G un 82! G BE r - les) vz) > . 7 2 Wisıl REIFUNG UND FURCHUNG DES REPTILIEN-EIES. INAUGURAL-DISSERTATION ZUR DER ERLANGUNG DER DOCTORWÜRDE HOHEN PHILOSOPHISCHEN FACULTÄT E. JULIUS MAXIMILIANS UNIVERSITÄT WÜRZBURG C. F.SARASIN AUS BASEL. m» 20092 oV 20 1983 WIESBADEN. c. W. KREIDELS VERLAG. 1883. 1594 175 > T Y A Ep REIFUNG UND FURCHUNG REPTILIEN-EIES, INAUGURAL-DISSERTATION ZUR ERLANGUNG DER DOCTORWÜRDE DER HOHEN PHILOSOPHISCHEN FACULTÄT K. JULIUS MAXIMILIANS UNIVERSITÄT WÜRZBURG VORGELEGT VON C. F.SARASIN AUS BASEL. SOSART EN, RR A > \ 67 In N 2%, U FA /g Yan, y er F m deln = WIESBADEN, C. W. KREIDELS VERLAG. E 88:9» Reifung und Furchung des Reptilieneies. | Von 0. SR WAÄSIN. Im Sommer des vergangenen Jahres begann ich hier in Würz- burg Eidechsen zu sammeln zum Zwecke einer entwicklungsgeschicht- lichen Arbeit. Durch glückliche Umstände gelang es mir, eine grosse Anzahl trächtiger Weibchen von Lacerta agılis in meine Hände zu bekommen, so dass ich Eier und Embryonen in allen Stadien zur Verfügung hatte. Beim Studium der Litteratur bemerkte ich bald die auffallend spärliche Kenntniss, die wir immer noch, trotz so vieler Arbeiten auf diesem Gebiete, über die allerersten Entwicklungsvor- gänge und die Reifung des Reptilieneies besitzen. Ich beschloss daher, gerade diese so wenig berücksichtigten Stadien einer ge- naueren Untersuchung zu unterziehen und that dies um so lieber, als ich hierzu von Herrn Professor C. Semper sehr ermuntert wurde. Ich will diese Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, ohne meinem hochverehrten Lehrer an dieser Stelle meinen wärmsten Dank auszusprechen für das Interesse, mit welchem derselbe während der ganzen Zeit meine Untersuchung verfolgt hat, für die strenge Kritik der gefundenen Thatsachen und die ausgezeichnete Anleitung zu wissenschaftlicher Arbeit. Als Untersuchungsmethode wurde die altberühmte Behandlung mit Chromsäure und das Härten in Alcohol angewandt. Zur Ver- gleichung benutzte ich daneben auch heisses Wasser, um die Eier 1 2 C. F. SARASIN: zur Gerinnung zu bringen und darauf folgende Behandlung in Al- cohol. Als Tinetionsmittel dienten Bismarckbraun, Alauncarmin, Haematoxylin und Pierocarmin, von welchen das letztere unbedingt die besten Bilder gab. Vorzügliche Dienste leistete mir die von Mason!) publieierte Collodiummethode, nach welcher die Schnitt- fläche jedesmal vor dem Schneiden mit einer dünnen Collodiumlösung bestrichen wird, die dann rasch trocknend em zähes Häutchen bildet. Ja, ich kann wohl sagen, dass das Collodium allein es mir möglich machte, völlig lückenlose Serien von c. !/so mm durch ganze aus- gewachsene Eidechseneier zu legen, da es ohne dieses Mittel nur sehr schwer gelingt, den lockeren Dotter zusammenhängend zu er- halten. Eine gewisse Schwierigkeit machte das Einschmelzen der grossen Eier; dieselben müssen nämlich ungefähr 3 Stunden lang in flüssigem Paraffın bleiben, da sie sonst nicht völlig von demselben durchdrungen werden und dann sich nicht gleichmässig schneiden lassen. Um nun die Temperatur des Paraffıns stets auf 50—60° C. zu erhalten — höhere Wärmegrade wirken leicht schädlich — be- diente ich mich eines möglichst grossen Wasserbades, um rasche Schwankungen zu vermeiden und eontrollierte die Temperatur durch ein im Paraffin stehendes Thermometer. Auf diese Weise erzielte ich gute Resultate; die ganzen Eier liessen sich ohne Schwierigkeit in beliebig feine Schnitte zerlegen. Um die gefundenen Thatsachen in möglichst übersichtlicher Form darzustellen, will ich meine Arbeit in drei Abschnitte theilen, von denen der erste die Reifung des Eies, der zweite die Geschichte des Keimbläschens, der dritte endlich die Furchungserscheinungen behandeln soll. 1. Reifung des Eies. Im Interesse der Klarheit glaube ich am besten so zu handeln, dass ich, bevor ich die verschiedenen Stufen der Entwicklung des Eierstockseies darlege, zuerst den Bau eines reifen ausgewachsenen Eies schildere. Wir stossen damit allerdings gleich auf eine grosse Schwierigkeit; trotz des bekannten Sprichworts nämlich gleicht kaum ein einziges reifes Eidechsenei ganz genau dem andern. Bedeutende t) Zool. Jahresbericht, 1880, Reifung und Furchung des Reptilieneies. 3 Differenzen machen sich hier geltend, besonders in der Art und Weise, wie der Dotter angeordnet ist. Derselbe zeigt nämlich meist eine sehr ausgesprochene Schichtung; die Zahl aber sowohl, als der Verlauf dieser Schichten sind bedeutenden Schwankungen unter- worfen. In der Regel sind nur die peripherischen Theile des Dotters deutlich geschichtet, während das ganze Innere des Eies eine unge- schichtete Masse darstellt. Manchmal hingegen erscheint beinahe der ganze Dotter in Lagen angeordnet. Die Entstehung von Dotter- schichten deutet, wie auch schon anderwärts ausgesprochen worden ist, wahrscheinlich auf eine Periodieität im Wachsthum des Eies hin, und diese mag eine Folge sein von verschiedenen Ernährungsver- hältnissen, Temperaturschwankungen und anderen Faetoren, die auf das, Mutterthier einwirken. Auf diese Weise können wir leicht ver- stehen, dass die Zahl solcher Schichten, als ein Ausdruck periodischer Schwankungen, individuell variiren kann. Viel schwieriger aber wird sich eine Antwort auf die Frage finden lassen, warum auch Form und Verlauf der Schiehten keine constanten Grössen sind. Ich beginne die Schilderung reifer Eier, indem ich, allerdings etwas willkürlich, aus der mir zu Gebote stehenden Anzahl eines herausgreife, welches mir die Verhältnisse, auf die es mir vorzüglich ankommt, am klarsten wiederzugeben scheint. Willkürlich ist auch meine Wahl schon desshalb, weil diese Form des Eies keineswegs eine sehr häufig vorkommende ist; allein ich glaube, dass sich daraus für die andern Formen leichter ein Verständniss wird gewinnen lassen. Fig. 1 giebt einen Schnitt durch die mittleren Partieen dieses Eies wieder. Dasselbe ist ein erst kürzlich vom Ovarium in den Eileiter übergetretenes Ei; sein Keimpol zeigt die ersten Furchungs- linien. Vor Allem fällt hier sofort die Schichtung des Dotters in die Augen und die concentrische Anordnung dieser Schichten um eine seltsam gestaltete Masse. Bei Betrachtung der Form. unserer Schichten, besonders der am meisten nach innen gelegenen, leuchtet auch sofort ein, dass dieselben in irgend einem Zusammenhang mit der centralen Masse stehen müssen, da ja ihre sonderbar gebogene Gestalt ziemlich genau den Umriss derselben wiederholt, und es wird wohl am wahrscheinlichsten dieser Zusammenhang dahin zu deuten sein, dass die Schichten dem Heerd, den sie umkreisen, ihre Ent- stehung verdanken. Auf eine Einschränkung dieser Behauptung in 1* 4 C. F. SARASIN: Bezug auf die äussersten Dotterlagen werde ich weiter unten zu sprechen kommen. Wollte man umgekehrt die Ansicht vertreten, dass die ge- sammten Dotterschichten von aussen dem Ei apponiert worden seien, so müsste man die Annahme machen, dass in früher Zeit das Ei die sonderbare Form des inneren Heerdes gehabt habe; denn sonst könnten die von aussen her kommenden Lagen auch nicht seine Form inne halten. Dies ist aber unzulässig, denn junge Eier von solcher Gestalt dürften wohl kaum vorkommen. Wenn aber die oben ausgesprochene Meinung die richtige ist, nämlich die, dass Dotter von innen her geliefert werden kann, so muss auch gefordert werden, dass der innere Heerd junge Formen von Dotterelementen enthalte; und in der That besteht das ganze Gebilde aus feinen Dotterkörnchen, welche stellenweise deutlich netzförmig angeordnet sind und namentlich gegen das Eicentrum hin alle Uebergänge zu grossen Dotterkörnern aufweisen. Das Resultat, welches wir so aus der Betrachtung des reifen Eies gewonnen haben, nämlich die Bil- dung von Dotter im Innern des Eies selbst, wird, wie wir bald sehen werden, in der Entwicklung des Eies seine Bestätigung finden. Der Eindruck der Schichtung wird dadurch hervorgerufen, dass beständig Lagen von grossen glänzenden Körnern mit solchen von kleineren, dicht gedrängten Dotterelementen abwechseln. Ich bemerke gleich noch, dass ich in der Zeichnung aus technischen Gründen die Schichten etwas stärker markieren musste, als dies in der Natur der Fall ist. | Weiter ergiebt sich aus unserer Figur und ebenso aus dem nach einem reifen Ovarialei gezeichneten Bilde Fig. 2, dass die Schichten des Reptiliendotters nirgends eine Unterbrechung erleiden; dieselben werden blos gegen den einen Eipol hin, den Keimpol, dessen Lage übrigens eine sehr verschiedene sein kann, mehr und mehr schmal und feinkörnig, ohne aber ihre Continuität aufzugeben, die zwar manchmal in der plasmareichen und ziemlich gleichförmigen Keimschicht nicht ganz leicht nachzuweisen ist. Die Fig. 1 und 2 zeigen aber deutlich, wie die Dotterlagen sich durch die ganze Keim- schicht hindurch verfolgen lassen. Die Keimschicht selbst setzt sich also aus den schmal gewordenen Dotterschichten zusammen und steht daher in innigster Verbindung mit dem übrigen Dotter, Reifung und Furchung des Reptilieneies. 5 Da sich aus der Bildung des Dotters, zu der ich nunmehr über- gehen will, dasselbe Resultat ergeben wird, so will ich mich hier nicht weiter darüber äussern. Ebenso schiebe ich noch die Schilderung der verschiedenen Abweichungen im Bau der reifen Eier einstweilen auf, indem ich denke, dass sie später leichter einzureihen sein werden. Eier von ec. 1—1!/g mm Durchmesser zeigen im Innern durch- weg gleichmässig feine Körner, welche, wie Eimer?) für das junge Reptilienei, Schäfer?) für kleine Vogeleier und Balfour®) für die Elasmobranchier nachgewiesen haben, in einem Plasmanetz- werk eingelagert sind. Die namentlich im Innern des Eies deutlichen Maschen umschliessen helle rundliche oder längliche Hohlräume. Schütz°) hat in kleinen, noch transparenten Eichen von Lacerta viridis unregelmässige Körnchenhaufen gesehen, und Schäfer hat beim jungen Hühnerei Verdichtungen des Netzwerks beschrieben und ihnen den Namen „pseudonuclei* beigelegt. Ich habe ebenfalls in einigen kleinen Eidechseneichen, allerdings sehr inconstant, ähn- liche knotenförmige Ansammlungen feiner, stark sich färbender Sub- stanz gefunden. Ich bin jedoch nicht ganz sicher, ob nicht vielleicht ein Kunstproduet vorliegt, für welch’ letztere Ansicht das unbe- ständige Auftreten zu sprechen scheint. Die Eier von der angegebenen Grösse zeigen an ihrer Peri- pherie die bekannte Rindenschicht, meist durch eine ziemlich scharfe Linie vom übrigen Inhalt geschieden; der äusserste Theil derselben weist Spuren einer radiären Streifung auf. Eimer beschreibt noch innerhalb der eben genannten Rindenschicht eine von ihm als „innere Rinde“ bezeichnete Zone. Ich habe in einigen wenigen jungen Eiern in der Nähe der Eiperipherie eine auffallende Ver- dichtung des beschriebenen Netzwerkes gefunden, welche ungefähr den Eindruck einer solchen ringförmigen Zone machte. Da dies jedoch dieselben Eier waren, in denen auch die Schäfer’schen „pseudonuclei* sich zeigten, so gilt auch für diese Bildung, die wahr- scheinlich der Eimer’schen „inneren Rinde“ entspricht, das oben gesagte, nämlich, dass die betreffenden Eier vielleicht künstlich oder pathologisch veränderte waren. i ?) Archiv für mikr. Anatomie, Bd. 8. #) Proceedings of the royal Society, vol. 30. *) Journal of Anatomy and Physiology, vol. 10 u. 11. 5) Ueber den Dotterkern. Bonn 1882, 6 C. F. SARASIN: Einen schon ganz andern Anblick gewähren Eier, die etwa 2,5—3 mm Durchmesser erreicht haben, da in ihnen die Dotter- bildung begonnen hat. Die äusserste Zone des Eies ist hier von einer ziemlich breiten Schicht feinkörnigen Protoplasmas einge- nommen, welches nach innen mit stellenweise deutlicher Grenze endet. Daran schliesst sich ein Ring von Dotterkörnern an, welche centralwärts immer kleiner werden und unmerklich in die ausser- ordentlich feinen Granula übergehen, welche in dem inneren plasma- tischen Netzwerk eingelagert liegen. Dasselbe hat mit dem Wachs- thum des Eies an Ausdehnung zugenommen, und es treten sogar die grössern und kleinern Maschen, welche das zarte und feinkörnige Netz bildet, beträchtlich klarer hervor als früher. Nach der Peri- pherie zu wachsen seine feinsten Körnehen mehr und mehr an und gehen, wie schon gesagt, durch alle Zwischenstufen in die Dotter- körner über, welche die Aussentheile des Eies erfüllen. Ich hebe noch hervor, dass auch in der peripherischen Plasmazone feine Dotterelemente eingestreut sind; die grössten Dotterkörner liegen daher in einer mittleren Schicht zwischen der äussern Zone und dem innern Plasmanetze und zeigen nach beiden Seiten hin Ueber- gänge zu kleineren Gebilden (confer Waldeyer®). Unter der Stelle, wo das Keimbläschen liegt — in Eiern von der genannten Ausdehnung (ec. 3 mm) hat es die Peripherie meist schon beinahe erreicht — springt ein kurzer und dünner, konischer Fortsatz, aus feinen Dotterkörnern bestehend, centralwärts in das Plasmanetz vor. Aus den zahlreichen Uebergangsformen sowohl, welche die grössern peripherischen Dotterelemente mit den feinen Körnchen des Plasma- netzes verbinden, als auch aus dieser Dotterbildung unterhalb des Keimbläschens, lässt sich mit Sicherheit der Schluss ziehen, dass die Dotterkörnchen im Eie selbst entstehen und aus den feinen im Plasma liegenden Molekeln durch Wachsthum hervorgehen. Für die einschlägige Litteratur siehe weiter unten. In Eiern, deren Durchmesser 31/—4 mm beträgt — genaue Maasse für die einzelnen Stadien lassen sich vieler Schwankungen halber nicht wohl angeben — ist die Dotterbildung weiter fort- geschritten. Es sind schon mehrere deutliche Dotterschichten er- kennbar, welche in der Nähe des Keimbläschens, um welches sich 6) Eierstock und Ei. Leipzig 1870, Reifung und Furchung des Reptilieneies. 7 das Protoplasma reichlicher als sonst wo ansammelt, aus feineren Körnern bestehen als in ihrem übrigen Verlauf. Die Schichten umschliessen ein immer noch ausgedehntes Plasmanetz im Innern. Dasselbe nähert sich an der Stelle, wo das beinahe wandständige Keimbläschen liegt, mehr der Eiperipherie als im übrigen Umfang, und daraus ergiebt sich als nothwendige Folge, dass die Dotter- schichten gegen diesen Pol des Eies hin sich verschmälern müssen. Das Schema Fig. 3 soll diese Anordnung deutlich machen. Der dunkel gehaltene Theil bedeutet das Plasmanetz, die darum ge- zogenen Linien die Dotterschichten. Man sieht zugleich auch noch, dass ein schmaler, spitz endender Theil des Protoplasmanetzes sich durch den unterhalb des Keimbläschens liegenden Fortsatz von Dotterkörnern hindurchzieht und dasselbe beinahe erreicht. Es ‚scheint übrigens dieses letztere Verhältniss nicht constant zu sein. Eine Vergleichung dieses Bildes mit dem oben beschriebenen ausgewachsenen Ei (Fig. 1) zeigt nun sofort, dass der bei diesem geschilderte, von den Dotterschicehten concentrisch umkreiste Heerd sowohl seiner Lage als seinen übrigen Verhältnissen nach, als ein Rest des hier skizzierten Plasmanetzes aufzufassen ist. Dasselbe hat allerdings im reifen Eie seine Constitution etwas verändert: Die ausserordentlich feinen Granula des jungen Netzes sind zu kleinen Dotterelementen angewachsen; aber ihre Anordnung um feine Maschen- räume und die zahlreichen Uebergangsformen zu grossen Dotter- körnern an den Grenzen des Heerdes weisen noch deutlich auf die ursprünglichen Verhältnisse zurück. Wir werden im weitern Laufe der Arbeit sehen, dass in jedem der zahlreichen, in Serien zerlegten Eier ein solcher gewissermassen embryonal gebliebener Theil existiert und überall dieselben charakteristischen Eigenthümlichkeiten aufweist als Ansammlung feiner, stellenweise in ein deutliches Plasmanetz ein- gelagerter Körner mit Uebergängen von den kleinsten Dotterelementen zu den grossen Formen derselben. Ich glaube daher die physiologische Bedeutung dieses Gebildes zu treffen, wenn ich annehme, dass dasselbe mit der Dotterlieferung in Beziehung steht. Daher will ich es als „Dotterheerd* bezeichnen, ohne aber damit sagen zu wollen, dass ausschliesslich von ihm aus neuer Dotter gebildet werde. Dabei nehme ich an, dass, wie schon von ‘anderer Seite ausgesprochen worden ist, das Ei seine Nahrungssubstanz aus dem Blute bezieht, und in seinem Innern, und zwar wahrscheinlich hauptsächlich in 8 C. F. SARASIN: dem besagten Dotterheerde, die Verwendung der nährenden Flüssig- keit zur Dotterbildung stattfindet. Ob die in das Ei eintretende Flüssigkeit bereits durch das Follikelepithel eine chemische Aen- derung erfahren hat oder nicht, lässt sich natürlich hier nicht an- geben. In Anbetracht der rein physiologischen Bedeutung des Dotterheerdes kann es uns nun auch nicht allzusehr befremden, wenn wir denselben in sehr verschiedener Form und Ausdehnung antreffen und selbst seine Lage im Eie keine constante ist. Kehren wir zu unserer Schilderung zurück. Auf das Ei von 4 mm Durchmesser wollen wir ein solches von ce. 4'/J,—5 mm folgen lassen. In diesem hat sich das Bild bereits wiederum beträchtlich verändert. Das Innere des Eies, - welches im letzten Stadium noch in weiter Ausdehnung von einem Plasmanetze eingenommen gewesen war, ist jetzt zum grösseren Theil von Dotterkörnern erfüllt, die aus dessen feinen Körnchen herangewachsen sind. Dieselben erscheinen ihrem jüngeren Alter entsprechend meist erheblich kleiner als die - Körner der mehr peripherischen Schichten. Nur eine einseitig ge- legene Zone, deren Form und Lage das Schema Fig. 4 andeuten soll, besteht noch aus dicht gehäuften feinen Körnchen und stellen- weise deutlichen Plasmafäden. Nach innen gegen die Mitte des Eies hin lagern in reichlichster Zahl alle Uebergangsformen zu grösseren Dotterkörnern, so dass centralwärts offenbar eine aus- giebige Dotterlieferung stattfindet; nicht so gegen die Eiperipherie hin; an der äussern Grenze des Dotterheerdes sind Uebergangs- formen nur spärlich vertreten; es grenzen fast unmittelbar grosse Dotterkörner an die feine Substanz an, ein Verhältniss, welches wir später an älteren Eiern wieder antreffen werden. Nur gegen die Stelle hin, wo das Keimbläschen lag, sah ich an einem dieser Eier deutlich, wie vom Dotterheerde eben eine kleinkörnige Schicht sich abzutrennen schien, welche in ihrer Form genau der Gestalt des unterhalb des Keimbläschens gelegenen Theils des Heerdes entsprach. Bemerkenswerth ist ferner an diesen Eiern die äusserste Zone (Fig. 5). Direet unterhalb einer scharf contourierten Membran — wahrscheinlich der Basalmembran des Epithels — liegt eine schmale, äusserst fein granulierte Schicht mit schön ausgeprägter radiärer Streifung (zona radiata, Waldeyer); ich bemerke gleich, dass die- selbe nicht im ganzen Eiumfang zu sehen, sondern stellenweise durch Reifung und Furchung des Reptilieneies. 