R 13 z net a r" e f- 19 E i nr I n 2 > $ E35) we ı 13 Aa er Anl + N u se nn EEE TEE TE Een EEE GT Tree = nn Tan an m nn nt en een ann => j "De, Be. Ri ee a Ki ARCHIY . FÜR DIE GESAMMTE PHYSIOLOGIE 2 DES MENSCHEN UND Bier TIERE. HERAUSGEGEBEN VON 0, D% E F. W. PFLÜGER, ORD. ÖFFENTL. PROFESSOR DER PHYSIOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT # UND DIRECTOR DES PHYSIOLOGISCHEN INSTITUTES ZU BONN. ©. BAND HUNDERT UND EINUNDDREISSIG. 7 MIT 6 TAFELN, 129°TEXTFIGUREN UND 3 FAHNENTABELLEN. A # ‘ ge e BONN, 1910. ‘ % VERLAG VON MARTIN HAGER. nn oh gr u Li u = ® ie a « Ge Inhalt. h an Be F Erstes, zweites, drittes und viertes Heft. « “ Ausgegeben am 15. Januar 1910. pP: A "Untersuchungen zur Physiologie des Üherennsnködels am Säuge- ' tierherzen, nebst mikroskopischen Nachprüfungen. Von AR Dr. Alfred E. Cohn aus New-York und Prof. Dr. Wil- j W. helm Trendelenburg in Freiburg i. B. (Mit 79 Figuren “u: - und Tafel IV.) (Aus dem physiologischen Institut der 4 # Universität Freiburg i. B.) 3 BR ° Zur cehromatischen Hautfunktion der Amphibien. Ein Beitrag = r zur allgemeinen Physiologie der Nerventätigkeit. Von Prof. Dr. Edward Babäk. (Ausdemk.k. De, N Institute der böhm. Universität Prag) oh Pr 3 Hirnlokalisation und Ermüdung. Von Professor Dr. med. et phil, H. Griesbach, Mülhausen-Basel. (Hierzu 3 Fahnen- tabellen) Über die neuen Versuche, die Angriffsstellen der von Tönen ausgehenden Schallwellen im Öhre zu lokalisieren. Von J. Rich. Ewald. (Mit 2 Textfiguren.) (Aus dem physio- logischen Institut der Universität Strassburg) . Das allgemeine Gesetz des elektrischen Reizes. Von Martin Gildemeister. (Mit 1 Textfigur.) (Aus dem physio- logischen Institut der Universität Strassburg i. E.) . Fünftes und sechstes Heft. Ausgegeben am 31. Januar 1910. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. Von Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf. (Physiologisches Laboratorium in Bonn) * Seite 87 119 188 199 IV Inhalt. Nachschrift von Eduard Pflüger Ueber den Einfluss der Phloridzinvergiftung auf den Zucker- Von Dr. Peter Junkersdorf. (Physiologisches Laboratorium in Bonn) . . gehalt des Blutes. Ueber die quantitative Analyse des in der Leber der Schild- kröte enthaltenen Glykogenes. (Physiologisches Laboratorium in Bonn). Von Eduard Pflüger. Siebentes, achtes und neuntes Heft. Ausgegeben am 12. Februar 1910. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. Von Hermann Jordan - Tübingen. (Mit 1 Textfigur.) (Aus der zoologischen Station der Niederländ. zoolog. Gesellschaft Den Helder.) (Einige Versuche am Flusskrebs wurden im physiologischen Institut der Universität Jena ausgeführt) Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. Von Privatdoz.Dr. J. Rothberger und Privatdoz. H. Winter- berg. (Mit 8 Textfiguren.) (Aus dem Institute für allgem. und experim. Pathologie der Universität Wien. Vorstand: Hofrat Prof. Paltauf) Über die Glockenformen von Säugererythroeyten und ihre Ursachen. Von Dr. Leopold Löhner, Assistenten am Institute. (Aus dem physiologischen Institute der Uni- versität Graz) Unterscheidungsfähigkeit für Zucker- und Verdauungskranke in Berlin. figuren) . im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. Von Dr. Wilhelm Sternberg, Spezialarzt (Mit 6 Text- Über den Kieselsäuregehalt der Wharton’schen Sulze. Von Hugo Schulz. (Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Greifswald) Narkose und Sauerstoffmangel. II. Mitteilung. der Sauerstoffentziehung auf den Ruhestrom der Froschhaut. Von G.Mansfeld, Budapest. (Mit 4 Textfiguren.) (Aus dem physiol. Institut des St. Mary’s Hospital Medical School zu London. [N. H. Alcock M. D.]) Die Wirkung Seite 302 306 314 317 387 408 425 447 457 Inhalt. Zehntes, elftes und zwölftes Heft. Ausgegeben am 16. März 1910. Über den Einfluss von chemischen und physikalischen Um- gebungsänderungen auf die Blutzellen von Limulus, und insbesondere auf ihre Granula. Von Leo Loeb. (Aus dem Marine Biological Laboratory, Woods Holl, Mass. und dem Laboratorium f. experim. Pathologie der University of Pennsylvania, Philadelphia) . DEE EN Herzschallstudien. Von Heinrich Gerhartz. (Mit 12 Text- figuren.) (Aus dem poliklinischen Institut für innere Me- dizin der Universität Berlin. Geh.-Rat Prof. Dr. Senator) Beitrag zur Kenntnis vom Einfluss der Röntgenstrahlen auf die Geschlechtsorgane. Von Heinrich Gerhartz. (Aus der Kgl. Universitäts-Poliklinik für innere Kranke. Geh.-Rat Prof. Dr. Senator) . Nachweis, dass die Verzögerung der Erregungsüberleitung zwischen Vorhof und Kammer des Säugethierherzens im Tawara- schen Knoten erfolgt. Von Prof. H. E. Hering (Prag) Über die Aktionsströme des Nervus phrenicus bei natürlicher Innervation. Von Dr. med. Rudolf Dittler, Privat- dozent und Assistent am physiologischen Institut. (Hierzu Tafel VI.) (Aus dem physiologischen Institut der Uni- versität Leipzig). Die Thermoströme des Muskels und die „Membrantheorie“ der bioelektrischen Ströme. Von J. Bernstein. (Mit 2 Text- figuren). . ! Induktionsströme als Reize. I. Öffnungsströme ohne Eisenkern. Von Martin Gildemeister. (Mit 7 Textfiguren.) (Aus dem physiologischen Institut der Universität Strassburg i.E.) Seite 509 972 r 581 589 601 (Aus dem physiologischen Institut der Universität Freiburg i. B.) Untersuchungen zur Physiologie des Übergangbündels am Säugetierherzen, nebst mikroskopischen Nachprüfungen. Von Dr. Alfred E. Cohn und Prof. Dr. Wilhelm Trendelenburg Ir II. IV. aus New-York in Freiburg i. B. (Mit 79 Figuren und Tafel I—V.) Inhaltsübersicht. Söhle Einleitung. Frühere Untersuchungen . . EN 3. 1 Bipenezüntersuchungene na lau nee ee 12 Deavlersuchsmaterialei. I = u. ee ee es 12 BB Vfersuchsmethodik 2 ram ee EEE RR 3 C. Methodik der Bündeldurchschneidung . . . » . . 2 22.2 2.. 17 DASKNTVvenMessung!} anleitung dere 19 E. Darstellung der Lage des operativen Schnittes . . »...... 20 Es Mikroskopische, Eintersuchungy. =. ... . ..... en... 21 G. Mitteilung der eigenen Versuche in Tabellenform mit Kurven und Herzabbildungen. ....... a En 5 22 Er26esamtubersicht: m’ -Fabellenform EI 2 N En EEE 68 Ergebnisse der vorstehenden Versuchsreihen. . ». .» 2.2.2... 69 A. Allgemeines über die aufgetretenen Rhythmusstörungen . . . . . 69 B. Überleitungsstörungen und Bündeldurchschneidung ....... 72 lesViersucheran Kafzenherzen.sau. 2. 2... 0 Lee seen. 72 28 Viersuchezane Kanmehenherzen „2 1.12... 0 ne 18 3° VersuchewanHundeherzen..%. 229 nun al 80 A Veersucherang Atfenherzenil hs. ana...) ul Neil enge - 82 0, Versuche anf 7iegenherzensa: | #:4458/00.5 302 )Vei7 »lerhbelalter ap 82 Hheoreitscheybemerkunven se Aut. Sa aasgsete let en braten 83 ZUSATINETTASSUN SB EG Be an ker 1de. 0. 03a ae ee 85 I. Einleitung. Frühere Untersuchungen. Die regen Wechselbeziehungen zwischen anatomischer und physio- logischer Forschung, welche fast in allen Zweigen dieser Wissen- E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 1 9 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: schaften bestehen, sind gerade in der Lehre von der Erregunssleitung zwischen Vorhöfen und Kammern des Herzens sehr deutlich hervor- getreten. Zur Zeit, als man eine vollständige Trennung der Musku- latur von Vorhöfen einerseits und Kammern andererseits annehmen musste, kam für die physiologische Deutung der Erregungsleitung über die trennende Bindegewebsschicht hinweg nur das Nervensystem als leitendes Element in Betracht. Nachdem aber später durch His?) und Kent?), Autoren, welche zum Teil gerade von physiologischen Fragestellungen bei ihren Untersuchungen ausgingen, die alte Lehre gestürzt und Muskelzüge gefunden waren, welche, zwar an Masse gering, doch einen direkten Übergang der Vorhofmuskulatur zu der- jenigen der Kammern darstellten, sind auch für die physiologische Forschung neue Gesichtspunkte gewonnen worden. Es erhob sich die Möglichkeit, nicht nur die Entstehung der Reize im Herzen, sondern auch die Frregungsleitung auf die Muskulatur zu beziehen und so eine grosse Menge von Tatsachen, die vorwiegend auf ver- gleichendem Wege gewonnen waren, auf einheitliche Weise zu er- klären. | Aber nicht nur die Physiologie hatte ein lebhaftes Interesse an den neueren anatomischen Feststellungen, sondern auch die Patho- logie und Klinik wurden bald in den Kreis der sich anschliessenden Fragen gezogen. Es fanden sich Fälle von Rhythmusstörungen des menschlichen Herzens, die ganz denen glichen, die im Tierexperiment durch Störung der Überleitung gefunden waren, und durch die patho- logisch - anatomische Untersuchung konnte eine Beziehung dieser Störungen zum Übergangbündel sehr wahrscheinlich gemacht werden. Um so mehr sind die Grundlagen der neueren Annahme, dass die Erregungsleitung ausschliesslich auf das Übergangbündel ange- wiesen ist, nach allen Seiten zu prüfen. Es steht ja nicht nur die prinzipiell allerdings fundamentale Frage auf dem Spiel, ob die Er- regungsleitung im Muskel- oder Nervensystem des Herzens vor sich geht, sondern die für die Anwendung der physiologischen Ergebnisse ebenso wichtige rein topographische Frage, an welcher Stelle die Überleitung erfolgt, ob überall dort, wo Vorhof- und Kammerwand 1) W. His, Die Tätigkeit des embryonalen Herzens und deren Bedeutung für die Lehre von der Herzbewegung beim Erwachsenen. Arb. a. d. medic. Klin. z. Leipzig 1893 S. 14—49, darin S. 28. 2A. F. St. Kent, Researches on the structur and function of the mammalian heart. Journ. of physiol. vol. 14, p. 233. 1893. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 3 aneinandergrenzen oder an nur einer durch bestimmte Gewebselemente näher bezeichneten Stelle. Im folgenden sollen die bisher vorliegenden Untersuchungen über die funktionelle Bedeutung des Übergangbündels kurz geschildert werden, woraus sich ergeben wird, welcher Grad von Gewissheit den jetzt geltenden Anschauungen zukommt. Vorher aber wird es zweck- mässig sein, einiges über den Verlauf des Übergangbündels anzu- geben, damit es auch den Fernerstehenden erleichtert wird, den späteren Ausführungen zu folgen. Es liegt aber nicht im Plane dieser Arbeit, auf die Entwicklung der anatomischen Kenntnisse, oder auf Einzelheiten über den Bündelverlauf einzugehen, da wir hier den Schwerpunkt ganz auf die physiologischen Ergebnisse unserer Untersuchungen verlegen wollen !). Ferner ist vorauszuschicken, dass wir uns im folgenden nur mit dem Säugetierherzen befassen werden. Der anatomischen Schilderung wird am besten die eingehende Untersuchung zugrunde gelegt, die Tawara unter Aschoff’s Leitung über den Verlauf des Übergangbündels angestellt hat. Hiernach nimmt der Muskelfaserzug seinen Ursprung in einem in dem dor- salen Teil der Vorhofscheidewand liegenden Geflecht, Knoten be- nannt. Aus diesem sammelt sich ein annähernd parallelfasriger Zug, der Hauptstamm des Bündels, welcher etwa in Höhe der unteren Ansatzpunkte der Aortenklappen ventralwärts und etwas abwärts?) zur Pars membranacea des Kammerseptum zieht. Auf dieser ganzen Strecke ist bei den bis jetzt genauer untersuchten Tieren und am Menschen der Faserverlauf ein geschlossener, indem das Bündel von 1) Über rein anatomische Fragen vgl. ausser den schon angeführten Arbeiten: R. Retzer, Über die muskulöse Verbindung zwischen Vorhof und Ventrikel des Säugetierherzens. Arch. f. Anat. (u. Physiol.) S. 1. 1904. — M. Humblet, Le faisceau inter-auriculo-ventriculaire constitue le lien physiologique entre les oreilleites et les ventricules du ceur du chien. Arch. internat. de physiol. t. 1 p. 278. 1904. — K. Braeunig, Über die muskulöse Verbindung zwischen Vor- kammer und Kammer bei verschiedenen Wirbeltierherzen. Arch. f. Anat. (u. Physiol.) Suppl. S.1. 1904. —S. Tawara, Das Reizleitungssystem des Säugetierherzens. Mit Vorwort von L. Aschoff. Jena 1906. — J. G. Mönckeberg, Untersuchungen über das Atrioventrikularbündel im menschlichen Herzen. Jena 1908. — A.E. Cohn, On the auriculo-nodal junction. „Heart“ vol. 1 p. 167. 1909. . 2) Im folgenden ist das Herz stets mit der Spitze abwärts hängend gedacht; unten bedeutet also spitzenwärts, oben basalwärts.. Dorsal und ventral bedeuten in üblicher Weise die Flächen, welche im Tierkörper dem Rücken oder Bauch zugewendet sind. 1 * 4 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Bindegewebe eingeschlossen und ein Faseraustausch mit der Nachbarschaft nieht nachweisbar ist. Bald teilt sich der Bündel- ‚stamm in zwei Schenkel, einen, weleher sich zur linken, und einen, welcher sich zur rechten Seite des Kammerseptum wendet (rechter und linker Bündelschenkel); jeder begibt sich dicht unter das Endo- -cardium, verlässt nunmehr seine vorwiegend dorso-ventrale Richtung, ‚um ziemlich senkrecht nach abwärts umzubiegen. Jeder Schenkel ist noch eine beträchtliche Strecke abwärts verfolgbar, dabei breitet ‚sieh die Faserung mehr oder weniger unter dem Endocardium aus, ohne aber zunächst nachweisbare Verbindungen mit der Muskulatur des Septum einzugehen. Solche Verbindungen erfolgen erst weiter unten, zunächst mit den Papillarmuskeln durch merkwürdige Fäden ‚(Purkinjesche Fäden) ‚welche von Tawara als dem Bündelsystem an- :gehörig erkannt worden sind. Demjenigen, der sich zuerst mit diesem Übergangbündel befasst, ‘wird die Übersicht über seinen Verlauf und das Verständnis des ‚später besprochenen Operationsverfahrens sehr wesentlich dadurch -erleichtert, dass man bei manchen, besonders jungen Tieren einen Teil des Bündels mit blossem Auge an der Septumwand sehen kann, und zwar am leichtesten den linken Schenkel. Kalbsherzen können ‚sehr anschauliche Bilder liefern. Neben den Abbildungen, die Tawara in seinem Buche liefert, kann hier auf Abb. 1 verwiesen werden, in welcher wir die Photographie eines jungen Ziegenherzens wieder- geben, bei welchem in der üblichen Weise der linke Ventrikel durch einen Sektionsschnitt eröffnet und der Schnitt durch die Aorten- wurzel weitergeführt ist. Man sieht auf die linke Seite des Kammer- septum. Oben rechts im Bilde ist an der Basis der hellweissen Aorta die Valvula posterior derselben zu sehen, links von.dieser die Valvula dextra, an welche sich noch weiter links die vom Sektions- schnitt getroffene Valvula sinistra anschliesst. Geht man von dem Berührungspunkt der Valvula posterior und dextra senkrecht ab- wärts, so findet man auf der Septumfläche des geöffneten linken Ventrikels einen weisslichen abwärts ziehenden Strang, der. sich weiter unten etwas ausbreitet und in feine weisse Fäden fortsetzt, welche die Herzhöhle durchziehen und zum Teil zu den Papillar- muskeln verlaufen. Dieser Strang ist der linke Schenkel des Bündels, der nach der Teilung des Hauptstammes an der Septumwand ab- wärts zieht und sichtbar wird, sobald er unter dem Endocard' eine etwas oberflächliche Lage einnimmt. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 5 Im übrigen können noch manche Einzelheiten des geschilderten Bündelverlaufs den Abbildungen der Tafeln I—-V entnommen werden. In allen diesen Abbildungen findet sich nach unten die dorsale, nach oben die ventrale Seite des Herzens, dessen Septumgegend in hori- zontale, dem Aortenklappen-Ansatzrand parallele Schnitte zerlegt ist. Im Bilde unten würde sich also die Gegend des Bündels befinden, in welcher es mit dem Vorhof in Verbindung steht, während oben Fig. 1. Ziegenherz, Bündeiverlauf an der linken Fläche des Kammerseptums. die Ausbreitung nach der Kammer hin zu suchen ist. In Fieur 1 (Tafel I) sieht man den ganzen Verlauf des längsgetroffenen Haupt- stammes, die Teilung ist noch eben angedeutet. Entsprechendes zeigt Fig. 2 (nur ist hier der Bündelstamm experimentell durchtrennt, worauf es zunächst nicht weiter ankommt). Die Teilung in beide Schenkel ist besonders schön in Fig. 4 (Tafel II) zu sehen; der beide Teile der Zeichnung trennende freie Raum stellt wiederum eine experimentelle Durchschneidung vor und kann für die hier vor- liegenden Zwecke durch Aneinanderrücken der beiden Teilstücke entfernt gedacht werden. In Fig. 8 schliesslich sind beide Schenkel 6 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: weiter unterhalb in ihrem annähernd parallel zur Herzachse ge- richteten Verlauf quer getroffen. Hand in Hand mit den Untersuchungen über den Verlauf. des atrioventrikulären Bündels gingen auch neuerdings die Bemühungen, anderweitige Verbindungen von Vorhöfen und Kammern durch Muskelfasern aufzufinden, welche in den atrioventrikularen Furchen zu suchen waren. Kent hatte solehe Verbindungen beschrieben, spätere Untersucher (Retzer, Braeunig, Tawara) waren aber nicht in der Lage, diese Angaben bestätigen zu können). Nach dem derzeitigen Stand der Frage stellt das Übergangbündel im Septum den einzigen Muskelzug zwischen Vorhöfen und Kammern dar, und es könnte nur noch die Frage aufgeworfen werden, ob nicht einzelne und zerstreute Muskelfasern in der Peripherie die Vorhof-Kammergrenze überbrücken könnten. Nachgewiesen sind sie bis jetzt keineswegs. Die bisher ausgeführten Untersuchungen über die physio- logische Bedeutung des Übergangbündels, denen wir uns jetzt zuwenden, beschäftigen sich vorwiegend mit den Folgen der direkten Ausschaltung dieser anatomischen Verbindung durch Schnitt, Um- schnürung oder sonstige Quetschung. Die Durchschneidung des Bündels ist zuerst von His?) (in Gemeinschaft mit Graupner) ausgeführt worden. Ein schmales Messercheu wurde in das linke Herzohr des Kaninchens eingeführt und damit die Scheidewand durchstossen. Eine Loslösung der Kammertätigkeit vom Vorhof trat nur ein, wenn der Schnitt das Bündel traf, nicht aber wenn andere Scheidewandstellen zerstört wurden. Es ist verständlich, dass man den Wunsch hatte, diese wichtigen Feststellungen auf eine breitere Grundlage zu stellen und besonders auch durch die anatomische Untersuchung den Beweis zu liefern, dass in der Tat die Störung der Überleitung nur dann auftritt, wenn das Bündel vollständig durchtrennt ist. Fredericq?) beschäftigte sich mit der Überleitung des künstlich 1) Vgl. die in den Anmerkungen auf S. 2 u. 3 zitierten Arbeiten. 2) W.His, Vortrag über Rhythmik der Herztätigkeit. Ref.: Zentralbl. f. Physiol. Bd. 9 S. 469. 1895. — W. His, Wiener medizin. Blätter 1894 Nr. 44. Zitiert nach Hering, Pflüger’s Arch. Bd. 108 S. 268. (Dort wörtliches Zitat.) 3) L. Fredericq, Rhythme affole des ventricules dü & la fibrillation des oreillettes. Physiologie du faisceau auriculo -ventriculaire. Arch. internat. de pbysiol. t.2 p. 281. 1904—1905. - Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 7 hervorgerufenen Vorhofflimmerns auf die Kammern, und fand diese ausbleibend, wenn das Bündel zerstört war. Die eigenartige Methodik, bei welcher das Bündel durch die Vorhofwand hindurch, aber ohne Öffnen der Herzhöhlen erreicht wurde, bestand darin, dass mit einer P&an’schen Klemme, die an die Wand der Herzohren angelegt wurde, von aussen die Bündelgegend durchquetscht wurde. In einer anderen Methode Frederiq’s!), die ebenfalls das Herz in situ (Hund) betraf, wurden nach Unterbindung der Vena azygos die Venae cavae mit Fäden unterschlungen und durch Anziehen der Fäden blutleer gemacht; darauf wurde der rechte Vorhof mit der Schere eröffnet und nach Bündeldurchschneidung wieder mit einer Klemme verschlossen. Mit dieser Methode arbeitete auch Humblet?); er hatte jedoch so grosse Verluste, dass er dazu überging, am ausge- schnittenen künstlich durchbluteten Herzen die Bündeldurchschneidung zu versuchen. Die zunächst noch nicht sehr erheblichen Resultate wurden in einer zweiten Arbeit des Autors?) wesentlich verbessert. Das Herz eines kleinen Hundes wurde vom Gefässsystem eines grossen Hundes, dessen Blut durch Pepton ungerinnbar gemacht war, ernährt, das Bündel durch Umstechung erreicht, und das Er- gebnis von sieben Experimenten histologisch nachgeprüft. Die gut gelungenen Kurven lassen schon an den Interferenzen der Vorhof- kurve die Unabhängeigkeit von Vorhof- und Kammerschlag erkennen. In die Zeit zwischen beiden Versuchsreihen von Humblet fällt eine Arbeit von Hering‘), die unabhängig von der ersten der vorigen unternommen wurde. An dem schlaglosen, in situ befindlichen Herzen (Hund) wird ein parallel zur Cava superior verlaufender Sagittalschnitt im rechten Vorhof angelest. Durch die etwas aus- einandergezogene Öffnung geht man mit Pinzette und Schere oder Messer ein und präpariert das mediale Segel der Trieuspidalklappe 1) L. Fredericg, L’atriotomie temporaire, procede nouveau d’exploration des fonctions du cur. Arch. internat. de physiol. t.1 p. 83. 1904. 2) M. Humblet, Le faisceau inter-auriculo-ventriculaire constitue le lien physiologique entre les oreillettes et les ventricules du ceur du chien. Arch. internat. de physiol. t. 1 p. 278. 1904. 3) M. Humblet, Allorhythmie cardiaque par section du faisceau de His. Arch. internat. de physiol. t. 3 p. 330. 1905—1906. 4) H. E. Hering, Nachweis, dass das His’sche Übergangsbündel Vorhof und Kammer des Säugetierherzens funktionell verbindet. 2. Mitt. Pflüger Arch. Bd. 108 S. 267. 1909. 8 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburge: frei. Der Ort des Einstichs wird nach einem etwas umständlichen Verfahren gefunden, das hier nicht näher geschildert zu werden braucht. Da es nicht immer gelang, beim ersten Einstechen das Bündel zu treffen, wurden, wenn nötige, wiederholte Schnitte zur Er- gänzung ausgeführt. Die umsonst ausgeführten Schnitte stellten gleichzeitig Kontrollversuche dar, da sie Verletzungen ohne Über- leitungsstörungen bedeuten. Als Folgen der Bündeldurchsehneidung, die der Schnittlage nach wohl sicher angenommen werden kann, allerdings nicht anatomisch kontrolliert wurde, ergaben sich die Er- scheinungen der Dissoziation: Verschiedenheit des Kammerrhythmus gegen den Vorhofrhythmus bei geringerer Frequenz der Kammer, Fehlen der Überleitung von Extrasystolen zwischen den genannten Herzteilen, automatischer Schlag der Kammern. Weitere Versuche, welche von Hering!) in derselben Weise ausgeführt wurden, gewannen dadurch sehr an Wert für unsere Fragen, dass Tawara?) das Ergebnis einer anatomischen Nach- prüfung unterzog. Unter den vier Herzen waren drei mit voll- ständiger Bündeldurchsehneidung im Hauptstamm; in dem vierten Fall berührte hingegen das obere Schnittende 'nur eben den unteren Rand des Bündels. Die physioiogischen Ergebnisse dieser Versuche entsprachen nun ganz der Lehre von der Erregungsleitnng durch das Übergangbündel. Während die ersten drei Fälle alle Er- scheinungen der Dissoziation zeigten, war im vierten überhaupt keine Überleitungsstörung vorhanden. Die von Bigges°) am Kaninchen ausgeführten Versuche sind durch den Umstand weniger verwertbar, dass weder die Operationsmethode noch näheres über die anatomischen Ergebnisse mitgeteilt worden ist. Ehe über die der herrschenden Lehre widersprechenden Ver- suche berichtet wird, sind noch die Experimente von Erlanger*) sowie Erlanger und Hirschfelder*) zu erwähnen, in denen 1)H. E. Hering, Die Durchschneidung . des Übergangsbündels beim Säugetierherzen. 3. Mitt. Pflüger’s Arch. Bd. 111 S. 298. 1906. 2) S. Tawara, Anatomisch-histologische Nachprüfung der Schnittführung an den von Prof. H. E. Hering übersandten Hundeherzen. Pflüger’s Arch. Bd. 111 S. 300. 1906. 3) L. N. H. Biggs, Investigation of the bundle of His in rabbits’ excised hearts perfused with Lockes fluid. Brit. med. journ. vol. 1 p. 1419. 1908. 4) J. Erlanger, Vorläufige Mitteilung über ‘die Physiologie der Herz- blocks im Säugetierberzen. Zentralbl. f. Physiol. Bd. 19 S. 9. 1905. — Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 9: das Bündel am natürlich durchbluteten Hundeherzen durch eine be- sondere Klemme gefasst wurde. So interessant und wertvoll diese Versuche für die Kenntnis der Überleitungsstörungen sind, zu deren Studium sie ja auch angestellt wurden, so sind sie für die Frage nach der ausschliesslichen Bedeutung des Bündels für die Überleitung dadurch wohl nicht in dem Masse beweisend wie die Schnitt- experimente, dass sich der Umfang der Läsion nachträglich nicht mit gleicher Sicherheit bestimmen lässt. Immerhin ergab sich auch hier bei Fehlen von Überleitungsstörungen eine nicht die Gegend des Bündels treffende Lage der Klemme und in einigen Fällen von Überleitungsstörung zeigte die von Retzer ausgeführte histologische Untersuchung, dass die Klemme tatsächlich das Bündel um- schlossen hatte. Durch diese Reihe von zum Teil genau anatomisch untersuchten Fällen scheint die Lehre von der Erregungesleitung im Übergang- bündel nach allen Seiten hin völlig gesichert zu sein, und man konnte daran gehen, die weiteren Anwendungen für Experiment und Klinik zu verfolgen. Jedoch hat es nicht an Stimmen gefehlt, die schon gleichzeitig mit den vorigen Arbeiten Einspruch gegen die neuen Lehren erhoben, und denen Arbeiten aus Kronecker’s Laboratorium zugrunde lagen. Nachdem schon Kronecker!) selbst mit einer Umstechungsmethode frühere Durchschneidungsversuche der Bündel- gegend am Kaninchen wieder aufgenommen und Allorhythmieen infolge dieser Eingriffe vermisst hatte, wurden diese Versuche zu- nächst von Imchanitzky°) fortgeführt und nach der anatomischen Seite erweitert. An Kaninchen und Hunden wurde am natürlich durchbluteten Herzen nach Freilegung und Eröffnung des Perikards mit einer gekrümmten Nadel ein Faden um die Bündelgegend ge- J. Erlanger u. A. D. Hirschfelder, Eine vorläufige Mitteilung über weitere Studien in bezug auf den Herzblock in Säugetieren. Zentralbl. f. Physiol. Bd. 19 Ss. 270. 1905. — J. Erlanger, On the physiology of heart-block in mammels, with especial reference to the causation of Stokes-Adams disease. Journ. of experim. medic. vol. 8. p. 24. 1906. 1) H. Kronecker and F. C. Busch, The propagation of impulses in the rabbits heart. Rep. brit. Ass. f. advanc. of science 1899 p. 89%. — H. Kronecker, L’extension des &tats fonctionels de l’oreillette au ventricule se fait-elle par voie musculaire ou par voie nerveuse? Compt. rend. Ac, de sciences. t. 140 p. 529. 1905. 2) M. Imchanitzky, Quelles sont les voies que suit dans le caur Pexeitation motrice? Arch. internat. de physiol. t. 4 p. 1. 1906. 10 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: schlungen. Die Herzwand konnte durchstochen werden, ohne dass eine Blutung entstand; es konnten so bis zu 20 Ligaturen ohne merklichen Blutverlust ausgeführt werden. Selbst in einem solehen Fall war die Herztätigkeit immer noch koordiniert. Es wird hier nicht notwendig sein, auf alle Einzelheiten der Angaben einzugehen, um so mehr, als wir uns gleich mit den ergänzenden und über- sichtlicheren Versuchen von Paukul zu beschäftigen haben werden. Nur ein Versuch sei noch herausgegriffen. Bei einem Kaninchen schlugen die Kammern nach Anlegen von Ligaturen noch abhängig von den Vorhöfen. Bei der mikroskopischen Untersuchung fand sich in der Bündelgegend ein Blutextravasat. Diese Versuche fanden, wie gesagt, weiterhin durch Paukul') eine Ergänzung. Er arbeitete ebenfalls am Herzen in situ und zwar ausschliesslich am Kaninchen. Die Spitze einer vorne geöhrten ge- bogenen Umstechungsnadel wurde an der vorderen Herzseite zwischen dem Ursprung der Aorta und der Basis des rechten Herzohrs ein- gestochen, die Gegend des Bündelverlaufs umfasst und die Nadel durch die vordere Wand der rechten Kammer möglichst nahe der Einstichöffnung wieder herausgeführt. Ein feiner durch das Öhr der Nadel gesteckter Faden wurde nun rückwärts durchgezogen und zu- gebunden. In späteren Versuchen wurde die Tätigkeit von Vorhöfen und Kammern getrennt mittels Marey’scher Kapseln registriert. Jeder Fall wurde mikroskopisch auf Serienschnitten kontrolliert. (Sehnittführung möglichst parallel zur Ligaturebene und senkrecht zum Verlauf des Bündels, d. h. wohi seines Hauptstammes; Färbung nach van Gieson.) Das Ergebnis seiner 24 Versuche fasst Paukul dahin zusammen, dass in Fällen, in denen das Bündel allein ohne Schädigung des umgebenden Gewebes umschnürt wurde, die Koor- dination von Vorhöfen und Kammern nicht aufgehoben wurde. Allorhythmien von Vorhöfen und Kammern wurden aber nicht nur beobachtet, wenn das umliegende Gewebe mit geschädigt war, sondern auch wenn der Faden nur am Bündel vorbeigeführt, aber nicht zu- gezogen wurde. Auch nach Unterbindung anderer Herzstellen, z. B. in der Hohlvenengegend, traten Überleitungsstörungen auf. Es sollen demnach die überleitenden Elemente nicht im His’schen Bündel liegen, sondern nahe demselben, „aber auch an anderen Stellen“ und dem Nervensystem angehören. l)E. Paukul, Die physiologische Bedeutung des His’schen Bündels. Zeitschr. f. Biol. Bd. 51 S. 177. 1909. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 1a Es ist nicht zu leugnen, dass diesen Versuchen nicht nur durch die reiche experimentelle Erfahrung Kronecker’s, in dessen Institut . Paukul ebenso wie Imehanitzky arbeitete, sondern auch durch die mikroskopische Nachuntersuchung der Fälle ein derartiges Ge- wicht zukommt, dass der Schwerpunkt in der ganzen Frage nach der funktionellen Bedeutung des Übergangbündels wieder sehr wesentlich verschoben erscheint. Allerdings wird man sich kaum ohne weiteres entschliessen können, diesen Ergebnissen gegenüber die Feststellungen anderer Autoren, besonders die ebenfalls auf Grund grosser physio- logischer und anatomischer Erfahrung gewonnenen von Hering- Tawara, einfach fallen zu lassen, um so mehr, als wenigstens gegen die Versuche von Imcehanitzky der Einwand berechtigt ist, dass eine graphische Untersuchung der Herztätigkeit fehlt, und auch aus den Angaben über die mikroskopische Untersuchung nicht genügend hervorgeht, wie bei den zum Teil sehr zählreichen Ligaturen eine sichere Feststellung über das anatomisebe Verhalten des Bündels möglich war, und ob besonders auch am Hunde eine normale Herz- tätigkeit trotz sicherer Unterbrechung des Übergangbündels vorkam. Jedenfalls erscheint die ganze prinzipiell so wichtige Frage nun- mehr wiederum so ungeklärt, dass es notwendig ist, durch eine grössere Versuchsreihe, die sich sowohl von der experimentellen als auch histologischen Seite möglichst eingehender Untersuchungsmittel bediente, eine nochmalige Bearbeitung der schwebenden Fragen zu unternehmen und dabei vorwiegend den Versuch zu machen, den Grund für die Differenzen der bisher erlangten Ergebnisse zu ermitteln. Wir hofften dieses Ziel dadurch am besten zu erreichen, dass wir die -ganze notwendige Arbeit einigermaassen in der Weise ver- teilten, dass der eine (Trendelenburg), auf dessen Anregung die Untersuchung unternommen wurde, mehr für den physiologischen, der andere (Cohn) mehr für den anatomischen Teil die Leitung übernahm. Die Versuche, über deren Ergebnisse schon vorläufig berichtet wurde !), wurden im Frühjahr 1909 im physiologischen Institut in . Freiburg durchgeführt, die histologischen Untersuchungen, welche im Freiburger pathologischen Institut begonnen waren, konnten 1) W. Trendelenburg u. A. E. Cohn, Zur Physiologie des Übergang- bündels am Säugetierherzen. Zentralbl. f. Physiol. Bd. 23 S. 213. 1909. Kurzer Bericht ferner in: Deutsche medizin. Wochenschr. 1909, Nr. 31. (Naturforsch. Gesellsch. Freiburg.) 12 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: der Hauptsache nach erst im Lauf des Sommers in London, wohin Cohn übersiedelte, ausgeführt werden. Wir erfreuten uns bei unseren Arbeiten der weitgehenden Unterstützung von Herrn Prof. v. Kries sowie des regen Interesses von Herrn Prof. Aschoff. Für die uns zuteil gewordene Förderung möchten wir auch an dieser Stelle unseren verbindlichsten Dank abstatten. 1I. Eigene Untersuchungen. A. Versuchsmaterial. Unsere Experimente wurden an 29 Katzen, 4 Kaninchen, 17 Hunden, 2 Affen und 4 Ziegen durchgeführt; bei diesen Angaben handelt es sich nur um gut gelungene Versuche, zu denen elf Fehl- versuche kommen, in denen aus verschiedenen, im einzelnen nicht weiter interessierenden Gründen ein befriedigendes physiologisches Ergebnis der Durchspülung oder der Aufschreibung der Herztätigkeit nicht erzielt werden konnte. Drei von den übrigbleibenden Fällen, (sämtliche von der Katze) gingen für die Verwertung noch dadurch verloren, dass die Zerlegung in Schnittserien durch verschiedene Zufälliekeiten bei der Behandlung vereitelt wurde. Gerade auf eine im übrigen vollständige Wiedergabe und Durcharbeitung des ganzen erhaltenen Materials von mithin 53 Fällen mussten wir Wert legen, da sich nur so die Punkte ermitteln liessen, in denen sich die bis jetzt geltende Lehre von der Leitung im Übergangbündel etwa doch einer Änderung bedürftig zeigen konnte. Durch möglichst über- sichtliche Anordnung in Tabellen hoffen wir die mit dieser Voll- ständigkeit verbundenen äusseren Nachteile vermindert zu haben. Es war wünschenswert, die Versuche nicht bloss auf Kaninchen, an denen Paukul ausschliesslich arbeitete, zu beschränken; wir führten nur im Anfang einige Orientierungsversuche zur Einarbeitung auf die Durchspülungsmethodik an den Herzen dieser Tiere aus, und gingen dann erst auf das Katzenherz über, weil an diesem vor allem die Orientierung für die von uns gewählte Sehnitt- führung leichter war als am Kaninchen. Die Verhältnisse lagen bei diesen Herzen so eigentümlich, dass eine grosse Reihe von Versuchen notwendig war, um über die verwickelte Sachlage möglichst ins Reine zu kommen. Die Versuche am Kaninchen wurden später wieder aufgenommen, und es genüste nun eine geringe Anzahl derselben zum direkten Vergleich mit Paukuls Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 13 Experimenten. Weiter haben wir auch am Hunde, besonders im Hinblick auf die Angaben von Imchanitzky, die Verhältnisse einer erneuten Untersuchung unterworfen, und die Versuche auch auf Affen ausgedehnt, worauf wegen der naheliegenden Beziehungen gerade zum menschlichen Herzen wohl einiger Wert gelegt werden darf. Um schliesslich eine Übersicht über möglichst verschiedene Klassen der Säugetiere zu ermöglichen, was um so mehr zu wünschen war, als sicu der Deutung der Ergebnisse bei der Katze einige Schwierigkeiten entgegenstellten, die vielleicht nur in besonderen Eigentümlichkeiten gerade der Katzenherzen begründet waren, wurden die Versuche noch auf die Huftiere ausgedehnt. Als solche waren für uns wegen der nicht zu beträchtlichen Grösse der Herzen und nicht zu grossen Kosten des Materials junge (etwa eine Woche alte) Ziegen am geeignetsten, die sich gerade zu jener Jahreszeit leicht erhalten liessen. B. Versuchsmethodik. Im Gegensatz zu Paukul kam ‚in unseren Versuchen die künstliche Durchspülung des Herzens in der von Langendorff eingeführten Weise zur Anwendung. Um eine möglichst sichere funktionelle Ausschaltung des Bündels und histologische Nach- untersuchung zu ermöglichen, empfahl sich am meisten der Messer- schnitt. Während ein in seiner Kontinuität getrennter Faserzug sicher nicht mehr leitungsfähig ist, kann man einer blossen Quetschung nicht mit gleicher Gewissheit die Wirkung auf die Funktion ansehen. Fernerhin ist bei einer Umschnürung, bei der beträchtliche Lage- veränderungen auch der Nachbarteile vorkommen müssen, eine un- beabsichtigte und im mikroskopischen Präparat nicht notwendig nach- weisbare Nebenwirkung möglich, derart, dass etwa bei einer nur die Nähe des Bündels betreffenden Umschnürung doch die Erregungs- leitung im letzteren aufgehoben ist; es werden sich Spannungs- änderungen herstellen können, welche auf entferntere Teile störend einwirken. Bei einem glatten Schnitt ist dies naturgemäss wohl kaum zu befürchten. Da nach den schlechten Erfahrungen Humblet’s mit der oben schon erwähnten Schnittmethode von Fredericq, bei welcher der Eingriff am natürlich durchbluteten Herzen erfolgte, diese Methode nicht sehr empfehlenswert erschien, wählten wir von vorne herein die 14 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: künstliche Durchspülung, die ja auch schon von Hering bei ähnlichen Untersuchungen angewendet war. Während dieser aber, wie es scheint, stets den Schnitt an den noch nicht durchspülten, stillstehenden Herzen ausführte, legten wir stets Wert darauf, schon vor der Durch- schneidung die Herztätigkeit aufzuschreiben und so den Beweis zu liefern, dass vor dem Schnitt bezüglich der Überleitung völlig normale Verhältnisse vorlagen. Da ferner der Schnitt stets unter Leitung des Auges ausgeführt werden sollte, war es notwendig, zur Durchspülung zuerst eine vollkommen wasserklare Flüssiekeit zu verwenden und erst nach vollendetem Schnitt das defibrinierte Blut des Versuchs- tieres zuzusetzen, um dadurch die Ernährungsbedingungen möglichst den normalen gleichzumachen. Dass dies in genügender Weise durch dieses Verfahren gelang, wird aus den Versuchen hervorgehen. Für alle Versuchstiere erwies sich in gleicher Weise eine Locke’sche Lösung von folgender Zusammensetzung am geeignetsten: NaCl 9 g, KCI 0,42 eg, CaCl, 0,24 g, NaHCO, 0,3 g, Glukose 1,0 g pro Liter, eine Zusammensetzung, die schon von den verschiedensten Autoren erprobt war. fl Des weiteren sei zunächst das Durchspülungsverfahren ausgeführt. An den Apparat war besonders die Anforderung zu stellen, dass das Herz jederzeit leicht von allen Seiten zur Aus- führung der operativen Eingriffe zugänglich und dass eine doppelte Reeistrierung, nämlich an der einen Kammer und an einem Vorhof, ausführbar sein musste. Gewiss werden sehr viele von den bisher beschriebenen Durchspülungsapparaten, die im übrigen hier unberück- sichtigt bleiben können, diesen Forderungen genügen; da uns kein für längerdauernde Versuche geeigneter Apparat zur Verfügung stand, wurde folgende Anordnung zusammengestellt. Die Locke’sche Lösung war in einer grösseren Flasche, die in einem doppelwandigen Blech- sefäss stand, über dem Experimentiertisch angebracht. Von dem Bodentubus des Gefässes führte ein gläsernes Schlangenrohr, das von einem weiteren Glasmantel umgeben war, zu einem aus drei Armen bestehenden Glasstück; während an den unteren Arm die in die Aorta des Herzens gebundene Kanüle kam, führte der zweite Arm zu einem Quecksilbermanometer und war in den dritten ein Thermometer eingesteckt. Zur Erwärmung der Durchspülungs- flüssigkeit diente ein kontinuierlicher Strom von warmem Wasser, der aus einem der bekannten Warmwasserapparate (Askania-Therme, Dessau), der für andere Zwecke zur Verfügung stand, gewonnen Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 15 wurde. Durch passende Regulierung der Strömung von Gas und Wasser konnte die Temperatur mit hinreichender Genauigkeit auf Körpertemperatur gehalten werden. Von weiteren Angaben der Temperaturen konnte deshalb unten in den Versuchsprotokollen ab- gesehen werden. Das warme Wasser floss nun sowohl durch die doppelwandige Blechhülse des Vorratsgefässes als auch durch den Aussenraum der Glasspirale, um dann noch durch ein kupfernes Schlangenrohr geführt zu werden, welches einem über das Herz selbst gestülpten Glase anlag. Dieses Glas bestand aus einer Flasche, der der Boden abgesprengt war; in seine Seitenwände waren verschiedene Löcher gebohrt, die zum Teil der Durchleitung des mit der Regi- strierung des Vorhofs zusammenhängenden Fadens, zum Teil dem Durchstecken von Glasstäben dienten, welche so der Herzoberfläche angelegt waren, dass keine Pendelbewegungen eintraten, die im An- fang gelegentlich die Registrierung störten. Der Hals der Flasche war nach unten gerichtet, durch ihn war der die Kammerregistrierung besorgende Faden gezogen. Die obere Öffnung wurde durch einen aus zwei Teilen bestehenden Korkdeckel geschlossen, durch den noch ein Thermometer eingeführt werden konnte. In dieser Weise war auch der Luftraum um das Herz herum auf die gleiche Temperatur gebracht worden wie die Durchspülungsflüssigkeit, sowie das Herz vor Vertrocknung geschützt, und es konnte doch andererseits nach Abnehmen des Korkdeckels das Glas leicht gesenkt werden, so dass nun das Herz vollkommen zugänglich war. Der für die Durchspülung notwendige Druck wurde zum Teil einfach durch die Höhe gewonnen, in welcher sich das Vorratsgefäss über dem Herzen befand; um aber für die Herzen der verschiedensten Grösse geeignete Verhältnisse zu erhalten, wurde mit einem in den Hals des Vorratsgefässes gekorkten Glasrohr die Leitung einer Sauerstoffbombe verbunden, wodurch gleichzeitig eine Sauerstoffsättigung der Flüssigkeit möglich war. Auch war mit der Vorratsflasche durch eine lange Schlauchleitung eine zweite an Schnurlauf auf und nieder bewegliche Flasche ver- bunden, durch welche die aus dem Coronarsystem ausgeflossene Flüssigkeit wieder zu dem Vorrat hinzugesetzt werden konnte, was besonders bei gelegentlichem Anschneiden der Klappen bei grossen Hundeherzen öfters erfolgen musste. Die Herztätigkeit wurde von der Kammerspitze und dem linken Herzohr aus aufgeschrieben. Diese Doppelreeistrierung genügte in allen Fällen, wie hier voraus betont sei, vollständig, da die Störungen 16 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: der Herztätiekeit niemals in einer Trennung der gleichzeitigen Tätig- keit der Vorhöfe oder der Kammern untereinander, sondern stets nur in einer Loslösung des gemeinsamen Rhythmus der Kammern von dem der Vorhöfe bestanden. In die genannten Herzteile wurden feine Häkchen gebracht, an diese Fäden geschlungen, die auf die schon genannte Weise aus dem das Herz umgebenden Glasgefäss geleitet wurden. Der Vorhoffaden führte direkt zu dem Aufnahme- tambour des Marey’schen Kapselsystems, während der Kammerfaden erst über eine Rolle hinweg zur Kapsel in horizontaler Richtung geleitet war. Durch Gummischläuche waren die Aufnahmekapseln in bekannter Weise mit Schreibkapseln verbunden, die so übereinander standen, dass auf dem Schleifenkymographion immer zuoberst der Vorhof, darunter die Kammer registriert wurde; über der Vorhofs- kurve folgten Zeitmarken in Sekunden, unter der Kammerkurve die Aufschreibung der Extrareize. Diese wurden an dem äussersten Zipfel des rechten Herzohres an einer Stelle und in einer Stärke gegeben, dass wirksame Stromschleifen auf andere Herzteile voll- ständig ausgeschlossen waren. Zur Reizung dienten schnell einander folgende Schliessungs- und Öffnungsinduktionsströme. Da die Schliessungsströme unterschwellig waren, ist die Aufwärtsbewegung des Signals als Reiz anzusehen. Im folgenden seien noch unsere Erfahrungen über die Technik der Durehspülung mitgeteilt. Es kam uns vor allem darauf an, auch bei Hunden das Eintreten von Flimmern zu vermeiden, was uns nach Anwendung folgender Regeln fast ausnahmslos gelang. Das Tier wird ausschliesslich mit Äther narkotisiert. Beide Karotiden werden freigelest, und daraus das Tier entblutet, das Blut sofort durch Schlagen defibriniert. Durch Nackenstich werden die terminalen | Atemzüge sistiert und nun möglichst schnell der Brustkorb eröffnet, das Herz nach Spalten des Beutels mit der linken Hand gefasst und etwas vorgezogen. Durch einen Schnitt mit einer grossen gekrümmten Schere werden alle Gefässe an der Wurzel möglichst entfernt vom Herzen durchtrennt und dieses sofort in körperwarme Kochsalzlösung gebracht. Wir fanden es wichtig, das Herz bei den weiteren Mani- pulationen bis zum Becinn der Durchspülung nieht abkühlen zu lassen. Unter die Aorta wird in der Salzlösung ein starker Faden gezogen, der Aortenbogen aufgeschlitzt und eine passende Kanüle eingebunden. Nun ist nur noch nötig, zu sorgen, dass die Kanüle und das Herz luftleer sind. Wenn man die noch kräftig anhaltenden Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 7 Kontraktionen der Kammern manuell etwas unterstützt, kann man leicht die Luft aus dem in der Flüssigkeit liegenden Herzen entfernen und die Aortenkanüle mit einer Pipette noch auffüllen. Dann schliesst man die Kanüle an dem aufgesteckten kurzen Gummischlauch durch Fingerdruck ab und steckt den Schlauch an den Kanülenansatz des schwach laufenden Durchspülungsapparates. Wenn man so schnell arbeitet, dass das Herz nun noch gut pulsiert, und in der Regel ist Zeit genug, dass ohne Überhastung gearbeitet werden kann, so wird man mit geringen Ausnahmen von vornherein ein kräftig schlagendes, nicht dimmerndes Herz zur Verfügung haben. In den wenigen Fällen, in denen durch irgendein Versehen doch Flimmern eintrat (einmal starb das Tier vorzeitig in Narkose, ehe die Vorbereitungen ganz beendet waren), wendeten wir die von Hering!) empfohlene Injektion von 1°/oiger KC1-Lösung in die Aortenkanüle (durch ein am Manometer- rohr angebrachtes Zweigrohr) mit günstigem Erfolge an. Bei den operativen Eingriffen trat nie Flimmern ein. Y C. Methodik der Bündeldurchschneidungse. Für die Bündeldurchschneidung konnte für uns nur ein Weg in. Betracht kommen, der einen Schnitt unter Leitung des Auges derart ermöglichte, dass das Bündel mit grosser Sicherheit sofort getroffen wurde. Wir gingen wie Hering vom rechten Vorhof aus vor. Das Herz wurde am Apparat so aufgehängt, dass das rechte Herzohr dem Öperierenden zugewendet war. In seine Hinterwand wurde ein annähernd senkrechter, also in der Längsachse des Herzens verlaufender Schnitt von einer sich nach der Grösse des Herzens richtenden Länge (etwa '/,—1 cm) angelest; sein Abstand vom Herzohrrand betrug am Hundeherzen etwa "/;, em. Grössere Coronargefässe, die am durchspülten Herzen. leicht sichtbar sind, wurden geschont. Im übrigen war nur darauf zu achten, dass keine Teile des Vorhofs verletzt wurden, welche für die normale Herz- tätigkeit etwa unentbehrlich waren. Um in dieser Hinsicht ganz sicher zu gehen, wurde in der grossen Mehrzahl der Fälle nach Anlegung des Vorhofschnittes nochmals registriert und die Leitung der Vorhofextrareize zur Kammer geprüft, wodurch in dieser Richtung 1) H. E. Hering, Über die Wirksamkeit des Accelerans auf die von den Vorhöfen abgetrennten Kammern isolierter Säugetierherzen. Zentralbl. f. Physiol. Bd. 17 S. 3. 1903. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 2 18 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: gehende Einwände ausgeschlossen sind. Es sei aber noch erwähnt, dass wir uns stets von der Stelle des sogenannten Vorhofknotens entfernt hielten. In den Vorhofschnitt wurde ein passendes Speculum ein- geführt und so von dem Assistierenden gehalten, dass dasLicht einerhellen elektrischen Lampe, die sich in einem mit Linse versehenen Blechgehäuse befand, die Grenze zwischen Vorhof- und Kammerseptum gut beleuchtete. Der Operierende behielt beide Hände zur Hantierung des Messers und zum Gegenhalten des Herzens frei. Die Orientierung zur Schnittführung ergab sich bei Katzen an der fast stets gut sichtbaren Pars membranacea des Septum. In dieses wurde eine schmale doppelschneidige Lanzette senkrecht eingestochen und schräg nach unten und gleichzeitig etwas zur linken Hand des Öperierenden (also etwas dorsalwärts bezüglich des Herzens) durchgezogen; der Winkel zur Senkrechten betrug zweckmässig 45 Grade. Durch diesen Schnitt wurde beabsichtigt, den Hauptstamm des Bündels zu treffen. Auf weitere bei der Katze notwendig gewordene Schnittführungen wird erst später zurückzukommen sein. Weniger einfach war die _ Orientierung bei Kaninchen, da in der Regel die Pars membranacea des Ventrikelseptum nicht so leicht zu sehen war und auch etwas oberhalb der sichtbaren weisslichen Stelle einzuschneiden war. Durch die grosse bei Katzen erlangte Übung gelang es uns aber auch hier, den Schnitt, den wir mehr horizontal ausführten, an die richtige Stelle zu legen. Bei Hunden, Affen und Ziegen richtet man sich für den Einstich nach der Ansatzlinie des mittleren Segels der Trieuspidalklappe. Auch an kleinen Herzen, z. B. den recht kleinen Affen, die uns zur Verfügung standen, kann man sich diese Linie leicht deutlich machen, wenn man eine gekrümmte Sonde unter das Klappensegel schiebt. Tawara empfiehlt nun bei seinem Vorschlag | zur Bündeldurchschneidung, etwa 2 mm unter dem oberen Ende der Ansatzlinie einzustechen und nicht ganz parallel zu derselben, sondern ein wenig senkrechter einzuschneiden. Wir fanden es einfacher und ebenso gut, den Schnitt möglichst parallel zum Klappenansatzrand anzulegen. Es wurde dicht rechterhand und unter der Linie etwa in der Mitte ihrer Länge senkrecht zur Septumfläche eingestochen, an einer Stelle also, die etwas unterhalb des Bündelhauptstammes liegt, und nun nach oben bis beinahe an die Vereinigungsstelle zwischen Ansatzlinie des mittleren und vorderen Trieuspidalsegels, ein Punkt, der aber keinesfalls erreicht werden darf, hinaufgeschnitten. Auf genaue Senkrechthaltung des Messers zur Septumebene ist zu Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 19 achten, da män zuerst leicht den Fehler macht, die Messerspitze etwas zu neigen, wodurch der Bündelstamm oberhalb des Schnittes bleibt. Man hat nun fast immer ein sehr gutes Kriterium dafür, ob man weit genug nach oben, nach den Aortenklappen hin, geschnitten hat, und dies ist der Grund, weshalb wir von unten nach oben schnitten. Es war nämlich fast ausnahmslos die Überleitung im Herzen nach dem Einstich des Messers unverändert, und es konnte nun so weit mit Vorsicht nach oben geschnitten werden, bis plötzlich ein mehr oder weniger langer Stillstand der Kammern oder starke Verlangsamung ihres Schlages eintrat, an welcher sich die Aufhebung der Überleitung sofort erkennen liess. Daraus geht auch weiter hervor, dass im Bereich der unteren etwa 2 mm der ausgeführten Schnitte niemals die überleitenden Elemente lagen (Breite des Messers). Mehrfaches Einschneiden oder nachträgliche Verlängerungen der Schnitte waren bei diesem Verfahren nicht notwendig. War einmal eine Überleitungsstörung nicht erhalten (bei Hund 12 z.B. ‚wurde der Schnitt zu klein, weil irrtümlicherweise eine Verletzung der Aortenklappen angenommen war), oder stellte sich die Über- leitung infolge schneller Erholung der vielleicht zum Teil nur ge- quetschten Leitungsapparate nachträglich wieder her, so waren darin wertvolle Kontrollexperimente gegeben, welche eine nachträgliche Verlängerung des Schnittes unangebracht erscheinen liessen. NachVollendung des Schnittes wurde sofort von dem Assistierenden das das Herz umgebende Glas wieder hoch geschoben und die Marey schen Aufnahmekapseln wieder so weit entfernt, dass die Fäden gespannt waren und die Registrierung wieder nach Wunsch in Tätigkeit gesetzt war. So wurde zwischen Durchschneidung und Wiederbeginn der Registrierung nur möglichst wenig Zeit verloren. D. Kurvenmessung. In den nachfolgenden Versuchstabellen sind im zweiten und dritten Stabe die Zeiten für je 20 Systolenabstände des Vorhofs und der Kammer angegeben. Bei starker Verlangsamung des Kammer- schlags wurden meist nur etwa fünf Abstände gemessen und auf zwanzig aufgerechnet. Ferner wurden die Verhältniszahlen der Vor- hof- und Kammerfrequenz aus den vorigen Zahlen ermittelt. Aus diesen Verhältniswerten ergibt sich sehr anschaulich, ob Koordination (Zahlenverhältnis 1:1 oder Stammbrüche !/2, !/s usw.) bestand oder Dissoziation. Diese Frequenzbestimmungen wurden an einer grösseren 2 * 20 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Anzahl von Stellen des Versuchsverlaufs ausgeführt. Von einigen Versuchen teilen wir noch Kurven mit; bei der grossen Zahl der Versuche konnte es sich natürlich nur darum handeln, einige Bei- spiele zu geben. Bei den Kurven ist bemerkt, zu welcher Reihe der entsprechenden Tabelle das Stück gehört. Es handelt sich dabei aber nur um eine ungefähre Angabe, insofern, als häufig nicht gerade das gemessene Kurvenstück abgebildet wurde, sondern ein in der Nähe befindliches. Kleine Unterschiede der Frequenzen und Frequenzverhältnisse zwischen Kurve und Tabelle können deshalb schon vorhanden sein. In allen Kurven ist in der obersten Linie die Zeit in Sekunden, in der zweiten der linke Vorhof, in der dritten die linke Kaınmer und in der vierten die Reizung verzeichnet. Die Kurven sind in Originalgrösse wiedergegeben, mit Ausnahme der- jenigen der Fig. 63, welche auf ?/s verkleinert ist. E. Darstellung der Lage des operativen Schnittes. Im Gegensatz zu der mehr beispielsweisen Mitteilung von Kurven war es notwendig, von jedem Versuch eine Anschauung von der Sehnittlage zu verschaffen. In den meisten Fällen wurde hierfür eine schematische Darstellung gewählt, indem der operative Schnitt in ein für alle Fälle derselben Tierart gleichbleibendes Schema unter Berücksichtigung der relativen Grössenverhältnisse eingezeichnet wurde. In einigen besonders wichtigen Fällen wurden aber Photo- graphien der operierten Herzen, und zwar der linken Seite des Kammerseptum aufgenommen. Es war am günstigsten, die Herzen erst in Müller-Formol zu fixieren, in Wasser auszuwaschen und in Alkohol zu härten und dann in der Flüssigkeit in einem ebenen Glasgefäss zu photographieren. So wurden die sonst störenden Lichtreflexe in bekannter Weise vermieden. Die Ziegenherzen wurden direkt frisch nach der Sektion in Wasser aufgenommen, wodurch sich eine Überexposition für die sehr helle Aorta nicht vermeiden liess, wenn die wichtigeren Einzelheiten der Septumwand gut herauskommen sollten. In die Taschen der Aortenklappen wurde je ein Blutströpfehen, mit Flüssigkeit verdünnt, eingefüllt; durch diesen kleinen Kunstgriff traten sie auf den Bildern mit genügender Deutlichkeit hervor. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 2] F. Mikroskopische Untersuchung. Sehr grosser Wert musste naturgemäss auf eine gründliche mikroskopische Untersuchung der operierten Herzen (Gegend des Bündels) gelegt werden. Die Schnittrichtung der Serien war stets annähernd parallel dem unteren Ansatzrand der Aortenklappen, also parallel zum Verlauf des Bündelhauptstammes. Wir glauben, dass nur diese Schnittrichtung eine hinreichend sichere Beurteilung der in unseren Fällen zum Teil sehr verwickelten Verhältnisse gestattet. Die Herzen wurden nach van Gieson gefärbt. Dabei nimmt bekanntlich das Bindegewebe einen leuchtend roten, die Muskulatur einen grünlich-gelblichen Farbenton an. Der vorhandene Unterschied in der Färbung zwischen Bündel und sonstiger Muskulatur ist in den Abbildungen etwas verstärkt, was im Interesse der Übersichtlichkeit nichts schadet. Wir konnten natürlich nur von einzelnen Fällen Zeichnungen nach mikroskopischen Präparaten wiedergeben, auch hier kann es sich nur um Erläuterung an einzelnen Beispielen handeln. Das Ergebnis der übrigen, über alle Versuche durch- geführten Serienuntersuchung ist den Versuchsprotokollen beigegeben. Dabei wurde nur das für die Frage nach der Bündeldurchtrennung Wichtige hervorgehoben; rein anatomische Fragen sind hier nur ge- legentlich berührt. Ausserdem versuchten wir den ungefähren Bündel- verlauf in seiner Beziehung zum operativen Schnitt nach dem Er- gebnis der Serie rein schematisch in die Schemen der Herzen ein- zutragen, damit die Anschaulichkeit der Resultate eine grössere wird. Es braucht wohl kaum weiter betont zu werden, dass es sich dabei nicht um eine genaue Rekonstruktion handeln honnte, sondern dass nur der wesentliche Befund wiederzugeben versucht wurde. Bei den Ziegenherzen war eine derartige Darstellung nicht weiter nötig, da auf den Photographien der Verlauf des linken Schenkels ohne weiteres zu sehen ist und einen genügenden Anhaltspunkt gibt. Im einzelnen war die histologische Untersuchungsmethode folgende: Das von der linken Kammer her eröffnete Herz wurde mit Nadeln auf Kork derart aufgesteckt, dass die Scheidewand voll- ständig eben ausgebreitet war. Fixierung in Müller-Formol je nach der Grösse 24 bis 48 Stunden lang. Auswaschen in fliessendem Wasser für die gleiche Zeit. Alkohol 70°o, in welchem die Herzen, wenn nötig, lange aufgehoben werden können. Zur weiteren Untersuchung wurde ein Stück herausgeschnitten, welches sich vom oberen Rand der 23 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Aortenklappen bis zu einer diesem parallelen Linie erstreckte, die etwas unterhalb des unteren Endes des experimentellen Sehnittes lag. Die seitlichen Begrenzungen des Stückes bildeten Linien, die von dem rechten Ansatzpunkt der rechten, und den linken Ansatzpunkt der hinteren Aortenklappe senkrecht abwärts gezogen waren. In einigen Fällen musste das Stück wegen der Länge der Schnittverletzung etwas breiter genommen werden. Nach Entwässerung (Alkohol 96°/0 und absol.) folgte Celloidin für 5—7 Tage, eine Behandlung, die nur bei den ersten Serien wegfiel, später aber eingeführt wurde, weil in dieser Weise das Endokard, unter welchem die Bündel- ausbreitungen direkt liegen, sehr vollkommen erhalten blieb. Nach- dem die Stücke etwas an der Luft getrocknet waren, kamen sie in Zedernholzöl und weiter in Paraffın. Die Schnittrichtung war die horizontale, d. h. parallel zum Ansatzrand der Aortenklappen. Die Schnittdicke betrug in der Regel Su, und jeder 5. Schnitt wurde aufgeklebt und mit Eisenhämatoxylin und Pikrin-Fuchsin gefärbt. G. Mitteilung der eigenen Versuche in Tabellenform mit Kurven und Herzabbildungen. Erklärung der in den Tabellen gebrauchten Abkürzungen. V = Vorhofkontraktionen, K —= Kammerkontraktionen, v— ws n —= nach, VS — Vorhofschnitt, SS — Septumschnitt (d. b. der Schnitt, mit welchem in der Regel die Bündel-. ‘ durchschneidung beabsichtigt war), V:K = Verhältnis der Systolenabstände von Vorhof zu Kammer, VEs = Vorhofextrasystole. Bemerkungen zu den Tabellen und Abbildungen. Die atypischen Fasern (bei Katzen und Kaninchen, vgl. S. 74) sind nur erwähnt, wenn sie für den Verlauf des Versuchs eine Rolle spielen. Die genaue Lage des Bündelstamms ‘zur Höhe der Aortenklappe wurde im einzelnen in den Zeichnungen nur berücksichtigt, wenn es hierauf zum Verständnis der Versuche ankommt. Katze 4. h Dauer für Zeit 20 V 20 K V:K (sowie Bemerkungen) in Sekunden 1. vVS 15.1 15,1 el 2. nn VS 16,1 16,1 gl 3. Gleich n SS. 172 17,2 len 4. 5Min. nSS 203 20,3 tgl Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 23 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt läuft zwischen den zahlreichen atypischen Fasern und der Hauptmasse des linken Schenkels, ohne viele Bündelfasern zu treffen. Aorta. Valvula Fig. 2. Katze 4. Katze 5. 1. v Ss 8,3 8,93 net 2. Gleich n SS 86 8,6 1sil ea 088. 18 13 em 4. 2Min. nSS 14 14 1:1 (Verlangsamung, infolge schlechterer Durchspülung; Klappe angeschnitten !) Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt trifft das Bündel an der Teilung; der untere Teil des linken Schenkels ist nicht durchschnitten, ebenso einige atypische Fasern. Aorta. Vaivula Fig. 3. Katze 5. Katze 6. 1. 2/2 Min. v SS 8,7 8,7 ae 2. Gleich n SS 9,15 9,15 uSoh 3. 4 Min. n SS 11,3 11,5 sl u. mess 13,3 13,3 rai 24 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Hauptstamm des Bündels, jedoch erst, nachdem eine grosse Zahl atypischer Fasern den Stamm schon verlassen hat. Diese blieben also undurchschnitten. Aorta. Valvvis 1. Ale Min.vSS 94 9,4 1:1 (Fig. 6) alla. ne 9,7 1:1 (Fie. 6) 3... SS 1:1 48 5 nasse ass 18,8 es Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt das Bündel im Hauptstamm kurz vor der Teilung in den rechten und linken Schenkel. (Vgl. Tafelfig. 7.) Der Schnitt liegt aber ventralwärts vom Abgang zahlreicher atypischer Fasern, die also undurchschnitten bleiben. (Vel. Tatelfig. 8.) Aorta. Valvuls EITTEHEIT j | HIN nn. Fig. 6. Katze 7. a vor dem Septumschnitt, d nach dem Septumschnitt (vgl. 1 und 2 der Tabelle). f Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 25 Katze 8, 1. 4l/a Min. vSS’ 68 6,8 ed! Zi Dn0Ss 9,1 9,1 Te! 305 PnSss 9,4 9,4 dert Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt liegt innerhalb der schon abwärts ziehenden Faserung des linken Schenkels, dessen Hauptmasse ebenso wie der rechte Schenkel unverletzt blieben. Aorta. Valvule Fig. 7. Katze 8. Katze 9. L..wWd&1.Ss 6,5 6,5 1:1 Orientierung über Pars membr. Zend l.ss 6,5 6,5 1:1 _ schwierig. Diesmal drei Ein- 3..nd.2.SS 6,9 6,9 %:1 schnitte ausgeführt 4. nd.3.8S 8,2 82 ea 5. 83 Min. n d. 3. SS 9 9 21 Mikroskop. Befund: Der dritte experimentelle Schnitt durchtrennt den rechten Schenkel und den dorsalen Teil des linken Schenkels. Dessen ven- traler Teil sowie vorzeitig aus dem Hauptstamm abbiegende atypische Fasern bleiben erhalten. Aorta. Valvula Fig. 8. Katze 9. Katze 12. 1. 12/a Min. v SS 12,2 12,2 al 2. 1Min. n SS 9,2 9,2 al aan Ss 10,9 10,9 Leiil 26 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt trifft die Bündelschenkel an der Teilung; jedoch bleiben die dorsalen, schon senkrecht abwärts ziehenden Fasern des linken Schenkels ebenso wie atypische Fasern unverletzt. Aorta. Valvula dextr. post. HiemoseKatzesl2, Katze 13. I, San, zw Si ll ill Il Don aSsıS lt 14 1:1 Nach dem Schnitt spontane Vorhof- 3.8 „ nSS 1405 1405 1:1 extrasystolen, dieübergeleitet werden. (Desgleichen vor dem Schnitt.) Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt trifft die Bändelschenkel an der Teilung; jedoch bleiben die dorsalen, schon senkrecht abwärts ziehenden atypischen Fasern des linken Schenkels unverletzt. Aorta. Valvula Fig. 10. Katze 13. Katze 14. 1. 11/4 Min. v SS 8,48 8,48 ET 2 aloe mSıS 9,56 9,56 1:1 Sal ENESIS 8,52 8,52 lail Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt trifft das Bündel ganz dorsal im Ursprungsgebiet. Es bleiben aber ventral vom Schnitt Teile des Bündelursprungs in Beziehung zur Vorhofmuskulatur, so dass das Bündel eine anatomische Kontinuität zwischen Vorhöfen und Kammern aufrecht erhält. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 97 Aorta. Valvula deztr. post. Katze 15. 1. 14e Min. vSS 88 8,37 1:1 nasser 10,8 18,6 1:1,2 ua Nemesis 10,3 13,4 1:13 AA mesise 10,6 10,6 1:1 El 11,3 1:1 ee 13 1:1 Sektionsbefund: Der unter der Valv. dextra hinziehende Schnitteil (in der Figur etwas dünner gezeichnet) betrifft nur die linke Septumwand, während die dem rechten Ventrikel zugekehrte Wand hier unverletzt blieb. Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt, der im ganzen parallel zum Bündelhauptstamm verläuft, lässt unter sich einen Teil des Hauptstamms in Verbindung mit Vorhofmuskulatur und mit der peripheren Ausbreitung der Schenkel intakt zurück. Aorta. Valvals Fig. 12. Katze 15. Katze 16. 1. 1/e Min. v SS 6,33 6,99 el lo 9,25 22,2 1:23,4 SIE 2U DENE SIS 9,28 12,6 1:1,36 (Danach Blutzusatz) A 12 miss, 7 6 15 1:25 a Ne 8,34 13,4 1:1,6 6. Alles mess 7,78 13 1: 1,68 1 Aal ns kl, 17,2 1:1,46 Su dB er ennSsSır eLl,1 18 1:1,62 Im Verlaufe des Versuchs nach dem SS häufig spontane VEs, die nicht zur Kammer übergeleitet werden. 28 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt trifft den Hanptstamm des Bündels weit zurück gegen seinen Ursprung hin; keine Faser bleibt un- durchschnitten. Aorta. Valvula Fig. 13. Katze 16. Katze 17. 1. 2 Min. v SS 9,1 9,1 1:1 2.01. 0, SaSıS 7,59 7,59 lgil Schon aus der Lage des Schnittes geht die Unverletztheit des Bündels hervor. Aorta. Valvuls Fig. 14. Katze 17. ‚Katze 19. 1. 3Min. vSS 7,59 7,99 el 2 ne SiS 10 10,2 gi 30m 5185106 10,6 ai Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt verläuft dorsoventral parallel zur Richtung des Bündelstamms), sein dorsales Ende erreicht nur den rechten Schenkel und einige Fasern des linken, dessen Hauptmasse intakt bleibt. Aorta. Velvnla Physiologie des Übergangbündels am Herzen, 29 a Mikroskop. an der Teilungsstelle. Katze 20, 1 Min. vSS 9,99 5,98 len 1Ye Min. n SS 7,31 8,16 1: 1,04 Als nis 7,81 7,81 11 Bla nESss 8,16 Let! 1:0,94 KORE202SS 8,9 8,5 at losen SiS 8,2 8,4 1: 1,03 Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt die Schenkel Dorsal bleiben noch einige undurchschnittene Fasern, die sich noch etwas nach abwärts verfolgen lassen, deren weiteres Verhalten sich aber nicht feststellen lässt. 31/. Min. v SS 3 lan, Yan... BERZIEDETERZELDI er rt Sn solle „ N galler., pe 491/a „ ren Sc Ce vSs vSs n SS Ss Ss Ss SS ss n Ss n SS n SS n SS BBEB BB 6,61 7,1 a 8,91 9,69 111 11,7 13,3 6,76 6,2 7,01 7,15 8,1 Aorta Valvula Fig. 16. Katze 20. Katze 21. 6,61 ven 7,1 1:1 (Fig. 18a) TU 1a 10,4 11816 9,13 1:0,95 10,5 1: 0,95 11,2 1: 0,96 12,2 1:0,92 (1 Min. später Blutzusatz) 11,9 1:1,76 (Fig. 185) 13,1 1:2,1 (Fig. 185) 18,9 1:2,7 (V Es nicht übergeleitet, Fig. 18 c) 19,1 1: 2,67 19,1 1022,39 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm des Bündels unmittelbar vor seiner Teilung in linken und rechten Schenkel (vgl. Tafelfig. 5), jedoch erst nachdem die atypischen Fasern sich vom Diese selbst sind grösstenteils durch die Fort- setzung des experimentellen Schnittes noch durchtrennt; ein kleiner Teil aber wird nicht erreicht und bleibt undurchschnitten (vgl. Tafelfig. 6). Hauptstamm abgelöst haben. Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Bi) OST "LA "15 927e7 LT "SA sıuHalsa "®J10YV “QST LA Be, AAAM rise erreRererneae "U9SSE[ UAUUANIO SIAHNEM Auyo uOL} -BIZOSSI] OP UTOSUAPUEUIOA SEP eydppM pun uaaynLoy [ogoyyoy -I0A WE JIAWWEY J9p SUZ U9SULıaS woA 9yofoM U9ZU9AHFIEJU] 91p HAANYJOUIOA Kap ue q ur 979% 2 ven EEqRL AP IT — 9 oT sıq 6 = q a — 9). uagpos -waop ydeu 3 pun g "Yıuyaswnydas wop JA0A » Tg 9zye4] "SI "1A NN | Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 31 Katze 22, . 4 Min. v VS 5,61 5,61 Es... n.V$S 6,35 6,35 . 14 Min. n SS 7,48 14,96 2 1 1 (Fig. 20 a) 1 la. ESS "ZI 7,7 is: 1 1 1 1 ‚(SS = 8Min. n VS) (Darauf Blutzusatz) (V Es übergeleitet, Fig. 20 b) I) SS) 1005) 15,9 il, 2, .n,88 ,-2 5,2 20,5, SS, 589 9,89 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt trifft den Hauptstamm des Bündels in paralleler Richtung in der Weise, dass intakte Fasern sowohl über als auch unter dem Schnitt erhalten bleiben (vgl. Tafelfiıg. 9, in welcher durchschnittene Fasern, und Tafelfig. 10, in welcher erhaltene Fasern dargestellt sind). 1 2 3 4 Br insS%. 5,86. 2011,72 6 7 (Fig. 20 c) 8 HH D_D ra Aorta. Valvula Fig. 19. Katze 22. Fig. 20 a. A N N "belt EnuaR u Ju5 | Ihnl TITTEN TITRTT fin Fig. 20b. Fig. 20 c. Fig. 20. Katze 22. a vor, b und c nach dem Septumschnitt = 3 b=5; ce = 7 der Tabelle). Vorübergehende Störung der Überleitung. 39 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Katze 23. Vorzeitiger Tod des Tieres in Äthernarkose. Kammern flimmern zunächst, Beseitigung durch KCI. 1. Ya Min. v VS 842. 842 al 2 nV 18 8,42 an 3.2 2 ms. Vers 1:1,32 (SS = 3Va Min. n VS) Arosa. . "1.88 8,8 10,3 1:1,16 (Darauf: VEsnichtübergeleitet) Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt endet nach oben noch im Bündelhauptstamm, so dass einige Fasern desselben erhalten blieben. Aorta. Valvula dextr. post. ° 7 Fig. 21. Katze 23. Katze 24. Darauf. en N: VEs übergeleitet 4 Min. n Vs 8,46 8,46 1:1 IoEnISiS 13,1 13,1 1:1 (SS = 8Va Min. n VS) ala, massesa28) 89 1:1 (Ve Min. vorher Blutzusatz) 8a „ nSS 8,5 8,9 1:1 (VEs übergeleitet) Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt verschont zunächst nur den unteren-rechten Teil des Bündelstammes; dieser Teil ist zwar weiter ventral- wärts für sich isoliert getroffen, jedoch besteht durch die Zwischenstrecke eine Kontinuität zwischen Bündelursprung und -Ausbreitung. DES Aorta. Valvula oben ven- tral unten Fig 23. Schema zu Fig. 22 (Katze 24). Fig. 22. Katze 24. Vgl. hierzu die Be- DerPfeil bedeutet den mutmasslichen merkung Fig. 11 (Katze 14). Die Lage des Weg der Erregungsleitung durch das Schnittes im Bündel ist ganz schematisch in von oben und von unten eingeschnit- Fig. 23 wiedergegeben. tene Bündel. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 39 Katze 25. !/a Min. v VS 7,3 1,3 ea] ja De a) 7,92 7,92 1:1 (Fig. 25«) :1 (SS = 4Min. n. VS) ode No ee ao ae V Es übergeleitet (Fig. 255) 13!/a Min. n SS 8,65 8,65 121 San. 088, 122 12,2 1er Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt Hauptstamm und Schenkel, lässt jedoch ganz dorsal in der Gegend unter der Valv. sinistra eine ziemlich beträchtliche Fasermenge der Ausbreitung des linken Schenkels (atypische Fasern) intakt. espemn S iS) be} [eW) = sr) Aorta. Valvula HLITIATTTTTTETTTANNTINTITNNAINTEN E \ + HA Fig. 25. Fig. 25. Katze 25. a vor, b nach dem Septumschnitt (a = 2; b = 4bis5 der Tabelle). Keine Überleitungsstörung. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 3 34 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Katze 26. 1. 10 Sek. v VS 6,12 6,12 ug 2 8 line m WR V Es übergeleitet % 8 „ u WS 6,65 6,65 el 4 Na, Mi DS 6,52 12,4 LE.) SS = Bin m \S) Do NN SL 2 12 1:2,3 (1 Min. vorher Blutzusatz) & 8 „ mon V Es nicht übergeleitet 1 8 5. 88 6,21 11 18 ıl,da & ler DR 5,42 11,4 182,11 E20, mesıS 5,98 12,1 12,07 10, 81 „ m DS V Es nicht übergeleitet UL 88. Su 6,81 13,2 1:1,94 OA 088 9,89 12,4 182,1 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt die Bündel- faserung vollständig. Aorta. Valvula dextr. post. N Fig. 26. Katze 26. Katze 7. Rhythmusstörung erst auftretend, als Schnitt unter Valv. dextr. fortgesetzt. Kein Blutzusatz. 1. 21/2 Min. v VS 3,56 8,96 al Zu NaVES V Es übergeleitet 3. Gleich n VS 9,0 9,0 Wen 4. Gleich n SS 9,2 15,2 al KR — 2 Nhne a EN) 9. 2 Min. n SS 39 9,9 1:1 ua, m VEs übergeleitet le elle „a 8 9,3 9,3 sl (schneller Trommelgang) & il , 0m D8 9,3 9,3 el Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Bündel- hauptstamm in schräger Richtung. Atypische Fasern sind ebenfalls durchschnitten. Ventral von dem Schnitt jedoch findet sich noch Vorhofsmuskulatur, welche eine Verbindurg mit dem linken Schenkel des Bündels aufrecht erhält. ale MinzvV.S 2. Gleich n VS 3. "/g Min. n VS Amel 0.85 De, Se) De EnSıS DoeinSs Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 35 72 7,9 5,1 Fig. 27. Aorta. Valvula Katze 27. Katze 28. 72 7,35 5,7 le lg ls lsıl V Es übergeleitet (OD — 8 Min mn WB) V Es übergeleitet 1 (vorher Blutzusatz) 1 VEs übergeleitet Mikroskop. Befund: Wegen der Unregelmässigkeit des experimentellen Schnittes ist die Verfolgung des Bündelverlaufes schwierig. Jedoch lässt sich sicher feststellen, dass der ventrale Teil der Faserung des linken Schenkels im Zusammenhang mit dem Bündelhauptstamm bleibt. Die weitere Verbindung des Hauptstammes mit dem Vorhof ist nicht zu verfolgen. . Gleich v VS n VS ” . 2 Min.n VS 10,8 . Ya Min. n SS 2 AEEDISIS 10,6 23 „URS 10,2 1 2 3 4. Gleich n SS 5 6 7 Fig. 28. Aorta. Valvula Katze 28. Katze 29. 6,8 Tr 20,1 24,5 23 1:1 VEs übergeleitet 1:1,86 (SS = 5 Min. n VS) VEs nicht übergeleitet 1:23,31 1:2,25 (vorher Blutzusatz) BE 36 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: 8 5YeMin.n SS VEs nicht übergeleitet % MU „ m SD dasselbe 10. 13/e Min. n SS 382 30,4 1: 3,44 u. IE „ m DD V Es nicht übergeleitet Mikroskop. Befund: Das Bündel ist nahe der Teilung vollständig durchschnitten. (Vgl. Tafelfig. 4.) Aorta. Valvula dextr. post. . Fig. 29. Katze 29. Katze 30. 1. !/a Min. v VS 7,1 le 2. Gleich n VS TAT 7,47 1a 3. oe Minson Ves V Es übergeleitet A SER nesıS 81 81 1:1 (SS=5Min.n VS) % len. mSN VEs übergeleitet Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den rechten Schenkel vollständig und viele Fasern im ventralen Teil des linken. Die Ver- bindung zwischen Vorhof und Kammer wird durch den stehen gebliebenen Teil des Bündelstammes und linken Schenkels (atypische Fasern) aufrecht erhalten. Aorta. Valvula Fig. 30. Katze 30. Katze 31. 1.1 Min.vVs 9,12 9,12 1a. 2 ee,» un WS 6,3 6,3 Is il 3. Gleich danach V Es übergeleitet (Fig. 32a) 4. 1Min. n SS 6,9 14,0 1:2,08 (8S=5 Min. nVS) Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 3 5. Gleich danach V Es nicht übergeleitet 6 2 Min.nSS 662 13,1 18216939 08 PEsEnaSıS V Es nicht übergeleitet (Fig. 32) & an 16,0 1:2,05 (Blutzusatz /a Min. später) & Ha, NDR 14,2 1:2,27 I0Se7 ;„ mB8 V Es nicht übergeleitet Nezielar 2, n88 349 11 2 12. 27 „ a88 88 8,62 Le ısz 3. 99 „ and Sl 8,8 2222 14. S5la „ nSS VEs nicht übergeleitet se 5 8 1:1 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm des Bündels nahe seinem Ursprung aus dem Knoten, zum Teil im Knoten selbst. Die Fasern sind vollständig durchschnitten. en ey Di fe rap re RT ER MINI NNTTHTNTT AAN Ad ' AM tl ma Am ne vu ni N 4 Kr e Fig. 32 D. Fig. 32. Katze 31. a vor, 5 nach dem Septumschnitt (a = 3; b —= 1 der Tabelle. Authebung der Überleitung. 38 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenbure: Aorta. Valvulsa Fig. 31. Katze 31. Katze 32. 129 Min vzaVaS 5,1 5,17 1:1 2. Gleich n VS 6,05 6,05 el 3. Ya Min. n VS VEs übergeleitet 4. 1Min. nSS 7,22 13,2 1:1,88 (SS = 3!/a Min. n VS) 5. Darauf VEs nicht übergeleitet 6. ‘2a Min.n SS 7,7 13,3 272 % © ». N88 859 91 1:1,39 (!/a Min. vorher Blutzusatz) % le „0 DS VEs nicht übergeleitet 9 1549 „ ano 8 8,82 1:1,47 0, 2a „ mSS ® 9,15 151,52 ul ale „ mD8 028 9,4 E35 12. 40 nSSs 631 8,85 1:14 ” Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt hat den dorsalen Teil des Hauptstammes und weiterhin nochmals den rechten und linken Schenkel an der Teilungsstelle durchschnitten (letzteres durch den unter der Valvula dextra verlaufenden Schnitteil). Zeit 20 V 20 K Aorta. Valvula Fig. 33. Katze 32. Kaninchen 5. Dauer für V:K (sowie Bemerkungen) in Sekunden 1. 2 Min. v VS V Es übergeleitet 2. Ya a % ” ” VS oo sense) 1: ’ 1 n VS 9,21 9,21 1 Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 39 4. Gleich v SS V Es übergeleitet Da 0588 10,3 15,9 1:1,54 6. /eMin.n SS 9,96 15,3 1e:21658 le 3... n \8.S 9,85 16 1:21,62 So ans: 8,89 8,89 1:1 (Blutzusatz 2'/’e Min. n SS) Os Gleichndaraut u ee niet ie V Es übergeleitet 102 122/>2Mın.2n2 58, 82 8,2 el Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt trifft nur den unteren Teil des Hauptstammes, in welchem er parallel zur Faserung verläuft, und den unteren Teil des linken Schenkelursprunges. Durch die stehen gebliebenen Teile bleibt also die Verbindung erhalten. — Der linke Schenkel ist über eine ver- hältnismässig grosse Strecke ausgebreitet. Fig. 35. Schema zu Fig. 34. (Kaninchen 5.) Darstellung des Bündels in seiner Lage zum Öperationsschnitt. Vd = Valvula dextra, Vp — Valvula posterior. Fig. 34. Kaninchen 5. Lak Fig. 37. Schema zu Fis. 36. (Kaninchen 6.) Darstellung des Bündels in seiner Lage zum Operationsschnitt. Vd — Valvula dextra, Vp — Valvula posterior. Fig. 36. Kaninchen 6. Kaninchen 6. 1. Gleich v VS 7,81 7,81 1:1 (Kie. 38@) 2. 1 Min. v SS (ca. 11/aMin.nVS) 81 S,1 1:1 40 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Je _ | | fh Sin gig na Ale YY m Tee DU pm num Duud,) AIR Fig. 38 c. Fig. 38. Kaninchen 6. a vor, b und c nach dem Septumschnitt (a = 1; b—=9; ce—= 11 bis 12 der Tabelle). Vorübergehende Störung der Überleitung. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 41 3. Gleich darauf 4. 2a Min. n SS ala... 088 Base nes L ars, Bass SE SEN SS Selle 1088 10. 11a, nSS lo SS 12.2 „ nss Mikroskop. 1.vVS 3, nVS alla „ 7 ” Ale, & up 1312 „ 3% ewnumuRg 1 Min. sd ee je = Ss Ss Ss Ss Ss n SS n SS Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt alle Fasern des Bündels, des rechten wie des linken Schenkels nach ihrem Abgang vom Hauptstamm. — Von der breiten Ausdehnung des linken Schenkels abgesehen sind schon vor der Teilung atypische Fasern von dem Bündelhauptstamm ab- gegangen, die ebenfalls mit durchschnitten sind. 1. 1Min. vVS Das VaVS 3. Gleich n VS 4. 1 Min. n VS 5. 1/2 Min. n SS 6. 4 Fe SS Alla nen SS 8. 6 BEnSıS ER, WEness 10. 10% „ n SS 11222072, 0888 12280) „0 SS 13.40 „ nSS 14. 50 n SS 10,7 10,6 10,8 7,85 7,77 1,4 8,75 8,75 8,75 3,64 8,05 8,7 8,28 8,6 8,1 10,8 9,3 8,1 3,8 8,75 841 8.15 18,3 16,2 21,6 7,85 ud 14,8 MH rr|b VEs übergeleitet :1,71 :1,63 (darauf: Blutzusatz) :2,0 gl V Es übergeleitet V Es übergeleitet (Fig. 35) VEs übergeleitet; dann häufiger Wechsel zwischen 1:1 u. 1:2 1832 (Fig. 38c) Befund: Der unter dem Bündelhauptstamm annähernd parallel zu ihm verlaufende experimentelle Schnitt trifit nur die dorsalen Fasern des linken und rechten Schenkels und lässt die Hauptmasse intakt. — Der linke Schenkel ist über eine verhältnismässig grosse Strecke ausgebreitet. Kaninchen 7. 8,75 19,5 15,8 18,4 31,1 20 1 1 1:1 ie: 1:1,8 V Es übergeleitet V Es übergeleitet (Fig 41a) 1,42 (Blutzusatz 5'/2 Min. n $8) V Es nicht übergeleitet (Fig. 41) ol 9,86 ie [9] 2. Kaninchen S. 3,28 8,6 16,9 35,7 26,4 24 97,1 25,6 95,7 23 jet a 1] 1:1 V Es übergeleitet V Es übergeleitet :2,09 :3,5 (darauf Blutzusatz) :2,84 V ES nicht übergeleitet : 2,96 VEs nicht übergeleitet :9,08 :2,93 :3,05 :2,84 Br ed ‘Ir Su 2 NSS A Zap a NA IN ıHwwey] 9Ip ne SSupurM ougo JqLafq Sunsıuna]yas -9qsjoyıo‘ AueIuods uegoyasme HSunyropioqN] ‘(ofoqeL ap , pın 9—=q :3—9) yıuyasumydag wop yaeu —g ‘0A — 9m *) uaydummey Ip 'Sıq -I0LIOJsoA enafeA = dA exp emapeA = PA "Muyassuonerdg wnz 9er] A9uss UI S[opung Sop Sunjlogsıeq ‘(„ uOyauLuey]) "68 IL nz ewaoyag "OF 'SIq N u ! N Ws) \ AL l ! ‘, uoypuluey J ww AI | AAN oa se 68 STH Ä a I: \-—- Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 43 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt die schon senkrecht abwärts laufende Faserung beider Bündelschenkel mit Ausnahme sehr weniger Fasern, welche am ventralen Schnittende im linken Schenkel abwärts ziehen. — Von der breiten Ausdehnung des linken Schenkels abgesehen sind schon vor der Teilung atypische Fasern von dem Bündelhauptstamm abgegangen, die ebenfalls mit durchschnitten wurden. Va: Yp. > U 7, f r 3 7 Fig. 43. Schema zu Fig. 42. (Kaninchen 8.) Darstellung des Bündels in seiner Lage zum Operationsschnitt. Vd = Val- vula dextra.. Vp = Valvula posterior. Fig. 42. Kanirchen 8. Hund 1. Dauer für Zeit 20 V 20 K V:K (sowie Bemerkungen in Sekunden 1. 2Min. v SS 9,52 9,52 sl 2 a 12,8 36,3 1:28 Den SS 11,92 39 1:3,9 Aldor Min. n9)8. 18:9 29,2 1:2,2 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm des Bündels unmittelber vor der Teilung vollständig. Hund 2. 2 22Min. v SS 10,3 10,3 1 ala > nı8S 1252 31,4 DL 3 Ve SS) 10,2 29,8 :2,95 (kurz vorher Blutzusatz) 10 122,088 10 30,5 3,05 0922 ,.n28SS 8,45 27,2 Sn 9. 27'/» Min.n SS 94 340 En sis 005, 7.409 52 7 enlsise 2899)..,402 nSSs 955 46,0 al Fl a a ee „ 0. a0. no on - 60 00 0 Be DD LV Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm des Bündels vollständig in der Mitte seines Verlaufes. 44 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburs: Aorta. Valvula post. dextr. Fig. 44. Hund 1. Aorta. Valvula post. Fig. 45. Hund 2. Hund 3. 1.5512 Min SvaVzS 13,4 13,4 si 2A ns 14,4 14,4 en ODE TV 14,3 14,3 si Aa ESS 13,8 49,1 1:83,56 (SS = 9"/a Min. n VS) % 8 „ m ON 13,4 43,9 15:73,29 8 12. mas VEs nicht übergeleitet % 8. m DS 14,2 38,7 srl & 9, m88 14,6 37,6 1: 2,57 9,241 „eu nıSıs 11,2 36,1 1:21 NM.) 5 mBD 15,7 29,5 1: 1,88 Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 45 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm des Bündels vollständig in der Mitte seines Verlaufes. ,,, Aorta. Yalvula Fig. 46. Hund 3. Hund 4. 1. 2 Min. v SS 14,5 14,5 el PAR ENESS 12 52,2 1:4,85 SEES 11,4 48,6 1: 4,26 4.14 „ nSS 10,4 44,0 1:4,23 De2leennE Ss 9,31 36,1 1: 3,69 DO EnES;S VEs nicht übergeleitet & 2. Ws 11,2 54 1::4,82 290 SS V Es nicht übergeleitet 10, Sl 5 m DNS 10,8 62,6 1:5,8 1. 88 Mn 10,4 56,9 1: 5,46 22452, .n28S 19,8 129 1:6,5 (vorher Temperatur versehent- lich zu hoch geworden) Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm des Bündels vollständig in der Mitte seines Vorlaufes. Aorta. Valvula Fig. 47. Hund 4. 46 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Hund 8. 1. 1Min. vVS 10,4 10,4 1:1 >) 10,4 10,4 1:1 (SS= 2!/a Min. n VS) So enesıs 10,5 32,5 1: 3,09 AS NE) 12,8 34,5 OT Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm des Bündels vollständig in der Mitte seines Verlaufes. Aorta. Valvula Fig. 48. Hund 8. Hund 9. Septumschnitt ergab zunächst Dissoziation; diese jedoch wieder ausgeglichen, ehe registriert werden konnte. 1. 1Min. vVS 10 10 m! 23 alla. ES 10 10 1:1 Saale 2108 10,5 10,5 1:1 (SS= 2!/a Min. n VS 4.10 „ n:s®s 11,5 11,5 ital Fig. 49. Hund 9. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 47 Mikroskop. Befund: Der fast senkrecht abwärts verlaufende experi- mentelle Schnitt trifft das Bündel an der Teilung und durchtrennt den rechten Schenkel vollständig. Der linke Schenkel ist nicht vollständig durchschnitten ; eine beträchtliche Menge von Fasern bleibt dorsal vom experimentellen Schnitt in direktem Zusammenhang mit Hauptstamm und Knoten des Bündels intakt zurück. 1. :/a Min. v VS Zu le nee Sl 18:8 Aeiber.. 088 N er DeellEe nass Dede 2088 & Ile, SD Pe Asa BE S;S 9,8 10 9,8 10,2 9,2 9,0 8,8 9,9 122 Hund 10. 9,8 1:1 10 el (Fig. 5la) ol 1:52 (SS=3 Min. n VS; Fig. 51) 58 1:5,7 ('/a Minute später Blutzusatz; 10,4 1:1,13 10,93 1:1,2 (grosse Trommelgeschwindigkeit) 8,8 1:1 (grosse Trommelgeschwindigkeit) 9) 1:1 (VEs übergeleitet; Fig. 5lc) 12,2 gl Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt endet nach oben mitten im Bündelhauptstamm, so dass dessen obere Fasermassen (in einer Dicke von etwa 120 u) unverletzt blieben. Aorta. Valvuila Bei Durchspülungsbeginn Flimmerr, durch KCl beseitigt. ı. 3 Min. v SS OR sis 3. Se, nSS 4. 8a, n SS 5. 131p, nSS 6. 19/e, n SS 7. 21e, nSS 8. 2a, nSSs 19,3 10,8 8 7,7 au 8,62 8,42 Fig. 50. Hund 10. Hund 11. 12,3 all 18,2 ler (darauf Blutzusatz) 22,83 1:2,8 18,6 1:2,42 24,6 1.3.03 27,9 1: 3,23 VEs nicht übergeleitet 17,3 1:2,05 (danach Kammergruppen) 48 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: EPLFPERBEETERSRTRLFE LU Am IT mmmmmmmmmmm 2) Fig. 5la.. a Fig N und ce nach dem Septumschnitt (a = 2; b=3bis 4; —:8 der Tabelle). I hsschende Aufhebun ng der Überleitung. Fig. 52. Hund 11. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 49 9. 24'/e Min. n SS 8,6 26,5 1: 3,08 (Bei 8 bis 10 etwas zu lang- 10. 26 Mana 8 8,96 26,6 173341 samer und nicht ganz regel- de 20 BRnESISE 8,1 27,2 1: 3,13 mässiger Trommelgang, wel- Dgo0u2 2, .nS8 9,1 26,7 1: 2,92 cher darauf beschleunigt wurde.) 13. 33 nn888 8,8 26,0 1: 2,95 (Schneller Trommelgang.) 14. 35 BES; 8,98 20,43 1:2,84 15. 58 lee) 8,99 25,2 122,8 16. 78 „zn SS 881 27,5 sl ge miss“. sel 252 1:38 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt trifft das Bündel erst ventral von der Teilung und durchtrennt beide Schenkel vollständig. Hund 12. Klappe zuerst trotz geringen Druckes nicht schliessend. Nach dem Septum- schnitt schliessen die Klappen gut. 1. 6 Min. vSS 14,3 14,8 el ser, 1a | 3 12,8 12,8 1:1 (4 Min. später V Es übergeleitet) Bons 2.108. 308. 1-1 «Fig. 55) | Fig. 53. Hund 12. (Vol. Schema des Bündelverlaufs in Fig. 54.) Opecrationsschnitt unter Valvula posterior der Aorta. Mikroskop. Befund: Der Verlauf des Bündelstammes liegt fast ganz oberhalb des oberen Endes des experimentellen Schnittes, so dass also der senk- recht zur Faserrichtung verlaufende Schnitt nur den untersten Teil der ganzen Bündelmasse trifft. (Vgl. Tafelfig. 1, welche intakte Bündelfasern zeigt.) E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 4 90 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Aorta. Valvula deätr. post. sin. © Fig. 54. Hund 12. A Kinn) I mm Fig. 55. Hund 12. Nach dem Septumschnitt (3 bis 4 in der Tabelle). Keine Überleitungsstörung. Hund 13. 1. 3 Min. v VS 11,8 11,8 en 2... mE yES 10,7 10,7 el Sl nes) 192 45,6 1:3,74 (SS=3 Min. n VS) Year nESiS 11,0 43,4 1:3,95 >» 8°. mDD 10,6 39,6 1:53,17 (5 Min. später VEs nicht über- geleitet) & 13 . mSN 10,2 By! 1: 3,04 7029, meSıS 9,96 29,0 1:2,9 884 „ n8s 9,5 27,5 4:2,8 Een m SN 9,9 25,2 1:2,55 Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 51 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Bündel- hauptstamm dicht vor der Teilung vollständig. Aorta. Valvula Fig. 57. Hund 14. (Vgl. Schema des Bündelverlaufs in Fig. 58.) Öperationsschpitt unter der Valvula posterior der Aorat. Hund 14. el Min. v VS 13 13 isiı Bla naVEs 12,4 12,4 1:1 (darauf VEs übergeleitet; Fig.59«a) DE NSS 12,6 31,4 1:2,49 (SS = 5 Min. n VS) AA „1488 10,6 32,7 1:3,08 (vorher Blutzusatz) BEE. n.8S 10,2 32,6 1:3,2 (VEs nicht übergeleitet) 4* Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenbure: ie. 58. Hund 14. ih iliursiiliien IBLEREREENEEUTE! npmm MT mim he ram rin Im Jl \ 2 Fig. 59. Fig. 59. Hund 14. (a = 2; b = 6 der Tabelle. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. t 6. 18 Min. n 88 220, n8s8 8.92 „ nss 9. 37 n SS 9,52 10,6 10,9 10,7 27,8 99,5 30,4 36,2 1 1: 1 1 o :2,9 (Fig. 59) 2,18 : 2,78 :34 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt das Bündel vollständig in seinem horizontal verlaufenden Hauptstamm. (Vgl. Tafelfig. 2.) 1. /ge Min. v VS Sonn VS 3. 4 MENESıS 4.9 BneSıS Sale en SS Al rel) Sau. 308.8 & Balaın mas SS all en RSS 10. 42! „ 'n Ss 12 12 11,4 10 10,2 10,8 10,6 11,6 10,7 10,4 Hund 15. 12 12 52,6 37,6 34,5 36,5 41,7 43,0 32,5 39,9 Le] gl (V Es übergeleitet) 1:46 (SS = 10l/e Min. n VS) 1:93,76 (VEs nicht übergeleitet) 1:93,93 1:38,38 1:95,93 Ie87 1:9,04 1: 3,26 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm vollständig. 1. !/’a Min. v VS 2. Gleich n VS 3. Darauf: 4. !/a Min. n SS 9. 1 Pan SıS Daran 0 SS U: De SS) > (0 9. 10 n SS 10,4 10,8 11,3 8,6 8,62 Aorta. Valvula Fie. 60. Hund 15. Hund 16. 10.4 V Es übergeleitet Igıl (Fig. 63a) VEs übergeleitet 1:343 (SS = 2 Min. n VS) VEs nichtübergeleitet (Fig. 63 b) 1:2,24 (!/s Min. später Blutzusatz) V Es nicht übergeleitet le 1:48 54 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: 10. 19 Min. n SS 8,61 38,9 1:4,45 IL 27 |, a 88 7 38,9 1:4,45 12.8 5 m SS 7,97 37,5 1:4,69. (VEs nicht übergeleitet) 8 45 „ m.B8 8 34,6 1: 4,33 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Haupt- stamm des Bündels vollständig vor der Teilung. Fig. 61. Hund 16. (Vgl. Schema des Bündelverlaufs in Fig. 62.) Operationsschnitt schräg unter der Valvula posterior der Aorta. Aorta. Vaivula Fie. 62. Hund 16. Ye) id Physiologie des Übergangbündels am Herzen. ("Jd9UTOpJI9A 8/, ne 9pınM HAINATEULSLIO 9A) sunyopzsqn elTqeL Top a —q ‘z = ») yupsunydas wop yoeu q "0A “Q89 "SL j aan IDBIIHNHINNN Young had »E9 'SLA hinkt Im AMNeM AL INN AULLINL apa eietiiein "uagoyasme Yıuyas wop yoeu » 97 puny 69 "SL AWHUN Hund 17. 1 1 le 12 I VEs übergeleitet n VS es 6 Min. n VS) s nicht übergeleitet VE 10,6 26,0 nasıS 6. 51a 17 & Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenbure: OT er) Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt beide _ Schenkel dicht an der Teilungsstelle vollständig. Aorta. Valvula post. Fig. 64. Hund 17. Hund IS. 1. !/e Min. v VS V Es übergeleitet 2. Danach: 6.0 6,8 1:1 3. 10 Sek. n VS 12,8 12,8 al 4. 2\/e Min. n SS 12,7 41 12:78. 222(8857 — 21/55 \iın EnSVzS) 5 2a DD 11 39,4 1: 3,57 9, Sue m DD V Es nicht übergeleitet %. oa . mS8 all 32,7 1:23,94 Sad EnesıS V Es nicht übergeleitet JelosE 2 EmaSIS 12,4 s1,1 122511 10. 22. mBS8 13 49,4 1:3,33 u all 7, Ss 14,7 75 as, I 00 5 mS8 12,8 65,1 ga. 3: 89lla ,„ nSS V Es nicht übergeleitet 14,227, nısıs 13, 66,1 1: 4,94 19.2502, mE 12,5 104,2 1:8,4 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt beide Schenkel an der Teilungsstelle vollständig. Aorta. Valvuls Fig. 65. Hund 18. Physiologie des Ubergangbündels am Herzen. 1. Gleich v VS 2. 3 Min. n VS Bela... n VS Aula. u SS Dee)..n SS 609, ,.n.88 % a 5 BD ea, nSs Slow on SS IUSERgE 2 .n2 SS 11. 21--23 Min. n SS 12. 34 Min. n SS 13.45 „ nSS 45005, .nSS 9,2 9,2 11,2 10,62 10,62 57 Hund 19. 15,2 Isıl 12,2 1:1 V Es übergeleitet 38,9 1:2,98 (SS = 7/2 Min. n VS) V Es nicht übergeleitet 34,3 22 99,8 1:59,22 (unmittelbar vorher Blutzusatz) VEs nicht übergeleitet 29,3 1:93,24 54,5 15:91 V Es nicht übergeleitet 54,1 113468) 40,5 1: 3,82 45. 1:42 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Bündel- hauptstamm vollständig. 1. 40 Sek. v VS 2. Gleich v VS 3. Gleich n VS 4. Unmittelbar v SS 5. 2l/ae Min. n SS Galle nESıS det „ m D88 Sa N 2, 1% REnESIS 10. 13 ManaSıS 22 aneSıS 12. 30 NEnesıS 10,2 9,7 192 9,75 9,7 3,6 8,85 Fig. 66. Hund 19. Hund 20. V Es übergeleitet 10,2 ei Il N VEs übergeleitet 33,0 122,742(55 — 8 Min. n WS) Blutzusatz VEs nicht übergeleitet 30,4 1:73.12 28,4 2 VESs nicht übergeleitet 34,0 1:93,95 28,3 1:3;2 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Bündel- hauptstamm vollständig. Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Zeit 14 Min. v VS DNS ASNVE NIS Du neNds A 5 RAD Ag „ 88 d mn a 88 in Sekunden Hund 20. Affe 1. V:K (sowie Bemerkungen) V Es übergeleitet sl (SS = 4 Min. n VS) 3222 :2,34 (unmittelbar vorher Blutzusatz) VEs nicht übergeleitet Are Fig. 68. Affe 1. Herz in 1'/s facher Vergrösserung. (Vgl. Schema des Bündelverlaufs in Fig. 69.) Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 59 7. 8a Min.n SS 39 19,8 2 & se) VEs nicht übergeleitet 9. Gleich darauf 10,1 20 1:1,98 10. 1212 Min.n SS 10,1 20 a695 biessloljor ns VEs nicht übergeleitet 1) Man SS 9,5 20 al 3. 23 nsSıS 9,6 19,4 1: 2,02 14. 33 PnesS 9,45 17,8 1: 1,88 15. 43 „ m 88 9,7 20 1: 2,06 Kerns. 99 17,5 1.:1,77 IT, Se wesls) VEs nicht übergeleitet las oınlar, m,8S 8,3 12,7 1:1,52 19. 65 an SIS 8,4 12,9 1: 1.54 20. 72 PEENES)S V Es nicht übergeleitet 21. 74a n SS 9,6 16 1:1,66 ” Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt hat den rechten und linken Schenkel kurz nach der Teilung des Hauptstammes vollständig durch- schnitten. (Vgl. Tafelfig. 3.) Ve Fig. 69. Schema zu Fig. 68. (Affe 1.) Sr 07 Darstellung des Bündels in seiner Lage zum Operationsschnitt. Va = Valvula dextra. Vp = Val- Mn vula posterior. Affe 2. 1. "/’a Min. v VS 7 7 el 2. Gleich danach: VEs übergeleitet (Fig. 72«) 3. Gleich n VS 1,3 3 al (SEE NınNaSıS) 4. 7 Min. n SS 8,3 16,5 1:1,99 (vorher Blutzusatz) 5. 8/a Min. n SS 8 16,8 el & DT ee VESs nicht übergeleitet Vene SiS VEs nicht übergeleitet (Fig. 72) Sn l6ller en sis 8,8 16 1:1,82 9, Billa 5 0 DS 12,6 18 1:1,43 102 29157, n°9S VESs nicht übergeleitet B23002, 0.88 11.2 15 1: 1,34 12 S2120, 225S VESs nicht übergeleitet Ian A 10,4 14,2 1:1,36 2,45 .,,..nuSs 10,4 14,6 1:14 1952 ,.n2.88 9,92 144; 1:18 lose 000 2, 1,818 10 14,6 1: 1,46 nero, 7, 088 10 14,7 1:1,47 Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den Bündel- stamm nahe am Knoten vollständig und trifft mit seinem vorderen Ende nochmals den linken Schenkel. 60 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Fig. 70. Affe 2. Herz in 1!/z facher Vergrösserung. (Vgl. Schema des Bündelverlaufs in Fig. 71.) Darstellung des Bündels in seiner Lage zum Öperationsschnitt. va v2. N Na Fig. 71. Schema zu Fig, 70. (Affe 2.) Ziege 2. Einschnitt in Septum erfolgte zunächst unterhalb des Bündels, die Kammer stand aber erst bei Vollendung des Schnittes nach oben still. Dauer für i Zeit 20V 20K V:K (sowie Bemerkungen) in Sekunden 1, SE Mm EV V Es übergeleitet 2. las v2 as 9,6 9,6 1:1 VS 3Min. v SS) 9. 20 Sek. n VS 9,8 9,8 1:1 4. 2 Min. nSS 9,15 1:35 (kurz vorher Blutzusatz) Dr Do nS)S VEs nicht übergeleitet ern 88 8,5 1:39 (häufig noch längere Pausen zwischen d. Kammersystolen) 7..,10%/20,22.0988 VEs nichtübergeleitet; spontane Kammersystolen erfolgen selten Physiologie des Übergangbündels am Herzen 61 8. 15 Min. n SS V Es nicht übergeleitet 8) Abstände der Kammersystolen verschieden 10., 11., 12. 26—29 Min. n SS Spontane VEs nicht übergeleitet Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt den rechten und linken Schenkel des Bündels dicht an der Teilungsstelle des Hauptstammes vollständig. MM ii Ay V PEN mr mn Mm‘ DYYVYN Mi KauuEn Fig. 720. Fig. 72. Affe 2. a vor, b nach dem Septumschnitt (a = 2; b —= 7 der Versuchstabelle). Überleitung aufgehoben ®). 62 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Fig. 73.;£Ziege 2. Herz in natürl. Grösse. ÖOperationsschnitt im Bilde schräg von links oben nach rechts unten verlaufend. Unter seinem oberen Teil ist die Bündelausbreitung zu sehen. Ziege 3. Einschnitt in das Septum erfolgte am oberen Ende des späteren Schnittes. Kammerstillstand erst bei Durchziehen des Messers nach unten erfolgend. 1. 1) Min. v VS 8,19 8,75 1:1 (VEs übergeleitet; Fig. 75a) 2. Gleich n VS 9,4 9,4 (VS = 21/2 Min. v SS; n SS Kammerstillstand; KEs nicht auf V übergeleitet; 2 Min. n SS Blutzusatz) 3. 3/2 Min. n SS S21 1:18; 1:21: 1:18 (Abstände der Kammersystolen etwas ver- schieden; Fig. 75) 4. 4a „ n Ss 7,6 beild; 12205 12:21 71:20 Ass 1:27: 1:43 5. 6., 7, 9—16 Min. n SS VEs oder KEs richt übergeleitet 8. 18/2 Min. n SS 8 (dann plötzlich irreparables Flimmern) Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt die Bündel- schenkel an der Teilungsstelle vollständig. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 69 Fig. 74. Ziege 3. Herz in natürl. Grösse. Operationsschnitt im Bilde schräg von links oben nach rechts unten laufend. Darunter die Bündelausbreitung. IMERGAENEEMBELERSENKUR 0 _ ERBE De a I Fig. 75 a. 64 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Fie. 75 b. Fig. 75. - Ziege 3. a vor, b nach dem Septumschnitt (a = 1; b = 3 der Tabelle). Uberleitung nach dem Schnitt aufgehoben. Fig. 76. Ziege 4. Herz in natürl. Grösse. Links von dem senkrechten Operations- schnitt ist die Bündelausbreitung zu sehen. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. HR I Bi ET PRRN RADAR: Mr Ar Yan N Y AIDA ULLI Fr] rn FILTERN ha U VII ea m Van ev ILL] Fig. 77b. Fig. 77. Ziege 4. a vor, b nach dem Septumschnitt (a— 2; b—3 der Tabelle). Keine Überleitungsstörung. Ziege 4. Einschnitt absichtlich nur neben und unter dem Bündel ausgeführt. Nur Locke-Lösung zur Durchspülung verwendet. 1. 1'!/a Min. v VS I e) 1:1 (VEs übergeleitet) ZUR co 5 0naVS 10,4 10,4 1:1 (VEs übergeleitet; Fig. 77a) Sn 88 10,8 10,8 1:1 (SS = 3a Min. n. VS; VESs übergeleitet; Fig. 775) E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd, 131. b) 66 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Abhängigkeit des Kammerschlages vom Vorhof noch länger beobachtet; inzwischen andere Versuche, die bier ohne Belang. 4. 11 Min. n SS 9,75 9,95 1:41 Unverletztheit des Bündels geht aus der Schnittlage-ohne weiteres hervor. Fig..78. Ziege 5. Herz in natürl. Grösse. Unter den Aortenklappen ist der horizontal verlaufende Operationsschnitt zu sehen. Weiter unter demselben die Bündelausbreitung. Ziege 5. 1. Gleich v VS 7,35 Te ka 2. Gleich nVS ._ 745 7,45 IE 3. 2 Min. n VS Ä VEs übergeleitet(SS=3Y/sMin. n VS; Fig. 79a) 4.7210, MUSS 84 1: 35,2 (Abstände der Kammersystolen nicht regelmässig) 5. 21/s Min. n SS Ä VESs nicht übergeleitet Darauf: 1:33,5; 1:39,5; 1:28,6 . 6. 4 Min. n SS Blutzusatz, dadurch Kammer häufiger schlagend 2.5 ns 2,9 48,2 1:61 8.7 nes 7 49 1:6 9.011 PEnESıs VEsnichtübergeleitet(Fig. 795) Physiologie des Übergangbündels ar Herzen. 67 10. 12 Min. n SS 135 84,2 1:11,4 KM. 18---„ -n88 EU 100 Ale 207, .08S 8,05 133 12169 13. 212, nSS plötzliches Kammerflimmern Mikroskop. Befund: Der experimentelle Schnitt durchtrennt die Bündel- faserung vollständig an der Teilungsstelle. IYıYın, IT ATDPETOeIETTenN DaB ne a as ar sn wo ne m m my rin Try Fig. 79. Ziege 5. a vor, b nach dem Septumschnitt (a = 3; b = 8 der Tabelle). 5 * 68 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburs: H. Gesamtübersicht. Tierart und Nummer Katze 32 ” Kaninchen 5 Verhalten der Überleitung Nicht gestört do. Vorübergehend aufgehoben Aufgehoben Nicht gestört do. Aufgehober (nur vorüber- gehend ?) Aufgehoben Nicht aufgehoben; vorüber- gehend Halbierung Aufgehoben Nicht gestört do Aufgehoben Nur vorübergehend aufgehoben Nicht gestört Aufgehoben Nicht gestört Aufgehoben do. Vorübergehend aufgehoben do. Aufgehoben do. do. Nur ganz vorübergehend gestört Vorübergehend aufgehoben Aufgehoben. Nicht gestört Aufgehoben 0. Ergebnis der mikroskopischen Serie über die Bündeldurchschneidung Nicht wesentlich verletzt Nicht vollständig durchschnitten do. do. Im wesentlichen unverletzt Teilweise erhalten Nicht vollständig durchschnitten 0. Stamm durchschnitten, ventralwärts jedoch Vorhofverbinduug erhalten Nicht vollständig durchschnitten Vollständig durchschnitten (Nicht verletzt*) Nur einige Fasern durchschnitten Durchschnitten, einige wenige Fasern aber zweifelhaft Nur wenige Fasern erhalten Bündel nur in Längsrichtung ver- letzt Einige Fasern erhalten Bündel teilweise erhalten Teilweise erhalten Vollständig durchschnitten Stamm durchschnitten, jedoch ven- tralwärts Vorhofverbindung er- halten Teilweise erhalten Vollständig durchschnitten Nicht vollständig durchschnitten Vollständig durchschnitten Bündelfaserungvölligdurchschnitten Schnitt verletzt nur den unteren Bündelstamm Rechter und linker Schenkel nur im dorsalen Teil verletzt Vollständig durchschnitten Nur ventral einige wenige Fasern erhalten Vollständig durchschnitten do. do. do. do. Linker Schenkel zum Teil erhalten Bündel teilweise erhalten Vollständig durchschnitten Hauptmasse des Bündelstammes un- verletzt Vollständig durchschnitten 0. Physiologie des Übergangbündels a Herzen. 69 F 2 Ergebnis der mikroskopischen Tierart und | Verhalten’ der Überleitung Sene über die Bündeldurch- Nummer schneidung Affe 1 Aufgehoben Vollständig durchschnitten 2 do. do. Ziege 2 do. do. Ste do. do. ad Nicht gestört (Nicht verletzt *) rd Aufgehoben Vollständig durchschnitten *) Da in diesen beiden Fällen der Schnitt fern vom Bündel lag, konnte die mikroskopische Untersuchung unterlassen werden. III. Ergebnisse der vorstehenden Versuchsreihen. A. Allgemeines über die aufgetretenen Rhythmusstörungen. Bei der Besprechung der Ergebnisse unserer Versuchsreihe sollen hier in einem ersten Abschnitt die Folgen der operativen Durchschneidungen für den Herzrhythmus ohne Rücksicht darauf, wie der ausgeführte Schnitt zum Bündel liegt, vorangestellt werden. Erst im nächsten Abschnitt wird durch einen Vergleich des funk- tionellen Verhaltens der operierten Herzen mit dem anatomischen Befund das Ergebnis für die Hauptfrage nach der Bedeutung des Bündels für die Überleitung zu folgern sein. An Die schon vielfach näher untersuchten Überleitungs- störungen, auf deren Literatur!) hier nicht eingegangen werden soll, kann man in partielle und totale unterscheiden. Bei den ersteren ist die Überleitung zwischen Vorhöfen einerseits und Kammern andererseits nur geschädigt, bei den letzteren vollständig aufgehoben. Die partielle Störung, die unter der Bezeichnung des partiellen Blocks bekannt ist, besteht in einer Verlangsamung des Kammerschlags, bei welcher der Systolenabstand der Vorhöfe zu dem der Kammer sich genau wie 1:2 oder 1:3 verhält; auch kann das Frequenzverhältnis plötzlich zwischen diesen Werten springen. Gruppenbildungen haben wir als Folge einer partiellen Überleitungs- störung nicht beobachtet. Es muss noch betont werden, dass aus dem Vorhandensein des genannten Zahlenverhältnisses, auf dessen Fr- klärung hier nicht näher eingegangen zu werden braucht, nicht stets ohne weiteres geschlossen werden darf, dass die überleitenden Ele- 1) Vgl. die schon zitierten Arbeiten. sowie J. Erlangerand A. D. Hirsch- felder, Further studies on the physiology of heart-block in mammels. Am. Journ. of physiol. vol. 15 p. 153. 1905/06. — J. Erlanger, Further studies on the physiology of heart-block etc, Am. Journ. of physiol, vol. 16 p. 160. 1906, 70 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: mente nur geschädigt, nicht vollständig durchtrennt sind; es kommen vielmehr auch bei vollständiger Dissoziation (Leitungsaufhebung) sehr langsame Verschiebungen des Frequenzverhältnisses vor, bei denen. dann vorübergehend ein ganzzahliges Verhältnis für längere Kurven- strecken bestehen kann. Wir kommen so zu den totalen Überleitungsstörungen. Bei diesen ist die gesetzmässige Abhängigkeit des Kammerschlags vom vorhergehenden Vorhofschlag ganz und dauernd aufgehoben. Obwohl die Kammer unter natürlichen Bedingungen ihren Anreiz vom Vorhof erhält, steht sie nach Wegfall der Überleitung nicht still, sondern geht in einen Eigenrhythmus über, der in der Regel beträchtlich langsamer ist wie der Vorhofrhythmus, und bei welchem die Kammer- periode nicht durch eine ganze Zahl ausgedrückt wird, wenn die Vorhofperiode gleich 1 gesetzt ist. Dass durch Zufall auch einmal ein genau ganzzahliges Verhältnis auftreten kann, wurde oben schon berührt; da aber meist das Frequenzverhältnis sich langsam ein wenig verschiebt, wird für dasselbe eine bestimmte Grösse nicht über längere Zeit zu beobachten und in der Regel die Relativzahl der Kammerperiode keine ganze Zahl sein. In unseren Versuchs- tabellen sind die Verhältniszahlen der Vorhofperiode zur Kammer- periode für verschiedene Zeiten jedes Versuchs angegeben. Den verhältnismässig schnellsten Eigenrbythmus weist die Kammer bei der Katze auf; das Verhältnis der Systolenabstände (Perioden) von Vorhof und Kammer betrug durchschnittlich im Maximum 1: 2,22 und im Minimum 1:15. Ähnliche Werte wurden auch für die Affen gefunden (1:2,22 bzw. 1:1,43), während beim Kaninchen die Kammerfrequenz durchschnittlich relativ etwas langsamer war (1:2,62 bzw. 1:1,67).. Beim Hunde betrug der Mittelwert für das Periodenverhältnis im Maximum 1:4,43, im Minimum 1:2,4, war also noch mehr im Sinne einer langsameren Kammertätigkeit verschoben. In weitem Abstand folgen dann erst die für die Ziegenherzen geltenden Zahlen, ja bei diesen kann schon mehr von langen Stillständen der Kammer gesprochen werden. Ob sich darin nur Artunterschiede aussprechen, oder ob das geringe Alter der verwendeten Ziegen mehr in Frage kommt, lässt sich nicht ganz entscheiden; doch dürfte das letztere wahrscheinlicher sein. Eigentümlicherweise findet sich in den Versuchen auch das ‚andere Extrem vertreten, dass nämlich die Kammer nach der Durch- schneidung vorübergehend schneller schlägt wie der Vorhof. Dies Physiologie des Übergangbündels am Herzen. Al war bei Katze 10 der Fall; da aber auch im Beginn der Durch- spülung zeitweise das gleiche Verhalten vorlag, so dass es nicht auf den Schnitt bezogen werden konnte, wurde dieser Versuch nicht weiter verwertet. Auch bei Katze 20 und 21 wurde der Verhältnis- wert vorübergehend grösser wie 1, im letzteren Fall offenbar dadurch, dass der Vorhofschlag vorübergehend verlangsamt wurde; als die Vorhoffrequenz wieder auf die Ausgangsgrösse zurückgekehrt war, trat die Verlangsamung des an sich nicht wesentlich veränderten Kammerrhythmus wieder hervor. Beschleunigungen der Kammer im Verhältnis zum Vorhof konnten ferner gelegentlich im Moment des Schneidens beobachtet werden; sie verschwanden aber sehr schnell und werden als Reizerscheinung zu deuten sein. Wenn auch die bisher besprochenen Beziehungen zur Erkennung einer vollständigen Leitungsaufhebung in der Regel genügen, so ist doch wünschenswert, diese noch an dem Fehlen einer Überleitung von Vorhofextrasystolen festzustellen. Dies ist in unseren späteren Versuchen (in der oben gegebenen Reihenfolge von Katze 21 an) stets geschehen. Es soll hier nur noch. darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Ausfall einer Kammerextrasystole bei Reizung des Vorhofs nicht bedingungslos das Fehlen der Überleitung beweist, sondern dass auch das Ankommen des übergeleiteten Reizes zur Zeit der Kammerrefraktärphase das gleiche Bild bedingen kann, wenn etwa eine partielle Leitungsstörung mit Halbrhythmus der Kammer besteht. Führt man aber die Extrareize am Vorhof in mehrfacher Wiederholung aus, so wird man bei konstantem Fehlen einer Beteiligung der Kammer vor einer Täuschung auch ohne be- sondere Messungen geschützt sein. Im vorigen wurde bisher meist kurz von „Vorhof“ und - „Kammer“ gesprochen und noch nicht die Frage berührt, ob ein ungleiches Verhalten beider Kammern auftrat, etwa derart, dass die eine vom Vorhof abhängig, die andere unabhängig schlug, oder die eine in der gleichen Frequenz mit dem Vorhof, die andere im. Halbrhythmus. Wir haben auf diesen Punkt in allen unseren Versuchen genau geachtet, und niemals etwas Ähnliches beobachtet. Besondere Hinweise konnten deshalb in den mitgeteilten Versuchs- übersichten unterlassen werden. Ein besonderes Interesse gewinnt diese Frage im Hinblick auf die Fälle, in denen ein Schenkel des Bündels durchschnitten, der andere erhalten oder doch nur teilweise zerstört ist. Dies war der Fall bei den Katzen 9, 12, 13, 19, 25, 72 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: 30 und bei dem Hunde 9. Alle diese Fälle stimmen darin überein, dass der rechte Schenkel vollständig durchschnitten, der linke hin- gegen teilweise verschont war, und dass in allen der gemeinsame Schlag beider Kammern aufrechterhalten blieb. Wenn wir auch über die feineren zeitlichen Verhältnisse nichts aussagen können, die sich etwa darin geändert haben könnten, dass der Kontraktions- beginn beider Kammern eine minimale Zeitdifferenz aufwies, so kann doch der Schluss gezogen werden, dass die eine von der direkten Bündelverbindung abgetrennte Kammer auf dem Wege der anderen noch hinreichende Impulse erhält. B. ÜUberleitungsstörungen und Bündeldurchschneidung. 1. Versuche an Katzenherzen. Nach diesen Vorbemerkungen kommen wir auf die uns vor- wiegend interessierende Frage, inwieweit die Überleitung der Er- regung von den Vorhöfen auf die Kammern an die Unversehrtheit der Bündelfasern gebunden ist. Die sehr verwickelten Verhältnisse am Katzenherzen seien vorangestellt. Als wir eine Anzahl von Versuchen am Katzenherzen, mit denen wir unsere ganze Reihe begannen, durchgeführt hatten, zeigte sich, dass eine Aufhebung der Uberleitung auch dann nicht eintrat, wenn gemäss dem bisher bekannten eine Durchschneidung des Bündel- hauptstammes angenommen werden musste. Allerdings waren die ersten Schnitte in der Regel infolge der noch geringen Übung etwas zu kurz und zum Teil auch zu weit nach unten geführt worden (K. 4, 5, 7, 8, 9, 11, 12); in den Fällen 13 und 14 aber war die gewünschte Schnittlage vollkommen erreicht, ohne dass eine Störung der Überleitung eingetreten wäre. Da es naturgemäss nicht möglich war, in der Herstellung der Schnittserien gleichen Schritt mit der Ausführung der Experimente zu halten, bemühten wir uns zunächst, eine Schnittrichtung und Schnittlänge zu finden, bei welcher die Dissoziation mit Sicherheit zu erzielen war. Von der in einigen Befunden begründeten Annahme ausgehend, dass vielleicht die Bündelfaserung bei der Katze in grösserer Ausbreitung zum Kammerseptum übertritt, versuchten wir, das letztere in mehr oder weniger grossem Umfang von dem Vorhofseptum abzutrennen, er- reichten aber auch dabei keine ohne weiteres eindeutigen Ergebnisse. So glich sich auch bei Katze 15, bei der allerdings der unter der Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 73 Valvula dextra gelegene Schnitteil, wie die Sektion zeigte, nur die linke Seite des Kammerseptum betraf, die Überleitungsstörung bald vollkommen wieder aus, was wohl auf eine starke Massen- beeinträchtigung, aber nicht auf eine vollständige Durchschneidung der überleitenden Elemente hinwies. Die im ganzen recht ähnlichen Fälle 16 und 18 gaben bezüglich der Überleitung ein ganz entgegen- gesetztes Resultat, wie des näheren den Tabellen zu entnehmen ist. Ähnliches gilt für die sich anschliessenden Fälle 25, 26, 27, 28 und 30. Dagegen konnte durch eine Schnittführung, die sich wieder der von Tawara vorgeschlagenen näherte, in einigen Fällen voll- ständige Aufhebung der Überleitung erzielt werden (K. 21, 23), während in einem anderen Fall ein im wesentlichen entsprechender Schnitt nur eine vorübergehende Störung hervorrief (K. 20). l. Anatomischer Befund über die Bündeldurchschneidung. Die histologische Durcharbeitung des ganzen Materials ergab nun im wesentlichen folgendes: Die Fälle sind am besten in solche einzuteilen, in denen die Bündelfaserung gar nicht, unvollständig oder vollständig durchtrennt war. a) Bündelfaserung im wesentlichen unverletzt. Zu den Fällen der oben genannten ersten Gruppe seien hier auch die- jenigen gerechnet, in welchen nur eine sehr geringe Verletzung von Teilen der Bündelfaserung gesetzt wurde. Es gehören dann hierher K. 4, 8, 17, 19. Eine Überleitungsstörung trat in diesen Versuchen nicht ein; sie bilden neben manchen anderen Experimenten einen Beweis dafür, dass bei der Katze die Nebenumstände der Eingriffe für Überleitungsstörungen in unseren Versuchen nicht verantwortlich gemacht werden können. b) Unvollständige Bündeldurchschneidung. Unvoll- ständige Bündeldurchschneidungen, die aus gleich näher besprochenen Gründen bei der Katze viel häufiger auftraten wie bei den anderen Versuchstieren, liegen in den Fällen K. 5, 6, 7, 9, 12, 13, 21, 22, 23, 24, 25, 28, 30 vor. Während in den später aufgeführten Ver- suchen am Hund die Unvollständigkeit der Durchschneidung im wesentlichen darin besteht, dass der Schnitt nach oben nicht durch den ganzen Hauptstamm geführt wurde, sondern noch inmitten des- selben endete, liegen bei der Katze meist ganz andere Verhältnisse zugrunde. Das angedeutete Verhalten findet sich nur bei K. 25 vor. Bei K. 5, 9, 12, 13, 30 besteht die Unvollständigkeit der 7A Altred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Durchschneidung in erster. Linie darin, dass der Schnitt zu wenig schräg ausgeführt wurde, so dass ein Teil der ziemlich beträchtlichen Ausbreitung des linken Schenkels dorsal vom experimentellen Schnitt, also in Verbindung mit dem Vorhof blieb. Ferner sind .noch. zwei Fälle erwähnenswert (K. 19 u. 22), in denen die Unvollständigkeit der Durchschneidung darin besteht, dass der Bündelhauptstamm in der Längsrichtung getroffen wurde, so dass sowohl oberhalb wie unterhalb des Schnittes intakte Fasern stehen blieben. Ein weiterer und sehr wichtiger Grund für die Unvollständiskeit der Durchschneidung liegt aber in anatomischen Verhältnissen, die bisher nicht bekannt waren, und die hier etwas näher zu besprechen sind. Nach den bisher gemachten Feststellungen, die. auch wir für das Herz des Hundes, des Affen und. der Ziege vollständig zutreffend fanden, verlaufen die Fasern des Übergangbündels ziemlich eng aneinander gelagert bis zur Teilungsstelle in die beiden Schenkel, ohne dass der in dieser Weise gebildete Hauptstamm in seinem Verlauf etwa vereinzelte Fasern vorzeitig abgibt. Erst nachdem die beiden Schenkel sich abwärts gewendet und unter das Endokard begeben haben, breitet sich die Bündelfaserung mehr oder weniger stark aus, derart, dass die Fasern im histologischen Querschnitt eine dünne, aber langgestreckte Reihe bilden. Bei der Katze kommt nun aber noch eine andere Eigentümlichkeit hinzu, welche wir als „atypische Teilung“ bezeichnen möchten. Sie besteht darin, dass schon aus dem annähernd parallel zum Ansatzrand der Aorten- klappen verlaufenden Hauptstamm vor der typischen Teilung in-die beiden Schenkel mehr oder weniger zahlreiche und voneinander getrennte Fasern abgegeben werden, die sogleich senkrecht abwärts in der Richtung zur Herzspitze abbiegen und zum Teil so weit dorsalwärts gegen den Ursprung des Bündels hin liegen, dass sie mit dem Schnitt sehr-schwer zu erreichen sind und mithin die voll- ständige Durchschneidung der Bündelfaserung vereiteln. So wäre ‚ohne diese atypischen Fasern in den Fällen K. 6, 7, 21 die. Durch- schneidung des Bündels eine vollständige gewesen, in anderen Fällen wären weit weniger Fasern der Durchschneidung entgangen, als es in der Tat- der Fall war!). 1) Mit dem Begriff der atypischen Teilung möchten .wir in erster Linie einen kurzen Ausdruck für das zugrunde liegende Verhalten haben, ohne: dass das Schematische einer solchen Bezeichnung verkannt werden soll. Zwischen Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 75 e) Vollständige Bündeldurchschneidung. Schon nach dem Vorhergehenden ist es verständlich, dass durch den gewöhnlichen Sehnitt, der beim Hunde stets zum Ziele führen kann, bei der Katze eine vollständige Bündeldurchschneidung nur ausnahmsweise zu er- reichen sein wird, nämlich wenn sich die Ausbreitung der atypischen Fasern nieht zu weit dorsalwärts erstreckt. So konnte nur im Fall 29 eine vollständige Durchschneidung durch einen einiger- maassen dem gewöhnlichen Verlauf entsprechenden Schnitt erreicht werden. Auch in den Fällen 31 und 32 würde voraussichtlich der unter der Valv: post. liegende Schnitteil (s. Fig. 3l und 33) zur vollständigen Durchschneidung ausgereicht haben. Ein Blick auf die Fig. 26 vom Fall 26 zeigt hingegen, dass hier nur ein ausgiebiger bis weit nach der Valv. sin. reichender Schnitt sämtliche zum Bündel- system gehörige Fasern treffen konnte, ja die Serie ergab, dass das im Bilde rechts befindliche Schnittende nur eben noch die am weitesten von der Hauptteilung abliegenden atypischen Fasern traf, wie dies auch in der schematischen Abbildung angedeutet ist. Bei K. 25 hingegen konnte ein in vieler Beziehung ähnlicher Schnitt diese äussersten Fasern nicht mehr erreichen. 2. Vergleich des anatomischen und funktionellen Befundes. Wir gehen nunmehr zu der vom physiologischen Standpunkt aus wichtigsten Frage über, welche Schlüsse aus den am Katzenherzen ausgeführten Versuchen auf den Ort der Überleitung gezogen werden können. Dafür ist ein Vergleich der ‘anatomischen und funktionellen Folge des experimentellen Schnittes zu ziehen. Die Versuche sind unter diesem Gesichtspunkte in solche einzuteilen, bei denen die Überleitung nicht dauernd aufgehoben war, und zwar mit oder ohne Verletzung des Bündels, und solche, in ‘denen die Überleitung auf- gehoben war, wiederum mit oder ohne vollständige Bündeldurch- schneidung. dem Fall, in welchem die sich vorzeitig abzweigenden Fasern als von dem linken Schenkel räumlich getrennt aufgefasst werden können, und dem, in welchem mehr von einem sehr breiten Ursprung des linken Schenkels, der sich über einen beträchtlichen Teil des Hauptstammes erstreckt, gesprochen werden kann, liegen alle Übergänge; werden diese beiden extremen Fälle und ihre Übergänge als atypische zusammengefasst, was in Anbetracht ihrer gleichen Bedeutung für die Folgen der experimentellen Schnitte nötig ist, so ist die atypische un bei Katzen und Kaninchen als Regel zu bezeichnen. 76 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenbure: a) Überleitung nieht aufgehoben. Hier seien alle Fälle zusammengefasst, in denen die Überleitung entweder gar nicht ge- stört oder nach vorübergehender Störung wieder normal geworden war, oder in denen nur eine partielle Störung (in dem früher an- gegebenen Sinne) vorlag. Diese Fälle können im einzelnen deı schon oben gegebenen Tabelle entnommen werden. Sie lassen sich mit gleich zu besprechenden Ausnahmen leicht mit der Lehre von der Erregunssleitung im Übergangbündel in Einklang bringen. In der überwiegendeu Mehrzahl der Fälle sind in der Tat die Bündel- fasern entweder nur unerheblich bzw. gar nicht verletzt, oder doch in einem solchen Betrage erhalten, dass die Beziehung der erhaltenen Überleitung auf die stehengebliebenen Fasern auf keine Schwierig- keiten stösst. Demgegenüber stehen aber einige besonders schwierige Fälle, welche hier einer näheren Besprechung bedürfen (K. 14, 15, 20, 24, 27). Von diesen Fällen können zunächst K. 14 und 27 heraus- gegriffen werden, in denen beiden der Ursprungsteil des Bündels durchschnitten ist, ohne dass die Überleitung dauernd aufgehoben war. Die histologische Untersuchung ergab aber, dass dennoch eine Verbindung der Kammern mit den Vorhöfen durch das Bündel be- stehen blieb, indem in den ventralwärts von dem experimentellen Schnitt liegenden Partien noch Beziehungen des Vorhofs zum Bündel vorhanden sind. Die ganze Sachlage kann danach am einfachsten kurz dahin angegeben werden, dass der Schnitt zu weit dorsalwärts, noch in den Ursprungsteil des Bündels hineingefallen war, und dass sich in diesen Fällen der Ursprungsteil selbst besonders weit nach unten erstreckt. Diese Fälle zeigen deutlich, dass es bei den nicht unbeträchtlichen Variationen in der genaueren Lage des Bündels bei der Katze recht aussichtslos sein würde, weiter nach einer typischen Schnittrichtung zu suchen, die mit grösserer Sicherheit in jedem Falle eine vollständige funktionelle Trennung von Vorhöfen und Kammern erreichen würde. Im Falle 20 sind ferner die Bündelfasern der überwiegenden Hauptsache nach durchschnitten; einige wenige Fasern aber, welche in der Gegend des unteren Endes des experimentellen Schnittes noch dorsal desselben liegen, lassen sich in ihrem weiteren Verhalten leider nicht verfolgen. Aber auch von der physiologischen Seite her ist dieser Fall nicht ganz klar, indem hauptsächlieh die Probe auf Überleitung von Extrasystolen fehlt, und deshalb nicht sicher genug Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 77 gesagt werden kann, ob wirklich die Überleitung vorübergehend wiederhergestellt war, oder ob es sich nur um eine fast; identische Frequenz der im übrigen voneinander unabhängig schlagenden Vor- höfe und Kammern handelte. Dass an diese Möglichkeit sehr zu denken ist, zeigt der Umstand, dass zur Zeit zweifelloser Dissoziation (z. B. 1!/e, 6'/e und 15 Minuten nach dem Schnitt, s. die Tabelle) die Kammerfrequenz nur ausserordentlich wenig von derjenigen des Vorhofs verschieden war. Aus diesen Gründen köhnen aus diesem Versuch keine Schlüsse gegen die Überleitungshypothese gezogen werden. Jedenfalls sind wir der Ansicht, dass in diesem Falle Vor- hof und Kammer voneinander unabhängig schlagen, in einer zufällig sehr nahe übereinstimmenden Frequenz). Infolge langsamer Ver- schiebungen des Frequenzverhältnisses, bei welchen zuerst die Kammer ein wenig langsamer, dann schneller und zuletzt wieder langsamer schlägt wie der Vorhof, liegen dazwischen Stellen, an welchen bei der nicht grossen Trommelgeschwindigkeit (1 mm = ca. 0,3 Sek.) jedenfalls kein Unterschied in der Frequenz von Vorhof und Kammer für 20 Kontraktionen nachweisbar ist. In etwas anderer Weise als den beiden erstbeschriebenen Fällen bleibt bei K. 15 trotz eines umfangreichen Schnittes noch eine Ver- bindung bestehen. Auch hier liegt das Bündel im ganzen recht tief unten, so dass der parallel zum Bündelstamm verlaufende experi- . mentelle Schnitt unter sich einen Teil des Bündelursprungs in Ver- bindung mit dem Vorhof und weiter ventral einen Teil des weiteren Bündelverlaufs in Verbindung mit der Kammer lässt. Im Falle 24 endlich ergibt die Serie ebenfalls eine Überein- stimmung von physiologischem und anatomischen Befund mit der ‚zu beweisenden Hypothese. Allerdings ist die Kontinuität des stehen- gebliebenen Bündelteils nicht ohne weiteres aus einem oder wenigen ‚Schnitten ersichtlich, sondern ist in der Weise kompliziert, wie es am besten ohne weitere Beschreibung aus der oben gegebenen ganz schematisierten Abbildung hervorgeht (Fig. 23). Kommen wir somit im ganzen zu dem Schluss, dass auch die .:schwierigeren von den das Katzenherz betreffenden Fällen der An- nahme nicht widersprechen, dass das Bündel den einzigen zwischen 1) Der Fall gehört also eigentlich zu der nächsten Gruppe (vgl. b) und ' sollte nur hier gemeinsam mit den übrigen 'etwas verwickelten Fällen besprochen .. werden. 78 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: Vorhöfen und Kammern in Betracht kommenden Leitungsweg dar- stellt, so müssen wir andererseits doch darauf hinweisen, dass das Katzenherz im allgemeinen sich zu weiteren Untersuchungen über die Physiologie des Bündels nicht besonders eignet. Wir selbst mussten zwar diese Versuche vollständig durchführen, um nach Möglichkeit die Ursachen der verschiedenen Angaben der Autoren aufzudecken; zu weiteren die verschiedensten Zwecke verfolgenden Versuchen ist aber das Hundeherz wesentlich geeigneter, wie das Herz der Kaninchen oder Katzen, da sein Bündel viel kon- stanter verläuft und mit erheblicher Sicherheit vollständig zu durch- schneiden ist, wie sich aus der weiteren Darstellung ergeben wird. b) Überleitung aufgehoben. Diese Fälle ordnen sich im allgemeinen ohne weiteres der Annahme von der Erregungsleitung im Übergangbündel unter. Ganz streng genommen wäre dies aller- dings nur dann eindeutig der Fall, wenn in keinem Fall von völlig aufgehobener Überleitung noch Reste der Bündelfaserung erhalten wären. Dies trifft aber für die Fälle 21 und 23 nicht zu, da in diesen einige allerdings nur spärliche und nur durch die genaue Verfolgung der Serien nachweisbare Reste dem Messer entgangen waren. Ein Einwand gegen die erwähnte Annahme kann aber unserer Ansicht nach aus den erwähnten Versuchen nicht gemacht werden. Denn man wird sich stets vor Augen halten müssen, dass durch die histologische Untersuchung wohl über die anatomische, nicht aber ohne weiteres auch über die funktionelle Kontinuität etwas ausgesagt werden kann. Man kann aus dem histologischen Bilde nicht entnehmen, ob vielleicht die feinsten diese Bündelfasern ver- sorgenden Gefässchen mit durchtrennt waren, ob durch unvermeidliche Quetschung eine Funktionsunfähigkeit eingetreten war, oder ob die stehengebliebenen Fasern noch leiteten, die Stärke der fort- geleiteten Erregung aber vielleicht nicht mehr den genügenden Grad besass. 9, Versuche an Kaninchenherzen. Wesentlich einfacher lagen die Verhältnisse am Kaninchen. Sehen wir von den ganz am Beginn unserer Versuche stehenden misslungenen Fällen ab, so liegen vier Versuche vor, bei deren Ausführung uns schon die mannigfaltigen am _Katzenherzen gemachten Erfahrungen zur Verfügung standen. Bei der etwas schwierigen Orientierung, welche die rechte Seite des Septum am _ Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 79 Kaninchenberzen bot, und bei der uns naheliegenden Annahme, dass die Ergebnisse Paukul’s in ähnlichen anatomischen Verhältnissen begründet sein konnten, wie wir sie schon damals für das Katzen- "herz annehmenn mussten, wählten wir auch am Kaninchen eine zum "Ansatzrand der Aortenklappen parallele Schnittrichtung. In den beiden ersten Fällen (Kan. 5 und 6) gelang es noch nicht, den Schnitt an die gewünschte Stelle zu bringen, er lag, wie die Sektion "zeigte, zu weit nach der dorsalen Herzseite (in der Abbildung der "Herzen rechterhand); während in beiden Fällen die Überleitung nur vorübergehend ‘aufgehoben war, zeigten die Schnittserien nur eine partielle Verletzung der Bündelfaserung, bei welcher es vorüber- gehend zu einer Schädigung auch des undurchschnittenen Restes durch Quetschung gekommen sein mag. In den beiden nächsten ‘Fällen 'hingegen hatte der Schnitt die gewünschte Lage, um die "nach unserer Annahme stark zerstreute Bündelfaserung vollständig "zu treffen. Die Schnittserien zeigten später in der Tat, dass ent- sprechend der vollständigen Aufhebung der Überleitung die Bündel- _ faserung durchtrennt war. Dass allerdings im letzten Falle (Kan. 8) einige Fasern undurchschnitten blieben, kann unserer Ansicht nach wiederum keineswegs gegen die Bedeutung der Bündelfasern für die Überleitung sprechen, da man es, wie schon oben ausgeführt, dem anatomischen Bilde nieht entnehmen kann, ob solche spärlichen Reste noch funktionsfähig, oder ob sie vielmehr durch Zirkulations- störung oder direkte Beeinträchtigung in der Tat ausgeschaltet waren. - Vielleicht wäre es wünschenswert gewesen, auch am Kaninchen- herzen noch einige Versuche mit der normalen Schnittriehtung an- nähernd senkrecht zum Bündelstamm auszuführen. Wir glaubten hiervon aber im Anbetracht der grossen Zahl der Versuche, die schon sowieso für die histologische Untersuchung nicht leicht zu bewältigen waren, ohne Schaden Abstand nehmen zu können, um so mehr, da die mitgeteilten Versuche ganz eindeutige Ergebnisse brachten. Wir kommen also auch für das Kaninchenherz zu dem Ergebnis, dass auch hier die Überleitung von den Vorhöfen zu den Kammern im Bereich der Bündelfaserung erfolgt, und können nunmehr dazu übergehen, die wahrscheinlichen Gründe für die abweichenden Er- gebnisse Paukul’s zu erörtern. : Zweifellos bieten auch beim Kaninchen die von uns gefundenen atypischen Fasern für das Experiment eine Hauptschwierigkeit. -Ebensowenig wie eine .isolierte Durchschneidung kann eine Um- 0 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: schnürung nur des Bündelhauptstammes, die in der Regel erst ventralwärts von dem Abgang atypischer Fasern erfolgen wird, die Erregunssleitung aufheben, und wenn das Vorhandensein der atypi- schen Fasern nicht berücksichtigt wird, so ist ein irrtümlicher ‚Schluss über die Bedeutung der Bündelfaserung unvermeidlich. ‚Zweifellos ist die bei den vorliegenden Untersuchungen . ‚ge- wählte horizontale Richtung der mikroskopischen Schnitte (also ‚parallel zum Ansatzrand der Aortenklappen) zur Feststellung der atypischen Fasern viel günstiger, wie die von Paukul u. a. ver- wendete vertikale. Im ersteren Falle findet man in den etwas unterhalb des Bündelhauptstammes gelegenen Schnitten, die Bi schen Fasern quergetroffen in einer Reihe nebeneinanderliegend; letzteren Falle kann der Schnitt hingegen nur wenige ne Fasern und auch diese nur über eine kurze Strecke ihres Verlaufes enthalten. Bei längsgerichteter histologischer Schnittführung können die Fasern ferner besonders dann dem Nachweis entgehen, wenn die Serie von ventralwärts nach dorsalwärts fortschreitet, und wenn sie nur bis zu der Unterbindungsstelle des Bündelhauptstammes durchgeführt wird; denn die Hauptmasse der vorzeitig abbiegenden Fasern würde erst in den noch weiter dorsalwärts liegenden Prä- _ paraten der Serie zu finden sein. | Selbstverständlich ist es ebensogut möglich, dass bei einer Um- schnürung gelegentlich auch die ganze Bündelfaserung funktionell ausgeschaltet wird, sei es dass die atypischen Fasern an Bedeutung zurücktreten, oder dass die Quetschung weit nach dem Bündelursprung zurückliegt, oder dass der unvermeidliche auf die Nachbarschaft der direkt umschnürten Teile ausgeübte Zug die vorzeitig abbiegenden Fasern ebenfalls geschädigt hat, ohne dass dies in dem histologischen Präparat erkenntlich zu sein braucht. In der letzteren Möglichkeit liest unserer Ansicht nach auch die Erklärung für die Fälle Pau- kul’s, in denen Überleitungsstörungen auftraten, ohne dass die Ligatur das Bündel umfasste. Diese methodischen Nachteile des Umschnürungsverfahrens wurden schon weiter oben zur Genüge be- sprochen. 3. Versuche an Hundeherzen. Unter den 17 Versuchen, die ein vollkommen eindeutiges Er- gebnis liefern, befindet sich einer (H. 12), bei dem gar keine Leitungs- störung auftrat. Hier ergab die histologische Untersuchung, dass der experimentelle Schnitt nur eben bis in die Bündelfasern. hinein- _ Physioiogie des Übergangbündels am Herzen. | reichte, so dass nur eine ganz geringfügige Verletzung entstand. Dieser Versuch ist ebenso wie die beiden zunächst aufgeführten in mancher Beziehung als Kontrollexperiment wichtig. Er zeigt wiederum, dass durch die Eingriffe an sich keine Leitungsstörungen auftreten, und ferner, dass die überleitenden Elemente nicht etwa unterhalb des Bündels in seiner Nähe verlaufen; denn der Schnitt tritt ja von unten an den Bündelhauptstamm heran. In zwei weiteren Fällen (H. 9 und 10) traten nur vorüber- gehende Leitungsstörungen auf. Es stimmt mit den zu prüfenden theoretischen Annahmen sehr gut überein, dass in diesen Fällen die Verletzung des Bündels schon beträchtlicher war; offenbar ist durch den beim Schnitt unvermeidlichen Druck und Zug zunächst. auch die direkt nicht verletzte Bündelmasse geschädigt; diese Schädigung verlor sich in dem einen Versuch so schnell, dass die Leitungs- störung gar nicht erst registriert werden konnte, während im anderen Falle erst nach etwa einer Viertelstunde sich wieder eine normale Überleitung herstellte. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist weiterhin die Überleitung von dem Schnittmoment an dauernd aufgehoben und dementsprechend in den Serien in der Tat eine vollständige Durehschneidung des Bündels gefunden worden. Während nach oben gegen die Aortenklappen hin der operative Schnitt nur sehr wenig den Bereich der Bündelfasern überschreitet — was- dadurch . zu erzielen war, dass der von unten nach oben geführte Schnitt so- fort sistiertt wurde, wenn die Dissoziation eintrat —, könnte ein Nachteil darin erblickt werden, dass die Schnitte nach unten in der Regel etwas länger ausgefallen sind, als zur Durchschneidung des Bündels nötig gewesen wäre. Gewiss liessen sich die gleichen Er- folge gelegentlich wohl mit kleineren Schnitten erreichen, wenn .auch dureh die Unmöglichkeit, die Einstichstelle ganz genau zu bestimmen, der Zufall etwas mitspielen wird; es lässt sich aber auch aus dem hier vorliegenden Material mit voller Sicherheit der Schluss ziehen, dass die sich nach unten an den Bündelhauptstamm anschliessenden Gewebsteile die Leitungselemente nicht enthalten können. Einmal wurde schon früher gesagt, dass die Leitungsaufhebung immer erst bei dem Durchführen des Messers gegen die Aortenklappen hin auf- trat, wofür ja auch der schon angeführte Fall 12 einen Beweis liefert. Ferner aber können wir auf die Fälle 14 und 20 hinweisen, in welchen die Schnittläsion nur sehr wenig: über den Rand des Bündels E, Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 6 82 Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: nach unten hinausgeht (0,8 bzw. 0,4 mm). Dass auch oberhalb der eigentlichen Bündelstruktur keine überleitenden Elemente mehr liegen, beweist besonders deutlich Hund 4, bei welchem der Schnitt nach oben nur eben die ganze Bündeldicke betrifft. Diese am Hundeherzen durchgeführte Versuchsreihe bildet mit- hin in jeder Beziehung eine volle Bestätigung für die Lehre, dass der Weg der Erregungsleitung zwischen Vorhöfen und Kammern ausschliesslich durch das Überganebündel verläuft, indem bei voll- ständiger Durchtrennung des Bündels eine vollständige und dauernde Dissoziation eintritt, während eine nur einen Teil der Faserung be- treffende Verletzung die Erreeungsleitung gar nicht oder doch wenigstens nicht dauernd aufhebt. 4. Versuche an Affenherzen. Über die an Affen ausgeführten beiden Versuche sind hier nur noch wenige Bemerkungen nötig. Nach den eindeutigen Ergebnissen der vorigen Versuchsreihe konnten wir uns an diesem wertvollen Material auf wenige Versuche beschränken, welche die allgemeine Übereinstimmung des Resultates auch für die höchste Tierklasse er- geben. Es gelang in beiden Fällen, das Bündel richtig zu treffen und die Vollständigkeit seiner Durchschneidung zu erweisen. Für Affe 2 kann noch besonders darauf verwiesen werden, dass die Ver- letzung nach oben und unten nur wenig die Bündelgegend über- schreitet (oben 0,2, unten 0,3 mm), so dass auch hier der Weg der Überleitung mit grosser Sicherheit der Bündelstruktur selbst zu- geschrieben werden kann. 9 Versuche an Ziegenherzen. Der schon nach dem makroskopischen Aussehen (s. die Fig. 73, 74, 78) wahrscheinliche Schluss auf eine vollständige Bündeldureh- schneidung bei Ziege 2, 3 und 5 wurde durch die histologische Unter- suchung bestätigt. Der Fall 4 beweist aufs deutlichste, dass die Nebenumstände der Eingriffe den Erregungsablauf im Herzen un- beeinträchtigt liessen. Auch zeigt dieser von unten nahe an das Bündel heranreichende Schnitt wiederum, dass die überleitenden Flemente nicht etwa unterhalb des eigentlichen Bündels in naher räumlicher Beziehung zu demselben liegen. Auch durch die anderen Fälle ist der Überleitungsweg so nahe, als es durch das Experiment möglich sein wird, auf. die Bündelfaserung selbst eingegrenzt worden. Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 83 IV. Theoretische Bemerkungen. Die dureh unsere Versuchsreihen bestätigte Annahme, nach welcher als Leitungsweg zwischen Vorhöfen und Kammern aus- schliesslich das Übergangbündel in Betracht kommt; hat man in der Regel mit der Frage der myogenen oder neurogenen Auffassung der Entstehung und Leitung der Herzreize in Beziehung gebracht. Wir haben bisher diese Bezugnahme in der Darstellung unserer Versuche absichtlich zurückgestellt und haben auch durchweg den allgemeinen Ausdruck „Übergangbündel“ oder „Bündelfasern“ gebraucht und den spezielleren Hinweis auf die Muskulatur dieser Faserzüge unterlassen. Gewiss bildet das Bündel in seiner Gesamtheit nicht nur rein ana- tomisch einen Übergang vom Vorhof zur Kammer, sondern auch funktionell eine „Brücke“, wie man sich sehr treffend ausgedrückt hat, auf der der Erregungsprozess die Kluft des trennenden Bindegewebes überschreiten kann. Es muss aber betont werden, dass vom experimentellen Standpunkt aus kein zwingender Grund vorliest, gerade die Muskulatur des Übergangbündels als das leitende Element anzusprechen. Bekanntlich sind von Tawara bei den Herzen von Huftieren ziemlich bedeutende Nervenfasern ge- funden worden, welche das Bündel begleiten '), und welche experi- mentell wohl kaum weder isoliert zu durchschneiden noch isoliert zu schonen sein werden. Aber selbst wenn es gelänge, aus den Schnittserien mit Sicherheit zu ermitteln, dass ein bestimmter Nervenstamm an der Überleitung der Erregung nicht beteiligt sein kann, so wäre damit doch gar nichts über die feinsten Nervenfasern auszusagen, welche nach den neuesten Untersuchungen von Wilson?) 1) In den Schnittserien unserer Versuche kann bei Ziegen ein entsprechender Befund erhoben werden, wie von Tawara beim Schaf und Kalb, indem Nerven- stränge beträchtlicher Grösse das Bündel begleiten. Ferner wurden bei zehn Katzen Nerven in naher Beziehung zum Bündel oder Knoten gefunden. Bei sieben Katzen fand sich ein Nervenstrang im Bündel, bei einer eine Gruppe von Ganglienzellen in seiner Nähe. Bei sechs Hunden lagen Nervenfasern in der Nachbarschaft oder im Bündel, und ähnliche Verhältnisse wurden beim Kaninchen gefunden (Cohn). — Die feineren von Wilson festgestellten Nerven konnten bei der hier vorliegenden Färbung natürlich nicht verfolgt werden. — 2) G. J. Wilson, The nerves of the atrio-ventricular bundle. Proc. Roy. Soc. London vol. 81B p. 151. 1909. Zusatz bei der Korrektur: Vgl. hierzu die kürzliche Mitteilung von Aschoff, Die Nervengeflechte des Reizleitungssystems Naturf. Gesellsch. Freiburg 30. Nov. 1909. (Deutsche mediz. Wochenschr.) : 6 * SA Alfred E. Cohn und Wilhelm Trendelenburg: gerade auch die Muskulatur des Übergangbündels auf das engste umspinnen, und deren leitende Funktion im Gegensatz zu derjenigen der Muskulatur sich jedenfalls auf experimentellem Wege kaum wird abgrenzen lassen. Man wird also immer im Auge behalten müssen, dass selbst bei einem Schnitte, der auf das genaueste die Grenzen der muskulären Bündelfaserung einhält, eine Unzahl feinster Nerven- fasern durchschnitten wird, so dass eine funktionelle Ausschaltung lediglich der Muskelfasern des Bündels ein Ding der Unmöglichkeit ist. Für das Wirbeltierherz werden es einstweilen nur Analogie- schlüsse sein, die, auf vergleichendem Wege gewonnen, ein Urteil über die grössere Wahrscheinlichkeit der myogenen oder neurogenen Leitung gestatten. Wir haben daher auch von Anfang an den Haupt- wert mehr auf die 'topographische Feststellung des Leitungsweges gelest. Es kann nunmehr mit Sicherheit gesagt werden, dass dieser Weg auf das engste mit dem Übergangbündel (worunter in diesem allgemeinen Sinne stets Muskulatur mit Nervengespinnst verstanden ist) zusammenfällt; alle die zahlreichen Nervenelemente, welche in der Peripherie der Vorhof-Kammergrenze oder an anderen Stellen, als dem Bündelverlauf selbst entspricht, vom Vorhof zur Kammer verlaufen, sind sicher an der Erregungsleitung ganz unbeteiligt;, sie müssen zu dem extrakardialen Nervensystem gehören. Sollte die Erresungfauf dem Nervenwege übergeleitet werden, so könnten es nur Elemente sein, die sich den Muskelfasern des Bündels so eng an- schliessen, dass sie sich experimentell niebt trennen lassen. Anderer- seits kommen im Falle der myogenen Leitung aber lediglich die Muskelfasern des Übergangbündels in Betracht; sollten wirklich, wie Kent meinte, bei dieser oder jener Tierart noch peripher einige zerstreute Muskelfasern eine Verbindung zwischen Vorhöfen und Kammern bilden, so sind diese an der Erregunssleitung nicht be- teiligt, da die Durchschneidung des Bündels allein schon zur voll- ständigen Aufhebung der Erregungsleitung genügt. Die weitere physiologische und klinische Erforschung der Herz- tätigkeit steht und fällt aber. keineswegs ausschliesslich mit der Möglichkeit, zwischen der neurogenen oder myogenen Auffassung be- stimmte Entscheidungen treffen zu können. Es liest zunächst noch eine Fülle von Fragen vor, für deren in vollem Fluss befindliche “ Bearbeitung ‚eine sichere Kenntnis des Ortes der Überleitung uner- lässlich ist. Und zu dieser hoffen wir. durch die vorliegenden Unter- suchungen einiges: beigetragen zu- haben. | | Physiologie des Übergangbündels am Herzen. 85° V. Zusammenfassung. Über das die Vorhöfe und Kammern verbindende Übergang- bündel hatte eine Reihe von Untersuchungen bis vor kurzem ergeben, dass in ihm diejenigen Elemente zu suchen sind, welche die Er- resung von den Vorhöfen auf die Kammern übertragen. Durch histologische Untersuchungen nach Eingriffen in der Bündelgegend wurde in vielen Fällen von aufgehobener Erregungsleitung die Voll- ständigkeit der Bündelausschaltung erwiesen. Demgegenüber stehen in neuerer Zeit Arbeiten aus dem Laboratorium von Kronecker, unter denen besonders die von Paukul zu nennen ist. Dieser Autor fand am Kaninchenherzen, an welchem in situ Umschnürungen vorgenommen wurden, dass eine vollständige Umschnürung nicht notwendig von Aufhebung der Überleitung gefolgt ist, dass aber ‚andererseits diese eintreten kann, wenn die Umschnürung das Bündel gar nicht betrifft. In der vorliegenden Arbeit wird deshalb die Frage einer erneuten Untersuchung unterworfen, und zwar an dem künst- lich nach Langendorff durchspülten Herzen von Katzen, Kaninchen, Hunden, Affen und Ziegen (53 Fälle). Anstatt der weniger einwand- freien Umsehnürung wurde die Bündelausschaltung durch Schnitt gewählt. Die Herzen wurden später in Serienschnitten mikroskopisch untersucht. Bei Katzen erwies es sich als schwierig, mit einem nicht zu erossen Schnitt eine dauernde Dissoziation zu erhalten, d. h. (wie die Serien ergaben), das Bündel vollständig zu durch- schneiden. Der Grund hierfür wurde in einer anatomischen Eigen- tümlichkeit gefunden, die darin beruht, dass bei den meisten Katzen und auch am Kaninchen die Ausbreitung des Bündels viel zerstreuter erfolgt wie bei den, Herzen höherer Säugetiere, bei welchen die ge- samten Fasern für eine längere Strecke in einem gemeinsamen Hauptstamm vereinigt sind, während bei den erstgenannten Herzen sich „atypische Fasern“ vorzeitig abzweigen. In diesen Bigentümlich- keiten dürfte auch ein vorwiegender Grund für Paukul’s abweichende Resultate liegen, da bei diesen nur der Hauptstamm des Bündels und seine typischen Schenkel berücksichtigt wurden. Die an Hunden, Affen und Ziegen ausgeführten Versuche bestätigen vollkommen die Lehre von der Erregungsleitung im Bündel. Nach dessen experi- menteller Durchschneidung trat ausnahmslos eine vollständige und dauernde Aufhebung der Erregungsüberleitung vom Vorhof zur Kammer ein. War hingegen das Bündel nicht erreicht oder nur ‚86 A.E.Cohnu. W. Trendelenburg: Physiologie d. Übergangbündels etc. teilweise verletzt, so trat gar keine oder eine unvollständige oder vorübergehende Leitungsstörung auf. In einigen Fällen (Katze, Hund), in denen der rechte Schenkel vollständig durchschnitten , der linke teilweise erhalten war, war gleichwohl auch für die rechte Kammer die Abhängigkeit von den Vorhöfen, offenbar auf dem Umwege der linken Kammer vermittelt, vorhanden. Erklärung der Tafelabbildungen. Alle Figuren stellen mikroskopische Schnitte durch die Gegend des Kammer- septums dar. Die Ebene des mikroskopischen Schnittes liegt stets annähernd parallel zu der Verbindungslinie der Ansatzpunkte der Aortenklappen. Die Schnitte sind nach van Gieson gefärbt: Bindegewebe rot, Muskulatur gelb- grün, das Bündel in der Färbung ein wenig von der übrigen Muskulatur verschieden. Alle Zeichnungen sind so angeordnet, dass nach unten die dorsale, nach oben die ventrale Gegend des Septum sieht.. Im Bilde unten ist mithin die Verbindung des Bündels gegen den Vorhof, oben die Verzweigung nach der Kammer hin zu denken. Nähere Erläuterungen gehen aus den den Zeichnungen übergelesten Pausen hervor. Die Vergrösserung in Fig. 1 und 2 beträgt 37, in Fig. 3 und 4 Vergr. 29; in Fıg. 9 Vergr. 33; in den übrigen Figuren Vergr. 44. Fig. 1. Hund 12. Mikroskopischer Schnitt durch den unverletzten Teil des Bündels. Fig. 2. Hund 14. Experimenteller Schnitt durchtrennt das Bündel inmitten des Hauptstammes. Dissoziation als Folge. Fig. 3. Affe. Der experimentelle Schnitt trifft das Bündel dicht am Ursprungs- teil, welcher somit mitsamt dem Vorhof von der Kammer getrennt ist. Dissoziation als Folge. Fig. 4 Katze 29. Experimenteller Schnitt nreikent das Bündel vor der Teilung. Dissoziation. Fig. 5 u. 6. Katze 21. Dem vorigen im ganzen entsprechender Fall. Fig. 5 zeigt einen oben im Bündelhauptstamm gelegenen mikroskopischen Schnitt, während derjenige von Fig. 6 weiter unten (d. h. oben oder’ unten bezüglich des Herzens) an der unteren Grenze des experimentellen Schnittes geführt wurde. In demselben sind noch einige undurchschnitten bleibende Bündel- fasern (quergetroffen) zu sehen. Fig. 7 u. 8. Katze 7. Aus dem an der unteren Grenze des experimentellen Schnittes gelegenen mikroskopischen Schnitt der Fig. 8 erkennt man die grosse Zahl der undurchschnitten gebliebenen Fasern. Keine Überleitungs- störung. Fig. 9 u. 10. Katze 22. Der experimentelle Schnitt lässt den unteren Teil der Bündelmasse intakt (Fig. 10), während der dran durchschnitten ist (Fig. 9). Vorübergehende Leitungsstörung. Ergänzung zu der Abhandlung von A. E. Cohn und W. Trendelenburg in Band 131 Seite 1 dieses Archivs, Da die in der genannten Arbeit enthaltenen photographischen Klischees durch ein Versehen im Druck nicht ganz klar heraus- sekommen sind, wurden dem vorliegenden Heft einige Tafeln mit verbesserten Abzügen beigegeben. ‘8 uoyouluey ‘er SA ‘9 uoypumuey ‘98 1A . ‘) uoyouruey G uoyourueyy "68 LA rg SL Hund 12. [3 Ds 5 ig. F N S Ü - Fig. 57. Hund 14. Fig. 61. Hund 16. Er Zei ae: NR Afte 2. Fig. 70. Affe 1. Fig. 68. 7 nl [5 u is, | n 'g aalzZ SL zZ EL "LA ‘Ss o8aız 81 "SLA 7 oz 9, "SL pun T ‘org 87 (Aus dem k. k. physiologischen Institute der böhm. Universität Prag.) Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. Ein Beitrag zur allgemeinen Physiologie der Nerventätickeit. Von Prof. Dr. Edward Babäk. I. Einleitung. In den ersten Monaten dieses Jahres habe ich zum Zwecke der Vorlesungsdemonstrationen einige Versuche über die Chromatophoren- bewegungen durchgeführt, deren Ergebnisse mich anregten, in der Literatur des Farbenwechsels Umschau zu halten. Die vorzügliche zusammenfassende Abhandlung van Rynberk’s!) hat mir da ge- zeigt, dass diese Ergebnisse. für die allgemeine Physiologie des Farbenwechsels der Wirbeltiere, ja sogar in mancher Rücksicht für die Physiologie der Chromatophorenbewegungen überhaupt ganz neu sind. Auf diese Weise habe ich systematische Untersuchungen über den Farbenwechsel der Amblystomalarven unternommen. In derselben Arbeit van Rynberk’s fand ich auch eine gelegentliche Beobachtung Hermann’s verzeichnet, dass die Larven von Rana temporaria im Dunkeln regelmässig ganz hell und durch- sichtig werden, im Lichte dunkel, also gerade gegensinnig als die erwachsenen Tiere. Während meiner Versuchsanordnungen über den Einfluss des Lichtes auf die Entwicklung der Anurenlarven, deren Ergebnisse ich später veröffentlichen werde, habe ich oft diese auf- fallenden Farbenwechselerscheinungen beobachtet, ohne ihnen spezielle Aufmerksamkeit gewidmet zu haben. Doch es gelang mir in diesem 1) G. van Rynberk, Über den durch Chromatophoren bedingten Farben- wechsel der Tiere (sog. chromatische Hautfunktion). Ergebn. d. Physiol., 5 Jahrg. . 1906, S. 397—571. 88 Edward Babäk: Jahre nur einige diesbezügliche experimentelle Untersuchungen an- zustellen; eingehende Bearbeitung der ontogenetischen Ent- wieklung der chromatischen Hautfunktion bei den Anuren werde ich später vorlegen. Zuerst will ich hauptsächlich auf Grund der umfassenden Berieht- erstattung van Rynberk’s einige allgemeine Erfahrungen über das Zustandekommen des Farbenwechsels anführen und im besonderen die heutigen Kenntnisse bei den Amphibien schildern. Für die Verhältnisse bei Fröschen verweise ich noch auf die in dem grossen Gaupp’schen!) Werke enthaltene Zusammenstellung der Literatur. Die Bewegungen der Hautchromatophoren werden durch das Zentralnervensystem reguliert, indem bei den Fischen, Amphibien und Reptilien die pigmentomotorischen Nerven im autonomen (sympathischen) System zur Haut verlaufen, und die zentripetalen Einflüsse hauptsächlich aus den Rezeptoren dem Zentralnervensystem zuströmen. Es können aber die Chromato- phoren auch direkt erregt werden, unabhängig vom Nervensystem. Die grundlegenden Arbeiten von Pouchet bei den Schizopoden und Dekapoden haben ergeben, dass die Gesiehtseindrücke die Formveränderungen der Chromatophoren auslösen. Von dieser Beziehung zwischen Gesichtsorgan und Chromatophoren zeugt auch die Tatsache, dass es keine blinden Formen von Krustazeen gibt, welche Chromatophoren besässen. Jourdain fand, dass Niea edulis in der Sonne oder in hellem diffusen Lichte fast farblos und durch- scheinend ist, im Dunkeln und ebenfalls nach Abtrennung der Augen rot: diese Färbung dauerte, bis die Augen wieder regeneriert waren. Bei den Isopoden hat z. B. Matzdorff bei Idotea beobachtet, dass die Blendung (durch Bestreichen der Augen mit schwarzem Lack) die Umfärbungsfähigkeit vernichtet; die schönen Untersuchungen Bauer’s haben dann bestätigt, dass den reflektorischen Angriffs- punkt der Lichtreize bei Idotea die Augen bilden. Nach Lister erzeust bei Rana esculenta helle Belichtung immer ein Blasswerden, Finsternis ein Verdunkeln der Haut, aber Frösche, denen er die Augen exstirpiert oder mit schwarzem Stoff vom Licht abgeschlossen hat, bleiben nach einiger Zeit sowohl in 1) E. Gaupp, Anatomie des Frosches, III. Abteil., S. 497—546. Braun- schweig 1904. Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 89 srellster Belichtung als im Dunkel von derselben unveränder- lichen dunklen Farbe Fubini hat beobachtet, dass die Zeiehnung der Frösche nach Ausschälung der Augen an Intensität verlor. Dutartre gibt an, dass bei blinden Eskulenten der Farbenwechsel viel langsamer zustande kommt. Bei den Fischen hat schon Pouchet gesehen, dass eine blinde Tarbutte eine Farbe annahm, welche blasser war als jene der auf dunklerem, und dunkler, als jene der auf hellem Boden lebenden Exemplare; nach ‘Ablation der beiden Augen verloren Tarbutten ganz und gar die Fähigkeit, ihre Farbe nach dem Untergrund zu verändern, und ihre Haut nahm eine mittlere Färbung an. Nach van Rynberk’s und Klemensiewiez’s Beobachtungen ist auch bei den Cephalopoden nicht in Abrede zu stellen, dass auch die Augen für ihren Farbenreflex Angriffspunkte des Licht- reizes sein können. Diesen Angaben gegenüber lassen sich andere anführen, welche die Bedeutung der Augen für die chromatische Hautfunktion leugnen; ohne Zweifel herrschen in dieser Hinsicht bei den verschiedenen Tierklassen grosse Unterschiede, aber es fehlt nicht an Fällen — z. B. gerade beiden Amphibien —, wo die pigmentomotorische Be- deutung der Augen von einigen hervorgehoben (z. B. siehe oben die Angaben Lister’s), von anderen abgelehnt wird. Steinach behauptet, dass die scheckige Fleckenfärbung der Eledonen der Ausdruck sei eines hauptsächlich von den Saug- apparaten ausgehenden Reflexes, als zweite Bedingung soll noch das Licht in Betracht kommen, aber dessen Angrifispunkte nicht die Augen, sondern die Chromatophoren selbst sein sollen; die pigmentomotorischen Erscheinungen traten auch nach der Exstirpation der Ausen und an abgeschnittenen Armen auf. Bei Nica edulis (s. oben) fand Jourdain, dass die augenlosen Exemplare längere Zeit hindurch einem starken Licht ausgesetzt ein wenig von ihrer roten Farbe verloren, was von einer eigenen Reizbarkeit der Chromatophoren durch das Licht zeugen mag (wobei aber grosse individuelle Unterschiede vorkamen). Die Schizopoden und Dekapoden weisen sicher eine direkte Reizbarkeit der Chromatophoren auf, aber diese bedeutet nur sehr wenig gegen- über den Erscheinungen des normalen von Augen ausgelösten 90 Edward Babäk: reflektorischen Farbenwechsels. — Brücke hat an Chamäleonen oft gesehen, wie sich die Schlagschatten der nahe an den Körper ge- zogenen Extremitäten hell auf demselben abbildeter; nach Tomasini und Consiglio schwärzt das Licht die Haut der Chamäleonen, aber nur insoweit es die Haut selbst trifft. Bei Agame und Uromastix, welche im Lichte hell, im Dunkel dunkel erscheinen, ist nach Thilenius das Licht ein mächtiger direkter Reiz für die Melanophoren (lokale Verdeckung einer Hautpartie hatte lokales Dunkelbleiben in der Sonne zur Folge). Bei Hyla arborea findet nach Bimmermann auch bei augen- losen Exemplaren der Farbenwechsel statt (das Licht wirkt aufhellend, die Finsternis verdunkelnd); Steinach sah nie, dass Enukleation der Augen oder Durchschneidung beider Nervi optiei den Verlust der Fähigkeit die Farben zu wechseln erzeugte: vermittelst Auflegung angefeuchteter, schwarzer Stoffstreifen auf die Haut eines ans Licht gesetzten Frosches (Hyla eignet sich dazu am besten) kann man eine Art von Photogramm erhalten, da nun in kurzer Zeit das ganze Tier abblasst bis auf die bedeckte Fläche, welche dunkel wie vorher bleibt. Diese Photogramme er- hielt Steinach auch an dekapitierten Laubfröschen, welchen die Rückenhautnerven durchtrennt und das Mark zerstört worden war. Dem Auge kommt ebenfalls nach Biedermann nur eine sehr seringe Bedeutung für die jeweilige Hautfarbe der Frösche zu. Und selbst bei Fischen gibt z. B. van Rynberk an, dass bei den Pleuronektiden (Solea, Rhomboidichthys) Ablation des Auges keine deutlichen Resultate ergibt, indem die Tiere ihre ursprüngliche Farbe beizubehalten scheinen. Es wiıd aber dafür manchmal die Haut als reflektorischer Angriffspunkt einerseits der Licht-, andererseits der Druck- oder „Tastreize* angeführt, oder es wird sogar eine direkte Licht- beeinflussung der Chromatophoren anerkannt. Ausser den erwähnten Fällen können wir aus van Rvnberk’s Zusammen- fassung noch folgende Beispiele anführen. Nach Biedermann bedingt weder eine durch die Augen vermittelte Reflexwirkung noch die direkte Lichtwirkung in erster Linie die jeweilige Farbe der Frösche, jedoch den Eindrücken von seiten der äusseren Haut kommt in dieser Beziehung eine wesentliche Bedeutung zu (z. B. wirken Feuchtigkeitsverhältnisse bei Rana fusea intensiver als Be- liehtung oder Dunkelheit; Berührung mit Pflanzenblättern bei Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. i 91 Hyla, selbst im völligen Dunkel oder nach der Blendung, bewirkt Hellgrünwerden, umgekehrt werden hellgrüne Laubfrösche in kürzester Zeit dunkelgrün bis schwarz, wenn man dieselben auf eine Unter- lage von rauher Beschaffenheit bringt, welche insbesondere den Haftscheiben der Zehen nur in unvollkommener Weise die Befestigung gestatten, elatte Flächen aber begünstigen die Grünfärbung). Keller hat bei Chamäleonen ähnliche Erfahrungen über die Wirksamkeit der Berührungsreize gemacht. Bei den Cephalopoden wird fast allgemein angegeben, dass die Chromatophorenbewegungen ganz unabhängig von jedem Nerveneinfluss (z. B. 24 Stunden nach dem Tode der Tiere, an abgelösten Hautstückchen usw.) fortfahren können. Bimmermann findet, das bei Hyla der Lichtreiz den Farbenwechsel nicht reflektorisch, sondern durch direkte Chromatophorenreizung bewirkt, denn eine ihres Nervenverbandes beraubte Extremität zeigt deu- selben Farbenwechsel als eine unversehrte. Demgegenüber hat das Licht bei Isopoden nach Matzdorff keinen direkten Einfluss auf die Chromatophoren, was Bauer vollständig bestätigen konnte. Wo die Chromatophoren durch Lichtreize einerseits direkt (oder von der Haut aus reflektorisch), anderseits von Augen aus beeinflusst werden, erscheint die Reaktion in beiden Fällen manchmal gegensinnig: so finden Keeble und Gamble, dass augenlose Schizopoden und Dekapoder in bestimmten Verhältnissen doch noch Farbenwechsel zeigen und zwar oft im entgegengesetzten Sinne als normale Exemplare; die direkte Lichtreizbarkeit der Chromatophoren bedeutet aber sehr wenig in den Erscheinungen des normalen reflektorischen Farbenwechsels, indem die entgegengesetzte reflektorische Beeinflussung derselben vom Auge ausüberwiegend ist. Ähnliches wird vielleicht auch bei manchen Reptilien vorkommen. Das Nervensystem übt auf die Chromatophoren manchmal einen tonischen Einfluss aus: bei den Cephalopoden z. B. erblasst die Mantelhaut nach der Durchschneidung des zugehörigen Nerven (Frederieg); der Farbenwechsel kommt hier teilweise durch dieSchwankungen diesesreflektorischen Tonus zustande, der einerseits vom Auge aus, mächtiger aber (nach Steinach) vom Saugnäpfeapparat ausgeht. Van Rynberk fasst die Erscheinungen des 'Farbenwechsels bei den Chamäleonen auf folgende Weise auf: die Chromatophoren 99 Edward Babäk: besitzen eine doppelte und zwar gegensinnige Erregbarkeit, eine für Licht und eine für nervöse Reize; das Nervensystem erhält die Chromatophoren in einem mässigen Tonus; fällt dieser weg, da dehnt das Pigment sich aus, steigert er sich, so ballt es sich zusammen; bei mässigem nervösen Tonus kann intensiver Licht- reiz eine Ausdehnung des Pigments bewirken, und Dunkelheit eine Zusammenballung — tritt aber eine starke nervöse Erregung auf, da ballt das Pigment sich auch bei starkem gleichzeitigem Licht- reiz zusammen; fehlt der tonische nervöse Reiz, da ist auch der stärkste negative Lichtreiz — absolute Dunkelheit — nicht imstande, das Pigment zusammenzuballen, und es dehnt sich passiv aus. Bei den Anuren lässt sich der normale Einfluss des Nerven- systems nach van Rynberk als eine Art von leichtem Kontraktionstonus auffassen, und dem Lichtreiz muss man einen gleichsinnigen direkten tonischen Einfluss zu- erkennen: auf diese Weise lässt sich begreifen, dass man die Folge des Verlustes des nervösen Tonus nach Nervendurchtrennung in einem stark belichteten oder stark geheizten Raum und weniger noch im Sonnenlicht kaum spüren soll, da der übermächtige Wärme- bzw. Lichtreiz ohne weiteres an die Stelle des verlorenen nervösen Tonus tritt. Biedermann berichtet, dass der Tonus vor allem von gewissen Teilen des Gehirnes abhängt, deren Zerstörung oder Reizung überaus auffallende Farbenveränderungen der ganzen äusseren Haut und gleichzeitig noch entsprechende Formveränderungen der dunklen Chromatophoren innerer Teile zur Folge hat; nach Steinach sind die Sehhügel als Zentrum der Innervation der schwarzen Chromatophoren anzusehen, nach dessen Zerstörung besonders bei Laubfröschen in der Regel in kurzer Zeit ein tiefes hellglänzendes. Schwarz zustandekommt, welches wochenlang anhält und worauf das Licht und die Trockenheit fast keinen Einfluss mehr auszuüben vermögen. Nebst diesem tonischen Hauptzentrum kommt nach Biedermann wenigstens bei Temporarien auch tieferen Abschnitten des Gehirnes, bzw. dem Rückenmarke eine gewisse Be- deutung als Innervationszentrum der Chromatophoren zu. Bei den Fischen berichtet Pouchet, dass die Durchschneidung eines Nerven „Lähmung“ der Chromatophoren und somit Verlust der Fähigkeit der Haut, hell zu werden, verursacht; die „gelähmten“ Hautstellen nehmen nach einiger Zeit eine mittlere Färbung und ihre Chromatophoren einen mittleren Kontraktions- bzw. Aus- Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien, 93 dehnungszustand an. Bei den Reptilien gibt P, Bert an, dass durch quere Durchtrennung des Kopfmarkes hinter der Rautengrube beim Chamäleon das Schwarzwerden der Tiere erzeugt wird, ohne dass sie je wieder eine Veränderung zeigen; Krukenberg berichtet, dass die Morphiumnarkose die Chamäleonen entschieden heller macht. — Im ganzen ist die tonische Fähigkeit der pigmento- motorischen Nervenorgane wenig durchgeforscht; in dieser Hinsicht bieten unsere Untersuchungen ganz klare Er- gebnisse dar. Das verschiedenartige Verhalten derchromatischen Hautfunktion bei verschiedenen Tieren, welches wohl ökologisch begründet ist, obwohl wir über die Bedeutung (Nützlich- keit) des Farbenwechsels sehr ungenügende Kenntnisse besitzen, können wir noch durch folgende Beispiele beleuchten. Im Lichte oder auf heller Unterlage werden hell, im Dunkeln oder auf dunkler Unterlage werden dunkel von den Arthropoden die Garneelen (Pouchet), Idotea während des Tages (Mauer, Matzdorff), von den Reptilien Stellio (Filippi), Varanus, Agame, Uromastix (Thilenius), von den Amphibien Rana, Hyla u. a., von den Fischen Triela, Gobius u. a. (Pouchet, de Vescovi). Im Lichte dunkel, im Dunkeln hell werden von den Arthropoden Idotea während der Nacht (Bauer), von den Reptilien Chamäleon, Anolis (Lockwood, Carlton), die Froschlarven (Hermann). Hermann’s Beobachtung über das entgegensinnige Verhalten der Hautfarbe der Anurenlarven gegenüber den ausgewachsenen Fröschen scheint nicht vereinzelt zu sein, da nach Wenkebach bei den Knochenfischen die Belone- embryonen auf dieselben Reizungen anders reagieren als erwachsene Tiere. Ä Die ontogenetischen Studien des Farbenwechsels können ohne Zweifel höchst wichtige allgemein physiologische Tat- .sachen hervorbringen. Von diesbezüglichen Untersuchungen wollen wir. besonders auf die interessanten Ergebnisse von Keeble und Gamble an Dekapoden (Crangon) aufmerksam machen: die ontogenetische Entwicklung des Dekapoden-Chromatophorensystems zeigt ein Stadium, worin dasselbe jenem der Schizopoden und besonders dem „primären“ Chromatophorensystem der Macromysis vollständig ähnlich ist. Während der fortschreitenden Entwicklung bildet sich ein vollkommenes „sekundäres“ System aus, das 94 Edward Babäk: primäre System wird ganz verdeckt; die Farbe, die Zeichnung und die zwar nicht sehr ausgiebigen Erscheinungen des Farbenwechsels bei Crangon beruhen nunmehr ausschliesslich auf dem sekundären Chromatophorensystem, wogegen das zwar fortbestehende primäre absolut keine chromatische Bedeutung mehr besitzt. Dieselben Autoren berichten weiter, dass jüngere Individuen von Hippolyte, welche auf Seegras von einer bestimmten Farbe behaftet waren, auf Seegras einer anderen Farbe gestellt weit schneller wirklich um- gefärbt werden als die älteren. Nach van Rynberk’s gründlicher Zusammenstellung der Literatur kann man den fast allgemein anerkannten Unterschied zwischen dem Farbenwechsel der Fische und der Amphibien, welcher für unsere Untersuchungen besonders wichtig ist, so ausdrücken: während Pouchet’s Grundstellung, dass die chromatische Funktion definiert werden muss als ein Komplex von reflektorischen Wirkungen auf die Chromatophoren, deren Ausgangs- punkt von den Gesichtseindrücken gebildet wird, für die Fische wahrscheinlich wohl die Endformüle bildet, nimmt man für die Amphibien (sowie auch für die Cephalopoden und für Chamäleon) an, dass, ihre Hautfärbung vornehmlich durch Haut- oder „Tast“-Erregungen reflektorisch beeinflusst wird, während allen anderen Faktoren nur eine sekundäre Bedeutung zukommt. II. Eigene Untersuchungen. Die Hauptanzahl der Untersuchungen über die chromatische Hautfunktion der Amphibien habe ich an jungen Amblystoma- larven durchgeführt und bei denselben auch die wichtigsten Er- gebnisse erzielt. Weiter wurden Kaulquappen von Rana fusca und esculenta, Hyla arborea, Bombinator igneus u. a., sowie die metamorphosierenden und metamorphosierten Stadien dieser Frösche beobachtet (nebstdem auch Larven von Salamandra maculosa und Triton eristatus). | A. Beobachtungen an Amblystomalarven (Axolotln). Die Tiere, welche bei unseren Versuchen verwendet wurden, gehörten der Art Amblystoma mexicanum Cope (A. tigrinum Laurenti); seit Jahren habe ich von drei mittelgrossen gekauften Larven eine grosse Nachzucht ausgewachsener Tiere erhalten, von denen besonders im späten Herbst und während des ganzen Frühjahrs eine grosse Menge von entwicklungsfähigem Laich dargeboten wird. Eine Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 95 Metamorphose sowohl jüngerer als auch älterer Larven in Land- formen ist mir trotz vielen Bemühungen bisher nicht gelungen, was aber auch fast allgemein in der Literatur angegeben wird: Geyer!) berichtet neuerdings sogar auch von Amblystoma mavortium Baird (A. tigrinum Green), dessen Larvenform früher in der Regel sich in die Landform verwandelt hatte, dass heutzutage bei den Jungtieren oft keinerlei Neigung zur Metamorphose gezeigt wird. Dies würde wahrscheinlich dadurch begründet sein, dass die Tiere seit vielen Generationen nur als Larvenform gezüchtet wurden. Sowohl grössere Larven als auch ausgewachsene seschlechtsreifeWasserformen weisen keinen auf- fälligen Farbenwechsel auf; dies wird wahrscheinlich auch für die metamorphosierte Form oder die Landform gelten und mit den Verhältnissen bei der Mehrzahl geschlechtsreifer Urodelen in Übereinstimmung sein. Bei der Beobachtung der älteren Larven allein würde man kaum auf den Gedanken kommen, die chromatische Hautfunktion bei diesen Tieren zu studieren. Auffälligere Umfärbung habe ich bei grossen Amblystomalarven nur unter abnormalen Be- dingungen beobachtet: so z. B. bei Tieren, denen bei: vernachlässigter Fütterung von ihren Genossen sämtliche Beine aufgefressen und der Schwanz stark zerbissen wurde, oder bei den Tieren, welche zum Zwecke der Metamorphose in ganz seichtem Wasser, so dass sie nicht völlig untergetaucht waren, zu leben gezwungen wurden; es kam hier starke Aufhellung zum Vorschein, welche im ersten Falle nach der Erholung wieder verschwunden ist. Grössere Amblystomalarven sind im ganzen dunkle Tiere, deren Hautfärbung allerdings individuell ziemlich verschieden ist, aber bei einem und demselben Individuum nicht hochgradig sich ändert. Als Beispiel der individuellen Färbungsunterschiede will ich drei aus- gewachsene (20—24 cm lange) Tiere beschreiben, welche seit vielen Monaten unter denselben Bedingungen zusammengehalten wurden (und demselben Laiche angehörten. Zwei davon waren Männchen mit mässig ausgebildeten Kiemen, während das Weibchen die prächtigsten Kiemen von den sämtlichen Zuchttieren aufwies. Die Männchen sind fast gleichmässig schmutzigdunkelbraun gefärbt, das eine sticht violett, das andere rötlich ab; am Kopfe sowie am Rumpfe dorsal sind tiefdunkelbraune Flecke zerstreut, doch sind dieselben beim ersten weit grösser, aber seltener als bei dem zweiten; auf dem Schwanze sind bei beiden 1) H. Geyer, Bemerkungen über den Axolotl und seine verwandte Art, seine Haut und Pflege. Die Umwandlung des Axolotl usw. Blätter f. Aquarien- u. Terrarienkunde 1909 Bd. 20 S. 370. 96 Edward Babäk: bedeutend grössere, aber hellere Flecke anzutreffen; die vorderen Extremitäten sind beim ersten Tiere grau mit braunen Flecken, auch die hinteren Extremitäten sind grau angehaucht, während das zweite Tier braun gefärbte Extremitäten (ähnlich dem Rumpfe) besitzt; distal von den hinteren Extremitäten ist der Rumpf ähnlich wie der Schwanz, besonders bei dem zweiten Tiere mit metallisch glänzenden gelblich weissen Flecken bedeckt; während die ventrale Fläche bei dem ersten Tiere hellgrau ist und nur grössere sehr dunkle Flecke aufweist (kleinere am Kopfe, grössere am Bauche), unterscheidet sich das zweite Tier durch ganz dunkle Unterfläche mit überaus zahlreichen Fleckchen, unter welchen auch dichte weissliche, metallisch glänzende vorkommen. Das Weibchen ist schmutzigdunkelbraun, mit ungemein zahlreichen winzigen Flecken besonders am Kopfe dorsal bedeckt, während am Schwanze grössere und auch goldene ausgedehnte Flecke anzutreffen sind (diese sind auch auf den hinteren, weit minder auf den vorderen Extremitäten bemerkbar); die ventrale Fläche ist hell- grau mit seltenen grossen dunklen Flecken. Auf dem dunkel graubraunen oder schmutzig olivengrünen Grunde sind dunkelgraue bis schwarze Flecke zerstreut, welche dorsal am Kopfe kleiner und dichter sind, besonders in der proxi- malsten Gegend, welche bisweilen davon homogen schwarz erscheint, während von der distalen Kopfgegend uach hinten grössere und seltenere, unregelmässige kontourierte Flecke zu sehen sind; die Schwanzhaut endlich ist grob marmoriert, indem ausgedehnte gelb- liche oder grünliche, oft hell braune und graue (aus dicht gedrängten, gewöhnlich distinkten punktförmigen Chromatophoren bestehende) Felder abwechseln, wozu sich noch ganz unregelmässig und indivi- duell sehr verschieden ausgeprägt weisslich bis golden metallisch glänzende Flecke zugesellen. Die Unterseite der Tiere ist gewöhn- lich heller als Dorsum, und weist seltenere dunkle Flecke auf. Jüngere Larven, sofern sie schon ähnlich wie die ausgewachsenen gefärbt sind, sind manchmal mehr brıun, andersmal eher schwärzlich, seltener auch grünlich gefärbt; ihre helle Unterseite besitzt noch keine Flecke: diese entwickeln sich erst spät; sie sind auch dorsal zuerst nur winzig, aber um so dichter verstreut, so dass die Haut oft regelmässige netzartige dichte Zeichnung besitzt. Bei unseren Beobachtungen des Farbenwechsels der Amblystoma- larven. haben wir vorwiegend die dorsale Fläche des Kopfes und Rumpfes, dann die seitlichen Flächen des Rumpfes und Schwanzes beachtet, während der ventralen Fläche nur nebenbei Aufmerksam- keit gewidmet wurde. Indem unsere Versuchstiere durchweg im Wasser beobachtet wurden, fallen die z. B. bei Fröschen vorkommenden, manchmal Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibıen. 97 sehr bedeutenden Einflüsse der verschiedenen Feuchtigkeit der Körperoberfläche weg. Die Temperatureinflüsse haben wir nur vereinzelt’studiert; dieselben sind im allgemeinen ausgeschlossen worden, da die zu vergleichenden Tiere im gleichtemperierten Wasser gehalten wurden. Die Berührungsreize, welche nach den oben angeführten Berichten bei den Amphibien (Fröschen) oft von ent- scheidender Bedeutung sind, haben bei den Amblystomalarven kaum irgendwelchen auffälligen Einfluss auf die Hautfärbung (s. weiter unten); wenn keine anderen speziellen Angaben gemacht werden, handelt es sich also in unseren Versuchen sämtlich um vollständig glatten Glas- oder Porzellanboden. Wir haben also wesentlich den Einfluss des Lichtes auf die cehromatische Hautfunktion der Amblystomalarven studiert und hier hauptsächlich den schwarzen Chromatophoren Aufmerksamkeit gewidmet. Es müssen zuerst einige Befunde an ausgewachsenen und überhaupt grossen Larven angeführt werden. Wenn man unter sonst gleichen Verhältnissen grössere Amblystomalarven im Dunkeln und im Lichte längere Zeit hält, so findet man die Dunkeltiere durchweg dunkler gefärbt als die Lichttiere; dazu genügt allerdings keinesfalls ein kürzerer Aufenthalt im Dunkeln und im Lichte, sondern man muss gewöhnlich einige Tage abwarten, um den Unterschied ganz klar zu sehen. Es ist bemerkenswert, dass dann die ganze Haut, also sowohl der olivengrüne Grund als auch die dunklen Flecke in der Dunkelheit dunkler, im Lichte heller werden. Dies kommt auch bei kleineren, z. B. 7—8 em langen Larven vor, welche im ganzen schon das Aussehen der ausgewachsenen (bis 25 em langen) Tiere besitzen. Als Beispiel kann folgende Be- obachtung dienen. Zwei 3 cm AxolotIn wurden einige Tage unter sonst gleichen Bedingungen, der eine in vollständiger Dunkelheit, der andere dem diffusen Tageslichte aus- gesetzt (vor einem nach Norden gerichteten Fenster) gehalten. Das Lichttier ist merklich heller, schmutziggrün und grau,‘ während das Dunkeltier auf- fallende schwarze Flecke aufweist, besonders am Kopfe, welcher fast schwarz erscheint. Am 2. Juni wurden die Tiere verwechselt; am 9. Juni ist das jetzige Dunkeltier, besonders am Kopfe merklich dunkel gefärbt. Die Tiere werden weiter unter denselben Bedingungen gehalten, aber das Lichttier wird auch während der Nacht beleuchtet (durch entferntes starkes elektrisches Glühlicht). Am 1. Juli ist das Dunkeltier auffallend dunkel, die 0,5—3 mm grossen Flecke fliessen mit dem dunkelgraugrünen Grunde besonders am Kopfe zusammen, welcher also bei flüchtiger Besichtigung ganz schwarz erscheint; der Rumpf ist E. Pflüger, Archiv für Physiologie, Bd. 131. 7 98 Edward Babaäk: dorsal dunkler als seitlich, man kann jederseits gegen 40 schwarze unregelmässig konturierte Flecke zählen; der Schwanz ist fast durchwegs dunkel, nur un- bedeutende helle, gelblich angehauchte Felder werden entdeckt. Demgegenüber hat das Lichttier hellgraugrünen Kopf, wo vorn ganz kleine, hinten auch grössere, aber seltene schwärzliche Flecke vorkommen; der Rumpf ist gelblich grün ge- färbt, jederseits werden nur etwa 20 dunkle unregelmässige Flecke gezählt; der Schwanz ist ebenfalls gelblichgrün, hellgraue und fast gelbe Felder wechseln fast im gleichen Umfange ab, die Kiemen und Extremitäten sind ebenfalls gelbgrün. — Die Tiere wurden wiederum verwechselt: noch am 5. Juli ist das jetzige Dunkel- tier merklich heller als das jetzige Lichttier. Also auch bei grösseren Larven lassen sich dureh langandauernde Verdunklung oder Beleuchtung deutliche Unterschiede in der Haut- färbung erzielen. Auf diese Weise haben wir bei einer etwa 6 cm langen Larve, welche seit 6 Wochen im seichten veralgten Wasser am Sandgrunde dem diffusen Lichte ausgesetzt wurde, die grossen schwarzen Flecke fast verdrängt; dieselben wurden dann nur an dem auf den Rumpf sich erstreckenden Schwanzsaume an- getroffen, während der Kopf nur winzige graue Fleckchen aufwies, die sonst dunkelgrauen Felder am Schwanze vollständig verblichen, das ganze Tier ganz hell gelblichgrün wurde. Aber selbst unter sonst gleichen Beleuchtungsverhältnissen werden Änderungen der Hautfärbung hervorgerufen, wenn der Untergrund seine Farbe ändert (bei sonst gleicher Beschaffenheit): Larven (etwa 5 cm), welche auf grob gekörntem Sand, welcher durch Zerstückelung schwarzen Marmors gewonnen wurde, einen Tag verbrachten, waren merklich dunkler gefärbt als Tiere, deren Untergrund aus gleich grob zerstückeltem Porzellan bestand; be- sonders die schwarzen Flecke an den Rumpfseiten fliessen bei ihnen zusammen, der Schwanz fällt durch dunkle Färbung auf, der Kopf zeiet grössere und dunklere Flecke als bei den Tieren auf weissem Sand. Nach Verwechslung der Unterlage werden während des anderen Tages (und noch auffallender am folgenden Tage) die Tiere umgefärbt. Es liegt hier also „sympathischer“ Farbenwechsel vor. Ähnliche, aber stärker hervortretende Unterschiede der Haut- färbung je nach der Beleuchtung waren mir an ganz jungen, vor kurzer Zeit aus den Eihüllen entschlüpften Larven be- kannt; da diese zarten Tierchen (etwa 12—15 mm lang) durch- scheinend sind und die einzelnen punktförmigen Chromatophoren leieht zu beobachten sind, kann man bei ihnen sehr gut die chro- Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 99 matische Funktion studieren und insbesondere den Mechanismus des Farbenwechsels infolge der Lichteinwirkung analysieren. Das Licht kann einerseits direkt auf die Chromatophoren ein- wirken, andererseits reflektorisch: man könnte vielleicht die reflektorische Wirkung des Lichtes auf zweierlei Art zustande- -kommen lassen: durch Vermittlung der Augen und durch Vermittlung der lichtempfindlichen Haut. An unseren _Versuchstieren kann man über jeden Zweifel den bedeutenden Ein- fluss der Augen auf den Lichtfarbenwechsel nachweisen, und zu- eleich die Bedeutung der Lichtreizung der Haut zeigen, wobei wir ‚allerdines die weitere Analyse der direkten Lichtreizbar- ‚keit der Chromatophoren und ihrer dureh Lichtreizung der Haut reflektorisch vermittelten Beeinflussbarkeit ausser acht gelassen haben: wenn also im folgenden von in- direkter Lichtreizung der Chromatophoren gesprochen wird, ist damit durchwegs der Augeneinfluss gemeint, während „direkte“ Lichtreizung den weiter nicht analysierten Einfluss des Lichtes auf die Haut bedeutet. Die ersten Versuche über die Beziehung der Augen zur Haut- färbung sind an etwa 17 mm langen, gut sich ernährenden Ambly- stomalarven durchgeführt worden; bei drei Tieren wurden beider- seits die Augen exstirpiert und zwei wurden im diffusen Tageslichte, eins in vollständiger Dunkelheit mit normalen Kontrolltieren gehalten. Die Operation hat keine schlimmen Folgen, wenn sie rasch und genau vollbracht wird, und wenn die Tiere während der Manipulation durch Austrocknung der Kiemen usw. nicht beschädigt werden, was man durch Einwicklung in nasses dünnes Tuch leicht verhindern kann; das hungrige Tier fängt fast unmittelbar nach der Operation kleine Krebstierchen und weist im allgemeinen Befinden keine nachteiligen Abweichungen von dem normalen Tiere auf; im Gegenteile wurde wiederholt beobachtet, dass die blinden Tiere (besonders in der Dunkelheit) sich besser ernähren und schneller anwachsen als die normalen, so dass sogar diese von jenen in zwei Versuchsreihen durch viele Angriffe be- schädigt, ja bis zum Tode gemartert wurden. Von den erwähnten ersten Versuchstieren erschien das Dunkeltier nach 24 Stunden merklich entfärbt, aber dem Lichte ausgesetzt, wurde es nach einigen Stunden wieder dunkler, ähnlich wie die Lichttiere. Nach weiteren 5 Tagen Aufenthalt im Dunkeln war das Dunkeltier ganz hellgelb, während die 7 * 100 Edward Babäk: Lichttiere dunkelgrau ja schwarzscheckig waren; infolge der Be- leuchtung des Dunkeltieres begannen aber in wenigen Minuten die sonst mit blossem Auge nicht wahrnehmbaren Chromatophoren als feine Pünktchen zu er- scheinen, und nach einer Viertelstunde war das Tier nicht mehr strahlend gelb, sondern dunkelgrau gefleckt, allerdings nicht in dem Maasse wie die Lichttiere; ins Dunkle gebracht, wurde es schon nach 3 Stunden stark entfärbt. Nach weiteren 4 Tagen ist das Dunkeltier ganz hellgelb (während das Kontroll- tier dunkel aussieht); dem Lichte ausgesetzt, wird es nach einer halben Stunde mit kleinen dunklen Flecken bedeckt, aber ist im ganzen heller als das Kontroll- tier. Die Lichttiere dagegen sind fast schwarz, wogegen ihre Kontrolltiere bedeutend heller aussehen; nach einer halben Stunde in der Dunkelheit bleiben die Lichttiere unverändert schwarz, wogegen die Kontrolltiere aufgehellt wurden. Nach einer weiteren halben Stunde ist das Dunkeltier am Lichte fast dunkler als sein Kontrolltier, während die Lichttiere im Dunkeln weiter schwarz bleiben. Am folgenden Tage ist das Dunkeltier am Lichte etwas dunkler als sein Kontrolltier, die Lichttiere im Dunkeln sind fortwährend sehr dunkel gefärbt. Nach weiteren 24 Stunden ist das Dunkeltier am Lichte auffallend dunkler als das Kontrolltier, die Liichttiere im Dunkeln behalten ihre dunkle Färbung noch weiter. Nach noch weiteren 24 Stunden ist das dem Lichte ausgesetzte Dunkel- tier nicht so dunkel, wie die schon so lange im Dunkeln verbleibenden Lichttiere. Erst nach folgenden 48 Stunden, also im ganzen nach 5 Tagen sind die Licht- tiere im Dunkeln heller als ihre schwarzgefleckten Kontrolltiere, und dieser Unterschied wird in weiteren 2 Tagen noch auffallender, während das Dunkel- tier im Lichte ganz schwarz wird (im Gegensatze zu seinem hellen Kontrolltier). Schon durch diesen Anfangsversuch wurde nachgewiesen, dass die Augen einen bedeutenden Einfluss auf den Farben- wechsel ausüben; die chromatische Hautfunktion der Amblystomalarven — kann man sogar schliessen — istin der Norm durch die Licehtreizung der Augen reguliert; nach der beiderseitigen Enukleation ist sie allerdings nicht vernichtet, doch die Farbenwechselerscheinungen verlaufen dann in der Dunkelheit und im Lichte ge- radezu gegensinnig als es bei den grösseren Ambly- stomalarven und überhaupt bei den Amphibien die Regel ist (indem die geblendeten Tiere in der Dunkelheit völlig aufgehellt, im Lichte vollständig dunkel werden). Die direkte und die indirekte Beeinflussung des Chromatophoren- apparates durch das Licht sind entgegengesetzt ge- richtet. Nachdem diese bemerkenswerte Beziehung der Augen zur chro- matischen Hautfunktion sichergestellt wurde, wodurch man lebhaft Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 101 an die Verhältnisse bei den Fischen und bei den Arthropoden er- innert wird, habe ich eine Reihe von Untersuchungen angestellt, um eingehendere Kenntnisse über das Zustandekommen der reflektorischen Beinflussung der Chromatophoren durch die Netzhäute zu gewinnen. Die normalen, beiderseitig und einseitig geblendeten Tiere wurden in kurzen, aber auch viele Tage dauernden Zeit- abschnitten abwechselnd im vollen diffusen Lichte (oder auch kürzere Zeitintervalle im Sonnenlichte) und in voller Dunkelheit gehalten und ihre Farbenwechselerscheinungen genau registriert; die Be- obachtungen wurden 7 Monate fortgesetzt, während welcher Zeit die ursprünglich ganz jungen Tiere mächtig herangewachsen sind und die für erwachsene geschlechtsreife Wasserform charakteristische Färbung angenommen haben. Während der zwei Ferienmonate hat die Versuchstiere Herr cand. med. B. Vrbensky überwacht, wofür ich ihm auf dieser Stelle herzlichen Dank ausspreche. Die allgemeinen Ergebnisse lassen sich auf diese Weise prä- zisieren. Die indirekt vermittelten Farbenänderungen sind im ganzen Schneller, aber bewegen sich in weit engeren Grenzen als die ohne Augen zustandekommenden Lichteinflüsse auf die Haut. Das geblendete Tier zeigt im Lichte und im Dunkeln, besonders nach längerer Zeit (einigen Tagen) die grösst- möglichen Kontraste in seinem Aussehen, indem es extrem geschwärzt oder extrem aufgehellt wird; im ersten Falle sieht bei flüchtiger Beobachtung das Tier sogar homogen pechschwarz aus, und erst bei genauer Betrachtung lassen sich zwischen dichten tief- schwarzen Flecken etwas hellere unregelmässige entdecken; im zweiten Falle ist das Tier fast durchscheinend, strohgelb gefärbt (individuell auch dunkler braungelb), und die Chromatophoren sind kaum zu sehen, da sie ganz punktförmig sind (individuell kommen sie allerdings auch deutlich zum Vorschein, indem sie unregelmässige dunkle Fleckehen bilden, welche aber gewöhnlich nicht zusammen- fliessen, so dass der gelbe Grund dadurch besonders am Rücken des Kopfes und an den Seiten des Rumpfes schmutzig verfärbt wird). Man kann die durch Vermittlung der Netzhäute ent- stehende Beeinflussung der Chromatophoren in zweierlei Richtung charakterisieren: einerseits beherrschen die 102 Edward Babak: Augen die Amplituden der Chromatophorenbewegungen, indem sie im Lichte die Strebung derselben zur extremen Distension, im Dunkeln aber ebensolche zur extremen Kontraktion verhindern ; andererseits werden die Chromatophorenbewegungen unter der Herrschaft der Netzhäute schneller vollführt als bei direkter Beeinflussung der Haut durch die Beleuchtung. Demzufolge sieht man die normalen jüngeren Amblystomalarven im Liehte sowohl wie im Dunkeln schmutzig braungelb gefärbt, nur im Lichte heller, im Dunkeln dunkler, indem im Lichte die Chromatophoren eingezogen, im Dunkeln bis zum Zusammen- fliessen der dunklen Fleckchen ausgestreckt werden. Die Netzhäute üben, je nachdem sie ungereizt oder beleuchtet werden, einen so starken regulierenden Einfluss auf die Chromatophorenbewegungen aus, dass dadurch der oben hervorgehobene gegensinnige Farbenwechsel zustande kommt, im Ver- gleiche mit den geblendeten Tieren. Die im Lichte zur extremen Expansion hinstrebenden Chromatophoren werden durch die Netz- häute darin gehemmt, ja sogar zur merklichen Kontraktion ge- zwungen, wenn man die Kontrolltiere zum Vergleiche heranzieht; die durch das Licht ungereizten Netzhäute verhindern nicht nur die extreme Kontraktion der Chromatophoren in der Dunkelheit, sondern rufen sogar merkliche Ausbreitung derselben hervor, so dass die Tiere dunkler werden als die Zeugen. Das Zentralnerven- system besitzt also (bei jüngeren Amblystomalarven) vermittels der Netzhäute die vollkommene Herrschaft über die Chromatophoren resp. über ihre eigene (oder durch Lichtreizung der Haut reflektorisch vollbrachte) Reizbarkeit. Dieses Ergebnis ist, wie aus der oben dargebrachten Literatur- übersicht ohne weiteres folgt, in seiner so scharfen, aber über jeden Zweifel begründeten Formulierung für die Amphibien ganz neu. Man wird da nur an die Angaben von Keeble und Gamble bei den Schizopoden lebhaft erinnert, wo auch die geblendeten Tiere den Farbenwechsel zeigen und zwar im entgegengesetzten Sinne als normale Tiere, wo aber die direkte Lichtreizbarkeit der Chromatophoren sehr wenig bedeutet in den Erscheinungen des normalen Farbenwechsels, indem dieser reflektorisch vom Auge aus und zwar im entgegengesetzten Sinne als der direkte überwiest. Bei den Amphibien wird aber entweder jedweder Einfluss der Netzhäute auf die chromatische Hautfunktion abgesprochen (z. B. Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 103 Steinach, Bimmermann; sehr geringe Bedeutung schreibt den Augen der Frösche Biedermann zu), nder abweichend angegeben (z. B. sollen die geblendeten Frösche nach Lister keinen Farben- wechsel zeigen, indem sie sowohl in grellster Beleuchtung als im Dunkeln von derselben unveränderlichen dunklen Farbe bleiben, oder nach Fubini verliert die Hautzeichnung der Frösche nach der Blendung an Intensität, — nur Dutartre nähert sich in gewisser Riehtung unseren Ergebnissen, indem er bei blinden Eskulenten viel langsameren Farbenwechsel angibt; doch in unseren Versuchen handelt es sich um weit durchgreifendere Unterschiede der normalen und seblendeten Tiere). Nicht einmal bei den Fischen findet man ähnliche Verhältnisse verzeichnet (z. B. nach Pouchet nimmt die Haut der geblendeten Tarbutten eine mittlere Färbung an). Bei den Reptilien finden wir Anklänge, aber nicht die reflektorische Netz- hauteinwirkung, sondern nur die reflektorische Hautreizung betreffend, bei Brücke, welcher bei den Chamäleonen das Licht sowie die Dunkelheit als Reize durch Vermittlung der sensiblen Hautnerven auf die Chromatophoren einwirken lässt. Gegenüber dieser Anschauung Brücke’s gibt van Rynberk die folgende Erklärung der diesbezüglichen Farbenwechselerschei- nungen beim Chamäleon: die Chromatophoren besitzen eine doppelte, und zwar gegensinnige Erregbarkeit, eine für Licht und eine für nervöse Reize. Das Nervensystem erhält die Chromatophoren in einem mässizen Tonus; fällt dieser weg, da dehnt das Pigment sich aus, steigert er sich, so ballt es sich zusammen. Bei mässigem nervösen Tonus kann intensiver Lichtreiz eine Ausdehnung des Pig- mentes bewirken, und Dunkelheit eine Zusammenballung. Tritt aber eine starke nervöse Erregung auf, da ballt das Pigment sich auch bei starkem gleichzeitigem Lichtreiz zusammen; fehlt der tonische nervöse Reiz, da ist auch der stärkste negative Lichtreiz — absolute Dunkelheit — nicht imstande, das Pigment zusammenzuballen, und es dehnt sich passiv aus. Überhaupt erwartet van Rynberk von der Bestätigung einer direkten, vielleicht mit der reflektorischen Reaktion antagonistischen Reizbarkeit der Pigmentzellen sehr viel, indem hier der Ausgangspunkt für wichtige Untersuchungen über die allgemeine Physiologie der Chromatophoren gefunden werden könnte; doch bei den Reptilien, fühlt der Autor, ist diese Möglichkeit weit zurückgerückt, seit wir die gegensinnige Reagierungsweise der Mela- nophoren naheverwandter Echsenarten kennengelernt haben, und 104 Edward Babäk: weil wir von der Natur der Chromatophorenbewegungen bei den Reptilien nichts wissen. Aber für die Amphibien (Anuren) nimmt van Rynberk nur eine Art von leichtem Kontraktionstonus an, indem er zugleich dem Lichtreize einen gleichsinnigen direkten tonischen Einfluss zuerkennt, auf welche Weise er begreifen lässt, dass man die Folge des Verlustes des nervösen Tonus nach Nervendurchtrennung in einem stark be- lichteten (oder stark geheizten) Raume oder im Sonnenlichte kaum spüren soll. Die Untersuchungen über den Farbenwechsel der Amblystoma- larven führten uns zu Ergebnissen, welche sich durch die von van Rynberk auf Grund der bisherigen Beobachtungen formulierte Hypothese nicht erklären lassen; unsere Resultate zeigen, was den indirekten, reflektorisch vermittelten Einfluss (der Augen) auf den Farbenwechsel betrifft, viel grössere Verwandtschaft mit der Vor- stellung über die chromatische Hautfunktion der Reptilien, wie dieselbe van Rynberk konstruiert hat, als mit seiner für die Amphibien gelten sollenden Formulierung. Es lässt sich kaum darüber zweifeln, dass die Chromato- phoren der Amblystomalarven in beiden Phasen ihrer Bewegungen — sowohl bei ihrer Ausbreitung als auch bei der Zusammenballung — durch das Zentra!lnervensystem be- herrscht werden, und zwar wird diese mächtige doppelte Innervation durch die Netzhäute bedingt. Den Netzhäuten muss man zweierlei entgegengesetzte Beeinflussung des Zentralnervensystems zusprechen, jenachdem dieselben beleuchtet oder verdunkelt werden. Die verdunkelten Netzhäute wirken ebenfalls positiv, d. h. bewegungs- auslösend, auf die Chromatophoren ein, wie die durch das Licht gereizten Netzhäute, aber im entgegengerichteten Sinne. Die Vernichtung der Netzhäute hat ganz verschiedene Folgen als ihre Verdunkelung, oder anders gesagt: die Netzhäute sind auch bei völligem Liehtabsehluss tätig, und zwar in entgegengesetzter Richtung, als bei starker Beleuchtung. Daraus ist zu ersehen, dass es vielleicht nicht zutreffend ist, wenn man z. B. bei den Arthropoden die Schwärzung oder Lackierung der Augen der Blendung der Tiere gleich- setzt; denn die verdunkelten Augen sind wohl tätig und be- Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 105 einflussen das Zentralnervensystem, allerdings anders als bei der Liehteinwirkung, während die Entfernung der Augendie Beeinflussung des Zentralnervensystems durch dieselben vernichtet. — Wir haben oben die auffallenden Einwirkungen der verdunkelten und beleuchteten Netzhäute auf die Chromatophoren als „Hemmung, Verhinderung“ charakterisiert, indem wir an die extrem vollführten gegensinnigen Chromatophorenbewegungen (extreme Ausbreitung im Lichte, extreme Zusammenballung in der Dunkelheit) nach der Ent- fernung der Augen gedacht haben. Das Licht, welches bei direkter Einwirkung auf die Haut ihre extreme Verdunkelung verursachen würde, ruft bei gleichzeitiger Reizung der Netzhäute im Gegenteile ihre Erbleichung — und die Dunkelheit umgekehrt: es werden also die Chromatophorenbewegungen, welche ohne die Netzhäute zustande kommen würden, durch die Netzhäute vereitelt und sogar ihnen entgegengerichtete hervorgebracht. Man wird hier wohl nicht zweierlei nervöse Hemmungswirkungen, einander entgegen- gesetzt, annehmen, sondern zweitonischelnnervationsarten der beiden Bewegungsphasen der Chromatophoren: dieChromatophoren-Ausbreitungsinnervation entspringt den verdunkelten Netzhäuten 'und ist zuweilen so stark, dass sie die Tendenz der gleichfalls verdunkelten Chromatophoren sich extrem zusammenzuballen überwindet und Verdunkelung der Haut hervorruft; de Chromatophoren-Zusammenballungs- innervation entspringt den beleuchteten Netzhäuten und ist zuweilen so stark, dass sie die Tendenz der gleichfalls beleuchteten Chromatophoren, sich extrem auszubreiten, überwindet und Erbleichung der Haut bewirkt. Während kürzerer Verdunkelung oder Beleuchtung der Tiere sowie bei kleineren Unterschieden der Beleuchtungsintensität sind die normalen Tiere mehr oder minder dunkelbraungelb gefärbt, — durch länger andauernde oder starke Beleuchtungs- unterschiede können die normalen Tiere aber sanz extrem und umgekehrt gefärbt werden als die geblendeten. Ich besitze heute zwei geblendete, seit 4 Monaten in voller Dunkelheit erzogene Amblystomalarven, welche fast unpigmentiert aussehen, ganz hellgelblich und durchscheinend sind (allerdings bei genauerem Zusehen bemerkt man leicht die Chromatophoren als winzige Pünktchen); demgegenüber sind drei normale, als Kontrolltiere in 106 Edward Babaäk: demselben dunklen Raume ebensolange aufbewahrten Larven tief dunkel gefärbt; und im Gegensatze dazu sind die normalen im Lichte erzogenen Tiere mittelbraun, die geblendeten aber dunkel gefärbt (einige seit 6 Monaten gehaltene sogar pechschwarz). In Beziehung zu diesen extremen und untereinander wiederum entgegengerichteten Farbenwechselerscheinungen, welche bei normalen und bei geblendeten, einerseits im Lichte, anderseits in der Dunkelheit gehaltenen Amblystomalarven zustande kommen, können wir die weiteren gewonnenen Erfahrungen anführen: dass nämlich kleinere Exkursionen der Chromatophorenbewegungen sich bedeutend schneller je nach den Beleuchtungs- verhältnissen wechseln lassen als die extremen Aus- breitungs- oder Zusammenballungszustände; und zwar sind hier die diesbezüglichen Umfärbungen wieder leichter bei den normalen als bei dender Netzhautregulation beraubten Tieren hervorzurufen; endlich glaube ich behaupten zu dürfen, das bei den jungen Larven die Umfärbungen leichter durehführbar sind als bei den grösseren und gar bei den er- wachsenen Tieren. So z. B. kann man bei den jungen Larven während einiger Stunden (ge- wöhnlich in einem Tage) auffallende Aufhellung der dunklen, aus dem dunklen Raume genommenen Tiere im Lichte bewirken und dann während 24 Stunden dauernder Verdunkelung wiederum ihre Schwärzung hervorrufen usw.; auch bei manchen geblendeten Individuen liessen sich ähnlich schnelle, allerdings im um- gekehrten Sinne erfolgende Umfärbungen erzielen. Als aber z. B. normale Larven 20 Tage in voller Dunkelheit gehalten worden waren, so behielten sie dann auch bei immerwährender Beleuchtung (durch das Tageslicht und in der Nacht durch starkes elektrisches Licht) fast 48 Stunden ihre schwarze Farbe, und erst während der folgenden Tage konnte eine auffällige Aufhellung: bei einigen Tieren beobachtet werden, während andere nur ganz langsam sich um- färbten. In einer anderen Versuchsreihe wurde eine normale und eine blinde Larve 9 Tage im Lichte gehalten (die erste wurde mittelbraun, die zweite schwarz gefärbt); in der Dunkelheit wurde das normale Tier nach 5 Tagen sehr dunkel, während das blinde anfing, etwas zu verbleichen; nach 12 Tagen der Dunkelheit ist das normale Tier schwarz, das blinde etwas heller, nach 23 Tagen das normale schwarz, das blinde merklich heller; nachdem beide Tiere auch während der Nacht im Lichte gehalten wurden, konnte schon am folgenden Tage an dem normalen eine merkliche Aufhellung konstatiert werden (das Tier war schwarz- braun, nicht mehr schwarz), das blinde aber war heller als das Kontrolltier; nach 3 Tagen der Belichtung verblieb das blinde Tier noch immer ein wenig heller, nach 6 Tagen erst wurde es dunkler als das dunkelgelbbraune Kontrolltier; nach 11 (und noch mehr nach 14 Tagen) wurde das blinde Tier tiefdunkel, das normale hellgelbbraun, usw. Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 107 Im ganzen sind die Einwirkungen des Lichtes, und hier wiederum besonders bei den normalen Tieren, sehneller und ausgiebiger als die Einwirkungen der Dunkelheit, so dass man ungefähr folgende Reihe der Umfärbbarkeit auf- stellen könnte: am leichtesten erfolet die Aufhellung der normalen Tiere im Lichte, dann die Verdunkelung der blinden Tiere im Lichte und die Verdunkelung der normalen Tiere in der Dunkelheit, am schwierigsten die Erbleichung der blinden, nach langem Aufenthalte im Lichte vollständig geschwärzten Tiere in dr Dunkelheit. Durch intensives Lieht — direktes Sonnenlicht — kann man aber die Ver- dunkelung der aufgehellten blinden Tiere in wenigen Minuten herbei- führen. Die oben erwähnten Erscheinungen der veränderten Reizbarkeit des Chromatophorenapparates (und zwar sowohl der direkten als auch der indirekt — durch die Augen — vermittelten) erinnern an einige Beobachtungen Pouchet’s, von welchen van Rynberk berichtet: Nach Pouchet zeigten kleine Tarbutten, welche längere Zeit auf demselben Grund gelebt hatten, eine unvergleichlich trägere Reaktion und brauchten das erste Mal selbst einige Tage zur völligen Umänderung ihrer Farbe, während die Tiere, welche einige Zeit im hölzernen Kasten mit teilweise hellem, teilweise dunklem Boden aufbewahrt worden waren und auf diese Weise zu einer erossen „Übung“ Gelegenheit gehabt hatten, die kürzeste Reaktions- zeit zeigten. Van Rynberk selbst hat ähnliche Verhältnisse bei zwei Pleuronektidengattungen (Solea und Rhomboidichthys) sicher- stellen können. Aus meinen Versuchen folgt ohne Zweifel, dass, solange ich jeden Tag die Amblystomalarveu in andere Lichtverhältnisse gebracht hatte, ungemein rasche und ausgiebige Umfärbungen zustande kamen, während die langandauernde Beleuchtung und Verdunkelung die Reaktionsschnelligskeit bedeutend herabsetzte. Es würde sich lohnen, diese Übungs- und Gewöhnungsfähigkeit des pigmentomotorischen Apparates einer eingehenden Untersuchung zu unterwerfen; Pouchet selbst hatte schon auf Grund seiner Frfahrungen auf die Möglichkeit gedacht, dass man auf diese Weise experimentell extreme Varietäten züchten könnte, eine mit vorzüglicher Farben- wechseltätiekeit, eine ohne dieselbe. Man muss aber auch mit der von mir oben angeführten Beobachtung rechnen, dass mit dem 108 Edward Babäk: Alter — wenigstens bei den Amblystomalarven — die Schnelliekeit sowie Ausgiebigkeit der chromatischen Hautfunktion abnimmt. Es wird mir vielleicht bald möglich sein, über diese Sachen neue und ausgedehntere Nachriehten zu veröffentlichen. Bei den bisherigen Versuchen hat mich hauptsächlich das Verhalten der normalen Tiere überrascht: dass die geblendeten, extremen Farbenwechsel im Lichte und in der Dunkelheit aufweisenden Tiere nach längerer Zeit nur allmählich umgefärbt werden, ist leicht begreiflich, aber bemerkens- wert ist, dass auch die normalen Tiere, deren Netzhäute sonst so prompt die Chromatophoren beherrschen, durch längere Verdunkelung oder Beleuchtung stark beeinflusst werden; es müssen da gewaltige Änderungen in den Netzhäuten hervorgebracht werden, von denen man bisher keine näheren Kenntnisse besitzt. — Ich habe in den bisherigen Erwägungen und Berichten der Ökologie des Farbenwechsels bei den Amblystomalarven keine Aufmerksamkeit gewidmet; es ist dies ohne Zweifel die schwierigste Frage, was man am besten daraus ersehen kann, was van Rynberk über die Zweckmässigkeit und Nützlichkeit der chromatischen Hautfunktion angeführt hat. Auf dieser Stelle will ich auch nur einige von meinen Beobachtungen über die Be- ziehung des Untergrundes zum Farbenwechsel erwähnen, da ein- gehende Untersuchungen über diese Frage erst durchgeführt werden Sollten. Werden normale und geblendete Tiere dem Lichte (auch in der Nacht) teils in weissen, teils inschwarz lackierten Porzellanschüsseln ausgesetzt, so werden am folgenden Tage die normalen Tiere auf schwarzem Grunde merklich dunkler angetroffen als die geblendeten auf weissem Grunde (obwohl, wie oben auseinandergesetzt wurde, diese sonst extrem geschwärzt, jene stark aufgehellt werden); nach zwei Tagen sind beiderlei Tiere ungefähr gleich tiefdunkel gefärbt; die geblendeten auf schwarzer Unterlage sind aber etwas heller (die normalen auf weisser Unterlage sind allerdings sehr hell). Man bemerkt sofort die bedeutende Abweichung dieser Resultate, welche durch Verschiedenheit der Unterlagen erzielt wurden, von den Ergebnissen bei der Einwirkung totaler Be- leuchtung und Verdunkelung. Sie springt um so mehr in die Augen, wenn man die Lage der Netzhäute ‚bei den Amblystoma- larven in Erwägung zieht; denn das Licht fällt in die Augen dieser Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 109 Tiere hauptsächlich von oben und von vorn seitlich. Und doch werden die Larven, dem vollen diffusen Lichte ausgesetzt, dunkel, wenn die Unterlage schwarz ist, während die weisse Unterlage starke Aufhellung bedingt; im ersten Falle wird allerdings viel Licht von der Unterlage absorbiert, doch die Liehtmenge, welche auf die Netzhäute fällt, wird kaum bedeutend vermindert, so dass dieser Unterschied des Farbenwechsels durch Ver- schiedenheit der Lichtintensität nicht erklärbar ist. Während es mir vom kausalen Standpunkte bisher nicht gelungen ist), diese Erscheinung zu analysieren, ist die teleologische Bedeutung derselben ohne weiteres klar: die normalen Tiere fliessen am Lichte vollständig mit der schwarzen Unterlage zusammen, so dass man auch bei aufinerksamer Betrachtung von oben erst all- mählich die einzelnen Tiere entdeckt. Demgegenüber sind die ge- blendeten Tiere zuerst leicht unterscheidbar, indem sie erst später durch direkte Lichtbeeinflussung der Chromatophoren geschwärzt werden. Ohne Zweifel sind also die Verhältnisse der chromatischen Haut- funktion der Amblystomalarven noch weit komplizierter, als es bisher bekannt ist. Man wird vielleicht noch von anderen Seiten neue Gesichtspunkte erwerben können; so z. B. scheint auch die gelbe Grundfärbung dieser Tiere neben den Oszillationen der schwarzen Chromatophoren veränderlich zu sein; aus den Protokollen ist zu. ersehen, dass bei den normalen Tieren zuweilen, auch nach längerer Einwirkung der Dunkelhelt, auffallende gelbe Färbung vor- kommt, ja dieselbe kann sogar, besonders wenn die Chromatophoren punktförmig zusammengeballt sind, leuchtend sich hervorheben; anders- mal ist die gelbe Grundgoldfärbung dunkelschmutzig, eher bräunlich, unabhängig von den schwarzen Chromatophoren; bei den geblendeten, in der Dunkelheit gehaltenen Tieren verbleicht die gelbe Grundfärbung oft vollständig, so dass die Tiere, auch bei vollständig zusammen- geballten schwarzen Chromatophoren, nur unbedeutend gelblich an- 1) Es ist bemerkenswert, dass die normalen Tiere auch im direkten Sonnenlicht auf schwarzer Unterlage schwarz werden. — Ich habe behufs weiterer Analyse partielle Beleuchtung, einerseits von oben auf dunklem Grunde, andererseits von unten bei schwarzem Obergrunde eingerichtet, wie es Bauer in seinen Untersuchungen (Über einen objektiven Nachweis des Simultankontrastes bei Tieren, Zentralbl. f. Physiol. Bd. 19 S. 453) gemacht hatte, doch bin ich zu keinen entscheidenden Ergebnissen gekommen. 110 Edward Babak: gehaucht sind und eher ungefärbt imponieren. Demzufolge werden die normalen Tiere bei der Ausbreitung der Chromatophoren braun- gelb, braun, braunschwarz, und bei kleineren Tieren, wo besonders ‘oberhalb der Labyrinthen gewöhnlich unpigmentierte Stellen an- zutreffen sind, scheinen diese “dunkelgelb durch, wogegen die ge- blendeten Tiere bei der Ausbreitung der Chromatophoren grau, dunkel- grau und völlig schwarz aussehen, die Labyrinthe scheinen weisslich durch (und ebenfalls andere von schwarzen Chromatophoren freie Felder). — An dem Farbenwechsel nehmen auch die chromatophoren- haltigen Gefässscheiden, besonders in den Kiemen, ganz auf- fälligen Anteil. — Es galt auch noch die Farbenwechselerscheinungen nach der einseitigen Blendung durchzuforschen. Bei den Arthrostraken hat Matzdorff bei Idotea nach der einseitigen Lackierung des Auges keine Änderung in der Art oder im Umfang der Umfärbung verzeichnen können. Paul Bert hat nach Abtragung einer Grosshirnhemisphäre beim Chamäleon, womit der Verlust des anderseitigen Auges verbunden ist, die Haut der- selben Körperseite viel heller gefunden; die Abtragung eines Auges hat ein Hellwerden derselben Seite zur Folge, Abtragung des zweiten Auges erzeugt wieder das Gleichgewicht. Pouchet gibt zwar an, dass bei Forellen nach Zerstörung nur eines Auges eine einseitige Färbungsveränderung beobachtet wird; aber spätere Versuche an verschiedenen Fischen führten ihn zu ganz anderen Ergebnissen: es soll die einseitige Augenexstirpation für die Hautfärbung und für den Farbenwechsel im allgemeinen erfolglos sein. Nur bei einer Tarbutte schien Exstirpation des linken Auges, d. h. jenes der nach ‘oben gerichteten pigmentierten Körperhälfte entsprechend, eine be- stimmte Verringerung der Umfärbungsfähigkeit verursacht zu haben, so dass das einäugige Tier sich nur wenig von beiderseits blinden Exemplaren unterschied. Aber nach van Rynberk ist auch die Exstirpation beider Augen bei einigen Plattfischen nicht so konstant und ausgeprägt mit der Verringerung der Umfärbungsfähiekeit ver- bunden, als man nach Pouchet’s Angaben hoffen könnte. Unsere Ergebnisse nach einseitiger Augenexstirpation bei Am- blystomalarven oszillieren im ganzen so, dass die einäugigen Tiere sich bald eher wie die normalen, bald wieder eher wie die total seblendeten benehmen. — Die für normale und blinde Tiere so charakteristischen, im Lichte und in der Dunkelheit einander ent- Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 111 gegengerichteten Umfärbungen werden nicht mehr regelmässig angetroffen; die einzelnen Individuen unter- scheiden sich untereinander ungemein so, dass jene individuellen Ab- weichungen, von denen wir bei normalen und blinden Tieren ge- sprochen haben, dagegen in den Hintergrund treten. Die extremen Umfärbungen, welehe wir nicht nur bei den blinden, sondern nach lange andauernder Belichtung oder Verdunklung auch bei den normalen Tieren auftreten sahen, fehlen bei den einäugigen Larven fast vollends; man sieht gewöhnlich ihre Chromato- phoren nur kleine Amplituden in beiderlei Richtung um die Mittel- lage ausführen unter Bedingungen, wo bei den blinden oder sogar auch bei den normalen die Extreme erreicht werden. Auch diese Unregelmässigkeiten im individuellen Benehmen, als auch die Verringerung der Farbenwechsel- fähigkeit der einseitig geblendeten Tiere legen dafür Zeug- nis ab, dass die normalen Farbenwechselerscheinungen vorwiegend durch die beiden Netzhäute reguliert werden; die eine Netzhaut ist dazu ungenügend; es konnte keine Beobachtung gemacht werden, welche dafür sprechen würde, dass das eine Auge die pigmentomotorische Innervation nur oder vorwiegend in einer Körperhälfte beherrscht, im Gegenteile scheint sich die pigmentomotorische Tätigkeit der beiden Netz- häute im Zentralnervensystem zu summieren und auf die sämtlichen Chromatophoren zu erstrecken. Endlich habe ich besondere Aufmerksamkeit der ontogeneti- schen Entwicklung der chromatischen Hautfunktion bei den Amblystomalarven gewidmet. Zu diesem Zwecke habe ich eine Menge von eben gelegten Furchungsstadien im Dunkeln aufbewahrt, während die Kontrollembryonen unter sonst gleichen Verhältnissen im diffusen Lichte sich entwickelten. Es handelte sich mir darum, nachzuweisen, ob und in welchem Grade die ohne Lichtzutritt entwickelten Netzhäute die Chromatophorentätigkeiten beeinflussen. Nachdem die Entwicklung zur vollständigen Augenausgestaltung fortgeschritten war, entfernte ich bei einigen Exemplaren, sowohl in der Dunkelheit als auch im Lichte, die Augen. Als allgemeines Ergebnis von vier ähnlichen Versuchsreihen lässt sich folgendes anführen. 112 Edward Babäk: Die pigmentomotorische Funktion der Netzhäute scheint sich erst allmählich zu entfalten, wogegen die direkte Reizbarkeit der Chromatophoren schon früher besteht. Diesem Umstande ist zuzuschreiben, dass die ganz jungen normalen Amblystomalarven zuerst in der Dunkel- heit heller, im Lichte dunkler werden können, also denjenigen Farbenwechsel aufweisen, welchen wir sonst nur bei seblendeten älteren Larven erkannt haben. Als zweiter Beleg dafür, dass die jungen Netzhäute noch keine pigmentomotorische Funktion besitzen, dient die Tatsache, dass man während der ersten Tage nach der Blendung ganz junger Amblystomalarven oft keinen bestimmten Unterschied in der Färbung der normalen und blinden Tiere finden kann; derselbe entwickelt sich später, wobei bedeutende individuelle Verschiedenheiten bestehen. Es müssen also in den sich entwickelnden Netzhäuten gewisse Bedingungen erreicht werden, damit dieselben mittels des Zentral- nervensystems die Chromatophorenbewegungen beherrschen und dem Farbenwechsel der Haut das charakteristische Gepräge verleihen könnten, nämlich die Fähigkeit, im Lichte zu erbleichen, in der Dunkelheit sich zu verdunkeln. Vielleicht fällt der Zeitpunkt des Hervortretens der pijgmentomotorischen Funktion der Netzhäute mit demjenigen ihrer Befähigung zur Gesiehtstätigkeit zusammeu; doch es lassen sich bei den kleinen Wesen schwer die Untersuchungen über ihre Sehtätigkeit anstellen, um so schwieriger also der Zeitpunkt ihres Beginnes sicher- stellen. Wenn man nun diese Versuchstiere während weiterer Wochen und Monate beobachtet, so sieht man ähnliche Unterschiede ihrer Färbung sich entwickeln, wie wir sie oben beschrieben haben. Die normalen Tiere werden im Lichte heller, in der Dunkel- heit dunkler; die blinden werden im Lichte tief dunkel, in der Dunkelheit sehr hell. Die normalen Lichttiere sind endlich ungefähr den blinden Dunkeltieren gleichgefärbt oder werden sogar noch heller; die normalen Dunkeltiere gleichen ungefähr den blinden Liehttieren oder werden sogar noch dunkler gefärbt. Man sieht nach 4 Monaten des. immer- währenden Lebens einerseits im Lichte, andererseits stets in der Dunkelheit die Extreme der Hautfärbung zustande kommen. Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 113 B. Beobachtungen an Anurenlarven. Wenn die an ganz jungen Amblystomalarven gewonnenen Erfahrungen sich für die Amphibienlarven verallgemeinern liessen, dann würde Hermann’s Angabe über den Farbenwechsel der Anurenlarven, welcher demjenigen der erwachsenen Anuren ent- gegengerichtet sein soll, leicht begreiflich sein, indem es sich bei den larvalen Stadien um direkte Chromatophorenbeeinflussung durch das Licht handeln würde, welche erst nachträglich durch die im umgekehrten Sinne erfolgende Innervation von den Netzhäuten bezwungen würde. Doch es scheint mir, dass das Verhalten des pigmentomotorischen Apparates der Anurenlarven schon in frühen Entwicklungsstadien mit den von mir bei den Amblystomalarven sichergestellten Verhält- nissen übereinstimmt, also ihre Chromatophoren schon früh- zeitig (ich kann allerdings bisher nieht angeben, von welchem Zeit- punkte angefangen) durch die Augen in einer der direkten Liehtbeeinflussung gegensinnigen Weise beherrscht werden, wogegen die in der Entwicklung fort- geschrittenen Larven (wahrscheinlich schon vor der Metamor- phose) und besonders die metamorphosierenden und metamorphosierten Stadien sich diesem Einflusse der Netzhäute allmählich wiederum entziehen. Es müssen aber erneute Untersuchungen über diese Verhältnisse angestellt werden: im folgenden werde ich mich auf einige von den bisherigen Ergebnissen beschränken. Vor allem kann ich auf Grund von wiederholten Versuchs- anstellungen über den Einfluss des verschiedenfarbigen und weissen Lichtes sowie der Dunkelheit auf die Entwicklung von Rana fusca (und zwar von befruchteten Eiern angefangen) anführen, dass die Pigment- resp. Chromatophorenentwicklung auch bei völligem Licht- abschluss stattfindet. Durch verschieden intensive Lichteinwirkung, besonders aber auch durch verschiedenen Untergrund können grosse Unterschiede in der Entwicklung der Färbung und Zeichnung hervorgerufen werden; so erwähne ich besonders die silberglänzenden ganz hellen Tiere, welche monatelang im vollen diffusen Lichte auf weissen Porzellanschüsseln gezüchtet wurden. Bei etwa 15 mm langen Kaulquappen von Rana fusca besteht kein Zweifel über die Beziehung zwischen den Netz- häuten und Chromatophoren, wie folgendes Beispiel zeigt. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 8 114 Edward Babäk: In 14 Tagen nach der Exstirpation der Augen sind sechs dem diffusen Lichte ausgesetzte Larven tief dunkel, ja schwarz gefärbt, die goldenen Flecke sind den Kontrolltieren gegenüber kaum bemerkbar; drei von ihnen werden eine Woche in Dunkelheit gehalten, zwei bleiben schwarz, nur eins wird etwas heller; auch während der weiteren Woche kommt in der Dunkelheit keine merkliche Auf- hellung dieser Tiere zustande, was durchwegs mit den an Ambly- stomalarven gemachten Erfahrungen übereinstimmt. Bei etwa 30 mm langen Larven von Bombinator igneus mit kleinen hinteren Extremitäten erscheinen 3 Tage nach der Blendung im Lichte die longitudinal verlaufenden Bänder auffallender als bei den Kontrolltieren (besonders median). Bei anderen erscheint die Differenz erst nach mehreren Tagen; nach 1 Monat sind die blinden Tiere besonders im distalen Rumpfabschnitt dunkel gefärbt, die gitterartige pigmentierte Zeichnung der Schwänze ist dunkler, dichter, auffälliger, viele Chromatophoren sind hier mächtig aus- gebreitet. Aber oft sind die Ergebnisse unbestimmt. An Kaulquappen von Hyla arborea waren die Versuche an Augen ohne bestimmten Erfolg, sowohl an jüngeren Stadien mit hervorsprossenden hinteren Extremitäten als auch an den Larven vor der Metamorphose. Bei jüngeren geblendeten Larven konnte zuweilen (nach längerem Aufenthalte im Lichte) besonders an den Schwänzen eine Chromatophorenausbreitung bemerkt werden. Bei fortgeschrittenen Larvenstadien von im Freien gefangenen Rana fusca konnten wiederholt unzweifelhafte Beziehungen zwischen den Netzhäuten und Chromatophoren sicher- gestellt werden, selbst noch an jungen Fröschchen mit resorbierten Schwänzen, und zwar in demselben Sinne wie bei den Amblystoma- larven, indem die geblendeten Tiere im Lichte dunkler, in der Dunkelheit heller wurden. Allerdings muss bei den metamorphosierten Tieren um gleiche Feuchtigkeitsverhältnisse gesorgt werden, sonst kommt ganz unregelmässiges Verhalten zum Vorschein (sogar im umgekehrten Sinne, woraus zu ersehen ist, dass schon die für aus- gewachsene Anuren charakteristischen Verhältnisse zustande kommen, wo die Hautreizung den Farbenwechsel beherrscht). Bei Larven von Rana esculenta, welche nur kleine hintere Extremitäten besitzen, sind die geblendeten Tiere im Lichte in 24 Stunden etwas dunkler, die Zeichnung auffälliger, die Chromato- phoren des Schwanzes ausgebreiteter; während der weiteren Woche Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 115 sind keine auffälligen Unterschiede zu verzeichnen, aber nach 3 Wochen sind sämtliche blinde Tiere ganz bestimmt dunkler als die Kontrolltiere, sowohl am Rumpfe als auch am Schwanze. Bei den Fröschcehen mit langen Schwänzen sind aber diese Untersehiede bedeutend verwischt: nach 3 Wochen sind zwei normale Tiere im Lichte hell, eins mittel, zwei blinde dunkel, eins mittel gefärbt; in der Dunkelheit sind die Kontrolltiere eins dunkel, zwei mittel, die geblendeten drei dunkel, mittel und hell gefärbt. Die individuellen Abweichungen sind hier also sehr STOSS. III. Zusammenfassung. 1. Die Amblystomalarven (AxolotIn) besitzen besonders in der Jugend einen ausgesprochenen Farbenwechselin Be- ziehung zu den Beleuchtungsverhältnissen. Die aus- gewachsenen Tiere (dunkelgraubraun oder olivengrün mit schwarzen Flecken) und jüngere Stadien (braungelb): werden bei sonst gleichen Bedingungen nach einige Tage dauerndem Aufenthalt im Lichte durchwegs heller, in der Dunkelheit dunkler. Durch langandauernde Beleuchtung können sogar bedeutende Änderungen der Zeichnung (Verdrängung der schwarzen Flecke bei mittelgrossen Tieren) hervorgerufen werden. Unter sonst gleichen Beleuchtungsverhältnissen werden die Tiere am dunkeln Untergrund schnell dunkel umgefärbt. Ganz junge Larven (kurze Zeit nach der Entschlüpfung aus Eiern) weisen bei ihrer Durehsichtbarkeit und hei der Unterscheidbarkeit der einzelnen Chromatophoren höchst auffallende Farbenwechselerscheinungen auf; die chromatische Hautfunktion dieser jungen Tiere verläuft zugleich schneller als bei alten Individuen. 2. Die jüngsten Larvenstadien ausgenommen ist der Farben- wechsel der Amblystomalarven durchwegs von den Augen beherrscht, also reflektorisch durch die im Lichte und in der Dunkelheitin den Netzhäuten ver- laufenden Vorgänge reguliert, und zwar so präzis und auf- fallend, wie es bisher nur für einige Crustaceen bekannt ist; bei einigen Fischen sind zwar ähnliche, wenn auch entfernt nicht so klare Fälle von Netzhauteinwirkung auf die Chromatophoren. ge- sammelt worden, für die Amphibien aber nimmt man. heutzutage allgemein an (ähnlich wie für die Reptilien und Cephalopoden), dass s* 116 Edward Babäk: ihre Hautfärbung hauptsächlich durch Hauterregungen (oft auch durch direkte Chromatophorenreizung) beeinflusst wird. 3. Die Farbenwechselerscheinungen der Ambly- stomalarven sind nach der Entfernung der Augen ge- rade umgekehrt als bei den normalen Tieren: die ge- blendeten Tiere werden im Lichte dunkel, mit der Zeit voll- ständig schwarz, in der Dunkelheit hell, allmählich sogar un- pigmentiert (indem die Chromatophoren sich äusserst zusammenballen). Die Netzhäute beherrschen vermittels des Zentral- nervensystems: a) die Riehtung der Chromwatophorenbewegungen; die beleuchteten Netzhäute üben einen tonischen Einfluss aus, welcher die Tendenz der gleichzeitig beleuchteten Chromatophoren, sich extrem auszubreiten, überwindet und Frbleichung der Haut be- wirkt, — die verdunkelten Netzhäute üben umgekehrt einen tonischen Einfluss aus, welcher die Tendenz der verdunkelten Chromatophoren, sich extrem zusammenzuballen, überwindet und Verdunkelung der Haut bewirkt; b) dieAmplituden der Chromatophorenbewegungen; die Farbenänderungen bewegen sich unter der kürzeren Einwirkung verschiedener, auch extremer Beleuchtungsverhältnisse in ziemlich engen Grenzen, indem die normalen mittelgrossen Tiere mehr oder minder dunkelbraungelb gefärbt werden, wogegen die ge- blendeten in gleichen Bedingungen (im umgekehrten Sinne) extrem Farben wechseln; durch lange andauernde (und starke) Beleuchtungsunterschiede können aber selbst bei normalen Tieren extreme Umfärbungen erzielt werden (im umgekehrten Sinne als bei den geblendeten); ec) die Schnelligkeit der Chromatophorenbewegungen; die durch verschiedene Beleuchtungen der Netzhäute hervor- gebrachten Farbenänderungen der Haut verlaufen regelmässig schnell und prompt gegenüber denjenigen, welche ohne die Augen zustande kommen: der nach der Exstirpation der Augen voll- führte Farbenwechsel ist also extrem, dem normalen entgegengerichtet und langsamer (bei direkter Sonnen- beleuchtung werden allerdings ebenfalls rasche Reaktionen beobachtet, wogegen die Dunkelheit allmählich einwirkt). 4. Man darf sich vorstellen, dass die der direkten Chro- matophorenreizbarkeit entgegensinnige tonische Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. 117 reflektorische Lichtbeeinflussung der chromatischen Hautfunktion durch die Netzhäute in der Eigen- reizbarkeit dieser Effektoren gleichsam einen elastischen Widerstand findet. Es ist wohl der Schluss berechtist, dass das entgegengerichtete Lebensgeschehen der beleuchteten und verdunkelten Netzhäute zweier- lei entgegengerichtete Innervationen der Chromato- phorenhervorbringt,d.h. die beiden Phasen der Chromato- phorenbewegungen beeinflusst. Die Exstirpation der Augen ist vollends von ihrer völligen Verdunkelung zu unterscheiden. Auch Netzhäute, welchesich unter vollständigem Licht- ausschluss entwickelt haben, üben die charakteristische Chromatophoren-Ausbreitungsinnervation aus, so dass solche in voller Dunkelheit gezüchtete Tiere dunkel aussehen, wo- gegen sie nach der Augenexstirpation erbleichen. 9. Nach der einseitigen Augenexstirpation wird — und zwar individuell sehr verschieden — die Farbenwechsel- fähigkeitbedeutend beeinträchtigt; extreme Umfärbbar- keit wird in der Regel vollends vereitelt. Die Tiere benehmen sich oft weder wie die normalen noch wie die total geblendeten, sie nähern sich bald mehr den ersten, bald mehr den zweiten. Die pigmentomotorische Tätigkeit der beiden Netzhäute seheint sich im Zentralnervensystem zu summieren und auf die sämtlichen Chromatophoren diffus zu erstrecken; die Reduktion der Netzhautfläche auf die Hälfte kann die chromatische Hautfunktion stark beschränken; die individuellen Unterschiede der Innervationsintensität der Netzhaut kommen nun eher zum Vorschein. 6. Durch kurzdauernde Beleuchtungsunterschiede hervor- gebrachte Chromatophoreneinstellungen lassen sich durch Beleuchtungs- wechsel wiederum leicht rückgängig machen, bei den normalen Tieren leichter als bei den geblendeten. wogegen die durch lang- andauernde Beleuchtungsunterschiede zustande gekommenen Um- färbungen durchwegs (besonders aber die Schwärzung der geblendeten Tiere) sehr beharrlich sind; man kann mit van Rynberk gleichsam von der Übung und Gewöhnung des pigmentomotorischen Apparates sprechen. 7. Bei den jüngsten Larvenstadien lässt sich bei Amblystoma ein ähnlicher Farbenwechsel sicherstellen wie bei den geblendeten grösseren Tieren, also ein dem normalen entgegen- 118 Edward Babäk: Zur chromatischen Hautfunktion der Amphibien. gerichteter (die Tierchen werden im Liehte dunkel, in der Dunkelheit hell) ; damit ist in Übereinstimmung, dass die Augenexstirpationen bei den jüngsten Tieren noch ohne Wirkung sind. Die pigmentomotorische Funktion der Netzhäute ent- wickelt sich in der Ontogenie erst nachträglich. 8. Bei jungen, aber auch bei in der Entwickelung fort- seschrittenen und metamorphosierenden Larven von Rana fusca und esculenta, ja sogar bis zu gewissem Grade auch bei den eben metamorphosierten Fröschcehen von Rana fusca und auch Rana esceulenta konnte eine ähnliche, wenn auch nicht so auffällige Beziehung zwischen den Netzhäuten und Chromatophoren sichergestellt werden wie bei den Amblystomalarven; bei Larven von Bombinator igneus und Hyla arborea sind diese Beziehungen zweifelhaft. Das Verhalten der chromatischen Hautfunktion der ausgewachsenen Anuren, bei denen die Netzhäute fast keinen Einfluss auf den Farbenwechsel ausüben, ist wenigstens bei Rana sekundär erworben. 119 Hirnlokalisation und Ermüdunsg. Von Professor Dr. med. et phil. H. Griesbach, Mülhausen-Basel. (Hierzu 3 Fahnentabellen.) Die Hirnforschung hat gezeigt, dass sich die Rinde der beiden Hemisphären sowohl in der histologischen Struktur als auch in funktioneller Hinsicht verschieden verhält. Wir wissen, dass die einzelnen Gebiete der perzeptiven und motorischen Zentren beider- seits und symmetrisch vorhanden sind. Wir wissen auch, dass das der Erinnerung und Wiedererkennung sprachlicher Vorgänge dienende Zentrum mit seinen Teilgebieten !) nur einseitig und zwar in etwa 97 bis 99° der Fälle links funktionell ausgebildet ist, und dass Störungen in diesen Gebieten durch Einübung der rechtsseitigen Homologen zwar in der Jugend, aber beim Erwachsenen nicht mehr oder doch nur höchst unvollkommen ausgeglichen werden können. Sonderbar wäre es nun, wenn dieses monolaterale Funktionieren nur für die optischen und akustischen Frinnerungsbilder von Buch- staben und Worten zutreffen würde, das Erinnerungsbild einer Farbe, eines Tones, eines algebraischen Ausdruckes, einer geometrischen Konstruktion, einer Druck-, Temperatur- oder Schmerzempfindung, einer Bewegungsform, einer Lage und Richtung dagegen in symme- trischen Gebieten beider Hemisphären vorhanden wäre. . 1) Ohne auf die mehr oder weniger voneinander abweichenden Auffassungen in der Lehre vom Sprachzentrum (nach Wernicke, Lichtheim, Charcot, Ballet, nach Bastian, Dejerine, v. Monakow u. a.) einzugehen, sei nur darauf hingewiesen, dass zwar an den verschiedenen Teilgebieten, wie dem der Bewegungsvorstellungen (Broca’sche Windung), dem der optischen Bilder der Sprachzeichen (Lesegebiet im Gyrus angularis, Schreibgebiet im Fuss des Gyrus frontalis medius), dem der auditiven Bilder der Sprache. und der Analyse der Wortlaute (hinterer Teil der oberen Temporalwindung und Gyrus supramarginalis) von vielen Forschern festgehalten wird, dass es aber auch nicht an solchen fehlt, welche diese Anschauungen bekämpfen. (Zu vgl. E. Goblot: L’Aphasie de Broca [Rev. philos. no. 6 p. 639. 1908] und die von ihm angeführte Literatur, insbesondere das gleichnamige Werk von Fr. Moutier. Steinheil Paris 1908.) 120 H. Griesbach: Es lässt sich daher die Vermutung nicht unterdrücken, dass das, was für die Sprachzentren gilt, noch für andere kommemorative Zentren zutrifft, dass also die beiden Hemisphären, wenn sie sich auch in bezug auf allgemeine Eigenschaften gleichartig verhalten, verschiedene Vorstellungen beherbergen !). Darüber wissen wir zwar vorläufig wenig, vielleicht sind aber gerade gewisse allgemeine Eigen- schaften, wie beispielsweise die Ermüdung, geeignet, die Angelegen- heit aufzuklären, und diesen Zweck verfolgen die nachstehenden Untersuchungen. Von den kommemorativen Zentren unterscheidet R. y Cajal?) auf Grund histologischer und klinischer Beobachtungen: primäre Zentren, die konkrete Erinnerungsbilder von Wahr- nehmungen einschliessen und in denen die Wiedererkennung und Unterseheidung neuer Wahrnehmungen stattfindet, sowie sekundäre Zentren, in denen sich die primären kommemorativen Elemente kombinieren und lokalisieren. In diesen oder vielleicht noch höher entwickelten, tertiären Zentren vollzieht sich auch die Intellektual- und Willenstätickeit, die Überlegung, die Verarbeitung des Erfahrungs- materiales, die Tätigkeit der Phantasie, kurz die konstruktive Ge- dankenarbeit. Über die hier zu nennenden Leitungsbahnen der Zentren sind bisher folgende Annahmen gemacht worden: Die Perzeptionszentren empfangen homo- und kontralaterale, beziehungsweise nur kontra- laterale sensorische Fasern. Den kommemorativen Zentren fehlen diese zwar nicht, sie sind aber in geringerer Zahl vorhanden. Die kommemorativen Zentren besitzen sensorisch-kommemorative, aus den Perzeptionszentren entspringende Bahnen und sind durch interkommemorative Bahnen miteinander in Verbindung?). Ikono- kinetische Fasern verbinden die Perzeptionszentren mit motorischen Gebieten. Aus den kommemorativen Zentren sollen nach Flechsig‘*) auch erregend, beziehungsweise hemmend wirkende Fasern zu 1) Zu vgl. Klippel, La non-Equivalence des deux hemispheres cerebraux. La presse medicale 1893 t. 6, 29 Janv. p. 58. 2) S. Ramon y Cajal, Studier über die Hirnrinde des Menschen. Über- setzung von J. Bressler, Heft 5 S. 52. J. A. Barth, Leipzig, 1906. 3) S. Ramon y Cajal, a. a. O. Seite 57, zu vgl. auch desselben Autors Schrift: Die Struktur des Chiasma opticum nebst einer allgemeinen Theorie der Kreuzung der Nervenbahnen S. 58. I. A. Barth, Leipzig, 1899. 4) Flechsig, Gehirn und Seele. Leipziger Rektoratsrede, 2. Aufl. Veit & Co. Leipzig, 1896. Hirnlokalisation und Ermüdung. 121 den perzeptiven Sphären führen. — Da das Perzeptionsvermögen in beiden Hemisphären seinen Sitz hat, so fragt es sich, wie die Einheitlichkeit der Empfindung zustande kommt. Für optische Wahrnehmungen erklärt sich dies daraus, dass Erregungen, die an rechts bezw. links identisch gelegenen Stellen der beiden Netzhäute auftreten, vermöge der teils direkten, teils gekreuzten Fasern des Optieus zusammen in einem einzigen Gebiet der Seh- sphäre (Cuneus) der rechten bezw. linken Hemisphäre konversieren !). Zur Erzielung einer einheitlichen akustischen Empfindung scheint es nach Cajal?) am wahrscheinlichsten zu sein, dass jede sensorische Faser sich in zwei Äste, einen direkten für die homolaterale und einen gekreuzten für die kontralaterale Hörsphäre (Gyrus temp. sup.) spaltet. Am einfachsten dürfte sich die Einheitlichkeit der Berührungs-, Wärme- und Kälteempfindungen, des Muskelgefühls, der Lage- und Bewegungsempfindungen gestalten. Denn die diesen dienenden, für die verschiedenen Gegenden der Haut usw. aus mehreren nahe bei- einander liegenden Bezirken bestehenden, an die Mobilitätszentren (vordere Zentralwindung, einzelne Abschnitte der Frontalwindungen, Lob.-paracentralis) grenzenden und teilweise mit diesen zusammen- fallenden Perzeptionsgebiete®) der beiden Hemisphären erhalten aus- schliesslich gekreuzte sensorische Bahnen *®). - Es entspricht daher für diese Empfindungskategorie jede Körper- hälfte einer Seite des Raumes, und da die mit ihr verbundenen zentralen Bahnen ausschliesslich auf der entgegengesetzten Seite liegen, wird die Einheit der Empfindung dadurch bewerkstelligt, dass jede zentripetalleitende sensible Faser ein spezifisches Raumzeichen erzeugt, weil sie nur mit einer einzigen isodynamischen Gruppe sensibler Rindenzellen in Verbindung steht. Es findet also keine 1) Zu vel. Fig. 9 in Cajal’s Schrift: Die Struktur des Chiasma. 2) Cajal, Studien über die Hirnrinde H. 5 S. 6. 3) Die Kontroversen über die Lage der Empfindungszentren sowie die umfang- reiche Literatur über die Lokalisation der Hirnrinde überhaupt stellt H. Oppen- heim (Lehrb. d. Nervenkrankh., 5. Aufl., Bd. 2 S. TI1fl. Karger, Berlin 1908.) übersichtlich zusammen. 4) G. Roussy (La couche optique, etude anatomique, physiologique et celinique. Le syndrome thalamique p. 188 u. 350. Steinheil, Paris 1907) hält es zwar nicht für erwiesen, aber für wahrscheinlich, dass (bei Affe und Katze) aus dem Thbalamus eine gewisse Anzahl von Fasern hervorgeht, die, durch den Balken ziehend, teils zur Rinde (fibres thalamo-corticales croisees), teils zum Thalamus (übres thalamo-thalamiques) der kontralateralen Hemisphäre ziehen. 122 H. Griesbach; Verdoppelung der einen und denselben Reiz betreffenden Sinnes- empfindung statt. Mit Recht macht Oppenheim!) darauf auf- merksam, dass die Annahme, die Perzeptionszentren jeder Hemisphäre könnten zu beiden Körperteilen in Beziehung stehen, jedenfalls nur in beschränktem Masse Gültigkeit zu beanspruchen hätte. Da die Perzeptionszentren doppelseitig ausgebildet sind, manche oder gar alle kommemorativen Zentren dagegen monolateral funktionell entwickelt zu sein scheinen, fragt es sich ferner, wie es zur Erzeugung von Erinnerungsbildern und vollständigen Vorstellungen in den einzelnen Abschnitten der letzteren Zentren kommt. Hierzu sind besondere Einrichtungen erforderlich. Diese bestehen in zwei Arten von Verbindungswegen zwischen den Perzeptions- und Kommemorativ- zentren. Direkte Wege führen den letzteren den perzeptiven Teil- eindruck aus den homolateralen Perzeptionszentren zu, kommissurale Wege überliefern ihnen den von den Perzeptionsgebieten der gegenüber- liegenden Hemispbäre aufgenommenen Teileindruck. Handelt es sich beispielsweise um die Registrierung einer Sprachgesichtsvorstellung, so werden die beim Lesen und Schreiben unzählige Male auf die beiden perzeptiven Sehsphären projizierten optischen Wahrnehmungen auf den beiden genannten Wegen der in der linken Hemisphäre ge- legenen Sprachzone übermittelt. Dasselbe geschieht bei der Re- gistrierung einer Sprachgehörsvorstellung mit den auf die sensorischen Sphären für gesprochene Worte projizierten auditiven Wahrnehmungen. Die kommissuralen Wege für die auditiven und optischen Wahr- nehmungen liegen im Corpus callosum, das mit seinen gekreuzten Fasern und deren Verzweigungen die Verbindung sehr verschiedener Bezirke und Gyri der entgegengesetzten Hemisphäre ermöglicht. Auch die kommissuralen Wege zu den die Gefühls-, Bewegungs- und Lagevorstellungen enthaltenden kommemorativen Zentren gehen durch den Balken. Bei der in diesen Zentren erfolgenden Registrierung von Lageveränderungen und Bewegungsvorgängen, von Verteilung der in diesen Zentren angehäuften Reizkräften und der Abmessung: derselben bei ihrem Übergang auf die motorische Sphäre ist wahrscheinlich auch der Einfluss des Vestibularnervengebietes von Bedeutung ?). 1) Oppenheim, a. a. ©. S. 807. 2) Zu vgl. E. v. Cyon, Das Öhrlabyrinth als Organ der mathematischen Sinne für Raum und Zeit S. 145 u. 160. J. Springer, Berlin 1908. Über Beziehungen der statischen Perzeption zum Gesichtssinn handelt W. v. Bech- terew, Funktionen der Nervenzentra H. 2 S. 774ff. Fischer, Jena 1909. Hirnlokalisation und Ermüdung. —»>3 Hierfür würde die Tatsache sprechen, dass sich die Bahn des N. vestibularis vom Kleinhirn durch die vorderen Kleinhirnschenkel zum Nucleus ruber und Thalamus und von dort zur Rinde verfolgen lässt, ferner der Umstand, dass Störungen im Bereiche des Vestibular- apparates und des von ihm aus reflektorisch unterhaltenen Muskel- tonus die verschiedenartigsten Störungen in der Erhaltung des Gleich- gewichtes und in den Körperbewegungen hervorruft, sowie Stellungs- veränderungen zweckmässig auszuführen unmöglich macht. Die mannigfaltigen Beziehungen zwischen der Nervenleitung des Vestibular- apparates und anderen Bahnen machen es aber durchaus nicht un- wahrscheinlich, dass Veränderungen im zentralen Zusammenhang derselben eine Reihe hervorstechender Symptome auslösen, wie man sie bei experimentellen Eingriffen oder bei pathologischen Verände- rungen im Vorhofslabyrinth beobachtet, so dass nicht lediglich lokale Vorgänge im Labyrinth, sondern vielmehr Vorgänge in cerebro, intrazentrale Störungen die eigentliche Ursache der Symptome bilden. Auch für den „statischen Sinn“ muss es zentrale Placierung geben. Möglicherweise sind gewisse Störungen im Labyrinth nur funktionelle, bedingt durch pathologische Veränderungen in der Rinde und der Thalamus-Rindenbabn. Diese Auffassung ist übrigens nicht unver- einbar mit den Anschauungen, welche B. Allers!) vor kurzem entwickelte. Im übrigen ist wohl anzunehmen, dass die auf die gesamte Rinde sich verteilenden Hirnfelder sowohl durch kommissurale Fasern, seien diese nun Achsenzylinder oder Kollateralen, als auch durch gleich- seitige Assoziationsfasern in Verbindung treten. Auf diese Weise wird neben einer weitgehenden Arbeitsteilung zweifellos die Einheit- lichkeit der Empfindung gefördert, die Gesamtkapazität des Gehirns erhöht und aus allen Rindengebieten eine Vereinigung derjenigen Erwerbungen ermöglicht, die für das Zustandekommen eines geord- neten Denkprozesses verbunden sein müssen. Die histologische Untersuchung der Hirnzentren und ihrer Bahnen zeigt uns zwar die Wege, auf welchen sich dynamische Erscheinungen bemerklich machen, sie gibt uns jedoch keinen Aufschluss über das Wesen solcher. Dieser Aufschluss ist nur von einem Studium der phy- siologischen und chemischen Vorgänge in den Neuronen zu erwarten. 1) B. Allers, Zur Pathologie des Tonuslabyrinthes. Monatsschr. f. Psychiatrie und Neurol., herausg. v. Th. Ziehen, Bd. 26 S. 116. 124 H. Griesbach: Zu diesen Vorgänsen gehört dıe Ermüdung. Behufs Er-- forschung der Abhängigkeit des funktionellen Verhaltens gewisser Hirnbezirke von Ermüdungseinflüssen wurden die in Nachstehendem zu besprechenden Untersuchungen unternommen. Über die Hypo- thesen vom Wesen der Ermüdung habe ich bereits früher berichtet !). Hier erübrigt nur nochmals auf die Beobachtungen von Weichardt und die Ansichten von Duval hinzuweisen. Weichardt?) gelang es, durch Eiweissspaltungen erzeugte Ermüdungstoxine zu isolieren und ihre Wirkung durch Tierversuche festzustellen. Eine Bestätigung dieser Untersuchungsbefunde bleibt natürlich noch abzuwarten. An- knüpfend an .die Beobachtungen von Rabl-Rückhard?) hat Duval*) den Nervenzellen kontinuierlichen Amöboidismus zuge- schrieben und die Ansicht vertreten, dass eine Kontraktion der Neuronenverzweigungen und ein dadurch bedingter Kontaktmangel eine Folge von Ermüdung sei und eine Verminderung der Aufmerksam- keit bedinge. Diese Hypothese vom Amöboidismus hat bei mehreren Forschern, unter Hinweis auf Beobachtungen über Winterschlaf, Narkose etc., wenn auch mit Reserve und Abänderungen, An- klang gefunden, so bei Demoor°’), Odier‘), Querton’), 1) Griesbach, Weitere Untersuchungen über Beziehungen zwischen geistiger Ermüdung und Hautsensibilität. Internat. Arch. f. Schulhygiene 1905, Bd. 1 S. 317 ff., daselbst auch weitere Literatur. 2) Weichardt, Deutsche Vierteljahrsschrift für öffentliche Gesundheits- pflege 1906, Bd. 39 H. 2 S. 330. Festschrift für Rosenthal. Leipzig 1906. Münchener medizinische Wochenschrift 1907; Nr. 39 S. 1914. Bericht über den 14. internationalen Kongress für Hygiene und Demographie Bd. 4 S. 46 und 265; Hirschwald, Berlin 1908. 3) Rabl-Rückhard, Sind Ganglienzellen amöboid? Neurol. Zentral- blatt 1890. Nr. 7 4) Matthias Duval, Hypothese sur la physiologie des centres nerveux; theorie histologigque du sommeil. Compt. rend. de la Societe de Biologie 1895, 2. Fevr. und: Les neurones, l’amoeboidisme nerveux et la theorie histologique du sommeil. Revue de l’Ecole d’Anthropologie de Paris 1900 t. 10 fasc. 2. 5) Demoor, La plastieite morphologique des neurones cerebraux. Arch. de biol. de Bruxelles 1896 t. 14. (Narkotica bewirken Kontraktion und Retraktion der Dendriten.) 6) Odier, Recherches experimentales sur les mouvements ie la cellule nerveuse de la moelle Epiniere. Geneve 1898. (Verkleinerung der Dendriten durch Anästhetica und Induktionsströme.) 7) Querton, Le sommeil hibernal et les modifications des neurones cerebraux. Trav. de Lab. de Institut Solvay t. 2. Bruxelles 1898. (Retraktion der Dendriten und Bildung von Varikositäten an denselben während des Winterschlafes.) Hirnlokalisation und Ermüdung. 125 Lugaro!), Narbut?), van Gehuchten?), Ramon y Cajal®). Es fehlte aber auch nicht an Gegnern, die, wie Azoulay°), Soukhanoff®) und Reusz’) die Neuronenveränderungen teils als Kunstprodukte, teils als pathologische Veränderungen betrachten oder wie Kölliker°) die Hypothese aus biologischen Gründen ablehnen. Soury°) erklärt, dass für das Vorhandensein amöboider Bewegungen an den Fort- sätzen der Ganglienzellen ein Beweis nicht erbracht worden sei, und M. Stefanowska, deren Entdeckung!) der birnenförmigen An- hänge der Dendriten öfters für den Amöboidismus herangezogen worden ist, betont !!), dass diesen Anhängen zwar zweifelsohne eine 1) Lugaro, Zu vgl. die S. 321 meiner obengenannten Schrift zitierte Arbeit und Sulle modificazione morphol. funzionali dei dendriti delle cellule nervose. Riv. de pathol. nerv. e mentale 1898. (Die normalen Dendriten- verzweigungen repräsentieren den aktiven Zustand, nicht variköse und mit zahl- reichen Stacheln versehene Dendriten den Zustand der Ruhe, variköse Bildungen den der Ermüdung.) 2) Narbut, Zur Frage des histologischen Schlafes. Obosrenige Psich. 1901 Nr. 3. (Verkleinerung der Dendriten während der Narkose.) 3) van Gehuchten, Anatomie du systeme nerveux 3. Edit. t. 1 S. 279. 1900. (Veränderungen der Dendriten durch Narkotica.) 4) Ramon y Cajal, Studien über die Hirnrinde Heft 5 S. 73. 1906. (Er hält den Amöboidismus der Axenzylinderverzweigungen für wahrscheinlicher als den der Dendriten.) 5) Azoulay, Psychologie histologique et texture du systeme nerveux; L’Annee psychol. 1896. 6) Soukhanoff, Contribution & l’etude des modifications que subissent les prolongements dendritiques des cellules nerveuses sous l’influence des narcotiques, und: L’anatomie pathologique de la cellule nerveuse en rapport avec l’atrophie variqueuse des dendrites de l’&corce cerebrale. La Cellule 1899 t. 14. 7) Reusz, Über Brauchbarkeit der Golgi’schen Methode in der Physiol. u. Pathol. der Nervenzelle. Magyar. Arch. 1902 Bd. 3. 8) Köllicker, Kritik der Hypothesen von Rabl-Rückhard und Duval über amöboide Bewegungen der Neurodendriten. Sitzungsber. der Würzburger physik. med. Gesellschaft. 9. März 1895. 9) Soury, L’Amoeboisme des cellules nerveuses. La presse medicale, 1901 12 juin. 10) M. Stefanowska, Les appendices terminaux des dendrites cer&braux et leurs differentes &tats physiologiques. Trav. de /’Institut Solvay 1897 t. 1. et Archives des sciences phys. et natur. Geneve 1901. 11) M. Stefanowska, Evolution de la theorie des neurones. La Revue psychologique, publ. sous la Direction de Mlle, Dr. I. Toteyko t. 2 fasc. 2 p. 181, Juin 1909. Daselbst auch auf frühere Arbeiten der Forscherin verwiesen. 126 H. Griesbach: Bedeutung für den Neuronenkontakt zukomme, dass derselbe aber keineswegs auf amöboide Bewegungen zurückzuführen sei. Dass sich die Ermüdung der Hirnzentren unter anderen Er- scheinungen besonders: auffällig auch in einer Vergrösserung der Raumschwellen der Haut offenbart und sich daher mit Hilfe des Ästhesiometers erkennen lässt, haben ausser mir zahlreiche Forscher wie Wagner, Vannod, Blazek, Heller, Ferrai, A. Baur, Sakaki, Ley, Binet, Schlesinger, Steinhaus, Bonoff, Noikow, Federolf, Schuyten und neuerdings Abelson!!) fest- gestellt. Über die Ausführung der Messung und die dafür geeigneten Instrumente verweise ich auf meine früheren Arbeiten und die der genannten Autoren ?). 1) Abelson, Mental fatigue and its measurement by the Aesthesiometer. Internat. Arch. f. Schulhygiene Bd. 6 H. 4 vom 31. Dez. 1908 S. 347 ff. «Mit übersichtlicher historischer Darstellung.) 2) Unter dem Titel: „Die Methoden zur Messung der geistigen Ermüdung der Schulkinder“ ; 7. Jahresbericht über den schulärztlichen Überwachungsdienst an den Volksschulen zu Breslau für das Jahr 1907 (1907/08) kritisiert der Breslauer Schularzt Joh. Alexander, nachdem er sich ähnlich wie Czerny (Die Frage der Überarbeitung in der Schule. Bericht über den 14. internat. Kongress für Hygiene und Demographie Bd. 2 S. 521. Hirschwald, Berlin 1908. Zu vgl. auch die Diskussion zu dem Thema in Bd. 4 S. 224 ff. und Selter u. Griesbach, Schulhygien. Fragen auf dem internat. Kongress für Hygiene u. Demographie; Internat. Archiv für Schulhygiene Bd. 5 H. 1 S. 113 ff.) zu der von zahlreichen Fachpädagogen anerkannten häufigen Überbürdung der Schuljugend in Wider- spruch gesetzt hat, die bisher bekannten Methoden der Ermüdungsmessungen. Was die von Alexander angeführten ästhesiometrischen Messungen betrifft, so möchte ich dazu folgendes bemerken: Alexander hat sich bei der Bildung seines Urteiles im wesentlichen an die Messungsergebnisse eines anderen Schul- arztes gehalten, dem er eine grössere Übung in der Ausführung der Messungen zuschreibt als sich selbst. Wer aber bürgt dafür, dass dieser ein geeigneter und geschickter Experimentator war? Wer experimentelle Gebiete einer Kritik unter- ziehen will, der hat sich im wesentlichen doch nur auf eigene Untersuchungen zu verlassen. Und falls diesen irgend ein Mangel anhaftet, so hat er denselben zu beseitigen oder, wenn dies nicht gelingt, sein Urteil einzuschränken. Nach neueren Erfahrungen wird mit abgerundeten Spitzen ein weniger genaues Resultat erzielt als mit scharfen Spitzen. Der Grund hierfür liegt einmal darin, dass der Kontakt zwischen Haut und Instrument bei Anwendung stumpfer Spitzen er- heblich grösser ist als bei Benutzung scharfer Spitzen und ferner darin, dass die Haut an der Berührungsstelle beim Gebrauch abgestumpfter Spitzen sich um so stärker und in einem um so grösseren Umfange muldenförmig einsenkt, je stärker der Druck wird. Schon bei schwachen Drucken ruft solche Eindellung leicht Hirnlokalisation und Ermüdung. 27 Undeutlichkeit der Empfindung hervor, woraus sich dann die „unsichere Breite“ er- klärt, die Alexander bei den Messungen 1—8 S. 36 angibt. Die bei Anwendung von stumpfen Spitzen erfolgende Eindellung ist, selbst bei gleichem Druck, des- wegen bald geringer, bald grösser, weil die Dicke des Stratum germinativum, das die Interstitien zwischen den Cutispapillen ausfüllt, an verschiedenen Hautstellen variiert und weil die Papillen selbst je nach ihrer Länge und Breite sowie je nach der Straffheit ihres Bindegewebes und nach ihrem Gehalte an elastischen Fasern und der Beschaffenheit derselben verschieden widerstandsfähig sind. Dieser Umstand spielt bei dem Ausfall der Schwellengrösse benachbarter Haut- partien eine Rolle. — Alexander gibt auf S. 37 die an 23. Tagen auf einer bestimmten Hautstelle erhaltenen Morgenschwellen der gleichen Person. An sieben Tagen betrug die Morgenschwelle 8 mm mit wechselnden Zehnteln. Die Zahlen sind: 8, 8, 8,3, 8,4, 8,7, 8,9, 8,9, kleinste Differenz 0, grösste Differenz 0,9 Diese Schwellen zeigen übrigens unter Berücksichtigung der genannten Fehler- quellen eine recht annehmbare Übereinstimmung und deuten darauf hin, dass an den betreffenden Tagen tatsächlich gleiche Versuchsbedingungen vorgelegen haben. An 3 Tagen wurde die Morgenschwelle zu 6,.6, 6,9 (Differenz 0—0,9), an 2 Tagen zu 7,1 und 7,7 (Differenz 0,6) gefunden, 3 Tage sind mit 9,7, 9,7, 9,9 (Differenz 0—0,2) notiert. Auch hieraus lässt sich auf Übereinstimmung der Versuchsbedingungen an jenen Tagen schliessen. Ähnlich liegen die Verhältnisse an 3 Tagen mit den Morgenschwellen 10,5, 10,3, 10,9 (Differenz 0,1—0,4), an weiteren 3 Tagen mit den Schwellen 11,5, 11,5, 11,3 (Differenz 0—0,3) urd an 2 Tagen mit den Schwellen 12,5 und 12,7 (Differenz 0,2). Dass die betreffende Versuchsperson sich an allen 23 Tagen unter den gleichen. physischen und psychischen Bedingungen befunden haben soll, scheint an und für sich schon höchst unwahrscheinlich, ja, die Schwellen lehren gerade, dass diese Bedingungen mehrfach verschiedene waren. — Alexander meint, dass die ästhesiometrische Methode selbst in hohem Grade ermüdend wirke. Nach meinen Beobachtungen muss ich dies in Abrede stellen. Wenn Alexander angibt, dass im Verlauf der Untersuchung schon die dritte oder vierte Messung grössere Schwellen als zu Anfang ergab, so liegt die Vermutung nahe, dass. es sich bei den Untersuchungen um Ungleichmässigkeiten in Berührung und Druck handeite. Falls die Methode richtig durchgeführt wird, lässt sich sowohl der Eintritt der Versuchsermüdung als Folge gehäufter Reize, als auch der Einfluß der Übung auf das Unterscheidungsvermögen ausschliessen, wie ich schon früher mehrfach angegeben habe. Wenn Alexander endlich die Untersuchungen an Schülern vom Reiz der Neuheit, von unwillkommener Freiheitsverzögerung und von der Mühe, die Schüler zusammenzuhalten, abhängig macht und solchen Vorkommnissen die Schuld an ungenauen und unverwertbaren Antworten beimisst, so erleidet dadurch die Brauchbarkeit der Methode zwar ebensowenig Be- einträchtigung wie etwa durch eine Beeinflussung der Unbefangenheit der Versuchs- personen, wohl aber werfen solche Vorgänge ein schiefes Licht auf die Be- fähigung des Experimentators, mit Schulkindern umzugehen und sich geeignete und willige Versuchspersonen auszuwählen. Nach alledem verdient Alexander’s 128 H. Griesbach: Nach H. Adsersen!) soll die Raumschwelle gesetzmässigen Schwankungen, insbesondere Tagesschwankungen, unterworfen sein und zwar in der Art, dass ihre Grösse in umgekehrtem Verhältnisse zur Körpertemperatur steht. Ähnliche Angaben hatte schon vorher A. Motchoulsky?) gemacht. Selbstverständlich würden solche An- gaben nur dann Wert haben, wenn sie sich auf Untersuchungen beziehen, die an Tagen angestellt wurden, welche frei von geistigen und körperlichen Anstrengungen sind. In einer früheren Arbeit) habe ich gezeigt, dass die ästhesiometrische Methode zur Erkennung der Ermüdung, falls diese Angaben zutreffen, dadurch keine Beein- trächtigung — wie Ingerslev*) anzunehmen scheint — sondern in mancher Hinsicht eine wertvolle Bereicherung erfahren würde. In einer vor kurzem veröffentlichten Untersuehung?) habe ich die genannten Angaben einer Nachprüfung unterzogen, sie jedoch nicht bestätigen können. Auch Sehuyten‘) hat temporäre gesetzmässige Schwankungen der Raumschwelle nicht beobachtet. Dagegen hat sich nach Untersuchungen von Schuyten’), von mir®) und Abelson?) herausgestellt, dass die Grösse der Raumschwelle unter dem Einfluss der Ermüdung auf beiden Körperseiten verschieden ausfallen kann, abfällige Kritik der Methode die schärfste Zurückweisung, auch vermag ich in seiner „Preisarbeit“ eine Förderung des Studiums der Ermüdung und der Ästhesiometrie nicht zu erblicken. 1) H. Adsersen, Eine ästhesiometrische Untersuchung. Zeitschr. f. Schulgesundheitspflege 1904 Nr. 8 S. 540. — H. Adsersen, Om Traetheds- undersoegelser. Foredrag ved det 9 nordiske Skolemoede i Kjoebenhavn. Trüelsen, Kopenhagen 1906. 2) A. Motchoulsky, Quelques recherches sur les variations de la sensi- bilit&E cutande sous l’influence de certaines causes physiologiques et pathologiques. Thöse inaug. Bern 1900. 3) Griesbach, Weitere Untersuchungen über Beziehungen zwischen geistiger Ermüdung und Hautsensibilität. Intern. Arch. f. Schulhygiene 1905 Bd. 1 S. 325. 4) F. Jngerslev, Et Forsoeg paa Traethedsmaalinger. Saertryk af Fore- drag ved det niende nordiske Skolemoede p. 2. 5) Griesbach, Einheitliche Gestaltung des höheren Unterrichts von physiologischen und hygienischen Gesichtspunkten aus betrachtet. Verhandlungs- heft zum achten Bande der Zeitschrift „Gesunde Jugend“ S. 233. 6) Schuyten, Paedologisch Jaerboek, zesde Jaargang, vol. 1 p. 82. 1906. 7) Schuyten, Over esthesiometrische Variatie by Schoolkindern. Paedo- logisch Jaerboek 1906 Nr. VI und L’education de la femme.; Doin, Paris 1903. 8) Griesbach, Verhandlungsheft S. 247 ff. 9) Abelson, a. a. O. S. 386 ff. Hirnlokalisation und Ermüdung. 129 während ihre Grösse im Zustande der Frholung beiderseits gleich oder annähernd gleich ist. Dieser Befund ist für die Lehre von der Hirnlokalisation von grösster Tragweite, weil sich dureh ihn über die ungleiche Beteiligung der beiden Hemisphären beim Arbeiten und über die Ver- teilung gewisser Zentren auf die Hemisphären Auf- schluss erhalten lässt. Bei den Beziehungen, die zwischen Sprache und Denken bestehen, liegt die Annahme nahe, dass bei seistiger Tätigkeit, bei der sprachliche Vorgänge und abstraktes Denken in den Vordergrund treten, in erster Linie die Zentren der linken Hemisphäre ermüden. Bestätigt wird diese Annahme durch ästhesiometrische Messungen, durch die ich!) nachgewiesen habe, dass bei grammatischen Übungen und beim Memorieren ein Sinken des Unterscheidungsvermögens namentlich für rechtsseitige Tastreize erfolgt, und zwar um so bedeutender, je abstrakter das Arbeitsgebiet sich gestaltet. Individuelle Veranlagung und Ermüdbar- keit des Arbeitenden vermögen das Sinken des Unterscheidungs- vermögens zwar einzuschränken, jedoch nicht zu verhindern. Zu den dGeistesarbeiten, die hauptsächlich die linke Hemisphäre beanspruchen, gehört höchstwahrscheinlich auch das Rechnen und ein grosser Teil der Mathematik. Für diese Annahme spricht wiederum das Verhalten der rechtsseitigen Schwellen, die, wie ich bei Schülern fand ?), nach dem Unterricht insbesondere in der Algebra, die linksseitigen Schwellen an Grösse oft ganz bedeutend übertreffen. Am 7. Mai dieses Jahres stellte ich an vier Beamten der hiesigen Reichsbankstelle mit gütiger Genehmieung der Direktion hierauf bezüsliche Untersuchungen an. Die Messungen wurden morgens vor Beeinn der Bureaustunden, mittags 12 Uhr, nachmittags vor dem Wiederbeeinn der Arbeit und abends kurz vor Schluss derselben ausgeführt. Es ergab sich das auf S. 130 in der Tabelle angegebene Resultat. Interessant ist eine Mitteilung von Oppenheim. Einzelne Fälle von Aphasie, meint er, scheinen darauf hinzuweisen, dass das Zahlengedächtnis zum Teil an die rechte Hemisphäre geknüpft ist. Ein an linksseitiger Hemiplesie und Hemianopsie leidender Mann zeigte seit dem Eintritt der Lähmung Schwierigkeiten beim Rechnen, l) Griesbach, Verhandlungsheft S. 250 ff. 2) Verhandlungsheft S. 251, 252, Tab. 46 (24. Juni), S. 253 (27. Juni). E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 9 130 H. Griesbach: Schwellen in Millimetern (Jugum) morgens mittags nachmittags] abends 81/s Uhr 12 Uhr 21/a Uhr | 7 Uhr | J. 1 1. 1B Il: 1% 1. m. Herr S. (Geburtsjahr 1880), im Giro- und Checkverkehr be- schäftiet URN aree 99 | 5,5 | 6,8 |10 BD Kl Herr R. (Geburtsjabr 1883), ebensor.. 2. wu. 5) 5) 9,917. 8,51.9:02 129,92 0:00 ml Herr D. (Geburtsjahr 1871), Kassierer. #2...) ee 6 Do 7 al ae Herr Sch. (älterer Herr), Helfer deswKassiererse a 7 6,5 | 7 8,92|12.6,9, 0106,25 surne 59 Die Grösse der rechtsseitigen Schwelle um 12 und 7!/e Uhr deutet auf die überwiegende Beanspruchung der linken Hemisphäre. weil er sich die Zahlen nicht mehr ordentlich vorstellen konnte. Es dürfte in Erwägung zu ziehen sein, ob dieser Mann vielleicht ein Linkser !) war. Sonst ist nach meinen Beobachtungen die Ver- mutung Oppenheims ?) nicht zutreffend ?). Eher sitzt die geometrische Vorstellung rechts, worauf einige meiner Beobachtungen hinzudeuten scheinen*). Wenn bei geistiger Arbeit und künstlerischem Schaffen die Phantasie lebhaft beteiligt ist, scheint eine erhebliche Betätigung auch der rechten Hemisphäre zu erfolgen). Nicht nur bei rein geistiger Arbeit, sondern auch in Fällen, in denen mechanische Tätigkeit und Handfertigkeit ohne grosse Körper- anstrengung mit Anspannung der Aufmerksamkeit verbunden ist, scheint die linke Hemisphäre überwiegend heansprucht zu werden, wie aus nachstehenden Mitteilungen hervorgeht. Bei Gelegenheit meiner Rückreise vom 14. internationalen Kongress für Hygiene und Demographie (Berlin, September 1907) konnte ich mit Genehmigung 1) Zu vergleichen die späteren Angaben. 2) Oppenheim, a. a. O. Bd. 2 S. 843. 3) Auch der von Trespe (Münchn. med. Wochenschr. vom 31. Mai 1908 S. 675) beschriebene Erinnerungsdefekt für Zahlen nach traumatischer Schädigung eines Teiles des Rindengebietes des linksseitigen Schläfenlappens lässt auf den linksseitigen Sitz des Zahlengedächtnisses schliessen. 4) Verhandlungsheft S. 250; auf S. 253 (27. Juni) ist allerdings die rechts- seitige Schwelle grösser, derartige vereinzelte Fälle lassen natürlich keine sicheren Schlüsse zu. | 5) Verhandlungsheft S. 254. Hirnlokalisation und Ermüdung. 1a! des Preussischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten von Berlin bis Frankfurt a. M. sechs Lokomotivführer vor Antritt und nach Beendi- gung ihres Dienstes auf der Schnellzugsmaschine untersuchen. Der von mir benutzte D-Zug Nr. 6 verliess am 30. September morgens 8 Uhr Berlin. Bei dem Lokonotivführer F. Had., 44 Jahre alt, vorher ohne Dienst, betrug einige Minuten vor der Abfahrt die Schwelle am linken Jugum 6 mm, am rechten Jugum 7 mm. Nach der An- kunft in Halle — während der Fahrt von 161 km kein Halt — betrug die Schwelle links 9, rechts 1D mm. In Halle war Maschinen- wechsel. Bei dem neu eingetretenen Führer E. Jan., 42 Jahre alt, vorher dienstfrei, fanden sich links 5 mm und rechts 5 mm. Nach _ der Ankunft in Erfurt — 109 km ohne Halt — betrug die Schwelle links S mm, rechts 9 mm. Bei dem in Erfurt eingetretenen Führer konnte ich keine Messung vornehmen. In Bebra erhielt der Zug zwei Maschinen. ‘ Bei dem Führer Lo., 47 Jahre alt, der ersten Maschine ergab sich die Schwelle links zu 5,6 mm und rechts zu 5 mm. Der Führer Bi. (43 Jahre alt) der zweiten Maschine wies: links 6 mm und rechts 6 mm auf. In Elm — 84 km Fahrt mit einmaligem Halt — betrug die Schwelle bei Lo. links S mm, rechts 9 mm und bei Bi. links 8 mm, rechts 85 mm. — In Elm war wieder Maschinenwechsel. Der Führer Sei. (37 Jahre alt) der ersten Maschine hatte bereits auf einer anderen Strecke 82 km gefahren, bevor er den D-Zug 6 bediente. Bei ihm betrug die Schwelle links 8,5 mm, rechts 10 mm. Der Führer Er. (46 Jahre alt) der zweiten Maschine hatte auch bereits 2 Stunden Dienst gehabt und trat mit einer Schwelle von 7 mm links und 9,7 mm rechts die Bedienung der Schnellzugsmaschine an. In Frankfurt — 82 km Fahrt mit zwei- maligem Halt — betrug die Schwelle bei Sei. links 9,4, rechts 12 mm; bei Er. links 7,5, rechts 10,5 mm. — Aus diesen Aufzeich- nungen, sowie aus meinen früheren Beobachtungen !) ist ersichtlich, dass die Schwellen der Lokomotivführer im Dienst ziemlich hohe Werte erreichen, woraus auf eine nicht unerhebliche Ermüdung zu schliessen ist. Es ist eine physiologisch und statistisch festgestellte Tatsache, dass mit der Dauer der Arbeit das Perzeptionsvermögen für 1) Intern. Arch. f. Schulhygiene 1905 Bd. 2 H.3 S. 392. 9* 132 H. Griesbach: [1 Sinneseindrücke, die geistige Spannkraft und die willkürliche Be- herrschung der Muskulatur abnimmt. Daher ereignen sich beispiels- weise Unfälle seltener zu Anfang eines Betriebes als gegen das Ende desselben, also zu einer Zeit, in der das Konzentrieren der Aufmerksamkeit manchmal nur mit unwillkürlichen Unter- brechungen gelingt. Das subjektive Empfinden des einzelnen bietet uns keinen sicheren Massstab für den Grad der Ermüdung, sondern dieser lässt sich erst erkennen, wenn objektive Anzeichen hinzu- kommen. Diese liefert die ästhesiometrische Messung. Es gibt bei aus- reichender Geschicklichkeit und Übung kein handlicheres, bequemeres und schneller zum Ziele führendes objektives Verfahren als die Ästhesiometrie, um die durch irgendwelehe Umstände hervorgerufene Ermüdung zu erkennen. Es sollte daher das Ästhesiometer in der Hand von Sachkundigen wenigstens in solchen Betrieben Anwendung finden, in denen es sich, wie beispielsweise im Fisenbahnfahrdienst (Maschinenführer, Heizer, Stationsbeamte, Zentralweichensteller) um die Möglichkeit, handelt, dass durch Versehen eines einzelnen zahl- reiche Menschenleben aufs Spiel gesetzt und ungeheure Material- beschädigungen hervorgerufen werden können. Es entstehen die Fragen: Wo hört die physiologische Ermüdung auf, und wo fängt die pathologische an? Auf welche Weise lässt sich feststellen, dass Er- holung an Stelle von Ermüdung und dass letztere nicht in ein chronisches Stadium getreten ist? Individuelle Verschiedenheit in bezug auf Ermüdbarkeit und Widerstandskraft gegen Ermüdung ver- langen bei der Erörterung dieser Fragen selbstverständlich Berück- sichtigung. Im allgemeinen aber lässt sich sagen, dass der Anstieg der Schwellen, und ganz besonders der rechtsseitigen, bis auf 10 und mehr Millimeter auf erhebliche Ermüdung hindeutet, und dass andauernde Ermüdung besteht, wenn die Schwellen in arbeitsfreier Zeit die physiologische Normale um mehrere Millimeter an Höhe übertreffen, in derselben beharren und für dieses Verhalten keine anderen Ursachen, wie beispielsweise Alkoholgenuss, Tabaksmiss- brauch, Exzesse in Venere und krankhafte Zustände vorliegen. Im Hinblick auf die Zuverlässigkeit, praktische Bedeutung und Verwert- barkeit der ästhesiometrischen Messung werden Gewerbehygiene und Unfallversicherung, Arbeitgeber und Aufsichtsorgane und — last not least — der Staatsanwalt mit diesen Faktoren zu rechnen haben, wenn es sich um Unfälle handelt, die auf Ermüdung im Dienst derjenigen Hirnlokalisation und Ermüdung. NE: Personen zurückzuführen sind, denen eine Gefährdung der Betriebs- sicherheit zur Last geleet werden kann). In einigen Fällen kommt es bei bedeutender geistiger Anstrengung und hochgradiger Ermüdung — namentlich in Verbindung mit psychischer Depression und Unlustgefühlen —, wie schon I. Ioteyko°) vermutete und Noikow°) zuerst nachwies, aus vorläufig noch zu wenig bekannten Ursachen zu einer Art Überempfindliehkeit mit sehr bedeutender Verkleinerung der Schwellen. Ich selbst habe einige derartige Fälle beobachtet*). Dabei findet sich manchmal eine plötzlich auftretende Abspannung und Schlaffheit der willkür- lichen Muskeln, die kräftige und anhaltende Bewegungen unmöglich macht, wie sich in dem zweiten der unten zitierten Fälle feststellen liess. Diese Erscheinung lässt sich so erklären, dass die psychischen Zentren während längerer Zeit fast ausschliesslich tätig waren und die Bahnung auf die motorischen Zentren fast völlig unterblieb. — Ob unter normalen Verhältnissen und im Zustande geistiger und körperlicher Erholung und Ruhe die Grösse der Schwellen von dem Alter des Individuums abhängt, darüber können nur zahlreiche, unter den genannten Bedingungen unternommene und auf verschiedene Altersstufen sich beziehende Untersuchungen entscheiden. Solche Untersuchungen stehen noch aus und ihre Durchführung dürfte auf erhebliche Schwierigkeiten stossen. Bei meinen Untersuchungen in den Jahren 1904/05 habe ich?) bereits mein Augenmerk auf die in einer Vergrösserung der Schwelle zum Ausdruck kommende Ermüdung bei bedeutenden körperlichen Anstrengungen gerichtet. Es gibt ja keine körperliche Tätigkeit, an der nicht zentrale Vorgänge beteiligt wären. Bei meinen da- maligen Untersuchungen war mir jedoch das verschiedene Verhalten der beiderseitigen Schwellen noch nicht bekannt, und ich vermied 1) Im Anschluss an die auf dem 14. intern. Kongress für Hygiene und Demographie (Berlin, Sept. 1907) in Sektion IV über Ermüdung durch Berufs- arbeit vorgetragenen Referate, denen die ästhesiometrische Methode fremd war, habe ich in der Diskussion (Bericht [Hirschwald, Berlin 1908] Bd. 4 S. 265) bierauf bereits hingewiesen. 2) I. Ioteyko, Fatigue. Dictionnaire de Physiol. t. 6. 3) Noikow, Ästhesiometrische Ermüdungsmessungen. Intern. Arch. f. Schulhygiene 1908 Bd. 4 H. 4 S. 437. 4) Verhandlungsheft S. 250 und 255. 5) Intern. Arch. f. Schulhygiene Bd. 1 H.3 S. 339 ff. 134 H. Griesbach: daher aus den Beobachtungen Schlüsse zu ziehen. Schuytens Befunde veranlassten mich, neue Beobachtungen nach dieser Richtung: hin anzustellen!). Ich konnte dann zu verschiedenen Malen nach- weisen, dass bei vorwiegend körperlicher Betätigung die linksseitigen Schwellen die rechtsseitigen an Grösse in der Regel übersteigen, dass bei soleher körperlichen Beschäftigung, bei der auch die Auf- merksamkeit besonders stark beansprucht wird, die beiderseitigen Schwellen in ihrer Grösse oft nur wenig voneinander abweichen ?). Diese Beobachtungen bestärkten mich in der Ansicht, dass die beiden Hemisphären sich bei rein geistiger und bei vorzugsweise körper- licher Betätigung tatsächlich verschieden verhalten, dass bei ersterer der linken, bei letzterer der rechten Hemisphäre der Löwenanteil zufällt, dass, mit anderen Worten, die kommemorativen Zentren, welche Bewegungsvorgängen, Richtungs- und Lageveränderungen vorstehen, monolateral in der rechten Hemisphäre lokalisiert sein müssen, ähnlich wie etwa die Sprache und das logisch geordnete Denken in der linken Hemisphäre. Bei einer derartigen verschieden funktionellen Beschaffen- heit der beiden Hemisphären dürfte es dann wohl nicht überraschen, dass sich die Ermüdung bald in der einen, bald in der anderen Hemisphäre, je nach ihrer Beteiligung an den ihnen unterstellten Vorgängen und je nach ihrer Beanspruchung, besonders bemerklich macht, ja dass sie sich sogar in ganz bestimmten Gebieten lokali- sieren und Veränderungen im Neuronenkontakt hervorrufen kann. Durch Ermüdung der Perzeptionssphären kann auf diese Weise ihre Aufnahmefähigkeit für die ihnen durch die sensorische Leitung zu- seführten Reize beeinträchtigt werden. Da ferner aus den Per- zeptionssphären stammende Bahnen zu den kommemorativen Zentren führen, so leuchtet ein, dass bei Ermüdung der ersteren auch in diesen Bahnen Störungen auftreten. Ferner ist es klar, dass bei Ermüdung der kommemorativen Zentren interkommemorative und solche Bahnen an Leistungsfähigkeit verlieren, die zu den Perzeptions- sphären führen oder Übertragungen auf die motorische Sphäre ver- mitteln, und dass schliesslich der ganze Erregungs- und Hemmungs- mechanismus, die Aufmerksamkeit, der Wille und die ordnende Tätigkeit des Geistes Einbusse erleiden. — Um meine früher ge- 1) Verhandlungsheft S. 249 ff. 2) Zu vergleichen die beiden Fälle B und B! auf S. 253 des Ver- handlungsheftes. Hirnlokalisation und Ermüdung. 135 machten Angaben!) über die Ermüdung speziell der rechten Hemi- sphäre bei körperlicher Anstrengung zu kontrollieren und zu ver- vollständigen und im Anschluss an den Nachweis der Ermüdung die Lokalisation der den .Bewegungsvorgängen, Richtungs- und Lage- veränderungen vorstehenden kommemorativen Zentren unserer Kenntnis näher zu bringen, das heisst die Annahme zu stützen, dass hauptsächlich der rechten Hemisphäre die Fähigkeit innewohnt, das räumlich- zeitliche Bild der Bewegungsvorstellungen in Innervation umzusetzen, habe ich an einer grossen Anzahl von Soldaten der Mülhauser Garnison?) vor und nach den Exerzitien und Märschen im Frühjahr und Sommer des Jahres ästhesiometrische Untersuchungen unternommen. Für aas auch bei diesen Untersuchungen gewählte sensible Trigeminusgebiet der Haut, insbesondere das Gebiet des Nervus zygomatico-facialis und auriculo-temporalis, stellt sich die Leitung von jeder Gesichts- hälfte aus folgendermaassen dar: Haut — Ganglion Gasseri (erstes Neuron) — sensible Wurzel und Endigung derselben im sensiblen Kern (Ursprung des zweiten Neurons) — mediale Schleife — Thala- mus (Ursprung des dritten Neurons) — sensorielle Rindenzelle. Der Verlauf dieser Bahn vom sensiblen Endkern bis zur Rinde erfolet kontralateral zum Ausgangspunkt?). Ich bespreche zunächst die Befunde in der zweiten Kom- pagnie des Infanterieregimentes Nr. 112. Am 15. April 1909 um 6 Uhr morgens stand die Kompagnie auf dem Hof der Kaiser - Wilhelmkaserne vor einem Mannschaftsraum im Erd- geschoss zur Felddienstübung marschbereit*). Die Messungen nahm ich an 46 Angehörigen der Kompagnie vor. Zuerst wurden 1) Griesbach, Verhandlungsheft S. 255 ft. 2) In Mülhausen liegen vier Regimenter: das badische Infanterieregiment Nr. 112, das badische Infanterieregiment Nr. 142, — das 2. Bataillion steht in Mülheim (Baden) —, das badische Dragonerregiment Nr. 22 und die 5. Jäger zu Pferde Es drängt mich, Herrn General v. Deimling, mit dessen gütiger Erlaubnis die Untersuchungen ausgeführt wurden und dessen stete Unterstützung und Fürsorge die Gestellung der Mannschaften ermöglichte, sowie den Herren Regimentskommandeuren hier meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Ferner danke ich den Herren Kompagnie- und Eskadronchefs, die für einen glatten Verlauf der Untersuchungen oft persönlich bemüht waren. — 3) Zu vergleichen Villiger, Gehirn und Rückenmark S. 165 und Bechterew, a. a. 0. H.2 S. 1302, 4) Ausrüstung: Helm, gepackter Tornister, Gewehr, Koppel mit Seiten- gewehr und zwei Patronentaschen, in denen die Patronen durch Holzklötze er- seizt waren. Gewicht dieser Ausrüstung 15 kg. 136 H. Griesbach: die Mannschaften, dann die subalternen Vorgesetzten, zuletzt die Offiziere gemessen. Der Puls wurde weeen Beschleunigung des Geschäftes von einem Sanitätsunteroffizier festgestellt. Das Protokoll führte ein Unteroffizier. Um 6 Uhr 50 Minuten nach Beendigung der Messung erfolgte der Abmarsch nach dem Habsheimer Exerzier- platz. Zur Zurücklegung des Weges dorthin braucht die Truppe ca. 1 Stunde 30 Minuten. Die Übungen, die kurz nach Ankunft auf dem Exerzierplatz ihren Anfang nahmen, erstreckten sich über: 1. geschlossenes Kompagnieexerzieren: Bewegungen im Tritt, ohne Tritt, Griffe, Formationsveränderurgen, Aufmärsche im Schritt und Laufschritt; 2. Exerzieren in der geöffneten Ordnung: Übergänge aus der geschlossenen in die geöffnete Ordnung, Bewegungen in der Schützenlinie im Schritt und Laufschritt; sprungweises Vorgehen, Durchführung eines Gefechtes; 3. Parademarschüben.e Um 10Y« Uhr begann ich in einem auf dem Exerzierplatz aufgeschlagenen Zelte mit der zweiten Messung in derselben Reihenfolge wie vor dem Aus- rücken. Pulskontrolle und Protokoll wie anfangs. Damit die Leute sich nicht ausruhen konnten, wurde während der Messung das Exerzieren fortgesetzt. Von dem Protokollführer wurde jeder einzelne zur Messung aus der Truppe herausgerufen. Wer gemessen war, konnte ruhen. Um 11 Uhr erfolgte der Rück- marsch ohne Tritt. Ankunft in der Kaserne 12 Uhr 20 Minuten. Abhängen, Wechsel der Leibwäsche und Fussbekleidunge, Einnahme des Mittagessens; dann Fussbad und dienstfreie Pause bis 3 Uhr 45 Minuten. Von 3 Uhr an erfolste die dritte Messung in derselben Reihenfolge wie morgens. Um 4 Uhr begannen die Übungen auf dem Kasernenhof, an denen jedoch nur 28 Mann teilnahmen. Die Übungen bestanden in Exerzieren mit leerem Tornister und Gewehr, in Turnen an der Hindernisbahn, Klettern über Holzwände, Hoch- sprung, Weitsprung, Tiefsprung und Gewehrfechten. Die 4. und letzte Messung begann um 5 Uhr 30 Minuten. Die Untersuchungs- ergebnisse sind in Tabelle I (S. 137 und 138) zusammengestellt. Hirnlokalisation und Ermüdung. ge II Ga] 38 GIG ee 08 oL Gel 61 ‘9 ‘9 LSST Zope & 88 ae a 13 8 B) GE ja Yl 08 8 c9 gest | aparıg © 5 12 18 Gun ET 03 ey Sy 8 er 20 SI 8 Gm 1881 ° uoöng “aorop © 03 upÄyı | uupAya I a | Gil gg Re L ss | me | 6 8 | 08 08 Da ea a ‚||öjll 28 9 OL 18 ch GG g 6 GL 6L ‘9 ‘9 GEST 50z70 s sı 98 a8 OL 6L 8 6 08 el N LT A G S88I spürte gs Au gg 6 el 76 6 6 98 01 Com 8 GL «g 9881 SE eig] 9] 8 68 01 23 8° Maxhorers 8 6,9 1,9 9,0 7,6 DE ER DITEREEENT SE. 1885 7,9 6,5 15,0 9,0 331, Moog u 1887 7,5 7,9 13,0 9,0 4 | Heuwer 1886 9,5 8,2 12,0 9,8 Heiss Barbi ner 1887 8.9 6,9 25,0 24,5 6.1 Alberle.ye ie + 1886 7,5 7,9 17,5 12,5 za Straub. 8 10,0 12,0 20,0 15,5 8| Grünewald. . . ı 1886 9,5 9,5 17,5 14,0 9 Kryzanskie gr: 1885 8,0 7:8 23,9 13,5 101), Kiest. Er 1887 7,5 6,5 12,5 9,0 1181 Grimmen ae: 1887 10,5 80 18,0 11,5 12 | Okoniewski. . . | 1886 7,8 9,5 18,0 9,8 1922 Markuseseee 685 7,5 7,9 14,5 9,5 142° Bühler age 1885 8,0 8,0 15,0 13,0 15 | Schneckenburger | 1885 10,0 11,0 20,5 89 16 Wagner 2 23 22121887 1,9 1.6 12,0 89 17 | Schlotterbeck. . | 1886 7,0 120 13, 9,0 ISA eiKresen se er 1885 7,0 7,0 14,5 92 19 | Heinzelmann . . | 1886 U® 6,3 13,0 8,0 20W Ruchsee nr 1886 7 1,9 19,0 9,3 211 "Biedate nee 1885 8,0 7,0 14,0 10,0 291 „Stotz en ee 1886 7,0 7,0 15,5 9,5 23 | Kaufmann . . . | 1887 7,0 8.0 16,5 10,0 24 | Schulte 2.0 1021886 11,0 9,0 16,5 13,0 252 Rüschegereweg: 1887 7,6 7,6 24,0 12,5 2601 Einolenesp er 1888 12,0 11,5 20,5 14,5 27 | Meder | ekera| 7,0 9,9 13,5 10,0 28 Mikoleyezak . . | 1886 4,9 5,0 11,5 9,0 291 Schmidtr 22 22.2.1011888 3,9 6,5 12,0 9,5 02], Geiger er 1886 6,0 6,0 13,0 10,3 3 Buharrs 1888 7,4 8,0 13,5 9,5 32 | Remetter. . 1883 10,5 10,0 13,0 11,5 33117 Var, Pat es 1887 8,0 7,5 15,0 9,5 3 Steinhauser 1888 6,4 5,0 8,9 6,0 oh, Kehne esse 1837 89 11,0 20,0 14,0 36 | Leisinger 1837 6,5 6,5 17,0 12,5 37 Lansing 1886 6,5 6.5 17,0 13,0 38.1 Kellere we 1888 6,0 6,0 14,5 9,8 3° Meyer er. 1886 7,7 8,0 13,0 100 40 | Ernst 1886 8,0 7,2 14,0 11,0 41 Burgert 1887 6,8 6,8 14,0 9,0 Aa | Scheid- zer e 1887 7,8 7,5 18,5 9,0 43 |" Gselle . ea 1887 7,5 7, 13,0 10,0 44 | Müller 1885 5,0 9,6 11.0 6,6 45 | Grauer || Meere 7,0 3,6 "18,5. 12,5 46 Schre:ıber . | 1888 7,0 7,0 12,0 7,9 47 \ Parchow. - - 1888 7,0 9,0 11,0 11,0 48..| "Valz’ rer 1883 5,0 4,8 10,0 7,0 49 | Fischer . 1883 5,0 5,0 9,5 7,9 Puls in Viertel- minute l oherll. 26 Hirnlokalisation und Ermüdung. 145 Befunde sprechen wiederum für die völlige oder annähernde funktio- nelle Harmonie der beiden Hemisphären im Zustande geistiger und körperlicher Ruhe. — Eine Pulsbeobachtung vor dem Ausrücken der Kompagnie konnte, weil ein Sanitätsunteroffizier nicht anwesend war, als zu zeitraubend nicht vorgenommen werden. — Nach der Truppenübung sind bei 47 unter 49 Personen die beiderseitigen Schwellen grösser als vor dem Ausrücken. Nur bei den Musketieren Nr. 15 und 17 ist die rechtsseitige Schwelle kleiner. Ferner sind nach der Truppenübung sämtliche linksseitigen Schwellen grösser als die rechtsseitigen, mit Ausnahme des Musketiers Nr. 47, bei dem sie beiderseitig 11 mm betragen. Die Grösse der linksseitigen Schwelle schwankt nach den Übungen zwischen 8,5 (Nr. 34) und 25mm (Nr. 5). Im Mittel beträgt ihre Grösse 15,2 nm. Die Grösse der rechtsseitigen Schwelle schwankt nach den Übungen zwischen 6 (Nr. 34) und 24,5 mm (Nr. 5), ihr Mittelwert beträgt 10,2 mm. Der Durchschnittswert der linksseitigen Schwelle ist also nach den Übungen um 15,2 — 10,2—=5 mm grösser als der der rechtsseitigen Schwelle. Demnach übertrifft auch in dieser Kompagnie die Ermüdung der rechten Hemisphäre die der linken, erstere muss also wiederum stärker beansprucht worden sein. Ein Vergleich der Schwellenmittelwerte vor dem Ausrücken und nach den Übungen ergibt für die linksseitige Schwelle 15,2 — 7,6—17,6 mm, für die rechtsseitige Schwelle 10,2 — 7,6 = 2,6mm. Die Anzahl der Pulsschläge nach dem Felddienst steigt bis zu 144 in der Minute und deutet ebenso wie die starke Transpiration der Leute auf be- deutende körperliche Anstrengungen hin. Die Untersuchungen in der 9. und 10. Kompagnie des Infanterie- regimentes Nr. 142 sind deswegen besonders vollkommen, weil die Unteroffiziere auch bei den Nachmittagsübungen beteiligt waren. In der 9. Kompagnie wurden 52 Personen gemessen, davon 50 viermal ‚und zwei Offiziere zweimal. Die Messungen, diein Tabelle III (S. 146 und 147) zusammengestellt sind, zeigen die folgenden Resultate. Vor dem Ausrücken der Kompagnie schwanken die linksseitigen Schwellen zwischen 4,5 mm (Nr. 46) und 12,5 mm (Nr. 18). Die meisten Werte liegen unter 10 mm. Vier Personen sind hiervon ausgenommen. Bei dem Serg. Nr. 8 beträgt die linksseitige Schwelle 10 mm, bei dem Musketier Nr. 14 10,5 mm, dem Unteroffizier Nr. 9 12 mm uud bei dem Musketier Nr. 18 12,5 mm. Der Mittelwert der linksseitigen Schwellen ergibt sich zu E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 10 H. Griesbach UNE OT lie 07 | 08 | 7 Ei Te ge zz 8 SL gast | Speer elkee le: 8L aıı | 12 q S LE 9 6 18 g 8 gest | ° umemmp © | +8 98 | 69 or | 8 et 95 L gg Mi Ze gs | 2 Seo ec 98 | 98 a | ee © 9 08 8 BROT | ro ee ic gggl | rs ° 1 86 Na | | Bu |. | lin & 6 a oe BBaIe | URLS SEE Te 77 | 96 SL Ko | ir. 98 | 68 Si || WR L L ae | aeg || (ke Vera! sol | 9 1.8 8 | Col 08 | eu | 0 6 9ssle Dj 2u Suede ol = , sea | Hal |) 08 | San) ea | © 8I a | ea Baal |, ro enyoene 81 rw | EL | Se Bi Mi a | Sa || Or 07 | g8 Seal Sr ee) | Ai 08 | 89 or | & ee 08 8 Ga | Ka | 8 GL L88t | ° ° optosem 9T 98 om | 8% See a | Se | 8 8 ssgt | ° ° " pop © |< 2 C ‘ | [ ‘ . . 88 | 9oL ne | a | ce au | a0, eo | Son | aaa 9 © 2 aan | gpi cs | 99 8 Or ac L & be 03 | Gr 8881 “ ° Nowegdg "ySnm | EL ie et | 0 ee gg Bw Sa) | x a gsst | Bupı “ol "ap yoaayaf) | ZI BC | 236 2 Sol Oee e) @ , Sr, 8 | 08 6 6 Desee | oos II de Bw Sal ll Sr 9 06 | 801 ra 972 256 ol sggt | ° © Lem yoaayun | OL oe w ) Sr @y | el 08 | 81 01 01 | #881 "._ Tegoyog "Se | 6 es SL So de 28 re, a, ale a 9881 Su 34 'y p yorayun) | 8 &2 | 8% 0. || or | Se ge | 8 & a | | © „88T | ° ° ° uuewmmmg 'ysnm | 2 cs | ol I ee ac er se | Bi a | Sr gggt |" ° ung 9 eo 88 ab || Alle) Win | ey 61 | «8 g6 ae g 688I | " umewupoyuo yoasyun | < an are us LI 8 68 a a ee | am zuge | 7 | a. ER | er % 0 m gg 61 L L L88I | ° ° ° seynrp yoryun | $ Beer 1E 8 or || Su | 8 g es8l | ° ° uosuuegop “Duos | Z ee | rs 08 ee 8 gL 6 | a as8T | ° Moyproyg "Apippozeä | I | | | ur SIT JE syur] tun SITaaA | SYuI ur sIyq9ad | SYUI ur | sIqdat | SYUN ee -[9} | "WIJJIN Ur 9910M | -[04 | "wi ur 940m | -[94 | "rip ur 9J1oM | -[0} | "wıpjlJAL UT 9)19M aqel erragistann dan ao OWOOMSY | ro, | -WISWOLROMSY | or | -WIWoRomsYy |. | -0WwoReMsY | sungen TODSEIEHT! AN m gu19sB)] Aop UI um , 9UIOSey dop ul m zyepdas1zaoxg im , OULIOSEH Aop UI Sony pun a söeyruyoeu = | sdeyıugoeu gm. | Wop me SU9SJ0W En SUASLOLL UN Üdı ayn ang ze: Na Se) am MS "Zr Juaunsoy oruseduoy "6 '606T Tudy '9T woA Sunsson] Il oTI24eL 147 Hirnlokalisation und Ermüdung. = = = == Ex HE 9% | gel 8 ea 286 g4 mer 20: = 2 3. 10009 a er: Em Dal ze 6L 6 6 st | 6# 87 a ee ana el | | | | L 08 | 9 gg Lea Be N are cz OL oT | 91 u 20 | % . | L& os) an er g [Ak 8 8 8I 8 9 ss8l | ° ° ° Soap sn | 96 “un Sy : SYum -UTU sJy99A Ssyum] | un oojgiaaı syum UL syydaAl SYUTT Er -[9} | "WII Ur 9919M | -[9% | "WI Ur 9419M | -[0% | "Un Ur 9410M | -[9% | "WITLLTAL UT 9I10M ayel Ken HIER Ran. ZIOTA -I9J9WOISOUSY | -ıor N -19J9WOISOUJSY | -gor A 1979 WOISOUISY | -TorA -19J9WOISIUISY | -sy.ngEQg TOT EENELT. IN ur | 9usosey ap U | g, | Owrsey dopur| yı zyepdiorziexg | gr | OUIOSEM dop Ur | yayıy par ni soeprugdeu A sseyLwgdeu * | wop Jn® SU9S.L0UL Se SU9H.LOUL 9weN Na ayn &ıg Baia ee lee eo | de ns (3unz}osj104) III OITOqEL | 148 H. Griesbach: 6,6 mm. Die rechtsseitigen Schwellen schwanken zwischen 4 mm und 12,5 mm. Der Serg. Nr. 8 weist rechts wie links 10 mm auf. “Auch die Musketiere Nr. 17 und 19 haben rechts 10 mm. Der Unteroffizier Nr. 14 hat rechts wie links 10,5 mm, der Musketier Nr. 18 rechts wie links 12,5 mm. Der Mittelwertderrechts- seitigen Schwellen liegt bei 7 mm. Es ist demnach der Mittelwert der rechtsseitigen Schwellen um 0,4 mm grösser als der der linksseitigen Schwellen. Wiederum sind bei einer grossen Anzahl (25) der Personen die “beiderseitigen Morgenschwellen völlig gleich, nämlich bei Nr. 1, 3, 4, 7, 8, 10, 11, 14, 15, 18. 20, 22, 24, 27, 29, 30, 32, 33, 36, 38, 89, .40, 41, 46 und 48. Der grösste Unterschied zwischen den beider- seitigen Schwellen findet sich bei dem Oberlt. R. (Nr. 52) und dem Musketier Nr. 44. Bei ersterem übertrifft die rechtsseitige Schwelle die linksseitige um 4,2 mm, bei letzterem um 4,5 mm. Die erheblich grossen Morgenschwellen von 12,5 mm bei dem Musketier Nr. 18 erklären sich zweifelsohne aus unzureichender Nachtruhe. Auf Be- fragen des Betreffenden gab er an, nur wenig geschlafen zu haben. Über die Pulsfrequenz am Morgen ist nichts besonderes zu sagen, sie entspricht dem Alter und der Konstitution der Leute. Den schnellsten Puls hat der Oberlt. R. mit 92 Schlägen in der Minute. Wie gestaltet sich nun bei dieser Kompagnie das Bild nach den Felddienstübungen? Bei allen Personen sind die beiderseitigen Schwellen nach diesen Übungen grösser als vor dem Ausrücken. Bei 46 unter 52 ist die linksseitige Schwelle grösser als die rechts- -seitige. Bei den Musketieren Nr. 18, 31, 36 und dem Leutn. v. B. (Nr. 51) sind die beiderseitigen Schwellen gleich. Bei dem Oberlt. R. (Nr. 52) und dem Musketier Nr. 26 übersteigt die rechts- seitige Schwelle die linksseitige, bei ersterem um 4,5, bei letzterem um 0,5 mm. Die linksseitigen Schwellen schwanken nach den Übungen zwischen 8 mm (Nr. 26, 39, 47, 52) und 20 mm (Nr. 8 und 19). Die rechtsseitigen Schwellen schwanken zwischen 6 mm (Nr. 24 und 25) und 19,5 mm (Nr. 18 und 19). Der Mittelwert der linksseitigen Schwellen beträgt 11,3 mm, der der rechtsseitigen 94 mm. Der Mittelwert der linksseitigen Schwellen ist also nur 1,9 mm grösser als der der rechtsseitigen Schwellen. Der Puls geht in mehreren Fällen (Nr. 15, 17, 35) bis auf 124 Schläge. — Um sieh die Messungen anzusehen, kam der Herr Regimentskommandeur mit seinem Adjutanten nach den Übungen Hirnlokalisation und Ermüdung. 149 zu der Kompagnie. Beide Herren liessen sich ebenfalls messen. Das Ergebnis bei ersterem war: linksseitige Schwelle 20 mm, rechts- seitige Schwelle 15,5 mm. Bei letzterem fanden sich: links 9, rechts 6,5 mm. Bei den hohen Schwellen des Herrn Oberst lieet der Gedanke nahe, dass die Leitung und Besichtieung der Truppen- übungen — an dem Morgen des 6. April manöverierte das ganze Regiment — für ihn eine ganz erhebliche Ermüdung körperlicher und geistiger Art mit sich brachte. — Nach der Mittagspause ergaben die Messungen in der 9. Kompagnie folgende Resultate: Die linksseitigen Schwellen schwanken zwischen 3,2 mm (Nr. 26) und 12,5 mm (Nr. 18). Bei 28 Personen sind sie kleiner als die ersten linksseitigen Morgen- schwellen, nämlich bei Nr. 1, 3— 12, 14, 16, 19, 20, 25, 26 — 28, 31, 34, 35, 40 — 45. Bei 15 Personen sind sie grösser, nämlich bei Nr. 13, 15, 17, 21, 22, 23, 29, 30, 32, 36, 37, 39, 46, 48, 49. Bei 7 Personen stimmen sie mit den ersten Morgenschwellen überein, nämlich bei Nr. 2, 18, 24, 33, 38, 47, 50. Der Mittel- wert der linksseitigen Schwellen nach der Mittaes- ruhe beträgt 5 mm. Die rechtsseitigen Schwellen schwanken nach der Mittagspause zwischen 3,5 mm (Nr. 4) und 12,5 mm (Nr. 18). Kleiner als die rechtsseitigen Schwellen zwischen 6 und 7 Uhr sind sie bei 33 Personen, nämlich Nr. 1— 14, 16, 19, 20, 25 —35, 37—40, 42, 44, 46 —49. Grösser sind sie bei 7 Personen, nämlich Nr. 17, 21, 22, 23, 36, 41, 50 und gleich den Morgenschwellen sind sie bei 5 Personen, nämlich Nr. 15, 18, 24, 43, 45. Der Mittelwert der rechtsseitigen Schwellen nach der Mittagspause beträgt 5,5 mın. Links- und rechtsseitige Schwellen sind nach der Mittagsruhe gleich gross bei 22 Personen, nämlich bei Nr. 1, 4, 5, 8, 11, 12, 17, 18, 19, 21, 22, 23. 24, 25, 28, 31, 34, 35, 37, 42, 44, 45. Die linksseitigen Schwellen sind kleiner als die rechtsseitigen bei 7 Personen, nämlich bei Nr. 3, 6, 9, 26, 41, 43, 50. Die links- seitigen Schwellen sind grösser als die rechtsseitigen bei 21 Personen, nämlich bei Nr. 2, 7, 10, 13 — 16, 20, 27, 29, 30, 32, 33, 36, 98, 89, 40, 46 — 49. — Die Pulsfrequenz ist entsprechend der Einnahme der Mittagsmahlzeit etwas grösser als am Morgen. — Nach (den Nachmittagsübungen auf dem Kasernenhof steigen die Schwellen wieder erheblich an. Die linksseitigen Schwellen schwanken zwischen 7,5 und 15 mm, die rechtsseitige zwischen 5,6 und 13,5 mm. Ab- 150 H. Griesbach: gesehen von den drei Musketieren Nr. 13, 21, 49, bei denen die beiderseitigen Schwellen gleich gross sind, übertreffen die linksseitigen Schwellen die rechtsseitigen an Grösse. Bei dem Serg. Nr. 8 sind beide Schwellen niedriger als die Schwellen am Morgen vor dem Ausrücken, bei dem Musketier Nr. 19 trifft dies für die rechtsseitige Schwelle zu. Bei allen anderen Personen sind die beiderseitigen Schwellen grösser als zwischen 6 und 7 Uhr morgens. Im Mittel beträgt der Wert der linksseitigen Schwellen 10,5 mm, der der recehtsseitigen 84 mm nach den Nachmittags- übungen. Der Mittelwert der linksseitigen Schwellen ist also um 2,1 mm grösser als der der rechtsseitigen. Der Puls steigt nach den Nachmittagsübungen ebenso wie nach den Vormittagsübungen bis auf 124 Schläge. Ich wende mich nun zur Besprechung der Tab. IV (S. 151 und 34), in der die Untersuchungsergebnisse aus der 10. Kompagnie des Rest. 142 zusammengestellt sind. Vor dem Ausrücken schwanken die linksseitigen Schwellen zwischen 3,2 mm (Nr. 49) und 8.2 mm (Nr. 9); ebenso verhalten sich die rechtsseitigen Schwellen: 3,2 mm bei No. 41, 42, 46, 48; 8,2 bei Nr. 9. Von 52 Personen haben 22 links und rechts gleich grosse Schwellen, nämlich Nr. 1 bis 9, 12,,14722, 29,241 27V! 31, 35, 43, 47, 50 und 51. Bei fünf Personen ist die linksseitige Schweile kleiner als die rechtsseitige, nämlich bei Nr. 13, 17, 21, 45 und 49. Grösser ist die linksseitige Schwelle bei 25 Personen, nämlich Nr. 10, 11, 15, 16, 18, 19, 20, 25, 26, 28, 29, 32, 39,34, 36 — 42, 44 46 48 und 52. Der Mittelwert der links- seitigen Schwelle beträgt 5,2 mm, der der rechtsseitigen 4,9 mm. Es ist also bei diesen Leuten der Mittelwert der links- seitigen Schwelle grösser als der der rechtsseitigen, und zwar um 0,3 mm. Besondere Bemerkungen über den Morgenpuls sind nicht zu machen. — Nach den Felddienstübungen trat diese Kompagnie sofort den Rückmarsch nach der Stadt an. Die Untersuchungen fanden also erst nach dem Marsch in der Kaserne statt. Um das Ausruhen der Leute zu verhindern, liess man die in Betracht kommenden Mannschaften Marschübungen auf dem Kasernenhofe fortsetzen. Wer gemessen war, konnte abtreten. Die Messungen zwischen 12 und 1 Uhr ergaben bei allen Personen eine Grössen- zunahme der beiderseitigen Schwellen gegenüber den Morgenwerten. Ferner ist aus der Tab. IV ersichtlich, dass die linksseitigen Schwellen 151 irnlokalisation und Ermüdung. Ic Sa | 9 Si g% 8 all 13 9% Vahe 83 ol 91 08 7 gg %6 | 201 LT LI 97 g°G 93 al eig 95 al Gi] 61 vr cg &881 Tor K APUrWWONIE se | 98 Sol | 9% Gr 37 L881 aodng = gg 66 GI [er Gq G’q £R 6 Zu 81 er Gr S881 oe > 63 ml Ge] 23 EN, Can 12 CE fh 13 ) &L 9881 “70 demo ; eo) es | 66 srl | 8 89 L°G MB goL 08 g &9 aa ||? © ee JIOpur1aA dd r LP 129 8 6 08 Gr Gr Gel efejen © IE el | GMT red cr 9°C IE 01 oL SI iz er ı881 2 aopog SUN gg Seren & 8 L 8 8 OL 6L 7 c'g 9881 ee uichte 63 Bee & 97 GL 63 6 cl 61 or G L881 2 ysoN “ 2 Bea 86 7 @ % 6 II 61 ce ge 2881 "009 Don 'ASuM ug syq9aa | SYuIf “up nei | syul urun syy99t | Syur umun SIU99L Seh ei -]9% | “wIpjIp uroJıaM | -[0% | "wIJIA Ur 9J19M | -[8% zyejda91z1Ioxq -]99 | "wipjIp Ur 9)10M ayel ;@ a ir ar, | WOIsaegSY |-aoıy | -RAWOISOMSY | or, | OA yasıeu -a9ry | TOWOLSAUNSY | -syungayg JSHnsrEa! IN es 9ulasey Op UL ur auaasey Op U| 1 -yony wop yeu| ur sunasey Op Ur] 75) ; pun : söeyLwuydeu : soeyyrwydeu . auUIasey Aop UI . su9s1owu IV 9weN ah ayn 9 smd | aqn 3a p—g | SI | sseyu ayn I-zı| Id au 29 1m = = — = mi -(3unzJ9s]107) AT OIlO4EL Hirnlokalisation und Ermüdung. 153 zu dieser Zeit die rechtsseitigen an Grösse in 49 Fällen übertreffen. Nur in 3 Fällen (Nr. 17, 24, 30) sind die beiderseitigen Schwellen gleich gross. Die Grösse der linksseitigen Schwellen schwankt zwischen 9 mm (Nr. 31) und 17 mm (Nr. 25). Die Grösse der rechtsseitigen Schwellen liegt zwischen 7,3 mm (Nr. 27) und 135 mm (Nr. 14). Im Mittel beträgt die Grösse der linksseitigen Schwelle 12,2 mm, die der rechtsseitigen 9,4 mm. Die linksseitige ist also im Mittel um 2,8 mm grösser. Im Vergleich zu der 2. Kompagnie des Regimentes Nr. 112 und der 1. Kompagnie des Reeimentes Nr. 142 sind diese Schwellen etwas niedriger. Zuntz und Schumburg!) geben an, dass Märsche manchmal erfrischend wirken; vielleicht hat auch hier während des Rückmarsches vom Habsheimer Exerzierplatz eine Er- holung von den Felddienstübungen daselbst stattgefunden. Bei den Mannschaften der 9. Kompagnie des Regimentes Nr. 142, die un- mittelbar im Anschluss an die Feldäienstübungen gemessen wurden, ist der Mittelwert der linksseitigen Schwellen allerdings am niedrigsten, während der der rechtsseitigen Schwellen mit dem in der 10. Kompagnie gefundenen genau übereinstimmt. Ich habe aber schon darauf hingewiesen, dass das Verhältnis der beider- seitigen Schwellen bei den Mannschaften der 9. Kompagnie kleiner ist. Die Pulsbeobachtung in der 10. Kompagnie während der Untersuchungen zwischen 12 und 1 Uhr ergibt eine Steigerung bis zu 136 Schlägen (Nr. 21). Nach der Mittagspause schwanken die linksseitigen Schwellen zwischen 4 mm (Nr. 46) und 10 mm (Nr. 24). Bei zwei Personen, nämlich bei Nr. 21 und 23, sind die linksseitigen Schwellen um diese Zeit an Grösse gleich den linksseitigen Schwellen vor dem Ausrücken. Kleiner als die linksseitigen Morgenschwellen sind sie bei 18 Personen, nämlich bei Nr. 1—6, 83—11, 17—20, 25, 26, 32, 36. Bei 27 Personen sind die linksseitigen Schwellen nach der Mittagspause grösser als die linksseitigen Morgenschwellen, nämlich bei Nr. 7, 12, 15, 14, 15, 22, 24, 27—31, 33, 34, 3749. Der Mittelwert der linksseitigen Schwellen nach der 1) Zuntz und Schumburg, Studien zu einer Physiologie des Marsches. Bibliothek: Koler. Sammlung von Werken aus dem Berichte der med. Wissensch. unter besonderer Berücksichtigung der militärmedizinischen Gebiete. Herausgeg. von O. Schjerning Bd.6 S.136. Hirschwald, Berlin 1901. 154 H. Griesbach: Mittagspause beträgt 5,5 mm. Die rechtsseitigen Schwellen schwanken zu dieser Zeit zwischen 4 mm (Nr. 6, 31, 36, 38, 40, 41, 42, 46) und 10 mm (Nr. 24). Bei sechs Personen ist die rechts- seitige Schwelle nach der Mittagspause ebensogross wie die gleich- namige Morgenschwelle, nämlich bei Nr. 7, 10, 15, 19, 23, 24. Bei 15 Personen ist die rechtsseitige Schwelle nach der Mittagspause kleiner, nämlich bei Nr. 1—6, 8, 9, 11, 17, 18, 21, 26, 31, 36, und bei 26 Personen ist sie grösser als die gleichnamige Schwelle vor dem Ausrücken, nämlich bei Nr. 12, 13, 14, 20, 22, 24, 25, 27, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 37—43, 45 —49. Der Mittelwert der rechtsseitigen Schwellen nach der Mittagspause liegt bei 5 mm, gleichgross sind die beider- seitisen Schwellen zu dieser Zeit bei 11 Personen (Nr. 1, 10, 13, 14, 17, 21, 23, 24, 33, 34, 46); die linksseitige Schwelle ist kleiner als die rechtsseitige bei drei Personen (Nr. 20, 26, 32), sie ist grösser als die rechtsseitige bei 33 Personen, nämlich bei Nr. 2—9, 11, 12, 15, 18, 19, 22, 25, 27—31, 36—45, 47—49. — Der Puls ist nach der Ruhepause, entsprechend der Einnahme des Mittaesmahls etwas lebhafter als zwischen 6 und 7 Uhr morgens. — Nach den Nach- mittagsübungen auf dem Kasernenhof gestalten sich die Dinge folgendermaassen: Die linksseitisen Schwellen schwanken zwischen 87 mm (Nr. 2 und 4) und 21,5 mm (Nr. 45), die rechtsseitigen zwischen 7,2 mm (Nr. 35) und 13,5 mm (Nr. 46). Bei den beiden Musketieren Nr. 20 und 36 ist die linke und rechte Schwelle zu dieser Zeit gleich gross, bei den übrigen 45 Mann übertrifft wiederum die linke Schwelle die rechte an Grösse. Im Mittel beträst die Grösse der linksseitigen Schwelle 13,9 mm, die der rechtsseitigen 9,7 mm. Gegen Schluss der Messungen fand sich noch Leutnant G. eiv, beide Schwellen betrugen bei ihm 6 mm. Der Puls steigt bei den Mannschaften nach den Nachmittagsübungen wieder bis auf 136 Schläge. Die letzten Messungen bei Gelegenheit der Truppenübungen wurden in der 3. Eskadron des Dragonerregimentes Nr. 22 vorgenommen. Die Übungen dieser Schwadron bestanden in folgendem: Dressur- reiten, Zugexerziefen, Abbrechen zu Zweien und Vieren, Aufmar- schieren, Absitzen zum Gefecht zu Fuss, Bewegungen im Zuge, Parademarsch; zum Schluss Galoppieren. Nach der Rückkehr zur Kaserne wurden die Leute während der Messungen in Bewegung gehalten. Hirnlokalisation und Ermüdung. J1OPury.ToA YOIISUOIP 97 Si GI 8 8 GS8I 18 So i29 OL el °G L GL Last Ai OoL 89 IE el G’eT 08 89 ee) PSsı 9T 9 G 13 8 GOT 97 g8 GG 98ST SI L ) 36 eg eg 61 GR 6 FSs1 174 CF @ 9% 86 al {er 89 89 PSST 7% GR eg Verd GET 97 [eV Gl II Ss81 18 G'8 G'g 76 g'g al 61 39 89 9881 86 je ec) 08 9°8 jEii 6L Seh ) FSSL jet L L 9% 86 GI 16 9°G 9 GSST JIOpurya9A Tomsugıp % 6 GL 9% L L FSsıl Be eRe.gen |1 0:0 78 01 SL Ai Ge GN &s81 GI 89 89 83 II Fl 26 6 OL &88T GL Eger al 89 61 GTL 9T A| ‘9 eg £881 fer EI U 2,69 76 01 an 91T 9°q 9°q EBBI 9 L 8 NE «, 86 26 89 sg ESST Ol Se EL 08 Gy 66 ul g8 gg 1881 1g &'9 89 88 oL el 81 87 9 LIST 86 cor gL 06 LI st 61 ee) 89 JIL8L 66 G 8°G 6L Ga &rI LI 9 9 9181 Ai &9 &9 8I Gel ul St 9 eg G88l 0% | 59 7% 6 el 91 je 8 &88T 8 6 6 ST 89 39 1881 puosomu® Jyoıu 36 eg 6 08 Ms N F1ST Al ul SIJUI9A SYUuI uamurun u al _ | uOJnuTU nE Sl N _ | uoynurwm A a n -PPMOLA uaogounppipy ur PHMA uaogowupppy ur | T9HOTA uaapawı]Ipr ul en uI 9IAIMAIJOWOLSIUISV ur 9I19MIIIOWOISIUISV ur IIIIMIHIOWOLSIUISV- Nu) sing oulosey} dop Ur | smg OuIosey op ur | smg ourosey dop ur | MV wpeu au) 78 su9s10m Auf) OT—6 su9odrou Auf) 29 2 Frau v8 Beaee " 10dıoyy “ EZ ra RL A ey k 28 “ ypegsppwuummg 13 ee 9ppsrH « 03 er kei Dyona,g « 6I Se Kag « SI “ * uuewmdeg] AOpa.1jos) LI “ ogoM 5 97 " JouNIen) 7 GI °- weyifeMm JOIzyJoAoJuf]) FI oo us ay9aoTT “ eI Der 59 "PAIeNIH « zI u, Me 9[°°9H « TI “2° JOJUIO AN 5 oT ° * Äysumzpng : 6 ° ° - gouunag Juw9S1og g 198999 x he) ssroqggayog 5 9 ° " IOUOSLT "WILIBMOZIA G ° * zyng dogstowgyoe M F ar “ıl « g “20° yog gugugno] ß Br erieliniit] 1 Suey JOUITLIBIITTUL pun IN oueN 28 "IN SYUEWISELTUOHEIT SOP UOAPENSH 'g '606L Tady '0z WwoA Sunssom "A oTledeL . . H. Griesbach 156 80 &9 &9 LE a8 6 SI gL g 08T | ° zeug ‘yoreyunsarosoy | 0% 77 eg eg TE 86 FL 13 a 6) FssL “ © gaegpiof : 67 puosomu® Iyaıu 08 01 GBI 83 IL 8 9881 0° dapng Jasuıyelum 8 86 sr 87 93 al al 08 9 9 Ball | Lv 8 fe 8 al sy 9 6 8 9881 N gr SI ‘9 28 RB 0 oL 08 6 6 8881 N [ei LI 89 89 Te 01 gel LI 6 69 GSSE 2 Do 142 77 28 8 76 II G'c] &3 few En 8881 Er FE ISNTISTer er 36 38 28 Be Bil 2 76 8 SE 1681 eg rar 22 gg ai 38 co1 CL D) L 6 8881 es 67 LI goal <'sl 81 al 97 ul u P sa || 9 ee | 07 cl Gel PL GT 11 CHI #l eg 8 1881 yoaquappnum, * 68 id &9 3) v6 86 el 08 K: g nes ae a 88 170 @ @ 8 c 8 95 9 29 LS8T RO LE 08 gan gel % I SI 6L ‚SI OT Gele omnzıye ge 98 08 ehe) {ehe 3 01 al 86 {ei} GG L881 uugwssnuy ° 8 og IQ eg &'9 IE Ge el 08 8 en) 1881 ne 79 puosamue Jyoıu 61 Su Ei sI eg ‘9 Gs8l oe 0 gg sı q G 61 g6 gel 9L ER) 9 L881 ee &E cl 89 8'9 18 8 86 LI ‘9 39 ISST ° goneg "Sager 'Z "Serq 8 sı N) EN sı 01 sel SI GG GG Fss1 "WITOTSIOMOT MA 5 08 9L Gel Pl 97 GC] e'gl cl 01 ei S881 ":* aoygary = 63 sı en ei [et 6 11 cl 39 69 F881 9] ODM < 8 08 8 8 177 ai | Fe 03 a GSeL ee UTON, s 18 G ehe) &g 8% 86 el 08 | G881 er Kelehre| ; 9% 18 g G & 6 01 a ech IS8L oc gag geuodeig | 6 I | | Ri ul S A, su | SIq9aa | syul UOPNMLLTUL NE ae uoynurm 2 | z = uoynuTut BL | I Erle Suey OA | waogowmpp ur | CHOIA | uasgowimp ur [TPMOIA | masgowippm ur |. a n AOLOSTIBJITUL ” ur ı IMAIIJAWOISIUIJSV ul IIMIIYIWOLSIUFSV ul | 9I9MIIJHTLOISIUISVY '" \ 2) pun N sing aulosey dop ur | smg 9raosey) dep ur | sıng oulosey Jap ur | 9 V oueN | wypeu au) 7—$ ‚suodıom au) 01-6 su9s1ow ıy) 1—9 -(SUNZJ9SI10J) A OTI9IEL Hirnlokalisation und Ermüdung. 157 Aus der Tabelle V ist ersichtlich, dass die linksseitigen Schwellen vor dem Ausrücken zwischen 5 mm (Nr. 38) und 14 mm (Nr. 49), die reehtsseitigen zwischen 4,35 mm (Nr. 7) und 12,5 mm (Nr. 15) schwankten. Mit wenigen Ausnahmen: Nr. 12 (links), Nr. 18, 29, 36, 40, 48 (rechts) liegen die Morgenschwellen unter 10 mm. Eine bestimmte Ursache für die verhältnismässig grossen Morgenschwellen von Nr. 12, 18 und 40 ist mir nicht be- kannt. Die grossen Schwellen von Nr. 45, 46 und 48 und besonders 36 erklären sich wohl daraus, dass diese Leute während der Nacht auf Stallwache waren. Von 50 Personen haben 25 morgens links und rechts die gleiche Schwelle, nämlich Nr. 2, 4, 8--11, 13, 14, 17, 19, 21, 22, 24, 25, 26, 28, 30, 33, 35, 37, 38, 39, 43, 45 und 47. Die linksseitige Schwelle ist kleiner als die rechtsseitige bei folgenden 13 Personen: Nr. 1, 18, 27, 29, 31, 32, 34, 36, 42, 44, 46, 48, 50; sie ist grösser als die rechtsseitige bei 12 Personen, nämlichrbei Nr. 3, 5, 6, 7, 12, 15,16, 20, 23, 40, 41,49, Im Mittel beträgt am Morgen die linksseitige Schwelle 7,3 mm, die rechtsseitige 7,4 mm; der Unterschied (0,1 mm) ist also minimal. Der Morgenpuls entspricht im allgemeinen dem Alter und der Konstitution der Leute. — Nach den Felddienstübungen ist bei Nr. 18 und 48 die rechtsseitige Schwelle nur 1 mm kleiner als die gleichnamige Schwelle vor dem Ausrücken; bei Nr. 20 ist die links- seitice um 0,7 mm kleiner. Bei allen anderen Personen sind beide Schwellen grösser als vor dem Ausrücken. Nach den Übungen sind ferner die beiderseitigen Schwellen gleich bei 4 Personen (Nr. 2, 20, 45, 47), bei den übrigen 46 Personen ist die linksseitige Schwelle erösser als die rechtsseitige. Bei den meisten Zwei- jährigen und Rekruten fällt die rechisseitige Schwelie durch ihre Grösse besonders auf. Dies ist allerdings auch bei den meisten Unteroffizieren (Nr. 4—8 und 10—13) und bei einigen Dreijährigen (Nr. 18, 22, 24, 27, 29, 30) der Fall. Vermutlich hängt diese Er- scheinung damit zusammen, dass die linke Hemisphäre während der Übungen bei diesen Leuten mehr beansprucht wurde als bei den übrigen Mannschaften. Die beiden Offiziere Nr. 1 und 2, der Ser- geant Nr. 9, der Reserveunteroffizier Nr. 50, der Gefreite Nr. 20 und der Dragoner Nr. 37 haben nach den Übungen unter allen Personen die kleinsten Schwellen. Die linksseitigen Schwellen schwanken nach den Übungen zwischen 8 mm (Nr. 37) und 22 mm 158 H. Griesbach: (Nr. 8), die rechtsseitigen zwischen 7,5 mm (Nr. 9 und 57) und 15,5 mm (Nr. 29). Der Mittelwert der ersteren beträst 13,2 mm, der der letzteren 10,5 mm, er ist also für die linksseitige Schwelle um 2,7 mm grösser. Die Zahl der Pulsschläge stimmt im allgemeinen mit der bei der Infanterie überein. | Die Zeit von 10 Uhr bis zum Mittagessen sowie nach dem- selben bis 3 Uhr nachmittags war frei von militärischen Übungen und wurde durch leickten Stalldienst: Besorgung der Pferde, Putzen des Sattelzeuges usw. ausgefüllt. Bei den Messungen zwischen 3 und 4 Uhr schwankten die linksseitigen Schwellen zwischen 4,6 mm (Nr. 46) und 14 mm (Nr. 29 und 39), die rechtsseitigen zwischen 4,5 mm (Nr. 19) und 15,5 mm (Nr. 36). Vergleicht man die Messungen zu dieser Zeit mit denjenigen vor dem Ausrücken, so ergibt sich, dass die linksseitige Schwelle bei zwei Personen (Nr. 16 und 35) mit der gleichnamigen vor dem Ausrücken über- einstimmt, dass sie bei 24 Personen (Nr. 3, 4, 5, 8, 11, 12, 13, 18—23, 25, 26, 32, 34, 37, 40, 41, 45, 46, 47, 49) kleiner. und bei 13 Personen (Nr. 6, 7, 9, 10, 15, 17, 27, 28—31, 36, 38, 39, 42, 43, 44, 50) grösser ist als die gleichnamige vor dem Ausrücken. Ferner ergibt der Vergleich, dass die zwischen 3 und 4 Uhr ge- fundene rechtsseitige Schwelle bei einer Person (Nr. 35) die- selbe Grösse hat wie vor dem Ausrücken, dass sie bei 24 Personen (Nr Aa elle, 719,720, 23025 2 4], 44—47, 49, 50) kleiner und bei 20 Personen (Nr. 6, 7, 9, 10, 14—17, 21, 22, 28—31, 36, 38, 39, 40, 42, 43) grösser ist als die gleichnamige vor dem Ausrücken. Bei der Messung zwischen 3 und 4 Uhr sind die beiderseitigen Schwellen gleich bei 32 Personen (Nr. 3, 4, 7, 8, 10—17, 20, 25, 27, 28, 30, 31, 32, 34, 35, 37, 38, 40—44, 46, 47, 49, 50), die linksseitige Schwelle ist kleiner als die rechtsseitige bei fünf Per- sonen (Nr. 6, 21, 22, 23, 36), grösser als die rechtsseitige bei sieben Personen (Nr. 5, 9, 19, 26, 29, 39, 45). Der Mittelwert der linksseitigen Schwelle zu dieser Zeit beträgt 7,l mm, der der rechtsseitigen 7,2 mm; letztere ist also um 0,l mm grösser. Trotzdem bei der Kavallerie zwischen der Messung nach Schluss der militärischen Übungen und der Messung am Nachmittag eine um 3 Stunden längere exerzitienfreie Zeit liegt, sind die beiderseitisen Schwellen zwischen 3 und 4 Uhr doch grösser Hirnlokalisation und Ermüdung. 159 als bei der Infanterie. Diese Tatsache deutet darauf hin, dass die ermüdende Wirkung des Dienstes bei der Kavallerie eine an- haltendere -ist als bei der Infanterie. Es gehört aber weder zu meiner Aufgabe, noch ist hier der Ort, derartigen militärischen An- selegenheiten näher zu treten. Über den Puls der Leute ist nichts Besonderes zu sagen. Von weiteren Fxerzitien am späten Nach- mittag musste Abstand genommen werden. Aus den in Vorstehendem beschriebenen und in Tabelle VI (S. 160 und 161) übersichtlich zu- sammengestellten Befunden können wir nun folgende Schlüsse ziehen : Wie sich aus den Untersuchungen an 251 Personen 2. Kompagnie des Regiments Nr. 112 . . 46 31: 5 5 R I ) S) 5 h : „142, 2202.02 10. 3 s 5 n. A2 2 3. Eskadron ® E I ) Summa 251 ergibt, sind die Morgenschwellen links und rechts in den meisten, nämlich in 110 Fällen, gleich. In 79 Fällen ist die linksseitige Schwelle kleiner, in 60 Fällen ist sie grösser als die rechtsseitige. Bei Ungleichheit der Schwellen ist die Grössendifferenz aber im all- gemeinen gering. Das Maximum der Differenz der Mittelwerte be- trägt .’/ıo mm, das Minimum !/ıo mm. Die beiderseitigen Nachmittagsschwellen zwischen 3 und 4 Uhr sind ebenfalls in den meisten Fällen, nämlich in 84, einander an Grösse gleich. In 23 Fällen ist die linksseitige Schwelle kleiner, in 75 Fällen grösser als die rechtsseitige. Bei Ungleichheit beträgt das Maximum der Grössendifferenz der Mittelwerte aber nur °/ıo mm, das Minimum Yıo mm. Hieraus ergibt sich der Schluss, dass die beiden Hemisphären sich in arbeitsfreier Zeit physiologisch gleich oder annähernd gleich verhalten. Aus einer völligen oder annähernden Gleichheit der beiderseitigen Schwellen darf man aber keineswegs den Schluss ziehen, dass in solchen Fällen Ermüdung vollständig fehlt. Letztere Annahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn bei Ausschluss anderer schwellen- vergrössernder Faktoren die Schwellen eine bestimmte Grösse nicht überschreiten. Diese Grösse ist individuell und kann als physio- logische Normale betrachtet werden. Die Frage, ob diese Grösse in bestimmter Beziehung zum Alter des Individuums und 1650 H. Griesbach: Tabelle VI. ı Es schwanken die linksseitigen Schwellen zwischen # „ rechtsseitigen „ » Morgens eh). vor dm ILRin ee Br; rücken | Mittelwert der linksseitigen eellen t x „ rechtsseitigen 5 ” ” ” ” grösser um ( Es schwanken die linksseitigen Schwellen zwischen 5 R „ rechtsseitigen cp > Nach dn| L =R in Feld- } LRin Mittelwert de ten aller : mittags- übnngen 5 „ frechtsseitigen „ l 5 „ Jinksseitigen 5 grösser um ( Es schwanken die linksseitigen Schwellen zwischen 5 5 „ rechtsseitigen " ” Nach den | = R in Nach- ILRin . Be 5 4 übungen | Mittelwert der ee Schwellen 5 „ Techtsseitigen » L » „ linksseitigen 5 grösser um 1) L bedeutet linksseitige, R rechtsseitige Schwelle. 2. Kompagnie Regiment 112 4 und 16 mm 4 und 20 „ 20 Fällen AD 9,0 und 27,0 mm 69,5 lan 2 Fällen; 0 ” 44 b}) 17,6 mm 10,6 „ 1.02, 4,5 und 12,0 mm 4,3 ” 10,2 ” 19 Fällen 7 und 17,0 mm ea EI RN 3 Fällen Hirnlokalisation und Ermüdung. 161 Tabelle VI. 1. Kompagnie 9. Kompagnie 10. Kompagnie 3. Eskadron Regiment 142 4,9 und 12 mm on 12r , 18 Fällen 15 2 8,5 und 25,0 mm 6.000,224,5, , 1 Falle 0 Fällen 4844015; 15,2 mm 102, „ 5,0 5 E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. Regiment 142 4,5 und 12,5 mm ZN) rs 25 Fällen 2UEr, 8 und 20,0 mm Due 1950 4 Fällen 3A 1,9 ” 3,2 und 12,5 mm B) ” 12,5 ”» 22 Fällen 7,5 und 15,0 mm 9,6 ” 13,5 ” 3 Fällen As 10,5 mm 84 „ 20: Regiment 142 3,2 und 8,2 mm a 22 Fällen ” 25 9,2 mm 4,9 „ um 0,8 , istlinksseitige Schwelle grösser 9,0 und 17,0 mm u 3 Fällen 34 „ 28 n 4 und 10 mm 4: » 10 P7] 11 Fällen 8,7 und 21,5 mm ar, 18,9, 2 Fällen 45 „ 13,9 mm 9,7 ” 42 „ Regiment 22 5,0 und 14,0 mm A 25 Fällen 19a. 12.0, :: 7,5 mm Ware U en 8,0 und 22,0 mm aD 4 Fällen 46 13,2 mm 10,557 ZUR 4,6 und 14,0 mm 4,5.) „to, 0 32 Fällen ” 7,lmm 7,2 ” um Oulee ist ı rechtsseitige , Schwelle grösser 11 162 H. Griesbach: wie A. Motchoulsky und H. Adsersen behaupten, zur Körper- temperatur steht, und in welcher Weise etwa noch andere Momente sie zu beeinflussen vermögen, bedarf, wie ich schon früher betonte !), noch weiterer Untersuchungen. Ich bin daher weit davon entfernt, die Schwellen, welche sich bei den untersuchten Personen aus der Messung am Morgen zwischen 6 und 7 Uhr und in der Mittags- pause, also in dienstfreien Zeiten ergaben — vielleicht mit wenigen Ausnahmen —, für die physiologischen Normalen zu halten. In manchen Fällen haben unzureichende Nachtruhe und Mangel an Erholung zweifellos einen vergrössernden Einfluss auf die in dienst- freier Zeit gefundenen Schwellen ausgeübt. Darum handelt es sich in den vorliegenden Untersuchungen nicht, und ebensowenig um die Bestimmung der Normalen. Unter allen Umständen aber entspricht, wenn Gleichheit der beiderseitigen Schwellen nicht vorhanden ist, abgesehen von den zuerst von Noikow beschriebenen Erscheinungen, die grössere Schwelle einer regeren Beanspruchung der- jenigen Hemisphäre, auf welche sich die Schwelle be- zieht. In dienstfreier Zeit trifft dies bei den Morgenmessungen für die linke Hemisphäre am häufigsten in der 2. Kompagnie des Regiments Nr. 112, am seltensten in der 10. Kompagnie des Regi- ments Nr. 142 zu; für die rechte Hemisphäre findet sich diese Be- ziehung am häufigsten in der 10. Komgagnie des Regiments Nr. 142, gar nicht in der 2. Kompagnie des Regiments Nr. 112. In der dienstfreien Nachmittagszeit zeigt sich das genannte Verhalten für die linke Hemisphäre am häufigsten ebenfalls in der 2. Kompagnie des Regiments Nr. 112, am seltensten in der 10. Kompagnie des Regiments Nr. 142, für die rechte Hemisphäre am häufigsten in der 10. Kompagnie des Regiments Nr. 142, am seltensten bei den Dragonern. Für die Untersuchungen über die ermüdende Wirkung körper- licher Betätigung — und darauf kommt es hier besonders an — trifft das geschilderte Verhalten bei den meisten Beteiligten für die rechte Hemisphäre zu. Nach den Morgenübungen übertrifft näm- lich die linksseitige Schwelle die rechtsseitige an Grösse in 233 Fällen, kleiner als die rechtsseitige ist sie nur in 2, gleich der rechtsseitigen nur in 14 Fällen. Nach den Nachmittagsübungen ist die linksseitige Schwelle bei 117 Personen — die 99 Personen der 1. Kompagnie 1) Internat. Arch. f. Schulhyg. Bd. 1 Heft 3 S. 322 ff. 1905. Hirnlokalisation und Ermüdung. 165 des Regiments Nr. 142 und der Dragonerschwadron, die nachmittags nicht gemessen werden konnten, hätten im Hinblick auf die sonstige Übereinstimmung wohl kein abweichendes Resultat geliefert — erösser, in keinem Falle kleiner als die rechtsseitige und nur in 5 Fällen dieser gleich. Da nun die grössere Schwelle, von sekun- dären Umständen abgesehen, der Ausdruck stärkerer Ermüdung ist, so leuchtet ein, dass diese im Verlaufe der Übungen hauptsächlich die rechtsseitige Hemisphäre befällt, und daher lässt sich die Annahme nicht von der Hand weisen, dass dieser Hemisphäre die Fähigkeit innewohnen muss, unsere Beweeungs- voreänge, unsere Richtungs- und Lageveränderungen zu reeistrieren und zu regulieren. Ich habe meine Untersuchungen auch auf Linkshänder ausge- dehnt. Über die Ursachen der Rechts- und Linkshändigkeit sind bekanntlich allerlei Hypothesen aufgestellt worden. Zusammengestellt und kritisch erörtert wurden dieselben neuerdings von E. Gaupp') und von K. von Bardeleben?. Gaupp kommt schliess- lich zu der Ansicht, die direkte Ursache für Rechtshändigkeit liege „in einem bestimmten Übergewicht der linken Hemisphäre über die rechte, das bisher in seiner Natur nicht näher zu analysieren, auch in seiner Bedingtheit und seinem Zusammenhang mit unserer Ge- samtorganisation noch nicht ganz aufgeklärt, möglicherweise aber in letzter Instanz auf die Asymmetrie in der Anordnung der grossen Gefässe zurückzuführen ist, — eine Asymmetrie, deren Ausbildung an die Annahme des aufrechten Ganges geknüpft erscheint. Links- händigkeit hat ihren Grund in einer Transpositio cerebralis, die dem Gesagten zufolge auch in Zusammenhang mit einer (wenn auch vielleicht manchmal geringen und daher leicht übersehbaren) Gefäss- besonderheit zu denken wäre“®). v. Bardeleben*) kommt zu 1) E. Gaupp, Über die Rechtshändigkeit des Menschen. Samml. anatom. u. physiol. Vorträge u. Aufsätze, herausg. von E. Gaupp u. W. Nagel, Heft 1. Fischer, Jena 1909. 2) K. v. Bardeleben, Über bilaterale Asymmetrie beim Menschen und bei höheren Tieren. Referat, erstattet a. d. 23. Versamml. d. anatom. Gesellsch. i. Giessen. Apr. 1909. Verhandl. d. anatom. Gesellsch. 23. Jahrg. 1909. 3) Unter Hinweis auf verschiedene Formen kongenitaler Aphasie, die im Zusammenhang mit der Blutverteilung in der Hirnrinde gebracht werden, vertritt C. J. Thomas (Intern. Arch. f. Schulhyg. Bd. 1 S. 184. 1905) die gleiche Ansicht. 4) v. Bardeleben, a. a. OÖ. S. 36 u. 56. Wenn er daselbst meint, wir hätten keine Ahnung davon, warum es rechts- und linksdrehende Lösungen von Kr: 164 H. Griesbach: dem Ergebnis, dass ein zwingender anatomischer Grund: für die Rechtshändiekeit noch nicht gefunden ist. Er verwirft auch (S. 48) die Ansicht derer, die die Rechtshändigkeit als das Sekundäre, eine Gefässbesonderheit oder einen besonderen Reichtum der linken Hemisphäre an Windungen (F. Merkel: Rechts- und Linkshändig- keit. Ergebn. der Anat. u. Entwickl., Bd. 13, 1903) als das Primäre betrachten. Mir war es bei meinen Untersuchungen nicht darum zu tun, nach den Ursachen der Rechts- und Linkshändiekeit zu suchen, sondern lediglich darum, in Erfahrung zu bringen, wie sich die beiden Hemisphären im Zustande der Ermüdung bei linkshändigen Menschen verhalten, und ob in dieser Hinsicht Unterschiede zwischen Links- und Rechtshändern bestehen. Eine gute Gelegenheit, dies festzustellen, bietet sich in einer grossen Garnison. Es war mir daher sehr will- kommen, dass Herr General von Deimling mir auch diese Unter- suchungen an den Soldaten der hiesigen Garnison ermöglichte. — Am Samstag, den 3. Juli nachmittags 3 Uhr versammelten sich in dem Lehrsaal der Kaiser-Wilhelm-Kaserne alle diejenigen Leute aus den vier Regimentern, die sich als Linkshänder bekannten. Das Regiment Nr. 112 stellte 33, das 142. Regiment 29, das Dragoner- resiment 10 und das Regiment der Jäger zu Pferde 7 Leute. Die Gesamtzahl der versammelten Leute betrug 79. Genaue Erkundi- gungen, die ich bei jedem einzelnen einzog und protokollieren liess, erzaben aber, dass sich unter diesen 79 Leuten 34 befanden, die unvollkommene Ambidextri waren. Es blieben also nur noch 45 Leute übrig. In der 11. Kompaenie des Rest. Nr. 112, welche die Ge- stellung der Linkser für den 3. Juli zu spät erfahren hatte, fanden sich nachträglich noch 9 Leute (1 Sergeant und 8 Mann). Somit beträgt die Gesamtzahl 54. Die 54 Leute verrichten in ihrem Beruf und beim Militär alle Arbeiten mit der linken Hand. Mehrere schreiben gewandt links Spiegelschrift. Einige schiessen auch links, obwohl das rechte Auge besseres Sehvermögen besitzt, im übrigen müssen sie jedoch die Waffen in gleicher. Weise wie jeder andere Soldat führen. Die Stärke der Garnison zur Zeit der Messungen betrug 4890 Köpfe. Für die Linkshänder kamen nur die Mannschaften in Betracht. Zucker und anderen Stoffen gebe, so scheint mir dieser Behauptung doch eine etwas einseitige naturwissenschaftliche Anschauung zugrunde zu liegen. Chemikern und Physiologen ist die Lehre vom asymmetrischen Kohlenstoffatom keine Chimäre. Hirniokalisation und Ermüdung. 