- und Schwanzschildern sehr grosse Abweichungen statt. Wie man bei vielen Trilobiten breite und schmale Formen derselben Art kennt und die 1) Cf. Callawäay, Quart. Jourm. 1887, p. 664. ?) Cf. Salter, British trilobites p. 175. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.55) 419 bezüglichen Abweichungen als Geschlechtsunterschiede betrachtet, so könnte man auch bei @iordanella ähnliches annehmen. Es gehen aber bei dieser Gattung die extremen Formen so weit aus einander, dass eine "Trennung in mehrere Arten angezeigt erscheint, zu denen übrigens noch andere Unter- schiede, besonders an den Wangenstücken hinzutreten. Hiernach lassen sich drei verschiedene Arten unterscheiden, von denen die am häufigsten vor- kommende mittlere sich stets durch eine starke Wölbung des Kopfschildes von nahezu gleicher Höhe und Breite auszeichnet. Zu ihr gehören fast sämmtliche von Meneghini abgebildeten Exemplare. Die andern seltener vorkommenden Arten sind durch viel grössere Breite resp. Länge unterschieden. Bezüglich der Zutheilung der stets isolirt vorkommenden Pleuren und Hypostome zu den unterschiedenen Arten ist man gezwungen, mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit nach Analogie der relativen Längen- und Breiten- verhältnisse zu verfahren, und die Bestätigung oder Widerlegung der gemachten Combination durch spätere glücklichere Funde zusammenhängender Exemplare abzuwarten. Giordanella Meneghinii Bornen. (eksalkie 305 7.19. 10.142 14,216,.18—27, 36.) Asaphus ? sp. Menegh., Fauna Cambr. p. 159. Illaenus Meneghinit Bornem., Geol. Zeitschr. 1883 p. 274. Platypeltis Meneghinii (Bornem. sp.) Menegh., Note alla F. Cambr. p. 9. — Inlobitops sa Tab Veg Rec, 232.268.7..:85 95 11, 127 parsı), el7E: VabsaV orte l0 212,513: Tab SVI-SRiE: 16. Psilocephalus ? sp. Menegh., Fauna Cambr. p. 158. Asaphus (Psilocephalus?) gibber Menegh. Trilobiti p. 10, Tab. V. Fig. la, b, 2a, b, 2%, 6, I1, 5a, 10, 16; ferner gehören hierher: unbestimmte oder zu (ono- coryphe gezogene Reste m Menegh. Trilobiti p. 33, Tab. V. Fig. 3b, 3e, (em Schwanzschild, nicht Kopfschild!), Fig. 4; p. 41, Taf. VI. Fig. I (Schwanzschild und Wangenschild), ef. ibid. p. 47, 48. Stark gewölbt. Länge des Kopfschildes (ohne Wangenstücke) gleich seiner Breite vor den Augen. Schwanzschild so breit oder wenig breiter als lang, Wangenschild am hinteren Ende in einer kurzen, am Ende stiel- runden Dorn ausgezogen. Die Schale ist glatt und auf der Oberfläche gleich- mässig mit vertieften Punkten besetzt. An den Rändern des Schwanzschildes 450 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 56) in der Gegend der Seitenzähne, sowie am Rande der Wangenschilder nahe der Spitze befindet sich auf der Oberseite der Schale eine aus gebogenen vertieften Linien gebildete Sculptur (siehe Taf. 41. Fig. 27, 36). Die Reste von (Griordanella Meneghinii erfüllen in grosser Menge eine Zone gelben und gelbgrauen Sandsteins, welcher sich mit nordsüdlichem Streichen und östlichen Fallen aus dem T'hale von Gutturu Sartu nach dem Gipfel von Punta sa Gloria hinaufzieht. Ein anderer Zug desselben Sandsteins streicht von Gutturu Sartu nach Galleria Basse (Canalgrande) und Punta Pintau. In manchen Schichten findet man nur diese eine Art, während sie anderwärts mit Resten anderer Trilobiten- und Archaeocyathus-Stücken zu- sammen vorkommen. Andere Fundstätten sind Gutturu Sorgiu und Gutturu serra planu bei Nebida, Fontana Axina, Genna Arta. Giordanella dilatata n. sp. (Taf. 41. Fig. 8, 15, 28, 29, 31—35, 39, 40.) Meneshini, Trilobiti Tab. V. Fig. 15. ° Wenig gewölbt. Kopfschild und Schwanzschild viel breiter als lang. Wangenschilder hinten kurz zugespitzt; der Hinterrand derselben von der Spitze bis zum Anfange der Gesichtsnaht bogenförmig ausgeschnitten. Vorkommen: Im Sandstein von Punta ‘sa Gloria, Gutturu Sartu, Canalgrande (bei Galleria Basse I), Punta Pintau, Canale Bingias. Giordanella elongata n. sp. (MaABSAT DR 2A, 1016217,02307,.3755883) Wenig gewölbt. Kopfschild länger als breit. Gesichtsnaht weniger schräg als bei den vorigen Arten. Wangenschilder zu einem langen und spitzigen Dorn ausgezogen. Vorkommen: Im Sandstein von Canalgrande. Unter der Bezeichnung Encrinurus? sp. ind. hat Meneghini (Trilo- biti p. 42, Tab. VI. Fig. 4) ein unvollständiges Hintertheil eines kleinen Trilobiten aus dem Sandsteine mit Archaeocyathus beschrieben. Dasselbe gehört keinesfalls zu Encrinurus, ist wahrscheinlich auch nieht ein isolirtes Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.5%) 481 Schwanzschild, wie Meneghini angenommen hat, sondern ein aus mehreren Gliedern bestehendes Rumpfstück mit Schwanzschild. Die stark eingekrümmten, an dem Exemplar wohl nieht ganz frei- gelegten Pleuren erinnern an cambrische Zllipsocephalus- und Arionellus-Arten, auch die dornenlosen letzten Segmente der als fraglich zu Meneghinella gestellten Rumpftheile aus dem Archaeocyathus-Sandstein lassen sich in Ver- gleichung ziehen. Ein anderes von Meneghini (Trilobiti Tab. V. Fig. 5b) abgebildetes und fraglich als Plutonia sp. bezeichnetes Fragment ist so wenig deutlich, dass es als unbestimmbar ausser Acht gelassen werden kann. ® Nova Acta LVI. Nr. 3. 61 482 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 58) Nachträge zur ersten Abtheilung. I. Algae. Bezüglich der in der ersten Abtheilung dieses Werkes unter dem Abschnitt „Algae‘“ beschriebenen Vorkommnisse hat Herr Hinde in einem im Geologieal Magazine IV. pag. 226 (Mai 1877) enthaltenen Aufsatze so ziemlich alle von mir gegebenen Deutungen in Zweifel gezogen. Bei den- jenigen Dingen, welche sich auf structurlose Körperformen im Gestein be- ziehen, sollen Wurmspuren, Coneretionen u. s. w. die Entstehungsursache abgeben. Ueber die Natur der Cruziana sind die Acten noch nicht geschlossen und besonders die Sardinische Form kann noch ganz andere Deutungen er- fahren, als von den widerstreitenden Parteien bis jetzt versucht worden sind. Die übrigen Arten sind ganz sicher nicht als Kriechspuren zu be- trachten ; Coneretionen aber wollen eine Ursache haben, wenn man nicht auf den Standpunkt des Lusus naturae zurückkehren will. In Betreff der gelegentlich beschriebenen Kalkalge Siphonema incrustans Bornem. (I. p. 17) aus dem baltischen Silur giebt Herr Hinde an, dass sie mit der von Nicholson und Etheridge beschriebenen Görvanella problematica (Silurian fossils of the Girvan Distriet I. 1878. p. 23. pl. IX. Fig. 24) identisch sei und daher als Synonym mit dieser vereinigt und zu den Rhizo- poden gestellt werden müsse. Dieser Ansicht kann ich aber nicht beistimmen, denn die Oolithoide bildende Söphonema incrustans ist kein thierischer, sondern ein pflanzlicher Organismus. Sie ist als solcher von mir zuerst gedeutet und genügend beschrieben worden. Der Name Siphonema hat daher Anspruch auf Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.59) 488 Geltung. Uebrigens ist, wie aus nachstehenden Bemerkungen hervorgeht, die von Hinde behauptete Identität sehr zweifelhaft. Die Gattung Görvanella war von Nicholson und Etheridge nach Diünnschliffen sehr unvollständig charakterisirt, und es ist in der ersten Be- schreibung nicht davon die Rede, dass sie oolithähnliche concentrisch gebaute Aggregate bilde Der Durchmesser ihrer Röhren wird dort auf 1/goo bis oo Zoll, also — 0,035—0,041 mm — 35—41 u angegeben, während die Röhren von Siphonema nur 15—20 u dick sind! — Die Zutheilung der Girvanella zu den Rhizopoden beruht auf einer von Nicholson und Etheridge (l. ec. p. 21) mitgetheilten Notiz von Brady, welche aber gar nieht zutrifft. Es werden nämlich die als Görvanella bezeichneten Röhrchen mit der leben- den, aus Sandkörnern Röhren bauenden Gattung Hyperammina in Beziehung gebracht. Letztere findet sich bei Brady (Challenger Report p, 25%) be- schrieben und unter dem Gattungsnamen Hyperammina ist Gärvanella (2) Nich. & Eth. als Synonym aufgeführt. Vergleicht man die schönen Ab- bildungen der vielen daselbst dargestellten Formen von Hyperammina, so sucht man vergebens nach Analogie und überzeugt sich Jeicht, dass zwischen den fraglichen Dingen auch nicht die allergeringste Verwandtschaft besteht. Die einzige Form von Hyperammina (H. vagans Brady |]. c. pl. 24. Fig. 1, 2), welche mit serpelartigen Röhren an einer Muschel ansitzt und welche man nach einer ganz entfernten Formähnlichkeit vergleichen könnte, ist dort in 15 maliger Vergrösserung abgebildet. Ihre Röhren haben nach diesen Figuren Durchmesser von 0,1—0,13 mm — 100—130 «, sind also noch vielmal grösser als diejenigen von Görvanella und von einer concentrischen Anordnung ist keine Spur vorhanden. Herrn Nicholson selbst hat seine erste Definition von Görvanella nicht genügt. Fr hat deshalb in einer späteren Abhandlung „Organisms in Palaeozoic limestones“ (Geological Magazine, Januar 1888. Vol. V. p. 22, 23) eine neue Beschreibung und bessere Abbildungen gegeben. Dabei wird die Verantwortung für die aufgestellte Verwandtschaft mit Ayperammima ganz auf die Autorität des Herrn Brady geschoben und gesagt, dass eine andere eben- falls von Brady beschriebene sandschalige Foraminifere, die Syringammina fragilissima (Challenger Report Vol. IX. p. 242) vielleicht noch eine