9 Körnchen verdeckt ° '. Dann folgt nach innen eine ebenfalls noch feinkörnige breitere Lage, in welcher schon zahlreiche kleine Dotterelemente, meist in deutliche radiäre Reihen geordnet, ein- gestreut sind; daran grenzt endlich der grobe Dotter durch Ueber- gänge mit diesen kleinern Körnern verbunden. Waldeyer, der die zona radiata der Eidechse beschrieben hat, giebt an, dass sie in Follikeln von 8— 10 mm Durchmesser aus lauter Stäbchen be- stehe, zwischen denen Lücken sich vorfänden. Er sagt, dass vom Plasma der Follikelepithelzellen Fortsätze in die Kanälchen der zona eintreten und dann wahrscheinlich in Dotterbestandtheile zerfallen. Ich bin über den Bau der zona radiata nicht recht klar ge- worden; aus Stäbchen scheint sie mir kaum zu bestehen; viel eher möchte ich die radiären Streifehen auf kleine geronnene Strömehen in das Ei eindringender Nährflüssigkeit zurückführen. Durch die Membran hindurch habe ich sie allerdings nicht verfolgen können. An vielen Stellen habe ich das Epithel von der Membran abgehoben gesehen, ohne dass sich ein Zusammenhang zwischen den Streifen und den Epithelzellen hätte constatieren lassen. Nur ein einziges Mal und nur an einer einzigen losgelösten Epithelzelle ist es mir gelungen, ein kleines Plasmafädchen als Anhang derselben auf- zufinden, während Waldeyer solche Fortsätze der Zellen als regelmässig vorkommende Bildungen schildert, und Eimer deren äusserst verschieden geformte und selbst verzweigte abbildet, die er in die Zacken der von ihm aufgestellten „inneren Rinde“ über- gehen lässt. Ich habe schon bei der Beschreibung eines jüngeren Eies er- wähnt, dass in dem peripherischen, den Dotter umgebenden Proto- plasma kleine Dotterkörner zu finden waren; in dem eben geschil- derten Eie von ec. 5 mm Durchmesser haben sich diese Körnchen beträchtlich vermehrt. Es ist daher wohl unzweifelhaft, dass neben der Dotterbildung im Innern des Eies auch in dem peripherischen Protoplasma der Eirinde Dotterelemente geliefert werden; ich glaube aber, dass sie hier wie dort auf gleiche Weise sich bilden aus kleinen, im Plasma entstehenden Körnchen, die durch die zugeführten Nähr- stoffe langsam zu grossen Dotterkörnern anwachsen und nicht etwa durch Einwanderung von Körnern von aussen her aus den Epithel- zellen. Es spricht auch die im Allgemeinen etwas grössere Regel- mässigkeit und gleichmässigere Anordnung der äussersten Dotter- 10 C. F. SARASIN: schichten dafür, dass sie in der das Ei umschliessenden Plasmazone ihre Entstehung genommen haben. Immerhin aber glaube ich, dass diese Dotterbildung an der Eiperipherie im Verhältniss zur Dotter- lieferung im Innern des Eies eme ziemlich beschränkte ist; denn erstlich denke ich, dass, wenn wirklich Apposition von aussen her bei dem Wachsthum der Eier eine überwiegende Rolle spielen würde, die einzelnen Eier in ihrem Baue weit übereinstimmender wären, als sie es factisch sind, und dass vollends eine Abhängigkeit der Dotterschichten-Anordnung von der Lage eines im Innern befind- lichen Heerdes, wie es manchmal mit grösster Wahrscheinlichkeit hervortritt, völlig unerklärt bleiben würde. Wie könnte ferner die Einbiegung der Dotterschichten unterhalb des Keimbläschens, wie es Fig. 2 zeigt, bei einer Lieferung derselben von aussen her entstehen? Die Lage des Dotterheerdes selbst spricht ebenfalls gegen eine starke Dotterbildung an der Eirinde. Beinahe in derselben Entfernung von der Eihaut wie in Fig. 4 ist er auch in vielen reifen Eiern anzu- treffen, was doch unmöglich sein würde, wenn von aussen her viel Dotter wäre geliefert worden. Es stimmt aber dieses Verhältniss sehr wohl damit überein, dass der Dotterheerd nach aussen zu fast ohne Ausnahme eine scharfe Grenze hat gegen die grossen Dotter- körner hin, während er centralwärts reichliche Uebergangsformen von Dotterelementen aufweist, also, wie ich annehme, centralwärts Dotter liefert. Dazu kommt noch das fernere Moment, dass gerade in den mehr peripherischen Dotterschichten sehr umfangreiche und mit den grössten Inhaltskörnern am meisten beladene Dotterelemente . anzutreffen sind, während man doch nach der Annahme eines reich- lichen Dotterwachsthums von aussen her erwarten sollte, die grössten, also wahrscheinlich ältesten Dotterkörner umgekehrt im Innern, alle kleinen, also wohl jüngern Formen nach der Peripherie hin in reich- lichster Masse zu finden. Nun sind aber gerade die Dotterelemente der gesammten inneren Eitheile meist erheblich kleiner und ent- behren der grossen Inhaltskörner ganz oder doch fast ganz; meist enthalten sie bloss, wenn überhaupt etwas zu sehen ist, äusserst feine, wie kleine Pünktchen erscheinende Granula. Es bleibt mir nun noch übrig, die weiteren Verhältnisse des Dotterheerdes zu schildern in Eiern, die nahezu ihre definitive Grösse erreicht haben und in völlig reifen Eiern. Ein Ei der ersteren Art von c. 7 mm Durchmesser zeigte an seiner Peripherie nur noch Reifung und Furchung des Reptilieneies. r eine schmale Lage feiner Substanz; dann folgten nach innen einige wenige Dotterschichten, welche da, wo sie den Keimpol erreichten, ungefähr angeordnet waren, wie es Fig. 2 von einem andern EBie versinnlicht. Excentrisch, aber nicht wie in Fig. 1 unterhalb der Keimschicht, sondern seitlich, fand sich der Dotterheerd als unregel- mässig gestaltete Masse feiner Dottermolekel. Nach der Peripherie des Eies hin war der Heerd wieder fast unmittelbar von grossen Dotterkörnern begrenzt; nach den centraleren Eitheilen hin aber fanden sich in reichlichster Menge die Uebergänge von kleinen zu umfangreicheren Dotterelementen. Das Innere des Eies erschien also wiederum von jüngeren Formen eingenommen, und der Dotterheerd hob sich als diejenige Stelle hervor, wo die feinste Substanz in dichter Masse und von Protoplasma begleitet angehäuft lag. An der peripherischen Grenze des Heerdes zeigte sich auf einigen Schnitten, und zwar auf denjenigen, welche auch das Centrum der Keimscheibe getroffen hatten, eine schon von blossem Auge im Dotter erkennbare schmale helle Stelle, die wie ein leerer Raum inmitten der dunkeln Körner erschien. Betrachtung mit dem Micro- scop ergab aber sofort, dass diese scheinbare Lücke eingenommen war von einem überaus zierlichen Netzwerk von Protoplasmafäden, welche kleine rundliche oder ovale Maschen bildeten (Fig. 6). In- mitten dieser feinen Plasmastränge nun lag eine rundliche, dunkler als die Umgebung gefärbte Verdichtung feiner Substanz, welche auf- fallend den Eindruck eines Kernes hervorrief. Schon in einem Ei von c. 5 mm war in den Plasmafäden, welche auch dort die Aussen- seite des Dotterheerdes begleitet hatten, eine kleine, unregelmässige Ansanımlung feiner Substanz zu sehen gewesen, welche vielleicht als Vorläufer der eben geschilderten kernartigen Bildung betrachtet werden darf. Von nun an werden wir dieselbe in den ältern, völlig reifen Eiern sehr häufig antreffen und zwar stets in constanter Lage- beziehung zum Dotterheerd. Sehr deutlich trat das Gebilde hervor in dem reifen Eierstockseie, von dessen Dotterschichtung die Fig. 2 genommen worden war. In Fig. 7 habe ich ein Bild von diesem „Kerne“ gegeben. Auch hier war er gerade auf den Schnitten zu finden, welche in die Nähe des Keimbläschens gefallen waren; er lag ziemlich nahe an der Keimschicht, aber nicht unterhalb ihrer Mitte, sondern excentrisch, auch hier, wie überhaupt in allen Fällen in der Begrenzung des Dotterheerdes. Seine Form war oval, seine 12 C. F. SARASIN: Consistenz schien grösser zu sein als im letzt beschriebenen Eie. Er bestand wie der oben geschilderte aus feinkörniger, sich stärker als die Umgebung färbender Substanz und war umschlossen von zarten, radiär ausstrahlenden Protoplasmasträngen. Ganz ähnlich, nur etwas kleiner, sah ich ihn in einem andern, der Reife nahen Eierstocksei; er lag inmitten eines gebogenen Plasmastreifs, der wiederum den Dotterheerd umgrenzte. Das ganze Gebilde war hier aber weiter von der Keimschicht entfernt. In zwei ferneren Serien dagegen konnte ich den „Kern“ nicht finden. Ich will damit natür- lich nicht gesagt haben, dass er hier wirklich gefehlt hat; denn es lassen sich in dem grossen und grobkörnigen Dotter solche Dinge leicht übersehen. Es kann uns nicht wundern, wenn wir das Gebilde, das ich als Dotterheerd seiner wahrscheinlichen Bedeutung nach bezeichnet habe, auch in jungen Eiern des Oviductes noch antreffen, da nicht nothwendig der Eiaustritt mit der vollendeten Umwandlung aller feinen Körner in grössere Dotterelemente zeitlich zusammenzufallen braucht. Auch in diesen Eiern ist der Heerd von mannigfachster Gestalt und Lage. Die Figuren 9 und 10 zeigen, dass er selbst in einem und demselben Eie — beide Bilder sind nämlich nach ver- schiedenen Schnitten derselben Serie gezeichnet — seine Form ändern kann. Seine Lage ist wiederum eine excentrische; mit seiner Spitze erreicht er- beinahe den peripherischen Rand der Keimscheibe. In Fig. 10 erscheint er als langer Streif von Plasmafäden und feinen Körnchen, nach innen von kleinen Dotterelementen reichlich begleitet (auf der Figur nur angedeutet bei a). Ganz anders zeigt er sich einige Schnitte weiter (Fig. 9). Nicht nur hat er an Breite zugenommen und ist von einem Netzwerk feiner Körner umgeben, sondern neben ihm ragt von der feinkörnigen Keimschicht aus ein zweiter Fortsatz von ganz ähnlicher plasmareicher Substanz central- wärts vor. Auch dieser liegt nicht etwa unterhalb der Mitte der Keimschicht, sondern ebenfalls excentrisch. Sonderbarerweise konnte ich in dem Plasmastreifen dieses Eies den „Kern“ nicht finden, der doch sonst darin seine Lage zu haben pflegt und der auch bei dem Ei, zu dem ich nun übergehen will, wieder darin zu sehen ist. Dasselbe ist ebenfalls ein junges Eileiterei; sein Keimpol war von der ersten Furche durchschnitten, während an dem eben beschriebenen Eie die Embryonalbildung noch gar nicht begonnen hatte. Eine solche Aus- Reifung und Furchung des Reptilieneies, 13 dehnung und Entwicklung, wie das Protoplasmanetz sie im letzten Eie erreicht hatte, finden wir hier nicht. Dasselbe bildet nur ein ziemlich schmales, wiederum an der peripherischen Seite des Dotter- heerdes liegendes Band (Fig. 10). Wir bemerken aber in ihm, an einer Stelle, wo das Band sich merklich verbreitert, den schon be- sprochenen „Kern“. Derselbe ist aber hier beträchtlich kleiner als die zwei Kerne (Fig. 6 und 7), die wir in reifen Eierstocks- eiern angetroffen hatten. Er besteht auch hier aus einer Ansamm- lung feiner Körner; seine Grenzen aber erscheinen etwas unregel- mässiger als früher, so dass er nicht mehr eine scharfe Form be- sitzt; es scheinen seine Körnchen langsam in das zierliche, ihn um- schliessende Plasmanetzwerk überzugehen. Der ganze Dotterheerd mit seinem Kern liegt hier genau unterhalb der Mitte der Keim- schicht und entsendet gegen das Eicentrum hin starke Züge von feinen Dotterkörnern. Endlich habe ich das räthselhafte „Kern- gebilde“ noch einmal gefunden und zwar in demselben Eileiterei, mit dessen Schilderung ich begonnen habe (Fig. 1); dasselbe war schon etwas weiter entwickelt als das eben besprochene Ei; seine Keimscheibe war bereits in das Stadium der Fig. 20 vorgerückt. Merkwürdigerweise lag der Kern hier nicht, wie er sonst stets zu thun pflegte, an der peripherischen Seite des Heerdes, sondern gerade umgekehrt an*seiner eentralen Grenze. Im Uebrigen zeigte er auch hier dieselben Eigenschaften wie früher, eine 'Anhäufung sehr feiner Körnchen inmitten eines Gewebes von Plasmafäden, die von ihm aus nach allen Seiten hin radiär ausstrahlten und mit zierlichen Anastomosen kleine Maschen bildeten. In der Fig. 1 habe ich den „Kern“ nicht abgebildet, weil er nicht auf einen Schnitt ge- fallen war, der die Verhältnisse der Dotterschichtung, auf die es mir zumeist ankam, klar zeigte. Ich wage es nicht, diese kernartig aussehende Bildung mit einem neuen Namen zu belegen, da ich über ihre Bedeutung nichts anzugeben weiss. Zuerst dachte ich, dass dieselbe vielleicht irgend eine Beziehung zu den Embryonalkernen haben könnte, da sie erst in ziemlich grossen Eiern deutlich auftritt und meist vom Keimpol nicht allzuweit entfernt liegt. Als ich den „Kern“ aber in jungen Eiern des Oviductes wiederfand und aus seiner kleinern und un- regelmässigeren Form zu schliessen, offenbar eher im Rückschritt als in Weiterentwicklung begriffen, fiel dieser Gedanke natürlich 14 C. F. SARASIN: von selbst weg. In ältern Eiern des Eileiters habe ich ihn nicht mehr antreffen können. Ich ziehe es daher vor, einstweilen von einem Namen abzusehen und es spätern Untersuchungen zu über- lassen, auf Grund der wirklichen physiologischen Bedeutung, falls eine solche sich ergeben sollte, eine passende Bezeichnung zu wählen. Aehnliche Kernbildungen in Eiern anderer Thiere werde ich im Zusammenhang mit einigen weiteren Litteraturangaben später besprechen. Es wird aus der Verschiedenheit der Bildungen, die ich bis jetzt im Dotter beschrieben habe, wohl ohne Weiteres einleuchten, dass es ein grosser Fehler gewesen ist, den Dotter, wie es öfters ge- schehen, bloss für einen leblosen Nahrungsklumpen, einen todten An- hang des Keimes zu erklären. Deutlich genug sagt uns ja das Proto- plasma, das wir in langen Strängen die Dottersubstanz haben durch- setzen sehen, und das auch sonst hin und wieder in kleinen Klümp- chen im Dotter anzutreffen ist, dass die Lebensfähigkeit, welche natürlich nur Eigenschaft des Plasmas und nicht etwa der einge- lagerten Körner sein kann, sich nieht ganz aus dem groben Dotter an den Keimpol und in die Rindenschicht zurückgezogen hat. Allerdings ist am Keimpol die Hauptmasse des Plasmas angesam- melt, und stellenweise kann man hier deutlich die kleinen Dotter- körner in dünmen Plasmafäden, welche zierliche Maschen bilden, eingelagert finden, aber der übrige Theil der Eizelle, der Dotter, ist, wie wir gesehen haben, und wie auch namentlich die später zu be- schreibenden Furchungsvorgänge klar legen werden, weit davon ent- fernt, bloss eine unorganisierte Nahrungsmasse darzustellen. Es hat kürzlich Waldeyer in einer ausserordentlich klar geschriebenen Arbeit: „Archiblast und Parablast“ ?) eine Schilderung der Plasmaan- ordnung in meroblastischen Wirbelthier-Eiern gegeben. Derselbe hat daselbst Fortsätze beschrieben, (Keimfortsätze, Waldeyer), die vom Keim und dem Rindenprotoplasma in den Dotter eindringen und bei der Embryonalbildung eine Rolle spielen, indem an ihnen nach Waldeyer die secundäre Furchung sich vollzieht. Unterhalb des Keimpols habe ich ebenfalls manchmal deutlich die Dotterkörner in Plasmafäden eingelagert gefunden; unterhalb der Rindenschicht der Eierstockseier dagegen konnte ich dies nicht bemerken. Das Proto- ?”) Archiv für mikr. Anatomie, 1883. Reifung und Furchung des Reptilieneies. 