165 Nach Abrechnung von Offizieren, Zahlmeistern, Ökonomiehandwerkern, Büchsenmachern und Lazaretgehülfen bleiben noch 4691 Köpfe. Demnach beträst der Prozentsatz der Linkshänder 1,15. Dieser Prozentsatz an Linkshändern in der Mülhauser Garnison stimmt am besten überein mit dem von Hasse und Dehner!) angegebenen, -die unter 5141 Soldaten 1°/o fanden. Van Biervliet?) hat im Jahre 1896 im Verlaufe von 30 bis 40 Tagen nachmittags zwischen 4 und 7 Uhr an 120 Personen Untersuchungen über links- und rechtsseitige Sinnesschärfe ange- stellt. Unter den Personen befanden sich 78 Rechtshänder und 22 Linkshänder. Die Untersuchungen, bei denen aber auf etwa vorhandeneErmüdungkeineRücksichtgenommen wurde und die deswegen nicht als massgebend und ausreichend betrachtet werden können, beziehen sich auch auf die Prüfung der Hautsensibilität, die auf dem Handrücken (!) ästhesiometrisch gemessen wurde. Bei Rechtshändern fand van Biervliet die rechtsseitige Schwelle kleiner als die linksseitige, bei Linkshändern die linksseitige Schwelle kleiner als die rechtsseitige. Er schliesst daraus, dass die am meisten gebrauchte Hand und die ihr entsprechende gesamte Körperseite die feinfühligere ist. Dieser Schluss ist, weil der Experimentator auf den Einfluss der Ermüdung keine Rücksicht genommen hat, ohne weiteres nicht gerechtfertigt. Dasselbe dürfte für die brieflichen Mit- teilungen gelten, die der Genter Gelehrte unter dem 19. Februar 1909 an von Bardeleben‘) richtete. Van Biervliet hat nachgewiesen, dass bei Links- und Rechtshändern im Umfang, in der Länge und im Gewicht der beiderseitigen Skeletteile und der ganzen Gliedmaassen Unterschiede bestehen und zwar in der Art, dass die genannten Dimensionen bei den Linksern auf der linken Körperseite, bei den Rechtsern auf der rechten Körperseite grösser sind. Ähnliche Unterschiede sollen die beiden Hemisphären bei Links- und Rechtshändern zeigen. Auf S. 116 der zuletzt genannten Arbeit findet sich sogar der Ausspruch, dass Linkser und Rechtser nicht mit derselben Hemisphäre denken. 1) Hasse u. Dehner, Unsere Truppen in körperlicher Beziehung. Arch. f. Anatom. u, Physiol. 189, S. 251. 2) J. J. van Biervliet, L’asymetrie sensorielle. Bulletin de l’Acad&mie Royale des sciences etc. de Belgique 1897, 3. Ser. t. 34 p. 326. 3) J. J. van Biervliet, L’homme droit et l’homme gauche. Revue philosophique de la France et de l’Etranger 1899, t. 47 p. 116, 276, 371. 4) K. v. Bardeleben, a.a.0.S. 19. 166 H. Griesbach: In Tabelle VII und VIII habe ich die 54 linkshändigen Soldaten der Mülhauser Garnison zusammengestellt. Tab. VII enthält 45, in Tab. VIII finden sich 9. Die eingezogenen Erkundigungen er- gaben, dass bei 11 der Linkshänder aus Tab. VII, nämlich bei Nr. 2, 5, 12, 14, 19, 20, 22, 29, 35, 37 und 38, und bei 4 aus Tab. VIII, nämlich bei Nr. 4, 5, 6, 7, die Linkshändigkeit in der Familie liest. Bei soleher Häufigkeit von Beweisen — kann man mit Merkel sagen — lässt sich unmöglich die Erblichkeit leugnen, „und wo Erblichkeit ist, muss man reine Angewöhnung ausschliessen und nur eine Eigentümlichkeit der inneren Organisation annehmen“. Auf diesem Standpunkt steht auch von Bardeleben!). „Es handelt sich um eine morphologische Tatsache, für die es einstweilen keine Erklärung gibt“). In der Literatur findet man gelegentlich die Angabe, dass mit Linkshändigkeit Sprachstörungen verbunden seien. Das trifit für die von mir untersuchten Personen in 10 Fällen aus Tab. VII, nämlich bei Nr. 3, 4, 10, 11, 12, 13, 19, 20, 22 und 27 zu. Nach Mulder?) sollen übrigens Stottern und andere Sprachfehler durchaus nicht immer mit Linkshändigkeit zusammenhängen. Messungen der Dimensionen der oberen Gliedmaassen — von den unteren wurde abgesehen — sind mit dem bekannten Zentimeter- band von Preisinger-München vorgenommen. Dass ihnen Fehler im Sinne v. Bardeleben’s*) anhaften, will ich nicht bestreiten. Die Länge bezieht sich auf die Entfernung zwischen dem tiefsten Punkt der Achselhöhle und der Spitze des Mittelfingers, das Maass für den Umfang auf diejenige Stelle, an welcher dieser am grössten ist. Die erhaltenen sechs Maasszahlen finden sich für jede Person in der fünften bis zehnten Rubrik der Tab. VII und VIII°®). Aus diesen Maasszahlen, die nachstehend übersichtlich geordnet sind, ergibt sich, dass bald die Dimensionen des linken, bald die des rechten Armes bei den Linkshändern überwiegen. Unter den gemessenen Leuten in Tab. VII überwiegt, wie die Übersicht zeigt, die Länge des linken Armes in 16 Fällen, der Umfang des linken Oberarmes in 23, der des linken Unterarmes in 21 Fällen. 1) K. v. Bardeleben, a. a. O. S. 48. 2) K. v. Bardeleben, a. a. O. S. 56. 3) Mulder, Het stottergebrek etc. Niederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1906, no. 17. 4) K. v. Bardeleben, a. a. O. S. 4. 5) Finden sich am Schluss der Arbeit, weil der Satzspiegel nicht ausreichte. 2 Hirnlokalisation und Ermüdung. 167 Dimensionen der oberen Gliedmassen bei den Linkshändern der Tab. VII. > BEN, 8, 5,6,8, 910, 14,17, 19 20, 28, 29,32, 34,388 2. 2.2... Anzahl der Fälle 16. Länge IR Ner2, 4,07, 11, 12, 13,722, 24,38 BIMSCHAAN N 2 HU AENEREE \ EI RR 23 L—R: Nr. 15, 21, 25, 30, 33, 39, 43, 45. a ANSETNO. DR Nr 295,6, 7, 8,11). 14,15,1719, Grösster 20, 21, 22, 24, 29, 32, 33, 3, 35, Umfang des SIMON ASIAN. 0. een Anzahl der Fälle 23. Oberarmes |L22 N2,9,310,29, 89 52.n che 2 arg . IR TRENNEN BesREENT. 283,6, 7,89, 10: 11,1 19 Grösster | 20, 21, 29, 32, 33, 34, 35, 37, 38, Umfang des AAN nn ee Anzahl der Fälle 21. Unterarmes |? R: Nr.1, 2, 3, 4, 6, 7,8 Anzahl der Fälle 7. Länge I iR: NER Tr = n ee = Ri Menke 8 I Y un Grösster@ ER eo I Be en. Anzahl der Fälle 4. Umfang des 11 5 7% Der ästhesiometrischen Messung der Linkshänder fallen zwei Aufgaben zu. Sie hat die Ermüdung 1. bei geistiger, 2. bei körper- licher Tätigkeit festzustellen. Meine früheren!) und neueren, in dieser Arbeit mitgeteilten Beobachtungen haben gezeigt, dass unter normalen Verhältnissen bei geistiger Tätigkeit, insbesondere bei der Beschäftigung mit algebraischen und sprachlichen Fächern, die links- seitige Hemisphäre hauptsächlich ermüdet, wie sich aus dem Über- wiegen der rechtsseitigen Schwelle ergibt, dass daher die Zentren für algebraische und sprachliche Vorstellungen in .der Jinken Hemi- sphäre ihren Sitz haben. Aus früheren Beobachtungen ?) und dem ersten Teil der vorliegenden Arbeit ist ferner ersichtlich, dass körper- liche Betätigung namentlich die rechte Hemisphäre ermüdet, wie das Überwiegen der linksseitigen Schwelle beweist, dass also unsere Vorstellungen von Bewegungen aller Art der rechten Hemisphäre angehören. Es fragt sich nun, wie sich die Verhältnisse bei Links- händern gestalten, die bisher weder von mir noch von anderen Forschern darauf hin untersucht wurden. Um dies festzustellen, musste für die linkshändigen Soldaten einesteils eine geeignete geistige Beschäftigung in Anwendung gebracht werden, andererseits musste man sie sich durch die gewohnten Exerzitien körperlich betätigen 1) Verhandlungsheft S. 250 ff. 2) Verhandlungsheft S. 249 ff. Hirnlokalisation und Ermüdung. 169 lassen. Als geistige Beschäftigung wählte ich zunächst die Lösung von Rechenaufgaben, die den ehemaligen Zöglingen deutscher Volks- schulen sehr gut ansteht. Da es hier nicht darauf ankommt, das Rechnen als Maassstab für den Grad der Erholung oder bereits vor- handener Ermüdung zu benutzen, etwa in der Art wie es Kräpelin und andere getan haben, da es sich auch nicht darum handelt, eine Arbeitsleistung nach der Zeit, in der sie ausgeführt wird und nach ihrem Ausfall zu bewerten, sondern lediglich darum durch sie Er- müdung hervorzurufen, so erscheint es gleichgültig, welche Rechnungs- art angewandt wird. Ob Multiplikation und Division — weil die geistigen Operationen hierbei mannigfaltiger sind —, oder ob Addition und Subtraktion — vielleicht wegen ihrer Eintönigkeit — schneller und intensiver ermüdend wirken, müsste noch ermittelt werden. Ich wählte die beiden erstgenannten Rechnungsarten. — Aus allen vier Regimentern — abgesehen von der elften Kompagnie des Regi- mentes Nr. 112 — versammelten sich die Linkshändigen — ausge- nommen zehn, die auf Urlaub oder verhindert waren — am 10. Juli nachmittags 3 Uhr im Schulsaal der Kaiser-Wilhelm-Kaserne. Bei jedem wurde die Grösse der beiderseitigen Schwelle festgestellt und in die Rubrik 13 und 14 der Tabelle VII eingetragen. Nach Beendigung dieser Messung begann die Lösung folgender Aufgaben: Aufgabe 1: 5732695 869 483 984 x 23456789 Aufgabe 2: 64358794698 : 234567 Aufgabe 3: 798253 689 924: 5 943 778 Aufgabe 4: 2375 862 974 x 9675 243 Obwohl die Rechenfehler für den vorliegenden Zweck nicht von Belang sind, habe ich alle von den Soldaten gelieferten Auflösungen nachgerechnet und die Fehlerzahl in Rubrik 17—20 der Tabelle VII notiert. Nach halbstündiger Arbeit begann die ästhesiometrische Messung aufs neue. Während ich dieselbe an einem nach dem anderen ausführte, wurde von den übrigen ohne Pause weitergerechnet. Wer gemessen war, verliess den Saal. Die nach der Rechenarbeit sefundenen Schwellen finden sich in Rubrik 15 und 16 der Tabelle VII. Die Messung vor dem Beginn der Rechnung ergibt, dass bei den- jenigen Soldaten, die morgens keinen Dienst gehabt hatten, die Schwellen im allgemeinen niedriger sind als bei denjenigen, die dienstlich in Anspruch genommen wurden. Ich hatte gebeten, den 170 H. Griesbach: Morgendienst am 10. Juli tunlichst ausfallen zu lassen. Bei einigen Kompagnien ist dies jedoch übersehen worden. Beiderseits gleiche Schwellengrösse findet sich bei 24 Personen, nämlich bei Nr. 1, 2, 3, 6, 8, 11, 13, 15, 17, 19, 20, 21, 22, 25, 28, 29, 30, 31, 33, 34, 35, 37, 39 und 45. In keinem Falle ist die rechtsseitige Schwelle grösser als die linksseitige. Bei zwölf Personen, nämlich bei Nr. 4, 5, 7, 9, 10, 12, 14, 24, 32, 38, 45 und 44 ist die linksseitige Schwelle grösser als die rechtsseitige. Der Wert der linksseitigen Schwelle schwankt zwischen 5 mm (Nr. 25) und 10,5 mm (Nr. 5 und 9), der der rechtsseitigen Schwelle zwischen 4,6 mm (Nr. 38) und 10 mm (Nr. 9). Der Mittelwert der linksseitigen Schwelle liegt bei 7,2 mm, der der rechtsseitigen bei 6,7 mm. Um 0,5 ist der Mittelwert links demnach grösser als rechts. — Nach dem Rechnen ist die linksseitige Schwelle in allen Fällen grösser als die gleichnamige Schwelle vor dem Rechnen. Die rechtsseitige Schwelle ist nach dem Rechnen gleich der rechtsseitigen vor dem Rechnen in zwei Fällen, nämlich bei Nr. 9 und 15. Kleiner ist die rechts- seitige Schwelle nach dem Rechnen als vor dem Rechnen bei Nr. 33. In allen anderen Fällen ist die rechtsseitige Schwelle nach dem Rechnen grösser als die gleichnamige vor dem Rechnen. Gleichheit der beiderseitigen Schwellen findet sich nach dem Rechnen bei zwei Personen, nämlich bei Nr. 39 und 43. Bei allen anderen 34 Personen übertrifft nach dem Rechnen die linksseitige Schwelle die rechtsseitige an Grösse. Nach dem Rechnen schwankt die Grösse der linksseitigen Schwelle zwischen 8 mm (Nr. 21, 30, 32) und 16 mm (Nr. 7), die der rechtsseitigen zwischen 6,5 mm (Nr. 21, 30,33) und 13 mm (Nr. 43). Der Mittelwert der linksseitigen Schwelle beträgt nach dem Rechnen 11,2 mm, der der rechtsseitigen 85 mm. Der Mittelwert der linksseitigen Schwelle ist also um 2,7 mm grösser als der der rechtsseitigen Schwelle. — Neun Links- händer der elften Kompagnie des Regimentes Nr. 112 haben zwei- mal gerechnet, nämlich am 13. und 17. Juli. An ersterem Tage wurden sie allein, an letzterem zum Vergleich mit sechs Rechtshändern zur Untersuchung herangezogen. Die Ergebnisse sind in Rubrik 12 bis 29 auf Tabelle VIII zusammengestellt. ; Am 13. Juli finden sich vor dem Rechnen beiderseits gleiche Schwellen bei drei Personen (Nr. 3, 5 und 8). In einem Falle, Nr. 2, ist die rechtsseitige Schwelle grösser als die linksseitige, bei den übrigen Personen überwiegt die linksseitige an Grösse. Der Wert Hirnlokalisation und Ermüdung. 171 der linksseitigen Schwelle schwankt zwischen 5,5 mm (Nr. 2) und 8 mm (Nr. 5 und 7), der der rechtsseitigen zwischen 5 mm (Nr. 9) und 9,5 mm (Nr. 2). Der Mittelwert der linksseitigen Schwelle be- trägt 7,2 mm, der der rechtsseitigen 6,9 mm; der Mittelwert der ersteren ist also um 0,3 mm grösser als der der letzteren. Nach dem Rechnen sind beide Schwellen überall grösser als vor dem Rechnen, nur bei dem Musketier Nr. 2 steht die rechtsseitige um 1,5 mm der gleichnamigen an Grösse nach. Bei allen Personen ist die linksseitige Schwelle grösser als die rechtsseitige. Die links- seitige schwankt zwischen 8,5 mm (Nr. 7) und 12,2 mm (Nr. 5), die rechtsseitige zwischen 6,5 mm (Nr. 9) und 10,5 mm (Nr. 5). Der Mittelwert der linksseitigen Schwelle beträst 11,3 mm, der der rechtsseitigen 8 mm, ersterer ist also um 3,3 mm grösser. Bei den Untersuchungen am 17. Juli, bei denen der Sergeant Nr. 9 nicht beteiligt war, fällt auf, dass die Schwellen bei den Links- händern nachmittags 4 Uhr annähernd übereinstimmen und niedrig sind. Dies erklärt sich daraus, dass die meisten (sechs) der Leute nach der Rückkehr vom Wachtdienst einige Stunden geschlafen haben. Gleichheit der beiderseitigen Schwellen findet sich sechsmal, nämlich bei Nr. 1, 3, 4, 5, 7 und 8; bei Nr. 2 überwiegt die rechtsseitige, bei Nr. 6 die linksseitige Schwelle etwas an Grösse. Der Mittelwert beträgt links 4,9 mm, rechts 4,38 mm; Differenz 0,1. — Nach dem Rechnen sind die Schwellen bei allen Personen grösser als vor dem Rechnen, und in allen Fällen überwiegen die Jinks- seitigen die rechtsseitigen an Grösse. Schwankungen sind gering. Der Mittelwert beträgt links 8,9 mm, rechts 6,4 mm, ist also links um 2,5 mm grösser. Aus der Tatsache, dass mit Ausnahme von 2 Fällen (Nr. 39 und 45; Tab. VII) bei allen linkshändigen Per- sonen, zusammen 34 (Tab. VII) +9 bzw. 8 (Tab. VII)D)=43 bzw. 42. die linksseitige Schwelle um 2,5 mm (17. Juli Tab. VIII), 23,7 mm (10. Juli, Tab. VII) und 3,3 mm (13. Juli, Tab. VIII) die rechts- seitige an Grösse übertrifft, muss geschlossen werden, dass bei Links- händern durch Rechenarbeit die rechte Hemisphäre erheblicher er- müdet als die linke. Und daraus ist weiter zu folgern, dass die für die Rechenarbeit erforderlichen Gedankenoperationen sich bei Links- händern hauptsächlich in der rechten Hemisphäre abspielen. Meine früheren Untersuchungen!) und die an den Reichsbankbeamten ge- 1) Zu vgl. d. Verhandlungsheft S. 251. 172 - H. Griesbach: machten Beobachtungen haben ergeben, dass unter normalen Ver- hältnissen das Umgekehrte stattfindet. Das zeigen auch die Messungen an den in Tabelle VIII zum Vergleich herangezogenen sechs rechts- händigen Soldaten, bei denen nach dem Rechnen die rechtsseitige Schwelle die linksseitige an Grösse übertrifft und zwar im Mittel um 3,7 mm. — Es schien mir die Frage von Interesse und Wichtig- keit zu sein, ob andere geistige Arbeitsleistungen bei Linkshändern dieselbe Wirkung hervorbringen wie das Rechnen. Ich habe daher am 29. Juli nachmittags von 4 Uhr ab nochmals in der Kaiser Wilhelm-Kaserne mit Leuten der 11. Kompagnie des Regimentes Nr. 112 experimentiert. Jeder Soldat erhielt nach Feststellung der beider- seitigen Schwellen die Aufgabe, ein Gedicht durchzulesen und den Inhalt desselben unter Benutzung des vor ihm liegenden Textes in Prosa wiederzugeben. Die mit dieser Arbeit beauftragten Leute waren von den in Tabelle VIII Genaunten die Linkshänder Nr. 2, 4 und 6. Zum Vergleich wurden die Rechtshänder Nr. 1, 2 und 4 gewählt. Wer fertig war, wurde gemessen und verliess das Zimmer. Ich gebe, unter Hinzufügung der auf die Arbeit verwendeten Zeit, die kurzen Erzählungen, wie sie mir abgeliefert wurden, und ohne jegliche Änderung hier wieder. Linkshänder Blaise. Arbeitszeit 59 Minuten. Siegfrieds Schwert. Jung Siegfried war ein stolzer Knabe wolt nicht ins Vaters Haus bleiben sondern wolt in die Welt wandern. Und als er ging im finsterem Wald begegnete er manch Ritter mit breiten Schwert als Siegfried noch einen Stock trug dass ihn bitter genug. Und als er in die Welt wanderte kam er zu einem Schmiedei und wollte lernen wie man die guten Schwerter macht. Jung Siegfried war ein starker Knabe Er schlug dass weit der Wald erklang und alles Eisen ihm stücke sprann. Und aus dem letzten Eisenstücke machte er ein Schwert so breit so lang; und sagte nun hab ich geschmiedet ein guter Schwert im festen Schild und breiten Schwert nun bin ich wie ein anderer Ritter wert jetzt schlag ich wie ein anderer Held die Riessen und Drachen im Wald und Feld; Linkshänder Gassmann. Arbeitszeit 1 Stunde 7 Minuten. Die Rache von Uhland. Ein edler Ritter hatte einen Knecht, derselbe wollte aber selber gerne Ritter sein, und hatte seinen Herrn auf einer Reise im tunkeln Walde erstochen, und den Leichnahm in den Rhein versenkt. Der Knecht zog dann die Rüstung des Herrn an und schwang sich auf deselben Pferd. Aber als er auf die nahe Brücke kam stutzte das Pferd wild. darauf gab er Ihm die Sporen. Das Pferd Hirnlokalisation und Ermüdung. 173 aber schleuderte den Knecht in den tiefen Strom hinab. Der Knecht werte sich mit Händen und Füssen, da aber seine Rüstung viel zu schwer war, drücke dieselbe den Knecht unter das Wasser so dass derselbe seinen Tot fand. Rache ist süss ! Gassmann. Linkshänder Martin. Arbeitszeit 1 Stunde 29 Minuten. Der weisse Hirsch. (Uhland.) Drei Jäger waren einstens auf die Jagd gegangen um einen Hirsch zu er- legen. Sie hatten sich unter einen sonderbaren Tannenbaum gelegt und ein jeder hatte einen Traum. Der erste hatte geträumt, er hätte auf dem Busch ge- klopft und auf einmal huschte der Hirsch heraus. Dem zweiten war es geträumt er wäre mit den Hunden dem Hirsch nach um ihn zu verfolgen. Dem dritten träumte es, er hätte den Hirsch auf der Erde gesehn und als er ihn sah, so stiess er lustig in sein Horn. Als sie so mit einander dalagen und träumten war der Hirsch an ihnen vorbeigesprungen und ehe sie sichs versahen so war er über Thäler und Höhen. Das war blos alles nur ein Traum. Ich habe auch schon vielmal solche Träume gehabt und als ich erwachte, war das was ich geträumt habe alles nichts. Träume sind Schäume. Rechtshänder Gefr. Heise. Arbeitszeit 1 Stunden 27 Minuten. Der Ulan von Geibel. Ein Ulan sattelt sein Ross schon sehr früh, und reitet seinen Kameraden voran um den Feind, zu finden und das Land zu sehen wie es geschaffen ist. Es reitet durchs Feld und durchsucht den Wald, Er sieht sich das Gelände ge- nau an und wählt sich die Strasse zum weitergehen. Er reitet in das Städtchen und sitzt am Rathaus ab um etwas zu Frühstücken. Er bestellte sich ein Glas Wein, und etwas zu Essen. Nachher verlangt er, dass der Wirt ihm die Rinder die er gesehen hat vor dem Dorfe, und für 20 Schwadronen Hafer besorgt, denn die Preussen sind nach hier im Anmarsch. Der Ulan hat sein Vergnügen daran wenn der Wirt seine Bücklinge macht, aber noch mehr Vergnügen findet er daran wenn die Schlacht im Gange ist, und die Ulanen auf die Infanterie im Hurra los reitet. Durch die Haubitzen finden viele den Tod aber das stöhrt den Ulan nicht der stürmt immer vorwärts. Es achtet seine Wunde nicht und reitet kühn in dichtesten Haufen und erobert sich einen Adler. Jetzt hört man schon von allen Seiten Hurah Rufe, und der Feind ist nicht mehr standhaft er ergreift die Flucht und die Ulanen verfolgen ihn. Sie gehen ihm nach durch den Fluss, und folgen ihm bis vor Paris. Dort giebt es noch ein Kampf bis der Feind gänzlich geschlagen ist, und bis Kaiser Wilhelm in Louvre den Frieden ge- schlossen hat. | Wenn dann die Schlacht zu Ende ist und der Ulan wieder heimkehrt dann reitet er Stolz nach Berlin. Seine Braut steht unter den Linden. Als sie ihn so stattlich auf seinem Pferde sitzen sah da rief sie ihm zu wie lieb sie habe nur wegen der Narbe auf der Stirn und dem Eisernen Kreuz auf der Brust. 174 H. Griesbach: Rechtshänder Rothardt. Arbeitszeit 55 Minuten. Die drei Zigeuner. (Lenau.) Ich fand drei Zigeuner liegen auf einer Weide. Mein Fuhrwerk schlich durch eine sandige Heide. Der eine hielt in den Händen eine Fidel und spielte sich ein Lied im Abendschein. Der zweite hielt eine Pfeife im Mund und blickte vergnügt nach dem Rauche froh als ob er auf dem Erdenrund zum Leben nichts weiter mehr brauche. Und der dritte schlief behaglich und hängte sein Cimbal an einen Baum. Über die Saiten strich der Wind und sein Herz wiegte sich im Traum. Alle drei trugen an den Kleidern Löchern und bunte Flicken aber sie boten dennoch trotz den Erdengeschicken. Dreifach haben sie es gezeigt wenn das Leben uns schwer wird wenn mans verschläft verraucht und versingt. Nach dem Weiterfahren musste Ich noch lang nach den Zigeuner schaun nach ihren dunkelbraunen Gesichtern und ihren schwarzen Haren. Rechtshänder Ebert. Arbeitszeit 1 Stunde 24 Minuten. 0 Deutschland hoch in Ehren. Deutschland, mein Heimatland ist das schönste Land auf Erden. Von hohen, ehrwürdigen mit ewigem Schnee und Eis bedeckten Bergriessen reicht es bis zum Strande des Meeres, (der Nord- und Ost-See),. Es wird von vielen lieblichen, aber auch wild rauschenden Flüssen und Strömen durchzogen. Aber was das schönste ist, es lebt ein einiges, starkes, edles Volk darin; ein Volk, das sich nicht nur auf dem Gebiet der Forschung und des menschlichen Schaffens, sondern auch auf manchem Schlachtfeld viel edlen Ruhm erworben hat. Dieser Ruhm soll uns auch bewahrt bleiben, und er bleibt uns bewahrt, solange wir fest und treu zusammenstehn, fest wie eine Eiche, die sich von keinem Sturm erschüttern lässt: So wollen wir Deutsche jedem Feind, der in unser Land eindringen will, entgegentreten; und sei er noch so stark. Wir wolien ihm zeigen, dass noch die alte deutsche Kraft und Ausdauer in unsern Gliedern steckt. Und selbst im ärgsten Schlachtengetümmel und Sturmgebraus wollen wir aushalten und treu bis zum Tod zu unserer Fahne stehn. Aber nur edle Gottesfurcht soll die Grundlage sein, auf die wir unsere Einigkeit bauen; und Gottesfurcht soll uns auch auf das Schlachtfeld begleiten, wie auch der Wahlspruch des deutschen Heeres lautet: „Mit Gott für König und Vaterland“. Die Ergebnisse der ästhesiometrischen Messung zeigt Tab. IX (S. 175). Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass nach Beendigung der Arbeit bei den Linkshändern die beiderseitigen Schwellen grösser seworden sind, und dass die linksseitige Schwelle die rechtsseitige wie nach den Rechenaufgaben übertrifft und zwar im Mittel um 3,1 mm. Bei den Rechtshändern ist die linksseitige Schwelle nach der Arbeit etwas kleiner, die rechtsseitige grösser als vor derselben. Hirnlokalisation und Ermüdung. 175 Tabelle RX. Untersuchungen vom 29. Juli 1909, 4 Uhr nachmittags in der Kaiser- Wilhelm-Kaserne. 34 ; Schwelle Schwelle = Dienst in Millimetere | in Millimetern | ‚ ypeits- = 2 Name vor den Unter- | vor der Arbeit | nachder Arbeit 1 : == suchungen : Auen ar links | rechts | links | rechts 2 Blaise, morgens 6 6 10 6,7 59" Linkshänder | 1/28—!/212 Uhr auf dem Schiess- stand 4 Gassmann, ebenso 6,5 6,5 12 a m a Linkshänder be Martin, ebenso 9,9 5,9 12,5 10 1h 19’ Linkshänder 1 Gefr. Heise, ebenso 6,5 6,5 b) 10 1h 27° Rechtshänder 2. Rothard, ebenso 1, 5, 7 95 8” Rechtshänder 4 Ebert, ebenso 7 9,9 6,9 9 Ih 24’ Rechtshänder Sie übertrifft die linksseitige nach der Arbeit im Mittel um 3,2 mm. Hieraus ergibt sich für die Anfertigung der Erzählung derselbe Schluss wie für die Lösung der Rechenaufgaben. Es bleibt endlich noch die Frage übrig, wie sich bei Links- händern die Hirnermüdung imVerlaufe von körperlichen Anstrengungen, gestaltete. Um hierüber Aufschluss zu erhalten, habe ich die Leute wiederum beim Exerzieren untersucht. Die Ergebnisse der Messungen sind in den Rubriken 21 bis 27 der Tab. VII und 28 bis 34 der Tab. VIII verzeichnet. In Tab. VII finden sich die meisten Linkshänder des Regimentes Nr. 112 (Untersuchungen vom 20. Juli), die Linkshänder des Regimentes Nr. 142 (Untersuchungen vom 24. Juli) und die der beiden Kavallerieregimenter (Untersuchungen vom 27. Juli). In Tab. VIII stehen die Linkshänder der 11. Kompagnie des Regimentes Nr. 112 nebst sechs zum Vergleich herangezogenen Rechts- händern der gleichen Kompagnie. Diese Leute übten aber mit denen der übrigen Kompagnien am gleichen Tage (20. Juli). Die 9. Kom- pagnie des Regimentes Nr. 142 stellte ausser den Linkshändern noch fünf Rechtshänder zum Vergleich, die in Tab. X aufgeführt sind, da in der bereits fertiggestellten Tab. VII kein Platz mehr war. — Aus den Tabellen ergibt sich für die Linkshänder folgendes: 176 H. Griesbach: Vor dem Exerzieren am Nachmittag sind die links- und rechtsseitigen Schwellen bei 29 Personen in Tab. VII, nämlich bei Nr. 1, 4, 6, 9 bis 24, 29, 31 bis 33, 35 bis 40 und bei 6 Personen in Tab. VIII, nämlich bei Nr. 1, 2, 3, 7, 8 und 9 gleich. Die linksseitige Schwelle ist grösser als die rechtsseitige bei 6 Personen in Tab. VII, ‘nämlich bei Nr. 25, 28, 41, 42, 43 und 45, kleiner als letztere ist sie nur bei 3 Personen aus Tab. VIII, nämlich bei Nr. 4, 5 und 6. Die links- und rechtsseitige Schwelle schwankt zwischen 4,5 mm (Nr. 21, Tab. VII, Nr. 8, Tab. VII) und 11 mm (Nr. 31, Tab. VII, Musketier Schneider, der schon als Nr. 18 in Tab. III durch seine grossen beiderseits gleichen Schwellen auffiel). Der Mittelwert der linksseitigen Schwelle beträgt 6 mm, der der rechtsseitigen 6,1 mm. Nach den Übungen sind bei allen Linkshändern. aus Tab. VII und VIII die linksseitigen Schwellen grösser als die rechts- seitigen, ausgenommen bei Nr. 3l, Schneider, bei dem sie wieder beiderseits gleich sind. Die linksseitigen Schwellen schwanken zwischen 8,2 mm (Nr. 4, Tab. VII) und 20 mm (Nr. 18, Tab. VII), die rechsseitigen zwischen 6,5 mm (Nr. 4 und 14, Tab. VII) und 13 mm (Nr. 31, Schneider, und 35, Tab. VI). Der Mittelwert der linksseitigen Schwellen beträgt 12,3 mm der der rechtsseitigen 8,4 mm, ersterer ist also um 3,9 mm grösser als letzterer. Bei den in Tab. VIII aufgeführten sechs und den in Tab. X verzeichneten fünf Rechtshändern, die zum Vergleich von der 11. Kompagnie des Regimentes Nr. 112 und der 9. Kompagnie a PP ww DD Tabelle X. Truppenteil: 9. Kompagnie Regiment 142. Schwelle in|Schwellein| $ = 5 Datum Dienst | Millimetern| Millimetern] > & = = Name der Geburt |vorderUnter-| vor dem ae ‚dem IS SS uni Telesar suchung Exerzieren | Exerzieren e © = © links |rechts| links [rechts a | £&” Gefr. Geiger 12. März 1883 | Fernsprech- | 7,5 | 11 | 11 85 | 21 | 3 Steindrucker unterricht »„ Weiss 12. Okt. 1888 | ebenso 7 7 12:5 1089. 1. lo 024 Schreiner „ Seifermann| 2. Juli 1887 |Y/a7-"/ellUhr| 7,5 | 7,5] 16,5 | 10 21 | 28 Stuhlmacher Feiddienst Musk. Hänsel | 15. Dez. 1888 ebenso 7 6 | 1353| 7 18 | 231 Schreiner Gefr. Pfaff 27. Okt. 1886 ebenso 9 9 16 10 16 25 Landwirt Hirnlokalisation und Ermüdung. 177 des Regimentes Nr. 142 noch gestellt wurden, sind die linksseitigen Schwellen vor dem FExerzieren gleich bei Nr. 2, 3 und 5. Die linksseitige Schwelle ist grösser als die rechtsseitige bei Nr. 1 und 6, Tab. VIII und Nr. 4, Tab. X, sie ist kleiner als die rechtsseitige bei Nr. 4, Tab. VII und Nr. 1, Tab. X. Linksseitig schwankt die Schwelle zwischen 4,5 mm (Nr. 4 und 5, Tab. VII) und 9 mm (Nr. 5, Tab. X), rechtsseitig zwischen 4,5 mm (Nr. 5 und 6, Tab. VIII) und 11 mm (Nr. 1, Tab. X). Der Mittelwert beträet links 6,2 mm, rechts 6,4 mm. Nach dem Exer- zieren ist bei allen elf Personen die linksseitige Schwelle grösser als die rechtsseitige. Links schwankt sie zwischen 8,5 mm (Nr. 1, Tab. VIII) und 16,5 mm (Nr. 3, Tab. X); rechts zwischen 6,5 mm (Nr. 1, Tab. VIH) und 10 mm (Nr. 3 und 5, Tab. X). Der Mittelwert der linksseitigen Schwellen beträgt 12 mm, der der rechtsseitigen 7,9 mm. Die Beschleunigung des Pulses nach dem Exerzieren zeigt, dass . sowohl die Linkshänder als auch die Rechtshänder bei den Übungen stark in Anspruch genommen wurden. Es ereibt sich nun die interessante und merkwürdige Tatsache, dass nicht nur bei den Rechtshändern, wie die zahlreichen Beobach- tungen nach den Felddienstübungen und Exerzitien (Tab. I bis VI) und die Beobachtungen an den elf nochmals zum Vergleich heran- gezogenen Soldaten zeigen, sondern auch bei den Linkshändern durch Körperübungen die rechtsseitige Hemisphäre stärker als die links- seitige ermüdet, dass also auch bei den Linkshändern das räumlich- zeitliche Bild von Bewegung, Richtung und Lage in der rechtsseitigen Hemisphäre lokalisiert sein muss. Nach H. Liepmann!) soll eine rechts oder doppelseitige Lokalisation der Sprachfunktionen nicht ganz unmöglich sein, aber doch eine Ausnahme bilden. Die rechtseitige Lokalisation trifft nach den hier vorliegenden Untersuchungen für Lirkshänder zweifellos zu. Nach meinen früheren Beobachtungen ?) erscheint es ferner sicher, dass in Fällen, in denen bei sprachlichen Vorgängen und bei Gedankenoperationen auf mathematischen Gebieten ein Memorieren und eine reproduktive Bearbeitung des Stoffes in den Vordergrund tritt, bei Rechtshändern die linke Hemisphäre 1) H. Liepmann, Drei Aufsätze aus dem Apraxiegebiet S. 17. Karger, Berlin 1908. 2) Verhandlungsheft S. 254. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 12 178 H. Griesbach: hauptsächlich beansprucht wird, dass dagegen bei lebhafter Anschauung und Phantasie die rechte Hemisphäre mehr in Tätigkeit tritt. Ob ein derartiges zerebrales Verhalten, und dann vielleicht in umge- kehrter Weise, für Linkshänder zutrifft, darüber geben die vorliegenden Untersuchungen keinen Aufschluss. Überhaupt bedarf die Frage nach dem Grade der Beteiligung beider Hemisphären bei den ge- nannten Arbeiten noch weiterer Untersuchungen. Wenn Liepmann!) meint, dass die rechte Hemisphäre, selbst wenn man von der Sprache absieht, weniger hoch steht als die linke, und besonders für aus dem Gedächtnis zu vollziehende Bewegungen untauglich ist?), so mag dies letztere vielleicht für die oberen Extremitäten zutreffen ?®); wenn er aber ferner meint*), dass die linke Hemisphäre ganz all- gemein im Motorischen die überlegenere sei und die rechte Hemi- sphäre das von ihr zu zerebralen Fähigkeiten beigesteuerte Material nach links transportieren muss?), so kann ich mich diesen Ansichten nach den hier mitgeteilten Untersuchungen nicht anschliessen. Für Lage-, Bewegungs- und Richtungsvorstellungen im allge- meinen und für die motorischen Einstellungsprozesse sind Sensationen aus allen bewegten Körperteilen und die aus dem Ohrlabyrinth dem Bewusstsein zufliessenden Empfindungen vom Gleichgewicht in den verschiedensten Körperstellungen von eminenter Bedeutung. Auch Empfindungen aus inneren Organen sowie Anstrengungsgefühle aller Art nehmen im Bewusstsein der Körperlichkeit einen breiten Raum ein. Alle diese Erscheinungen spielen in den vorliegenden Unter- suchungen über die ermüdende Wirkung von Felddienstübungen und Exerzitien eine wichtige Rolle, und wenn sich dabei ergeben hat dass die Ermüdung sich vornehmlich in der rechten Hemisphäre bemerklich macht, so kann es nicht zweifelhaft sein, dass dieser für das Körperliehkeitsbewusstsein der Löwenanteil zufällt. Es bleibt schliesslich noch die Frage übrig: Lässt sich näheres darüber aussagen, welches Gebiet der rechten Hemisphäre hier in 1) H. Liepmann, a. a. O. S. 46. 2) Derselbe a. a. ©. S. 50. 9) Zu vgl. desselben Autors Abhandlung: Die linke Hemisphäre und das Handeln. Münchener med. Wochenschr. 1905 Nr. 48 S. 2322 ff. u. Nr. 49 Br 2875H: 4) Derselbe a. a. O. S. 56. 9) Derselbe a. a. O. 8. 78. Hirnlokalisation und Ermüdung. 179 Betracht kommt? Nach den Untersuchungen von Kleist!) ist es nicht unmöglich, dass es sich ‚hauptsächlich um ein Gebiet der Stirnhirnrinde handelt, in welchem Ursprung und Endigung eines Teiles der indirekten cerebellekortikalen Bahnen gelegen sind. Nach meinen vorliegenden und früheren Untersuchungen komme ich zu folgenden Schlüssen: 1. Ästhesiometrische Ermüdungsmessungen sind geeignet, über das funktionelle Verhalten und die Lokalisation der angesprochenen Hirnzentren Auf- schluss zu geben. 2. Durch geistige bzw. körperliche Tätigkeit ver- ursachte Ermüdung befällt nicht in gleichem Grade beide Hemisphären. 3. Durch geistige Arbeit, insbesondere auf sprach- lichem und algebraischem Gebiete wird bei Rechts- händern die linke, bei Linkshändern die rechte Hemi- sphäre überwiegend beansprucht, wie sich aus dem verschiedenen Grade der ästhesiometrisch gemessenen Ermüdung ergibt. 4. Bei Rechtshändern sind die für die genannte Arbeit in Betracht kommenden Zentrenin der linken, bei Linkshändern in der rechten Hemisphäre funktionell ausgebildet. 9. Bei körperlicher Anstrengung wird sowohl bei Rechtshändern als auch bei Linkshändern vorwiegend die rechte Hemisphäre beansprucht, wie sich aus dem durch Ermüdung bedingten Überwiegen der links- seitigen Schwellen ereibt. 6. Bei Rechts- und Linkshändern sind die für Be- wegungs-, Riehtungs- und Lagevorstellungen in Be- tracht kommenden Zentren in der rechten Hemisphäre funktionell ausgebildet. 7. Es besteht demnach bei Linkshändern keine vollständige Transpositio cerebralis. 1) K. Kleist, Untersuchungen zur Kenntnis der psychomotorischen Bewegungsstörungen bei Geisteskranken. W. Klinkhardt, Leipzig 1908, und: Weitere Untersuchungen an Geisteskranken mit psychomotorischen Störungen. Daselbst 1909. ’ 1255 180 H. Griesbach: 8. Kommissurenfasern vermitteln eine dauernde Abhängigkeit der beiden Hemisphären voneinander. Diese Abhängigkeit lässt sich daraus erkennen, dass a) beim Fehlen geistiger und körperlicher Betätigung und unter normalen physiologischen und psychologischen Bedingungen die ästhesiometrisch gemessenen beider- seitigen Schwellen sowohl bei Rechts- als auch bei Linkshändern gleiche oder annähernd gleiche Werte haben, b) beim Eintritt von Ermüdung die beider- seitigen Schwellen an Grösse zunehmen. Nachtrag. In der Revue psychologique t. 2 fasc. 3 p. 313 ff., 1909 hat I. Ioteyko einen auf dem Psychologenkongress in Genf (3. bis 7. August) gehaltenen Vortrag mit dem Titel „Introduction & la Methodologie de la psychologie pedagogique“ zum Abdruck gebracht. Auf S. 328 ff. wird auch die ästhesiometrische Methode besprochen. Alle Beobachtungen — heisst es dort — zeigen auf das evidenteste, dass geistige Ermüdung die Berührungssensibilität vermindert, und dass der Grad der Verminderung innerhalb gewisser Grenzen dazu dienen kann, den Grad der Ermüdung zu messen, wenn uns auch die nähere Beziehung, die zwischen Ermüdungsgerad und Sensibilitäts- verminderung besteht, noch unbekannt ist. Vielleicht sind beide proportional, vielleicht wächst die Ermüdung schneller als die Schwelle oder umgekehrt. Wenn es gelänge, die Beziehung zwischen Ermüdung und hHautsensibilität mathematisch zu begründen, so würde die Methode ihre grösste Vollkommenheit erreicht haben. Zur Erreichung dieses Zieles haben weitere Untersuchungen teils experimenteller, teils mathematischer Art beizutragen, wobei auf sekundäre, die Sensibilität etwa beeinflussende Momente Rücksicht zu nehmen ist. Diesen Ausführungen Ioteyko’s stimme ich voll- kommen zu, sie decken sich sogar zum Teil mit den meinigen im Internat. Arch. f. Sch. 1905, Bd. 1 S. 323. Dort, S. 323, äusserte ich auch bereits, dass die Hautsensibilität möglicherweise je nach der vorwiegenden Beanspruchung der einen oder der anderen Hemisphäre verschieden ausfallen könnte. Nach Schuyten’s, Abelson’s und meinen Untersuchungen ist dies nun tatsächlich erwiesen, und somit sind wir in der ästhesiometrischen Ermüdungs- messung wiederum um einen guten Schritt vorwärts gekommen. Hirnlokalisation und Ermüdung. 181 Dieser Schritt ist von um so grösserer Bedeutung, als sich durch ihn ein Einblick in die Hirnlokalisation gewinnen und die verschiedene Wirkung der Ermüdung aufRechts- und Linkshänder feststellen lässt. — Nach I. Ioteyko und M. Stefanowska (Psycho-physiologie de la Douleur. Bibliotheque de Philos. contemporaine, Paris 1909, F. Alcan: Ref. Zentralblatt für Nervenheilkunde 1909 Nr. 5) soll sowohl bei Rechts- als auch bei Linkshändern die rechte Körperseite weniger schmerzempfindlich sein als die linke, woraus auf das Vorhandensein eines besonderen Hemisphärenzentrums für Schmerz- empfindungen geschlossen werden könnte. Die Beobachtung des Sinkens der Schwelle für Schmerzempfindlichkeit bei geistiger Er- müdung konnten Ioteyko und Stefanowska bestätigen In dem soeben erschienenen „Paedologisch Jaarboek“, Zevende Jaargang, 2. Aflevering p. 73 ff. hat Schuyten „Onderzoekingen over verstandelijke indeeling van normale Scholieren* veröffentlicht. Er bediente sich des Ästhesiometers zur Prüfung der Intelligenz und fand, dass die Sensibilität mit Zunahme der Intelligenz wächst. Auch konnte er ästhesiometrisch seine früheren Befunde bestätigen, dass intelligente Personen schneller ermüden als andere. Überdies lassen sich gewisse physiologische Anomalien und Exzesse auf sexuellem Gebiete ästhesiometrisch erkennen. — v. Bardeleben teilt in seinem Referat mit, dass er sich an die Medizinalabteilung des preussischen Kriegsministeriums mit der Bitte gewandt habe, über die Verbreitung der Linkshändigkeit in der Armee unter den in diesem Herbst zur Einstellung gelangten Mannschaften Nachforschungen anstellen zu lassen. Da die An- gelegenheit auch für militärische Zwecke nicht ohne Interesse ist, wurde laut Verfügung vom 14. September 1909 dieser Bitte ent- sprochen. Der Fragebogen für die in Betracht kommenden Leute betrifft die Personalien, die Erblichkeit der Linkshändigkeit, ferner Sprachstörungen, Degenerationszeichen (Schädel, Gesicht, Ohren, Zähne, Genitalien), fragt welche Hand beim Brotschneiden, Peitschen- knallen, Steinwerfen, Schuhputzen, Nähen und Nadeleinfädeln, Kartenmischen und Kartenausspielen ‚-sowie beim Schreiben benutzt und welches Bein beim Weitsprung, Schleifen (Glitschen oder Rutschen auf der Eisbahn) und Ballstossen nach vorne geschnellt wird. Endlich wird noch gefragt, ob isolierter Augenschluss beider- seits und gleich gut gelinest, und ob der Mund nach beiden Seiten gleich gut verzogen werden kann. 182 H. Griesbach: Die Frage, welche Hand einen stärkeren Druck ausübt, kann mit annähernder Genauigkeit m. E. nur dynamometrisch beantwortet werden. Auf Körpermaasse und Ermüdungsmessungen nimmt der Fragebogen keinen Bezug. Da die Untersuchungen in der Mülhauser Garnison gewissermaassen eine Fortsetzung meiner eigenen Unter- suchungen während des Sommers bilden, so war es mir sehr interessant, dieselben mit den meinigen zu vergleichen. Die Zahl der eingestellten Rekruten und der Linkshänder unter ihnen ereibt folgende Übersicht: Tabelle XI. | Zahl der ein- 3 Truppenteil gestellten D ai a sind Rekruten linkshändig Infanterieregiment Nr. 112, erstes Bataillon 323 8 n Ball2zweitesse ie, 304 10 N „ 112, drittes 55 324 13 ® „ 142, erstes nn 304 10 & „ 142, zweites 5 Garnison Mülheim = „ 4142, drittes ” 296 11 Dragonerregiment Nr. 22 ........ 320 2 Jagerrerimenti N or 226 3 Summe. 2097 57 Zu der Tabelle XI ist zu bemerken, dass anfangs noch mehr Leute für Linkshänder gehalten wurden, dass sich aber die Anzahl derselben bei genauerer Nachforschung auf die in der Tabelle notierten Ziffern reduzierte. Nach der vorstehenden Tabelle beläuft sich der Prozentsatz auf 2,71, während ich im Sommer unter 4691 Leuten 1,15 °/o fand. Es ergibt sich demnach ein Unterschied von 1,56 %o. Wenn nun auch der Prozentsatz um so genauer ausfällt, je mehr Leute für die Statistik zur Verfügung stehen, so ist es doch nicht unmöglich, dass mir im Juli einige Linkshänder der Garnison ver- borgen geblieben sind, da aus den veıschiedenen Truppenteilen etliche Leute zu Hilfeleistungen bei Erntearbeiten beurlaubt waren. Von Interesse wäre die Frage, ob der Prozentsatz an Linkshändern heute bei allen Nationen und in allen Schichten der Bevölkerung der gleiche ist. In betreff der Frage: „Händedruck, wo kräftiger?“ wurden die Linkshänder der drei Bataillone des Reeimentes Nr. 112 und des ersten und dritten Bataillons des Regimentes Nr. 142 am 27. und 29. November von mir mit dem Collin’schen Dynamometer untersucht. Die Ergebnisse mit Bemerkungen über isolierten Lid- schluss, Erblichkeit usw. sind aus Tabelle XII ersichtlich. Nr. [0 0) ıIı9o vromH ourumwr m oSOoQ@<-SI raz Sol Hirnlokalisation und Ermüdung. 183 Tabelle XI. Komp. Reg. 112 I. Bat. [dU) wm DDyvyHm II. Bat. IIND Ur [0.0Ko OR | Ili. Bat. oO © Reg. 142 I. Bat. 1 1 Name und Geburtsjahr Lude, 1839 Bleifelder, 1887 P. Meyer, 1837 F. Becker, 1889 Schillinger, 1889 Jammerthal, 1889 Gerstner, 1888 Hertel, 1883 Brütsch, 1837 Schmitt, 1889 Apprecht, 1888 Kraft, 1887 Berger, 1888 Hogemüller, 1837 Hofmann, 1888 Kraus, 1837 Burckhardt, 1339 Rothweiler, 1889 Hermann, 1839 Puttrus, 1883 Vetter, 1837 Claden, 1887 Erb, 1888 Daubenberger, 1837 Bold, 1887 Schreier, 1889 Anderer, 1887 Bernhardt, 1887 Bürcki, 1889 Pflieger, 1839 Welte, 1889 Seibold, 1887 Harnisch, 1388 Dynamo- meter in Kilogramm links | rechts ee — a nn 0 nn nn nn nn nn mn nn nn nn nn Bemerkungen r bedeutet rechts, / links Vater links. Vater und Mutter links. Vater links. Ein Bruder links; isolierter Lidschluss mangelhaft r. Zwei Schwestern links. Vater links; isolierter Lid- schluss 1. Vater und Bruder links, nimmt sogar Löffel links. Isol. Lidschluss mangelhaft 1. Kann den Buchstaben „k“ nicht sprechen; stottert bei Er- regung; isolierter Lidschluss mangelhaft 1. Isol. Lidschluss — Null, 1. Beim Sprechen wird Mund nach rechts verzogen, stottert etwas, kann „h“ nicht spre- chen; isolierter Lidschluss — Null 1., mangelhaft r. Ein Bruder links; isolierter Lidschluss mangelhaft r. Mutter links. Isol. Lidschluss mangelhaft r. Bruder links; isol. Lidschluss mangelhaft, beiderseits. Eine Schwester links; isolierter Lidschluss mangelhaft r. 184 H. Griesbach: Dynamo- £ N d meter in Nr.| Komp. a Kilogramm Bemerkungen links | rechts B) 2 Bünkgens, 1887 BB) 32 | Mutter links. 4 2 Stief, 1887 49,5 | 39,5 B) 3 Koger, 1888 50 40 | Mutter links. 6 3 Aucel, 1889 44 35 |Isol. Lidschluss mangelhaft 1. Ü 4 Baumstark, 1889 40 20 8 4 Beyer, 1838 3 32 do. 9 4 Roth, 1888 34 25 |Ein Bruder links. 10 4 Wunderle, 1887 46 46 |Isol. Lidschluss mangelhaft 1. INSPBat Mülheim Ill. Bat. 1 1) C. Bauer, 1887 383 3 2 9 Bauschlicher, 1888 | 39 37 3 g Ganter, 1887 42 33 4 9 Müller, 1839 39 39 Schwester der Mutter links. 5 9 Posse, 1889 39 29,5 6 9 Scherer, 1837 46 30,5 7 10 Schmidt, 1883 46 49 8 10 Bohmüller, 1888 42,5 | 32,5 | Vater und ein Bruder links. 9 11 Heidt, 1887 au 21 Isolierter Lidschluss = (0, 1. 10 11 Feeser, 1887 36 82,9 11 12 Kübler, 1887 44 35,5 | Isol. Lidschluss = (0, r. Die Tabelle XII zeigt, dass die meisten Linkshänder mit der linken Hand einen stärkeren Druck ausüben als mit der rechten Hand. Gleicher Druck beider Hände fand sich im Regiment 112 erstes Bataillon bei Lude und P. Meyer; 112. Regiment zweites Bataillon bei Kraus, 112. Regiment drittes Bataillon bei Vetter, Bold, Schreier und Welte. Die rechte Hand drückte stärker als die linke bei Gerstner 112. Regiment erstes Bataillon. Im Regiment 142 fand sich gleicher Druck beider Hände bei Wunderle erstes Bataillon, und Müller drittes Bataillen; die rechte Hand drückte stärker als die linke bei Schmidt drittes Bataillon. Wie verhält sich nun der Händedruck bei typischen Rechts- händern? Um hierüber noch Aufschluss zu erhalten, habe ich am 1. Dezember nachmittags 2 Uhr alle rechtshändigen Rekruten der neunten Kompagnie des Regiments 142 dynamometrisch gemessen. Nach Tabelle XIII findet sich gleicher Händedruck beiderseits unter 73 Rechtshändern bei 12 Personen, nämlich bei Nr. 1, 18, 32, 33, 35, 38, 39, 41, 44, 55, 56 und 72. Die rechte Hand drückt stärker bei 24 Personen, nämlich bei Nr. 4, 8, 10, 13, 20, 23, 24, 25, 28, 30, 34, 40, 45-50, 52, 53, 59, 64, 67 und 73. Hirnlokalisation und Ermüdung. 185 Tabelle XI. ee Nr. 142, 9. Kompagnie. nen Bemerkungen ———— iso] ier er i SCHIUSS und Geburtsjahr | Fe NT: ae er enaen 1 Beihofer, 1837 Goldschmied 47 47 2 Bernauer, 1838 Schreiner 40 3 i. L. m. rechts =) Bernhardt, 1887 Alteisenhändler 42,5, 838 4 | Bonrath, 1889 Zahntechniker 45 52,9 5 | Brockenauer, 1833 Malergehilfe 37 3l do. 6 Büchle, 1383 Dienstknecht 44 32 7 | Bubser, 1887 Ziegeleiarbeiter | 48 45 8 | Dedierjean, 1883 Ackerer 36,5 | 88 do. 9 | Dreer, 1837 Fliesenleger 42 6) 10 Ehrt, 1837 Bäcker 26,9 | 31,9 11 Feldges, 1887 Handlungsgehilfe | 58 90 12 Fleig, 1837 Maler 30,5 | 27 do. 13 Geiger, 1889 Maschereiarbeiter | 37,5 41,5 14 Gerard, 1888 Holzhauer 45 359 |1. L.m. rechts u. links 15 Häberlin, 1837 Tagelöhner 43 40 J|i. L. m. rechts 16 Herrmann, 1837 Küfer 3 24 17 Hessler, 1833 Landwirt 95 | 34 18 Hirt, 1888 ö do. 49 49 19 Hörrmann, 1888 Eisengiesser 45 41 20 | Hoyer, 1888 Kellner 42,9.|. 44 21 Kaiser, 1887 Landwirt 38 32 do. 22 | Klumpp I, 1888 Metallschleifer 3 82 J|i. L. m. links 23 | Kopf, 1833 Schlosser 40 44 24 Krell, 1889 Maurer 40 42 25 Kuner, 1839 Landwirt 34 44 |i. L. m. rechts 26 Lamerz, 1833 Fuhrknecht 47 42 27 | Meyer, 1887 Gärtner 30 43,5 28 Mohr, 1837 Giesser 34 36 29 Mollenkopf, 1837 Fabrikarbeiter 42 40 80 | Pfänder, 1889 Tagelöhner 40 49 sl Plückelmann, 1837 Bahnarbeiter 36 3l 32 Pösger, 1837 Maler 35 35 38 Probst I, 1887 Seidenbandweber | 44 44 | stottert sehr 34 Probst IL, 1883 Fabrikarbeiter 40 41,5 3 Rattelder, 1887 Presser 20 20 36 Rengers, 1887 Hausdiener 44 38,9 Sl Ruf II, 1887 Bäcker 3158| 30 38 Schätzle, 1838 Fuhrmann 45 45 39 Schatt, 1883 Ackerer 43 43 I|i. L. m. rechts 40 Schlageter, 1888 Holzhauer 40 44,5 41 Schneider, 1887 Fabrikarbeiter 41,5 | 41,5 42 Schüle, 1888 Tagelöhner 38 8D 43 Schuler, 1839 Landwirt 34 26 44 Studer, 1837 Fabrikarbeiter 49 49 45 Taglioretti, 1837 Gärtner 36,9 | 44 46 Uhlin, 1837 Maurer 40 44 47 Uckert, 1837 Seidenstoffweber | 39 47 48 Walter, 1888 Landwirt 39 47 49 Weber, 1889 Blechnergehilfe 49 5l 50 Wesmann, 1883 Eisendreher 43 45 fi. L.=), rechts 51 Wehrer, 1839 Landwirt 44 38 92 Weinhold, 1838 Fabrikarbeiter 40 45 53 | Winzen, 1837 do. 39 42 Era . 186 H. Griesbach: Dynamo- Bemerkungen Nr.| Geschlechtsname Beruf meter Gi. L. m. a e und Geburtrjahr Feen Po EEE isolierter Lidverschluss links | reclıts mangelhaft) 54 Weniger, 1837 Dienstknecht 49 45,9 55 | Wolff, 1889 Schneider 28,5 | 28,5 56 | Zazieblowski, 1887 Transporteur 3 43 57 Zimmer, 1888 Landwirt 44 41,5 |i. L. m. rechts 58 Zimmermann, 1889 Schlosser 48 45 59 | Zoller, 1889 Maurer 33,5 | 40 60 | Klumpp Il, 1889 Schreibgehilfe 40 36,9 61 | Hänsel, 1837 Schreinergehilfe | 42 36 62 | Scholl, 1888 Maurer 46 45 63 | Gefr. Bernauer 1883 Maler 48 39,9 64 „ Weber 1887 Schlosser 36 41 65 | Müller II, 1887 do. bp) 45 66 | Fritz, 1889 Geometer 46 3 67 | Tomowiak, 1888 Metzger 36,5 | 38 68 | Pattschek, 1889 Tagelöhner 40 38 69 | Keser, 1889 Handlungsgehilfe | 50 42 70 Baumert, 1889 Landwirt 489 | 46 71 | Reinhardt, 1888 Schlosser AUeE 5 do. 12 Schottenheim, 1888 Kellner 36 36 do. 3 | Wendling, 1839 Fabrikarbeiter 42 | 44 Der Druck der linken Hand überwiegt bei 37 Personen, nämlich el neo er, 3, 6, 7, 9, Ina ilr, G), 21, 22, 20,27, 28), 31, 86, 37.49, 43551, 54, 5%, 58, 60_63,.09,.00, 08. ls Anussden. dynamometrischen Aufzeichnungen über die ‚Stärke des Händedruckes ergibt sich, dass sich aus der grösseren Druckkraft mit Sicherheit ebenso- wenig auf Rechts- und Linkshändigkeit schliessen lässt wie aus dem Überwiegen des Längen- und Volummaasses eines Armes. Die Hälfte der Reehtshänder übt mit der linken Hand einen stärkeren Druck aus als mit der rechten Hand. Vielleicht aber lässt sich aus der verschiedenen Stärke des Druckes der rechten und linken Hand auf eine verschiedene Beanspruchung und Ermüdune der beiden Hemisphären schliessen, so dass ein schwächerer Druck der rechten Hand auf grössere Ermüdung der linken Hemisphäre, ein schwächerer Druck der linken Hand auf grössere Ermüdung der rechten Hemisphäre deuten würde. Messungen, die unter Anwendung des Ästhesiometers und Dynamometers vor und nach geistigen und körper- lichen Anstrengungen vorgenommen werden, könnten hierüber bei Rechts- und Linkshändern möglicherweise Aufschluss geben. Revilliod!) beschrieb einen Fall von linksseitiger Hemiplegie bei einer linkshändigen Patientin mit fehlendem isolierten Lid- l) L. Revilliod, Revue medicale de la Suisse romande, 20. Oct. 1889, p. 12. N u Tabelle VII zu Artikel Griesbach, Himlokalisation und Ermüdung as = oo Name und militärischer Rang Musk. Kieber Musk. Lindner Musk. Ehret Musk. Grossmann Musk. Schulz Musk. Zimmermann Musk. Hamann Musk, Sammol Musk. Schlander Musk. Wolber Musk. Kräuter Gefr. Wenz Trommler Baldersweiler Musk. Kalt Musk, Muth Musk, Matt Musk. Spath Musk. Statz Musk. Bachmann Datum der Geburt und Beruf 6. Aug. 1886 Missionsschüler 10. Okt. 1885 Schriftsetzer 5. Okt. 1887 Handlungsgebilte) 15. Jan. 1888 Bildhauer 5. Febr. 1888 Fuhrmann 24. Mai 1887 Zigarrenmacher 12. Febr. 1886 Bäcker 24. Jan. 1887 Landwirt 18. Jan. 1887 Küfer 10. April 1885 Fubrmann 8. Juni 1887 Maler 9. Aug. 1887 Maurer 15. Nov. 1888 Landwirt 22. Jan. 1888 Holzhauer 3. Dez. 1887 Schneider 3. Juli 1888 Säger 18. Jan. 1887 Maurer 11. Mai 1837 Landwirt 8. Sept. 1886 Landwirt Maasse der linken Oberextremität in Zenti- metern Maasse der rechten Oberextremität in Zenti- 1 Grösster Grösster| Umfang Umfang des | Ober- | Unter- armes | armes 7828 37 24,5 23 24,5 26,5 | 27 255 | 25 27,5 | 28 255 | 26,3 27 28,5 26 26,5 27 28 255 | 248 | | 25 25,5 | | 26,5 | 26 | A5 | 3 4 | 46 befand sich auf Urlaub 2,5 | 25,7 befand sich auf Urlaub IS) 25,5 Grösster|Grösster] Umfang des Unter- armes 28,2 25 25 25,2 27,5 25,8 26,5 25,5 25,2 Bemerkungen über den Gebrauch der Hände usw. Alle Arbeiten werden mit der linken Hand verrichtet, nimmt beim Essen Gabel und Löffel in die rechte Hand, schneidet Brot und Fleisch mit der linken Hand. Alle Arbeiten werden links ver- richtet, schiesst links, obgleich das rechte Auge besser, schreibt ge- wandt links Spiegelschrift, gewöhn- lich aber rechts, nimmt beim Essen Gabel und Löffel rechts, schneidet links; eine Schwester links. Alle Arbeiten links, besonders Schneiden mit Messer und Schere; Löffel und Gabel rechts, bei Ge- mütserregungen Sprachstörungen findet die richtigen Worte nicht. Bevorzugt beim Arbeiten die linke Hand, schneidet links, Löffel und Gabel rechts, stottert leicht bei Gemütserregungen. Alle Arbeiten und Hantierungen im Beruf links; Löffel beim Essen rechts; Vater und eine Schwester links. Arbeitet links, klopftund schneidet Tabak links, isst rechts. Bevorzugt die linke Hand auch beim Teigkneten, schiesst links, obwohl rechtes Auge besser ist. Arbeitet in der Landwirtschaft alles m.der linken Hand, isstrechts. Ist in seinem Gewerbe durchaus links, isst rechts. Isstrechts, alleHandarbeiten links; Mutter links; Schwierigkeiten beim Aussprechen einzelner Buchstaben. Nimmt den Pinsel beim Anstreichen links, auch andere Handarbeiten links, isst rechts; schiesst links, weil linkes Auge besser; hat manchmal Schwierigkeiten im Aussprechen der Worte. Alle Handarbeiten links; hat in der Schule anfangs links ge- schrieben, schiesst links, schneidet beim Essen links, nimmt aber Löffel rechts; bei Gemütserregung oft Stottern; Mutter und eine Schwester links. Alle landwirtschaftlichen und andere Arbeiten links; trommelt mit der linken Hand besser; stösst mit der Zunge an. Handarbeiten, Sägen und Holz- hacken links, isst rechts; Vater links. Fädelt links ein, schneidet u. näht links; Löffel beim Essen rechts, Arbeitet alles links. Alle Hand- und Berufsarbeiten links, schiesst links; Löffel beim Essen rechts Arbeitet alles links. Alle landwirtschaftlichen Berufs- arbeiten u. sonstigen Handarbeiten links, Messer und Gabel beim Essen links, Löffel rechts; Vater links. Untersuchungen vom 10. Juli 1909 nachmittags vo! der-Kaiser-Wilhelm-Kaserne n3 Uhr ab im Schulsaal Dienst vor den Unter- suchungen kein Dienst do. do. morgens von 7/e-11'/a Uhr Exerzieren und Zielen morgens 10—12 Uhr Exerzieren kein Dienst morgens 7—11 Uhr im Gelände do. do. do. kein Dienst morgens 7—12 Uhr Exerzieren auf dem Habsheimer Platz morgens 7—12 Uhr Schiess- übungen do. kein Dienst kein Dienst | morgens 2 Stunden Zielen und | Turnen Schwellen nach der Rechnung Bemerkungen über die Ausführung der Rechnung fanden sich zur glei- links | rechts 9 | 2 Fehler | on 11 10,8 8,7 9,8 oo -ı benrlaubt 15 Fehler | 4 Fehler beurlaubt 1. Multipl; \ 7 Fehler | | 11 Fehler 14 Fehler 13 Fehler 5 Fehler 7 Fehler 13 Fehler 7 Fehler ‚lieferte in 30 Min. 3 Zeilen, 3 Fehler 2 Fehler \ 15 Fehler 4 Fehler 1. Div. | 2. Div. |2. Multipl. von der ohne |3 Fehler 3. Stelle | Fehler ab falsch von der | von der | nicht 4. Stelle | 4. Stelle | gerechnet ab falsch | ab falsch nichtmehr |nichtmehr|nichtmehr gerechnet | gerechnet | gerechnet do. do. do. von der do. do. 2. Stelle ab falsch von der do. do. 3. Stelle ab falsch von der do. do. 2. Stelle ab falsch ohne do. do. Fehler nichtmehrı do. do. gerechnet do. do. do. do. do. do. | 15Febler| ohne | von der | 7 Fehler |Erntearbeiten Fehler | 4. Stelle ab falsch nicht mehr|nichtmehr|nichtmehr) do do. do. | do. do. do. in3Zeilen\nichtmehr nichtmehr'nichtmehr) 9 Fehler gerechnet | gerechnet | gerechnet | | | ohne |nichtmehr|nichtmehr Fehler | gerechnet | gerechnet or > gerechnet | gerechnet | gerechnet| 6—10 Uhr © Untersuchungen vom 20. Juli 1909. Erste Messung von 2 Uhr bis 2 Uhr 50 Min.; Exerzieren, Turnen, Gewehrübungen von 3 Uhr ab. Zweite Messung von 4 Uhr 45 Min. bis 5 Uhr 45 Min. dem Bemerkungen 76 |Es finden sich bei den Linkshändern häufig, bei Rechtshändern auch, aber, wie es scheint, seltener, BERBNAERIELE Ohrläppchen, hoher Gaumen, mangel- hafter Lidschluss eines Auges. Den Linkser, die Karten spielen, mischen dieselben meistens mit der ‚linken Hand und spielen auch links aus. 76 85 92 80 76 82 1 104 |Die Leute aus den Kom- | pagnien d. Reg. 142 wurden ‚am 24. Juli 1909 um 3 bzw. 4 Uhr 25 Min. vor und nach dem Exerzieren untersucht. WE \ RS Nummer 20 Fortsetzung der Tabelle VII zu Artikel Griesbach. Hirnlokalisation und Ermüdung. Truppen- teil do. do. do, Komp. gs 4. Komp, do, do. do 9. Komp. do do do, Drag,-Reg, 22 1. Eskadron 2. Eskadron do, 4. Eskadron do. 5. Eskadron Jäger-Reg. zu Pferde Nr. 5 1. Eskadron 2, Eskadron do. 3. Eskadron do. 4. Eskadron do, Name uud militärischer Rang Musk. Oberst Musk. Paulus Musk. Schmidt Musk. Blattmann Musk. Birmele Musk. Becker Musk. Kammerer Musk. Golembiewsky Muek. Bizek Musk. Müller III Musk. Morath Musk. Schneider Drag. Duttlinger Drag. Hübschle Drag. Pönig Drag. Müller II Drag. Räuber Drag. Renker Drag. Radatt Jäger Müller Jäger Wolowski Jäger Kottmanu Jäger Heiler Jäger Wefer Gefr, Stallmann Jäger Schwinn Datum der Geburt und Beruf 7. Sept. 1888 Maurer 29. Nov. 1888 Schlosseı 12. Jan. 1388 Fabrikarbeiter in einer Gerberei 7. Sept. 1885 Sägemüller 24. Mai 18>8 Maurer 8, Juli 1888 Zigarrenarbeiteı 5. Nov. 1888 Aut-Ohauffeur 15. Juni 1886 Schlosser 7. Sept. 1887 Arbeiter im Kupferwalzwerk 26. Fehr. 1888 Mauı 29. Aug. 1886 Zimmermann 22. Aug. 1888 Laudwint 24. Dez. 1886 Landwint 23. Juli 1887 Friseur 12. Nov. 1855 Mechanikeı 24. Mai 1886 Klempner 16. Juli 1884 Weber 13. April 1885 Maurer März 1885 ellmacher 2. Juni 1886 Landwirt 9. April 1887 Berg 8. Dez. 188 Landwirt 24, Mürz 1888 Eisendreher 15. Juni 1888 Fabrikarbeiter 5. April 1884 Landwirt 27. Febr. 1886 Fuhrmann Maasse der linken Ober- extremität in Zentimetern Maasse der rechten Ober- extremität in Zentimetern Länge von |Grösster| Grösster] H&nE« von) Grösster| Grösster urube bis Umfang Duluz Erube is | Umfang Umfang Spitze! es 1 "les | des echaher Ober- | Unter- \feyıhter) Ober. | Unter- Angers | armes | armes | ingers | armes | 76 68 -ı 66 70 69 24,8 24,6 24 26,5 69 26,5 27 74,5 ans | 27,5 | R befand sich auf Urlaub | 4 25,5 745 | 85 35,5 beurlaubt BR im Lazaret 26,5 20 27 70 25 26 23,7 75 2,8 | 245 25,2 76,5 | 25,5 26 9 67,5 5 | 265 25,5 0” | 28 24,2 356 | 1 | Br | 855 PL} 67 23 24,5 beurlaubt 25,7 | 25,5 26,5 68 37 | 2%6 | | 24,5 25a | 35 | | fehlte fehlte fehlte 235,5 69 Ph 24,5 | | 27 75 | 27 27,2 | 28 745 | 298 | 27 Bemerkungen über den Gebrauch der Hände usw. Schreibt gewandt mit der linken Hand Spiegelschrift; arbeitet alles mit der linken Hand; Löffel rechts; ein Bruder links; Sprachschwierig- keiten bei den Buchstaben J u. R. Schlossert nur links, Löffel rechts, Messer links. Berufsarbeiten allelinks, schneidet beim Essen liuks, Löffel rechts; schiesst livk<, obgleich linkes Auge schlechter; muss beim Sprechen oft die Worte suchen; Gross- mutter links. Arbeitet in der Säge alles links, beim Essen Messer links, Löffel rechts Arbeitetalles links, isst auch links. Arbeitet alles links, nimmt auch Löffel links. Arbeitet alles mit der linken Hand; schneidet links. Schlossert links; kann links Spiegelschrift schreiben Arbeitet alles links. Berufsarbeiten alle links; ein älterer Bruder links. Arbeitet alles mit der linken Hand. Arbeitet alles links, schneidet beim Essen mit Messer links, nimmt Löffel rechts. Alle landwirtschaftlichen und sonstigen Arbeiten links. Alle Handarbeiten links, rasiert rechts, Schere links; schiesst links, weil linkes Auge besser. Arbeitet meistens links, war als Knabe mehr links. Macht im Handwerk alles links ; schiesst links, weil linkes Auge besser; ein Bruder links. Alle Arbeiten links. Alle Berufsarbeiten links, nimmt Löffel rechts; schneidet links; stösst mit der Zunge an; älterer Bruder links. Berufsarbeiten alle links; schneidet links: isst rechts; Vater und vier Stiefgeschwister vom gleichen Vater links. Beim Arbeiten wird die linke Hand ganz wesentlich bevorzugt. Arbeitet in der Kohlengrube links, isst rechts. Bevorzugt die linke Hand beim Arbeiten. Alle Berufsarbeiten links; isst rechts. Alle Handarbeiten links, isst rechts. Was er mit einer Hand macht, vollführt er links Arbeitet links, isst rechts. Untersuchungen vom 10. Juli 1909 nachmittags von 3 Uhr ab im Schulsaal der Kaiser-Wilhelm- Kaserne Untersuchungen vom 20. Juli 1909. Erste Messung von 2 Uhr bis 2 Uhr 50 Min. Exerzieren, Turnen, Gewehrübungen von 3 Uhr ab. Zweite Messung von 4 Uhr 45. Min. bis 5 Uhr 45 Min. ab falsch | | as eiiwällen Schwellen. u Bemerkungen Al Teer Schwellen Schwellen < z ne SEN ler | nach der über die Ausführung Dia \ vor dem nach dem un un Dee Rechnung je Rechnung “ der Rechnung 5 ner \\ Exerzieren ' Exerzieren Exer- | d, Exer- Bemerkungen suchungen links | rechts | links | rechts |1.Multipl| 1. Div. 2. Div. |2.Multipl. suchungen | Jinks | rechts | links | rechts | zieren | zieren | | kein Dienst 5,9 5,9 | 10,5 8 9 Fehler | ohne ohne» nıcht dienstirei , 6,5 6,9 11 7 64 \ 108 | | Fehler Fehler |gerechnet | | | | | | | | | | | | | | morgens | 6 6 8 6,5 2 Fehler) do do. do. lo. 45 | 45 11 8 64 | 100 4 Stunden | | | | | Zielen und | | | | | | Turnen | do. 65 | 65 87 8 6 Fehler | von der do. do. do. 6 6 135 | 85 = | 108 | | ' 83. Stelle | | | | | ab falsch | | | | bennlaubt von 6-10Uhr 5 SS 9 64 | 100 | morgens Felddienst | | | morgens 8,5 6 12 7,5 77 Fehler nichtmehr nichtmehr nichtmehr] (dienstfrei 5 | 3 ı 12 9 60 104 6—11 Uhr a. gerechnet gerechnet | gerechnet | Schiessstand | | | | kein Dienst 5 I 5 15,5 85 '9Febler do. do. do. do. | 75 5,5 | 13 8 I 8 104 | beurlaubt beurlaubt im Lazaret im Lazaret | | | | | kein Dienst | 6,5 6,5 9,5 85 |7 Fehler sten alarm kitakanan! morgens 6,7 6 ı Pu er} 80 112 | gerechnet | gerechnet | gerechnet |7'/2--9"/. Uhr | | | | | | | | Felddienst | | | do. 5,6 56 | 12 10,5 ganz do. do. do. do. SE sl 5 16,5 ER so 104 | verfehlt | | do. 6 6 8 6,5 7 Fehler | do. do. do. Arvest do. | 5,5 5,9 | 13 82 |4 Fehler | in der ohne nicht morgens | 11 11 13 13 6 88 | | 6. Stelle | Fehler |gerechuet|7'/e—9'/2 Uhr | | falsch | | Felddienst o morgens 7,6 6 8 6,7 11Fehler Inichtmehr|nichtmehr/nichtmehr| morgens 6 6 10 8 64 96 8—11 Uhr | | | gerechnet gerechnet | gerechnet| 7'/.—9 Uhr | | Felddienst | Gefechts- | exeizieren kein Dienst | 7,5 7,5 11 6,5 3 Fehler | von der |von der nicht morgens 6,9 || 36 9,5 30 100 | Die Dragoner wurden am | 5.Stelle | 3. Stelle |gerechnet| dienstirei, | | | 27. Juli 1909 von 4-6 Uhr | ab falsch | ab falsch 2—4 Uhr nachm. gemessen a. d. Fuss- | | gebadet exerzierplatz d. Kaserne. do. | 55 | 55 85° | 6,7 ganz nichtmehr nichtmehr do. beurlaubt | | | verfehlt | gerechnet | gerechnet | morgens 6 | 6 ı 10 \ 7,8 2 Febler ohne | do. do. morg. 2 Std. 7 7 18 13 | so | 100 9—11 Uhr | Fehler | Felddienst, | | Reiten | | | 2—4Uhr | | I gebadet | beurlaubt morg. 1Std. 6,2 6,2 12,5 BE E64 88 | Reiten | | | morgens 6 6 10 7 ganz ‚nichtmehr, nichtinehr/nicht mehr do. 6,5 6,5 12,5 8 56 72 9—11 Uhr verfehlt | gerechnet | gerechnet | gerechnet Reiten | | | | | kein Dienst 7,5 4,6 13 8,2 |22Fehler | do! do. do. hat morgen, 6 6: i 10,5 | 7,5 56 76 | von 7—11Uhr | | Kisten | | | | gemacht do. 7 7 | 85 85 2 Fehler | von der do. do. morgens 32 82 16 12 80 100 |Die Jäger wurden am | \ 3. Stelle | 7—10 Uhr 27. Juli 1909 auf dem Fuss- ‚ ab falsch | Reiten | exerzierplatz der Kaserne | im Gelände | von 4—6 Uhr gemessen. fehlte do. 6 | 6 16 12 80 108 | fehlte do. Ber 16 9 so ' 100 | fehlte do. 6 | 8 14 | 8,5 68 76 | | I} + | . 7, morgens 8 7,5 13 | 13 1 Fehler | von der 'nichtmehr;nichtmehr do. 5,5 5 10 8 56 60 | Hat wegen einer Verletzung 8—11 Uhr 3. Stelle | gerechnet | gerechnet | | ‚am Oberschenkel nur im Gelände ab falsch | | , während 20Min. am Lanzen- kein Dienst 5,5 5 {) 85 |8 Fehler | von der dos do, stubenkrank | schwingen teilgenommen. | 4. Stelle | | | | ab falsch | | | | do, | 55 5,5 12 85 |8 Fehler | von der do. do. dienstfrei | 6 | 5 15 | 10 68 | 54 | 3. Stelle | | | =) F- a A a Pr a e u ag } pi 1 . u =“ “ nz h “ > k “= m a ee N R - - = wer Li 4 4 = be ” . 5 . - i [3 1 # h ul en Fa Fe TE . 2 ui N s il 32 1 5 h E “ j ’ gr s Er ne “ x i ı ’ » > 5 x ” 4 = i er x = , ’ 1 1 N - © ' x 1 . a *, > S: = - = 4 ’ “ = X : 5 . ü 2% ”. = Ä v n r = “ . rs iw * Tabelle VIII zu Artikel Griesbach, Himlokalisation und Ermüdung. [= 2 3 E h, R . : Untersuchungen vom 20. Juli 1909 nachmittags. Erste Mrekan Maasse der rechten y Maasse der rechten Untersuchungen vom 13. Juli 1909 nachmittags. Beginn der Untersuchungen vom 17. Juli 1909, am gleichen Ort, 2 Uhr bis 2 Uhr 50 Min, Dann Exerzieren. a een Oberextremität in Zenti- | Oberextremität in Zenti- Rechnungen 4 Uhr, Schluss derselben 5 Uhr 15 Min. Ort der Beginn der Rechnungen 4 Uhr, Schluss derselben auf dem Kasernenhof von 3 Uhr ab. Zweite Messung von Name metern metern = n Untersuchungen: Speisezimmer der Kaiser-Wilhelm-Kaserne 5 Uhr 45 Min. 4 Uhr 2b Min. bis 5 Uhr 45 Min. Datum der ‚emerkungen im eng Truppen- en und Geburt und [Länge von|Grösster|Grösster Länge von Grösster! Grösster| über den Gebrauch Schwellen Schwellen Pi x Schwellen Schwellen | Bemerkungen über | Schwellen Schwellen | Puls | Puls | teil militärischer Beruf. d. Achsel-| In: N: d. eis Um u: der Hände usw. Dienstvor, vor der Nachlaen Bemerkungen über die Dienst vor | vor der nachtder die Ausführung Dienstvor| yor dem nach dem | vor a u a ie den des kur Spitze den ie der Unter-| Rechnung Rechnung Ausführung der/Nechnutg‘ den Unter- Rechnung Rechnung der Rechnung |denUnter-| fxerzieren | Exerzieren | dem | dem Bemerkungen des Nittel. Ober- | Unter- (des Mittel- Ober- | Unter- suchung | — 1 — suchungen : Buchungen! | Exer- Exer- aumes | finger | armes ärmes | links |rechts| links |rechts|1 Multip. |1.Div.|2. Div. /2.Multip. links |rechts| links |rechts1 Multip.| 1. Div. links [ee links |rechts zieren | zieren | En | 227 ERBEN Ber ale IE ee | ae ee ee - - n n n | ] 1 n 1 1 ] 1 Infant- | Musk. Auer 21. Septbr. 67,3 30 27,5 67 29 215 Berufsarbeiten links, [ılienstfrei' 7,5 6,5 95 7 EineReihe nicht mehr ge- warbis12Uhr | 4,5 4,5 9,5 6 40 Fehler! nicht morgens | 5,5 Bbzlıg 8 16 3 Reg. 112 1887 | ] näht links, nimmt Löttel | |fehlt,sonst rechnet auf Wache mehr ge- | 1 Stunde 11. Komp. Giessereiarh. | | | rechts ohne | | rechnet | Exerz., | | ' Fehler dann | | | | | Baden | do. Musk. Blaise 26. Mai 645 | 26,5 25 63,5 27 25,7 |AlleBerufsarbeitenlinks,| Reini- | 5,5 | 9,5 | 10 | 8 lo Rehler| do. warbisl2Uhr| 45 | 5 9 | 62 | 2 Addi- do. do. 5 5 259 17 29 1887 | schreibt links Spiegel- gungs- | auf Wache \tionsfehler | Landwirt | schrift, schneidet links,| arbeit | | nimmt Löffel rechts; | | | | ein Bruder links | | | | | | | | | | do. Musk. Flieger 5. Juli 64,1 » | 26 61,5 26 355 |Alle Arbeiten links, näht|dienstfreiı 64 | 64 11 | 7215 „ do warbis12Uhr | 5 5 85 | 6 6 Fehleı do. do. 5 |5 105 | 83 18 | 35 1883 | | links; wolltein derSchule | | auf Wache, | | Bäcker | | links schreiben, Lehrer | | stand viermal | | | | | hat dies aber verhoten; | | 2 Stunden | | | | nimmt Löffel rechts | Posten | | | | do. Musk. Gassmann | 17. Septbr. 67,5 Dr .28,1 66,5 27 | 2% Arbeitet alles links, co | ee al do. morgens | 45 | 45 | 8 | 6,5 |18 Fehler do. do. 55 | 65 | 1051| 7 5 | 19 1888 | | nimmt Löffel rechts; ein | | 1 Stunde | Erdarbeiter | Bruder links | Schiessen | | | | | | | do. Gefr. Keilbach 19. Mai 66,5 30,5 | 27,5 665 | 305 | 28 Alle Maurerarbeiten Signal- 8 8 | 12,2 | 10,5 120 „ do. warbis12Ubr | 5,5 6,5 | 9,5 | 6,5 |24 Fehler do. dom mdza 87 | 120212:918 18 26 1887 | | links, kann links Spiegel. | instruk- | auf Wache | | | Maurer | schrift schreiben ; Gross- tion | mutter links | | | | | | | 1 [07] 1836 | näht links; wollte links Fehler 7—9" Uhr | Fehler | 3 Steılen, Fabrikarb. schiessen, hat sich aber | | | Schiessen | \bis dahin rechts gewöhnt; nimmt ohne | | Löffel rechts; eine Fehler Schwester links 10) do. Musk. Meyer 10. März 65,2 29,5 29,5 65 29 29 Arbeitet alles links, 1886 | | | näht livks, schneidet Landwirt | links, Löffel rechts; Vater und ein Bruder links | | | | do. | 8 6,5 | 85 | 8,3 | verfehlt | do. warbisl2Uhr | 45 | 45 | 8,5 6 7 Fehler \uichtmel os 20 5 | WI 783 19 6 | | auf Wache, | gerechnet | | | | stand 2 Std. | | | Posten | | | = ar To || , 13 Fehler do. warbis 12 Uhr 9,5 6,3 6 Fehler | von der do. 45 | 45 | 10 19 23 do. Musk. Speck 23. Oktbr. 66,7 | 26 26,5 66,5 28,2 27 Arbeitet alles links, £ | | | | auf Wache, | funften | | 1886, | nimmt Löffel rechts | do. | 7,5 Landwirt | u u | : stand 2 Std. | ‚Stelle ab Posten | falsch I n= x = 4, do. war nicht beteiligt dienstfreil 7,8 5 | 12 b} 16 23 Hat nicht mitden | | Mannschaften ge- do. Serg. Horn 28. Septbr. 64,6 27,8 26 65,3 27 26 War auf der Unter- | | übt, sondern | 1883 offiziervorschule ganz links, braucht jetzt noch meistens die linke Hand 5 9 | 65 | verfehlt 10 Minuten allein | geturnt und Ge- | | wehrübungen ge- | macht do, Gefr. Heise 19. Jan. 60 | 3 | 25 67 25,5 255 Alles rechts - | | | _ morgens 7 55|5 14 Nasa) \nichtmehr| morgens | 5 | 48) 35 65 . 802 A | 6—11 Uhr | gerechnet| 1 Stunde | | Erbes | Schiessen | | Exerz., | | | | | | | | | | | dann | | | | | | Baden | | | | | | | | | | | = ar as 1 Ygen in an || u u 25, Jo. | | | _ morgens Tee eb 6 10 10 Fehler) von der do. 65 | 65-| 1985| 7 20 | 23 Zi Te, | | | | 8—10 Uhr, | \ zweiten R | : | | | 117-3 Uhr | | Stelle ab 5 | | | | Reinigen | | | falsch | | do. |Musk, Denerling| 29. Septir. | 05 | 27 | 26 655 | 28 | 265 do. = | = morgen | 6 |6 | 75 | 9 | verfehlt Inicht ge| do. | 5 | 5 I u5| 76 | 16 | 24 Spinnerelarb: | | | N | | | rechnet | | | | | | flickt | 2 rc De Sl | u Zu u = -_ ll | — morgens 53 | 53 | 7 , 85 | 2Fehbler | ohne do. 45 | 5 10 67 | 15 | 25 Tischler | 10!/—12 Uhr | Fehler Kammer- | | | | arbeit | | | do. Musk. Liebert 15. Febr. | 6 3 m: ’ 9: | e ca: |. Se x us) ieber Beau 64,8 | 26,6 25 67,3 27 25,5 do. = — = e = e = dienstfrei | 62 62 7,5 | 10 |18 Fehler| nicht ge- do. 4,5 45 | 105 | 72 20 30 Sattler | | rechnet | | | | | do. Musk. Wittmann | 18. Dezbr. 64 | 24 25 4 ı 248 | 36 do. | 1838 | | ; eg Möbeltischler | - rm | n = | = = _ morgens 5 45 | 6,5 | 10 17 Fehler) von der | do. 47|4|10 , 75 | 16 | 18 | 6—11 Uhr | zweiten | | Schiessen | Stelle al | | | falsch do. Musk. Martin 16. Mai 63,3 | 30 27 62,5 85 | 28 Arbeitet alles links, jd 7216 | 10 >) obne do. morgen- 55 | 45 | 85 | 8 ohne nur do. 5 75 | 1235| 86 16 Hirnlokalisation und Ermüdung. 187 schluss eines, des linken Auges. Die Erscheinung hänst mit der von Horsley und Beevor!) gefundenen Tatsache zusammen, dass der Kern des oberen Facialisastes Fasern aus beiden Hemisphären erhält. Dass die Sprache in dem von Revilliod beschriebenen Falle er- halten war, sucht der Autor dadurch zu erklären, dass das Broca- sche Zentrum?) intakt blieb. Da es sich aber um Linkshändigkeit handelte, so lässt sich die Erhaltung der Sprache auch auf rechts- seitige Lokalisation des Sprachzentrums zurückführen. — Was die mangelhafte bzw. fehlende Fähigkeit des isolierten Lidschlusses vieler der von mir untersuchten Soldaten betrifft, so ist es auffallend, dass die Erscheinung bei den Linkshändern das linke, bei den Rechtshändern das rechte Auge in den meisten Fällen betrifft, eine Erscheinung, über die weitere Untersuchungen noch Aufschluss zu geben hätten. 1) Horsley and Beevor, Philos. Transact. 1837, vol. 178 p. 153. Zu vergleichen: Villiger, Die periphere Innervation S. 47. Engelmann, Leipzig. 2) K. Brodmann weist am Schluss seines interessanten Buches: Ver- gleichende Lokalisationslehre der Grosshirnrinde in ihren Prinzipien dargestellt auf Grund des Zellenbaues (S. 316), J. Ambr. Barth, Leipzig 1909, daraufhin,. dass das Zentrum keineswegs auf das Broca’sche Gebiet beschränkt sei, sondern sich über die vorderen Abschnitte der dritten Frontalwindung und vielleicht sogar auf einen Teil der Orbitalgegend ausdehne. Berichtigung. In Tabelle VIII muss es in der Überschrift für die fünfte Kolumne „Maasse der linken Oberextremität“ heissen. 183 J. Rich. Ewald: (Aus dem physiologischen Institut der Universität Strassburg.) Über die neuen Versuche, die Angriffsstellen der von Tönen ausgehenden Schallwellen im Ohre zu lokalisieren. Von J3. Rich. Ewald. (Mit 2 Textfiguren.) Die folgenden Zeilen haben den Zweck, ein Missverständnis aufzuklären, das sonst leicht zu weiteren Irrtümern führen könnte. Man hat gemeint, durch eine Reihe an und für sich sehr interessanter Beobachtungen die Helmholtz’sche Resonatorentheorie!) stützen zu können, und da alles, was für diese Theorie zu sprechen scheint, sich zugleich gegen die Schallbildertheorie wendet, so habe ich allen Grund, die Beziehungen der neu gefundenen Tatsachen zu den Hör- theorien festzustellen. Von den hier in Betracht kommenden Arbeiten ist die älteste die von Wittmaack?), welche direkt den Titel führt: „Eine neue Stütze der Helmholtz’schen Resonanztheorie“. Sie bildet gewisser- maassen eine Erweiterung der etwas früheren Arbeit?) desselben Autors, die zwar schon die gleiche Untersuchungsmethode und die interessanten Resultate, zu denen er mit ihrer Hilfe gelangte, ent- hält, in der er aber noch keine direkte Nutzanwendung auf die Resonatorentheorie oder sonst eine Hörtheorie macht. In der letztgenannten Arbeit wird ein Versuch geschildert, bei dem der Schall einer Trillerpfeife auf das Ohr eines Meerschweinchens 1) Auch die Schallbildertheorie nimmt an, dass die Membrana basilaris durch Resonanz in Mitschwingung versetzt wird. Es ist daher der Name Resonanztheorie kein für die Helmholtz’sche Theorie allein charakteristischer. Er wurde auch ursprünglich von Helmholtz nicht zur Bezeichnung seiner Theorie benutzt und hat sich erst allmählich eingebürgert. Für die Helmholtz’sche Theorie bezeichnend ist die Annahme von Resonatoren, welche auf die einzelnen Töne der gesamten Tonreihe abgestimmt sind. Gut charakterisiert wird daher die Helmholtz’sche Theorie nur durch den Namen Resonatorentheorie. 2) Pflüger’s Archiv Bd. 120 S. 249. 1907. 3) Über Schädigungen des Gehörs durch Schalleinwirkung. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 54 8. 37. 1907. Über die neuen Versuche, die Angriffsstellen etc. 189 einwirkte. Bei der Sektion ergab sich ein Defekt des Corti’schen Organs beim Übergang der untersten in die zweitunterste Windung der Schnecke, „während die übrigen Windungen unvereleichlich geringfügigere Veränderungen aufwiesen“. Durch diese letztere wörtlich wiedergegebene Angabe des Autors scheint mir die Möglich- keit ausgeschlossen zu werden, diese Beobachtung als Stütze für die Resonatorentheorie anzusehen. Wenn durch den adäquaten Reiz in einem Sinnesorgan eine Schädigung eintritt, und wenn diese sogar so gross ist, dass wir sie bei der Sektion anatomisch nachweisen können, so müssen doch wohl alle die geschädigten Teile des Organs nicht nur bei dem Versuch funktioniert haben, sondern sie müssen sogar überreizt worden sein, denn sonst wäre es doch nicht zu einer Schädigung gekommen. Nach meiner, wie mir scheint, ganz objektiven Auslegung beweist also dieser Versuch, dass der Schall der Pfeife auf sämtliche Windungen der Schnecke eingewirkt hat, und nicht nur auf einen möglichst kleinen Bezirk der Membrana basilaris einer Windung. Dieser Versuch wurde aber auch nicht unter Bedingungen an- gestellt, welche für den zu erbringenden Beweis günstig waren. Ich sehe hier von der Wahl des Tieres (Meerschweinchen) ab, auf die ich am Schluss dieser Mitteilung noch zurückkommen werde. Aber eine Trillerpfeife gibt keinen gleichmässigen Ton. Er variiert nicht nur der Intensität nach, sondern auch in bezug äuf die Tonhöhe innerhalb einer viel grösseren Breite, als man ohne spezielle Unter- suchung denken sollte. Dies hat der Autor offenbar auch bedacht und bei dem folgenden Versuch daher eine c?-Pfeife angewandt. Jetzt entstand ein scharfumschriebener totaler Defekt des Corti’schen Organs in der Höhe der zweituntersten Windung. Wird durch diesen Befund die Resonatorentheorie gestützt? Wenn die Helmholtz’sche Theorie durch derartige Versuche bestätigt werden soll, so muss, wenigstens mit einiger Genauigkeit, die ich aber durchaus nicht in kleinlicher Weise engbegrenzt ver- langen möchte, zweierlei gezeigt werden: l. Der betreffende Ton darf nur einen kleinen Abschnitt der Basilarmembran schädigen und 2. dieser Abschnitt muss der Höhe des Tons entsprechend die richtige Lage zwischen Basis und Spitze auf der Membram haben. Was das erste dieser beiden Erfordernisse betrifft, so nimmt man gewöhnlich vier ganze Windungen jn der Meerschweinchen- schnecke an. Über diese vier Windungen müssen sich die Resona- toren der gesamten Tonreihe verteilen. Bei der etwa gleichmässig 190 J. Rich. Ewald: keilförmigen Gestait der Membrana basilaris liegt kein Grund vor, eine andere wie eine ebenfalls etwa gleichmässige Verteilung der abgestimmten Gebilde anzunehmen. Man hat dies auch immer getan. So würde denn auf eine Windung der vierte Teil der gesamten Ton- reihe kommen. Der Umfang des Gehörs der Meerschweinchen wird nicht wesentlich von dem der Menschen abweichen. Jedenfalls reagieren sie auch auf die höchsten Töne, die der Mensch noch hören kann, sehr gut; dagegen scheinen sie allerdings in geringem Grade bass- taub zu sein. Gross ist aber nach meinen Erfahrungen der Ton- bezirk, der in der Tiefe ausfällt, nicht, und man wird den ganzen Tonumfang zu zwölf Oktaven oder 144 Halbtönen annehmen können. Auf eine Windung kommen danach 36 Halbtöne. Man kann nun aber doch unmöglich behaupten, dass wenn der Ton c? die Resona- toren des Ohres in einem Bereich von 36 Halbtönen zerstört hat, hierin eine Stütze für die Helmholtz’sche Theorie zu sehen sei. Es kommt ferner ein Umstand hinzu, der die Schlussfolgerungen aus diesen Befunden noch viel ungünstiger für die Resonatorentheorie erscheinen lässt, worauf ich aber erst bei Besprechung der Resultate von Yoshii eingehen werde. Auf das zweite obengenannte Erfordernis, dass sich die Schädi- sungen für die verschieden hohen Töne an der richtigen Stelle be- finden müssen, geht der Autor gar nicht ein. Es wird nur die Ein- wirkung der c®-Pfeife beschrieben, und selbst ein ungefährer Ver- gleich mit der Schädigung durch die Trillerpfeiffe, soweit ein solcher bei der Tonbreite derselben möglich wäre, wird dadurch vereitelt, dass jede Angabe über die Tonhöhe der Trillerpfeife fehlt. Es liegt also in dieser Beziehung nar die unbestimmte Angabe vor, dass ein allerdings ziemlich hoher Ton (c?) das zweite Viertel der Membrana basilaris — wie immer von der Basis ab gerechnet — zerstört hat. Dabei bleibt aber die Möglichkeit einer falschen oder nur gewissermaassen zu- fällig richtigen Lage des Defektes. Ein tieferer Ton hätte z. B. einen Defekt noch näher an der Schneckenbasis ergeben können und würde dann direkt gegen die Helmholtz’sche Theorie gesprochen haben. Von der Wirkung eines anderen Tons als c® erfahren wir aber nichts. Die eleiche Untersuchungsmethode wie Wittmaack hat dann später auch Yoshii!) angewandt. Die Arbeit ist unter 1) Yoshii, Experimentelle Untersuchungen über die Schädigung des Gehör- organs durch Schalleinwirkung. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 50 S. 201. 1909. Über die neuen Versuche, die Angriffsstellen etc. 191 Metzner!) und Siebenmann entstanden, und auch sie hat eine Reihe interessanter Resultate erzielt. Nur können wir mit dem Autor nicht übereinstimmen, wenn er auf S. 241 sagt: „Indessen zeigen heute unsere und Wittmaack’s Versuche, dass die Lokalisation der Tonwellen im Labyrinth — wenigstens in ihrem mechanischen Sehlusseffekt — im Sinne der Helmholtz’schen Thevrie?) mit einer Sicherheit demonstrierbar ist, welche derjenigen der Kundt’schen Staubfiguren in ihrer charakteristischen Gestaltung durch verschiedene Töne kaum nachgeben dürfte.“ Wir wollen uns zunächst die Yoshii’schen Resultate, soweit sie die Wirkung der Töne betreffen, übersichtlich zusammenstellen. Da alles auf die Angabe ankommt, wo auf der Membrana basilaris, und in welcher Ausdehnung der eingetretene Defekt gelegen war, sc wäre eine Bestimmung der Länge der Membran in Millimetern und die Angabe, welche von diesen pathologisch verändert waren, senr angebracht gewesen. Wir erfahren aber nur die Lage des Defekts nach Windungen bemessen. Dass der Autor vier Windungen zählt, können wir schliessen, da er auf S. 207 von der „zweitobersten (dritten) Windung“ spricht. In den folgenden schematischen Dar- stellungen (Fig. 1) der Meerschweinchenschnecken habe auch ich daher vier Windungen angenommen und die Defekte nach den be- treffenden Angaben des Autors als Ziekzacklinie eingezeichnet. Über die drei reinsten Töne lauten die Angaben in betreff der Lage des Defekts, nach denen die Zeichnungen der Figur 1 ent- worfen wurden, folgendermaassen: c?. — Mittlere Abschnitte der Basalwindung. Übergang der Basalwindung zur zweituntersten Windung. h?. — Anfangsteil der zweituntersten Windung. Mittlerer Teil der zweituntersten Windunge. ]l) R. Metzner, Experimentelle Schädigungen des Gehörorgans durch Schalleinwirkungen. Versamml. Deutscher Naturf. u. Ärzte. Köln 1908. Hier handelt es sich nur um einen Bericht über die von Yoshii mitgeteilten Versuche. Wir brauchen daher nicht auf diese Veröffentlichung einzugehen und können uns ausschliesslich an die Angaben Yoshii’s halten. Erwähnt sei, dass Metzner die Trillerpfeife, mit der Versuche angestellt wurden, als fist, Yoshii dagegen als f* bezeichnet. Diese Unstimmigkeit ist freilich nicht gross; hingegen macht es schon einen grösseren Unterschied, wenn die Töne der Sirene nach Metzner f? bis f%, nach Yoshii c? bis f* entsprechen sollen. Wir halten uns in obiger Be- sprechung an die für die Helmholtz’sche Theorie günstigeren Angaben Yoshii’s. 2) Der gesperrte Druck findet sich nicht im Original. 192 -J. Rich. Ewald: 9. — Mitte der zweituntersten Windung. Anfang der zweit- obersten Windung. Nach oben immer geringer, „aber auch in der Spitzenwindung nieht überall mit Sicherheit auszuschliessen“. Fig. IT Wir haben oben angenommen, dass die Meerschweinchenschnecke 144 Halbtöne umfassen möge, und dass daher auf die Windung 36 Halbtöne kommen. Es sind also von den Tönen die Resonatoren in dem Bereich von sehr vielen Halbtönen zerstört worden: Über die neuen Versuche, die Angriffssteilen etc. 193 c? zerstörte mehr als 18 Halbtöne, h? R ee 5 g ” ” b>} 18 ” he 3 etwa 18 En c®—f* „ mehr als 72 x Mir scheint dies Resultat wenig mit der Helmholtz’schen Resonatorentheorie zu stimmen. Nun meint aber der Autor, Helmholtz selbst habe ja angenommen, dass auch die benachbarten Resonatoren in Mitschwingungen versetzt würden, und es ist ganz richtig, dass Helmholtz unter Voraussetzung einer gewissen Grösse der Dämpfung eine Kurve der Resonanz angegeben hat, nach welcher noch ein Bereich von vier Halbtönen (zwei zu hohe und zwei zu tiefe) bis herab zur Stärke von 2,7 °/o mitschwingst. Nach Yoshii’s Beobachtungen werden aber jederseits neun Halbtöne, im ganzen also 18, durch das Mitschwingen zerstört. Bei den Versuchen mit der Sirene liegen die Verhältnisse noch viel ungünstiger, denn c° bis f* sind nur 17 Halbtöne, und der tiefste und der höchste von diesen Tönen muss je 27 Halbtöne um sich mitzerstört haben. Auf die gegenseitige Lage der durch die verschiedenen Töne in den Schnecken pathologisch gewordenen Herde wollen wir hier nicht näher eingehen. Man müsste zwar besondere Annahmen über die Verteilung der Resonatoren in der Basilarmembran machen, um die relative Lage der Herde mit der Helmholtz’schen Theorie in gute Übereinstimmung zu bringen. Da sich aber mit der höheren Tonhöhe die Lage des Defekts im aligemeinen der Schneckerbasis nähert, so kann hieraus kein direkter Widerspruch gegen die Helmholtz’sche Theorie gefolgert werden. Immerhin sei doch darauf aufmerksam gemacht, dass, wie ein Blick auf die Fig. 1 lehrt, der Defekt von f* der Basis näher liest als der von c?, und dass dies gegen die Helmholtz’sche Theorie zu sprechen scheint. Aber ein anderer sehr wichtiger Punkt ist noch zu beachten, den die Autoren ganz übersehen zu haben scheinen. Wenn nämlich einer der augenommenen Resonatoren bei den Versuchen pathologisch wird, so ist er doch nicht nur durch den betreffenden Ton in Tätigkeit versetzt worden, wie es der normalen Wirkungsweise des Schalles entspricht, sondern er wurde übererregt; das erlaubte Maximum ist überschritten worden. Die den pathologisch gewordenen nach oben und unten zunächst benachbarten Resonatoren müssen aber unter diesen Umständen erlaubt maximal mitgeschwungen haben. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 13 194 J. RichwRwald: Wenn man nun die von Helmholtz gegebene Resonanzkurve !) selten lässt und annimmt, dass nur in dem Bereich des stärksten Mitschwingens die Resonatoren pathologisch werden, so würde der geschädiste Herd von p—p! der Fie. 2 reichen. Diese Strecke umfasst freilich bei Helmholtz nur vier Halb- töne, aber wir wollen zugunsten der Yoshii’schen Versuche einmal annehmen, dass diese Herde auch bei ihm (Yoshii) nicht etwa 18, sondern nur vier Halbtöne enthalten mögen. An den Stellen p und p}, wo nach Helmholtz die Intensität des Mitschwingens auf 2,7 herab- gesetzt ist — die Intensität des maximalen Mitschwingens setzt 700 Resonanzkurve nach Helmholtz. Helmholtz = 100 —, würde also noch eine physiologisch maximale Erregung stattgefunden haben. Welchen Bruchteil der noch er- laubten, d. h. ohne Schädigung möglichen Intensität eines Tones kann nun ein Tier noch hören? Bekanntlich ist dies ein ausserordentlich kleiner Bruchteil. Aber wir wollen, weil auch Helmholtz gemeint hat, man dürfe bis zu !/so der maximalen Intensität das Mitschwingen nicht vernachlässigen, annehmen, dass nur diejenigen Resonatoren in ein für das Hören wichtiges Mitsckwingen geraten mögen, welche noch !/4o der maximalen Intensität erreichen. Schwingen daher die 1) Da sich Wittmaack und Yoshii nur auf Helmholtz beziehen, brauchen wir weder auf die Resonanzbestimmungen von Max Wien noch auf die von Waetzmann einzugehen. Wollten wir diese aber zugrunde legen, so würden die ausgedehnten pathologischen Herde noch bedeutend schlechter zu der Resonatorentheorie stimmen. Über die neuen Versuche, die Angriffsstellen etc. 195 Resonatoren bei p und p! maximal, so müssen. wir die von Helm- holtz für sie angegebene Intensität von 2,7 als Maximum setzen, und die Resonatoren, die noch den !/ao Teil dieser Intensität zeigen, würden eine Intensität von 0,07 haben. Verfolgt man aber die Helmholtz’sche Kurve weiter, wie dies in Fig. 2 geschehen ist, so gelanet man erst im Abstande der Oktave bei o und o! zu dieser Intensität. Es muss also der Ton, der auf die Schnecke eingewirkt hat, die Resonatoren ausser auf der pathologisch gewordenen Strecke noch mindestens jederseits auf der Strecke einer Oktave in so kräftige Mitschwingungen versetzt haben, wie sie sonst von laut hörbaren Tönen erzeust werden. Oben fanden wir, das der pathologisch ge- wordene Bereich etwa 18 Halbtöne umfasst hat. Dazu kommen nun noch jederseits zwölf Halbtöne hinzu, und es ergibt sich also, dass der einfache Ton auf einer Strecke von etwa 42 Halbtönen die Resona- toren in kräftiges Mitschwingen versetzt haben muss. Diese „Stütze“ der Helmholtz’schen Resonatorentheorie erscheint wenig tragfähig. Bei dieser Sachlage ist es wohl unmöglich, von Befunden im Sinne der:Helmhoitz’schen Resonatorentheorie zu sprechen oder sar von Beweisen für die Richtigkeit derselben. Nun stehen sich Resonatorentheorie und Schallbildertheorie gegenüber, aber doch nicht derart, dass Tatsachen, die gegen die Helmholtz’sche Theorie sprechen, deshalb schon als eine Bestätigung der Schallbildertheorie angesehen werden könnten. Daher mögen die Angaben Wittmaack’s und Yoshii’s auch in bezug auf ihr Verhältnis zur Schallbilder- theorie hier kurz besprochen werden. Da nach der Schallbildertheorie für die Charakterisierung eines Tons nur wenige stehende Wellen nötig sind, so ist es von vorn- herein unwahrscheinlich — natura parca — dass sich dies Bild auf der ganzen Länge der Basilarmembran ausbilden und daher sehr oft in gleicher Weise wiederholen sollte. Nur für die allertiefsten Töne, die überhaupt noch gehört werden können, würde die ganze Länge der Membran in Anspruch genommen werden müssen. Doch ist es auch möglich, und ich kann nach meinen neuesten Erfahrungen sagen: wahrscheinlich, dass auch bei den Tönen, die an der unteren Hörgrenze liegen, die. stehenden Wellen noch nicht so weit vonein- andergerückt sind, dass die ganze Länge der Membran dazu nötig wäre, um das Schallbild zu charakterisieren. Vielmehr scheint mir die auffallend grosse Verlängerung, welche die Basilarmembran der Säuger vor derjenigen der Vögel auszeichnet, den Zweck zu haben, 15a 196 J. Rich. Ewald: die viel komplizierteren Formen der laufenden Wellen (Geräusche) leichter unterscheiden zu können. Aber auch wenn bei den tiefsten Tönen das Schallbild von eiuem Ende der Membran bis zum anderen reichen sollte, so bleibt doch immer für die etwas weniger tiefen, für die mittleren, und die hohen Töne die Möglichkeit und, wie ich schon in meiner ersten Publikation ausgesprochen habe, die Wahrscheinlichkeit einer Lokalisation der Schallbilder auf der Membran entsprechend der Höhe der Töne. Ich sagte wörtlich!): „Übrigens ist es auch im Sinne der Schall- bildertheorie wahrscheinlich, dass unter normalen Verhältnissen ein Unterschied in der Ausbildung der Schallbilder zwischen dem schmalen und dem breiten Ende der Grundmembran besteht. Je höher ein Ton, desto mehr sollten sich die Schallbilder zum schmalen Ende hin verkürzen“, und an einer späteren Stelle, S. 185, wo die Ab- bildung von Schallbildern auf einem die Membrana basilaris dar- stellenden keilförmigen horizontalen Streifen an der Wand fingiert wird, heisst es: „es erscheint dann ein anderes Bild, das’ uns sofort durch seine klare Einfachheit einen angenehmen Eindruck macht. Es sind völlig ruhig stehende, überall gleich breite und in ganz gleichen Abständen voneinander befindliche helle Streifen, welche vertikal stehen, also der Quere nach auf unserem langen Schirm angeordnet sind (das Schallbild eines einfachen Tons). Die Streifen sind breit und besonders hell am breiten Ende des Schirmes (tiefer Ton). Nun werden die Streifen aber allmählich immer schmäler und enger und werden zugleich rechts (breite Seite des Schirms) undeutlicher, dagegen nach links zu immer deutlicher sichtbar (der Ton wird allmählich immer höher). Endlich werden am äussersten linken Ende des Schirms die Streifen so eng, dass wir sie nicht mehr einzeln zu unterscheiden vermögen.“ Meine damals ausgesprochene Meinung, über die Lokalisation der Schallbilder auf der Grundmembran ist seitdem durch Versuche mit der camera acustica wesentlich unterstützt worden, und ich stehe nicht an auch in den Versuchen von Wittmaack und Yoshii einen weiteren Beitrag zur Lehre von den Schallbildern zu sehen. Ein Umstand sei noch erwähnt. Um meine Schallmembranen in der camera acustica unter Wasser zu untersuchen, verwende ich 1) Zur Physiologie des Labyrinths. VI. Mitteilung. Eine neue Hörtheorie Pflüger's Archiv Bd. 76 S. 180. 1899. — Sonderausgabe im Verlag von Emil Strauss. Bonn 1899. S. 40. Über die neuen Versuche, die Angriffsstellen etc. 197 abgekochtes und mässig erwärmtes Wasser. Ohne diese Vorsicht bilden sich leicht kleine Luftblasen auf der Membran, die die Schall- bilder stören. Zuweilen kommt es doch zur Bildung von mikro- skopisch kleinen Luftbläschen, die dann sehr fest an der Membran haften, sogar an Stellen, die einen Schwingungesbauch bilden. Ge- legentlich habe ich dann versucht, ein solches Bläschen durch Ver- stärkung des Schalls fortzuschaffen, und sah wiederholt, wie es plötzlich mit grosser Gewalt fortgeschleudert wurde. Die Versuche Witt- maack’s und Yoshii’s stellen gewissermaassen eine Illustration zu diesen Beobachtungen dar. Man denke sich, dass auf der Membran nicht ein Luftbläschen, sondern ein Corti’sches Organ hafte, so kann man sich leicht vorstellen, dass bei übermässig starken Schwingungen die Zellen mechanisch zerstört werden. Es ist und bleibt eben eine Tatsache: dünne und kleine Mem- branen schwingen unter dem Einfluss von Tönen und Geräuschen derart, wie ich es als erster gesehen und angegeben habe. Die Resonatorentheorie nimmt aber Schwingungen an, die man auch bei Einwirkung der stärksten Schallwellen bisher nicht hat beobachten können. Da hat man denn gemeint, sie wären zu klein, um sie sehen zu können. Aber dann erscheint esganz ausgeschlossen, dass durch sie derartig starke mechanische Effekte entstehen, wie sie Yoshii tat- sächlich gefunden hat, und die z. B. nach einmaligem Schuss mit einer Kinderpistole die Membrana tectoria fortzuschleudern imstande waren. Schliesslich komme ich noch auf die Wahl des Versuchstieres für diese Versuche zurück, worauf ich schon oben (S. 189) hingewiesen habe. Alle bisherigen Beobachtungen wurden am Meerschweinchen ausgeführt. Diese Tiere erscheinen aber wenig geeignet, wenn es darauf ankommt, die noch unbekannten Folgen von irgendwelchen Eingriffen aufzusuchen oder abzugrenzen. Ihr Körperaufbau scheint sich in einem labilen Gleichgewicht zu befinden, so dass der Zu- sammenhang zwischen Ursache und Wirkung bei den angestellten Versuchen häufig ein ganz anderer ist, als man vermuten sollte. Hier liest es nahe, an die Trübung der Kristallinse zu erinnern, die durch Einwirkung von Tönen auf das Meerschweinchen entsteht. v. Stein?!) machte diese Beobachtung, als er denselben Ge- danken wie Wittmaack und Yoshii verfolete. Er schreibt: „Nachdem alle mehr oder weniger bekannten Metboden ausprobiert 1) Die Lehren von den Funktionen der einzelnen Teile des Ohrlabyrinths S. 634. Jena 1894. 198 J. Rich. Ewald: Über die neuen Versuche, die Angriffsstellen etc. waren und dabei keine mich so weit befriedigte, um einen Beweis oder Gegenbeweis für oder gegen die Helmholtz’sche Hypothese zu liefern, ‘wollte ich durch Überreizung der spezifisch — wenn das wirklich der Fall wäre — für jeden Ton bestimmten Nervenfasern mit Stimmgabeln eine Degeneration verursachen, um auf diese Weise nicht von der Laune des Experimenttieres abzuhängen, sondern im mikroskopischen Befunde ein objektives Merkmal zu haben.“ Wenn nun, wie zu wünschen ist, in Zukunft die Versuche Wittmaack’s und Yoshii’s wiederholt und erweitert werden, so würde ihre Beweiskraft durch Heranziehung auch anderer Versuchs- tiere ausser den Meerschweinchen wesentlich gewinnen). Nachwort. Nachdem die vorstehende Mitteilung bereits dem Druck über- geben war, erschien die Arbeit von Hermann Marx?). Sie fügt zu den obigen Gründen, weshalb die Versuche Wittmaack’s und Yoshii’s nicht für die Resonatorentheorie sprechen, sehr wichtige experimentelle Beobachtungen hinzu und bestätigt demnach meine Anschauungen. In den Ergebnissen v. Eicken’s (18. Versamml. d. deutsch. Otologisch. Gesellsch. zu Basel 1909) kann ich dagegen vorläufig keinen neuen Einwand gegen die Resonatorentheorie sehen, da das Aus- bleiben einer pathologischen Veränderung nach Einwirkungder tiefen C-Pfeife auf Basstaubheit bei den Meerschweinchen beruhen könnte. 1) Es sei gestattet, noch auf einige Punkte aufmerksam zu machen, die bei der weiteren Verfolgung der Versuche von Wichtigkeit sein können. Ein sehr interessantes Objekt wäre die Vogelschnecke, bei der sich die pathologische Ver- änderung — falls eine solche eintritt — auf der ganzen Länge der Grund- membran leicht übersehen liesse. Man versuche ferner, bei der Säugerschnecke radiäre Serienschnitte zu machen. Zu diesem Zwecke müsste die Schnecke zu- nächst durch eine Anzahl von Schnitten, welche sämtlich durch die Schnecken- achse gehen, zerlegt werden, und es müsste ferner das Mikrotom eine besondere Einrichtung erhalten, durch welche der Block nach jedem Schnitt nicht nur ge- hoben, sondern auch ein wenig um die eine Kante des Präparates (Achse der Schnecke) gedreht würde. Endlich wäre es von ganz besonderer Bedeutung zwei einfache Töne gleichzeitig einwirken zu lassen, welche einen nicht zu geringen Ab- stand voneinander haben, etwa c? und c*. Nach der Resonatorentheorie müssten durch- sie zwei gesonderte Defekte entstehen mit einer zwischen ihnen liegenden normai bleibenden Strecke. ' 2) Untersuchungen über experimentelle Schädigungen des Gehörorgans. ©. Über Schädigungen des Gehörorgans durch adäquate Reize. Zeitschr. f. Ohren- heilk. Bd. 59 S. 333. 1909. (Aus dem physiologischen Institut der Universität Strassburg i. E.) Das allgemeine Gesetz des elektrischen Reizes. Von Martin Gildemeister. (Mit 1 Textfigur.) Nach den Ergebnissen der neuesten Zeit kann man, wie ich glaube, diequantitativen Gesetze des elektrischen Reizes in allgemeinerer und vor allem anschaulicherer Form darstellen, als es bisher möglich gewesen ist. Die hier ausgesprochenen Sätze beschränken sich auf einzelne (nicht mehrfache) Reize in ‘der Nähe der Schwelle. Sie beziehen sich nicht nur auf den direkt oder indirekt gereizten Muskel der üblichen Versuchstiere; vielmehr scheinen sie auch für solche kontraktilen Organe zu gelten, denen manche Autoren bisher eine Sonderstellung zugeschrieben haben (Krötenmuskulatur, glatte, sowie „entartete“ quergestreifte Muskeln), ja sogar für sensible End- organe und Nerven. 1. a) Von zwei Stromstössen gleicher Elektrizitäts- menge (oder gleicher Fläche, wenn man in üblicher Weise die Intensität in ihrer Abhängiskeit von der Zeit graphisch darstellt), ist derjenige wirksamer, dessen Schwerpunkt dem An- fange näher liest. ——>Zeit Schwerpunkt Ben Intensität Zn Kardinalzeit ms, e Nutzzeit b) Von zwei Stromstössen gleicher Kardinalzeit - (so soll die horizontale Entfernung zwischen dem Schwerpunkt und 200 Martin Gildemeister: Das allgem. Gesetz des elektr. Reizes. " [72 " dem Beginn der Reizung genannt werden) ist derjenige wirk- samer, dessen Elektrizitätsmenge grösser ist. c) Folgerung aus a und b: Vergleicht man eine Reihe von Minimalreizen mit einander, so nimmt ihre Elek- trizitätsmenge in demselben Sinne wie die Kardinalzeit zu oder ab. Hiervon gilt auch die Umkehrunse. 2. Auch alle elektrischen Reize von längerer Dauer sind physiologisch als Stromstösse aufzufassen, d.h. sie hören nach einer gewissen Zeit auf zu wirken. 3. Die Dauer ihrer Wirksamkeit, die ich mit Hermann . die Nutzzeit nennen will, ist desto kürzer, je mehr Elek- trizität in den ersten Augenblicken des Stromstosses in Bewegung gesetzt wird. Mit anderen Worten: Auch die Nutzzeit ändert sich in demselben Sinne wie die Kar- dinalzeit. Bei der Konstruktion des Schwerpunktes kommt es natürlich nur auf die Fläche über der Nutzzeit an. Die obigen Regeln, von denen Nr. 2 eigentlich nicht neu ist, enthalten das du Bois’sche Gesetz von der wesentlichen Rolle der Stromschwankung als einen Spezialfall in sich. Auch das Hoorweg’sche Grundgesetz findet in ihnen Platz. Die Grenzen ihrer Anwendbarkeit sowie das Material, das zu ihrer Ableitung gedient hat, werde ich demnächst besprechen. Nur soviel sei hier gesagt, dass die Anregung dazu mein „Modell eines Nervmuskelpräparates“ gegeben hat. (SJBPURG S3E &HOSJO4Y ON ) (188700) (ustauy) (OZ4RMjepURg-- "AAOS“ sveypewwautladx7 N\ u (syu17) (5794359). Öunfiesfepung\- ÜBUNG: sep syegueunmey)\ (TeI4U3A) — Aug. = syg1dsnat HA ua NHUSWNMEIKT- 487 [2B35-SaLajll 2 (SSRURG S3P: BLaSLOUION ) "JEYSMUNOYLON \” Opa Y) JO ZUPM/ERRAT-N--- enwersyopung', "SHEPIISNOIL] SSR VER) CHBURE. \N\ s9p essewuey) \.\ DL ZE = ge "uuog age UT.TEIN ON I. IN DE ra Re, EPRRTZEN TAI 4x0 buaıg'y3 = € ou 2 OA BERLIN nioer 199] ur) ter T £ I Be Er ar "MU9S eypewaus lade (907) —— ' AIUW9S. veypstuowpedxz. y Feat! “: (7esJ0Q) JOyfejusur1g0x7 Arugos Jejjajueuntedx7 (54417) Bunjtepepung-._. jeyuey9S Jely9oy _. - jeyuayog Jeyurm (TeI4057) (sJapung sap 8198/04404) (resJ20Q) \/ozuhmjepung (syu!7) "HIUNas Jdejjsjweunsedx7 (TeI4081) Q . : j DEISULLEIT’ZEIEAN TA IST ge "ogeppumdepy uoA Sefaon n ZEN STATS TUR ET "uuog “4xd Busaıg 43 ae BERN > = H | Pu DRS B we; "UAIOC, I9BCH UNzBIN 10 © Bien! — 4UYOS veyjeuelurIsdx7 HUNDS Jeyjazusundedx Veyuay2g 1oyurT "(JOPUNG SP 24/98/0440) (7es54J00) S Bunztesgeng, eyosidiif") UISSEHORUNG BEEHIUYDSYDANPUN-" "Zuüyog ajjejusuisodkZ' 7777777075: a BENEITEID Re 7&H x "wunpdesıoäiuney SO ANERYEW 1ayu2yos sohn) | Ä VERIBEIBRBIBENIE Bunpesjepung -F-- —---—- SUSWIUTOSYOANT-- PR | | [eyweyos ' Jjeyuayos %------ -voyUr7 Jeryaay -- ern : JOPUng sap Aassow (redatusf) a eawen "WEISULIE’ ZUM IA ISUy ID] b uuog" dose ULLETN UOA SeroN ee, | t r ‚Bonn von Martin Hase 16 © © Verl Experimenteller ” ER.Bieling pt. inenteller Ex Lith "Aust SF Wirtz Dägsnstadt > (s/eßuNng sap 8110 S{040N) - (765900) (1@1uay9S deyur/) "UISSBJJOPUNg BUBLAUUYNOSHTOLNPU AR Huyog seyjsjuewıledyz "Wdesgjjepung BUSHIUYOSYOANG--- eh W (/85407) BE EREIZTEN SP AMEIAYSNF (IeYH2YOS LaYal/) "WIBSEL/SPUNG BUSYUUYDSGOLNBUN ee "HIUgOS BVZ TEITRELEeN a in (54417) l I I I 1 I LDSHICRUTE = het BUELHIUYOSYN (/e44U8A) E R.Bieling pxt Lith.Anst v.F.Wirtz Darmstadt. von Martin Hager ‚Bonn. /erlas Verlag ex oO © 5 "DE OF UAMTENIOA GELIOA VERTET BRE TR Ya gef HUuyoS Jeyawuewısedez "AHIUYOS dayatueltiedxT — (/es400.) /eyuoyas Joyut (1885J00) WWESISPUNG -.... Aluyas Aey[SjUalI2dX 7 —> u Dogs jeyuey2sjepung - X--4-71--22- soyur7 JoyU2YyosJopUNg JOH y2RU.. “uuog' ogup UTLIEJA UOA Sera‘ e " FPEISULIET' ZEILE JA ISUy INT “rd Burag ya BPISULIET ZEN I A Isar? 5 Q ruog Tape LIKE UOR GERTO, g aßeytinrepuon Sektor +nd bujjag a 3 f wi j ey Bunyiayepung [nn Cr 201 (Physiologisches Laboratorium in Bonn.) Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. Von Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf'). Es ist mit grosser Sicherheit festgestellt, dass Zufuhr von Kohle- hydraten die in der Leber befindlichen Kohlehydrate, d. h. das Glykogen, unter allen Umständen so bedeutend steigert wie kein anderes Nahrungsmittel. Es wird deshalb von allen Forschern die Kohle- hydratnahrung als oberste und erste Quelle des Glykogens anerkannt. Seit Claude Bernard wurde. aber auf Grund vieler Ver- suche die Ansicht vertreten, dass auch das Eiweiss zu den Mutter- stoffen des Glykogenes gerechnet werden müsste, und in jüngerer Zeit ist ausserdem das Fett als Quelle dieses Kohlehydrates in das Auge gefasst worden. E. Pflüger zeigte aber, wie ausführlich in seiner Monographie des Glykogenes dargelest ist, dass weder für das Eiweiss noch für das Fett als Muttersubstanzen des Glykogenes ausreichende Beweise vorliegen. Es war deshalb ein sehr grosses Verdienst, als Hugo Lüthje im Jahre 1904 durch einige hochwichtige Arbeiten?) der ganzen Streitfrage eine neue entscheidende Wendung gab. Er bewies bei pankreas-diabetischen Hunden, dass sie bei kohlehydratfreier Eiweiss- nahrung sehr viel mehr Zucker ausschieden, als aus dem Kohle- hydratbestand des Thierkörpers erklärbar war. E. Pflüger®) hat dann Lüthje’s Versuch in noch ausgedehnterer Weise bestätigt. 1) Wir müssen bemerken, dass Herr Thierarzt Pfleger bei den ersten 15 Versuchsreihen sich mitarbeitend betheilist hat, um seine Inaugural-Disser- tation fertig zu stellen. Weil diese nicht zu einem uns ganz befriedigenden Ab- schlusse gelangt war, haben wir die Untersuchung fortgesetzt, aber, um das Ziel zu erreichen, eine unerwartet grosse Zahl von Experimenten ausführen müssen, wie der Leser unserer Abhandlung erkennen wird. 2) H. Lüthje, Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 79 S. 499, 1904, und H. Lüthje, dieses Archiv Bd. 106 S. 160. 1904. 3) E. Pflüger, dieses Archiv Bd. 108 S. 115. 1905, und E. Pflüger, Das Glykogen 8. 305ff. Bonn 1905. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 14 202 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Ein Hund von 10,3 ke, der nur mit kohlehydratfreiem Kabliau- fleisch gefüttert wurde, erzeugte im Ganzen 3097,1 & Zucker. Erklärbar aus Restglykogen 422,3 g Aus Kohlehydrat nicht erklärbar 2674,38 e. Weil aber das Restglykogen fast sicher viel zu gross an- genommen ist, dürfte in Wahrheit statt 2674 g ungefähr 3000 & Zucker zu setzen sein. Daraus folgt, dass der ganze Eiweissgehalt des Hundes kleiner als’ die produeirte Menge des ausgeschiedenen Zuckers ist. Hiermit war bewiesen, dass der ausgeschiedene Zucker weder aus :praeformirtem Glykogen, noch aus im Organismus auf- gespeicherten Glykosiden abgeleitet werden kann. Im Futter wurde dem Hunde .kein nachweisbares Kohlehydrat zugeführt. Entweder ‚ist der ausgeschiedene Zucker also aus dem ge- fütterten Eiweiss oder aus dem im Hundekörper aufgestapelten Fett entstanden. ‘Dass Letzteres möglich ist, hat Pflüger bewiesen, weil 100 g Fett in: maximo 192 g Zucker zu liefern vermögen, wenn zugegeben wird, dass Zucker aus Fett entstehen kann. Ein sehr fettreicher Hund von 10 kg mit 45,80 Fettgehalt könnte aus seinem Bestande 8790 g Zucker liefern, beinahe so viel als er selbst wiegt. Pflüger gelangte also in seiner Monographie über das Glykogen zu dem Satze (8. 321 a. a. O.): „Richtig ist also eigentlich nicht „die Alternative Eiweiss oder Fett, sondern ob vielleicht sowohl das „Eiweiss als das Fett Zuekerquellen sind, so dass je nach den Um- „ständen bald. die eine bald die andere Quelie, bald beide zugleich „fliessen.“ . Thatsächlich ist: bis auf den heutigen Tag keine Einigung unter den Gelehrten erzielt und deshalb von uns die Frage aufs Neue in Angriff genommen worden. Unser Untersuchungsplan schliesst sich an Dr. L. Mohr an, welcher durch Hungern und subeutane Phloridzin-Injeetionen Hunde elykogenfrei machen und sie dann mit Eiweiss füttern wollte, um zu sehen, ob hierdurch wieder eine Anhäufung von Glykogen im Thierkörper erzielt werden könne. Kurz zusammen gefasst war der Gang jedes Versuches von L. Mohr!) so angeordnet, dass der Hund zuerst S—12 Tage keine Nahrung, aber an den letzten 3 Hunger- tagen pro die ca. 1 g Phloridzin subeutan erhielt. Nachdem durch 1) Dr. L. Mohr, Untersuchungen über den Diabetes mellitus. Zeitschr. f. exper. Pathol. u. Therapie 1907. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 203 diese Vorbereituneszeit der Glykogenbestand des Hundes auf ein Minimum herabgedrückt worden war, wurden ihm 400 «© Ochsen- fleisch gereicht und das Thier 4, 8, 12, 16, 20 Stunden nach der Fleischzufuhr getödtet, um auf Glykogen untersucht zu werden. Mohr beobachtete dann 4 bis 20 Stunden nach der Fleisch- fütterung Ansammlungen von 1,04 bis 1,67 °%o Glykogen in der Leber. Was aber nach unseren Versuchen merkwürdiger ist, besteht darin, dass, wenn Mohr gar keine Fleischfütterung an- geordnet hätte, in der Leber ebenso viel, ja viel mehr 6lykogen von ihm ebenfalls gefunden worden wäre, wenn er darnach ge- sucht hätte. Wir werden ja Gelegenheit haben, diese Verhältnisse in aus- sedehnter Untersuchung genau kennen zu lernen. Verführt durch die ungenaue und falsche Untersuchung Mohr’s haben wir viele Experimente ausführen müssen, bis wir endlich einen festen Boden gewannen, von dem aus ein sicherer Fortschritt ermöglicht werden konnte. Dieser feste Boden besteht in der Auffindung einer Methode, durch welche Hunde eine glykogenfreie Leber erhalten. Hierunter ist verstanden ein Gehalt von weniger als 0,1°/o Glykogen. Dies wird erreicht, wenn der Hund von 5—10 kg erst 7 Tage hungert, aber Wasser erhält. Am S8., 9., 10. Tage wird das Hungern fortgesetzt. Der Hund erhält aber jeden Morgen an diesen 3 letzten Tagen eine subeutane Injeetion einer Lösung von je 1 g Phloridzin. 7 Stunden nach der letzten Injection (also am 10. Hungertage) wird der Hund getödtet, und die Leber und die gesammte Museulatur der quantitativen Glykogenanalyse unterworfen. Trotz der colossalen Schwankungen, die die Leber sonst im Glykogengehalt auch während des Hungerns zeigt, fehlt jetzt ausnahmslos das Glykogen, d. h. ist auf unter 0,1°/o herabgedrückt. — Zur Analyse der Muskeln wurde vom halben Thier die gesammte Muskulatur abgetrennt, gemahlen, gemischt und 100 g untersucht. In Tabelle I (S. 204) sind die Ergebnisse übersichtlich zu- sammengestellt. Die mitgetheilte Tabelle lehrt, dass ausnahmslos 7 Stunden nach der letzten Phloridzininjection die Leber nur noch unter 0,1 0 liegende Spuren von Glykogen enthält, während die Muskeln auch sehr wenig, aber immer doch fast 0,2 %/o Glykogen beherbergen. — 14 * Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Ss6Tu 29800 | = v€ = E 7 = FF [ON | E00 800 ZT ren Darm 12) N yDanp U9S0YAL9) ur -Sn® OfRIOT, -10q97] Juoıman) , sopung sop | Sopung sep | owwmN wnyed eOSJU9901T : YyoLAax) YUDIMIH LEJUNGYS) -uordolurutzpLIofyd 17729] 19P peu uopungg ZumpgL 'Aagerf AOTMAJUHSONALS IM HUONSAHAUIZPIAOLUT-IOSUng I OTToqrL, Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 205 Für einen Hund von 10 kg würde 7 Stunden nach der letzten Phloridzininjection bei diesem Regime also in der Leber im Mittel enbaaltenesein). 2. nr. aa. 198 8 Glykogen, in dem übrigen Körper, wenn man den Gehalt der Muskeln hierfür einsetzt, was viel zu hoch ist, 19,3 meienszucker der Säfte. .....:2 02 0. 0.210,00 5 A Summa: 29,39 g Gesamnit- Kohlehydrate. p)) ” Wir machten nun die merkwürdige und hochwichtige Entdeckung, dass der Hund, welcher 7 Stunden nach der letzten Phloridzin- injeetion sozusagen kein Glykogen mehr in der Leber besass, 24 Stunden später, obwohl ihm keine Nahrung gereicht worden war, wieder 6lykogen und zwar öfter in recht erheblicher Menge aufgespeichert hatte. Da Gürber gezeigt hat, dass die Jahreszeiten einen Einfluss auf den Glykogengehalt der Leber ausüben, so haben wir diesen Punkt genau prüfen müssen, der sonst bei den Fütterungsver- suchen und den ungeheuren aus unbekannten Gründen auftretenden Schwankungen im Glykogengehalte der Leber zu den gröbsten Irr- thümern hätte verleiten können. — Bei allen jetzt zunächst mitzutheilenden Versuchsreihen ist die Anordnung genau dieselbe wie bei der bereits mitgetheilten. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der bis zum Ende hungernde Hund nicht 7 Stunden, sondern erst ungefähr 24 Stunden nach der letzten Phloridzininjeetion getödtet und analysiert wird. Wie wir sogleich sehen werden, macht sich nun bei diesen Versuchen ein ungeheurer Uebelstand geltend, der grell absticht zu dem celassisch regelmässigen Verhalten der Leber und Muskeln bei Untersuchung 7 Stunden nach der letzten Phloridzininjeetion. 24 Stunden nach dieser sind die Unterschiede riesig, so dass man nur durch eine grosse Zahl von Versuchen ein einigermaassen sicheres Urtheil gewinnen kann. So schlimm sind diese Unregelmässigkeiten, dass sogar 10 Versuchs- reihen noch kein sicheres Mittel ergeben. Immerhin werden wir bei diesen Reihen zu hochwichtigen Ergebnissen gelangen. Wir haben deshalb das ungeheure Opfer bringen müssen, 4 grosse Versuchsreihen auszuführen, um zu ermitteln, wie viel Glykogen ein Hund, der 24 Stunden nach Hunger und Phloridzininjeetion getödtet wird, noch in seinem Körper enthalten kann. Darüber geben nun die folgenden Tabellen II, III, IV, V Aufschluss. Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: ° ) DK 2 le) | — oo | — rTE | Z —_ — — 1991 N Le er A er Br Er TE = cTo == 20°0 | 688T 98 | FTIE sol roL SLR EOROL - lı- e = rail) BEZ r800 | 023 78 | 806 69 a «a3 00 ee == 09°0 = 680 | 82'sı 8% | ER s’8 6 Be Ko ee u _ cz0 = 260 | 8982 07 | 8'028 89 0, co DL aa a) 210 | “ro 02,0 || BL 22 En ale 19 en oe el © 950 zo | 30 — En sa | Fre OT 0'z1 BE 8 RO ı Be | 10T | eaze | ee | «00g 09 «9 — 6067 1qaa T L [4 [4 3° [4 [2 (4 = rail) 12:0 [8‘0 ss’o | Free Ve | 6'091 rg 9 2 1800 - srl & == 20'0 = v0'0 | g8’FrE ge TEIL GET 0°E 29 |606T aenuef 'eI| F == | enmalk || 0 | 1 651 87 eg — [| 806T “ıqdaq "ST | I re rn Dee ern er wweasony | wueıd P uposysnm a9gaf _— [soygormos (ur ogpasgpns| -opyr | U LERERUNE Tone aaqar] nonese |®- 93uoLu ealag UTSBSEIg | oA op ur 9er OEM sodeIsopoT, sopuny “aolyeayıL, a "UOlyeAyL], en 5 -191 NZ , -uo][eH9) | Se], ualyJo |-suonaafuy “h SEE 11e[04 11e[04 Sm er „| uw we Zungpo] | usysıa we Sn sap sap | I Ö er -3sne use aoqarg aap J9p OA sopun n H umyeq JOWIUINN £ -1949"7 sapung. Sap sap P u9IoyA]n me Iegasyusdorg [eo L I9IM9H Ionen) Iyomag) IUDIMOH | | — mm sr 3 nn —_ ‚uop»ofurutzpriofyg U892J3] Aop yore uopunyg Fz "ed SungpgT "OyonsuaAurzpLaopyg "II OTTOqeL, 207 Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. oe ae ee | ee hot | ums | ae — ‚ss | ver er |e5/0r 0'8T re er SR 18'7 ER 07% GTIe [2487 oe 201 abe er 90 eg 20% = 20'% c'608 ..9°9 6.9 0'8 IRER Ir EEO 20'0 — 06€ So | Er 67 09 "ick OF jkalıen 2 = 120 LUG 0E 7 0'697 9°9 0% 0'8 ET 68 Be Lv’ SF ar 0'808 3 °6 ee -88 Eee s0‘Tr hfeke GTEL De, 3< EST LE Ko | or ir IS 67 eo’E Äste Sl Eiel OP ee 98 620) ae | De Tr LE 06% G'877 Gg 8'8 E01 eh GE 970 a de IE TE 09% COLT 0) 2. c'8 ol rE ala m te) GEF 08'E G'lER 19 Se) 2 ol gg ae ee | Dez ge'gr 19'< g’8ge | 2.6 00T | TI dy "GT GE upessn N aaqer] 2 | wweıg N N ua uuBı1o wwueıs WOREs | mom | TOHRS | ur oda | SD} lisa [rear = -OJLM a -[18[04 118704 -1010nZ 19d1oy | OSeLqU]TEI zop ode], | Sasuonoef | ur Ser 6061 pP = ? SNENEJUEREN "SB aM ua] we -uJ U99819 | U9JSI9 WE seöwjsepo]L En u9soy4T) ue MELOSJU990IT Be ne nn en le Em: Fe 9]8IO 7, ; sap JypıMEH | IyaLAaH sop Iy9IMaH) -todoluurzprIofy.] 109240] aap ypru uopungg FZ '®9 SungpoL :PypnsapAaurzpraofyg-ISuny III 9119A%L Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf GB wre | - -- — — | em | 26.0 761 &6 1 09'655 orE I Sr 7 4 RR 69 080 660 001 = sr€ 61E 9 29 GL ie 89 LO 0S8°L L8°I = 00% Gel 69 EL 8 elle 29 070 or I = E67 OL 79 70 ) le 99 00 Aug 201 2 oLY GOL 7 oy7 rE& weile Go Mal) eLe 0% = 18° Ler 0'S I GI DB “@ 79 6L0 OL 860 Se 087 s91 ge 6€ 7 Sat Go) "650 IE I 0ET = 08€ 088 6 &8 6 ze 9 Ir°0 1% SO Sur 0GE G'sse 0@l Doll De in [9 080 = ge) 0808 OLE [II v'E TE sr an 09 Seht) Ta 0&L 91'877 De Ieterz ra OL 0'sL N 66 50°0 — 080 088 ed 08L Fr 67 09 Iew 'TL SG | ® ufossum aoger El WWB.IH) se a wwe.ud wIURB.UD une Kunıch a ur 9ouou en ; a en a | on che -LI8]0I el Oel -1910nZ 1al eo 9Se[quUy]TEH 1op age], | Fesuomoef | ur SeL 6061 Puny a | ou9peıyasds Le Sauz u0J}]8 u -UJ W989 | U043I9 WG Sone)sgpar, sap -Sn® zuaooad | 2oqaT AP |Funpor, Ep) uw sopung |sopung „p| P ra | UN usdondr) uw Yegosjued01g -19q977 Jyoımen) | 104 sopung 2 azIoL sop gyoınag | SD WLMaH | Jypımag AT SITSdE UL 09 Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. "pung wumasory oad a9yonZ 3 96°C uoA UoNdnpoadıosanZz ul Ist SEq "uuey Uop.IoM Jojlofosge wzpLIopyg Wop sne gypıu os A0p 'oISSejuwddA AoyanZ 3 9,'FCT uryyıuı uoA Sunpioydssny Sum saoyafpMm 'uoyeyao uZpLIoyg 3 GI usZuex) u uogey 9pung .AolA all] "UassHW UHPAOM JAlppe EZ’EST NZ aydfom "doyonzZ 3 Gc'T you opuny A9IA Hp any yaıs uogesae SH Iyonsaojun Jsolulep Ouapeyyus oserg AKEp ur you Adop opıma SungpoL Aop YpeN [INN [II N AOYONZULUESON [INN 0850 1E°0 ar 265 == 818 — — 070 90°0 S0'6E 2jce Galg 28 vol 9 r6 120 Se) e'c9 387 0'781 08 36 el &6 670 08°0 Te 088 0261 0.9 8 er 26 gro 001 86.98 E68 GorL 08 r9 unf '9G 16 upoysn dogorJ WU) sojupTmos wweıo) DIE UT un BET USE uogesniejog | "aogestejog ur oduau -odıoy ur osejq Sejsuompal ur Se] 6061 sopunff -IINIUZ sop gu en oıd | -wIreH dugo -Uf U99S19 U9IsI9 WB SO9LISOpO L, sap BErIEEDrE SE) BJUPREN) -10qor] dogerf AOp we sopunp sopanp] Sp sop wmyeT AOL uosoyATH uw Ireyosjusdodg -S0% [EJO ], Jy9IMan) sop IyPIMOH PL EJENGTO) -uondofuımzprIofyg UI2I0] A9p yozu uopungg Fz Sunypo]L AUOnSA9AUIZpIAO]yg-dedung "A olloqaeıL 210 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Stellen wir die Mittelwerthe der vier grossen Versuchsreihen zusammen, bei denen die Tödtung des Hundes 24 Stunden nach. der letzten Phloridzininjeetion vollzogen wurde: Leberglykogen Muskelglykogen Tabelle I: in Procenten in Procenten 10 Versuchsreihen. Januar und Februar . 0,4 0,22 Tabelle II: 127 Versuehsreihen. Aprılaa 2 ne 2 2272167 0,57 Tabelle IV: 12 Versuchsreihen. Mai. . . . .2....13 0,29 Tabelle V. AS V/ersuchsreihen Soma Bez 0,235 Das allgemeine Mittel aus allen diesen 358 Versuchsreihen be- trägt für die Leber 1,1 °%o Glykogen. Die mitgetheilten vier Tabellen bezeugen, dass die vorher elykogenfreie Leber meist in 24 Stunden wieder erhebliche Glykogen- mengen erzeugt hat, welche häufig 2 ja 3 °/o erreichen. Aber auch in den Muskeln hat sich der Glykogengehalt gehoben. Denn nach Tabelle I beträgt derselbe 7 Stunden nach der letzten Phloridzin- injection 0,198 %o während 24 Stunden später gefunden wurde Tabelle 2a 27222022820 Tabelle 08 are Babelle N © 2 22720298 babelleoy ze eo Es ist also im ganzen Organismus neues Glykogen aus Körpern entstanden, die schwerlich Kohlehydrate sind. Nachdem die Thatsache der Neubildung erheblicher Glykogen- mengen festgestellt war, drängte sich die Frage auf, ob das Phloridzin in specifischer Weise die Neuerzeugung von Kohlehydraten veranlasst. Wir machten deshalb eine grosse Versuchsreihe genau so wie die bisherigen, aber mit dem Unterschied, dass der Hund am S8., 9., 10. Hungertag keine Phloridzininjection bekam und am 11. Hunger- tag getödtet wurde, um analysirt zu werden. Wir haben 15 grosse Versuchsreihen zu dem Zwecke durch- geführt und sind zu dem bemerkenswerthen Ergebnisse gelangt, dass diese nieht mit Phloridzin behandelten Hunde nicht al; sondern weniger Glykogen enthalten. Das Genauere zeigt Tabelle VI. 211 on | Te 0 = 640 | 87 | = | = | r: | Er [PLN 350 Ne) 2 0°6ST ge DD zul | 601 970 zes E27 ‘278 oL 61 il! 80I 3E0 = FI 0°E 0788 esI Dal ol LOT © 310 — all ve ‘SET 07 ins on 90L & 180 = 310 6% 0421 09 em E86 8 ones uoyeagLy, uorestae[og SIUOTMOB ULIELTSUT JungpgL wuaso]Ly S -10e[04 Fr -10d10y] sop oseq J0A Se], ur Se] 606T sopunf -ufoysnpY. 20p ayua001d -uo][eH auyo u9779 u u9JS19 U SOSRISAPOL, SOP sap uoSosrÄn Joqarı dap ur -10q977 dog] Aap | Sopuny Sop | sopungy sop umyet datum in UOSONKLI SOp ITeyaSJU9001 Jy9TMOx) JU9TMOS) UP) ANGTE) "UIZPLIOJyUT 9Uuyo oyonsaPaaasung TA S1loqeL 212 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Während bei den Phloridzinthieren, wenn man alle 38 Ver- suchsreihen heranzieht, der Glykogengehalt der Leber 1,1 °/o beträgt, sinkt er bei den nicht mit Phloridzin vergifteten Hunden auf 0,59, also fast auf die Hälfte. Das spricht dafür, dass das Phloridzin die Erzeugung von Kohlehydrat anregt. Im gleichen Sinne ist die Thatsache zu deuten, dass die Leber bei den nicht vergifteten Thieren nur ausmacht vom Körpergewicht 2,8 lo während bei den vergifteten sich ereibt: Tabelle I SZ) Un Babelle Hann. 27° 222,73 145010 Dapelleniiien 2722000 TabelesN 2222222232620 Dabellesvaa rerg2elo Allgemeines Mittel. . 8,80 %o Erstaunlich auffallend bei den vier Tabellen ist die nicht un- bedeutende Verschiedenheit der Mittelwerthe, obwohl jede Tabelle sich auf eine sehr grosse Zahl von Versuchen stützt: Tabelle II auf 10, Tabelle III auf 12, Tabelle IV auf 12, Tabelle V auf 4.. Die Mittel differiren um das Drei- bis Vierfache, schwanken von 0,4 bis 1,67. Der kleine Werth 0,4 fällt auf Versuche, die im Januar und Februar angestellt sind, was auf einen Einfluss der Jahreszeiten hindeuten könnte. Weil aber im Juni eine Versuchs- reihe vorkommt, die auch nur den kleinen Werth 0,51 ergab’, ist die Ursache der Verschiedenheit der Mittelwerthe unbekannt und nur als ein Werk des Zufalls anzusehen. Es soll jetzt unsere Aufgabe sein, die Versuche von L. Mohr zu wiederholen, um zu sehen, ob durch Zufuhr von Eiweiss eine Steigerung des Glykogengehalts der Leber erzielt werden kann. Um sicherer die Kohlehydrate der Nahrung auszuschliessen, wurde jedesmal 24 Stunden nach der letzten Injection des Phloridzins 400 g Kabliau gefüttert, wie es die Vorschrift von L. Mohr ver- langt. Mohr hat Ochsenfleisch gefüttert, was wegen des Glykogen- gehaltes kein reines Ergebniss liefern kann. Wir nahmen Kabliau, weil Pflüger gezeigt hat, dass dieses Fleisch meist nur Spuren von Glykogen enthält. Wir legen zunächst drei Tabellen vor, welche die Ergebnisse übersichtlich enthalten. 213 Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. — | Re | — 08% — | -_ | — | == — — HIN | zes Sr aa 0% | 2 ee) 9 9 | 88 Gl 2% — 250 89'%1 - 028 | 2899-1 088 | @'162 26 76 FII IERLTE € _ 2F°0 vr | or Are ee | o8 8 GE‘oL ER Eh 0% — 7 9e0 | 8a | 075 Bee Pole el LE 0°% 1G a! 61 — gE‘0 817 07% | irze |! 08% US2l 79 9 c) nr] Sl — 1800 cr'e oe ae || re | aa 29 9°9 6, Fee 2L —H = 000 | F8’9e | 09€ 6 168 BL 081 G'sL ZIUIN "6 91 — IE0O | 8621 22]. | eaior | or | ax 8'G 2. 69 s '03 GT — 1.00 — 0 |9esg | 8er CoI sol en ALHI RUE Bnderz FI ce) ı EEE oT OLT7 = VE | COLL rg 2 : N Q = 0 — 97€ > 7 | 098 9 8‘9 v6 ee) 6 2 00 — 60°0 = Bl 20, Tv 97 2 aenuef 7 Z | wwe.as) wweas |mWweASsolLy ur Fa wtuBao UJONSOIN dodoT a ur 9suaw ur oserg | ayTaasıons ur En ol] 606T sopungf "UOLWAJLL, E "UOINEALL, 3 -19N1oNnZ x LE) SEN -suoroolu] USE soge}sopo,L, -118]04 -118]04 s9p 9uyo Se] ua 194819 WB sop guUapaLgas ; na u94s19 UB sap { oJuodoad | ASqaT [Ue sunpoL sopuny] sapung & 98% super op a0 sopunpg | Si sop weg JOULUNN UVSONAIH UR Ey9SJuodaodg 9feJo L | y9IMaLK | SsOp JyDIMaH Jyoıman) JU9IMOH "INSAOANEITIEM-UIZPLAOTUT-AOSUny "IIA STI9AeL Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 214 8.0 ne #7 | >= | 2: | = HUN 670 IrE arg == 09% core sel rel 9°7] an 29 izalı) ae | SR — 908 ceog VOL sol 2a u 94 gE'0 16° I MS = oz V'EIS er 7 Lg 8 gg 97.0 roL sy’ I | EFIG OLE 0188 601 Tin sel er izs 0 | oda ı able res 08°E 227 79 9 sw) E. gG cc | wir 9 8 | core 088 0.997 62 [8 86 el rd [0 = oo | zErE OT E G'Scl 07 167 0°g le") IS s[oysuM Aclelgi re: soJydIMaS | wweıg ur u! el us ung | door] 9HU9UL 5 u on ur oe} ur Se] 606T sopung -uolyes ee -uoryes oz -10dıgy | Ose[quo]LEg | -syonsiaor aop | -suomooluf ae SodeIsapoL, -116[0 I Bee -118[0OT a Son Y9ugo Se], U09J]J0 1998.19 s sop YUYIPOILUIS [e) De syuoooad | ogqarg aop | We Sunpgg [we sopuny AOL ! en re Te se J0A Sopung sop Bu wnyeq N 7 -19q9"J IUITMIS) u9soyAjr) uw Mey9sju99oag 91e}O ], { sep Iy9IM9H YyDLMO9H) JaTMaH) "yONSAOANEITgEY-UIZPLIOTUT-AOSUung "IIIA OLLOqeL Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. Tao Kain To — = [UN 0°F4r oa ze OFT aa 98 c’erz 9%) DR 06 wergel 08 GESETZ 18 IE 26 > el 78 0F'0 ee DEE G9'IE 208 BG eg F'9 GT £8 260 Ir | 09'658 se real) 665 | 10° 08.68 620 | seco | ADS ak ae 0'987 79 89 Lil ee 0 2 ser 9°8 061 rg 9°C gg "9% n LTO == 80°0 jcehiete ge O8Pl 17 v7 LS ee 7 98.0 = 20°0 Son, 7 0'683 16 96 OTI ee 2 u) — jaWA7 rE& 0'661 s'q 29 0, Ne 12 Salz 220 9877 re 08% «9 69 82 BIN '2G 0, 980 901 e0°T sL'er 88 sed 0°6 &6 LOL 28 06 SER 20,08 ee Ti: ni 0.061 07 er 0° ee ?0°0 = 200 I9°FF 0°C G09L 38 ce 07 - x 2 HR 90°0 — 261 0'977 rel s’zI Srı 7 u — Mae = 67 G 681 r< ‘Q 0, I: re 97 20 | a) — re 0'gEL 68 07 üge er cr CU li‘ = 28 0°E0G gg 8°C 29 Indy 76 | Fr SEE 2 upoysnN | 1809 | a wureIg) uf i wmeIg Ur ee le wweısol] N - ger] "ones 3 SITIIMS ur ur Joduny 3 6061 n one x Ann -19dıoy sap SAMEN) Sunaqeuj94 | 9387, uaqaıs ns al SO3B}SapoL : H -118]04 | ned az 9JU9901d u ydeu yaeu in sop $ > ie — en EL E) KJUBRER) -1909’T 19q9’T J9P sopung sap sspuny sap ” syopund so wnyedl J9U unN a9soykTg ue eosjusdorg SEEN, u) URJANGFS) U EJENG)) un zewyoS yayyaraı ade], 7 Yozıeduu op Yen "FUundoppnz}yo ]-ulzpraopyg-aoung "IHX OlloqeL ‘ Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 225 Damit ist dann der strenge Beweis geliefert, dass bei reich- licher Eiweissnahrung das massenhaft neugebildete 6lykogen nicht aus Fett entstanden sein kann, sondern nur aus Eiweiss hergeleitet werden darf. Wir haben noch zwei Versuchsreihen (siehe die Protokolle der Hunde 115 und 116), welche bezeugen, dass energische Fettmästung sogar eine darauf folgende Glykogenmästung schwer beeinträchtigt, obwohl bei letzterer die grösstmöglichen Mengen von Kohlehydraten gefüttert werden. | Die Versuche gestalteten sich so, dass zuerst nach mehrtägiger Hungerperiode vom 23. Juli bis 5. August 1909 reichlich Schweine- schmalz gereicht wurde, also 14 Tage lang. Am 97., 28., 29. Juli hatten die Hunde je 1 g Phloridzin erhalten. Dann wurde vom 6. bis 9. August 1909 Glykogenmästung in das Werk gesetzt mit dem Erfolg, dass in den Lebern gefunden wurde bei durch Polarisation durch Titration Hund 115 0,93 °/o Leberglykogen 1,22 %0 816. VELN:d)o a _ Dass trotz energischer Glykogenmästung der Glykogengehalt der Leber so erstaunlich niedrig sich herausgestellt hat, lässt sich schwerlich durch die vermehrte Fleischzufubr befriedigend erklären, mit der an 2 Tagen je 2 g Phloridzin gereicht wurden. Denn bei Hund 125 findet sich auch nach Glykogenmästung und Eingabe von 2 g Phloridzin der ungeheuer hohe Gehalt von 12,2 %o Glykogen in der Leber. — Da nun aber die Leberzelle in verschiedenen Zuständen vor- kommt, in denen sie bei Eiweisszufuhr bald den Glykogengehalt steigert, bald ihn herabdrückt, muss die Möglichkeit im Auge be- halten werden, dass Aehnliches für das Fett gilt. Denn es liegen Thatsachen vor, welche sehr entschieden für eine Entstehung von Kohlehydrat aus Fett sprechen. Hierher. ge- hören die ausserordentlich hohen Werthe für die Zucker-Stickstoff- Dextrose Stickstoff in einer Retention des Stickstoffs bis jetzt keine genügende ana- lytische Begründung gefunden haben. quotienten oder 2 welche zuweilen beobachtet werden und 226 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Versuche über den Wert 2 Da noch immer die Möglichkeit vorlag, dass unter gewissen Bedingungen das Fett einen Beitrag zur Synthese des Zuckers, wenn auch nicht des Glykogenes, liefert, wurden Versuche angestellt in der Art, dass 4 Hunde (Nr. 110, 111, 112, 113, siehe die Protokolle) zuerst 7 Tage hungerten, dann wurde am 8., 9., 10. Tag der Harn aufgefangen, resp. durch Katheter entleert und, um eine möglichste Ausspülung des Körpers zu erzielen, ein grosses Volum dünne Fleisch- brühe gereicht. Der Harn von 3 Tagen enthielt 48,24 g N. In den darauf folgenden 3 Tagen erhielten die Hunde reichliche Mengen von Schmalz (5 g pro Kilo Thier) und je 1 g Phloridzin pro die mit folgendem Ergebniss. Das Genauere ist in den Protokollen zu ersehen. Die Hunde 110, 111, 112, 113 schieden aus: Zucker Stickstoff 13. Jule ll9092 Pre, 811 g 1A oo 22,20 , 15H Ir ZA Summa . . . 133,50 g 55,02 g Ohne Phloridzin, ohne Schmalz . . . . 48,24 „ Mehr a... 80 2.0 rer nenenN Das mittlere Gewicht der Hunde war — 42,9 kg. Also während der Phloridzinfütterung bei Schmalznahrung sind 6,78 g N mehr ausgeschieden, welche einer Production von 133,5 g Zucker ent- sprechen. Hiernach wäre D Prüfen wir die Consequenzen des Werthes 19,7 = N durch eine Annäherungsberechnung. Da 100 Eiweiss = 16 N, so liefern 100 Eiweiss 34,3 Harnstoff mit 6,8 Kohlenstoff. Nimmt man nun an, dass aller übrige Kohlenstoff des Eiweisses —= 45 g zu Zucker oxydirt würde, so könnten daraus, weil 12 Kohlenstoff 30 Zucker liefert, aus dem Eiweiss 112 Zucker entstehen. Das würde aber nur für - den Werth 7,0, nicht aber 19,7 liefern. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 227 Wir haben mit denselben Hunden eine zweite Versuchsreihe fortgesetzt. Da zwei der Hunde durch Erkrankung ausgeschieden waren, blieben nur die Hunde 111 und 112 zur Verfügung. Sie lieferten das Ergebniss (s. Protokolle): In 3 Tagen (19.— 22. Juli 1909) mit Fett ohne Phloridzin 13,35 & N, Ba 0(28: 25. ...1909) „ .,- ‚mit F oe. a (25.—28. ,„. 1909) „ „ohne 5 ee Also Mittel aus den Versuchen ohne N LO Mit % N Mehr durch Phloridzin 3,55 & N. Die Harnvolumina in den 3 Perioden waren: I. 19.—22. Juli = 4700.cem Harn, I. 23.—23. — 3450 ” ” ” II. deck == 3900 ” b}] ” In den 3 Phloridzintagen produeirten die Hunde Zucker =51,35 8. Der Quotient + ist also 14,6 und ebenfalls nicht zu erklären, wenn man das Eiweiss allein als Zuckerquelle ansieht. Gegen diese Beweisführung wird vielleicht der Einwand erhoben werden, dass die Zuckerbildung, nach der Phloridzinzufuhr, nicht bloss auf Kosten der Eiweissmenge, welche in grösserer Menge als bisher zersetzt wird, sich vollziehe, sondern auch auf Kosten der- jenigen, welche auch ohne die Phloridzinzufuhr zersetzt worden wäre. Obwohl dieser Einwand sich ganz streng nicht widerlegen lässt, ist es doch das Wahrscheinlichste, dass diejenigen Bedürfnisse, welche vor der Phloridzinzufuhr durch Eiweiss befriedigt werden mussten, auch nach der Phloridzinzufuhr durch Eiweiss eedeckt werden müssen, weshalb das Plus an Eiweiss, welches nach Phloridzinzufuhr zersetzt wird, zur Synthese des Zuckers in Betracht kommen wird. Der gedachte Einwand ist also ohne thatsächliche Unterlage. Zur Erklärung der hohen Werthe von = hat man auch eine Zurückhaltung von N angenommen. Bei analytischer Prüfung hat sich bei Pflüger’s Versuchen (s. das Werk über Glykogen) keine Bestätigung dieser Voraussetzung gefunden, wie in dem Buch über das Glykogen bereits berichtet worden ist. 23938 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Eine andere Versuchsreihe, welche mit dem Hunde 119 an- gestellt wurde, ergibt allerdings kleinere als die bisherigen Werthe für den Quotienten D Sie liegen aber immer noch 'sehr hoch. N‘ Das Thier erhält als Nahrung nur Schmalz. Es soll die N-beein- flussung durch Phloridzin bei constanter Diurese untersucht werden. Siehe die Protokolle des Hundes 119. Periode l. 3 Tage vor 10./l11. hungernd. Erhält 3 Tage am 10./11., 11./12., 12./13. August 1909 täglich 1 Liter Suppe mit 10 g Fleischextract. Harn = 3050 cem = 11,468 g N — 2,4 g Extract N —= 9,10 g N. Periode 2. 3 Tage je 1 g Phloridzin mit Fettnahrung. Suppe wie bei Periode 1. Harn = 2600 = 154 gs N —08s N= 146 eN. Zucker 42,95 ausgeschieden. Periode 3. Am 16./17., 17./18., 18./19. August 1909 ohne Phloridzin bei Fettnahrune. | 3000 eem Harn = 10,68 g N — 2,4 g Extractt N = 828 eN. Periode 4. Am 19./20., 20./21., 21./22. August 1909. Wie bei Periode 2. Phloridzin bei Fettnahrung. 3000 ecem Harn —= 18,30 g N — 1,6 g Extract N = 16,7 EN. 98,12 g Zucker ausgeschieden. Periode 5. Am 22./23., 23./24., 24.25. August 1909 ohne Phloridzin bei Fettnahrung. 3000 eem Harn = W144 g N —242 N=77EN. Also Periode I ohnesEhloridznggear ra 2 ee ohren) Periode II mit Phloridzin, 42,95 & Zucker... .. M6 eN Deniode=Ill ohne sBhloridzna a a DEN Periode IV mit Phloridzin, 58,12 g Zucker... ... 167 eN Periode-V.. ohne; Phlondzunsann 0 ne NE Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. | 229 Vergleichen wir die drei ersten Perioden, so ergibt Periode I und IH für die 3 Tage ohne Phloridzin "5 ®_ g7gN. Die dreitägige Phloridzinperiode . ......=U6gN Unterschied 5,9 & N. Also ist: D _ 42,95 Nm — Vergleichen wir ferner die drei letzten Perioden, so ergibt sich Periode 3 -+ 5 ohne Phloridzin — Fe FT 90, Also ist: ee ‘m. Protokolle und analytische Belege. Hund]. Hund ohne Fütterung. Gewicht nach 10 Hungertagen am 15. December 1908: 5,3 kg 15. December 1908: 1 g Phloridzin, 16. n 1908: 1, 3 7: $ 1908.13 a 18. = 1908: Gewicht 4,8 ke. Getödtet: Gewicht der Leber 129,0 e. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,05 %o. Muskel enthalten Spuren von Glykogen. Hund 2. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 25. December 1908: 5,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 2. Januar 1909: 4,6 kg. 2. Januar 1909: 1 g Phloridzin, 3 rl, R Harn: 3./4. Januar 1909: 290 eem — 4,7 °/o = 13,63 g Zucker. 4. Januar 1909: 8 Stunden vor Tödtung: 200 g Kabliau. 230 Eduard Pflüger und Peter Junkersdortf: Gewicht vor der Tödtung: 4,2 kg. Gewicht der Leber: 70,7 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,09 %o. Muskeln enthalten keine nachweisbaren Mengen von Glykogen. Hund 3. Hund mit Kabliaufütterung. Der Hund wurde 14 Tage lang täglich mit 1 kg Ochsenfleisch und Fett gefüttert. Gewicht am 27. December 1908: 9,4 kg. Hungerperiode. Gewicht am 4. Januar 1909: 6,8 ke. 4. Januar 1909: 1 « Phloridzin, 58 m 1909: 0,5 ” » oo a a laoarı Harn: Menge in Cubikcentimetern und Zuckergehalt in Procenten während der Phloridzintage 6. Januar 1909: 100 cem — 7,5% = 7,5 8. Tl. s1909:77909 2,7, 2278 7.910 — 1488.19 ‚Gesammtzuckerausscheidung während des dritten und vierten Phloridzintages 15,53 2. 8. Januar 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 400 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 6,5 kg. Gewicht der Leber: 286,0 eg. Procentgehalt der Leber an Glykogen: durch Polari- Salons ae Re ee Re RSS TE Glykogengehalt der Muskeln: durch Polarisation . 0,2 le. Hund 4. Hund ohne Fütterung. Anfangsgewicht am 2. Januar 1909: 6,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 9. Januar 1909: 5,0 ke. 9. Januar 1909: 1 g Phloridzin, 10%, 0%; 1909: 0,9 „ 5 1 1. 8 RIOOSER ODE, h la, 1909: 1 ” „ Harn: Menge in Cubikcentimetern und Zuckergehalt in Prozenten und Grammen während der Phloridzintage: 9.110. Januar 1909: 130 ceem — 7,1 %o = 9,23 g Zucker, 19 AERO lo a » Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. Il: 11./12. Januar: 1909: 130 cem — 7,4 °/e = 9,62 g Zucker, 12.1132 0,0 1909: 100%, — 6,84% = 6,84 „ s Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 34,82 @. Gewicht am 13. Januar 1909: 4,35 kg. Getödtet. Gewicht der Leber: 131,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,04%, h „ Muskeln: „ 2 0,02 %o. Jstnmald: Hund ohne Fütterung. Anfangsgewicht am 8. Januar 1909: 7,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 15. Januar 1909: 6,2 ke. 15. Januar 1909: 1 g Phloridzin, IN 1909: 1 „ $ Eaaps$ 1909: I „ h SSKnE; 10T E Harn: Menge in Cubikcentimetern und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 15./16. Januar 1909: 100 cem — 7,590 = 7,59 & Zucker, 1613: %, 19093 350,2, 218,1. 20 12.9518, L TEMO. 19093 183... 7,93% —M2,6 5, h Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage 33,14 g. Gewicht am 19. Januar 1909: 5,4 kg. 'Getödtet. Gewicht der Leber: 160,9 e. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,85 °/o, a i 5 „ Titration 2. 70,3:K%0, 5 „ Muskeln: „ Polarisation 0.27 Jo, . s 3 ,. = Bitration ° 0,25 Io. Hund 6. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 23. Januar 1909, nach 7tägigem Hunger: 5,7 kg 23. Januar 1909: 1 g Phloridzin, a Du lee, Dal 2 2.41809:- 14, 3 Harn: Menge in Cubikceutimetern und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 932 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 23.125. Januar 1909: 235 cem — 6,8°lo = 15,98 g Zucker, Ba 1909: 125 „ — 83°o — 10,38 ODE 1909: 110 „ — 6,3% = 6,93 ,„ Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 33, 29 g. 27. Januar 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 300 g Kabliau. Gewicht am 27. Januar 1909, am Tage der Tödtung: 5,4 es Ge- wicht der Leber: 170,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 4,1 °o, 4 E 3 „ Titration 4,030, j „ Muskeln: „ Polarisation 0,33 °o, N & H „. ‚Titration. 0,3520. Hund. ” n Hund ohne Fütterung. Gewicht am 28. Januar 1909, nach 7tägigem Hunger: 6,5 kg. 28. Januar 1909: 1 & Phloridzin, DIN, IE, ei Men, 1909: 1 ” ” ala 1909: I „ £ Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 28./30. Januar 1909: 125 cem — 8,5% = 10,625 g Zucker, 30.31. „ EST EI a le = ll, 5 31.Jan.bis1.Feb.1909: 120 „ — 6,9% —= 8,235 „ Gesammtzuckerausscheidung: 27,23 @. Gewicht vor der Tödtung am 1. Februar 1909: 6,0 kg. Hund sehr fett. Gewicht der Leber: 200,5 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,01 lo, ” - » ‚Muskeln: „ 2 0,28 90, » RN 5 „ Titration 0,26 %o. Hund ®. Hund ohne Fütterung. Gewicht nach 7 Hungertagen am 5. Februar 1909: 12,0 Kg. 5. Februar 1909: 1 g Phloridzin, 6. 2 1909: 1, 0% „OO h Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 5./6. Februar 1909: 325 eem — 4,8% — 15,6 g Zucker, 6.17. h 1909: 270. „ — 6,2 °/o = 16,7 1.18. s 1900: 250 » ” » 590, AT ” Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 233 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 47,29 & Gewicht am Tage der Tödtung, am 8. Februar 1909: 11,0 ke. Gewicht der Leber: 314,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Titration 0,52.°o, £ »„ Muskeln: „ Polarisation 0,25 °o, o) ” » » Titration 0,26 UR | Kund-9: Hund ohne Fütterung. Gewicht am 1. Februar 1909: 6,7 kg. Der Hund wurde 7 Tage mit 150 g Reis und 300 & Ochsen- fleisch und 3 Tage mit 700 g Ochsenfleisch und 200 g Fett ge- füttert. Gewicht nach dieser Fütterung am 10. Februar 1909: 7,3 ke. Hungerperiode. Gewicht am 17. Februar 1909: 6,1 ke. 17. Februar 1909: 1. & Phloridzin, 18. 2 ENDE s 19. a 100927, R Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 17.119. Februar 1909: 110 ceem — 5,3%/o = 5,83 & Zucker, 19./20. 5 IS EBOT r —20,8 90 30 5 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 15,19 g. Gewicht am 20. Februar 1909: 5,2 kg. Getödtet. Gewicht der Leber: 191,5 g _ Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,70 °o, 2 na Rp N „... Titration 0,75 %0, B „ Muskeln: „ Polarisation 0,12 %o, ” „ „ ”) Titration 0,15 %o. Hund 10. Hund ohne Fütterung. Gewicht am 30. Januar 1909: 6,5 ke. Der Hund wurde 3 Tage mit 150 g Reis und 300 & Ochsen- tleisch, 3 Tage mit 100 g Reis, 200 g Rohrzucker und 300 N Ochsen- fleisch und 6 ums mit 800 & Ochsenfleisch und 200 g Fett ge- füttert. Gewicht nach dieser Fütterung am 12.. Februar 1909: 9,2 kg, 7tägige Hungerperiode. Gewicht am 19. Februar 1909: 7 ke. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 16 234 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 19. Februar 1909: 1 g Phloridzin, 20: E 190 9EElE} e 21. e IE u Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19.120. Februar 1909: 100 eem — 10,77 lo = 10,77 & Zucker, 321.3 00. 1909er aa ee engen, ae Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 25,63 g. Gewicht am Tage der Tödtung, am 22. Februar 1909: 6,8 ke. Gewicht der Leber: 270,8 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,22 /o, Muskeln: „ 5 0,25 Yo. ” ”» Hund 11. Hund ohne Fütterung. Anfangsgewicht am 12. Februar 1909: 11 kg. Hungerperiode. ‘Gewicht am 19. Februar 1909: 9,2 ke. 19. Februar 1909: 1 g Phloridzin, a. . 1 Ct Fe Bun R 21. EDS, Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. Februar 1909: 55 eem — 6,8°%/o —= 3,74 g Zucker, ae, er er, - 21.122. ä ea LET „ — An = 8; A Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 18,72 g. Gewicht am Tage der Tödtung, am 22. Februar 1909: 8,8 ke. Gewicht der Leber: 257,2 e. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,59 %o, ” ” Muskeln: ” ” 0,60 Oo. ” Hund 12. Hund ohne Fütterung. Gewicht am 12. Februar 1909: 8,5 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 19. Februar 1909: 7,2 ke. 19. Februar 1909: 1 g Phloridzin, 20. 2 1909:1- 5; i 21. 20 RE ON er) Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 233 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. Februar 1909: 110 cem — 4,3 jo = 4,73 & Zucker, 20./21. s KO0gESSZ0R.; 6,2900 210100 er 21./22. “ 1909: 289.2 »,.2— 13,7 9/0. = 10,43, 1, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 25,7 g. Gewicht am Tage der Tödtung am 22. Februar 1909: 6,9 kg. Gewicht der Leber: 190,8 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,034 /o, Muskeln: „ 5 0,28 %/o. Hund ]3. ” ”» Hund ohne Fütterung. Anfangsgewicht am 12. Februar 1909: 11,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 19. Februar 1909: 10,4 ke. 19. Februar 1909: 1 & Phloridzin, 20. s EEE % 21. & III % Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. Februar 1909: 50 cem — 7,9°/o = 3,95 x Zucker, 20.121. a INPUT A Yo Sa ar 21.122. 5 1909: 240 „ — 2,60 — 6,24 „ 5 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 18,39 eg. Gewicht am Tage der Tödtung, am 22. Februar 1909: 10,2 ke. Gewicht der Leber: 371,8 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,02 %o, Muskeln: „ } 0,15 °o. Hund 14. Hund mit Kabliaufütterung. Anfangsgewicht am 15. Februar 1909: 11,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 22. Februar 1909: 10,2 ke. 22. Februar 1909: 1 g Phloridzin, 23. 3 1909 177, % 24. 4 1909271, x Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 22 '24. Februar 1909: 225 eem — 7,8 %/o —= 19,89 g Zucker, 24.125. R 1909: 1355 .,„ — 62% = 837., ’ Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 28,26 g. 16:* ” ” 236 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Gewicht am Tage der Tödtung, 25. Februar 1909: 10.5 ke. 25. Februar 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 500 g Kabliau. Gewicht der Leber: 342,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation: 0,27 ®/o, a „ Muskeln: „ 4 0,22 %o. Hund 15. Hund mit Kabliaufütterung. | Anfangsgewicht am 15. Februar 1909: 6,9 kg. Hungerperiode. Gewicht am 22. Februar 1909: 5,7 kg. 22. Februar 1909: I g Phloridzin, 23. F 1909: 1 „ i 24. ß 19092 212% $ Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 29.123. Februar 1909: 100 cem — 3,5 lo = 3,5 & Zucker, 23.124. A enger. ee 24.125. 2 1909: lo 22 5 le Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 16,62 e. 25. Februar 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 300 & Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 5,8 kg. Gewicht der Leber 238,5 ©. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,77 °/o, Pitration2 a7 95821: Glykogengehalt der Muskeln: „ Polarisation 0,31 °o. ” Hund 16. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 26. Februar 1909: 12,5 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 6. März 1909: 12,0 ke. 2 6. März 1909: 1 © Phloridzin, Tea, nal R 8. ON 5 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage. 6./7. März 1909: 255 eem — 3,6 ''o = 9,18 g Zucker, missen 2,78.4009: BIO ZA, 80 — HA BB, 3.9.. .,11.8909: Als 100 Bas Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 56,34 e. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 231 9. März 1909: 500 g Kabliau, nur teilweise gefressen; mori- bundus. Gewicht des Hundes sofort nach dessen Tod: 10,7 ke. Gewicht der Leber: 391,5 eg. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,00 %o. Erumdek7. Hund mit Kabliaufütterung. Anfangsgewicht am 26. Februar 1909: 7,9 kg. Hungerperiode. Gewicht am 6. März 1909: 6,6 ke. 6. März 1909: 1 e Phloridzin. Te OD RS R ae SlDER> ? Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 6./7. März 1909: 200 ceem — 5,2%o = 10,4 g Zucker, 71900205. 6,300, = 12,91, an Sr 19092260 7... — 8,720 = 22,62, N Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 45,93 g. 9. März 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 400 & Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 6,7 kg. Gewicht der Leber: 181,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,08 °o, e i 3 „ . itrationee aslaslo, Muskeln: „ Polarisation 0,075 /o. ” ” Hund 18. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 28. Februar 1909: 7,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 8. März 1909: 6,3 ke. 8. März 1909: 1 g Phloridzin, 1900] R ee 909211, & Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 8.9. März 1909: 110 cem — 73&e = 83 g Zucker, 00T — EINE 5 } Merle TIL, — 7,80 14,08, R Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 32,47 @. 11. März 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 400 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 6,4 ke. Gewicht der Leber: 178,7 @. 238 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,4 °o, 5 4 ; „ Titration 2,48 Jo, 5 „ Muskeln: „ Polarisation 0,33 /o. Hund 19. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 28 Februar 1909: 5,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 3. März 1909: 5,0 ke. 8. März 1909: 1 g Phloridzin, 0, DSL 5 h ” OS EINEN, 2 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 8.9. März 1909: 190 eem — 5,6 /o = 10,64 & Zucker. 9.10% De 1900- oo ee eo 10.1102, 51009: 205 er 6 ar 2 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 39,3 @. 11. März 1909, 3 Stunden vor der Tödtung: 400 & Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 5,1 kg. Gewicht der Leber: 189,7 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 4,04 /o, M A 5 » Titration 4,28 %/o, Muskeln: „ Polarisation 0,36 °o. ” ” Hund 20. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 3. März 1909: 10,55 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. März 1909: 8,2 ke. 12. März 1909: 1,25 g Phloridzin, laser DIE 3 A IE be: Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 12.13. März 1909: 770” cum — 4,3 je = 3,0108, 13.114. 7,7.7190932807 850%. 523.005 14.192.297 19092108 IN so Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 55,17 g. 15. März 1909, 8 Stunden vor der Tödtune: 600 & Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 8,2 ke. Gewicht der Leber: 210,5 g. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 239 Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 4,04 go: 5 „ s . Mıkraon 4,21 Jo, Muskeln: „ Polarisation 0,47 o. ” ” Hund 21. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 3. März 1909: 11,4 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. März 1909: 9,4 ke. 12. März 1909: 1,25 g Phloridzin, 130 19098 1,08 1 ee Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 12./13. März 1909: 115 cem — 3,6% = 4,17 & Zucker, or 719092325... —7,9%0.— 25,67 , R Deo 1909: 7415 7, 6A = 26,56 , x Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 56,57 g. 15. März 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 600 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 9,7 kg. Gewicht der Leber: 297,5 g: Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,7 °/o, 5 % = „ Titration 2,62 %0, Muskeln: „ Polarisation 0,27 %o. n » Hund 22. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 3. März 1909; 8,3 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. März 1909: 6,1 ke. 12. März 1909: 1,25 g Phloridzin, Se, 5 1437190921257, e Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 12./13. März 1909: 105 cem — 3,9% —= 4,09 g Zucker, 13.14. „ 1909: 20 „ — 81% 19,82 „ N ES 0900295 — 8,8% — 25,096, 5 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 49,87 g. 15. März 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 400 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 6,2 kg. Gewicht der Leber: 179,0 e. | 940 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,01 %o, » » b) » Titration 2,13 Oje, y »„ Muskeln: „ s 0,1520. ° Hund 23)). Hund mit Alkoholeingabe und Kabliaufütterung. Gewicht am 8. März 1909: 10 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. März 1909: 8,9 ke. 12. März 1909: 1,25 g Phloridzin, 18.80, 01909: 125%, 14... 19092925, Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 12./13. März 1909: 90 cem — 5,6 %/o = 5,44 g Zucker, ernennt al . eeeeI 14.15: 7, 19097320772 78290 120,245 (sesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 40,3 g@. 15. März 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 600 e Kabliau. Nicht gefressen! Hund krank. | 19. März 1909: 750 ccm Fleischbrühe und 250 eem Moselwein, Ally 1909 725055 h sun 5 n» ” » ” Hund 24. Hund mit Alkoholeingabe. Gewicht am 14. März 1909: 18,6 kg. Hungerperiode. Gewicht am 21. März 1909: 17,0 ke. 21. März 1909: 1 g Phloridzin, Da LO NIETT. 2 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 21./22. März 1909: kein Harn, ” 2) 22.230001 370 eceem — 6,5 °/o — 25,16 g Zucker, 1.305 — 9,6 %)o —= 29,78 5 < 0 “ ” D) ’ ” ee | 219 De 940 — lol Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage : 71,95 g 24. März 1909, 8 Stunden vor der Tödtung: 500 cem Fleisch- brühe und 500 cem Wein. 1) Hund nicht verwerthet, weil er gestorben ist. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 241 Gewicht vor der Tödtune: 16,7 ke. Gewicht der Leber: 413,0 8. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,35 Io, 2 „ Muskeln: „ s 0,46 lo. Hund 22. Hund mit Alkoholeingabe. Gewicht am 14. März 1909: 9,9 kg. Hungerperiode. Gewicht am 21. März 1909: 9,0 ke. 21. März 1909: 1 g Phloridzin, Fa NIE, 23.441909: 71, 3 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 21./22. März 1909: kein Harn, 22129111909: 1330 cem — 7,3 %/o — 24,09 g Zucker, 124207 „. — 6,996 — 28.08 222 20 5,025 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage 58,69 g. . 24. März 1909 Morgens : 375 ccm Fleischbrühe und 375 eem Wein. Gewicht vor der Tödtung, 24. März 1909: !84 kg. Gewicht der Leber: 235,5 8. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,53 ®o, n e ? „- Titration 1,337 ro, B 9% Muskeln: „ Polarisation 0,48 °/o. ” ” 23.24. „ 1909: | ” Hund 26. Hund mit Alkoholeingabe. Gewicht am 14. März 1909: 9,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 21. März 1909: 7,8 ke. 21. März 1909: 1 g Phloridzin, Da ON ee Ze LONNT 1, a Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 21./22. März 1909: kein Harn, 23.123. „ 1909: 385 eem — 8,7 Yo — 31,89 g Zucker, 23.124. KOT, — 9,3 eo = 17,677, Gesammtzuckerausscheidung 49,56 „ „ ” 242 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 24. März 1909: 250 eem Fleischbrühe und 250 cem Wein per Sonde. Gewicht am 24. März vor der Tödtung: 7,4 kg. Gewicht der Leber: 214,0 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,01 °/o, 5 £ {L „ Titration 1,00 °o, 5 »„ Muskeln: „ Polarisation 0,2 °o. Hund 27. Hund mit Alkoholeingabe. Gewicht am 14. März 1909: 5,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 21. März 1909: 4,4 ke. 21. März 1909: 1 g Phloridzin, 22 III . 23 RN : Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 21.22. März 1909: kein Harn, 22.123. „ 1909: 290 cem — 5,75°/o = 16,67 g Zucker, 128.122 215190922 21057, 227,852 — lb Be (sesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 33,05 g. 24. März 1909: 250 eem Fleischbrühe und 250 eem Wein per Sonde. Gewicht vor der Tödtung am 24. März 1909: 4,3 kg. Ge- wicht der Leber: 151,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,76 °Jo, h „ R litratıon? 220875020: e „ Muskeln: „ Polarisation 0,12 Jo. Hund 28. Hund mit Alkohol und Ammoniumacetateingabe. Gewicht am 27. März 1909: 16,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 3. April 1909: 14,7 ke. 3. April 1909: 1 g Phloridzin, Et 3. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 3./4. April 1909: kein Harn, 4.5. „ 1909: 560 ceem — 4,8°%/o —= 26,88 g Zucker, Sn0. €, 1909: A 7,00) ala Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 64,01 g. ” ” ” $)] ” Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 243 6. April 1909 morgens: 250 ccm Fleischbrühe, 250 eem Wein und 20 g Ammoniumacetat per Sonde. Gewicht am 6. April 1909, am Tage der Tödtung: 13,3 kg. Gewicht der Leber: 451,5 e. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,32 %o, 5 „ Muskeln: ‘, “ 0,35 Yo. Hund 292). Hund mit Alkoholeingabe. Gewicht am 27. März 1909: 11,5 kg. Hungerperiode, Gewicht am 4. April 1909: 9,8 ke. 4. April 1909: 1 g Phloridzin, NT R EICHE Aee x Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 4.15. April 1909: kein Harn, 8./6. „ 1909: 360 ceem — 6,7 lo = 24,12 g. Zucker, Br 19092774200 5,3 Yo —. 22,267, 5 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 46,38 @. 7. April 1909 Morgens: 400 eem Fleischbrühe und 400 eem Wein; nur halb gesoffen. Hund 30. Hund mit Alkoholeingabe. Gewicht am 27. März 1909: 11,2-kg. Hungerperiode. Gewicht am 5. April 1909: 9,0 ke. 5. April 1909: 1 g Phloridzin, De 19091, 5 0909: 1. : Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 3.16. April 1909: 210 cem — 5,30 —= 11,13 g Zucker, DIE, 16,1. 2918 % SID IE Alla , — 5,210 — 2158, 5 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 61,89 g. 8. April 1909 Morgens: 400 cem Wein, 400 cem Wasser per Sonde. Hund total betrunken. 7 Stunden nachher getödtet. Ge- wicht: 8,7 kg. Gewicht der Leber: 271,5 @. 1) Hund eingegangen. 244 Eduard Pflüger und Peter Junkersdort: Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,06 lo, 2 e x „u. itratlonen z2l709jo, & „ Muskeln: „ Polarisation 0,86 °/o, 5 5 % 2 SDtrabon 080 Hund 31. Hund mit Alkoholeingabe. Gewicht am 27. März 1909: 7,2 kg. Hungerperiode. Gewieht am 6. April 1909: 5,5 ke. 6. April 1909: 1 g Phloridzin, TR KENN) SRe LER: = Be ON ES Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 6./7. April 1909: 285 cem — 4,2°%/o — 11,97 g Zucker, 1.18 2.0 19093 0763920 — 26 Er N. en = 2. Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 61,60 g. 9. April 1909 Morgens: 8 Stunden vor der Tödtung: 200 cem Wein und 200 cem Wasser per Sonde. Gewicht am 9. April 1909 vor der Tödtung: 5,0 kg. Gewicht der Leber: 138,5 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,03 °/o, Bon. » e „ Titration 7 209%, » „ Muskeln: „ Polarisation 0,76 °/o, n 5 2 ano. ON „ ”» Hund 32. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 9. April 1909: 11,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 16. April 1909: 10,0 ke. 16. April 1909: 1 g Phloridzin, 170 I 4 182 2 II ® Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 16.17. April 1909: 105 eem — 5,5% — »,1 8 Zucker, Wa — en 9. 5 8.19, 5 ae 700 one E Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 43,88 @. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 245 19. April 1909 getödtet. Gewicht vorher: 9,7 kg. Gewicht der Leber: 258,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,1 °/o, n e = „ Titration 2,205 Jo, . „ Muskeln: „ Polarisation 0,33 °Jo. Hund 33. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 9. April 1909: 7,1 ke. Hungerperiode. Gewicht am 16. April 1909: 6,3 ke. 16. April 1909: 1 « Phloridzin, rn 19095,,,1 lan 1a 90 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 16./17. April 1909: 110 cem — 4,9% —= 5,39 g Zucker, Baar 19097270, „; — 7,8%0 = .21,66 , BER 28909 27,360°, = 5,9 le = 21,14, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 47,59 o. 19. April 1909: Gewicht vor der Tödtung. 6,1 kg. Gewicht der Leber: 237,5 8. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,35 %o, e „ Muskeln: „ & 0,24 0. ” ” ” ” ” u) Hund 34. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 19. April 1909: 8,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 16. April 1909: 7,1 ke. 16. April 1909: 1 g Phloridzin, TINO. „ lose 909:, 1 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 16.117. April 1909: 200 eceem — 6,05% — 12,1 g Zucker, kaes, 1909272807 , — 7,1 la 19,88 „ Ralge 2, 200 IT30 .7 — 6,3 or —19,53,, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 51,51 2. 19. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 6,3 kg. Gewicht der Leber: 170,5 g. | N » » ” ” IA6 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,3 °o, 2 : % „ Titration 2,313 lo, = „ Muskeln: „ Polarisation 0,16 Po. Hund 33. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 9. April 1909: 10,3 kg. Hungerperiode. Gewicht am 16. April 1909: 8,8 ke. 16. April 1909: 1 g Phloridzin, je a NIE N 1a 2 ARIDERUIL. i Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 16./17. April 1909: kein Harn. 17.118. „ 1909: 310eem — 5,9%0 — 18,292 Zucker, Is, 213092 2a oe h ‚Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 37,11 g. 19. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 8,5 ke. Gewicht der Leber: 248,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarısation 1,5 °/o, & 2 R „ Titration 1,52 Jo, n »„ Muskeln: „ Polarisation 0,41 %o. Hund 36. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 12. April 1909: 14,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 19. April 1909: 12,3 ke. 19. April 1909: 1 g Phloridzin, A OIEIE N £ 22 a9 IE e Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. April 1909: 205 ceem — 4,4% — 9,02 & Zucker, Ne Re = One 5 21.122. 7 22.319092 23075 1,3, —16.790% R Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 49,26 g. 22. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 11,8 ke. Gewicht der Leber: 357,5 @. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 24 [I Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,61 °/o, B h x »„ Titration 2,63 Yo. R »„ Muskeln: „ Polarisation 0,6 °o. Trockensubstanz der Leber: 28,4°/o. Fettgehalt der Leber: 9,6 %o. Hund 37. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 12. April 1909: 5,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 19. April 1909: 4,4 ke. 19. April 1909: 1 g Phloridzin, 20.0 N 21. 1909: 1 , # Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. April 1909: 90 eem — 4,2 %/o = 3,78 g Zucker, 202212 77,719092 240, „ —.1,3 1 —: 17,52 50 32; 20 220,0.4:.1909:5290, ,, ..— 16,8,%/0. —. 19,92 15 , Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 41,02 g. 22. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 3,9 ke. Hund sehr fett. Gewicht der Leber: 131,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,67, ee » Muskeln: „ . 0,41. Hund 38. ” Hund ohne Nahrung. Gewicht am 12. April 1909: 9,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 19. April 1909: 7,8 ke. 19. April 1909: 1 g Phloridzin, Ze SE LE Be A 21. 190921, E Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. April 1909: 120 ecem — 3,4%o = 4,08 g Zucker, O2 N L900E2EO 7, 77,9 212, an, 22 7. 19097273. .,. — eier er Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 48,47 @. 22. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 7,5 kg. Gewicht der Leber: 208,0 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2.29 %o, % r 5 ... „Bikration 2.32.17. 910, » „ Muskeln: „ Polarisation 0,4 °o. Trockensubstanz der Leber: 30,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 14,9 /o. N» 248 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Hund 39. Hund ohne Nahrung: Gewicht am 12. April 1909: 8,0 kg. Hungerperiode. Gewicht. am 19. April 1909: 7,0 ke. z 19. April 1909: 1 g Phloridzin, 20.0 21900 a 2, a EIN GE TL, e B Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. April 1909: 340 cem — 558 %/o —= 19,72 g Zucker, 202212 2, 531909 ZA 00 WITT 21912222, 231909: 2 22002 56,8.2005 OS Gesammtzuckerausscheidung während der Pblorizindtage: 54,77 g. 22. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 6,6 kg. Hund fett. Gewicht der Leber: 269,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,27 °/o, 1 „ Muskeln: „ , 033 90; Trockensubstanz der Leber: 33.2 o. Fettgehalt der Leber: 42,6 Ya Hund 40, Hund ohne Nahrung. Gewicht am 13. April 1909: 6,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 20. April 1909: 4,9 ke. 20. April 1909: 1 g Phloridzin, al. aa, E DO O0 2 Gewicht am 23. April 1909 vor der Tödtung: 4,3 kg. Gewicht der Leber: 160,5 2. | Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,07 °Jo, has „ Muskeln: „ 3 0,13 9. Trockensubstanz der Leber: 32,06 °/o. Fettgehalt der Leber: 14,86 /o. Hund 4l. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 13. April 1909: 8,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 20. April 1909: 6,9 ke. | 20. April 1909: 1 g Phloridzin, 2, 1909: 1, 2 at 1909: 1 „ 2 9» ” Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 249 Gewicht am 23. April 1909 vor der Tödtung: 6,6 kg. Gewicht der Leber: 209,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,07 °/o, 4 3 A ev olitrabione 2 2aens E »„ Muskeln: „ Polarisation 0,26 Po. Trockensubstanz der Leber: 32,6 °/o. Fettgehalt der Leber: 27,39 °/o. Hund 22. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 13. April 1909: 10,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 20. April 1909: 9,2 ke. 20. April 1909: 1 g Phloridzin, ZU O0 TE, 4 Ba 909 17, 5 Gewicht am 23. April 1909 vor der Tödtung: 8,7 kg. Gewicht der Leber: 211,5 eg. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,81 /o, 2 : # „ Eitratione 22602108 5 „ Muskeln: „ Polarisation 0,19 lo. Trockensubstanz der Leber: 23,3 °/o. Fettgehalt der Leber: 23,7 °/o. £ Hund 43. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 13. April 1909: 18,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 20. April 1909: 16,4 ke. > 20. April 1909: 1 g Phloridzin, Ale 1909 1; h 22, EEE pe L Gewicht am 23. April 1909 vor der Tödtung: 15,7 kg. Gewicht der Leber: 451,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,02 %/o, x e x „ Ranone 73,150 e „ Muskeln: ,„ Polarisation 1,07 °/o, Trockensubstanz der Leber: 36,4 °/o. Fettgehalt der Leber: 45,39 %/o Hund 44. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 14. April 1909: 6,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 21. April 1909: 5,8 kg. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 17 2350 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 21. April 1909: 1 g Phloridzin, 22.02, OO 2 Br SEO 5 23. „1909: Abends 50 g Schweineschmalz, 24. „ 1909: Morgens 0 , 5 Gewicht am 24. April 1909 vor der Tödtung: 5,5 kg. Hund fett. Gewicht der Leber: 203,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,08 °/o, h „ Muskeln: „ “ 0,22 %o. Trockensubstanz der Leber: 36,4 °/o. Fettgehalt der Leber: 45,39 %/o. Hund &. Hund mit Schmalzfütterung. Gewicht am 14. April 1909: 5,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 21. April 1909: 4,0 ke. 21. April 1909: 1 g Phloridzin, Da UIE ER 3 B 23 5 Gewicht 3,9 kg, 23. „1909: Abends 50 g Schweineschmalz, 24. 7,9097 Morgens’ 507, „ 24. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 3,9 kg. Gewicht der Leber: 133,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,05 °/o, ” b)] Muskeln: „ 9 0,17 0/0. Hund 46. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 14. April 1909: 7,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 21. April 1909: 5,3 ke. 21. April 1909: 1 g Phloridzin, Bar OO 5 Da 25: NEE & Gewicht 5,4 kg, 23. „1909: Abends 50 g Schweineschmalz, 24. „1909: Morgens 50 „ h 24. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 5,4 kg. Gewicht der Leber: 159,5 g. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 251 Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,42 °o, e „ Muskeln: „ Polarisation 0,28 %o. Trockensubstanz der Leber: 33,0 °/oe. Fettgehalt der Leber: 26,52 %o. Hund 47. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 24. April 1909: 14,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 21. April 1909: 12,8 kg. 21. April 1909: 1 g Phloridzin, FE NS RS R De, 23. April 1909 Abends: 100 g Schweineschmalz. 24. „ .1909 Morgens: 100 „ R 24. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 12,4 kg. Hund fett. Gewicht der Leber: 245,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,06 °/o, a „ Muskeln: „ $ 0,46 °o. Trockensubstanz der Leber: 37,116 °/0. Fettgehalt der Leber: 48,8 Jo. Hund 48. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 15. April 1909: 4,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 22. April 1909: 5,5 ke. 22. April 1909: 1 g Phloridzin, Zoe rl: 1... ul. es a SE u Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 22.123. April 1909: 195 cem — 4,800 = 9,36 g Zucker, ZA TE, — 6,3 1er — 17,017, Be 2a 090930, —- 5,940 — 1829 1 R Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 44,06 g 24. April 1909 Abends: 50 g Schweineschmalz, 29.022190977Morgens: 507, # 25. April 1909: Gewicht vor der Tödtung 3,2 kg. Gewicht der Leber: 160,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,07 Jo, 5 „ Muskeln: „ h 0,04 Po. Trockensubstanz der Leber: 32,82 °/o. Fettgehalt der Leber: 32,96 %/o. iifa0 ” » ” Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Hund 49. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 15. April 1909: 5,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 22. April 1909: 4,2 ke. 22. April 1909: 1 g Phloridzin, 23. 0 2400 ID Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: | 22.123. April 1909: 265 eem — 3,9% — 10,33 g Zucker, Ben 5 IND et - 24120 SITE or N Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 41,57 g. 24. April 1909 Abends: 50 g Schweineschmalz, 2 IHNMorsens-#o0 25. April 1909: Gewicht vor derTödtung 4,0 kg. Gewicht der Leber: 190,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,05 %/o, E "Muskeln: >; N 0,09%. Trockensubstanz der Leber: 38,932 %/0. Fettgehalt der Leber: 51,25 %o. $)] ” N » r)] ” Hund 80. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 15. April 1909: 10,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 22. April 1909: 93 ke. 22. April 1900: 1 g Phloridzin, 23.00 190910 ee ONE ie Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: ..22.123. April 1909: 210 ceem — 5,5°/o = 11,13 g Zucker, Bau IE. a el x 242 SIE 5er lo r Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 45,19 g. 24, April 1909 Abends: 75 g Schweineschmalz, 23) 5: 1909: Morgens: 75 , 25. April 1909:. Gewicht. vor der Tödtung 9,0 .kg. Gewicht der Leber: 252,5 @. B)] ” $)] Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 253 Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,03 °o, » D) D) » Titration 1,06 Oo, » „ Muskeln: „ Polarisation 0,86 °o, Trockensubstanz der Leber: 31,2°/o. Fettgehalt der Leber: 14,76 Jo. Hund 51. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 27. April 1909: 5,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 4. Mai 1909: 4,1 kg. 4. Mai 1909: 1 g Phloridzin, DON: 5 6. 1E0S)E E Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 4.5. Mai 1909: 110 eem — 4,8°/o — 5,23 g Zucker, So. 11909572900, 2 — 6,3, lo, — 18,27 } 2 Orr 65 NZ 13,97, & Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 37,57 @. 7. Mai 1909: 8 Stunden vor der Tödtung 400 g Kabliau. Ge- wicht vor der Tödtung: 4,0 ke. Gewicht der Leber: 122,5 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,05 °/o, s »„ Muskeln: „ e 0,12 %0. ” Hund 22: Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 27. April 1909: 9,3 kg. Hungerperiode. Gewicht am 4. Mai 1909: 8,1 ke. 4. Mai 1909: 1 g Phloridzin. Da 09 FT. ., ; rel! , x Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 4.5. Mai 1909: 120 eem — 5,1°/'o = 6,12 g Zucker, 502, 19092 31, —- 55h = 0, 5 6.17. ,.1909: 250°. — 5,9% = 14,75, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 37,92 g. 7. Mai 1909: 8 Stunden vor der Tödtung 400 g Kabliau. 7. Mai 1909: Gewicht vor der Tödtung 7,9 kg. Hund fett! Ge- wicht der Leber 255,0 eg. {=} 354 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 4,48 °/o, R e k » . Titration 4,44%, ; » Muskeln: „ Polarisation 0,35 ®/o. Trockensubstanz der Leber: 29,3 °/e. Fettgehalt der Leber: 20,22 %,. Hund 53. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 27. April 1909: 7,8 kg. Hungerperiode. Gewicht am 4. Mai 1909: 6,5 ke. | 4, Mai 1909, 1 g Phloridzin, LS Le e DLR, 5 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 4.5. Mai 1909: 95 cem — 5,9 %/o = 5,60 g Zucker, 3 5 = an = N, N 5 ENDEN. — On == ar, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 38,40 g. 7. Mai 1909 morgens: 8 Stunden vor der Tödtung 400 g Kabliau. 7. Mai 1909: Gewicht vor der Tödtung 6,4 kg. Hund mager! Gewicht der Leber: 244,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,76 °o, 3 5 @ „ .- Titration 2,79 %o, n „ Muskeln: „ Polarisation 0,21 °o. Trockensubstanz der Leber: 28,0 °o. Fettgehalt der Leber: 17,06 P/o. Hund 54. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 27. April 1909: 13,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 4. Mai 1909: 11,1 kg. 4. Mai 1909: 1 g Phloridzin, 5. 1909: 1 „, s ”» 0,4 22909175 2 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 4./5. Mai 1909: 230 cem — 4,5 %/o = 10,35 & Zucker, 516. 5 19097340 25 —— 5,0. %lo.— 19,04,2 ı, 6: 4,1909: 380 u, 558.00, —122:04), 0% Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 51,43 @. &) Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 255 7. Mai 1909 Morgens: 8 Stunden vor der Tödtung 400 g Kabliau. 7. Mai 1909: Gewicht vor der Tödtung 10,9 kg. Hund sehr fett! Gewicht der Leber: 337,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,68 °/o, ß R 5; Sn Bitrationz 642203 2 „ Muskeln: „ Polarisation 0,16 °/o. Troekensubstanz der Leber: 27,8 °o. Fettgehalt der Leber: 27,75 %/o. Hund 55. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 28. April 1909: 5,1 ke. Hungerperiode. Gewicht am 5. Mai 1909: 4,4 kg. 5. Mai 1909: 1 g Phloridzin, Da, TEN 5 7,1909: 2, 5 8. Mai 1909 Morgens: 3 Stunden vor der Tödtung 400 & Kabliau. S. Mai 1909: Gewicht vor der Tödtung 4,3 kg. Hund fett! Gewicht der Leber: 213,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,87 °/o, n n g u neliisrationee 1. 9100/o, ” » Muskel: „ Polarisation 0,38 %/o, Trockensubstanz der Leber: 43,5 ®/o. Fettgehalt der Leber: 64,77 /o. Hund 56. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 28. April 1909: 11,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 5. Mai 1909: 10,2 ke. 5. Mai 1909: 1 « Phloridzin, er DRS h 900 1 8. Mai 1909: 8 Stunden vor der Tötung 400 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 10 kg. Gewicht der Leber: 303,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,78P/o, & f 5 „. Titration 2,75 °o, 5 „ Muskeln: „ Polarisation 0,24 o. Trockensubstanz der Leber: 28,20. Fettgehalt der Leber: 14,13 %o. 2356 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Hund 97. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 28. April 1909: 15,6 kg. Hungerperiode. Gewicht am 5. Mai 1909: 13,4 kg. 5. Mai 1909: 1 g Phloridzin, BEA ORT, 5 TEN, a 8. Mai 1909: 8 Stunden vor der Tödtung 400 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 13,2 kg. Gewicht der Leber: 340,5 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,45 °/o, h * E „ Titration 3,46 °/o, f „ Muskeln: „ Polarisation 0,49 %o. Trockensubstanz der Leber: 29,5 °/o. Fettgehalt der Leber: 14,74 %o. Hund 58. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 4. Mai 1909: 6,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 11. Mai 1909: 4,9 ke. 11. Mai 1909: 1 g Phloridzin, 20022 2190927.117% » IB O0IERENT = Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 11./12. Mai 1909: 105 cem — 6,3%o = 7,14 8, Won, a0 ee Sy ISIN arte Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 38,00 @. 14. Mai 1909: Gewicht vor der Tödtung 4,6 kg. Gewicht der Leber: 130,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,3 °/o, „ Muskeln: „ Polarisation 0,03 Jo. ” Hund 59. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 4. Mai 1909: 12,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 11. Mai 1909: 11,0 ke. 11. Mai 1909: 1 g Phloridzin, BETRITT, 5 13... 5 Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 257 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 11./12. Mai 1909: 155 cem — 6,3°'o = :9,76 g Zucker, ale, , . NI09E 7280 — 7,1% >= 21,8 Ele 19095 25 8,090 = 17,2 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 48,76 g. 14. Mai 1909: Gewicht vor der Tödtung 9,2 kg. Gewicht der Leber: 255 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,20 °/o, n N N „ Titration 1,23 %/o, 5 „ Muskeln: „ Polarisation 0,53 %o. Trockensubstanz der Leber: 23,5°/o. Fettgehalt der Leber: 25,95 °/o. » ” „ ” Hund 60. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 4. Mai 1909: 4,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 11. Mai 1909: 3,4 kg. 11. Mai 1909: 1 < Phloridzin, lee Io 19092 1 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 11.12. Mai 1909: 85 ecem — 7,6% = 6,4 & Zucker, ala, .319097 210 , :— 6,8% = 1428 , AT ar — 10,18, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 30,80 g. 14. Mai 1909: Gewicht vor der Tödtung 3,0 kg. Gewicht der Leber: 111 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,56 /o, 2 „ Muskeln: „ a 0,20 lo. » 2 ” » ” » Hund 61. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 4. Mai 1909: 15,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 11. Mai 1909: 12,7. 11. Mai 1909: 1 g Phloridzin, 1220,00, r far... 1909: 1 er) ” 258 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 11./12. Mai 1909: 200 ceem — 5,9% —= 11,8 g Zucker, ner 2 leer 270 ee NN > ann 180er 180, — 9 = 15, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 47,08 8. 14. Mai 1909: Gewicht vor der Tödtung 12,0 kg. Gewicht der Leber: 388,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,080. f 3 a „ Titration 2jul60)0, R „ Muskeln: „ Polarisation 0,41 o. Trockensubstanz der Leber: 27,5 %0. Fettgehalt der Leber: 18,27 Jo. ” ” Hund 6%. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 5. Mai 1909: 9,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. Mai 1909: 8,3 ke. 12. Mai 1909: 1 g Phloridzin, Bus ODE e 1, A, 5 Gewicht am 15. Mai 1909 vor der Tödtung: 7,9 kg. Gewicht der Leber: 250,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,30 %o, N * 5 ST Hltrabiongs Res & „ Muskeln: „ Polarisation 0,29 %o. Trockensubstanz der Leber: 29,5 %/o. Fettgehalt der Leber: 39,6 %o. Q Hund 69. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 5. Mai 1909: 4,6 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. Mai 1909: 3,9 ke. | 12. Mai 1909: 1 g Phloridzin, Os = 142.x,,,81909: 217, ’ Gewicht am 15. Mai 1909 ‚vor der Tödtung: 3,5 kg. Gewicht der Leber: 168,0 g. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 259 Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,99 °/o, # a e. er Titrabron 1,162 %o, R „ Muskeln „ Polarisation 0,19 °/o. Trockensubstanz der Leber: 24°/o. Fettgehalt der Leber: 35,76 °o. Hund 64. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 5. Mai 1909: 17,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. Mai 1909: 15,4 ke. 12. Mai 1909: 1 g Phloridzin, a, SD ä oe ; _ Gewicht am 15. Mai 1909 vor der Tödtung: 15,0 kg. Gewicht der Leber: 431,0 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,08 %/o, n R & „.- Titration? 2,1210/0, e „ Muskeln: „ Polarisation 0,27 /o. Trockensubstanz der Leber: 24,5 °/o0. Fettgehalt der Leber: 20,51 %o. Hund 6. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 11. Mai 1909: 3,4 kg. Hungerperiode. Gewicht am 18. Mai 1909: 2,8 ke. 18. Mai 1909: 1,0 g Phloridzin, 1925.13092.0,5 , au 1909: 0,5 , i Gewicht vor der Tödtung am 21. Mai 1909: 2,5 kg. Hund fett. Gewicht der Leber: 103 g Ds aneehalt; der Leber: durch Polarisation 1,02 %o, 2 3 hs „. Titration 71:02:90, : „ Muskeln: „ Polarisation 0,05 P/o. Trockensubstanz der Leber: 31,60 °/o. Fettgehalt der Leber: 12,48 /o. ” Hund 66. Hund ohne Nahrung. - Gewicht am. 11. Mai 1909: 7,5 ke. inseeidee Gewicht am 18. Mai 1909: 6,4 ke. 260 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 18. Mai 1909: 1 g Phloridzin, ea Ella uns ® PU ON IEREE e Gewicht am 21. Mai 1909 vor der Tödtung: 6,4 ke. Gewicht der Leber 176,0 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,40 °/o, : us R „ Titration 1,39%, 1 »„ Muskeln: „ Polarisation 0,1 °o. Hund 67. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 11. Mai 1909: 8,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 18. Mai 1909: 7,3 kg. 18. Mai 1909: 1 g Phloridzin, 19. A NOUON RES 3 202 PIE R Gewicht am 21. Mai 1909 vor der Tödtung: 6,9 kg. Gewicht der Leber: 135 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,81 /o, X = 5 » Bitrationg Sl#s5lo: s „ Muskeln: „ Polarisation 0,12 /o. Hund 68. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 11. Mai 1909: 7,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 18. Mai 1909: 6,7 kg. 18. Mai 1909: 1 g Phloridzin, 19.0, SRO09ES1 % R ae RD a Gewicht am 21. Mai 1909 vor der Tödtung: 6,3 kg. Gewicht der Leber 219,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,0 /o, 2 N y „ Titration 0,995%0, Muskeln: „ Polarisation 0,3 o. ” » Trockensubstanz der Leber: 38,55 °/o. Fettgehalt der Leber: 52,09 %o. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 261 Hund 69. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 12. Mai 1909: 5,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 19. Mai 1909: 4,5 ke. 19. Mai 1909: 1 g Phloridzin, 20 2 21909:41, , g ale 1909-1, a Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage. 19./20. Mai 1909: 110 cem — 6,9%o = 7,5 gZucker, 202 2251909: 20, — 7,30 —. 8,16 5, & or, 1909: TS, —- 17,6 Yo =18,30, „ 5 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 29,65 g@. Gewicht am 22. Mai 1909 vor der Tödtung: 4,2 ke. Gewicht der Leber: 141 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,93 °/o, 2 5 5 „ = Titration? = E92; Muskeln: „ Polarisation 0,97 °/o. ” n Hund ”. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 12. Mai 1909: 7,8 kg. Hungerperiode. Gewicht am 19. Mai 1909: 6,9 ke. 19. Mai 1909 Morgens 6 Uhr: 40 sg Schweineschmalz, (m) R IR 1 @,, Ehloridzin, ale 271909 n 6 „40 „ Schweineschmalz, = 10, ., 1 „ Phloridzin, N) R 6 „40 „ Sehweineschmalz, S ION >. 1 „ Phloridzin, 22.1909 : 6 „40 „ Schweineschmalz. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. Mai 1909: 250 cem — 3%o = 7,5 g Zucker, 2022... 190972107 7, — 4,290 = 17227, & RD Sue, 5,6402 SIrhkr2 in, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage 42,36 @. Gewicht am 22. Mai,1909 vor der Tödtung: 6,5 kg. Gewicht der Leber.: 220,5 g. 262 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation: 0,054 %o, m „ Muskeln: „ e 0,25 %o. Trockensubstanz der Leber: 30,4 °/o. Fettgehalt der Leber: 42,69 lo. Hund 71. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 12. Mai 1909: 7,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 19. Mai 1909: 6,2 ke. 19. Mai 1909 Morgens 6 Uhr: 40 g Schweineschmalz, u IKeS 1 „ Phloridzin, AD, 5.108) " 6 „. 40 „ Schweineschmalz, h lee 7 Bhlondzin, Ale 5. 11009) 3 6 „40 „ Schweineschmalz, 24 10,3; 1 „ Phloridzin, 22,01909 5 6 „40 „ Schweinescehmalz. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19.120. Mai 1909: 95 eem — 8,7 Yo = 8,26 g Zucker, An El re = 2 2 IE DEE 107 Dos 2 Sr Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage 47,14 g. Gewicht am 22. Mai 1909 vor der Tödtung: 5,8 kg. Gewicht der Leber: 199,0 eo. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,096 %o, x „ Muskeln: „ a 0,19 %o. Trockensubstanz der Leber: 41,4 °/o. Fettgehalt der Leber: 42,56 %o. Hund 72. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 12. Mai 1909: 11,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 19. Mai 1909: 9,6 ke. 19. Mai 1909 Morgens 6 Uhr: 70 g Schweineschmalz, n OLE, 1 „ Phloriazin, 202321909 A 6 „70 „ Schweineschmalz, 5 Wr, 17, Ehlozidzin, 21. FR N 6 „70 „ Schweineschmalz, E 107 2, 2717, #Ehleridzin; 22 2 OO 6 „70 „ Sehweineschmalz. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 263 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 19./20. Mai 1909: 115 eem — 7,3 0Y/'o = 8,395 & Zucker, Zen = 5,1 %0 = 19,38 ale. „1909: 270°, — 78% = 197 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 47,48 g. Gewicht am 22. Mai 1909 vor der Tödtung: 9,1 kg. Gewicht der Leber: 229,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,07 °o, & »„ Muskeln: „ 2 0,25 90, -Trockensubstanz der Leber: 37,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 41,07 °/e. ” ” ” ” Hund 73. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 16. Mai 1909: 5,1 kg. Hungerperiode. Gewicht am 23. Mai 1909: 4,4 ke. 23. Mai 1909 Morgens 6 Uhr: 30 g Schweineschmalz, R 10, 1 „ Phloridzin, 221909 i 6 „30 „ Schweineschmalz, 2 IOME , 1 „ Phloridzin, 25. „ 1909: Hund krank, 26. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 23.24. Mai 1909: kein Harn. 24.125. „ 1909: 280 cem — 6,0 Yo = 16,8 g Zucker, Do One, 17,300 — 18,617, Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage 38,51 @. Gewicht am 26. Mai 1909: vor der Tödtung 4,1 kg. Gewicht der Leber: 148,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,08 °/o, x »„ Muskeln: „ r 0,17 lo. „ 1909 Morgens 6 Uhr: 30 g Schweineschmalz. ” Hund 74, Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 16. Mai 1909: 6,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 23. Mai 1909: 5,6 ke. 23. Mai 1909 Morgens 6 Uhr: 30 g Schweineschmalz, 101,2 1739 /Rhloridzin, ” 264 Eduard Pflüger und Peter Junkersdort: 24. Mai 1909 Morgens 6 Uhr: 30 g Schweineschmalz, a. I Ehlonidzin, 29..,05011909 e 6 „30 „ Sehweineschmalz, Sn OT; 17 „Bhleridzin, 200050100 ® 6 „30 „ Schweineschmalz. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 23.124. Mai 1909: kein Harn. 24.125. „ 1909: 360 eceem — 4,9%o = 17,64 & Zucker, 2,2 „ KT. — an = a € Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage 41,53 g. Gewicht am 26. Mai 1909 vor der Tödtung: 5,4 ke. Gewicht der Leber: 192,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,03 °o, 5 „ Muskeln: „ 2 0,11 %/o. Trockensubstanz der Leber: 44,4 %o. Fettgehalt der Leber: 61,8 °o. ” Hund 75. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 16. Mai 1909: 7,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 23. Mai 1909: 6,8 ke. 23. Mai 1909 Morgens 6 Uhr: 40 & Schweineschmalz, RT 1 „ Phloridzin, Ba. 1808 2 6 „40 „ Schweineschmalz, a LO 1 „ Phloridzin, 200:1909 h 6 „40 „ Schweineschmalz, I 1 „ Phloridzin, 2, 1809 n 6 „40 „ Schweineschmalz. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 23.124. Mai 1909: kein Harn. 24.125. „ 1909: 295 eem — 5,4 %/o — 15,93 g Zucker, 22 . EN „ — de = 2, N Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage 39,05 g@. Gewicht am 26. Mai 1909 vor der Tödtung: 6,4 kg. Gewicht der Leber 226,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,07 /o, 5 „ Muskeln: „ e 0,13 %/o. Troekensubstanz der Leber: 35,80 Oo. Fettgehalt der Leber: 42,59 lo. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 26 SR Hund 76. Hund mit Kabliaufütterune. Gewicht am 17. Mai 1909: 5,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 24. Mai 1909: 4,5 ke. 24. Mai 1909: 1 g Phloridzin, Zoe 199: 2% —. den 27. Mai 1909 Morgens S Stunden vor der Tödtung: 400 g Kabliau. Gewicht am 27. Mai 1909 vor der Tödtung: 4,5 kg. Gewicht der Leber: 177,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,33 %o, i x R „. ahtrauion 1,44 9/0, a » Muskeln: „ Polarisation 0,35 Po. Trockensubstanz der Leber: 29.22 %0. Fettgehalt der Leber: 26,41 %o. ” ” Elend 27. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 17. Mai 1909: 6,1 ke. Hungerperiode. Gewicht am 24. Mai 1909: 5,1 ke. 24. Mai 1909: 1 e Phloridzin, a KEN PB ENINITL, 4 27. Mai 1909 Morgens 8 Stunden vor der Tödtunge: 400 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 5,1 kg. Hund mager. Gewicht der Leber: 224,5 @. \ Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,74 °Jo, 1 2 n . Ditwationg se le753.0jos R „ Muskeln: ,„ Polarisation 0,42 °. Trockensubstanz der Leber: 30,7 /o. Fettgehalt der Leber: 30,9 %o. ” Hund 78. Hund mit Kabliaufütterune. Gewicht am 17. Mai 1909: 8,1 kg. Hungerperiode. Gewicht am 24. Mai 1909: 7,1 ke. 24. Mai 1909: 1 g Phloridzin, 28. „ EN E | Ela00. 1. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 18 366 Eduard Pflüger und Peter Junkersdort: 27. Mai 1909 Morgens 8 Stunden vor der Tödtung: 400 g Kabliau, wovon 280 g gefressen. Gewicht vor der Tödtung: 7,3 kg. Hund fett! Gewicht der Leber: 312,0 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,54 /o, 3 R 5 Se Ditratons ne x » Muskeln: „ Polarisation 0,28 /o, 5 des Gehirns: „ x 0,0617 ®/o. Trockensubstanz der Leber: 28,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 28,64 Jo. Hund 79. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 30. Mai 1909: 4,6 kg. Hungerperiode. Gewicht am 6. Juni 1909: 3,6 ke. 6. Juni 1909: 1 g Phloridzin, de, edoja ik | Sr 0 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 6./7. Juni 1909: 105 eem — 4,8 Yo — 5,04 g, 7. IE Er ol a eu. Kos 1), = In = br - Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 22,48 g. 9. Juni 1909 Morgens 6 Uhr: 400 & Kabliau. 9. Juni 1909 Gewicht vor der Tödtung: 3,7 kg. Gewicht der Leber: 141,2 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,80 °/o, 5 4 E „ Titration 1,82 lo, E » Muskeln: „ Polarisation 0,27 Jo, ” ” Hund 8. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 30. Mai 1909: 4,6 kg. Hungerperiode. Gewicht am 6. Juni 1909: 3,7 ke. 6. Juni 1909: 1.g Phloridzin, 7.20 ae SU ONE AR: A Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 6./7. Juni 1909: 135 ecem — 4,1% = 5,53 g Zucker, ni. EB. „= RR Se HD oe e Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 29,09 @. ” ” Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 267 9. Juni 1909 8 Stunden vor der Tödtung: 400 g Kabliau (266 g gefressen). Gewicht vor der Tödtung: 3,6 kg. Gewicht der Leber: 133,0 ®. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,94 %o, 4 2 R » ‚Titration 71,920, & „ Muskeln: „ Polarisation 0,51 °/o. Hund 31. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 30. Mai 1909: 6,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 6. Juni 1909: 5,2 kg. 6. Juni 1906: 1 & Phloridzin, Teer, 1909 1 SOON Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 6.7. Juni 1909: 181 cem — 5,0% —= 9,05 g Zucker, 10090 75,8 — 11,897 Ir 190971957, 38,5%, — 16,57 „ Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 37,52 @. 9. Juni 1909 morgens 8 Stunden vor der Tödtung: 400 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 5,0 kg. Gewicht der Leber: 173.0) 2. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,87 °/o, r 5 8 ns ihinaoem > 9322j0: R „ Muskeln: „ Polarisation 0,23 %o. Trockensubstanz der Leber: 33,76 %0. Fettgehalt der Leber: 38,5 lo. ” ” » ” b)] » Hund 2. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 30. Mai 1909: 14,0 kg. Hungerperiode. Gewicht ame 6: Jun 1909: 11, 9>ke: 6. Juni 1909: 1 g Phloridzin, 1909 ar, BE, ‚u1909: I, ” ” 268 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 6./7. Juni 1909: 210 eceem — 3,7% = 7,77 & Zucker, 71J8 „. 1909: 308 „ — 4,9% — 14,94, 5 eu EI ED > Len — 2a Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 44,94 g. ”» 9. Juni 1909 morgens 3 Stunden vor der Tödtung: 400 g Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 11,4 kg. Gewicht der Leber: 372,0 8. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,40 /o, e N 2 latrationzatse h „ Muskeln: „ Polarisation 0,19 /o. Trockensubstanz der Leber: 29,2°/o. Fettgehalt der Leber: 12,92 %0. Hund 3. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 2. Juni 1909: 6,4 kg. Hungerperiode. Gewicht | am 9. Juni 1909: 5,3 ke. 9. Juni 1909: 1 g Phloridzin, 1a ON ee I I I R Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 9.110. Juni 1909: 130 cem — 4,9°%/o = 6,37 g Zucker, aa, ee ehe eh, e un, 7, Jel9aısl , — 880 = 12485 Ki Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 31,21 g. 12. Juni 1909 morgens 8 Stunden vor der Tödtung: 400 & Kabliau (210 g gefressen). Gewicht vor der Tödtune: 5,1 kg. Ge- wicht der Leber: 202,5 eg. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,85 °/o, h a 2 2 SDitrationes 085108 = „ Muskeln: „ Polarisation 0,29 Jo. Trockensubstanz der Leber: 37,40. Fettgehalt der Leber: 44,06 °o. Hund 34. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 2. Juni 1909: 9,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 9. Juni 1909: 8,7 ke. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 269 9. Juni 1909: 1 g Phloridzin, 1,5, elle : ale ne I ONOR en Bere e Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 9.10. Juni 1909: 115 eem — 5,7°lo = 6,55 & Zucker, OB 2 1009er 756.980. — 242, R IN al Nasa Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 32,29 g. 12. Juni 1909 8 Stunden vor der Tödtung: 400 e Kabliau. Ge- wicht vor der Tödtung: 8,7 kg. Gewicht der Leber: 253,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,01 °o, A 4 e „ Titration 2,99 9 0, Muskeln Polarisation 0,25 %o. ” » ” Trockensubstanz der Leber: 27,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 19,30 %o. Hund 3. Hund mit Kabliaufütterune. Gewicht am 2. Juni 1909: 9,0 ke. Huneerperiode. Gewicht am 92 Juni 1909: 7,7 ke. 9. Juni 1909: 1 e Phloridzin, 1. Ds alcae e Ile, 71909: 1y, e Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 9.110. Juni 1909: 155 cem — 48 °%o —= 7,44 & Zucker, HOPE 909 5, — 11.8, 2 1128 ,221909:,290 5 == 6,0905 17,407, 5 Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridzintage: 36,65 @. 12. Juni 1909 morgens 8 Stunden vor der Tödtung: 400 e Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 7,6 ke. Gewicht der Leber: 243,5 eg. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,11 °/o, rt = e „. Ritratione2 3,18% Muskeln: „ Polarisation 0,40 %o. Fettgehalt der Leber: 29,15 %/o. ” ”» Troekensubstanz der Leber: 32,70 o. Hund 86. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 2. Juni 1909: 14.0 ke. Hungerperiode. Gewicht am 9. Juni 1909: 12,2 ke. 270 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 9. Juni 1909: 1 2 Phloridzin, Ws. IN n 1.909 e Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 9./10. Juni 1909: 205 eem — 3,80%o = 7,79 g Zucker, 10.4. , 19009260777 —76,520, — 16,902, a 142112. 5 1909 FO 720 N Gesammtzuckerausscheidung während der Phloridziutage: 39,60 g. 12. Juni 1909 Morgens 8 Stunden vor der Tödtung: 400 & Kabliau. Gewicht vor der Tödtung: 11,9 kg. Gewicht der Leber: 454,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 4,13 %o, a aaleh3 r „. Titration 4,21 %o, x „ Muskeln: „ Polarisation 0,22 Jo. Trockensubstanz der Leber: 28,9 °o. Fettgehalt der Leber: 15,5 Jo. Hund 8. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 13. Juni 1909: 6,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 20. Juni 1909: 5,9 ke. 20. Juni 1909 Morgens 6 Uhr 40 g Schweineschmalz, , ler» 1 „ Phloridzin, 21% 2071909 n 6 „ 40 „ Schweineschmalz, 4 072,222, Bhloridzin 2, 1808) 5 6 „. 40 „ Schweineschmalz, R ID, A, normal, 230051909 : 6 „. 40 „ Schweineschmalz. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 20./21. Juni 1909: kein Harn, 21.122. „ 1909: 225 cem — 5,49°/o — 12,35 g Zucker, 22.102832 ...,1909: a7, 23,62 —E 10,077, & Harn aus der Blase von Hund 37, 88, 89 und 90: 800 eem — 1,370 = 11,96 g. Gesammtzuckerausscheidung:: Mittelwert von 87—90 pro Kilogramm Tier 5,36 g. 23. Juni 1909 Nachm. 2 Uhr getödtet. Gewicht der Leber: 193,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,54 °o, R „ Muskeln: „ s 0,13 %o. Trockensubstanz der Leber: 35,8%. Fettgehalt der Leber: 40,70 %o. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. Dal. Hund SS. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 13. Juni 1909: 5,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 20. Juni 1909: 4,6 ke. 20. Juni 1909 Morgens 6 Uhr: 40 & Schweineschmalz, URN, 1 „ Phloridzin, ae. 1909 R 6 „40 „ Schweineschmalz, Du ON A, 1 „ Phloridzin, DI 1909 R 6 „40 „ Sehweineschmalz, a 1 „ Phloridzin, 2a 1909 E 6 „40 „ Schweineschmalz. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 20./21. Juni 1909: 140 eceem — 3,94 °%/o = 5,516 g Zucker, Amar 1190972005 — 5,149j, — 10,285 e a OOIT2I5 +. —- 05 =. 8.06, a Harn aus der Blase von Hund 87, 88, 89 und 90: S00 cem — 1,37 °%o = 11,96 g. Gesammtzuckerausscheidung pro Kilogramm Thier: Mittelwerth von Hund 87 bis 90 = 5,36 ®. 23. Juni 1909 Nachmittags 2 Uhr getödtet. Gewicht der Leber 144,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,1 /o, % » Muskeln: „ h 021 lo. Hund 8. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 13. Juni 1909: 8,6 kg. Hungerperiode. Gewicht am 20. Juni 1909: 7,2 ke. 20. Juni 1909 Morgens 6 Uhr: 50 & Schweineschmalz, FRA 5; 1 „ Phloridzin, 2ileer,. 1909 ; 6 „90 „ Sehweineschmalz, ll; 1 „ Phloridzin, D2n ru 1909 ö 6 „50 „ Schweineschmalz, a; 1 „ Phioridzin, 2, ER) “ 6 „50 „ Sehweineschmalz. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 20.21. Juni 1909: 190 eem — 5,80 0 = 11,02 g Zucker, A 22 IE 7 — 4,1990 == 15,50%, 22.128. , 190974500 „ — 2,39 %o'= 10,75 ” » ” 273 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Harn aus der Blase von Hund 37, 88, 89 und 90: 800 cem — 1,37 %o = 11,9 g. Gesammtzuckerausscheidung pro Kilogramm Thier: Mittelwerth 87 bis 90 = 5,36 ®. 23. Juni 1909 Nachmittags 2 Uhr egetödtet. Gewicht der Leber: 237,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,47 °/o, a »„ Muskeln: „ x 0,29 %o. Trockensubstanz der Leber: 35,2 °/o. Fettgehalt der Leber: 41,50 %o. Hund ®%. Hund mit Schweineschmalzfütterung. Gewicht am 13. Juni 1909: 6,3 kg. Hungerperiode. Gewicht am 20. Juni 1909: 5,5 ke. 20. Juni 1909 Morgens 6 Uhr: 40 & Schweineschmalz, I 0) 1 „ Phloridzin, 2, VS z 6 „40 „ Schweineschmalz, N LOL GT® 1 „ Phloridzin, 22 0 n 6 „40 „ Schweineschmalz, Ja Se 1 „ Phloridzin, 2. SWS $ 6 „40 „ Schweineschmalz. Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 20.121. Juni 1909: kein Harn, Ze 220 5 22.123. ,„ 1909: 445 cem — 6,35 jo = 28,257 g Zucker. Harn aus der Blase von Hund 87, 88, 89 und 90: 800 eem — 1,37 %/o —= 11,96 g. Gesammtzuckerausscheidung pro Kilogramm Thier: Mittelwerth von Hund 87 bis 90 — 5,36 8. 23. Juni 1909 Nachmittags 2 Uhr getödtet. Gewicht der Leber: 167,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,40 °/o, h „ Muskeln: „ a 0,31 %o. Trockensubstanz der Leber: 34,25 %o. Fettgehalt der Leber: 33,1 o. Elmumdzalr Hund ohne Nahrung. Gewicht am 16. Juni 1909: 6,4 ke. Hungerperiode. Gewicht am 28. Juni 19092 9,1 ke. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 273 23. Juni 1909: 1 g Phloridzin, 2A ONE -; a 209; . Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 23.124. Juni 1909: 160 eem — 5,65 'o = 9,04 & Zucker, 24.125. „ 1909: 25 „ — 5. '%h = 16,92 , e 22.20 0, 19092145, = 75 % = 10,875, 2 Harn aus der Blase von Hund 91, 92, 93 und 94: 425 cem — 0,36 %/o — 1,53 2. Gesammtzuckerausscheidung pro Kilogramm Thier: Mittelwerth von Hund 91, 92, 93 und 94 = 5,56 e. 26. Juni 1909 Nachmittags 2 Uhr getödtet. Gewicht der Leber 149,5 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,0 %o, Muskeln: „ E 0,13 0. ” ” Hund 9. Hund ohne Nahruns. Gewicht am 16. Juni 1909: 7,8 ke. Hungerperiode. Gewicht am 23. Juni 1909: 6,0 ke. | 23. Juni 1909: 1 g Phloridzin, 2a, JENE i 2 Close k Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 23.124. Juni 1909: kein Harn. 24.20. „19093 180 eem — 393%o — 17,8% 8, 2205 051909: 230, —.16,029/03 113,84 7 Harn aus der Blase von Hund 91, 92, 93 und 94: 425 cem — 0,36 0/o = 1,538. Gesammtzuckerausscheiduug pro Kilogramm Thier: Mittelwerth von Hund 91, 92, 95 und 94 —= 5,56 @. 26. Juni 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 197,0 8. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,83 °o, hi „ Muskeln: „ E 0,19 %0. Troekensubstanz der Leber: 27,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 11,03 °/o. Hund 9. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 16. Juni 1909: 9,8 kg. Hungerperiode. Gewicht am 23. Juni 1909: 8,0 ke. 274 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 23. Juni 1909: 1 g Phloridzin, 24, 0 ON: 20 OA: 5 Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 23.124. Juni 1909: 255 cem — 5,75°/o — 14,66 g, ” 24.25. , 1909. .195 , — 5,94% — 11,58 , 25.126. „ 1909: 470 , A Harn aus der Blase von Hund 91, 92, 93 und 94: 425 cem — 0,36°/o = 1,53 g. Gesammtzuckerausscheidung pro Kilogramm Thier: Mittelwerih von Hund 91, 92, 93 und 94 — 5,56 ®. 26. Juni 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 182,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,18 /o, Ba »„ Muskeln: „ & 0,21%. Trockensubstanz der Leber: 28,0 %o. Fettgehalt der Leber: 14,0 jo, Huna 9. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 16. Juni 1909: 10,4 kg. Hungerperiode. Gewicht am 23. Juni 1909: 8,7 ke. 23. Juni 1909: 1 ZART 25. 19097 1 ” g Phloridzin, » ” ” » Harn: Menge und Zuckergehalt während der Phloridzintage: 23.124. Juni 1909: 305 eem — 4,85 %/o = 14,79 g, 24425. „19092 722082522 21989), Zr 04 Er 25,20... 219092 Zap 420190 — SI Harn aus der Blase von Hund 91, 92, 93 und 94: 425 cem — 0,36 /o =1,53g. Gesammtzuckerausscheidung pro Kilogramm Thier: Mittelwerth von Hund 91, 92, 93 und 94 —= 5,56 @. 26. Juni 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 275,9 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,06 °/o. z, „ Muskeln: „ A Aszdln, Trockensubstanz der Leber: 34,300. Fettgehalt der Leber: 42,11%. Hund 9. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 17. Juni 1909: 6,6 kg. Hungerperiode. Gewicht am 28. Juni 1909: 5,4 ke. 28. Juni 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 134,0 ®. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 275 Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,13 °/o, Muskeln: „ R 0,18 Jo. ”» N Hund %. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 17. Juni 1909: 5,1 kg. Hungerperiode. Gewicht am 28. Juni 1909: 3,9 kg. 28. Juni Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 97,5 8. Glykogergehalt der Leber: durch Polarisation 0,08 °/o, 2 „ Muskeln: „ b 0,08 0. Hund 97. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 17. Juni 1909: 12,4kge. Hungerperiode. Gewicht am 28. Juni 1909: 10,5 kg. 28. Juni 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 319,5 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,48/o, s e 5 se Mitration 1,A80le; a „ Muskeln: „ Polarisation 0,53 %o. Trockensubstanz der Leber: 29,9°/o. Fettgehalt der Leber: 14,76 %o. Hund 98. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 17. Juni 1909: 11,3 ke. Hungerperiode. Gewicht am 28. Juni 1909: 92 kg. 28. Juni 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 297,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,49 °/o, 3 „ Muskeln: „ r 0,38 %o. Troekensubstanz der Leber: 28,8°/o. Fettgehalt der Leber: 15,41 °o. Hund 99. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 26. Juni 1909: 12,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 7. Juli 1909: 10,5 kg. 7. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Ge- wicht der Leber: 269,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,65 %/o, R „ Muskeln: „ = 0,35 lo. Trockensubstanz der Leber: 29,90. Fettgehalt der Leber: 16,62 %o. 276 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Hund 100. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 26. Juni 1909: 7,0 ke. Hungerperiode. Gewicht am 7. Juli 1909: 5,7 ke. 7. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Ge- wicht der Leber: 146,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,09%, Muskeln: „ = 0,21 lo. ” ” Hund 101. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 26. Juni 1909: 8,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 7. Juli 1909: 7,0 ke. 7. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Ge- wicht der Leber: 153,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,37 °/o, a „ Muskel: „ S 0,27. Io. Trockensubstanz der Leber: 36,66°/o. Fettgehalt der Leber: 11,97 %o. Hund 102. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 28. Juni 1909: 6,5 ke. Hungerperiode. Gewicht am 8. Juli 1909: 5,7 ke. 9. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber; 125,5 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,14 Jo, Muskeln: „ 5 0,11 0. ” ” Hund 103. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 28. Juni 1909: 3,8 kg. Hungerperiode. Gewicht am 9. Juli 1909: 3,0 ke. 9, Juli 1909 Nachmittaes: getödtet. Gewicht der Leber: 142,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,19 %o, Muskeln: „ 2 0.29 Io. ” ” Hund 104. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 28. Juni 1909: 7,1 kg. Hungerperiode. Gewicht am 9. Juli 1909: 5,7 ke. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. DT al 9. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 151,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,75 %o, E » Muskeln: „ R 83 Il Klfndasl0>. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 28. Juni 1909: 7,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 9. Juli 1909: 6,0 ke. 9. Juli 1909 Nachmittags: getödtet. Gewicht der Leber: 175,0 e. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,18 °/o, x „ Muskeln: „ B 0,31 !o. Trockensubstanz der Leber: 27,5 %o. Fettgehalt der Leber: 16,09 °/o. Hund 106. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 29. Juni 1909: 5,4 ke. Hungerperiode. Gewicht am 10. Juli 1909: 4,0 kg. Gewicht der Leber: 135 g. 10. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,12 ®%o. & „ Muskeln: „ e 0,12 %o. Hund 107. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 29. Juni 1909: 21,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. Juli 1909: 18,2 ke. 10. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 554,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,74 /o, 5 „ Muskeln: „ A 0,32 lo. Trockensubstanz der Leber: 30,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 12,55 /o. Hund 108. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 29. Juni 1909: 12,9 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. Juli 1909: 10,5 ke. 10. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 242,5 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 1,17 ®%o, 4 „ Muskeln: „ N 0,46 °/o. Troekensubstanz der Leber: 30,9 °/o.. Fettgehalt der Leber: 15,63 °/o. 278 Eduard Pflüger und Peter Junkersdort: Hund 109. Hund ohne Nahrung und Phloridzingabe. Gewicht am 29. Juni 1909: 7,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. Juli 1909: 5,8 ke. 10. Juli 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 159,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,27 °o E „ Muskeln: „ B 0,22 %o Trockensubstanz der Leber: 32,8 %o. Fettgehalt der Leber: 18,3 %o. Hund 110. Gewicht am 5. Juli 1909: 14,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. Juli 1909: 13,5 ke. 11. Juli 1909: 500 cem Fleischbrühe mlt 2,5 & Fleischextraet, 1 1089: 1000; n aa, L : 13. „ 1909 Morgens: 70 & Schweineschmalz, 1 & Phloridzin, 1477,,,1909 t 70 „ ® ler 5 3, . 009 a 70 ,, j 1} : 16. bis 18. Juli 1909 , ZONE 2 19. Juli 1909 " 1 „ Phloridzin. 20. Juli 1909: wegen Erkrankung ausgeschieden. Hund 111. Gewicht am 5. Juli 1909: 12,0 kg. Hungerperiode. Gewicht au 110, dat EDS IN IR, 11. Juli 1909 Abends: 500 eem Fleischbrühe mit 2,5 & Extract, 12. „ 1909 Ri NO 5 5 er 5 13. „ 1909: Gewicht 11,1 kg. Morgens 60 < Schweineschmalz, l & Phloridzin, „ 1909 Morgens: 60 & Schweineschmalz, 500 cem Fleischbrühe mit 2,5 g Extract, 1 g Phloridzin, 14. 15.2 2.221909 & 60 „ Schweineschmalz, 1000 ceem Fleisch- brühe mit 4,3 g Extract, 1 g Phloridzin, lo22221909 5 60 „ Schweineschmalz, fe 2, 109) 2 0; N 500 eem Fleisch- brühe mit 2,5 g Extract, Se 999 5 60 .„ Sehweineschmalz, 1000 cem Fleisch- brühe mit 4,3 g Extraet, Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 279 19. Juli 1909 Morgens: 60 & Schweineschmalz, 1000 cem Fleisch- hrühe mit 4,3 g Extraet, 20er 1909 2 60 „ Schweineschmalz, 1000 eem Fleisch- brühe mit 4,3 & Extract, 2, 1909 s EN Shweinesehmale 1000 eem Fleisch- brühe mit 4,3 g Extract, 221909 R 60 „ Schweineschmalz, 1 & Phloridzin, 28 1,2,.1909 60 „ H 500 cem Fleisch- brühe, 1 «& Phloridzin, 2909 N 60 „ eneinestimale: 1000 cem Fleisch- | brühe, 1 & Phloridzin, 2. 1909 2 0055 Schweinen, Katheter, 208 7, 21:909 3 60 „ 5 >00 cem Fleischbrühe, 2, 1909 2 BO: N 1000 eem Fleisch- brühe mit 4,3 & Extrakt, 230% 31909 R O0 > Schweineschmialz, Katheter, 30. „ 1909: Gewicht 9,0 ke. Durch Verblutung getödtet. Zuckergehalt des Blutes. 100 cem Blut enthalten: Titration: a) 0,105 b) 0,126 Polarisation: a) 0,099 b) 0,13 Gewicht der Leber; 211,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,103 °/o. Trockensubstanz der Leber: 34,2 °/o. Fettgehalt der Leber: 13,3 /o. Hund 112. Gewicht am 5. Juli 1909: 4,7 ke. Hungerperiode. Gewicht am 10. Juli 1909: 4,2 ke. 11. Juli 1909: 500 eem Fleischbrühe mit 2,5 g Extract, 28219092500 7, R eat S 1909: Gewicht 4,0 ke, Morgens 30 g Schweineschmalz, 1 g Phloridzin, 14. „ 1909 Norgens 30 & Schweineschmalz, 500 eem Fleischbrühe + 2,5 Extract, 1 g Phloridzin, Nas, 1909 5 30 8 Si meneschnaln 500 eem Fleischbrühe u“ + 2,5 & Extract, 1 g Phloridzin, 280 Eduard Pflüger und Peter Junkersdort: 16. Juli 1909 Morgens: 30 g Schweineschmalz, In .1:909 ä 30, „ .»200 eem Fleischbrühe, las 1909 R 30 „ all 191909 4 30 „ » SD; 3 202 21:909 5 308% none 3 al, 5, O0 5 30 „ 500 } A 4 0, „. 1 Phloridzin, 23201909 N 30 „ „ 00 cem Fleischbrühe + 2,5 g Extract, 1 & Phloridzin, DA nr 30 „ „ 00 eem Fleischbrühe + 2,5 g Extract, 1 g Phloridzin, 2 E09 30 „ „ Katheter, 0 608) R BIER „. >00 eem Fleischbrühe+ 2,5 8 Extract, a JUN) b 30, 900 eem Fleischbrühe + 2,58 Extraet, ; 2% 18089 n 30 „ „. Katheter, 80. „ 1909: Gewicht 2,7 kg. Nachmittags getödtet. Gewicht der Leber: 88 g. Hund 113). Gewicht am 5. Juli 1909: 16,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. Juli 1909: 14,7 ke. 11. Juli 1909: 500 cem Fleischbrühe mit 2,5 g Extract, 1200ER nn al. } 13. „ 1909: Gewicht 14,0 kg, Morgens 30 g Schweineschmalz, - 1 g Phloridzin, | 14. „ 1909 Morgens: 80 g Schweineschmalz, 1 g Phloridzin, 15. ” 1909 ” s0 ” ” 1 ” ” 16.—18. Juli 1909 Morgens: je 80 g Schweineschmalz. Wegen Krankheit aus diesem Versuche ausgeschieden. Stickstoffgehalt des Harnes der Hunde 110, 111,112, 113. Harn von Hund 110, 111, 112, 113: vom 10.—13. Juli ohne Phloridzin: 48,24 & N, Es nit 5 Sue... A en Re 4 Da HHlDrT N! lb, ; 5 2A. men 1) Die Hunde 114, 117, 118 und 120 sind aus dieser Arbeit ausgeschieden und für andere Versuche benutzt worden. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 281 Harn von Hund 111 und 112: vom 19.—22. Juli ohne Phloridzin: 13,35 g N, „ .23.—25. „ mit 5 ee n„ 25.—28 „ ohne e N Hund 115. Gewicht am 13. Juli 1909: 17,3 kg. Hungerperiode. Gewicht am 23. Juli 1909: 13,4 ke. 23. Juli 1909: 70 g Schweineschmalz, Katheter, 24.—26. „ 1909: je 70 g Schweineschmalz, Katheter, 27. Juli 1909: 70 g Schweinesehmalz, 1 g Phloridzin, 29002071909 70 1 ” ” » ” 237 71909::70 , N EM 4 SI 0 r Katheter, Ser 70, e 1, Au, ON ESe 3 23294819093: 70%, \, Katheter, 1000 cem Fleisch- brühe mit Extraet, DINO, B Fleischbrühe mit Extract, 190970, N 1 2 B 1909510". N Katheter, Glykogenfutter Abends, 6.—9. Aug. 1909: Glykogenfutter, 10. Aug. 1909: Gewicht 12,2 ke, Morgens 1200 g Ochsenfleisch, 2 e Phloridzin, 11. „ 1909 Morgens: 1200 & Ochsenfleisch, 2 g Phloridzin, Nachmittags: 7!/e Stunden nach der Phloridzingabe setödtet. Gewicht vorher: 13,0 kg. Gewicht der Leber: 373 e. Glykogengehalt der Leber: durch Titration 1,229), 3 b) » - a R Polarisation 0,93 %o, Troekensubstanz der Leber: 27,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 17,25 %/o. . Hund Ile. Gewicht am 13. Juli 1909: 15,4 kg. Hungerperiode. Gewicht am 23. Juli 1909: 12,1 ke. 238. Juli 1909: 65 g Sehweineschmalz, Katheter, 24.—26. „1909: 65 „ h H E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 19 Dre ul So 5) OU, „ 1909: 1909; 1909: 1909: 1909: 1909: 1909: 1909: 1909: 69 1909: 65 1909: 1909: 1909 2823 Eduard Pflüger und Peter Junkersdort: 65 g Schweineschmalz, 1 e Phloridzin, Dow 5 1 N 65 „ o 1 A 69: „ A Katheter, 08 a 08 R GbR A Katheter, 1000 cem Fleischbrühe mit Extract, 65 g Schweineschmalz, Fleischbrühe mit Extract, g Schweineschmalz, Fleischbrühe mit Extract, & Schweineschmalz, Katheter, Abends Glykogenfutter, ” Gewicht 11,9 ke, Morgens: 1200 g Ochsenfleisch, 22 Phloridzin, H 1200 „ 5 2 N Nachmittags: 7!/a Stunden nach der Phlorid- zingabe getödtet. Gewicht vorher: 11,5 kg. Gewicht der Leber: 306.5 g Glykogengehalt der Leber: 0,1 %o. Zuckergehalt des Blutes: 0,06 Jo. Trockensubstanz der Leber: 27,5°%0. Fettgehalt der Leber: 17,01 °/o. Hund 119. Gewicht am 7. August 1909: 12,5 ke. 7.—9. August 1909: Hungerperiode. 10. August 1909: Gewicht 11,4 ke. Katheter, 65 g Schweineschmalz, 1000 eem Suppe +10 gF et 65 g Schweineschmalz, 1000 eem Suppe mit 10 g : Fleischextraet, 10. August 1909: Il. 290: 220.5, 741909:565 le, „als & Schweineschmalz, 1000 eem Suppe mit 108g Son & Schweineschmalz, Katheter, 1000 eem aD N“ 10 8 : Fleischextract. Harn vom 10./11, 11. 12, 12./13 August 1909: 3000 ,cem: 11,468 g N minus 2,4 g N aus Extraet | FT 9, - 3 Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 2383 13. August 1909: 1 g Phloridzin, 14. RS 1909; 65.g Schweineschmalz, 1 g Phloridzin, los. 1909655, ? Is g 1000 cem Suppe mit 10 g Extraet, 16. „1909: 65 g Schweineschmalz, Katheter. Harn vom 13./14., 14./15., 15.116. August 1909; 2600 cem: 15,444 g N REN minus 0,8 „N aus Extraet | win. Gesammtzucker — 42,95 2. 17. August 1909: 65 g Schweineschmalz, 1000 eem Suppe mit 10 g Extract, 18. h 1909: 65 g Schweineschmalz, 1000 eem Suppe mit 10 g Extraet, I 1909: 65 g Schweineschmalz, 1000 cem Suppe mit 10 g Extraet, Katheter. Harn vom 16./17., 17./18., 18./19. August 1909: 8000 cem: 10,680 & N minus 24 gN 19. August 1909: 1 & Phloridzin, 20. 5 1909; 65 g Schweineschmalz, 1000 ccm Fleischbrühe mit Extraet, 1 g Phloridzin, 2l. ,„ . 1909: 65 g Schweineschmalz, 1000 cem Fleischbrühe mit Extraet, 1 & Phloridzin, Katheter. Harn vom 19./20., 20./21., 21.122. Ausust 1909: 3000 cem: 18,300 & N | an minus el. 2eN = 8,28 & N. Gesammtzucker — 58,12 g. 22. August 1909: 65 g Schweineschmalz, 1000 eem Suppe mit 10 g Extract, 23. „1909: 65 & Schweineschmalz, 1000 eem. Suppe mit 10 g Extract, ZU EN, 1909: 65 © Schweineschmalz. 1000 eem Suppe mit 10 & FExtraet, Katheter. Harn vom 22.123., 23.124, 24.125. August .1909. 3000 cem: 10,14 & N = 7 oN minus 2,4 N ze II 7° 19 * 284 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: [4 24. August 1909 getödtet. Gewicht vorher: 9,7 ke. Gewicht der Leber: 290,0 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Titration 3,156 ?/o. Trockensubstanz der Leber: 30,500. Fettgehalt der Leber: 18,80. Hund 121. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 5. September 1909: 4,3 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. September 1909: 3,5 ke. 12. September 1909: 1 g Phloridzin, 18. N INSE Il, 5 14. N 92 1, , Harn: Menge und Zuckergehalt: 12./13. September 1909: kein Harn, 13.114. „1909: 350 cem — 7,5 °b = 26,25 & Zucker, 14. 0 lose le, Zeche AB, 5 Gesammtzuckerausscheidung: 30,98 & Zucker. 14. September 1909: 7!/s Stunden nach der Phloridzingabe ge- tödtet: Gewicht vorher 3,6 kg, mässig fett. Gewicht der Leber: 131,0 ®. Glykogengehalt der Leber . . . . . 0,054 %o, SeMuskelnein ee lEN08 Hund 122. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 5. September 1909: 10,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 12. September 1909; 8,7 ke. 12. September 1909: 1 g Phloridzin, Ile}: R IS el 1A. A ISO, k Harn: Menge und Zuckergehalt: 12./13. September 1909: kein Harn, 13./14. ® 1909: 500 eem — 5,72 %/o = 28,60 g Zucker, 1A. e 1909: 220 „ — 3,85% —= 847 „ SR Gesammtzuckerausscheidung: 37,07 & Zucker. 14. Sept. 1909: 7%/e Stunden nach der Phloridzingabe getödtet. Hund mager. Gewicht vorher: 8,7 kg, Gewicht der Leber: 217,5 @. [e) Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. | 385 Glykogengehalt der Leber . . . . . 0,091 Jo, BER Muskeln; ... .0.702305630.2/0: Trockensubstanz der Leber: 28,27 °o, Fettgehalt der Leber: 12,5 °/o. Hund 123. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 7. September 1909: 10,2 kg. Hungerperiode. Gewicht am 14. September 1909: 9,2 kg. 14. September 1909: 1 g Phloridzin, 15% 3 ICh Y 16. g 1909-2155 Harn: Menge und Zuckergehalt: 14./15. September 1909: 480 eem — 5,7 °/o = 27,36 8, 15./16. ; 1909: 16. e 1909: Gesammtzuckerausscheidung: 61,8 g. 16. September 1909: 7 !/2 Stunden nach der Phloridzingabe ge- tödtet. Gewicht vorher: 8,9 kg. Gewicht der Leber: 250 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,048 g, n „ Muskeln: „ s Bar Trockensubstanz der Leber: 36,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 22,6 °/o. ” | 500 „on =Elln , Hund 124. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 7. September 1909: 13,7 ke. Hungerperiode. Gewicht am 14. September 1909: 11.2 kg. 14. September 1909: 1 g Phloridzin, 15. . 70 16. 2 1909: 1 Harn: Menge und Zuckergehalt: 14./15. September 1909: 550 cem — 5,1 /o = 28,05 g, 15./16. 5 1909: ] 16. 100g] Gesammtzuckerausscheidung: 63,96 @. 16. September 1909: 7 /e Stunden nach der Phloridzingabe ge- tödtet. Gewicht vorher: 10,7 kg. Gewicht der Leber: 288 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,036 °o. E „ Muskeln: „ R 0,28 Yo. Trockensubstanz der Leber: 28,2 %/o. Fettgehalt der Leber: 27,9 /o. ” ” r)) 50 „ —62%=35,I1 , Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 189) 0,8) [o}} Hund 123. Hund mit Glykogenmästung und Phloridzingabe. Gewicht am 10. September 1909: 8,0 kg. Gewicht am 15. September 1909: 6,8 ke. 15.— 18. September 1909: Glykogenfutter. 18. September 1909: 7*!/s Stunden vor der Tödtung 2 «& Phloridzin. Harn vom 18. September 1909: 7 Uhr Morgens bis 2 Uhr Nachmittags 1100 een — 1,9% —= 20,9 & Zucker. Gewicht vor der Tödtung: 8,5 ke. Gewicht der Leber: 593,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 12,2 °/o, N 5 % „ Titration 12,49 90, a „ Muskeln: „ Polarisation 3,92%, 3 s 5 „ Titration 4,3 Po, Zuckergehalt des Blutes nach Michaelis und Rona: Kaolin: DL Yo, Eisenoxyd: 0,11%. Trockensubstanz der Leber. 31,50. Fettgehalt der Leber: 9,80. Hund 126. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 15. September 1909: 20,5 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 22. September 1909: 18,0 ke. 22. September 1909: 1 & Phloridzin, 1909: 1 1909: 1 Harn: Menge und Zuckergehalt: 22.123. September 1909: kein Harn, 23.124. he 1909: 650 eem — 6,1 %/o = 39,65 g Zucker, 24, r 19092737007 5, — 52% O2 Gesammtzuckerausscheidung: 58,89 g Zucker. ” ” » D D oo ”» ” ” 24. September 1909: 7!/e Stunden nach der Phloridzingabe ge- tödtet. Gewicht vorher: 17,2 kg. Gewicht der Leber: 504,0 g. Glykogengehalt der Leber: 0,07 lo, > „ Muskeln: 0,09 °o. Trockensubstanz der Leber: 27,4 °/o. Fettgehalt der Leber: 41,08 /o. ao SI Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 2 Hund 127. Hund ohne Nahrüng. Gewicht am 15. September 1909: 5,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 22. September 1909: 4,3 ke. 22. September 1909: 1 g Phloridzin, 3. h 1909715 5 4, A Saale “ Harn: Menge und Zuckergehalt: 22./23. September 1909: kein Harn, 29.124. e 1909: 480 cem — 7,4 0/o = 35,52 g Zucker, 24. n 190IF2I0 7 De AD Gesammtzuckerausscheidung: 49,77 g Zucker. 24. September 1909: 7!/a Stunden nach der Phloridzingabe ge- tödtet. Hund sehr fett. Gewicht vorher: 4,6 kg. Gewicht der Leber: 259,5 @. Glykogengehalt der Leber: 0,043 0, : „ Muskeln: 0,12 %e. Trockensubstanz der Leber: 59,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 74,10 °o. D D Hund 128. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 18. September 1909: 6,2 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 25. September 1909: 5,1 ke. | 25. September 1909: 1 g Phloridzin, 26. 1909: 1 „ N $>] 27. : O0 ° Harn: Menge und Zuckergehalt: 25./26. September 1909: 380 eem —- 4,8 ?/o = 18,24 g Zucker, 26.127. \ 1999: 250, he 1845, Al. a 290921907, — 5.000 25 Gesammtzuckerausscheidung: 46,19 g Zucker. 27. September 1909: 71/2 Stunden nach der Phloridzingabe ge- tödtet. Gewicht vorher: 4,9 ke. Gewicht der Leber: 187,5 g. Trockensubstanz der Leber: 35,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 19,90 %o. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,05 /o, Muskeln: e RE RL RUE n S ” ” ” 988 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Hund 129. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 18. September 1909: 10,0 .kg. Hungerperiode. Gewicht am 25. September 1909: 8,8 ke. 25. September 1909: 1 « Phloridzin, 26. 4 SOSE x 27. 2 O0, 4 Harn: Menge und Zuckergehalt: 25./26. September 1909: 530 cem — 3,4 o — 18,02 g Zucker, 26.120. A 1909E.490 0, 13,90 — II, 11 ae x I en er ae Gesammtzuckerausscheidung: 46,37 & Zucker. 27. September 1909: 7!/sa Stunden nach der Phloridzingabe ge- tödtet. Gewicht vorher: 8,5 ke. Gewicht der Leber: 281,5 @. Trockensubstanz der Leber: 37,4 °/o. Fettgehalt der Leber: 55,07 °/o. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,03 lo, k „ Muskeln: „ : 0,24 9/0. Hund 130. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 20. September 1909: 4,6 kg. Hungerperiode. Gewicht am 24. September 1909: 4,0 kg. 24.—27. September 1909: Glykogenfutter, 23. September 1909: 700 g Ochsenfleisch, 29. R 19092700 , r 30. 5 1909-3700 2 30. September 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher 4,8 kg. Gewicht der Leber 228,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 5,80 %o, 5 e 5 2 itranonee 9195/03 r „ Muskeln: „ Polarisation 0,68 %o. Trockensubstanz der Leber: 26,9 °/o. Fettgehalt der Leber: 14,9 lo. Hund 131. Hund ohne Nahrung. Gewicht am 22. September 1909: 7,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 29. September 1909: 5,5 ke. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 289 29. September 1909: 1 g Phloridzin, 30. : 1909267, 1. Oetober 1909: 1, Harn: Menge und Zuckergehalt: 29.—30. September 1909: 280 cem — 5,1 °/o = 14,28 & Zucker, SDasept: bis.l. Oct. 19093470 ", 5,9 %oi = 25,85) , 1. October 1909: nieht bestimmt. | 1. October 1909: 7Y/s Stunden nach der Phloridzingabe getödtet. Gewicht vorher 5,2 kg. Gewicht der Leber 159,5 e. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,06 %o. 5 „ Muskeln: „, h 0,12 %o. 'Trockensubstanz der Leber: 26,5 °/o. Fettgehalt der Leber: 48,61 °/o. ” ” ” Hund 1322. Hund ohne Nahrung. _ Gewicht am 22. September 1909: 18,1 kg. Hungerperiode. ‘Gewicht am 29. September 1909: 16,5 ke. 29. September 1909: 1 g Phloridzin, 30. n 19092 IE, 19,0etober 190921, Harn: Menge und Zuckergehalt: 29./30. September 1909: 420 cem — 4,4 °%o —= 10,56 g Zucker, 30. Sept. bis 1. Oct. 1909: 380 -„—-5,4 lo = 20,52 „ 1. Oetober 1909: nieht untersucht. 1. Oetober 1909: 7!/e Stunden nach der Phloridzingabe getödtet. Gewicht vorher 15,3 kg. Gewicht der Leber 353,0 @. Glykogengehalt der Leber: 0,085 °/o, E » Muskeln: 0,32 /o. Trockensubstanz der Leber 30,0 %o, Fettgehalt der Leber 16,66 °/o. ” Hund 133. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 20. September 1909: 6,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 24. September 1909: 5,4 ke. 24.—28. September 1909: Glykogenfutter, 29. Sept. bis 2. Oct. 1909: täglich 800 g Ochsenfleisch. 290 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 2. October 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 6,1 kg. Gewicht der Leber: 198,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,41 °/o, f a A „ "Titration + 2,404.%0, R »„ Muskeln: „ Polarisation 0,6 °/o. Trockensubstanz der Leber: 30.4 °/o. Fettgehalt der Leber: 71,54 Po. Hund 134. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 2. October 1909: 12,1 kg. Hungerperiode. Gewicht am 6. October 1909: 10,9 ke. 6.— 9. Oktober 1909: Glykogenfutter, 10.—12. 5 1909: täglich 1300 & Ochsenfleisch. 12. October 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 12,7 ke. Gewicht der Leber 406,0 @. Glykogengehalt der Leber 1,47 °/o, Bi „ Muskeln 0,98 Jo. Troekensubstanz der Leber: 28,9 %/o. Fettgehalt der Leber: 17,43 °o. Handalss. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 2. Oktober 1909: 4,8 kg. Hungerperiode. Gewicht am 6. Oktober 1909: 4,1 ke. » .6.— 9. October 1909: Glykogenfutter, 10.—12. A 1909: täglich 600 & Ochsenfleisch. 12. October 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 5,1 kg. Gewicht der Leber 210,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,05 °/o, 5 e 2 „ . Titration 3,00 %o, R „ Muskeln: „ Polarisation 2,02 °/o, a R 2 itrabionees 2032000: Trockensubstanz der Leber: 27,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 15,4 /o. Hund 136. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 4. Oktober 1909: 10,4 kg. Hungerperiode. Gewicht am 8. Oktober 1909: 9,2 kg. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 291 8.—11. Oetober 1909: Glykogenfutter. Gewicht am 12. October 1909: 11,0 ke. 12.—14. October 1909: täglich 1100 & Ochsenfleisch. 14. October 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 11,8 kg. Gewicht der Leber: 343,0 g. Glykogengehalt der Leber: 0,19 Po, : „ Muskeln: 0,42 %0. Trockensubstanz der Leber: 26,4 °/o. Fettgehalt der Leber: 16,13 lo. Hund 137. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 4. October 1909: 8,5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 8. October 1909: 7,5 ke. 8.—11. October 1909: Glykogenfutter. Gewicht am 12. October 1909: 8,5 kg. 12.—14. October 1909: täglich 900 g Ochsenfleisch. 14. October 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 9,3 ke. Gewicht der Leber: 273,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,88 /o, i er 2 SS Bitratione 00 r „ Muskeln: „ Polarisation 0,65 ®o. Trockensubstanz der Leber: 32,0 °o. Fettgehalt der Leber: 14,01 ®o. Hund 138. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 6. October 1909: 8,8 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. October 1909: 8,4 kg. 10 —i3. October 1909: Glykogenfutter. Gewicht am 14. October 1909: 8,7 ke. 14.—16. October 1909: täglich 1100 & Ochsenfleisch. 16. October 1909 Nachmittags getödtet. Sehr fett! Gewicht vor- her: 9,0 kg. Gewicht der Leber: 207,0 e@. Glykogengehalt der Leber: 2,41 °/o, 5 „ Muskeln: 0,68 Po. Trockensubstanz der Leber: 31,5 %o. Fettgehalt der Leber: 17,07 lo. Hund 139. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 6. October 1909: 8,9 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. October 1909: 8,4 ke. 292 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 10.—13. October 1909: Glykogenfutter. Gewicht am 14. October 1909: 9,1 kg. 14.—16. October 1909: täglich 1100 & Ochsenfleisch. 16. October 1909 Nachmittags „etödtet. Gewicht vorher: 9,8 ke. Gewicht der Leber: 380,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 9,46 °/o, » 5 5 „ -Pixalion 9,74 °)o, » „ Muskeln: 1,25 %o. Trockensubstanz der Leber: 35,4 °'o. Fettgehalt der Leber: 9,38 %o. Hund 140. Hund mit Glykogenmästung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 14. October 1909: 20,4 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 18. October 1909: 18,4 ke. 18.—21. October 1909: Glykogenfutter. 21. October 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 21,7 kg. Gewicht der Leber: 861,0 e. | Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 16,47 lo, \ 1 e „ Titration a) 16,30 °o, b) 16,42 %o, N „ Muskeln: „ e 0,81 %o. Trockensubstanz der Leber: 34,0 0. Fettgehalt der Leber: 6,06 °/o. Hund 141. Hund mit Glykogenmästung ohne Phoridzingabe. Gewicht am 15. October 1909: 16,1 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 19. October 1909: 14,6 ke. 19.--22. October 1909: Glykogenfutter. 22. October 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 15,4 kg. Gewicht der Leber: 0 © Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 7,3 °/o, 2 „ Muskeln: „ n 0,93 Jo. Trockensubstanz der Leber: 30,100. Fettgehalt der Leber: 13,22 /o. Hund 142. Hund mit Glykogenmästung, ohne Phloridzingabe und nach- folgende Kabliaufütterung. Gewicht am 14. October 1909: 9,9 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 18. October 1909: 9,0 ke. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 293 ag, 18.—22. Oetober 1909: Glykogenfutter. Gewicht am 23. October 1909: 9,1 kg. 23.—24. October 1909: täglich zweimal 400 eg Kabliau. 25. Oetober 1909: Gewicht 9,0 ke. 25. October 1909: Kabliau und 200 & Ochsenfleisch. 25. October 1909 Nachmittags getödtet. Ge- wicht vorher: 9,2 kg. Gewicht der Leber: 270,5 o. Glykogengehalt der Leber: 1,18/o, n „ Muskeln: 0,67 %o. Hund 143. Hund mit Glykogenmästung, ohne Phloridzingabe und nach- folgende Kabliaufütterune. Gewicht am 15. October 1909: 5,5 kg. Hungerperiode. Ge- wiehtt am 19. October 1909: 5,0 kg. 19.—22. October 1909: Glykogenfutter. Gewicht am 23. Oet. 1909: 5,9 kg. 23.—25. Oct. 1909: Kabliaufutter. 23. October 1909: 400 & DA. R 1909: 600 „ 28. N 1909-2900, 25. October 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 6,2 ke. Gewicht der Leber: 209,0 @. Glykogengehalt der Leber: 1,37. Muskeln: 1,29. ” ” Hund 144. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 26. October 1909: 5,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 2. November 1909: 4,0 ke. 2. November 1909: 1 & Phloridzin, 3 R 092 z Al, = 19032 1 Harn: Menge und Zuckergehalt: 2.3. November 1909: 200 ceem — 6,15 /o = 12,3 g Zucker, 3.14. ı 0920 7000 pe, 4.15. : 10035, - 5A 69: 5.16. ; 19069220... 250 50. (resammtzuckerausscheidung vom 2./6. November 1909: 58,38 g. 294 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 4. November 1909 7 Stunden nach der Phloridzingabe: 200 g Kabliau und 50 ecem Fleischbrühe; Abends: 200 g Kabliau und 50 ceem Fleischbrühe, a 1909 Morgens und Abends: je 200 g Kabliau und 50 cem Fleischbrühe, 6. 2 1909: 200 g Kabliau und 50 eem Fleischbrühe. 6. November 1909 Vormittags getödtet. Gewicht vorher: 4,1 ke. Gewicht der Leber: 199,0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 6,42 o, . R A „ Titration a) 6,2%, b) 6,24%, 2 „ Muskeln: 0,64 Jo. Troekensubstanz der Leber: 32,8 °/o. Fetteehalt: 15,18 /o. [ed | Hund 145. Hund mit Kabliaufütterung. Gewicht am 26. October 1909: 4,9 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 2. November 1909: 4,0 kg. 2., 3., 4. November 1909: je 1 g Phloridzin. Ham: Menge und Zuckergehalt: 2.3. November 1909: 250 eem — 5,9°%/o = 14,75 & Zucker, 3.4 2000800) 1909. 310, Ss Alba 01009: 2700 on oa Son ne 1909.10 en made Gesammtzuckerausscheidung vom 2./6. November 1909: 54,38 @. 4. November 1909 7 Stunden nach der Phloridzingabe:: 200 g Kabliau und 50 eem Fleischbrühe, Abends: 200 g Kabliau und 50 cem Fleischbrühe, 9. , 1909 Morgens und Abends: je 200 g Kabliau und 50 cem Fleischbrühe, 6. k 1909 Morgens: 200 g Kabliau und 50 eem Fleischbrühe, 6. 5 1909 Vormittags getödtet. Gewicht vorher: 4,0 kg. Gewicht der Leber: 165,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 4,01 ?/o, 5 4 5 „ Titration 4,03 lo, " „ Muskeln: 08. Ins Trockensubstanz der Leber: 30,5 °/o. Fettgehalt der Leber: 8,75 °o. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 295 Hund 146. Hund mit Kabliaufütterune. Gewicht am 29. October 1909: 9,5 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 5. November 1909: 8,0 kg. 5., 6., 7. November 1909: je 0,75 g Phloridzin. Harn: Menge und Zuckergehalt: 5.6. November 1909: 270 cem — 5,9°/o, — 15,93 g Zucker, Be 01909: 800 lat, , .., 1909: 550 „ — 6,8%, = 3740 , 8.9. A eos Ass 0 = 09:60, -—- 0,0. Gesammtzuckerausscheidung: 77,90 8. Gewicht am 7. November 1909 7 Stunden nach der Phloridzin- gabe: 8,0 ke. 7. November 1909 7 Stunden nach der Phloridzingabe: 400 & Kabliau und 100 cem Fleiscehbrühe, Abends 400 g Kabliau und 100 cem Fleischbrühe, 8. 2 1909 Morgens und Abends: je 400 g Kabliau und 100 eem Fleischbrühe, Szund 10. 5 1909 Morgens und Abends: je 400 e Kabliau und 100 cem Fleischbrühe, a 1909 Morgens: 400 g Kabliau und 100 cem Fleischbrühe. ll. November 1909 Vormittags „etödtet. Gewicht: 9,0 ke. Gewicht der Leber: 361.0 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 5,1 °/o, x x R kitratione 775.08.%0% R „ Muskeln: „ Polarisation 1,0 °o. Trockensubstanz der Leber: 30,2 %/o. Fettgehalt der Leber: 9,93 /o. 11. Hund 147. Hund mit Ochsenfleischfütterung. Gewicht am 2. November 1909: 8,7 kg. Hungerperiode. Gewicht am 9. November 1909: 7,4 ke. 9. November 1909: 1 g Phloridzin, 10. 5 1909 55:1, Il: A 1909: 1 ” N 296 Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Harn: Menge und Zuckergehalt: 9.110. November 1909: 320 eem — 4,4 °/o = 14,08 g Zucker, ioahlen - ee sl) Don jo Kunde 50) 5 em eh, , 12.118. i eo): 850 5 len na. Eu. 009% zo = 000% 1A 1909: 830 „ — 0,0%. Gesammtzuckerausscheidung: 66,16 g. Gewicht am 11. November 1909 vor der Fütterung: 7,1 kg. 11. November 1909: 7 Stunden nach der Phloridzingabe 350 & Ochsenfleisch, Abends 350 g Ochsenfleisch ; 12. n 1909 Morgens und Abends: je 350 g ÖOchsenfleisch,, 13. e 1909 5 2 ‘ el R al, 5 1909 & 5 = „24007, 4 18% 5 1909 f 560 g Ochsenfleisch. {gp) 5 1909 Vormittags getödtet. Gewicht vorher: 8,3 ke. Gewicht der Leber: 479,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 7,56 lo. 5 r : „ Titration 7,56 lo, R „ Muskeln: „ Polarisation 1,2 °o. Trockensubstanz der Leber: 35,8°0. Fettgehalt der Leber: 9,38 lo. Hund 148. Hund mit Kabliaufütterung. Gewieht am 9. November 1909: 6,8 kg. WHungerperiode. Ge- wicht am 16. November 1909: 5,8 ke. 16. November 1909: 0,75 g Phloridzin, 1% A 1909: 0,75 „ 18. 5 1909: 0,75 Gewicht am 18. November 1909 vor der Fütterung: 5,7 kg. 18. November 1909 Mittags 7 Stunden nach der Phloridzin- cabe: 300 g Kabliau und 50 cem Fleisch- brühe; Abends: 300 g Kabliau und 50 ccm Fleischbrühe; j 19.—21. November 1909 Mittags und Abends: je 300 g Kabliau und 50 eem Fleischbrühe ; ” ” » Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 297 22.—24. November 1909 Mittags und Abends: je 350 g Kabliau und >30 eem Fleischbrühe; R 1909 Morgens: 350 g Kabliau und 50 cem Fleischbrühe. Harn: Menge und Zuckergehalt: 15./16. November 1909: 230 eem — 4,5 %/o = 10,35 & | 25. 72 16.117. „1909: 180 „ —82% = 15,76 >: „1909: 310 „ — 6,1% 18,91 „}63,68 g Zucker. 18./19. »„ .. 1909: 80 ,„ —30%=12,9 ” 19./20. se 90 yrons 20.121. 4 1909: 370 „ — 0,0%, 21.122. 2 1909: 460 „ — 0,0 lo, 22.128: A 1190925007 „> 09:0%0, 23.124. 5 198 320, = UNYR, 24.125. „ 1enos Sl, = 0.00h, 25. November 1909 Vormittags getödtet. Gewicht vorher: 7,2 ke. Gewicht der Leber: 327 g. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 9,9 lo, 5 = r „ Titration 10,01 %o, x „ Muskeln: „ Polarisation 2,53 lo. Trockensubstanz der Leber: 32,1 °/o. Fettgehalt der Leber: 8,35 °/o. Hund 149. Hund ohne Phloridzingabe mit Kabliaufütterung. Gewicht am 23. November 190%: 7,6 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 30. November 1909: 4,9 ke. 30. November bis 3. December 1909: täglich 500 g Kabliau, 4. December „ 7. B 19097 726007 h 7. December 1909 Vormittags getödtet. Hund mager. Gewicht vorher: 5,6 kg. Gewicht der Leber: 249,0 e. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 6,7 °/o, 5 e e „Titration 6,52%6, R „ Muskeln: „ Polarisation 1,3 °. Trockensubstanz der Leber: 32,0 %/o. Fettgehalt der Leber: 7,47 lo. Hund 150. Hund ohne Phloridzingabe mit Kabliaufütterung. Gewicht am 23. November 1909: 7,4 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 30. November 1909: 6,5 ke. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 20 298. Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 30. November bis 3. December 1909: täglich 700 g Kabliau, 4. December „:7. .. », IDUIER Ss00 „ £ 7. December 1909 Vormittags getödtet. Hund fett! Gewicht vorher: 7,8 kg. Gewicht der Leber: 297,0 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 7,4 °/o, a A e NE Titratione nenaor 5 »„ Muskeln: „ Polarisation 1,12 °%o. Trockensubstanz der Leber: 32,4 %o. Fettgehalt der Leber: 7,31 °o. Hund 151. Hund ohne Phloridzingabe mit Kabliaufütterung. Gewicht am 27. November 1909: 10,4 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 4. December 1909: 9,5 ke. 4.— 7. December 1909: täglich 1000 g Kabliau, SI) ß O0 eo 118 ä 1909: 1300 11. December 1909 Vormittags getödtet. Gewicht vorher: 11,9 kg. Gewicht der Leber: 427,0 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 4,00 °/o, e a R „ -itratione23:90010 ® „ Muskeln: „ Polarisation 1,10 °/,. Trockensubstanz der Leber: 30,0 %. Fettgehalt der Leber: 10,47 o. Hund 152. Hund okne Phloridzingabe mit Kabliaufütterung. Gewicht am 27. November 1909: 8,4 ke. Hungerperiode. Gewicht am 4. December 1909: 7,7 ke. 4.— 7. December 1909: täelich 900 g Kabliau, a— h 1909: evt 200 Mao 1. R 1909 Morgens: 1200 , „ ll. December 1909 Vormittags getödtet. Gewicht vorher: 10,9 kg. Gewicht der Leber: 549,0 e. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 7,10 °/o, & 4 5 »„ Titration 7.02 So. e „ Muskeln: „. Polarisation 1,5 °/o, Trockensubstanz der Leber: 34,2%. Fettgehalt der Leber: 8,3 0lo. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 299 Hund 153. Hund mit Phloridzingabe und Glykokollfütterung. Gewicht am 11. December 1909: 4,3 kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 18. December 1909: 3,4 kg. 15.—20. December 1909: täglich 0,75 & Phloridzin. Harn: Menge und Zuckergehalt: 18./19. Dezember 1909: 110 eceem — 3,9 Yo = 4,29 © : Zucker, ua ang: Ben a logge le Tale, au 1900:.1000 „00%, oe. .7719093 890 00% ” Gesammtzuckerausscheidung 393,46 @. 20. December 1909 7 Stunden nach der Phloridzingabe: 5 g Glykokoll und 500 eem Fleischbrühe, 2 1909 Morgens und Abends: je 5 g Ol und 500 eem Fleischbrühe, A 1909 Morgens und Abends: je 5 g Glykokoll und 300 eem Fleischbrühe, 28. = 1909 Morgens: 5 g Glykokoll und 500 cem Fleisch- brühe. 23. December 1909 Vormittags. getödtet. Gewicht vorher 3,5 ke. Gewicht der Leber: 94,5 & Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 0,059 %o, 5 „ Muskeln: „ x 0,050 %o. Hund 154. Hund mit Phloridzingabe und Glykokolifütterung. Gewicht am 11. December 1909: 6,8. kg. Hungerperiode. Ge- wicht am 18. December 1909: 5,3 Kg. 18.—20. December 1909: täglich je 0,75 g Phloridzin. Harn: Menge und Zuckergehalt: 18./19. December 1909: 130 eem — 4,6 = 5,98 g Zucker 19./20. E 1909:2 250, 5900 = 145, 20.121. r 19093590 „2 — 3,100 12,39%, i 21.122. 219095 1150) °,:5==.20,01%fo E 22.123. h 1909: 960 -„ — 0,0% Dr Gesammtzuckerausscheidung: 33,12 ©. 20 * 0) Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: 20. Dec. 1909 7 Stunden nach der Phloridzingabe: 5 g Glykokoll und 500 cem Fleischbrühe, 21. „. 1909 Morgens und Abends: je 5 g Glykokoll und 500 cem Fleischbrühe, 22. „1909 Morgens und Abends: je 5 & Glykokoll und 500 ecem Fleischbrühe, 23. „1909 Morgens: 5 & Glykokoll und 500 eem Fleischbrähe, Abends 10 „ . STE i 24207, 231:9097Morgens-20 2 FR. R >24, „ 1909 5 Stunden nach der Glykokollfütterung getödtet. Hat 50 g Glykokoll erhalten. Gewicht vorher: 5,1 kg. Gewicht der Leber: 170,5 @. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 4,47 /o, S = e „. Titration 4,045 %o, a „ Muskeln: „ Polarisation 0,096 /o. Trockensubstanz der Leber: 25,0 °o. Fettgehalt der Leber: 10,53 %o. Hund 155. Hund mit Glykokollfütterung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 3. Januar 1910: 5 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. Januar 1910: 4,4 ke. 10. Januar 1910 Morgens: 5 8 Glykokoll und 500 ecm Fleischbrühe, Abends: 10, A aller 4 11. 7, 1910’Mergens: 107, 2 alle x Abends: 10 ,„ 5 Enlln.: R 12. „1910 Vormittags getödtet. Gewicht vorher: 4,2 kg. Ge- wicht der Leber: 118,5 g. Glykogengehalt der Leber: Polarisation 1,70 %o, f Titration 1,68 o, A „ Muskeln: Polarisation 0,048 o. Trockensubstanz der Leber: 33,2%. Fettgehalt der Leber: 7,1 /o. e)) ” Ibbnemal 1050: Hund mit Glykokollfütterung ohne Phloridzingabe. Gewicht am 3. Januar 1910: 9,8 kg. Hungerperiode. Gewicht an 10. Januar 1910: 8,7 ke. Ueber die Muttersubstanzen des Glykogenes. 301 10. Januar 1910 Morgens: 5 g Glykokoll und 500 cem Fleischbrühe, Abends: 10, 5 N R 2 7, = 1910 Morgens: 10", 5 RS £ Abends: 10, ; 5500; & 12. „1910 Vormittags getödtet. Gewicht vorher: 8,4 ke. Ge- der Leber: 265,0 e. Glykogengehalt der Leber: Polarisation 1,58 /o, R N 2 Titration 1,56 lo. R „ Muskeln: Polarisation 0,13 °o. Trockensubstanz der Leber: 30,0 °/o. Fettgehalt der Leber: 13,1 /o. 302 | Eduard Pflüger: Nachschrift. Von Eduard Pflüger. Jeder gewissenhafte Forscher wird mir beipflichten, wenn ich dafür eintrete, dass in verwickelten Gebieten die strengste Kritik allein den Fortschritt verbürgt. Ich habe deshalb bis jetzt diesem Gebote getreu bei Prüfung aller Thatsachen den Satz vertreten, dass ein Beweis für die Entstehung von Zucker oder Kohlehydrat aus Eiweiss nicht erbracht sei. In meinem Buche sagte ich aber doch S. 316: „Ich kann diese Auffassung nicht für falsch erklären, „sie ist noch nicht bewiesen.“ Erst jetzt ist durch unsere soeben mitgetheilten umfassenden Untersuchungen festgestellt, dass im thierischen Körper die Leber im Stande ist, aus Eiweiss das Glykogen synthetisch aufzubauen. | Räthselhaft in chemischer Beziehung bleibt aber diese Synthese. Allerdings hat Embden!) Versuche veröffentlicht, welche darthun sollen, dass Fütterung von Aminosäuren an pankreasdiabetische Hunde eine Steigerung der Zuckerausscheidung zur Folge hat. Im Widerspruch mit der Annahme, dass der gebildete Zucker aus den Aminosäuren entstanden sei, steht aber die Thatsache, dass Grube bei Transfusion von Lösungen der Aminosäuren durch die Leber der Schildkröte keine Spur von Glykogenbildung in der Leber hervorrufen konnte. Um den zwischen Embden und Grube bestehenden Wider- spruch aufzuklären, haben wir vier Versuchsreihen mit Hunden an- gestellt, deren Lebern wir in bekannter Weise elykogenfrei machten und durch Glykokollzufuhr wieder mit Glykogen zu laden suchten. Wir stellen die Ergebnisse in Tabelle XIV (S. 303) zusammen. 1) G. Embden und H. Salomon, Zeitschr. f. d. ges. Biochemie Bd. 6 S. 66. 1904. 305 | Co N om | = | = = = se = PHIM E02 | 9 28 re | 0'498 | te == | rs 18 86 010 2 ort 8r0:0 | SIT | 7 021 a | San | Se == ar 27 0°C [OT6T TenuRf "ZT | GET | 0167 "ef "Y] 9600. | er0 Fr | FF ee | (0 el’gE 14 ee See LI Be 7 zen en Ro | | 476 ns | ig: 87 |606T “qoeq ’ea | EST Le} E B S wweag ur| wuweı 6061 = ujpoysum AChElgt 3 a Re 2 E ; ; uores A9q9’T Ben SIUITAD wweıIs | wueıo) aut 1a] 08| -0T1 uWueIoo]LM u ul sowIsopoL, sopumpf E "UOTBAJL], y -19d10] ur ur 08 61 ur 6061 ul 6061 r Iy ‚ -118[0I Te -[1e[0T sop aaqarg |TTONoy4Tg| "6T/sT wel »aq 8a | . em Se sap sap ıd 19 19T: Sunprayds | Segsapo, | "SA "ST |; & = N P U.'C6 a9p SeL wungear RELULLLIUENG erelal || rag) iz zz || we DINO | uoysao ur = u9soyKTH) UOA EYISNU990AT Jyormayg JOTMON) OIRJOL, UION SPınM 9GT pun ccy an log "JU010L9D UIZPLAOLUT [IOJOMÄTH-WIZpLAO]yg-AoSuny "AIX OLIOALL 304 Eduard Pflüger: Die Tabelle XIV ergibt bei Glykokollfütterung einen Glykogen- werth der Leber, welcher den höchsten Mittelwerth übertrifft, der bei Hunger erhalten worden ist und nur wenig niedriger liegt, als die Mittelwerthe, welche bei Fütterung mit 400 g Kabliau beobachtet wurden, nämlich 2,20. Das spricht allerdings dafür, dass das Glykokoll wie Eiweiss wirkt. Auf der anderen Seite weichen die einzelnen Werthe aber so colossal von einander ab, da bei Hund 153 0,059 %/o Leberglykogen und bei Hund 154 sogar 4,47 °/o fest- gestellt wurden. Es ist klar, dass unter diesen Umständen dem Zufall ein zu grosser Einfluss eingeräumt ist und deshalb nur eine sehr bedeutende Zahl von Versuchen zu einem sicheren Mittelwerth führen kann. Wir haben deshalb auf eine Fortführung dieser Ver- ‚suche verzichtet. Wenn man beim Pankreasdiabetes die auffallende Steigerung der Zuckerausscheidung bei Fütterung mit Casein oder Kabliau sieht, drängt sich wohl die Vermuthung auf, ob nicht doch in diesen Eiweissstoffen eine noch nicht nachgewiesene Zuckereomponente stecke. Auf der anderen Seite ist aber das starke Sinken des respira- torischen Quotienten beim Diabetes eine sicher festgestellte That- sache. Sie weist mit grosser Bestimmtheit darauf hin, dass eine nicht mit Kohlensäurebildung einhergehende Oxydation sich vollziehe. Es liegt also sehr nahe, anzunehmen, dass der Sauerstoff sich an C anlagert, oder wohl, dass er aus CH, CHOH, d. h. die Kohle- hydratgruppe, erzeust. Man wird also dazu gedrängt, zuzugeben, dass der Zucker des Diabetikers in diesem Falle nicht im Eiweiss . präexistiert, sondern erst aus dessen Alkoholradikalen entsteht. Wenn aber Zucker aus den Alkoholradikalen der Eiweissstoffe entstehen kann, so ist nicht recht einzusehen, warum die in den Fetten reichlicher vorhandenen Alkoholradikale hierzu nicht befähigt sein sollten. Ich habe in meiner grossen Monographie des Glykogenes mich bemüht, die Ansicht von der Entstehung des Zuckers aus dem Fett zu begründen und verweise hier auf die dortigen Darlegungen. Es bleiben allerdings noch dunkle Punkte, die weitere Arbeit noth- wendig machen. Schliesslich ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem chemischen Assistenten, Herrn Dr. Junkersdorf, herzlichst für die gewissenhafte Unterstützung zu danken, die er mir bei dieser sehr mühsamen und ausgedehnten Untersuchung gewährt hat. Ich habe alle Analysen Nachschritt. 305 des Glykogenes selbst ausgeführt, dasselbe rein dargestellt, polari- metrisch bestimmt und Herrn Dr. Junkersdorf zur Invertirung und Titration übergeben. Hierdurch haben diese Zahlen eine be- sonders grosse Sicherheit. Herr Dr. Junkersdorf hat ausserdem alle Wägungen der Thiere, sowie die quantitativen Analysen der Fette, des Stickstofts, der Trockensubstanz usw. mit erösster Genauigkeit ausgeführt. 306 Peter Junkersdort: (Physiologisches Laboratorium in Bonn.) Ueber den Einfluss der Phloridzinvergiftung auf den Zuckergehalt des Blutes. Von Dr. Peter Junkersdorf. Im Verlauf der Untersuchung: „Ueber die Mutter- substanzen des Glykogenes“ war es von Interesse, das Blut verschiedener Versuchsthiere auf seinen Zuckergehalt hin zu unter- suchen. Das schnelle Verschwinden des Glykogenes in Form von Zucker bei Phloridzininjeetion ebenso wie das schnelle Wieder- auftreten desselben, sei es nun mit oder ohne nachfolgende Er- nährung, hätten sich — was doch sehr nahe lag anzunehmen — in einem anormalen Gehalt des Blutes an Zucker bemerkbar machen können. Auf Veranlassung von Herrn Geheimrat Professor Dr. E. Pflüger habe ich derartige Untersuchungen unter seiner Leitung nach ver- schiedenen Methoden ausgeführt. Das Blut wurde aus der Arteria femoralis aufgefangen, mit Quecksilber defibrinirt und gleich verarbeitet. Bei einigen Hunden wurde das Blut — meist 200 eem — mit dem zehnfachen Volum Alkohol von 96 °/o ausgezogen, der Blutkuchen mehrmals mit Alkohol ausgewaschen und die alkoholische Lösung schwach essigsauer auf etwa 50 ecm eingedampft. Die Anfangs fast farblose Flüssigkeit trübte sich mit zunehmender Concentration, wobei sich feine Flocken ausschieden. Nach dem Abfiltriren wurde das meist farblose Filtrat auf 100 eem aufgefüllt und der Zucker entweder durch Polarisation oder durch Titration gewöhnlich mit 3cem Fehling’scher Lösung bestimmt. War die Lösung nicht direkt polarisirbar, so wurde sie vorher mit Merkurinitatlösung ausgefällt und dann polarisirt. In einigen Fällen wurde die Zuckerlösung zuerst invertirt, ‘um etwa vorhandenen gebundenen Zucker abzuspalten. Zur Inversion wurde Ueber den Einfluss der Phloridzinvergiftung auf den Zuckergehalt etc. 307 sowohl Schwefelsäure als auch mit besserem Erfolge Citronensäure in einer Concentration von 2°/o benutzt. Bei anderen Untersuchungen wandte ich die Methoden von v. Mering und. die von Hofmeister an. Ich erhielt mit den- selben jedoch keine Lösungen, die direkt zu analysiren waren. Die mehr oder weniger stark gefärbten und meist noch Eiweiss ent- haltenden Filtrate mussten vorher ebenfalls mit Merkurinitrat ge- reinigt werden. Auch sind diese Methoden viel umständlicher und erfordern mehr Zeit und Uebung als die neueren Methoden von Michaelis und Rona. Mit diesen Methoden, sowohl bei der mit Eisenoxyd!) als auch bei der mit Caolin ?), erhielt ich vollständig wasserklare, eiweissfreie Filtrate, die direet zur Analyse verwandt werden konnten. Ich folgte bei der Methode mit Eisenoxyd genau den für die Bestimmung des Zuckers im Blute angegebenen Ausführungen?). Ich lasse nunmehr die Versuchsprotokolle der Hunde folgen, bei denen der Blutzucker bestimmt wurde. Zuerst kommen Hunde, die vorher auf Glykogen gemästet waren, und die dann Phloridzin erhielten oder aber gleichzeitig noch mit Ochsenfleisch gefüttert wurden; es hatte sich nämlich in der erwähnten Untersuchung herausgestellt, dass Zufuhr von überschüssigem Eiweiss das Glykogen verdränge. Es folgen Hunde mit Glykogen- mästung und nachfolgender Ochsenfleischfütterung ohne Phloridzin- injeetion und schliesslich noch zwei Versuche ohne Glykogenmästung, der eine mit Ochsenfleischfütterung ohne Phloridzingabe, der andere mit Schweineschmalzfütterung und Phloridzininjeetion. I. Hund mit Glykogenmäsiung und nachfolgender Phloridzin- injection. Hund 1 (125)* Gewicht am 10. September 1909: 8,0 kg. Vom 10.—14. September 1909: Hungerperiode. Gewicht am 15. September 1900: 6,8 ke. a September 1909: Glykogenfutter. 18. 1909 71/2 Stunden vor der Tödtung: 2 g Phloridzin. 1) Rona und Michaelis, B. Z. Bd. 7 S.332. 1908. Bd. 14 S. 479. 1908. 2) B. Z. Bd. 7 S. 330. 1908. 3) Michaelis und Rona, B. Z. Bd. 8 S. 356. 1908. Oppler und Rona, B. Z. Bd. 13 S. 122. 1908. 4) Die eingeklammerten Ziffern sind die Versuchsnummern der Hauptarbeit. 308 Peter Junkersdorf: Harn von 7 Uhr Morgens bis 2 Uhr Mittags inel. Blaseninhalt: 1100 eem — 1,9% — 20,9 & Zucker. Gewicht vor der Tödtung: 8,5 kg. Gewicht der Leber: 593 g. Glykogengehalt der Leber durch Polarisation: 12,2 °/o, N 2 s a Titration: 12,497 %o, „ Muskeln „ Polarisation: 3,92 °/o, 3 £ : % Titration: 4,34 °%o, Zuckergehalt des Blutes nach Michaelis und Rona: a) mit Caolin Polarisation: 0,1 °o. b) „ Eisenoxyd a 0,11 90. IH. Hunde mit 6lykogenmästung, nachfolgender Ochsenfleisch- fütterung und Phloridzininjeetion. Hund 2709). Vom 6.—9. August 1909: Glykogenfutter. Gewicht am 10. August 1909: 12,2 ke. Am 10. August 1909 Morgens: 2 g Phloridzin und 1200 Ochsenfleiseh. Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 13,0 ke. Glykogengehalt der Leber: Titration 1,22 %o. Zuckergehalt des Blutes: a) Alkoholauszug nach Inversion mit Schwefelsäure: Polari- sation 0,126 %o. b) Alkoholauszug nach Inversion mit Citronensäure: Polari- sation 0,15 %o. ec) Nach Hofmeister nach Ausfällung mit Merkurinitrat: Polarisation 0,12 o. Hund 3 (116). Vom 6.—9. August 1909: Glykogenfutter. Gewicht am 10. Ausust 1909: 11,9 ke. Am 10. August 1909 Morgens: 2 g Phloridzin und 1200 & ÖOchsenfleisch. Am 11. August 1909 Morgens: 2 g Phloridzin und 1200 g Ochsenfleisch. Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 11,5 ke. Gewicht der Leber: 306,5 @. Glykogengehalt der Leber: 0,1%. Zuckergehalt des Blutes: a) Alkoholauszug nach Inversion mit Schwefelsäure: Polari- sation 0,066 %o. Ueber den Einfluss der Phloridzinvergiftung auf den Zuckergehalt ete. 309 b) Alkoholauszug nach Inversion mit Citronensäure: Polarisation nach Ausfällung mit Merkurinitrat: 0,066 lo. Titration: 0,062 %o. Hund 4 (113). 20.—23. August 1909: Glykogenfutter, 2 1909 Morgens 7 Uhr: 2 kg Ochscnfleisch, $ 9 „ 2 « Phloridzin, an 1909 „7 „2 ke Ochsenfleisch und 2 e Phloridzin, 25. August 1909 7! Stunden nach der Phloridzingabe ge- tödtet. Gewicht vorher: 23,6 ke. Zuckergehalt des Blutes, nach Michaelis und Rona, mit Eisenoxyd: durch Polarisation 0,12 %o. Hund 5 (120). Gewicht am 30. August 1909: 10,6 kg. 30. August bis 2. Sep- tember 1909: Hungerperiode. Gewicht am 3. September 1909: 8,5 ke. 3.—6. September 1909: Glykogenfutter, 1; a 1909 Morgens: 1 kg Ochsenfleisch, 8. 3 1909 Morgens 7 Uhr: 1 kg Ochsenfleisch und 2 g Phloridzin, 8. September 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 10,1 ke. Zuckergehalt des Blutes: a) Alkoholauszug: durch Polarisation . . 0,06 °/o, b) nach Michaelis und Rona: 1. mit Eisenoxyd: durch Polarisation 0,07 Po, 20 aoß.in: : H 0,07 lo. Ill. Hunde mit Glykogenmästung und nachfolgender Ochsenfleisch- fütterung ohne Phloridzingabe. Hund 6 (110). Gewicht am 30. Juli 1909: 10,9 ke. 30. Juli bis 2. August 1909: Glykogenfutter, 3.—6. August 1909: täglich 1 kg Ochsenfleisch. 6. August 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 12,3 ke. Zuckergehalt des Blutes: Alkoholauszug: durch Polarisation 0,057 P/o. 310 Peter Junkersdorf: Hund 7 (150). Gewicht am 24. September 1909: 4,0 ke. 24,—27. September 1909: Glykogenfutter. AR), »„ 1909: täelich 700 & Ochsenfleisch. 30. September 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 4,8 kg. Gewicht der Leber: 228 eo. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 5,80 °/o, F RER EN „ Ritratons 75419500, N »„ Muskeln: „ Polarisation 0,68 /o. DD je 6) Zuckergehalt des Blutes nach Michaelis und Rona: a) mit Eisenoxyd: durch Polarisation 0,12 0/o, be GaolınE e a 0,09 Yo. Hund 3.(133). Gewicht am 24. September 1909: 5,4 ke. 24,—28. September 1909: Glykogenfutter. 29. September bis 2. October 1909: täglich S00 g Ochsenfleisch. 2. Oetober 1909 Nachmittags getödtet. Gewicht vorher: 6,1 ke. Gewicht der Leber: 198 g@. Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 2,41 lo. “ N R „ Titration 2,40 %0. Troekensubstanz der Leber: 30,4 °/o. Fettgehalt der Leber: 71,54 lo. Zuckergehalt des Blutes nach Michaelis und Rona: a) mit Eisenoxyd: durch Polarisation 0,11 lo, b) „ Caolin: R & 0,090 %o. IV. Hund mit Ochsenfleischfütterung ohne Phloridzingabe. | Hund 9 (114). Gewicht am 23. Juli 1909: 22,1 ke. 23. Juli bis 25. Juli 1909: täglich 110 g Schweineschmalz, 09.0.:00.2,8.20, 3A u2231909E i 1 kg Ochsenfleisch. 9. August 1909 getödtet. Gewicht vorher: 22,5 g. Zuckergehalt des Blutes: a) Alkoholauszug: durch Polarisation 0,10 /o, [8 DD Se Bitsatlon er 008 b) nach v. Mering: „ Polarisation 0,122 %/o, C)...,0. sElotmenskensr %, x 0,126 Io. Ueber den Einfluss der Phloridzinvergiftung auf den Zuckergehalt etc. 3]] V. Hund mit Schweineschmalzfütterung und Phloridzininjeetion. Hund 10 (11]). Gewicht am 5. Juli 1909: 12,0 kg. Hungerperiode. Gewicht am 10. Juli 1909: 11,1 ke. 11. Juli 1909: 500 cem verdünnte Fleischbrühe, 12. „ 1909: 1000 eem verdünnte Fleischbrühe. Gewicht am 13. Juli 1909: 11,1 ke. 13. Juli 1909: 1 g Phloridzin und 60 & Schweineschmalz, 14. „ 1909: 1 g Phloridzin und 60 g Schweineschmalz mit 500 eem verdünnter Fleischbrühe, 15. „ 1909: 1 g Phloridzin und 60 g Schweineschmalz mit 1000 eem verdünnter Fleischbrühe, 16. „ 1909: 60 g Schweineschmalz, 17. „ 1909: 60 g Schweineschmalz mit 500 cem verdünnter Fleisch- | brühe, 18. „ 1909: 60 g Schweineschmalz mit 1000 eem verdünnter Fleischbrühe, 19., 20., 21. Juli 1909: 60 & Sehweineschmalz mit 1000 cem ver- dünnter Fleischbrühe, 22. Juli 1909: 1 g Phloridzin und 60 & Schweineschmalz, 23. „ 1909: 1 g Phloridzin und 60 g Schweineschmalz mit 500 eem verdünnter Fleischbrühe, 24. „ 1909: 1 eg Phloridzin und 60 g Schweineschmalz mit 500 cem verdünnter Fleischbrühe, 25. „ 1909: 60 g Schweineschmalz, 26. „ 1909: 60 g Schweineschmalz mit 500 eem verdünnter Fleisch- brühe, 27. „ 1909: 60 g Schweineschmalz mit 1000 cem verdünnter Fleischbrühe, 28. und 29. Juli 1909: je 60 g Schweineschmalz. 30. Juli 1909: getödtet. Gewicht vorher: 9,0 kg. Gewicht der Leber: 211 ge. Ir Glykogengehalt der Leber: durch Polarisation 3,103 /o. Zuckergehalt des Blutes: Alkoholauszug: a) Polarisation 0,099 %o, Titration 0,105 °/o, b) Polarisation 0,13 °o, Titration 0,126 °/o. 312 Peter Junkersdorf: : Tabellarische Uebersicht. I. Hunde mit Glykogenmästung und Phloridzininjection. Hund 1 (125). Nach Michaelis und Rona: a) mit Caolin: Polarisation 0,1 °/o, b) „ Eisenoxyd: 2 Del On I. Hunde mit Glykogenmästung und nachfolgender Ochsenfleisch- fütterung mit Phloridzininjection. Hund 2 (115). a) Alkohoiauszug mit Schwefelsäure invertirt: Polarisation 0,126 °/o, b) x „ Citronensäure h I la Ho. e) nach Hofmeister: Polarisation 0,120 /o. Hund 3 (116). a) Alkoholauszug mit Schwefelsäure invertirt: Polarisation 0,066 °/o, b) R „ Citronensäure R B 0,066 Jo, Titration 0,062 %o. Hund 4 (118). Nach Michaelis und Rona: mit Eisenoxyd: Polarisation 0,12 %o. Hund 5 (120). a) Alkoholauszug: Polarisation 0,06 %o. b) Nach Michaelis und Rona: mit Eisenoxyd: Polarisation 0,07 °/o, „ Caolin: 0,07 lo. ” II. Hunde mit Glykogenmästung und nachfolgender Ochsenfleisch- fütterung ohne Phloridzininjeetion. Hund 6 (110). Alkoholauszug: Polarisation 0,057 °/o. Hund 7 (150). Nach Michaelis und Rona: a) mit Eisenoxyd: Polarisation 0,12 %o, dr, Calın: M 0,09 Yo. Hund 8 (133). Nach Michaelis und Rona: a) mit Eisenoxyd: Polarisation 0,11 °%o, b) „ Caolin: a 0,09 %/o. Ueber den Einfluss der Phloridzinvergiftung auf den Zuckergehalt ete. 313 IV. Hund mit Ochsenfleischfütterung ohne Phloridzininjection. Hund 9 (114). a) Alkoholauszug: Polarisation 0,10 °/o, Titration 0,08 %o, b) nach v. Mering: Polarisation 0,122 %o, or» c Hofmeister: n 0,126 ?/o. V. Hund mit Schweineschmalzfütterung und Phloridzininjection. Hund 10 (11). a) Alkoholauszug: Polarisation 0,099 %/o, Titration 0,105 %o. b) Alkoholauszug: Polarisation 0,13 ®%o, Titration 0,126 90. Wie sich aus der beigefügten Tabelle ersehen lässt, wird weder durch Phoridzininjection bei Glykogenhunden noch durch verschiedene Ernährung der Blutzuckergehalt in auffallender Weise beeinflusst. Besonders bemerkenswerth ist es, dass bei den Versuchen, wo die Thiere vor der Tödtung eine bedeutende Dosis Phloridzin (2—4 g innerhalb 24 Stunden) erhielten (vgl. Hund 1, 2 und 4), sich kein anormal hoher Blutzuckergehalt zeigt, obschon doch kurz nach Phloridzininjection die Zuckerausscheidung im Harn sehr gross ist, besonders bei Glykogenhunden. Auffallend dagegen erscheint es, dass bei Hund 3 und 5 unter denselben Bedingungen der Zuckergehalt auf die Hälfte des Normal- werthes sinkt. Auch die Thiere mit ÖOchsenfleischfütterung ohne Phloridzingabe und mit Schweineschmalzfütterung und langandauernder Phloridzingabe weichen nicht sehr von dem normalen Werthe ab. Nur Hund 6, der auf Glykogen gemästet wurde und nachher Oshsen- fleisch, aber kein Phloridzin erhielt, erreicht wieder nur die Hälfte des normalen Zuckergehaltes. Ich möchte diese Mittheilung nicht schliessen, ohne Herrn Ge- heimrath Prof. Dr. E. Pflüger für die gütige Mitarbeit und das ebhafte Interesse auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 21 314 Eduard Pflüger: (Physiologisches Laboratorium in Bonn.) Ueber die quantitative Analyse des in der Leber der Schildkröte enthaltenen Glykogenes. Von. Eduard Pflüger. Nach meiner Methode habe ich in Tausenden von Analysen das Glykogen in der Leber und dem Fleische von Fischen, Am- phibien, Vögeln und Säugethieren bestimmt, ohne dass sich mir wesentliche Schwierigkeiten darboten. In neuerer Zeit kam ich in die Lage, das Glykogen in der Leber der Schildkröte quantitativ bestimmen zu müssen und musste dabei die Erfahrung machen, dass meine Methode versagte. Bekanntlich wird bei dieser die Leber mehrere Stunden mit 30 Joiger wässriger Kalilauge erhitzt und das Glykogen dann aus der alkalischen Lösung mit Alkohol gefällt. Nachdem das unreine gefällte Glykogen auf das Filter übergeführt und vorschriftsmässig mit Alkohol und Aether gewaschen worden ist, bringe ieh dasselbe in wässrige Lösung, die sehr trübe und stark gefärbt ist. Wenn ich dann aus einer Bürette tropfenweise Salzsäure hinzufüge, scheidet sich der Farbstoff in Flocken ab, so dass meistens eine farblose oder fast farblose Lösung abfiltriert werden kann, die unmittelbar mit dem Polarisationsapparat quantitativ auf den Glykogengehalt unter- sucht wird. Bei der rohen wässrigen Glykogenlösung der Schildkrötenleber wird durch Ansäuern keine flockige Fällung erzielt. Man erhält nur eine stark getrübte schwarze Flüssigkeit, welche ebenso durch alle Filter läuft. Wenn man aber ein dreifaches Filter von 539 Blau- band (Fabrik Schleicher & Schüll in Düren) zur Filtration be- nutzt, läuft anfangs zwar auch noch ein gefärbtes schwärzliches Filtrat durch das Papier. Giesst man aber das noch gefärbte wieder auf dasselbe Filter, gelingt es bei öfterer Wiederholung ein voll- Ueber die quant, Analyse des in der Leber der Schildkröte enth. Glykogenes. 315 . kommen farbloses Filtrat zu erhalten. Daraus geht also hervor, dass allerdings eine Fällung durch die Salzsäure hervorgebracht wurde, die aber nur zur Bildung kleinster durch alle Filter gehender Flocken führt. Die Analyse lässt sich also auf diese Weise zu Ende führen, wenn auch häufige die nothwendig werdenden Filtrationen mehr als einen Tag in Anspruch nehmen. Das gefällte Glykogen stellt eine schwarze klebrige theerartige Masse dar, die sich an alle festen Oberflächen hartnäckig anhängt. In Folge dieser Beschaffenheit des rohen Glykogenes tritt ein bedenklicher Umstand auf, der Fehler bedingen könnte. ‚Ich habe bei meiner Methode unter normalen Verhältnissen mich überzeugt, dass bei Filtration der angesäuerten Glykogenlösung kein Glykogen von den Flocken zurückgehalten wird, welche sich auf das Filter ablagern. — Bei der Analyse der Schildkrötenleber liegen aber die Verhält- nisse viel ungünstiger. Es kommt vor, dass die Filtration der auf das Filter aufgegossenen Flüssigkeit einen vollen Tag, ja mehrere Tage, in Anspruch nimmt. Es müssen fast alle Poren sich verstopft haben. Der Verdacht ist also berechtigt, dass ein Theil des Glyko- genes auf dem Filter zurückgehalten wird, weil das Glykogen sich wenigstens zum grössten Theil nicht in Lösung befindet. Denn der Farbstoff überzieht das Filter wie ein dichter, glänzender schwarzer Firniss. Um mich zu überzeugen, prüfte ich die Filtrate auf ihren Glykogengehalt, nachdem sie mehr oder weniger häufig durch das fast verstopfte Filter gegangen waren. Es stellte sich heraus, dass mit der Häufigkeit des Filtrirens der Glykogengehalt des Filtrates abnimmt, also thatsächlich ein Glykogenverlust nachweisbar wird. Er ist wohl gewöhnlich unbedeutend, wächst aber bei besonders un- günstigen Bedingungen, d. h. bei den langsamsten Filtrationen, zu einer so erheblichen Grösse an, dass die Analyse einen unzulässigen Fehler erhält. {eh dachte nun der Schwierigkeit Herr zu werden, wenn ich die zu untersuchende Masse der Schildkrötenleber zusammen mit eoagulirtem Serumeiweiss in der 30 /oigen Kalilauge erhitzte und dann den gewöhnlichen Weg der Analyse einschlug. Gleich die ersten Versuche gaben ein gutes Resultat, indem die Ansäuerung der Glykogenlösung schöne Flocken zur Abscheidung brachte, von denen sofort eine farblose Flüssigkeit abfiltrirt werden konnte. Die 2lc= 316 Eduard Pflüger: Über die quantitative Analyse’ etc. Wiederholung dieser Versuche brachte aber dann wieder Glykogen- lösungen, aus denen trotz des Eiweisszusatzes beim Ansäuern keine Flocken sich abschieden. Es bleibt also vorläufige kein anderer Weg zur. quantitativen Bestimmung des Glykogenes der Schildkrötenleber, als das nach meiner Methode dargestellte unreine Glykogen vom Filter direct in einen Kolben zum Invertiren zu bringen, dann die abgeschiedenen Flocken abzufiltriren, um im Filtrat den gebildeten Zucker nach meiner Kupferoxydulmethode zu bestimmen. Zur Sicherung gegen Verunreinigung des gewogenen Kupferoxyduls muss schliesslich die quantitative Analyse des Kupfers nach Volhard ausgeführt werden. 317 (Aus der zoologischen Station der Niederländ. zoolog. Gesellschaft Den Helder.) (Einige Versuche am Flusskrebs wurden im physiologischen Institut der Universität Jena ausgeführt.) Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. Von Hermann Jordan-Tübingen. (Mit 1 Textfigur.) Inhaltsübersicht. BEN kiirfilieue oe ee 318 Einleitung. Anatomie des Nervensystems der Orustaceen . - .. »- 2 22 200. 323 Die eigentlichen Lokomotionsorgane (hauptsächlich der Brachyuren). . . 326 HDerBe megdersrustaceen- : sem ee ee 329 Experimenteller Teil. I. Die Funktionen des Zentralnervensystems bei den Orustaceen, festgestellt duzchediexelementaren Operationen...» 22 m... ..n no. 331 Speaitionsmethoder.z ns. Nr sn ee NE EI 2 331 A. Entfernung des Cerebralganglions oder Durchschneidung beider Sehlundeonnectiver Sun a Sr ee 333 B. Durchtrennung eines einzigen Schlundcomnectivs . ....... 336 MEEDErFHlusskrebsse re 2.00 ee ee 337 b) Carcinus maenas (und Cancer pagurus) -. -.. . 2.2... 338 esvlersucheram®Bauchmark a... 22... Sr ge Fe) I. Die Innervation der Extremitäten bei Crustaceen. .». . 2.2.2... 341 III. Lassen sich am Nervensystem von Cancer pagurus Eigenschaften nach- weisen, die wir als für „Reflexarme“ charakteristisch betrachten? . . 348 SAD ET BONS ee ee ee feel ee 348 B. Wird die Erregbarkeit des Krabbenmuskels auf Grund derjenigen Gesetze reguliert, die wir bei den „Reflexarmen“ kennen lernten? 355 IV. Versuche, die Aufschluss über die Art geben, wie das Cerebralganglion von Cancer pagurus das ihm unterstellte Nervenmuskelsystem zu be- eintussensimstandeeISte 358 E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 22 318 Hermann Jordan: A.» Hirnreizung a. ag 25 SR RR BL NR Er er 358 B. Interferenz zwischen cerebraler und peripherer Reizung... .. 361 G.., Die. Kreisbewecungen ep ee 369 D. Reizungsversuche an Tieren mit total entferntem Gehirn. ... . 372 Allgemeiner Teil. Ie= Einiges Wortezübergden Ronus re 373 II. Zusammenfassung und Diskussion unserer Ergebnisse, soweit sie sich auf die Funktionen des Cerebralganglions beziehen. ........ 378 A. \ZUSAINMENTASSUNgE. Er 2 Se ee 378 B;: Diskussion tn 2. MA I Es EN DEZ Re ek Pe ea ER RR 380 Diskussiongder.sResultateye> rre un. SE Tee Ne 380 ÖkonomiexderäBrschemungen Dr 382 Hinweis auf analoges Verhalten bei Wirbeltieren ........ 383 Äussere Ursachen der cerebralen Wirkung . .......... 3893 Hirnmechanik der Crustaceen, verglichen mit der Hirnmechanik bei Heflexarmen.. 2. an a ee BER RE 385 Das Problem, welches meine Untersuchungen der Zentren- funktion bei verschiedenartigen Tiergruppen beherrscht, lässt sich wie folgt umschreiben: Das Bewegungssystem der Tiere bestebt aus den untergeordneten Zentren, die ihrerseits durch Nerven unmittelbar mit den meist diffusen Sinnesorganen und den (lokomotorischen) Muskeln in Verbindung stehen. Von diesem System unterster Ordnung lässt sich in der Regel nachweisen, dass es an sich und ohne Zutun eines höheren Zentrums, neben einfachen Reflexen, die Ortsbewegung der Hauptsache nach zu leisten imstande ist. Ja, es sibt Tiere, die ihrer ganzen Einrichtung nach nicht höher stehen als solch ein System unterster Ordnung; ich erinnere an die Aktinien'). Derartige Systeme nun werden bei allen einigermaassen höher organisierten Tieren durch zentrale Nervenknoten beherrscht. Bei den Schnecken ist der Hautmuskelschlauch solch ein System unterster Ordnung; seine Nervennetze spielen die Rolle eines primitiven, unter- geordneten Zentrums. Zu diesem Systeme kommen, mit der Aufgabe, seine Leistungen zu regulieren, die Ganglien, welche die ver- gleichende Anatomie recht eigentlich „Zentralnervensystem“ nennt: für unsere Betrachtung Cerebral- und Pedalganglien. 1) H. Jordan, Über reflexarme Tiere. II. Zeitschr. f. allgem. Physiol. Bd. 8 S. 222—266. 1898. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 319 Dass ganz allgemein derartige Oberzentren eine Regulation aus- üben müssen, ist klar. Sie stehen in unmittelbarer Verbindung mit den Hauptsinnesorganen und empfangen deren Reize, auf Grund deren die Bewegungen des Tieres doch beeinflusst werden müssen. Das Geschehen im Gehirn selbst werden wir nieht berücksichtigen, sondern wollen versuchen zu ergründen, wie die Mechanik beschaffen sei, durch die das Produkt des „Geschehens im Gehirn“, also der „Impuls“, das System unterster Ordnung zu beeinflussen vermag. Wollten wir dies Ganze vermenschlicht ausdrücken, so müssten wir sagen: Dasjenige Agens, das wir subjektiv als Willen erkennen, vermag den Ablauf der Reflexe entscheidend zu beeinflussen (Willens- handlung); wie ist die physiologische Mechanik beschaffen, durch welche der Impuls dies tut? Die „psychischen“, richtiger, und. wie schon gesagt, die im Gehirn sich abspielenden Erscheinungen gehen uns hierbei gar nichts an. In einer Reihe von Arbeiten!) habe ich mich bemüht, dies Baybler für eine Gruppe von Tieren zu lösen, für die ich den Namen „Reflexarme“ vorschlug. Hier handelt es sich (in aller Kürze zu- sammengefasst) um folgendes: Das System unterster Ordnung, Haut- muskelschlauch mit Nervennetz, ist nur einer geringen Anzahl von Leistungen fähig. Diese sind vornehmlich: 1. Der Tonus, d. i. Dauerverkürzung und deren an den wechselnden Innendruck des Tieres sich anpassenden Veränderungen; eine Verkürzung, die durch Inunekeraateunen den Tieren die bekannte halbfeste Konsistenz erteilt. 2. Elementare Reflexe, die man den „generellen Reflex“ nennen kann, da er sich an jeder Stelle des Hautmuskelschlauches in gleicher Weise abspielt: Um den Reizort liegende Muskelteile ziehen sich wahllos zusammen, um so stärker, je näher sie dem Reiz- orte liegen. 3. Rhythmische Wellenbewegungen, die meist der Lokomotion dienen. Die Aufgabe der Oberzentren ist (abgesehen von einigen wenigen an sie gebundenen Reflexen), lediglich diese Leistungen des 1) Hermann Jordan, Die Physiologie der Lokomotion bei Aplysia limacina. Zeitschr. f. Biol. Bd. 41 S. 196—238. 1901. — Untersuchungen zur Physiologie des Nervensystems bei Pulmonaten. I. und II. Pflüger’s Arch. Bd. 106 S. 189-228. 1905, Bd. 110 S. 533—597. 1905. — Über reflexarme Tiere. I. (Ciona intestinalis.) Zeitschr. f. allgem. Physiol. Bd.7 S.85—134. 1907. II. (Actinoloba dianthus.) Zeitschr. f. allgem. Physiol. Bd. 8 S. 222—266. 1908. 22 * 390 Hermann Jordan: Systems unterster Ordnung quantitativ zu regulieren, Es liest eben an der primitiven Art der genannten Bewegungen, dass einmal solehe rein quantitative Beeinflussung möelich ist, und dann, dass sie hinreicht, die Einflüsse der Hauptsinnesorgane, und möglicher- weise anderer uns u nt Hirnfunktionen, dem Gesamttiere nutzbar zu machen. Ausserordentlich charakteristisch für die Einrichtung der „Reflex- armen“ ist die Tatsache, dass die Ganglien ihre Regulation schon durch ihre blosse Gegenwart ausüben; im Augenblicke ihrer Ent- fernung karn man das Fehlen ihrer Tätigkeit mit Messinstrumenten nachweisen. Gewiss werden wir ihnen die Fähigkeit eines gelegent- lichen „Impulses“ nicht absprechen; allein es bedarf für sie keines solchen, um doch wirksam zu sein. Im Gegenteil, wenn wir durch elektrische Reize einen „Impuls“ nachahmen, so erhalten wir gerade den umgekehrten Effekt, als die Ganglien durch ihre blosse An- wesenheit dauernd auszuüben scheinen. Einige Beispiele mögen ge- nügen: Die Pedalganglien der Schnecke, das einzige Ganglion der Ascidien (Ciona intestinelis), haben der Hauptsache nach die Aufcabe, den Tonus der Muskulatur zu beherrschen. Entfernen wir diese Ganglien, so steiet der Tonus (mit der Zeit), und bei der Anpassung des Tonus an den (Innen-) Druck lassen sich sehr charakteristische Abnormitäten nachweisen. Das Cerebralganglion beherrscht in ganz analoger Weise die Erregbarkeit der Muskulatur und damit ihre Bewegung. Entfernt man das genannte Gangelion, so steigt die Erregbarkeit, die Muskulatur, verfällt in eine (bei Aplysia) nicht inhibierbare Bewegung. Dem- entsprechend entstehen bei einseitiger Entfernung des Cerebral- ganglions Kreisbewegungen um die normale Seite, da die hirn- lose Seite sich stets schneller und ausgiebiger bewegt als die normale, welche oft genug, wenn auch nicht immer, selbst ohne Bewegung, passiv von jener mitgeschleppt wird. Nun wiederhole ich: Alle diese Hemmungen sind nicht etwa mit der Herzvaguswirkung zu vergleichen; denn Reizung der von den Zentren zum Hautmuskelschlauche gehenden Bahnen bedingt stets das Gegenteil von Hemmung. Es ist für den Gang der folgenden Untersuchung nicht belanglos, darauf hinzuweisen, dass die angeführten, sowie eine Reihe von anderen Tatsachen uns eine eigenartige Erklärungsweise dieser quantitativen Regulation aufzwangen: da es niemals gelang, einen Hemmungsreiz nachzuweisen, ferner wi Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 321 die Ganglien im Zustande verminderter Aktivität (Kokain) am besten hemmen und umgekehrt usw., so schien es, als geschehe die normale Hemmung überhaupt nieht durch einen Impuls, sondern als ver- mindere sich der aktive Zustand der Peripherie (z. B. Tonus) da- durch, dass eine ihr im Nervensystem entsprechende Energieform sich vermindere. Und weiter schien es, als ob diese letztgenannte Verninderung verursacht würde durch ein zentripetales Abfliessen dieser Energie, verursacht durch den geringeren aktiven Zustand im Zentrum, ' verglichen mit der Peripherie. Ist diese Anschauung richtig, so gehorchte die in den Nerven dieser Tiere kreisende Kraft dem allgemeinen Ausgleichgesetze, das ja auch für Wärme, Elektri- zität usw. eilt. Es ist hier weder der Ort, die skizzierte Anschauungs- weise zu diskutieren, noch die ihr zur Stütze dienenden weiteren Tatsachen zu wiederholen. Beides ist in meinen zitierten Arbeiten geschehen. Hier genügt uns der Anschein, als sei dies alles so, also richtiger die Grundtatsache, welche den Anschein erweckt: Hemmung ohne ein System, das durch Reizung veranlasst würde, in der Muskulatur Erschlaffung, Bewegungsstillstand zu erzeugen. Und diese einzigartige Hemmung in Verbindung mit ihrem Gegen- teil [je nach Umständen !)] bewirkt jene rein quantitative, sich auf das Gesamtsystem unterster Ordnung erstreckende Regulation. Es galt nun weiter die Frage zu beantworten: Ist die dargetane Einrichtung des Zentralnervensystems eine allgemeine, oder beschränkt sie sich auf eine Gruppe von Tieren, und in diesem Falle auf welche? In meiner zitierten Arbeit „Über reflexarme Tiere I“ (Zeitschr. f£. alle. Physiol. Bd. 7 S. 85—134) machte ich zuerst eine kurze Mit- ‚teilung darüber, dass bei den Cephalopoden von einem derartig regulatorischen Zentralnervensystem keine Rede sein könne. Somit blieb die systematische Grenze unserer Gruppe der Reflexarmen zu bestimmen. In meiner Arbeit „Über Reflexarme II“ (Zeitschr. f. allg. Plıysiol. Bd. 8 S. 222—266) gelang mir der Nachweis, dass auch die Coelenteraten (speziell die Aktinien) zu unserer Gruppe gehören, und dass bei diesen Tieren die niedrigst denkbare An- ordnung der uns nun vertrauten Elemente verwirklicht war: ein ‚System unterster Ordnung (Hautmuskelschlauch) ohne jede regu- lierenden Zentren. Nun galt es noch, die höheren Vertreter der „Reflex- 1) Z. B. bei herabgesetztem Tonus der Muskulatur kann mau zeigen, dass nunmelır das Ganglion durch seine. Gegenwart den Tonus steigert... a 3232 Hermann Jordan: armen“ zu finden, Vertreter, die vielleicht auch Übergänge zu Tieren mit anderer Einrichtung zeigten, und ich nahm mir damals (bei Be- arbeitung der Aktinien) schon vor, zu untersuchen, ob nicht etwa die krebsartigen Tiere in Betracht kommen könnten. Dass die Crustaceen nicht zu den eigentlichen „Reflexarmen* gezählt werden könnten, wusste ich durch Bethe’s treffliche Arbeiten wohl. Doch deuteten einige Angaben des verdienten Forschers ge- rade darauf hin, dass einige Erscheinungen, charakteristisch für Reflexarme, bei den Crustaceen nachzuweisen seien!). So konnte es sich gerade bei diesen Tieren um die gewünschten Übergänge handeln. Die erwähnten Befunde Bethe’s sind die folgenden: Nach Beseitigung des Gehirns zeigen sich gewisse Reflexe gesteigert. (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50 S. 598.) Nach beiderseitiger Durch- schneidung der Schlundeonnective ergab sich: „Die Tiere liegen selten ganz still. Entweder putzen sie, oder bewegen leise die Beine im Rhythmus des Ganges, ohne sich vom Fleck zu bewegen, besonders in Rückenlage. Oft sind auch die Maxillarfüsse in un- ausgesetzter Tätigkeit ohne irgendeine Veranlassung.“ Hierüber finden sich noch eine Reihe weiterer Angaben, über die wir hier zum Teile noch Bericht werden erstatten müssen. Auf (l. ce.) S. 624 wird dann weiter gezeigt, dass besondere Hirnteile, die Globuli, diese (wegfallende) Hemmung in der Norm ausüben. Bei seinem bekannten Versuche, Reflextätigkeit bei lediglich er- haltenem Neuropil, nach Entfernung aller anhaftender Ganglien- zellen zu erzielen, kommt Bethe wiederum zu ähnlichem Resultate: Der von ihm untersuchte Antennenreflex tritt nach jener Entfernung der Ganglienzellen leichter ein als in der Norm („Die Reflex- erregbarkeit ist bedeutend gesteigert“, 1. c. S. 632). Beim Flusskrebs, der seines Gehirns beraubt ist, wird man fast stets, besonders die Abdominalbeine und den Sphineter ani, in dauernder rhythmischer Bewegung finden (Bethe, Pflüger’s Archiv 1) Hauptsächlich Albrecht Bethe, Das Nervensystem von Carcinus maenas. Ein anatomisch-physiologischer Versuch. I. Teil. I. Mitteil. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 50 S. 460—546. 1897. — Das Zentralnervensystem von Car- cinus maenas. Ein anatomisch-physiologischer Versuch. I. Teil. II. Mitteil. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 50 S. 589—639. 1897. — Vergleichende Unter- suchungen über die Funktionen des Zentralnervensystems der Arthropoden. Pflüger’s Arch. Bd. 68.S. 449545. 1897. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 323 Bd. 68 S. 449; bestätigt durch meine Untersuchungen.) Genug, es lag eine Reihe von Erfahrungen vor, die darauf hinzudeuten schien, dass das Krebshirn das ihm unterstellte Bewegungssystem auf Grund der gleichen Gesetze beeinflusse, die auch für das Gehirn der Schnecken Gültigkeit haben; und dass wir in den Crustaceen den gewünschten Übergang zu suchen hätten. Anatomie des Nervensystems der Crustaceen. Wenn wir das zentrale Nervensystem der Decapoden mit dem- jenigen der Schnecken vergleichen, so lassen sich einige nennens- werte Unterschiede unmittelbar feststellen, auch wenn wir unsere Betrachtung ganz auf physiologisch verwertbare Momente beschränken. In der Leibeshöhle der Schnecke findet sich an lokomotorischen Ganglien ein Paar Ober- und ein Paar Unterschlundganglien. Ein Zentrenteil, der dem Bauchmarke der Arthropoden entspräche, muss im Gewebe des Hautmuskelschlauches als mehr oder weniger diffuses Netz gesucht werden. Freilich fand Biedermann!) in der Fuss- sohle der Weinbergschnecke eine scheinbar segmentale, strickleiter- förmige Anordnung der Netzelemente, allein ausserdem finden wir auch in jedem anderen Teile des Hautmuskelschlauches die ge- wohnten diffusen Netze. Das ist nun bei den Decapoden ganz anders. Alles, was an zentralem Nervensystem überhaupt vorhanden ist, finden wir zusammen- gedrängt in der bekannten Ganglienkette. Jedes kleine, mit ge- wöhnlichem Messer oder einer Schere aus dem Hautmuskelschlauche der Schnecke entfernte Stück ist ein vollkommenes „System unterster Ordnung“, mit allen elementaren Reflexen, ja mit lokomotorischeu Wellen (Limaxsohle vgl. Künkel). Dagegen stellt etwa ein ab- geschnittenes Krebsbein ein durchaus zentrenloses Organ dar, das daher jeder spontanen Bewegung unfähig ist. Nur direkte Reizung des Beinnerven oder der Muskeln selbst bedingt eine Bewegung. Genaue histologische Untersuchungen Biedermann’s?) bestätigen dies, aus physiologischen Gründen Gesagte. S. 42 sagt dieser Autor wörtlich: „In. dieser Beziehung ist vor allem hervorzuheben, dass 1) Pflüger’s Archiv Bd. 111 S. 251—297. 1906. 2) W. Biedermann, Beiträge zur allgemeinen Nerven- und Muskel- physiologie 20. Über die Innervation der Krebsschere. Sitzungsber. d. math.- nat. Klasse d. Akad. d. Wissensch. in Wien Bd. 95 Abt. 3 S. 7—46. 1837. 3934 Hermann Jordan: höchstwahrscheinlich periphere, zwischen Nerv und Muskel einge- schaltete gangliöse Apparate, deren Vorhandensein auch Richet vermutete, gänzlich fehlen. Mit Sicherheit kann ich dies für den Nervenstamm und seine ersten Verzweiguneen bis in den Muskel hinein behaupten, die ich in drei Fällen mikroskopisch untersuchte. Wenn also Ganglienzellen vorhanden sind, so können sie nur im Muskel selbst gelegen sein. Doch ist es mir an zahlreichen Zupf- präparaten nicht gelungen, etwas Derartiges zu sehen.“ Bieder- mann!) hat auch noch weitere gründliche Erfahrungen über diese Dinge gesanımelt, ohne Ganglienzellen in der Krebsschere zu finden’). Die Ganglienkette besteht, wie bekannt, aus einem Ober- schlundganglion, das durch ein langes paariges Connectiv mit dem Bauchmark in Verbindung steht. Dieses setzt sich bei Makruren aus sechs thoracalen und sechs abdominalen Ganglien zusammen, bei den Brachyuren aber wird es von einer einzigen Masse gebildet. Das erste der sechs Thoracaleanglien bei den Langschwänzern (Flusskrebs) nimmt eine gewisse Sonderstellung ein und wird unteres Schlund- ganglion genannt (G. infraoesophageum), es ist das kombinierte Ganglion der sechs Paar Mundgliedmassen, scheint aber, nach experimentellen Ergebnissen zu schliessen, auch der Gesamtlokomotion gegenüber eine besondere Rolle zu spielen. Die übrigen Ganglien sind im wesentlichen ° die Reflexzentren unterster Ordnung für je ein Beinpaar. Dass das Bauchmark der Kurzschwänzer aus der Verschmelzung von Ganglien entstanden ist, welche denjenigen der Langschwänzer als homolog zu achten sind, braucht nicht erwähnt zu werden; für uns soll die grosse, eiförmige Nervenmasse stets als eine Einheit betrachtet werden. Ebensowenig wie die Anordnung der Teile 1) W. Biedermann, Zur Kenntnis der Nerven und Nervenendigungen in den quergestreiften Muskeln der Wirbellosen. Sitzungsber. d. math.-nat. Klasse d. Akad. d. Wissensch. in Wien Bd. 96 Abt.3 S. 8—39. 1888. 2) Die von Bethe (Ein Beitrag zur Kenntnis des peripheren Nerven- systems von Astacus fluviatilis. Anat. Anz. Bd. 12 S. 31—34. 1896.) beschriebenen subepithelialen Nervennetze beim Flusskrebs und Carcinus haben „direkt nichts mit der rezeptorisch-motorischen Bahn der Bewegungsmuskulatur zu tun, sondern stellen jedenfalls ein in sich geschlossenes Reflexsystem von besonderen Funk- tionen dar“. (Nach Allgem. Anat. u. Physiol. des Nervensystems S. 81.) Es wäre interessant, die Beine der Afterspinnen (Phalangiden) auf solche Netze hin zu untersuchen, Beine, die ja auch isoliert „spontane“ Bewegungen auszuführen vermögen. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 325 dieses Gebildes. interessiert uns eine Reihe von Einzelheiten, wie die Verbindung der beiden Schlundeonneetive hinter dem Ösophagus durch eine Art Brücke; auch das Vorhandensein von Schlundganglien zu beiden Seiten des Ösophagus am Schlundconnectiv soll uus nicht beschäftigen. Im übrigen sei, was weitere anatomisch-histologische Daten betrifft, auf Bethe’s treffliche Arbeiten verwiesen (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 44 S. 579—622. 1895; Bd. 50 8. 460—546. 1897). Dies eilt auch bezüglich der peripheren Nerven, die von den Gauglien ausgehen (vom Gehirn vor allem: Opticus, Oculomotorius, Tegumentarius, beiläufig der einzig ungemischte, rein rezeptorische Nerv, endlich die beiden Antennennerven). Die lokalen Sinnesnerven (z. B. Chemoreceptoren der Mundwerkzeuge) gehen in die lokalen Ganglien. Innervation der Beine. Von den Extremitätenganglien oder den ihnen entsprechenden Teilen des Brachyurenbauchmarks gehen Nerven in die Beine. (Gerstäcker und Ortmann, Arthropoden in Bronn’s Klassen und Ordnungen Bd. 5, Abt. 2, Crustacea Hälfte 2, Malacostraca S. 914. 1901.) „Aus den fünf selbständig verbleibenden, den lokomotorischen Gliedmassen entsprechenden Cephalothoraxganglien!).... nehmen mindestens zwei Nervenstämme ihren Ausgang, von welchen der hintere, der sich nach Milne- Edwards übrigens im Innern der betreffenden Extremität mit dem vorderen wieder vereinigt, der ungleich stärkere ist. Die sehr viel kleineren fünf ersten Abdominalganglien verhalten sich in der Abgabe von je zwei Nervenstämmen ebenso; doch versorgt nur der eine derselben die Spaltbeine, der hintere dagegen die Hinterleibsmuskeln mit Zweigen... Das... .. (letzte, sechste) Abdominal- (Schwanz-) Ganglion lässt... bei Astacus nach Krieger fünf paarige Nerven aus sich hervorgehen, welche sich teils an die Muskeln des sechsten flossenförmigen Beinpaares, teils an diejenige des Endsegmentes ver- zweigen. Mit der den Brachyuren eigenen starken Konzentration der Ganglien zu einer einzelnen Supra- und Infraösophageal- Nervenmasse verbindet sich auch eine partielle Vereinfachung der von beiden ausstrahlenden Nerven . . . Die Zahl der aus dem grossen Bauchganglion ausstrahlenden Nervenstämme beschränkt sich auf neun Paar, von denen die vier schräg nach vorn gerichteten ungleielı dünner als die fünf hinteren sind.“ 1) D. h. die thoracalen Ganglien abzüglich des Unterschiundganglions. 3926 Hermann Jordan: Diese vier vorderen Nerven innervieren Mundwerkzeuse und Kiemenhöhle. „Die fünf dicken Beinnerven teilen sich nach ihrem Eintritt in die unteren Parasternalhohlräume in zwei Äste, von denen der eine sich bis in die Spitze des Beines verfolgen lässt, während der andere sich an die innerhalb der Endopleuren befindliche Stamm- muskulatur verzweigt.“ Uns wird nur der Nerv interessieren, der sich durch das ganze Bein (oder die ganze Schere) verfolgen lässt, und der an die einzelnen Muskeln Zweige abgibt, deren Eigenart Biedermann (l. ec. Akad. Wien Bd. 96, Abt. 3 S. 8—39. 1888) beschreibt; sie wird uns noch kurz zu beschäftigen haben. Die eigentlichen Lokomotionsorgane. (Haupsächlich werden die Brachyuren berücksichtigt.) Da wir zum Verständnis des Folgenden einer genauen Analyse des Ganges unserer Objekte nicht bedürfen, so können wir uns,, was die Anatomie der eigentlichen Lokomotionsorgane betrifft, auf das Allernotwendigste beschränken. Eine sehr eingehende Darstellung der mechanischen Verhältnisse findet der Leser bei List). Die Bewegungseinrichtungen am Krebsbein sind recht wohl einem komplizierten cardanischen Ring vergleichbar. Auch hier bei den Krebsen handelt es sich ja darum, die Lage eines Körpers (Beinspitze) vor der eines anderen (Krebsrumpf) so unabhängig wie möglich zu machen: Das Lokomotionsorgan muss unabhängig vom Körper bis zu einer gewissen Grenze jede beliebige Bewegung aus- führen können, während der cardanisch aufgehängte Kompass etwa, durch die Schwere in seiner Lage erhalten werden muss, unabhängig von einer beliebigen Bewegung des Schiffes. Also in der Umkehrung das nämliche Problem. Bekanntlich besteht das cardanische System vorab aus einem Ring, der an zwei diametral entgegengesetzten Punkten durch je einen Drehzapfen (Zapfenscharnier) fixiert ist. An zwei weiteren diametral entgegengesetzten Punkten des ersten Ringes, deren Verbindungslinie sich mit derjenigen der ersten beiden Punkte rechtwinklig schneidet, ist in der gleichen Weise ein zweiter, kleinerer Ring’in den ersten 1) Theodor List, Morphologisch-biologische Studien über den Bewegungs- apparat der Arthropoden. 1. Teil: Astacus fluviatilis. Morphol. Jahrb. Bd. 22 S. 380—440. 1895. — 2. Teil: Die Dekapoden. Mitt. a. d. zool. Stat. Neapel. Bd. 12 S. 74—168. 1895. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 327 durch Drehzapfen eingelenkt. Die Zahl der Ringe, die Richtung der Drehachsen unterliegt keiner Beschränkung. Nun denkt man sich die Ringe verlängert zu mehr oder weniger langen Röhren. Diese nehmen naturgemäss (gleich den cardanischen Ringen) an Durchmesser ab; allein sie liegen in dem grössten Teil ihrer Längenausdehnung nicht mehr ineinander, sondern folgen auf- einander, nur eben noch so weit mit den Enden ineinandergreifend, dass es zu einer cardanischen Einlenkung kommen kann. So liegen die Drehachsen nicht mehr alle zusammen in einer Ebene, sondern folgen sich, da sie sich ja an den Enden der Einzelröhre befinden. Da - die Gelenke im Querschnitt etwa rineförmig sind, so kann der über der Achse als Sehne sich spannende Bogen zugleich der Muskulatur als Insertionslinie dienen. Beschränkt sich die Insertion etwa auf die Mitte des Bogens, so sind die Hebelverhältnisse für diese Anordnung die denkbar günstigsten. Wir finden nun in der Tat auf einer Seite von der Achse den stärkeren Beuger, auf der anderen Seite den schwächeren Strecker. Diese beiden Muskeln entspringen in der dem Gelenk vorangehenden Röhre, und zwar von ihrer Wand. Die Anordnung ist diejenige gefiederter Muskeln!).. Die einzelnen Muskelbündel sitzen ihrer jeweiligen Sehne, wie die Rami dem Federschaft, zu beiden Seiten auf. Die Sehnen sind mit den beschriebenen Insertionspunkten eigen- tümlieh gelenkig verbunden. Ausser durch Muskel und Sehne sind je zwei Röhren (Glieder) durch eine Gelenkhaut aneinander befestigt. Man unterscheidet dergestalt an den Beinen unserer Objekte sieben Gelenke und sieben Glieder, von denen freilich (vom Rumpfe her gezählt) das dritte Gelenk physiologisch durchaus bedeutungslos ist, und daher nur sechs Glieder für uns in- Betracht kommen. Wir unterscheiden | 1. eine Hüfte (Coxa, Coxopodit), 2. Trochanter primus (Basipodit), 5 Trochanter secundus nl 4. Femur (Meropodit), 5. Carpus (Carpopodit), 6. Propodit (bei der Schere, die feste Branche), 7. Dactylopodit (bewegliche Scherenbranche oder z. = bei Cancer die Endklaue der vier Paar Gangbeine. 1) Genau treffen diese Beschreibungen nur für alle Fuss-(Scheren-)Gelenke, mit Ausnahme der beiden ersten zu. Doch genügt das Gesagte für unsere Zwecke. 328 Hermann Jordan: In dieser Abhandlung werden wir, obigen Zahlen folgend, von Glied 1, 2 +3 (zusammen praktisch ein einziges Glied) 4 usw. bis 7 reden; und von Gelenk 1 (welehes das Hüftglied mit dem Rumpf verbindet) 2, 4, 5 bis 7, dem Scherengelenk. Wenn wir derart das dritte Gelenk in der Benennung ‚berücksichtigen, ihm übrigens aber keinerlei Aufmerksamkeit schenken, so geschieht das lediglich, um nicht durch Anwendung von nur sechs Zahlen bei denjenigen Lesern Verwirrung zu verursachen, welche an die morphologische Benennung gewöhnt Sind. | Die Schere kommt bekanntlich durch eigenartige Einlenkung des letzten Beingliedes in das vorletzte, wobei dieses umgebildet erscheint, zustande. Das vorletzte Glied ist breit. Der bewegliche Scherenast ist an ihm seitlich am Innenrande eingelenkt, und von dieser Einlenkungsstelle nach vorn ragt vom vorletzten Glied ein zapfenartiger Vorsprung, der feste Scherenast (Digitus fixus) vor, gegen den der bewegliche, etwa gleich einer Scherenbranche sich zu bewegen imstande ist. Unter den Gliedern überragt das vierte, der „Schenkel“, die anderen au Grösse. Was im übrigen die Maasse der einzelnen Glieder betrifft, so sei, was die Brachyuren betrifft, nur auf List Teil 2 S. 139 ff. verwiesen. Die Gelenke. Die Gelenkachsen sind bei den Brachyuren ganz ähnlich wie die Zapfenscharniere des cardanischen Ringes, d. h. „je zwei aufeinanderfolgende Gelenkachsen stehen bei allen zum Gehen gebrauchten Thoraxfüssen der Brachyuren nahezu in rechtem Winkel zu einander“ (List Teil 2 S. 134). Wir denken uns ein Bein so gestreckt, dass es senkrecht auf der Hauptachse des Tieres steht und alle seine Glieder in einer einzigen Ebene zu liegen kommen (einer Ebene, die natürlich vertikal ist und senkrecht auf der Hauptachse des Tieres steht). Nun wird ein Teil aller Gelenkachsen horizontal zu liegen kommen und eine Bewegung von oben nach unten (in der vertikalen) ermöglichen. Die anderen Ge- lenkachsen, die mit den ersteren abwechseln, liegen in der Vertikal- ebene selbst und gestatten Exkursionen von hinten nach vorn. Derart erlaubt das erste Gelenk Bewegung von hinten nach vorn, „ zweite $„ ) „ oben „. unten, „ vierte N : hinten Es NoEnE „ fünfte f 5 „ oben „aunlen; Die Leisturgen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 329 das sechste Gelenk Bewegurg von hinten nach vorn, Kausiebentens, u „ oben „ ssunten! Diese Darstellungsweise, die weder der Krümmung der Beiu- achse Rechnung trägt, noch dem Umstande, dass die Beine keines- wegs rein seitlich, sondern vielmehr ventral der Mittellinie genähert am Rumpfe festgewachsen sind, und schon die ersten „Vertikal- achsen“ ausgesprochen schräg stehen, dürfte immerhin genügen, die Ge- samtanordnung für unsere Zwecke hinreichend verständlich zu machen. Von den beschriebenen Gelenken leisten die bedeutendsten Ex- kursionen das erste, zweite und fünfte Gelenk, auch das siebente; weniger das sechste; die geringste Beugung zu bewerkstelligen ver- mag das vierte Gelenk. Bezüglich einer Reihe weiterer Einzelheiten muss auf List’s Arbeiten verwiesen werden. Der Gang der Crustaceen. Es braucht hier kaum daran erinnert zu werden, dass Makruren vornehmlich nach vorn und hinten, in der Richtung der Hauptkörper- achse, die Brachyuren seitwärts, mebr oder weniger senkrecht zur Körperachse sich beweeen. Doch sind die Vertreter dieser Tier- gruppen nicht an diese Ganearten gebunden; ein Flusskrebs kann recht wohl, und nicht ungewandt, nach der Seite gehen (List Teil 1 S. 416); es gibt wohl kaum eine Richtung, in der ich einen Cancer nicht gelegentlich hätte laufen sehen. Wirkung der Beine beim Gang. Beim Flusskrebs (List Teil 1 S. 414) wirken die drei ersten Gehbeinpaare zusammen; sie sind nach vorn gerichtet, und die von ihnen entfaltete Kraft wirkt beim Vorwärtsgang als Zug. Das vierte Gehfusspaar hingegen ist nach hinten gerichtet und dient zum Schieben. Umgekehrt zieht das vierte Paar beim Rückwärtsgang, während die drei ersten Paare schieben. „Der Gang des Careinus ist vorwiegend rein seitlich“ (bei Cancer ist das ebenso). „Bei mechanischer und photischer Reizung tritt der Gang (Fluchtreflex) immer nach der dem Reizort entgegen- gesetzten Seite ein. Berührt man ein Tier auf der rechten Körper- hälfte (und dabei kann man sich der Mittellinie sehr weit nähern), so flieht es nach links (Linksgang), bei Reizung links nach rechts (Rechtsgang) usw.... Der Vorwärtsgang tritt überhaupt fast nur als Zwischenstufe zwischem dem Rechts- und Linksgang auf. Bei den vielen Hunderten von Tieren, die ich beobachtet habe, sah ich nur 320 Hermann Jordan: wenigemal Vorwärtseang auf eine längere Strecke (etwa 20—30 cm). Verhältnismässig häufiger kommt Gang schräg nach rechts oder links vorne vor“ (Bethe, Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50 S. 501f.). Auch reiner Rückwärtsgang ist selten. Bei diesem Seitengange ziehen, wie verständlich genug, die je- weilig vorangehenden Beine (beim Rechtsgange die rechten), während die nachfolgenden Beine schieben. Die Richtung des Ganges wäre zu berechnen, als Resultante in einem Kräfteparallelogramm, in dem die Winkel, welehe die Beine mit der Körperachse bilden, sowie die Kraftleistungen der einzelnen Beine die wesentlichen Faktoren sind. Der erste Gehfuss ist nach List (l. ce. Teil 2 S. 137) schräg nach vorn, der zweite direkt seitlich, der dritte schräg nach hinten, der vierte fast ganz nach hinten gerichtet!). Aus den (genauer ge- messenen) Winkeln die Resultante ohne weiteres zu berechnen, wie List es tut (Fig. 4), geht nach Bethe (S. 501) doch nicht an, da einmal beim Gehen die Winkel sich ändern, dann aber die einzelnen Beine nicht als gleichstark angenommen werden können, wie List es glaubt tun zu dürfen. Wir haben auf diese. Frage nicht einzu- gehen und begnügen uns mit der Tatsache, dass jedenfalls von den Winkeln, den die Beine mit dem Rumpfe bilden, die Richtung des Ganges abhängen muss, eine Tatsache, auf die wir noch eingehend werden zurückkommen müssen. Die Schwanzschläge Jder Makruren. Es erübrigt, einige Worte über die Schwimmbewegungen des Flusskrebses zu sagen, die mit dem Abdomen ausgeführt werden. Dieses Abdomen besteht bekanntlich „aus sieben gegeneinander beweglichen Gliedern, die durch Scharnier- gelenke miteinander verbunden sind?). Eine plötzliche Kontraktion der sie versehenden (Beuge-) Muskeln schlägt das Abdomen gegen die Unterseite des Körpers ein, wodurch der ganze Körper nach hinten geschnellt wird“ (List, l.c. Teil 1 S. 416). Als eigentliches Ruder ist das Endsegment oder Telson im Verein mit dem letzten Abdominalbeiupaare anzusehen, dessen Exo- und Endopodit platten- l) Beim normalen Seitengang ist für keins der Beine die Abweichung von der Senkrechten auf der Körperlängsachse exzessiv. 2) Aber im Gegensatz zu den Extremitäten und den cardanischen Ringen sind hier alle Achsen gleichgerichtet, so resultiert keine Beweglichkeit nach allen Seiten, sondern die Exkursionen aller Gelenke summieren sich in einer Richtung: von oben nach unten. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 331 artig verbreitert sind („Schwanzfächer“). Die Ruderfläche wird durch Borsten, die den Rand des Fächers besetzen, vergrössert. Reizt man nun einen gesunden Flusskrebs auf sehr energische Weise zur Flucht, so sieht man, wie plötzlich das Abdomen eine Reihe kräftiger rhythmischer Schläge der dargetanen Art ausführt, während zugleich Beine (und Scheren) unbeweglich nach vorn gestreckt werden, um den Widerstand im Wasser zu vermindern. — I. Die Funktionen des Zentralnervensystems bei den Crustaceen, festgestellt durch die elementaren Operationen. Der Inhalt dieses Kapitels setzt sich zusammen aus Literatur- angaben, die vornehmlich aus Bethe’s Arbeiten geschöpft wurden, und deren Bestätigung durch eigene Resultate!). Hierbei bemerke ich: ältere, durch Bethe erledigte Literatur findet keine Berück- sichtigung. Alle für uns späterhin in Frage kommender Versuche habe ich selbst, z. T. ohne Kenntnis von Bethe’s Arbeit am Fluss- krebs (Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 68) ausgeführt; und da Bethe mit einer Reihe von Ergebnissen allein dasteht, gegen die Aneaben älterer Autoren, so scheint die Wiedergabe meiner Befunde als „Nachuntersuchung“ nicht ohne Bedeutung. Dies trifft um so mehr zu, als einige Zeit nach Bethe’s Arbeit, Steiner’s Buch (Die Funk- tionen des Zentralnervensystems und ihre Phylogenese Abt III. Die wirbellosen Tiere. Braunschweig, F. Vieweg &.Sohn 1898) erschien, in welchem der Verfasser zum Teil zu anderen und, wie mir scheint, unrichtigen Resultaten kommt’). Operationsmethode. Bethe (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50 S. S34ff.) fesselt Careinus maenas, saugt den Magen mit einem ge- bogenen, ausgezogenen Glasrohr leer, um den Innendruck und: damit nach Eröffnung den Blutverlust zu vermindern. Das Glasrohr („die Magenpumpe“) ist mit einem abklemmbaren Gummischlauch ver- sehen; es bleibt während der Operation in seiner Lage (im Öso- phagus), so dass der Magen mit seinem eigenen Inhalte wieder voll- geblasen werden kann: anschwellend verdrängt er die Luft, die in die Leibeshöhle eindrang, und deren Verbleiben unzweckmässig wäre. 1) Diese Untersuchungen wurden im physiologischen Institute zu Jena aus- geführt. 2) Wer Steiner’s Buch kennt, wird mir Recht geben, wenn ich seine Resultate im einzelnen nicht bespreche. 332 Hermann Jordan: Im Aus dem Rückenteil des Cephalothorax wird eine viereckige Platte entfernt, indem man die scharfen Spitzen einer geöffneten starken Zange mit 2 em langen Branchen, der Reihe nach, an je zwei nicht diametral gegenüberliegenden Ecken des Vierecks einsetzt und die Zange unter ziemlich kräftiger Andrücken schliesst. Nach Einschnitt in die Hypodermis und Durchtrennung der vorderen Magenmuskeln liest das Gehirn und die von ihm ausstrahlenden Connective frei, und es kann die gewünschte Operation an diesen Gebilden ausgeführt werden, wenn man zuvor noch Blut und Binde- gewebe, welche immer noch unsere nervösen Organe bedecken, ent- fernt hat. Die Wunde wird mit einer Platte Modellierwachs ver- schlossen. Die Verbesserungen, welche ich an Bethe’s Methode, so für Potamobius (Astaeus) als für Cancer angebracht habe, sind unwesent- licher Natur, können aber vielleicht doch manch einem Forscher von Nutzen sein. Vorab eröffne ich den Panzer des (gefesselten) Tieres mit einer sestielten Säge. Der Stil ist nach aussen gebogen, das halbkreis- förmige Sägeblatt hat einen Durchmesser von 1,2 em. Die fein- zähnige Schneide wird ausserdem noch auf dem Schleifstein ab- gezogen. Mit diesem Instrument kann man überall so feine Einschnitte machen, dass die ausgesägte Platte später wieder ein- gesetzt werden kann. . Dies geschieht besonders leicht, wenn nıan an einer der vier Viereckseiten den Panzer nicht völlig durchsägte, sondern die Platte an dieser Stelle mit leichtem Drucke abbrach: es entstehen dann als Bruch stets leistenartige Vorsprünge der unteren Panzerschicht, die später der eingesetzten Platte zur Stütze dienen. Die Platte wird nach dem Wiedereinsetzen mit Wachs fest- gekittet. Dies Befestigen von Wachs auf einer Oberfläche, die nicht eben leicht trocken gehalten werden kann, hat auch seine Schwierig- keiten. Ich weiss wohl, dass bei einiger Sorgfalt die Methode Bethe’s in den meisten Fällen recht wohl gelingt, da ich ursprünglich ganz ähnlich verfuhr; .doch lässt sich sowohl die grosse Sorefalt als das nennenswerte Erhitzen des Panzers beim Aufschmelzen — ein‘ Ver- fahren, das den operierten Tieren schädlich zu sein scheint — wie folet vermeiden: Eine Panzerfläche, grösser als die auszusägende Platte, wird sorefältig getrocknet, mit absolutem Alkohol und dann mit Cedernholzöl oder einem anderen geeigneten „Vorharze“ gründlich abgerieben. Nun überzieht man dies ganze „Operationsfeld“ mit Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 333 gelbem Bienenwachs (Kunstwachs ist ungeeignet), das sorgfältig mit ‘dem erhitzten Spatel festgeschmolzen wird. Man kann sich einen Vorrat solcher Tiere machen, so dass in letzter Linie die Erhitzung auf den Ausgang der Operation keinen Einfluss mehr hat. Nach (der. Operation. wird die ausgesägte Platte wieder eingesetzt, nach- ‚dem man ihre Ränder durch die Flamme gezogen ‚hat, um auch ‚diese mit etwas Wachs zu überziehen. Nunmehr genügt gelindes ‚Erwärmen der: Wundränder bis zum Zusammenfliessen der getrennten "Wacehsflächen, um den notwendigen Verschluss herzustellen, und ich glaube in einer Weise, die dem Tier keinen nennenswerten Schaden tut. Tiere, auf diese Weise operiert, monatelang am Leben zu er- ‚halten, ist — wenn man nur über lebensstarke Exemplare verfügt — keine besondere Leistung. A. Entfernung-des Cerebralganglions. oder Durch- schneidung beider Sehlundconnective Bethe findet nach dieser Operation folgende für uns wichtige Erscheinungen !): Vorab Unruhe: der Beine, bald aller, "bald ‘nur weniger; „indem sie.entweder im Takt:der Gehbewegungen auf ‚undab pendeln oder sich gegenseitig oder den Körper putzen“ (I. e. :S. 460).: Ganz Ähnliches ergibt sich bei Careinus maenas (den ich als ‚Analogon unseres Objektes, Cancer pagurus, mit berücksichtige. Val. :Arch.'f. mikrosk. Anat. Bd. 50 S. 598. ‚Siehe’auch: unsere Einleitung). "Ferner zeiet sich abnorme Beugung:. der Extremitäten. So beim 'Flusskrebs: „Der Schwanzfächer ist seltener. ausgebreitet, als: zu- ‘sammengeklappt. Betrachtet man die Lage des Tieres genauer, so findet man, dass der. Körper nicht, wie bei normalen Exemplaren, den Boden berührt, sondern etwas erhoben ist.(Ward, Journ. of Bin 1879). . Dies kommt dadurch zustande, dass die Beine im en ibrecht Bine Vergleichende osuch ungen über is Funktionen des Zentralnervensystems der Arthropoden. Pflüger’s Archiv Bd. 68 8.449545. :1897: 'Bethe’s Literaturverzeichnis -wäre noch einiges "hinzuzufügen, ZB: (Emile Yun &, Recherches sur la’ structure intime‘et les fonctions-du systeme ınervenx central chez les erustaces decapodes.. Arch, zool. exper., t..7 p. 411-534. ‚1878. — J. Demoor, Etude des manifestations motrices des crustaces au point ‚de vue des fonctions nerveuses. Arch Zool. exper. At. 9 p. 191—227. 1891. Neuer- “dings: Louis Lapicque, Centres &chelonnes pour la coordination de la marche „ehez les crustaces decapodes..., Compt. rend. Soc. Biel. Paris.1907 t. 2 (t. 59. 2) „p.. 542 —544. ; (Krebshirn ist Koordinationszentrum. für Rückwärtsgang. Dies Resultat soll in einer späteren Arbeit, besprochen werden ir r E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 23 334 Hermann Jordan: Hüftgelenk (gemeint ist wohl das zweite Gelenk) stärker flektiert sind als normal, so dass sie steiler stehen.“ ... „Hebt man das Tier am Carapax hoch, so bemerkt man, dass alle Beine in den meisten Gelenken stärker flektiert sind als normal* (Pflüger’s Arch. Bd. 68 S. 461, 462). Auch bei Careinus (Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 50 S. 592) sind „Scheren und Gangbeine stärker flektiert als normal“, wenn man den Eingriff vorgenommen hat, der uns hier beschäftigt. — Wohl ‚alle Autoren, bis auf Bethe, sprechen dem enthirnten Flusskrebs die Fähiekeit zu gehen, und mit dem Abdomen zu schwimmen, ab, wenn auch zugegeben wird, dass hierbei die Ex- tremitäten nicht gelähmt sind. Höchstens wurden einige wenige Schritte (zwei bis drei an der Zahl) beobachtet, dann fielen die Tiere um !). Auch Yung (. ec.) scheint regelrechten Gang nicht gesehen zu haben: „L’ablation du cerveaux determine des mouvements de cul- bute en avant, qui proviennent d’un defaut d’Eequilibre r&esultant de l’insensibilit6 des appendices c&phaliques et de la predominance des mouvements des membres posterieurs.“ Niemals aber sind die Be- wegungen koordiniert (Gehirn als Koordinationszentrum.) Demoor (1. e. S. 212) kommt zu ähnlichen Resultaten. Er findet (wie später Bethe) bei Portunus puber und Careinus maenas folgendes: „Il (’animal) reste dans cette position en flöchissant sans cesse ses pattes ... Mis sur ses pattes et abandonn6 alors & lui-mäıne, l’animal eulbute immediatement.“ Drei Tage nach der Operation leben noch zwei Exemplare. „Ils sont dans la position renversee et presentent toujours les mouvements des pattes. Si on les met dans leur position normale, ils conservent leur &quilibre .... Sie on les pousse, ils font quelquefois un pas en avant... En faisant, ee. pas le Crabe tombe sur le bord anterieur de sa carapace, mais se remet aussitöt en &quilibre sur ses membres.“ ... Auch Steiner spricht dem enthirnten Krebs jedes Geh- oder gar Schwimm- vermögen ab. | Zu ganz anderen Resultaten kommt Bethe (Pflüger’s Arch. Bd. 68 S. 461): „Reizt man das Tier (den enthirnten Flusskrebs) durch Berührung, so fängt es an zu gehen, wobei der Körper noch mehr gehoben wird. Die Beine werden in derselben Reihenfolge gesetzt wie bei einem normalen Tier. Das Tempo ist langsam, und 1) Vulpian, Lecons sur la physiologie generale et comparee du systeme uerveux. Paris 1866. — Lemoine, Ann. Sc. nat. zool. 1868. — Ward, Journ. of Physiol. 1879. Alles nach Bethe zitiert. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 335 auch durch kräftiges Reizen lässt sich kein schneller Gang hervor- rufen. Dabei schwankt er leicht hin und her, geht aber ganz gerade vorwärts. Wenn er so etwa 20—25 cm vorwärts gegangen -ist, wird der Gang langsamer, und nachdem er noch einige Zeit auf -der Stelle Gangbewegungen gemacht hat, bleibt er ruhig stehen und fängt wieder an zu putzen oder langsam mit den Beinen zu pendeln,“ ‚Ein Umfallen ist also nicht unbedingt notwendig, wie ja auch die normale Bauchlage gut eingehalten wird. Auch Careinus maenas ohne Hirn vermag zu laufen, allein — und das ist für unsere späteren Untersuchungen von grösster Wiehtigkeit — nieht im normalen Seitengang: „Reizt man ein auf dem Bauch liegendes Tier auf einer Seite (links), so bewegen sich die Beine der entgegen- gesetzten Seite nach rechts vorne; es kommt aber nie zu Gang nach der Seite, vielmehr greifen die Beine nach dieser ersten Reaktion nach vorne und, indem sie sich ganz nach hinten ausstrecken, ver- schieben sie den Körper nach vorwärts“ (Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 50 S. 593). Ohne weiteres kann das Tier nie mehr als zwei oder drei Schritte machen, es fällt dann „durch den falschen Ein- satz der Beine... zum Kopfstand nach vorne über“. Verhindert man dies dadurch, dass man die Krabbe hinten auf den Boden ‚drückt, so erfolgt gerade Vorwärtsbewegung. (S.598.) „Die Korre- lationen, welche den typischen Brachyurengang ‚(Seitengang) ausmachen, sind im Gehirn lokalisiert. Der Vorwärtsgang ist dagegen im Bauchmark vor- gebildet.“ Wir kommen darauf zurück. — Beim Fiusskrebs ist auch, allerdings sehr selten, der rhythmische Schwanzschlag (Flucht- bewegung) auszulösen (Bethe, Pflüger’s Arch. S. 463). „Schläge mit dem Abdomen sind sehr schwer auslösbar. Es gehört ein ziemlich starker Druck auf das Abdomen dazu, und dann erfolgt bei Tieren, die vor mehreren Tagen operiert sind, immer nur ein Einzelschlag. Gleich nach der Operation habe ich aber an einem Tiere beobachtet, dass es auf ziemlich geringen Reiz des Abdomens jedesmal mit mehreren Schlägen wie ein normales Tier reagiert.