engere Vergleichung mit Görvanella erlaube als die Huperammina. Dieser Vergleich 61* 454 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 60) ist womöglich noch unglücklicher als der erste, denn Syringammina hat zwar etwas concentrische, aber auch strahlige Anordnung und die aus agglutinirtem Sand bestehenden Röhrchen haben vielfältige Anastomosen. Bei Siphonema sind die Röhrchen weder aus Sandkörnchen zusammen- gesetzt, noch sind Anastomosen zu beobachten. Ueber die von englischen und amerikanischen Autoren angegebenen Beziehungen zu Streptochetus Seeley und Stromatocerium kann ich nach den vorhandenen schlechten Abbildungen mir ein Urtheil nicht erlauben. Solche Dinge bedürfen genauerer Untersuchungen, um richtig erkannt zu werden. In einer im Mai 1889 erschienenen Arbeit (Geological Magazine Vol. VI. p. 196) hat Herr Wethered jurassische Pisolithen beschrieben und stellt fest — was schon bekannt war!) — dass dieselben durch Wachsthum eines organischen Wesens um einen Kern entstanden sein müssen. Dieselben werden dann als eine neue Art zu Gärvanella (@. pisolitica) gestellt, mit welcher sie wegen der im Querschnitt kreisförmigen verschlungenen Röhren übereinstimmen. Ueber die systematische Stellung bemerkt der Verfasser, dass sie sehr schwierig zu beurtheilen sei und folgt dann lediglich der Autorität Nicholson. Damit aber kommt die Girvanella noch nicht zur Ruhe. Ein vor- läufiger Bericht im Geologieal Magazine Febr. 1590 Vol. VII. p. 91 meldet, dass ein Aufsatz von Wethered im Q@uart. Journal erscheint, welcher neue Arten von Gärvanella bringt und die Frage discutirt, ob diese Gattung mehr mit Hyperammina oder mit Syringammina verwandt sei. Unter den oolithartig gebauten Kalkkörpern giebt es so viele bei oberflächlicher Untersuchung leicht zu verwechselnde Dinge, welche ganz ver- schiedenen Organismen ihre Entstehung verdanken, dass viel genauere und umfassendere Beobachtungen dazu gehören, um sicher zu urtheilen. Neuerdings hat Herr Rothpletz eine ähnliche Oolithoide bildende Kalkalge in den Raibler Schichten unter dem Namen Sphaerocodium Borne- manni beschrieben (Sitzungsberichte des bot. Vereins in München 9. Dec. 1859). 1) Cf. Steinmann im N. Jahrb. f. Mineralogie 1880. — Bornemann: Cambr. Verst. I. p. 18. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.61) 485 Die Kenntniss fossiler Algen in den cambrischen Schichten Sardiniens hat durch die mikroskopische Untersuchung von Kalksteinen in letzter Zeit einen bemerkenswerthen Zuwachs erhalten. Bei der Durchmusterung von Dünnschliffen eines schwarzgrauen Marmors der Archaeocyathuszone fanden sich Körner mit deutlicher Kalkalgenstruetur, welche sich den Zonotrichiten !) anschliessen und als A/Zonotrichites primaevus n. sp. bezeichnet werden mögen, ferner aber auch Zellenfäden anderer mikro- . skopischer Algen oder Zellenpflanzen, welche in späthigem Kalkstein ein- geschlossen und dadurch erhalten worden sind. Es liessen sich in Dünnschlitfen mehrere Arten unterscheiden, von denen die eine am häufigsten gefundene wegen der Anordnung ihrer Zellen- reihen Aehnlichkeit mit Arten der lebenden Gattung Chantransia Fries hat. Sie mag hier vorläufig unter dem Sammelnamen Confervites be- schrieben werden. Confervites Chantransioides n. sp. (Tafel 42. Fig. 1 und 2. Tafel 43. Fig. S—10.) Thallus fadenförmig aus unberindeten verzweigten Gliederfäden be- stehend. Fäden 6—7 u dick, mit alternirenden Aesten, welche sich meist unter Winkeln von 50—70 Grad abzweigen. Glieder einzellig, eiförmig, mit etwas eingeschnürten Verbindungsstellen. Man unterscheidet etwas dünnere lang gestreckte Fäden mit längeren und solche mit diekeren kurzeiförmigen Zellen. Letztere finden sich besonders an kürzeren Gabelästen und können als Sporenzellen betrachtet werden. Die inneren Zellenräume sind häufig ganz oder theilweise mit Luft erfüllt, so dass die-Zellenreihen das Ansehen zierlicher Perlenschnüre haben. Bei anderen ist der ganze Faden in Dünnschliff von einer durchsichtigen Substanz erfüllt. Diese Alge findet sich in der natürlichen Lage ihres Wachsthums gruppen- oder rasenweise im Gestein eingeschlossen. Besonders schön ist 1) ef. Bornemann, Geologische Algenstudien. Jahrbuch d. k. preuss. Geol. Landes- anstalt 1886. 486 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 62) sie an solchen Stellen zu beobachten, wo sie ganz von farblosem Kalkspath umgeben ist. Recht auffallend ist auch die Aehnlichkeit dieser Zellenfäden mit den- jenigen der Gattung Gomontia, Bornet & Flahault!), welche an alten Muschel- schalen der Meeresküsten wächst und mit ihrem T'hallus in die Kalkschale der Muscheln eindringt. Taf. 42. Fig. 1 und 2 sind zwei Dünnschliffe des Gesteins in 100 facher Vergrösserung photographisch dargestellt. Man sieht darin einige Zellenreihen deutlich, andere aber erscheinen nur als undeutliche graue Linien, weil die Fäden nicht in derselben optischen Ebene liegen und sich daher zum grössten Theile ausserhalb des Focus befanden. Deutliche Gabelungen lassen sich in den Dünnschliffen selten in gleicher Ebene beobachten und ist man, um den Zusammenhang und Verlauf der Fäden unter dem Mikroskope zu beobachten und zu zeichnen, genöthigt, die Mikrometerschraube zu gebrauchen. In solcher Weise sind die Figuren S—10 auf Taf. 43 in 300 facher Vergrösserung gezeichnet, und zwar stellt Fig. 8 einen 'T'heil der im Dünn- schliff Taf. 42. Fig. 2 enthaltenen Zellenfäden dar, ebenso Fig. 9 und 10 zwei in Dünnschliff Taf. 42. Fig. I enthaltene Gruppen. Vorkommen: im schwarzgrauen Marmor von Gutturu Cardaxiolu bei Canalgrande. Confervites oedogonus n. sp. Zarte nur 2 .„ dieke Fäden mit kugelförmigen Erweiterungen, welche einzeln oder zu zweien oder mehreren dient hinter einander oder auch in grösseren Abständen von einander stehen und bis zu 14 „ Durchmesser haben. Ihre Gestalt und Anordnung erinnert an Formen von Oedogonium, noch mehr aber an die unter dem Namen Lithophuthium von Bornet & Flahault?) be- schriebene und den Saprolegniaceen beigesellte Pflanze. Ihre zarten Fäden sind verzweigt und ihre Aeste gabeln sich unter weit geöffneten Winkeln. Die Fäden mit den kugelfürmigen Erweiterungen liegen rasenweise parallel neben einander im Kalkspath eingeschlossen. Diese Planze wurde in mehreren Dünnschlitfen des Marmors der Gutturu Cardaxiolu beobachtet. 1) Congres botanique tenu a Paris en Aotıt 1889. pl. 6—8. 2) 1.c. pl. XIL Fig. 5, 6. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.63) 487 A ctiniscus Ehrenberg. Actiniscus senex n. sp. Kleine sechsstrahlige Sternchen mit schlanken gleichmässig zugespitzten Speichen, welche in einer Ebene liegen und einen durchscheinenden Mittel- punkt haben. Durchmesser — # u. Die Sternchen von Actiniscus senex wurden im Diünnschliff eines zonal structurirten grauen Kalksteins von Bega Sussuia (Canalgrande) beobachtet. Sie liegen in Gruppen vereinigt in einer dünnen Kalkspathzone und sind braun gefärbt. Sie bestehen nicht aus Eisenoxyd, Kalk- oder Kieselerde, sondern wahrscheinlich aus vegetabilischer Substanz. In Gestalt gleichen sie am meisten den Figuren, welche Ehrenberg von Actiniscus stella aus dem Polirschiefer von Oran und Caltanisetta (Miero- geologie Taf. 21. Fig. 48, Taf. 22. Fig. 52) gegeben hat, sind aber viel kleiner als diese. Ehrenberg bemerkt zu den angeführten Figuren: „Diese Actinisei können Phytolitharien, nicht Kalksternchen sein.“ Sie. unterscheiden sich daher von anderen als Actiniscus beschriebenen Formen aus Jüngeren Formationen, welche wahrscheinlich Sternkörper von Spongien sind und sich durch die verdickte Mitte, keilfürmige Speichen und erheblichere Grösse auszeichnen. In Rabenhorst’s Flora europaea Algarum (Leipzig 1864—1868) ist die Gattung Actiniscus als zweifelhafte Diatomaceengattung aufgeführt mit der Diag- nose: Frustula medio solida ambitu spinis siliceis radiantibus stellam referentia. Die mit ihr zu einer Familie vereinigte Gattung Dictyocha gehört nach Haeckels Untersuchungen zu der Radiolariengruppe der Acanthodesmida Haeck. _ Unter den Kalkgebilden in der Epidermis der Holothurien, von welchen Selenka!) eine grosse Anzahl abgebildet hat, finden sich einzelne Formen mit entfernter Aehnlichkeit. Die Verschiedenheit der Substanz, die Art und Weise des Vorkommens gestatten nicht, die Sternchen aus dem — in der Hauptsache phytogenen — cambrischen Kalksteine zu jener Ver- wandtschaft zu stellen. Sie mögen deshalb hier ihre Stelle im Anhang der Algen behalten. 1) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie Bd. 17. 