15 plasma der Eirinde ist namentlich in jungen Eiern deutlich; in reifen Övareiern erscheint es als eine schon recht dünne Lage, in ganz jungen Eileitereiern ist es kaum mehr sichtbar. In Eiern hingegen, die in der Embryonalbildung schon weiter vorgeschritten sind, ist in den peripherischen Theilen des ganzen Eies Protoplasma reichlich anzu- treffen. Vielleicht kann dies durch die Annahme erklärt werden, dass um diese Zeit das Protoplasma, welches noch im Innern des Eies zer- streut sich vorfand, der Peripherie zustrebt. Ich habe gesagt, dass die Dotterkörnchen des Keimpols, der unterliegenden Partieen und namentlich des Dotterheerdes in Plasmanetzen liegen. Die grösseren Dotterkörner der übrigen, besonders der innern Eitheile sind zwar meist auch um runde Lücken angeordnet; aber es sind diese Maschen bedeutend weiter und scheinen gar nicht mehr von Protoplasma- fäden eingeschlossen zu sein, so dass dieses Verhältniss lediglich auf die Entstehung der Dotterkörner in einem Plasmanetze zurück- deutet. Ich könnte leicht noch manche Seiten und Tafeln füllen mit Beschreibungen und Zeichnungen von Dotterheerden oder schema- tischen Bildern über den verschiedenen Verlauf der Dotterschichten. Ich will aber nur noch ein Ei schematisch darstellen, weil in dem- selben die Dotteranordnung eine sehr auffallende ist. Fig. 8 giebt einen Schnitt, der ungefähr parallel der Keimschicht, aber ziemlich weit von ihr entfernt, durch das Ei gelegt wurde. Es fällt hier 'so- fort die enorm ungleichmässige Entwicklung der Dotterschichten auf; an der einen Seite breit, verschmälern sie sich gegen die andere hin, die hier nicht etwa dem Keimpol entspricht, mehr und mehr und zwar ohne feinkörniger zu werden. An der Stelle, wo die Schichten am schmälsten sind, liegt der Dotterheerd (a in der Fig.) und kehrt, wie wir schon oft gesehen, seine durch reines Protoplasma begrenzte Seite gegen die Eiperipherie, während er centralwärts die bekannten Uebergangsformen zeigt. Es kann diesem Bilde nach kaum ein Zweifel aufkommen, dass hier ein Abhängigkeitsverhältniss zwischen der Art der Dotteranordnung und der Lage des Dotterheerdes be- steht; sonst wäre doch die Abnahme der Schichtenmächtigkeit ge- rade gegen die Stelle hin, wo der Dotterheerd liegt, nicht zu er- klären. Ich habe in einem früher beschriebenen Eie (Fig. 9) eines aus feiner Substanz gebildeten Fortsatzes Erwähnung gethan, der von 16 ©. F. SARASIN: der Unterseite der feinkörnigen Keimlage an einer excentrischen Stelle in den gröberen Dotter centralwärts vorsprang. Solche Fort- sätze habe ich nun mehrmals auch ungefähr unter der Mitte des Keimpols in den Dotter hineinragend angetroffen. In Fig. 12 habe ich einen solchen abgezeichnet, welcher unterhalb der Stelle, wo die erste Furche den Keimpol durchschnitt, in etwas gebogener Linie gegen die Eimitte hin vorsprang; von der feinen Keimschicht selbst war er stellenweise durch grössere Dotterkörner getrennt. In dem- selben Eie fand sich auch ungefähr in der Mitte des Dotters eine ziemlich scharf begrenzte und wieder von Plasmafäden begleitete Masse feiner Dottersubstanz; in Fig. 13 habe ich sie wiedergegeben. Ihre wechselnde Form auf den verschiedenen, aufeinander folgenden Schnitten will ich nicht mehr weiter beschreiben. Es sei hier noch bemerkt, dass man in einem und demselben Eie ‚sehr verschiedene Schichtungsbilder erhalten kann, je nachdem man Schnitte durch die Mitte des Eies oder durch peripherische Theile legt. Endlich sei erwähnt, dass ich bei einem Ei — deutlich liess es sich nicht ent- scheiden — ein Bild erhielt, welches darauf hinzudeuten schien, dass nicht alle Schichten den feinkörnigen Keimpol erreichten, sondern einige derselben unterhalb der Keimschicht durchzogen. Aehnliche Bilder kann man bekommen beim Schneiden durch seitliche Theile der Keimschicht. Es wird mir wohl der Einwand gemacht werden, dass die Zu- sammengehörigkeit der verschieden gelegenen und verschieden ge- stalteten Gebilde, denen ich den Namen Dotterheerd gegeben habe, gar nicht erwiesen sei. Ich glaube nun aber, dass alle diejenigen Formen, in deren Begleitung der fragliche „Kern“ auftritt, unbe- dingt zusammen gestellt werden dürfen. Da nun aber diese sicher- lich zusammengehörenden Gebilde in Form und Lage ausserordentlich variieren, so scheint mir kein Grund vorhanden, die andern Körner- und Plasma-Ansammlungen, denen der „Kern“ abgeht, in eine andere Kategorie unterzuordnen. Nur mit den Fortsätzen unterhalb der Keimschicht dürfte dies wahrscheimlich der Fall sein, da ich zwei- mal neben denselben einen charakteristischen Dotterheerd in denselben Eiern aufgefunden habe und vielleicht immer aufgefunden hätte, wenn ich alle diese Eier in lückenlose Serien zu zerlegen die Zeit gehabt hätte. Zweitens wird mir vielleicht eingeworfen werden, dass das von mir untersuchte und als Dotterheerd mit der Dotterbildung in Reifung und Furchung des Reptilieneies. 17 Beziehung gebrachte Gebilde vielleicht im Gegentheil einen Heerd der Dotterauflösung darstelle zur Ernährung der Keimschicht oder zu andern unbekannten Zwecken. Es könnten unter Umständen beide Processe ungefähr den gleichen Eindruck machen, das Heran- wachsen kleiner Elemente zu grossen Körnern und die allmählige regressive Umwandlung grosser Körner in kleine Elemente. Dagegen lässt sich aber erstlich das frühe Auftreten des Heerdes anführen in Eiern, wo von einer Auflösung eben erst gebildeter Dotterkörner nicht die Rede sein kann. Zweitens ist die so sehr wechselnde Lage des Heerdes zu bedenken, der, wenn er etwa dazu dienen sollte, für die Keimschicht Nährmaterial zu bereiten, wohl stets in ihrer Nähe sich befinden müsste. Dazu kommt noch als drittes Moment sein Verschwinden im Eileiter bei der Weiterentwicklung des Eies, wo er doch gerade, wenn er ein Heerd der Dotterauflösung wäre, erst recht in Thätigkeit treten sollte zur Ernährung des Embryos. In Eiern, deren Keimblätter schon ungefähr fertig angelegt sind, habe ich den Heerd noch mehrmals auf Schnitten als helle Stelle im Dotter von blossem Auge gesehen. Untersuchung ergab aber, dass das Plasmanetz mehr oder weniger zerfallen war; die Fäden waren spärlicher geworden; feine Körnchen waren noch in seiner Umgebung vorhanden, aber nicht mehr in so regelmässiger, dichter Anhäufung wie früher. In einem Ei endlich, dessen Embryo schon weit entwickelt war, konnte ich vom Heerde keine Spur mehr finden. Dagegen zeigte hier der Dotter die Eigenthümlichkeit, dass viele seiner Körner sich zu rund- lichen Agglomeraten vereinigt hatten, welche dem Dotter ein auf- fallendes, von den frühern Stadien abweichendes Aussehen verliehen. Ich will noch beifügen, dass ich von einer Einwanderung von Zellen in das Ei (His) zur Bildung des Dotters nichts gesehen habe. Degenerierte und abnorme Eier, wie sie nicht gar selten vor- kommen, verleiten hier leicht zu falschen Schlüssen. Nicht glück- licher war ich in Bezug auf das sogenannte Binnenepithel (Eimer, Clark,?) Klebs?); ich habe in Eierstockseiern und jungen Eiern des Kileiters nieht die Spur davon entdecken können; für ältere Ei- ®) In Agassiz eontributions to the natural history of the united States of N. A., vol. 2, part 3, 1857. P) Virchow’s Archiv, 1863. 18 C. F. SARASIN: leitereier kann ich völlig dem beistimmen, was Ludwig!) darüber angegeben hat, denn es sind in der That in älteren Eiern des Ovi- ductes rings um den Dotter herum Zellen anzutreffen, die, obschon zur Embryonalbildung gehörend, leicht zu Täuschung Anlass geben können. Es war mir aufgefallen, dass im Allgemeinen diejenigen Eier des Eileiters, welche schon ziemlich weit entwickelte Embryonen mit pulsierendem Herzen ete. enthielten, grösser waren als die jungen Oviduet- und die reifen Ovarialeier. Darauf hin begann ich die ver- schiedenen Eier zu wägen und fand, dass sie wirklich an Gewicht im Eileiter noch zunehmen, ein Resultat, das ich zu meiner Freude in Leuckarts!!) Artikel Zeugung bestätigt fand. Der Inhalt des Eies und die Schalenhaut wurden natürlich getrennt gewogen, um nicht etwa durch die Gewichtszunahme, die aus der Einlagerung von Kalk in die Membran resultiert, getäuscht zu werden. Dabei ergab sich, dass die Schale nur sehr unbedeutend an Schwere wächst, während der Eiinhalt dies sehr merklich thut. Aus ungefähr fünfzig Wägungen folgte, dass im Durchschnitt die Eier im Eileiter vom Beginn der Entwicklung bis zur Ausbildung emes deutlich sich ab- hebenden Embryos etwa um den dritten Theil ihres ursprünglichen Gewichtes wachsen. Einige Ausnahmefälle, die sieh dabei ergaben, dürfen wohl aufRechnung individueller Schwankungen gesetzt werden. Bekanntlich entbehren die Eier der Eidechse des äussern, den Dotter umhüllenden Eiweisses. Leuckart glaubt nun, dass hier das Ei- weiss statt aussen auf dem Dotter sich abzulagern, in den Dotter selbst zwischen seine Körner aufgenommen werde. Es lässt sich nun in der That zwischen den peripherischen Dotterkörnern von Eileiter- eiern etwas fein granulierte Masse stellenweise erkennen. Immer- hin scheint mir diese Zwischensubstanz zu spärlich, um eine merk- liche Gewichtsvermehrung zu bewirken; auch könnte sie ebensowohl dem Ei schon angehörendes Protoplasma als eingewandertes Eiweiss sein, da das Aussehen völlig mit dem von Plasma übereinstimmt. Ich halte sogar letzteres für wahrscheinlicher. Es schien mir da- gegen öfters, als ob die Dotterkörner der Peripherie in Eileitereiern grösser seien als in reifen Ovareiern, und ebenso könnten vielleicht 1%) Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut Würzburg, Bd. 1. 1874. *!), Wagner’s Handwörterbuch der Physiologie, 1853, Reifung und Furchung des Reptilieneies. 19 auch noch Körnchen des Dotterheerdes durch die eindringende Nähr- flüssigkeit weiter quellen und schwerer werden. Auch Clark und Agassiz beschreiben bei der Schildkröte die Dotterkörner im Ei- leiter als in gewissem Sinne wachsend, indem ihre Mesoblasten — die genannten Autoren benennen höchst unnöthiger Weise die ein- zelnen Theile eines Dotterkornes von aussen nach innen Eecto-, Meso-, Ento- und Entosthoblast — enorm an Grösse zunehmen und sich theilen, und die Entoblasten sich stark vermehren sollen. End- lieh könnte auch einfach in das Ei, wenn es dem Drucke des elas- tischen Follikels entronnen ist, eine grössere Menge Nährflüssigkeit, als früher möglich gewesen, eindringen und so eine Grössen- und Gewichts-Zunahme bewirken. Sei dem nun, wie ihm wolle, so steht doch jedenfalls die Thatsache fest, dass das Eidechsenei nicht wie ein fremder Körper im Eileiter der Mutter verweilt, sondern noch aus dem mütterlichen Organismus zu seiner Ernährung dienende Stoffe bezieht. K. E. v. Baer?) hatte bei viviparen Reptilien, deren Eier nur eine dünne Schale besitzen, dieselben im Eileiter an Grösse auffallend zunehmen und selbst die Blutgefässe in dem Ovi- ducte der Vipern während des Aufenthaltes der Eier sich vermehren gesehen. Bei den Eier legenden Reptilien aber hielt er eine Er- nährung der dicken Schale halber für unmöglich. Wahrscheinlich findet auch die hauptsächlichste Ernährung statt, während die Schale noch ziemlich weich ist. Zu derselben Ansicht wie K. E. v. Baer kam auch Rathke!?), welcher daher eine alte Angabe von Em- mert and Hochstetter über Zunahme von Eidechseneiern im Eileiter bestreitet. Die Notiz der zwei genannten Forscher konnte ich nicht finden. Baudrimont und St. Ange!) endlich nehmen eine Zufuhr sauerstoffreicher Nährflüssigket zum Eileiterei der Schlangen an. Wenn wir das Eidechsenei mit dem viel beschriebenen Vogelei vergleichen, so muss uns vor Allem auffallen, dass das letztere eine ausserordentlich viel grössere Constanz in seinem Baue aufweist. Ohne Ausnahme schildern alle Autoren, die das reife Vogelei be- arbeitet haben, in seinem Innern die bekannte weisse Dotterhöhle, 12) Entwicklungsgeschichte der Thiere, 1828. 1%) Entwieklungsgeschichte der Natter, 1839. 14) In M&m, prösentes par div. Savants ä l’Acad. des Sciences, t. 11, 1851. 2r 0 C. F. SARASIN: welche durch einen Stiel, der ebenfalls aus weisser Dottersubstanz besteht, mit der Umgebung der an der Oberfläche des Eies liegen- den Keimschicht zusammenhängt. Ebenso stimmen alle Autoren darin überein, dass um die Dotterhöhle und den Stiel eine Anzahl von Dotterschichten concentrisch angeordnet sind. Ueber den Ver- lauf derselben besitzen wir allerdings zwei sehr abweichende Sche- mata. Während nämlich v. Kölliker'?) ein Bild giebt, nach welchem die Dotterschiehten die Dotterhöhle und den Stiel umkreisend, unter- halb der Keimschieht durchziehen und sich hier wiederum central- wärts gegen den Stiel zurückbiegen, hat Balfour'*) in seinem embryologischen Werke an Allen Thomson.) und die meisten andern Autoren sich anschliessend, ein völlig differentes Schema gezeichnet. Hier umschliessen allerdings die Schichten ebenfalls die Latebra und den Stiel, allein sie ziehen nicht unterhalb der Keim- schicht durch, sondern streben direet nach der Peripherie des Dotters und enden hier, ohne sich ringförmig geschlossen zu haben. Ihre oberen Enden lassen sich bei der Oberflächenansicht des Eies als kreisförmige Linien (halones) in der Umgebung der Keimschicht erkennen. Ich habe zur Vergleichung mit dem Eidechseneie einige Dotter reifer Ovarialeier des Wellensittichs in Serien zerlegt. Dotterhöhle und Stiel fanden sich sehr schön ausgebildet, aber die Schichten nur ziemlich schwach ausgeprägt. Soviel liess sich aber dennoch erkennen, dass von einer Zurückbiegung der Schichten (Köllikers Schema) nicht die Rede sein konnte; aber ich ‚habe darüber nicht ganz klar werden können, ob die Dotterschiehten wirklich Halonen bildend an der Oberfläche des Eies enden, oder ob sie nicht vielleicht wie beim Eidechsenei sich in die Keimschicht hinein verfolgen lassen. Auf denjenigen Schnitten, welche nicht mehr die Verbindung der latebra mit der Keimschicht getroffen hatten, son- dern nur noch die seitlichen Theile der Dotterhöhle berührten, war es ungemein deutlich zu sehen, dass einige Dotterschichten, genau die Form der Dotterhöhle inne haltend, concentrisch um sie an- geordnet waren. Dotterhöhle und Stiel enthalten in ihrem Innern 15) Entwieklungsgeschiehte des Menschen und der höhern Thiere, 1879. 16) Handbuch der vergl. Embryologie, 1881. 17) „Ovum“ in Todd. Cyelop. of Anatomy and Physiology, vol. 5, 1859, Reifung und Furchung des Reptilieneies. 21 Massen feiner Körner und mehr nach aussen gegen den gelben Dotter hin bekanntlich grössere Bläschen. Die Körner des Stieles gehen unmittelbar über in die Elemente der Keimschicht (confer Gegenbaur'®), so dass dieselbe also auch beim Papagei in innigster Verbindung mit dem übrigen Eie steht. Die kleinsten Körnerformen der Dotterhöhle und des Stieles sind in keiner Weise von denjenigen des Keimpoles zu unterscheiden. Nur entbehrt. der letztere der grösseren Bläschen, welche im weissen Dotter reichlich vorhanden sind. Es ist schon von vielen Autoren darauf hingewiesen worden, dass die weissen Elemente der latebra nach aussen übergehen in die gelben Dotterkörner, und Leuckart sagt ausdrücklich, dass der gelbe Dotter schichtenweise von innen nach aussen geliefert werde. Es stimmt damit selbstredend die Abhängigkeit der Schichten- form von der weissen Dotterhöhle überein, und ferner stimmt damit die Angabe von His!”), nach welcher die weisse Dotterhöhle in kleineren Eiern grösser ist als in reifen, ein Verhältniss, welches mir unverträglich erscheint mit der auch schon ausgesprochenen Meinung, dass die Dotterhöhle umgekehrt eine innere Erweichung der Dottermasse darstelle; eine solche würde wohl eher mit der Ei- reife an Umfang zu- als abnehmen. Auf das Eideehsenei zurückgreifend glaube ich nun die Ver- muthung wohl aussprechen zu dürfen, dass der weissen Dotterhöhle des Vogeleies bei unserem Reptil diejenige Bildung an die Seite zu stellen sei, welche ich als Dotterheerd bezeichnet habe. Die Analogien brauche ich wohl nicht mehr hervorzuheben; sie gehen aus dem vorher gesagten deutlich genug hervor. Ich will es aber nicht unterlassen, auf die Verschiedenheiten zwischen beiden Bildungen aufmerksam zu machen, Verschiedenheiten, welche mir verbieten, meine Ansicht etwa zu einer sicheren Behauptung zu erheben. Einerseits nämlich fehlt der Dotterhöhle der Vögel, so viel mir be- kannt, das Protoplasmanetz des Eidechsendotterheerdes, und anderer- seits variiert die Lage des Dotterheerdes, wie ich oben ausgeführt habe, beträchtlich, während der weisse Vogeldotter nie seinen ge- wöhnlichen Platz zu ändern scheint. Es kann allerdings der Eidechsen- dotterheerd unter der Mitte des Keimpols liegen wie dieser, aber er 18) Archiv für Anatomie und Physiologie, 1861. 1%) Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes, 1868. 