“ Ich lasse nun meine eigenen Beobachtungen folgen, die unabhängig ‚von ihm angestellt, Bethe’s Resultate bestätigen. An der Schwierigkeit, mit der ein enthirnter Flusskrebs geht, - schien mir — vielleicht neben der geringeren Kraftentfaltung (Bethe) ja der geringeren Vitalität der Objekte — in erster Linie die abnorme _Beugung der Beine schuld zu tragen. Ist die Beugung etwas über- a 336 Hermann Jordan: “trieben (bei verschiedenen Exemplaren kann der Beueungsgrad recht ‘wohl verschieden sein), so fällt der Krebs, nicht infolge mangelnden Gleichgewichtsinnes, sondern wegen nicht hinreichender Unterstützung, zu Boden. Verhindert man durch einen angehängten Schwimmer (Kork) die Tiere am Umfallen, ohne dass das Korkstück gross genug wäre, sie in Schwebe zu erhalten, so kann man die: Flusskrebse zu recht beträchtlichen Wanderungen bringen (durch das ganze Aquarium, etwa 1 m Seitenlänge). Natürlich ist der Gang dauernd "unbeholfen,: was bei der Krümmung der Beine gar nicht ans zu "erwarten ist. Bei gut operierten Tieren erzielte ich auch ohue jede Stütze "Gang, doch, gleich Bethe, ae Ele: als u cm. Dann stürzte mein Objekt. Auch die Möglichkeit irticher ads -beim Ent- hirnten kann ich bestätigen, und zwar traten bei. einigen Krebsen -auf direkten Reiz -hin (Drücken des Telson — Anus — zwischen zwei 'Fingern),: längere Zeit nach der Operation, eine ganze -Reihe soleher- rhythmischer Schläge auf, die sich kaum von’ den ‘normalen unterscheiden liessen (höchstens, dass sie etwas krampf- :hafter waren). Im Wasser ausgeführt, erteilten. sie dem Tiere eine “schnelle Bewegung. -Nach etwa acht Schlägen [in einem ‘einzigen, “besten Falle !)] hörte das Phänomen auf, der Krebs sank zu Boden. - Immerhin sei nicht vergessen, “dass: in den meisten‘Fällen die Ant- -wort auf Reizung des Abdomens ein ul kräftiger Schlag dieses Teiles ist. | B. Durchtrennung eines einzigen Schlundeonnectivs. Der Kreisgang derjenigen Tiere, an denen diese Operation vor- genommen wurde, ist eine altbekannte Erscheinung. Er. wurde beim ‚Krebs wohl zuerst von Vulpian (Lecons sur la physiologie generale „et.. comparee du systeme .nerveux,. Paris 1866) gesehen, . während :Treviranus. (Die Erscheinungen: und : Gesetze des organischen "Lebens. Bremen 1832) ihn, schon vorher bei Insekten:nachgewiesen hatte.” Was: nun diese Abweichung von der geraden Gangrichtung betrifft, so finden. wir nicht .unerheblicke Unterschiede ‚zwischen dem .Flusskrebs als Vorwärtsgänger und Careinus oder Cancer als Seitwärts- ‚gängern, Hntersehiede, „auf. die Bethe zuerst aufmerksam machte. $ 1) Das Tier rn später "geoknet, und ich konnte, feststellen, dass das Gehirnganglion ‚richtig entfernt war. 5 Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 337 a) Der Flusskrebs, (Bethe, Pflüger’s Arch. Bd. 68 S. 466 ff.) Vorab finden wir (und zwar bei den Krabben ganz ebenso) die Beine der operierten Seite niemals so sehr gebeugt wie die Extremi- täten des enthirnten Krebses. Folgendes waren die Befunde nach Durehschneidunge: des Schlundeonnectivs auf der rechten Seite: „Manche Exemplare liegen ganz wie. normale im- Wasser (wenigstens soweit ich es beurteilen kann). Andere liegen rechts immer höher: als links, indem: die rechten Beine stärker gekrümmt, mehr gespreizt und mit dem Daktylopoditen spitzer eingesetzt sind... Noch andere liegen bald mehr nach rechts, bald mehr nach links geneigt, häufiger: allerdings nach links. In diesem Fall kann man. häufig. beobachten, dass die Beine der höher liegenden Seite fortwährend pendelnde Be- wesungen machen. Manche Exemplare gehen nun besonders in den ersten Tagen nach der Operation vollkommen. gerade, ein wenig schwankend. Die Mehrzahl verhält sich aber anders; wenn sie von selbst zu gehen anfangen, so gehen sie auch ziemlich gerade, etwas nach links im Kreise herum. Diese Kreise sind aber so gross, dass die Drehung in einem kleinen Bassin kaum bemerkbar wird (Durch- messer etwa 1—2 m). Dabei werden die Beine auf beiden Seiten im gleichen Tempo bewegt, ganz in der.Reihenfolge normaler Tiere; wenn man sie aber reizt, so verändert’ sich das Bild sofort. Die rechten Beine beginnen mit sehr schnellen Gangbeweeungen und greifen weit nach vorne aus, während die linken Beine entweder im gewöhnlichen Tempo weiterschreiten oder das Tempo noch ver- rinzern. Auf diese Weise entstehen dann oft sehr kleine: Kreise links herum, vom Beschauer aus im entgegengesetzten Sinne des Uhrzeisers (Durchmesser 15—25 em). Nachdem einige derartige Kreise beschrieben sind, wird die Lebhaftigkeit der rechten Beine immer geringer, die Kreise werden grösser und grösser, d. h. aus dem Kreisgang wird ein Spiralgang, die linken Beine, wenn sie vor- her nur hin und wieder eine Mitbewegung gemacht haben, be- schleunigen sich, und schliesslich geht das Tier fast gerade aus. Aber die Dilere sind auch imstande, nach recehtsumzu- biegen, doch nur dann, wenn sie nicht gereizt worden sind (Bethe Pflügser’s Arch. Bd. 68 S. 467—468). Die einseitig enthirnten Tiere gehen im ganzen mehr, als in der Norm; Beine und Schere der. rechten Seite sind deutlich geschwächt; rhythmische Schwanz- schläge bleiben möglich. — 338 Hermann Jordan: Nach meinen zahlreichen Resultaten möchte ich doch auf den Kreisgang des nicht nachweislich gereizten Tieres mehr Nachdruck legen. Gewiss, besonders Monate nach der Operation, sind die Bogen sehr flach, viel zu flach, um in einem Aquarium von ge- wöhnlichen Dimensionen sich zu einem regelrechten Kreise zu schliessen. Hauptsache bleibt: In der Mehrzahl der Fälle läuft der operieite Flusskrebs nicht gerade, sondern in einem Bogen mit grossem Durchmesser um die gesunde Seite. Dabei kann das Tempo der beiden Seiten durchaus das gleiche sein; nur greifen die Beine der operierten Seite weiter nach voru und innen, als diejenigen der normalen Seite. Ich habe einen Astacus mit rechtsseitig durchsehnittenem Schlund- conneetiv monatelang gehalten und erinnere mich nicht, ihn jemals spontan vollkommen geradlinige Bewegung haben ausführen zu sehen. Als dieses Exemplar auf dem Laboratoriumstische hellem Sonnen- licht ausgesetzt wurde, wandte es sıch vom Fenster ab und lief in gerader Richtung im Sinne des einfallenden Lichtes davon, dem Rande des Tisches zu, wo ich es auffine. Ich glaube nicht, dass dies ein Versuch ist, dessen Erfolg mit absoluter Notwendigkeit eintritt; doch habe ich diese Erscheinung einige Male gesehen, und auf alle Fälle trägt sie dazu bei!), zu beweisen, dass die Kreis- bewegung beim einseitig enthirnten Flusskrebs keine absolute Not- wendigkeit ist. b) Carcinus maenas (und Cancer pagurus). Der Wichtigkeit wegen, welche diese Erscheinungen für unsere kommenden Untersuchungen haben, lasse ich alle hierzu für uns notwendigen Stellen aus Bethe’s Arbeit (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50 S. 604 ff.), zum Teil im Wortlaute, folgen. Der Körper der rechtsseitig operierten Krabbe kommt rechts höher zu liegen, als links: die Beine sind auf der operierten Seite stets stärker gekrümmt, als auf der linken. (Bei Cancer ist das in der Ruhe nicht immer deutlich.) Sehr ausgesprochen sind hier die Kreisbewegungen: „Ein Tier (das rechtsseitig operiert ist) geht sowohl in Linkskreisen wie in Rechtskreisen. Geht es nach links’'im Kreise, so ist der 1) In anderen Fällen habe ich recht wohl auf kurze Strecken Gerade- gang, ohne mir bekannte Ursachen, gesehen. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 339 Kopf vom Zentrum des Kreises abgewandt, geht es nach rechts im Kreise, so ist der Kopf dem Mittelpunkt des Kreises zugewandt. Vom Beschauer aus gesehen geht es also beide Male im entgegengesetzten Sinne des Uhrzeigers (Taf. XXXII Fig. 2). Ist das Tier links operiert, so verhält es sich umgekehrt“ (es läuft dann im Sinne des Uhrzeigers). „Es ist dabei, wie leicht einzusehen ist, der Körper während einer Kreisbewegung einmal um seine Achse gedreht, und zwar gleichgültig, ob Linksgang oder Rechts- gang, immer nach der unoperierten Seite hin. Die Kreise bei Rechtsgang (ich spreche jetzt wieder nur von rechts operierten Tieren) sind kleiner als bei Linksgang. Im allgemeinen wird Rechts- gang vorgezogen... .“. (S. 605.) „Betrachtet man den Gang genauer, so findet man, dass ... die -linken Beine bei Linksgang wie bei Rechtsgang in normaler Weise rein seitlich arbeiten, dass dagegen die Beine der rechten Seite immer nach vorne einsetzen und den Körper nach vorne und etwas nach rechts ziehen. Es geschieht dies in der Weise, dass die beiden ersten Beine der rechten Seite weit nach vorne greifen und den Körper anziehen, während die beiden hinteren Beine ebenfalls nach vorne greifen, aber nach hinten ein- stemmend schiebend wirken. Dabei werden die rechten Beine nie sanz gestreckt, sondern sind immer stark flektiert. Es ist klar, dass bei dieser Wirkungsweise der Beine beider Seiten, gleichgültig, ob die linken Beine ziehend oder schiebend wirken, d. h. Linksgang oder Rechtsgang erfolgt, immer eine Kreisbewegung im entgegen- gesetzten Sinne des Uhrzeigers unter Drepung des Körpers um die Vertikalachse nach links entstehen muss.“ Die anderen Resultate können wir hier übersehen. und nur kurz einiges für uns wichtige aus ihnen herausgreifen (S. 610): Bei der Beschreibung des „Starrkrampfreflexes“ beim rechtsseitig Ent- hirnten sagt Bethe: „Es zeigt sich hierbei ein deutliches Über- wiegen der Flektoren der rechten Extremitäten über die Extensoren.“ Ferner findet der Autor (S. 611), dass die rechten Beine häufiger putzen als die linken und überhaupt melır bewegt werden. Alles, was sich auf den Kreisgang bezieht, konnte ich an Cancer pagurus mit grosser Sicherheit bestätigen ). Wir werden eingehend auf diese Dinge zurückkommen. 1) Meine Beobachtungen beschränken sich freilich fast ausschliesslich auf Rechtsgang, den Cancer nach unserem rechtsseitigen Eingriff in ganz besonderem Maasse bevorzugt. 340 | - Hermann Jordan: GC. Versuche am Bauchmark. Mit Versuchen am Bäuchmarke haben wir uns fast gar nicht zu beschäftigen. Dass die Einzelganglien Reflexzentren (in des Wortes einfachster Bedeutung) für die von ihnen innervierten Extremitäten sind, scheint festzustehen '); sie spielen etwa die Rolle wie bei den Schnecken die Nervennetze und ähnliche Zentren unterster Ordnung. Eine Ausnahmestellung scheint, wie schon angedeutet, das Unter- schlundganglion (Flusskrebs) einzunehmen: Wird es von den übrigen Ganglien getrennt, so „fehlt (fortan) jede Andeutung des Ganges“ (Bethe, Pflüger’s’Arch. Bd. 68 S. 471). Dabei führen die Beine „eine Menge ‘komplizierter Bewegungen aus, aber niemals solche, die mit den normalen Gehbewegungen irgendwelche Ähnlichkeit haben ... . Rhythmische Schwanzschläge auf Reizung des Hinter- tiers onen nicht zustande. Auch Einzelschläge sind ziemlich schwer auszulösen ... . Die pedes spurii spielen rhythmisch und hin und wieder aussetzend, wie beim normalen Krebs.“ Auch andere Reak- tionen zeigen, dass die Extremitäten im Besitze ihres Reflexzentrums Sind; doch erweckt das dargetane Verhalten den Eindruck , als sei „die Masse der Mundganglien als der Sitz desjenigen Or anzu- sehen, in welchem die Ganekoordination zustande kommt“. Mit anderen Worten, hier haben wir es scheinbar mit einem ganz be- sonderen Problem zu tun, das uns in dieser Arbeit, die ja vor- nehmlich an einem Brachyuren ausgeführt wurde, nicht beschäftigen wird; ich hoffe, ‘ein andermal Gelegenheit zu haben, auf diese Frage zurückzukommen. Die Tatsache , dass nach Durchschneidung der Connective zwischen Unterschlundganglion und Scherenganglion niemals mehr Lokomotion vom Flusskrebs ausgeführt wird, die ge- krümmten Beine aber hierbei keineswegs gelähmt sind, kann ieh be- stätigen. Auch bei Careinus maenas fällt — wie Bethe angibt — nach Abtrennung des dem Unterschlundganglion entsprechenden Teiles des Bauchmarks vom Reste dieses Nervenknotens ‘der Gang, die Möglichkeit, auf den Beinen zu stehen, und der Umdrehreflex, des auf den Rücken gelegten Tiers fort. Um so erstaunlicher ist die Tatsache, dass bei Squilla mantis das Unterschlundganglion zu Gehbewegungen nicht nötig ist. „Der nervöse Mechanismus, welcher zum Zustandekommen der Gangreflexe vorhanden ist, ist haupt- 1) Vgl. z. B. ‚Ida Hyde, A Reflex Respiratory Centre. Amer. Journ. of Physiol. vol. 15 p. XI, vol. 16 p. 368&—377. 1906. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 341 sächlich in den drei Ganglien der Gangbeine selber lokalisiert, und nicht wie bei Astacus in den vordersten Thorakalganglien“ (Bethe, Pflüger’s Archiv Bad. 68 8. 493). II. Die Innervation der Extremitäten bei Crustaceen. Ehe wir-nun die Wirkung des Cerebralganglions auf das niedere lokomotorische System untersuchen können, haben wir noch einiges über die Innervation der Krebsextremitäten kennen zu lernen. Es handelt sich um Dinge, ohne deren Kenntniss der Gang unserer Untersuchungen nicht leicht verständlich wird, und die doch ihrer- seits von mir.nur nachgeprüft wurden. Die Erscheinung, mit der wir: uns hier abzugeben haben, lässt sich in kurzen Worten wie folst darstellen: Reizt man den- Nerven der ‘vom Körper abgetrenuten Extremität mit starken Strömen, so kontrahieren sich die Beuger: fünftes- Gelenk nach unten, sechstes Gelenk nach vorn, siebentes Gelenk (Klaue oder beweglicher Scherenast) nach unten, bzw. Scherenschluss). Bei gleicher Reizung aber mit“ She Strömen öffnet sich die Schere und kontrahieren sich ‘die Strecker, so dass in allen Gelenken, die der soeben dargetanen,, entgegen- gesetzte Bewegung zustande kommt. Die Erscheinunven sind schon lange bekannt. Nach Biedermann wurden sie zuerst beschrieben von’ Ch. Richet?). Dieser Autor saet (1882 S. 27): „On peut se demander s’il s’agit la de la r&ponse de tel ou tel, musele A des exei- tations d’intensit& approprice, ou bien d’ın plenomene analogue- au phenomöne de Weber, e’est-A-dire une aucmentation de l’extensi- bilit€ du muscle par le fait de son exeitation. Üette derniere expli- cation me parait plus vraisemblable, car je ne comprends pas bien comment, Si deux museles antagonistes. et d’ inegale force sont egale- ment exeites, on n’observerait pas comme r6sultat constant, la pre- dominance du plus fort.“ . „Später (sagt Biedermann) hat auch 1) Dass ich die, anderen Gelenke nicht nannte, liegt daran, dass innerhalb: des vierten Gliedes (als des längsten) gereizt wird. Bei Reizung des Bauch- marks erhalten wir: Hüfte nach vorn, zweites Gelenk nach unten, viertes Gelenk nach vorn, wobei ich bemerke, dass ich die Bezeichnungen. oben, unten usw. gelegentlich der Beschreibung der Gelenke erklärt habe. 2) Charles Richet, Contributions & la. physiologie des centres nerveux et des muscles de l’Ecrevisse: Arch. de Physiol. Paris 1879..— Physiologie des muscles et des nerfs. Paris 1882. 342 Hermann Jordan: Lucehsinger!) ohne Kenntnis der eben erwähnten Notiz von Richet die gleiche Tatsache beobachtet und auf eine verschiedene Erregbarkeit der zwei, antagonistische Scherenmuskel versorgenden Nervenfasern bezogen.“ In einer Reihe trefflicher Arbeiten hat Biedermann?) die Resultate seiner Untersuchungen über diese Dinge mitgeteilt. Er sticht Platinelektroden in einem Abstande von 6—8 mm durch das zweite oder dritte Armglied, um den Scherennerven in situ (in er- regbarem Zustande konnte er nicht frei präpariert werden) mit Wechselströmen zu reizen. Untersucht wird der bewegliche Scheren- ast, der vorab mit einem Schreibhebel in Verbindung gesetzt und belastet wird. Die Sehne des Öffnungsmuskels wird durchtrennt. Im Schliessmuskel (wie in jedem Extremitätenmuskel unserer Objekte) lässt sich — etwa durch rasches (passives) Dehnen — eine Dauerverkürzung erzielen, die wir vorderhand mit den Autoren schlechthin „tonische* Verkürzung nennen wollen. „Hat man ein in der angegebenen Weise vorbereitetes Präparat mit deutlich aus- geprästem Tonus des Schliessmuskels zur Verfügung, und reizt bei schwacher Belastung des beweglichen Scherenarms mit tetanisierenden Wechselströmen, während die sekundäre Rolle der primären all- mählich genähert wird, so sieht man regelmässig als ersten Erfolg der Reizung des Nerven ein Öffnen der Schere ein- treten, welches unter den gegebenen Bedingungen nur durch eine Ersehlaffung und dadurch bewirkte starke Dehnung des Schliess- muskels bedingt sein kann. Verstärkt man hierauf vorsichtig die 1) Luchsinger, Zur verschiedenen Erregbarkeit funktionell verschiedener Nervenmuskelpräparate. Pflüger’s Arch. Bd. 28 S.60. 1882. (Nach Bieder- mann und Fröhlich zitiert.) ; 2) Wilhelm Biedermann, Beiträge zur allgemeinen Nerven- und Muskelphysiologie 20. Über die Innervation der Krebsschere. Sitzungsber. d. math.-nat. Klasse d. kais. Akad. d. Wiss. Wien Bd. 95 Abt. 3 S. 7—46. 1887. — 21. Über die Innervation der Krebsschere. Bd. 97 Abt. 3 S. 49—82. 1889. Dazu z. Teil der Methodik, z. Teil der theoretischen Grundlage wegen: 17. Über die elektrische Erregung des Schliessmuskels von Anodonta Bd. 91 Abt. 3 S. 29—46. 1885. — 18. Über Hemmungserscheinungen bei elektrischer Reizung quergestreifter Muskeln und über positive kathodische Polarisation Bd. 92 Abt. 3 S. 142—182. 1886. — 19. Über das elektromotorische Verhalten des Muschelnerven bei galva- nischer Reizung Bd. 93 Abt. 3 S.56—98. 1886, usw. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 343 Reizung durch langsames Nähern der Spiralen, so nimmt in der Regel zunächst der gleiche Erfolg noch an Stärke zu, bis endlich bei einem gewissen, meist geringen Rollenabstaud (7”—10 cm) jeder Reizung eine kräftige Schliessung der Schere folet, die während der ganzen Dauer des Tetanisierens anhält. Schwächt man hierauf wieder die Intensität der Induktionsströme ab, so tritt abermals der entgegen- gesetzte Erfolg, d. i. Erschlaffung des Muskels, ein, die dann oft um so deutlicher hervortritt, wenn wie es häufig der Fall ist, die Dauer- verkürzung nach einer vorhergehenden Erregung stärker ist als an- fanes.“ (Biedermann, |. ce. Bd. 95 S. 11—12.) Beim allmählichen Steigern des Stromes nimmt vorab die hemmende Wirkung zu. Ehe sie aber in ihr Gegenteil umschlägt, zeigt sich eine Phase mit recht unbestimmtem Reizeffekt. „Sehr oft sieht man dann bei Beginn des Tetanisierens den Muskel sich zunächst rasch um ein geringes ver- kürzen, worauf erst die Hemmungswirkung das Übergewicht erlangt und eine weite Öffnung der Schere erfolgt; oder es kommt nur zu einer einmaligen, meist auffallend rasch verlaufenden Zuckung („An- fangszuckung“*), nach deren Ablauf entweder dauernd Ruhe herrscht oder wohl auch eine Neigung zu rhythmisch unterbrochener Tätig- keit sich geltend macht“ (bid. S. 13). Es sieht so aus, als haben wir es mit einer Art Interferenz zwischen Reiz- und Hemmungs- wirkung zu tun. Auch künstlich, etwa durch direkte Muskelreizung erzeugster „Tonus“ wird durch jene Hemmungsreize gelöst. Ganz analog liegen die Dinge bei dem durch Zerschneidung der Schliessmuskelsehne isolierten Öffner der Flusskrebsschere; nur tritt jeweilig der umgekehrte Reizungserfolg ein. In diesem Muskel ist (wiederum etwa durch passive Dehnung) leicht ein „Tonus“ zu er- zeugen, der ausgeprägter und nachhaltiger, als beim Schliessmuskel ist. Dies Präparat kann nun durch schwache Ströme zur Kon- traktion gebracht werden (Biedermann, ]. c. Bd. 95 S. 35). „Ver- stärkt man durch weitere Annäherung der Rollen des Schlitten- apparates die Intensität der Wechselströme und ist der Öffuungs- muskel in irgend erheblicherem Grade tonisch verkürzt, so sieht man zunächst die ursprüngliche, erregende Wirkung nachlassen und bald in das Gegenteil umschlagen, indem der Muskel jedesmal erschlafft und die Schere durch das belastende Gewicht geschlossen wird, SO- bald die tetanisierenden Induktionsströme den Nerven durchsetzen. Bann Hermann Jordan: Schwächt man die Ströme wieder ab, so tritt wie früher Kontraktion ein zum Beweise, dass die Unwirksamkeit starker Reize nicht auf Ermüdung beruht. An diesem Erfolge wird nichts geändert, wenn die Stromesintensität in der Folge bis zu dem erreichbaren Maximum gesteigert wird. Doch tritt dann in der Regel bei geringem Rollen- abstande eine kräftige, wenn auch meist nicht sehr lange anhaltende Kontraktion des Muskeis in dem Momente ein, wo die Reizung, be- endet wird.“ nissen: sind ferner die eranche, bei denen here Muskeln der ‚gleichen Schere, freilich mechanisch unabhängig voneinander, untersucht werden. Gereizt wird. wie;in «en ersten Versuchen. Vorab ergibt. sich. auch ‚hier die Tatsache, dass starke Ströme den Schliesser, schwache: den Offner erregen; eine Neutralzone des Rollen- ‘abstandes, bei der eine Wirkung auf beide Muskeln ausbliebe, war durchaus nicht immer nachzuweisen. „Es können bei einer und derselben Stromstärke ‚beide Antagonisten gleichzeitig vom Nerven aus erreet werden.“ .Es sei aber besonders auf Biedermann’s. Kurve Taf. II Fig. 4 Bd. 95 verwiesen, wo sehr schön die hemmende Wirkung auf den Schliesser dargestellt ist, und zwar von einer Reizung, die. den Öffner zur Kontraktion bringt, und auch. umgekehrt, 'aller- dings nicht ganz so deutlich. wlsyg ' Was die Erklärung der Erscheinung betrifft, so: erlaube ich. mir, , mich so kurz. wie möglich zu fassen, .da für. die folgenden Seiten dieser Arbeit die. angeführten Tatsachen mehr Bedeutung haben als ihre Erklärungen. Biedermann ist der Meinung, dass wir es hier mit zwei antagonistischen Prozessen zu tun haben, die sich. nicht nur. durch. antagonistische elektrische Erscheinungen am Muskel ausdrücken, sondern auch zu ihrem Ablaufe je besonderer. Nervenfasern bedürfen. Er kommt zu der Anschauung, dass. jede. Muskelfaser je mit einer, erregenden und einer hemmenden Nerven- faser versehen sei, die ihrerseits auf die entsprechenden Reizintensi- täten: eingestellt sind. In. der. Tat wird diese Auffassung gestützt durch das Resultat histologischer Untersuchungen, dass „die feinsten. Endverzweigungen“ der Nerven innerhalb der Krebsmuskeln „in der Regel nur von je zwei zusammengehörigen gemeinsam und parallel verlaufenden Achsenzylindern gebildet werden, deren Ursprung aus zwei morphologisch verschiedenen Achsenzylindern des Stämmehens sieh meist mit Sicherheit feststellen lässt. Beide terminale Achsen-: zylinder endig@n in ein und derselben Muskelfaser in ganz distinkter Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 345 "und wie es scheint gleicher Weise“). Der Meinung, dass wir es ‘hier mit einem Hemmungesprozess besonderer Art — im Gegensatz ‘zum Erregunesprozess — zu tun haben, schloss sich auch Pio- -trowsky?°) an. Ihr tritt hingegen in einer längeren Experimental- untersuchung neuerdings Fröhlich?) entgegen. Ich gebe hier seine wichtiesten Ergebnisse im Wortlaute der Zusammenfassung wieder: „Die'Hemmung des Öffnunesmüskels beruht auf einer Er- müdung des Nervenendorgans durch stärke Reizung. ‘Die Ermüdung kommt dadurch zustande, dass das Refraktärstadium des Nerven- "endorgans nach einem starken Reiz, und zwar abhängig von der Reiz- ‘intensität, verhältnismässig lange ist.: Bei: frequenter und starker "Reizung fallen daher die folgenden Reize in das Refraktärstadium des ersten Reizes, der an sich keinen sichtbaren -Reizerfolg' hervor- zurufen vermag“), und erscheinen- als unwirksam. Infolgedessen "kann Hemmung -ohne vorhergehende sichtbare Erregung auftreten“ ‘(8..418). Der Schliessmuskel ‘unterscheidet sich nach dieser Auf- -fassungsweise dadurch vom Öffner, dass der erstgenannte Muskel .eine relative Ermüdbarkeit für schwache Reize zeigt. „Anders ausgedrückt, das Schliesserpräparat weist ein Refraktärstadium auf, das für schwache Reize lang; für starke Reize kürz ist“ (S. 435). ‘Die Bedeutung der doppelten Innervation wäre ‘damit natürlich “wieder fraelich-. Fröhlich hält sie (rein’ hypothetisch) gleichwohl ‚für eine Einrichtung, die im Dienste der: Erregung und Hemmung -steht: „Es würden dann (je) die (beiden, ) Fasern, von verschiedenen :Ganglienzellen kommend, dem Muskel "stärkere und schwächere „Impulse zuleiten und’ einmal Erregung, das andere Mal- Hemmung der a ie vermitteln“ [S- N, a8 1) Biedermann, Zur Kenntnis‘ der Nerven und Nervenendigungen ‘der Wirbellosen. Sitzungsber. d. math.-nat. Klasse d. kais. Akad. d. Wiss. ‚Wien Bd. 96 Abt. 3 5. 8—39. 1888. .— Vgl. auch E. Mangold, ‚Untersuchungen über " die Endigung der Nerven in den quergestreiften Muskeln der. Arthropoden. Zeitschr. f. allgem. Physiol. Bd. 5 S. 135—205. 1905. 2) Piotrowsky, On the Musele-nerve Physiology of the Crayfish, Espe- »cially: with Regard to inhibition. Journ. of Physiol. vol. 14 p. 163. London 1893. | 3) Friedrich W. Fröhlich, Die Analyse der an der 'Krebsschere auf- . tretenden Hemmung. Zeitschr. f.-allg. Physiol, Bd. 7 S. 393-443. 1907. 4) D.h. ein Einzelschlag ist für den Öffner nach Fröhlich unwirksam. 5) Auf die Wiedergabe der beachtenswerten Beweisführung Fröhlich’s © muss ich verzichten; denn, da’ meine Resultate die Fröhlich’sehe These weler voraussetzen noch ihr widersprechen, so muss ich’von einer Stellufgnahme-absehen. 346 Hermann Jordan: Ich selbst habe (ohne Kenntnis von Fröhlich’s Arbeit) die Innervation der Krabbenextremitäten nur nachuntersucht, um sie aus eigener Anschauung für die später darzustellenden Versuche zu kennen. Ich beschränke mich darauf, einige Besonderheiten mit- zuteilen. f f Vorab konnte ich mich davon überzeugen, dass auch bei den Beingelenken unser Gesetz gilt, nämlich: Die Beuger werden durch starke Ströme gereizt, die Strecker durch schwache; ist Dauer- verkürzung („Tonus“) vorhanden, so vermag schwacher Strom den ‚Beuger, starker Strom den Strecker zu hemmen. Ausser mit. Hilfe des Schreibhebels kann man das wie folgt zeigen: Man streckt die Endklaue eines Beines durch leichten aber schnellen Fingerdruck (Cancer pagurus). Es entsteht im Beugungsmuskel „Tonus*, dem man vorsichtig mit dem Finger Widerstand bietet. Nun reizt: man den Beinnerven, sei es durch eingestochene Spitzen oder durch Über- tragung des Stromes durch Hilfe zweier Drahtringe, die fest um zwei Nachbargelenke gelest sind, ‚oder endlich durch zwei, in der Nähe des Bauchmarkes in den Panzer gestochene Metallspitzen u. a. m. Wenden wir schwache Ströme an, so fühlt der Finger fast sofortiges Aufhören des tonischen Widerstandes des Beugers'). Ich habe ferner folgende Frage zu beantworten erscht, Ist auf alle Fälle der tonusfreie Öffner für starke Ströme unerregbar? Nach Fröhlich muss man eine anfängliche Erregung annehmen, die nur eben nicht zur Gestaltsveränderung (Anfangszuckung, An- fangstetanus) führt. Für den Schliesser konnte Fröhlich solch eine Verkürzung recht wohl nachweisen: Kurve 21 Taf. 11 zeigt, „dass der Hemmung des Schliessers eine einem Anfangstetanus ent- sprechende Erregung vorausgehen kann“. Für den Öffner. scheint Fröhlich Anfangstetanus oder Anfangszuckung nicht nachgewiesen zu haben. - ; Ich habe gelegentlich auch beim Scherenöffner solche erst- malige Verkürzung bei Reizung durch starke Ströme. nachgewiesen, und zwar bei Cancer pagurus. In der Regel zeigt sich auch bei diesem Tiere, sei es Unerregbarkeit des isolierten Öffners für starke Ströme, oder — da unter den Versuchsbedingungen meist „Tonus“ Meran as — Hemmung. Bei all diesen Versuchen wird der 1) Vgl. auch Biedermann (I. c. Bd. 95 8. 37), der Kr über nie Enlbaingen am Gehbeine spricht. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 347 Scherennerv im dritten Gelenk (dem sogenannten vierten Beingelenk entsprechend) freigelegt und auf zwei Platindrahtspitzen gereizt, ein Verfahren, für das sich unser grosses Objekt, im Gegensatz zum Flusskrebs, sehr gut eignet. Ich habe nun Fälle gesehen, in denen unmittelbar starke Reizung (bis zur völligen Übereinanderschiebung der Rollen), Kontraktion des isolierten Scherenöffners bedingte, und zwar in sehr ausgiebiger Weise. Meist liess sich an dem Präparat dann späterhin Hemmung oder Erregungslosigkeit mit keinem Mittel nachweisen (Änderung des Rollenabstandes, der Belastung oder der Reizstelle). £s scheint also, dass der anfängliche starke Reiz die gesamte Erregbarkeit so beeinträchtigt hat, dass „dadurch vorher hemmende Reize zu er- resenden werden“ [Fröhlich S. 403]!). Wie dem auch sei und ohne hier untersuchen. zu wollen, ob nach dieser Erklärung schou . der Beginn der Reizung Kontraktion hätte erzeugen können, genügen zum Beweis einer möglichen Anfangsverkürzung folgende Versuche Wechselstrom R.-A. = 3 em bedingt Kontraktion. Nach einigen Wiederholungen jedoch Hemmung. In einem Falle betrug die An- fangsverkürzung nur einen Bruchteil der Strecke, um die der Muskel sich zu kontrahieren imstande ist (?/ıs), dann erfolgte, ohne dass die Reizung unterbrochen wurde, Dehnung der nunmehr, nach Stromunterbrechune, jene von Biedermann schon beschriebene . Verkürzung folgte. Folgendes ist das unzweideutigste Resultat: | Abgeschnittene Schere. Reizung des freigelegten Scherennerven. Schliesser an zwei Stellen gründlich durchschnitten. Reizungsergebnis: Am Anfang bedingt jeder Strom vom -R.-A. = 0. bis zur Grenze der Erregbarkeit, Verkürzung ,- also Scherenöffnung. Das Optimum lag etwa bei R.-A.= 6.cm. Ge- ‘ringere Abstände bedingen zuweilen eine ruckweise Verkürzung, ‚vergleichbar etwa derjenigen, die man bei Mittelströmen erhält, wenn Erresung und Hemmung miteinander streiten. Ich habe daraufhin den Muskel, zur Tonus- oder Kontrakturerzeugung, mit verdünntem Alkohol bepinselt, und nach einigen Versuchen ergab sich folgendes: 1) Auf weitere Fehlerquellen ganz starker Ströme brauche ich nicht ein- zugehen, da ich hinreichend Erfahrungen mit mittleren (zulässigen) Intensitäten -habe, die das nämliche Resultat ergaben. Die Fragestellung verlangte jedoch auch eine Prüfung mit „maximalen“ Reizen. 3a: Hermann Jordan: R.-A. = 6 cm (etwa) bleibt das Optimum, bei dem stets dieselbe schnelle, meist maximale Öffnung Folge der Reizung ist; auch erösserer Rollenabstand bis zur Grenze der Erregbarkeit bedingt Öffnung. Reizung bei kleinerem Rollenabstande bleibt entweder er- folelos, oder es tritt (durch Hebel nachweisbar) Hemmung auf. Ich habe diese Ergebnisse mitgeteilt, weil mir schien, als könne diese ‘Unsicherheit im Hemmunsserfolge recht wohl in der‘ Argumentation für Fröhlich Verwendung finden. Auf das Gesägte muss ich mich “aber beschränken, denn leider stand mir. bei meinen Versuchen Fröhlich’s Arbeit noch nicht zur Verfügung; ich würde sonst: diese ‚Dinge weiter untersucht und mit- Kurven belegt haben. Freilich würden wir ‚hierdurch vom Gange unserer Abhandlung uns ziemlich weit entfernt haben. III. Lassen sich am Nervensystem von Cancer pagurus Eigenschaften nachweisen, die wir als für Reflexarme charakteristisch betrachten? .\ ui A, Dr Tonus. Wir. habens bislang oft. den Namen „Tonus“ ochraucht, an ich habe das Wort stets zwischen Anführungszeichen gesetzt, um zu Zeigen, .dass es noch auf seine. Riehtigskeit’hin untersucht: werden: muss. Es dürfte kaum in der Muskelphysiologie einen Begriff geben, der in so verschielenen Bedeutungen gebraucht wird, und .daher ‚wiederum in seiner korrekten Anwendung so. schwierig ist, als etwa der Beeriff „Tonus“.. Darum. möchte ich ‘mich schon: hier vor Missverständnis schützen, ‘wenn ich sage: Die lokomotorische :Muskulatur ‘von Cancer pagurus.hat: keine Tonus- -funktion. RR BR Ieh habe in’ den eingangs zitierten Arbeiten meine Befunde und Ansichten ‘über diese eigenartige. Leistung der Muskuülätur- gewisser ‚Tiere (Schnecken, Aktinien,’ Aseidien) mitgeteilt und imuss auf diese ‘ Arbeiten‘ verweisen. :Hier nur so viel: Das 'Weseütliche an ‘dieser ‘Tonusfunktion ist’ die Anpassungsfähigkeit des dauer- verkürzten Muskels an neue Belastung, eine-Anpassung, die ja einer ganz eigenartigen Regulation von seiten des zentralen en untersteht. Muskeln mit - dieser Funktion werden sich wohl nur bei solchen Tieren finden ,. die in Ermang elung eines. hin- reichenden Skeletts, dem durch die Dauerverkürzung‘ der Muskeln Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 349 erzeugten Innendrucke ihre Konsistenz (Turgor) verdanken. Eine Eigentümlichkeit aller dieser Muskeln ist es, in Praxi niemals den Eıschlaffungsnullpunkt zu erreichen und andererseits durch zulässige Reizmittel, nicht mit Sicherheit zu einer maximalen Kontraktion ge- bracht zu werden. Das für Wirbeltierskelettmuskeln (usw.) so charak- teristische, schon bei relativ schwachen Reizen erreichte Kontraktions- maximum, das sich bei Steigerung der Reizintensität nicht mehr ändert, fehlt hier; innerhalb sehr weiter Grenzen heisst es: mehr Reiz —= mehr Verkürzung. Diese Funktion hat für uns dreifache Bedeutung: 1. Methodisch, wie ich das, abgesehen von den zitierten, in einer besonderen Arbeit dargetan habe!). (Fehlen eines einheit- lichen Erschlaffungsnullpunktes und eines einheitlichen Kontraktions- maximums sind die Eigenschaften der betreffenden Muskeln, welche die technischen Schwierigkeiten verursachen.) | 2. Die Tonusfunktion bedingt bei höher organisierten „reflex- armen“ Tieren eine besondere Zentrenfunktion (Tonusregulierung), die beispielsweise als Hauptaufgabe den Pedalganglien der Schnecke, dem einzigen Ganglion der Ascidie, anvertraut ist. 3..Die Tonusfunktion beeinflusst auch die Reizbarkeit des Muskels in entscheidender Weise. Es war daher wichtig genug zu zeigen, dass, wie zu erwarten, eine Tonusfunktion hier fehlt. Es ergaben sich bei dieser Unter- suchung folgende Resultate: | 1. Die isolierten .Extremitätenmuskeln von Cancer weisen oft, ja meist keinerlei Dauerverkürzung auf; belastet man solch einen Muskel aın Hebel, so gibt er unmittelbar ein wenig nach, wie ein elastisches Band, um die eingenommene Stellung dauernd bei- zubehalten (so lange natürlich nur, als ihn kein Reiz irgendwelcher Art trifft). | Die Belastung wird mit Vorteil an einem Hebel vorgenommen, der nicht auf einem berussten Papiere schreibt, sondern hinter dem sich eine Skala befindet, an der jedwede Hebelbewegung ab- zulesen ist!). BR 1) Hermann Jordan, Beitrag zur Technik für Tonusmuskeln nebst Be- schreibung eines Apparates zur Messung und Registrierung der Reaktionen solcher Muskeln, vornehmlich bei wirbellosen Tieren. Pflüger’s Arch. Bd. 121 S. 221—23. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 24 350 Hermann Jordan: Jeder grosse Skalateil mehr (1, 2,3... 13) entspricht etwa !/s em Verkürzung des Muskels. So erhalten wir als Beispiel: Bei Belastung mit 3 g steht der Zeiger (Hebel) bei 10,3 fest ein. Belasten wir nunmehr mit 8 g, so sinkt er auf 10,0, um wiederum hier stehen zu bleiben. 2. Bei Reizung mit Strömen, die sich nur eben hinreichend über den Schwellwert erheben, erhält man eine maximale Verkürzung (Scheren- schliesser). Natürlich müssen die Reize so stark sein, dass sie keinerlei Interferenz zwischen Hemmung und Erregung mehr geben; allein, man bedenke, dass bei Schnecken Ströme, die wegen ihrer Stärke eigentlich schon zu verwerfen sind, noch keine maximale Verkürzung bedingen, und dass eben bei jedem nennenswerten Wechsel der Reizintensität, und in sehr weiten Grenzen der Werte, auch die Strecke wechselt, um die der Muskel sich zusammenzieht. Bei Cancer hingegen sind von einer gewissen, relativ geringen Strom- stärke an diese Strecken einander gleich. 3. Die Tonusfunktion bringt es mit sich, dass der Tonusmuskel unter Einwirkung von Last langsam an Tonus einbüsst (Anpassung). Ich habe niemals beobachten können, dass die Dauerverkürzung des Cancermuskels durch den Einfluss der Last!) gelöst würde. Hört der „Tonus“ des belasteten Muskels auf, so erfolgt schnelle Aus- dehnung, die analog der Erschlaffung nach Erregung ist, nichts aber mit der (meist zweiphasischen), lange Zeit beanspruchenden, tonischen Anpassung zu tun hat. Einigermaassen schnelle passive Dehnung erzeugt hier sogar Dauerverkürzung. Sehr charakteristisch ist das Verhalten etwa einer Klaue, die „tonisch“ gebeugt ist, und die man mit leisem Fingerdrucke zu strecken versucht. Der Wider- stand des Muskels vermindert sich nicht unter dem Drucke, schwindet aber augenblicklich, wenn man in der dargetanen Weise einen hemmenden Reiz einwirken lässt. 4. Dass die Cancermuskulatur keine Tonusfunktion besitzt, geht auch deutlich aus dem Verhältnis zwischen Muskelverkürzung und Reizbarkeit hervor. Bei Tieren mit Tonusfunktion steigt die Reizbarkeit, wenn der Tonus abnimmt. Der etwa durch Gewicht gedehnte Muskel ist reizbarer oder zieht sich bei gleichem Reize um eine 1) Dass übertriebene Belastung nicht angewandt wurde, braucht nicht gesagt zu werden. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 351 grössere Strecke zusammen, als der verkürzte Muskel!). Wie verhält sich dies bei unserem Objekte? Tabelle I. Erstes rechtes Gangbein, sechstes Gelenk. Beuger (d.i. der grosse, das Glied nach vorn bewegende Muskel dieses Gelenks). Reizung des Beinnerven mit schwachen Strömen, die eben Kontraktion erzeugen. R.-A.—12 cm. Wechselstrom 2). Belastung ne ed Su 10,3 11 Sr 10,0 10,45 8» 10,05 10,45 15 „ 10,3 11,25 1,5 » 12,25 11,1 > 103) 10,65 Von da an sinkt die allgemeine Erregbarkeit des Präparates mehr und mehr. Dieser Versuch hat naturgemäss nicht die eleiche Beweiskraft wie sein Analogon an der Schnecke, weil hier bei Cancer, selbst bei diesen schwachen Strömen, die Strecke, um die sich der Muskel verkürzt, sicherlich ein schlechter Messwert ist: je geringere Reiz- intensität genügt, eine maximale Muskelverkürzung zu erzeugen, um so grösser wird bei dieser Art Messung (mit der ich nur den Versuch an der Schnecke habe nachahmen wollen) die Fehlerquelle. Der Ver- such wurde denn auch nur zweimal wiederholt. Sehr viel wichtiger als diejenige der Verkürzungsstrecke, ist aber die Bestimmung des Schwellwertes der Erregbarkeit. Bekanntlich hat v. Uexküll den Versuch gemacht, durch die grössere Reizbarkeit des gedehnten Muskels die rhythmischen Bewegungen der Lokomotionsorgane mancher Tiere zu erklären *). Verhältnismässig neuerdings hat von Uexküll die Art der Erklärung auch auf einen Arthropoden über- 1) H. Jordan, Untersuchungen zur Physiologie des Nervensystems bei Pulmonaten. II. Pflüger’s Arch. Bd, 110 S. 533—597 (spez. S. 540—541). 1905. 2) In diesem Falle war das Gelenk zerstört, die Muskelverkürzung wurde unmittelbar auf den Hebel übertragen, so dass wir durch die anatomische An- ordnung der Skeletteile keinerlei Beschränkung der Kontraktionshöhe erhalten. 3) Man beachte, dass — offenbar durch sinkende Elastizität (einem Gummi- bande vergleichbar) — im Laufe des Versuchs die Länge des Muskels auch bei gleichem Gewicht zunimmt; die Erregbarkeit nimmt trotzdem ab. 4) J. v. Uexküll, Die ersten Ursachen des Rhythmus in der Tierreihe Ergebn. d. Physiol. Jahrg. 3 Abt.2. J. F. Bergmann, Wiesbaden 1904. 24 * 352 Hermann Jordan: tragen !). S. 177 sagt er: „Es war also vor allem die Frage zu entscheiden, ob die Dehnung der Muskeln eines Beines dieses Bein zur Ausführung eines Schrittes veranlassen kann. Zu diesem Zwecke wird eine normale Libelle mit zusammengelegten Flügeln (mittels Modellierwachses) an ein Stativ befestigt. Dann wird ihr ein ein- faches Instrument, das ich „Doppelrolle“ nennen will, unter die Füsse geschoben. Die Doppelrolle besteht aus zwei gewöhnlichen Bleistiften billigster Sorte, die nicht poliert sind, sondern die natür- liche Oberfläche des Holzes haben, auf der die Libellenfüsse sicher halten. Der eine Bleistift wird fest in einer Hand gehalten. Er trägt zwei Drahtringe, in denen der andere Bleistift frei rotieren kann. Man schiebt die Doppelrolle in wechselnder Lage unter die Füsse der Libelle. Bald sitzen die Vorderfüsse, bald die Hinter- füsse, bald die Füsse der linken, bald die der rechten Seite in wechseln- der Anzahl auf der beweglichen Rolle. Erst wartet man, bis das Tier ganz ruhig geworden ist; dann beginnt man die bewegliche Rolle mit der Oberseite langsam nach aussen zu drehen, wobei die ihr aufsitzenden Libellenbeine gedehnt werden. Geschieht das Dehnen langsam und gleichmässig, was bald erlernt wird, so sieht man die gedehnten Beine sich bald in Bewegung setzen und einen der Dehnung der Rolle entgegengesetzten Schritt ausführen. Dabei bleiben die nicht gedehnten Beine auf der feststehenden Rolle ruhig sitzen. Dieser Versuch lehrt unzweideutig, dass die Muskelausdehnung allein, entsprechend dem allgemeinen Gesetz, ausreichend ist, um die Erregung in die ge- dehnten Muskeln zu leiten). Wo nun bisher dies Gesetz als zutreffend sich herausstellte, konnte es derart nachgeprüft werden, dass man den natürlichen „Impuls“ durch elektrische Reizung ersetzte (vgl. meine entsprechenden Versuche an Schnecken, wie schon erwähnt, ferner diejenigen Uexküll’s am Seeigel und am Schlangenstern [z. B. in der zitierten Arbeit Ergeb. d. Physiol. Jahre. 3 Abt. 2, 1904]). Ich habe daher bei Cancer pagurus folgende Versuche angestellt: Vorab konnte gezeigt werden, dass der belastete Muskel nicht 1) v. Uexküll, Studien über den Tonus. V. Libellen. Zeitschr. f. Biol. Bd. 50 S. 168—202. 1907. a: 2) Von mir gesperrt. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 353 mehr, sondern etwas weniger erregbar ist als der unbelastete, wenn der Unterschied auch nur gering ist. Untersucht wird die Erregbarkeit des fünften Gelenkes. Gereizst wird durch Platinspitzen, die ins vierte Gelenk eingestochen wurden. Es zeigt sich, dass bei 13 g Belastung ein um 1 mm geringerer Rollenabstand des Induktionsapparates nötig ist, als bei Belastuug mit 3 g. Also jedenfalls steigert das Gewicht die Erregbarkeit nicht, sondern es ist im Gegenteil etwas mehr Strom nötig, um den Muskel zu veranlassen, 13 & als 3 g zu heben. Da aber das Gewicht den Muskel nur wenig dehnt, der Versuch überhaupt nur mit total er- schlafften Muskeln angestellt werden konnte, so entscheidet er auch nicht unbedingt gegen eine Proportionalität zwischen Muskellänge und Erregbarkeit. Ich verfuhr daher wie folgt: Das Bein, welches untersucht werden soll, wird auf Kork fixiert. Zur Beobachtung kommt der Beuger der Klaue, nach Tenotomie des Streckers. Alle anderen Gelenke und Glieder sind mit reiehlichen Mengen „Plastiein“ !) vollkommen fixiert. Der Strom wird durch eingestochene Spitzen (fünftes und sechstes Gelenk) auf den Nerven übertragen. Kontraktion des Muskels bedingt Steigen des mit 3 g belasteten Hebels. Die Klaue ist ausser- dem nach hinten (im Sinne ihrer Beugungsrichtung!) durch einen Faden mit einer Winde verbunden, welche ich in meiner zitierten methodischen Arbeit (Pflüger’s Arch. Bd. 121 S. 221—235) be- schrieben habe. Ziehen wir die Winde an, so wird die zuvor total gestreckte Klaue gebeugt, wenn auch nicht bis zur äussersten Grenze dieser Bewegungsmößlichkeit. Einer gestreckten Klaue entspricht der Zeigerstand 0; gebeugt wird die Klaue, bis der Zeiger auf 12 weist. Diese Bewegung muss also der Muskel passiv mitmachen, ohne dass sich seine Belastung änderte, da diese durch einen „isotonischen“ Hebel auf ihn wirkt. Nun wird abwechselnd an der gebeugten und der gedehnten Klaue die Reizschwelle des Muskels auf folgende, wie mir scheint, recht sorgfältige Weise bestimmt: Man sucht die Grenze der Erregbarkeit vorab approximativ (wie üblich) und beginnt dann bei einem Rollen- abstand, der etwa um 3 mm kleiner ist als die Grenze. Von da prüft man, Millimeter für Millimeter, den Schlitten weiter ausziehend. 1) Eine Modelliermasse, die ich zu mancherlei Zwecken an Stelle von Modellierwachs oder Ölthon sehr empfehlen kann. Siehe weiter unten. 354 Hermann Jordan: Schliesslich erhält man einen Wert, bei dem eben keine Zuckung des betreffenden Muskels mehr erfolgt. Nun wartet man */z Minute und prüft diesen Grenzwert nochmals nach. Die vorherliegende Millimeterzahl, die letzte, bei der Reaktion nachzuweisen war, wird dann als Schwellwert angegeben, während die darauf folgende, als erste Zahl, bei der die Reaktion ausbleibt, in Klammern mit der Be- merkung über den Ausgang des nach !/, Minute wiederholten Ver- suches steht. Ich bemerke ausdrücklich, dass man sich durch häufiges Wieder- holen des Versuches davon überzeugen muss, dass die Erregbarkeit des Präparates nicht an und für sich schwankt. Ich gebe daher hier gerade zwei Protokolle wieder, die an Präparaten mit ausserordent- licher Konstanz dieser Erregbarkeit (je unter gleicher Bedingung) gewonnen wurden !). Tabelle 2a. Isolierter Klauenbeuger. Zeigerstand 0 entspricht dem gedehnten, Zeiger- stand 12 dem passiv verkürzten Muskel. Grenze R.-A. bedeutet: grösster Rollen- abstand, bei welchem noch Reaktion?) erfolgt. Die Zahl in Klammern bedeutet den kleinsten Rollenabstand, bei dem Reaktion eben nicht erfolgt (zweimal nach- geprüft mit je /a Minute Zwischenpause). Zeigerstand Grenze R.-A. R.-A. ohne Reaktion 2er; 9,58 cm (9,9 ohne Reaktion) 0 98 „ (9,9 b) ” ) 12 8 5; (9,9 eben wahrnehmb. Bewegung) 0 Hz (9,9 ohne Reaktion) 12 9,8 ” (9,9 2 ” ) 0 9,8 ” (9.9 ” ” ) Tabelle 2b. Anderes Bein, sonst alles wie in 2a. Zeigerstand Grenze R.-A., R.-A. ohne Reaktion 12 8,9 cm (9,0 ohne Reaktion) 0 89, Va) 12 89 „ 90, a) 0 8,9 ” (9,0 ” ” ) Wir haben naturgemäss die Versuche v. Uexküll’s (z.B. am Schlangenstern) nicht voll und ganz nachahmen können; denn der genannte Forscher untersucht die beiden Antagonisten je zusammen, das Übergewicht des gedehnten beweisend. 1) Auch am isolierten Strecker wurden Versuche gemacht. 2) Gemeint ist natürlich die Schwelle für Reize, die Kontraktion erwirken. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 355 Dies Verfahren verbietet sich durch die eigenartigen Inner- vationsverhältnisse der Krusterextremitäten. Doch glaube ich sagen zu dürfen, dassdieErregbarkeit des Cancermuskelsnicht von seinem Dehnungsgrade abhängt, dass der gedehnte Muskel für den Reiz nicht nachweisbar empfänglicher ist, als der verkürzte und daher die einfache Erklärungsweise v. Uexküll’s für den lokomotorischen Rhythmus hier nicht zutrifft. Es ist ja immerhin möglich, dass etwa die Dehnung für den Muskel als Reiz aufzutreten vermag. Wir wissen, dass wir durch schnelle Dehnung Dauerverkürzung erzeugen können (Biedermann’s Befund 1. ce. Bd. 95 S. 34). Wir wissen ferner, dass nach energischer Hemmung „eine kräftige, wenn auch meist nicht sehr lange anhaltende Kon- traktion des Muskels in dem Momente eintritt, wo die Reizung be- endet wird“ (Biedermann, |. ce. Bd. 95 S. 35) u. a.m.!) Kurz, es mag oft den Anschein haben, als beruhe die Alternierung auf erösserer Erregbarkeit des gedehnten Muskels, doch ist eben diese grössere Erregbarkeit nicht vorhanden — eines der vielen Beispiele dafür, dass die einfachste Erklärung einer Erscheinung durchaus nicht immer die richtige ist. Auf eine wirkliche Erklärung des lokomotorischen Rhythmus haben wir uns in dieser Mitteilung nicht einzulassen, sondern nur unsere Schlüsse aus den Versuchen derart zu ziehen, dass wir sagen: Die definierte Tonusfunktion des Schzeckenmuskels findet innerhalb derlokomotorischen Muskulatur von Cancer pagurus kein Analogon; nach einer Zentren- funktion, berufen diesen Tonus zu regulieren, ver- gleichbar der Leistung etwa der Pedalganglien von Helix usw., brauchen wir also nicht zu suchen. B. Wird dieErregbarkeitdesKrabbenmuskelsauf@Grund derjenigen Gesetze reguliert, die wir bei den „Reflex- armen“ kennen lernten? Das Fehlen der Tonusfunktion schliesst naturgemäss nicht aus, dass die Erregbarkeit nach den gleichen Gesetzen reguliert werde, 1) Vgl. auch Sherrington’s Befunde über alternierende Reizbarkeits- schwankungen antagonistischer Muskeln (z. B.: On Innervation of Antagonistic Muscles. 9. Suecessive Spinal Induction. Proc. Roy. Soc. London vol. 77 B. p- 478—497. 1906.) 356 Hermann Jordan: die für die „Reflexarmen“ Gültigkeit haben. Ich vermag ein Beispiel für ein Tier zu geben, das, anscheinend zu den Reflexarmen gehörend, doch über keinerlei Tonusfunktion verfügt: ich meine die Medusen!). Ihnen fehlt die Tonusfunktion der Lokomotionsmuskeln (des Schirmes) in der Tat völlig; allein ihre Erregbarkeit ist vom Randnerven- system ganz in dem gleichen Verhältnisse abhängig, wie diejenige des Schneckenfussmuskel vom Cerebralganglion. Dass für die Krebsartigen ausschliesslich das Cerebralganglion für solch eine Regulation der Er- regung verantwortlich gemacht werden könnte, steht nach Bethe’s hier referierten Resultaten fest: Dies Ganglion hemmt; seinem ein- seitigen Fehlen sind die Kreisbewegungen zuzuschreiben. Da ich sicher glaubte, hier positive Ergebnisse erhalten zu müssen, so ver- anlassten mich die ersten Misserfolge zu besonders eingehenden Untersuchungen nach ganz verschiedenen Methoden. Da jeder Ein- griff bei der Prüfung, wie Freilegung des Extremitätennerven, die Möglichkeit einer Leitungsunterbrechung zwischen Hirn und Nerv mit sich brachte, ja, da selbst das Einstechen von Spitzen in nicht kontrollierbarer Weise den Nerven schädigen konnte, so wurde schliesslich wie folgt verfahren: Um zwei der nieht untersuchten, be- nachbarten Gelenke wurde aus Kupferdraht je ein Ring gelegt, der ziemlich fest anschloss. Auf diese beiden Ringe wurde der Wechsel- strom übertragen. Diese Anordnung erwies sich als durchaus zu- verlässig; doch sei ausdrücklich bemerkt, dass die Versuche mit gleichem Resultate auch mit direkter Reizung des Nerven, sei es auf Platindrähten, sei es durch eingestochene Spitzen, angestellt wurden. Ich gebe hier nur einige wenige Protokolle, während im ganzen zehn einwandfreie Resultate vorliegen. Um auch durch Iso- lierung eines der beiden Muskeln keine Fehlerquelle?) zu erhalten, werden die beiden Antagonisten beobachtet und die Erregbarkeits- grenze durch Bestimmung der folgenden Werte festgelegt: 1. des Schwellwertes für Beugung (Scherenschluss); 2. des Beginnes .aus- gesprochener Streckung (Scherenöffnung); 3. des Schwellwertes der (Öffnungs- oder Streck-) Erregbarkeit überhaupt. Und zwar geschah alles dieses natürlich erst am normalen Tiere, sodann am gleichen Tiere mit entferntem Cerebralganglion. 1) Diese Resultate sollen demnächst in einer kurzen Mitteilung besonders veröffentlicht werden. 2) In einigen Fällen wurden auch, durch Tenotomie des Streckers, isolierte Beuger untersucht. Gleiches Resultat. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 357 Tabelle 3a. Cancer pagurus, linke Schere mit Kupferdrahtringen um das vierte und fünfte Gelenk!) versehen. Beobachtet wird der bewegliche Scherenarm. 1. In normalem Zustande. GrenzenSchlussp aa R.-A.= 81 cm, Berinn Öffnung... 20: Re gar Grenze Öffnung (Erregbarkeit) R.-A. = 11,2—11,4 cm. 2. Das Cerebralganglion wird nun entfernt. Grenzenschlusser ea: RAN —EShlTem: Beginn Öffnung etwa .... R.-A.= 88-9 cm, Grenze Öffnung (Erregbarkeit) R.-A. = 11 cm. Tabelle 3b. Das gleiche an der Endklaue des zweiten rechten Gehbeines. Drahtrine.« um fünftes und sechstes Gelenk. 1. In normalem Zustande. GrenzerBeusung.. 2.2... ei. — 8) om, Besiin®Streckneg nn 2... R-A.= 94 , Grenze Streckung (Erregbarkeit) R.-A. = 10,4 „ 2. Das Cerebralganglion wird nun entfernt. Grenze Beugung - =... . Ku-Ar 88cm, Berinn Streckımo nn. ee Grenze Streckung (Erregbarkeit) R.-A. = 102 „ 3. Das Bein wird vollkommen abgetrennt. Gxenze Beuguns. . 2 ..... R.-A. = 8,9—9 cm. Erregbarkeit sinkt nun, Streckung war nicht mehr zu erzielen. Eine Zunahme der Erregbarkeit nach Entfernung des „Hemmungs- zentrums* war also in keinem Falle nachzuweisen. Auch das Bauchmark scheint keinen entsprechenden Einfluss auf die Erregbar- keit zu haben. Es galt nun noch zweierlei zu zeigen: 1. dass die kleine, zuweilen beobachtete Abnahme der Erregbarkeit nach Ent- hirnung ledielich eine Art Ermüdung ist; 2. dass auch längere Zeit nach Enthirnung keine Zunahme der Erregbarkeit nachzuweisen ist. Beide Aufcaben werden dadurch gelöst, dass die Erregbarkeit beider Seiten an einem Tiere untersucht wird, bei dem ein Schlund- conneetiv einige Zeit vorher durchschnitten worden ist. Das Tier wird verbunden und 3 Stunden in Ruhe gelassen. Es macht sehr deutliche Kreisbewegungen. 1) Gemeint ist das „Handgelenk“ und das vor dem Handgelenk kommende Gelenk. 358 Hermann Jordan: Tabelle 4a. Cancer pagurus. Vor 3 Stunden ist ihm das rechte Schlundeonnectiv durchschnitten worden. Um viertes und fünftes Gelenk beider Scheren befinden sich Kupferdrahtringe. 1. Rechte, cerebrallose Schere. Grenze Scherenschluss . . . R.-A. 8 —7,8 cm, Besinn On R-A. — 85—84 „ Grenze Öffnung (Erregbarkeit) R.-A. — 10,1-9,9 ,, 2. Linke, normale Schere. Grenze Scherenschlus . .. ... R.-A. = 8 cm, Beeinn Om DER SAr elen Grenze Öflnung (Erregbarkeit). . . R.-A. — 102 „ Tabelle 4b. Gleiches Tier, gleicher Versuch an den Klauen der beiden ersten Gehbeine. 1. Linkes, normales Bein. GrenzenBelouneze ae oA, = 08 em, BeeinnYStreckunee a. See Ra MN Grenze Streckung (Erregbarkeit) . R.-A. = 10,8 „ 2. Rechtes, cerebralloses Bein. GrenzepBeneunege R.-A. = 9,6 cm, Beginn Streckung. . . ... 2 A. 00 Grenze Streckung (Erreebarkeit) . R.-A. = 10,8 „ Somit kann Kreisbewegung und Reflexhemmung bei Cancer pagurus nicht in der Weise erklärt werden wie bei Schnecken (Aplysia). Die Krebse gehören in keiner Weise zu den ‚„reflexarmen“ Tieren. IV. Versuche, die Aufschluss über die Art geben, wie das Cerebralganglion von Cancer pagurus das ihm unterstellte Nerven- muskelsystem zu beeinflussen imstande ist. A) Hirnreizung. Bis jetzt haben wir nur berücksichtigt, was geschieht, wenn man den FExtremitätennerv oder das Bauchmark reizt. Wir wollen nun vorab sehen, was die Folgen der Reizung entweder des Gehirnsanglions selbst, oder der von ihm ausgehenden Schlund- eonnective sind. Über diesen Effekt scheint so gut wie nichts be- kannt zu sein. Jeder, der durch Eingriffe diese Zentrenteile heftig gereizt hat, kennt ja wohl die dabei auftretenden Streckkrämpfe. Bethe teilt einen einzigen Versuch mit, den er nicht weiter ver- Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 359 folgte (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50 S. 636). „Bei Reizung einer Sehlundkommissur tritt starrkrampfartige Streckung der Beine beider Seiten nach der?gereizten Seite hin und Spreizen der Scheren ein.“ Wendet man bei Reizung des Gehirns mittelstarke Ströme an, so beobachtet man am frischen Tiere stets jene starrkrampfartige Streckung; d. h. es bewegt sich das erste (Hüft-) Gelenk nach hinten, das zweite nach oben, das vierte nach hinten, das fünfte nach oben, das sechste nach hinten und endlich das siebente Gelenk nach oben, alle stets der schwächeren Sehne folgend!'). Dehnt man den Versuch länger aus, so beobachtet man nicht selten als ersten Effekt eine kurze Beugerzuckung, der dann Streck- krampf folgt. Späterhin, wenn offenbar die Reizleitung noch mehr verschlechtert ist, wirken unsere mittelstarken Ströme wie schwache Ströme, mit denen wir uns sogleich beschäftigen. Wie wir aber auch immer die Ströme steigern, bis zum Vollstrom (R.-A.=0) des Induktors mit sechs Elementen, nie er- halten wir etwas anderes als Streckung der Extremität, Öffnung der Schere. Wenden wir nun schwache Ströme an, so gelingt es leicht, bei einer Reihe von Gelenken dauernde Beugung zu erzielen. Freilich gelingt es nicht immer, alle Gelenke zum Beugen zu bringen, und überhaupt liegt die Reizintensität, wo Beugung in Streckung über- geht, der Erreebarkeitsschwelle so nahe, dass es nicht ganz einfach ist, am frischen Tiere diese Beugung aller Geienke vom Gehirn aus zu zeigen. Bei einzelnen Gelenken gelingt es stets. Hat aber, wie schon angedeutet, das Tier zuvor zu einer Reihe von Gehirn- reizungen gedient, so gelingt es wesentlich leichter, ja es kann vor- kommen, dass die Erregbarkeit (offenbar) so sinkt, dass jedwede Reizung des Gehirns Beugung bedingt. Dass die Beuger hierbei sich wirklich kontrahiert haben, kann man ganz deutlich am Wider- stande fühlen, welchen sie dem sie vorsichtig streckenden Finger ent- segensetzen. Bei Reizungen mit schwachen Strömen, etwas vor der Intensitätssrenze, bei der Streckung beginnt, erhält man nicht selten vielgestaltete (Geh-) Bewegungen der Beine. ® 1) „Oben“ im Sinne unserer Auseinandersetzung gelegentlich der Beschreibung der Gelenke am Crustaceenbeine. 360 Hermann Jordan: Protokolle als Beispiele für die zu den dargetanen Er- scheinungen notwendigen relativen Wechselstromintensitäten. Die Platinelektroden werden auf das Cerebralganglion vorsichtig auf- gesetzt. R.-A. = 10,9 cm. Beugekrämpfe der Beine, nicht der Scheren. R.-A.=11 „ Rechte Schere zeigt deutlichen, meist unvollkommenen Schluss („tonisch“, vergleichbar der „Interferenz“ bei Reizung des Scherennerven mit Mittelströmen), linke Schere ist nicht zum Schlusse zu bewegen. R.-A.—=10 ,„ Verschiedene Gelenke verhalten sich verschieden, so dass es nicht selten zu scheinbaren (unkoordinierten) Gehbewegungen kommt; rechte Schere öffnet sich. R-A.—= 9 ,„ Allgemeine Streck- bzw. Öffnungskrämpfe. R.-A.— 11,35, Scherenschluss (niemals vollkommen, einmal nunmehr auch links). In einem anderen Falle gelang es mir, zu Anfang nie eindeutigen Schluss (Beugung) zu erzielen; bei R.-A.—=8,8—9 cm erhielt ich rhythmische Bewegungen, Oszillation des beweglichen Scherenarmes; doch konnte man leicht fühlen, dass die Beuger sich unter dem Einfluss dieser Gehirnreizung zusammenzogen. Bei R.-A.=7,5 cm war das Resultat immer noch schwankend; links schloss sich die Schere, rechts öffnete sie sich; später trat beiderseitig Scheren- öffnung auf. R.-A.—17 cm. Beiderseitige ausgesprochene Scherenöffnung. R.-A.—=6 „ Allgemeine Streckkrämpfe. Nunmehr wird der Schlitten wieder ausgezogen. R.-A.= 82, Die Beine beugen sich, beide Scheren schliessen sich, freilich die letzteren nicht vollkommen, mehr tonisch; doch ist in anderen Fällen auch ein vollkommener Scherenschluss zu erzielen. Es bleibt nun noch die Wirkung der Gehirn- (oder Connectiv-) Reizung auf die isolierten Beuger (Sehliesser) zu untersuchen. An beiden Scheren wird der Öffner und an einer Anzahl Beine der Strecker des fünften Gelenks tenotomiert. Nunmehr ist in diesen Gelenken und den Scheren mit mittelstarken bis stärksten Strömen überhaupt keine Kontraktion zu erzielen. In einem einzigen Falle war ganz zu Beginn der Reizung eine kleine Zuckung zu sehen. Versetzen wir in üblicher Weise die betreffenden Muskeln in Tonus, so tritt bei Gehirnreizung mit mittleren bis stärksten Strömen fast unmittelbar Hemmung auf, die man mit Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 361 dem Finger ausserordentlich deutlich fühlt. Naturgemäss lässt sich auch in solch isolierten Muskeln mit schwachen Strömen besonders späterhin Kontraktion erzielen, am leichtesten wieder in den Beinen, z. B. erhalte ich an einem frischen Tiere bei R.-A.—=13 em Beugung (Schluss) der isolierten Muskeln. Die so entstehende Verkürzung wird durch starke Ströme unmittelbar gehemmt. Später genügt schon ein Rollenabstand von 11 em, in einem anderen Falle von 8,4 em, um solche Beugung zu erzielen. Wird eine starke, zu Streckkrämpfen führende Beugung unter- brochen, so erfolgt bei normalen mit beiden Muskeln versehenen Gelenken nicht selten eine reaktive Beugung, die zu allgemeiner Unruhe führen kann. Wir können diese Ergebnisse mit den folgenden Worten zusammen- fassen: Reizung des Gehirnsoder der Schlundconnective hat genau die entgegengesetzte Wirkung wie Reizune der Extremitätennerven. Denn Hirnreizung mit starken Strömen hemmt die Beuger und erregt die Strecker, während schwache Ströme umgekehrt die Beuger er- regen und die Strecker hemmen. Der Effekt der schwachen Ströme ist am wenigsten leicht zu demonstrieren. Der Gedanke, als könnte in dem Antagonismus zwischen peripherer und zentraler Reizung ein biologischer Mechanismus zum Ausdrucke kommen, lag nahe. Wir suchen ja die Erklärung eines Hemmungs- vorganges: Wenn nun irgendein Äusseres Agens, etwa reflektorisch, so Bauchmark als Gehirn erregt, so müsste das Gehirn an das Bauch- mark einen Reiz abgeben, der mit der Erregung, die das Bauch- mark nun selbst (reflektorisch) abgibt, interferierte, dergestalt eine Hemmung bedingend. Im Gehirn mag noch etwas geschehen, um die Hemmung zweckmässig abzustimmen; doch das soll uns hier ja nicht interessieren, da wir uns lediglich mit dem Vorgange be- schäftigen wollten, durch den das Gehirn das Bauchmark und die Peripherie zu beeinflussen vermag. | B. Interferenz zwischen cerebraler und peripherer Reizung. Es war nunmehr folgendes experimentell zu entscheiden: Ver- mag Hirnreizung mit der Frregung des Bauchmarkes oder der Extremitätennerven zu interferieren, so dass Hemmung eines peri- pheren Reizes durch einen zentralen zu erzielen ist? Bei der grossen 362 Hermann Jordan: Wichtigkeit, welche diese Frage zu haben schien, habe ich ganz be- sondere Sorgfalt auf ihre Entscheidung verwandt. Vorab habe ich die Reizschwelle bestimmt, die der Beuger eines Gelenkes einmal bei gleichzeitiger Reizung des Bauchmarkes und des Gehirns, dann bei Reizung vom Bauchmark allein aufweist!). Um so wenig wie möglich von den in Betracht kommenden Zentren zu verletzen, wurden diese in den ersten Versuchen nicht freigelegt, sondern rechts und links von ihnen Nähnadeln eingestochen, je mit den beiden Polen der beiden Induktionsapparate in Verbindung stehend. Ein Protokoll mag genügen. Tabelle 5. Cancer pagurus. Reizung von Oerebralganglion und Bauchmark, je durch einen Induktionsapparat, Stromübertragung durch je zwei Nähnadeln, die rechts und links von den Ganglien durch den Panzer gestochen sind. Beobachtet wird Beugung des siebenten Gelenkes (Klaue) des linken ersten Gehbeines. Gehirn- reizung mit R.-A.=8cm. I. Grenze Beugung bei gleichzeitiger Reizung von Gehirn und Bauchmark. R.-A. (des Induktors am Bauchmarke) = 10,2—10,3 cm. II. Grenze Beugung bei ausschliesslicher Reizung des Bauchmarkes. R.-A. = 10,8—11 cm. Die Anordnung wurde später fallen gelassen, da sie nicht ganz sichere Resultate gab, in einigen Fällen sogar völlig versagte. Da nämlich das Gehirn Reizungen gegenüber sehr empfindlich ist, so sinkt zuweilen schon nach kurzer Zeit seine Erregbarkeit ganz ausserordentlich, Daher bewährten sich alle Anordnungen, bei denen folgende zwei Bedingungen erfüllt sind: 1. Die Gehirnreizung darf nur kurze Zeit dauern, man studiert ihre Wirkung auf die, längere Zeit dauernde, Reizung des Bauchmarkes. 2. An Stelle der Schwell- wertbestimmung, die gleichfalls zuviel Zeit in Anspruch nimmt, hat Beobachtung der Bewegung zu treten. Protokoll: Gleiche Anordnung wie eben, das Gehirn wird mit einem Strom von R.-A.—= 8cm zeitweilig gereizt. Das Bauchmark wird mit einem Strom von R.-A. = 8,8, dann 8,7, 8,6 usw. bis 8,3 cm gereizt. Beobachtet wird wieder Klauenbeugung am ersten linken Gehbein. R.-A. 8,3 am Bauchmark reicht vollkommen aus, 1) Diese Reihenfolge des Versuchs, bei der also die Anordnung mit mut- maasslich geringerer Erregbarkeit (Hemmung) zuerst kommt, dient dazu, Täuschung auszuschliessen, die, an sich, fallende Erregbarkeit bedingen könnte. 363 Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren ‘IX L Wr osrıqn So]]V ‘Sunzay Aasoıp Sunyoarqaaun — 0 Tag 'suorduesfergarsg sap Sunzpy — I Tag 'PIIM uom9oAIqLoJun Yyoru syonsıoA wozurd sap Aongq Aop pusıyyM aıp “Sunzroy oraydrıad yuurog 7 1og %3 € Sungseppg Teyuaamy — Sunmwopf "Fıoquassamy — uoye1juoyy “Toonaquonejy} ‘uroqyon Saryaoy ‘suonsuesfeigars).sop Sunzıay ya9ınp oziay Aoroydımad Sao sop Sunwwop "snınded 199u8N 564 Hermann Jordan: um diese Beugung zu veranlassen. Sobald nun das Gehirn gereizt wird, während der Induktionsapparat, der mit dem Bauchmarke verbunden ist, mit einem der ge- nannten Rollenabstände ununterbrochen spielt, streckt sich die vorher durch jene Bauchmarkreizung ge- krümmte Klaue, um sich nach Unterbrechung der Ge- hirnreizung (nur dieser) sofort wieder zu krümmen. Ich habe nun das Resultat dieses Versuches graphisch dar- gestellt und eine Reihe sehr brauchbarer Kurven erhalten, von denen ich die beste hier zur Reproduktion bringe!). (Fig.1.) Unter- sucht wird wieder Klauenbeugung des rechten ersten Gehbeines. Auf dieses Bein wird der Strom durch Drahtringe um das fünfte und sechste Gelenk übertragen. (In anderen Fällen werden Spitzen in diese Gelenke eingestochen.) An genannter Stelle wird mit schwachen Strömen, die aber maximale Beugung verursachen, ge- reizt (im Falle unserer Figur mit R.-A. = 10,5 em). Zentral wirkt (im vorliegenden Falle) ein Strom von R.-A. = 7cm?). Die Platin- spitzen sind unter das rechte Schlundeonnectiv geschoben. Das Bein ist total mit Bindfaden und Modelliermasse fixiert, bis eben auf die Klaue, an deren Spitze ein Faden befestigt ist, der zum Schreibhebel geht. Dieser ist mit 3 @ belastet, gegen die also der untersuchte Beuger zu arbeiten hat. Derart bedeutet Aufwärts- bewesung des Hebels Beugung, Abwärtsbewegung Streckung (Hemmung). Die .Kurve ist von links nach rechts zu lesen. R. bedeutet Reizung des Beins. Sie wird während der sanzen Dauer des Versuches nicht unterbrochen oder sonstwie verändert. Den unmittelbaren Fall des Hebels, setzt die ihn bedingende Reizung des Cerebral- sanglions (bei C) gegen die Peripherie durch, doch so, dass nach Unterbrechung der Hirnreizung (bei OÖ) die Erregung der Peripherie wieder zu ihrem Rechte kommt, der Muskel sich wieder (am Anfang maximal) verkürzt. — 1) Dass ich im ganzen so sparsam mit dem graphischen Verfahren war, lag daran, dass der mir seitens der Verwaltung der Zoologischen Station liebens- würdigst zur Verfügung gestellte Zylinder nicht genau zu meinem Schreibhebel passte. Vorrichtungen, um Zeit und Reizung zu markieren, fehlten. 2) Der mit dem Gehirn verbundene Induktor war etwas kleiner als der peripherisch reizende. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 365 Es sind noch einige Kleinigkeiten an der Kurve su sehen, so die Wirkung der Ermüdung für beide Reize; doch soll uns das hier nicht beschäftigen, so wenig als eine hypothetische Erklärung *) der Erscheinung, zu der noch wesentlich mehr Material herbeigebracht werden müsste. Wir bedürfen dessen jedoch nicht, um uns der Frage zuzuwenden: Können wir auf Grund der mitgeteilten Er- gebnisse an eine Lösung unseres Problemes gehen? C. Die Kreisbewegungen. Die von Bethe beschriebenen Hemmungen lassen sich ja ohne weiteres aus dem dargetanen Verhalten verstehen: Wie auch immer die Impulse beschaffen sein mögen, stets werden die vom Gehirn kommenden die umgekehrte Wirkung haben, wie diejenigen, die un- mittelbar vom Bauchmarke ausgehen; beide werden sich gegenseitig aufheben oder einschränken müssen, wie wir sahen. Allein mir scheint, dass wir einen richtigen Einblick in diese Verhältnisse erst erhalten, wenn es uns gelungen ist, vor allem die Kreisbewegungen und diejenigen Ausfallsersebeinungen zu erklären, die der Gang nach Gehirnzerstörung zeigt. Versuchen wir zu einer Analyse der Kreisbewegungen zu schreiten: Von früheren Analysen brauchen wir hierbei nur diejenige Bethe’s zu berücksichtigen. Eine gute Zusammenstellung gib dieser Autor in seiner allgemeinen Arthropodenarbeit (Pflüger’s Arch. Bd. 68 S. 541), woselbst auch die Brachyuren (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50) berücksichtigt werden. Wir wollen die für uns wichtigen Punkte zum Teil im Wortlaute wiedergeben. Vorab steht fest: Bahnenkreuzung gibt es bei Crustaceen nicht (z. B. S. 539 a. a. O.), das zeigen alle entsprechenden Versuche (auch die meinigen). Ferner „ist der Kreisgang nach der gesunden Seite, welcher bei manchen Tieren immer (Pachytylüs, Apis), bei anderen nur manch- mal (Astacus, Squilla, Dytiscus), nach Ausschaltung einer Gehirn- 1) Der schwierigste Punkt dieser Erklärung ist natürlich die Umkehrung des Erfolges bei zentraler, verglichen mit peripherer Reizung. Doch ist auch die Interferenz selbst nicht ohne weiteres verständlich, will man nicht, wie Biedermann, hemmendes und erregendes System als zwei getrennte Mechanismen betrachten. Wohl zeigt Fröhlich, dass zwei schwache, periphere Reize einander hemmen können (l.c. S. 413, 428, 433); allein in erster Linie hemmen sie die Scherenöffnung, den Scherenschluss nur in manchen Fällen. Wir er- halten aber stets Hemmung der Beugung, hingegen Erregung des Streckers. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 25 366 Hermann Jordan: hälfte auftritt, lediglich auf die Ungehemmtheit der ope- rierten Körperseite zurückzuführen.... Die einzige Ausnahme bilden die Brachyuren (Careinus), indem hier wirklich der Kreisgang nach links oder rechts mit Achsendrehung nach der ge- sunden Seite eine Zwangsbewegung ist. Dies beruht darauf, dass auf der operierten Seite der Seitwärtsgane unmöglich wird und an seine Stelle Vorwärtsgang tritt, während die Beine der gesunden Seite fortfahren, seitwärts zu gehen“. Ich erwähnte ja schon, dass für Bethe „die Korrelationen, welche den typischen Brachyuren- gang (Seitengang) ausmachen, im Gehirn lokalisiert sind“ (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50 S. 599). Dieser so fundamentale Unterschied zwischen den Ursachen des gleichen Effektes, gleicher Operationen, bei naheverwandten Tieren, schien mir bedenklich. Der erste Zweifel daran, dass „Un- gehemmtheit“ die einzige Ursache der Kreisbewegungen beim Fluss- krebse sei, kam mir gelegentlich eines Vorlesungsversuches. Der Krebs marschierte ohne jede Reizung im Kreise herum; die Beine beider Seiten machten genau die gleiche Zahl Schritte und be- rechtisten mich in keiner Weise zu sagen, dass etwa durch die ungehemmte Länge sonst normaler Schritte der Kreisgang verursacht würde. Die Beine der operierten rechten Seite aber griffen in abnormer Weise nach (vorn und) innen, wie eben bei einem normalen Tiere, das aus irgend einem Grunde nach links umdreht. Sogar die rechte Schere, die das Tier zufällig zur Stütze gar nicht benutzte, bog sich in der Richtung des werdenden Kreises, als wolle sie den Weg zeigen. Ich habe diese Dinge beim Flusskrebs nicht weiter verfolgt, sondern habe mir vorgenommen zu sehen, ob sich nicht Ähnliches, auch bei Cancer nachweisen liesse. Ob wir nicht daraufhin eine (vielleicht ‚sogar für Kurz- und Langschwänzer in oleicher Weise gültige) Erklärung dieser Er- scheinungen finden könnten, welche die Annahme besouderer Korre- lationen im Krabbenhirne, welche den typischen Brachyurengang ausmachen, entbehrlich erscheinen liesse. Eine solche Erklärung, die uns den. Kreisgane verständlich machte, bedeutete für uns die Lösung unseres Hauptproblems; ist doch der Kreisgang nichts anderes als ein Ausdruck dafür, dass auf einer Seite diejenigen Ein- flüsse weggefallen sind, denen in der Norm die Leitung des Systems unterster Ordnung durch das Oberzentrum zuzuschreiben ist. Wir halten uns vorderhand sänzlich an unser Objekt, Cancer Die Leistungen des Gehirngangliors bei den krebsartigen Tieren. 3657 pagurus und beginnen mit den beiden Vorderbeinen. Diejenigen Beine solch eines Tieres, die dem Einflusse des Gehirns entzogen wurden, sind, wie wir hörten, in den Gelenken gebeust. Es braucht ‘das nicht immer deutlich hervorzutreten, und bei einseitig operierten Tieren wird man zuweilen Messungen anstellen müssen, um über das Verhältnis der Krümmung der operierten Beine zu derjenigen der normalen etwas aussagen zu können. Allein das tut nichts zur Sache: Wenn man die Abnormität überhaupt sieht, so beruht sie stets auf der genannten Beugung. Sehen wir uns die wichtigsten Gelenke (das erste, zweite und fünfte) im einzelnen an. Gelenk eins ist nach vorn in ahnormaler Weise gebeugt, zwei ist nach unten gekrümmt, nnd ihm ist es vornehmlich zuzuschreiben, dass in der Regel der Körper des: operierten Tieres höher zu liegen kommt, als der des normalen. Gelenk fünf ist wieder „nach unten“ gebeust; da aber die Achse des Beines etwas gedreht erscheint, schon an sich, nun aber durch die abnorme Lage des Gelenkes eins noch mehr), so kommt es, dass die Krümmung von Gelenk fünf fast in die ‘Horizontale fällt und durch sie Glied sechs und sieben noch mehr nach (vorn und) innen verschoben sind, als dies die abnorme Haltung von Gelenk eins schon bedingt. Gewiss spielen auch Ge- lenk vier, sechs und sieben eine Rolle, besonders sechs und sieben, allein genau im gleichen Sinne wie die erwähnten Gelenke, den beschriebenen Effekt verstärkend ?), so wollen wir sie der Ein- fachheit halber nicht berücksichtieen. Wird nun ein derartig da- lieeendes Tier zum Gehen veranlasst, so beobachten wir folgendes: Vorab treten die Beine der hirnlosen Seite fast stets als „Zieher“ auf; meine Beobachtungen beschränken sich ganz auf diese Gangart, bei der also die abnorme Seite vorangeht®). Die hirnlosen Beine finden ihren Stützpunkt wesentlich weiter vorn und mehr der Mittel- linie des Tieres genähert, als in der Norm. Wenn nun obendrein das Bein zum Schritt ausholt, so verschärft sich diese abnorme 1) In der Norm und jetzt noch mehr ist bei den beiden Vorderbeinen nicht die untere Medianlinie, sondern die hintere Seite des Beines dem Boden teils zugekehrt, teils liegt sie ihm auf. Übrigens kommt es mir bei allen diesen Angaben nur auf die annähernden Lagebeziehungen an. 2) Gelenk vier und sechs nach vorn, sieben nach unten, d. h. der Achsen- drehung wegen nach vorn und innen. 3) Für denjenigen Gang, bei dem die normale Seite vorangeht, ist das Problem durchaus das gleiche. 2015 368 Hermann Jordan: Krümmung, d. h. der Stützpunkt des Beines wird noch mehr ‚nach vorne-innen verschoben. Da nun jedes Bein etwa seinen Anheftungs- punkt am Körper dem Stütz- oder Angriffspunkte am Boden zu nähern sucht, so wird durch diese „hirnlosen“ Beine der Körper nach vorn gezogen werden müssen, um so mehr nach vorn, je aus- gesprochener vorher die Krümmung nach vorn und innen war. Im Prinzip für alle vier Beine gleichartig, trifft unsere bisherige Analyse doch, wie bemerkt, nur für die zwei vordersten genau zu, „während die beiden hinteren Beine ebenfalls grnach vorne eifen, aber, nach hinten einstemmend, schiebend wirken“ (Bethe). Allein dieses „Schieben“ ist nichts, als ein nach hinten fortgesetztes Ziehen, mit genau den gleichen Gelenkkrümmungen. Dass aber der An- griffspunkt der beiden Hinterbeinspitzen nun eben hinter dem Be- festigungspunkte ihrer Hüften zu liegen kommt, liegt in der normalen Achsendrehung dieser beiden Beine!), derzufolge die drei äussersten Glieder nach hinten gerichtet sind. Auch diese Lage akzentuiert sich durch Beugung nach Enthirnung, d. h. die Beine stellen sich nun nicht mehr wie beim normalen Gange fast senkrecht (etwas nach hinten!) zur Körperachse ein, um dergestalt am Seitwärtsgang mit- zuwirken, sondern Glied 1—4 steht nach vorn-oben, Glied 5—7 in spitzem Winkel nach hinten-unten gerichtet. Der Hauptfehler ist im zweiten und fünften Gelenk zu suchen und durch die Formel: nach vorn (2) innen (5), wie bei den Vorderbeinen auszudrücken, una so ergibt sich ihre Beteiligung am Kreisgang von selbst. Bei jeder neuen Auslage wiederholt sich durch übertriebene Krümmung der Fehler. Das normale erste Beinpaar stellt sich hingegen bei der Auslage zum Gehen etwa senkrecht zur Körper- achse des Tieres, die anderen noch weiter nach hinten. Das ist nun auch die Richtung, in der die Beine der normalen Seite unseres Tieres die Auslage zum ersten Schritt: nehmen, und da sie schieben, so ist ihr Bestreben, den Körper seitlich nach rechts zu bringen. So kombiniert sich die Bewegung aus: „nach vorn rechts“ und „seitlich rechts“, wobei wahrscheinlich „nach vorn rechts“ über- wieet, da ja die rechten Beine mit den viel stärkeren Beugern arbeiten. Dass auf diese Weise die Kreisbewegungen entstehen müssen, die Bethe beschreibt und abbildet (Arch. f. mikr. Anat. Bd. 50 Taf. 33 Fig. 2, Rechtsgang), braucht weiter nicht dargetan zu werden. 1) Durch die (normale) Stellung des Hüftgelenks wesentlich bedingt. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 369 Was aber ist die Ursache dieser abnormen Ausgangsstellung der Beine, ihres erneuerten Vorgreifens bei jedem Schritt? Wir sahen, dass alle Gelenke genau in der umgekehrten Richtung gebeustsind wie dieGelenke des Tieres, dessen Gehirn wir (stärker) reizen. Dies könnte aber ganz gut das Folgende zu bedeuten haben: Was das Tier mit gereiztem Gehirn zuvielhat, hat dasHirn- lose zu wenig. Es fehlt die von uns deutlich nachge- wiesene Hemmung von seiten des Gehirns, diein der Norm die notwendige Zwischenlage zwischen unserem Zuviel und Zuwenig bedingt: die normale Ausgangs- lage jedes Einzelschrittes im Seitengang'). Mir schien, als dürfe man die Entscheidung solch einer wich- tigen Frage nicht reiner Argumentation überlassen; es galt zu ver- suchen, ihrer Lösung auf experimentellem Weee näher zu kommen. Wenn es richtig ist, dass der Kreisgang nicht durch einseitigen Verlust des Zentrums für Seitengang, sondern durch Fehlen eines einfach gearteten Reizes bedingt ist — so müssen wir im- stande sein, dem Tiere das Genommene durch ebenso einfache abgestufte Reizung der vom Gehirn ausgehenden, von ihm ge- trennten Bahnen wiederzugeben. Um dieses Ziel zu erreichen, verfuhr ich wie folet: Ich stellte ein Elektrodenpaar aus den üblichen Drahtspitzen her, die durch Siegellack im Abstande von wenigen Millimetern voneinander zu- sammengehalten wurden. Die Drahtspitzen waren (beide gleich) hakenförmig gekrümmt. Nun knetete ich aus der erwähnten Modellier- masse einen kleinen Fuss oder Halter für diese Elektroden, dessen Form sich aus dem Gebrauche von selbst ergibt. In ihn werden die Elektroden derart eingedrückt, dass wenn die beiden Haken nach unten, links gerichtet sind, das Stativchen oben, rechts von ihnen sich befindet. Nun öffnet man grosse bis mittelgrosse Exemplare von Cancer pagurus wie üblich von oben und legt das rechte?) Schlundeonnectiv frei. Man tut gut, um dieses, dicht am Hirn, einen Faden zu knoten. Nun bringt man die Elektroden unter das Connectiv, um danach das Stativchen am bewachsten (siehe metho- dische Einleitung) Rande der Panzerwunde festzudrücken. Das eben 1) Diese Lage kommt also durch peripheren, Beugung bevorzugenden, und zentralen, Streckung bevorzugenden Reiz zustande. 2) Ich bespreche hier wieder nur Fälle der (bequemeren) rechtsseitigen” Operation, obwohl sie auch linksseitig (zur Kontrolle) ausgeführt wurde. 370 Hermann Jordan: is} der Nutzen unserer Modelliermasse: sie nimmt jede Gestalt im Augenblicke der Notwendigkeit an und behält sie bei, ohne zurück- zuschnellen, und dadurch den Nerven zu zerren. Hat man einen Faden um das Conneetiv geknotet, so lest man ihn nun derart um die Elektroden, dass ein Abrutschen des Connectivs von ihnen ver- hindert wird. Zwischen Gehirn und Fadenknoten schneidet man das Connectiv durch und verschliesst die Wunde, sei es mit einer Platte aus Wachs oder Modelliermasse, oder mit der ausgesägten Panzerplatte, die dann aber an der Stelle, wo die Elektroden liegen, einen entsprechenden Einschnitt zu ihrem Durchtritte erhalten muss. Es sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass man gut tut, an der Stelle des Panzers, an welcher man die Elektroden zu befestigen gedenkt, schon vorher eine kleine Menge der Modelliermasse mit Wachs festzukitten, da dann ein ganz leichter Druck genügen wird, das Stativchen zu befestigen. Die Tiere, denen die Anschlussdrähte der Elektroden aus der sorefältig verschlossenen Wunde ragen, kommen nun ins Aquarium, wo sie sich in kurzer Zeit erholen. Die Versuche, über die wir nun berichten, sollten stets am gleichen Tage der Operation ange- stellt werden; denn es scheint, als schwände die Reizbarkeit oder die Leitfähigkeit des durchschnittenen Connectivs nach einer Reihe von Stunden. Ferner achte man darauf, durchaus lebensfrische Tiere zu wählen, die auch nach der Operation „spontane“ Beweglich- keit zeigen. Nur an solchen sind die folgenden Resultate mit aller Deutlichkeit zu sehen. Wir verbinden nun durch eine 2 m lange doppelte Leitungs- schnur !) die Anschlussdrähte der Connectivelektroden mit den End- polen eines Induktionsapparates. Der Versuch kann sowohl auf dem Fussboden, als im Aquarium angestellt werden — beides mit gleichem Ergebnis. Die Leitungsschnur muss so gehalten werden, dass das Tier völlige Bewegungsfreiheit hat, und nun können wir nach Bedarf Strom geben. Die nun folgenden Beschreibungen beziehen sich vorab auf ein bestimmtes Tier, das ganz besonders lebensfrisch war, im Aquarium dauernd enge Kreise beschrieb, so dass im Sande dieses Behälters einige Kreislinien stets sehr deutlich abgezeichnet waren. Dieses Exemplar wurde an einem Tage siebenmal mit gleichem Resultate 1) Für Lichtleitung. Die Leistungen dns Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 371 untersucht. Ich konnte dies verschiedenen Herren in erstaunlicher Klarheit vorführen !). Der gleiche Versuch wurde bei einer ganzen Anzahl von Tieren mit Erfolg wiederholt; doch gelang es mir nicht wieder, solch eines lebenskräftigen Tieres habhaft zu werden, wie das erste es war). So führten meine späteren Exemplare nicht so lange Gänge aus als das erste, jedoch geschah alles in der gleichen Weise wie bei diesem. Die Befunde. Soviel mir bekannt, ist es bislang nicht ge- lungen, den Hirnimpuls derart durch elektrische Reizung zu er- setzen, dass der Hauptsache nach, normale Lokomotion erzielt wurde; ich war daher nicht wenig überrascht, folgende Befunde bei Strom- schluss an jenem besten Objekte zu machen: (Laut Protokoll.) 1. Mittlere Ströme (R.-A. = 11,5 em). Sofort greifen die Beine der operierten Seite wie bei einem normalen Tiere nach aussen (etwa senkrecht zur Tierachse). Die Krabbe setzt sich in Bewegung stets „rechts voran“ und führt Kreisbewegungen nach rechts, um die ope- rierte Seite, also in der Richtung des Uhrzeisers, umgekehrt wie ein soleh operiertes Tier ohne zentrale Reizung diestut. Esläuft also unser rechts operiertes Objekt unter Einwirkungder zentralen Reizung genau wie ein links operiertes ohne diese Reizung. 2. Schwächere Ströme: Das Tier läuft eine sehr bedeutende Strecke (60 cm) vollkommen geradeaus, seitlich im Rechts- gange. (Ich hätte es noch viel länger in dieser Richtung laufen lassen können, fürchtete aber die schädliche Wirkung allzulang fortgesetzter Reizung des Conneetivs). 3. Noch schwächere Ströme. Das Tier läuft wieder im Kreise nach links (rechts aussen), doehsinddieBogen wesentlich flacher als ohne Stromgebunse. 1) Herr Kollege Dellsman, Assistent an der zoologischen Station, ge- stattete mir — da ich ja andere Belege nicht vorführen kann — seinen Namen hier zu nennen. Er hat das hier reproduzierte Protokoll angehört und als mit dem Gesehenen in Übereinstimmung befindlich erklärt. Auch Herr Direktor Dr. Redeke war so liebenswürdig, mir die Nennung seines Namens zu er- lauben. Er sah alle in Frage kommenden Erscheinungen an einem anderen Tiere, deutlich, aber nicht mit gleicher Schönheit als beim ersten. 2) In den letzten Tagen meines Aufenthaltes im Helder standen mir solch lebenskräftige Tiere — wie ich sie bis dahin in grossen Mengen erhielt — nicht mehr zur Verfügung. Die meisten Exemplare waren frisch gehäutet; ob das aber die einzige Ursache der Minderwertigkeit aller Krabben war, weiss ich nicht. Se Hermann Jordan: 4. Unterbreche ich nun den Strom, so tritt bei den Beinen der rechten Seite eine Beugung ein, welche diejenige des operierten, vorher aber nicht gereizten Tieres weit übertrifft. Die Krabbe liegst auf der Seite, rechts hoch, links tief. Im Augenblicke der Stromgebung senkt sich die rechte Seite, das Tier liest wieder normal und beginnt seinen Gang, je nach Stromstärke in flachen Linksbogen, oder geradeaus im seitlichen Rechtsgange, oder aber endlich in Rechtsbogen. Noch Tage nach diesem Versuche führte das nämliche Objekt (natürlich ohne jede Reizung) die ge- wohnten Kreisbewegungen nach links (rechts aussen) aus. Ich bemerke ausdrücklich, dass bei all den beschriebenen, unter Reizwirkung ausgeführten Gangtypen die Beine der rechten Seite die Hauptrolle spielen, sich am stärksten und durchaus koordiniert bewegen. Anders wenn wir allzustarke Ströme in Anwendung bringen. Dann nämlich treten in den Beinen der rechten Seite Streckkrämpfe auf; sie bewegen sich gar nicht mehr; und so dreht die Krabbe sich unter der ausschliess- lichen Wirkung der Bewegung der Beine linker Seite, auf dem Fleck im Kreise. Ob der Wechselstrom die einzelnen Beinglieder zwingt, genau die normale Lage einzunehmen, vermag ich nicht zu sagen, da ich ob der Empfindlichkeit des Connectivs und der dadurch sehr be- schränkten Zeit, die man den Strom ununterbrochen einwirken lassen darf, solehe Messungen für eine mindestens sehr undankbare Arbeit halten muss; denn auch ohne sie steht das, wie folgt, Zusammen- gefasste fest: Wirhaben einmaldurcheinfache elektrische Reizung ein Tier, das durch Operation gezwungen!) war, im Linkskreise zu gehen, in den Stand gesetzt, wieder geradeaus seitwärts (rechts) zu gehen. Aber mehr wie das: Wir warentatsächlichinder Lage, durch Abstufung desStromesmitHilfe desInduktorschlittens; das Tier in jeder beliebigen Richtung gehen zu lassen, freilich eing immer die rechte Seite voraus, allein wir konnten ja durch unsere Anordnung auch nur rethts einen Einfluss ausüben. D. Reizungsversuche an Tieren mit total entferntem Gehirn. Die Anordnung für diese Versuche ist genau die gleiche wie bei den vorhergehenden; nur legt man beide Connective auf dem- 1) Vgl. Bethe, Pflüger’s Arch. Bd. 68 S. 541. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren... 373 entsprechend etwas grössere Elektroden und trennt das Hirnganglion ganz ab. Wir können uns hier kurz fassen: Tiere, zu erlangen, die von selbst am ersten Tage nach der Operation gegangen wären, war ich bei der Beschaffenheit des Materials gerade in diesen letzten Tagen meines Aufenthaltes im Helder nicht imstande. Die operierten Krabben sassen mit gekrümmten Beinen da, ohne sich zu rühren. Reizte ich nun, so streckten sich die Beine zur normalen Stellung, der Körper senkte sich, und das Tier fing an, im annähernd geraden ' Seitengang zu gehen. Freilich ergab sich meist ein flacher Kreis- gang, den ich jedoch darauf zurückführe, dass die beiden Connective nie gleichstark gereizt werden können; das ergibt sich schon aus der Tatsache, dass dieser Kreisgang stets in der Richtung der ziehenden Beine vor sich ging (bei Rechtsgang nach rechts im Sinne des Uhrzeigers, bei Linksgang nach links). Zu einer sehr grossen Anzahl Schritte habe ich durch elektrische Reizung diese Tiere ebensowenig veranlassen können, als die einseitig operierten, weniger lebenskräftigen: Stets nehmen (bei beiden Arten der Operation) die Beine normale Stellung ein, stets führen sie einen oder mehrere Schritte im Seitengange aus, dann bleiben sie (und zwar in normaler Haltung) stehen. Reizt man diese Objekte ausser durch Strom durch Kneifen eines Beines (bei einseitig operierten auf der linken Seite), so kann man die Zahl der Schritte nicht unwesentlich vermehren. Niemals aber erreicht man die langen Wanderungen der Krabben, die auch ohne Reizung des Connectivs ausgesprochene Spontaneität zeigen, die ja sehr von der Tauglichkeit des Materials abhängt. Auf alle Fälle ist Spontaneität nicht absolut nötig: Die zentrale Reizung bedingt nicht nur die Richtung des Ganges, sondern sie wirkt auch gangauslösend. B. Allgemeiner Teil. I. Einige Worte über den „Tonus“. Ich will hier nicht nochmals die Frage der „Tonusfunktion“ diskutieren, sondern nur auf einige Punkte aufmerksam machen, die mir nicht uninteressant zu sein scheinen: Dass die Dauerverkürzung des Krebsmuskels nichts mit dem Tonus des Schneckenmuskels zu tun hat, glaube ich bewiesen zu haben: Der Tonusmuskel be- 374 Hermann Jordan: sitzt keinen festen Erschlaffunesnullpunkt, den er jederzeit einzu- nehmen in der Lage ist; ein Schneckenmuskel etwa ist tonisch verkürzt, solange er lebt. Hingegen „der normale Öffnungsmuskel (Flusskrebs) gerät von selbst niemals in tonische Erregung, es bedarf immer dazu eines vorhergehenden Reizes“ (Fröhlich S. 401). In der Norm vermag der Krebsmuskel einen Erschlaffungsnullpunkt einzunehmen. Die tonische Dauerverkürzung des Schnecken- fusses gibt einer ausdehnenden Gewalt langsam und stetig nach — ‘die Dauerverkürzung des Krebsmuskels nicht. Je höher die momentane Fähiskeit des Schneckenmuskels tonisch zu reagieren, desto ceringer seine Reizbarkeit. Beim Krebs ist das umgekehrt: „Nur Öffnungsmuskeln mit hoher. Erregbarkeit haben die Fähigkeit, auf Reize hin tonisch zu reagieren; eine seringe Erregbarkeits- herabsetzung hebt die Fähigkeit, tonisch zu reagieren, auf“ (Fröhlich l. e. 8. 404). Ein Tonusmuskel zeigt gedehnt grössere Erregbarkeit als un- sedehnt; auch dann, wenn die Dehnung durch ein Gewicht bewirkt wird, das bei der gemessenen Kontraktion mitgehoben werden muss. Der gedehnte Krabbenmuskel hingegen ist nicht reizbarer, als der nieht gedehnte, und wenn wir die Dehnung durch Mehrgewicht er- zielen, so bedarf es sogar eines grösseren Reizes, um überhaupt Kontraktion zu veranlassen, wenn auch der Unterschied nicht eben gross ist. Genau das gleiche eilt für die Meduse. Tabelle 6a. Ein Stück des Schirmes von Cyanea liegt auf zwei mit je einem Pole eines Induktors verbundenen Stanniolstreifen und steht mit unserem Zeiger (Schreib- hebel), der auf einer Skala arbeitet, in Verbindung. Einzelschlussschläge. Die Ausschlagshöhe (Strecke, um die der Muskel sich verkürzt) wird gemessen. (at ernten Ach 8 9 ll 9,4 112 9,4 113 N | 92 8 a u | i. g. acht Ablesungen | 89 ’_ (erst nach 7 Minuten | i wird als Minimalstand 8.05 ae Make 3,4 8,05 erreicht. 2 8,35 10,05 8,8 10,4 8,8 10,45 Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 375 Ganz gleich liegen die Dinge, wenn man bei verschiedener Dehnung (Be- lastung) die Reizschwelle bestimmt. Tabelle 6b. Cyanea. Stück des Schirmrandes. Bestimmung der Reizschwelle bei verschiedener Belastung (am Schreibhebel). Reizschwelle bei 1g Last R.-A. = 9,9 cm ” „ 7 Bi ” R.-A. = 9,7 cm » uelbeaeer, R-A.=9,8 cm Bei der Schnecke habe ich gezeigt, dass nach Kontraktion auf Reizung hin der Tonus sinken kann (Pflüger’s Arch. Bd. 110 S. 548—545), damit steigt dann die Erregbarkeit. Anderseits eibt es aber Fälle, besonders beim ganglienlosen Muskel und bei geringer Belastung, wo Reizung Tonuserhöhung bedingt (l. ec. Tab. 5). Nach Reizung mit Wechselströmen ist noch nach 16'Ys Minuten und darüber der ursprüngliche Zeigerstaud nicht erreicht. Auch dies doppelsinnige Verhalten scheint mir darauf hinzudeuten, dass im Schneckenmuskel möglicherweise zwei Prozesse nebeneinander her- laufen, voneinander nicht unmittelbar abhängig, in ihrer Be- einflussbarkeit verschieden: Tonusfunktion und Dauererregung. Noch deutlicher wird der Zwiespalt bei Versuchen mit ver- schiedenen Temperaturen. A. a. OÖ. (Pflüger’s Arch. Bd. 110) S. 545 Tab. 6 ist ein Versuchsresultat reproduziert, bei dem in der Tat der Schneckenfuss dem bekannten Gesetze folgt, dass Wärme den Tonus vermindert, und umgekehrt. Ich kann hier ein anderes, Ergebnis anführen, dass, gleichfalls an der cerebrallosen Helix unter auch sonst genau gleichen Bedingungen gewonnen, derartige Regelmässiekeit in der Wechselwirkung zwischen Tonus und Wärme nicht aufweist. Ich gebe der Reihe nach die dem „Tonus“ ent- sprechenden Zahlen des Zeigermindeststandes bei den verschiedenen Temperaturen an. Zwischen je zwei dieser Einstellungen ist mit Doppelschlägen gereizt worden, wobei wir das Resultat dieser Reizung hier nicht berücksichtigen. Temperatur Mindesteinstellungen des Zeigers (Tonus) 13 0 5 37 0 8,21, 8—7,8 f 11,70 6,51) 6,7 7,6—7,6—7,85 1) Zwischen Versuchen mit verschiedenen Temperaturen wird nicht gereizt, 316 Hermann Jordan: Gerade dieses Protokoll zeigt deutlich, wie mindestens zwei Prozesse hier nebeneinander herlaufen: In der Kälte nimmt die Dauerverkürzung zu. Nun erwärmen wir: Vorab ist die Folge Zu- nahme des „Tonus“, doch allmählich fällt er wieder, wird geringer, als er in der Kälte maximal war. Nun Abkühlung auf 11,7°: Vorab weiterer Tonusfall, Anstieg erfolet erst im Laufe des Versuchs, ein Anstieg, der wiederum das Minimum in der Wärme übersteigt. Meine Erklärung für diese Erscheinung ist die folgende: Der Muskel verliert freilich an echtem Tonus; allein die Wärme erhöht vorab seine Reizbarkeit, so dass die „Milieureize*, zu denen nun aber auch die Wärme selbst zu rechnen ist, in ihm eine Art langsam ab- klingender (Dauer-) Erregung bedingen. Beseitigen wir die Wärme, und damit einen wesentlichen Reiz und die Ursache, um derent- willen Reize an sich starke Reaktion erzeugen, so dehnt sich vorab der Muskel aus, um erst später, infolge der Kälte, an echtem Tonus zu gewinnen‘), Ich glaube, wir müssen sicherlich vorderhand folgendes unterscheiden: 1. Eehte Tonusfunktion, wie wir sie von Schnecken, Aktinien, Asceidien, Echinodermen usw. her kennen. 2. Dauererregung, die wir in unserer Untersuchung am Krebs, ferner soeben an der Schnecke kennen gelernt haben, und wie sie wohl auch Jäderholm beim Frosche beschreibt. Sie ist eine be- sondere Form der Reizbeantwortung des Muskels, bei der in der Regel an Stelle der schnellen Zuckung mit grosser Hubhöhe eine langausgezogene „tonische“ Kontraktion von geringer Hubhöhe (Jäder- holm) tritt. 3. Von dieser Dauererregung unterscheidet sich wieder die (pathologische) Kontraktur, die unter Umständen Tonus vor- täuschen kann?). 4. Endlich haben wir diejenige Erscheinung hier zu nennen, welche einzig und allein das historische Anrecht auf den Namen Tonus hat: das ist die Verkürzung, die am normalen Tier ein Muskel, der keinerlei Tonusfunktion zu haben braucht, unter dem Einfluss des Nervensystems aufweist®). Auch diesem Tonus begegneten wir bei den Crustaceen. Bethe wies den Einfluss des 1) Vergleiche hierzu: G. A. Jäderholm, Untersuchungen über den Tonus, Hemmung und Erregbarkeit. Pflüger’s Arch. Bd. 114 S. 248—300. 1906. 2) Bezüglich der Kontraktur am geschädigten Krebsscherenöffner und ihrem Verhältnis zum „Tonus“ siehe Fröhlich, l.c. S. 404. 3) Vgl. z. B. als neuere Arbeit hierüber: L. J. J. Muskens, Muskeltonus und Sehnenphänomen. Neurol. Zentralbl. Nr. 23, 1899 (nach Separatabdruck zitiert). — Den Begriff „Herztonus“ übergehe ich bier absichtlich. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 377 statischen Organs auf diesen Muskelzustand nach, und wir lernten in der abnormen Haltung der Extremitäten nach Enthirnung einen Ausdruck dieser Leistung kennen. Zugleich aber können wir nun darauf hinweisen, dass der Eintritt dieses Tonus in gleicher Weise zu geschehen scheint, wie der Eintritt einer anderen Erregung von seiten des Gehirns und des Bauchmarks. Nach unseren Resultaten können wir mit einigem Rechte schliessen, dass von seiten des Bauch- marks der Beugertonus überwiegt, ein Übergewicht, das durch Be- vorzugung der Strecker vom Gehirn her aufgehoben wird: die tonuserzeugende Dauererregung vom Gehirn her — wenn wir von einer solchen reden dürfen —, wirkt also genau wie eine jede Er- regung, auch eine künstliche, elektrische, die von diesem Zentrum kommt. Liegt es da so fern, diese Form des Tonus lediglich als eine Erscheinungsform der Erregung aufzufassen und sie dem Tonus der Schnecken als einer besonderen Leistungsart des Muskels mit besonderem Zentrum und vielleicht mit besenderem Substrat im Muskel (Bottazzi) gegenüberzustellen ? An eine Erschöpfung dieser Fragen ist so lange nicht zu denken, als es nicht gelingt, echte Tonusmuskeln, unabhäneig von ihren Unterzentren, untersuchen zu können. Wie aber soll man die Nervennetze von den Muskeln praktisch trennen? Kurz ich be- schränke mich hier mit Absicht auf diese Skizze, glaube aber, der Hinweis darauf genügt, dass wir unter dem Begriff Tonus dreierlei, ja viererlei Erscheinungen benennen, von denen man vorderhand ganz gewiss nicht beweisen kann, dass sie in letzter Linie doch identisch sind. Aus dem Gesagten ereibt sich aber ferner, dass die grössere Reizbarkeit gewisser gedehnter Muskeln vielleicht die erste (dar- über wissen wir nichts), aber sicher nieht die einzige Ursache des Rhythmus in der Tierreihe ist!). Es gibt ein Refraktärstadium, und wir haben es für unser Objekt zum Teil aus Biedermann’s und Fröhlich’s Arbeiten kennen gelernt, dessen Wesen uns noch nicht bekannt ist, auch wenn wir die Begriffe „Refraktärstadium“ und „Ermüdung* einander gleichsetzen können. Das gilt für niedere Tiere, vorab für Krebse und Medusen. Bei den letzteren könnten wir ja noch am ehesten Verhältnisse erwarten, wie bei den Schnecken . bei Medusen finden sich Nervennetze und andere Einrichtungen, die 1) v. Uexküll, Die ersten Ursachen des Rhythmus in der Tierreihe. Er- gebnisse d. Physiol. Jahrg. 3 Abt.2. J. F. Bergmann, Wiesbaden 1904. 378 Hermann Jordan: sich mit denjenigen der Reflexarmen vergleichen lassen; bei den Medusen nun haben wir die Erregbarkeit der Muskulatur in ihrer Ab- hängeigkeit von der Dehnung untersucht, während die Nervennetze — wie bei der Schnecke — wohl erhalten waren; und wir fanden, dass eine dauernde relative Verkürzung nicht die Ursache des Refraktärstadiums ist. Dauernde relative Verkürzung ist gar nicht vorhanden, die Muskeln haben vielmehr in der Ruhe ihren Er- schlaffungsnullpunkt inne, von dem aus passive Dehnung die Erregbarkeit: beeinträchtigt, aber nicht fördert }). II. Zusammenfassung und Diskussion unserer Ergebnisse, soweit sie sich auf die Funktionen des Cerebralganglions beziehen. A. Zusammenfassung. Wir konnten am Flusskrebs und Cancer pagurus die Resultate älterer Autoren, hauptsächlich Bethe’s, bestätigen: Gehirnexstirpation bedingt keine Lähmung, die Tiere könneu gehen, dass sie das oft- mals nicht, oder schlecht tun, liegt an sekundären Erscheinungen, vornehmlich daran, dass die Extremitäten in den Gelenken stark gebeugt sind, eine für unsere Betrachtungen besonders wichtige Folge der Enthirnung. Einseitige Durchtrennung des Schlundeomectivs bedingt bei Kurzschwänzern stets (zwangsmässig), bei Langschwänzern fast stets (d. h. nicht zwangsmässig) Kreisbewegungen nach der normalen Seite, wobei zu beachten ist, dass Bahnenkreuzung im Zentral- nervensystem nicht stattfindet. Eserweckte anfänglich den Anschein, als ob der Kreisgang bei Lang- und bei Kurzschwänzern auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sei. Bei den Makruren nahm Bethe als diese Ursache das Nichtgehemmtsein, und dadurch quantitative Überwiegen der Beine auf der enthirnten Seite, an. Bei den Brachyuren schienen die enthirnten Beine, der Fähigkeit des Seiten- gangs beraubt, nur mehr nach vorn gehen zu können, ein Umstand, der mit dem erhaltenen Seitensang der normalen Seite, den Kreis- gang bedingen musste. Das Brachyurenhirn war als Sitz der Correlationen für den Seitengang anzusehen. 1) Vergleiche zu dieser ganzen Frage Sherrington’s Resultate über Erregbarkeitsschwankungen in bewegten antagonistisch angeordneten Muskeln („Bahnung“). Z. B. Proc. R. Soc. London vol. 77 B S. 478—497 und Biedermann’s zitierte, hierhergehörige Resultate an der Krebsschere. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 379 Hier setzten nun unsere neuen Untersuchungen an Cancer pugurus ein. Wir fanden vorab, dass die vom Cerebraleanglion ausgeübte Hemmung (Beweglichkeit der Beine nach Enthirnung) nicht in der Art zu erklären sei, wie bei Schnecken, Ascidien usw. Das Krebs- hirn hemmt nicht durch seine blosse Gegenwart; ob mit, ob ohne seine Anwesenheit, die Extremitäten weisen stets die eleiche Reiz- .schwelle auf. Das Krebshirn hemmt hingeeen durch einen Impuls, den man durch künstliche Reizung des Zentrums selbst oder deı von ihm ausgehenden Connective nachahmen kann. Also -vorab, die Einrichtung des Zentralnervensystems der ÜCrustaceen weist keine jener Eigentümlichkeiten auf, die für „reflexarme“* Tiere so charakteristisch sind. Neben der Hemmung müssen auch die Kreis- bewegungen hier ganz anders erklärt werden als bei den Schnecken (Aplysia). Die Hemmung beruht auf folgender Einrichtung: Reizung des Extremitätennerven oder des Bauchmarkes bedingt bei Anwendung starker Ströme Beugung, bei schwachen Strömen Streckung. (Riehet, Biedermann usw.) Reizung des Gehirns oder der Schlundeonnective hat den umgekehrten Erfolg: Beugung bei sehr schwachen, Streckung bei stärkeren bis stärksten Reizen. Beide Reiz- erfolge stimmen darin überein, dass handinhand mit Erregung eines Muskels Hemmung seines Antagonisten geht. Wir konnten ferner beweisen, dass diese beiden Einrichtungen miteinander hemmend interferieren können: Der Erfolg einer peripheren Reizung (Beugung) konnte durch gleichzeitige Hirnreizung aufgehoben werden, während nach Unterbrechung der zeutralen, nicht aber der peripheren Reizung sofort wieder Beugung ein- trat (Fig. 1). | Mit Hilfe dieser Erscheinungen versuchten wir die Kreis- bewegungen nach einseitiger Enthirnung zu erklären. Wir analy- sierten den sie verursachenden Vorwärtsgang der Beine der hirn- losen Seite, und fanden, dass er durch abnorm starke Beugung in den Gelenken nach vorn-innen, beim Ausholen zu jedem Schritte bedingt wurde. Hierdurch eben werden die, den Kreisgang ver- ursachenden falschen äusseren Angriffspunkte der Beinhebel ge- wonnen (zu weit vorn-innen!). Diese Beugung aber wäre durch 1) Die Eigentümlichkeiten der Stellung beider Hinterbeine übergehe ich hier als unwesentlich. Auch ihre Stellung wurde auf die Abnormität nach vorn (zweites Gelenk) innen (fünftes Gelenk) zurückgeführt. 380 Hermann Jordan: Wesfall der Hirnwirkung zu erklären; denn Hirnreizung bedingt ge- rade umgekehrte Beinstellung: nach hinten-aussen. Um zu be- weisen, dass der Weefall dieser Hirnwirkung die genannten Ausfalls- erscheinungen wirklich verursache, ersetzten wir das einseitig ent- fernte Gehirn durch elektrische Reizung des Connectivs auf dieser Seite. (Das Tier ist gut verbunden, hat sich von der Operation erholt, und die Stromübertragung geht derart vor sich, dass sie die Bewegungsfreiheit des Tieres nicht hemmt. Ohne Reizung macht das Tier Kreisbewegungen nach der normalen, linken Seite.) Durch abgestufte Reizung erzielten wir vorab Beseitieung der abnormen Beinstellung; denn diese beruht ja auf abnormer Beugung, und Conneetivreizung bedingt Streckung. Zweitens erzielten wir total koordinierten Gang: 1. Reizung mit ganz schwachen Strömen: Die Beine der ent- hirnten Seite griffen weniger weit nach vorn-innen als beim operierten, nicht gereizten Tiere, es entstanden Kreise, die einen grösseren Krümmungsradius hatten als bei diesem. 2. Reizung mit stärkeren Strömen: Die Beine der enthirnten Seite griffen wie in der Norm nach ausser; es ergab sich normaler Gang rechts!) seitwärts in ganz gerader Linie. 3. Reizung mit noch stärkeren Strömen: Die Beine der ent- hirnten Seite griffen weiter als in der Norm nach hinten-aussen; es entstanden Kreisbewegungen nach rechts, also gerade umgekehrt als . beim operierten, nicht gereizten Tiere. Führten wir den nämlichen Versuch bei total enthirnten Tieren aus, die infolge der Operation mit gekrümmten Beinen dasassen und — am Tage des Eingriffs — nicht spontan gingen, so nahmen unmittelbar die Beine normale Gehstellung an, und es wurden einige gute Schritte ausgeführt, im fast geraden Seitengang. Kleine Abweichungen von der geraden Gangrichtung erklärten wir durch die Ungleichförmigkeit, mit der auf die beiden, vom Hirn getrennten Connective der Strom über- tragen wurde. B. Diskussion. Ich glaube, es ist uns hier zum ersten Male gelungen, die Hauptfunktion des Hirnes niederer Tiere, der Loko- 1) D. h. nach der von uns enthirnten und gereizten Seite. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 38] motion die Richtung aufzuzwingen und die Bewegung wohl auch gelegentlich anzuregen, durch abgestufte elektrische Reizung vollkommen nachzumachen. Ge- wiss kann ein solcher Versuch nicht sensu strieto beweisen, dass auch ‚beim normalen Tiere ein einfacher, abgestufter Reiz!) das einzige ist, ‚wodurch das Gehirn seine Herrscherfunktion ausübt, ein Impuls, der sich scheinbar gar nicht in bestimmten Bahnen zu bewegen braucht, sondern das gesamte Conneectiv durcheilen kann. Gewiss derartige Reizversuche sind eben dadurch schon primitiv, dass sie sich stets auf die Gesamtheit der Bahnen beziehen. Allein, erweckt nicht die - Anordnung der Extremitäteninnervation, sowie das interferierende, umgekehrte Verhalten bei Hirnreizung den Anschein, als sei der Apparat selbst relativ so primitiv, noch ganz auf Impulse an- gewiesen zu sein, welche die Gesamtheit der Bahnen auf einmal benutzen? Und wird man mir unrecht geben, wenn ich die Wahr- scheinlichkeit hoch veranschlage, in der nachgewiesenen einfachen Erregungswirkung tatsächlich den Grundplan der Hirnmechanik — im Sinne unserer Aufcabe — bei den Krebsen gefunden zu haben? Denn wenn einfache, abgetönte Impulse, die Bahnen in ihrer Gesamtheit durcheilend, den Effekt, dessen Ursache wir suchen, zu erwirken imstande sind, sollten wir da eine komplizierte Mechanik zu erwarten haben, die auch nicht mehr zu tun vermöchte? Kann dasgewonnene Resultat auf den Flusskrebsübertragen werden? Ich glaube ja. (Vgl. Lapieque, l.c.) Einmal kann dureh Interferenz zwischen peripherem Reiz und Hirnreiz allgemeine Hemmung erzielt werden, wie wir sahen. Der Weefall dieser Hemmung kann demgemäss auch die Vergrösserung von Schritten und die Vermehrung ihrer Zahl bedingen, an sich eine mögliche Erklärung der Kreisbewegung. Andererseits wies ich aber. darauf hin, wie es mir gerade zuerst beim Flusskrebs auffiel, dass auf der hirnlosen Seite in einem Falle nicht schnellere oder grössere Schritte ausgeführt, sondern die Beine mehr nach innen-vorne gesetzt wurden, als auf der normalen Seite. Diese Erscheinung wäre aber ohne weiteres wie bei Cancer zu er- klären. Und damit verstünden wir auch den Unterschied im Ver- halten der Kurz- und Langschwänzer. Zum Seitengang muss der 1) Abgestuft auch zwischen rechts und links: Rechts- und Linksgang. EB. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 26 382 Hermann Jordan: Kurzschwänzer die Beine etwa senkrecht zur Körperachse ein- setzen, daher die Abweichung von diesem Winkel auf der hirnlosen Seite sehr viel grösser sein kann als beim Flusskrebs, wo die Beine schon in der Norm weit nach vorne greifen. Von der Grösse des Winkelunterschiedes der Beine beider Seiten hängt aber der Radius des begangenen Kreises ab! Da- her auch wird es einem einseitig enthirnten Flusskrebs (verglichen mit den Brachyuren) leicht, geradeaus zu gehen, braucht er doch die Beugung auf der normalen Seite nur unwesentlich zu erhöhen, nur unwesentlich den Hirnimpuls zu vermindern. Übrigens hoffe ich gelegentlich diese Dinge beim Flusskrebs nachuntersuchen zu können. Noch einige Worte über die Ökonomie der hier mitgeteilten Erscheinungen: Die Hemmung der Peripherie durch zentrale Ganglien (im allgemeinen) ist ja nicht so zu verstehen, als sei unbedingt ein Gehirn nötig, um die übertriebene Reizbarkeit der Peripherie zu zügeln: Als sei etwa die Natur nicht imstande, Nervenmuskel systeme unterster Ordnung mit zweckmässig eingestellter Erregbar- keit zu erzeugen; die Aktinie ist im ganzen nichts anderes als solch ein System. Die Einriehtung mit Hemmungszentrum ist hingegen vergleichbar der Anordnung, die wir bei unseren Beförderungsmitteln anwenden; wir geben ihnen gleichfalls Maschinen, die grössere Ge- schwindigkeit zu entwickeln imstande sind, als wir im Durchschnitt zu erzielen wünschen. Aber wir versehen diese Maschinen mit hemmenden Vorrichtungen (Ventilen) und haben mit diesen nicht nur die Geschwindigkeit, sondern — man denke an einen Doppel- schraubendampfer — auch die Richtung durch Hemmung ganz in der Hand: beseitigt man einseitig diese Hemmung, so erhält man Kreisbewegungen. Auch bei der Krabbe ist Hemmung, die zweck- mässige Mittelwerte erzielt, nur nötig, um das Hemmungszentrum durch Abstufung seiner Impulse zu ermächtigen, dem Loko- motionssystem jede Richtung aufzuzwingen, ohne am Reflex selbst, an der Dynamogenese, unmittelbaren Anteil zu nehmen: das Hirn ist kein Zentrum der Bewegung. Soweit sind Krabben- und Schnecken- hirn miteinander vergleichbar, aber wie ganz anders ist die Mechanik, durch welche diese Regulierung bei Schnecken einer-, bei Crustaceen andererseits zuwege gebracht wird. Bei der Schnecke bedingt An- wesenheit des Gehirns Abnahme der Gesamterregbarkeit im Haut- muskelschlauch. Beim Krebs hingegen bedingt die blosse Anwesen- Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 383 heit des Gehirns wenig genug!). Aber der Hirnimpuls vermag einem natürlichen Übergewicht der Beugemuskeln durch Bevorzugung der Strecker (neben Hemmung der Beuger) entgegenzuwirken, und wir zeigten, wie auch durch diese Anordnung die Richtung des Tieres bestimmt werden kann. Sehr verlockend scheint mir eine Vergleichung der Ver- hältnisse bei Cancer mit denjenigen bei Wirbeltieren zu sein. Ich behalte mir vor, auf diese Vergleichung eingehend zu- rückzukommen, und will hier nur auf einige Angaben hinweisen, die sich mit den unsrigen unmittelbar vergleichen lassen. Im Jahre 1881 teilten Bubnoff und Heidenhain?) folgenden Befund am Muse. extensor digitorum communis longus des Hundes mit: „Wurde auf irgendeine Weise, sei es auf dem Wege des Re- flexes, sei es durch stärkere elektrische Reizung des Rindenzentrums für das Vorderbein, anhaltende Zusammenziehung unseres Versuchs- muskels hervorgerufen, so liess sie sich durch erheblich schwächere Reizung derselben Rindenstelle aufheben ....“ Ferner sei hier an die zahlreichen Arbeiten Sherringtons über reziproke Inner- vation antagonistischer Muskeln erinnert, die beweisen, dass auch bei Säugetieren Reize, die eine kortikale Erregung eines Muskels bedingen, zuzleich Erschlaffung des Antagonisten herbeiführen. Eine Frage von grösster Bedeutung wird bald Gegenstand meiner Untersuchungen sein müssen: Was veranlasst das Hirn, in die Tätigkeit der Peripherie einzugreifen? Es liegt hier am nächsten, an die Hauptsinnesorgane zu denken. Freilich kennen wir eine ganze Reihe von Fällen, bei denen die Bewegung von den Hauptsinnesorganen her beeinflusst wird; man denke an die Resultate von G. Bohn, V. Bauer usw. Auch unser Versuch am einseitig enthirnten Flusskrebs, der unter Liehtwirkung die gerade Richtung einzuhalten vermag, scheint solch ein Beispiel zu sein. Und doch wissen wir von der Mechanik dieser Sinneswirkung gar nichts. Es existiert ein einziges Beispiel für die unmittelbare, unbedingte Ab- hängigekeit der Lokomotion von der Erregung der Sinnesorgane, das sind die Medusen. Ich werde in einer besonderen Mitteilung zeigen 1) In der Ruhe überwiegt ja nur die Spannung („Tonus“) der Beuger beim Enthirnten ein wenig; diesem Übergewicht arbeitet das Gehirn entgegen. 2) Bubnoff und Heidenhain, Über Erregungs- und Hemmungsvorgänge innerhalb der motorischen Hirnzentren. Pflüger’s Arch. Bd. 26 S. 181. 1881. 26 * 384 Hermann Jordan: müssen, dass auch dieses Beispiel nichts für die genannte Ab- häneigkeit beweist. Sicherlich liegen diese Dinge nicht so einfach, dass man etwa unmittelbar den Einfluss der Sinneserregung auf die Reizbarkeit der Muskulatur wird nachweisen können, so dass man einen adäquaten Sinnesreiz an Stelle des elektrischen Hirnreizes setzen könnte, was schon methodisch ausserordentlich wünschenswert wäre. Ich habe dies wenigstens bei einem (einzigen) orientierenden Versuch erfahren müssen, dessen Resultat hier Wiedergabe finden mag. Ein normaler Cancer pagurus erhält um das Handgelenk und das oberhalb dieses ge- legene Gelenk je einen Drahtrine; auf beide können Induktions- ströme übertragen werden. Aus Modelliermasse wird eine Art Kappe geknetet, die im Innern eine kleine elektrische Glühlampe enthält, und die so gross ist, dass sie bequem dem Tiere vorn auf den Kopf gesetzt werden kann, so dass die Augen 1. vollkommen im Dunkeln sind, 2. weder mit der Kappe noch mit der Lampe in Berührung kommen. Durch eine kleine Öffnung, die man während des Versuchs verschliesst, überzeugt man sich davon, dass die Augen nicht ein- gezogen werden. 3. Das Licht der Glühlampe trifft die Augen in voller Grellheit. Es wird die Reizschwelle der Scherenöffnung, mit und ohne Beleuchtung des Auges, gemessen. Im Dunkeln R.-A. = 12,7 (— 12,8), im Lihte R.-A. = 12,7 (— 12,3). Nach längerer Zeit wiederholt, liefert die Messung wiederum gleiche Werte für beleuchtetes und unbeleuchtetes Auge. Ich be- halte mir ausdrücklich vor, diese und einige anderen hier offen ge- lassenen Fragen in einer späteren Untersuchung zu behandeln }). 1) Sehr schöne Resultate erzielte z. B. Victor Bauer (Über die reflek- torische Regulierung der Schwimmbewegungen bei den Mysiden mit besonderer Berücksichtigung der doppelsinnigen Reizbarkeit der Augen. Zeitschr. f. allg. Physiol. Bd. 8 S. 343—369. 1908). Er wies vorab den Einfluss des statischen Organs auf den Tonus der Abdominalmuskeln und den Einfluss hiervon auf das Innehalten der horizontalen Lage nach. Hauptsächlich aber zeigte er, dass die Augen — reizbar durch Licht wie Schatten — hemmenden Einfluss auf die Schwimmfüsse der gekreuzten Seite haben. Natürlich dürfen wir diese an Mysiden gewonnenen Tatsachen in keiner Weise auf unsere Objekte übertragen ; ser stellen bei den Mysiden eine spezielle biologische Anpassung dar, die Bauer in sehr interessanter Weise dartut. Ihre intime Mechanik ist aber naturgemäss unbekannt. Die Leistungen des Gehirnganglions bei den krebsartigen Tieren. 385 Wir haben wohl schon die eigentümlichen Unterschiede be- sprochen, die sich bei Vergleichung der Hirnmechanik bei Krebs und Schnecke ergeben, aber wir haben sie noch nicht erschöpft. Ein wesentlicher Unterchied lässt sich kurz, wie folgt, fassen: Reizt man das Krebshirn, so erhält man jene Erregung der Strecker und Hemmung der Beuger, welche durch Interferenz mit dem analogen Geschehen in der Peripherie eben jene Regulierung erreicht, die uns beschäftigt hat. Reizt man die Hemmungszentren der Schnecke, so tritt das Gegenteil von Hemmung ein! Das Krebshirn hemmt am besten in der Erregung, das Schnecken- hirn, wenn es durch lähmende Gifte halb gelähmt ist. Ich will hier weder nochmals die teils hypothetische Anschauung über die Hemmungsmechanik bei den „Reflexarmen“ wiederholen, noch die Argumente, die zugunsten dieser Anschauung sprechen. Nur auf den prinzipiellen Unterschied zwischen der Hirnmechanik bei beiden uns beschäftigenden Formen und auf die Notwendiekeit sei hingewiesen, nun auch für beide Formen verschiedene Erklärungen zu finden. Als ich meine Versuche am Flusskrebs ausführte, unmittelbar nach Abfassung meiner Dissertation über Aplysia!), war ich geneigt, die Resuitate bei Krebs und Aplysia miteinander zu analogisieren. Die heutige Mitteilung lehrt, wie falsch dies gewesen wäre; wie ja wohl in der Biologie jede Generalisierung zu verwerfen ist. Denn die Mittel, deren sich die Natur zur Erreichung eines einzigen Zweckes bedient, sind oft genug recht mannigfaltig, und zu einer allgemeinen Physiologie der Organisation kommen wir nur durch Kenntnis der Mannigfaltigkeit. Der begründete Versuch, die Hirnmechanik der Reflexarmen durch Leitung der im Nerven kreisenden Energieform nach der Regel des grössten Gefälles erklären zu wollen, hat bei den Physiologen wenig Sympathie, ja kaum Beachtung gefunden. Ich kann diese Abneigung recht wohl verstehen, solange man eben eine Übertragung all dieser Lehrsätze auf Wirbeltiere fürchtete; denn offenbar verhalten sich alle Tiere mit antagonistisch angeordneter Skelettmuskulatur, ohne Tonus- funktion, ganz anders. Nun haben wir diese Anschauung auf be- stimmte, niedrig stehende Tiere beschränkt; die Methoden, welche 1) Jordan, Die Physiologie der Lokomotion bei Aplysia limacina. Zeitschr. f. Biol. Bd. 41 S. 196—238. 1901. 386 Hermann Jordan: Die Leistungen des Gehirnganglions etc. die seltsame Einrichtung der „Reflexarmen“ aufgedeckt haben, haben gezeigt, dass sie auch imstande sind, anders geartete Mechanismen als solche zu erkennen. Vielleicht wird diese Tatsache genügen, einige Fachgenossen zu veranlassen, sich, unter Berück- sichtigung aller Argumente, auf eine Diskussion eben dieser An- schauungen einzulassen. Wenn ich auch nicht glaube, dass Hypothesen zum eigentlich wertvollen Teile einer Arbeit gehören, so wäre es hier zum Nutzen künftiger Arbeiten ausserordentlich wichtig, zwingende Klarheit zu schaffen. Ich möchte mir nun erlauben, allen denjenigen Herren, die mir bei Anfertigung dieser Arbeit in so liebenswürdiger Weise be- hilflich waren, vor allem Herrn Geheimrat Prof. Dr. Biedermann und Herrn Direktor Dr. Redeke, meinen herzlichsten Dank auch an dieser Stelle auszudrücken. (Aus dem Institute für allgem. und experim. Pathologie der Universität Wien. Vorstand: Hofrat Prof. Paltauf.) Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. Von Privatdoz. Dr. 3. Rothberger und Privatdoz. Dr. H. Winterberg. (Mit 8 Textfiguren.) In einer anderen Ortes erschienenen Mitteilung!) konnten wir zeigen, dass die beim experimentell erzeugten Vorhofflimmern auf- tretenden Veränderungen im Elektrokardiogramme (E.-K.) auch in ausgesprochenen Fällen von Arhythmia perpetua beim Menschen nachweisbar sind, und dass auch die weitere Analyse der beim Pulsus irregul. perpetuus auftretenden Krankheitserscheinungen zu einer ursächlichen Beziehung derselben auf Flimmern der Vorhöfe führt. Es ist nun die Aufgabe der folgenden Zeilen, die beim Flimmern der Vorhöfe auftretenden Veränderungen im E.-K. eingehender zu schildern und insbesondere zu untersuchen, innerhalb welcher Grenzen aus dem E.-K. allein auf Vorhofflimmern geschlossen werden darf. Versuchsanordnung. Wir benutzten zu unseren Versuchen die in letzter Zeit von Edelmann?) angegebene Zusammenstellung der zur Aufnahme von Elektrokardiogrammen notwendigen Apparate. Das grosse Galvano- meter war mit einem Platinfaden von 3000 2 Widerstand versehen. 1) Rothberger und Winterberg, Vorhofflimmern und Arhythmia perpetua. Wiener klin. Wochenschr. 1909 Nr. 24. 8. auch ibid. Nr. 51 8. 1792. 2) Edelmann, Über ein komplettes Instrumentarium zur Aufnahme von menschlichen Elektrokardiogrammen. Mitteilung 5 aus dem phys. mech. Institut Edelmann in München. 1908. 388 J. Rothberger und H. Winterbers: Unsere Versuche sind ausschliesslich an ceurarisierten Hunden von 10—17 kg Gewicht ausgeführt worden; die Tiere mussten tief eurarisiert werden, da zum Teil Gifte aus der Reihe der Curare- antagonisten zur Anwendung kamen. Die künstliche Atmung be- sorgte ein mit Gleichstrommotor betätigter Blasebale.. Zur Ab- leitung wählten wir anfangs die rechte Vorder- und linke Hinter- extremität, welche wir in mit Kochsalz gefüllte Zinkzylinder steckten. Wir haben uns im Laufe unserer Untersuchungen davon überzeugen können, dass diese Art der Ableitung zu keinerlei Störungen Anlass gibt, und halten auch das Rasieren der zur Ableitung dienenden Körperteile, Verwendung von unpolarisierbaren Elektroden sowie eine besonders sorgfältige Isolierung des aufgebundenen Tieres für überflüssig. Der Widerstand des Körpers und der Elek- troden betrug zwar gegen 1000 Ohm, war also bedeutend höher als der Widerstand des Menschen bei Benutzung der Edel- mann'schen Wannen; wir haben aber fast immer mit einer Empfindlichkeit von 10 mm für 1 Millivolt genügend grosse Aus- schläge erhalten und waren nur ausnahmsweise genötigt, die Empfindlichkeit zu verdoppeln. In letzterer Zeit benutzen wir die Ableitung von Ösophaagus und Rektum und verwenden hierzu daumen- dieke Neusilberstäbe. Der Widerstand beträgt bei dieser Anordnung 160 Ohm, die Ausschläge sind dementsprechend grösser als bei Ab- leitung II, nur in manchen Versuchen wanderte der Faden infolge der Polarisation beständig nach einer Seite, so dass fortwährend nachkompensiert werden musste, was übrigens den Versuch nicht weiter stört. Bei unseren ersten Versuchen haben wir immer eine Aufnahme bei geschlossenem und eine zweite bei offenem Thorax gemacht. Dabei zeigte es sich, dass die Form des Kardioerammes keine wesentliche Änderung erfuhr; nur in einzelnen Fällen wurde die vorher schwach negative Nachschwankung nach Eröffnung des Thorax positiv, auch diese Änderung ist aber nicht ohne weiteres auf die Operation zu beziehen. Die erste Aufnahme erfolgte nämlich fast unmittelbar nach Injektion des Curare in die V. jugularis, und es ist sehr wahrscheinlich, dass die negative Nachschwankung auf der dureh die Curarisierung hervorgerufenen Drucksenkung beruht (Einthoven), nach deren Beseitigung die Nachschwankung wieder positiv wird. Die Tatsache, dass sich das Kardiogramm nach Er- öffnung des Thorax nicht wesentlich ändert, verdient besonders her- Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe, 389 vorgehoben zu werden. Nach den bisherigen Angaben, besonders der älteren Autoren, musste im Gegenteile erwartet werden, dass die mit der Eröffnung des Thorax bei längerer Versuchsdauer ver- bundene Abkühlung sowie die langsam fortschreitende Vertrocknung der Vorderfläche des Herzens den Ablauf der Erregungswelle wesent- lich beeinflussen werden. Es ist auch nicht ohne weiteres ver- ständlich, wieso die Entblössung der Vorderfläche des Herzens sowie die Retraktion der Lungen (die Ableitunesbedingungen für das Herz nicht verändert. Nachdem nun das Kardiogramm eine so weitgehende Konstauz seiner Form zeigte, haben wir in den späteren Versuchen auch auf die Aufnahme bei geschlossenem Thorax verzichtet. Die Eröffnung der Brusthöhle wurde in der gewöhnlichen Weise durch Resektion des Sternums ausgeführt, dann wurde der Herzbeutel über dem rechten Herzohr gespalten, so dass dieses gut sichtbar wurde, wozu meist die Anheftung der Perikardialränder an die Thoraxwand er- forderlich war. Zur faradischen Reizung des Vorhofes dienten feine Serrefines, welche durch dünne Drähte mit der sekundären Rolle des Schlittenapparates (ein Bunsenflaschenelement) verbunden waren. Für ausreichende Beleuchtung des Herzens war gesorst, wobei das Licht der Glühbirne durch einen Reflektor vom Registrierapparate abgehalten wurde. So konnte der eine von uns sich ausschliesslich der Beobachtung des Herzens sowie der Auf- zeichnung der Befunde widmen, während der andere die zur Auf- nahme des Kardiogrammes gehörigen Apparate bediente. Die Markierungsvorrichtung, welche an dem grossen Registrierapparat von Edelmann angebracht ist, ermöglichte, durch. fortlaufende Numerierung die zu den Kurvenstücken gehörigen, durch die In- spektion gewonnenen Befunde aufzufinden. Ein weiterer, besonders für die experimentelle Forschung ins Gewicht fallender Vorteil des Edelmann'’schen Reeistrier- apparates besteht darin, dass ein sehr lauger Streifen licht- empfindlichen Papieres zur Verfügung steht, der jederzeit ab- geschnitten werden kann. Das Vorhofflimmern erzeugten wir meist durch direkte faradische Reizung des rechten Herzohres, und zwar sowohl am unveregifteten Herzen als auch nach vorheriger Einverleibung von Nikotin, Muskarin, Physostigmin oder Pilocarpin. Bei manchen Hunden genügte schon dyspnöische Vaguserregung, um. Vorhofflimmern zu erzeugen; in 390 J. Rothberger und H. Winterberg: anderen Fällen trat dieses auch spontan auf nach Injektion von Muskarin, Physostigmin oder Chlorcaleium. Da, wie im folgenden zu zeigen sein wird, die charakteristische Änderung, welche das E.-K. durch das Flimmern der Vorhöfe er- fährt, in einer Unruhe der Saite des Galvanometers besteht, müssen wir zuerst etwas genauer auf jene Momente eingehen, welche auch sonst Unruhe der Saite hervorrufen können. An erster Stelle ist hier Wechselstrominduktion zu nennen. Sie entsteht sehr leicht dort, wo die vom Patienten oder vom Tiere zum Galvanometer führende Leitung, wenn auch nur auf kurze Strecken, mit der Wechselstromleitung parallel gelegt ist; aber auch sonst kann die Induktion sich bemerkbar machen. Man verwende daher nur Gleichstrom als Licht- und Kraftquelle; wo aber Wechselstrom schon eingeleitet ist, muss die Leitung ausserhalb des Arbeitsraumes mit einem doppelpoligen Ausschalter versehen werden. Die durch Wechselstrominduktion bewirkte Saitenunruhe ist charakterisiert durch ihre vollkommene Regelmässiekeit; die Zahl der Schwingungen ent- spricht genau der Zahl der Polwechsel des zur Stromerzeugung ver- wendeten Dynamos (ca. 100 pro Sekunde). Weniger regelmässig ist eine andere Art von Saitenunruhe, welche durch Muskelzittern hervorgerufen wird. Beim mensch- lichen E.-K. findet man diese Unruhe sehr häufig; sie mag da auf Fingertremor oder auf dem Umstande beruhen, dass die Patienten sich nicht anlehnen, sondern frei sitzen oder die Arme mehr oder weniger krampfhaft in die Wannen hinein halten. Dass eine derartige tonische Kontraktion tatsächlich genügt, um Saitenzittern hervorzurufen, davon haben uns eigene Versuche überzeugt. Ausser- dem berichtet Kahn!) über dieselbe Beobachtung bei Anstellung des Valsalva’schen Versuches; es möge aber gleich hier die für unsere Frage wichtige Beobachtung Kahn’s hervorgehoben werden, dass bei diesen Versuchen die Vorhofzacke zwar bei Ab- leitung I verdeckt wird, dafür aber bei Ableitung II und III stärker hervortritt 2). l) Kahn, Weitere Beiträge zur Kenntnis des Elektrokardiogramms. Pflüger’s Archiv Bd. 129 S. 309f. 1909. 2) Schon aus diesem Befunde ergibt sich die Notwendigkeit, beim Menschen stets die drei von Rinthoven vorgeschlagenen Ableitungsarten anzuwenden; wir möchten dies, entgegen neueren Angaben von Nikolai und Simons, sowie Strubell besonders hervorheben. Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 391 Beim Menschen kann man dieses Muskelzittern ausschalten, wenn man dafür sorgt, dass Rücken und Extremitäten ausreichend gestützt sind; ausserdem empfiehlt es sich, dem Patienten einzuschärfen, er möge den Kopf anlehnen und die Augen schliessen, als ob er schlafen wollte. Bei alten Leuten mit Fingertremor wird man jedoch eine gewisse Saitenunruhe nicht wohl vermeiden können. Beim Tier lässt sich durch genügend tiefe Curarisierung die Muskelunruhe ausschliessen. Grössere Bewegungen, wie z. B. Husten oder Niessen beim Menschen oder Zuckungen bei nicht genügend tief curarisierten Tieren, scheinen uns weniger durch die Interferenz der Aktionsströme zu wirken, als vielmehr durch die plötzliche Verlagerung der zur Ableitung benutzten Extremitäten, welche dabei zum Teil aus der Kochsalzlösung heraustreten können. Dadurch ändert sich aber die Grösse des Ruhestromes, während der früher eingestellte Kom- pensationsstrom nun dem Ruhestrom nicht mehr entspricht und die Kurve verzerrt. Die auf diese Weise entstehenden Störungen führen jedoch zu so ausgiebigen Verlagerungen der Saite, dass eine falsche Deutung kaum vorkommen dürfte. Dagegen können die durch tonische Muskelkontraktion hervorgerufenen feinen Saitenschwingungen unter Umständen schwieriger zu deuten sein. Eine sehr interessante Unruhe der Saite wird endlich von der zur Projektion dienenden Bogenlampe hervorgerufen, wenn das Licht unruhig brennt, wenn die Lampe zischt. Man sieht dann, dass der Grund der Kurve nicht wie sonst gleichmässig grau oder schwarz gefärbt ist, sondern dass schmale, abwechselnd helle und dunkle Streifen entstehen, welche das horizontale Saitenbild unter rechtem Winkel schneiden. Dort wo ein heller Streifen die Saite durchsetzt, scheint sie einen Ausschlag zu machen, wo ein dunkler Streifen durch- läuft, ist die Dicke des Saitenbildes eingeengt und der Ausschlag scheint zurückzugehen. Das nähere Studium dieser Erscheinung hat uns aber doch gezeigt, dass diese Saitenausschläge nicht scheinbar, sondern tatsächlich vorhanden sind; man sieht sie nämlich auch dann oft noch deutlich, wenn die Streifung durch Überentwicklung fast zum Verschwinden gebracht worden ist. Als wir dann, in dem Bestreben diese Verhältnisse aufzuklären, in der elektrotechnischen Literatur Umschau hielten, fanden wir, dass dem Zischen der Bogenlampen sehr komplizierte Vorgänge zugrunde liegen, welche jetzt erst in den wesentlichsten Punkten aufgeklärt sind. Es wäre ven Interesse, das Zischen der 3993 J. Rothberger und H. Winterbere: Gleichstrombogenlampe mit dem Saitengalvanometer zu unter- suchen; da dies aber ganz abseits von unserem Arbeitsfelde liegt, müssen wir uns darauf beschränken, nur das Wesentlichste her- vorzuheben. Beim Zischen, welches entweder auf zu grosser Stromdichte (zu kleinem Kohlenabstande) oder auf Störungen des rein axialen Stromes durch Verunreinigungen der Kohle beruhen kann, findet eine Rotation des Lichtbogens statt, und zwar in der Weise, dass derselbe mit grosser Geschwindigkeit (450 und mehr pro Sekunde) um die Kohlenenden herumläuft. Ausserdem wird die glühende Gasmasse des Lichtbogens rhythmisch grösser und kleiner; darauf beruht das akustische Phänomen des Zischens sowie die unter Umständen sicht- bare Unruhe des Lichtes. Gleichzeitig finden aber auch rhythmische Änderungen der Stromstärke und der Spannung des Lampenkreises statt, welche schon Duddell!) mit dem Oszillographen nachweisen konnte. Es wäre nun sehr wohl möglich, dass das kaum !/g m von der Bogenlampe entfernte Saitengalvanometer auf die rhythmischen Spannungsänderungen im Lampenkreise reagiert, wodurch isochrone Ausschläge der Saite entstehen würden. Die Schwankungen des Fadens können aber, worauf uns Herr Dr. Edelmann jun. auf- merksam machte, auch vorgetäuscht sein, da eben die Lage- veränderung des umlaufenden Lichtbogens auch eine entsprechende Verschiebung des projizierten Schattenbildes der Saite zur Folge haben muss. Es sei ferner daran erinnert, dass, noch ehe das Zischen hörbar wird, schon eine Rotation des Lichtbosens stattfinden kann; die Umlaufszahl beträgt meist 100 und mehr, keinesfalls aber weniger als 50 in der Sekunde. Sie gibt Veranlassung zum Entstehen eines leise summenden Geräusches, wobei die Lampe an- scheinend ruhig brennt. Trotzdem folgt die Lichtintensität fast augenblicklich selbst den kleinsten Stromänderungen. Was also unser Auge nicht mehr als wechselnde Lichtstärke empfindet, das erscheint doch mit untrüglicher Sicherheit auf der photographischen Kurve in Form jener eingangs besprochenen vertikalen Streifen. Ob diese sich störend bemerkbar machen oder nicht, hängt ausser von der Frequenz der Änderungen in erster Linie von der Geschwindigkeit 1) Zit. nach Biegon v. Czudnochowski, Das elektr. Bogenlicht S. 356. Hirzel, Leipzig 1906. Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 393 ab, mit welcher das Papier im Registrierapparate abläuft. Wenn, wie dies in unseren Versuchen gewöhnlich der Fall war, in 1 Sekunde nur 40 mm Papier ablaufen, so werden bei rascheren Änderungen der Lichtintensität die einzelnen helleren und dunkleren Streifen schon so nahe aneinanderrücken, dass sie einen gleichmässig grauen Grund ergeben. Immerhin haben wir sehr häufige diese Streifung oft auf längeren Strecken gesehen, ohne dass wir Zischen der Lampe bemerkt hätten. Es verdient noch hervorgehoben zu werden, dass jene Streifung, wenn die Unterschiede nicht sehr gross sind, durch Überentwicklung leicht verwischt werden kann. Spuren pflegen aber auch dann noch sichtbar zu bleiben. Jedenfalls wäre es mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Bogenlampe ein ausserordentlich feines Reagens für die in ihrem Stromkreise auftretenden Pulsationen darstellt, für viele Unter- suchungen wünschenswert, ein ganz gleichmässig brennendes Licht zur Verfücung zu haben; allerdings scheint es für das Bogenlicht vorläufig keinen genügenden Ersatz zu geben. Für die Differentialdiaenose der Saitenunruhe beim Zischen der Bogenlampe und beim Flimmern der Vorhöfe ist wichtig, dass bei der ersteren meist gleichzeitig das mit dem Zischen verbundene optische Phänomen der Vertikalstreifung des Papiers vorliegt, und zweitens der Umstand, dass die Saite ganz kleine frequente Schwingungen ausführt, ohne ihre Lage dabei wesentlich zu ver- ändern. Es muss aber zugegeben werden, dass es Fälle gibt, in welehen nicht mit Sicherheit zu entscheiden ist, ob diese feinste Saitenunruhe in feinstem Vorhofflimmern ihren Grund hat oder in Spannungsänderungen im Lampenkreise. Eine in gröberen Wellen auftretende Saitenunruhe kann ent- stehen, wenn man in dem Bestreben, die Saite stets scharf einzustellen, während der Aufnahme die Hand an der Mikrometerschraube des Projektionsmikroskopes hält. Hier handelt es sich jedoch nicht etwa um Interferenz der eigenen Aktionsströme, sondern um fortwährende kleine Erschütterungen; die Saitenunruhe erscheint nämlich kaum ge- mildert, wenn mau die Mikrometerschraube mittels eines Gummihand- schuhes berührt. Man muss also das Saitenbild vorher scharf einstellen und darf das Galvanometer während der Aufnahme nicht berühren. Endlich sei noch erwähnt, dass man bei faradischer Reizung des Vagus am Halse manchmal Seitenschwingungen beobachtet, deren Zahl mit der Anzahl der Unterbrechungen im primären Kreise des 394 J. Rothberger und H. Winterberg: Induktoriums übereinstimmt. Auf diese Tatsache, welche als Fehler- quelle bei der Beurteilung des Vorhofflimmerns wohl kaum in Betracht kommt, hat schon seinerzeit Rinthoven hingewiesen. Abgesehen von diesen Stromschleifen sieht man aber manchmal bei Vagus- reizung eigentümliche flache, langgezogene Wellen auftreten, deren Genese uns unbekannt ist; mit dem Vorhofflimmern haben sie nichts zu tun. Ergebnisse. Die für Vorhofflimmern charakteristischen Veränderungen im E.-K. sind l. Unruhe der Saite, 2. Verschwinden der Vorhofzacke, 3. Arhythmie. Die Unruhe der Saite manifestiert sich in raschen Schwingungen des Saitenbildes, ohne dass dabei die Form der Kurve wesentlich verändert wäre. Charakteristisch ist namentlich, dass in jenen Intervallen, in welchen sonst im Herzen keine Aktionsströme ent- stehen, die Saitenunruhe fortbesteht, was sich ja leicht aus dem Umstande erklärt, dass auch in der Herzpause die Vorhöfe unauf- hörlich feinste Bewegungen ausführen. Es kommt dementsprechend beim Flimmern der Vorhöfe zu einer Interferenz der fortwährend von den Vorhöfen erzeugten Aktionsströme mit den in gewissen Intervallen auftretenden Potentialdifferenzen der Kammern. So er- scheinen die durch das Flimmern erzeugten Zacken dem Saitenbilde des Kammerkardiogramms aufgesetzt; nur die jäh aufsteigende R-Zacke bleibt frei, die Nachschwankunge kann jedoch mehr oder weniger aufgesplittert erscheinen. Als Beispiel diene Fig. 1!). Im Stadium der Nikotinverlangsamung wurde der Vorhof mechanisch gereizt, worauf anhaltendes Flimmern folgte. Man sieht an der Kurve zuerst zwei normale Schläge; nach dem Ablaufe der Nachschwankung des zweiten Herzschlages fand die Reizung statt, welche sofort zu Flimmern und anhaltender Saitenunruhe führt; vor dem dritten Schlage, welcher verspätet ein- setzt, fehlt die P-Zacke; die Nachschwankung erscheint wegen ihres steilen Ablaufes fast frei von interpolierten Schwingungen. In selteneren Fällen wird die Nachschwankung mehr oder weniger auf- gesplittert. Einen solchen Fall zeigt Fig. 2, in welchem das Flimmern durch faradische Vorhofreizung an einem mit Nikotin ver- 1) Zuunterst sieht man, wie auch in allen folgenden Figuren die Zeit- markierung in Fünftelsekunden. Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 395 eifteten Herzen erzeugt wurde. Dieses Beispiel zeigt auch deutlich die drei obengenannten für das Vorhofflimmern charakteristischen Veränderungen des E.-K. Fig. 2. Was die Saitenunruhe betrifft, so kann dieselbe in sehr ver- schiedenem Grade ausgeprägt sein; von feinstem Zittern bis zu bogenförmigen Exkursionen können alle Übergänge beobachtet werden. Die in Fie. 3 dargestellten Kurven entstammen einem J. Rothberger und H. Winterberg: 396 Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 397 Versuche, in welchem nach Muskarin feines Vorhofflimmern auf- getreten war (Fig. 3a); nach Atropininjektion wird dasselbe immer heftiger (Fig. 35 und c) und erscheint zuletzt geradezu bis zum Wühlen gesteigert (Fig. 3d). Auf die Erklärung des Zusammenhanges dieser Erscheinung mit der Atropininjektion kommen wir noch weiter unten zurück. Dieses Beispiel soll nur zeigen, wie dem sichtbaren Heftigwerden des Flimmerns auch verschiedene Formen der Saitenunruhe entsprechen können. Speziell die in Fig. 3a dargestellte Form der Saitenunruhe kann unter Umständen schwer zu erkennen sein; dann ist es wichtig darauf zu achten, ob auch die beiden anderen für das Vorhofflimmern charakteristischen Veränderungen (Fehlen der Vorhofzacke und Arhythmie) deutlich ausgesprochen sind. Auch die Inspektion des flimmernden Vorhofes lässt derartige Unterschiede in der Intensität des Vorganges erkennen; es gibt da alle Übereänge von den feinsten Bewegungen bis zu stürmischen, unregelmässigen Zuckungen. Es möge hier hervorgehoben werden, dass ebenso wie beim Vorhofe auch beim Ventrikel feineres und gröberes Flimmern vor- kommt. Für. das letztere hat schon Kahn!) ein Beispiel veröffent- licht. Das feine Ventrikelflimmern, wie es gewöhnlich unmittelbar nach der faradischen Reizung zur Beobachtung kommt, führt zu sehr raschen, manchmal ziemlich regelmässigen Saitenausschlägen (Fig. 4). Eine konstante Beziehung zwischen diesen mit dem Auge erkenn- baren Graden der Intensität des Flimmerns_mit der Form der Saiten- unruhe konnten wir jedoch weder für den Vorhof noch für den Ventrikel feststellen. Es kommt vor, dass sehr heftiges Flimmern nur eine feine Saitenunruhe hervorbringt und umgekehrt. Es ist daher nicht angängig, aus dem Auftreten feinsten Saitenzitterns zu schliessen, dass auch die Vorhöfe nur jene feinsten flimmernden Bewegungen ausgeführt haben. Dagegen beobachtet man nicht selten , dass auch die Saitenausschläge grösser werden, wenn anfangs. feines Flimmern einer stürmischen Unruhe Platz macht oder in Wühlen übergeht. Endlich wäre noch eine besondere Art des Flimmerns zu be- sprechen, welche wir als „unreines Schlagen“ bezeichnen. Dieses ist 1) Kahn, Beiträge zur Kenntnis des Elektrokardiogramms. Pflüger’s Archiv Bd. 126 S. 219. 1909. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 27 398 J. Rothberger und H. Winterberg: dann vorhanden, wenn neben sicheren Kontraktionen des Vorhofes, welche wenigstens die Hauptmasse der Muskulatur betreffen, überdies noch mehr oder weniger deutliche fibrilläre Bewegungen namentlich an den Rändern der Aurikel zu sehen sind, oder wenn schwache peri- staltische Wellen gleichzeitig abzulaufen scheinen. Diese eigen- artige Kombination von normalem Schlag und Delirium findet nun im E.-K. keinen entsprechenden Ausdruck. Die Vorhofzacke ist gewöhnlich nur etwas aufgesplittert, hie und da ist der Rhythmus gestört. Wir kommen nun zum zweiten Hauptsymptom des Vorhof- fiimmerns — dem Ausfall der Vorhofzacke. Hier können wir nun mit Bestimmtheit sagen, dass jedesmal, wenn der Vorhof flimmert, die P-Zacke fehlt und umgekehrt, dass man in keinem Falle, wo P vorhanden ist, berechtigt ist anzunehmen, dass der Vorhof geflimmert habe. Diese Tatsache ist um so wichtiger, als wie erwähnt die sichere Beurteilung der Saitenunruhe oft Schwierig- keiten bereitet; sehen wir in einer Kurve deutlich ausge- sprochene P-Zacken, so können wir sicher sagen, dass der Vorhof nicht geflimmert hat, das Saitenzittern demnach eine andere Ursache haben muss. Es sei auch hier wieder an den oben zitierten Befund von Kahn erinnert, dass beim Valsalva’schen Versuch Saiten- zittern auftritt, die Vorhofzacke jedoch bei Abl. II und III deut- licher wird. Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 399 Immerhin gibt es Fälle, in welchen die Vorhofzacke von vorne- herein schwach ausgebildet ist und durch eine auf irgendwelche Art hervorgerufene Saitenunruhe noch schwerer erkennbar gemacht wird. Bei hoher Schlagfrequenz kann die P-Zacke auch mit der voran- gehenden Nachschwankung zu einer einzigen Erhebung verschmelzen. In diesen Fällen bleibt uns zur Entscheidung der Frage, ob Vorhof- flimmern anzunehmen sei oder nicht, noch die Zuhilfenahme des dritten Symptons übrig, der Arhythmie. Schon aus den früheren, mit dem Suspensionsverfahren aus- geführten Untersuchungen wissen wir, dass die Arhythmie zu den gewöhnlichen Folgezuständen des Vorhofflimmerns gehört. Die vom flimmernden Vorhofe ausgehenden Impulse erzeugen nämlich be- schleunigte, arhythmische und gewöhnlich auch an Grösse wechselnde Ventrikelschläge. Auch im E.-K. zeigt sich diese Erscheinung deutlich. Die Vorhofzacke fehlt, die Beschleunigung der Kammertätiekeit lässt die R-Zacken näher aneinanderrücken und oft sind sie nur durch die Nachschwankungen voneinander getrennt, ohne dass zwischen 7 und R erössere Intervalle auftreten. Dann ist die Arhythmie nicht so in die Augen springend als in jenen Fällen, wo die Beschleunigung wenig ausgesprochen ist und die Arhythmie an den verschieden langen Pausen zwischen den einzelnen Herzschlägen deutlich wird. In diesen Pausen pflegt auch die Saitenunruhe zutage zu treten, und dann sehen wir an solchen Kurven die drei Kardinalsymptome des Vorhofflimmerns klar ausgeprägt. Das E.-K. lehrt uns aber insofern mehr als die Suspensionskurve, als es uns auch über die Natur der arhythmischen Ventrikelschläge Auskunft gibt. Diese haben nämlich die Form des normalen Kammer-E.-K., womit er- wiesen ist, dass sie mit diesem den normalen Erregunesablauf ge- meinsam haben, und den irregulären vom Vorhof herabkommenden Impulsen ihre Entstehung verdanken. Die beim Vorhofflimmern auftretende Arhythmie zeigt verschiedene Grade, welche, wie wir später zeigen wollen, auf verschieden starker dromotroper Hemmung der vom flimmernden Vorhofe ausgehenden Impulse beruhen. Während wir im Vorhergehenden ausführten, dass es Formen von Saitenunruhe gibt, welche mit Vorhofflimmern nichts zu tun haben, müssen wir jetzt von jenen Bedingungen sprechen, unter welchen bei sicher festgestelltem Vorhofflimmern die Saitenunruhe vollständig fehlen oder nur angedeutet sein kann. Das ist nun der Fall 27 * 400 J. Rothberger und H. Winterberg: 1. bei hoher Frequenz der Herzschläge. Wenn die Herzaktion sehr beschleunigt ist, können die kleinen, das Vorhofflimmern begleitenden Saitenbewegungen verschwinden, weil sie in den mächtigen, durch die Ventrikeltätigkeit hervor- gserufenen Zacken nicht zum Ausdruck kommen, während andererseits infolge der hohen Frequenz gerade jene Stellen fehlen, an welchen die Saitenunruhe sonst deutlich sichtbar ist, nämlich die Pausen zwischen der Nachschwankung und der nächsten R-Zacke. Dieses Verhalten wird uns um so weniger überraschen, als ja, wie wir bereits hervorgehoben haben, selbst bei bedeutenden Graden der Saiten- unruhe stets die AR-Zacken, oft auch die Nachsehwankung, wenn sie stärker ausgeprägt ist, von den Schwankungen frei bleibt, welche eben gegenüber den weitaus mächtigeren Potentialschwankungen der Kammern in den Hintergrund treten. So erklärt sich auch die uns anfangs schwer verständliche Tatsache, dass bei dem durch direkte Vorhofreizung erzeugten Flimmern am unvergifteten Herzen die Saitenunruhe gewöhnlich fehlt. Es treten dann nämlich be- schleunigte arhythmische Ventrikelschläge ein, welche nach ihrer Genese als aurikuläre Extrasystolen aufzufassen sind. Sie unter- scheiden sich, wie erwähnt, im E.-K. nicht von den normalen Systolen, und nur das Fehlen der P-Zacke und die Rhythmusstörung zeigt an, dass es sich um Flimmern der Vorhöfe handelt. Als Illustration dieser Erscheinung diene Fig. 5. Man sieht hier im Beginne die normale Herztätiekeit; die Vorhofzacken sind auf die vorangehenden Nachschwankungen superponiert. Zwischen a und b wirkte ein fara- discher Reiz (R.-A. 170 mm) auf den rechten Vorhof; die Kurve zeist zahlreiche kleine Zacken, welche dem Reizstrome ihre Entstehung ver- danken. Dann folgen einige arhythmische Kammerschläge, an welchen die höhere R-Zacke auffällt; von Saitenunruhe ist nichts zu sehen, man kann auch nicht sicher sagen, dass die Vorhofzacke fehlt, da die Frequenz so hoch ist, dass die P-Zacke, welche schon vorher auf die Nach- schwankusg superponiert war, nun vielleicht ganz in dieselbe auf- gegangen sein könnte. Als Zeichen, welche das Bestehen von Vor- hofflimmern nahelegen, bleibt nur die Arhythmie und das deutliche Erscheinen der postundulatorischen Pause (p. u. P), nach welcher wieder das normale E.-K. mit kräftigen Vorhofschlägen einsetzt. Es ist jedoch zu bemerken, dass sich auch eine Serie von aurikulären Extrasystolen bei entsprechend rascher Aufeinanderfolge kaum anders darstellen würde. Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 401 Einem ganz ähnlichen Verhalten begegnet man in jenem Stadium der Nikotinvereiftung, wo auf die anfängliche Verlangsamung eine Beschleunigung der Herzschläge folgt. Selbst das intensivste Flimmern Fig. 5. der Vorhöfe bringt dann keine wesentliche Saitenunruhe hervor, und nur dort, wo die sonst arhythmisch beschleunigte Schlagfolge durch eine oder die andere längere Herzperiode unterbrochen wird, kann die Saitenunruhe hervortreten (Fig. 6). 402 J. Rothberger und H. Winterberg: Während nun in diesen Fällen von Vorhofflimmern die Arhyth- mie neben dem Fehlen der Vorhofzacke und der wenigstens stellen- weise auftretenden Saitenunruhe darauf hindeutet, dass nicht ein einfacher Vorhofstillstand vorliegt, ist in anderen Fällen auch die Arhythmie nieht deutlich ausgesprochen, und da bei rascher Schlag- folge die P-Zacke unter Umständen durch Superposition vollständig. in der vorhergehenden Nachschwankung aufgehen kann, ist man ausserstande, aus dem E.-K. das Flimmern der Vorhöfe zu erkennen. Das Fehlen ausgesprochener Arhythmie trotz heftigen Vorhof- flimmerns haben wir manchmal im Stadium der Beschleunigung bei Nikotinvergiftung gesehen. Die Erklärung für diese Tatsache, die wir bisweilen auch bei GaCl,-Vergiftung beobachten konnten, scheint uns darin zu liegen, dass der Ventrikel auf die zahllosen vom Vor- hof kommenden Impulse mit maximaler Frequenz antwortet. Die Arhythmie tritt besonders deutlich hervor, wenn gleichzeitig Leitungs- hemmung vorliegt, weil dann jene Impulse zum Teil an der A.-V.- Grenze blockiert werden. Dass aber in den eben besprochenen Fällen die der Saiten- unruhe zugrundeliesenden Vorgänge wirklich vorhanden sind und nur ihr Zutagetreten durch die starken Potentialschwankungen der Kammern verdeckt ist, lässt sich sehr schön demonstrieren, indem man vorübergehend die Schlagfolge durch Vagusreizung verlangsamt. Die Hemmungsnerven behalten ja, wie Kronecker und Spalitta Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 403 gezeigt haben, auch bei flimmernden Vorhöfen ihre Wirkung. Natürlich dürfen bei Giftversuchen (Nikotin!) nicht zu grosse, den Vagus lähmende Dosen gegeben worden sein. Als Beispiel diene Fig. 7 und 8. In Fig. 7 erscheint der Beginn einer Vagusreizung bei normal schlagendem Herzen, die Nachschwankung ist negativ, schliesst sich unmittelbar an den absteigenden Schenkel der R-Zacke an und geht ohne Absatz in die nächste Vorhofzacke über. Während der Vagusreizung erscheint das Saitenbild ruhig, und zeigt 404 J. Rothberger und H. Winterberg: nur verlanesamte Vorhofschläge. In Fig. 8 ist das Ende einer Vagusreizung bei flimmerndem Vorhofe aus demselben Versuche dargestellt. Man sieht deutlich die während der Reizung zutage- cetretene Saitenunruhe, welche aber nach Aufhören der Reizung bald vollständige in den nun beschleunigten Herzschlägen verschwindet. Bemerkerswert ist dabei, dass diese nicht viel anders aussehen als die im Beginn der Fig. 7 dargestellten, so dass das Vorhandensein von Vorhofflimmern nur während der durch die Vagusreizung er- zeusten Verlangsamung erkennbar ist. So wie nun die Vagusreizung die dem Vorhofflimmern zukommende Saitenunruhe erst hervortreten lässt, so kann diese umgekehrt bei Acceleransreizung wieder verdeckt werden, wenn die dabei auf- tretende Beschleunigung eine genügend hohe ist; dabei beobachteten wir in neueren Versuchen, in welchen nach Muskarininjektion Vorhofflimmern erzeugt worden war, dass die Acceleransreizung das Flimmern deutlich verstärkte. Wichtig erscheint uns auch die Tatsache, das der Accelerans bei flimmernden Vorhöfen beschleunigend auf die Kammern wirkt. Wir erinnern dabei an die oben zitierte Beobachtung von Kroneeker und Spalitta, nach welcher der Vagus bei flimmernden Vorhöfen die Schlagfolge der Kammern verlangsamt. In dem von uns beobachteten Fällen ist die Beschleunigung nach Acceleransreizung wahrscheinlich hauptsächlich auf eine positiv- dromotrope Wirkung zurückzuführen, indem die vom flimmernden Vorhofe ausgehenden Reize an der A.-V.-Grenze in geringerem Maasse blockiert werden. Die Saitenunruhe kann bei sicher vorhandenem Vorhofflimmern noch in einem anderen Falle fehlen oder schwach ausgeprägt sein, nämlich 2. bei starker Vagusreizung. Schon frühere Beobachter (Knoll, Williams) sind ja durch die Tatsache, dass das Vorhofflimmern bei starker Vagusreizung auch für das Auge schwerer erkennbar wird, zu der irrtümlichen Annahme verleitet worden, dass der Vagus imstande sei, das Flimmern aufzuheben. Tatsächlich handelt es sich aber nur um eine mit den höchsten Graden der Verlanesamung einhergehende intensive inotrope Hemmung, welche die dem Flimmern zugrunde- liegenden Vorgänge gar nicht beeinflusst, sondern nur durch die Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 405 Herabsetzung der Kontraktilität ihr Zutagetreten erschwert bzw. verhindert. Eine analoge Abschwächung karn man auch im normalen E.-K. bei stärkerer Vagusreizung sehen, indem die wohlausgeprägte P-Zacke nun verkleinert oder ganz aufgehoben wird. Hingegen konnten wir in Übereinstimmung mit Hering wiederholt feststellen, dass in Fällen von einfacher Vorhofsblähung selbst dann eine deutliche P-Zacke auftritt, wenn das Auge auch nicht die Spur einer Kon- traktion am Vorhofe zu sehen imstande ist. Die Verkleinerung der P-Zacke bei Vagusreizung muss daher darin ihren Grund haben, dass die inotrope Wirkung sich schon auf jene, der Kontraktion zugrundeliegenden Vorgänge erstreckt, welche zum Auftreten der Aktionsströme führen. Ähnlich liegen, wie erwähnt, die Verhältnisse beim Vorhof- fimmern. Die diesem zugrundeliegenden, in der Vorhofswand selbst entstehenden abnormen Reize werden durch Erregung des Vagus nicht beseitigt. Das lehrt in jenen Fällen, wo z. B. durch Muskarin maximale Vagusreizung erzeugt wurde, schon die fort- gesetzte Beobachtung des spontanen Ablaufs der Vergiftung. In dem Maasse nämlich, in welchem die starke Vaguserresung zurückgeht, tritt das Flimmern sowohl für die direkte Beobachtung als auch im Saitenbilde deutlicher hervor, bis es endlich vollständig entwickelt ist. Um aber bei intensiver inotroper Hemmung das Flimmern rasch und in überzeugender Weise zur Darstellung zu bringen, haben wir uns des Kunstgriffes bedient, kleinste Atropinmengen (Bruchteile eines Milligsramms) zu injizieren. Wir hatten nämlich die Beobachtung ge- macht, dass auch bei grösseren den Vagus lähmenden Atropindosen, welche wir verabreichten, um die Muskarinwirkung rasch zu unter- brechen, der normalen Herztätigkeit gewöhnlich ein Stadium voran- geht, in welchem die Flimmerbewegungen der Vorhöfe bzw. die Saitenunruhe intensiver werden. Dadurch waren wir zu der Vor- stellung geführt worden, dass vor der Atropininjektion die Flimmer- bewegungen verdeckt gewesen sein müssen, und dass sie eben in jenem kurzen Zeitraum klar hervortraten, in welchem erst ein kleinster Bruchteil der einverleibten Atropinmenge zur Wirksamkeit gelangt war. Dann folgt eine Periode, in welcher die Herztätigkeit so beschleunigt wird, dass das Flimmern im Saitenbilde nicht mehr deutlich ist, während es bei der Beobachtung immer noch heftiger wird, bis endlich die postundulatorische Pause einsetzt, nach welcher A065 J. Rothberger und H. Winterberg: die normale beschleunigte Herztätigkeit eintritt. Ein Beispiel für dieses Heftigerwerden des Flimmerns nach Atropininjektion haben wir in Fig. 3 gegeben, an welcher wir die verschiedenen Formen der Saitenunruhe demonstrierten. Es ist demnach während der ganzen Zeit des Muskarinzustandes des Herzens neben der chronotropen auch ein gewisser Grad von inotroper und dromotroper Hemmung vorhanden. Die Aufhebung der Leitungshemmung manifestiert sich in der vorübergehenden, der nor- malen Herztätiegkeit vorangehenden Frequenzzunahme. Dieselbe kommt dadurch zustande, dass vom flimmernden Vorhofe nunmehr zahlreiche Reize auf den Ventrikel übergehen, die vorher an der A.