Smithsonian Institution ıbraries Alexander Wetmore 1946 Öithdecretary 1953 | = U. Wlmar u " er RA ' ! Ir: ak Er Ei, - DE | CR" h ENTER a“ is U ent h R Y v I R * > e a \ ! \ | 7 ie >. 3 ’ & er y x IN y ) sr ei Y, Mi a ) van W ’ J . [ ) | N 1 j 21 W 1 4 p j Mr ' { c hr { Ir Y ‚a J N r N M rd } j N { fi Fi ’ I ? Y ıh 1 Zu | = f | ı { L Y ) x Y 4 F f 1% yr R ’ ' \ } Ta Be | er l j Ä { N j N . > Pi | N 7 e f m h \ { Y Be 4 Pi \ L v ’. A N an h { Kt 2 f \ U r, Yr B% AR var were‘ SWR Nan ER a IC Be 610. Ra nor Ya vd S Ornithologische Beobachtungen, grösstentheils im Sommer 1869 auf einer Reise im Nordvwrestlichen PBussland gesammelt, der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Stockholm mitgetheilt den 14. Juni 1871, später, zum Zwecke dieser Uebersetzung mit Nachträgen versehen, die theils früher in schwedischer Sprache erschienen, theils für -diese Arbeit niedergeschrieben wurden, von W. Mewes. Ins Deutsche übertragen von Frau Mewes, geb. Lappe. Bearbeitet und mit Anmerkungen versehen von E. F. von Homeyer. Vorrede. Es gereicht mir zur Freude, nachstehende vortreffliche Arbeit von W. Mewes meinen Landsleuten, welche der schwedischen Sprache nicht mächtig sind, zugänglich zu machen. Einer Empfehlung bedarf dieselbe nicht, denn theils ist sie ja allgemein bekannt, theils kennt doch jeder Orni- thologe die ausgezeichneten Arbeiten von W. Mewes. Dennoch wird wohl mancher ÖOrnithologe, welcher diese kleine Schrift studirt, von der Fülle treffllicher Beob- achtungen überrascht sein. Die Arbeit bietet soviel Anregendes, dass ich mir nicht versagen konnte, bei verschiedenen Arten auch meine Ansichten auszusprechen. Ich hätte gewünscht, dass dies mir in noch grösserem Umfange möglich gewesen wäre, zumal ich von der zweiten Reise — in das nordöstliche Russland — manche sehr werthvolle Arten durch die Güte meines werthen Freundes erhalten habe, daher sicher wissen kann, welche Arten derselbe gesehen und gesammelt hat. il 2 W. Mewes und E. F. von Homeyer. —_ Die werthvollen Notizen, die der Verfasser für diese Arbeit gab und die grosse Güte, welche Frau Mewes mir durch Uebersetzung in das Deutsche erwies, erfordern nicht allein meinen Dank, sondern auch die Anerkennung der Wissenschaft. Stolp, im Januar 13886. E. F. von Homeyer. Im Jahre 1869 geruhten Seine Majestät der König von Schweden mir eine Summe von 1200 Reichsthalern zu einer Reise nach dem nordwestlichen Russland zu bewilligen, um daselbst zoologische und insbesondere ornithologische Beobachtungen anzustellen, sowie auch Einsammlungen für das hiesige zoologische Reichs-Museum zu machen. In Uebereinstimmung mit dem, was vorgeschrieben, erlaube ich mir hiermit der Akademie meinen Bericht über den Verlauf dieser Reise und die auf derselben gewonnenen Resultate vorzulegen, wobei ich jedoch um gütige Nachsicht bitten muss, dass dies so spät geschieht. Die Ursache dieser Verzögerung lag theils in der wenigen Zeit, die mir zu wissenschaftlichen Untersuchungen zu Gebote steht, theils in der Nothwendigkeit, mir das erforderliche Material zu verschaffen, um einen Theil der für Europa neuen, oder weniger bekannten Vögel, worüber ich nachstehend berichten werde, kritisch bearbeiten zu können. Um die Reise so erfolgreich wie möglich zu machen, hatte ich meinen Sohn Julius Mewes, damals Extra-Ober- förster in Angermanland, mitgenommen. Wir reisten den ı5. Mai 1869 mit dem Dampfer »Dagmar«, der nach Finnland und St. Petersburg ging, von hier ab. Das Schiff blieb von Nachmittags 6 Uhr den ı6. Mai bis zum folgenden Morgen um 8 Uhr in Helsingfors. Diese Zeit wurde von mir benutzt, sowohl das finnische Museum, als das der Universität in Augenschein zu nehmen, zu denen mir die Herren Archiater Bonstorf und Professor Mäklin mit grosser Güte uud Bereitwilligkeit Zutritt verschafften und mich selbst begleiteten. Diese beiden Museen enthalten Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 3 Vieles von Interesse; hier will ich jedoch nur anführen, dass das der Universität zwei Exemplare des seltenen Chionis alba aus der Gegend von Cap Horn besass. Ueber die Stellung dieses Vogels in Systemen herrschte lange Un- gewissheit, bis Professor Sundewall ihm seinen rechten Platz*) zwischen den Hühnervögeln nächst Attagis oder Thinocorus anwies. Da sich auf dem hiesigen Museum kein solcher Vogel befand, war es mir eine grosse Freude, dass ich für dasselbe eines dieser Exemplare durch auf der Reise eingesammelte Doubletten erwerben konnte. In Wiborg, wo wir ebenfalls übernachteten, machten wir einen Ausflug nach dem hübschen »Mon repos«, wo Nachtigall**)-Gesang und Kukuksruf die schönen Umgebungen belebten. Den ı8. Mai kamen wir in Petersburg an, wo wir, ohne durch Untersuchung unserer Sachen beunruhigt zu werden, an’s Land gingen. Folgenden Tages machte ich dem schwedischen Minister, General Björnstjerna, meine Aufwartung, um durch dessen Vermittelung die zu meiner Reise erforder- lichen Papiere, z. B. einen »OÖtkritji List« für das Recht zu jagen, und eine »Podoroschna« für die Weiter- beförderung mit Postpferden von den- russischen Autoritäten schneller zu erhalten. Ich wurde mit grosser Artigkeit und ausgezeichnetem Wohlwollen aufgenommen, aber trotz der anhaltenden Bemühungen des Herrn Ministers gelang es doch nicht früher als bis zum 29. Mai die erforderlichen Documente zu erhalten. Diese Zwischenzeit wurde benutzt, die Merkwürdigkeiten in und um Petersburg zu besehen, die eben stattfindende Blumenausstellung, den zoologischen Garten, der ziemlich viele in- und ausländische Thiere ent- hält, den botanischen Garten, die Kunst-Museen u. s. w. Die zoologischen Sammlungen interessirten mich natürlich am meisten. Es würde mich zu weit führen, wenn ich hier versuchen wollte, dieses grosse, insbesondere an sibirischen und überhaupt an asiatischen Säugethieren, Vögeln, Amphi- bien, Fischen etc. so reiche akademische Museum näher zu *) Diese Ansicht theile ich jetzt nicht mehr. 7. Dec. 1878. Mew. ”*) Wohl Sprosser. v. H. 1* 4 W. Mewes und E. F. von Homeyer. beschreiben. Ich wünsche nur dem Herrn Geheimrath Brandt sowie dem Herrn Dr. Strauch meinen wärmsten Dank für das ausgezeichnete Wohlwollen auszusprechen, womit sie mir bei meinem ersten Besuche in Petersburg, als auch auf meiner Rückreise, Zutritt zu allen Sammlungen verschafften. Einen Theil meiner daselbst gewonnenen wissenschaftlichen Beobachtungen werde ich weiterhin mit- theilen. Auch dem Herrn Professor Kessler, dem damaligen Rector der Universität, bin ich für seine mir bewiesene Aufmerksamkeit und die Güte, womit er mir sein haupt- sächlich zum Unterricht bestimmtes Museum zeigte, zu aufrichtigem Danke verpflichtet. Nachdem ich mir einen auf einer solchen Reise unent- behrlichen Dolmetscher geschafft, fuhren wir mit dem Dampfer nach Schlüsselburg, machten dort in der Umgegend Excursion und fuhren Tags darauf mit einem » Trischkott« auf dem Canale bis zum Dorfe Dubno, welches 25 Werste (33/, deutsche Meilen) vom Novaja Ladoga liegt. Hier quartirten wir uns bei einem Bauer ein und blieben acht Tage in dieser vogelreichen Gegend, wo unter anderen Locustella fluviatilis vorkam und Larus minutus in grosser Anzahl brütete. Während dieser Zeit machten wir Ausflüge, so oft es die kalte, regnerische Witterung zuliess. Ich fürchte, dass mein Sohn sich hier bei dem oft vorkommenden Waten in Sümpfen und Morästen erkältete, denn er zog sich ein heftiges Unwohlsein zu. Der Arzt in Novaja Ladoga nahm die Sache ziemlich leicht und wir setzten die Reise bis Ladeinopole fort, wo ein einheimischer Arzt ernstliche Mittel anwenden musste. Da ich die Umgegend von Wuitegra nach der Beschreibung des Herrn Professors Blasius in »Reise im europäischen Russland, 1840—41« für besonders reich an seltenen Vögeln hielt und da ich erfahren, dass in dieser Stadt mehrere deutsche Familien wohnten, so versuchten wir, trotz des beklagenswerthen Zustandes meines Sohnes, Wuitegra zu erreichen. Dies gelang uns auch am ı8. Juni, wir bekamen Logis bei einem dort wohnenden deutschen Musiker und es war die höchste Zeit, dass mein Sohn Ruhe und ärztliche Pflege erhielt, da die Krankheit in ein Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 5 gastrisch-nervöses Fieber übergegangen war. Sobald die Umstände es erlaubten, besuchte ich die von Blasius an- gegebenen Stellen am südlichen Onega-See, wo nach seiner Angabe Calidris arenaria, Tringa minuta, Tr. subarquata, Totanus fuscus brüten sollten. Ich traf jedoch keinen dieser Vögel und vermuthe, dass die von Blasius daselbst ge- sehenen nur auf ihrem Durchzuge begriffen waren. Da die Lebensgefahr meines Sohnes überstanden, aber an eine Reise für ihn noch in längerer Zeit nicht zu denken war, setzte ich den 2. Juli, nur von meinem Dolmetscher begleitet, die Reise fort. Bei Krasnoffskaja, 94 Werste nördlich von Kargopol verliess ich den grossen Weg nach Archangel und fuhr theils zu Wagen, theils zu Bord den Onegafluss ab- wärts bis zur Stadt Onega. Auf dieser Tour erhielt ich unter andern Locustella lanceolata, Emberiza rustica, pusilla und Terekia cinerea. Nach einem kürzeren Aufenthalte an der Onega-Bucht fuhr ich mit dem bekannten russischen Fuhrwerke Telega nach Archangel, wo ich den 24. Juli anlangte.e. Auch bier wurden mehrere Excursionen vor- genommen, aber stürmische und regnerische Witterung verhinderte mich, eine gewünschte Bootsfahrt nach der Festung und den äussersten Dvina-Inseln zu machen, wo sich während dieser Zeit eine Menge Enten und Sumpfvögel aufzuhalten pflegen. Das Museum der Stadt, wo die Natu- ralien jedoch schlecht behandelt waren, wurde besucht; auch besah ich einige kleinere, aber gut erhaltene Privat- Sammlungen. Mit den Herren Jarginsky und Iversen aus Petersburg, welche während des Sommers in der Umgegend von Archangel naturhistorische Einsammlungen gemacht, traf ich dort zusammen. Ich besuchte mehrere Male den Markt und sah daselbst eine Menge geschossener Enten, als Pfeif-, Löffel-, Pfeil-, Krick- und Märzenten, sowie Sammet-, Schell- und Reihertauchenten. Von frischen Fischen will ich nur Platessa dwinensis und Plat. flesus nennen, welche einander sehr ähnliche Fische, doch vom Volke mit verschiedenen Namen benannt wurden, nämlich Jautuschka und Kambella, sowie Accipenser ruthenus(?). Viele kleinere Fahrzeuge kamen mit gesalzenen 6 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Fischen von Norwegen, z. B. grosse Exemplare von Ana- richas, Pleuronectes, Gadus u. s. w. Die ausgezeichnet gut gepflegten Gärten, welche dem Consul und einigen anderen Kaufleuten gehörten, sind auch der Erwähnung werth. Schönere Rasenplätze als dort habe ich nirgends gesehen und die Treibhäuser waren so gut angelegt, dass dort schon eine Menge reifer Trauben von vorzüglicher Beschaffenheit zu finden waren. Ich kann hier nicht unterlassen, des aus- gezeichneten Wohlwollens und der Gastfreundschaft, die mir bei dem schwedischen und norwegischen Consul, Herrn Fleischer, zu Theil wurden, mit der grössten Dankbarkeit zu erwähnen. Von Archangel fuhr ich den 4. August zu Lande nach Cholmogori, wo mehrere Dwina-Inseln untersucht wurden. Zwischen dieser Stadt und den Stationen Kopatschevskaja und Siiskaja passirten wir grosse Wälder, wo ich die für Europa neue Phyllopneuste borealis, Blasius fand. In Kargopol traf ich den ı3. August ein, und den 16. kam ich nach Wuitegra zurück. Mein Sohn war nun soweit herge- stellt, dass er in der Umgegend kleinere Excursionen gemacht und einige Vögel einsammeln konnte. Zwei Tage später reisten wir über Novaja Ladoga nach Petersburg, wo wir den 25. August anlangten; nachdem wir uns dort einige Tage aufgehalten, traten wir die Rückreise an und kamen den 24. September nach Stockholm zurück. Ich erfülle nur eine Pflicht, wenn ich hier die Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit, womit mir auf der ganzen Reise von den russischen Beamten und mehreren Privatpersonen begegnet wurde, dankbarlichst erwähne. Das Landvolk zeigte zwar oft Misstrauen und konnte nicht begreifen, wie Jemand Geld und Mühe für solche, nach ihrer Meinung unnütze Dinge opfern wolle, aber zu eigent- lichen Klagen habe ich selten Veranlassung gehabt. Mein Dolmetscher hingegen, obgleich erst ı8 Jahre alt und Sohn eines in Petersburg verstorbenen Schweden, verursachte mir durch seine Neigung für Spirituosen manche Unannehmlich- keiten. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 7 Beim Ordnen der hier folgendon Mittheilungen habe ich meistens versucht, dem Systeme Professor Sundewalls zu folgen. Um jedoch die Uebereinstimmung oder Verschie- denheit der Vögel, wenn sie aus dem Ei kommen, anschau- lich zu machen, war ich, besonders in den letzten Abthei- lungen genöthigt, von demselben abzuweichen. Schon in meinem »Beitrag zu Jemtland’s Ornithologie 1859« machte ich einen Entwurf zur Eintheilung der Vögel nach ihrer Entwicklung; aber durch den Mangel an hinreichendem Materiale sind einige Vogelfamilien, z. B. Accipitres, in eine unrichtige Abtheilung gekommen. Ein Uebelstand zeigt sich jedoch in dem hier folgenden Verzeichnisse, nämlich der, dass sich in Hinsicht der geringen Anzahl der auf der Reise beobachteten Geschlechter, besonders in der dritten Abthei- lung, kein echter Zusammenhang zwischen denselben findet. Um diesem Mangel abzuhelfen, werde ich unter jeder Ab- theilung die dahin gehörenden Ordnungen, Familien oder Genera aufrechnen, deren Fortpflanzungsart man einiger- massen kennt, oder die aus anderen Gründen dahin gehörig betrachtet werden können. Inwiefern eine solche Aufstellung der Vögel nach ihrer Entwicklung zu einem praktischen Systeme angewandt werden kann, dürfte erst dann klar werden, wenn es gelungen ist, dieses, bei einer grossen Menge wichtiger ausländischer Vögel noch unbekannte Verhältniss, zu erforschen. Aber ich hege die Ueberzeugung, dass gewisse Arten, über deren Stellung im Systeme Unsicherheit herrscht, und welche durch ihre äussere Beschaffenheit so gut zu der einen, wie zu der anderen Familie gerechnet werden können, durch eine weiter ausgedehnte Anwendung ihres Entwicklungs- Charakters einen sicheren Platz erhalten würden. Hier wünsche ich nur die Aufmerksamkeit auf zwei Vogelarten, nämlich Eurypyga und Dromas zu lenken. Eurypyga helias ist der Form des Schnabels nach bald zu Rallidae bald zu Ardeidae gerechnet worden. Die eben aus- gekommenen Jungen dieser beiden Familien zeigen jedoch eine grosse Verschiedenheit; denn bei der ersteren verlassen sie gleich das Nest und folgen der Mutter, während sie bei 8 W. Mewes und E. F. von Homeyer. der letzteren lange im Neste liegen bleiben und gefüttert werden. Spätere Beobachtungen haben gezeigt, dass die Entwicklung bei Eurypyga am nächsten mit Ardea oder Ibis übereinstimmt; nimmt man dazu, dass die alten Vögel einen eigenthümlichen Flaum (eigenthümliche Dunen) haben, welche an den (die) des Reihers erinnern, so dürfte des Vogels Platz zwischen Ardeidae nicht bezweifelt werden können. Dromas ardeola, welcher lange Beine und mit Schwimmhaut versehene Füsse hat, wird zu den Sumpf- vögeln gerechnet, aber die Federbekleidung der Alten bat viel Aehnlichkeit mit der einer Seeschwalbe. Heuglin hat am rothen Meere ihre Nester gefunden, die in drei Fuss langen, von ihnen selbst gegrabenen Gängen liegen, und in jedem Neste nur ein Junges mit grauen und weissen Dunen bedeckt. Folglich herrscht hier viel Uebereinstimmung mit der Entwicklung eines Puffinus, wesshalb der Vogel zu Gaviae gerechnet werden muss. Die auf die Entwicklungs- Geschichte der Vögel gegründeten Hauptabtheilungen mussten also eingetheilt werden wie folgt: I. Vögel, deren Junge blind und mehr oder weniger nackt aus dem Ei kommen. Die Jungen werden von den Alten gefüttert, wobei sie nur den Schnabel öffnen, und sich die Nahrung in den Schlund stopfen lassen. Sie bauen mehr oder weniger künstliche Nester. Ihre Nahrung besteht aus Vegetabilien, Insecten und Fleisch. Hierher gehören: Passeres, Oscines, Longilingues, Scansores, Picidae, Cuculidae, Syn- dactylae, Macrochires, Columbae, Psittaci, Striginae, Falco- ninae. II. Vögel, deren Junge mit Sehvermögen und dichter Dunenbekleidung aus dem Ei kommen. Die Jungen werden nicht gefüttert, sondern suchen sich (gewöhnlich) gleich unter Anführung der Eltern ihre Nahrung. Diese Vögel legen ihre Eier auf die Erde, selten in künstliche Nester. Ihre Nahrung besteht aus vegetabilischen und animalischen Stoffen. Hierher gehören: Penelopinae, Gallinae propriae, Phasianinae, Tetraoninae, Pteroclinae, Thinocorinae (Chio- nis, Attagis, Thinocorus, deren Fortpflanzungsart noch un- bekannt zu sein scheint), Cryrpturinae, Struthiones, Otides, Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russiand. 9 Podoa, Palamedeinae, Rallinae*), Gruinae, Charadrii, Trin- gariae, Anseres. III. Vögel, deren Junge mit Sehvermögen und einem mehr oder weniger dichten Dunenkleide aus dem Ei kommen. Die Jungen werden eine längere Zeit gefüttert, wobei sie jedoch bald selbstständig nach der dargebotenen Nahrung greifen. Viele dieser Vögel bauen grosse und platte Nester, andere legen ihre Eier in Höhlungen, Löcher, Gruben; andere frei auf den Erdboden. Ihre Nahrung besteht aus animalischen Stoffen, meist aus Fischen. Hierher gehören: Ibis, Tantalus. Phoenicopterus, Dicholophus, Rhinochaetus jubatus (?), Ciconiae, Eurypyga, Dysporus, Phaeton, Sterna, Larus, Dromas, Procellaria, Halidroma, Eudytes, Colymbus, Uria, Alca, Aptenodytes. Wenn man annehmen könnte, dass es eine Zeit gegeben, wo unser ganzer Planet mit Wasser bedeckt war, nämlich von einem fischreichen Meer, aus welchem nur nackte Klippen hervorgeragt, so wäre ein solcher Naturzustand für das Dasein der (meisten) zur dritten Ordnung gehörenden Vögel zweckmässig gewesen. — Wenn man es wagen dürfte, sich vorzustellen, dass sich späterhin in den Vertiefungen der Klippen Regenwasser gesammelt, worin allmälig ein Wachs- thum entstanden, woraus Schlamm gebildet wurde, und eine Sumpf-Vegetation hervorkam, von Insecten, Schnecken etc. bewohnt, so wären für den grössten Theil der Vögel der zweiten Abtheilung die Bedingungen ihres Lebensunter- haltes hinreichend erfüllt gewesen. Aber erst nachdem Land gebildet war, und die Vegetation sich so bedeutend ent- wickelt hatte, dass Kräuter, Gebüsch und Bäume gedeihen konnten und nachdem die Anzahl und Arten der Insecten sich ansehnlich vermehrt hatten, wurde es den zur ersten Abtheilung gehörenden Vögeln möglich, eine angenehme Wohnstätte auf der Erde zu finden. Hierbei können natürlich keine scharfbegrenzten Zeit- perioden in Frage kommen, sondern nur allmälig in ein- *) Unter diesen kommen wahrscheinlich doch viele Arten vor, welche ihre Jungen füttern. W. M. 10 W. Mewes und E. F. von Homeyer. ander übergehende Zustände; denn im entgegengesetzten Falle würde man die Uebergangsformen bei den Vögeln, welche auf den Grenzen der hier aufgestellten Abtheilungen stehen, nicht erklären können. l-Abrtheiluns. Vögel, deren Junge blind und mehr oder weniger nackt aus dem Ei kommen. Die Jungen werden von den Eltern gefüttert, wobei sie nur den Schnabel öffnen und sich die Nahrung in den Schlund stopfen lassen u. s. w. (Wenn man mit dieser Anordnung auch nicht überall einverstanden ist, so gibt dieselbe doch viele wichtige Finger- zeige. Dies hat man ja auch in neuester Zeit berücksichtigt. Es lag ja überhaupt in meiner Absicht, diese schöne Arbeit von Meves unverkürzt wiederzugeben und meine Ansicht nur in einzelnen Fällen auszusprechen, immer je- doch auf solche Weise, dass der Leser nicht zweifelhaft sein kann, wer zu ihm spricht. Wir kommen jetzt zu der Erörterung derjenigen Arten, welche von Mewes auf dieserReise beobachtet wurden. v.H.) 1. Loxia pityopsittacus, Bechst. Mehrmals beobachtete ich in den Tannenwäldern kleine Schaaren von Kreuzschnäbeln, doch weiss ich nicht mit Sicherheit, ob diese Art dabei vorkam. Er findet sich doch nach Joh. von Fischer”) im Gouvernement Petersburg, und zweifle ich deshalb nicht, ihn im Verzeichniss aufzu- nehmen, umsomehr, da ich hinsichtlich der Fortpflanzung des Vogeis Mittheilungen liefern kann, welche sich auf durchaus zuverlässiges Material gründen. Die beiden Nester mit den Eiern, die ich zu beschreiben wünsche, waren, als ich sie entgegen nahm, von den beim Neste getödteten Alten begleitet. Beide Männchen waren mennig- oder ziegelroth, aber das eine hatte auf Kopf und *) Zoolog. Garten, v. Dr. F. C. Noll, 1870, pag. 348. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 11 Bauch einige eingemischte citronengelbe Federn. Das Nest Nr. ı war in der Umgegend von Carlstadt in Wermland, den 2. März 1868 von einem dem Stamme nahen Fichten- (Tannen)zweige genommen. Zur Unterlage hatte es Tannen- reiser, welche mit Flechten und grünem Moose vermischt, zusammengeflochten waren; die dicken Wände, auch von gut bearbeiteten Mähnenflechten; inwendig war es mit einigen Federn belegt. Es war auswendig 130—140 mm., inwendig 70 mm. breit, 45 mm. tief und auswendig 90 mm. hoch. Das Nest Nr. 2 von derselben Stelle wurde den 15. März im Gipfel einer Tanne (Fichte) genommen, 30 Fuss über dem Erdboden. Es war beinahe ebenso gebaut wie das erste, aber dıee Wände waren noch dicker und mit Bart- und Mähnenflechten und mit Bast von Wachholderreisern durchflochten. Auswendig ı50 mm., inwendig 75 mm., 40 mm. tief, 70 mm. hoch. Die Eier in Nr. ı, vier an der Zahl, hatten folgende Dimensionen: a und 5b 22,5 mm. lang und ı7 mm. dick, c und d 22 mm. lang und 16,5 mm. dick. Die Farbe bleich graugrün, am Stumpfende waren sie theils kranzförmig, theils mit ungleich verbreiteten grösseren und kleineren grauen und einzelnen braunen Flecken bestreut. In Nr. 2 aueh: wıer> Bier‘'@, 23,5 174. mm.,.b'23.— 17.mm.;,cund d 22,5 — 16,5 mm. Die Farbe wie bei den ersteren, aber die Flecken erstreckten sich auf das Spitzende; auf einem zeigten sich überdies feine dergleichen Schnörkel. Bei einem dritten Gelege mit vier länglichen Eiern, den 14. März ge- nommen, waren a und 5b 24 — 16,5 mm., c 25 — ı6 mm. und d 25 — ı7 mm. gross. Die Farbe bleich blaugrün mit matten röthlichen und scharfen rothbraunen Flecken und Schnörkeln, am meisten auf dem Stumpfende. (Inzwischen hat Meves Gelegenheit gehabt, noch recht viele sichere Gelege und Nester zu sammeln, von denen auch ich eine Anzahl erhielt. Wenn nun auch die Färbung der Eier individuell abändert, so ist der allgemeine Charakter derselben wesentlich übereinstimmend mit der gegebenen Beschreibung. v. H.) 12 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 2. Loxia curvirostra, Linn. Hin und wieder bei Kargopol, Cholmagori u. s. w. Auch von dieser Art habe ich Gelegenheit gehabt, mehrere Nester mit ihren Eiern und Vögeln von Wermland zu unter- suchen. Die beim Neste geschossenen Männchen zeichneten sich alle durch eine schöne rothe Farbe aus. Ein grosses Nest, Nr. ı, wurde den 4. März 1868 auf einer Tanne (Fichte) ı8 Fuss über der Erde gefunden. Es war aus trockenen Fichten- und Tannenzweigen gebaut, die mit Bast von Wachholder- und Mähnflechten (Alectoria jubata) zu- sammengeflochten waren, mit welchen letztgenannten auch die innere Seite geflochten und ausgelegt war. Die Breite auswendig ı50, inwendig 60 mm. Die Tiefe 30 und die Höhe So mm. Nr. 2 wurde den 7. März auf einer Tanne (Fichte) ı3 Fuss hoch über der Erde gefunden. Das Bau- material bestand aus Tannenzweigen, grünem Moose und Bartflechte; inwendig war es mit feinen Wurzeln, Federn und Hasenwolle ausgelegt. Breite auswendig 130, inwendig 65 mm.; Tiefe 25, Höhe 60 mm. Nr. 3, den 6. März, ı5 Fuss über der Erde genommen, wie das erste gebaut, aber mit dünneren Wänden, inwendig nur mit Gras- halmen belegt. Breite auswendig 100— 110, inwendig 60omm.; Tiefe 40 mm., Höhe 8o mm. Nr. 4, den ıı1. März auf einer Kiefer, ı2 Fuss über der Erde gefunden, fast ebenso gebaut wie Nr. ı. Auswendig 130, inwendig 60 mm. breit, 33 mm. tief, 70 mm. hoch. Nr. 5,. den: 10..März von einer Kiefer, ı4.Fuss über der Erde. Der äussere Bau bestand aus Fichtenreisern und morschem Holz, alles mit Mähn- und etwas Bartflechten zusammengefügt. Die innere Seite mit Auerhahnfedern belegt. Aeussere Breite 120, innere 60 mm., Tiefe 30, Höhe 70 mm. Nr. 6, den ı2. März 1868 von einem Kiefernzweige, 20 Fuss über der Erde. Das Aeussere des Nestes von Fichtenreisern und Haidekraut zusammen- gefügt, mit Moos-, Bart- und Mähnflechten vermischt; das Innere desselben ausser mit Mähnflechten auch mit Gras durchflochten und belegt. Die Grösse mit Nr. 3 gleich. Nr. 7, den 7. April ı6 Fuss über der Erde gefunden; übrigens gleich mit Nr. 4. Von den drei Eiern im Neste Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 13 Nr. ı iwaren a und 5b 22,5 mm. lang und ı6 mm. dick; c 22 — ı6 mm. Vier Eier in Nr. 2: a und 5b 22, 5—ı6 mm.; c und d 21,5 — ı6 mm.; in Nr. 3 a 23 — ı6 mm., b und c 22.—— 16 mm.;.in Nr; 4:.a..'23,5. —.)16 mm,, 522,5 — 15,5 mm, c 22 — ı6mm.; d 21,5. — 15,5 mm.;-in' Nr. 5, drei sehr langgestreckte Eier: a 25,5 — ı6 mm., b 23 — ı5 mm., c 22,8 — ı5,8 mm. u. s. w. Der Farbe nach glichen sie den vorhergehenden Arten. Später als im April ausgenommene Arten habe ich nicht gesehen. Inwiefern die Kreuzschnäbel hier während der Sommermonate leben, ist mir unbekannt. (In meinem Walde habe ich Gelegenheit gehabt, vom Frühjahre bis zum September ein Paar L. pityopsittacus zu beobachten. Dasselbe hielt sich stets an einer bestimmten Stelle des Waldes, in etwa 60 bis zojährigen Kiefern, doch gelang es mir nicht, trotz der eifrigsten lang andauernden Beobachtung, Nest oder Junge aufzufinden. v. H.) 3. Loxia bifasciata, Br. De Selys. Professor Lilljeborg traf auf seiner Reise ı848*) den zweibindigen Kreuzschnabel bei Archangel häufig an, aber ich sah ihn nicht. Nach der Angabe eines in Archangel wohnenden Deutschen, Herrn Heinrich, der selbst eine kleine Eier- und Vogelsammlung hatte, soll er sich während der letzten drei Jahre nicht gezeigt haben.**) Von einem Bauer, der einige Meilen von Archangel wohnte und von einigen sich vor mehreren Jahren daselbst aufhaltenden deutschen Ornithologen gelernt hatte, Vogeleier einzu- sammeln, kaufte ich unter anderem vier Eier, welche aller Wahrscheinlichkeit nach diesem Vogel angehören. Sie gleichen freilich sehr denen des Fichten-Kreuzschnabels, sind aber etwas kleiner, weisslich, zwei davon beinahe ohne, doch *) »Bidrag till Norra Rysslands etn. Fauna«. Vet. Akad. Handl. 