29 C. F. SARASIN: thut es nicht immer, und ich bin natürlich völlig ausser Stande, für eine solche Variabilität irgend eine Erklärung zu geben. Wenn man aber bedenkt, wie wenige Vögel- und Reptilien-Species bis jetzt auf diese Verhältnisse überhaupt untersucht worden sind, so darf man diesen Differenzen einen allzu hohen Werth. nicht bei- legen; denn es könnte leicht gelingen, bei weiterer Forschung ver- bindende Glieder zu finden. Ich habe dem Dotterheerd, den ich doch für ein Analogon des weissen Dotters der Vögel ansehe, den Namen „weisser Dotter* nicht beigelegt, weil ich denselben eigentlich für einen unglücklich gewählten halte. Es führen nämlich die Bezeichnungen „weisser und gelber Dotter“ leicht zu der irrigen Vorstellung, dass es sich um zwei qualitativ verschiedene Dotterarten handle, während doch der eine, der weisse, nur die Vorstufe des andern, des gelben, darstellt (conf. auch Disse, Arch. f. mikr. Anat. XV. u. XVI.). Wenn wir die Fig. 1 oder 2 ansehen, so ergiebt sich sofort, dass beim Reptilienei auch zwei weitere Namen nicht angewandt werden dürfen, nämlich die Bezeichnungen „Nahrungs- und Bildungs-Dotter“. Wir haben ja gesehen, dass die Dotterschichten nirgends eine Unterbrechung er- leiden, und dass bloss die Grösse ihrer Körner m der Nähe des- jenigen Poles sich ändert, wo das meiste Plasma angehäuft ist, also des Keimpols, wie ich ihn mit Waldeyer und Andern nenne. Da nun aber die Körner des Keimpoles denselben Schichten an- gehören wie diejenigen des übrigen Dotters, so ist es doch gewiss unstatthaft, dieselben bloss weil sie klemer geworden und in reich- licherem Plasma als im übrigen Ei eingelagert sind, mit einem andern Namen zu belegen. Es müssen meiner Ansicht nach über- haupt alle Bezeichnungen vermieden werden, welche Theile des Eies scharf von einander scheiden und die Anschauung von der Einheit der ganzen Eizelle verwirren könnten. Daher drücken auch die Namen von His: „Haupt- und Nebendotter“ (Archi- und Para- lecith) einen Unterschied aus, der in dieser Schärfe nur Geltung haben kann, wenn man die Anschauung von His theilt, dass die Dotterkugeln von Aussen eingewanderte Zellen sind und nicht eine endogene Bildung des Eies darstellen. Es lässt sich zwischen beiden Dotterarten eben keine scharfe Grenze ziehen, weil die Unterschiede nur quantitativer Natur sind. Das Protoplasma, welches an einer Stelle des Eies besonders reichlich angehäuft als Archileeith be- Reifung und Furchung des Reptilieneies. 23 zeichnet wird, ist dasselbe Protoplasma, welches wir, allerdings in nicht so grosser Masse, auch im übrigen Eie angetroffen haben, und die Körner des Hauptdotters sind, wie bereits mehrmals gesagt, im engsten Zusammenhang mit den andern Dotterelementen. Auch werden wir weiter unten sehen, dass die Furchung über den „Haupt- dotter“ hinaus auch in den „Netiehdotter übergreift. Die Angabe von His, dass die Keimscheibe des Vogeleies nicht nothwendiger- weise schon im Ovarium mit Körnern sich erfüllen müsse, sondern auch erst im Eileiter sich mit Dotterelementen belasten könne, hat für das Eidechsenei entschieden keine Geltung. Die Schichtung des Keimpols spricht deutlich genug dafür, dass derselbe in keinem Stadium von der Dotterbildung ausgeschlossen ist. Allerdings bleiben in dem reichlichen Protoplasma, das schon frühe an einem Pole des Eies sich anzuhäufen beginnt, die Körner kleiner als in den plasmaarmen oder plasmalosen Theilen, wahrscheinlich weil die Ernährungsverhältnisse andere sind. Das Richtigste scheint mir E. v. Beneden?®) getroffen zu haben mit seinen Namen: „Proto- plasma und Deutoplasma*. Erstlich wird hierdurch das Verhältniss der beiden Substanzen treffend bezeichnet: das Protoplasma, der ursprüngliche Inhalt der Eizelle, das Deutoplasma, das in derselben eingelagerte Nährmaterial. Zweitens bieten diese Benennungen den grossen Vortheil, dass sie der Einheit des ganzen Eies gerecht werden und nicht in der Eizelle lokale Unterscheidungen einführen wie die oben besprochenen Namen. Es ist Gegenbaurs grosses Verdienst, durch seine vortreffliche Arbeit „über den Bau und die Entwicklung der Wirbelthiereier mit partieller Dottertheilung“* (s. Anm. 18) der Auffassung von der Einheit des Eies eine mächtige Stütze gegeben zu haben, indem er nach- wies, dass die Dotterkörner nicht Erzeugnisse des Follikels sind, sondern im Innern des Eies selbst aus den kleinsten Granulis heran- wachsen. An Gegenbaur haben sich sehr viele spätere Autoren im Grossen und Ganzen angeschlossen, natürlich abgesehen von der direct entgegenstehenden Lehre von His, kleinerer Modificationen nicht zu gedenken. Für die Reptilien hat Eimer neben der lan schen Dotterbildung noch eine zweite aufgestellt, die nur im Centrum des 20) Recherches sur la comp. et la sign. de l’euf. in Mem. cour, de l’Acad. roy. de Belg. t. 33, 1865—67. 24 C. F. SARASIN: Eies arbeiten und von hier aus ihre Producte durch das Ei ver- breiten soll. Eimer sah im Centrum kleiner Eier (0,4 mm) von Lacerta viridis einen kugeligen Körper und in seinem Umkreis einige sehr kleine, zarte, helle Bläschen; er hält denselben für eine frühe Entwicklungsstufe des bei andern Thieren gefundenen Dotter- kerns. Später bildet sich im Centrum des Eies um den Kern eine helle Masse und darum eine ebenfalls homogene, sich dunkler fär- bende, dicke Schale; es wächst der Kern; ein zweiter kann neben ihm entstehen; beide haben einen Mantel aus feinen Fettkörnchen, welche auch im ganzen Ei-Inhalt zerstreut zu finden’ sind; es wächst auch die helle Centralmasse; die dunkle Schale wird mehr nach aussen gedrängt und die centrale Dottermasse zerklüftet sich in un- regelmässige und ungleich grosse Stücke, die sich durch das ganze Ei verbreiten und sogar aus demselben austreten sollen. Eimer ‚nennt sie Dotterschorfe oder Dotterkrumen. Dieselben mischen sich dem übrigen, auf die Gegen baur’sche Weise gebildeten, Dotter bei. Wenn sich diese Beobachtungen Eimers bestätigen sollten, so würde sich ein ausserordentlich merkwürdiger Gegensatz zwischen Lacerta viridis und Lacerta agilis, meinem Untersuchungsobjecte, ergeben; denn meine Befunde stimmen mit denen Eimers in keiner Weise überein. Eier der grünen Eidechse bekam ich nicht zu sehen. Eher lässt sich der Dotterkern, den Eimer im Eie der Ringelnatter als eine im Oentrum liegende, feinkörnige Masse von oft beträcht- licher Grösse beschreibt, mit meinem Dotterheerd vergleichen. Die unregelmässigen Dotterschorfe dürften übrigens kaum als normal anzusehen sein. Es bleibt mir nun noch übrig, in der Litteratur mich umzu- schauen nach Bildungen, die etwa der oben beschriebenen kern- artigen Einlagerung des Protoplasmanetzes entsprechen könnten. Beinahe in allen Thierelassen sind sogenannte Dotterkerne oder Dottereoneremente (Hertwig*!) beschrieben worden, und beinahe ohne Ausnahme folgt der Beschreibung das Bekenntniss auf dem Fusse nach, dass die Function derselben eine völlig räthselhafte sei. Am zahlreichsten findet sich die Ansicht vertreten, dass der Dotter- kern mit der Dotterbildung in Verbindung stehe. In diesem Falle würde er dann eher dem Dotterheerd der Eidechse, also dem weissen 1) Morph. Jahrbuch, Bd. 3. ‘ Reifung und Furchung des Reptilieneies. 25 Dotter des Vogeleies entsprechen, als dem „Kern“ meines Proto- plasmanetzes, welcher mit der Dotterbildung sicherlich nichts zu thun hat, sondern im Gegentheil vom Dotter allseitig durch Plasma- fäden getrennt ist. Balbiani?), der sich viel mit dem Dotter- kerne abgegeben hat, lässt ihn eigenthümlicher Weise als eine vollständige Zelle (cellule oder vesieule embryogene nach Milne Edwards) vom Follikel her in das Ei einwandern und um dieselbe herum dann den Bildungsdotter entstehen. Bei den auf partheno- genetischem Wege sich entwickelnden Aphiden soll diese Zelle sogar als eine Art Samenzelle wirken und die Embryonalentwicklung einleiten. Wiederum nach andern Autoren hat der Dotterkern gar keinen Werth und stellt bloss eine mehr oder weniger zufällige und in- constante Ansammlung von Nährsubstanzen dar. Ich möchte dieser letzteren Ansicht so wenig wie derjenigen von Balbiani beistimmen und zwar hauptsächlich desshalb, weil uns die interessanten Entdeckungen Bütschlis an Infusorien in der Deutung solcher kernartiger Gebilde zu äusserster Vorsicht mahnen. Neuerdings hat Rein??) in Eierstockseiern von Kaninchen zweimal zugleich mit dem peripherisch gelegenen Keimbläschen einen Kern entdeckt, der mit dem meinen Aehnlichkeit zu haben scheint; Rein vermuthet aber in demselben den Eikern, was für mein Ge- bilde aus oben schon angeführten Gründen nicht statthaft ist. Von den Kernen, welche Gegenbaur (s. Anm. 18) im jungen Ei des Wende- halses, Cramer**) in solehen vom Hühnchen gefunden und mit der Dotterbildung in wahrscheinlichen Zusammenhang gebracht haben, hält es Waldeyer, und vielleicht mit Recht, für möglich, dass diese Gebilde bloss weisse Dotterhöhlen seien, deren Verbindungsstiele zur Peripherie des Eies auf den betreffenden Schnitten nicht zu sehen gewesen wären. Auch Coste?) hat den Dotterkern, den er beim Hühnchen fand, mit der latebra in Zusammenhang ge- bracht. Balbiani sah ihn ebenfalls bei Vögeln, ist aber anderer Meinung. ??) Lecons sur la generation des Vertebres, 1879. 23) Archiv für mikr. Anatomie, 1883. #4) Verhandlungen der Würzb. phys. med. Ges. N. F., 1 Bd. 25) Hist. gen. et part. du d&veloppement des corps. org. Paris 1847—49. 26 C. F. SARASIN: Ich würde gerne die verschiedenen Formen der vielen be- schriebenen Dotterkerne übersichtlich zusammenstellen, wenn dies nicht erst neuerdings von Schütz und schon früher von Balbiani geschehen wäre. Ich begnüge mich daher damit, kurz die Thier- classen anzuführen, bei welchen solche Bildungen vorkommen. Bis jetzt sind es, so weit mir bekannt, die Säugethiere, Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische, verschiedene Insecten, viele Spinnen, Myriapoden, Krebse, einige wenige Schnecken und Muscheln. Für alles Nähere verweise ich auf die Arbeiten von Balbiani, v. Bambeke, Bertkau, Burmeister, Bütschli, Carus, Coste, F. Cramer, H. Cramer, Eimer, Flemming, Gegenbaur, OÖ. Hertwig, v. Ihering, Lere- boullet, Leuckart, Ludwig, v. Leydig, Reichenbach, Rein, Schütz, v. Siebold, Allen Thomson, Valaoritis, v. Wittich ete. 2. Geschichte des Keimbläschens. Die Beschreibung, welche Eimer vom Keimbläschen junger Eier der grünen Eidechse gegeben hat, stimmt auch für Lacerta agilis. In Eiern von 1 mm Durchmesser zeigt das rundliche meist etwas excentrisch gelegene Keimbläschen in seiner Mitte eine An- sammlung feiner, glänzender, dunkler Körner und darum mehrere concentrische Kreise grösserer Elemente derselben Art, die endlich unmittelbar unter der feinen Bläschenmembran wieder von Kreisen kleinerer Körnchen begrenzt sind. Selbst die centrale Körner- anhäufung kann wiederum einen helleren, äusserst feinkörnigen Raum einschliessen. Uebrigens bemerke ich, dass die. geschilderte regel- mässige Anordnung oft mehr oder weniger starke Störungen erleiden, ja dass selbst völlige Regellosigkeit herrschen kann. In andern Fällen nimmt bloss ein rundes, scharf umschriebenes Häufchen von grössern Körnern die Mitte des Keimbläschens ein, und die concentrischen Kreise fehlen. In nur um weniges älteren Keim- bläschen hat sich die Zahl der grösseren Körner bedeutend ver- ringert, die der kleinern aber, wohl durch Zerfall der ersteren stark vermehrt, und je näher das Keimbläschen seiner Reife ist, um so feiner wird auch sein Inhalt, bis endlich keine Spur von gröberen Körnern mehr sichtbar ist. Ich stehe nicht an, dieselben als Keim- Reifung und Furchung des Reptilieneies. 27 fleeke zu deuten, zumal sehon in Eiern verschiedener Thiere ein solcher Zerfall der Keimflecke bei herannahender Reife gefunden worden ist, glaube aber, dass Gegenbaur ‚vollständig Recht hat, wenn er diesen so veränderlichen und selbst inconstanten Gebilden — der genannte Forscher suchte sie bei Coluber vergebens — keine Wichtigkeit beimisst. Gegenbaur sieht übrigens nur die wandstän- digen Körner als eigentliche Keimflecke an und die Gebilde des Innern als blosse Inhaltsumwandlungen. Ich bemerke hiegegen, dass alle Formen durch Uebergänge verbunden sind. In Eiern von e. 3 mm liegt das rundliche oder länglich ovale Keimbläschen schon nahe an der Peripherie des Eies, aber auch in solchen, deren Durchmesser c.5 mm beträgt, ist es noch durch eine mehr oder weniger schmale Lage feinkörniger Substanz von der Oberfläche des Dotters ge- schieden. Es lässt sich übrigens eine bestimmte Eigrösse für diese Verhältnisse nicht angeben; es kommen nicht ganz unbeträchtliche Schwankungen vor, und die hier genannten Maasse haben daher keinen absoluten Werth. Verschwindend dünn wird die das Keim- bläschen von der Eihaut trennende Schicht in Eiern, die ihrer Reife entgegen gehen; in diesen ist die Form des Keimbläschens auf Durch- schnitten annähernd die eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen abgerundete Basis der Eiperipherie zusieht, und dessen Spitze centralwärts gerichtet ist (Fig. 14). Durch die Einwirkung der Reagentien hat sich der Keimbläscheninhalt etwas contrahiert. Wenig später hat das Keimbläschen die Eioberfläche völlig erreicht; aus der stark konischen Form ist es nun in eine mehr ovale und weniger tiefe übergegangen (Fig. 15); doch verschmälert es sich immer noch gegen das Eicentrum hin zu einem stumpfen Vorsprung; die feine Keimbläschenmembran hebt sich an einzelnen Stellen vom Inhalt ab. Ein dieser Form völlig entsprechendes Bild hat His (s. Anm. 19) vom Hühnchen gegeben und ebenso Oellacher*) ein dieses Stadium versinnlichendes Schema in seinen Beiträgen zur Geschichte des Keimbläschens im Wirbelthiere. An demselben Orte und schon in einer frühern Arbeit?”) erwähnt Oellacher einer Form des Hühnerkeimbläschens, die er als Rotationskörper oder als trapez- 26) Archiv für mikr. Anatomie, Bd. 8, 1872. 27) Untersuchungen über die Furchung und Blätterbildung im Hühnerei, in Stud, aus dem Institut für exp. Pathologie in Wien, 1869, I, 98 C. F. SARASIN: ähnliche Figur beschreibt. Mit ihrer obern convexen Fläche soll dieselbe der Dotterhaut anliegen, mit ihrer untern, bedeutend kleinern, auf einer rundlichen Höhle ruhen. Ein ähnliches Bild habe ich trotz vielen Suchens nur ein einziges Mal erhalten können und zwar in einem Ei, das starke Spuren künstlicher Veränderung an sich trug; auch das Keimbläschen selbst, welches in annähernder Trapezform über einem Hohlraum ausgespannt war, zeigte in seinem Inhalt beträchtliche Modifieationen, und seine Begrenzung war hyalin geronnen. Ich zweifle daher nicht daran, dass, wie auch His schon vermuthet hat, Oellachers Bild, zumal die unter dem Bläschen gezeichnete Höhle, auf irgend einer durch Reagentien hervorgerufenen Täuschung beruht. Eimer beschreibt für das Keimbläschen der Natter eine dicke, aus Körnchen zusammengebackene Hülle mit radiärer Streifung. Auch beim Eidechseneie habe ich ein Mal etwas ähnliches gefunden, halte es aber auch nicht für normal, sondern ebenfalls für ein Produet der Reagentien. Die einzige Hülle des Eidechsen-Keim- bläschens ist vielmehr eine feine Membran, die schon in dem Stadium, zu welchem ich nun übergehe, nicht mehr zu sehen ist (Fig. 16). Hier in einem, der Grösse nach zu schliessen, ungefähr reifen Ovarei ist das Oval des Keimbläschens zu einer flacheren, der Eihaut anliegenden Scheibe geworden. Trotz des Fehlens der Mem- bran ist der Contour des Inhaltes immer noch eine scharfe Linie. Ich bemerke gleich noch, dass der Maassstab, der die Figur 18 be- gleitet, für alle Keimbläschenbilder ausser für Fig. 19 gilt. Zwischen dem letztbeschriebenen Stadium und dem nächsten, welches ich von der Eidechse besitze, ist ein ziemlich bedeutender Abstand. Ich schiebe daher, um diese Lücke auszufüllen, ein Bild ein, das ich vom Wellensittich erhalten habe. Durch Aufopfern mehrerer dieser Thiere bekam ich ein Ovarialei in die Hände, welches mir für die Geschichte des Keimbläschens wichtige Aufschlüsse gab. Dieses Ei war noch nicht völlig reif; sein Durchmesser betrug nur 6!/J;, mm, während ausgewachsene Eier etwa 8 mm messen. Das membranlose Keimbläschen lag der Dotterhaut dicht an, begann sich gegen dieselbe abzuplatten und von der Mitte aus mit seinen peri- pherischen Theilen sich allseitig über die Keimschicht auszubreiten (Fig. 17). Die Mitte stellte einen ziemlich unregelmässigen Klumpen Reifung und Furchung des Reptilieneies. 