di A = | Rois y | S 7 Tome 68 Fascicule 4 (N° 39-42) Décembre 1961 REVUE SUISSE DE ZOOLOGIE ANNALES DE LA SOCIETE SUISSE DE ZOOLOGIE ET DU MUSEUM D’HISTOIRE NATURELLE DE GENEVE MAURICE BEDOT fondateur PUBLIÉE SOUS LA DIRECTION DE EMILE DOTTRENS Directeur du Muséum d’Histoire naturelle de Genève AVEC LA COLLABORATION DE HERMANN GISIN Conservateur des arthropodes et EUGÈNE BINDER Conservateur des invertébrés GENÈVE IMPRIMERIE ALBERT KUNDIG 1961 a Suisse Fr. 75.— REVUE SUISSE DE ZOOLOGIE Tome 68. En cours de publication. H. Heusser. Die Bedeutung der äusseren Situation im Verhalten nz Amphibienarten. Mit 11 Textabbildungen . Robert MATTHEY. Cytologie comparée des Cricetinae paléarctiques È la ricains. Avec 39 figures dans le texte 5 Robert MATTHEYet Klaus ZIMMERMANN. La position: Sotto de Miani tus middendorffi Poliakov. Taxonomie et SUDORE, Avec 8 hee dans le texte : U. RAHM. Beobachtungen an der Gi in Gefangensehatt ee Mesopolamogale ruwenzorü ( a ee): Mit 14 Textab- bild'un senese: 5 a ; oo T. RAHMANI et V. KOS. Te role de a peau a dae tenia ‘Divise dans la régénération de la patte. Avec 4 figures dans le texte . 3 Luise ScHMEKEL. Daten über das Gewicht des Vogeldottersackes vom Schlüpftag bis zum Schwinden. Mit 2 graphischen Darstellungen . Hj. HuGGEL. Zur NE DEDRODEN der Herzbildung bei den Salmoniden und en Mit 2 Textabbildungen Te HuGGEL. Beitrag zur Temperatur- und Altersabhäneiekeit de Herz- en des Embryonalherzens. Mit 4 Graphischen Darstellungen . F. BOURLIERE. Symposium sur les déplacements saisonniers des animaux A. SCHIFFERLI. Vom Zug des Rotkehlchens, Erithacus rubecula, in der Schweiz. Beringungs- und Fangergebnisse. Zusammenfassung . R. SCHLOETH und D. BURCKHARDT. Die Wanderungen des Rotwildes Cervus elaphus im Gebiet des Schweizerischen > Mit einer Textabbildung È HEGG. Analysen von Grosswildkot aus dean soa Nationalpark zur Ermittlung der ne Mit einer Textab- bildung und 2 Tabellen È A. MEYLAN. Insectivores et Roses dal 1a Tesio de Bretolet: Résine J. BovET. Quelques particularités de l’anatomie de Diplozoon pro v. Nordmann 1832 aie ee H. BurLa. Jahreszeitliche Häufekeifsändeninera bei einigen schweimne schen Drosophila-Arten. Mit 5 Tabellen. : 3 Louis Euzet et Jean-Paul TRILLES. Sur l’anatomie et la Se de Colo cotyla bellones (Otto see, ( Monogeneo SOLO RIS ween Avec 6 figures dans le texte . 5 H.-A. GUENIN et B. STOCKER. Quellen Givactiistiates Doom di cytologiques de deux Diptères du genre Musidora: M. lutea Panz. et M. furcata Fall., l’une bisexuée et l’autre ae ER 5 figures dans le texte et 2 microphotographies. Ernst Haporn. Zur Autonomie und Phasenspezifität ae Letalitàt von Bastarden zwischen Drosophila melanogaster und Dienhz simulans. Mit einer Textabbildung Dr Er ee a Pages 103 121 139 143 145 156 165 166 173 182 193 197 (Voir suite page 3 de la couverture) Prix de l’abonnement : (en francs suisses) Union postale Fr. 80.— Les demandes d’abonnement doivent étre adressées à la rédaction de la Revue Suisse de Zoologie, Muséum d’Histoire naturelle, Genève REVUE SUISSE DE ZOOLOGIE Tome 68, n® 39 — Decembre 1961 461 Die Rückenanhänge von Trinchesia coerulea (Montagu) Eine morphologische Studie über Farbmuster bei Nudibranchiern von Ulrike BÜRGIN-WYSS aus Rothenfluh (Baselland) Mit 49 Textabbildungen und einer Farbtafel INHALT Einleitung . I. Trinchesia coerulea A. Beschreibung eines Normaltiers 1. Aeussere Morphologie a) Das ganze Tier. b) Der einzelne Kolben 2. Anatomie und Histologie a) Anatomie b) Histologie . Zusammenfassung . B. Varianten und Veränderungen des Farbmusters. 1. In der Natur gefundene Besonderheiten 2. Versuche a) Regeneration b) Fütterungsversuche . Rev. SUISSE DE Zoot., T. 68, 1961. 462 471 484 503 504 507 526 528 529 533 541 34 462 U. BÜRGIN-WYSS 3. Histologie a) zu den Regenerationsversuchen ........ 545 b) zu den Futterungsversuchen 22 eee Zusammenfassung. 24 Le MP NN PE IN. Vergleich mit andern Arten È AN) 1. Trinchesia ‘foliata 2 A RAEE 2. Coryphella, Facelina, Hema Be... 80% 3» Brcolania costa. sE FI OE SEE ero 4. Glossodoris 2... a WEAR Abschliessende Bemerkungen . 42 394 Re Zusammenfassung 25, ii SU ea ee eS Eiteratury 2 . is). J. Sem Re as © ee TOU. EINLEITUNG Innerhalb der Gruppe der Gastropoden stellen die Aeolidier die- jenigen Formen dar, die in ihrem Gesamtbauplan am stärksten vom ursprünglichen Gastropodentypus abweichen. Ausserdem zeichnen sie sich durch eine ungewöhnlich reiche Färbung aus. Diese Eigentümlichkeiten bildeten seit der Mitte des letzten Jahr- hunderts den Ausgangspunkt für systematische, morphologische und — vor allem im Zusammenhang mit der auffälligen Färbung — oekologische Untersuchungen. Der augenfälligste Unterschied gegenüber einem typischen Gastropoden-Vertreter, einem Prosobranchier oder einem Tecti- branchier, liegt im vollständigen Fehlen der Schale. An deren Stelle tragen die Aeolidier eine wechselnde Zahl kolbenförmiger Anhänge auf ihrem Rücken. In jeden dieser Kolben führt eine Verzweigung der Mitteldarmdrüse. Ihr distales Ende ist zu einem besondern Organ umgestaltet, dem Nesselsack, der als Aufbewahrungsort für Nematocysten dient. Häufig ist das Lebergewebe lebhaft gefärbt; zusammen mit in der Haut abgelagerten Pigment-Ringen, Streifen und Punkten entstehen daraus die vielen Varianten bunter Kolben- muster. Als Körperanhänge, die zwei wichtige Organe enthalten, und mit allen notwendigen Gewebearten versorgt sind — Blut, Muskulatur, Bindegewebe, Nerven — machen somit die Kolben einen wesentlichen Teil des ganzen Organismus aus; zugleich aber DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 463 eignet ihnen ein hoher Grad von Autonomie gegenüber dem Körper. Die Bezeichnung Aeolidier wird oft in einem unpräzis-allge- meinen Sinn für kolbentragende Nudibranchier verwendet, der sich mit den systematischen Begriffen nicht ganz deckt: Zur systema- tischen Gruppe der Aeolidiacea — einer Unterabteilung der Nudi- branchia — gehören etwa 20 Familien, darunter auch Formen ohne Kolben wie Dendronotus, Lomanotus u. a. Die Aeolidier, Eolidiens, Aeolids der morphologischen und physiologischen Literatur ver- teilen sich auf mehrere dieser Familien, von denen eine Aeclidiidae, d. h. die Aeolidier im engern Sinne genannt wird. So manches auch in der systematischen Einordnung der einzelnen Opisthobranchier- gruppen noch umstritten ist: fest steht jedenfalls, dass die Aeoli- diacea, zu denen die am höchsten entwickelten Formen gehören, zusammen mit den Doridacea die Gruppe der Nudibranchia bilden. Die ebenfalls vielfach kolbentragenden Saccoglossa gehören dagegen einer ganz andern Gruppe an. Die Aeolidier sind nicht die einzigen unter den Opisthobran- chiern, denen eine Schale fehlt; die Tendenz zur Reduktion besteht bei der ganzen Gruppe. Bei allen Nudibranchiern und Saccoglossen (mit Ausnahme von Oxynoe, deren Zugehörigkeit zu den Sacco- glossen umstritten ist) führte sie zum völligen Verlust der Schale. Damit verschwanden auch Mantelhöhle und Kieme, der ursprüng- lich gewölbte Eingeweidesack wurde abgeflacht, und es entstand eine unbedeckte freie Rückenfläche. Gegenüber dem meist indiffe- rent gefärbten Körper einfacher Opisthobranchierformen zeichnet sich dieser Rückenschild durch reiche Färbung und die Ausbildung symmetrisch angeordneter Körperanhänge aus: blumenartige Kiemen bei Doridiern, Fortsätze des Körperrandes bei Tritonia- und Dendronotus-Artigen und andern, kleinere Höcker und Papillen z. B. bei Aegires und vielen Doridiern, die bereits erwähnten Cerata bei Aeolidiern und die ähnlich gebauten Kolben bei Saccoglossen, die im Unterschied zu den Aeolidiern keinen Nesselsack aufweisen. Die symmetrisch gestaltete Rückenfläche, das Notum, das im ein- zelnen verschieden ausgebildet sein kann, ist das gemeinsame Merk- mal der beiden Gruppen, Saccoglossen und Nudibranchier. Inner- halb dieser vielen Varianten von Schneckenformen stellen die Aeolidier mit ihren Cerata bloss einen besonders hoch differenzierten Spezialzweig dar. 464 U. BÜRGIN-WYSS LITERATUR UND HAUPTPROBLEME. Die Literatur über Notumbildungen und Färbung der Nudi- branchier ist sehr umfangreich. Bis 1939 ist die Bibliographie wohl vollständig erschlossen durch HoFFMANN!. Ein erstes Feld der Diskussion lässt sich mit dem Stichwort «kryptische oder auffällige Färbung» abgrenzen. Manche Arten sehen dem Untergrund, auf dem sie leben — der Futteralge bezw. dem Futtertier — ausserordentlich ähnlich. Die Uebereinstimmung der Färbung rührt vielfach daher, dass die mit farbigen Nahrungs- teilchen gefüllte Leber durch die transparente Haut durchschim- mert (Giarp 1888, GarstanG 1890, HecaT 1896, Kropp 1931). CuENnot (1907) bezeichnet diese Erscheinung als Homochromie nutriciale, betont aber, dass es sich dabei um des coincidences sans signification handle, dass also von einer Schutzwirkung der mime- tischen Färbung nicht die Rede sein könne. Andere Formen heben sich gerade durch eine in starken Kon- trastfarben gehaltene Zeichnung vom Untergrund ab. Solche aposematische Farbmuster versuchte man vielfach als Warn- färbung (Hecut 1896, CockERELL 1901, CrossLanp 1911) oder als Immunity Coloration (Crozier 1916) zu erklären. Beide Inter- pretationen gehen davon aus, dass mit der auffälligen Färbung meist unangenehme Eigenschaften verbunden sind, die das be- treffende Tier als Beute gefährlich oder doch ungeniessbar machen. Mit dem Begriff der Warnfärbung wird die Vorstellung ausgedrückt, dass grelle Farbzeichen einen allfälligen Angreifer vor dem Tier warnen, das ihm verderblich werden könnte. Dagegen vertritt Crozier, der den Begriff der /mmunity Coloration geprägt hat, die Ansicht, die Ausbildung einer auffälligen Färbung habe nicht den Sinn einer an die Umgebung gerichteten Warnung, sondern sie habe sich unter dem Schutz der unangenehmen Eigenschaften in ihrer Reichhaltigkeit entwickeln können; das Tier sei gewisser- massen «immun» gegen Angriffe. Dass viele Fische die Aeolidier nicht verzehren, ja sie wieder ausspeien, wenn sie versehentlich doch ein Tier dieser Gattung erwischt haben, wurde immer wieder beobachtet (HERDMAN 1890, 1 Im Literaturverzeichnis sind deshalb nur diejenigen Arbeiten aufge- führt, die mehrmals zitiert werden oder nach 1939 erschienen sind. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 465 GarstanG 1890, McIxrosx 1901). Zuerst glaubte man, die Nessel- zellen seien die Ursache der abstossenden Wirkung (HecHT 1896, BERGH ....). Ausführlichere Versuche mit mehreren Fischarten und verschiedenen Nudibranchiertypen zeigten aber, dass einer- seits nicht alle Fische die Schnecken verschmähen, dass anderseits auch Arten ohne Nesselzellen, ja ohne Kolben überhaupt, dem Angriff entgehen (Cuenor 1907, Crozier 1916). Man schloss daraus, dass die Nudibranchier allgemein ungeniessbar seien, und zwar nicht in erster Linie wegen ihrer Nesselzellen, sondern weil sie für viele Fische einen « schlechten Geschmack » hätten. Die Frage der Ab- wehrmechanismen hat THompson vor kurzem neuerdings unter- sucht (1960). Er zählt eine Reihe von Opisthobranchier-Arten auf, die abschreckende Einrichtungen besitzen (hauptsächlich in Form von Drüsen-Sekreten), und rechnet darunter auch die Aeolidier mit ihren Nesselsäcken. Eine zentrale Stellung nimmt in diesem Problemkreis die Frage der Bedeutung des Nesselsacks ein. Während etwa dreissig Jahren (1880-1910) befasste sich die Forschung fast ausschliesslich mit diesem Thema. Schon 1858 hatte WRIGHT nachgewiesen, dass die Nematocysten aus der Coelenteraten-Nahrung stammen. Seine Ar- beiten waren aber in Vergessenheit geraten, und lange Zeit glaubte man nun, die Aeolidier selber würden die Nesselzellen als « Waffen » erzeugen. Die überraschend grosse Aehnlichkeit der Nesselzellen der Aeolidier mit denen der Hydroiden und Anemonen wurde als ein Fall von bemerkenswerter Konvergenz betrachtet, und ver- schiedene Autoren beschrieben Stadien der Nematocystenbildung im Nesselsack (Davenport 1893, HecHT 1896, Kremszov 1902). Erst 1903 konnten dann — unabhängig voneinander — Gros- VENOR und GLASER auf Grund eindeutiger Versuche von neuem beweisen, dass sämtliche Nesselzellen der Aeolidier mit der Coel- enteraten-Nahrung aufgenommen und nicht etwa von der Schnecke selbst erzeugt werden. Mit dieser Wiederentdeckung der alimen- tären Herkunft der Nesselzellen — die noch mehrmals angezweifelt und diskutiert wurde (LaBBé 1923, NavıLLe 1926) — änderte sich auch die Auffassung über ihre Bedeutung. Man neigte nun dazu, in der eigenartigen Bildung des Nesselsacks nicht mehr eine Waffe, sondern eher ein Ausscheidungsorgan zu sehen, das die giftigen Nesselzellen auf unschädliche Weise aufbewahrt und nach aussen abstösst (GRAHAM 1938, vgl. aber Kepner 1943). 466 U. BÜRGIN-WYSS Die meisten Forscher, die kolbentragende Opisthobranchier lebend beobachteten, stellten fest, mit welcher Leichtigkeit manche Arten ihre Kolben abwerfen und regenerieren (HecHT 1896, Zucco 1915, Marcus 1956). Man stellte sich vor, die auffällig gefärbten Kolben würden — im Sinne der Deflective Coloration (Cott) — die Aufmerksamkeit eines Fisches von wichtigeren Körperteilen ab- lenken. Biss er zu, so erwischte er nur die Kolben, die verhältnis- mässig rasch nachwachsen konnten. Ganz andere Wege hat die Erforschung der Leber beschritten. Sie geht von der Erkenntnis aus, dass die zunächst als « Leber » bezeichnete Anhangsdrüse des Darmsystems vieler Wirbelloser in ihrer Funktion durchaus nicht der Wirbeltierleber entspricht !. Es sind denn auch nicht ausschliesslich Arbeiten über kolbentragende Aeolidier, die in diesem Zusammenhang von Interesse sind, sondern über die Gastropodenleber überhaupt (vgl. Seite 549). Ein Spezial- problem ergibt sich aus dem Vorkommen symbiontischer Algen im Darmkanal mancher Aeolidier (NAVILLE 1926, YonGE 1944). Der Beitrag, den diese Arbeiten zum Problem der Färbung liefern, ist aus naheliegenden Gründen gering: Die Histologie muss ihre Ergebnisse aus fixiertem Material ablesen, und an diesem sind die natürlichen Farben restlos verschwunden. Einzig im Fall der Saccoglossen sind einige Angaben über die Aufnahme von Chloro- phylikörnern und die davon herrührende grüne Farbe zu finden (BRÜEL 1904, FRETTER 1941). Morphologische und histologische Beschreibungen finden sich in Arbeiten der verschiedensten Richtungen zerstreut (Zusammen- stellung bei Horrmann 1939). Es wurde unter anderm die Homologie der Nctumbildungen, besonders der Cerata, auf Grund der Inner- vation erörtert (HERDMAN und CLuss 1892, RusseLL 1929). Ueber die chemische Natur der Opisthobranchier-Pigmente stehen kaum nennenswerte Angaben zur Verfügung, wenn man von einigen Arbeiten über die Farbstoffe bei Aplysia — vor allem das Purpur-Sekret — absieht (ScHREIBER 1932, KENNEDY und VEVERS 1954). In einigen Arbeiten wird das Vorkommen von Carotinoiden erwähnt (LONNBERG 1931-34, ABELOos 1932, Straın 1949, FISHER, Kon, THompson 1956); ferner befasst sich Crozier (1916, 1918) ! Der Einfachheit halber haben wir anstelle des korrekten, doch um- ständlichen « Mitteldarmdrüse » durchwegs das kürzere « Leber » verwendet. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 467 mit dem blauen Farbstoff von Chromodoris (—Glossodoris)-Arten, der die Eigenschaften eines Indikatorpigmentes besitzt. PROBLEMSTELLUNG. So vielfältig die Untersuchungen über die Cerata der Aeolidier auch sind, lässt sich daraus doch kein geschlossenes Bild ihrer Struktur und Funktion gewinnen. Man vermisst fast immer eine genaue Beschreibung der lebenden Schnecke in ihren natürlichen Farben; und doch sollte eben eine solche Beschreibung die Grund- lage jeder Auseinandersetzung bilden. In dieser Arbeit wurde des- halb eine Analyse des Musters einiger Aeolidier durchgeführt und dabei sowohl die Färbung der lebenden Schnecke wie auch die Histologie des fixierten Objektes berücksichtigt. Die besondere entwicklungsgeschichtliche Stellung der Nudi- branchier und Saccoglossen, ihre Ontogenese, ihr spezieller Körper- bau und ihre Lebensgewohnheiten machen gerade diese Gruppe von Schnecken und im besondern die Aeolidier zu günstigen Objekten für eine derartige Untersuchung. Es wurde bereits erwähnt, dass im Laufe der Entwicklung von den einfachen Tectibranchiern zu den heutigen Saccoglossen und Nudibranchiern die Schale und damit auch die Mantelhöhle und ihre Organe, im besondern die Kieme, rückgebildet wurden. Parallel damit gehen Umlagerungen innerer Organe, des Darmsystems und der Nervenzentren. Die Lageveränderungen der Verdauungsorgane folgen der Tendenz zur Symmetrisierung, die an der äussern Körpergestalt in der Verteilung der Notumanhänge deutlich wird. Die Enddarmmündung rückt in die Mediane, nach hinten bei Doridiern, nach vorn bei Saccoglossen, und die primär asymme- trisch angelegte Leber wird zum weitgehend symmetrisch ver- zweigten Organ, das bei Aeolidiern und Saccoglossen in jeden Kolben einen Fortsatz liefert. Die zwittrigen Geschlechtsorgane behalten dagegen ihre asymmetrische Lagerung bei: die Ge- schlechtsöffnungen befinden sich stets auf der rechten Seite, werden aber durch die grosse Zahl von Kolben meist verdeckt. Die Verän- derungen im Nervensystem äussern sich in einer Aufhebung der Chiastoneurie, sowie einer cephalen Konzentration und partiellen Verschmelzung der Ganglien, die im Extremfall zu einer kompakten Gehirnbildung dorsal vom Darm führt. 468 U. BÜRGIN-WYSS Da die Nudibranchier und Saccoglossen ausnahmslos eine Veliger-Phase durchmachen, vollzieht sich mit der Metamorphose die tiefgreifende Umwandlung einer schalentragenden asymme- trisch gebauten Larve in eine äusserlich symmetrische Adultform an jedem individuellen Tier neu. So stellt sich einerseits die Frage nach dem ersten Auftreten symmetrisch angeordneter Körper- anhänge, anderseits nach den Beziehungen zwischen äusserer Körpergestalt und innerer Organisation. Wenn als Träger des Farbmusters nicht eine einheitliche Fläche fungiert, sondern eine grössere Zahl einzelner Elemente — der Kolben — so gilt es zu prüfen, ob die Färbung des einzelnen Teils ohne Beziehung zum grössern Ganzen und immer gleichgebildet ist, oder ob Modifikationen auftreten, die eine Anpassung an eine übergeordnete Musterorganisation verraten, wie dies z.B. bei vielen Vogelfedern der Fall ist. Die Färbung der kolbentragenden Aeolidier und Saccoglossen beruht, wie schon angedeutet, nicht auf der Pigmentierung der Haut allein, sondern sie kommt durch das Zusammenwirken ge- färbter innerer Organe und der transparenten oder ebenfalls gefärbten Haut zustande. Die Unterschiede zwischen sichtbaren und unsichtbaren Teilen innerer Organe, die Beziehungen zwischen Färbung und Transparenz, sowie eventuelle kombinierte Wir- kungen der Haut mit darunterliegenden Organen zu untersuchen, ist eine der wichtigsten Aufgaben einer Fàrbungs- Analyse. Da das an der Ausbildung des Musters am meisten beteiligte Organ, die Leber, in seiner Färbung selbst stark von der Nahrungs- aufnahme abhängig ist, werden auch die Ernährungsbedingungen und -gewohnheiten der Schnecken, ferner die Färbung der Futter- Pflanzen und -Tiere zu berücksichtigen sein. Schliesslich muss uns in unserm Zusammenhang eine Erschei- nung beschäftigen (die, wo es ums Aufstellen eines Systems geht, gerne als unsicheres Merkmal ausser Acht gelassen wird): dass nämlich die Färbung bei Individuen derselben Art oft ausseror- dentlich stark variieren kann. Zu Beginn meiner Untersuchungen arbeitete ich mit möglichst vielen Formen !. Es erwies sich indes bald als vorteilhaft, die 1 Es wurden im ganzen 22 Aeolidier-Arten, 12 Saccoglossen-Arten und 3 Doridier-Arten genauer untersucht. Eine Liste der in dieser Arbeit behan- delten Arten ist auf Seite 470 zusammengestellt. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 469 Morphologie und Histologie der Kolben — und soweit es notwendig schien auch des Körpers — an einem einzigen besonders geeigneten Beispiel zu beschreiben und dieses Bild durch einen Vergleich mit andern Arten zu vertiefen. Für die ausführliche Darstellung wählte ich Trinchesia coerulea (Montagu), die eine der häufigsten und zugleich schönsten Nudibranchier-Formen des westlichen Mittel- meers ist. Das Farbmuster der Nudibranchier wird in dieser Arbeit morphologisch und histologisch untersucht; die physiologischen, biochemischen und physikalischen Aspekte des Problems der Färbung können deshalb nur angedeutet werden. Die vorliegende Arbeit entstand unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. A. PORTMANN an der Zoologischen Anstalt Basel und im Laboratoire Arago in Banyuls-sur-mer (P.O.). Es ist mir ein Bedürfnis, all denen, die zum Zustandekommen dieser Arbeit beigetragen haben, meinen Dank aussprechen zu dürfen: dem Direktor des Laboratoire Arago, Herrn Prof. G. PETIT, der uns Basler Zoologen jederzeit Arbeitsplätze freihielt und so auch mir die Gelegenheit verschaffte, das Material unter denkbar guten Bedingungen selbst zu sammeln und es an Ort und Stelle zu studieren, für seine grosszügige Gastfreundschaft; der Kommis- sion der St. Albanstiftung, insbesondere deren Präsidenten, Herrn Dr. A. Sarasın, für einen beträchtlichen Beitrag an die Aufent- haltskosten; Herrn Prof. Dr. R. GEiGY für die Uebernahme des Korreferates; Herrn Prof. Dr. H. NiescH und Herrn Dr. M. REIFF für Beratung und wertvolle Hilfe in technischen Fragen; Fräulein E. SANDMEIER für ihre Hilfe beim Sammeln und Fixieren des Materials, ihre geschickte Mitarbeit beim Herstellen histologischer Präparate und besonders für die schöne und sorgfältige Ausführung des Originals zur Farbtafel. Mein herzlichster Dank gilt aber meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. A. Porrmann für die Stellung des Themas, das mich — ich darf es wohl aussprechen — in hohem Masse gefesselt und das es mir ermöglicht hat, mich in das Gebiet der marinen Zoologie einzuarbeiten; sodann für seine wertvollen Anregungen und seine unermüdliche Anteilnahme während der Durchführung der Untersuchungen. Besonders dankbar bin ich ihm dafür, dass er mich nicht bloss wissenschaftlich gefördert, sondern auch immer wieder die praktischen und materiellen Voraussetzungen für die mehrmaligen Aufenthalte am Meer geschaffen hat. 470 U. BURGIN-WYSS Opisthobranchier-Arten, die in dieser Arbeit beschrieben oder erwähnt werden ?. Aeolidier: Berghia coerulescens Laurillard Coryphella lineata Loven Coryphella pedata Montagu Dondice banyulensis Portmann et Sandmeier Eubranchus tricolor Forbes Facelina drummondi Thompson Facelina punctata Alder et Hancock Facelina rubrovittata Costa Facelinopsis marioni Vayssière Hervia costai Haefelfinger Spurilla neapolitana Delle Chiaje Trinchesia coerulea Montagu Trinchesia foliata Forbes et Goodsir Doridier: Glossodoris gracilis Rapp Glossodoris tricolor Cantraine Saccoglossa: Ercolania costai Pruvot-Fol Ercolania trinchesit Pruvot-Fol Placida dendritica Alder et Hancock x 1 Ausser Dondice, Hervia und Glossodoris tricolor wurden die systematischen Bezeichnungen der « Faune de France » gebraucht (Pruvor-ForL 1954). DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 471 I. TRINCHESIA COERULEA A. Beschreibung eines Normaltiers 1. AEUSSERE MORPHOLOGIE a) Das ganze Tier. Allgemeines, Oekologisches. Das Material für die vorliegenden Untersuchungen wurde im Lauf von drei Jahren gesammelt, während derer ich zu verschie- denen Jahreszeiten jeweils mehrere Wochen in den französischen Meeresstationen von Banyuls-sur-mer (P.O.) und Villefranche-sur- mer (A.M.) zubrachte, um die Nudibranchier lebend zu studieren. Die meisten Fänge führten wir entweder auf den algenbewach- senen Küstenfelsen oder im Posidonien-Herbier durch. In beiden Biotopen ist Trinchesia coerulea eine der häufigsten Arten. Die kleinsten Trinchesien — Exemplare von nur 1,5-2 mm Lange + — wurden hauptsächlich in den Sommer- und Herbst- monaten (Juni, Juli und September, Oktober; im August keine Beobachtungen) gefunden, und zwar immer in den Algen der Ufer- zone. Ebenfalls im Juni und Juli sind in den Posidonien grosse Exemplare (8-10 mm) sehr zahlreich, während sie im Oktober nur vereinzelt vorkommen. Exemplare mittlerer Grösse (4-6 mm) sind während des ganzen Jahres in den Algen der Uferzone anzutreffen. Tiere dieser Grösse wurden mehrmals beim Laichen beobachtet. Die Eiablage ist bei Trinchesia offenbar nicht an eine bestimmte Jahreszeit gebunden, wie dies von gewissen Saccoglossen bekannt ist. Es scheint, dass Trinchesia eine langsam wachsende Art ist, denn Einzeltiere, die über eine Periode von fast zwei Monaten im Aquarium gehalten und mit Futter versehen wurden, nahmen nicht merklich an Grösse zu. 1 Für die so dehnbaren Schnecken eine allgemein anwendbare Mess- methode zu finden, dürfte schwierig sein. Wichtig ist vor allem, dass alle Messungen, die aufeinander bezogen werden, auf die gleiche Art gemacht werden. In dieser Arbeit bezeichnen die mm-Angaben den Abstand vom Vorderrand des Kopfes (ohne Rhinophoren) zur Schwanzspitze, und zwar in ausgestrecktem Zustand beim Kriechen, gemessen mit mm-Papier unter dem Binokular. 472 U. BÜRGIN-WYSS Trinchesia coerulea stellt in zweifacher Hinsicht ein besonders günstiges Untersuchungsobjekt für Studien der äussern Gestalt dar: sie ist meist leicht in grösserer Zahl zu finden und robust genug, um längere Perioden im Aquarium, ja auch Operationen (Entfernung der Rückenanhänge) gut zu überstehen, und zugleich veranschau- licht sie in eindrücklicher Weise die vielen Möglichkeiten der Musterbildung bei Nudibranchiern. Der Artname coerulea deutet an, dass das auffälligste Kennzeichen dieser Schnecke eine tiefblaue Färbung ist. Jeder Kolben trägt zwei goldgelbe und einen blauen Ring. Die Rückenanhänge bedecken einen grossen Teil des halb- transparenten weisslichen Körpers; nur an den Seiten und am Kopf ist weisses Pigment in unregelmässigen Streifen und Flecken sichtbar, und die Spitzen der Rhinophoren und Palpen sind durch goldgelbe Färbung, das Schwanzende durch helleres Gelb hervor- gehoben (Tafel). Kolbenzahl und Verteilung. Die Kolben sind in zwei Gruppen angeordnet, einer kleinern vorn, einer grössern hinten. Zwischen beiden liegt das Pericard. Die vier Kolben unmittelbar vor und hinter dem Pericard sind stets die längsten und am vollständigsten ausgefärbt. Um sie herum gruppieren sich je nach dem Alter des Tieres 4-40 kleinere, in der Grösse abgestufte Kolben. Offenbar stellt die Pericardregion das Differenzierungszentrum dar, von dem aus die Bildung der Cerata in cranialer, caudaler und lateraler Richtung fortschreitet. Der Zuwachs erfolgt zunächst auf allen drei Seiten ungefähr gleich- zeitig und in regelmässiger Anordnung. So entstehen in der kleinern vordern Kolben-Gruppe bis drei, in der grössern hintern Gruppe bis fünf Querreihen. Zur Vereinfachung der Beschreibungen habe ich die Kolben nach folgendem System numeriert (Abb. 1): Die Querreihen werden mit römischen Zahlen, die einzelnen Kolben einer Querreihe von der Mitte aus mit Buchstaben (a-d) bezeichnet und nach « rechts» und « links» unterschieden. Als Modell für die Numerierung diente eine Trinchesia von 7,8 mm Länge; die Zahlen wurden dann für alle Dimensionen beibehalten: so ist z.B. die Reihe vor dem Pericard immer Reihe III, auch dort, wo die I-Kol- ben noch nicht ausgebildet sind. In Abbildung 1 ist ausser der Anordnung der Kolben auch die Länge eines jeden Kolbens in u DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 473 angegeben. Bei dem Modelltier (7,8 mm) massen die III- und IVa-Kolben rund 800 u, die kleinsten 200 u. KOPF rechts ) I (à) VII SCHWANZ ABB. 1. Anordnung der Kolben. Links Modellexemplar (7,8 mm Länge) in lebendem Zustand. Rechts Schema der Kolbenverteilung. Bezeichnungen siehe Text. In jedem Kreis ist die Länge des betreffenden Kolbens in u angegeben. In der hintern Gruppe stehen die a-b-c-Kolben in geraden Reihen hintereinander; die gesamte Rückenfläche vom Pericard 474 U. BÜRGIN-WYSS bis fast zur Schwanzspitze ist von Kolben bedeckt. In der vordern Hälfte dagegen bleibt der dorsale Bezirk zwischen Rhinophoren und IIIa-Kolben von Anhängen frei. In den beiden ersten Quer- reihen treten nur seitliche Kolben auf, doch keine, die dem dorsalen Paar der dritten Reihe entsprechen würden. Die Regionen, die Kolben hervorbringen, stellen, schematisch aufgezeichnet, vier rechtwinklige Dreiecke dar, deren eine Ecke je den Standort eines IIIa- bzw. IVa-Kolbens markiert. Die vordern und hintern Dreiecke sind so orientiert, dass der gegen den Schwanz sich verjüngende Schneckenkörper bis auf die freie Fläche hinter dem Kopf von parallel verlaufenden Längs- und Querreihen von Kolben bedeckt ist, und dass auf den Seiten eine gerade Abschluss- linie entsteht (Abb. 2). =, -— -- 2 Nm, f — yun ABB. 2. Schematische Darstellung der kolbenbildenden Bezirke. P= Pericard: Erklarung im Text. Die Richtung der Pfeile auf dem Schema (Abb. 2) bezeichnet die Reihenfolge der Anlagen, somit gleichzeitig die Verminderung der Kolbenlänge. Der Grössenunterschied innerhalb einer Quer- reihe vom dorsal zum mehr lateral gelegenen Kolben beträgt aber oft bedeutend mehr als zwischen zwei entsprechenden Kolben auf- einanderfolgender Querreihen. Wenn die Kolbenlänge als Mass der Kolbenbildungspotenz gelten kann, so nimmt diese also in lateraler Richtung rascher ab als in cranialer und vor allem in caudaler. Bei den meisten Tieren bestehen geringe Unterschiede in der Kolbenzahl der rechten und linken Körperhälfte. Da es sich aber durchwegs um die allerjüngsten Anlagen handelt, die auf der einen Seite schon ausgebildet sein, auf der andern noch fehlen können, haben diese Unterschiede auf das Gesamtbild keinen Einfluss +. Die 1 Durch Unfall verloren gegangene und in Regeneration begriffene Kolben, die wegen ihrer Kleinheit das Bild stören, müssen in diesem Zusammenhang natürlich unberücksichtigt bleiben. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 475 von den Kolben teilweise verdeckte Geschlechtspapille (auf der rechten Seite ventral von Kolbengruppe II) und die Afteröffnung (cranial von Kolben IVa rechts) sind die einzigen Anzeichen dafür, dass die äusserlich bilateralsymmetrische Schnecke sich aus einer Gastropoden-typischen Veliger-Larve entwickelt hat und auch im Adultzustand eine keineswegs symmetrische innere Organisation besitzt. Die Beziehungen der innern Organe, namentlich der Verdau- ungsorgane zu den symmetrisch angeordneten Körperanhängen sollen im nächsten Kapitel untersucht werden. Leider ist es nicht möglich, der vielleicht noch spannenderen Frage nach der Um- wandlung der asymmetrischen Larve in die symmetrische Adult- form nachzugehen, denn die Aufzucht pelagisch lebender Veliger ist noch kaum je geglückt, und auf einen derartigen Versuch musste jedenfalls im Rahmen dieser morphologischen Studie verzichtet werden. Es konnten nur Adultformen und keine Entwicklungsstadien zur Untersuchung gelangen. Die kleinsten Trinchesien, die ich gefunden habe, sind zwar noch nicht geschlechtsreif und insofern als Jugendformen zu bezeichnen; in ihrer Körpergestalt unter- scheiden sie sich aber nicht von den geschlechtsreifen Tieren. Die längsten Exemplare, die beobachtet wurden, massen 9 mm !. Wenn Trinchesia im Lauf ihres Adult-Daseins um das Sechsfache an Grösse zunimmt, stellt sich die Frage, in welcher Weise sich die für die äussere Erscheinung bestimmenden Rückenanhänge in ihrer Gesamtheit im Lauf der langen Wachstumsperiode verändern. Da das Wachstum bei Trinchesia sehr langsam vor sich geht, konnten die nachfolgenden Angaben nicht durch Beobachtung bestimmter Individuen über eine Zeitspanne sondern nur durch vergleichende Betrachtung von Exemplaren verschiedener Grösse gewonnen werden. Von besonderem Interesse sind die allerkleinsten Tiere. Grösse und Kolbenzahl von 11 Exemplaren von 2 mm und weniger sind in Abbildung 3 aufgeführt. Aus der Zusammenstellung geht fol- gendes hervor: 1 Nach Abschluss meiner Beobachtungen wurden in Banyuls Exemplare von 17 mm Länge gefunden. 476 U. BÜRGIN-WYSS 1,2 mm 1,5 mm 1,8 mm 2 mm O @ Al O O OX < © BO x x © 2 | Opies 2/4 ORO 2 x EX 2 a AE oo 220 2 ONORI x 1 u 1 x 1 O 1 00 1 O O RO >. 022720020 O 2/1 Ors DIA KR X 2 X 70 2 * 0, 1 Oo CO 2 (OO) D ORO 1 en 1 Tat 1 ORO 1 O 1 O O ROME OS 0292205 RO OO 2. SORT 2 202% 2 (0) (D) 2 OSIO 2 Oy 1/2 OO 1 VOX 1 O x 1 OSO 1 OO 1 OO 12 * 4 Ok 1/2 Ox 1 ABB. 3. Zahl und Anordnung der Kolben bei Exemplaren von 1,2—2 mm Länge: Zeichenerklärung: Schema der Kolbenanordnung siehe Abb. 1. Die Zahlen geben die halbe Kolbenzahl an (2/1 = links/rechts). * — Voll pigmentierter Kolben. x = Teilweise pigmentierter Kolben. O = Nicht pigmentierter Kolben. Das kleinste Exemplar, das überhaupt gefunden wurde, hatte 8 Kolben, wovon 4 die fertige Pigmentierung aufwiesen, die andern vier noch so gut wie unpigmentiert waren. Anzahl, Anordnung und Ausbildungsstufe der Kolben sind bei den 1,8-2 mm-Exemplaren weitgehend konstant, nämlich 2 - 2 --- 2-1-1, bei den etwas kleineren Tieren (1,5 mm) dagegen varileren sie von einem Individuum zum andern. An diesen kleinsten Exemplaren fällt ausserdem auf, wie stark oft die rechte und linke Kolbengruppe im Ausbildungsgrad von- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 471 einander abweichen. Eine feste Regel ist in dieser Asymmetrie nicht zu erkennen. Offenbar stellt das Stadium von 2 mm Länge mit beiderseits drei voll pigmentierten und je fünf kleinern Kolben den Zustand einer ersten gleichmässigen Kolbenanordnung dar, einen Zustand, der auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, da vorher die Reihenfolge der Anlagen nicht festgelegt ist. Jetzt werden die anfangs beträchtlichen Grössenunterschiede zwischen der rechten und linken Seite ausgeglichen; bei Exemplaren über 3 mm findet man viel seltener zu kleine Kolben, und diese sind wohl eher als in Regeneration begriffene Bildungen verlorener Kolben zu deuten. Ob die kleinen Exemplare mit der bei drei von fünf Individuen so auffallenden Asymmetrie der ersten Kolbenanlagen als Zwischen- stadien auf dem Wege der Umwandlung vom asymmetrischen Veliger zur äusserlich symmetrischen Schnecke anzusehen sind, kann nicht entschieden werden, solange nicht die Möglichkeit besteht, die Metamorphose selber zu verfolgen. Jedenfalls verdient aber die Tatsache dieser Erscheinung jetzt schon Beachtung. Bei Trinchesien von mittlerer Grösse (5 mm) besteht die vordere Kolbengruppe aus drei Querreihen zu zwei, drei und vier Kolben, die hintere Gruppe aus vier Querreihen zu drei (vier), drei, zwei und einem Kolben auf jeder Seite. Für die vordere Gruppe ist damit in den meisten Fällen die Maximalzahl erreicht; nur bei ganz grossen Exemplaren findet man vier vordere Querreihen, während in der hintern Gruppe schon bei 7 mm-Exemplaren eine achte Querreihe und in den Reihen IV-VII zusätzliche seitliche Kolben angelegt werden. Färbung und Symmetrie. Das Pericard mit den beiden Kolbenpaaren [Ila und IVa wurde als Differenzierungszentrum für die Bildung von Rückenanhängen erkannt. Im folgenden soll untersucht werden, ob der Einfluss dieses Differenzierungszentrums sich ausser auf Anzahl, Grösse und Verteilung der Kolben auch auf deren Färbung auswirkt. Die drei Ringe von Trinchesia coerulea in den Kontrastfarben Blau und Gelb bedeuten gegenüber den einfachern Mustern man- cher anderer Aeolidier-Arten — die häufig nur aus zwei Kompo- nenten zusammengesetzt sind, der einheitlich gefärbten Leber und einem Hautpigment — eine ausgesprochene Steigerung. Auch der Rev. SUISSE DE Zoou., T. 68, 1961. 35 418 U. BÜRGIN-WYSS Nesselsack tritt bei Trinchesia stärker als bei andern Arten in Er- scheinung; im Gegensatz zu den entsprechenden beinahe trans- parenten Gebilden einer Coryphella oder Facelina ist er undurch- sichtig gelblichweiss gefärbt. Entsprechend seiner reicheren Diffe- renzierung weist der Kolben von Trinchesia eine nuanciertere | D b ABB. 4. a-Kolben eines Posidonien-Exemplars. Ansicht von drei Seiten. a) Von dorsal. 1. Oberer gelber Ring. SP Spitze mit Nesselsack (NS) b) Vonder Seite. 2. Blauer ak MT Musterteil. c) Von ventral. 3. 1Unferer.. Abstufung der Musterintensität von der Spitze zur Basis auf als etwa ein gleichmässig roter Coryphella-Kolben. Die Zone intensiv- ster Färbung umfasst den weissen Nesselsack, den obern gelben und den blauen Ring. Darauf folgt, schon weniger ausgeprägt, der lockere untere gelbe Ring, und dem basalen Teil des Kolbens schliesslich fehlt das Hautpigment überhaupt, hier schimmert bloss die olivgrüne Leber durch. Bei den jeweils grössten Kolben eines Exemplars nehmen Spitze mit Nesselsack, oberer gelber und blauer Ring ungefähr die Hälfte der ganzen Kolbenlänge ein (Abb. 4). Dadurch dass die gelben und blauen Ringe auf den Kolben jeder Länge nahezu die gleiche Breite haben, entsteht eine ein- heitliche Wirkung von quer über das Tier laufenden gelben und blauen Bändern. Auch die weissen Spitzen der Kolben — d.h. die DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 479 Nesselsäcke — sind überall ungefähr gleich gross. Wenn aber Nesselsack, gelber und blauer Streifen etwa eines IVc-Kolbens beinahe dieselben Dimensionen haben wie die entsprechenden Elemente eines a-Kolbens, [Vc aber im ganzen nur halb so lang ist wie IVa, so muss der Anteil der intensiv gefärbten Zone beim IVc-Kolben im Verhältnis grösser sein als beim medianen Kolben, d.h. er reicht über die Kolbenmitte hinab. Um die Proportions- unterschiede deutlich werden zu lassen, wurde die Länge des distalen Bereichs von der Spitze bis und mit dem blauen Ring — die fortan als « Musterteil» bezeichnet werden soll — bei den Kolben aller Grössenklassen eines Exemplars (7,8 mm Körperlänge) gemessen. Die Länge des Musterteils im Verhältnis zur gesamten Kolbenlänge wurde in Prozent angegeben (Abb. 5). Der untere gelbe Ring kann in die Messungen nicht miteinbezogen werden, weil er durchwegs zu wenig scharf abgegrenzt ist und bei kleineren Kolben überhaupt fehlt. Da bei den jungen Kolben kleinerer Exem- plare auch das Blau und das distale Gelb noch nicht oder erst als isolierte Punkte ausgebildet sind, gerade diese Kolbenanlagen aber für den Vergleich besonders aufschlussreich sind, stehen neben den Werten für den Musterteil auch die entsprechenden Zahlen für die Spitze mit dem Nesselsack allein. Aus Abbildung 5 geht folgendes hervor: Je kleiner ein Kolben, desto grösser ist der prozentuale Anteil der als Musterteil zusam- mengefassten gelb und blau gefärbten Kolbenbezirke und der weissen Nesselsack-Spitze. Da die kleinsten Kolben stets die zuletzt angelegten, also die zuäusserst an der kolbenbildenden Zone befind- lichen sind, ist mit diesem Satz auch die eingangs gestellte Frage nach dem Einfluss des Differenzierungszentrums beantwortet: Nicht allein die Grösse eines Kolbens sondern in noch viel ausge- prägterem Mass seine Färbung ist ein Feldmerkmal, d.h. sie ist in ihrer Ausdehnung von der Stellung des Kolbens am Körper abhängig; Zentrum des Differenzierungsfeldes ist auch für die Färbung wiederum das Pericard mit den beiden Kolbenpaaren Illa und IVa. Diese Kolben weisen prozentual den geringsten Färbungsanteil auf; mit zunehmender Entfernung von einem dieser Kolben verstärkt sich kontinuierlich die Tendenz zur immer aus- schliesslicheren Ausbildung des Spitzenteils, bis sie in den jüngsten Anlagen, die nichts anderes als ein Höcker mit einem mächtigen Nesselsack sind, ihren Höhepunkt erreicht. 480 U. BÜRGIN-WYSS Die allgemeine Gültigkeit dieser aus der Beobachtung eines einzigen Exemplars abgeleiteten Aussagen kann durch Vergleichs- messungen an Trinchesien, die kleiner oder grösser sind als das Modellexemplar, nachgeprüft werden. Ila Va Spitzem. ns. (Da | ABB. 5 und 6. Proportionen der Kolbenfärbung. Kolben verschiedener Länge eines Exemplars von 7,8 mm (Abb. 5) und 2,5 mm (Abb. 6) Körperlänge. Länge des Musterteils und der Spitze bis und mit Nesselsack sind in u und % angegeben. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 484 Die Darstellung der Kolben einer 2,5 mm langen Trinchesia (Abb. 6) zeigt, dass trotz der absolut geringeren Dimensionen die Kolben nach dem gleichen Prinzip gefärbt sind wie beim grösseren Exemplar. Auch hier sind es die vier um das Pericard gruppierten Kolben, die als längste Anhänge (450 u) mit dem relativ kleinsten Musterteil am Anfang einer Reihe von immer kleiner werdenden Kolben stehen, deren Musterteil immer weiter hinabreicht. Anders- artig ist bei dieser kleineren Kolbenreihe nur die noch unvollstän- dige Ausbildung der drei Farbringe, ferner der grössere prozentuale Anteil (65°), den der Musterteil bei den grössten Kolben einnimmt, gegenüber nur 50% beim 7,8 mm-Exemplar. Bei einem der längsten Exemplare (9 mm) anderseits ist der Wert für die Illa- und IVa- Kolben meistens weniger als 50% (z. B. 44%), und selbst die kürzesten Auswüchse weisen schon alle drei Ringe auf. Demnach stellen die vier Kolben IIIa und IVa zwar bei Tieren jeder Grösse stets die Anhänge mit dem geringsten Musteranteil dar, die abso- luten Proportionen verschieben sich aber mit der Grössenzunahme, weil offenbar die drei Ringe, nachdem sie einmal ausgebildet sind, in der Höhe nur wenig wachsen, sondern der basale Teil des Kolbens länger wird. (Vgl. aber hierzu Regenerations-Versuche, Seite 533). Die Intensität der Färbung nimmt im Lauf des Wachstums von 2 bis 9 mm Körperlänge zu; namentlich die Orangekomponente (siehe S. 501) der gelben Ringe ist bei jungen Exemplaren noch sehr spärlich, bei den grossen Tieren aus den Posidonien aber in hoher Konzentration vorhanden. Die Ergebnisse von Regenerationsversuchen beleuchten das Problem der Feldwirkung bei der Kolbendifferenzierung noch von einer andern Seite. Da Trinchesia sehr langsam wächst, ist es nicht möglich, einen einzelnen Kolben durch mehrere Stadien zu ver- folgen, jedenfalls nicht einen «natürlich angelegten ». Regenera- tionsversuche (siehe S. 533) bieten dafür einen gewissen Ersatz. Der Vergleich regenerierender Kolben an verschiedenen Körperstellen zeigt, dass tatsächlich die Entstehungsweise der medianen Kolben eine andere ist als diejenige der seitlichen: median wird von Anfang an verkleinerter a-Kolben gebildet, der rasch in die Länge wächst, seitlich entsteht nur ein Höcker, der fast ganz vom Nessel- sack ausgefüllt ist und nicht oder nur langsam grösser wird. Die kleinen seitlichen Auswüchse, die man auch bei mittel- grossen und bei den grössten Trinchesien findet, und die man 482 U. BÜRGIN-WYSS zunächst als «junge» Kolben zu betrachten geneigt sein mag, verkörpern also nicht das Jugensdtadium der Kolben schlechthin. Demgemäss ist die in den Abbildungen 5 und 6 dargestellte Folge von in der Grösse abgestuften Kolben auch nicht etwa als Entwicklungs- reihe aufzufassen. Ausschnitte daraus mögen zwar tatsächlich auf- einanderfolgende Stadien der Entwicklung eines Kolbens darstellen: der Kolben [Vc einer 5 mm-Trinchesia etwa misst 200 u und besteht aus e'nem hellen Leberschlauch und einem Nesselsack, der gerade die Hälfte des ganzen Kolbens einnimmt. Bei der 9 mm-Trinchesia ist dieser Kolben dreimal so lang geworden, der Nesselsack macht nur noch einen Drittel der Gesamtlänge aus, die Pigmentierung ist vervollständigt, und ventral von IVe ist eine neue Anlage ent- standen, bei der nun das Verhältnis Nesselsack/Leber von 1/1 ver- wirklicht ist. Kein Kolben durchläuft jedoch alle in Abbildung 5 abgebildeten Grössen- und Färbungsstufen: die seitlichen Anhänge sind nicht dazu bestimmt, je die Länge eines a-Kolbens zu er- reichen; die a-Kolben anderseits sehen — wie bereits gesagt wurde — in ihren frühen Stadien anders aus als die kleinsten Bildungen in den Abbildungen 5 und 6. Bei der Beurteilung der Grösse, Färbung und innern Struktur — soweit diese äusserlich in Erscheinung tritt — eines einzelnen Kolbens innerhalb der Gesamtheit der Cerata sind demnach zwei Gegebenheiten auseinanderzuhalten, die sich in ihren Auswir- kungen auf die Ausbildung des Kolbens überschneiden, nämlich die Feldwirkung und der Wachstumsprozess. Symmetrie der Kolben. In den bisherigen Beschreibungen war immer von Pigment- « Ringen» die Rede. Tatsächlich bilden die einzelnen Kolben zusammen eine geschlossene Fläche mit lückenloser gelb-blauer Musterung, sodass die Vorstellung entstehen kann, jeder einzelne dieser Kolben sei ringsum gleichmässig gefärbt. Reizt man aber eine Trinchesia durch Berührung, sodass sie die Kolben, die nor- malerweise dem Körper anliegen, hochstellt, so wird eine regel- rechte « Rückseite» sichtbar, deren Zeichnung höchst unvoll- kommen ist: Der obere gelbe Ring läuft hinten in zwei spitze Enden aus, die sich meist nicht berühren, das Blau ist überhaupt unterdrückt, nur die Leber ist gelegentlich dunkler gefärbt als weiter unten, und vom untern gelben Ring ist oft nicht mehr als DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 483 eine Gruppe einzelner Punkte zu sehen (Abb. A). Zumindest was die Färbung betrifft, ist also ein Kolben nicht ringsum gleich be- schaffen, sondern er weist eine Differenzierung in eine Dorsal- und Ventralseite auf und besitzt damit bilateralen Bau mit einer ein- zigen Symmetrieebene. ABB. 7. Kolben-Querreihe in der Ansicht von hinten. Bei den a-Kolben, die am meisten median liegen, fällt die Symmetrieebene beinahe mit der (Para-) Sagittalebene der Schnecke zusammen; die Bezeichnungen «dorsal» und « ventral» können also ohne weiteres auch auf diese Kolben angewendet werden. Wären die mehr seitlich gelegenen Kolben gleich orientiert — also stets die Dorsalseite pigmentiert, die Ventralseite nicht — so müssten diese Kolben mehr und mehr in der Seitenansicht er- scheinen. Tatsächlich trägt aber immer die nach aussen gerichtete, sichtbare Seite das Muster, die dem Körper anliegende Hälfte ist indifferent gefärbt; die Symmetrieebene eines jeden Kolbens steht folglich senkrecht zur Körperoberfläche. Diese Verhältnisse sind in Abbildung 7 dargestellt, die eine Kolbenreihe in der Ansicht von hinten zeigt. 484 U. BURGIN-WYSS b) Der einzelne Kolben Analyse der Färbung. Da an der Färbung des Trinchesia-Kolbens nicht nur die Haut allein, sondern auch Leber und Nesselsack beteiligt sind, sei eine ABB. 8a. Seitenansicht eines frisch vom Tier abgetrennten Kolbens. ABB. 8b. Sagittalschnitt durch einen Kolben von gleicher Grosse wie a) aus drei Schnitten kombiniert. Carnoy/Hamalaun. Uebersicht über den Aufbau eines Rückenkolbens vorausgeschickt (Abb. 8). Der zentrale Teil des Kolbens wird vom Leberschlauch einge- nommen, dessen distales Ende zum Nesselsack umgestaltet ist. Leber und Nesselsack sind bei Trinchesia durch eine einfache DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 485 Einschnürung voneinander getrennt. Das Integument ist als Hautmuskelschlauch zu bezeichnen: auf die einschichtige Epidermis folgen je eine dünne Schicht von Ring- und Längsmuskeln. Der Raum zwischen Haut und Leber enthält Bindegewebezellen und Blutlakunen. Pigmente kommen bei Trinchesia ausschliesslich in der Epider- mis und in der Leber bzw. im Nesselsack vor. Die gelben und blauen Ringe stellen Oberflächenbildungen dar, und die Leber lie- fert den Hintergrund, der je nach der Intensität der Hautfärbung verschieden stark durchschimmert. Zur Untersuchung der lebenden Gewebe stellte ich Präparate von frisch vom Tier abgetrennten Kolben oder freipräparierten Hautstücken in Meerwasser her. Ich verwendete Vergrösserungen bis zu 1500x. Als Beleuchtung dienten zwei Niedervoltlampen, von denen die eine für Betrachtung bei durchfallendem, die andere bei auffallendem Licht eingestellt wurden. (1) Epidermis (Abb. 9) Die gelben Ringe sind aus zwei Komponenten zusammengesetzt, goldgelb glänzenden Körnern und diffus verteiltem Orangepigment. Die gelben Körner sind im basalen, das Orangepigment im distalen Teil der Epidermiszellen lokalisiert. Die Blaufärbung wird durch Vakuolen hervorgerufen, die wie die gelben Körner im basalen Zellteil liegen. Beide Farbelemente sehen im Sehnitt ungefähr rund, in der Aufsicht Janglich aus. Im Unterschied zu den eher gedrungenen Körnern des obern gelben Rings haben diejenigen des untern Rings sowie die Blauvakuolen stark verzweigte Formen (Abb. 15). Gegen den blauen Streifen bilden die gelben Körner bei- derseits eine scharfe Grenzlinie, während der distale bzw. proximale Abschluss je eines Ringes viel unregelmässiger ist. Dasselbe gilt für die Orangefärbung. Am intensivsten ist sie in den Zellen, die gelbe Körner enthalten. Sowohl gegen die Spitze wie gegen die Basis des Kolbens reicht sie mehr oder weniger weit über die Zone der gelben Ringe hinaus und wird hier allmählich schwächer. Sehr scharf ist hingegen die Grenze gegen den blauen Ring. Abbildung 9 zeigt, dass nur die äusserste Zelle, die Blauvakuolen enthält, gerade noch einen schwachen Schimmer von Orangegelb aufweist. Bei abwechselnder Betrachtung eines Hautstückes im durch- fallenden und auffallenden Licht stellt man fest, dass die Blau- 486 U. BÜRGIN-WYSS vakuolen nur solange blau erscheinen, als sie die Lichtstrahlen reflektieren; treten diese durch die Vakuolen hindurch, so ver- schwindet die Blaufärbung. Auch das Aussehen der Gelbkörner Dr EX AY BV = UJ Say, ABB. 9. Randzone eines lebenden Kolbens. Gelbkörner (G) und Blauvakuolen (BV) im optischen Schnitt und in Aufsicht. Orangepigment (0) punktiert. wechselt mit den Beleuchtungsbedingungen: im auffallenden Licht haben die Körner einen metallischen Glanz, im durch- fallenden Licht sind sie schmutzigbraun. Einzig das Orangepigment bleibt unverändert. Offenbar handelt es sich beim Blau und beim DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 487 Metallglanz des Gelb um sogenannte Strukturfarben, d.h. Farb- effekte, die durch die besondere Struktur eines an sich nicht ge- färbten Körpers hervorgerufen werden. Charakteristisch für diese Art von Farbwirkung ist, dass der Effekt verschwindet, sobald der Liehteinfall, somit die Reflexions- und Absorptions-verhältnisse, verändert werden. Unter natürlichen Verhältnissen befinden sich die transparenten Blauvakuolen vor der an dieser Stelle sozusagen schwarzen Leber; der dunkle Hintergrund absorbiert alle Licht- strahlen, die nicht von den Blauvakuolen reflektiert werden und ist verantwortlich dafür, dass die nicht besonders dicht liegenden, dünnen, verzweigten Blauelemente eine tiefblaue Färbung des ganzen Bereichs hervorrufen. Die Einzelheiten der Gelb und Blau erzeugenden Strukturen werden im nächsten Abschnitt behandelt werden. Hier sei bloss festgehalten, dass die blaue Farbe eine kombinierte Leistung der Epidermisvakuolen und der darunter liegenden Leberzellen dar- stellt. Nach dem gleichen Prinzip wie die gelben Ringe der Kolben ist die Färbung der Rhinophoren und Palpen aufgebaut: Körner im basalen, diffus gelöstes Pigment im distalen Teil der Epidermis- zellen; nur sind hier beide Komponenten heller als auf den Kolben. Die Körner sind blass gelb, und das diffuse Pigment ist goldgelb statt orange. Auch in der Haut des Körpers befinden sich stellenweise Ablagerungen von Körnern, die, abgesehen von der Farbe, in allen Eigenschaften mit den Gelbkörnern übereinstimmen. Sie bilden unregelmässige weisse Flecken und Streifen auf Kopf, Fühlerbasis, Rumpf und Schwanz. Die Betrachtung eines unfixierten Haut- stiickes — oder auch eines Gefrierschnittes — zeigt, dass wie bei den Gelbkörnern der Weisseffekt nur im reflektierten Licht auf- tritt, während die Körner im durchfallenden Licht graubraun aussehen. Diese Kristalle liegen — ebenfalls wie die Gelbkörner — ım basalen Teil der Epidermiszellen. Der distale Zellteil ist hier stets frei von Pigment. (2) Leber (Abb. 8). Das Leberepithel ist im Kolben nicht gestreckt, sondern bildet um den zentralen Hohlraum nach allen Seiten mehrere Ausbuch- tungen von annähernd kugeliger Gestalt, die auf dem Schnitt als 488 U. BÜRGIN-WYSS einfache Falten, bei der Aufsicht auf ein frisches Totalpräparat als ovale oder kreisförmige Bezirke erscheinen. Aeusserlich gleicht die Leber am ehesten einer Traube, die so dicht gewachsen ist, dass die einzelnen « Beeren» gegen aussen eine nahezu geschlossene Fläche bilden. Auf der ganzen Höhe eines Kolbens zählt man vier bis sechs derartiger Ausbuchtungen. Die Faltenbildungen sind permanent; sie werden durch die Kontraktionen des Kolbens (bei Berührung, beim Fressen etc.) nicht verändert. Die Farbe der Leber wechselt je nach dem Ernährungszustand des Tieres. Als Hauptfarbe ist für die Tiere aus den Algen der Uferzone ein mehr oder weniger helles Olivgrin, für die Exemplare aus dem Posidonien-Herbier (6-8 m Tiefe) ein sehr helles Ocker- braun anzugeben (s. Tafel). Neben diesem Grundton kommen bei allen Exemplaren dunkle Elemente vor, die im Bereich der Blaufärbung so dicht liegen, dass die Leber an dieser Stelle gera- dezu schwarz erscheint. Bei den grossen Posidonien-Exemplaren, bei denen alle hier beschriebenen Gesetzmässigkeiten der Musterung in der vollkommensten Form auftreten, ist der Schwarz-Anteil am engsten auf die Blauzone beschränkt. Nur der gegen oben bzw. vorn gerichtete Teil der Leber ist schwarz, also nur genau die Stelle, an der die Blaufärbung vorkommt (Abb. 4). Aber auch bei den im allgemeinen kleinern Exemplaren aus der Felsenzone ist eine deutliche Konzentration des schwarzen Materials an der Blaustelle festzustellen, wenn auch dessen Verteilung auf Kolben- Vorder- und Rückseite nicht so differenziert ist und der basale Kolbenteil gelegentlich grössere schwarze Flecken aufweist. Die fast schwarze Farbe der Blauzone rührt von dunkel- grünen Vakuolen her, die in den Zellen so nah beieinander liegen, dass sie polyedrische Form annehmen. Ihr Durchmesser schwankt zwischen 1 und 2, auch 3u; doch enthält jede Zelle nur Vakuolen von ungefähr derselben Grösse. Auch distal und proximal vom blauen Ring kommen solche Vakuolenzellen vor, allerdings viel seltener; und die Farbe der Vakuolen ist meistens deutlich heller. Hier überwiegt eine zweite Art von Zellen, die zur Unterscheidung von den « Vakuolenzellen» als «Verdauungszellen» bezeichnet werden. Im Bereich der schwarzen Schollen sind diese Zellen schwer sichtbar, weil sie mehr zentral liegen und deshalb von den ohnehin intensiver gefärbten Vakuolenzellen überdeckt werden. Ihre jeweilige Farbe hängt vom Zustand der Ernährung ab. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 489 Ueber die Form der Zellen lässt sich auf Grund der Beobach- tungen am frischen Material nichts aussagen: im natürlichen Zell- verband sind die Zellgrenzen nicht sichtbar, ebensowenig wie die Zellkerne. Setzt man durch leichten Druck auf das Deckglas die Zellen in Freiheit, so nehmen sie Kugelform an. Auch dann sind aber die beiden Zellsorten leicht zu unterscheiden: die Vakuolen- SSIES PN NES = SOLE D N P © a6‘ O x RES & Bi DEE ABB. 10. Kolbenspitze, Frischpräparat. Interstitielle Zellen (IZ) mit Orangepigment. zellen sind prall gefüllt mit lauter gleich grossen Elementen, während die Verdauungszellen verschiedenartige Einschlüsse ent- halten (Abb. 37). In einer Verdauungszelle kommen Vakuolen jeder Grösse zwischen 1 und 6u in allen Uebergängen von trans- parent-farblos bis saftig olivgrün vor, daneben ganz kleine dunkle Körnchen und mehr oder weniger stark grüne Körper von un- regelmässiger Form. In den Verdauungszellen der Exemplare aus den Posidonien findet man keine grünen Einschlüsse, sondern ockerbraune und höchstens blassgrüne. Auch die Vakuolen der Vakuolenzellen haben einen mehr bräunlichen Ton. 490 U. BÜRGIN-WYSS Jene Teile der Leberschläuche, die im Körper die Verbindung zwischen den einzelnen Kolben einer Querreihe herstellen, ent- halten im wesentlichen die gleichen Elemente wie die Leber im basalen Teil des Kolbens, d.h. hauptsächlich Verdauungszellen, daneben — dies freilich nicht immer — vereinzelte Vakuolen- zellen. Nesselsack (Abb. 10). Der gelblichweisse Farbton des Nesselsacks von Trinchesia kommt einerseits dadurch zustande, dass zwischen den in der Auf- sicht polygonalen Nesselsackzellen geringe Mengen von Orangepig- ment vorhanden sind, sodann durch eine speziell dem Nesselsack von Trinchesia coerulea eigene Vakuolenstruktur der Zellen. Die peripheren Teile der Nesselsackzellen sind ausgefüllt mit kleinen runden Vakuolen (Durchmesser ca. 2u), die im durchfallenden Licht blass grünlich aussehen und offenbar für diffuse Reflexion des Lichtes sorgen und so die Wirkung von opakem Weiss her- vorrufen. Die Nematocysten liegen in der distalen Zellhälfte, d.h. weiter innen. Es sind bei 7rinchesta, die sich von Sertularien er- nährt, lauter gleichartige lanzettförmige Nesselkapseln von 6-8u Länge. Strukturfarben und Pigmente (1) Strukturfarben Farben, die wie das Blau und das Gelb von Trinchesia auf Grund der bestimmten Struktur eines an sich ungefärbten Körpers zustandekommen, werden in den Darstellungen der tierischen Färbung als Strukturfarben von den Pigmentfarben abgetrennt. Die beiden häufigsten physikalischen Phänomene, die für die Erzeugung solcher Strukturfarben bei Tieren in Frage kommen, sind Interferenz und Tyndall-Effekt. Interferenzfarben entstehen durch Reflexion und Brechung der Lichtstrahlen an der obern und untern Grenzfläche dünner Lamellen, die einen andern Brechungs- index haben als das umgebende Medium, und deren Dicke im Bereich der Wellenlänge des Lichtes liegt. Bekannte Interferenz- erscheinungen — auch « Farben dünner Plättchen» genannt — sind die Schillerfarben der Vogelfedern, die irisierenden Farben vieler Schmetterlingsflügel oder das irisierende Weiss bei Fischen. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 491 Der Tyndall-Effekt beruht auf der Streuung der Lichtstrahlen durch kleine Partikelchen (« trübes Medium »). Haben die Teilchen die Dimensionen der Wellenlänge des blauen Lichtes, und befindet sich das streuende Medium vor einem dunklen Hintergrund, der alle nicht zerstreuten Lichtstrahlen absorbiert, so entsteht blaue Farbe (Blau der Augen, des Mandrills, der meisten Vogelfedern). Mit gelbem Pigment kombiniert ergibt Tyndall-Blau grüne Farbe; dies kommt wiederum vor allem bei Vögeln vor. Opakes Weiss — im Gegensatz zu transparentem Aussehen — ist immer ein Struktureffekt. Für die Erzeugung von Weiss kommen hauptsächlich diffuse Reflexion durch optisch inhomogene Medien und Interferenz in Frage. Eine ausführliche Zusammenstellung der bis 1953 auf dem Gebiet der tierischen Strukturfarben erschienenen Literatur, sowie kurze physikalische Erklärungen der verschiedenen Effekte sind bei Fox (1953) zu finden. Unter den Aeolidier-Arten, die neben Trinchesia coerulea unter- sucht wurden, sind Farbelemente von der Art der Gelb- und Weiss- Körner verbreitet. Sie kommen in den Farben weiss, creme, gelb und hellblau und in allen Abstufungen von mattem, kreidigem zu metallisch glänzendem Aussehen vor. Unsere Darstellung beschränkt sich in diesem Abschnitt nicht auf Trinchesia coerulea, sondern es werden verschiedene andere Arten als Beispiele angeführt. Irisierendes Weiss, Trinchesia foliata Für das Studium der Pigmentkörner ist Trinchesia foliata eines der am besten geeigneten Objekte. Eine Beschreibung des Tiers ist auf Seite 560 zu finden. Hier wird die von den Weiss- körnern hervorgerufene Wirkung der Reihe nach bei immer stärkerer Vergrösserung beschrieben. 1. Schwache Binokularvergrösserung (Abb. 12a). Die Kolben sind zu einem grossen Teil hellbeige gefärbt; das « Pigment » bildet eine unregelmässige Zeichnung. Der Beige-Ton wird von der darunterliegenden dunkelbraunen Leber erzeugt; an der Spitze über dem transparenten Nesselsack ist die Farbe weiss, genauso wie auf dem Rücken. Am Pigment des Kolbens wie des Körpers fällt der stark irisierende Glanz auf. 492 U. BÜRGIN-WYSS 2. 20-100-fache Vergrösserung (Abb. 11). Das glänzende Weiss bzw. Beige wird in einzelne Punkte aufgelöst. Die meisten Körner haben ein matt-gelbliches Aus- sehen; dazwischen leuchten immer einzelne in verschiede- nen Farben auf: kupferrot, grün, grünblau, goldgelb. Wird die Richtung des Lichteinfalls verändert, — durch Bewegung des Kolbens beim lebenden Tier oder durch Veränderung der Lampenstellung — so ver- schwinden diese Leuchtpunkte, d.h. sie werden indifferent matt- gelb wie die umliegenden. Dafür treten andere leuchtende Farb- punkte auf. ABB. 14: Trinchesia foliata, einzelner Kolben in Dorsalansicht. WP Weisses Pigment schwarze Punkte: die bei einer bestimmten Lampenstellung gleichzeitig aufleuchtenden Pigmentkörner. helle Ringe: bei dieser Be- leuchtung indifferente Körner. Sp transparente Spitze. dL dunkelbraune Leber. 3. 600-fache Vergrösserung (Abb. 12 b). Bei dieser Vergrösserung ist es noch möglich, mit auffallendem Licht die einzelnen Pıgmentkörner zu sehen. Die Farbe eines Korns im auffallenden Licht ist ungefähr komplementär zur Farbe, die dasselbe Korn im durchfallenden Licht hat. Es entsprechen sich blaugrün und weinrot, griinblau und gelb. Es sind immer nur ein- zelne Punkte eines Farbkorns, die im auffallenden Licht gleichzeitig aufleuchten, und im durchfallenden Licht hat kaum je das ganze Korn eine der oben genannten Farben, sondern nur Teile davon; der Rest ist ockergelb gefärbt. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA ABB. 12a. Trinchesia foliata, ganzes Tier, auf dem Rücken weiss- gelb-orangerote Zeichnung. Kolben: weisses Pigment, braune Leber, orangerote Ringe. Farbenschlüssel: locker punktiert weiss horizontal schraffiert gelb schwarz orange dicht punktiert braun 4. Immersions-Vergrösserung (1000-1500x). (Abb. 13). 493 b) Rückenhaut stark vergrössert: Gelber Streifen und Weisspigment. Links lauter im durchfallenden Licht grünblaue Körner (= gelbe Farbe), rechts aus roten, blauen, gelben, grünen Teilchen zusammengesetzte Körner (—MRW.eiss)i Farbenschlüssel: schwarz blau im durchfall. L. dicht punktiert rot doppelt schraffiert gelb waagrecht schraffiert grün locker punktiert indifferent. Die einzelnen « Körner» sind Vakuolen mit einer elastischen Wand, die viele ovale oder eckige Teilchen in mehr oder weniger dichter Anordnung enthalten. Die Grösse der Teilchen (längster DM) liegt um 1u, kann aber auch weniger als 1u oder 2-34. betragen. Eine Vakuole enthält oft vorwiegend Teilchen einer Farbe, z.B. blaugrüne, manchmal aber auch grüne, blaugrüne und gelbe neben- Rev. SUISSE DE Zoot., T. 68, 1961. 