1850. *) Es ist dies wiederum ein Beweis, wie wechselnd manche Arten in ihrem Aufenthalte sind, wie Vater Brehm dies öfters hervor- gehoben hat, unter der Bezeichnung: »Zigeunerartiges Leben« v. H. 14 W. Mewes und E. F. von Homeyer. eins mit deutlichen rostgelben Flecken. Das grösste war 22,5 — 15,5, das kleinste 22 — ı5 mm. Herr Dr. Baldamus, welcher die Güte hatte, eines dieser Eier zu untersuchen, schreibt mir darüber: »ist Crucirostra — ob aber bifasciata, möchte wohl kein Orni- thologe bestimmen können«.. — Thienemann*) fand die Eier von allen drei Kreuzschnäbelarten so ähnlich, dass er sie alle zu einer einzigen Loxia curvirostra reducirte. (Als L. Thienemann die Rhea herausgab, huldigte er dem Princip der Artenvereinigung in sehr hohem Masse. Dadurch erklärt sich auch wohl sein Urtheil über die von Mewes beschriebenen Eier. Immerhin ist es oft unmöglich, manche Arten an ihren Eiern zu erkennen. v. H.) 4. Corythus enucleator, Flem. Linn. Den Fichten-Kernbeisser traf ich nur bei Kopatschevs- kaja, den 8. August, wo er sich in sumpfigen Wäldern auf- hielt. Ich bekam nur ein gelbliches Männchen im zweiten Jahre, ein altes in einem sehr abgenutzten Kleide habe ich später erhalten. Leider hatte die Mauser, welche Aufklärung über das nächstfolgende Kleid hätte geben können, noch nicht angefangen. Herr Iversen hatte bei Sommarudden ein rothes Männchen nebst Weibchen bei ihrem Neste er- halten. Während des Herbstes und Winters soll dieser Vogel bei Archangel recht häufig vorkommen, welches auch durch die vielen ausgestopften Exemplare bewiesen wurde, die ich dort bei Privatpersonen sah. 5. Pyrrhula vulgaris, Temm. Den Dompfaffen traf ich bei Schlüsselburg, Wuitegra Archangel, Cholmogori, wo er sich meistens in Nadelhölzern aufhielt und nicht selten war. 6. Carpodacus erythrinus, Gr. Pall. (Fringilla erythrina, Meyer). Dieses Vogels eigenthümlichen, sehr lauten Gesang hörte ich zum ersten Male bei Schlüsselburg. Er besteht *), Rhea 1346, pag. Irı. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 15 aus einigen pfeifenden Tönen, die ungefähr mit hvitt-tvy- tvöä, hvitt-tvöä ausgedrückt werden können; aber bei anderen Gelegenheiten hörte ich auch einen feinen zwitschernden Gesang. Ferner traf ich ihn bei den Seen Ladoga und Onega und auch am weissen Meere, in sowohl mit Nadel- als Laub- holz bewachsenen, am liebsten bebauten Gegenden. In Ladeinopole und Wuitegra wurde er sogar in Gärten gehört. Im Allgemeinen war er schwer zu entdecken, weil er sich zwischen niedrigem Gebüsch verbarg. Man sah ihn nicht selten auf der Erde, wo er nach Samen suchte. Ich schoss mehrere graue Exemplare, die ich anfangs für Weibchen hielt, aber die Untersuchung zeigte mir, dass es fortpflan- zungsfähige Männchen waren, wahrscheinlich im zweiten Jahre, Sie variirten in der Farbe, indem die früher geschossenen Exemplare auf der Oberseite einen stark olivengrünen Ton hatten, während die späteren schmutzig grau waren. Stirn und Brust hatten mehr oder weniger deutliche graubraune Schaftflecken. Auch die rothen Männchen waren verschieden. Die im Juni geschossenen hatten eine matte, aber die anfangs August eine glänzend rothe Farbe, je nachdem die secun- dären Strahlen (ciliae) ausgefallen waren. Ein Weibchen im Nestkleide, welches den 23. Juli nebst dem graugefärbten Vater geschossen wurde, war auf der Oberseite olivgrau mit zwei deutlichen gelbweissen Bändern über den Flügeln. Die Unterseite gelblich weiss, mit grossen bräunlichen Spitz- flecken, am deutlichsten auf der Brust. Diese befanden sich auf einem Haferfelde mit fast reifen Aehren, von denen beide eine Anzahl Körner im Kropfe hatten. Die Länge und Breite, sowohl bei den rothen als grauen Männchen variirte zwischen 150 — 160 mm. und 252 — 260 mm. Ich war nicht so glücklich, ein Nest zu finden; aber eines, durch den verstorbenen M. v. Wright erhaltenes, welches bei Helsingfors gefunden worden war, bestand aus feineren Gewächsstengeln und war ziemlich lose zusammengefügt mit einer leichten inneren Ausfütterung von feinen, weissen Haaren. Es hatte eine gewisse Aebnlichkeit mit dem Neste von SyIv. hortensis, oder atricapilla. Auswendig ııomm., inwendig 65 mm. und 4o mm. tief. Die vier Eier hatten eine 16 W. Mewes und E. F. von Homeyer. schöne blaugrüne Farbe, mit schwarzen oder graubraunen Flecken und Punkten, am dichtesten dem Stumpfende zu. Das grösste war 21,5 mm. lang und ı5 mm. dick, das kleinste 20 — ı4 mm. Auf zwei anderen von derselben Gegend war die Grundfarbe bedeutend bleicher. Ein Ei von Moskau war mehr abgerundet, 19,5 — 15,5 mm. und in einem Gelege aus drei Eiern bestehend, von Daurien waren sie kleiner, nämlich 19 — ı3,5 mm., aber von einer besonders schönen, blaugrünen Grundfarbe mit grossen einzeln stehenden schwarzbraunen Flecken. (Mewes scheint auch für die hochnordische Gegend zu spät gekommen zu sein, um noch ein Nest mit Eiern zu finden. Ich habe in Pommern zwei Stück, ein altes und ein junges Männchen erlegt. Erstes am Muddelsee (Kreis Stolp) im Juli 1843, letztes am 6. September ı83ı im Gemüse- garten zu Medin (Kreis Anclam), wo es mit Weidenzeisigen und Goldammern unter Kohlköpfen Sämereien suchte. Das alte Männchen fand ich bei Gelegenheit einer Entenjagd am Rande des Rohres. Es war scheu und sass versteckt, so dass ich es im Fluge erlegen musste. Die Art ist bisher regelmässig nicht weiter westlich als Brutvogel beobachtet, als in Östpreussen, wo dieselbe selbst in den Gärten von Königsberg in einigen Paaren nistet, doch wurde dieselbe auch in Schlesien brütend ge- funden. Die Brutzeit ist in der zweiten Hälfte des Mai oder anfangs Juni. Wichtig ist die Mittheilung von Mewes über das Nisten der Männchen im grüngrauen Jugendkleide. v. H.) 1. Fringilla cannabina, Linn. Der Hänfling wurde bei Schlüsselburg, Wajmugschaga an der Dwina u. s. w. ziemlich allgemein angetroffen. 8. Fringilla linaria, Linn. var. magnirostris. Allgemein in Birken- und Kiefernwäldern, besonders in der Nähe des Ladoga und der Städte Onega und Archangel. Nach dem 2o. Juli fand ich in einem Weidenbusche ein Nest mit drei Eiern, aber auch schon ausgeflogene Junge. Im Nestkleide fehlte das Roth auf dem Kopfe. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 17 (Ich habe Exemplare dieser Art von Mewes erhalten und betrachte dieselbe als die echte F. linaria. Es kommen ausser derselben in Nordeuropa noch verschiedene andere Arten vor. In Südeuropa Fr. rufescens, die kleine braune Art, welche auch in Schottland nicht selten ist und überall auf den süddeutschen Gebirgen nistet, wie unser vortreff- licher Beobachter Pfarrer Hanf ermittelte. Auch die kleine weissgrauliche Art, welche so oft — auch von Dresser — mit der grossen grönländischen Art — F. canescens — verwechselt wurde, die echte F. sibirica lebt nicht selten im nördlichen Russland und stimmt ganz mit Exemplaren aus dem nördlichen Sibirien überein. Ausserdem leben im Lappland noch zwei wesentlich grössere Arten. Ich hoffe es zu ermöglichen, demnächst die Gruppe der Leinzeisige durch Schrift und Bild klar zu stellen. v. H.) 9. Fringilla carduelis, Linn. Nach v. Fischer soll der Stieglitz sehr allgemein bei Petersburg sein. Ich sah nur ein ausgestopftes Exemplar in Archangel, wo er selten sein soll. 10. Fringilla spinus, Linn. Von Schlüsselburg bis Archangel. Auf der Rückreise traf ich bei Sermaks grosse Schwärme. 11. Fringilla coelebs, Linn. Während der ganzen Reise allgemein. 12. Fringilla montifringilla, Linn. Ziemlich allgemein von Schlüsselburg bis Archangel. 13. Fringilla chloris, Linn. Bei Dubno, in der Nähe des Ladoga-Canals. 14. Fringilla coccothraustes, Linn,, welche von Professor Liljeborg einmal zwischen Ladoga und Ladeinopole beobachtet wurde, traf ich nicht. 19 18 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 15. Pyrgita domestica, Linn. und 16. Pyrgita montana, Linn. waren in allen bebauten Gegenden bis nach Archangel, allgemein. 17. Emberiza citrinella, Linn. Ward während der ganzen Reise häufig gesehen; er hielt sich oft längs der Canäle auf, wo er den bei der Fütterung der vielen Pferde verschütteten Hafer verzehrte. 18. Emberiza aureola, Pall. Diesen schönen Sperling traf ich schon bei Wosne- senskoi, beim Ausflusse des Svirs in den ÖOnegasee, also bedeutend weiter nach Westen, als er früher bemerkt worden. Hier fanden sich einige Paare auf sehr sumpfigen Stellen, zwischen einzeln stehenden Weidenbüschen mit Jris pseuda- corus, Menyanthes trifoliata, Hippuris u. s. w. Sein Gesang war klar und laut und erinnerte an den des Ortolans und des Rohrsperlings.. Beim Singen sass er meistens hoch. Später traf ich ihn bei Wuitegra, Kargopol, längs des Onega- flusses und bei Archangel u. s. w. oft zahlreich genug, immer in der Nähe des Wassers, oder auf sumpfigen Wiesen mit Birken, Weiden oder Nadelholz. Obgleich die verschie- denen Kleider dieses Vogels schon früher beschrieben sind *), dürfte es jedoch nicht unnöthig sein, etwas über dieselben zu sagen. Bei dem wirklich schönen, vollkommen ausge- bildeten alten Männchen ist die Oberseite und ein breites Band über der Brust hübsch rothbraun; die Backen bis zu den Seiten der Stirn und das Kinn schwarz; die Spitzen der grossen Flügeldecken, sowie alle die kleinen Decken rein weiss. Der Bauch klar hochgelb mit braunen Längs- flecken au den Seiten. Bei Männchen, wahrscheinlich im zweiten Jahre, sind nur die Flügeldecken der ersten und zweiten Reihen mit weissen Spitzen versehen, die übrigen grau. Der mittelste Theil des Rückens hatte dieselbe Farbe, *) Von Middendorff, sibirische Reise, p. 138; Lilljeborg l. c. p- 292; Radde, Reisen im Süden von Ost-Sibirien, I1. 1863. W. M. ah u an Ornithologische Beobachtungen im nordwestlicheu Russland. 19 wie die des Haussperlings. Kopf, Nacken und Bürzel mehr oder weniger rothbraun; von gleicher Farbe ist das Band über der Brust, welches mitunter ganz breit, mitunter ver- schwindend schmal ist; Kehle und Backen reinschwarz bis grauweiss. Die gelbe Farbe der Unterseite ist auch mehr oder weniger intensiv. Das Weibchen gleicht sehr den jüngeren Männchen, aber der Scheitel ist schwarzbraun mit grauen Federkanten, der Nacken grau, der Bürzel rostgelb, die Kehle weisslich, niemals mit Schwarz vermischt. Nur bei einem sehr alten Weibchen, welches den ı2. Juli ge- schossen wurde, fand sich ein schmales, rothbraunes Band über der Brust, die Brustseiten waren ebenfalls rothbraun; die kleinen Flügeldecken weisslich. Iris dunkelbraun. Die Länge der Männchen war 156 — 167 mm. und ihre Breite 250 — 252 mm. Männchen im Nestkleide den 29. Juli. Die Oberseite schwarz, mit graugelben Kanten, mit einem helleren Mittelstrich auf dem Scheitel; zwei gelblichweisse Bänder über den Flügeln, einen breiten, gelben Strich über den Augen; Ohrendeckfeder und ein schmaler Strich längs der Kehle schwärzlich. Der Unterkörper kanariengelb, auf der Brust mit ockergelbem Anstrich und ebenso die Schlag- seiten mit grauschwarzen Schaftstrichen. Das Weibchen ist im Nestkleide fast dem Männchen gleich, doch bleicher auf der Unterseite. Obgleich ich den 24. Juni ein Weibchen mit einem beinahe legfertigen Ei schoss, gelang es mir doch nicht früher als den ı7. Juli ein Nest zu finden, welches eben vier halberwachsene Junge enthielt. Es befand sich auf der Erde unter einem kleinen Busche und war einfach und lose aus trockenem Gras erbaut, inwendig feiner und mit einigen Pferdehaaren durchzogen; auswendig 110, inwendig 8o mm.; durch die Jungen ziemlich platt nieder gedrückt. Diese, nicht flugfertig, suchten sich im Grase zu verstecken. In Archangel kaufte ich von diesem Vogel eine Anzahl Eier, welche dort in der Umgegend genommen waren. Die Grund- farbe war im Allgemeinen graugrün, mitunter ins olivbraune gehend und glich dann sehr den Eiern von Emb. schoeniclus; übrigens waren sie reichlich mit braunen, mehr oder weniger feinen und zahlreichen Schnörkeln, Flecken und Punkten, 9% - 20 W. Mewes und E. F. von Homeyer. sowie mit graubräunlichen Schalflecken marmorirt. Die kürzeren waren ı9 — 15 bis 21 — 15,5 mm., die längeren 22 — ı5 mm. Drei andere Gelege, a 2—4 Eier, den 20, bis 29. Juli in Daurien genommen, stimmten mit den beschrie- benen überein. 19. Cynchramus schoeniclus, Boje. (Emb. schoeniclus, L.) War häufig auf allen passenden Stellen von Archangel. 20. Cynchramus pusillus, Gerbe. (Emberiza pusilla, Pallas). Wurde zuerst den ı3. Juli bei der Stadt Onega ge- troffen, wo er auf sumpfigen mit Weiden oder Nadelholz bewachsenen Stellen ziemlich allgemein war, sowie später auf den Dwina-Inseln bei Archangel und Cholmogori. Die Alten suchten die ausgeflogenen Jungen mit einem feinen, scharfen Laute: Tsitr, tsitt zu warnen. Obgleich wenig scheu, waren sie doch ziemlich schwer zwischen dem dichten Ge- büsch zu sehen. Ich hörte nur einige Male ihren Gesang und fand ihn hübsch, aber in vielen Theilen dem von Emb. schoeniclus ähnlich. Das Männchen ist schon nach der ersten Mauser dem Alten sehr ähnlich, oder richtiger dem im zweiten Jahre. Doch bedeckt die rothbraune Farbe noch den ganzen Oberkopf, aber wenn man die Federn an den Seiten aufhebt, zeigen sich die schwarzen darunter. Da die rothbraunen Kanten wahrscheinlich während des Winters abgenützt werden, treten die schwarzen Bänder an den Seiten des Scheitels hervor. Es ist doch möglich, dass ebenso wie bei C. schoeniclus eine partielle Mauser zu der Farben- veränderung des Kopfes während des Frühlings beiträgt. Männchen im Nestkleide. Die Seiten des Kopfes und das ganze Kinn rostgelblich; der Oberkopf schwärzlich ; über dem Scheitel und hinter dem Auge ein gelblicher Strich. Uebrigens gleicht er sehr dem jungen Rohrsperling, obgleich er von bedeutend geringerer Grösse ist, und hat wie dieser auf den beiden äussersten Schwanzfedern einen weissen Keilfleck. Das Weibchen im Nestkleide ist kaum von dem Männchen zu unterscheiden. Da A a EU Tr a Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 21 21. Cynchramus rusticus, Gerbe. (Emberiza rustica, Pallas). Den Sperling, welchen Professor Lilljeborg nicht traf, den Blasius aber bei Ustjug sah, fand ich auf vielen Stellen ziemlich häufig. Die ersten schoss ich den 8. Juli in einem sumpfigen Fichtenwalde, nahe bei Selo, am Onega- flusse. Meine Aufmerksamkeit wurde während des Fahrens auf ihren scharfen Lockton, dem von Turdus iliacus nicht unähnlich, gerichtet. Ich fand zwei verschiedene Gelege, einige der geschossenen vier Jungen hatten noch Blutspulen im Schwanze, andere waren ausgewachsen. Obgleich ich manchmal durch das dichte Buschwerk die heftig lockenden Eltern erblicken konnte, die mit dem grössten Eifer ihre Jungen zur Flucht zu bringen suchten, glückte es mir doch nicht, einige derselben zu schiessen. Auf einer Insel in der Dwinamündung und bei Cholmogori erhielt ich mehrere Junge, den letzten am Flusse Svir den ı9. August, welche sich alle im Uebergange zum Herbstkleide befanden. Nur ein altes Männchen, in vollständiger Mauser begriffen, schoss ich den 14. August. Obgleich ich den Vogel oft zwischen Weidenbüschen fand, scheint sein Brutplatz doch in sumpfigen Nadelwäldern zu sein. Die Jungen besuchten auch recht oft Gersten- und Haferfelder, deren Saatkörner sie verzehrten. — Junges Männchen nach der ersten Mauser: Die Oberseite rostgrau, mit dunklen Schaftflecken; der Hinter- hals und Bürzel rostroth mit grauen Rändern, ein Flecken im Nacken, ein breiter Strich über den Augen und unter den Ohren weiss- oder gelblich; die Ohrendecken und ein schmaler Strich längs des rostgelben Kinns bräunlich; der Bauch weiss; ein Gürtel über der Brust und die Längs- flecken an den Seiten rothbraun mit hellen Rändern; die Flügelfedern braun, die drei innersten mit breiten, rothgelben Kanten; die Flügeldecken der ersten Reihe schwarz mit rostgelben Kanten und weissen Spitzen; die der zweiten Reihe schwarz mit weissen Spitzflecken; die übrigen Flügel- decken kastanienbraun mit schmalen schwarzen Schaft- strichen,. Schwanz schwarzbraun, die beiden mittelsten Federn mit rostgelben Kanten, die beiden äussersten mit 22 W, Mewes und E. F. von Homeyer. grossen weissen Keilflecken. Iris braun. Das Weibchen unterscheidet sich durch weniger reine Farben, graue, kleinere Decken am Arme und einen weniger deutlichen Gürtel über der Brust. — Männchen im Nestkleide: Die Oberseite dem vorherbeschriebenen Kleide sehr ähnlich, aber dünnstrahliger; die Spitzen an den Decken der zweiten Reihe mit kleinen, hellen Doppelflecken; das Kinn und die Mitte des Bauches weisslich, mit herzförmigen, schwarzen, die Brust mit rostgrauen Flecken. Das Weibchen unter- scheidet sich von dem Männchen auch durch graue, kleinere Decken. . 22. Plectrophanes lapponicus, Meyer, Linn. Herr Heinrich hatte ausgestopfte Exemplare dieses Vogels und sagte mir, dass er während des Frühlings zahl- reich über Archangel zöge. 23. Plectrophanes nivalis, Meyer, Linn. Soll ebenfalls im Frühling über Archangel ziehen; im dortigen Müseum wurden in der Umgegend geschossene Exemplare bewahrt. 24. Alauda arvensis, Linn. Allgemein in bebauten Gegenden von Petersburg nach Onega und Archangel. 25. Alauda arborea, Linn. Ward nur bei Schlüsselburg in einem Kiefernwalde auf sandigem Boden gesehen. 26. Alauda alpestris, Linn. Gehört auch zu den Zugvögeln, die im Herbst und Frühling Archangel besuchen; dort geschossene Exemplare befinden sich im Museum der Stadt. 27. Anthus arboreus, Bechst. Traf ich häufig an der Dwina, besonders Anfangs August. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 23 28. Anthus pratensis, Linn. Bei Schlüsselburg fand ich den 30. Mai ein Nest mit Eiern. An der Sommerküste und an der Bucht von Onega war er ziemlich allgemein. (Ueber Anthus cervinus siehe Nachträge. v. H.). 29. Motacilla alba, Linn. Kam in den meisten von mir besuchten Gegenden allgemein vor. 30. Motacilla flava, Linn. Gleichfalls allgemein auf Sümpfen und auf dünn bewach- senen sumpfigen Flächen. Schon beim Onegasee und weiter nordwärts fanden sich var. borealis, doch sah ich keinen solchen mit einem so schwarzen Kopfe, wie im nördlichen Schweden. (30a. Motacilla borealis, Sundev. Diese unzweifelhafte Art, welche nur dem hohen Norden der alten Welt als Brutvogel angehört, ändert zwar nach Alter und Geschlecht nicht unerheblich in der mehr oder weniger dunklen Kopffärbung ab, ist jedoch stets leicht zu erkennen, sowohl durch grössere Maasse, als auch an dem reineren Grün der Oberseite. Ebenso verschieden, wie von M. flava, ist sie auch von der südeuropäischen grauköpfigen‘ Schafstelze M. (Budytes) feldegii. Diese Art kommt auf dem Zuge an geeigneten Localitäten Deutschlands fast überall vort;y;. Hl.) 3l. Turdus viscivorus, Linn. Bei Schlüsselburg, Wuitegra und mehreren grossen Wäldern bei Archangel. 32. Turdus musicus, Linn. Hie und da; Wuitegra, Onega u. s. w. 33. Turdus pilaris, Linn. Bei Novaja Ladoga, Onega und Archangel allgemein. 24 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 34. Turdus “liacus, Linn. Bei Wuitegra, Archangel u. s. w. hie und da. 35. Cinclus aquaticus, Bechst. Blasius l.c. pag. 95 fand den Wasserstaar allgemein an Waldbächen. Ich sah während der ganzen Reise keinen solchen. (Die in dem hohen Norden Europas lebende Art des Wasserstaars gehört der von Brehm (Vater) unterschiedenen schwarzbäuchigen Art oder climatischen Varietät an (Cin- clus melanogaster). v. H.) 36. Oriolus galbula, Linn. Die klaren Töne des Pirols hörte ich den 4. Juni beim Ladogacanal und später bei Wuitegra und Andoma; überall zeigten sich nur einzelne Exemplare, '37. Saxicola oenanthe, Linn. Von Schlüsselburg bis zur Onegabucht ziemlich all- gemein. 38. Saxicola rubetra, Linn. Auf Wiesen und buschreichen Stellen während der ganzen Reise allgemein. (S. rubicola var. indica von Mewes gefunden. Mewes hat verschiedene Stücke dieser Art mitgebracht, von denen ich auch einige erhalten habe. Ohne mich als Vertheidiger der S. (Pratincola) indica hinstellen zu wollen, da nicht alle Asiaten, ohne Zwang, sich der einen oder der anderen Art einfügen lassen, muss ich doch bekennen, dass die von Mewes mitgebrachten Stücke, welche ich gesehen, echte indica sind. v. H.) 39. Luscinia philomela, Bechst. hörte ich schon den ı6. Mai bei Wiborg singen. Bei Dubno, Ladoga und Andoma war sie nicht selten. Nach mündlichen Mittheilungen des Forstmeisters Herbst in Kargopol soll sie auch mitunter bei dieser Stadt vorkommen. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 25 40. Luscinia suecica, Linn. Das schwedische Blaukehlchen (mit rostrothem Brust- fleck) traf ich bei der Stadt Onega nahe bei einem mit Weidenbüschen umgebenen Bache; bei Niemska an der Sommerküste sah ich ein Paar mit eben ausgeflogenen Jungen. In Archangel befanden sich mehrere dort in der Gegend geschossene, ausgestopfte Exemplare. (Ich habe an dem Urtext — auch an der Namengebung — streng festgehalten und will hier nur bemerken, dass: ich es für unrichtig halte, Namen, welche seit langen Jahren ganz allgemein bekannt und fest angenommen sind, auf die Vermuthung hin zu ändern, dass der erste Autor unter dem von ihm gegebenen Namen etwas anderes verstanden habe. Namentlich sind solche Vermuthungen bei Linne, wenn sie auf das Vorkommen in Schweden begründet sind, sehr unsicher, da — wie bekannt — Linn viele Arten nach und in fremden Museen beschrieben hat. v.H.). 41. Luscinia rubecula, Linn. Bei Schlüsselburg, Wuitegra, in der Gegend der Dwina, oft in hohen Wäldern; nicht selten. 42. Luscinia phoenicurus, Linn. Von’ Schlüsselburg bis Archangel. 43. Sylvia atricapilla, Linn. Fand sich ziemlich allgemein bei Ladeinopole, Wuitegra und Kargopol, am liebsten in der Nähe von Waldbächen, wo ihr klarer und munterer Gesang die mit üppiger Vege- tation geschmückte Gegend belebte. 44. Sylvia hortensis, Lath. Allgemein von Schlüsselburg bis Archangel. 45. Sylvia cinerea, Lath. Sehr häufig in denselben Gegenden. 26 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 46. Sylvia curruca, Lath. (Motacilla sylvia, Pallas). Ward oft genug in Nadelholzwäldern, z.B. bei Schlüssel- burg, Wuitegra, Cholmogori u. s. w. gesehen. (Auch in hiesiger Gegend lebt die Klappergrasmücke gern in (etwa 8—ı6jährigen) Kiefernschonungen, besonders, wenn dieselben an Felder oder Wiesen grenzen, aber auch innerhalb der Wälder. v. H.) 47. Locustella fluviatilis, Gould, (Sylvia fluviatilis Mey. et Wolf Lusciniopsis fluviatilis, Bon.). Von den Sylvien — Heuschreckensängern, die sehr versteckt auf mehr oder weniger waldigen, sumpfigen Stellen, am liebsten in der Nähe fliessenden Wassers leben, und deren Gesang eine zu bewundernde Aehnlichkeit mit den Tönen einer grösseren Heuschrecke zeigt, hatte ich die Freude, nicht weniger als drei verschiedene Arten zu beobachten und zu schiessen. Diese waren: Loc. fluviatilis, naevia und lanceo- lata, welche in der Lebensweise soviel Aehnlichkeit zeigen, dass sie nebst einigen anderen Arten z. B. Salic. luscinioides und Salic. certhiola*), in ein Geschlecht gebracht werden konnten, obgleich das ungleiche Verhältniss der Flügelfedern Veranlassung zur Trennung gegeben hat. (Locustella lusci- nioides hat denselben Flügelbau, wie L. naevia und L. fluvia- tilis, mit ganz schwachen Verschiedenheiten, die kaum als Hilfsmittel zur Artbestimmung dienen können. Was die anderen beiden, von M. erwähnten östlichen Arten, L. lance- olata und certhiola, anbelangt, so könnte man dieselben viel- leicht zu einer Gruppe derselben Gattung zusammenstellen, immerhin gleichen sie den Heuschreckensängern in so vielen Dingen, dass sie nicht genau davon zu trennen sind. Radde, sibirische Reise II. p.’266, Anmerkung, erwähnt bei Be- sprechung von Loc. vera Brehms Vogelfang p. 234: Ich *) Pallas in Zoographia-Rosso-Asiatica p. 5rıo sagt zwar von deren Gesang: »cantu brevi sed amoenissimo«, aber dies müsste Bestätigung durch neuere Beobachtungen bedürfen. a A Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland, 27 habe Zoe. lanceolata an der angegebenen Stelle nicht gefunden, wohl aber L. certhiola, die Brehm damals aus Autopsie noch nicht gekannt haben kann, denn anderen Falles würde derselbe wohl nicht geneigt gewesen sein, diese unzweifel- hafte Art als Subspecies zu behandeln. Es erscheint mir nicht erforderlich, hier mich darüber weiter zu ergehen: v. H.). Alle diese Arten zeichnen sich durch sehr lange und üppige Unterschwanz-Deckfedern aus, welche besonders fürihren Aufenthalt auf feuchter Erde oder zwischen hohem Grase geeignet sind. — Die in Frage stehende Art fand ıch zuerst den 4. Juni auf einer kleinen Insel, Ptino- ostroff (Vogelinsel), die im Ladoga liegt. Hier schien sie nicht selten zu sein, denn ich hörte 5 oder 6 Männchen singen; aber in Folge der ungewöhnlichen Geschicklichkeit, sich zwischen Gebüsch und Gras zu verbergen, gelang es mir an dem Tage nur zwei derselben zu schiessen, wovon das eine so nahe war, dass es zu sehr zerschossen wurde. Sie hielten sich in einem Walde von Birken und Kiefern auf, mit sumpfigem Boden und mitGras bewachsenen Erhöhungen. Wenn es nach lange fortgesetztem Suchen gelang, den Vogel zu bekommen, warf er sich gewöhnlich von einem Baume oder Busche flugs nieder in’s Gras und verschwand, um an einer entlegenen Stelle seinen Gesang wieder anzufangen, schwieg aber, sobald er Verfolgung merkte. In anderen Gegenden, z. B. am See Onega, fand ich späterhin doch, dass man ihn leicht zum Gesang verleiten konnte. Ich nahm nämlich zwei Schilfblätter, rieb sie gegen einander, und brachte dadurch einen, seinem Gesange einigermassen gleichen Laut hervor. Dann begann er erst leise und in kurzen Sätzen wieder zu singen, aber bald lauter und immer lauter. Konnte man sich dann still und verborgen halten, so sah man, wie der arme kleine Sänger eifrig zur Erde sprang, und neugierig nach dem Erzeuger der falschen Töne umherspähte. Auf der Canalreise nach Sermarks, am Onega und an anderen Stellen hörte ich diesen Gesang besonders des Abends, ja sogar während der ganzen Nacht. — Nachdem ich den Vogel in diesen Gegenden in nicht geringer Anzahl ange- troffen hatte, wurde es mir wahrscheinlich, dass derselbe 28 W. Mewes und E. F. von Homeyer. auch in Finnland vorkommen könnte, da der Abstand von Ladoga von dort bis zum finnischen Strande nicht so weit ist. Die Bestätigung dieser meiner Vermuthung, die ich kurz nach meiner Heimkehr durch Professor Malmgrens Mit- theilungen*) erhielt, dass wirklich ein solcher Vogel in Finnland geschossen worden, kann mich also nur freuen. Aber ich halte es ebensowenig für unmöglich, dass auch Loc. naevia dort vorkommt. — Zwei geschossene Männchen waren ziemlich gleich, aber das dritte, zerschossene Exem- plar, möglicherweise ein Weibchen, war etwas abweichend. Ich werde hier weiter unten die Maasse von allen mittheilen, obgleich das vom letzten unvollständig ist. Altes Männ- chen im Frühlingskleide: Die erste Flügelfeder sehr schmal und 4 mm. kürzer als die Handdecken; die zweite am längsten, die dritte etwas kürzer. Die äusseren Schwanz- federn ı4 mm. kürzer als die mittelsten; die letzteren reichen 36 mm. über die zusammengelegten Flügel hinaus. Die langen unteren Schwanzdecken reichen etwas über die äusseren Schwanzfedern; der Tarsus mit 6 Schildern be- kleidet, wovon das erste und sechste sehr kurz, das zweite und vierte gleich lang, das fünfte halb so lang wie das vierte. Ausserdem finden sich ein oder zwei kleine Schilde, welche auf dem Gelenk des Tarsus und der Zehen sitzen. Die Ober- seite des Vogels war dunkel olivenbraun, ohne Flecken; die Unterseite weissgrau;, Kehle und Kropf mit olivenbraunen Längsflecken, Steiss und Kinn weiss; Tragfedern und untere Schwanzdecken olivengrau, die letzteren in’s Bräunliche über- gehend und mit breiten weissen Spitzen versehen; Füsse bräunlich horngrau; Oberseite der Zehen dunkel olivengrau, Unterseite perlgrau; Iris hellbraun. Das zerschossene (2?) hatte dunklere Längsflecken auf dem Vorderhalse und sogar unter dem Kinn nur einen schwachen Anstrich von gelbgrau auf der Brust. Die erste Flügelfeder 6 mm. kürzer als die Handdecken. #®) Öfvers. af Finska Vet. Soc. Förhandl. 