485 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 64) Nachschrift. Nachdem die 10 Tafeln des vorliegenden Bandes bereits nebst den Figurenerklärungen abgeschlossen und an die Akademie eingesandt waren und es sich nur noch um Beendigung des Manuscriptes handelte, führte eine weitere Untersuchung des algenhaltigen Kalksteins von Gutturu Cardaxiolu zu einer neuen bemerkenswerthen Entdeckung. Obgleich die in den Dünnschliffen beobachteten Algen deutliche Zellen- wände erkennen liessen, hegte ich doch bis dahin, mit Rücksicht auf das hohe Alter der Formation Zweifel, dass dieselben noch aus organischer Pflanzensubstanz bestehen könnten. Ich glaubte an Verkieselung der Zellen- wände oder sonstige Mineralbildung, welche die organischen Membranen ersetzt haben konnte, und es lag mir daran, alle Zweifel über diese Frage zu beseitigen. Eine chemische Analyse konnte darüber Aufschluss geben und die Natur der Substanz feststellen. Ich führte dieselbe in der Weise aus, dass ich eine genügende Menge (11,6 g) des Gesteins unzerkleinert mit verdünnter Salzsäure behandelte. Die Bestimmung der löslichen Bestandtheile ergab 77,06 Procent kohlensauren Kalk, 12.06: 1, . kohlensaure Magnesia, ferner etwas kohlensaures Eisenoxydul, wenig "T'honerde und phosphorsauren Kalk. Der schwarzgraue Rückstand, welcher etwa S Procent der angewandten Substanz betrug, bestand aus feinem Sand, Kohle und leicht verbrennlieher organischer Substanz. Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigte sich der Sand vorwiegend aus kleinen Quarzkrystallen mit kugeligen Einschlüssen bestehend, daneben auch einige eckige Quarzkörnchen und Turmalin in kleinen Krystallen und Fragmenten. Dazwischen lagen fein zertheilte Kohlentheilchen und — wohlerhaltene elastische Pflanzenfäden, zum Theil in Büscheln und natürlichen Gruppen. Einzelne derselben schwammen leicht im Wasser, meistens aber waren sie an den Quarzkryställchen festgewachsen und mit denselben zu kleinen Filzen vereinigt. Diese Wahrnehmung veranlasste mich, andere ähnliche Gesteine aus der cambrischen Schichtenreihe Sardiniens in gleicher Weise zu behandeln, Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.65) 489 mit dem Erfolg, dass in kurzer Zeit eine ganze Anzahl niederer Pflanzen- formen zum Vorschein kam. Zum Theil sind dieselben verkohlt, theils aber besser erhalten und zuweilen so vollkommen unversehrt, dass sie wie frische lebende Pflanzen präparirt werden können. Der nahe liegende Gedanke, dass es sich hier um recente Pflanzen handeln möchte, welche von Aussen in das Gestein eingedrungen seien oder sich in Hohlräumen desselben gebildet haben könnten, ist für einen Theil der Formen dadurch ausgeschlossen, dass die untersuchten Stücke aus der Mitte völlig diehter unverwitterter und frischer Handsticke genommen wurden, welche an den verschiedensten Localitäten und Lagen des Gebirges von der Meeresküste bis zu den Berggipfeln an Steilhängen und in Steinbrichen geschlagen wurden. Das Eindringen von kleinen Algen und Flechten in Kalksteine ist eine viel beobachtete Erscheinung, aber es handelt sich bei ihnen meist um geringe Tiefen. ZLynybya bohrt!) ihre Löcher etwa '/;, mm tief in festes Gestein. Verrucaria caleiseda sendet nach Bachmann 2) ihre mit kugeligen Erweiterungen versehenen Hyphen mehrere Millimeter tief in Kalkgestein. An meinen Präparaten derselben oder einer nahe stehenden Art, welche der Oberfläche schwarzer cambrischer Kalksteine anhaftet, ergab die Messung stets weniger als 1 mm, und ein kurzes Verweilen der Kalksteinstücke in Salzsäure genügte, um sämmtliche anhaftende Flechten sammt ihren in ihre Grundlage versenkten Hyphen völlig loszulösen. Auch unter Melobesien, welche sich an Blöcken eines ähnlichen Kalk- steins im Meere angesiedelt hatten, konnte ich zarte Bohrkanäle beobachten, welche etwa !/; mm in das Gestein eindringen. Pilzfäden und Wurzelfasern höher organisirter Pflanzen folgen beim Eindringen in den Boden auch den zartesten Spalten und Rissen der Gesteine bis in grössere Tiefen und hinterlassen in denselben vegetabilische Fasernetze und Membranen. Die Formen solcher Gebilde, welche man häufig in Kalk- steinen antrifft, sind von Algen wohl zu unterscheiden. !) ef. Bornemann, Geolog. Algenstudien, p. 5. ®) Berichte d. Deutschen Botan. Gesellsch. VIII. Jahrg. 1890. p. 141. Nova Acta LVI. Nr. 3. 62 - 490 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 66) Besonders reichhaltig an eingeschlossenen Pflanzenresten verschiedener Natur erwies sich der zuerst untersuchte Kalkstein von Gutturu Cardaxiolu, dann die Archaeocyathuskalke von Canalgrande und Cuceuru Contu, sowie das Gestein mit den wohl erhaltenen 'T'rilobitenschalen, von welchem ein ver- grösserter Dünnschliff auf Taf. 40. Fig. 1 abgebildet worden ist. In einigen Dünnschliffen, welche rechtwinkelig zur angewitterten Ober- fläche des schwarzen Kalksteins von Gutturu Cardaxiolu angefertigt sind, erkennt man leicht die bis in geringe Tiefe eingedrungenen recenten Flechten- hyphen, während in denselben Schliffen deutlich erhaltene Gruppen fossiler Algen liegen, welche der Schicht ursprünglich angehören. Die Gewinnung des mikroskopischen Pflanzenmaterials wurde den ge- gebenen Verhältnissen gemäss in der Weise vorgenommen, dass ein grüsseres Gesteinsstück in ein Gefäss mit verdünnter Salzsäure gelegt wurde. Nach Sättigung der Säure wurde der Stein herausgehoben, abgespült, in reinem Wasser liegend beobachtet und dann in ein neues Säurebad gelegt. Die gesättigten Lösungen waren bei den betreffenden Gesteinen durch suspendirte kohlige und bituminöse Theile fast schwarz gefärbt. Sie wurden mit dem abgelösten Sand, Pflanzentheilen u. s. w. jedesmal besonders unter- sucht und das Verfahren bis zur gänzlichen Auflösung der Kalksteinstücke fortgesetzt. Hierzu war ein acht- bis zehnmaliges Wiederholen der Operation erforderlich. Bei diesem Verfahren kommen die in Sprüngen und Haarrissen des Gesteins verbreiteten vegetabilischen Membranen und Wurzelfasergebilde deutlich zum Vorschein; ebenso zeigen sich die mikroskopischen Algenästchen und die aus Zellfäden und Sandkörnern bestehenden Filze, welche oft völlig isolirt im dichten Gestein eingeschlossen liegen und dunkel gefärbte an kohliger Substanz reiche Krusten bilden. Sehr zarte und stärker verkohlte Pflanzentheile werden bei der Auf- lösung des Gesteins durch die Bewegung der entweichenden Kohlensäure allerdings zerstört und für diese bleibt man auf die zufällig in Dünnschliffen wahrnehmbaren Vorkommnisse angewiesen. Bei den weiteren Beobachtungen auf diesem neuen und schwierigen Untersuchungsfelde ist es besonders nöthig, die jetzt noch mangelhafte Kenntniss über das Verhältniss lebender Pflanzen zu den von ihnen be- Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.67) 491 wohnten Gesteinen zu ergänzen und das Eindringen ihrer Hyphen und Wurzel- gebilde genauer festzustellen, als dies bisher von den Botanikern geschehen ist. Aus dem gesammten Aufbau der cambrischen Schichtenreihe Sardiniens mit ihrem vielfältigen Wechsel von kalkigen und sandigen Sedimenten und ihren eigenthümlichen Structurverhältnissen geht unzweifelhaft hervor, dass während der Bildungsperiode viele Niveauschwankungen und selbst zeitweise Trockenlegungen der gebildeten Schichten stattgefunden haben. Eine Vegetation niederer Pflanzen hat in manchen Schichten unzweifel- hafte Spuren ihres Daseins zurückgelassen. Wenn damals auf trocken liegenden Stellen wachsende Flechten ihre Hyphen in den Riffkalk einsenken konnten, so sind alle Bedingungen ge- geben, um ihre Kanäle und ihre Substanz nach weiterer Bedeckung der Schiehten ebenso gut der Nachwelt zu überliefern, wie andere organische Formen und Körpertheile mit zarten Structurverhältnissen. Das cambrische Felsengebirge beherbergt in seinen zerklüfteten Spalten und Grotten mehrfach isolirte Schollen späterer Formationen und Ausfüllungs- massen aus mesozoischen und tertiären Zeiten und hat offenbar während langer Perioden vom Meere unbedeckt gelegen und viele Veränderungen in seinen Schichtenstellungen und der Gestaltung der Oberfläche erlitten. Bei solchen Vorkommnissen, wie sie hier in Frage kommen, ist es daher nicht immer leicht zu entscheiden, was von jenen Pflanzeneinschlüssen als ursprünglich innewohnend und was als früher oder später eingedrungen zu betrachten ist. Die grosse Lebenszähigkeit, welche den niedersten Pflanzenformen eigen ist, gestattet sogar die Frage zu stellen, ob nicht Formen unserer heutigen Algenflora ebenso wie jetzt schon in der Urzeit existirt und sich unter günstigen Umständen unversehrt erhalten haben können? (er) NO) % 492 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 68) Il. Spongiae. Palaeospongia. Gegen die Deutung der Palaeospongia prisca (Abth. I. p. 21) hat sich Herr Hinde im Geological Magazine Vol. IV. p. 228 ausgesprochen, in dem er bezweifelt, dass Schwämme, deren Nadeln nur durch vergängliche Horn- substanz zusammengehalten würden und nur sehr selten in jüngeren, un- gestörten (undisturbed) Schichten vorkämen, in den gestörten (disturbed) cambrischen Gesteinen sich erhalten haben könnten. Er sucht die Entstehung der Formen von Palaeospongia oder Palaeo- phycus durch Ausfüllung von „Wurmröhren“ zu erklären. Gegen diese Einwände ist zu bemerken, dass es ein auf unklaren geologischen Vorstellungen basirender Irrthum ist, wenn in Bezug auf jene cambrischen Schichten besondere Störungen bei der Bildung supponirt werden. Diese Ablagerungen, in welchen sich manche Pflanzen- und Thierreste in ausserordentlich schöner Weise erhalten haben, können nur in ruhiger Ent- wickelung entstanden sein und da, wo andere zarte Gebilde unversehrt ge- blieben sind, konnten auch die Gestalten von Hornschwämmen sich erhalten. Das Vorkommen von fossilen Hornschwämmen überhaupt war bisher nieht mit Sicherheit nachgewiesen worden. Zittel sprach noch im Hand- buche der Palaeontologie I. p. 142 die Meinung aus, dass sie kaum vorkommen dürften. Hinde gab ebenfalls (im Catal. of the foss. sponges of the Brit. Museum) 1883 an, dass es sehr zweifelhaft sei, dass irgend welche Reste von Hornschwämmen sich erhalten haben könnten. Es giebt indessen mancherlei ganz unzweifelhafte Vorkommnisse echter Hornschwämme in verschiedenen Erhaltungszuständen aus Kreideschiehten und anderen Formationen, welche noch der Beschreibung harren. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.69) 493 Der Eıklärungsversuch der Palaeospongia-Körper als Wurmspuren ist ein verfehlter, denn es bestehen diese Körper selbst hauptsächlich aus Sand, während ihre Umgebung feine pelitische Masse ist. Wenn aber Würmer in sandigem Boden ihr Wesen treiben, dann schieben sie bei ihren Bewegungen die Körner bei Seite, und ihre wurmförmigen Excrete bestehen aus. feinem Schlamme. In ähnlicher Weise erfüllen Holzwürmer ihre Gänge mit feinem Wurmmehl. Es wird demnach mit jenem beliebten Argumente mechanischer 'Thätig- keit das gerade Gegentheil von dem getroffen, was für die Erklärung er- fordert wird. Neue schöne Untersuchungen über die lebenden Hornschwämme des rothen Meeres, welche Conrad Keller!) veröffentlicht hat, bieten weiteren Anhalt für die Deutung fossiler Seeschwämme und sind auch besonders wegen der Beobachtungen über die zonenweise Verbreitung der Schwammtypen nach den verschiedenen Tiefenstufen des Meeres für die Geologie von grösster Bedeutung. Sehr auffallend ist nach Keller die Sandaufnahme vieler Horn- schwämme und anderer Gruppen. Sie ist von ihm ausführlich beschrieben und mit Abbildungen erläutert. Bei manchen Gattungen, besonders bei Dysidea und Heteronema (l. ec. p. 317) geht die Einlagerung von Fremd- körpern, besonders von Sand so weit, dass die verkittende Spongiensubstanz nur schwer erkennbar wird. Bei manchen Schwämmen finden sich dieke, sanderfüllte Hornfasern, mehr oder weniger baumartig geformt, welche bei der theilweisen Zerstörung und Ein- bettung der Schwämme sehr wohl ähnliche Gestalten zurücklassen können, wie wir sie bei Palaeospongia prisca beobachten. Die Fasern von Psamma- plysilla arabica Keller (].c. p. 358. Taf. 22. Fig. 24) zeigen äusserlich Reihen Jänglicher Grübchen, welche sehr an die Oberflächensculptur erinnern, welche sich an einem Stämmchen von Palaeospongia prisca (Abth. I. Taf. 1. Fig. 1) abgebildet finden. 1) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie 1889. 48. Bd. 494 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 70) In Anbetracht des Umstandes, dass die der Palaeospongia prisca zu- geschriebenen nadelförmigen Körper (Taf. 4. Fig. I—3) nur in verhältniss- mässig seltenen Fällen beobachtet werden, während die meisten der Stämmchen nur Sandkörner enthalten, und da sich in Form und Grösse manche nicht unerhebliche Unterschiede bei denselben bemerklich machen, lässt sich an- nehmen, dass die als Palaeospongia prisca bezeichneten Körper von mehreren Schwammarten herrühren, und dass die vorherrschende derselben keine Nadeln, sondern nur Sandkörner im Hornfasergewebe führte. Die nadelhaltigen Exemplare würden dann einer anderen Gattung angehören, Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.{1) 495 III. Archaeocyathinae. Die Litteratur über Archaeocyathus und verwandte Geschlechter hat in den letzten Jahren sehr an Umfang zugenommen. Gleichzeitig mit dem Erscheinen meiner Untersuchungen in der ersten Abtheilung der cambrischen Versteinerungen Sardiniens veröffentlichte Walcott in seinem zweiten Beitrage zur Kenntniss der cambrischen Faunen Nordamerikas ganz ähnliche oder über- einstimmende, theils neue, theils schon bekannte Vorkommnisse, welche er unter der Rubrik der „Spongiae“ aufführte. Es sind 7 Arten, nämlich: 1) Archaeocyathus Atlanticus Billings, 2) _ Billingsi Waleott, 3) = Minganensis Billings, 4) Z— Whitneyi Meek, 5) — profundus Billings, 6) Archaeocyathellus Rensselaericus Ford, 7) Protocyathus Ford, von welchen die letzten fünf von Walcott unter dem Gattungsnamen Ethmo- phyllum vereinigt werden. Dieser Name stammt von Meek, welcher ihn im Jahre 1568 bei der Beschreibung von A. Whitneyi benutzt hatte, ohne aber eine Abbildung und bestimmte Gattungsdiagnose zu geben. Der Name wurde von ihm selbst noch in demselben Jahre wieder aufgegeben und die Art zu Archaeocyathus Billings gestellt. Walecott hat die Wiederaufnahme des Namens Ethmophyllum in einer späteren Notiz (American Journal of Sc. August 1887) ausführlich zu begründen versucht, indessen halte ich die von ihm angegebenen Gründe 496 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 72) nicht für annehmbar und stimme hierin der Bemerkung hei, welche Herr Hinde (Quart. Journ. geol. Soe., February 1859, p. 126 Anmerkung) iiber diesen Fall gemacht hat. — Die weitere Benutzung des Namens Ethmophyllum halte ich überhaupt für unzweckmässig, weil damit nur Verwirrung in die Nomenclatur der formenreichen und in ihrer Lebensentwickelung veränder- lichen Archaeoeyathinen kommen würde. So werden bei Walcott unter dem Namen Ethmophyllum profundum ]. ec. auf Taf. II. Fig. 3, 3a, 3b drei Ab- bildungen gegeben, von denen die erste ein nur mit längslaufenden Septen versehenes Kelchstück, also ein echter Archaeocyathus, die zweite ein Exemplar mit Längs- und Querwänden, also ein Coscinocyathus ist, während die dritte Figur ein Exemplar mit unregelmässigem Gewebe darstellt. Archaeocyathus Billingsi Waleott gehört wegen seiner charakteristischen Querscheidewände zu Coseinocyathus. Archaeocyathus (Ethmophyllum) Whitney ist dem A. Marianus Römer so ähnlich, dass man diese beiden Formen zu einer Art zu vereinigen ver- sucht sein könnte. Hinde hat sich in mehreren Arbeiten mit den Archaeocyathinen beschäftigt; zuerst in einem Referate!) über meine Arbeit, in welchem er meine Angaben über die Zusammengehörigkeit der Protopharetraformen mit den kelchförmigen Archaeocyathinen, die Annahme eines Generationswechsels und ferner die Deutung bestreitet, welche ich für die im Innern vieler Kelche vorkommenden gekrümmten Kalkfasern gegeben habe. Von diesen Problemen wird in dem Nachfolgenden noch weiter die Rede sein. In einem zweiten Aufsatze schrieb derselbe Autor?) über die von Billings beobachteten „Spieules“ in Archaeocyathus Minganensis auf Grund von Untersuchungen an Originalstücken. Dabei kam er zu der Ansicht, dass die als „branching spieules“ bezeichneten Dinge verkieselte Bruchstücke der ursprünglich aus Kalk bestehenden netzförmigen Kelchwände darstellen, die geraden Spongiennadeln aber, welche mit denselben zusammen gefunden wurden, zufällig hineingerathene Theile anderer Organismen seien. 1) Geolog. Magazine Vol. IV. p. 229. 2) Geolog. Magazine Vol. V. p. 226. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p. 13) 49% In seiner dritten Arbeit hat Hinde diese Ansicht wieder verlassen und Archaeocyathus Minganensis für einen echten Kieselschwamm erklärt, für den er nun ein neues Genus Archaeoscyphia aufstellt. Nach den vorhandenen Angaben sind aber nur sehr schlecht erhaltene, aus Kieselerde bestehende Fragmente der typischen Form bekannt — also wahrscheinlich ebensolche, wie das von mir (Abth. I. p. 43) erwähnte Exemplar der Breslauer Sammlung. Hinde bemerkt!) (l.c. p. 142): They are wholly siliceous in a somewhat granular condition and very unfavourable for preparing seetions. 'T'he original structure of the interior has almost entirely been obliterated in the fossilisation so that only indistinet traces of the spicular mesh can be recognized in thin sections ... u. Ss. w. Auf anerkannt so schlecht erhaltene Dinge "ein neues Genus zu gründen und damit ohne Noth die Synonymik zu vermehren, ist in der T'hat ein nicht zu rechtfertigendes Unternehmen. Bei der grossen Aehnlichkeit der ganzen Gestalt und des inneren Baues des Fossils mit A. profundus kann ich nicht zweifeln, dass A. Minganensis nichts Anderes als ein verkieselter Archaeocyathus ist. Es kommen in manchen Archaeocyathinen, und besonders in den Proto- phoretraformen so viele lang gestreckte Gerüstetheile vor, dass bei Verkieselung der Exemplare sehr leicht Dinge entstehen konnten, welche Spongiennadeln sehr ähnlich sehen. Die Gattung Archaeoscyphia Hinde ist demnach hinfällig. In derselben Arbeit hat Hinde eine Revision und neue Eintheilung der Archaeocyathinen versucht, welcher ich in vielen Beziehungen nicht bei- stimmen kann. Die Neuaufstellung der Gattung Ethmophyllum für die Arten A. marianus und A. Whitneyi, welche allerdings einen auffallenden Typus bilden, ist jeden- falls zu verwerfen: einestheils wegen der schon oben in Betreff dieses Namens aufgeführten Bedenken; anderntheils ist die Abtrennung einer solchen Gruppe, deren Kenntniss nur auf wenigen Exemplaren beruht, noch verfrüht. Eine neue, im Folgenden zu beschreibende Form, A. pätulus, zeigt den Uebergang zwischen den Typen des A. marianus und A. profundus. Für die ‘Art Archaeocyathus Atlanticus hat Hinde ebenfalls eine neue überflüssige Gattung, Spirocyathus (l. e. p. 136), errichtet. Da alle Formen- 1) Quart. Journ. geol. Soc. February 1889. Nova Acta LVI. Nr. 3. 