Mmm^'^m PRAKTIKUM DER GEWEBEPFLEGE ODER EXPLANTATION BESONDERS DER GEWEBEZÜCHTUNG VON DR. PHIL. RHO DA ERDMANN PRIVATDOZENT DER PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT AN DER FRIEDRICH WILHELMS - UNIVERSITÄT ZU BERLIN MIT 101 TEXTABBILDUNGEN VERLAG VON JULIUS SPRINGER • BERLIN 1922 QP 88 ^'"^ ^ E 75 PRAKTIKUM DER GEWEBEPFLEGE ODER EXPLANTATION BESONDERS DER GEWEBEZÜCHTUNG VON DR. PHIL. RHODA ERDMANN PRIVATDOZENT DER PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT AN DER FRIEDRICH WILH E LMS - UNIVERSITÄT ZU BERLIN MIT 101 TEXTABBILDUNGEN ^1 ; m i "^ i LT) \ o~ o □ CD m a L 1 B R A R "*' 1 30J ^\ AI M^a VERLAG VON JULIUS SPRINGER BERLIN 1922 ALLE RECHTE INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN. COPYRIGHT 1922 BY JULIUS SPRINGER IN BERLIN. DEM BEGRÜNDER DER ENTWICKLUNGSMECHANIK WILHELM ROUX IN DANKBARER ERGEBENHEIT Vorwort. Diese Einführuiig in die Methodik der Gewebepflego ist der erste Versuch, diese Methode in weitere Kreise zu verbreiten. Schon auf der Universität soll der werdende biologische Forscher sie kennen lernen, damit er später bei Inangriffnahme eigener Arbeiten frei über sie ver- fügt. Nach fast zweijährigem Kursbetrieb hat sich in mir die Über- zeugung entwickelt, daß eine Einführung in die Gewebepflege im Universitätsunterrichtsbetrieb nötig und möglich ist. Mit sehr einfachen Mitteln und auf elementare Art habe ich G?webepflege erfolgreich lehren können. Bis jetzt wurde die Methode in Forsch ungs-In.sti- tuten von Person zu Person gelehrt, und dabei stand eine reiche Appa- ratur und viel Assistenz zur Verfügung. Das hinderte früher und auch jetzt vielfach die Ausbreitung dieser so wichtigen Methode. Der Forscher braucht natürlich mehr Assistenz, reichere Apparatur, bessere Einrich- tungen als ich sie hier aufgezählt habe. Aber, was mir so wichtig er- scheint, daß diese Methode ein Gemeingut derer wird, die in Zukunft biologisch forschend arbeiten wollen, kann, wie man hier sieht, auf verhältnismäßig einfache Weise, mit billigen Mitteln erreicht werden. Zwar steckt die Methode der ,, Gewebepflege im Explantat" noch in den Kinderschuhen. Sie wird aber in Zukunft bestimmt sein, gleichberechtigt neben die anderen Methoden der kausalanalytischen Forschung zu treten, wenn viele Köpfe und viele Hände an ihrer Vervollkommnung arbeiten. Es ist erst ein Anfang dazu gemacht. Wie notwendig ein so allgemeines Kennenlernen der Methodik ist, beweist die Geschichte des Wissenszweiges, nämlich der Entwick- lungsmechanik (Entwicklungsphysiologie), aus welcher die Gewebe- pflege, und enger die Gewebe Züchtung hervorgegangen ist. Die Ent- wicklungsmechanik, populär auch experimentelle Entwicklungslehre genannt, umfaßt eine Reihe von Disziplinen, die manches in der Methodik gemeinsam haben, aber sich doch in der speziellen Fragestellung und in der Art ihrer Lösung unterscheiden. Wir sprechen z. B. von Transplantat ions- und Explantationsmethoden in der kausalanalytischen Forschung. Sie beide haben als Material lebende Organismen, Organe, Organteile, Gewebe und Zellen, mit denen experimentiert wird. Bei ihnen ist das Schicksal des Explan- tates oder des Transplantates die Hauptsache und nicht auch das des Organismus, aus welchem sie entnommen sind, wie es bei Regenerations- expcrimenten der Fall ist. Die Explantation hat schon eine lange Ge- schichte hinter sich und zeigt, daß jeder neue Wissenszweig sich seine Methodik schafft. Diese Methode wurde 1884 von W. Roux (Gesamm. Abhandl. II, S. 247) erdacht, indem er mit Hilfe von Herausschneidung VI Vorwort. der Medullarplatte des Hühnchens und Beobachtung der weiteren Ent- wicldung in einer warmen Kochsalzlösung kausalanalytisch ermittelte, daß der Schluß des Medullarrohres nicht nach HI8 durch den Druck der wachsenden Nachbarteile der Medullarplatte, sondern durch Selbst- schluß dieser Platte erfolgt. Dies war das erste kausalanalytische Ex- periment, in dem ROUX zur Lösung eines bestimmt gestellten morpho- logischen Problems diese Methode anwandte. Es folgte von demselben Forscher 1893 (II, S. 986-995; Arch. f. Entwickl.-Mech. I u. III) die Isolation vonFurchungszellen des Frosche» im Hühnereiweiß oder in einer ^/aproz. Kochsalzlösung. Hierbei wurde die gegenseitige Näherung der Zellen (Zytotropismus), die flächenhafte Vereinigung zu geschlossenen Komplexen, die nachträgliche Umordnung und das Wiederaustreten von Zellen aus dem Verbände im analytischen Experiment beobachtet; kurz, alle Erscheinungen der Zytotaxis, deren weitere Erforschung jetzt ein großes Gebiet in der Gewebepflege einnimmt. In den letzten 20 Jahren, seit den Arbeiten von Haerison, Bureows, Caeefl u. a. hat die Explantation von Geweben sich hoch entwickelt. Wenn auch Haeeison seine Experimente aus entwicklungsmechanischen Gründen angestellt hat, so sind jetzt wieder viele Arbeiten erschienen, die die Methode der Gewebepflege anwenden und doch nur rein deskriptiv arbeiten. Das liegt natürlich da'^an, daß erst die wichtige Frage nach der Art eines analysierbaren Nährmediums restlos gelöst werden sollte. Diese Lösung fehlt noch. Aber ist sie erst erreicht, so wird auch die Methode der Explantation, besonders der Gewebeexplantation für die kausalanalytische Forschung von hochbedeutendem Nutzen sein, wie ja auch erst durch die Transplantation nach dem Erscheinen von BoENS, Baefueths, Beaus', Haerisons, Moegans, Deieschs, Heebsts u. a. Arbeiten und den Arbeiten ihrer Schüler eine Renaissance der Zoologie aufging, nachdem nach Roux' Vorgang bewußt kausalajia- lytisch zu experimentieren begonnen worden war. So muß auch mehr und mehr die Zellenlehre aus einer deslaiptiven Wissenschaft eine experimentelle und allmählich auch kausalanalytische werden. Deshalb ist die Methode der Gewebezüchtung zu pflegen; um die Erhaltungs- und Gestaltungsfunktionen der lebenden Zelle und des lebenden Gewebes unter verschieden experimentell gesetzten Umständen auszulösen und qualitativ zu beeinflussen. Berlin-Wilmersdorf, Juni 1922. Rhoda Eedmann. Inhalts Verzeichnis. Seite UmgrenzungdesAi'beitsgebietes 1 Aufzählung und Beschreibung der notwendigen Apparate 4 I. Ve r ä n d e r u n g der Z e 1 1 f o r m e n in verschiedenen Medien 6 A. Gewinnen der Kulturmedien 6 B. Ansetzen der Kulturen 16 C. Beobachten und Pflegen der Kulturen 19 IL Lebensäu ßerungen der Zellen und Gewebe in ver- schiedenen Medien 29 A. Auswanderung der eingepflanzten Zellen gezeigt an der Milz . 38 B. Umbildung der Knochenmarkzellen 42 C. Phagozytose und Erscheinungen der Riesenzellenbildung .... 45 D. Zellteilung der lebenden Zelle und Darstellung ihrer Inhalts- körper 47 E. Erscheinungen des Zelltodes 51 III. Äußerungen echten Wa c h s t u m s 5Q A. Echte Wachstumerscheinungen des embryonalen Bindegewebes und Umbau des erwachsenen Bindegewebes 5S B. Echtes Wachstum des embryonalen Muskelgewebes und Ab- und Umbau der erwachsenen Muskulatur 68. C. Echtes Wachstum der Epithelgebilde, gezeigt an dem embryo- nalen Epithel und Verlialten der erwachsenen Schilddrüsen und Geschlechtsdrüsen 74 IV. A b 1 a u f p r o g r e s s i V e r u n d r e g r e s s i V e r V o r g ä n g e . . . . 84 A. Verhalten der Sinnesepithelien in dem Kulturmedium 84 B. Verhalten der nervösen Elemente 89 C. Verhalten des Herzklappengewebes 96 V. Nutzbarmachung der Methode der Gewebezüchtung zurLösungnoch strittiger Fragen 100 Zusammenstellung des Materials und der einschlägigen Literatur . . 112 2^ 5^3 UmgTenzimg- des Arbeitsgebietes. Zum Beginn soll der Begriff ..Explantation'-, der 1905 von W.Roux geprägt wurde, oder Gewebepflege im Exf)lantat kurz definiert werden, damit die gestellte Aufgabe abgegrenzt werden kann. Gewebepflege zerfällt in: die Pflege des Ganzexplant ates-Totalexplantates und die Pflege des Teilexplantates-Partialexplantates. Im Ganzexplantat wird verschiedenes Material gepflegt, mitunter auch gezüchtet. Die Ganzexplantation beschäftigt sich mit der Pflege des ganzen oder fast des ganzen Organismus, die Teilexplantation mit der von Organen, Organteilen, Geweben, Zellen, die, von dem Mutterorganismus entfernt, in ein nichtlebendes Kultur- medium zu kurzer oder länger dauernder Lebenderhal- tung eingeführt werden. Die Ganzexplantate werden wir in diesen Übungen nicht behandeln. Die Auspflanzung des zentralen Teiles von Hühnerkeimen, die durch Roüx 1884 ausgeführt, von Hühnerkeimen durch Worther und Whipple 1912, von ganzen Keimblasen des Kaninchens durch Brächet 1913, sowie die Erhaltung des zu früh geborenen menschlichen Kindes gehören zur Ganzexplantation. Zu dem Ganzexplantat aus dem Muttertier oder aus dem Ei steht im Gegensatz das Teilexplantat, das aus dem Organismus genommen ist (Oppel, 1914, S. 93). Die Pflege der Ganzexplantate unterscheidet sich aber nicht prinzipiell von der, welche wir den Teilexplantaten widmen. Der Zusammenhang zwischen dem Organismus und dem ihm entnommenen Teile ist bei dem Teilexplantat enger, infolgedessen ist die Gewebepflege schwieriger. Gewebepflege im Teilexplantat wollen wir kurz einfach „Gewebe- züchtung" nennen, wenn wir uns bewußt bleiben, daß nicht alle Gewebepflege Gewebezüchtung ist, denn Züchtung bedeutet Ver- mehrung. Nicht jedes gepflegte Teilexplantat vermehrt sich. Es finden Ab- und Umbauerscheinungen in ihm statt, die von großer Wichtigkeit sind, aber doch hinter der Gewebezüchtung im strengen Sinne an Be- deutung zurücktreten, bei der ein quantitatives Wachstum der Z e 1 1 - demente unter mitotischen Erscheinungen Voraussetzung ist. Noch ein Wort zur Stellung der Explantation zur Transplantation. Bei der Transplantation ist das Wichtige, daß das transplantierte Ge- webestück mit einem anderen, lebenden Organismus verbunden wird, während wir bei der Explantation das explantierte Gewebestück mit einem nicht lebenden Kulturmedium umgeben. Die Transplantation von Hautstückchen, Gelenken, Sehnenbändern aus dem Geber in den Geber selbst wieder nennen wir ,, autoplastische Trans- plantation". Die Transplantation aus dem Geber in einen speziesgleichen E r d m a n n , Praktikum. ■'• 2 Umgrenzung des Arbeitsgebietes. Empfänger nennen wir „homoioplastische Transplantation", die Trans- plantation von dem Geber in einen speziesfremden Empfänger nennen wir ,, heteroplastische Transplantation". Wir werden manche Erfahrungen, die bei der Transplantation im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts ge- macht worden sind, zum Vergleiche mit den Ergebnissen, die wir bei der Explantation, also unserer eigentlichen Aufgabe, erzielen, heranziehen. Ich habe noch hinzuzufügen, daß die Transplantationen jetzt, nach dem Erfolg, in ,, Implantation" und ,,Interplantation" zerfallen. Werden die Gewebestücke dauernd erhalten und kann das Gewebestück seine Gewebefunktion ausüben, so sprechen wir mit Roux von Implantation (Beispiel: funktionierendes Kniegelenk, Lexer). Wenn das Transplantat das aber bei der Übertragung gelebt haben muß, während der Transplan- tation nur vorübergehend als Brücke oder Leitung dient und später durch körper-eigenes Gewebe wenigstens in dieser Form ersetzt wird, sprechen wir mit Oppel von Interplantation oder funktioneller Sub- stitution (Haut bei Säugetieren). Bei der Explantation war das Überraschende, daß Teile eine Zeitlang fortleben, nachdem sie von dem Organismus, zu dem sie zuvor gehörten, abgetrennt waren (Oppel, 1914, S. 9). Dies Verfahren hat man anfangs auch nach Nebenumständen der Technik ,,in-vitro- Kultur", ,, Deckglaskultur", später nach den Forschern, welche die Methode sehr verbessert und ihr allgemeinere Anwendbarkeit verschafft haben, ,,HARRisoN-CARRELsche Kultur" genannt. Mir ist es nicht lieb, wenn der Ausdruck ,, Kultur" ohne weiteres ge- braucht wird. Der Begriff ,, Kultur" hat eine so eng umgrenzte Definition in der Bakteriologie erhalten, daß es nur zu Begriffsverwechslungen führt, wenn wir von ,,in-vitro-Kultur" sprechen. ,, Kultur" im Sinne der Bak- teriologen bedeutet, daß die eingepflanzten Bakterien jahrelang weiter- gezüchtet werden können, sich also in der Kultur vermehren und aus derselben Kultur überimpfen lassen. Wenden wir diese Begriffe an für die Explantation, so folgt daraus, daß wir Gewebe in ein Medium pflanzen, dann, nachdem es gewachsen ist, Teile des neuentstandenen Gewebes in ein neues Medium bringen, wiederholt Teile von diesem neuen Gewebe umpflanzen und dies ad infinitum fortsetzen. Von dem eingepflanzten Stück darf keine Zelle erhalten bleiben. Dies ist bis jetzt nur ein einziges Mal von Carrel und seinem Mitarbeiter Ebeling erreicht worden, welche den größten Erfolg mit dem Verfahren erzielt haben. Jüngst ist auch Fischer 1922 dasselbe für embryonales Epithelgewebe gelungen. Carrel hatte embryonales Gewebe aus einem 8 Tage alten Hühner- embryo in Blutplasma und Embryonalextrakt gezüchtet und alle 3—5 Tage dieses Medium erneuert, nachdem das Stückchen, welches er ein- gepflanzt hatte, in RiNGERscher Lösung gewaschen worden war. Durch den ständigen Wechsel des Mediums, den Carrel selbst ungefähr zwei Jahre lang durchführte, gab er dem Gewebe den für dasselbe nötigen Nährstoff, und durch das Waschen entfernte er die Abbaustoffe. Sein Mitarbeiter Ebeling setzte dies fort, und ihm ist es mögüch gewesen, von derselben Ausgangskultur Zellen zu züchten, die noch heute, nach Umgrenzung des Arbeitsgebietes. 3 neun Jahren, leben. Ich betone noch einmal, dies war mesenchymales, also embryonales Gewebe, das sich, wie bekannt, durch eine große Wachs- tumstendenz auszeichnet. Dieses Experiment ist noch nicht waederholt worden. Erst jetzt, im Jahre 1922 ist es gelungen, Epithelzellen drei Monate lang zu züchten, und zwar hat Fischer nach vielen Versuchen durch einen glücklichen Zufall ein wenig Irisepithel, das noch an der Linse sitzt, rein züchten können. So ist nicht nur die embryonale Mesenchymzelle, sondern auch die embryonale Epithelzelle bis jetzt während längerer Zeiträume züchtbar. Dies ist also eine wirkliche Kultur. Es ist eine unglückliche Angewohnheit der Forscher, die bis jetzt auf dem Gebiete der Gewebezüchtung gearbeitet haben, von neuen Generationen zu sprechen, jedesmal, wenn sie das Gewebestück in ein neues Medium setzen. Man sollte von einer Zahl von Generationen nur sprechen, wenn man zahlenmäßig feststellen kann, wie oft die Aus- gangszelle, welche mit dem Gewebestück in das Plasmamedium gesetzt wurde, sich geteilt hat. Das ist bis jetzt noch nicht einwandfrei ge- schehen, und wir wollen lieber sagen: wir können Abkömmlinge der explantierten Zellen, z.B. durch 300 maligen Nährmedium Wechsel, jahre- lang in vitro erhalten. Es bleibt also eine noch unerfüllte Aufgabe, che Zahl der sich bildenden Zellgenerationen im Explantat festzustellen. Aber wir würden die Aufgabe der Gewebezüchtung zu eng fassen, wenn wir uns nur darauf beschränkten, Zellen in das Nährmedium zu verpflanzen, von denen wir annehmen, daß sie sich periodisch teilen können, sondern wir müssen auch alle jene Gewebe des erwachsenen Körpers in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen, die erst aus einem Latenzzustand erweckt werden müssen, die von den Zellprodukten, wie Bindegewebsfibrillen, Muskelfibrillen, befreit werden müssen, um dann unter Umständen sich wdeder neu zu teilen. Während also die eine Seite der Gewebepflege sich mit embryonalen und vielleicht mit Ge- schwulstzellen befaßt, beschäftigt sich die Gewebepflege weiter mit dem Abbau und den Veränderungen, die die erwachsene Zelle im Zucht- medium erleidet. Wir dürfen hier aber nicht den Ausdruck ,, überlebend" anwenden, weil, wenn auch diese Zelle überlebend erscheint, sie doch wirklich lebend ist. Das Nervengewebe im erwachsenen Körper z. B. teilt sich für gewöhnhch auch nicht, nur unter bestimmten Bedingungen kommt es bei der Regeneration zur Teilung, und doch sagen wir nicht daß das Gehirn in unserem Körper überlebend ist, sondern es ist lebend. Die Grenzen sind natürlich sehr verwischt und schwer feststellbar. Die erste Gruppe von Erscheinungen spielt sich in den ausgewanderten oder in den neugewachsenen Zellen ab. Die zweite Gruppe geht auch in dem Gewebekomplex, welchen wir in das Plasmamedium tun, selbst vor. Bis jetzt hat man sich meistens mit den auswandernden und sich neubildenden Zellen beschäftigt. Erst in den letzten Jahren hat man auch die anderen Phänomene in den Kreis der Betrachtungen gezogen, wie z. B. den Abbau der Muskel- und Bindegewebe und elastischen Fasern. Wir werden uns zuerst mit folgender Gruppe von Erscheinungen befassen, und zwar werden wir aus didaktischen Gründen die Ver- 1* 4 Umgrenzung des Arbeitsgebietes. ander ungen des erwachsenen Kaltblütlerepithels, dann Lebens- äußerungen der Zellen, weiter das Verhalten des embryonalen Binde-, Muskel-, Epithel- und Nervengewebes der Warmblütler während der Züchtung betrachten, um dann zu den Erscheinungen an dem erwach- senen Gewebe überzugehen. Es ist wichtig, genau jede Zellart zu studieren, Abb. 1 zeigt das zur Plasmaentnahme und zum Ansetzen der Kulturen notwendige Instrumentarium . damit später, wenn man aus verschiedenen Zellarten zusammengesetzte Gewebe betrachtet, schon Normen gefunden sind, wie sich z. B. die Binde- gewebszelle, die Epithelzelle im Plasmamedium verhalten. Nach diesen vorbereitenden Bemerkungen, die unsere Aufgabe begrenzt haben, neh- men wir die Züchtung der Froschhaut vor, nachdem wir das dazu nötige Instrumentarium und die dazu nötigen Lösungen vorbereitet haben. Aufzählung und Beschreibung der notwendigen Apparate. Der Operationsraum soll eine Zentrifuge mit nicht zu geringer Umdrehungszahl, ungefähr 2 — 3000 Umdrehungen in der Minute — also keine Handzentrifuge — , einen Thermostaten, der auf 38° C gestellt nnd womöghch elektrisch geheizt wird, einen Eisschrank und einen praktischen Operationstisch enthalten. Das Arbeitszimmer muß außer der in den Laboratorien gebräuchlichen Einrichtungen einen kleinen Trockensten] isator haben. Das Institut bedarf eines Auto- klaven, und wenn das nicht mögHch, eines Dampf topf es. Der Kurs selbst erfordert für 4—6 Teilnehmer an Glasinstrumenten: 6 große Glasschalen, Durchmesser etwa 23 cm, Höhe etwa 8 cm (je 3 davon werden bei jeder Operation gebraucht), 24 Drigalski- Schalen, 48 Petri-Schalen, 3 kleine Schalen mit eingeschliffenem Deckel, 12 dickwandige Zentrifugengläser, 12 dickwandige Reagenzgläser, Aufzählung und Beschreibung der notwendigen Apparate. 5 12 dickwandige Reagenzgläser (Länge etwa 10 cm, Durchmesser etwa 7 mm für kleine Tiere; Länge etwa 10cm, Durchmesser etwa 13 — 14 mm für größere Tiere), 100 Stück hohlgcschliffene Objektträger (Durchmesser 20 mm, Tiefe 1,5 mm), runde oder eckige Deckgläser, die die Öffnung des Objekt- trägers bedecken (22 mm Durchmesf^er, Dicke 0,20— 0,22 mm) — (es werden auch Micascheiben empfohlen, sie sind gut zu be- nutzen, \\'enn man das wachsende Gewebe nicht mit starken Ver- größerungen beobachten will). 6 Plasmaentnahmepipetten (nach Erdmann, Abb. 2a), 6 Tropfenpipetten (nach Erdmann, Abb. 2b), LüERsche Spritzen, 3 zu 2 ccm, 3 zu 3 oder 4 ccm, mit nicht zu engen Kanülen. Abb. 2. a) Plasmaentnahniepipetten. b) Tropfenpipetten zum Ansetzen der Kulturen. Alle Glassachen sind vor Gebrauch tagelang zu wässern und in Wasser zu halten. Beim Reinigen soll jede Säure vermieden werden, nur durch Wässern, Kochen und Reinigen mit Gänsefedern werden die Glasgefäße saubergehalten. Falls die Gefäße nicht gebraucht werden, sind sie in häufig zu wechselndem Leitungswasser aufzubewahren. Besonders wichtig ist das Reinigen der Deckgläschen. Man hält sich für diesen Zweck ein kleines Porzellantiegelchen bereit, das aber zu nichts anderem benutzt werden soll. Darin kocht man die neuen Deckgläschen in reinem Wasser auf und gibt ganz zuletzt einen Schuß Alkohol hinzu, um alle etwa vorhandenen fettigen Bestandteile zu lösen. Man läßt dann die Deckgläschen im Wasser soweit abkühlen, daß man sie anfassen kann, und poliert dann vorsichtig — da die Gläschen sehr dünn sind und leicht zerbrechen — jedes einzelne Deckgläschen, bis es ganz trocken und blank ist. Das Tuch, welches man zum Putzen nimmt, muß gesäumt und von glatter Leinwand sein, damit keine Fusselchen auf den Deckgläsern bleiben. Zuletzt poliert man jedes einzelne Deckgläschen mit japanischem Seidenpapier nach; dieses haltbare, nicht fasernde Seidenpai^ier ist in den Geschäften für medizinische Bedarfsartikel zu kaufen. Auch das Reinigen der Kanülen erfordert Sorgfalt ; sie müssen vor und nach Gebrauch ausgekocht und getrocknet werden; es darf sich kein Rost bilden. 6 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien. An Metallinstrumenten sind außer den für jede kleine Tier- operation üblichen, noch besondere Scheren, Pinzetten oder Klammern erforderlich, die für jede Operation, je nach der Tiergattung, verschieden sind und später noch beschrieben werden. Für das Ansetzen der Gewebekulturen sind für jeden Praktikanten unbedingt nötig: 1 kleine auseinandernehmbare Schere, 2 Nadeln, ganz aus Metall, 2 kleine Lanzetten, ganz aus Metall, 1 sehr kleine Pinzette ohne Rillen mit stumpf en Enden (6— 8cm lang), 1 Kühn sehe Pinzette. Die Deckgläser stellt und reinigt jeder Praktikant selbst. Sämtliche Glasinstrumente sind von der Firma ,,Labag", Laboratoriums- Ausrüstungsgesellschaft, Gebrüder Muencke & Klönne & Müller, Berhn NW 40, Platz vor dem Neuen Tor la (Einzelverkauf: Luisenstraße 49), zu beziehen. I. Yeränderung der Zellfoimen in verschie- denen Medien. Die zuerst zu lösende Aufgabe ist die Züchtung der Haut des erwachsenen Frosches in verschiedenen Medien, um die Ver- änderungen der Zellform in ihrer Abhängigkeit von der Konsistenz des Mediums kennen zu lernen. Die Froschhaut soll in folgenden Medien gezüchtet werden: a) in Froschplasma, in Hühnerplasma; b) in Ringerlösung, in Augenkammerwasser und verschiedenen Kombinationen dieser Medien. In drei verschiedene, zeitlich getrennte Aufgaben zerfällt unsere Arbeit. Wir haben: A. Die Kulturmedien zu gewinnen; B. Die Kulturen anzulegen und zu pflegen; C. Die Kulturen zu beobachten und die auftretenden Erschei- nungen zu deuten. Alle Arbeiten sind gleich wichtig. Aus didaktischen Gründen empfiehlt es sich, mit der Züchtung vonKalt- blütlergeweben zu beginnen, weil die Hände des Praktikanten sich erst ein- arbeiten müssen und weil bei Kaltblütlern die Plasmagewinnung leichter ist als bei Warmblütlern. Trotzdem der Frosch sich seiner Kleinheit wegen nicht empfiehlt, ist es nicht zu vermeiden, die einheimischen Froschspezies zu verarbeiten, da Frösche von allen Wirbeltieren am billigsten sind. A. Grewinnen der Kulturmedien. Die Bereitung des Froschplasmas macht zuerst Schwierigkeiten, weil das Blut steril aus dem relativ kleinen Herzen eines einheimischen Frosches entnommen werden muß. Eine Stunde vor der Operation Gewinnen der Kulturmedien. 7 werden die Zentrifugenröhrclien, die Röhrclien für das gewonnene Plasma und die Pipetten zur Plasraaentnahme mit Paraffin ausgekleidet. Man verfährt auf folgende Weise : Drei große Schalen (s. Abb. 1) werden sterihsiert und 5 Tücher, ungefähr 45 — 50 cm im Quadiat, die aus kräftigen, nicht fasernden Stoffen verfertigt sein müssen. Es ist nötig, daß diese Tücher gesäumt und absolut heil sind, damit keine Fasern stören. Hat man einen Dampf- sterilisator, so ist es richtig und vorgeschrieben, die Tücher in ihm zu sterilisieren und die Schalen in einem Trockensterilisator. Hat man keinen Dampfsterilisator zur \^erfügung, so sterilisiert, man die Tücher vorsichtig im TrockensteriUsator. Man läßt die Schale etwas abkühlen und nimmt sie halb warm heraus und stellt sie auf den Tisch, auf dem man seine Vorbereitungen treffen will. Das zur Auskleidung benutzte Paraffin, 42—46° Schmelzpunkt, muß am Tage vorher filtriert werden und zwar stets in Gefäßen, die nur für diese Arbeit bestimmt sind. Ehe diese Gefäße in Gebrauch genommen waren, sind sie in Wasser ausgekocht und einen Tag in fließendem Wasser gehalten worden. Das VaseHn, dunkelgelbes sog. amerikanisches, das zur Auskleidung der Spritzen bei der Blutentnahme gebraucht wird, muß auch vorher filtriert werden und fraktioniert sterihsiert worden sein. Es ist prak- tisch, sich vielleicht 2 Pfund im Autoklaven sterilisiertes Vaselin in größe- ren Glasgefäßen fertig zum Gebrauch hinzustellen, und dann kleinere, auch vorher sterilisierte Gefäße für den jeweiligen Gebrauch zurecht- zumachen. Wir brauchen das Vaselin nur, wenn wir die jetzt zu be- schreibende Methode der Blutentnahme anwenden. Sollten wir das Blut mit Hilfe eines Glashebers direkt in die Zentrifugenröhrchen spritzen, wie es bei manchen Tieren möglich ist, so fällt für diesen ersten Teil der Mediumgewinnung der Gebrauch des Vaselins ganz fort (s. S. 15, Abb. 8). Vorher genau austarierte ZentrifugeiÜ'öhrchen 4—6 Stück, kleine Reagenzröhrchen 6—8 ,, Plasmaentnahmepipetten 4—6 ,, werden in das halbflüssige Paraffin gelegt, nachdem sie vorher nach Vorschrift vorbereitet worden sind (s. S. 5). Man läßt sie ein paarmal aufkochen und schwenkt sie mit einer ausgeglühten Pinzette oder einer großen Schere im Paraffin. Es ist dringend zu raten, nicht von der Arbeit fortzulaufen, da bei der leichten Entzündlichkeit der Paraffingase schnell eine Entzündung eintreten kann. Falls ein Abzug vorhanden ist, wird natürüch nur zu raten sein, imter diesem beim Paraffinieren zu arbeiten. Während des Erhitzens hat man auf einer erhöhten Rolle ein steriles Tuch aus der Schale ausgebreitet, das als Widerlager der ausgekleideten Röhrchen dient. Haben die Röhrchen tüchtig aufgekocht, so ninnnt man zuerst, nachdem man jedes einzelne nochmals in Paraffin tüchtig umgeschwenkt hat, die Zentrifugenröhrchen einzeln heraus und legt sie zum Ablaufen auf das Widerlager. Am bequemsten ist es, wenn man die Flamme mit dem kochenden Paraffin und das Widerlager auf demselben Tische hat. Nachdem nun die Zentri- 8 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien fugenröhrchen gut mit Paraffin ausgekleidet sind, werden sie noch warm in das vorbereitete Tuch gepackt. Die Tücher sind in Form von Taschen eingeschlagen, so daß die Zentrifugenröhrchen in die Tasche eingelegt werden können (Abb. 3). Es ist darauf zu achten, daß die Röhrchen nicht aneinander stoßen, weil sie dann, sowie das Paraffin erkaltet, aneinander kleben. Die Röhrchen werden dann zusammen eingeschlagen, das Tuch mit einer Stecknadel zusammengesteckt und hierauf das Tuch in einer sterilen Schale sofort auf Eis gestellt. Der gleiche Vorgang wiederholt sich nun für die Reagenzröhrchen und für die Pipetten. Es ist daraiif zu achten, daß die Pipetten nicht verstopft sind. Es ist gut, sie beim Auskleiden zuerst mit der Spitze nach unten zu kehren und sie dann umzudrehen, so daß von den Spitzen aus das überschüssige Paraffin abläuft. Auch sie werden auf das Widerlager, das nach jeder einzelnen Abb. 3. Tasche, in welche die it Paraffin ausgekleideten Zentrifugenröhrchen hineingeschoben werden. Siehe Text S. 8. Operation, also Auskleit en, ,4er Zentrifugenröhrchen, der Plasmaauf- nahmreöhrchen und der Pipetten, mit einem neuen, sterilen Tuch be- deckt wird, zum Ablaufen gelegt und dann schnell, in ein Tuch einge- packt, auf Eis gestellt. DMn passende, ausgekochte Gummihütchen werden aufgepaßt und bereit gestellt. Sie sollen frei von Wasser sein. Noch wichtiger als das Auskleiden der Glasinstrumente ist das Aus- vaselinieren der Luer sehen Spritze. Dieses stellt an die Kunstfertig- keit der Praktikanten einige Ansprüche. Das VaseHn ist, wie übhch, verflüssigt worden. Während dieser Zeit hat man die Luer sehe Spritze in Sodawasser ausgekocht, nachdem man die zu brauchenden Kanülen ausgeprobt hat. Man prüft jede Kanüle auf ihre Schärfe und Glätte und reibt sie unter Umständen mit Schmirgelpapier ab oder schleift sie auf einem Schleifstein mit Rillen. Für jede Tierart sind besondere Kanülen erforderhch. Alle sollen ein ziemlich weites Lumen haben, da das Vaselin sonst die Öffnungen verstopft. Für den Frosch werden kleine, kurze Kanülen gebraucht, für das Huhn etwas feinere, längere, sehr spitze Kanülen, für das Meer- schweinchen etwas dickere, ein wenig abgestumpfte Kanülen, für die Ratte die gleichen Kanülen wie für den Frosch. Man hat auch Spritzen Gewinnen der Kulturmedien. 