36 494 U. BURGIN-WYSS einander, sodass eine Mosaikstruktur entsteht. « Körner», die bei 600-facher Vergrösserung im durchfallenden Licht rot gefärbt waren, sind nicht gleich wie die blaugrünen aus roten Teilchen auf- gebaut. Entweder erscheint das ganze Gebilde rot gefärbt, und es sind ganz winzige Körnchen darin zu erkennen, oder es sieht aus, als befinde sich die rote Farbe in den Zwischenräumen von ocker- gelben Teilchen normaler Grösse. Durch leichten Druck auf das Deckglas werden die Vakuolen deformiert; verstärkter Druck bringt die Wände zum Platzen, sodass die Teilchen in Freiheit gesetzt werden. Sie erweisen sich als a b 2 u ABB. 13 Trinchesia foliata, a) einzelne Farbkörner. Links mit relativ grossen Teilchen (1—2 u), rot im auffall. L., blaugrün im durchfall. L. Rechts mit viel feinerer Struktur, blau im auffall. L., rötlich im durchfall. L. b) Freigewordenes Teilchen (‚dünnes Plattchen“). Links Flächenansicht Rechts Seitenansicht. dünne Scheibchen von schätzungsweise 0,4-0,5u Dicke (etwa die Hälfte eines Intervalls bei einer Skala von je 0,854). Sie sind so klein, dass sich auf sie die Brown’sche Molekularbewegung aus- wirkt: sie schwimmen mit ruckartigen Bewegungen umher. Bei Vakuolen, in denen die Teilchen sehr locker angeordnet sind, lässt sich schon am intakten Korn ein « Zittern» der einzelnen Parti- kelchen wahrnehmen. Jetzt, wo die Teilchen frei herumschwimmen, zeigt sich, dass ihre Farbe je nach der Stellung wechselt. Ein Plättchen hat z.B. bei Kantenansicht eine rötliche, bei Flächenansicht blaugrüne Farbe; im Augenblick der Drehung erkennt man schichtenweise Uebergänge von rot über gelb zu grün. Derartige Beobachtungen können natürlich nur bei relativ grossen Teilchen gemacht werden (2u lang, du breit), wie sie bei Trinchesia foliata oft vorkommen DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 495 (Abb. 13). Bei vielen der kleineren Teilchen erkennt man keine: Farbe mehr, wenn sie frei herumschwimmen. Mattes Weiss im Gegensatz zu irisierendem Weiss Facelinopsis martoni (Abb. 14). Die Kolben von Facelinopsis haben eine äusserliche Aehnlich- keit mit denjenigen von Trinchesia foltata: auch hier ist die Vorder- A ISA on ABB. 14. Facelinopsis marioni a) Ganzer Kolben. b) Weiss-Körner, dünne Plättchen von sehr verschiedener Grösse. seite der Kolben bis fast zur Basis von weissem Pigment bedeckt. Die Weissfärbung ist aber so intensiv, dass die dunkelbraune Leber nicht durchschimmert, und es fehlt der metallische Glanz. Die Körner liegen sehr dicht nebeneinander. Die meisten sind aus Teilchen zusammengesetzt, die bedeutend kleiner sind als bei Trinchesia foliata (DM 0,854), und sie liegen ausserordentlich dicht beisammen in den Vakuolen. Dazwischen finden sich einzelne Va- kuolen, die auffallend grosse Scheiben in lockerer Anordnung ent- halten (DM 2-2,5u). Weder die kleinen noch diese grossen Plättchen haben aber im durchfallenden Licht je eine andere Farbe als ein helles Gelbgrün. Trinchesia coerulea (Abb. 15c, d). Bei Trinchesia coerulea kommen beide Arten von Weiss- Struktur nebeneinander vor: mattes, glanzloses Weiss auf dem Rücken, irisierendes Weiss auf dem Kopf und auf der Schwanz- spitze. Der Unterschied zwischen beiden Regionen besteht darin, 496 U. BÜRGIN-WYSS dass in den Körnern der glänzenden Hautstellen die Teilchen etwas grösser und vor allem lockerer angeordnet sind als bei den matt-weissen Körnern, und dass sie verschiedene Farben auf- weisen, im Gegensatz zu den einheitlich gelbbraunen oder far- blosen Plättchen der nicht irisierenden Körner. Erzeugung bestimmter Farben Ausser Weiss kommen Gelb und Blau als Farben der „Körner- pigmente“ vor!. Bei einer Farbvariante von Trinchesia foliata ist das Pigment auf den Kolben nicht weiss, bzw. hellbeige, sondern hellblau. Hier überwiegt der Anteil der schon beschriebenen Körner, die im durchfallenden Licht rötlich sind und eine sehr feine Körnchen- Struktur besitzen. Aehnlich gebaut sind die Blaukörner von Facelina drummondi und Berghia coerulescens, die einen hellblauen Schimmer erzeugen (Abb. 46). Die Blauvakuolen von Trinchesia coerulea dagegen sind dunkler blau und haben eine andere Struktur (siehe p. 499). Die gelben Körner von Trinchesia coerulea (Abb. 15a, b) haben im durchfallenden Licht hauptsächlich ockergelbe Farbe; der zentrale Teil ist oft blaugriin oder grünblau, gelegentlich rötlich. Stark grünblaue Körner fallen im reflektierten Licht als kupferrote Punkte auf, die blaugrünen sind goldgelb. Vereinzelt kommen auch im Gelbbereich rötliche Elemente vor, die im auffallenden Licht blaugrün erscheinen. Abwechselnde Betrachtung desselben Hautstücks im durch- fallenden und auffallenden Licht zeigt, dass auch hier jeweils nur einzelne Stellen aufleuchten, und zwar ist es, wenn man die Lampen- stellung verändert, immer der zunächst bei der Lampe gelegene Randbezirk, der goldgelb glänzt, während der Rest matt gelb ist. Die dünnen Plättchen sind oft so klein und liegen so dicht in den Vakuolen, dass sie am unbeschädigten Korn schwer einzeln zu erkennen sind. Durch Druck auf das Deckglas können aber wie bei Trinchesia foliata und Facelinopsis die einzelnen Scheibchen in Freiheit gesetzt werden. Ihre Länge schwankt zwischen 0,75 und 1 Ausdrücke wie « weisse Farbe », « Körnerpigment » (für diese Struktur- farben) sind zwar nicht korrekt, werden aber hier trotzdem an Stelle um- ständlicher Umschreibungen verwendet, so gut wie die Bezeichnung « Leber » für die Mitteldarmdrüse. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 497 1,25u, die Dicke beträgt weniger als 1u; meist ist keine Farbe mehr zu erkennen. Besonders aufschlussreich ist die Zeichnung auf dem Rücken von Trinchesia foliata (Abb. 12): ein gelber Streifen auf weissem Grund ermöglicht den unmittelbaren Vergleich von Gelb- und RI æ: SZ. > Te N TT ee = | EN: ABB. 15. Trinchesia coerulea, Interferenz- Körner a) Oberer gelber Ring. c) Weiss matt. b) Unterer gelber Ring. d) Weiss irisierend. Weiss-Struktur. Die weisse Hautpartie hat, bei schwacher Ver- grösserung im Mikroskop betrachtet, einen violetten Farbton, der durch die Mischung roter und blauer Farbkörner zustandekommt. Die gelbe Linie, die median verläuft, fällt jetzt als bläulich-grüner Streifen auf. Die weiss-erzeugenden Körner sind also aus ver- schiedenfarbigen, roten, blauen, gelben Plättchen zusammen- gesetzt, die gelben aus lauter gleichfarbigen, nämlich blaugrünen. Sobald die Plättehen aus dem Verband der Körner herausgelöst werden, gehen die typischen Farbunterschiede verloren. 498 U. BÜRGIN-WYSS Versuch einer physikalischen Erklärung Auf Grund der oben beschriebenen Beobachtungen darf man annehmen, dass beim Zustandekommen der verschiedenen Farb- effekte Interferenzerscheinungen beteiligt sind. Dafür sprechen die folgenden Tatsachen: 1. Die „Körner“ sind aus dünnen Plättchen aufgebaut, deren Dicke weniger als ein u beträgt, sich also in der Grössenordnung der Wellenlänge des Lichtes bewegt. 2. Die Farben eines Teilchens ım durchfallenden und auffallenden Licht sind ungefähr komplementär. DI Die Farbe bzw. der Metallgalanz des ganzen Korns im auf- fallenden Licht und die Farbe der einzelnen Teilchen im durch- fallenden Licht ändern mit dem Einfallswinkel des Lichtes (bzw. der Stellung des Teilchens). Mattes und irisierendes Weiss Bei gewissen Schmetterlingen (Pieridae) wurden alle Ueber- gänge von mattem, kreidigem bis zu stark irisierendem Weiss ge- funden (Mason, 1926-27). Verantwortlich für diese verschiedenen Weiss-Effekte sind nach Mason nicht in erster Linie die Pterine und Purine, die in den Flügeln abgelagert sind, sondern die Struk- tur der Schuppen. Mattes Weiss ohne Glanzpunkte wird von Schuppen erzeugt, die eine unregelmässige Oberfläche haben. Durch mikroskopisch feine Längs- und Querrippen wird das Licht nach allen Seiten reflektiert. Der irisierende Glanz anderer Schmetterlingsflügel ist die Folge von Interferenzerscheinungen. Die übereinandergelagerten Schup- pen wirken als dünne Plattchen. Da sie eine viel glattere Ober- fläche mit weniger Erhebungen aufweisen, ist der unregelmässige Streuungseffekt vermindert. und die irisierende Wirkung des Inter- ferenzphänomens kommt zur Geltung. Es ist denkbar, dass auch das Weiss bei Aeolidiern eine kom- binierte Wirkung von Interferenz und diffuser Reflexion darstellt. Bei den sehr dicht gepackten kleinen Teilchen der glanzlosen Stellen etwa der Körperhaut von Trinchesia coerulea überwiegt die diffuse Reflexion, während bei den etwas grösseren, locker ange- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 499 ordneten Plättchen auf Kopf und Schwanz Interferenzphänomene auftreten und irisierenden Glanz erzeugen können. Damit ist aller- dings nicht erklärt, weshalb die sehr grossen Teilchen, die bei Facelinopsis vereinzelt zwischen den gewöhnlichen Körnern vor- kommen, nicht auch gefärbt erscheinen und Metallglanz erzeugen. Erzeugung bestimmter Farben. Wie die Untersuchung des gelben Streifens bei Trinchesia foliata zeigt, bleibt ein bestimmter Farbeffekt nur solange bestehen, als die kleinen Teilchen in den Vakuolen eingeschlossen sind. Die freigewordenen Teilchen sehen gleich aus, ob sie aus weissen oder gelben Hautstellen stammen. Demnach ist die Anordnung der Plattchen in den „Körnern“ oder Vakuolen ausschlaggebend für die Farbe des betreffenden Korns. Ob noch andere Faktoren die Farbe mitbestimmen, und welche, kann nicht entschieden werden, da unsere Messmethoden zu wenig genau waren (Dicke der Plätt- chen!). Auch für das andersartige Aussehen der Blaukörner konnte keine Erklärung gefunden werden. Blau bei Trinchesia coerulea (Abb. 16) Da die Vakuolen, die bei Trinchesia coerulea blaue Farbe er- zeugen, eine andere Struktur haben als die eben beschriebenen „Interferenzkörner“, sollen sie hier getrennt betrachtet werden. Aehnlich wie bei den Gelbkörnern leuchten immer nur einzelne strich- und punktförmige Stellen einer Blau-Vakuole auf, nie das ganze Gebilde auf einmal. Es sind zumeist die Randzonen, die durch Glanz auffallen, und die glänzenden Streifen wechseln mit der Stellung der Lampe zum Objekt (oder bei Kontraktionen des noch lebenden Gewebes). Bei Betrachtung im durchfallenden Licht kann man mit Immersionsvergrösserung an den Vakuolen eine helle, durchsichtige Randzone und eine ganz fein strukturierte innere Zone unterscheiden. Der zentrale Teil ist oft rötlich gefärbt; gegen den Rand zu geht die Farbe in Ockergelb über. Die Vakuolen müssen eine elastische Wand haben, denn sie lassen sich durch Druck auf das Deckglas in der Form verändern, ohne zunächst zerstört zu werden. Erst erhöhter Druck oder die Einwirkung von Chemikalien (z.B. HCl 0,1n) verändern die Struktur der Vakuolen soweit, dass sie nicht mehr blau erscheinen. 500 U. BÜRGIN-WYSS Der blaue Streifen auf den Kolben von Trinchesia ist ultra- marinblau, und die meisten Einzelelemente haben tatsächlich diese Farbe. Einige davon aber sind im auffallenden Licht grünblau. Diese Teile sind es, die im durchfallenden Licht am meisten Rot enthalten. Nach der Beschreibung, die eben für die Blauvakuolen ABB. 16. Trinchesia coerulea, Blau-Elemente. Oben: durchfallendes Licht, dicht punktiert = rötlich. locker punktiert = ocker. Unten: auffallendes Licht, schwarz = blau leuchtende Stellen. gegeben worden ist, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, welcher der anfangs angeführten physikalischen Effekte — Inter- ferenz oder Tyndall-Effekt oder überhaupt ein anderes Phänomen — für die Blauwirkung verantwortlich ist. Die „feinste Struktur“, die in den Blauvakuolen gerade noch zu erkennen ist, könnte von kleinsten Teilchen herrühren, die nach der Art eines Tyndall- Mediums die blauen Lichtstrahlen zerstreuen. Die Tatsache aber, dass im auffallenden Licht nur einzelne Stellen der Vakuolen streifenweise und vorwiegend am Rand blau aufleuchten — und zwar mit Metallglanz — und dass diese Glanzstellen vom Lichtein- fall abhängig sind, deutet eher auf eine Interferenzerscheinung hin. Vielleicht ist es die bei starker Vergrösserung sichtbare farblose Wand der Vakuolen, die als dünne Schicht wirkt. Für Interferenz sprechen auch die vergleichenden Beobachtungen an Blauelemen- ten im durchfallenden und auffallendem Licht: 1. Dem gewöhnlichen Blau entspricht das Ockergelb, dem Grünblau die rötliche Farbe, also jedesmal Komplementärfarben. 2. Der deutliche Metallglanz des Blaus, das Aufleuchten einzelner Punkte beim Bewegen des Kolbens lässt sich eher verstehen, wenn DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 501 man die blaue Farbe als Interferenzphänomen deutet. Bei Tyndall- Blau hat der Einfallswinkel des Lichtes — solange es reflektiert wird — auf das Aussehen der Farbe keinen Einfluss, und es treten keine Glanzeffekte auf. 2. Löslichkeit der Pigmente Die Pigmente sind trotz grosser Farbintensität in so geringen Mengen vorhanden und die Trinchesien nach biochemischem Masstab doch so seltene Tiere, dass die chemische Identifizierung auch nur eines einzigen Pigmentes im Rahmen dieser Untersuchung zu viel Zeit beansprucht hätte. Deshalb beschränkte ich mich darauf, die Löslichkeit der einzelnen Farbstoffe zu untersuchen. Dies geschah nach folgenden Methoden: 1. Direkte Beobachtung eines Frischpräparates unter dem Mikroskop. Das betreffende Lösungsmittel— in erster Linie Wasser und verdünnte Säuren, ferner Chloroform sowie die Fixie- rungsflüssigkeit Bouin — diente als Einschlussmittel und wurde nach Bedarf mit Hilfe einer Pipette und eines Filtrierpapierstreifens erneuert. 2. In einem geschlossenen Röhrchen. Vor allem für rasch ver- dunstende Flüssigkeiten (Aceton, Petroläther) geeignet. Wegen der starken Schrumpfung können aber nach der Behandlung keine Einzelheiten der Gewebe mehr beobachtet werden. 3. Das zu prüfende Gewebe wurde auf einen Filtrierpapier- streifen gebracht, leicht zerdrückt, der Streifen getrocknet und dann in die betreffende Lösung gebracht. Beobachtung des Resul- tates unter dem Binokular. Als Uebersichtstest für beide Lösungs- mittelgruppen geeignet. Diese Versuche ergaben folgende Resultate (Tabelle auf p. 502): 1. Die diffus in den Zellen gelösten — oder gelegentlich als Tropfen vorliegenden — Pigmente, das Orange der Kolben, das Goldgelb der Rhinophoren und Palpen, das Orangerot der Samen- ampulle, sowie das orangerote Pigment von Trinchesia foliata sind fettlöslich, in Wasser und verdünnten Säuren unlöslich. 2. Die Körnerpigmente — Gelb der Kolben und Fühler, Weiss des Körpers, sowie alle im Abschnitt Strukturfarben beschriebenen Körner anderer Arten — sind in verdünnten Säuren löslich, in Wasser und organischen Lösungsmitteln dagegen nicht. BÜRGIN-WYSS U. 502 SuUNIIIXIY 104 JOpUIMTOSIAA O uayeydd SUNIIIXIY 194 FAIT X qso[asjne yyoru — — — 3sorsme +++ : Bunupjyuauayaıaz x ‘U £ Yoru x OSIOMII9] X X O PIPE == JOUIOM SSI9 AA uddUuoy x ‚og qoeu x OSIOMJI9] X X O Paina tee IQUIO MH (19919 H ssuvjue usq[oy dep O x O O O +++ | a5ueao am q[95PI09 NIdIVA pun NIUOHIONIHY] Yyansaojun uofozssun JIOPUPIIA oquey pun anyynals quoru doyep ‘foqewea nz -nepdoA UI UNISATO USA | ,08-ST JAIPURBIIA que T yoru yoeu 150[99 “uojfeyao „dOUION]“ spe uSfonyeA +++ +++ usfonyeA Ul unasppyundg UA ALA] ‘pis ues X “TUTO Yoru) ,0£ Yoru IQUION X OSIOMJIO] X X O Para PARSO == — -ZU949 [HU] * 499 doeds O uo;doa], 10po | O sgueyue x O O O +++ | 180108 sugip adueIo LOV-NAITTOM ur‘o 19H [onu WUNIUISO [OULIO H AQUIRO AIOMH uno ul0'0 IOIH Nee -SFUNSOT se asussen | UPSIUEZIO IOA 3911 IIOLSHUVT JOISTIVH ONOUAIXIWY HAC LVLIASUNM LIUMHOI"TSO"T uamwaazıT pun -sSSunsoT UIUPIIYISA100 ur 9/J075940 7 Jap uamydaa DIE RUCKENANHANGE VON TRINCHESIA COERULEA 503 3. Die Pigmente der Leber werden von allen geprüften Flüssig- keiten ausser Wasser mehr oder weniger stark verändert; doch nur die Wirkung von 0,1n HCl auf das Dunkelgrün der Vakuolenzellen von T. coerulea war eine eindeutige: die Farbe war nach 30 Minuten vollständig verschwunden. Nicht alle Pigmente werden gleich rasch aufgelöst, und nicht alle Lösungsmittel wirken gleich rasch. Da die Versuche nur zu einer ersten Orientierung über die Eigenschaften der Pigmente führen sollten, wurde die Zeit nur insofern berücksichtigt, als festgestellt wurde, ob sich ein Pigment sofort — innerhalb weniger Minuten — oder erst nach längstens vier Stunden auflöste. In der Tabelle sind auch die Resultate der wichtigsten Fixierun- gen in bezug auf die Farbstoffe angegeben. Sie stimmen mit den bei den Löslichkeitsversuchen gemachten Erfahrungen überein: Von sauren Fixiermitteln (Bouin) werden die säurelöslichen gelben und weissen Pigmentkörner herausgelöst, während sie in Helly, Carnoy, gepufferter Osmiumlösung, Formol erhalten bleiben. Das fett- lösliche Orangepigment wird zwar von Bouin und Helly nicht un- bedingt angegriffen, wohl aber durch die nachfolgende ausge- dehnte Alkoholbehandlung restlos entfernt. In Carnoy-Lösung (Chloroform-Alkohol-Gemisch!) verschwindet es augenblicklich, wogegen der geringe Essigsäuregehalt dieser Lösung die gelben Körner nicht auflöst. Formol löst weder Orange noch Gelb auf; trotzdem können die Tiere auch darin nicht in ihren natürlichen Farben aufbewahrt werden, sondern sie bleichen sehr rasch aus. Die fettlöslichen Pigmente der Trinchesia — namentlich also das Orange der Kolben — können folglich nur am lebenden Gewebe und allenfalls in frischen Gefrierschnitten (Formolfixierung, Ge- latineeinbettung) überhaupt histologisch untersucht werden. Die säurelöslichen Pigmentkörner bleiben zwar bei einer Reihe von Fixierungsmethoden erhalten, jedoch mit veränderter Struktur. Da bei den meisten der üblichen Färbungen saure Lösungen ver- wendet werden, sind die Schnitte am besten ungefärbt zu be- trachten. 2. ANATOMIE UND HISTOLOGIE Mit dem Uebergang vom frischen zum fixierten Material betritt man ein Gebiet, das im Gegensatz zur Morphologie des lebenden Tieres schon vielfach bearbeitet worden ist. Ein Ueberblick über 504 U. BÜRGIN-WYSS die wichtigeren Arbeiten, welche die Cerata der Aeolidier zum Thema haben, und ihre Problemstellungen wurde in der Einleitung gegeben. Die Einzelheiten, die in unserm Zusammenhang von In- teresse sind, sollen an gegebener Stelle im Text angeführt und dis- kutiert werden. a) Anatomie Zuerst werden die allgemeinen Lagebeziehungen der Organ im Körper und in den Kolben beschrieben. Ausgehend vom Anblick der lebenden Schnecke kann man sich am besten am Pericard orientieren, das die Reihen der Cerata in eine vordere und eine hintere Gruppe aufteilt und das Zentrum für die Anlage und Differenzierung der Kolben darstellt. Etwas weiter rostral und ventral vom Pericard liegt der Magen, der gelegentlich dunkelgrün durchscheint. Dieser hat bei den Nudibranchiern kaum je die Funktion einer Verdauungsdrüse, sondern vielmehr die einer Umschaltstation mit im Ganzen fünf zu- oder abführenden Gängen. Muskelkontraktionen und Wimpermechanismen sorgen dafür, dass die Nahrung, die durch den Oesophag ins Magenlumen gelangt, in die drei Lebergänge getrieben wird (GRAHAM 1938). Bei manchen Arten — nicht aber bei Trinchesia — sind die Lebergänge im Körper blosse Verbindungskanäle, durch welche die Nahrung in den Kolben transportiert wird. Bei Trinchesia bestehen auch die Lebergänge im Körper zum grössten Teil aus Drüsenepithel und sind damit gleichfalls zur Verdauung fähig. Was an unverdaulichen Resten aus der Leber in den Magen zurückkommt, wird wiederum durch die Tätigkeit von Muskeln und Wimpern in den sehr kurzen Enddarm geleitet. Dieser mündet bei Trinchesia auf der rechten Seite unmittelbar vor dem Kolben IVa und ist wie der Magen je nach seinem Füllungszustand manchmal von aussen sichtbar als schwarzes Rohr. In der Versorgung der Kolben durch die drei vom Magen abge- henden Leberäste kommt die schon äusserlich feststellbare Tren- nung in eine vordere und eine hintere Kolbengruppe noch verstärkt zum Ausdruck: zu den Reihen I, II und III führen die beiden vordern Gänge; rechte und linke Seite werden also hier getrennt versorgt, während der median abgehende hintere Ast Verzwei- gungen zu allen Kolben caudal vom Pericard abgibt (Abb. 17). DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 505 Genau entsprechend verhält es sich mit der Zuteilung der Kolben zu den Haupt-Blutgefässen. In die Vorkammer münden drei dorsal verlaufende Venen, von denen die eine aus dem Schwanz, die beiden andern aus der Kopfregion herkommen. Die rechte und linke Hälfte der drei ersten Kolbenreihen haben je Anschluss an eine der vor- dern Venen, und das Blut aus der gesamten hintern Kolbengruppe fliesst durch kurze Seitenzweige in die eine unpaare Vene. Der Kreislauf ist zur Hauptsache offen; nur die Herzteile und die kurze Aorta besitzen ringsum eine eigene Wand. Die Vorkammer-Wand lest sich im caudalen Teil dicht an die mehrschichtige Lage von Bindege- webefasern an, von der Organe wie Leber, Niere etc. überzogen werden, und die weiter vorn die ventrale Begrenzung des Pericards bildet. Die grosse hintere Vene ist also nicht ein selbständiges Blutgefäss, sondern ein Hohlraum, der zwischen den ver- schiedenen Organen ausgespart ist und teils durch deren Bindegewebe- überzug, teils durch die Muskel- schicht des Integuments und nur an besondern Stellen (z.B. im Schwanz) durch eine vom allgemeinen Bindegewebe des Körpers unter- erry & @ ABB. 17. Magen-Darmkanal und Verzwei- gung der Mitteldarmdrüse (Re- konstruktion). Pharynxschraf- fiert. Oesophag, Magen, Enddarm und Mitteldarmdrüse schwarz. Nesselsäcke und Zentralner- vensystem weiss. Magenblindsack weiss gestri- chelt. A After. scheidbare endothelartige Schicht begrenzt wird. Dasselbe gilt für die beiden vordern Venen, soweit sie ausserhalb des Pericards liegen. Auch die Bluträume in den Kolben sind blosse Lücken zwischen den Geweben ohne eigene Begrenzung, wogegen an der Ansatzstelle eines Kolbens deutlich die Umrisse von zwei voneinander ge- trennten Lakunensystemen zu erkennen sind: das eine sammelt 506 U. BÜRGIN-WYSS offenbar das Blut aus der Leibeshöhle; es tritt seitlich in den Kolben über. Das zweite ist die bereits angeführte Abzweigung der Hauptvene, die das Blut aus dem Kolben — wo ein einziger durchgehender Hohlraum vorliegt — in die grosse Rückenvene zurückbringt (Abb. 18). te, = ABB. 18. Querschnitt durch die Basis einer Kolbengruppe, tangential zur Körperfläche. Bouin/Azan. a,b, c Wolbenbezeichnungen (ce = Anlage). ay zuführendes Blutgefäss von a. As wegführendes ,, nd b, zuführendes a b BgM Bindegewebe und Muskulatur. Der gesamte Blutkreislauf dürfte demnach folgendermassen funktionieren: Durch den kurzen arteriellen Fortsatz der Herz- kammer wird das Blut in den Körper gepumpt, wo es alle Hohl- räume zwischen den Organen ausfüllt. Die Venen sammeln das Blut im Körper und führen es wieder dem Herzen (Vorkammer- Herzkammer) zu, und zwar geschieht dies entweder direkt vom DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 507 Kopf bzw. Schwanz durch einen der drei Hauptäste oder auf dem Umweg über einen Kolben: in diesem Fall nımmt das kleinere, an der Basis eines jeden Kolbens auftretende Gefäss das Blut aus dem Körper auf und führt es in den Kolbenhohlraum; von dort fliesst das Blut durch das zweite Gefäss in den Hauptstamm und damit zum Herzen zurück. Die symmetrische Verzweigungsart der beiden eben beschrie- benen Organe verdient besondere Beachtung, weil sowohl das Darm- wie das Blutgefàss-System bei ursprünglichen Gastro- podentypen asymmetrisch angelegt sind. In den zentralen Teilen — Magen, Leber- und Venenmündungen sowie im Verlauf des Enddarms — kommt diese Asymmetrie noch zum Ausdruck; die peripheren Teile dagegen sind entsprechend der symmetrischen Verteilung der Körperanhänge weitgehend symmetrisch ausge- bildet. Das Organsystem, bei dem die ursprüngliche Asymmetrie noch am deutlichsten in Erscheinung tritt, die männlichen und weib- lichen Geschlechtsorgane, ist bei den Aeolidiern auf den Körper beschränkt und am Aufbau der Kolben nicht beteiligt — dies im Gegensatz zu manchen Saccoglossen-Formen, deren Kolben neben dem Leberschlauch Ausläufer der Eiweissdrüse enthalten (Placida dendritica, Ercolania Trinchest). b) Histologie Davenport (1893) und KrEmBzov (1902) stellen den Kolben dar als ein Organ, das aus Ectoderm (Epidermis), Entoderm (zentraler Leberblindschlauch und Nesselsack) und Mesoderm besteht. Der Mesoderm-Anteil liefert Muskulatur und Bindegewebe und gliedert sich in eine äussere, der Epidermis anliegende und eine innere Schicht, die Leber und Nesselsack überzieht. Dazwischen befinden sich Bluträume und besondere Zellen, die verschieden gedeutet wurden. Die Epidermis einerseits, die Leber und der Nesselsack anderseits sind histologisch klar abgrenzbare Gewebe; alle Ele- mente, die den Raum zwischen diesen beiden ersten ausfüllen und teils mesodermalen, teils ectodermalen Ursprungs sind (Nerven), werden hier unter dem Begriff Zwischengewebe zusammengefasst. Die drei Zonen sollen in der eben angegebenen Reihenfolge getrennt betrachtet werden. 508 U. BÜRGIN-WYSS (1) Epidermis (Abb. 19-22). Kolben. Die Epidermis ist ein einschichtiges Epithel, das zur Haupt- sache aus in der Aufsicht polygonalen, im Schnitt rechteckigen Zellen besteht. Der Kern liegt basal, das Plasma ist regelmässig vakuolisiert. HENNEGUY (1925) und GraHam (1938) haben darauf hingewiesen, dass diese Vakuolen eine eigentümliche Struktur be- | NAT ABB. 19. Epidermis des Kolbens. Gepufferte Os- miumlösung/Hämalaun. a) Nicht pigmentierte Stelle (Basis). b) Blau-Zone. c) Oberer gelber Ring. sitzen. Bei geeigneter Fixierung und Färbung erkennt man in der Mitte jeder Vakuole eine feine Trennungslinie, welche diese der Länge nach in zwei Hälften teilt. Nicht nur die Epidermis, sondern auch das Epithel des Magens und der Lebergänge im Körper (bei Aeolidina) sowie die Nesselsackzellen bestehen nach GRAHAM aus derartigen Vakuolenzellen. Was die Bedeutung dieser Doppel- vakuolen ist, steht noch nicht fest. HENNEGUY deutete die Tren- nungslinie als Ueberrest eines in der Vakuole drin liegenden Bläs- chens, das bei der Fixierung collabiert sein müsse. Er nahm an, dass diese Vakuolisierung den Zellen besonders grosse Turgeszenz und damit Elastizität und Widerstandsfähigkeit gegenüber Be- rührung mit festen Körpern verleihe. Nach GRAHAM handelt es sich bei den Zwischenwänden der Vakuolen nicht um Fixierungs- produkte, denn er konnte die gleiche Struktur in lebenden Zellen nachweisen. Er lehnt deshalb Hrnnecuys Erklärung ab mit dem DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 509 Hinweis, die Beanspruchung der betreffenden Epithelzellen sei gar nicht so gross. Hingegen versucht er, die Tatsache, dass diese Art von Vakuolenzellen nur bei Aeolidiern vorkommt, und zwar ausschliesslich bei solchen, die Coelenteraten fressen, mit der Ernährungsweise dieser Schnecken und ihrer Immunität gegen- über den Nesselzellen in Zusammenhang zu bringen — allerdings ohne im einzelnen zu erklären, welche Rolle die Epithelzellen der Haut und des Magens mit ihrer besondern Struktur bei einem eventuellen Abwehrmechanismus spielen könnten. Die eben beschriebene Vakuolenstruktur ist in unserm Material bei Trinchesia coerulea besonders in osmiumfixierten Präparaten (Färbung: Heidenhain-Hämatoxylin) deutlich (Abb. 19). Die Beobachtungen der lebenden Zellen sind aber nicht eindeutig. Die Vakuolen erscheinen entweder ganz leer (Abb. 9), oder sie zeigen eine konzentrische Aufteilung in eine Rand- und eine zentrale Zone, was eher mit den Angaben HENNEGUYS übereinstimmt. Im Bereich der Orangefärbung ist es der zentrale Teil, der allein den Farbstoff enthält. Nur bei Facelina- Arten konnte ich die von GRAHAM beschriebene Vakuolenstruktur auch am lebenden Ge- webe beobachten. Die Epidermis ist aussen von einer 1-2u dicken cuticulaartigen Schieht überzogen, in der sich auch mit stärkster Vergrösserung weder im lebenden noch im fixierten Gewebe eine Struktur er- kennen lässt, die auch von der Färbung durch das Orangepigment nicht berührt wird. KREMBZOV vermutet, dass es sich um eine durch Drüsenzellen abgesonderte Schleimschicht handelt. Dies ist je- doch nicht wahrscheinlich, da die Schicht bei Azanfärbung nicht blau ist wie der Inhalt der Schleimzellen, sondern sozusagen farblos. Die basale Begrenzung des einschichtigen Epithels bildet eine dünne Bindegewebeschicht, an die zirkulär und längs verlaufende Muskelfasern anschliessen. Zwischen den gewöhnlichen Epithelzellen findet man Drüsen- zellen von flaschenförmiger Gestalt (Abb. 20). Ihrem Inhalt nach lassen sich zwei Sorten unterscheiden: erstens solche, deren Sekret sich mit Hämalaun violettrot, mit Azan blau, bei Osmium- fixierung (gefärbt und ungefärbt) schwarz, bei der PAS-Reaktion stark rot färbt und meist homogen, gelegentlich auch in einzelnen Tropfen vorliegt. Dies sind Schleimzellen. Sie sind im Gebiet der Rev. Suisse DE Zoor., T. 68, 1961. 37 510 U. BÜRGIN-WYSS Kolbenspitze besonders zahlreich. Die zweite Art von Zellen enthält eine grosse Vakuole, die mit Körnchen gefüllt ist (Azan rot, Häma- laun gelbbraun, Osmium schwarz oder gelb). Diese Zellen sind gleichmässig auf den ganzen Kolben verteilt, sind aber seltener als die Schleimzellen. ABB. 20. Besonders differenzierte Epidermiszellen. a) Schleimdrüsenzelle, Bouin/Azan. b) Drüsenzelle mit körnigem Inhalt, Bouin/Azan. c) Wimperzelle, Bouin/Chromalaun-Hämatoxylin. Als besondere Differenzierungen der Haut sind ausserdem die Wimpern zu nennen. Dabei muss man unterscheiden zwischen kurzen (5-4), steifen, eher wie Stacheln anmutenden Bildungen, die einzeln stehen, sehr unregelmässig sind in ihrem Auftreten und nur am lebenden Material beobachtet wurden, und anderseits eigentlichen Wimperbüscheln. Während die kurzen Fortsätze Bildungen der obersten Epidermisschicht zu sein scheinen, lassen sich die langen Wimpern durch die äusserste strukturlose Schicht hindurch weiterverfolgen. Im mittleren und basalen Teil des Kolbens sind es gewöhnliche Epithelzellen, die ein Wimperbüschel tragen (Abb. 20c). Sie unterscheiden sich von den benachbarten wimperlosen Zellen höchstens dadurch, dass das Plasma etwas dichter ist. Die Wimpern der Kolbenspitze hingegen sind nicht Bildungen der Epithelzellen, sondern stellen Fortsätze der basal von der Epidermis verlaufenden Längsmuskelfasern dar (Abb. 25). Mit unsern Mitteln ist nicht festzustellen, in welcher Weise Muskel- fasern und Wimpern miteinander verbunden sind. Wimperbildungen von Epithelzellen wurden schon vielfach beschrieben (HOFFMANN 1939). Eine Abbildung HEennesuys (1925) von Wimperzellen der Rhinophoren von Janolus cristatus ent- spricht im wesentlichen den bei Trinchesia gefundenen Verhält- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 544 nissen. Dagegen sind über die besondern Wimperstrukturen — wie überhaupt über die Histologie der äussersten Kolbenspitze — ın der Literatur keine Angaben zu finden. DORSAL ABB. 21. Querschnitte durch verschiedene Zonen eines Kolbens. Bouin/Azan. a) Basis: Epidermis unpigmentiert, dunkle Körner gleichmässig verteilt. b) Blaustelle: Vakuolen nicht sichtbar, dunkle Körner deutlich auf einer Seite gehäuft. c) Oberer gelber Ring: Vakuolen der Gelbkörner sichtbar, Epidermis an dieser Stelle verdickt, dunkle Körner gleichmässig verteilt. Die bis jetzt geschilderten Strukturen sind sowohl am lebenden als auch am fixierten Epithel mehr oder weniger gut sichtbar. Zwischen frischem und histologisch verarbeitetem Material beste- hen folgende Unterschiede: Was einem am lebenden Kolben auf- fällt, sind die Büschel von langen Wimpern, die regelmässig schlagen, und vor allem die Pigmente bzw. farberzeugenden Strukturen Gelb, Blau, Orange. Die Drüsenzellen sind wohl an den Umrissen zu erkennen, treten aber nicht in Erscheinung, weil das Sekret farblos und homogen, manchmal ganz schwach strukturiert oder körnig ist. Bei den Schnitten sind die Verhältnisse gerade umgekehrt: jetzt sind es die Drüsenzellen, die durch ihre starke Färbbarkeit das Bild bestimmen, während von den Wimper- büscheln oft nur noch der basale Rest und von den Farben des lebenden Kolbens erst recht nichts mehr übrig ist. Das Studium der Schnitte erlaubt trotzdem einen genaueren Vergleich der Zellstruktur zwischen pigmentierten und unpig- mentierten Hautstellen. Das Epithel ist an den Stellen verdickt, die gelbe Körner enthalten. Die Zellen sind hier etwa 15u hoch ge- genüber 9-10u in nicht-gelben Zonen. Die Körner sind — wie bereits erwähnt — im Basalteil der Zellen lokalisiert; die Kerne 512 U. BÜRGIN-WYSS liegen distal davon ungefähr auf derselben Höhe wie in den be- nachbarten pigmentfreien Zellen. Die Verdickung der Epidermis ist also die Folge einer Erweiterung des Basalteils der Zellen, der die gelben Körner umschliesst. Was von diesen gelben Körnern auf histologischen Präparaten zu sehen ist, hängt von der Behandlung ab, welche die Schnitte erfahren haben. Wenn keine Säure ver- wendet wurde (Carnoy, gepufferte Osmiumlésung! und keine Färbung, eventuell auch kurz Hämalaun), sind die Körner in allerdings stark geschrumpftem Zustand zu sehen (Abb. 19e); sonst bleiben nur runde Hohlräume übrig. Die Blaustruktur geht bei der Fixierung auf alle Fälle verloren. Die Ueberreste der Blauelemente findet man als leere „Löcher“ im Basalteil der Epidermiszellen, die nicht immer leicht zu er- kennen sind, da sie offenbar zusammengedrückt werden. Diese Hohlräume sind etwas kleiner als diejenigen der gelben Körner und weniger zahlreich. Sie liegen oft neben, nicht proximal von den Kernen, und das Epithel ist hier kaum dicker als an den unpig- mentierten Stellen (Abb. 19b). Da die Zellgrenzen und Kerne im lebenden Gewebe nicht sicht- bar sind, war es nicht möglich, die genauen Beziehungen zwischen den in der Aufsicht stark verzweigten Gelbkörnern und Blau- elementen und den einzelnen Zellen klarzustellen; immerhin zeigen die Schnitte, dass auf eine Zelle mehrere der im Querschnitt runden Farbelemente entfallen. Auch am fixierten und gefärbten Epithel sind die Zellgrenzen vielfach schwer oder überhaupt nicht zu erkennen. Die Kerne sind ziemlich regelmässig über das Epithel verteilt. Die Spitzenregion enthält oft etwas mehr Kerne als die weiter basal liegenden Teile (die Zellen sind hier noch kleiner). Ein Zusammenhang zwischen Kerndichte und Pigmentablagerung oder Blaustruktur besteht nicht. Ebenso ist die Verteilung der Drüsen- und Wimperzellen unabhängig von den Pigmentstreifen: zwischen den gelben Körnern und Blauvakuolen münden genau so Drüsenzellen aus wie distal und proximal davon. Es sind also die gewöhnlichen Epidermiszellen, die als Träger der Farbelemente der Haut auftreten. Im Zusammenhang mit dieser Rolle erfahren sie bestimmte Strukturumwandlungen. 1 Nach 'PALADE G. E. 1952; J. Exp. Med. 95: 285. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 513 Körper (Abb. 22). Die Epidermis des Körpers ist, wenn man von der besonders differenzierten Fussohle absieht, die hier nicht berücksichtigt wird, im wesentlichen gleich gebaut wie die eben beschriebene Kolben- haut. Ihre Dicke ist etwas geringer als auf den Kolben; namentlich über dem Pericard ist das Epithel oft stark gestreckt. Sehr viel mächtiger ist dagegen die Bindegewebe- und vor allem die Muskel- schicht ausgebildet. Jene Stellen, die am lebenden Tier wegen sax Son! —I er cn —- a; n= n —— ABB. 22. Epidermis und Muskulatur des Rückens. Bouin/Azan. ihrer kristallinen Ablagerungen undurchsichtig weiss erscheinen, sehen im Schnitt gleich aus wie die Zonen der gelben Ringe: die Zellen sind etwas höher als in andern Gebieten und enthalten im proximalen Teil eine oder zwei grosse Vakuolen (bzw. die Ueberreste der Körner, je nach Fixierung). Von den Drüsenzellen kommen nur diejenigen auch auf dem Körper vor, deren Sekret in Form von Körnchen vorliegt, nicht aber die Schleimzellen der Kolbenspitze. Wimperzellen sind auf der Körperoberfläche vereinzelt zu finden. (2) Leber und Nesselsack Morphologisch stellen Leber und Nesselsack verschiedene Differenzierungsformen desselben entodermalen Gewebes dar: das Leberepithel führt die gesamte Verdauung—Fermentbildung, Re- sorption, z.T. intrazelluläre Verdauung, ausserdem Ausscheidung von Abfallstoffen und Speicherung von Reservesubstanzen aus, während die Zellen des Nesselsacks auf die Aufbewahrung und Ausscheidung der Nematocysten spezialisiert sind. Die Spitze des 514 U. BURGIN-WYSS Nesselsacks besitzt zwar nicht, wie vielfach behauptet wurde (KREMBZOV u.a.) eine permanente Oeffnung; eine solche kann aber zu bestimmten Zeiten auftreten. Mit jedem Kolben ist also eine potentielle Verbindung zur Aussenwelt, d.h. für das Darm- system ein zusätzlicher Ausfuhrweg hergestellt. Den Verbindungs- kanal zwischen Leber und Nesselsack — der bei Trinchesia sehr kurz ist — bilden einige undifferenzierte embryonale Zellen, die nach beiden Seiten neues Zellmaterial liefern. Nesselsack Bei der Differenzierung der Nesselsackzellen wird eine strenge Entwicklungsfolge von proximal nach distal eingehalten. Der Vorgang der Differenzierung von der embryonalen Zelle bis zur sogenannten Cnidocyste wurde von GROSVENOR (1903) und GLASER (1910) beschrieben. Leider fehlen allerdings genaue Angaben dariiber, welche Art zur Untersuchung beniitzt wurde. (GROSVENOR verwendete für Fütterungsversuche Spurilla neapolitana und Rizzolia peregrina, beide in Neapel, GLASER « an Aeolid» in USA). Aus den embryonalen Zellen der Verbindungszone zwischen Leber und Nesselsack entstehen — nach den Angaben dieser Autoren — zweierlei Nesselsack-Elemente: einerseits durch starke Grössen- zunahme die Zentralzellen, Cnidoblasten oder Cnidophagen, jene Zellen also, die mit pseudopodienartigen Fortsätzen die Nemato- cysten phagocytieren; anderseits interstitielle Zellen, die als schmale und kaum differenzierte Gebilde von den Cnidoblasten gut zu unterscheiden sind. Beide Autoren vermuten, dass es diese Zellen sind, die um die Zentralzellen herum zunächst in deren basalem Teil eine Membran ausscheiden. Damit beginnt die Um- wandlung des Cnidoblasten in eine Cnidocyste; das Plasma der Zentralzelle zieht sich von der Wand mehr und mehr zurück. Wenn durch das distale, immer noch freie Ende eine bestimmte Zahl von Nematocysten phagocytiert worden sind, wird die Cysten- wand ringsherum vervollständigt. Jetzt degenerieren Kern und Plasma; dasselbe geschieht mit den interstitiellen Zellen. Im distalen Teil des Nesselsacks befinden sich, meist von der Wand losgelöst, die fertigen Cnidocysten, die zur Ausscheidung bereit sind. Diese stellen nichts anderes dar, als einen mit Nematocysten gefüllten Behälter, an dem im übrigen keine histologische Struktur DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 515 mehr zu erkennen ist. Die Nesselkapseln sind darin regelmässig angeordnet, und zwar ist derjenige Pol, an dem bei der Entladung der Nesselfaden austreten würde, gegen die Aussenseite der Cnidocyste gerichtet. Da die Struktur des Nesselsacks von Trinchesia in manchen Einzelheiten von diesen Beschreibungen abweicht, wurden zu- nächst die Verhältnisse bei Spurilla nachgeprüft (wahrscheinlich stammen ja die Darstellungen GrosvEnors mindestens teilweise von Spurilla). Soweit sich die Angaben auf die Entstehung der Cnidocysten beziehen, konnten die Ergebnisse GROSVENORS und GLASERS bestätigt werden. Im Bereich der äussersten Kolbenspitze hingegen — der weder von GROSVENOR noch von GLASER im Detail untersucht worden ist — stimmen unsere Schnittbilder — 10 Serien durch Kolben von 4 verschiedenen Exemplaren — nicht mit den Aussagen und Abbildungen der beiden Autoren überein. Bei keiner Serie ist eine Oeffnung des Nesselsacks nach aussen zu sehen; viel- mehr zeigt sich auf genau sagittal getroffenen Schnitten, dass die Epidermis an dieser Stelle in besonderer Weise modifiziert ist. Sie besteht aus sehr vielen dicht nebeneinander liegenden schmalen Zellen, die fast doppelt so hoch sind wie die übrigen Epithelzellen. An die Basis dieser Epidermiszellen schliesst der distale Teil des Nesselsacks umittelbar an. Dies ist eine oben geschlossene Röhre, deren Wände durch eine Schicht niedriger Zellen gebildet werden, die den interstitiellen Zellen ähnlich sehen. Dieser distale Teil macht ungefähr einen Viertel der ganzen Länge des Nesselsacks aus. Er ist frei von Cnidocysten; erst proximal davon schliessen die ältesten mit Nematocysten gefüllten Zellen an. Die den Cnidocysten zunächst liegenden Zellen der Nesselsackspitze tragen oft pseudo- podienartige Fortsätze. Auch die Behauptung (GROSVENOR, GLASER), dass die inter- stitiellen Zellen zugrunde gehen, konnte nach unsern Schnitten nicht bestätigt werden. Vielmehr treten sie gerade im distalen Teil des Nesselsacks, wo die Cnidocysten sich abzulösen beginnen, deutlicher hervor als in der mittleren Partie. Es scheint, dass diese interstitiellen Zellen eine mehr oder weniger kontinuierliche äussere Schicht darstellen, die sich von der Basis bis zur Spitze des Nessel- sacks hinzieht. In der embryonalen Zone sondern sich interstitielle Zellen von den phagocytierenden Elementen ab, zwischen diesen treten sie in Form einzelner spitz kegelförmiger Zellen auf, und im 516 U. BÜRGIN-WYSS apikalen Teil bilden sie eine geschlossene Zellage, die sich in der röhrenartigen Spitze fortsetzt. ABB. 24. Verbindungszone zwischen Leber und Nesselsack: Differenzierung der Nesselsackzellen (Trinchesia coerulea). Bouin/Hämalaun. PN By, A 5 ne È È à t ; Cn in Differenzierung begriffene Nesselsack eines IlIa-Kolbens (Trin- Nesselsackzellen (Cnidoblasten). chesia coerulea), aus zwei Schnit- Sph Sphincter-Muskel zwischen ten kombiniert. Bouin/Chroma- NS und Leber. laun-Hamatoxylin. NSZ Nesselsackzellen (= Cnido- blasten u. Cnidocysten), Nemato- cysten schwarz, Kerne hell, Vaku- olen nicht gezeichnet. EZ Embryonale Zellen. Gegen aussen ist der Nesselsack abgeschlossen von einer sehr dünnen Bindegewebeschicht. Diese ist die Fortsetzung des Binde- gewebeüberzuges der Leber. Ausserdem ist der Nesselsack umgeben von einer Schicht von hauptsächlich zirkulär, zum Teil schräg spiralig und längs verlaufenden Muskelfasern, die bei Spurilla mächtig entwickelt ist. Aehnlich wie bei Spurilla sind die Verhältnisse auch bei Cory- phella pedata. Besonders auffällig ist hier das rasche gänzliche DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 517 Verschwinden von Kern und Plasma in den Cnidocysten, die sich bald von der Wand lösen und frei im Lumen liegen (Abb. 26a). 10 u GS TR DIAZ AN & ver ), SIN KIA TUE Le fe SpNS BgK C Bg E ABB. 25. Kolbenspitze (vgl. Abb. 10) (T. coerulea). Bouin/Chromalaun-Hämatoxylin. C älteste Cnidocysten. LM Langsmuskelfasern, die mit den Wimpern (W) in Verbindung stehen. E Epidermis, an der Spitze über dem Nesselsack stark verdickt. Der Nesselsack von Trinchesia ist seinem Gesamtbauplan nach gleich organisiert wie der von Spurilla, mit dem Unterschied, dass sowohl die basale Differenzierungszone wie auch der röhrenartige Spitzenteil bedeutend kürzer und die Muskulatur schwächer aus- gebildet sind. Der Uebergang von der Leber zum Nesselsack ist durch eine blosse Einschnürung markiert, die von kräftigen Ring- muskeln erzeugt wird; distal und proximal davon befinden sich je eine bis drei embryonale Zellen, während an der Stelle der Verengung selbst keine Zellen, sondern nur eine dünne Plasma- schicht der Muskulatur aufliegen (Abb. 24). Auf der ganzen Höhe des Nesselsacks liegen bei einem a-Kolben 12-14 fertig differen- zierte Cnidophagen übereinander (Abb. 23). Die ältesten Zellen sind oft schon von der Bindegewebewand des Nesselsacks abgelöst (Abb. 28a). Zwischen den Cnidophagen oder Cnidocysten sind einzelne schmale interstitielle Zellen eingezwängt, die nur durch ihren flachgedrückten Kern überhaupt auffallen. Betrachtet man 518 U. BÜRGIN-WYSS einen Nesselsack in der Aufsicht, d.h. nicht in einem sagittal sondern in einem seitlich geführten Schnitt, so erscheinen die Zentralzellen als mehr oder weniger regelmässige Sechs- bis Achtecke. Zwischen ihnen liegen die in die- ser Ansicht dreieckigen Kerne der interstitiellen Zellen (Abb. 27). Von ihrem Plasma ist nichts zu sehen; offenbar sind es aber diese Zellen, die das nur am lebenden Kolben sichtbare Orangepigment enthalten: die Lokalisierung der Farbe und die Lage dieser Zel- len entsprechen sich jedenfalls ABB. 26. \ Fertige Cnidocysten. SA | ? a) Coryphella pedata: weder Kern Wesentlich anders als bei noch Plasmastruktur zu sehen. den zum Vergleich beschriebenen b) Trinchesia coerulea: Kern und F S ‘ll Awe hell Vakuolenstruktur deutlich. ormen, opuriiia un Orypreva, ist bei Trinchesia coerulea die Struktur der Cnidocysten — oder Nesselsackzellen, wie sie vielleicht neutraler gennannt werden können. Auf Seite 490 wurde bereits darauf hingewiesen, dass diese Zellen im lebenden Kolben mit farblos oder blass grünlich scheinenden Vakuolen gefüllt sind, und es wurde die Vermutung ausgesprochen, dass diese Vakuolen zusammen mit dem Orangepigment der interstitiellen Zellen das gelblich-weisse Aussehen des Nesselsacks von Trinchesia aus- machen. Diese Vakuolenstruktur ist bei guter Plasmafixierung (am besten Osmium-Gemische) auch auf den Schnitten deutlich. GRAHAM erwähnt diese Besonderheit im Zusammenhang mit der Vakuolenstruktur des Epidermis- und Magenepithels. Nach ihm weisen auch diese Vakuolen jene schon diskutierten (p. 508) Zwi- schenwände auf. Er sagt ausdrücklich, dass die Vakuolenstruktur bei Cratena glotensis (Cratena = Synonym von Trinchesia) deut- licher sei als bei den beiden andern Arten (Aeolidina alderı und Facelina drummondi). In den Nesselsackzellen von Aeolidina und Facelina — deren Nesselsäcke transparent sind — konnte ich weder am lebenden Gewebe noch auf Schnitten derartige Vakuolen finden. An den Vakuolen von Trinchesia waren keine Mittellinien zu sehen. Ueber die Entwicklung und Degeneration der Nesselsackzellen macht GRAHAM keine näheren Angaben. Das besondere am Nessel- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 519 sack von Trinchesia coerulea ist, abgesehen von der ausgeprägten Vakuolisierung des Plasmas, die Tatsache dass, im Gegensatz zu Spurilla, Coryphella und andern, auch die ältesten Nesselsackzellen ABB. 27. Aufsicht auf ein Stück des Nesselsacks (Trinchesia coerulea). Zwischen den polygonalen Nesselsackzellen Kerne von interstitiellen Zellen(IK). Bouin/Azan. kaum Zeichen von Degeneration zeigen. Die Vakuolenstruktur ist von den ersten zur Phagocytose befähigten bis zu den am meisten distal gelegenen Zellen gleichmässig vorhanden. Im basalen Teil fertig differenzierter Zellen treten oft grössere Hohlräume auf, die Anzeichen dafür sein können, dass der Zellkörper sich von der Cystenwand zurückzieht. Ebensogut kann es sich aber um ein Fixierungsprodukt handeln, denn im lebenden Nesselsack sind keine so grossen Hohlräume zu beobachten. Eine fertig ausgebildete Nesselsackzelle ist zu etwa zwei Drit- teln mit Nematocysten angefüllt, die radiàr angeordnet sind. Der Kern liegt im gegen das Lumen gerichteten Teil der Zelle und ist häufig von den stark färbbaren Nesselkapseln verdeckt. Er hat oft helles Aussehen, einen deutlichen Nucleolus und eine auffällig gelappte Form, was ein Zeichen hoher Aktivität ist (nicht etwa von Degeneration). Im basalen Teil der Zellen, welcher der Binde- gewebe- und Muskelwand des Nesselsacks aufliegt und frei ist von Nematocysten, kommt die Vakuolenstruktur zum Vorschein (Abb. 26b). Bei jüngeren Nesselsackzellen, die noch nicht dieht mit Nematocysten besetzt sind, sieht man, dass jede Nesselkapsel in einer eigenen Vakuole enthalten ist. Das freie Zellende ist oft in lange Plasmafortsätze ausgezogen, die offenbar die Nematocysten 520 U. BÜRGIN-WYSS aufnehmen. Es muss nochmals betont werden, dass auch die ältesten Zellen, die gelegentlich schon von der Nesselsackwand losgelöst sind und offensichtlich nächstens ausgestossen werden DI va D à 13 Da) ABB. 28. Ausscheidung von Cnidocysten bei a-Kolben (Trinchesia coerulea). Bouin/Azan. a) Die ältesten Cnidocysten in Ablösung begriffen. b) Nesselsack nach der Ausscheidung: statt 12—14 nur 4 funktionstüchtige Nesselsackzellen übereinander. sollen, noch einen durchaus normalen Kern und die typische Vakuolenstruktur besitzen. Der besondere Bau der Nesselsackspitze wurde schon bei Spurilla beschrieben. Hier sei die Struktur der gesamten Kolben- spitze von Trinchesia nochmals im Zusammenhang dargestellt. Die Muskelschicht, die den Nesselsack umgibt, wird gegen die Spitze zu allmählich dünner und hört schlieslich etwas vor dem Nessel- sack auf; im äussersten Teil des Nesselsacks stehen die Epidermis und jene Schicht von möglicherweise den interstitiellen Zellen entsprechenden Zellen! in direktem Kontakt. Der distale röhren- 1 Vgl. Seite 530: Die Nesselsack-Spitze enthält Orangepigment. Diese Beobachtung bestärkt uns in der Auffassung, dass die Nesselsackspitze von den interstitiellen Zellen entsprechenden Zellen gebildet wird: in heiden kommt dasselbe Pigment vor. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 521 artige Teil des Nesselsacks ist, ebenso wie die Epidermis an dieser Stelle, auffällig arm an Kernen (Abb. 25). Der ganze Spitzenteil ist offenbar darauf eingerichtet, dass gegebenenfalls die Epider- miszellen und die Nesselsackspitze aufgelöst und die Cnidocysten ausgestossen werden können. An Kolben lebender Exemplare beobachtete ich mehrmals eine Oeffnung an der Spitze und das Austreten von mit Nematocysten beladenen Zellen (Abb. 31). Auf Schnitten findet man nicht selten Nesselsäcke, die anstatt der 12-14 Zellen bloss deren drei oder vier enthalten, was bedeutet, dass sie bald nach einer Entladung fixiert worden sind (Abb. 28b). Die verdickte Epidermisstelle ist umgeben von zahlreichen Wimper- büscheln, die, wie schon erwähnt, mit längs verlaufenden Muskel- fasern in Verbindung stehen. Schleimdrüsenzellen, die ebenfalls in der Spitzenregion besonders häufig sind, befinden sich etwas weiter proximal in sub-apicaler Stellung. Leber. In diesem Abschnitt geht es nur darum, die Leber als wichtige Komponente der Kolbenfärbung zu charakterisieren, zu zeigen, durch welche Elemente des Leberepithels die äusserlich sichtbare grüne bzw. „schwarze“ Färbung erzeugt wird. Eine funktionelle Deutung dieser Elemente wird erst dann möglich sein, wenn die Ergebnisse von Fütterungs- und Regenerationsversuchen sowie die auf diesem Gebiet recht umfangreiche Literatur berücksichtigt werden (S. 557). Für die Beschreibung wurde ein frisch fixiertes Exemplar gewählt, das weder unmittelbar zuvor gefressen noch lange Zeit gefastet hatte, dessen Leber sich also in einem mittleren Funktionszustand befand. Bei einem ideal sagittal getroffenen Schnitt (Abb. 8b) erscheint die Leber als schlauchförmiges Organ, das an der Kolbenbasis durch eine weite Oeffnung mit der Leberverzweigung im Körper, im distalen Teil durch eine kurze Einschnürung mit dem Nesselsack in Verbindung steht, und dessen Epithel in Falten gelegt ist, sodass jederseits entsprechend der Kolbenlänge zwei bis sechs Blindsäcke entstehen. Aussen wird die Leber überzogen von einer besonders bei Azanfärbung deutlichen Bindegewebeschicht. Die beiden vom lebenden Kolben her bekannten Zellsorten sind auf den Schnitten wiederzufinden (Abb. 29). Die Mehrzahl der Zellen sind Verdauungszellen. Ihr Kern liegt meist nicht ganz 522 U. BÜRGIN-WYSS basal, das Plasma ist mehr oder weniger deutlich vakuolisiert und enthält Kugeln verschiedener Grösse, die sich mit dem jeweils ver- ABB. 29. Leberepithel an der Blaustelle. Bouin/PAS. wendeten Plasmafarbstoff stärker als die Umgebung anfärben. Die Vakuolenzellen möchte man auf Grund ihres Aussehens auf den Schnitten eher als „Körnerzellen“ bezeichnen. In einem grob- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 523 maschigen Plasmanetz liegen die einzelnen Vakuolen oder Körner. Durch Hämalaun/Benzopurpurin, Azan und PAS lassen sie sich nicht anfärben, sondern sie erscheinen in einer braungelben Eigen- farbe, die auch in ungefärbten Schnitten vorhanden ist. Einzig durch Hämatoxylin-Färbung oder Osmium-Behandlung werden sie geschwärzt. Der Kern ist häufig sehr hell und hat gelappte Form, ist aber nicht immer zu sehen, weil viele Zellen dicht mit gelben Körnern gefüllt sind. Durch die verschiedene Färbbarkeit ihrer Einschlüsse sind zwar Verdauungs- und Vakuolenzellen auf den ersten Blick zu unterscheiden; morphologische Merkmale, nach denen die beiden Zelltypen sich eindeutig trennen liessen, gibt es aber nicht. Viel- mehr ändert die Form beider Zellsorten je nach ihrer Lage: an den gegen aussen gerichteten Wänden der Blindsäcke — die periphere Teile der Leber genannt werden sollen — befinden sich zylindrische bis kubische und einzelne pyramidenförmige Zellen, die mit der Basis der Aussenseite anliegen. Letztere sind typisch für die Umbiegungsstelle zur Falte. Die Falten selber werden von keulen- förmigen Zellen gebildet, wobei der breite Teil gegen das Leber- lumen gerichtet ist. Zwar hat die Beobachtung des lebenden Kolbens gezeigt, dass die Vakuolenzellen an der Peripherie, die Verdauungszellen mehr zentral gelegen sind; eine strenge Trennung existiert jedoch, wie aus den Schnitten ersichtlich ist, nicht. Es gibt Vakuolenzellen von pyramidenförmiger, zylindrischer und keulenförmiger Gestalt, wobei allerdings die pyramidenförmigen, somit die peripher gelegenen Zellen am zahlreichsten sind. Die Verdauungszellen haben entweder Zylinder- oder Keulen-, nicht aber Pyramiden-Form. Vielfach alternieren pyramidenförmige Vakuolenzellen und keulenförmige Verdauungszellen und er- gänzen sich durch ihre entgegengesetzten Formen zu einem gleich- mässig geraden Epithel (Abb. 29). Da es die Vakuolenzellen sind, deren intensiv gefärbte Ein- schlüsse am lebenden Kolben die fast schwarze Färbung der Leber an der Blaustelle verursachen, ist zu erwarten, dass auf den Schnitten jene Stelle des Leberepithels besonders reich an Vakuolen- zellen ist, an der in der darüberliegenden Epidermis die Blau- vakuolen auftreten. Am deutlichsten tritt dieses erstaunliche Entsprechen von Blauvakuolen der Haut und dunklen Körnern der Leber auf einem ungefärbten Präparat in Erscheinung, bei dem 524 U. BÜRGIN-WYSS dank der Fixierung mit Carnoy die gelben Körner nicht heraus- gelöst wurden, sondern als gelbbraune Klumpen von den Hohl- räumen der Blauelemente sofort zu unterscheiden sind (Abb. 8p). Wenn dennoch auf manchen Schnitten die Konzentration der Vakuolenzellen auf die Blaustelle weniger ausgeprägt zutage tritt, als man es sich nach dem Bild des lebenden Kolbens vorstellen würde, so rührt dies zum Teil daher, dass bei der Fixierung die Vakuolen zwar nicht aufgelöst werden, der spezifische Farbstoff, der die einen dunkler, die andern heller gelbgrün, grün oder gelb- braun erscheinen lässt, aber offenbar zerstört wird. Jetzt sehen alle Vakuolen in den Leberzellen gleichmässig braungelb aus. (3) Zwischengewebe Obwohl einzelne der unter dem Begriff Zwischengewebe zusam- mengefassten Gewebeteile schon bei der Beschreibung der Epider- mis bzw. der Leber angeführt wurden, soll hier die Schichtenfolge von aussen nach innen nochmals im Zusammenhang dargestellt werden. Die Epidermis ist gegen innen begrenzt von einer bei Azanfärbung sehr auffällig blau erscheinenden Bindegewebeschicht. Auf sie folgen eine dünne Lage einzelner Ringmuskel-Bündel und eine etwas dickere Längsmuskelschicht, die wiederum durch einen Bindegewebeüberzug abgeschlossen ist. Diese Schichten zusammen bilden einen Hautmuskelschlauch, der im Kolben eher schwach, im Körper dagegen an einzelnen Stellen mächtig entwickelt ist. Die innern der Leber aufliegenden mesodermalen Gewebeteile sind nicht spiegelbildlich zum Hautmuskelschlauch organisiert. Beim Nesselsack stimmt zwar die Schichtenfolge — Entoderm (statt Ectoderm), Bindegewebe, Muskulatur und nochmals Binde- gewebe — mit der des Integuments überein, die Muskeln verlaufen aber grösstenteils zirkulär und nicht längs. Und sie hören mit dem Sphinctermuskel am Uebergang vom Nesselsack zur Leber auf; die Leber weist nur eine dünne Lage von Bindegewebezellen auf, die sämtliche Falten und Ausbuchtungen aussen überzieht, aber keine Muskulatur. Vom Bindegewebeüberzug der Leber zum äussern Abschluss des Integuments bestehen ebenfalls von Binde- gewebezellen gebildete Querverbindungen. Diese unterteilen den Blutraum, der Leber und Nesselsack rings umgibt, in einzelne Kammern, die aber nicht vollständig gegeneinander abgeschlossen, sondern durchgehend sind. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 525 Vom Blut selber ist auf den Schnitten kaum etwas zu sehen; auch die Herzteile im Körper erscheinen leer bis auf wenige schwach angefärbte Plasmafetzen und ganz vereinzelt auftretende Kerne. Im distalen Kolbenbereich befinden sich besonders viele freie Bindegewebezellen zwischen der Längsmuskelschicht und dem Nesselsack (Abb. 25). Die Verhältnisse an der Uebergangsstelle vom Körper zum Kolben lassen sich am besten überblicken, wenn man einen Quer- schnitt durch die Kolbenbasis betrachtet — einen Schnitt, der in Bezug auf den ganzen Schneckenkörper tangential geführt ist (Abb. 18). Neben dem quer getroffenen Leberschlauch befindet sich jederseits ein Blutgefäss, und zwar median ein grosses, welches das Blut vom Kolben in die Hauptvene bringt, lateral ein kleineres, weniger scharf abgegrenztes, das aus dem Körper Blut sammelt und es dem Kolben zuführt. Beide Hohlräume sind voneinander ge- trennt durch sehr lockeres Bindegewebe und durch Muskelfasern, die von der Haut an die Leber ziehen. An der Stelle des Uebertritts vom Körper in den Kolben ist die Leber von einer dünnen Lage von Ringmuskeln umgeben. Der Leberschlauch ist aber kaum einge- schnürt — was besser aus einem Sagittalschnitt ersichtlich ist — es besteht ja bei Trinchesia auch nicht ein abrupter Uebergang von einem flachen Epithel des Lebergangs im Körper zum hohen Drüsenepithel des Kolbens wie etwa bei Facelina-Arten. Die Struktur der Kolbenansatzstelle lässt denn auch verständlich erscheinen, warum bei Trinchesia die Kolben nicht durch blosses Anfassen an der Basis mit einer spitzen Pinzette schon entfernt werden können, wie dies eben bei Facelina-Arten ohne weiteres gelingt. Bei manchen Exemplaren treten im Raum zwischen Haut und Leber Zellen auf, die durch einen grossen Kern und intensive Färbung des Plasmas — dunkelviolett in Hämalaun, orange in Azan, schwarzgrau in Hämatoxylin — sofort auffallen (Abb. 30). Schon Krempzov (1902) beachtete diese Zellen und vermutete, dass es sich um von der Leber abgeschnürte Zellen handeln könnte. Tatsächlich besteht eine grosse Aehnlichkeit zwischen den Kernen dieser Zellen und denen gewisser Leberzellen (unserer Verdauungs- zellen). Da aber nie eıne eben in Abschnürung begriffene Zelle ge- funden werden konnte, scheint es doch zu gewagt, allein auf Grund einer oberflächlichen Aehnlichkeit der Kerne Schlüsse über die Rev. SUISSE DE Zoot., T. 68, 1961. 38 526 U. BÜRGIN-WYSS Herkunft dieser Zellen zu ziehen; umso mehr als das Plasma ja IRA NE MB NE ABB. 30. „Besondere Zellen“ (BZ) zwi- schen Epidermis und Leber. Bouin/Hämalaun. Auffällige Aehnlichkeit der Kerne dieser Zellen mit denjenigen der Le- berzellen ! anders aussieht als das der betref- fenden Leberzellen. Seltsam ist an diesen Zellen des Zwischengewebes, dass sie bei einzelnen Exemplaren in grosser Zahl vorhanden sind, bei andern völlig fehlen, ohne dass bis jetzt irgendeine Regel über ihr Auf- treten etwa im Zusammenhang mit Fütterungszustand, Alter, Geschlecht etc. hätte aufgestellt werden kön- nen. Erwähnenswert ist auch, dass diese Zellen immer streng auf den Kolben beschränkt und nie im Körper anzutreffen sind. Ausser dem Blut und diesen Zellen enthält der Raum zwischen Haut und Leber auch die Nerven. Nach den Angaben RusseLts (1929), die nicht nachgeprüft wurden, wird die Leber durch viscerale Aeste, das Integument durch pleurale Nerven versorgt. Die pleuralen Nerven ver- laufen längs des Kolbens direkt unter der Längsmuskulatur, sind aber nur bei spezieller Fixierung und Färbung (z.B. Champy/Hämatoxylin Heidenhain) von den Muskelfasern mit Sicherheit zu unterscheiden. ZUSAMMENFASSUNG Auf Grund der morphologischen und histologischen Beschrei- bungen dieses ersten Abschnitts lässt sich über die Organisation des Farbmusters bei Trinchesia coerulea folgendes aussagen: 1. Die Verteilung der Pigmente und Farbstrukturen auf den einzelnen Kolben ist ein Feldmerkmal d.h. sie hängt von der Grösse und Stellung der Kolben am Körper ab. In der Färbung der Kolben ist also eine Gesamtorganisation zu erkennen. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 527 2. Das Farbmuster kommt durch das Zusammenwirken dreier: übereinanderliegender Schichten zustande: (1) Obere Epidermisschicht (2) Untere Epidermisschicht (3) Leber bzw. Nesselsack Die obere und untere Epidermisschicht bilden zusammen die gelben Ringe, die untere Epidermisschicht und die Leber den blauen Ring. Ueber dem opakweissen Nesselsack wie über der olivgrünen Leber an der Kolbenbasis ist die Epidermis ungefärbt. Alle zwischen Epidermis und Leber liegenden Elemente sowie die Drüsenzellen der Epidermis sind am lebenden Tier völlig farblos. Die Grenzen zwischen den einzelnen Farbbezirken bzw. gefärb- ten und ungefärbten Stellen sind sehr scharf. Besonders eindrück- lich ist die Uebereinstimmung der Blauvakuolen und der schwarzen Körner der Leber. 3. Die goldgelbe und blaue Farbe sowie das Weiss des Nessel- sacks sind Struktureffekte, die nur unter bestimmten (am lebenden Kolben verwirklichten) Bedingungen zustande kommen. Be- sondere Beachtung verdient die Tatsache, dass Körner, die sich im histologischen Bild und in ihrer Löslichkeit völlig gleichen, auf den Kolben goldgelbe, auf dem Körper weisse Farbe erzeugen. 4. Histologisch lassen sich ausser dem fettlöslichen Orangepig- ment alle Farbelemente nachweisen: Vakuolenstruktur in den Nesselsackzellen (weiss). Grosse Vakuolen, proximal von den Kernen, von Gelbkürnern: herrührend. Epidermis verdickt. Kleinere „Blauvakuolen“. Vakuolenzellen mit gelbbraunen Körnern als dunkle Leber- elemente. Diese Zellen sind an der Blaustelle deutlich gehäuft. Verdauungszellen mit verschiedenartigen Einschlüssen als grüner — von der Nahrung abhängiger — Grundton der Leber. 5. Der Bau des Nesselsacks, der ausführlicher beschrieben wird, hat mit der Kolbenfärbung direkt nichts zu tun. Immerhin ist auf zwei Punkte hinzuweisen: 528 U. BÜRGIN-WYSS (1) Dadurch, dass die Vakuolenstruktur in den Nesselsackzellen erhalten bleibt, bis diese ausgeschieden werden — und nicht etwa degeneriert wie z.B. bei Coryphella — tritt der Nesselsack als opak- weisses Gebilde deutlich in Erscheinung und bestimmt das Farb- muster mit. (2) An der Kolbenspitze kann dank besonderen Differenzierungen der Epidermis und der Nesselsackspitze eine Oeffunng des Nessel- sacks nach aussen auftreten. Diese Stelle der Epidermis ist auch bei Formen, deren Kolbenspitze gefärbt ist (Facelinopsis marioni, Eubranchus tricolor) stets frei von Pigment. B. Varianten und Veränderungen des Farbmusters Die Auswirkungen von Wachstums- und Stoffwechsel-Prozessen auf die Färbung. EINLEITUNG Als Beispiel für die Ausführungen des letzten Kapitels diente eine „Normaltrinchesia“, d.h. ein Exemplar, das in der Ausbildung seines Musters als für die Art charakteristisch gelten kann. Der ein- zelne Kolben wurde bis jetzt ausschliesslich in seiner Rolle als Träger der Färbung beschrieben. Im folgenden sollen die Wachs- tums-, Differenzierungs- und Stoffwechselprozesse der Kolben betrachtet werden. Dabei wird sich zeigen, welche Abweichungen von der Normalfärbung diese Vorgänge — und vielleicht noch andere — an den einzelnen Individuen hervorrufen. Die Aussagen, die über diese Veränderungen gemacht werden, beruhen teils auf Zufallsbeobachtungen an frisch gefangenen und im Aquarium gehaltenen Tieren, teils auf speziell unternommenen Versuchen (Futter-Hunger, Regeneration) und werden nach Möglichkeit durch histologische Angaben ergänzt. Um eine zusam- menhängende Darstellung der Versuchs-Bedingungen und Er- gebnisse geben zu können, ordnete ich den Stoff rein äusserlich nach Beobachtungsmethoden: 1. In der Natur gefundene Besonderheiten Farbvarianten — Ausscheidung von Nesselzellen — „krank- hafte Veränderungen“ — Abstossung der Haut — Kolbena- nomalien. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 529 2. Versuche Regeneration der Kolben, mit und ohne Futter. Fütterung, teilweise mit Regenerationsversuchen kombiniert. Histologische Angaben schliessen unmittelbar an den Abschnitt an, zu dem sie gehören. Am Schluss werden die vielen Einzeltat- sachen unter den uns hier interessierenden Gesichtspunkten zusammenfassend betrachtet werden. 4. In DER NATUR GEFUNDENE BESONDERHEITEN Farbvarianten In den systematischen Werken über Opisthobranchier kommt zum Ausdruck, wie varıabel die Färbungsmerkmale dieser Tier- gruppe sind. Sie werden deshalb nur ergänzungsweise zur systema- tischen Charakterisierung benützt, ja oft kaum erwähnt. Bei Trinchesia coerulea konnte ich folgende Farbvarianten beobachten, die durch das Vorherrschen bzw. Fehlen der einen oder andern Komponente zustandekommen: (Die Farbangaben beziehen sich, wie der Artname coerulea, auf den Gesamteindruck, den man bei Betrachtung mit schwacher Ver- grösserung hat.) 1. Rote Form (Tafel): Viel und intensives Orangerot, auch distal vom obern gelben Ring an der Spitze und basal vom untern gelben Ring bis fast zur Kolben-Ansatzstelle, gelegentlich sogar über dem blauen Streifen. Spitze des Nesselsacks häufig orange gefärbt, ausserdem oft auch in der Haut des Körpers (Kolbenbasis, Kopf) orangeroter Farbstoff abgelagert. Ob ein Zusammenhang besteht zwischen der Pigmentablagerung in der Haut und der bei diesen Exemplaren häufig leuchtend orangerot durchschimmernden Sa- menampulle, kann nicht entschieden werden. Diese Variante kommt vor allem bei Posidonien-Exemplaren vor. 2. Gelbe Form: An Stelle des blauen Ringes Gelbkörner, da- zwischen nur wenige Blaupunkte. Breiter unterer gelber Ring, gelbe Körner zerstreut auch auf dem Basalteil des Kolbens. Orange- pigment vorhanden, aber nicht besonders auffällig. 