-V.-Grenze blockiert worden waren. In ähnlicher Weise könnte sich auch klinisch Flimmern der Vorhöfe mit frequentem Herzschlage verbinden; ja es ist durch- aus nicht auszuschliessen, dass manche Anfälle von Tachykardie auf Flimmern der Vorhöfe zurückzuführen sind. Vielleicht gelingt es in solehen Fällen, wo im E.-K. infolge der hohen Frequenz die Saiten- unruhe verdeckt ist, dieselbe mit Hilfe des Vagusdruckversuches deut- ‚lieher hervortreten zu lassen. Schlussfolgerungen. 1. Das Flimmern der Vorhöfe dokumentiert sich im E.-K. a) durch Saitenunruhe, b) durch Fehlen der P-Zacke, e) durch Arhythmie. Diese Symtome müssen bei allen drei Ableitungen vorhanden sein. 2. Saitenunruhe kann auch auf andere Weise entstehen (Wechsel- strominduktion, Muskelzittern, Zischen der Bogenlampe, Berührung der Mikrometerschraube, Stromschleifen bei Vagusreizung), ist aber meist leicht als solche erkennbar. 3. Vorhandensein einer P-Zacke lässt Vorhofflimmern mit Sicher- heit ausschliessen; dagegen kann die P-Zacke fehlen, ohne dass des- halb Flimmern vorliegen muss. 4. Die arhythmischen Kammerschläge bei flimmernden Vorhöfen haben im E.-K. die normale Form. 5. Bei sicher bestehendem Vorhofflimmern kann die Saitenunruhe schwach ausgeprägt sein oder sogar fehlen und zwar Über das Elektrokardiogramm bei Flimmern der Vorhöfe. 407 a) bei hoher Schlagfrequenz; sie tritt dann bei Vagusreizung zutage; b) bei starker Vagusreizung (inotrope Hemmung); durch kleine Atropinmengen wird die Saitenunruhe deutlich. 6. So wie die Arhythmia perpetua mit grosser Wahrscheinliehkeit auf Flimmern der Vorhöfe zurückzuführen ist, so könnten auch ge- wisse Fälle von Tachykardie beim Menschen auf derselben Ursache beruhen. Jedenfalls wäre in der Klinik auf diesen Zusammenhang zu achten. 408 Leopold Löhner: (Aus dem physiologischen Institute der Universität Graz.) Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. Von Dr. Leopold Löhner, Assistenten am Institute. Gestützt auf tausendfältige Beobachtungen, wurde den roten Blutkörperchen der Säugetiere bis in die letzte Zeit allgemein die Gestalt der bikonkaven Scheibe zugeschrieben, und an dieser schier unumstösslich 'erscheinenden, fast könnte man sagen sprichwörtlichen Auffassung Zweifel zu hegen, fiel wohl niemand bei. Gewisses Erstaunen erregte daher 1903 die Mitteilung Weiden- reich’s!), man habe als Normalform der roten Blutkörperchen nicht die Scheibe, sondern eine konvex-konkave Glocke anzusehen. Diese und die denselben Gegenstand betreffenden weiteren Veröffent- lichungen ?) fanden in den folgenden Jahren geteilte Aufnahme; eine Reihe von Forschern, so Fuchs?), Lewis*) und Radasch?) schloss sich der neuen Anschauung an; eine andere, beträchtliche 2) Fr. Weidenreich, Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe. I. Form und Bau der roten Blutkörperchen. Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 61 S. 459. 1903. 2) Fr. Weidenreich, Die roten Blutkörperchen. I. Merkel und Bonnet. Ergebn. d. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 13 8.45. 1904. — Über die Form der Säugererythrocyten und die formbestimmenden Ursachen. Fol. haematolog. vol. 2 p. 95. 1905. — Einige Bemerkungen über die roten Blutkörperchen. Anat. Anz. Bd. 27 S. 583. 1905. — Eine neue einfache Methode zur Darstellung von Blut-Trockenpräparaten. Fol. haematolog. vol. 3 p. 1. 1906. — Einige Be- merkungen zu dem Aufsatze J. Jolly’s: Über die Form, Struktur und Fixation der roten Blutkörperchen der Säugetiere. Fol. haematolog. vol. 3 p. 241. 1906. — Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe. IV. Weitere Mitteilungen über rote Blutkörperchen. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 69 S. 339. 1907. 3) H. Fuchs, Über die sog. intrazelluläre Entstehung der roten Blut- körperchen junger und erwachsener Säuger. Anat. Hefte Bd. 22 S. 95. 1903. 4) F. T. Lewis, The shape of mammalian red blood corpuscles. Journ. of med. Research. vol. 10 p. 399. 1904. 5) H. E. Radasch, Ein Beitrag zur Gestalt des roten Blutkörperchens. beim Menschen. Anat. Anz. Bd. 28 S. 600. 1906. Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. 409 Reihe hingegen — es seien nur Albrecht'), v. David), Heiden- hain?°), Jolly*) und Ors6ös°’) genannt — verhielt sich zuwartend oder direkt ablehnend, von denen nicht zu sprechen, die sich zu der Frage nicht publizistisch äusserten. Eigene Untersuchungen über rote Blutkörperchen ®) bedingten es, dass ich Weidenreich’s Ausführungen über die Erythrocyten- gestalt das lebhafteste Interesse entgegenbrachte und Nachprüfungen seiner Versuche vornahm. Nachdem sich auch heute, nach zwei weiteren Jahren, Weidenreich’s Anschauungen durchaus nicht allgemeine Geltung verschaffen konnten, anderseits aber gerade von gegnerischer Seite sich niemand der Mühe unterzogen hat, eine Erklärung für seine verschiedenen Befunde zu suchen und mösglicher- weise vorhandenen Fehlerquellen nachzuforschen, nahm ich die wegen anderweitiger Arbeiten zurückgestellten Versuche wieder auf und will hiermit über deren Ergebnisse in Kürze berichten. Weidenreich’s Hauptargumente für die Glockenform der Säugererythrocyten lassen sich, ihrer anscheinenden Beweiskraft nach angeordnet, etwa folgendermassen zusammenfassen: 1. Beimikroskopischer Untersuchung der Erythrocyten innerhalb der Kapillaren eines lebenden Säugers |Flughaut winterschlafender Fleder- mäuse”), Mesenterium des Kaninchens°)] zeigen dieselben Glockenform. 1) E. Albrecht, Cytopathologische Mitteilungen. Verhandl. d. deutschen pathol. Gesellsch., 7. Tagung in Berlin vom 26.—28. Mai 1904, H.1 S. 88. 1904. 2) ©. v. David, Über optische Einstellungsbilder kreisscheibenförmiger Erythrocyten. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 71 S. 159. 1907. 3) M. Heidenhain, Über die Oberflächenkraft als Ursache der sog. „Geld- rollenform“ der roten Blutkörperchen und verwandter Erscheinungen. Fol. haematolog. vol. 1 p. 461. 1904. 4) J. Jolly, Sur la forme des globules rouges des mammiferes. Compt. rend. Societe de Biol. Par. t. 58 p. 481. 1905. — Quelques remarques a propos de la forme, de la structure et de la fixation des globules rouges des mammi- feres. Fol. haematolog. vol. 3 p. 183. 1906. 5) F. Orsös, Über die Form und die Formveränderungen der bikonkaven roten Blutkörperchen. Fol. haematolog. vol. 7 p.1. 1909. 6) L. Löhner, Beiträge zur Frage der Erythrocytenmembran nebst ein- leitenden Bemerkungen über den Membranbegriff. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 71 S. 129. 1907. — Über einige neue Beobachtungen am Blute nach Einwirkung des elektrischen Entladungsschlages. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 120 5. 195. 1907. 7) F. Weidenreich, |. ce. S. 15. 1904. 8) F. Weidenreich, 1. c. S. 468. 1903. 410 Leopold Löhner: 2. Das gleiche gilt für die Kapillaren eines frisch ausgeschnittenen, flachen Muskelstückes!), das ohne jeden Zusatz sofort auf den Öbjektträger aufgetragen und, mit Deckglas bedeckt, untersucht wird. 3. Ein frisches menschliches Blutpräparat, gewonnen durch Abtupfen des austretenden Blutstropfens mit dem auf mittlere Körpertemperatur erwärmten Deckgläschen, auf den gleichfalls auf 37,5 ° C. erwärmten heizbaren Objekttisch gebracht und durch eine gläserne „feuchte Kammer“ gegen Verdunstung geschützt, lässt in überwiegendem Masse „Glocken“ erkennen ?). Den gleichen Dienst leistet auch ein Präparat, das in der Weise hergestellt wird, dass man zwei Deckgläschen an den Ecken zu- sammenschmilzt, den austretenden Blutstropfen durch den so ent- standenen kapillaren Spalt rasch aufsaugen lässt und das Ganze auf dem Objektträger augenblicklich mit Öl umrandet). 4. Lässt man einen Tropfen Tierblut in das entsprechende Serum einlaufen und fertigt hiervon ein mikroskopisches Präparat mit Öl- oder Paraffinumrahmung an, so lässt sich ohne weiteres feststellen, dass nicht bikonkave Scheiben, sondern glockenähnliche Erythroeyten vorliegen. Zur blossen Konstatierung der Form kann auch artfremdes (!) Serum verwendet werden ?). 9. Blutkörperchendauerpräparate, die unter Anwendung irgend- einer guten Konservierungs- oder Fixationsmethode hergestellt worden sind, zeigen fast stets die Glockengestalt. Als eine in dieser Hinsicht sehr vollkommene Methode eilt die Behandlung mit den Dämpfen 1 °/oiger Überosmiumsäurelösung). Stellt man die angeführten Versuche genau nach Weiden- reich’s Vorschriften an, so wird man zwar seine Befunde voll- inhaltlich oder zumindest zum grössten Teile bestätigt finden, ihre Beweiskraft für die Weidenreich’sche Normalform der roten Blutkörperchen lässt jedoch bei genauer Erwägung und Prüfung manches zu wünschen übrig. 1) F. Weidenreich, |. c. S. 15. 1904. 2) F. Weidenreich, 1. c. S. 464. 1903. 3) F. Weidenreich, |. c. S. 15. 1904. 4) F. Weidenreich, |. 5) F. Weidenreich, |. . Fol. haem. p. 97. 1905. . 8.2. 1906, und 1. c..S..392. 1907. — [m @O a a) KA & Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. 41] Wir wollen nun die fünf angeführten Argumente in dieser Richtung in Erwägung ziehen. — Punkt 1 und 2 besagen so ziemlich dasselbe und lassen sich deshalb unter einem behandeln. Unter- sucht man mikroskopisch Mesenterialkapillaren einer Maus — es genügen hierfür auch Stückchen des rasch herauspräparierten Mesenteriums eines frisch getöteten Tieres —, so empfängt man tatsächlich grossentels den Eindruck, als habe man Blut- körperchen von Glockengestalt vor sich, wie sie Weidenreich beschreibt. Ganz ähnliche Bilder erhält man auch bei der Durchmusterung gut erhaltener und gefüllter Kapillaren innerhalb kleiner Muskel- abschnitzel, die frischgetöteten Kaninchen und Mäusen entnommen wurden. Für die Untersuchung kommen nur möglichst oberflächlich gelegene Kapillaren in Betracht, da darüberliegende Muskelfaser- schichten, ebenso wie aus grösseren, tiefer gelegenen Gefässen aus- getretene Blutmassen, die Deutlichkeit des Bildes stark be- einträchtigen. Die ersten Zweifel an der Realität der gesehenen Glocken ent- standen, als zufällig die Beobachtung gemacht wurde, dass eben noch als Glocken angesprochene Blutkörperchen in dem Augenblicke des Austrittes aus der Kapillare die Scheibenform aufwiesen. Nachdem einmal die Aufmerksamkeit hierauf gelenkt war, war es nicht schwer zu zeigen, dass das Ausstreifen einer solchen, schein- bar nur mit Glocken gefüllten Kapillare immer und immer wieder Blutkörperchen von Scheibenform zutage förderte. Endlich zeigten auch innerhalb der Kapillaren Blutkörperchen in reiner Profil- ansicht stets die Scheibenform. Damit wurde die Foleerung schier unabweislich, dass ein ge- wisser Gesensatz zwischen der scheinbaren und der realen Form der Objekte innerhalb der Kapillaren bestehen müsse, mit anderen Worten, dass die in den Kapillaren wahrzunehmenden Glocken als optische Einstellungsbilder aufgefasst werden müssen, bedinet durch die wechselnden Brechungs- verhältnisse zwischen Erythroeyten, Blutplasma, Gefässwand und übergelagerten Gewebsschichten. v. David!) hatte schon den Versuch gemacht, einzelne Glockenbilder in gewöhnlichen, frischen Blut- präparaten in ähnlicher Weise zu erklären. Seine Deutung kann 1) €. v. David, l. c. 8. 161. 1907. 412 Leopold Löhner: aber, was er übrigens auch anscheinend nicht beabsichtigte, nicht auf alle Glockenformen der nach Weidenreich hergestellten Blut- präparate bezogen werden, ganz abgesehen davon, dass ein Mikro- skopiker von einiger Erfahrung sich durch einen derartigen Ein- druck, und wäre er auch noch so täuschend, wohl kaum irreführen lassen dürfte, zumal an einem Objekte, das sich so leicht wie die Blutkörperchen bewegen und verschieben lässt. Übrigens darf man gelegentlich auch solche Täuschungen nicht für ganz ausgeschlossen halten, wenn man sich der Verwirrung erinnert, die die an sich einfache, jedem Mikroskopiker geläufige hohe und tiefe Einstellung bei der Beschreibung und Deutung der Muskelquerstreifung so lange angerichtet hat. Wesentlich anders als in gewöhnlichen mikroskopischen Blut- präparaten liegen die Verhältnisse für die Erythrocyten innerhalb der Gefässe, wo eine Reihe von Umständen die Täuschung zu einer vollständigen machen kann, deren Berichtigung nicht auf so einfache Weise wie dort möglich wird. Es ist wohl mehr als fraglich, ob ein Präparat mit kleinen Objekten, die der komplizierten, verzerrenden Zylinderlinsenwirkung verschieden stark brechender umhüllender Schichten unterworfen sind, geeignet ist, über die wirkliche Form dieser Objekte sicheren Aufschluss zu geben. Von der Anschauung ausgehend, dass sich das erwähnte Phä- nomen, sofern es wirklich auf Täuschung beruht, auch künstlich am Modelle hervorrufen lassen müsse, wurden farblose und farbige Glas- modelle bikonkaver, scheibenförmiger Erythrocyten angefertigt, die bei einem grossen Durchmesser von 5 mm und den verhältnismässigen übrigen Masseu einer etwa 666fachen Linearvergrösserung der- selben entsprachen. Diese Modelle wurden samt einer Zusatzflüssig- keit in entsprechend weite, zylindrische Glasröhrchen eingefüllt, diese verkorkt und sodann horizontal in die Mitte eines mit Flüssigkeit gefüllten planparallelen Spiegelglastroges versenkt. Bei entsprechender Auswahl der Zusatzflüssigkeiten war nun der Erfolg verblüffend: man empfing tatsächlich den Eindruck, allerschönste glockenförmige Körper vor sich zu haben. Da die Möglichkeit vorlag, durch eine vorgefasste Meinung selbst beeinflusst zu sein, wurde einer Reihe von Versuchspersonen verschiedener Bildungsstufen, die völlig im Unklaren gehalten wurden, worum es sich handle, diese Versuchsanordnung vorgelegt, mit der Aufforderung, ihr Urteil über die Gestalt der eingeschlossenen Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. 413 Modelle abzugeben. Die Antwort lautete stets: „schüssel-, teller-, napf- oder elockenähnlich“. Von Zusatzflüssickeiten wurden in verschiedenen Kombinationen Wasser, Alkohol, Xylol nnd Glycerin in Anwendung gebracht. Wie schon auf Grund der Brechungsexponenten!) zu erwarten, erhielt man: die besten Resultate bei Füllung der Röhrchen mit Alkohol und des Troges mit Xylol oder Glycerin, während Wasser und Alkohol oder die Füllung von Röhrchen und Trog mit der eleichen Flüssigkeit sich als ungeeignet erwiesen. Es war ja natürlich nieht möglich, und es kam mir auch nicht darauf an, die zahlen- mässig gleichen Bedineungen wie im Gefässsystem herzustellen; das Ausenmerk konnte bei den schematischen Versuchen lediglich darauf gerichtet werden, dieselben ähnlich zu gestalten, und das dürfte bei unserer Versuchsanordnung, wenn auch vielleicht in etwas über- 'triebener Weise, erreicht worden sein. Bis zu einem gewissen Grade machte sich auch, wenigstens für mein Empfinden, die Färbung der Modelle und der Zusatzflüssiekeiten insofern bemeıkbar, als die Täuschung bei ungefähr gleicher Färbung derselben besser hervortrat als bei deutlicheren Farbenuuterschieden. Weidenreich schreibt den Erythrocyten die ausgesprochene Tendenz zu, sich selbst überlassen sofort zu Scheiben zu werden, 'so dass bei der Anfertigung eines Blutpräparates in der herkönm- lichen Weise im mikroskopischen Bilde nur mehr Scheiben nach- weisbar sind, die schliesslich in die bekannten Maulbeerformen übereehen. „Es hat sich durch meine Versuche ergeben, dass daran nicht der Temperaturunterschied noch der Deckglasdruck schuld ist, sondern die infolge der Verdunstung eintretende Konzentrations- erhöhung des Plasmas.“ ?) „Operiert man nicht sehr rasch bei der Untersuchung des un- verdünnten Blutes und benutzt man namentlich kältere Objektträger und Deckeläser, so genügt die erhöhte Verdunstung der warmen Blutflüssiekeit, um eine stärkere Konzentration des Serums herbei- 1) Brechungsindices rund: Glas 1,53, Xylol 1,50, Glycerin 1,47, Äthyl- alkohol 1,36, Wasser 1,39. 2) F: Weidenreich, |. ce. S. 17. 1904. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 28 414 Leopold Löhner: zuführen; aber schon eine Schwankung des Kochsalzgehaltes um 1°/oo reicht wiederum hin, um eine Gestaltsveränderung der Blut- körperchen auszulösen.“ !) Um der Wasserabgabe des Blutes durch Verdunstung vorzu- beugen, wendet Weidenreich°) die sub Punkt 3 angegebenen Vorsichtsmassregeln an: „Bringt man nun einen Tropfen Blut, den man wie gewöhnlich durch Einstich in die Fingerspitze gewinnt, so rasch wie irgend möglich durch Abtupfen mit dem auf mittlere Körpertemperatur erwärmten Deckgläschen auf den gleichfalls 37,5 ° warmen Objekttisch, so herrscht einen Augenblick in dem zu dünner ‚Schicht ausgebreiteten Tropfen eine lebhafte Bewegung, die roten Blutkörperchen strömen so rasch hin und her, dass man ihre Form nicht recht erkennen kann. Tritt dann etwas mehr Ruhe ein, so beginnen sie sich zu Geldrollen aneinanderzulegen, dabei fällt auf, dass weitaus die meisten isoliert erscheinenden Körperchen .... .“ Glockengestalt zeigen. Bei der geschilderten Versuchsanordnung, also der Verwendung ‘von erwärmten Deckgläsern, Objektträgern und des heizbaren Ob- jekttisches, bleibt mir, offen gestanden, unverständlich, wie so er- wärmte Deckgläser und Objektträger gegen die Verdunstung günstigere Verhältnisse schaffen sollen als nicht erwärmte. Wird ein Blutpräparat in der angegebenen Weise angefertigt, so muss aber mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass eine neue Fehlerquelle aus der Wärmewirkung sich ergebe, ein Einwand, der schon von Albrecht?) erhoben wurde, in der Art, dass die Glocke lediglich ein Zwischenstadium der durch Wärmewirkung stattfindenden Umformung der Scheibe zur Kugel darstelle. Dieser Einwand liest mit Rücksicht auf den altbekannten Versuch Ranvier’s*) mit dem Zinnstabe um so näher, da von diesem typische Glockenformen als Ergebnis rascher, vielleicht einseitiger Wärmewirkung beschrieben und abgebildet wurden. Weidenreich erkennt diese Tatsachen an, hält aber einen Einfluss der Wärmewirkung bei seinen Versuchen für ausgeschlossen. „Dass durch Erwärmen dieser Formenwandel herbeigeführt werden 1) F. Weidenreich, 1. c. 8.469. 1903. 2) F. Weidenreich, |. c. S. 464. 1903. 3) E. Albrecht, 1. c. S. 90. 1904. 4) L. Ranvier, Traite technique d’Histologie p. 189. Paris 1875—1888. Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. 415 kann, ist richtig; haben die Blutkörperchen einmal Scheibenform an- genommen, so vermag Temperatursteigerung ebenso wie Wasser- zusatz ihre Gestalt in der von Albrecht angegebenen Weise zu ändern. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass die von mir in normalem Blut beobachtete Glockenform auch einer erhöhten Temperatur ihre Eutstehung verdankt.*!) Das Hauptgewicht legt er bei dieser Entgeenung auf seine Beobachtungen über das Vor- kommen von Glocken „auch ohne jede künstliche Erwärmung“, so besonders im strömenden Blute des lebenden Tieres. Nach unseren vorausgezangenen Ausführungen (vgl. S. 411) kann diesem Momente jedoch keine besondere Beweiskraft zugeschrieben werden. Die Nachprüfung der Versuche mit erwärmten Deckeläsern be- stärkte mich in dieser Anschauung und machte auch glaubhaft, dass Albrecht’s Einwürfe in Hinblick auf die Wärmewirkung wenigstens zum Teile zu Recht bestehen dürften. Auf welche Weise lassen sich Deckgläser uud Objektträger auf eine bestimmte konstant bleibende Temperatur bringen? Durch Erhitzen mit einem Bunsen-Brenner wohl kaum; schier unvermeid- lich wird hierbei, wenn man sich auch noch so sehr auf seinen Temperatursinn und nachherige Messungen verlässt, eine momentane Überhitzung statthaben. Und doch gibt diese Methode der Er- wärmung in bezug auf das Auftreten der Glockenformen die besten Resultate, jedenfalls, soweit ich meinen Beobachtungen glauben darf, viel bessere als die Erwärmung in einem auf Körpertemperatur ge- haltenen Brutschrank oder, nach dem offenbar von Weidenreich eingeschlagenen Vorgehen, auf einem heizbaren Öbjekttische. Neben dem für das Entstehen der Glocken zum Teile direkt verantwortlich zu machenden Einfluss der Wärme wird man auch die indirekte Beeinflussung der Verdunstung durch dieselbe nieht ausser acht lassen dürfen. Weidenreich?) betont selbst, wie ausserordentlich geringe Konzentrationsschwankungen des Blutplasmas, Schwankungen, die den Wert 1°oo nicht zu erreichen brauchen, bereits Gestalts- veränderungen der Erythroeyten auslösen können. Man wird nun jedenfalls bei der Herstellung von Blutpräparaten, noch dazu unter Verwendung erwärmter Gläser, damit rechnen müssen, dass Ver- dunstung stattfindet und damit eine, wenn auch geringe Hyper- 1) F. Weidenreich, |. c. S. 14. 1904. 2) F. Weidenreich, |. c. S.469. 1909. 416 Leopold Löhner: isotonie des Blutplasmas Hand in Hand geht, auch wenn man sich mit der Vollendung und Umrahmung des Präparates noch so sehr beeilt. An dieser Stelle sei auch einer von Prof. OÖ. Zoth eelegentlich gemachten Beobachtung Erwähnung getan. In einem Heissluftbade wurden bei der Temperatur von 55° C. Präparate des eigenen Blutes in der herkömmlichen Weise angefertiet. Dieselben an Ort und Stelle sofort untersucht, zeigten ausschliesslich nur die schönst ausgebildeten Glockenformen. Wenn überhaupt, dann musste aber gerade bei der Herstellung dieser Präparate sich der Einfluss von Wärme und Trockenheit bzw. der Verdunstung geltend machen. — Wie immer man auch die vorstehend geschilderten Versuchs- bedingungen abändern mag, wird man doch die Möglichkeit eines äusseren störenden Einflusses nicht völlige von der Hand weisen können. Bald kann die Berührung mit der kälteren und trockenen Luft bei der Blutentnahme und damit verbunden eine augenblick- liche Abkühlung, wohl eher als Verdunstung, bald wieder die Verwendung zu heisser Deckeläser und dereleichen für den Ausfall der Versuche verantwortlich gemacht werden. Allen Einwänden kann nur dann Rechnung getraren werden, wenn die Blutentnahme und die Anfertigung des Blutpräparates in einem Raume geschieht, der, auf Körpertemperatur gehalten, zugleich eine jede Ver- dunstung möelichst ausschliessende Feuchtickeits- sättigeung besitzt. Zur Verwirklichung dieses Gedankens wurde ein Kasten, ähn- lich einem Brutschranke, von den Dimensionen 60 30x40 em gebaut, der es erlaubte, durch Ausschnitte der Rückseite die Arme einzuführen, im Inneren zu hantieren und zu mikroskopieren. Der Boden (50 >30 cm) und die beiden Schmalseiten (3040 em), aus Zinkblech verfertigt, wurden als Wasserbad (5 cm Wandunes- abstand) eingerichtet und an den Innenseiten mit dieken, in Falzen verschiebbaren Filzplatten beleet. Die Vorderwand (50 X 40 cm) bestand aus einer dicken Spiegel- slasplatte, deszleichen die Decke (50 x 30 em). Diese letztere trägt drei kreisrunde Bohrungen, zwei kleine seitliche, bestimnit zur Aufnahme von Thermometern, und eine grosse mittlere, von 5 em Durch- ınesser, für den Tubus des Mikroskopes.. Über dieser Öffnung wurde eine verstellbare Aarteummi-Schiebervorrichtung angebracht, Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. 417 die es erlaubte, den Tubusauszug beliebig zu ändern und doch in jeder Stellung einen dichten Verschluss herzustellen. Die Hinterwand (60 ><40 cm), aus filzbeleetem Zinkblech ver- feıtigt, lässt sich in Falzen verschieben und ist an symmetrischen, exzeutrisch gelegenen Stellen mit runden Armausschnitten von 13 cm Durchmesser versehen. An diesen sind Tuchmanschetten von 30 cm Länge befestiet, die über den Arm gestülpt und durch Gummizüge an ihren Enden festgehalten werden. Das Mikroskop steht inmitten des Kastens auf einem hölzernen Sockel. Nur der obere Teil des Tubus mit dem Okulare ragt so weit aus dem hierfür bestimmten Deckenausschnitte hervor, dass das Auge bequem angelegt werden kann, während sowohl der Zahn- trieb als auch die Mikrometerschraube im Innern des Kastens verbleiben. Durch Mikrobrenner wurde der Kasten angeheizt und für die vorliegenden Versuche dauernd auf der Temperatur von 38° C. ge- halten. Vor dem jedesmaligen Ingebrauchsetzen wurden die den Boden urd die Schmalseiten auskleidenden Filzbelege ausgiebig mit destilliertem Wasser durchtränkt. Ein im Inneren aufgehängtes kleines Lambrecht’sches Haarhygrometer, das in Wasserdampf auf seine Genauigkeit geprüft war, erlaubte, den jeweiligen Feuchtigkeits- gehalt der Innenluft abzulesen. Es ging nun bei diesen Versuchen sowohl aus den Hygrometerablesungen als auch aus dem Umstande, dass sich reichlich Kondensationswasser an den Wänden abschied, unstreitig hervor, dass sich für eine Temperatur von 38°C. eine vollständige Feuchtigkeitssättigung erzielen liess, und dass daher eine Verdunstung bei der Präparatanfertigung wohl vollkcmmen ausgeschlossen war. Unangenehm bemerkbar machte sich bei vielstündiger Brenn- dauer (las von den Wänden und der Decke, teilweise auch längs des Mikroskopes abtropfende Kondensationswasser. Rasches Ab- wischen von Frontlinse und Spiegel mit einem trockenen, erst beim Einführen der Arme mitgenommenen Lappen behob diese Übelstände für die für einen Versuch völlig ausreichende Zeitdauer. War das Mikroskop sehr lange dieser feuchten Atmosphäre ausgesetzt, so kam es anfänglich auch zu einem feinen Beschlage der ÖObjektiv- linsen im Innern, wodurch die Klarheit der Bilder litt. Hiergegen schützte später tüchtiges Einfetten der Objektivgewinde mit Talg. 418 Leopold Löhner: Objektträger, Deckgläser und Lanzette wurden, vor abtropfendem Wasser geschützt, im Kasten vorgewärmt. Zog man die Manschetten bis über die Ellenbogen an, so hatte man genügend Bewegungsfreiheit, um einerseits noch die Mikrometer- schraube zu erreichen, anderseits auf die herkömmliche Weise ein Blutpräparat verfertigen und im Mikroskope einstellen zu können. Wurden nun unter den angegebenen und jedenfalls ziemlich einwandfreien Bedingungen Blutpräparate untersucht, so wurden stets und ausschliesslich nur Erythrocyten in der Gestalt von bikonkaven Scheiben wahrgenommen. Erwähnenswert wäre noch der Umstand, dass die einzelnen Scheibehen etwas länger ihre Selbständigkeit zu bewahren scheinen, ehe sie sich zu Geldrollen aufreihen, als dies sonst der Fall ist. Eine weitere Methode Weidenreich’s, die Glockengestalt zu demonstrieren, ist die, die Blutkörperchen in einer Serum- aufschwemmung zu untersuchen. Eine frisch entnommene Blutmenge wird defibriniert und hier- von durch rasches Zentrifugieren das Serum gewonnen. „Betrachtet man nun die roten Blutkörperchen des Tieres, nachdem man ein Tröpfehen Blut in dieses Serum laufen lässt, so kann man ohne weiteres feststellen, dass sie keine bikonkaven Scheiben, sondern Glocken sind; umrandet man das Deckglas eines solchen Präparates, um die Verdunstung zu verhüten, mit Öl oder Paraffın, so lässt sich die Form stundenlang erhalten, erst spät treten bikonkave Scheiben und Maulbeeren auf; die Temperatur spielt dabei gar keine Rolle, d. h. es ist gleicheültig, ob man bei Zimmer- oder Körpertemperatur manipuliert und beobachtet. Zur blossen Konstatierung der Form kann man auch fremdes Serum benutzen; bringt man einen Tropfen frischen Kaninchenserums z. B. auf den eigenen Finger und sticht hindurch, so dass der hervorquellende Tropfen direkt dem Serum sich beimengt, so sieht man im rasch gefertigten Präparat die mensch- lichen Blutkörperchen als Glocken herumtreiben, erst später beginnt die hämolytische Wirkung des Serums sich zu äussern.“ !) Eine derartige Methode muss die Kritik wohl ohne weiteres als nicht beweisend ablehnen. Denn es geht doch nicht an, das Serum, I) F. Weidenreich, ]l. c. Fol. haem. p. 97. 1905. Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. 419 dessen Eiweisskörper- wie Salzgehalt gegenüber dem des Blutplasmas durch den Gerinnungsvorgang wesentliche Veränderungen erlitten hat, als eine für den vorliegenden Zweck indifferente Zusatz- flüssigkeit zu verwenden, um so weniger, wenn man selbst auf die Empfindlichkeit der Körperchen gegen zeringste Konzentrations- änderungen hinweist. Und diese Ablehnung muss noch schärfer werden «zerenüber der Verwendung artfremden Serums, das sich doch durch die bald auftretende hämolytische Wirkung direkt als hochgradig different gegenüber den Erythroryten erweist. Weidenreich!) hat ferner eine in ähnlicher Weise früher schon von Malassez’) und Jolly?) geübte Methode der Blutfixa- tion mit den Dämpfen 1°/oiger Überosmiumsäurelösung angegeben, die gegenüber den Methoden, das Blut tropfenweise in eine Fixa- tionsflüssiekeit, wie Überosmiumsäure, Flemming’sche Lösung oder Sublimat, einzubringen, unbestreitbare Vorzüge besitzt, und die er in gewisser Hinsicht dem Ehrlich’schen Antrocknungsverfahren gegenüberstellt: während bei allen auf der Weiterbildung des Ehrlich’schen Prinzipes beruhenden Methoden die Antrocknung der eigentlichen chemischen Fixation vorausgeht, wurde hier der umgekehrte Weg eingeschlagen. Weidenreich streicht den aus der gereinigten Fingerbeere austretenden Blutstropfen rasch in dünner Schicht auf jene Seite eines Objektträgers, die durch Auflegen auf eine Glasdose den aus dieser emporsteigenden Osmiumdämpfen ausgesetzt war, und lässt dann sofort die Dämpfe noch Y«—!/2 Minute auf das Präparat ein- wirken. Vom Gesichtspunkte der Erhaltung des morphologischen Bildes soll diese Methode Hervorragendes leisten, indem die Blutkörperchen, je nachdem sie vorher Scheiben- oder Napfform besassen, auch in dieser Gestalt fixiert werden; bei der Anfertigung eines Präparates mit frisch entnommenem Blute ergäbe sie immer Napfformen. 1) F. Weidenreich, 1. c. Fol. haemat. p. 2. 1906, 1. c. S. 392. 1907. 2) L. Malassez, Sur l’origine et la formation des globules rouges dans la moälle des os. Archives de Physiologie norm. et pathol. t.9 p. 1. 1882. 3) J. Jolly, Sur quelques points de l’etude des globules blancs dans la leuc&mie, & propos de la fixation du sang. Arch. de med. exp. p. 73. 1902. — Histologie pathologique du sang. Cornil et Ranvier, Traite d’Histologie pathologique p. 515. Paris 1902. 420 Leopold Löhner: Diese Methode mag noch so vorzüglich sein, so wird für sie doch auch das gelten, was stets bei der Verwendung von Chemi- kalien, trotz aller gegenteiligen Argumentation, aufrechterhalten werden muss, dass sie wegen der Möglichkeit — nicht Notwendig- keit — artefizieller Veränderungen nie als Beweis, sondern im besten Falle nur als unterstützendes Moment einer Beweisführung am frischen Objekte herangezogen werden darf. Tatsächlich sind gegen die Verwendung von Osmiumsäuredämpfen zur Fixation von Blutpräparaten Bedenken namhaft gemacht worden, dass sie nämlich Quellungserscheinungen an den Blutkörperchen hervor- riefen, so schon früher von Pappenheim!) und mit Rücksicht auf Weidenreich’s Veröffentlichung von Jolly?).. Weidenreich verteidiet sich gegen diese Vorwürfe in ausführlichen Entgegnungen?), auf die hiermit verwiesen sei, indem er ausführt, dass man zum Zustandekommen einer Quellung annehmen müsste, die Osmium- dämpfe verrirgerten entweder die Konzentration des Blutplasmas oder erhöhten die des Blutkörpercheninhaltes bei gleichzeitiger In- differenz des Plasmas. Für keine dieser beiden Annahmen liessen sich aber Beweisgründe namhaft machen. Das Ergebnis nun, zu dem wir auf Grund unserer Unier- suchungen an möglichst unveränderten Säuger-Erythrocyten gekommen sind, ist das, dass wir nach wie vor die bikonkave Scheibe als Normalform der Säuger-Erythrocythen annehmen müssen. Es soll damit keineswegs in Abrede gestellt werden, dass ge- legentlich auch typische Glocken im Blute vorkemmen können; da- für liegen verschiedene Mitteilungen vor. Aber es geht keineswegs an, die Glockenform als die Normalform, d. h. also als die unter physio- loeischen Verhältnissen bei weitem vorherrschende zu bezeichnen. In pathologischen Fällen scheinen unter Umständen die Glocken das herrschende Element werden zu können; wenigstens liegt nach Weidenreich eine diesbezügliche ältere Mitteilung von Litten*) vor, der bei schweren Anämien das Vorkommen glocken- 1) A. Pappenheim, Atlas der menschlichen Blutzellen, 1. Lief., S. 4. 1905. 2) J. Jolly, l. c. S.481. 1905, und 1. c. S. 183. 1906. 3) F. Weidenreich, l. c. S. 241. 1906, und 1. c. S. 395. 1907. 4) M. Litten, Über einige Veränderungen roter Blutkörperchen. Berliner klin. Wochenschr. 1877 Nr.1. (Vgl..F. Weidenreich, l. c. S.16. 1904.) Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. 49] ähnlicher Formen, die er als „Pessarienformen“ bezeichnete, festzu- stellen vermochte. In diesem Falle wird man also wohl, mit Jolly’), der zwischen Alterations- und Modifikationstypen der Erythrocyten unterscheidet, zu sprechen. eine Alteration annehmen dürfen, während Jolly sonst die im frisch gelassenen wie im zirkulierenden Blute gesunder Menschen auftretenden vereinzelten Glocken als den Scheiben sonst gleichwertige Modifikationen auffasst. In eineın chronologischen Zusammenhange, etwa als Jugend- oder Altersformen, scheinen Glocken und Scheiben mit einander nicht zu stehen. Möglicherweise unterlieest der Gehalt des Blutes an Glockenformen individuellen und zeitlich begrenzten Schwankungen, deren letzte Ursachen allerdings als nicht aufgeklärt bezeichnet werden müssen. Sieht man die bikonkave Scheibe als Normalform und hiermit auch als Gleichgewichtsfigur der Säuger-Erythrocyten an, so wird man für alle abweichenden Formenbildungen jedenfalls Änderungen der Oberflächenspannung und der Gestaltselastizität verantwortlich machen müssen. Über die diesbezüglichen überaus komplizierten Beziehungen zwischen der Oberflächenspannung kleinster suspendierter Teilchen und dem umgebenden Medium und der speziellen Anwendung dieser physikalischen Gesetze auf das Blut, wie es z. B. Heiden- hain?) und Orsös?) versuchten, sind wir, abgesehen vielleicht von den durch die Osmose bedingten Erscheinungen, noch lange nicht hinreichend unterriehtet.- Jedenfalls wird man für die Um- wandlung eines äquatorial symmetrischen in einen asymmetrischen Körper — das findet ja schliesslich beim Übergange der Scheibe in die Glocke statt — einseitig angreifende oder zumindest sich ein- seitic stärker äussernde Kräfte verantwortlich machen müssen. So kann man sich vorstellen, dass bei dem Versuche von Ranvier*) die plötzliche einseitige Einwirkung der Wärme die eigentümlichen, von den bei gleichmässiger Erwärmung auftretenden’) recht ver- schiedenen Veränderungen an den Erythrocyten hervorruft. In De dolly.. 12 c,8.4817.1905: 2) M. Heidenhain, |. c. S. 461. 1904. >) E. Ons0s,.l., es S; 1. 1909. 4) L. Ranvier, 1. c. S. 189. : 1875—1888. 5) M. Schultze, Ein heizbarer Objekttisch und seine Verwendung bei Untersuchung des Blutes. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 1 8.1. 1869. 422 Leopold Löhner: ähnlicher Weise könnte für das Entstehen der Glockenformen über den Stanniolelektroden nach Einwirkung des elektrischen Entladungs- schlages!) an eine einseitige Ionenwirkung, für das Vorkommen in anisotonen Flüssigkeiten?) an ungleichmässige Diffusionsvorgänge gedacht werden. Über die Art und Weise, wie solche ungleichmässige Einwirkungen die Gestaltsveränderungen nach sich ziehen, noch weitere Spekulationen anzustellen, halte ich für ziemlich zwecklos. Der Erfolg ist jeden- falls der der Annahme einer neuen Gleichgewichtsfigur, der Glocke. Dazu möchte ich nur noch bemerken, dass, wie schon aus den vor- stehenden Ausführungen zur Genüge hervorgeht, für das Zustande- kommen dieser Gestaltsveränderung die heterogensten einseitig oder aber beidseitig ungleich stark wirksamen Einflüsse denkbar sind. Weidenreich°) geht von der für ihn feststehenden An- schauung aus, dass die Glocke verglichen mit der Scheibe einen Quellungszustand darstelle oder, von seinem Standpunkte aus wohl richtiger ausgedrückt, die Scheibe einen Sehrumpfungszustand der Glocke. „. -. bedient man sich nun der neuerdings für ‚physiologisch‘ ausgegebenen Kochsalzlösung von 0,9°/o, so wird man nach Glocken- formen vergeblich Ausschau halten, überall zeigen die Profil- oder Enface-Ansichten, und zwar sehr stark markiert, die typischen Scheibenbilder.“ *) | „Nimmt man dagegen eine nur 0,6 °/oige Lösung, so sieht man wieder fast ausschliesslich Glocken.“ *) ne». wir brauchen ja nur die 0,9°/oige. Kochsalzlösung zu verdünnen, um die Körperchen in Glocken überzuführen.“°) Sieht man die Glocken als Quellungserscheinuneen an, dann wird man also stets eine relative Hypisotonie des Mediums anzu- nehmen haben. Für eine ganze Reihe von Fällen, so auch die hier zitierten, scheint die Deutung der Glocken als Quellungszustände völlig zu- treffend. Wie will man damit aber die Befunde des Heissluft- 1) L. Löhner, 1. c. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 120 S. 203. 1907. 2) Vgl. F. Weidenreicn, l. c. Fol. haem. vol. 2 p. 97. 1905. 3) F. Weidenreich, |. c. S. 19. 1904. ' 4) F. Weidenreich,]. c. 8.468. 1909. 5) F. Weidenreich, |. e. S. 19. 1904. Über die Glockenformen von Säugererythrocyten und ihre Ursachen. 423 versuches (vgl. S. 416) und jener Versuche, bei denen man eine merk- liche Verdunstung nicht ausschliessen kann, in Einklang bringen ? Unvermeidlich muss es hier zu einer Konzentrationserhöhung und damit zu einer relativen Hyperisotonie des Blutplasmas kommen, und an den Blutkörperchen können: unter solchen Umständen, sieht man von der Wärmewirkung als solcher ab, höchstens Schrumpfungs-, jedenfalls nicht Quellungserscheinungen auftreten. Ein zwingender Grund, das Entstehen der Glocken auf diesem Wege, also als Folge einer statthabenden Konzentrationserhöhung des Blutplasmas, für unmöglich zu erklären, liest meines Erachtens nach nicht vor, um so weniger, da auch Maulbeer- und Stechapfel- formen, die ja immer als Schulbeispiele für Gestaltsveränderungen unter dem Einflusse hyperisotonischer Lösungen angeführt werden, unter Umständen in einem hypisotonischen Medium beobachtet wurden !). Als wesentlich wird man nur auch hier die ungleichmässige, einseitige Einwirkung im Auge zu behalten haben; deren Zustande- kommen dürfte sich gerade bei der Verdunstung durch die von den oberflächlichen zu den tieferen Schichten abnehmende Konzentrations- erhöhung ungezwungen erklären lassen. Unter den gegebenen Bedingungen könnte man sich ungefähr auf diese Weise das Entstehen einer neuen Gleichgewichtsfigur, der Glocke, in anisotonen Flüssigkeiten vorstellen. Findet aber die Einwirkung und die damit jedenfalls verbundene Schädigung des molekularen Gefüges allseits gleichmässig — und wohl auch in höherem Grade — statt, dann führt Hypertonie des Mediums durch alleemeine Schrumpfung zur Maulbeerform, Hypotonie durch gleich- mässige Quellung zur Kugel. Man sieht sich weiters noch zu folgender Überlegung veranlasst: Die scheibenförmigen Blutkörperchen verwandeln sich unter dem Einflusse der Wärmewirkung in Glocken; eine Rückverwandlung findet aber hier nie und unter keinen Umständen statt, ebensowenig als bei den durch die Einwirkung des elektrischen Entladungsschlages hervorgerufenen Glockenformen. Nach Weidenreich stellen die Scheiben bereits sekundär veränderte Formen vor, und aus diesen sollten unter so schwer schädigenden Einflüssen, wie es Hitze und Entladungsschlag doch jedenfalls sind, wieder den Primär- und 1) E. Albrecht, l. c. 8.93. 1904. . 424 Leopold Löhner: Über die Glockenformen von Säugererythrocyten etc. Normalformen so überaus ähnliche oder gar identische Glocken entstehen können? Diese Vorstellung hätte zwar dann nichts Be- fremdendes an sich, wenn sowohl Glocken als Scheiben sich als ausserordentlich labile Gestaltungen erwiesen und die Veränderungen nach beiden Seiten und stets umkehrbar stattfinden würden. Nun wären derartige Umkehrungen nach Weidenreich zwar bei An- wendurg verschiedener Kochsalzkonzentrationen möglich — obwohl auch noch diesbezüsliche genauere Beobachtungen, beschränkt auf einzelne bestimmte Blutkörperchen, wünschenswert erscheinen —, nie eilt aber das gleiche für die nach den anderen angeführten Methoden zur Darstellung gebrachten Glocken. Die Schlüsse, die man aus allen diesen Aus- führungen wird ziehen dürfen, werden die sein, dass man dieGlockenformen der Säuger-Erythrocyten — auf welche Weise immer man dieselben auch zur Dar- stellung gebracht hat — wohl kaum als primär ge- sebene, unveränderte und ungeschädigte Gebilde wird auffassen dürfen. Gerade diese Überlegungen werden es auch zweifelhaft er- scheinen lassen, ob man die im normalen Blute mitunter beobachteten vereinzelten Glocken als vollwertige Bildungen, als Modifikations- typen nach Jolly, wird bezeichnen dürfen, oder ob dieselben nicht immer bis zu einem gewissen Grade Alterationstypen darstellen. 425 Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. Von Dr. Wilhelm Sternberg, Spezialarzt für Zucker- und Verdauungsskranke in Berlin. (Mit 6 Textfiguren.) Geschmack und Geruch kann man als chemischen Sinn, Tast- sinn als physikalischen Sinn auffassen. Gemeinsam ist dem chemi- schen und physikalischen Sinn der recht untergeordnete Anteil, den sie im Gegensatz zu den übrigen Sinnen an unserer intellektuellen Ausbildung nehmen. Das ist der Grund, weshalb man sie die „niederen“ Sinne heisst. Um so wichtiger ist jedoch ihr Einfluss auf die vesetativen Vorgänge des tierischen Lebens, also auf die Erhaltune der Art und auf die Erhaltung des Individuums, sowie auf die Triebe, welche der Erhaltung der Art und der Erhaltung des Individuums vorstehen, nämlich auf den Appetit im weitesten Sinne des Wortes. Der Tastsinn hat nicht wenig mit der Erhaltung der Art zu tun. Soweit die Erhaltung des Individuums durch die Aus- wahl der Nahrunesmittel bestimmt wird, findet der Trieb der Nahrungssuche, also der Appetit im engeren Sinne des Wortes, seine wesentlichste Unterstützung im chemischen Sinn. Ist das richtig, dann müssen sich gewaltige Unterschiede gerade im Bereich dieser Sinnesgeebiete ergeben, und zwar nach zwei Richtungen hin, einmal Unterschiede in der Gattung, im Geschlecht, dem männlichen gegen- über dem weiblichen, sowie Unterschiede im Alter, dem geschlechtsreifen gegenüber dem geschlechtsunreifen. Diese Gesichtspunkte bedürfen umfangreicher und eingehender Untersuchungen. Einen Beitrag hierzu mögen einige experimentelle Prüfungen über die Unterscheidungs- fähigkeit des Geschmacks und des Geruchs abgeben. Was den Geschmack betrifft, so haben experimentelle Unter- suchungen in letzter Zeit auch nichtmedizinische Forscher geliefert: 426 Wilhelm Sternberg: die Chemiker C. Th. Becker!) und R. OÖ. Herzog, der Theologe Norbert Brühl?), der Philosoph Kowalewski®), der Leiter der Weinbauschule in Geisenheim Wortmann) u. a. m. Diese Arbeiten sind seltsamerweise in der fachwissenschaftlichen Literatur der Sinnes- physiologie, z. B. in Nagel’s°) Darstellungen, ganz übersehen worden. Trotz des regen Interesses, das auch die nichtfachwissenschaftlichen Forscher der experimentellen Ergründung des Geschmacks entgegen- bringen, erhalten sich doch in der Sinnesphysiologie die Sätze: „Der Geschmack ist verschieden“, „Des goüts sont differents“ und „De gusti- bus non est disputandum“, „Il ne faut pas disputer des goüts“, bei aller Widerlegung meinerseits‘), Sätze, die mir für die weitere Eut- wicklung dieser Disziplin nicht wenig verhängnisvoll zu sein scheinen. Denn sie erhalten sich nicht bloss in der Theorie der physiologischen Wissenschaft, wo sie von Bidder’) und Munk°) hervorgehoben werden, sondern auch in der wissenschaftlichen Praxis sogar. Die be- deutendsten Spezialforscher, mit Zuntz?) Bickel?), Rosenheim?), berufen sich auf diesen Satz bei der Beurteilung der Genussmittel und sogar bei der vereleichenden Abschätzung des Wertes von Surro- gaten gegenüber dem der orieinalen Genussmittel. Selbst in der Dis- kussion über die Frage der Krankenhausküche und der Kranken- 1) „Zur Kenntnis des Geschmacks.“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 1907 Nr. 52 S. 496 —503. 2) „Das Geschmacksorgan und die Geschmacksempfindungen nebst neuen Untersuchungen über die Erregung verschiedener Geschmäcke durch den elektr. Strom.“ Natur und Offenbarung Bd. 94 S. 302. 1903. 3) „Studien zur Psychologie des Pessimismus.“ Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens S. 54. Wiesbaden 1904. 4) Landwirtschaftl. Jahrbücher, Zeitschr. f. wissenschaft. Landwirtschaft und Arch. des Kgl. Preuss. Landes-Ökonomie-Kollegiums 1906 S. 741—836. Julius Wortmann-Geisenheim, „Über den Einfluss der Temperatur auf Geruch und Geschmack der Weine“. 5) Handb. d. Physiol. 1905 Bd. III. — Lehrb. d. Physiol. des Menschen von Zuntz-Loewy. 1909. 6) „Zur Physiologie des süssen Geschmacks“. Zeitschr. f. Psychol. u. Physiol. d. Sinnesorgane Bd. 35 8. 83. 1904. 7) „De gustu non est disputandum.“ „Schmecken.“ Wagner’s Hand- wörteıbuch d. Physiol. Bd. III, 1 S.9. 1846. 8) J. Munk, „Physiologie des Menschen und der Säugetiere“, 5. Aufl., S. 505. 1899. 9) „Die Alkoholfrage im Lichte der modernen Forschung“ S. 48 und 49. Leipzig 1909. — „Geschmack und Appetit.“ Zeitschr. f. Sinnesphysiol. Bd. 43 S. 336, 337. 1908. Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. 497 küche, welche ich in dem Sinne der Berücksichtigung einer grösseren Schmackhaftigkeit zu reformieren bestrebt bin, hält man!) mir stets den Satz enteegen: „Über den Geschmack lässt sich überhaupt nicht streiten.“ Könnte eine solche Annahme auch schon eine gewisse Richtigkeit beanspruchen, dann gebietet doch die Art der wissenschaftlichen Be- arbeitung, wie ich?) bereits ausgeführt habe, zunächst einmal das Gegenteil vorauszusetzen. Und hieran wäre so lange festzuhalten, bis erst die Unrichtiekeit dieser Annahme erwiesen wäre. Zudem ist der Satz auch in Wirklichkeit durchaus unzutreffend. Er hat gar keine physiologische Geltung. Seine Richtigkeit beschränkt sich bloss auf die psychologische Seite, wie ich?) eingehend dargelegt habe. Das haben die modernen Physiologen ganz über- sehen. Dies ist darum die Klippe, an der die ganze Pawlow’sche Schule mit ihren Lösungsversuchen des Problems vom Appetit ge- strandet ist. Und nicht einmal in psychologischer Hinsicht ist der Umfang der Richtigkeit jenes Satzes ein bedeutender. | An Qualitäten kommen lediglich die vier: Süss und Bitter, Salzige und Sauer in Betracht. Die Ansicht von Nagel*) und Cohnheim?°), dass noch eine fünfte Qualität, nämlich der lJaugenhafte Geschmack, hinzuzufügen sei, glaube ich) bereits endgültig widerlegt zu haben. Trotzdem hält Nagel’) an seiner Ansicht immer noch fest und meint sogar, eine sechste Geschmacksqualität, nämlich die metallische, nicht abweisen zu müssen: „Unentschieden ist, ob es einen spezifisch Jaugenhaften und einen metallischen Ge- schmack gibt, oder ob das nur Mischungen mehrerer anderer Qualitäten sind.“ Allein tatsächlich ist es doch noch niemals gelungen, durch irgendeine Mischung der verschiedensten Geschmacksqualitäten einen metallischen oder laugenhaften Geschmack hervorzubringen. Auch 1) Wehmer, Diskussion zum Vortrag: „Die Küche in der modernen Heil- anstalt.“ Deutsche Gesellsch. f. öffentl. Gesundheitspflege 12. Januar 1909. Hygien. Rundschau 1909 Nr. 12. 2) „Zur Physiologie des süssen Geschmacks.“ Zeitschr. f. Psychol. u. Physiol. d. Sinnesorgane 1904 S. 8. 3) „Die Alkoholfrage im Lichte der modernen Forschung“ S. 51. Leipzig 1909. 4) „Der Geschmackssinn.“ Handb. d. Physiol. Bd. 3 S. 639. 1905. 5) „Die Physiologie der Verdauung und Ernährung. 23 Vorlesungen für Studierende und Ärzte“ S. 255. Berlin 1908. 6) „Die Zahl der Geschmacksqualitäten.“ Pflüger’s Arch. Bd. 125 S. 522. 1908. 7) Lehrb. d. Physiol. des Menschen, von Zuntz-Loewy, S. 211. 1909. 428 Wilhelm Sternberg: die Annahme von Ziehen!) vermag ich nicht zu teilen. Dieser Forscher vertritt den Standpunkt von Öhrwall, indem er folgende Angabe macht: „Von anderen werden ohne zureichenden Grund auch alkalisch und metallisch als besondere Geschmacksqualitäten angeführt. Beide beruhen auf eigenartigsen Kombinationen der elementaren Geschmacksempfindungen und beigemischter Berührunes- empfindungen.“ Allein es ist doch auch noch niemals gelungen, durch irgendwelche Beimischung von irgendwelchen Berührungs- empfindungen zu irgend welchen Geschmacksqualitäten einen alkalischen oder metallischen Geschmack zu erzeugen. Kiesow?) meint freilich, Mischungen von Zucker und Kochsalz in schwachen Lösungen er- geben bei einem bestimmten Mischungsverhältnis sehr schwachen, laugig-faden Geschmack, der weder an Süss noch an Salzie er- innert. Ich kann dies nicht bestätigen. Auch ergab meine Nach- frage bei Bäckern und Köchen, die diese Mischung doch gewiss oft herstellen, dass etwas Derartiges unbekannt ist. Zudem hatte auch Zuntz®) bereits vordem einen ganz anderen Effekt dieses Misch- geschmackes nachgewiesen. Die Intensität des Süssgeschmackes wird nämlich gesteieert, wenn einer Zuckerlösung salzig oder bitter schmeckende Stoffe, aber in so geringer Menge zugesetzt werden, dass sie für sich allein keine deutliche Geschmacksempfindung hervor- rufen. Setzt man eine 0,1 °%oige Kochsalzlösung, die nicht mehr durch den Geschmack von reinem Wasser zu onterscheiden ist, zu einer 12 bis 15°/oigen Zuckerlösung, so schmeckt diese er- heblich süsser als ohne den Zusatz. Der Intensitätsunterschied ist so gross, dass den meisten eine 12°%oige Zuckerlösung mit dem Zusatz deutlich süsser schmeckt als eine 15 °/oige ohne Zusatz. Sobald man aber mit dem Zusatz die Grenze überschreitet, so dass der salzige oder bittere Geschmack für sich auch wahrnehmbar wird, tritt die Erhöhung der Intensität nieht ein. Vielmehr zeigt sich der gegenteilige Effekt. Die Süsse erscheint geringer. Damit kann 1) Leitfaden der physiol. Psychologie, 8. Aufl., 1908 S. 49. 2) Philosophische Studien von W. Wundt Bd. 12 S. 266 u. 267 u. ff. 1896, „Beiträge zur physiologischen Psychologie des Geschmacksinnes.. $ 4. Kom- pensations- und Mischungserscheinungen.“ 3) Generalversamml. d. Vereins f. Rübenzucker-Industrie des Deutschen Reiches, 25. Mai 1892: „Wie erklärt sich die Ansicht des Publikums, dass Raffinaden verschiedener Herkunft verschieden süssen?“ —. Physiol. Gesellsch. Berlin 22. Juli 1892. „Beitrag zur Physiologie des Geschmacks.“ Arch. f. Physiol. 1892 S. 556. | Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. 499 wohl die Ansicht von Kiesow auch als widerlest angesehen werden, als ob durch Mischung von Süss und Salzig eine bisher unbekannte und obendrein ganz unzulässige Qualität, die des Laugigen, entstünde. Das, was die Forscher zu der Annahme einer laugigen Qualität ver- leitet, mag wohl die Tatsache sein, dass der den Säuren eigene saure Geschmack den diametralen Gegensatz, der durch die Chemie geläufig geworden ist, auch auf sensuellem Gebiet gewissermaassen fordert. Die Unterschiedsempfindlichkeit bezieht sich naturgemäss bloss auf die Intensität der einzelnen Qualitäten. Freilich der Psycho- lose G. F. Lipps'!) geht weiter, wie ich?) bereits wiederholt her- vorgehoben habe. In seiner kürzlich erschienenen Schrift „Grund- riss der Psychologie“ macht er nämlich folgende Angaben: „Jede der vier Grundqualitäten kann stärker oder schwächer empfunden werden. Sie kann aber auch in verschiedenen Färbungen oder Abtönungen auftreten, da es beispielsweise offenbar verschiedene Arten des Süssen gibt.“ Sieht man aber von dem Beigeschmack und Nach- geschmack ab, den Lipps gewiss nicht gemeint haben mag, so kann man dem Psychologen durchaus nicht beipflichten, als gäbe es wirklich mehrere Arten von Süss, mehrere Arten von Sauer, mehrere Arten von Salzig, mehrere Arten von Bitter. Eine solche An- nahme ist auch in der Literatur der Sinnesphysiologie noch niemals gemacht worden. „Es ist nicht möglich,“ sagt mit Recht Tiger- stedt°®), „dieGeschmackseindrücke in Unterabteilungen zu ordnen. Vorausgesetzt, dass wir von verschiedenen zu der- selben Gruppe gehörigen Substanzen nur solche Lösungen anwenden, welche einen gleich starken Geschmack hervorrufen, so schmecken z. B. Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure, Essigsäure, Weinsäure und Oxalsäure ganz gleich“. Nagel?) hat daher den Kernpunkt überhaupt gar nicht getroffen, wenn er meint: „Äquimolekulare Lösungen von Mineralsäuren wirken deutlich verschieden. am sauersten ist die Schwefelsäure, dann folgen Salz- und Salpetersäure, zuletzt die Phosphorsäure.“ Denn die chemische Stärke dieser Säuren ist vollkommen verschieden, so dass die äquimolekularen Lösungen 1) G. J. Göschen, 1909 S. 88. 2) „Die Küche in der moderuen Heilanstalt“ S. 91 Anm. 139. F. Enke, Stuttgart 1909. — „Der Appetit und die Appetitlosigkeit.“ Zeitschr. f. klin. Medizin Bd. 67 S. 7. 1909. 3) Lehrb. d. Physiol. d. Menschen, 2. Aufl., Bd. 2 3.125. Leipzig 1902. 4) „Der Geschmackssinn.“ Handb. d. Physiol. d. Menschen Bd. 3 S. 637. 1904. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 29 430 Wilhelm Sternberg: naturgemäss eine ganz verschiedene Intensität des Geschmackes zeigen müssen. Es ist vollkommen zutreffend, wenn Tigerstedt fortfährt: „Dasselbe gilt von den bitteren Stoffen, wie Strychnin, Chinin, Morphin und Pikrinsäure, sowie von den süssen, Milchzucker, Traubenzucker, Rohrzucker.“ Demnach bleibt die Unterscheidungsfähiekeit der vier Qualitäten von Süss, Bitter, Sauer und Salzig und die Unterschiedsempfindlich- keit der Intensitäten. Experimentalstudien über den Geschmack der Kinder sind nur recht selten ausgeführt worden. Es ist bezeichnend: Gerade der hervorragende ärztliche Praktiker Kussmaul!) war es, der die ersten exakten Geschmacksprüfungen bei Kindern ausgeführt hat, bereits vor einem halben Jahrhundert. f Von allen Sinnen ist der Geschmackssinn beim Neugeborenen am frühesten erwacht. Er ist schon sofort nach der Geburt in vor- züglichem Maasse ausgebildet. Denn das Neugeborene unterscheidet nicht nur die Qualitäten Süss und Bitter, sondern sogar die Intensi- täten. Zu einer Zeit, in der das Kind oder neugeborene Tier noch taub, ohne Geruch ‚und oft blind ist, jedenfalls noch nicht Farben unterscheiden kann, erkennt es doch schon die. Materie,:. und zwar lediglich mit diesem einzigen Sinn. Selbst 1—2 Monate zu früh geborene Kinder sind nicht weniger empfindlich gegen Geschmacks- reize, so dass angenommen wird ?), der Geschmackssinn werde schon im intrauterinen Leben geübt. Küstner und Binswanger er- wähnen sogar einen Anencephalus mit Geschmacksvermögen. Einen Anencephalus habe ich®) ebenfalls untersucht und einen tiefgehenden Unterschied in dem reflektorischen Mienenspiel auf die verschiedenen Geschmacksempfindungen wahrgenommen. Bei der süssen Geschmacksempfindung spitzt er den Mund, schluckt mit Behagen, beisst auf den den Schmeckstoff tragenden Pinsel und führt eine Saugbewegung aus. Ist ja der Saugreflex der erste Reflex über- haupt, der bereits in utero ausgelöst wird. Beim bitteren Geschmack wird das Gesicht verzogen, der Kopf abgeweudet, und der Mund stark geöffnet. Es findet also infolge der bitteren Geschmacks- 1) Kussmaul, „Untersuchungen über das Seelenleben des neugeborenen Menschen“. Leipzig und Heidelberg 1859. 2) „Krankenernährung und Krankenküche. Geschmack und Schmackhaftig- keit“ S.1. F. Enke, Stutteart 1903. Be 3) „Geschmacksempfindung eines Anencephalus.“ Zeitschr. f. Psychol. u. Physiol. d. Sinnesorgane Bd. 27. 1901. Se Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs.. 43] empfindung das physiologische Gegenstück von dem bei der ent- gegengesetzten Geschmacksempfindung auftretenden Mienenspiel statt. Der saure Geschmack bewirkt eine weitere, ganz bestimmte mimi- sche Reflexbewegung im Gesicht. Auch der salzige Geschmack konnte ‘einen Schluckreflex nicht auslösen. Neuerdings habe ich mit meinem Gustometer!) an Säuglingen einige Schmeckversuche ausgeführt. Der süsse Geschmack wurde in gewisser Intensität angenehm empfunden. Wiederholt hatte er den Saugreflex zur Folge. In hoher Intensität wurde der- süsse Ge- schmaek mitunter unangenehm empfunden. Stets wurde die bittere und die saure Qualität auch in geringerer Intensität unangenehm Fig. 4 Fig. 1 und 2. Kompendiöser quantitativer Gustometer zu klinischen Zwecken. wahrgenommen. Es stellt sich leicht der antagonistische Reflex ?) in entgegengesetzter Richtung ein, der Würgreflex. Damit bestätigt sich die Vermutung von Ziehen?): „Wahrscheinlich unterscheidet schon der Neugeborene alle vier Geschmacksqualitäten bei genügender Konzentration der schmeckenden Lösung ziemlich sicher.“ Vergleichende Untersuchungen an verschiedenen erwachsenen Kindern hat unter meiner Leitung Dr. Paul Mahner*) ausgeführt. 1) „Kompendiöser quantitativer Gustometer zu klinischen Zwecken.“ Berl. klin. Wochenschr. 1907 Nr. 14. 2) „Geschmack und Appetit“. Zeitschr. f. Sinnesphysiol. Bd. 43 S. 330. 1908. 3) „Leitfaden der physiologischen Psychologie“, 8. Aufl., S. 51. 1908. 4) „Vergleichende psycho-physiologische Versuche über die Unterscheidungs- fähigkeit im Gebiete les inneren und äusseren Tastsinnes, des Geschmäcks- und 29 * 432 Wilhelm Sternberg: An zwölf Kindern: vier normalsinnigen, vier blinden und vier taubstummen, im Alter von 3 bis 14 Jahren wurden je 20 Ver- suche mit jeder Geschmacksqualität angestellt. Verwandt wurde mein Gustometer mit den drei gasförmigen Schmeckstoffen für Sauer, Süss und Bitter: Essigsäure, Chloroform und Äther. Der salzige Geschmack wurde nicht geprüft. Es gibt keinen gasförmisen Schmeckstoff von dieser Qualität, welche, wie ich!) bereits hervor- gehoben habe, eine äusserst singuläre Eigenschaft der Materie ist. In der Stellung des Kolbens 5 gegenüber der von 10 wurde die Unterschiedsempfindlichkeit geprüft. Das Ergebnis war folgendes: A. Am besten wurde allgemein Sauer und fast ebenso Süss wahrgenommen. B. Auffallend ist, dass ausnahmslos Bitter am schlechtesten wahrgenommen wurde. Wenn auch, wie Obersteiner?) hervor- hebt, die Vergleichung der Sinnesmodalitäten aus verschiedenartigen Gebieten im allgemeinen gewiss nicht zulässig ist, so muss doch hervorgehoben werden, dass die Intensität der Süssigkeit des Chloro- forms eine beträchtliche ist, die des bitteren Geschmackes von Äther nur geringfügig. C. Die vier Blinden sind den vier Taubstummen überlegen, und zwar in der Unterschiedsempfindlichkeit aller drei Qualitäten. D. Das eine taubstumme Mädchen übertrifft alle anderen drei taubstummen, zum Teil sogar die blinden Knaben. Ich habe an einigen kranken Kindern und kranken Erwachsenen mehrere Versuche angestellt und regelmässig eine grössere Unter- scheidungsfähigkeit der Kranken gegenüber den Gesunden objektiv fest- stellen können. Die Tatsache der gesteigerten Empfindlichkeit im allge- meinen ist einer der Gründe, warum ich eine grössere Schmackhaftigkeit der Küche für die Kranken fordere und das Vorbild der Krankenküche nicht wie bisher in der häuslichen bürgerlichen Küche sehe, sondern in der feinen Kochkunst. Diese Erscheinung der höheren Geschmacks- Geruchssinnes an taubstummen, blinden, normalsinnigen, schwachsinnigen und taubstumm-blinden Kindern.“ Inaug.-Diss. Bern 1909. 1) „Der salzige Geschmack und der Geschmack der Salze.“ Engelmann’s Arch. f. Physiol. 1904 S. 488. — „Geschmack und Geruch“ S. 10. Julius Springer, Berlin 1906. 2) Obersteiner, „Zur vergleichenden Psychologie der verschiedenen Sinnesqualitäten“. Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens H. 37. 1905. Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. 33 empfindlichkeit in Krankheiten ist eine in der Praxis des täglichen Lebens längst bekannte Tatsache. Zumal die Feinschmecker schätzen geradezu diese durch leichte Magenverstimmungen hervorgerufene Hyperästhesie als willkommene Zugabe. In der theoretischen Wissenschaft hat die Beobachtung der Geschmacksveränderung zu der Annahme geführt, dass sich in Krankheiten perverse Geschmacks- empfindungen einstellen. So hat dies auch Pawlow!) angenommen. Allein schon Plato°) macht Angaben, welche der Wahrheit näher kommen als diese moderne Lehre. In „Theätet“ heisst es nämlich folgendermaassen: Sokrates: Denn nach den früheren Zugeständnissen erzeugt ja die wirkende Ursache mit dem leidenden Subjekt Süssigkeit und eine Wahrnehmung, beide in ihrer gleichzeitigen Bewegung, und die Wahrnehmung macht, da sie vom Leidenden ausgeht, die Zunge zu einer wahrnehmenden; die Süssigkeit aber, die aus dem Wein um ihn herum sich bewegt, macht ihn süss für die ge- sunde Zunge nach Sein und Schein. Theaitetos: Ganz so lauteten die früheren Zugeständnisse. Sokrates: Wenn er aber einen in krankem Zustand traf, nicht wahr, dann hat er zunächst schon in Wahrheit nicht eben denselben getroffen; denn er traf doch mit einem Unähnlichen zu- sammen ? Theaitetos: Ja. Sokrates: Also bringt auch ein solcher Sokrates mit dem Schluck Wein andere Wirkungen hervor, auf der Zunge die Wahrnehmung der Bitterkeit, um den Wein aber entsteht und bewest sich die Bitterkeit und macht ihn nicht zur Bitterkeit, sondern bitter, mich aber nicht zur Wahrnehmung; sondern zu einem Wahrnenmenden ? ’Eyevvnos yao dN 24 Tav ng0wuoAoynusvwv TO TE TTOLO0V al TO 700x09 yArriımra ve nal aloIMoıw, Üua YEodusva ALpoTEgR, xai 7 ur aloF1j0ıg oO Tov rıdoxorrog odoa aioFavousımv vv yl0ooav arsıoycoato, 7 de yAvruıng 706 TOD Olvov zregi aucov pegouevn yAvrüv tev olvov vn byıaıvodon yAosern Erroinoe al eivaı xai paıvsoyaı. — OEAI. IIavv usv oiv. Ta moörega yulv oVTWS wuoAoynro. — 2. “Orav Ö’aoysvoovra, ahlo Tu reWroV 1) „Die Arbeit der Verdauungsdrüsen“ S. 182. Wiesbaden 1898. 2) Theaitet, XIV, 159, 434 Wilhelm Sternberg: D P) I \ > U >) m uev TH aAmFeia ov Tov avcov Ehaßev; avouolw yag In sroochAder. — cı 5 ca - OEAI. Nail. — 29. "Ereoa dn au Eyevvnodınv © TE TOLolTog c nn {7 \ 0 Nwxgarng zal 1) TOD 0lvov r00LG, 7regl uev vnv YAorrav aLoINoLV 7ELAQOTNTOG, 7IEQL ÖE TOV 0lvov yıyvouevrv Aal PEOOUENV TELKOOTNTE, \ N \ > ’ > N \ D) \ WD EV ey; 2 > Kal Tov Ev OV rıngosyta alla rııxoov, Eue ÖovA aLoInoıw akk 7 m Di B) _ ’ alosavouevov; — OEAI. Kowdn uev oiv. — 22. Ovxoiv &yW 9 IAN 27 \ ’ cı VG Ü 3 m \ „ T ovdev aAAo moTE yEvyoouaı oVTwg aIoFdavousvog' Tov yao aAkov 2 > en \ B2} - al aroImoıs rar aAholov za aAAov zroLei Tyv alodavouevov' LAN w \ nd > \ ’ „9% \ DEN _ OUT’ ExEIVO TO 700100V Eue um zcov' aAkın Ovveldov Tavcov yEvvroav - ’ 2: \ x P7} 9 no > = 7 TOLOUTOv YErycaı' arro ao aAhov aAlo yevvnoav ahhoiov yernostaı. — = 77 - >) - - OEAI. Eotı tavra. — 22. Ovde umv 2&yW0 T Zuavto TOLOVTO fi q {5 ES - m \ > 3 Ereivo F Eavrw ToLottov yernoetaı. — OEAI. Ov yao oüv. — 20. Avayın dE y Eu ve Tıvög ylyveodaı, OTav aioFavöusvog ylyvouaı* aiodavöusvov yao undevog [de] wiosavousvov adivarov yiyvaeodau Erelvo TE zıvı ylyveodaı, Orav yAvrl 7 rıXg0V 7 Tı TOLOVTov Yiyvnvaı' yhvrd y700 umdevi [de] yAvavd adivarov yiyveodaı. Ähnlich drückt sich Sokrates!) ein zweites Mal aus: Denn erinnere Dich, was in der früheren Auseinandersetzung vorkam, dass für den Kranken die Speisen bitter erscheinen und sind, für den Gesunden das Gegenteil. Weiser soll man keinen dieser beiden machen. Das ist ja gar nicht möglich. Auch darf man nicht behaupten, der Kranke sei unwissend, weil er solche Vorstellungen hat, der Gesunde weise, weil er andere hat. Olov yao Ev Tois g60IEv EAEyero avauınodntı, OT TW uEv aosevodvrı uırg& paliveraı, & E0dle, nal dEorı, To Ö’iyıalvors tavavria (Eorı xal Yalveraı). OOPWTEEOVv Ev olv Tovzwv ovdEtegov del roıjoaı' oudE yag dvvarov. OVÖE AaTNYyogNTEov, g Ö LEV zauvwv Auasıis, Orı voravra dosaleı, 6 d vyıalvwv 00pÖS, orı ahkoie. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass Plato beide Male hier dem Tatsächlichen den Schein gegenübersetzt. Ferner ist bemerkens- wert, dass er die beiden Qualitäten Süss und Bitter als förmliche Gegensätze auffast.e. An anderer Stelle spricht er dies ganz deutlich aus. Er legt nämlich dem Arzt Eryximachos:?) folgende Worte in den Mund: Das Feindlichste aber ist das Entgegengesetzteste, das Kalte dem Warmen, das Bittere dem Süssen, das Trockene dem Nassen, kurz alles dergleichen. (Tavavrıyrara) &orı d° EyYıora Ta 1) Theaitet XX, 166 2) Gastmahl XII, 186 4. Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. 435 EVAVTLITATE, WvXg0v Hegum, 7rırgöv YAvasl, En00v DyoW, avra ca TOLaVIA. | In ähnlicher Weise hat sogar der bedeutendste Mathematiker des vorigen Jahrhunderts, Gauss!), die Geschmacksqualitäten Süss und Bitter als entgegengesetzt im mathematischen Sinne aufgefasst, als symmetrische Gegenstücke wie Rechts und Links. Demnach ver- hielte sich Süss und Bitter wie Säure und Alkali oder wie die chemischen, physikalischen, elektrischen Pole zueinander. Die Änderung der Geschmaeksempfindung durch die Krankheit ist aber keine sinnliche, sondern eine psychische. In der Psychologie des Geschmacks macht auch schon in gesunden Tagen das Geschlecht einen deutlichen Unterschied, wie ich?) bereits angegeben habe. Von Interesse wäre es, die Erfahrungen der Frauenärzte, Nerven- ärzte und Magenärzte zu sammeln und durch objektive Unter- suchungen nachzuprüfen. Es käme nämlich die Frage in Betracht, wie sich Gravidae verhalten, zumal die, welche an unstillbarem Er- brechen leiden oder wenigstens leicht in der Gravidität erbrechen, . sowie die Frauen, welche eine gewisse Pica, Essgelüste haben. Ferner fragt es sich, ob Hysterische und andere Nervöse eine objektiv höhere Unterschiedsempfindlichkeit gegenüber ihren gesunden Zuständen, also vor und nach der Erkrankung, zeigen. Schliesslich bedarf die Frage ihrer Lösung, ob Magenkranke, Carcinomatöse, alle, die leicht erbrechen oder Ekelempfindung haben, ebenfalls objektiv eine höhere Unterscheidungsfähiskeit aufweisen. Vaschide?°) hatte nachgewiesen, dass die Männer den Frauen im Geschmack etwas überlegen sind. Er hatte zu seinen Uhnter- suchungen das Geusie-esthesimetre benutzt von Toulouse- Vaschide*). In der alltäglichen Praxis ist die hervorragende Leistung der Weinschmecker bekannt. Bidder?) weist schon darauf 1) Brief an Schumacher 38. Febr. 1846. C. A. F. Peters „Briefwechsel zwischen C. F. Gauss und H. C. Schumacher, 6 Bde. Altona 1860—1865. Fünfter Band 1863 Nr. 1048 S. 126. „Kochkunst und Heilkunst“ 8.63. Wilhelm Weicher, Leipzig 1906. 2) „Geschmack und Geschlecht“ in „Krankenernährung und Krankenküche. Geschmack und Schmackhaftigkeit“ S. 39. Stuttgart 1906. 3) Vaschide, „Mesure de la sensibilits gustative chez ’'homme et la femme“. Comptes rendus t. 39 p. 898. 1904. 07 | 4) Toulouse et Vaschide, „Methode pour la mesure du goüt“. Compt. rend. 1900. „Der Geschmack in der Wissenschaft und Kunst“ S. 40/41. 1907. 5) Bidder, „Schmecken“. Wagner’s Handwörterbuch S. 10. 1846. 436 Wilhelm Sternberg: hin: „Die Empfänglichkeit des Geschmackssinnes für gewisse Einflüsse kann durch wiederholte Einwirkung beträchtlich erhöht werden. Für die Ausbildung, die der Geschmackssinn im ersteren Falle erreichen kann, liefern die Weinschmecker einen auffallenden Beleg.“ Auch du Bois-Reymond!) hebt dies hervor: „Unter Weinkennern in Bordeaux wäre es verletzend anzunehmen, dass es sich um die Örtliehkeit eines Gewächses handeln könne, nur der Jahrgang steht in Frage.“ Ich konnte diese höhere Empfindlichkeit des Geschmacks bei Feinschmeckern, gewerblichen Kostern und Berufsköchen objektiv nachweisen. Dass Tiere eine ausgezeichnete Geschmacksempfindlichkeit haben, ist allgemein bekannt. „Elle est friande comme une chatte“, sagt das Sprichwort. Der Geschmack des Saccharins wird im allgemeinen verschmäht. Aus einer Mischung von Zucker und Saecharin suchen Ameisen den Zucker heraus und lassen Saecharin unberührt. Sogar das Sprichwort hat sich dieser Tatsache bemächtigt, dass auch die Tiere eine hohe Geschmacksempfindlichkeit besitzen. „Wie Kirschen und Beeren schmecken, muss man Kinder und Sperlinge fragen! Dies waren unsere Lust- und Leibworte; und so schien uns jenes Buch als die rechte Quintessenz der Greisenheit unschmackhaft, ja abgeschmackt.“ So schreibt Goethe°). Ich habe einige Schmeckversuche an Katzen angestellt. Katzen haben eine grössere Geschmacksempfindlichkeit im allgemeinen als die Menschen. Den süssen Geschmack lieben sie ungemein. Dennoch wurde der Geschmack des Chloroforms in Gasform von allen vier Versuchstieren ausnahmslos und regelmässig verschmäht, so wenig ich auch davon schmecken liess. Es muss daher angenommen werden, dass entweder diese Intensität der Süsse den Katzen nicht zusagt oder der Neben- und Beigeschmack dieser Chloroform-Süsse. Selbst bei geringster Intensität schütteln sich die Katzen, sie schütteln ferner ihren Kopf und laufen davon. Auch verhältnismässig noch lange nach dem Schmeckversuch schütteln sich die Katzen und lecken sich die Zunge rein, trotzdem sie nicht etwa in direkte Be- rührung mit dem gasförmigen Schmeckstoff gebracht war. So ausgesprochen das Unbehagen dieser süssen Geschmacksempfindung war, so deutlich war doch der Unterschied gegenüber der Ab- neigung vor der bitteren Geschmacksempfindung. Die geringste 1) „Über die Übung“ S. 423. 1881. Reden, Leipzig 1887. 2) „Aus meinem Leben“, III. Teil 11. Buch. Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. 437 Intensität bewirkt, dass die Katzen mit der Pfote den Schmeckstoff wegzuschlagen versuchen und nach rückwärts retirieren. Selbst der Baldriangeruch, der von diesen Katzen auserordentlich ge- liebt wird, vermochte es nicht "mehr, sie zu versöhnen und die Anlockung an den Bitterstoff zu erzielen. Durch Kontrollversuche stellte ich fest, dass es nicht etwa der Luftstrom aus dem Apparat war, welcher diese Erscheinungen veranlasste, oder etwa das äusserst geringfügige Geräusch bei der Anwendung des Apparates. Denn ich verwandte in gleicher Weise eine grosse Luftpumpe, wie der Rad- fahrer sie benutzt, welche einen viel grösseren Luftstrom zulässt und mit lautem Geräusch pumpt. Dennoch ertrugen die Katzen sämtlich und regelmässig den mit grossem Druck unter lautem Ge- räusch ihnen direkt in die Nase gepressten Luftdruck ganz indifferent. Jene Erscheinungen durften also als die Einwirkungen auf die sinn- liche Eigenschaft des Geschmacks aufgefasst werden. Einen Unter- schied der Alten den Jungen gegenüber konnte ich nicht konstatieren. Auffallend war die Anziehung durch zuckersüsse Leckereien und die- Abstossung der Abwehr im entgegengesetzten Fall. Diese Anlockung des Appetitlichen, dessen, was ihren Appetit erregt, und das Gegen- teil, die Abstossung des Gegenteiligen, nämlicn des Unappetitlichen, dessen, was ihren Abscheu erregt, erinnert!) förmlich an die An- ziehung und Abstossung im anorganischen Reich, also an die an- ziehende und abstossende Kraft in der Physik, Elektrizität und in der Chemie. Paul Mahner?) hat auch vergleichende Versuche zur Prüfung der Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geruchssinnes an Kindern angestellt. Die zwölf Versuchspersonen waren mit einer Ausnahme dieselben wie bei den Geschmacksversuchen. Zu diesen Prüfungen wurde mein neuer Olfaktometer®) angewandt. Im Gegensatz zu den bisherigen Apparaten setze ich hier das Objekt des Riechstoffes als eine Konstante und verändere lediglich die Grösse der subjektiv empfindenden Oberfläche. Es ist ja die Tatsache auch für alle anderen Sinne hinlänglich bekannt, dass bei gleichbleibender Reiz- 1) „Der Appetit in der experimentellen Physiologie und in der klinischen Pathologie“. Zentralbl. f. Physiol. Bd. 23 Nr. 10 S.3 u. 13. — „Die Küche in der mod. Heilanstalt“ S. 74 und 75. Stuttgart 1909. D)elac: 3) „Kompendiöser quantitativer Olfaktometer zu klinischen Zwecken.“ Deutsche med. Wochenschr. 1909 Nr. 38. 438 Wilhelm Sternberg: stärke des Objektes die Intensität der subjektiven Empfindung zu- nimmt, je nach der Grösse der gereizten Oberfläche. So kommt es, dass ein grosser Tropfen einer Zuckerlösung süsser erscheint als ein —e nr ij —— An Kompendiöser quantitativer Olfaktometer. einer von genau derselben Lösung. Fernerhin weiche ich von den übrigen Methoden darin ab, dass ich meine Riechprüfungen bloss auf die prinzipiell entgegengesetzten Gerüche beschränke. Dieser: Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. 439 erundsätzlich grösste Gegensatz auf dem Gebiete des Geruchs ist durch das psychische Moment gegeben. Daher beschränkt sich meine Untersuchungsmethode auf die Prüfung von Wohlseruch und von Gestank. Als Wohlgeruch wurde Maislöckchen gewählt, als Stink- stoff Schwefelleber. Unter allen Vorsichtsmassregeln wurden je zwanzig Versuche mit dem Riechstoff und je zwanzig mit dem Stinkstoff angestellt. Der Normalreiz wurde in der Stellung 5, der Vergleichsreiz in der Stellung 10 angenommen. A. Es erwies sich, dass der Stinkstoff bei allen zwölf Versuchs- personen besser wahrgenommen wurde als der Wohlgeruch. Hier- mit stimmt die Beobachtung von Kant!) überein, der den Geruch den undankbarsten aller Sinne nannte, weil er mehr Unannehm- lichkeiten bereite als Freuden. B. Wiederum waren die Blinden den Taubstummen überlegen, und zwar sowohl in der Unterschiedsempfindlichkeit des Aromas wie in der des Übelgeruchs. C. Wiederum waren die Taubstummen den Normalsinnigen über- legen, und zwar gleichfalls im doppelten Sinne. D. Es zeigte sich also eine vollkommene Übereinstimmung in der Unterschiedsempfindliehkeit des Geschmacks und des Geruchs. Auch im Gebiete des äusseren und inneren Tastsinnes hatte Mahner eine Höherleistung der Taubstummen gegenüber den Normalsinnigen nachgewiesen. Im Gegensatz zum Geschmack ist auf dem Gebiet des Geruchs die Unterscheidungsfähigkeit der Männer nicht grösser als die der Frauen. Toulouse und Vaschide°) haben mit einer Methode von Toulouse°) gefunden, dass Frauen in einer acht- bis neun- fachen Verdünnung Lösungen noch erkennen, welche für die Männer den Schwellenwert abgeben. Dieselben Autoren) fanden, dass das Geruchsvermögen bei Kindern bis zum 6. Jahre zunimmt, um sich dann wieder zu vermindern. Doch nimmt das Unterscheidungs- 1) „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht abgefasst“, zweite Aufl., S. 54. Königsberg 1800. 2) Toulouse et Vaschide, „Mesure de l’odorat chez l’homme et chez la femme.“ Compt. rend. de la Soc. de biol. 1899 p. 3831—384. Soc. de Biol. seance du 20. XI. 1899. 8) Toulouse, „Mesure de l’odorat par l’eau camphree“. Compt. rend. de la Soc. de biol. 1899 p. 379—381. 4) „Mesure de l’odorat chez les enfants“ p. 4857—489. 1899. 440 Wilhelm Sternberg: vermögen beständig ab. Ebenso wiesen!) sie nach, dass die meisten Menschen auf der linken Seite schärfere Geruchsempfindung haben als auf der rechten. Ich habe bei Katzen Versuche angestellt. Diese Riechprüfungen waren um so leichter, als man die Riechreize von ferne einwirken lassen kann. Kant nennt den Geruch den „Geschmack in die Ferne“; ebenso meint Rousseau: „Le sens de l’odorat est au goüt ce que celui de la vue est au toucher“. Um so auffallender ist die An- gabe von Hagen?), nach dem die praktische Bedeutung des Geruchs- sinnes durch die von Zwaardemaker eingeführte Bezeichnung des- selben als des Sinnes für die Nähe vortrefflich beleuchtet sei. Die Feinheit des Geruchssinnes der Tiere ist schon längst bekannt. So sagt Plato°): „Wir werden also demnächst wiederum Spürhunden gleich nachforschen müssen“. 49. Tao oa uera Todd mulv ad nadarreg rvolv Iyvsvoloaus d1EgEVVNTEOr. Schon seit jeher macht sich daher das Gewerbe die biologische Geruchsprobe der Tiere zunutze. Die Trüffelsucher *) bedienen sich nämlich zum Aufsuchen der Pilze zweier mit sehr feinem Geruchs- sinn ausgerüsteter Tiere, der Schweine und Hunde. Die Tiere sind selber sehr lüstern auf die leckere Speise, die sie durch den Boden wittern. Es ist daher seltsam, dass man erst spät diese biologische Geruchsprobe der Tiere, vornehmlich der Hunde, in den Dienst der Polizei ge- stellt hat. In der Theorie sind die beregten Tatsachen bisher so wenig bekannt geworden, dass der erstmalige Hinweis hierauf durch mich in meinem Buch „Der Geschmack in der Wissenschaft und Kunst“ auffiel und Albu°) in seiner Besprechung zur Verwunderung Anlass gab, da er hier „Betrachtungen über Geschmack, über das Geruchsorgan der Polizei-, Jagd- und Kriegsspürhunde, über Blumen- zucht u. del. m.“ fände. 1) „L’asymmetrie sensorieile olfactive“ p. 785—787. 1899. 2) „Sexuelle Osphresiologie“, 2. Aufl., 8.6. 1906. 8) Gesetze, 2. Buch 654€. 4) „Der Geschmack in der Wissenschaft und Kunst, Kochkunst und ärztl. Kunst“ 8. 14—22. F. Enke, Stuttgart 1907. 5) Albu, Berl. klin. Wochenschr., 2. Dez. 1907, Nr. 48 S. 1558. 1907. — „Die Alkoholfrage im Lichte der modernen Forschung“ 8. 54. Veit & Co., Leipzig 1909. Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. 44] Als Riechstoffe verwandte ich Baldrian, Asa foetida, Senf, Pyridin und Kombinationen dieser Riechstoffe. Die Katzen sind viel empfindlicher als die Menschen, zumal dem Baldrian gegenüber, und am meisten die männlichen, die Kater. Die Katzen schnüffeln schon in der Luft bei einer ganz minimalen Menge von Baldrian, die von der menschlichen Nase (von drei Menschen, welche bei den Versuchen stets zugegen waren,) noch gar nicht wahrgenommen werden konnte. Der Baldriangeruch wird von den Katzen ausserordentlich ge- liebt. Von den Pharmakologen wird mitunter angegeben, dass die Ansicht des Laienpublikums nicht richtig wäre, als ob der Baldrian- geruch den Katzen angenehm sei. Doch hat sich dies in meinen Versuchen unzweifelhaft erwiesen. Selbst die alte weibliche Katze, die den Baldriangeruch weniger liebt als der Kater, wälzt sich mit sichtlichem Behagen an der Stelle des Bodens, auf die ich einen kleinen Tropfen der offizinellen Baldriantinktur hatte fallen lassen, während sie sich sonst niemals am Boden wälzt. Der Kater leckt an dieser Stelle den Boden unaufhörlich und hörbar sogar ab; trotz- dem die angefeuchtete Stelle für unser Auge kaum mehr kenntlich war, verlässt er sie nicht und leckt noch lange Zeit intensiv. Es zeigte sich ein merkwürdiger psychologischer Unterschied im Geschlecht. Die Kater lieben den Baldriangeruch mehr als die Katzen. Dieser psychologische Unterschied im Geschlecht ist deshalb besonders bemerkenswert, weil beim Menschen das Verhältnis gerade umgekehrt ist. Ich gab sehr vielen Männern und sehr vielen Frauen Baldrian und Asafoetida zu riechen. Fast ausnahmslos wurde der Geruch von den Männern nicht geliebt. Fast regelmässig wurde er abscheulich, sogar widerlich „ekelhaft“ empfunden. Das ist aber das diametral Entgegengesetzte vom Angenehmen. Die meisten Frauen hingegen fanden diese Gerüche nicht widerlich, fast regelmässig empfanden sie den Geruch angenehm. Dabei handelte es sich keineswegs etwa um nervöse oder gar hysterische Frauen. Dass tatsächlich das Geschlecht einen tiefgehenden Unterschied in der Psychologie des Geruchs macht, ist eine längst bekannte Tatsache. Ihrer gedenkt bereits Xenophon!): „Wie ein anderes Kleid dem Weibe, ein anderes dem Manne schön steht, so muss auch der Ge- ruch ein anderer sein für den Mann, ein anderer für das Weib.“ 1) Gastmahl II, >. 442 Wilhelm Sternberg: “Dorreog ydo vor EoIng aAln uev yovarni, aAln ÖE avdgi za, ovrw xal coum ahlm ucv avdgl, ahln de yuvaızi mroeıeı. Deshalb ist es merkwürdig, dass die theoretischen Wissenschaften der Physiologie des Geruchs und der Psychologie diese Kenntnis noch nicht in sich aufgenommen haben. Jedenfalls verdient diese Beobachtung aber weiterverfolgt zu werden, und zwar in der Nerven- heilkunde, in der Frauenheilkunde, in der Heilmittellehre, in der Tierarzneikunde und in der allgemeinen Zoologie. Es dürfte sich wohl verlohnen, die Erfahrungen der verschiedenen Fachmänner zu sammeln und nachzuprüfen. Junge Kater scheinen geringere Baldrianmengen zu lieben, also in grösserer Verdünnung. Der jüneste Kater zeiete erst dann seine Vorliebe für den Baldriangeruch, nachdem die Tropfen, die auf den Boden gefallen waren, schon fast verdunstet waren. Da war der Kater von der Stelle gar nicht mehr zu entfernen; er kratzt die Stelle förmlich aus dem Boden heraus mit den Pfoten und stellt sich so an, als ob er etwas zum Fressen, eine Lieblingsspeise, unter der Stelle vermutete. Gezen Asafoetida verhalten sich die Tiere viel indifferenter. Auffallend war der Unterschied gegenüber dem Senf und dem Pyridin. Die Tiere heben die Pfoten, kneifen die Augen zusammen und schlagen mit der Pfote gewissermaassen ‚den Riechstoff fort, trotzdem er aus verhältnismässig weiter Entfernung ihnen zugesandt war. Eine Katze, die mit sichtlichem Behagen an dem Baldrian- tropfen der Erde leckt, verlässt, als man einen Pyridintropfen da- neben träufelt, sofort die Stelle und läuft davon. Ebenso hört die Katze mit dem vergnüglichen Lecken des Baldrians auf, als man etwas Senf einwirken lässt. Die Katze schüttelt sich und stellt sich so, als wolle sie beissen. Katzen, die von ihren Besitzern in den Armen gehalten und geliebkost wurden, erhielten auch in dieser Stellung die Riechreize. Dem Senf und Pyridin gegenüber zeigten sie dieselben Erscheinungen der Abwehr. Sie schlagen mit der Pfote nach dem Riechstoff, kratzen, beissen und springen eiligst davon, unangenehm berührt schon. von der geringsten Menge der Riechstoffe. ih rg Der Unterschied in der Wirkung des angenehmen und unan- genehmen Geruchs ist so gross, dass man diese Reizwirkung‘ der Anziehung und Abstossung an die Seite setzen möchte. Denn es drängt sich dieser Vergleich förmlich auf mit der anziehenden Kraft Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks und Geruchs. 443 und mit der abstossenden Kraft im anorganischen Reich, in der Physik, Elektrizität und in der Chemie. Die Untersuchungen des chemischen Sinnes dürften möglicher- weise auch auf andere Gebiete in überraschender Weise fördernd wirken. Es ist nämlich auffallend die Lebhaftigkeit und Regel- mässiekeit der Reflexe im Gebiet der Gesichtsmuskulatur von seiten der chemischen Sinne. Die Mimik ist gerade bei Geschmacks- und 'Geruchsreizen eine so auffallende, dass man sogar bei Tieren aus ihr Rückschlüsse auf das Behagen oder Unbehagen des Geschmacks und Geruchs ziehen kann. Bei der Prüfung des bitteren Geschmacks war es mir aufgefallen, dass die Individuen, zumal Kinder, so wenig auch von dem gasförmigen, leicht sich verflüchtigenden Bitterstoff auf die Zunge gebracht wurde, so sehr sich auch die Betreffenden selber schon davon überzeugt hatten, dass auf die Zunge gar kein materieller Körper gebracht war, sich doch nicht enthalten konnten, mit lebhafter unverkennbarer Gesichtsmimik auszuspeien. Mitunter mussten die verschiedenen Individuen sich förmlich schütteln. Dieser nervöse Schüttelfrost ist etwa vergleichbar dem Schüttelfrost bei der Ejaeulatio der letzten Tropfen Harnes. Auch die Tiere schüttelten sich bei den unangenehmen Empfindungen. Das Kopfschütteln als Verneinung und das Kopfnicken als Bejahung dürfte, wie ich!) bereits hervorgehoben habe, auf diese Reflextätiskeit durch den Geschmack zurückzuführen sein. In ähnlichem Sinne hat wiederum Plato?) diesen Zusammenhang bereits gedeutet: „Wirst du also, sprach ich, das Nicken mit dem Kopfe dem Kopfschütteln und das Verlangen, etwas zu bekommen, dem Zurückweisen und das Ansichziehen dem Vonsichstossen und ebenso alles Derartige einander als entgegen- gesetzt bezeichnen, sei es dass es zum Tun oder dass es zum Leiden gehöre, denn in dieser Beziehung macht es keinen Unter- schied ? — Aber gewiss, sagte er, als Entgegengesetztes. — Was aber nun? sprach ich. Das Dürsten und das Hungern und überhaupt die Begierden und hinwiederum das Wünschen und das Wollen, würdest du nicht all dieses unter jene erste hier erwähnte Art rechnen; wie z. B. wirst du nicht behaupten, dass immer die Seele des Be- gehrenden entweder jenes verlange, was sie begehre, oder an sich 1) „Geschmack und Appetit.“ Zeitschr. f. phys. und diät. Ther. Bd. 11 S.8. 1907/1908. 2) Republik, IV. Buch 437b. 444 Wilhelm Sternberg: ziehe, wovon sie will, dass es ihr werde, oder hinwiederum soweit sie wünscht, dass ihr etwas verschafft werde, sie hierbei in sich selbst mit dem Kopfe nicke, wie wenn sie jemand gefragt hätte, da sie ja danach sich sehnt, dass jenes aus ihr werde?“ i 46 oiWv, 79 Ö’2yw, TO Erriveicıv Ti) avaveveıy nal To Epieodai n 2 3) er \ x ‘ C Dep} a,” tıvog Aaßelv To amagvsiodaı Aal TO 7T0000yEOJaL Tw arrwFEeloFeı, zcavra Ta ToLwira dov Evavılwv ahkmhoıs Helng Eeire moınuaıwv elite radmudıom; ordEv yag tavcn duoioeı. Ahk, 7 dog, TOV Zvav- ’ m!’ 3 3 ey 2 5 \ m aa \ > ’ tiwv. Ti oiv; jv Ö &70, dudıv zal zreivyv nal OAwg Tag EmmıFvulag, \ 3 \ Ir. \ N 27. € > ’ m > > 1 al av To Edeheıv zaı To Bovleodaı, OU 7ravra TavTa EG EREIVE IN r \ B2} \ m x ’ = DIERS \ Ds ] zo av FEing Ta Eidn Ta vov On AsyFEvra; 0lov Ai Tnv ToV Emidv- uoövrog Woynv o0yl yr0ı &pieodaı Pmosıg Exeivov, ol av Errıdvun, IN 7 fi m SON 1 ’ c v a 5 v 7 770000yE0Iaı Tovro, 0 av PBovimrai ol yeveodaı, 7 au naF000V EdEheı Ti 00 nooLodnvaı, Errivevcıv TOLTO NOÖGg ALTıV WO7EEQ TIVög ECWTWVTOG E7TOOEYOUEVNV aVTOD THG YEVvEOEwWg; Auch Darwin!) weist auf diese Beziehungen hin. Neuerdings hat man diesen allgemeinen Zusammenhang einzuschränken versucht. So meint Ziehen): „Sehr interessant ist, dass bei fast allen Menschenrassen die mimischen Ausdrucksbewegungen der Affekte nahezu identisch sind. Nur einzelne, wie der Kuss, das Nicken als Symbol der Bejahung u. a. sind auf einzelne Völker und Völker- gruppen beschränkt.“ In ähnlicher Weise äussert sich Schultz?°): „Wir Europäer sind an das Küssen als Zeichen der Zuneigung ge- wöhnt, so sehr, dass wir es fast als der Menschheit angeboren er- achten. Aber das ist nicht richtig. Viele Völker kennen den Kuss nicht.“ Allein wenn sich wirklich schon einmal manche mimische Ausdrucksmittel bei manchen Menschen nicht nachweisen lassen, so können diese Einschränkungen doch nichts beweisen. Denn sie sind nur Ausnahmen. Und das lebhafte Interesse, das solche Ausnahmen stets erregten, zeigt gerade am besten, wie allgemein sonst die Regelmässiekeit in jener Beziehung ist. Je mehr man sich schliesslich umsieht, desto weniger und seltener lassen sich solehe Ausnahmen ausfindig machen. Die klassische Kunst verwendet darum auch schon längst diese Beobachtung als Mittel zum Zweck der lebhaften und sprechenden 1) „Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei den Menschen und den Tieren.“ 2) Leitfaden der physiologischen Psychologie S. 266. 1908. 3) Paul Schultz, „Gehirn und Seele“ S. 181. Leipzig 1906. Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmäcks und Geruchs. 445 Darstellung. Zunge und Nase, Sinneswerkzeug des Geschmacks und Geruchs, erweisen sich für die Kunst dankbarer als andere Körper- teile, z. B. der Fuss, von dessen Ästhetik Schaffer!) berichtet, und fruchtbarer sogar noch als die anderen Sinne, selbst das Auge, das, wie Magnus?) und Nicolai?) nachweisen, mit gutem Grund von den Künsten besonders gepflegt wird. Man betrachte nur das Meisterwerk von Jan vaı der Meer van Delft im Berliner Kaiser Friedrich-Museum: „Die Weinprobe“, das oleichnamige von Grützner, Murillo: „A boy drinking“, National-Gallery London, Jan Steen: „Trinkerpaar“ Amsterdam, Terborch, „Trinkende Dame“ oder „Väterliche Ermahnung“, das Goethe*) bekanntlich falsch interpretiert hat, demgegenüber dann aber die Gemälde „Bittere Arznei“ von Adriaan Brouwer im Frankfurter Städel’schen Kunstinstitut, das drastische Bild von demselben Meister: „Vater- pflichten üben“ in der Dresdener Gemäldegalerie, „L’odorat“ von Adriaan van ÖOstade in Budapest, u. a. m. Wie die Malerei, die bildenden Künste und die Schauspielkunst die Tatsache der reflektori- schen Mimik durch Schmeckreize verwenden, so sollte auch die Wissenschaft sich auf diesen Zusammenhang von Geschmack und Mimik besinnen. Ich benutze die Beobachtung der Veränderung in der Mimik durch den Geschmack geradezu als Kunsteriff zur ob- jektiven Diagnose des Genusses der Genussmittel und zur Differential- diagnose, zur vergleichenden Abschätzung des Genusses der originalen Genussmittel gegenüber dem der Surrogate. Auch für die objektive Beurteilung des Appetites erscheint mir?) die Physiognomik nicht ohne Wert. So dürfte auch zu erwarten sein, dass die für den praktischen Arzt so überaus wichtige Pathognomik und Physiognomik, die seit des phantastischen Lavater‘) Zeiten in so argen Misskredit 1) Dr. Ludwig Schaffer, „Die Hygiene und Ästhetik des menschlichen Fusses“. Wien 1836. 2) H. Magnus, „Das Auge in seinen ästhetischen und kulturgeschichtlichen Beziehungen“. Breslau 1876. 3) Nicolai, „Das Auge in der Kunst“, Berl. militär-ärztl. Gesellschaft 22. April 1908. 4) Wahlverwandschaften, 2. Buch, 5. Kapitel. 5) „Die Schmackhaftigkeit und der Appetit.“ Zeitschr. f. Sinnesphysiologie Bd. 43 S. 235. 1908. — Zentralbl. f. Physiol. Jahrg. 23 Nr. 10 5. 6. 6) „Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe.“ 4. Bd., Leipzig und Winterthur 1775/1778. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131 30 446 W. Sternberg: Unterscheidungsfähigkeit im Gebiete des Geschmacks etc. geratene Disziplin, von der Goethe!) und Deutschlands bedeutendster Satiriker, der Göttinger Physiker Liehtenberg?), berichten, dann wieder zu Ehren kommen könnte und auch auf ein wissenschaftliches Niveau zu heben sei. Dann bewahrheitet sich auch hier die Richtig- keit der Worte von Ziehen?): „Es ist eine altbekannte Tatsache, dass in den alltäglichsten und gewöhnlichsten Vorgängen die be- deutungsvollsten und tiefsten Probleme enthalten sind.“ 1) Goethe, „Wahrheit und Dichtung“ 3. Teil, 14. Buch. 2) Georg Christoph Lichtenberg, „Über die Physiognomik wider die Physiognomen zu Beförderung der Menschenliebe und Menschenkenntnis“. 1778. — „Fragment-von Schwänzen.“ 3). „Das. Gedächtnis“. Festrede, gehalten am Stiftungstage der. Kaiser Wilhelms-Akademie, 2. Dezember 1907, S. 1. Berlin 1908. 447 (Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Greifswald.) Über den Kieselsäuregehalt der Wharton’Schen Sulze. Von Hugo Schulz. Im 89. Bande dieses Archivs habe ich auf Seite 112 ff. die Zahlen veröffentlicht, die ich bei der Analyse der Wharton’schen Sulze menschlicher Nabelstränge für deren Gehalt an Kieselsäure erhalten hatte. Gegen die Richtigkeit der von mir erhaltenen Werte hat in Hoppe-Seyler’s Zeitschrift für physiologische Chemie in Band 57, Seite 16 ff. Franz Frauenberger Einwand erhoben. Ich habe infolgedessen meine Untersuchungen noch einmal wieder aufgenommen. Der Direktor der hiesigen geburtshilflichen Klinik, Herr Professor Henkel, hat die Freundlichkeit gehabt, mir das notwendige Material zur Verfügung zu stellen. Jede Nabelschnur, die ich erhielt, wurde zunächst in zwei Hälften geteilt. Beide Hälften wurden möglichst von ihrem Blut- gehalt befreit, dann die erste Hälfte, die ich mit A bezeichnen will, ohne weiteres in kleine Stücke zerschnitten und diese noch wieder- holt mit destilliertem Wasser behandelt. Dann wurden sie auf dem Wasserbade in einer Platinschale getrocknet. Die so erhaltenen einzelnen Portionen getrockneter Nabelschnur wurden gesammelt in einem Exsikkator über Ätzkali aufgehoben. Genau wie diese wurde die andere Hälfte jeder Nabelschnur behandelt, nur mit dem Unterschiede, dass aus ihr die Gefässe herauspräpariert wurden. Diese gefässfreien Nabelstränge sollen in der Folge mit 5 be- zeichnet. werden. Sie wurden ebenso wie A für sich gesammelt und über Ätzkali aufbewahrt. | | Als ich genug Material zu haben glaubte, wurden A und B möglichst zerkleinert. Es erwies sich unmöglich, die hornartig harten Stücke in einem Mörser zu zerstossen. Ich musste mich einer be- sonders konstruierten eisernen Reibe bedienen, um sie zu zerkleinern. s0 * 448 Hugo Schulz: Das so gewonnene pulverige Material wurde mit Hilfe eines feinen Siebes von den gröberen Bestandteilen getrennt und diese wieder- holt durch die Reibe geschickt, bis das Gewebspulver schliesslich einigermaassen homogen erschien. Wie aus meiner ersten Veröffentlichung ersichtlich, ging ich damals bei der Bestimmung der Kieselsäure von der Asche aus, das heisst, ich veraschte, bis auf eiuen kleinen Rest, das ganze mir zur Verfügung stehende Material und bestimmte in abgewogenen Mengen der Asche deren Kieselsäuregehalt. Der nicht veraschte Rest wurde dazu verwendet, den Aschengehalt der wasserfreien Trockensubstanz festzustellen. Diesmal habe ich meine Untersuchung so ausgeführt, dass ich in noch zu schildernder Weise unmittelbar das wasserfreie Material als Ausgangspunkt jeder einzelnen Kieselsäurebestimmung benutzte und eine bestimmte Quantität desselben auf den Aschengehalt untersuchte. Ich wende mich zunächst zu den für den Aschengehalt in Be- tracht kommenden Zahlen. Bei meinen Untersuchungen im Jahre 1902 hatte ich für gefäss- freie Wharton'sche Sulze folgenden Aschengehalt bekommen: 1,2619 g Substanz gaben 0,0515 & Asche = 4,0811 lo, 1,8060 g a Bar 3 ZAWVSSTlR, Mittel: 4,0699 °/o. Frauenberger erhielt aus seinen von Gefässen befreiten Nabelsträngen einen Aschengehalt von 12,4 °/o beziehentlich 11,29 °/o für den Trockenrückstand, im Mittel also: 11,665 °o. Mit meinem Material B habe ich zwei Aschenanalysen aus- geführt. Von dem Gewebspulver wurde zweimal je eine Portion entnommen und bei 105—110° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet: Dann wurde jede Probe in einem schrägliegenden Platintiegel sehr vorsichtig verascht. Die Veraschung jeder Portion nahm beiläufig 2 Tage in Anspruch. Über Nacht wurden die Tiegel samt Inhalt in einem Exsikkator aufgehoben. Nur mit ganz kleiner Gasflamme wurden die Tiegel bei dem Veraschen erhitzt, so dass bei Tageslicht keine Rotglut der Tiegel wahrgenommen werden konnte. Erst ganz zum Schluss wurde die Hitze etwas gesteigert, aber auch hier nur bis zur eben erkennbaren Rotglut der Tiegel. Die beiden auf diese Weise hergestellten Aschen waren schliesslich rein weiss und nicht im geringsten zusammengesintert.' Über den Kieselsäuregehalt der Wharton’schen Sulze. 449 Die dann folgende Wägung der Aschen ergab folgende Werte: 0,5314 g Substanz gaben 0,0215 g Asche — 4,0459 °/o, 0,5076 8 x 2,0202 N ae Mittel: 4,0127 °o. Wie der Vergleich mit dem früher von mir erhaltenen mittleren Aschenwert ergibt, deckt sich derselbe mit dem diesmal gewonnenen Mittelwerte. Die richtige Ausführung der Aschenbestimmung durch Frauen- berger vorausgesetzt, ist mir der grosse Unterschied zwischen seinen und meinen Zahlen nicht erklärlich. Für die neue Bestimmung des Kieselsäuregehaltes in der Trocken- substanz wählte ich diesmal folgenden Weg: Von dem Pulver A, das, wie schon gesast, ständig über Ätzkali aufgehoben worden war, nahm ich zunächst einen kleineren Teil zur eenauen Bestimmung des Trockengehaltes. Zur gleichen Zeit wurde das zur Verbrennung bestimmte Quantum desselben Pulvers in ein verschlossenes Wiegegläschen eingefüllt und gewogen. Die Trockenbestimmung mit dem kleineren Quantum wurde so aus- geführt, dass dies, ebenfalls in einem verschliessbaren Wiegegläschen, zunächst auf sein Gewicht hin bestimmt und darn bei 105—110 ® bis zum konstanten Gewicht getrocknet wurde. Aus dem Verhältnis des Anfaugsgewichtes zu dem schliesslich erhaltenen konstanten Ge- wicht liess sich berechnen, wieviel des zur Verbrennung gelangenden Materials der wirklichen Trockensubstanz entsprach. Für die Be- rechnung des Kieselsäuregehaltes ın A stellte sich das Verhältnis so, dass 51,0798 & Gewebspulver, so wie es aus dem Exsikkator in das Wiegeglas umgefüllt worden war, 47,7094 g der 'Trockensubstanz entsprachen. Dies ganze Quantum wurde nun vorsichtig in eine geräumige Platinschale übergefüllt und in dieser im Muffelofen verascht. Dies Verfahren hat seine grossen Unbequemlichkeiten. Man muss unaus- gesetzt acht darauf geben, dass trotz der nur sehr niedrig gehaltenen Temperatur des Muffelofens die verkohlende organische Masse, die sich stark aufbläht, nicht übersteigt. Schliesslich lässt sich dann aber doch bei gehöriger Vorsicht eine sehr lockere, etwas glasige Kohle erhalten, die, wenn die Tendenz zur Gasbildung und Auf- blähung der Masse vorüber ist, sich nun weiter veraschen lässt. Auch während dieses zweiten Teiles der Arbeit darf die Hitze nicht zu hoch gesteigert werden, weil sonst die Asche stark z usammen 450 N: Hugo Schulz: sintert, dadurch viel Kohle der Veraschung entzogen und zudem noch, wegen des Phosphorsäuregehaltes der Asche, die Platinschale gefährdet wird. Nach dem Abkühlen der Platinschale und ihres Inhaltes wurde dieser mit Salzsäure versetzt und auf dem Wasserbade erwärmt. Sobald der grössere Teil der Salzsäure weegedampft war, wurde der Inhalt der Platinschale mit einem dicken, am Ende rund ge- schmolzenen Glasstabe unausgesetzt umgerührt und jedes Klümpchen, das sich bildete, vorsichtig zerdrückt. So resultierte schliesslich eine feinpulverige Masse, die nun noch so lange auf dem Wasserbade weiter erwärmt wurde, bis sie absolut nicht mehr nach Salzsäure roch und pulvertrocken erschien. Dasselbe Verfahren wurde in gleicher Weise noch fünfmal wiederholt unter jedesmaliger neuer Zusabe von Salzsäure. Der endlich verbleibende Rückstand wurde dann mit verdünnter Salzsäure versetzt, auf dem Wasserbade er- wärmt und schliesslich durch ein kleines, quantitatives Filter unter sründlichem Ausspülen der Platinschale mit destilliertem Wasser abfiltriert. Der auf dem Filter verbleibende Rückstand, bestehend aus der unlöslich gewordenen Kieselsäure sowie einer Spur der Veraschung entgangener Kohle, wurde dann in derselben Weise, wie ich sie früher beschrieben habe, mit kohlensaurem Natron behandelt und dann die Analyse zu Ende geführt. Auch diesmal habe ich die Kieselsäure zum Schlusse so bestimmt, dass der nach dem Glühen im Platintiegel verbleibende Aschenrückstand wiederholt mit Fluor- ammonium behandelt und aus der dann gegen das Anfangsgewicht der geglühten Asche sich ergebenden Gewichtsdifferenz die Kiesel- säure bestimmt wurde. Ich habe von A und von B je eine Analyse ausgeführt Das mir zu Gebote stehende Material reichte leider nicht weiter. Die für den Kieselsäuregehalt der Trockensubstanz erhaltenen Werte stellten sich so: 47,7094 g Trockensubstanz A, also Nabelschnur mit den Ge- fässen, lieferten 0,0090 e& Kieselsäure, entsprechend einem Gehalt von 0,01886 °’o der Trockensubstanz. Mithin enthielt ein Kilogramm bei 105—110 ° getrockneter Nabelschnur mit den Gefässen: 0,1886 g Kieselsäure. Die in gleicher Weise wie A behandelte Portion B, also Nabel- schnur ohne Gefässe, ergab folgende Werte: Über den Kieselsäuregehalt der Wharton’schen Sulze. 451 37,9698 g des dem Exsikkator entnommenen Gewebspulvers entsprachen 35,5705 g Trockensubstanz. Diese lieferten 0,0085 g Kieselsäure, entsprechend einem Gehalt der Trockensubstanz an Kieselsäure von 0,02389 g. Ein Kilogramm bei 105—110 ° ge- trockneter, von den Gefässen befreiter Nabelschnur enthielt demnach: 0,2389 g Kieselsäure. Meine Analyse desselben Materiales im Jahre 1902 hatte er- seben: 1 kg wasserfreie Wharton’sche Sulze enthält 0,2436 g Kieselsäure. Der alte und der neue Wert stimmen also mit hinlänglicher Genauigkeit überein. Frauenberger hat für die von den Gefässen befreiten Nabel- 'stränge nur den Kieselsäuregehalt in der Asche bestimmt. Derselbe betrug nach seiner Angabe: 0,0284°/o. Bei meiner früheren Be- stimmung des Kieselsäuregehaltes in der Nabelschnurasche hatte ich den mittleren Wert von 0,5989 °/o erhalten. Also besteht auch hier wieder eine auffallende Differenz zwischen den von Frauenberger mitgeteilten Zahlen und den von mir erhaltenen. Rechnerisch ergibt sich aus meiner letzten Analyse von Nabel- schnur ohne Gefässe für den Kieselsäuregehalt der Asche folgendes: 100 g Trockensubstanz ergaben im Mittel 4,0127 & Asche. Mit- hin enthielten 35.5705 & Trockenstubstanz 1,4273 & Asche. Diese Menge Trockensubstanz hatte geliefert: 0,0085 g Kieselsäure. Das entspricht aber einem Prozentgehalt der Asche an Kieselsäure von: 0,5953. Auch in dieser Beziehune stimmen meine im Jahre 1902 ge- machten Angaben mit dem Resultat meiner. letzten Untersuchung. Der Grund für die auffallende Verschiedenheit der von Frauen- berger und mir für den Kieselsäuregehalt in der Wharton’schen Sulze gefundenen Zahlen ist leicht ersichtlich, wenn man das von Frauenberger eingeschlagene Verfahren, die Kieselsäure quantitativ in der Gewebsasche zu bestimmen, etwas näher betrachtet. Auf Seite 18 seiner Mitteilung saet Frauenberger über diesen Punkt: „Diese gesamte Asche wurde nun mit Salzsäure bis zur stark sauren Reaktion versetzt und in der Platinschale auf dem Wasser- bade zur Trockene verdampft, der Trockenrückstand noch weiter etwa 2—3 Stunden auf dem Wasserbade zur Abscheidung der Kiesel- säure erwärmt; dann wurde der so getrocknete Rückstand mit 452 Hugo Schulz: Salzsäure befeuchtet, mit Wasser versetzt, bis die Salzmasse gelöst war, wobei sich nur wenige Flocken von Kieselsäure abschieden.“ Ich bitte, dies Verfahren, das allerdings an Einfachheit der Ausführung nieht viel zu wünschen übrig lässt, mit meiner Methode, die Kieselsäure aus der Gewebsasche herauszuarbeiten, vergleichen zu wollen. Bei analytischen Bestimmungen von Kieselsäure, die in der Weise ausgeführt werden, dass die Kieselsäure schliesslich unter Anwendung einer geeigneten Fluorverbindung vertrieben wird und der dadurch bedingte Wiegeverlust den Kieselsäuregehalt unmittelbar angibt, kann man wohl zu wenig, nie aber zu viel bekommen. Denn was bei der Behandlung mit Fluor schliesslich entweicht, kann nur Kieselsäure sein. Wenn nun Frauenberger, der mit Flusssäure anstatt wie ich mit Fluorammonium gearbeitet hat, was übrigens schliesslich auf dasselbe herauskommt, so geringe Werte für die Kieselsäure erhalten hat, .so stak diese eben nicht in der Asche, die schliesslich im Platintiegel geglüht und gewogen wird, sondern anderswo, das heisst: in der ungenügend behandelten Gewebsasche, dem Ausgangsmaterial für die ganze analytische Arbeit. Um die Richtigkeit seiner Methode zu prüfen, hat Frauen- berger dann noch folgenden Versuch ausgeführt: „Um die eingeschlagene Methode auf ihre Verlässlichkeit zu prüfen, wurde einer dritten Portion von Nabelsträngen (nicht der Asche, sondern den noch unverarbeiteten, frischen Nabelsträngen ! Schulz) die ihnen nach den Angaben von Schulz beiläufig zu- kommende Menge reiner Kieselsäure (0,0208 g) zugesetzt; auch diese Untersuchung wurde wie die erste zu Ende geführt. Die Gesamtasche betrug 4,5536 &. Die gefundene Menge Kiesel- säureanhydrit betrug 0,0220 @. Nach Abzug der zugesetzten Kiesel- säure entfallen mithin auf 4,5328 g Asche 0,0012 Kieselsäureanhydrid, entsprechend 0,027 °o der Asche. Aus dem Ergebnis der Unter- suchung geht hervor, dass der Kieselsäuregehalt der Wharton’schen Sulze menschlicher Nabelstränge bedeutend geringer ist, als ihn Schulz gefunden hat. Die Untersuchung von Schulz ergab nämlich für die Asche der Wharton’schen Sulze 0,5985 %/o, meine Untersuchung dagegen nur 0,0284 %o.“ Bei dieser Kontrolle der Richtigkeit seiner Arbeitsweise hat also, wie auf den ersten Blick ersichtlich, Frauenberger die ab- sichtlich zugesetzte Kieselsäure aus seiner Nabelschnurasche glücklich wieder herausbekommen mit dem geringen Zuschlag, den er besten- Über den Kieselsäuregehalt der Wharton’schen Sulze. 453 ialls bei seiner Art, die Kieselsäure in der Organasche zu bestimmen, erhalten konnte. Ich denke, damit ist diese Angelegenheit nun erledigt. Zum Sehlusse dieser Mitteilung habe ich nun noch eine eigen- tümliche Sache zu besprechen: Meine Zahlen sind, wenigstens soweit es sich um die Wharton’sche Sulze handelt, auch nicht richtig: sie sind zu klein! Bei meinen letzten Bestimmungen des Kieselsäuregehaltes in der Wharton’schen Sulze hatte ich einmal das erste, stark saure Filtrat im Becherglase für sich beiseitegestellt, welches beim Ab- filtrieren der mit Salzsäure behandelten kohlehaltigen Asche durch das Filter gegangen war. Dies Filtrat war gelb gefärbt, wohl von dem in der Salzsäure gelöst enthaltenen Eisen aus dem Gewebe, völlig klar und durchsichtig. Ich hatte einige Male die unangenehme Beobachtung gemacht, dass, wenn ich dies erste Filtrat hatte ab- laufen lassen und dann den Filterinhalt mit heissem destilliertem Wasser auszuwaschen begann, an der Stelle, wo die Oberfläche des ersten, gelbgefärbten Filtrates sich mit dem nachfliessenden Wasch- wasser berührte, eine Nubeeula sich bildete. Ich hatte gedacht, es sei mir da, trotz aller Vorsicht, doch beim Auswaschen auf irgend- welche Weise etwas der höchst fein verteilten Kieselsäure mit durch das Filter gegangen. Die Folge war, dass ich dann das ganze Filtrat noch einmal auf das Filter bringen und von neuem auswaschen musste. Ich wollte die Unbequemlichkeit möglichst vermeiden, und deshalb setzte ich, wie gesagt, das erste, stark salzsäurehaltige, klare Filtrat beiseite. Zufällig sah ich am anderen Tage, dass sich beim Stehen nach etwa 24 Stunden auch dies Filtrat etwas getrübt hatte. Es lag der Verdacht nahe, dass nun doch noch Kieselsäure sich ausgeschieden haben konnte, die für die Analyse dann verloren ge- sangen war. Als ich aber die trübe Flüssigkeit im Becherglase auf der Gasflamme etwas erwärmte, wurde sie wieder völlig klar und durchsichtig. Also konnte es sich nicht wohl um Kieselsäure handeln. Ich nahm an, dass bei dem Gehalt der salzsauren Flüssigkeit an anderen, der Asche entstammenden Salzen es möglicherweise zu einer teilweisen Ausscheidung derselben in der starken Säure ge- kommen sei. Ich goss nun, auch zufälligerweise, heisses destil- liertes Wasser in einem gehörigen Überschusse zu der salzsauren Flüssigkeit. Dabei entstand mit einem Male in dem Inhalte des Becherglases eine ziemlich starke Ausscheidung eines weissen, 454 Hugo Schulz: flockigen, sich bald zusammenballenden Niederschlages, der eine grosse Ähnlichkeit mit frisch ausgeschiedener, kolloidaler Kieselsäure besass. Der Niederschlag setzte sich zu Boden; ich liess das Glas zunächst zugedeckt stehen und beabsichtigte, diese rätselhafte Er- scheinung weiterzuverfolgen. Bei der nächsten Analyse verfuhr ich genau, wie eben angegeben, nur mit dem Unterschiede, dass ich die Verdünnung des ersten Filtrates statt mit heissem mit kaltem destiliertem Wasser vornahm. Jetzt ereignete sich aber gar nichts, die stark verdünnte Flüssigkeit blieb völlig klar, von einem Niederschlage war nichts zu sehen. Als ich dann, nach einigem Warten, die Flüssigkeit auf der Gasflamme anwärmte, er- schien nach einiger Zeit zunächst eine opalisierende, die ganze Flüssigkeit durchsetzende Trübung, dann bildeten sich Flocken, und schlieslich hatte ich wieder denselben rein weissen, kolloidalen Niederschlag im Becherglase, den ich beim ersten Male gleich be- kommen hatte, als ich von vornherein das erste Filtrat mit heissem “statt mit kaltem Wasser verdünnt hatte. Bei zwei anderen Analysen, die übrigens zu wenig Kieselsäure ergaben, machte ich genau dieselbe Beobachtung wie vorher. Ich bemerke noch ausdrücklich, dass die über den schliesslich erhaltenen weissen Niederschlägen stehende wasserklare Flüssigkeit immer noch stark sauer reagierte. | Ich sammelte nun den in den Bechergläsern beiseitegestellten weissen Niederschlag auf einem Filter und wusch ihn aus, bis das abfliessende Wasser keine Reaktion mehr mit Silbernitrat gab. Dann stellte ich Filter samt Niederschlag beiseite zum Trocknen. Nach einiger Zeit erschien der getrocknete Niederschlag grau gefärbt, von Rissen und Sprüngen durchsetzt. Ich besass schliesslich zwei der- artige Proben, die ich jede für sich mit dem Filter im Platintiegel veraschte und dann, nach dem Ausglühen und Wägen, mit Fluor- ammonium behandelte. Dabei erhielt ich für die geglühte, nicht mit Fluorammmon behandelte Substanz einmal einen Gewichtsverlust von 8°/o und einmal einen von 10 °o. Es hatte also offenbar der rätselhafte weisse Niederschlag noch Kieselsäure enthalten. Da ich versäumt hatte, die einzelnen Bechergläser, welche den Niederschlag enthielten, mit den einzelnen zugehörenden Analysen entsprechenden Aufschriften zu versehen, habe ich leider die so schliesslich noch er- haltenen Kieselsäurezahlen für meine Analysen nicht mehr ver- werten können. Über den Kieselsäuregehalt der Wharton’schen Sulze. 455- Der nach dem Glühen mit Fluorammonium im Platintiegel ver- bleibende Rückstand löste sich nur teilweise in Salzsäure. Es blieb: ein weisser, feinkörniger, fester Rückstand (Fluorealeium?) Das. Gelöste gab sehr starke Eisenreaktion. Es fragte sich nun, woraus der Niederschlag eigentlich bestanden hatte. Reine Kieselsäure war er sicher nicht. Der starke Eisengehalt war auffallend. Es lag der Gedanke nahe, ob vielleicht phosphorsaures Eisen in Frage kam. Berücksichtigt man den hohen Gehalt des getrockneten Nabelschnur- sewebes an Eisen und Phosphor — ich fand bei meiner früheren Untersuchung 0,0403 %o Eisenoxyd und 0,3794 °/o Phosphorpentoxyd in der bei 110° getrockneten Wharton’schen Sulze —, so war immerhin an die Möglichkeit zu denken, dass FEisenphosphat an der Bildung des Niederschlages schuld gewesen war. Ich nahm also eine Probe reinen phosphorsauren Eisenoxyds und löste dies nur in so viel Salzsäure, dass die Lösung noch ein Spürchen getrübt erschien. Dann verdünnte ich diese Lösung mit einem grossen Überschuss kalten destillierten Wassers und erwärmte allmählich auf. der Gasflamme. Nach einiger Zeit fing die Flüssig- keit an, deutlich zu opaleszieren. Aber zu einer Ausscheidung von Flocken kam es nicht. Da nun in der Gewebsasche neben phosphor- sauren noch eine Anzahl anderer Salze vorhanden sind, so setzte ich der opaleszierenden Flüssigkeit etwas Chlorcaleiumlösung zu. Es dauerte auch nicht lange, bis die Flockenbildung eintrat und sich schliesslich der eigentümliche, kolloidale Niederschlag "bildete. Es hatte sich also um eine Art von Aussalzung des Niederschlages ge- handelt, bedingt durch den Zusatz von Chlorealeium. Der Nieder- schlag war aber nicht so absolut weiss wie der, den ich bei meinen Analysen bekommen hatte, er spielte ganz leicht ins Grünliche. Nach allem aber liegt die Wahrscheinlichkeit vor, dass der von mir aus den sauren Aschenauszügen erhaltene, beim Erwärmen mit reichlich viel Wasser entstehende weisse Niederschlag aus Eisenphosphat mit Kieselsäure bestanden hatte. Ich habe nun Asche von Kaninchenmuskel, die mir zufälliger- weise noch zur Verfügung stand, in derselben Weise behandelt wie die Nabelschnurasche. Aber obwohl ich absichtlich einmal etwas kohlenreichere und das zweitemal stark ausgeglühte Asche mit Salz- säure behandelte: in dem sauren Filtrat bildete sich der weisse Niederschlag nicht. Vielleicht entsteht doch beim Darstellen der Nabelschnurasche 456 Hugo Schulz: Über den Kieselsäuregehalt der Wharton’schen Sulze. irgendeine Verbindung von Eisenphosphat und Kieselsäure, wenn auch in wechselnden Verhältnissen. Der Grund zu dieser Annahme liest für mich in folgendem: Bei meinen ersten Arbeiten über Kieselsäure habe ich jedesmal von einer und derselben Asche zwei Analysen ausgeführt, die, wie meine damaligen Mitteilungen ergeben, gut untereinander stimmten. Diesmal habe ich für jede einzelne Analyse der Nabelschnurasche neue, unverbrannte Substanz ge- nommen und aus dieser die Asche hergestellt. Da es unmöglich ist, zwei völlig identische Aschen aus demselben Gewebe herzustellen, wenn es sich um grössere Aschenmengen handelt, so erklärt es sich, weshalb ich diesmal bei zwei meiner Änalysen zu niedrige Werte erhielt. Ich glaubte, ich hätte die Asche nicht sorgsam genug mit Salzsäure behandelt und habe die Analysen aus diesem Grunde ver- worfen. Es war eben ein jedesmal verschiedener Anteil nicht un- löslich gewordener Kieselsäure mit dem phosphorsauren Eisen und den übrigen in Salzsäure gelösten Salzen durch das Filter gegangen. Ich habe geglaubt, diese meine Beobachtungen, so unvollkommen sie auch noch sind, doch jetzt schon veröffentlichen zu sollen. Für mich resultiert aus ihnen jedenfalls folgendes: Die Kieselsäure- bestimmungen der menschlichen Gewebe müssen noch einmal wieder vorgenommen werden mit dem Unterschiede gegen früher, dass das gesamte Waschwasser, welches beim Abfiltrieren der mit Salzsäure behandelten Asche beziehentlich der dabei resultierenden Salzlösung erhalten wird, noch einmal auf einen etwa noch vorhandenen Kiesel- säuregehalt geprüft werden und dieser, wenn festgestellt, dem nach der bisherigen Methode erhaltenen zuaddiert werden muss. Augen- blicklich bin ich mit dem Sammeln und Vorbereiten des zu. den Analysen notwendigen Materials beschäftigt. 457 (Aus dem physiol. Institut des St. Mary’s Hospital Medical School zu London. [N. H. Alcock M.D.].) Narkose und Sauerstoffmangel. II. Mitteilung. Die Wirkung der Sauerstoffentziehung auf den Ruhestrom der Froschhant. Von 6. Mansfeld, Budapest. (Mit 4 Textfiguren.) Imeiner früheren Mitteilung!) wurde die Hypothese ausgesprochen, dass die Narkose in einer verminderten O,-Aufnahme seitens der Nervenzelle ihre Ursache findet, und als Stütze dieser Annahme wurde gezeiet, dass die Wirkungen von Sauerstoffmangel und Nar- koticum einer Summation fähig sind, und dass der Sauerstoff dem Narkotieum antagonistisch wirkt. Eine weitere Aufgabe war, nachzuweisen, dass Sauerstoffentziehung und Alkoholnarkotica auf reizbare Gebilde identisch wirken. Um diesen Beweis führen zu können, hiess es in erster Reihe eine Methode zu finden, durch welche die narkotische Wirkung, d. h. die Abnahme von Lebensfunktionen, genau quantitativ verfolgt werden kann. Die Schwierigkeit, solch messende Versuche an höheren Tieren auszuführen, liegt auf der Hand, ja sogar die übliehen Versuchs- objekte wle Kaulquappen gestatten bloss die Bestimmung der Zeit, in welcher die Narkose eintritt. Eine Methode, mittelst welcher die Wirkungsstärke von Nar- kotica auf das genaueste von Minute zu Minute verfolgt uud ge- messen werden kann, schien mir durch die interessanten Unter- suchungen von Waller?) und Aleock?) gegeben. Diese Forscher 1) Pflüger’s Arch. Bd. 129 S. 69. 2) Roy. Soc. Proc. B. vol. 77 p. 277. 1906, und „Signs of Lite“. London 1903, 8) Roy. Soc. Proc. B. vol. 78 p. 159. 7 458 G. Mansfeld: hatten in einer Reihe von Untersuchungen die Wirkung verschiedener Nüchtiger Verbindungen auf den Ruhestrom der Froschhaut einer Prüfung unterzogen. Dabei wurde von Alcock gezeiet, dass die Sekretionsströme durch die Narkotica der Fettreihe prompt auf- gehoben resp. beträchtlich abgeschwächt werden, zum Beweis dessen, dass die Ruheströme mit Recht als Maass der dissimilatorischen Vorgänge der Drüsenzellen betrachtet werden. Ist aber das Wesen der Alkoholnarkose eine verminderte O,-Aufnahme der Zellen, so muss auch durch einfache Entziehung des Sauerstoffs genau dieselbe Wirkung in Erscheinung treten. Um dies zu prüfen, hatte ich die Wirkung des Sauerstoffmangels auf den Ruhestrom der Froschhaut zu untersuchen. Zu meiner grossen Freude war es mir gestattet, während meines Aufenthaltes in London im Sommersemester 1909 diese Unter- suchungen im Institute des Herrn Dr. N. H. Alcock auszuführen, und ich möchte auch an dieser Stelle für seine Gastfreundschaft sowie für die vielfache Unterstützung meiner Dankbarkeit Ausdruck geben. Die Messung der Ruheströme geschah mit der Kompensations- methode. . Als Nullinstrument diente ein Spiegelgalvanometer. Das Präparat lag in einer feuchten Kammer (welche die Zu- und Ableitung von Gasen gestattete) mit der äusseren Hautfläche ‘auf zwei mit 0,75 /oiger NaCl-Lösung getränkten Tonstückchen, deren eines als Verbindung zur stomableitenden Zink-Zinksulfat-Elektrode, das andere aber nur als Unterstützung diente. Die innere Hautfläche wurde mit einem durch NaCl-Lösung befeuchteten Seidenfaden mit der zweiten Elektrode verbunden. Diese Anordnung der Elektroden (A-, B-, C- Methode von Alcock) hat den Vorteil, dass, indem die Potential- differenz an zwei nebeneinander- (und nicht direkt übereinander-) liegenden Punkten der äusseren und inneren Hautfläche bestimmt wird, die Kammer durch eine Wachswand in zwei Teile geteilt werden kann, und ermöglicht dadurch, die Wirkung der Gase resp. Dämpfe auf die äussere und innere Hautfläche gesondert zu unter- suchen. Zunächst habe ich in einer Reihe von Versuchen geprüft, ob durch Sauerstoffentziehung eine den Narkotica analoge Wirkung, d. h. die Verminderung der Potentialdifferenz zwischen äusserer und innerer Hautfläche, erzielt werden kann. Die Versuche zeigten, dass beinahe sofort, sobald der O, der umgebenden Luft mit N, verdrängt wird, der Ruhestrom rapid zu sinken beginnt. und bei genügend Narkose und Sauerstoffmangel. II. 459 lang anhaltendem Sauerstoffmangel vollständig aufgehoben wird. Als Beispiel führe ich Versuch XII (Fig. 1) und XVII (Fig. 2) an. Aus den Kurven ist diese Wirkung des Stickstoffes ohne weiteres 80 78 74 76 72 70 = je) = 14] & [2) 3 un Stickstoff Sauerstoff 40 42 4 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 Fig. 1. Versuch Nr. XIII. 25. Mai 1909. 38 34 ’ - e o = 17) [ei a © 0,0500 Luft | Volt. _ Zeit: 30’ 32 0,0400 0,0300 0,0200 0,0100 ersichtlich. Das vollkommene Schwinden des Ruhestromes konnte in zwei Versuchen durch 30 resp. 34 Minuten langer Einwirkung des Stickstoffes erzielt werden. Dass die Abnahme des Ruhestromes durch Sauerstoffmangel ein reversibler Vorgang ist, geht ebenfalls ‘6061 Te '6& "IIIAX IN yansıorn 7 "SLq 99 tg a) 0) Kr a ve cc ron mn am. an ce oe we de arg WE a oa er or m Br a 8- 9° a o :13Z 00100 00200 00€00 “JUBIsU0I0z ootob I: 00500 yoysıanes 2 : 00900 YOSYanS 3n7 2 = "oA ynT. 96 v6 z6 06 88 98 N "SyORId 219ssny "6067 un '& eL 89 99 #9 za 09 g5 g& [4 N yaq "ayaRjd asauuf "XX IN yonsaay 'g 'SIg ss 25 066 HB 06 tb .cu 0% ee eo "AUSH J Suassny o£ g7z EN “Supelg aJassıy “JueJSU09 ‚01 J1ag | E. Pflüger, Archiv für Physiologie, ‘Bd. 131. 0010'°0 00z0'0 00£0'0 oobo'‘o 0050'0 0090'0 00L0'0 "M0A 8 462 G. Mansfeld: aus den angeführten Versuchen hervor, denn wir sehen den Ruhe- strom mächtig ansteigen, sobald die Froschhaut mit ©, in Berührung kommt. | Alcock hat weiterhin gezeigt, dass durch Narkotica der Ruhe- strom nur dann beeinflusst wird, wenn dieselben mit der äusseren Fläche der Haut in Berührung kommen. Niemals hatte das Narkotisieren der inneren Hautfläche die Verminderung der E.M.K. zur Folge. Um zu sehen, ob auch der Angriffsort‘ des Sauerstoff- mangels dem der Narkotica gleich ist, hatte ich eine Reihe von Versuchen ausgeführt, in welchen bald der inneren, bald der äusseren Hautfläche der Sauerstoff entzogen wurde. Diese Versuche zeigten, dass auch diesbezüglich vollständige Analogie zwischen der Wirkung des Sauerstoffmangels und der Narkotica besteht. Wird der inneren Hautfläche der Sauerstoff entzogen, so findet nicht die geringste Änderung der Potentialdifferenz statt; sie schwindet aber sofort, wenn wir den Stickstoff auf die äussere Fläche der Haut bringen. Als Beispiel gebe ich Versuch XX (Fig. 3). Schliesslich ist noch ein scheinbarer Unterschied zwischen der Wirkung des Sauerstoffmangels und der Narkotica zu besprechen. Wenn wir die Wirkung des Sauerstoffmangels an den beigegebenen Kurven betrachten, so sehen wir, dass der Ruhestrom wohl sofort nach Entziehung des O, zu sinken beginnt, aber nach 1-——2 Minuten für kurze Zeit ansteigt, um dann wieder kontinuierlich zu sinken. Diese Unterbrechung der N,-Curve, welche in fast keinem meiner Versuche fehlte, besagt, dass der Sauerstoffmangel nicht ohne vor- übergehende Erregung der Zellen zur Narkose führt, und nachdem in den Narkoseversuchen Aleock’s der absteigende Ast der Kurve stets eine gerade Linie war, schien darin ein wesentlicher Unter- schied zwischen der Wirkung der Narkotica und der Sauerstoff- entziehung zu bestehen. Jedoch erblickte ich in dem typischen An- stieg der N,-Kurve eine auffallende Ähnlichkeit mit jenem Phänomen, dem wir auch bei der Narkose höherer Organismen begegnen, und welches von den Chirurgen als „primäre Anästhesie“ bezeichnet und vielfach ausgenützt wird. Lassen wir einen Menschen z. B. Chloro- form einatmen, so beobachten wir schon nach kürzester Zeit eine voll- ständige Anästhesie, welche nach einigen Minuten schwindet und dem bekannten Stadium der Erregung Raum gibt, um dann bei fort- gesetzter Narkose schliesslich in eine dauernde tiefe Narkose über- Narkose und Sauerstoffmangel. Mi. 463 zugehen. Ich glaubte also durch geeignete ‚Dosierung eines Narkotieums die. vorübergehende Erregung der Zellen ebenfalls beobachten zu können... Diese Versuche hatte ich mit Chloroformdämpfen ausgeführt, welche in sehr starker Verdünnung dem Präparat zugeführt wurden. ° nm 68 66 Sauerstoff 64 60 17. Juni 1909. Fig. 4. Versuch Nr. XXll. Chloroform an ern [®) "JueJsu0I,oz 19S (0) [o] [o] o o° o° ° [e] o° [o] < ° 3 g [e) 2 [o} [e} [o) oO [e} Die Versuche zeigten, dass auch das CHC], in ähnlicher Weise wie die Sauerstoffentziehung nach beginnender Narkose die Zellen der Froschhaut in Erregung versetzt, wie dies aus Versuch XXI (Fig. 4) ersichtlich. si * 464 G. Mansfeld: Narkose und Sauerstoffmangel. II. Diese Untersuchung zeigt also, dass die Entziehung des Sauer- stoffes und die Narkotica der Fettreihe den Ruhestrom der Frosch- haut in ganz ähnlicher Weise beeinflussen. In dieser Tatsache er- blickte ich eine weitere Stütze der Annahme, dass die Narkotica der Fettreihe die Aufnahmefähigkeit der Zellilipoide für Sauerstoff herabsetzen, und somit eine Anregung für künftige Untersuchungen. Den Herren Mitarbeitern beehre ih mich die Mitteilung zu machen, daß der Herausgeber des von ihm im Jahre 1868 begründeten und nunmehr in 130 Bänden vorliegenden «Archivs für die gesammte Physiologie» Geheimrath Prof.Dr.E.F.W. Pflüger o. ö. Professor der Physiologie an der Universität und Direktor des Physiologischen Institutes zu Bonn heute nach kurzem Krankenlager im Alter von 80 Jahren verschieden ist. Die Herausgabe des Archivs wird keine Unter- brechung erleiden; nur bitte ich höflichst, die für die Zeitschrift bestimmten Manuskripte von jetzt ab direkt an den Verlag zur Weitergabe an die Redaktion einsenden zu wollen. Es wird nach wie vor mein Prinzip sein, durh tun- lichst schnelle Drucklegung der ein- gesandten Arbeiten das Archiv in den Dienst der Herren Mitarbeiter zu stellen. Bonn, 16. März 1910. Lessingstraße 30. Martin Hager. A Ni a ei BEN y a ua ’ N 23% Ri BR ar vi a ar ce er ae un ai er re E and 2 nahe aa. he BBSE INN AR ae, iR | RER gr sapihl, WII Sera | Ba Ba ae ah hs mann, Er 188 a sr, > Ritz 5 BR ER ER Page * a a iR ET ups SE ER Pr Auen hr De a | RN ENG) Be: si ie sa neh on EIER Re rs 2 Es aha be Ki a ia ao ei re hop at, 2 En Br u 3 & f RR "BE $ 43 ’ BE er. Mas Pi ar ITS #. # a { x Aal! OB ichs a KR u 3 jr MN en 465 (Aus dem Marine Biological Laboratory, Woods Holl, Mass. und dem Laboratorium f. experim. Pathologie der University of Pennsylvania, Philadelphia.) Über den Einfluss von chemischen und physikalischen Um- gebungsänderungen auf die Blutzellen von Limulus, und insbesondere aufihre Graäanula. Von Leo Loeb. Der Zweck der folgenden Untersuchungen ist ein doppelter. Sie sollen erstens zur Klarstellung des Mechanismus der sogenannten Gerinnung des Limulusblutes beitragen; weiterhin sollen die Be- dingungen analysiert werden, von denen die Auflösung resp. das Erhaltenbleiben der Zellgranula abhängt. Es werden hierbei innere, in den Zellen selbst ablaufende Vorgänge und äussere Faktoren in Betracht zu ziehen sein!). Versnehsanordnung. Auf sorgfältig gereinigte Objektträger wurde die zu prüfende Substanz gebracht; falls es sich um Flüssigkeiten handelte, wurde auf jeden Objektträger annähernd die gleiche Quantität der Flüssig- keit aufgegossen. Sodann wurde eine kleine Menge Blut, gewöhnlich ein bis zwei Tropfen womöglich in die Mitte eines jeden Objekt- trägers aufgetropft. Die Blutentnahme wurde in der Weise bewerk- stelligt, dass ein reiner Troikart, der gewöhnlich zuvor in Öl getaucht worden war, durch das Rücken- oder Schwanzgelenk des Limulus in das Herz resp. in die grossen Bluträume gestossen wurde. In 1) Schon in früheren Veröffentlichungen habe ich hierauf bezügliche kürzere Mitteilungen gemacht; vergleiche insbesondere: Untersuchungen über die Granula der Amoebozyten. Folia haematologica Bd. 4 S. 313. Mai 1907. Seither habe ich diese Untersuchungen fortgesetzt, und hier soll eine zusammenhängende Darstellung gegeben werden. — Herrn H. H. Bartlett bin ich für seine Assistenz bei vielen Versuchen zu Danke verpflichtet. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 32 466 Leo Loeb: anderen Fällen wurde mit einem Messer ein Einschnitt in eines der Gelenke gemacht und auf diese Weise Blut erhalten. Diese Objekt- träger wurden in feuchten Kammern gehalten, und die Veränderungen der Blutzellen wurden von Zeit zu Zeit mikroskopisch festgestellt. Es wurden in jedem Versuche eine grössere Zahl von verschiedenen Lösungen verglichen, und durch häufige Wiederholung der Versuche unter verschiedenen Bedingungen wurden variable Faktoren kon- trolliert. 1. Ehe wir die chemischen Einwirkungen auf die Zellen unter- suchen, wird es nötig sein, einige andere Faktoren in ihrer Wirkung zu analysieren, insbesondere solche mechanischer Natur. Die letzteren spielen bei jeder Versuchsanordnung eine Rolle und komplizieren das Endresultat. Wir haben folgende Faktoren in Betracht zu ziehen: a) die Art und Weise, wie das Blut entzogen wird, b) Vorhanden- sein oder Abwesenheit einer Flüssigkeit, in der das Blut aufrefangen wird, ec) der Charakter der Unterlage, auf der das Blut aufliegt, d) die Temperatur, e) die Bewegungen des Blutes. Solange die Blutzellen in den Gefässen zirkulieren, stellen sie ganz flache elliptische Scheiben dar; ihr Kern liegt in der Mitte; in dem Cytoplasma finden sich viele Granula. Falls man einen Ein- schnitt in das Rückengelenk eines Limulus macht und einen Tropfen des ausströmenden Blutes auf einem reinen Öbjektträger auffänget und unter dem Mikroskop untersucht, so findet man, dass die Blut- zellen in kurzer Zeit einer Reihe von Veränderungen unterliegen. Schon innerhalb der ersten Minute fangen die Zellen, die zuerst oval oder rund und granulär waren, an, Pseudopodien auszustreeken; ausserdem findet eine schnelle Auflösung einer grossen Zahl der Granula statt. Die Zellen agglutinieren und bilden Häufchen. Fängt man aber das Blut nach Einstechen eines Troikarts vermittels einer reinen Metallkanüle auf, so erhält man die Blutzellen als ovale, granulahaltige Zellen, in denen auf dem gläsernen Objektträger Ver- änderungen viel langsamer vor sich gehen, Die Zellen fallen allmählich auf die Oberfläche des Glases, und in Berührung mit dem Glase werden die Zellen durch Druck der unterliegenden festen Fläche flacher, sie breiten sich aus, senden Pseudopodien aus!), Vakuolen bilden sich in den Zellen, und die 1) Die in direkter Berührung mit dem Glas befindlichen Zellen haben sich schon nach 15 Minuten auf dem Glase flach ausgebreitet und eine Anzahl ihrer Granula verloren. Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 467 Granula werden kleiner und gehen allmählich verloren. Die höher liegenden Zellen, die nicht in Berührung mit dem Glase kommen, senden ebenfalls Pseudopodien aus, bleiben aber länger rund oder oval und behalten auch die Granula einige Zeit. Allmählich aber verlieren sie ebenfalls einen grossen Teil der Granula. Die Zellen vereinigen sich zu Haufen, die durch Fäden verbunden sind. Es kommt so ein Zellnetz zustande. Die Zellen breiten sich immer mehr aus und verlieren die Granula mehr und mehr. Der Unter- schied in dem Verhalten der Blutzellen, die mit und ohne Kanüle aufgefangen wurden, beruht auf mechanischen Einwirkungen, die eine rauhe Fläche, welche die Blutzellen passieren, auf diese letzteren ausübt. Falls man das Blut durch eine Kanüle auffänet und dann über den sorgfältig gereinigten Rücken eines anderen Limulus fliessen lässt, ehe man es auf einem Objektträger auffänst, so finden die Veränderungen der Blutzellen wiederum sehr schnell statt, ungefähr ebenso schnell, wie wenn man das Blut direkt durch einen Einstich in das Rückengelenk auftängt. Es handelt sich also bei diesem Effekt um mechanische Wirkungen und nieht um chemische Beeinflussung von seiten des Gewebes des Limulus, mit dem das Blut in Berührung kommt, falls es ohne Kanüle aufgefangen wird. Falls man das Blut vermittels einer Kanüle auf einem ÖObjektträger auffängt, auf dem ein Stück Limulusmuskel liest, so zeigen die Zellen in der Um- gebung des Muskelstückes keine stärkeren Veränderungen als die in grösserer Eutfernung von dem Muskel gelegenen Zellen. Wenn die Kanüle ganz rein ist und eine spiegeinde Oberfläche besitzt, ist es nicht nötig, sie in Öl zu tauchen, ehe man das Blut entzieht. Das die Kanüle bedeckende Öl verbessert unter solchen Umständen die Resultate nicht wesentlich. Falls man den Schnitt in den Limulus derart anlegt, dass die mechanische Einwirkung stark herabgesetzt wird, z. B. indem man das Gelenk einer Extremität ganz durchschneidet und dann einen Tropfen Blut direkt von der Schnittfläche auf den Objektträger fallen lässt, so sind die Resultate ebenfalls besser und können zuweilen so gut sein wie bei dem Gebrauch einer Kanüle. Nun sehen wir, dass der Gebrauch einer Kanüle nur eine Ver- zöcerung der Veränderungen der Zellen herbeiführt.. Veränderungen, die ohne Kanüle im Laufe der ersten Minuten nach der Blutent- ziehung stattfanden, finden bei Benutzung der Kanüle etwa in 15 bis 40 Minuten statt. Und zwar äussert sich die Wirkung des ar 468 Leo Loeb: Glases nicht nur den Zellen gegenüber, die direkt auf dem Glas aufliesen, sondern der Einfluss erstreckt sich auch auf die höher- liegenden Zellen, die ebenfalls Pseudopodien aussenden und Granula verlieren. Falls man die Blutzellen bedeutend längere Zeit nahezu un- verändert erhalten will, so ist es nötig, sie vor. Berührung mit dem Glase zu bewahren; die Wirkung des letzteren ist wiederum mechanisch und nicht chemisch. Falls man das Blut statt auf gläsernen, auf aus Quarz angefertieten Objektträgern auffängt, so sind die Ergeb- nisse ganz dieselben. Bedeckt man die Oberfläche des Objektträgers mit Olivenöl. Paraffin oder Vaselin, so werden die Veränderungen sehr viel länger hinausgeschoben. Aber diese drei Substanzen wirken wiederum nicht ganz in derselben Weise. Öl erhält die Zellen am besten. Hier sind die Zellen oval oder rund, und ihre Granula bleiben erhalten. Aber auch hier agglutinieren sehr viele Zellen und bilden kleine Zellhaufen. Falls man nicht dafür sorgt, dass ge- nügend Öl die Zellen von der Oberfläche des Objektträgers trennt, breiten die Zellen, die in Kontakt mit dem Glase kommen, sich wiederum langsam darauf aus und senden Pseudopodien aus, und die Granula werden kleiner; auch kann es zuweilen vorkommen, dass die höher gelegenen, runden oder ovalen Zellen einige wenige, ganz kleine Pseudopodien aussenden. Wir sehen also, dass auch in Öl, auch falls Kontakt mit dem Glas vermieden wird, gewisse Verände- rungen der Zellen beobachtet werden, nämlich 1. Acelutination, 2. eine Formveränderung der Zellen, die statt scheibenförmig zu sein, oval oder rund werden. Wir werden wohl nicht fehlgehen in der Annahme, dass es wiederum mechanische Einwirkungen sind, nämlich das Finfliessen des Blutes in die Kanüle und darauf in das Öl, sodann die Beweeung in Öl, die diese Zellreaktionen bewirken. Falls Vaselin oder Paraffın statt Öl benutzt wird, so bleiben die Zellen eben- falls viel besser als auf Glas erhalten; aber diejenigen Zellen, die direkt mit dem Paraffin oder Vaselin in Berührung kommen, werden auf diesen flach gedrückt und breiten sich allmählich mit Pseudopodien flach aus, und zuweilen können die höher gelegenen, gewöhnlich in kleinen Häufchen agglutinierten Zellen kleine Pseudopodien nach unten aussenden. Die im Vergleich zum Öl grössere Härte des Paraffıns oder Vaselins bewirkt, dass die Zellen, die spezifisch schwerer sind als die Blutflüssigkeit, sich hier ausbreiten im Kontakt mit dem Paraffın oder Vaselin. Trotzdem bleiben auf Vaselin und Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 469 Paraffın alle Zellen viel besser erhalten als auf Glas. Ebenso wie die genannten drei Stoffe wirkt Leeithin, solange es dem Objekt- träger in kontinuierlicher Lage aufliest. Wahrscheinlich hat auch geronnenes Eiweiss einen gewissen präservierenden Einfluss; doch müssen darüber noch weitere Versuche angestellt werden. Diese verschiedenen Körper wirken nun allem Anschein nach in doppelter Hinsicht, 1. Wie oben erwähnt, sind die verschiedenen Grade von Härte dieser Substanzen von Bedeutung, 2. wirken sie wahrscheinlich auf die Oberflächenspannung der Zellen in verschiedener Weise, etwa in ähnlicher Weise, wie das Aufsteigen von Flüssigkeiten in Röhren von dem Charakter der Röhre und der Flüssigkeit ab- hängt, ein. Aber mit diesen Veränderungen der Oberfläche gehen weitere Veränderungen einher.- Die Oberfläche der Zellen wird klebrig. Weiterhin finden Veränderungen im Inneren der Zellen statt, die zu einer Auflösung der Granula führen. Diese Auflösung kann ganz allmählich und langsam stattfinden, die Granula können aber auch mit grosser Schnelligkeit in einer Sekunde verschwinden. Die Ausbreitung der Zellen ist mit Bewegungserscheinungen in allen Teilen des Zellprotoplasmas verbunden, und diese Bewegungen des Protoplasmas ziehen oft Granula mit. Die Beweeungen der Blutflüssigkeit sind von Bedeutung. Die runden oder ovalen Zellen, wie man sie durch Auffangen des Blutes mit einer Kanüle auf einem vaselinierten Objektträger erhält, sind ganz weiche Gebilde; bewegt man den Objektträger von einer Seite zur anderen, so kann man unter dem Mikroskope beobachten, wie eine Anzahl von Zellen wie auseegossen werden; sie werden in diffuse Granulahaufen verwandelt. Hierbei fliessen die ersten Granula ganz frei aus und zeigen später Brownsche Bewegung; weiterhin sind jedoch die Granula durch dünne, oft unsichtbare Proto- plasmafäden verbunden, und die zuletzt ausfliessenden liegen dichter zusammen. Durch die Bewegung wird das Zellprotoplasma in Fäden ausgezogen, in denen die Granula eingebettet sind, oder an denen sie haften. Ein solcher Zerfall einer grossen Zahl von Blutzellen ınuss nun bei der gewöhnlichen Blutentnahme jedesmal stattfinden. Die so entstehen- den Fäden sind kaum sichtbar und sehr klebrig, und sie erklären zu einem grossen Teil die Verbindung der Zellen durch oft unsichtbare Fäden. Natürlich kommen hierfür auch die Pseudopodien, die oft sehr lang sein können, in Betracht. Ferner kann aber wahrscheinlich 4709 Leo Loeb: auch die Oberfläche der Zellen geringfügige Veränderungen zeieen zu einer Zeit, wo noch keine Pseudopodien ausgestreckt sind; dies erklärt das Zusammenkleben vieler in Öl suspendierter Zellen. Ebenso wie man kleinere Blutmengen unter verschiedenen Be- dingungen auf dem Objektträger beobachten kann, kann man den Einfluss derselben Agentien auf grössere Blutmengen in Schalen be- obachten. Im paraffinierten Schalen sinken die Blutzellen nach ge- lungener Entnahme des Blutes auf den Boden des Gefässes, und die überstehende Flüssigkeit kann abgegossen werden. Die Blutzellen am Boden des Gefässes bleiben einige Zeit gut erhalten. Ohne Paraffın untergehen die Zellen bald Veränderungen in der Schale; infolgedessen bilden sie nach einiger Zeit ein Zellnetz, und die überstehende Flüssigkeit kann nicht oder nur unvollständig ab- gegossen werden. Doch findet auch unter diesen Umständen der Anfang des Sedimentierens statt. Falls aber in der paraffinierten Schale sich ein wenig Seewasser oder isotonische NaCl-Lösung be- findet, findet die Zellveränderung mit grosser Schnelliekeit statt, und das Blut erstarrt infolgedessen in ganz kurzer Zeit zu einer Gelatine. Die Temperatur des schmelzenden Eises verhindert oder ver- langsamt die Veränderungen der Blutzellen. Fängt man Blut in einer auf Eis gehaltenen paraffinierten Schale auf, so können am Boden des Gefässes die Zellen mehrere Tage lang gut erhalten bleiben. Solche Zellen untergehen dann nach ihrer Übertragung auf Glas oder in gewissen Flüssigkeiten bei gewöhnlicher Zimmer- temperatur typische Veränderungen; sie breiten sich aus, und ihre Granula lösen sich auf. Auch auf gewöhnlichem Glase verlang- samt Kälte die Zellveränderungen. Solche in paraffinierten oder vaselinierten Gefässen aufgefangenen Blutzellen kann man nachträglich mit geölter Pipette entnehmen und wie die in gewöhnlicher Weise aufgefangenen Zellen zu Versuchen benutzen. 2. Wir sehen also, dass benetzbare Körper die Blutzellen zu dem Aussenden von Pseudopodien reizen, dass diere Zellbewegungen zu einer Auflösung von Granulis führen. Dieser Zusammenhang ist wahrscheinlich ein indirekter. Ferner sahen wir, dass das Aussenden der Pseudopodien unterbleibt in von Öl oder Paraffın umgebenem Blute. Hier bleiben entsprechend auch die Granula erhalten. Hier soll nun auf eine Analogie hingewiesen werden, die existiert in der Einwirkung von Oberflächen auf Zellbewegung und Zell- granula einerseits und in einer Einwirkung von Oberflächen auf ‘ Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 471 Fermente andererseits. Bordet und Geneou?) fanden nämlich, dass, wenn Säugetierblut in paraffinierten Gefässen aufgefangen und sodann zellfreies Plasma hergestellt wird, Berührung des Plasmas mit Glas und ähnlichen Fremdkörpern einen koagulationsbeschleunigenden Einfluss haben. Der Fremdkörper beschleunigt hierbei die Bildung des Thrombins aus seiner Vorstufe. Paraffın und Öl verhindern diese chemischen Prozesse, ebenso wie sie die Formänderungen und Granulaauflösune an Zellen verhindern. Sind diese Zellveränderungen etwa die Folge von fermentativen Prozessen, oder beruht umgekehrt Fermentbildung in diesem Falle auf der primären Einwirkung von physikalischen Agentien auf gewisse kolloide Substanzen ? 3. Falls nun das Blut statt in einem leeren (eventuell mit Öl, Paraffın oder ähnlichen Stoffen bedeckten) Glasgefäss in einem mit einer Flüssigkeit gefüllten Glasgefäss (resp. auf einem Objektträger) aufoefangen wurde, so verhielten sich die Blutzellen je nach dem Charakter der Flüssiekeit verschieden. Der Einfluss der Flüssiekeit überwog unter (diesen Umständen so sehr den mechanischen Einfluss, den die Oberfläche des Gefässes oder Objekträgers ausübte, dass dieser letztere Faktor vernachlässigt werden konnte. Es war daher nicht nötig, den Objektträger mit Paraffın zu bedecken, um die Wirkung der Flüssiekeit auf die Blut- zellen zu erkennen. Wohl aber war es von Bedeutung, dass die Einwirkung komplizierter mechanischer Faktoren auf die Zellen vermieden wurde, bevor letztere in die Flüssiekeit gelangt waren, da sonst Störungen eintraten. Es war deshalb nötig, das Blut durch eine reine Kanüle und nicht etwa durch einen Einschnitt in das Rückengeleuk zu entnehmen. Es sollen nun zunächst die Wirkungen der Neutralsalze unter- sucht werden. Es wurden hierzu annähernd mit dem Blutserum isotonische Lösungen der Salze, nämlich /s m- oder auch !/2 m-Lösungen be- nutzt. Falls mehrwertige Anionen oder Kationen in dem Salze vor- handen waren, wurden auch andere Lösungen benutzt. Gewöhnlich wurde auf jeden Objektträger annähernd dieselbe Menge der betreffenden Lösung aufgegossen. Variationen in den Ergebnissen kamen zum Teil dadurch zustande, dass die Quantität 1) J. Bordet et O. Gengou, Ann. Inst. Pasteur t. 15 p. 822, 1901. T. 17 p. 129. 1903. 472 Leo Loeb: des in die Flüssigkeit hineintropfenden Blutes nicht immer eleich war, und infolgedessen die Lösungen nicht immer in gleicher Stärke auf die Blutzellen einwirkten. Es wurden daher in jedem Falle eine relativ grosse Zahl von Versuchen angestellt, um diese Variable aus- zuschalten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass mit den Blutzellen immer auch eine gewisse, wenn auch geringfügige Quantität Blut- serum übertragen wurde; es handelte sich also niemals um ganz reine Lösungen. Da jedoch dieser Faktor in allen Versuchen vor- handen war, und da es sich hier hauptsächlich um vergleichende Untersuchungen handelte, so störte dieser Umstand die Deutung der Versuchsergebnisse nicht merklich. Es ergab sich, dass die Neutral- salzwirkung die Summe der Wirkungen der Anionen und Kationen darstellte. Die Wirkung der verschiedenen Ionen muss daher ge- sondert besprochen werden. a) Wirkung der Kationen. Es wurden Lösungen der Chloride benutzt, wo immer möglich. In diesen Flüssiekeiten nun schreiten die Veränderungen der Blutzellen mit der Zeit fort. In der Beschreibung der Ergebnisse muss daher darauf Rücksicht ge- nommen werden, dass die Wirkung der Salze zu gleichen Zeiten verglichen wird. In ?/s oder '/s m-NaCl strecken die Blutzellen sehr schnell Pseudopodien aus, viel schneller als auf dem Objekt- träger, auf dem keine Lösung aufgegossen war. Die zu unterst liegenden Zellen breiten sich sehr bald mit Pseudopodien aus; auch die höhergelegenen Zellen strecken Pseudopodien aus und breiten sich bald aus; doch kann eine kleinere Zahl dieser letzteren Zellen längere Zeit kontrahiert bleiben. Gleichzeitig mit dem Ausstrecken von Pseudopodien findet eine schnellere Auflösung sehr vieler Granula statt. Andere Granula werden langsamer, entsprechend der gleich- zeitig stattfindenden Ausbreitung der Zellen, aufgelöst; sie verkleinern sich mehr und mehr, bis sie zuletzt unsichtbar werden. Die Zellen bilden Haufen, kleben mit ihren Pseudopodien aneinander. Mehr und mehr retrahieren sich diese Zellzüge, so dass ein Netz von zu- sammenhängenden Zellen zustande kommt. Charakteristisch für NaCl ist also die Schnelligkeit, mit der es die Aussendung von Pseudopodien bewirkt; die grosse Mehrzahl der Zellen verliert viele oder alle Granula, die Zellen werden also hyalin und stellen schlanke Gebilde mit vielen Pseudopodien dar, die zu Netzen von Zellzügen, welch letztere sich voneinander retra- hieren, vereinigt sind. Ähnlich wie NaCl wirkt eine isotonische Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 473 Lösung von LiCl. In isotonischen Lösungen von KCl verlieren die Zellen ihre Granula weniger schnell, die Zellen haben mehr eine Tendenz, sich flach und als runde Gebilde auszubreiten, sie senden weniger lange und spitze Pseudopodien aus als in NaCl. Das Netz ist weniger retrahiert. Die Zellen sind in KCl weniger schlank und hyalin; sie scheinen unter dem Einfluss dieser Substanz weicher zu sein und einen grösseren Wassergehalt zu haben als in NaCl, wo der Zellkörper kontrahiert ist. Doch sind diese Unterschiede zwischen. KC]I und Na€! nur in gut gelungenen Versuchen ganz deutlich; allmählich gleichen sich aber auch in solchen Versuchen Unterschiede, die zu einer bestimmten Zeit vorhanden waren, aus, indem in beiden Lösungen die Zellen sich mehr und mehr mit Pseudopodien ausbreiten, und indem auch in KCI die Zellen ihre Granula mehr und mehr verlieren, und in- dem die Zellzüge sich retrahieren. Deutlicher sind die Unterschiede zwischen NH,C] und den vor- her erwähnten Salzen. In NH,CI bleibt die grosse Mehrzahl der Zelleranula wohl erhalten, die Zellen bleiben oval oder etwas un- regelmässig triangulär, die Zellen senden keine oder nur sehr wenige Pseudopodien aus, und nur, wo das Blut in grösserer Menge vor- handen ist, wo also die Lösung nur wenig Einfluss auf die Zellen haben kann, kann eine Ausbreitung der Zellen mit teilweisem Ver- lust der Granula in beschränktem Maasse stattfinden. Die Bildung der Pseudopodien, die Netzbildung und Retraktion der Zellzüge, das Verschwinden der Granula sind also hier nur minimal. Mit RbCl und CsCl konnte nur eine geringere Anzahl von Versuchen an- gestellt werden; und daher haftet den Ergebnissen, soweit diese Stoffe in Betracht kommen, eine gewisse Unsicherheit an. Doch dürfte wohl CsCl zwischen KCl und NH,C] und RbCl zwischen NaCl und KCl einzureihen sein. Betrachten wir nun die alkalischen Erden, so wirken CaQ]s,, = Lösungen benutzt) in ähnlicher Weise; sie bewirken sehr starke Pseudopodienbildung, starke Granula- auflösung, die Bildung hyaliner spinnenartiger Zellen mit vielen Pseudopodien, ferner starke Retraktion der Zellzüge. Im Falle des BaCl, wirkt ein in der Flüssiekeit entstehender Niederschlag komplizierend ein. Ähnlich wie CaCl, wirkt auch MeCl,. Alle diese zweiwertigen Kationen wirken also ähnlich wie NaCl; nur hat SrCl, und BaCl, (in = und 474 Leo Loeb: insbesondere CaCl, einen noch stärkeren, gewissermaassen arrodie- renden Einfluss auf die Zellen; die Zellen werden hyalin und spinnenähnlich. In Als(SO,);, K>SO,24H,0O bleiben in = und = die Zellen relativ gut erhalten, sie behalten ihre runde oder ovale Form, und besonders in der konzentrierteren der beiden Lösungen bleiben die Granula gut erhalten, in der schwächeren Konzentration schwinden die Granula zum Teil. Lösung Wenden wir uns nun zu den Schwermetallen, so rufen dieselben in dem Blutserum einen mehr oder weniger starken Niederschlag her- vor. Die Zellen behalten ihre ovale Form; die Umrisse der Zelle und des Kernes sind sehr scharf; die Granula gehen zu einem grossen Teile verloren; doch können sie zum Teil erhalten bleiben. Solche Wirkung hatten: CuCl,, Zu(NO3),, CdCl,;; in MnC], hin- gegen war der Niederschlag viel geringer, und die Zellen zeieten ein Verhalten, das nicht sehr verschieden war von dem in CaCl, be- obachteten, sie wurden hyalin und sandten Pseudopodien aus, die gewöhnlich kurz waren. Die Wirkung der anderen oben genannten Schwermetalle ist so ähnlich der Säurewirkung, dass wenig Zweifel vorhanden ist, dass die saure Reaktion der betreffenden Salzlösungen ganz oder teilweise für ihren Effekt verantwortlich ist; doch ist es sehr wohl möglich, dass daneben noch die Metallionen eine ähnliche Wirkung ausüben. Auch BeÜl, hatte, wohl infolge hydrolytischer Dissoziation und saurer Reaktion, einen ähnlichen Einfluss, Auch im Falle des Alauns ist es sehr wahrscheinlich, dass die Wirkung des Salzes nicht einer Wirkung des Al-Ions zuzuschreiben ist, sondern auf veränderter Reaktion der Lösung (H-Ionen) beruht. Die später mitzuteilenden Befunde über die Wirkung von H- und OH-Ionen unterstützen diese Schlussfolgerung. Beschränken wir uns auf diejenigen Salze, in denen die Wirkung des Kations erkennbar ist, so finden wir eine kontinuierliche Reihe, wie folgt: Na und Li, >RbM)>K>Cs d) >NH, Die Wirkung der Erdalkalien und von Mg und Mn ist nicht sehr verschieden von der Wirkung des Na. Hier haben Na und Li eine die Protoplasmabewegung am stärksten anregende Wirkung. Unter ihrem Einfluss werden die Granula am schnellsten zerstört; ebenso werden hier die Zellzüge Uber den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 475 am stärksten retrahiert. Diese Eigenschaften nehmen mit zu- nehmender Stärke in der Richtung zum NH, ab. NH,, das gegen- über den Wirbeltiererythrocyten die am stärksten hämolytische Substanz ist, ist hier anscheinend die am besten die Blutzellen präservierende Substanz. Aber dieser Widerspruch ist nur scheinbar, indem auch hier NH, am seiftigsten wirkt. Es verhindert die Pseudopodienbildung der Zellen, und so bleiben die Granula in den Zellen erhalten. Wir sehen hier ferner, dass diejenigen Substanzen, die die Pseudopodienbildung begünstigen, auch die Retraktion der Zellzüge befördern. Diese beiden Prozesse stehen in einer bestimmten Be- ziehung zueinander. Die Reihe Li, Nn— K—NH, finden wir nun häufig wieder, sobald es sich um Beeinflussung eewisser Eigenschaften von Kolloiden durch Salze handelt; Li und Na wirken am stärksten fällend, NH, am stärksten lösend auf Eiweisskörper; in entsprechender Weise kontrahiert sich das Zellprotoplasma am stärksten unter dem Einfluss des Na, am wenigsten unter dem Einfluss des NH.. Dass NH, giftige für die Blutzellen ist, ergibt sich auch daraus, dass, nachdem die Zellen mehr als 2 Stunden in einer isotonischen NH,CI-Lösung sich befunden hatten, sie nachher in einer LiCl- oder CaCl,-Lösung Pseudopodien nur mehr in sehr beschränktem Maasse ausstrecken können. Wohl aber findet noch eine Zerstörung von Granulis statt, falls man die Zellen aus der NH,CI-Lösung in stärker wirkende Substanzen wie z. B. CuC], überträgt. b) Wirkung der Anionen. Auch die Anionen sind von Bedeutung, und in ihrer Wirkung auf die Blutzellen finden wir ähnliche Abstufungen wie in dem Falle der Kationen. Vergleichen wir die Na-Salze verschiedener Anionen, so ergibt sich, dass NO; sich ähnlich zu Cl verhält wie K zu Na. NO, hemmt die Pseudo- podienbildung; unter seinem Einfluss behalten die Zellen abgerundete Umrisse und sind weniger schlank als in Cl-Salzen. Die Zahl der erhaltenen Granula ist grösser, die Retraktion der Zellzüge ist ver- mindert. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass unter dem Einfluss von NO, das Zellprotoplasma mehr Wasser aufnimmt als unter dem Einfluss von Cl. Br steht in der Mitte zwischen Cl und NO,;. Noch ausgesprochener ist die Wirkung des J-Ion, von dem aller- dings nur das K-Salz untersucht wurde. Hier bleiben die Zellen 476 Leo Loeb: in der grossen Mehrzahl der Versuche rund oder flach; die Pseudo- podienbildung und Retraktion der Zellzüge ist sehr eingeschränkt. Ähnlich wie das Jodid wirkt CNS. In dem Falle des Na-Salzes dieses Anions ist allerdings die alkalische Reaktion der Lösung in Betracht zu ziehen, die schon allein einen ähnlichen Effekt be- wirken kann. Auf der anderen Seite wurden in Na,SO,- (3 und 3) Lösung die Zellen in entgegengesetzter Richtung beeinflusst; das Zell- protoplasma ist hier stark kontrahiert, auf ein kleines Volumen konzentriert, eine Reihe kleiner Pseudopodien wurde ausgesandt: die Granula gehen zu einem grossen Teil verloren, doch kann eine Anzahl erhalten bleiben. Ähnlich wie das Sulfat wirkten Tartrat und Citrat (2, -Lösungen) während Acetat zwischen Sulfat und Chlorid steht; auch hier sind Zellen kontrahiert, aber es kommt zu einer stärkeren Netzbildung als in den erstgenannten Substanzen, und hierin gleicht die Acetatwirkung der des NaCl. In Sulfat, Tartrat und Citrat bleiben die Zellen mehr isoliert, oder es bilden sich kleine Haufen, ohne dass es zu einer wohlausgebildeten Netz- bildung kommt. Besonders in Citrat scheinen die Zellen weniger klebrig zu sein. Die Kondensierung des Protoplasmas scheint die Klebriekeit des Protoplasmas zu verringern. Vergleichen wir an- statt NaCl — NaBr — NaNO, die entsprechenden Kaliumsalze, KCI — KBr — KNO,, so tritt hier zu der Anionwirkung noch die Wirkung des K hinzu, das ebenfalls der Pseudopodienbildung entgegen- wirkt, die Zellen weicher und runder macht, also in demselben Sinne wirkt wie NO,. Wir können also hier eine Reihe für die Anionen aufstellen, in der die links stehenden Glieder die Kontraktion des Zellprotoplasmas bewirken, zur Bildung kleiner Pseudopodien führen, die Zellgranula nicht erhalten; weiter nach rechts werden die Pseudopodien länger, das Protoplasma etwas weicher und klebriger (Cl); noch weiter nach rechts haben dann die Anionen die Tendenz, die Kontraktion des Protoplasmas, die Pseudopodienbildung zu hemmen; das Protoplasma wird weicher und klebriger, wir finden daher flach ausgebreitete Zellen, und die Granula bleiben besser erhalten (NO; — J — CNS). Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 477 Wir können also folgende Reihe aufstellen: Citrat‘), Tartrat, Sulfat, Acetat, Chlorid, Bromid, Nitrat, Jodid, Rhodanid (?). Im Falle des Rhodanid mae vielleicht die alkalische Reaktion von Bedeutung gewesen sein. Auch hier entspricht die Reihe der von Hofmeister und Pauly für die Einwirkung der Elektrolyte auf Kolloide gefundenen ; die Eiweissstoffe am stärksten fällenden Anionen bewirken die stärkste Kontraktion der Zellen, machen sie weniger kiebrig und verhindern ihre flache Ausbreitung; umgekehrt wirken die Eiweiss lösenden Anionen, sie machen die Zellen weich, flach, hindern auf diese Weise Pseudopodienbildung und sind der Erhaltung der Granula günstig. Auch in diesen Lösungen von Neutralsalzen ist der Einfluss des Glases nicht ganz ohne Bedeutung, indem auch hier in gewissen Fällen im Kontakt mit dem Glase die Zellen sich stärker ausbreiten und infolgedessen ein stärkerer Verlust von Granulis stattfinden kann. e) Fangen wir das Blut in Seewasser oder in Blutserum des Limulus oder Hummers auf, so verhalten die Blutzellen sich un- gefähr ebenso wie in einer isotonischen NaCl-Lösune. Dies steht in Scheinbarem Widerspruch mit der Tatsache, dass in einem Bluts- tropfen, der auf dem trocknen Objektträger aufgefangen wird, die Zellen etwas länger unverändert erhalten bleiben als in = NaCl- Lösung. Das erklärt sich jedoch dadurch, dass in dem unvermischten Blut die Blutzellen viel dichter liegen, daher eine viel kleinere Zahl derselben unter den Einfluss des Glases kommt während der ersten 15 Minuten als in dem durch = NaCl oder Blutserum verdünnten Blut. Ausserdem mag die Vermischung mit der auf dem Objekt- träger befindlichen Flüssigkeit einen mechanischen Reiz ausüben, und ferner ist zu berücksichtigen, dass in der Blutflüssiekeit ausserhalb des Körpers bei Zimmertemperatur chemische Veränderungen vor sich gehen. 1) Dies gilt für das Trinatriumeitrat. In dem Di- und Mononatriumeitrat tritt der saure Character so stark hervor, dass Pseudopodien nicht gebildet werden. 478 Leo Loeb: d) Osmotische Einflüsse, Soweit haben wir nur Lösungen von Salzen in Betracht gezogen, die ungefähr isotonisch mit Blut waren. Fangen wir den Blutstropfen in einer 4 m-NaCl-Lösung auf, so sind die Zellen gut erhalten. meist isoliert; sie sind nicht in Netzform angeordnet. Sie sind ganz flache Scheiben, oft etwas deformiert und gebogen mit ovaler Form. Der Kern ist durch eine helle Lücke im Zentrum der Zelle angedeutet. Pseudopodien werden nicht auseesandt; die Zellen sind sehr hart und können mit der Nadel nicht leicht ausgezogen werden. Die Granula sind erhalten, aber nicht sehr deutlich. In 3m-NaCl sind die Zellen ähnlich, doch ein wenig weicher. Sie können, wenn auch nicht sehr leicht, in Granulareihen ausgezogen werden. Die Zellen sind durch ganz feine unsichtbare Fasern ver- bunden, wie man feststellen kann, wenn man die Zellen mit einer Nadel beweet. | In 2m-NaC] ist der Charakter der Zellen ähnlich, doch ist das Protoplasma der Zellen weicher; die ganze Zelle kann mit einer Nadel leicht in einen diffusen Haufen von Granulis ausgezogen werden. So kann man sehen, dass Zellen, die unter dem Einfluss hypertonischer Lösungen anscheinend nicht mehr eine granuläre oder nur eine schwach granuläre Struktur besitzen, nach dem Ausziehen mit der Nadel die Granula sehr schön und deutlich hervortreten lassen; und auch die Grösse der Granula scheint unter diesen Um- ständen nicht merklich verändert zu sein. Die Granula waren in- folcee des Austritts von Wasser aus der Zelle undeutlich geworden, und dieser Wasserentzug scheint hauptsächlich das hyaline inter- sranuläre Protoplasma zu betreffen. Inm-NaC]l senden die Zellen sehr kleine Pseudopodien aus; sie sind hyalin, die Granula sind in der grossen Mehrzahl aufgelöst; die Zellen selbst sind klein und breiten sich nicht gut aus. Hier finden wir nun zum erstenmal wieder die Zellen in Netzform an- geordnet, was der Tatsache entspricht, dass in dieser Lösung die Zellen, wenn auch nur kleine Pseudopodien aussenden. Der Kern ist zuweilen als ein kleiner knopfartiger Körper sichtbar. m 27 Zellen sind hier flacher ausgebreitet als in m-NaCl; ihre Pseudo- podien sind hier länger, die Granula sind meist aufgelöst, die Zellen bilden ein Netz. In NaCl sind die Zellen zu einem Netz anzeordnet; die Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 479 In = NaCl sind die Zellen noch flacher, und etwas mehr Granula sind erhalten. Hier wie in 5 NaCl kann der Zellkern als eine Platte vorhanden sein. In = NaCl sind die Zellen noch flacher, die Pseudopodien sind weniger spitz und lange. Die Zahl der erhaltenen Granula ist grösser. Die Zellen sind in Netzform angeordnet. Doch ist hierbei zu be- rücksichtigen, dass hier das Blutserum das Resultat beeinflusst; am Rande, wo die Lösung reiner zur Geltung kommt, sind die Zellen blattartig und haben keine Pseudopodien und Granula. m i ! Su: I6 NaCl. Hier findet sich eine retzförmige Anordnung der Zellen nur in der Mitte des Objektträgers, da wo das Blut in srösserer Menge vorhanden ist; doch sind auch hier die Zelleu flach ausgebreitet, rundlich, mit einer gewissen Zahl von Pseudopodien versehen; die Zahl der erhaltenen Granula ist grösser als in m 3 Naen 2: 2 5 52 NaCl. Wo die Lösung in ihrer Wirkung überwiegt, sind die Zellen meist granulafrei und hyalin, frei von Pseudopodien und isoliert. Der Kern ist als eine kleine hyaline Platte vorhanden und von einem hellen Hof umgeben. = NaCl. Hier fehlt die Pseudopodienbildung völlig, und in entsprechender Weise bilden die Zellzüge kein Netz. Die Zellen sind isoliert, rund; sie können nhch einige Grauula enthalten. Der Kern bildet eine hyaline Platte und ist oft von einem hellen Hof umgeben. Die Zellen sind sehr weich und können leicht in Faser- systeime ausgezogen werden. Wenn zwei aneinanderklebende Zellen voneinander weggezogen werden, so wird das Protoplasma, mittels dessen sie aneinander- kleben, zu einem sehr dünnen Faden ausgezogen. In destilliertem Wasser ist der Befund sehr ähnlich dem in m 39 NaCl erhobenen. Hypertonische und hypotonische Lösungen von anderen Alkali- und Erdalkalisalzen wirken in ähnlicher Weise wie NaCl: Salze. Wir sehen also, dass kontinuierliche Änderungen im osmotischen Druck in Salzlösungen koutinuierlichen Änderungen in dem Zustand A480 Leo Loeb: der Blutzellen entsprechen. Hypertonische Lösungen entziehen dem intergranulären Protoplasma Wasser und machen die Zellen hart; sie verhindern das Aussenden von Pseudopodien. Diese Zustands- änderungen sind nicht reversibel, und Zellen, die 2 Stunden lang in 3- oder 4-m-NaCl verteilt hatten, senden nach Übertragung in m 5 [=] NaCl keine Pseudopodien aus. Bei einem gewissen Grad von Hypertonie fangen dann die Zellen an, allerdings recht langsam, erst noch kleine spitze Pseudo- podien auszusenden. Von diesem Punkte an werden nun die Granula aufgelöst. Die ausgedehnteste Pseudopodienbildung und Granulazerstörung findet sich zwischen = und 7 NaCl. Hier findet auch die typische Retraktion der netzförmig angeordneten Zellzüge statt; es findet sich also auch hier die Beziehung zwischen Netz- bildung und Pseudopodienbildung. Eine Lösung, die einen höheren osmotischen Druck als nn NaCl hat (bis zur oberen Grenze von m- NaCl), gestattet die Pseudopodienbildung. Stärkere hypotonische Lösungen verhindern wieder die Pseudopodienbildung. In ihnen scheint ein Moment vorhanden zu sein, das der Granulaerhaltung günstig ist; m m - RE . m wenigstens sind in NaCl mehr Granula erhalten alsin — NaCl. 8 16 2 Wahrscheinlich besteht dies darin, dass hier das Aussenden von Pseudopodien verhindert wird. Weiterhin nehmen die Zellen in hypotonischen Lösungen Wasser auf, sie sind weich und klebrig, Granula fehlen meist. Also hypertonische Lösungen verändern das Protoplasma in ähnlicher Richtung wie SO, oder das Citrat Jon; hypotonische Lösungen wirken ähnlich wie NO, und K-Ionen. e)Die Wirkung von Nichtelektrolyten. Als Repräsen- tanten von Nichtelektrolyten wurden Harnstoff, Glycerin, Rohr- und Traubenzucker untersucht. Es ergab sich, dass bis zu einem ge- wissen Grade diese Stoffe auf die Zellen ähnlich wie Wasser wirken. Aber so allgemein gesprochen ist die Fassung dieses Satzes nicht ganz zutreffend; jede dieser Substanzen zeigt nämlich gewisse Be- sonderheiten. In Harnstoff gehen die Granula fast alle verloren. Pseudopodien werden nicht gebildet. Aber Harnstoff unterscheidet sich von H,O dadurch, dass nach einigen Stunden oder auch schon vorher, besonders in stärker konzentrierten Lösungen (4 m- bis 2 m-), Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen ete. 481 das Zellprotoplasma merklich aufquillt, so dass viele Kerne frei in der Flüssigkeit suspendiert sein können. Das Zellprotoplasma ist sehr weich. Der Kern wird unregelmässig, zuweilen körnig oder stäbchenförmig. Im Vergleich zu = NaCl stark hypertonische Lösungeu wie 4 m-Harn- stoff üben keine wasserentziehenden Wirkungen auf die Zellen aus, wie das in 2m-NaC] geschieht, und im Gegensatz zu hypertonischen NaCl-Lösungen werden auch in 4-, 3-, 2m-Harnstofflösungen die Granula aufgelöst. Die Zellen sind, soweit sie erhalten sind, sehr weich. In —_ Harnstoff sind die Zellen als hyaline weiche Platten sichtbar, die aneinanderkleben können und leicht in Fäden ausge- zogen werden. Wir sehen also, dass Harnstoff eine gewisse Quellung des Proto- plasmas bewirkt; es wirkt, wie wir das später sehen werden, in ge- wisser Hinsicht wie eine ganz schwache Säure oder wie ein ganz schwaches Alkali. Dieses Verhalten tritt auch zutage, wenn wir Harnstoif und ein Neutralsalz kombinieren. Lösen wir in m Harn- stoff so viel NaCl oder KCl auf, wie einer =. NaCl oder KÜJ- Lösung entspricht, so ist die Wirkung sehr ähnlich wie in einer Neutralsalzlösung, der eine sehr geringe Menge Alkali oder auch vielleicht Säure zugefügt wurde. Wir finden runde Zellen, in denen die grosse Mehrzahl der Granula erhalten ist. Erst ganz allmählich findet in diesen Mischungen eine geringfügige Ausbreitung der Zellen statt, wobei dann, wie gewöhnlich, Granula aufgelöst werden. Auch hier finden wir wieder den typischen Unterschied zwischen NaCl und KC], indem in KCl-Lösungen die Aussendung von Pseudopodien geringer und die Erhaltung von Granulis besser ist als in NaCl. Gebrauchen wir statt einer m- eine „ Harnstofilösung in Verbindung mit NaCl [9 oder KCl, so ist der Effekt derselbe, als wenn wir zu einer Neutral- salzlösung eine noch geringere Menge Alkali oder Säure zugefügt hätten; die Ausbreitung der Zellen ist nicht so stark gehemmt wie in einer m-Lösung von Harnstoff, und die Granula bleiben nicht ganz so gut erhalten. In solchen Mischungen, in denen es zu einer Aussendung von Pseudopodien nicht mehr kommt, kann die äussere Schicht des Zellprotoplasmas eine unregelmässige, blattartige Form E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 39 483 Leo Loeb: besitzen, und das Protoplasma setzt sich hier von einem zentralen, den Kern und noch einige Granula enthaltenden Teile ab. Es handelt sich hier wahrscheinlich um die erste Stufe einer diffusen Pseudo- podienbildung, die zu einer Sonderung eines Ekto- und eines Endo- plasmas führt. Glycerin unterscheidet sich von Harnstoff dadurch, dass das Cytoplasma: weniger aufschwillt. Die grosse Mehrzahl der Granula geht verloren, wir haben hyaline Zellen, nicht unähnlich denen, die in H,O sich bilden. Pseudopodien werden nicht ausgestreckt. Das Protoplasma ist weich, aber wohl nicht so weich wie im Harnstoff. Die Zellen kleben aneinander und können leicht zu Fäden ausge- zogen werden. Ein bedeutender Unterschied zwischen der Wirkung verschieden konzontrierter Lösungen besteht nicht. Doch sind wohl in 4 m-Glycerin die Zellen gewöhnlich rund oder oval, mit scharfen m 8 stärker lichtbrechenden äusseren Band von Protoplasma versehen. Es können jedoch auch in 4 m-Glyzerin ähnliche Zellen vorhanden sein. Der Kern bildet hier eine hyaline Platte oder mag auch Stäbchenform annehmen. Konturen; in Glycerin sind die Zellen mehr blattartig, mit einem Fügen wir zu m oder = Glycerin so viel NaCl oder KCl, dass 2 an En . k 00 Lösungen der Salze entstehen, so ist der Effekt ungefähr derselbe, wie wenn wir dieselben Mengen Salz in H,O gelöst hätten; die Zellen verlieren jedoch ihre Granula nicht ganz so schnell, sie breiten sich allmählich mit Pseudopodien aus und verlieren hierbei ihre Granula. Hierbei ist die Form der Pseudopodien gewöhnlich mehr rund, stumpf, falls KCl benutzt wird. Auch breiten sich in diesem Falle die Zellen etwas flacher aus, als, falls NaCl dem Glycerin zugefügt wird. In Harnstoff sowohl wie in Glycerin ist die Netzbildung nur an- sedeutet, entsprechend der mangelnden Aussendung von Pseudopodien Zucker unterscheidet sich in seiner Wirkung von Glycerin und Harnstoff. Seine Wirkung eleicht ein wenig der der Neutralsalze wie zB. NaCl, aber doch nur unvollkommen. In 2 m-Traubenzucker sind die Zellen rund. Eine Anzahl von Granulis ist noch erhalten; Pseudopodien werden nicht ausgestreckt. Die Zellen sind weich, kleben aneinander und können leicht in Fasern ausgezogen werden Uber den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 483 In m-Rohrzucker oder Glukose sind die Zellen zu Haufen vereinigt. In diesen Zellhaufen kann man kaum Zellgreuzen er- kennen. Die Granula sind meist geschwunden und die Kerne kaum ‚sichtbar. Doch streckt eine gewisse Zahl von Zellen Pseudopodien aus und benachbarte Zellhaufen können durch Pseudopodien ver- bunden sein; so kommt entsprechend der Pseudopodienbildung die m ER. A m netzförmige Anordnung der Zellzüge zustande. In , und s Zucker-. e a lösungen werden auch Pseudopodien ausgestreckt, aber in 2 Zucker- 3 [®, lösung nimmt die Pseudopodienbildung ab, die Granulaerhaltung aber zu, was den Verhältnissen entspricht, wie wir sie in hypotoni- 2 m m Ri schen Salzlösungen sahen. In De Zuckerlösung ist der Kern als [® eine hyaline Platte sichtbar. In den verdünnten Zuckerlösungen sind die Zellen weich und leicht ausziehbar. Die isolierten Zellen zeigen hier oft dieselbe Form wie in H,O; eine blattartice Form mit einem äusseren verdichteten Band von Protoplasma. Zufügen von NaCl oder KC1l zu m-Glukose in denselben Propor- i TueR Fans tionen wie oben (so dass 40 Lösungen des Salzes entstehen) bewirkt noch bedeutendere Ausstreeckung von Pseudopodien; die Zellen bilden ein Netz. Es scheint daher, dass Zucker in seiner Wirkung den NaCl- Lösungen näher steht; immerhin ist die Zahl der Pseudopodien in ; r Sum in Zuckerlösungen geringer als in — NaCl. Auch ist der Charakter der Zellen etwas verschieden in Zucker- lösungen; in m-Lösungen von Glukose sind die Zellen sehr homogen, die aneinandergefügten Zellen lassen keine Zellgrenzen erkennen; der Kern ist fast unsichtbar. Wir künnen also auch hier ebenso, wie dies auch in anderen Fällen gefunden wurde, die Reihe Harn- stoff > Glycerin > Zucker aufstellen, wobei Harnstoff die Zellsub- stanz am stärksten durchdringt, Zucker am wenigsten und daher gewisse den Neutralsalzen ähnliche Wirkungen hervorruft. Glycerin steht in der Mitte und gleicht am meisten dem Wasser. Dementsprechend finden wir, dass, falls wir eine Zuckerlösung durch eine 0,85 Yoige NaCl-Lösung nach einiger Zeit ersetzen, die 484 Leo Loeb: Pseudopodienbildung verstärkt wird, dass also Zuckerlösungen die Bewegungesfähigkeit der Zellen nicht sehr stark schädigen. Doch handelt es sich wahrscheinlich im Falle dieser drei Sub- stanzen nicht nur um Unterschiede des Eindringens in die Eiweiss- stoffe der Zelle, sondern auch um weitere Veränderungen, die diese Substanzen in den Zellkolloiden hervorrufen. = oder nr NaOH oder KÖOH schwellen nach 1 bis 2 Stunden oder auch schon früher die Zellen an, die Granula werden aufgelöst; die Kerne mögen im Anfang noch sichtbar sein, werden sodann aber unsiehtbar. Häufig werden die Um- risse der Zellen undeutlich. Alkali verhindert die Pseudopodienbildung. Da die Zellen zusammenkleben, weich sind und leicht in fädige Massen ausgezogen werden können, so bilden die Zellen in Alkalien eine zusammenhängende gelatinöse Masse, wozu auch wahrscheinlich der Umstand beiträgt, dass eine gewisse Zahl von Zellen in diesen Lösungen zerfliesst. Anders ist das Ergebnis, wenn das Blut statt in hypotonischen alka- lischen Lösungen in Lösungen aufgefangen wird, die durch Zufüsen von NaCl ungefähr mit dem Blut isotonisch gemacht wurden. Falls hier die richtige Konzentration des Alkali getroffen wird, bleiben die Zellen erhalten. Sie zeigen eine ovale oder runde Form, ihre Granula bleiben erhalten und Pseudopodien werden nicht ausgestreckt. Nun trifft es sich aber selten, dass diese Bedingungen sich in dem ganzen Präparat verwirklichen lassen. An einigen Stellen ist die Alkali- wirkung zu stark; infolgedessen können hier die Granula wieder aufgelöst werden und gleichzeitig die ganze Zelle mehr oder weniger zerstört werden. An anderen Stellen ist die Alkaliwirkung zu gering; hier ver- f)WirkungvonAlkalien. In halten sich die Zellen ähnlich wie in = NaCl, sie breiten sich mit Pseudopodien aus und verlieren die Granula. Dann finden wir an einigen Stellen gewisse Zwischenstadien; die Zellen bleiben im all- gemeinen gut.erhalten, ihre Granula bleiben gut präserviert, aber die Zellen senden eine geringe Anzahl ganz kleiner Pseudopodien aus. An wieder anderen Stellen breiten sich die Zellen flach aus, ähnlich wie in KCl, aber im Anfang blieben die Granula noch recht sut hier erhalten, bis auch hier allmählich in den ausgebreiteten Zellen die Granula kleiner werden und schwinden. In anderen Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen ete. 485 Fällen finden wir, dass die Zellen eine dreieckige Form haben, dass an den Winkeln die Zellen in Fasern ausgezogen sind, die mit be- nachbarten Zellen zusammenhängen. Ein variabler Faktor ist die Menge des Blutes auf dem Öbjektträger, die Leichtigkeit, mit der - das Blut aus der Kanüle ausfloss, und die Stärke der Alkaliwirkung. Wo die Alkaliwirkung relativ stark ist (z. B. in durch NaCl-Zusatz isotonisch gemachten = NaÖOH-Lösungen), finden wir die Zellen im Zentrum des Blutes am besten erhalten, mit Granulis und keinen oder nur wenigen Pseudopodien. In solchen Fällen ist die Alkaliwirkung am Rande zu stark, und hier werden die Zellen und Granula zerstört. Wo die Alkaliwirkung relativ schwach ist, wie das vornehmlich in iso- tonischen NaHCO;, - Lösungen sich findet, sind besonders die Zellen am Rande des Tropfens gut erhalten, und in der Mitte findet sich ein Netz von mehr oder weniger granulalosen, hyalinen Zellen. Die Alkaliwirkung ist, falls nicht zu starke Lösungen verwendet werden, reversibel; in neutrale isotonische NaCl-Lösung zurück- gebracht, bilden dann noch viele Zellen Pseudopodien und verlieren die Granula. In den alkalischen Lösungen sind die Zellen weich; sie können leicht unter dem Einfluss mechanischer Erschütterungen bersten und in Granulahaufen zerfallen. Sie können auch leicht mit der Nadel in Granulahaufen ausgezogen werden; es genügt zuweilen schon eine leichte Bewegung der Flüssigkeit, um die Zellen in der Richtung der Bewegung auszuziehen. | Verwendet man eine relativ stärkere alkalische Lösung wie N 00 NaOH (mit NaC] isotonisch gemacht), so können die Zellen zu einem grossen Teil zuerst erhalten bleiben, giesst man dann aber frische Lösung auf, so schwinden die Granula, und die Zellsubstanz schwillt auf. Das wird dadurch verursacht, dass ein Teil des Alkali zuerst gebunden wurde, und dass beim zweiten Aufgiessen des Alkali mehr Alkali freiblieb und direkt auf die Zellen wirkte. nn. NaOH in °/s m-NaCl ist zu stark alkalisch und zer- 20 60 stört Zellen und Granula. Ebenso sind isotonische Na;CO,- und Na;zPO,-Lösungen zu stark alkalisch; in = und °/s m-Na;CO, bleibt eine gelatinöse Masse übrig. Die Zellen können unter dem Einfluss des Alkali schnell AS6 Leo Loeb: Wasser aufnehmen und zerfliessen; aber auch hierbei können die Granula länger erhalten bleiben als das intergranuläre Protoplasma. TEN N 5 1 m = a0OH in ?/s m-NaCl ist zu schwach alkalisch; auch in 200 NaOH ist die Alkaliwirkung nicht kräftig genug. Lösungen mit = er NaOH in ?/s m-NaCl sind sünstig für die Erhaltung der Zellen. a eu, = NaHCO, wirken zellerhaltend; zuweilen bleibt die srosse Mehrzahl der Zellen und Granula erhalten, zuweilen nur eine geringere Zahl; oft senden einzelne sonst gut erhaltene Zellen einige kleine Pseudopodien aus. Auch in = und - NaHPO, bleiben im ganzen die Granula gut erhalten. Doch senden einige Zellen eine gewisse Zahl gewöhnlich kleiner Pseudopodien aus. In NaHCO, sowohl wie in Na,HPO, zerstört ein wiederholtes Aufeiessen frischer Lösung die Zellen nicht. In all diesen Lösungen ist die Haufen- und Netzbildung der Zellen vermindert, entsprechend der Verringerung der Zahl der Pseudopodien und der geringeren Ausbreitung der Zellen. Ähnlich wie — - NaOH in °/s m-NaCl wirkt auch 0 nr ö KCN n ?/s m-NaCl; in dieser Lösung bleiben die Zellen EN erhalten, ebenso die Granula; die Ausstreckung von Pseudopodien und die Netzbildung sind verringert. St 300 BON ist bereits zu schwach; in dieser letzteren Lösung verhalten sich die Zellen ähnlich wie in = NaCl. Die Wirkung des KEN ist reversibel. In 5/s m-NaCl, das an Stelle der KCN-Lösung aufgegossen wurde, können nachher die Zellen Pseudopodien ausstrecken, und die Granula werden aufgelöst. Diese Wirkung des KCN kann nicht auf seiner Alkalinität in Lösung beruhen, da eine — KCN-Lösung viel zu wenig alkalisch ist, um die Zellen zu erhalten. Es muss sieh hier um eine CN-Wirkung, vielleicht in Verbindung mit der Wirkung der OH-Ionen, handeln. Sr Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 487 Fügen wir so viel NaOH zu hypertonischen Lösungen von NaCl (4 m- bis m-NaCl) zu, dass die Alkalinität == NaOH entspricht, so finden wir, dass in 4 m- bis2 m-NaCl-Lösungen die Zellen ein wenig weicher werden durch den Zusatz von Alkali; die Granula, die in hypertonischen Lösungen nicht gut sichtbar sind, werden durch Alkali- zusatz ein wenig besser sichtbar; doch sind diese Veränderungen nicht sehr bedeutend. In 4 m-NaCl ist auch nach Alkalizusatz die Zelle hart. In m-NaCl-Lösungen hemmt Alkalizusatz, ebenso wie in a ac], das Aussenden von Pseudopodien, und derselbe hat wiederum einen erhaltenden Einfluss auf die Granula. Fügen wir dieselbe Menge von NaOH zu hypotonischen NaCl- m m —- und — 7 8 NaCl-Lösungen nach Lösungen, so finden wir, dass in Zusatz von so viel NaOH, dass eine — NaOH-Konzentration vor- liegt, das Alkali die Tendenz hat, die Zellen zu erhalten. Die Zellen sind oval oder dreieckig, mit einigen Pseudopodien an den Ecken; die Granula gut erhalten. Doch sind am Rande, wo die Lösung überwiegt, die Zellen hyalin blattartig. In den Lösungen aber, in denen ohne Alkalizusatz die Zellen ähnlich den in Wasser gehaltenen Zellen sind, nämlich in 1 und = NaCl-Lösungen, trägt Alkali nicht mehr zur Erhaltung der Zellen bei, die Granula gehen hier auch mit Alkali verloren, und die Zellen sehen ähnlich den in H,O oe- fundenen aus, mit dem Unterschied, dass der Kern infolge des Alkalizusatzes unsichtbar wird. Wir sahen oben, dass Glycerin und Harnstoff sich ähnlich wie H,O gegenüber den Blutzellen verhalten, dass aber Glukose sich in seinem Verhalten dem NaCl nähert. Dementsprechend finden wir, dass, wenn zu 2m- und m-Glycerin und Harnstofflösungen so viel NaOH zugefügt wird, dass eine m 100 alkalischen mit H,O als Lösungsmittel bereiteten Lösungen verhalten. Die Granula werden aufgelöst, Pseudopodien bilden sich nicht, der Kern ist häufig unsichtbar, das Zellprotoplasma wird besonders NaOH-Konzentration entsteht, die Blutzellen sieh ähnlich wie in 488 Leo Loeb: in den Harnstofflösungen häufig in seinen Umrissen undeutlich, oder es hat eine blattartige Form. In 2 m-Glycerinlösungen hat der Kern, falls er sichtbar ist, häufig eine Stäbchenform. In den alkalischen Harnstofflösungen sind die Zellen nicht in Netzform an- geordnet; in den: alkalischen Glyeeriniösungen kleben die Zellen mehr aneinander, oder sie können, wo sie sich berühren, ausgezogen sein; das Protoplasma ist hier mehr elastisch, und so kommt die Andeutung einer Netzbildung zustande. Entsprechend der Tatsache, dass Glukoselösungen sich ähnlich wie NaCl-Lösungen verhalten, bat auch Zusatz von so viel NaOH, dass einen Lösung entsteht, eine ähnliche, wenn auch nicht so starke Wirkung wie derselbe Zusatz zu °/s m-NaCl-Lösungen. Fügen wir Alkali zu 2 m-Glukoselösungen, die m-NaCl-Lösungen entsprechen, so bleiben die Zellen rund, granulär, weich, können leicht in Granula- haufen ausgezogen werden, sie senden keine Pseudopodien aus. In m-Glukoselösungen konnte hingegen die Netzbildung und Aus- streckung von Pseudopodien durch Zusatz von Alkali nicht verhindert werden; doch ist auch hier die Zahl der erhaltenen Granula be- trächtlich und die Anzahl der Pseudopodien nicht sehr gross. In- folge der Alkaliwirkung wird das Netz nicht retrahiert. Fügen wir zu den alkalischen m-Glycerin- und m- Harnstoff- | m ® spricht, so finden wir im Falle des Glycerins die Wirkung ähnlich, lösungen so viel NaCl, dass der Gehalt einer — NaCl-Lösung ent- 3 A SE Une s wie wenn wir zu einer. NaCl- Lösung die entsprechende Menge Alkali zufügen; die Teilen bleiben rund, granulär, am Rande, wo die alkalische Lösung zu stark zur Geltung kommt, hingegen verlieren viele Zellen ihre Granula, wie das auch nicht selten in °/s m-NaCl, 100 NaOH besitzen, der Fall ist. Pseudo- podien werden gar nicht oder nur in sehr oeringer Zahl aus- gestreckt. In den alkalischen Harnstofflösungen hingegen genügt der Zusatz m 8 vorhergesehen werden. Wir sahen, dass Harnstoff in seiner Wirkung schwachen Alkalien. (oder, schwachen Säuren) nicht unähnlich ist. die eine Alkalinität von von NaCl nicht, um die Granula zu erhalten. Dies konnte auch Über den Eirfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 489 Wird nun noch. NaOH zu Harnstoff zugefüst, so findet ein additiver Effekt statt, der durch Zufügen einer hypotonischen NaCl-Lösung (so _ NaCl -Lösung entsteht) nicht verhindert dass insgesamt eine E © werden kann. Wir sehen also, dass, während eine isotonische NaCl-Lösung und eine Lösung von Alkali in H,O die Zellgranula zum Verschwinden bringen, eine Kombination beider Lösungen dieselbe erhält. Wir sehen ferner, dass auch hier Nichtelektrolyte, wie Glycerin und Harn- stoff, NaCl nicht vertreten können, dass aber Zucker bis zu einem gewissen Grade dazu imstande ist. Wir sehen weiterhin, dass Alkali das Aussenden von Pseudo- podien verhindert oder hemmt, die Zellen weicher macht und bis zu einem gewissen Grade der durch hypertonische Salzlösungen bewirkten Härtung entgesenwirkt. Alkali bewirkt eine Flüssiekeitsaufnahme vonseiten der Zellen. Falls es in genügender Stärke zugefügt wird, führt es zur Auflösung der Zellen und Granula. Die Flüssig- keitsaufnahme und Erweichung unter dem Einfluss von Alkali betrifft zuerst die intergranuläre Substanz und erst in zweiter Linie die Granula. Indem Alkali die Elastizität der ausgezogenen Zellsubstanz vermindert, und indem es die Pseudopodienbildung hemmt, bewirkt es, dass das Zellnetz, soweit es überhaupt zustandekommt, sich nicht retrahiert. | 2) Wirkung der Säuren. Anorganische Säuren (-m HCI, HNO,, H;SO,) lösen die Granula-auf, runden die Zellen ab; falls die Zellkonturen sichtbar sind, sind dieselben scharf, der Kern ist ebenfalls sehr scharf konturiert und meist rund; in diesen Fällen stellen die Zellen transparente, geschwollene Kugeln dar. Dies gilt insbesondere von den verschiedenen H,SO,- Lösungen. = HCl und m 50 schleimige, zusammenhängende Masse aufgelöst. Man sieht nur freie Kerne. HNO, wirken hingesen stärker; die Blutzellen werden in eine m m 100 und 200 können da, wo die Säure nicht in ganzer Stärke auf die Zellen einwirkt, die Zellen deutliche und scharf abgeschnittene Konturen zeigen, mit hyalinem, granulafreiem, etwas geschwollenem und ab- In den verdünnten Lösungen ( HC] und HNO,) 490 Leo Loeb:. serundetem Cytoplasma und deutlich hervortretendem Kern. Wo aber die Säure stärker einwirkt, wird ebenfalls das Zellprotoplasma in eine schleimige, fadenziehende Masse aufgelöst, und die Kerne werden frei. | Organische Säuren wirken ähnlich. Doch ist Essigsäure etwas schwächer wirksam als die genannten anorganischen Säuren; sogar in m Essigsäure wird das Cytoplasma nicht aufgelöst, die Granula sind verschwunden, der Kern und die Umrisse der kugeligen Zelle sehr scharf. Ähnlich wirken die schwächeren Konzentrationen bis zu m 200 klebrig sein. Essigsäure; in der letzteren Lösung können die Zellen etwas a ER En RI m Weinsäure ist ein wenig stärker wirksam, indem in 50 und 160° Lösung die Umrisse der Zellen kaum wahrnehmbar sind und die ! 4 - m Er . A Kerne frei umherschwimmen können. In >00 Weinsäure sind die fe] Konturen scharf, doch können die Zellen klebrig sein. m m h URN ß 100 und >00 Zitronensäure schwellen die Zellen zu runden, hyalinen, granulalosen Kugeln mit prominenten Kernen an. Auch in x x Age m Das Protoplasma scheint hier härter zu sein; doch ist in 100 Zitronensäure zuweilen die Zellkontur nicht sichtbar. Am stärksten wirksam sind also Salz- und Salpetersäure, am schwächsten Essigsäure; Schwefelsäure, Weinsäure und Zitronensäure stehen in der Mitte. Wir sehen daher gewisse Unterschiede in der Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Blutzellen. In beiden schwellen die Zellen an und bilden schleimige oder gelatinöse Massen, falls die Konzentration der Säuren und Alkalien stark genug ist. Aber in Säuren bleibt der Kern scharf und deutlich sichtbar und ebenso ist, falls das Cytoplasma sichtbar ist, die Zelle gleichförmig rund, mit scharf abgeschnittenen Uwmrissen; in Alkalien schwellen die Zellen ebenfalls unter Wasseraufnahme an, und das Cytoplasma zerfliesst, oder, falls es sichtbar bleibt, ist der Rand der Zelle uneben. In Säuren schwinden die Granula sehr schnell; in Alkalien wird das intergranuläre Cytoplasma in erster Linie affıziert und dann auch Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. A491 die Granula. Säure übt wahrscheinlich neben anderen Wirkungen eine den Alkalien fehlende koagulierende Wirkung aus, und diese koagulierende Wirkung dürfte wohl die Verschiedeuheit der Zellform unter der Einwirkung von Alkalien und Säuren bestimmen. Wie wir im Falle der Alkalien fanden, dass Zufügen von Neutralsalzen die quellende Wirkung der Alkalien verhindert und die Zellgranula und Zellform präserviert, so finden wir einen ähnlichen Einfluss der Neutralsalze den H-Ionen gegenüber, falls die letztere in geringer Konzentration vorhanden sind. m 2 m = 3 Dementsprechend erhalten — und NaH,PO,-Lösungen die 9) Zellen sehr gut. Ihre Form bleibt in dieser Lösung gewöhnlich oval, - die Granula bleiben erhalten, Pseudopodienbildung unterbleibt, wo die Lösung auf die Zellen einwirkt. Die Bildung eines retrahierten Netzes findet nicht statt. Die Zellsubstanz bleibt relativ weich; doch sind die durch NaH,PO, geschaffenen Veränderungen nicht reversibel, und nachdem die Zellen sich einige Zeit in dieser Lösung befunden haben, schieken sie nach Übertragung in neutrale Lösungen keine Pseudopodien aus. Hierdurch unterscheidet sich NaH,PO, von Na;HPO,. In den letzteren bleiben die Zellen nicht ganz so gut konserviert wie in NaH,PO,, und ausserdem sind die durch Na;HPO, gesetzten Veränderungen bis zu einem gewissen Grade reversibel. Verwendet man Kombinationen von Säuren mit E oder °/s m- NaCl, so bleiben die Granula nur in ganz schwacher Säure erhalten, in den änderen schwinden sie mehr oder weniger schnell. In m m 207100 erhalten, falls durch Zufügen von NaCl die Lösung isotonisch ge- Essigsäure sind die Granula in den ersten Minuten m — und ——— Essigsäure 50 m 58 macht wurde. Nach 50 Minuten sind in N Re, 50 Essigsäure ad (in ®/s m-NaCl gelöst) die Granula erhalten; auch in sind dann kleine Granula vorhanden. Nach 2 Stunden sind in = Essigsäure (in = NaCl) die Granula m m ER : : verschwunden, in 20 100 Essigsäure sind noch eine Anzahl Granula erhalten, aber auch in Essigsäure haben einige Zellen nn )" 492 Leo Loeb: ihre Granula verloren. Nach 4—5!/z Stunden sind in den stärkeren Lösungen von Essigsäure in °/s m-NaCl die Zellen hyalin; in = Essigsäure sind vielleicht noch einige Spuren der Zellgranula vor- handen. In — Essigsäure (in °/s m-NaC]l) sind die Granula teilweise erhalten. Eine Anzahl von Zellen werden aufgelöst, aber die Granula der anderen Zellen bleiben erhalten. Auch nach Essigsäure (in — N? Nacı) 17 Stunden können die Granula in n 107 erhalten sein. Nach 2 Stunden sind in ST HCl (in = NaCl) die Zellgranula geschwunden , ebenso in den en Lösungen von HNO, und H;SO,. In —- HCl enthalten aber ungefähr ein Drittel der Zellen zu dieser Zeit noch Granula. Aber auch in diesen schwinden die Granula allmählich. Nach 4—5!/sa Stunden sind in — Weinsäure (in ?/s m. NaCl) m m die Granula geschwunden, ebenso in og HCI, HNO,, H;SO, (in ?/s m-NaC]) Zitronensäure; der- m selbe Befund wird in AG == erhoben. Ebenso sind in diesen Säuren (in = NaCl) nach 17 Stunden die Zellgranula geschwunden. Verwenden wir statt = noch schwächere Lösungen von Nacı, 7% 1% z NaCl-Lösungen, so wird die durch Säure bewirkte Schwellung der Zellen nicht ganz vermieden. Im übrigen sind in diesen Lösungen die Zellen gewöhnlich oval und flach, zuweilen rund, mit scharfen Konturen; die Kerne sind ebenfalls scharf abgesetzt gegen die Umgebung; zuweilen sind die- selben etwas granulär. Pseudopodien werden nicht gebildet. Das Protoplasma ist hart. Es kommt nicht zur Netzbildung. Wir sehen also, dass auch in isotonischen Lösungen Säuren die Granula nur unter gewissen Bedingungen erhalten; die Konzentration der H-Ionen muss sehr niedrig sein. NaH,PO, in isotonischer Lösung Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 493 u Ru | 100 200 erhält die Granula längere Zeit. Aber stärkere Säuren zerstören erhält die Granula sehr gut; auch Essigsäure in ?/s m-NaCl die Granula sehr schnell, und sogar in — HCl in °/s m-NaCl werden die Granula im Verlauf einiger Stunden aufgelöst. Im Gegen- satz zu dieser Wirkung auf die Granula üben die Säuren in iso- tonischen Lösungen auf das intergranuläre Protoplasma eine koa- gulierende Wirkung aus. In den entsprechenden Konzentrationen m » y (- 100 m-Lösungen) erhalten die Alkalien die Granuia besser als die Säuren, und die Alkalien scheinen in stärkerer Konzentration zuerst eine Wasseraufnahme und Auflösung des intergranulären Protoplasmas zu bewirken. Wie in Kombination mit Alkalien, so können auch in Verbindung mit Säuren Nichtelektrolyte, wie Glukose, Neutralsalze bis zu einem sewissen Grade vertreten. In Verbindung mit Säuren tritt diese Wirkung nosh stärker hervor als in Verkindung mit Alkalien. In Verbindung mit Alkalien war nur Glukose wirksam, nicht aber Glycerin oder Harnstoff. In Verbindung mit Säuren ist wiederum Glukose am wirksamsten, Harnstoff ebenfalls fast ganz unwirksam; aber hier ist auch Glycerin bis zu einem gewissen Grade wirksam, wenn auch nicht so wirkam wie Glukose. Wir finden also hier dieselbe Reihe Glukose > Glycerin > Harnstoff, von denen Glukose osmotisch am wirksamsten ist und am schwierigsten, Harnstoff am leichtesten in Zellen eindringt und Glycerin in der Mitte steht. Mit m-Harnstofflösungen, denen so viel Essigsäure oder Salzsäure = -Säurekonzentration entsteht, sind nach 2—3 Stunden alle oder fast alle Granula verschwunden. Die Zellen sind rund oder oval, mit scharfem Rande versehen; die Zellen sind teilweise geschwollen; man sieht auch freie Kerne. Mit stärkeren zugefügt wurde, dass eine \ Ta, : ER a Säuren (%) ist die Anzahl der freien Kerne noch grösser, und die —_ Granula sind ebenfalls geschwunden; die Zellen sind vielfach ge- schwollen. Also Harnstoff verhält sich in Verbindung mit Säuren nicht viel anders wie Wasser. Starke Säuren (5 Hcı) in m-Glycerin gelöst bewirken eine 494 Leo Loeb: Schwellung der Zellen nach etwa 2 Stunden; die Granula werden aufgelöst. In Verbindung mit weniger Säure oder mit schwächeren En Zu N Säuren (2% HCI, 10200 3 Stunden relativ gut erhalten, die Granula sind gut sichtbar; aber dann werden auch in diesen Lösungen allmählich die Granula Bssigsäure) bleiben die Zellen 2 bis aufgelöst. In Verbindung mit = HCl schwellen nach 2—3 Stunden auch in m-Glukose die Zelleu; ihre Form ist oval und ihr Rand scharf abgeschnitten, der Kern ist scharf konturiert; es liegt die typische Säureform der Zellen vor. Die Granula sind verschwunden. Aber in Verbindung mit nr HCl und n- = Glukose die Zelleranula besser erhalten als in Glycerin, und sie ver- schwinden viel langsamer. Also Glukose verhält sich ungefähr wie NaCl. Falls (die Granula in sauren m-Glukoselösungen schwinden, schwellen die Zellen an.' Essigsäure bleiben in m- h) Säuren und Alkalien haben das gemeinsam. dass, während die H- und OH-Ionen in wässeriger Lösung die Granula zerstören, dieselben, falls sie in sehr geringer Konzentration benutzt werden, in durch NaCl] isotonisch gemachten Lösungen die Granula erhalten. (rewisse Nichtelektrolyten können das NaCl vertreten, andere nicht. Hierbei ist nun besonders zu bemerken, dass in neutralen NaCl- oder Glukoselösungen die Granula ebenfalls schwinden. Also eine Kompination zweier Faktoren, die beide für sich allein zur Zerstörung der Granula führen, bewirkt die Erhaltung der Granula. Ebenso verringert Zusatz von NaCl zu der Säure die durch Säure bewirkte Schwellung der Zellen. Diese Wirkung der Salze ist offenbar analog der von M.H. Fischer und G. Moore!) beschriebenen Beeinflussung der Quellung der Gela- tine und gewisser anderer quellbarer Kolloide durch Zusatz von Salzen. Zusatz von Salzen setzt die durch Säuren und Alkalien bewirkte Quellung der Gelatine herab. Ebenso bewirken in den 1) M. H. Fischer und G. Moore, Americ. Journ. of Physiol. vol. 20 p. 380. November 1907. — M. H. Fischer, Pflüger’s Arch. Bd. 127 S.1. 1909. Meine erste Mitteilung über die Säure und Alkali antagonisierende Wirkung der Neutralsalze erschien im Mai 1907. Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 495 oben beschriebenen Versuchen Alkalien und Säuren die Quellung der Zellkolloide, und diese Quellung bedingt die Auflösung der Zell- eranula. Dieser Quellung wirken die Salze entgegen, und zwar un- gefähr erst von einer Konzentration an, die sich der nähert, in denen die Blutzellen amöboide Bewegungen ausführen können, die also nicht allzuweit sich von der in den Zellen vorhandenen Salzkonzen- tration unterscheidet. Dieselben Umstände nun, die der Quellung der Zellkolloide entgegenwirken, verhindern das Eindringen der Säuren in die Granula und verhindern so deren Auflösung. Um ähnliche Vorgänge handelt es sich wohl bei der von Arrhenius und Madsen!) gefundenen Wirkung der Salze bei der durch Säure bewirkten Hämolyse. Diese wird ebenfalls durch Zu- satz von Neutralsalzen gehemmt. Auch hier dürften die Salze wohl dadurch wirken, dass sie die Quellung von Kolloiden durch Säure hemmen. Die Salze wirken der Verflüssigung von Kolloiden ent- gegen, wahrscheinlich indem dieselben in irgendwelcher Weise Wasser binden und an dem Eindringen zwischen die das Cytoplasma und die Granula zusammensetzenden Kolloidteilchen hindern. Auf einem verwandten Prozess beruht wohl die Zunahme in dem Präzipitat, die in dem Blutserum unter dem Einfluss einer geringen Menge von Säure entsteht, falls zu der Säure so viel NaCl zugefüst wird, dass eine °’/s m.-NaCl-Lösung entsteht. Es bleibt aber noch die Frage, wie weit nach Zusatz einer ge- nügenden Menge von NaCl die Säuren und Alkalien in die Zellen eindringen. Verhindern die Salze das Eindringen der Sauren und Alkalien in die peripheren Teile der Zelle (Zellmembran)? Dann würden also die Säuren und Alkalien nach Zusatz einer genügenden Salzmenge sar nicht in das Zellinnere eindringen, und auch nach- dem die Zellen 24 Stunden lang in NaH,PO4 gelegen hatten, müssten die Zellen ihre neutrale Reaktion beibehalten haben. Oder dringen auch nach Salzzusatz die Säuren oder Alkalien in das Innere der Zelle ein? In diesem Falle würden die Salze das Eindringen der Säuren und Alkalien in die grösseren Kolloidteilchen, die dem Cytoplasma der Zelle angehören und in die Granula wenigstens zeitweise ver- hindern. Für die letztere Erklärungsweise spräche die Analogie in dem Verhalten der Zellen und der Gelatine, die ja keine Membran 1) Sv, Arrhenius und Th. Madsen, Zeitschr. f. physik. Chemie Bd. 44 8.7. 1903. 496 - Leo Loeb: besitzt. Hierfür spricht möglicherweise auch die Beobachtung, dass sogar in Zellen, die in durch NaCl-Zusatz .isotonisch ge- machten Säuren bersten, die Granula eine Zeitlang erhalten bleiben können !). Dass Säuren und Alkalien in die Zellen eindringen, falls die Granula aufgelöst werden und die Zellen aufschwellen, kann ja keinem Zweifel unterliegen. i) Es soll hier über die Wirkung einiger anderer Sanden berichtet werden; insbesondere wurden Lösungsmittel für Lipoide und Gewebe fixierende Substanzen geprüft. In Lösungen von Äthylalkohol (2 m bis < Alkohol) verhalten sich die Zellen ähnlich wie in Wasser; ihre Gestalt ist blattartig, sie sind hyalin; nur in 2’m-Alkohol können nach 3—4 Stunden noch Reste der Granula vorhanden sein, Pseudopodien werden nicht aus- gestreckt. Doch sind die Zellen härter als in H,O; sie können nicht so leicht mit der Nadel ausgezogen werden. In 4 m-Alkohol sind die Zellen noch härter, sie kleben nur lose aneinander. Nur ist die Form der Zellen verschieden von der in H,O beobachteten; die Zellen sind rund und haben scharfe Ränder; undeutliche Körnelungen sind in den Zellen vorhanden. In = Phenol sind nach einigen Stunden die Zellen gut präserviert, oval, hart; aber nur wenige Granula sind erhalten. Die Zellen kleben ein wenig aneinander und bilden kleine Haufen. Phenol hat also einen stärker präservierenden Einfluss als Äthyl- alkohol. In beiden Fällen handelt es sich nieht um osmotische Wirkungen, sondern um koagulierende Wirkungen auf das Zellproto- plasma. Stellt man die Lösungen von Äthylalkohol statt in H,O in ?/s m-NaCl-Lösungen her, so zeigt sich im wesentlichen die Wirkung isotonischer NaCl-Lösungen; die Zellen strecken Pseudopodien aus und werden hyalin. Die Wirkung des Alkohols besteht darin, dass die Pseudopodienbildung verlangsamt und die Netzbildung etwas ge- 1) Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass diese Beobachtung noch nicht als feststehend betrachtet werden darf, ehe gewisse Fehlerquellen, die möglicherweise in Betracht kommen, durch weitere Untersuchungen aus- geschlossen sind. Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 497 hemmt wird, falls der Alkohol in stärkeren Konzentrationen (2 m und m) benutzt wird. Auch können wohl die Granula hier etwas 5 Alkohol in °/s m-NaCl ist eine Alkoholwirkung kaum merkbar. Auch in‘ Verbindung mit iso- tonischen NaC)-Lösungen wirkt der Alkohol nicht wie eine hyper- tonische Neutralsalzlösung, sondern er dringt offenbar leicht in die Zellen ein und führt hier nur relativ geringe Änderungen herbei. länger erhalten bleiben, aber in m 8 hemmt das Aussenden von Pseudopodien; die Zellen haben eine ellip- tische Gestalt mit scharfen Rändern, und sie sind härter. Obwohl Phenol das Aussenden von Pseudopodien hindert, gehen doch die Granula meist verloren. Noch besser erhaltend als Phenol wirken Resorein und Hydrochinon. Auch hier wirkt — Phenol in 5/s m-NaC] gelöst stärker. Phenol Die Untersuchung der Zellen nach Einwirkung von absolutem Alkohol, Chloroform und Äther ist mit grossen Schwierigkeiten ver- bunden, da diese Substanzen Niederschläge im Serum hervorrufen Teilweise kann dies vermieden werden dadurch, das man dass Blut in isotonischen NaH;PO, oder Na;HPO, oder auch in anderen, früher beschriebenen, die Zellen nicht stark verändernden Lösungen auf- fängt. Nachher ersetzt man diese Lösung und das beigemischte Serum durch die zu prüfende Flüssigkeit. Eine bessere Methode ist die folgende: Man legt Zellfibrin, d. h. die durch Schütteln des Blutes erhaltenen, aus Haufen agglutinierter Blutzellen bestehenden Flocken auf Objektträger auf. Nach einiger Zeit klebt das Zellfibrin an dem Öbjektträger. Nun zieht man dasselbe ab. Hierbei bleiben Haufen gut erhaltener granulärer Zellen auf dem Objektträger kleben. Diesen Objektträger überträgt man nun in eine isotonische Lösung von NaH,PO, und lässt ihn hier stundenlang in einem Überschuss der Lösung. Auf diese Weise bleiben die Zellen erhalten, und das Serum wird möglichst entfernt. Dann giesst man Alkohol oder andere zu prüfende Substanzen auf. Es ergab sich, ‘dass in abso- lutem Alkohol sowohl wie in Chloroform die Granula nicht aufgelöst werden; dieselben schrumpfen sehr stark, aber bleiben erhalten. Die Granula rücken im Alkohol näher zusammen, werden weniger sicht- bar, aber werden nicht aufgelöst. Über die Einwirkung des Äthers kann nichts Bestimmtes ausgesagt werden. :— Es kann daher ange- nommen werden, dass die Granula im wesentlichen aus Proteinsub- E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 34 498 Leo Loeb: stanzen bestehen, wenn auch natüriich die Beimischung von Lipoiden nicht ausgeschlossen werden, kann. Verwendet man dieselben Methoden zur Prüfung der lang von 10/0 Formalin und 2% Osiniumsäure, so findet man, dass beide Substanzen ‚die Zellen gut erhalten; auch die Granula bleiben gut präserviert.: In 10°o Formalin bleiben. die Zeilen weich und gut ausziehbar. :: Mit Osmiumsäure schwärzen sich die Granula nicht. . Fixiert man. das’ Zellfibrin durch Formalin und färbt dann mit Eosin, so sieht man nichts als gefärbte Zellen und Zellderivate. Ganz feine unsichtbare Fäden können benachbarte Zellen verbinden. Wie wir uns‘wiederholt überzeugt. haben, entstehen solche Fäden leicht, falls zwei Zellen aneinander vorbeigleiten und sich hierbei berühren. Ein: Teil des klebrigen Zelistoffs wird dann zu Fäden ausgezogen. . 0 Ein geringer Zusatz einer alkoholischen Jodlösung zu einer °/s m- NaCl-Lösung hemmt in geringem Maasse die Bildung von Pseudo- podien, verzögert die Auflösung von Granulis und verringert die Netzbildung. £ i) Ich habe. oft ers, die Auflösung von Granulis in ?/s m- NaCl-Lösung innerhalb der Zellen mit der Auflösung von Granulis, die nach der Zerstörung: von Zellen Brownssche Molekularbewegung ausführten,;zu vergleichen. Solche Granula konnten erhalten werden dadurch, dass man einen Tropfen Blut auf einen reinen Objektträger auffängt und dann. mit einer Nadel über die Zellen hinfährt; dadurch werden viele Zellen zerstört, und die Granula werden frei. Giesst man nun ?/s,m-NaCl-Lösung, auf den Objektträger, so sendet eine grosse Zahl: von Zellen sehr bald Pseudopodien aus und verliert ihre Granula. ' Man. kann auch beobachten, dass extracelluläre Granula aufgelöst werden; aber-die Zahl derselben scheint nicht sehr gross zu sein,.sicher. nicht grösser als die der intracellular aufge- lösten. Dies kann wohl mit, Sicherheit angenommen werden; es ist aber sehr schwer, genaue quantitative Vergleiche anzustellen. Jeden- falls sind innerhalb der Pseudopodien ausstreckenden und sich aus- breitenden'Zellen 'die Granula nicht besser vor der Auflösung geschützt als ausserhalb der Zellen. Hierüber und über verschiedene: andere Fragen sollen, sobald sich die Gelegenheit bez weitere Unter- suchungen angestellt werden. k) Über das Verhalten der Blutzellen und Zell- granula in Lösungen fluoreszierender Farbstoffe im Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 499 Lichte und im Dunkeln. Es wurden Lösungen von Eosin, Methylenblau und Neutralrot in ?/sm-NaCl-Lösung in dem Ver- hältnis von 1 Teil Farbstoff zu 5000 Teilen NaCl-Lösung im Falle des Eosin, zu 50000 Teilen NaCl-Lösung im Falle des Methylen- blau und Neutralrot geprüft. In diesen Lösungen wurde je ein Tropfen Blut auf dem Öbjektträger aufgetragen und darauf ent- weder dem diffusen Tageslichte ausgesetzt oder im Dunkeln gehalten. Im Dunkeln verhalten sich die Zellen nicht viel anders wie in 5/s m-NaCl ohne Zusatz von Farbstoffen; doch färbt sich nach einiger Zeit eine Anzahl von Granulis, die erhalten blieben, mit Neutralrot resp. Methylenblau oder Eosin. Auch gewisse Teile des Hyaloplasmas werden durch Methylenblau und Eosin gefärbt, In. diesen Lösungen bilden die Zellen Pseudopodien, die Mehrzahl der Granula schwindet; doch behält eine gewisse Zahl der kontrahierten Zellen die Granula. Auch im Dunkeln kam es vor, dass Neutralrot einen gewissen hemmenden Einfluss auf die Netzbildung der Zellen ausübte. Im Liehte wird die Aussendung der Pseudopodien stark gehemmt, ebenso die Netzbildung; ‚die Zellen sind mehr isoliert, rund oder oval. ‚In vielen Zellen sind die Granula erhalten; in anderen sind sie auf- gelöst. In Eosin ist die Färbung der Zellen im Lichte stärker als im Dunkeln; in. Neutralrot und in Methylenblau ist dieselbe im Lichte schwächer als im Dunkeln. Am stärksten ist die Einwirkung des Lichtes auf in Neutralrotlösungen befindliche Zellen. Gering- fügiger ist dieselbe in Metbylenblau. Die Granula werden nicht auf- selöst in den fluoreszierenden Farbstoffen unter dem Einflusse des Lichtes, wenigstens nicht im Laufe der ersten Stunden. Im Gegenteil sind in den Neutralrotösungen viele runde oder ovale, isolierte, sranuläre Zellen vorhanden. Der Einfluss des Lichtes auf in fluores- zierenden Lösungen befindliche Blutzellen hat daher eine gewisse Ähnlichkeit mit der Wirkung schwacher Alkalien in isotonischen Salzlösungen. Auch in Methylenblaulösungen, die im Lichte gehalten werden, können die Zellen ähnlichen Charakter zeigen !). 1) Es ist nicht ohne Interesse, dass, falls fluorescierende Lösungen im Lichte die Pseudopodienbildung hemmen, nicht selten an Stelle der spitzen langen Pseudopodien kurze stumpfe oder abgerundete Fortsätze erscheinen, oder in anderen Fällen können sogar kleine Tropfen anscheinend die Pseudopodien ersetzen. Ähnlichen Erscheinungen sind wir wiederholt unter anderen Umständen 34 * 500 Leo Loeb: Doch muss darauf hingewiesen werden, dass je nach der Stärke des Lichtes und der Expositionszeit gewisse Variationen in dem Verhalten der Blutzellen beobachtet werden; z. B. können sich die Zellgranula zuweilen verlieren. Aber die oben gegebene Schilderung sibt die wesentlichen Befunde wieder. Zusammenfassung. Diese Untersuchungen haben bestimmte Beziehungen zwischen den Funktionszuständen der Zelle und dem Schicksal der Zellgranula ergeben. Sie ergaben bestimmte Beziehungen zwischen der Bildung von Pseudopodien, der Konsistenz des Protoplasmas und dem Ver- halten der Zellgranula einerseits und physikalisch-chemischen Um- sebungsbedingungen anderseits. Wir fanden weiterhin, dass ver- schiedene Salze auf das Verhalten des Zellprotoplasmas und ins- besondere auf das Verhalten der Zellgranula und die Bildung von Pseudopodien in bestimmt graduierter Weise einwirken, so dass Reihen von Salzen entstehen; und diese Reihen entsprechen denen, in welche die Salze oder ihre Ionen sich ordnen lassen, falls ihre Wirkung auf Kolloide vergleichend untersucht wird. Die spezifischen Wirkungen der Salze haben sich auch hier im wesentlichen als Ionenwirkungen herausgestellt, und die Wirkung der Ionen auf ge- wisse Zellfunktionen und insbesondere ihr Einfluss auf die Zell- granula steht in gewissen Beziehungen zu den Einwirkungen der Salze auf Kolloide im allgemeinen. Einige der wichtigeren Ergebnisse seien im folgenden zusammengestellt. 1. Mechanische Faktoren beeinflussen sehr weitgehend die Bewegungserscheinungen der Blutzellen und das Schicksal der Zell- granula. Kontakt mit rauhen oder auch nur benetzbaren Körpern bewirkt nicht nur das Ausstrecken von Pseudopodien, sondern auch die Auflösung der Granula, die hierbei je nach der Stärke der äusseren Einwirkung schnell oder langsam aufgelöst werden können. Auch falls man das Blut auf nicht benetzbaren Körpern auffängt, üben diese Körper je nach ihrer Härte einen verschiedenen Einfluss auf die Zellen aus. Chemische Faktoren können hierbei ausgeschlossen werden. Auch Berührung mit dem Muskel des Tieres hat keinen spezifischen Einfluss auf die Zellen des Limulus. begegnet, unter denen die Pseudopodienbildung hemmende Faktoren vorhanden waren. Es scheint, als ob quantitative Beziehungen bestehen zwischen der Länge und Form der Pseudopodien und gewissen äusseren Bedingungen. Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 501 Der Zusammenhang zwischen Pseudopodienbildung und Be- wegungserscheinungen an der Zelle einerseits und der Auflösung von Zellgranulis andrerseits, der sich aus unseren Untersuchungen ergibt. kann in zweierlei Weise gedeutet werden. Entweder können wir an- nehmen, dass die mechanischen Reize, die Pseudopodienbildung hervor- rufen, auch (vielleicht mit der Pseudopodienbildung zusammenhängende) Stoffwechselvorgänge erzeugen, und dass diese chemischen Um- setzungen zu einer Auflösung der Zellgranula führen. Oder wir können annehmen, dass infolge des mechanischen Reizes und im Zusammenhang mit den resultierenden Bewegungserscheinungen die Permeabilität der äusseren Protoplasmaschicht vergrössert wird, dass dann gewisse Bestandteile der umgebenden Flüssigkeit in die Zelle dringen, und dass sie die Auflösung der Granula bewirken; wie ja auch nach der Annahme verschiedener Autoren die Permeabilität des Muskels während der Kontraktion eine Zunahme erfährt. Gegen - diese letztere Erklärung dürfte aber vielleicht der Umstand sprechen, dass extracellulär gelegene Granula, die also der Einwirkung der die Zellen umgebenden Flüssigkeit direkt ausgesetzt sind, soweit ich dies beobachten konnte, nicht einer schnellen Auflösung unterliegen. Jedoch sind diese letzteren Beobachtungen schwierixe und müssen erst durch weitere Untersuchungen sichergestellt werden. 2. Es wird auf die Analogie hingewiesen, die zwischen der Einwirkung mechanischer Faktoren auf die Zellfunktionen und die Granula einerseits und der Einwirkung derselben Faktoren auf Fermente besteht. 3. Neben der Wirkung rauher Flächen sind die mechanischen Erschütterungen der Zellen, ihr Durchbrechen durch Öberflächen- schichten von Flüssigkeiten sowie Beregungen in der Flüssigkeit von Bedeutung. Diese Umstände bewirken ein Zerfliessen vieler Zellen und ihre Umwandlung in Granulahaufen. 4. Die Wirkung der Neutralsalze steilt die Summe der Wirkungen der die Salze zusammensetzenden Anionen und Kationen dar. 5. Vergleicht man die Wirkung der Alkalisalze mit konstantem Anion, so lassen sich die Salze in eine bestimmte Reihe einordnen, in der Na an einem Ende und NH, an dem anderen Ende steht. Die Na-Salze befördern die Pseudopodienbilnung, die Auflösung der Granula und befördern die Anordnung der Zellzüge in Netzform. Die NH,-Salze wirken umgekehrt. Die Salze der alkalischen Erden, insbesondere Ca, wirken ähnlich wie Na, aber vielleicht noch stärker. 502 Leo Loeb: Salze der Schwermetalle wirken;,:in einer Anzahl von Fällen dureh ihre saure Reaktion, ebenso wie dies auch für Alaun eilt. Doch ist es; sehr wahrscheinlich, dass in diesen Fällen auch das. Kation als solches eine ähnliche, die Zelle koagulierende Wirkung hat. Die. :weniger giftigen Mn-Salze wirken ähnlich wie die Salze der Erdalkalien. Im Falle der Salze der Alkalien und Erdalkalien finden wir also hier eine ähnliche Reihe, wie sie bei der Prüfung der Ein- wirkung dieser Salze auf gewiese Kolloide gefunden wurde. Die Eiweiss praezipitierenden Ionen bewirken eine Kontraktion des Proto- plasmas, Aussenden von Pseudopodien und Verlust der Granula; die Eiweiss auflösenden Substanzen bewirken eine Abflachung des Proto- plasmas, das weich wird und statt spitzer Fortsätze erst runde Pseudopodien aussendet und bei weiterer Verstärkung der Wirkung gar keine Pseudopodien bildet. Gleichzeitig bleiben die Granula mehr und mehr erhalten. Es scheint, als ob z.B. unter dem Ein- fluss von K die Zellen mehr Wasser aufnehmen, in ähnlicher Weise, wie unter dem Einfluss der K-Salze nach den Untersuchungen von Jacques Loeb der Froschmuskel mehr Wasser aufnimmt als unter dem Einfluss der Na-Salze. | Wir können uns die Einwirkung der Kationen auf die Blut- zellen in folgender Weise erklären: Die am meiten praezipitierend wirkende Kationen bewirken eine Verdichtung des Protoplasma mit Bildung der Pseudopodien; die anderen Kationen wirken auflockernd auf das Protoplasma und verhindern die Pseudopodienbildung. Hier- bei bleiben zwei Fragen vorläufig unentschieden, nämlich: ‚a) Bleibt die Einwirkung der Kationen auf die periphere Proto- plasmateile (die Membran) beschränkt, oder dringen sie in das ganze Protoplasma ein? Die letztere Annahme: erscheint wahrscheinlicher, da das Protoplasma in seiner ganzen Ausdehnung die für K-Wirkung charakteristischen Eigenschaften zeigt: b) Hängt das Erhaltenbleiben, resp. die Auflösung der Granula von einer direkten Einwirkung dieser Substanzen auf. die Granula ‘ab, oder ist das Schicksal der Granula nicht direkt von diesen Kationen bestimmt, sondern nur in- direkt, indem wieder diejenigen Substanzen, die die motorische Aktivität, der Zellen ‚anregten, indirekt dadurch die Auflösung der (ranula. herbeiführen, wie wir das oben im Falle der Einwirkung: der physikalischen Faktoren ‚sahen. Diese Frage kann dadurch ent- sehieden werden, dass man den Einfluss dieser Substanzen auf extra-, Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 503 eelluläre Granula untersucht. Derartige Versuche‘ sollen weiterhin ausgeführt werden. Nach vorläufigen Versuchen ist es nieht wahr- scheinlich, dass. NaCl die Granula viel, ‚stärker zerstört als z. B. NH,CI Der Effekt auf die Granula wäre also. ein. indirekter ; doch muss das noch weiter untersucht werden. , Ebenso weisen auch andere Tatsachen darauf hin, dass die Hemmung. der Pseudopodienbildung für. die Erhaltung der. Zelleranula jedenfalls :von wesentlicher Be- deutung ist. j: 6. In ähnlicher Weise wie die Katoden Tassen sich auch die Anionen je nach ihrer Einwirkung auf die Blutzellen in. eine Reihe einordnen, die der von Hofmeister und Pauly für die Ein- wirkung von Ionen auf Kolloide aufgestellten entspricht. Hierbei haben wiederum die die Kolloide verflüssigenden resp. die die Quellung der Gelatine befördernden Ionen .die entsprechende Wirkung wie die an demselben Ende der Reihe stehenden Kationen: sie erhalten die Granula, verhindern die Aussendung von Pseudo- podien, machen die Zellen weich, verhindern oder hemmen die Netz- bildung. Umgekehrt wirken die wasserentziehend wirkenden Anionen, welche die Pseudopodienbildung begünstigen, eine Kontraktion des Zelleibes bewirken, die Auflösung der Granula begünstigen und zur Bildung eines Netzes führen. Für die Erklärung, kommen die unter 58 angeführten Erklärungsmöglichkeiten in Betracht. 7. Blutserum von Limulus und Seewasser, in denen Limulusblut aufgefangen wird, wirken ungefähr wie NaCl. | 8. Kontinuierlichen Änderungen im osmotischen ‚Druck von Salz- lösungen entsprechen kontinuierliche Änderungen in dem Zustande der Blutzellen, in der Konsistenz der Zellen und in der Länge und Form der Pseudopodien. Pseudopodien werden gebildet i in Lösungen, die zwischen m- und; NaCl stehen. ‘ Hier’ werden: die Granula mehr oder weniger aufgelöst. Stärker hypertonische Lösungen härten die Zellen, indem sie hauptsächlich dem intergranulären Protoplasma Wasser entziehen. “Die -Granula bleiben erhalten. . Pseudopodien werden nicht gebildet. In stärker hypotonischen Lösungen nimmt die Zelle Wasser auf, die Zellen werden weicher. Pseudopodien werden nicht gebildet; trotzdem werden die‘ Granula aufgelöst, da dieselben in B; O- "und 'stark hypötonischen NaCl -Lösuhgen löslich sind. Bis zu einem gewissen Gr ade’ scheint 'auch in hypotonischen Lösungen die Hemmung in’ den mit der Pseudopodienbildung 504 eo: verbundenen Brozessen; günstig für die Erhaltung der Granula zu sein. 9. Nichfelektrolyte ' wie Harnstoff, Glycerin, Glukose, stehen in ihrer Wirkung‘ zwischen Wasser ünd Neutralsalzen, wobei Zucker am meisten den Neutralsalzen gleicht. Mit stark hypertonischen Lösungen dieser Substanzen können nicht die Effekte hypertonischer NaCl- Lösungen erzielt werden. Harnstoff wirkt wie H,O, dem eine sehr geringe Menge Säure oder Alkali zugefügt wurde. In konzen- trierteren Lösungen: von Harnstoff findet eine Quellung der Zell- substanz statt. Diese Abstufungen in der Wirkung dieser Substanzen entsprechen Unterschieden in der Leichtigkeit, mit der diese Sub- stanzen in die Zellen oder Zellkolloide eindringen. Die Eigenschaften dieser Nichtelektrolyte und die früher beschriebenen Wirkungen von KCI- und -NaCl-Lösungen lassen den Effekt einer Kombination von Neutralsalzen und Nichtelektrolyten vorhersehen. 10. Alkalien in wässeriger Lösung machen die Zellen schwellen und lösen Zellen und Granula auf. Werden aber schwache Lösungen von Alkali durch Zusatz von NaCl isotonisch gemacht, so bleiben die Zellen rund oder oval, ohne anzuschwellen, und die Granula bleiben mehr oder weniger erhalten. Ähnlich wirken isotonische Lösungen von NaHCO, und Na>HPO,. Alkalien bewirken Aufquellung und Verflüssigung des intergranu- lären Protoplasmas und sodann Auflösung der Granula, indem sie in die Zellen eindringen und Wasseraufnahme in den Zellkolloiden bewirken. Zusatz von NaCl hemmt das Eindringen gewisser ge- ringer Alkalimengen in die Zelle als solche oder in Zellkolloide, ‘ ebenso wie ein solcher Zusatz die Aufquellung von Gelatine hindert. Daher bleiben die Granula mehr oder weniger gut erhalten. Um- gekehrt, isotonische Lösungen von NaCl bewirken Auflösung der Granulis, indem in Verbindung mit der Pseudopodienbildung Ver- änderungen in den Zellen stattfinden, die zur Auflösung der Granula führen. Alkalizusatz zu isotonischen NaCl-Lösungen verhindert die Bildung von Pseudopodien und führt auf diese Weise Erhaltung der Zellgranula herbei. 11. Zusatz. geringer Mengen von KCN zu isotonischen NaCl- Lösungen hemmt die Bildung von Pseudopodien und bewirkt die Erhaltung der Zellgranula. Diese Wirkung des KCN beruht auf der Anwesenheit der CN- und nicht der OH-Ionen. Diese Wirkung des Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen ete. 505 KCN ist reversibel, ebenso wie die ähnliche Wirkung schwacher Alkalien, im Gegensatz zu Säurewirkungen, die nicht reversibel sind. 12. Entsprechend dem Verhalten der Nichtelektrolyte verhält sich eine Kombination von Glycerin oder Harnstoff mit Alkali ähnlich wie Wasser und Alkali, während eine Kombination von Glukose und Alkali sich bis zu einem gewissen Grade der von isotonischem NaCl und Alkali nähert. Durch Zusatz einer gewissen Menge von NaCl zu der Kombination Harnstoff-Alkali und Glycerin-Alkali kann dann weiterhin zwischen Glycerin und Harnstoff differenziert werden, indem hier Glycerin in seiner Wirkung dem Wasser gleicht, während Harn- stoff gewisse Besonderheiten zeiet. 13. Säuren in wässeriger Lösung bewirken Schwellung der Zellen, Auflösung der Granula; die Zellkonturen sind scharf bei gewissen Konzentrationen der Säure (koagulierende Wirkung ?). Verschiedene Säuren wirken verschieden stark; die stärker disso- ziierten Säuren wirken kräftiger als die anderen. Säuren lösen die Zellgranula auf; dabei kann das intergranuläre Cytoplasma erhalten bleiben. Alkalien lösen in erster Linie das intergranuläre Cytoplasma auf und sodann die Granula. 14. Wie im Falle der Alkalien, so: verhindert auch Zusatz von Neutralsalzen zu Säuren die Schwellung der Zellen und kann, falls die Konzentration der H-Ionen sehr gering ist, auch die Auflösung der Granula verhindern. Isotonische Lösungen von NaH,PO, wirken besonders günstig auf die Erhaltung der Zellen und der Granula. Lösungen von Alkalien in isotonischen Salzlösungen wirken stärker sranulaerhaltend als mit ihnen äquimolekulare Lösungen von Säuren, obwohl die letzteren die Zellformen besser erhalten, indem sie eine Koagulation des Cytoplasmns bewirken. ; 15. Auch in Verbindung mit Säuren können gewisse Nicht- elektrolyte bis zu einem gewissen Grade Neutralsalze vertreten und wiederum in derselben Reihenfolge wie bei Alkalien. Doch ist Glycerin in Verbindung mit Säuren wirksamer als in Kombination mit Alkalien. 16. Wie Neutralsalze die durch Säuren oder Alkalien bewirkte Auflösung der Granula hemmen, so hemmen Neutralsalze in ähnlicher Weise die durch Säure bewirkte Hämolyse; wahrscheinlich stellt auch die durch Zusatz von NaCl herbeigeführte Vermehrung der durch Säure verursachten Präzipitierung gewisser Eiweissstoffe einen 506 Leo Loeb:: analogen Vorgang dar, und diese Wirkungen dürften darauf beruhen, dass Neutralsalze die Menge des für die Säure- oder Alkaliwirkung disponiblen Wassers vermindern. 17. 2 m- oder schwächere Lösungen von Atbulelkohaki in Wasser wirken auf'die Blutzellen ähnlich wie Wasser; in. isotonischen NaC]- Lösungen bewirkt Alkohol in diesen Konzentrationen eine gering- fügige Hemmung der von NaCl verursachten Veränderungen. Phenol, Resorein und Hydrochinon wirken in viel schwächeren Lösungen präservierend auf die Zellen als Äthylalkohol. In absolutem Alkohol und Chloroform werden die Granula nicht aufgelöst, aber sie schrumpfen. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Granula im wesentlichen nicht aus Lipoiden bestehen. 10% Formalin und 2° Osmiumsäure präservieren die Zelle und Granula. 18. Fluoreszierende Lösungen hemmen, falls sie dem Lichte ausgesetzt sind, die Pseudopodienbildung und die Retraktion der Zellen in Netzform. Auf die Granula üben diese Lösungen zu dieser Zeit noch keinen zerstörenden Einfluss aus. Im Gegenteil, es können die Granula relativ gut erhalten bleiben, wenigstens ‚während längerer Zeit. Diese Lösungen beeinflussen daher im Lichte die Zellen in ähnlicher Weise wie schwaches Alkali in isotonischer NaCl-Lösung. 19. Zusammenfassend sollen einige Bedingungen angegeben werden, von denen die Auf lösung oder Erhaltung der Zeller au abhängen. Mit der Pseudopodienbildung gehen Prozesse ein- her, die zur Auflösung der Zellgranula führen. Solche zur Pseudopodienbildung und indirekt zur Auflösung der Granula führenden Prozesse können physikalischer- und chemischer Art sein. Unter anderem begünstigen diejenigen Ionen, die der Quellung der Gelatine oder der Verflüssigung des Eiweisses entgegenwirken, die Pseudopodienbildung und dadurch die Auflösung der Granula. Umgekehrt präservieren alle diejenigen physikalischen und chemischen Faktoren, die der Pseudopodienbildung entgegenwirken, die Zellgranula. Im:Blute des lebenden normalen Tieres bleiben die Granula erhalten, weil insbesondere die physikali- schen Bedingungen, die zur Pseudopodienbildung Über den Einfluss von chem. und physik. Umgebungsänderungen etc. 507 führen, fehlen. Solche Ionen, die der Pseudopodien- bildung entgegenwirken, wirken erhaltend auf die Granula. Dies sind insbesondere die die Quellung und Verflüssigung von gewissen Kolloiden befördernden Ionen. Ähnlich wirkt Zufügen einer ganz geringen Menge von OH- oder H-Ionen zu Neutralsalzen, welch letztere an sich die Pseudopodienbildung befördern. Auch bestimmte Ionen wie CN wirken ähnlich, und bis zu einem gewissen Grade eine gewisse Hypotonie der Lösung. Ob diese die Granula erhaltenden Substanzen die Pseudo- podienbildung nur durch ihre Einwirkung auf die Peripherie der Zellen oder durch ein Eindringen in das Innere der Zellen hemmen, ist unsicher. Gewisse Tatsachen sprechen für die zweite Erklärung. Es handelt sich hier meist um Stoffe, die der Ver- diehtung des Zellprotoplasmas entgegenwirken. Unter ihrem Einfluss sind die Zellen weich. Hingegen wirken die Substanzen, die eine noch stärkere Quellung des Zellprotoplasmas bewirken, wie Säuren, Alkalien, Hs0- und gewisse Anelektrolyte, auflösend auf die Zell- sranula, obwohl sie die Bildung von Pseudopodien hemmen. Durch Zufügen von Neutralsalzen wird die Aufquellung des Zellprotoplasmas unter dem Einfluss dieser Substanzen und in entsprechender Weise auch die Auflösung der Granula gehemmt. Hypertonische Lösungen von Neutralsalzen hemmen die Pseudopodienbildung und wirken granulaerhaltend durch Wasserentziehung. Ob die die Pseudo- podienbildung anregenden und dadurch indirekt die Granula auf- lösenden und die die Pseudonpodienbildung hemmenden und dadurch indirekt die Granula erhaltenden Substanzen daneben noch direkt auf die Granula auflösend resp. erhaltend wirken, muss weiterhin untersucht werden, indem die Wirkung dieser Substanzen auf extra- celluläre Granula geprüft wird. 20. Unsere Versuche ergaben, dass eine Beziehung besteht zwischen der Pseudopodienbildung von seiten der Zellen und der netzartigen Anordnung der Zellen. Diejenigen Substanzen und diejenigen physikalischen Bedingungen, die die Pseudopodienbildung befördern, und die die Bildung einer klebrigen ektoplasmatischen Schicht befördern, rufen diejenige An- ordnung der Zellen hervor, die als Gerinnung imponiert. Die Ent- 508 Leo Loeb: Über den Einfluss etc. stehung extracellulärer Fasern konnte unter keinen Umständen nach- gewiesen werden. Diese Untersuchungen bestätigen die früher gegebene Erklärung, dass die sogenannte Gerinnung des Blutes von Limulus auf einer Agslutination der Blutzellen beruht, unter Beteiligung von zu Fäden ausgezogenem oder ausgeflossenem Zellprotoplasma. Wie wir früher zeigten, ist diese Agsglutination der Blutzellen phylogenetisch die älteste Reaktion, die eintritt, falls das Blut aus dem Tierkörper fliesst. Sie ist auch die primäre Erscheinung bei der Thrombose). Erst später trat zu beiden Prozessen eine Ge- rinnung des Fibrinogens. Weiterhin zeigen diese Untersuchungen, unter welchen Um- ständen diejenigen Veränderungen in den Blutzellen (resp. Blut- plättehen) eintreten, die dazu führen, dass gerinnungsbeschleunigende Stoffe die Blutzellen (resp. Blutplättehen und Leukocyten) verlassen und so, falls Fibrinogen im Blute vorhanden ist, eine plasmatische Gerinnung herbeiführen. 1) Vergleichende Untersuchungen über die Thrombose. Virchow’s Arch. Bd. 185 S. 160. 1906. 909 _ (Aus dem poliklinischen Institut für innere Medizin der Universität Berlin. Geh.-Rat Prof. Dr. Senator.) Herzschallstudien!). Von Heinrich Gerhartz. (Mit 12 Textfiguren.) Wer jemals den gutgespielten „Militärmarsch“ von Boettge sehört hat, kennt die heftige Vibration des Thorax bei den Pauken- schlägen. Wir haben hier den demonstrierendsten Beweis für die srundlegende Tatsache, dass die Schallschwingungen nach ihrer Fortleitung durch die Luft imstande sind, Körper in Schwingungen zu versetzen. Im angeführten Beispiele sind diese Schwingungen deutlich zu fühlen. Es ist nieht im mindesten zweifelhaft, dass sie auch leicht aufzuzeichnen sind; denn es gelingt, Luftvibrationen von ausserordentlich viel geringerer Amplitude sichtbar zu machen. Der Herzschall steht nahe der Grenze dessen, was das Ohr zu hören vermag. Wird, wie es allgemein üblich ist, zu seiner Auf- zeichnung eine Membran benutzt, so ist es notwendig, sich nach Möglichkeit klarzumachen, um welche Membrandurchbiegungen es sich hier handelt, um einen ungefähren Anhalt für die ung eines Herzschallschreibers zu gewinnen. Den Grenzwert des hörbaren Schalles festzustellen, ist mehr- fach durch Rechnung oder Experiment (Lord Rayleigh, Franke, 1) Abgeschlossen 15. Oktober&1909. Dieser Arbeit waren noch 48 Ab- bildungen zugedacht gewesen. Es musste aber der hohen Herstellungskosten wegen von einer Reproduktion abgesehen werden. Ich bedauere, aus diesem Grunde nicht in der Lage zu sein, überzeugender an getreuen Kopien der Original- kurven, die allein in Betracht kommen können, den Beweis für meine Angaben führen zu können. Ich bin gern bereit, Interessenten die Abbildungen zur Ver- fügung zu stellen, und habe zur Erleichterung im Text einen Teil derselben mit römischen Ziffern bezeichnet. 510 Heinrich Gerhartz: Cross und Mansfield, Toepler und Boltzmann) versucht worden. Die Angaben der Forscher gehen trotz der verschiedenen Wege nicht allzu weit auseinander; sie schwanken zwischen 0,05 und 1,27 uu. Wirklich einwandfreie Messungen sind kaum vor- handen. Die besten dürften die von Shaw?!) sein. Sie wurden mit einem Instrument ausseeführt, von dem sein Erfinder behauptet, dass es imstande sei, wegen ungenügender Intensität nicht mehr hörbare Amplituden noch zu messen. Aus diesem Grunde dürfte es angebracht sein, die Methode kurz anzudeuten. Shaw misst den elektrischen Strom, der den geringsten im Telephon (580 Schwingungen des Grundtons) noch hörbaren Schall gibt. Es wird zunächst mit einer Mikrometerschraube, deren Ex- kursionen noch durch ein Reduzierhebelsystem ausserordentlich verkleinert werden, variabele Entfernung zwischen der Telephon- membran und einem verstellbaren Kontakt hergestellt. Daraufhin misst man den Gleichstrom, der nötig ist, die Membran wieder bis zur Berührung des Kontaktknopfes durchzubiegen. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass diese Methode exakt genug ist, um die angegebenen Zahlen als genügend zuverlässig erscheinen zu lassen. Die Leistungsfähigkeit dieses Apparates geht nach Angabe Shaw’s herab bis auf 0,4 uu. Tabelle 1. Shaw’s Skala der Lautheit mit den zugehörigen Schallamplituden. Telephon- me membran- nal amplituden amp TER Noch hörbar. een ee 0,7 uu 0,14 uu INochubequeml au tr 50 uu 10 uu Untere Grenze des unangenehm Lauten („just uncomiprtably@loudo) em ee 1000 uu 200 wu Untere Grenze des ausserordentlich Lauten (GJjustgoyerpowerne ee ee 5000 uu 1000 uu Shaw fand für den momentanen Schall ungefähr die oben ge- nannten Werte, nämlich 0,7 uu für das geübtere rechte, 0,9 uu für 1) P.E. Shaw, The amplitude of the minimum audible impulse sound. Proceed. of the Roy. Soc. of London Ser. A. t. 76 p. 360-366. 1905. — The improved electric micrometer. Proceed. of the Roy. Soc. of. London Ser.: A. p- 350—359. 1905. Herzschallstudien. zn das: linke Ohr. Davon ausgehend, hat Shaw eine Skala der Laut- heit aufgestellt, :welche hier ebenfalls von Interesse ist (Tabelle 1). Neben die für die Membranexkursionen geltenden Zahlen sind die ent-, sprechenden für die Luftvibrationen gesetzt, indem mit Lord Rayleich angenommen wurde, dass die letzteren sich zu den ersteren wie 1:5 verhalten. In Reihe 1 der Tabelle ist das äusserste Minimum. so wie es unter den günstigsten Bedingungen für ein scharf horchendes Ohr gefunden wird; denn die Versuche wurden in einem voll- kommen ruhigen unterirdischen Gewölbe nachts zwischen 12 und 4 Uhr ausgeführt. Die zweite Reihe bezieht sich auf Schall, der an der Grenze der Hörbarkeit für ein .Ohr, das nicht auf ihn horeht, steht. Man kann also sagen, dass es das „physiologische“ Minimum ist. Anforderungen an die Empfindlichkeit eines Herzschallschreibers. Das physiologische Minimum dürfte schon über das Äusserste dessen hinausgehen, was ein Herzschallapparat leisten muss. Halten wir aber der Einfachheit wegen an dem oben stehenden Werte von 10 uu fest. Mit dieser Angabe ist jedoch die Empfindlich- keit nicht eindeutig bestimmt, da die Schwingungszahl unberücksichtigt ‘ geblieben ist. Es wird angenommen!), dass die Intensität eines 1) M. Wien (Über Telephonplatten mit hohen Eigentönen. Ann. d. Physik Bd. 18 S. 1049—1050. 1905. Vgl. auch E. Wiersch, Ann. d. Physik Bd. 17. S. 999. 1905) schreibt z. B. an einer Stelle, dass es für die Übertragung der Sprache vorteilhafter ist, die üblichen Telephonplatten mit etwa 700 Schwingungen durch solche von 7000 Schwingungen zu ersetzen, weil die letzteren den Schwingungszahlen der Sprache, hauptsächlich der Zischlaute, näher !ägen. Dabei, schreibt er, wird die Intensität „für tiefe Töne unter sonst gleichen Um- ständen 10000 mal kleiner als bei den gebräuchlichen Telephonen.: Nimmt man den Eigenton noch eine Oktave höher, so sinkt die Intensität auf }/ıso 000!“ Wie man sieht, ist hier vorausgesetzt, dass die Intensität im Quadrat des Verhält- nisees der Schwingungsfrequenzen abnimmt. In dieser Weise taxiert auch W. Einthoven (Ein dritter Herzton. Pflüger’s Arch. Bd. 120. S. 33—34. 1907) die Intensität der Töne nach der geschriebenen Amplitude. Einthoven fand bei dem 1907 publizierten Falle für die beiden ersten Töne eine Amplitude 14 mm, für den dritten 2 mm, also ‚ein Amplitudenverhältnis 7; die Schwingungszahl war bei den beiden ersten Tönen — 100, bei dem dritten — 50; hier war ‘also das Verhältnis —= |2. Nennen wir das erstere ‘a, das letztere db, so iti—= «®-d? — 7.2? — 1%. „Der dritte Ton ist also noch ungefähr 200 mal schwächer als der erste oder .der zweite.“ Ai 512 Heinrich Gerhartz: Schalles dem Quadrat der Schwingungszahl und dem Quadrat der Amplitude proportional ist. Nun gelten die oben genannten Shaw’schen Zahlen für eine Telephonmembran und die Sprache. Der Mittelwert der Schwingungszahlen der menschlichen Stimme soll bei etwa 500—5000 Schwingungen liegen (Wien, l.c.). Rechnen wir einmal rund für die Herztöne mit 70, für die Sprache mit 700 Sehwingungen, so ergibt die Rechnung. mit gleichgesetztem Intensitätsminimum und einer Amplitude von 10 uu (nach Shaw) Fig. 1. Schall- und Spitzenstosskurve von Aorten- und Mitralinsuffizienz. (Schema.) für die Sprache, dass die Minimalamplitude der Herztöne 1,0 u ist. »00fache Vergrösserung würde also noch deutlich sicht- und analysier- bare Exkursionen (0,5 mm) ergeben. Handelte es sich dagegen um Töne der doppelten Schwingungszahl (140), so wäre eine 2000fache Vergrösserung erforderlich, um gleichgrosse Exkursionen zu erhalten. Die Herzgeräuschzacken wiesen in einer mit meinem Registrier- apparat aufgenommenen Mitralinsuffizienz-Schallkurve (Fig. 1) eine Amplitude von etwa 0,5 mm, auf. Die Frequenz betrug 77 Doppel- schwingungen pro Sekunde. Da der Apparat!), mit dem diese Kurve 1) H. Gerhartz, Die Aufzeichnung von Schallerscheinungen, insbesondere die des Herzschalles. Zeitschr. f. exper. Pathol. u. Ther. Bd. 5 S. 5ff. 1908. Herzschallstudien. 513 aufgenommen wurde, 400fach vergrösserte, waren die Amplituden 400 weiteren Anhalt dafür, dass man es in diesen Zacken tatsächlich mit dem Abbild eines Herzgeräusches zu tun hat. In einer Gesangkurve eines Bassisten, der das grosse e (— 80 Schwingungen) mit mittlerer Kraft auf den Vokal A sang (Nr. ]), der Membran — 0,00125 mm gross. _ Diese Zahl gibt einen Anpl.: an 45 43 AR 06 Ce Da Es Fan GW 4 4 4 = 4 (Posaune) And: Wmm. 22 49 48 Al D 69 E «9 F@29 (48) (533 = >= = G\ | A: ; (Tutt)). Fig. 2. Tonleiter (Orgel). Amplituden bei konstanter Intensität. : . 4,25 s 22] waren die Amplituden ——- —= 2,125 mm gross, was einer Membran- : 2 E : durehbiegung von un ve 0,005 mm entspricht. In diesem Zusammenhange dürften folgende eigene Erfahrungen ‚über die Beziehungen von Schwingungszahl zu Amplitude interessieren. Von den Tönen einer Kirchenorgel wurden sowohl von einer Pfeife E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 35 514 Heinrich Gerhartz: (Posaune) wie vom gekoppelten Register bei gleichem Anblasestrom Töne verschiedener Schwingungszahl geschrieben‘). Fig. 2 (Nr. ID zeigt ein Schema der Amplituden. Man gewahrt, wie mit steigender Tonleiter die Amplitude progressiv abnimmt. Versucht man am Klavier den Versuch zu wiederholen, so misslingt er. Man erhält dann eine unregelmässig verlaufende Skala, auch wenn man sich bemüht mit möglichst gleicher Intensität die Tonleiter zu spielen. Dieser Versuch ist ein instruktives Beispiel für die relative Unfähig- keit unseret Gehörorganes, geringe Intensitätsunterschiede wahrzu- nehmen. Dass nichts anderes hier im Spiele ist, geht daraus hervor, dass es beim Klavier nicht gelang, bei Wiederholung der Versuche Kurven gleicher Amplitude zu erhalten. Es wäre interessant, diese Versuche unter Benutzung eines Klavierspiel-Vorsatzapparates zu wiederholen. Die oben zugrunde gelester Anschauungen sind allgemein ver- breitet, können aber nur einen gewissen Anhalt bieten, da die Grund- lagen, auf die sich die Rechnung aufbaut, wohl zu unsicher sind. Sie genügen jedoch als Unterlage für die Konstruktion eines Herz- schallschreibers. Wie man sieht, sind die Anforderungen, die.an die Vergrösserungsleistung gestellt werden, technisch sehr hohe. Störungen beim Herzschallschreiben, Bevor die einzelnen Methoden an der Hand ihrer Ergebnisse zur Sprache kommen, ist es wünschenswert, einige etwaige Fehler- quellen allgemeiner Natur zu besprechen. Einthoven, dem wir die ersten Erfolge auf unserem Gebiete verdanken, hatte hauptsächlich auch darauf Bedacht genommen, Er- schütterungen, die etwa durch das Schallzuleitungsrohr verursacht werden könnten, zu vermeiden. Er hat sich davon überzeugt, dass dies möglich ist. Ich muss ihm darin vollkommen beistimmen, dass eine einigermaassen diekwandige kurze Gummischlauchverbindung, auch wenn sie hin und her bewegt wird, nicht stört. Wird sie seitlich wenig komprimiert, so treten allerdings Nachteile auf. Es werden dann Membranschwingungen beobachtet, die langsam an- 1) Durch diesen Versuch wird gleichzeitig der Beweis geliefert, dass mein Registrierapparat auf Schall der Schwingungszahlen im Bereiche der Herzschall- höhe (am Instrument bestimmt) korrekt, d. h. mit charakteristischen Figuren antwortet. Herzschallstudien. 515 steigen und wieder abfallen. Der Versuch zeigt, wie schwer eine Membran, die vor dem einen Ende der Zuleitung angebracht ist, bei seitlicher Kompression der letzteren reagiert gegenüber einer Luftpulsation in der Richtung der Achse der Zuleitungsröhre. Die bei dem Versuch entstehenden Schallschwingungen sind so ausserordent- lich klein, dass sie ausser acht gelassen werden können. Noch leichter zu erkennen als die Kompressionsbewegungen sind die z. B. durch den Spitzenstoss in einer längeren elastischen Schlauchverbindung verursachten Bewegungen. Durch starkwandige Zuleitungsröhren werden die besprochenen Fehlerquellen genügend vermieden. ‚Eine grössere Fehlerquelle, deren Beseitigung Schwierigkeiten machen kann, ist die Übertragung konstanter oder periodischer Vibra- tionen von Teilen des Registrierapparates selbst. In erster Reihe kommt hier das Triebwerk zur Bewegung des Films in Betracht. Die Vibrationen des Uhrwerks lassen nicht zu, dass dieses auf demselben Tisch befestigt wird, auf dem sich die übrige Aufnahme- apparatur befindet. Am besten werden die Schwierigkeiten so ge- hoben, dass die Filmachse dureh eine Cardani’sche Gelenkverbindung mit der Uhrwerksachse gekuppelt und das Uhrwerk auf einem anderen freistehenden Tische, von dem aus keine Erschütterungen zu dem eigentlichen Apparattische durch den Boden übertragen werden können, aufgestellt wird. Dass diese Anordnung, die auch den mitunter recht fühlbaren Vorteil der freien Beweglichkeit des Uhrwerktisches besitzt, sehr zweckmässig ist, habe ich durch sehr zahlreiche Aufnahmen, die vor jeder Herzschallregistrierung oder gleichzeitige mit ihr mittelst der zweiten Aufnahmeapparatur vor- genommen wurden, erwiesen, so dass ich die volle Garantie dafür, dass in dieser Hinsicht keine Fehler in meine Kurven sich ein- geschlichen haben, übernehmen kann. Ich glaube auch nicht, dass bisher irgendein anderer, der über Herzschallregistrierung berichtet hat, der hier vorliegenden Schwierigkeiten nicht Herr geworden ist; es ergibt sich wenigstens aus den veröffentlichten Kurven für eine solche Anschauung kein Anhaltspunkt. Dagegen spricht manche Erscheinung dafür, dass in der Regel nicht die Luftamplituden des Herzschalles geschrieben wurden, sondern auf die Membran fortgepflanzte Vibrationen der die Luftschallschwingungen erzeugenden Teile. Wenn ein Beispiel das, was ich sagen will, besser zu erläutern imstande ist, möchte ich an die Stimmgabel erinnern. Sie macht, Sa 516 Heinrich Gerhartz: ‚wenn sie angeschlagen wird, eine Anzahl Vibrationen, die ihrer Schwingungszahl entsprechen. Verbindet man die Gabeln mit einem Schreibstift, so: zeichnet bei geeigneter bekannter Vorrichtung der Stift diese Gabelvibrationen ohne Schwierigkeit auf. Das ist das älteste primitive Modell eines Schallschreibers. Die Luftamplituden haben hier auf die Bewegungen des Schreibstiftes keinen. Einfluss; denn sie sind zu schwach, um ihn in Bewegung zu setzen. Würden sie es tun, so würde man Öszillationen erhalten, die, obwohl an Amplitude geringer, durchaus Frequenz und Charakter der Stimmegabelschwingungen besässen. So ist es auch ver- schieden, ob man die beim Sprechen oder Singen erfolgenden Vibrationen des Kehlkopfes schreibt oder ihren Effekt, Sprache und Gesang. Das letztere ist ausserordentlich viel schwieriger. Dieser letztere Modus ist aber beim Herzschall nicht überflüssig; denn hier suchen wir aus der Beweeung des Organs die dem Schall ent- sprechenden Vibrationen zu isolieren, da dem Herzschall der wesentliche Wert zukommt, aber Oszillationen ganz verschiedener Frequenz in der Summe der Organvibration untergebracht sind. Gelingt es nun, sie zu analysieren, so steht nichts dem im Wege, sich mit der Erfüllung des technisch einfacheren Problems zu begnügen. Diese Analyse ist zunächst durch die Öffnung des geschlossenen lufterfüllten Systemes, das das Zuleitungsrohr bis zur Aufnahme- membraa umfasst, versucht worden, wie Einthoven und Weiss annehmen, mit Erfolg. Ich sehe meine Aufgabe zunächst darin, die Berechtigung zu dieser Auffassung einer Kritik zu unterziehen, wobei ich mich auf meine eigenen Experimente, die ich zur Erledigung der für die Beurteilung des bis jetzt vorliegenden Materiales wichtigsten Frage vorgenommen habe, stütze. Besprechung der bisher veröffentlichten Herzschallkurven. Bedient man sich zur Aufnahme der Pulsationen, die durch die Herzarbeit der Herzfläche der Brust mitgeteilt werden, eines Zu- leitungssystemes, wie es Einthoven wiederholt beschrieb!), d. h. eines gebogenen Rohres, das an der konvexen Seite der Biegung 1) W. Einthoven und M. A. J. Geluk, Die Registrierung der Herztöne. Pflüger’s Arch. Bd. 57 S. 617. 1894. — W. Einthoven, Die Registrierung der menschlichen Herztöne mittels des Saitengalvanometers. Pflüger’s Arch. Bd. 117 S. 461—472. 1907. — Vgl. auch H. Gerhartz, ]. c. 8. 512. Herzschallstudien. gt einen mit einem Hahn versehenen Rohransatz trägt, so werden bei fester Verbindung zwischen Schallaufnahmeapparat und Brustwand die Vibrationen der letzteren der Aufnahmemembran je nach dem Grade ihrer Intensität und der Empfindlichkeit des Schreibapparates mehr oder weniger intensiv übertragen. Man erhält so im wesent- lichen die Spitzenstosskurve. Die Stossbewegung des Herzens kann im Experiment ad libitum durch Impulse gemischter Frequenz ersetzt werden. Wird allmählich der Hahn des Seitenrohres geöffnet, so sinkt die Amplitude der Oszillationen in demselben Maasse, wie das „geschlossene System“ durch das „offene“ ersetzt wird (Nr. ID. Die letztgewonnene Kurve stellt dann die entsprechende reduzierte Kurve derselben Vibration dar. Man erkennt in ihr die wesent- lichen Linienzüge wieder. Beide Kurven sind natürlich nicht voll- kommen analog, da die geschriebenen Exkursionen etwas variierten Trotzdem ist die Charakteristik der Kurve dieselbe; die sekundäre Kurve unterscheidet sich von der primären eben nur durch ihre Amplitude, so dass die in der primären Kurve an und für sich schon kleinen Amplituden in der anderen nicht mehr zu erkennen sind. Es fragst sich, cb sich in den als Schallkurven publizierten Kurven Anhaltspunkte finden lassen, welche für die beschriebene Entstehungsart sprechen. Das ist in der Tat der Fall. Einthoven bildet in Fig. 10. der auf S. 516 zweitzitierten Arbeit eine Kurve ab, von der er (S. 470) schreibt, dass ihre Erklärung ihm grosse Schwierigkeiten dargeboten hat. Die interessante. Kurve stammt von einem Menschen mit Mitralinsuffizienz. Sie muss also das systolische Geräusch dieses Herzfehlers wiedergeben. Die Figur aber (S. 470) „zeiet für jede Herzperiode ausser der Pause fünf deutlich voneinander zu unterscheidende Schälle“* .... . „Welche Bedeutung jeder dieser Schälle hat, und in welcher Reihenfolge sie in der Periode vorkommen, können wir nicht mit Gewissheit entscheiden“... „Für die Deutung... wagen wir vorläufig die folgende Hypothese: a —= präsystolisches Geräusch, s;, 85, 53; = drei Phasen des systolischen Geräusches, 2 — diastolischer Ton, p — Pause, während dann die in der Figur angebrachte Klammer die ganze Periode begrenzen mag. Eine der Schwieriekeiten, die Fieur zu deuten, liegt in der Dauer des schallfreien Stadiums jeder Herzperiode. Dieses Stadium scheint bei der Untersuchung mittels des Stethoskopes ziemlich lange zu dauern, während es im Photogramm nur äusserst kurz zum Vor- schein kommt. Wünsceht man die mangelhafte Übereinstimmung 518 Heinrich Gerhartz: zwischen den beiden Beobachtungsmethoden den Fehlern des Regi- strierens zuzuschreiben, so müsste man annehmen, dass ein zufälliger Sehall die schreibende Saite gerade im schallfreien Stadium der Herzwirkung in Schwingung versetzt hätte. Aber diese Annahme muss als sehr unwahrscheinlich verworfen werden, weil ja die mehr als sieben nacheinanderfolgenden Herzperioden des Photogrammes an Gleichförmigkeit nur wenig zu wünschen übrig lassen“. | Einthoven ist, wie so oft, geneigt, den Mängeln des Öhres schuld zu geben und seiner Reeistriermethode die Steilung einer oberen Instanz zuzumessen. Ich teile die optimistische Anschauung, dass „nur darum so regelmässig eine Pause gehört wird, weil das Ohr unmittelbar vorher durch den ziemlich starken Schall des diastolischen Tones getroffen wird, wodurch es temporär ermüdet wird“, durchaus nicht, schon weil meine nun fünfjährige Erfahrung in der Registrierung von Schallerscheinungen mich zu oft von der Superiorität unseres Gehörorganes überzeugt hat. Ich sehe in der von den übrigen Darstellungen abweichenden Kurve lediglich eine durch das Zwischen- treten des Spitzenstosses modifizierte Schallkurve und sehe dem- gemäss das systolische Geräusch im Abschnitte ss, und s, in einer Form, wie sie den anderweitigen Bildern der Einthoven’schen Methodik entspricht. a, s; und p sind die Spitzenstossanteile, 2 ist der diastolische Ton in Übereinstimmung mit Rinthoven. Die Ausrechnung, die durch die ausserordentlich bequeme Darstellung der Einthoven’schen Figuren ermöglicht ist, gibt mir in dieser Auffassung recht; denn die Analyse der Kurve ergibt folgendes: « = 31Impulse = 5,5 - 0,02" = 0,11 "= 28Schwingungen pro Sek. s=l8 ,„ —=74:00"—0,148" = 122 i IE s=5 ,„ =3$6-002”=0,072"— 69 & Sr TA arroreoee o R Re 3—3 ,. —=25.002"—00 "— Da man sich durch die Auskultation und Vergleich des Ge- hörten am Harmonium leicht überzeugen kann, dass die Herztöne selten unter 50 Schwingungen pro Sekunde liegen, dürfen Schwingungen von einer Frequenz unter 30 pro Sekunde wohl kaum als Anteile eines Herztones oder -geräusches angesprochen werden. Zu dem kommt, dass sich unter Eliminierung der frequenten Schwingungen dureh Mittelung der Exkursionen eine Kurve Herzschallstudien. 519 rekonstruieren lässt, die einer Spitzenstosskurve in ihren charakteristi- schen Zügen durchaus genügend ähnlich sieht, um die genetische Be- ziehung vollkommen plausibel erscheinen zu lassen. Es scheint mir in dieser Beziehung auch nicht überflüssig zu sein, noch anzuführen, dass Einthoven ausdrücklich eine „starke Hypertrophie der beiden Herzhälften“ erwähnt (S. 470) — eine Angabe durchaus in unserem Sinne, Über die Zuleitungsmethodik von Weiss!) kann man sich nach seinen Angaben kaum ein ausreichendes Bild machen. Ich finde auf S. 349 der ausführlichen Publikation die Angabe: „Nach dem Ge- sagten ist es natürlich, dass die eigenen Versuche darauf ausgingen, die Registrierung der Herztöne vorzunehmen, ohne dass eine feste Verbindung des Registrierapparates auf der Brustwand besteht.“ Das „Gesaste* bezieht sich erstens auf eine Bemerkung Ewald’s?), die akzeptiert wird, dass Gefahren da sind, die „in der mechanischen Erschütterung des Apparates durch die Herzbewegung und hierdurch erzeugten Eigenschwiugungen liegen“ (S. 348), ferner auf dem eventuellen Vorhandensein von Fehlerquellen, die dadurch gegeben seien, dass 1. Volumpulse der Brustmuskulatur, 2. im. Tempo des Herzschlages der haltenden Person erfolgende Bewegungen störend “einwirken. Es ist mir aus der Literatur niehts darüber bekannt geworden, dass tatsächlich solche Fehler gemacht worden sind. Ich habe versucht, sie künstlich zu erzeugen — es ist mir nie gelungen. Weiss zitiert die Bemerkung von Holowinski’s°®), dass in demselben Momente, in dem die Herztöne laut werden, Pulsationen existieren, die der Spannung der Klappen ihre Entstehung verdanken. Haben solehe Pulse dieselbe Frequenz wie die Herztöne, so sind sie ihr Ausdruck. Die Pulsationen, von denen von Holowinski redet, besassen aber eine sehr niedrige Frequenz, so niedrig, dass sie „direetement insensibles & l’ouie & cause de leur petite frequence“ waren. Da Telephone und Mikrophone einen Eigenton von in der Regel mehr als 500 Schwingungen pro Sekunde haben, kann von 1) ©. Weiss und G. Joachim, Registrierung und Reproduktion mensch- licher Herztöne und Herzgeräusche. Pflüger’s Arch. Bd. 123. S. 341—386. 1908. 2) R. Ewald, Referat über K. Hürthle’s Arbeit: Über die Erklärung des Kardiogramms usw. Centralbl. f. Physiol. Bd. 7. S. 52—53. 1893. 3) A. de Holowinski, Sur la photographie des bruits du c@ur. Arch. de physiol. norm. et path. 1896 p. 893—897. 520 Heinrich Gerhartz: Eigenschwingungen hier. keine Rede sein, sondern die „secousses m6caniques“ sind’ Spitzenstossanteile, die zu den Herztönen unmöglich in der Art in Beziehung; stehen können, dass die Vibrationen identisch sind mit den die Töne erzeugenden, wie von Holowinski annimmt; denn solche haben die gleiche Frequenz. Weiss äussert sich: hierzu auf S. 363 seiner Arbeit in Pflüger’s Archiv Bd. 123 folgendermassen: „Vermutlich sind die langsamen Sehwingungen (sc. seiner Kurve 14) die secousses de petite frequence de :Holowinki’s, die nach diesem Autor den Herztönen isochron sein sollen. Das sie es wirklich sind, zeigen meine Kurven. Vielleicht ist auch das, was Einthoven als Herztöne registriert hat, identisch mit diesen langsamen Schwineungen. Das könnte. wohl sein; denn die Schwingungen seiner Kurven sind-sehr gering.“ Da Schall von etwa 16 Schwingungen an als soleher .vom Ohr perzipiert wird, müssen die Impulse, die v. Holowinski: beschrieben: hat, als dumpfer Stoss empfunden worden sein,.;und unter der Schallschwelle gelegen haben; denn er schreibt dochi.als Charakteristikum „insensibles ä l’ouie & cause de leur petite frequence“.i. Die: Schwingungszahlen Einthoven’s liegen weit. oberhalb der Schwelle (vgl. weiter unten S. 531), können also nicht miit dem identisch sein, was v. Holowinski beschreibt. Was es tatsächlich. .gewesen ist, ist schwer zu sagen. Ich vermute, dass es die beiden grossen Erhebungen in den primären Spitzen- stossschwingungen sind, die ich weiter unten (S. 536) im Anschlusse | an die Erwähnung der Frank’schen Schallkurve bespreche. Mag: dem..aber sein, . wie.ihm wolle, jedenfalls hat Weiss darin recht, dass.er. die. verschiedenfrequenten Pulsationen differen- zieren will,, ‚Die: Öffnune..des Systemes nach dem: Vorbilde Eint- hoven’s :ist) hierzu ‚das; eine Mittel, und dessen hat sich auch Weiss bedient. „Es. ist. wichtig‘, dass der Trichter (Kautschuk) luftdieht an. die Brustwand :anschliesst.“ Die Zuleitung ist also vor der Membran offen. ‚Diese Methode hat den Vorteil, die Sehall- wellen von .einer grösseren Aufnahmefläche aufzufangen und sie konzentriert der kleinen Membran zuzuführen. Im wesentlichen liegen also ‚die Dinge:vor, wie sie oben schon für das Einthoven’sche Verfahren auseinandergesetzt wurden. Ich finde auch in den Kurven, die Weiss mitgibt, Anhaltspunkte dafür in den Kardio- phonogrammen. 12, Tl '25,.27 und 29. Die Beurteilung ist hier ausserordentlich erschwert‘ durch die grosse Ausziehung der Herzschallstudien. 21 Or Kurven!). Es ist leicht zu verstehen, wie dieser Faktor wirkt. Bei schwacher Pulsation des Herzstosses kann schon die einfache Ausziehung der langsamen Impulse sie verschwinden machen. Es dürfte sich also in den Weiss’schen Kurven lediglich um Reduktion des Spitzenstosses handeln nach dem Muster, wie Einthoven es zuerst benutzt hat — im Prinzip ist es gleichgültie, ob man einen Hahn öffnet oder dadurch das Loch macht, dass man das Zu- leitungsrohr etwas von dem Apparat abhält. ea Ein zweiter Weg, ausser der Analysierung der gemischten Kurven, die Eliminierung des Spitzenstosses zu erreichen, ist die Erschwerung der Impulsleitung. Ich habe Kurven (Nr. IV und V) in der Weise aufgenommen, dass zwischen Brustwand und Telephon eine Lage Tuch gelegt wurde. Die Registrierung geschah mit einem Edelmann’schen Saitengalvanometer, in dessen Stromkreis ein Kondensator eingeschaltet worden war, damit der Faden durch die konstanten Ströme nicht abgelenkt und eine bequemere Ein- stellung des Fadens in die Mitte des Films ermöglicht wurde. Die Aufnahme des Mitralstenosengeräusches bei einer 3ljährigen Frau wurde von der Stelle des Spitzenstosses aus vorgenommen. Infolge- dessen sieht man in der Kurve die Wellenform des Kardiogrammes (Nr. VI) angedeutet, da die Telephonmembran grösserer Durch- bieeungen nicht fähig ist. Mitunter sieht. man die Exkursionen niedriger Frequenz vollkommen eliminiert, obwohl die Geräusch- oszillationen noch wiederzufinden, allerdings auch infelge der schlecht leitenden Zwischenschicht erheblich reduziert sind. Man kann sich davon durch die Ausmessung der Oszillationen leicht überzeugen. Ich besitze von denselben Kranken Spitzenstosskurven, auf die die Schalloszillationen superponiert sind. In den bei offenem System geschriebenen. Kurven (Nr. VID) sieht man, dass auch hier die tatsächlich durch die Schwingungszahl als Schalloszillationen charakterisierten Schwingungen getreu it recht gut erkenn- und studierbarer Weise wiedergegeben sind, zugleich aber auch, dass es möglich ist, sie von den Exkursionen des Spitzenstosses zu eliminieren und gesondert darzustellen, dass aber in dieser Methode hier kein be- sonderer Vorteil erkannt werden kann; denn an der Kardiogramm- sehallkurve (Nr. VIII) sind die schnellen Oszillationen ebenso leicht aus- zuzählen als in gem Kurven, die in Horizontallinie geschrieben wurden. » ® c. Ann. h, A 8. 519. —S. 358: „Die Geschwindigkeit der Bewegung lässt sich durch geeionete Einmehtüngen auf 25 em/sec—! regulieren.“ 522 Heinrich Gerhartz: In den schematischen Fig. 1,3 und 4 (Nr. IX, X und X]), dienach dem Gesagten leicht verständlich sind, bringe ich einige weitere Beispiele: Meine Kurven lehren unter anderm, dass die Reaktionsfähigkeit von Schallmembranen sich Schallschwingungen nicht so wie grossen Impulsen gegenüber verhält; denn auch die grössten Schallintensitäten machen nur relativ winzige Membranexkursionen, d. h. eine Membran kann auf Schall jeder Intensität korrekt reagieren und dennoch grobe Impulse falsch bzw. überhaupt nicht wiedergeben. Fs scheint mir, dass die Dicke der Membran bezüglich der Reaktionsfähigkeit auf ee ner a es Be unit rn Fig. 3. Mitralstenosen-Schall- und -Spitzenstosskurve. (Schema.) srobe Impulse eine grössere Rolle spielt als hinsichtlich der Reaktions- leistung auf Schallimpulse. In letzterem Falle treten die an der Reagierfähigkeit noch beteiligten Faktoren, wie Elastizität und Schwingungsfreiheit, Steifigkeit usw., durchaus in den Vordergrund. So erklärt es sich, dass eine Telephonmembran durch wenig frequente Stösse fast nieht durchgebogen werden kann, obwohl eine dünne Schallmembran auch in dieser Hinsicht charakteristische Formen zum Ausdrucke bringst. Für beide Zwecke bestehen verschiedene Optima der Membranbeschaffenheit. Aus dem Gesagten folgt, dass es bei der Aufzeichnung des Schalles nicht nur darauf ankommt, die Masse der Membran zu reduzieren, sondern wesentlich auch auf _ Herzschallstudien. 523 andere Dinge. Trotzdem besteht kein Zweifel, dass das Gewicht und demnach auch die Trägheit der Membran bzw. des ganzen schwingenden Systems um so geringer sein muss, je geringer die Intensität des aufzunehmenden Schalles ist. Dieses Gesetz habe ich bei Versuchen mit meinem Apparat immer bestätigt gefunden, indem ich Membranen verschiedenster Beschaffenheit unter Beobachtung aller übrigen Verhältnisse durchprüfte. So sprach z. B. eine relativ dieke Kollodiummembran auf Schall schon sehr gut an, wenn mit einer dünnen Holzmembran noch keine sichtbaren Exkursionen be- obachtet werden konnten. Scholtphone, en Fig. 4. Aorteninsuffizienz-Schall- und -Spitzenstosskurve. (Schema.) Membranen geringer Masse haben, was ihre Verwendung für die Aufzeichnung des Herzschalles angeht, daneben noch den Vorzug, die Schallschrift mit der Aufzeichnung der Pulse kombinieren zu können. Ich halte das von vornherein für eine zweckmässige Kom- bination, weil sie die Lage der akustischen Schwingungen, die sich auf die Pulsationen superponieren, in der exaktesten Weise fest- legen lässt. Es fragt sich, ob aus dieser Interferenz keine Fälschungen entstehen. In der Tat ist das möglich, und bei nahbenachbarter Frequenz beider Impulse kann es unmöglich sein, die Kurve zu differenzieren. Hier weiss man dann nicht, welche Welle dem einen, welche dem 524 Heinrich Gerhartz: anderen Impuls angehört. Es kann auch bei einem gewissen Grade der Eliminierung der groben Pulsationsbewegungen unmöglich werden, die differenten Wellen zu identifizieren. In solehen Fällen lässt sich eventuell Aufschluss. dadurch gewinnen, dass man progressiv die eine Bewegung durch Öffnung des Luftsvstems zum Schwinden brinet und die Wellen quantitativ verfolgt. Völlig einwandfrei ist aber allein, wie ich schon früher nachdrücklich betont habe, das Verfahren, die erobschlägigen Pulsatiousbewegungen dadurch auf- zuhalten, dass man sie eine grossmassige Membran im oben genannten Sinne passieren lässt. In günstigen Fällen reicht die Luftamplitude der Schallwellen für diesen Modus aus. Es ist mir bisher nur gelungen, von der Flüstersprache (30 em Ent- fernung), von leisest angeschlagenen Klaviertönen und besonders piano gespielten Orgeltönen (3 m Entfernung) Aufnahmen durch eine I cm dieke Holzwand hindurch herzustellen, vom Herzschall besitze ich bisher, ausgenommen aie Aufnahme des Herzschalles einer Mitral- insuffizienz, keine völlige einwandfreie Kurve, die lediglich auf diese Weise erhaltene Luftamplituden des Schalles wiedergibt. Es mag das zum Teil daran liegen, dass ich keine Menschen mit Herztönen sehr grosser Intensität zu) diesen Aufnahmen habe erhalten können und die Vergrösserung des bisher benutzten Registrierapparates noch nicht für die anderen Fälle ausreicht. In dem erwähnten einen Falle (Mitralinsuffizienz) ist es mir meines Frachtens einmal gelungen, das systolische Geräusch durch eine 4 mm dieke Tannenholzmembran, die in- die Mitte eines 17 cm langen, elattwandigen, konischen Ahornholztrichters eingeleimt war, hindurch aufzunehmen. Wie die Auskultation ergab, nahm dieser Trichter* den Herzschall korrekt auf. In diesem Falle — meines Wissens bis- her der einzige — ist also die Trennung der Spitzenstosselemente von den Schalloszillationen einwandfrei durchgeführt. Leider sind die Oszillationen von so geringer Amplitude, dass ihre Reproduktion unmöglich ist. Mit der Lupe betrachtet, stellen sie sich dem Auge so dar, wie die Schallkurven, die bei offenem System geschrieben wurden (Nr. XII), zeigen. In den ersten Kurven, die bei grosser Öffnung des Zuleitungssystemes geschrieben wurden, waren die Spitzenstosselemente noch sichtbar. In der Kurve, bei deren Auf- nahme das Zuleitungsrohr, 35 em von der Brustwand und ca. 5 cm von der Membran, allseitie vollständig offen war, ist die reine Schall- Herzschallstudien. 525 kurve repräsentiert. Die Korrespondenz zwischen den letzteren und der durch den Holztrichter aufgenommenen Kurve wurde durch die Ausrechnung der Dauer,. der Schwingunesfrequenz und die Identität des übrigen Charakters bewiesen, Die Daten der hier besprochenen Schallkurve bringe ich weiter unten (S. 566). Ich stehe nun nach wie vor auf dem Standpunkte, dass es das Ziel der Herzschallregistrierung sein muss, in allen Fällen reine Luftschallamplituden in der ver- langten Weise schreiben zu können. Bis heute ist das noch mit keinem der angegebenen Apparate erzielt worden!). Da aber durchweg angenommen wird, dass die in der letzten Zeit publizierten Herzschall-Regeistriermethoden dies zu leisten vermögen, muss es unsere Aufgabe sein, unsere Behauptung im einzelnen noch weiter zu be- weisen. Die Aufzeichnung des Herzschalles ist die dringendste und wichtigste Forderung der Physiologie und Klinik des Kreislaufes; sie muss einen strengen kritischen Maassstab vertragen können und auf solidester theoretischer und technischer Basis ruhen. Ich wünsche die nachfolgenden Ausführungen nur von diesem Gesichtspunkte aus aufgefasst zu sehen. br Dt Es scheint, dass manche Autoren sich haben verleiten lassen, in jedem Falle, wo zwei Gruppen von Oszillationen in einer Herz- periode auftreten, auf den Doppelschall des Herzens zu schliessen. In dieser Folgerung liest aber ein Trugschluss. Die Spitzenstosskurve des normalen und kranken Individuums setzt sich aus mehreren Impulsen zusammen. Diesen Impulsen kommt eine verschiedene Dienität zu. Sie bringt es mit sich, dass die 1) Sc. soweit aus den Angaben der Literatur zu ersehen ist. Mein eigener bisheriger Apparat vermag es bis jetzt nicht lediglich wegen ungenügender Ver- grösserung. Dieser technische Fehler kann mit Leichtigkeit dadurch behoben werden, dass dem Apparat grössere Abmessungen gegeben werden. Ich habe mich durch entsprechende Aufnahmen überzeugt, dass die benutzte Lichtquelle auch für mehrfache stärkere Vergrösserung noch bequem ausreicht, also hier keine Schwierigkeiten entstehen. Dass die benutzten Membranen Schall von der Schwingungszahl der Herztöne in charakteristischer Form aufnehmen, habe ich oben an den Orgelkurven gezeigt. Ich hoffe, bald die technisch relativ leichte _Umänderung des Apparates vornehmen zu können. — Es kann hier nicht meine Aufgabe sein zu prüfen, was die weitere Ausarbeitung der von anderen Autoren angegebenen Schallregistriersysteme zu leisten imstande ist. 5926 Heinrich Gerhartz: relative Beziehung zueinander variiert, d. h. bei vergrösserter Intensität des Spitzenstosses braucht nicht notwendig die Beziehung der einzelnen Komponenten zueinander gewahrt zu bleiben. Ich besitze sowohl in Kurven vom Menschen wie vom Hund beweisendes Material hierfür (Nr. XIII). Es werden im wesentlichen zwei Impulse beobachtet, ein erster, der langsam ansteigt und wieder in sich ge- gliedert ist, und ein zweiter, der schnellere Oszillationen einleitet und mit einer Erhebung endet, die etwa die Frequenz der ersten Untergruppen der primären Erhebung besitzt. Der letzte Impuls der Periode findet sich in der durch Öffnung des Zuleitungssystemes reduzierten Kurve in normaler Grösse vor, von allen anderen, dem Gipfel des ersteren abgesehen, ist nichts zu sehen. Die Kurve ent- hält dann lediglich zwei Zackengruppen. Diese Erhebungen haben nichts mit den Herztönen zu tun. Das beweist 1. ihre Genese, 2. der Umstand, dass diese, wie mich andere Kurven, in denen sie geschrieben wurden, gelehrt haben, eine höhere Frequenz besitzen. Es ist klar, dass in einem relativ offenen System bzw. in einer weitgeschriebenen Kurve, falls die Vorbedingungen zu Eigen- schwingungen in der Apparatur gegeben sind, diese beiden Impulse, die auch beim Menschen auftreten, Anlass zur Auslösung von Eigen- schwingungen geben können. Eigenschwingungen stören am ehesten bei grosser Spannung des Aufnahmeapparates, weil hier die Dämpfung am schwierigsten ist. Da in den Versuchen Einthoven’s der Quarzfaden des Saiten- galvanometers 3230 Schwingungen in der Sekunde machte, ist man versucht, die Methodik Einthoven’s zunächst auf diese Fehler- quelle hin zu untersuchen. | Ungenügende Dämpfung zeigt sich vor allem in steter gleich- - förmiger Unruhe des Fadens. Es gibt keine von den von Eintlioven veröffentlichten Kurven, in denen die Oszillation des Fadens auch in den Pausen nicht sichtbar wäre. Sie steigert sich mitunter so weit, dass die Abgrenzung der übrigen Impulse darunter leidet. Die genauere Beurteilung ist auch erschwert, weil in den meisten Re- produktionen der Kurven die exakte Auszählung der Schwingungen kaum möglich erscheint. Ich will aber davon absehen und lege mehr Wert auf den Charakter der grösseren Impulse. Alle Schalloszilla- tionen Einthoven’s enden in typischer Sinusschwingung mit relativ langsamem Dekrement. (Vgl. besonders Pflüger’s Archiv Bd. 120. Taf. I Kurve 5 und Einthoven’s Fig. 3 und 4 aus Bd. 117.) - Herzschallstudien. 527 J Sinusschwingungen sind aber typisch für freie Schwingungen. Natür- lich kann nicht behauptet werden, dass nicht auch der Herzschall mit Sinuswellen abfallen kann. Meine Erfahrung sprieht jedoch entschieden dagegen, dass es oft der Fall ist, wovon man sich ja auch durch das Gehör überzeugen kann. Sinuswellen bedürfen zu ihrer Entstehung eines Impulses. In der letzten Arbeit Einthoven’s findet man nun Notizen. die vielleicht nach dieser Richtung hin Aufschluss geben. Einthoven teilt dort in Fig. 1 auf S. 36 Kurven mit, welche die Beziehung des Karotispulses zum Elektrokardiogramm veranschaulichen. Dar- aus berechne ich, dass die Ventrikelzacke des Elektrokardiogrammes 0,168 Sek. vor dem Anstieg der Karotis sich erhebt. Die Be- ziehung zwischen Karotis und Herztönen lässt sich aus Fig. 4 auf Tafel I in Pflüger’s Archiv 120 entnehmen. Diese Sehallkurve Fig. 5. Beziehung zwischen Herzschall, Ventrikeldruck und Elektrokardio- gramm beim Hunde. KHlektrokardiogramm und Ventrikeldruck nach Kahn. Latenz zwischen Druckansties und I. Ton nach eigenen Messungen zu 0,012" (Mensch) angenommen. Tondauer —= Mittel aus eigenen und Frank’s Beobach- tungen [7 = 0,072" (Frank) und 0,076” (Eig.), ZI = 0,044" bzw. 0,045"; Intervall zwischen Ende des I. Tones und Anfang des II. = 0,093" bzw. 0,085”, im Mittel also 0,089 ’'.] bezieht sich allerdings auf die Aortentöne. Schon Einthoven hat aber berechnet, dass der II. Spitzenton und der II. Aortenton in demselben Augenblicke beginnen. Aus den KReproduktionen der Tafel I Einthoven’s lässt sich durch Ausmessung des Intervalles zwischen Anfang des I. und des II. Tones dasselbe für den I. Ton zeigen. Daraus geht hervor, dass der I. Herzton kurz hinter die Ventrikelzacke des Elektrokardiogrammes anzusetzen ist. Nach Kahn!) erfolgt nun ebenfalls kurz nach der Ventrikelzacke (0,05 Sek. später beim Hunde) der systolische Druckanstieg. Letzterer koinzi- diert aber nach Chauveau und Marey°) wiederum mit dem 1) R. H. Kahn, Beiträge zur Kenntnis des Elektrokardiogramms. Pflüger’s Arch, Bd. 126. S. 197—225. 1909. 2) Chauveau und Marey, Trav. du lab. de Marey t. 1 p. 25. 1875. 528 Heinrich Gerhartz: Spitzenstoss. Es erfolgt also genau zu der Zeit, wo die Herztöne in Einthoven’s Kurven angesetzt sind, die. systolische Erhebung des Spitzenstosses, woraus so viel hervorgeht, dass eine Auslösung der „I-Ton“-Schwingungen durch den Spitzenstoss, der des II. Tones durch die Inzisurerhebung, plausibel erscheinen muss. Ein wesentliches Charakteristikum müssen die Herzschallschriften, wenn man auch auf die übrigen (Intensität, Dauer usw.) verzichten will, wenigstens zeigen, d. i. die Identität der Schwingungsfrequenz zwischen Schall und seiner Schrift. Ich habe die Einthoven’schen Kurven gesunder Menschen daraufhin untersucht und bin Zu folgendem Ergebnisse gekommen: Pflüger’s Archiv Bd. 117 Tafel XVII. arena I. Ton: 3 Schwingungen in 2,5 0,04” — 0,10”. Also 30,0 Schwingungen pro Sekunde. + “ 3 INN = MT 5 4 en S = E02 aloe 2 5 hs " Mittlere Dauer —= 0,38:3 = 0,13". II. Ton: 2 Schwingungen in 1,0 0,04” — 0,04”. Also 50,0 Schwingungen pro Sekunde. 3 = SU NET sl 5 u ® 2 N 2:00 AI N s > N 1 = . Br — Ur Be a & 5 Mittlere Dauer = 0,26:4 = 0,065". Rreiurz2: I. Ton: 7 Schwingungen in 4,0 : 0,04” —= 0,16’. Also 43,3 Schwingungen pro Sekunde. ) 5 » 558.0,04”" — 0,212". „ 424 . ee a 5 7 5 el. St a 5 s 7 = „ 4,0.0.047 0,167. 7, 7A3115 4 5 ® 8 5 NEIN , 00 “ 5 r 6 H: 1 020.0402 0 lo 4 a nn > & 19, 08.0,010 20 PO by z > Mittlere Dauer = 1,982:7 —= 0,176”. II. Ton: H 4 Schwingungen in 2,6 - 0,04’ = 0,104”. Also 38,5 Schwingungen pro Sekunde. 4 5 29200. N „40,0 2) = . 5) 5 EAN RR Al = n " > 3 n 2,8.:0,047°— 0,112. 0, 44,7 SUN ER ® 4 n >» 2,9:0.04.22 0,102 „ 40,0 > 5 5 > 5 „ 2,8:.0,04”" = 0,12 7, 447 5 5 n 6 Schwingungen in 4 ” ” B) \ ” ” 4 ” ” I. Ton: 6 Schwingungen in 5) ” ” 6 ” ” 3 ” ” B) ” ” 5) ” » 5) ” ” d II. Ton: 3 Schwingungen in 3 3 n » 61) ” ” 8 ) ” ” 3 ” ” I. Ton: 6 Schwingungen in 6 ” 2 5) ” ” 6 ” ” 6 2 ” Ü ” v 7 b2] ” 7 e}] ” II. Ton: 6 Schwingungen in 5) ” b] 3 ” ”„ 3 ” ” 3 ” ” 4 Herzschallstudien. 3,0.0,047 = 0,12". 2,2.0,04” — 0,088” 2,5.0,04” — 0,10". 2,0-0,04” = 0,08". Mittlere Dauer — 1,036:10 — 0,1036". 5,9. 0,02” = 0,11’. Also 6,5-0,02” = 0,13". 7.070,02. —S0M A r 4, MR 3.020.020 — 0:06. 7 Sean ae 5020 = A 0.020 02 EM Te Mittlere Dauer = 0,88": 2:92. 0.02.2 — 005%. Also 0.20:02/2 00 25 3020. 0222 Ele: 2.02.0022 salz 3.001020 EN UL 30-1027 = UNE 7, Mittlere Dauer = 0,41": Fieur 4. 6,5 - 0,02” = 0,13". Also he er 000 0A 0009,27 0A 7, Ba 0 0 lan, 78 ee er, 30. et ee 7,4 1,8: 5,0- BEE 3,0: 30: 50: Also % ” ” ” Figur 3. a2 0HASIE - Mittlere Dauer = 1,130": 0,02" er 0,02” — 0,066". 02T = Do 0, 0,02” = 0,06". „ 929 50,0 Schwingungen pro Sekunde. 45,5 30,0 49,9 b) 38,9 41,7 3 Di, ” ” n ” 60 Schwingungen pro 50 50 75 80 4,6 Schwingungen pro Sekunde. 46,2 Schwingungen pro Sekunde. 46,2 35,7 49,9 44,1 48,0 43,75 17,3 n 8 —= 0,141". 50,0 45,5 50,0 50,0 66,6 1) Sehr frequente Schwingungen mitgezählt. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 822 ” ” $)] ” RN oO — 0,156''. Also 38,5 Schwingungen pro Sekunde. 530 Heinrich Gerhartz: 3 Schwingungen in 3,0 - 0,02” = 0,06". Also 50,0 Schwingungen pro Sekunde. 4 n 2. :020.0222-— 10:06 „66,6 5 Mittlere Dauer — 0,622" :83 = 0,078”. ” ” Ausserdem sind Herzspitzentöne eines Gesunden in Pflüger’s Archiv Bd. 120 Tafel 1 abgebildet. Die dort vorkommenden Schwingungszahlen sind nach meiner Berechnung: Karo I. Ton: 5 Schwingungen in 4,8 - 0,02” — 0,096". Also 52,1 Schwingungen pro Sekunde. 6 " 2,00, 0202 20.0817 SD S „ h 5 n ae — UN 5 Te y 5 6 5 3,2002, 0 STE E34 a e 6 ” 5 32 ee, ie n 5 ® 7 n ee = etz 4 h e 4 N 5,32.0.022 0. 0Eb E60 " r = Mittlere Dauer = 0,488” :7 — 0,0697", II. Ton: 4 Schwingungen in 2,5 - 0,02” = 0,050”. Also 80 Schwingungen pro Sekunde. 3 = , 2802 ee MENT, = h4 h; 2 e 2210,02) 20 0117 2,7459 N sr “ 3 " >. 0 AT ei ® 3 2 5 6 UNE = s f 3 n 72,0210. 02220, 042 ld 5 3 a 25a NN 60, 5 er & Mittlere Dauer = 0,308" :7 —= 0,044". Figur 2. 1. Ton: 4 Schwingungen in 1,5 - 0,02” — 0,036”. Also 111,1 Schwingungen pro Sekunde. 6 " a NENNT 2 e 5) en „20ER R 5 E 6 5 or A) 0200 En SL 32 a en 2 6 en , 30:0127 = NT „0 ; s 5) 5 230,024. 20:00 5 302 ” 5 » Te SU = UN 2 hllanr) " R 4 Mittlere Dauer — 0,408":7 — 0,058”. li. Ton: (db) Schwingungen in 1,8 - 0,02” — 0,036”. Also 83,3 Schwingungen pro Sekunde. >) f aaa — ar R RR 5 . ee NE s Sie 3 3 ee 5 z RR 3 ß a r A 4 i „ 20.0,000 004 2,100 £ SR 3 a, ee e a R Mittlere Dauer — 0,286” :7 —= 0,041". Herzschallstudien. OR & ar! Hieraus berechne ich folgende Mittelzahlen: h I. Ton: Pflüger’s Arch. Bd. 117 Fig. 1: 29,4 Schwingungen pro Sek. \ k OS IE TEEN: A002, 5 BEER: | n 3 SUrAEZIEN 73:043,6 n | Im Mittel 5 SH I Na ALSIZ EUR: s \ Mittel: 39,4 Schwingungen. Schwingungen Pflüger’s Arch. Bd. 120 Fig. 1: 78,4 Schwingungen pro Sek. | pro Sekunde. 5 a A el 5 ” ” 99,9 b)] ” Mittel: 87,7 Schwingungen. ) II. Ton: Pflüger’s Arch. Bd. 117 Fig. 1: 34,2 Schwingungen pro Sek. ) | n ee a u ee oh A 9 | Im Mittel " li, Ar NE | 39,7 Mittel: 47,5 Schwingungen. [ Schwingungen Pflüger’s Arch. Bd. 120 Fig. 1: 64,7 Schwingungen pro Sek. | pro Sekunde. ” ” ” 120 N 2: 19,9 ” ” ” N nun Mittel: 72,3 Schwingungen. Hieraus geht hervor, dass der II. Herzton, ausgenommen den anscheinend doch abnormen Fall, in dem ein dritter Herzton registriert wurde (Pflüger’s Archiv Bd. 120) höher ist als der I. Ton. Ich finde so für den I. Ton 39,4, für den II. 47,5 Schwingungen pro Sekunde. Die hier sich zeigende höhere Frequenz des II. Herztones entspricht nun durchaus der Norm. Auch die relative Kürze des II. Tones stimmt mit dem normalen Verhalten überein. Ich habe die Dauer aus Einthoven’s Figuren berechnet (Tabelle 2) und finde hier den II. Ton zu 50—71 °/o, im Mittel zu 60 °/o der Dauer des I. Tones. Man könnte annehmen, dass dies dagegen spricht, dass Eigen- Tabelle 2. Mittlere Dauer der Einthoven’schen Herztöne. (Nach meiner Berechnung.) We I. Herzton ar II. Herzton Pflüger’s Arch. Bd. 117 Fig. 1 | 0,13" 0,065 | ! er 206“ ar | 0,1036 ” || 0,079” = 57% a \ 01397 | 0,07”, [des I. Tones : | 0078” | 7120, 10,0.070% u 1" | 0,044” 10,042” — 66% 2 » 7190 5 2 [0.058 | 9062” | 041” If des I. Tones 36 * 532 _ Heinrich Gerhartz: schwingungen des Systemes wesentlich im Spiele sind, da man dann eine Proportionalität zwischen Dauer und Frequenz der Schwingungen erwartet, d. h. um so niedrigere Frequenz vorhanden sein würde, je länger die Phase des betreffenden Tones dauerte, was hier fehlt. Man muss aber in Betracht ziehen, dass diese Annahme nur richtig ist bei Voraussetzung gleicher Intensität. Diese Voraus- setzung trifft aber nicht zu. Ich schliesse hieran die Diskussion der Ergebnisse, die mit der Weiss’schen Methodik gewonnen wurden. Ich habe mich auch in dieser Betrachtung wieder au die Reproduktionen gehalten in der Annahme, dass sie hierfür genügend korrekt sind. Weiss schreibt allerdings, dass diese „sehr mangelhaft und vielfach inkorrekt“ sind (l.e. S.519. S. 360). Man darf deshalb aber doch wohl annehmen, dass die wesentlichsten Dinge, Schwingungszahl und Dauer, genügend zu- verlässig angegeben sind, da doch sonst die Darstellung der mit Zeit- linie versehenen Kurven unnötig gewesen wäre. Ich bin bei der Auszählung so vorgegangen, dass ich die Reichbreite der Zacken- gruppen in Millimetern ablas, die gefundene Millimeterzahl dann in der direkt unter der Kurve befindlichen "/ıoo-Sekundenmarkierung in Sekunden umsetzte und die Anzahl der Schwingungen zählte. Ich beschränke mich hier wegen der relativen Spärlichkeit der An- gaben nicht nur auf die Spitzentöne. Seite 360 Fig. 8 (Pulmonaltöne). IzRon? 2 Schwingungen in 0,03”. Also 66,7 pro Sekunde. ie sy) h ara & Mittel b) 4 = DE ; 67,2. Seite 360 Fig. 9 (Pulmonaltöne). I. Ton. a) 4 Schwingungen in 0,09". Also 44,4 pro Sekunde. N Mittel b) 5 ; HOWBIE ers sen 63,8. Te h Be Mittel b) 2 A DD Bo 76,3. Seite 361 Fig. 10 (Aortentöne). I. Ton. a) 7 Schwingungen in 0,08”. Also 87,5 pro Sekunde. N Mittel b)5 a Se 5 75. 11. ” a) 6 ” p)] 0,065 2 ” 92,3 Pr} ” L Mittel b) 8 n a h za: 1) Ich komme hier zu etwas anderen Zahlen, als Einthoven (S$. 33) angibt (I. Ton = 0,08" Dauer, II. Ton = 0,05”). Das mag damit genügende Erklärung finden, dass Einthoven zur Berechnung die Originale benutzt hat, ich die Re- produktionen zugrunde gelegt habe. An der Sache selbst wird hierdurch nichts geändert, da es sich um Vergleiche zwischen den Zahlen derselben Person handelt. Herzschallstudien. 533 Seite 361 Fig. 11 (Aortentöne). I. Ton. a) 4 Schwingungen in 0,05”. Also 80 pro Sekunde. | Mittel b) 6 ; „oa, 059, Se 7 Ne ..:a)..8 > 0037. Kiel) “ \ Mittel b) 3 g > DT e eier Seite 361 Fig. 12 (Spitzentöne). I. Ton. a) 8 Schwingungen in 0,09”. Also 88,3 pro Sekunde. | Mittel DE» . #.0:09..2 53100, 1. 2.00% $ 944. Tege. a) 10 5 0107 21008: = \| Mittel b) 10 5 20511. 22,2. 90.9002 “ 2 954. Seite 361 Fig. 13 (Spitzentöne). I. Ton. a) 7 Schwingungen in 0,05”. Also 87,5 pro Sekunde. | Mittel b) 10 5 E10 7100 ee gan. Ik Vs) P ee 2 \ Mittel h)7 5 5 BO." N Se ass: Seite 364 Fig. 14 (Spitzentöne). I. Ton. 4 Schwingungen in 0,06”. Also 66,6 pro Sekunde. less 8 e Ne le > Seite 364 Fig. 15 (Spitzentöne). I. Ton. 7 Schwingungen in 0,083”. Also 84,3 pro Sekunde. IN 05,514 5 0a: su Oedr 5 Hieraus ergeben sich als Durchschnitt die Werte der folgenden Tabelle 3; d.h. die II. Töne sind, im Durchschnitt betrachtet, höher als die ersten; dagegen sind die II. Spitzentöne und Aortentöne entweder gleichlang oder längerdauernd als die ersten, was, da es sich in den Reproduktionen um Kurven gesunder Individuen handelt, kaum mit der Wirklichkeit übereinstimmen kann. Zusammengehalten mit den in {typischen Sinuskurven endenden Kurvenbildern Figur S, 10, 11, 13 (I. Ton) u. a. würde es einen berechtigten Verdacht auf Eigenschwingungen wachrufen, wenn nicht von Weiss eine Reihe von Kurven beigebracht worden wären, welche dieser Deutung wider- sprechen und unzweifelhaft „erzwungene“ und Schall-Schwingungen darstellen. Eine Aufklärung ist aber hiermit über den genannten Punkt kaum gegeben. Merkwürdig ist auch, dass in Figur S, 9, 11, 12 und 13 I. und 1. Ton gleiche, bzw. sogar der II. Ton niedrigere Höhe besitzt als der I. Ton, die durchsehnittliche höhere Schwingungsfrequenz also auf einigen wenigen sehr hoch liegenden Schwingungszahlen des II. Tones beruht. Der II. Ton besitzt bei Weiss regelmässig grössere Amplitude als der I. et co Ki Heinrich Gerhartz: Tabelle 3. Zusammenstellung der Ergebnisse‘ der Weiss’schen Methodik. (Nach meiner Berechnung der veröffentlichten Kurven.) | Frequenz Dauer I. Ton. Spitzenton . . 54,8 0,077" 0,068 '' Pulmonalton . 64,8 | 77,0 0,06 ” Is 0/o des Aortenton 81,3 | 0,068" II. Tones) II. Ton. Spitzenton . . 96,4 \ 0,090 ’’ Pulmonalton . ld | Ss6,1 0,054" | | 0,071" Aortenton 90,2 | [ 0,069" | Vergleicht man die bisher berechneten Daten, so ergibt sich folgende Zusammenstellung 4: Tabelle 4. Vergleichende Zusammenstellung der aus den Kurven von Einthoven und Weiss zu berechnenden Charakteristika der Herztöne. Einthoven ers (Pflüger’s Archiv Bd. 117) Schwingungszahl | 3 Schwingungszahl T ” pro Sekunde | Dawe pro Sekunde | Dame: | I. Herzton 39,4 ı Ol” 77,0 | 0,068 "' 11. Herzton 47,5 | 0,079” S6,1 0,071" Das heisst, wenn es gestattet ist, die Daten der veröffentlichten Kurven dem Vergleich der Systeme zugrunde zu legen, was natür- lich nicht streng richtig, aber auch nicht zu umgehen ist: Die Schwingungszahl des I. und I. Herztones ist bei Weiss fast genau doppelt so hoch als bei Einthoven, ferner ist die Dauer des]. Tones bei Weiss halb so gross als bei Einthoven. Die IH. Töne haben bei beiden Autoren sleiche Dauer. Die Erklärung dieser frappanten Differenzen hat ihre Schwierigkeit. Man wird auch hier am ehesten geneigt sein, an Eigenschwingungen bei beiden Systemen zu denken: wächst die Frequenz, so nimmt, gleiche einwirkende Impulse vorausgesetzt, die Dauer ab. Das kann für den I. Ton ohne Schwieriekeit die Situation erklären. Aber wie steht es mit dem II. Ton? Hier scheint mir die Erklärung in folgendem zu liesen: Bei Einthoven ist die Amplitude des II. Tones niedriger als die des I.; bei Weiss ist das umgekehrte Herzschallstudien. 535 Verhalten vorhanden. Das spricht wohl entschieden dafür, dass die Intensität des auftreffenden Impulses — gleichgültig, was es gewesen sein mag — das eine Mal (Weiss) gross, das andere Mal niedrig gewesen ist. Bei Weiss würde also die Verkürzung der II. Ton- periode, die infolge der höheren Frequenz hätte eintreten müssen, durch die Erhöhung des das II. Tonbild verursachenden Impulses kompensiert worden sein. Diese Erklärung erscheint mir annehmbarer als die, dass bei Einthoven der Grundton, bei Weiss die Oktave dazu registriert wurde infolge der differierenden Anspruchsfähigkeit der Registrier- systeme. Man wird sich erinnern, dass ja E_, 40 Schwingungen, E, 80 (Es_, = 176,8); G_, 48, G_, 9% (F,— 85,3) Schwingungen entspricht. Die Differenzen zwischen den beobachteten und den Normalzahlen liegen innerhalb der Fehlergrenzen. Bei der Untersuchung der Ergebnisse der Frank’schen Methode ist auch vor allem zu finden, dass es sich ebenso wenig wie bei allen anderen Verfahren um die Aufzeichnung von Luftschallamplituden handeln kann. Es folgt das aus folgenden Worten’): „Ferner lässt es sich ohne weiteres einsehen, dass man keine oder nur unmessbare Schwingungen erhalten wird, wenn man die Membran nicht durch eine geschlossene Luftsäule mit der Brustwand in Verbindung bringt. Muss ja doch auch das Ohr entweder direkt an die Brustwand an- selest oder durch ein festes oder ein Schlauchstethoskop mit der Brustwand verbunden werden, wenn man die Herztöne hören will.“ Die Korrektheit der Schallaufzeichnungen wird mit folgendem be- sründet: „Man kann so die Schwingungen der Membran, die durch die Herztöne erregt wird, scharf und bestimmt und — wie ich e]aube — korrekt erhalten. Die Kurve verläuft im allgemeinen so, dass von der eigentlichen Herzstosskurve nichts zu entdecken ist: die Schwingungen erheben sich aus einer fast gerade verlaufenden Linie. Sie wird nur auf eine kurze Zeit der Herzrevolution be- schränkt.“ Frank ist dabei ein Trugschluss unterlaufen, da es sich bei der von ihm als Herzschallbild angegebenen Kurve?) 1) ©. Frank, Die unmittelbare Registrierung der Herztöne. Münch. med. Wochenschr. Bd. 51 S. 953—954. 1904. 2) 0. Frank, Der Puls in den Arterien. Zeitschr. f. Biol. Bd. 46 (28) S. 524. 1905. (Fig. 30.) — Meines Wissens die einzige von Frank veröffentlichte Schallkurve. 536 Heinrich Gerhartz: ledielich um eine stark gedämpfte Spitzenstosskurve handeln kann. Ich besitze eine der Frank’schen Kurve völlig entsprechende, die von einem Menschen aufgenommen wurde, dessen Herztöne infolge eines reichlichen Fettpolsters so leise waren, dass von einer Auf- zeichnung der Schallschwingungen keine Rede sein konnte. (Nr. XIV.) Um die Analogie beider Kurven näher erläutern zu können, schliesse ich einige Daten (Tabelle 5) an, die die Ausrechnung der Kurve ergeben hat, und stelle noch die Charakteristika einer anderen, völlig entsprechenden Kurve eines älteren Mannes und einer jungen weiblichen Person hinzu. Gerade aus der zweiten Angabe ersieht man, dass die von Frank als Herztöne angesprochenen Schwingungen hier keine Herzschallschwingungen sein können; denn die Schwingungs- zahl liegt ganz abnorm tief unter der Frequenzschwelle.e. Zum Überfluss habe ich noch am Harmonium den dem I. Herzton ent- sprechenden Ton aufgesucht und — kontrolliert durch eine andere musikalische Person — G@_, = 96 gefunden. Tabelle 5. . „Herzton‘“'charakteristika von Kurven, die dem Frank’schen Kardio- phonogramm entsprechen. Herzton- Herzton- Differenz Herz- zwischen I. Ton- i- dauer | frequenz em oma | DE | Karotispuls- oden- I. Ton | II. Ton | I. Ton II. Ton Anstieg dauer Frank: Hund!) . 0,072” | 0,044" | 55,5 | 45,4 | 0,059’ (Aorta) | 0,41” Gerhartz: Junger Mann 0,131’ | 0,042" | 38,3 | 47,8 | 0,133” 1,034" Alter Mann. | 0,105” | 0,053” | 25,4 | 39,3 — 0,857." Junge Frau. | 0,108’ | 0,062” | 54 50 — 0,857" Es lässt sich der Beweis auch auf andere Weise führen an der Hand der Skizzen Fig. 6 (Nr. XV), welche die Schwingungen, welche dem I. Herzton entsprechen sollen, getrennnt und genetisch wieder- geben. Man wird daraus ohne Schwierigkeit ersehen, dass die erste, kleine Zacke immer akzidentell ist in der ersten Hauptzacke 2, ferner, dass 3 mit 4, 5 und 6 sich zu einer Gruppe zusammensetzt, d. h. 3, 4 und 5 drei auf die Haupterhebung 6 superponierte Zacken sind. Es können also zwei Erhebungen der ganzen Gruppe keine Schall- zacken sein; sie gehören der Grundexkursion des Spitzenstosses an und sind, wie Skizze e zeigt, in seinen Verlauf eingeschaltet). 1) Eigene Ausrechnungen! 2) „Secousses“ von v. Holowinski? Herzschallstudien. 537 Nur die Erhebungen 1, 3, 4 und 5 sind akzidentell. Es ist nun allerdings möglich, dass ebensolche akzidentelle Schwingungen mit den Erhebungen 2 und 6 zusammenfallen. Es würde sich also ge- wissermaassen dabei um eine Zufällickeit handeln. Ein anderes Beispiel, welches zeigt, wie leicht u. U. Teile einer Spitzenstosskurve für Schalloszillationen angesehen werden können, möchte ich noch erwähnen. Ich habe einmal den Spitzenstoss so aufgenommen, dass ein Aufnahmetrichter mittels T-Stück die Er- schütterungen in zwei Zuleitungsrohren den beiden verschieden stark ge- dämpften Membranen des Apparates zuführte. In der Kurve (Nr. XVI) Fig. 6. Modifikationen der primären Schwingungen. stimmte die Frequenz der „primären“ Schwingungen mit der des I. Herztones der jungen weiblichen Person, von der die Aufnahmen stammen, überein. Ich habe sie in den Kurven zu 54 Schwingungen pro Sekunde berechnet. Das Bild der „primären“ Impulse stimmte ferner vollkommen mit dem Frank’s und dem der eben besprochenen Kurve überein. Somit lag es nahe, in der Kurve eine recht schöne Schallkurve zu sehen. Es musste aber stutzig machen, dass die Frequenz des „Il. Herztones“ mit 50,3 Schwingungen pro Sekunde niedriger war als die der Schwingungen des „I. Herztones“. Das Rätsel löste sich, als ich in der gleichen Weise, als die Herzperiode länger geworden war, aufnahm. Die Herzperiode hatte hier von 0,857 Sek. bei der ersten Messung auf 0,8955 Sek. sich er- höht. Die „Ton“dauer nalım ebenfalls zu. die Schwingungszahl aber 538 Heinrich Gerhartz: ab und zwar unter einen annehmbaren Wert. Wie man aus den Einzelwerten, die ich in Tabelle 6 zusammengestellt habe, ablesen kann, gingen Dauer und Schwingungszahl umgekehrt proportional. Das heisst: die „primären Exkursionen“ wurden bei der Verlängerung der Periode auseinander gezogen, ihr Charakter blieb gewahrt und insbesondere die Anzahl der Finzelexkursionen. Es kann sich also keineswegs hier um interponierte Schalloszillationen handeln, sondern wir haben es lediglich mit Spitzenstossanteilen zu tun, die ihrem Charakter nach die ersteren täuschend imitieren. Tabelle 6. „i: Sa N „IL 22 Herz- Denen. ı un Dennen Dauer mus. periode I. Aufnahme . . . 0,1085 '' | 54 0,062” | 50,3 0,557." II. Aufnahme . . . | 0,144" 39,9 OOZS| 37,6 0,8955 '" Prozentuale Zu- bzw. | Abnahme... . (33%) | (26%) (28 %/o) (25 0) — | | Nach solchen Erfahrungen habe ich mich gehütet, solche Gebilde als Herzschallschwingungen zu verwerten, und ich stütze mich in den späteren Ausführungen nur auf Kurven, in denen die frequenten und durch die Kontrolle am Instrument als Schall ausreichend charakterisierten Exkursionen so auf die Spitzenstosskurve super- poniert sind, dass eine Verwechselung ausgeschlossen ist. Eine Täuschung kann mitunter sehr leicht erfolgen, ja ich bin überzeust, wie ich schon oben angegeben habe, dass die „primären Schwingungen“ gelegentlich in den Kurven direkt den I. Herzton darstellen. Ich besitze einige in dieser Hinsicht lehrreiche Erfahrungen aus der Pathologie. In Fig. 1 hatte ich eine Kurve mitgeteilt, die den Spitzenstoss und das systolische Geräusch eines Kranken, der an Mitralinsuffzienz litt, betraf. Ich habe zahlreiche Kurven von diesem Kranken aufgenommen, aber keine erhalten, welche die besprochenen „primären“ und „sekundären“ Zacken besessen hätte. Der junge Mensch besass ein systolisches Geräusch von typischem Charakter. Die Kurve lehrt, dass das Geräusch in dem Moment anhebt, wo bei normalen Fällen der I. Herzton beeinnt. Das Ge- Herzschallstudien. 539 räusch selbst hat unregelmässigen Charakter, wie man leicht erkennen kann, auch ohne dass die Schallschwingungen in die Horizontale projiziert werden. Ich erinnere mich einer Mitralstenose, wo das präsystolische Geräusch in der typischen Weise mit einem paukenden I. Ton endete und in der Kurve diese Schallverhältnisse charakteristisch wieder- gegeben waren: der I. Ton entsprach einer Schwingungsgruppe, die in jeder Hinsicht den oben diskutierten primären Schwingungen entsprach. Klinische und Registriererfahrungen gingen also in diesen Fällen vollkommen parallel, und, worauf es hier ankommt, zwischen dem Charakter der „primären Oszillationen“ und denen des I. Herztones ist kein Unterschied zu finden. In diesen letzten Fällen wurden die direkt mit meiner Methode aufgezeichneten Oszillationen auch mit der Mikrophon-Saitengalvano- meter-Methode Einthoven’s verglichen. Es besteht auch hier eine vollkommene Identität. Dafür, dass nun auch eine Koinzidenz zwischen der Weiss’schen Schwingungsgruppe des I. Tones und der hier diskutierten Zackengruppe bestehen kann, spricht, dass die zeitliche Distanz zwischen dem Beginn der Erhebungen bis zum An- stieg des Karotispulses — wie Weiss annimmt, eine konstante Be- ziehung — bei Frank (beim Hund) 0,059 Sek., bei Weiss 0,07 Sek. ist, also gut übereinstimmt. Ich selbst habe allerdings individuelle. Differenzen dieser Distanz gefunden. Man sieht, dass grosse Erfahrung und Vorsicht dazu gehört, um mit Sicherheit die Kurven zu deuten. Bei den Schallbildern der Marbe’schen Methodik!) ist es schwer, sich über ihre zeitlichen Charakteristika zu orientieren. Man sieht in den Bildern, die Roos?) vom Herzen des Menschen aufgenommen hat, allerdings doch Figuren, die sich analysieren lassen. Zur Be- rechnung der Schwingungszahl hat man die Ellipsenbogen abzu- zählen. Diese Differenzierung ist aber schwierig, zum Teil unmöglich, 1) Karl Marbe, Registrierung der Herztöne mittels russender Flammen. Pflüger’s Arch. Bd. 120 S. 205—209. 1907. 2) E. Roos, Über objektive Aufzeichnung der Schallerscheinungen des Herzens. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 92 S. 314—335. 1908. — Dort weitere Literatur. 540 Heinrich Gerhartz: und auch Roos, der doch viel Erfahrung in der Deutung der Bilder haben muss, scheint sich über die Anzahl der Ringe mitunter nicht schlüssig werden zu können, wie aus einer diesbezüglichen Bemerkung hervorgeht. Die Ursache ist klar; je frequenter die Impulse sind, desto mehr werden die Bogen abgeflacht und desto weniger heben sie sich voneinander ab. Wahrscheinlich werden sie auch unschärfer. Schon deswillen und wegen der Schwierigkeit, die die Kombination mit anderen wichtigen Erscheinungen der Herztätigkeit bietet, scheint mir die Methode, die erforderliche Vergrösserung der Oszillationen vorausgesetzt, praktisch für unsere Zwecke recht wenig brauchbar zu sein. Schwerer wiegend sind aber andere Bedenken. Marbe und Roos verwenden eine Kapsel, die luftdieht adaptiert wird. Es ist also keine Vorsorge für die Rliminierung der Spitzenstosspulsationen getroffen. Roos gibt an, dass er sich im Laufe der Untersuchungen überzeugt hat, dass der Spitzenstoss „sich im Flammenbild nicht ausdrückt und die Aufnahmen nicht stört“. Ein Beweis dafür oder eine Erklärung, weshalb es so ist, wird nicht gegeben. Roos schreibt bezüglich dieses wichtigsten Punktes lediglich: „Frank, dessen Aufnahmeapparat im Prinzip der gleiche ist, erhielt auch nichts von einer Herzstosskurve, ebensowenig Marbe“ (S. 319), während Marbe selbst sich vorsichtiger ausspricht: „Alle von mir hergestellten Russbilder scheinen übrigens durch den Herzspitzen- stoss nicht beeinflusst zu sein, wie auch Frank mitteilt, dass in seinen Kurven nichts von der eigentlichen Herzstosskurve zu ent- decken war“ (S. 208). Da die Russbilder „nieht ohne Berück- siehtigung der Zeitregistrierung miteinander verglichen werden können“, ist es nicht möglich, Stellung zu dem Marbe’schen Registrierver- fahren zu nehmen. Es ergibt sich aus dem vergleichenden Studium der mit den verschiedenen Methoden geschriebenen „Schall“kurven, dass in der Spitzenstosskurve des Herzens Oszillationen nachweisbar sind, die an der Stelle des Kardiogrammes liegen, an der, soweit die Lokalisierfähigkeit des Ohres eine solche gestattet, die Herztöne gehört werden, dass im allgemeinen auch die vom Gehör wahrzu- nehmenden Charakteristika des Herzschalles, relative Kürze und höhere Frequenz des II. Tones mit der Deutung, es handele sich hier um die Sehallfigur der Herztöne, harmonieren. Allerdings sind Herzschallstudien. 541 im einzelnen Abweichungen zwischen den verschiedenen Untersuchern vorhanden, die über die sicherlich bestehenden individuellen und sub- jektiven Differenzen hinausgehen, und an denen nur die differierende nicht genügende Methodik schuld sein kann. Es hat sich aber auch gezeigt, dass in sehr vielen Fällen eine exakte Differenzierung an den Kurven vorzunehmen auf unüberwindliche Schwierigkeiten stösst, so dass als einzig erstrebenswertes Endziel bleibt, durch Einschaltung einer starren Zwischenwand in das Schallzuleitungssystem reine Luft- schallamplituden zu schreiben und auf diesem Wege die Kurven zu analysieren. Solange dies nicht erreicht ist, ist es notwendig, die Entscheidung in der theoretischen Durcharbeitung der Methodik zu suchen. Ihr fällt hier eine nicht geringe Aufgabe zu; denn die Herzschallschrift steht an der Grenze des Erreichbaren. An Schwierig- keit übertrifft sie durchaus die weitgehendsten Anforderungen, die man sonst an optische Einrichtungen zu stellen gewohnt ist, da sie Präzision des Lichtpunktes mit grosser Vergrösserungsfähigkeit kom- binieren muss. Andererseits fordern die minimalen Durchbiegungen der Membran eine Labilität und Präzision der Abnahmevorrichtungen, wie sie in dieser Vollendung bisher nie erstrebt zu werden brauchte. Diese Schwierigkeiten, die ich in meiner früheren Arbeit erschöpfend besprochen habe, entschuldigen es, dass die Ausbeute aus den Ver- fahren nur Schritt auf Schritt weiter gehen kann. Ich habe früher schon angegeben, welche Gründe mich veran- lassen, dem von mir angegebenen jederzeit gebrauchsfertigen Apparat, der auf dem Prinzip der direkten !) Registrierung beruht, grosse Vor- züge hinsichtlich der Korrektheit der Aufzeichnungen und praktischen Brauchbarkeit zuzumessen. Soweit man die bis zu meiner früheren Publikation veröffentlichten Verfahren heranziehen will, findet man dort die genauere Beweisführung. Zur Weiss’schen Methodik habe ich in einer später in diesem Archiv erschienenen Publikation Stellung genommen. Ich verweise auf das früher Gesagte und füge hier nur die in Aussicht gestellte genauere Beschreibung der Apparatur ein. 1) W. Einthoven: „Es braucht jedoch nicht hervorgehoben zu werden, dass eine strenge graphische Darstellung den direkt registrierten kapillar-elektro- metrischen Kurven vorzuziehen ist usw.“ Pflüger’s Arch. Bd. 117 S. 462. 1907. 542 Heinrich Gerhartz: Beschreibung meines Schallschreibers. Die Leistungsfähigkeit meines Apparates beruht auf der theoretisch beliebig weit zu treibenden Vergrösserung korrekter Exkursionen einer Membran, deren Bewegungen photographisch registriert werden. Fig. 7. Schema meines Schallschreibers. a — Membran. db — Übertragungs- stäbchen. ce — Spiegel. d = Lichtstrahl. e = Lichtquelle f = Film. Das Prinzip der Apparatur (siehe Schema Fig. 7) besteht darin, dass ein leichtes, drehbar aufgehängtes Spiegelchen mittels eines kurzen Stäbehens mit der Mitte der Membran so verbunden ist, Achse zum Uhrwerk Blendenachse Spalt- _ blenden ..._ Mem- bran-% teil | x ze ten ae \ Osramlampe Prisma Rheostat Konvexlinse Loch Fig. 8. Aufnahmeapparat, von oben gesehen. dass einer Membrandurchbiegung eine entsprechende Spiegeldrehung zukommt. Analog dem Poggendorf-System fällt auf dieses Spiegelchen ein Lichtstrahl, der nach dem Film hin reflektiert wird Herzschallstudien. 543 und dessen Bewegungen also die Membrandurehbiegungen ver- grössert wiedergeben. Der Apparat (Fig. 8) setzt sich somit aus folgenden Teilen zusammen: I. Membranbefestisung, Il. Spiegelvorrichtung und Dämpfung, II. Lichtführung, IV. Kamera mit Kassette, V. Zeit- registrierung. I. Membranbefestigung. Die äusserst dünne Kollodiummembran ist in einem Gehäuse vor Lieht und sonstigen Einflüssen (Luftströmungen usw.) geschützt untergebracht. Dieser Teil des Schallschreibers stellt somit eine photographische Kamera dar. Da die Membran lotrecht steht und auf die Schneide eines Halteringes aufgelegt ist!), ist eine möglichst. weite Ausnutzung garantiert. Die Membran hat einen Durchmesser von 20 mm. Der Schall wird aber nur in einer Rohrbreite von 6 mm Durchmesser zugeführt, so dass der Schallimpuls konzentrisch auf die Membran auftrifft. Dieses Rohr trägt aussen ein Gewinde, welches gestattet, die Membran vor und zurück zu schieben. Das ist von Nutzen, weil so bequem die Spiegelstellung, indem man eine an Stelle der Kassette eingeschobene Mattscheibe beobachtet, beurteilt und reguliert werden kann. Um zu verhüten, dass während der Aufnahme die Membran durch Bewegungen in den besprochenen Gewinden beeinflusst wird, wird nach der Einstellung kurz vor der Aufnahme das äussere Gewinde durch eine aus Blei hergestellte Schraube festgestellt. Nach der Membran zu verjüngt sich das Lumen des Zuleitungs- zylinders etwas; es fällt von einem Durchmesser von 9,0 allmählich in einer Strecke von 25 mm auf S mm Durchmesser ab. Einer Rechtsdrehung der Schraube um 0,1 mm (am Anfang der Schraube gemessen) entspricht eine Vorschiebung der Membran um 3 u. Es ist demnach ermöglicht, was mir für theoretische Studien recht wertvoll erscheint, die Grundspannung der Membran bzw. die Labilität der Einstellung in weiten Grenzen zu variieren und bei labilster und gespannter Membran den Fffekt, der durch die auf die Membran auftreffenden Impulse ausgelöst wird, zu studieren. R)) Vgl. auch $. 19 der früheren Arbeit und die dortigen Abbildungen 2 «a und 3a. YA Heinrich Gerhartz: Ich beobachte diese Durchbiegungen und Einstellungen an einer Millimeterskala, die auf der Mattscheibe der Kassette angebracht ist, und berechne die Membranexkursionen aus den messbaren Ver- schiebungen des Bildpunktes, da die Entfernung Spiegel—Mattscheibe (bzw. Film) und der Winkel, in dem das Licht auffällt und reflektiert wird, bekannt ist. Ich bringe, um die Elastizität der Membran unbeeinflusst zu halten, die Membran nur während der Aufnahmen Magnet £ Membran Spiegel #-- Polschuh Fig. 9. Membranteil des Aufnahmeapparates. (Ansicht von oben.) mit dem Spiegel in Berührung, nehme also vor jeder Aufnahme die ausserordentlich leicht herzustellende Verbindung zwischen Membran und Spiegel vor. Das geschieht so, dass an der äusseren Schraube der Zuleitung so lange nach rechts gedreht wird, bis eine weitere Einschiebung der Membran gegen den Spiegel hin Verschiebung des Lichtpunktes auf der Mattscheibe bewirkt. Durch weitere Rechts- drehung ist jeder gewünschte Grad der Durehbiegung und Membran- spannung herstellbar. Das leichte und starre Selen. das den Zweck hat, die Membran mit dem Spiegel in Verbindung zu bringen, wird auf die Herzschallstudien. 545 "Mitte der Membran aufgeleimt, was durch eine einfache Zentrier- vorriehtung in äusserst bequemer Weise durchzuführen ist. (Siehe Fig. 9, in der das Stäbchen sichtbar ist.) Nahe dem anderen Ende wird das Stäbchen durch den Stäbchenträger geführt. II. Spiegelvorrichtung und Dämpfung. Ein äusserst feines Eisenplättchen trägt auf der einen Seite das Spiegelchen, auf der anderen an einer Kante (vgl. Schema Fie. 10) zwei sehr kurze Nadelspitzen, die in zwei entsprechenden Körnungen des Polschuhes eines Magneten sich aufsetzen, wodurch sich dieses Eisenplättchen in die Richtung der magnetischen Kraftlinien einstellt und fast reibungsfrei schwingen kann. Um die Kraft, mit der das äusserst leichte Glasspiegelchen durch Magnetis- mus gehalten wird, und die Richtung, in der es sich befindet, variieren zu können, sind die Pole in mehr oder weniger weite Distanz zu bringen. Das ist dadurch erreicht worden, dass die Pole in Schlittenführung verschiebbar sind. Da die Polschuhe die Tendenz haben, das Eisenplättehen stets wieder in seine Ruhe- lage zurückzubringen, wird eine vorzügliche Dämpfung erreicht, die, falls ein Elektromagnet sewähit wird, veränderlich ist. Soll der Spiegel in den Apparat eingesetzt Fig. 10. Schema der werden, was z. B. dann notwendig werden SPiegelaufhängung. (An- sicht von oben.) N—S — kann, wenn durch eine ungeschickte Bewegung Pole des Magneten. a — der zu untersuchenden Person die Exkursionen En mA des Spiegels so gross werden, dass er aus den Kerben gleitet, so wird er mit einer Hornpinzette, die plan- parallele Branchen besitzt, in der Weise gefasst, dass die Nadeln senkrecht übereinander stehen. Hält man ihn dann über die Kerben, so schnappt er ein und wird nun mit einem entfetteten Haarpinsel angedrückt. Da die Kerben gleiche Tiefe besitzen und die Nadeln des Spiegels gleich lang sind, steht der richtig ein- gesetzte Spiegel vollkommen senkrecht, und gleichzeitig ist auch das reflektierte Liehtbündel in die gewünschte Höhe eingestellt und eine richtige Arbeit des Spiegels garantiert. EB. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. B) 7 546 Heinrich Gerhartz: Die Polschuhe sind verschiebbar. Man hat es also in der Hand, die Distanz des Angriffspunktes des Stäbchens am Spiegel von der Drehkante zu verändern. Es ist klar, dass dadurch ein ausserordentlich wichtiges Hilfsmittel gewonnen ist, die Vergrösserung der Spiegelexkursionen zu variieren. In Fig. 11 ist die Wirkungs- weise dieser Einrichtung schematisch übertrieben dargestellt. In Fig. 11a ist die Distanz zwischen Angriffs- und Drehpunkt halb so gross wie in Fig. 115. Infolgedessen ist der Verdrehungswinkel des Spiegels grösser bei gleicher Membrandurehbiegung. Fig. 11a. Hirshlüp: Fig. 11. Schema der Lichtstrahlexkursion bei variabeler Distanz Stäbchen—Nadel (Drehpunkt). St. = Stäbchen. Sp. = Spiegel. N. — Nadeln. a —= Membran- durchbiegung. &,, — Winkelabweichung bei doppeltem Hebelarm des Stäbchens wie bei a. d« = Veränderung der Winkelvergrösserung. Eine Grenze ist der Variation der Lichtexkursion mittels der Polschuhverschiebung dadurch gezogen, dass die Verschiebung des Poles die magnetische Kraft, mit der der Spiegel festgehalten wird, ändert. Das Optimum für den Grad der hierdurch bewirkten Dämpfung des Systemes muss durch Erfahrung gefunden werden, -da die schnelle Messung auf Schwieriekeiten stösst. Eine exakte Dosierung derselben ist auch so ohne weiteres möglich, wenn man einmal die Spiegelexkursionen bei verschiedener Einstellung geschrieben hat. II. Liehtführung. Da der Apparat zur gegenseitigen Kontrolle der Kurven zwei gleiche Aufnahmevorrichtungen besitzt, ist die Lichtführung in folgender Weise ausgebildet worden. Es erschien zweckmässig, für beide Kurven die gleiche Licht- quelle zu benutzen, um durch Auslöschen der Lampe beide Kurven Herzschallstudien. 