9 mit auswechselbarem Konus, doch lassen sich diese nicht so gut aus- kleiden und reinigen. Es ist gut, mehrere Spritzen auszu vaselinieren, so daß man bei der Blutentnahnie öfter eine neue, eisgekühlte Spritze gebrauchen kann. Die Abbildungen 4 — 7 zeigen die nacheinander folgenden Stadien der Blut- entnahme beim Frosch, Rana esculenta. Abb. 4. Dex zur Narkose vorbereitete Frosch ist festgebunden. Original, siehe Text. Die Spritzen werden mit Vaselin ausgekleidet, das man, wie schon früher beschrieben ist, gefiltert und im Autoklaven sterilisiert hat. Während der Zeit, die zum Auflösen des Vaselins, das auf einer Schüssel mit Sand geschieht, gebraucht wird, sind, wie gesagt, die Spritzen in Sodawasser mitsamt den Kanülen, die vorher aufgepaßt und auf ihre Durchlässigkeit probiert worden sind, ausgekocht. Man spritzt das anhaftende und in der Spritze sitzende Wasser gut und gründlich ]0 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien. aus, ohne aber die Spritze zu sehr abkühlen zu lassen. Man zieht nun ein wenig des flüssigen Vaselins in die Spritze ein und läßt es wieder zurückfheßen und tut dasselbe ein paarmal hintereinander, um alles Wasser aus der Spritze zu entfernen. Das mit Sodawasser vermischte Vaselin läßt man nicht das erste Mal beim Ausspritzen wieder in das Vaselingefäß fließen. Sodann zieht man wieder ein Teil Vaselin in der Spritze hoch, hält nun die Spritze mit der Kanüle nach oben gerichtet und zieht den Stempel langsam zurück; das Vaselin läuft auf diese Weise durch die ganze Spritze. Man drückt nun den Stempel leise nach oben, indem man ihn hin- und herdreht, so daß ringsum an den Innenseiten der Spritze alle Stellen mit Vaselin dünn bedeckt sind. Zuletzt spritzt man das Vaselin zurück in das Gefäß und zieht noch einmal ein klein wenig frisches heißes Vaseün in die Spritze, mit dem man besonders die Kanüle auskleidet, was schnell geschehen muß, damit das Vaselin heiß und flüssig beim Hochziehen bleibt, sonst ver- stopft sich die Kanüle sehr leicht. Ist alles gut ausgekleidet, so läßt man den Stempel ein wenig zurücksinken, soweit er von selbst gleitet, und legt die so zurechtgemachte Spritze in einer sterilen Schale auf Eis. Die Lücke, die durch das Zurückziehen des Stempels entstanden ist, läßt einen Luftraum zwischen Kanüle und Stempel bestehen, der das Zusammenkleben verhindert, außerdem hat man beim Ingebrauch- nehmen der Spritze diese Luftschicht, die ja steril ist, um sie durch die Kanüle zu stoßen, ehe man in das Herz einsticht. Es passiert dann nicht, daß man das Herz infolge der verschlossenen Kanüle zersticht und das strömende Blut nicht in die Spritze bekommt. In die Schale, die zum Aufbewahren der ausgekleideten Kanülen dient, lege man besser ein steriles Tuch, das man faltet, um die Spritzen zu stützen. Die Spritzen liegen darauf ruhiger als auf dem glatten Glasboden. Für die Plasmagewinnung selbst wählt man zur Operation mögUchst große Tiere und läßt sie sich vom Händler frisch gefangen bringen, denn Tiere, die lange im Zimmer und ohne Nahrung gehalten worden sind, haben für die Plasmagewinnung zu wenig Blut. Der Frosch wird vor der Operation gut abgeseift und unter fließendem Wasser ordentlich abgespült. Man spannt ihn dann auf einem Kork- oder Holzbrett auf (Abb. 4, siehe S. 9). L^m zu vermeiden, daß unnütz Blut fheßt, soll man auch nicht, wie üblich, die Beine mit Nadeln anstecken, sondern sie werden mit Verbandstoffstreifen festgebunden und diese erst angesteckt auf dem Brett. Die Hinterbeine werden einzeln oder zusam- mengebunden befestigt, die Enden der Binde schneidet man kurz hinter dem Knoten ab und nagelt dieses Ende mit einer Kopierzwecke gut fest. Die Beine darf man nicht zu locker zusammenbinden, sonst macht sich der Frosch aus der Bandage frei, wiederum darf nicht zu fest angezogen werden, da man dann das Blut staut. Die Vorderbeinchen umbindet man, ein jedes für sich, ebenfalls mit schmalen Binden und steckt sie ausgebreitet links und rechts fest auf das Brett an. Auf diese Weise hat der Frosch eine gute Lage für die Operation ; auf dem Rücken, Hinterbeine zusammengebunden, Vorderbeine ausgebreitet aufgesteckt. Wenn man dieses Aufspannen geschickt macht, liegt das Tier meist Gewinnen der Kulturmedien. 11 sehr ruhig, daß es nur einer sehr schwachen Narkose beim Einschneiden bedarf. Dies ist für die spätere Züchtung von Wert; starke Chk:)ro- formnarkose hemmt das Wachstum des Gewebes, das später in das gewonnene Plasma eingepflanzt wird. Man bedarf beim Frosch nur wenig Instrumente beim Operieren: 2 — 3 Pinzetten, 1—2 größere zum Festhalten der Haut beim Einschnei- den, 1 kleinere mit stumpfen Enden, die zum Festhalten oder besser als Widerstand für das Herz dienen soll, 2—3 Pe an sehe Klammern, 2 Knopfscheren (eine größere für die äußere Haut, eine kleinere zum Öffnen der Körperhöhle). Abb. 5. Der narkotisierte Frosch zeigt die Freilegung der ventralen Muskulatur. Original, siehe Text. Die Glasinstrumente müssen vor der Operation wenigstens ^/g Stunde auf Eis gekühlt worden sein. Während die Metallinstrumente kochen, füllt man ein größeres und 3—4 kleine Gefäße — etwa Wassergläser — mit gehacktem Eis und stellt sie bis zum Gebrauch wieder auf das Eis zurück. Bevor man mit der Operation beginnt, muß der Frosch eine leichte Narkose bekommen, die nur, wie schon erwähnt, so schwach sein soll, daß der Frosch das Einschneiden nicht fühlt und still liegt; ganz kurz vor dem eigentlichen Öffnen der Leibeshöhle soll man die Narkose beginnen. Einige Operateure narkotisieren überhaupt nicht. Man öffnet 12 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien. dann dem Frosch das Maul und sperrt es durch einen eingeschobenen Keil weit auf, die starke Atemtätigkeit hört dann auf und das Tier liegt so still, daß man ohne Narkose operieren kann. Sobald das Tier ganz ruhig liegt, hebt man mit einer Pinzette die Bauchhaut hoch, schneidet mit dem spitzen Ende der Knopf schere einen kurzen Schnitt ein und öffnet dann die äußere Haut der Körperhöhle durch einen Mittelschnitt, Abb. 6 zeigt die Öffnung der Körperhöhle, besonders ist auf die Form des Einschnittes zu achten. Original, siehe Text. indem man das stumpfe Ende der Schere nach unten hält, um kein Ge- webe zu verletzen. Man sucht dann an den Hautlappen Stellen, an denen man diese senkrecht einschneiden kann, ohne größere Gefäße zu verletzen. Diese kleinen, seitwärts hängenden Hautlappen klemmt man mit je einer Peak sehen Klammer rechts und links fest, um die Fläche für das Einschneiden in die Körperhöhle freizubekommen. (Abb. 5.) Nachdem man das Operationsfeld mit steriler physiologischer Kochsalzlösung, die entsprechend dem Kaltblütlerblute nur 0,7% NaCl enthält, zur Reinigung Übergossen hat, schneidet man in den Brustkorb ein. Mit Gewinnen der Kultuiniedicn. 13 einer Pinzette hebt man vorsicli- tig das Sternum auf und sticht stumpf mit der kleineren Knopf - schere behutsam ein, schneidet darauf stumpf Hnks und rechts vom Sternum die Rippen ein und klemmt diesen Deckel nach dem Kopfende hin mit einer Pean sehen Klammer fest. Man sieht nun das Herz im Perikard vor sich liegen. (Abb. 6.) Es sind bei der Plasmage\Aannung zwei Personen nötig, eine, die das Tier narkotisiert und die gekühlten Gefäße heranholt, und die an- dere, die in das Herz einzu- stechen und das gewonnene Blut schnell zu zentrifugieren hat. Sobald also das Herz freiliegt — es ist unnötig und zeitraubend, beim Frosch den Herzbeutel zu öffnen — , sticht man mit der eisgekühlten Spritze (Abb. 7) ein und zieht schnell möglichst viel Blut aus dem schlagenden Herzen auf. Inzwischen muß die zweite Person die Zentrifugenröhrchen vom Eis herbeiholen, steril mit »Stopfen verschließen und sie, im Augenblick, wenn das Blut hin- eingespritzt wird, in das größere Gefäß bringen, das eine aus ge- klopftem Eis und Seesalz eben hergestellte Kältemischung ent- hält. Es darf in jedes Zentri- fugenröhrchen nur soviel Blut eingefüllt werden, daß alles Blut in der Kältemischung steht. Nun wird schnell zentrifugiert, erst ^/4 Minute, dann 1 Minute, in- dem man zwischendurch die Röhrchen in neu bereitete Kälte- mischung in kleinere Gläser zum erneuten Kühlen stellt. Hat man eine Zentrifuge, in der die Zentrifugenröhrchen direkt in Eis zentrifugiert werden können, so ist das Unterbrechen beim Zen- Abb.7 zeigt die Lage des Her- zens, zur Blutentnahme bereit. Die stumpfe Pinzette hebt das Herz ein wenig empor und gibt dadurch der Kanüle einen Widerstand. Original, sielio Text. j4 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien. trifugieren nicht nötig. Jede weitere Blutmenge, die noch nach dem zuerst gewonnenen, aus dem wieder voll geschlagenen Herzen aufgezogen wird, muß wieder in die Kältemischung gestellt werden, so lange, bis sie zentrifugiert werden kann. Das Plasma setzt sich als helle Flüssigkeit über dem Blut in den Zentrifugenröhrchen ab und wird mit ebenfalls eisgekühlten Pipetten (siehe Abb. 2a S.5) abgesaugt und in die ebenso vorbereiteten Plasmaaufnahmeröhr- chen gebracht. Diese verwahrt man zuletzt in einem Wasserglas, das ein wenig Kältemischung enthält, versieht dieses Glas mit Namen, Datum usw. und hält das Ganze bis zum Verbrauch im Eisschrank. Alle nötigen Handgriffe, auch das Öffnen des Tieres, müssen schnell und sicher geschehen, es darf kein Augenblick vergeudet, kein Hand- griff unnütz gemacht, beim Operieren kein Blut unnütz vergossen werden. Alle notwendigen Gegenstände sollen einwandfrei vorbereitet und im rechten Augenblick zur Hand sein. Man probiere auch kurz vor Beginn der Operation die Zentrifuge aus, damit sie nicht im rechten Augenblick versagt, auch soll man für die Pipetten, die man zum Absaugen des Plasmas benutzt, gut passende, ausgekochte Gummi- hütchen zurechtlegen und diese nur für diesen einen Zweck verwahren. Solange das Herz noch pulsiert und sich wieder mit Blut füllt, kann man auch versuchen, Blut aufzusaugen, jedoch ist das beim ersten Einstechen gewonnene das beste für die Plasmagewinnung ; das später gewonnene Blut gerinnt oft in der Zentrifuge. Daß das, was man beim Abpipettieren gewinnt, auch wirklich Plasma ist, zeigt die flüssig zurückbleibende Substanz, sobald geronnener Blutkuchen im Zentri- fugenröhrchen zurückbleibt, hat man nicht Plasma, sondern Serum gewonnen. Die für die erste Übung außer dem Froschplasma bereit gestellten Medien und Waschflüssigkeiten sind : Augenkammerwasser, Kaltblütler- Ringer, physiologische Kochsalzlösung für Kaltblütler, und evtl. Lösung 753, eine kolloidale Ringerlösung nach Liesegang an Stelle der Ringer- Lösung oder Locke-Lewis-Lösung für Kaltblütler. Die Gewinnung des Augenkammerwassers. Der Frosch wird, genau so, als ob man ihn zur Operation vorbereitet, ordentlich abgeseift und mit fließendem W^asser abgespült. Das Augenkammer- wasser wird mit einer vorher ausgekochten Spritze entnommen, die eine sehr feine Kanüle haben muß. Ein kleines, steriles Gläschen zum Aufbewahren des gewonnenen Materials stellt man sich auf dem Arbeitstische bereit. Man sticht in das Auge schnell und leicht ein, am besten etwas seitlich in die Augenkammer, und zieht im gleichen Augenblick, in dem man die Kanüle einsticht, die Spritze auf. Durch das Platzen der feinen Augenhaut spritzt das Kammerwasser in einem feinen Strahl hoch auf, und nur durch sehr schnelles Aufziehen gelingt es, diesen mit der Spritze aufzufangen. Man spritzt das gewonnene Material in das bereitstehende Gläschen, das nicht mit Paraffin ausgekleidet sein darf, und muß in den meisten Fällen auch aus dem anderen Auge das Kammerwasser ge- winnen, weil es sonst zu wenig für das Ansetzen einer größeren Anzahl ■c 5 :3 OJ aj « - ,- «i 0. a> ~ " .S - c-2 0^ c; g lll ^ ^ tß 'St: s 'S " ^ H 5 es CS 16 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien. von Kulturen ist. Die gebrauchten Frösche setzt man wieder in den Behälter zurück, da nach einiger Zeit sich das Kammerwasser er- neuert. Locke-Lewis-Lösung für Kalt- Ringersche Lösung lür Kalt- blütler, b 1 ü 1 1 e r. Na CIO 7 NaClOJ ^^^^^^'^ KCl 0,025 KCl 0,042 Ca C 1,0,3 Ca CI2 0,025 Aqua dest. 100,0 NaHCO3 0,02 Dextrose 0,25 ^^^siolog ische Kochs alz - 1 o s u n g I u r K a 1 1 b 1 u 1 1 e r. Aqua dest. 90,0 N Cl 0 7 Aqua dest. 100,0 Alle diese Lösungen sind vor Gebrauch zu filtrieren und im Dampf topf zu sterilisieren. Es hat sich weiter bei Kaltblütlermaterial noch eine kolloidale Ringerlösung, ,, Lösung 753" nach Liesegang, gut bewährt, besonders zum Auswaschen der Gewebe. Die Zusammensetzung dieser Lösung ist von den Merzweiken, Frankfurt a. M., nicht bekannt gegeben worden, man kann sie nur von dort fertig beziehen. Sie wird in kleineren und größeren Ampullen gebrauchsfertig von den Merzwerken geliefert. Natürlich ist die eben geschilderte Methode der Plasmaentnahme nicht die einzige, die geübt wird. Es gibt viele andere. So nimmt Uhlenhuth eine paraffinierte Kanüle und sticht sie in den rechten Vorhof von Rana ein, nachdem die zuführenden Gefäße abgeklemmt sind (Abb. 8). Uhlenhuth nimmt eine gerade angespitzte Glaspipette, Thomson eine gebogene. Jeder hat für sein bestimmtes Objekt die Wege zu finden, die ihn zum Ziele führen. B. Ansetzen der Kulturen. Sind alle Medien und Lösungen vorbereitet, so kann man mit dem Ansetzen der Kulturen beginnen. Die Glasgefäße, welche man für das Ansetzen gebraucht, sind am besten kirrz vor Gebrauch im Trocken- sterilisator zu sterihsieren, man sterilisiert ^/g Stunde und läßt vor dem Beschicken mit Nährmedien und Gewebestücken die Glassachen wieder abkühlen. Es sind folgende Glassachen nötig Hohlgeschliffene Objektträger, die in Drigalskischalen eingelegt werden, in jede Schale etwa 4 — 7 Stück, je nach der Größe; eine Anzahl Petrischalen; eine Anzahl kleinere Doppelschalen; eine verschlossene Hülse mit Pipetten zur Entnahme und zum Auf tropfen der Nährmedien. Diese Pipetten sind (siehe Abb. 2 b, S. 5) für diesen Zweck allein zu ge- brauchen und dürfen nie mit Farben oder Säuren in Berührung kommen. Man läßt sie passend für die Plasmaröhrchen zurechtblasen, so daß die Ansetzen der Kulturen. J'7 Kapillare der Pipette bis auf den Boden des Plasmaröhrchens reicht und man jeden Tropfen des manchmal s])ärlichen Materials aufpipet- tieren kann. Außerdem l)rauclit man noch Deckgläser in genügender Menge, die man in einer kleinen Doppelschale sterilisiert, nachdem sie, wie vorher schon beschrieben worden ist, sehr peinlich gereinigt und geputzt sind. Das Ansetzen der Kulturen sollte an einem Tisch geschehen, der nur für diesen Zweck verwendet wird. In einem Laboratorium, in dem dies nicht möglich ist, muß man dann den Tisch, auf dem man arbeiten will, abräumen, reinigen und mit sauberem Papier bedecken, es dürfen keine Farben, Säuren oder verunreinigte Kulturen usw. in der Nähe oder auf dem Arbeitstische selbst bleiben. Man stellt sich die oben aufgeführten Glassachen auf dem Tisch zurecht (Abb. 1 S. 4), außer- dem auf einer Flamme (die möglichst mit Sparbrenner versehen sein soll) ein Sandbad mit einem kleinen Vaselingefäß, eine Vaselinpipette, eine Kühn sehe Pinzette, die allein von allen Instrumenten, welche zum Ansetzen der Kulturen Verwendung finden, ausgeglüht werden darf, da sie nicht mit den Gewebestückchen in Berührung kommt. Alle anderen Instrumente werden ausgekocht und zugedeckt auf den Tisch gestellt. An Instrumenten braucht man: 1—2 kleine Scheren, die auseinander genommen werden können, zum Zerschneiden der Gewebestücke; 1—2 Lanzetten und einige Nadeln und eine feine Pinzette zum Zerzupfen der Gewebestückchen. Das Material, von dem man Kulturen ansetzen will, und das Nährmedium bleibt, bis man es zur Arbeit braucht, auf Eis. Das Vaselin wird auf- gelöst und dann über der klein gestellten Flamme stehengelassen. Die sterilisierten Glassachen und die Hülse mit Pipetten stellt man ebenfalls auf dem Tische, an dem man arbeitet, zurecht. Von dem abgeseiften und mit Ringer abgespülten Frosch schneiden wir ein Stück Rückenhaut scharf heraus. Die Rückenhaut ist geeigneter, da die Bauchhaut durch den Reichtum an Bindegewebe zu lederartig ist. Die Gewebestücke, die man zur Gewebekultur verwendet, verwahrt man in einem sterilen Schälchen, evtl. in Ringer scher Lösung, wie die Froschhaut auf. Nachdem die Gewebe aus dem lebenden Tierkörper entnommen sind, bringt man sie schnell auf Eis, damit die Funktionen des lebenden Gewebes bis zum Einsetzen in das Kulturmedium unter- brochen werden und erst durch den Aufenthalt in dem Kulturmedien wieder in Funktion treten. Das Auswaschen der Gewebe in Ringer scher Lösung vor dem Einbringen in das Medium geschieht, damit diese vollkommen steril in das Medium gelangen und vielleicht anhaftende Blutkörperchen entfernt werden. Nachdem man die Vorarbeiten beendet hat und alle nötigen Dinge handüch bereit gestellt hat, beginnt man mit dem Einsetzen der Gewebe, wobei man bei jeder Art von Geweben streng alle aseptischen Regeln beachten und beim Warmblut 1er material besonders schnell ar- beiten muß, um die Funktion der Gewebe nicht zu lange zu unter- brechen. Bei Kaltblütlern, die später ja in Z i m m e r temperatur Avachsen, E r il 111 a 1! n , Praktikum. 2 18 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien. ist diese Regel insoweit wichtig, als durch schnelles Arbeiten größere Möglichkeiten gegeben sind, steril zu arbeiten. Die Gewebe, von denen jede Art einen besonderen Modus der Entnahme und Vorbehandlung erfordert, werden also mit Ringer scher Lösung ausgewaschen und mit sterilen Instrumenten zu sehr kleinen Stückchen zerschnitten. Von diesen kleinsten Stückchen bringt man die betreffenden, die man zur Gewebekultur verwenden will, nochmals in Ringer sehe Lösung. Die Deckgläser breitet man mit einer ausgeglühten Kühn sehen Pinzette in Petrischalen aus, wobei man die Schale so wenig wie möglich öffnet. So viele Deckgläser legt man in eine Petrischale, wie man in der dazu gehörigen Drigalskischale Objektträger ausgebreitet hat. Auf diese Deckgläschen bringt man die ausgewaschenen, in frischer Ringerlösung liegenden Gewebestückchen, die nun so schnell wie möglich mit dem Nährmedium beschickt werden müssen. Niemals dürfen die Gewebe- stückchen trocken werden. Wenn Plasma als Nährmedium verwendet wird, muß man sorgen, daß es bis zu diesem Augenblicke, in dem man es braucht, aufgetaut ist. Es muß daher, wenn man mit dem Kulturen- ansetzen beginnt, aus der Kältemischung herausgenommen und in einem trockenen Gefäß auf den Arbeitstisch gestellt werden. Genügt dies noch nicht, um das Plasma aufzutauen, so hält man es am besten eine Zeitlang in der warmen Hand. Bei Verwendung von anorganisch bereiteten Nährmedien ist dies nicht nötig, weil diese flüssig sind und gleich verwendet werden können. Für jedes Nährmedium — falls man sich bei einem Male Kulturen ansetzen verschiedener becHent — hat man eine neue Pipette zu verwenden. Man darf nie mit derselben Pipette von einem Nährmedium ins andere hineingehen. Die Pipetten sollen gutsitzende ausgekochte Gummihütchen haben, damit sie — besonders bei Plasma — geringe Mengen von Nährmedium noch auf- saugen können. Die Stückchen sind jetzt also auf dem Deckglas, und ein jedes ist mit einem Tropfen Nährlösung beschickt. Alle Handgriffe haben dabei so zu geschehen, daß die Petrischale möghchst wenig geöffnet wird ; beim Hochheben des Deckels verfährt man am besten so, daß die Seite, die dem Arbeitenden zugekehrt ist, bedeckt bleibt und der Atem die Kulturen nicht treffen kann. Die Schale wird, wenn alle Stückchen mit Plasma oder anderem Medium beschickt sind, zugedeckt auf die Seite gestellt, und man versieht jetzt die Objektträger, die man zum Auflegen der fertigen Deckgläschen verwendet, mit Vaselinringen. Mit einer nicht zu feinen Pipette umgibt man die Vertiefung der Objekt- träger mit einem Rande von heißem Vaselin, das nicht so flüssig sein darf, daß es breit in die Vertiefung des Objektringes ausläuft. Es muß rings um die Vertiefung einen festen, schmalen Wall bilden, der die Deck- gläser und damit die Kulturen gegen die Außenluft abschließt und da- durch das Austrocknen der Gewebe verhütet. Die Deckgläser mit dem im Nährmedium liegenden Material faßt man mit der ausgeglühten Kühn sehen Pinzette an, so daß der Tropfen sich oben befindet, man drückt die Schnäbel der Pinzette fest zu und kehrt die Hand schnell um und setzt das Deckgläschen mit dem jetzt in der Mitte als spitzer Tropfen nach unten hängenden Material auf den Vaselinrand des Objekt- Ansetzen der Kulturen. — Beobachten und Pflegen dei' Kulturen. 