1869. XII. no. I. pag. 2. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 29 Die Maasse sind folgende: ae: | Schnabel | Zehen | S B | & - 2 : | = S S | 5 IuE|ga|| $ || Mittel- | Hinter-|| = = Local sa| SZ || zehen | zehen |" | (do) Il 2 d| ı52 220 || ı2 16,5 22 | 1545 |7,5+6, | 73 | 60 || Ptino-ostroff | d || 162 230 \ıı | ı7|22 | 445 |7,5-+6 || 74 || 60 Andoma ’o|ı — — |ı10| 16j 20 || 1544 746,5 | 72 |56 | Ptino-ostroff | I Zwischen den übrigen im hiesigen Museum befindlichen Exemplaren befindet sich eines aus Ungarn, welches sich durch 79 mm. lange Flügel und 62 mm. langen Schwanz auszeichnet; übrigens weicht es wenig von den hier be- schriebenen Männchen ab. 48. Locustella naevia, Degl., Gerb. (Sylvia locustella, Lath.) Von diesem in Deutschland, England und Frankreich ziemlich allgemeinen Vogel sah ich mit Bestimmtheit nur zwei Exemplare, den 28. Juni bei Andoma, in der Nähe des Onega, auf einer sumpfigen Wiese. Ein Männchen, welches singend in einem Busche sass, wurde geschossen, das andere, wahrscheinlich ein Weibchen, von einem kleinen Grashügel aufgeschreckt. Ein Nest, so eifrig ich auch darnach suchte, fand ich nicht. Der Gesang dieser und der vorhergehenden Art, die sich auch in dieser Gegend fand, war einander so ähnlich, dass ich sie damals nicht unterscheiden konnte, wesshalb es wahrscheinlich ist, dass ich diesen Vogel mehrere Male auf der Reise gehört habe. Altes Männchen: Die erste Flügelfeder ı mm. länger als die Handdecken; die zweite länger als die vierte; die dritte am längsten. Die äusseren Schwanzfedern ı3 oder ı4 mm. kürzer als die mittleren; die unteren Schwanzdecken ıo mm. kürzer als die letztgenannten, die 37 mm. über die Flügelspitzen reichen. (Die übrigen Dimensionen sind bei der folgenden Art an- gegeben.) Die Oberseite olivengrün, jede Feder mit einem graubraunen Längsfleck, mit Ausnahme der grösseren oberen Schwanzdecken, die wie die Flügel- und Schwanzfedern braungrau waren; über den Augen ein weisslicher Strich; 30 W. Mewes und E. F. von Homeyer. die Unterseite weisslich, die Seiten olivengrau, mit einigen undeutlichen Schaftflecken; die Kehle weiss mit gelbgrünem Anstrich; auf dem Kopfe ein halber Kranz von bleichen, olivengrauen Schaftflecken. Die unteren Schwanzdecken grauweiss mit grossen, graubraunen Schaftflecken. Ein Männchen, welches ich bei Greifswald den 24. Mai 1847 schoss, hatte einen etwas längeren Schwanz und auch kleine Längsflecken unter der Kehle. Das gleichzeitig geschossene Weibchen war auf der ganzen unteren Seite ohne Flecken, ausgenommen die unteren Schwanzdecken, welche denen des Männchens gleich waren. Alle Exemplare werden auf dem hiesigen Museum aufbewahrt und die Dimensionen bei der folgenden Art angegeben. (Die Gruppe der Heuschreckensänger war, bis vor wenig Jahrzehnten, ziemlich unbekannt. Selbst Naumann verwechselte noch die Eier mit denen der Sylvia cinerea, obgleich er die Art in ziemlicher Nähe zahlreich nistend hatte. So lange man die Lebensweise der Art nicht kannte, wurde dieselbe, bei ganz versteckten Gewohnheiten, nicht oder selten bemerkt. v. H.) 49. Locustella lanceolata, Degl., Gerbe. (Motacilla locustella, Pallas), (Sylvia lanceolata, Temm.), (Salicaria locustella, var. lanceolata, Radde*). Hierzu Tafel XIV. Figur ı. Während der Bootsfahrt den Onega abwärts, in der Nähe von Posad, hörte ich den og. Juli zur Mitternachtszeit einen lebhaften und anhaltenden Gesang eines Heuschrecken. sängers, der sıch in einem nahe gelegenen mit kleinem Gebüsch und Sumpfpflanzungen bewachsenen Moore aufhielt. Ich stieg sogleich an’s Land, und obgleich es Dämmerung war, glückte es mir doch, nach längerem Suchen, den Vogel auf einem abgehauenen Stamme zu erblicken, wo er erlegt wurde. Ich wurde über diesen mir unbekannten Vogel ver- wundert und entzückt und wage zu behaupten, dass, wenn Pastor Brehm oder Professor Blasius diesen hübschen, *, Reisen im Süden von Ost-Sibirien. II. 1863, pag. 266. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 31 eben geschossenen Vogel in die Hand bekommen hätten, ihnen der Gedanke, dass sie eine Calamoherpe locustella vor sich sähen, ebenso fern wie mir selbst gelegen hätte. Da dieser Vogel in Europa sehr selten ist und wenig bekannt zu sein scheint, habe ich es zweckmässig gefunden, hier die in natürlicher Grösse ausgeführte Abbildung beizufügen. Wenn man einen Blick auf die mir zu Gebote stehende Literatur wirft, z. B.: Brehm’s Vogelfang, Blasius in Naumannia, Bree, Birds of Europe, Fritsch, Vögel Deutsch- lands, Radde, Reisen, II. p. 265, 266, von Homeyer, Journal für Ornithol. 1870, p. 166 u. s. w., findet man, dass grosse Unsicherheit und Verschiedenheit der Ansichten in Bezug auf die Selbständigkeit oder Identität der Art mit Locustella naevia herrscht*). Dr. Radde z. B., welcher Professor Blasius Ansicht, Loc. lanceolata nur als eine Varietät zu Loc. naevia anzusehen, gefolgt ist, hat eine Vergleichungs- Tabelle von beiden geliefert, woraus man sieht, dass sich ein grosser Unterschied in den Dimensionen zwischen den- selben findet. Das in der dritten Rubrik aufgenommene Exemplar von Deutschland scheint doch eine Varietät von Loc. naevia zu sein, und müsste deshalb zu den beiden ersten »typischen« Formen gerechnet werden. In Petersburg hatte ich Gelegenheit, das von Dr. Radde in der Mongolei 1856 geschossene Exemplar mit dem meinigen zu vergleichen, und fand sie im Ganzen einander recht ähnlich; aber die Farbe des ersteren war im Allgemeinen etwas heller, weil die schwarzen Längsflecken auf demselben nicht so gross und deutlich waren. Ein anderes Exemplar im Petersburger Museum von Jakutsch, 29. Mai 1844, hatte dieselbe Farbe wie Radde’s, aber der Schnabel war etwas länger (15 mm.) und dicker, der Schwanz hingegen kürzer. Leider habe ich vergessen, die Farbe der unteren Schwanzdecken dieser Exemplare anzuzeichnen. Altes Männchen (Posad, 9. Juli). Die erste Flügelfeder kaum länger als die Handdecken, die zweite länger als die vierte, die dritte am längsten. Die äusseren Schwanzfedern 16 bis ı8 mm. kürzer als die mittel- *) In Ornithologie Europ&enne von Degl. et Gerbe 1867 ist sie doch als selbständige Art aufgenommen und gut charakterisirt. 32 W. Mewes und E. F. von Homeyer. sten; diese erstrecken sich ungefähr 30 mm. über die Flügel- spitzen. Die Farbe der Oberseite olivengrau mit grossen, schwarzen Längsflecken, die sich auch über die grossen oberen Schwanzdecken ziehen. Ein heller Strich über die Augen. Die schwarzen Flecke auf dem Kopfe bilden vier deutliche, von der Stirn bis zum Nacken gehende Bänder; die kleinen Flecken des Hinterhalses zahlreich. Flügel- und Schwanzfedern graubraun mit rostgrauen Kanten; die drei innersten Flügelfedern schwarzbraun mit weissgelben Kanten. Die Unterseite gelblich weiss, auf der Brust dicht mit kleinen, auf Tragfedern mit grossen schwarzen Längsflecken bedeckt, welche sich auf dem unteren Bürzel begegnen; (Durch- kreuzungen); Kehle und Mitte des Bauches beinahe weiss. Die unteren Schwanzdecken röthlich rostgelb, diegrösseren ohne Flecken. Der etwas dicke Schnabel oben schwarz, unten blassgelb, wie auch die Beine; Iris schön braun. Um die plastischen Verhältnisse besser anschaulich zu machen, folgen hier die Dimensionen von Loc. lanceolata und naevia. IS | Schnabel | Zehen | & 2 cn = = = 3 | | Name BE 3 |»: 2 5 | Mittel- | Hinter- Sie Local | Ö | eo Si ) = lol | sa| == | zehen zehen | 102) | | | | L. lanceolata |& 1133174110 15 |18 113+3,5 |6,5+6,5 54.45, Posad » n —|| — | — [to [14,5 18,5) — 14,5156146| Mongolei » naevia |I& 14o0ltg7lıa Jı5 20 It4+4 745,562 54| Andoma Bih r 81 |—- 1105114,5/21,511444 | 7+6 [6259| Greifswald » » || = — [10 |14,5|20,5|14+4 7+5 [61152 » (Im Vorstehenden zeigt Meves wiederum seine grosse Beobachtungsgabe und seinen scharfen Blick für Uhnter- scheidung der Arten. Sobald derselbe einen Vogel singen hörte und denselben auch natürlich erlangte, war er keinen Augenblick zweifelhaft, dass der Vogel, welchen er in der Hand hatte, nicht Loc. naevia sein könne. Die Maasse weichen ja auch nicht unerheblich ab, doch halte ich die weit intensivere Strichelung der L. lanceolata auf Brust und Vorderhals, sowie den unteren Flügelbau bei beiden Arten weit entscheidender. Bei L. lanceolata ist die zweite Schwinge die längste, also ungefähr mit der dritten gleich, bei Loc. naevia mit der vierten. Zu einer Zeit, wo man diese Vögel Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 33 nur selten aus Autopsie kannte, wagte man an zufällige oder locale Abänderungen zu denken, heute wird wohl nie- mand geneigt sein, beide Arten vereinigen zu wollen. Radde, Sibirische Reise. II. p. 266, ist geneigt, auch Loc. certhiola mit L. naevia zu vereinigen. Wesentlich in Folge seiner Masstabelle. Es ist mir ganz unbegreiflich, wie Radde’s Schnabelmessungen bei L. naevia grösser sein können, als bei L. certhiola. Bei denjenigen Vögeln, die ich in verschie- denen Sendungen und Sammlungen zu untersuchen vielfach Gelegenheit hatte, waren alle Schnäbel auffällig stärker bei L. certhiola, so dass man den Vogel mit Sicherheit durch den blossen Anblick des Schnabels erkennen konnte. Auch die noch in meiner Sammlung befindlichen Exemplare zeichnen sich ebenso aus und sind sowohl, vom Kinn, als vom Mund- winkel gemessen, ı'/), bis 2 mm. länger und weit grösser. L. lanceolata ist, verglichen mit L. certhiola, ein Zwerg mit weit intensiveren Flecken. Dies zeigt sich besonders, worauf auch Meves hinweist, an den unteren Schwanzdecken, welche bei L. certhiola hell rostweiss ohne Schaftflecken sind, bei L. lanceolata kräftige Flecken haben. Nur die jungen Herbstvögel tragen einfarbig rostbraune untere Schwanz- decken. Die Auffindung von L. lanceolata und L. certhiola durch Meves hat diesen Arten wohl zu einem sicheren europäischen Bürgerrechte verholfen. v. H.) 50. Locustella? certhiola, Pall. (Motacilla certhiola, Pall.; Salicaria certhiola, Blasius, Radde,; SylIv. (Locust.) ochotensis, Midd. Tab. XVI. Vol. ı Fig. 7—8, jung). Da ich sowohl in den Museen in Petersburg und Helsingfors, als in Stockholm Gelegenheit gehabt, eine grössere Anzahl Alte (ungefähr ı2) von Sylvia certhiola, P. und (6) von Sylvia ochotensis, diesen in Sammlungen noch so seltenen Vögeln, zu untersuchen, dürfte es mir erlaubt sein, einige Worte anzuführen, inwiefern Sylvia ochotensis, Midd. wie eine selbstständige Art, oder wie ein Junges von S. certhiola, Pall. angesehen werden muss. Die meisten dieser alten Vögel, hatten die Oberseite einfarbig rostgrau, aber einige z. B. in Helsingfors, zeigten längs der Federschafte eine 3 34 W, Mewes und E. F. von Homeyer. dunklere Zeichnung und stimmten am meisten mit der Be- schreibung von Pallas überein. Ichhabe jedoch kein Exemplar mit so stark gezeichneten Flecken, wie bei der Figur in »Bree’s Birds of Europe*) gesehen. Bemerkenswerth ist es auch, dass kein Verfasser das Jugendkleid von S. certhiola beschrieben hat und dass ich ebenso wenig als Junge be- zeichnete Exemplare von dieser Art gesehen habe. Ferner entsteht die Frage, ob S. ochotensis überhaupt schon im Frühling gesehen und untersucht worden ist, welches ich den Angaben, welche die Verfasser hierüber liefern und nach den Exemplaren, die ich von S. ochotensis gesehen habe, bestreiten möchte. Dr. von Middendorff sagt: dass 6 ausgewachsene Exemplare den 24. Juli (5. August) bei Uds’koj-os-trög geschossen wurden und Dr. Radde traf Mitte August solche an. Ein mit erstgenanntem Datum und Local signirtes Exemplar kam 1848 nach dem hiesigen Museum, welches ich nun genauer untersuchte. Es stimmt durchaus mit Middendorff’s Beschreibung überein; die Ober- seite ist rostbräunlich mit dunkleren Schafiflecken; die gelb- liche Unterseite ist wahrscheinlich bedeutend verblichen; »der Schnabel kürzer und die Beine dicker u. s. w.e Be- trachtet man indessen den Schnabel genauer, so zeigt er nicht die glatte Fläche, wie bei S. certhiola, sondern ist in Folge des Zusammentrocknens etwas runzlich; Beine und Nägel sind bleich, beinahe ohne Glanz und von weicherer Beschaffenheit; Flügel- und Schwanzfedern waren ausge- wachsen, aber die Spitzen der letzteren nicht mit bestimmt geformten, sondern mit ungleichen flaumenartigen Strahlen versehen, und die Schaftspitze, worauf wahrscheinlich die Dunen befestigt gewesen, war kürzer als die Seitenstrahlen. Zwischen den kleinen Federn waren viele noch mit Blut- spulen versehen, ohne dass sich eine einzige abgenutzte Feder darunter fand, die als vom Frühlingskleide herrührend, an- gesehen werden konnte. Alles dies deutet darauf hin, dass der Vogel noch seine ersten Flügel- und Schwanzfedern trägt, dass aber die ersten dünnstrahligen, kleinen Federn *)" vol. 11; pas. nor. EN Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 35 des Nestkleides umgetauscht sind. Ein junges Exemplar mit ganz kurzem Schwanze bekräftigt dieses. Bei einem alten Vogel in der Mauser würden zu dieser Jahreszeit unwill- kürlich einige abgetragene Flügel- oder Schwanzfedern, sowie eine oder die andere Flügeldeckfeder übrig geblieben sein. Dass alte Vögel im reinen Herbstkleide eine mehr einfarbige, wenn auch mit hellen Rändern versehene Oberseite als die Jungen nach der ersten vollständigen Herbstmauser haben, lässt sich bestimmt annehmen, und möglicherweise hat ein Junges in einem solchen Kleide zum Vorbilde für Bree’s Figur mit etwas zu scharf markirten Flecken gedient. Aus dem Angeführten dürfte es klar sein, dass SyIv. ochotensis nicht als Art, sondern nur als Junges von Loc. certhiola, P. betrachtet werden kann. Nachtrag: Hiebei ist wohl zu bemerken, dass ich nur die Exemplare von Ochotzk im Auge hatte. Nachdem ich ein, durch die schwedische Jenisey Expedition von 1876 mitgebrachtes, altes Männchen untersuchen konnte, welches sich durch den stark gefleckten Scheitel und Oberrücken, genau der Pallas’schen Beschreibung anschliesst, und auch mit der von Dresser kürzlich gegebenen Abbildung ziemlich übereinstimmt, so fällt mir die Verschiedenheit mit L. ocho- iensis oder eigentlich mit L. certhiola, Midd. sehr auf. (Wir haben ja gesehen, dass Frühlings- und Herbst- respective Jugend-Kleider der Rohrsänger, welche in Deutsch- land leben, lange Zeit für verschiedene Arten gehalten wurden. Zu Anfang der 4oer Jahre erhielt ich mehrere Stücke von Calamoherpe aquatica in der Mauser, welche die Arteinheit von Calamodyta cariceti und aquatica un- zweifelhaft erwiesen. Als ich im Jahre 1845 oder 46 bei Naumann war, sprach ich zu ihm über die Einheit dieser, bisher getrennten, Arten und unser grosser Ornithologe war fast wehmüthig berührt, als er die Ueberzeugung gewonnen, dass Calamoherpe aquatica nicht mehr als Art zu halten sei. Ich bin nun der Ansicht, dass nicht allein L. ochotensis, sondern auch noch manche andere in neuerer Zeit auf- gestellte Arten weiter nichts als Herbstkleider bereits bekannter Arten sind. Ich musste hier nur darauf hinweisen, dass alle 3*+ 36 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Rohrsänger im ersten und auch im Herbstkleide der Alten mehr Rostfarbe und weniger Strichelung haben v. H.). 5l. Calamodyta schoenobaenus, Linn. (Sylv. phragmitis, Bechst.) Der Schilfsänger wurde allgemein auf allen passenden Stellen vom Ladoga-Kanal bis zur Onega-Bucht und längs der Dwina angetroffen. Dass diese Art in Scandinavien ebenfalls hoch im Norden vorkommt, hat nach Professor Mälmgren |. c,, schon W. v. Wright bemerkt und ich muss hinzufügen, dass ein Männchen, welches bei Munio- niska den 22. Juni 1832 von W. von Wrigth’s Reise- gefährten, Oberförster Stenius, geschossen wurde, auf dem hiesigen Museum bewahrt wird. Ein Zweifel über die Richtig- keit der Angabe kann also nicht in Frage kommen. Auf dem Universitäts - Museum in Helsingfors befinden sich mehrere im Ural geschossene Exemplare. Als ein Curiosum dürfte hier angeführt werden können, dass in Syst. Nat. von Gmelin pag. 953 Nest und Eier von Mot. schoenobaenus auf folgende Weise beschrieben werden: »ın silvis nidum ex muscis et lana struens, et 4—5 ova coloris coelestis pa- riens«. Man könnte versucht werden, zu glauben, dass ein Rothschwänzchen- oder Buchfinkennest mit ungefleckten Eiern dem Verfasser in die Hände gekommen. 52. Calamoherpe (Salicaria) magnirostris, Lilljeborg (Sylv. arundinacea, Eversm.) = Acrocephalus dumetorum Blyth. Es glückte mir leider nicht, diesen von Prof. Lilljeborg‘) zuerst als geschiedene Art beschriebenen Sänger, selbst zu schiessen, aber ich bin der Ueberzeugung, dass ich auf der Kanalreise zwischen Novaja Ladoga und Sermaks 5 oder 6 solcher Männchen singen hörte. Das Boot legte nämlich den ıı. Juni in der Nacht bei einer Station Waronoff, un- gefähr 40 Werste von Nowaja Ladoga an und blieb dort einige Stunden. Die Vögel hielten sich in einem mit Weiden- *) |. c. pag. 274—78. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 37 büschen bewachsenen, sumpfigen und unzugänglichen Moore längs des Kanales auf, und meine Versuche, dort hinein zu dringen und einen Vogel zu Gesicht zu bekommen, sollten missglücken. Der Gesang, der angeblich schöner als der der Nachtigall (Z. philomela) sein soll, hatte an Fülle und Abwechslung etwas Eigenthümliches, erinnerte mich aber mehr an den von Calamoh. palustris und Hypolais salicaria als an L. philomela. Ich suchte mich mit dem Gedanken zu trösten, diesen Vogel während meiner Reise noch auf einer anderen Stelle treffen zu können, aber diese Hoffnung betrog mich. Sollte indessen der gehörte Vogel nicht der vermuthete sein, dürfte es den Untersuchungen, die ich im Petersburger Museum anzustellen Gelegenheit hatte, nicht an Interesse fehlen. Dort fanden sich nämlich vier Sylvien, welche ich sogleich als zu Sal. magnirostris gehörend, be- trachtete, obwohl sie mit anderen Namen bezeichnet waren. Nr. ı war signirt! »SylIv. hypolais« 2', geschossen in Peters- burg im Mai ı852 von Dr. Heffner. Auf der Rückseite der Signatur stand russisch geschrieben: »Der Vogel hielt sich in Gärten auf und hatte einen schöneren Gesang als die Nachtigall.« Nr. 2 sign. SyIv. arundinacea d‘, geschossen bei Spask (Ural) den 23. Juni 1842 von Dr. Eversmann. Auf der Rückseite hatte eine spätere Hand gezeichnet: Sylvia palustris. Nr. 3 sign.: SyIv. trochilus, später geändert zu S. arundinacea, Semipal. April 1843. Nr. 4 sign.: » Sylvia palustris«, »gekauft auf dem Vogelmarkte in Petersburg.« Dass dieses Exemplar in Gefangenschaft gewesen, zeigten die abgeschleiften Flügelspitzen und die fehlenden unteren Schwanzdecken. Es wurde mir gütigst erlaubt, Nr. ı und 2 zur näheren Untersuchung nach Stockholm mitzunehmen. Da es von grossem Interesse für mich war, Professor Lillje- borg’s Ansicht über diese Vögel zu hören, zeigte ich ihm dieselben, worauf er Folgendes äusserte: »Diese Sylvia ist 5. magnirostris, Lilljeb. mit einigen unbedeutenden Ver- schiedenheiten von dem von mir beschriebenen Exemplare, welche jedoch nur als individuelle betrachtet werden können. Der Schnabel scheint etwas niedriger, soviel ich mich er- innern kann, aber er ist doch immer viel grösser als der 38 W. Mewes und E. F. von Homeyer. von S. palustris, obgleich der Vogel bedeutend kleiner ist als dieser.« — Endlich erfüllte Herr Professor Wahlgren auch den Wunsch, das im Museum zu Lund aufgestellte Lilljeborg’sche Original-Exemplar von Kargopol (Nr. 5) vergleichen zu können, indem er mir dasselbe gütigst hierher sandte, weshalb ich mich ihm zum Danke verpflichtet fühle. Der Farbe nach glichen alle 5 Exemplare sehr Cal. palustris; vielleicht sind sie doch auf der Oberseite etwas dunkler*) olivgrau als diese. Es ist deshalb leicht erklärlich, dass Cal. magnirostris mit dieser Art verwechselt werden konnte, sobald man die Aufmerksamkeit vorzugsweise auf die Farbe richtete; betrachtet man aber die plastischen Verhältnisse mit der gehörigen Aufmerksamkeit, sind die Verschiedenheiten sehr in die Augen fallend. Die erste Flügelfeder ist (wie bei C. palustris und C. arundinacea) kaum länger als die Handdecken, die zweite ist kürzer als die fünfte, aber länger als die sechste; die dritte und vierte am längsten. (Hierdurch sind die Flügel abgerundet.) Bei C. palustris und arundi- nacea ist die zweite Feder beinahe mit der vierten gleich und die dritte am längsten. — Der leichteren Uebersicht wegen, werden hier die Masse von drei C. magnirostris, zwei C. palustris und zwei C. arundinacea mitgetheilt. | =|| || Schnabel | Zehen Is! R (2 & | EIS ee z| Name 35|8|12 25|5|28 |35|= |% Local | Il | es Sell See keist Ne: 9 | KA ER EZ 4 | f | Be ı | C. magnir. |& | — 13 |18,5 |22,5j12-+4|746162 ;|j52) Petersburg 21» » |&| -|13 |ıs |22,5l124+4745|62 152) Spask 5| ” » öı24| 13 17,5 |22,512+4 646/60 |50| Kargopol(Lilljeb) 6, C. palustr.\S | —- | 12,5 |18 [22,5 ı6 13,5 |67 54 Göttingen an » || [1140| 13 |18,5 |21,5|] 16,5 |12,5 |66,51154| » 8 C. arund. |Iö|Iı40) 12,5 |18 |21,5|| 16 | 13 67. ||56) Pommern 9| » » ö|—|lı2,5lı7 |22 | 17 |13,5 63 I Göteborg [= *) Die von Professor Lilljeborg gelieferte Figur hat doch eine allzu dunkle Oberseite. M. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 39 In Petersburg hatte ich Gelegenheit, Eversmann’s Addenda ad ccel. Pallasıi Zoogr. Rosso-Asiatic.*) zu benutzen und fand die Beschreibung seiner arundinacea ziemlich übereinstimmend mit dem Exemplare Nr. 2, aber dass die zweite Flügelfeder fast gleich ist mit der sechsten, wird nicht gesagt. Es wird darin angeführt: »Rostrum paulo robustius, longius et latius est uam in S. palustri,« welches nicht von S. arundinacea gesagt werden kann. — Im Journale für Ornithologie 1853, p. 286 äussert der Verfasser hinsichtlich “ der Frage über $. scita, »dass S. arundinacea sich an allen Flussufern Russlands und Sibiriens, sowohl im Norden, wie im Süden in ausserordentlicher Menge findet«. Aber dass die Iden- tität von Mot. salicaria, Pall. mit S. arundinacea, Briss. nicht angenommen werden kann, will ich bei der folgenden Art näher beleuchten. Aus dem Angeführten dürfte hervorgeben, dass es zweifelhaft ıst, ob Cal. palustris und Cal. arundi- nacea in Sibirien und im nördlichen Russland vorkommen. (An der Wolga sind beide Arten häufig. v. H.) Die für diese Art angesehenen Exemplare gehören wirklich zu Cal. magnirostris, welche folglich dort nicht selten sein dürften. Mich auf diese Vermuthung stützend, wage ich es, hier von einem Gelege zu reden, welches ich in Archangel von dem vorhin genannten Landmanne gekauft hatte, weil ich Gründe habe, anzunehmen, dass sie dem in Frage stehenden Vogel angehören. Dr.Baldamus, welcherdie Gütehatte, eines dieser Eier zu untersuchen, schreibt mir: »Das Ei kann S. magni- rostris gehören, aber auch 8. arundinacea«. — Diese Eier gleichen sehr denen von C. arundinacea, sind aber etwas grösser und glänzender als die letztgenannten und kurz oval. Die Farbe grünlich weiss, mit zahlreichen grösseren und kleineren, unregelmässigen, graubraunen und blassgrauen Flecken, am dichtesten bei dem dickeren Ende. Das kleinste war ı8—ı5 mm., das grösste 19,5—ı4 mm. Ueber die Beschaffenheit des Nestes konnte ich keine Aufklärung er- halten. *) Nach meiner Rückkehr habe ich vergebens versucht, mir diese seltene Arbeit zu verschaffen. M. 40 W,. Mewes und E. F. von Homeyer. 53. Iduna salicaria, Blas. (Mot. salicaria, Pall. (exclus. syno- nymis), S. caligata, Licht., S. scita, Eversm., Aypolais (?) caligata, Gerbe.). Auch mit diesem Vogel hatte ich fast dasselbe Schicksal, wie mit dem vorigen. Bei regnerischem Wetter auf einer Telega fahrend, hörte ich den 4. Juli, sieben Werste von der Station Tichmanskoi nahe beim See Latscha, einen starken, schönen, mir unbekannten Gesang von einer Sy/via. Sie hielt sich auf einer wasserreichen, mit Weiden und Erlen bewachsenen Wiese auf, und flog singend von Busch zu Busch. Ich betrachtete den kleinen grauen artigen Vogel in einer Entfernung von ungefähr ı2 Ellen, und glaubte zuerst, dass ich eine S$. trochilus vor mir hätte. Er flog eine Strecke weiter und liess seinen Gesang von neuem hören. Ich schoss, aber unglücklicher Weise fiel er zwischen hohes Gras, so dass alle Mühe, ihn aufzusuchen, vergeblich war. Im höchsten Grade missmuthig, musste ich meine Reise zur Station fortsetzen, wo ich den ganzen folgenden Tag blieb; aber der zunehmende Regen machte eine grössere Excursion unmöglich. Der Gesang hatte eine gewisse Aehnlichkeit mit dem von Fypolais salicaria, aber näherte sich auch dem des Schilfsängers. Als ich nach Petersburg zurückkam, sah ich auf dem Museum drei Exemplare von S. scita, und kann nicht bezweifeln, dass es dieser Vogel war, den ich auf obgenannter Stelle gesehen hatte. Die Synonymie dieses Vogels scheint durch neuere Ornithologen ziemlich bestimmt zu sein, da aber Dr. Eversmann im Journal für Orni- thologie 1853 die Ansicht zu vertheidigen sucht, dass Mot. salicaria, Pall. identisch mit S. arundinacea, Briss. sei, dürfte es mir erlaubt sein, Folgendes anzuführen: ı. sagt Pallas 1. c. ausdrücklich, dass Mot. salicaria kleiner als Mot. sylvia (S. curruca, Lath.) ist; 2. beschreibt er die sehr bezeichnende erste Flügelfeder so: remigibus ı9, quarum prima °/, brevior”); bekanntlich ist die bei S. arundinacea beinahe gleich lang mit den Handdecken. Die drei Exem- plare auf dem Museum in ‚Petersburg von SrlIvia scita, *) tectricibus. rnithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 41 Eversmann, nämlich zwei Alte und ein Junges, waren vom Ural. Das Männchen, den ı8. Juni 1842 geschossen, war oben bräunlich grau, der Bürzel gelbgrau, die Flüge!