3. Gelb-grüne Form (Tafel): Da das Orangepigment fast voll- ständig fehlt, tritt die olivgrüne Farbe der Leber stärker als sonst in Erscheinung. Gelb in einzelne Flecken aufgelöst, sehr wenig Blau. 530 U. BÜRGIN-WYSS Solch extrem abweichend gefärbte Tiere sind selten (Grös- senordnung etwa 1, - 1%). Kleinere Unterschiede in der Ausbrei- tung der einzelnen Farbstoffe, die eine geringere Abweichung vom Normaltypus ausmachen, kommen dagegen häufiger vor. Es sei hier nochmals betont, dass mit den am Ende des ersten Abschnitts zusammengefassten Gesetzmässigkeiten des Farbmusters ein opti- mal ausgebildetes Muster dargestellt wurde, wie es tatsächlich bei vielen Exemplaren verwirklicht ist (siehe Tafel, ganze Schnecke). Ausscheidung von Nesselsackzellen Auf gewisse Reize — in einzelnen Fällen bei der Behandlung mit MS (siehe S. 533), Berührung der Kolben eines Exemplars, das eine Nacht im Kühlschrank bei 5° zugebracht hatte — reagieren Trinchesien mit der Ausscheidung von Nesselsackzellen durch die Kolbenspitze. Abgesehen von diesen künstlich erzeugten Reak- tionen kann man gelegentlich Tiere beobachten, die eben im Begriff sind, aus einzelnen Nesselsäcken weisse Kugeln auszustossen. Die weissen Kugeln sind die mit Nematocysten gefüllten Cnidocysten; der Vorgang stellt das natürliche Endstadium der Cnidoblasten- bzw. Cnidocysten-Entwicklung dar, die im histologischen Teil (S. 514) beschrieben wurde. In diesem Stadium ist an der Spitze des Nesselsacks eine Oeffnung sichtbar, aus der die Zellen einzeln austreten. Bevor die Ausscheidung beginnt, ist die Spitze oft deutlich orange gefärbt. Auch die zwischen den Cnidocysten ge- legenen interstitiellen Zellen enthalten häufig besonders viel Orangepigment. Die Auflösung des Nesselsacks in die einzelnen Zellen und deren Ausscheidung geht vielfach — doch nicht immer — soweit, dass nach Beendigung des Prozesses vom Nesselsack nichts mehr zu sehen ist. In diesem Fall werden offenbar nicht bloss die fertig ausgebildeten Cnidocysten ausgestossen, sondern alle Zellen, die soweit differenziert sind, dass sie ım lebenden Kolben als weisse Kugeln sichtbar sind. Nach ungefähr zwei Tagen ist an dem jetzt stumpfen Ende des Kolbens die kleine halbdurch- sichtige Anlage eines neuen Nesselsacks zu erkennen. Gewöhnlich geschieht die Ausscheidung von Nesselsackzellen nicht bei allen Kolben gleichzeitig, sondern nur bei einzelnen. Die kleinen seitlichen Kolben werden von diesen Varänderungen höchst selten betroffen. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 531 Manchmal gehen mit der Entleerung des Nesselsacks allgemeine Auflösungserscheinungen an einzelnen Kolben parallel. Die Ab- schnürung ganzer Kolben an der Basis wurde mehrmals be- obachtet. In einem bestimmten Fall trat schon am Tag nach der endgültigen Durchtrennung des Kolbens eine neue Anlage auf. Dieser Vorgang ist eine der Ursachen dafür, dass bei frisch ge- fangenen Tieren sehr oft einzelne mediane Kolben zu kurz, d.h. in Regeneration begriffen sind. Besondere Veränderungen der Leber (Abb. 31) ABB. 31. Ausscheidung von Cnidocysten. Veränderungen am Kolben IVa eines Exemplares innert 8 Tagen. 1) NS mit Oeffnung, Austreten der Cnidocysten, Leber schwarz. 2) NS-Auflösung in vollem Gang. 3) 12 Std. später als 1). Spitze transparent, nur noch drei Cnidocysten. 4) 24 Std. später als Stadium 1). Kein NS mehr, Musterteil stark zusammengeschrumpft. 5) 5 Tage später als Stadium 1). Anlage eines neuen NS 6) 8 Tage später als Stadium 1). Kolbenform und Leberfarbe wieder normal. Ab hier weiteres Wachstum des NS und Ergänzung der Farbringe. Als auffällige Begleiterscheinung der Ausstossung von Nessel- sackzellen sind manchmal krankhaft anmutende Veränderungen an der Leber zu beobachten. Die Leber ist so dieht mit dunklen Körnern vollgepackt, dass die Kolben schwarz aussehen und bei- nahe zu Kugelform anschwellen. Der basale Kolbenteil ist mächtig aufgetrieben, die distale Hälfte mit den drei Farbringen stark zusammengezogen, ja oft ist das Pigment kaum sichtbar. Drei solche schwarze Exemplare konnten während vierzehn Tagen im Aquarium beobachtet werden. Zwei Tiere erholten sich, 532 U. BÜRGIN-WYSS nachdem sie während etwa einer Woche ohne zu fressen mit kontra- hierten Rhinophoren und Kolben unbeweglich an der Glasfläche des Gefässes geklebt hatten, wieder vollständig, bildeten neue Nesselsäcke, neues Pigment und nahmen wieder Futter zu sich. Das dritte Tier, bei dem die Auflösungserscheinungen sich nicht yells RS #4, DATE > IR iS BS GE ‘4 N ABB. 32. ,,Hautung‘‘ ABB. 32. a) Abgestreifte Rückenhaut b) Schnitt durch die Epidermis des mit den Kolben entsprechen- Rückens eines Exemplars, das unmit- den Löchern. telbar nach einer Häutung fixiert wurde. Rechts unten einige Stäb- Die Stäbchen (Hautreste) sind auch im chen stark vergrössert. im histologischen Bild zu sehen. Cuti- cula fehlt! auf die Nesselsäcke beschränkten, sondern mehrere Kolben er- griffen, ging nach drei Tagen ein. In Abbildung 31 sind die wichtig- sten Veränderungen, die an den Kolben der ersten beiden Exem- plare vor sich gingen, am Beispiel eines IVa-Kolbens dargestellt. Die sehr starke Füllung der Leber mit dunklen Körnern nahm im Lauf der Beobachtungsperiode allmählich ab. Die Tiere gaben Kot ab und begannen wieder zu fressen. Als sie wieder einigermassen normales Aussehen erreicht hatten, streiften sie innerhalb von drei Tagen dreimal die äusserste Hautschicht ab. „Häutung“ (Abb. 32). Derartige „Häutungen“ kommen auch bei normalen Tieren ab und zu vor, bloss nicht in so kurzen Abständen. Wie die histolo- gische Kontrolle zeigt, ist es der äussere Teil der Epidermiszellen distal vom Kern, der erneuert wird. In der abgestossenen Rücken- und Kopfhaut erkennt man den Kolben und Rhinophoren ent- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 533 sprechende Löcher: offenbar werden die Kolben nicht oder jeden- falls nicht gleichzeitig gehäutet. Die Hautreste sehen schleimig aus und bestehen zur Hauptsache aus etwa 10u langen durchsichtigen Stäbchen, die mit Vakuolen oder Körnchen gefüllt sind. Dieselben Stäbchen sind auch im Kot zu finden. Als besondere Bildungen, die nicht allzu selten vorkommen, seien schliesslich auch Doppel- und Dreifachkolben erwähnt. 2. VERSUCHE a) Regeneration Versuchsbedingungen. Die für die Regenerationsversuche günstigste Temperatur liegt zwischen 17 und 20°. Im Sommer, wenn die Wassertemperatur über 20° stieg, gingen alle Tiere, vor allem aber die operierten, rasch zugrunde. Im Kühlraum konnten dann die Schnecken zwar in gutem Zustand während längerer Zeit gehalten werden; die Regeneration setzte aber bei dieser tiefen Temperatur (14°) nicht ein. Für schwierigere Operationen (Entfernung eines bestimmten Kolbenbezirks oder der sehr kleinen seitlichen Kolben) lähmte ich die Tiere, und zwar entweder in 7% MgCl,-Lésung oder durch Zugabe einiger Tropfen einer 1%-Lösung von MS 222 (Sandoz) zum Meerwasser. Im Gegensatz zu den meisten andern Aeolidier- Arten, an denen ich Regenerationsversuche durchführte, übersteht Trinchesia coerulea eine kurze Behandlung (10 Min.) mit diesen Chemikalien ohne Schaden. Dennoch zog ich es vor, die meisten einfachen Operationen am ungelähmten Tier durchzuführen. Die Schnecke krümmt und kontrahiert sich im Moment der Berührung mit der Schere, kriecht aber hierauf völlig normal weiter. Zur Entfernung der Kolben verwendete ich eine feine Pinzetten- schere. Leider gelingt es bei Trinchesia nicht wie etwa bei Cory- phella oder Facelina, die Kolben durch blosses Anfassen mit einer feinen Pinzette an der Basis abzuzwicken. Bei jenen Arten muss die Stelle des Kolbenansatzes so beschaffen sein, dass sich die Abrisstelle bei plötzlichem Verlust des Kolbens momentan ver- schliesst und keine Wunde entsteht. Bei Trinchesia (coerulea wie foliata) fehlt diese Einrichtung; wird ein Kolben abgeschnitten, so 534 U. BÜRGIN-WYSS bleibt die Schnittstelle zuerst offen, die Wunde schliesst sich aber meistens im Lauf eines halben Tages. An Trinchesia coerulea, die sich für die Versuche weitaus am besten eignet, wurden folgende Operationen vorgenommen: 1. Vollständige Entfernung einzelner medianer Kolben. 2. Nur teilweise Entfernung einzelner oder sämtlicher Kolben. 3. Entfernung von Kolben bestimmter Körperbezirke, Vergleiche. 4 . Vollständige Entfernung sämtlicher Kolben. Für jeden Versuch verwendete ich mindestens zwei Exemplare. Soweit der Einfluss der Nahrung von Interesse schien, teilte ich die Versuchstiere in zwei Gruppen, von denen die einen regelmässig Futter erhielten, die andern nicht. 1. Regeneration eines einzelnen medianen Kolbens (vgl. Abb. 34). In den ersten zwei bis drei Tagen nach der Operation findet man an Stelle des früheren Kolbens einen kleinen Höcker, der vom Rest des Lebergewebes ausgefüllt ist — bei einem „Futtertier“ also olivgriine Farbe hat — und der allmählich etwas an Grösse zunimmt. Am 4. und 5. Tag ist eine deutliche Streckung des Höckers wahrzunehmen; damit nähert sich das Regenerat der Form des fertigen Kolbens. Jetzt ist auch meistens schon ein Nesselsack vorhanden, der allerdings zunächst noch sehr klein und ganz durchsichtig und deshalb schwer zu erkennen ist. Nach etwa zehn Tagen hat der regenerierende Kolben bereits die halbe Länge des ursprünglichen III- oder IVa-Kolbens erreicht. Zwischen dem 7. und 10. Tag setzt die Pigmentierung des bis dahin nur durch die Leber grün gefärbten Kolbens ein. Zuerst tritt stets der obere gelbe Ring auf in Form einzelner hellgelber Körnchen, die in der Haut über der Grenze Leber-Nesselsack abgelagert werden. Diese ersten gelben Körner sind heller als der goldgelbe Ring fertiger Kolben; dies mag in erster Linie davon herrühren, dass das diffuse Orangepigment, das dem Gelb überlagert ist, noch vollständig fehlt. Die Struktur der gelben Körner ist aber genau die gleiche, wie sie auf Seite 493 ff für einen ausgewachsenen Kolben beschrieben wurde. Als nächstes fällt in der Leber eine Konzentration dunkel- grünen bis schwarzen Materials proximal vom gelben Ring auf — also an der späteren Blaustelle. Gleichzeitig oder wenig später er- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 535 kennt man über dieser dunklen Stelle einzelne blaue Punkte, die je nach Lichteinfall und Kolbenstellung aufleuchten. Der Kolben wächst jetzt nicht mehr so schnell wie in den ersten Tagen. Der obere gelbe und der blaue Ring werden bald deutlicher und in- tensiver, während der untere gelbe Ring nach 15 Tagen meist erst durch vereinzelte gelbe Punkte angedeutet ist. Als letztes — frühe- stens 14 Tage nach der Operation — erscheint die Orangekompo- nente der äussersten Hautschicht. Bei einem Tier, dem vom Tag der Operation an (ev. schon vorher) kein Futter dargeboten wird, verläuft der Regenerations- vorgang grundsätzlich gleich, bloss wesentlich langsamer und ohne dass die neugebildete Leber die olivgrüne Farbe annehmen würde: sie ist vollkommen farblos und durchsichtig. Der neue Nesselsack wird erst am 6. oder 7. Tag angelegt, die Pigmentierung beginnt am 12.-14. Tag, wiederum mit dem obern gelben Ring. Auch Blauvakuolen werden nach längerer Zeit gebildet; da aber der sonst durch den Leberinhalt gelieferte dunkle Grund fehlt, kommt kaum ein Blaueffekt zustande: nur ganz helle, durchscheinende Blaupunkte sind bei geeigneter Kolbenstellung und Beleuchtung zu erkennen. 2. Nur Kolbenspitzen entfernt Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Herkunft der Nematocysten haben schon frühere Autoren alle Kolbenspitzen eines Aeolidiers entfernt um nachzuprüfen, ob die Nesselsäcke neu gebildet werden, und ob sie Nematocysten enthalten, auch wenn das Tier keine oder künstlich Nahrung erhält (z.B. CuENot 1907). Diese Versuche haben gezeigt, dass die Regeneration des Nessel- sacks tatsächlich unabhängig von der Nahrungsaufnahme erfolgt, dass aber nur dann Nesselzellen im Nesselsack zu finden sind, wenn der Schnecke Hydroiden — oder bei grösseren Arten Anemonen — zur Verfügung stehen. Damit war ein weiterer Beweis dafür er- bracht, dass die Nematocysten aus der Nahrung stammen. Diese Ergebnisse fand ich bei meinen Versuchen bestätigt; im übrigen richtete sich in diesem Fall das Interesse nicht in erster Linie auf die Nesselsäcke, sondern auf die Farbringe. Wird nach Entfernung der obern Hälfte des Kolbens das fehlende Stück ein- fach spitzenwärts vom noch verbleibenden Stumpf angesetzt, oder wird der ganze Kolbenrest durch Streckung und entsprechende 536 U. BÜRGIN-WYSS Umorganisation des Musters in die Bildung des neuen Kolbens miteinbezogen? Mit andern Worten: ist es die Spitzenregion allein, welche die ganze Regeneration leistet — der Wundverschluss ge- schieht ja ohnehin dort — oder ist auch eine basale Wachstums- zone daran beteiligt? Diese zweite Möglichkeit schien darum nicht ausgeschlossen, weil, wie im 1. Kapitel beschrieben wurde (S. 481), Messungen an medianen Kolben verschieden grosser Trinchesien eine Streckung des Basalteils wahrscheinlich machen. Es zeigte sich aber bei diesen Versuchen, dass in jedem Fall— ob nur der obere gelbe Ring oder dieser und der blaue zusammen entfernt wurden — der Kolben ausschliesslich distal vom untern gelben Ring ergänzt wird: Zuerst — wie beim oben beschriebenen Fall am 4. oder 5. Tag— entsteht ein kleiner durchsichtiger Nessel- sack; sobald Platz vorhanden ist, erscheint ein schmaler oberer gelber Ring und später das Blau. Nie aber ist es so, dass der ur- sprünglich untere gelbe Ring zum obern würde. 3. Kolben verschiedener Körperbezirke: Vergleiche ( Abb. 33). Der Vorgang der Kolbenbildung erfolgt prinzipiell gleich, ob es sich um die natürliche Anlage im Lauf des Wachstums oder um die Regeneration eines verlorenen oder operativ entfernten Anhangs handelt. Die Reihenfolge im Auftreten von Leber, Nesselsack und Pigmentringen und die histologische Differenzierung ist dieselbe. Unterschiede bestehen aber, wie im 1. Kapitel ausführlich dargelegt wurde, hinsichtlich der Wachstumsgeschwindigkeit und der rela- tiven Grösse der einzelnen Teile. Die Versuche, die zu diesen Schlüssen geführt haben, sollen hier kurz beschrieben werden. 1. Die Grössenzunahme eines jungen Kolbens im Lauf von 3 Wochen wurde mit derjenigen bei regenerierenden medianen Kolben verglichen (Abb. 33). Ein Exemplar war mit in Regenera- tion begriffenen Kolben gefunden worden; beim zweiten Exemplar wurden am Tag des Versuchsbeginns die Kolben IIIa an der Basis abgeschnitten. Ein drittes, nicht operiertes Tier diente als Ver- gleich (junge Kolben). Alle drei Tiere erhielten Futter. Nach 20 Tagen hatten die regenerierenden medianen Kolben eine Länge von ca. 400u erreicht, 34 der normalen Länge, da es Tiere von 4-5 mm waren, und es waren alle drei Pigmentringe vorhanden. Der junge Kolben sah noch gleich aus. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 537 2. Anstatt der langen medianen wurden die kleinen seitlichen und vordersten Kolben entfernt. Als Regenerat entstand ein le WER —, 6 US HA A B C ABB. 33. Vergleich der Wachstumsgeschwindigkeit von regenerierenden und jungen Kolben bei 3 Exemplaren gleicher Grösse. A In Regeneration gefundener Kolben IIIa. B Operativ entfernter Kolben IIIa. C Natürliche Anlage Ie. Die Abb. zeigt das Aussehen der Kolben bei Versuchsbeginn, nach 3 und nach 20 Tagen. Höcker mit einem im Verhältnis zu einem a-Kolben-Regenerat sehr grossen Nesselsack. Der Pigmentierungsvorgang war ge- genüber den Dorsalkolben sehr stark verlangsamt. Im Lauf einer 14-tägigen Beobachtungszeit traten höchstens einzelne gelbe Punkte auf. Das Regenerat entwickelte sich in dieser Zeit nicht über das Stadium eines Zapfens mit grossem Nesselsack hinaus, womit ja die ursprünglichen Verhältnisse wiederhergestellt waren. 4. Regeneration sämtlicher Kolben (Abb. 34, 35). Der oben für einen einzelnen Kolben geschilderte Vorgang der Neubildung läuft — abgesehen von zeitlichen Verschiebungen — genau gleich ab, ob einzelne Kolben eines Tiers, ganze Reihen oder alle Kolben überhaupt abgeschnitten werden. In Bezug auf den 538 U. BÜRGIN-WYSS ENNA REGENERATE 34 ABB. 34 und 35. Regeneration sämtlicher Kolben. 34 Exemplar mit Futter. 35 ohne ,, Links in der Abb.: Zeittabelle. Versuchstage 0—18. X = Entfernung einer Kolbenreihe. NS erstes Auftreten des Nesselsacks (meist nur bei a-Kolben). Schwarzes Rechteck = erstes Auftreten von Gelbkörnern. Punktiertes Rechteck = erstes Auftreten von Blau. Rechts in der Abb.: Regenerate der Reihe III bzw. eines IIIa-Kolbens. TÀ 4, 9, 15 Tage nach Versuchsbeginn. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 539 I ill IV V VI REGENERATE | 5 2 lo) ae 35 Regenerationsprozess des Einzelkolbens geben also jene Versuche, bei denen ein Tier vollständig „entkolbt“ wurde, keine neuen Tatsachen. Dagegen geben sie Aufschluss über die Frage nach der Bedeutung der Rückenanhänge für das Tier: Eine Trinchesia, die innerhalb von zwei Tagen, ja selbst an einem einzigen Tag inner- halb einer Viertelstunde ihre gesamten Rückenanhänge einge- büsst hat, überlebt diesen Eingriff ohne weiteres, sofern sie in frischem Meerwasser gehalten wird und die Temperatur nicht 540 U. BÜRGIN-WYSS allzu hoch ist. Bei Exemplaren, die regelmässig Futter erhalten, entstehen schon am ersten und zweiten Tag nach der Operation kleine Höcker und am A. oder 5. Tag die ersten Nesselsäcke. Die Leber ist von Anfang an olivgrün. Reihenfolge und relative Grösse der Anlagen sind, sofern alle Kolben auf einmal entfernt wurden, dieselben wie beim Jungtier. Wurde die Operation auf mehrere Tage verteilt, so sind es die zuerst abgeschnittenen Kolben, die als erste regenerieren (Abb. 34). Ein Tier, das während der ganzen Versuchsdauer immer frisches Futter zur Verfügung hat, bildet im Lauf von drei Wochen Rückenanhänge, die etwa drei Viertel der normalen Länge haben, und von denen zumindest die mittleren annähernd die typische Färbung aufweisen. Allerdings ist auch hier der untere gelbe Ring erst angedeutet, und das orange Pigment meist nur spärlich vor- handen. Werden während der Beobachtungsperiode einzelne der Regenerate zur Kontrolle unter dem Mikroskop erneut entfernt, so erzeugt die Schnecke an der betreffenden Stelle wiederum einen neuen Kolben. Erstaunlicherweise sind auch jene Exemplare, die spätestens vom Tag der Operation an kein Futter mehr erhalten, dazu be- fähigt, in beschränktem Masse Kolben neu zu bilden; Leber und Nesselsack dieser Bildungen, welche nie mehr als die halbe Kolben- Normallänge erreichen, sind jedoch vollständig durchsichtig. Es kommt so eine fast gänzlich weisse Variante von Trinchesia coerulea zustande. Auch die schmalen hellgelben Pigmentringe, die nach etwa zehn Tagen über dem Nesselsack erscheinen, und vereinzelte blaue Punkte sind sehr unauffällig, weil eben der dunkle Hinter- grund und Kontrast der Leber fehlt (Abb. 35). Die grosse Regenerationsfähigkeit der Aeolidier wird in der Literatur vielfach erwähnt. Versuche an Amphorina (= Trinchesia, species?) wurden von Komorı (1930) durchgeführt. Dass die zeitlichen Angaben von den unsern abweichen, ist nicht weiter verwunderlich, da die Regenerationsgeschwindigkeit von den Ver- suchsbedingungen abhängt (z.B. Auftreten des Nesselsacks erst nach 10 Tagen, dafür nach 15 Tagen schon wieder normaler Kolben). Tiere, die kein Futter erhielten, gingen stets nach 5 Tagen ein, unabhängig davon, ob bloss die Kolbenspitzen oder die ganzen Anhänge entfernt wurden. Die Behauptung Komoris, dass, wenn alle mittleren Cerata abgetrennt werden, die seitlichen zu langen DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 541 Kolben auswachsen, konnte bei Trinchesia coerulea nicht be- stätigt werden. b) Fütterungsversuche Frisch gefangene Exemplare aus den Algen der Felsenküste haben meistens eine satt olivgrüne Leber, die im Bereich des blauen Ringes durch dunkelgrüne Vakuolen fast schwarz ge- ABB. 36. Kot von Trinchesia coerulea. a) Gesamtansicht (Aehnlichkeit mit schwarzen Schollen der Leber !). b) Einzelne Elemente des Kotes, verschiedene Brauntöne oder transparent — nicht dunkelgrün wie die Vakuolen an der Blaustelle ! färbt erscheint (Tafel). Bei regelmässiger Fütterung — alle paar Tage frische Hydroiden — behält die Leber ihre olivgrüne Farbe. Die Sertularien, die als Hauptnahrung der Trinchesien gelten müssen, haben, von blossem Auge betrachtet, eine hellgelbe Farbe, die zum Teil vom Periderm herrührt. Die Schnecken setzen sich auf den Zweigen fest, saugen sie aus und lassen das leere Gehäuse zurück. Der Inhalt der Futterhydroiden, der die Nahrung der Schnecke darstellt, besteht vorwiegend aus hellgrünen Körpern, ausserdem farblosen Vakuolen und braunen Klumpen. Bei täglicher Kontrolle der Schnecke stellt man etwa jeden zweiten bis dritten Tag Kotabgabe fest. Der Kot besteht aus lose zusammenhängenden schwarzbraunen Klumpen, die oft längere Zeit zwischen den Kolben hängen bleiben. Die Klumpen (Abb. 36) sind aus grün- braunen, gelbbraunen und dunkelbraunen teils strukturierten Körnern und Vakuolen zusammengesetzt und vermischt mit Zell- fragmenten und denselben durchsichtigen Stäbchen, die in der abgestossenen Haut vorkommen. In einem Fall wurden im Kot ausgestossene Radulazähne gefunden. Die Aehnlichkeit der Kot- ballen mit den schwarzen Schollen in der Leber (Blaustelle) ist also Rev. Suisse DE Zoor., T. 68, 1961. 39 542 U. BÜRGIN-WYSS nur eine oberflächliche; die schwarze Farbe wird nicht durch dieselben Elemente hervorgerufen. Abb. 37. Ganze Kolben und einzelne Leberzellen. a) Unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme. b) Nach 14-tägiger Fastenzeit. Die Verdauungszellen (Mitte) sind unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme vollgestopft mit verschiedenartigen Einschlüssen, der Kolben erscheint dadurch aufgeschwollen und intensiv grün. Nach 14 Tagen ohne Futter ist der Kolben transparent, die Verdauungszellen enthalten nur noch wenige blasse Ein- schlüsse. Die Vakuolenzellen (ganz rechts) bleiben unverändert — damit auch die schwarze Färbung des Kolbens. Wie die meisten Aeolidier kann Trinchesia längere Zeit — d.h. mehrere Wochen, sogar Monate — ohne Futter im Aquarium ge- halten werden. Zu Beginn der Fastenperiode geben die Schnecken noch Kot ab. Die Leber wird nun immer bleicher, bis sie schliesslich mit Ausnahme der dunklen Stelle unter dem blauen Ring ganz durchsichtig ist (Tafel). Die dunklen Vakuolen in den Zellen dieses Bezirks verschwanden bei Exemplaren, die fünf Wochen lang ohne Futter blieben, bis zuletzt nicht. An der Färbung der Haut ändert sich während einer fünfwöchigen Fastenperiode nicht das geringste (Abb. 37). DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 543 Da selbst so „ausgehungerte“ durchsichtige Exemplare in ihren Kolben immer noch Reserven zurückbehalten, wurde die Abhängigkeit der einzelnen Farbkomponenten von der Futter- aufnahme durch Regenerationsversuche — mit und ohne Futter — geprüft. In den Regeneraten jener Tiere, die ohne Futter alle Kolben neubilden mussten (Abb. 38a), entsteht ein Leberepithel, dessen Zellen gar nie mit zu verdauender Nahrung in Berührung ge- kommen sind. Bringt man ein solches Tier nach zwei- bis drei- wöchiger Versuchszeit erstmals auf Futterhydroiden, so lässt sich demnach mit Sicherheit der Anfang der Verdauungstätigkeit der Leberzellen feststellen. Man kann geradezu von einer Viertelstunde zur nächsten verfolgen, wie die grünliche Nahrungsflüssigkeit zuerst in den Magen, dann durch Muskelkontraktionen in die Leber gelangt und diese olivgrün färbt (Abb. 38b). Dasselbe ge- schieht, wenn man ein Versuchstier schon wenige Tage nach der Operation auf Futter setzt. Dann sind es die bis dahin durchsichti- gen Höcker, die grün werden. Der Regenerationsvorgang wird dadurch merklich beschleunigt. Nach zwei Tagen sind beinahe in allen Kolben Nesselsäcke vorhanden. Setzt man das Tier, das während ein bis zwei Tagen Futter bekommen hat, erneut einer Fastenperiode aus, so dauert es vom Zeitpunkt der letzten Mahlzeit an ungefähr sechs Tage, bis jede Spur von grün aus den Kolben verschwunden ist. Kotabgabe — und entsprechend braune Klumpen und Körner in der Leber — wurden zwei Tage nach der ersten Nahrungsaufnahme beobachtet. Bis die ersten dunkelgrünen Vakuolen auftreten, dauert es viel länger, nämlich etwa vierzehn Tage, vorausgesetzt dass das Tier während dieser Zeit immer Futter erhält (Abb. 38c). Die neuge- bildeten Vakuolen sind deutlich an der Blaustelle gehäuft. Wenn der dunkle Grund vorhanden ist, werden einzelne blaue Punkte sichtbar. Die Blauvakuolen können schon vorher angelegt worden sein, fallen aber über der transparenten oder hellgrünen Leber nicht auf. Dass die grüne und auch die „schwarze“ Farbe der Leber in ihrem Auftreten an das Vorhandensein von Nahrung gebunden sind, war zu erwarten. Hingegen konnte nicht vorausgesehen werden, wie es mit den Pigmenten der Haut steht. Einige gelbe Körner und Blauvakuolen werden von der Schnecke offenbar aus 544 U. BÜRGIN-WYSS Abb. 38. Regenerations- und Fütterungsversuch. a) Exemplar, das in drei Wochen alle Kolben ohne Futter neu gebildet hat. b) Dasselbe Tier zum ersten Mal auf Futter. Leber nach 3 Stunden Fressen intensiv olivgrün. Im Magen kreisen dunkelgrüne Nahrungsteilchen. c) Nach weiteren 14 Tagen mit Futter: gelbe Ringe, Leber an Blaustelle dunkel, vereinzelte Blaupunkte. Die Kolben IV a, b und V a, 5 links waren zur Kontrolle entfernt worden; hier entstanden sekundäre Regenerate. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 545 im Körper gespeicherten Reserven neu gebildet; das Orangepig- ment hingegen fehlt jenen Exemp- laren, bei denen alle Kolben ent- fernt worden sind, auch nach drei Wochen noch gänzlich. ! Die Löslichkeitseigenschaften des Orangepigmentes legen die Ver- mutung nahe, dass es sich um ein Carotinoid handelt, einen Farb- stoff also, der letztlich immer von Pflanzen stammt und von allen Tieren aus der Nahrung bezogen wird. Der Versuch mit Trinchesia gelingt nur dann eindeutig, wenn restlos alle Kolben in kurzer Zeit (innert einem bis zwei Tagen) beseitigt werden. Lässt man z.B. le Vote VITI Seen, Kolben des in 385 abgebildeten so findet offenbar eine Verlagerung Tiers. der Orangesubstanz von den üb- _Frischpräparat, vgl. Abb. 44. i à : 5 K Sehr kleine dunkle Körnchen in riggebliebenen in die neu ge- den Vakuolenzellen. bildeten Kolben statt, und die V Verdauungszellen mit zahlreichen Regenerate weisen einen schwa- que on aufgenommenen D D 2 chen Orange-Farbton auf. N 2 Nematocysten im Nesselsack. ABB. 39. 3. HISTOLOGIE a) Zu den Regenerationsversuchen Da die Differenzierung der Kolbengewebe abgesehen von den ersten Phasen beim natiirlich angelegten und beim regenerierenden Kolben grundsätzlich gleich verläuft, wird hier die Histologie beider Vorgänge gemeinsam behandelt. Die Entwicklung der Rückenanhänge wurde bereits 1893 bzw. 1902 von Davenport und Kremezov beschrieben. Die Bildung eines neuen Kolbens beginnt nach KrEMmBzov stets damit, dass sich 1 Bei den Tieren der Vergleichsserie, die Futter erhalten, treten in der gleichen Zeit geringe Mengen Orangepigment auf. 546 U. BURGIN-WYSS se ag, E 5 2 Fos È (gia o Vr [4 Abb. 40. Entwicklung eines Kolbens. a) Ectoderm-Vorwölbung. Embryonale Zellen im Leberepithel, Anhäufung von Mesenchymzellen. b) Differenzierung der bei a) embryonalen Zellen zu vakuolisierten Nessel- sackzellen. Späterer Nesselsack durch embryonale Zellen von Leber getrennt. c) Junger Nesselsack bereits in Funktion. Kurzes Stück differenziertes Leber- gewebe im Kolben. Drüsen und Wimpern in der Epidermis. Epidermis an der Spitze verdickt, aber noch nicht im Kontakt mit dem NS. d) Fertig differenzierter Lateral-Kolben. Proportionen Leber-Nesselsack ! DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 547 das Ectoderm des Rückens an der betreffenden Stelle — sei es im Winkel zwischen einem schon bestehenden Anhang und der Körperwand oder als Anfang einer neuen Kolben-Querreihe caudal von den vorhandenen — vorwölbt; also nicht, wie DAVENPORT behauptet hatte, mit einer Mesenchym-Anhäufung. KREMBZOV fand im Epithel der Lebergänge Zonen mit embryonalen Zellen zwischen den fertig differenzierten Drüsenzellen. Eine solche Stelle wird samt den zunächst anschliessenden Drüsenzellen in die Haut-Ausbuchtung vorgestülpt. Zwischen Ectoderm und Entoderm wandern einige Mesodermzellen ein, die sich an Ort und Stelle ver- mehren und zu Bindegewebe- und Muskelzellen differenzieren. Die apikal gelegenen embryonalen Zellen des Entoderms wandeln sich allmählich in Nesselsackzellen um und werden von der Leber bis auf den engen Verbindungskanal abgeschnürt; die Oeffnung nach aussen tritt — nach diesen beiden Autoren — erst später auf. Einige Angaben über die histologische Differenzierung bei regenerierenden Kolben finden sich bei Komori (1930): Ectoderm und Leberepithel bilden gesondert je einen Wundverschluss. Im distalen Teil des Leberdiverticulums finden Zellteilungen statt; nach ungefähr 7 Tagen setzt die Differenzierung der neu ent- standenen Zellen zu Nematophagen ein, nach 10 Tagen ist der regenerierte Nesselsack funktionstüchtig, nach 15 Tagen haben die Cerata ihre normale Grösse wieder erreicht. Zwischen Ectoderm und Entoderm befinden sich zu Beginn des Regenerationsprozesses viele vergrösserte Mesenchymzellen; aus diesen entsteht gleich- zeitig mit der Nesselsack-Differenzierung wieder normales Binde- gewebe. Unsere Beobachtungen stimmen im wesentlichen mit denjenigen KrEMmBzovs und Komorıs überein, abgesehen davon, dass der Regenerationsprozess bei Trinchesia coerulea zeitlich etwas anders verlief: Schon nach 7 Tagen waren die Nesselsäcke soweit regene- riert, dass sie Nematocysten in ihren Zellen aufnehmen konnten; bis ein Kolben zu normaler Länge nachgewachsen war, dauerte es hingegen mehr als drei Wochen. In Abbildung 40 sind einzelne Stadien der Kolbenentwicklung dargestellt. Die Beschreibungen aus der Literatur sind durch fol- gende Angaben zu ergänzen: Beim Nesselsack können einzelne Stufen der Zell-Differenzierung verfolgt werden (vgl. S. 514), bei der Leber dagegen ist der Uebergang von den embryonalen Zellen 548 U. BÜRGIN-WYSS des Verbindungskanals zu den fertig differenzierten Zellen sehr abrupt: das Leberepithel des jungen Kolbens hat von Anfang an die Struktur des fertigen Drüsengewebes. Es wird ja — nach den Angaben KrempBzovs — ein Stück des fertig differenzierten Leber- schlauchs in den jungen Zapfen ausgestülpt. Einen Unterschied gegenüber ausgewachsenen Kolben erkennt man nur darin, dass das Leberepithel anfangs noch gestreckt ist, ferner darin, dass zwischen den fertig differenzierten Zellen häufiger als in einem ausgewachsenen Kolben schmale embryonale Zellen liegen. An den Körnerzellen junger und vor allem regenerierender Kolben fällt auf, dass die Körner oft sehr klein sind. Die schon äusserlich beobachteten Unterschiede in den Pro- portionen von Leber und Nesselsack bei medianen und seitlichen Kolben sind auch auf dem histologischen Schnitt deutlich. Die kurzen lateralen Zapfen bestehen zur Hauptsache aus einem voll entwickelten Nesselsack. Dieser zählt auf der ganzen Höhe ca. 6 Zellen, im Gegensatz zu 12-14 bei einem medianen Kolben. Die besondere Struktur an der Spitze des Nesselsacks — nicht eine permanente Oeffnung, wie von früheren Autoren behauptet wurde — tritt verhältnismässig spät auf. Tatsächlich ist an den lebenden Tieren viel seltener eine Entleerung seitlicher Kolben zu beobachten als der medianen langen Anhänge. Die Differenzierung der Epidermis — Ausbildung der Drüsen- zellen und Wimpern — geht parallel der Entwicklung der übrigen Gewebe. Leider sind die pigmentführenden Zellen gerade in diesen Anfangsstadien sehr selten und die histologische Konservierung der Pigmentkörner ungenügend, sodass die Entstehung der Inter- ferenzkörner und Blauvakuolen nicht verfolgt werden konnte. b) Histologie zu den Fütterungsversuchen. Nachdem die Auswirkungen der Futteraufnahme und Ver- dauung auf das Aussehen der Leber der lebenden Schnecke be- schrieben worden sind, soll nun die Histologie des fixierten Gewebes ausführlicher als im 1. Teil dargestellt und im Zusammenhang mit der Verdauungsfunktion betrachtet werden. Leider konnten wegen Schwierigkeiten der Materialbeschaffung (Schnecken und Futter!) die Versuche nicht so weit ausgebaut werden, als es wünschenswert gewesen wäre. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 549 Literatur. GRAHAM (1938) hat mit der Vorstellung der ältern Autoren !, die in ihren Untersuchungen über die Molluskenleber drei, vier, ja fünf morphologisch und funktionell getrennte Zellsorten unter- schieden haben, gründlich aufgeräumt. Er sagt, dass, abgesehen von gewissen Drüsenzellen, die in ihrer Funktion oft nicht eng mit dem Stoffwechsel verknüpft sind, überhaupt nur eine Art von Zellen vorkommt. Diese Digestive Cells sind es, die nacheinander alle vom Leberepithel bekannten Funktionen ausüben: Produktion und Sekretion von Fermenten, Absorption flüssiger und Phago- cytose fester Nahrungsbestandteile, intrazelluläre Verdauung, sowie schliesslich die Ausscheidung unverdaulicher Reste in Form von Vakuolen oder Körnern. Wenn auf einem Schnitt Zellen von verschiedenartigem Aussehen vorkommen, so bedeutet das also nicht, dass mehrere histologisch getrennte Typen von Zellen vor- liegen, sondern verschiedene Funktionszustände ein und derselben Zellart. Die Reduktion der Zahl der Zellsorten im Leberepithel bringt nach GRAHAM die Verhältnisse bei Aeolidiern in weitge- hende Uebereinstimmung mit dem, was von andern Mollusken bekannt ist.” Diesen Angaben stehen andere, zum Teil neuere Untersuchungen gegenüber.” Nach den Beobachtungen dieser Autoren werden „Exkret“-Vakuolen in besondern Zellen gebildet, die sich von den Verdauungszellen sowohl durch ihre Form und Grösse (pyramidenförmig statt keulenförmig, z.B. 40u statt 75u) als auch durch ihren Funktionsrhythmus unterscheiden. Ob die Bezeichnung „Exkretionszellen“ zutreffend ist, hängt von der Definition des Begriffes ab. Forrest (1953) möchte den Ausdruck Exkretion für die Ausscheidung stickstoffhaltiger, dem Blut ent- nommener Substanzen durch ein Exkretionsorgan reserviert haben und schlägt für die Tätigkeit der Leber den Begriff Egestion vor. Bei manchen Opisthobranchiern kommen aber zwei Prozesse vor, die beide die Abgabe von Stoffwechselendprodukten in irgend- einer Form zum Ziel haben, und die wohl auch begrifflich von- 1 BARFURTH (1883/85), FRENZEL (1885), CugnoT (1892/1907), HECHT (1896), EnRIQUES (1902). 2 Dakin (Buccinum, 1912), Crorrs (Haliotis, 1929), Granam (Patella, 1932), HoweLLs (Cymbulia, 1936), Fretrer (Chiton, 1937). Publikations- orte siehe GRAHAM. 3 Rousseau (1936), HoweLLs (1936), MiLLortT 11937), FRETTER (1939, 1941), HoweLLS (1942), Evans (1953), Forrest (1953). 550 U. BÜRGIN-WYSS einander zu trennen sind. Bei den von FRETTER (1939) untersuchten Tectibranchiern (Haminaea, Scaphander, Philine, Actaeon) zum Beispiel finden sich erstens in den Verdauungszellen Granula, die Abfälle des Verdauungsvorgangs darstellen und ins Darmlumen ausgestossen werden. Daneben gibt es eine oder sogar zwei Sorten besonderer Exkretionszellen, die nicht nur den benachbarten Ver- dauungszellen, sondern auch dem Blut Abbauprodukte entziehen, die daraus Vakuolen bilden und diese gleichfalls ins Darmlumen abgeben. Injektionsversuche, die Rousseau (1936) an Aeolidina glauca durchführte, deuten darauf hin, dass seine cellules vacuo- laires ebenfalls aus der Körperflüssigkeit Exkretstoffe aufnehmen. Mittels histochemischer Methoden hat er nachgewiesen, dass die Einschlüsse der Vakuolen hauptsächlich aus Lipoidsubstanzen bestehen. Die Bildung der Einschlüsse ist unabhängig vom übrigen Verdauungszyklus, und die Ausscheidung hört auch im Hunger- zustand nicht auf. Rousseau führt dies darauf zurück, dass diese Stoffe dem endogenen Stoffwechsel angehören. Von Abfallproduk- ten, die in den Verdauungszellen auftreten würden, ist hingegen bei Rousseau nicht die Rede. GRAHAM anderseits, der die Arbeit Rousseaus nicht kannte, bezeichnet die Körner in den Verdauungs- zellen als faecal in nature und bemerkt dazu, dass sie vielleicht a certain amount of true excretory matter enthalten. Er nennt aber keine den cellules vacuolaires entsprechenden Zellen, obwohl die von GRAHAM untersuchte Aeolidina alderı zur selben Gattung gehört wie RoussEAaus Objekt, Aeolidiella (oder Aeolidina) glauca. Die Diskussion um die Ausscheidungsfunktion der Leber ist darum von besonderer Bedeutung, weil es gerade diese Exkretions- vakuolen oder Körner sind, welche die Leber vieler Aeolidierkolben leuchtend rot, gelb oder rotbraun färben, weil sie es auch sind, die bei Trinchesta coerulea den dunklen Grund für den Blaueffekt liefern. Eigene Untersuchungen Im Laufe meiner bisherigen Darstellung habe ich zwei Zelltypen unterschieden, Verdauungs- und Vakuolenzellen. Die beiden Zell- sorten sollen zunächst getrennt besprochen werden. Am Schluss wird die Frage zu prüfen sein, ob Verdauungszellen und Vakuolen- zellen in Wirklichkeit zwei Phasen ein und derselben Zelle dar- stellen (GRAHAM), oder ob es sich tatsächlich um zwei histologisch wie funktionell verschiedene Zellarten handelt (RoussEAU). Or On — DIE RUCKENANHANGE VON TRINCHESIA COERULEA I. Verdauungszellen. Die Verdauungszellen eines Tieres, das weder lange Zeit ge- fastet, noch unmittelbar vor der Fixierung gefressen hat, weisen im distalen Teil kleine Granuala auf, die bei Prenant-Färbung grauschwarz erscheinen. Das um- gebende Plasma hat eine grünliche Farbe, ähnlich der Flüssigkeit, die sich in den Lebergängen vor allem des Körpers und im Magen befindet. In Uebereinstimmung mit GRAHAM und Rousseau werden die kleinen Granula als Fermentkörner gedeutet. Die Fermente gelangen ins Lumen a der Leber und durch die Kanäle In der mittleren Zelle im dista- in den Magen, indem der distale {nel Fermenigranao ute Zellteil abgeschnürt und der In- sigkeit: Fermentabsonderung im halt der Granula wahrscheinlich (ange. Rechts Zellen, deren al . distaler Teil bereits abgestossen verfliissigt wird (Abb. 41). Der jst. Kern der Verdauungszellen liegt in diesem Stadium häufig im Keulenteil der Zelle, wird aber bei der Abschnürung der Sekretionsprodukte nicht auch abgestossen. Zwei Drittel jeder Verdauungszelle — proximal von den Ferment- körnern — sind ausgefüllt von den schon erwähnten Kugeln ver- schiedener Grösse. Jede dieser Kugeln ist in einer Vakuole ein- geschlossen, was allerdings nicht überall gleich deutlich ist. ABB. 41. Ausser diesen mit Hämalaun/Benzopurpurin rosa bis violett gefärbten Einschlüssen der Nahrungsvakuolen enthalten die Verdauungszellen bei einem „Futtertier“ oft auch von Hämalaun nicht angefärbte braune oder gelbbraune Körnchen von runder oder ovaler Form, die zu grossen Kugeln zusammengeballt oder einzeln vorhanden sein können (Abb. A2a). Körner und Klumpen dieser Art sind frei im Enddarm und im Kot zu finden. Es sind die von Graham beschriebenen waste products, die allerdings nie in so grosser Menge auftreten, dass sie, wie er sagt, die ganzen Zellen ausfüllen und andere histologische Einzelheiten verdecken würden. Dass der Hauptanteil des Kotes tatsächlich aus den Verdauungs- zellen stammt, und nicht etwa aus den Vakuolenzellen, beweisen Schnitte, die nach Carnoy-Fixierung mit Azan gefärbt wurden: 552 U. BURGIN-WYSS Die Körner der Vakuolenzellen haben ihre übliche gelbbraune Farbe, während sowohl die Körnchen und Klumpen der Ver- dauungszellen als auch jene im Enddarm in gleicher Weise stark rot gefärbt sind. d) ABB. 42. Verdauungszellen in 4 verschiedenen Phasen. Exemplar, das regelmässig Futter erhält: In den Verdauungszellen gleich- zeitig aufgenommene Nahrungsteilchen und Abfallkörner, einzeln oder in Klumpen. Bouin/Hämalaun. Leberepithel desselben Tiers nach 5 Tagen Fasten: Die Verdauungszellen enthalten nur noch Abfallkörner. Bouin/Hämalaun. Anderes Exemplar in ,,vollgefressenem“ Zustand, d.h. unmittelbar nach Nahrungsaufnahme fixiert: die Verdauungszellen sind dicht gefüllt mit stark rosa gefärbten Nahrungskugeln. Bouin/PAS. Leberepithel nach 1-monatiger Fastenperiode: Verdauungszellen sehr niedrige, Plasma hell und ohne sichtbare Struktur, viele Kerne dunkelviolett gefärbt. Bouin/PAS. Die Vakuolenzellen sehen in allen 4 Stadien gleich aus. Da ein Tier, dem dauernd Futter zur Verfügung steht, mit der Nahrungsaufnahme nicht wartet, bis eine Mahlzeit verdaut und der Kot ausgestossen ist, erklärt es sich, dass in den Verdauungs- zellen gleichzeitig frisch absorbierte Nahrung und Abfallkörner vorkommen (Abb. 42a). Um möglichst vergleichbare Daten zu erhalten, fixierte ich jeweils nur einzelne Kolben der Versuchstiere, und zwar in Abständen von 5 Tagen von Exemplaren, die dauernd Futter erhielten, und von andern, die keines bekamen. Fünf Tage DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 553 nach der ersten Kontrolle sind die Kolben des „Futtertiers“ im Prinzip unverändert; diejenigen des „Hungertiers“ dagegen weisen nur noch wenige blass gefärbte Nahrungskugeln auf in den Verdauungszellen. Ein solches Tier ist ja auch äusserlich nicht mehr grün, sondern blass; die frischen Zellen enthalten wenige schwach grünliche oder farblose Vakuolen. Nach zehn Tagen schliesslich besteht das Plasma der Verdauungszellen beim Hunger- tier nur noch aus einem Netz von Vakuolen ohne Einschlüsse. Abfallkörner können allerdings nach fünf und auch noch nach zehn Tagen vorhanden sein (Abb. 42b). In Abbildungen 42c und 42d sind zwei extreme Zustände des Leberepithels dargestellt: bei 42c sind die Zellen so sehr mit eben aufgenommenen Nahrungsteilchen vollgestopft, dass sie anstatt der typischen Keulenform fast zylindrisch geworden sind. Diese Nahrungsteilchen sind es, die dem lebenden Tier in ,,vollgefres- senem“ Zustand die intensiv grüne Farbe verleihen. A2d ist ein Stück des Leberepithels eines Tiers, das während eines Monats nichts gefressen hat: die Zellen sind sehr niedrig, im Plasma ist keine Struktur mehr zu erkennen, viele Kerne sind dunkelviolett gefärbt. Die Vakuolenzellen dagegen sind unverändert. Die verschiedenen Aspekte, welche die Verdauungszellen bei verschieden behandelten Tieren bieten, stellen klar einzelne Phasen eines Funktionszyklus dar. Unter Berücksichtigung der am lebenden Tier gemachten Beobachtungen lässt sich daraus in groben Zügen der Ablauf des Verdauungsvorgangs ableiten. Nirgends in diesem Zyklus kommen aber die Vakuolenzellen vor. 2. Vakuolenzellen. Es wurde schon gesagt, dass nach einer einmonatigen Hunger- periode die schwarze Färbung der Leber unter dem blauen Ring nicht verschwindet, auch wenn im übrigen die Leber vollkommen durchsichtig ist. Wie die Schnitte zeigen, durchlaufen auch die Vakuolenzellen verschiedene Phasen; diese sind jedoch nicht von der Nahrungsaufnahme abhängig, jedenfalls nicht direkt. Deshalb ist es viel schwieriger, ja mit unsern Methoden überhaupt un- moglich, einen Anfangspunkt des Zyklus und von diesem aus die Reihenfolge der einzelnen Stadien zu bestimmen. Die Beschrei- bung, die im ersten Teil von den Vakuolenzellen gegeben wurde, ist durch folgende Angaben zu ergänzen (Abb. 43): 554 U. BÜRGIN-WYSS Nicht alle Zellen reichen mit ihrer Spitze bis ins Lumen der Leber; ja es ist gerade eines ihrer Kennzeichen, dass sie als flache Dreiecke (im Schnitt) der äussern Wand anliegen, ausserhalb der ABB. 43. Vakuolenzellen (oder Körnerzellen) in verschiedenen Aspekten. Bouin/PAS. a) Entlang den Leberfalten liegende flachgedrückte Zellen. Stellenweise wird ein grobes Plasmanetz sichtbar. b) Ausscheidung der Körner ins Darmlumen. c),d) Zellen mit hellem Kern von gelappter Form und Schleimschicht (?) auf der gegen das Lumen gerichteten Grenzfläche. keulen- oder zylinderförmigen Zellen. Bei manchen Exemplaren finden sich ausserdem entlang den Falten des Leberepithels Va- kuolenzellen, die so langgestreckt sind, dass nur gerade eine oder zwei Reihen von Vakuolen übereinander Platz haben; meist be- findet sich dann an der Faltenspitze zwischen den Verdauungs- zellen eine keulenförmige mit Vakuolen dicht gefüllte Zelle (vgl. Abb. 29, S. 522). Jene Vakuolenzellen, die mit der Innenfläche ans Lumen grenzen, tragen oft eine ca. 1,5u breite Schicht von Schleim (?), die sich mit Hämalaun/Benzopurpurin und PAS rosa färbt. Zellen dieser Art weisen meist im Zentrum leere Stellen auf, wo das Plasma-Netz und der gelappte Kern sichtbar werden (Abb. 43c, d). Von prall mit gelbbraunen Körnern gefüllten bis zu beinahe entleerten Zellen gibt es alle Uebergänge. Flachgedrückte Zellen die sich an der Umbiegungsstelle zu einer Falte, entlang den Falten DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 555 und manchmal auch sehr schmal zwischen den Verdauungszellen finden, zeigen mit ihrem stark färbbaren, grob vakuolisierten Plasma und namentlich dem dunklen, strukturlosen Kern An- zeichen von Degeneration (Abb. 29). Ob sie als Ueberreste ent- leerter Vakuolenzellen anzusehen sind, kann nicht mit Sicherheit entschieden werden. : Die Grösse der Körner schwankt, wie schon gesagt wurde, zwischen 1 und 2u. Daneben gibt es Zellen, die hinsichtlich Form, Plasmastruktur und Kern gleich gebaut sind wie die typischen Vakuolenzellen, die aber viel kleinere Körnchen von weniger als lu Durchmesser enthalten. Von beiden Zelltypen findet man Stadien, in denen die gegen das Lumen gerichtete Zellgrenze nicht vorhanden ist, von denen deshalb anzunehmen ist, dass sie eine Phase der Ausstossung von Körnern darstellen (Abb. 43b). Nie aber trifft man, wie dies bei den Abfallkörnern der Verdauungs- zellen der Fall ist, Haufen von solchen gelbbraunen Körnern im Kot. Es ist denkbar, dass immer nur aus einzelnen Zellen Körner frei werden und diese relativ wenigen gleichmässig geformten Körner in der Masse unregelmässiger Kotbestandteile nicht mehr auffallen. Regenerations-Exemplare Das Leberepithel im Kolben eines Tiers, das ohne Futter seine sämtlichen Rückenanhänge bis zu einem gewissen Grad neugebildet hat, stellt sozusagen den Anfangspunkt des Funktionszyklus sowohl der Verdauungs- wie der Vakuolenzellen dar. Schon in diesem freilich sehr „leer“ anmutenden Epithel sind zwei Sorten von Zellen zu unterscheiden (Abb. 44a, b): Die späteren Verdauungs- zellen besitzen ein vakuolisiertes Plasma ohne jegliche Einschlüsse; sie gleichen den Verdauungszellen eines Exemplars, das während mehrerer Wochen gefastet hat. Die Vakuolenzellen sind viel seltener, das Plasma bildet ebenfalls ein lockeres Netz von Vakuolen, in dessen Fächern sich aber kleine gelbe Körnchen (DM < 1) be- finden. Auch wenn bloss einzelne Kolben regeneriert werden und das Tier Futter erhält, sind die Einschlüsse der ersten Vakuolen immer sehr klein. Lässt man ein Tier, das ohne Futter alle Kolben neugebildet hat, vor der Fixierung noch ausgiebig fressen, so sind die Ver- dauungszellen auf den Schnitten nicht mehr leer, sondern ge- 556 U. BÜRGIN-WYSS füllt mit den schon beschriebenen Kugeln (Abb. 39, 44c). An den Körnerzellen hingegen hat sich nach dieser kurzen Futter-Zeit (max. 1 Tag) noch nichts verändert; erst vierzehn Tage später, wenn auch am lebenden Tier die dunklen Stellen sichtbar sind, Seerean ry Re = AM snai & > te IS ET ABB. 44. Struktur von Leber und Nesselsack bei Regeneration sämtlicher Kolben. a) Ohne Futter in drei Wochen regenerierter Kolben (entspricht 38a). b) Einzelne Zellen des Leberepithels und des Nesselsacks von a). In der Leber sind Vakuolenzellen (mit feinen Körnchen) und Verdauungszellen (mit leeren Vakuolen) zu unterscheiden. c) Zellen des Leberepithels und Nesselsacks nach dreistündiger Mahlzeit (entspricht 385 und 39). In den Verdauungszellen viele Nahrungskugeln. Vakuolenzellen unverändert. Im Nesselsack einige Nematocysten. treten im Schnittbild die üblichen Vakuolenzellen mit grösseren Körnern auf. 3. Andere Zellen. Bei der Leber ist die Bildung neuer Zellen nicht auf die Zone des Verbindungskanals zum Nesselsack beschränkt, sondern auch zwischen den voll funktionstüchtigen Verdauungszellen kommen gelegentlich Mitosestadien und sehr schmale Zellen vor, die keine besondere Differenzierung aufweisen (Abb. 29). Das Vorhanden- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 557 sein dieser embryonalen Zellen mitten im fertig differenzierten Drüsenepithel wurde oft diskutiert und in Frage gestellt: bald werden sie tatsächlich als embryonal gebliebene Ersatzzellen, bald als Ruhestadien von fermentbildenden Zellen gedeutet. 4. Diskussion. Soweit unsere Darstellung die Verdauungszellen betrifft, stimmt sie mit den Angaben GRAHAMS für Cratena (= Trinchesia) und Aeolidina überein, abgesehen von dem einen Punkt, dass die Ablagerung von Ausscheidungsprodukten in den Verdauungszellen nie das von ihm beschriebene Ausmass erreicht. Neben den Verdauungszellen kommt aber im Leberepithel von Trinchesia eine zweite Art von Zellen vor, die nicht mit den Kalk- zellen GRAHAMS identisch sein kann. Verschiedene Beobachtungen sprechen dafür, dass es sich bei den Verdauungs- bzw. Vakuolen- (oder Körner-) Zellen genannten Elementen tatsächlich um zwei zwar nicht morphologisch (d.h. Form und Verteilung), wohl aber histologisch und funktionell getrennte Bestandteile des Leber- epithels handelt. 1. Durch Fütterungsversuche lässt sich für die Verdauungs- zellen ein Funktionszyklus nachweisen, der die folgenden Phasen umfasst: Fermentsekretion, Absorption, Verdauung bzw. Spei- cherung der Nahrung, Ansammlung und Ausscheidung von Ab- fallprodukten. Die Vakuolenzellen sind an diesem Zyklus nicht beteiligt. 2. Auch die Vakuolenzellen kommen in verschiedenen Funk- tionszustanden vor. Es wurden aber keine Stadien gefunden, die den Uebergang von einer Verdauungs- zu einer Vakuolenzelle bewiesen hätten. 3. Schon im eben erst differenzierten und noch nicht funk- tionierenden Leberepithel eines Regenerationskolbens (bei Rege- neration ohne Futter) lassen sich histologisch die zwei Zellsorten unterscheiden. 4. Der genaue Vergleich der Einschlüsse der Vakuolenzellen, der Abfallkörner in den Verdauungszellen und der Elemente des Kotes beim lebenden wie beim fixierten Tier zeigt, dass die dunkel- grünen bzw. gelbbraunen Körner etwas anderes sind als die Körner Rev. Suisse DE Zoor., T. 68, 1961 40 558 U. BÜRGIN-WYSS in den Verdauungszellen und sicher nicht den Hauptanteil des Kotes ausmachen. Diese letzte Feststellung erklärt vielleicht, warum GRAHAM bei Cratena nur eine einzige Art von Zellen beschrieben hat: Das frische Lebergewebe wurde von ihm nicht untersucht; auf den Schnitten sehen aber bei den meisten Färbungen die Körner der Vakuolenzellen und jene der Verdauungszellen sehr ähnlich aus. Zudem kann die besondere Anordnung der beiden Zellarten (S. 523) den Eindruck erwecken, als ob eine Zelle im distalen Teil Ferment- Granula, in der Mitte Nahrungsteilchen und basal gelbbraune Körner enthalte. Erst wenn man die Zellgrenzen genau verfolgt, erkennt man, dass immer zwei verschiedene Zellen vorliegen. Bei der Abbildung GRAHAMS sind die Zellgrenzen nicht eingezeichnet. Es liegt nahe, die Vakuolenzellen mit den cellules vacuolaires RoussEAUSs, mit dem einen oder andern Typ von Excretory Cells bei Tectibranchiern (FRETTER 1939) gleichzusetzen. Eindeutige Beweise, dass die Vakuolenzellen tatsächlich eine Exkretions- funktion ausüben, liegen aber in unserm Fall nicht vor. Eine Uebereinstimmung mit den Ergebnissen Rousseaus besteht in folgenden Punkten: 1. Die Körner sind nach Fixierung mit Osmiumlésungen schwarz. Nach Rousseau bestehen die Einschlüsse seiner Vakuolen- zellen aus Lipoidsubstanzen. Die Schwärzung durch Osmium- Tetroxyd ist allerdings nicht eine sehr charakteristische Reaktion für Fette. 2. Der Körnergehalt der Zellen wird auch bei langen Fasten- perioden nicht vermindert. Dies erklärt Rousseau damit, dass die Bildung von Exkretvakuolen eine Angelegenheit des endogenen Stoffwechsels sei. In diesem Zusammenhang ist besonders darauf hinzuweisen, dass bei Exemplaren, die ohne Futter sämtliche Kolben regeneriert haben, vereinzelte Vakuolenzellen mit sehr kleinen Körnchen vorkommen. ZUSAMMENFASSUNG Die Rückenanhänge der Aeolidier haben entsprechend ihrem Aufbau aus Leber-, Blut- und Hautgewebe gewisse physiologische Funktionen zu erfüllen — Atmung und Verdauung bzw. Aus- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 559 scheidung. Zugleich sind sie die Träger der Färbung. Ueber die Beziehungen, die zwischen diesen beiden Rollen bestehen, können auf Grund der hier beschriebenen Beobachtungen folgende Aus- sagen gemacht werden: 1. Die Kolben sind, wie der Versuch der „Total-Amputation“ zeigte, nicht absolut lebensnotwendig für die Schnecke; ihre Bedeutung für die Atmung darf also nicht überschätzt werden. 2. Zur Erfüllung der physiologischen Aufgaben ist demnach die grosse Zahl von Rückenanhängen nicht unbedingt erforderlich. Vorgänge wie die Ausscheidung von Nesselsackzellen oder die Abschnürung von Kolben spielen sich nie an sämtlichen Kolben gleichzeitig ab; in dieser Beziehung sind die Cerata weitgehend unabhängig voneinander. 3. Es besteht eine ausgesprochen starke Tendenz, verlorene Kolben zu ersetzen. Bei der Regeneration werden nicht nur Leber und Nesselsack, sondern — nach Möglichkeit — auch das Farb- muster neu gebildet, und zwar in der für jeden Kolben typischen Art und Weise (Feldwirkung!) und in derselben Reihenfolge wie bei natürlichen Anlagen. 4. Die einzelnen Farbkomponenten sind in verschieden hohem Mass von der Nahrungsaufnahme abhängig. Gelbe Körner und Blauvakuolen können von der Schnecke erzeugt werden, selbst wenn sie kein Futter erhält (auch bei Entfernung aller Kolben). Das Orangepigment — oder eine Vorstufe desselben — wird aus der Nahrung bezogen und fehlt folglich den Tieren, die ohne Futter alle Kolben regenerieren. Aehnliches gilt für die Schwarzkomponente der Leber. Beide Farbstoffe verschwinden, wenn sie einmal vor- handen sind, auch während langer Fastenperioden nicht. Im Gegensatz dazu verändert sich der olivgrüne Anteil der Leber je nach dem Fütterungszustand. 5. Besonders eingehend wurde die— in der Literatur um- strittene — Frage geprüft, ob in der Leber zwei verschiedene Zellsorten vorkommen. Wir sind der Ansicht, dass Verdauungs- zellen und Vakuolenzellen zwei histologisch wie funktionell von- einander getrennte Zelltypen darstellen. Die physiologische Funk- tion der Verdauungszellen ist in groben Zügen bekannt; über die Funktion der Vakuolenzellen im Stoffwechsel kann dagegen nichts Sicheres ausgesagt werden. Gewiss ist aber, dass diese Zellen eine 560 U. BÜRGIN-WYSS Rolle spielen für die Färbung: sie liefern den dunklen Hintergrund für die Blaufärbung; ohne diesen Hintergrund erscheinen die Blau- vakuolen nur als einzelne blassblaue Punkte. Dadurch dass der dunkle Hintergrund der Blaufärbung von Zellen gebildet wird, die vom unmittelbarsten Stoffwechselgeschehen abgetrennt sind, ist eine grössere Konstanz der Blaufärbung gesichert. In der Ver- teilung der Vakuolenzellen auf die Kolben-Ober- und Unterseite äussert sich eine Anpassung der Leberstruktur an die bilateral- symmetrische Organisation der Kolbenfärbung. Diese Tatsache ist für eine morphologische Interpretation der Färbung von grosser Bedeutung: Zellen, die einem Organ ange- hören, das zunächst eine deutlich abgegrenzte physiologische Funktion hat, erlangen sekundär eine Rolle bei der Färbung, da sie sich an einer von aussen sichtbaren Körperstelle befinden. Die Frage dieser zwei Funktionen, der physiologischen und der mor- phologischen, denen wir bei den Nudibranchiern immer wieder begegnen, wird im Schlusskapitel (S. 573) ausführlicher erörtert werden. II. VERGLEICH MIT ANDERN ARTEN Erscheinungen, wie sie von Trinchesia coerulea beschrieben wurden, sind auch bei andern Nudibranchier- und Saccoglossen- Arten zu finden. Aus der grossen Zahl von Schneckenformen werden hier nur einige Beispiele herausgegriffen. Die Beschreibung be- schränkt sich jetzt auf einzelne besonders interessant scheinende Punkte, die mit den Verhältnissen bei Trinchesia coerulea verglichen werden sollen. 1. TRINCHESIA FOLIATA Trinchesia foliata wurde schon bei der Besprechung der Struk- turfarben erwähnt. Der Vergleich zweier nahe verwandter Arten ist von besonderem Interesse, denn hier zeigt sich, wie stark zwei Formen, die ihrem Gesamtbauplan nach sehr ähnlich organisiert sind, gerade in der Färbung voneinander verschieden sein können. Die Elemente, aus denen das Farbmuster von T. foliata zusammen- gesetzt ist, sind weitgehend dieselben wie bei 7. coerulea: Körner- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 561 pigmente und fettlösliches Orangepigment in der Epidermis, Va- kuolen — oder Körner — und Verdauungszellen in der Leber. Auch das Futter kann dasselbe sein, nämlich Sertularien. Dennoch lassen sich die beiden Trinchesia-Arten schon von blossem Auge auf Grund der Kolbenanordnung unterscheiden: Bei 7. foliata ist nur der hintere Körperbereich mit Kolben besetzt, die vordere Partie ist von Anhängen frei und trägt statt dessen eine weissgelb-orangefarbige Körperzeichnung (Abb. 12a auf S. 493). Die Färbung der Kolben ist viel weniger konstant als bei T. coerulea. Körner vom Typus der Gelb- und Weiss-Elemente von T. coerulea bilden bald eine wenigstens vorn bis fast zur Basis reichende zusammenhängende Fläche, bald nur unregelmässige grössere und kleinere Flecken. Meistens ist die Kolben-Oberseite stärker pigmentiert als die Unterseite. Die Farbe dieses Haut- pigmentes ist sehr variabel, der Metallglanz immer sehr ausge- prägt. Gleichmässige Verteilung von „Interferenzkörnern“ ver- schiedener Farben ergibt Weiss, das durch die darunterliegende dunkelbraune Leber einen crèmefarbigen Ton erhält. Sind Körner einer bestimmten Sorte an einer Stelle gehäuft, so weist der Kolben dort z.B. rötliche, blaue oder gelbe Flecken auf. Bei einzelnen Exemplaren sind die Kolben fast einheitlich himmelblau gefärbt. Der gelbe Streifen im Weisspigment der Rückenzeichnung wurde bereits als besonders aufschlussreicher Fall einer Strukturfarbe angeführt (S. 497). Das Orangerot — ein diffus gelôstes, fett- lösliches Pigment — umgibt den gelben Streifen in der Form eines Rhombus. Spuren davon kommen bei vielen Tieren ausserdem als mehr oder weniger vollständiger Ring an der Kolbenspitze vor, und zwar in einem vom Körnerpigment ausgesparten Raum. Nie aber sind Körner- und fettlösliches Pigment wie bei Trinchesia coerulea einander überlagert. Der Nesselsack ist von aussen nicht sichtbar; er ist transparent, nicht gelblichweiss wie bei 7°. coerulea. Wie histologische Schnitte zeigen, fehlt den Nesselsackzellen die bei 7. coerulea so charakteri- stische Vakuolenstruktur, die wahrscheinlich zum Teil für das opak- weisse Aussehen verantwortlich ist. Die Leber ist gewöhnlich heller oder dunkler braun, in einzelnen Fällen fast schwarz. Die dunkelbraunen Körner- oder Vakuolen- zellen sind manchmal an der Kolbenbasis (die nicht von Pigment überdeckt ist) etwas zahlreicher als weiter oben, sind aber niemals 562 U. BÜRGIN-WYSS in so auffälliger Weise wie bei T. coerulea auf einen bestimmten Kolbenbezirk konzentriert. T. foliata frisst offenbar, nach dem Inhalt des Nesselsacks und der Leber zu schliessen (in einem Fall symbiontische Algen!), ausser Sertularien auch andere Coelenteraten. Ein Exemplar, dessen Nesselsäcke andere als die von Sertularien bekannten Nematocysten enthielten, fiel durch die leuchtend orangerote Farbe seiner Leber auf. 2. CORYPHELLA, FACELINA, HERVIA ! Hier werden Vertreter verschiedener Gattungen beschrieben, die sich zwar in ihrer systematischen Stellung nicht besonders nahestehen, die aber in Bezug auf das Muster ein gemeinsames Merkmal haben. Bei allen hier genannten Formen macht die Leber einen wichtigen Teil der Färbung aus; sie hat stets einen rötlichen Ton, und die Farbe, d.h. die sie erzeugende Drüsenstruktur des Leberepithels ist fast ausschliesslich auf die Kolben beschränkt (Ausnahme z.B. die Lebergänge im Schwanz von Coryphella). Alle diese Arten fressen Eudendrium?, rötliche Polypen, deren Ento- dermzellen in Vakuolen gelöst ein orangerotes Pigment enthalten. Die Pigmente in der Leber der Aeolidier sind in runden bis poly- gonalen Vakuolen einheitlicher Grösse (einige u Durchmesser) lokalisiert. Diese Vakuolen sind immer heller gefärbt als diejenigen von Eudendrium, beide Pigmente besitzen aber dieselben Löslich- keitseigenschaften; in Wasser und verdünnten Säuren unlöslich, in Aceton, Petroläther, Alkohol ete. löslich. Die Leber in den Kolben der beiden Coryphella-Arten, C. pedata und C. lineata, ist einheitlich orangerot; die Farbvakuolen sind hier gleichmässig auf die ganze Höhe des Kolbens verteilt und überall ungefähr gleich stark gefärbt. Dasselbe gilt für Facelina punctata; hier hat die Leber einen goldbraunen Ton. Die Haut ist bei allen drei Formen wenig pigmentiert. Die Epidermis von C. pedata enthält rosafarbene Körper in lockerer Verteilung, die dem ganzen Tier eine intensiv leuchtende und doch transparente Färbung verleihen, welche die rote Leber durch- 1 Es handelt sich um Hervia costai (n. nom.) HAEFELFINGER 1961. ? Für Hervia konnte dies nicht nachgewiesen werden, da nur ein einziges Tier vorlag und kein Futter. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 563 scheinen lässt. Aus kleinen Plättchen zusammengesetzte teils irisierende Körner von der Art der Gelb- und Weiss-Elemente von Trinchesia bilden bei C. pedata einen weissen Ring an der Kolben- ABB. 45. Kolben von A Facelina punctata B Coryphella lineata C Coryphella pedata in Seitenansicht. spitze, bei C. lineata eine oder zwei weisse Längslinien — was selten ist als Zeichnung bei Aeolidier-Kolben — bei F. punctata gelbe Tupfen. In der Anordnung der weissen Streifen und der gelben Tupfen auf den Kolben zeigt sich dieselbe Bevorzugung der Vorderseite, wie sie schon bei 7. coerulea festzustellen war. Die weissen Ringe von C. pedata dagegen sind meist nicht ganz ge- schlossen und beliebig orientiert, also nicht vorne breiter und deut- licher als hinten (Abb. 45). Eine Besonderheit der Kolbenverteilung der Coryphella-Arten verdient erwähnt zu werden: die jüngsten caudalen Anlagen ent- stehen median und nicht seitlich, die Leberverzweigung dieser Kolben also als direkte Fortsetzung des unpaaren hinteren Leber- astes. Erst später rücken diese Anlagen auf die eine oder andere Seite; diese Entstehungsweise hat eine versetzte Anordnung der Kolben in der Schwanzregion zur Folge. Von Facelina rubrovittata wurden Exemplare zweier Grössen- stufen gefunden, die in der Färbung auffällig verschieden waren. Kleine Exemplare, bis zu 8 mm, meistens aber weniger, leben in 564 U. BÜRGIN-WYSS den Algen der Uferzone. Ihre Haut ist hell, an den Kolben ist sie überhaupt transparent und lässt die rote Leber durchschimmern. ABB. 46. Oben: Kolbengruppe von A Facelina drummondi. B Hervia costat. Unten: A Facelina drummondi, Kol- ben in Dorsal- und Ventral- ansicht. B Hervia costai, Kolbenspit- ze: Blau-Weiss-Effekt (vgl. Text). W Weiss - B. Blau - R Rot. Auf dem Körper verlaufen einige rote Linien, die den Namen rubrovittata erklären. In den Po- sidonien waren in den Monaten Juni und Juli grosse Exemplare (1-2 cm) von rauchgrauer Gesamt- farbe sehr zahlreich. Die Leber die- ser Exemplare ist nicht leuchtend rot, sondern dunkler rötlich- oder gelb-braun und zum Teil über- deckt von in der Haut abgelager- tem dunkelbraunem Pigment und zerstreuten Weisskörnern, die aussehen wie feiner Staub. Die Kolben tragen bei dieser Art keine besondere Zeichnung, statt dessen ist der Körper durch die roten Längsstriche und durch weisse Flecken verziert, die bei den grossen Exemplaren zahl- reicher sind und sich gegen den dunklen Grund besser abheben als bei den jungen hellen Tieren. Facelina drummondi, Hervia costal und Dondice banuylensis ! sind Beispiele dafür, dass die mit der Nahrung aufgenommenen Farbstoffe nicht immer gleichmäs- sig in der Leber verteilt werden. Bei den langen medianen Kolben dieser Arten sind die Spitze und zum Teil auch die Basis intensiv rot gefärbt, wogegen der mittlere Bereich einen mehr bräunlichen, helleren Farbton hat. Die stark rote Färbung kommt dadurch zustande, dass die Zellen im distalen bzw. proximalen Kolbenteil rote, jene im mittleren Teil dagegen gelbgrüne oder ockergelbe Vakuolen enthalten. Es ist möglich, dass 1 PORTMANN und SANDMEIER 1960. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 565 der Unterschied allein auf der verschieden hohen Konzentration desselben Farbstoffs beruht. Die rote Färbung hat bei sämtlichen Kolben einer Querreihe ungefähr denselben Umfang: die kleinsten seitlichen Kolben sind folglich ganz rot gefärbt, es fehlt ein helleres Zwischenstück (Abb. 46). Bei F. drummondi sind die roten Vakuolenzellen auf die Dorsal- seite der Kolben beschränkt. Hier begegnen wir also denselben Er- scheinungen wie bei Trinchesia coerulea: unterschiedliche Ausbil- dung der medianen und seitlichen Kolben und Differenzierung der Leber in eine Dorsal- und Ventralseite. Messungen an den einzelnen Kolben, welche die Unterschiede in den Kolbenproportionen ähnlich wie bei 7. coerulea verdeutlicht hätten, konnten wegen der grossen Beweglichkeit und Dehnbarkeit der lebenden Kolben und der starken Kontraktion bei Lähmung mit MgCl, nicht durch- geführt werden. F. drummondi und H. costai gleichen sich nicht bloss in der Färbung der Leber, sondern der Kolben überhaupt: bei beiden Arten trägt die Vorderseite der grösseren Kolben einen hellblau schimmernden Fleck (bei F. drummondi auch mehrere), der mit der roten Leber einen starken Kontrast bildet. In beiden Fällen handelt es sich um Strukturblau. Bei F. drummondi treten distal vom mitt- leren Kolbenteil, der die Blaufärbung trägt, vereinzelte hellgelbe und weisse Punkte auf. Die Blauelemente von Hervia befinden sich in der Haut über der dunkelroten Spitze der Leber. Die Notwendig- keit des dunklen Hintergrundes für die Blauwirkung ist hier be- sonders deutlich: nur jene Stelle des gesamten Flecks erscheint jeweils blau, die gerade vor der dunklen Leber gesehen wird, während die seitlichen Randzonen weiss aussehen (Abb. 46). Da alle hier aufgeführten Arten seltener und empfindlicher sind als T. coerulea stösst man bei der Durchführung von Versuchen auf erhebliche Schwierigkeiten. Einige Versuche an Coryphella pedata führten immerhin zu folgenden Ergebnissen: 1. Bei einem Tier, das während längerer Zeit kein Futter er- hielt, wurde die Leber zusehens bleicher, bis schliesslich nach drei Wochen fast alle Orangevakuolen aus diesem Organ verschwunden waren. Die Zellen enthielten nur noch farblose und blass grünliche Vakuolen. Das Ausbleichen geht aber viel langsamer als bei T. coerulea. 