547 in Koinzidenz zu bringen. Als Lichtquelle wird eine kleine elektri- sche Lampe (Osramlampe von 2—4 Volt), die durch einen Akku- mulator gespeist wird, verwendet. Ihre Helligkeit wird durch einen Vorschaltwiderstand verändert. Die Lampe ist in einem Holzeehäuse untergebracht. Dieses Gehäuse ist durch zwei Tuben mit der Auf- nahmekamera verbunden. Diese Tuben sind ebenso wie die Gehäuse des Apparates zur Vermeidung von Reflexen und Lichtverlusten innen schwarz mattiert. Seitlich von der Lampe sitzt auf diesen Rohren je ein Prisma, das die von der Lampe auf dieses fallenden Licht- strahlen in das Rohr reflektiert. Am anderen Ende der Tuben sind Sarmmmellinsen angebracht, die das Strahlenbündel auf den Spiegel dirigieren und eiuen scharfen Bildpunkt auf der Einstellscheibe der Kamera entwerfen. Zwischen der Lampe und den beiden Prismen sind Spaltblenden angeordnet. Stand Starkstrom zur Verfügung, so habe ich auch eine Nernstlampe verwendet. In meiner früheren Arbeit schrieb ich, dass Osramlampen eigens hergestellt werden mussten. Das ist nieht mehr nötig. Die Einrichtung ist jetzt so getroffen, dass eine kleine käufliche Osramlampe im hinteren Apparat- gehäuse so senkrecht steht, dass die beiden Fäden in eleicher Richtung mit den den Tuben anliegenden Prismakatheten liezen. Es fällt also ein nur schmaler Lichtfaden auf die Prismen. Die erwähnten Spaltblenden — vor der Lampe in der Vertikalen im Scharnier bewegliche schwarzgestrichene schmale Metallplatten — schneiden das Licht des Fadens vor nhen und unten ab, so dass in praxi nur ein feiner Lichtpunkt — in Wirklichkeit natürlich ein viereckiges Lichtbündel — auf Prisma uud Spiegel fällt. Auf diese Weise lassen sich mit dem Apparat Kurven von soleher Feinheit schreiben, als wären sie mit einer spitzen Nadel gezogen. Es ist das notwendig, wenn möglichst viel aus den Kurven herausgeholt werden muss. Ein dick oder bandartig zeichnendes Lichtbündel würde die wertvollsten Exkursionen verwischen bzw. sogar gänzlich verdecken. IV. Kamera mit Kassette. Die Kamera, in die man auf Fig. 8 von oben hinein sehen kann, trägt einen aufklappbaren Deckel. Der Boden ist durehbohrt, um die Membran beim Schliessen des Deckels nieht durch den Luft- überdruck zu zerreissen. Die der Membran gegenüberliegende Seite trägt die auswechselbaren Kassetten. Zum Einstellen wird eine Matt- scheibe benutzt, die an den in Frage kommenden Stellen Millimeter- 37% 548 Heinrich Gerhartz: Teilung besitzt, um die Durchbiegung der Membran beurteilen zu können. Ist die Einstellung erfolgt, so wird die Mattscheibe gegen eine Filmkassette ausgewechselt. Ein Rähmchen dient dazu, den ablaufenden Film in der Ebene der Mattscheibe zu halten. Die be- nutzten Films sind 6 em breit und bis zu 1 m lang (gebräuchliche Kodakfilms). Der Antrieb greift an dem Achsenfortsatz der oberen Rolle an. Um die Holzrollen in die Kassette einsetzen zu können, sitzen an einer Schmalseite der Kassette die Zapfen an Flachfedern. Sie werden von diesen für gewöhnlich gegen die Rolle gedrückt gehalten; nur beim Einsetzen der Rollen werden sie nach aussen gespannt. Die Rückwand der Kassette ist abnehmbar zwecks leichten Einsetzens der Filmrollen. Die obere Filmrolle wurde früher durch eine biegsame Welle angetrieben. Diese Einrichtung hat sich aber nicht bewährt. Es ist deshalb und um gleichzeitig eine bewegliche Verbindung mit dem auf einem anderen Tische stehenden Uhrwerk zu haben, diese Methode durch eine neue, bessere Konstruktion ersetzt worden. Sie besteht darin, aass die Antriebswelle durch zwei Cardani’sche Gelenke in drei Teile zerlegt ist. Das eine Gelenk ist nahe der Kamera, das andere liegt in der Nähe der Antriebsachse am Uhrwerk. An den Zapfen der Cardani’schen Gelenke sind kleine Filzplättchen zwischengelegt. Diese Einrichtung hat sich ausserordentlich bewährt, insbesondere in der Hinsicht, dass so ein absolut sicherer Schutz gegen Übertragung von Erschütterungen vom rotierenden Uhrwerk her gewährleistet wird. Die Grundplatte des Apparates sowie des Uhrwerkes ist noch durch dicke Filzscheiben gegen Erschütterungen gesichert. Da die Membran senkrecht steht, reagiert sie wenig auf Vibrationen, die ihr vom Boden her zugeführt werden. Sie verhält sich in dieser Beziehung günstiger als z. B. der Saitengalvanometerfaden. Das Uhrwerk wird durch einen Zentrifugalregulator in möglichst gleichmässigem Gange erhalten. Die Umdrehungszahl des Uhrwerkes kann reguliert werden. V. Zeitregistrierung. Die einfachste Zeitfeststellung kann mittelbar erfolgen, indem bei der Aufnahme die Pulsfrequenz festgestellt wird. Man kennt dadurch die Zeitdauer einer Herzperiode auf dem Film. Herzschallstudien. = 549 Wünscht man eine unmittelbare Zeitmarkierung, so ist die all- gemein übliche Methode der gleichzeitigen Photographierung der Bewegungen einer schwingenden Metallfeder, die z. B. gerade 100 Schwingungen pro Sekunde haben kann, angebracht. Natürlich darf die durch deren Bewegung hervorgerufene Erschütterung die Registrierkurve nicht beeinflussen. Bei meiner Apparatur erfolst die Zeitregistrierung dadurch, dass bei jeder Umdrehung des Uhrwerkes zweimal für einen Augen- blick eine Blende den einen registrierenden Lichtstrahl auslöscht. Die Bewegung der Blende geschieht dadurch, dass ein Schnepper in zwei Aussparungen einer auf der Antriebsachse sitzenden Scheibe durch Federdruck einschnappt. Die Achse des Schneppers geht durch die Kamerawand hindurch und träst innen an einem Hebelarm eine kleine Blende, die sich entsprechend dem Schnepper bewegt. Durch Vergleichen mit der Uhr wurde die Zeit zwischen zwei Marken festgestellt. Meistens wurde die Membran, zu der der zeit- registrierende Lichtstrahl gehört, unbeeinflusst gelassen, um Störungen zu erkennen. Die Zeitmarkierung mit Blende ist wohl einfacher als die mit einer schwingenden Stahlzunge, aber nicht so exakt wie letztere. Ergebnisse. Die Herzgeräusche sind ein Ausdruck der Strömungsverhältnisse im Herzen, und da die letzteren einerseits von der pressenden Kraft, andererseits von den Widerständen abhängen, ergeben sich direkte Beziehungen vor allem zu den Phasen der Kontraktion des Herz- muskels. Insofern wird aus dem analytischen Studium, namentlich der Pathologie des Herzschalles, sicherlich ein wichtiges Hilfsmittel für die Förderung der Physiologie der Herzarbeit erwachsen. Ist doch das Strömen des Blutes das sine qua non, der wirksame und gewollte prinzipielle Effekt der Herzarbeit, von dessen zeitlichen Verhältnissen die Bedeutung des Herzens für den Körper reguliert wird. Ich postuliere deshalb für die Herzschallschrift eine Be- deutung, wie sie der Aktionsstrom- und Pulsschrift nicht entfernt zukommen kann. Nun erkennt man ohne weiteres, dass die Beziehungen des Herzschalles zur Kontraktion des Herzens, die mit den beiden letzt- genannten Methoden einer exakten Messung wohl zugänglich ist, der wichtigste Ausgangspunkt für das Studium der sekundären Funktionen, 550 Heinrich Gerhartz: das Klappenspiel usw., sind. Es ergibt sich daraus, dass das kom- binierte Studium von Herzschall und Elektrokardiogramm zunächst im Vordergrunde der Erörterung, die. dem Fortschritt dienen soll, stehen muss. Die Deutung dieser Relation ist relativ leicht. Verwickelter scheinen mir von vornherein die Beziehungen des Herzschalles zu den wahrnehmbaren Formänderungen des Herzens, zum Spitzenstoss und zum peripheren Puls. Es ist den letztgenannten Spiegelbildern der Herzfunktion zum Vorwurf gemacht worden, dass sie ein wenig getreues Bild von der Herzarbeit entwerfen, ja, dass man nicht eigentlich weiss, was sie sind und bedeuten. Nun kann aber wohl kein Zweifel sein, dass die Erledigung dieser ätiologischen Frage uieht notwendig Vorbedineung für einen eventuellen Wert der genannten Vergleichsbilder ist. Es kommt hinzu, dass unsere jetzige Methodik, wie sie von Frank inauguriert ist, gestattet, sich auf Kurvenbilder zu stützen, die von technischen Fehlern frei sind. Ich stehe nicht an, der Identität der Kurvenbilder wegen in dieser Hinsicht dem eben beschriebenen Apparat gleiche Vorzüge zuzu- messen, wie sie Frank seiner Konstruktion zurühmt. Die Kombination der verschiedenen Untersuchungsmethoden hat in gewissem Sinne ihre Schwierigkeiten. Dass es gelingt, Herzschall und Spitzenstoss in einer Kurve aufzuzeichnen, habe ich oben gezeigt. Auch die gleichzeitige Schrift von peripherem Puls, Spitzenstoss und Herzschall ist nicht schwierig. Wie oben erwähnt, ist die zeitliche Koinzidenz der von zwei Aufnahmestellen aus aufzunehmenden Kurven dadurch zu ge- winnen, dass die Lampe einen Augenblick auseeschaltet wird. Es entsteht dann auf dem Film in beiden Kurven eine Lücke. Es kann vorkommen, dass in der einen Kurve der Ausfall grösser als in der anderen ist. Dies beruht darauf, dass der den Lichtstrahl primär in seiner Höhe einstellende Horizontalblendenspalt beiderseits un- gleich hoch gestanden hat. Der eine Spiegel empfing also Licht vom oberen, der andere vom unteren Lampenfaden. Die Höhe der Lichtabnahmestelle bedingt aber die Dauer der Intermittenz; denn die Spitze des Fadens erlischt schneller als die Basis; feıner beginnt sie später zu glühen, weil die Basis beim Wiederanzünden höhere Temperatur besitzt. Als Vergleichspunkte der beiden Auslöschmarken gelten also hier Mittelpunkt der einen und Mittelpunkt der anderen Intermittenz, d. h. die Koinzidenzkorrektur wird ausgedrückt durch die örtliche und zeitliche Differenz beider genannten Punkte. Herzschallstudien. 551 Schwieriger in technischer Hinsicht ist die Herstellung von Koinzidenzmarken auf Aktionsstromkurve einer- und Sehall-Y) und Pulskurve andererseits. Bisher ist keine Methode bekannt gegeben worden, die das in der hier erforderlichen Weise ermöglichte. Nikolai?) half sich im Experiment so, dass er durch Vagusreizung Herzstillstand erzeugte und nun das Herz reizte. Die Methode ist relativ roh und nur beschränkter Anwendung fähig. Besser ist eine Methode, die Samojloff und Hahn benutzt haben. Sie zeichneten das Schattenbild des Hebels ihres die mechani- schen Bewegungen aufzeichnenden Apparates aui dem Saitengalvano- meterfilm gieichzeitig mit dem Elektrokardiogramm auf. Das lässt sich bei den modernen, wohl allein korrekt aufzeichnenden Be- wegungsschreibern nicht machen, da sie den Lichtstrahl als Hebel benutzen. Das Saitengalvanometer schreibt aber umgekehrt ein Sehattenbild auf hellbelichtetem Film. Die Methoden schliessen sich also in der jetzigen Form aus. Eine Kombination ist aber dennoch möglich. Ich bin aus finanziellen Gründen genötigt gewesen, vorläufig eine Einrichtung zu treffen, die nicht wie aie angedeutete den höchsten Anforderungen an Korrektheit gerecht wird, aber billigen Ansprüchen genügen dürfte. Sie beruht auf der Benutzung der Zeitregistrierungseinrichtung des Schallschreibers zur Herbeiführung von Koinzidenzmarken. Bei den Aufnahmen mit gleichzeitiger Elektrokardiogramm- registrierung drückte der auf Seite 545 beschriebene Blendenschnepper, wenn er nicht in einer der beiden Scheibenkerben sass, gegen ein Kontaktstäbehen eines Stromkreises, in den die zwischen Saiten- galvanometer und Saitengalvanometerfilm befindliche, also auf dem Elektrokardioeramm markierende zweite Blende eingeschaltet war. Diese Blende sass an dem leichtbeweglichen Anker eines Elektro- magneten. Sie wurde, solange Strom in dem System Elektro- magnet— Akkumulator—Schnepper floss, festgehalten und sank, wenn 1) Direkte Registrierungsmethodik ! Die zeitliche Kombination von Elektro- kardiogramm und Schallregistrierung nach Einthoven’s Methode ist natürlich einfach zu bewerkstelligen. 5 2) Fr. Kraus und G. F. Nikolai, Über das Elektrokardiogramm unter normalen und pathologischen Verhältnissen. Verhandl. d. Berl. med. Gesellsch. Ba. 2 S. 228. 1907. 552 Heinrich Gerhartz: der Anker herabfiel, ebenfalls nach unten. Dabei deckte dann die Blende das Lichtbündel der Saitengalvanometerlampe ab, so dass auf der Kurve eine Intermittenz entstand. Solange der Schnepper gegen das Kontaktstäbehen drückte und dieses mit einem Kontakt des Stromkreises in Verbindung blieb, war die Blende ausser Aktion. Schnappte aber der Schnepper in die Scheibenkerbe ein, so war so- fort die Öffnung des Kontaktes geschehen und die Koinzidenzmarke da. Auf diese Weise war es also möglich, auf beiden Films ent- sprechende Markierungen zu erhalten; und zwar musste der Anfang der Marke als Kontrolle gelten. In diesen Markierungen hätte man sich nicht zurecht finden können, wenn nicht Zeichen vorhanden gewesen wären, welche als Anhaltspunkte gedient hätten. Diese Markierungen wurden durch den Ausfall von ein, zwei oder mehreren Marken erzielt. Um eine Koinzidenzmarke zum Wegfall zu bringen, war es nur nötig, den Einschnapphebel, bevor er an die Kerbe kam, festzuhalten, so dass er nicht in die Kerbe gleiten konnte. Es fragt sich nun, ob tatsächlich keine Zeitdifferenz zwischen dem Beginn der beiden Marken besteht. Um dies zu unter- suchen, wurde auf die Filmachse, parallel zu der mit den beiden Zeitmarkierungskerben versehenen Scheibe, eine grosse kreisrunde Scheibe aufgesetzt und nun langsam die Achse gedreht. Es wurde dann der Moment beobachtet, wann der Kontakt verloren ging, wann der erste Lichtschimmer der Schallregistrierapparatmarke er- schien, und wann die volle Liehtmarke bei dem letzteren Apparat auftrat. Es zeigte sich dabei, dass der erste Lichtschimmer der Zeitmarke und der Kontaktverlust gleichzeitig erfolgten. Infolge- dessen wurde der Ausrechnung der Kurven des Schallschreibers die maximale matte Liehtmarke zuerunde gelegt. Durch solche Marken wird der ganze Film in einzelne Zeit- perioden, die von Beginn der erscheinenden Marke bis zum Wiederbegeinn der nächstfolgenden Marke reichen, zerlegt. Die Auszählung von 33 solchen Zeitperioden ergab für 32,91 mm mittlere Periode einen Zeitwert von 1,3364 Sek.; d. h. 1 mm ent- spricht 0,0406 Sek. Bei dieser Untersuchung fällt in die Augen, dass die ersten Zeitperioden kürzer sind als die späteren.‘ Dies hängt damit zu- sammen, dass der Film sich zu Anfang ‚auf eine leere Rolle auf- wickelt, nach und nach aber auf eine durch die Filmauflagerung Herzschallstudien. . 553 immer dickere. Es ist deshalb, wenn man Zeitperioden vergleichen will, notwendig, diese auf einen einzigen Wert zu beziehen '). Nun entsprechen aber auch die Elektrokardiogrammperioden, der immer vorhandenen geringen Unregelmässigkeit der Motor- umdrehung wegen, weder einander, noch, da sie auf eine anders- gestaltete Filmrolle aufgewiekelt wurden, den Zeitperioden des anderen Aufnahmeapparates. Es ist also eine doppelte Reduktion auf einen Normalwert notwendig. Diese Reduktion habe ich zeichnerisch vorgenommen. In jeder Kurve wurden von jedem beachtenswerten Kurvenpunkte die Ordinate zur Kurvenabszisse, die dem Filmrand parallel lief, gezogen. Dann wurde auf einem Zeichenbrett zwischen beide Films und parallel zu der auf ihnen aufgezeichneten Abszisse, bzw. zu ihren Rändern, ein Streifen Millimeterpapier befestigt, auf welches, parallel zu den Filmrändern, eine doppelte Normalzeitperiode — doppelt, um eine grössere Genauigkeit beim Zeichnen zu erzielen — (=2 - 32,91 = 65,82 mm — 1,3364 Sek.) abgetragen wurde. Wurden nun die Anfangspunkte der Kurvenabszissen mit dem Anfang der Normal- periode verbunden und wurde ebenso mit den Endpunkten ent- sprechend verfahren, so waren zwei Proportionensysteme vorhanden, in denen die Kurvenpunkte auf der Normallinie so gefunden wurden, dass von den entsprechenden Kurvenabszissenpunkten zum Schnitt- punkte der Anfangs- und Endlinien Gerade gezogen wurden. Auf diese Weise wurden auf eine Linie, auf der 1mm = 0,0203 Sek. entsprach, alle markanten Punkte der beiden Kurven eingetragen und konnten so direkt verglichen werden, falls nicht zwischen Zeit- und Schalllinie des Schallaufzeichnungsapparates eine Koinzidenz- korrektur vorzunehmen war. Die Untersuchungen, die mit dem oben beschriebenen Schallregistrierer angestellt wurden, und bei denen ich wiederum von Herrn Ruhmer in der tatkräftigsten Weise unterstützt wurde, ergaben, wie zu erwarten stand, für die einzelnen untersuchten Individuen voneinander abweichende Resultate. Bei der Person, 1) Diese etwas unvollkommene, aber hier wegen der Notwendigkeit einer doppelten Reduktion mittels Zeichnung nicht besonders lästige Methodik kann mit Leichtigkeit durch ein Band ohne Ende ersetzt werden. Dabei fallen die Perioden gleich aus. 554 Heinrich Gerhartz: die am gründlichsten von mir untersucht wurde, und auf die sich deshalb, wo nichts anderes gesagt ist, die folgenden Angaben be- ziehen, bei einem 30 jährigen gesunden Manne A., wurde als Mittel- wert von insgesamt 22 Auszählungen für den I. Herzspitzenton eine Schwingungszahl von 57,4 Schwingungen!), für den II. eine solehe von 69 Schwingungen pro Sekunde erhalten. Der II. Ton war also, wie auch die Auskultation des Herzens deutlich erkennen liess, etwas höher. In die Sprache der Musik umgesetzt, entspricht der I. Spitzenton am ehesten Contra-B. [57,6 Schwingungen ?)], der II. dem grossen Des (69,1 Schwingungen). Differenzen zwischen den einzelnen Messungen können deshalb nicht vermieden werden, weil die geringen Fehler, die bei der Auswertung der Kurven unterlaufen, sich bei der Aufrechnung auf den Sekundenwert vielfach multiplizieren. Die Differenzen, die bei verschiedenen Personen in der Frequenz gefunden werden, sind recht erheblich. Ich selbst verfüge bei ver- schiedenen Personen bisher über Messungen, die von 34 bis 74 Schwin- gungen für den I., von 35 bis 82 Schwingungen für den II. Spitzenton reichen. Die Zahlen beziehen sich auf ein Dutzend Fälle, für die ich als Mittelwert 55,2 Schwingungen für den I, 62,4 für den II. Ton finde Musikalisch ausgedrückt, finde ich also für die beiden Herztöne foleende mittlere Beziehung: \ Bei derselben Person ist der I. Herzton an der IE Spitze recht konstant. Die oben erwähnten, an einem = r- recht grossen Material gewonnenen Zahlen bezogen an arelch auf den 6. März 1909. Am 19. November 1908 ee war der I. Herzton desselben Individuums von mehreren Personen auskultiert und unabhängig auf A_, am Harmonium festgelegt worden. Es war also sowohl Identität mit dem registrierten Schall vorhanden, wie die Frequenz zu den verschiedenen Zeiten dieselbe geblieben. Diese Konstanz des I. Herztones erklärt sich leicht, wenn wir in ihm die Muskelkomponente als den zu seinem Zustandekommen wesentlichsten Faktor ansehen. Ich habe versucht, in der Auf- zeiehnung des Muskeltones einen weiteren Anhalt für diese Anschauung zu gewinnen. Zusammen mit A. Loewy bin ich so vorgegangen, dass ein Trichter auf die Beuger des Unterarmes auf- 1) Doppelschwingungen, wie üblich. 2) Physikalische Stimmung. Herzschallstudien. 555 gesetzt und mittels Schlauch mit der Zuleitung des Schallregistrierers verbunden wurde. Es werden also bei dieser Methode alle durch die Kontraktion der unter dem Trichter liesenden Muskelmasse ent- stehenden Bewegungen dem Apparat zugeführt. Dabei entsteht eine Kurve aus Impulsen verschiedener Frequenz, und zwar superponieren sich recht frequente Schwingungen auf sehr langsam verlaufende, so dass eine Differenzierung keine Schwierigkeiten biete. Man wird wohl kaum fehlgehen, wenn man in den frequenten Oszillationen, die mit dem Anstiee der Kontraktionskurve beginnen und mit ihrem Ende abschliessen, Muskelschwingungen sieht, die dem Muskelton zugrunde liegen. Damit stimmt ihre Frequenz durchaus überein; denn ich finde für den von den Vnterarmbeugern abgenommenen Ton im Mittel 56,3 Schwingungen pro Sekunde. Die Differenzen gehen für verschiedene Muskeln (sechs Aufnahmen) von 43—60 Schwingungen; man wird hierauf keinen Wert legen dürfen, zumal sie sich nicht auf dieselbe Person beziehen. Ich habe mich überdies von der Richtiekeit der mittleren Schwingungszahl durch die Kon- trolle am Instrument überzeugt. Ich selbst finde in meinen Kurven auch eine leidliche Überein- - stimmung zwischen dem I. Spitzenton und dem I. Arterienton. Ab- gesehen davon, dass diese Übereinstimmung allein keinen Beweis für eine kausale Beziehung abgeben könnte, verfüge ich in dieser Hin- sicht noch über zu wenig Material, um die Identität der Frequenz der Schwingungen für eine allgemeine Erscheinung halten zu dürfen. Untersuche ich die bisher in der Literatur über diesen Punkt ge- brachten Angaben, so finde ich bei Einthoven (Pflüger’s Arch. Bd. 120) für den I. Spitzenton (vgl. S. 531) 87,7 Schwingungen, I. Aortenton . . . . 45,4 : | (I. Pulmonalton . . . 95,6 R )L also eine totale Differenz, bei Weiss (l. e. Anm. 1 S. 519) dagegen für den I. Spitzenton (Fig. 12 S. 360 ff., 1. e.) 94,0 Schwingungen, IP Norienton. en. ea r Pobulmonalton © 2 242.2 202.264,8 ' also Zahlen, die schon eher einander sich nähern. Ich mache noch darauf aufmerksam, dass, wie ich S. 527 be- rechnet habe, bei Einthoven I. Spitzenton und I. Aortenton in 956 Heinrich Gerhartz: demselben Augenblicke besinnen; allerdings stimmt diese Angabe nicht zu dem mit der früheren Methodik Einthoven’s erhaltenen Befund. Es dürfte verfrüht sein, schon jetzt die Frage nach der Genese des I. Arterientones entscheiden zu wollen. Die Frequenz der Schwingungen des II. Herztones ist grösserem Wechsel unterworfen als die des ersten. Diese Tatsache, die für die Erklärung seiner Entstehung nicht unwichtig ist, wird am verständlichsten werden durch die Untersuchung seiner Ver- änderung infolge energischer Arbeitsleistung. Ich habe diese Beziehungen an einem älteren gesunden Manne D. studiert und finde aus einem Material von 18 Auszählungen als Mittelwerte I. Ton NE on Hürgdıeskvsunepieiriioldes 48,7 Schwingungen | 60,1 Schwingungen Für die Zeit gleich nach der \sribresutisi lei sihuinie re 46,7 5 15,9 en Während die Frequenz des I. Spitzentones also gleichblieb, stieg die des II. nicht unerheblich. Die Frequenzsteigerung des II. Tones erfolgte um 25,6 %/o der Schwingungszahl; die Erhöhung der Herzperiodenfrequenz betrug zufällig genau ebensoviel, 26,3 %o. Die Schallschwingungen des II. Tones sind also in der Kurve primär vorhanden, da sie sich mit ihrer Länge ungefähr parallel verschieben. Die Verkürzung der Herzperiode betraf in dem in Rede stehenden Falle die Diastole des Herzens, wie es ja die Regel ist. Rechnen wir die Spanne vom Beginn der Vorhofzacke des Elektrokardio- grammes bis zum Ende der Finalschwankung als Systole, den Rest als Diastole, die Ventrikelsystole von dem Beginn der Kammerzacke bis zum Ende der Finalschwankung, so stehen sich zeitlich gegenüber: Ruhe Arbeit Gesamtsystole 0 2 a ee 0,48 Sek. 0,46 Sek. Kammersystoler Sr 0,32 , D-olees Diastole; : un BIS) Ü,0Ree: Der I. Spitzenton hält sich also an die Systole, der II. an die Diastole des Herzens, und zwar erscheint der II. Herzton abhängig in seiner Frequenz von der Geschwindigkeit, mit der sich die Herzschallstudien. 594 Schwingungen des elastischen Systems des Anfangsteiles der Aorta vollziehen. Das erklärt auch die vollkommene Identität der Schwingungszahl vom I. Spitzen- und II. Karotis- bzw. Aortenton, die sowohl Weiss als ich selbst gefunden habe. Bei Einthoven finde ich eine diesbezügliche Übereinstimmung allerdings nicht. In seiner letzten Arbeit (Pflüger’s Arch. Bd. 120) teilt er Spitzenton, Aorten- und Pulmonalton derselben Person mit. Ich habe aus den dort mitgegebenen Tafeln die Schwingungszahlen selbst berechnet und finde: II. Spitzenton 72,3 Schwingungen pro Sekunde, II. Aortenton 46,9 a 5 a II. Pulmonalton 48,4 R £ Bei Weiss dagegen (Fig. 10—13) sind die entsprechenden Zahlen für den II. Spitzenton 91,9 Schwingungen pro Sekunde, II. Aortenton 90,2 R N " I. Pulmonalton 71,7 3 n 4 II. Spitzenton und Aortenton besitzen also vollkommen identische Schwingungsfrequenz. Ich finde das auch wohl schon durch die blosse Auskultation für genügend festgestellt. Die Dauer der Herztöne fand ich für den am genauesten untersuchten Fall A im Mittel von 16 Einzelauszählungen zu 0,094 Sek. für den I., und 0,075 Sek. für den I. Spitzenton. Der II. machte also 79,5 °/o des I. aus. Als Mittel aller von mir berechneten Fälle finde ich einen etwas höheren Wert für den I. Ton: 0,11 Sek., für den II. 0,072 Sek. = 65,3 °/o des I. Tones. In Tabelle 7 habe ich Tabelle 7. Herzschallcharakteristika. Dauer Schwingungszahl der Herztondauer der/Herzione Herz, un = periode| I. Ton |II. Ton | I. Ton | II. Ton Einthoven (Pflüger’s Arch. Bm Er N GL \ 294 | 475 Ed a Do aa rt | #5 Bnzamıka(klund)e 2 0,1” 0,072” | 0,04 "| 55,5 | 45,4 VE SISee nn eg E 0,068’ | 0,071” 770 56,1 Gerhartz (Mensch). ..... 0,835” | -0,110” | 0,072”I 55,2 | 62,4 ION (timaya 2a m 0,328” | 0,076” | 0,045” | 105,0 | 111,0 Mittel (Mensch) . ..... ... = | a ee 558 Heinrich Gerhartz: die Zahlen, die ich nach den Kurven der übrigen Autoren berechnet habe, daneben gestellt. Im „Mittel“ aller hier berücksichtigten, allerdings wohl kaum vergleichbaren Zahlen ergibt sich der II. Herz- ton (0,074 Sek.) zu 69,2% des I. (0,107 Sek.) beim Menschen. Beim Hund habe ich einmal die Dauer des I. Spitzentones zu 0,076 Sek., die des II. zu 0,045 Sek. festgestellt; die Herzperiode dauerte 0,328 Sek. Der II: Ton dauerte also nur 59 °/o des I. an. Die Schwingungszahlen waren: für den I. Ton 105 Schwingungen, für den II. Ton 11l. Wie man aus der Tabelle 7 ersieht, entspricht die von mir gemessene Dauer vollkommen derjenigen, die Frank angegeben hat. Bei einer Steigerung der Herzfrequenz, wobei die Periode von 0,43 Sek. auf die oben berücksichtigte von 0,328 Sek. herabging, fiel gleichzeitig die Schallphase, wie ich die Spanne vom Beginn des I. bis zum Ende des II. Tones nennen will, von 0,202 Sek. auf 0,161 Sek. herab. Eine gleiche Verkürzung der Tonphase habe ich auch beim Menschen nach der Arbeitsleistung gefunden. Ich fand z.B. in der Ruhe für den I. Spitzenton eine Dauer von 0,115 Sek,., ” ” » ” ” II. ” ” » ” 0,064 » nach der Arbeit „ „ I. 5 E 8 N ” » ” ” » II. » ” ” ” 0,057 ” Bei der bestuntersuchten Person A wurde der Spitzenstoss von der linken Kammer gebildet, wovon man sich mittels der Röntgendurchleuchtung bequem überzeugen konnte. Die Spitzen- stosskurve wurde hier also von den Formveränderungen der linken Herzkammer hervorgerufen. Für solche Fälle dürfte sicher das zu- treffen, was Chauveau und Marey bei Tieren feststellten: dass der Beginn des systolischen Anteiles des Spitzenstosses und des Kammerdruckes genau gleichzeitig erfoleen. Wir sind also hier in der Lage, in der kardiographischen Kurve den Beginn der Kammer- muskelzusammenziehung zu finden. Die Feststellung des Systolebeginnes ist mitunter recht schwierig. und ich schiebe es vor allem hierauf, wenn die Kardiographie heute in Misskredit gekommen ist. Die Schwierigkeit der Analysierung ist in der Variabilität der kardiographischen Kurve, die auf ver- änderte Aufnahmebedingungen zurückzuführen ist, gelegen. Kon- trolliert man die Spitzenstosskurve mit der Elektrokardiogramm- oder Karotiskurve, so wird es kaum vorkommen, dass die Einzel- erhebungen der Spitzenstosskurve falsch gedeutet werden; man ent- Herzschallstudien. 559 deckt dann unter der Maske die Teile, die man sucht, und ist über- rascht von der Konstanz ihrer Charakteristika. Es ist hier nicht der Ort, den Ursachen der hier vorliegenden Schwierigkeiten nachzuspüren, sondern ich begnüge mich damit, die Beziehungen der wichtigsten Punkte des Spitzenstosses zum Herzschall festzulegen. Ich finde im Mittel zahlreicher, sich auf die oben wiederholt genannte Person A beziehender Messungen den Beeinn des I. Spitzen- tones 0,012 Sek. nach dem Beginn des systolischen Anstiegs des Kardiogrammes, den Beeinn des II. Tones 0,251 Sek. nach dieser Marke. Das Ende liest also nach dem oben Gesagten für den I. Ton 0,106 Sek., für den Il. 0,526 Sek. nach dem Anfang der Kammererhebung des Spitzenstosses. Da der Abstand des letzten Punktes bis zur Inzisur 0,232 Sek. ausmachte, beginnt der II. Herz- ton 0,019 Sek. nach der Inzisur des absteigenden Schenkels des Spitzenstosses. Kurze Zeit nach den Aufnahmen, bei denen die hier genannten Werte ermittelt wurden, wurde für eine etwas andere Herzperiode das Intervall zwischen Anstieg der Spitzenstoss-Kammersystole und Karotispulsanstieg zu 0,107 Sek. gemessen. Es ergibt sich daraus ein Wert von 0,095 Sek. für die Spanne zwischen Beginn des I. Spitzentones und Karotispulsanstieg. Tabelle 8. Beziehungen der Herztöne zu Karotispuls und Spitzenstoss. Beginn des I. Tones Begiun d. II. Tones Herz- eri- or der ach der nach der |... } ne | Kerren NER dem Kernen wu ar oden- erhebung Sl us Karotis- Snebung Karotis- es s 1s- es ls- dauer na. Spitzen- Is Spitzen- Ren = stosses stosses | AuEEE stosses au Einthoven u. Geluk | 0,78” | 0,014" —_ ORL4977 m O3 een. Einthoven (Pflü- | „ 7 m ger’s Arch. Bd. 120) 5 jr zunı “ u Neusser... - = - 0.0855") —_ 0,20” Frank (Hund). . ... [| 0,41” = — 0,059", 0,106 "] Werhbartz! A... . | 0.21” — 0,012” 0,0957 1 0,25” 0,21” x Bi 23.2! — 0,0213. 0,13377 110 5 1 0 EI 5 C....-[075” | gleichzetig | 0,042” | 0,257” | 0214” 1) Unkorrigierter Wert (vgl. Originalarbeit). 560 Heinrich Gerhartz: Die genannten Werte sind keine Konstanten. Die wenigen Fälle, über die mir bisher einwandfreie Zahlen zu Gebote stehen, weichen nicht unerheblich voneinander ab, und auch die Differenzen, die sich in den Angaben der Literatur finden, sind recht gross. Ich stelle alle Zahlen, für deren Berechnung sich in den Arbeiten Anderer Unterlagen finden, in Tabelle 8 mit den von mir gefundenen Zahlen zusammen. Will man Wert auf eine Mittelung der dort berechneten Zahlen legen, so würde das Resultat lauten: Der I. Herzton beginnt im Moment der systolischen Kontraktion, und zwar 0,111 Sek. vor dem Anstieg der Karotis. Der II. Spitzenton folst 0,237 Sek. nach dem Karotisanstieg. Diese Werte hätten für den Menschen Geltung. Ich selbst halte es nicht für richtig, so divergente Ergebnisse zu mitteln. Ich gehe nun über zur Besprechung der Beziehungen des Herzschalles zum Aktionsstrom des Herzens. Zu der Aufzeichnung der Elektrokardiogramme, die in der weiter oben schon erwähnten Weise in Koinzidenz mit der Schallkurve ge- bracht wurden, diente ein Edelmaänn’sches Saitengalvanometer (Fadenspannung 12°). In den Stromkreis des Saitengalvanometers war ein Kondensator eingeschaltet. Als Elektroden dienten zwei in Wannen, die mit lauwarmem Wasser gefüllt waren, tauchende Kupferbleche. Es wurde von linker und rechter Hand abgeleitet. Die Erhebungen im Elektrokardiogramm des Falles A, die hier in erster Reihe interessieren, waren relativ niedrig. Im Mittel sehr zahlreicher Aufnahmen wurde die Ordinate der Vorhoferhebung zu 41°/o, die der Finalschwankung zu 59°o der Ventrikelzacken- höhe gefunden. Diese Proportionen waren jedoch nicht konstant. Bei 21 hintereinander folgenden Aufnahmen variierten die Zahlen für die Vorhofzacke von 17 %/o—54 °/o der zugehörigen Kammerzacke, die für die Nachschwankung von 50 %/o—78°o der Kammerhöhe. Die Höhe der letzten Erhebung war also viel konstanter als die der ersten; denn die der Vorhoferhebung schwankte hier bei der- selben Person um das Dreifache. Wesentlicher sind die Abszissenwerte. Die Herzperiode von Ventrikelhöhe zu Ventrikelhöhe gemessen, betrug. 0,7213 Sek. In dieser Periode machte der Abstand des Vorhoferhebungsbeginnes bis zum Anstieg der Kammerzacke 0,115 Sek. aus. Die Vorhoferhebung dauerte 0,071 Sek. Von ihrem Beginn Herzschallstudien. 56] bis zur Höhenordinate wurden 0,04 Sek. gemessen. Die beiden An- ‚teile der Vorhoferhebung verhielten sich also wie 56,7 %o : 43,3 %o. Die Ventrikelerhebung dauerte 0,057 Sek., ihr erster Teil bis zur Höhe 0,025 Sek. Demnach ist das Verhältnis der beiden An- teile (0,025 Sek. und 0,0325 Sek.) — 43,26 %)o : 56,74%. Es ver- hält sich hier also genau umgekehrt wie beim Vorhof. Die Finalschwankung wurde zu 0,097 Sek. Dauer ermittelt. Ihre erste Periode mass 0,055 Sek., ihre zweite 0,042 Sek., so dass also die höchste Erhebung der Nachschwankung diese im Verhältnis 26,8 %0 (I) :43,2 °/o (II) teilte. Wie man erkennt, ist die Verteilung der beiden Abschnitte bei der Nachsehwankune und beim Vorhof genau die gleiche. Es müssen also wohl bei der Bildung der beiden Zacken auch gleiche Gesetze obwalten, und zwar nur bei ihnen; denn bei der Ventrikelzacke verhält es sich anders. Zufälligkeiten können kaum eine Rolle spielen; denn die Zahlen sind Mittelzahlen aus 21 Einzelausmessungen, und zu verschiedenen Zeiten gemachte Aufnahmen lassen die gleichen interessanten Beziehungen erkennen. Ventrikelzackenbeginn und Anstieg der Finalschwankung waren 0,1547 Sek. auseinander. Da die Marken in den beiden zeitlich in Koinzidenz zu bringenden Kurven zusammenfallen, ist es nur nötig, die Verzögerung, die die Spitzenstoss- (und „Schall“ )-Impulse im Zuleitungsschlauch erleiden, in Anschlag zu bringen. Diese betrug in dem 39,5 em langen und 0,75 em weiten Rohr 0,0177 Sek. Sie wurde in der Weise ermittelt, dass der Spitzenstoss gleichzeitig beiden Membranen des Apparates zugeleitet wurde, der einen Aufnahmemembran aber in einem 1 m längeren Schlauch (T-Stück hinter dem Aufnahmetrichter). ‘Der an- gegebene Wert stellt das Mittel aus zahlreichen. Messungen dar. Auf diesen Unterlagen baut sich die Beziehung: zwischen Elektro- kardioeramm, Spitzenstoss und Herzschali so’ auf, wie esiin Fig. 12 zur etwas schematischen Darstellung gekommen ist. Wie 'man sieht, ist die Ventrikelzacke völlig abgelaufen, ehe die: Latenzperiode zu Ende ist, d. h. es verhält sich genau wie: beim quergestreiften Muskel. Ich finde also hier für den Menschen nicht: das, was’ Samojloff!) auf Grund seiner kombiniert-kapillarelektrometrischen ‘und: Suspensions- experimente vom Froschherzen ausgesagt’hat. . !®i ı ! r or IH ee IE ZIEH Nr) 1) A. Samojloff, Beiträge zur Elektrophysiologie’des Herzens. Arch f. Anat. u.) Physiol. 1906 '(Süppl,) 8.:207-—229,. 1 1 11% er nels E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 38 562 Heinrich Gerhartz: Beginn der Vorhofzacke des Elektrokardiogrammes und Beginn der Vorhoferhebung- des Spitzenstosses sind 0,058 Sek. auseinander. Für die Kammerzusammenziehung wurde eine Latenz von 0,049 Sek. gefunden. Die Finalschwankung beginnt 0,046 Sek. vor der Spitzen- stosshöhe; ihre Höhe fällt mit der der Finalschwankung zusammen. Das Ende der Finalschwankung liest 0,029 Sek. vor der Inzisur. Der I. Herzton fängt 0,061 Sek. nach dem Beginn der Ventrikel- zacke an; sein Ende fällt mit dem Beginn der Finalschwankung zu- sammen und liegt kurz vor der Höhe der Spitzenstossexkursion. Die Finalschwankung ist abgelaufen, wenn der I. Ton erschallt; er liest 0,048 Sek. später. n 0,15 | ı ı s U U 1 ) ) {} x \ : 1306. 0 N DR 0,489. j roRardio Linn. 1 oo lons omg I ya l i Otto Fig. 12. Beziehung zwischen Herzschall-, Spitzenstoss-, Karotiskurve und Elektro- kardiogramm, ‚schematisch gezeichnet nach eigenen Untersuchungen an dem- selben Individuum. Der wichtigste Wert ist unstreitig die Latenzdauer zwischen den beiderlei Kammererhebungen. Die Vorhoferhebung des Spitzenstosses kann unmöglich die Vorhofsystole bedeuten; denn wird in das Spitzen- stoss-Elektrokardiogrammschema die Druckkurve Kahn’s (l. ec. Anm. 1 S. 927) in der Weise, dass das Elektrokardiogramm als Unterlage für die Berechnung dient (vgl. Fig. 5) eingeführt, so zeigt sich, dass der Vorhofdruck das Maximum erreicht hat, wenn im Kardio- eramm die Erhebung anfängt. Unter der Voraussetzung, dass die Formveränderung des Herzens so weit vorgeschritten ist, dass das linke Herz der Stelle, von wo aus die Pulsationen geschrieben werden, anliegt — falls es das nicht schon immer tut —, kann nur der Ein- tritt der Blutmasse in die Kammer die Erhebung veranlassen. Es kann hier also von einer Latenzbestimmung keine Rede sein. Herzschallstudien. 563 Gibt nun wirklich die Kammererhebung des Spitzenstosses den Beginn der Kammersystole an, so müssen die erstere Erhebung und der Beginn des Kammerdruckanstieges von der Erhebung zur Elektro- kardiogramm-Ventrikelzacke gleichweit entfernt sein. Beim Menschen ist eine derartige Feststellung unmöglich. Es lässt sich aber am Tierversuch meine Latenzdauer auf ihre Richtiekeit hin kon- trollieren. "Kahn registrierte beim Hunde gleichzeitig die Druckänderungen im rechten Ventrikel und das Elektrokardiogramm. Der Druck wurde mit dem Gad’schen Blutwellenschreiber aufgezeichnet und die Leitungsverzögerung entsprechend in Rechnung gesetzt. Kahn fand folgendes: „Die Vorhofzacke Einthoven’s fällt mit der Vor- hofzacke der Ventrikeldruckkurve zusammen oder geht ihr etwas voran. Die Ventrikelzacke läuft vor der Tätigkeit des Ventrikels fast vollständig ab. Sie verschwindet während der Anspannungszeit des Ventrikels und ist zur Zeit des Beginnes der Austreibungszeit vorüber. Die Nachschwankung fällt noch in die Austreibungszeit; sie findet sich regelmässig innerhalb jenes Zeitabschnittes, in welchem so häufig die Ventrikeldruckkurve ein Plateau aufweist.“ Die genauen zeitlichen Verhältnisse habe ich sowohl nach Kahn’s photographischer Darstellung wie nach seiner Koinzidenz- fieur 16 berechnet. Sie sind für beide Abbildungen identisch, und zwar bemisst sich das Intervall zwischen Vorhofdruckbeginn und Vorhoferhebung im Elektrokardiogramm zu 0,038 Sek., die Spanne zwischen der Kammererhebung in beiderlei Kurven zu 0,0518 Sek.!), ein Wert, der mit dem oben für den Menschen von mir gefundenen (0,049 Sek.) vollkommen genügende Übereinstimmung besitzt. Es ist also möglich, beim Menschen mit Sicherheit die Latenz des Herzmuskels zu bestimmen. Ich möchte diese Feststellung namentlich für die Pathologie des Herzens für einen erossen Gewinn halten, da wohl anzunehmen ist, dass der Herzmuskel von pathologischen Zuständen ebenso stark in seiner Latenz beein- flusst wird wie der periphere Muskel. In Figur 5, auf die ich hier noch einmal verweise, sind die Angaben Kahn’s dazu benutzt worden, meine Erfahrungen über den Herzschall des Hundes in die übrigen Erscheinungen des Ab- laufes der Herztätiekeit einzureihen. Elektrokardioeramm, Druck- 1) Nikolai (l. c. S. 228) gibt 0,06 Sek. für den Hund an. 38 * 64 Heinrich Gerhartz: a kurve und Latenz der beiden sind von Kahn entlehnt; der Druck- . anstieg der Kammer ist mit der entsprechenden Spitzenstosserhebung identifiziert, alles übrige nach meinen eigenen Erfahrungen ein- gezeichnet. Meine Untersuchungen erweisen eklatant die Richtiskeit der Martius’schen *) Deutung des Spitzenstosses, d.h. „der ansteigende Schenkel des Systolenanteiles entspricht genau der Verschlusszeit ‚der Systole [d.h. der Zeit, welche der sich kontrahierende Herz- muskel braucht, »um seinen Inhalt unter den geforderten Druck zu bringen, bzw. welche vergeht zwischen dem Beeinn der Systole und der Eröffnung der Semilunarklappen«], der absteigende Schenkel desselben fällt mit der Austreibuneszeit des Blutes zusammen“. Die Systole dauert vom Anstieg der zweiten Erhebung bis zur In- zisur; sie schliesst ab mit dem Ende der Finalschwankung. Sie ist die Resultante der Kraft, mit der die Kammer sich zusammen- zieht, und dem Widerstande, den der Aortendruck leistet. Infolge- dessen steht auch zu erwarten, dass sich direkte Beziehungen er- geben werden zu der Dauer der Strecke, die von der Inzisur bis zum Beeinn des Il. Tones reicht. Die Übereinstimmung mit dem Befunde Kahn’s ist so gross, dass man die Beschreibung, die dieser Autor von dem Koinzidenz- bilde des Druckes und des Elektrokardiogrammes gibt, kurzweg auf Spitzenstoss und Elektrokardiogramm, was die Kammer angeht, übertragen kann: „Die Ventrikelzacke läuft vor der Tätigkeit des Ventrikels fast vollständig ab. Sie verschwindet während der An- spannungszeit des Ventrikels und ist zur Zeit des Beginnes der 'Austreibungszeit vorüber. Die Nachschwankung fällt noch in die Austreibungszeit.“ Ich finde es auffallend, dass die Latenz bei der -Vorhofkontraktion eine andere ist als bei dem Ventrikel, wenn man nach den herrschenden Anschauungen in der Vorhoferhebung ein Analogon der Ventrikelzacke sieht, wie ich es ja oben — mangels besserer, sicherer Erklärung — selbst dargestellt habe —: auffallend einesteils, weil meines Wissens so grosse Differenzen in der Latenz- dauer zwischen gleichartigen Muskelteilen sonst nirgends vorkommen, dann auch, weil mitunter nach Kahn’s Beobachtungen die „Vorhof- zacke Einthoven’s mit der Vorhofzacke der Ventrikeldruckkurve 1) Martius, Graphische Untersuchungen über die Herzbewegung. I. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 13 S. 346. 1888. Herzschallstudien. 565 zusammenfällt“, also der Charakter der Latenz verloren geht. Ich erinnere im Anschlusse hieran, dass die Formgestaltung der Vorhof- erhebung, wie ich oben berechnet habe, im Elektrokardiogramm durchaus den Charakter der Finalschwankung trägt, mit der der Kammerzacke aber nicht im mindesten Ähnlichkeit aufweist. Nun koiszidiert die Finalschwankung, wie Kahn’s und meine Er- fahrungen übereinstimmend bekunden, mit der Zeit, in der das Blut in die grossen Gefässe abströmt; für die Vorhofzacke ist aber auch die Koinzidenz mit der Strömung aus den Vorhöfen in die Kammern ausserordentlich wahrscheinlich. Sollte in diesen Be- ziehungen nicht die Genese der beiden Elektrokardiogrammerhebungen zu suchen sein? Weitere Beweise für die Richtigkeit meiner obigen Darstellung lassen sich aus der Pathologie schöpfen. Fig. 1 zeigt das Schall-. bild einer Mitralinsuffizienz. Man erkennt ohne Schwieriekeit, dass. der Beeinn des Geräusches in den Beginn des systolischen Kardio- erammanstieges bzw. einen sehr geringen Zeitabschnitt später fällt, auf denselben Moment, in dem der I. Spitzenton beim normalen Menschen erschallt, obwohl die Genese beider Phänomene durchaus verschieden ist.. Das präsystolische Geräusch der Mitralstenose dagegen fängt mit dem Anstieg der vorhergehenden Erhebung, wo diese ausgeprägt ist, an |No. VI!)]. Würde dieser Punkt des Spitzenstosses den Beginn der Kontraktion des Vorhofes markieren, so wäre das unverständlich. Das Geräusch koinzidiert mit dem Momente, in dem in der on das aus dem Vorhof in den Ven- trikel einfliessende Blut die erste ‚Spitzenstosserhebung veranlasst, Das Übersichtsbild Fig. 12 lehrt, ‚dass sich das Intervall zwischen den beiden Herztönen nicht mit der Systole im hergebrachten Sinne deckt. Die Systole kommt im Spitzenstoss zum Vorschein an einer eindeutigen Stelle und reicht bis zur Inzisur, ‚dauert also 0,232 Sek.;, der Zeitraum zwischen den Anfängen der beiden Töne dauert aber 0,238 Sek. Die im Spitzenstoss zutage tretende „Systole“ stimmt in der Dauer auch nicht mit der Elektrokardiogrammsystole überein; denn diese macht .0 ‚252 Sek. aus. Ich schlage vor, um die Verwirrung, die infolge. , der verschiedenen Auslegung des Ausdruckes ‚ „Systole“ nun schon seit langem herrscht, nicht var ER N, - F ne r sa N hr 1} f | ENTE A N LÜRBhL\ ; ann hans MT x + 1 In Fig. 3 nicht sichtbar i" real Sl A Heu 566 Heinrich Gerhartz: noch grösser zu machen, für die Schallkurve neue, nichts prae- judizierende Ausdrücke zu nehmen, und zwar so zu benennen: Schallphase = Zeit vom Beginn des I. Herztones bis zum Ende des II. Tones; Intervall== Zeit vom Ende des I. Herztones bis zum Anfang des II.; Pause = Zeitabschnitt vom Ende des II. Tones bis zum Beginn des nächsten I. Tones. Schallphase und Pause setzen die Herzperiode zusammen. Schallphase Die sehr variabele Beziehung der beiden Zeitabschnitte — — —— Pause ist der Phasenindex. Auf die oben (Fall A) mitgeteilten eigenen Erfahrungen an- gewandt, würde sich also das Kardiophonogramm zeitlich so zu- sammensetzen: Junger Mensch Hund Schallphaser 2 20% 2... 10,313 Va Intervall were et 04er 0,040" Bausesin Ar Herr 00T lat“ 4 Va 1 0,6 1 Phasenindex . 0.408” — 13 o,I71? = Eu ' Schallphase 0,313” 0,161” erzu ud a + 0,408” GE al” 0,332" In dem weiter oben (S. 524) erwähnten Falle von Insuffizienz der Mitralis war die Zusammensetzung im Mittel: Systolisches Geräusch. . . . . . 0,285” Intervall. Shan A a Sale Melone, a Ba N Schallphasen „un 2 2 ae ES AN, Pause. u ie ea Er NO - 0,484" 2,9 Phasenindex . Do T \ Schallphase 0,484” Herzperiode . . . . ken: 2.0165" 0,649" Die Differenz zwischen dem Beginn des systolischen Geräusches und dem Anstieg des Karotispulses betrug 0,18”. Herzschallstudien. | 567 DasGeräusch besass im Mittel eineFrequenz von48,4Schwingungen, der II. Ton eine von 62,1 Schwingungen pro Sekunde. Mitunter war bei der Kranken, die eine sehr irreguläre Herz- aktion besass, der II. Ton gespalten. Ich habe in einem solchen Falle folgende Werte gefunden: Systolisches Geräusch . . 0,256” Haintervall- . .212141220:3.20,063. 2. Ve eng ehitervall 2:8 350,040 3. Ton. . » 2 .2.2..0,103” (Getrennt in zwei Abschnitte a—0,028 und = 0,074 mit kaum messbarem Intervall.) Sehallphase. . ......... 0490” Busen en. 0,279" i 0,490” 1,8 Phasenindex 0,2797 —eop: Schallphase 0,490” Bauseiss 22.0249 Herzperiode 0,769" 568 Heinrich Gerhartz: (Aus der Kgl. Universitäts-Poliklinik für innere Kranke. Geh.-Rat Prof. Dr. Senator.) Beitrag zur Kenntnis vom Einfluss der Röntgenstrahlen auf die GeScnlscIeorgane 3 Von ‚Meinrich Gerhartz. Das Studium des Einflusses, den die Röntgenstrahlen auf die Generationsorgane ausüben, kann nach zwei Seiten hin geführt werden. Einmal ist zu untersuchen die Wirkung auf die spezifi- schen Geschlechtszellen, das andere Mal die auf, das innere ‚Sekret der Geschlechtsdrüse. Was bisher Positives zutage gefördert wurde, beschränkt sich fast nur auf das erstere Kapitel. Hier liegt das eigentliche Fundament unserer heutigen Anschauungen über die biolo- gische Bedeutung der Röntgenstrahlen. Es schien mir am fruchtbarsten für die weitere Aufklärung, vergleichend-physiologisch vorzugehen und mich dabei, weil dieser Weg die klarsten Aufschlüsse zu geben schien, an die Methode meines früheren Lehrers M. Nussbaum zu halten. Hiernach ergab sich eine Versuchsanordnung an periodisch brünstigen Tieren in der Art, dass Landfrösche (Rana fusca & und 2) vor der Zeit der im Zyklus erfolgenden Ausbildung der Geschlechtsdrüsen täglich intensiv der Wirkung der Röntgenstrahlen ausgesetzt wurden. Am 25. Juli 1907 wurde mit den Bestrahlungen begonnen. Um diese Zeit ist die innersekretorische Tätigkeit der Geschlechtsdrüse des Männchens noch nicht in der Ausbildung der Daumenschwielen zum sichtbaren Ausdruck gekommen. Da diese Brunstattribute mit dem Monat September hypertrophieren und in der Mitte dieses Monates schon eine beträchtliche Grösse erreicht haben !), ferner die 1) M. Nussbaum, Einfluss des Hodensekrets auf die Entwicklung der Brunstorgane des Landfrosches. Sitzungsber. der Niederrh. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde 1905 S. 44-46. Bonn 1906. Beitrag zur Kenntnis vom Einfluss der Röntgenstrahlen etc. 569 Regeneration der Samenblasen um diese Zeit in vollem Gange ist, wurde der Versuch vom 3. bis 19, September abgebrochen. Bei der Bestrahlung waren die Tiere von der Wasserkühlröhre 27 cm entfernt; es wurde mit einem 50 em-Induktor und Hg-Unter- brecher gearbeitet. Die Dosis betrug 20—30 MA (Ruhmer’sche Messröhre), die Dauer 10 Minuten. Die Ergebnisse sind in den nachstehenden Tabellen I und m (S. 570) die ohne weiteres verständlich sind, zusammengestellt. Die Zahlen sind durch Mikrometermessungen gewonnen. Unter proximaler Schwiele ist die des Pollexrudimentes, unter distaler die daneben am Metacarpale des zweiten Gliedes liegende verstanden. Die Tiere sind während der Dauer des Versuches schlecht er- nährt worden. Trotzdem aber sind die Geschlechtsdrüsen, Daumen- schwielen und Samenblasen, wie aus den Daten der beiden Tabellen hervorgeht, der Norm entsprechend gewachsen. In den Hoden wurde keinerlei degenerative Veränderung gefunden. Bei drei weiteren, weiblichen Tieren waren die Övarien ebenfalls zur vollen Entwicklung gekommen. Nur ein Tier hatte, wie schon die Besichtigung mit blossem Auge ergab, einen schlechter “entwickelten Eierstock. Herr Prof. M. Nussbaum hat die Güte gehabt, auch die histologischen Präparate dieses Organs, wie die übrigen Schnitte, einer Durchsicht zu unterziehen. Es wurde dabei ein: Befund erhoben, der sich mit den sonstigen Anzeichen des Hungers deckt. Das darf bei der starken Gewichtsabnahme des betreffenden Exemplars (8,0 g in 6 Wochen) nieht überraschen. Diese Befunde, die infolge der kombinierenden Einwirkung des Hungers a fortiori beweiskräftig sind, zeigen, dass ein schädigender Einfluss der Röntgenstrahlen. auf das innere Sekret der Hoden und auf die in der Ausbildung begriffenen Geschlechtsdrüsen bei der an- gewandten recht hohen Bestrahlungsdosis nicht statthat. Sie stehen in vollem Gegensatz zu den Ergebnissen anderer Forscher, die an höheren Tieren experimentiert haben. Um diese Divergenz aufzu- klären und meine Befunde zu kontrollieren und zu vervollständigen, ‚ wurden neue Versuche in der Weise angestellt, dass nun drei männ- ‚liche Ranae fuscae, deren Geschlechtsoreane voll entwickelt waren, ‚und gleichzeitig mit ihnen zwei Kaninchen bestrahlt wurden. Die Tiere wurden zuerst am 18. Januar 1909. den 'Röntgen- ‚strahlen ausgesetzt, dann weiter täglich 10—15 Minuten lang mit im . Mittel 15—20.MA des Ruhmer’schen Milliamperemeters in 20 em 57 Heinrich Gerhartz: “u [ uoqDaadsguo oprusiteL, 08 “uopay nz goGL 089 °8 °C9 "PA "yosadsgunggoragugt n "yeuy "sort '} "Day ‘„A9TUOB.IBET 19p 989 A uOpuaproTqeuaues Kap 9ISoJoIsÄyT pun aruoyeay“ Nogqıy ou Ur 7, 9Aıny ur Puıs uasepquomegs pun u9poH uafewmIou 19p 988019 oIp any aOM OIqT 'WPIIISSÄE pusgaardsyus WION A9p uaseIquameg Hp SIfeguoge uoremM UOAOLL, u919puR TOMZ 19 (T 9200 <80.0 34 | Su8 908 97 88 (mdy '8) ggg SIE SE 993.0 66 0 gE’E 61 86 EG 18 STIL (zIeM '8) SPIG 667 & a7 r Le = ge 269 L<1 8 8 IE ER Ser "= ger “8 ER N 65 :6 6.76 en 6 Ka 0°g Er &r [ag 69 &01 “Ir “9 666 vrE dag "FI T UIUN unu wu ww umun ww wuL wuL wur wu 3 9naıg our EPIERLE 99u%T 9ydIdT elo9ıg 9oueT] og | Aeag 9urT 1067 FE SG Sun Ser I a FIRE YE en - en JUIIMIS JoummnN ug . say Be syurT sIq99Yg oder wunyeq (, uosejgquaueg uwopoy (T yansıoA) "ORIsSnJ veuey Aop Sunpyerysog A9p y9eu uosepquaures pun USPoH AAP 98S01y IT OTTOqEL, = = Er so | 98 Seh LI 59 | 8 ge O'FpL egears rel aue gr Et 67 6,76 En 06 76 SLE TE "6.16 Pl ce 17 Sue ale gr 798 dos pl Tel “08 87 007 meet wur wm | Ur ULUL 3 | wu wu 8 zuperd 9nadg oe | "Pod oyTaıg 95u@T yuoımas LO6L ut! ‚ yaag oduer] yuormaS LO6T ai Te eg = —= ; unge ErERe i unge HTOIMTIS HTEISICT 9foIMyag Ofewıxorg -9d1o] u OJOIMYIS ABWIXOLT -aodıoyl zu 5 = Er ee Bi ll ir - 197 2 = A n a BL ER EEE ER] (EFEFEBER FE IE & Sunjgensog Aop yoeN Sunjgensag Aop ION x (T YnSTaA) *OLISnJ HeuRy A9p Sungerzsog AOp Joeu pun A0A (SITHA) UMTELMNOSUAWNKL TOP 98soLH "I OTTOAEL, Beitrag zur Kenntnis vom Einfluss der Röntgenstrahlen etc. 572 Röhrenabstand, unter sonst gleichen Bedingungen wie oben, bis zum 4. März 1909, also bis kurz vor dem Laichtermin der Frösche, be- strahlt. Sie wurden regelmässig mit Froschfleisch gut gefüttert, so dass beim Abschluss des Versuches das Körpergewicht etwas ge- stiegen war. Die genauen Daten und die Grösse der Hoden sind in Tabelle III (S. 870) notiert. Diese Tabelle zeigt, dass die Grösse der Hoden nach der Be- strahlung im allgemeinen der Norm entsprach. Die histologische Untersuchung der Präparate ergab, dass die Spermatozoen sehr reichlich vorhanden und gut ausgebildet waren. Die Zahl der Spermatogonien hatte bei allen Tieren, namentlich bei Tier Nr. 2, wo sie nur noch äusserst spärlich waren, abgenommen. Neben wohlerhaltenen Spermatogonien wurden typische Degene- rationsformen der Kerne gefunden. Die Kerne des interstitiellen Gewebes waren nicht geschädigt worden. Mitotische Vermehrung wurde nicht beobachtet. Die Bestrahlung hatte bei den Fröschen augenscheinlich zu einer Vernichtung von Spermatogonien geführt, die an Ausdehnung weit zurückblieb hinter der Schädigung, die die Geschlechtsdrüse und ihr Produkt bei den reifen höheren Tieren !) (hier beim Kaninchen) unter den gleichen Umständen erleiden. Aus den Befunden an Tier 3 ging hervor, dass diese Schädigung nicht irreparabel war. Die Zahl der Spermatogonien hatte 4 Wochen nach dem Aufhören der Bestrahlung wieder erheblich zugenommen. 1) Siehe die Literatur bei K. Fr. Hoffmann, Uber den Einfluss der Röntgenstrahlen auf den Kaninchenhoden. Diss. Bonn 1908. — Vgl. ferner Jul. Tandler und Siegfr. Grosz, Untersuchungen an Skopzen. Wien. klin. Wochenschr. Bd. 21. S. 277—282. 1908. 572 HM. E. Hering: Nachweis, dass die Verzögerung ‚(der Erregungsüberleitung zwischen Vorhof und Kammer des Säugethierherzens im Tawara’schen Knoten erfolgt. Von Prof. H. E. Hering (Prag). Als ich den ersten der im Folgenden zu beschreibenden Versuche ausgeführt hatte, war mein erster Gedanke der, dass ich ihn schon vor einigen Jahren hätte ausführen können; denn schon in einer am 9. Januar 1906 erschienenen Mittheilung habe ich!) auf, Grund der am 6. Mai 1905 veröffentlichten vorläufigen Mittheilung von Tawara?) gemeint: „Auf den ersten Blick schien es am ein- fachsten, die Ursache für die Grösse der Ueberleitungszeit in den Knoten zu verlegen, d. h. an die Uebergangsstelle des Vorhofs- und’ des Kammerbündels.“ : oe Schon damals waren alle Bedingungen für die experimentelle Bearbeitung des in Rede stehenden Gegenstandes geseben; der Befund Tawara’s, mein Gedanke den Knoten mit der Ueberleitungsverzögerung in Zusammenhang zu bringen und die Langendorff’sche Methode der künstlichen Durchströmung des Säugethierherzens ; und doch brauchte es noch vier Jahre ‚bis zur Inangriffnahme der bezüglichen Experimente 3). oh Durch verschiedene neue Erfahrunesthatsachen, besonders durch die von mir weiter studirte Heterotopie der Ursprungsreize wurde ich neuerdings dazu angereet, den oben erwähnten Gedanken experimentell zu prüfen. — N Gaskell war es bekanntlich, welcher im Jahre 1883 am Schildkröten- . und Froschherzen zuerst muskuläre Verbindungen 1) Zeitschr. f. exper. Path. u. Therap. Bd. 2 S. 521. 1906. 2) Zentralbl. f. Physiol: Bd. 19 Nr. 3. 1905. 3) In der wissenschaftlichen Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmen habe ich am 10. Dec. 1909 meine Befunde vorläufig mitgeteilt. Nachweis, dass die Verzögerung der Erregungsüberleitung etc. 573 zwischen Vorhof und Kammer fand und auf die angeblich mehr ‚embryonale Beschaffenheit dieser Verbindunesfasern das lange ‚Intervall zwischen Vorhof- und Kammersystole bezog. Der nächste Fortschritt, 10 Jahre später, war der Nachweis eines muskulären Verbindungsbündels am Säugethierherzen durch -W. His im Jahre 1893. Im Jahre 1895 gab er an, dass bei ‚gelungener Durchschneidung dieses Bündels vollständige Allorhythmie eintritt. Zehn Jahre später (1905) konnte ich den zweifellosen Nachweis erbringen, dass nur das Uebergangsbündel Vorhof und Kammer des Säugethierherzens functionell verbindet. Humblet hatte zwar schon im Jahre 1904 eine diesbezügliche Mittheilung gemacht, sie war aber, wie ich seiner Zeit anführte, nichts weniger als überzeugend. Im Jahre 1905 hat auch J. Erlanger Versuche über die Abklemmung des Bündels veröffentlicht, welche, da bei der Abklemmung ausser dem Bündel noch verschiedenes anderes Gewebe mit abgeklemmt wird, für den Nachweis, dass nur das Bündel die Ueberleitung besorgt, nicht genügten, wenn auch die Methode brauch- bar ist, um eine Leitungsaufhebung des Bündels am natürlich durch- strömten Herzen hervorzurufen. Nach diesen physiologischen Mittheilungen erschien eine anato- mische von Tawara, welche weitere Fortschritte auf anatomischem Gebiete enthielt. In der 1906 erschienenen Monographie über „Das Reizleitungsystem des Säugethierherzens“ hat Tawara seine Befunde ausführlich beschrieben. Das wesentliche Neue der Befunde Tawara’s, welchen Aschoff zu seinen Untersuchungen veranlasst hatte, besteht darin, dass das Bündel nicht unmittelbar mit der Kammerscheidewand in Verbindung tritt, wie man vorher glaubte, sondern sich nach Theilung in einen rechten und linken Schenkel erst in der Gegend der Papillarmuskeln mit der Kammermuskulatur verbindet; ferner , dass das Bündel aus einem dieht oberhalb des Septum fibro-cartilagineum atrioventrieulare gelegenen, sehr complieirten muskulösen Netzwerk entspringt, welches Tawara Knoten nannte. Tawara fücte zu seinen anatomischen Untersuchungen auch eine Hypothese über die physiologische Function des Atrioventri- eularbündels. Er glaubte nämlich (S. 186) „im Gegensatze zu den Physiologen eine schnellere Leitung in den Fasern des Verbindungs- bündels annehmen zu müssen“. Eine Kritik dieser Hypothese, der ieh nie beigepflichtet habe, halte ich jetzt nicht mehr für nötig und 974 H. E. Hering: erwähne nur noch, dass Tawara zu seiner Anschauung, „dass die Reizwelle nicht langsamer, sondern eher schneller im Kammerbündel verläuft“, S. 188 hinzufügte, „wobei ich allerdings die Möglichkeit zulassen muss, dass in dem sogenannten Knoten eine gewisse Geschwindigkeitshemmung der Reizwelle statthaben kann“. Die anatomischen Befunde Tawara’s wurden vielfach nach- geprüft; um nur jene Arbeiten zu nennen, die sich auch mit dem Tawara’schen Knoten beschäftigten, seien genannt: Keith und Flack (11. August 1906 und April 1907), Fahr (April 1908), J. G. Mönckeberg (1908), Thorel (19. October 1909), Koch (16. November 1909), A. E. Cohn (1909), welche alle Tawara’s anatomische Angaben bestätigten. Mit der Lösung der Frage, ob der Taw.ara’sche Knoten eine Ueberleitungsverzögerung bedingt, hat sich jedoch Niemand beschäftigt. Versuche und Ergebnisse. In meiner Mittheilung !), betreffend den „Nachweis, dass das His’sche Uebergangsbündel Vorhof und Kammer des Säugethier- herzens functionell verbindet“, erwähnte ich S. 279 schon, dass das Uebergangsbündel an dem mit Ringer ’scher Lösung durchströmten und so blutleer gemachten Herzen sich sehr deutlich von der Kammermuskulatur in der Farbe und der Helliskeit unterscheidet, was man besonders gut an Schnitten sieht, die das Bündel und die Kammerscheidewand senkrecht zur Faserrichtung treffen. Den auf diese Weise von der Kammermuskulatur sich sehr schön abhebenden Bündelquerschnitt habe ich seit 1905 sehr oft schon Anderen demon- strirt und dadurch, dass ich seit jener Zeit wohl an einigen hundert Hundeherzen den Verlauf des Bündels an Querschnitten makroscopisch angesehen habe, in der Erkennung des Bündels grosse Uebung gewonnen. Ich erwähne dies, da es zum raschen Erkennen des nieht sehr grossen Bündelquerschnittes immerhin einiger Erfahrung bedarf. Durehschneidet man nach der von mir in der oben eitirten Mittheilung beschriebenen Methode das Bündel, so sieht man seinen Querschnitt oben auf der Kammerscheidewand sitzen; er bildet in der betreffenden Gegend zumeist ein Dreieck, dessen Basis der Kammerscheidewand zugewendet ist, während die der Basis gegen- l) Pflüger’s Arch. Bd. 108 S. 267. 1905. Nachweis, dass die Verzögerung der Erregungsüberleitung etc. 575 überliegende Ecke des Dreieckes kopfwärts gelegen ist. Bei grösseren Hunden beträgt die Basis des Dreieckes 2—3 mm, die Höhe 3—4,5 mm; der Querschnitt ist in diesen Fällen also schon ein recht beträcht- licher, und es gelingt sehr gut, das Bündel direct und isolirt mechanisch oder elektrisch vom Querschnitt aus zu reizen. Alle Versuche führte ich an grösseren Hundeherzen (12) aus, welche von der Aorta aus mit Ringer’scher Lösung durchströmt werden. Zu- nächst machte ich, wie seiner Zeit von mir beschrieben, in die Vorderwand des Vorhof einen Schnitt, um die Hinterwand des Vorhofes und die Gegend, an der ich das Bündel durchschneiden wollte, zugänglich zu machen. Hierauf reizte ich die Innenseite der Hinterwand des rechten Vorhofes oberhalb des Tawara’schen Knotens mit einem Einzelinduetionsschlag, um die Zeit zu bestimmen, welche vom Momente der Reizung bis zum Auftreten der Kammer- contraction verfliesst. Zur Reizung benützte ich Elektroden aus feinem Platindraht. Der Moment der Reizung sowie die eintretende Kammercontraction wurden an der berussten Schleife des Hering’schen Kymographions verzeichnet. Der Suspensionshaken stak ungefähr in der Mitte zwischen Basis und Spitze des rechten Ventrikels. Nach wiederholter Bestimmung jener Reactionszeit machte ich in der von mir beschriebenen Weise in die obere Kuppe der Scheidewand und quer durch das Bündel einen Schnitt. Die dureh diesen Schnitt erhaltenen zwei Querschnitte des Bündels will ieh im Folgenden dadurch kurz unterscheiden, dass ich den Quer- schnitt des Bündels, dessen Antheil mit der Kammer in leitender Verbindung blieb, als K.-B.-Q. (Kammer-Bündel-Querschnitt), und jenen Querschnitt des Bündels, dessen Antheil mit dem Vorhof in leitender Verbindung blieb, als V.-B.-Q. (Vorhofs-Bündel-Querschnitt) bezeichne. Reizteichnunden K.-B.-Q., dann war die Reactions- zeit viel kürzer (kurze Reactionszeit) als vorher, d. h. als bei Reizung des Vorhofes (lange Reactionszeit), in welchem Falle die Erregung den Knoten durchlief. Die kurze Reaectionszeit bei der K.-B.-Q.-Reizung ist von einer sanz anderen Grössenordnung als die lange Reactionszeit bei der Vorhofreizung; letztere betrug in meinen Versuchen das Vier- bis Fünffache des ersteren. Reizt man statt den K.-B.-Q. die Kammer, so ist die Reactions- zeit von derselben Grössenordnung wie bei Reizung des K.-B.-Q. 976 H. E. Hering: selbst, ganz gleichgültig wie. weit der Reizort der Kammer von der Suspensionsstelle der Kammer entfernt ist. Dasselbe Resultat bezüglich des Unterschiedes der oben er- wähnten Reactionszeiten erhielt ich auch, wenn ich die Reactionszeit des Vorhofes (in welchem Falle der Vorhof suspendirt wurde), bei seiner direeten Reizung verglich mit der Reactionszeit des Vorhofes. bei Reizung des V.-B.-Q., in welchem Falle die Erregung den Knoten durchläuft und der Vorhof auf rückläufigem Wege erregt wird. Die Reactionszeit des Vorhofes bei directer Reizung war viel kürzer als bei Reizung des V.-B.-Q.; letztere betrug etwa das Vieriache. Diese Versuche stellen also die Thatsache fest, dass die Reactionszeit der Kammer oder des Vorhofes viel grösser ist, wenn die Erregung den Tawara’schen Knoten durchläuft, als wenn dies nicht der Fall ist.) Die Versuche ergaben ferner, dass die Reactionszeit der Kammer bei Reizung des K.-B.-Q. von derselben Grössenordnung ist wie bei direeter Kammerreizung, woraus folet, dass dasKammerbündel- system unterhalb des Tawara’schen Knotens die Er- regung im Wesentlichen ebenso rasch leitet als die Kammermuskulatur selbst. Bei diesen Versuchen konnte ich auch feststellen, dass das Bündel nicht nur durch elektrische Reize, sondern aueh durch mechanische Reize in Erregung versetzt werdenkann. Diese Thatsache ist nicht nur an und für sich von Bedeutung, sondern auch im Hinblick auf die Exactheit der eben geschilderten Versuche. Wer die Versuche nicht selbst angestellt hat, könnte meinen, dass es schwer sei, den Bündelquerschnitt isolirt elektrisch zu reizen. Das ist aber wenigstens bei grösseren Herzen nicht der Fall. Schon im Jahre 1901 habe ich?) eine Beobachtung mit- getheilt, aus der hervorging, dass selbst bei Rollenabstand 0 ein Induetionsschlag keine wirksamen Stromschleifen gab, die genügt hätten, um eine einen Millimeter von der Reizstelle entfernte Stelle in Erregung zu setzen. Aehnliches habe ich auch bei den oben ge- schilderten Versuchen wieder beobachtet. Wie erwähnt, benutzte ich 1) Von der \naleiie von Curven habe ich abgesehen, da diese nichts. Besonderes bieten. 2) Physiol. Centralbl. 1901 H. 7. Nachweis, dass die Verzögerung der Erregungsüberleitung ete. 577 Platinelektroden aus feinem Draht, ihr Abstand betrug etwa °/ı mm. Leste ich diese Elektroden an das den Bündelquerschnitt umgebende Bindegewebe an, so bekam ich keine Reaction. Oefters ist im weiteren Verlaufe der. Versuche die Reizung des Quersehnittes der unmittelbar unter dem Bündelquerschnitt gelegenen Kammermusku- latur der Scheidewand erfolglos, so dass.man nur bei Anlegung des Elektroden am Bündelquerschnitt selbst eine Reaction erhält. Die mechanische Reizung nahm ich mit einer feinen Nadel vor: oft war ich erstaunt, dass das Bündel schon durch verhältzissmässig schwache mechanische Reize in Erregung versetzt werden kann. Bezüglich der Ausführung der Versuche sei noch Folgendes erwähnt. Während der Reizungen stellte ich immer die Durchströmung ab, da die ausströmende Flüssigkeit bei der Vornahme der Reizungen stört. Ferner habe ich die Schnitte durch das Bündel auch variürt, indem ich den Schnitt öfters weiter nach links verlegte, als wie ich seiner Zeit beschrieb. Im letzeren Falle habe ich gewöhnlich die Aorta mit aufge- schnitten, um die Reizungen gut vornehmen zu können; denn das Bündel verläuft nach links zu direet unter dem Aortenansatze. Geht man mit dem Schnitte weiter nach links, so kann man den linken Schenkel des Bündels allein durchsehneiden. In diesem Falle geht die Erregung vom Vorhof auf die Kammern und umgekehrt noch über; reizt man unter diesen Umständen den K.-B.-Q., so bekommt man nach kurzer Reactionszeit die Ventrikelreaetion; dieser kann, wenn Neigung zur Rückläufigkeit besteht, nach langer Reactionszeit auf dem Umwege durch den rechten Ventrikel, rechten Schenkel des Bündels und Tawara’schen Knoten die Vorhof- reaction folgen. Reizt man den V.-B.-Q. so kann man nach kurzer Reactionszeit auf dem Wege des rechten Schenkels die Kammer- reaction erhalten, nach langer Reactionszeit die Vorhofreaetion. Die Unterschiede der kurzen und langen Reactionszeit! prägen sich oft noch auffallender aus, wenn man durch Kaliumchlorid die Muskel- fasern des ganzen Herzen schädigt. Dies habe ich z. B. dann gethan, wenn die Kammern flimmerten; denn man kann dureh Injection eines Kaliumsalzes, wie ich!) seiner Zeit angegeben habe, das Flimmern beseitigen, worauf die Kammern nach dem Stillstand 1) Physiol. Centralbl. 1903 H. 1. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 39 578 H. E. Hering: coordinirt weiter schlagen; geraten sie wieder ins Flimmern, wieder- holt man die Injection. Nach Injection von KCI betrug z. B. die Reactionszeit der Kammern bei Reizung des Vorhofes 0,03 Sec., während nach Durch- schneidung des Bündels die Reactionszeit der Kammern bei Reizung des K.-B.-Q.- 0,12 See. betrug; die Reactionszeit war also mehr als fünf Mal so lang, wenn die Erregung den Tawara’schen Knoten durchsetzte, als wenn sie ihn nieht durchlief. Ich habe in der Regel bei verhältnissmässig niedriger Temperatur der Durchströmungsflüssigkeit experimentirt. So betrug z. B. bei 27 °C. Wassertemperatur (nach dem Thermometer in der Aorten- canüle) die Reaetionszeit der Kammern bei. Reizung des Vorhofes 0,55 Sec., die Reaetionszeit der Kammern bei Reizung des K.-B.-Q. 0,15 Sec. In einem anderen Versuche betrug bei 26 °C. Wasser- temperatur die Reactionszeit des Vorhofes bei direeter Reizung 0,14 Sec., die Reactionszeit des Vorhofes bei Reizung des V.-B.-Q. 0,54 Sec. ‚ Während die Versuche, soweit sie sich auf die Rechtläufigkeit der Erregung beziehen, immer Erfolg hatten, verhielt sich dies bei der Prüfung der Zeit, welche die rückläufige Erregung benötiet, nicht so, weil die Erregung sehr oft nicht rückläufig ging. Es ist eine mir seit langem bekannte Thatsache am Säugethierherzen, dass man es nicht ohne Weiteres in der Hand hat, bei Reizung des Ventrikels auf rückläufigem Weee Vorhofsystolen auszulösen. Auf diesen Um- stand habe ich wiederholt aufmerksam gemacht wie auch darauf, dass spontanes rückläufiges Schlagen am Ringer-Herzen von mir schon sehr häufig beobachtet wurde. Warum die Erregung in vielen Fällen nicht rückläufig geht, vermag ich nicht zu sagen; es hängt irgendwie mit der ungewöhnlichen Leitungsriehtung zusammen, und es bedarf anscheinend besonderer Umstände, damit die Erregung in der ungewöhnlichen Richtung den Knoten durchsetzt.) Ich habe unter Anderem den Schnitt auch knapp unterhalb des Knotens angelest. Hatte Reizung des V.-B.-Q. mit einzelnen Inductionsschlägen auch bei R.-A. — 0 keinen Effect, so stach ich die Elektroden ein, erhielt dann aber auf Inductionsschläge eine Vorhofreaetion (und zwar mit kurzer Reactionszeit) erst, nachdem I ich die Elektroden gegen 3 mm tief eingestochen hatte. Es stimmt 1) Siehe Pflüger’s Arch. Bd. 61 S. 275. 1895. Nachweis, dass die Verzögerung der Erregungsüberleitung etc. 979 dies übrigens gut mit der Angabe von Tawara (S. 18) überein, dass der Knoten „ungefähr eine Spindelform besitzt, deren Grösse bei einem ziemlich grossen Hunde ca. 3 0,7 mm betrug“. Es ist vielleicht überflüssig, noch darauf hinzuweisen, dass man die in den oben erwähnten Versuchen bei der künstlichen Reizung beobachteten langen Reactionszeiten nicht der Ueberleitungszeit bei spontaner Herzthätiekeit ganz gleichsetzen darf. Auch habe ich, wie erwähnt, um möglichst grosse Zeitwerthe und Zeitunterschiede zu erhalten, gewöhnlich bei relativ niedriger Temperatur der Durchströmungsflüssigkeit gearbeitet, so dass auch das spontane Intervall A—V schon ein sehr langes war. So betrug z. B. in dem oben erwähnten Fall bei 27 ° C. Wassertemperatur, wobei die Reactionszeit der Kammern bei Reizung des Vorhofes 0,55 See. in Anspruch nahm, das spontane Intervall A—V 0,45 See.. während bei 33 °C. Wassertemperatur A— Vz. B. 0,21 Sec. dauert und beim natürlich durchströmten Hundeherzen und durchschnittenen Vagi A—V 0,08—07 zu sein pflegt. Dass man bei der künstlichen Durehströmung so bequem durch Herabsetzung der Temperatur der Durchströmungsflüssigkeit das Intervall A—V verlängern kann, ist auch ein grosser Vortheil dieser Methode, welcher mir bei der Durchführung dieser Versuche sehr zustatten kam. — Es sei noch Folgendes erwähnt. In meiner Mittheilung !) „Ueber den Beginn der Papillarmuskelaction und seine Beziehung zum Atrioventricularbündel“ beträgt in Fig. 3 Taf. X das Intervall A—V/ (e) bei 32 ° C. Wassertemperatur 0,29 Sec. V heisst hier so viel als Conus (e) des rechten Ventrikels. Das Intervall zwischen Beginn der Papillarmuskelaction bis zur Conusaetion betrug etwa 0,03 Sec. Nimmt man nun an, es erfordere in diesem Falle etwa 0,03 Seec., damit die Erregung [vom normalen Ausgangspunkt (Keith-Flack’scher Knoten) bis zum Tawara’schen Knoten gelangt, so bleiben für die Strecke vom Eintritt in den Tawara- schen Knoten bis zum Papillarmuskel 0,23 See. Daraus geht schon hervor, dass die Verzögerung auf dieser Strecke erfolgt, und dass die oben angeführte Vermuthung von Tawara nicht zutrifft. 1) Pflüger’s Arch. Bd. 126. 1909. 580 H. E. Hering, Nachweis etc. Weitere Folgerungen aus der Thatsache, dass der Tawara’sche Knoten die Ueberleitungsverzögerung bewirkt. Wie erwähnt, war ich zu den eben geschilderten Experimenten dureh des Studium der Heterotopie der Ursprungsreize angeregt worden. Bekanntlich kann es dazu kommen, dass die Vorhöfe und die Kammern gleichzeitig oder nahezu gleichzeitig schlagen. Nach- dem Engelmann sowie Brandenburg diese atrioventrieulare Automatie am Froschherzen studirt hatten, haben Lohmann und ich sie auch am Säugethierherzen beobachtet. Als Ausgangspunkt der atrioventrieularen Automatie wurde das Atrioventrieularbündel angesehen. Auf Grund meines Befundes, dass der Tawara’sche Knoten die Ueberleitungsverzögerung bewirkt, können wir jenen Ausgangs- punkt jetzt noch genauer localisiren. Es folgt nämlich aus jenem Befunde, dass bei atrioventricularer Automatie die heterotopen Ursprungsreize sich im Tawara’schen Knoten bilden. Es sei hier nur noch darauf aufmerksam gemacht, dass die beiden Functionen des Tawara’schen Knotens, die Ueberleitungs- verzöserung und die Reizbildung, sehr für die myogene Theorie der Herzthätigkeit sprechen. Ort [® 6) Fi (Aus dem physiologischen Institut der Universität Leipzig.) Über die Aktionsströme des Nervus phrenicus bei natürlicher Innervation. Von Dr. med. Rudolf Dittler, Privatdozent und Assistent am physiologischen Institut. (Hierzu Tafel VI.) Die in letzter Zeit von verschiedenen Seiten her zur Lösung des Problems der natürlichen Innervation unternommenen Versuche gelten in ihrem letzten Ende der Entscheidung, ob die Oszillations- frequenz der Aktionsströme im natürlich (vom Zentralnervensystem aus) innervierten Skelettmuskel einen unmittelbaren Rückschluss ge- stattet auf die Frequenz, mit der die zentralen Impulse auf der Bahn der motorischen Nerven zum Muskel gelangen. Aber weder die bisher vorliegenden Untersuchungen von Garten!), die den Nachweis eines dem peripheren Nerven als solehem eigentümlichen Örsanrhythmus sowie den Vergleich seiner Periode mit derjenigen des Muskelrhythmus zum Gegenstand haben, noch die neuesten Ver- suche Pipers?), auf Grund von Feststellungen über den Aktions- stromverlauf des Muskels bei natürlicher Innervation und ver- schiedener künstlicher Reizung die Periode der zentralen Innervation „zu erschliessen“, haben diese Frage ihrer endgültigen Lösung ent- gegengeführt. Piper kommt zwar zu dem Ergebnis, dass der Aktionsstrom des willkürlich kontrahierten Muskels die Periode der Innervation streng wiedergebe. Aber ganz abgesehen davon, dass ein per exelusionem gewonnenes Urteil in biologischen Fragen über ein gewisses Mass von Wahrscheinlichkeit meist nicht hinaus- kommt, kann die Beweisführung Piper’s nicht als zwingend an- 1) Garten, Ber. d. math.-phys. Klasse d. kgl. sächs. Gesellsch. d. Wissen- schaft Bd. 60 S. 85. 1909, und Zeitschr. f. Biol. Bd. 52 S. 534. 1909. 2) Piper, Zeitschr. f. Biol. Bd. 53 S. 140. 1909. 582 Rudolf Dittler: erkannt werden, weil sie sich auf Ergebnisse stützt, die nicht nur nach meinen eigenen, am Kaninchenzwerchfell gesammelten Er- fahrungen gewiss keine allgemeine Gültigkeit besitzen, sondern auch mit den von Garten!) an Piper’s Untersuchungs- objekt erhobenen Befunden in direktem Widerspruch stehen. In den im folgenden mitgeteilten Untersuchungen habe ich der Lösung der genannten Frage durch den Nachweis der bei natürlicher Innervation im Säugetiernerven ablaufenden Erregungen auf direktem Wege beizukommen versucht. Es ist mir bis jetzt zwar erst an 9 von 17 Versuchstieren (Kaninchen, Katzen, Hunden) gelungen, unter den genannten Bedingungen periodisch verlaufende Aktions- ströme im Nerven nachzuweisen und objektiv festzuhalten. Trotzdem aber möchte ich meine Ergebnisse schon jetzt der Öffentlichkeit über- geben, da ich aus äusseren Gründen in der allernächsten Zeit nicht an die Fortführung der Versuche, die sehr viel Zeit und Material erfordern, denken kann. Auch ist mir gerade in den letzten Ver- suchen, die dazu bestimmt waren, das vorliegende Versuchsmaterial zu vergrössern, aus nicht recht ersichtlichen Gründen der Nachweis der oszillatorischen Aktionsströme nicht geglückt. Möglicherweise be- sitzen die mir zurzeit zur Verfügung stehenden Quarzsaiten nicht die für den Nachweis so schwacher und rasch verlaufender Ströme notwendige Empfindlichkeit bei gleichzeitig genügend grosser Ge- schwindigkeit der Reaktion. Indessen könnten bei der grossen Empfindlichkeit des Warmblüternerven gegenüber der Abkühlung und sonstigen Schädigungen auch andere Momente, die ich zurzeit noch nicht in der Gewalt habe, für das Fehlschlagen meiner jüngsten Versuche in Betracht kommen. Die Beweiskraft der Versuche mit positivem Ergebnis kann jedoch meines Ermessens dadurch nicht in Frage gestellt werden. Denn wie später im einzelnen darzulegen sein wird, habe ich zur Ausschaltung von Fehlermöglichkeiten irgend- welcher Art alle erdenklichen Kontrollversuche angestellt. Die Versuche wurden am Nervus phrenicus ausgeführt. Für eine Untersuchung bei natürlicher Erregung vom Zentralnervensystem aus erschien beim Säugetier dieser Nerv aus verschiedenen Gründen von vornherein besonders geeignet. Schon der Umstand, dass er, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch zum allergrössten Teil motorische Fasern führt, machte den Versuch der Aktions- ]) Garten, Zeitschr. f. Biol. Bd. 52 S. 534. 1909. Über die Aktionsströme des Nervus phrenicus bei natürl. Innervation. 583 stromableitung mit Rücksicht auf eine eventuelle Summierung der einzelnen Faserströme und die geringe Möglichkeit einer Strom- abgleichung durch nicht erregte (sensible) Nervenfasern einiger- massen aussichtsvoll. Ausserdem durfte man vielleicht erwarten, dass beim Phrenicus, der seinen Ursprung von funktionell sehr eng koordinierten Vorderhornzellen nimmt, mehr als bei anderen Nerven die einzelnen Erregungsimpulse „salvenmässig“ im Sinne Brücke’s erfolgten. Und schliesslich tritt seine Erregung vom Zentrum aus beim lebenden Tier unter allen Umständen spontan ein und braucht nicht erst (was oft methodische Schwierigkeiten mit sich bringt) auf künstlichem Wege herbeigeführt zu werden. Zum Versuch wurde dem Tier in Äthernarkose unter künstlicher Atmung der Thorax eröffnet und einer der beiden Phreniei kurz vor seiner Aufteilung in einzelne Äste unterbunden und durehschnitten und auf eine möglichst weite Strecke bin freipräpariert. Die Ab- leitung erfolgte von Längs- und Querschnitt mittelst unpolarisierbarer Tonstiefelelektroden. Um mich von Zerrungen und Erschütterungen des Nerven im Versuch ganz unabhängig zu machen, wurde das abgeleitete Ende des Nerven aus dem Thorax herausgehoben und zentralwärts von der Längsschnittelektrode obendrein auf ein breites Stück Kochsalzton gelagert, das von einem stabilen Stativ getragen wurde. Irgendwelche Verlagerungen des Nerven durch die Thorax- bewegungen bei der künstlichen oder spontanen Atmung des Tieres oder durch die Herztätiekeit waren so vollkommen ausgeschlossen. ‘Der Nerv wurde, um vor Wasserveriust und Abkühlung möglichst geschützt zu sein, nur auf die Strecke hin, mit der er den Ableitungs- elektroden auflag, von dem ihn umgebenden Bindegewebe befreit; ‚ausserdem wurde er häufig mit körperwarmer Ringer’scher Lösung befeuchte. Die Lufttemperatur im Arbeitszimmer wurde nach Möslichkeit über 24° C. gehalten. Im Gegensatz zu den früher mitgeteilten Versuchen '), in denen mir der Nachweis langsam verlaufender Tonusschwankungen im Phrenicus selang, durfte die Empfindlichkeit der Saite des Einthoven’schen Galvanometers diesmal nicht durch Entspannung möglichst hoch ge- trieben werden. Ihre Empfindlichkeitssteigerung würde dabei auf Kosten der Geschwindigkeit ihrer Reaktion geschehen sein. Ein promptes Folgen war für den Nachweis der vermutlich sehr rasch 1) Dittler, Pflüger’s Arch. Bd. 130 $. 400. 1909. 584 Rudolf Dittler: verlaufenden Aktionsstromoszillationen aber gerade: erforderlich. Denn kann die Saite entsprechend der Geschwindigkeit ihrer Reaktion den einzelnen Stromstössen nicht folgen, so stellt sie sich, wie dies in den erwähnten Versuchen der Fall war, auf eine Mittellage ein und zeichnet nur die groben Tonusschwankungen. Die Saite wurde also mässig gespannt gehalten und die erforderliche Empfindlichkeit durch möglichste Steigerung der magnetischen Feldstärke (Strom- stärke 5—6 Ampere) zu erreichen versucht. Auf spezielle Angaben über die günstigste Saiteneinstellung werde ich später bei der Mit- teilung weiterer Untersuchungen an der Hand von Aichungskurven zu sprechen kommen. Bei den bisher vorliegenden Versuchen be- gnügte ich mich damit, die günstigste Saitenspannung in jedem Fall empirisch zu 'ermitteln. Nach Beendigung der Operation und der sonstigen Vorbereitungen befand sich das Versuchstier infolge der vorausgegangenen lange- dauernden passiven Ventilation zunächst immer in tiefer Apnöe und zeigte, wenn die Atemmaschine zum Versuch ruhiggestellt wurde, oft zwei bis drei Minuten lang keine spontane Atmung. Die Saite stand während dieser Zeit absolut still!). Zugleich mit dem Auf- treten spontaner Atemzüge aber waren, zum mindesten wenn die- selben infolge der wachsenden Dyspnöe energischer wurden, in den günstigen Fällen während der inspiratorischen Phase auftretende oszillatorische Bewegungen der Saite mit allmählich an- und. ab- sehwellender Amplitude (s.u.) zu beobachten, meist kombiniert mit einer gleichzeitigen Ablenkung der Saite im Sinne der negativen Schwankung. Bei den ganz tiefen langedauernden terminalen Inspirationskrämpfen konnte die Saite sekundenlang in zitternder Bewegung bleiben. — Auf der Tafel VI gebe ich eine Auswahl meiner Kurven wieder, die mit dem Cremer’schen Fallreeistrierapparat aufgenommen wurden. Fig. 1 soll einen Überblick über den Verlauf eines ganzen 1) Nach der’ an anderer Stelle (l. c.) von mir mitgeteilten Beobachtung, dass unter meinen (auch: diesmal wieder gegebenen) Versuchsbedingungen das Zwerchfell auch während der Apnöe des Versuchstieres immer eine tonische Erregung zeigte, hätte man auch vom Phrenicus des apnoischen Tieres Aktions- ströme erwarten können. Offenbar sind diese Erregungswellen jedoch so schwach, dass sie sich dem objektiven Nachweis bis jetzt ganz entziehen. Allerkleinste Schwankungen der Saite, wie sie auch während der Apnöe gelegentlich beobachtet wurden, dürfen hierfür kaum in Betracht gezogen werden, da sie ebensogut durch akzidentelle Nebenumstände hervorgerufen‘ worden sein konnten. Über die Aktionsströme des Nervus phrenicus bei natürl. Innervation. 585 Atemzuges geben, wie er sich in seinem elektrischen Bilde unter den diesmal von mir gewählten Bedingungen der Saitenspannung ‘darstellt. Die Kurve stammt von einer Katze. Auch Fig. 2 ist ein Übersichtsbild, das aber von einem Kaninchen gewonnen wurde. Beide Kurven lassen ihre Entstehung aus einzelnen Aktionsströmen schon deutlich erkennen, wenngleich die einzelnen Erregungswellen, die über den Nerven hingehen, wohl wegen noch etwas zu geringer Saitenspannung oder zu geringer Stärke der Innervation nicht an allen Stellen des Kurvenverlaufs zu sehen sind, sondern vielfach zu glatten Kurvenstücken miteinander verschmelzen. Auch machen sich in diesen Kurven Interferenzen zwischen den Aktionsströmen in den einzelnen Nervenfasern in der unregelmässig wechselnden Grösse der auf die Hauptkurve aufgesetzten kleinen Zacken schon bemerkbar. Deut- lieher ist dies alles auf den Kurven 3—6 zu sehen, die ausge- sehnittene Stücke aus Aktionsstromkurven des Phrenieus darstellen und bei deutlich vertiefter Atmung (3 und 4 sogar bei terminalen Inspirationskrämpfen) des Versuchstieres gewonnen wurden. Vor allem treten hier die einzelnen Aktionsströme, aus denen die Kurven sich aufbauen, reinlicher gesondert hervor, so dass sie eine Aus- zählung gestatten. Die Figg. 3 und 4 stammen von Kaninchen, Fig. 5 und 6 wieder von Katzen; die bis jetzt zur Untersuchung gekommenen Hunde haben mir keine befriedigenden Resultate er- geben. Die zeitliche Koinzidenz der auf meinen Kurven wiedergegebenen Schwankungen mit der Inspiration des Versuchstieres konnte durch gleichzeitige Beobachtung des Saitenbildes und der Atmung des Tieres (Verständieung mit einem Assistenten durch Zuruf) in jedem Falle leicht ausser Frage gestellt werden. Um zu zeigen, dass die oszillatorischen Saitenbewegungen nicht durch mechanische Er- schütterurgen des Nerven oder der Ableitungselektroden bei den oft sehr krampfhaften Inspirationen hervorgerufen wurden und auch nicht als Aktionsströme der Atmungsmuskulatur zu deuten sind, von denen ja kleinste Zweigströme in den Ableitungsbogen hätten selangen können, wurden folgende Kontrollversuche angestellt: Erstens wurde festgestellt, dass durch Klopfen auf den Arbeitstisch, durch absichtlieh hervorgerufene Erschütterungen des Fussbodens in seiner Nähe sowie durch Aufsetzen einer schwingenden Stimmgabel an verschiedenen Stellen des Ableitungsapparates keinerlei Oszilla- tionen der Saite hervorgerufen wurden. Zweitens wurde in jedem 586 Rudolf Dittler: Fall, wo die fraglichen Oszillationen überhaupt auftraten, Ort und Ursache ihrer Entstehung dadurch bestimmt, dass der Nerv zentral- wärts von der Ableitungsstelle unterbunden oder durchschnitien wurde, ohne dabei aus dem Kontakt mit denjenigen Brustorganen gebracht zu werden, die er zuvor berührte. Oder der. Nerv wurde überhaupt entfernt und durch einen ringergetränkten Baumwollfaden ersetzt, der in genau derselben Weise, wie dies vorher beim Nerven der Fali war, über die Elektroden gebrückt wurde. Durch das Ergebnis dieser Kontrollversuche darf es als durchaus gesichert gelten, dass die in den Oszillationen der Saite zum Ausdruck kommenden elek- trischen Ströme als Phrenieusaktionsströme zu deuten sind. Beweisend erscheinen mir vor allem die Versuche mit Unterbindung oder Durchschneidung des Phrenieus; denn hierbei blieb für den Kontrollversuch alles genau in derselben Lage, die es im eigentlichen Versuch eingenommen hatte. Auch bei den Versuchen, welche die zur Abbildung gelangten Kurven ergaben, stand nach Unterbindung des Nerven die Saite absolut still, so dass über ihre Beweis- kraft meines Ermessens kein Zweifel bestehen kann. In der Lehre von der zentralen Innervation bedeutet der von mir beschriebene Befund insofern einen wesentlichen Schritt vor- wärts, als er lehrt, dass auch der im natürlich erregten motorischen Nerven ablaufende Erregungsprozess einen diskontinuierlichen Charakter trägt. Für den Fall der künstlichen Reizung des Nerven mit dem konstanten Strom ist dies unlängst ja von Garten!) gezeigt worden. Die Periode der vom willkürlich kontrahierten Skelettmuskel abzuleitenden Aktionsströme nimmt ihre Entstehung allem Anscheine nach also nicht erst in deräussersten Peripherie. Denn wenn nicht allestrügt, dürftedieim Nerven bei natürlicher Innervation nachweisbare Periode der Erregung mit der des Muskels zusammen- fallen. Bei der Auszählung der von Kaninchen gewonnenen Phre- nieuskurven habe ich in allen Fällen Periodenwerte erhalten, die bestimmt innerhalb der Breite liegen, in der unter den entsprechenden Versuchsverhältnissen nach meinen eigenen Erfahrungen die Periode der Zwerchfellaktionsströme schwanken kann ?). So möchte ich die l) Garten, Zeitschr. f. Biol. Bd. 52 S. 534. 1909. 2) Dittler,l. c. Über die Aktionsströme des Nervus phrenieus bei natürl. Innervation. 587 Frequenz der Aktionsströme der Kurve 3 auf 60, diejenigen der Kurve 4 ebenfalls auf ca. 60 in der Sekunde angeben. Die un- gleiche Grösse der einzelnen Aktionsstromzacken erschwert die exakte Bestimmung der Periode einigermassen. Es stellt sich auch hier, wenn vielleichh auch in geringerem Masse als bei Muskel- aktionsströmen, die alte Unsicherheit wieder ein, welche Schwankungs- form man als die elementare der Auszählung zugrunde legen soll. Kurve 5 (Katze) zeigt eine Periode von beiläufig 46, Kurve 6 (desg].) eine solche von etwa 44 Schwankungen in der Sekunde. Ob diese Perioden mit jenen des Katzenzwerehfelles genau zusammenstimmen, kann ich zurzeit noch nicht sagen. Jedenfalls liegen auch diese Werte innerhalb der Grenzen, innerhalb welcher sich die Schwankungs- frequenzen der bis jetzt untersuchten Warmblütermuskeln bewegen. Es sei übrigens bemerkt, dass die Abkühlung des Nerven gerade bei dem Versuch, dem die Kurven 5 und 6 entstammen, wegen un- sewöhnlich niedriger Zimmertemperatur wahrscheinlich weiter vor- seschritten war als in den übrigen Versuchen. Ich habe für den Phrenicusaktionsstrom bei Katzen auch Werte zwischen 50 und 60 erhalten. Wenn die Übereinstimmung der Nerven- und Muskelperiode, wie nicht anders zu erwarten ist, sich in Versuchen bestätigt, bei denen unter genau denselben äusseren Verhältnissen (Temperatur!) bei ein und demselben Versuchstier die Aktionsströme vom Muskel und dem zugehörigen motorischen Nerven unmittelbar nacheinander abgeleitet werden, so wäre die willkürliche tonische Muskelkontraktion als ein Muskeltetanus anzusprechen, bei dem der Muskelin seinem Aktionsstrom die Periode der ihm vom Nerven her zufliessenden diskontinuier- lichen Reize streng wiedergibt. Ob dabei freilich auch die Tätigkeit des Zentralorganes selbst diskontinuierlicher Art ist und ob seine Periode mit der im Nerven und im Muskel nach- weisbaren übereinstimmt, bleibt nach wie vor eine offene Frage. Die für die Existenz eines dem Muskel als solchem eigenen Organrhythmus sprechenden Tatsachen sowie die Feststellungen über sein Verhalten unter den verschiedenen Bedingungen der Reizung und der Beschaffenheit und Temperatur des Muskels werden durch die Ergebnisse dieser Arbeit nicht unmittelbar berührt. Im Hinblick auf die speziellen Verhältnisse der Ateminnervation sei schliesslich noch kurz darauf hingewiesen, dass aus dem Vor- 588 Rudolf Dittler: Über die Aktionsströme des Nervus phrenicus etc. handensein von Oszillationen im absteigenden Teil der Kurven (vel. Fig. 5) genau wie bei den einphasischen Zwerchfellkurven !) unter der Voraussetzung gleiehbleibender Oszillationsfrequenz der sichere Schluss gezogen werden kann, dass die bei natürlicher Innervation im Phrenieus auftretenden Aktionsströme ein mit den Phasen. der Atmung parallel gehendes periodisches An- und Abschwellen ihrer Oszillationsamplitude zeigen. Figurenerklärung. Alle Kurven sind von links nach rechts zu lesen. Die Zeitmarken ent- sprechen !/eco Sek. Stromstärke im Elektromagneten des Galvanometers 5 bis ‘6 Ampere. Fig. 1. 3. April 1909. Platte 3. Katze. Aktionsstrom des Phrenieus. Über- sichtsbild über einen ganzen Atemzug. Inspiration nach unten. Fig. 2. 15. April 1909. Platte 3. Kaninchen. Aktionsstrom des Phrenicus. Übersichtsbild. Inspiration nach unten. Fig. 3. 18. April 1909. Platte 10. Kaninchen. Aktionsstrom des Phrenicus, während eines terminalen Inspirationskrampfes aufgenommen. Inspiration nach unten. Periode der Aktionsstromoszillationen ca. 60 per Sek. Fig. 4. 15. April 1909. Platte 6. Kaninchen. Phrenicusströme während ter- minaler Atmung. Inspiration nach unten. Periode der Aktionsstromoszillationen ca. 60 per Sek. Fig. 5. 26. April 1909. Platte 3. Katze. Phrenicusaktionsströme. Abfall einer kräftigen Inspiration. Inspiration nach oben. Periode der Oszillationen ca. 46 per Sek. Fig. 6. 26. April 1909. Platte 5. Katze. Phrenicusaktionsströme. Etwa 5 Min. nach Platte 3 aufgenommen. Ziemlich kurze Inspiration. Inspiration nach oben. Periode der Oszillationen ca. 44 per Sek. 1) Vgl. dazu: Dittler, ].c. S. 415 und 425. 589 Die Thermoströme des Muskels und die „Membran- theorie‘ der bioelektrischen Ströme. Von J. Bernstein. (Mit 2 Textfiguren.) Im Jahre 1571 ist von L. Hermann!) die merkwürdige Tat- sache gefunden worden. dass warme Stellen des lebenden unverletzten Muskels sich gegen kalte Stellen elektropositiv verhalten. Er fand ferner, dass die elektromotorische Kraft des Längsquerschnitt- stromes sich mit zunehmender Temperatur erhöht, mit abnehmender sinkt, wenn man dem ganzen Muskel erwärmt oder abkühlt, dass aber auch dasselbe erfolgt, wenn man nur die abgeleitete Längs- schnittstelle dem Temperaturwechsel aussetzt, während das Quer- schnittende konstante Temperatur behält. Endlich zeigte sich auch, dass Erwärmen und Abkühlen des abgeleiteten Querschnittendes, wenn die abgeleitete Längsschnittstelle konstante Temperatur behält, die Kraft des Muskelstromes nicht verändert. Hermann hatte die Absicht, dureh diese Versuche zwischen der du Bois-Reymond’schen Molekulartheorie und der von ihm aufgestellten Alterationstheorie zu entscheiden. Aber das Gegen- teil von dem trat ein, was nach der Alterationstheorie zu erwarten sewesen wäre. Nach dieser Theorie sollte man erwarten, dass wärmere Stellen des unverletzten Muskels sich gegen kältere elektro- negativ verhalten müssten, da mit zunehmender Temperatur die chemischen Spaltungsprozesse, welche nach dieser Theorie die Ur- sache der elektromotorischen Kraft sein sollten, beschleunigt werden, und jede Stelle von schnellerer Spaltungsgeschwindiekeit elektro- negativ gegen jede Stelle von langsamerer Spaltungsgeschwindigkeit sein sollte. Durch Erwärmung des Querschnittendes hätte der Muskel- 1) Untersuchungen aus dem physiologischen Laboratorium in Zürich. V. Versuche über den Einfluss der Temperatur auf die elektromotorische Kraft des Muskelstromes. Dieses Arch. Bd. 4 8.163. 1871. 590 J. Bernstein: strom verstärkt, dureh Abkühlung desselben geschwächt werden müssen, während er dabei unverändeit blieb. Da nach dieser Theorie an dem angelegten Querschnitt der Sitz der elektromotorischen Kraft des Muskelstroms sein soll, so hätte Erwärmen und Abkühlen der abgeleiteten Längsschnittstelle auf diese Kraft keinen Einfluss aus- üben sollen, während dies, wie oben angegeben, trotzdem der Fall war. Hermann gesteht selbst, dass die Molekulartheorie diese Re- sultate aus der einzigen Annahme, dass die Kraft der Moleküle mit der Temperatur steige und falle, leicht und elegant erkläre, dass dagegen der Alterationstheorie gewisse Schwierigkeiten daraus er- wachsen. Er gab daher die Vorstellung auf, dass die Potentialdifferenzen von der Spaltungsgeschwindigkeit abhängen, und begnügte sich damit, To? Tı Fig. 1. eine Spannungsreihe zwischen liebender, absterbender und lebender Muskelsubstanzen verschiedener Temperatur aufzustellen. Die ent- stehenden Potentialdifferenzen wären dann immer die Summe aller Differenzen, gleich der Spannung der Endglieder. Einen kausalen Zusammenhang dieser Potentialdifferenzen vermochte er aber nicht herzustellen. Im Jahr 1901 stellte Oker-Blom auf Grund der Ostwald- schen und Nernst’schen Untersuchungen eine Theorie auf, welche nach der Hermann’schen Anschauung annahm, dass am Querschnitt durch Alteration ein Elektrolyt entsteht, dessen Ionen nach beiden Richtungen eine ungleiche Beweglichkeit haben und so den Strom hervorbringen. Die thermischen Potentialdifferenzen des Muskels vermag aber, wie noch gezeigt werden wird, auch diese Theorie nicht zu erklären. Die Thermoströme des Muskels und die „Membrantheorie“ etc. 591 Nachdem ieh nun im Jahre 1902 durch weitere und genauere Versuche über den Einfluss der Temperatur auf die Kraft des Muskel- stroms !) nachgewiesen hatte, dass dieselbe der absoluten Temperatur nahezu proportional ist und hierdurch bewiesen, dass der Muskel- strom ein Konzentrationsstrom ist, ist es dagegen leicht, auch die von Hermann beobachteten thermischen Potentialdifferenzen des Muskels aus der von mir aufgestellten „Membrantheorie“?°) herzuleiten. Es sei Fie. 1AB die mit der halbdurchlässigen Membran versehene Faser in der umgebenden Flüssigkeit liegend. Die an ihrer Oberfläche entstehenden Spannungen sind durch negative und positive Zeichen ausgedrückt, welche bedeuten sollen, dass die Membran für das positive Ion eines inneren Elektrolyten durch- lässig, für das negative Ion- desselben aber undurchlässig ist?). An jedem Punkt der Oberfläche entsteht also eine Potentialdifferenz, welche bei gleicher Temperatur überall dieselbe ist, infolgedessen die Faser stromlos erscheint. Diese Potentialdifferenz steigt aber pro- portional mit der absoluten Temperatur. Hat die eine Hälfte der Faser die Temperatur 7,, die andere die höhere Temperatur 75, so entsteht ein Strom im Sinne des Pfeiles in der umgebenden Flüssiekeit und dem ableitenden Bogen. Die wärmere Stelle des Muskels verhält sich positiv gegen die kältere. Man hat diesen Strom als einen Thermostrom aufzufassen; denn die Faser bildet mit der umgebenden Flüssigkeit einen geschlossenen Kreis, dessen Kontaktstellen in beiden Hälften verschiedene Temperatur besitzen. Wir wissen ja, dass auch Elektrolyte Thermo- ketten bilden. In diesem Fall tritt aber noch die besondere Be- dingung hinzu, dass beide Elektrolyte durch eine halbdurchlässige Membran voneinander getrennt sind. Es handelt sich hier nicht um einen gewöhnlichen Thermo- strom, denn die ‘thermischen Potentialdifferenzen verschwinden bis auf kleine Reste, wenn der Muskel abgetötet ist, wie Hermann beobachtet hat). 1) Untersuchungen zur Thermodynamik der bioelektrischen Ströme. 1. Teil Pflüger’s Arch. Bd. 92 S. 521. 1902. 2) Siehe I. c. S. 542. 3) Dieser Darstellung der Membrantheorie hat sich Höber schon bedient. Dieses Arch. Bd. 101 S. 616. 1904. FR 4) Temperaturdifferenzen an den ableitenden Elektroden müssen in diesen Versuchen sorgfältig vermieden werden. Auch darf man, wie Hermann angibt, 592 J. Bernstein: Es ergibt sich nun ferner das Resultat der Versuche an dem verletzten Muskel bei partieller Temperaturänderung des Längschnitt- und Querschnittendes. Ist Fig. 2 A B die verletzte Faser mit dem Querschnittende A in der umgebenden Flüssigkeit, so entsteht nach der Membrantheorie der Strom dadurch, dass am Querschnitt die: wirksame Membran zerstört oder fortgenommen ist und der Sitz der Kraft sich am Längsschnitt befindet. Besitzt nun das Längs- schnittende B die mittlere Temperatur 7, und wird das Quer- schnittende A auf die höhere oder niedere Temperatur 7, gebracht, so ändert sich dadurch die Kraft des Muskelstromes nicht wesentlich, sondern behält den Wert, welcher bei der Temperatur 7, des: ganzen Muskels herrscht, nach der Membrantheorie aus dem ein- Fie. 2. fachen Grunde, weil der Sitz der stärkeren elektromotorischen Kraft sich nicht am Querschnitte befindet, wo die Membran entfernt ist. Wird dagegen nur das Längsschnittende 5 erwärmt oder ab- sekühlt, so steigt und sinkt die Kraft des Muskelstromes nahezu um denselben Wert, als ob der ganze Muskel gleichmässig erwärmt oder abeekühlt würde. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Membran- theorie, denn der Sitz der stärkeren Kraft befindet sich nach der- selben am Längsschnitt. Nach der Alterationstheorie, nach welcher der Sitz der elektro- motorischen Kraft allein am Querschnitt liegt, hätte das Resultat das umgekehrte sein müssen. Erwärmen und Abkühlen des Quer- schnittendes müsste den Strom verstärken oder schwächen. nicht COlNa-Lösung zur Ableitung benutzen, weil sonst störende Ströme (Thermo-- ströme?) zwischen Muskel und CINa-Lösung auftreten.- Er benutzte daher zur unmittelbaren Ableitung des Muskels lange dünne Streifen abgetöteter Muskel- substanz, welche den Ton der Elektroden berührten. Die Thermoströme des Muskels und die „Membrantheorie“ etc. 593 Hermann deutete das Resultat im Sinne seiner Theorie durch die Annahme, dass am (Querschnitt schon das Maximum des Ab- sterbeprozesses eingetreten sei, welcher weder durch Erwärmen be- schleunist noch durch Abkühlen verzögert werden könne. Dieses Argument liess sich noch der Molekulartheorie gegenüber geltend machen. Da aber jetzt niemand mehr an dem osmotischen Ursprung der elektromotorischen Kraft des Muskelstromes zweifeln kann, so ist dieses Argument für die Oker-Blom’sche Theorie hinfällig ge- worden. Denn wenn der Pontentialsprung im Kreise des Muskel- stromes infolge der Osmose eines Elektrolyten sich am (Querschnitt befände, so müsste die Temperatur an dieser Stelle von Einfluss auf die Grösse der Kraft sein, eleichgültie ob durch Erwärmen oder Abkühlen der Absterbeprozess daselbst verändert wird oder nicht!). Folgende Rechnungen liefern nun den Beweis dafür, dass die Thermoströme des Muskels dieselbe Kraftquelle haben wie der Längs-Querschnittstrom. Der Thermostrom des unver- letzten Muskels bei den absoluten Temperaturen 7; und 7% ist nahezu gleich der Differenz des Muskelstromes bei der absoluten Temperatur T, und T,. Der Längs-Querschnittstrom des Muskels verändert sich bei Temperaturänderung des Längsschnitts fast um dieselbe Grösse wie bei derselben Temperaturänderung des ganzen Muskels. In der oben zitierten Arbeit (Untersuchungen zur Thermodynamik der bioelektrischen Ströme) S. 541 habe ich für die E.K. des Muskelstromes die Formel entwickelt: 9, ee a u+v p In dieser sind « und v die Beweglichkeiten der Kat- und Anionen des betreffenden Elektrolyten in der die Faser umgebenden Flüssig- keit, P und p die Konzentrationen des Elektrolytes innerhalb und ausserhalb der Faser, 7 die absolute Temperatur, % eine Konstante. Hierbei ist die vereinfachende Annahme gemacht, dass die Beweg- 1, Aus diesen Versuchen geht zugleich hervor, dass die beobachteten thermischen Potentialdifferenzen am lebenden Muskel nicht etwa von einer Thermokette: „tote — lebende — tote Muskelsubstanz“ herrühren können, welche bei Ableitung des lebenden Muskels mit Streifen toter Muskeln her- gestellt würde (siehe oben Anmerkung); denn wenn man vom Querschnitt und Längsschnitt in dieser Weise ableitet, wobei ebenfalls dieselbe Kette gebildet wird, entsteht durch Erwärmen oder Abkühlen des (Juerschnittendes keine thermische Potentialdifferenz. Dies hebt Hermann bereits hervor. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 40 594 J. Bernstein: lichkeit des Anions in der Membran Null ist, d. h. dass diese das Anion gar nicht durchlässt. Die Versuche, welche ich angestellt hatte, hatten ergeben, dass die E.K. des Muskelstromes sich nahezu wie die absoluten Tempera- turen verhalten, wenn man den ganzen Muskel erwärmt oder ab- kühlt). Esisten Rus HT Tre Folgende Beispiele, welche ich den Hermann’schen Versuchen entnehme, zeigen, dass es sich ganz ebenso verhält, wenn man partiell nur die Längsschnittstellen erwärmt oder abkühlt. [Hermann, l.c. 2. Reihe S. 171?).] Versuch 2b. Sartorius mit Querschnitt, nur mit Längsschnitt eingetaucht (Öl von ver- schiedener Temperatur). (In 2a war der ganze Muskel eingetaucht.) C'p = Kom- pensatorgrade; Op ber. — nach Formel 2 berechnet. Nr. SH T (ip beob. Op ber. Bemerkung ie 0 273 273 — 2. 18 291 292 291 3. 18 291 290 — 4. 0 273 274 E= 5. 0 273 274 — 6. 0 273 267 T- 18 291 297 . 8. 0 273 281 _ 9. 18 291 303 | Mittel aus 7, 9, 8. 18 Zoe 360 = | 281 2s1,1 Versuch 4. Sartorius mit Querschnitt. | N, Vo Jg Cp beob. Op ber. | Bemerkung a) Querschnitt eingetaucht. ily 20 —- | 420 — 2. 0 — 402 — 9, A BR | 365 ir Andere Lagerung 4. 4 — 360 — 9. 20 — 396 — 6. 20 —_ 349 — 2v I) 2 D, un bleiben konstant. 2) Die Versuche sind der Übersichtlichkeit halber in Tabellenform gebracht; stellenweise sind Mittelwerte genommen. Die Thermoströme des Muskels und die „Membrantheorie“ etc. 595 Nr. | Br | 7 Cp beob. | Cp ber. Bemerkung b) Ganz eingetaucht. {E 20 293 294 | = 8. 0 273 ee 3. 20 — 270 | — 10. 20 | — 275 _ 11. 0 | _ | 230 _ 12. 20 — 260 — 13. 0 = 239 — 14. 20 _ 260 | — c) Längsschnitt eingetaucht. 15. 20 293 216 | _ 16. 0 273 183 | — ıWR 20 293 212 — Mittel aus 15, 16, 17. 20 | 293 211 | — 0 | .27 183 | 196 Versuch 5. Abkühlungsversuch. Zimmertemperatur 20° C. | | - - 2 78 | Cp beob. | Cop ber. Bemerkung | PL << 5 a) Längsschnitt eingetaucht. r 20 293 300 2. 20 293 300 3. 20 293 300 | — (4. 20 293 2742) | _ (?) eigener Zusatz, 3. 0 273 274 — erscheint mirfrag- 6. 20 293 233 | - lich 7. 0 273 276 | _ 8. 0 er 0 264 _ g: 20 293 | 284 - Mittel mit Fortlassung von 4. = 293 | 292,3 _ e 5 | a | 2m b) Querschnitt eingetaucht. 10. 20 | 29 280 | E= iu 20 23 | 280 _ 12. 0 DS 280 | - b 15. 0 I 28 280 _ c) Ganz eingetaucht. 20 ir 298 2 255 0 23 | 230 20 aan 225 E 20 298 240 a — 90: Bus]... 2240 & 40° 996 J. Bernstein: Versuch 6. Erwärmungsversuch. Zimmertemperatur 23° C. Nr. DO, Sp win DD (db) Mittel. 3 37 Abkühlung und Erwärmung. T Cp beob. | Cp ber. | Bemerkung a) Längsschnitt eingetaucht. 296 309 296 296 sll 296 296 310 304,3 327,5 305 = 333 au 297 = 297 “= 322 2er 311 2 318,4 | Versuch 7. (Zimmertemperatur 19,5° C.) Sartorius. Nr. | 11, 38 2, 0 3. 3 4. 38 5% —® 6. —® To 36 8. ) 9, —1 Mittel. 10. 10 nie 37 1, 0 3% 0 14 37 Mittel. eo Cp beob. | Cp ber. | Bemerkung a) Querschnitt eingetaucht. sll 221 _ 273 214 — 308 214 — | b) Längsschnitt eingetaucht. all 205 — 271 187 E= au | 180 En 309 220 — 309 225 272 183 — 310 217 — 271 183 190 ce) Ganz eingetaucht. 283 192 — 310 225 2 273 187 273 180 — 310 214 310 219,5 — 213 183,5 193,5 Die Thermoströme des Muskels und die „Membrantheorie“ etc, 597 In den angeführten Versuchen stimmen die bei Temperatur- änderung des Längsschnitts nach Formel (2) berechneten Werte für die Kraft des Muskelstromes (Cp ber.) mit den beobachteten (Op beob.) so gut überein, als es unter den gegebenen Bedingungen möglich ist. Zugleich erkennt man in mehreren Fällen, dass Temperatur- änderungen des Querschnittes keinen sehr merklichen Einfluss ausüben. Die Theorie ergibt folgendes: Die Konzentrationen des Elektro- lyten in der Faser und ausserhalb seien P und p, die Beweglich- keiten in der umgebenden Flüssigkeit wiederum « und v, und in der Membran « und v'. Hat nun das Querschnittende die normale Temperatur 7,, und das Längsschnittende die höhere oder niedere Temperatur 7,, so ist die Kraft: w—v u—V P a a ut ) in p und setzen wir wiederum © — 0, so haben wir: ch (7 —T, = In 2 ” vv p Man sieht also, dass die Kraft mit der Temperatur 7, des Längsschnittendes wachsen muss, dass dagegen die Temperatur 7, des Quersehnittendes einen viel geringeren Einfluss ausüben muss, , \® en: —U . ; N 4 da ein echter Bruch ist, der sich dem Werte Null nähert, ut-vV wenn « und v, wie z. B. bei Cl und K’ nicht sehr verschieden voneinander sind. Ist dies der Fall, dann wäre: I ne RS len. SCH: p Da die Versuche ergeben haben, dass die Kräfte auch in diesem Falle den absoluten Temperaturen des Längsschnittes nahezu pro- portional sind, so könnte man daraus schliessen, dass die Werte von % und v nicht sehr verschieden voneinander sind. Dann würden Formel (1) und (4) identisch sein. Aber darüber müssten noch ge- nauere vergleichende Versuche angestellt werden, ob die Kräfte bei Temperaturänderung des ganzen Muskels oder partieller des Längs- schnittendes die gleichen oder ein wenig verschiedene sind. Hat dagegen das Querschnittende die Temperatur 7, und das Längsschnittende die Temperatur 7}, so ist: 598 J. Bernstein: mh (ri u T, ) In, es); und für !—(, er (n- T, zn N Man ersieht, dass, wenn wiederum en ein kleiner Bruch ist, der Wert nahezu konstant bleibt, wie gross auch 7, sein mag. P,ı —k-T, In 7; DES RR ARRUZ)): Nach der modifizierten Alterationstheorie von Oker-Blom aber müsste der Temperatur des (Querschnittendes die Kraft nahezu pro- portional wachsen. In diesem Falle sei ? die Konzentration am Querschnitt und p die Konzentration in der Faser und Aussenflüssigkeit!). Man hat: u—v , P U—V „) Bu—k(% 4 nn = —W) jSE da am Längsschnitt 7, ar n een (4 w—v =) “ RB !Lyl u) Dass aber Temperaturwechsel des Längsschnittendes nach dieser Theorie gar keinen Einfluss auf die Kraft haben müsste, ist an sich klar, weil daselbst gar keine Konzentrationsdifferenz innerhalb und ausserhalb der Faser anzunehmen ist. In dem Falle, in welchem der unverletzte Muskel von zwei Stellen des Längsschnitts abgeleitet wird und beide Stellen ver- schiedene Temperaturen 7, und 7, erhalten, kann man?) nach der Membrantheorie, wenn wiederum v’=0 gesetzt wird, für die Stelle 1 setzen: ya nik: a Ah ; a und für die Stelle 2: Asch; E,—=k.T,—7 -— Ihn Utv 2 1) Innerhalb und ausserhalb der Faser eine verschiedene Konzentration des Elektrolyts noch ausserdem anzunehmen, liest kaum Veranlassung vor, da es ja erst durch den Schnitt entstehen soll. 2) Vorausgesetzt, dass keine Potentialdifferenzen bei der Normaltemperatur vorhanden waren, resp. bei gleicher Temperatur entstehen. Die Thermoströme des Muskels und die „Membrantheorie“ etc. 599 Also ist die Differenz der Kräfte: MV Us —V 12 A,—k(n Ey ner >) In, en u, SF v] & Ws En vg Dies wäre die Kraft für den beobachteten Strom bei den absoluten Temperaturen 7, und 7,. Nun kann man die Temperaturkoeffizienten der Beweglichkeiten ’ ’ r r N uU, —v W— U “a und v als nahe zugleich ansehen ?), also — = -2 2? setzen, ut vdı Ug+ Up und erhält dann annähernd: A, Wu yho.... Die Kräfte dieser Ströme sind hiermit den Temperaturdifferenzen beider Stellen des Muskels nahezu proportional. Sie besitzen also die Natur der Thermoströme. Es ist: Aa Asa IT, Do SO): Folgender Versuch bestätigt die annähernde Richtigkeit der Formel (9) zur Genüge: Versuch 8, Zimmertemperatur 19,5° C. Sartorius, beiderseits mit Längsschnitt abgeleitet. Eine Längsschnittstelle eingetaucht, Strom + wenn er zur eingetauchten Stelle geht. 2, f&—= Temperatur. 7 Thermostrom. Nr. | tı | to Cp beob. t—ts | 1 beob. I 4 ber. a) Obere Längsschnittstelle eingetaucht. 1 | 19,5 20 | + 23 E | — — 2095 20 +2 — = — 3. 19,5 0 115 195 | 25 5-75 a we, | 56 | 1) Diese Formel stimmt mit der von Nernst für den Thermostrom im Kreise eines Elektrolyten von verschiedener Konzentration «, und u, überein: Ey, = 0,860 [7 done I 71, ee] In #1 10-* Volt. Zeitschr. £. physik. U + v1 U+t vl ws Chemie Bd. 4 S. 129—131. 1889. 2) Allerdings zeigen die Temperaturkoeffizienten der Ionen nicht unmerk- liche Unterschiede. Davon rühren jedenfalls zum Teil die Abweichungen in den numerischen Berechnungen der Versuche her. (Siehe Untersuchungen zur Thermo- dynamik 1. c. S.529 und 542.) 600 J. Bernstein: Die Thermoströme des Muskels etc. Folgerungen. Als die angeführten Versuche über den Einfluss der Temperatur auf die Ströme des Muskels von L. Hermann angestellt wurder, war es ncch nicht möglich, alle Erscheinungen der bioelektrischen Ströme auf ein gemeinsames physikalisch-chemisches Prinzip zurück- zuführen. Erst nachdem von Gibbs und Helmholtz die thermo- dynamische Theorie der galvanischen Ketten entwickelt, die Konzen- trationsströome entdeckt und durch Ostwald und Nernst auf osmotische Prozesse zurückgeführt waren, konnte es gelingen, auch die bioelektrischen Ströme befriedigend zu erklären. Die von mir aufgestellte „Membrantheorie“ genügt, wie gezeigt, allen Anforderungen, die man an eine Theorie der bioelektrischen Erscheinungen stellen muss. Sie vermag auch die nachgewiesenen Thermoströme des Muskels zu erklären, während die „Alterations- theorie“ dies nicht vermochte. Ich stehe daher nicht an, in den obigen von mir angestellten Betrachtungen und Berechnungen über den Einfluss der Temperatur auf die elektromotorischen Kräfte des Muskels einen guten Beweis für die prinzipielle Richtigkeit der Membrantheorie zu erblicken. Diese Theorie ist aber zugleich auch eine Präexistenztheorie, und ich erblicke daher in der Erklärung der thermischen Potentialdifferenzen des Muskels aus dieser Theorie auch einen Beweis für die Präexistenz der elektro- motorischen Kräfte im Muskel!). 1) Die Entscheidung über Alteration und Präexistenz liess sich aus den mit Hilfe von Schnittmethoden angestellten Versuchen von mir und Tschermak (dieses Arch. Bd. 103 S. 67. 1904), von Garten (dieses Arch. Bd. 105 8. 291. 1904) und von mir (dieses Arch. Bd. 113 S. 605. 1906) nicht endsültig herbei- führen. Es zeigte sich nur, dass mit der Verbesserung der Schnittmethode die wahrnehmbare Zeit bis zum Maximum der Kraft sich erheblich abkürzt (bis auf "/ıooo Sek... Auch die Kälteversuche von Garten konnten diese Frage nicht entscheiden. 601 (Aus dem physiolegischen Institut der Universität Strassburg i. E.) Induktionsströme als Reize. Ih Öffnungsströme ohne Eisenkern. Von Martin Gildemeister. (Mit 7 Textfiguren.) Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitune.... 0... a ala ne ee Die Graduierung von onen une; : ee rl Physiologische Vergleichnng von Induktorien en edenen: Grosse A al: Morversuche. =... i NE WE el Era Variierung des Mirderslandes im enden ie SAN arten (elle, Über die Abhängigkeit des Reizwertes vom sekundären Wire ande sl aBeileinemkeinziven, Apparat! .. „cs a “tar rer BO b} Bei mehreren Apparaten... . .. 614 Die Wirksamkeit eines Induktoriums ER unter einden ch einen IBUSEHKETnDBVErMINdertse ar. 0 non ee en ol Sohlssalolasın ran Bee BE Ra ra PATE TIEEISSUN OEM ee ee RE Einleitung. Man sollte meinen, dass über dieses Thema nichts Neues mehr zu sagen wäre, gehört doch der Induktionsapparat seit mehr als einem halben Jahrhundert zum täglichen Handwerkszeug des Phy- siologen. Trotzdem zeigt eine genauere Prüfung, dass von diesem gebräuchlichsten aller Reizinstrumente eine Seite fast gar nicht bearbeitet ist: die quantitative. Was man davon weiss, lässt sich (wenn man von mehrfachen Reizen absieht) etwa so zusammenfassen: Öffnungsschläge wirken auf reizbare Organe besser als Schliessungs- schläge und besser als der konstante Strom; nur bei gewissen trägen 602 Martin Gildemeister: Organen (z. B. bei Krötenmuskeln und bei der sogenannten Ent- artungsreaktion der Warmblütermuskeln) ist es umgekehrt. Ihre Wirksamkeit nimmt zu mit der Verminderung des Rollenabstandes und der Verstärkung des primären Stromes. Das ist der wesentliche Inhalt unserer Kenntnisse hierüber. Dass nicht mehr bekannt ist, scheint mir daran zu liegen, dass vor etwa zwei Jahrzehnten, als man die Reizphysiologie der Nerven und Muskeln genauer quantitativ zu durchforschen begann, die Konden- satoren zu diesem Zwecke in Aufnahme kamen, in erster Linie wohl deshalb, weil sie quantitativen Bestimmungen leicht zugänglich sind. Denn ein Kondensatorreiz ist eindeutig beschrieben, wenn man über ihn drei Angaben macht: Potential, Kapazität, Widerstand; gebraucht man aber Induktionsströme, so sind viel mehr als drei Variable zu nennen. Wenigstens scheint es so zu sein. Deshalb beenüste man sich hier seit langer Zeit damit, im besten Falle mitzuteilen, welche Elektrizitätsmenge im sekundären Kreise in Bewegung gesetzt wurde — denn darauf läuft die übliche Graduierung hinaus —, wenn man sich nicht gar auf die nichtssagende Angabe des Rollenabstandes und der primären Intensität beschränkte. (Von den neuesten Kalibrationsprinzipien soll später die Rede sein.) Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den quantitativen Gesetzen der Induktionsreize. Es soll gezeigt werden, dass diese Gesetze durchsichtig und einfach sind, so dass man kein Bedenken zu tragen braucht, dem Induktionsapparat seinen vom Kondensator okkupierten Platz wieder zurückzugeben und ihn zu den exaktesten quantitativen Untersuchungen in Laboraterium und Klinik heran- zuziehen. Die Versuche sind eigentlich von einer methodologischen Frage- stellung aus begonnen worden; es sollte nämlich ein Weg zur ein- wandfreien Graduierung von Induktorien gesucht werden. Dabei wurde mir bald klar, dass das Gebiet eine Bearbeitung ohne tech- nische Nebenabsichten verdiente; deshalb ist das Problem der (Graduierung vorläufig beiseite gelassen worden. Der Weg dazu liegt aber klar vorgezeichnet. Am besten scheint es mir, bei der Darstellung der Untersuchungen denselben Weg einzuschlagen, den diese selbst genommen haben. Induktionsströme als Reize. I. 603 Die 6raduierung von Induktorien. Einen elektrischen Reiz muss man so beschreiben können, dass ihn jeder spätere Untersucher zu reproduzieren vermag. Das hat, wie eben schon gesagt, keine Schwierigkeit bei einer Kondensator- entladung. Zur Charakterisierung eines kurzdauernden konstanten Stroms, eines sogenannten rechteckigen Stromstosses, genügen sogar zwei Angaben: Intensität und Dauer. Ein Induktionsstoss dagegen hat, soviel man weiss, eine kompli- zierte Stromkurve: bei ihm sind ausser seiner Maximalintensität und seiner Dauer wahrscheinlich noch von Wichtigkeit die Steilheit des Anstiess und des Abfalls, die sich wieder von einem Augenblick zum andern in verschiedener Weise verändern kann. Da man diese Kurve gar nicht genau kennt — sie in alleu Fällen direkt zu be- stimmen, wären nur die feinsten Apparate imstande, wie das Helm- holtz’sche Pendel und allenfalls die Braun’sche Röhre und der Oszillograph —, so hat man sich seit A. Fiek!) damit begnügt, mit den in jedem Laboratorium vorhandenen Hilfsmitteln die von ihr umsehlossene Fläche zu messen, welehe die Dimension einer Elektrizitätsmenge hat. Bekanntlich ist nämlich der Ausschlag eines ballistischen Galvanometers dieser Fläche proportional. In neuester Zeit hat Hoorweg?) die Energie mit Hilfe eines Dynamometers gemessen; davon soll im zweiten Teile dieser Arbeit gesprochen werden. Es sei kurz daran erinnert, in welcher Weise die Elektrizitäts- menge von den Konstanten eines Induktoriums abhängt. Sie ist proportional dem primären Strom, ferner proportional dem gegen- seitigen Induktionskoeffizienten beider Spiralen (der wieder desto grösser ist, je mehr Windungen diese haben und je näher sie ein- ander stehen) und umgekehrt proportional dem Widerstande des sekundären Kreises. Kurze Zeit nach Fiek hat Kronecker?) ein sinnreiches Ver- fahren angegeben, um zwei Induktorien hinsichtlich ihrer Elektrizi- 1) A. B. Meyer, Untersuchungen aus dem physiol. Laboratorium der Züwricher Hochschule. Wien 1869. 2) J. L. Hoorweg, Zeitschr. f. Elektrotherapie u. ärztl. Elektrotechnik 1899 S. 97, 3) Beschrieben bei E. Cyon, Physiologische Methodik S. 379 und S. Garten, Handbuch d. physiol. Methodik, herausgeg. von R. Tigerstedt, Bd. 4 S. 392. 604 Martin Gildemeister: tätsmenge miteinander zu vergleichen. Bei dieser Methode, die hier als bekannt vorausgesetzt werden soll, werden die beiden Apparate (ohne Eisenkern) von demselben primären Strom durchflossen, und auch der sekundäre Kreis ist beiden gemeinsam, so dass die Kronecker’schen Eichzahlen nichts anderes sind als die in will- kürlichem Maass gemessenen mutuellen Induktionskoeffizienten. Der Graduierung nach KHlektrizitätsmengen liegt die still- schweigende Voraussetzung zugrunde, dass der Reizwert durch diese physikalische Grösse charakterisiert sei. Das ist zweifellos richtig, wenn die Stromkurven nicht nur eine Fläche gleichen Inhalts um- schreiben, sondern dazu noch kongruent sind. Die physikalische Theorie sagt aber, dass die von verschieden dimensionierten Appa- raten gelieferten Ströme einander im allgemeinen nicht ähnlich sind, und deshalb liegt die Vermutung nahe, dass auch ihre physiologische Wirkung ungleich sei. Dies ist der Punkt, wo die vorliegenden Untersuchungen ein- gesetzt haben. Die eben geäusserte Vermutung erwies sich als riehtig: im allgemeinen sind kleine Induktorien wirk- samer als grosse. Physiologische Vergleichung von induktorien verschiedener Grösse. Zu den vergleichenden Versuchen wurden drei Induktorien von möglichst verschiedenen physikalischen Eigenschaften benutzt. Ihre Konstanten sind, soweit sie hier in Betracht kommen, in der Tabelle 1!) verzeichnet. Der Eisenkern wurde entfernt, um die Dinge nicht un- nötige zu komplizieren. Im zweiten Teil dieser Arbeit soll- einiges über die Rolle des Kernes mitgeteilt werden. 1) Zu dieser Tabelle ist zu bemerken: Die Windungszahl kann nur bei II mit einiger Sicherheit angegeben werden; bei I und III habe ich sie aus den andern Konstanten geschätzt. Das Selbstpotential von III ist in der Brücke mit Hilfe des Telephons mit einer Normalen von 0,01 Henry verglichen worden; die Genauigkeit ist ziemlich gross (Fehler <3°/o). Die entsprechenden Werte von I und II sind wieder durch Vergleichung mit III gewonnen worden. Infolge des Grössenunterschiedes und des (wegen der Spulenkapazität) nicht ganz scharfen 'Tonminimums können hier etwas grössere Fehler vorliegen, was aber für die später mitzuteilenden Befunde belanglos ist. Der gegenseitige Induktions- koeffizient ist durch den Ausschlag eines vorher geeichten ballistischen Dreh- spulengalvanometers gemessen worden, bei gemeinsamem primärem Strom und gleichem Widerstand im sekundären Kreise. Induktionsströme als Reize. 1. 605 Tabelle. Konstanten der benutzten Induktorien. Nummer des Apparates | I II | II LEIDER. se ya er cm ya DE 8 Ausserer Durchmesser . . der 2 li 4 Innerer .. . \ sekun- & 3 | 3,9 2,5 Windungszahl . ERS FAIRE dären etwa 7000 | 2400 etwa 1000 BMadersiand . . :.... Spule Ohm | 2150 45, 46,5 Selbstpotential. . . . . - Henry 2,6 0,51 | 0,022 Gegenseitiger Induktionskoeffizient | beider Spiralen bei Rollenabstand | NA 2 lee | n 0,0356 0,0098 | 0,0023 Diese drei Apparate wurden am Galvanometer nach Elektrizitäts- mengen geeicht, sowohl jeder für sich, als auch je zwei nach Kroneeker kombiniert. Beide Verfahren ergaben natürlich das- selbe Resultat. Die Eichzahlen beim Rollenabstand Null finden sieh in der Tabelle 1 in der Form der gegenseitigen Induktionskoeffi- zienten. Bei Vergrösserung des Rollen- abstandes nahmen sie bei allen drei Apparaten in der schon oft be 3 sehriebenen Kurve der Fig. 1 ab. : Vorversuche. S Die Versuchsanordnung ist in E Fig. 2 skizziert; die Bedeutung der Buchstaben ist aus der Legende zu ersehen. Zu bemerken ist noch, dass über das Quecksilber des 5 + Schlüssels S Wasser oder ver- Rollenabstände dünnter Alkohol geschichtet wurde. Fig. 1. ab = Länge der Spiralen. Dann wirkte, wie besonders dar- auf gerichtete Versuche zeigten, die Öffnung der gewöhnlich be- nutzten schwachen Ströme (0,14 bis 0,5 Ampere, nur ausnahmsweise mehr) nicht wesentlich anders, als wenn ein Platinschlüssel benutzt wurde. Die Induktorien Ind. 1 und Ind. 2 standen in hinreichender Entfernung und senkrecht zueinander. Der Kompensationswiderstand R 606 Martin Gildemeister: diente dazu, um den Widerstand der kleineren sekundären Rolle der grösseren gleichzumachen. Die Versuche verliefen so, dass die Reizschwellen für Öffnunes- schläge aufgesucht wurden, während der Reizstrom einmal dem einen, einmal dem anderen Induktorium entstammte. Dabei wurde selbst- verständlich der primäre Strom nicht geändert. Ein Blick auf die Skalen reichte hin, um zu entscheiden, ob die Zahl der Einheiten in beiden Fällen die- selbe war. Ausserdem wurde oft das Präparat mit dem Galvanometer ver- tauscht und durch den Ausschlag des- selben das Resultat kontrolliert. j Als Untersuchungsobjekte dienten: Überlebende Froschgastroenemii!) bei in- direkter und direkter Reizung (im letz- teren Falle sowohl unvereiftet, als auch eurarisiert) und die menschliche Zungen- spitze (bei mehreren Personen). Die ie, 2 i E Alk ummläen S Schlüssel, Elektroden bestanden teils aus Metall- W Regulierwiderstand, Ind 1 Ars ; Erz und 2 Induktorien, £ Kompen- drähten, teils waren sie unpolarisierbar sationswiderstand, P_Strom- (Zink-Zinksulfat-Ringerlösung mit Gela- wähler, N tierisches Präparat. tine oder Ton). Die Resultate der Vorversuche sind der Tabelle 2 (S. 607) zu entnehmen. Da die Kenntnis der Einheiten kein Interesse hat, ist nur ihr Quotient angegeben worden. Dieser sagt also aus, in welchem Verhältnis die von den beiden geprüften Apparaten gelieferten gleich wirksamen Elektrizitätsmengen stehen. Die Verhältnisse liegen anscheinend nicht ganz einfach. Im allgemeinen zeigen sich I und II weniger wirksam als III, und bei demselben Objekt ist wieder I: III grösser als II:II, d. h. I ist II gegenüber im Nachteil. Die Wirksamkeit nimmt also zu in der Reihenfolge I—-II—III. Wie gross der Quotient aber in jedem Fall ist, das hängt anscheinend vom gereizten Organ und von der Art und dem Abstand der Elektroden ab. Ich vermutete, dass dabei der sekundäre Widerstand ?) eine 1) Die Versuche wurden im Spätsommer an frisch gefangenen Fröschen bei einer Temperatur von 16—20 Zentigraden angestellt. 2) So will ich in dieser Arbeit anstatt des langen Ausdrucks „Widerstanp im sekundären Kreise“ sagen. Induktionsströme als Reize. T. 607 Rolle spiele, derart, dass er die Tendenz habe, den Quotienten der Einheit zu nähern. Von diesem Gesichtspunkte aus wäre es nämlich verständlich, dass die Benutzung unpolarisierbarer Elektroden, die Vergrösserung des Elektrodenabstandes und die Verkleinerung der Elektrodenfläche in demselben Sinne wirken. Anscheinend kann sich sogar beisehr grossem Widerstande (30—40 mm Nerv, Elektroden mit scharfen Schneiden) das Verhältnis umkehren, so dass das grössere Induktorium wirksamer wird. Tabelle 2. Vorversuche. Erklärung im Text. = Elektroden- Quotient | _ 3 Objekt Elektroden distanz Apparate| _ der . 185 (Juanti- z> mm täten © [ Platin 2 adult 2—4 3 ® 2 I:II | 15—2,2 6 m i unpolarisierbare El. 1—1, II: II 12 2 roscbmuskel j ebenso, scharfe \ $ indirekt 1| Schneiden wi 1:0r,] 092 71 Platin 40 I:II 1 1 a 40 Juraaun! 10) 3 (| unpolarisierbare El. 30 II: III 0,8 1 Froschmuskel = } & > : RE | Kupfer Me | 11: I 1,3 2 unversiftet; unpolarisierbare El. Muskel- IST 1,3 Hi derselbe, Kupfer länge 1211 1,35 1 curarisiert E Il: III 1,1—1,15| 2 Messingnadeln 3 I: Ill 6—7?) 6 Menschliche 2 . all e =) 3 E Zaee 5 3 1:11 ]4,53—-5,3°)| 2 5 unpol. El. von obere und \11:ıI 7,23) 1 4 gem Fläche untere Seite|| a Deshalb schien es geraten, systematisch den sekundären Wider- stand zu variieren. Vorläufig war nur zu sagen, dass die vorher besprochene Graduierung für lange Nervenstrecken richtige Resultate gibt (d. h. dass zu derselben Erregung auch dieselbe Quantität nötig ist), aber nicht für kurze Nervenstrecken, für Muskeln oder gar für die Zungenspitze. 1) Bei einem Versuch 0,96. 2) Kleine Berührungsfläche zwischen Elektroden und Zunge. 3) Grosse Berührungsfläche. 508 Martin Gildemeister: Variierung des sekundären Widerstandes !). Jetzt wurde noch ein Rheostat in die Leitung zwischen Strom- wähler P und Präparat N (s. Fig. 2,.S. 606) eingefügt. In der Tat wurden jetzt die Induktorien in ihrer Wirksamkeit desto gleichartiger, je mehr Widerstand eingeschaltet war. Als Beispiel seien einige mit den Apparaten II und III gemachte Versuche mitgeteilt: Tabelle 3. Elektroden- Zusatz- - distanz widerstand aulen Bemerkungen mm Ohm Il: III Froschgastrocnemius vom Nerven aus gereizt, Platinelektroden. 2 t) 2,2 40 N) 1 2 15.000 12 B) N) 2.0 Kaninchengastrocnemius, durchblutet, vom Nerven aus gereizt, Platinelektroden. 4 0 | 1,2 | 2 0 3,6 - 2 10 000 1,4 Menschliche Zungenspitze, Messingnadeln. 4 0 2,6 Kleine Berührungsfläche 4 0 4,0 Grosse Berührungsfläche 4 10 000 1,15 Kleine Berührungsfläche Unpolarisierbare Elektroden ergaben ähnliche Resultate. Besonders überzeugend ist der Zungenspitzenversuch, den man leicht in folgender Weise improvisieren kann, wenn man über zwei - Induktorien verfügt, die in der Grösse sehr stark voneinander diffe- rieren. Stellt man die Schlitten so ein, dass man von beiden Apparaten den gleichen mittelkräftigen Schlag erhält, wenn man die Nadelelektroden in grosser Ausdehnung an die Zunge andrückt, so erscheinen die Reize sofort ungleich, sobald sich die Berührung auf die äussersten Spitzen der Elektroden beschränkt. | Dass bei sehr grossen sekundärem Widerstande die Reizwirkung nach Elektrizitätsmengen richtig bemessen werden kann, unterlag 1) Siehe die Anmerkung 2 auf S. 606. Induktionsströme als Reize. 1. 609 jetzt keinem Zweifel mehr. Nun erhob sich die Frage: wie kommt es, dass in diesem Falle die vorherige Ungleichheit verschwindet? Muss jetzt der kleinere Apparat mehr Elektrizität hergeben oder der grosse weniger ? i Zur Beantwortung dieser Frage ist es nötig, vor und nach der Einschaltung des Widerstandes die Rlektrizitätsmengen zu messen, die das reizbare Organ passieren, und festzustellen, ob sie grösser oder kleiner geworden sind. Das ist direkt kaum möglich; denn schaltet man (nach Kompensation des gewöhnlich vorhandenen Ruhe- stromes des Präparates) ein Galvanometer und das Präparat in den Kreis einer sekundären Spirale und beobachtet die durch den eben wirksamen Induktionsschlag erzeugte Ablenkung, so bleibt es ungewiss, was dem Reizstrom und was etwa einer dadurch erzeugten Ver- änderung der gereizten Stelle zuzuschreiben ist. Überdies ist z. B. ein Nerv so empfindlich, dass er zur Erregung nur äusserst kleiner, der direkten Messung kaum zugänglicher Elektrizitätsmengen bedarf. Diese Schwierigkeiten liessen sich allenfalls umgehen; aber bequemer erscheint ein indirektes Verfahren, das nieht nur auf die gestellte Frage Antwort gibt, sondern ganz allgemein klarstellt, wie der Blektrizitätsbedarf!) vom Widerstande abhängt. Ehe hiervon die Rede ist, soll noch eine andere Frage erledigt werden, die hier von Wichtigkeit ist. Die Nerven, Muskeln usw. brauchen, wie die Versuche gezeigt haben, im allgemeinen mehr Elektrizität, wenn sie mit einem grösseren Induktorium gereizt werden. Liegt das an der primären Spirale, der sekundären oder an beiden? Hierzu wurde mit mehreren Präparaten folgender Versuch ge- macht: Zuerst wurden, wie gewöhnlich, die Reizschwellen für die beiden Induktorien II und III aufgesucht; dann wurden die sekun- dären Spiralen miteinander vertauscht, so dass zwei ungleiche Paare entstanden. (Das grosse Ind. II soll durch das Symbol Prim. Sek., das kleine III durch prim. sek. bezeichnet werden; nach der Ver- tauschung entstehen die Apparate Prim. sek. und prim. Sek.) Hier wurden die Reizschwellen wieder bestimmt, und' zum Schluss folgte die galvanometrische Messung der in den vier Fällen produzierten Elektrizitätsmengen. Dabei ergab sich folgendes Resultat: 1) So soll die zur Minimalreizung nötige Elektrizitätsmenge kurz genannt werden. E. Pflüger, Archiv für Physiologie. Bd. 131. 41 610 Martin Gildemeister: Froschgastroenemius, vom Nerven aus gereizt. Platinelektroden, 2 mm Abstand. Apparat Elektrizitätsmenge Prim. Sek. En prim. sek. 32 prim. Sek. 86 Prim. sek. 33 Die sekundäre Spirale bestimmt also den Elektrizitätsbedarf. Um das noch sicherer zu stellen, wurde die sekundäre Spirale von II abwechselnd mit ihrer primären (von mehreren hundert Windungen) und mit einer ganz kleinen Spirale (von 39 Windungen) kombiniert. Beide Male brauchte das Präparat dieselbe Elektrizitätsmenge. Über die Abhängigkeit des Reizwertes vom sekundären Widerstande. Nach den bisherigen Versuchen kommt man etwa zu folgender Anschauung: Wahrscheinlich haben die von sekundären Spiralen verschiedener Grösse gelieferten Öffnungsströme nicht dieselbe Form, da ja ihre physiologische Wirksamkeit bei gleicher Quantität ver- schieden ist. Je kleiner die Spirale, desto grösser die Reizwirkung, desto grösser also wahrscheinlich die Steilheit. Grosser sekun- därer Widerstand macht die Ströme physiologisch, also wohl auch physikalisch gleichartig. Das Wie und Warum bedarf noch der Aufklärung. Es existiert zwar eine exakte von Helmholtz begründete Theorie der In- duktionsströme, die hier Aufklärung liefern könnte. Mir schien es aber verlockender, das vermutete allgemeine Gesetz von der physio- logischen Seite aus in Angriff zu nehmen und erst nachträglich die Theorie zum Vergleich heranzuziehen. Über die Form der Öffnungsschläge kann auf physiologischem Wege nichts direkt in Erfahrung gebracht werden. Deshalb lautet die nächstliegende Fragestellung: nach welchem Gesetze wird der Reizwert des Öffnungsstromes durch den sekundären Widerstand verändert? Um die Antwort hierauf zu finden, muss der Wider- stand variiert und die jedesmal zur Minimalzuckung nötige Elektri- zitätsmenge beobachtet oder errechnet werden. Wie oben gesagt, stösst die direkte Beobachtung auf Schwierig- keiten. Deshalb wurde ein anderer Weg eingeschlagen. Induktionsströme als Reize, 1. 611 Man denke sich die sekundäre Spirale, deren Widerstand w (Fig. 3) sei, durch zwei Rheostate A und B kurz geschlossen; von den beiden Enden von B sei zum reizbaren Organ N abgeleitet (so dass also B eine Nebenschliessung zum Organ bildet). Wenn der Widerstand von N beträchtlich grösser ist als der von B, so kann der Gesamtwiderstand des sekundären Kreises ohne merklichere Fehler der Summe w-+ A + B_ gleichgesetzt werden !). Derselbe kann also durch diese Schaltung beinahe bis auf den Wert w herabgedrückt werden, während er bei direkter Verbindung von Spirale und Präparat nicht kleiner als + N werden kann. Das bedeutet eine sehr grosse Erweiterung des Versuchsbereichs. Der Zweigstrom, der durch N fliesst, ist ein treues Abbild, nur in anderem Maass- stabe, des durch w, A und B fliessenden Hauptstromes. Die dem Objekt zugeführte Elektrizitätsmenge ändert sich, ceteris paribus, je nach den Werten, die man A und B gibt. Aus den bekannten Gesetzen der Stromverzweigung lässt sich ableiten, Fig. 3. dass sie immer proportional dem Bruch ist, so lange B w+A+B man mit demselben primären Strom, Rollenabstand und Präparat arbeitet. Da es sich hier nicht um die Kenntnis absoluter Werte, sondern pur um ver gleichende Messungen handelt, braucht man sich um den Proportionalitätsfaktor nicht zu kümmern; vielmehr genügt es, diesen Bruch bei Minimalerregung zu bestimmen und festzustellen, wie er sich mit dem sekundären Widerstand w + A + B ändert. Für den Vergleich verschiedener Induktorien ist es von Wichtigkeit, dass im besagten Proportionalitätsfaktor noch der gegenseitige Induktionskoeffizient (der primären auf die sekundäre Spirale) im Nenner vorkommt. Experimentiert man nun an demselben Organ mit demselben primären Strom, aber mit ver- schiedenen Induktorien, so hat mau die nach eben beschriebener Weise er- rechneten Quantitäten mit den zugehörigen wechselseitigen Induktionskoeffizienten zu multplizieren, wenn man sie miteinander vergleichen will!), Wenn es sich nur, wie in der Tabelle 4, um einen einzigen Apparat handelt, so ist diese Umrechnung nicht nötig. 1) Diese Beziehungen werden in einem mathematischen Anhange, der dem zweiten Teil dieser Arbeit beigegeben wird, begründet werden. 41 * 612 Martin Gildemeister: Tabelle 4. Induktorium I. Abhängigkeit der Minimal-Elektrizitätsmenge (B/W s. Anm. S. 613) vom Widerstand W des sekundären Kreises. W und der Abzweigwider- stand 2 (s. Fig. 3) sind in Siemens-Widerstandseinheiten angegeben. 100.000 B w | zw B ww | 11/4 Versuch «. Menschliche Zunge. Versuch #. _ Froschischiadicus. Nadelelektroden. ı Platinelektroden, 2 mm Abstand. 230 390 0,697 303 5,91) 105,5 | 0,0521 948 260 860 302 116 6,5 206,5 315 484 280 1380 203 12. D00|232.2.8 307,5 244 325 300 2400 125 At | 89 508,5 167 197 390 3450 101 20. al 1111, 104 90,1 410 4510 091 Baal 2115 071 47,3 21,5 4 121,5 052 24,3 Versuch d. Froschgastrocnemius,; 415 | 10 771,5 0385 9,3 IE x 57 15 687 0365 6,4 (ohue Curare). Unpolarisierbare Blek- troden. | Versuch y. Dasselbe Präparat, 370 470 0,787 213 aber Elektrodendistanz 40 mm. 650 1750 371 57,1 © 870 2970 993 33,7 11,92) u en 897 990 4090 242 24,4 13,5 213,5 0632 468 15,5 315,5 0491 317 19 519 0385 193 Versuch e. Froschgastroenemius 28,5 1 128,5 0252 88,9 an oo Ä er 43 2143 0201 46,5 (eurarisiert). Unpolarisierbare Elektroden. 67 4167 o161 04 120 220 0,545 454 150 10 880 0137 9,2 235 835 281 120 365 1465 249 68,5 550 2650 203 37,7 Dieses im Grunde ganz einfache Verfahren wurde so gehand- habt: Zuerst wurde der Rheostat A auf Null gestöpselt; dann wurde in B so lange Widerstand eingeschaltet, bis bei Öffnung des primären Stromes Minimalerregung eintrat. Der zugehörige Widerstand heisse B,°). Jetzt hat man als zusammengehörig: den sekundären Wider- 1) Mittelwerte aus zwei Versuchen. 2) Eigentlich muss noch angegeben werden, wie gross die Sprünge d sind, um welche BD verändert worden ist. Mit anderen Worten: es muss ausser dem kleinsten wirksamen (B,) noch der grösste unwirksame (Bı—0) Wert von B mitgeteilt werden, der beobachtet worden ist. d‘ betrug im all- gemeinen höchstens 5°/o von B,; etwas mehr (nämlich 1 Siemens-Einheit) in den- jenigen Fällen, wo B, kleiner als 20 Siemens-Einheiten war. Induktionsströme als Reize. 1. 613 stand w+ B,, und die Elektrizitätsmenge (genau genommen den Ä x Bb ihr proportionalen Wert BE Br: Zweiter Versuch: A wird auf einen gewissen Wert, z. B. A, gestöpselt, und der Grenzwert B, aufgesucht; jetzt gehören zusammen als Widerstand w + A, + B,, w-+ As + B, Vergrösserung von A (und damit auch B) fort, bis B so gross wird, dass es nicht mehr beträchtlich kleiner als der Widerstand von N ist. Dann wird die Versuchsreihe abgebrochen. als Elektrizitätsmenge !) So geht es unter allmählicher Versuche dieser Art ergaben unzweifelhaft, dass für die mensch- liche Zungenspitze und den (direkt oder indirekt gereizten) Frosch- muskel desto weniger Elektrizität zur Minimalerregung nötig ist, je grösser der sekundäre Widerstand. 600 Man vergleiche die Tabelle 4, die sich auf das Induktorium II bezieht. In der ersten Spalte ist der Grenz- widerstand von B angegeben, in der zweiten der Gesamtwiderstand W=w-+ 4A+B. Die dritte Spalte A (B!W) enthält die Elektrizitäts- menge, die kurz mit @ bezeichnet 100 werden soll. (Die vierte Spalte soll sogleich erklärt werden.) In welcher Weise die Quanti- tät vom Widerstande abhängt, ist am besten aus der graphischen Darstellung zu entnehmen. Siehe Fig. 4, wo Versuch « in dieser Weise veranschaulicht ist. Man kann sagen, dass die Quantität sehr regelmässig zuerst schnell, dann langsamer abnimmt. Eine viel bessere Übersicht gewinnt man, wenn man zu Ab- szissen nicht die Widerstände W, sondern ihre reziproken Werte wählt, wie es auf Fig. 5 geschehen ist. Dann kann man mit 500 400 300 Elektrizitätsmenge. 0 1000 2000 3000 400 S.E. Wideratand Fig. 4. Versuch « der Tab. 4. 1) Selbstverständlich kann das Verhältnis zweier Widerstände niemals eine Elektrizitätsmenge bedeuten. Im Interesse einer kurzen Ausdrucksweise will ich aber den fehlenden Proportionalitätsfaktor hier unbeachtet lassen, zumal da kein Missverständnis dadurch entstehen kann. 614 Martin Gildemeister: 808 409 600 500 406 300 4100000:W 109 o 100 200 300 00 500 600 $oo 900 900 1090 Fig. 5. Abhängigkeit der zur Minimalerregung nötigen Elektrizitätsmenge @ — B/W) vom Widerstande W. Die Abszissen bedeuten 100000: W in Siemens- Einheiten. grosser Annäherung sagen, dass der Elektrizitätsbedarf mit dem reziproken Widerstand gradlinig zunimmt. Das lässt sich durch die Formel 0 a#=-3b Werne Ele a ausdrücken, worin © die Elektrizitätsmenge, W den Widerstand, a und db Konstante bedeuten. Nebenbei mag bemerkt werden, dass «a anscheinend nur vom Präparat, b aber ausserdem noch von den Konstanten der sekundären Spirale abhängt (s. S. 618). Bei genauer Betrachtung bemerkt man, dass die Kurven nicht genau gradlinig, sondern ein wenig nach unten konkav sind. Hierauf werde ich noch zurückkommen. Diese Versuche verbreiten zwar Licht über die Veränderung der Reizwirkung eines einzigen Apparates bei Veränderung des sekundären Widerstandes; es ist aber damit das Phänomen, das den Ausgangspunkt unserer Untersuchung bildete, durchaus noch nicht aufgeklärt. Denn es ist noch nicht ersichtlich, weshalb grosse und kleine Spiralen zur Minimalreizung verschiedene Elektrizitätsmengen Induktionsströme als Reize. I. 615 hergeben müssen, und wodurch bei grossem Widerstand diese Un- gleichheit schwindet. Diese Frage erfordert vergleichende Versuche nach der eben beschriebenen Methode. Nachdem auf diese Weise die Elektrizi- tätsmenge als Funktion des Widerstandes bei einem Induktorium festgestellt ist, wird ganz dasselbe unter Benutzung eines anderen Apparats ermittelt, aber mit demselben Präparat und ohne Verände- rung des primären Stromes. Um die errechneten Elektrizitätsmengen miteinander vergleichbar zu machen, müssen sie, wie schon S. 611 erwähnt, mit dem gegenseitigen Induktionskoeffizienten des be- treffenden Apparates multipliziert werden. Versuehe dieser Art sind in der Tabelle 5 mitgeteilt. Tabelle 5. Vergleichende Versuche an je zwei Induktorien. B Abzweigwiderstand (s. Fig. 5). W Gesamtwiderstand des sekundären Kreises, r gegenseitiger In- duktionskoeffizient der primären auf die sekundäre Spirale, Q Elektrizitätsmenge. Induktorium III Induktorium II B/W Mdlss | Versuch n. Froschmuskel (ohne Curare) direkt. Kupferelektroden. 50) 100 | 0,500 1150 | 1000 1120) 220|0,556 | 5449 | 455 630 37 12 | 410 | 68 j1a5| A25| 9a | assı | 235 20150 211 | 485 75,2 |150| 750) 200 | 1960 | 183 es a1 | 554 138—[180 | 1280| 141 | 138392 | 781 #0 2360.) -306 | 704 278. 220! 2320| 095 931 71.431 295 | 383 766 444 [320 4420| 072 706 | 22,6 50| 100 650 /11380! 057 59 | 88 Versuch $. Froschmuskel (ohne Curare) direkt. Unpolarisierbare Elektroden. 60 110 | 0,556 | 1279 909 ]|115 215 0,535 | 5243 | 465 105 255 412 | 948 392 | 180 780| 231 2264 | 128 300 850 353 | 812 118 ]310|, 2410| 128 1254 | 415 Versuch ı. Froschmuskel (curarisiert) direkt. Unpolarisierbare Elektroden. 250 300 | 0,833 1916 | 333 |280| 380 | 0,737 1223 263 | | 750|.1850| 405 | 3969 | 541 Versuch x. Froschmuskel vom Nerven aus. Unpolarisierbare Elektroden, 10 mm Abstand. 971 901 8 58 | 0,138 317 | 1724 11| 111 0,0991 12 112 | 107 246 893 13| 163! 798 782 613 16 166 0964 222 602: | 14| 21a|l 654 641 | 467 46 596 0772 178 168 22| 62) 34| 347 | 16 140 | 2190 , 0640 147 45,71 46| 2146| 214 210 | 46,6 770| 11450 | 0672 155 8,7 1175/10900! 161 158-1298 2350 | 34290 | 0685 158 2,9 ja75|32465| 1466| 148 | Sı (Fortsetzung auf folgender Seite.) 616 Martin Gildemeister: Induktorium II Induktorium I | Br\ | 100.000 Br, | 100.000 I a BEZ Ela nn Versuch A. Froschmuskel (ohne Curare) direkt. Kupferelektroden. 20000 2 Zusatzwiderstand zu N. 1701| 270 | 0,630 | 6174 370 300 | 2450 | 0,122 4348 40,8 260 860 302 2960 116 3701 4520 082 2919 22,1 1760 | 12490 141 1382 80 |700|13480| 052 1851 7,4 170 270 | 8300| 2450 | | Auch hier erhält man erst durch die graphische Darstellung (s. Fig. 6) den rechten Überblick. Als Abszissen sind wie in Fig. 5 nicht die sekundären Widerstände, sondern ihre reziproken Werte Widerstand in Siemens-Einheiten. us 32 z000 1on 500 300 200 5000 “ Q& 3000 . R e“ 100000 :W- 4000 6 490 200 300 +00 so0 600 300 800 9009 10900 Fig. 6. Graphische Darstellung der Versuche 7, $ und A der Tab. 5. gewählt; die zugehörigen Widerstandswerte finden sich am oberen Rande der Figur. Die in gleicher Manier gezeichneten Kurven ent- sprechen derselben Versuchsreihe und sind zusammen zu betrachten. Was bier in erster Linie bemerkenswert ist, das ist der Einfluss der Apparatgrösse auf die Steilheit der Kurven !). nr verläuft viel steiler als 71,1, ebenso. verhält sich 97, zu Ir und A; zu Ay. Daraus 1) Nach der Tabelle 1 ist I der grösste, III der kleinste Apparat. Induktionsströme als Reize. 1. 617 m Verein mit den auf S. 610 (oben) mitgeteilten Ergebnissen lässt sich ‚der Schluss ziehen: je grösser die sekundäre Spirale, desto schneller wächst der Elektrizitätsbedarf bei abnehmendem Widerstande. Die Fig. 6 klärt das Grundphänomen, von dem diese Unter- suchungen ausgegangen sind, vollständig auf. Man fasse z. B. das Kurvenpaar 9,7 und n7ır ins Auge. Dasselbe zielt sichtlich nach einem Punkte hin, der auf der Ordinatenachse etwa bei der Zahl 400 liegt. Das heisst: in diesem Falle ist bei sehr grossem Wider- stande der Elektrizitätsbedarf des Muskels unabhängig vom Apparate und beträgt 400 (willkürliche) Einheiten; dann ist also der Quotient gleich Eins. — Nun werde der sekundäre Widerstand etwa auf 1000 Siemens verkleinert. Dann hat man bei 1000 Siemens (siehe den ‘oberen Rand der Figur) einen senkrechten Schnitt durch die beiden n zu legen. Jetzt ist die Ordinate von nr etwa dreimal so gross als die von nr, d. h. der Apparat II muss zur Minimalerregung drei- mal so viel Elektrizität hergeben. Bei 300 Siemens steigt das Ver- hältnis etwa auf 5,5 zul usw. Je kleiner also der sekundäre Wider- stand, desto grösser der Quotient, entsprechend den Versuchen der Tabelle 2 (S. 607). Dasselbe lehren die Versuche 9, A und x, von denen der letzte hier nicht abgebildet ist. Nun bleiben noch einige Fragen zu erledigen. Es hat sich z. B. gezeigt, dass bei sehr grossem Widerstand der Quotient kleiner als Eins werden kann (s. Tab. 2). Offenbar müsste sich das darin aus- sprechen, dass die Kurven nicht in einem Punkte der Ordinatenachse zusammentreffen, sondern sich vorher schneiden. Und so ist es in der Tat, wenigstens manchmal: die Kurve des Induktoriums III ent- fernt sich bei sehr grossem Widerstande wieder von der Abszissen- achse. Man beachte die zweite und vierte Spalte des Versuchs + (Tab. 5). Dort ist ersichtlich, dass die Elektrizitätsmenge Br/W bei dem Widerstande 2190 Siemens-Einheiten ein Minimum hat (147), um dann bei 11450 und 34290 Siemens -Einheiten wieder anzusteigen. Hier handelt es sich um den Apparat III; II (7 und «) undl (4) weisen bei eben so grossen Widerständen kein Minimum auf. Ich vermute, dass der Grund dafür teilweise physikalischer Natur ist, indem nämlich in dem kleinen Induktorium in dem abnormen Widerstandsbereich elektrische Schwingungen auftreten. Wenigstens lässt die Theorie, auf die ich in dem zweiten Teil dieser Arbeit eingehen werde, derartiges voraussehen. 618 ° Martin Gildemeister: In obigem Abschnitt ist es gelungen, den Erscheinungskomplex, der uns hier interessiert, befriedigend zu beschreiben. Jedoch fehlt es noch an einer kausalen Erklärung der Ergebnisse. Weshalb steigen in Fig. 6 die Kurven desto steiler an, je grösser der Apparat? Die Frage kann in der vorliegenden Arbeit noch nicht erledigt werden, weil dazu die systematische Veränderung einer wesentlichen Eigenschaft der Spiralen, nämlich der Selbstinduktion, nötig ist. Dazu bedient man sich zweckmässigerweise eines Eisenkerns. Um die vorliegende Arbeit nicht zu sehr auszudehnen, will ich über Versuche dieser Art im zweiten Teile berichten. Dort soll auch die Theorie der Induktionsströme mit unseren Ergebnissen ver- slichen werden (wobei auch über ihre Form zu sprechen sein wird), und schliesslich will ich dann untersuchen, ob die Graduierungs- methoden der neuesten Zeit brauchbar oder durch eine neue zu er- setzen sind. : Als vorläufiges Resultat kann ich mitteilen, dass in der Tat die nach der Methode des letzten Abschnittes gewonnenen Kurven (Quantität als Funktion des reziproken Widerstandes) desto steiler ansteigen, je grösser man die Selbstinduktion wählt. Und zwar ist ihre Steilheit!) proportional der Selbstinduktion. Diese Beziehung ist an der Fig. 6 leicht nachzuprüfen und bewährt sich dort befriedigend. Das Verhältnis der Steilheiten ist nämlich bei nıdmım und $ır/$ır etwa gleich 18, bei Ay/Arr etwa gleich 5,9. Die Verhältnisse der Selbstinduktionskoeffizienten sind nach Tab. 2 23 und 5?). Diesem Einfluss des Selbstinduktionskoeffizienten ist dadurch Rechnung zu tragen, dass man in das zweite Glied auf der rechten Seite der Formel 1, Seite 614, den Selbstinduktionskoeffizienten als Faktor einführt, so dass die vervollständigte Formel lautet: Owl WdE a Ben: (© zur Minimalerregung nötige Elektrizitätsmenge, p Selbst- induktionskoeffizient der sekundären Spirale, W Widerstand des 1) D. h. die trigonometrische Tangente des Winkels zwischen Kurve und Abszissenachse, wenn erstere als gerade Linie betrachtet wird. _ 2) Die Abweichung zwischen Theorie und Versuch (anstatt 23 nur 18) ist in den Versuchen n und % grösser, als es die Beobachtungsfehler erwarten lassen. Vielleicht isoliert die Bespinnung des Ind. III nicht vollständig, so dass die Induktionsströme dieses Apparates ein wenig deformiert werden. Induktionsströme als Reize. ]. 619 sekundären Kreises, « und 8 Konstante, die nur vom untersuchten Objekt abhängen.) Den strikten Beweis für dieselbe kann ich jetzt noch nicht führen; aber mancherlei, unter anderem auch theoretische Be- trachtungen, sprechen für ihre Richtigkeit. In welehem Grade die Vermehrung der Selbstinduktion die ‚Wirkung eines Induktoriums herabsetzen kann, das lehrt ein frappanter Versuch, den ich noch mitteilen möchte, obgleich er nicht ganz hierher gehört. Die Wirksamkeit eines Indnktoriums wird unter Umständen durch einen Eisenkern vermindert. Der paradoxe Versuch wird am besten in folgender Weise an- gestellt: Bei einem mittleren Induktorium (II) wird der Eisenkern entfernt und die sekundäre Rolle halb über die primäre geschoben. Dann verbindet man die sekundären Pole mit einem Froschnerven oder Muskel und schaltet ausserdem zwischen dieselben Pole als Nebenschliessung einen Widerstand von 100—200 Ohm ein. Jetzt wird der primäre Strom so lange verstärkt, bis der Muskel auf Einzelreize eben kräftig zuckt. Schiebt man nun einen Eisenkern von aussen so tief in die sekundäre Spule hinein, dass er die primäre Spirale berührt, so werden die Induktionsströme unwirk- sam. Je nach der Stellung der Spiralen kann man den Kern manchmal sogar ein wenig in die primäre Spirale hineinschieben. — Wie Einzelreize, so werden auch frequente Reize (während des Hammerspieles) durch den passend eingeschobenen Kern unwirksam gemacht. Ohne Nebenschliessung ist der beschriebene Effekt viel schwerer zu erreichen. Auch dann glückt der Versuch (aber nicht regelmässig), sobald man die beiden Spiralen bis zur Berührung auseinanderzieht und den primären Strom so abstuft, dass die Zuckungen submaximal werden. Der Eisenkern darf jetzt nicht in die sekundäre Spirale eingeschoben werden, sondern wird aussen auf die primäre gelegt. Fig. 7 zeigt Kurven, die auf diese Weise erhalten sind. Die Erklärung bietet im Lichte der mitgeteilten Ergebnisse keine Sehwierigkeit. 1. Mit Nebenschliessung. Der Eisenkern vermehrt zwar, wie galvanometrische Versuche zeigen, die Einwirkung der 620 Martin Gildemeister: a ’ b C Fig. 7. Einzelzuckungen (a und ce) und Tetanus (b) eines indirekt gereizten Frosch- gastroenemius vor und nach Einschieben eines Eisenkerns in die sekundäre Spirale des Induktoriums I. Von links nach rechts zu lesen. @ und 5 Rollen halb übereinander geschoben, Nebenschliessung von 200 2 zum Nerven. «: Zuerst ohne Eisenkern, drei maximale Zuckungen, dann mit Kern Ruhe, ohne Kern wieder Zuckungen. d: Ohne Kern (o) Tetanus, beim Einschieben des Kernes (<<) Ruhe. Fünfmal wiederholt. ce: Rollen bis zur Berührung voneinander entfernt, ohne Eisenkern drei submaximale Zuckungen. Nun Eisenkern aussen auf die primäre Rolle: drei Minimalzuckungen. Wiederholung desselben Versuches. primären Rolle auf die sekundäre, d. h. die Elektrizitätsmenge, aber noch mehr die Selbstinduktion der sekundären Spirale. Dadurch werden die Ströme weniger wirksam. 2. Ohne Nebenschliessung Ausserhalb einer Spirale herrscht nur ein sehr schwaches magnetisches Feld, so dass der Eisenkern wenig magnetisiert wird und den gegen- seitigen Induktionskoeffizienten fast gar nicht beeinflusst. Dagegen wird er von den Kraftlinien der sekundären Spirale getroffen, da er sozusagen innerhalb ihrer äussersten weiten Windungen liegt. Des- halb wird der Selbstinduktionskoeffizient der letzeren vergrössert. Schlussfolgerungen. Aus den bisher mitgeteilten Ergebnissen lassen sich schon einige Schlussfolgerungen ziehen. Zunächst in bezug auf die Graduierung von Induktorien. Die bisher allgemein übliche Methode der Graduierung nach Elek- trizitätsmengen (durch den Ausschlag eines Galvanometers) ist nicht ausreichend; sie gibt richtige Resultate nur, wenn die sekundären Spiralen sich in ihren wesentlichen Eigenschaften — Widerstand und Selbstinduktion — gleichen. Man könnte nun daran denken, einen jedem Apparat eigentümlichen Korrektionsfaktor zu suchen; aber nach den Ergebnissen von S. 610—614 ist es leicht einzusehen, dass dies nicht möglich ist, da ja schon bei demselben Apparat die Induktionsströme als Reize. I. 621 zur Minimalerregung eines Präparates nötige Elektrizitätsmenge vom sekundären Widerstande, der vom untersuchten Objekte mitbestimmt wird, abhängig ist. Dagegen führt wahrscheinlich die Einschaltung eines sehr grossen Widerstandes in den sekundären Kreis zum Ziele und bringt die physiologische Wirkung in Einklang mit der Graduierung. Ob sieh aber dann nicht Störungen durch elektrische Schwingungen ergeben, müssen weitere besonders auf diesen Punkt gerichtete Unter- suchungen ergeben. — Eine andere Graduierungsmethode lässt sich aus der Gleichung 2, Seite 618, ableiten. Wenn man nämlich bei zwei Apparaten das Verhältnis von Selbstinduktion und Widerstand (»/!W) gleich macht, so müssen, falls sich diese Formel bestätist, die Reizwirkungen bei gleicher Eichzahl auch gleich sein. Ferner ist von Interesse, dass bei Induktionsströmen mit ab- nehmendem sekundärem Widerstande die gleichen Elektrizitäts- mengen weniger stark reizen. Um falschen Deutungen zu entgehen, wird man auf diesen Punkt zu achten haben, wenn z. B. durch Er- wärmung eines tierischen Organs dessen Widerstand verkleinert wird. Durch eine passende Nebenschliessung zum Präparat kann die Deformation der Stromkurve vermieden werden. Viel wichtiger als diese Punkte scheint mir aber die nach- gewiesene strenge Gesetzmässiskeit der Induktionsreize zu sein. Dieser Eigenschaft verdanken ja die Kondensatoren ihre Einführung in die ärztliche Diagnostik. Da das Gesetz der Induktionsströme anscheinend genau dem bekannten Hoorweg- schen Kondensatorgesetz entspricht — hier wie dort wächst die Quantität von einem Minimalwert an einigerinaassen geradlinig, wenn man gewisse Pigenschaften der Apparate variiert (bei den Konden- satoren die Kapazität, hier den Widerstand) —, so wird man alle Aufschlüsse über die Erregbarkeit und ihre pathologische Veränderung ebensoeut mit dem einfachen und jedem vertrauteu Induktions- apparat wie mit dem schwer zu handhabenden Kondensator erlangen können. Wie das zu machen ist, wird an anderer Stelle dargelegt werden. Zusammenfassung. Drei Induktionsapparate ohne Eisenkerne von sehr verschiedener Grösse, die in üblicher Weise nach der ablenkenden Wirkung, die ihre Ströme auf ein Galvanometer ausübten, geeicht waren, wurden bezüglich der Reizwirkung ihrer Öffnungsströme auf ierische Organe 622 Martin Gildemeister: A (Froscehmuskeln direkt und indirekt, Kaninchenmuskeln indirekt, menschliche Zunge) miteinander verglichen. Der gleichen Eichzahl entsprach durchaus nicht dieselbe physiologische Wirkung, vielmehr # waren die Apparate im allgemeinen jekleiner, desto wirksamer, Wenn Organe von hohem inneren Widerstande gereizt wurden, oder wenn in den sekundären Kreis grosse Widerstände ein- geschaltet waren, war von der besagten Ungleichheit nichts zu be- merken. Andererseits war sie anscheinend besonders stark ausgeprägt, wenn das Untersuchungsobjekt einen sehr kleinen Widerstand hatte. Um diese Beobachtungen aufzuklären, wurde untersucht, in welcher Weise der Widerstand im sekundären Kreise und die Minimalquantität (d. h. die zur Minimalerregung nötige Elek- trizitätsmenge) miteinander zusammenhängen. Zuerst wurde diese Abhängiekeit bei einem einzigen In- duktorium bestimmt, dann wurden je zweiApparate miteinander verglichen. Im zweiten Falle wurde in beiden Versuchsreihen das- selbe Präparat benutzt. Es zeigte sich, dass die Minimalquantität bei allen Appa- raten desto grösser ist, je mehr der Widerstand ver- mindert wird. Die Schnelligkeit des Wachsens ist aber nicht bei allen Apparaten dieselbe, sondern steigt mit der Grösse der sekundären Spirale (wahrscheinlich hänet das von der Selbstinduktion der letzteren ab). Wenn der sekundäre Widerstand wächst, So ver- kleinert sich andererseits die Minimalquantität. Anscheinend strebt sie dabei einem gewissen (kleinsten) Grenzwert zu, der vom benutzten Apparat unabhängig ist. Damit sind die be- obachteten Erscheinungen (s. oben) befriedigend aufgeklärt. Die eben beschriebene Abhängigkeit lässt sich in Form einer Kurvenschar darstellen, wodurch die Dinge wesentlich anschaulicher werden. Bezeichnet man mit @ die Minimalquantität, mit W den Widerstand im sekundären Kreise, mit p das Selbstpotential der sekundären Spirale und schliesslich mit a und £ konstante, nicht vom Instrumentarium (sondern nur vom gereizten Organ) abhängige Grössen, so eilt wahrscheinlich mit grosser Annäherung die Formel: 9=«+$pIW. Induktionsströme als Reize. I, 623 Die Diskussion derselben führt zu obigen Resultaten. * ; , Unter Umständen kann ein in die sekundäre Spirale ein- - ©geschobener Eisenkern die Induktionsströme physiologisch weniger wirksam machen. Dieser paradoxe Versuch kann aus den Ergebnissen dieser Arbeit leicht erklärt werden. Aus dem Mitgeteilten sind wichtige Schlussfolgerungen zu ziehen: 1. Die übliche Graduierung ist unzureichend. Es ist möglich, einen einwandfreien Weg dazu zu finden. 2. Wenn man bei Reizversuchen die Abhängigkeit der Minimal- quantität vom Widerstand nicht berücksichtigt, kann man schwer- wiegenden Irrtümern unterliegen. 3. Da das Gesetz der Induktionsströme die grösste Ähnlichkeit mit dem Hoorweg’schen Kondensatorentladungsgesetz besitzt, so kann man zur genauen Messung der Erregbarkeit (z. B. zu ärztlich- diagnostischen Zwecken) den einen Apparat ebensogut benutzen wie den andern. Der Induktionsapparat ist bequemer zu handhaben, so dass er wahrscheinlich in Zukunft den Kondensator auf diesem Ge- biete verdrängen wird. Eat. ME ae ae a R} “ ir) Br Ida ; 1% N us u IN Anare han “ u 7 1 ei: a Br: PR + n [| e j vi Tafel VI. Bad. 181. Archiv für die ges. Physiologie. HERABBRREBHBRRABGG "HH ‚ ß Verlag von Martin Hager, Bonn. ININTUNN ...: 07984 | da mn nt nn