- und Schwanzfedern braungrau; ein undeutlicher Strich über den Augen gelblich; die Unterseite grauweiss, die Kehle und Mitte des Bauches am hellsten. Der Schwanz abge- rundet, die äusseren Federn 4!/, mm. kürzer als die mittelsten. Das Weibchen glich dem Männchen. Bei dem Jungen (ein Männchen den 6. Juli bei Spask geschossen) war die Farbe heller ockergrau, besonders deutlich auf den Spitzen der Flügelfedern, der gelblich weisse Augenstrich breit. Ein mit dem letztgenannten am meisten übereinstimmendes Exemplar von demselben Local, hatte Herr ProfessorMäcklin die Güte mir zu leihen, und bei diesem ist die erste Flügel- feder 6 mm. länger, als die Handdecken; die zweite gleich lang mit der sechsten, die dritte und vierte am längsten. Der Schwanz weicht etwas von dem der Alten ab, indem er zwar abgerundet ist, aber die beiden mittelsten Federn einige Millim. kürzer, als die nächsten sind; gewiss zufolge einer bei Jungen vor der Mauser seltenen Unvollständigkeit in der Entwicklung. Der Tarsus ist mit sieben Schildern bekleidet, deren erstes, zweites und siebentes sehr kurz, das dritte, vierte und fünfte gleich lang sind, das sechste kürzer ist. Ueberdies ist die Wurzel der Zehen mit zwei kleinen Platten bedeckt. Der Schnabel ist an der Wurzel mehr hoch als breit. Die übrigen Maasse sind folgende: | } | | I =) = | Schnabel | Zehe | T Ss 2 | 2 IS: = a Y en |) . | naher: less: le: Ba SE 5 |ss=lE)S8 88 88) a al erzelrele | | | | BE | | |! | d def. — |21|| 15 | 10,560 |149|| Ural (Petrbrg.) y2 Io 14,5||20| ı4 | ı1 97 \def.| » > . ı juv. 95| 13 |19| 045, 545 161 147 » (Helsingf.). | | De ee | ' | l | | \ Es dürfte mir erlaubt sein, hier auch eınes Vogels vom nordwestlichen Indien zu erwähnen, nämlich: Phyrllopneuste rama, Sykes, für den ich dem Herrn Dresser zu danken habe, welcher seinem Briefe nach, denselben für Calamo- 42 W, Mewes und E. F, von Homeyer. herpe caligata, Licht. hält. Das Exemplar ist ein alter Vogei, aber in starker Mauser, so dass nicht alle plastischen Ver- hältnisse mit Sicherheit angegeben werden können. Er gleicht in der Farbe und in den meisten Verhältnissen Iduna salicaria, aber die Form des Schnabels zeigt doch, dass er eine echte Calamoherpe ist. Der Schnabel gleicht nämlich am meisten dem von C. arundinacea und ist in der Basis mehr breit als hoch. Die erste Flügelfeder ist sehr lang und reicht 8 mm. über die Handdecken hinaus; das Verhältniss der übrigen Federn kann bei vorliegendem Exemplare nicht bestimmt werden. Der Schnabel von der Stirn ı2, vom Winkel ı6 mm., die Mittelzehen 1045 mm., Hinterzehen 5-+5 mm,, der Tarsus 19 mm., der Flügel 60 (?), der Schwanz stark abgerundet, ungefähr 54 mm., Schnabel und Schwanz weichen also bedeutend von /duna salicaria ab. 54. Hypolais icterina, Vieillot, A. salicaria, Bp. (v. H.) (SyIv. hypolais, Linn.) Fand ich auf vielen Stellen nicht selten, z. B. Ladoga, Wuitegra, _am See Onega u. s. w. Ebenso wie Professor Lilljeborg fand ich deren Gesang oft abweichend von dem in Schweden gehörten, welches jedoch seinen Grund in dem Nachahmungs- Vermögen des Vogels haben kann. Leider reichte die Zeit nicht hin, eine Anzahl dieser Vögel zur Vergleichung einzusammeln. Auf dem Universitäts- Museum in Helsingfors findet sich ein Junges aus Sibirien. (Der Gesang dieser Art hängt nach meiner Erfahrung wesentlich von der Umgebung ab, indem sie gerne aus den Liedern anderer Sänger Töne und ganze Strophen auf- nimmt. — Der Name »icterina« ist zu verwerfen, theils weil derselbe vielfach missbräuchlich verwendet, theils auch die Vieillotschen Namen durchwegs unzuverlässig sind. Degland kannte die Art durchaus nicht hinreichend. So besitze ich noch von ihm mir eingesendete Original-Exem- plare von A. polyglotta und H.icterina, die aber beide zu seiner icterina gehören. Uebrigens ist der Name »polyglotta« sehr unglücklich gewählt, da diese (südliche) Art ein Stümper im Gesange ist. v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 43 55. Phyllopneuste rufa, Lath. (Sylvia abietina, Nilsson). Ziemlich allgemein bei Schlüsselburg, Wuitegra, Kar- gopol etc.; hielt sich in den Wäldern am liebsten in der Nähe eines Baches auf. (Hier wäre wohl eine genaue Beschreibung der erlegten Form wünschenswerth gewesen, indem in der Gegend von Moskau und in der Nähe des Ural kleinere, etwas von der mitteleuropäischen Art abweichende Formen vorkommen. Habe dergleichen aus der Umgegend von Moskau mehr- fältıg erhalten. v. H.) 56. Phyllopneuste trochilus, Linn. Von Petersburg bis Archangel allgemein. In meiner Jemtlandsreise erwähnte ich eines Nestes von diesem Vogel, welches in einem Weidenbusche, drei Fuss über der Erde, gebaut war. Zum äusseren Baumaterial war auch grünes Moos angewandt, wodurch es Aehnlichkeit mit dem Neste einer Grasmücke hatte. Es enthielt vier stark bebrütete Eier und das Weibchen wurde auf dem Neste ergriffen. DT. Phyllopneuste borealis, Blasius*). (Sylvia Eversmanni, Middle 2 Lab XV Moll; 8tie.1 2, aA enecHB} (exulus: Synonymis); S. Eversmanni, Radde; S. sylvicultrix, Swin- hoe)a Hierzu Fat X Ver Fig. 22, 8 jun, Auf meiner Rückreise von Archangel den 8. August fuhr ich auf einer Troika längs des grossen Landweges, der durch einen grossartigen Wald führte. Als ich in der Nähe des Dorfes Kopatschevskaja, welches ungefähr 102 Werste südlicher liegt, eine mir unbekannte Vogelstimme hörte. Ich liess augenblicklich halten und bemerkte bald in den nahestehenden Gebüschen vier bis fünf kleine grüne Laubsänger, welche ich, hinsichtlich der gleichen Farbe, ım ersten Augenblicke für Phyllop. superciliosus, Cab. hielt. Obgleich meine Freude über diesen Fund gross war, ahnte ich doch nicht, dass ich durch die späterhin gemachten Berichtigungen in mehrere für mich neue interessante Ver- *) Naum. 1858, p. 313. 44 W. Mewes und E. F. von Homeyer. hältnisse, die ich in dem Folgenden darzulegen suchen werde, eingeweiht werden sollte. — Andern Tages setzte ich die Jagd fort und traf noch mehrere Junge, die in Gesell- schaft ihrer Eltern den Wald durchstreiften und bald in Laub-, bald in Nadelholz niedergingen. Ihr Benehmen zeigte grosse Aehnlichkeit mit dem des Laubsängers. Die Alten suchten oft grüne Larven von Tenthredo oder Lophyrus, welche sie, in ıhren starken Schnäbeln haltend, so lange gegen einen Zweig schlugen, bis sie entweder für sie selbst oder für ihre Jungen zum Niederschlucken passend waren. Die meisten Jungen waren übrigens ausgewachsen, hatten die erste Mauser überstanden und suchten selbst ihre Nah- rung, welche aus kleinen Ameisen, Käfern und anderen Insecten bestand. Sie waren lebhaft und liessen ihren Lock- ton, tjättsch, tjättsch, der an den von. Musc. grisola oder S. atricapilla erinnerte, recht oft hören. Während meiner ferneren Reise traf ich sie noch ziemlich oft, un- gefähr 100 Werste weiter bis zur Station Pleselskaja, aber darauf keinen einzigen mehr. Ehe ich diesen nordischen Laubsänger näher beschreibe, dürfte etwas über seinen Namen angeführt werden. Nach Blasıus sollBonapartes Sylvia Eversmanni nur eine umgetaufte S. icterina *) Eversm.**) sein, weil ihm der Name nicht gefiel; Eversmanns S. icterina soll sich von Ficedula icterina, Vieill.”**) herleiten, die nach Blasius eigener Ansicht mit S. trochilus, L. zu- sammengeschlagen werden oder eine sehr nahestehende Art oder Form bilden müsse. Die von Middendorffl.c. beschriebene S. Eversmanni hat keine Gemeinschaft mit der vorher- gehenden, weshalb Blasius für diese Art den Namen Ph. borealis vorschlägt. Durch die Entdeckung des Sommerauf- enthaltes dieses Vogels — 60° d, L. und 66° d. Br. — wo auch Emb. rustica, pusilla, aureola und andere vorkommen, wird es wahrscheinlich, dass das von Blasius erwähnte, *) (Hier sieht man deutlich die Folgen dieses so oft missbräuch- lich angewendeten Namens. v. H.) **) Addenda ad Zoogr. Rosso-Asiat. **+) Keys. et Blasius, Wirbelthiere Europas. LVI, Nr. 218 und pag. 185. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 45 auf Helgoland*) gefundene Exemplar wirklich zu dieser Art gehört. Doch bewohnt sie wahrscheinlich die ganze zwischen Archangel und dem ochotzkischen Meere liegende Land- strecke. Die Individuen, welche sich während des Sommers in den nordöstlichen Gegenden aufhalten, überwintern wahr- scheinlich auf den Philippinen und in China. Die mit der Fregatte Eugenie von Manilla hieher gebrachten Exemplare und ein anderes von Amoy (unter dem Namen SS. sylvi- cultrix, Swinhoe) machen dieses glaubwürdig. Dieses Exem- plar aus China habe ich der Güte des Herrn E. H. Dresser zu verdanken und stimme seiner Ansicht bei, dass es ein S. Eversmanni, Midd. ist.”*) — Die alten Vögel, welche ich schoss, befanden sich in fast vollendeter Mauser. Es war nicht möglich, in der Farbe einen Geschlechtsunter- schied zu entdecken. Die Oberseite war graugrün, die äusseren Ränder auf den graubraunen Flügel- und Schwanz- federn hellgrün; ein breites Band von dem Schnabel bis zum Nacken weissgelb, ein anderes durch’s Auge oliven- grau; die Unterseite grauweiss mit gelblichem Anstrich unter der Kehle und längs der Mitte des Bauches heller; die erste Reihe der Armdecken mit weisslichen Spitzen. Der Schnabel oben braun, unten gelblich; die Beine bräun- lich, die Sohle gelb; Iris hellbraun. Die erste Flügelfeder sehr schmal, ebenso lang oder etwas länger ais die grossen Handdecken, die zweite Feder etwas länger als die sechste, kürzer als die fünfte, die dritte am längsten. Der Tarsus mit sechs Schildern bekleidet; das erste, fünfte und sechste sehr klein, der zweite ?/, der Länge des Tarsus etc.; über- dies ein bis zwei Zehenplatten.”**) Die Jungen nach der ersten Mauser waren fast schöner als die Alten und waren durch ihre deutlichen Bänder und dem übrigen Colorite nach Ficedula coronata, Temm. und Schleg. sehr ähnlich, sind aber durch ihre erste kurze Flügelfeder leicht zu unter- *) (Es unterliegt keinem Zweifel, dass diese, mehrfach auf Hel- goland gefundene Art, den ganzen Norden der alten Welt bewohnt. v. H.) **) (Die Art lebt auch, sehr wenig verändert, in China. v. H.) ***) (Die Vögel dieser Art von der Mewes’schen Reise, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, stimmen ganz mit sibirischen überein. v.H.) 46 W. Mewes und E. F. von Homeyer. scheiden. Fig. ı stellt ein junges Männchen in natürlicher Grösse vor; die erste Feder etwas vorgezogen. Sie ist bei den Jungen etwas länger als bei den Alten. Die vom Staats- rathe von Middendorff genannte kurzschnäbelige Form, welche sich auf keine andere Weise von dieser Art unter- scheidet, babe ich nicht gesehen, wohl aber eine solche, welche im Verhältniss der Flügel bedeutend abweicht. Diese werde ich unter der nächstfolgenden Art beschreiben. Um die Grenzen zu zeigen, worin die plastischen Verhältnisse variiren, will ich nachstehend die Dimensionen von 14 Exem- plaren von W. Russland, Sibirien, Manilla und China geben. | 5 |Schnabel|| = 5 n = KH el = 2 = © Zr = z| 5 |&|8182].8| 5 8 5 |#|® || Local I. se | Seal SAH E El ı | &ad 1128200 11,5,14,5| 19 10+3 6-+3,5 164147 | Kopathjev 2 | Qad |ı24188 ıı 114,5 19 || 1044 || 645 16145 | » 3 || Qad 125jlrgöjtı |14,5| 20 1044 |6,5+3,5 1163145 | » 4 || Öj. || — 1189| 9,5/13,5| 18 93,51 6+3 || 62]46,5| » 5 | Öj. 1130206 11 115,5|19,5| 10+3,5[6,5-+3,5 168150 || » 6, Öj. 1129 198110,5115 20 |10,54-3,516,5-44,5 || 64147 || » 7 || 8j. 13120811 14,51 20,5|10,543,5| 6+4 |67l45 || » 8 | 2j. |123j20210,513 |iıg [10,543 || 6+4 1164144 | « 9 | 2j. \127l195l10,5114 20 ıı+3 16,5—3,5 162145 | » ıo | 2j. |—1—|Irı [15 18 || 1043 || 643 62144 || n ıı |ö!ad!—|—|ır |15 |20 ı10+3 | 7+4 |66146 | Ochotzk ı2 | Qad |— | — || 9,5|113,5 20,5 12,5 9 65148 | Sibirien 13 |— ||—|jro !ı4 ||2o — || 10 6447 Manilla *) 14 I—|— 12 [15 |20 9+5 15,5+5 |164148 | Amoy-April 58. Phyllopneuste Middendorffii, Mewes. (Sylvia coronata, Midd. nec. Temm. u. Schlegel; Sylvia coronala, Radde.) = Phylloscopus plumbeitarsus? FiierzusDar XV. Eier Zwischen einer Anzahl conservirter Sylvien von Ochotzk, welche Herr Wosnenssensky die Güte hatte, mir in Petersburg zu zeigen, meistens S. Eversmanni, S. certhiola und andere, befanden sich einige, die kleiner als die erst- *) (In meinen Wanderungen habe ich darauf hingewiesen, dass die Vögel Ostasiens im Herbste gegen Südost, diejenigen Europas und West- asiens gegen Südwest ziehen. v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 47 genannte Art waren. Dieses war am bemerklichsten beim Schnabel, und da die Farbe mit der von Sylvia Eversmanni gleich war, glaubte ich einen Augenblick, dass es die von Middendorff in seiner sibirischen Reise erwähnte kleinere Form von S. Eversmanni sein könnte, aber zu gleicher Zeit richtete ich meine Aufmerksamkeit auf das Verhältniss der Schwungfedern und fand, dass dieses sehr abweichend war. Die erste Feder war nämlich bedeutend länger als die Handdecken und die zweite gleich lang mit der achten, welches mich vermuthen liess, dass ich eine neue Vogelart vor mir hatte. Späterhin untersuchte ich ein anderes, etwas beschädigtes Exemplar, signirt S. Eversmanni, Maja-Fluss. 8. Juni 1844, welches vollkommen mit dem ersten über- einstimmte; ferner eines von Birjusa 25. Juli 1848, welches zuerst S. Eversmanni signirt gewesen, aber später zu S. coronata, Temm. geändert worden. Dies war deutlich ein junger Vogel mit noch nicht voll ausgewachsenen Flügel- und Schwanzfedern. Das Verhältniss der Flügelfedern stimmte mit dem der Alten überein, ebenso mit dem von Dr. Radde in der Mongolei den 19. August 1856 geschossenen im Peters- burger Museum als S. coronata aufgestellten Exemplare, dem es auch an Farbe gleich war. — Als ich nach meiner Rückkehr in Stockholm meine Anzeichnungen und drei mitgebrachte Exemplare genau untersuchte, ward es mir klar, dass alle diese Exemplare derselben Art angehörten. Aber ich fand auch, dass die Beschreibung in Fauna Japo- nica weder für die Alten noch für die Jungen von Sibirien vollständig passte. — Ehe ich mich berechtigt hielt, dem in Frage stehenden Vogel einen Namen zu ertheilen, wandte ich mich an mehrere Ornithologen mit der Bitte, mir eine authentische Ficedula coronata, Temm. von Japan zu ver- schaffen oder zu leihen. Erst neulich glückte es mir durch Herrn W. E. Dresser-eine solche aus Lord Walden’s Sammlung zu erhalten, eine Artigkeit, wofür ich mich diesen Herren zu grossem Danke verpflichtet fühle. Dieses Exem- plar bekräftigt in jeder Beziehung meine Ansicht über diese Sache, und hoffe ich, dass auch der Herr Staatsrath von Middendorff, dem ich bei dieser Gelegenheit meine 48 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Hochachtung auszudrücken wünsche, die Namensveränderung dieses Vogels und seine Erhöhung zur selbstständigen Art anerkennen (genehmigen) möge. Ueber Ficed.coronata, Temm. werde ich einige Notizen liefern, doch nun erst die Be- schreibung des betreffenden Vogels. Ein altes Männchen von Öchotzk, den 12/24. Juni 1846, hatte der Farbe nach grosse Aehnlichkeit mit Ph. borealis, war aber etwas kleiner und hatte, in Folge des abweichenden Verhältnisses der Flügelfedern, stark gerundete Flügel. Die Oberseite grau- grün, ein Band, welches sich über das Auge bis zum Nacken streckt, gelblich weiss, ein anderes durch das Auge dunkel graugrün; die graubraunen Flügel- und Schwanzfedern mit hellgrünen äusseren Kanten; die Armdecken der ersten Reihe mit grösseren gelblich weissen, die der zweiten Reihe mit kleineren gelben Spitzflecken, welche zwei Bänder über dem Flügel bilden; die Unterseite grauweiss, mit schwefelgelben, beinahe gestreiftem Anstriche, die unteren Schwanzdecken weisslich; die Decken unter dem Flügel gelb, der Schwanz etwas gespalten und dem von Ph. borealis ähnlich, die innere Fahne fein mit weiss gekantet. Die erste Flügelfeder fünf bis sechs Millimeter länger als die Handdecken, die zweite gleich lang mit der siebenten und achten; die dritte, welche fast gleich lang mit der fünften, wenig kürzer als die vierte, welche die längste von allen ist. Die dritte, vierte und fünfte Feder mit schmäler werdender Aussenfahne. Der Vogel im Nestkleid von Birjusa, mit nicht voll ausgewachsenem Flügel und Schwanze, war fast von derselben, sich etwas mehr ins gelbgrüne ziehenden Farbe. Die beiden Bänder auf den Flügeln deutlicher und von reinerer gelber Farbe; die Unterseite biassroth ohne feine Striche. Die Maasse waren folgende: R= | Schnabel || | Zehe Ss | a er Sı8| en) Ge ee3| 2 u. “. ||| 2 Local | 2 ıS8 sel & 188 88 les | © | -»a | ?=2E | = ke a | | 1 7 r | Id ad|| ıı 13,5|| 18 | 9+3 | 6-+3 16046 Ochotzk RE 14 17,2 — — 159145 Majafloden jung | — 12 17 —_ — 1151/40 Birjusa | | | || | I Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 49 Phyllopneuste Middendorffii kommt schon im Gouver- nement Perm brütend vor. Mewes (Schreiben vom ı2. Au- gust 1873). (Im Cab. Journal 1875, p. 429 gibt Mewes einige Nachträge — in Folge seiner zweiten Reise im nördlichen Russland (1872). — Derselbe fand einen kleinen Laubsänger, den er für Ph. Middendorffii hielt, im Gouvernement Perm a. d. Kama. Mewes hat auch die Originale zu Midden- dorff’s Abbildungen: (B. II, Taf. XVI, Fig. 1ı—3) gesehen und zieht dieselben zu Ph. borealis. Wenn man die vor- stehenden Angaben von Mewes über seine Ph. Midden- dorffii mit denen Middendorff’süber Ph. Eversmanni ver- gleicht, muss man sehr in Zweifel sein, ob beide Forscher dieselbe Art vor sich hatten, indem die Schuppenverhältnisse wesentlich andere sind. Nachdem nun Mewes die Original- Exemplare von Middendorffs Ph. Eversmanni untersucht. hält er dieselben für Ph. borealis, dem auch Taczanowsky (Revue Critique 1876, p. ı41) beistimmt. Dresser (B. of E. II, p. 507) zieht die Middendorff’sche Ph. Eversmanni zu Swinhoes Ph. plumbeitarsus. Auch in der so vorzüglichen Arbeit von Seebohm (Cat. B. M. V, p. 40) wird die Middendorff’sche Ph. Eversmanni mit Ph. borealis vereinigt. Auf seiner zweiten Reise hat Mewes, wie bereits oben erwähnt, einen Laubsänger gefunden, den er Ph. Midden- dorffii nennt. Mewes hatte nun die grosse Güte, mir einen von ihm erbeuteten jungen Herbstvogel zuzusenden. Ich habe denselben mit den Exemplaren meiner Sammlung ver- glichen, namentlich mit Ph. viridanus, darunter vier in- dische [drei von Hume, einen von Seebohm (Blyth)], sämmt- lich = viridanus, ein Stück von Severzow aus Turkestan bez. Middendorffii und einer Reihe aus der Umgebung des Altai. Alle diese Vögel stimmen durchaus miteinander über- ein, namentlich im Flügelbau und weichen darum ganz von Ph. Eversmanni ab. Schon die erste Schwinge zeichnet sich bei Ph. viridanus durch ihre weit bedeutendere Länge aus, die zweite steht mit der siebenten gleich,. oder zwischen der siebenten und achten, Vergleicht man die bei 4 50 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Middendorff gegebenen Verhältnisse seiner Ph. Eversmanni, so zeigt sich, dass Ph. viridanus einen weit abgerundeteren Flügel hat und schon aus diesem Grunde mit genannter Art nicht zu vereinigen ist. Dresser 1. c. gibt das Schwingenverhältniss bei Ph. plumbeitarsus, zu der er Ph. Eversmanni, Midd. zieht, wie folgt an: Bastard-Schwinge sehr lang, zweite zwischen der siebenten und achten, dritte und vierte die längsten. Midden- dorff sagt von seiner Ph. Eversmanni: Erste Schwinge so lang, oder höchstens 2 mm. länger als die Handfedern, die zweite um 5—6 mm. von der dritten überragt; die dritte die längste; die vierte kaum kürzer; die fünfte etwas näher zur dritten, als zur zweiten; die sechste nur wenig länger, als die zweite. Dresser hat die Art, welche Mewes aus seiner zweiten Reise im nordöstlichen Russland fand, nicht aber diejenige, welche Middendorf beschrieben vor sich gehabt, die richtige Ph. viridana. Es ist dies um so wahr- scheinlicher, als Dresser dieselbe gar nicht in seinem Werke erwähnt. Eine grosse Sicherheit bei der Bestimmung gewähren mir die indischen Exemplare meiner Sammlung, namentlich dasjenige, welches ich der Güte von Mr. Seebohm verdanke und das Ph. viridana (Blyth) gezeichnet ist. Ganz über- einstimmend sind die übrigen mir vorliegenden Stücke. Seebohm erwähnt auch noch in B. V. p. 45 (Birds in the B. M.): Mewes erhielt ein Stück in den Bergen des Ural und ein anderes wurde durch Ludwig Gätke auf Helgoland gefunden. Ich lege auf die Ansicht Seebohms Werth, indem ich denselben für einen vorzüglichen Kenner dieser schwierigen Gruppe halte, dem auch ein sehr reiches Material zu Dienste steht. Phyllopneuste tristis, Blyth. Dies Stück war wohl das erste von einem wissen- schaftlichen Forscher in Europa gefundene. Heute ist die Art vielfach im nordöstlichen Russland und im nordwest- lichen Asien beobachtet, z. B. am Ural, in der Gegend von Moskau und am Altai; geht auch bis Persien. v. H.) Ornithologische Beobachtnngen im nordwestlichen Russland. 51 59. Phyllopneuste coronata, Temm. und Schlegl. (Ficedula coronata, Fauna japonica, Taf. XVIII, pag. 48—5o). Die genaue Beschreibung in der hier citirten Pracht- arbeit hat doch einen grossen Mangel, nämlich, dass es nicht erwähnt ist, mit welcher der folgenden Schwungfedern die zweite gleiche Länge hat. Bei dem aus Lord Walden’s Sammlung zur Vergleichung geliehenen Exemplare ist die- selbe beinahe gleich lang mit der sechsten. (Exemplare, ge- sammelt von Dr. Dybowski, welche ıch durch Dr. Ta- czanowski erhielt, stimmen ganz mit dem von Mewes beschriebenen Stücke aus Lord Walden’s Sammlung über- ein. Herr Seebohm, welcher dieselbe bei mir sah, hat sie gleichfalls als identisch mit der Ph. coronata von T. und Schl. anerkannt. v. H.) Bei Ph. Middendorffii dagegen ist die zweite Feder mit der achten gleich. Das Exemplar, ein altes Männchen, den ı. Mai 1865 bei Hakodadi geschossen, ist mit den oben citirten Figuren und der Beschreibung so übereinstimmend, dass ich eine ‘nähere Beschreibung der Farben für überflüssig halte. Doch muss ich bemerken, dass der helle Strich auf dem Scheitel, so wenig er auch her- vortritt, sehr charakteristisch ist, und dass sich nicht die geringste Andeutung dazu bei Ph. Middendorffii findet, und dass die gelbe Farbe auf den unteren Schwanzdecken sehr in die Augen fallend ist. Was die plastischen Verhältnisse betrifft, so reicht die erste, besonders schmale Flügelfeder 4.5 mm. über die grossen Handdecken, die zweite ist etwas länger, oder gleich lang mit der sechsten, die dritte und vierte sind beinahe gleich lang und die längsten von allen. Der Schwanz hat denselben Ausschnitt wie bei Ph. borealis und dieselbe feine weisse Kante auf der inneren Fahue Der Schnabel ziemlich stark gebogen, mit einem deutlichen Einschnitte an der Spitze. — Mit diesem Exem- plare stimmt ein auf dem hiesigen Museum befindliches, signirt: »Fiypolais sp. (Abornis Hodgs)« von Java fast ganz überein. Es unterscheidet sich nur durch den Schnabel, welcher etwas kleiner, blässer und bei den Nasenlöchern etwas eingedrückt ist, was auf ein jüngeres Individuum hinzusteuten scheint. Um die Dimensionen klar vor Augen 4* 52 W. Mewes und E. F. von Homeyer. R zu bekommen, werde ich hier dieselben mittheilen, von Nr. ı, nach Fauna Japonica*), Nr. 2, Männchen von Hako- dadi**), aus Lord Walden’s Sammlung und Nr. 3 von Java im hiesigen Museum. | Schnabel Zehe | S el ee : | 5 Nr. || Länge 8 22 E & E 5 = 5 F Ei E sales) 2 13 Alert lsrlele ı || 120 I —. 1.3355 SER ES 0-32 55-443 les 46,5 all 122 12 15.5 3 451181 944 6,544, | 62 |47 ***) SU ee 11 TAN 3 4,5j117| 9$o | 544 93|| 47 | | l l Dieser Art schliesst sich Ph. superciliosus, Cab. zunächst an, von welcher Art ich sehr voneinander abweichende Individuen sah. Aber, ob sie in zwei Arten getheilt werden dürfen, kann sich erst dann zeigen, wenn eine grössere Anzahl gut präparirter und mit sicherer Angabe des Ge- schlechtes und Datums versehener Exemplare vorliegen. (Als ich‘ -ım. Jahre‘ 1872 im.’C.J.p- 207 überrdse sibirischen Laubvögel schrieb, waren dieselben noch recht wenig bekannt und lag auch eine zu geringe Anzahl von Exemplaren vor. Inzwischen ist manches aufgeklärt worden, wozu Taczanowski und Seebohm (B. of B. M. Band V) sehr viel beigetragen haben, wesentlich auf Grund der vorzüglichen Beobachtungen und des eifrigen Sammels von Dr. Dybowski. In meiner critischen Ueber- sicht werde ich bemüht sein, diese hochinteressante Gruppe möglichst klar zu legen. v. H.) *) Die Maase sind von mir von den alten französischen zu Milli- metern reducirt. Bei der Mittelzehe ist durch einen Druckfehler ange- geben: »quatre pouces et un quart«, welche ıch für 4'/, Linien ange- nommen habe. **) Die beifolgende Signatur hatte folgende Aufschrift: Length 4”/, inch, length of the wings 2°/, inch, Bill brown, eyes dark hazel, legs and feet brown. N. 254 &. Dat. Mai ı—65. Localıty »Hakodadie«. ***) Die Flügel waren nicht ganz fehlerfrei. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 53 60. Regulus cristatus, Koch. Bei Schlüsselburg, Ladeinopole, Kargopol u. s. w. war das Goldhähnchen ziemlich allgemein. 61. Accentor modularis, Linn. Beim Ladoga-Canale, Wosnesenskoi und Kargopol selten. 62. Troglodytes europaeus, Linn. In grossen Wäldern bei Ladeinopole und einigen anderen Stellen. 63. Certhia familiaris, Linn. Bei Peterhof, Andoma, Kargopol nicht selten. (Die C. brachydactyla, C. L. Brehm kommt östlich von Pommern nicht mehr vor, wenigstens ist dieselbe bisher dort nicht aufgefunden worden. v. H.) 64. Orites caudatus, Linn. Eine kleine Schaar Schwanzmeisen wurde den 23. August am Ladoga-Canale angetroffen. (Auch die Form mit dem schwarzen Augenstreifen (Acredula rosea) hat eine ganz ähnliche — wohl klimatische — Verbreitung als Certhia brachydactyla. In Skandinavien und östlich der Oder wurde sie bisher nicht gefunden. v, H.) 65. Parus major, Linn. Wurde von mir nicht beobachtet, aber Herr Heinrich hatte ein bei Archangel geschossenes Exemplar. 