566 U. BÜRGIN-WYSS 2. Es wurden sämtliche Kolben eines Tiers entfernt, allerdings nicht auf einmal, sondern im Lauf von vier Tagen. Das Tier wurde ohne Futter gehalten. 13 Tage nach der ersten Operation wiesen die vordere und mittlere Körperhälfte kleine Regenerate auf, die vollkommen durchsichtig waren. Bei den grösseren Kolben war bereits ein Nesselsack gebildet worden. Der Schwanz, der nor- malerweise bei C. pedata sehr lang ist, war kontrahiert; hier hatte keine Regeneration stattgefunden. Nachdem das Tier während eines Tages gefressen hatte, waren in der Leber orangerote Punkte zu sehen. Das Pigment lag nicht in Form regelmässiger Vakuolen vor, sondern in unregelmässigen Klumpen, die dunkler rot als die Vakuolen waren; möglicherweise war das Pigment in dieser kurzen Zeit noch nicht verarbeitet worden. Verglichen mit der olivgrünen Komponente der Leber von 7. coerulea gehen also bei Coryphella alle Veränderungen der Leberfarbe langsamer vor sich: die rote Farbe bleibt bei einer Fastenperiode länger bestehen, es braucht aber auch länger, bis sie bei der ersten Fütterung nach ,,Hunger- Regeneration“ in ihrer normalen Form in den Kolben auftritt. Wegen Futtermangel musste der Versuch leider abgebrochen werden. Bei Coryphella ist die Sterblichkeit der Tiere bei derartigen Versuchen grösser als bei Trinchesia coerulea. 3. ERCOLANIA costal! (Abb. 47 und 48) E. costai ist ein Vertreter der Saccoglossa mit hoch differenzierten Rückenanhängen. Der ganze Rücken ist bei normaler Stellung bedekt von beinahe kugelförmig aussehenden Kolben, die in Längsreihen angeordnet und blau, gelb und grünbraun gefärbt sind. Besondere Zellen des Zwischengewebes geben den ballonartig auf- geblasenen Gebilden die nötige Turgeszenz. An der Basis ist der Kolben sehr stark eingeschnürt; die Ansatzstelle ist so beschaffen, dass keine Wunde entsteht, wenn die Kolben plötzlich abgeworfen werden: vom Lebergang im Körper zu den baumartigen Ver- zweigungen der Leber im Kolben führt ein ganz enger Kanal, der von einem System von Ring- und Längsmuskeln umgeben ist. Die Haut des Kolbens wie des Körpers ist reich an einzelligen Drüsen. Dies ist ein allgemeines Merkmal der Saccoglossen; im Gegensatz 1 Bei Pruvor 1951 erstmals beschrieben. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 567 zu den Aeolidiern — wo ja auch Drüsenzellen vorkommen — ist das Sekret häufig nicht farblos und transparent, sondern in auffàlliger Weise gefärbt. Bei £. costai sind solche Drüsenzellen an der Fussohle, ABB. 47. Ercolania costai, ganzes Tier in lebendem Zustand. ABB. 48. Ereolania costai, einzelner Kolben, Seitenansicht. B Blaue Drüsenzellen. G Gelbe Drüsenzellen. T Transparente, farblose Drüsenzellen. lieber: auf dem Kopf und den Rhinophoren und auf den Kolben als hell- gelbe, hellrote und hellgrüne Punkte sichbar. Besonders grosse gelbliche Drüsenzellen sind auf die Kolbenspitze beschränkt. Proximal von der Spitze auf der etwas stärker gewölbten Vorderseite weist der Kolben eine hellblaue Färbung auf, die von einzelnen blauen Tupfen — wiederum Drüsenzellen — hervorgerufen wird. Derartige blaue Drüsenzellen kommen nur gerade an dieser Stelle vor. Bei Betrachtung im durchfallenden Licht lassen sich die blauen Zellen nicht von den andersfarbigen Drüsenzellen derselben Grösse unterscheiden: alle haben einen heller oder dunkler gelblichen 568 U. BÜRGIN-WYSS Farbton, und bei der Fixierung geht der Unterschied gänzlich verloren. Das Blau ist nichtirisierend und etwas heller als bei T. coerulea (ev. Tyndall-Blau ?); wie dort ist aber für die volle Wirkung ein dunkler Hintergrund erforderlich. Bei einem frisch gefangenen, gut ernährten Tier hat die Leber eine dunkel olivgrüne Farbe, welche die blaue Farbe der Drüsenzellen gut zur Geltung bringt. Leider konnte ich trotz mancher Bemühungen nicht herausfinden, welche Algen von E. costai gefressen werden, sodass die im Aquarium gehaltenen Tiere immer fasten mussten. Der grüne Inhalt der Leber verschwand rasch; nach wenigen Tagen waren die Leberverzweigungen im Kolben so hell geworden, dass die Drüsenzellen kaum mehr blau aussahen. Die Farbe erschien aber sofort wieder, wenn man das betreffende Hautstück von einem Kolben freipräparierte und auf einen dunklen Hintergrund brachte (am besten einen Tuschetropfen, der in einem Hohlschliffobjekt- träger mit Deckglas eingeschlossen ist), ja sie war hier sogar noch intensiver als am lebenden Tier. Leider hält sich £. costat, die bei weitem nicht so häufig ist wie Trinchesia coerulea, schlecht im Aquarium; sie hat, wie viele Saccoglossen, die üble Gewohnheit, an der Gefässwand empor aus dem Wasser zu kriechen, sodass gelegentlich Exemplare über Nacht vertrocknen, sie werfen nicht selten alle grösseren Kolben ab, und sie waren nicht zum Fressen zu bringen. So konnten keine Fütte- rungs- oder Regenerationsversuche durchgeführt werden. Beobach- tungen an einem Exemplar, das alle Kolben der mittleren Längs- reihen abgeworfen hatte und nachher noch längere Zeit im Aquarium gehalten werden konnte, liessen vermuten, dass bei diesen Tieren nicht wie bei den Aeolidiern an der Stelle verlorener Kolben neue gebildet werden, sondern dass neue Anlagen immer ventralwärts von den schon bestehenden jüngsten auftreten und durch das Wachstum dieser neuen Anlagen die älteren Kolben allmählich gegen die Mediane an die Stelle der abgeworfenen Anhänge rücken. Unter den kolbentragenden Saccoglossen ist E. costai die einzige mir bekannte Art, deren Kolben Blaufärbung aufweisen — einen Farbeffekt also, der von Haut und Leber gemeinsam erzeugt wird. Ihre Kolben sind, verglichen mit denen anderer Saccoglossen (Placida, Hermaea, Hermaeopsis, E. trinchesi und viridis) als hoch differenziert zu bezeichnen, sowohl in Bezug auf die innere Struktur als auf ihre Färbung. Es sind meines Wissens die einzigen Sacco- DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 569 glossen-Kolben, bei denen eine eindeutige Dorsoventralsymmetrie der Färbung vorkommt. Gegenüber dem Blau von 7. coerulea stellt aber die Blaufärbung von E. costaî dennoch eine einfachere Stufe dar, denn der dunkle Hintergrund wird hier nicht von speziell unter den Blauvakuolen bzw. Drüsenzellen liegenden Zellen gebildet, sondern vom im ganzen Kolben gleichmässig verteilten dunklen Leberinhalt. Demgemäss verschwindet auch die Blaufärbung, sobald die Nahrung ausbleibt. Bleiche Exemplare, die seit einigen Tagen nichts gefressen haben, sind in der Natur hie und da zu finden; es ist also nicht so, dass unter natürlichen Umständen die Leber ohnehin immer dunkel und folglich die Drüsenzellen blau wären. 4. GLossoporis (Abb. 49) Die Doridier gehòren zwar nicht zu den kolbentragenden Nudi- branchiern, manche unter ihnen besitzen aber nichtsdestoweniger eine auffällige Zeichnung und Färbung. Die Ontogenese des Musters einzelner Glossodoris-Arten wird gegenwärtig von anderer Seite untersucht (HAEFELFINGER 1959) und steht hier nicht zur Dis- kussion. Uns interessiert bloss der Aufbau der Musterelemente zweier blau-gelb gefärbter Arten. Glossodoris gracilis hat bei einer Länge von 1,5 bis etwa 6 cm eine grünlichblaue, die meist kleinere G. tricolor eine tief marinblaue Grundfarbe. Bei beiden ist das Notum von einem gelben Rand eingerahmt; im übrigen besteht die Zeichnung auf Rücken, Kopf und Seiten bei G. gracilis aus vielen dünnen gelben Längslinien und einzelnen irisierenden weissen und hellblauen länglich-ovalen Flecken, bei G. tricolor ist es ein einziger dicker weisser Streifen, derin der Mediane längs des Rückens verläuft. Die blaue Grundfarbe beider Arten ist keine Strukturfarbe, sondern ein Pigment, das im Unterhautgewebe liegt. Es ist wasser- löslich: bei der Sektion einer Glossodoris entstehen blauschwarze Wolken. Beim fixierten Präparat finden sich im Bindegewebe unter der Epidermis kleine schwarze Körnchen. Bei rascher Präparation sind auch im Hautgewebe blaue Körper verschiedener Form und Grösse zu sehen; wegen der grossen Löslichkeit des Pigments im Wasser lässt sich aber über die Form, in der es vorliegt, nichts Endgültiges sagen. Die gelben Streifen sind nach dem gleichen Prinzip aufgebaut wie die gelben Ringe bei 7. coerulea, bloss sind sie eine Stufe heller. 570 U. BÜRGIN-WYSS Im durchfallenden Licht schmutzigbraune, im auffallenden Licht weisse Körner sind überlagert von diffus gelöstem fettlöslichem gelbem Pigment. In den stark irisierenden hellblauen und weissen Stellen erkennt man Körner, die ähnlich denen von Trinchesia ABB. 49. Glossodoris gracilis. Randzone des Notums. Links sind die einzelnen Streifen dargestellt, wie sie mit schwacher Vergrösserung gesehen werden, rechts die Farbelemente, aus welchen sich die Streifen zusammensetzen. Gelber Rand: Weisskörner, gelbe Tropfen. Hellblauer Fleck: im durchfallenden Licht rötliche, fein granulierte Elemente. Blauer Grund: wasserlösliches Pigment. Weiss-irisierender Fleck: Weisskörner mit grossen Teilchen. move foliata aus relativ grossen Plattchen (DM etwa 2u) zusammengesetzt sind. Oft sind die Plättchen nicht zu Körnern zusammengefügt, sondern sie liegen einzeln in der Haut nebeneinander. Die blauen Punkte sind im durchfallenden Licht gelb oder rötlich und sind ähnlich strukturiert wie die Blauelemente bei 7°. foliata. Die Blau- wirkung wird verstärkt durch die blaugrüne bzw. violettblaue, stellenweise fast schwarze Färbung des Unterhautgewebes. Nicht nur dieses, sondern auch das .„Peritoneum“, d.h. die Haut, welche die innern Organe überzieht, enthält (auf den Schnitten) kleine schwarze Körnchen. Auch bei diesen doch stark von den Aeolidiern verschiedenen Nudibranchier-Arten sind also dieselben Färbungsprinzipien zu finden: Kombination von Körnerpigment und diffus gelöstem Pigment zu einer Zeichnung — wobei die eigentliche Zeichnung vom Körnerpigment gebildet und der Farbanteil hauptsächlich DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 571 vom diffus gelösten Pigment geliefert wird — ferner irisierende Blauwirkung, die durch die besondere Struktur von ,,Interferenz- körnern“ und eines darunterliegenden dunkel gefärbten Gewebes — hier der Unterhaut und des Peritoneums — zustandekommt. Das wasserlösliche blaue Pigment dagegen, das die Grundfarbe bildet, ist einzigartig bei diesen Formen und kommt meines Wissens bei Aeolidiern nicht vor. ABSCHLIESSENDE BEMERKUNGEN In unserer Einleitung ist eine Reihe von Fragen skizziert worden, die sich bei der morphologischen Untersuchung der äussern Erschei- nung der Nudibranchier stellen würden. Einem dieser Probleme wollen wir hier noch besonders nachgehen: den Beziehungen, die zwischen den physiologischen Funktionen der Kolben und ihrer Rolle als Träger des Farbmusters bestehen (vgl. Zusammenfassung S. 574). Unsere Analyse hat gezeigt, dass an der Ausbildung des Farb- musters zweierlei Faktorengruppen beteiligt sind. Zu einer ersten Gruppe gehören äussere Umstände und physiologische Vorgänge, welche die allgemeinen Voraussetzungen bilden, unter denen ein Muster zu entstehen hat. Sie sind jeweils für mehrere Vertreter einer Tiergruppe gleich. Viele der an der Färbung der Nudibranchier beobachteten Erscheinungen lassen sich auf Faktoren dieser ersten Gruppe zurückführen, vor allem allgemeine Merkmale wie etwa das Vorhandensein bzw. Fehlen einer Farbkomponente auf die Verfügbarkeit und Beschaffenheit der Nahrung. Die Anordnung dieser Farbstoffe zu einem Muster ist aber weder durch die äussern Bedingungen noch durch den Ablauf der Stoffwechselprozesse im einzelnen bestimmt, sondern für die Entstehung dieser artspezifi- schen Merkmale muss eine zweite Gruppe von Faktoren verantwort- lich sein. Die Natur dieser Faktoren ist — im Gegensatz zu den erstgenanten, welche der experimentellen Erforschung zugänglich sind — noch unbekannt. Diese zwei Aspekte sollen an Hand einiger Beispiele deutlich gemacht werden: 1. Alle Tiere, die Eudendrium fressen, nehmen mit dieser Nahrung rote Farbstoffe auf, die sie in der Leber verdauen müssen. 572 U. BURGIN-WYSS Ob die Verarbeitung zu einer einheitlich orangeroten, zu einer gelbbraunen oder rotbraunen Leber führt, ob der Farbstoff im Kolbenteil der Leber gleichmässig verteilt oder an der Spitze und Basis besonders konzentriert ist, spielt für den Verdauungsvorgang selbst offenbar keine Rolle, denn alle diese Möglichkeiten sind ja nebeneinander bei einer oder mehreren Arten verwirklicht. 2. Säurelösliche „Körnerpigmente“ wurden bei vielen Aeolidiern, ja auch bei einigen Doridiern gefunden. Die mikroskopische Ana- lyse zeigte, dass zwischen Weiss, Gelb, Blau erzeugenden, irisie- renden und nicht glänzenden Körnern nur geringfügige Struktur- unterschiede bestehen. Es ist möglich, dass alle diese Substanzen derselben Stoffklasse angehören, dass die Bildung solcher Körner bei den verschiedenen Formen einen analogen physiologischen Vorgang darstellt. Die Einzelheiten der Struktur und Verteilung der Körner — die eben Farbe und Muster ausmachen — sind jedoch wiederum von Art zu Art verschieden und durch die allgemeinen Stoff- wechselbedingungen nicht bestimmt. 3. Die Blaufärbung von Trinchesia coerulea wurde schon mehrmals als kombinierter Effekt von Hautvakuolen und gewissen Leberzellen hervorgehoben. Vakuolen- oder Körnerzellen kommen nicht nur bei 7. coerulea vor, sondern es sind Elemente des Leber- epithels, die in vielen Fällen neben den Verdauungszellen auftreten, z. B. auch bei der nahe verwandten 7. foliata. Bei T. foliata sind die Vakuolenzellen gleichmässig im Kolben verteilt, bei 7. coerulea sind dieselben Zellen in auffälliger Weise an der Blaustelle — und zwar hauptsächlich auf der Dorsalseite des Kolbens — gehäuft. Ihre physiologische Funktion wird meist in einer Exkretionstätig- keit gesehen. Welches auch ihre Rolle im Stoffwechsel sein mag, so steht jedenfalls fest, dass die Konzentration auf die Blaustelle bei T. coerulea nicht einem physiologischen Zweck dient, sondern den Sinn hat, die intensive Blaufärbung zu ermöglichen und konstant zu halten. Diese Beispiele zeigen, dass für die Bildung des Musters nicht allein physiologische Notwendigkeiten — wie die Verarbeitung eines mit der Nahrung aufgenommenen Farbstoffs — massgebend sind, sondern dass zusätzliche Organisatoren vorhanden sein müssen, welche die Entstehung eines artspezifischen Musters bestimmen. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 578 Die Existenz solcher Organisatoren wird zwar kaum ernstlich bestritten. Sobald es aber darum geht, eine Färbung nicht bloss zu beschreiben, sondern ihre Bedeutung zu diskutieren, so werden allein jene Faktoren in Betracht gezogen, die wir eingangs als „äussere Umstände und physiologische Vorgänge“ umschrieben. Mit einer andern Seite des Problems befasst sich die Verhaltensfor- schung: jetzt ist es nicht die Entstehungsweise eines Farbmusters, die den Forscher interessiert, sondern seine Wirkung auf die Umwelt. Sowohl die Physiologie und Biochemie wie auch die Verhaltensforschung suchen in den speziellen Lebensformen der einzelnen Tierarten nach allgemeinen Gesetzen. Artunterschiede können bei dieser Betrachtungsweise erst in zweiter Linie berück- sichtigt werden (..In a wider sense, the animal biochemistry is complicated by species differences“ 1). Gerade diese Eigen- heiten jeder Art stellen aber für die morphologische Forschungsrich- tung das Problem dar. Im Falle der Nudibranchier wurde eine Erklärung für die Bildung eines hochdifferenzierten Musters entweder in der Theorie der Schutz- und Warnfàrbung gesucht, oder indem man die charakteristische Färbung der Schnecken auf die Farbstoffe zurück- führte, die sie mit der Nahrung aufnehmen (vgl. Einleitung, S. 464). Der eine wie der andere Erklärungsversuch schliesst Richtiges in sich, trifft aber nur allgemeine Eigenschaften der Färbung, etwa dass sie optisch wirkt — tarnend oder auffällig — oder dass sie oft weitgehend mit der Farbe des Futters übereinstimmt. Über die Einzelheiten eines Musters, die das charakteristische Aussehen jeder Art erst ausmachen, ist damit jedoch gar nichts gesagt. Vergleichende Untersuchungen an mehreren Nudibranchiern haben gezeigt, dass die Färbung etwa einer Trinchesia coerulea — der von uns am ausführlichsten bearbeiteten Art — ein organi- siertes Ganzes darstellt. Sie ist wohl abhängig von äussern Um- ständen und lässt sich durch Veränderung der Lebensbedingungen beinflussen, wird aber selbst unter erschwerten Voraussetzungen immer wieder in ihrer typischen Form erzeugt. Die wichtigsten Punkte, die einen Aufbau nach eigenen Gesetzmässigkeiten ver- raten, seien nochmals stichwortartig zusammengefasst: 1 Morton R. A. und Rosen G. D. 1949, in der Einleitung zu einer Arbeit über: Carotenoids, Vitamin A and 7-Dehydrosteroid in the Frog (Rana tem- poraria). Biochem. J. 45: 612. Rev. Suisse DE Zoor., T. 68, 1961 41 574 U. BÜRGIN-WYSS Dorsoventralsymmetrie der Kolben, Feldwirkung, Struktur- farben Gelb/Weiss, Blaufärbung als kombinierter Haut-Leber- Effekt, scharfe Grenzen der beiden Kontrastfarben Gelb/Blau. Die Gesamtheit der soeben aufgezählten Merkmale wird von PortMANN als der morphologische Eigenwert des Musters be- zeichnet !. Dieser Begriff bildet den Ausgangspunkt seiner For- schungen über die allgemeine Bedeutung der Musterbildungen, über die Interpretation der Organismen und ihrer Lebensäusserun- gen überhaupt — also über Fragen, die das Gebiet der Philosophie streifen. Wir wollen dieses nicht betreten, geht es uns doch in dieser Betrachtung einfach darum, die beiden eingangs erwähnten Aspekte, unter denen ein Muster betrachtet werden kann, den physiologischen und den morphologischen, einander gegenüber- zustellen. Da bei der Erforschung der tierischen Färbung heute Fragen physiologischer, biochemischer und genetischer Richtung so aus- gesprochen im Vordergrund stehen, lag uns daran, in dieser morpho- logischen Studie vor allem jene Erscheinungen hervorzuheben, für welche die heutigen Einsichten in Stoffwechselvorgänge keine Erklärung zu geben vermögen. Für eine Darstellung der mor- phologischen Selbständigkeit eines Musters bilden die Nudibranchier mit ihrer aussergewöhnlich reichen — und durch die Leber zugleich so eng mit der Nahrungsaufnahme und Verdauung verbundenen — Färbung besonders eindrückliche Beispiele. ZUSAMMENFASSUNG Das Stichwort für die vorliegenden Untersuchungen war Färbung der Aeolidier. Die Rückenanhänge als die wichtigsten Träger werden allgemein histologisch beschrieben und soweit als möglich in ihren physiologischen Funktionen untersucht. Im besondern wird dann gezeigt, was für Farbstoffe und Strukturen die Gesamtfärbung erzeugen, in welcher Reihenfolge sie auftreten, und in welcher Beziehung sie zu den physiologischen Funktionen der Kolben, vor allem zur Ernährungsfunktion stehen. Eine Art, Trinchesia coerulea, wird ausführlich behandelt; zum Vergleich mit 1 7. B. Portmann A. 1960. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 5715 dieser Art werden einige andere Vertreter der Nudibranchier und Saccoglossen angeführt. Die Ergebnisse der Untersuchungen an Trinchesia coerulea wurden auf S. 526 u. 558 schon zusammen- gefasst und werden hier nicht nochmals wiederholt. Hier seien einige Punkte von allgemeiner Bedeutung, die sich aus dem Ver- gleich mit andern Arten ergeben, zusammengestellt. 1. Ein allgemeines Markmal der Aeolidier und vieler Sacco- glossen ist die symmetrische Anordnung der Kolben auf dem Rücken; in den Einzelheiten stellt aber gerade die Verteilung der Kolben in Reihen und Gruppen ein typisches Gattungs- und Art-Merkmal dar. Die äussere Symmetrie steht im Gegensatz zur Asymmetrie des Baus und der Lage der innern Organe. 2. Es besteht eine Beziehung zwischen der Färbung des Rückens und der Verteilung der Kolben: bei Doridiern, die keine Anhänge aufweisen, trägt das Notum die Zeichnung, bei Formen, deren Rücken ganz mit Kolben bedeckt ist, bleibt dieser ungefärbt; zwischen diesen Extremen steht z.B. Trinchesia foliata, bei der die vordere Körperregion frei von Kolben und gemustert, der kolbentragende hintere Körperteil dagegen nicht pigmentiert ist. 3. Die Färbung der Kolben selber ist so angelegt, dass alle zusammen eine einheitliche Gesamtwirkung erzeugen. Es kommt zwar in keinem Fall eine Totalzeichnung im Sinne SÜFFERTS zustande; die runden, leicht beweglichen Anhänge könnten sich auch kaum zu einer glatten zusammenhängenden Fläche zusammen- schliessen wie etwa die Flügel eines Schmetterlings oder die ein- zelnen Federn eines Vogelflügels. Ansätze zur Bildung einer über- geordneten Musterorganisation sind aber deutlich festzustellen: 1) Soweit die Färbung durch Hautstrukturen hervorgerufen wird, weist fast immer die sichtbare Ober- bzw. Aussenseite des Kolbens mehr Pigment, die vollständigere Zeichnung auf als die unsichtbare Unter- bzw. Innenseite; die Kolben sind also in Bezug auf die Färbung in vielen Fällen bilateralsymmetrisch gebaut. Gelegentlich ist auch die Leber in eine Dorsal- und Ventralseite differenziert. 2) Viele Zeichnungselemente haben schon bei den kleinen seitlichen Kolben beinahe dieselben Dimensionen wie die langen medianen. Auch die Nesselsäcke werden von Anfang an fast so gross 576 U. BÜRGIN-WYSS angelegt wie sie bei den medianen Kolben sind, und zwar unabhängig davon, ob sie durchsichtig sind oder weiss-opak. 4. An der Färbung des Kolbens sind die Epidermis und die Leber beteiligt. Die Epidermis ist zwar ein einschichtiges Epithel, gliedert sich aber in eine äussere und eine innere Zone, die oft verschiedene Farbstoffe enthalten. Somit kann das Muster aus drei Schichten zusammengesetzt sein, die in ihrer Färbung auf- einander abgestimmt sind: 1) Nebeneinander auftretende Pigmente erzeugen Kontrastwir- kungen; vor allem Gelb/Blau, Weiss/Blau, auch Rot/Blau. Die Grenzen sind bei Pigmenten, die sich in der gleichen Haut- schicht befinden, oft auffallend scharf. 2) Übereinanderliegende Farbelemente ergänzen oder verstärken sich. „Körnerpigmente“ —1m basalen Teil der Epidermiszellen — bilden eine scharf umrissene Zeichnung, darüber liegen — im distalen Zellteil — diffus verteilte Pigmente, welche die Farbe intensivieren. Strukturblau ist immer eine kombinierte Wirkung, bestehend aus einem Haut- und einem Leber- bzw. Unterhaut- Anteil. 3) Dort wo innere Organe auffällig gefärbt sind — z. B. die Leber in den Kolben, bei andern hier nicht berücksichtigten Arten auch das Gehirn (Facelinopsis mariont, Ercolania trinchesi) — ist die Haut transparent; an stark pigmentierten Hautstellen sind die darunterliegenden innern Organe indifferent gefärbt. 5. Pigmente und Farbstrukturen der Haut: 1) Bei einer grossen Zahl der untersuchten Formen — Aeolidier und Glossodoris — wurden Farbelemente gefunden, die in Form von Körnern vorliegen, und sich bei den Aeolidiern im basalen Teil der Epidermiszellen, bei Glossodoris unmittelbar unter- der Epidermis befinden. Sie sind säurelöslich, nicht aber fett- oder wasserlöslich. Sie sind aus kleinen flachen Plättchen zusammengesetzt, die Interferenzerscheinungen erzeugen kön- nen. Je nach der Grösse der Teilchen und ihrer Anordnung entstehen verschiedene Farbeffekte: Opakes, nicht glänzendes Weiss (= Streuung, nicht Interferenz), irisierendes Weiss, das sich bei starker Vergrösserung in einzelne Farbpunkte auflöst, Hellgelb (matt oder mit Metallglanz), Blau. Leider war es nicht DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 574 möglich, alle Farbeffekte physikalisch zu begründen; es muss aber betont werden, dass diese Farben — und das Weiss ja auf jeden Fall — zu den Strukturfarben zu rechnen sind, da die Teilchen, welche die Körner zusammensetzen, selbst nicht gefärbt sind. i) — Als eigentliche Pigmente sind teils fettlösliche, teils schwer lösliche Farbstoffe zu nennen, die in ihrer Verteilung weniger scharf abgegrenzt sind, und die bald mit „Körnerfarben“ kombiniert auftreten, bald der ganzen Haut eine halbtranspa- rente Färbung geben. & Die andersartigen Färbungselemente der Saccoglossen wurden bloss am Beispiel von Ærcolania costat erwähnt: gefärbte Drüsenzellen spielen bei dieser Gruppe eine grosse Rolle als Farbstoffträger. 4) Besondere Aufmerksamkeit verdienen die verschiedenen Mög- lichkeiten der Blauerzeugung: Blaues Pigment kommt bei beiden Glossodoris-Arten, G. gracilis und G. tricolor vor. Es ist wasserlöslich. In allen andern hier beschriebenen Fällen ist die Blaufärbung ein Struktureffekt. Die Wirkung wird auf verschiedenen Wegen er- reicht: Interferenzkörner, Vakuolen oder Drüsenzellen. Bedingung für eine intensiv blaue Farbe ist ein dunkler Hintergrund (Leber bei Aeolidiern und Saccoglossen, Bindegewebe bei Glossodoris). 6. Als Leberfarben sind gelbe, rote und bräunliche Töne bei den Aeolidiern am häufigsten, grüne und rote (Rotalgen !) bei Sacco- glossen. Die Farbe der Leber steht naturgemäss in einem mehr oder weniger engen Zusammenhang mit ihrer Stoffwechselfunktion. Die unmittelbarste Abhängigkeit von der Nahrung und zugleich die grösste Übereinstimmung im Farbton mit der Futteralge ist bei Saccoglossen zu finden. Auch die Aeolidier beziehen das .Rohmaterial® für ihre Leberfarbstoffe aus der Nahrung und werden nach einiger Zeit bleich, wenn sie kein Futter mehr erhalten. In keinem der untersuchten Fälle ist es aber so, dass die Pigment- körper der Futterhydroiden unverändert in den Leberzellen gespeichert würden !. Vielmehr erzeugt jede Art aus demselben 1 Etwas anderes sind die symbiontischen Algen (Zooxanthellen): Diese werden mit der Coelenteraten-Nahrung aufgenommen und unverdaut in den Leberzellen gespeichert: Spurilla, Aeolidina, Limenandra u.a. 578 U. BÜRGIN-WYSS Eudendrium- oder Sertularien-Futter ihre eigene, innerhalb ge- wisser Grenzen schwankende Leberfarbe. Diese Farbstoffe befinden sich in Vakuolen, die im lebenden Zustand den dunklen Vakuolen von Trinchesia ähnlich sehen, deren Inhalt aber im Gegenzatz zu den „Körnern“ der Trinchesia-Schnitte bei der Fixierung voll- ständig herausgelöst wird. 7. In der abschliessenden Diskussion wird darauf hingewiesen, dass sich zwar viele der an der Nudibranchier-Färbung beobachteten Erscheinungen aus dem Ablauf von Stoffwechselvorgängen oder mit den Begriffen „Schutz-“ und „Warnfärbung“ erklären lassen, dass aber bei solchen Interpretationen die charakteristischen Merkmale jeder einzelnen Art unberücksichtigt bleiben müssen. Die Bedeutung dieses Anteils der Musterbildungen, ihren morpho- logischen Eigenwert hervorzuheben, war der Sinn dieser Arbeit. Trinchesia coerulea Montagu. Links: Ganzes Tier, normale Färbung eines Posidonien-Exemplars (vgl. p. 488). Rechts: Verschiedene Farbvarianten, dargestellt an einzelnen Kolben (vgl. p. 529). Oben: intensiv orangerote Form. - Mitte: gelb-grüne Form, Orangepigment fehlt. - Unten: Normalfärbung, links Kolben nach längerer Fastenperiode; rechts unmittelbar nach Futteraufnahme; (vgl. p. 542 und Abb. 37). Aquarell von Esther Sandmeier, Basel. Revue SUISSE DE ZOOLOGIE PLANCHE DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 579 LISTE DER ABKÜRZUNGEN ZU DEN ABBILDUNGEN Blauvakuolen Bindegewebe Kerne freier Bindegewebezellen Bindegewebe und Muskulatur Cuticula | Dunkle Körner bzw. Vakuolen in der Leber Drüsenzelle Epidermis Embryonale Zellen Gelbkörner Helle Elemente in der Leber Interstitielle Zellen, Orangepigment enthaltend Zellkerne Leber Längsmuskulatur Muskelschicht Muskelschicht der Haut Muskelschicht des Nesselsacks Nesselsack Nesselsackzellen (= Cnidoblasten und Cnidocysten) Orangepigment Ringmuskulatur Speicheldrise röhrenartige Spitze des Nesselsacks Epidermisvakuolen, z. T. mit Mittellinie Verdauungszellen (leicht punktiert) ev. mit stärker färbbaren Kugeln Vakuolenzellen mit dunklen bzw. gelbbraunen Körnern (diese in der Abb. schwarz) Wimpern Vakuolen, welche Weisskörner enthielten 580 U. BÜRGIN-WYSS LITERATUR ABELOOS, M. & R. 1932. Sur les pigments hépatiques de Doris tuberculata (Cuv.) et leurs relations avec les pigments de l’eponge Halichondria panicea (Pall.). C. R. Soc. Biol. Paris 109: 1238-1240. CockERELL, T. D. A. 1901. Pigments of Nudibranchiate Mollusca. Nature 65: 79-80. CrossLanp, C. 1911. Warning Coloration in a Nudibranch Mollusc and in a Chamaeleon. Proc. zool. Soc. London. Crozier, W. J. 1916. On the immunity coloration of some Nudibranchs. Proc. Nat. Acad. Sci. Washington 2: 672-675. Curnot, L. 1906. Les Eolidiens empruntent leurs nematocystes aux Coelen- teres dont ıls se nourrissent. C. R. Soc. Biol. Paris 58: 941-543. — 1907. L’origine des nematocystes des Eolidiens. Arch. zool. exp. gen. 6: 73-102. — 1927. Recherches sur la valeur protective de l’homochromie chez quelques animaux aquatiques. Ann. Sci. Nat. Zool. 10: 123-148. Davenport, C. B. 1893. On the development of the cerata in Aeolis. Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard Coll. 24: 141-148. Evans, T. J. 1953. The alimentary and vascular systems of Alderia modesta (Loven) in relation to its ecology. Proc. malac. Soc. London 29: 249-258. FisHER, L. R., S. K. Kon and S. Y. THompson. 1956. Vitamin A and Carotenoids in certain invertebrates: IV Mollusca. Jour. Mars Biol.yAss.-U.R235:7241261. Forrest, J. E. 1953. On the feeding habits and the morphology and mode of functioning of the alimentary canal in some littoral Dorid Nudibranchiate Mollusca. Proc. Linn. Soc. London 164: 225-235. Fox, D. L. 1953. Animal biochromes and structural colours. Cambridge, University Press. FRETTER, V. 1939. The structure and function of the alimentary canal of some Tectibranch Molluscs, with a note on excretion. Proc. Roy. Soc. Edinburgh 59: 599-646. —. 1941. On the structure of the gut of the Ascoglossan Nudibranchs. Proc. zool. Soc. London 110: 185-198. GLASER, O. C. 1903. The nematocysts of Nudibranch Molluscs. John Hopkins Univ. Circ. 22: 22. — 1910. The nematocysts of Eolids. J. exp. Zool. 9: 117-142. GRAHAM, A. 1938. The structure and function of the alimentary canal of Aeolid Molluscs, with a discussion on their nematocysts. Proc. Roy. Soc. Edinburgh 59: 267-307. DIE RÜCKENANHÄNGE VON TRINCHESIA COERULEA 581 GROSVENOR, G. H. 1903. On the nematocysts of Aeolids. Proc. Roy. Soc. London 72: 462-486. HAEFELFINGER, H. R. 1959. Remarques sur le développement du dessin de quelques Glossodoridiens ( Mollusques opisthobranches). Rev. Suisse Zool. 66: 309-315. — 1961. Hervia costai (n. nom.), ein wieder entdeckter Opistho- branchier des Mittelmeeres. Rev. Suisse Zool. 68: im Druck. Hecut, E. 1896. Contribution a l’etude des Nudibranches. Mém. Soc. zool. de France 8 und These, Paris. HENNEGUY, L. F. 1925. Contribution a Vhistologie des Nudibranches. Arch. anat. micr. Paris 21: 400-468. HERDMAN, W. A. 1890. On the structure and function of the cerata or dorsal papillae in some Nudibranchiate Mollusca. Quart. Jour. Micr. Sci. 31: 41-63. HorrMann, H. 1932-39. Opisthobranchia, Teil I. In Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. Band 3: Mollusca, Abteilung 2: Gasteropoda, Buch 3: Opisthobranchiata. Leipzig. Howe ts, H. H. 1936. The anatomy and histology of the gut of Cymbulia peroni (Blainv.). Proc. malac. Soc. London 22: 62-72. — 1942. The structure and function of the alimentary canal of Aplysia punctata (Cuv.). Quart. Jour. Micr. Sci. N. S. 83: 357-397. KENNEDY, G. Y. & H. G. Vevers. 1954. The occurrence of porphyrins in certain marine invertebrates. Jour. Mar. Biol. Ass. U. K. 33: 663-676. Kepner, W. A. 1943. The manipulation of the nematocysts of Pennaria tiarella by Aeolis pilata. Jour. Morph. Philadelphia 234 297-311. Komort, S. 1930. Origin of the Eolidian nematocysts from the standpoint of regeneration. Annot. Zool. Jap. 13: 391-397. KreMBzow, E. 1902. Ueber den Bau und die Entwickelung der Rücken- anhänge der Aeolidier. Arch. mikr. Anat. 59: 181-210. LÔNNBERG, E. 1931. Untersuchungen über das Vorkommen carotinoider Stoffe bei marinen Evertebraten. I Ark. Zool. 22A: 1-49. — 1933. II Ark. Zool. 25A: 1-17. MacIntosu, W. C. 1901. The coloration of marine animals. Ann. mag. nat. Hist. (7) 7: 221. Marcus, E. & E. 1956. On two Saccoglossan slugs from Brazil. Amer. Mus. Novitates No. 1796. Mason, G. W. 1926/27. Structural colors in insects. I. J. Phys. Chem 30: 383-395. IR at iu 91: 321-352. III. N ee 911185018372; Miırrort, N. 1937. On the structure and function of the wandering celis in the wall of the alimentary canal of Nudibranchiate Mollusca. J. Exp. Biol. 14: 405-412. 582 U. BÜRGIN-WYSS MirLort, N. 1938. On the morphology of the alimentary canal, process of feeding and physiology of digestion of the Nudibranch Mollusc Jorunna tomentosa (Cuv.). Phil. Trans. Roy. Soc. B. 228: 173-217. PoRTMANN, A. 1960. Neue Wege der Biologie. Piper, München. PORTMANN, A. & SANDMEIER, E. 1960. Dondice banyulensis sp. nov., un Eolidien nouveau de la Mediterranee. Rev. suisse 67: 159-168. Pruvor-For, A. 1951. Etudes des Nudibranches de la Mediterranee. Arch. zool. exp. gen. 88. — 1954. Mollusques Opisthobranches. Faune de France 58. Rousseau, C. 1927. Les nematocystes des Eolidiens. Bull. Soc. Sci. Nat. Quest France Nantes (4) 7. — 1936. Histophysiologie du foie des Eolidiens. These, Paris. RusseLL, L. 1929. The comparative morphology of the elysioid and aeolidioid types of the molluscan nervous systems, and its bearing on the relationships of the Ascoglossan Nudi- branchs. Proc. zool. Soc. London No. 14: 197-233. SCHREIBER, G. 1932. Ricerche sur pigmenti delle Aplisie. Pubbl. Sta. Zool. Napoli 12: 291-321. Strain, H. 1949. Hopkinsiaxanthin, a xanthophyll of the sea slug Hop- kinsia rosacea. Biol. Bull. Lancaster 97: 206-209. Tuompson, T. E. 1960. Defensive Acid-secretion in marine Gastropods. Jour. Mar. Biol. Ass. 39: 115-122. — 1960. Defensive Adaptations ın Opisthobranchs. Ibid. 123-134. WRIGHT, T. S. 1858-61. On the cnidae or thread-cells of the Eolidae. Proc. R. Phys. Soc. Edinb. Sessions 1858/59, 1859/60, 1860/61. Yonce, C. M. 1944. Analysis of association between invertebrates and unicellular algae. Biol. Rev. 19: 79. FSB URS SS URSS DRE 7A OVO IU ONCE (10) Tome 68, n° 40 — Décembre 1961 583 Untersuchungen über freie Aminosäuren während der Adultentwicklung von Culex pipiens und Culex fatıgans und deren Einfluss auf die Eireifung von Hans Rudolf GEIGER aus Ermatingen, Frauenfeld und Zürich Mit 14 Textabbildungen INHALT I. Einleitung und Problemstellung II. Die ninhydrinpositiven Stoffe während den PRE lung von Culex pipiens und Culex fatigans . Bets III. Fütterungsversuche N : IV. Histologische Untersuchungen de ‘Ovanien V. Relation Ovarentwicklung - Methioninsulfoxyd VI. Zusammenfassung . VII. Literatur . I. EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG! Seite 583 585 597 605 609 619 622 Bei der überwiegenden Zahl von Stechmücken sind die Weib- chen zur Eiablage unbedingt auf Blut angewiesen (Anautogenie). Es sind aber verschiedene Formen bekannt, bei denen die Weibchen das erste Eipaket ohne Blutnahrung bilden können (Autogenie). 1 Herzlichen Dank spreche ich meinen verehrten Lehrern, Herrn Prof. Dr. P. S. CHEN, für die Ueberlassung des Them ıs und für die verständnis- volle Leitung und Fò: derung dieser Arbeit, und Herrn Prof. Dr. E. Haporn, für das stete Interesse meinen Untersuchungen gegenüber, aus. Herrn Prof. Dr. A. KALIN danke ich für die Ratschläge bei der statistischen Auswertung der Resultate. Rev. SUISSE DE Zoot., T. 68, 1961. 42 584 H. R. GEIGER Das Problem dieser anautogenen und autogenen Eibildung wurde durch viele Forscher von den verschiedensten Seiten angegangen. Während Rousaup (1929) von Rassen spricht, MARSHALL and STALEY (1937) die autogene Population als eigene Art betrachten, so bezeichnet sie LAVEN (in MartINGLY et al., 1951) als Mutante der autogenen. Populationen, zur morphologisch definierten Spezies Culex pipiens gehörend, lassen sich nicht unbegrenzt miteinander kreuzen (LAVEN, 1957). Die Systematik des Culex pipiens-Kom- plexes harrt also noch der Abklärung, weshalb die Verwendung des unbestimmten Ausdruckes « Form» (MarrinGrLy, 1952) angebracht scheint. Der Ernährung wurde eine wichtige Rolle zugeordnet, da die Eier der autogenen Form offensichtlich aus larvalen Reservestoffen aufgebaut werden (Borssezon, 1933; Rousaup, 1933). Die auto- genen Larven bilden unter gleichen Zuchtbedingungen einen grös- sern Fettkörper als die anautogenen aus (RousauD and Touma- NOFF, 1930; Rousaup, 1933; MöLLrınG, 1956). Die gleiche Beo- bachtung machten MörrLrına (1956) und Twony and RozEBoom (1957) bei den frischgeschlüpften Weibchen. Wenn CLEMENTS (1956) auf der einen Seite herausfand, dass die anautogene larvale Reserve durchaus zur Bildung einiger Eier ausreichen würde, anderseits aber die Weibchen einer autogenen Hungerlarven-Zucht autogen bleiben (Buck, 1935; MòLLRING, 1956), so kann man daraus den Schluss ziehen, dass die Ernährung auf die Auslösung der Eient- wicklung keinen Einfluss hat und höchstens die Eizahl der auto- genen Form beeinflussen kann (GASCHEN, 1932; HEcHT, 1933). WIGGLESWORTH (1936) hat an Rhodnius die Abhängigkeit der Ovarentwicklung vom Corpus allatum-Hormon festgestellt. Ent- sprechende Untersuchungen an Mücken begannen BODENSTEIN (1945), Detinova (1945) und Mepnikowa (1952). Die Schnürungs- experimente von CLEMENTS (1956) an Culex pipiens, Aedes aegypti und Anopheles deuteten auf Beeinflussung der Ovarien durch ein Hormon hin, was er aber bei Transplantationen von Gehirn, Corpora allata und Corpora cardiaca nicht bestätigt fand. Blut- transfusionen an Aedes aegypti erbrachten den Nachweis, dass die Entwicklung des Ovars unter der Kontrolle eines im Kopf gebil- deten Hormons steht (GILLETT, 1958). Auf Grund seiner Ovartransplantationsergebnisse an Culex pipiens und Culex fatigans schloss LARSEN (1958) auf ein gonado- FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 585 tropes Hormon der Corpora allata, was Larsen and BODENSTEIN (1959) durch entsprechende Transplantationen dieser Organe später beweisen konnten. Offenbar wird in autogenen Weibchen durch die Corpora allata ein gonadotropes Hormon ausgeschieden, das bei der anautogenen Form ohne Blutnahrung nicht gebildet wird. Für Wachstum und Fortpflanzung ist der Proteinstoffwechsel von besonderer Wichtigkeit. So baut sich beispielsweise der Dotter zum grössten Teil aus Eiweissreserven auf. YoELY and MER (1938), GREENBERG (1951) und Hosor (1954) machen einen unbekannten chemischen Faktor für die anautogene Eiproduktion verantwort- lich. Es besteht die Möglichkeit, dass eine chemische Substanz indirekt, d.h. durch Anregung des Hormonsystems, oder direkt, d. h. durch Beeinflussung des Ovars selbst, die Ovarentwicklung auslösen, bzw. hemmen könnte. So hat CHEN (1958 a und 5, 1959) die Veränderungen im Aminosäurestoffwechsel bei Larven, Puppen und Adulttieren von Culex pipiens festgehalten. Er stellte dabei fest, dass Methioninsulfoxyd in adulten Weibchen, ß-Alanin in adulten Männchen angereichert sind. Dieselbe Beobachtung mach- ten Karpran et al. (1958) mit Methionin bei Drosophila melano- gaster. Die vorliegende Arbeit stellt sich folgende Ziele: 1. Das Stoffinventar an freien Aminosäuren, während der Adult- entwicklung von Culex fatigans, zu bestimmen und mit dem- jenigen von Culex pipiens zu vergleichen; 2. Einen Beitrag zur Abklärung der Bedeutung von Methionin- sulfoxyd in der Fortpflanzung bei beiden Culex-Formen zu leisten. II. DIE NINHYDRINPOSITIVEN STOFFE WÄHREND DER ADULTENTWICKLUNG VON CULEX PIPIENS UND CULEX FATIGANS. 4. MATERIAL UND METHODE. Die beiden Culex Formen, ursprünglich am Max-Planckinstitut für Biologie in Tübingen gezüchtet, werden über Generationen an unserem Institut gehalten. 586 H. R. GEIGER Die täglich aus den Kulturschalen gesammelten Puppen wurden in mit Gaze bedeckte, 100 ml Wasser enthaltende 300 ml Glaser gegeben und zur Zeit des Schlüpfens alle vier Stunden beobachtet. Sämtliche, innerhalb dieser Zeitspanne geschlüpften Tiere, galten als gleichaltrig und standen, während 10 Tagen bei 25° in getrennten Gläsern gehalten, jederzeit für Extrakte zur Verfügung. Die Mücken erhielien bis zur Verarbeitung keinerlei Nahrung. Das Pipettieren der Puppen aus den Zuchtgläsern ist eine lang- wierige Arbeit. Bei der leisesten Berührung der Wasseroberfläche tauchen die Puppen unter und schwirren unruhig herum, was den Fang natürlich sehr erschwert. Eine interessante Beobachtung liess eine neue Fangtechnik erproben, die sich bestens bewährte. Puppen in frisches, kaltes Wasser gegeben, bleiben bewegungslos an der Oberfläche. Die Larven hingegen suchen beim Wasserwechsel den Boden der Schalen auf. So lassen sich die Puppen während kurzer Zeit bequem mit einem Sieb einsammeln. In Vorversuchen nach der eindimensionalen Methode erwiesen sich die Extrakte von 12 Tieren als optimale Menge für zweidimen- sionale Chromatogramme, um auch die schwächern Flecken deut- lich sichtbar zu machen. Je 12 gleichaltrige, gleichgeschlechtige Tiere wurden in einem kleinen Glastubus mit einem Glasstab fein zerrieben, in 0,2 cem 80%-igem Methylalkohol extrahiert und an- schliessend zentrifugiert. Der Extrakt wurde auf Filterpapier Whatman No. 1 (24x46 cm) aufgetragen, aufsteigend in 70% n-Propanol und darauf absteigend in wassergesättigtem Phenol chromatographiert. Warmluft (ca. 45°) während vier Stunden ent- fernt das Phenol vollständig aus dem Papier. Die qualitative Bestimmung der Aminosäuren geschah nach Haporn und STUMM-ZOLLINGER (1953), CHEN und Haporn (1954) während die quantitative Auswertung nach der leicht abgeänderten Methode von Fischer und DörrEL (1953) erfolgte: Photometrie- rung der Kupfersalze von Ninhydrinfärbungen in Lösung. Zur Erzeugung der Farbreaktion wurde das Papier dreimal beidseitig mit 0,5%-iger Ninhydrinlösung besprüht und während 20 Minuten bei 80°C entwickelt. Die Behandlung der Flecken mit einer Mi- schung aus 2 ccm gesättigter, wässriger Kupfernitratlösung, 0,2 cem 10°%-iger Salpetersäure und 100 cem 96%-igem Aethanol, führt zur Bildung des Kupfersalzes. Der Kupferkomplex ist stabil, so dass die Chromatogramme längere Zeit haltbar sind. Die Flecken FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 587 wurden nun planimetriert, ausgeschnitten und in je 5 cem Methanol eluiert. Darauf liessen sich, nach maximal zwei Stunden, die Extinktionswerte des Eluates im Beckman-Photospektrometer (Modell DU) bei einer Wellenlänge von 510 mu bestimmen. Die Werte waren noch um die Papierwerte zu korrigieren (s. BENZ 1957, FAULHABER 1959). Die genaue Untersuchungsanordnung für jede Versuchsserie wird im folgenden noch eingehend beschrieben. 2. ERGEBNISSE. Im Laufe der Adultentwicklung konnten bei Culex pipiens und bei Culex fatigans, sowohl bei den Weibchen als auch bei den Männchen, folgende freien Aminosäuren und Peptide identifiziert werden: x-Alanin, 8-Alanin, Arginin, Asparaginsäure, Cystin, Glu- ABELE Durchschnittliches Frischgewicht bei Weibchen und Männchen con Culex pipiens und Culex fatigans, vom ersten bis zum fünften Tag nach dem Schlüpfen, in mg pro Tier bei 22° C. (n = Anzahl der Bestimmungen, M = Mittelwerte, S = Streuung.) | Cules pipiens Culex fatigans n n 9 3 M+S MERS M +S Wir ee tS) 1 Bag. 20 | 4,383 + 0,0725 | 2,274 + 0,0573 | 13 | 2,479 + 0,0735 | 1,606 + 0,0506 2Nag. 20 | 4,652 + 0,0685 | 2,058 + 0,0628 | 13 | 2,272 + 0,0702 | 1,590 + 0,0610 Nest 19 | 4,248 + 0,0753 | 1,914 + 0,0592 | 12 | 2,240 + 0,0810 | 1,391 + 0,0 4.Tag . | 19 | 4,266 + 0,0664 | 1,812 + 0,0607 | 11 | 2,005 + 0,0695 | 1,244 + 0,0621 5. Tag . . |19| 3,894 + 0,0683 | 1,667 + 0,0633 | 10 | 1,892 + 0,0633 | 1,194 + 0,0522 fes tamin, Glutaminsäure, Glycin, Histidin, Leucin/Isoleucin, Lysin, Methioninsulfoxyd, Prolin, Serin, Taurin, Threonin, Tyrosin, Valin- Methionin, Peptid 1, 2, 3. Es bestehen keine qualitativen Unter- schiede an ninhydrinpositiven Substanzen zwischen den beiden Formen. Dagegen zeigen die quantitativen Ergebnisse, dass die Gesamtmenge an ninhydrinpositiven Stoffen grösser ist, einerseits bei Weibchen gegenüber Männchen und anderseits bei Culex pipiens H. R. GEIGER 588 pipiens Culex SZZZZZZZZZZZZZZZZIZZZZZZZIZZZZZIZZIZZZZZZZZZ Sul A U GE ld GgG Gl ng G GR N GGG GGG GG II GL, ll 8889539870320 Gg 3 09 GAR TC ÖDcf fr fD_? dh kkkh chHÜCCHCHT ee LO (co) Lo fn ER 2 2 — TA 2 GEL LLL 77777 TEA Sr m N tmenge der ninhydrinpositiven Substanzen (in Extinktionsein- Un heiten des 12 Tiere Unten: Verh Es handelt si Oben Beckmanphotospektrometers) und Frischgewicht (in mg) pro ‚ährend der Adultentwicklung von Culex pipiens. C gemacht. (E = Extinktion). h um Durchschnittswerte von 12-20 Messungen, bei einer durch- ltnis der Extinktion zum Gewicht (E/mg). en Temperatur von 22° E00. schnittlicl FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 589 Culex fatigans 0,5 \\ \ \ \ \ \ \\ 1 DLL) EU SOL n GE ABB. ib. Oben: Gesamtmenge der ninhydrinpositiven Substanzen (in Extinktionsein- heiten des Beckmanphotospektrometers) und Frischgewicht (in mg) pro 12 Tiere während der Adultentwicklung von Culex fatigans. Unten: Verhältnis der Extinktion zum Gewicht (E/mg). Es handelt sich um Durchschnittswerte von 12-20 Messungen, bei einer durch- schnittlichen Temperatur von 22°C gemacht. (E = Extinktion). TABE Die freien Aminosäuren und Peptide (in Extinktionseinheiten des Beckmanphotospi (n= Anzahl dé SE SESTRI IL DES w SSS oo oo oo oo SSS SSS SEES) ESS) or © © &) co ne le ata tie ae ner ti ate A ae GRA RE S © — © 3 n 0,028 + 0,011 | 8 | € 0,112 + 0,020 Z| (| 0,073 + 0,012 7208 0A 0,012 + 0,003 | 7 | ¢ 0,005 + 0,007 Ze | MG 0,096 + 0,011 8 | ¢ 0,067 + 0,004 | 7 | ¢ 0,014 + 0,004 | 8 | € 0,134 + 0,010 | 8 | ¢ 0,029 + 0,004 | 7 | ( 0,013 + 0,006 | 8 | ( 0,097 + 0,008 | 8 | ( 0,017 + 0,010 | 8 | ( 0,067 + 0,004 | 6 | ( 0,015 + 0,005 8 | ( 0,019 + 0,006 7 ( ts a 7 | (( 0,050 + 0,010 | 8 | ¢ 0,004 + 0,005 | 8 | ¢ TABE des Beckmanphotosp (n = Anzahl d 1. Tag Culex pipiens n 2 3 n a-Alanin. 7 | 0,287 + 0,011 | 0,233 + 0,013 | 7 | 0,314 B-Alanin 7 | 0,041 + 0,010 | 0,034 + 0,012 | 7 | 0,033 Arginin . 8 | 0,084 + 0,018 | 0,073 + 0,011 | 7 | 0,070 Asparaginsäure 7 | 0,021 + 0,006 | 0,017 + 0,005 | 8 | 0,018 Cystin 8 | 0,019 + 0,006 | 0,016 + 0,006 | 7 | 0,010 Glutamin 8 | 0,101 + 0,013 | 0,113 + 0,012 | 7 | 0,065 Glutaminsäure . 8 | 0,145 + 0,006 | 0,104 + 0,010 | 7 | 0,125 Glyein 7 | 0,020 + 0,007 | 0,022 + 0,004 | 8 | 0,021 Histidin . | 8 | 0,103 + 0,010 | 0,131 + 0,011 | 8 | 0,075 Leucin/Isoleucin . | 7 | 0,060 + 0,008 | 0,042 + 0,004 |:7 | 0,023 Lysin . . + + | 7 | 0,027 + 0,005 | 0,022 + 0,004 | 8 | 0,015 Methioninsulfoxyd | 7 | 0,219 + 0,010 | 0,096 + 0,009 | 7 | 0,266 Proline è 8 | 0,032 + 0,012 | 0,024 + 0,013 | 7 | 0,028 Serin . 8 | 0,050 + 0,005 | 0,063 + 0,004 | 8 | 0,030 Taurin 8 | 0,015 + 0,010 | 0,016 + 0,011 8 | 0,010 Threonin 7 | 0,024 + 0,003 | 0,030 + 0,004 | 6 | 0,021 Tyrosin . Se 8 | 0,055 + 0,010 | 0,028 + 0,011 760049 Valin/Methionin 7 | 0,103 + 0,012 | 0,056 + 0,012 | 7 | 0,046 Peptid 1 7 — — 0,020 + 0,011 8 | 0,014 Die freien Aminosäuren und Peptide (in Extinktionseinheiten RA 1. Tag Culex fatigans | n | 9 | d n | a-Alanin. 6 | 0,302 + 0:010 | 0,278 + 0,011 7. 120,062 B-Alanin. 7 | 0,036 + 0,007 | 0,040 + 0,006 8 | 0,028 Arginin . St 7 | 0,058 + 0,010 | 0,033 + 0,009 | 8 | 0,037 Asparaginsäure. . | 8 | 0,024 + 0,005 | 0,017 + 0,003 | 8 | 0,019 Cystin 7 | 0,018 + 0,003 | 0,004 + 0,003 70,005 Glutamin 8 | 0,044 + 0,010 | 0,049 + 0,012 | 8 | 0,039 Glutaminsäure . 8 | 0,123 + 0,008 | 0,095 + 0,005 | 7 | 0,099 Glyein Ne 6 | 0,016 + 0,003 | 0,015 + 0,008 7 | 0,014 Eustidin . .. . | 7 | 0,034 + 0,005 | 0,032 + 0,005 72.1.:0:0415 Leucin/Isoleucin . | 7 | 0,033 + 0,010 | 0,034 + 0,011 | 8 - Lysin . ar 8 | 0,013 + 0,009 | 0,007 + 0,005 7 = Methioninsulfoxyd | 8 | 0,221 + 0,008 | 0427 301007 17m 12.0232 Prolin. . 8 | 0,021 + 0,010 | 0,011 + 0,011 8 | 0,012 Serin . 7 | 0,032 = 0,012 | 0,029 = 0,013 10811 03027 Taurin | 8 | 05047 '°+ 0,005 | 0,012 + 0,004 | 7 |) 0,007 Threonin 7 | 0,018 + 0.006 | 0,017 + 0,006 | 7 | 0.016 diyrosin) «9. 2. | 7 | 0,018 + 0,012 | 0,008 + 0,010 | 7 — Valin/Methionin 8 | 0,013 + 0,009 | — UO = Peptid 1 8 | 0,011 + 0,008 | 0,017 + 0,007 7 | 0,005 | 9 3 n = 0,170 + 0,010 | 7 |« "i 0,073 + 0,007 | 8 | ( n 0,026 + 0,008 | 6 | « + 0,012 + 0,005 | 7 | « a 0,004 + 0,003 | 7 | ( + 0,032 + 0,012 | 8 M ze 0,074 + 0,004 | 8 | ¢ + 0,016 + 0,007 | 8 | ¢ a 0,002 + 0,005 | 7 | ¢ ar en ica =; nn 0,075 + 0,008 | 8 | ( n 0,010 + 0,010 | 6 | ( = 0,026 + 0,013 | 7 | ¢ ri 0,009 + 0,003 | 7 | ¢ SL 0,010 + 0,005 | 7 | € i — “gem zi ng = 0,017 + 0,004 | 8 | ¢ 2a. ymeters) während der Adultentwicklung von Culex pipiens pro 12 Tiere bei 22° C. stimmungen.) 3. Tag i + 0,014 0,278 + 0,010 | 0,132 + 0,015 0,073 + 0,008 | 0,012 — 0,006 0,008 + 0,012 0,055 + 0,007 0,046 — 0,008 0,014 — 0,012 | 0,138 — 0,010 — — 0,008 0,006 — 0,010 0,097 — 0,011 0,019 — 0,006 0,027 — 0,006 0,014 — 0,010 0,014 — 0,010 | 0,013 + 0,012 | 0,016 — 0,007 0,003 2 b. stimmungen.) 410 edler ere TR beein ites tte tt 4. Tag 5. Tag $ n 2 g n ? g + 0,010 | 8 | 0,406 + 0,014 | 0,250 + 0,010 | 7 | 0,360 + 0,015 | 0,108 + 0,010 + 0,009 | 7 | 0,042 + 0,008 | 0,134 + 0,010 | 7 | 0,027 0,011 | 0,125 + 0,010 + 0,011 | 7 | 0,075 + 0,015 | 0,046 + 0,010 | 8 | 0,058 + 0,016 | 0,019 + 0,010 + 0,004 | 7 | 0,016 + 0,008 | 0,008 + 0,005 | 7 | 0,008 + 0,007 | 0,011 + 0,004 + 0,005 | 7 | 0,004 + 0,004 | 0,007 + 0,007 | 8 | 0,008 + 0,008 | 0,007 + 0,004 + 0,011 | 8 | 0,013 + 0,012 | 0,025 + 0,010 | 8 | 0,038 + 0,013 | 0,027 + 0,011 + 0,005 | 7 | 0,089 + 0,007 | 0,039 + 0,005 | 7 | 0,082 + 0,008 | 0,066 + 0,005 + 0,005 | 8 | 0,019 £ 0,009 | 0,006 + 0,005 | 7 | 0,010 + 0,008 | 0,011 + 0,004 + 0,010 | 8 | 0,032 + 0,011 | 0,101 + 0,010 | 8 | 0,013 + 0,010 | 0,056 + 0,011 = 7 | 0,019 + 0,010 = = 8 | 0,005 + 0,009 — — + 0,005 | 7 | 0,016 + 0,008 | 0,002 + 0,002 | 7 | 0,002 + 0,002 — — + 0,009 | 8 | 0,369 + 0,012 | 0,088 + 0,008 | 8 | 0,386 + 0,010 | 0,078 + 0,008 + 0,009 | 8 | 0,013 + 0,010 | 0,005 + 0,004 | 7 | 0,013 + 0,012 | 0,013 + 0,008 + 0,004 | 7 | 0,042 + 9,005 | 0,013 + 0,004 | 7 | 0,017 + 0,005 | 0,007 + 0,004 + 0,005 | 8 | 0,015 + 0,005 | 0,012 + 0,005 | 7 | 0,015 + 0,006 | 0,011 + 0,004 + 0,004 | 7 | 0,010 + 0,005 | 0,006 + 0,004 | 7.| 0,007 + 0,006 | 0,003 + 0,003 + 0,011 | 7 | 0,018 + 0,009 | 0,006 + 0,004 | 8 | 0,017 + 0,009 | 0,006 + 0,005 + 0,013 | 8 | 0,026 + 0,010 | 0,002 + 0,002 | 7 | 0,002 + 0,002 — — + 0,003 | 8 | 0,008 + 0,005 | 0,006 + 0,002 | 7 | 0,013 + 0,004 | 0,004 + 0,002 meters) während der Adultentwicklung von Culex fatigans pro 12 Tiere bei 22° C. 4. Tag 5. Tag d n 2 g n ? d + 0,009 | 8 | 0,152 + 0,009 | 0,123 + 0,010 | 7 | 0,138 + 0,010 | 0,096 + 0,009 + 0,006 | 7 | 0,019 + 0,007 | 0,108 + 0,006 | 7 | 0,021 + 0,006 | 0,110 + 0,006 + 0,009 | 8 | 0,025 + 0,012 | 0,024 + 0,010 | 7 | 0,022 + 0,009 | 0,026 + 0,011 + 0,004 | 8 | 0,011 = 0,008 | 0,008 + 0,007 | 8 | 0,012 + 0,008 | 0,011 + 0,008 + 0,001 | 8 | 0,006 + 0,005 = = 8 | 0,003 + 0,002 = a + 0,012 | 7 | 0,028 + 0,009 | 0,021 + 0,010 | 7 | 0,025 + 0,010 | 9,020 + 0,011 + 0,004 | 7 | 0,053 + 0,008 | 0,057 + 0,005 | 8 | 0,050 + 0,008 | 0,058 + 0,005 + 0,006 | 8 | 0,008 + 0,003 == — 7 | 0,006 + 0,006 | 0,008 + 0,008 + 0,007 | 7 | 0,002 + 0,002 | 0,009 + 0,005 | 7 | 0,008 + 0,004 | 0,012 + 0,006 + 0,009 | 8 | 0,230 + 0,010 | 0,046 + 0,009 | 8 | 0,225 + 0,008 | 0,042 + 0,008 + 0,010 | 7 | 0,004 + 0,003 = = 7 | 0,005 + 0,008 | 0,013 + 0,010 + 0,011 | 8 | 0,019 + 0,012 | 0,001 + 0,001 | 7 | 0,017 + 0,012 | 0,005 + 0,003 + 0,006 | 7 | 0,002 + 0,002 | 0,009 + 0,004 | 8 | 0,002 + 0,002 | 0,007 + 0,006 + 0,006 | 7 | 0,015 + 0,004 | 0,001 + 0,001 | 7 | 0,016 + 0,004 | 0,002 + 0,002 = 8 => — 0,008 + 0,007 | 8 | 0,004 + 9,004 | 0,003 + 0,002 + 0,010 | 8 | 0,005 + 0,005 | — — | 7 | 0,007 + 0,006 | 0,010 + 0,005 H 3. Tag | 0,012 | 0,125 0,072 | 0,074 0,008 | 0,025 0,005 0,012 0,005 | 0,001 0,010 | 0,018 0,009 | 0,065 0,010 | 0,006 0,008 0,020 0,010 | 0,073 0,011 | 0,012 0,009 | 0,018 0,003 | 0,011 0,006 | 0,012 0,005 — 0,008 | 0,012 TABELLE 2a. iten des Beckmanphotospek\rometers) während der Adultentwicklung A 5 anna D in Extinktionseinheit | von Culex pipiens pro 12 Tiere bei 22° C. Die freien Aminosäuren und Peptide (in (n = Anzahl der Bestimmungen.) | 1. Tag 2. Tag Il 3. Tag 4, Tag 5. Tag Culex pipiens A 8 3 m 9 é n 9 d n 2 d n 9 é : 0,028 + 0,011 | 8 | 0,346 + 0,014 | 0,278 + 0,010 | 8 | 0,406 + 0,014 | 0,250 + 0,010 | 7 | 0,360 + 0,015 | 0,108 + 0,010 «-Alanin. Ze OO ur le, 0112 + 0020 | 7 | 0.034 + 0,010 | 0,132 + 0,009 | 7 | 0.042 0,134 + 0,010 | 7 | 0,027 + 0011 | 0125 + am 2 en + 0.018 | 0.073 + 0,011 | 7 0.073 + 0,012 | 7 | 0,070 + 0,015 | 0,073 + 0,011 | 7 | 0,07 0,046 8 | 0.058 + 0.016 | 0.019 +0, en, E : 5 | oon = 0.006 | 0.017 + 0.005 | 8 0,012 + 0,003 | 7 | 0,015 + 0,008 | 0,012 + 0,004 | 7 | 0,016 0,008 7 | 0,008 + 0,007 | 0,011 + 0,004 È paraginsäure À | one 35 0.006 | 0.016 2 0.006 | 7 0,005 + 0,007 | 7 | 0,011 + 0,006 | 0,008 + 0,005 | 7 | 0,004 0,007 8 | 0,008 + 0,008 | 0,007 + 0,004 a £ i All quant UE 0113 + 0.012 | 7 0.096 + 0.011 | 8 | 0,049 + 0,012 | 0,055 + 0,011 | 8 | 0,013 8 | 0.038 + 0.013 | 0.027 + felivtamiinsdure 8 | 0145 + 0.006 | 01104 + 0,010 | 7 0,067 + 0,004 | 7 | 0,125 + 0,007 | 0,046 + 0,005 | 7 | 0,089 2 0,005 | 7 | 0,082 + 0,008 | 0.066 re : 7 | 0020 + 0.007 | 0.022 + 0,004 | 8 0.014 + 0,004 | 8 | 0,023 + 0,008 | 0,014 + 0,005 | 8 0,009 | 0,006 + 0,005 | 7 | 0.010 + 0,008 | 0.011 Hi din 8 | 0.103 + 0.010 0131 +0011 | 8 0,134 + 0,010 | 8 | 0,051 + 0,012 | 0,138 + 0,010 | 8 + 0,011 | 0,101 + 0,010 | 8 | 0,013 + 0,010 | 0,056 Leucin/Isoleucin . | 7 | 0,060 + 0,008 | 0,042 + 0,004 | 7 0,029 + 0,004 | 7 | 0,015 + 0,010 — |7 +0010 | — — | 80005 + 0009 | — — Lyn I 7 | 0.027 + 0.005 | 0.022 + 0,004 | 8 0.013 + 0,006 | 8 | 0.015 + 0,008 | 0,006 + 0,005 | 7 | 0.016 + 0,008 | 0,002 + 0,002 | 7 | 0.002 + 0.002 — — Meihioninsitosyd 7 | 0.219 + 0.010 | 0.096 + 0,009 | 7 0,097 + 0,008 | 8 | 0,349 + 0,010 | 0,097 + 0,009 | 8 | 0,369 + 0,012 | 0,088 + 8 | 0.386 + 0.010 | 0,078 + 0,008 Prolin . i 8 | 0.032 + 0.012 | 0.024 + 0,013 | 7 0,017 + 0,010 | 8 | 0,016 + 0,011 | 0,019 + 0,009 | 8 | 0,013 + 0,010 | 0,005 7 | 0,013 + 0,012 | 0,013 + 0,008 Serin . 8 | 0,050 + 0,005 | 0,063 + 0,004 | 8 0,067 + 0,004 | 6 | 0,030 + 0,006 | 0,027 + 0,004 | 7 | 0,042 + 9,005 | 0,013 4 7 | 0,017 + 0,005 | 0,007 + 0,004 aan 8 | 0,015 + 0,010 | 0,016 + 0,011 | 8 0,015 + 0,005 | 8 | 0,012 + 0,006 | 0,014 + 0,005 | 8 0,01 0,005 | 0,012 + 7 | 0,015 + 0,006 | 0,011 0,004 Threonin 7 | 0,024 + 0,003 | 0,030 + 0,004 | 6 0,019 + 0,006 | 7 | 0,022 + 0,010 | 0,014 + 0,004 | 7 | 0,010 + 0,005 | 0,006 + 7 | 0,007 + 0,006 | 0,003 + 0,003 Tyrosin... . 8 | 0,055 + 0,010 | 0,028 + 0,011 | 7 = >= 7 | 0,036 + 0,010 | 0,013 + 0,011 | 7 | 0,018 + 0,009 | 0,006 + 0,004 | 8 | 0,017 + 0,009 | 0,006 + 0,005 Valin/Methionin 7 | 0,103 + 0,012 | 0,056 + 0,012 | 7 0,050 + 0,010 | 8 | 0,028 + 0,012 | 0,016 + 0,013 | 8 | 0,026 + 0,010 | 0,002 + 0,002 | 7 | 0,002 + 0,002 — — e 1 7, = _ 0,020 + 0,011 | 8 0,004 + 0,005 | 8 | 0,089 + 0,007 | 0,003 + 0,003 | 8 | 0,008 + 0,005 | 0,006 + 0,002 | 7 | 0,013 + 0,004 | 0,004 + 0,002 TABELLE 25. Die freien Aminosäuren und Peptide (in Extinktionseinheiten des Beckmanphotospekirometers) während der Adultentwicklung von Culex fatigans pro 12 Tiere bei 22° C. (n= Anzahl der Bestimmungen.) 1. Tag 2. Tag 3. Tag 4. Tag 5. Tag Culex faligans n 2 é n 9 é n 2 d n 2 é n a é a-Alanin. 6 | 0,304 + 0,010 | 0,278 + 0,011 | 7 | 0,062 + 0,009 | 0,170 + 0,010 | 7 | 0,164 + 0,012 | 0 + 0,009 | 8 | 0,154 + 0,009 | 0,128 + 0,010 | 7 | 0,138 + 0,010 | 0,096 + 0,009 B-Alanin. 7 | 0,036 + 0,007 | 0.040 = 0.006 | 8 | 0.028 + 0.007 0,073 + 0,007 | 8 | 0,021 + 0,074 | 0 + 0,006 | 7 | 0,019 + 0,007 | 0,108 + 0,006 | 7 | 0,021 + 0,006 | 0,110 + 0,006 Arginin . . . 7 | 0,058 + 0,010 | 0,033 + 0,009 | 8 | 0,037 + 0,012 | 0,026 + 0,008 | 6 | 0,034 + 0,008 | 0 + 0,009 | 8 | 0,025 + 0,012 | 0,024 + 0,010 | 7 | 0,022 + 0,009 | 0,026 + 0,011 Asparaginsaure . 8 | 0,024 + 0,005 | 0,017 + 0,003 | 8 | 0,019 + 0,008 | 0,012 + 0,005 | 7 | 0,019 + 0,005 | 0 + 0,004 | 8 | 0,011 + 0,008 | 0,008 + 0,007 | 8 | 0,012 + 0,008 | 0,011 + 0,008 Cystin 7 | 0,018 + 0,003 | 0,004 + 0,003 | 7 | 0,005 + 0,003 | 0,004 + 0,003 | 7 | 0,008 + 0,005 | 0 + 0,001 | 8 | 0,006 + 0,005 — 8 | 0,003 + 0,002 = = Giuiamin 8 | 0,044 + 0,010 | 0,049 + 0,012 | 8 | 0,039 + 0,012 | 0,032 + 0,012 | 8 | 0,055 + 0,010 | 0,018 + 0,012 | 7 | 0,028 + 0,009 | 0,021 + 0,010 7 | 0,025 + 0,010 | 0,020 + 0,011 utaminsäure . 8 | 0,123 + 0,008 | 0,095 + 0,005 | 7 | 0,099 + 0,008 | 0,074 + 0,004 | 8 | 0,069 + 0,009 | 0,065 + 0,004 | 7 | 0,053 + 0,008 | 0,057 + 0,005 | 8 | 0,050 + 0,008 | 0,058 + 0,005 GOT 6 N + 2.003 0,015 + 0,008 | 7 | 0,014 + 0,005 | 0,016 + 0,007 | 8 | 0,018 + 0,010 | 0,006 + 0,006 | 8 | 0,008 + = = 7 | 0,006 + 0,006 | 0,008 + 0,008 eo tot alle = IA 0.032 ain È 0,015 + 0,006 | 0,002 + 0,005 | 7 | 0,012 + 0,008 | 0,020 + 0,007 | 7 | 0,002 0,009 + 0,005 | 7 | 0,008 + 0,004 | 0,012 + 0,006 Lysin. . . 8 | 0,013 + 0.009 | 0.007 + 0.005 | 7 n 3 $ Methioninsulfoxyd È dai + DIRO per + a 7 | 0,232 + 0,008 | 0,075 + 0,008 | 8 | 0,233 + 0,010 + 0,009 | 8 | 0,230 + 0,010 | 0,046 + 0,009 | 8 | 0,225 + 0,008 | 0,042 + 0,008 Senin 6 res ee me | oe u 8 | 0,012 + 0,009 | 0,010 + 0,010 | 6 | 0,019 + 0,011 | 0,012 + 0,010 | 7 | 0,004 + 0,003 | — 7 | 0,005 + 0,008 | 0,013 + 0,010 Taurin li = le | En 8 | 0,027 + 0,011 | 0,026 + 0,013 | 7 | 0,029 + 0,009 | 0,018 + 0,011 | 8 | 0,019 + 0,012 7 | 0,017 + 0,012 | 0,005 + 0,003 Threonin Ae | Oz * nee 2 0,007 + 0,005 | 0,009 + 0,003 | 7 | 0,007 + 0,003 | 0,011 + 0,006 | 7 | 0,002 + 0,002 8 | 0,002 + 0,002 | 0,007 + 0,006 mao a 7. | 0/018 + 0,012 | 0'008 = 0/010 | 7 0,016 + 0,005 | 0,010 + 0,005 | 7 | 0,019 + 0,006 | 0.012 + 0.006 | 7 | 0.015 + 0,004 7 | 0,016 + 0,004 | 0,002 + 0,002 Valin/Methionin . | 8 | 0,013 + 0.009 8 a 0,006 + 0,005 8 Sa O ‚013 + 0, È 8 Peptid 1 ....|8| 0,011 = 0,008 | 0,017 + 0,007 | 7 | 0,005 + 0,005 | 0,017 + 0,004 | 8 | 0,018 + 0,008 | 0,012 + 0,010 | 8 | 0,005 + 0,005 | — — |7]|0,007 + 0,006 | 0,010 + 0,005 ‘(0964 = p ‘s1930w01)yadso7oyd -UEWNIIT Sep UHNOYUTISUOHNYUNXT = A) ‘SUN[yorM7uazmpy Joep pusayem (W @) sundımf xajng pun (V O) suaidid xajng uoa (---) uayouuRW ZI pun (—) uayoqiem Zp oud (W V) utue[y-g pun (@ O) pAxoymsuruorye ‘à “day picass 7 € [4 1 nn lana Al = het 0 Z0 o ee .— * OSW ca cc a S [ea] ; à e PL ZI suebryey xajnI 3 è è z| suebrey xajng 4 fe] p_s 7 € z L SE Ù è ; i te Eee ——————_—t_ém.— i me N AS By + X OSW È = OS ZA es sa omen Lo ev ed 40 WISTS aa (gioie DIA gen 7 — ZA LA row |z'0 Les 2 > OSW feo 3 Li Ne) 70 = 557, suardid xaıny v3 OP ZI suardid xaın) FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 593 gegenüber Culex fatigans (Abb. 1a u. 15). Während des adulten Lebens nehmen sowohl das Frischgewicht (Tab. 1) wie die Gesamt- menge an ninhydrinpositiven Substanzen bei beiden Formen, in beiden Geschlechtern, vom ersten bis zum fünften Tag ab. Es besteht aber keine Korrelation zwischen Körpergewicht und Stoff- menge (siehe Abb. 1a u. b unten). Auch die meisten Aminosäuren nehmen mit zunehmendem Alter der Mücken an Quantität ab (Tab. 2a u. b). Valin, Leucin und Lysin werden so weit abgebaut, dass sie zur Zeit der Eiablage nur noch in Spuren oder gar nicht mehr nachweisbar sind. Peptide 2 und 3 sind von Anfang an nur spurweise vorhanden, sodass sich eine quantitative Auswertung nicht lohnt. Eine Ausnahme bilden Methioninsulfoxyd und ß-Alanin (Abb. 2). Die 4-5 tägigen Weibchen von Culex pipiens und Culex fatigans haben ungefähr fünfmal soviel Methio- ninsulfoxyd wie die gleichaltrigen Männchen. Bei pipiens-Weibchen reichert sich diese Aminosäure vom ersten bis zum fünften Tag stark an, während bei fatigans-Weibchen die Menge annähernd gleich bleibt. Umgekehrt verhält sich ß-Alanin, das bei den Männ- chen in weit grössern Mengen als bei den Weibchen vorkommt. 3. DISKUSSION. Die freien Aminosäuren und Peptide wurden bei den verschie- densten Insekten vorwiegend im Larven- oder Puppenstadium untersucht. So zeigten DriLHon (1952) an Maerothylacea rubi, SARLET et al. (1952) und AMANIEU et al. (1956) an Bombyx mori, Haporn and MrircHELL (1951), Haporn und STUMM-ZOLLINGER (1953), STUMM-ZOLLINGER (1954), CHEN und Haporn (1955), BENZ (1957) und FAULHABER (1959) an Drosophila melanogaster, CHEN und Haporn (1954) an Corethra pulmicornis, HAcKMAN (1956) an Calliphora augur, und schliesslich CHEN und Künn (1956) an Ephestia kühniella, wie der Gehalt an freien Aminosäuren und Peptiden von Art zu Art verschieden sein kann. Die Ergebnisse von AUCLAIR und DUuBREUIL (1952) an Galleria mellonella sind für uns besonders interessant, weil sie von Adulttieren kommen, ebenso die Resultate von Laven und CHEN (1956) und CHEN (1958a), die von Mückenlarven oder Mückenpuppen, oder gar von adulten Mücken stammen (CLARK and Batu 1951, 1952; BaLL and CLARK 1953; Micxs and ELLis 1951, 1952; Mıcks 1954; CHEN 1958a). Die Stoffinventare weisen bei diesen Autoren nur geringe Unterschiede 594 H. R. GEIGER BELLES: Zusammenstellung der Ergebnisse über freie Aminosäuren bei Mücken (Larven, Puppen, Imagines) oder bei andern adulten Insekten. = = = E = = | LE È = È a SiS 3 Se Sloane 2 a S| Sa 83 | Ze | aloe 8 pa È No Sla P_S sg cè «S| Ss | e8 §| 38 e ASSI RAR | Ola stes SS | Sh ta | +8 8 8 | $8 | Sea | ge = | a Son ees | fe à 2 | a8 le | Sa 5 | feos er soe | Ss SS | SS ae ESS RENE DIES 60 6 + | 45 | 85 | vò è | SS 6 So = es <> Larven oder Puppen Imagines a-Alanin . + ng Zi + SE A Re Se ß-Alanin . . aim PTT at am risa ira AP x-Aminobuttersàure — dl lai |) ns | un > y-Aminobuttersäure == — — — ak _ DER NT 9 __ re Arginin te SF SL Ua ate EU Sea Fi ER zl Asparaginsäure . IE er sip I te SAT “alge see sh Cystin . +) +++| +| 4) ++| ca 4 Glutamin + b+ 4 ae SSIS en fe — + Glutaminsäure — +++ + Je dl Su SL Glycin = bn PA ré au DE eg AT a alata St Histidin . iaia Be aan Air Leucin/Isoleucin — +++ = LE ab ell ob) SANTE IL Lysin . ar SI Water, ar alt sta “arse al Methioninsulfoxyd = + pits) ai al Prolin . Ar Eat iz dl zl Arval ara a al Serin as ea le I: sla “tate + Ara sl Taurin ae a Mesi LL + Threonin cn aa ese ar se