29 dar; die peripherischen, den Keimpol überlagernden Theile endeten an der Eihaut mit zugeschärftem Rande. Der Inhalt des Bläschens — ich gebrauche diesen Namen weiter, obschon er natürlich nicht mehr passt — war äusserst feinkörnig, beinahe homogen; nur in der Mitte, nicht weit unter der Eihaut lag ein rundliches Häufchen grösserer glänzender Körner, die wohl noch als Keimflecke an- gesehen werden müssen. Während Kupfer und Benecke®®) das Keimbläschen des Eidechseneies vor dem Eintritt in den Eileiter schwinden lassen, und nach Eimer das Reptilienei sogar den Haupttheil seines Wachs- thumes erst nach Verlust des Keimbläschens im Eierstock durch- machen soll, bin ich zu vollständig anderen Resultaten gekommen. In einem Eileiter fand ich eine Anzahl von Eiern, deren weiche und durchscheinende Hülle keinen Zweifel liess, dass dieselben erst vor kurzer Zeit das Ovarium mit dem Eileiter vertauscht hatten. Diese Eier gaben mir nun auch Aufschluss über das endliche Schicksal des Keimbläschens. In einem derselben fand ich ein Bild, welches sich an das oben vom Papagei beschriebene Verhalten unmittelbar anschliesst (Fig. 18). Die Ausbreitung des Keimbläschens, welche wir dort in ihren ersten Anfängen. getroffen hatten, ist hier weiter gediehen. Es bedeckt dasselbe als dünne Lage den grössten Theil des feinkörnigen Keimpols. In den peripherischen Theilen läuft es ausserordentlich dünn aus; gegen die Mitte hin verdickt sich die Lage mehr und mehr, und an der Stelle selbst, wo früher das voll- ständige Keimbläschen seinen Platz hatte, liegt noch eine grössere, nicht mehr regelmässige Ansammlung feiner Bläschensubstanz, die aber doch noch im Allgemeinen die Form des früheren Keimbläschens beibehalten hat. Die den Keimpol bedeekende Schicht ist nicht überall gleichmässig vertheilt; an mehreren Stellen zeigt sie unregel- mässige Anschwellungen, an andern wieder ist sie stark verdünnt. Besonders an einer Stelle (auf dem von mir gezeichneten Schnitte nicht sichtbar) in der Nähe der eentralen Ansammlung bemerkte ich eine starke Verdickung der Keimbläschenlage, und bei genauerem Zusehen liess sich erkennen, dass an diesem Orte eine Furche sich zu bilden begann, welche auch die Keimbläschen-Schicht zu durch- schneiden schien. Die Substanz des Keimbläschens war von feiner 3) Die ersten Entwicklungsvorgänge am Ei der Reptilien, 30) C. E. SARASIN: fädiger Structur wie eine zähe ausgezogene Masse; daneben enthielt sie auch helle Bläschen. In den peripherischen, ausgebreiteten Partieen war das Keimbläschen durch eine ziemlich scharfe Linie vom Dotter getrennt; in der Mitte aber war absolut keine Trennungs- linie mehr zu erkennen. Beide, Keimbläschen und Dotter, giengen hier unmittelbar in einander über; ja es liessen sich sogar Streifen feiner Keimbläschenmasse weit in die darunter liegende Keimschicht verfolgen. Es ist also kaum zu bezweifeln, dass hier Theile des Keimbläschens wieder in den Dotter aufgenommen werden. Noch deutlicher zeigten sich alle diese Verhältnisse in einer zweiten Serie durch ein anderes Ei aus demselben Eileiter wie das eben geschilderte. Es war dasselbe in seiner Entwicklung etwas weiter vorgeschritten als das letzte; die Furche, deren Entstehen ich bei diesem erwähnt hatte, ist bei jenem tiefer geworden; die Keimbläschenlage ist gleichmässiger vertheilt, und ihr mittlerer dicker Theil, der die Stelle des_ vollständigen Keimbläschens ein- senommen hatte, ist verschwunden. Besonders hervorzuheben ist das Verhältniss des Keimbläschens zu der genannten Furche; Fig. 19, bei stärkerer Vergrösserung als die andern Bilder gezeichnet, soll eine Vorstellung davon geben. So weit die Furche in den Dotter hineinschneidet, so weit senkt sich auch die Keimbläschenlage ein, am Grunde der Furche spitz endend. Die ganze Oberfläche der Keimschicht, zum Theil auch die Partieen, welche die Furche seitlich begrenzen, sind ausserordentlich protoplasmareich. Bei starker Ver- grösserung lässt sich diese Plasmaschicht in eme Anzahl feiner Fäden auflösen, welche die Keimbläschenlage mit dem Dotter ver- binden, oder vielleicht auch Theile des Keimbläschens darstellen, die vom Dotter wieder aufgenommen werden. Für Letzteres spricht auch der Umstand, dass die Keimbläschenschicht bereits dünner geworden ist, als sie im vorigen Stadium war, und es mag ferner zur Rechtfertigung der Vermuthung, dass die genannten Fäden eine Auflösung des Keimbläschens andeuten, die Beobachtung dienen, dass sich auch ausserhalb der noch consistenteren Keimbläschenlage, also zwischen ihr und der Eihaut, ein Netzwerk durchaus gleicher farbloser Fäden und manchmal stärker gefärbte Körnchenhaufen dazwischen erkennen lassen. In derselben Serie fand ich an einer ziemlich stark excentrisch gelegenen Stelle wieder eine Ansammlung von Keimbläschensubstanz, und auch hier schien sich, wie in dem Reifung und Furchung des Reptilieneies. 3l schon oben angeführten Falle eine Furche bilden zu wollen. Ich wage es nicht, den Sinn dieser Verknüpfung zweier Thatsachen zu deuten. Zwei weitere Serien durch Eier desselben Eileiters be- stätigten bloss die angegebenen Daten. Mit zunehmendem Alter des Eies wird die Keimbläschenlage zusehends dünner; es lässt sich aber oft noch in Furchungsstadien wie das in Fig. 20 gezeichnete, beim Schneiden .eine membranartige Lage von der Oberfläche der Furchungssegmente und aus der Tiefe der Furchen loslösen. Ich muss es aber natürlich unentschieden lassen, ob diese Lage dem Keimbläschen ihren Ursprung verdankt oder einfach eine Differenzierung der freien Fläche der Furchungs- kugeln darstellt. Jedenfalls ist so viel sicher, dass sich die Keim- bläschenschicht mehr und mehr verdünnt und endlich verschwindet. Wie viel vom Keimbläschen zu weiterer Verwendung in den Dotter wieder aufgenommen wird und wie viel als unbrauchbar entfernt werden mag, wird kaum je zu entscheiden sein. Ich habe mit besonderer Aufmerksamkeit die Frage verfolgt, ob ein morphologischer 'Theil des Keimbläschens in irgend ein späteres Kerngebilde übergeht oder nicht; doch bin ich nie im Stande gewesen, das Zurückbleiben irgend eines Theils im Dotter zu beobachten oder etwa gar eine Theilung des Keimbläschens selbst zu verfolgen. Nur in einem Falle, . nämlich in dem vom Papagei geschilderten Eie, bemerkte ich, wie ich es in Fig. 17 angegeben habe, ein Stück weit unterhalb des sich ausbreitenden Keimbläschens eine rundliche Masse feiner Substanz, die dem Inhalt desselben etwas ähnlich sah. Da aber solche Ansammlungen feiner Körner auch sonst vorkommen, und ein Zusammenhang mit dem Keimbläschen nicht nachzuweisen war, zudem die jungen Kerne der Furchungs- kugeln, wie ich später zeigen werde, von ganz anderer Form und Consistenz sind, so glaube ich entschieden dieser Bildung keine weitere Bedeutung zuschreiben zu sollen. Das Auftreten der Kerne selber spricht ebenfalls sehr gegen eine directe Abstammung der- selben vom Keimbläschen. Wenn es nun auch nicht zulässig erscheint, die Kerne von einem morphologischen Theile des Bläschens herzuleiten, so ist darum die Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlossen, dass sie dennoch aus Keimbläschensubstanz sich bilden; denn wir haben ja gesehen, dass 39 ©. F. SARASIN: dieselbe sich überall dem Keimpol beimischt, ihn gleichsam mit Kernsubstanz durchtränkend. | Ich habe auch auf einen Spermakern fruchtlos gefahndet; doch ist es immerhin leicht möglich, dass ein so zartes Gebilde in dem körnerreichen Dotter der Beobachtung sich entzogen hat. Mehr als Curiosum bemerke ich endlich, dass ich auch ein fast reifes Ovarei mit zwei Keimbläschen gefunden habe, von denen das eine in völlig normaler Form das Centrum der Keimschicht inne hatte, während das andere, etwas abnorme und excentrisch in der Keimschicht gelegene, eben anfieng sich auszubreiten. Fassen wir, bevor wir an die Besprechung der einschlägigen Litteratur gehen, die gewonnenen Resultate kurz noch einmal zu- sammen, so hat sich für das Reptilienei folgendes ergeben: Das Keimbläschen rückt an die Peripherie, geht hier aus der rundlichen Form durch eine mehr konische in eine ovale über, plattet sich ab, beginnt mit seinen Rändern über die Keimschicht sich auszubreiten — dieses beim Papagei beobachtete Stadium lässt sich unbedingt auf das Reptil übertragen — setzt im Eileiter diese Ausbreitung fort, bis es als schmale Lage die Keimschicht bedeckt, in die ersten Furchen sich einsenkt, immer dünner wird und endlich schwindet. Theile von ihm werden wieder in den Dotter aufgenommen; aus diesen gehen vielleicht die Kerne hervor; kein morphologisches Stück desselben bleibt als Eikern zurück; ein Spermakern wurde nicht gefunden. Das Schicksal des Keimbläschens ist in neuerer Zeit zu einem der beliebtesten Untersuchungsobjecte geworden; aber nichts desto weniger sind wir noch weit davon entfernt, einer einheitlichen Auf- fassung uns freuen zu können, namentlich was den genetischen Zu- sammenhang oder nicht Zusammenhang des Keimbläschens mit den Furchungskernen und die Entstehung von Richtungskörpern betrifft. Noch sind in Bezug auf diese Punkte der Meinungsverschiedenheiten zu viele, als dass sich jetzt schon etwas allgemein Giltiges aussagen liesse. Die meisten und vollständigsten Untersuchungen sind an Eiern wirbelloser Thiere vorgenommen worden; es sind die Resultate derselben so allgemein bekannt und so oft schon ver- gleichend zusammen: gestellt worden, dass ich hier füglich nicht darauf einzugehen brauche. Ich will dagegen in Kürze einiger der wichtigsten an Wirbelthieren vorgenommener Arbeiten Erwähnung Reifung und Furchung des Reptilieneies. ; 33 thun, um zu zeigen, wie weit meine oben gegebenen Resultate mit denen anderer Untersuchungen im Einklang oder Gegensatze stehen. Um mit den Reptilien, als mit der uns zunächst angehenden Classe zu beginnen, muss ich hier vor Allem K. E. v. Baer°”) an- führen. Derselbe lässt das Eidechsen-Keimbläschen aus der Mitte des Eies an die Peripherie rücken, das stratum granulosum durch- bohren und endlich zwischen Dotterhaut und Dotter an der Stelle, wo das spätere Blastoderm sich bildet, noch im Eierstock sich un- abhängig von der Befruchtung auflösen. Wie man sieht, stimmt diese »Ansicht in den wichtigsten Punkten mit meinen Resultaten überein. Diametral entgegengesetzt steht ©. K. Hoffmanns?) Vermuthung, nach welcher das Bläschen an die zona sich anlegt, um sich, wie aus Analogie geschlossen wird, in die bekannte Kernspindel umzu- gestalten. Nach Clark entsteht das Keimbläschen im Schildkröten- eie peripherisch an der Wand des Eies als Concentration von Ei- weiss-Substanz; daher wird ihm denn auch keine weitere Be- deutung für das Ei zugeschrieben; sein Inhalt kann wieder resorbiert werden zwischen die umgebenden Dotterzellen und Eiweissmassen, wie er durch Concentration derselben auch ent- standen ist. Die peripherische Entstehung glaubt Clark fälschlich ‚auch auf alle anderen Bier übertragen zu können. Auch Leuckart hat die periphere Lage des Keimbläschens lediglich auf einseitige Entwicklung des Dotters geschoben. Gegenbaur und Eimer endlich, welche sorgfältige. Beschreibungen des Keimbläschen-Inhalts verschiedener Reptilien geben, lassen das endliche Schicksal un- berührt. Vergl. auch Lereboullets Arbeiten in den Ann. des Se. nat. Reicher schon ist die Litteratur über das Keimbläschen der Vögel. An erster Stelle sind hier neben K. E. v. Baer, der Das- selbe, wie es oben für die Reptilien angegeben wurde, auch für das Hühnchen gelten lässt, drei Autoren zu nennen: R. Wagner, Allen Thomson und Oellacher. Der erstere hat schon in seinem prodromus historiae generationis hominis atque animalium 1836 die Vermuthung ausgesprochen, es möchte vielleicht das Keimbläschen, seine runde Form verlierend, platt werden und mit dem stratum 2) De ovi Mammalium et hominis genesi. Lipsiae 1827. ») Contribution & l’histoire du d&veloppement des Reptiles, Arch. Nöer- land 1882, 54 C. F. SARASIN: germinativum verschmelzen; dann kam Allen Thomson und be- schrieb das Keimbläschen der reifsten Eierstockseier des Huhnes als ein weiches und abgeplattetes Gebilde, das seinen Inhalt über die Oberfläche der Keimschicht ergiesse und derselben dadurch ein für das Herbeiführen der Embryonalentwicklung sicherlich wichtiges Material beimische. Für ihn ist das Bläschen die primäre Keim- zelle. Wohl aus Mangel an Abbildungen blieben aber diese An- sichten so ziemlich vergessen, bis Oellachers zwei bekannte und schon oben eitierte Arbeiten erschienen. Auf das schon besprochene Stadium des trapezförmigen Keimbläschens lässt Oellacher ein zweites folgen, in welchem dasselbe als flache biconvexe, auf der untern Seite etwas napfförmig eingedrückte Linse der Dotterhaut anliegt. Er schliesst daraus, gestützt auf seine Erfahrungen am Fisch- eie, allerdings ohne weitere Stadien zu verfolgen, dass das Keim- bläschen hier gerade im Begriffe sei, ausgestossen zu werden. Als Mittel zur Ausstossung nimmt Oellacher, und ich glaube wohl mit Recht, Contractionen des Keims zu Hilfe. Oellacher musste von verschiedenen Seiten Widerspruch erfahren, wohl hauptsächlich dess- halb, weil er seine Behauptungen nur durch wenige beobachtete Stadien stützte. Nach Kölliker verschwindet das Keimbläschen im obern Theile des Eileiters spurlos; in Ovarialeiern hat der genannte Autor dasselbe als limnsen- oder scheibenförmiges Gebilde der Dotter- haut anliegend beschrieben. Ausser diesen eben ceitierten Forschern sind noch eine ganze Anzahl Anderer zu erwähnen, welche das Vogel- Keimbläschen und seine Keimflecke untersucht haben, so: v. Beneden, Baudrimont et St. Ange, Cramer, Gegenbaur, Hoyer, Klebs, Leuckart, Meckel v. Hemsbach, Schäfer, Waldeyer ete. In seiner berühmten Arbeit über die Entwicklung der Elasmo- branchier hat Balfour (s. Anm. 4) für das Keimbläschen ihrer Eier eine eigenthümliche Ansicht aufgestellt. Er glaubt nämlich, dass nur die dieke Membran desselben aus dem Ei entfernt werde, der Inhalt aber im Dotter zurückbleibe, um von demselben resorbiert zu werden. Balfour spricht sogar die Vermuthung aus, es möchte wohl überall im Thierreich die Keimbläschenhaut, wenn sie eine ge- wisse Dicke erreiche, bei der Eireife ohne ihren Inhalt ausgestossen, wenn sie aber dünn bleibe, zugleich mit ihrem Inhalt resorbiert werden. Dass bei den Vögeln, bei welchen Balfour ebenfalls eine Entfernung der Membran aus dem Eie für wahrscheinlich hält, die Reifung und Furchung des Reptilieneies. 35 Verhältnisse anders liegen, wird nach dem oben geschilderten Vor- gange am Eie des Wellensittichs ohne Weiteres einleuchten. Es scheint mir auch gegen die Balfour’sche Vorstellung noch der Umstand zu sprechen, dass wir uns kaum vorstellen können, durch welche mechanische Mittel die Membran eines geschlossenen Bläschens aus dem Eie entfernt werden kann, ohne ihren Inhalt mitzunehmen. In Bezug auf die übrigen Fische und die- Amphibien kann ich mich kurz fassen, da die betreffende Litteratur erst neuerdings wieder zusammengestellt worden ist. Ich will hier nur auf den ko- lossalen Gegensatz hinweisen, der in der Beschreibung des Knochen- fisch-Keimbläschens zwischen Oellacher’!) einerseits und C. K. Hoffmann°?) andererseits besteht, einen Gegensatz, der durch Nichts zu mildern ist und nur durch weitere Arbeiten ausgeglichen werden kann. Oellacher nämlich giebt an, dass das Keimbläschen der Forelle nach Verlassen des Follikels aus dem Dotter eliminiert werde, dass dann der Rest seiner Membran als feines Schleierchen dem Keim aufliege, und sein Inhalt in Gestalt einer oder zweier feinkörniger Kugeln oberhalb der Bläschenhaut angetroffen werde. Das weitere Schicksal konnte Oellacher nicht genau ermitteln; er hält eine allmählige Auflösung für das wahrscheinlichste. Ganz anders Hoffmann. Bei Scorpaena, Julis etc. mischt sich nach ihm der grösste Theil des Keimbläschens dem Ei-In- halt bei; aus einem kleineren Theile desselben aber bildet sich die bei Wirbellosen viel beschriebene Kernspindel. Von ihrem äussern Pole schnürt sich ein Richtungskörper ab, der centrale Pol wird zum Eikern, der dann in bekannter Weise mit dem von aussen kom- menden Spermakern verschmelzen soll. Wie man sieht, stehen sich diese beiden Ansichten, welche beide durch Zeichnungen legi- timiert sind, zu schroff gegenüber, als dass es möglich wäre, in irgend einem Sinne zu entscheiden. Meinen Resultaten steht aller- dings Oellachers Ansicht bedeutend näher. Wieder andere Autoren lassen bei Fischen Theile des Keimbläschens ohne Spindel- bildung direet in spätere Kerne sich umwandeln, so Calberla,”) Salensky°*) ete. 31) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie, Bd. 22, 1872. 32) Zur Ontogenie der Knochenfische. 1881. 33) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie, Bd. 30, 1878, #) Zool. Anzeiger, 1878, 8. 