19 trägers. Das Gewebestück hängt nun in der Höhlung des Objektträgers, nach oben durch das Deckglas und ringsum durch den Vaselinrand gegen das Austrocknen und Eindringen von Luftverunreinigungen geschützt. Zuletzt sieht man alle fertiggestellten Kultur])latten nochmals nach, drückt noch einmal fest an den Vasehnrand an oder bessert ihn, wo es nötig erscheint, noch aus. Bei Warmblütlermaterial verfährt man dabei so, daß man jede fertige Platte auf einige Augenblicke in den Thermostaten stellt, schon, um die Gewebe nicht so lange der Außen- temperatur auszusetzen, und dann auch, weil sich in dem wieder weicher- gewordenen Vasehnrande che Deckgläser besser festdrücken und dieser sich besser nachfüllen läßt. Sehr häufig ist versucht worden, die Methode des hängenden Tropfens insoweit umzuändern, daß man in Rölirchen oder in größere Kammern, die luftdicht mit Vaselin ver- schlossen werden. Gewebestücke zur Züchtung bringt. Dieses Ver- fahren ist dann zu empfehlen, wenn man das wachsende Gew^ebs nicht unter dem Mikroskop mit starken Vergrößerungen beobacliten will und wenn man Wert darauf legt, so große Stücke wie möglich zu züchten. Dem Umfang der Stücke ist eine Grenze gesetzt, die nach der Gewebeart variiert. Lockeres Gewebe, wie Drüsengewebe, in dessen Spalten das Xährmedium leicht eindringen kann, kann in größeren Stücken gezüchtet werden, wie z. B. das sehr dichte Ge- webe der Herzklappe. Für spätere Implantations- oder Immuni- sations - Experimente kann man kleiijere Röhrchen oder kleinere Kammern, in die man mehrere Stücke nebeneinander pflanzen kann, benutzen. Es lassen sich aber bei einiger Übung ca. 200 Kulturen in 2 Stunden auch nach der Deckglas-Methode anlegen. Alle Pipetten, die gebraucht worden sind, müssen sofort in Gefäße mit kaltem Wasser gestellt werden, da das Plasma sonst an den Innen- wänden festhängt und man dieses nur sehr schwer losbekommen würde. Man soll alle Gefäße, die bei dem Ansetzen der Kulturen verwendet werden, nach Gebrauch stets in kaltem Wasser verwahren. Zum Reimgen werden sie in reinem Wasser kalt angesetzt und zum Kochen gebracht, soweit es dünne Glassachen sind, die stärkeren Schalen wäscht man heiß aus. Kein Gefäß, das zur Züchtung von Kulturen benutzt wird, darf nebenher zu anderen Zwecken genommen werden. Farben und Säuren müssen streng davon fern gehalten werden. Nur von absoluter Sauberkeit, strenger Trennung der Züchtungsgefäße von anderen, guter Haltung der MetalHnstrumente, die bei noch feineren Arbeiten von Mikroglasinstrumenten ersetzt werden (Spemann in Abderhaldens Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, . IVIikro-chirurgische Ope- rationstechnik", Bd. V, Teil 3, Heft 1, S 15 — 17), und beim Ansetzen der Kulturen vom schnellen, sauberen Arbeiten hängt ein beträchtlicher Teil des Erfolges ab. C. Beobachten und Pflegen der Kulturen. Ehe wir an unsere eigentliche Aufgabe herantreten; züchten wir zuerst einige Stückchen Eroschhaut in Froschplasma und Augen- 20 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien. kammerwasser allein (i. Übung), um die vielen Einzelheiten des Ansetzens der Kulturen uns ganz zu eigen zu machen, um Schnellig- keit später schon erworben zu haben und um fähig zu sein, bei dem ersten ausgedehnten Experiment die von jedem Praktikanten be- gangenen individuellen Fehler auszumerzen. Auch ist soviel erst am lebenden Objekt ganz am Beginn der Züchtung zu beobachten und das Einsehen in das lebende Objekt zu üben, da ja leider das gefärbte Material fast nur in Schnitten bei der heutigen Generation als Studiumob- jekt gedient hat. Ich nehme die Protozoologen aus. Die- ser Fehler der verflossenen Periode, in welcher die mikroskopische Anatomie vorherrschte, bereitet zuerst viel Mühe, bis die Schwierig- keiten überwunden und das Beobachten der fein- sten L i c h t b r e c h u n g s - unterschiede der Kul- tur und lebenden Zelle durch die Lupe, besser das B i n o k u 1 a r u n d das Mikroskop, wirklich gelingt. Für die spätere Pflege der experimentellen Biologie ist auch dieser Ge- winn nicht gering anzu- schlagen. Die nach den eben geschildert-en Vorschrif- ten vorbereiteten Stück- chen Froschhaut schwimmen jetzt mit der früheren Außenseite der Haut nach oben, dem Deckglä&chen zu, in dem hängenden Tropfen. Das Hinzufügen des Augenkammerwassers ließ den halbflüssigen Plasmatropfen schnell gerinnen, dies kann unter Umständen allein schon durch die Hinzufügung des Gewebestückchens geschehen. Das Augenkammerwasser ist dem Muskelextrakt, der häufig früher verwendet wurde, vorzuziehen, weil es leichter steril gewonnen werden kann und wie dieser eine gerinnungsfördernde Wirkung auf die im Plasma noch enthaltenen fibrinogenen Substanzen aus- übt. Der Tropfen ist halbstarr und mit einem der Vertiefung des Objekt- trägers zugekehrten Oberflächenhäutchen versehen, das ein Aneinander- fließen des Tropfens hindert, falls die Deckgläschen fettfrei sind. Staub- Abb. 9. Schnitt durch eine Gewebekultur. Ausbildung und Veränderung der Wachstumszone und Bildung der in das Plasmamedium eindringenden Zellstränge. Nach Chanipy 1913. La presse medicale. """^ _ , , Phisniamedium. Degenerierendes Mittelstück. Wachstumszone. Zone der Ausbreitung. Beobachten und Pfle"cn der Kulturen. 21 J/., (i V' sicher in den Drigalskischalen, an einem nicht zu hellen Ort. werden die Kulturen in Zimmertemperatur aufbewahrt. Die schematische Zeichnung lehrt (Abb. 9 8. 20), was für Veränderungen wir zu erwarten haben, das Auswanden der Zellen, die sich teilen können im Rundhof oder Schleier, das Vor- dringen von Zellschichten zuerst in alle Teile des Mediums, in die pri- märe Wachstumszone, und später ein Absterben von Zellen in dieser und ein Vordringen von Zellschichten mehr zur Oberfläche des Tropfens in die sekundäre Wachstumszone In der Mitte bleibt unverändert der nicht reichlich mit dem Medium in Berührung kommende Teil des Gewebestückchens, der mei- stens nekrotisch wird, falls das Stückchen zu groß oder das Gewebe zu fest ist. Bei der Froschhaut ist Nekrose des Innern selten, bei Warm- blütlergewebe häufig. Es kann nicht genug darauf hin- gewiesen werden, daß, ehe das Züch- ten der Froschhaut beginnt, alle Elemente der Froschhaut bis aufs genaueste studiert werden und daß bei der Züchtung die vorher er- kannten einzelnen Zellelemente, also hier Epithelzellen, Drüsenzellen, Basalzellen, kleine Melanophoren, große Melanophoren, Guanophoren, Lipophoren genau verfolgt werden. Die beigegebenen Bilder orientieren uns ausreichend über die einzelnen Elemente. Man mache es sich zur unumstößlichen Regel, die zytologische Struktur des eingepflanzten Gewebes zuerst kennen zu lernen, hier also der Froschhaut. Die beigegebenen Flachpräjiarate, Abb. 10 und 11, zeigen die einzelnen Bestandteile, wie sie bei Aufsicht uns entgegen- treten, der Schnitt, Abb. 12, die Zeilschichtenfolge der Froschhaut. Nachdem das eingepflanzte Stück sich gut ausgebreitet hat, wird es gezeichnet und gemessen. Nach wenigen Stunden sieht man schon einige Basalzellen aus dem Rand sich her vor bewegen. Nach ein oder mehreren Tagen hat sich diese Schicht der Zellen vergrößert. Diese Neubildung oder der primäre Rand besteht aus Basalzellen in über- wiegender Masse, kleinen Melanophoren und einigen wenigen Guano- phoren. Ab und zu hat sich eine dem Bindegewebe eigene Chromato- phore in das Plasmamedium gestreckt; man sieht deutlich die ver- zweigten Ausläufer, in denen sich die Pigmentkörner bewegen. Schon gleich nach der Einpflanzung, aber auch oft später, kann sich ein Epithelhäutchen, das aus den oberen verhornten Schichten der Abb. Kl. Rana fusca nach W. J. SCHMIDT. 1920. (Anat. Hefte, MERKEL und BONXET, 58. Bd.) Rotzellen (iJ). (ielbzellen (.D, Melano- phoren (Mx 11. M..) und (iuanophoren (G) aus der Rückenhaut eines Weibchens (Balsam- totalpräparat). Die unter der Basalzelle ge- legene Schicht ist eingestellt. 22 Veränderung der Zellfonnen in verschiedenen Medien. Froschhaut besteht und das schon vorgebildet war, als dieses Häutchen in das Medium gelegt wurde, lösen. Es bleibt ohne Wachstumserschei- nungen in dem Medium liegen; selbst wenn es in neues Medium ver- L M "■^ W L 0« ^ G • • ;•*«•• #mi«t;iV#;iij Abb. 11. Eana esculeiita nach W. SCHMIDT. 1921. (Jeuaische Zeitsehritt, Bd. 57.) Avls einem mit riemmings Gemisch fixierten und mit Pappenheinis Methylgrün-Pyronin gefärbten Quer- schnitt der Kückenhaut, u u. h. Xantholeukosom im Durchschnitt; Kern der Guanophore (G) und der Lipopliore (L). In den Ciuanophoren die Kristalle, in der Lipophore («) die (Granula siclit- bar. c. Seitlicher Anschnitt einer Guanophore: locker gelagerte, sehollenartige Guaiinikristalle, Kern matt durchschimmernd, die Gruppe von Guanophoren nach einem mit FLEMMIXGS Gemisch fixierten, mit polychromen Methylenblau und Eosin gefärbten Flachschnitt der Kiickenhaut. pflanzt wird, behält es seine Struktur und Form unverändert. Ver- hornte Epidermiszellen und kleine Melanophoren setzen es zusammen. Diese Häutung des explantierten Stückes kann sich wiederholen. Sie entspricht einem dem Froschorga- ^^JJir'"^^«»'"^"^?'^"*""^ -, nismus geläufigen Vorgang, der in der Kultur nur übei'stürzter und in kürzeren Perioden sich vollzieht. Während der nächsten Tage der Züchtung erscheint nun auch der sogenannte sekundäre Rand um das Explantat herum, während der primäre Rand aus mehreren Zell- schichten bestand, breiten sich die- selben Zellarten, oft ohne Zusammen- hang, in dem reichlich zur Ver- fügung stehenden Medium aus. Je älter die Kultur wird, je zusammen- hängender kann diese Schicht werden, so daß sie während der nächsten Tage wie ein runder Schleier das Ursprungsgewebe umgibt. Die Form der Zellen hat sich auch jetzt geändert. Wir züchteten dieses Stück ja in Froschplasma und Augenkammerwasser. Daher war es nicht nötig, vor acht Tagen das Medium zu wechseln, vorausgesetzt, daß die Kultur nicht trübe erschien. Fand sich reichlicher Zelldetritus, ^ » ^ M Abb. 12. Rana esculenta nach W. J. SCHMIDT. (Arch. für Zellforsch. Bd. 19.) Querschnitt durch den oberen Teil der Haut. Unter dem Kpithel (£) die Schicht der Xantlioleukiisomen (X), darunter im Bindegewebe 5 durch Chlor gebleichte Melanophoren im Stadium der Ballung. Beohailiteii und Pflegen der Kulturen. 23 so mußte das Medium sofort gewechselt werden. Dies geschieht, indem man das Stückchen vorsichtig aus dem Medium herausnimmt, es in Ringerlösung aus- wäscht und es dann wieder auf ein neues Deck- gläschen mit neuem Medium einpflanzt. Es ist ratsam, als zweites Medium nicht so- fort wieder Frosch - plasma undAugen- kammerwasser zu nehmen, sondern vielleicht das »Stück einen Tag in Locke-Lewis-Lö- sung zu lassen, weil es sich hierdurch von allen anhaf- tenden Unreinig- keiten befreit, und es dann erst wie- 1 . , 1 • 1 Abb. 13. Raiia pipiens nach E. UHLEXHUTH. 19U. ( Journ. exp. der Ul aas gleicne Med., Vol. 20.) Rückenhaut drei stunden in Froschplasma, Hühner- Mpflinm 711 tun plasma und Froschmuskelextiakt an-ucptlaiizt. Bildung der sog. ±»i.ciAiuiii z,u luu. primären Randschicht. Die kleinen riinktc in diesem sind die Zell- Dieser Wechsel kerne, die größeren die kleinen MelanciplKiien. Photogramm nach gefärbtem Präparat. Abb. 14. Ablösung des Epidermishäutcher.s von der Oberfläche der Froschhaut, kurz nachdem sie in Gewebekultur gesetzt ist. Skizze nach dem Leben. (R. GASSUL, 1922, Arch. f. Entw., im Druck.) Abb. 15. Epiderniishäutchen, das unverändert selbst nach Umpflanzung bleibt. Skizze nach dem Leben. (R. GASSUL, 1922.) von Züchtung und Reinigung kann sich nun je nach dem Aussehen des Stückes wiederholen. Besser ist es, weniger oft zu wechseln, da mit 24 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien. jeder Änderung die schon gebildeten Zellen, soweit sie nicht mit der Ursprungshaut in Verbindung stehen, wieder zerstört werden. Hat sich schon ein großer, sekundärer Hof gebildet, so kann man auch nur Abb. 16. Beginnende Epithelbewegung und Auswanderung der implantierten Frosch- haut. Skizze nach dem Leben. (R. GAS- SU L, 1922.) Abb. 17. Ausgewanderte Epithel- und Ba- salzellen im 4 Tage alten Präparat. Skizze nach dem Leben. (R. GASSUL, 1922.) die Kulturflüssigkeit mit der Pipette absaugen und neue Nährflüssig- keit hinzusetzen. Die schönsten Präparate er- zielt man gewöhnlich, wenn man nach dem ersten oder zweiten Tage wechselt und dann den Kulturen eine Woche Ruhe gönnt. Will man die Froschhaut wochen- lang züchten, so muß man bedenken, daß nach jedem unvorsichtigen Wechsel sich erst der primäre und dann der sekundäre Rand neu bilden, daß aber ge- wöhnlich die zweite Bildung nicht so reich- lich ausfällt wie die erste. Das eingepflanzte Froschhautstückchen ist während dieser Zeit durchsichtiger geworden, zum Zeichen, daß die Zellen, die den primären Rand bilden, zum Teil aus den Zellschichten stammen, welche die Haut des Frosches bildeten. In den ersten Tagen der Züchtung teilen sich diese Zellen amito- tisch. Später erst findet die Zell Vermehrung durch regelrechte Mitosen Abb. 18. Umgepflanztes Präparat, 4 Wochen alt, reich- liche Zellvermehrung und Schichtenbildung. (Mikro- photogr. nach GASSUL, 1922. Gefärbtes Präparat.) Beobachten und Pflegen der Kulturen. 25 statt, die deutlich im lebenden Präj^arat mit Immersion nachzuweisen sind und sich auch leicht färberisch (Abb. 19) darstellen lassen. Es emp- fiehlt sich, Totali)rä parate und Schnitt])rä])arate in bestimmten Abständen von diesen Stückchen herzustellen, Konser- vierung mit Orth scher Flüssigkeit und Färbung mit Hämatoxylin, und wenn man die Chromato- phoren darstellen ^\•ill, Fixierung mit OGproz. Alkohol und Nachfär- bung mit alkoholischem Safranin sind zu emp- fehlen. Beim Konser- vieren muß darauf ge- achtet werden, daß das Stückchen mit dem Me- dium zusammen konser- viert wird. Es gelingt am besten, wenn man mit einer f einenKapillar- pipette, nachdem man vorsichtig den Tropfen mit dem Deckgläschen umgedreht hat, die Konservierungsflüssigkeit an den Rand des Tropfens ringsherum verteilt und langsam mit dem Konservieren bis zur Mitte vorgeht. Ist das Plasma sehr fest, was die Regel nur bei Züchtung in Hühnerplasma imd Froschplasma ist, so kann man das Deckgläschen schwimmend auf che Konservierungsflüssigkeit legen. Es kommt haupt- sächlich darauf an, alle ausgewanderten und neugebildeten Zellen mit zu konservieren. Dies gelingt erst nach einiger Übung. Das Ein- betten geschieht in der üblichen Weise ; am besten nimmt man für die letz- ten Stufen Chloroform-Alkohol, Chloroform-Paraffin usw. Man muß aber darauf achten, daß die Haut beim Einbetten nicht zu lange in den betreffenden Flüssigkeiten liegt, weil sie sonst zu hart wird. Feine Schnitte der explantierten Froschhaut färben sich am besten mit Dela- field, wobei die Zeitdauer des Verweilens in der Farbe aus2)robiert werden muß. Sind die Gewebe, wie die nekrotischen inneren Teile des explantierten Stückes, schon tot, so ist keine Kernfärbung möglich. Sehr oft wird sich nur der Zellinhalt diffus färben. In den Randpartien sind Mitosen dann leicht nachzuweisen. Vielleicht sind Basalzellen, die sproßartig aus dem eingepflanzten Stück in das Medium hinein- wachsen, zu sehen, die Guaninkörner in sich aufgenommen haben, manche auch rote Blutkörperchen und sonstigen Zelldetritus. Die run- den Zellen sind fast alle Abkömmlinge der Basalzellenschicht und der darüberliegenden Epithelschichten. Daß wirklich die ausgewanderten Zellen von den Schichten der Haut, die über den Basalzellen liegt, Abb. 19. In Teilung befindliche Zellen in einem 28 Tage alten, in Froschplasma und Augenkammerwasser gezüch- teten Präparat. (Mikrophotogr. gefärbtes Präparat E. (iASSUL, 1922.) 26 Veränderuno; der Zellformen in verschiedenen Medien. stammen, kann dadurch l)ewiesen werden, daß ein solches explantiertcs Hautstück \A'ieder implantiert wird. Ein Schnitt durch ein solches implan- tiertes Explantat (siehe Gassul 1922) zeigt verminderte Anzahl Zell- schichten über der Basalzellschicht. Die Rolle des Unterhautbindegewebes im Froschhautexplantat ist noch nicht ganz geklärt. Uhlenhuth behauptet, daß das Bindegewebe des Leopardfrosches keine oder nur geringe Wachstumserscheinungen zeigt. Das Bindegewebe der hier gebrauchten Rana esculenta zeigt besonders in Froschlymphe oft Wachstumserschei- nungen, die sich nachweisen lassen (siehe Abb. 20, 21 , 22). Die Wundstellen der Bindegewebsfasern verdicken sich, kleinere Kerne lassen sich im Leben beobachten. Durch Apposition verlän- gern sich die Fasern nach der Peripherie hin, und die Kerne verteilen sich in ziemlich regelmäßigen Abständen in dieser ausgewachsenen Faser. Das Längenwachstum erfolgt zögernd. Im beigegebenen Bilde ist ein Faserbündel abgebildet, das sich in 19 Tagen um Abb. 20 zeigt das Auswachsen des Binde- gewebes ans der Haut von Rana escu- lenta in drei nacheinander folgenden Stadien. Mikrophotogr. nach E. GASSUL, 1922. Gefärbtes Totalpräparat. Abb. 21 u. 22 zeigen das Auswachsen des Bindegewebes aus der Haut von Rana esculenta in drei nacheinander folgenden Stadien. Mikrophotogr. nach R. GASSUL, 1922. Gefärbtes Totalpräparat. 25 f^i vergrößert hat. Eine Regelmäßigkeit, wann die Bindegewebe, wann die Epithelgewebe am stärksten auswachsen können, ist nicht fest- gestellt. Es scheint nicht an den verwandten Kulturmedien zu liegen. Verhalten der Frosch haut in festen, halb flüssigen und ganzflüssigen Medien. 2. Übung. Während des Studiums der Frosch- haut, die sich nur in Plasmamedium und Augenkammerwasser befand, sind die anderen jetzt zu brauchenden Medien vorbereitet und sterilisiert. Außer den früher fertiggestellten Medien brauchen wir noch Hühner- plasma, das aber erst später von den Kursisten selbständig hergestellt wird. Jetzt wird es geliefert. Man hat also für die zweite Übung vorrätig : Beobachten und Pflegen der Knltui'en. 27 Hühnerplasma, Froschplasma, Augenkamraerwasser und RiNGERsche Lösung für Kaltl)lütler. Man stelle sich 3 Mischungen lier: ^/ä Teil Froscliplasma und Augenkammerwasser, 1/2 ,, ,, ,, Ringer sehe Lösung, 1/3 ,, Hühnerplasma, 1/.5 Teil Froschplasma und ^/.j Teil Augen- kammerwasser. ^•\- . "^^Ä' :V-'. •^ic -i,tVK^. ■"&*»■' Abb. 2H. Rückenhaut von Rana pipiens nach E. UHLENHUTH. (Journ. exp. Med. 1914, Vol. 20.) Photogramm nach dem Leben. 48 Stunden nach der Explantation. Zuchtmedium wie bei Pnäp. auf Bild 13. Zweischichtenbildung an drei Seiten des Explantats sichtbar. Man behält noch zum Ansetzen einiger Kontrollkulturen ein wenig reines Froschplasma übrig. Dann setze man in der Weise, wie auf S. 17 beschrieben ist, Kulturen an, vielleicht 24 Kulturen: 3 Kulturen in reinem Froschplasma, ,, ,, Hühnerplasma, ,, ,, Augenkammerwasser, ,, Ringer scher Lösung, ,, Froschplasma und Augenkammerwasser, ,, Froschplasma und Ringer scher Lösung, ,, Ringer scher Lösung und AugenkammerAvasser, ,, Hühner-, Froschplasraa und Augenkammerwasser. 28 Veränderung der Zellformen in verschiedenen Medien, Hat man wenig Plasma und Augenkammcrwasser, so kann man direkt beim Ansetzen mit mehreren Tropfenpipetten die Mischung vornehmen. Gewöhnlich züchten wir, den natürUchen Verhältnissen möglichst entsprechend, in halbflüssigen Medien, also hier entspricht Frosch- plasma und Augenkammerwasser einem solchen. Frosch-, Hühner- plasma und Augenkammerwasser gemischt stellen ein festes Mecüum vor, die anderen Medien sind mehr oder minder flüssig. Hühner- % ^^'% Abb. 24 wie Abb. 23, aber nach gefärbtem Präparat in einem sich verflüssigenden Medium. Die Formveränderung der Epithelzelien in diesem ist deutlich. plasma allein ist ein sehr starres Medium, RiNGERsche Flüssigkeit allein ein absolut flüssiges Medium und für die Kultur unbrauchbar. Beide werden nur als äußerste Kontraste verwandt. In dem einem können die Zellen nicht sich fortschieben, da kein Widerstand vorhanden, in dem steifen Hühnerplasma ist dies auch nicht möglich, da das Medium zu starr ist und infolgedessen der Widerstand zu groß. Auswanderung von Zellen und Zellteilung sind hier fast nicht vorhanden, höchstens sind in das flüssige Medium einige durch das Zerschneiden des Gewebes aus dem Zusammenhang gelöste Zellen hineingeschwemmt, aber nicht aktiv hinausgewandert. Beobachten iitid Pflegen der Kulturen. 29 Die Epithelzellen haben in einem festen Medium gewöhnlich poly- edrische Gestalt, von oben gesehen sind sie polygonal, im »Schnitt kubisch ; die Größe des Hofes ist gering, er besteht aus einer dichten Membran, erst nach 14 Tagen, wenn sich das Medium verflüssigt, nehmen die Zellen eine langgestreckte Form an den äußersten Rändern des Hofes an. In einem halbflüssigem Medium bildet sich ein sehr großer Hof von Zellen, die um das Stück herum noch polygonal sind und zusammenhängen. Je weiter nach außen man die Zellen Ijcobachtet, je loser wird ihr Zu- sammenhang, je langgesti'eckter \\ ird ihre Form, einzeln wandernsie dann in das noch unverbrauchte Medium hinaus. Nach 20tägiger Züchtung .sind viele Zellen stabartig und das Zellplasma ist von schaumiger Struktur. In einem flüssigen Medium (Augenkammer wasser) nehmen alle Zellen zuerst eine gestreckte Gestalt an, die sich schon nach wenigen Stunden (18 Stunden) in eine runde verwandelt, in welcher die Zelle bis zu ihrem Tode verharrt. Zu einer echten Hofbildung kommt es nicht, überall hin werden Zellen und Zellschleier getrieben. Alle diese Veränderungen können nun in dem sich im Laufe der Zeit stets verflüssigendem Plasmamedium früher oder später in einer Kultur beobachtet werden. Weiter haben wir genau das Schicksal der einzelnen Z?llarten ver- folgt und gefunden: Die großen Melanophoren teilen sich nicht in der Gewebezüchtung. Nachdem sie den ersten Tag sich ausgestreckt haben, ziehen sie sich im Verlauf der nächsten Tage zusammen und bleiben im Stadium der Ballung bis zu ihrem Tode, der oft sehr spät erfolgt. Sind sie gestorben, so werden die kleinen Pigmentkörnchen von vielen anderen Zellarten phagocyticrt. Dies erschwert natürlich das Erkennen der anderen Z?llgruppen. Die kleinen Melanophoren sind oft in aktiver Bewegung anzutreffen. Die Guanophoren teilen sich sicher, Basalzellen und Drüsen- zellen ebenfalls, Epithelzellen, soweit sie noch nicht verhornt sind. Über das Schicksal des Bindegewebes ist weiter oben berichtet, doch tritt bei Rana esculenta nicht das ein, was Uhlenhuth von dem Binde- gewebe des Rana pi23iens erzählt. Uhlenhuth findet, daß das Binde- gewebe inaktiv bleibt und von den Epithelzellen überwuchert wird, so daß nach mehrwöchentlicher Züchtung eine Hohlkugel entsteht, die innen aus dem inaktiven Bindegewebe, außen aus neugebildeten Epithelzellen besteht. Es sollte hier an der lebenden Epithelzelle gezeigt werden, daß ihre Form eine Funktion der Festigkeit des Mediums ist und daß die Schnelligkeit der Auswanderung von Zellschichten und Zellen durch den gleichen Faktor bedingt ist. IL Lebensäußeriingen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. Unter Lebensäußerungen der Zelle Mährend iln^es Verweilens in dem Kulturmedium sind zwei Gruppen zu unterscheiden, solche, die der Zelle auch im früheren Gewebs verbände eisen sein würden und 30 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. solche, die sieh in dem Kulturmedium neu oder erneut zeigen. Als Zeichen des auch in der neuen Umgebung weiter ablaufenden Zellgeschehens werden die Fortsatzbildung der Zellen, die aktive Wanderung, die Fähigkeit zu phagozj'tieren, die sofortige Bildung von indirekten Teilungsfiguren bei embryonalen Zellen, das Durchführen der Zell- durchschnürung und die Weiter l)ildung der schon vorhandenen Zell- strukturen angesehen werden müssen. Als Zellgeschehen, das sich nur in dem neuen Medium abspielt, werden wir die Entdifferenzierung oder den Abbau des Gewebes oder des Zellinhalts ansehen und das fortgesetzte Teilen des sich nicht abgebaut habenden, oder wenn das vorkommen sollte, das fortgesetzte Teilen der abgebauten, erwachsenen im Gewebeverbande sich nicht teilenden Zelle, das Auftreten direkter oder indirekter Teilungen, weiter das Neubilden von Zellstrukturen in vorher abgebauten Zellen, wenn auch das letztere Phänomen noch anzweifelbar ist. Als Anpassungs- oder auch als Absterbeerscheinungen werden die Speicherung von Fett, Fettsäuren, und die Bildung von Vakuolen und der sog. Degenerationsgranula angesehen werden müssen, wenn sie nicht gewöhnlich in der Zelle vorkommen. In diesem Abschnitte sollen einzeln das Auswandern, das Sichum- wandeln, das Sichteilen von lebenden Zellen der verschiedensten Art in verschiedenen Medien beschrieben werden und die Fähigkeit der Zelle zur Riesenzellbildung und zur Phagozytose experimentell gezeigt werden. Dabei wird die Beobachtung der lebenden Zelle mit ihren Inhaltskör^iern und die Darstellung derselben besonders betont. Ein Versuch wird gemacht, lebende und tote Zellen zu unterscheiden. Zu diesem Zweck werden wir uns erst die Mediumgewinnung bei Warm- blütlern, Vögeln oder Säugern ganz zu eigen machen und nachdem erst die Plasmagewinnung der Säuger, als die leichtere Operation, be- herrscht wird, lernt man auch Vogelplasma gewinnen. Die Katze ist wohl das geeignetste Objekt zum Beginn, die Ratte das schwerste, da Katzenplasma nicht so empfindlich ist wie Rattenplasma, das mit- unter schon in der Pipette gerinnt. Ich gebe einige kurze Anleitungen für die später zu brauchenden Tierarten Katze, Ratte, Huhn, Meerschwein, Maus, Hund und Mensch. Katze nplasma: Die Katze muß vor der Operation narkotisiert werden. Man setzt sie entweder unter eine Glasglocke, in die zugleich ein mit Chloroform getränkter Wattebausch gebracht wird, oder man fertigt besser aus einem Stück Verbandstoff eine Maske, in die man zwischen trockener Watte das mit Chloroform getränkte Wattestück hinein- legt, ähnlich wie bei der Narkose beim Menschen und kontrolliert den Fortgang der Narkose durch Prüfen der Herzschläge. Wählt man dieses Verfahren, so muß man vorher die Katze an allen vier Pfoten an den Operationstisch anbinden und eben vor Beginn der eigentlichen Operation narkotisieren. Hat man keinen kräftigen Diener zur Hand, so nai'koti- siert man leicht unter der Glasglocke an und bindet dann zwecks tieferer Narkose das Tier fest. Die Narkose soll so tief sein, daß das Tier still- Lebensäußeiungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. .'}1 liegt, jedoch soll jedes unnütz starke Narkotisieren vermieden werden, weil Gewebe von stark narkotisierten Tieren schlecht wächst und zu starkes Narkotisieren auch nachteilig auf das Plasma selbst einwirkt. Es müssen reichlich viel Röhrchen und große Röhrchen zum Auffangen des Blutes und des Plasma fertiggestellt werden, ebenso muß ein reich- liches Instrumentarium bereit sein. Man gebraucht: mehrere gut- Abb. 25. Katze, Brustkorb geöffnet, Herz freigelegt, Perikard geöffnet. Es ist darauf zu achten, daß die Bauchhöhle geschlossen bleibt. Siehe Text (Original). geschhffene Knopfscheren, Klammern zum Festklemmen des geöffneten Brustkorbes, große und kleinere Pinzetten, daljei eine mittelgroße Pinzette mit stumpfen Enden zum Hochheben des Herzens. Die Haut wird am Brustkorb mit Sublimat abgerieben, über dem Brustbein ein- geschnitten, zur Seite geklappt und festgeklemmt. Die freigelegte Muskulatur wird mit Ringer scher Lösung abgespült. Nun hebt man vorsichtig das Sternum hoch am Processus xiphoideus und schneidet mit dem stumpfen Ende der Knopfschere nach unten mittels eines Medianschnittes in den Brustkorb ein bis nahe an den Hals. Die beiden Hälften des Brustkorbes (Abb. 25) werden durch einen Transversalschnitt weiter geöffnet, wobei man die dort liegenden Gefäße beachten muß und so unblutig wie möglich arbeiten soll, und dann zur Seite hin festgeklemmt. Man soll so rasch wie möglich arbeiten, damit man die Narkose nicht zu lang auszudehnen braucht und schnell in das schlagende Herz ein- stechen kann. Mit einer kleinen Knopfschere eröffnet man den Herz- beutel, stützt das Herz von unten mit der stumpfendigen Pinzette und 32 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien, sticht mit der Kanüle in den Ventrikel ein. Es ist gleich, an welcher Stelle man einsticht, da durch das Einstechen mit der verhältnismäßig starken Kanüle der Ventrikel so heftig verletzt wird, daß von jeder Stelle das Blut in die Spritze einströmt (Abb. 26). Alle weiteren Handgriffe erfolgen genau so, wie sie schon beim Frosch beschrieben sind, mit dem wichtigen Unterschied, daß noch Abb. 26. Katze. Der Moment der Blutentnahme. Es ist darauf zu achten, daß die Spitze der Kanüle nicht das Herz durchsticlit und daß der Stempel der Spritze erst hochgehoben wird, wenn die Nadel gut in das Herz eingeführt ist. Siehe Text (Original). größere Schnelligkeit notwendig ist, eine Hauptbedingung zur Gewin- nung einer guten und reichlichen Menge Plasma. Zwischen Blutent- nahme inid Zentrifugieren darf höchstens ein Zeitraum von Sekunden vergehen. Das gewonnene Plasma wird in die schon früher beschriebenen dickwandigen Reagenzröhrchen abpipettiert, steril verschlossen. Ge- braucht man das Plasma nicht gleich, so kommt es in eine Gefrier- lösung, die man einen Tag über den anderen wechselt. Bei heißem Wetter muß jeden Tag gewechselt werden. Das Plasma ist bis zu acht Tagen lang brauchbar. Wenn man Versuche anstellt, bei denen Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. 