TABELLE 5. Eizahlen pro Gelege nach Fütterung der Larven von Culex pipiens mit Aminosäuren und Blut. Culex pipiens Methionin- | $ Aminosäuren | Alle Amino- Kontrolle 6-Alanin ne | (nach Dımonp | säuren (nach Citratblut = = any | et al. 1956) | Stoffinventar) 106 | 121 124 105 100 97 c) Diskussion. GOLDBERG and De MreiLLoN (1947) und Lea et al. (1956) zogen Aedes-Larven auf synthetischen, chemisch definierten Medien, um den Einfluss verschiedener Stoffe auf das Wachstum, zu unter- suchen. Die Autoren äussern sich weder zur Speicherung dieser Stoffe im Fettkörper, noch über deren Einfluss auf die Eiablage. Der Diät sind 17 Aminosäuren beigemengt. Nach GOLDBERG and DE Meırron (1947) sind Glycin, Leucin, Isoleucin, Histidin, Argi- nin, Lysin, Tryptophan, Threonin, Phenylalanin und Methionin, für das gute Gedeihen der Larven unbedingt notwendig. Bei Fehlen bestimmter Aminosäuren (Phenylalanin, Tyrosin) entwickeln sich die Larven schlecht und stellen schliesslich das Wachstum ein. Die Eiweisse in der Hundekuchen-Nahrung unserer Zuchten genügen offensichtlich für ein gutes Wachstum und somit für eine ent- sprechende Eiablage. Zusätzliche Aminosäuren ändern nichts daran. FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 605 Aus schon erwähnten Gründen führte ich die Versuche mit mensch- lichem Blut durch, obschon Woke (1937) an Aedes aegypti und vor allem Rousaup und METZGER (1943) Erhöhung der Eizahlen bei Mücken, nach Tierfütterung, festgestellt hatten. Wenn bei Aedes nach Fütterung der Adulten mit menschlichem Citratblut (TATE and VINCENT 1936) und bei unseren Culex fatigans, nach Verab- reichung von menschlichem Citratblut an die Larven, nie eine Eiablage erreicht werden konnte, so besteht die Möglichkeit, dass der Citratzusatz im menschlichen Blut zu diesem Misserfolg geführt hat. Ein Versuch sollte diesen Punkt abklären: fatigans-Weibchen und auch pipiens-Weibchen, die ihr autogenes Gelege bereits ab- gesetzt hatten, wurden auf Watte, welche mit menschlichem Citratblut getränkt war, gesetzt. Nach kürzester Zeit hatten sich die Tiere vollgesogen; der Mitteldarm war prall gefüllt. Bis zum fünften Tag war in den meisten Fällen alles Blut verdaut und die Ovarien beider Formen lieferten reife Eier. Dieser Befund besagt zweierlei: Es ist möglich, bei Culex pipiens und Culex fatigans mit menschlichem Citratblut Eiablagen zu erzielen, was TATE und Vincent (1936) nicht erreicht hatten. Es ist nicht die Zugabe von Citrat zum Blut, die eine Eireifung nicht zulässt. Alle erwähnten Fütterungsversuche liessen immerhin die Frage offen, ob die Ovarien der Versuchstiere durch die Aminosäuren histologisch verändert werden. IV. HISTOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN DER OVARIEN. 1. PROBLEM UND TECHNIK. Die Beantwortung dieser Frage erforderte das Studium der normalen Ovarentwicklung und, anschliessend, deren Vergleich mit Eierstöcken von aminosäuregefütterten Tieren. MOLLRING (1956) suchte im Ovar nach einem Unterscheidungsmerkmal zwischen Culex pipiens und Culex fatigans, für die Aufklärung systematischer Streitfragen. Das Studium der normalen Ovarent- wicklung erfolgte in beiden Fällen offensichtlich mit ganz ver- schiedenen Zielen. MòLLRING’'s Untersuchungen umfassten ent- sprechend auch den Eikern und die Kerne der Nährzellen. Ich hingegen richtete das Augenmerk hauptsächlich auf die Gesamtheit 606 H. R. GEIGER Stadium IV Culex pipiens Follikel Culex fatigans Follikel Alter 6-10h 24h ABB. 3. Entwicklung von Ovar und Follikel bei frischgeschlüpften adulten Culex pipiens-Weibchen bis kurz nach der autogenen Eiablage und bei Culex fatigans-Weibchen bis zum entsprechenden Alter. bei 22° C. Die Stadien I-VI sind charakteristische Altersstufen. FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 607 des Ovars und die einzelnen Follikel, aus der Ueberlegung, dass Aminosäuren kaum Veränderungen im Kern bewirken, sich hin- gegen in der Dotterbildung auswirken könnten. Normalerweise ist der histologische Schnitt die genaueste Untersuchungsmethode. Diese Technik war aber für MOLLRING’s Zwecke unbefriedigend, da sie in allen Altersstufen Schnittserien einer grössern Zahl von Tieren erforderte. Die Totalpräparation war anschaulicher, ermöglichte die direkte Untersuchung des Ovars und liess in kurzer Zeit weit mehr Material verarbeiten. Er bediente sich des Phasenkontrastverfahrens. Seine guten Erfahrungen und die Vergleichbarkeit unserer Resultate bewogen mich, dieselbe Technik anzuwenden. Die Präparation der paarigen Ovarien, bei 35-facher Binokular- vergrösserung, in steriler Holtfreterlösung, bot keine Schwierig- keiten. Nach Betäuben der Mücken mit Aether, wurde der Chitin- panzer mit je einer Uhrmacherpinzette, beim Uebergang Thorax- Abdomen und dem letzten Abdominalsegment, gefasst und ausei- nandergezogen. Die Weichteile quollen heraus und lagen offen da. Die Ovarien, augenfällig durch gute Tracheenversorgung, wurden mit 6-10 u dicken Wolframnadeln freipräpariert. Für gelegentliche, momentane Kernfärbungen, genügte ein Tropfen Orcein-Essig- säure. 2. ERGEBNISSE. Aus Abbildung 3 sind die Entwicklung von Ovarien und Ova- riolen, bei Culex pipiens, bis nach der autogenen Eiablage und die entsprechenden Stadien, bei Culex fatigans, ersichtlich. Die an- fänglich kugelförmigen Ovariolen sind von sieben Nährzellen und einer, basal zum Eistiel gelegenen Eizelle, angefüllt. Dem ältesten Follikel sitzen höchstens drei jüngere auf. Bis zum Alter von 12 Stunden ist keinerlei Dotterbildung festzustellen. Sie setzt etwas später in starkem Masse ein. Hand in Hand mit der Zunahme der Dottermassen, geht das Wachsen der Follikel, die nach ca. 40 Stun- den das Fünffache der ursprünglichen Grösse, wovon der Dotter 7, ausmacht, einnehmen. Die Ovariolen nehmen mehr und mehr die endgültige Form der Eier an. Die zusammengeschrumpften Nährzellen sind durch den Dotter zum distalen Ende gedrängt. Diese starke Anreicherung von Dottermaterial lässt auch das An- wachsen des zuerst sehr kleinen Ovars, auf das 20-fache, gut 608 H. R. GEIGER verstehen. Allerdings verläuft die Eientwicklung im Ovar nicht gleichmässig. Man findet neben Follikeln mit geringer Dotter- ablagerung auch solche, die fast bis zur Hälfte mit Dotter gefüllt sind. Die Stadien in Abbildung 3 stellen Durchschnittsfollikel dar. Nach der autogenen Eiablage (Stadium VI) sind Ovar und Ova- riolen wieder im Stadium I, und ihre Entwicklung steht still. Erst nach einer Blutmahlzeit wiederholt sich die beschriebene Eireifung. Stadium VI lässt sich vom Stadium I nur dann mit Sicherheit unterscheiden, wenn in Ovar oder Ovidukt vereinzelte Eier stecken geblieben sind. Hingegen handelt es sich bestimmt um Stadium I, wenn auf dem alten, drei jüngere Follikel festzustellen sind. Sonst sind sich die beiden Stadien gleich. Ovar und Ovariolen des zwölf Stunden alten, anautogenen Weibchens, entsprechen denen der autogenen Form, zum selben Zeitpunkt. Ueber dieses Ruhe- und Wartestadium hinaus, geht aber seine Follikelentwicklung nicht. Erst eine Blutmahlzeit unterbricht den Entwicklungsstillstand und lässt Ovar und Ovariolen entsprechend der autogenen Form an- wachsen. Trotz genauester Untersuchungen konnten nach Ver- fütterung von ß-Alanin, Methioninsulfoxyd, Valin und Leucin, gegenüber den Kontrollen, keinerlei Veränderungen in Ovar und Ovariolen festgestellt werden. 3. DISKUSSION. Weyer (1955) führte für die Diagnose « autogen-nichtautogen » einen Ovarialunterschied, schon in der Puppe, an. Er fand das Ovar der autogenen Culex-Form «im ganzen weiter entwickelt ». Bei MörLrına (1956) hingegen besteht in diesem Stadium noch kein Unterschied zwischen den Follikeln autogener und anauto- gener Mückenweibchen. Die Unterscheidung beginnt bei ihm erst nach dem Schlüpfen der Imago. Meine Untersuchungen an frisch- geschlüpften Tieren, die sich auf Vergrösserung, Formveränderung und Dotterbildung in Ovar, bzw. Follikel beschränkten, ergaben etwas grössere Follikel in den autogenen Ovarien. Die Diagnose wird mit fortschreitendem Alter der Mücken leichter und eindeu- tiger. An den anautogenen Follikeln ist keine Veränderung ersicht- lich. Ihre Grösse bleibt sich gleich, und Dotterbildung tritt niemals ein. Ihre Entwicklung steht still. Die autogenen Follikel aber wachsen durch Dottereinlagerung in fünf Tagen zum reifen Ei FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 609 aus. Die in Abbildung 3 aufgeführten Entwicklungsstadien ent- sprechen denjenigen von LARSEN and BopENSTEIN (1959) und sind unabhängig davon bestimmt worden. MòLLRING (1956), der zu denselben Resultaten gelangt war, beschrieb auf Grund seiner Studien an den Follikelkernen einen weitern Unterschied. In der frischgeschlüpften, nichtautogenen Imago, haben Nährzellen noch kompakte Nukleoli. Innerhalb von 48 Stunden gliedern sich diese auf, womit ein Ruhe- und Wartestadium erreicht ist. Dieses Stadium entspricht dem nach erfolgter Eiablage. Denselben Zu- stand trifft man auch in den Ovarien von nichtautogenen Culex pipiens, die aus der Ueberwinterung gefangen werden. Bei der autogenen Form finden sich zum vornherein aufgeliederte Nukleoli in den Nährzellkernen des Ovars frischgeschlüpfter Weibchen vor, zumindest in einigen Follikeln. Hier handelt es sich jedoch nicht um ein Ruhestadium. Innerhalb von sechs Tagen werden aus den, im Körper vorhandenen Reserven, die Eier gebildet. Nach der Ablage tritt wieder das Ausgangsstadium ein, das jetzt auch ein Ruhestadium geworden ist. Die beiden Formen lassen sich nun anhand der Follikel nicht mehr unterscheiden. V. RELATION OVARENTWICKLUNG - METHIONINSUEFOXYD 1. PROBLEM UND METHODEN. Ein Vergleich der Methioninsulfoxyd-Kurven (Abb. 2) mit der Ovarentwicklung (Abb. 3) lässt folgende, in Abbildung 4 zusammen- gefasste, Ueberlegung anstellen. Bei Culex fatigans bleibt das Ovar, ohne Blutnahrung, auf einem bestimmten Anfangsstadium stehen, und auch die Methioninsulfoxyd-Menge bleibt sich während des Entwicklungsstillstandes gleich. Culex pipiens hingegen, liefert nach fünf Tagen reife Eier, und die Methioninsulfoxyd-Kurve steigt unterdessen stark an. Es hat den Anschein, als ob der zusätzliche Aufbau von Methioninsulfoxyd nur durch ein, sich entwickelndes Ovar, angeregt würde. Demnach wäre Methioninsulfoxyd als Stoffwechsel-Nebenprodukt. während der Synthese der Dotter- eiweisse, aufzufassen. Der letzte Teil meiner Arbeit soll der Bestä- 610 H. R. GEIGER tigung dieser Annahme gewidmet sein. Der Nachweis kann auf zwei verschiedene Arten erbracht werden. E da 0,3; 0,24 a 1 ene ia Zee € ABB. 4. Veränderung der Konzentration von Methioninsulfoxyd und Veränderung der Ovarien während der Adultentwicklung bei Culex pipiens- und Culex fatigans-Weibchen. (E = Extinktion in Einheiten des Beckmanphoto- spektrometers, d = Tage). o —0 Culex pipiens, 0 --- 0 Culex fatigans. a) Rein chromatographischer Nachweis. a) Problem und Technik. Zuerst war das Verhalten von Methioninsulfoxyd bei pipiens- Weibchen, nach der autogenen Eiablage, chromatographisch zu überprüfen. Ovar und Ovariolen befinden sich in einem Entwick- lungsstillstand, der erst durch eine Blutmahlzeit aufgehoben wird. (Gemäss meiner Annahme müsste sich die Methioninsulfoxyd-Menge gleichbleiben und die Kurve entsprechend horizontal verlaufen. Anderseits würde nach Blutnahrung, welche ja die Eireifung ein- leitet, die Menge an Methioninsulfoxyd sowohl bei fatigans-Weib- chen jeden Alters, als auch bei pipiens-Weibchen nach der ersten Eiablage, gegenüber den Kontrollen ansteigen. Die chromatographische Technik war genau dieselbe, wie ein- gangs, bei der Stoffinventaraufnahme, beschrieben. Für die Me- FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 611 thioninsulfoxyd-Bestimmungen vom fünften bis zum achten Adulttag bei Culex pipiens, wurden jeweilen 12 Weibchen verar- beitet. Im zweiten Versuch wurde die Methioninsulfoxyd-Menge vier Tage nach der Blutmahlzeit, d. h. unmittelbar vor der Eiab- lage, bestimmt. Aus zwei Gründen fanden hier 8-tägige pipiens- Weibchen Verwendung. Erfahrungsgemäss werden die Eier vom fünften bis siebten Tag nach dem Schlüpfen, abgelegt. Ab achtem Tag trifft man meist Ovarien im Wartestadium an. Die Mortalität der Mücken nimmt mit zunehmendem Alter stark zu. Durchschnitt- lich hat ein pipiens-Weibchen ohne Nahrung aufzunehmen, etwa vierzehn Tage zu leben. Wenn also am achten Tag mit der Fütte- rung begonnen wird, bleibt der grösste Prozentsatz der Tiere bis zum zwölften Tag noch in gutem Zustand. 6) Ergebnisse. Wie aus Tabelle 6 ersichtlich ist, bleiben sich die Methionin- sulfoxyd-Mengen bei pipiens-Weibchen vor, und einige Tage nach der Eiablage, nahezu gleich. Wie bereits erwähnt, befinden sich die Ovarien während dieser Periode in einem Entwicklungsstillstand. Anderseits bewirkt eine Blutmahlzeit, an Culex pipiens-Weibchen nach der autogenen Eiablage, und an Weibchen von Culex fatigans, verabreicht, in beiden Fällen eine Erhöhung des Gehalts an Me- thioninsulfoxyd gegenüber den Kontrollen (Tab. 7). Die Werte sind gesichert. Dies deutet darauf hin, dass die Zunahme des Methioninsulfoxyds auf das Wachstum des Ovars zurückzuführen ist. TABELLE 6. Verhalten von Methioninsulfoxyd (in Extinktionseinheiten des Beckmanphotospektrometers) um die Zeit der Eiablage (0) bei Culex pipiens pro 12 Weibchen bei 22° C. (n = Anzahl der Bestimmungen, M = Mittelwerte, S = Streuung.) Culex pipiens n 6. Tag 8. Tag 0,365 + 0,013 | 7 | 0,406 + 0,012 | 7 0,385 + 0,010 n | 5. Tag | | | 0,386 + 0,010 | 8 612 H. R. GEIGER TABELLE 7. Verhalten von Methioninsulfoxyd (in Extinktionseinheiten des Beckman- photospektrometers). Kontrolle: 12 Weibchen Culex pipiens (8 Tage alt) und 12 Weibchen Culex fatigans ( Tage alt). Versuch: 4 Tage nach Verabreichung einer Blutmahlzeit bei 22° C. (n = Anzahl der Bestimmungen, M = Mittelwerte, S = Streuungen.) Culex pipiens Culex fatigans n Kontrolle | Versuch n Kontrolle | Versuch 7 | 0,380 + 0,011 | 0,464 + 0,007 7 | 0,230 + 0,006 | 0,295 + 0,006 b) Transplantationen und deren chromatographische Auswertung. a) Problem und Technik. Durch homo- und heteroplastische Transplantationen sollte das Verhalten der Ovarien in den verschiedenen Milieus festgestellt werden. Es war abzuklären, ob sich Ovarien, die in einem Milieu keine Eier hervorbringen, in anderer Umgebung entwickeln können, und umgekehrt. Diese Resultate hatten in erster Linie als Grund- lage für chromatographische Auswertung, zur Erhärtung meiner Theorie, zu dienen. Zugleich aber liess sich die Kardinalfrage ab- klären, ob bei Nichtentwicklung eines Ovars die Schuld am Ovar selbst, oder am Milieu liegt; mit andern Worten, ob Autogenie und Anautogenie auf Organ- oder Artspezifität beruhen. Die freipräparierten Ovarien wurden, nach der von EPHRUSSI and BEADLE (1936) eingeführten Technik, in die Leibeshöhle der adulten Weibchen implantiert. Diese, mit Aether narkotisierten Tiere, wurden, Bauchseite nach oben, auf ein Wachsbett gelegt. Um die Mikropipette rasch und ruhig einführen zu können, hielt eine Nadel die Mücken in der gewünschten Lage fest. Nach der Operation kamen die Tiere in ein kleines Zuchtglas, das mit stark feuchter Watte ausgekleidet war. Die anfänglich hohe Sterberate ging zur Hauptsache auf zwei Faktoren zurück. Einmal war auf peinlichste Sterilität sämtlicher Instrumente zu achten. Die Ovarien der jungen Stadien sind, relativ zur Körpermasse, sehr gross. Die Kapillaren müssen entsprechend dick ausgezogen werden, was beim Einstich eine grössere Wunde hinterlässt. Die Infektionsgefahr wird FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 613 dadurch erhöht. Ferner ist das Verbringen der operierten Tiere, in eine stark feuchte Umgebung, von eminenter Wichtigkeit. Bei sämtlichen Transplantationen verblieben die implantierten weib- lichen Gonaden während vier Tagen im Wirt. Die Mückenweibchen, die ein zusätzliches Ovar erhalten hatten, wurden chromatographisch nach der, eingangs bei der Stoffinven- tarbestimmung beschriebenen Methode, untersucht. 8) Ergebnisse. Für die erklärenden Schemata gelten die in Abbildung 5 ange- gebenen Signaturen: = fatigans-Wirt (12h) 8 fatigans-Implantat (12h) Pipiens -Wirt (12h) Pipiens -Implantat (12h) Mi Pipiens-Wirt ( 7Tg) Ò PiPi @NS-Implantat (7 TG) mR: Entwickelte Ovarien des Wirtes ê Entwickeltes Implantat ABB. 9. Signaturen zu den Schemata. Homoplastische Transplantationen : 1. Der erste Versuch bestätigte meine Vermutung, dass auch ein zusätzliches fatigans-Ovar, sich ohne Blutmahlzeit nicht entwickelt, oder die Wirtsgonade zur Entwicklung anregt (Abb. 6). 0-0 — 60-6 … 20 Falle ABB. 6. Fatigans-Ovar in fatigans-Wirt. 2. Der entsprechende Versuch wurde auch bei Culex pipiens durchgeführt. Ich implantierte in Weibchen, nach der ersten Ei- ablage, ein gleichaltriges Ovar (Abb. 7). Das erwartete Resultat war: keine Entwicklung bei Wirts- und Spenderovar. Die hohen Verluste sind leicht zu verstehen. Pipiens-Weibchen leben unge- füttert durchschnittlich 14 Tage. Bei der Transplantation war das 614 H. R. GEIGER Wirtsweibchen bereits 7 Tage alt. Bei der Feststellung der Ergeb- nisse dieser Transplantationen, d.h. am vierten Tag nach der 600 — 60-0 om 20 Fille =| T 13 Fälle - ANS, Ts Pipiens-Ovar (7 Tg) in pipiens-Wirt (7 Tg). Operation, war die Vitalität des Tieres, wie aus der Lebensdauer zu erwarten ist, stark herabgesetzt. Ausserdem sind die Tiere in diesem Alter, gegenüber operativen Eingriffen, längst nicht mehr so widerstandsfähig, wie kurz nach dem Schlüpfen. 3. Im dritten Versuch erhielten die 12 Stunden alten pipiens- Weibchen ein gleichaltriges Ovar als Implantat (Abb. 8). Das im- 0 — MN 20 Fälle ABB. 8. Pipiens-Ovar (12 h) in pipiens-Wirt (12 h). plantierte Ovar entwickelt sich im Wirtsmilieu zur Reife. Die Entwicklungsstufe ist nicht überall dieselbe. 4. In diesem Versuch implantierte ich pipiens-Ovarien nach der autogenen Eiablage, in 12 Stunden alte Weibchen (Abb. 9). Aus der vorliegenden Versuchsserie ist ersichtlich, dass 9 der 20 im- I & 6)-) È 2 Falle S hy È Y ABB, 9. Pipiens-Ovar (7 Tg) in pipiens-Wirt (12 h). FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 615 plantierten Diapause-Ovarien, eindeutig durch den Wirt zur Ent- wicklung, die dann zu reifen Eiern führte, angeregt wurden. Zwei Weibchen hatten nur eines ihrer beiden Ovarien entwickelt, wäh- rend das andere im ursprünglichen Zustand verharrte; im implan- tierten Ovar hingegen, waren ebenfalls reife Eier ausgebildet. Es ist kaum anzunehmen, dass das Implantat die Entwicklung des einen Wirtsovars unterdrückt hat. Diese Abnormität war auch, wenn auch sehr selten, ebenfalls bei unbehandelten Tieren festzu- stellen. Es dürfte sich eher um eine Störung im betreffenden Ovar selbst handeln. Diese Erklärung trifft wahrscheinlich auch auf die wenigen Fälle der nichtentwickelten Implantate zu. Heteroplastische Transplantationen : 5. Nach den bisherigen Resultaten drängte sich der Versuch auf, 12 Stunden alte a Ovarien in fatigans-Weibchen zu trans- plantieren (Abb. 10). Die Implantate entwickeln sich auch in dl; ee 20 Fälle ABB. 10. Pipiens-Ovar (12 h) in fatigans-Wirt (12 h). anautogener Umgebung nicht. Sie bleiben in einem unent- wickelten Zustand wie die wirtseigenen Ovarien. Zwei Fälle sind verloren gegangen. 6. Von ganz besonderem Interesse war das letzte Experiment, in welchem fatigans-Ovarien in 12 Stunden alte pipiens-Weibchen implantiert wurden (Abb. 11). Die Spenderovarien entwickeln sich in diesem Wirt zu 75%. M as 7 5 Falle . De RR... 20 Falle ABBIA Fatigans-Ovar (12 h) in pipiens-Wirt (12 h). Rev. Suisse DE Zoor., T. 68, 1961. 44 616 H. R. GEIGER Von den verschiedenen Transplantationsexperimenten wählte ich zwei für die chromatographische Auswertung aus. Die Wahl fiel auf Experiment 1: fatigans-Ovar in fatigans-Weibchen, als Beispiel für die Nichtentwicklung der Implantate und auf Experi- ment 3: 12 Stunden altes pipiens-Ovar in gleichaltrige pipiens- Weibchen, als Gegenbeispiel. In diesen beiden Fällen nämlich war das Verhalten der Implantate je 100%ig einheitlich, während in den übrigen Transplantationen stets ein grösserer Prozentsatz un- entwickelt blieb, was den Tieren äusserlich nicht anzusehen war. Diese Versuchsserien eigneten sich für exakte chromatographische Bestimmungen natürlich weit weniger. Tabelle 8 zeigt die Unter- schiede im Gehalt an Methioninsulfoxyd zwischen Kontrollen und Versuchen. Die Substanz unterscheidet sich in den fatigans-Ver- suchen quantitativ kaum von den Kontrollen, während sie in den pipiens-Experimenten in bedeutend grössern Mengen vorhanden ist. Die Unterschiede sind statistisch gesichert. TABELLE 8. Verhalten von Methioninsulfoxyd (in Extinktionseinheiten des Beckman- p votospektrometers) nach Implantation eines arteigenen, gleichaltrigen Ovars in je 12 Culex fatigans- und Culex pipiens-Weibchen, vier Tage später ber 22° C. Culex fatigans Culex pipiens | | n Kontrolle | Versuch on | Kontrolle | Versuch 0,443 + 0,006 7 4 0,223 + 0,009 | 0,237 + 0,007 | 7 | 0,385 + 0,008 2. DISKUSSION. Das fatigans-Milieu, ohne Blutmahlzeit, ist nicht in der Lage, weder die eigenen (A,), noch die jungen (A,) oder alten (A,) pipiens- Ovarien, zur Entwicklung anzuregen (Abb. 12). Hingegen zeichnet sich der pipiens-Wirt als geeignetes Milieu für die Entwicklung aller drei Ovarientypen, aus. Die anautogenen fatigans-Ovarien sind in autogenen Mückenweibchen durchaus entwicklungsfähig (B;). Gleichfalls bringt das pipiens-Milieu die eigenen jungen (B,) und FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 617 alten (B,) Ovarien zur Entwicklung. Diese Ergebnisse stimmen in jeder Hinsicht mit jenen von Larsen and BopENsTEIN (1959) suoi E 8 pipiens - Milieu 6 0 0 1 2 LZ; fatigans - Milieu ABB. 12. Zusammenstellung der Ovartransplantationen bei Culex pipiens und Culex fatigans-Weibchen. überein, die ihre Versuche an Culex molestus (autogen), Culex pipiens (anautogen) und Aedes aegypti (anautogen) durchgeführt haben. Angeregt durch frühere Arbeiten BopENsTEINs (1945, 1947), suchten die beiden Autoren in erster Linie nach dem, die Ovarent- wicklung auslösenden Faktor. Nach überzeugenden Experimenten kamen sie zu den folgenden, in Abbildung 13 dargestellten Ergeb- nissen: a Druck H H : i | Mitteldarm C.allata Eier ABB. 13. Hormonale Wirkung (H) auf die Eireifung. Die Auslösung ist ähnlich wie bei Rhodnius (WIGGLESWORTH 1956). Der Druck verdauten Blutes auf den Mitteldarm, während ca. 30 Minuten, wirkt auf die neurosekretorischen Zellen im Gehirn. Diese scheiden ein Hormon aus, das die Corpora allata aktiviert, die ihrerseits ein Hormon ausschütten. Nach den ersten 60 Minuten wird die Stimulation durch die neurosekretorischen Zellen über- 618 Heke GEIGER flüssig; die Corpora allata produzieren nun unabhängig ihr Hormon. Der Titer an Corpora allata-Hormon ist nach 180 Minuten so gross, dass keine weitere Hormonproduktion mehr nötig ist. Damit sich das Ovar bis zur Reife entwickelt, muss es 50 Stunden in diesem 0 | E 0,5 0,4 0,3 G 0,2 G Z G G G 0,1 G Z G Z Z ABB. 14. Beziehung zwischen Ovarentwicklung und Methioninsulfoxyd-Menge (in Extinktionseinheiten des Beckmanphotospektrometers E). C. fatigans „+. C. pipiens Hormon-Milieu bleiben. Frühere Arbeiten von DrrınovaA (1945), CLEMENTS (1956) und G1LLETT (1958) deuten ebenfalls darauf hin, dass die Reifung der Eierin Micken-Ovarien, durch das gonadotrope Hormon in den Corpora allata, angeregt wird. Die chromatographischen Ergebnisse über das Ovar-Methionin- sulfoxyd-Problem ergeben folgendes Bild (Abb. 14): In der linken Hälfte der Darstellung sind Kontrollen und zugehörige Versuche FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 619 quantitativ gleichwertig. In allen diesen Fällen zeigt eine Sektion die Ovarien unentwickelt. Die rechte Hälfte, hingegen, weist ge- sicherte Unterschiede zwischen Kontrollen und Versuch auf. Die Ovarien sind entwickelt. Es besteht eine Korrelation zwischen Ovarentwicklung und Methioninsulfoxyd-Menge. Ein sich ent- wickelndes Ovar ruft eine Anreicherung an Methioninsulfoxyd her- vor, was zu beweisen war. Das Methioninsulfoxyd wird nicht im Ovar selbst angereichert. In 24 Ovarien, die aus 4-tägigen pipiens- Weibchen herauspräpariert wurden, konnten Asparaginsäure, Glu- taminsäure und «-Alanin in bedeutenden Mengen nachgewiesen werden. Diese Aminosäuren stammen also aus den Eiern. Hingegen war Methioninsulfoxyd nicht nachweisbar. CHEN (1957) hat ausser- dem gezeigt, dass in der Kopf-Thorax-Region grössere Mengen an Methioninsulfoxyd zu finden sind, als im Abdomen, dem Sitz der Fortpflanzungsorgane. Es hat den Anschein, als ob das Ovar während der Entwicklung allgemein den Stoffwechsel der schwefel- haltigen Aminosäuren aktiviert, wobei als Endprodukt Methionin- sulfoxyd gebildet wird. Nach Fruron and Simmonp (1953) kann Methioninsulfoxyd als solches Endprodukt vorkommen. VI. ZUSAMMENFASSUNG. 1. Das Stoffinventar an freien Aminosäuren und Peptiden in der Adultentwicklung von Culex fatigans entspricht demjenigen von Culex pipiens. Es wurden folgende ninhydrinpositive Sub- stanzen identifiziert: x-Alanin, ß-Alanin, Arginin, Asparaginsäure, Cystin, Glutamin, Glutaminsäure, Glycin, Histidin, Leucin/Isoleu- cin, Lysin, Methioninsulfoxyd, Prolin, Serin, Taurin, Threonin, Tyrosin, Valin/Methionin und drei Peptide. 2. Quantitativ bildet Methioninsulfoxyd eine Ausnahme. Bei pipiens-Weibchen reichert sich diese Substanz vom ersten bis zum fünften Tag stark an, während bei fatigans-Weibchen die Konzen- tration annähernd gleich bleibt. 6-Alanin ist auch bei Culex fatigans in den Männchen in weit grössern Mengen vorhanden, als bei den Weibchen, was CHEN (1958 a) schon bei Culex pipiens festgestellt hat. 3. Es wurden ß-Alanin, Methioninsulfoxyd, Histidin und Valin- Leucin einzeln, sowie Gemische aus Arginin, Isoleucin, Leucin, 620 H. R. GEIGER Lysin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Valin, resp. allen, in den Mückenweibchen gefundenen Aminosäuren (siehe Stoffinventar oben), an Larven und Adulttiere verfüttert. Unter den vorliegenden Versuchsbedingungen zeigen diese Aminosäuren keinen Einfluss auf die Ovarentwicklung. Die Eireifung wird auch nicht durch Fütte- rung der Larven mit Blut beeinflusst. Nach Verabreichung von Aminosäuren waren keine histologischen Veränderungen in Ovarien der Adulttiere festzustellen. 4. Durch homo- und heteroplastische Transplantationen der Ovarien in adulte Mückenweibchen ergaben sich folgende Ergeb- nisse: a) Die Unfähigkeit, ohne Blutnahrung reife Eier zu bilden, liegt bei fatigans-Weibchen nicht am Ovar, sondern am Milieu. Die anautogenen fatigans-Ovarien, nach Transplantation in ein junges, autogenes Weibchen, liefern reife Eier, was umgekehrt nicht zu- trifft. Dieses Ergebnis stimmt mit den bisherigen Befunden anderer Autoren überein, wonach die Eireifung bei der autogenen Form durch die hormonale Tätigkeit der Corpora allata, angeregt wird. b) Es besteht eine Relation zwischen Ovarentwicklung und Me- thioninsulfoxyd. Ein sich entwickelndes Ovar bedingt eine Anrei- cherung an Methioninsulfoxyd, das als Endprodukt des Stoffwech- sels von schwefelhaltigen Aminosäuren aufgefasst werden muss. RESUME. 1. Les acides aminés libres et les peptides décelés au moment de l’éclosion des adultes de Culex fatigans correspondent à ceux de Culex pipiens. L’auteur énumère les substances ninhydrine- positives identifiées. 2. Chez les femelles de pipiens la teneur en méthionine-sulfoxyde s’enrichit fortement du premier au cinquieme jour de l’eclosion, tandis que chez les femelles fatigans la concentration se maintient sensiblement stable. La ß-alanine chez les mâles de Culex fatigans est beaucoup plus abondante que chez les femelles, ce que CHEN (1958 a) a déja observé chez Culex pipiens. 3. Les expériences d’alimentation avec les substances énumérées ont montré que dans les conditions observées ces acides aminés FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 621 n’ont aucune influence sur Je développement ovarien. La matura- tion des ceufs n’est pas influencée non plus par l’alimentation des larves au sang. L’administration d’acides aminés ne provoque aucune modification histologique decelable dans les ovaires de l’adulte. 4. Les greffes d’ovaires homoplastiques et hétéroplastiques chez les femelles adultes ont montré: a) que l’incapacité des femelles fatigans de mùrir leurs ceufs sans absorber du sang ne réside pas dans l’ovaire mais dans le milieu. Les ovaires anautogenes de fatigans transplantes chez les jeunes femelles autogenes pipiens, produisent des ceufs mürs, ce qui n’est pas le cas dans les greffes contraires. Ce résultat confirme que la maturation des ceufs chez les formes autogènes est stimulée par l’activite hormonale des Corpora allata. b) qu'il existe une relation entre le développement et le méthio- nine-sulfoxyde. L’ovaire en se développant produit une augmen- tation de la teneur de cette substance qui doit étre considérée comme un produit final du métabolisme des acides aminés sulfurés. SUMMARY. 1. Using paper chromatography it was found that during adult development the pattern of free amino acids and peptides in Culex fatigans corresponds to that in Culex pipiens. The following nin- hydrin-positive substances have been identified: «-alanine, ß- ala- nine, arginine, aspartic acid, cystine, glutamine, glutamic acid, glycine, histidine, leucine/isoleucine, Iysine, methionine sulphoxide, proline, serine, taurine, threonine, tyrosine, valine/methionine and three peptides. 2. From the quantitative point of view methionine sulphoxide is an exception. In pipiens females the concentration of this subs- tance increases rapidly from the first to the fifth day after hatching, whereas in fatigans females its content remains more or less the same during the same period. In agreement with the previous work of CHEN (1958 a) on Culex pipiens ß-alanine occurs also in a dis- tinctly higher quantity in fatigans males as in females. 3. Larvae and adults were fed with either ß-alanine, methionine sulphoxide, histidine and valine/leucine individually, or mixtures 622 H. R. GEIGER of arginine, isoleucine, leucine, lysine, phenylalanine, threonine, tryptophan and valine, or all the amino acids listed above. Under the present experimental conditions these substances showed no influence on the development of the ovary. The ripening of the eggs was not affected by feeding the larvae with blood. Also no histo- logical changes could be observed after giving these amino acids. 4. By homo- and heteroplastic transplantations of ovaries in adult female mosquitoes the following results have been found: a) The failure of forming mature eggs in fatıgans females with- out blood meals is not due to the ovary, but the internal medium. The anautogenuous fatigans ovaries, after being transplantated into a young autogenuous pipiens female, produced ripe eggs. The opposite however was not true. This result is in agreement with the findings of previous authors, according to which the egg matu- ration in the autogenuous form is stimulated by the hormone activity of corpora allata. b) There is a positive correlation between the development of ovary and the content of methionine sulphoxide. The ovarian development leads to a gradual accumulation of methionine sulph- oxide which must be considered as a metabolic end product of the sulfur-containing amino acids. VII. LITERATUR AMANIEU, M., G. DucHatEAU, M. Frorkın und C. JEunıAux. 1956. Systèmes d'acides aminés non protéiques du plasma de l’hémolymphe au cours de la vie larvaire et nymphale de Bombyx mort. Arch. int. Physiol. 64: 518-519. AUCLAIR, J. C. and R. Dugreviır. 1952. A simple ultramicromethod for the quantitative estimation of aminoacıds by paper partion chromatography. Canad. J. Zool. 30: 109-113. BaLpwin, E. 1957. Biochemie. Einführung in ihre Dynamik. Verlag Chemie. Weinheim. S. 167. Bazz, G. H. and E. W. Crark. 1953. Species differences in aminoacids of Culex mosquitoes. System. Zool. 2: 138-141. Benz, G. 1957. Untersuchungen über die Wirkung der Letalfaktoren letal- bluter (lbl) und letal-polymorph (lpm) von Drosophila melanogaster. Z. indukt. Abstamm.- und VererbLehre 88: 78-114. FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 623 BopenstEIN, D. 1945. The Corpora allata of mosquitoes. Bull. Conn. agric. Exp. Sta. 488: 396-405. — 1947. Investigations on the reproductive system of Drosophila. J. Exp. Zool. 104: 104-152. Borssezon, P. DE. 1933. De l’utilisation des protéines et du fer d’origine vegetale dans la maturation des ceufs chez Culex pipiens. L.C.R. Soc. Biol., Paris. 114: 487-489. Buck, A. DE. 1935. Beitrag zur Rassenfrage bei Culex pipiens. Z. angew. Ent. 22: 242-252. Chen, P. S. 1958 a. Studies on the protein metabolism of Culex pipiens L. I. Metabolic changes of free amino acids during larval and pupal development. J. Ins. Physiol. 2: 38-51. — 1958 b. Studies on the protein metabolism of Culex pipiens L. II. Quantitative differehces in free amino-acids between male and female adult mosquitoes. J. Ins. Physiol. 2: 128- 136. — 1959. Studies on the protein metabolism of Culex pipiens L. III. A comparative analysis of the protein contents in the larval haemolymph of autogenous and anautogenous forms. J. Ins. Physiol. 3: 335-344. — und E. Haporn. 1954. Vergleichende Untersuchungen über die freien Aminosäuren in der larvalen Haemolymphe von Drosophila, Ephestia und Corethra. Rev. suisse Zool. 61: 437-451. — — 1955. Zur Stofjwechselphysiologie der Mutante letal meander (lme) von Drosophila melanogaster. Rev. suisse Zool. 62: 338-347. — und A. Künn. 1956. Vergleichende Untersuchung der freien Amino- siuren und Peptide während der Raupen- und Puppen- entwicklung verschiedener Genotypen von Ephestia küh- niella. Z. Naturf. 11 6: 305-314. — und C. Diem. 1961. Ninhydrin-positive substance found in the para- gonia of adult males of Drosophila melanogaster. D.I.S. Nomar GOI" CLark, E. W. 1952. The free amino acids in the whole bodies of culicid mosquitoes. Exper. Parasit. 1: 339-346. — and G. W. Barr. 1951. The free amino acids in the whole bodies of culicid mosquitoes. J. Parasit. 37: 29. CLEMENTS, A. N. 1956. Hormonal control of ovary development in mosqui- toes. J. exp. Biol. 33: 211-233. Dertinova, T. S. 1945. On the influence of glands of internal secretion upon the ripening of the gonads and the imaginal diapause of Anopheles maculipennis. Zool. Zh. 34: 291-298. Diem, C. 1961. Papierchromatographische Untersuchungen über den Pa- ragonienstofi der männlichen Imagines von Drosophila melanogaster. (Unveröffentlicht). 624 H. R. GEIGER Dimonp, J. B., A. O. Lea, W. F. HaHNERT und D. M. Detone. 1956. The amino acids required for egg production in Aedes aegypti. Canad. Ent. 88: 57-62. DrIiLHON, A. 1952. Etude du milieu intérieur de Macrothylacea rubi L. au cours de la diapause. C. R. Acad. Sci. Paris. 234:1913- 1915? EParussi, B. and G. W. BrapLE. 1936. A technique of transplantation for Drosophila. Amer. Naturalist. 70: 218-225. FAULHABER, I. 1959. Biochemische Untersuchungen zum Eiweiss-Stoff- wechsel der Letalmutante Lethal Giant Larvae (lgl) von Drosophila melanogaster. Z. VererbLehre. 90: 299-334. FiscHER, F. G. und H. Dörrer. 1953. Zur quantitativen Auswertung der Papierchromatogramme von Eiweiss-Hydrolysaten. Bioch. Zeitschr. 324: 544-566. Fox, A. S. 1956 a. Chromatographic differences between males and females in Drosophila melanogaster and role of x and y chromo- somes. Physiol. Zoòlogy. 24: 288-298. — 1956 d. Paper chromatographic studies of the effects of the lozenge pseudoalleles on free amino acids and peptides in Droso- phila melanogaster. Z. indukt. Abstamm.- und Vererb- Lehre. 87: 554-566. — C.G. Mrap and I. L. Munyon. 1959. Sex Peptide of Drosophila melanogaster. Science. 129: 1489-1490. Fruton, J. S. and S. Simmonps. 1953. General Biochemistry. John Wiley and Sons, Inc. New York. 795. GascHEN, H. 1932. Influence de la temperature et de la nutrition larvaire sur le developpement de Culex pipiens (race autogene). Bull. Soc. Pat. exot. 25: 577-581. GILLETT, J. D. 1958. Variation in the time of release of the ovarian deve- lopment hormone in Aedes aegypti. Nature. London. 180: 656-657. GOLDBERG, L. and B. pe MerLion. 1947. Further observations on the nutritional requirements of the larvae of Aedes aegypti L. Nature. 160: 582-583. GREENBERG, J. 1951. Some nutritional requirements of adult mosquitoes (Aedes aegypti) for oviposition. J. Nutr. 43: 27-35. Hackman, R. H. 1956. Changes in free amino acids of the blood of blowfly larvae at metamorphosis. Aust. J. Sci. Res. B 9: 400-405. Haporn, E. and H. K. MırcHerr. 1951. Properties of mutants of Droso- phila melanogaster and changes during development as revealed by paper chromatography. Proc. nat. Acad. Sci. Wash. 37: 650-665. — und E. Srumm-ZoLLInGER. 1953. Untersuchungen zur biochemi- schen Auswirkung der Mutante «letaltranslucida » (ltr) von Drosophila melanogaster. Rev. suisse Zool. 60: 506- 516. FREIE AMINOSÄUREN UND ADULTENTWICKLUNG 625 Hecut, 0. 1933. Die Blutnahrung, die Erzeugung der Eier und die Ueber- winterung der Stechmiickenweibchen. Arch. Schiffs.- u. Tropenhyg. 37: 125-211. Hosor, T. 1954. Egg production in Culex pipiens pallens coquillett. III. Growth and degeneration of ovarian follicles. Jap. J. med. Sei. Biol. 7: 111-127. KapLan, W. D., B. HocHman and J. T. Hoden. 1958. Occurrence of equal amounts of free Methionine in male and female Drosophila melanogaster. Science. 127: 471-472. KnIeErım, J. A. et al. 1955. Feeding adult mosquitoes on preserved blood to maintain egg production. Mosquito News. 15: 176-179. Larsen, J. R. 1958. Hormone-induced ovarian development in mosquitoes. Science. 127: 587-588. — and D. BopENSTEIN. 1959. The humoral control of egg maturation in mosquitoes. J. Exp. Zool. 140: 343-382. Laven, H. 1957. Vererbung durch Kerngene und das Problem der ausser- karyotischen Vererbung bei Culex pipiens. 1. Kernverer- bung, Z.indukt. Abstamm.- und VererbLehre. 88:443-477. — und P. S. CÙen. 1956. Genetische und papier-chromatographische Untersuchungen an einer letalen Mutante von Culex pipiens. Z. Naturf. 11 b: 273-276. Lea, A. O. et al. 1956. Role of diet in egg development by mosquitoes (Aedes aegypti). Science (Lancaster, Pa.). 123: 890-891. MARSHALL, J. F. and J. Statey. 1937. Some notes regarding the morpho- logical and biological differentiation of Culex pipiens and Culex molestus. Proc. Roy. Ent. Soc. London. 12: 17-26. MartTINGLY, P. F. 1952 .The problem of biological races in the Culex pipiens complex. Proc. Linnean Soc. London. 163: 53-57. — et al. 1951. The Culex pipiens complex. Trans. Roy. Ent. Soc. 102: 331-382. MEDNIKOWA, M. V. 1952. The endocrine organs Corpora allata and Corpora cardiaca of mosquitoes (Fam. Culicidae). Zool. Zh. 31: 676-685. In Russian. Mıcks, D. W. 1954. Paper chromatography as a tool for mosquito. Taxo- nomy: The Culex pipiens complex. Nature. 174: 217-218. — and J. P. Erris. 1951. Free amino acids in adult mosquitoes. Proc. Soc. Exp. Biol. and Med. 78: 69-72. — 1952. Amino acids in the developmental stages of the mosquito. Proc. Soc. Exp. Biol. and Med. 79: 191-193. MoLLRING, F. K. 1956. Autogene und anautogene Eibildung bei Culex L. Zugleich ein Beitrag zur Frage der Unterscheidung auto- gener und anautogener Weibchen an Hand von Eiröhren- zahl und Flügellänge. Tropenmed. und Parasit. 7: 15-48. OELHAFEN, F. 1961. Zur Embryogenese von Culex pipiens: Markierungen und Extirpationen mit UV-Strahlenstich. Wilhelm Roux’ Arch. Entwickl.-Mech. Org. 626 H. R. GEIGER RouBaup, E. 1929. Cycle antigène d’attente et générations hivernales sur- actives inapparentes chez le moustique commun, Culex pipiens. L. C. r. Acad. Sci. Paris. 188: 735-738. — 1933. Essai synthétique sur la vie du moustique commun (Culex pipiens). L’evolution humaine et les adaptations biolo- giques du moustique. Ann. Sci. nat. (Zool.). 16: 5-168. — and C. Toumanorr. 1930. Sur une race physiologique suractive du moustique commun, Culex pipiens L. Bull. Soc. Pat. exot. 23: 196-201. — et MEZGER. 1934. Influence du sang doiseau sur la fécondité du moustique commun, Culex pipiens L. Bull. Soc. Path. exot. 27: 666-668. RupoLrs, W. 1922. Chemotropism of mosquitoes. New Jersey agric. expt. Sta. Bull. 367: pp. 23. SARLET, H., G. DucHATEAU und M. Frorkın. 1952. Les acides aminés du milieu intérieur du Ver à sote au cours du filage. Arch. int. Physiol. 60: 126-127. Scumip, W. 1949. Analyse der letalen Wirkung des Faktors lme (letal meander) von Drosophila melanogaster. Z. indukt. Ab- stamm.- und VererbLehre. 83: 220-253. STEKOL, J. A. 1955. Synthetic pathways of methionine, cystine and threo- nine. In a Symposium on Amino Acid Metabolism, pp. 509-557, edited by W. D. McElroy and H. B. Glass, The John Hopkins Press. Baltimore. STUMM-ZOLLINGER, E. 1954. Vergleichende Analyse der Aminosäuren und Peptide in der Haemolymphe des Wildtypes und der Mutante « letal-translucida » (ltr) von Drosophila melano- gaster. Z. indukt. Abstamm.- und VererbLehre. 86: 126- 33. Tate, P. and M. Vincent. 1936. The biology of autogenous and anauto- genous races of Culex pipiens L. Parasitology. 28: 115-145. Twony, D. W. and L. E. RozeBoom. 1957. A comparison of food reserves in autogenous and anautogenous Culex pipiens popula- tions. Am. J. of Hyg. 65: 316-324. Weyer, F. 1935. Die Rassenfrage bet Culex pipiens in Deutschland. Z. Parasitenkde. 8: 104-115. WIGGLESWORTH, V. B. 1936. The function of the Corpus allatum in the growth and reproduction of Rhodnius prolixus (Hemip- tera). Quarterly J. of Microsc. Sci. 79: 95-132. YoELY, M. and G. G. Mer. 1938. The relation of blood feeds to the matu- ration of ova in Anopheles elutus. Trans. Roy. Soc. trop. Med. Hyg. 31: 437-444. REVUE SUISSE DE ZOOLOGIE 627 Tome 68, n® 41 — Decembre 1961 Variation, Sexualdimorphismus, Wachstum und Taxionomie von Vipera ursini (Bonaparte, 1835) und Vipera kaznakovt Nikolskij, 1909. von Eugen Kramer Kollbrunn (Zürich) Mit 9 Textabbildungen und 3 Tafeln. INHALTSVERZEICHNIS Seite IRR RIME ARR NB O SIR ete 0028 Jaminstituces Museen. ETIAM O MI Ur 082 Salethodens Bezeichnungen 2 et m fe OSS NESS SENALES RIESE ARTEN. OR MONTATA SON Eee OSS Berechnungens Ah Jam A ER aiuta OS Beschreibungen. (er Mi here ben As sach 1033 Dehmtionen Abkürzungen te PU u n 1634 Darstellunosderzhesultaten sme. CR ol ZeaBestimmungsschlüusselän alas en ns rer tn ae ok OOS 5. Vergleich von Tieflandsform (V. u. rakosiensis) mit Bergform VERT SUTLUL) WIR PTE SONIA IAS RT RR EN CSA DEAD Materialien, can. cuor anda rm nen: DB BIOLO DEN i IRRITANTI DES Verhalten, Kemperamentz un e ee 0653 yea Nalmunesgltemdere me N ole. ta DO Se Se LCi MUM Oa we, LT NE Re RN ALONG TROMBE UNO EEE CRT METEO Usa OOS Rev. SUISSE DE ZooL., T. 68, 1961. 45 628 E. KRAMER Seite 5.7. Beschuppung . . 670 5.8. Fortpflanzung, Geschlechtsreife, Wachstumsgrenze 686 5.9. Allometrisches Wachstum . . . . MT MOSS 6. Populationentostlich*der®Do0nai 22> Er] Gel Matertal NM Er UT RE RON RO RE OSS) 6.2. Variationsbreite . . ee. 700) 6.2.1. Nordwestliche Steppenform MT 700 6.2.2. Südöstliche und südwestliche Steppentorm 700 6.2.3. subalpine Horm, = ere 701 Ta Viperatkazzialogi ve o To Material. e EU der EI EE 725 Variationsbreite rn. att FN 40 RC ea ee (0) 8. Vipera tigrina . . oo goes a JO Seale Originalbeschreibung (Uebersetzung aus dem Rus- sischen)E ms ur ee at. 708 8.2... Materiale 22 ea ee he eect eS 9. Phylogenetische Deutung und Ausbreitungsgeschichte . . . 708 10. Taxionomische Ergebnisse, Synonymliste . .. ... . 2.00 7:2 11... Resume, Summary U A 8 i MN ZIO, 12. Zutierte Literatur ys ae en ER SRE Ele 1. EINLEITUNG In den Jahren 1955 bıs 1959 führten mich verschiedene Reisen nach Südostfrankreich und Mittelitalien, auf welchen ıch nebst vielen andern Arten auch Spitzkopfottern fing. Als ich einmal Säcke mit lebenden Tieren heimbrachte, geriet der Inhalt zweier Beutel versehentlich durcheinander. Als ich nun im Terrarium die ursinit französischer und italienischer Herkunft wieder trennen wollte, stellte ich plötzlich fest, dass ein eindeutiges Unterschei- dungsmerkmal offenbar nicht vorhanden war. Damit begann mein Studium des ursinti-Problems. Etwas später traf ich mit Herrn Dr. Forcarr (Basel) zusammen, der sich sehr für dieses Problem interessierte und auch bereits ver- schiedenes Material untersucht hatte. Er war zum vorläufigen Schluss gelangt, dass verschiedene Populationen auf Grund mangel- VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 629 hafter Analysen zu geografischen Rassen erhoben worden waren. Obwohl ich selbst französische und italienische Tiere nicht mit Sicherheit auseinanderhalten konnte, glaubte ich anfänglich, dass sich bei genauerem Studium bestimmt Unterschiede finden lassen müssten, lagen doch die beiden erwähnten Fundorte geografisch weit auseinander; ferner vermutete ich, dass die Populationen längst auch genetisch voneinander isoliert wären. Herr Dr. Forcart überliess mir grosszügig die gesamte Bear- beitung des Problems, war mir bei der Beschaffung von Material und Literatur behilflich und stand mir jederzeit mit Rat und Tat bei. Ihm möchte ich an dieser Stelle in erster Linie meinen herz- lichen Dank aussprechen. Es schien mir wichtig, neben der ursinit-Gruppe auch diejenigen Tiere zu untersuchen, die dieser Art nahestehen, speziell Vipera kaznakovi und Vipera berus, letztere dort, wo ihr Verbreitungs- gebiet an dasjenige von ursinit anstösst. Besonders wünschenswert wäre es gewesen, aus dem Gebiet des Kaukasus, dem nordwest- lichen Persien, aus Turkestan und dem Altai eine grössere Anzahl Tiere mit genauen geografischen und ökologischen Unterlagen untersuchen zu können. Leider war mir dies bis heute noch nicht möglich; einerseits scheinen aus grossen Gebieten tatsächlich nur Einzelstücke ohne genaue Angaben vorzuliegen, andererseits war es nicht möglich, das Material aus der USSR zu bekommen. Gründ- lichere herpetologische Studien der erwähnten Gebiete würden wohl nicht nur weitere Rassen erkennen lassen, sondern auch verschie- dene Probleme der verwandtschaftlichen Beziehungen und der Ausbreitungsgeschichte dieser Gruppe klären. Die europäischen Fundorte wurden, wie gesagt, zu verschiedenen Malen bereist, wobei ich auch feststellen wollte, ob in der Zwischenzone (italie- nisch-französische Grenze und nördlicher Appennin) keine ursinit mehr anzutreffen seien. Obschon das Gebiet faunistisch als gut erforscht gilt, kann man immer wieder Ueberraschungen erleben, da viele Funde dem Zufall und nicht systematischem Sammeln zu verdanken sind. Das Resultat fiel allerdings negativ aus: ich konnte nur Vipera aspis finden, was meines Erachtens mit grosser Wahr- scheinlichkeit Vipera ursinit ausschliesst (vergl. 5.2). Nachzu- weisen, dass eine Art in einem bestimmten Gebiet nicht auftritt, erfordert allerdings ein sehr eingehendes Studium dieser Zone. Den Hauptteil des untersuchten Material bildete die grosse 630 E. KRAMER Sammlung des Wiener Museums. Sie ermöglichte es, an einer homoge- nen Stichprobe statistische Untersuchungen zu machen, die Varia- tionsbreite und Streuung verschiedener Merkmale festzustellen und damit die übrigen, wesentlich kleineren Stichproben zu vergleichen. Zu Beginn der Untersuchung verfügte ich nur über 77 ursinit verschiedenster Herkunft meiner persönlichen Sammlung. An jedem Individuum dieses Materials wurden über 30 Schädelmes- sungen vorgenommen, um die von MÉHELY (1911: 217, 218) an- geführten Merkmale nachzuprüfen. Schon an diesen relativ wenigen Exemplaren erwiesen sich verschiedene dieser Charakteristika inner- halb geografischer Einheiten als derart variabel, dass es nicht sinnvoll schien, diese Messungen im Grossen durchzuführen. Nach- dem aus verschiedenen Museen das Material auf 120 Exemplare aus dem gesamten Verbreitungsgebiet ergänzt worden war, wurde neuerdings eine Analyse vorgenommen. Dies ist der Grund, weshalb nicht bei allen Messungen dieselben Individuenzahlen angegeben sind. Von der Wiener Sammlung wurde dann zum Schluss etwa die Hälfte des niederösterreichischen Materials in die Untersuchungen einbezogen. Es ist nicht anzunehmen, dass der Einbezug der andern Hälfte wesentlich neue Informationen ergeben hätte. Wo dies der Fall sein könnte, habe ich es jedesmal speziell erwähnt. Natürlich wäre eine Vergrösserung der Variationsbreite zu erwarten und liessen sich genauere statistische Aussagen machen. Die nötige Zeit für weitere solche Arbeiten stand mir einfach nicht zur Verfügung. Ein grosses Hindernis für einen raschen Ablauf der Messungen war der teilweise sehr schlechte Konservierungszustand der Tiere. Sie wurden meist nicht für wissenschaftliche Untersuchungen ge- fangen, sondern auf dem Areal des Schlosses Laxenburg totge- schlagen, damit der kaiserliche Hofstaat unbesorgt von ihrer Giftigkeit lustwandeln konnte. So gelangten sie oft verstümmelt und auch bereits in leichtem Fäulniszustand zur Konservierung. Aus diesen technischen Gründen konnten nicht alle Messungen an jedem Individuum ausgeführt werden, was eine Diskriminanz- analyse, wie sie am Anfang der Untersuchung geplant war, sehr erschwerte. Schliesslich musste ich, wiederum aus Zeitgründen, darauf verzichten. Ich hoffe aber, auch ohne diese genügend brauch- bare Resultate angeben zu können; Statistik ist ja nur ein Hilfs- mittel für zoologische Untersuchungen, und man muss sich hüten, davon allzu extensiven Gebrauch zu machen. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 631 Für die Leihgabe von Material habe ich zu danken: den Herren J. C. Batrerssy (British Museum), Dr. J. E. BOHLKE (Philadel- phia), Dr. J. S. DarEvsK1J (Erevan), Prof. Dr. J. Gui (Paris), Dr. W. HeLLmicH (München), Prof. Dr. R. Mertens (Frankfurt), T. MvsueuisviLı (Tbilisi), Dr. S. A. Cernov (Leningrad) und Dr. H. WeRMUTH (Berlin). Für die Ueberlassung eines Arbeitsplatzes danke ich Frau Dr. L. Rossi (Turin) und ganz speziell den liebenswirdigen Wiener Herren Dr. J. ErseLt und Prof. Dr. O. Wertrstein. Leider war es unmöglich, vom letzten Revisor der ursinz-Gruppe, Herrn E. So- cHUREK (Wien) detaillierte Angaben, Auskünfte und zusätzliches lebendes Material zu erhalten. Als gewandter Tierfänger und guter Kenner der Biotope hätte er sicher wertvolle Ergänzungen geben können; auf meine Anfragen hin erhielt ich nur kommentarlos einige Separata zugestellt. Es ist dies deshalb erwähnenswert, weil ich seine Rassentrennung nicht übernehmen kann und mich so in Gegensatz zur systematischen Gliederung in der neuesten Liste der Amphibien und Reptilien Europas von MERTENS & WERMUTH (1960) stelle. Für die Bestimmung der Orthopterenlarven danke ich Herrn Dr. A. Huser (Basel), für diejenige der Mollusken Herrn Dr. L. Forcart (Basel). Die Pflanzenbestimmungen verdanke ich Herrn Prof. Dr. J. Braun-BLANQUET (Montpellier). Den Herren Dr. A. BEnac (Sarajevo), Dr. J. E. BOHLKE (Phila- delphia), Dr. J. ErseLT (Wien), Dr. M. Janiscu (Budapest) und Frl. Dr. A. Granpison (London) danke ich für Auskünfte über spezielle Belegexemplare. Herr Dr. J. E. Funn (Bucarest) hat mir wertvolle Angaben über die rumänischen Populationen gemacht und war mir bei der Lite- raturbeschaffung behilflich. Im Austausch habe ich von Herrn Sr. Vancea (Jasi) aus der Moldau und dem Donaudelta, von Herrn Dr. M. Janısch (Budapest) aus der ungarischen Tiefebene eine Anzahl lebender Tiere erhalten. Die Stadtbibliothek Winterthur besorgte mir alle notwendigen Bücher; zum Teil mussten sie durch Vermittlung der Schweize- rıschen Landesbibliothek aus Russland und Italien beschafft werden. Für die grosse Arbeit, welche meine Wünsche ihnen stets verursachen, spreche ich hier Fräulein E. HAEMmMERLI und Herrn J. SCHELLENBAUM meinen besten Dank aus. Besonderen 632 E. KRAMER Dank schulde ich auch Herrn Dr. E. DesunG (Winterthur), der meine Anliegen immer wohlwollend prüft und mir das Literatur- studium ganz wesentlich erleichtert. Frau RITTER (Sarajevo) und Herr MinatLinovic (Sarajevo) haben mir bei der mühsamen Arbeit, die jugoslawischen Fundorte zu präzisieren, geholfen. Zum Teil sind die Namen auf den Eti- ketten und in der Literatur veraltet, zum Teil falsch verstanden und ungenau geschrieben worden. Herr Prof. H. R. ScHınz (Zürich) hatte die Freundlichkeit, mir in seinem Laboratorium Röntgenaufnahmen von 33 ursinii machen zu lassen, wofür ich ihm an dieser Stelle nochmals meinen Dank ausspreche. Dem Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissen- schaftlichen Forschung verdanke ich den Beitrag für die Anschaf- fung einer fotografischen Ausrüstung und einer Stativlupe. Für Berichtigungen und wertvolle Anregungen bei der Durch- sicht des Manuskriptes danke ich den Herren Dr. J. EiseLT (Wien), Dr. L. Forcarr (Basel), Prof. Dr. W. Jennı (Zürich), Prof. Dr. K. Kaurmann (Winterthur), Dr. J. A. Peters (Northridge) und Prof. Dr. O. WETTSTEIN (Wien). Die Textfiguren 1 und 4 stammen von Herrn GARRAUX (Basel), dem ich für die sorgfältige Ausführung bestens danke. Herr H. SCHNURRENBERGER (Zollikon, Schweiz) hat das Ma- nuskript abgeschrieben und verschiedene Verbesserungsvorschläge gemacht, wofür ich ihm herzlich danke. 2. INSTITUTE, MUSEEN Academy of Natural Sciences of Philadelphia . . . ANSP British Museum (Natural History). . . toe Ai BM Georgisches Staatsmuseum, Zool. Abt. Thilisi (=Tiflis) ZMT Istituto e Museo di Zoologia, Torino ....... IMZT Muséum national d’Histoire naturelle, Paris . . . . MHNP Naturhistorisches/ Museum? Wien <0 Ni ee MW Sammlung Kramer. . . ART LE SK Senckenberg Museum Danton le re SMF Zoologisches Institut Erevan (Armenien) . . . . . . ZIE Zoologisches ‚Museum@Berline kr Caen eee ZMB VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 633 Zoologisches Museum (Academy of Sciences) Leningrad ZML Zoologische Sammlung des Bayerischen Staates Mün- Cheney er ug! ZSBM 3. METHODEN, BEZEICHNUNGEN MESSUNGEN Sämtliche Messungen wurden an fixiertem Material vollzogen. Die äusserst flexible Mechanik des Schädels erschwert eine exakte Fixpunktbestimmung für Kopfmessungen. Die unter den « Defini- tionen » festgelegten Bezeichnungen geben zu verschiedenen Ein- wänden Anlass. Grundsätzlich standen bei der Wahl der Abstände folgende Gesichtspunkte im Vordergrund: 1. Möglichst rasche Durchführung der Messungen, 2. Messungen, die von aussen her durchführbar sind, 3. Messungen, die möglichst unabhängig von der Deformation des fixierten Schädels sind. Die Kopfmessungen wurden bei 10-facher Vergrösserung mit einer Stativlupe gemacht, ein Skalenteil entspricht dabei 0,14 mm. Schwanz- und Gesamtlänge werden in mm, alles Uebrige in Skalenteilen der Lupe ausgedrückt. BERECHNUNGEN Den statistischen Berechnungen liegt eine Irrtumswahrschein- lichkeit von 5% zugrunde, was zu beachten ist, wenn aus Beobach- tungen an einer Stichprobe Aussagen über die Grundgesamtheit gemacht werden. Häufigkeiten in Prozentzahlen beziehen sich auf die Stichprobe, wenn eine einzelne Zahl angegeben ist. Bei Aussagen über die Grundgesamtheit werden die untere und die obere Mutungs- grenze angegeben. In der Darstellung des Säulendiagramms (Fig. 2) wurde das Verfahren der gleitenden Durchschnitte (mit dreigliedriger Ausgleichung) verwendet. BESCHREIBUNG Bei der Auszählung der Schuppen beginne ich an der kopf- nächsten Partie. 634 E. KRAMER Die Schuppenreduktionen von Rumpf- und Schwanzoberseite werden nach den Formeln von DowLinG (1951 a) dargestellt, unter Berücksichtigung der von DueLLMAN (1958: 9) vorgeschlagenen Vereinfachung. Den Farbbeschreibungen liegt die Terminologie von PaAcLT (1958) zugrunde. Die Farbangaben beziehen sich auf lebende, nicht direkt vor der Häutung stehende Tiere. DEFINITIONEN, ABKÜRZUNGEN FÜR KOPFBEZEICHNUNGEN (Velia ML)E Wenn möglich habe ich Begriffe verwendet, die in der Literatur gebräuchlich sind; so erscheint z. B. der Ausdruck « Intercantha- lia» bereits in KLAUBER (1956: 95), wobei allerdings gelegentlich eine Einschränkung für den hier vorliegenden Fall notwendig wurde. Die Termini « normal », « gewöhnlich » sind zum ersten Mal von OLIVER (1948: 166) genau umschrieben worden. Ich brauche diese Ausdrücke für Aussagen über die Stichprobe und über die Grundgesamtheit und habe die Definitionen entsprechend erweitert. « apical»: in Richtung der Schnauzenspitze gelegen. « Augendurchmesser »: siehe « Horizontaler Augendurchmesser » resp. « Vertikaler Augendurchmesser ». « breit»: bezieht sich auf eine Ausdehnung senkrecht zur Körper- achse. « caudad »: schwanzwärts. « caudal»: in Richtung der Schwanzspitze gelegen. « Costales »: Schuppen der Rumpfoberseite (= squamae costales). « cranial»: in Richtung des Kopfes gelegen. « Ex.»: Exemplar{e]. « Frenalstück» = F: Abstand vom vordersten Augpunkt zum vor- dersten Punkt des Nasale. « gelegentlich »: a) Stichprobe: in 25 bis 75% der Fälle beobachtet. b) Grundgesamtheit: Mutungsgrenzen liegen zwischen 25 und TSS « Gesamtlänge» = L: Schnauzenspitze bis Schwanzspitze. « gewöhnlich »: a) Stichprobe : in mehr als 75% der Fälle beobachtet. Diese Aussage ist als Arbeitshypothese oder Deutungsver- such einer Aussage über die Grundgesamtheit zu werten. b) Grundgesamtheit : Mutungsgrenzen zwischen 75 und 100%. «häufig = « gewöhnlich ». VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 635 «hoch »: bezieht sich auf eine Ausdehnung senkrecht zur Körper- achse. « Horizontaler Augendurchmesser» = HA: Abstand der die Augen begrenzenden Schuppenränder, auf halber Augenhöhe ge- messen. « Indices»: i, = 100 K: L HOUSE ee OO Mec Ke OO EPA VASI 10 ON A = © Epes — ol OORT AIR « Intercanthalia»: Schuppen auf der Schnauzenoberseite, einge- fasst rostral durch das Apicale (oder die Apicalia), lateral durch die Canthalia und caudal durch eine Gerade, welche die Vorderränder der Supraocularia berührt. « Interocufrontalia »: Schuppen oder Schilder zwischen den Supra- ocularia und dem Frontale. « Kopfbreite » = B: Abstand der äussersten Punkte der Augäpfel, von oben betrachtet. « Kopflänge» = K: Vorderrand des Apicale zum Hinterrand des Parietale. Gemessen wurde dieser Wert nur bei Individuen, bei denen die Sincipitalschilder caudal nicht in Schuppen aufgelöst waren. «lang»: bezieht sich auf eine Ausdehnung parallel zur Körperachse. « Maxillaria »: die den Labialia aufliegenden Schuppen. Meist in einer kontinuierlichen Reihe, in der jede Schuppe ihren Nach- folger berührt. «normal» == « gewöhnlich ». « Oberlippenh6he » = OL: Abstand vom tiefsten Augenpunkt zum Lippenrand. «rostrad »: in Richtung der Schnauzenspitze. «rostral» = «apical». « Schwanzlänge» = S: Hinterrand des Anale zur Schwanzspitze. «selten »: a) Stichprobe: in weniger als 25%, beobachtet. b) Grund- gesamtheit: Mutungsgrenzen zwischen 0 und 25%. « Sincipitalschilder »: Frontale und Parietale. «Subcaudalia» = Sc: paarige Schuppen der Schwanzunterseite, ohne den unpaarigen Schwanzdorn an der Spitze. « Ventralia » = Ve: unpaarige Bauchschuppen. Als erstes Ventrale zählte ich eine Bauchschuppe, die mehr als 1/3 mal so breit ist wie diejenigen Bauchschuppen, die zwei Kopflängen caudal liegen. Die Methode liefert dieselben Resultate wie diejenige KLAUBERS(1956: 99). Leider bin ich zu spät auf die Definition 636 E. KRAMER Dowrinss (1951 b) aufmerksam geworden. Immerhin dürften die verschiedenen Auszählungen nur unwesentliche Aenderun- gen ergeben und sich jedenfalls statistisch nicht auswirken. ela u, - ee LR hinterste 3 Maxillaria (6) 1 2 cm lt LEER N 1.Ventrale Gularia RG At (abe): Kopfschilder und -masse von Pelias ursinit Bonaparte, 1835. Lectotypus ANSP 6915. B = Kopfbreite K = Kopflänge F = Frenalstück OL = Oberlippenhdhe Gu = Gularia 1.Ve = erstes Ventrale HA = Horizontaler Augendurchmesser VA = Vertikaler Augendurchmesser VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 637 Die Definition der Farbausdrücke wurde in das Kapitel 6.6 eingeschoben, wo diese Termini anschliessend verwendet werden. Bei der Wahl der deutschen Namen habe ich mich nicht an die Liste von Mertens & WERMUTH (1960) gehalten, sondern an die von den amerikanischen Herpetologen (Copeia (1956): 172) for- mulierten Grundsätze. Der Transkription slawischer Namen und Titel habe ich die « Instruktionen für die Alphabetischen Kataloge der Preuszischen Bibliotheken », 2. Ausgabe 1908, Berlin 1915, zugrunde gelegt. Seit- her sind Bestrebungen im Gang, die Transkription oder besser Transliteration auf internationaler Basis zu vereinheitlichen. Die modernen Vorschläge (GILAREVSKIJ (1955), Kent (1956)) bringen nur unwesentliche Abweichungen von den genannten Preussischen Instruktionen; sie betreffen in meinem Fall nur den russischen Buchstaben x, der je nachdem mit h, ch oder kh umschrieben wird. Ich habe mich an den Vorschlag der Organisation Mondiale gehalten und x mit h wiedergegeben. Eine ausführliche Darstellung des Problems findet man im Bull. Bibl. France 6 (6) 1961: 283-292, in einem aus dem Russischen ins Französische übersetzten Artikel von R. S. GILAREVSKIJ & N. V. KryLova mit dem Titel: « Translittération en caractères latins des notices bibliographiques redigees dans les langues des peuples de PURSS >». DARSTELLUNG DER RESULTATE Ich beginne mit der Besprechung des westeuropäischen Mate- rıals, für das die Analyse als abgeschlossen betrachtet werden darf. Dann folgt die Beschreibung des osteuropäischen und asiatischen Materials, wo immer noch viele Fragen unbeantwortet bleiben, was — wie bereits erwähnt — auf sehr lückenhafte Angaben und die kleine Individuenzahl aus einem vergleichsweise sehr grossen Ver- breitungsgebiet zurückzuführen ist. Bei den westeuropäischen Formen wurde eine erste Trennung in die folgenden geografischen Einheiten vorgenommen: 1. Niederösterreich, 2. Ungarn, 3. Jugoslawien, 4. Mittelitalien, 5. Südostfrankreich. 638 E. KRAMER Innerhalb dieser Gruppen wurde getrennt nach Geschlechtern. Es zeigte sich aber, dass der geografischen Gruppierung keine systematische Unterteilung entspricht. So habe ich die beiden ersten und die drei letzten Gruppen zu einer neuen Einheit zusammenge- fasst und teilweise auch die Trennung nach Geschlechtern aufge- hoben. Nur dort wo Unterschiede, Gradienten oder Sexualdimor- phismen zu erkennen waren, wurde die ursprüngliche Einteilung beibehalten. Die systematischen Resultate wurden zu einem Bestimmungs- schlüssel zusammengefasst, der aber mit Vorsicht zu handhaben ist. Ohne Kenntnis des Fundortes (und speziell der Höhe) ist eine genaue Zuordnung des Einzelindividuums nur in 75% der Fälle zu erwarten. Eine Messung der im Text verwendeten Indices und der Vergleich mit den dort angegebenen Resultaten wird diese Quote so vergrössern, dass sich in höchstens 10% der Fälle Ueberlap- pungen einer Rasse A mit höchstens 10% der Fälle einer Rasse B ergeben. 4. BESTIMMUNGSSCHLÜSSEL FÜR DIE GEOGRAFISCHEN RASSEN VON Vipera ursinit (Spitzkopfotter) (vergl. dazu die Karte über das Verbreitungsgebiet). 1.1. Costales zwischen dem 30. und 40. Ventrale in 21 Reihen, Canthus leicht erhöht, selten flach, meist 9 Labialia Vipera ursinit renardı Steppenotter Vom Altai und Semirjetenks-Gebiet westwärts durch Turke- stan, die Kirgisensteppe und das südliche Russland (Arme- nien, Kaukasus) bis Bessarabien und bis und mit Donau- delta. — + Ni 1.2. Costales zwischen dem 30. und 40. Ventrale in 19 Reihen, Canthus flach, gelegentlich leicht erhòht, meist 8 Labialia: 2 to > Rumpfunterseite weiss bis grau mit schwarzen Flecken; Post- ocularstreifen bedeckt das drittletzte Maxillare höchstens zur Hälfte; 19 Costales beim 7. Ventrale; Sincipitalschilder ge legentlich (33) bis häufig (99) unregelmässig; 3-4 Gularia; Maximallänge 450 mm Vipera ursinit ursinit Karstotter VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 639 Frankreich: Basses Alpes. Italien: Abruzzen Mittelitaliens. Balkanhalbinsel: Bosnien, Herzegowina, Montenegro, Alba- nien, Makedonien, Nordwestbulgarien, Insel Krk (= Veglia). Bergform, über 1000 m. (Ausnahme: Krk). 2.2. Rumpfunterseite grau bis schwarz mit weissen Flecken; Post- ocularstreifen bedeckt des drittletzte Maxillare mehr als zur Hälfte; 21 Costales beim 7. Ventrale; Sincipitalschilder ge- wöhnlich vollständig; 4-5 Gularia; Maximallänge 550 mm Vipera ursinit rakosiensis Wiesenotter Donaubecken, von Wien an südwärts bis 45° 30’ N.B., in Transsylvanien (Umgebung von Cluj) und vereinzelt östlich des Eisernen Tores in der Moldau, westlich des Pruth. [Im Donaudelta selber lebt V. u. renardi]. Sumen (Bulgarien) ? Tieflandform, unter 250 m. 5. VERGLEICH VON TIEFLANDSFORM (V. u. rakosiensis) MIT BERGFORM (V. u. ursinii) 5.1. MATERIAL Vipera ursinit rakosiensis aus Niederösterreich. Untersucht, aber ın der Statistik nicht verwendet: MW: Laxenburg (564 Ex. + 3 Köpfe: 16263, 16264, 16267, 16270, 16271, 16272); weitere Ex. von Traiskirchen, Guntramsdorf, Aachau bei Laxenburg, Münchendorf, Traiskirchen-Münchendorf, Kaiser- Ebersdorf, Marienthal, Ebergassing, Schwechat, Wiener- herberg, Bruck a. d. Leitha, zwischen Parndorf und Neusiedl, zwi- schen Weiden und Podersdorf. Die meisten dieser Fundorte sind in SCHWARZ (1956: 185) zitiert; ich habe sie alle überprüft, da sich in jener Arbeit verschiedene Ungenauigkeiten befinden. Untersucht und in der Statistik verwendet: Baxenbursa2(BM 367,22: 9272 4.925948, 9372 4107932.62124, 94.1.22, 97.7.31; MHNP 2 Ex., 95-120; MW 475 ausgewählte Ex. aus 13198, 16265, 16266, 16268, 16269, 16273, 16349); Moosbrunn (BM 10 Ex., 93.10.31, 98.4.11); südöstlich Grammatneusiedl (SK 640 E. KRAMER 9 Ex., 942-944, 1466-1471); Fischamend (MW 1 Ex., 7000); Bruck a.d. Leitha (BM 5 Ex., 1900.3.29); Parndorf (BM 6 Ex., 95.3.1); « Niederösterreich» (MW 1 2 mit 10 Jungen 16353, MHNP 1 Ex. 98-334); « Wien» (ZMB 4 Ex., 14016, 14259); « Leitha» (BM 3 Ex., 97.7.22); ferner 63 Embryonen aus Glas 16357 MW. Literaturzitate: Scuwarz (1936: 185), Melk (Museum des Stiftes Melk). Geografisch ist es möglich, dass die Wiesenotter nördlich bis Melk vorgestossen ist, doch fehlt sie hier heute. Dasselbe gilt für die von F. WERNER (1913: 480) angegebenen Stellen: nach Kirch- roth gegen Westen bis zu den Abhängen der Anninger Höhe, süd- wärts bis Traiskirchen und Tribuswinkel, Mittendorf, Ebreichs- dorf a. d. Leitha. Vipera ursinit rakosiensis aus Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Untersucht und in der Statistik verwendet: Rakos, Budapest, Ungarn (BM 1 Ex., 94.1.22). BOULENGER und MEHELY standen in den Jahren 1893/94 im Briefwechsel über das ursini-Problem. Zu dieser Zeit schickte MEHELY offenbar im Tausch gegen ein Laxenburger Exemplar das unter No. 94.1.22 im BM deponierte Stück an BouLENGER. Es ist anzunehmen, dass das Tier bei der Abfassung der Originalbe- schreibung (1894: 190) vorlag, obschon BouLENGER keinen diesbe- züglichen Vermerk ım Katalog (1896: 474 Exemplar m) gemacht, hat. Es liegen im Britischen Museum über diese Erwerbung über- haupt keine Angaben vor. Die in Ungarn deponierten Ex. von MEHELY sind alle in den Wirren von 1956 vernichtet worden. Ich halte es für angezeigt, das Ex. zum Lectotypus zu designieren und gebe nachstehend eine knappe Beschreibung: Q, Gesamtlänge 490 mm, Schwanz 45 mm, 1 Apicale, 4 Inter- canthalia, 2/2 Interocufrortalia, Sincipitalschilder regelmässig, 138 Ventralia, Anale ungeteilt, 23/23+1 Subcaudalia, 8 Labialia, 10/9 Sublabialia, von denen die ersten 4 die Inframaxillaria be- rühen, 4 Gularia zum 1. Ventrale. Schuppenformeln: ö —-4 (53) 9 ee) (0) ESS) MR LAO) SEI) Rumpf: 23 VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 641 3+4(9) g —3 (15) a) rs) Wiesen der Gemeinde Dabas, Komitat Pest, Ungarn (SK 21 Ex. 9, 128, 129, 133, 358-361, 364-366, 376, 993-995, 2214-2217, 2413, 414); Kumpeszer, Komitat Pest, Ungarn (SK 2 Ex. 2218, 2219, lebende Ex.). Valea lui David, Jasi, Rumänien (ZSBM 1 Ex. 5/59, SK 2 Ex. 2000, 2001). Die ungarischen Tiere gehören eindeutig zur rakosiensis- Rasse, ebenso die Population um Cluj, welche bereits von MEHELY (1895) erwähnt wird. Nach den neuesten Ergebnissen von STUGREN (1955: 59) scheint aber hier nur das Vorkommen um Szenafüvek bei Koloszvär bestätigt zu sein, während in Bükk bereits V. b. berus allein auftritt. DeLy & JANISCH (1959: 30, 31) deuten allerdings an, dass ein Zusammenleben der beiden Formen möglich ist. Ich habe mich dem Problem der sympatrischen Vorkommen ange- nommen (5.2) ohne je ein Gebiet gefunden zu haben, wo sich die geäusserte Vermutung bestätigt hätte. Ich vermute, dass das bei STUGREN (1955: 61) mit No. 2 be- zeichnete Ex. trotz der Kopfbeschuppung eine V. berus ist. Da nicht für jedes Ex. der genaue Fundort mit der Biotopangabe versehen ist und ich die Belegstücke auch nicht zur Einsicht erhalten konnte, habe ich darauf verzichtet, die Messresultate in meiner Statistik zu verwenden oder sie überhaupt mit meinen Messungen zu ver- gleichen. Schwanz: 10 e D DI Or Die Exemplare aus Jasi stammen aus einem Gebiet, in dem Zwischenformen von renardi und rakosiensis auftreten (VANCEA & Ionescu 1954: 245, Karte). Wendet man den Bestimmungs- schlüssel auf diese Exemplare an, so fallen ZSBM 35/59 und SK 2000 unter rakostensis, SK 2001 unter renardi. Literaturzitate: MenéLy gibt an, dass Vipera ursini (er meint damit rako- siensis) in Slawonien vorkommt. Nach Borkay & Curétié (1920: 183) bezieht sich diese Bemerkung auf ein adultes 9 im Museum von Budapest, das leider verschollen ist. Der Fundort ist von vielen Autoren übernommen worden, u.a. Karaman (1921, 1939 a); Mertens & MU rer (1928); Mertens & WeRMUTH (1960). Es scheint mir wahrscheinlich, dass das Ex. in der Nähe der ungarisch- jugoslawischen Grenze zwischen Donau und Drau gefangen wurde. 