63 498 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 74) elemente, welche im Bau desselben vorkommen, ebenso in den Basaltheilen aufgewachsener Archaeocyathus — und Coscinocyathus-Kelehe und in den unter Protopharetra zusammengefassten Gebilden auftreten. Die letztgenannte Formengruppe fasst Hinde als selbstständige Gattung auf, indem er die Zusammengehörigkeit mit Archaeocyathus und Coscinoeyathus und die Annahme eines Generationswechsels bei diesen Organismen verwirft. Ich verweise zur Entgegnung auf die ausführliche Darstellung der Sache, welche ich in der I. Abtheilung dieses Werkes gegeben habe, besonders auf den Beweis für den organischen Zusammenhang von Protopharetra und den regelmässig gebauten Kelchen, welcher besonders durch die Schnitt- reihen von Coscinocyathus Proteus und (©. verticillus in völlig entscheidender Weise geführt worden ist. Wenn der gelehrte Schwammkenner, vielleicht in Folge zu einseitig-systematischer Richtung seiner fleissigen Studien — welche neuerdings sogar Ausdrücke wie „globate spieules“ (!) u. s. w. gezeitigt haben — meinen Schlussfolgerungen nicht gefolgt ist, so will ich darüber nicht weiter discutiren. Unter später gesammelten Exemplaren von Protopharetrastöcken von Monte sa Gloria finden sich mehrere Stücke, an welchen in ausgezeichneter Weise der Uebergang der Aeste in Kelche mit netzförmigen Wänden und regelmässigen Septen sichtbar ist. In Bezug auf die im Innern grösserer Kelche nicht selten vor- kommenden kalkigen Fasergebilde mit gekrümmten Formen erscheint es mir trotz Herrn Hindes Bedenken unzweifelhaft, dass dieselben als Organe zu deuten sind, welche den Archaeoeyathinen angehörten. Sie finden sich stets direct am Grunde der Kelche, welche dann über der Region der Kalkfasern mit Kalkdetritus erfüllt sind. Auf Taf. 42. Fig. 6, 7 gebe ich die Abbildung zweier paralleler Durchschnitte eines Kelches, welcher als Coscinoeyathus Pandora bestimmt werden kann. Der erstere derselben liegt nahezu in der Richtung der Achse des Kelches. Die innere und äussere Kelehwand, sowie die Septa dieses, des unteren Endes entbehrenden Exemplares, zeigen die charakteristische ihnen eigenthümliche Structur sehr ‚deutlich. Im Innern des Kelches liegt die zu demselben gehörige, mit ( y) bezeichnete Zone der Kalkfasern, welche an Teentakeln denken lassen. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.75) 499 Im oberen Theile der Durchschnitte erscheint eine zweite solche Kalkfasergruppe (0), welche einem kleineren Keleh (©) anhängt, von welchem aber nur im Durchschnitt Fig. 6 ein 'Theil der Kelchwandungen sichtbar ist. Der ührige Raum des grossen Kelches ist mit fremdem Kalkdetritus angefüllt. Unter den nachträglich gesammelten Exemplaren befinden sich mehrere Stücke, welche sich bei den früher ‚aufgestellten Formen nieht unterbringen lassen und von denen eine sogar die Aufstellung einer besonderen Gattung erfordert. Es sind die folgenden: Archaeocyathus patulus n. sp. (Taf. 43. Fig. 1—3.) Kelehform becherförmig mit grossem Abstand zwischen der äusseren und inneren Kelchwand, Aussenwand mit sehr feinen Poren, Innenwand mit viel grösseren runden Oeffnungen. Die Innenwand ist sehr kräftig gebaut mit rauhen nach innen hervortretenden Rändern. Ihre Kalksubstanz besteht aus einer äusseren dunkel grauschwarzen Schicht und einem inneren helleren Kern, dessen Färbung mit derjenigen der blaugrauen Kalksteinmasse überein- stimmt, welcher die Kelchräume ausfüllt. In dem oberen Theile des Kelchraumes liegt in dem abgebildeten Exemplare ein viel kleineres Individuum, welches nach den relativen Ver- hältnissen seiner Theile als ein junges Exemplar derselben Art angesprochen werden kann. Ebenso liegen in der Peripherie des grossen Kelches, aber noch innerhalb des von den Kammern eingenommenen Raumes, mehrere ebensolche kleine Kelche, von denen einer in Fig. 2 (6) sichtbar ist; neben demselben liegt ein kleiner Kelch mit Protopharetrastructur. A. patulus ist eine deutliche Uebergangsform zwischen den Gruppen des A. marianus und den weit geöffneten Kelchen mit geringem Abstand zwischen den Kelchwänden. Im Kalkstein. von Uuecceuru Contu. Archaeocyathus elongatus n. sp. (Taf. 42. Fig. 3.) Eine der vorigen ähnliche aber mehr eylindrische Form, welche sich durch den breiten Zwischenraum zwischen der Innen- und Aussenwand der 63% 500 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 76) Gruppe des A. Marianus anschliesst. Septa sehr zahlreich und eng gestellt. Porenränder der Innenwand mit blattförmigen Erweiterungen, welche schräg nach innen und oben gerichtet sind. Ebendaher. Dicetyocyathus nov. genus. Kelch mit feinporiger Aussenwand und von grösseren Poren siebartig durchlöcherter Innenwand. Zwischenraum zwischen Aussen- und Innenwand ohne continuirliche Scheidewände und nur durch ein sehr zartes Geriiste stielrunder Bälkchen verbunden. Dictyocyathus tenerrimus n. sp. (Taf. 42. Fig. 5. Taf. 43. Fig. 4—7.) Kelch becherförmig, unten spitz kegelförmig zulaufend. "Tat. 43. Fig. 5 stellt einen nahezu centralen Längsschnitt des Kelches dar, Fig. 4 und 6 zwei parallel zu demselben geführte Schnitte. Der Durchschnitt Fig. 7 liegt rechtwinkelig zu der gegenüber liegenden schrägen Seite von Fig. 6. Fig. 5 auf Taf. 42 giebt den in 2Y/,facher Vergrösserung photographirten Durch- schnitt in der angeschliffenen Gesteinsfläche, nach welchem Fig. 6 auf Taf. 43 gezeichnet wurde. In den Durchschnitten Fig. 4 und 5 erscheinen die Bälkchen des inneren Gerüstes im Querschnitt nur als dunkle runde oder ovale Punkte, in den Durchschnitten Fig. 6 und 7 sind sie zum 'T'heil im Längsschnitt getroffen und stellen daher mehr oder weniger unterbrochene Linien dar. Im Kalkstein von Cuceuru Uontu. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.7%) 501 Zweifelhafte Vorkommnisse. In grauen Kalksteinen, welche der oberen Region der eambrischen Schichtenreihe angehören, finden sich bei Casa Domestica und Mazucca prantau unregelmässig bauchig gestaltete, zuweilen mit Einschnürungen versehene, oft mehrere Centimeter grosse Gebilde. Sie haben eine I—2 mm dicke Fener- steinwand, während die innere Ausfüllung aus derselben grauen Kalkstein- masse besteht, wie das umgebende Gestein. Beim Auflösen in Salzsäure bleiben ausser den Feuersteinwänden noch lockere Kieselkrusten zurück, an welchen organische Formenverhältnisse nicht zu sehen sind. Die Feuersteingebilde selbst zeigen nirgends organische Struetur und ist deshalb eine sichere Deutung derselben auf ihren Ursprung nicht möglich. Eine gewisse Aehnlichkeit der Formen mit Archaeocyathinen, z. B. den un- vollkommen erhaltenen Sticken von A. Minganensis Bill., mag es zulässig erscheinen lassen, sie einstweilen diesen anzureihen. Die systematische Stellung der Archaeocyathinen ist von mehreren Autoren neuerdings besprochen worden. Nachdem sie Walcott Anfangs zu den Spongien gestellt, hat Hinde die Meinung aus- gesprochen, dass sie eine selbstständige Familie der Zoantharia selerodermata bilden sollen. Auch Andere sind ihm darin beigetreten, so Neumayr!) und Waleott. 1) N. Jahrbuch f. Min. 1889. II. p. 53. 502 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 78) Bei dem complieirten Bau ihrer Kalkgerüste und der eigenthümlichen Organisation und Lebensentwickelung, welche wir ohne Zweifel bei den Archaeoeyathinen anzunehmen haben, besteht ein grosser Contrast mit jener Abtheilung der Anthozoen. Der auffallende Bau der netzförmigen 'Trichter- wände, gegen welche, wie bei Dictyocyathus, die inneren Septen fast ganz zurücktreten können, bildet den Hauptcharakter der Archaeoeyathinenkelche. Ueber ihre Stammesverwandtschaft habe ich daher zu meinen früheren Be- merkungen bis jetzt nichts Neues hinzuzufügen. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.19) 503 Geologische Schlussbetrachtung. Wenn wir die speciellen palaeontologischen Beschreibungen verlassend uns auf Grund der gewonnenen Resultate zu einer allgemeineren Be- trachtung der cambrischen Schichtenreihe Sardiniens erheben, welche sich wohl am schönsten an der Küste von Canalgrande und in dem Profile des Bergkammes von Monte sa Gloria!) präsentirt, so erregt besonders in dem oberen Theile der Reihe ein vielmals wiederholter Wechsel von mächtigen Kalksteinbänken, Schiefern und Sandsteinen unsere Aufmerksamkeit. Die fast gleichmässigen Wiederholungen solcher aus verschiedenartigen Schichten bestehenden Gruppen deuten auf oftmals wiederholte Schwankungen des Meeresniveau’s in steigender und fallender Richtung während ihrer Bildungszeit, auf Transgressionen und hRegressionen in verhältnissmässig kurzen Intervallen. Man findet versteinerungsleere Sandsteinbänke mit Diagonalstruetur — Zeugen des Festlandes?) und es möge hierbei auch an die Dreikanter erinnert werden, welche Nathorst?) aus cambrischen Sandstein des Nordens be- schrieben hat. Andere Sandsteine enthalten zusammengeschwemmte Panzerstücke zer- fallener Trilobiten, kleine Lingulen und verwandte Brachiopodengattungen, zusammen mit freien Kelchen von Archaeocyathinen. Alle diese Dinge liegen hier flach ausgebreitet auf Sandstein und sind wieder mit Sandstein bedeckt. Ihre Anordnung in solcher Lagerstätte ist ganz ebenso beschaffen, wie der Strandauswurf des Meeres an flacher Küste sich auflegt. Grosse Archaeo- 1) Cf. Zoppi, Descriz. del Iglesiente. Atlas. 