66. Parus coeruleus, Linn. Wurde bei Petersburg gesehen; soll auch mitunter bei Archangel vorkonımen. 67. Parus ater, Linn. Während der Reise nicht gesehen, ist aber bei Archangel geschossen worden. 68. Parus cristatus, Linn. Am See Onega (Andoma), Cholmogori; selten. 54 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 69. Parus cinctus, Bodd. (Parus sibiricus, Nils.) Bei Kopatschevskaja(Gouv. Archangel) ziemlich allgemein. Den 9. August wurden Junge gesehen, die sich in voller Mauser befanden. 70. Parus borealis, De Selys. War die allgemeinste Meisenart von Schlüsselburg bis Archangel. 71. Muscicapa atricapilla, Linn. Bei St. Petersburg, Ladeinopole, Andoma hie und da, 12. Muscicapa grisola, Linn. Während meiner ganzen Reise allgemein. 73. Lanius excubitor, Linn. Fand sich bei Archangel, Konefskaja und Kargopol. Den 7. August wurde ein Junges im Nestkleide geschossen; den 12. August sah ich mehrere alte Vögel, oft auf den aufgestellten Garben sitzend und diese waren in voller Mauser. Ein grosses Nest von Torneä Lappmark den 21. Mai genommen, war aus kleinen Fichten- und Haidereisern gebaut, dicht mit Flechten, Schneehuhn-Federn etc. zusam- mengeflochten. Auswendig 180 mm., inwendig 100 mm.; tief zo mm.; hoch g0o—ı0o0o mm. Es enthielt 8 Eier von grau- weisser Farbe mit matten blauschwarzen und schmutzig- braunen Flecken und Punkten, die beim Stumpfende einen Kranz bildeten. Das grösste war 23—ı9 mm., das kleinste 26—1ı8 mm. (Siehe Nachträge.) 74. Lanius collurio, Linn. Bei Schlüsselburg und Novaja Ladoga selten. Dass auch dieser Würger eine doppelte Mauser hat, beweist das verschiedene Herbst- und Frühlingskleid, sowie die hier im März und April an in der Gefangenschaft ge- haltenen Männchen beobachtete Frühlingsmauser. (Mewes.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 55 75. Ampelis garrula, Linn. Seidenschwänze traf ich den 16. Juli in den sumpfigen Wäldern nahe der Stadt Onega, wo sie, gefolgt von ihren Jungen, meistens die grossen blauen Beeren von Lonicera sibirica verzehrten. Ein Weibchen, welches geschossen wurde, als es eben seine Jungen fütterte, hatte nicht die gewöhnlichen gelben und weissen Winkelflecke auf den Flügelspitzen, sondern, wie die Jungen im ersten Winter, nur längsgehende gelbe und weisse Striche. Die Jungen im Nestkleide hatten, sowie die in meiner Jemtlandsreise beschriebenen, zwei bis sechs rothe Anhängsel auf den Armfedern. Den 9. August sah ich bei Kopatschevskaja auch kleinere Schwärme. (Durch vorstehende Beobachtung von Mewes ist er- wiesen, dass diese Art auch im ersten Herbstkleide brütet. Was die Anzahl der rothen Schaftfortsätze an den Schwung- und Schwanzfedern anbelangt, so ist dieselbe bei ersteren sehr wechselnd. Gewöhnlich haben die Männchen mehr als die Weibchen und die Jungen selten über sechs, alte Vögel — besonders Männchen — in einzelnen Fällen acht und als grosse Seltenheit neun solche Schaftfortsätze. Bisweilen fehlen den jungen Weibchen diese Spitzen auch gänzlich. Kleine rothe Schaftfortsätze an den Schwanzfedern kommen sehr einzeln, nicht allein bei alten, sondern auch bei jungen Vögeln vor, aber dergleichen von ähnlicher Form, wie an den Flügeln, sind Seltenheiten. v. H.) 16. Hirundo rustica, Linn. Bei Petersburg, Andoma, wo ein Paar unter einer Brücke nistete, sowie bei Archangel, weniger allgemein. 77. Hirundo urbica, Linn. Von Petersburg bis Archangel. 78. Hirundo riparia, Linn. Schlüsselburg, Novaja Ladoga, Onega, Archangel sehr allgemein. 56 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 79. Sturnus vulgaris, Linn. Bei Petersburg; nördlicher den Staar gesehen zu haben, kann ich mich nicht erinnern. 80. Nucifraga caryocatactes, Linn. Soll nach Herrn Heinrich, welcher ein Exemplar davon hatte, äusserst selten bei Archangel sein. 81. Pica caudata, Briss., Ray. Ueberall recht häufig. 82. Garrulus glandarius, Linn. Sah ich nirgends; aber Herr Heinrich hatte ein bei Archangel geschossenes Exemplar in seiner Sammlung. 83. Garrulus infaustus, Linn. Fand sich ziemlich oft in den grossen Wäldern, z. B. auf der Reise zwischen den Städten Onega und Archangel, und von dort nach Kargopol. 84. Corvus corax, Linn. Novaja Ladoga, Wuitegra, Onegabucht u. s. w. recht häufig und wenig scheu. 85. Corvus cornix, Linn. Von Petersburg bis zum weissen Meere überall häufig. 86. Corvus frugilegus, Linn. Allgemein bei Petersburg, wo er in Gärten nistet. 87. Corvus monedula, Linn. Die Dohle sah ich auf der ganzen Reise sehr häufig. Man kann sie beinahe in den Dörfern als Hausthier be- trachten, denn sie baut ihr Nest unter dem Dach der Häuser, zwischen den Balken u. s. w. Auf den Höfen sah man sie zwischen Tauben, Hühnern, Sperlingen, auch mit einzelnen Krähen oder Elstern, oft in guter Eintracht, von dem verschütteten Getreide oder von dem für die Hausvögel Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 57 hingestellten Futter fressen. Ich habe überhaupt gefunden, dass die Krähen und andere derartige Vögel in Russland weniger scheu waren, als anderswo; ohne Zweifel eine Folge der dortigen Toleranz. Längs der Canäle, wo die Zugpferde unaufhörlich passirten und nebst ihrer Mannschaft Mahl- zeiten am Strande hielten, fand sich immer eine grössere Anzahl derselben. Die weissgraue Halsfarbe der Dohlen in diesen Gegenden war im Aue auen heller als bei den sch wedischen. (Wir erfahren hier, dass die Dohlen nicht allein im östlichen, sondern auch im nördlichen Russland das weiss- liche Grau in der Halsfarbe haben, wie dies ja auch noch bei verschiedenen anderen Vögeln, z. B. bei Bubo maximus, Picus leuconotus, Picus tridactylus und den Sumpfmeisen der Fall ist. Bei den Spechten ist dies besonders auffällig, indem die beiden erwähnten Arten im nördlichen Russland ebenso hell vorkommen, wie in irgend einer Gegend Europa’s.. v. H.) 88. Cypselus apus, Linn. Petersburg, Nov. Ladoga häufig. 89. Caprimulgus europaeus, Linn. Nov. Ladoga, Wuitegra, Onegafluss u. s. w. nicht selten. 90. Coracias garrula, Linn. Nur einige Exemplare wurden bei Nov. Ladoga und Andoma gesehen. 91. Cuculus canorus, Linn, Fast während der ganzen Reise allgemein. 92. Picus martius, Linn. Hier und da. 93. Picus leuconotus, Bechst. Bei Wossnesenskoi, Andoma, der Onegabucht, Archangei u. s. w. hie und da. (Siehe Corvus monedula. v. H.) 58 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 94. Picus major, Linn. In den meisten Wäldern häufig. Bei Andoma und einigen anderen Stellen fand ich unter Fichten oder Birken eine grosse Menge Fichtenzapfen (in Haufen), auf einer Stelle sogar bis zu einer halben Tonne aufgehäuft. Ich verwunderte mich, auf welche Weise diese zusammengeführt sein könnten, bemerkte aber bald in dem Baume eine Spalte, worin ein Fichtenzapfen eingeklammert war, und sah auch später, dass der Buntspecht mit einem solchen Zapfen dahin flog, denselben in der Spalte befestigte, die Samenkörner heraussuchte und ihn dann zu den übrigen auf den Haufen warf. (Auch in den deutschen Wäldern hat man bei guten Samenjahren vielfach Gelegenheit, dies zu sehen. Mein Vater hatte vor circa 100 Jahren ganz ähnliche Beob- achtungen wie Mewes gemacht. v. H.) 95. Picus minor, Linn. Bei Archangel wurden mehrere gesehen und den 3. August einige geschossen, die stark in der Mauser waren. (Auch dieser Specht geht im nordöstlichen europäischen Russland sehr in’s Weisse. v. H.) 96. Picus tridactylus, Linn. Wuitegra, Kargopol, Onega, Archangel nicht selten, besonders in Wäldern, wo der Brand verwüstet hatte, oder wo Bostrichusarten stark hausirten. (Auch in Bayern hat man die Erfahrung gemacht, dass diese Art sich sofort in Mehrzahl einfindet, sobald sich Borkenkäfer zeigen, und die Forstbeamten finden sich sofort veranlasst, genau nachzuforschen, ob verderbliche Wald- insecten vorhanden, wenn sie bemerken, dass sich Dreizehen- Spechte in Mehrzahl versammeln. v. H.) 97. Jynx torquilla, Linn. Nur den 8. August bei Cholmogori geschossen. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 59 98. Strix lapponica (Strix barbata), Sparrm. Die Eule kommt bei Archangel vor, wo ich in mehreren Sammlungen ausgestopfte Exemplare fand. — Da die Fort- pflanzung. dieses Vogels weniger bekannt ist, glaube ich hier anführen zu müssen, dass einem Briefe vom Förster Törn- gren zufolge, ein Lappländer in Luleä Lappmarken im Gipfel einer Fichte ein Nest gefunden hat. Es enthielt drei Eier, welche man fort nahm und statt derer eine Schlinge hineinlegte, worin die Eule gefangen wurde. Ich habe eines dieser Eier gesehen; es war weiss und ziemlich grobkörnig, 59 mm. lang und 44 mm. dick, und wog 87 Gran. In einem anderen Gelege, aus fünf Eiern bestehend, und aus einem Baumstamme bei Kittila in Tornes Lappmarken Ende Mai 1870 genommen, waren die Eier etwas kleiner und runder als die ersteren, nämlich a. 5ı—43 mm. 74 Gran; b. 52—42 mm. 76 Gran, c. d. und e. 53—42 mm. und 72, 75 und 77 Gran schwer. 99. Strix liturata, Thunb. (Strix uralensis, Pall.) Auch von dieser Art fand ich in Archangel eine Anzahl dort geschossener und ausgestopfter Exemplare und da- zwischen (im Museum) ein Junges mit noch ganz kurzem Schwanze. Dies Junge im Nestkleide hatte der Farbe nach nicht die geringste Aehnlichkeit mit der Figur, welche Dr. Fritsch in seiner Arbeit »die Vögel Europas« mit- getheilt hat und wovon sich ein Abdruck im Journal für Ornithologie ı859 findet. Dieses Junge war nämlich nicht schwarzbraun mit dunkleren Längsflecken auf der Unter- seite, sondern im Gegentheil heller, als die alten Vögel. Die Oberseite unterschied sich von diesen nur durch un- deutlichere Zeichnung, aber die gelblich graue Unterseite hat keine Längs- sondern Querbänder von graulicher Farbe. Der verstorbene M. v. Wright hat in Farbendruck eine Figur herausgegeben, welche er ı859 nach einem in Finn- land gefangenen lebenden Exemplare gemalt hat. Diese hübsche Zeichnung stimmt mit dem in Archangel gesehenen überein, obgleich das letztere noch jünger war. 60 W. Mewes und E. F. von Homeyer. (Wie bekannt, geht diese schöne Eule nach Süden bis in verschiedene Gebirge der österreichischen Monarchie, aber sie ist auch seit langer Zeit durch Pastor Löfler in Ger- dauen als Brutvogel verschiedener Wälder Ostpreussens aufgefunden worden, in neuerer Zeit auch daselbst durch Herrn Hartert als Brutvogel beobachtet. Die genauen Maasse und Gewichtsangaben von Mewes bei frischen Eiern sind wohl die ältesten. Die Abbildung des Jugendkleides dieser Art im Cab. J. 1859 von Dr. Fritsch ist nach einem böhmischen Stück gegeben. Alle die Jugendkleider aus den gebirgigen Gegenden Oesterreichs sind — soviel bisher beobachtet — weit dunkler als die nordischen, während alte Vögel — auch die von Öst- preussen — etwas heller sind. Ob die Jugendkleider der ostpreussischen St. uralensis hell oder dunkel sind, ist mir nicht bekannt. v. H.) 100. Strix nyctea, Linn. . Bei der Stadt Onega war die Schnee-Eule sehr be- kannt; ich habe jedoch kein lebendes Exemplar gesehen. Dagegen sah ich in Archangel mehrere ausgestopfte Exem- plare nebst einer grösseren Anzahl Eier. Die letztgenannten waren bei Kaninskaja genommen. (Siehe Nachtrag.) 101. Strix bubo, Linn. In der Umgegend von Archangel scheint der Uhu allgemein zu sein, denn mehrere dort geschossene Exemplare fanden sich in den Sammlungen. — Das eigenthümliche Knacken, welches dieser Vogel in gereizter Stimmung mit dem Schnabel hervorbringt, kennt wohl Jeder, der einen solchen Uhu lebend gesehen, wie er dies bewirkt, darüber möchte ich hier die Erklärung geben, dass der harte Laut nicht durch einfaches Zusammenschlagen der Kiefer bewirkt wird, sondern dadurch, dass er den Unterkiefer gegen die Spitze des Oberkiefers spannt, zudrückt, und den Unter- kiefer abgleiten lässt, welcher dann hart gegen den Ober- kiefer schlägt. Alles dies ist jedoch nur das Werk eines Augenblickes. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 61 102. Strix brachyotus, Gmel. Fand sich häufig auf den meisten grossen Sümpfen, z.B. bei Novaja Ladoga, Ladeinopole, Wuitegra, Andoma, Ar- changel. Auf der kleinen Insel Ptino-ostroff sah ich, wie eine Sumpfeule am hellen Tage mit grosser Heftigkeit eine Sumpfweihe (C. aeruginosus) verfolgte. Die letztgenannte hatte sich wahrscheinlich die Eier der ersteren zueignen wollen und nicht daran gedacht, dass es Eulen im Moose gäbe. Oft sah ich diese Eule, gleich dem Thurmfalken, in der Luft über einer Beute flattern. Auch mein Sohn beob- achtete bei Wuitegra, Nachts zwischen dem 23.—.24. Juli, dass eine Sumpfeule über einer Wassermaus oder etwas Aehnlichem hin- und herflatterte, sie packte, und zu ihren sich in der Nähe befindlichen Jungen brachte. Einer von den Alten und ein Junges wurden geschossen, Ersterer hatte ein sehr abgenutztes Kleid und die Mauser hatte auf den Armfedern und einem Theile der Deckfedern angefangen. Das Junge hatte noch keine ausgewachsenen Flügel und Schwanzfedern, alle hellen Farbenpartien auf der Oberseite waren dunkel ockergelb, der Bauch einfarbig hell ocker- gelb, die dort hervorwachsenden Federn hatten braune Schaftstriche. Ein neu ausgebrütetes Junges im Dunenkleide, auf Orkney den 23. Juni genommen, war mit rostgelben, auf der Unterseite mit helleren Dunen bedeckt; der Schnabel ıı mm. lang; der Tarsus 8 mm., ebenso die Zehen mit weissem Flaum bedeckt. 103. Strix Tengmalmi, Gmel. (Strix dasypus, Bechst.) Während der Nacht zwischen dem 2.—3. Juli traf ich, 25 Werste von Wuitegra, eine Familie von vier oder fünf ausgeflogenen Jungen, wovon einige erlegt wurden. Sie gaben ihre Gegenwart durch ein weniger angenehmes Pfeifen oder Zischen zu erkennen. Die Alten waren nicht zu sehen. Näher bei Kargopol hörte ich auch in der Nacht mehrere, welche sich in einem sehr sumpfigen, niedrigen Fichtenwalde aufhielten. Nestkleid $. Kopf und Rücken waren stark schwarzbraun, die Unterseite bleicher, mit grauweissen undeutlichen Flecken; die Ohrendecken oder 62 W. Mewes und E. F. von Homeyer. der Schleier oben schwarz, nach unten zu weissgrau. Die hervorwachsenden Federn waren an der Spize braun, aber nach unten weiss. Flügel und Schwanz wie im Herbste. Iris blassgelb. 104. Strix nisoria, Meyer und Wolf. Bei Wuitegra, Onega, Archangel, Cholmogori ziem- lich häufig. In der Nähe der Stadt Onega traf ich den 16. Juli eine Familie, bestehend aus drei oder vier Jungen nebst den Alten. Sie liessen sich schon aus weiter Entferung hören, und als ich ihnen näher kam, fand ich auf einem schräg liegenden Birkenstamme einen Lemnus amphibius, um den die Jungen sich versammelt hatten, aber sogleich nach verschiedenen Seiten davonflogen. Die untere Seite des geschossenen Männchens hatte bei den Jagden nach Wasser- mäusen in den sumpfigen Gegenden eine schmutzig bräun- liche Farbe angenommen. 105. Strix passerina, Linn. Soll bei Archangel selten sein. Ich sah zwei daselbst geschossene Exemplare. 106. Falco gyrfalco, Linn. Professor Lilljeborg beobachtete den Edelfalken an der Küste des russischen Lapplandes. Ich erhielt von dieser Art ein Ei in Archangel, welches auf den Kaninskaja- tundern gefunden war. Es war 55 mm. lang und 45 mm. dick, von rostgelber Farbe, dicht mit unregelmässigen, rost- braunen Flecken bestreut. 107. Falco communis, Gmel. (Falco peregrinus, Briss.) Auch von dieser Art sah ich nur Eier, bei Archangel gefunden. 108. Falco subbuteo, Linn. Sah ich oft und schoss einige Exemplare, z. B. bei Nov. Ladoga, Onega, Archangel, Cholmogori etc. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 63 109. Falco aesalon, Pall. (Falco lithofalco, Gmel). Nur ein Junges schoss ich in der Gegend von Wuitegra. Ein Junges im Dunenkieide zwei bis drei Tage alt, Anfangs Juli bei Muonioniska genommen, war 8o mm. lang, der Schnabel von der Stirn 9 mm., von den Mundwinkeln ı2 mm. Tarsus 16 mm. Mittelzehen 1ı4+4 mm. Hinterzehen 7+4 mm. Beine blassgelb. Die Dunen gelbweiss, die unteren etwas heller. Die Augen noch halb geschlossen; der Magen enthielt Ueberreste von Sirex gigas nebst einer flaum- gleichen Masse. Das Exemplar war im Spiritus aufbewahrt. 110. Falco tinnunculus, Linn. Ziemlich oft beobachtet, z. B. bei Schlüsselburg, am See Onega, Kargopol, Koneffskaja u. s. w. 111. Falco vespertinus, Linn. Von diesen schönen Falken beobachtete ich Anfangs Juni während der Kanalfahrt zwischen Schüsselburg und Novaja Ladoga einige Exemplare. Den 24. Juni traf ich ıhn in grösserer Anzahl bei Andoma, wo er sich auf morastigen, mit Weidenbüschen und dünnstehenden Bäumen bewachsenen Wiesen aufhielt. Auf einem fast vertrockneten Baumstamme sah ich des Abends fünf oder sechs solcher Falken sitzen, von denen es mir glückte, ein hübsches Männchen zu er- legen. Diese Vögel schienen im Allgemeinen gern auf frei- stehenden hohen Gegenständen zu sitzen, um von dort aus, gleich den Lerchenfalken ihre Ausflüge nach grösseren In- secten machen zu können, welche sie.ergriffen und im Fluge verzehrten. Noch später, oder Nachts zwischen ıı und ı2 Uhr, sah ich eine grössere Anzahl, wohl an 30, hoch und ausserhalb Schussweite fliegen, wo sie von einander zerstreut nach Insecten jagten. Eins oder das andere Exemplar sah ich auch in der Gegend von Archangel, und erst den 3o. August bei meiner Rückreise sah ich auf den grossen Ebenen 12 -ı5 meistens junge Individuen. — Das alte Männchen war 30o mm. lang und 730 mm. breit, vom Schnabel bis zur Stirn, 15, vom Winkel ı8 mm., der Tarsus 28, Mittel- zehen 24 : 9 mm., Hinterzehen ıı +9 mm, Flügel 245 mm., 64 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Schwanz ı27 mm. lang. Der Schnabel war wachsgelb mit schwarzer Spitze; Wachshaut, Augenlider, Mundwinkel und Füsse mennigroth, Nägel wachsgelb, Iris dunkelbraun. Die Oberseite dunkelgraublau, die Unterseite heller; der Schwanz schwarz, der Bauch und die Schwanzdecken rost- roth. Längs des Bauches fanden sich zwei Brutflecken. Der Magen war vollgepfropft mit Insecten. 112. Astur nisus, Linn. Mehrere jüngere Individuen wurden bei Wuitegra und Novaja Ladoga gesehen und geschossen. 113. Astur palumbarius, Linn. Nach Herrn von Fischer’s Angabe allgemein im Gouvernement Petersburg, ich selbst sah Exemplare, die bei Archangel geschossen waren. (Da Mewes nicht erwähnt, dass die Art bei Archangel in der Färbung von den Vögeln Skandinaviens abweicht, darf man wohl annehmen, dass dies nicht der Fall. Die- jenigen aus dem nordöstlichen Russland sind viel heller. v. H.) 114. Buteo vulgaris, Linn. Wurde im Anfang Juli einzeln zwischen Wuitegra und Kargopol, doch im Anfang August allgemein in den Wäl- dern zwischen Kargopol und Cholmogori angetroffen. Sie sassen oft auf den Telegraphenpfosten längs des Landweges. 115. Circus cyaneus, Linn. Allgemein auf den meisten grossen Sümpfen, z. B. bei Novaja Ladoga, Wuitegra, Archangolskoi, Archangel Ein junges Männchen, welches den 15. August geschossen wurde, hatte schon angefangen, sein erstes Federkleid abzulegen. Auf dem oberen Theile des Rückens wuchsen nämlich dunkel aschgraue Federn hervor. Die Wachshaut und die Füsse waren hübsch citronengelb, Iris weissgrau. Länge 510 mm. (20 Zoll 5 Lin.) ; Breite 1135 (39°/, Zoll); Flügel 343, Schwanz 240 mm, Eier .aus der Gegend von Muonioniska hatten folgende Dimensionen: Gelege A) 4 Eier: a. 50-37; b. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 65 49—37; 'c. 48—36; d. 46—38 mm. Gelege B) 2 Eier: a 45—35, b. 45—34 mm. Die Farbe war grünlich weiss. 116. Circus aeruginosus, Linn. Wahrscheinlich auf der Insel Ptino-ostroff nistend. Ein Junges, ein Jahr alt, wurde den 14. August bei Kasnosoffs- kaja geschossen. 117. Pernis apivorus, Linn. Mit Sicherheit nur einmal bei Schlüsselburg gesehen. 118. Milvus niger, Briss. (Falco ater, Gmel.) Die schwarzbraune Weihe wurde hie und da bei Ser- maks an der Bucht von Onega, Archangel etc. angetroffen, Bei Nischmosersk wurde den 20. Juli ein Männchen ge- schossen, welches 615 mm. lang und 1470 mm. breit war, der Schnabel von der Stirn 35, vom Mundwinkel 41 mm.; der Tarsus 50, Flügel 480 und Schwanz 300 mm. Die Ober- seite schwarzbraun mit grauen Federkanten und schwachem Kupferglanz; die Unterseite rostgraubraun (das Kinn) die Kehle weisslich, überall mit dunklen Schaftstrichen. Der Schnabel hornschwarz, der Unterkiefer bleigrau; die Wachs- haut blassgelb, die Füsse bläulichweiss, die grossen Platten erbsengelb; Iris weisslich mit brauner Schattirung. Im Kropfe hatte er nur Fische, die seinem Körper einen scharfen Fischgeruch mittheilten. 119. Pandion haliaetus, Linn. Wurde bei den grossen Seen von Novaja Ladoga bis nach Archangel beobachtet. Einen ganz eigenen Anblick gewährte ein Fischadler, der mit einem. grösseren Fische in den Fängen fliegend, vom See Ladoga nach einem nahe- gelegenen Walde kam. Der Fisch wurde beim Kopfe fest- gehalten und sein ganzer Leib stand in der Luft, höher als der Rücken des Vogels, so dass er wie eine Fahne aussah. 120. Haliaetus albicilla, Linn. Der Seeadler wurde recht oft gesehen, z. B. bei den Seen Ladoga und Onega, Archangel, Cholmogori u. s. w. 5 66 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Was diesen Vogel betrifft, so muss ich erwähnen, dass auf einer vom Herrn C. E. Forsberg den ıı. Mai 1870 an- gestellten Ausfahrt nach Sandhamn’s »Skärgärd«, woran ich Theil nahm, auf »Kastön« ein grosses Seeadlernest auf einer Fichte gefunden wurde. In demselben befanden sich zwei dunenbekleidete Junge, das eine möglicherweise fünf, das andere acht Tage alt. Beide waren Weibchen, das jüngere war 240 mm. lang; der Schnabel von der Wachshaut ı6, von der Stirn 28, vom Mundwinkel 37 mm., der Tarsus 36, die Mittelzehen 22+7 mm.; alle Maasse im frischen Zustande genommen. Die Dunen grauweiss, unbedeutend dunkler um die Augen und auf den Flügeln, Schnabel und Fänge blei- grau, die Wachshaut gelblichgrau; die Füsse gelb. Die Augen nur halb geöffnet. Das andere Exemplar war 260 mm. lang, übrigens der Farbe nach gleich. Bemerkenswerth ist es, dass beide Jungen eine grosse Partie trockenes Gras, vermischt mit Federn und Dunen von verzehrten Enten, verschluckt hatten; möglicherweise nützlich zur Verdauung. — Die beiden Alten umkreisten das Nest. In und unter demselben fanden sich reichliche Beweise, wie gefährlich diese Adler für die Wasservögel sind, nämlich: zwei Anas mollissima 2, ein Merg. serrator d\, ein Merg. merganser 2, und zwei Anas glacialis, wovon die eine lebendig war, mit zerbrochenen Flügel- und Beinknochen. Die übrigen waren theils frisch, theils halb verzehrt, theils nur Skelette. 121. Columba palumbus, Linn. Bei Andoma, der Bucht von Onega, Archangel, ziemlich allgemein. 122. Columba oenas, Linn. Die Hohltaube habe ich nicht selbst gesehen, aber Professor Kessler*) fand sie am See Onega und v. Fischer im Gouvernement Petersburg. *) Material zur Kenntniss des Sees Onega und des Olonetzkischen Gouvernements, hauptsächlich in zoologischer Hinsicht. St. Petersburg 1868. (Russisches Original). Bu ann Ornith ologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 67 II. Abtheilung. Vögel, deren Junge mit Sehvermögen und dichter Dunen-Bekleidung aus dem Ei kommen. Die Jungen werden (gewöhnlich) nicht gefüttert, sondern suchen sich gleich unter der Anführung der Eltern ihre Nahrung auf u. s. w. 123. Perdix cinerea, Linn. Nach der Angabe des Jägers in Wuitegra soll das Rep- huhn dort in der Gegend vorkommen. Professor Kessler l. c. sagt, dass es erst in den letzten Jahren nach dem Gouvernement Olonetz gezogen ist. 124. Coturnix communis, Bonnat. Wurde bei der Stadt Onega und auf Sommarudden gehört und gesehen. Auf der letztgenannten Stelle fragte ich meinen Fuhrmann, ob er wüsste, was für ein Vogel es wäre, der eine so eigenthümliche Stimme habe, worauf er mit einer verächtlichen Miene erwiederte: »Ich weiss nicht wie er heisst, aber soviel weiss ich, dass er eins von den vielen untauglichen Geschöpfen ist, die in der Welt herum streifen«. 125. Tetrao urogallus, Linn. Nur bei Schlüsselburg und der Stadt Onega gesehen 126. Tetrao tetrix, Linn. Schlüsselburg, Wuitegra. 127. Tetrao bonasia, Linn. Bei Wuitegra, Andoma, Novaja Ladoga. Diese drei letztgenannten Hühnervögel sind bekanntlich sehr allgemein in den von mir besuchten Gegenden Russlands, aber wenn man, wie ich, ohne Hund reist, bekommt man sie selten zu Gesicht. 128. Lagopus lapponicus, Gmel. (Lagop. subalpina, Nilsson.) Wurde bei Schlüsselburg, Wuitegra, Archangel u. s. w. angetroffen und ist sicher sehr allgemein. Bei Wuitegra 5* 68 W. Mewes und E. F. von Homeyer. schoss mein Sohn den ı6. Juli ein Männchen im reinen Sommerkleide, dessen Nägel noch nicht angefangen hatten, sich zu lösen. Diese waren beinahe gleich breit, und zeigten, mit Ausnahme der äussersten Spitzen keine Unebenheiten, welche von einer gemeinsamen Einwirkung von aussen her- rühren konnten, der mittelste war ı7 mm. lang und bei der Wurzel 4 mm. breit. — Den 22. Juli traf ich in der Bucht von Archangel eine Familie Schneehühner, aus beiden Alten und acht oder neun Jungen bestehend. Sie hielten sich am Rande eines sehr sandigen Fahrweges auf, eilten aber in den nahegelegenen Wald, wo ich ein Weibchen und ein junges Männchen schoss, letzteres von der Grösse einer Wachtel, mit noch einigen Dunen am Halse. Das Weibchen hatte schon die Nägel abgeworfen und die neuen waren alle voll und regelmässig ausgebildet. Der mittelste Nagel hatte eine Länge von ı3 mm. und an der Wurzel eine Breite von 5 mm. Im Kropfe hatte es Samen von Melam- pyrum (Weachtelweizen), welcher häufig in der Gegend wuchs. Der Kropf des Jungen war mit grünen Pflanzen gefüllt, meistens weiche Blätter und Spitzen. Obgleich die Frage über den Wechsel der Nägel bei den Schnee- hühnern mehreremale abgehandelt worden ist, dürfte es mir aus besonderer Veranlassung erlaubt sein, noch einige Worte sowohl über diese, als auch über die Tetraonen hin- zuzufügen. Herr Archiater und Professor E. J. Bonsdorf hat in einer längeren Abhandlung: »Nägra ord om den ob- serverade periodiska klofällningen hos Riporna och arter af slägtet Tetrao«, sowohl meine Auffassung, welche ich in »Bidrag till Jemtlands Ornithologi« 1860*) dargelegt, zu widerlegen gesucht, als auch Herrn A. J. Malmgrens Aufsatz über den Nagelwechsel der Schneehühner, welcher gegen eine frühere Schrift des Herrn Bonsdorf über den- selben Gegenstand gerichtet war. — Die ausgesuchte Artig- keit, womit der Herr Archiater meine kleinen Mittheilungen beurtheilt, muss ich dankbar anerkennen. Fortgesetzte Beob- achtungen haben jedoch meine Ansicht in der Hauptfrage *) Öfvers. af K. Vet. Ak. Förhandl. ı862, pag. 77—86. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 69 nicht verändern können. Ich will mich nicht auf das physio- logische Gebiet begeben, kann aber doch nicht unterlassen, hier den mir vom verstorbenen Professor A. Retzius er- theilten Rath anzuführen, nämlich: »untersuche mikro- skopisch die Beschaffenheit der Blutgefässe während der Periode, da die Ablösung der Nägel anfängt«. Ich antwortete ihm, dass ich dieses den geübten Anatomen überlassen wolle, setzte aber selbst meine empirischen Beobachtungen fort. Hier will ich mich hauptsächlich an einen Punkt des Gegen- beweises des Herrn Bonsdorf pag. 80 halten, worauf er grosses Gewicht legt, nämlich das Scharren der alten Vögel in der Erde, um passende Nahrung von Würmern, Ameiseneiern etc. für ihre Jungen zu finden, solange diese klein sind. Dass solches Scharren in der Erde bei zahmen Hühnern, mit welchen Herr Bonsdorf die Wald-Hühner- vögel in Analogie stellt, nicht bestritten werden kann, dürfte Allen bekannt sein. Etwas anderes ist jedoch das Verhältniss mit den in Frage stehenden Lagopi und Tetraones, und erstens drängt sich uns die Frage auf: womit ernähren sich diese Vögel und zweitens: ‘welchen Zweck kann die von den übrigen Hühnervögeln (Perdix, Phasianus, Numida etc.) so abweichende Fussbildung haben? Diese Fragen werde ich auf folgende Weise beantworten: Erstens. Schon in meinem vorhin erwähnten »Bidrag« ist angeführt, dass eben aus- gekommene Junge von Lagopus subalpina sogleich Gras- blumen, Knospen und feine Blätter verzehrten. Aus dem oben angeführten Beispiele geht hervor, dass die etwas älteren Jungen und das Weibchen auch nur Vegetabilien im Kropfe hatten. Später im Sommer machen Beeren, Blätter und Stengel und während des Winters Birkenkätzchen so- wie auch feine Birken- und Weidenzweige ihre Haupt- nahrung aus. Bei 6—8 Tage alten Auerhahnjungen fand ich in- Jemtland den 7. Juli 1859 den Kropf mit grünen Larven von einer Tenthredo vollgepfropft, welche auf Fichtennadeln lebten. Das Weibchen, welches gleichzeitig geschossen wurde, hatte Blüthen und Blätter von Vaccinium uliginosum verzehrt. Während des Herbstes findet man Beeren und Blätter und im Winter vorzugsweise Fichten- 70 W. Mewes und E. F. von Homeyer. nadeln in grosser Menge im Kropfe. Ein im Januar ge- schossener Rackelhahn hatte ı4 Loth kleine Zweige und Samenkätzchen von Birken verzehrt. Bei 2—3 Tage alten Birkhuhnjungen fanden sich den ı2. Juli, auch in Jemtland, Larven von Tenthredo, Spinnen und einige Pflanzenstofle. Die Mutter hatte Blüthen und unreife Früchte von Poly- gonum, nebst unreifen Heidelbeeren verzehrt. Im Herbst und Winter haben sie fast gleiche Nahrung mit den Schnee- bühnern, doch nehmen sie oft auch Wachholderbeeren zu sich. — Junge Haselhühner, ungefähr zwei bis drei Tage alt, die ıch ‘m Angermanland den 21. Juni 1857 erhielt, hatten in ihren kleinen Kröpfen Spinnen, Käfer und über- winterte Beeren von Oxycoccus uligonosus”*) nebst Blättern desselben. Die Anzeichnung über die Nahrung der Mutter ist mir verloren gegangen, doch wird sie wahrscheinlich auch aus allerlei grünen Gewächsen bestanden haben. Zu keinem dieser Nahrungsmittel ist zu dessen Er- werbung ein Scharren erforderlich, da sie onne besondere Anstrengungen über der Erde gesammelt werden können. Wenn ein solches Scharren nothwendig wäre, müsste man sich da nicht über die zu einem solchen Zwecke höchst unpassenden langen, geraden und schwach construirten Nägel, besonders bei den Schneehühnern wundern. Zu solchem Zwecke passen viel besser solche, wie man bei Gallus, Perdix u. s. w. findet. Zweitens bleibt mir nur noch übrig zu zeigen, ob nicht die Klauen der Lagopus und Tetrao vollkommen zweck- mässig für das Bedürfniss dieser Vögel geschaffen sind. Sie haben im Winter alle gegen die Schneemassen, worauf sie wandern müssen, zu kämpfen. Der Schnee ist nicht selten lose und mit einem Fusse, wie der eines Huhnes, würden sie eine viel grössere Anstrengung ihrer Kräfte nöthig haben, um sich auf demselben zu erhalten. Aber da nun das Schneehuhn theils am unteren Ende des Fusses mit einer reichen Federbekleidung, die ausgebreitet werden kann, ver- *) (Alle Hühnerarten, auch die Feldhühner, lieben die Früchte dieser Pflanze sehr. v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland, 71 sehen ist, und theils durch seine langen geraden Nägel — die mit Schneeschuhen verglichen werden können — mit grosser Leichtigkeit über den Schnee laufen kann, so lässt sich die Zweckmässigkeit und die Nothwendigkeit solcher Nägel für dasselbe ohne Schwierigkeit einsehen. Beim Geschlechte Tetrao leisten die Seitenfranzen längs der Zehen denselben ausgezeichneten Dienst, und können eben- fallsals eine Art Schneeschuhe angesehen werden. Der Sommer macht jedoch diese ganze Ausrüstung überflüssig, und der periodische Wechsel derselben dürfte hauptsächlich darin seinen Grund haben. Schliesslich muss ich noch hinzufügen: Erstens, dass, was HerrnBonsdorf’s Aeusserung betrifft, dass ich beim Geschlechte Tetrao nur bei den Weibchen Krallenwechsel gefunden haben sollte, auf einem Irrthum beruht, denn, was die Haselhühner angeht, habe ich (I. c.) zweier Männchen mit eben gewechselten Nägeln erwähnt. Auerhahnmännchen habe ich dagegen nicht Gelegenheit gehabt zur rechten Zeit zu untersuchen, wohl aber ein Birkhuhnmännchen im vollen Sommerkleide, welches durch seine noch kurzen und regelmässig gebildeten graubraunen Nägel zeigte, dass ein Nagelumtausch nicht lange vorher stattgefunden; aber dies Exemplar war nicht mit Datum versehen, weshalb ich desselben nicht erwähnte. Zweitens, dass die Ablösung bei allen Nägeln auf einmal anfängt, und dass kein alter Nagel ganz sitzen bleibt; dass aber das Abfallen des einen oder anderen Nagels sich mehrere Tage verzögern kann. Drittens, dass sie eine längere Zeit wie Scheiden auf den neuen Nägeln sitzen können, ohne Nahrung durch das Blut zu erhalten, welches, soviel ich weiss, nicht bei dem pathologischen Nagelwechsel bei Menschen oder Säugethieren vorkommt. Und hiermit glaube ich Herrn Archiater Bonsdorf’s Anmerkungen widerlegt und hinreichend bewiesen zu haben, dass, was ich in meiner Jemtlandsreise über den Nagel- wechsel geäussert habe, in vollkommener Uebereinstimmung mit den wirklichen Verhältnissen ist. 72 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 129. Vanellus cristatus, M. et W. Ziemlich allgemein bei Novaja Ladoga und Sermaks, verirrt sich auch bisweilen nach Archangel. 130. Squatarola helvetica, Linn. (Charadrius helveticus, Bon.) Soll während des Frühlingszuges bei Archangel vor- kommen. 131.- Charadrius pluvialis, Linn. Onega, Sommarudden, hie und da. 132. Charadrius morinellus, Linn. Ebenso; bei Archangel geschossene Exemplare bei Herrn Heinrich gesehen. 133. Aegialites hiaticula, Linn. Wurde hin und wieder bei Ladoga, der Bucht von Onega und Cholmogori angetroffen. 134. Aegialites minor, Meyer et Wolf. Kommt in denselben Gegenden vor. 135. Haematopus ostralegus, Linn. Einige Paare wurden auf einer Insel im Flusse Onega gesehen; er war allgemein an der Küste des weissen ME£eres. 136. Numenius arquatus, Linn. Nicht selten auf den Sümpfen bei Schlüsselburg, Wuitegra, der Stadt Onega, Archangel etc. Ein Weibchen, den 26. Juni geschossen, war 57 cm. lang und 100 cm. breit, der Schnabel ı23 mm.; der Tarsus 70, die Mittelzehe 45, der Flügel 295, der Schwanz 125 mm. Die Unterseite hatte grosse ovale und herzförmige schwarzbraune Flecken. 157. Numenius phaeopus, Linn. Wurde den 27. Juni auf der südlichen Seite des Sees Onega angetroffen und später auf den Waldsümpfen bei Sommarudden und Archangel. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 73 138. Limosa rufa, Briss. (Scolopax lapponica, Linn.) Auf der Insel Kiostroff, an der Bucht von Onega, sah icb den ı2. Juli zwei rothe Sumpfläufer, welche jedoch ihren Brüteplatz dort nicht hatten. Gleichwohl habe ich Gelegenheit, die Beschreibung des Dunenkleides dieses Vogels nach einem bei Kyrö in Tornea Lappmarken den 4. Juli 1868 genommenen Exemplare zu liefern. Es kam in Spiritus an und war 205 mm. lang. Der Schnabel 3o, Tarsus 43, Mittelzehe 27+6 mm. Die Flügelfedern hatten zu wachsen angefangen und waren 32 mm. lang; die auf den Schultern hervorwachsenden Federn waren graubraun mit rostgrauen Rändern. Die Dunen waren lang und von grauer, rostgrauer und schwarzgrauer Farbe. Ein grosser Fleck auf der Stirn, mehrere dergleichen auf dem rost- gelben Bürzel; die Schwanzdunen schwarzgrau; die Stirn, die Seiten und die Unterseite des Kopfes weissgrau; der Hals und die Schenkel dunkler. Ein undeutlicher Strich durch das Auge und ein ähnlicher über der Stirn, der über den Hinterkopf fortgesetzt wurde, dunkelgrau. 139. Limosa aegocephala, Linn.?! (Limosa melanura, Leisl.) Kam auf den grossen Sümpfen am Canal von Ladoga, bei Sermaks und Wuitegra vor. 140. Totanus glottis, Linn. Wurde auf mehreren Stellen von Novaja Ladoga bis Archangel angetroffen. Den 27. Juni wurden kleine Schaaren am See Onega gesehen, welche äusserst scheu waren und keine Lust zu haben schienen, sich anzusiedeln. Den 29. wurde in der Nähe von Wuitegra in einem Walde ein Brüteplatz gefunden, wo das Männchen mit heftigem Ge- schrei um mich herumflog und sich oft in den Gipfel hoher Tannen setzte, bis ich es erlegte. Das Nest oder die Jungen konnte ich jedoch nicht entdecken.*) Auch bei Nischmosers- *) (Das Betragen dieses Wasserläufers ist dem des Totanus ochropus, wenn derselbe noch ganz kleine Junge hat, ganz ähnlich. v. H.) 74 W. Mewes und E. F. von Homeyer. kaja fand ich den 2o. Juli in einem sumpfigen Walde den Vogel nistend, konnte aber dort ebenso wenig die Jungen auffinden. Das Männchen war 330 mm. lang, 580 mm. breit, Tarsus 55, Mittelzehe 35, Flügel 176 mm. 141. Totanus fuscus, Bechst. Wurde mehreremale gesehen, aber nirgends konnte, ich einen Nistplatz entdecken. Ein in Spiritus von Muonio- niska erhaltenes eben aus dem Ei ausgekommenes Dunen- Junges war 105 mm. lang, der gegen die Spitze nieder- gebogene Schnabel ı6 mm., der Tarsus 28,5 (trocken 27 mm.), die Mittelzehe 31 (trocken 23 mm.). Die Oberseite schwärzlich mit grauen Flecken und Bändern, von welchen eines auf der Mitte des Bürzels und zwei längs der Rücken- seiten deutlich waren. Die Stirn und ein Band über den Augen weissgrau, ein Strich durch das Auge und der Scheitel schwarz; die Unterseite weiss mit grauem Anstrich auf dem Kopfe. 142. Totanus glareola, Linn. War ziemlich allgemein auf den meisten Sümpfen, z. B. bei Schlüsselburg, am See Onega, Archangel u. s. w. Ein eben aus dem Ei gekommenes Weibchen von Torneä Lappmarken, im Juli 1868 genommen, welches ich in Spi- ritus erhielt, war 85 mm. lang, der Schnabel ıı (trocken ıo mm.), der Tarsus 24 (trocken 22 mm.), die Mittelzehe 26 (trocken 24 mm.). In der Farbe hatte es grosse Aehn- lichkeit mit Dunenjungen von T7ot. fuscus, auf der Oberseite war jedoch die helle Farbe vorherrschend. Zwei rostgelbe Bänder auf beiden Seiten des Rückens unterscheiden sich deutlich von fünf ähnlichen schwarzen daselbst; über’s Auge ging ein breites grauweisses, sich um den Nacken ziehendes Band; ein Strich durch das Auge, welcher sich hinter dem- selben ausdehnte, der Scheitel und ein Fleck auf dem Schenkel schwarz; die Unterseite grauweiss. 143. Totanus ochropus, Linn. Sah ich oft, z. B. bei Novaja Ladoga, an der Dwina etc. In der Nähe von Kargopol bei einem Waldbache hatte er den 3. Juli flugfertige Junge. Ornithologische Beobachtungen im nördwestlichen Russland. 75 144. Actitis hypoleucus, Linn. War allgemein an den Fluss- und Seerändern von Schlüsselburg bis zur Dwina. 145. Terekia cinerea, Bonap. Diesen eigenthümlichen Wadvogel, den ich Flussläufer nennen möchte, sah ich zum erstenmale den og. Juli bei Birythewa am Flusse Onega, wo er sich auf den mit Weiden- büschen bewachsenen und von kleinen Rollsteinen und Sand gebildeten Inseln oder an den Ufern des Flusses aufhielt. Bei meinem Herannahen suchten die Alten mit grossem Eifer und unter lautem Geschrei ihre wahrscheinlich im Grase verborgenen Jungen zu warnen, oder zu vertheidigen. Ehe ich einen Schuss gethan, sprang ein Männchen, nur auf einige Schritte Abstand, vor mir, zwischen die Weiden- büsche, wobei es in seiner Haltung und durch seine wip- penden Bewegungen des Körpers grosse Aehnlichkeit mit Tot. hypoleucus hatte. Der Ton war jedoch sehr abweichend und erinnerte an den von Totan. glottis, Charadr. hiaticula und sogar an gewisse Töne von Picus martius. Graf C. von Hoffmannsegg und Herr Hencke, welche sich eine längere Zeit in der Gegend von Archangel aufhielten, haben diese Laute sehr treffend auf folgende Weise beschrieben :”) »Ihre laute, kräftige Stimme und der (vermuthliche) Paa- rungslockton des Männchens besteht aus vollen Kehltönen. Oft hört man ihn auf einem Stein, einem Baumstamme oder irgend einer anderen kleinen Erhöhung sitzend, unter Be- wegung des Körpers und mit sichtbarer Anstrengung viele Male seinen dreisilbigen Laut: kuwitrry kuwitrry kuwitrry oder auch girryyyd girrriii girruid wiederholen, die letzte Strophe immer mit langgehaltener Steigerung. Mitunter hört man ein schwach pfeifendes und melancholisches ha- hiaaa hahiaaa hahiaaa u. s. w.« Nur ein frisch ausgekommenes Junges erhielt ich den ı0. Juli, aber ich vermuthe, dass die meisten Jungen die *) Allgem. Deutsche Nat. Zeitung, herausgegeben von der Ges. Isis in Dresden 1856. 2. Band p. 23g. 76 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Gegend damals schon verlassen hatten, denn ich fand den 24. Juli am Ausflusse der Dwina Schaaren derselben, welche oft im Wasser wateten und ihre Nahrung suchten. Sie waren dort schon recht scheu. Die geschossenen waren ausser- ordentlich fett und die Haut in Folge dessen sehr dünn, Die letzten dieser Vögel sah ich bei Cholmogori den 6. August, worauf ich die Gegend um die Dwina verliess. Folgende Beschreibungen dürften hier anihrem Platze sein. Altes Männchen den ıo. Juli. Länge 250 mm., Breite 418 mm. Der etwas aufwärts gebogene Schnabel von der Stirn 47 mm.*),. der Tarsus 26, die Mittelzehe mit dem Nagel 24, der Schwanz 54 mm. Die Oberseite aschgrau mit dunklen Schaftstrichen oder Flecken; über den Schultern zwei breite schwarze Bänder, welche sich bis zu den langen hinteren Flügeldecken erstrecken. Der Bürzel und die oberen Sch wanz- decken grau, mit dunkleren Querbändern und weissen Kanten. Ein Strich über das Auge und die Stirne weisslich. Die Unterseite weiss; auf dem Kropfe und auf den weiss- grauen Hals- und Brustseiten mit graubraunen Schaftstrichen. DieHandfedern schwarzbraun, die erste derselben mit weissem Schaft; die Armfedern heller mit breiten weissen Spitzen. Die kleinen oberen und die grössten Flügeldecken schwarz- braun; der Schnabel schwarz, die Basis des Unterkiefers grüngelb; die Beine grünlich gelbbraun; Iris dunkelbraun. Junges Männch enimersten Federkleide den 24. Juli; Länge 245 mm., Breite 395 mm., der Schnabel 4ı mm., der Tarsus 27 mm., die Mittelzehe 24 mm., der Flügel 126, der Schwanz 49 mm. Auf der Oberseite waren alle grauen Federn mit rostgelben Rändern und die Spitzen der Schulterfedern so- wie die langen hinteren Flügeldecken hatten schwarze Zick- zack-Linien. Die zwei schwarzen Längsbänder auf den Schultern waren kleiner als bei den alten, oder bestanden nur aus hintereinander liegenden Flecken. Der Schwanz *) Degland und Gerbe sagen in »Ornith. Europ&ene« 1867. II, pag. 171: »Bec pres de trois fois aussi long que la tete« und Fritsch in »Vögel Europas« ı869 pag. 372: »Der Schnabel fast dreimal so lang als der Kopf.« In Wirklichkeit ist der Schnabel nicht voll zweimal so lang als der Kopf. M. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 77 undeutlich gebändert oder gesprenkelt, war mit einer rost- gelben, schwarzgebänderten Spitze versehen. Die Unterseite schmutzig weiss, Hals und Brust mit dunklen Strichen. Der Schnabel dunkel olivbraun mit gelber Basis auf dem Unterkiefer, die Beine schmutzig citrongelb; Iris graubraun. Das übrige des Kleides fast mit dem der Alten gleich. Das junge Weibchen war etwas ‚grösser und hatte keine Zick- zack-Linien auf den hinteren Flügeldecken. Das Dunenkleid eines Weibchens vom 10. Juli ein oder zwei Tage alt: Länge ıoomm., Schnabel 11,5, Tarsus 2ı, die Mittelzehe 20 mm. Die drei vorderen Zehen durch eine grosse Spannhaut ver- einigt. Die Oberseite grünlich rostgrau, fein melirt, ein Strich durch das Auge, ein schmaler desgleichen von der Stirn über dem Scheitel, ein breiterer über dem Rücken und ein Fleck auf der Hüfte schwarz, die Stirn gelblich, die Unter- seite weiss. Die vielen Genusnamen, die diesem Vogel beigelegt worden sind, beweisen, dass man über seine Stellung in Systemen sehr unsicher gewesen ist. Das Dunenkleid, welches am meisten dem von Actitis hypoleucus gleicht, die Be- schaffenheit der Eier und seine Lebensart weisen ihm doch den hier von mir bestimmten Platz an. 146. Machetes pugnax, Cuv. (Tringa pugnax, Linn.) Nur einigemale von mir gesehen, soll nach Fischer allgemein im Gouvernement Petersburg sein. 147. Canutus islandicus, Brehm. (Tringa canutus, Linn.) Ein altes Männchen, welches im Frühling bei Archangel geschossen war, kaufte ich von Herrn Heinrich. Seiner Aussage nach kommt dieser Vogel. dort im Frühling und Herbst vor. 148. Tringa subarquata, Temm, (Pelidna subarquata, Brehm.) Ein Männchen im Frühlingskleide hatte man den 20. Mai bei Petersburg geschossen und dem dortigen Museum über- liefert. Die rostrothen Federn waren noch mit weissen Kanten versehen. Ich fand ihn nicht weiter auf meiner Reise, ob- 78 W, Mewes und E. F. von Homeyer. gleich ich ihn auf den von Blasius*) angegebenen Stellen an der Südseite des Sees Onega**) eifrig suchte. 149. Tringa Temmincki, Leisl. Nur ein Paar wurde den ıo0. Juli auf einer kleinen Insel im Flusse Onega nistend angetroffen. Nach von Hoff- mannsegg und Hencke (l. c. pag. 38) soll er häufig auf einer Halbinsel vor der Mündung der Dwina brüten. Ein Junges im Dunenkleide, zwei oder drei Tage alt, im Juli bei Kautokeino (Lappland), welches ich in Spiritus erhielt, war 68 mm. lang; der Schnabel 8, der Tarsus 15,5, die Mittelzehe 14+3 mm. Der Schnabel an der Spitze schwarz, an der Wurzel, ebenso wie die Beine, braungrau. Die Farbe der Dunen auf der Oberseite war eine Mischung von schwarz, rostgelb und grau, auf den Seiten des Hinterkopfes, vom Oberschenkel und längs der Rückenseiten mit weisslichen Spitzen geziert; die Stirn, die Wangen- und die Unterseite hell graugelb; zwischen der Schnabelwurzel und dem Auge ein dunkler Strich. Der Magen enthielt kleine Käfer, z. B. Bembidium, Stenus und andere. 150. Tringa minuta, Leisl. Auf dem Museum in Archangel befand sich dieser Vogel, welcher der Angabe nach dort geschossen worden sein soll. Inwiefern er dort in der Gegend nistet, bedarf näherer Untersuchung. ***) 151. Tringa platyrhyncha, 'Temm. Auch- von dieser Art erhielt ich nur ein im Mai 186g bei Archangel geschossenes Exemplar. Dass diese Art sowohl *) Reise im europ. Russland 1844, S. 72. **) Prof. Kessler l. c. äussert in einer Note, dass die von Blasius dort gesehenen Vögel, Calidris arenaria, Tringa minuta, subarquata und andere noch unter der Zugzeit und nicht brütend gewesen sein müssten; welcher Ansicht ich unbedingt beipflichte. M. ***) Durch Missverständniss hat Baron Droste -Hülshoff in seiner Arbeit: »Die Vogelwelt der Insel Borkum« p. 224, Tr, minuta statt Tr. Temmincki als dort brütend angeführt. M. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 79 in Skara als in Dalsland brütet, ist mir durch Herrn K.olt- hoff’s brieflich mitgetheilte Beobachtungen von neuem bekräftigt worden. (In neuerer Zeit ist diese Art und auch 7. Temmincki vielfach in Lappland brütend gefunden worden. v. H.) 152. Calidris arenaria, llliger. Der Angabe nach befindet sich ein Exemplar davon auf dem Museum in Archangel; der Vogel soll dort in der Gegend auf dem Zuge vorkommen. 155. Scolopax rusticola, Linn. Sah ich bei Kopatschevskaja; Eier von diesem Vogel erhielt ich bei Archangel. 154. Scolopax major, Linn. Nach v. Fischer soll sowohl diese, als auch die vor- hergehende Art im Gouvernement Petersburg vorkommen. 155. Scolopax gallinago, Linn. Fand sich allgemein bei Schlüsselburg, Wuitegra, an der Bucht von Onega u. s. w. Recht oft hörte ich das all- gemein bekannte »Schnurren oder Meckern« dieser Beccas- sine, über dessen Hervorbringung entweder mit den Flü- geln oder mit dem Schwanze die Ansichten verschieden gewesen, und es noch zu sein scheinen. (Es handelt sich hierbei nicht allein, ob der eigenthümliche Ton mit den Flügeln oder mit dem Schwanze hervorgebracht wird. Schon Bechstein war der Ansicht, dass dies ein Lungenton und mit der Kehle gegeben werde. Unserem Altvater Naumann war es bekannt, dass eine an einen Stock gebundene Schwung- feder eines nicht zu kleinen Vogels einen ähnlichen Ton hervorbringe (S. Naumann, B. VIII p. 329) als eine balzende Beccassine. Naumann schreibt: Schwungfedern, woraus durch Missverständniss eines hannoveranischen Jagdschrift- stellers Schwanzfedern wurde. So die erste Entstehung (Naumann 1836, der Hannoveraner ı840) dieser Ansicht, die einzig in der ganzen Vogelwelt dasteht. Mewes hat 80 W. Mewes und E. F. von Homeyer. nun darauf hingewiesen, verwandte ausländische Arten zu beobachten und der berühmte Reisende Professor Dr, Dybowski berichtet überdie in Sibirien nicht selten lebende Sc. heterocerca, dass dieselbe im Balzfluge einen trompeten- artigen Ton hören lasse. Es lag ja nahe, mit den eigens geformten Steuerfedern dieses Vogels ein ähnliches Experi- ment zu machen, wie mit denen unserer Beccassine. — Auf einer Berliner Ornithologenversammlung in Gegen- wart von Herrn Mewes wurde auch der Versuch gemacht. Die Versammlung horchte erwartungsvoll, aber auch nicht der leiseste Ton liess sich hören. Mir erscheint dies absolute Schweigen ein Gegenbeweis, abgesehen davon, dass ich mich nie überzeugt habe, dass der künstlich erzeugte Ton der- selbe sein soll, wie bei einer balzenden Beccasine, denn derselbe klingt nur ähnlich, nicht gleich und ist im Freien auf keine 60 Schritte hörbar, während der Ton bei dem Vogel über tausend Schritte gehört wird, und doch ist die Bewegung durch den geschwungenen Stock ungleich kräftiger und schneller als bei der balzenden Beccassine. Ich will viele Gründe und Thatsachen unerwähnt lassen, weil es unmöglich ist, hier alles Dahingehörige zu besprechen. v. H.) Schon bei der ersten Mittheilung*) meiner im Juni 1854 auf Gottland gemachten Beobachtungen über die Entstehung dieses Lautes richtete ich die Aufmerksamkeit nicht blos auf die merkwürdig gebildete äussere Schwanzfeder bei dieser Art, sondern auf mehrere solcher, bei nahe verwandten Arten, z. B. Scolop. javensis, und sprach am Schlusse des kleinen Aufsatzes den Wunsch aus, dass reisende Ornithologen Beobachtungen über die in der freien Natur sich aufhalten- den ausländischen Arten anstellen möchten, weil ich über- zeugt war, dass es sich zeigen würde, dass der meckernde Laut, den sie hören lassen, bedeutend verschieden von dem unserer Art ist. Ich habe nicht erfahren, ob Jemand meiner Aufforderung direct gefolgt ist, aber um so willkommener war mir eine Mittheilung des Herrn Taczanowski über *) Öfvers. of K. Vet. Akad. Förhandl. 1856, pag. 275 — 277. Proc. Zool. Soc. 1858, p. 199. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 81 Scol. heterocerca *), welche sowie Scol. javensis 7 oder 8 äussere Schnurrfedern "im Schwanze hat, dass diese bei ihren Bewegungen in der Luft einen »raketenartigen Ton« (ein raketenartiges Geräusch) hervorbringt. Herr Tacza- nowski glaubt zwar, dass dies mit den Flügeln hervor- gebracht wird; aber ich wage zu behaupten, dass er anderer Meinung sein würde, wenn er meinen Aufsatz gelesen, oder wenn er, wie ich vor vielen Jahren, mit den steifen, feinen Schwanzfedern dieser Art auf die angegebene Art experi- mentirt hätte. 156. Scolopax gallinula, Linn. Einige Eier von dieser seltenen Schnepfe erhielt ich in Archangel, welche dort in der Nähe genommen waren. Den Vogel selbst habe ich auf meiner Reise, was nicht Wunder nehmen kann, da ich keinen Hund hatte, nicht gesehen. Ich habe jedoch Gelegenheit, das Dunenkleid dieses Vogels nach einigen in Spiritus erhaltenen Exemplaren von Muonioniska zu beschreiben. Diese zeigen die Merkwürdigkeit, dass sie grösser als die von Scol. gallinago sind, welches bei Schnab&l und Tarsus am meisten in die Augen fallend ist. (Sollte nicht die auffällige Grösse der jungen Vögel der Vermuthung Raum geben, dass dieselben nicht dieser Art, sondern Sc. major angehörten? v. H.) Das eine Dunen- junge. Z?, welches vollkommen ausgebrütet aus dem Ei genommen, war ungefähr 100 mm. lang; der Schnabel 14 mm., der Tarsus 22 (getrocknet 20) mm., die Mittelzehe 24 (getrocknet 22) mm.; das andere, ein 9, ı oder 2 Tage alt, war 95 mm. lang; der bei der Wurzel 6 mm. hohe Schnabel ı8!/, mm. lang; der Tarsus 22 (getrocknet 20) mm., die Mittelzehe 25 (getrocknet 23) mm. (Bei alten Weibchen ist der Tarsus 22—22'/, mm., bei Männchen höchstens 24 mm.; also ist derselbe bei den eben ausgekommenen Jungen wenig kürzer als bei den Eltern!) Die Dunenbekleidung war besonders hübsch, aber schwer zu beschreiben. Eine rost- braune oder Mahagonifarbe war auf dem ganzen Vogel die vor- herrschende. Kopf und Hals rostgelb mit schwarzen Flecken, *) Cabanis, Journal für Ornithologie 1870, pag. 312. 