642 E. KRAMER Die nächst gelegenen genau bekannten Fundpunkte befinden sich dann ca. 150 km weiter im Norden, bei Kekskemét (Tazlarpuszta und Pusztaszentmihäly). Ich habe dieser Angabe in der Verbrei- tung so Rechnung getragen, dass ich die südliche Grenze in der österreichisch-ungarischen Tiefebene bei 45° 30° ansetzte. Schwierig ist die Beurteilung der bulgarischen Tiere, da ich diese nur aus der Literatur kenne (BuRES & Zonkov, 1934). Die Stücke aus Nordwestbulgarien gehören geografisch zur Bergform, hingegen erinnert der Verlauf des Postocularstreifens und des Keulenflecks an die Tieflandsform (vergl. 5.5). Möglicherweise haben wir hier die Stücke einer Uebergangsform zwischen den beiden Rassen V. u. ursinit und V. u. rakosiensis vor uns. Die Tiere aus Sumen dürften hingegen zu rakosiensis gehören, wie es offenbar auch MERTENS & WERMUTH (1960: 203) vermuten. Herr Dr. J. E. Funn (Bucarest) beurteilt die in Rumänien auf- tretenden Populationen wie folgt (ex littera): 1. Umgebung von Cluj: V. u. rakosiensis. ND . Umgebung von Jasi und im Süden der Moldau: V. u. ra- kosiensis Z V. u. renardi. 3. Küstendünen und alluviale Aufschüttungen im Gebiet des Donaudeltas: V. u. renardı. Die bei Bacescu (1936: 30) beschriebene und später (1938: 8) abgebildete Viper ist eine Vipera berus. In Bacescu (1941: 63) wird neben Jasi noch das Ufer der Bärlad zwischen Zorleni und Tecuci als Fundort erwähnt und auf die Uebergänge mit renardi (64) aufmerksam gemacht. Ich möchte ferner auf die gleitenden Uebergänge von den im Gebirge lebenden Vipera berus zu den Bergformen von V. ursinu, sowie von den im Tiefland lebenden V. berus zu V. u. renardi hin- weisen. Vipera ursinit ursinti. Untersucht und in der Statistik verwendet: Südostfrankreich: Montagne de Lure MW 8 Ex. 14990, 14991: 1 bis 6; SMF 3 Ex. 47208, 50987, 50988; ZMB 4 Ex. 37574, 37593 a, b, c; MHNP 4 Ex..54-13; ZBSM 1 Ex. 47 217S5K 14 Ex. 22, 23, 25, 38, 186-188, 755-760, 828. Mont Serein (Mont Ventoux) MHNP 1 Ex. 8205. Basses Alpes BM 1 Ex. 93.8.22. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 643 Mittelitalien: Gran Sasso d’Italia IMZT 2 Ex. C.G.533, C.C.466; SMF 6 Ex. 50989-50994; MW 1 Ex. 14989. Colli alti e bassi, Monti Sibillini SK 22 Ex. 319, 320, 370, 382, 5012507510. = "SME" 50995 766-773,°926)° 933: Monte Velino SK 761-765. Terra typica von Pelias ursinit Bonaparte (aus der Sammlung BonaParTE’s) ANSP 2 Ex. 6905, 6915. Jugoslawien, Albanien: Insel Krk (= Vegha) ZMB 1 Ex. 23614. Es handelt sich um das von F. WERNER (1895: 237) beschriebene Ex., das aus Castelmuschio stammt und von den Zöglingen der Marine-Akademie Fiume gefangen wurde. Ferner hat L. KNOEPFFLER 2 Ex. am Süsswassersee auf Krk gefangen (ex littera); leider sah ich die Belegexemplare nicht. « Monte Santo (1700 m)». Damit ist wahrscheinlich der Sveto Brdo im Velebit oder einer der Gipfel der Dinara Planina gemeint. Leider fehlt eine genauere Angabe. MW 1 Ex. 16330. Gipfel der Dinara Planina, 20 km östlich Knin. MW 1 Ex. 14908: 19. Peéenci bei Bosnisch Grahovo, nordöstlich Knin, MW 1 Ex. 16337. Hrbljina, Gebirge östlich Glamoé und nördlich Livno. BM 1 Ex. STEAQE2O: « Vrlika », an der Strasse Knin-Sinj. Ich habe diesen Ort 1955 besucht. Das Ex. ist entweder von den Bergen ins Tal verschleppt oder am Kozjak gefangen worden. MW 1 Ex. 14908: 13. Cvrsnica, Gebirge südwestlich Jablanica (1900 m). SMF 1 Ex. 32780. Brestica. Es gibt 3 Weiler von 3 bis 10 Häusern dieses Namens, die zu den Gemeinden Capljina, Ljubinje und Bileéa in der süd- lichen Herzegowina gehören. Vermutlich handelt es sich um den Ort westlich von Bileéa südlich der Vidusa Planina. MW 1 Ex. 14908: 18. « Bosnien ». SMF 2 Ex. 20871, 20872. LebrSnik, Gebirge nördlich Gacko. MW 2 Ex. 7029, 7030. BjelaSnica (gelegentlich Bjelasica), Gebirge westlich Gacko. BM 1 Ex. 97.10.26; MW (1600 m) 1 Ex. 16336. « Duga Pässe ». Bezeichnung eines alten Überganges vom Ga- Rev. Suisse DE Zoor., T. 68, 1961. 46 644 E. KRAMER tacko Polje nach NikSie, nördlich des Njegos. Die Etikette im Glas gibt den Vardar an, was an sich beides möglich ist. MW 1 Ex. 16334. « Bilek », heute Bileéa. Das Ex. wurde natürlich auf einem der umliegenden Berge gefangen. MW 1 Ex. 14908: 14. Baba Planina, 10 km südlich Gacko. MW 14 Ex. 7002, 7005 bis 2100777008521. 33 10107013 a2 3 1277021 A903 TMD Korita (oder Korito), zwischen Gacko und Bileéa. BM 1 Ex. 1933 .3.2; SMF 2 Ex. 32781, 32782; MW 32 Ex. 7001, 7003, 7004, 7008: 2, 7012, 7015 bis 7022, 7023: 1, 2, 7024 bis 7027, 7028: 4, 2, 3, 2031, 70325 1490844 bis 110-1603348 Ein Teil dieser Koritanerserie wird bereits in der Arbeit von MéHELY (1911) erwähnt, von denen ich das 3 No. 7001 (Taf. 1, Fig. 1) zum Lectotypus von Vipera macrops Mehely, 1911 bezeichne. Troglav bei Korita. MW 1 Ex. 7009. « Durmitor », Gebirge in Montenegro. MW 1 Ex. 16332. Botun (1850 m), Berg am Durmitor, Nähe der Skrèka Jezera. SK 1 Ex 1097 Skakala (1520 m), Ort am Durmitor. SK 1098. Cireva Peéina (1900 m), Ort am Durmitor. MW 1 Ex. 16335. Skrèka Jezera, Bergseen am Durmitor. MW 1 Ex. 16333. « Vranovina, Novi Pazar». Vranovina ist ein Dorf nordöstlich des Durmitor am Nordhang des Obzir in der Herzegowina, während Novi Pazar am Ljuduskafluss in Serbien liegt. Ob ein Gebirgsdorf in der unmittelbaren Umgebung von Novi Pazar mit dem Namen Vranovina existiert, entzieht sich meiner Kenntnis. Es ist anzu- nehmen, dass es sich um das erst genannte Dorf in der Herzegowina handelt. MW 6 Ex. 16338: 1 bis 6 ZMB 1 Ex. 30588. Westseite des Korab, Grenzgebirge Jugoslavien - Albanien (2000 m). MW 1 Ex. 16348. « Korab». SMF 1 Ex. 34269. Pastrik, westlich Prizren (1500-1700 m). MW 7 Ex. 13209: 1, 2, 355149082217, 155b15237: Nicht untersucht, aber auf Grund der Beschreibung oder Zeichnung in der Statistik verwendet: Italien: (ex Lanza 1958) Colli alti e bassi, Museo Civico di Storia Naturale di Verona, 1 Ex. IL LBB %. . VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 645 Val d’Asina (Cartore, S. Anatolia, Prov. di Rieti, gruppo dei Monti Ducchessa-Velino). Sammlung Prof. Dr. B. LANZA. Jugoslawien: Kobilizi, Sar Planina, ex Karaman (1939 b: 165) 1 Ex. Literaturzitate, sofern neue, gesicherte Fundpunkte auftreten: Frankreich: SacLcues (1937): Venterol, Gicors, Bella- faire, Turriers (La Cassine), Curban. Es sind dies die nördlichsten, heute bekannten Fundpunkte. Ich habe das Gebiet auf zwei Reisen besichtigt ohne Tiere zu finden. Nach SALGUES ist anzunehmen, dass die Fundpunkte unterhalb 1000 m liegen. Da er betont, dass die Viper selten ist, dürften die eigentlichen Kolonien auch hier oberhalb 1000 m liegen. ANGEL (1946: 159) gibt als Vertikalver- breitung 900-2400 m. Ich vermute, dass sich die untere Angabe auf die eben zitierten Orte bezieht. Mit Ausnahme der Insel Krk, liegen alle mir bekannten Fundorte über 1000 m. Wie die Angabe « Digne» (BovLENGER, 1893) zu interpretieren ist, weiss ich leider nicht. Ich habe ebenfalls auf der Durchreise das Gebiet gesehen und halte es für möglich, dass die Schlange in den unmittelbar an die Talsohle anstossenden Bergen vorkommt. Italien: Bonaparte schreibt zum Fundort seiner Pelias ursinit: « prati sassosi dei monti dell’ Abruzzo, prossimi alla pro- vincia d’Ascoli ». « Prossimi » wird von verschiedenen Autoren mit «in » wiedergegeben, so z. B. von MEHELY (1911: 201), von SCHWARZ (1936: 185) und von Mertens & WERMUTH (1960: 202), während Lanza (1958) dazu schreibt, dass sich diese Zeilen auf die Monti Sibillini, auf die Monti della Laga oder — allerdings weniger wahr- scheinlich — auf den Gran Sasso beziehen könnten. Lepri (1925: 77) gibt an: Monte Cagno (2000 m) und Monte Rotondo (2100 m), beides in den Monte Vestini, Abruzzen der Provinz Aquila. Jugoslawien: Borkay (1924): Glamoéa (bei Kalinovik). MEHELY (1911: 205) gibt an, dass sich im Museum Sarajevo noch Exemplare aus der Sator Planina, Ljubusa Planina, vom Volujak und vom Veliki (Velez Planina) befinden. Alle Exemplare über 1000 m Höhe gefangen, wie mir die Direk- tion des Museums Sarajevo freundlicherweise mitteilte. Angaben wie « Bilek » oder « NikSi6 » sind an dieser Stelle absichtlich wegge- 646 E. KRAMER lassen worden, da diese tief gelegenen Orte keine zuverlässigen Informationen über die wirkliche Lage des Fundpunktes darstellen. 5.2. Brotrop V. u. rakosiensis. Niederösterreich: Als Fundorte sind auf den Gläsern, in Katalogen und in der Literatur ausschliesslich Ortsnamen an- gegeben. Der Biotop der Fundpunkte ist eine feuchte Grassteppe, bekannt unter dem Namen « Tauwiesen », in unmittelbarer Nähe eines Gewässers (Fischa, Schwechat, Leitha, Neusiedlersee u. a.). Es handelt sich um flaches bis leicht hügeliges Gelände in der Höhe von 120 bis 240 Metern. Nirgends wird die Talsohle verlassen. Noch vor 60 Jahren war die Wiesenotter im ganzen Verbreitungsgebiet äusserst zahlreich vertreten, während sie heute nördlich und nord- westlich des Neusiedlersees nur noch an einigen eng umgrenzten Stellen als Seltenheit vorkommt; höchstens auf der Ostseite des Sees gegen die ungarische Grenze hin ist sie noch mit Sicherheit anzutreffen. SocHUREK (1956: 182) und (1957: 164). Vermutlich dürfte die Wiesenotter auch in den erwähnten Gebieten nicht mehr lange vorkommen. SOCHUREK (1958: 150) schreibt dazu: « Das Verbreitungsgebiet dieser Art hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Durch Entwässerung und Urbarmachung wurden viele einst recht gute Fundorte zerstört.» Bekanntlich ist die Wie- senotter geschützt. Solange sich aber dieser Schutz nicht auch gleichzeitig auf den Biotop bezieht, ist er praktisch wertlos. Ich konnte mich anlässlich eines Besuchs selbst überzeugen, in welchem Tempo die Urbarmachung vorangetrieben wird. Die einstigen Fund- orte sind fast durchwegs zu Acker-, Wies- oder Bauland umge- wandelt. Wie mir Herr Prof. WETTSTEIN mitteilte, ist nun seit 1940 noch ein witterungsbedingter Rückgang festzustellen: Im Frühjahr 1941 folgte auf ein Tauwetter eine Ueberschwemmung und darauf ein Kéltesturz mit Temperaturen von minus 15 Grad Celsius, wobei offenbar fast der ganze Bestand in den tieferen Lagen erfror. Ungarn, Rumanien, Bulgarien = Aus7denem- gaben von MEHELY (1894, 1895 a, b) und Janiscu (ex litteris) ist zu entnehmen, dass die Wiesenotter in Ungarn im selben Biotop vorkommt wie in Oesterreich. Hingegen zeigen die Biotope in Rumänien bereits grosse Aehnlichkeit mit demjenigen der Steppen- VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 647 otter: Dr. J. E. Funn (Bucarest) schreibt mir dazu: « toutes ces viperes habitent des regions de steppe ou de dunes». Sie stehen also nicht nur hinsichtlich der Pholidose (vergl. VancEA (1954) und Bacescu (1937)), sondern auch bezüglich des Biotopes in der Nähe von V. u. renardi. Ueber den Biotop in Bulgarien bin ich nicht orientiert. V. u. ursinit. Als Ortsangaben treten hier, im Gegensatz zu den Exemplaren aus Niederösterreich, vorwiegend Berge oder Landschaftsbezeich- nungen und weniger Ortsnamen auf. Dieser Biotop ist durch seine Höhenlage über 1000 m (mit Ausnahme der Insel Krk), durch seine Vegetation, die man als niontane Grassteppe bezeichnen möchte und durch sein rauhes Klima mit langem Winter und durch Kalk- boden bedingter Trockenheit im Sommer charakterisiert. Der speziell für die jugoslawische Population geschaffene Name Karst- otter passt aber auf alle montanen Stücke. MourGuE (1909), vor allem aber Dreux & SAINT Grirons (1951) haben ausführlich die geografischen, klimatischen, botanischen und zoologischen Aspekte am Mont Ventoux beschrieben, Tomasini (1894), GUGLER (1903), VEITH in MEHELY (1911), Kopsteın (1914) und BoLKay (1924, 1931) haben unter anderem über die Fundorte in Jugoslawien berichtet. Ich beschränke mich deshalb hier auf diejenigen Gebiete, die weniger bekannt sind: auf die Montagne de Lure (Frankreich), die Colli altı e bassı (Italien) und das Gebiet des Monte Velino (Italien). Montagne de Lure: Von Saint-Etienne les Orgues führt eine gut ausgebaute Strasse zum Schutzhaus der Montagne de Lure auf 1570 m, von wo aus ein Spazierweg gegen den Aus- sichtspunkt auf 1827 m Höhe führt. (Diese Graskuppe ist der höchste Punkt im ganzen Massiv; für die irreführende Höhenangabe von 1700-2000 m in MERTEnNS & WermutH (1960: 203) sind KNOEPFFLER & SOCHUREK (1955: 187) verantwortlich.) Das Gebiet ist seit dem Ausbau der Strasse ein häufig besuchtes Ausflugsziel, und seither ist offenbar auch ein merklicher Rückgang der Popu- lationsdichte der Viper zu verzeichnen. Ich liess mir von Bauern erzählen, dass vor dem Ausbau der Strasse die Vipern noch in unmittelbarer Nähe des Schutzhauses öfters anzutreffen waren, besonders zahlreich aber in den nordöstlich dahinterliegenden, 648 E. KRAMER gegen Süden und Südosten geneigten Wieshalden, die mit zahllosen Juniperusstauden durchsetzt sind. Wir befinden uns am oberen Rand des Baumgürtels von Pinus halepensis, Pinus silvestris, Quercus ilex und Fagus silvatica. Die Grassteppe enthält unter anderem die folgenden Blütenpflanzen: Achillea odorata, Antennaria dioeca, Arctostaphylus Uva-ursi, Chry- santhemum vulgare, Eryngium spina allea, Linum salsoides, Lotus hispidus, Prunella grandiflora, Sedum anopetalum, Statice montanum, Thymus serpyllum. An Gramineen ist Sesleria coerulea vertreten und, vom botanischen Standpunkt als Ubiquist weniger interessant, das Nadelholz Juniperus communis var. montana. Wenn wir versuchen, die Fundorte von V. ursini einer bestimmten systematischen Pflanzengesellschaft anzuordnen, so dürfte dies am ehesten die Ordnung Sesleritalia coeruleae sein. An Orthopteren wurde gefunden: Oedipoda coerulescens, Podisma alpina, Stenobothrus sp., Calliptamus italicus, Tylopsis thymifolia. Lacerta muralis wurde erst weiter talwärts festgestellt, hingegen war der Fund einer Coronella austriaca von besonderem Interesse, da diese eine halbwüchsige, eben verschlungene V. ursinit nach dem Fang auswürgte. Die aufgeführten Orthopteren, die natürlich nur eine ganz beschränkte Zahl der effektiv auftretenden Arten darstellen, sind deshalb von Interesse, weil sie im wesentlichen die Nahrung der Viper darstellen. Wenigstens fand ich in keinem Fall im Mageninhalt etwas anderes als Insekten, eine Beobachtung, die sich mit der von Dreux & Saınt Girons (1951) deckt. Das Gebiet ist im April noch schneebedeckt, die Tiere kommen im Mai aus ihren Verstecken (Aussage der Einheimischen). Ich habe die Fundorte in den Monaten Mai-August besucht. Die Tiere waren im Hochsommer am Morgen bei Sonnenaufgang bei Temperaturen von 12° Celsius bereits im Freien anzutreffen. Immerhin ist der Unterschied zwischen der Lufttemperatur (1,5 m über dem Boden) und der Bodentemperatur (unmittelbar über dem Boden) sehr beachtlich, was die folgenden zwei Messungen, die sich auf Zeit und Lokalitàt wo Vipern gefangen wurden beziehen, gut illustrieren: Datum 13.7.1959 Zeit 0830 Lufttemp. 140 Bodentemp. 270 » 13.7.1959 yt 530 » 210 » 290 Das Mikroklima, das eine wesentliche Existenzbedingung der Art darstellt, weist auch in bezug auf die Luftfeuchtigkeit und den Wind grosse Abweichungen vom Makroklima auf. Interessante dies- VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 649 bezügliche Hinweise finden wir wieder in der Arbeit von Dreux & SAINT Grrons (1951). Die Tiere liegen gerne im Gestrüpp der Juniperusstauden, in Grasbüscheln oder in der Nähe von Fels- spalten, selten (in einem Fall von 23) in losem Gestein. Ich kann bestätigen, was Dreux & SAINT Girons (1951: 45) schreiben: « elle vit, en principe, dans la forét de Pinus austriaca, au dessus de la limite supérieure des derniers hétres, mais pratiquement la plus grande partie de son habitat est formée d’un päturage défriché, parsemé de genévriers nains et de jeunes pins qui repoussent. » Monti Sibillini: Dieses Gebirge wird meines Wissens zum erstenmal von LuGaro (1957: 36) als Fundort erwähnt. Von Visso, am nordwestlichen Fuss der Monti Sibillini, führt eine Berg- strasse zu dem Dörfchen Castelluccio in 1450 Meter Höhe. Dieses liegt am Rande einer Hochebene (Piano Grande) wie eine mittel- alterliche Festung auf einem Felshöcker. Die Ebene wird zur Haupt- sache mit Getreide und einer Linsenart (Lens esculenta) bepflanzt. An den Hängen weiden Schafe. Das ganze Hochplateau und die von ihm aufsteigenden Gebirge sind baumlos. Gegen Nordosten, beim Aufstieg zum Monte Vettore, liegt eine grasige Hügelland- schaft, die Colli alti e bassi, wo auf etwa 1600 Metern eine Vipern- kolonie lebt. Wie erwähnt (Kramer 1958) sind die Tiere hier häufig und nach Angaben der Einheimischen offenbar weit ver- breitet. Die Karstotter lebt in grösseren Kolonien am Monte Rotondo im Norden, am Monte Patino im Westen und ist längs der ganzen Gebirgskette über die Monti della Laga bis zum Gran Sasso anzutreffen. Die Gebiete liegen alle oberhalb der Laubholzgrenze. An Nadel- hölzern findet man wieder Juniperus communis, an Gramineen Sesleria sp. An Blütenpflanzen habe ich an den Fundpunkten bei den Monti Sibillini folgende Arten gesammelt: Agrostemma githago, Anthemis tinctoria, Astragalus arıstatus, Brassica rapa, Campanula rapunculus, Carduus sp., Centaurea cyanus, Centaurea dissecta, Cerastium tomentosum, Dianthus deltoides, Digitalis lutea, Eryngium sp., Euphorbia cyparissias, Galium eruciata, Galium verum, Knau- tia arvensis, Globularia cardifolia, Lens esculenta (verwildert), Lotus corniculatus, Omphalodes sp., Papaver rhoeas, Pisum arvense, Plan- tago media, Potentilla argentea, Sedum acre, Silene cucubalus, Specularia speculum, Stachys italica, Thymus serpyllum, Trifolium campestre, Trifolium ochroleucum, Vicia altissima. 650 E. KRAMER Ich kann leider nicht beurteilen, ob auch hier als Pflanzenge- sellschaft Sesleritalia coerulea vorliegt, da das betreffende Gras nicht eindeutig bestimmt werden konnte. Jedenfalls handelt es sich um humusreichen, trockenen, subalpinen, kalkhaltigen Boden ober- halb der Baumgrenze, was als Ganzes für die betreffende pflanzen- soziologische Ordnung zutrifft. Ich mache wieder speziell auf das Vorkommen des Wachholders aufmerksam, denn auch in Jugo- slawien gehört dieser zur Begleitfauna und stellt einen beliebten Aufenthaltsort dar. Bor.kay 1931: 160 Fig. 7 Im Nahrungsspektrum liessen sich durch Kotuntersuchungen die folgenden Orthopteren feststellen: Decticus verrucivorus, Tham- notrizon sp., Stenobothrus sp. An Schlangen erwähne ich Coronella austriaca (LUGARO 1957: 34, leider ohne Angabe einer Höhenquote oder genauen Ortsbe- zeichnung) sowie Natrix natrix helvetica. Ich habe die Ringelnatter am Rande eines Tümpels dieser sonst trockenen Kalklandschaft im Süden des Piano Grande auf etwa 1400 m Höhe gefangen, wo sich als Reste einstiger Karseen sumpfige Wiesen und kleine Tümpel befinden. Diese Wasseransammlungen, von denen oberirdische Zu- und Abflüsse fehlen, trocknen auch im Hochsommer nicht aus und beherbergen neben der Ringelnatter auch eine grosse Zahl von Wasserfröschen (Rana esculenta). Das Makroklima ist rauh, Schnee hegt meterhoch vom Oktober bis Mai nach Angaben der Einheimischen. Im Hochsommer fiel mir der starke Morgentau auf; auch die Niederschlagsmenge ist relativ gross. Trotzdem macht die Landschaft einen wasserarmen Ein- druck, was auf den durchlässigen Kalkboden zurückzuführen ist. Monte Velino: Diesen Fundort habe ich einem Apotheker und Jager aus Magliano zu verdanken, der mich mit einem Hirten bekannt machte, welcher über eine erstaunliche Kenntnis der Flora und Fauna seiner Weideplätze verfügte. Unter seiner Führung gelangte ich auf die Costa Stellada, einen Höhenkamm östlich des Monte Velino und von diesem durch ein tiefes Tal getrennt. An den obersten, nach Südwesten und Westen orientierten Flanken auf etwa 2000 m Höhe befindet sich eine ausgedehnte Vipernkolonie. Der Hang, der mit alpinen Gräsern und Blütenpflanzen bestanden ist, fällt steil gegen die spärlich bewachsene, meist völlig ausge- dörrte Talsohle ab. Andere Vertreter der Kriechtierfauna fehlen, VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 651 weiter unten sollen Echsen vorkommen. Die Viper soll im ganzen Kalkmassiv, allerdings nur an örtlich eng umgrenzten Stellen von 1700 m bis 2400 m Höhe anzutreffen sein. Auch am Südwestabhang des Monte Velino selber befindet sich eine Grasweide, in der V. ursi- nit heimisch ist. Nach Lepri (1923: 76, 77) reicht das Verbreitungs- gebiet im Osten zum Monte Cagno und Monte Rotondo. Alle Ge- währsmänner betonen, dass die Fundpunkte hoch liegen. An Orthopteren (Futter) wurde identifiziert: Polysarcus denti- cauda, Stenobothrus rufipes, Larven von Thamnotrizon, Oedipoda und Stenobothrus sp. An Blütenpflanzen fand ich: Aethionema saxatile, Allium sphaerocephalum, Arctostaphylos Uva-ursi, Centaurea axillaris, Euphorbia cyparissias, Globularia cardıfolia, Lilium bulbiferum croceum, Polygala pedemontana, Sedumrupestre, Teucrium montanum. Wie sich am Schluss dieses Abschnittes zeigen wird, lassen sich keine morphologischen Differenzen finden, die ein Abtrennen von geografischen Rassen innerhalb der Bergform rechtfertigen. Auch in ökologischer Hinsicht fällt jedem Besucher der drei Zonen: Frankreich, Italien und Jugoslawien in erster Linie das Gemein- same auf. VertH in MÉHELY (1911: 214) schreibt dazu: « Diese Fundorte (um das Gatackopolje) haben tatsächlich eine grosse äussere Aehnlichkeit mit den Hängen der Abruzzen, die ich von meiner Schlachtfelder-Expedition genau kenne ». Das Trennende tritt in den Hintergrund und besteht eigentlich nur in der Tatsache, dass heute diese Gebiete geografisch vonei- nander isoliert sind. Die Angaben von SALGUES (1937) über den Biotop der von ihm gesammelten Ex. passt weniger gut in das geschilderte Milieu, sondern zeigt Anklänge an den Aufenthaltsort der Wiesenotter. SALGUES schreibt, dass die Tiere im Gebiet von Turriers (nördlich Digne, Südostfrankreich) auf Wiesenflächen, in Tälern mit reichlich Gras und Klee, vor allem in der Nähe von Sümpfen, Quellen, Sicker- und Viehtränkestellen zu finden seien. Da er aber ausdrück- lich erwähnt, dass die Schlangen hier nur vereinzelt auftreten, ist es wohl möglich, dass diese Fundpunkte an den Randzonen des eigentlichen Biotops liegen. Die Charakteristika, welche den Vorzugsbiotop der Karstotter gegenüber demjenigen der Aspisviper und der Sandotter auszeich- nen, sind die folgenden: 652 E. KRAMER 1. Offene, niedrige Grasweide; Fehlen der Busch- und Baum- decke; 2. Erde oder fester Fels als Untergrund; Fehlen von lose auf- liegendem Steinschutt. Diese ökologischen Gegebenheiten erklären zum Teil das Ver- halten: die Wahl der Schlupfwinkel (5.3), die Nahrung (5.4), den Zwergwuchs (5.8) und die Fluchtreaktion (5.3). Ich habe bei meinen zahlreichen Exkursionen keinen Fundpunkt angetroffen, an dem V. ursinit mit anderen Viperiden zusammen vorkommt. Wohl stossen die Wohnareale von V. aspis und V. ursinit in Südfrankreich und Italien gelegentlich aneinander (oder sollen sich nach Lanza (1958: 310) sogar überschneiden), aber die respek- tiven Biotopansprüche sind voneinander verschieden, sodass eher zufällig eine Begegnung an den Grenzen eintreten kann. Das Kalkmassiv der Ducchessa (ital. Abruzzen) durchziehen tiefeingeschnittene Wildbachtäler, an deren mit Geröll und Macchie überdeckten Hängen auf 700-1200 m Höhe dicht besiedelte Kolo- nien von V. aspis leben. Einzelne Exemplare wandern bergwärts und stossen so bis zu Höhen über 2000 m vor. Sie bilden allerdings in dieser Lage keine eigentliche Kolonien, sondern fristen ihr Leben als Solitäre. Die Frage des Nebeneinanderlebens der beiden Vipern- arten hat mich interessiert, und ich suchte an der Ducchessa ver- geblich diesem Problem näher zu kommen. Interessanterweise fing mein Begleiter, H. SCHNURRENBERGER, auf 1900 m Höhe, in der Nähe des Lago Ducchessa auf einer Schafweide, eine Aspisviper. Die Hochebene ist von Kalkkarren durchfurcht, baumlos und erösstenteils mit magerem Gras bestanden. Die Hirten hatten an verschiedenen Stellen die losen Steine zusammengetragen und zu Haufen geschichtet. In einem solchen Steinhaufen wurde die aspis gefangen. Bemerkenswert war die grosse Zahl von Mauslöchern und der dichte Pflanzenwuchs (vor allem Brennessel und Sauerampfer) als Folge des angesäuerten Bodens. Am Rande dieser Hochebene und an den Berghängen schien es uns jedenfalls möglich, dass V. ursinii vorkommen könnte. Das Val d’Asina, das ich unter 5.1 aufgeführt habe, und in dem V. aspis und V. ursinit sympatrisch auftreten sollen (fide Lanza), liegt vom Fundort der aspis etwa 5 km nordöstlich. Es war mir leider nicht möglich, diesen Ort selber aufzusuchen. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTAM UND TAXIONOMIE 653 Auch in Jugoslawien versuchte ich vergeblich eine Stelle aus- findig zu machen, an der die Karstotter neben einer anderen Viper auftritt. Es gibt aber auch hier Stellen, wo sich die Wohnareale von zwei Viperiden treffen oder vielleicht überschneiden. Um das Gatackopolje, welches von Tomasini (1894) und von VEITH (ex litteris in MÉHELY 1911: 214) als Fundort von V. ursinii zitiert wird, soll diese oberhalb 1000 m vorkommen. H. ScHNURREN- BERGER hat auf 1000 m Höhe, ich selber habe auf 950 m Höhe V. ammodytes gefangen, die nach Aussage der Bevölkerung im ganzen Gebiet häufig sein soll. Wir haben das Gebiet um 1000 m abgesucht, aber leider keine Karstotter gefunden. Immerhin ist dem dortigen Spitalarzt bekannt, dass neben der Sandotter noch eine zweite Giftschlange vorkommt; er nannte dafür allerdings den Vulgärnamen « Sarka » (auch « Sarkas »), der sich auf V. b. bosniensis bezieht. Es ist aber völlig ausgeschlossen, dass die Kreuzotter im trockenen Karst des Gatackopoljes lebt. Immerhin unterscheiden sich die Biotopansprüche von Kreuz- und Karstotter weniger voneinander als diejenigen der Karstotter von denen der Aspisviper und der Sandotter. Die oben angegebene Biotopdiagnose schliesst, jedenfalls im Hochgebirge, das Vorkommen der Kreuzotter keineswegs aus. Dagegen scheint die Luftfeuchtigkeit ausschlaggebend zu sein: die Karstotter lebt bei grösserer Hitze und Trockenheit von Luft und Untergrund als die Kreuzotter. Es ist bekannt, dass verschiedene Autoren bosniensis und ursinit nicht auseinanderhalten konnten, weniger bekannt dürfte es sein, dass auch Schwarz die beiden verwechselte. Er gibt (1936: 209) an, dass er bosniensis von Cirova Peéina und von der Skrèko Jezera aus dem Wiener Museum untersucht habe. Tatsächlich befindet sich dort von beiden Fundpunkten (man vergleiche 5.1) je ein Exemplar einer Karstotter, aber keine Kreuzotter. Auch hier ist es wenig wahrscheinlich, dass sich die Wohnareale dieser beiden Arten überschneiden; diese Frage liesse sich z. B. an der Cvrsnica über- prüfen, von wo beide Arten — leider ohne genaue Ortsangaben — gemeldet wurden. 5.9. VERHALTEN, TEMPERAMENT Vipera ursinit rakosiensis. Es ist bekannt, dass auch bei den Schlangen grosse individuelle Unterschiede im Verhalten auftreten. So gibt es Tiere derselben 654 E. KRAMER Art, die sich unter den gleichen Bedingungen leicht ans Gefangenen- leben gewöhnen, im Käfig ihre anfängliche Scheu bald verlieren, schnell ans Futter gehen, die Fluchtversuche einstellen und zum trägen Phlegma werden, während bei anderen das Gegenteil der Fall ist. Aussagen, die sich auf ein Einzelstück oder wenig Material beziehen, dürfen deshalb nie verallgemeinert werden. Gute oder schlechte Eingewöhnung sind auch mitbedingt durch die Art der Haltung, so dass Aussagen über das Verhalten sich weniger auf die Tiere als auf die Pflege oder den Pfleger beziehen. Von den Wesenszügen, die der Pfleger erfasst und einordnen kann und die in Freiheit ebenfalls eine Rolle spielen, ist das Ver- halten vor dem Feind (im Käfig dem Menschen gegenüber) an erster Stelle zu nennen. Die Qualifikation « gutmütig » ist in der Literatur sehr verbreitet und trifft wohl auf die Mehrzahl der niederöster- reichischen Individuen zu. Bissfälle sind zwar bekannt, aber weniger häufig als be: den übrigen Arten der Gattung Vipera. SOCHUREK (1954: 164) schreibt hierzu: « Ausserdem ist diese Art absolut nicht bissig ». Die Fluchtdistanz ist wie bei den übrigen Viperiden relativ klein; sie variiert je nach Witterung zwischen 1 bis 4 Metern. Bei kühler Witterung, speziell im Frühjahr und Herbst, stellt man gelegentlich fest, dass die Tiere bis zur Annäherung auf Schrittnähe nicht flüchten, und entweder erst durch die unmittelbare Boden- erschütterung oder gar durch das Gefasstwerden aus ihrer Lethargie erwachen. Wo dies irgendwie möglıch ist, suchen sich die Tiere im Gefilz der Grasknäuel oder in Löchern der Sicht zu entziehen. Wenn sıch ein Mausloch in der Umgebung (bis etwa einen Meter vom Ruheplatz der Otter entfernt) befindet, so kennt das Tier die Fluchtroute recht gut und strebt zielsicher dem Unterschlupf zu. Diese Beobachtung wurde an drei im Freiland gefangenen Exem- plaren gemacht. Ueber die Kommentkämpfe werden durch Herrn Dr. E. Thomas, Mainz, seit 1954 eingehende Untersuchungen angestellt. Vipera ursinit ursinü. Wie Dreux & Saınt Grrons bemerken, sind die Tiere, die sie am Mont Ventoux beobachtet haben (im Gegensatz zu den öster- reichischen Exemplaren) wild und ungebärdig nach dem Fang. Sie schreiben (1951: 54) « Les viperes d’Orsini ont un caractère difficile VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 655 et, bien que dénuées d’agressivité dans la nature, ne s’apprivoisent guère en cage, sifflent et se jettent, crocs érigés, sur les pinces et les gants.» Es ist mir immer wieder aufgefallen, dass speziell die Tiere franzòsischer und italienischer Herkunft ein sehr lebhaftes Temperament zeigten. Wurde ihnen der Fluchtweg abgeschnitten, so rollten sich die Tiere zusammen, hoben das Köpfchen schräg nach oben und stiessen wütend zu, wenn ich mich ihnen mit der Hand näherte. Besonders auffällig war dies, wenn die Fluchtdistanz unterschritten wurde und ich ganz unvermittelt über den Tieren auftauchte. Näherte ich mich hingegen von der Seite, so suchten die Schlangen sich im Gras oder in Erdlöchern zu verkriechen, und das Einrollen in die Verteidigungsstellung unterblieb. VeITH gibt in MEHELY (1911: 216) für die jugoslawischen (genauer korita- nischen) Exemplare an: « Das Benehmen beim Fang erinnert am ehesten an das alter Ringelnattern. Sie rollt sich zusammen, bläst sich ganz glatt auf, zischt grimmig und schnappt mit geschlossenem Maule». Ich kann diese Beobachtung leider weder bestätigen noch widerlegen, da ich selber in diesem Gebiet keine Karstottern ge- funden habe. F. WERNER (1913: 481) schreibt: « GUGLER wurde freilich auf der Baba Planına von einer Karstotter gebissen, doch hatte der Biss nach sofortiger Behandlung der Wunde keinerlei böse Folgen, während G. VeITH die Wirkung eines solchen Bisses immer- hin viel bedenklicher fand als er erwartet hatte; im Freien erwiesen sich die herzegowinischen Karstottern als sehr bissig» (vergl. GUGLER (1903)). Wenn man den Versuch unternimmt, eine Aussage über das Verhalten gegenüber dem Feind zu machen, sollte man unbedingt die äusseren Umstände präzisieren, auf die sich die Beobachtungen beziehen. Natürlich ist jede Schlange bei Wärme lebhafter als bei Kälte, zeigt sie während der Paarungszeit ein anderes Verhalten, und Jungtiere benehmen sich anders als Erwachsene. Ich habe mir selber so gut als möglich die näheren Umstände notiert, aber mein Material ist natürlich viel zu klein, um wirklich Stichhaltiges zu belegen. Trotzdem habe ich den Eindruck bekommen, dass die Karstotter unter gleichen Bedingungen wehrhafter und agressiver ist als die Wiesenotter. 656 E. KRAMER 5.4. NAHRUNG, FEINDE Vipera ursinit rakostensis. Nur eine sorgfältige Analyse anhand eines grösseren Materials, wie es z. B. KRASSAWZEFF (1943) an Vipera ursinit renardi durch- führte, gibt Aufschlüsse über die tatsächlichen Verhältnisse in der Natur. Meine Beobachtungen an Mageninhalten (31 Exemplare untersucht, wovon 12 mit Inhalt) bestätigen, was aus Terrarien- studien bereits bekannt ist, dass offenbar die Zauneidechse und Heuschrecken die Vorzugsnahrung darstellen, dass daneben aber auch Mäuse nicht verschmäht werden. T. Reuss (1930: 72, 72) zählt für Steppen- und Wiesenotter zusammen dazu noch Frösche, Schlangen (arteigene und fremde, allerdings nur selten), Vögel und Vogeleier als Beutetiere auf und erweitert damit die von KOPSTEIN (1913) gegebene Liste. Nach seinen Angaben versuchen diese Schlangen das Futter beim Biss festzuhalten oder Jungvögel, Heu- schrecken und nestjunge Säuger ohne Giftgebrauch lebend hinunter- zuwürgen. Ich habe — jedenfalls im Terrarium — beobachtet, dass ausgewachsene Lacerta a. agılıs und Mäuse stets zuerst gebissen und nach einiger Zeit wieder losgelassen wurden. Nach dem Biss wurde, wie üblich, das Maul wie zum Gähnen weit geöffnet und Zähne, Knochen und Muskeln wieder in ihre Normallage gebracht. Selbst an grossen Heuschrecken (Locusta viridissima) machte ich die Beobachtung, dass sie nicht immer lebend verschlungen wurden. Es ist bekannt, dass die von SCHREIBER (1912: 629) gegebene Darstellung für die Karst- und Wiesenotter kein richtiges Bild ver- mittelt, was insofern auch hier hervorgehoben werden soll, weil ScHREIBERS Herpetologia, abgesehen davon, dass der systema- tische Teil veraltet ist, immer noch das beste Nachschlagewerk über europäische Schlangen bildet. Vipera ursinit ursinit. Bis heute sind über die montanen V. ursinit keine Beobach- tungen aus dem Freileben bekannt, die von anderer Nahrung als von Insekten berichten. Die Schnecken Helicella jonica (Mousson) und Jaminia quadridens (Müller), die im Kot italienischer ursinit gefunden wurden, sind vermutlich rein zufällig in den Darmtrakt gelangt. In einem bereits erwähnten Aufsatz (Kramer 1958: 145) VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 657 ist leider neben verschiedenen anderen ein sinnstörender Druck- fehler stehen geblieben. Es heisst dort: « Terrarienbeobachtungen ergaben, dass kleinere Schnecken sofort nach dem Zupacken ver- schlungen werden, während die grösseren zuerst mit den Gift- zähnen getötet und nachträglich gefressen werden». Anstatt Schnecken sollte es natürlich Schrecken heissen ! Von diesen werden gelegentlich grosse Mengen verschlungen; so berichtet VEITH von einer Schlange, die im Käfig ihren Mageninhalt ausspie, wobei eine dichtgepresste Menge von mindestens 100 Heuschrecken zutage trat. SALGUES (1957) schliesst vom relativ feuchten Biotop der von ihm gefangenen Tiere in der Umgebung von Turriers (Südost- frankreich) auf Froschnahrung; ich glaube nicht, dass diese Angabe auf eigener Beobachtung beruht (möglicherweise ex KoPSTEIN 1913: 236). KopstEIn (1914: 594, 595) schreibt, dass gefangene Karstottern Mäuse fressen, selbst in Streifen geschnittenes Kalbs-, Rinds- und Schweinefleisch wurde angenommen, sofern man es vorher in Rattenblut tauchte oder mit einem Stück Mäusehaut bekleidete. KopsTEIN nimmt an, dass die Schlange auch in der Natur nicht nur Orthopteren verzehrt, sondern Wirbeltiere frisst, sofern sich Gelegenheit bietet. Eine Karstotter aus der Montagne de Lure frisst mir im Terrarium Lacerta muralis und Jungmäuse von der Pinzette, trotzdem glaube ich, dass es sich in allen Fällen um Aus- nahmen handelt, da die Magenuntersuchungen von VEITH an über 100 frisch gefangenen Karstottern nur Heupferde zeigten. Zum Fressakt selber schreibt KopsTEIN: « Kleine Heuschrecken werden zwar ergriffen und verschlungen; nicht so aber grössere, 3-5 cm lange Orthopteren. Diese wurden stets nach dem Ergreifen zirka eine halbe Minute lang festgehalten, wobei ich deutlich die in das Insekt eingehakten Giftzähne sehen konnte, dann nieder- gelegt, neuerlich beim Kopf erfasst und verschlungen. Stets war der Geradflügler, wenn die Viper ihn aus ihrem Rachen auf das Moos legte, bereits tot. Ebenso unzweifelhaft konnte ich das Mit- wirken der Giftzähne beim Verschlingen der Beute konstatieren ». Der schlimmste Feind, welcher in allen drei Ländern den Vipern- bestand verkleinert, ist der Mensch. Die Einheimischen, welche in der Nähe von Vipernkolonien leben, schlagen rücksichtslos alle tot, die sie antreffen. Im Gegensatz zu den übrigen Viperiden, welche 658 E. KRAMER durch das sie umgebende Gelände einen natürlichen Schutz haben, werden die ursint leicht gesehen, sodass es nur erstaunlich ist, dass sie nicht überhaupt schon ganz ausgerottet sind. Der Tat- sache, dass die Biotope bis heute dem Touristenstrom mehr oder weniger fern liegen und dass die Gebiete dünn besiedelt sind, ist es offenbar zu verdanken, dass die Tiere an geeigneten Plätzen heute noch ihr Leben fristen können. An den europäischen Giftschlangen sind in den letzten Jahr- zehnten eine grosse Zahl von Untersuchungen über die Zusammen- setzung und Wirkung der Gifte gemacht worden. Dabei hat sich gezeigt, dass innerhalb von Populationen derselben Art grosse Unterschiede auftreten. T. Reuss hat bei seinen systematischen Bewertungen auf diese Differenzen das Hauptgewicht verlegt und so z.B. die Gattung Vipera in 11 neue: Acridophaga, Daboia, Latastea, Latasteopara, Macrovipera, Mesocoronis, Mesovipera, Pelias, Rhinaspis, Teleovipera und Tsarevskya, die Kreuzotter aber in eine Unmenge von Arten aufgespalten. Obschon dieser Teil seiner Arbeiten kaum je von einem Herpetologen ernst genommen wurde, bleibt ihm das Verdienst, darauf hingewiesen zu haben, dass erhebliche Unterschiede bei den Giften der europäischen Viperiden bestehen, dass insbesondere die Balkankreuzotter ein Gift mit vorwiegend neurotoxischer Komponente besitzt. Es wäre äusserst aufschlussreich, die verschiedenen Populationen innerhalb des Verbreitungsgebietes einer Art mit denselben Methoden zu unter- suchen und einander gegenüberzustellen. Es ist mir keine Arbeit bekannt, in der die jugoslawischen, französischen und italienischen Populationen von V. ursinit diesbezüglich verglichen werden. 5.5. ZEICHNUNG Die im folgenden dargestellte Musterung bezieht sich auf die Rumpfmitte; gegen den Schwanz hin wird die Zeichnung immer schwächer und ist manchmal nur noch angedeutet. gg sind kräftiger pigmentiert als 9, sodass die Zeichnung als Ganzes kontrastreicher erscheint. Jungtiere sind heller als Ausgewachsene und ebenfalls schärfer konturiert als im Alter. Als Ganzes betrachtet ist die Ausbildung der Zeichnung bei den montanen Populationen einer grösseren Variation unterworfen als bei den niederòsterreichischen Tieren. Es fällt deshalb schwer, beide VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 659 in einem einheitlichen Bildschema unterzubringen. Ich versuchte, den Grundplan des Zeichnungsmusters herauszuschälen, der als Idealfall natürlich bei keinem Individuum auftritt. Dabei zeigte es sich, dass zwar bei der Tieflands- und bei der montanen Form die- selben Elemente beteiligt sind, aber dass die zweite in der Anord- nung dieser Elemente gelegentlich eine grössere Aehnlichkeit mit V. berus zeigt als die erstere. RUMPF- UND SCHWANZOBERSEITE V. u. rakostensis V. u. ursinu Zone a Eine Schuppenzeichnung auf der 1. Costalreihe Die Schuppenspitzen sind ver- dunkelt, ohne dass ein Längsband Diese ist gewöhnlich als schwarzes Strichelchen medial auf jeder Schuppenspitze vor- handen, kann aber auch zu einem Längsband zusammenlaufen, nur jede zweite Schuppenspitze be- treffen oder fehlen. Zone Eine ventrolaterale Flecken- reihe der dorsalen Hälfte der 2., der ganzen 3. und der ventralen Hälfte der 4. Costalreihe. Die Flecken sind eine halbe bis zwei Schuppen lang, meistens höher als lang, und durch zwei bis drei Schuppen breite Zwischenräume voneinander getrennt. gebildet wird. Südjugoslawische Exemplare weisen diese Zeich- nung in mehr als 60% der Fälle auf, nordjugoslawische und ita- lienische in etwa 50%, franzö- sische Tiere in weniger als 25% der Fälle. b Eine ventrolaterale Flecken- reihe auf der 3. Costalreihe ange- deutet, die in mehr als 50% der Fälle mit der Fleckenreihe der Zone c zusammenfliesst. Diese Reihe ist im allgemeinen un- deutlich, da die Pigmentierung nur die Schuppenbasis erfasst und so die Konturen der Makeln verwischt sind. Ich stelle fest, dass bei den französischen Exem- plaren diese Reihe am schwäch- sten ausgebildet ist. 710 nec Eine laterale Fleckenreihe auf der dorsalen Hälfte der 5. und der ventralen Hälfte der 6. Costalreihe. Die Flecken sind etwas länger als hoch, gelegentlich zu einem Rev. Suisse DE Zoot., T. 68, 1961. Die Einzelflecken sind etwa eine Schuppe lang und durch 47 660 kontinuierlichen Band ver- schmolzen oder stossen dorsal an die Ausbuchtungen der Rücken- binde von der Lateralreihe durch ein schmales, helles Band ge- trennt, das etwa auf der 7. Costal- reihe und in den Einbuchtungen der Rückenbinde verläuft. Dieser helle Streifen stellt aber kein Zeichnungselement dar, sondern entsteht durch die hier schwach pigmentierte Grundfarbe. Zwi- schen der Zone b und c sind Verschmelzungen und Verschie- bungen verschiedenster Art mö- glich, immerhin ist stets neben der Rückenbinde noch ein La- teralmuster vorhanden. Zone E. KRAMER 2 Schuppen getrennt. Die Flecken alternieren mit den Ausbuchtun- gen der dorsalen Bandes. Die Reihe ist in mehr als 50% der Fälle unselbständig und ent- weder mit den Flecken der Zone b oder dem Dorsalband vereinigt. Wahrscheinlich behaupten des- wegen sowohl MEHELY als auch SCHREIBER, dieses Element fehle den jugoslawischen Stücken ganz. Ich zitiere SCHREIBER (1912: 631): „in der Verlängerung der Temporalstreifen zieht sich dann beiderseits noch eine Reihe dun- kelbrauner, verschieden geform- ter Flecken hin, während die Körperseiten zwischen dieser und dem Rückenband stets ungefleckt sind.“ d Eine dorsale Fleckenreihe — oder nach ihrer Ausbildung auch als Rückenbinde zu bezeichnen — mit abgerundeten Seitenkonturen, in Länge und Breite äusserst variabel. Sie hat im Mittel 51 50 Ausbuchtungen pro Körperseite von Nacken zur Schwanzwurzel (für rakiosensis vergl. man das Säulendiagramm Fig. 2). 4 Sii 20 15 + 10 + Flecken zahl Fic. 2 4 Huet 20 + Total: 154 99 10 + 50 55 Flecken2ahl 45 Säulendiagramm der dorsalen Flecken von V. u. rakosiensis. Die Zahl der Flecken wurde vom Nacken zur Schwanzwurzel auf beiden Körperseiten gezählt und der Mittelwert genommen. In der Darstellung wurde das Verfahren der gleitenden Durchschnitte mit dreigliederiger Ausgleichung verwendet. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 661 Die Ausbuchtungen koinzidie- ren meist mit den Flecken der Zone b und alternieren mit denen der Zone c. Die gegenseitige Lage der Aus- buchtungen auf beiden Körper- seiten ist variabel und ergibt im Umriss Querbalken, schiefe Ovale oder rhombische Flecken. Diese Rückenmakeln können isoliert stehen oder nur durch schmale Verbindungsbrücken miteinander verbunden sein, sodass der Ein- druck des geperlten Bandes ent- steht, dies besonders bei den 4%. Die Flecken können aber auch auf der Rückenmitte breit zusam- menfliessen, indem die vertebrale und die anstossende Costalregion von einem einzigen Längsband bedeckt sind, das die oben er- wähnten Ausbuchtungen nur noch undeutlich erkennen lässt. Es entsteht dann der Eindruck einer Wellenbinde, was sıch be- sonders bei den 99 beobachten lässt. (Fig. 3 a.) Kopf. Die Flecken sind gelegentlich in Einzelstücke aufgelöst, beson- ders auf dem Vorderrumpf und bei den gg (Band geperlt). Gelegentlich bedeckt die dorsale Binde 7 Schuppenreihen, da offen- bar die äussersten Zacken durch Vereinigung mit den Flecken der Zone c zustandekommen, wie es beim Zickzackband der Kreuz- otter üblich ist. Die Seiten- konturen bleiben allerdings rund- lich, im Gegensatz zum spitz- zackigen Aussenrand bei der Kreuzotter (vergl. WETTSTEIN 1929). Diese Ausweitung zur Wellenbinde finden wir zur Hauptsache bei Tieren aus Süd- westjugoslawien und Italien, während die nordjugoslawischen und französischen schmälere Bin- den aufweisen. (Fig. 3 b.) Von den Supraocularia zieht sich ein gelegentlich unterbro- chener Streifen zur Parietalnaht und biegt dann lateral nach aussen um, wodurch eine kreuzförmige Makel entsteht. Im Alter bleibt gewöhnlich bloss der caudale Teil als Keulenfleck übrig, dessen Schenkel selten unter stumpfem, meist unter spitzem Winkel nach aussen gebogen sind. Dieser Fleck bildet als ein cranial gerichteter Pfeil den Abschluss der vertebralen Rückenzeichnung und um- schliesst ihr craniales Ende. Oft besteht dieses Ende der Rücken- binde ebenfalls aus einem vorn zugespitzten Fleck, dessen Lateral- ränder zu den medialen Rändern des Keulenflecks parallel ver- laufen. Der Postocularstreifen vom Auge zum Maulwinkel ist gelegentlich mit den Keulenflecken der Kopfoberseite verbunden; caudal läuft er in die Fleckenreihe der Zone b aus. Der Innenrand der Canthalia, der Hinterrand der Labialia, sowie in einzelnen Fällen 662 E. KRAMER die Sublabialia und sogar die Gularia weisen dunkle Pigmentstellen auf; die Fleckenreihe der Zone a läuft cranial in die erwähnte Pigmentierung der Sublabialia aus. Zeichnungselemente und Zoneneinteilung a bis d, der Rumpfoberseite. Obere Figuren: linke Hälften mit allgemeinem Grundplan. Untere Figuren: individuelle Ausbildungen. Schematische Darstellung. Fig. 3a: V. u. rakosiensis Fig. 35: V. u. ursinur. Ries. Postocularstreifen. Lage, Breite und Intensitàt des Postocularstreifens bilden zu- sammen ein Merkmal, das sich zur Trennung der Rassen eignet. Es ist allerdings nicht ganz leicht, den Verlauf am Einzelexemplar zu beschreiben, da in der betreffenden Gegend die Beschuppung Ab- normitäten aufweisen kann, so dass höchstens der Abstand vom Lippenrand als eindeutige Bezugsgrösse verwendet werden könnte. Weil aber der Verlauf nicht geradlinig ist, so taucht noch eine weitere Schwierigkeit auf, wo man diesen Abstand messen soll; mehrere Bezugspunkte gestalten die Ausmessung zeitraubend. Das nachstehend beschriebene Verfahren hat den Nachteil, dass es nur statistisch verwendbar ist und am Einzelindividuum gelegentlich VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 663 versagt, dafür aber rasch und wirksam das Wesentliche angibt. Ich untersuchte die drei Schuppen am caudalen Ende der Maxillarreihe; der Postocularstreifen bedeckt mehr oder weniger vollständig mit seinem ventralen Teil diese Schuppen. Nun wurde eine Schätzung des Hell-Dunkel-Wertes für jedes der drei Schilder nach folgender Skala gemacht: Alle drei Maxillaria völlig schwarz Schwarzwert: total 13 völlig schwarz bis 1/4 hell. . . » pro Schuppe 4 ieghellbbisot 2Abellcata 22% » » » 3 fe 2enellebis: 3/4 hells eee » » » 2 3/4 hell bis völlig hell. . . . . » » » il In Zweifelsfällen wurde das eine Mal auf-, das andere Mal ab- gerundet. Bei Schuppenanomalien wurde diejenige Seite in Betracht gezogen, die dem normalen Status näher stand; waren beide Seiten anormal, wurde das Exemplar in der Messreihe nicht verwendet. Sonst wurde von beiden Kopfseiten stets der Mittelwert notiert. Theoretisch ergibt sich ein Minimalwert von 3 (Postocularstreifen verläuft ganz oberhalb der Maxillaria), was allerdings in keinem Fall beobachtet wurde. Es hat sich gezeigt, dass bei südwestrus- sischen renardı diese Schwarzwerte bei 13, gelegentlich darunter liegen, während die ursinit-Populationen der subalpinen Zone die kleinsten Werte aufweisen, d. h. dass bei südwestrussischen renardi der Postocularstreifen den Oberrand der Labialia erreicht und in seinem cranialen Verlauf nur wenig nach oben abbiegt, während die mediterranen Populationen dadurch gekennzeichnet sind, dass der Streifen leicht oberhalb des Lippenrandes verläuft und cranial nach oben biegt. Als Ganzes gesehen ist der Streifen breiter und intensiver bei südwestrussischen renardı als bei ursinu, während rakosiensis etwa in der Mitte steht. Ein Sexualdimorphismus be- züglıch dieses Merkmals konnte nicht festgestellt werden. In der folgenden Tabelle sind 548 Messungen an niederöster- reichischen rakosiensis 83 Messungen an der Nominatrasse aus dem ganzen Verbreitungsgebiet gegenübergestellt: SEHWarZWer be DE 0 Oreo OM OL Me ED Häufigkeit in % bei rakosiensis . LOI PA AO AL) D'ESTE MERS ID SIATE ONE 5 664 E. KRAMER Wir finden bei der Nominatrasse dieselben Zeichnungselemente wie bei der Population aus Niederösterreich, wollen aber auf zwei Abweichungen hinweisen: 1. Der Keulenfleck verläuft bei der Nominatrasse gelegentlich unter stumpfem Winkel nach hinten und ist meistens vom Post- ocularstreifen isoliert. Die Rückenbinde stösst weiter cranial nach vorn vor. 2. Der Postocularstreifen verläuft bei der Nominatrasse als Ganzes weiter dorsal als bei rakosiensis und lässt den untersten Teil der Maxillaria frei. Ebenso biegt er cranial stärker nach oben. | A a. b. $ ©. è en Ae Keulenfleck und Kopfform bei a. V. u. ursinit aus Südostfrankreich b. V. u. ursinit aus Mittelitalien c. V. u. rakosiensis aus Niederösterreich. Beim ersten Merkmal scheint ein Gradient von Südosten nach Nordwesten vorzuliegen, indem die Tiere aus Südostjugoslawien sich diesbezüglich nur wenig von rakosiensis unterscheiden (vergl. die Bemerkungen unter 5.1 bezüglich der bulgarischen Tiere), während bei französischen Stücken der Winkel am weitesten geöffnet ist. Allerdings sind die Ueberschneidungen zu gross, als dass sich ein Zusammenhang mit den drei geografischen Einheiten: Frankreich, Italien und Jugoslawien konstruieren liesse. Hingegen ist aus der letzten Tabelle ersichtlich, dass die zweite Eigenschaft als subspezifisches Abgrenzungsmerkmal der Nominatrasse gegen- über der rakosiensis-Rasse geeignet ist. Ich habe diesbezüglich alle mir zur Verfügung stehenden Exemplare überprüft und das Merk- mal im Bestimmungsschlüssel verwendet. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 665 Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch auf ein Phänomen auf- merksam machen, das mit der Kopfzeichnung und der Kopfform zusammenhängt. Die Figuren 4 a) und 4 b) stellen schematisch die Kopfzeichnung je einer Karstotter, die Figur 4 c) einer niederöster- reichischen Wiesenotter dar. Bei a) und b) wurde der äussere Um- riss gleich gezeichnet, bei c) der Kopf bei gleicher Gesamtbreite etwas länger. Vergleicht man nun die Figur a) (ein willkürlich aus- gewähltes südfranzösisches Stück) mit der Figur b) (ein italienisches Exemplar), so hat man den Eindruck, a) sei kürzer und breiter als b). Im Gegensatz dazu erscheint c) schmäler als a) und 6). Es handelt sich hier aber um optische Täuschungen, und ich vermute, dass verschiedene, einander widersprechende Urteile über die Kopf- form dieser Tiere darauf zurückzuführen sind. Wir lesen nämlich: SOCHUREK (1956: 182) « die uns vorliegenden zwei erwachsenen 2° (aus dem Gran Sasso) haben einen auffallend langen, schmalen Kopf». Lanza (1958: 308). Der Autor enthält sich vorsichtig jeder Aeusserung über die Kopfform. Hingegen gibt er eine Foto der Kopfpartie des 2 aus den Monti Sibillini. Ein Vergleich zeigt, dass die Kopfzeichnung dieses Exemplars dem Schema a) entspricht, wo- durch der Eindruck eines kurz-breit-köpfigen Stücks suggeriert wird. MEHELY (1911: 204) (bei der Beschreibung jugoslawischer Stücke): « Kopf von oben betrachtet kurz eiförmig, ziemlich klein und gedrungen, kürzer, aber in der Temporalgegend breiter als bei gleich langen Stücken von V. ursini (= V. u. rakosiensis), ohne Rücksicht auf das Geschlecht 1,4 bis 1,6 mal länger als breit ». Ich kann diese Feststellung von MEHELY bestätigen, muss aber beifügen, dass der breit-kurze Kopf nicht nur bei jugoslawischen Stücken, sondern ganz allgemein bei der Bergform vorwiegt. Rumpf- und Schwanzunterseite sind ohne ein eigentliches Zeichnungsmuster. Ich werde beide im nächsten Abschnitt be- sprechen. 5.6. FÄRBUNG Anstelle einer Farbskala gebe ich einen Ausschnitt aus Tafel V in Pıcrr (1958: 38) und setze anstelle der Farbfelder dort, wo es für die Beschreibung in Frage kommt, die gebräuchlichen deutschen Farbbezeichnungen ein. HELLIGKEITSSTUFEN 666 E. KRAMER FARBGRUPPEN 0 0-aurantiacus 0-flavus 0-chlorinus 0-viridis 1 lachsfarbig hellzitronengelb blassgelbgrinlich blassgrünlich 9 3 safrangelb 4 dottergelb 5 honiggelb graulichgelbgrün 6 rostfarbig olivenfarbig olivengrün 7 siena dunkelolivenfarbig dunkelolivengrün mattgrünlichgrau 8 kastanienbraun olivengrau dunkelgrünlich grünlichgrau 9 sepiabraun russfarbig eisengrau grünlichschwarz 10 10-aurantiacus 10-flavus 10-chlorinus 10-viridis Das Ganze stellt eine Dezimalskala dar, in der zuoberst weiss (identisch mit den Bezeichnungen 0-aurantiacus, etc.), zuunterst schwarz (identisch mit 10-aurantiacus, etc.) auftritt. Die dazwi- schenliegenden Helligkeitsstufen werden durch die Ziffern 1 bis 9 ausgedrückt, welche vor den in der obersten Zeile stehenden Ter- minus der Farbgruppe gesetzt und mit diesem durch einen Binde- strich verbunden werden (z. B. 8-chlorinus = dunkelgrünlich). Die Kombination der Termini « hell, dunkel» für die Hellig- keitsstufen mit «stark, schwach» für den Sättigungsgrad ergibt nach Pacrr (1958: 33) die folgenden vier universalen Bestimmungs- worte: hell + stark = lebhaft; hell + schwach = blass; dunkel + stark = tief; dunkel + schwach = düster. Für die Ausfärbung gebe ich die beobachteten Grenzwerte inner- halb der betreffenden Zonen an, in die ich die Körperoberseite ein- geteilt habe. Innerhalb der Helligkeitsstufen und zwischen den Farbgruppen sind die verschiedensten Zwischenwerte beobachtet worden, wobei ich aber auf eine statistische Darstellung verzichtet habe. Es wurde nämlich kein nennenswerter Farbunterschied inner- halb des gesamten europäischen ursini-Materials festgestellt, einzig dass die Bergform lebhaftere und tiefere Farben aufweist als die Tieflandsform. Die folgende Beschreibung bezieht sich auf die Rumpfmitte, gegen die Schwanzspitze wird die Farbe allmählich etwas düster. Oberseite: Vipera u. ursinit und Vipera u. rakosiensis. Grundfarbe: Zone a: 8-chlorinus, 6-chlorinus, 7-flavus, 6-flavus, 8-viridis. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 667 Zone 5b: Farbgruppe wie unter a, beim Einzelexemplar und bei den Stichproben eine leichte Verschiebung der Farbgruppe nach rechts und etwas dunkler. Zone c: Farbgruppe verschiebt sich nach links, Töne werden heller, Grenzwerte bei 5-flavus und 5-chlorinus. Zone d: gewöhnlich ein Sprung in der Farbgruppe nach links und eine sprunghafte Verschiebung der Helligkeitsstufe nach oben. Jungtiere 1-aurantiacus, 1-flavus, 1-chlorinus, 1-viridis. Zeichnung: 9-flavus, 9-chlorinus, 9-viridis mit Tönungen gegen 10. Bei einer Wellenbinde (vorwiegend 99) treten auch 6-aurantiacus Tòne auf. Bei der Wiesenotter ist der Aussenrand des dorsalen Bandes ge- wöhnlich dunkel eingefasst, während diese Einrahmung der Karst- otter gewöhnlich fehlt. Kopf: Oberseite wie die Zone c oder d, Oberlippe stark aufgehellt. Die Kehle der Karstotter ist weiss, die Ränder der mittleren und hin- teren Sublabialia sind speziell bei den Jungtieren schwarz bepudert. Bei der Wiesenotter kommen auch schwarze Ränder an den Kehl- schuppen vor, wie wir es bei der Steppenotter in Südrussland treffen, im allgemeinen ist aber die Kehle weiss oder gelblichweiss, während die Sublabialrander nur ganz leichte Pigmentspuren aufweisen. Unterseite: V. u. rakosiensis V. u. ursinit Die weisse Grundfarbe ist nur Die Exemplare aus dem öst- am Hals gut sichtbar, weiter hinten wird sie von der Pigmen- tierung völlig verdeckt und er- scheint als weisse oder graue Fleckenreihe. Beim © ist diese besser sichtbar als beim 4. Diese Überreste der Grundfarbe sind oft in A bis 6 Längsreihen angeordnet. Es fehlt ein Zeich- lichen Jugoslawien zeigen in der Ausfärbung keine nennenswerten Unterschiede gegenüber den Tie- ren aus Oesterreich. Die Ex aus Italien und Frankreich sind dage- gen heller: die weisse Grundfarbe zieht sich bis ins hintere Rumpf- drittel, und die Pigmentierung in Form schwarzer, unregelmäs- 668 E. KRAMER nungsmuster und handelt sich siger Flecken ist nur spärlich. um eine diffuse Verteilung von Es wurden auch partiell mela- Pigment, wobei höchstens in den notische Exemplare beobachtet. Aussparungen die Symmetrie zum Ausdruck kommt. Melanotische Ex wurden keine beobachtet. Die Schwanzunterseite ist meist etwas heller als der Hinter- rumpf, bei älteren Stücken dunkler als bei Jungen, selten ist die Schwanzspitze unten gelb. Oft bemerkt man zwei Längsreihen dunkelgrauer bis schwarzer Flecken. Innerhalb des gesamten west- europäischen Materials konnte ich keine Unterschiede beobachten. Stellt man rakostensis als Ganzes der Nominatform gegenüber, so weist die erstere gewöhnlich eine schwarze Unterseite mit weissen Flecken, die zweite eine weisse Unterseite mit schwarzen Ein- sprengseln auf. Es ist bekannt, dass die alpinen Formen von Aspisviper und Kreuzotter, als nächste Verwandte, bezüglich Farbe und Zeichnung ihre grösste Variationsbreite im Gebirge aufweisen. Dasselbe gilt für Vipera ursinit: die montanen Populationen sind in ihrem Ge- samtaspekt variabler als die Tiere des Flachlandes. MEHELY schreibt (1911): « Wie die meisten Reptilien, so neigt auch Vipera ursinu zur Bildung von Lokalrassen ». Die Koritaner Stücke unter- scheiden sich von denjenigen aus Durmitor, diese wieder von denen aus Vranovina; wiederum ein anderes Bild bietet die Population im Norden Jugoslawiens; auch in Italien lassen sich Unterschiede zwischen den Tieren aus den Monti Sibillini und denjenigen aus der Costa Stellada feststellen. Dasselbe wird wohl auch in Frankreich gelten, wo aber nur aus der Montagne de Lure eine grössere Anzahl von Stücken untersucht werden konnte, sodass ich hier nicht die ganze Variationsbreite überblicken kann. Die Unterschiede inner- halb der jugoslawischen Populationen sind aber grösser als dieje- nigen zwischen den nordjugoslawischen und den französischen oder zwischen den Koritanern und den Italienern. Es sollte also jede dieser « Lokalrassen » als eigene Unterart anerkannt werden, oder man muss sich zum Standpunkt bekennen, das Ganze als Einheit aufzufassen. Es ist hier noch zu früh, diese Frage endgültig zu entscheiden. Als interessante Parallele innerhalb der montanen Populationen sel erwähnt: MEHELY hat unter 33 Exemplaren, die er untersuchte, VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 669 3 Stücke mit partiellem Melanismus angetroffen, von denen ich mit Sicherheit noch eines wiederfinden konnte (MW 7004 3). Am Velino sollen nach Lanza (1958: 311) ebenfalls Exemplare vorkommen, die am Aussenrand des Rückenstreifens keine helle Zone aufweisen. Ich habe selber an der Costa Stellada ein Tier gefangen, das sich kaum vom Koritaner Stück MW 7004 unterscheidet. Auch von der Montagne de Lure habe ich ein Exemplar in meiner Sammlung, das starke Eindunkelung in der Grundfarbe aufweist und die Zeich- nung nur noch undeutlich erkennen lässt. Die von SOCHURER (1956: 182) erwähnte Rosatönung des Bau- ches ist keineswegs ein Charakteristikum der französischen Stücke; weder findet sie sich bei allen französischen Tieren, noch fehlt sie in den übrigen Populationen. Hingegen scheint es richtig zu sein, soweit ich es beobachten konnte, dass diese Rosatönung wohl ge- legentlich bei den montanen Populationen auftritt, nicht aber bei den niederösterreichischen. Von den bei MÉHELY (1911: 217) angeführten Unterschieden bezüglich Farbe und Zeichnung möchte ich zwei hervorheben: erstens das Fehlen der Fleckenreihe zwischen dem Dorsalband und der Lateralreihe. Tatsächlich tritt diese Fleckenreihe isoliert nur selten auf und dann höchst rudimentär. Die Rückenzeichnung wird so derjenigen von Vipera berus äusserst ähnlich. Diese Tat- sache erklärt die zahlreichen Verwechslungen; ferner ist man ver- sucht, diesen Umstand entwicklungsgeschichtlich zu deuten. Ich möchte aber vorläufig auf Spekulationen dieser Art nicht eingehen. Als zweiten der von MEHELY angeführten Unterschiede nenne ich den Postocularstreifen, der mit dem Hinterschenkel des Kopf- kreuzes nicht verbunden oder auf die Halsseite verlängert ist. Dies ist mir besonders bei den südfranzösischen Stücken aufgefallen und gilt weniger für die Tiere italienischer Provenienz. Es drängt sich hier wiederum der Vergleich mit V. berus auf. Ich äussere mich hier deshalb so ausführlich über das Farbkleid, weil ich eigentlich gehofft hatte, hier ein Kriterium zu finden, das bei geeigneter Anwendung gestatten würde, die drei geografischen Rassen, welche in der Literatur als V. u. macrops, V. u. wettsteini und V. u. ursinii Eingang gefunden haben, zu trennen. Es scheint aber keine solche eindeutige Grenzlinie zu existieren, vielmehr als Charakteristikum der montanen Form zu gelten, dass sie stärker als die Tieflandsform zu Lokalvarietäten neigt und eine grössere 670 E. KRAMER Variabilität aufweist. Sie steht übrigens auch in dieser Hinsicht, sowie in der Wahl ihres Biotops (5.2) Vipera berus sehr nahe. 5.7. BESCHUPPUNG Rumpf- und Schwanzoberseite. Die Anzahl der Schuppenreihen auf der Oberseite ist am cau- dalen Schädelende unregelmässig und mit 23 oder mehr Reihen am grössten. Gleich bei der Halseinschnürung findet eine Reduktion auf 21 Reihen durch Ausfall der 5. (selten der 6.) Reihe statt. Diese Reduktion wurde in den Messungen nicht berücksichtigt, da sie weder immer eindeutig feststellbar noch genau lokalisierbar ist. Charakteristisch ist die Stelle, an der sich durch Vereinigung der 3. und 4. (selten der 4. und 5.) Reihe eine Reduktion auf 19 Reihen vollzieht. Ich habe eine gelegentliche Asymmetrie der beiden Körperseiten durch Mittelbildung ausgeglichen. Die nächste Re- duktion kommt durch Vereinigung der 8. und 9. Reihe zustande und liegt ungefähr am Magenende. In der Analgegend häufen sich die Reduktionen, und man beobachtet etwas caudal vom Anal- schild 12 Reihen, also eine gerade Anzahl, im Gegensatz zur unge- raden am Rumpf. Rumpf V. u. rakosiensis V. u. ursinit (Niederösterreich) (Jugoslawien, Italien, Reduktion von 21 auf 19 Frankreich) Häufigkeit Reduktion von 21 auf 19 Ventralia 3g(141) 99(189) Haufigkeit 6 und darunter 0 0 Man Sl) 7-9 . ee) 14 6 und darunter 19 21 10 Dee, 36 7-9 . 17 39 13-15 0 220959 43 10ER 8 8 16 AS with ta 24: 35 13, Te 2 1 ISS Sirs 19 30 DEINE nn 2 2 über 19 Reihen über 19 Reihen auf dem vorde- auf dem vorde- ren Rumpfdrittel 0 0 ren Rumpfdrittel: 13 37 Der Schwanz der gg ist an seinem cranialen Teil leicht ange- schwollen und verjüngt sich nicht unmittelbar wie derjenige der 99. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 671 Die Zahl der Reihen nimmt caudal bis auf 4 ab; als wichtigste Reduktion ist diejenige von 8 auf 6 Reihen untersucht worden. Sie entsteht entweder durch Ausfall der 3. Reihe oder durch deren Vereinigung mit der 2. oder 4. Reihe. Diese Stelle, an der die ge- nannte Reduktion auf beiden Körperseiten eintritt, wurde auf der Unterseite mit den Subcaudalia in Verbindung gebracht, und zwar wurde gezählt, wieviele Subcaudalia von der Reduktionsstelle bis zum Anale liegen. Dabei wurde der Mittelwert von rechts und links gebildet und gleichmässig auf ganze Zahlen auf- und abgerundet. Eine Reduktion von 21 auf 19 Reihen im vorderen Rumpfdrittel kann bei V. u. rakostensis auch unterbleiben, was bei den Jg in 9,2% und bei den 99 in 19,6% festgestellt wurde. Die Differenz dieser Häufigkeiten ist noch bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von P = 0,009 signifikant. Sie kann so gedeutet werden, dass der funktionell bedingte grössere Leibesumfang der 99 eine Vermehrung der Costales zur Folge haben kann. Die Reduktion von 21 auf 19 Reihen findet bei der Bergform meist vor dem 10. Ventrale, bei der Tieflandsform meist nach dem 10. Ventrale statt. Ueber 19 Reihen auf dem vorderen Rumpfdrittel konnte ich bei der Bergform nie feststellen, hingegen in einem Fall (von total 115) eine Reduktion von 19 auf 18 Reihen, allerdings nur für eine ganz kurze Strecke. Einmal auf 252 Beobachtungen konnte ich dieselbe Feststellung auch bei der Tieflandsform machen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Bonaparte 1835 angibt, sein Typusexemplar weise 18 Costalschuppen auf. Leider lässt sich diese Angabe nicht überprüfen, ganz abgesehen davon, dass er nicht angıbt, wo er die Zählung vorgenommen hat. Reduktion von 19 auf 17 Reduktion von 19 auf 17 Häufigkeit Häufigkeit Ventralia 43(118) 29(134) Ventralia da (45) 99 (67) 70 und darunter 0 3 70 und darunter 1 3 71-75 3 4 ASIDE 5 aoe 0. 1 4 76-80 7 8 TO 80e 4%, e 1 5 81-85 36 31 oa Bart 5 9 86-90 48 42 SIDE EAN Atal 11 II E ia 15 al 91-95 . . . . 9 16 96210082 ee 2 6 11 96-100 9 6 101-105 6 6 uber 10004 7 . 3 4 106-1072 7: 2 4 111 und mehr . 3 672 E. KRAMER Schwanz V. u. rakosiensis V. u. ursinit Reduktion von 8 auf 6 Reduktion von 8 auf 6 Häufigkeit Häufigkeit Subcaudalia Gg(124) 99(127) Subcaudalia 43 (53) 99 (62) ARR TE VR: 7 Sai CIT O RAR ge DE 3; MERA 7 I 2 13%. 1 13 10: 11 120 0 21 441 1 11 er 2 24 12 1 12 or DEEE 2 16 18 0 Ae AW Di aa 14 4 5 18 13 10 15 10 3 19 14 7 16 7) 4 20 23 5 17e 8 DIO NE De: 23 2 18 . 10 D) HSE MER N! 19 19 6 23 da 20 3 DE ITA 10 21 2 25 4 22 0 26 1 23 1 Versieht man die Mittelwerte M mit einem unteren Index (r resp. u) der die Rasse (rakosiensis resp. ursinit) bezeichnet und einem oberen Index, der sich auf das Geschlecht bezieht, so ergeben sich unter Berücksichtigung der Standardabweichung für die Mittel- werte die Grössen: M$ = 20,7% 02, M?= 15,34 0,2 MS = 16,92 0,3 M? = 11,2% 0,3 Der Unterschied MΗMî resp. MΗM$ ist für beide Rassen durch die Anwesenheit der Penes zu erklären und bringt einen Sexualdimorphismus zum Ausdruck. Auch die Differenzen M$—M$ resp. Mî?—Mî, die beide den Wert 4 besitzen, sind signifikant, hingegen ist die Streuung zu gross für em individuelles Unterscheidungsmerkmal der beiden Rassen. Stellen wir die Resultate dieses Abschnittes in einer Tabelle zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Tieflandsform: Bergform: Costalreduktion auf meist nach dem 10. Ve; meist vor dem 10. Ve; 19 Reihen gelegentlich mehr als nie mehr als 19 Reihen 19 Co auf Vorderrumpf auf dem Vorderrumpf beobachtet; beobachtet; VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 673 Tieflandsform : Bergform: Costalreduktion auf im Mittel bei 20 Sc im Mittel bei 17 Sc 6 Reihen ($3), resp. 15 Se (29) (ZI), resp. 11 Se (QQ) Schwanz bei gleicher Totallänge relativ kurz relativ lang Fragt man sich, wie sich diese Feststellungen nun im Gesamt- habitus äussern, so kommt man zum Schluss, dass die Bergform als Ganzes graziler erscheinen muss als die Tieflandsform. Wir zitieren hierzu die sorgfältige Analyse MÉHELY’s (1911: 203): « Vipera macrops erinnert in der Tracht an V. ursinu, erreicht auch die Länge der letzteren Art, bleibt aber gewöhnlich kleiner und sehmächtiger». Ich habe hier absichtlich nur das eine Adjektiv gesperrt gedruckt, wir werden aber später (5.9, Index ip) sehen, dass auch die Angabe über die Totallänge zutreffend ist, allerdings ohne die Restriktion auf die jugoslawische Population. Rumpf- und Schwanzunterseite. Der Zusammenhang zwischen der Anzahl der Wirbel und der Zahl der Ventralia und Subcaudalia wurde an 12 ungarischen V. u. rakosiensis und an 20 V. u. ursinit aus dem ganzen Verbreitungs- gebiet im Röntgenbild geprüft. Es gelten folgende Abkürzungen: A = Atlas E = Epistropheus R = Rumpfwirbel S = Schwanzwirbel Ve= Ventralia An = Anale Sc = Subcaudalia Sp = unpaariger Schwanzdorn Herkunft der Tiere: Wiesen der Gemeinde Dabas, Komitat Pest, Ungarn. Sex (A+E)+R+S Ve+An+Sc+Sp R — Ve S — (An+Sc+Sp) oO 2+441+26 1414142441 0 0 Q 2+134+28 12+1+25 +1 2 1 9 2+137+25 137+1+22+1 0 il 9 2+139+4+ 28 13884142541 1 1 OO 2+4137+26 1364+14 2441 1 0 OQ 24135+27 1334+1+4+2441 2 di d 244136435 135+1+32+1 1 1 d 2+131+35 29+1+3+1 2 0 d 2+134+32 134+1+30+1 0 0 g 2+136+38 136+1+35+1 0 1 d 2+132+33 132+1+31+1 0 0 4 2+131 +3 130+1+30+1 1 2 Durmitor & 24117434 115+1+33+1 2 il Herkunft: Sex:(A+E)+R+S Ve+An+Sc+Sp R— Ve S— (An+Sc+Sp) 1 Mt. de Lure g 2+123+32 121+1429+1 2 1 674 E. KRAMER Herkunft: Sex:(A+E)+R+S Ve+An+Sc+Sp R— VeS— (An+Sc+Sp) Mt. de Lure g 2+121+34 119+1+31+1 2 1 ) g 24122435 1214143241 1 1 Durmitor Q 2+132+24 1324142041 0 7) Mt. de Lure © 2+4129+28 129+1+26+1 0 0 » QU 24127428 125+1+25+1 2 1 » Q 2+128+27 127+1+26+1 il ed] » Q 24127430 125+1+26+1 2 2 Mt. Velino © 2+129+27 129+1+24+1 (0) il » D 24125426 125+1+23+1 0 1 Mt. Sibillini Q 2+129+25 129+1+22+1 0 il » D 2+129+26 128+1+24+1 il 0 » Q 24129427 129+1424+1 0 il » D 24128427 1284142441 0 1 » Q 24126428 126+1+24+1 0 1 » Q 24126+26 125+1+23+1 1 1 » O 2+121+26 121+1+23+1 0 1 » Q 24129428 130+1+25+41 —1 1 » Q 2+129+26 128+1+23+1 1 1 Da der Costocutaneus inferior die Verbindung zwischen den Ventralrändern und den Wirbeln herstellt, ist eine zahlenmässige Uebereinstimmung zwischen den R- und Ve-Zahlen zu erwarten. Die Abweichungen in der Differenz R minus Ve vom Nullwert kònnen dadurch bedingt sein, dass einerseits der Uebergang von den Kehlschuppen zum 1. Ventrale nicht immer eindeutig feststell- bar ist und dass andererseits der Uebergang von den Rumpf- zu den Schwanzwirbeln im Röntgenbild nicht immer klar ersichtlich ist, abgesehen natürlich von tatsächlich vorliegenden Unterschieden. Diese Tatsache ist von einer gewissen Bedeutung bei der Identifi- kation des Typusexemplares von Pelias ursinit Bonaparte. Cope (1859: 342) beschreibt ein Exemplar, von dem MEHery (1911: 201) annımmt, es handle sich um den Typus. Cope sagt von diesem Stück, dass es sich wahrscheinlich um ein junges Tier handle. Meine Nachforschungen ergaben, dass Cope mit seiner Bemerkung ein halbwüchsiges 2 (ANSP 6915) gemeint hat, das aber wegen seiner (Gesamtlänge von 340 mm niemals mit dem bei BONAPARTE abge- bildeten Jungtier identisch sein kann. Nun befindet sich tatsächlich in der Bonaparte-Sammlung noch ein ganz kleines Exemplar (ANSP 6905), wahrscheinlich ein g, das sich aber in äusserst schlechtem Konservierungszustand befindet. Neben verschiedenen Jungtieren von V. b. berus und V. a. aspis ist es die einzige V. ur- VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 675 sinti. Die Zahl der Costalschuppen lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen; zwischen dem 25. und dem 35. Ventrale sind es 18 oder 19 Längsreihen. Leider kann die Zahl der Bauchschilder ebenfalls nicht verifiziert werden, sondern nur noch die Zahl der Wirbel. Bildet man die Differenz R—Ve resp. S—(An+Sc-+Sp), indem man für R und S die effektive Wirbelzahl, für die Schuppen aber die von BONAPARTE angegebenen Werte einsetzt, so erhält man die Werte 1 resp. 0. Ich vermute, dass das Analschild bei BONAPARTE in der Zahl seiner Scuta abdominalia mitgezählt wurde, ebenfalls dass die Schwanzspitze in den Scuta subcaudalia paria nicht inbe- griffen ist. Berücksichtigt man ferner, dass die Genauigkeit der Wirbelzählung bei + 2 liegt (das Stück ist derart fragil, dass ich mich in der Untersuchung mit dieser Exaktheit begnügen musste, wollte ich nicht riskieren, das Objekt zu beschädigen), so liegen die oben genannten Differenzen immer noch in einem Intervall von + 3. Trotz allem lässt sich nicht eindeutig entscheiden, ob dieses Jungtier nun tatsächlich das bei Bonaparte abgebildete und be- schriebene Exemplar darstellt. Orsını hat Bonaparte sehr wahr- scheinlich noch weitere Exemplare vermittelt, von denen aber nur die beiden ANSP No. 6905 und No. 6915 erhalten sind. Ob diese Tiere überhaupt zur Zeit der Abfassung der Fauna Italica dem Autor vorgelegen haben oder erst später gesammelt wurden, ist leider auch nicht aus irgendwelchen Aufzeichnungen ersichtlich. Ich hatte über diese Fragen einen Briefwechsel mit Dr. BOHLKE (Philadel- phia) und zitiere eine Stelle aus einem Brief, der die Situation kenn- zeichnet: « nearly all the information we have along this line must be regarded in the ‘ probable’ category. I cannot find any written records to answer most of your questions... ». Ein wichtiger Hinweis findet sich in den Proc. Acad. Nat. Sc. Philadelphia 5 (1850) 1852: 130: « In Ichthyology the cabinet has received, rather unexpectedly, a large and very valuable collection, presented by Dr. T. B. Wırson, consisting of 767 bottles containing fishes in alcool, and 177 specimens of the latter, formerly belonging to Prince C. L. Bonaparte, and being the originals oh end esicrip t roms yan dal usta tao ni sqioriy tihte Fauna Italica» (gesperrt hoc loco). Leider weiss man damit immer noch nichts über die Reptiliensammlung ! Immerhin ist es mir gelungen, zwei der bei Bonaparte abgebildeten Vipern auf Grund spezieller Merkmale in der erwähnten Sammlung zu identi- REV. SUISSE DE ZOOL., T. 68, 1961. 48 676 E. KRAMER fizieren, so dass man wahrscheinlich das obige Zitat auch auf die Reptilien beziehen darf. Es kann nicht im Interesse der Forschung liegen, ein unbrauch- bares Exemplar als Typus zu designieren. Ich erkläre deshalb ANSP No. 6915 zum Lectotypus von Pelias ursinit Bonaparte, 1835, unter der Annahme, dass No. 6905 und No. 6915 dem Autor als Synty- pen vorlagen. Figur 1 zeigt die Kopfbeschuppung von ANSP No. 6915. Ventralia. Da das erste Ventrale (siehe Definition) nicht immer eindeutig festzustellen ist, dürfte eine Nachzählung in etwa 2% der Fälle die Ventralzahlen um 1 vergrössern (und dann allerdings die Zahl der Kehlschuppen um 1 verringern) oder umgekehrt. V. u. rakosiensis V. u. ursinit Oesterreich gesamtes Verbreitungsgebiet Anzahl der Ve dd(226) 99(267) Anzahl der Ve 33 (54) Q9(86) ADD de. a 4 (Aa ann SEUL 1 Geert n 2 116 dU Le gens ee 9 Al TRANS ESS LD Sa wie TRE 12 1 TASSE Fae ee 1 DIET vent: 16 3 119 1904 AA IR 40 21 120 il SANS ae 1000 45 19 121 2 (Lap eee Bee Ne Pe 39 29 122 1 I ee eee 18 45 123 3 1 AAs) a e 17 38 124 4 4 IO DEN 9 38 125 5 7 190/92 Pn “LIA dg 12 28 126 7 6 VO ey ANS CR Le 3 28 127 7 10 138 10 128 7 10 139 4 129 a 10 NAVE Er 0 130 6 11 MANS > epee ue. 1 13 2 14 MLD TS SIN Rt 1 152 { 7 Die wenigen Ex, die ich aus 133 1 5 Ungarn und Rumänien unter- 134 1 suchen konnte, lassen einen Gra- 135 2 136 1 dienten von Süden (höhere Mit- telwerte) nach Norden (tiefere Mittelwerte) vermuten, was aller- dings an einem umfangreicheren Material überprüft werden müsste. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 677 In der Längsrichtung geteilte Ventralia sind: bei 11% an beiden Rumpfenden bei 5% am Hals beobachtet beobachtet worden worden Die Gesamtzahl der Ventralia varuert bei den dg von 125-137 dé von 115-133 92 von 127-142 992 von 121-136 Mit den am Anfang dieses Abschnittes gewählten Bezeichnungen erhalten wir für die Mittelwerte hier: M$ = 131,277 0,16 MS = 126,702 0,45 M? = 133,93 0,15 M? = 128,957 0,31 Die signifikanten Unterschiede M°—Mj resp. M$—M; betragen beide etwa 2 und zeigen einen Geschlechtsdimorphismus an. Auch die Differenzen MÖ—M£ resp. M;—Mj, die beide etwa 5 betragen, sind gesichert, ohne aber ein individuelles Unterschei- dungsmerkmal zu liefern. Die flache Verteilung bei der Bergform lässt vorerst vermuten, dass man zwei oder mehrere Rassen zusammengeworfen hat. Eine Einteilung nach geografischen Bezirken gibt aber nicht die ge- wünschte Trennung. Es gehört somit zum Kennzeichen der mon- tanen Form, dass die Streuung und die Variationsbreite grösser sind als bei der Tieflandsform. Allerdings müssen wir uns vor Augen halten, dass bei den niederösterreichischen Exemplaren eine einzige, homogene Population untersucht wurde, was für die montanen Exemplare natürlich nicht gilt. Würde man die Tiere aus Ungarn und Rumänien, die ich auch zur Tieflandsform rechne, einbeziehen, so wären Streuung und Variationsbreite auch bei der Tieflandsform grösser. Während aber dort ein Gradient von Süden nach Norden erwartet werden kann, ist es mir nicht gelungen, für die montane Form einen solchen nachzuweisen. Von der Geburt an bleibt die Insertionsstelle der Nabelschnur noch etwa ein Jahr lang gut erkenntlich. Zwei bis vier Ventralia weisen dort in der Mitte eine Oeffnung auf, die allmählich vernarbt. Zählt man die völlig intakten Ventralia von dieser Stelle bis zum Anale, so ergibt sich folgendes Bild (63 Individuen aus Nieder- österreich, nicht nach Geschlechtern getrennt, da kein Sexualdi- morphismus festgestellt wurde): Ventralia vom Nabel zum Anale . 9 10 11 12 13 Eee ne RI Om lies Del] 3 678 E. KRAMER Für die montanen Formen ergeben sich ähnliche Verhältnisse. Im Vergleich mit der Tieflandsform fällt — wie bei den Ventralia — die grössere Streuung und Variationsbreite auf. Hier scheint em Gradient vorzuliegen, indem bei den jugoslawischen Tieren der Nabel etwas weiter vom Anale entfernt ist als bei den übrigen, womit sich diese wieder als Uebergang zu rakosiensis präsentieren (Ergebnis von 39 Exemplaren, ebenfalls nicht getrennt nach Ge- schlechtern). Ventralia vom Nabel zum Anale: 8 9 10 11 12 15 14 15 16 Häufigkeit: jugoslawische Ex . 2 5) ibrige montane Ex 1 Al N O0 > HS VI Subcaudalia V. u. rakostensis V. u. ursinit (Niederösterreich) (gesamtes Verbreitungsgebiet) Die Gesamtzahl der Subcaudalia variiert bei den 33 von 28—37 33 von 26—35 99 von 19—29 O2 von 20—32 Subcaudalia 4 9(259) 22(289) Subcaudalia gg (44) 99 (62) TOR RCE 1 DOr 1 20 4 210 7 21 6 DDR 4 22 14 Da 10 23 34 DES 15 24 76 JD 10 25 83 26 1 12 2€ 46 27 1 1 DIT: 17 28 3 1 293%. 4 7 29 1 1 29 11 1 Ur 4 30 25 31 10 31 45 32 15 39, 65 33 4 33 52 34 4 34 30 33 1 35 16 6 8 VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 679 In 3% der Fälle wurden Ver- wachsungen festgestellt, vorwie- gend in der Nähe des Anale. In 2 Fällen wurden drei in der Körperlängsrichtung nebeneinan- derliegende Schuppen festgestellt. Die Mittelwerte betragen: Mis 732,075, 0,M Meso th 34a 0,29 Me = 24,552.0.09 Ma 2208000524 Hier sind nur die Differenzen M°—M; resp. M$—M; signifi- kant und bringen einen bei der ganzen Familie bekannten Ge- schlechtsdimorphismus zum Ausdruck. Das Analschild war bei allen untersuchten Spitzkopfottern ungeteilt. Kopf. Aspacyaularar A. V. u. rakosiensis (Niederösterreich). Es wurden 230 gg und 259 99 untersucht. Normalerweise ist ein einziges Apicale vorhanden; bei 11 gg und bei 15 99 wurden 2 Apicalia festgestellt. Bei je einem g und © wurde keine Apicalia festgestellt; im ersteren Fall vermutlich als Folge einer Verletzung. Gelegentlich ist eine Kerbe angedeutet, oder das Apicale hat die Form einer querliegenden 8 und deutet in den Umrissen auf eine Teilung (oder Verschmelzung zweier Schuppen) hin. Ein signifikanter Geschlechtsdimorphismus besteht nicht. Als Aussage über die Grundgesamtheit gilt: in 2-10% der Fälle sind 2 Apicalia vorhanden. B. V. u. ursini (ganzes Verbreitungsgebiet). Normalerweise ist ein einziges Apicalschild vorhanden. Bei 2 99 habe ich 2 Apicalıa festgestellt, bei einem 3 kein Apicale. Die Mu- tungsgrenzen für 2 Apicalia sind 0,04 und 16% und enthalten in ihrem Intervall die Mutungsgrenzen, die sich bei der Tieflandsform ergeben. In der Ausbildung des Apicale besteht also zwischen den beiden Formen kein nachweisbarer Unterschied. Bei beiden kommen gelegentlich Teilungen vor, während das Fehlen des Apicale als seltenes Ereignis bei beiden Formen zu deuten ist. 680 E. KRAMER Ente re fantini ita A. V. u. rakosiensis (Niederösterreich). Anzahl 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Häufigkeit: SCRITTA eae 2, 13 8401601 59 26 6 8 0 COR) I ee ae 0 6 68 79 as 35 14 5 3 Die Häufigkeiten sind asymmetrisch verteilt. Sind weniger als 4 Intercanthalia, so sagen wir, die Schuppen seien verwachsen; sind es mehr, so sprechen wir von einer Auflösung in Einzelschuppen. Wir erhalten dann folgendes Bild: dé Le NetwWächsene era 15 oder 5,6% 6 oder 2,2% aufgespalten li. nina. 2170 oder 63% +2209 Modern für die Grundgesamtheit: dé = verwachsen ARNO CA ak ee 3 bis 1097, 0,8 bis 6% aufgespalten RER ER RE 227 bis 68 bis 78% Die Population zeigt eine Tendenz zur Auflösung der Intercan- thalschilder, die bei den 99 stärker ausgeprägt ist als bei den SG. Die Gegentendenz zur Verschmelzung tritt selten auf; bei den 99 weniger oft als bei den 44. B. V. u. ursinit (ganzes Verbreitungsgebiet). (= Ono Anzahl 2 3 4 a) 6 7 8 Haufigkeit: Balkan 2 2 27.92 9/6" Mi2/4 15/1722 5/60 AO 55/22 Ftalien faege iene 4/12 4/8 1/6 7228510 Frankreich . . . 7/8 ., 5/6) (b/d) tian In allen drei Bezirken treten vorwiegend 4 Intercanthalschilder auf. Es zeigt sich ein Gradient von Siidosten nach Nordwesten, der sich so äussert: Die Populationen von Jugoslawien zeigen eine Tendenz zur Verwachsung, diejenigen aus Frankreich und Italien eine Tendenz zur Aufspaltung. sineipitalschnlder. Die grossen Schilder der Kopfoberseite weisen gelegentlich Un- regelmässigkeiten auf, wobei zwei Tendenzen zu beobachten sind, einerseits die Auflösung in Einzelschuppen, andererseits die Ver- wachsung zu grösseren Blöcken. Es war jedoch in diesem Fall nicht möglich zu entscheiden, welche der beiden Möglichkeiten vorliegt, VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 681 denn die Verwachsungen treten gleichzeitig mit Abspaltungen an anderer Stelle auf. Deshalb wurde bloss eine Abweichung vom Normalfall registriert; sie besteht darin, dass z. B. die Parietal- oder Frontalränder Ausbuchtungen oder Kerben aufweisen, dass Ver- schmelzungen mit Nachbarschuppen vorhanden waren, oder dass sich kleine Schüppchen von den grossen losgelöst hatten. Unter diesen Abweichungen ist besonders das Auftreten eines kleinen, zentralen Schildchens in der Kopfmitte zu erwähnen, das sich ge- wöhnlich vom caudalen Teil des Frontale losgelöst hat und mög- licherweise als letzte Spur der Scheitelöffnung des Parietalorgans zu deuten ist. Das mehr zufällige Auftreten spricht allerdings gegen diese Annahme. Die Abweichungen wurden für Parietale und Frontale getrennt notiert; ebenso wurde eine Trennung nach Geschlechtern gemacht. A. V. u. rakosiensis (Niederösterreich). Es wurden 263 33 und 287 £9 untersucht mit folgenden Er- gebnissen: dé (163) P9 (287) anormal bei: Ex 0% Ex So Parietala@ SM Lt 20 7,6 45 A Erontallan ss. ee: 15 DI 20 Ù Die Differenz von 8,1% in den Parietalwerten für 99 und gg ist noch bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von P = 0,003 signi- fikant, wahrend bei den Frontalia kein signifikanter Unterschied vorliegt. Es ist zu vermuten, dass die Anomalien eher die Parietalia betreffen als die Frontalia. Um die Zahl derjenigen Tiere zu erhalten, die überhaupt keine Abweichungen vom Normalfall aufweisen, genügt es aber nicht, die Werte der Anomalien beim Parietale und beim Frontale einfach zu addieren, denn bei gewissen Individuen werden diese Anomalien gleichzeitig an beiden festgestellt. Die Zahl der Normalfälle beträgt 238 oder 90,5% für die 44 und 238 oder 82,9% für die 99. Für die Grundgesamtheit gilt: Die Sincipitalschilder sind nor- malerweise ungeteilt. Abweichungen (Verwachsungen, Teilungen) treten eher beim Parietale als beim Frontale auf; anormale Bil- dungen sind bei den 99 im Mittel doppelt so zahlreich wie bei den gd. 682 E. KRAMER B. V. u. ursinii (gesamtes Verbreitungsgebiet). Untersucht wurden 54 g3 and 86 99. 3S (54) 22 (86) anormal bei Ex), Ex. % PRarietaliay garen pen. 30 56 56 65 Far US gran 12 22 36 42 Die Differenz von 10% für die Parietalwerte ist wegen der kleinen Individuenzahl nicht signifikant bei der vorausgesetzten Sicherheitsschwelle. Vergleichen wir die Tabelle mit derjenigen für V. u. rakostensis, so fallen sofort die höheren Prozentzahlen auf, während wir innerhalb der Tabelle ähnliche Verhältnisse haben. Leider können wegen der zu kleinen Zahl der Beobachtungen keine Schlüsse über die Grundgesamtheit gemacht werden. Ich vermute allerdings, dass innerhalb der montanen Populationen dieselben Verhältnisse vorliegen wie bei der Tieflandsform. Die Differenz der Absolutwerte hat als subspezifisches Trennmerkmal im Bestim- mungsschlüssel Eingang gefunden. Interocufrrontalia. Normalerweise sind die Supraocularschilder vom Frontale durch Schuppen getrennt. Selten stösst das Frontale im apicalen Teil unmittelbar ans Supraoculare oder ist mit diesem verwachsen, ein Kontakt, den wir bei Vipera berus sachalinensis und in den östlichen Populationen von V. u. renardı finden. In 4 Fällen fehlten die Interocufrontalia überhaupt. Die Gegentendenz einer Schuppen- vermehrung kommt darin zum Ausdruck, dass Frontale und Supraoculare durch mehr als eine Schuppenreihe voneinander ge- trennt sind. Ansätze zur Bildung solcher « Doppelreihen » finden wir eher im caudalen als im apicalen Teil des Supraoculare. Ich konnte auch beides beobachten: apical ein « Kontakt» der beiden grossen Kopfschilder und caudal eine Trennung durch zwei Reihen kleiner Schüppchen. Die Bildung einer Doppelreihe ist von Vipera kaznakovi bekannt, bei der die Doppelreihe im ganzen Interocufrontalraum ausgebildet sein kann (Taf. 3, Fig. 6). Wegen der Asymmetrie der Kopfseiten habe ich beide Seiten einzeln gezählt; wir erhalten so folgende Frequenzbilder: VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 683 Schuppenzahl: 0 1 2 3 4 Total: Häufigkeit bei V.u.rakosiensis 3 200 503 329 8 1043 140 Ex (Nieder- österreich) V. u. ursinit 1 SIMO, We 269 540 Ex (ganzes Verbreitungsgebiet) « Doppelreihe » « Kontakt » Vezusnakosiensisw SERE 0.6 8% Vu Ursini Due ner 107 UV Ein Vergleich der pene Haufigkeitsverteilungen ergibt weit- gehende Uebereinstimmung. Möglicherweise sind gerade die Ver- änderungen in Richtung der Körperlängsachse (« Kontakt» und « Doppelreihe ») in systematischer Hinsicht von gewissem Interesse. Leider hatte ich dies zu spät erkannt und bei der Auswertung im Vergleich mit V. b. sachalinensis und V. u. renardi zu wenig be- rücksichtigen können. Brabant V. u. rakosiensis (Niederösterreich). Die folgenden Messungen basieren auf 579 Individuen. Nicht bei allen konnten beide Kopfseiten gleichzeitig ausgezählt werden. Ich habe wiederum beide Seiten getrennt registriert und so 1066 Messungen erhalten. 8 Labialia bezeichne ich als den « Normalfall », sind es weniger, so spreche ich von Verwachsungen, sind es mehr, von Aufteilungen. Die Zählung beginnt apical. Ich versuchte fest- zustellen, welche Schilder jeweils an den Verwachsungen und Auf- teilungen beteiligt waren. Die Zuordnung war nicht in jedem Fall eindeutig möglich, so dass diese Zahlen mit einer gewissen Unsicher- heit behaftet sind. In 20 Fällen reicht das 3. Labiale, das trotzdem mitgezählt wurde, nicht bis zum Lippenrand, in einem Fall betrifft dies das 6. Labiale. Schuppen mit Kerben, die mehr oder weniger vertikal zum Lippenrand verlaufen und den Beginn einer Teilung oder das Ende einer Verschmelzung andeuten, wurden als Einzel- schuppen mitgezählt. Anzahl der Labialia 6 7 8 9 Häufigkeit. NS 2 ar STI 295 69387 0 Verwachsungen total 2722 20295: RS 07 Normaltalle 2) 8 e 689 Aufteilungen . . . 10 Gesamtzahl der Beobac htungen 1066 684 E. KRAMER Für Abweichungen vom Normalfall habe ich folgende Schreib- weise verwendet: Teilt sich das 5. Labiale in zwei Schilder auf, so schreibe ich: 5 (5, 6); vereinigt sich umgekehrt das 5. und 6. zum 5., so schreibe ich: 5 + 6. Ich habe so folgende Verteilung erhalten: Verwachsungen: 142 243 3+4 4+5 576 647 748 24344 34445 44546 51617 Ae iby sy Ale IS NI 1 9 1 1 Aufteilungen: 1-(1, 2) ES (&, 5) 5-(5, 6) 6-(6, 7) 1 2 6 1 V. u. ursinu (ganzes Verbreitungsgebiet). Anzahl der Labialia. . . 6 7 8 9) Häungkeiteee newer: 4 35 235 8 Verwachsungen total .... 44+ 35 = 39 Normale e ee 235 Aufteillungen NAME 8 Gesamtzahl der Beobachtungen 282 Verwachsungen: 1-+2 2+3 3+4 4+5 9 +6 6+7 748 23 EE 3+4+5 0 5 18 3 11 1 1 1 1 Aufteilungen: 515,6) 6 > (6, 7) 6 2 In der überwiegenden Zahl der Fälle werden 8 Labialia gezählt (Normalfall). Es treten dieselben Anomalien auf wie bei der Tief- landsform. Stellen wir Verwachsungen und Normalfall in beiden Gruppen gegenüber, so erhalten wir folgendes Bild: Niederösterreich Bergform (1066) (282) Verwachsungen . . . 367 85,20% JO MS: Normallalle mar: 689 64,6% DIDMMASZIANI Die Differenz der Prozentzahlen erweist sich noch als signifikant bei einem P = 0,001. Eine Trennung nach Geschlechtern zeigte VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 685 keine Unterschiede von Belang, hingegen lässt sich als Aussage für die Grundgesamtheit formulieren: Die niederösterreichischen Tiere weisen in weniger als 75% 8 Labialia und in mehr als 25% 7 Labialia und weniger auf, die montanen Populationen in mehr als 75% der Fälle 8 Labialia und in weniger als 25% der Fälle 7 Labialia und weniger. S Ul lelo nella. V. u. rakosiensis (Niederösterreich). Im Maulwinkel befindet sich als letztes Schildehen meist eine Schuppe, die dann nicht mitgezählt wurde, wenn sie nicht an der Bildung des Lippenrandes beteiligt war, was aber nicht immer eindeutig festzustellen ist. Beide Kopfseiten wurden einzeln aus- gezählt, bei einigen Exemplaren liessen sich wegen Kopfverletzun- gen nur auf einer Seite Zählungen vornehmen; deshalb steht einer Totalzahl von 520 Individuen eine Gesamtzahl von nur 1024 Mes- sungen gegenüber. Das 4. Sublabialschild ist öfters durch ein Gulare vom Infra- maxillare getrennt, sodass nur die ersten 3 Sublabialia das Infra- maxillare berühren, was wir in der Schreibweise « Sublabialkon- takt: (1, 2, 3)» zum Ausdruck bringen. Zahl der Sublabialia . . 6 7 8 9 10 11 Häufigkeit. enr ru 1 Im 132816077 3b 3 Sublabialkontakt . . . (D) GS) URSS Te) Haufckeit DER EN ve 4 514 506 V. u. ursinit (ganzes Verbreitungsgebiet). Zahl der Sublabialia . . 5 6 a 8 9 10 11 Total Haufigkeit Italien, Frankreich . 0 di di COS 0 OR AO? » Jugoslawien . 2 2214257995256 4 Ol Sublabialkontakt ..../ (4,2) (4,233) (1,2, 3,4). (4, 2,3, 4,5) Total Haufigkeit Italien, Frankreich 0 32 67 0 99 » Jugoslawien 1 39 133 8 177 Die Häufigkeitsverteilung zeigt, dass sich die jugoslawischen Tiere aus mehreren Einzelpopulationen zusammensetzen, während 686 E. KRAMER das Material aus den beiden anderen Gebieten homogener ist, wie ich es bei der Diskussion der Zeichnung bereits festgestellt habe. Gularia. Zwischen den Inframaxillaria und dem ersten Ventrale befindet sich eine doppelte Reihe von Kehlschuppen. Gelegentlich sind diese quer zur Körperachse verwachsen, gelegentlich hat die eine der beiden Reihen mehr Schuppen als die andere. Bei solchen Asym- metrien wurde zum Ausgleich das eine Mal die kleinere, das andere Mal die grössere Zahl in der Tabelle verwendet. AnzahliGularia. 22 2.45 ES 4 5.6 "ITS Häufigkeit: Niederösterreich . . . . . 97 158" 299" 74. 4 1 545 Italien, Frankreich . 1 eye 5 50 Jugoslawien Pu ere A ST 8 92 Ein Vergleich der Frequenzzahlen innerhalb der montanen Form zeigt den bei den Intercanthalia bereits festgestellten Gradienten einer Schuppenvermehrung von Osten nach Westen. Ein Vergleich der montanen Formen mit den niederösterreichischen, den wir in der folgenden Tabelle in Prozentzahlen darstellen, weist auf ein subspezifisches Merkmal hin, das auch im Bestimmungsschlüssel verwendet wurde. Zahl der Gularıa 2 3 4 5 6 7 8 Häufigkeit in %: Niederösterreich — 1.6. 28,4 5585 MO Bergionner. 2 E RO IZ) ree On 9.2 5.8. FORTPFLANZUNG, GESCHLECHTSREIFE, WACHSTUMSGRENZE V. u. rakosiensis (gesamtes Verbreitungsgebiet). Die Paarung findet Ende März bis Anfangs Mai statt. R. M. WERNER (1951: 161) schreibt: « schon im März findet die Begattung statt, Anfang Juni werden 8-15 Stück etwa 11 bis 14 cm lange lebende Junge geboren ». Die Jungen werden Ende Juni bis Anfangs September geworfen. Grössere 99 bringen vermutlich mehr und kräftigere Junge zur VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 687 Welt als kleinere. Unter den Frischgeborenen ist bereits eine beacht- liche Längenstreuung festzustellen; die Variationsbreite von fünf Würfen betrug innerhalb eines Wurfes 12 mm im Maximum, die gesamte Variationsbreite aller Jungtiere betrug 26 mm (Längen von 125 bis 151 mm). ANGEL (1946: 159) gibt die Länge der Jung- tiere mit 15 bis 18 cm an; diese Masse dürften sich aber eher auf V. u. renardi beziehen. Die Zahl der Jungtiere schwankte zwischen 3 und 12 (Beobach- tung an 25 graviden 99 und den oben genannten fünf Würfen). Wenn man das grosse Material des Wiener Museums diesbezüglich untersuchen würde, dürfte sich die Variationsbreite etwas ver- grössern, ebenso liesse sich eventuell die Vermutung bestätigen, dass grössere 292 mehr und stärkere Junge gebären. Ich habe zwar alle mir zur Verfügung gestellten, gut konservierten Jungtiere und Embryonen ausgemessen, hingegen befinden sich in der Wiener Sammlung noch über 100 gravide 99 mit mehr oder weniger weit entwickelten Embryonen. Einjährige Exemplare sind selten in den Sammlungen vertreten (eine Tatsache, die für jede Schlangenart zutrifft). Offenbar führen die Tiere in ihrem ersten Jahr ein verstecktes Leben. Mit drei Jahren und einer Länge von 280 bis 320 mm sind die Tiere ge- schlechtsreif, eine Beobachtung, die sich — wenigstens was die Länge anbelangt — auch ım Terrarıum bestätigen liess. Immerhin sind Vergleiche mit Freilandexemplaren natürlich nicht ohne weiteres möglich. Ich habe aber ein gravides £ von 280 mm im Freien festgestellt und ein 3 derselben Grösse wurde mit einem viel grösseren © in Kopula beobachtet. Das grösste ge- messene Exemplar war ein 9 von ca. 550 mm. Leider ist das Exemplar in Formol fixiert, sodass es nicht genau gemessen werden kann. Im Leben dürfte es etwas über 555 mm lang gewesen sein und stammte aus Fischamend. Das grösste ¢ hatte eine Länge von 540 mm. Man kann daraus schliessen, dass beide Geschlechter im Maximum 550 mm lang werden. Es scheint, dass die gleichaltrigen 33 kleiner sind wie die 99, das Material war aber viel zu klein, um eine solche Vermutung zu belegen. KNOEPFFLER & SOCHUREK (1955: 186) geben als maximale Länge 600 mm an. Leider hatte ich kein Belegexemplar dieser Grösse gefunden. Ich möchte es nicht von der Hand weisen, dass Tiere in Gefangenschaft unter besonders günstigen Bedingungen eine Länge von 60 cm erreichen können. 688 E. KRAMER V. u. ursinii (gesamtes Verbreitungsgebiet). Es fehlen mir genaue Angaben über die Paarungszeit. Ich nehme an, dass diese frühestens Ende April stattfindet, da an den Fund- orten im April der Schnee oft noch nicht verschwunden ist. Die Jungtiere werden im August bis Oktober geboren. Der ganze Fort- pflanzungszyklus ist gegenüber den Tieren aus Niederösterreich wahrscheinlich um mindestens einen Monat sommerwärts ver- schoben. Bei Neugeborenen liegt die Streuung der Körperlänge zwischen 112 mm und 130 mm (bei fünf untersuchten Würfen), die Zahl der Jungen variiert zwischen 3 und 7. Ich konnte beobachten, dass die grösseren 99 mehr und kräftigere Junge zur Welt brachten. Die maximale Grösse (in mm) adulter Exemplare des mir zur Ver- fügung stehenden Materials liegt bei: 3d SO Jugoslawien . .. . 460 480 Italenr EURE 390 410 Érankreich 2.222 390 430 Vielleicht ist die geringe Menge des Materials daran schuld, dass die maximale Grösse nicht in allen drei Serien denselben Wert erreicht. Immerhin fällt auf, dass bei jugoslawischen Tieren ver- schiedene Exemplare 450 mm lang sind, während bei allen übrigen kein einziges Exemplar dieser Grösse gefunden wurde. Die in ita- lienischen Museen deponierten Tiere wurden während längerer Zeit als halbwüchsige Exemplare angesprochen, in Verkennung der Tat- sache, dass es sich hier um Zwergformen handelt. Ein deutlicher Unterschied ist gegenüber den niederösterreichischen Tieren fest- zustellen, bei welchen die maximale Länge 550 mm beträgt. Nach F. WERNER (1902: 758) ist das Nahrungsspektrum mit der Maximallänge korreliert: Arten, welche kleine Beutetiere (Echsen, Insekten) verschlingen, werden früher geschlechtsreif und erreichen früher die Wachstumsgrenze als solche, welche sich von grossen (speziell Säugetieren) ernähren. Ein Vergleich mit (5.4) ergibt eine Bestätigung dieses Befundes. Die Zwergform der Berge lebt vorwiegend von Insekten, während die Tieflandsform daneben auch Echsen und Mäuse vertilgt. 5.9. ALLOMETRISCHES WACHSTUM Verschiedene Indices aus der Literatur mussten überprüft werden, da in allen älteren Publikationen isometrische Verände- VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 689 rungen angenommen wurden. Nachdem zuerst versucht worden war, Schädellänge, -breite und -höhe mit einer Schublehre zu mes- sen, wurde das Verfahren später wieder aufgegeben, da es unmöglich war, am äusseren Schädel Fixpunkte so festzulegen, dass der Mess- fehler innerhalb der vermutlichen Streuung zu liegen kam. Einzelne Köpfe waren stark deformiert und verhärtet, sodass eine exakte Messung illusorisch wurde. Ich machte darauf an einer Versuchs- reihe (von jeder Population 6 gg und 6 99) Röntgenbilder. Hier liessen sich die Messungen etwas besser vornehmen. Wenn genügend Zeit zur Verfügung steht, ist dies unbedingt der bessere Weg, um zu sicheren Resultaten zu gelangen, als derjenige, den ich einge- schlagen habe. Ich habe mich schliesslich dafür entschieden, die Kopfschilder, die Augen, den Lippen- und den Schnauzenrand als Fixpunkte zu wählen in der Annahme, vergleichbare Aussagen mit den in der Literatur auftretenden Begriffen wie «langer Kopf», « grosses Auge» u.a. zu enthalten. Dabei habe ich folgende 6 Indices aus- gewählt: ij: 100 mal Kopflänge geteilt durch Körperlänge . . . . Fig.5a,b ig: 100 mal Schwanzlänge geteilt durch Körperlänge . . D ora 1,: 100 mal Kopfbreite geteilt durch Kopflänge . . . . D PAGE ij: 100 mal horizontaler Augendurchmesser geteilt durch den vertikalen Augendurchmesser. i;: 100 mal vertikaler Augendurchmesser geteilt durch Oberlippenh6he .. . in Brad ig: 100 mal horizontaler Augendurchmesser geteilt durch Länge des Frenalstücks. Für die exakten Definitionen und die verwendeten Massein- heiten vergleiche man die Angaben im Abschnitt 3: « Methoden, Bezeichnungen ». Mit Ausnahme des Index i; wurde auf das Ein- zeichnen einer Regressionslinie verzichtet. Diskussion der Resultate. Fig. 5a, 6a, 7 a, 8a: niederôsterreichische Exemplare. Fig. 55, 65, 7b, 86: Exemplare aus Jugoslawien, Italien und Frankreich. Baden 000): Jungtiere besitzen relativ längere Köpfe als die adulten Exem- plare. Das Längenwachstum des Rumpfes ist bis zur Geschlechts- 690 E. KRAMER reife grösser als dasjenige des Kopfes, später ist dieser Unterschied nur noch gering. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich an einem À. Index] L, 60 4o T 20 T e 500 + ° Do SEE t,: Verhaltnis der Kopflange zur Gesamt lange SOA O Total 10 Ex. (90808; 70 98) 40 + 20 400 + dor 60 I I . = 40 Seno v i : o, u 20 ae 3 300 + Or . à 80 + © °, S . . 60 T +» A Ce i e e e e 40 + 3 00 . So e e Ÿ Pee ee °° °_° S pos ee „eo al Rate see, 200 | | CE es Oe à A Embryos Junge pre | Adulte Tiere ® 000 . sa: E ES + nah lrn un + Hopper i. i 80 40 420 140 40 180 200 220 240 260 256 300 320 340 360 380 400 420 440 460 440 500 Fig. 5a 4 Index |ı, EAL ; È 500 + 4: Verhaltnis der Kopflänge zur Gesamtlänge 2 cf / 4 CIA Total 55 Ex . (2055 3500) sol DE 40 + e 20 + 400 + e 80 + 9, . a+ 60 e.. +7 e 20 } e | e 300 T x 30 erde > 60 | e ome a 40 + Or 20 + % ee “e eo 3 MOTI à | oe ce e e 200 + S SU & ,8 on, Q à | 80 + Ÿ 7 , 2 | - > È Jungtiere È Qdulte Tiere Körperlänge = + eni t + + == + da + + + + tt foo 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 360 Mo +400 420 Ho 460 Fig. 5b Fie. 5. Grafische Darstellung a. He U. rakosiensis (= Körperlänge). los EM. des Index i,: Verhältnis der Kopflänge zur Gesamtlänge. ursinil VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 691 grösseren Material ein Geschlechtsdimorphismus bei adulten Tieren nachweisen liesse. Es fragt sich, ob man anstelle dertotalen Lange nicht besser nur die Rumpflänge in den Nenner hätte setzen sollen. Ich erhielt aber keine bessere Trennung, was wohl damit zusammenhängt, dass zwei gleich- lange, geschlechtsverschiedene Tiere sich darin unterscheiden, dass beim 3 Kopf und Schwanz etwaslänger sind als beim ©. Vor allem war aber der Messfehler zu gross (Konservierungszustand !) und die Ge- samtzahl etwas zu klein. Man sollte diese auf 500 Stück vergrössern, um fundierte Aussagen über die Grundgesamtheit zu erhalten. Der Vergleich der Tabellen 5a und 5 b zeigt, dass der Index beider Gruppen grafisch etwa den gleichen Verlauf aufweist. Auf- fallend ist wiederum die grössere Streuung am montanen Material, die ich — wie bereits an anderer Stelle vermerkt — der Inhomo- genität dieses Materials zuschreibe. nid 1,8 (10.6 0, b). Mit zunehmendem Alter wächst der Rumpf rascher als der Schwanz. Ein Geschlechtsdimorphismus ist deutlich ausgeprägt. Ich habe eine « Trennlinie» eingezeichnet, die beide Geschlechter auseinanderhält: Oberhalb dieser Linie liegen die gg mit den relativ längeren Schwänzen, unterhalb die 99. Beim Vergleich der Tabellen 6 a und 6 d ist zu beachten, dass 6 b keine Embryonen enthält. Eine Annäherung an die Index-Achse bei kleinen Werten der Körperlänge ist möglicherweise auch bei 6 b vorhanden. Im vergleichbaren Teil verläuft die Trennlinie von 6a am untern Rand der Zone von 66 und unterschreitet diese gelegentlich. Auch bei einer Vergrösserung der Individuenzahl bei der montanen Form ist ein verschiedener Verlauf beider Trenn- bereiche zu erwarten, d.h. auch für den Grenzfall, bei dem sich die Zone von 6 b ebenfalls zu einer Linie zusammenziehen könnte (was aber nicht etwa eintreten muss). Anschaulich kommt die Differenz der Indices darin zum Aus- druck, dass die montane Form einen bei gleicher Gesamtlänge relativ längeren Schwanz oder einen kürzeren Rumpf besitzt als die Tieflandsform. End exis, (ie a,b). Ich habe darauf verzichtet, die Regressionskurven zu berechnen, vermutlich dürften Gerade angepasst sein. Ich glaube, dass sich Rev. Suisse DE Zoot., T. 68, 1961. 49 692 E. KRAMER folgende Aussage auf rechnerischem Weg statistisch begründen lässt: Mit zunehmendem Alter wächst der Kopf eines Individuums Index i, 150% » 6, Verhaltnis der Schwanzlänge zur Gesamtlänge. Total: 267 dd ® 303 28 O (e) o) (o) (e) 08 O ° O (e) 2 re À (e) : 8 fe) oe: O fe) (6) Embryos Geburt Geschlechts-o 400 120 iso 160 40 200 220 240 260 280 300 320 340 30 MO foo 420 240 %o $80 500 820 540 Fig. 6a BGs 6: Grafische Darstellung des Index i,: Verhältnis der Schwanzlänge zur Gesamtlänge (= Körperlänge). a. V. u. rakosiensis b. V. u. ursinit VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 693 mehr in die Länge als in die Breite; bei den 99 ist der Kopf im allgemeinen etwas breiter als bei den 44. + Index 6, 4: Verhältnis der Schwanzlange zur Körperlänge. 140 8 ee °° ® 0° a i 2 ne Total 56 dd 6 e e o4 4 ®© è o ee e e 2 e e 430 e © L © e e ® e e e e © ® 6 e e ® © ee ® e e e 2 ® e ® 420 Q e © 8 6 €nnzone 4 2 © #10 lo) lo) lo) OO 8 lo) 6 o 000% CS ©, O fo) Foo 4 lo) lo) lo) O 2 o) (©) Xo) Aoo O oo O (oo) 8 ° lo) lo) lo) ©} (CU Xo) lo) lo) Ss Gl 4 3 (©) 90 ì x © 3 oo È lo) Jungtiere Qdulte Tiere : Li 7 o Korperlange lo) ‘oo 120 140 460 %80 200 220 240 260 280 300 320 340 360 380 400 420 440 460 460 Fig. 6b Ein Vergleich der beiden Figuren 7 a und 7 b zeigt eine Ueber- einstimmung im Geschlechtsdimorphismus, hingegen einen Unter- schied hierin, dass die montane Form einen breiteren und kirzeren Kopf hat als die Tieflandsform. Dieser Unterschied ist allerdings statistisch nicht gesichert. Schliesslich ist noch darauf aufmerksam zu machen, dass die Schädelverdickung bei der montanen Form 694 E. KRAMER vor allem in der Gegend des Supratemporalknochens auftritt, was aber in meiner Messung nicht festgehalten wurde. & Verhältnis der Kopfbreite zur Kopflänge. Ihde È, Total: 69 de 80 8 ge 00 o e 6 2 ? oo e 4 © 2 i 2 » Furono ol o) e) O ce lo) (©) 10 e O° 00 0900 € | Core ooe4, „ae e © 0 5 ; Oo III OS O ° o o ® ©, o © 0 e ® e ® © © ee “i ©) ee 01e O o® à A Ps 2 e Bs oe. © © 60 e e (4 È 6 o) S x 4 $ ; 13 3 à à 50 è Jungtiere 3 | @ Adulte Tiere | 7 > Körperlänge Fig. 7a en ; 14 dé A Verhältnis der Koptbreite zur Hoptlange 34 99 Inder c, o) SE: O O È 6 407 > o 6 lo o) e 59 e) lo, e O OO nd O e O ® er os 75 + = > 5 eo i © NO) È 9 o O O ©) Fo Dal è [for f | £ îS È Sr ° | 05 + è | 3 3 | Jungeie e À | Udulte mere Körperlänge + foo 40 fto ‘60 480 200 220 250 200 280 300 320 340 360 380 400 420 Fic. Grafische Darstellung des Index i,: Verhältnis der Kopfbreite zur Kopflange. a. V. u. rakosiensis b. V. u. ursinit VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTAM UND TAXIONOMIE 695 130 De 5 ts Verhältnis des vertikalen Augendurchmessers zum Abstand Auge - Lippenrand ae Total: 45 de OS dio 100 + So 80 | 70 Î Embryos Jungtiere 80 100 120 #o 60 ‘80 200 220 240 260 280 300 320 340 360 380 400 420 440 460 480 300 520 540 ls: Verhaltnis des vertikalen Augendurchmessers Zum Abstand | Auge - Lippenrand. Index i. | e lotal: 136% | | © | DIG 120 + (NEO | ® | 410 + | 400 + Le) fo + À o dv lo) O | È o ©) | È & È 20 + =f] = O | VU È È È Jungtiere 3 Odulte Jiere N | 9 a O Körperlänge | | Te N me 100 110 140 160 190 200 220 240 260 2f0o 300 320 340 360 380 400 420 Fig 8b Fic. 8. Grafische Darstellung des Index i;: Verhältnis des vertikalen Augendurchmessers zum Abstand Auge-Lippenrand. a. V. u. rakosiensis BI V. U. UTSITT 696 E. KRAMER Index i, Ob eine schwache Zunahme dieses Index mit zunehmendem Alter besteht, ist fraglich. Sie wäre wohl darauf zurückzuführen, dass sich das Supraocularschild seitlich leicht über den Augapfel nach unten biegt. Unmôglich ist eine solche Veränderung natürlich nicht, da das von aussen sichtbare Auge gemessen wurde und die beobachtete Veränderung sich nicht auf den Augapfel, sondern auf die Physiognomie der Augenpartie bezieht. Ich konnte weder einen Geschlechtsdimorphismus noch einen Unterschied bezüglich der beiden Rassen feststellen und habe des- halb auf eine Wiedergabe der grafischen Darstellung verzichtet. Inedtex wee (Bios 0) Mit zunehmendem Alter vergrössert sich der Abstand vom Auge zum Oberlippenrand stärker als der Vertikaldurchmesser des Auges. Ein Geschlechtsunterschied ist nicht festzustellen. Vergleich der Figuren Sa und Sb zeigt, dass die Regressionslinie bei 8b um einiges höher als bei 8 a verläuft, d. h. dass das Auge der montanen Form relativ grösser als dasjenige der Tieflandsform ist, was den jugoslawischen Populationen zum Namen « macrops » verholfen hat. KNOEPFFLER & SOCHUREK (1955: 187) haben dieses Merkmal sehr richtig auch an den Exemplaren aus Frankreich festgestellt. CErnov (1959: 169 und Fig. 12) hat diesen Index bei V. u. renardi unter- sucht. Beim Vergleich ist zu beachten, dass Cernov das reziproke Verhältnis grafisch dargestellt hat, weshalb seine Regressionslinie nach oben verläuft. Unsere beiden Resultate stimmen darin überein, dass sich auch bei renardi mit zunehmendem Alter der Abstand vom Auge zum Oberlippenrand stärker als der Vertikaldurchmesser des Auges vergrössert. CErnov hat leider den Versuch einer Grup- pierung seines Materials nach geografischen Einheiten (vertikal und horizontal) unterlassen. Die Ventralzahlen variieren beispiels- weise bei SS (75): 132-150, bei 99 (65): 132-152. En die x77,: Die 33 der Tieflandsform haben gegenüber den 99 eine etwas längere Schnauze, ein allerdings minimer Unterschied, der wegen der grossen Streuung nicht als sekundäres Geschlechtsmerkmal in VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 697 Frage kommt. Bei der Bergform war das Material zu wenig um- fangreich, um eine fundierte Aussage zu machen. Ein Vergleich der Indiceswerte beider Rassen zeigt, dass bei gleicher Körperlänge die Werte bei der Bergform grösser sind als diejenigen der Tieflandsform, was auf die relativ kürzere Schnauze und das relativ grössere Auge der montanen Form zurückzuführen ist. Ein weiteres Merkmal, das ich ohne zeitraubende Messungen nicht durch Zahlen darstellen konnte, besteht in der Ausbildung der Schnauzenoberseite. Diese ist bei V. u. rakosiensis Ve us ursıniı von oben gesehen stumpf zugespitzt (Spitzkopfotter !) oberseits flach gelegentlich selten bei erhöhtem Schnauzensaum etwas vertieft. Damit bin ich am Schluss der Analyse der beiden Formen — Niederösterreich einerseits, montane Populationen anderseits — angelangt, und es stellt sich die Frage der Interpretation. Den extremsten Standpunkt hat MÉHELY (1911) eingenommen, der macrops und ursinit als zwei getrennte Arten behandelt. Die gleitenden Uebergänge, die übrigens bereits in der Anlage des Schlüssels zum Ausdruck kommen, sprechen dafür, dass die beiden Formen höchstens subspezifisch voneinander zu trennen sind. Das zuverlässigste Unterscheidungsmerkmal liegt in der Verschieden- heit der Biotopansprüche, während die morphologischen Merkmale sich auf der ganzen Linie überschneiden. Aus diesem Grund scheint es aber richtig zu sein, die Unterteilung nicht zu weit zu treiben, sondern die montanen Formen als unterste systematische Einheit zu behandeln und wettsteini und macrops als Synonyma der Nomi- natrasse Vipera ursinit ursinit zu betrachten. 6. POPULATIONEN ÖSTLICH DER DONAU Ich habe gezögert, diesen Teil meiner Untersuchungen zu publi- zieren, da die Schlussfolgerungen kaum über das hinausgehen, was die Analyse von MEHELY (1911: 225) bereits ergeben hat. Immerhin ist es interessant, dass mit einem zahlenmässig grösseren Material die Vermutungen von MEHELY bestätigt wurden. Ich glaube, dass 698 E. KRAMER sich im Ganzen drei Formen unterscheiden lassen, deren systema- tischer Status nur provisorisch beurteilt werden kann: 1.ene nordwestliche Steppenform, nur in der Tiefebene auftretend, kälteempfindlich, im Westen in die Tieflandsform des Donaubeckens übergehend. 2. eme südöstliche und südwestliche Step- penform, die in ihren Biotopansprüchen und in der Pholidose Anklänge an Vipera berus zeigt und im Osten in diese übergeht. Im Westen geht sie über in 3. eine subalpine Form, die im Kaukasus, Nordpersien, dem Hochland von Armenien und eventuell ın der nord- östlichen Türkeı vorkommt. Während die nordwestliche Steppenform sich durch hohe Ven- tralzahl, grosse Körperlänge, breiten Temporalstreifen, dunkle Flecken der Kehle und konservatives Farb- und Zeichnungsmuster auszeichnet, finden wir bei den beiden anderen Formen niedrige Ventralzahlen, reduzierte Temporalstreifen, helle Kehle und eine grössere Varianz in der Ausfärbung und Zeichnung. Eine zukünftige Analyse muss vor allem dem Biotop Rechnung tragen; es scheint, dass dieser die verschiedenen Entwicklungstendenzen innerhalb der Art wesentlich beeinflusst hat. Ich verzichte darauf, die zahllosen Zitate speziell der älteren russischen Literatur hier aufzuführen, ohne die zugehörigen Belegexemplare untersucht zu haben. Die Verwechslung mit V. berus ist naheliegend, und eine Bestimmung kann auf Grund der Horizontalverbreitung allein nicht vorgenom- men werden. Paraskiv (1956: 171) sowie MERTENS & WERMUTH (1960: 193) unterscheiden V. berus von V. ursinit durch die Lage (und Grösse) des Nasenloches im Nasalschild: dieses soll sich bei berus in der Mitte (gross), bei ursiniz im unteren Teil des Nasale (klein) befinden. Ich möchte die Zuverlässigkeit dieses Merkmals bezweifeln und erneut darauf aufmerksam machen, dass vermutlich Uebergänge dieser beiden Arten im Altai vorkommen. In TERENTIEV & Cernov (1949) ist die neuere Literatur zu- sammengestellt; man findet dort auch eine Karte, die das ganze Verbreitungsgebiet von renardi angibt. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 699 6.1. MATERIAL Das Material wurde nach den drei ebengenannten präsumptiven Formen zusammengestellt und Herkunft und Standort angegeben. 1. Nordwestliche Steppenform (21 Ex.): Prenat Sudukrame 2. 2... Gnu) OME 3715637157 Simferopol (Krim) . . : . . . ZMB 28548 Keine a a ae ee ay MN Kuban, = 1: DINO CR ONIN OID oad Piatigorsk Stadt ET IR DO . SMF 20874 Stanica Piatigorsk bei Maikop . SMF 20873 Alexandrovsk (Jekaterinoslav) . MW 15128, 15130, 16317:1,2,3 Cernikov, nördlich en 22 SME2359321 Sareptaies I... Se a EW 1512652 Staro Dacia am Gr „u... SMF 35664 Orehovski nördlich Stalingrad . SMF 35632, 35633 Kirgisensteppe zwischen Ural unde\Wolgas.z...2 22, 2.0... MV 215122 Wan (Kursk) ne LE MW 16319 NEMO INS e MV 1 2. Südöstliche und südwestliche Steppenform (14 Ex.): Onset ace : Aulie Ata (Syr Daria) . . . . MW 16318 mas: (Vurkestan) en" OM 15132 en SIAE NINE S 3h 163416 iis 2,7. ae ee NN Motos AO 163595152 Alakul im Ala ae ie By oo NEN Vel DIA wierst lie hi: Gokéasee, Armenien . . . . . SK 2439, 2440 3. Subalpine Form (3 Ex.): Blburs (700m). 2 22.2... “MW 14889 Lagodechi . . . . ZML 8389 Legli-Gebirge aaa 2800 n) ZIE 700 E. KRAMER 6.2. VARIATIONSBREITE 6.2.1. Nordwestliche Steppenform. 1 Apicale (einmal 2); 3-11 Intercanthalia, im Mittel 5; Inter- ocufrontalia mit Tendenz zur Bildung einer Doppelreihe; Sincipital- schilder unregelmässig (vorwiegend die Parietalia und speziell bei den 99); 9 Labialia, in einem Fall 10, in zwei Fällen 8 auf je einer Kopfseite; meist 9 Sublabialia, von denen die ersten 3-5, meist die ersten 4, die Inframaxillaria berühren; 3-6 Gularia, meist deren 5. 41, 99 (11): 142-150. Ventralia So (10)e 137-4 Sé 33-3702 POON (A) E22 Subcaudalia (SE Schuppenreduktionen des Rumpfes: 25 —5 (4—9) 23—4 (5 — 20) 21 9 + 10 (88 — 125) 19 4 + 5 (98 — 130) 17 oder 25 5 + 6 (4—9) 2344.5 (5—20) 21 4 + 5 (88 — 125) 19 8 + 9 (98 —130) 17 In einem Fall sind im vorderen Rumpfdrittel bloss 19 Reihen festgestellt worden, allerdings schieben sich gelegentlich Einzel- schuppen ein, so dass wieder die volle Zahl von 21 entsteht. Schuppenreduktionen der Schwanzoberseite: BS: SI 2 (8301.06 099: 8 3 + 4 (14 — 23) 6 Maximale Länge: gg: 560 mm 929: 580 mm 6.2.2. Südöstliche und südwestliche Steppenform. 1 Apicale (zweimal 2); 3-7 Intercanthalia, im Mittel 4; Inter- ocufrontalia in 8 Fällen mit Doppelreihe; Sincipitalschilder unre- gelmässig (bei allen 99 südöstlicher Herkunft und vorwiegend am Frontale; dieses stösst ans Supraoculare und weist seitliche Aus- buchtungen auf); 9 Labialia, einmal 8 und einmal 10 auf je einer Kopfseite; 9 Sublabialia, die ersten 4 berühren die Inframaxillaria; 5-6 Gularia, vorwiegend 4 Ventralia 33 (9): 129-140 9925) 135-1252 Subcaudalia gg (8): 31-35 OD (4): 26-28. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 701 Schuppenreduktionen: Rumpf: 23 —4 (5 — 27) 21— 4 (74 — 104) 198 + 9 (85 — 113) 17 Schwanzoberseite: gg: 8 3 + 4 (18 — 22) 6 99: 8 3 + 4 (14 — 16) 6 Maximale Länge: gg: 410 mm 0: 400 mm Von der südöstlichen Steppenform gibt Paraskiv (1956: 171- 175) eine gute Darstellung. Der Autor macht Angaben über den Biotop (bevorzugt sind Seeufer und Flusstäler, fehlt im dichten Wald und beschränkt sich in der Waldzone auf die Waldränder und Lichtungen; kommt auch in Steppen und Halbwüsten vor, dort speziell in Quellgebieten, Talsenken, Schluchten und Höhlen), die Nahrung (97% Heuschrecken, ferner Käfer, Spinnen, Echsen), de Fortpflanzung (1-6 Jungtiere pro Wurf bei einer Tragzeit von 120-130 Tagen) und die Aktivität (ist auch in der Dämmerung im Freien anzutreffen, z.B. im Mai morgens zwischen 4 und 5 und abends zwischen 7 und 8 ım Freien beobachtet worden). Leider fehlen Schuppenzahlen verbunden mit Höhenangaben der Fundorte. Es wäre interessant zu wissen, ob die Tiere in 2000 m Höhe sich von denen des Tieflandes unterscheiden und ob auch ein Biotopunterschied besteht. Wie bereits erwähnt scheint der Ueber- gang zu berus (171) etwas problematisch formuliert. Das von T. Reuss (1933: 375) als Acridophaga renardi eriwa- nensis beschriebene Stück gehört, wie meine beiden Exemplare aus dem Gokéasee, ebenfalls hierher und zwar zur südwestlichen Steppenform. 6.2.3. Subalpine Form. Ich stelle die Daten der drei untersuchten Exemplare neben- einander. Sbandorbe epee, 2 ea MIN 14889752 ZIE ZML 8389 (Taf. 2, Fig. 3.—5.) Sammlen a. eu: Ebner Darevskij Mlokosiewicz Datums Er Re 52027711930: 16:8.1959 1892 Geschlecht . A ERICE d N Sk WMentralian(Me) oca ar 131 133 129 Subcaudala (SC). 2... 32 - 32 Reduktion 21/19. .... 18 91 100 Keduktionsg/or er PRES 20 -- 24 Länge total (Schwanz) . . 230 (28) 275+(14+) 385 (50) 702 E. KRAMER Apicale RAI ee 1 DAT il Imtercanthalia a 5 7 al Interocufrontalia . . . . . 2/2 3/3 2+1/1 / 2+2/1 Rabat 0, PIE 9 9 10/9 Sublabialra@(S1) NE 9 9 9 SI-Kontakt mit Infra-maxil- lana et RON 4 4 4 Gularialli: GAG aes NR: 6 5 5 Farbe: Kehler as, 22 4... Lee Eweissiich= weisslich weisslich Fabia eee weisslichw weisslich weisslich Sublabraltau Besen weiss schw. schw. gefleckt gefleckt Das Exemplar ZML 8389 (Taf. 2, Fig. 3-5) wurde von NIKoL- skis selber als dinnıki bestimmt, die übrigen beiden stimmen in Habitus und Pholidose weitgehend mit diesem überein. Die Kopf- form (Schnauze abgerundet, Kopfoberseite flach) und die Zeichnung erinnern gleichzeitig an V. berus und an V. ursinu. Der Fundort des Exemplares aus Armenien wird von DAREvSK1J (1956: 127) als subalpine, steinig-trockene Grassteppe beschrieben, weshalb ich diese Form bei ursinit einordne. Ich gebe zu, dass die dürftigen Kenntnisse über die Verbreitung von kaznakovi und renardi eine sichere Beurteilung erschweren. DAREvSK1J hat übrigens sein Exem- plar mit V. kaznakovi dinniki bezeichnet. Das Fehlen des breiten Lateralbandes — als Fortsetzung des Postocularstreifens — charak- terisierte alle von mir untersuchten kaznakovi, sodass ich an meiner Beurteilung festhalte, es sei denn, man fasse kaznakovı als Rasse von ursinit auf, wie es bis vor kurzem auch MERTENS noch machte. Erst in der Arbeit über die Amphibien und Reptilien der Türkei (1952: 71) lesen wir: «Ich war früher geneigt, dazu (näm- lich zum Rassenkreis von ursinit) auch kaznakowt (sic) zu stellen, möchte aber davon Abstand nehmen, bis es geklärt ist, wie im Kaukasus und der nördlichen Türkei die beiden Ottern verbreitet sind ». Nikozski3 gibt folgende Beurteilung (1916: 242): dinnikı lebt nach seiner Ansicht in den Bergen des Kaukasus und ersetzt dort renardi. Zur alpinen Form (dinniki) rechnet er dabei die Exemplare aus Swanetien, Lagodechi und dem Hochland von Armenien, mit Ausnahme eines Exemplars aus dem Goktasee. Er betont die Schwierigkeit der Abgrenzung beider Arten und glaubt, dass erst VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 703 ein grösseres Material Aufschlüsse bringen wird. Meine beiden Exemplare aus dem Gokéasee zeigen tatsächlich augenfällige Unter- schiede gegenüber dem Exemplar aus dem Legligebirge, vor allem sind es der zugespitzte Kopf und der erhöhte Canthus, die mich veranlassten, die Tiere in die südwestliche Steppenform einzu- ordnen. Zu dem von WETTsTEIN (1953: 267) beschriebenen und von KNOEPFFLER & SOCHUREK (1955: 185) mit Vipera ursinit ebneri benannten Stück möchte ich noch eine Mitteilung von Prof. Ko- MAREK, Prag, veröffentlichen: « Ich las in der letzten Nummer des Zoologischen Anzeigers Ihren Artikel über Vipera renardı und glaube, es könnte Sie interessieren, dass ich diese Viper im hohen Kaukasus in Swanetien am Latpari-Pass an der Schneegrenze in ca. 2000 m Höhe gefunden habe, wo sie gar nicht selten unter flachen Steinen zu finden war» (Swanetien ist der locus typicus von Vipera berus dinntkt). Die von BasogLu (1947: 189) als Vipera berus var. ornata be- schriebenen Stücke können sehr wohl zu zwei verschiedenen Formen gehören, wie MERTENS (1952: 71) festgestellt hat. Dazu müssen die Stücke aus dem Kars und Sarıkamis genau untersucht werden. Leider blieben meine Versuche, die Tiere zur Einsicht zu bekommen, erfolglos. Die von F. WERNER (1914: 498) beschriebene Vipera berus aus Sabandja habe ich auch nicht ausfindig machen können; jedenfalls fehlt sie im Naturhistorischen Museum von Wien. Nachdem ich festgestellt hatte, dass V. b. dinniki nicht zu V. kaznakovi zu stellen ist, lag es nahe, V. kaznakovı samt den mit ihr jeweils genannten Synonima zu überprüfen, d.h. Vipera kaz- nakopi Nikolski] und Vipera tigrina Carevski]. 12 VIRERAPRAZNZRKONVIT Vom Typusexemplar findet sich in den Mitt. Kaukas. Mus. 1911 eine farbige Abbildung. Ich wollte den Kopf abbilden und liess eine Fotografie machen, die aber leider die Einzelheiten der Beschuppung zu wenig zum Ausdruck bringt. Das ist der Grund, weshalb ich mich mit der Wiedergabe eines topotypischen Exemplars begnügen muss (Taf. 3, Fig. 6-8). 704 E. KRAMER 7.4. MATERIAL (16 Ex.). Umgebung von Stanica BR RER VONnWrerasnod alee 9: à 27 eZ MEAG NOS Gegend von Maikop . 2. 22.22 2. 2 ZMIEMO0SiorcAG «Kaukasus». . . ee ZMBE2ICH] Südwestabhang des Kaukonen ee eee eet aoe MINN lio 07 Kapustina Balka, bei Cernoreèevskaja Karaulkar Der SMF 32779 Gipfel des Berges gno, Krasnoy Paljane ZML 15523 Fist Berg . : nie de es ees Jurevskoie, Cebelda, re ue geo cirio ue ZM Cebelda, Suchum e: ZMT 4408, I, d Cakva, Batum . ZMT 6408 c Batum “er ne ania AN BL Porsom an der (Re ee een MW 15153 Die Orte liegen zwischen dem nordwestlichsten Gipfel des Kau- kasus und der türkischen Grenze längs der Ostküste des Schwarzen Meeres. Im Süden überschreiten die Tiere die Achalzische Kette und dringen ins Kurabecken vor. Der von BasoGLu gemeldete Fundort Hopa an der türkisch-russischen Grenze liegt etwa 50 km südwestlich vom nächstbekannten Fundort (Batum), der von Nıkorsk1J (1911) erwähnt wird. Der türkische Fundort ist also nicht von den übrigen isoliert, wie MERTENS (1952: 71) annimmt. 7.2. VARIATIONSBREITE 1-2 Apicale, 5-14 Intercanthalia, im Mittel 10; Interocufronta- lia meist zweireihig; Sincipitalschilder regelmässig, in einem Fall das Parietale aufgeteilt; 8-10 Labialia, vorwiegend 9; Skleralring meist doppelt; 9-11 Sublabialia, die ersten 3-5 an den Inframaxil- laria; 3-6, meistens 5, Gularia von den Inframaxillaria zum ersten Ventrale. Ventralia: gg 133-140; D9 130-141. Leichte Zunahme der Ventralia von Süden nach Norden; unter Einschluss der Exemplare von Hopa wird die Variationsbreite für die $3 auf 130-140 Ventralia erweitert. A Subcaudalia: gen 29-35; 992 25-29. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 705 Schuppenreduktionen: Rumpf. . 25 —5(5 —9) 23 — 4 (10 — 27) 21 9 + 10 (69 — 105) TGA (0118), 17 oder 255 +6 (5—9) 23 4 + 5 (10 — 27) 21 44.5 (69 — 105) 19 8 + 9 (80 — 118) 17 Schwanz. dd: 8 —4 (21 — 25) 6 ©0213) (MEERE Die Zahl der Ausbuchtungen der Wellenlinie auf dem Rumpf schwankt um 50; die Riickenbinde reicht seitlich bis zur 7. Costal- reihe und ist nirgends in Einzelflecken aufgelöst; auf den Flanken verläuft eine dunkle Fleckenreihe, die sich zu einem Band vereinigen kann; Kopfoberseite dunkel, ohne spezielle Zeichnung; Postokular- streifen breit, in die dunkeln Flanken auslaufend; Grundfarbe variabel, rote, braune, gelbe Töne, Zeichnung braun oder schwarz; melanotische Exemplare sind bekannt; für die Kopfform ist die stumpfe, eingedrückte Schnauze und die breit aufgetriebene Backengegend charakteristisch. 8. VIPERA TIGRINA Ich bin immer noch auf der Suche nach den von CAREVSKIJ beschriebenen Stücken, leider bisher ohne Erfolg. Nıkorskı3 (1927: 257) synonymisiert diese Form mit seiner V. b. dinniki. Es scheint mir deshalb am Platz, ausser einer Foto (Taf. 1, Fig. 2) auch eine Uebersetzung der russischen Originalbeschreibung zu geben. Die Abbildung eines « Paratypoids» findet sich in Reuss (1935: 215- 218). Es handelt sich hier offenbar um das (1930: 93) erwähnte Exemplar aus Maikop, das 1909 im Kubangebiet gefangen wurde und welches CarEvsKIJ an Reuss sandte und von dem in der « Kölnischen Ill. Zeitung» (1929) eine Foto erschienen sein soll (nicht gesehen). 8.1. ORIGINALBESCHREIBUNG (aus dem Russischen übersetzt). Annuaire du Musée Zoologique de l’Académie des Sciences, Petrograd, erezione « Neue Formen von Vipern aus den Gebieten des Russischen Kaiser- reiches. «S. Th. CAREvSKIJ, eingegangen 18. Mai 1915. « Vipera tigrina spec. nov. «1 Ex Nord-Kaukasus, Vorobjev, 1906. «2 Ex Gebiet von Kuban 1909. 706 E. KRAMER « Beschreibung: Kopf mit scharfem, stark ausgeprägtem Canthus, der jedoch nicht erhoben ist. Deshalb erscheint die Kopfoberseite ganz flach. Vorderende des Kopfes ist im Profil fast gerade, Kopf von oben betrachtet breit, vorne stumpf abgerundet mit breitem Bogen. Die Breite des Rostrale ist gleich oder fast gleich wie seine Höhe. Von oben ist dieses Schildchen fast nicht zu sehen, und es berührt 1—2 Apicalia. Der Kopf ist oben mit kleinen Schildchen bedeckt, die Zahl der Rand- schilder beträgt 5—6; grosse Schilder befinden sich auf der Stirn, über den Augen und auf dem Scheitel. Frontale nicht gross, aber relativ breit, somit ist seine Länge nur 1 1/5 bis 1 1/4 mal grösser als seine Breite. Die Länge des Frontale ist gleich seiner Entfernung vom Kopf- ende, und es ist gleich lang wie die Parietalia. Die Supraocularia sind gut entwickelt und vom Frontale durch drei Schuppen getrennt. Zwischen Frontale und Rostrale befinden sich 4 Querreihen von Schup- pen. Nasalschild ganz; Schild über dem Nasale fällt nicht auf durch seine Grösse im Vergleich zu den andern kleinen Schildchen, welche es umgeben. Ein Nasorostrale trennt Nasale und Rostrale vollständig voneinander. Die Nasenöffnung liegt im unteren Teil des Nasale. Zahl der Oberlippenschilder ist 8—8; Schilder um die Augen 8—12. Die Augen sind von den Oberlippenschildern durch eine oder zwei Reihen von Schildern getrennt. «Der Kopf ist sehr breit, seine maximale Breite ist gleich der Distanz zwischen Mundwinkel und Kopfende. «Die Wangen sind stark aufgeblasen, so dass zwischen Schläfe und Auge eine Furche entsteht, welche nach dem oberen Teil des Kopfes ausläuft und parallel zum äusseren Rand der Parietalia ver- läuft. Die Schuppen rund um den Körper sind in 21 Längsreihen ange- ordnet und mit scharfen Kielen besetzt. Die Schuppen der unteren, äusseren Reihen sind ungekielt. Ventralia: 138-139; Analschild ganz. Subcaudalia: 28-34. «Farbe oben grau-braun-gelb oder gelb, auf dem Rücken und Schwanz der Länge nach eine Reihe längerer querliegender Flecken in schwarz-braun oder schwarz. Ein Teil dieser Flecken vereinigt sich auf dem Nacken zu einer Art Zickzackstreifen, welcher manchmal unter- brochen ist, manchmal aber ohne Unterbruch in die Farbe des Kopfes übergeht und sich mit dieser vereinigt. «Bemerkung: Ich finde es nötig, hier einzufügen, dass bei Vipera renardi in seltenen Fällen auch die Rückenstreifen auf dem Nacken nicht unterbrochen sind, sondern auf den Kopf übergehen und dort die Farbe des Kopfes annehmen. Die Erscheinung ist aber sehr selten. «Der Kopf ist oben braun oder schwarz. Vom Auge zum Mund- winkel zieht sich durch die Schläfe ein Streifen, welcher dann auf die Halsseite und den Körper übergeht; dieser Streifen ist eingefasst von weissen Streifen, welche von den Oberlippenschildchen auf die Seiten von Hals und Körper übergehen, wo sie sich in eine Reihe von mehr oder weniger zahlreichen Tüpfchen auflöst. Unterseite grau oder schwarz VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 707 mit weissen Tüpfchen oder Färbung wie grün-grauer Marmor. Schwan- zende unten gelb. « Vergleichsbemerkungen: Vipera tigrina steht Vipera renardi und Vipera kaznakovi sehr nah. Diese drei Arten sind miteinander eng verwandt, aber jede besitzt eine Reihe spezifischer Merkmale, welche für ihre artliche Differenzierung zeugen. Nachfolgend die Merkmale, durch welche sich diese drei Arten unterscheiden: « V. renardi: Seitenkanten des Kopfes vereinigten sich deutlich in einem Winkel nach vorne; das Vorderende ist gewöhnlich spitzig, seltener etwas ab- gestumpft. Die Kante des Kopfes ist gewöhnlich vorstehend, so dass seine Oberfläche deutlich vertieft ist, selten ist die Kante des Kopfes nicht vorstehend und die Oberfläche eben. Normalerweise ist das Fron- tale länger als die Parietalia; nur selten (eher als Anomalie) ist das Frontale gleich lang oder kürzer als die Parietalia. Dann ist aber seine Länge auf jeden Fall kürzer als seine Entfernung vom Kopfende. Der Kopf erreicht seine maximale Breite bei etwa 11, bis 2 Oberlippenschilder- Breiten an den Mundwinkeln. Auf dem Rücken ist gewöhnlich eine zick- zackförmige oder eine aus rhomboidartigen Flecken bestehende Zeich- nung. Schwarze Färbung kommt sehr selten vor. «V. kaznakovi: Seitenkanten des Kopfes vereinigen sich deutlich in einem Winkel nach vorne; Vorderende des Kopfes gewöhnlich stumpf, seltener zuge- spitzt. Die Kanten des Kopfes gewöhnlich stark vorstehend, so dass die Oberfläche eingedrückt ist. Frontale gewöhnlich länger als Parietale, selten gleich lang. Maximale Breite des Kopfes ist gleich der Ent- fernung von den Mundwinkeln bis zum Kopfende. Meist findet sich auf dem Rücken ein Streifen, der nur wenig zickzack-oder wellenartig ausgebuchtet ist. Selten ist die Färbung einförmig schwarz. « V. tigrina: Kopf breit, in einem breiten Bogen vorne stumpf abgerundet; Canthus nicht erhaben, Kopfoberseite vollständig flach; Frontale läng- lich, so lang wie die Parietalia und so lang wie der Abstand zur Schnauzen- spitze. Maximale Kopfbreite gleich der Entfernung vom Maulwinkel zur Schnauzenspitze, dorsal zahlreiche längere, querliegende Flecken. « Geographische Verbreitung: 3 Exemplare, welche als Grundlage der Artbestimmung dienten, wurden dem zoologischen Museum der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vom Nordkaukasus zugestellt. » Wichtig ist die Tatsache, dass CAREvsKIJ seine V. tigrina in Kenntnis der beiden Formen V. renardı und V. kaznakovi aufge- stellt hat. Nıkorskı3 (1927: 257) hat dann V. tigrina mit seiner Rev. Suisse DE Zoor., T. 68, 1961. 