33 es auf eine bestimmte Hydrogen-Ionen-Konzentration ankommt, soll es besser vermieden werden, vorher gewonnenes Plasma zu gebrauchen. Bei großen Tieren wird man zur Plasmagewinnung nur dann das Herz benutzen, wenn sehr viel Plasma gebraucht wird (etwa zu Kurszwecken). Sonst empfiehlt es sich, Blut aus der Karotis zu entnehmen, nachdem das Gefäß mobilisiert und das Blut gestaut worden ist. Dieses Verfahren erfordert jedoch größere Übung und ist für Kurszwecke nicht ratsam, weil eben oft, falls nicht sehr schnell gearbeitet wird, das Blut gerinnt. Ich lasse den Kursisten selbst von Anfang an alle Operationen aus- führen und ziehe deshalb zuerst die Blutgewinnung aus dem Herzen vor. Beim Hund entnimmt man das Blut für die Plasmagewinnung aus der vorderen Brustvene mittels einer vaselinierten Hohlsonde. Das zuerst ausfließende Blut läßt man unbenutzt, da leicht gerin- nungsfördernder Gewebssaft mit einfließt, der durch das Einführen des Schneppers in die Venen wand mit in das Blut gelangen kann. Das später quellende Blut läßt man in die paraffinierten Röhrchen ein- strömen und verfährt weiter in der schon geschilderten ü buchen Weise. Bei der Blutentnahme vom Kaninchen ist die allgemeine übüche Art, aus der Ohrvene Blut zu gewinnen zur Plasmabereitung nur selten mit Erfolg angewendet. Es währt zu lange Zeit, ehe man genügend Blut erhält. Bei dieser verhältnismäßig langsamen Entnahme erwärmt die Hand zu stark die eisgekühlte Spritze, und in den meisten Fällen gerinnt das Blut schon beim Zentrifugieren. Will man das Tier schonen, so muß man auch hier die Karotis freilegen ; die beste Art der Gewinnung bleibt immerhin das Einstechen in das schlagende Herz. Auch bei Herz- punktion, sei es z. B. ein Meerschweinchenherz, das man punktiert, ist im allgemeinen die Blutentnahme bei diesem Verfahren zu langsam. Vielleicht aber läßt sich diese sparsamste Methode noch ausbauen. Die Punktion kann in folgender Weise (nach Friebös) ausgeführt werden : Man schneidet über dem Herzen die Haare ein wenig ab und reibt die Hautstelle mit Jod ein. Man tränke die ausvaselinierte Nadel mit Paraffinum liquidum und steche mit der Spritze wie üblich in das Herz ein. Auch hier nehme man nicht das erste Blut, weil vielleicht Gewebssaft in ihm enthalten sein kann. Aus Sparsamkeitsrücksichten werden oft tragende Tiere zur Plasma- gewinnung benutzt, man meint, zugleich mit der Plasmagewinnung, auch die Embryonen verwenden zu können. Ich möchte dies Verfahren nur dann empfehlen, wenn das Tier erst im Beginn der Trächtigkeit sich befindet. Stark trächtige Tiere erweisen sich für die Narkose sehr un- geeignet. Auch habe ich oft empirisch festgestellt, daß das Wachstum im Plasma tragender Tiere sehr minimal ist. Vielleicht aber ist auch das bei diesen Tieren nötige starke Narkotisieren die Ursache, daß Gewebe in dem Plasma tragender Tiere nicht wachsen. Bei der Ratte und dem Meerschweinchen verfahre man zur Blut- entnahme aus dem Herzen wie bei der Katze beschrieben ist, mit Ausnahme beim Einschneiden in den Biustkorb. Bei den eben genannten Tieren^ eröffnet man den Brustkorb nicht durch Medianschnitt, sondern E r d m a n n , Piakt ikuin. 3 / ^ /\ ^ / /-^ v^ / L '•*«AR y \^^\ '^♦-Cv ■:>jy^ 34 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. Tim k Abb. 27. Ratte. Im Gegensatz zur Katze ist hier mit zwei Seitenschnitten der Brustkorb ge- öffnet und das Brustbein mit dem Teil der ihm anliegenden Rippen zurückgeklappt. Siehe Text (Original). schneidet beiderseitig beim Rippenknick ein (Abb. 27), den Knopf der Schere nach unten gerichtet, klappt dann das gelöste Stück rostatzu- rück und befestigt es mittels einer Klammer. Alle weiteren Handgriffe sind den bei der Katze beschriebenen gleich. Lambert und Hanes geben eine ausgezeichnete Anleitung, wie bei kleineren Tieren schnell Plasma aus Gefäßen gewonnen wird. Sie prä- Letensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. 35 parieren z. B. bei der Maus die Karotis frei, binden sie oberhalb der Einschneidestelle ab und befestigen sie unten mit einer Arterienklammer. Dann wird scharf in die Karotis eingeschnitten. Die Ränder des Ein- schnittes werden mit feinen Klammern festgehalten und das Gefäß ganz durchtrennt. Das Ende des Gefäßes und die es haltenden Klammern sind mit Olivenöl bedeckt. Dann wird die Klammer unterhalb geöffnet, und das Blut kann jetzt in die paraffinierten Glasgefäße von sehr schmalem Durchmesser fließen. Das Zentrifugieren und die übrigen Operationen sind den früher geschilderten gleich. Die ersten Tropfen werden nicht gebraucht. Junge Ratten geben gewöhnlich 1 ccm Blut, wenn das Tier getötet werden soll, so kann man zweimal soviel nehmen, aber man soll solches Blut nicht gebrauchen, wenn man Immunitäts- studien machen will. Beim Menschen benutzt man, wie sonst bei der Blutentnahme üblich, die Armvene. Das Menschenplasma, das ohne Narkose ja leicht gewonnen werden kann, wie auch ja bei dem Hund, verflüssigt sich leicht, ohne Zusatz von Hühnerplasma ist es unbrauchbar. Besonders eingehend möchte ich die Gewinnung von Hühnerj^lasma schildern. Da fast das ganze Jahr Hühnerembryonen zu haben sind und man mindestens dreimal dasselbe Huhn zur Plasmagewinnung brauchen kann, so empfiehlt es sich, dies besonders zu üben. Man soll sich zur Regel machen, daß alle Tiere, welche man zur Plasmagewinnung gebrauchen will, mindestens einige Tage vor der Operation im Stall selbst zu beobachten. Man füttere sie in dieser Zeit mit Nahrung, die viel Wasser enthält. Wenn man seine Tiere selbst aufzieht, was ja bei der zumeist gebrauchten Ratte sehr leicht ist, wird man am sichersten sein, normale, noch zu keiner anderen Operation gebrauchten Tiere zu haben. Operation am Huhn: Beim Huhn gewinnt man zunächst Plasma durch Blutentnahme aus einer Flügelvene, um das Tier zu schonen und für mehrere Blutentnahmen zu gebrauchen. Man legt das Tier auf dem Rücken auf den Operationstisch nieder, nachdem man ihm sorgsam eine Watteunterlage untergelegt hat, damit es nicht zu sehr auskühlt. Nun bindet man die Beine und darnach die Flügel mit Binden fest, recht behutsam, ohne das Blut zu stauen. Unter den Flügel, in den man hineingehen will, legt man eine Watterolle, um ihm eine erhöhte, sichere Lage zu geben. Die Operationsstelle befreit man vor- sichtig von allen Federn, die man nicht abreißen, sondern ab- schneiden soll. Sodann reibt man das Operationsfeld kräftig mit einem Wattebausch und steriler Kochsalzlösung ab, um allen etwa anhaftenden Schmutz zu entfernen. Nachdem man das Huhn beruhigt, im Notfalle ihm eine leichte Chloroformnarkose gegeben hat, hebt man die Flügelhaut mit der Pinzette auf und schneidet mit einer scharfen Knopfschere (Abb. 28) über dem Gefäße in die Haut ein, drängt stumpf ab und klemmt links und rechts mit je einer Pean sehen Klammer die Hautränder fest. So erhält man eine ziemlich weit offene Operations- stelle (Abb. 29), an der man das Gefäß deutlich liegen sieht. Das Gefäß wird nun vorsichtig hochgehoben und der Blutstrom mit einer Arterien- 3* 36 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. klemme abgestaut. Bevor man nun zur Blutentnahme einsticht, wird es nötig sein, die Narkose zu verstärken. Man muß das Tier gut be- obachten und die Stärke der Narkose genau austarieren, so daß das Tier zwar ruhig liegt, aber auch die Narkose gerade so leicht wie < '*;^>'^ X ®'*'': % W/^ 1/^'"^^^ I' -A Abb. 28. Huhn zur Operation vorbereitet. Die Rolle, welche den Flügel hebt, ist nicht sichtbar. Auch das den Kopf bedeckende Tuch ist fortgelassen. Siehe Text (Original). möghch ist. Schnarcht das Huhn, so ist die Narkose gut gelungen. Sobald der Blutstrom angestaut ist, sticht man mit der eisgekühlten Spritze in das Gefäß ein und löst im gleichen Augenblick die Klammer, so daß das Blut schnell in ziemhch großer Menge einströmt. Die Zentri- fugenröhrchen, welche zum Auffangen des Blutes dienen, müssen beim Huhn in größerer Anzahl bereitgestellt werden. Man nimmt auch etwas größere Plasmaröhrchen, da man mit größeren Blutmengen zu rechnen haben wird. Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien, 37 Im allgemeinen unterscheiden sich die einzelnen Handgriffe und die Art der Arbeit nicht wesentlich von der Art der Plasmagewinnung, die vorher schon bei anderen Tieren beschrieben ist, bis auf alle die Einzelheiten, die durch die Beschaffenheit des Tieres selbst bedingt Abb. 29. Flügelvene des Huhnes zur Blutentnahme vorbereitet. Die beiden P:6ANschen Klam- mern rechts und links klemmen die abpräparierte Haut zurück. Die zum Stauen des Blutes benutzte Arterienklemme darf nicht zu massiv sein. Siehe Text_(OriginaI). werden. Zu sagen wäre nur noch, daß beim Huhn, ganz gleich, ob man aus einem Gefäß oder aus dem Hühnerherzen das Blut gewinnt, noch rascher gearbeitet werden muß als etwa bei der Ratte, da die Tem- peratur des Hühnerblutes 38° C ist. Ist das Tier sehr jung, so braucht man beim Blutentnehmen aus den Gefäßen meist nicht in die Muskulatur einzuschneiden, bei älteren Tieren dagegen muß das Gefäß stumpf und unblutig freigelegt werden. Zu junge Tiere sind für die Operation ungünstig, weil ihre Haut leicht einreißt, am besten verwendet man 7 — 8 Monate alte Tiere. Dasselbe Huhn kann öfter zur Blutentnahme benutzt werden. Man entnimmt aus den Flügelgefäßen erst an einer, dann an der anderen Seite und zuletzt aus dem Herzen. Am besten 38 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. wird das Tier nach der Entnahme aus dem Gefäß sofort verbunden. Man läßt es bis zur nächsten Entnahme etwa ^/g Jahr laufen. Dabei gelingt es, daß man ein paarmal aus demselben Gefäß Blut entnehmen kann, oft aber vernarbt die schon früher benutzte Stelle nicht gut und die Verwachsungen stören dann, wenn man diese Stelle später wieder benutzen will. Weiter brauchen wir außer Physiologischer Kochsalzlösung, Ringer- sclier Lösung, Loke-Lewis scher Lösung, alles natürlich für Säugetiere angesetzt, Embryonalextrakt, den wir auf folgende Weise bereiten. Embryonalextrakt: Die bequemste Art ist folgende: Aus dem trächtigen Uterus beim Säugetier oder aus dem Ei beim Vogel wird der Embryo steril entnommen und in steriler Ringerlösung abgespült. Das so vorbereitete Tier wickelt man in ein steriles Gazeläppchen, von dem die Ringerlösung zum größten Teil wieder aufgesogen wird. Der Embryo wird dann in sterilen Glasgefäßen mit sterilen Instrumenten schnell zerschnitten und verrieben und der Embryonalbrei in ein ste- riles, mit einem Deckel versehenen Filter gebracht, auf dem man vorher ein steriles, mit Ringer angefeuchtetes Stück Filtrierpapier leicht an- gedrückt hat. Da der Embryo sehr wasserreich ist, werden sich immer Tropfen von Flüssigkeit abfiltrieren, die möglichst sofort, ver- dünnt wie 1:3, zu benutzen sind, höchstens aber einige Stunden auf Eis gehalten werden können, da sonst die wachstumsbeschleunigenden Substanzen nicht mehr bei späterer Verwendung zu A\drken scheinen. Außer dem geschilderten Verfahren, Embryonal-Extrakt zu gewinnen, wird noch folgende Methode nach Drew empfohlen : Man schneidet Mäuse- oder Ratten-Embryonen in feine Stückchen und bringt sie in ganz wenig DREWsche Flüssigkeit (siehe S. 104). Diesen Brei läßt man 2 — 3 mal frieren und auftauen, damit die Zellen so viel wie möglich sich aus dem Verbände lösen. Dann zentrifugiert man, bis eine klare oder schwach opaliszierende Flüssigkeit sich absetzt. Drew empfiehlt 2 Teile dieser Flüssigkeit und 3 Teile der DREWschen Flüssigkeit, die das Plasma ersetzen soll. A. Auswanderung der eingepflanzten Zellen gezeigt an der Milz. Nachdem A\ir erst in Gedanken uns die nachfolgenden Schritte des Experiments zurechtgelegt, alle Instrumente und Lösungen bereit- gestellt haben, so nehmen wir die bis zu diesem Zeitpunkt auf Eis ge- stellte Milz. Gerade hier ist die Auswanderung der Zellen am besten zu beobachten, und die Anfertigung von Deckglaskulturen bei Milz und auch bei Knochenmark ist verhältnismäßig leicht. Um Tiere zu sparen, benutzt man dasselbe Tier zuerst zur Plasmagewdnnung, nimmt die Milz dann steril heraus und bewahrt sie, bis man sich die Glas- schalen, sterile Instrumente und Lösungen zum Kulturenansetzen zu- rechtgestellt hat, auf Eis auf. Hat man 2 Zimmer zur Verfügung, so stellt man diese Dinge schon vor der Operation auf. Je schneller man arbeitet, je besser. Nachdem die Milz — man nimmt entweder Auswanderung der eingepflanzten Zellen gezeigt an der Milz. 59 % Katzen-, Ratten-, Meerschwein- oder Hühnermilz, nur nicht Mäuse- milz, weil die Zellen sehr klein sind — aus dem schwach narkotisierten, besser geschächteten — falls ein frisches Tier verwandt wird — Tiere herausgenonunen ist, wird mit dem Ansetzen der Kulturen in der früher geschilderten Weise verfahren. Man wird gut tun, die Milz ein paarmal in Ringer scher Lösung abzuwaschen und dann aus dem Inneren der Milz kleine Stückchen in das Nährmediura einzusetzen. Wir züchten als dritte Übung die Milz: in arteigenem Plasma, in Plasma und Ringer scher Lösung, in Plasma und Embryonalextrakt, in reiner Ringer scher Lösung, in reinem Serum. Man wähle am besten möglichst gleichgroße ►Stücke, damit man später einen Anhalt hat, wie stark die Auswanderung der Zellen stattgefunden hat. Am nächsten Tage wird man deutlich, schon mit bloßem Auge, weiß- liche Ringe um das ein- gepflanzte Stückchen sehen können. Der Durch- messer dieses Kreisringes ist wahrscheinhch größer bei den in Serum einge- setzten Stückchen. Ge- rade hier wandern die Zellen am schnellsten aus. Am dichtesten ist der Zellenkranz bei den Plas- mamedien, auch haben hier die Zellen ein nor- males Aussehen, während in dem Serum abenteuerlichen Pseudopo- dien, stark ausgezogenes Zellplasma und blasse Kerne sich zeigen. Viele Zellen sterben ab. In dem Plasma der Katze können die Mlzzellen sehr lange leben und es fällt besonders der Reichtum an eosinophilen Leukozyten auf. Am übernächsten Tage wird man diesen Zellenkranz unter der Lupe mit einer feinen Kapillarpipette absaugen und in ein neues Medium bringen (Abb. 30). So ist man sicher, nur ausgewanderte Zellen zu erhalten, die dann nach weiteren 2 Tagen wieder in neues Medium verpflanzt werden müssen. Unter Umständen findet auch eine Vermehrung einiger Elemente statt. Die erwachsene Milz, ,,die Stätte des Unterganges vieler Erythro- zyten und der Neubildung vieler weißer Blutzellen" enthält aj Abb. 30. Auswanderung der Zellen der erwachsenen Katzenmilz in homogenem Plasma, 3täg ge Kultur, ein Teil des Hofes ist zwecks Umpflanzung schon abpipettiert und auf ein neues Deckglas gebracht (im Präparat links). Mikrophotogramm nach dem Leben (Original). o/y »OS Ay liJI LIBRARY )33 JV7AS^;^.C^ y 40 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. # # Bindegewebszellen, die uns hier nicht interessieren, infolgedessen viele Erythrozyten und viele weiße Blutzellen. Dazu kommt — und das ist für uns besonders wichtig — ein weitverzweigtes Venen - und Arterien- system. Die Wand der kapillaren Milzvenen ist eine durchbrochene. Sie enthält retikulär angeord- nete Zellen, welche ein Maschenwerk bilden (Netz- sjmcytium). Betrachten wir unser eingebettetes Stück am ersten Tag, so finden wir eine ganze Reihe von großen blasigen Zellen, deren Kern sich mit Giemsa blau färbt. Diese Zellen sind Zellen aus dem Reti- kulum. Sie können phago- zytieren. Am zweiten Tage in ihnen sehr häufig die Blutkörperchen (Abb. 31). Sowohl die eosinophilen Leukozyten der Milz als auch des Knochenmarks teilen Abb. 31. Katzenmilz. Zellen des Reticulums aus der Peripherie des Hofes. Mikrophotogramm nach einem mit Giemsa gefärbten Totalpräparat (Original). findet Reste man roter -.»•*"^ « * ■»V. ••...••.•. Abb. 32 u. 32a. Riesenzellbildung in der Eattenmilz in Menschenplasma 5 Tage gezüchtet. In der Mitte der beiden vielkernigen Riesenzellen eine vakuolige Sphäre, um welche sich viele Kerne lagern. Um den Kernkranz Fettgranula. Nach LAMBERT und HANES, 1911. Journ. exp. Med., Bd. 14. Auswanderung der eingepflanzten Zellen gezeigt an der Milz. 41 sich schnell hintereinander in den ersten drei von uns gewählten Medienbis sie als kleine, punktgroße Einheiten endlich zugrunde gehen. Sie können auf zweierlei Arten sterben. Entweder sie sterben durch Ausstoßen sämtlicher eosinophiler Granula oder auch durch Aus- stoßen des Kernes, der vorher pyknotisch geworden ist. Nach 2 Wochen ungefähr finden sich nur kleine Lymphozyten und retikuläre Zellen und eventuell Bindegewebszellen der Milzkapsel vor. Eine progressive Ent- wicklung der Zellen machen nur die Lymphozyten in einem Plasraa- medium mit Serum durch bis zu ihrem schon raorphogenetisch vor- geschriebenen Ziele, nämlich in Plasmazellen; eine Rückbildung der Lymphozyten in Bindegewebszellen ist von mir nicht beobachtet worden. Man hüte sich, Milzläppchen mit etwas Fett einzupflanzen, weil dadurch die an sich schon schwierige mikroskopische Deutung der Bilder noch kompliziert wird. Die dem eingepflanzten Milzstück- chen eigenen Riesenzellen wandern sehr selten in den freien Zellenhof. Man findet sie aber noch in Schnitten durch das im Plasma ein- gepflanzte Stück. Doch bilden sich auch vielkernige Riesenzellen in der Milz (Abb. 32 u. 32a). Hat man die eingepflanzten Stücke Abb. 33. Embryonale Milz vom 16 Tage alten Embryo. 1. drei Tage gezüchtet in Ringer allein, 2. in Ringer und 2% Agar, 3. in Serum, 4. in frischem Serum und 2°o Agar, 5. in auf 50 ° C erhitztem Serum und 2% Agar, 6. in auf 50° C erhitztem Hühnerplasma. Nach IN(iEBRIGTSEN, 1912. Joiurn. exp. Med. Bd. 16. sehr häufig umgebettet, so bleibt schließlich nur das retikuläre Gewebe zurück, von dem kleine, basophil sich färbende, lymphozytenähnliche Zellen sich ablösen. So wenigstens verhält es sich bei der Milz der Katze, der Ratte, des Meerschweinchens, des Huhnes. Es kann sein, daß das Mlzgewebe anderer Tierarten wieder andere Erscheinungen hervortreten läßt. Die embryonale Milz (Abb. 33) kann — falls vorhanden — als Vergleichs- objekt betrachtet werden. 42 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. 4. Übung. Mau nehme die Milz eines 16 Tage alten Hühner- embryos und habe folgende 6 Medien zurechtgestellt: RiNGEEsche Lösung, RiNGERsche Lösung und 2% Agar, auf 50° C erhitztes Hühnerserum u. 2% Agar nicht erhitztes Hühnerseruni u. 2% Agaru. Hühnerplasma. Agarlösung. Eine 2% Lösung Agar in destiUiertem Wasser hält man im Wasserbad zwischen 60—65° C flüssig. Hat man das Serum bereitet, so nimmt man die Agarlösung aus dem Wasserbade und läßt sie bis ca. 40° C abkühlen. Dann mischt man die Agarlösung vorsichtig mit dem Serum in der gewünschten Zusammensetzung. Sofort müssen dann die Kulturen angesetzt werden. Sind in der Lösung kleine Stückchen geronnener Agar, so nniß man den Prozeß wiederholen. S e r u m b e r e i t u n g. Man mache es sich zur Regel, daß jnan aus dem Herzen des Tieres, von dem man schon 2 — 4 Röhrchen Blut zur Plasmagewinnung ent- nommen hat, noch Blut für die Serumgewinnung entnimmt. Nach ein paar Minuten hat sich das Herz gewöhnlich so voll geschlagen, daß man Blut für die Serumgewinnung entnehmen kann. Dies kommt in ein nicht mit Paraffin aus- gekleidetes steriles Zentrifugenröhrchen. Man läßt das Röhrchen ^i Stunde lang kühl stehen, sticht dann mit einer ausgeglühten Platinnadel den Blutkuchen ab, zentrifugiert, pi])ettiert ab und verwahrt das Serum auf Eis. Abbildung 33 1 — 6 zeigt nun, wie stark che Auswanderung in den 6 verschie- denen Medien ist. Nur in 5 und 6 haben sich die Fibroblasten der Milz entwickelt. Es sind also auf Figur 33 5 und 6 zwei Schichten sichtbar. Die leicht grau punk- tierten Schichten sind die ausgewanderten Lymphocyten und einige eosinophile Leukozyten der Milz auf allen Bildern. Totalpräparate fcärbt man mit Giemsa oder auch Hämatoxylin und Sudan III. Es empfiehlt sich, auch Schnitte durch das eingej^flanzte Stück zu machen. B. Umbildimg der Knochenmarkzellen. Besonders lehrreich ist das Verhalten der Knochenmarkzellen im künstlichen Medium und zwar ist das rote, nur wenig Fett ent- haltende Mark des jungen Huhnes zum Versuch besonders geeignet. Die Methode des Ansetzens der Kulturen ist die gleiche wie bei der Milz, nur muß darauf geachtet werden, daß das Knochenmark direkt aus dem getöteten Tier in das Nährmedium ohne Ringerzusatz gebracht wird. Zu diesem Zwecke wird es sich empfehlen, das Knochenmark des Huhnes, welches wir für die fünfte Übung brauchen, auf folgende Weise zu gewinnen. Dem leicht narkotisierten Huhn wird mit einem scharfen »Skalpell die Flügelhaut eingeritzt. Mit einer scharfen Knochenschere wird der Knochen in der Mitte durchgeschnitten, mit einer Hohlsonde das Knochenmark herausgenommen und sofort in das Kulturmedium gebracht. Man wähle sich ein junges Tier, dessen Knochen reichlich rotes Knochenmark enthalten, da das weiße Knochenmark durch seinen Fett- gehalt kein gutes Beobachtungsobjekt bietet. Zuerst studiere man das Knochenmark in einem Tropfen Plasma, nachdem es ca. ^/^ Stunde im Thermostaten gewesen ist, damit man sich die vorhandenen Ele- mente des Knochenmarkes einprägt. Man kann 1 e b e n d folgende Ele- mente unterscheiden (Abb. 34) : die Erythrozyten, die Erythroblasten, ungranulierte Zellen, granulierte Zellen, Riesenzellen; Umbildiinc der Knochcnniarkzcllen. 43 ..V »•>-<» V Jt. ^■»♦•j ■» •!» Diese zerfallen sehr leicht, sind aber im Innern des eiiigejiflanzten Stückchens auch später noch unverändert zu erkennen. Die Erythro- zyten des Huhnes unterscheiden sich von den Erythroblasten durch das vorhandene Hämoglobin. Bei den Erythroblasten, deren Kern und Plasma rundlich ist, findet sich das Hämoglobin nur in Spuren. Die eosinophilen Leukozyten fallen durch ihre Granulierung auf. Beim Huhn sind soAAohl stab- förmige wie rundliche . ..'.r-^ Granulationen vorhan- den. Auch Fettzellen lassen sich lebend unter- scheiden (xA.bb. 34). Die Schicksale dieser verschiedenen Zellarten im Plasmamedium sind folgende : Die eosino- philen Leukozyten wandern mit großer Schnelligkeit aus und teilen sich mehrmals hintereinander, so daß viele kleine Zellen ent- stehen. Diese verlieren sehr oft die Granula, der Kern wird pyknotisch und die Zellen sterben ab. Oder die Granula ver- größern sich, werden Degenerations - Granula ähnlich und färben sich dann sehr stark mit Neutralrot. Doch gehen auch diese Zellen, wenig- stens beim Huhn, inner- halb von 5 Tagen zugrunde. Beim Meerschwein waren noch nach 10 Tagen eosinophile Leukozyten sieht liar. Ob diese nun aus den Vorstufen der Leukozyten in der Gewebekultur neugebildet worden sind oder ob es che überlebenden Leukozyten sind, bleibt zu entscheiden. Hat man das Knochenmarkstückchen nach einigen Tagen umgebettet, so erscheinen besonders viele kleine ,,Lymphozyten" am Rande des eingebetteten Stückes, die sich dann mit ihren fingerartigen Fort- sätzen langsam an die Peripherie des Mediums bewegen. Bei häu- figem Umbetten wandern ' schließlich nur aus dem übrigbleiben- den Retikulum diese kleinen ..Lymphozyten" aus. Sie sind stark basophil und haben bei Giemsafärbung einen vakuohgen Kern, der wenig mit Chromatin gefüllt ist. Der Protoplasmarand ist sehr oft zackig in der lebenden Zelle, nimmt natürlich ein glattes Aussehen im gefärbten Präjiarat an. %^i- Abb. 34. Knochenmark des erwachsenen Huhns 1 Tag im Plasma gezüchtet. Ausgewanderte Zellen in dem Zellkranz. Oben drei eosinophile Leukozyten, einer in Teilung (Stäbchen- form, unten 2 granulierte Formen, in der Mitte ungranulierte Form. Links und r.clits oben 2. Fettzellen. Nach dem Leben, Orginal. 