243, Zik 36 C. F. SARASIN: Die Eier von Fröschen sind auf die besprochenen Verhältnisse sehr sorgfältig von O. Hertwig (s. Anm. 21) geprüft worden. Der- selbe kam zu dem Resultate, dass das Keimbläschen sich an der Oberfläche vor der Befruchtung auflöse und sich dem Dotter bei- mische. Einige Zeit darauf erst — ob als Folge der Befruchtung bleibt unentschieden — bedeckt ein Schleierchen feiner gelber Sub- stanz den Keimpol. Dasselbe wird als ein für das Ei unbrauchbar gewordener Theil des Keimbläschens, als ein Exeretkörper angesehen, der durch Contractionen des Protoplasmas aus dem Dotter, dem das ganze Bläschen sich beigemischt hatte, entfernt wird. Beim Sterlet hat Salensky dieses Gebilde ebenfalls bei der Befruchtung auftreten sehen. Einen Theil des Keimbläschens, vielleicht einen nucleolus, lässt Hertwig zum Eikern werden, obschon ein direceter Zusammen- hang der beiden Bildungen nicht nachzuweisen war. Götte®°) leitet den gelben Fleck bei Bombinator von flüssigen Theilen des nach seiner Ansicht im Innern des Eies sich auflösenden Keimbläschens her. v. Bambeke°®) endlich lässt einen Theil des Bläschens aus- gestossen werden, einen andern im Eie zurückbleiben. Würde es sich erweisen lassen, dass das Schleierchen oder der gelbe Fleck nicht nur einem secundär aus dem Dotter austretenden Theile seine Entstehung verdankte, sondern dem ganzen, an der Oberfläche sich ausbreitenden und auflösenden Keimbläschen entspräche, wie es schon v. Baer geglaubt und Rusconi?‘) vermuthet hat, so wäre mit meinen Resultaten völlige Uebereinstimmung gegeben. Unabhängig von der Befruchtung schwindet nach v. Bene- den°®) das Keimbläschen des Kaninchens und erzeugt zwei Rich- tungskörper, während sein Rest mit der Rindensubstanz des Eies verschmilzt. Der erste Nucleus verdankt zwei pronucleis das Leben, einem peripherischen und einem centralen, von denen der letztere, obschon eine morphologische Neubildung, dennoch von v. Beneden in seinen neueren Arbeiten als mit dem Keimbläschen genetisch zu- sammenhängend angesehen wird. Aus Bischoffs??) Untersuchung 55) Entwicklungsgeschichte der Unke, 1875. 36) In Bulletins de l’Acad. Roy. de Belg. 1876. 37) Histoire naturelle, developpement et metamorphose de la Salamandre terrestre, 1854. Ich kenne diese Arbeit bloss aus den Citaten, die Götte und v. Bambeke geben. Sie selbst war mir nicht zugänglich. 39) Archive de Biologie, Bd. 1, 1880. Bulletins de !’Acad. Roy. de Belg. 1876. #°) Archiv von His und Braune, 1878. Reifung und Furchung des Reptilieneies. 37 über die Zeichen der Reife der Säugethiereier ergiebt sich, dass das Keimbläschen meist schon im Ovarium nicht mehr zu finden ist, zu- weilen aber mit in den Eileiter übergeht und hier dann alsbald schwindet ohne weitere direete Verwendung. Nach der in diesem Jahre über die Säugethiereier erschienenen Arbeit von Rein (s. An- merk. 23) endlich plattet sich das Keimbläschen ab, wird unregel- mässig faltig und verlässt in Form eines Richtungskörpers das Ei, nachdem, wie aus der Volum-Abnahme wahrscheinlich gemacht wird, ein Theil desselben in den Dotter hineingetreten ist. Ueber Reins Eikern siehe oben. Damit schliesse ich die Litteratur-Angaben ab; sie werden zur Genüge gezeigt haben, wie viel auf diesem Gebiete noch zu thun übrig bleibt, bis darin völlig klar gesehen werden kann. Wenn sich aus den gegebenen Citaten ein Faecit ziehen lässt, so scheint sich mir zu ergeben, dass trotz vieler widersprechender An- gaben das Schwergewicht der Meinungen auf derjenigen Seite liegt, welche den Uebergang morphologischer Keimbläschentheile in spätere Kernbildungen bestreitet, ohne dabei leugnen zu wollen, dass viel- leicht dennoch aus Substanztheilen des Keimbläschens, die sich dem Dotter beigemischt haben, secundär Kerne sich concentrieren. 3. Die Furchung. Nachdem ich zuerst die Constitution der Eizelle und dann die Schicksale des Keimbläschens geschildert habe, will ich noch die ersten Entwicklungserscheinungen des befruchteten Eies bis zur Bildung der Keimhöhle beschreiben. Bekanntlich gilt ganz allgemein der Satz, dass am Reptilienei die Furchung durchaus in gleicher Weise verlaufe wie am Vogelei. Ja es hat sich diese These so sehr eingebürgert, dass man sich kaum die Mühe genommen hat, sie genauer zu prüfen. Es haben über die innern Vorgänge bei der Furchung des Reptilieneies bloss Kupfer und Benecke (s. Anm. 28) einige wenige Angaben gemacht. Das Nachfolgende mag zeigen, wie vorsichtig man in solehen Verallgemeinerungen vorgehen muss, wenn man sich vor Irrthümern hüten will. Es ist übrigens auch die Furchung des Vogeleies bis jetzt im Grunde wenig bearbeitet worden. Neuere genaue Angaben über die allerersten Stadien ver- N 38 C. F. SARASIN: danken wir bloss Kölliker (s. Anm. 15) und Oellacher (s. Anm. 27); Götte*‘) und Rauber*!) beginnen ihre Untersuchungen mit Eiern, an denen die ersten Embryonalvorgänge schon abgelaufen waren. Es mag diese spärliche Bearbeitung der ersten Stadien allerdings in der Schwierigkeit ihren Grund haben, mit der das betreffende Material zu beschaffen ist. Ich selbst habe etwa dreihundert trächtige Eidechsen geöffnet und doch nur in vier Thieren Eier mit den ersten Furchungslinien gesehen. Vom Wellensittich, mit dessen Eiern ich gerne meine an Reptilien gewonnenen Resultate verglichen hätte, gelang es mir ganz und gar nicht, die allerersten Bildungen zu erhalten. Das Schema, wie es gegenwärtig für die Furchungs- processe der Reptilien und Vögel gilt, ist ein enorm einfaches: „zuerst tritt eine einzige Furche auf; eine zweite schneidet sie senk- recht; die vier Segmente werden in achte getheilt; die Gipfel der convergierenden Dreiecke schnüren sich ab; die peripherischen Segmente theilen sich durch radiäre Linien weiter; neue Kugeln werden centralwärts frei; die acht zuerst abgeschnürten Kugeln theilen sich in kleinere und so weiter, bis endlich die ganze Keimschicht in Zellen aufgelöst ist.* Für die bloss oberflächliche Betrachtung verhält sich allerdings das Reptilienei so; aber auf Durchschnitten zeigen sich Verhältnisse, die sich mit dem, was wir bis jetzt. von der Furchung der meroblastischen Wirbelthiereier kennen, nicht ver- einigen lassen. Eine Serie von Flächenbildern der Eidechsenfurchung zu geben, habe ich desshalb unterlassen, weil Agassiz und Clark (s. Anm. 8) in ihrer embryology of the turtle eine Anzahl ausser- ordentlich schöner Flächenbilder geliefert haben. Nur ein Einziges habe ich gegeben (II, Fig. 20), weil es mir darauf ankam, ein Stadium, durch welches ich mehrere Serien legte, genau zu prä- ceisieren. Ich bemerke gleich noch, dass ich stets die Keimscheiben in Verbindung mit dem ganzen Dotter härtete, um jegliche Faltung zu vermeiden; nachher konnten sie dann leicht abgetrennt werden; manche wurden auch mit dem ganzen anhängenden Dotter in Serien zerlegt. 3 Die erste Furche liegt, wie ich aus mehrern Serien ersehe, nicht ganz central (conf. Kölliker); sie schneidet bald senkrecht zur Oberfläche, bald etwas schief in den feinkörnigen Keimpol ein. #%) Archiv für mikr. Anatomie, Bd. 10. #1) Stellung des Hühnchens im Entwicklungsplan, 1876. Reifung und Furchung des Reptilieneies. 39 Statt in Form einer geraden Linie (Fig. 19) fand ich sie manchmal, wie es auch Oellacher vom Hühnchen beschreibt, mit welligem Contour (Fig. 21). Ich sah sie sehr verschieden weit in die Keim- schicht eindringen, bald kaum den sechsten, bald etwa den dritten Theil der feinkörnigen Schicht durchsetzen. Oellacher lässt sie im Dotter auf einen dreieckigen Hohlraum stossen, von welchem aus ein, die zwei Segmente von unten abtrennender Contour nach beiden Seiten hin laufen soll. Ich habe die erste Furche stets spitz enden und niemals auf eine horizontale Querfurche stossen sehen. Das Verhältniss der Furche zum Keimbläschenrest wurde bereits besprochen. Die Kuppen der zwei Keimhälften sind ausserordentlich reich an Protoplasma und arm an Dotterkörnern. Die ersten Kerne betreffend habe ich schon erwähnt, dass es mir nicht möglich gewesen ist, den Uebergang eines morphologischen Keimbläschentheils in eine Kernbildung nachzuweisen. In den vier Serien, die ich durch das erste Stadium legte, ist es mir nur einmal gelungen, auf der einen Seite der Furche ein helles Bläschen zu finden, welches wahrscheinlich als Kern angesprochen werden kann; bei starker Vergrösserung zeigte es eine Einschnürung und einige feine Inhaltskörnchen. Die ausserordentliche Zartheit dieser Gebilde trägt wohl die Schuld daran, dass sie so schwer zu finden sind. Kupfer und Benecke waren darin glücklicher als ich; sie beschreiben links und rechts von der ersten Furche einen Kern. Serien durch Stadien, wie Fig. 20 eines repräsentiert, ergeben folgendes: Die Furchen, welche nun bereits in grösserer Zahl in die feine Keimschicht einschneiden, enden frei und stossen nicht, wie Oellacher will, auf eine horizontale Querfurche. Es hängen daher die Segmente mit der Unterlage zusammen. Die Furchen selbst sind von sehr wechselnder Gestalt; bald erscheinen sie bloss als scharfe schmale Linien; bald beginnen sie an der Peripherie mit einem mehr oder weniger weiten Trichter und zeigen in ihrem Ver- lauf mehrere Erweiterungen und Verengerungen, wie wir Achnliches durch Balfour (s. Anm. 4) von Elasmobranchiern kennen; viele stossen unten im feinkörnigen Dotter auf kleine Hohlräume, die meist eine rundliche Form besitzen, manchmal auch unregelmässig begrenzt sind; wieder andere Furchen’‘ entlassen von ihrem untern Ende aus kurze Seitenfurchen, die ihrerseits kugelig sich erweitern können (Fig. 22). Besonders diejenigen Furchen, welche die mittleren 40 C. F. SARASIN: kleineren Segmente begrenzen, sind manchmal ziemlich stark ge- bogen, so dass die innern Furchungskugeln zuweilen theilweise vom unterliegenden feinen Dotter abgegrenzt sind. So weit wie Kölliker beim Hühnchen auf seiner Zeichnung (Fig. 19 seines Lehrbuches) eine der mittleren Kugeln sich abschnüren lässt, habe ich es bei der Eidechse nur äusserst selten gesehen. Die Regel ist, dass diese grossen Segmente überhaupt nie sich abschnüren, sondern noch mit der Unterlage verbunden sich weiter zerklüften. In diesem Stadium be- ginnt eine Zellbildung ganz anderer Art, die merkwürdiger Weise bis jetzt völlig übersehen worden ist. Dieselbe vermag unsere Anschauungen über das Wesen des Furchungsprocesses der Vertebrateneier beträcht- lich zu modifieieren. In der Tiefe der Furchen nämlich, meist in den oben beschriebenen Hohlräumen, bilden sich von der unterliegenden feinen Substanz aus kleine rundliche Hervorwölbungen. Dieselben wachsen mehr und mehr aus dem Mutterboden hervor, runden sich ab und stehen endlich nur noch durch einen dünnen Stiel feiner Substanz mit der Unterlage in Verbindung (Fig. 23 und 24). Oft, aber nicht immer, ist ein Kern in der Hervorragung sichtbar; eine dunkle dichtere Stelle, die manchmal im Dotter unterhalb des Abschnürungs- punktes zu bemerken ist, scheint darauf hinzudeuten, dass eine Kern- hälfte im unterliegenden Theile zurückbleibt.. Endlich, wenn auch der oben beschriebene Stiel durchgerissen ist, liegt eine freie Zelle im Grunde der Furche. Es besitzen diese neu gebildeten Zellen oft schon die Kleinheit der späteren Keimblätterelemente. Eine ge- sonderte Membran lässt sich daran mit Sicherheit nicht nachweisen; dagegen sind sie durch eine scharfe Linie begrenzt. Den Process der Abschnürung selbst habe ich nicht so oft beobachtet als das Vorhandensein schon abgeschnürter Zellen. Solche fand ich häufig frei in den Furchen oder in dem oberen Trichter derselben. Aus dem letzteren Befunde scheint hervorzugehen, dass sie die Fähig- keit haben, aus der Tiefe an die Oberfläche zu wandern. Nicht nur in der Tiefe der Furchen schnüren sich solche Zellen ab, son- dern ebenso an der freien Oberfläche der Furchungssegmente direct unterhalb der Dotterhaut. Auch hier bilden sich Vorwölbungen, die endlich als freie Zellen in kleinen Gruben der Furchungshügel liegen. Die Figuren 26—29 zeigen solche an der freien Fläche der Keimschicht sich loslösende Zellen. Die deutlich bekernte Zelle der Fig. 26 ist von amöboider lappiger Form; schärfer sind die Reifung und Furchung des Reptilieneies, 41 andern begrenzt. Unterhalb zweier derselben sind Kerne im feinen Dotter sichtbar, woraus auf einen Kerntheilungsprocess bei der Bildung dieser Zellen geschlossen werden kann. In Fig. 30 endlich habe ich eine Zelle gegeben, die in einer kleinen Höhlung der Oberfläche eines Furchungssegmentes eingelagert liegt. Was den Ort auf der Keimscheibe betrifft, an welchem sich solche kleine Zellen bilden, so lässt sich nur angeben, dass ihre Abschnürung überall stattfinden kann. Am seltensten beinahe scheint mir ihre Bildung im Centrum der Furchungsscheibe zu sein, wo doch für die Flächenbetrachtung die kleinsten Kugeln liegen. Häufiger trifft man sie in den peripherischen Gebieten an, im Bezirk der grossen durch radiäre Furchen begrenzten Segmente. Ich habe sogar einmal auf einem Schnitt, der ausserhalb sämmtlicher Furchen gefallen war, noch ein solches Körperchen sich von der Oberfläche der Keim- schicht abschnüren sehen. Es scheint also hierin eine grosse Willkür zu herrschen, wie auch, um es gleich jetzt zu bemerken, die Furchen vollständig unabhängig von einander auftreten können, so dass manchmal eine weit ausserhalb aller Andern sich zu bilden beginnt. Diese letztere Beobachtung finde ich auch bei Kupfer und Benecke bestätigt. Gewisse Furchen, in denen Zellen sich abschnüren, sind nur durch ein oder zwei Schnitte zu verfolgen, scheinen also gewissermaassen nur eine Folge der Zellbildung in der Tiefe zu sein. Doch sind hierbei allerdings Täuschungen leicht möglich, besonders wenn eine etwas gebogene Furche zum grössten Theil in die Schnittrichtung fällt. In einer der Serien durch das Stadium Fig. 20 zählte ich 11 solcher kleiner Zellen, in einem andern deren 6. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, dass in den betreffenden Stadien überhaupt nur gerade diese Anzahl vorhanden gewesen sei, da beim Schneiden leicht einzelne verloren gehen können. Ich habe in diesem Stadium vergeblich nach Kernfiguren ge- sucht. Die Kerne, die hin und wieder in den kleinen abgeschnürten Zellen sich zeigten, waren scharf begrenzte, oft nicht ganz regel- mässige ünd manchmal mit deutlichen Inhaltskörnchen versehene Bläschen. In der durch Fig. 25 dargestellten, in der Mündung einer Furche gelegenen Zelle bemerkt man deutlich zwei Kerne, die aber bei abwechselndem Heben und Senken des Tubus als zu- sammenhängend erkannt werden können. In den grossen Furchungs- segmenten sah ich wie im ersten Stadium helle, umfangreiche 42 C. F. SARASIN: Bläschen, ausserdem oft unterhalb der sich loslösenden Knospen einzelne kleinere inhaltsreichere Kerne und, wenngleich seltener, Häufchen von 2. oder 3 solchen Gebilden, welche vielleicht durch Zerfall der grösseren Bläschen entstanden sind. Es ist dies um so wahrscheinlicher, als die umfangreicheren Bläschen meist durch Ein- schnürungen und Buckeln wie zusammengesetzte Gebilde erscheinen. Von der Oberfläche der Segmente und aus der Tiefe der Furchen lässt sich, wie schon früher gesagt, beim Schneiden manch- mal eine membranartige Lage loslösen. Es scheinen dann in diesem Falle die kleinen abgeschnürten Zellen der Furchen zwischen zwei Häuten zu liegen, der eben genannten und der Dotterhaut. Ueber die Bedeutung der ersteren habe ich schon gesprochen. Sie er- scheint übrigens nicht in allen Serien desselben Stadiums gleich diek; manchmal ist sogar bloss ein schmaler hyaliner Randsaum an den freien Flächen zu erkennen. Vielleicht ist derselbe ein Product der Reagentien. In dem nächsten Stadium, welches ich besitze, war für die Oberflächenbetrachtung bereits ein ziemlich grosses Feld von ab- gegrenzten Furchungskugeln sichtbar, während sich die Peripherie der Scheibe von radiär gestellten Segmenten eingenommen zeigte. In den Randpartien traf ich noch ziemlich häufig im Grunde der Furchen sich abschnürende kleine Zellen oder solche, die be- reits frei zwischen den Rändern und an der Oberfläche der Furchen lagen. Uebrigens waren die Zellen, welche in den Tiefen der Furchen ihren Ursprung nahmen, nicht immer von kleiner Gestalt, sondern manchmal $ah ich auch solche von beträchtlicher Grösse am Grunde der Furchen sich bilden. Fig. 31 zeigt eme Furche aus diesem Stadium; dieselbe stösst auf eine grosse, nur theilweise abgegrenzte Kugel, deren breite Basis noch mit dem unterliegenden feinen Dotter zusammenhängt. (Was die Grössenverhältnisse betrifft, so bemerke ich, dass der oben an der Tafel III gezeichnete Maass- stab für alle Bilder gilt, bei denen nichts Weiteres angegeben ist.) In andern, aber seltenen Fällen fand ich, dass nicht nur eine einzige Zelle, sondern selbst ein ganzes Nest von solchen, am Grunde einer Furche sich bildete. In Fig. 32 habe ich eines dieser sonderbaren Furchungsbilder gezeichnet. Diese eben geschilderten Verhältnisse beziehen sich auf die mehr peripherischen Theile der Keimscheibe. Viel weiter vorge- Reifung und Furchung des Reptilieneies. 