2) Siehe die Abbildung in Bornemann: Ueber den Buntsandstein in Deutschland, p- 14. Fig. a. 3) N. Jahrb. f. Min. 1888. TI. p. 301. 504 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 50) eyathuskelche mit Wurzelansatz und Protopharetrastimme kommen in diesen Sehiehten nicht vor. Wir finden sie aber in anderen Bänken. Die Protopharetra- stimme erfüllen besonders ein festes vorherrschend quarzitisches Gestein, in welchem die Structur der kalkigen Körper sich vollkommen erhalten hat. Mit den ästigen Wucherungen erscheinen Archaeoceyathuskelche in mehreren Formen; Algenspuren finden sich in diesen Bänken nicht. Die Protopharetra- stöcke wuchsen auf sandigem Meeresgrunde in grossen Colonien. — In anderen Bänken, in welchen der Sand zurücktritt und Kalk vorherrscht, finden wir die Kelche der Archaeoeyathinen in besonders schöner Entwickelung in schwarzen und grauen massigen Kalksteinen. Mit ihnen und an ihnen vegetirten Algen; Thiere und Pflanzen liegen hier am Orte ihrer Ent- wickelung — als Riffbewohner oder auf Bänken und Untiefen im Meere. Auch in den mit Schiefer gemengten Kalksteinen von Uuceuru Contu finden sich Spuren niederer Pflanzen mit den Archaeoeyathinen, ebenso mit wohlerhaltenen Trilobitenschalen in Kalksteinen an der Küste. Dort liegen auch die Schiehten mit Palaeospongia, und Alles deutet darauf hin, dass die Bildung dieser Schichten in ruhiger Aufeinanderfolge in verschiedenen Tiefen- stufen eines der Küste nahen und wenig tiefen Meeres stattgefunden hat. Die Hauptmenge der Trilobiten, besonders die im Zusammenhange erhaltenen, liegen in Schiefern, welche mit den anderen Gesteinsbänken wechsellagern. Hier finden sich auch Colonien von Embryonen dieser Thiere, so dass wir einen schlammigen Meeresgrund als ihre Wohnstätte betrachten können. Seltener sind ganze Exemplare von Trilobiten in Sandsteinen und Quarziten zerstreut, in deren Sedimente sie sich verirrt haben. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.S1) 505 Index: Seite Tafel Figur IV. Echinodermata. BEI) SITES en ee N) 34 24. Stelleridarum gen. N en a i) V. Brachiopoda. Lingula und Lingulella ee Sonate... 4%: 11 — ERKENNE > A 5, No ol Kara: ne ee B) 34 1 —l0R — par a eo ee er Pe 14 34 11—14. — N ee er 15 34 le EN 5 ee 15 34 eh an, Vbolellagenessch ern 15 34 15—17. = a Ee \& 34 18. KONTO © 5 0 8.06 0 ao Bear 16 34 22 8% VI. Gasteropoda. Carinaropsis patelloides Rn ee ee ee 17 34 28. Derkns (2) Oper 17 34 29: IBEULETODRONEL SC) EOKISCHSEE TE rn 15 34 30—32. VII. Pteropoda. r IENJoihesunmUmordnahsa Ce) en. 19 34 26. TE ONECENUST AN ae Be 20 34 25. IE olnthellusumisans (a Eh 20 34 27. VIII. Trilobitae. Geschichtliches 21 Eirhaltuneszustandspeme 24 2 Olenopsis 26 2 \36 Noya Acta LVI. Nr. 3. 64 506 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 82) Jugendzustände Das Kopfschild Der Rumpf Das Schwanzschild Das Hypostom . . . . Die Sculptur der Schale . Das Einrollungsvermögen . Olenopsis Dornemanni — Zoppü . — longispinatus — micruroides — (?) maximus . Anhang (Paradoxides spinu- losus) Metadoxides — torosus — armatus — Bornemanni — arenarius Paradoxides Gennarü — asper — (?) ingens . — (N bifidus — (Ms. . — (WE Olenellus solitarius . Peltura (?) inflata — (N sp. Ptychoparia laticeps — Adamsi (?) Seite 30 31 42 Tatel Figur 32 — 91. 9—10. 11,12 (2). ll) N es 7. 16. 13. „ala. 4): 6. “ | 3 b) 8. % S)- 10. Nik 12. 13. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.83) 50% Ptychoparia enantiopa . Sao sarda Meneghinella serrata Arionellus (?) dubius Anomocare arenivagum Neseuretus (?) discurus Giordanella (@. Meneghinti G. dilatata @. elongata I. Algae . Zonotrichites primaevus Confervites chantransioides — (2) oedogonus Actiniscus senex Nachschrift II. Spongiae Palaeospongia . . . III. Archaeocyathinae . Archaeoeyathus patulus — elongatus Coscinoeyathus Pandora Dictyocyathus tenerrimus Zweifelhafte Vorkommnisse . Die systematische Stellung der Archaeocyathinen Geologische Schluss- betrachtung Seite 48 49 50 Seite 58 Tafel Figur 39 14, 15. 39 Isle: 39 19, 21. 39 22 —24. 39 25, 26: 39 Is, 28. 40 5 ‚41 t— 3,5 —7, 9— 10, 12—14, 16, 18— 27, 36. 4l 8, 15, 28, 29, 31—35, 39, 40. al 4, 11,17, 2075038: Nachträge. Tafel Figur 42 22 43 8s—10 43 1—3. 42 Ss 42 bez. 42 4) 43 4—17. 508 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 84) Druckfehler in der ersten Abtheilung der Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien (Nova Acta, Band LI, Nr. 1): Seite 21, Zeile 11 v. o. lies besassen, statt befassen. Fr a Pe u, 3 el | a v. o. lies Tafel 9 statt Tafel 8. Nova Acta Acad.C.1.C.@ Nat.CurVol.IV. DrVictor Schitfnerad nat.del.et pinx Lith.Anst.v.E,Laue, Berlin Gattung Helleborus. Taf 1 Yova leta Acad.C1.C.6 Nat. Cur Vol.Zl7. lab. U. etor Schiffnerad nat.del.et pinx Helleborus vesicarius Auch. Gattung Helleborus, laf 2. Nova Acta Acad.C.1.C.G. Nat. CurVol.IVT Tab. Il. Helleborus corsicus Willd. Gattung Helleborus. Taf 3 Nova Acta Acad.C.1.C.6. Nat.Cur Vol. LIT. Tab. IV tor Schiffnerad nat.del.et pinx thAnstwE Helleborus lividus Ail. (Ga tung Helleborus. Taf. Nova Acta Acad.C.1.C.G@ Nat. CurVol.IIT. Tab.V. Dr Victor Schiffner ad nat.del.et pinx LithAnstv.E.Laue, Berlir Helleborus Kochii Schffn. Gattung Helleborus. Taf 3. Helleborus sieulus Schlfn. Gattung Helleborus. Taf. 6. Du ae m. = 2 ) < - er N F Ta ns j » u r " 5 B A » 4 er 2 DM, 4 . 2 “ e 1 z 3 ne x b D l 1a,E J ” Ya ö 2 2 * Free) - Rica Eu , F 2 | * Tab. U. ‚Yova Acta Acad.C.1.C.G Nat CurVol.LVT Helleborus oceidentalis Reut. Gattung Helleborus. Taf ü Tab. IM. Vova Acta Acad.C.1.C.6 Nat. Cur Vol. borus purpurascens W.K. lle He WlLeborus. Taf &. Gattun g He 1 ” I L- = y k } f 4 f 14 r 2» “ v N « Nora Acta Acad. 1.0.6 Nat. Cur Vol. 12V. TahbIX. Fig. N \ ) / 1 Fignal N Simroth: Nacktschnecken. Taf 1. Nora leta dead. (1.0.6. Nat. Cur Vol. LVT. TabX. Simroth: Nacktschnecken. Taf 2. EZ - ng nu = “ . > . sa “ . = > @ 2 . BR v r = = 4 ‘ . Me > N i . E37 BEER = - 8 2 De pe ds - . a | . gi r u R n = B > = sn a 5 - u . . 4 S =. u 2 z ’. u . w di y er = 2 Rn u % - 5 a. N 5 \ u “ Er -- a 5 e 5 u 2 - E ma u j et Pe Vo se Ne un le Dee er. EEG En ir u u 5 Fu DS 4 > ugs Nora JAeta Acad. C.1.0.6 Nat. Cur Vol. IVT. TabAT. Fig.da * & lo ra Simroth: Nacktschnecken. Taf 3. Nora Acta Acad. 1.06 Na. Cur Vol. 1LVl. Fig 13 Sımroll: Nacktschnecken lat. 4 Nora Acta Acad. 1.0.6 Nat. Cure Vol. IM. TabX. Sımroth: Nacktschnecken la 3. Nora Acta Acad. 1.0.6. Nat. Cr Vol. LVT. Tab. XIV. — Fig.10. Simrobh: Nacktschnecken. Taf‘ 6. Nora. leta dead. € 1.C.6.Nat.Cur Vol. 17. TabXV. Sımroth: Nacktschnecken. Tat 1. F NE, m u. De “ u = "9 DL UOPANPSTYIDN :ipoaung BP ıoyıy UmA0qıD ee SNUNLDUL KDUNT © Tu = no smgoydoas ma" “ IE ; soyobnb au i - CDUOSON gem smsaubn SEIOTLINUO] STpızTU 4 u IS 3 STMIALLSNI/5) STIRTIIDULUN ZUDEITDNE IR —— 2 smunuapnbm & @D102270 SNSOMIWUL SNIDTIU0ON \ N 2 af ; j umwon.ndun —* | v q STRINISID PN smupm»aspd " a X au Sm j Soma STSUSNLOEIUL;) STIIICHSINS smnuUopm}doo ; h , ASS " sapnun, er ray) { y I : — SNIAUDAST UOLYF \ 5 X Re Y B SI DT — | res n}AOJ ur DUO un N N30I9VWIT7N3QINOIHYV gerpnuopumbrg mm | Op SUNDAgESA SUOTTFRUNTTUN j TAXI "VdOuN3 NISNWIXVW XVYWIT SS INNLIISHAUHIA I 2 „ATI RN TI TI PPIFPRF DAN 6 JR UOYRUPSTYIDN : WOAUnS StzdaT’sagagz augen a ersuyyde1gosg ap Jomy 02 A809 QAPLON OlZ U —— ai = en +: STRURLTTULT aaa | smyDbaLmarT wo | 2 STUDNUPTRA DA UTUOQIRYT ++ Ir UNALOQID 7 l STIODNIAHSTULTDUT ya OL I} WNADQID + STULLTIUL = KT . 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Georg Bornemann. (p. 86) Tafel 34. . 1-10. Lingula attenuata Sow. von Canalgrande. Zweifach vergrössert. Fig. 10° zeigt die Wölbung des Längsdurchschnitts von Fig. 10%. . 11—14. Lingula petalon Hicks. Aus dem Sandstein von Punta Pintau, Canalgrande. Zweifach vergrössert. Fig. 14” Seitenansicht von Fig. 14%. . 15—17. Obolella erassa Hall (sp.). Aus dem Sandstein von Canalgrande. Zweifach vergrössert. Fig. 15” Seitenansicht von Fig. 15%; Fig. 17° Seitenansicht von Fig. 17%. 18. Obolella (?) sp. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Zweifach vergrössert. 19, 20. Lingula Hawkei Rouault (?). Aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Natür- liche Grösse. Fig. 19: Steimkern; Fig. 19%: Guttaperchamodell der Innenseite. . 21. Lingula Rowaulti Salter (?). Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Natür- liche Grösse. g. 22, 23. Kutorgina cingulata Billings. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Natürliche Grösse. . 24. Eoeystites (2) sp. Täfelchen aus dem Sandsten mit Archaeocyathus von Punta Pintau. . 25. Hyolithes americanus Billings (?). Aus dem Quarzsandstein von San Pietro bei Masua: a. Ansicht von der flachen Seite; b. Querschnitt an der Mündnng. Natürliche Grösse. . 26. Hyolithes primordialis Hall (2). Aus dem Sandstein mit Archaeocyathus von Punta Pintau. Natürliche Grösse. . 27. Hyolithellus micans Billings (?). Aus dem Sandstein mit Archaeocyathus von Canalgrande. Etwa dreimalige Vergrösserung. . 