44 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. Abb. 35 wie 34. aber 2 Tage in Plasma gezüchtet. Beaclite die wandeniile Kieseiizelle, die umgewandelte Fettzelle, (las rute Blutkiiriierehen, das seinen Kern gerade ausstößt, darunter ein Lymphozyt mit Vakuolen um den Kern. Nach dem Leben, Original. Ab und zu findet man auch noch Bindegewebszellen, die aus den Kapillargefäßen und aus dem Knochenmarknetzwerk stammen, sowie große Endothelzellen. Diese machen genau dieselben Ver- änderungen durch wie in der Milz und können auch stark phagozytieren. Die Riesen- zellen, die mit dem Knochen- mark eingepflanzt werden, sind oft am zweiten Tage noch erhalten. Ab und zu findet man bei jungen Tieren außerdem noch Knochen- zellen, die lebend mit ihren vielen kleinen, stark licht- brechenden Knochenspießen einen überraschenden Anblick gewähren. Das mikroskopische Bild wird beherrscht durch che ab- gebauten Fettzellen, falls man fettreiches Knochenmark genommen hat. Die Fettzelle oder Fettblase (Abb. 36> ver- liert das gespeicherte Fett (Abb. 36a), dieses löst sich schaumartig auf und färbt sich dann später auch nicht mit Osmium. Aus der alten Fett- blase löst sich dann eine junge Fettzelle ab, die wie- der unter Umständen Fett speichern kann, aber sich durch ihre Kleinheit von derUr- sprungsfettzelle unterscheidet (Abb. 36b). Diese geschil- derten Verän- derungen kön- nen lebend mit dem heizbaren Objekttisch be- obachtet wer- den. Besonders auffallend ist die starke Beweglichkeit der Fettzelle, die mit ihrem Inhalt sich wie eine große Riesenzelle durch das Gesichtsfeld bewegt (Abb. 35). Leicht sind diese Zellen lebend durch die stark lichtbrechenden Fettkugeln Abb. 36. Umgewandelte Fettzellen in der Gewebe- kultur. Nach Erdmann. Original. Die Bilder 36, 36 a u. 36 b sind nach 48 Stunden Züchtung des Hühnerknochenniarks nach mit Osmium fixierten mit Safranin gefärbten Präparaten dargestellt. Abb. 36 a. Umgewandelte Fettzellen in der Gewebe kultur. Nach Erdmann. Original. Abb. 36 b. Umge- wandelte Fettzellen in der Gewebekul- tur. Nach Erdmann. Original. Erscheinungen der Phagozytose und der Riesenzellbildung. 45 erkenntlich. Gefär})t fallen sie durch ihr schaumiges Aussehen auf. In der Gewebekultur findet also der Abbau des Fettes in freie Fettscäuren statt, eine Erscheinung, die sehr oft auch bei jjathologischen Zu- ständen eintritt. Man kann, wenn man rechtzeitig das Medium wechselt, die ver- schiedenen Zellarten getrennt auswandern sehen. Zuerst, wie gesagt, die eosinophilen Leukozyten, dann che Lymphozyten. Hier bietet sich also Gelegenheit, Experimente mit der gewünschten Zellart zu machen. Das Knochenmark ist in den verschiedensten Medien vielfach unter- sucht worden, aber sehr häufig sind Auswanderung und echtes Wachstum gerade beim Studium des Knochenmarks verwechselt worden. Die einzigen Erscheinungen des echten Wachstums sind die Loslösung der kleinen ,, Lymphozyten", die histologisch den Polyblasten Maximows am nächsten stehen. Alle anderen Erscheinungen haben mit echtem quantitativen Wachstum nichts zu tun, selbst dann, wenn sich aus den Vorstufen der eosinophilen Leukozyten vollausgebildete Leuko- zyten in der Gewebekultur entwickeln. C. Erscheinungen der Phagozytose und der Riesenzell- bildung. Kein geeigneteres Objekt gibt es, um die phagozytierende Tätigkeit der Zelle im Leben zu zeigen, als die Milz (7. Übung). Man nehme, wie schon beschrieben, Milz vom Huhn oder vom Menschen und züchte Abb. 37. Schnittbild einer vielkernigen Kiesenzelle in welcher s.ch zahlreiche Ly- kopodiumsporen befinden. Nach LAMBERT, 1912. Journ. exp. Med., Band 15. ^%^ ^^y Abb. 38. Phagozyten umgeben einen Haufen von Tuberkelbazillen. Schnitt durch ein sieben Tage in P.asma gezüchtetes Gewebestück aus der Lunge eines tuberkulösen erwachsenen Kaninchens. Nach VEBATTI, 1919. Nr. 1—2 Bollettino della Soe. Medio. Chir. di Pavia. sie in einem beliebigen Medium, Hühnerplasma und Embryonalextrakt einerseits oder für den Menschen Menschenplasma und Hühnerplasma, dem man sterilisierte Lykopodiumsporen hinzugefügt hat. Es ist dabei zu beachten, daß die Lykopodiumsporen frei im Medium schwimmen und nicht, wie es mitunter getan worden ist, erst auf das Deckglas ge- bracht werden. Nach 1—2 Tagen sieht man verschiedene Stadien, die zur Bildung von Riesenzellen führen. Viele kleine Zellen umgeben eine einzelne Spore, manche Zellen haben sich zu einem großen Synzytium 46 Lobpnsäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. zusammengeschlossen, in dessen Mitte 1 oder mehrere Sporen sich be- finden. Es geht deutlich daraus hervor, daß diese Art von Riesenzellen sich aus vielen Zellen gebildet hat (Abb. 37). Das gleiche läßt sich auch zeigen, wenn man in die Kultur am zweiten Tage der Züchtung viel- leicht Tuberkelbazillen einfügt. Auch hier umgeben, wie Abb. 38 zeigt, die Zellen zuerst den Bakterienhaufen, der später aufgenommen wird. Es ist Abb. 39, 40, 41. Riesenzellen, vielkernige mit inid ohne Tuberkelbazillen. Material wie auf Abb. 38 nach VERATTI, 1919. wichtig, daß man nicht gleich am ersten Tage, nachdem die Kulturen angesetzt sind, die Bazillen zufügt, weil frisches Plasma eine stark bakterizide Tätigkeit ausübt, und erst am zweiten Tage wird ein Gleichge- mcht zwischen ^e Plasma und Bak- terien hergestellt. Die Bakterien selbst würden, wenn nicht Zellen in dem Plasma sich befänden, allein weitergedeihen . Die phagozytie- renden Zellen aber nehmen die Bak- terien auf und vernichten eine ** ^ große Anzahl der- selben (Abb. 40 und 41). Außer Lykopo- Abb. 43. Mäusesarkomzelle, aus 1. . 1 ,, dem gleichen Präparat, in welcher Üiumsporen lassen nur die sog. Degenerationsgranula sich auch Karmin- nach längerer Züchtung sichtbar werden. teilchen oder ja- panische Tusche benutzen. Immer aber können diese aufgenommenen, von den später, ■ — wie wir sehen werden in der Gewebezüchtung sich dL Abb. 42. Mäusesarkomzelle, die große Karminteilchen aufgenom- men hat. Vier größere sind über dem viereckigen Kern kenntlich. Beachte die Pseudopodien. Nach LAMBERT und HANES, 1911. Journ. exp. Med., Bd. 14. (Fär- bung mit Hämatoxylin, Total- präparat.) Zellteilung der lebenden Zelle und Darstellung ihrer Inhaltskörper. 47 bildenden Granulationskörner — gut unterschieden werden (Abb. 43). Die Tumorzellen zeigen dies deutlich. Sie sind zuerst auch benutzt worden, um die phagozytierende Tätigkeit der Zelle in vitro zu zeigen (Abb. 42). Wenn die Endothelzellen der Milz und die Tumorzellen besonders gute Objekte darstellen, so kann man aber auch alle anderen Zell- arten benutzen. Fast jede Mesenchymzelle kann Fremdkörper auf- nehmen, daher wird bei der Deutung späterer Befunde dieses Moment stets in Rechnung gezogen werden müssen, denn nicht alle Einschlüsse in lang gezüchteten Zellen sind von der Zelle selbst gebildet, sondern Kerne, totes Zellplasma, tote Zellen aus der Kultur werden wahllos aufgenommen. Das Nahrung« bedürfnis der Zellen in der Gewebekultur ist sehr stark. Besondere Beachtung verdienen die EndotheUollen, die am schnellsten sich aus ihrer Umgebung befreien und am heftigsten phagozytieren. Diese Eigenschaft des retikulo-endothehalen Systems verdient besondere Beachtung, da sie ja nicht nur in der Gewebekultur, sondern auch bei vielen pathologischen Zuständen nachzuweisen ist. D. Zellteilung der lebenden Zelle und Darstellung ihrer Inhaltskörper. Für die 8. Übung werden Deckglaskulturen von Mesenchymzellen, sei es Huhn oder Meerschwein, die im Plasma oder Locke-Lewis Lösung gezüchtet werden, verteilt, die in dem späteren Verlauf des Praktikums vom Kursisten selbst ausgeführt werden. Jetzt soll an ihnen das Lebend- beobachten und die Darstellung der Inhaltskörper der Zelle geübt werden. Wir heben die Kultur, nach- dem wir sie uns bei mittlerer Ver- größerung angesehen und das einge- gepflanzte Stück und den neuge- bildeten Zellsaum unterschieden haben, mit der Kühnschen Pinzette vorsichtig ab und legen sie auf einen sterilen, flachen, auf 37,5 erwärmten Objektträger (Brutschrank) und umringen sie neu vorsichtig mit Vasehn. Der halbfeste Plasmatropfen oder die Kulturlösung hält bei rich- tigem Behandeln die Zellen in ihrer früheren Lage. Hat man die Mesenchymzellen (Abb. 45) vorsichtig auf einem flachen Objektträger unter Immersion eingestellt und sie entweder vermittels eines heizbaren Objekttisches (Abb. 44) oder, da dieser im allgemeinen nicht für jeden Schüler zu haben ist , auf einer Petrischale mit auf 38 — 40 ° C erwärmtem Wasser, das man häufig wechselt, gelegt, so lassen sich an der lebenden Zelle folgende Einzelheiten beobachten . Der gewöhnliche Ruhekern kann ohne jede Schwierigkeit erkannt werden, er ist homogen und stark durchscheinend. Sein Lichtbrechungsvermögen ist dem des Abb. 44. Heizbarer Objekttisch, beim Durchmustern von Kulturen zu emp- fehlen. 48 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. Zellplasmas ähnlich. Sehr oft kann der Kern nur durch die Anordnung der Mitochondrien und der Granula um ihn herum erkannt werden und durch das Vorhandensein der Nukleoli in ihm. Die beiden, den Binde- ^ o #0 • °o # o o o • o • o - s O O O o o o ^\. Abb. 45. Mesenchymzellen des Hühnerembryos in LOCKE-LEWIS-Lösung verschieden lang gezüchtet, vital gefärbt mit Neutralrot und Janusschwarz nach W. LEWIS, 1919. Johns Hopkins Bull., Bd. 30. gewebszellen eigenen Nukleoli sind gut erkennbar. Sie haben eine unregelmäßige Außenstruktur und scheinen lebend zerklüftet. Ganz im Gegensatz zu dem gefärbten Präparat, in welchem der Nukleolus als runder, scharf umgrenzter Punkt erscheint. Keine Kernmembran ist in der lebenden Zelle erkennthch. Trotzdem ist die Grenze zwischen Kern und Zellplasma in der Periode zwischen zwei Kernteilungen gut erkennbar. Während der Prophase geht der geschlossene Charakter des Kernes verloren und die Chromosomen sind als traubenf örmige Ge- bilde erkenntlich. Auch die Spindel, aber nicht Spindelfasern lassen sich erkennen. Der Kernsaft ist allmähhch verschwunden und das Zellplasma umringt jetzt die verdichtete Masse des Chromosomenmaterials. Es muß also nach Zellen mit solchen Kernformen gesucht werden. Im Zell- Zellteilung der lebenden Zeile und Darstellung ihici' Inlialtskörper. 49 teilvingsvorgange die le})ende Zelle zu .studiereu wird nur hei langsamem Studium gelingen. Doch la.ssen sich immer einzelne Stadien des Mitosen- al)laufs durch die eben geschilderte Methode aus der Masse der wachsen- den Mesenchymzellen finden. Das Zellplasma der lebenden Zelle ist selten homogen, fast immer mit Inhaltskörpern beladen. Das eigentliche Zellplasma, das gewöhnlich als halbflüssige Substanz angesehen wird, enthält ver- schiedenfache Einschlüsse, die lebend erkenntlich sind, die Mitochon- drien und die Granula. Durch die von uns gewählten Zucht bedingungen, also hier z. B. durch das Ansetzen der Mesenchymzellen in Locke- Lewis- Lösung, die zu den sehr flüssigen Medien gerechnet werden muß, breiten sich die Zellen unter dem Deckglas aus. Man kann ein Endo- plasma mit staubähnlichen Körnchen und ein fast homogenes Außen- plasraa erkennen. Es ist kein Zentriol als scharf umschriebener Körper in der lebenden Zelle vorhanden, sondern nur eine klare Zentro- sphäre. Doch da ein so scharf vuid leicht erkenntlicher Körper wie das Zentriol im gefärbten Präparat erscheint, so müssen wir annehmen, daß das, was in der gefärbten Zelle als Zentriol erscheint, eine Ver- dichtungs- und Verdünnungszone des Zellplasmas lebend darstellt. Die Mitochondrien (Abb. 45) haben wechselnde Gestalt. Ge- wöhnlich sind sie lang und fadenartig und mitunter verzweigt. In äl- teren Kulturen wachsen die Stäbchen zu kleinen Bröckchen, die sich ab- runden können. In degenerierenden Kulturen häufen sie sich um die Zentrosphäre. Chemisch bestehen sie jedenfalls aus Phospholipin und Albumin. Ihre wirkliche Bedeutung im Zellhaushalt ist bis jetzt noch nicht geklärt. Manche Forscher glauben, daß sie mit den Zellfunktionen, wie Atmung, Assimilation, Speicherung von Nähr- und Abbaumaterial zusammenhängen. Andere schreiben ihnen die Bildung von Neuro- und Myofibrillen oder auch elastischen Fasern zu. Durch Färbung mit Janu.sgrün und Janussch\\arz sind sie lebend nachweisbar. Die Granula erscheinen im Laufe der Züchtung in größerer Masse und werden bei Neutralrot-, Methylenblau (Ehrlich)- und Brillant- Kresyl- Färbung so kräftig getönt, daß sie in der lebenden Zelle erkennt- lich sind. Diese Granula sind nicht lebende Substanz. Ihr Inhalt kann wieder abgebaut werden und vielleicht als Nährmaterial der Zelle während des Aufenthaltes im Züchtungsmedium verwandt werden. Noch andere Autoren halten sie nur für Ansammlungen von Degenerationsprodukten, wiederum andere für Körnchen, die aus Ei- weiß und Fett zusammengesetzt sind. Auch ihre chemische Struktur harrt noch der Aufklärung. Wenn man tote Zellen färben will, werden diese Körner allein nicht fingiert. Wahrscheinlich läßt das Zellplasma die Farbe nicht durch. Totalfärbung: Die Mesenchymzellen sind an dem ersten Tage der Züchtung nur mit wenigen sich mit Neutralrot färbenden Körnehen erfüllt (Abb. 45). Vom zweiten Tage an erscheinen die stark licht- brechenden Granula reichlich, die sich mit den Mitochondrien in der Zelle bewegen. Diese Körnchen sind von vielen Autoren als De- generationsgranula angesehen worden. Mikrochemisch sind sie durch E r tl m a 11 II . Praktikum. 4 50 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. folgende Reaktionen gekennzeichnet: Sie nehmen elektiv Neutralrot in der Verdünnung von 1 : 80 000 in Ringer- Lösung oder Locke- Lewis- Lösung auf. Je älter die Kulturen werden, desto stärker vermehren sich die Granulationen und können später ganz die Zelle erfüllen. Außer diesen sogenannten Degenerationsgranula sind, wie schon gesagt, in den Mesenchymzellen auch Mitochondrien, die sich mit Janus- grün oder Janusschwarz in Verdünnung 1 : 40 000 färben. Beide Färbungen können als Kursübungen leicht nachgeprüft werden, nur muß man geeignete gute Vitalfarben anwenden, die man genau ausprobieren muß, wie lange und eventuell wie stark verdünnt man sie am besten anwendet. Man färbt erst ein Präparat mit Neutral- rot, ein anderes mit Janusgrün oder Janusschwarz, hierauf ein drittes Präparat mit beiden Lösungen hintereinander. Man bringt das Deck- glas mit den in dem Medium liegenden Gewebestück auf einen flachen ■-:;**^"?t?SjÄ.-.- ''/ Abb. 46. Teilung der Fibroblasten des embryonalen Huhnes, von 8" — 10^" beobachtet. Nach LEVI, 1919. Arch. ital. Anat. Embrio!., Bd. 15. Objektträger, so, daß das Material nach oben liegt und saugt mittels einer Kapillarpipette das Medium vorsichtig ab. Hierauf beschickt man das Gewebestück mit einem Tropfen der oben erwähnten Farblösungen und läßt die Vitalfarben einen Augenblick auf das Gewebe einwirken. Nun wird das Deckglas umgedreht auf den Objektträger gelegt, mit Vaselin geringt und das gefärbte Gewebe mittels Ölimmersion be- trachtet. Ist die Färbung etwas schwach, so kann man nachträglich mit der Kapillare noch etwas Farblösung vorsichtig unterfheßen lassen. In doppelt gefärbten Präparaten zeigt sich folgende Tönung : Die Degenerationsgranula sind rot. die Mitochondrien sind dunkelgrün oder schwarz. Später, nach 3— 4 Tagen, finden sich in diesen Zellen sehr viele Vakuolen. Man nimmt an, daß die Degenerationsgranula wieder ab- gebaut werden, um der Zelle als Nahrung zu dienen. Der Vakuolen- reichtum absterbender Zellen ist erstaunlich, von Plasma ist wenig mehr in der Zelle zu bemerken (Abb. 45). Ersclu'imiiii'on des Zelltodes. 51 ^ '••*«ä i^ Die Zellteilung: Die wichtigste Lebensäußerung der Zelle in der Giewebekultur ist ihre Befähigung, sich entweder mitotisch oder amito- tisch zu teilen. Wir wählen wieder als besonders günstiges Objekt, um die Teilung zu studieren, die in Locke-Lewi.s oder Plasma ge- züchtete Mesenchymzelle des Huhnes und können bei den flach unter das Deckglas ausgebreiteten, langgestreckten Zellen die Kernstrukturen leicht erkennen. In dieser 9. Übung wird die Teilung eine r lebenden Zelle verfolgt. Wir , hat)en hier einige Abbildungen von Levi (Abb. 46), der beim gleichen Material mit au ßerordentlicher Sorgfalt die Zell- teilung beobachtet hat, wiedergege- ben. Die Bildung der Kernschleifen, das Einstellen der Chromosomen in die Kernteilungs- figur, das Ausein- anderrücken der Chromosomenläßt sich gut be- obachten. In 36 Minuten ist die Bildung der Toch- terkerne und ihr Auseinander- rücken erfolgt. Am interessantesten aber ist die nun folgende Zellplasma- teilung in 99 Minuten. Die Zellen haben sich während des mitotischen Vorganges abgerundet und haben kleine Fortsätze gebildet. Diese Fort- sätze ziehen aus der Zellkugel mit ihren beiden neugebildeten Kernen zwei unregelmäßige Kugelhälften nach zwei verschiedenen Seiten auseinander. Diese Kugelhälften runden sich erst ab und formen sich später zu einer flachen, kubischen Zelle. Später streckt sich diese kubische Zelle und bekommt die der Me.senehymzelle eigne, langgestreckte Ausgangs- form. Ist das Medium zu flüs.sig, so kann keine Zellteilung erfolgen. Hat man Sarkomzellen irgendwelcher Herkimft vorrätig, so kann man die Strömung der Degenerationskörner in der Zelle, das schnelle Wandern der Sarkomzellen im Präparat, die fortwährende Pseudo- podienbildung leicht beobachten (Abb. 47). E. Erscheinungen des Zelltodes. Die 10. Übung wird sich mit der Frage befassen, wie äußern sich die Absterbeerscheinungen der Zelle in der Kultur. Kulturen 4* i0 Abb. 47. Rattensiirkonizellen in lebhafter Wanderung. Abenteuerliche Pseuclopodienbildung. Anhäufung von ,,Degenerations'"körnern in der Zelle. Körnchenströmung. Nach LAMBERT und HANES, 1911, Journ. exp. Med. Bd. 14. 52 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. von Mesenchymzellen, die erst kurze Zeit wachsen, sind in allen Einzel- heiten bekannt; wir legen eine solche Kultur von wachsenden Hühner- mesenchymzellen mit dem Deckglas auf einen flachen Objektträger und be- obachten sie auf einem heizbaren Objekttisch. Jetzt stellen wir mit der Im- mersion eine geeignete Zelle ein. Dann führt man mit einer feinen Kapillare eine Lösung von Kaliumj^ermanganat 1 : 40 000 bis 1 : 80 000 unter das Deckglas, saugt die überschüssige Lösung ab und ringt das Präparat mit Vasehn wieder ein. KM„0^ gibt an das Protoplasma freien Sauerstoff ab. Abb. 48, 1 — 11. Eine 48 Stunden alte Kultur von Hühnermesenchymzellen von dem Bein eines 7 Tage alten HiUinerembryos. Mit Kaliumperganat behandelt und 16 Minuten darauf fixiert in ZENKERscher Lösung und gefärbt mit Eisenhämatoxylin - Eosin. Nach W.LEWIS, 1921. Am. Journ. of Anat., Bd. 28. Nun lassen sich Erscheinungen des Zelltodes im Zeitraum von ^/g Stunde schrittweise verfolgen. Das Chromatin des Kernes konzentriert sich im Kern (Abb. 48), das Volumen des Kernes verkleinert sich und rings um den Kern sind kleine Vakuolen sichtbar (Abb. 48, 4, 7, 10). Da Kaliumpermanganat chromatin kondensierend wirkt und man auch in den Vorstadien, welche der Zellteilung vorangehen, eine solche Konzentrierung des Kerninhaltes und Wasserabgabe findet, so geht man wohl nicht zu ^^'eit, wenn man annimmt, daß auch der Sauerstoffreichtum einen Anstoß zur Kernteilung bildet. Auch jetzt kann man Kernteilung beobachten (Abb. 48, 1,2,3). In der mit Kaliumi^ermanganat l)ehandelten Kultur folgen nun weiter Absterbeerscheinungen in der Zelle selbst, die sich mit zahl- reichen Vakuolen füllt und ganz besonders da, wo in der gefärbten Zelle das Zentriol sich befindet, einen eigenartigen homogenen Hof bildet. Auch die Degenerationskörner und Mitochondrien gehen allmählich unter Vakuolisierung und Verklumpung zugrunde, so daß schließlich nur eine strukturlose Masse übrigbleibt, die früher lebende Zellen vorstellte. Erscheiminucn des Zelltodes. 53 (Abb. 49, 12, 13, 14, 15). Alle diese Vorgänge lassen sich lebend gut be- obachten, aber auch das gefärbte Präparat zeigt, wenn es schon behandelt ist, diese Veränderungen. Langsaniergehen nun die Absterbeerscheinungen in nicht mit Kaliumpermanganat behandelten Zellen vor sich, die sich selbst überlassen werden und deren Medium nicht gewechselt wird. In den in vitro ge- züchteten Mesenchym- zellen des Hühner- embryos treten bei der Degeneration Vaku- olen und Körner auf, die sich um das Zentriol anhäufen, das an einer Seite oder einem Ende des Kerns liegt. Parallel mit der Anhäufung der Körner entwickelt sich ein Avachsender, heller Hof um das Zentriol, die Zentrosphäre. Sie wird größer als der Kern. Die Mitochon- drien liegen gewöhnlich mehr oder weniger ra- dial um das Zentriol und die Zentrosphäre, teils imZytoplasma zwischen den Degenerationskörnern und -Vakuolen, teils in der klaren peripheren Zone, in der es keine Degenerationskörner gibt. Bei der Kultur von Zellen derselben Körperstelle treten abwechselnd zwei Typen des Zell- abbaues auf: 1. Der vakuoläre Typ, entweder mit umfangreicher Vakuolisation um che Zentrosphäre, die allmähhch das ganze Zellplasma verdrängt, oder verbreiteter Sphäre, die gewöhnlich nicht scharf umran- det ist und mit radialer Anordnung der Mitochondrien um die Sphäre herum; 2. der Riesensphärentypus mit geringer Vakuolisation um die Sphäre, mit verbreiteter Zentrosphäre, die scharf umrandet ist und Zen- triol, Mark- und Rindenzone erkennen läßt, oder mit konzentrischer oder radialer Anordnung der Mitochondrien um die Sphäre herum. Stets finden sich ein oder zwei Körnchen, Zentriolen in der Sphäre; die Mark- und Fiindenschicht aber, die meist aus Degenerationsprodukten bestehen, sind melir zufällige Gebilde. Strahlungen sind weder im lel)enden noch im fixierten Präparat zu sehen, auch nicht in der sich teilenden Zelle. Bei dem vakuolären Zelltypus ist das zj'toplasmatische Netzwerk, das sich von der Sphäre aus verbreitet, von halbfester Beschaffenheit und verbindet die halbfeste Sphäre mit einer mehr oder weniger dichten peri- pheren Lage. Die Vakuolen und Granula liegen in dem flüssigeren Teil des Plasmas, in dem sie durch Strömungen hin inid her getrieben werden. Die Mitochondrien sind radiär angeordnet und liegen im festeren Abb. 49, 12—15. Wie Bild 48. Die Absterbeerschei- iiuiigen mehren sicli. Die Mitochondrien und Granula werden unkenntlich. 54 Lebensäußerungen der Zellen und Gewebe in verschiedenen Medien. Abb. Sil. Ml -rill liymales Gewebe aus dem Herzen eines 7 tägigen Hühneren! bryos in normaler LOCKE - LEWIS - Lösung (nach HOGUE, 1919. Journ. exp. Med., Bd. 30). Netzwerk. In Zellen mit verbreiteter Sphäre zeigt sich kein inter- vakuoläres Netzwerk, aber gewöhnlich ist um die Sphäre ein sich fär- bendes Zytoplasma gelegen, indem Mitochondrien, Granula und Va- kuolen liegen. In normalen Mesenchymzellen findet man nach 20 bis 24stündiger Kultur 1—2 Zentriolen meist an der einen Seite des Kerns oder an seinem - , • ,• » ^ Ende, häufig in > .' " einer Einbuchtung. I )ie Mitochondrien sind nicht radiär angeordnet, lang, fadenförmig, oft ge- gabelt und ohne zum in sieht ■t-*^. * ib . JHU^^^^^^KKmiiää i ;-^^ Erscheinen kenn- zeichnet doch eine sog. ,,alte Kultur^'. Ebenso interes- sante Beobachtun- gen kann man mit Zuchtversuchen von hypertonischen und iiypotonischen Lö- sungen anstellen (11. Übung). Man bereite sich aus Locke - Lewis - Lö- sung eine hyper- tonische und eine hypotonische Lö- sung. Die Zucht- lösung besteht aus 15 ccm Bouillon, 0,25 mg Dextrose, zu 85 ccm von Locke - Lewis - Lö- sung. Von dieser Stammlösung wird ein bestimmtes Volumen durch Kochen bis ^/., oder 1/4 des Volumens eingedampft, die hypotonische Lösung aber herge- stellt, indem man die Stammlösung mit destilliertem Wasser versetzt. Der Gehalt an Kochsalz werde nun an beiden abgeänderten Lösungen berechnet. Da Hühnerbouillon praktisch denselben Kochsalzgehalt hat, wie LocKE-LEWis-Lösung, so brauchten keine Extraberechnungen Abb. 51. Das gleiche Gewebe, aber in hypotonischer Lösung 3 Tage gezüchtet. Um das Explantat herum sind die Zellen gestorben (nach HOGUE wie Bild 50). Erscheinungen des Zelltodes. 55 hierfür angestellt zu werden. Man setzt nun drei verschiedene Kultur- reihen von embryonalem Hühnerherzen entweder 6, 7, 8 oder 9 Tage alt an, indem man ^g der Kulturen in normaler LocKE-LEWis-Lösung mit HühnerV)ouillon, 1/3 in hypertonischer, 1/3 in hypotonischer Lösung vorbereitet. Diese werden nacheinander verteilt. Das Aussehen der Zellen in normalen Kulturen ist bekannt (Bild 50). Es ist wichtig, zu beachten, daß in ihnen gewöhnlich nach 48 Stunden die am weitesten ausgewanderten Zellen zuerst sterben, und daß in der Nähe des eingepflanzten Stückes die Zellen am längsten leben. Ge- rade das entgegengesetzte findet sich in hypotonischen Lösungen. Es sterben zuerst die Zellen um das Explantat, auch ist die Auswande- rung in hypotonischen Lösungen langsamer c-ls in normaler Lösung, da das Nährmedium nicht konzentriert genui/ ist. Macht man die hypertonische Lo- sung sehr stark, so daß sie 1,8% Koch- salz enthält, so ster- ben alle Zellen, nimmt man aber geringere Konzentra- tion, wie z. B. 1,5 und 1,2%, so zeigten die einzelnen Zellen eigenartige Verände- rungen. Sie bildeten fadenartige Fort- sätze, die Mitochon- drien verschwinden Abb. 52. Das gleicht' (it-wt-l»-, das nach in stui ■II Wacli^fmn in normaler Lösung mit liyputunischer Lösunt,' aiistjcwaschcii wurde und dann wieder 2-t StumltMi in normaler LOCKE-J^KWIS-Lösung und das Zvtoplasma weiter gezüchtet wurde. Die neugebildeten Zellen aus dem ein- . , , . , ' geiiflanzten (iewebestück überwachsen die zuerst ausgewanderten zieht Sich zusammen. abgestorbenen Zellen. Wenn man die Zellen mit Neutralrot und Janusschwarz vorfärbt, so kann man sehen, daß die Mitochondrien verschwinden, sowie die Zelle stirbt. Im Verlauf des Absterbeprozesses wird sie kleiner. In der hypotonischen Lösung hat im allgemeinen die Kultur ein verringertes Wachstum bis zu ihrem Tode, da die Nährstoffe weniger konzentriert sind. Doch müssen die Zellen weiter hinaus wandern, um Nahrung zu erlangen. Infolgedessen werden mehr Abbauprodukte in das Medium ausgeschwemmt. So ändert sich das Medium und viele Zellen sterben. Die einzelnen Zellen bilden in hypotonischen Lö- sungen große Vakuolen, besonders um den Kern herum. Das Zell- plasma nimmt sehr viel Wasser auf und teilt sich in einen Granula enthaltenden und einen homogenen Teil. Der Kern ist stark vergrößert. Bei Färbung mit Neutralrot sind hier und da noch Neutralrot körner sichtbar. Noch besser der Beobachtung zugänglich sind die Kulturen, wenn man sie erst in normale LocKE-LEWis-Lösung setzt und nach 56 Äußerungen echten Wachsturas. 