43 schritten in der Furchung waren die centraler gelegenen Partieen derselben. In der Mitte lagen schon 2—3 Furchungsstücke über einander, und auch an andern Stellen der Keimscheibe — es scheint hierin grosse Regellosigkeit zu herrschen — waren ebenfalls mehrere Lagen von Segmenten gebildet worden. Es geschieht diese Neu- bildung scheinbar auf zweierlei Weise. Einestheils entstehen an der Oberfläche der Furchungskugeln und in den Furchen die bekannten Vorwölbungen, die meist mit deutlichem Kern versehen sich ab- schnüren und zu freien Zellen werden. Im Bilde 33 sieht man, wie eine solche Zellknospe nur noch mit schmalem Stiele, eine andere mit breiterer Basis mit dem Mutterboden zusammenhängen. Die Fig. 34 zeigt ferner eine mit der Unterlage verbundene Furchungs- kugel, deren Oberfläche in 4 Lappen getheilt ist, so dass sie im Kleinen ungefähr das Aussehen wiederholt, welches in früheren Stadien die ganze Keimscheibe geboten hatte. Solche Bilder sind übrigens nicht häufig; auch Zellen grösseren Kalibers können sich an der Oberfläche ganz oder theilweise abschnüren. Andererseits zerklüftet sich der unterliegende feine Dotter. Es zeigen die Figuren 35 und 36, welch unregelmässige Formen von Theilstücken durch die Furchen aus dem feinen Dotter herausgeschnitten werden. Es entstehen, wie man sieht, die sonderbarst gestalteten Gebilde; bald sind sie mehr rundlich, bald aufs unregelmässigste polyedrisch, so dass sie auf die verschiedenste Weise sich in einander keilen. Zu- gleich ist ihre Grösse äusserst variabel; man erkennt auf Fig. 36, dass zwischen den mächtigen, tief gelegenen Stücken auch solche von ganz geringem Umfang sich bilden. Vorhin habe ich gesagt, dass die Furchung scheinbar auf zwei verschiedene Weisen stattfinde, einestheils durch Abschnürung an der Oberfläche der Keimscheibe und andererseits durch Zerklüftung der feinen Masse. Dieser Unterschied existiert aber in Wirklich- keit nicht; denn man sieht leicht ein, dass es sich in beiden Fällen um wesentlich den gleichen Vorgang handelt. Auch die grossen und kleinen in der Tiefe sich scheinbar durch Zerklüftung der feinen Masse bildenden Segmente, wie sie die Fig. 35 und 36 zeigen, knospen sich genau wie die Zellen der Oberfläche langsam von ihrem Mutterboden los, mit welchem sie noch geraume Zeit, nach- dem ihre oberen Partien schon fertig umgrenzt sind, zusammen hängen. Man bemerkt ferner, wie aus den noch nicht einmal ganz 44 C. F. SARASIN: abgeschnürten grossen Knospen schon wieder kleinere sich nach oben hin loszulösen beginnen. Während an einzelnen Theilen der Keimscheibe schon mehrere Segmente über einander gelagert waren, bedeckte an andern Stellen erst eine einfache Lage von Furchungsstücken den feinkörnigen Dotter (Fig. 37). Auch in diesem Stadium zeigten die Furchen an vielen Stellen, wie ich es früher schon geschildert habe, kleine Erweiterungen, und die Segmente stiessen meist mit beträchtlichen Intercellularräumen an einander. Die Grenzen der Furchungskugeln erschienen als zarte hyaline Säume oder einfache scharfe Linien; von einer beim Schneiden sich ablösenden Schicht, wie sie früher vorhanden gewesen, war nichts mehr zu erkennen. Während ich im letzten Stadium vergeblich nach Kernfiguren geforscht hatte, sind sie jetzt in reichlichster Zahl vorhanden. In mehreren der grösseren, noch mit der Unterlage verbundenen Furchungssegmenten zählte ich 2 oder 3 schön ausgebildete Kern- spindeln; mehrere lagen in tiefern, noch nicht von Furchen be- grenzten Partieen. Ebenso gelang es mir, wenn auch nicht häufig, unterhalb von Zellen, die sich eben losgeknospt zu haben schienen, freie Kernsonnen im Dotter zu erkennen. Auch das scheint wieder darauf hinzuweisen, dass bei der Knospenbildung Kerntheilung statt- finden kann, so zwar, dass das eine Theilstück zum Kern der Knospe wird, das andere frei im unterliegenden Dotter zurückbleibt. Neben den Kernfiguren waren in den bereits abgeschnürten oder noch mit der Unterlage verbundenen Furchungsstücken grössere und kleinere helle, meist mit unregelmässigen Buckeln versehene Kerne vorhanden. Das Innere derselben war in der Regel durch Linien, welche aus Reihen feiner Körnchen zu bestehen schienen, in Felder getheilt. “Andere waren in ein Häufchen kleiner Kerne zerfallen. Ganz ähnlich verhielt sich ein zweites Ei aus demselben Ei- leiter, dem das eben beschriebene entnommen worden war. Auch hier zeigten sich viele Kernspindeln in den Segmenten, und am Rande der Furchungsscheibe lagen wiederum wie oben kleine Zellen in den Furchen oder in deren Mündung (Taf. III 38, IV 39, 40, 41). Bei andern, in der Tiefe sich bildenden Knospen hingegen konnte ich einige wenige Male keine Verbindungslinie zur Oberfläche er- kennen (Fig. 42), so dass in diesen Fällen die Furche erst eine secundäre Erscheinung sein würde. Allein es ist dabei wohl zu Reifung und Furchung des Reptilieneies. 45 bedenken, dass die Furchungslinien oft von grosser Feinheit sind, so dass sie manchmal kaum durch die Körnermasse hindurch ver- folgt werden können; ebenso dürften unter Umständen ungünstige schiefe Schnitte zu Täuschungen Veranlassung geben (vergl. auch das oben Gesagte). Im nächstfolgenden Stadium, welches mir zur Verfügung stand, waren in den mittleren Theilen der Keimscheibe bereits mehrere, meist 3 Lagen, allseitig abgeschnürter Zellen zu sehen. Dieselben waren von geringerer Grösse als die früheren Segmente und die obersten begannen sich bereits zu einem, wenngleich noch höchst unregelmässigen Epithel anzuordnen. Von unten und von der Peri- pherie her, deren mächtige Segmente einen gegen die übrigen Theile abstechenden Randwulst darstellten, wurden neue Zellen in grosser Zahl geliefert. Kernspindeln waren seltener als früher zu finden, nur in den Randtheilen noch ziemlich häufig anzutreffen. Es ist dies um so bemerkenswerther, als die Zahl der vorhandenen Zellen und Kerne gegenüber von früher bedeutend zugenommen hat. Reichlich fanden sich wieder bläschenartige Kerne mit vielen Buckeln und Trennungslinien (Fig. 43) und kleinere Kerne mit zahl- reichen Inhaltskörnern. Ein wenig weiter entwickelte Eier zeigen bereits unterhalb der mittleren Partieen der durchfurchten Keim- schicht eine Keimhöhle, während die mehr peripherischen Theile mit ihrer Unterlage fest verbunden sind. Oberhalb der Keimhöhle be- steht das Blastoderm aus 3 oder 4 Lagen kleiner Zellen, die durch Theilung aus den früheren umfangreicheren Stücken hervorgegangen sind; gegen den Rand hin werden diese Zellen nicht nur grösser, sondern auch zahlreicher, so dass an vielen Stellen schon 5 oder 6 Segmente übereinander gelagert erscheinen. Besonders mächtig aber wird die Keimhaut gegen einen Theil des Randwulstes hin. An dieser Stelle zählte ich 7, selbst 8 übereinander geschichtete Zellen. Es steht dieser in seiner Entwicklung vorgeschrittene Ort wahr- scheinlich mit dem Auftreten der ersten Embryonalanlage in Zu- sammenhang. Die Fig. 44 giebt aus dieser Serie einen Schnitt wieder, der in ziemlich geringer Entfernung vom Randwulst durch die Keim- schicht gelegt, gerade noch ausserhalb der mehr centralen Keim- höhle gefallen war. Es erscheinen hier vor Allem die mächtigen Segmente des Randes bemerkenswerth. Dieselben hängen mit dem 46 C. F. SARASIN: unterliegenden Dotter fest zusammen. Die Einschnürungen, welche eines dieser Segmente (a) zeigt, beweisen, dass neue Zellen hier geliefert werden. Eine andere junge Zelle erscheint bei D in dem Trichter, welchen eine die grossen Randstücke trennende Furche bildet. Die umfangreichen Randsegmente enthalten reichlich grobe Dotterkörner; ja es giebt solche, die fast ganz damit angefüllt sind, so dass dann darin nur ganz wenig feine Substanz um einen Kern herum concentriert inmitten der grossen Dotterkörner anzutreffen ist (Fig. 45). Es bestätigt also dieses Uebergreifen der Furchung in den groben Dotter völlig das, was ich oben bei der Schilderung der Entwicklung des Eies über das Verhältniss des Keims zum übrigen Ei klar zu legen versucht habe. Betrachten wir auf Fig. 44 nun auch die Unterlage des Blasto- derms, so sehen wir, dass die untersten Segmente ebenso wie die vorhin geschilderten Randstücke mit dem Dotter verbunden sind. (Vergl. für das Hühnchen Kölliker und Götte). Die untersten Theilstücke sind meist von beträchtlicher Grösse und reichen weit in den groben Dotter hinein. In den Kuppen dieser Segmente zeigt sich feinkörnige Substanz reichlicher als sonstwo angesammelt, und diese Kuppen sind es dann, die durch Abschnürung als Zellen frei werden. Man bemerkt auch in der Figur bei c, d und e, dass in den Furchen zwischen den grossen Segmenten, genau wie es oben beim Beginn der Furchung geschildert worden war, Zellen von auffallend kleiner Gestalt entstehen und sich dem Blastoderm bei- mischen können. In den Gebieten, welche weiter centralwärts liegen, als der geschilderte Schnitt gefallen war, haben sich die abgeknospten Zellen von ihrer Unterlage getrennt, und dadurch ist es zur Bildung der Keimhöhle gekommen. Der Boden derselben ist anfangs, wie es schon mehrfach vom Hühnchen beschrieben wurde, das genaue Relief der abgelösten Zellstücke. Erst später ebnet sich der Boden mehr und mehr. Trotz der Bildung der Keimhöhle hat die Lieferung neuer Zellen von unten her nicht aufgehört, sondern es bilden sich immer noch reichlich neue, meist mit deutlichem Kern versehene, grobkörnige Knospen, die sich ablösen und dem Blastoderm bei- mischen. Die Fig. 46, 47, 48 geben solche Knospen des Keim- höhlenbodens wieder. Die häufig in und ausserhalb der Knospen a} Reifung und Furchung des Reptilieneies. 47 vorkommenden - Kerne widerlegen die Behauptung Disse’s, nach welcher diese spät gebildeten Zellen nichts als Nahrungsballen sein sollen. Ich sehe mit Kölliker keinen Grund ein, warum Götte, welcher, so viel ich weiss, zuerst diese Art der Zellenbildung be- schrieben und mit Knospung verglichen hat, diese Elemente als „Dotterzellen“ den Zellen des Blastoderms gegenüberstellt und sie eine besondere Entwicklung durchmachen lässt. Dieselben legen sich einfach an das Blastoderm an und helfen seine untern Lagen . verstärken. (Conf. für diese Zellen auch Kidd*°). Keimblätter sind in diesem Stadium noch keine gebildet; die unregelmässig polyedrischen oder rundlichen Zellen des Blastoderms lagern sich höchst verschiedenartig und mit wechselnd gestalteten Intercellularräumen aneinander. Bloss die obersten Zellen haben sich zu einer festeren Lage zusammengeschlossen. Es ist ferner be- merkenswerth, dass zwischen den kleinen Zellen, besonders gegen den Rand hin, manchmal noch grosse, von der Furchung völlig un- berührte Stücke feiner Dottersubstanz anzutreffen sind. Fig. 49 soll diese Unregelmässigkeit der Furchung veranschaulichen. Sie zeigt ein grosses ungefurchtes Stück, welches die Lagen der kleinen Blasto- dermzellen unterbricht. Es ergiebt sich also die Furchung des Eidechseneies als ein höchst unregelmässig verlaufender Knospungsprocess, durch welchen Stücke von sehr wechselnder Grösse von ihrer Unterlage abge- schnürt werden. Wie in den Grössenverhältnissen, so herrscht auch in der räumlichen Vertheilung derselben grosse Licenz, indem Theile der Keimschicht den andern in der Furchung vorauseilen, gewisse Stücke aber, wie wir eben sahen, lange von der Furchung ausge- schlossen bleiben können. Die freien Stücke theilen sich dann weiter, und endlich ordnen sich die Zellen in Lagen. Manche Fur- chungserscheinungen erinnern übrigens auch an endogene Zellbildung. Wenn man will, kann man überhaupt den ganzen Furchungsprocess als endogen bezeichnen, da er ja innerhalb der Membran der Mutter- zelle verläuft. In dem letzt beschriebenen Stadium habe ich von den schön aus- gebildeten Kernspindeln gar keine mehr entdecken können; ich sah an ihrer Stelle bloss Häufchen glänzender Körner und Fäserchen, dieja auch *2) Quart. Journ, of mier. Se. 1877. 48 C. F. SARASIN: auf einen Theilungszustand des Kernes hinweisen. Von welcher Eigenschaft der Kerne das Fehlen der Spindeln abhängen mag, ist mir unbekannt. Genug, dass auch Balfour von den Elasmo- branchiern berichtet, dass im den frühen Furchungsstadien Doppel- coni häufig anzutreffen, später aber trotz der vermehrten Zellenzahl rar seien. In den abgeschnürten Zellen waren fast ausnahmslos schöne Kerne zu erkennen, bald in Einzahl, hald zu 2, selbst zu 3 oder 4 in einer Zelle. Ihre Grösse erwies sich als sehr variabel und schien von der Zellgrösse unabhängig zu sein; denn oft lagen | grosse Kerne in kleinen, kleine hingegen in grossen Zellen. Fast durchweg waren sie sehr inhaltsreich, wie es in früheren Stadien nur wenige Kerne gewesen waren, und färbten sich stark mit Picro- carmin; sie waren meist von einem hellen Hof sehr feiner Substanz umgeben. Mehrere Male habe ich Bilder von Kernen erhalten, die auf eine Vermehrung derselben durch Knospung hinzudeuten schienen; ein solches habe ich in Fig. 50 gegeben: Ein länglicher Kern einer dem Rande nah gelegenen Zelle hatte zwei Vorsprünge getrieben, die wie Knospen an dem grösseren Kerne aufsassen und wahr- scheinlich im Begriffe waren, sich abzutrennen. Es würden also ver- schiedene Vermehrungsarten von Kernen neben einander vorkommen: erstlich Theilung mit den bekannten Erscheinungen der Karyokinese und ferner Knospung wie in dem eben geschilderten Falle. Oben habe ich schon von Kernen gesprochen, welche mit zahlreichen Buckeln versehen waren und daneben Häufchen von Kernen ge- schildert, deren Entstehung aus diesen mannigfach gestalteten Ge- bilden ich wahrscheinlich zu machen suchte. Wenn dies sich wirk- lich so verhält, so findet auch in diesem Falle ein Zerfall des Mutter- kerns in Theilstücke statt ohne eine Auflösung in Kernfiguren. Kern- häufchen haben auch Oellacher (s. Anm. 31) und Waldner*?) bei der Forelle beschrieben, letzterer auch bei Batrachiern und Vögeln; ebenso kennen wir von Elasmobranchiern Kerne mit Trennungslinien im Innern und mit Buckeln. Dabei herrscht völlige Unabhängigkeit zwischen Kerntheilung und Zelltheilung. In den grossen noch nicht freien Randsegmenten sind häufig mehrere Kerne nahe bei einander anzutreffen. Dieselben sind oft von ganz ausserordentlicher Grösse, nieht immer runälich, oft oval 43) Berichte des naturw.-med. Vereins in Innsbruck, XI, 1880/81. Reifung und Furchung des Reptilieneies. 49 (Fig. 45), selbst tropfenförmig (Fig. 51). Ebenso kommen im Boden der Keimhöhle neben kleinen Kernen ganz enorm grosse Formen vor. Diese umfangreichen Gebilde sind meist inhaltsärmer als die kleineren und tragen wie die aus früheren Stadien erwähnten Kerne den Charakter heller Bläschen. (Für freie Kerne im Rand- wulst und Keimihöhlenboden von Vögeln vergl. Götte, Kidd und Rauber). Es ist oben gesagt worden, dass unterhalb der sich loslösenden Knospen Kerne und Kernsonnen im freien Dotter zurückbleibend angetroffen werden. Ein Theil der freien Dotterkerne ist also als Theilproduct älterer Kerne anzusehen. Ich halte es aber für äusserst wahrscheinlich, dass immer fort im Randwulst und in der unterhalb der abgeschnürten Zellen liegenden feinkörnigen Masse neue Kerne sich concentrieren. Es spricht dafür nicht nur die enorme Grösse und das embryonale Aussehen vieler Kerne der genannten Partieen, sondern auch das Auftreten von Kernen in Segmenten des Keim- randes, welehe von den andern durch Lagen grober Dotterkörner getrennt sind (Fig. 45). Es scheint also bei der Eidechse keine Continuität der Kerngenerationen stattzufinden, wie sie für andere Thiere aufgestellt worden ist. Es kann dies übrigens uns nicht so sehr verwundern, da wir ja wissen, dass auch der erste Kern des Eies, das Keimbläschen, bei diesem Thiere nicht direct in ein Kern- gebilde übergeht, sondern an der Eioberfläche sein morphologisches Dasein endet. Zu demselben Resultat sind für die Reptilien auch Kupfer und Benecke, für die Teleostier u. A. van Beneden, für die Elasmobranchier Balfour gekommen; doch hält letzterer in seinem Lehrbuch aus theoretischen Gründen immer noch eine Ab- stammung der Kerne von einem ersten Eikern für möglich. Wenn man ein älteres Ei, welches bereits umwachsen ist und einen schon weit entwickelten Embryo trägt, in Schnitte zerlegt, so bemerkt man, dass zwischen den Dotterkörnern der ganzen peripherischen Eizone in reichlicher Zahl freie Zellkerne und Zellen zerstreut liegen (ef. Raubers [Anmerk. 