28. (Carinaropsis (?) patelloides n. sp. Aus dem Sandstein mit Archaeocyathus von Canalgrande. Dreimalige Vergrösserung. . 29. Capulus minutus n. sp. Ebendaher. Viermalige Vergrösserung. g. 30—32. Bellerophon (2) priseus n. sp. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Natürliche Grösse. Tab.X. Nova Acta Acad.C1.CG. Nat. Cur Vol. IV. IR. > ns. Tat. nerungen des Cambrischen Schichtensyste Bornemann: Verstei ’ e):. j u u u ar n Xz .. i > . D LE ar zw ä ) u - Inn | \ Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p. 8%) 511 "Rabuwle) ES: 512 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 85) Tafel 35. Fig. 1—-8. Embryonalformen von Ölenopsis. Aus dem Schiefer von Canalgrande (Porto). Zehnfache Vergrösserung. Fig. 9-25. Kopfschilder von Olenopsis. Fig. 9—11. Kopfschilder junger Exemplare. Ebendaher. Zehnfach vergrössert. Fig. 12—16. Kopfschilder junger Exemplare. Ebendaher. Zweifach vergrössert. Fig. 17. Kopfschild aus thonigem Sandstein. Ebendaher. Zweifache Ver- grösserung. Fig. 18. Kopfschild aus dem Schiefer. Ebendaher. Zweifache Vergrösserung. Fig. 19. Kopfschild aus dem Schiefer. Ebendaher. Natürliche Grösse. Fig. 20. Kopfschild aus gelbem Thonmergel von Canalgrande. Natürliche Grösse. Fig. 21, 22. Kopfschilder aus dem Sandsteine von Punta Pintau. Natürliche Grösse. Fig. 23. Kopfschild aus dem Schiefer von Canalgrande (Porto). Zweifache Vergrösserung. Fig. 23°. Abdruck der Sculptur auf der Innenseite desselben. Dreissigfache Vergrösserung. Fig. 24. Verdrücktes Kopfschild aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Zwei- fache Vergrösserung. Fig. 24°. Abdruck der Sculptur der Aussenseite desselben, nahe am Hinter- rande. Dreissigfache Vergrösserung. Fig. 25. Kopfschild aus dem Schiefer von Canalgrande. Zweifache Vergrösserung. Fig. 25°. Sculptur der Innenseite desselben. Dreissigfache Vergrösserung. Fig. 26. ? Olenopsis sp. Kopfschild. Ebendaher. Zweifache Vergrösserung. Fig. 27. Olenopsis sp. Erhaltene Schale eines Kopfschildes. Ebendaher. Ansicht der Aussenseite. Zweifache Vergrösserung. Fig. 27°. Dieselbe. Ansicht der Innenseite. Zweifache Vergrösserung. Fig. 28. Olenopsis micruroides n. sp. Aus dem Sandstein von Bega Canalgrande. Anderthalbfach vergrössert. Fig. 29, 30. Wangenschilder von Olenopsis. Aus dem Schiefer von Canalgrande. Zweifache Vergrösserung. Fig. 31. Olenopsis Bornemanni. (Menegh. sp.) Ebendaher. Zweifache Vergrösserung. Fig. 31°. Sculptur der Oberfläche des Kopfschildes am vorigen Stück. Dreissigfache Vergrösserung. Fig. 323—37. Hypostome von Olenopsis. Aus dem Schiefer von Canalgrande. Fig. 32, 35. Zweifach vergrössert. Fig. 33, 34. Zehnfach vergrössert. Fig. 36. Anderthalbfach vergrössert. Fig. 37. Dreifach vergrössert. Fig. 38. Olenopsis? mazimus n. sp. Seitenstück eines Segmentes aus dem Thonmergel von Canalgrande. Natürliche Grösse. Fig. 39. Olenopsis sp. Schwanzschild aus dem Sandstein mit Archaeocyathus von Punta Pintau. Tab. X. Nova Acta Acad.CL.C.G.Nat. CurVol.IYT. "N Sn & AM Wü Ri Yual, Dornemann: Versteinerungen des Cambrischen Schichtensystems. lüf. 35. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.89) 513 radıla DIT, annnnnnannn Nova Acta LVI. Nr. 3. 65 514 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 90) Tafel 36. Fig. 1; 7—9; 11—14; 16. Olenopsis Bornemanni (Menegh. sp.). Fig. 1. Junges Exemplar aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Zweifach vergrössert Fig. 7. Modell nach einem Abdruck im Schiefer von Porto Canalgrande. Zweifach vergrössert. Fig. 8, 9. Steinkerne. Ebendaher. Zweifach vergrössert. Fig. 11. Exemplar aus dem Sandstein von Canalgrande. Natürliche Grösse, Fig. 12, 13. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Zweifache Ver- grösserung. Fig. 14. Verdrücktes Exemplar aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Zwei- fach vergrössert. Fig. 16. Profil der Segmente des Fig. 11 abgebildeten Exemplars aus dem Sandstein von Canalgrande. Fig. 2—5; 10; 15. Olenopsis Zoppii (Menegh. sp.). Fig. 2. Junges Exemplar aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Zwei- fach vergrössert. Fig. 3—5. Exemplar aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Zweifach vergrössert. Fig. 10. Theilweise zusammengerollte Individuen. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Zweifache Vergrösserung. Fig. 15. Ebendaher. Zweifach vergrössert. Fig. 6. Olenopsis longispinatus n. sp. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Zwei- fach vergrössert. Fig. 17, 18. Olenopsis sp. Schwanzschilder aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Zweifach vergrössert. Fig. 19. Olenopsis sp. Schwanzschild aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Zweifach vergrössert. Tab. XM. Nova Acta Acad.(1.0.6. Nat. Cur Vol.EW. 15 Klinkhardt.L eipzig Bornemann: Versteinerungen des Cambrischen Schichtensystems. lat. 50. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.91) 515 "Labulaı X II. 65* a a [er] Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 92) Tafel 37. Fig. 1—8. Metadowides Bornemanni Menegh. sp. Fig. 1. Kopfschild aus dem Schiefer von Canalgrande (Porto). Natürliche (Grösse. Fig. 2. Zwei Segmente. Ebendaher. Natürliche Grösse. Fig. 3. Rumpfstück mit 14 Segmenten aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Natürliche Grösse. Fig. 3%. Sculptur der Oberfläche des vorigen. Dreissigfache Vergrösserung. Fig. 4. Rumpfstück aus dem Schiefer von Canalgrande (Porto), Nach dem Guttaperchamodell. Etwas vergrössert. Fig. 5. Innerer Abdruck desselben Exemplars. Neunzehn Rumpfsegmente und Schwanzschild. Etwas vergrössert. Fig. 6. Rumpfstück mit Schwanzschild aus dem Schiefer von Beja Canal- grande. Zweifache Vergrösserung. Kopfschild aus thonigen Sandstein von Canalgrande (Porto). Natür- liche Grösse. Fig. 8. Exemplar mit Kopfschild, 22 Rumpfsegmenten und Schwanzschild. Aus dem Schiefer von Canalgrande (Porto). Natürliche Grösse. Fig. 9, 10. Metadowides torosus Menegh. sp. Aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Fig. 9. Siebzehn Rumpfsegmente nach dem vom äusseren Abdruck genommenen Guttaperchamodell. Die vier letzten Achsenringe und das Schwanzschild sind nach Meneghini’s Abbildung ergänzt. Natürliche Grösse. Fig. 9%. Oberflächensculptur der Segmente in dreissigfacher Vergrösserung. Fig. 10. Kopfschild. Natürliche Grösse. Fig. 10%. Oberflächensculptur des Kopfschildes. Dreissigfache Vergrösserung. Fig. 11. Metadoxides armatus Menegh. sp. Unvollständiges Kopfschild eines jungen Individuums. Aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Zweifach vergrössert. Fig. 12. Metadoxides armatus (?). Seitenstück eines Rumpfsegmentes aus dem Sand- stein mit Giordanella von Canalgrande (Galleria Basse). Etwas vergrössert. Fig. 13. Metadoxides arenarius n. sp. Aus dem Sandstein von Punta Pintau. Natür- liche (Grösse. Fig. 14. Metadoxides sp. Achsenring mit Dorn. In der Richtung der Achse gesehen. Aus dem Sandstein von Punta Pintau. Etwas vergrössert. - Er 98 -1 Nova Acta Acad.C.L.C.G.Na£.Cur. Vol.IIT. Tab.XXN. Lith.Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig Bornemenn: Versteinerungen des Cambrischen Schichtensystems. Taf. 31. u u b i n 5 EZ n 7 ® & { Fl ä } 1 Fe‘ “ I I D_ a . ? f Du ® i) 5 « ö D j N 3 er Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.93) 517 225701 IEMPZDISAHE 518 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 94) Tafel 38. Fig. 1—6. Metadoxides armatus Menegh. sp. Fig. 1, 2. Abdruck und Gegendruck aus dem Schiefer von Canalgrande (Porto). Photographie in Naturgrösse. Fig. 3. Guttaperchamodell nach dem im Jahre 1868 bei Punta sa Gloria gefundenen Abdruck im Sandstein. Photographie in Naturgrösse. Fig. 4. Fragment im Schiefer von Canalgrande. Natürliche Grösse. Fig. 4°. Sculptur der Oberfläche desselben. Dreissigfache Vergrösserung. Fig. 5. Hinterer Theil des Rumpfes ‘und Schwanzschilde. Ebendaher. Photographie in Naturgrösse. Fig. 6. Kopfschild. Ebendaher. Naturgrösse. Fig. 7. Metadoxides Bornemanni Menegh. sp. Kopfschild im Schiefer von Canalgrande. Etwas vergrössert. Fig. 8, 9. Metadoxides armatus Menegh. sp. Schwanzschilder. Ebendaher. Etwas vergrössert. Fig. 10. Metadoxides armatus Menegh. Hypostom. Ebendaher. Zweifach vergrössert. Noya Acta Acad. C. L. C. G. Nat. Cur. Vol. LVI. Tab. XXIII Bornemann: Versteinerungen de: A ne I ar u. En ey or - 5 a art Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.95) 519 rBEEEREXTV 520 Dr. Joh. Georg Bornemann (p. 96) Tafel 39. 1. Paradowides asper n. sp. Aus dem Quarzit von Punta Pintau. Natürliche Grösse. 1% Oberflächenseulptur des vordersten Segmentes desselben. Zehnfache Vergrösserung. .2. Paradowides asper (?). Achsenring aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Zweifache Vergrösserung. .3. (2) Paradozides ingens n. sp. Randstück vom Kopfschilde eines sehr grossen Trilobiten aus dem Sandstein von Canalgrande. Natürliche Grösse. 4. Paradoxides asper (?). Seitenstück eines Kopfschildes aus dem Schiefer von Gutturu Sartu. Etwas vergrössert. .5, 6. Paradoxides bifidus n. sp. Schwanzschilder aus dem Sandstein von Canal- grande. Etwas vergrössert. 7a, b, c. Paradoxides sp. Achsenring aus dem Sandstein mit Giordanella. a. An- sicht von oben. b. Querprofil. c. Längsprofil. — Von Gutturu Sartu. Zweifache Vergrösserung. 