24 Stunden diese absaugt und entweder hyper- oder hypotonische Lö- sungen hinzufügt (Abb. 52). Unter Immersion lassen sich alle diese Vorgänge in der lebenden Zelle verfolgen. In diesem zweiten Teil unserer Einführung haben wir uns überzeugt, daß die Zellen in der Gewebekultur die Lebensäußerungen zeigen, die wir lebenden Zellen im allgemeinen zuerkennen, wir sahen die Zellen sich teilen, phagozytieren, sich fortbewegen, wir beobachteten i n der Zelle das Spiel der wandernden Mitochondrien und Granula, die Vakuolen- bildung und das Auftreten von Strukturen, die wir fast immer nur im gefärbten, selten im lebenden Präparat gesehen, wie Kernkör perchen, Teilungsspindel und Chromosomen. Ohne Mühe können wir die so ver- nachlässigte Lebend beobachtung in dem isotonischen, vollständig klaren Plasmamedium pflegen. Ein wichtiger Fortschritt, der weiter verfolgt werden sollte. • • III. Äußerungen echten Wachstums. A. Echte Wachstumerscheinungen des embryonalen Bindegewebes und Ab- und Umbau des erwachsenen Bindegewebes. Im Laufe unserer Betrachtungen haben wir die verschiedensten Zuchtmedien kennengelernt, die fast alle empirisch gefunden sind, wie z. B. die Eroschlymphe für das Nervengewebe von Harrison. Mit der Weiterentwicklung der Methodik der Gewebe- züchtung aber wurde der Zusammensetzung des Mediums mehr und mehr Bedeutung zugemessen und planmäßige Untersuchungen ange- stellt, welche Eigenschaften für das Wachstum oder auch die Diffe- renzierung von Zellen ein Medium haben muß, um allen Anforderungen zu genügen. Von Carrel ist nachgewiesen, daß, je jünger das Tier, aus dessen Blut Plasma gemacht wird, ist, desto besser die Mesenchymzelle wachsen kann. Weiter steht fest, daß über Jahre dauerndes Leben von Mesenchymzellen nur in einem Medium möglich ist, in welchem sich Plasma eines jungen Tieres oder Embryonalextrakt befindet. Es ist also wohl sicher,. daß Wachstumshormone oder Wachstumsenzyme in den Körpersäften dieser Tiere kreisen. RiNGERsche Lösung, Locke- Lewis sehe Lösung, Liesegangs kolloidale Lösungen erlauben ein bis zu 14 Tagen andauerndes Wachstum embryonaler Warmblütler- und erwachsener Kaltblütler -Zellen bei häufigem Wechsel des M?diums. Dies zeigt, daß in den erwachsenen Zellen selbst der Kaltblütler, wie es ja bei der embryonalen Zelle allgemein angenommen wird, Wachs- tumsbeschleuniger sich befinden, die im Laufe der Zeit aufgebraucht werden. Der Ab- und Umbau der erwachsenen Warmblütler-Zelle ist bis jetzt nur im Plasmamedium beobachtet worden und besonders günstig scheint für die Aktivierung der Zelle ein Waschen in arteignem Serum bei täglichem Wechsel des Plasmas nach Champy. Echte Wachstumor.-chc'imingen des embryonalen Bindegewebes. 57 Ganz grob gesprochen, stellen wir uns jetzt die Aufgabe, wie ge- langen wir in den Besitz einer Gewebe-,,Kultur" im wahrsten Sinne des Wortes, eines Aggregats von Metazoenzellen, die nicht von uns in das Medium gesetzt wurden. Weiter müssen wir diese neugebildeten Zellen beliebig oft zum Ansetzen von Tochter-, Enkel- und Generationen- folgen n^'''' Potenz benutzen können (12. Übung). JDiese Forderung ist bis jetzt nur bei der Züchtung von Mesenchym- zellen des embryonalen Hühnerherzens erfüllt, aber hier auch voll- kommen einwandfrei. Doch ist von Fischer 1922 zuerst eine drei- monatliche Züchtung von Lidepithel berichtet. üie bis jetzt angestellten Untersuchungen ha])en die Erscheinungen des Zellebens in mannigfacher Verschiedenheit uns klar gemacht, doch können noch immer nicht die Erscheinungen des echten, also quanti- tativen Wachstums der Zellen von den Praktikanten an selbst an- gefertigten Präparaten studiert werden. Wir haben im Laufe des Kurses zur Beol)achtung der lebenden Zelle bei Einübung der Vitalfärbung und weiter bei Beobachtung der Zellteilung Präparate von Mesenchjauzellen ausgeteilt, die frisch in dem Medium gewachsen waren. Es war leicht, an ihnen die neugebildeten Zellen von dem eingejjflanzten Stück zu unterscheiden. Schwieriger aber ist es, ein solch beweisendes Präparat nun s e 1 b s t anzufertigen. Wir werden jetzt das über Wochen ausgedehnte Wachstum der em- bryonalen Bindegewebszelle studieren inid zum Gegensatz oder Ver- gleich der Erscheinungen der erwachsenen Bindegewebszelle in der Gewebekultur heranziehen. Zum Studium der embryonalen wachsenden Bindegewebszelle wird gewöhnlich die Mesenchymzelle genommen, die aus dem embryonalen Herzen der Maus, der Ratte oder des Huhnes herauswächst. Es ist von Vorteil, wenn der benutzte Embryo nicht mehr als ein Drittel seiner Entwicklungszeit durchgemacht hat, das Huhn also, welches wir als Objekt wählen, nicht mehr als 7 Tage alt ist. Vor der Arbeit muß Hühnerplasma, Ringerlösung und Embryonalextrakt vom Huhn bereit sein, reichlicher Vorrat von allen diesen Medien ist eine Hauptbedingung. Das Ei wird an seinem stumpfen Pol geöffnet. Man benutzt eine Knopfschere. Die Polkappe der Eischale, unter welcher sich die Luftkammer befindet, wird abgeschnitten. Vorsichtig läßt man nun den Inhalt des Eies in eine bereitstehende flache, sterile Schale laufen. Hierbei ist zu beachten, daß der Embryo oben auf dem Dotter ausgebreitet liegt. Jetzt hel)t man mit einer Pinzette und einem Sj^atel den Embryo in eine frische, kleinere sterile Schale, indem man mit der Pinzette den Embryo vorsichtig anfaßt und mit dem Spatel den Embryo stützt, damit er nicht zerfließt. Der Embryo ist gallert- artig, deshalb ist Vorsicht beim Herausheben nötig. Die nun zum Abspülen benutzte RiNGERsche Lösung ist auf 37° C angewärmt. In eine sterile Schale bringt man ein steriles feuchtes Gazeläppchen und breitet vorsichtig den Embryo darauf aus, wenn der Embryo so klein ist, daß man nicht ohne Lupe auskommen kann. Ist der Embryo größer, so nimmt man die Organe, die man züchten will, hier also das Herz, einfach heraus und legt es in eine sterile Schale. Je weniger 58 Äußerlingen echten Wachstums. '4 / 'M man die Organe mit Instrumenten anfaßt, desto besser, Schnelligkeit ist hier erste Bedingung. Das Herz wird zerstückelt und wie bei den an- deren Übungen entweder mit reinem Plasma, mit Ringer scher Lösung und Plasma, mit Embryonalextrakt und Plasma oder in Ermange- lung von allen diesen Medien mit LocKE-LEWisscher Lösung beschickt. Es ist ganz besonders bei Warmblütlern darauf zu achten, daß zugleich mit den im Medium befindhchen embryonalen Gewebestückchen auch Deckgläser mit je einem Tropfen der verschiedenen angewandten Medien ohne Material in den Brutofen ge- bracht werden, damit man bei etwaigen Verunreini- gungen die Quelle der Inf ek- £ ■'' * 4, . ^^^^ sicher kennt und sie bei f '^ ' * ■■ ^m.'-säAk- k weiteren Versuchen aus- schalten kann. Manche Forscher empfehlen, das Gewebestück zuerst auf das Deckglas zu bringen und dann den Plasma- tropfen, andere dagegen beschicken erst mit Plasma und legen dann das Gewebe- stück hinein (Champy). Champy meint, daß der Embryo auf diese Weise besser Sauerstoff aus der Luft aufnehmen kann. Nach kurzer Zeit, gewöhn- lich nach 24—48 Stunden, breitet sich ein schleierartiger Ring um das eingepflanzte Stück aus. Dieser schleierartige Ring besteht zum großen Teil aus Mesenchymzellen (Abb. 53), die oft ein vakuoliges Aussehen haben. Sie können die abenteuerlichsten Formen annehmen, haben einen blasigen, fast homogenen Kern und verzweigte spitze Ausläufer. Schneidet man nun ein Stück dieses Hofes oder Schleiers aus und bringt ihn in neues Medium, so ist man ganz sicher, daß man Mesen- chymzellen fast rein bekommt, nachdem die Blut- und Muskelzellen des embryonalen Herzens nicht mit übertragen worden sind. Nur auf diese Weise ist es möglich, die Gewebekulturen über längere Zeit am Leben zu erhalten, denn die nekrotischen alten Zellen müssen früher oder später entfernt werden. Auf diese Weise ist es Carrel und Ebeling gelungen, Gewebe in 358 Passagen durch 18 Monate am Leben zu erhalten unter guten Wachstumsbedingungen. Im Jahre 1914 wurde die Wachstumsgeschwindigkeit dieses Gewebes, das schon 2 Jahre unter Kultur bedingungen gewesen war, geprüft und es fand sich, daß, verglichen mit einem neu eingepflanzten Stück embryo- Abb. 53. Mesenchymzellen des Unterhaiitbindegewebes vom 13 tägigen Hühiifieinbi yo. 8 Tage in Plasma ge- züchtet. Mikrophotdv'ianim nach dem Leben. Da-^ dunkle Stück unten ist das tiiiLteiillanzt?, allmählich nekrotisch werdende Gewebe. (Original nach ERDMANN.) Echte Wachstunier.sehpinungen des embryonalen Bindegewebes. 59 nalen Hühnerherzens, das solange in Kultur gewesene Herz schneller sich fortpflanzte, einen größeren Ring von Zellen erzeugte, wie ein frisch in Kultur genommenes Stück. Die Abkömmlinge dieser Zellen leben noch heute, es sind bis Aj)ril 1919 1347 Passagen gemacht worden. Das Merkwürdige dabei ist, daß sich die Zellen bis jetzt nicht diffe- renziert haben, sondern Mesenchymzellen, Vorstufen von späterem Binde- gewebe, Knorpel, Knochen- oder Muskelzellen sind. Abb. 54. Gefärbtes Präparat der 732. Passage (April 1917). Abkömmlinge der am 17. Jan. \91- eingepflanzten Mesenchymzellen des embryonalen Hühnerherzens in einem Medium von Hiihner- plasma und Embryonalextrakt wie 1 : 1. (Nach EBELING, 1919, Journ. exp. Med., Bd. 30.) Um quantitatives Wachstum wirklich einwandfrei nachzuweisen, verfahren wir folgendermaßen: Nachdem wir uns Kulturen angelegt haben, zeichnen wir uns mit einem Zeichenapparat die Umrisse von innen und messen die beiden größten Durchmesser mit einem Okular- mikrometer. Unter jede Kultur legt man direkt in die Schale diese Zeichnung und seriert sowohl die Kulturen als auch die Zeichnungen. Am besten läßt man jetzt die Präparate 24 — 48 Stunden ruhig im Brut- ofen stehen und kontrolliert dann den ausgewachsenen Zellenhof, der außer Mesenchymzellen für gewöhnlich noch embryonale Blutzellen und mitunter Myoblasten enthält. Jetzt fertigt man sich von einem Präparat wieder eine Zeichnung an, läl.U aber ein Präparat vollständig 60 Äußerungen echten Wachstums. ungestört stehen. Vom 3. Präparat schneidet man sich in jetzt zu be- sprechender Weise den Zellenhof ab und pflanzt ihn in gleiches, neues Medium (13. Übung). Das Abschneiden des neugewachsenen Zellhofes t ifordert eine gewisse Übung (Abb. 55). Den heizbaren ()l)jekttisch legt man auf den Tisch der binokularen Lupe, setzt sich seine frisch geschliffenen Instrumente /urecht, hat aufgelöstes Va.sehn, aufgelöstes Medium, sterile Objektträger und Deckgläser in Greifnähe. Jetzt dreht man genau so, als ob man die Präparate mit frischem Nährmedium versehen wollte, das Deck- gläschen um, entfernt die alte Kulturflüssigkeit vor- sichtig und bringt Waschflüssigkeit, entweder art- eigenes Serum oder Ri:NGERsche Lösung sorgsam auf das Präparat. Alle diese Operationen müssen unter ^^^^ ^i\ Abb. 55. Ausschnitt aus gewachsenen Me- senchynizellen des em- bryonalen Hühner- herzens 1 Stunde nach der Überpflanzung. Die Zellen waren i8 Monate gezüchtet. Nach CARREL 1914. Journ e\p Medizin Band id ^^'-k. 2 '' C). Der Paraffinofen miiß genau auf der Temperatur des Schmelz- piuiktes gehalten werden, weil höhere Temperaturen die Gewebe zer- stören. Zum eigentlichen Einbetten schmilzt man hartes Paraffin in einem kleinen Glasschälchen, das am besten einen etwas gerundeten Boden hat. Dahinein legt man das Gewebestück mitten auf den Boden mit der Fläche, an der man mit dem Schneiden beginnen will, nach unten. Man hält, um das Paraffin schnell zinn Erstarren zu bringen, das Gläschen 5* 68 Äußerungen echten Wachstums. mit dem eingebetteten Stück in eine Schüssel mit Eis wasser, sobald sich obenauf eine dünne Haut bildet, läßt man das Eiswasser über das Einbettegefäß fließen und stellt schließlich zum endgültigen Hartwerden das Ganze eine Zeitlang in das Eiswasser hinein. Besonders zu beachten ist beim Einbetten der Gewebestücke, daß man die zarten, empfindlichen Stücke nie mit Pinzetten anfaßt beim Umlegen von einer Flüssigkeit in die andere, sondern man bedient sich eines Spatels, womit man die Stücke aufhellt, oder besonders kleine Stücke saugt man mit einer ganz trockenen Pipette auf. Spatel oder Pipette sind beim Umlegen in die verschiedenen Paraffinsorten anzu- wärmen. Sind die Stücke sehr klein, so arbeite man unter der Lupe. Sehr kleine Stücke des Gewebes, die man im Paraffin schwer finden kann, sind, wenn sie bis zum Alkohol von 96% gebracht sind, mit einem Tropfen Eosin anzufärben. (Diese Farbe ist später vor dem eigentlichen Färben wieder auszuwaschen, dies geht meist schon bei der Alkoholbehandlung vor sich.) B. Echtes Wachstum des embryonalen Muskelgewebes und Ab- und Umbau der erwachsenen Muskulatur. Für das Studium des Muskelgewebes wählen wir das Amnion des Hühnerembryos, das Herz und die Skelettmuskel desselben von am besten 5—6 Tage alten Embryonen (15., 16., 17. Übung). -^ f'^ Abb. 61 u. 61 a. Zellen des Amnion eines 5 Tage alten Hühnerembryo, 48 Stunden in Kultur (Locke-Lewis) Abb. 61, fixiert mit Joddämpfen, gefärbt nach Mallory, Abb. 61 a. Nach M. Lewis wie Bild 60. Die glatte Muskulatur des Amnion, Nachdem wir wie gewöhnlich kleine Stückchen des Amnion in Locke-LeW'IS scher Lösung oder in Plasma vorbereitet haben, lassen sich schon nach kurzer Zeit der Bebrütung die verschiedenen Elemente des Amnion erkennen. Das Amnion besteht aus den sog, epithelialen Zellen, die ein einschichtiges Zylinderepithel bilden, dessen Elemente Echtes Wachstum des embryonalen [Muskelgewebes. 69 Fetttropfen und Dotterkugeln enthalten. Schon die normale ,,epithehale" Zelle ist stark vakuolig. Das zweite Element ist die glatte Muskel- zelle des Amnion, Nerven sind bis jetzt nicht im Amnion nach- gewiesen worden. In der Kultur breiten sich die „epitheüalen" Zellen als große, flache, fast immer hexagonale (Abb. 61) Zellen aus. Sie bilden häufig in der Kultur eine Art Membran, während die Muskelzellen in Form von schmalen Streifen, eine hinter der anderen, in der Richtung der Auswanderung durch das Medium sich schieben. Alle Muskelzellen sind durch ihre starke Lichtbrechung kennthch. Sowohl M. Le\vis wie Levi erwähnen, daß die Muskelzelle von den Mesenchymzellen durch ihr Licht- brechungsvermögen lebend zu unter- scheiden ist. Diese bandartigen, langge- streckten, an beiden Enden zugespitzten und nicht verzweigten Muskelzellen sind oft rund herum um das eingepflanzte Stück in rhythmischer Zusammenziehung. Hat sich aber eine solche Muskelzelle unter dem Deckglas ausgebreitet, so zieht sie sich gewöhnlich nicht mehr zusammen, sondern wird erst wieder kontraktionsfähig, wenn sie sich aus der ausgebreiteten Lage in die gestreckte Lage zurückgewandelt hat. In der sich zu- sammenziehenden, lebenden Muskelzelle sind keine Fibrillen zu sehen, sondern nur eine Verdickung des Plasmas an den Knotenpunkten der Zelle (Abb. 62). Dauerpräparate der Muskelzelle lassen sich sehr gut nach Fixierung mit Zenker scher Lösung und Färbung nach Heidenhain darstellen. Die Muskelzelle des Herzens. Wird embryonales Herzgewebe eingepflanzt, so haben wir schon bei der 13. Übung gesehen, daß in den meisten Fällen mesenchymales Gewebes auswächst. Dieses bleibt in einem Medium, das Plasma und Embryonal-Extrakt enthält, undifferenziert. Von einem 4 Tage lang bebrüteten Embryo züchtete Levi Zellen aus dem Herzgewebe (Abb. 65), die lebhaft auswanderten und über deren Charakter sich nichts aus- sagen läßt. Sie können werdende Muskelzellen oder Mesenchymzellen sein. Sie sind in lebhafter Teilung. Dagegen erweisen sich Zellen, die aus dem Herzen eines 6 Tage alten Embryo ausgewachsen sind, deutlich sowohl strukturell als auch funktionell als Muskelzellen. Sie wurden 3 Tage lang schlagend beobachtet und morphologisch (s. Abb. 66) zeigen Abb. 62. 3 Muskelzellen des Amnion, deren schlagende Bewegung beobach- tet wurde und die später fixiert wur- den. Von einem Stägigem Hühner- embryo. 24stündige Kulturin Locke- Lewis. (Zenker, Eisenhämatoxylin.) Nach M. Lewis 1917. 272. Publ. Carueg. Inst. 70 Äußerungen echten Wachstums. A- sie ganz die Eigenschaften der Herzniuskelzellen. In solch zweifel- haften Fällen hat man sich nur an die Funktion zur Stellung der Diagnose zu halten. Die Herzmuskelzelle des sechs Tage alten Embryo zeigt auch in der Gewebekultur lebend keine Streif ung, wohl aber in der Bewegung eine Verdickung und Verdün- nung der Plasmamasse um den Kern herum. Die sehr kleine Zelle zeichnet sich auch im Leben durch ihre spitzen, selten | verzweigten Fortsätze aus. Während der { Zellteilung runden sich diese Zellen ab und j^ bleiben nur mit ihren Nachbarn durch feine Fortsätze verbunden, während sie sonst in der Gewebekultur meist ein Synzytium f ^) / ,'? bilden. Für gewöhnlich gilt als Öharakte- ristikum ihr gestreckter Kern. Dieses Kenn- zeichen fällt in der Gewebekultur fort. Die Muskelzelle hat meistens einen runden u Abb. 63 u. 64. Glatte Muskelzellen des Amnion von einem 4 Tage alten Hühnerenibryo. 48 Stunden in Locke-Lewis ge- züchtet. Beide Bilder aus derselben Kultur. Bild 63 zeigt die kontraktile Substanz nach der Färbung als graue Fäden in der Zelle. Bild 64 ist aus demselben Präparat aus einer stelle, an welcher sich die Zellen ausbreiten können. Nach M. LEWIS 1917 wie bei Bild 62. Kern, wahrscheinlich weil der größere Vorrat an Raum in dem flüssigen Medium die weitere Ausdehnung des Zellkernes gestattet. Von Levi (Abb. 66) ist die Entwicklung von Fibrillen, die sich durch Färbung nachweisen lassen, in späteren Stadien des Embryonallebens Echtes Wachstum des embryonalen Muskelgewebes. 71 festgestellt worden. Gut gelungene Präparate zeigen Zellen, die 70—120 mal in der Minute schlagen. Gewöhnlich schlagen ganze Zell- schichten koordiniert. Auch Stücke des zerteilten embryonalen Herzens Abb. 65. Zellen aus dem Herzgewebe eines 4 Tage 15 Stunden alten Hühnerenil)iy()s gewachsen. 49 Stunden gezüchtet. Es ist nicht zu erkennen, ob die ausgewanderten Zellen Mescniliyni- zellen oder Myoblasten sind. Fixiert und gefärbt nach Maxiniow, abgeändert nacli Levi. Nach Levi 1919, Arch. Ital. di Anat. e di Embriol. Bd. 16. schlagen in den von uns gebrauchten Kulturmedien. Teile des Herzens können noch 4 — 5 Tage nach der Explantation schlagen, und abge- schnittenes und wieder eingepflanztes Herzgewebe schlägt noch nach 126 Tagen. Die gleichen Färbemethoden, wie beim Amnion angegeben sind, können hier angewandt werden. (Abb. 63 u. 64.) Die quergestreifte Muskulatur. Schon durch die äußere Art der Bewegung unterscheiden sich die Myoblasten, die später die Skelettmuskel bilden, von den vorher be- schriebenen Zellarten. Ein explantiertes Stück vom Skelettmuskel 72 Äußerungen echten Wachstums. des Huhnes, 8 Tage alt, zeigt wie immer Bindegewebszellen, wenig isolierte Muskeif ibrillen und viele hier und da zerstreute Myoblasten. Diese sind synzytial miteinander verknüpft; trennen sich nun ab und zu Zellen von diesem vielkernigen Synzytium und wandern fort, so entsteht der typische isolierte Myoblast ohne Fibrillen. Man wird also annehmen können, daß die synzytiale Ver- bindung durch die bei der Fortbewegung aus- geschiedene fibrilläre Substanz gebildet wird. Während nun die Herz- muskelzelle eine schla- gende Bewegung aus- führt und die Amnion- muskelzellen eine flie- ßende, führen die Ske- lettmuskeln eine ruck- weise Bewegung aus. Lewis hat in den Zellen des 8 bis lOtägigen Embryo keine Streifung gesehen und behauptet, daß nur nach dem Tode Verdichtungs- und Ver- dünnungszentren als Streifen der Muskulatur sichtbar werden. Vitalfärbung zeigt bei allen drei beschrie- benen Zellarten Mito- chondrien. Färbung Amnion beschrieben, gibt auffallend Abb. 66. Zellen aus einem 6 Tage alten embryonalen Herzen, Die Zellen schlugen bis zum 3. Tage imd wurden dann fixiert. Typische Herzmuskelzelle. Fixierung, Färbung wie bei Bild 65. Nach Levi 1919. nach Fixierung wie schöne Bilder. für das Die glatte Muskulatur des erwachsenen Tieres. Von großer Bedeutung war es, als Champy 1914 zum ersten Male gezeigt hat, daß Blasenmuskelgewebe — er nahm die Blase des Ka- ninchens — einer Entdifferenzierung und späteren mitotischen Teilung fähig ist. Der glatte Muskel entdifferenziert sich auf folgende Weise: Die Muskelzellen bilden eine Art verjüngtes Zellplasma, das um den Kern herum und zwischen den einzelnen Fasern sich sammelt (Abb. 67). Die Enzyme dieses neugebildeten Zellplasmas müssen die Fähigkeit haben, die Muskelfibrillen zu lösen. Sehr bald bleibt nur der obere und Echtes Wachstum des embryonalen Muskelgewebes. 73 \ untere Pol der Zelle mit Fibrillen erfüllt. Die Zellmitte nimmt ein gänzlich undifferenziertes Aussehen an, sie teilt sich unter Bildung von gut ausgebildeten Kernfiguren. Nach 2 — 3 Teilungen ist es nicht mehr möglich, die Muskelzelle als solche zii erkennen, wenn sich nicht ab und zu ganz feine Fi- brillen in einzelnen Zellen vorfänden. Die neugebil- deten Zellen sind rundlich. So erstaunlich dieser Um- bau der glatten Muskulatur auf den ersten Blick aucli erscheint, so brauchen nur die schon bekannten Fähig- keiten der glatten Musku- latur, die sich bei der Re- generationzeigen, zum Ver- gleich herangezogen zu wer- den. Auch bei der Regenera- tion findet sich diese Ent- differenzierung und spätere amitotische oder mitotische Teihmg der glatten Muskel- zelle des er wachsenenTieres . Gefärbt wird hier besonders nach dem Verfahren von Heidenhain - Prenant nach Fixierung nach Champy (18. Übung). Ehe wir das Wachstum der Epithel - Zelle eingehend studieren, fassen wir noch einmal zusammen, was wir bis jetzt über die Merkmale der Fibroblasten imd Myoblasten gelernt haben. Haben wir nur Mesenchymgewebe in der Kultur und erscheinen an beiden Polen scharf zugespitzte Zellen — nadel- oder spindelähnliche Formen, so sind diese stets von embryonalen Muskel zellen abzuleiten. Die Mesenchymzelle oder eigentliche spätere Bindegewebszelle ist durch ihre stark verzweigten Ausläufer, ihren wenig lichtbrechenden Zellinhalt, das Vorhandensein von Mitochondrien und Granulations- körnern im Plasmamedium kennthch. Die beiden letzten Charakte- ristica teilt sie auch noch mit den Muskelzellen, deren Formbestän- digkeit größer ist als die der Fibroblasten, wenn der Myoblast iso- liert liegt. Selbstverständlich kann erst die Fähigkeit, sich zusammenzu- ziehen, die Endentscheidung sichern. Embryonale Herzmuskeln (Abb. 66) sind oft durch ihre synzytiale Anordnung kenntlich und durch ihre plumpen Formen. Das ganz junge embryonale Herz enthält Endothel- zellenundMesenchymzellen, die teils schon in Muskelgewebe umgewandelt sind, teils diese Umwandlung schon physiologisch durchgemacht haben, aber noch nicht morphologisch zeigen, teils auch aus noch nicht diffe- Abb. 67. Entdifferenzierung der Blastnimi^kiilatur des Kaninchens. Fixiert nach Champy, Fäilmnt.' nacli Prenant. IJach Champy 1914. Arch.de Zool. Exp. et (ien.Bd. 53. Notes et Revue. 74 Äußerungen echten Wachstums. renzierten Mesenchymzellen. Es fehlen uns bis jetzt Normentafeln der Gewebezüchtung, in denen z. B. einwandfrei nachgewiesen ist, embryonales Herz vom Huhn, so und so viele Tage bebrütet, liefert diese Formen von Zellen, diese Zellarten wandern zuerst aus dem be- treffenden Gewebe, wenn es in dem und dem Medium so und so lange gezüchtet wird. Schwieriger ist das Erkennen der erwachsenen, abgebauten Formen, und nur geduldiges Beobachten führt zur richtigen Diagnose. C. Echtes Wachstum der Epithelgebilde, gezeigt an dem embryonalen Epithel und Yerhalten der erwachsenen Schilddrüsen und Geschlechtsdrüsen. Es ist eigentümUch, daß alle die Zellarten, die wir vom äußeren Keimblatt ableiten, also Haut-, Sinnes- und DrüseneiDitheUen, erst spät gezüchtet worden sind und daß die Erfolge, die bei der Züchtung Abi). 68. Totiilpräp.irat einer 8 tägigen Gewebekultur der embryonalen Hühnerhaut von 13 Tage altem Embryo. Beachte das fast reine Auswachsen der Epithelzellen oben rechts, das überwiegende Anwachsen der Zellen des Unterhautbindegewebes an fast allen anderen Wundrändern. Totalpräparat, (Orth, Giemsn.) Original nach Erdmann. der Haut erzielt worden sind, gering sind und keine echte Kultur, die jahrelang lebt, bis jetzt gelungen ist. Wenn wir z. B. ein Stück embryonale Hühnerhaut von einem Embryo, bei dem die Federanlagen noch nicht äußerlich erkenntlich sind, in Hühnerplasma mit Ringer im Verhältnis wie 1 : 1 verdünnt legen (19. Übung), so entwickeln sich be- Echtes Wachstum der Ejjithelgebilde. 