82 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Rücken, Flügel und Seiten rostbraun mit schwarzen Längs- bändern oder Flecken; alle diese schwarzen Dunen waren mit weissen Spitzen verziert, wodurch mitten auf dem Rücken zwei lange und an den Seiten zwei kurze Bänder hervor- traten. Ein Fleck zwischen Schnabel und Auge und die Stirn war schwarz, letztere mit einem weissen Strich quer durchschnitten; die Unterseite graubraun, ohne Flecken! Das Männchen ? war dem Weibchen beinahe gleich, aber an den Seiten des Kopfes fanden sich noch mehr weisse Linien, nämlich eine über dem Auge, eine unter dem Kinn und eine um dasselbe herum. Die Eier dieser Art sind in Uebereinstimmung mit dem oben Angeführten auch unge- wöhnlich gross, nämlich gleich mit denen von Scol. gallinago oder etwas kleiner. (Ich habe die unzweifelhaften Eier, bei denen ich die ausserordentlich zahme Mutter beob- achtete, selbst gefunden. Dieselben waren der Grösse des Vogels durchaus angemessen. Die von Mewes beschriebenen lappländischen Eier sind es wohl zweifellos nicht. v. H.) Da ich Gelegenheit gehabt habe, eine grössere Anzahl Gelege von Torneä Lappmark zu untersuchen, die Ende Juni oder sogar Anfangs August (Die im August gefundenen Eier gehören wohl der zweiten Brut an. v. H.) eingesammelt waren, kann ich darüber folgende Beschreibung geben: Nr. ı: 4 Eier; die Grundfarbe graugelb, mit grauvioletten Schalenflecken, grosse und kleine leberbraune Flecken, Punkte und hackenförmige Striche, welche nach dem Stumpf- ende hin zusammenfliessen; a 39—26, b, c und d 38,5— 27 mm. Nr. 2: 4 Eier; die Farbe wie bei den ersteren, aber die Flecken kleiner; a 38—27,5, b 57,5—28, ce 37,5— 27, d 37,5—26 mm. N. 3: 3 Eier; zwei davon waren dunkel grüngrau, das dritte rostgelb; die Flecken gross, ziemlich dünn gestreut; alle waren gleich gross, 37—27 mm. Nr. 4: 3 Eier, graugelb, die Flecken unregelmässig, zertheilt in vielen krummen Schnörkeln urd Strichen, wodurch sie in der Zeichnung den Eiern von Oedicnemus crepitans sehr ähnlich waren; a 40—27,5, b 39— 27, c 37—26 mm. Nr. 5: 3 Eier, weissgrau, mit aschgrauen, hell- und dunkelbraunen Flecken und Punkten; in der Farbe der Eier von Scolop. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 83 major sehr ähnlich; alle gleich gross, 38—28 mm. Nr. 6: 4 Eier, die Grundfarbe grünlich weiss, mit ziemlich dunklen, dünn gestreuten Flecken; hatten etwas Aehnlichkeit mit den Eiern von Totanus glareola, 37,5—27 mm. bis 38—27.5 mm. Nr, 7: 4 Eier, nur etwas dunkler als die vorigen; 39,5— 4o mm. lang und 27,5 mm. dick. Nr. 8: 4 Eier, die Grund- farbe hübsch hell olivgrün, 37—27 bis 39— 27,5 mm. Nr. 9: 2 Eier, olivgelb mit hellen und schwarzbraunen, dünn ge- streuten Flecken; a 39—29 mm., b 38—27 mm. Die Nester wurden meistens auf grossen Sümpfen, beim Mähen des Grases gefunden. Der Vogel soll so fest (Die ganz ausserordentliche Vertrautheit dieses Vogels beim Neste habe ich bereits angedeutet. Ich fand das Nest in einem sumpfigen Torfmoor auf einer Bank zwischen den Gruben, später in derselben Localität nicht ganz flügge Junge, die, namentlich am Kopfe, noch viel Dunen hatten und noch heute — nach 43 Jahren — meine Sammlung zieren. v. H.) auf den Eiern liegen, dass er oft mit der Sense verwundet wird. 157. Grus cinerea, Bechst. Der Kranich fand sich ziemlich häufig bei Schlüssel- burg, Wuitegra, Onega und Kargopol. Ein junger Kranich, den mein Sohn den 26. Juni 1864 in Westergothland fing und der eben anfıng sein graues Federkleid anzulegen, war ungefähr 70 cm. lang, der Schnabel 57 mm., der Tarsus ı62 mm., die Mittelzehe 7o+1ı mm., die hervorwachsenden Handfedern 88 mm.; die Dunen auf dem Kopfe rostgelb, am Halse grau, Rücken, Bürzel und Schwanzdunen rost- oder braungrau. Ein Junges im Dunenkleide, den 30. Mai in Wermland genommen, war (conservirt) ungefähr 210 mm. lang; der Schnabel von der Stirn 25, vom Mundwinkel 27,5 mm.; der Tarsus 4omm.; die Mittelzehe 24+5 mm. Die hübschen Dunen waren auf der Oberseite glänzend gelblich rostroth. Ueber dem Rücken ging ein dunklerer Längsstrich, der sich auf dem Kreuze in zwei niederwärts gehende Arme theilte; die Unterseite war heller und ohne Glanz. 6* 84 W. Mewes und E. F. von Homeyer. In den ornithologischen Schriften wird gewöhnlich angenommen, dass der Kranich nur zwei (ich habe selbst und durch andere nur zweimal in einem Neste drei Eier constatieren können. Die Regel ist unzweifelhaft zwei. v. H.) Eier legt; ich habe jedoch mehr Gelege mit drei Eiern ge- sehen. Ein solches mit drei Eiern wurde im Mai 1866 bei Tierp in Upland gefunden, und diese hatten folgende Di- mensionen a 95—62 mm., 5b 95-64 mm., c 92—61 mm. Bei einem anderen Gelege, auch mit drei Eiern von Werm- land den 20. Mai 1869, war das grösste 94-461 u. s. w. Aus einem Gelege von zwei Eiern war das eine 105460 mm.., ein grosses Ei von Sarepta war 10767 mm. 158. Gallinula crex, Linn. Wurde bei Schlüsselburg gehört. 159. Gallinula porzana, Linn. War nicht selten von Ladoga bis Archangel. Auf der letzteren Stelle kaufte ich einige Eier dieses Vogels. 160. Fulica atra, Linn. Soll der Angabe des Herrn Heinrich nach einige Male in der Nähe von Archangel geschossen worden sein. 161. Cygnus musicus, Bechst. Den Singschwan habe ich auf keiner Stelle lebend gesehen, aber die vielen Häute, die ich bei den Bauern an der Sommerküste und bei Kürschnern in Onega und Arch- angel sehe, scheinen zu beweisen, dass er wenigstens während des Zuges in der dortigen Gegend allgemein vorkommt. Von Anser traf ich keine Art, aber die Bauern versicherten mir, dass solche sich z. B. bei einem See, genannt »Bjeloje osero« — weisser See*) — welcher zwischen den Städten *) Der Name: Weisser See, Weisser Fluss, wird in der dortigen Gegend oft angewandt und bezeichnet solche Seen und Flüsse, welche nicht, wie die dort gewöhnlich, braun oder rothbraun, sondern wasser- klar sind. Sollte nicht das »weisse Meer«, »Bjeloje more« mit seinem klaren Wasser im Vergleich mit dem gefärbten der Dwina und ÖOnega- Flüsse seinen Namen in Uebereinstimmung hiermit erhalten haben? M. Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 55 Onega’und Archangel liegt, finden sollten. Meine Zeit reichte nicht hin, eine Tour dorthin vorzunehmen. 162, Anas boschas, Linn. Allgemein während der ganzen Reise. 163. Anas strepera, Linn. Nur ein Männchen sah ich den 9. Juni am Canal von Ladoga. Im Museum in Archangel fand ich ein Paar, welches dort in der Gegend geschossen worden war. — Nach vielen vergeblichen Versuchen ein Nest der Schnatterente bei Hjelstaviken in Upland zu bekommen, glückte es endlich den Herren G. Engelhart und W. Elfstrand, Anfangs Juli 1870 in der Gegend von Ekolsund und Krägga mehrere Nester zu finden, welche 9—ı3 Eier enthielten. Die Eier, von denen ich mehrere untersuchte, hatten grosse Aehnlich- keit mit den Eiern der Pfeifente, aber die Farbe war im Ganzen etwas gelber. Die gewöhnliche Grösse war 57—309, 58—38, 58—4o mm, die kleineren waren 53—37, 55—36 mm. u. s. w. Eines der Nester wurde auf einer kleinen Insel unter einem Busche gefunden, ungefähr ı2 Ellen vom Strande, und bestand nur aus Dunen und etwas trockenem Laube; ein anderes auf einer Wiese, ungefähr 50 Ellen vom Strande; es war aus trockenem Grase gebaut, und inwendig mit Dunen ausgelegt. Die am 16. Juli genommenen Eier waren schon stark bebrütet, und es glückte dem Herrn Engelhart, dieselben durch eine Henne voll ausbrüten zu lassen. Da Herr Engelhart mein Freund ist, habe ich Gelegenheit, hierüber Folgendes mittheilen zu können: Nestkleid:ein zwei Tage altes Weibchen war 155mm. lang; der Schnabel von der Stirn ı2, von der Stirnleiste 15, vom Mundwinkel ı6 mm. lang und die Mitte 8 mm. breit; ‘der Tarsus ı9 mm., die Mittelzehe mit dem Nagel 25 mm. Der Schnabel oben olivbraun, an der Spitze und unten wachsgeib; die Beine braungrün mit blassgelbem Rande längs der Zehen; alles ım frischen Zustande. Die Farbe der Dunen gleicht der von Anas boschas, aber alle hellen Partien waren grösser 86 W, Mewes und E. F. von Homeyer. als bei dieser. Die Farbe auf der Oberseite olivgraubraun, am dunkelsten auf dem Scheitel; die gewöhnlichen vier Flecken auf dem Rücken und der innere Flügelrand gelb; die Unterseite und die Wangen schwefelgelb mit ocker- gelbem Anstrich auf der Brust; der dunkle Strich durch das Auge schmal, der gelbe über dem Auge sehr breit. 164. Anas penelope, Linn. Allgemein; bei Nischmosersk traf ich den 14. Juli mehrere Weibchen mit ihren Jungen. 165. Anas acuta, Linn. Am Kanal von Ladoga, an der Bucht von Onega bei Archangel u. s. w. allgemein. Auf dem Markte in Archangel kaufte ich den 31. Juli zwei alte Männchen im Sommer- kleide. Dieses Kleid hat grosse Aehnlichkeit mit einem jungen Männchen im September, aber die hellen oder dunklen Bänder auf einem Theil der kleinen Federn haben eine in die Quere gehende Richtung, während die bei den Jungen spitze Winkel bilden. Der Kopf oben schwarzbraun mit helleren Rändern, dessen und des Halses Seiten bleich rostgelb mit braunen Schaftflecken, das Kinn weiss mit dunkleren kleinen Flecken; der Kropf graugelb mit schwarzen und weissen Querflecken auf jeder Feder. Der Bauch grau- weiss mit fast bedeckten Flecken, aber der Steiss mit deut- lichen graubraunen; die unteren Schwanzfedern gelblich weiss mit grossen länglichen Flecken. Die Tragfedern grau mit braunen Querbändern und weissen Wellenlinien; der obere Theil des Rückens grau mit fein gewässerten weissen Linien, die Schulterfedern schwarz mit breiten braungrauen Rändern, die Flügeldecken schön aschgrau, ohne Ränder. Die beiden mittleren breiten Schwanzfedern nur 1ı5 mm. lang. Der Schnabel bleigrau, in der Mitte und auf dem vorderen Rande schwarzbraun; die Beine gelblich bleigrau. Ein auf Oeland den ı. Juli von Herrn Kolthoff geschos- senes Männchen, wahrscheinlich im zweiten Jahre, ähnelte in der Zeichnung sehr den vorhin genannten, aber auf den Flügeln fanden sich noch quergebänderte, kleine Deckfedern Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 87 vom Nestkleide; Kopf und Hals mehr rostgelb, die Quer- bänder auf Rücken und Tragfedern waren breiter, und der weissgraue Bauch ohne Flecken u. s. w. Herr Heinrich in Archangel hatte in seiner Sammlung ein Bastardmännchen von der März- und Spiessente, welches vollkommen der Figur ähnelte, die sich in Naumann’s Nachträge, Tab. 389, Fig. 3 findet. 166. Anas clypeata, Linn. An dem See Ladoga und Onega, sowie bei Archangel allgemein. 167. Anas querquedula, Linn. Wurde bei Ladoga und Archangel gesehen. 168. Anas crecca, Linn. Fast überall häufig. An der Dwina wurde den ıo. August ein junges Männchen geschossen, welches durch den Aufenthalt auf dem braunen Sumpfwasser eine stark rost- braune Farbe auf Brust und Bauch bekommen hatte. Ein altes Männchen im Sommerkleide, den 8. August ge- schossen, kann von einem jungen Männchen auch dadurch leicht unterschieden werden, dass alle kleinen Federn stark abgerundet”) und mit grauen Rändern bekleidet sind. Bei den Jungen sind diese, besonders an den Seiten, zugespitzt und mit breiten weissgrauen Seitenrändern versehen. Die Schwanzfedern vollständig und nicht stumpf wie bei den Jungen. 169. Fuligula cristata, Steph., Linn. Novaja Ladoga, Sermaks, Archangel nicht selten. 170. Fuligula marila, Steph., Linn., welche Professor Lilljeborg bei Novaja Ladoga und der Dwina antraf, sah ich nirgends. *) (Die Spitzen des Gefieders sind wohl bei der grossen Mehrzahl aller Arten bei jüngeren Vögeln weniger abgerundet, als bei den alten. Sehr deutlich kann man dies z. B. an den Drosseln erkennen. v. H.) 88 W, Mewes und E. F. von Homeyer. 171. Fuligula ferina, Linn. Fand ich nur bei Dubno am .Ladoga, wo auch Eier auf einer kleinen sumpfigen Insel gefunden wurden. (Eigen- thümlich war es, dass die Schaalen fast aller dort erhaltenen Eier der Toafelente wahrscheinlich von Wasserschnecken benagt- waren.) 172. Fuligula nyroca, Güldenst. Von Blasius*) am See Onega gesehen; ich fand sie weder dort noch auf einer anderen Stelle.”*) In Archangel sah ich jedoch in Herrn Heinrichs Sammlung ein im Frühling in der dortigen Gegend geschossenes hübsches Männchen. Ein Paar befand sich auch auf dem Museum in Archangel. 173. Clangula glaucion, Brehm, Linn. (Anas clangula, Linn.) Bei Nischmosersk nistend; ferner bei Ladeinopole, der Bucht von Onega, Archangel gesehen; allgemein. 174. Harelda glacialis, Leach. (Anas glacialis, L.) Im Mai auf dem Meere zwischen Wiborg und Peters- burg gesehen; Prof. Kessler (l.c. p. 25) fand die Eisente brütend im nördlichen Theile des Sees Onega und traf dort im Juli eben ausgekommene Junge. (Brütet nach meinen Beobachtungen nicht auf dem Onega. Mewes.) 175. Somateria mollissima, Linn. (Anas mollissima, Linn.). Auf Sommarudden am weissen Meere wurden grosse Schaaren davon gesehen, worunter sich Sammtenten, Schell- enten und andere befanden und auf der Insel Kiostroff fand ich den ıo. Juli zwei Nester mit Eiern. 176. Oidemia nigra, Flem. (Anas nigra, Linn.). Bei Sommarudden, Archangel. *) Reise im europäischen Russland, r. Theil, pag. 71. **) (Die Art lebt zahlreich in ganz Russland mit Ausnahme des höchsten Nordens. An der Wolga ist sie häufig. v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 89 177. Oidemia fusca, Flem. (Anas fusca, Linn.). Bei Kiostroff und Archangel. ‚178. Mergus merganser, Linn. Bei Ladoga, Archangel,. Cholmogori. (Siehe Nachträge.) 179. Mergus serrator, Linn. Bei Onega und Ladoga. 180. Mergus albellus, Linn. Beim Dorfe Nischmosersk, welches an einem Bache liegt, der zwei Seen miteinander vereinigt, fand ich den 20. Juli auf dem südlichen schilfreichen See eine Familie Zwergsäger. Die Jungen schienen ein Drittel ihrer Grösse erreicht zu haben und waren in der Farbe der Mutter ähnlich. Sie tauchten sehr gewandt und verschwanden unter dem Schilf, so dass es mir nicht glückte, einige zu erhalten. Professor Kessler l. c. nahm beim See Onega N. W. den 16./28. Juli Junge, die nur einige Tage alt waren, aber leider hat er keine Beschreibung derselben gegeben. Die Eier des Zwergsägers sind noch selten in Samm- lungen, weshalb ich Folgendes über sie mittheile: Ungefähr eine halbe Meile nördlich von Muonioniska fanden einige Fischer den 24. Mai 1868 in einem alten für Schellenten ausgesetzten Brütekasten acht Eier von einem bei dieser Gelegenheit davon fliegenden Vogel, welchen sie »Ongeli« nannten. Ich erhielt vier dieser Eier, nebst einigen Dunen. Die Eier waren der Grösse nach denen der Pfeifente am ähnlichsten, aber in der Farbe denen des Gänsesägers. Die Schale war besonders hart, wenig glänzend, fein punktirt und zeigte unter starker Vergrösserung (mit der Loupe) Nadelrisse, die oft einander kreuzten. Die Form oval mit stumpfen Spitzen. Die Farbe gelblich weiss; drei der Eier hatten doch jedes einen grösseren grauen Wasserfleck, Sie hatten folgende Dimensionen und Gewichte (in Gran): a 55—36 mm., 60 gr. Gewicht; b 64—37 mm., 68 gr. Gewicht; c 53—37,5 mm., 64 gr. Gew.; d 53—37 mm., 66 gr. Gewicht. 90 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Die Dunen, aus dem Nest genommen, waren seiden- artig, weissgrau — nicht weiss, wie bei der Schellente, — und seidenähnlich. III. Abtheilung. Vögel, deren Junge sehend und mehr oder weniger dicht mit Dunen bekleidet aus dem Ei kommen. Die Jungen werden auch eine längere Zeit gefüttert, wobei sie jedoch sehr bald selbständig nach dem dargebotenen Futter greifen U.IS.W. 181. Ardea cinerea, Linn. Professor Lilljeborg sah den Reiher während seiner Reise bei Novaja Ladoga; ich selbst habe ihn nicht ange- troffen. — Das Dunenkleid des Reihers resp. Pelargi ist im hohen Grade abweichend von dem der eigentlichen Sumpf- vögel (Tringariae, Gruinae etc.), weshalb ich hier die Gelegenheit benütze, um drei Junge zu beschreiben, welche, obgleich von verschiedener Grösse, den 25. Mai 1868 in Schonen aus demselben Neste genommen wurden. Bei diesen Jungen ist die äusserst kurze Fusswurzel das am meisten in die Augen fallende. Ich habe vorher angeführt, dass die- selbe bei dem alten Weibchen von Scolopax gallinula 22 mm. und bei einem aus dem Ei genommenen Jungen‘) 20o mm. war. Bei dem Reiherweibchen war die Fusswurzel ı40 mm.; aber bei dem meuausgekommenen Jungen hatte sie nur eine Länge von ı5 mm. Dieses Verhältniss muss eine tiefere Bedeutung haben. — Die genannten Jungen, welche ich im conservirten Zustande erhalten, waren von folgender Beschaffenheit: Nr. ı, ein oder zwei Tage alt, ca. ı60 mm. lang; der Schnabel ı7 mm., die Fusswurzel 15, die Mittelzehe ı2 mm.; die Dunen lang, doch nicht dicht, oben grau, an der unteren Seite weiss, auf dem Kopfe steif, weiss und haarähnlich, wo sie sich strahlenförmig zu einem 23 mm. langen Federbusche ausbreiten. Durch den an der *) (Wie oben bemerkt, wohl unmöglich derselben Art angehörig- v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 91 Spitze niedergebogenen Schnabel, die nackte Kehle und die kurzen Füsse erinnert das kleine Junge sehr an. die Scharben. Nr. 2, ungefähr drei oder vier Tage alt, ca. 250 mm. lang, der Schnabel 25 mm., die Fusswurzel 24, die Mittelzehe 2ı mm. Die Dunen wie bei Nr. ı, doch dünner auf der Unterseite, der Federbusch 37 mm. Nr. 3, fünf oder sechs Tage alt, und ca. 335 mm. lang; der Schnabel nur etwas an der Spitze gebogen, 35 mm., die Fusswurzel 39, die Mittelzehe 4o mm. Auf der Spitze des Schnabels ist sowohl bei diesem wie bei den zwei anderen Jungen das Kalk- häutchen vorhanden. Die Dunen waren schon bedeutend dünner geworden und eine grössere Anzahl Blutspulen waren auf der Unterseite sichtbar. Bei einem alten Weib- chen, ebenfalls von Schonen, war der Schnabel 108, die Fusswurzel 140, die Mittelzehe 35 + ı7 (das zweite Maass gilt für den Nagel), der Flügel 413, und der Schwanz 187 mm. lang. | 182. Botaurus stellaris, Steph., Linn. (Ardea stellaris, Linn.) Die sehr eigenthümliche, starke und tiefe Stimme der Rohrdommel hörte ich auf einer Excursion bei Sermaks, wo sich der Vogel in mit Weidenbüschen und hohem Grase bewachsenen Sümpfen aufhielt, aber nicht sichtbar wurde. Mein Dolmetscher, welcher glaubte einen der grössten Bären gehört zu haben, erschrack so über diesen Laut, dass er die Flucht ergreifen wollte, bis er von mir beruhigt wurde, Die russischen Bauern sagten, dass diese Töne, die auch in weiter Entfernung gehört wurden, von den Sumpfochsen kämen. Eigenthümlich ist, dass dieser Vogel in Schweden sehr spät im Herbste, sogar noch im Winter angetroffen wird. So wurde z. B. den 9. November beim Dorfe Flem ein Weibchen geschossen. Dieses hatte sechs Barsche im Magen und Halse, wovon der grösste ı4 cm. lang war. Ein Weibchen wurde in Bohuslän den 30. Januar 1842 und ein anderes auf dem nördlichen Oeland den 22. Januar 1870 geschossen. Der Magen des letztgenannten enthielt nur einige Drtiscus marginalis und D. dimidiatus. Es war 72 cm. lang, 122 cm. breit, der Schnabel 70, die Fusswurzel go, 92 W. Mewes und E. F. von Homeyer. die Mittelzehe 85 + 22 mm.; der Flügel 320 mm. Iris ocker- gelb. Das Weibchen war 68 cm. lang und ııo cm. breit; der Schnabel 65, die Fusswurzel 80, die Mittelzehe 78+22 mm.; der Flügel 30o mm., Iris blassgelb. 183. Platalea leucorodia, Linn. Nach Herrn Heinrich’s Mittheilung hatten sich vor einigen Jahren vier Löffelreiher nach Archangel verirrt. Ein eben ausgekommenes Junges, welches ich 186: von Holland mitbrachte, war oben mit dicht — unten mit dünn stehenden rein weissen Dunen bedeckt; die Kehle, ein Streifen auf der Mitte des Bauches und längs den Seiten desselben waren nackt. Es war gegen 60 mm. lang; die Fusswurzel ı8, die Mittelzehe ı7, der Schnabel 22 mm. 184. Sterna paradisea, Brün. (Sterna arctica, Temm.) Wurde allgemein bei Archangel gefunden, ‘wo sie unter andern auf einem mit verkrüppelten Kiefern bewachsenen und von verschiedenen Wasseransammlungen durchzogenen Sumpfe nistete. 185. Sterna hirundo, Linn. (St. fluviatilis, Naum.) Ebenfalls häufig angetroffen, z. B. bei den Onega- und Ladoga-Seen. 186. Larus minutus, Pallas. Diese hübsche Zwergmöve sah ich in grossen Colo- nien an verschiedenen Stellen auf der an Seen und Inseln reichen, rechten Seite des Canals, welcher von Schlüssel- burg nach Novaja Ladoga führt. Beim Dorfe Dubno wurden anfangs Juni mehrere beinahe schwimmende Inseln unter- sucht, die von Wasserpflanzen und Schlamm gebildet waren, oft so lose, dass man nicht ohne Gefahr darauf gehen konnte, Dort nisteten diese Vögel in grosser Menge. Die Nester waren sowohl in der Mitte als an den Rändern der Insel angelegt, und aus Schilf, Grashalmen und anderen Pflanzen gebaut, wozu bald mehr, bald weniger Material Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 93 verwendet war; die Nester hatten 15— ı8 cm im Durch- messer. Da Sterna hirundo auf denselben Plätzen nistete und ihre Eier grosse Aehnlichkeit mit denen der Zwergmöven hatten, so fürchtete ich zuerst, sie nicht gehörig unter- scheiden zu können, aber glücklicherweise schoss ich schon am ersten Tage ein Weibchen mit einem zum Legen fertigen Ei, und bei diesem sah ich, dass das Eigelb eine schöne, röthlich orangengelbe Farbe hatte, während es dagegen bei Sterna hirundo ocker- oder schmutziggelb war *). Dieses Kennzeichen wurde genau bei der Ausleerung der Eier beobachtet. Die Anzahl der Eier in jedem Gelege war drei oder vier *), doch viele Nester enthielten erst ein oder zwei Eier. Die gewöhnliche Form war die lang oder kurz ovale; andere waren oval oder spulförmig, einige sogar birnenförmig. Die Grundfarbe war spangrün, graugrün, olivgrau, lederbraun und graubraun. Grauweisse Grund- farbe, wie bei Sterna hirundo sah ich niemals. Die bleichen Schalenflecke waren schwärzlich; die grösseren, deutlicheren Flecke, welche oft ineinander zusammenflossen, mitunter einen Kranz an dem dicken Ende des Eies bildend, sowie die kleineren zerstreuten Flecke, hatten alle eine schwarze oder lederbraune Farbe. Die verschiedenen Gelege enthielten oft Eier von sehr ungleicher Form und Farbe. Folgende Gelege können eine Uebersicht der hauptsächlichsten Dimen- sionen geben: Gelege A, vier Eier, a.44—31,.b 43—32, ce 43—3i, 442 29; Gelege B, wer‘ Kıer,.a'45 30, b°46-3t, *) (Diese Beobachtung hat für den Sammler ganz ausserordent- lichen Werth, den jeder erkennen muss, der jemals sich in ähnlicher Lage befand. v. H.) **) (Die Zahl der Eier bei Möven und Seeschwalben scheint fast absolut drei zu sein, mit Ausnahme der Sterna caspia, welche — un- gestört — nur zwei Eier legt. Bei den in Colonien am Strande nistenden Vögeln kommt es jedoch nicht so gar selten vor, dass mehrere Vögel einzelne Eier, ja, in freilich seltenen Fällen, ganze Gelege in fremde Nester, selbst in denen einer anderen Art, legen. Es wäre aber auch immerhin möglich, dass die überreiche Nahrung des von Mewes be- suchten Brutplatzes die Möven bisweilen ein Ei mehr legen liess. v. H.) 94 W. Mewes und E. F. von Homeyer. c 40-30, d 37—3o. Gelege C, vier Eier, a und b 42-31, c und d 41ı—30. Gelege D, drei Eier, a 45—32, b und c 44—31ı. Gelege E, drei Eier, a 43—3ı, b 490—31ı, c 39—31. Gelege F, zwei Eier, a 38—30, b 38—2g9 mm. u. s. w. Ein spulförmiges Ei war 47 mm. lang und 30 mm. dick. Jüngere Individuen dieser Art, mit weissgrauem Kopfe und schwarzer Schwanzbinde, fand ich ebenso wie Professor Lilljeborg bei den Nistplätzen, schoss aber nur zwei Männchen. Diese hatten zwar angeschwollene » Testes« aber keine Brutflecken auf dem Bauche, welche alle brütenden alten Vögel hatten, ausserdem war ein Theil der kleineren Federn in der Mauser, und diese jüngeren Vögel*) hielten “sich bei den -Brutplätzen viel passiver als die alten und kamen nicht so oft in Schussweite. Aus allem diesen scheint es mir wahrscheinlich, dass sie sich dort nicht aufhalten, um zu brüten, sondern der Gesellschaft wegen. Ebenso fand ich, dass die Magen der Zwergmöven nicht nur In- secten enthielten, sondern vorzugsweise kleine Fische, welche sie im beständigen Fliegen links über den Canal nach dem Ladogasee aus demselben holten. Es ist jedoch wahrschein- lich, dass sie später im Jahre, wenn die Insecten häufiger werden, sich ebenso wie Larus ridibundus mehr zu dieser Nahrung halten. Ich fand diesen Vogel auf meiner Reise an keiner andern Stelle, aber Herr Iversen hatte ein Paar nahe bei Archangel geschossen, wo mehre Paare nisten sollen. Meine Zeit erlaubte mir nicht, diesen Platz zu besuchen. Auf meiner Rückreise war ich den 22. August noch einmal in Dubno, in der Hoffnung, dort einige flügge Junge finden zu können, aber sie hatten diesen Platz schon verlassen. *) (Bei grösseren Brutplätzen der Möven finden sich bisweilen einzelne Individuen im unausgefärbten Kleide ein. Dieselben werden jedoch von den alten Vögeln gemeinschaftlich vertrieben. Dies habe ich besonders bei Larus canus und ridibundus Gelegenheit gehabt, zu beob- achten. Es kommt aber bisweilen vor, dass unausgefärbte Vögel in einiger Entfernung von den grossen Brutcolorien nisten. Wie es sich mit Larus minutus verhält, weiss ich nicht aus eigener Erfahrung, v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 95 Nur einige Seeschwalben fanden sich noch auf dem vorher so zahlreich belebten Sumpfe. 187. Larus ridibundus, Linn. Wurde nur bei der Stadt Novaja Ladoga und an der Südspitze des Onegasees gesehen. 188. Larus cachinnans, Pallas ‘). (Larus argentatus var. Radde, L.)**). Als ich den 7. August längs der Dwina in der Gegend Cholmogori reiste, sah ich zwei Möven und glaubte in der Entfernung, dass sie zu Larus fuscus gehörten. Ich schoss ein Exemplar, fand aber, dass ich es mit einem andern Vogel zu thun hatte. Die dunkle Farbe auf dem Rücken stand in der Mitte zwischen Larus fuscus und Larus argen- tatus — am meisten mit der Mantelfarbe von Larus Franklini und L. atricilla übereinstimmend. — Die Füsse hatten eine schöne citronengelbe Farbe, wie bei Larus fuscus. Der Vogel, ein Männchen, war 63,5 cm. lang und 144,5 cm. breit, der Schnabel von der Stirn 58 mm., von den Mund- winkeln 82 mm., die Fusswurzel 66, die Mittelzehe 40-+ 10, der Flügel 445 und der Schwanz 175 mm. Die Farbe glich übrigens sehr der bei L. argentatus, mit Ausnahme des Mantels, welcher eine blaugrüne Schiefer- farbe hatte. Der Schnabel citronengelb, an den Nägeln wie an den Mundwinkeln und Augenlidern pommeranzenroth. Iris gelblichweiss. Ich hatte Gelegenheit, im Petersburger Museum ein von Kamtschatka vom Herrn von Kittlitz mitgebrachtes undLarus fuscescens, Licht. signirtes Exemplar zu vergleichen; dieses war meinem Vogel sehr ähnlich, war aber etwas kleiner und überdies im Winterkleide. Herr Iversen hatte bei der Bucht von Archangel zwei grössere junge Möven (im zweiten Jahre) geschossen, auf deren Rücken einige *) Larus cachinnans, Pallas. Mewes. **) Nach brieflicher Mittheilung von Herrn H.Seebohm soll die Art mit L. affinis, Reinhardt gleich sein. Mewes in litteris. 96 W, Mewes und E. F. von Homeyer. schiefergraue Federn hervorgewachsen waren; ich hielt sie damals für L. argentatus, glaube aber jetzt, dass sie zu L. cachinnans zu rechnen sind. Es ist nicht unwahrschein- lich, dass diese Möve allgemeiner bei der Bucht von Ar- changel, oder besonders bei Kloster Solavetsky vorkommt, wo viele grössere Möven nisten sollen; die Zeit reichte nicht hin, diese Gegenden zu besuchen *). 