8. Paradoxides sp. Seitenanhängsel aus dem Quarzit von Nebida. Natürliche Grösse. 9. Olenellus solitarius n. sp. . Kopfschild aus dem Sandstein von Canalgrande. Etwas vergrössert. 10. (2) Peltura inflata n. sp. Kopfschild aus dem Sandstein mit Giordanella von Canalgrande. Zweifache Vergrösserung. 11. (2?) Peltura sp. Seitenstück eines Rumpfsegmentes aus dem Sandstein mit Archaeocyathus von Punta Pintau. Etwas vergrössert. 12. Ptychoparia laticeps n. sp. Kopfschild aus dem Sandstein von Canalgrande. Zweifache Vergrösserung. 13. Ptychoparia Adamsi Billings (?) Kopfschild aus dem Sandstein von Canal- grande. Zweifach vergrössert. 14, 15. Pfychoparia enantiopa n. sp. Kopfschilder aus dem Sandstein von Canal- grande. Natürliche Grösse. 16. Metadoxides Bornemanni Mgh. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Viermalige Vergrösserung. 17, 18. Sao sarda n. sp. Aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Fig. 17. Steinkern. Vierfach vergrössert. Fig. 18. Modell nach dem äusseren Abdruck. Vierfach vergrössert. 19. Meneghinella serrata n sp. Kopfschild im Sandstein mit Archaeocyathus von Punta Pintau (Canalgrande). a. Ansicht von oben. b. Profil durch die Mittellinie. — Zweifache Vergrösserung. . 20. Ptychoparia Adamsi Billing? Kopfschild aus dem Schiefer von Porto Canal- grande. Etwas vergrössert. . 21a, b. Meneghinella serrata n. sp. Rumpfstück aus dem Schiefer von Porto Canalgrande. Dreifache Vergrösserung. a. Ansicht von oben. b. Ansicht von der Seite. . 22—24. Arionellus dubius n. sp. Kopfschilder aus dem Schiefer von Porto Canal- grande. Zweifache Vergrösserung. . 25. Anomocare (?) arenivagum Menegh. Aus dem Sandstein mit Giordanella von Canalgrande (Galleria Basse I). Etwas vergrössert. 26. Anomocare (?) arenivagum Menegh. Aus dem Sandstein mit Archaeocyathus, Ichnusae etc. von Punta Pintau. Ungefähr vierfache Vergrösserung. . 27, 28. Neseuretus (?) discurus n. sp. Aus dem Schiefer von Canalgrande. Fig. 27. Etwas vergrössert. Fig. 28. In natürlicher Grösse. Tab. XXV. Nova Acta Acad.C1.0.6. Nat. Cur. Vol. LU. UNUSIRE Lith Anst. Julius Klinkhardt I. Bornemanmn: Versteinerungen des (ambrischen Schichtensysterns. Taf. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.9%) 521 Pabıla XIX V: Nova Acta LVI. Nr. 3. 66 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 95) Tafel 40. Dünnschliff eines unverwitterten Sandsteins von Porto Canalgrande mit wohl- erhaltenen Schalen von Metadoxides armatus in etwa einundzwanzig- facher Vergrösserung. Bei a erscheint die Trilobitenschale im Quer- schnitt, bei b. im flachen, parallel zur Oberfläche liegenden Durchschnitt. Olenopsis Zoppii Menegsh. Eine mit zahlreichen Exemplaren bedeckte Platte aus dem Schiefer von Canalgrande. Etwas vergrössert (etwa 1/0). Photographie. Olenopsis micruroide n. sp. Aus dem Sandstein von Beja Canalgrande. Photographie in Naturgrösse. Olenopsis Bormemanni Menegh. sp. Aus dem Sandstein von Canalgrande. Natürliche Grösse. Neseuretus (?) discurus n.sp. Aus dem Schiefer von Canalgrande. Photographie in Naturgrösse (Vergl. Taf. 39, Fig. 28). Nova Acta Acad. C.L. Ö. G. Nat. Cur. Vol. LVI. 5° Versteinerungen des C Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.99) 523 Tabula! a VI. *=66 524 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 100) Tafel 41. Giordanella Meneghinii Bornem. Aus dem Sandstein von Canalgrande. Fig. Fig Fig. Fig. HHrHHdHm DEE euer og je») u 2) da 0a 0a ag 1%, 2, 3°, 5, 6. Kopfschilder in zweifacher Vergrösserung. Ansicht von oben. 1P, 3°. Seitenansichten der Kopfschilder Fig. I und 3%. 7, 9. Wangenschilder in zweifacher Vergrösserun g. 10. Wangenschild nach einem vom äusseren Abdruck genommenen Gutta- perchamodell. Zweifache Vergrösse rung. 12. Hypostom. Zweifache Vergrösserung. a. Frontansicht. b. Seitenansicht. 13°, 14%. Achsenringe. Ansicht von oben. Zweifache Vergrösserung. 13’, 14°. Dieselben. Ansicht von hinten. 16, 16°. Pleuren. Zweifache Vergrösserung. 15. 19%, 202, 21%. Schwanzschilder. Innere Abdrücke der Schale. Zwei- fache Vergrösserung. 9P, 20P, 21P. Seitenansichten der Vorigen. 22. Schwanzschild. Aeussere Ansicht. Zweifache Vergrösserung. 23. Rechte Hälfte eines grossen Schwanzschildes. Innerer Schalenabdruck. /weifache Vergrösserung. 24°. Kopfschild mit theilweise erhaltener Schale. Fünffache Vergrösserung. 24”. Aeussere Schalensculptur des Vorigen. Dreissigfache Vergrösserung. 25. Rumpfsegment. Zweifache Vergrösserung. 26. Verticaldurchschnitt des Vorigen. 27. Schwanzschild mit theilweise erhaltener Schale. Vierfache Vergrösserung. g. 36. Wangenschild mit erhaltener Schale. Vierfache Vergrösserung. Giordanella elongata n. sp. Aus dem Sandstein von Canalgrande., Fig. Fig. Fig. Fig. Fig 4. Kopfschild. a. Ansicht von oben. b. Seitenansicht. Zweifache Vergrösserung. 11. Wangenschild. Zweifache Vergrösserung. 17. Kopfschild. Etwas vergrössert. 30. Kopfschild und Wangenschild. Natürliche Grösse. 37, 38. Hypostome. Vergrössert. Giordanella dilatata n. sp. Aus dem Sandstein von Canalgrande. Ss. Wangenschild. Zweifache Vergrösserung. 15. Pleura. Zweifache Vergrösserung. 28, 31. Kopfschilder. Etwas vergrössert. 29, 34, 35. Wangenschilder. Fig. 29 etwas vergrössert. Fig. 34, 35 ın natürlicher Grösse. . 32, 33. Schwanzschilder. Vergrössert. 39, 40. Hypostome. Fig. 39 in natürlicher Grösse. Fig. 40 vergrössert. Nova Acta Acad.(C1.C.@. Nat. Cur: Vol.IM. TabAXT. Bornemanm: Lith. Anst Julius Klinkhardt, Leipzig Versteinerungen des Cambrischen Schichtensystems. Taf! 41. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.101) 525 Tabula XXX VI. 526 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 102) Tafel 42. Dünnschliff eines phytogenen Kalksteines mit Algen (Confervites chantransioides) von Gutturu Cardaxiolu. Photogramm in hundertfacher Vergrösserung. Confervites chantransioide.. Im Kalkspath aus demselben Gestein. Photo- gramm in hundertfacher Vergrösserung. Archaeocyathus elongatus n. sp. Längsschnitt. Photogramm in zweiundeinhalb- facher Vergrösserung nach eimer angeschlifftenen Fläche. Kalkstein von Cucceuru Contu. Coseinocyathus sp. Aus demselben Kalkstein. Photogramm in zweiundeinhalb- facher Vergrösserung. Dictyocyathus tenerrimus n. sp. Schräger Durchschnitt in zweiundeinhalbfacher Vergrösserung. Nach einer angeschlifftenen Fläche desselben Kalksteins photographirt. und 7. Zwei parallele Durchschnitte (Dünnschliffe) eines Kelches von Coscino- cyathus Pandora aus dem Kalkstein von Cuccuru Contu. Photogramm in fünffacher Vergrösserung. «. Aussenwand. ß. Innenwand des Kelches. yy. Tentakelartige Fasern, zu diesem Kelch gehörig. z. (Fig. 6) Theil eines anderen Coscinocyathuskelches, welcher in dem grossen Kelch liegt. dd. Kalkfasern zu & gehörig. Nova Acta Acad. C L.C. G. Nat. Cur. Vol. LVI. Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der Insel Sardinien. (p.103) 52% "Babala IDSVIITT. mnnnnnannnan- 528 Dr. Joh. Georg Bornemann. (p. 104) Tafel 43. Fig. 1—3. Archaeocyathus patulus n. sp. Aus dem Kalkstein von Cuccuru Contu in ungefähr zweifacher Vergrösserung. Fig. 1. Querschnitt am oberen Ende des Stückes. Fig. 2. Längsschnitt. Fig. 3. Querschnitt am unteren Ende des Stückes. «. Aussenwand. ?. Innenwand. y. Ein junger Kelch derselben Art, welcher in dem grossen Kelche liegt. Derselbe ist in Fig. 2 in seinem unteren Theile quer durchschnitten, in Fig. 1 ist ein schräger Schnitt desselben sichtbar. 6. ein junger Kelch derselben Art. z. ein junger Kelch mit Protophoretrastruktur. Fig. 4—7. Dictyoeyathus tenerrimus n. sp. Im Kalkstein von Cuccuru Contu in un- gefähr zweifacher Vergrösserung nach angeschliffenen Schnittflächen ge- zeichnet. Fig. 5 ist ein nahezu centraler Längsschnitt, Fig. 4 und 6 liegen parallel zu demselben, Fig. 7 rechtwinkelig zu der schrägen Seite von Fig. 6. Fig. 8-10. Confervites chantransioides n. sp. In Kalkspath eingeschlossen. Aus dem schwarzen Kalksten von Gutturu Cardaxiolu. Bei dreihundertfacher Vergrösserung gezeichnet. Nova Acta Acad.C.1.0.G.Nat.Cur Vol.LM. Tab. XXVII. —_ nttmlarteett" Bornemann: Versteinerungen des Cambrischen Schichtensystems. lat. #3. E Folgende von der Akademie herausgegebene Bände der NOVA ACTA sind durch ‘die Buchhandlung von Wilh. Engelmann in Leipzig zu beziehen: Band LV Halle 1891. JSIY: iu e 1890. LIIH«-. F 1889. EII - 3a 1888. 1 „ 1887. Tr 4 1887. XLIX- . „ 1887. XENIIE .. ss 1886. XLVII % 1885. XLVI 5 1834. XLV n 1834. XLIV e 1883. XLII Er 1882. I ” 1881. NIIT PET: 5 1880. REP. = 1879. Alazs 4 “ 1878. XXXR . . Dresden 1877. XNXXVIH = 1876. XXXVI. r 1875. XXXVI e 1573. XXXV Er 1870. RI VE a ER. 53 1868. XXXII IN BAR ee 3 1867. XXXII P-U — N a EEIRREV Abt) 2) Er 1867. AÄXXII P.I a SUN AN) ” 1865. XXX ET ra 2 R 1864. XXX NOS IN 5; 1864. XXIX u EREEN Jena 1862. XXVII ER) 5 1861. XXVl RE Su. ac Eh 1860. ON — RN A Bth.r2)r BresiaunundsBommssisue: RESVI “BET — ENT A HL NR) Pr Fi 1857. RNV. BEI un „ XVII Abth. 2) >» & 1856. RAY SSR. — I ER. "Arihse) R % 1855. XXIV - Spl. — a EN SDIR) $ x 1854.. SETZEN N SERMF Abth:22) 5 elenete XXIV BI re Na) > a 1854. XXIII Spl. ee N er N Spl.) “ R 1856. 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