75 soufleis «tark die Mesenchynizellen und die E})ithelzellen bleiben weitaus im Wachstum zurück. So wird das embryonale Bindegewebe aus einem Stück Haut heraus- wachsen (Abb. ()8) und sich nui' rund herum um das Ex- plantat mit einer dünnen Schicht n e u - gebildeter Epithel- zellen bedecken. Diese Epithelzellen nehmen beim Huhn sehr oft eine halbmondför- mige Gestalt an und eignen sich besonders zum Studium der Mi- tosen. Wohl nirgends lassen sich che Mito- sen des Vogelge- webes besser nach- weisen, als in den Epithelzellen des Huhnes. Auch ist Abb. 69. Epithelzellen aus demselben Präpaiat Abb. Tu. Stärker vergröüeite Zellen der Abbildun,u[ Gi), um die t'lirumu.suii.en während der Metaphase zu zeigen. während der Züchtung die Zählung der einzelnen Chromosomen leicht, während man sonst im allgemeinen Schwierigkeiten bei der Zählung 76 Äußerungen echten Wachstums. der Kernteilungsfiguren hat (Abb. 70). Manche dieser Zellen zeigen schwarzes Pigment und, was besonders zu beachten ist, sie haben runde, niemals scharf gezackte und mit spitzen oder stumpfen Pseudopodien versehene Ränder. Diese Glattrandigkeit scheint dem I M- *^ß i^Md^ ÜOUKMb? ^k'lnr Abb. 71. Reines Epithelgewebe ohne Beimischung von Bindegewebe nach 6 Wochen Züchtung. Nach Fischer 1922. Journ. exp. Med. Bd. 34. Ej)ithelgewebe des Vogels eigen zu sein, im Gegensatz zu den Epithelzellen der Froschhaut, deren Gestalt (s. Abb. 24, S. 28) sehr stark wechselt. Noch nach 8 Tagen bewahrt in der Gewebezüchtung die Epithelzelle ihren Charakter, und die neugebildeten Zellen sind, wie Abb. 69 zeigt, wirklich wieder der Form nach Epithelzellen. Es muß ein gewisser Antagonismus zwischen Epithelzellen und Bindegewebszellen bestehen. Die Bindegewebszellen mit ihrer starken Wachstumstendenz scheinen die schnelle Vermehrung der Epithelzellen zu verhindern. Beim Frosch (Rana pipiens) sind die Verhältnisse gerade umgekehrt. Hier wächst nach Uhlenhuth das Bindegewebe nur minimal, doch scheint diese Regel nicht durchgehend zu sein, denn bei Rana esculenta habe ich oft bei etwas flüssigen Medien auch Bindegewebswachstum bei Hautkulturen gesehen (s. S. 26). Präparate von der embryonalen Haut lassen sich sehr gut mit der Held sehen Nervenfärbung färben, jede andere Färbung ist aber auch erfolgreich. Beim Studium der embryonalen Hühnerhaut fallen die Feder- anlagen auf. Die Bestandteile der Haarscheide und der Haarkeime Echtes Wachstum der Epithelgebilde. 77 beginnen sehr oft lieftig zu Avachsen, besonders weiui Teile derselben beim Zerschneiden der Gewebe verletzt worden sind. Auch hier ist das Bindegewebe Aveitaus am stärksten wachsend, wahrscheinlich weil Bindegewebe schon an sich den Bedingungen, die der Gewebekultur eigen sind, besser angepaßt ist als die Epithelzelle, die ja an reichliche Luftzufuhr in ihrem ganzen Leben gewöhnt ist. HELDsche Nervenf ärbung. Konservieren der Präparate in 2proz. Fornialin 15 — 18 Stunden, abspülen und beschicken mit Alk. 70 %, färben in verdünnter Lösung (6 — 8 Tropfen der Farblösung auf 15 ccm Wasser) von HELDSchem Molybdänsäure-Hämatoxylin 12 Stunden. Differenzieren 24 Std. in Boraxferrycyankalilösung von 5 — 6" g gelöst in Aqua dest. Abspülen in Brunnenwasser, durch Alkoholstufen führen, Xylol + Alk. abs. ; Xylol Cedernöl. Fischer gelang es, wie schon erwähnt, jetzt endlich, im Jahre 1922. reines Epitelgewebe zu züchten, und zwar ging er so vor: Mit einem Katarakt-Messer nahm er aus dem embryonalen Hühnerauge die Linse heraus. Ein feiner, schwarzer Rand der Iris bleibt unbeabsichtigt an der Lin.'e hängen. Die Linse wird dann in 3 — 4 kleine Stücke ge- schnitten und wie gewöhnlich in einem Medium gezüchtet, das aus Embryonal-Extrakt und Hühnerplasma zu gleichen Teilen besteht. Die Linsenelemente wachsen nicht, aber mitunter kann nach 48 Stunden eine kleine Wucherfläche von Epitel unter dem Mikroskop oder der Lupe gefunden werden. Sehr oft aber zeigt sich erst Epithelwachstum nach mehreren Umpflanzungen. Sollte man schon gleich in dem ersten Medium Fibroblasten entdecken, so ist keine Hoffnung, daß man reine Epithelkulturen bekommt. Zu der 20. Übung also wird man sich Embryonal-Extrakt und Plasma des Huhnes zurecht stellen und aus einem jungen Hühner- embryo die Linse heraus.schneiden. Man bemüht sich, nur die Linse herauszubekommen, denn es bleibt immer ein wenig Gewebe der Iris daran hängen. Ehe man die Linse zerschneidet, macht man sich die hängenden Tropfen zurecht. Da Epithelgewebe einer Unterlage zum Wachstum zu bedürfen scheinen, so setze man erst einen Tro])fen von Plasma und Embryonal-Extrakt auf das Deckgläschen. Sobald dies geronnen ist, lege man das Gewebe auf die Oberfläche des Tropfens. Abbildung 71 zeigt eine 6 Wochen alte Kultur von reinen Epithelzellen, in der man auch Mitosen sehen kann. Diese Kultur ist jetzt schon über 4 Monate weitergeführt. Und so wird es in Zukunft möglich sein, mit reinem Epithelgewebe Experimente der verschiedensten Art aus- zuführen. Ektoderm der Haut und des Amnion wachsen aus in der Form von Membranen, ebenso das Pigmentepithel der Retina. Auch die Epithel- zellen der Froschhaut schieben sich in halbflüssigen Medien membran- ähnlich vor. Die Leberzellen, die Schilddrüsenzellen, das Nierenepithel der Tubuli wachsen oder wandern meistens auch als zusammenhängende Zellf lachen aus, während die Blut- und Wanderzellen der Milz, des 78 Äußerungen echten Wachstums. Knochenmarks, der Lymphknoten und der Thymus als isoHerte Zellen auswandern und isoliert bleiben. Zum Studium der Drüsenzellen wählen wir die Schilddrüse eines jüngeren Tieres. Die embryonale Schilddrüse hat kein spezielles In- teresse, da sie sich nicht in dem Plasma medium von der erwachsenen Schilddrüse abweichend verhält (21. Übung). Hat man sich Schilddrüsen-Gewebekulturen von der Schilddrüse des Kaninchens in homogenem Plasma angesetzt, so kann man schon am nächsten Tage bemerken, daß der kolloidale Inhalt in den Lumina sich zusammenballt vmd teilweise resorbiert wird. Die Zellen, welche die Lumina auskleiden, werden im Verlaufe der nächsten Tage höher und fangen an, sich zu teilen, so daß die Lumina fast ganz ausgefüllt sind. Neue kolloidale Masse wird nicht gebildet. Während dieser Vorgang in den unverletzten Teilen der Schilddrüse vor sich geht, beobachten wir, daß der mittlere Teil degeneriert, während die Randpartien, in welchen die Tubuli angeschnitten sind, allmählich vernarben, so daß eine gewebe- ähnliche Verbindung entsteht, die kaum an die frühere Schilddrüse erinnert (Abb. 72). Zellen, die ganz am äußersten Rande des einge- pflanzten Stückes sind, schieben neue Abkömmlinge in das Medium. Sind Stellen getroffen , die reichlich Bin- degewebe enthal- ten, so findet auch hier ein starkes Wuchern des Bin- degewebes und ein Zurückbleiben des Epithelwachs- tums statt. Die Thyreoidea ist häufig zu Trans- plantationen be- nutzt worden und nach den Ai'beiten von Christianis wissen wir, daß die indifferent gewordenen Drüsen sich im Transplantat wieder differenzieren. In der Gewebekultur findet kein Wiederherstellen der Funktion in neugebildeten Zellen statt, wahrscheinlich weil der fehlende Blutstrom die für die Neubildung des Kolloids nötigen Stoffe nicht herbei- führen kann, während im Körper des Wirtes dies möglich ist. Sehr schlechte Resultate sind bei der Schilddrüse bei heteroi^lastischer Transplantation erzielt worden, während in dem hängenden Tropfen kein großer Unterschied des Verhaltens der Thyreoideazelle in spezies- fremden Medien sich finden läßt. Besonders interessant sind die im Gewebe auftretenden, sehr normal sich abspielenden Mitosen, die zeigen, daß ebenso wie die Zellen der erwachsenen Muskulatur auch die Zellen der nicht fötalen Drüse latent Abb. 72. Narbengewebe, entstanden aus den verletzten Drüsen- schläuchen der Schilddrüse (links), rechts die kolloidleeren Drüsen- schläuche und dazwischen das wuchernde Bindegewebe. Nach Chanipy 1915. Arch. de Zool. Exp. et Gen. Bd. 55. Echtes Wachstum der Epithelgebilde. 79 vermehrungsfähig sind. Es ist notwendig, jeden Tag die Gewebestückchen mit Serum auszuwaschen und in frisches Plasma zu tun. In den Plasma- hof hinein wachsen Drüsenzellen in Form von Bändern odoi' Zellknöt- chen, die oft noch einen Kutikularsaum zeigen. Auch das Verhalten der kolloidalen Substanz ist bemerkenswert. Schon nach 24 Stunden hat in den kleineren Drüsengängen eine voll- ständige Resorption der kolloidalen Substanz stattgefunden. Bis zu 24 bis 48 Stunden hat aber die Drüse noch neue kolloidale Substanz ausgeschieden, so daß sie noch ungefähr 48 Stunden in der Gewebe- züchtung funktioniert. Je größer das eingeflanzte Drüsenstück ist, je länger kann man noch Kolloid in ihm nachweisen, später aber findet die Entdifferenzierung, der vollständige Abbau der spezifischen Zellstruktur statt, hierauffängt das Drüsenepithel an zu wuchern und kann die Lumina vollständig au.sfüllen. Alle Drüsenschläuche aber, die, als sie in das Plasma- medium gesetzt wurden, verletzt worden waren, haben schon nach 2 Tagen ein vollständiges Epithel gebildet, so daß, wenn man einen Schnitt durch das eingepflanzte Stückchen macht, der Unterschied zwischen den ver- letzten und den unverletzten Drüsenschläuchen sofort ins Auge springt (Abb. 72). Es finden sich in der embryonalen und in der erwachsenen Schilddrüse in der Gewebezüchtung Mitosen. Im erwachsenen Gewebe, das nicht gezüchtet worden ist, hat man bis jetzt noch keine Mitosen gefunden. Mitochondrien, siderophile Körnchen und Fettkörner exi- stieren noch länger, aber nicht mehr polar angeordnet in der Zelle. Das Bindegewebe, das nach Champy durch das sehr starke Wachstum des Epithels in einem Zustand der Hemmung gehalten ist, also nicht wachsen kann, wird durch die sich ausbreitenden Epithelien stark zusammen- gedrängt, an Stellen aber, an denen das Epithel fehlt, finden sich die übUchen Bindegewebszellen. Nach einigen Tagen aber sind die Drüsen- zellen entdifferenziert, sie haben nach Champy keinen bestimmten Cha- rakter. Ihre Form ist eher von dem Milieu als von der genetischen Potenz abhängig. Sie teilen sich lebhaft nahe an der Oberfläche des Plasmas. Wir beschränken uns hier nur auf das Studium der Schilddrüse, die vergHchen mit der Niere ein einfach gebautes Organ ist und sich verhältnismäßig unkompliziert in dem Kulturmedium verhält. Die Niere, sobald sie schon embryonal wirklich funktionell Niere ist, macht tiefgreifende Veränderimgen als embryonales und erwachsenes Organ durch, deren Beschreibung aber hier zu weit führen würde. Sie ist ein hoch differenziertes Organ, das ganz im Dienste der Funktion steht und einseitig differenziert ist, wie es auch die Regeneration der ver- letzten Niere zeigt. Dagegen steht die Schilddi-üse auf einer tieferen Stufe, gemessen an der Schnelligkeit und Langsamkeit, mit der sich die Zellelemente sowohl der embryonalen als auch der erwachsenen Drüse an die Gewebezüchtung anpassen. Denn die embryonale Schilddrüse zeigt die gleichen Vorgänge, welche sich in der Thyreoidea des erwachsenen Tieres abspielen, nur sind die Abbauerscheinungen nicht so zahlreich; sonst gehen die eben beschriebenen Vorgänge, ganz verschieden von den in der Niere stattfindenden Vorgängen, sowohl im embryonalen wie auch im erwachsenen Gewebe vor sich. 80 Äußerungen echten Wachstums. Je höher differenziert eine Zelle ist, je einschneidender sind die Änderungen, unter welchen sich der Abbau, der in der Bildung von Zellformen gipfelt, die in dem Kulturmilieu weiter leben können, im Medium sich abspielt, bis er wie bei Sinnesepithelien oder Nervenzellen kaum oder selten mehr vor sich geht. Nicht nur die Schilddrüse, sondern auch die Prostata des erwachsenen Meerschweinchens funktioniert nur 2 Tage in der Gewebezüchtung. Sie erzeugt also kein neues Sekret. Um das nachzuweisen (22. Übung), verfahre man auf folgende Weise: Man pflanze wie üblich kleine Stückchen Prostata in arteigenes Plasma und setze sich eine Serie Kulturen, die man am ersten Tage, eine Serie, die man am zweiten Tage, eine dritte Serie, die man am dritten oder vierten Tage benutzen will, an. Ehe man die Kulturen ansetzt, entnehme man etwas Samenblasenflüssigkeit, verdünne diese mit Ringer scher Lösung und bringe sie dann mit kleinen Stück- chen Prostata eines Meerschweinchens zusammen. Nach kurzer Zeit koaguliert die Flüssigkeit. Züchtet man Prostatagewebe, wie schon gesagt, in arteigenem Plasma, so beobachtet man am ersten und zweiten Tage noch dieselbe Reaktion in der Samenblasenflüssigkeit. In den Kul- turen, die man erst am dritten oder vierten Tage beobachtet, ist sie verschwunden. Ein am vierten Tage der Züchtung beobachtetes Pro- statastück ist lebend, seine Zellen vermehren sich. Die feinen Körnchen, die der normalen Prostata eigen sind, sieht [man nicht mehr. Die Kulturen haben dann ein Aussehen, wie solche Kulturen, in denen Bindegewebe und Epithel gemeinsam gezüchtet werden. Das sich die Geschlechtszellen, soweit sie schon in die Spermien- bildung eingetreten sind, diese zwangsläufig beenden, ist schon von Sundwall, Champy, M. Lewis in den verschiedensten Medien beobach- tet AA'orden, aber erst Goldschmidt hat gezeigt, wie die Ergebnisse, die durch die Lebendbeobachtung der Hodenzellen in dem Kultur- medium gewonnen sind, fruchtbringend verwertet werden können. Ich halte es für verfrüht, alle möglichen Gewebe zu züchten, wenn man nicht ein bestimmtes Problem lösen will, das nur mit Hilfe der Züchtung des einen, betreffenden Gewebes gelöst werden kann. Die Schätzung der Methode der Gewebezüchtung leidet, wenn plan- lose Versuche an allen möglichen Geweben angestellt werden. Das Experi- mentieren mit Insekten emj^fiehlt sich, da hier durch die Arbeiten der Forscher genau die zytologischen Stadien, besonders der Geschlechts- zellen der Insekten bekannt sind. Wenn man gerade Material hat, so stu- diere man also noch den Schmetterlings ho den in vitro, und zwar nach den Angaben von Goldschmidt. Goldschmidt wählte die Puppe von Samia cecropia, die sich ihrer Größe wegen zu diesen Versuchen gut eignet. Wir nehmen, falls diese nicht erhältlich, eine der größeren ein- heimischen Puppen und betten sie ventralwärts in ein Schälchen mit mit Vaselin, nachdem man die Puppe mit Alkohol abgewaschen und leicht narkotisiert hat. Mit einer feinen aber starken Capillarjjipette ziehe man aus dem Herzschlauch die Lymphe, nachdem man vorsichtig ein kleines Fenster in den Chitinpanzer geschnitten hat (23. Übung). Die Echtes Wachstum der Epithelgebilde. 81 gewonnene Lymphe A\ird in eisgekühlte Gefäße getan, zentrifugiert und dann in eisgekühlten Gefäßen auf })e wahrt. Es ist dringend darauf zu achten, daß kein Darminhalt die Lymphe verunreinigt, da sonst die Lymphe schwarz wird. Es empfiehlt sich auch, mit Glasmessern und -nadeln, statt mit Metallinstrumenten zu arbeiten. Man bereitet sich zum Auswaschen des Hodens Ringer sehe Lösung nach Clark, die folgende Zusammensetzung hat : Clark sehe Lösung: XaCl 0,65% KCl ■ • • • 0,014% CaCU 0,012%, NaH^COa 0,01% NaoHPOj 0,001% Hierauf entnimmt man steril die beiden oder das eine Hodenbläschen der Puppe. Die Hodenbläschen haben gewöhnlich eine sehr starke Abb. 73, a — g. Nacheinanderfolgende Stadien der Achsenfadenbildung in der jungen, lebenden Spermatocyte. Nach Goldschmidt 1917, Arch. f. Zellforschung, Band 14. Beschreibung siehe Text. Membran und sehen bei manchen Formen grünlich aus. Beim Präparieren kann man entweder die schon benutzte oder eine neue Puppe nehmen. Man öffne ventralwärts die Leibeshöhle in der Nähe des 13. bis 16. Abdo- minaliinges, lege den Inhalt der Körperhöhle vorsichtig beiseite und ziehe dann mit der Pinzette das Hodenbläschen an seinem Ausführungsgange heraus. Man wasche es in Ringer scher Lösung gehörig ab, öffne es und setze Kulturen mit der Lymphe oder in Ringerlösung in der übUchen Weise an. In der Lymphe durchlaufen die Sjiermatogonien alle Stadien der Spermienbildung, die gut im Leben zu studieren sind, in ungefähr 3 Wochen. Sind aus irgendeinem Grunde die Geschlechtszellen ge- storben und nur die Follikelzellen lebend erhalten, so wachsen diese sehr stark, während in Kulturen, in welchen die Geschlechtszellen noch leben, die Follikelzellen in bescheidenen Grenzen gehalten werden. Es besteht hier also eine gegenseitige Beeinflussung zwischen den Zellen bindegewebiger und den Zellen epithelialer Natur. E r d m a n n , Pralitilvum. 6 82 Äußerungen echten Wachstums. Will man die Entstehimg der Achsenfäden näher studieren, so wähle man sich junge Spermatocyten zur Beobachtung aus, wie sie sich in jedem Hoden finden. Die Achsenfäden der Spermatozoen erscheinen schon vor den Reifeteilungen in der Zelle und werden dann mit dem Zentrosom fertig vorgebildet auf die Tochterzellen verteilt. In den jungen Spermatocyten beginnt, wenn die Zelle zur Achsenf adenbildung schreitet, die dem Follikelraum zugekehrte Zelloberfläche sich mit zahlreichen Zotten zu bedecken (Abb. 73a). In Abb. 73bsind schon viele Zotten zu sehen, eine davon, die nicht gebogen ist, wächst dann völlig starr aus. Auf Skizze d, e sind die Form Veränderungen des Auswuchses Abb. 74 a u. b. Ausbildung der typischen Sperniieiibündel in dem mit Spermatiden aus- gekleideten Follikel, a zeigt die noch aufgeknäucltt-n Arlisenfäden. b die in die Follikelhöhle ausgestreckten Achsenfäden der Spermatiden. Nach (ioldschmidt, wie Abb. 73. in einem 15 minutigen Zwischenraum skizziert. Bei c hat sich in der- selben Zelle noch ein zweiter starrer Fortsatz mit einem Protoplasma- kügelchen gebildet. In diesem Zustand verharrt die Zelle. Dann ver- lieren die Pseudopodien ihren Charakter. Sie fließen ab, und der starre Achenfaden bleibt mit Zentrosom, das hier lebend zu beobachten sein soll, übrig. Jetzt werden die Achsenfäden immer länger, bis sie das Follikellumen ganz ausfüllen (Abb. 73 f, g). Will man diesen normalen Verlauf abändern, so nimmt man nach Goldschmidt eine Ringerlösung nach Vernon, die folgendermaßen zusammengesetzt ist: NaCl 0,75; NaHCOg 0,01 ; CaC% 0,024; KCl 0,021%. Die eben beschriebenen Vorgänge traten dann schon in den Spermato- gonien auf. Die Entwicklung einer Ursamenzeile zu einem Spermatozoen ist also nach Goldschmidt eine zwangsläufige physikalische Reaktion, an der zwei Komponenten beteiligt sind, einmal die Follikelmembran, die die spezifischen osmotischen Verhältnisse schafft, die an jedem Punkt der Spermiogenese einwirkend gemacht werden können und die Zusammensetzung des Plasmas selbst. Von den Zellen des menschlichen Gewebes an bis zu den Proto- zoenzellen hat man versucht, die Methode der Gewebezüchtung aus- zuwerten. Am besten erforscht sind die Frosch-, Hühner-, Meer- schweinchen- und Kaninchengewebe. Es wird sich also empfehlen, daß Anfänger nur Arbeiten mit Tierarten vornehmen, die schon durch- Echtes Wachstum der Epithelgebilde. 83 studiert sind. Aber selbst die Gewebe der erwähnten Tierarten sind nicht alle gleichmäßig durchforscht. So sind erst die bänderartigen breiten Zellen, die aus dem endodermalen Darm des Huhnes aus- wachsen, sehr spät als sympathische Nervenfasern erkannt worden. Es sollen also vom Anfänger zuerst noch keine Gewebe mit sehr ge- mischter Zusammensetzung zu züchten versucht werden, sondern das embryonaleHerz, Unter- hautbindegewebe und Epithelgewebe als die f'iiJi y^vt^jJ am besten durchforsch- ten, sollten zuerst stu- diert werden. Erst am Schlüsse des ^ .^ Abschnittes also wer- '^''*. ^ ^^ ^ den wir folgende Übung '^' anstellen (24. Übung), um nachzuprüfen, ob Champy recht hat, wenn er behauptet, daß Zel- len, seien sie binde- gewebiger, seien sie epi- thelialer Herkunft in der ■' Gewebezüchtung nach ^^ längerem Verweilen sich - , /; -/^ ' ''^J^ _ ... ;.x^ xy (> sehr ähnlich werden (Ab- ' . ^'"^ ' ^- , I j nach der Explantation gezeichnet, b 12 Tage. Xach Pigmentgranula wandern Uhienhuth, wie Abb. 77. 86 Ablauf jjiogressiver und regressiver Vorgänge. in den Zellen in bestimmten Bahnen von der Peripherie der Zelle bis zum Kern, und bis fast zum entgegengesetzten peripheren Rand, aber ein Bezirk der polar angeordneten Zelle bleibt frei von Pigment- körnern (25. Übung). Beim Huhn geht die Polarität, die diesen Zellen eigen ist, nicht ganz bei der Züchtung verloren. Dagegen sind die jetzt zu studierenden Zellen des Pigmentepithels der Iris und der Retina vom Frosch stärkerer Umordnungserscheinungen fähig. Die pigmentierten Zellen des Retinaepithels, die polar gebaut sind, grenzen mit der pigmen- tierten Basis an die Retina (Abb. 77, ab). In dem Teil sind gelbe Öl kugeln vorhanden. Die Zelle verliert in der Gewebekultur die ihr zukommende Differenzierung in zwei verschie- ^ dene Abschnitte und beide Pole der Zelle <:iiJ;^ werden einander gleich. Ebenso verschwindet ■<:^ das Pigment und die strukturellen Anhänge. Die ■y\'''J^. Zelle nimmt die Form einer Bindegewebszelle an '•y/^k \\\\& bleibt nicht mehr hexagonal. Auch für ::-f?f^: die Pigmentzelle der Iris gilt das gleiche. Alle ii^l strukturellen Verschiedenheiten verschwinden i^-:;] (Abbildung 78 a, b), die Zellen werden beweglich und spindelförmig. Die beiden Zellarten werden in dem halbflüssigen Kulturmedium einander ähnlicher und nehmen bis zum gewissen Grade die gewöhnhche Form der Bindegewebszellen an. Die Retina selber hat sich stärker hierbei abzubauen wie die Iriszellen. Aber zu einer Teilung kommt es bei dieser Zellgruppe nie in dem Explantat, dagegen fällt die starke Mitosenbildung der bindegewebigen MÜLLERschen Faser auf. Hier (Abb. 79) zeigen sich die gleichen Erscheinungen wie in der Muskulatur der Blase (vgl. S. 67). Auch die Pigmentzellen der Chorioidea verhalten sich in der Kultur bindegewebeartig (Abb. 78c). Beide Zellgruppen sind im gleichen Medium und verhalten sich doch so verschieden. Es müssen besonders hier doch inhärente Unterschiede der Zellen bestehen, die in ihnen fest verankert sind. Damit diese beiden geschilderten pigmentierten Zellarten sich ähn- licher werden können, muß die ])igmentierte Retinazelle größere regressive Veränderungen durchmachen als die pigmentierte Iriszelle. Uhlbnhuth macht für die pigmentierte Retinazelle geltend, daß diese Zelle jetzt von einem allseitig gleichmäßig wirkenden Medium umgeben sei, während sie sonst an den entgegengesetzten Polen verschiedenen Einflüssen unterworfen war. Beim Hühnerembryo ist dies nicht so stark ausgeprägt, wie wir ge- sehen haben (Abb. 80 u. 81). Doch wird sich gerade mit Hilfe der Abb. 78 c. Chorioideazelle und Mesenchymzelle des 12tägigen Hühnerembryos. 12 Stunden in der Kultur. NachLuna,1919, Arch. ital. di anat.e di embrioI.Bd.18. Verhalten der Sinnesepitlielien in dem Kulturmedium. 87 ©'* \x V-.-v i\\\ Abb. 79 a u. b. Müllersche Fasern des Schildkröten- 'Ali auges, 7 Tage gezüchtet. Links: Schnitt; rechts: Einzahle isolierte Fasern sind zusammengestellt, um den progressiven Abbau der MüUerschen Fasern zu zeigen. Nach C'hampy. 1914, Arch. de zool. e.xp. et gen. Bd. 5:3. Abb. 80. Photogramm einer 72 Stunden alten Kultur der Pigmentschicht der Retina von einem 8 Tage alten Hühnerembryo in Locke-Lewis-Lösung. Sowohl Pigmentzellen als auch Meseuchymzellen sind erkennbar. Nach Smith, Abb. wie 76. 88 Ablauf progressiver xmd regressiver Vorgänge. Gewebezüchtung die schwebende Frage, ob die Mitochondrien sich in Pigment umwandeln können, lösen lassen. (Vgl. das Schema Abb. 76.) Bis heute sind drei Ansichten vorhanden, wie die Pigmentgranula entstehen können. Sind sie Produkte des Zellkerns, der Mitochondrien, des durch Enzyme umgewandelten Zellplasmas ? Die interessantesten und für theoretische Entscheidungen wich- tigsten Aufschlüsse werden wir durch die Züchtung der Epithelzelle, die Abb. 81. Das gleiche Präparat, aber stärker vergrößert. In den meisten Zellen sind die Pigmentgranula um die Zentrosphäre angeordnet an der einen Seite des Kerns. Nach Smith, wie Abb. 76 n. 81. schon im normalen Leben an verschiedene Medien grenzt, sei es Körper- flüssigkeiten und Bindegewebe, sei es Außenwelt und Gewebe, erhalten. Ihr ist eine große Gestaltungsmöglichkeit gegeben. Sie hat die ver- schiedensten Anhänge, Flimmerhaare, Bürstenbesätze usw., und In- haltskörper, wie Pigmentkörner und Granula mannigfaltiger Art. Es ist ihr eine ausgesprochene Individualität eigen, daß sie fester organisiert erscheint, wie die schon im Körper potenzenhaltige Bindegewebs- zelle. Vorhalten der nervösen Elemente. 89 B. Vorhalten der nervösen Elemente. Das zweite Übungsgebiet dieses A})schnittes umfaßt die Elrscheinun- gen, die in dem gewählten Medium in Zellen und Strukturen des Ner- vengewebes vor sich gehen. Früh ist das embryonale Nervengewebe studiert, ja nur dem Wunsche Harrisons, die Streitfrage experimen- tell zu lösen, ob die Nervenfasern Pro- dukte der Ganglienzellen sind oder vom umgebenden Plasma erzeugt werden — eine Frage, die noch vor 25 Jahren zur Klärung stand — verdanken wir, überhaupt einen versprechenden Anfang der Me- \ thode der Gewebepflege zuerst bei Kaltblütlern (Froschlarven) und später durch BuRROWS bei Warmblütlern (Hühnerembryo). Die Methode wurde Abb. 82, a — e. Kultur aus dem Medullarrolir des embryonalen Frosches. Entstehen von Aus- läufern der (JauKlicnzcllen und die Verbindung mit anderen Zellen im Gewebe, fünf nacheinander- fdlsende Staditii dissilben Nervenkomplexes. a 2-i Stunden, b 25V2 Stunden, c 34 Stunden nach der Exiilaiitatiim. Nach Harrison, 1913. Transact congr. Americ. Phys. and Surg IX. aber erst durch die Plasmagewinnung, die BuRROW.s und Carrel ver- vollkommneten, weiteren Kreisen beachtungswert. Um das Aus- wachsen der Nervenfasern unter dem Deckglas zu beobachten, wird es sich empfehlen, entweder Frosch embryonen oder Hühner- embryonen zu benutzen (26. Übung). Man wählt nach H.\rrison Stadien der Embryonalentwicklung des Frosches, bei denen manche Zellen des Medullarrohres noch keine Fortsätze haben. Man über- zeugt sich durch einen Gefrierschnitt oder durch einen Schnitt mit dem Rasiermesser unter dem Mikroskop nach Methylenblaufärbung, wie viele Ganglienzellen des Medullarrohres schon Fortsätze gebildet 90 Ablauf progressiver und regressiver Vorgänge, Abb.82 d. Kultur aus deniMedullarrohr des embryonalen Frosches. Entstehen von Ausläufern der Ganglienzellen und die Vi^rbiiidun^' mit :uidenn Zellen im Gewebe. 