41] Bilder). Die Kerne sind von äusserst verschiedener Gestalt und Grösse, ent- halten aber immer ein oder mehrere dunkle Kernkörper; manchmal sind die Kerne in einer abgegrenzten Zelle eingeschlossen, manch- mal bloss von etwas Plasma umgeben, manchmal auch scheinen sie 4 50 €. F. SARASIN: völlig frei zu liegen. His**) hat solche „Parablastkörper“, wie er sie nennt, aus dem Keimwall beschrieben, ist aber nicht ganz sicher, ob wirkliche Kerngebilde vorliegen, da bis jetzt stets Kernfiguren ver- misst worden sind. Dieselben sind allerdings ausserordentlich selten; ich habe eigentlich nur ein einziges Mal eine deutliche Kernfigur in einer solchen Zelle des Dotters gesehen (Fig. 52). Es genügt diese eine aber völlig, um die Kernnatur der genannten Gebilde darzuthun, da wir bis jetzt solche Figuren nur von ächten Kernen kennen. Kupfer®?) hat aus dem Dotter einer Natter Zellen beschrieben, welche zu gefässartigen Strängen zusammengeordnet waren. In dem Ei der Eidechse, in welchem ich die vorhin geschilderten Zellen und Kerne gefunden habe, war nicht sehr weit unterhalb der Eihaut in der Nähe des Embryos ein breiter gefässartiger Hohlraum inmitten der Dotter- körner durch viele Schnitte hindurch zu verfolgen. Seine Wand war von lose an einander gelagerten Zellen gebildet mit schönen Kernen; an den blinden Enden des Hohlraumes häuften sich die Zellen in drei- bis vierfacher Lage an; manche befanden sich im Innern des Raumes; andere wieder lagen frei in der Umgebung des Gefässes zwischen den Dotterkörnern. Da der Embryo beschädigt war, konnte ich nicht ermitteln, ob dieser Gefässraum mit ihm zusammenhieng oder nicht. Es frägt sich nun, woher die Zellen des Dotters stammen, ob sie von der Embryonalanlage aus im den Dotter einwandern, oder in demselben ihren Ursprung nehmen, eine Durchfurchung desselben darstellend. His lässt sie aus weissen Dotterkörnern sich bilden; nach Kupfer erscheinen zuerst blasse, fein granulierte Kugeln ohne wahre Kerne, aber versehen mit 1—2 Kernkörperchen; diese Formen liegen nach ihm am tiefsten im Dotter; dann folgen gegen die Oberfläche hin gleichfalls kugelige Elemente, in toto leb- haft gefärbt und stärker granuliert, ohne Kerne noch Kernkörper und endlich zu oberst und theilweise an sein Paraderm sich an- schliessend Zellen mit wahren Kernen. Waldeyer (s. Anm. 7) giebt an, dass die Zellen in den oben schon besprochenen Keimfortsätzen um Kerne herum sich bilden, welche von den Furchungskernen de- rivieren. Ich stimme Waldeyer in der Meinung völlig bei, dass die Zellen des Dotters aus dem Plasma entstehen, welches zwischen #) Archiv für Anatomie und Physiologie, 1882. Anat. Abth. #5) Archiv für Anatomie und Physiologie, 1882. Anat. Abth. Reifung und Furchung des Reptilieneies. 51 den Dotterkörnern zurückgeblieben ist. Dasselbe hat sich in der peripherischen Eizone gegenüber den früheren Stadien beträchtlich vermehrt; dies kann zum Theil, wie ich schon oben gesagt habe, dadurch geschehen sein, dass alles im Innern des Dotters noch vor- handene Plasma sich an die Peripherie gezogen hat; andererseits deuten die vielen unregelmässig geformten und in Zerfall begriffenen Dotterkörner darauf hin, dass eine lebhafte Ernährung und Vermehrung des vorhandenen Plasmas stattfindet. Ich differiere aber darin von Waldeyer, dass ich eine völlige Continuität der Kerne nicht annehmen kann. Ich bin nicht im Falle, etwas Bestimmtes über die Bildung dieser Zellen im Dotter aussagen zu können; ich habe nur einige Andeutungen über ihre Entstehung erhalten. Wahrscheinlich spielen die vielen freien Kerne des Keimhöhlenbodens und des Randwulstes eine Rolle dabei. In früheren Stadien vor der Bildung der Keim- höhle sah ich hin und wieder unterhalb der feinkörnigen Keimschicht oder in deren tieferen Theilen zwischen den Dotterkörnern an ein- zelnen Stellen rundliche, ovale oder auch unregelmässig begrenzte Ansammlungen feiner Substanz, die durch ihre Färbung sich scharf von den umgebenden Elementen abhob (Fig. 53). In manchen von ihnen waren kleine kernartige Gebilde oder einzelne dunkle Körner zu erkennen. Von den Zellen der Keimschicht und ihren Kernen waren diese Ansammlungen meist so beträchtlich entfernt, dass ein Uebergang von Kerntheilstücken aus den ersteren in die letzteren nicht wahrscheinlich ist. Es ist zu vermuthen, dass diese im Dotter, wie es scheint, endogen entstehenden Bildungen, die ich allerdings nicht constant angetroffen habe, mit den später so reich- lichen Zellen desselben in Beziehung stehen. Was die Bedeutung der Zellen im Dotter anbelangt, so glaube ich, an die meisten übrigen Autoren mich anschliessend, — allerdings ohne die Sache weiter verfolgt zu haben — dass sie mit der Blutbildung zu thun haben möchten. Waldeyer hat die Zellenbildung im Dotter als „seeundäre Furchung* bezeichnet; ich nehme diesen Namen gerne an, weil ich die Vorgänge im Plasma des Dotters für einen wirk- liehen Durchfurchungsprocess halte, der allerdings in Folge der massenhaft angesammelten Nährsubstanz und des relativ nur spär- lichen Protoplasmas langsam und unregelmässig verläuft. (Für ähn- liche Vorgänge bei Fischen siehe die Arbeiten von Kupfer, van Beneden, Gensch etc.) 4* 52 C. F. SARASIN: Bis jetzt hat, so viel mir bekannt, bloss Strieker°) von mero- blastischen Vertebrateneiern eine Zellbildung an der Oberfläche des Eies durch Knospung beschrieben. Derselbe sah bei der Forelle Buckeln und Höcker sich abschnüren und als Zellen frei werden. Oellacher untersuchte nach Stricker dasselbe Object, schob aber die Resultate Strickers auf die Einwirkung der Chromsäure. Ich habe über diese Streitfrage kein Urtheil, denn so junge Fisch- eier konnte ich nicht bekommen; aber immerhin halte ich es nach meinen Befunden am Reptilienei für wohl möglich, dass Stricker Recht haben könnte. Meine Furchungsstadien sind ebenfalls mit Chromsäure behandelt worden; aber ich denke, dass wohl kaum Jemand Zellen mit Kernen und Kernfiguren, wie ich sie abgebildet habe, für ein Product der von vielen Forschern so gefürchteten Säure ansehen wird. Nähere Anschlüsse als zu den bis jetzt bekannten Furchungs- processen der Wirbelthiereier sind aber zu zahlreichen Eiern von Wirbellosen zu finden. Alle nachfolgenden Citate, bei denen nichts Be- sonderes bemerkt ist, sind Balfours Lehrbuch der Embryologie ent- nommen. Wenn wir z.B. die Furchung von Anodon piscinalis betrachten, so sehen wir, dass das noch ungetheilte, anfänglich gleichmässig mit Körn- chen durchsetzte Ei nach der Befruchtung auf der einen Seite eine plas- mareiche Vorragung hervortreibt, die sich als kleines Segment ab- sondert und weiter theilt, während aus dem mit Nahrungsdotter er- füllten Eie eine zweite Knospe sich loslöst und so weiter, bis endlich eine ansehnliche Zahl kleiner Kugeln das einzige grosse Segment überlagert. Zwischen beiden tritt dann eine trennende Furchungs- höhle auf, und schliesslich theilt sich auch das grosse Segment weiter. Bei vielen Gastropoden und Heteropoden ferner furcht sich das Ei in 4 grosse Kugeln, von welchen jede einen protoplasmatischen und einen Dotterpol aufweist; aus ersterem knospen kleine Segmente hervor, bis endlich eine Mütze von solchen den grossen Kugeln auf- sitzt. Aehnlich verhält sich Leptoplana tremellaris unter den Den- drocoelen. Ihr Ei theilt sich in zwei und dann in vier Theile und von diesen schnüren sich kleine Segmente ab, die sich weiter theilen und allmählig die grossen Segmente einhüllen. Zwischen beiden entsteht eine Furchungshöhle. Aus den grossen Zellen bildet sich #6) Wiener Sitzungsberichte, 1869. Ich kenne leider die Arbeit nur nach Oellachers Citaten, da mir der betreffende Band zufällig nicht zugänglich war. * Reifung und Furchung des Reptilieneies. 53 nachträglich eine vollständige Hypoblastwandung, welche die ursprüng- lichen grossen Segmente umschliesst. Diese letzteren lösen sich später zu einer Art Dottermasse auf. Auch das Ei von Bonellia zeigt schon vor dem Beginn der Furchung einen Gegensatz zwischen einem proto- plasmatischen und einem Dotterpol; zuerst theilt es sich in vier Segmente; am animalen Pol schnüren sich vier kleine plasmatische Zellen ab und lagern sich in die Zwischenräume zwischen den grossen Kugeln; neue Zellen knospen nach und theilen sich weiter, bis eine ganze Schicht kleiner Zellen die vier grossen Kugeln bis auf einen engen Blastoporus umhüllt. Die grossen Kugeln liefern auch weiter noch kleinere Zellen, die sich zu einem Hypoblast anordnen. Aehnliche Verhältnisse sind bei manchen Arthropoden zu Hause. Eine vergleichende Betrachtung des Reptilieneies mit diesen eben geschilderten Vorgängen zeigt nun sofort eine bedeutende Uebereinstimmung. Auch das Eidechsenei besitzt einen plasma- reichen Pol, den Keimpol, und einen an Protoplasma ärmeren Theil. Am Keimpol knospen sich von ihrer Unterlage Zellen los und zwar theils solche von ganz kleiner Gestalt, theils solche von grösserem Umfang. Auch hier bilden die abgeknospten Zellen eine Kappe, die dem Rest des Eies aufsitzt und durch eine Keimhöhle sich von ihm trennt. Allerdings dauert es bei der Eidechse lange Zeit, bis die Um- wachsung des Eies vollendet ist; allein dies ist lediglich als eine Folge der enormen Grösse desselben anzusehen. Auch ist es ja, wie schon oft ausgesprochen wurde, wohl nur Folge der so ausserordentlich massen- haft eingelagerten Nährsubstanz, dass das Eidechsenei nicht, wie es bei den kleineren Eiern meist der Fall ist, in toto sich in Theil- stücke zerklüftet. Dass das im Dotter befindliche Protoplasma von der Zellbildung übrigens nicht ausgeschlossen ist, kann man aus dem oben Gesagten ersehen. Zieht man die Parallele zwischen dem Eidechsenei und den Eiern der genannten Wirbellosen weiter, so ergiebt sich, dass den grossen Furchungskugeln, die ich bei diesen erwähnt habe, der Dotter des Eidechseneies entspricht; das Blastoderm der Reptilien hingegen würde jenen kleinen Zellen gleich zu stellen sein, welche bei jenen Wirbellosen dureh Knospung aus den nahrungsreichen grossen Segmenten ihren Ursprung nehmen. Diese Schicht kleiner Zellen bildet bei den Wirbellosen das Eetoderm der Gastrula;. die grossen innern Kugeln ergeben das Entoderm derselben. Ganz gleich würde beim meroblastischen _ 54 C. F. SARASIN: Vertebratenei der Dotter als Gastrula-Entoderm, das Blastoderm als Gastrula-Ecetoderm anzusprechen sein, und die jeweilige Be- grenzung des Keimes, der Randwulst, erscheint bei dieser An- schauung als Gastrula-Mundrand. Im Randwulst findet der Uebergang des Gastrula-Ectoderms, also des Blastoderms in das Gastrula- Entoderm, den Dotter, statt. Die Gastrula der meroblastischen Vertebrateneier ist also eine völlig symmetrische wie diejenige der Wirbellosen. Wie ich mir die Sache denke, sollen die nachstehen- den schematischen Bilder veranschaulichen. Dass der Gastrulamund nicht in einen bleibenden Mund oder After übergeht, kann nicht Gastrulaectoderm. Blastoderm. - Gastrulamund-e rand. * E ERCHI SET: Randwulst. we s 8 Fu =” [07; eG SI RE IC) =e SR) Gastrulaentoderm. Doltter. “ SG En # & Bithynia tentaculata. Lacerta agllis. mehr befremden, da bereits durch viele Arbeiten dasselbe Verhältniss bei zahlreichen Wirbellosen constatiert worden ist. Das Gastrula- Entoderm, der Dotter, liefert bei der Eidechse, wie oben geschildert worden ist, Zellen, welche das untere Blatt des Blastoderms ver- stärken helfen, vielleicht selbst — es lässt sich dies kaum entscheiden — einzelne Elemente ins Mesoderm abgeben. Es sind das diejenigen Zellen, welche Kupfer als Paraderm bezeichnet hat. Ferner ent- stehen im Dotter weiterhin Zellen, die wahrscheinlich zur Blutbildung Beziehung haben. Nach meiner Auffassung des Blastoderms als Gastrula-Eetoderm erscheint der Darm zum grössten Theil gastrula- Reifung und Furchung des Reptilieneies. Or OT ectodermalen Ursprungs; ganz gleich verhält es sich bei vielen Wir- bellosen. Bei den Insecten z. B. entstehen Vorder- und Hinterdarm durch Einstülpungen des Ectoderms, und bloss der Mitteldarm deriviert — es scheint dieser Punkt allerdings noch etwas streitig zu sem — von den Dotterzellen (hypoblast.). Ebenso sucht Balfour bei den Araneinen das Homologon des Hypoblasts im Dotter; der letztere besteht hier aus polygonalen Zellen, die sich theilen und kleiner werden; aus solchen zelligen Elementen bildet sich das Mesenteron, welches mit Stomodaeum und Proktodaeum sich verbindet. Bei Oniscus scheinen die Dotterzellen hauptsächlich zur Leberbildung zu dienen, und bei Bithynia tentaculata*') geht, abgesehen von einigen, vielleicht in die Mitteldarmbildung eintretenden Zellen, ausschliesslich die Leber aus dem Gastrula-Entoderm hervor, so dass dann der weit- aus grösste Theil des Embryos gastrula-ectodermalen Ursprungs wird. Bekanntlich bildet sich vom Randwulst, also vom Gastrula- Mundrand aus bei niederen Wirbelthieren der Embryo durch Wuche- rung. Nicht so klar sind die Verhältnisse bei den Sauropsiden (vergl. Balfours Lehrbuch). Ich habe zwar an meinen Präparaten eine Ver- diekung eines Theils des Randwulstes gefunden, und es ist von ver- schiedenen Seiten dasselbe bei Vögeln beschrieben worden. Allein es scheint darin keine Constanz zu herrschen. Erst neuerdings hat Gasser®®) darauf hingewiesen, dass bei Vögeln der Primitivstreif den Randwulst bald’erreiche, bald aber unabhängig von ihm entstehe, und bei den Reptilien hat Kupfer den Embryonalschild im Centrum des Blastoderms liegend beschrieben. Balfour hat sich viele Mühe ge- geben, eine Erklärung dafür zu finden; er sieht im Primitivstreif, der vom hintern Ende der Medullarplatte ausgeht, einen Rest der gesuchten Verbindung zwischen Embryo und Blastoporus und hält ihn für ein rudimentäres Organ. Allein dabei sind Gassers eben genannte Beobachtungen nicht zu vergessen, und ferner darf nicht verschwiegen werden, dass Kupfer am Embryonalschild der Eidechse den Primitivstreif vermisst hat. Ebensowenig stimmen die Angaben Strahls*’) mit Balfours Ansichten überein. #7) P. B. Sarasin. Entwicklungsgeschichte der Bithynia tent. in Arbeiten aus d. zool. Institut Würzburg. 1882. 4) Archiv für Anatomie und Physiologie 1882. Anat. Abth. 4°) Archiv für Anatomie und Physiologie 1882. Anat. Abth. 56 C, F. SARASIN: Der Rand des Keimes ist schon oft als Blastoporus angesprochen worden, und zwar aus dem Grunde, weil in ihm das äussere und innere Keimblatt des Blastoderms zusammenhängen. Der Dotter gilt dann nach dieser Anschauung bloss als Anhang des Entoderms, während er nach meiner Ansicht ganz allein das Gastrula-Entoderm repräsentiert. Kupfer hat bekanntlich in einer Einstülpung des Ectoderms am hinteren Rande des Embryonalschildes die Gastrula der Vertebraten gesucht; daher er denn auch den eingestülpten Theil als Urentoderm bezeichnet und dem aus dem Dotter gebildeten Paraderm gegenüber stellt. Allein erstlich mahnt doch das Auftreten verschiedener solcher . Pforten in den Blastodermen der Wirbelthiere (conf. Brauns Ar- beiten und Rauber: „Noch ein Blastoporus“ zool. Anz. 1883) sehr zur Vorsicht in der Deutung derselben als Gastrula-Oeffnungen und scheint darauf hinzuweisen, dass wir es hier viel eher mit secundären Bildungen zu thun haben. Sodann sind in Strahls eben eitierter Arbeit gewichtige Gründe gegen die Gastrulanatur des fraglichen Gebildes enthalten, indem darauf hingewiesen wird, dass die Ein- senkung zu einer Zeit auftrete, in welcher bereits Mesoderm gebildet sei, also die Entstehung dieses letzteren nicht, wie Kupfer dachte, am Rande des Blastoporus stattfinde. Strahl zeigte ferner, dass das Eetoderm weder unmittelbar vor, noch hinter dieser ersten Ein- senkung eine Abgrenzung gegen das Mesoderm besitze, ja dass sogar der Kanal einfach inmitten eines Mesodermwulstes liege und eine Auskleidung seines Lumens mit eingestülpten Ectodermzellen nicht nachweisbar sei. In seiner Arbeit über die Knochenfische hat v. Beneden’®) ebenfalls die Deutoplasmakugel, also den Dotter, als Gastrula-Entoderm angesprochen. Die Vorgänge, die er dabei beschreibt, differieren allerdings beträchtlich von den oben ge- schilderten; v. Beneden lässt gleich nach der Befruchtung das Ei in zwei ungleiche Zellen zerfallen, in den Keim, der sich furcht und das Blastoderm liefert und zweitens in die Deutoplasmakugel mit ihrem sie umgebenden plasmareichen „intermediate layer“, welches durch freie Zellbildung das Epithel des Verdauungskanals und ver- muthlich die Bindegewebs- und Gefässelemente des Mesoderms liefert. Es finden sich auch sonst in der Litteratur schon mehrfache An- deutungen, dass der Dotter das Gastrula-Entoderm repräsentiere; 5°) Quart. Journ. of mier. Se, t. 18. 1878, Reifung und Furchung des Reptilieneies. 57 aber immer musste daneben irgend eine spätere Einstülpung als Gastrulamund fungieren. Meine Ansicht über die Gastrula findet sich bereits in der Arbeit meines Vetters P. B. Sarasin über die Bithynia als Vermuthung ausgesprochen. Gestützt auf meine Unter- suchung des Furchungsprocesses glaube ich diese Vermuthung zur Behauptung erheben zu können. Mit diesen Bemerkungen über die Bedeutung des Dotters will ich meine Arbeit abschliessen, in der Hoffnung, es möchte mir vielleicht gelingen, die Aufmerksamkeit der Embryologen mehr, als es bisher geschehen ist, auf diesen so oft vernachlässigten Theil der Eizelle zu lenken.*) *) Manche der hier gegebenen Resultate habe ich bereits in einer kurzen Mittheilung im biolog. Centralblatt (1883) veröffentlicht. Mehrere durch die Redaction vorgenommene Umstellungen machten in demselben Blatte eine Be- richtigung nöthig. Sollte darin sonst noch etwas unverständlich geblieben sein, so wird dies die vorliegende Arbeit hoffentlich aufklären. — Br Dee BEN DE 12 Bi N SMITHSON I TE | 3 9088 00