189. Larus argentatus, Linn. Sah ich mit Sicherheit nur in den Schären von Finn- land, aber es ist wahrscheinlich, dass sie auch am Weissen Meere vorkommt **). 190. Larus canus, Linn. Allgemein bei den Ladoga- und Onegaseen, Archangel etc. Aus Mangel an hinreichenden Exemplaren kann ich nicht bestimmen, ob sich dort die Form oder die Art L. Heinei fand.*'*) Ein am 22. Juni geschossenes Männchen im reinen Sommerkleide hatte folgende Dimensionen: Länge 450, Breite 1900, der Schnabel von der Stirn 35, von den *) (Nach späteren Nachrichten von Mewes nistet die Art in grosser Zahl auf dem See Irtysch. v. H.) **) Durch die von Herrn Lieutenant Sandeberg, welcher im Jahre ı877 Solavetsky besuchte, erhaltenen mündlichen Nachrichten brütet dort nur Lar. argentatus in sehr grosser Menge. Diese Möven sollen unter dem besonderen Schutze der Mönche stehen und so zahm sein, dass sie sich sogar, auf den Nestern sitzend, füttern lassen. Mewes in litteris. ***) Es wäre von grossem Interesse für die Erkenntniss des Zuges der Vögel, wenn die Form der Art je nach dem Brutplatze genau fest- gestellt würde. Vielleicht geschieht dies nicht, theils weil mancher Ornithologe fürchtet, den Keim einer neuen Art auszustreuen, und dies sind in vielen Fällen sehr scharf blickende Forscher, theils aber auch weil das Erkennen der Form nicht jedem mitgegeben wird, dem es beliebt, sich mit Naturwissenschaften zu beschäftigen. Man kann ja ein Selbstbekenntniss dieser Art eines sehr gelehrten Herrn -in einer seiner neueren Schriften, wo er sich selbst ein Epithaphium setzt, lesen. Uebrigens erhielt ich vor kurzer Zeit zwei alte Larus canus im Fleische, von denen die eine etwa !/, kleiner ist, als die andere, Von beiden Arten waren ganze Züge zusammen gewesen. v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland, 97 Mundwinkeln 54, die Fusswurzel 49, die Mittelzehe 36-47, der Flügel 370, der Schwanz ı4o mm. Der Schnabel war hübsch wachsgelb, die Beine grünlich gelb, Iris weissgrau. Ein den 19. August geschossenes junges Weibchen war denen in Schweden ebenfalls ähnlich. 191. Larus fuscus, Linn. Bei Petersburg, Archangel. 192. Larus marinus, Linn. Auch nur in den Schären von Finnland gesehen. 193. Lestris parasitica, Linn. Herr Iversen hatte am Sommerufer drei Exemplare geschossen, darunter eines, welches durchaus schwarzgrau war, ohne lichtere Zeichnung am Halse. Herr Heinrich besass auch bei Archangel geschossene Exemplare. Nach der Angabe des letzteren soll auch 194. Lestris cephus, Brun. (Lestris buffoni, Boie) öfter bei Archangel vorkommen. 195. Colymbus cristatus, Linn. Bei Ptino-ostroff im Ladogasee wurden mehrere Exem- plare gesehen. (Hierzu Nachtrag S. 285. Nr. 195.) 196. Colymbus rubricollis, Bechst. Bei Dubno und am Önegasee. 197. Colymbus auritus*), Linn. (Podiceps cornutus, Auct.) Nur einen gehörnten Steissfuss sah ich auf einem See beim Ladogacanal. *) (Eine der für das Verständniss der Art so ungünstige Namen- gebung, wie die neuere Zeit sie je gebracht hat. Ausführliche Bespre- chung behalte ich mir für meine kritische Uebersicht vor: v. H.) 7 98 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 198. Eudytes arcticus, Linn. Allgemein auf den Ladoga- und Onegaseen, sowie auch bei Archangel. Den 26. Juli fand ich in der Nähe von Archangel auf demselben Moore, wo sSterna arctica beobachtet wurde, viele hier nistende Paare. Sie hatten ihre Jungen auf schwer zugänglichen Wasserpfützen, und die Alten flogen unauf- hörlich nach- einem nahegelegenen Arm der Dwina und holten Fische für ihre Jungen. Sie liessen dabei oft ihre heulende Stimme hören. Die Pelzhändler in Archangel ver- fertigen von der Halshaut dieses Vogels schöne Muffe und Kragen. Die Häute wurden meistens von den Einwohnern der Kaniskajaschen Tundra gekauft. (Siehe Nachtr. S. 286. Nr. 198.) 199. Eudytes septentrionalis, Linn. War auch in den vorhingenannten Gegenden allgemein und hatte auch Junge auf dem Moore bei Archangel, wovon eines beinahe ausgewachsen, doch nicht mit Flügelfedern versehen, geschossen wurde. (Siehe Nachtr. S. 288 Nr. 199.) 200. Uria grylla, Linn. Ein Exemplar hatte Herr Iversen an der Bucht von Onega geschossen. 201. Alca torda, Linn. Habe ich nur auf der Reise nach Petersburg in den Schären von Aland gesehen. Zu den ornithologischen Beiträgen von meiner Reise in N. W. Russland. Die hier nachfolgenden Zusätze sind theils meinem früher in schwedischer Sprache publicirten, theils späteren Beobachtungen entnommen. Um den Aufsatz nicht zu um- fangreich zu machen, werde ich vieles weglassen müssen. Was die befolgte systematische Anordnung betrifft, so lege Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 99 ich darauf kein Gewicht, zumal sich diese fast beständig nach der verschiedenen Auffassung verändern lässt. Ueber die Beschaffenheit der jungen Vögel, wenn sie eben das Ei verlassen, habe ich später noch manche Erfahrungen ge- macht, die der Beachtung werth sind. Vielleicht wird es mir noch vergönnt, bei einer anderen Gelegenheit specielle Mittheilungen darüber zu machen. Bei Nr. 4. Von Quickjock erhielt ich im August 1877 geschossene mausernde junge Männchen, die aus dem Nest- kleide in das gelbe oder orangegelbe erste Herbstkleid übergingen. Die alten gleichzeitig geschossenen Männchen zeichneten sich durch glänzenderes Roth aus, weil die secundären Strahlen des Winterkleides meistens abgefallen waren. (Die von Mewes gegebene Erklärung für das höhere Roth im Frühjahr und Sommer bei verschiedenen Finken und manchen anderen Vögeln und andere Färbungen ist so überzeugend und klar, stimmt auch so ganz mit den Wirkungen sehr warmer Sommer überein, dass man die Richtigkeit derselben wohl anerkennen muss. v. H.) Nr. 23. Meine früher an einem gefangenen Männchen gemachte Beobachtung, dass der Schneeammer einer par- tiellen Frühlingsmauser unterworfen ist, habe ich später an vielen im März und April geschossenen, sowohl alten als jungen Männchen bestätigt gefunden. Die Mauser beginnt anfangs März, erstreckt sich vom Kinn, von den Augen- braunen über die Ohren bis hinab zur Oberbrust. Am 4. April sind nur noch wenige Federn mit Blutspulen an diesen Stellen zu finden und das Abfallen der gelblichen Federränder auf dem Hinterkopf, dem Rücken u. s. w. ist schon merkbar vorgeschritten. Nr. 28. b. Anthus cervinus, Pallas. — (A. rufogularis, Br.) Schalte ich hier noch ein, da Professor Lilljeborg denselben bei Schuretschaja fand, er gewiss auch bei Ar- changel vorkommt und weil meine Beobachtungen über die Mauser desselben vielleicht in Deutschland nicht be- kannt geworden sind. Zwischen dem ı0. und 30. September PIE 100 W. Mewes und E. F. von Homeyer. 1855 fing ich nahe bei Stockholm drei Pieper und schoss ein Weibchen, welche ich wegen der von Anth. pratensis abweichenden Tracht für obige Art hielt. Die rostrothe Farbe des Augenstreifs und der Kehle war jedoch nur schwach angedeutet, dagegen waren die dunklen Flecke am Unterkörper sehr gross und kräftig. Ich behielt daher die Gefangenen am Leben und sah mit Spannung der Früh- lingsmauser entgegen. Diese traf denn auch auf folgende Weise ein: Am 22. Februar fing Nr. ı, welcher das meiste Rostgelb gezeigt hatte, im Nacken und am Vorderhalse an, Federn zu verlieren; am 27. wuchsen zu meiner grossen Freude rostrothe Federn an der Kehle hervor.. Bis zum ı5. März hatte Nr. 2 und 3 die beiden mittleren Schwanz- und einige der hinteren verlängerten Armfedern, sowie einen grossen Theil des kleinen Gefieders verloren, bei Nr. ı da- gegen schritt die Mauser nur sehr langsam fort, doch hatte er, ebenso wie die beiden anderen, eine Anzahl rostrother Federn auf der Brust etc. bekommen. Nr. 2 und 3 waren den ı2. April fast fertig und Nr. ı mauserte nun wieder sehr stark, so dass er vom ı2. bis 22. April ı60 kleine und vier der hinteren Armfedern verlor. Am ı2. Mai hatten alle drei Vögel sämmtliche kleine, die drei innersten Arm- und die beiden mittleren Steuerfedern gewechselt und trugen das schöne Frühlingskleid des rothkehligen Piepers. Nr. ı wurde am ı5., Nr. 2 am 26. Mai getödtet und ausgestopft. Beide waren Männchen. Bei Nr. ı war die Oberseite schwärzlich mit breiten olivengrauen Rändern. Ein breiter Streif über dem Auge, der Vorderhals und fast die ganze Brust schön rost- oder weinroth, von da nach dem Bauche zu allmälig in rost- und blassgelb übergehend; auf den Seiten der Brust und des Bauches standen zahlreiche grössere, aber auf der Mitte der Brust nur einige schmale Längs- lecken. Die beiden grössten Unterschwanzdecken waren rostgelblich, ohne schwarzen Schaftfleck. Nr. 2 war etwas kleiner und unterschied sich in der Farbe des Vorder- halses und der Unterschwanzdecken etwas von Nr. ı. Erster war nämlich mehr rothgelb, welche Farbe sich auch nicht so tief über die Brust, auf der auch zahlreichere Flecken Örnithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 101 standen, hinabzog; letzte dagegen hatten einen schwärz- lichen Schaftfleck (an der Basis). Dieses Männchen zeigte viel Aehnlichkeit mit zwei durch Hedenborg von Sennaar und Egypten eingesammelten Exemplaren, die nur hellere Federkanten auf dem Rücken hatten. Sie sind bisher ohne Datum, aber da das egyptische Exemplar noch Blutkiele am Halse hat, kann man annehmen, dass sie im April ge- schossen wurden. *) **) Das dritte Männchen behielt ich längere Zeit am Leben, während welcher es vom Juli bis August sein vollständiges Herbstkleid, dann im folgenden März und April sein Früh- lingskleid, wie oben beschrieben, anlegte. Nach der zweiten in der Gefangenschaft glücklich beendeten Herbstmauser wurde es am 21. October getödtet und ebenfalls der Samm- lung des Reichsmuseums einverleibt. Es trug nun folgendes Herbstkleid: Oben schwärzlich mit olivrostgrauen Feder- kanten. Ein Streif über dem Auge und die Kehle rostgelb. Die übrige Unterseite blass rostgelb, auf der Brust und den Bauchseiten mit breiten dunklen Längsflecken; die beiden grössten Unterschwanzdecken schwarz mit breiten rost- gelben Kanten. Ein diesem sehr ähnliches Exemplar — auch in Bezug auf die Unterschwanzdecken — aus Egypten :befindet sich hier in der Sammlung. Aus den stark abge- nutzten Federkanten des Rückens kann man schliessen, dass es kurz vor der Frühlingsmauser geschossen wurde. — Das am 30. September geschossene Weibchen glich sehr den oben beschriebenen Piepern im Herbstkleid, doch waren der Augenstreif und die Kehle blasser rostgelb, die beiden Unterschwanzdecken und Schafte schwärzlich, die Flecken an der Brust, dem Halse und den Bauchseiten sehr gross — *) Prof. Sundewall hat diese Exempl.im Vet. Akad. Förhand, 1840, S. 46 unter dem Namen Anth. pratensis v. rufogularis Br. beschrieben und sie für Herbstvögel gehalten. M, **) (Die Mauser unserer kleinen Vögel, welche den Winter in südlichen Gegenden zubringen, ist daselbst viel früher, Sie kommen bei uns an, wenn sie schon das neue Frühlingskleid tragen und weil man nicht Gelegenheit hatte, die Mauser zu beobachten, wurde dieselbe eirfach verneint. Ich werde bemüht sein, noch Gelegenheit zu finden, mich darüber ausführlich auszusprechen. 'v. H.) 102 W. Mewes und E. F. von Homeyer. viel grösser als bei Anth. pratensis. Die in Gefangenschaft gehaltenen rothkehligen Pieper sangen sehr fleissig, ähnlich wie Anth. pratensis, doch hörte ich nie das kurze st, st des letzteren, sondern ein lang und kräftig ausgestossenes ty — toit —tjt, dem Lockton des Baumpiepers ähnlich, welchen sie besonders hören liessen, wenn freie Pieper vor- beiflogen. Eine grosse Menge Bälge im Frühlingskleide, beson- ders aus Lappland, haben mich belehrt, dass die Anzahl der Flecken auf der Brust sehr varıirt. Es kommen alle möglichen Uebergänge von A. cervinus und rufogularis Br. vor. (Mit vorstehender Klarlegung dieser interessanten Art kann ich mich nur ganz einverstanden erklären. v. H.) Nr. 40. Cyanecula suecica, Linn. Ueber die Frühlings- mauser des schwedischen Blaukehlchens dürften folgende Beobachtungen hier noch Platz finden. Dieselben stehen im - directen Widerspruche mit den von Dr. Altum in der Naumannia 1855 mitgetheilten Beobachtungen, die offenbar nach der noch jetzt bei vielen Ornithologen und Vogel- züchtern beliebten »Verfärbungstheorie« gemacht wurden. Im September hier gefangene junge Männchen, die ihr schönes, reichlich mit Blau geschmücktes Herbstkleid trugen, setzte ich in ein mit Gitter abgesperrtes Fenster, dicht neben meinem Arbeitstische, wo sie sehr bald zahm wurden. Vor Ende März veränderten sie sich sehr wenig, aber am 2. April wuchsen am Kinn und der Kehle einige Federkiele hervor. Am ı2. April war der grösste Theil der Federn am Vorder- halse ausgefallen; einzelne weisse standen jedoch noch auf der Kehle und bedeckten die in Menge hervordrängenden, mit Hülsen umschlossenen dunkelblauen Federn, weiter nach unten waren die weisslichen Federn weggefallen, welche vorher den rostgelben Fleck bedeckten, so dass dieser deut- lich hervortrat. Aber nicht nur die weissen Federn fielen aus, sondern auch ein Theil des blauen Brustbandes, sowie die schwarzen längs des Halses. Am ı8. waren alle blauen und rostrothen Federn ausgewachsen. Die ersten waren Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 103 matt, aber je mehr die secundären Strahlen an diesen, und die Federkanten an den unteren Theilen der Brust abfielen, desto reiner wurde die Farbe. Die Männchen, welche ich länger am Leben erhielt, legten seiner Zeit das Herbst- und im nächsten April wieder das Frühlingskleid‘)**) an. Bei den Weibchen erstreckt sich die Frühlingsmauser nur über einen kleinen Theil des Kinnes. Ein Männchen (C. orientalis), welches ich im Braunschweiger Museum sah und das bei Fajum im Februar geschossen war, ist schon stark in der Mauser. Fast alle Federn des Vorderhalses sind mit Blut- kielen versehen. *) Brehm (Journ. f. Ornith. 1854, S. 35) glaubt, dass die alten Männchen nicht im Frühlinge mausern; aber wo sollte dann unter andern der grosse schwarze Längenfleck an den Halsseiten bleiben? M. **) (Wie ich schon anderweitig gesagt habe, tritt die Mauser im Süden früher ein. Dies ist auch an den Bälgen meiner Sammlung, deren ich 105 Stücke [ohne eine Zahl ausgestopfter Blaukehlchen] aus den verschiedensten Gegenden Europa’s, Asiens und Nordost-Afrika’s besitze, ersichtlich. Von Dr. A. E. Brehm am og. März ı850 bei Achmin ge- sammelte Stücke sind am Kopfe, Halse und an der Brust in sehr starker Mauser, besonders an der Vorderseite, so dass vom Kinn bis zur Brust fast alle alten Federn verschwunden und nur in Kielen steckende neu hervorsprossende Federn sichtbar sind. Hier beginnt die Mauser mit grosser Kraft, aber auch nach den Seiten des Halses und auf die Brust dehnt sie sich aus. Schon beginnt sie im schwarzen Brustbande. Durch Schrader Mitte Februar in Unterägypten gesammelte zahlreiche Stücke lassen — bei den älteren Männchen — die Mauser deutlich erkennen. Der Ansicht Brehms, (dass die alten Männchen keine Frühlingsmauser haben, möchte ich nicht beipflichten. Für gefangene Vögel hat Mewes diese Mauser ja erwiesen, aber ich muss auch einige ägyptische, in der Mauser begriffene Blaukehlchen für alte Vögel halten. Jedenfalls tritt die Mauser im Süden früher ein, als hier bei in der Gefangenschaft "gehaltenen Vögeln, so dass bei ihrer Ankunft im Frühjahre davon ge- wöhnlich nichts mehr sichtbar ist. Es war daher unmöglich, die Früh- lingsmauser dieser Art und auch noch die vieler anderer Arten in Europa im Freien zu beobachten. Man half sich durch die bekannte Verfärbungsgeschichte, wo so vieles behauptet wurde, was heute wohl niemand mehr auszusprechen wagen wird. Jedes Neue hat ja für die meisten Menschen einen besonderen Reiz nnd wenn sich mancher in seinem Sinnen und Denken darin so recht hineingelebt hat, so kommt leicht das Verlangen, auch andere müssten das glauben, was eine über- reizte Phantasie ihm vorgespiegelt. v. H.) 104 W. Mewes und E. F. von Homeyer. (Ich will hier noch bemerken, dass das nordische Blau- kehlchen schon im ersten Herbstkleide einen rothen Rand hat und sich daher bei der ersten Mauser kennzeichnet. v. H.) Nr. 73. Lanius excubitor, Linn. Viele bei Stockholm Ende März erhaltene grosse Würger befanden sich in der Frühlingsmauser. Diese erstreckt sich über einen grossen Theil des kleinen Gefieders, denn es fanden sich besonders am Kopfe und an der Unterseite viele frische Federn, die noch Blutspulen hatten. Von Lanius excubitor bis L. major besitze ich viele Exemplare in allen Uebergängen, von einem bis zwei Flü- gelflecken, so dass ich nicht im Stande bin, sie als zwei Arten auseinander zu halten. Ich hoffe, bei Gelegenheit eine Suite vorlegen zu können. (Dies ist ja auch späterhin geschehen. v. H.) Nr. 100. Strix nyctea, Linn. Die »Federohren«*) der Schneeeule sind kurz, an der Spitze schwarz, können aufge- richtet uud niedergelegt werden. Die Federn, woraus sie gebildet werden, sind weitstrahliger, als die nebenliegenden und stehen ebenso wie beim Uhu in regelmässigen Reihen von acht bis zehn Federn, an deren innerer Seite sich ein nackter Fleck befindet, etwa '/,‘ von dem Schleier entfernt auf dem Scheitel. Nach der Herbstmauser ist die Schneeeule noch einer Farbenveränderung unterworfen, denn auch die alten Männchen haben nach derselben noch eine Anzahl schwarzer Flecken auf dem kleinen Gefieder. Diese verschwinden gegen das Frühjahr oder den Sommer, aber nicht blos durch Ausbleichung, sondern durch das Ausfallen der dunklen secundären Strahlen in der Mitte der Federn. Ein solcher verschwundener Fleck macht sich durch eine durchsichtige oder klare Stelle auf der Feder bemerkbar. *) (Im Winter 1832/33 erhielt ich ein flügellahm geschossenes Stück, welches ich längere Zeit lebend erhielt. Bei dem lebenden Vogel war es unschwer, die Federohren zu erkennen. Ich machte meine Beob- achtung in Okens Isis 1834, Sp. 249 bekannt. Mewes hat dies nun sehr genau untersucht und klar dargelegt. v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland. 105 Zu Nr. 178. Mergus merganser. Die Dunenkleider von M. merganser und M. serrator sind in der Farbe kaum zu unterscheiden und deshalb oft miteinander verwechselt. Ein sicheres Unterscheidungsmerkmal gibt die Anzahl der Zähne. Zählt man bei M. merganser von der Schnabelspitze bis zum Vorderrande der Nasenlöcher, so erbält man ı3, bei Merg. serrator dagegen bis zu derselben Stelle ı7 bis ı8 Zähne. Zu Nr. 195. Podiceps (Colymbus) cristatus, Linn. In meinem Bericht über eine Reise nach Oeland und Schonen‘*) machte ich folgende Mittheilung: Man hat oft beobachtet, dass die Steissfüsse ıhre kleinen Jungen mit besonderer Sorgfalt pflegen, ich fand aber auch, dass die fast erwach- senen, die längst im Stande gewesen wären, sich selbst zu versorgen, den Eltern noch mit grosser Anhänglichkeit folgen. Diese scheint jedoch weniger ihren Grund darin zu haben, dass sie den Schutz der Alten bedürfen, als vielmehr in der Nothwendigkeit, auch für sie Federn zu ver- schlucken und diese können sie nur ihren Eltern aus- zupfen. Nicht nur in den Magen der Jungen von zwei Tagen, sondern auch solchen, welche schon eine Länge von 20 Zoll erreicht hatten, fand ich grössere Partien Federn, welche den Seiten oder dem Rücken der Alten entnommen waren. Erst wenn die Jungen eine Länge von 22 Zoll er- reicht hatten und mit Federn bekleidet waren, fand ich in ihren Magen eigene Federn. Dass die Federn mit Auswahl ausgezogen werden, schliesse ich daraus, weil ich nie solche im Magen fand, an denen noch Blutkiele vorhanden gewesen wären. Eine Folge dieses Auszupfens ist, dass man Steiss- füsse zu allen Jahreszeiten antrifft, in denen, besonders auf dem Rücken und den Bauchseiten, Federn hervorwachsen. Warum diese Vögel Federn verzehren, möchte vielleicht nicht mit Sicherheit erklärt werden können, mir scheint es jedoch wahrscheinlich, da ich in den Magen sieben Zoll langer Jungen, ausser Käfer etc. grosse Libellenlarven mit stach- lichen Beinen und Bauchsegmenten, und in einem anderen *) Öfvers. of K. V. Akad. Förhand. ı868, S. 292. 106 W. Mewes und E. F. von Homeyer. von acht Zoll einen mehrzölligen Hecht fand, dass diese Federn nöthig sind, die Magenwände vor Verletzung zu schützen, indem sie dieselben ausspannen. er Wer zuerst die Aufmerksamkeit auf die Gewohnheit der alten Steissfüsse, sich die Federn auszureissen, gerichtet hat, könnte vielleicht gleichgiltig sein, da aber Brehm im »]llustr. Thierleben« den älteren Naumann, dessen Arbeiten ich nicht Gelegenheit gehabt zu sehen, anführt*), so erlaube ich mir zu bemerken, dass mein Vater 1ı805 in einem aus- führlichen Aufsatze »Bemerkung über dıe Nahrungsmittel des graukehligen Steissfusses«**) diese Eigenschaft genau an den Tag legte. Bei Podiceps auritus, Lath.””) und Pod. minor, welche doch ebenfalls Insecten und Fische fressen, fand er keine Federn. Ueber die beiden letzteren fehlen mir eigene Beob- achtungen. Nr. 198. Eudytes arcticus, L. Die in den meisten aus- ländischen Sammlungen befindlichen ausgestopften Taucher, sowie die meisten mir bekannten Abbildungen sind in hoch aufgerichteter Haltung dargestellt, während es doch vielfach beobachtet worden ist, dass sie nicht so stehen können und sich beim Fortbewegen auf dem Trockenen nicht aufrichten, sondern froschähnlich hüpfen, oder sich auf dem Bauche fortschieben. 7) Ein in Jemtland von mir leicht verwundeter *) Später habe ich erfahren, dass Naumann's Werk ı802 er- schienen ist. **) Archiv für Zool. u. Zoot. v. C, R. M. Wiedemann. 4. Bd. 2 Stück, Seite 178—80 (1805). *#**) (Wohl der echte — schwarzhalsige — auritus der alten Au- toren. v. H.) +) (Ich habe einen schönen alten Vogel einige Zeit lebend auf einem Gartenteiche gehabt. Von den Fenstern meines Wohnzimmers hatte ich ihn in guter Sehweite, aber niemals habe ich ihn aufgerichtet gesehen. Wenn er sich auf das Land begab, was er gern that, Schob er sich, oft auf eine zwei Fuss über dem Wasserspiegel erhabene Ufer- stelle, mit Leichtigkeit auf's Trockene und im Moment auf’s Wasser. Ein eigentliches Hüpfen habe ich jedoch nie gesehen. In den Teich — auch fern von ihm — geworfene Fische nahm er mit unfehlbarer Sicherheit, nach kurzer Zeit auch die Fische aus meiner Hand, ohne jemals die Hand zu berühren. Er starb auf diese Weise an Ueber- fütterung. v. H.) Ornithologische Beobachtungen im nordwestlichen Russland, 107 Seetaucher im Dunenkleide zeigte sich sehr boshaft und hüpfte wie ein Frosch mir nach, um zu beissen. Ueber die Herbstmauser und das Winterkleid der alten Vögel erlaube ich mir Folgendes mitzutheilen. Auf dem hiesigen Reichs- museum befinden sich zwei Männchen, das eine im Sep- tember, das andere am 5. November geschossen, welche beide noch das Frühlingskleid tragen. Hieraus könnte man leicht den Schluss ziehen, dass dieser Taucher gar kein Winterkleid anlege. So verhält es sich jedoch nicht. Ein altes Weibchen in der ausgezeichnet schönen Sammlung des Herrn C. W. Lundborg in Norrköping, welches am 6. Juni am Flügel verwundet, dann noch auf dem See bis zum ı2. October verblieb, wo es todt geschossen wurde, hatte durch Mauser folgende Veränderung erlitten. Auf dem Vorderhalse war ein grosser Theil der blauschwarzen Federn mit neuen weissen, der schwarz und weiss gezeichneten an den Brustseiten und der blaugrauen des Hinterhalses mit schwarzgrauen, der mit weissen viereckigen Flecken ver- sehenen Rückenfedern mit rein schwarzen Federn vertauscht. Von zwei auf dem Museum zu Malmö befindlichen Exem- plaren war das eine den ı8. December geschossene schon viel weiter als das vorhergehende in der Mauser fort- geschritten und das andere, ein den ı. Februar geschossenes d\, trug das vollständige Winterkleid, die ganze Unterseite weiss, der Oberkopf und Hinterhals grau, der Rücken grau- schwarz, einige Schulterfedern mit weissen Spitzen und die kleinen Flügeldecken wie im Frühlinge mit weissen Flecken. Bei den einjährigen Jungen fehlen diese weissen Flecke und die Rückenfedern sind deutlich grau oder graubraun ge- kantet. Da die Seetaucher schon anfangs Mai ihr Frühlings- kleid wieder angelegt haben, ist das Winterkleid nur von sehr kurzer Dauer.) *) (Ich hatte in früheren Jahren ausgezeichnete Gelegenheit, vom Danziger Markte viele Vögel dieser Art zu erhalten. Dabei war ich bemüht, für meine Sammlung möglichst viele Uebergangsvögel zu sammeln, Leider ist in den letzten drei Jahren der Danziger Markt fast ganz ver- ödet und ich habe wenig Gelegenheit für neue Erwerbungen gehabt 108 W. Mewes und E. F. von Homeyer. Ornith. Beobachtungen etc. Zu 199. Eudytes septentrionalis, L. In Jemtland, an der norwegischen Grenze, traf ich auf einem vom Sumpf- lande umgebenen kleinen See (oder Teiche) ein Paar alte rothkehlige Taucher nebst ihren Jungen. Der eine flog gleich fort, der andere aber zeigte viel Besorgniss für die Jungen. Beide wurden geschossen. Der junge Vogel im Dunenkleide mit etwas hervorwachsenden Flügelfederkielen ‘war 34 cm. lang und hatte eine 7— 8 Zolllange Lachsforelle im Schlunde. Da sich nach Aussage der Einwohner in diesem Teiche durchaus keine Fische fanden, so mussten die alten Vögel solche von entfernteren Stellen holen. Ich hatte auch vor- hin bemerkt, dass sie öfter zwischen dieser Stelle nach dem grossen fischreichen »Skalsjö« hin und herflogen. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich zum ersten Male, dass die Taucher ebenso wie Uria, Alca und Mormon ihren Jungen die Nahrung zutragen. Immerhin besitze ich 28 Stück in meiner Sammlung, die ich fast alle im Fleische erhalten habe. Vielfach bin ich nun auch zu derselben Ueberzeugung gekommen, wie Mewes, doch einzelne Stücke wollten gar nicht zu der Theorie passen, namentlich auch einige November- vögel im Prachtkleide. Ich möchte nun aber doch annehmen, dass bei einzelnen dieser Taucher eine sehr unregelmässige Mauser stattfindet, dass aber bei der überwiegenden Mehrzahl die Mauser so ist, wie Mewes dieselbe angibt. v. H.) Selbstverlag des Verfassers. — Druck von Carl Gerold’s Sohn in Wien 1886. ; AN L) > a W ö t 73 MLZEm on “ RUN Fi NE ih nr OR N 1 Re! Kr Pet NA) Te I We FF Bi ah NR ng . De SELTAN) N er DI KUREN PN IE NER harıkı ’ Ru an ’ Ei x “ r | N NE 1 1 Y h KR f 12 N NEN | N FON Ne A ” s) Ru N IN x AUT nhbird QL690.R9M6 1 Ornithologische Beobachtungen :