4. Stadium ilcssflhrii ,\rrvcnk(iniplcxes. 46 Stunden nach der Explantation. Xach Harrison, wie Abb. 88. haben. Dann trennt man das Medullarrohr von den anderen Geweben des Kör- pers und teilt es in Stück- chen, die mit dem Binoku- lar ausj^räpariert worden sind. Nun sind sie fertig zum Einsetzen in das Kultur- medium. Die Stückchen müssen sehr klein sein. Harrison, der zuerst diese Experimente gemacht hat, hat die Stückchen in Frosch- lymphe gezüchtet. Wir wollen aber aus technischen Gründen nicht dieses für Nervengewebe historisch älteste Medium zur Züchtung benutzen, sondern wir stellen ein Medium aus Frosch- plasma und Augenkammer- wasser her. Schon nach kurzer Zeit sieht man Lebensäußerungen der Zellen. Eine ganz^ Reihe von Zellen umgeben jetzt das eingepflanzte Stück und bilden schleierartige Gewebs- insein. Nach 48 Stunden aber werden die Gewebs- schleier durch die Ver- flüssigung des Plasmas zer- rissen und hier und da bilden sich von Zellen freie Räume. Da man im allgemeinen nicht allein Nervengewebe explan- tiert hat, so ist es wichtig, zu wissen, daß sowohl die embryonale Muskelzelle als auch die Epidermiszelle der Froschlarve sich in dem ge- wählten Medium differen- zieren. Die Muskelzellen der Froschlarve erwerben Quer- streifung, die Epithelzellen Cilien, auch wenn diese Zellen von ihrem Mutter- boden getrennt sind. Verhalten der nervösen Elemente. 91 So kann es nicht er- staunen, wenn die Ganglien- zellen nach 24 Stunden dichte plasmatische Fort- sätze aus dem Zellschleier her vorstrecken. 10 Stunden später hat sich dieser Aus- wuchs meßbar verlängert und in vier getrennte Fa- sern geteilt. Immer länger streckt sich nun der Aus- wuchs, bis er schließüch über 1 mm lang geworden ist. Das Ende jeder Faser zeigt fingerförmige unregel- mäßige Pseudopodien, die in ständiger Bewegung sind. Sie bestehen aus amöboi- den Protoplasma, welches von der Ursprungsstelle stammt. Diese Endbäum- chen der Fasern oder Pla- koden sind die Bewegungs- mittel der Nervenzelle. Das Plasma wird unge- fähr im Zeitraum von 1 Minute 1 /t weit vorge- schoben, und die Zelle rückt entweder nach oder die Faser wird stark ge- streckt (Abb. 82). Diese schon im Jahre 1904 von Harrison ge- fundenen Ergebnisse sind von vielen Forschern be- stätigt und erweitert. Ich erwähne nur hier die Ar- beiten von Braus. Hat man keine Frosch- embryonen, so empfiehlt es sich, Hühnerembryonen zu verarbeiten. Das Pvhom- bencephalon eines viertä- ^ gigen Hühnerembryos ^^^^ ^^^ Kultur aus dem Medullarrohr,iese„,h,y.,nuK.u eignet sich besonders gut Frosches. Entstehen von Ausläufern der (Janj-Micnzilli'u . , xr,,! und die Verbindung mit anderen Zellen im (iewtbe. zum Ansetzen von Kul- T Stadium desselben Nervenkomplexes. 58 Stund™ turen Hierbei ist äußerste nach der Eplantation. Diese Abbildung i stowen itier . . , stark vergrößert wie die vier vorigen. Nach Harnsou, Schnelhgkeit nötig und es wie Abb. 82. 92 Ablauf progressiver und regressivei' Vorgänge. empfiehlt sich nicht, das exciclierte Stückchen erst in Waschflüssig- keiten zu bringen, sondern man zerteilt das Gewebe schnell in einem trocknen sterilen Glasschälchen und })ringt es in das Kulturmedium. Levi hat besonders gute Erfolge durch diese Methode erhal- ten und auch die Bildung von End- bäumchen, auch Fa- serverflechtungen und das selbsttätige Auswandern von Ganglienzellen ge- sehen. Er betont, daß die Lebens- dauer einer Kultur höchstens 24—48 Stunden beträgt. Man sieht also dar- aus, daß von einem eigentlichen Wachs- tum der Warmblüt- ler-Nervenfaser nicht die Rede sein kann. Die Lebenserschei- nungen bestehen nur in der Umgruppie- rung des Zellplasmas, das sich in der ex- plantierten Ganglien- zelle schon befindet. Ingebrigtsen züchtet Nervenfa- sern aus Spinalgang- lien des Kleinhirns einer eben geborenen Katze (S.Abb. 83). Hier fallen im gefärb- ten Präparat die vie- len Gliafasern und die eine Nervenfaser auf (Abb. 86). Le- bend läßt sich dieser Unterschied nicht leicht nachweisen. Ingebrigtsen hat Formalin- fixierung, Held' sehe Molybdän- Hämatoxylinfärbung mit nachfol- gender Differenzierung in Weigert scher Flüssigkeit zur Darstellung seiner Präparate verwandt, doch war das Resultat nicht ganz befrie- digend. Levi fixiert mit Zenker, dann in der Maximow sehen Lösung Abb. 83. (;aiiglieiizelle, die s'.ch au.s dein Verbände der übrigen Spinalganglien freigemacht hat und große Fortsätze in das Medium strecke. Vier Tage alte Kultur aus den Spinalganglien eines 7 Monate alten Kaninchen. Nach dem Leben. Nach Ingebrigtsen, 1913, Journ. of experim. med. Bd. 17. Verhalten der nervösen Elemente. 93 und färbt mit HELDschem Molybdän-Hämatoxylin. Er wäscht vor der Fixation mit RTNCERsclier Khissifrkcit aus. Wir cplion hier auf dies Abb. 84. Fortsätze der Uauglieuzelleii und der Gliazelleu au.s einem Stüekeheu des Cortex eines 3 Wochen alten Hundes, 3 Tage im Medium. Nach Ingebrigtsen, wie Abb. 83. schwierige Gebiet, das Wachstum der Glia- und Nervenfasern, nicht weiter ein, sondern studieren nocli am lebenden Präparat die Bildung von Ana- stomosen und End Verzweigungen der Nervenfasern nach G. Levi. 94 Ablauf progressiver und regressiver Vorgänge. Im Verlauf von zwei Stunden beobachtet Levi deutlich in art- eigenem Plasma die Bildung von feinen Faserbrücken zwischen zAvei parallel nebeneinander liegenden Fasern des Rhombenkephalons eines 3 Tage alten Hühnerembryos im Leben (25. Übung). In dieser aus dem Rhombenkephalon auswachsenden dicken \ Fasern laufen zuerst die Nervenstränge parallel. Diese dicke Faser streckt sich im Verlauf von 5 Stun- den und wächst zu einem sehr langen Faden aus. Bei dem untersuchten Bei- sj^iel wachsen die beiden Äste des ursprünglichen Nervenstranges nicht mit gleicher Gesch\\indigkeit. Sie waren im Anfange gleich groß, am Schluß der Be- obachtungszeit ist der eine doj^pelt so lang wie der andere (x\bb. 85). In den schon gebildeten feinsten Fädchens des Endbäum- chens bilden sich neue Fäserchen. Diese Fäser- chen werden dann mit Plasma gefüllt, und es ent- steht ein fächerartiges Ge- bilde, das sich später strecken und wieder neue Fasern aus sich heraus - Avachsen lassen kann. So wiederholt sich das Spiel der Bildung von End- knospen oder Endplakoden fortwährend und dient da- zu, che Nervenfasern zu verlängern. Auch kurze Neuriten, deren Verbindun- gen mit der Ganglienzelle noch sichtbar sind, verlängern sich auf diese Weise. Die Spinalganglien dringen aus dem Gewebe im allgemeinen als dicke, kräftige Zylinder zuerst heraus, in denen man die einzelnen Fasern deutlich unterscheiden kann. Im Verlauf von ungefähr 7 Stunden ist aus den kurzen Fortsätzen ein langes fädiges Gebilde entstanden, das an seinen Enden zahlreiche Verästelungen hat. Um dies nachzuprüfen, beobachte man eine Stelle des Präparats fortgesetzt und zeichne sie in kurzen Zeitabständen. So sieht man, Abb. 85. Nach Levi. Anastomosen- und Plakoden- bildung aus dem Rhombenkephalon eines jüngeren Hühnerembryos, 3 Tage gezüchtet. Nach Levi, 1917, Atti della E. Aead. dei Lincei. V. Serie, Bd. 12. Verhalten der nervösen Elemente. 95 daß eine Nervenfaser zuerst an ihrem einen Aste zahlreiche Endknospen hatte, die sich dann bald in ein Gewirr von vielen Fäden auflösen. Sehr häufig entsteht ^uch durch Bildung von freien Stellen aus einem Nervenplexus ein verzweigtes Fasergeflecht, das zahlreiche Anastomosen besitzt, also der früher die ganze Fläche ausfüllende Nervenplexus ist aufgeteilt in ein feinstes Gitter werk. Wieder können sich diese Fasern zu- sammenschheßen zu einem Nerven- strang und sich später wieder in feinste Fäserchen auflösen. Einzelne Neuroblasten kön- nen aus dem Plas- ma auswandern und neue Verzweigun- gen bilden. Es ist aber Vorbedin- gung, daß feine Verbindungen mit dem Ursprungsge- webe existieren, ist die Zelle vollständig getrennt, so stirbt sie nach kurzer Zeit ab. Es scheint also, als ob sie ihre Nahrung aus dem eingepflanzten Ge- webe zieht. Es wird be- hauptet, daß das starke Lichtbre- chungsvermögen die auswachsende Ner- venfaser kenntlich macht. Ich möchte lieber raten, zum Einpflanzen nervöses embryonales Gewebe zu excidieren. Das ist bei der relativen Größe der Strukturen möglich. Die in fixierten Präparaten erscheinende Gesamtheit der Fibrillen existiert nicht im Leben, doch sind lebend einzelne fibrilläre Fasern beobachtet worden. 'j /fr i^^n Abb. 86. Auswachsen einer Faser aus dem Kleinhirn eines eben geborenen Meerschweinchens, 2 Tage alte Kultur. Gefärbtes Prä- parat, das den Unterschied zwischen Xervenfortsätzen und Glia- fasern zeigt. Nach Ingebrigtsen. 1913, Journ. of exper. med. Bd. 18. 96 Ablauf progressiver und regressiver Vorgänge. Zum Schluß fertigen wir • uns noch Kulturen von den Darmschlingen des Hühner- embryos an (7 Tage alt). Aus ihnen wachsen breite Bänder in der Loke -Lewis- Flüssig- keit, schon in kurzer Zeit ^\ heraus. Diese zeigen Mitochon- tdrien und Neutral rotkörner ; ^.j es sind sympathische Nerven- fasern (Abb. 87). Die Hinfälligkeit der ner- vösen Elemente im allge- meinen ist groß, echtes Wachs- tum, manifestiert durch mi- totische Teilungen, ist nicht beobachtet worden. So haben wir von den Mesenchymzellen des embryonalen Hühner- herzens bis zu den nervösen Elementen der Retina eine I Reihe, die \\deder die Ab- hängigkeit von Funktion und Zelldifferenzierung zur Potenz- größe zeigt. Je größer die funktionellen Ansprüche an -'' eine Zelle sind, je differenzier- i ter sie ist, je geringer ihre i Umbildungsfähigkeit und Le- bensdauer in dem Explantat. Je höher das Gewebe in der Wirbeltierreihe steht, je früher tritt schon diese Potenzbe- . schränkung ein, wie wir bei ^ ., Frosch und Huhn sehen. , i ™ -; ', . C. Yerhalten des Herz- .;.':, klappeiigewebes. » Es ist schon seit Cohn- HEIM strittig, ob alle bei der Entzündung erscheinenden Rundzellen der Pathologen lympho- oder leukocytärcn .,,„.,. ^ , X, ■ , ^x . L^rsprunps sind, oder ob Abb. 87. Auswacnsende sympath.sche Nervenfaser aus , , i t.- i dem Darmkanal eines 7täggen Hühnerembryos, 2 daS Umgebende Bindegewebe Tage in Loke-Levvis-Lösung. Xacli Matsumoto, 1920, n in ^„i -i 4- Johns Hopkins Hosp.-Buii. N. 349. Rundzellen ausschmilzt. \ Verhalten des Herzklappcngewebes. 97 Die Herzklappe der erwachsenen Katze, Ratte oder Ringelnatter eignet sich zum Studium des Abbaues des Bindegewebes oder der ela- stischen Fasern, bei dem auch Rundzellen frei werden, wie schon lange von Gra\\t:tz betont. Man bereitet sich Ringelnatterplasma oder je nach Wahl Ratten- oder Katzenplasma vor (27. Übung). Bei der Zubereitung des Ringelnatterplasmas muß man besonders darauf achten, daß das Plasma selbst keine dem Blut vorher schon eigenen Bakterien enthält, da das Blut der wechselwarmen Tiere mit kommensalen Bakterien beladen ist, die dann .. natürlich bei der Plasma- '!':^', bereitung mit in das Plasma gelangen. Es empfiehlt sich also, gleich nach Bereitung des Mediums einen Aus- strich zu machen, um zu sehen, ob man veil oder wenig Bakterien im Plasma hat. Das Herauspräpa- rieren der Herzklappe ist nur unter der binoku- laren Lupe möglich. Man öffnet mit einem Sek- tionsschnitt das Herz- sagittal und sieht dann die Mitralis unter der Lupe frei in das Lumen des Ventrikels hineinhängen. Sie ist durch ihre weißliche Färbung im Gegen- satz zu dem rötlichen Herzgewebe kenntlich (Abb. 88). Man schneidet die Mitralis oder irgendeine andere Klappe an einer Ansatzstelle ab und zer- teilt sie in Ringer scher Lösung in kleine Stückchen. Es empfiehlt sich, ehe man das Gewebe zerstückelt, die schleierartige Unterhälfte abzuschneiden und in einem besonderen Schälchen getrennt zu zerstückeln. Ebenso die steife, durch derbe Bindegewebsfibrillen gestützte andere Hälfte. Man soll die Stücke mit der binokularen Lvipe durchmustern und sehen, ob man nicht Stückchen der Herzklappe bekommen hat, in denen sich kleine Gefäße befinden. Diese müssen ausgemerzt werden, weil sie später bei der Deutung der Veränderungen nur Ver\virrung anrichten könnten. Man beobachte die Kulturen in Abständen lebend und konserviere nach 6, 18 oder 24 Stunden die Stückchen in Alkohol für elastische Faserfärbung, in ORTHschem Gemisch oder nach Carnoy für die anderen Färbungen. Die Lebendbeobachtung der Herzklappe zeigt dem ungeüb- ten Beschauer nur wenig Veränderungen in den ersten Tagen, später aber sieht man mittelfeine und feine Fibrillen einen Schleier um das eingepflanzte Gewebestück bilden. Ihrem Lichtbrechungsvermögen nach sind sie elastische Fasern und lassen sich auch im Schnitt gut färberisch darstellen. In den ersten Tagen zeigen zur Kontrolle hergestellte Total- präparate Auswanderung von runden Zellen. Bei günstiger Wahl kann Abb. 88. Xorniale Herzklappe der Schlangt". Zeigt den oberen, mit starken Bindegewebsfibrillen inid elastischen Fasern versteiften Teil und den unteren schleierartigen Teil. Nach Erdmann 1921. Arch. f.Entwicklunssmech. d. Org., Bd. 48. E r d ni a n n , Praktikum. 98 Ablauf progressiver und regressiver Vorgänge. i SP.- "W- y '-r. i ^ y ffe Abb. 89. Dasselbe Material 3 Tage bebrütet, zeigt die Aufloekeruug des Gewebes und die Füllung der Kerne mit Kernsaft. Nach F^rd- niann 1921, wie Bild 88. man sehen, daß die- se runden Zellen aus vorher lang- sam sicli bewegen- den Bindegewebs- zellen entstanden sind. Diese run- den Zellen zeigen, daß sich die Kitt-, BindegeA\ebs- und elastische Sub- stanz des einge- pflanzten Stückes im Plasmamedium gelöst hat. Hier- durch werden die erwachsenen Bin- degewebszellen frei und wandern langsam in das umgrenzende Plas- mamedium. D urcti die Auflösung der erwähnten Sub- stanzen erscheinen große Va- kuolen in dem eingepflanz- ten Stück (Abb. 89 u. 90). Die Veränderungen lassen sich gut an Schnittbildern nachweisen. Man sieht die Bindegewebszelle mit ihren langen derben Fortsätzen, die aus^ ihr herauswachsen, umgeben von Vakuolen, frei liegen. In manchen Zellen kann man ein amitotisches Zerbrechen der Kerne erken- nen, aus denen höchstwahr- scheinlich neue kleine, runde Zellen, die später reichlich im Präparat sind, gebildet werden. Letztere kann man besonders gut an Präparaten der Herzklappe der Ratte be- obachten. Die runden, ausge- wanderten Zellen differenzie- ren sich später wieder in Abb. 90. Dasselbe Präparat bei stärkerer Vergrößerung, rr m / \i i r\i\ -i. •• i „i Nach Erdniann 1921, wie Bild 88, 89. ^ Zellen (Abb. 91) mit prakol- 0 Verhalten des Herzklappengewebes. 99 4 Abb. 91. In Plasma eingepflanztes Gewebestückchen der Herzklappe der erwachsenen Schlange nach Htägigem Verweilen im Plasmamedium. Man beachte den Unter- schied zwischen den neugebildeten und den eingepflanzten lebenden (iewebsteilen. Nach Erdmann 1921. wie die vorigen Bilder. Abb. 92. Totalpräparat der Schlangenherzklappe. Zeigt die Erweichungs- bahnen, 3 Tage gszüchtet. Nach Erdmann, wie die vorigen Bilder. [QQ Nutzbarmachung der Methode der Gewebezüchtung. lagenen Fasern zurück. Da Avir kein Diagnostikum haben, ob die Fibrillen bindegewebig oder elastisch sind, denn sie färben sich nicht bei den entsprechenden Färliungen, so können wir sie mit Champy ,,j)räkollagen" nennen. Sie werden durch Färbung nach VAN GiESON gelbhch gefärbt. Die präkollagene Substanz bildet wahr- scheinKch die Matrix für kollagene und elastische Fasern. Es zeigt sich also deutlich, daß das erwachsene Herzklappengewebe einschneidender Veränderungen, die als Ab- und Umbau gedeutet wer- den können, fähig ist. Man färbt die Schnitte, die man sich aus gezüchteten Stückchen vom 1,2, 3, 4 usw. Tage hergestellt hat, mit Binde- gewebsfärbungen (van Gieson) und elastischer Fasernfärbung bei der Schlange. Blaue Elasticafärbung modifiziert für Herzklajjpen der Schlange. Diese Färbung wird nur für Schnitte angewandt. Man bringt das Material, um es zum Schneiden vorzubereiten, in: Alk. absei 1 — 2 Stunden, Chloroform 2 Stunden, Chloroform- Paraffin über Xacht, weiches Paraffin 5 — 6 Stunden, hartes ,, 1 — 2 „ darnach Einbetten in Paraffin. Die gewonnenen Schnitte werden vorgefärbt in Lithion-Karmin 24 Stunden; ausspülen in Aqua dest. ; Nachfärbung in blauer Elasticafärbung 10 — 16 Stunden. Die Farbmischung bereitet man aus: 100 ccm Salzsäure-Alkohol + 5 ccm Fuchselin. Kurz differenziei'en in Alkohol 96 °o und weiterführen der Präparate, wie bei den vorher beschriebenen Methoden angegeben. V. Nutzbarmachung- der Methode der Gewebezüchtung' zur Lösung noch strittiger Fragen. Mit Hilfe der Methode der Gewebezüchtung sind bis jetzt eine Reihe von Versuchen ausgeführt, die fest umschriebene biologische Fragen zu lösen versuchten. Es soll hier gesagt werden, daß besonders solche Probleme in Angriff genommen werden sollten, die nur mit Hilfe der Methode gelöst werden können. Stehen dem Experimentator andere Wege offen, so muß er natürlich diese auch gehen und erst als Er- gänzung sich der Methode der Gewebezüchtung bedienen. Die Methode der Gewebezüchtung kann nur in eng umschriebenen Grenzen ange- wandt werden, sie ist kein Allheilmittel, um neue Ergebnisse zu finden und darf auch keine Modesache sein. So erschien es sehr aussichtsreich, Tumorgewebe zu züchten. Trotz der Bemühungen vieler Forscher ist es noch nicht gelungen, Tumor- gewebe jahrelang oder monatelang zu züchten, wie es bei der embryo- nalen Bindegewebszelle oder der embryonalen Epithelzelle möglich ist. Xutzbarmachung der .Metliodc der Gewebezüchtung. 101 Man kann Tumormaterial l)is jetzt nur einige Wochen züchten. Die Frage, die durch diese Versuche gelöst werden soll, ist die : Wie unter- scheiden sich Tumorzellen und Stromazellen 1 Wie unterscheiden sich Sarkom- und Karzinomzellen in bezug auf ihre Potenzen? Abb. 94. Katteusarkomzellen, :i Tage in Taubenplasma gezüchtet. Das An- fangswachstum im fremden Plasma nicht gestört, später zeigen sich Schädi- gungen. Nach Lambert und Hanes 1911. Journ.ofexp. med. Bd. 14. Hat man Tumormaterial irgendwelcher Art zur Verfügung, so empfiehlt es sich, auch dieses verschiedenen Züchtungsbecüngungen zu unter^^erfen. Es ist gerade von Tumorzellen behauptet worden, daß die Spezifität des Nährmediums bei ihnen nicht besonders ausgeprägt zu sein scheint. So wächst nach Thomson menschhches Karzinom in Hühner- plasma und Embryonalextrakt des Huhnes (vergl. auch Abb. 94, 95, 97). Mäusekarzinome und -sarkome sind fast immer in Rattenplasma ge- züchtet worden, doch haben die Plasma-Medien bis jetzt sicli sehr un- günstig für che Züchtung erwiesen, weil die Verflüssigung des Plasmas schon in wenigen Stunden bis zu einem Tage geschehen kann, so daß ein häufiges Wechseln des Mediums notwendig ist. Bei den von Thomson und Drew gebrauchten Medien soll das nicht der Fall sein. Wäre dies richtig, so würde eher der physikalische als der chemische Charakter des Mediums einen besseren oder schlechteren Erfolg bei der Züchtung verursachen. Doch wird stets Embryonalextrakt hinzugefügt. Um Tumorkulturen anzusetzen, narkotisiere man schwach das be- treffende Tier und nehme steril den Tumor heraus, spüle ihn in Ringer- 102 Nutzbarmachung der Methode der Gewebezüchtung. scher Lösung ab und schneide die weißUchen, nicht nekrotischen Teile für die Bearbeitung ab (28. Übung). Sie werden dann genau so, ^ie jedes andere Gewebe in kleine Stückchen zerteilt und in die betreffen- den Medien getan. Es empfiehlt sich nicht, menschliche Tumoren, die 1^ .*-* *•.'«■' ■ '-■i'^.,'^ ^^mS'^'^1l■^ Abb. 9.5. Mäusekarzinomzellen, 5 Tage in Taubenplasma gezüchtet. Nach Lambert u. Hanes 1911. Journ. of exp. med. Bd. l-l. ja verhältnismäßig leicht aus jeder chirurgischen Künik zu bekommen sind, zu nehmen, da diese sehr häufig schon nekrotisch sind und Bak- terien enthalten. Am leichtesten wird ein Mäusesarkom zu be- schaffen sein. Interessant ist die von vielen Forschern gemachte Beobachtung, daß das Stroma des Tumors eine andere Auswanderungsgeschwindigkeit hat wie die Tumorzellen (Abb. 96). Diese sind fast immer an der äußersten Peripherie des Mediums zu finden, wo sie in dichtem Kranze NutzharniacluiniT der Methode der Gcwebezüchtung. 103 gelagert erscheinen. Will man überpflanzen, so muß man an dieser Zone die Zellen sammeln. Die Stromazellen dagegen wandern langsam aus. Ihre bindegewebige Natur ist besonders bei dem abgebildeten Hundekarzinom erkenntlich. Hat man dieses Hundekarzinom 3 Wochen lang gezüchtet, so sind nui- runde Karzinomzellen in dem Medium _ -o«5lWE~.- ^^■^- ^^-i^l ^^^ VfÜ, \ V&.' Abb. 96. Basalzellen-Karzinom des Huiiiles. 3 Tage in homogenem Plasma gezüchtet. Zeigt deutlicli die Trennung der K;uziiirt. Entweder bilden sich aus ihnen die sog. Si)indelzellen, die sich nur 108 Nutzbarmachiing der Methode der Gewebezüchtung. durch die gestreckte Form und den ausgezogenen Kern von denEndothel- zellen unterscheiden (Abb. 99 e). Oder aber durch fortgesetzte Kern- teilungen und Vergrößerungen des Plasmas werden Riesenzellen aus diesen Formen. Es können auch mehrere Wanderzellen zur Bildung einer Riesenzelle zusammentreten. Bei all diesen Zellarten findet kein Zusammenschluß zu echten Geweben statt. Es scheint also ein Zusammenhang zwischen Endothelzellen und fibro- blastähnlichen Spindelzellen einerseits und Endothelzellen und Riesen- zellen andererseits zu bestehen. Auch schließen sich die Wanderzellen, die höchstwahrscheinlich junge Endothelzellen sind, zu Riesenzellen zusammen. Aber es scheint kein Zusammenhang zwischen Lymphocyten einerseits, Wanderzellen, Endothelzellen und Riesenzellen andererseits zu bestehen, wenn man ihr Verhalten in der Gewebekultur ansieht. Als letzte Übung werden wir einige Angaben von Hadda und Rosenthal nachprüfen. Hadda inid Rosenthal haben schon 1913 versucht: ,,mit Hilfe des Zeilzüchtungsverfahrens neue Einblicke in die Wirkungsweise cytotoxischer Sera auf Gewebszellen Zugewinnen". Zwar bestehen nach ihnen — und dieses ist ja schon 1913 geschrieben — noch erhebliche technische ScliAvierigkeiten, aber wenn diese über- wunden sind, so darf die Kultur lebender Zellen außerhalb des Körpers fast als eine Idealmethode der Cytotoxin-Untersuchung bezeichnet werden, denn sie gewährleistet: 1. für lange Zeit die Lebendigkeit der kultivierten Gewebe, 2. schafft sie unter vitalen Bedingungen die Möglichkeit eines tagelangen Kontakts der Gewebezellen mit den cyto- toxischen Substanzen und gibt hierdurch feinste biologische Reaktions- möglichkeiten. Hadda und Rosenthal selbst nun untersuchten den Einfluß haemolytischer Sera auf die Haut und den Knorpel des Huhnes. Es wurde Hühnerhaut in Kaninchenplasma gezüchtet und sie fanden, daß die Organzellen sich außerhalb des Körpers in heterogenem Plasma entwickeln können, doch läßt sich zeigen, daß feinere Unter- schiede in der Färbbarkeit bestehen. Dagegen scheinen Zellen des Hühnerknorpels, die einerseits in Normalplasma, andererseits in Kaninchenplasma gezüchtet weiden, stärker geschädigt zu werden als die Organzellen der Haut. Die gleichen Versuche wurden für Haut und Knorpel einerseits in Normalplasma, andererseits in isolytischem Hühnerplasma ausgeführt. Hier zeigt sich auch bei dem Knorpel kein Wachstum, bei der Haut dagegen üppiges Wachstum. Durch weitere Experimente kommen die Autoren zu folgendem Ergebnis ihrer Kultur- versuche: ,,Die Ergebnisse unserer Kultur versuche mit Hühnerknorpel und Hühnerhaut in Hühnerblut-Kaninchenimmunplasma zusammen mit unseren früheren Befunden vereinigen sich zu dem einheitlichen Resul- tat, daß Plasmen, die Normal-, Iso- oder Immunhaemolysine enthalten, auf die zur Proliferation gelangenden Zellen der lebendigen Hühnerhaut und des lebenden Hühnerknorpels cytotoxisch zu wirken vermögen, und daß die proliferierenden Zellen der genannten Gewebekulturen sich durch ihre differente Reaktionsfähigkeit gegenüber den Hämo- lysinen bis zu einem gewissen Grade gegeneinander abgrenzen lassen. Um diesen Versuch (31. Übung) teilweise nachzuprüfen, stellen wir uns Xiitzbarraacliunf; der Methode der GewebezüclitunK. 109 • ^ ^^^ Hühner- und Kaninchenserum und Hühner- und Kaninchenplasma lier. Gleich große Stücke Hühnerhaut setzen wir in diese vier verschiedenen Medien, lassen sie 1 — 2 Tage darin und färben dann das Präparat mit einer einfachen Haematoxyhn-Eosin-Färbung. Es zeigt sich (s. Abb. 100 u. 101), daß die Kernmem- ^^^ bran und die Kernkörper- chen deutlicher darstellbar ^ ^^ sind in arteigenen Medien ^^ ^ wie die artfremden. Noch viel komplizier- ^ 410^ tere Probleme hat man mit ^^^^^--^^ Hilfe der Gewebezüchtung in Angriff zu nehmen versucht. Besonders aus- sichtsreich erschienen die Versuche, die auf den Gebieten der Serologie, Immunologie und Bak- teriologie unternommen Avorden sind. In der vor- letzten Übung ist das für die Bakteriologie ge- zeigt worden. Doch sind alle diese Versuche noch vereinzelt, da die Unter- lage, die Züchtung von einer Art Zellen und die dauernde Erhaltung dieses Stammes bis jetzt noch nicht allgemein von den Forschern auf diesen drei eben erwähnten Gebieten geübt \\ird. Zwar haben schon Steinhardt und Lambert 1913 versucht, Pocken virus in Cornea - Epithel zu züchten. Mit diesem, einige Tage ge- züchteten embryonalen , infizierten Material wurde dann auf die übliche Weise geimpft, d. h. das Material wurde in die rasierte Haut eingerieben. Es zeigten sich eine Reihe von Pusteln, doch ist nicht nachgewiesen, ob das Pockenvirus sich in dem Zucht medium ver- mehrt hat. Einen Schritt weiter ging Ebdmann 1917 und 1920. Hier wurde virulentes Gehirnmaterial von an Hühnerpest erkrankten Tieren in m.. Abb. 100 II. 101. Embryonale Hühnerhaut in Hülinerplasnia u. Kaninclienplasma gezüchtet. Beachte das Farbloswerden der Kernn