50 708 E. KRAMER V. b. dinniki synonymisiert ohne aber, wie mir scheint, ein Exem- plar vor sich gehabt zu haben. 8.2. MATERIAL (3 99) Kubanın gi pento ario Ze MEME 512 2 (diate ania) Malco pale yon N SMF 33450 Guseripliskaja Poljana . . . . . . ZML 14587 a 2 Apicalia (einmal ein breites); 3-10 Intercanthalia; Interoculo- frontalia mit Tendenz zur Bildung von Doppelreihen; Sincipital- schilder regelmässig; 8-9 Labialia; 9 Sublabialia, die ersten 3-4 berühren die Inframaxillarıa; 4-5 Gularia. Ventralia (3 99): 137-139; Subcaudalia (2 99): 28-29. Schuppenreduktionen des Rumpfes: 25 —6 (4—9) 23 —5 (6—24) 21 — 4 (87 — 106) 19 8 + 9 (95 — 125) 17 Schuppenreduktion der Schwanzoberseite: 83 (14 — 18) 6 Maximale Länge: 375 (40). Möglicherweise handelt es sich bei diesen Exemplaren um eine nördliche Rasse von Vipera kaznakovi; die kleine Stichprobe reicht natürlich nicht aus, um diese Vermutung zu belegen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein gewisser Unterschied in Habitus und Ausfärbung gegenüber den kaznakovi-Stücken aus dem Süden besteht, wie es CAREVSKIJ in seiner Publikation angibt. 9. PHYLOGENETISCHE DEUTUNG UND AUSBREITUNGSGESCHICHTE Ich werde nach der Gesamtrevision der Gattung Vipera die Möglichkeiten ihrer Entwicklungs- und Verbreitungsgeschichte diskutieren und möchte hier nur einige neue Gesichtspunkte er- wähnen, die sich aus der Bearbeitung von V. ursinit und V. aspis (noch nicht publiziert) sowie der ersten Analyse aller übrigen Arten ergeben haben. In Afrika sind südlich des Aequators keine Ver- VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 709 treter der Gattung Vipera anzutreffen: Vipera superciliaris Peters, 1854, und Vipera hindi Boulenger, 1910, gehören zu Bitis, genauer zur Gruppe atropos-worthingtoni-cornuta (KRAMER 1961). TRAE), Karte des gesamten Verbreitungsgebietes der Spitzkopfotter Vipera ursinii (Bonaparte, 1835). Die Lokalisierung des Zoozentrums ins Gebiet zwischen Kau- kasus und Altai (Scawarz 1936: 170-177) gewinnt damit an Wahr- scheinlichkeit, da die sechs Arten: ursinit, berus, kaznakovi, ammo- dytes, radder und lebetina auf relativ kleinem Raum zum Teil sym- patrisch vorkommen und sich von hier aus ungezwungen die Aus- breitung und Evolution der übrigen Arten erklären lässt. Die drei erstgenannten gehören zur Untergattung Pelias Mer- rem, 1820, äusserlich an den grossen Sincipitalschildern und 19-21 Costalreihen kenntlich. Auf Grund der Kopfbeschuppung, der Schädelmechanik und der Kopfmuskulatur darf angenommen werden, dass diese Gruppe sich direkt aus den Colubriden entwickelt hat. Inwieweit Pelias als Stammform der anderen Arten in Betracht kommt, ist noch nicht entschieden; es scheint, dass lebetina, mauri- tanica und russelli sich nicht direkt aus einer ähnlich gebauten Form herleiten lassen. Für die primitive Stellung von Pelias inner- 710 E. KRAMER halb der Gattung lassen sich die folgenden neuen Gründe geltend machen. Die Aspis-Viper ist aus morphologischen und geografischen Gründen mit der Kreuzotter eng verwandt. Die Annahme, dass sich V. berus aus V. aspis entwickelt hätte und nicht umgekehrt wäre mit einer zweimaligen Aenderung des Karyotyps der Chromosomen verbunden, indem V. aspis 11 grosse und 10 kleine, V. berus wie auch der Grossteil der untersuchten Colubriden 8 grosse und 10 kleine Paare besitzen. Das Gift der Spitzkopfotter und der Balkanotter weist einen namhaften Anteil von Neurotoxinen auf. Da die Säugetierfresser, bei welchen der hämotoxische Anteil gewöhnlich überwiegt, als phylogenetisch jüngere Glieder zu betrachten sind, erscheinen berus und ursini als primitive Arten ihrer Gattung. Damit wird gleich- zeitig die enge Verwandtschaft zwischen beiden belegt und der Balkan zum Träger einer Primitivfauna gestempelt. Folgerichtig darf man also annehmen, dass die Vermehrung der Costalreihen und die Aufteilung der grossen Kopfschilder in kleine Schuppen einem Evolutionstrend innerhalb von Gattung und Familie gleichzusetzen ist (vergl. u. a. WETTSTEIN 1929). Ich betrachte deshalb die Nominatrasse V. u. ursinu, die schuppenärmste innerhalb der Peliasgruppe, als phylogenetisch älteste Form. Es ist ausgeschlossen, ohne Fossilfunde stichhaltige Aussagen über die Verbreitung im Verlauf der erdgeschichtlichen Epochen zu machen. Aus Analogie mit anderen Wirbeltieren ist anzunehmen, dass das Verbreitungsareal mehrmals bezüglich Lage und Ausdehnung sich verändert hat. Dabei werden Klimaschwan- kungen als Ursache dieser Wanderungen im Grossen betrachtet. Wenn wir davon ausgehen, dass die Ausbreitung im wesentlichen von Osten nach Westen erfolgt ist, so ist vermutlich die zeitweise Versteppung im Glazial für die Vorstösse in den Westen verant- wortlich zu machen. Ich würde die rezenten Inselvorkommen im Westen nicht als miocäne Relikte ansprechen, wie Schwarz (1936: 173) es macht. Denn selbst wenn wir es hier mit sozusagen erstarrten Formen zu tun haben, bei denen die Mutationsrate klein ist, so müssten sich während dieser langen Zeitspanne — wieder im Vergleich mit anderen Wirbeltieren — augenfällige Merkmale innerhalb dieser relativ kleinen Populationen ausgebildet haben, die eine spezifische oder wenigstens subspezifische Abtrennung rechtfertigen würden. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE zul Wir dürfen eher annehmen, dass die Vorkommen in Frankreich, Italien und Jugoslawien erst in jüngerer Zeit isoliert wurden und bis ins Quartär wenigstens periodisch ein Genaustausch stattfand. Die Wanderstrassen sind dabei nicht auf dem heutigen Festland zu suchen, sondern auf versunkenen Landbrücken, wie sie die Geologen im Jungpliozän von Lagosta zum Monte Gargano (Pelagosa Brücke) und glazial im damaligen Steppengebiet der nordwestlichen Adria annehmen. Man muss sich dabei vorstellen, dass eine Rasse, die heute als Bergform lebt, jeweils bei einem Kälteeinbruch zu einem Abstieg ins Tiefland gezwungen wurde, um bei einer nach- folgenden Wärmeperiode erneut im Gebirge Wohnsitz zu suchen. Dabei kann der Fall eintreten, dass an geeigneter Stelle im Tiefland das Mikroklima mehr oder weniger konstant bleibt und so den Tieren genügend Zeit zur Anpassung bleibt. Das ist aber der Ausnahmefall, da bei konservativen Formen die Fähigkeit einer Umgewöhnung starke Einbusse erlitten hat. Während es im Gebirge leicht ist, durch eine Vertikalverschiebung Temperatur und Feuch- tigkeit zu korrigieren und das durch Klimaschwankungen verloren gegangene Optimum wieder aufzusuchen, bleiben die Horizontalver- schiebungen in der Ebene in dieser Hinsicht kaum wirksam. Während eines solchen Klimawechsels dürfte sich im Donau- becken die Abspaltung von rakosiensis von der Nominatrasse voll- zogen haben. Die Wärmeperiode, welche zur Trennung geführt hat, kann einerseits nicht allzulange zurückliegen, muss aber doch so nachhaltig gewirkt haben, dass sich subspezifische Merkmale aus- bilden konnten. Es wäre möglich, diese Trennung zeitlich ins grosse Interglazial zu datieren. Zu den engsten Verwandten der Karstotter im Westen gehört die subalpine renardi im Osten. Sie hat mit 21 Costalreihen aller- dings nicht alle primitiven Merkmale der Gattung bewahrt, und wir müssen deshalb annehmen, dass schon im Miocän oder im Altpliozän die Trennung Ost-West vollzogen wurde und die öst- lichen Formen eine eigene, parallele Entwicklung durchgemacht haben. Die östliche Bergform hat dabei wieder die primitiven Züge besser bewahrt als die entsprechende Tieflandsform, die aber im Gegensatz zu rakosiensis den Steppenbiotop beibehalten hat. Da die ökologische Trennung im Osten weniger klar ist als im Westen, sind auch die morphologischen Unterscheidungsmerkmale der drei Formen weniger scharf ausgeprägt. 712 E. KRAMER Die typische V. kaznakovı an der Ostküste des Schwarzen Meeres sowie V. berus am Altai haben beide eine Anpassung an einen feuch- teren Biotop vollzogen. Die beiden Formen stehen sich in vieler Beziehung nahe, ohne dass Uebergänge bekannt wären. Es ist wohl richtig, die beiden als selbständige Arten anzusprechen, oder dann berus und ursinit als einen einzigen Rassenkreis aufzufassen. BasoGzu (1947) hat die zweite Ansicht vertreten und wurde dabei von MERTENS (1952 a: 71) kritisiert: « Dass Vipera ursinii als Unter- art von Vipera berus zu betrachten ist, wie es BasoGLu meint, ist mit dem modernen Artbegriff nicht vereinbar ». Ich sehe zwar nicht ein, worin dieser Widerspruch bestehen soll, bin aber ausserstande, eine der beiden Ansichten zu belegen und bleibe deshalb bei der zur Zeit anerkannten Beurteilung. 10. TAXIONOMISCHE ERGEBNISSE, SYNONYMLISTE Die vorliegenden Untersuchungen ergeben folgende Aende- rungen gegenüber der systematischen Gliederung durch MERTENS & WERMUTH (1960: 200-203): 1. In die Synonymie versetzt werden: Vipera ursinit wettsteini Knoepfiler & Sochurek, 1955 = Vipera ursinit ursinit (Bonaparte, 1835). Vipera ursinit macrops Méhely, 1911 = Vipera ursinit ursinit (Bonaparte, 1835). 2. Eine andere Beurteilung erhält: Vipera berus dinniki Nikolskij, 1913 = Vipera ursinii renardi (Christoph, 1861). Für eine weitergehende Beurteilung sind Hinweise gegeben worden, hingegen ist das Material für eine stichhaltige Differen- zierung noch zu lückenhaft. Ich halte mich deshalb an die Liste der Amphibien und Reptilien Europas von Mertens & WERMUTH (1960). In der nachfolgenden Synonymliste sind soweit möglich An- gaben über die Typusexemplare gemacht worden. Die Liste enthält neben der ursinti-Gruppe die in diesem Zusammenhang besprochene Vipera kaznakovi. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 713 Leider ist die Neufassung der internationalen Regeln der zoo- logischen Nomenklatur noch immer nicht im Druck erschienen, weshalb ich mich bei der Abfassung der « Liste » an den Entwurf von BRADLEY (1957) gehalten habe. Vipera kaznakopi Nikolskij Kaukasusotter Vipera kaznakovi Nikolskij, 1909. Mitt. Kaukas. Mus., 4 (3): 174. Holotypus: ZMT No. 4408 (gut konserviert). Terra typica restr. (hocloco): USSR, Georgien, Kreis Suchum, Cebelda, an der Ostküste des Schwarzen Meeres (laut Etikette des Holotypus). — Nıkorskı3 1911, Mitt. Kaukas. Mus., SENS Ta 5: Vipera tigrina Carevskij, 1916. Annuaire Mus. zool. Ac. Sci. Petro- grad, 21: 34. Holotypus: verschollen. Laut Originalbeschreibung: « Zo- ol. Mus. Kais. Ak. Wiss. Nordkaukasus», heute: « Zoologisches Museum AN SSSR (Leningrad) ». Terra typica: Nordkaukasus und Kubangebiet. Vipera berus ornata Basoglu, 1947. Rev. Fac. Sci. Univ. Istanbul, B)2228)4189 Tat. Lectotypus (det. Mertens 1952 6: 354): SMF No. 44234 (gut konserviert). Terra typica: Nordostanatolien, Vilayet Coruh, Hopa. Verbreitung: Von NW Georgien lings der Ostkiiste des Schwarzen Meeres bis Nordostanatolien; Gebiet der oberen Kura. Vipera ursinit (Bonaparte) Spitzkopfotter Pelias ursinii Bonaparte, 1835. Iconogr. Faun. Ital., 2 (12): —, Taf. —. Lectotypus (hoc loco): ANSP No. 6915 (gut konserviert). Terra typica: Italien, Abruzzen in unmittelbarer Nähe der Provinz Ascoli. 714 E. KRAMER Vipera ursinii (Bonaparte) Boulenger, 1893. Proc. Zool. Soc. London “sie elo, Barzsik Verbreitung: Von Mittelasien bis Osteuropa. Vipera ursinit ursinit (Bonaparte) Karstotter Vipera macrops Mehely, 1911. Ann. hist.-nat. Mus. Hungar., 9: 203, ade nero, As ao ihren, A. Lectotypus (hoc loco): MW No. 7001 (gut konserviert). Terra typica: Herzegovina, Korita (= Terra typica restr.: MERTENS & MULLER 1928: 53). Vipera ursinii macrops Mehely, 1924. Bolkay Spomenik Srpske Kraljevske Akademije 61 (11): 26. Vipera ursinit rudolphi Reuss, 1924. Wochenschr. Aqu.-Terr. Kun- de, Braunschweig, 21: 546. Typus: BI. Aqu.-Terr.-Kunde 14, 1913: 145 Figur. Terra typica: Herzegovina, Baba Planina. Vipera ursinit wettsteini Knoepffler & Sochurek, 1955. Burgenl. Heimatbl., 27: 187, Abb. 1. Holotypus: MW No. 14990 (gut konserviert). Terratypica: Südostfrankreich, Dep. Basses-Alpes, Mon- tagne de Lure, Wiesenflächen in der Umgebung des Schutzhauses (15720=m)): Verbreitung: Frankreich: Dep. Vaucluse und Bassses Alpes. Italien: Abruzzen. Balkanhalbinsel: Bosnien, Herzegovina, Montenegro, Albanien, Macedonien, Nordwestbulgarien. Insel Krk Bergform über 1000 m. (Ausnahme Krk). Vipera ursinu rakosiensis Méhely Wiesenotter Vipera berus rakosiensis Mehely, 1894. Zool. Anz. (1893), 16: 190. Lectotypus (hoc loco): BM No. 94.1.22. Beschreibung des Ex. und Begrindung dieser Wahl in (5.1). Terra typica: Ungarn, Budapest, Rakosfeld. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 715 Vipera ursinit rakosiensis Mehely. KNOEPFFLER & SOCHUREK, 1955. Burgenl. Heimatbl., 17: 186. Verbreitung: Donaubecken, von Wien an südwärts zum 46. Breitengrad, in Transsylvanien und vereinzelt östlich des Eisernen Tores; in der Moldau westlich des Pruth bis zum Donau- delta; Nordostbulgarien? Tieflandsform, unter 250 m. Vipera ursinit renardi (Christoph) Steppenotter Coluber foetidus Gildenstedt, 1801. in Georgi, Geogr.-phys. natur- hist. Beschr. Russ. Reich, 3 (7): 1884, nomen oblitum. Nach Mertens & WERMUTH (1960: 3) ist ein Antrag an die Internationale Kommission für Nomenklaturfragen gestellt worden, diesen Namen zu verwerfen und renardi auf die Liste der nomina conservanda zu setzen. Pelias renardi Christoph, 1861. Bull. Soc. Natural. Moscou, 34 (2): 299: Typus: Belegstücke zur Originalbeschreibung konnten nicht festgestellt werden. Terra typica: Südrussland, untere Wolga, Sarepta. Vipera renardi (Christoph). Boulenger, 1893. Proc. Zool. Soc. London 1893: 598. Vipera berus dinniki Nikolskij, 1913. Herpet. Caucas.: 176. Typus: Belegstücke konnten nicht festgestellt werden. Terra typica: USSR, Nordkaukasus, Bez. Majkop am Oberlauf der Kleinen Laba und Svanetien. Acridophaga uralensis Reuss, 1929. Wochenschr. Aqu.-Terr. Kunde, Braunschweig, 26: 64. Typus: vernichtet (einst ZMB No. 2856). Terra typica: Russland, Ural. Acridophaga eriwanensis Reuss, 1933. Nachr.-Bl. Aquar.-Terr. Ver. Berlin 19332 373: Typus: verschollen. 716 E. KRAMER Terra typica: USSR, Armenien, Umgebung von Eriwan, 2000 m. Vipera ursinii renardi (Christoph). Schwarz, 1936. Behringwerk IMs Tate lee Tone. ahs are Vipera ursini ebneri Knoepffler & Sochurek, 1955. Burgenl. Hei- matbl 17.2189. Holotypus: MW No. 14889 (gut konserviert). Terra typica: Nordpersien, Elburs-Gebirge bei Rhene Demawend, 2700 m. Vipera kaznakowi dinnicki (sic) Nikolskij. DArEvsKıJ, 1956. Isves- tija Akademii Nauk Armjanskoj SSR 9 (12): 128. Die Bezeichnung « Coluber ursinoides», die NikoLsK1y 1927 ge- pràgt hat, ist kein Artnamen, sondern die Benennung einer hypo- thetischen Form, die nicht der zoologischen Nomenklatur unter- steht. Trotzdem finden wir in Mertens & WERMUTH (1960: 203) diesen Namen in der Synonymliste zitiert und zwar 1) als hypothetische Stammform für V. b. berus und V. b. sachalinensis; 2) synonymisiert mit V. u. renardı. Beides entspricht nicht der Absicht des Autors. Ich zitiere in freier Uebersetzung Nikozski3 (1927: 256): « Mit Rücksicht auf die eben gemachten Erwägungen und die erwähnten Tatsachen glaube ich, dass schon vor Beginn der Eiszeit neben der C. berus eine Otter als Ahnform der heutigen C. sachalinensis und C. ursinit existierte; diese hypothetische Urform nenne ich der Kürze halber C(oluber) ursinoides...»; und weiter unten: « Existierte die Steppen- otter C. renardı schon zur Eiszeit oder differenzierte sie sich erst im Verlauf dieser Epoche ? Zur Abklärung dieser Frage fehlen die nötigen Unterlagen... ». Verbreitung: Vom Altai und Semirjetéenks-Gebiet west- wärts durch Turkestan, die Kirgisensteppen und das südliche Russland (Armenien, Kaukasus bis Bessarabien) zum Donaudelta. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 717 11. RESUME Révision de l’espece Vipera ursinit basée essentiellement sur la riche collection du musée de Vienne. L’étude statistique et la comparaison des différentes formes de l’ouest révèlent l’existence de deux sous-espèces seulement: une forme de montagne Vipera ursinit ursinit (Bonaparte, 1835), habitant les Balkans, l'Italie et la France, et une forme de plaine, Vipera ursinit rakosiensis Méhely, 1893, particulièrement répandue dans le bassin du Danube au sud de Vienne. Pour les formes plus orientales, l’auteur réserve son jugement: il semble qu'il existe à l’est les trois races déjà soup- connées par MEHELY, soit une race de plaine, une race de montagne et une race alpine, réunies provisoirement sous le nom de Vipera ursinit renardi (Christoph, 1861). Vipera kaznakovi Nikolskij, 1909, est voisin de Vipera berus avec lequel il ne présente pas de formes intermédiaires. Vipera berus dinniki Nikolskij, 1913, est placé en synonymie avec Vipera ursinit renardi. Une discussion sommaire de l’évolution et de la migration a travers les époques géologiques conclut à l’inexistence de vipères vraies au sud de l'Afrique. Vipera superciliaris Peters, 1854, et Vipera hindi Boulenger, 1910, appar- tiennent au groupe Bitis atropos-worthingtoni-cornuta (KRAMER 1961). SUMMARY This revision of the species Vipera ursinii is mainly based on the abundant material of the Museum of Natural History in Vienna. The statistical analysis of the western forms shows the existence of only two subspecies: Vipera ursinit ursinit (Bonaparte, 1835), which is a mountain form of the Balkans, Italy, and France, and Vipera ursinit rakosiensis Mehely, 1893, inhabiting chiefly the low country of the Danube basin south of Vienna. Concerning the eastern forms, the author comes to no definite conclusion, but believes that there are probably three races as already suspected by MEHELY: a mountain race, a race of the plains, and an alpine race, all three provisionally united under the name Vipera ursinit renardi (Christoph, 1861). Vipera kasnakovi Nikolskij, 1909, is clo- sely related to Vipera berus, but there are no intermediate forms between them. Vipera berus dinniki Nikolskij, 1913, is a synonym of Vipera ursinit renardi. After a brief discussion of the evolution 718 E. KRAMER and migration of Vipera through geological horizons, the author comes to the conclusion that no Vipera exist in South Africa; Vipera superciliaris Peters, 1854, and Vipera hindit Boulenger, 1910, belong to the Bitis atropos — worthingtoni — cornuta group (Kramer 1961). 12. ZITIERTE LITERATUR ANGEL, F. 1940. Reptiles et Amphibiens. Faune de France. 45: 1-204, Fig. 1-83. Bacescu, M. 1936. Une vipere nouvelle pour la faune de la Roumanie, Vipera u. macrops. Meh. dans le massif des Monts Bucegi. C. R. Acad. Sci. Roumanie 1: 30-33. — 1937. Câteva interesante date herpetologice pentru fauna Romdniei st unele propuneri de rezervatit naturale în legäturä cu ele. (rumänisch). Rev. « V. Adamachi » 23. — 1938. Contribution à la connaissance des reptiles et des amphibiens de la Roumanie. Ann. Sci. Univ. Jassy 24/2 (1): 1-10, Fig. 1-3. — 1941. Sur la presence de Vipera ursinit ursini Bonap. en Moldavie et quelques observations sur la biologie de Pelobates fuscus (Laur.) en Roumanie. C. R. Acad. Sc. Roumanie 5 (1-2): 63-69. BasoGLu, M. 1947. On some varieties of Vipera berus from the extreme north-eastern Anatolta. Rev. Fac. Sci. Univ. Istanbul (B) 12/1: 182-190, 1 Taf. BoLkay, St. J. 1924. A List of the Amphibians and Reptiles, preserved in the Bosnian-Hercegovinian Land Museum (of Sara- jevo), with morphological, biological, and zoogeographical notes (jugoslawisch mit englischer Zusammenfassung). Spomenik Srpske Kraljevske Akademije 61: 1-37, Tafel 1-7. — 1931. Die Giftschlangen Bosniens und der Herzegovina. Bl. Aqu.- Terr.-Kunde. 42: 156-161, Fig. 1-7. BoLkaY, St. J. & Curéié, V. 1920. O nasim zmijama otrovnicama (jugo- slawisch) Glasnik zem. Mus. Bosni i Herzegovini, Sara- jevo, 32: 155-204, 3 Taf. Bonaparte, C. L. 1832-1841. Zconografia della Fauna Italica, 2, Amfibi, Faszikel 1-30, 54 Tafeln. BOULENGER, G. A. 189. On a little-known European Viper, Vipera ursinit Bonaparte. Proc. Zool. Soc. London 6: 596-599, Taf. 51. — 1896. Catalogue of the Snakes in the British Museum, Band 3. BrapLey, J. Ch. 1957. Draft of the English text of the International Code of Zoological Nomenclature as amended by the Paris (1948) and Copenhagen (1953) Congresses. Bull. Zool. Nomenclature. 14 (1/6): 7-190 and 14 (7/9): 191-286. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 719 Burri, I. & Conkov, J. 1934. Untersuchungen über die Verbreitung der Reptilien und Amphibien in Bulgarien und auf der Balkanhalbinsel. II. Teil. Schlangen. Mitt. Königl. naturw. Inst. Sofia 7: 106-188, Fig. 1-37, Karte 16-39. (bulgarisch, deutsche Zusammenfassung). CAREVSKIJ, S. F. 1916. Formes nouvelles du genre Vipera, trouvées dans l'Empire russe (russisch). Annuaire Mus. zool. Acad. Sci. Petrograd 21: 34-39. Cernoy, S. A. 1959. Fauna von Taëkistan, Stalinabad.: 1-203, Fig. 1-13 (russisch). CHristoPH, H. 1861. Pelias renardi, mihi. Bull. Soc. Imp. Natural. Moscou. 34: 601-606. Cope, E. D. 1860. Catalogue of the Venemous Serpents in the Museum of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia, with nores on the Families, Genera and Species. Proc. Acad. nat. Sci. Philadelphia 1859: 332-347. DAREVSKIJ, I. S. 1956. Eine für die armenische Fauna neue Giftschlange, Vipera kaznakowi (sic). Nik. Isvestija Akad. Nauk Armjanskoj SSR 9 (12): 127-130, Fig. 1 (Kopf), Fig. 2 (Karte) (russisch). Dery, 0. G. & JanıscH, M. 1959. La répartition des vipères des champs (Vipera ursinii rakosiensis Mehely) dans le Bassin des Carpathes. Vertebrata Hungarica Mus. hist.-natural. Hungarici 1/1: 25-34. Dow tine, H. G. 1951 a. A proposed method of expressing scale reduction in snakes. Copeia, No. 2: 131-134. — 1951 b. A proposed standard system of counting ventrals in snakes. Brit. J. Herpetol., 1 (5): 97-99. Dreux, P. & SAINT Girons, H. 1951. Ecologie des Vipères. II. Vipera ursinit Bon. Bull. Soc. zool. France 74: 47-54. DueLLMAN, W. E. 1958. A Monographic Study of the Colubrid Snake Genus Leptodeira. Bull. Amer. Mus. nat. Hist. 114 (1): 1-152, Textfig. 1-25, Taf. 1-31, Karte 1-25, Tab. 1-30. GILAREVSKIJ, R. R. 1955. Übersetzung sovietischer Bücher in fremde Sprachen: Transliterationsmethode. Sovietskaja biblio- grafia 39: 31 (russisch). GUGLER, W. 1903. Herpetologische Skizzen aus Südistrien, Dalmatien, Montenegro und der Herzegowina. Bl. Aqu.-Terr. Kunde 14: 132-134, 143-146, 2 Fig. von L. Müller-Mainz. KARAMAN, S. 1921. Beiträge zur Herpetologie von Jugoslawien. Glasnik kroat. naturw. Ges., Zagreb 33: 193-208. — 1939 a. Über die Verbreitung der Reptilien in Jugoslawien. Ann. Mus. Serbiae merid. Skopje 1: 1-20. — 19396. Vipera ursinii Bonaparte, die dritte Giftschlange Süd- serbiens. Bull. Soc. sci. Skopje 20/7: 165-166. 720 E. KRAMER Kent, F. I. 1956. Progres internationaux dans le domaine de la translitté- ration. Bull. Unesco. intention. biblioth. 10 (5, 6), art. 303: 135-138. KLauBER, L. M. 1956. Rattlesnakes, their Habits, Life Histories, and Influence on Mankind. 1: I-XXIX, 1-708; 2: I-XVII, 709-1476. Berkeley and Los Angeles. KNOEPFFLER, L. Ph. & SocHUREK, E. 1955. Neues über die Rassen der Wiesenotter (Vipera ursinii Bonaparte). Burgenl. Hei- matbl. 17/4: 185-188. — 1956. Amphibien und Reptilien zwischen Banyuls und Mentone. Aqu. Terr. Leipzig 3: 147-151, 181-183. 4 Fig. Korstein, F. 1913. Zur Biologie der Vipera ursinii Bon. Zool. Anz. 43: 234-239. — 1914. Vipera macrops Mehely, in Freiheit und im Terrarium. BI. Aquar.-Terr. Kunde 25 (34): 589-596. Kramer, E. 1958. Über eine interessante Giftschlange, Vipera ursinii Bonaparte, aus den Abruzzen. Aquaria-Nachr. 5/9: 137, 145-146. — 1961. Uber zwei afrikanische Zwergpoffottern, Bitis hinddi ( Bou- lenger, 1910) und Bitis superciliaris (Peters, 1854). Vierteljahresschr. naturf. Ges. Zürich, 106 (4): 419-423, Pig le KRASSAWZEFF, B. A. 1943. Zur Biologie der Steppenotter im Nord- kaukasus. Zool. Anz. 142: 141-144. Lanza, B. 1958. Notizie su due Populazioni insulari di Lacerta muralis e sulla Vipera ursinit in Italia. Ann. Mus. Civ. Stor. natural. Genova 70: 305-322. Lepri, G. 1923. Su la presenza della Vipera berus L. nell Appennino centrale. Boll. Ist. Zool. Univ. Roma. 1: 73-78. Lucaro, G. 1957. Elenco sistematico dei rettili italiani conservati nella Collezione di studio esistente presso il Museo di Storia Naturale di Milano, con brevi note critiche ed esplicative. Atti Soc. Ital. Sci. nat. Mus. Civ. Stor. Nat. Milano. 96 (1, 2): 20-36. MEHELY, L. 1894. Die Kreuzotter ( Vipera berus) in Ungarn. Zool. Anz. 1893, 16 (420): 186-192. — 1895 a. Vipera ursinit Bonap., eine verkannte Giftschlange Europas. Zool. Anz. 1894, 17 (440): 57-61; (441): 65-71; (442): 86-87. — 1895 6b. Magyarorszag kurta kigyoi, Vipera berus L. és Vipera ursinit Bonap. (ungarisch). Math. term. Közl. Magyar. Ak. 1894, 26: 373-478. — 1911. Systematisch-phylogenetische Studien an Viperiden. Ann. Mus. nat. Hungarici 9: 186-243, Taf. 3-5, 6 Textfig. Mertens, R. 1952 a. Amphibien und Reptilien aus der Türkei. Rev. Fac. Sci. Univ. Istanbul (B) 17/1: 41-75. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 724 — 19526. Nachtrag zu « Amphibien und Reptilien aus der Türkei ». Rev. Fac. Sci. Univ. Istanbul (B) 17/4: 353-355. Mertens, R. & MÜLLER, R. 1928. Liste der Amphibien und Reptilien Europas. Abh. Senckenberg. naturf. Ges. 41/1: 1-62. MERTENS, R. & WERMUTH, H. 1960. Die Amphibien und Reptilien Eu- ropas. (Dritte Liste, nach dem Stand vom 1. Januar 1960-) Frankfurt a.M.: I-XI, 1-264, Fig. 1-45. MourGuE, M. 1909. Les Viperes du Ventoux. Feuilles Jeunes Nat. 39: 70-71. Nixorsxkiy, A. M. 1909. Eine neue Vipernart aus dem Kaukasus. Mitt. kaukas. Mus. Tiflis 4/3: 173-174. (Vorläufige Mitteilung, russisch und deutsch.) — 1911. De nova genere Viperae specie e Caucaso: Vipera kaznakovi. Mitt. kaukas. Mus. Tiflis. 5: 81-84. Lateinische Original- beschreibung mit Farbtafel. — 1913. Herpetologia Caucasica. Tiflis (russisch). — 1916. Faune de la Russie et des pays limitrophes. 2. Petrograd (russisch). — 1927. Coluber (Vipera) sachalinensis (Tzar.) und seine Geschichte. Annuaire Mus. Zool. Acad. Sci. URSS 27: 247-260 (russisch, Diagnosen lateinisch). OLIVER, J. A. 1948. The Relationships and Zoogeography of the Genus Thaleropis Oliver. Bull. Amer. Mus. nat. Hist. 92 (4): 157-280, Textfig. 1-13, Taf. 16-19, Tab. 1-13. Pacır, J. 1958. Farbbestimmungen in der Biologie. Jena: 1-76. Fig. 1-22, Waka alaar ParasKIv, K. P. 1956. Die Reptilien von Kasachstan. Akad. Wiss. Kasachstan SSR. Zool. Institut: 1-229, Fig. 1-69, Taf. 1-19 (russisch). Reuss, Th. 1929. 5 Fotos von Giftschlangen. Kölnische Ill. Zeitung vom 12.1.29, No. 2 (nicht im Original gesehen). — 1930. Über eine neurotoxische Otterngruppe Europas, Mesocoronis 1927, und thre Stellung unter den Solenoglyphen der Welt. Glasnik Zemaljsk Muzeja Bosni i Hercegovini 42: 57-114, Taf. 1-6 und Tab. IV am Schluss des Heftes. — 1933. « Fortsetzung und Schluss der Originalberichte. » Nachr.-Bl. Aqu.-u. Terr.-Ver. Berlin: 372-373. -— 1935. Erläuterungen zur Typenfrage in der Zoologie an Hand von Bildern europäischer Giftschlangen. Nach.-Bl. Aqu.-u. Terr.-Ver. Berlin. 16: 215-218. SALGUES, R. 1937. Faune des Ophidiens de Provence. Ann. Soc. Hist. Nat. Toulon 21: 130-150. SCHREIBER, E. 1912. Herpetologia europea. 2. Aufl. Jena: I-X, 1-960, Fig. 1-188. 722 E. KRAMER ScHwarz, E. 1936. Untersuchungen über die Systematik und Verbreitung der europäischen und mediterranen Ottern. Behringwerk Mitt., Marburg, 7: 159-362, Taf. 1-35, 1 Karte. SocHurEK, B. 1954. Grundzüge einer Herpetofauna des Burgenlandes. Burgenl. Heimatbl. 16/4: 159-166, 4 Fig. — 1956. Kleine Herpetogeographie von Oesterreich. Natur und Land 42 (10+12): 181-182. — 1957. Zur Ausrottung der Wiesenotter. Natur und Land 43 (12): 164. — 1958. Zur Verbreitung der Lurche und Kriechtiere im Burgenland. Burgenl. Heimatbl. 20/3: 149-150. STEINHEIL, F. 1913-1929. Die Europäischen Schlangen. Heft 1-6, Tafel 1- 30 vom Verfasser; Heft 7-9, Tafel 31-45 von L. Müller. STUGREN, B. 1955. Vipera de Stepa, Vipera ursinit (Bonap.) de la Fina- tele Clujului. Acad. Rep. Pop. Romine Fil. Cluj. Studii Cerc. Stiint. Ser. 2 (1/2) 6: 59-77, Tab. 1-3, Textfig. 1-3, Taf. 1-3, 1 Karte (rumänisch mit russischer und fran- zösischer Zusammenfassung). TERENTIEV, G. V. & Cernov, S. A. 1949. Enzyklopädie der Reptilien und Amphibien. 3. Auflage: 1-130, Fig. 1-123, Karte 1-37 (russisch). Tomasini, O. 1894. Skizzen aus dem Reptilienleben Bosniens und der Herzegowina. Wiss. Mitt. Bosniens u. Herzegowina 2: 560-661. VANCEA, St. & Ionescu, V. 1954. Contribution à l'étude de la vipère de steppe. Rev. Univ. « Al. I. Cuza » et Ist. Polit. Iasi 1 (1-2): 241-248, Fig. 1-3. WERNER, F. 1895. Die Reptilien und Batrachierfauna der jonischen Inseln. Verh. zool. bot. Ges. Wien 44 (1894): 225-237. — 1902. Beiträge zur Biologie der Reptilien und Batrachier. Biol. Centralbl. 22 (24): 737-758. — 1913. Die Lurche und Kriechtiere in Brehm’s Tierleben. 2. Band. Kriechtiere: I-XIV, 1-598, 4. Auflage. — 1914. Zur Herpetologie der Türkei. Zool. Anz. 43/11: 497-499. Werner, R. M. 1951. Einiges über Lebensart und Lebensbedingungen einer österreichischen Otter. Aqua.-Terr. Z. 4 (6): 160-161, 1 Fig. WETTSTEIN, O. 1929. Stammesgeschichtlich interessante Schlangen-Aber- rationen. Biol. generalis, Wien 5 (3. Lief.): 411. — 1953. Vipera renardi aus Persien. Zool. Anz. 150 (11/12): 266-268. Ds erica su GLI Fig. 1. — Vipera macrops Mehely, 1911.Lectotypus. MW 7001. Wird hoc loco mit Vipera ursinii ursinii (Bonaparte, 1835) synonymisiert. ica Fig. 2. — MW 15124: Vipera tigrina Carevskij, 1916 = Vipera kaznakovi Nikolskij, 1909. Die Beurteilung dieser Form hat öfters gewechselt. Sie wurde 1927 von Nikouskis (:257) mit Vipera berus dinniki, 1936 von SCHWARZ (:189) mit Vipera ursiniı kaznakovi und 1960 von MERTENS & WERMUTH (:201) mit Vipera kaznakovi synonymisiert. Es ist möglich, dass es sich um eine nördliche Rasse der Kaukasusotter handelt, da gegen- über den Stücken aus dem Süden gewisse Unterschiede im Habitus und Ausfärbung vorliegen, hingegen ist das Material zu wenig umfangreich, um eine neue Beurteilung vorzunehmen. REV. Suisse DE ZooL., T. 68, 1961. 51 E. KRAMER JI D m TAF. 2. Fig. 3-5. — Vipera berus dinniki Nikolskij, 1913. Wird hoc loco mit Vipera ursinii renardi (Christoph, 1861) synonymisiert. Fundort: Lagodechi, ca. 100 km östlich Tiflis, Kaukasus. Sammler: Mlokosiewicz, 1892. Standort: ZML 8389. VARIATION, SEXUALDIMORPHISMUS, WACHSTUM UND TAXIONOMIE 725 UNE oe Fig. 6-8. — Vipera kaznakovi Nikolskij, 1909. Sammler: A. K. Woronow 5.7.1908. Standort: ZMT: 44-08 d. Syntype. REVUE SUISSE DE ZOOLOGIE 727 Tome 68, n® 42 — Decembre 1961 Zur Pigment- und Musterentwicklung bei squamaten Reptilien von Pio FIORONI (Zoologische Anstalt der Universität Basel) Mit 74 Abbildungen und 8 Tabellen INHALT Einleitung . . : 728 Material, Methoden und Begriffe ; 730 I. Befunde an Ophidiern 732 A. Die embryonale u der Ringelnatter (Natrix natrix) : VE RE TO MO SO ort 102 1. Embryonen vom 10.-12. di erste Schup- penanlagen, erste la Melanisie- rung : OU SAT BET RT TEAST Sales Rol POR 2. Embryonen vom 13. 17. Bruttag: erstes tegu- mentales Pigment . . 743 3. Embryonen vom 18. 22. Bruttag: Ausbau der Musterung durch a Or erste Gua- nophoren 3 UNE BEN 65 4. Embryonen vom 0, 27. Bruttag: arttypische Musterung, Pigmentierung der Häutungshaut . 778 5. Embryonen vom 28. Bruttag bis zum Schlüpfen (34.-35. Bruttag): Verhornung, erste Gelbzellen, endgültiger Ausbau der Musterung . RN] B. Zur embryonalen Entwicklung der Musterung bei an- deren Ophidierarten . RETURN: 198 1. Natrix tessellata (Würfelnatter) 798 2. Natrix maura (Vipernatter) . . 801 3. Elaphe longissima (Aeskulapnatter). 801 A. Leimadophis poecilogyrus (‘Buntnatter“) 802 Rev. Suisse DE Zoor., T. 68, 1961. 52 728 C. D. P. FIORONI DE Viiperanaspisa(u:awper) 5 6 56 5 56 6 6 5 6 6. Python molurus (Tigerschlange) Zu den postembryonalen en der Musterung bei den Ophidiern . Zur Pigmentierung der adulten Ophidier . II. Befunde an Sauriern A. Ueber die heulen da Min ul B. certa muralis) . 1. Die embryonale o, OR 2. Zur postembryonalen Entwicklung 3. Zu den embryonalen Mustervariationen Zur Entwicklung der Musterung bei anderen Saurier- arten . oriana ae db . Lacerta agilis (Zauneidechse) . Lacerta viridis (Smaragdeidechse) Lacerta vivipara (Bergeidechse) . Anguis fragilis (Blindschleiche) Calotes mystaceus (Agamidae) . Ameiva bifrontata (Tejidae) . DUUWDE III. Diskussion der Ergebnisse A. E. Allgemeines zur Squamatenpigmentierung B. Allgemeines zu den Melanophoren C. Ele D. Zur Stellung der Reptilienpigmentierung innerhalb der Zur Pigmentierung der Sauropsiden . Wirbeltiere . Allgemeine Musterfragen . IV. Zusammenfassung Verzeichnis der Abkürzungen Literaturverzeichnis . EINLEITUNG 804 804 804 808 816 816 816 836 836 830 830 834 837 839 840 842 848 848 852 854 857 859 863 865 866 Während bei Amphibien und Vögeln die Pigmententwicklung recht gut bekannt ist, fehlte bisher bei Reptilien eine zusammen- hängende Darstellung. In der entwicklungsgeschichtlichen Arbeit über die Ringelnatter von RATHKE (1839) finden sich nur wenige und zudem histologisch nicht fundierte Angaben, und in PETER’S PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 729 Normentafel der Zauneidechse (1904) wird die Pigmentgenese sogar völlig ignoriert. Es ist daher gerechtfertigt, der Pigmententwick- lung der Reptilien eine eigene Arbeit zu widmen. Als Hauptstudien- objekt diente uns die Ringelnatter; zur Ergänzung wurden weitere Schlangen- und namentlich auch verschiedene Eidechsenarten untersucht. Bei vielen Vertebraten, von den Cyclostomen bis hinauf zu den Säugern, konnte der Ursprung der Melanophoren aus der Neural- leiste und auch aus der Neuralplatte experimentell bewiesen werden (vergleiche etwa die Literaturzusammenstellungen bei Du SHANE 1943 ff und Hoerstapius 1950). Auch die übrigen Chromato- phorensorten (ByTINSKI-SALz 1936, GUENDER 1955) und die nach der Amphibienmetamorphose neu hinzutretenden Pigmentzellen (Twirty-BopENSTEIN 1939) stammen aus der Neuralleiste. Diese grosse Uebereinstimmung sowie unsere eigenen histologischen Be- funde rechtfertigen einen Analogieschluss auf homologe Verhält- nisse bei den Reptilien und den Verzicht auf einen bei dieser Tiergruppe nur schwer durchzuführenden experimentellen Beweis. Bezüglich der Morphologie der Farbzellen konnten wir weit- gehend auf bereits Bekanntem fussen; deren Erforschung wurde schon Mitte des letzten Jahrhunderts durch die wegweisenden Arbeiten LeypIG's eingeleitet. Unter den späteren Untersuchungen sind vor allem die Arbeiten von ScHMIipT zu nennen, deren Glie- derung in vier Chromatophorensorten (Melanophoren, Guanophoren, Lipophoren, Allophoren) von vielen Autoren übernommen wurde. In neuester Zeit hat GUENDER (1953 ff) unsere biochemischen Kennt- nisse der Pigmente stark erweitert und auf Grund des häufigen Vorkommens von Pterinen und Riboflavinen eine neue Einteilung in Melanophoren, riboflavinhaltige Iridocyten (= Guanophoren), Lipophoren und Pterinophoren vorgeschlagen. Somit besitzen wir heute eine gute allgemeine Kenntnis des Baues der Chromatophoren (vgl. z. B. Fucus 1914, Scumipr 1917, BIEDERMANN 1926, BaLLowrTz 1931, GUENDER 1954 ff). Dagegen fehlen, wenn man von der Arbeit von KLausewirz über Sceloporus malachiticus (1954 a) absieht, noch weitgehend genauere histo- logische Analysen von Farbkleidern der verschiedenen Reptilien- arten. Es ist mir ein Bedürfnis, meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. A. Portmann, unter dessen Leitung die vorliegende Arbeit 730 P. FIORONI entstand, für seine dauernde Unterstützung und die zahlreichen wertvollen Ratschläge recht herzlich zu danken. Fräulein E. Sand- meier danke ich für ihre willkommene Hilfe bei der Beschriftung der Abbildungen und die vielen zeichnerischen Anregungen. Frau M. Schetty und Herr H. Hucker vom Schlangenpark Maggia halfen dauernd bei der Materialbeschaffung und überliessen mir in uneigennütziger Weise kostenlos manche Reptilieneier. Schliess- lich verdanke ich Fräulein A. Kress eine grosse Zahl von Nattern- hemden der verschiedensten Schlangenarten. MATERIAL, METHODEN UND BEGRIFFE Für unsere Studie standen von Natrix natrix, Lacerta muralis und viridis zahlreiche Embryonen, je in mehreren parallelen Serien, SES ABB. 1. | #0 Schema der Bruteinrichtung für Rep- Gef tilieneier. E: Eier, Gef: Brutgefäss, Gpl: | | Glasplatte, S: Sockel, Th: Thermostat, IE | V: Vaseline, W: Watte. zur Verfügung. Zusammenhängende Embryonalserien waren auch von Natrix tessellata, Leimadophis poecilogyrus und Lacerta agilis vorhanden, während von diversen anderen Arten weitere Embryo- nalstadien in grösserer oder kleinerer Anzahl untersucht werden konnten. Schliesslich wurden zur Vervollständigung auch zahlreiche Jung- und Adulttiere mit in die Untersuchung einbezogen. Die Eier wurden nach der Ablage in einem offenen Gefäss in einen mit Vaseline und Glasplatte luftdicht verschlossenen Behälter verbracht, dessen Boden mit einer ca. 2 cm hohen Wasserschicht bedeckt war (Abb. 1). Um ein Nasswerden der Eier durch gelegent- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 731 lich herabtropfendes Kondenswasser zu verhüten, wurden diese mit etwas Watte bedeckt. Diese gesamte Einrichtung befand sich in einem in der Temperatur etwas schwankenden Thermostat (27,5- 30° C). Die Eier wurden täglich zum Auslüften eine halbe Stunde ins Freie verbracht. Bei einer Durchschnittstemperatur von etwa 29° C ergaben sich folgende Entwicklungszeiten (gerechnet vom Tage der Eiablage): WF OCETLOCTIUUT GUIS. RAS 30 (gel. bis 33) Tage MACERTALAI CLS ane en abet coheed ea 30 Tage (?) * ILE CARO Ema Oe ra oa IN GALES OLA AORN Wty ee AE ee ae Bata) Le 34-36 Tage Natiniestessellatare. tt. se II Nat? 34 Tage Hilaphenlonerssimams ua a a 43 Tage Leimadophis poecilogyrus . . . . . 44 Tage * Da das Ablagedatum des im Freien gefundenen Geleges der Zaun- eidechse nicht bekannt war, wurde der erste Embryo der Serie durch Ver- gleich mit Lacerta muralis-Embryonen altersmässig bestimmt. Die auf Grund des ersten Embryos datierten weiteren Exemplare schlüpften, wie der Gross- teil der Mauereidechsen, im Alter von 30 Tagen. Da die Entwicklungsweise der einzelnen Embryonen etwas schwankt, werden stets Mittelwerte gegeben. Alle Tiere wurden vor der Fixierung (Formol, Bouin) stets auch in frischem Zustand untersucht, da bei der Konservierung die Gelbzellen und bei Embryonen oft auch die Guanophoren zerstört werden. Histologisch konnten die Gelbzellen nur durch Gefrier- schnitte der frischen Haut sichtbar gemacht werden (vgl. KLAU- SEWITZ 1954 a). Auch auf direkt ins Dammarharz verbrachten frischen Hautstücken bleiben die natürlichen Farben relativ gut erhalten. Zum genaueren Studium der Pigmentzellen wurden neben den mit der üblichen Paraffin-Methode hergestellten Schnitten (wobei sich übrigens auch nicht enthornte adulte Häute relativ gut schnei- den liessen) in Dammarharz eingebettete Totalpräparate der Haut und der Embryonen (zum Studium der extrategumentalen Pig- mentierung) verwendet. Zur Färbung dienten vorwiegend saures Hämalaun nach Meyer und Hämatoxyline (Delafield, Heidenhain) mit Benzopurpurin-Gegenfärbung, sowie Azan. Die Lage der Me- lanophoren liess sich auf Hauttotalpräparaten durch Anfärben der Hautkerne mit Hämalaun genau feststellen (vgl. Abb. 13 u. 14). Bezüglich der Hauthistologie geben wir nur einfache Lagebe- zeichnungen (Epidermis: Periderm (=Deckschicht), Stratum cor- 132 P. FIORONI neum, intermedium, basale (germinativum); Basallamelle (Grenz- lamelle); Cutis (Korium): Stratum laxum und compactum corii; Subcutis (Tela subcutanea)) und gehen auf feinere Unterschei- dungen, wie sie von vielen Autoren namentlich für die Cutis gegeben werden, nicht ein. Bei den Farbzellen unterscheiden wir unmelanisierte Melanoblasten (potentielle Melanophoren), melani- sierte Melanophoren (Melanocyten, Schwarzzellen), Guanophoren (Iridocyten), sowie Gelb- und weitere Farbzellen. Alle in der Haut liegenden tegumentalen Pigmentzellen müssen scharf von den extrategumentalen Melanophoren der übrigen Körperschichten gesondert werden. Noch nicht melanisierte Melaningranula werden wie in den meisten Arbeiten als Propigmentgranula bezeichnet, obwohl dieser Terminus ungünstig ist, da es sich nicht um eine Pigmentvorstufe handelt. Zur Charakterisierung der Schlangenflecke wird die Einteilung von Harnack’s (1953) in A-, B- und C-Flecke verwendet (Abb. 8). Für die Eidechsenzeichnung brauchen wir bei den dunklen Zonen die prägnanten Bezeichnungen WERNER's (1890), während wir bei den hellen Zonen Ermer’s Vorschlägen (1881) folgen, da WERNER diese Linien nicht speziell bezeichnet (vgl. Abb. 68). Die Unter- teilung der Musterelemente in Fleckenzonen und Grundfarbe — ein Problem, das speziell bei den eigentlich als Grundfarbe zu wertenden „Hellflecken“ der Lacertilier aktuell wird — erfolgt nach der Wir- kung auf die Gesamtzeichnung und nicht nach der oft umstrittenen phylogenetischen Herkunft. Die innerhalb der Flecke gelegenen Schuppen werden als Fleckschuppen, die übrigen entsprechend als Grundfarbenschuppen bezeichnet. I. BEFUNDE AN OPHIDIERN A. Die embryonale Pigmententwicklung der Ringelnatter (Natrix natrix). 1. EMBRYONEN vom 10.—12. BRUTTAG: ERSTE SCHUPPENANLAGEN, ERSTE EXTRATEGUMENTALE MELANOPHOREN a) Zum Augenpigment. Schlangenembryonen dieses Alters sind äusserlich hell und völlig pigmentfrei. Nur das Augenpigment, das wie alle übrigen Pigmente PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 733 ebenfalls von Abkömmlingen der Neuralleiste gebildet wird (Rts 1941, BARDEN 1942), ist bereits gut entwickelt. Da die Augen wesentlich vor den Hautorganen angelegt werden, ist es verständ- lich, dass ihr Pigment schon sehr früh auftreten muss, da es später nicht mehr in die komplizierten Retinastrukturen eingebaut werden könnte. b) Die Aktivierung der Hautentwicklung. Im bisherigen, in unserer Arbeit nicht beschriebenen Verlauf der Ontogenese ging es vor allem darum, die Anlagen der Organ- komplexe aufzubauen, während die feinere Ausgestaltung zurück- gestellt wurde. Daher ist auch das Integument bisher auf seiner primitiven embryonalen Struktur stehen geblieben. Erst jetzt setzt, wie die in der ganzen Haut verbreiteten und bei etwas älteren Embryonen noch vermehrten Kernteilungen dokumentieren, plötzlich und rapid das eigentliche Hautwachstum ein. Dabei scheinen die Teilungen in der ganzen Haut gleichzeitig synchron und in Rythmen vor sich zu gehen. So finden sich Stadien mit auffällig vielen, grossen Prophasekernen, während bei weiteren Embryonen die Anaphasen dominieren. In wieder anderen Häuten treten nur vereinzelte Kernteilungen auf. Um auf Schnitten viele Mitosen zu erhalten, muss man gerade im Höhepunkt einer Tei- lungsperiode fixieren können. Da uns dies anfänglich nicht gelang, glaubten wir wie andere Autoren irrtümlicherweise an ein ausge- dehntes Vorkommen von amitotischen Teilungen in der Haut, obwohl ja diese bei embryonalen Zellen und nicht ausdifferenzierten Geweben im allgemeinen selten sind. Die grosse Stoffwechselaktivität der Haut äussert sich zudem in den grossen, gut sichtbaren Nucleoli der Basalkerne. c) Hautbau. Wie bei Sauriern (Abb. 53) besteht am 10. Bruttag die Epider- mis nur aus einer Basalschicht und einer Lage peripherer, flachge- presster Peridermzellen. Der spätere Unterschied von dorsaler und ventraler Epidermis ist bereits in der verschiedenen Form der Basalkerne angedeutet; diese sind dorsal eher rundlich, ventral hochoval. Auf dünnen Hautstellen (Hinterkopf, Schwanz) sind die Kerne sehr flach und nieder. Oberhalb der Basalkerne, die direkt 734 P. FIORONI über der noch undeutlichen Grenzlamelle sitzen, erscheinen gele- gentlich einzelne flachgestellte Kerne des späteren Stratum cor- neum. Die Zellgrenzen sind häufig erkennbar, aber nie richtig deutlich. Im Korium liegen die kleinen Kerne dicht gedrängt; bei man- chen Stadien sind einzelne Stratum laxum- und Stratum com- pactum-Fasern und gelegentlich auch ein Netz von längs- und querverlaufenden subepidermalen Fasern zu sehen. Infolge des lockeren Hautaufbaues, namentlich des noch sehr losen Zusammenhanges zwischen Epidermis und Cutis, löst sich oft schon am unfixierten Totaltier die Epidermis mehr oder weniger stark ab; dadurch treten auf Schnitten in die Länge gezogene Basalkerne, Spalträume zwischen den einzelnen Hautschichten und ähnliche künstliche Bildungen auf, die man leicht missdeuten könnte. Durch die dünne Haut schimmern der Darmtrakt mit den anderen Eingeweiden und Blutgefässen, sowie z. T. auch die Rippen stark durch. d) Schuppen. Nach dem 9. Bruttag werden am median noch offenem Bauch, der nach dem 12. Tag am Hals unter Bildung einer Naht zu ver- wachsen beginnt, die ersten Spuren der Ventralschilder als läng- liche, sich nicht überdeckende Schienen angelegt. Ihre Profilierung wird gegen dorsal zu undeutlich und verschwindet. Dorsalschuppen treten erst um den 11. Tag in Form rundlicher Höcker auf, welche nach dem 12. Tag zu sechseckigen Platten profiliert werden; ein Kiel fehlt noch völlig. Innerhalb der einzelnen Schuppenanlagen ist, wie bei den Sauriern (Abb. 53), die ganze Hautoberfläche mit winzig kleinen Erhebungen besetzt. Uebrigens scheinen Frühstadien in frischem Zustand oft noch völlig frei von Schuppenanlagen; diese werden erst nach der Fixierung, welche die Haut stark schrumpfen lässt, sichtbar. Ein cephal-caudales Gefälle ist deutlich; etwa bis zum 11. Brut- tag sind die Bauchschilder auf dem Hinterrumpf schwächer pro- fihert und die Dorsalschuppen erst auf Vorder- und Mittelrumpf erkennbar. Der Schwanz ist noch am 12. Tag völlig frei von Schup- penanlagen. Auch beginnt die Verwachsung der Bauchschilder bezeichnenderweise in der Halsregion. Nur auf dem Kopf ist dieses cephal-caudale Entwicklungsgefälle weitgehend aufgehoben. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 83 Während bei den Eidechsen sowohl bezüglich der Pigment- als auch der Hautentwicklung ein dorsal-ventrales Differenzierungs- gefälle herrscht — ihre Schuppen treten zuerst dorsal auf — ver- läuft bei Ophidiern die Schuppenausgestaltung im Zusammenhang mit dem im einzelnen sehr tiefgreifenden Umbau des gesamten Bewegungsapparates von ventral nach dorsal. Somit zeigen die bei Schlangen morphologisch und funktional stark abgeänderten Ven- tralschilder auch eine andere Ontogenese als die primitiveren Eidechsenschuppen. e) Hautblutgefässe. Wegen der später zu behandelnden Pigmentierungstheorie ZENNECK’S (p. 755) muss der Verlauf der Hautblutgefässe, die in diesem Stadium am besten sichtbar sind, kurz geschildert werden. Unsere Untersuchungen zeig- | ten bald, dass ZENNECK, der nur fixiertes Material studierte und sich zum Teil auf die frühe ent- wicklungsgeschichtliche Arbeit von RATHKE (1839) stützte, gar nicht alle Blutgefässe gesehen hatte, da neben den von ihm be- schriebenen Längs- und Querge- fässen, die tatsächlich auf länger fixierten Embryonen, mehr oder Oberflächliche Blutgefässe von Na- weniger deutlich, allein zu sehen riz (schematisiert). dM: dorsales sind. noch weitere. nur an fri- Mediangefäss, dL: dorsales Lateral- pon: 2 gefäss, V ep: Vena epigastrica, vL: schen Tierenerkennbare, maschen- ventrales Lateralgefass, Q: Querge- förmig verzweigte Adern auftre- mH: maschenformige Hautge- i À asse der Dorsalschuppen, qH : quer- ten. Diese oberflächlichen Gefässe, gerichtete Hautgefässe der Bauch- welche auch auf aufgehellten To- SChilder. talpräparaten adulter Haut deut- lich werden, kreuzen die Dorsalschuppen, während sie auf den Bauchschildern parallel zu deren Rand verlaufen (Abb. 2-4). Bei genauerer Betrachtung weisen diese, auf den ersten Blick ,,regel- mässig“ angeordnet scheinenden Blutgefässe zum Teil recht be- trächtliche Unterschiede auf; die Symmetrie ist eine relative. Am frischen Tier sind die Blutgefässe verschieden gut sichtbar. Fast stets erscheinen ein median-dorsaler Blutsinus und ein starkes ABB. 2. 736 P. FIORONI Lateralgefäss (von ZENNECK als Vena epigastrica bezeichnet), welches sich als Vena jugularis (RATHKE 1839, O’DonoGHuE 1912) ABB.3. Natrix natrix-Embryo vom 12. Bruttag: maschenförmige dorsale Hautblutgefässe. SM: Lage des späteren Schuppen- mittelpunktes. auf den Kopf fortsetzt. Auch die oberflächlichen, maschenförmigen Gefässe treten praktisch immer in Erscheinung. Dagegen konnten wir die von ZENNECK beschriebenen Queradern nur selten und ein 7 ABB. A. Leimadophis poecilogyrus: a) Hautgefässe einer medianen Dorsalschuppe des 29-tägigen Embryos, 5b) Hautgefässe des Bauchschienenrandes eines 24-tägigen Embryos. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN Teo sich oberhalb der Vena epigastrica befindliches Längsgefäss sogar nur an einem Embryo von Vipera aspıs identifizieren. Ebenfalls kann ein weiteres, sich unterhalb der Vena epigastrica befindliches Längsgefäss nur gelegentlich gesehen werden. Durch die Fixierung verschwinden die maschenförmigen Gefässe, da sie am oberfläch- lichsten liegen. Sichtbar bleiben die Längsadern, wobei aber oft nur deren Einmündungsstellen in die jetzt besser zu erkennenden Quer- gefässe als Blutgefässknäuel erhalten bleiben. Zu sehen sind also nur noch die von ZENNECK beschriebenen Gefässe, die zudem eigentlich gar keine Hautblutgefässe sind, da sie tiefer liegen, während die maschenförmigen Gefässe in Subcutis und Korium der einzelnen Schuppen lokalisiert sind. Ein Vergleich mit den Sauriern zeigt (p. 816 ff), dass auch be- züglich der Blutgefässe die Ophidier stark abgeleitete Verhältnisse zeigen; das Fehlen von Querfalten, auf welchen bei Sauriern die primitiveren Körnerschuppen aufsitzen (Abb. 61), und die höhere Differenzierungsweise der Ophidier-Schindelschuppe scheinen mit der Ausgestaltung eines maschenförmigen Hautgefässnetzes im Zusammenhang zu stehen. Die Blutgefässe werden aber bereits vor der Ausbildung von Schuppenanlagen ausdifferenziert. f) Die frühe extrategumentale Pigmentierung. Verbreitung der Melanophoren. Während die Haut noch völlig hell ist, sind die extrategumen- talen Melanophoren bereits recht weit verbreitet (vgl. Abb. 5). Die ersten eindeutig definierbaren Melanocyten treten um den 10. Tag im Hinterkopf (Ohrregion) und auf dem Rumpf unter den Wirbeln im Bindegewebe des Peritoneums auf, was Bork (1910) an Tele- ostiern, ZENNECK ebenfalls an Natrix natrix und wir bei weiteren Schlangen- und Eidechsenarten bestätigen konnten. Auch DANNEEL (1957) entdeckte bei Lampetra die ersten Melanoblasten im lockeren Bindegewebe ums Neuralrohr, allerdings auch dorsal. Schliesslich beschrieb KoEcKE (1957) bei der Ente die frühesten Melanophoren ım Gebiet der Ohrblase. Etwa einen Tag später finden sich weitere extrategumentale Melanophoren zwischen den splanchnischen Muskelbündeln und in der ganzen mesenchymatischen Auskleidung des splanchnischen Blattes der Peritonealhöhle, vor allem ventral und in Organnähe 738 P. FIORONI (Blutgefässe, Darm, etc.). Auch in und um die ventraleren Bündel der Dorsalmuskulatur breiten sich einzelne Melanophoren aus; hin- gegen werden die eigentlichen, dicken dorsalen Muskelbiindel erst 500 4 ABB. 5. Natrix natrix-Embryo vom 12. Bruttag: Verbreitung der frühen, vorwiegend extrategumentalen Pigmentierung. Bgf: Blutgefässe, Big: Bindegewebe, Mu: Muskulatur, spM: splanchnische Muskulatur, Nr: Neuralrohr, Oes: Oesophag, Ri: Rippen, Spga: Spinalganglion, Wi: Wirbelsäule. nach dem 14. Tag mit Pigmentzellen versehen, wobei diese zuerst peripher und erst später innerhalb der Bündel vorkommen. Damit finden sich die Melanophoren in allen drei extrategumentalen Pig- mentzonen WEIDENREICH’s (1912) (peri- und epineurale, pericoelo- matische und perivasculäre Zone), wozu zusätzlich als vierte Zone noch die Muskulatur angeführt. werden muss. Um den 10. Tag sind die Melanophoren, welche bereits etwas divergierende Formen aufweisen, also Ansätze zum nachmalig sehr ausgeprägten Polymorphismus zeigen, noch recht hell. Neben vielen, mit Hämalaun bläulich angefärbten Propigmentgranula kommen PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 739 erst wenige braune, melanisierte Granula vor (Abb. 6 a ff). Auch besitzen Stadien früher Melanisierung sehr viel weniger Pigment- körner als ältere Melanophoren, was ein Vergleich der Abb. 6 a-e mit der Abb. 6 f-h bestätigt. Entgegen BABAK (zit. VILTER 1941), der eine Abhängigkeit zwischen Verzweigungsgrad und Melanisie- rungsintensität annimmt, variert die Zahl der Granula unabhängig von der Zellform, was auch bei tegumentalen Melanophoren be- stätigt werden konnte. ABB. 6. Natrix natrix: Frühe Melanisierungstadien extrategumentaler Schwarzzellen von 10-14-tägigen Embryonen. Ausser d (Muskulatur) stammen alle Melanophoren aus dem Bindegewebe unterhalb der Wirbel. Ppig: unmela- nisierte Propigmentgranula, s Melk: schwach melanisierte, st Melk: stärker melanisierte Melaninkörner. Das ım Integument so ausgeprägte cephal-caudale Pigmentie- rungsgefälle wird extrategumental nur durch die vorderhand noch etwas schwächere Pigmentierung der hinteren Rumpfabschnitte und das etwa um zwei Tage retardierte Erscheinen der Schwarz- zellen im Schwanz angedeutet. Ebenfalls treten im Hinterrumpf die extrategumentalen Melanophoren etwas verspätet auf, was speziell für die Muskelmelanophoren gilt. Die Wanderung der Melanoblasten. Viele entwicklungsphysiologische Arbeiten (vgl. DU SHANE 1943 ff) haben eindeutig gezeigt, dass die Melanoblasten in unge- färbtem Zustand aus der Neuralleiste ausschwärmen und meist 740 P. FIORONI erst nach Erreichung ihres Bestimmungsortes melanisieren. Eine Wanderung von bereits differenzierten Melanocyten wird von Hamitton (1940) völlig bestritten; doch lassen Beobachtungen von DU SHANE (1943) und Twırry (1945) an Amphibien und von Lusnow (1957) und Wenpr (1958) an Vögeln eine Wanderung mehr oder weniger weit ausgestalteter Pigmentzellen durchaus als möglich erscheinen. Gleichfalls scheinen bei der postembryonalen Umgruppierung von Musterelementen bereits ausdifferenzierte Pig- mentzellen erfasst zu werden (vgl. WERNER). Die Tatsache, dass der Weg der Melanoblasten von der Neural- leiste an ihre verschiedenen Bestimmungsorte ungleich lang ist, erklärt, wieso die Melanophoren der einzelnen Körperzonen zu ver- schiedenen Zeitpunkten auftreten. Da sich die Neuralleiste gerade nach ihrer Bildung direkt unter der dorsalen Epidermis befindet, wäre zu erwarten, dass die ersten Melanocyten in die dorsale Haut und über das Neuralrohr zu liegen kommen. Doch finden sich diese in Wirklichkeit unterhalb der Wirbel und Spinalganglien im Bindegewebe des Peritoneums. Es ist daher anzunehmen, dass ein Grossteil der späteren Pigmentzellen beim Herabwandern der Hauptportion der Neuralleiste — die wesentlich an der Bildung der Spinalganglien, aber auch der Wirbel, beteiligt ist — entlang dem Neuralrohr (vgl. DETWILER 1937, Ris 1941) mitgenommen wird. Erst weiter ventral, in Nähe der Spinalganglien, werden dann die Melanoblasten ausschwärmen. Von diesem, von uns hypothetisch gefordertem Ausbreitungszen- trum aus ist der Weg bis ins Bindegewebe unter der Wirbelsäule am kürzesten, womit das erste Auftreten der Melanophoren an dieser Stelle verständlich erscheint. Speziell bei Leimadophis bleibt das Gebiet unter den Spinalganglien auch später besonders dicht pigmentiert; ebenfalls ist bei Natrix hier teilweise eine stärkere Pigmentierung angedeutet. Auch DETWILER, Borcea (1909, an Knochenfischen) und Reams (1956, an Vögeln) glauben an ein Wandern der Melanoblasten zwischen Neuralrohr und Somiten. Das erste tegumentale Rumpfpigment von Lacerta muralis wird im Gebiet des Lateralstreifens erscheinen, und bei Ophidiern werden die lateralen B-Flecke zuerst stärker hervortreten. Beide Muster- zonen liegen an der unteren Grenze der grossen dorsalen Muskel- bündel. Wiederum ist der Wanderweg vom Spinalganglion durchs Bindegewebe unter der Muskulatur besonders günstig und kurz. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 741 Die Affinität der Melanophoren zu bevorzugten Gewebesorten. Nach dem Auftreten des allerersten Pigmentes breiten sich weitere Melanoblasten vor allem im lockeren Bindegewebe gegen ventral aus. Hingegen sind in der später so auffällig pigmentierten dorsalen Muskulatur Melanophoren noch sehr viel seltener. Sicher kommen im Bindegewebe die Melanophoren rascher voran und wird dieses vor allem zur Wanderung nach aussen benutzt, was schon PROWAZEK (1900) bei Fischen annahm. Auch in der Musku- latur finden sich Schwarzzellen zuerst im oberflächlichen Perimy- sium externum ein und erscheinen erst späterin den Sarcolemmen der einzelnen Fasern innerhalb der Bündel. Die Wanderung erfolgt also gleichfalls im Bindegewebe, wobei die breiteren Perimysien für das Vorwärtskommen besonders günstig sind. Im Bindegewebe wird im einzelnen entlang den Fibrocyten- netzen und faserigen Elementen gewandert, was Wenpr (1958) schön an Gewebekulturen vom Huhn zeigen konnte. Gewebe ohne Fibrocytennetze, wie Knorpel, Sehnen, Augensklera, etc., bleiben unpigmentiert (LUBNow 1957). Doch erscheint uns hier der Haupt- grund für das Nichteindringen der Melanoblasten im kompakten Bau dieser Gewebe zu liegen. Relativ günstig für das Vordringen erweisen sich auch die Blut- gefässe (vgl. ZENNECK 1894 u. a.). Dagegen konnte die von VAN RyNBERK (1906) und ViLtER (1941) geforderte Abhängigkeit zum Nervensystem, ausser bei den bereits geschilderten Beziehungen zur Spinalganglienregion, histologisch nicht gesichert werden. Uebrigens gibt z. B. auch Vitter keine histologisch fundierten Beweise seiner Theorie. Die Beeinflussung der Melanophoren durch das umgebende Gewebe. Manche Tatsachen weisen auf eine Beeinflussung der Pigment- ausbreitung hin. So erscheint bei den untersuchten Schlangen das extrategumentale Pigment früh (ab dem 10. Tag) und vor dem tegumentalen, dagegen kommt es bei Lacerta muralis erst nach dem 18. Bruttag, wenn die Musterung bereits prinzipiell angelegt ist, zu einem allgemeinen Auftreten extrategumentaler Melanophoren. Die Intensität und Ausdehnung der extrategumentalen Pigmen- tierung variert bei den verschiedenen Reptilienformen, wenn sie auch bei Schlangen und speziell bei Eidechsen, deren sämtliche Mesen- 742 P. FIORONI terien oft tiefschwarz sind (vgl. MERTENS 1915), meist stark ausge- prägt ist. Eine Uebersicht zeigt die Verhältnisse bei Schlangen: Starke extrategumentale Pigmentierung: Natrix natrix, tessellata, maura, Elaphe longissima, Coronella aus- triaca, Leimadophis poecilogyrus, Telescopus fallax, Vipera aspis, berus, ammodytes (helle Form), Crotalus terrificus. Schwache extrategumentale Pigmentierung: Natrix maura (spanische Varietàt), Vipera ammodytes (dunkelgraue Form). Fehlende extrategumentale Pigmentierung: Python molurus, sebae, Boa constrictor. Im Gegensatz zu den Reptilien ist dagegen bei Säugern und Vögeln — wenn man vom äusserlich weissen, extrategumental aber maximal stark pigmentierten japanischen Seidenhuhn (White- Silkie) absieht (vgl. Lupnow) — extrategumentales Pigment selten. Dieses Faktum wird von WEIDENREICH (1912) als evolutiver Pro- zess im Sinne einer Pigmentverlagerung vom Körperinnern in die äussersten Körperschichten gedeutet. All diese Tatsachen lassen darauf schliessen, dass das Gewebe bestimmt, ob überhaupt pigmentiert wird, was auch durch ent- wicklungsphysiologische Versuche bestätigt worden ist (z. B. DU SHANE 1943, an Amphibien; WILLIER-Rawres 1940, an Vögeln). Ueber die genaue Wirkweise dieser Pigmentierungsstoffe ist nur wenig bekannt. So kann die Pigmenthemmung zeitlich begrenzt sein, wie es Befunde an Amphibien (Twırry 1956) und der späte Melanisierungsbeginn der extrategumentalen Sauriermelanophoren bezeugen. Auch lässt sich das bei gewissen Hühnerrassen (Plymouth- Rock, schwarzes Chabeau-Huhn [Lupnow 1957]) nach dem Schlüpfen beobachtete Verschwinden der schwachen extrategu- mentalen Melanisierung durch einen Abbau der Pigmentierungs- stoffe erklären. Es darf angenommen werden, dass diese Stoffe direkt vom umgebenden Gewebe gebildet werden, doch ziehen Twitty (1942) und Twırty-BopenstEin (1939) auch aus der Neuralleiste diffundierende Substanzen in Betracht. Schliesslich bleibt unklar, ob hemmende und aktivierende Einflüsse im Spiele sind oder ob die divergierenden Pigmentierungsintensitäten auf verschiedene Konzentrationen eines einzigen Stoffes zurückgeführt werden müssen. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 743 Die Verbreitung ungefärbter Melanoblasten. Ausgehend von der Idee eines Pigmentierungsstoffes muss auf eine primäre Verbreitung der ungefärbten Melanoblasten geschlos- sen werden, wobei deren Melanisierung, je nach Vorhandensein des Aktivators, ganz oder teilweise unterbleiben kann. So breiten sich bei Eidechsen die im Vergleich mit den Schlangen erst spät mela- nisierenden inneren Melanocyten sicher ebenfalls vor den tegumen- talen Melanophoren aus, werden aber erst spät zur Melanisierung aktiviert. In einigen besonders günstigen Fällen — die Identifi- zierung ungefärbter Melanoblasten ist oft unmöglich (p. 757) — ist es gelungen, ungefärbte Melanoblasten nachzuweisen (NICKERSON 1944, Horrmann 1953, WAGENER 1959, u.a.); auch konnte DU SHANE das Vorkommen ungefärbter Schwarzzellen experimentell bestätigen. 2. EmBRYONEN vom 13.—17. BRUTTAG: ERSTES TEGUMENTALES PIGMENT a) Hautbau. Im Zusammenhang mit dem Flächenwachstum kommen weiter hin häufig Kernteilungen vor. Doch verharrt die Epidermis bei vielen Stadien auf ihrem bisherigen Bau. Erst nach dem 16. Bruttag tritt allgemein die Zweischichtigkeit auf, womit das später sehr umfangreiche Stratum corneum angelegt ist. Die darüber liegende Peridermschicht ist immer noch gut sichtbar. Obwohl keine neuen Zellagen angelegt werden, hat sich die Epidermis verdickt, und es heben sich infolge des Höherwerdens der Basalzellen deren Kerne von der relativ dicken und jetzt gut sichtbaren Basallamelle ab. Diese bildet gegen das Korium hin meist kleine Vorwölbungen. Da dagegen die im lateralen Schuppenteil gelegenen Basalzellen mit ihren runden Kernen noch niedrig bleiben, wird die später gekielte Schuppenform schon durch die Struktur der Epidermis vorbereitet. b) Schuppen und Hautblutgefässe. Die Crista der Dorsalschuppen, die nach dem 14. Bruttag auch äusserlich in Erscheinung tritt, wird aber vor allem durch eine mit dicht gelagerten Kernen versehene Aufwölbung des Koriums ge- bildet. Die Erhebung ist bereits so stark, dass die Richtung der Rev. SUISSE DE Zoot., T. 68, 1961. 53 744 P. FIORONI nahe gelegenen epidermalen Melanophorenauslàufer davon beein- flusst wird. Auch die Differenzierung der Kiele erfolgt in einem cranio-caudalen Entwicklungsgefälle; die cephalen Schuppen sind als erste gekielt. Nach dem 15. Bruttag nehmen die bisher sechseckigen platten- förmigen Schuppenanlagen sukzessive ihre spätere, dorsal längs- ovale, gegen ventral sich verkürzende Form an. Die abgegrenzten und stark profilierten Bauchschilder, die sich, wie die Dorsal- schuppen, noch nicht überdecken, sind in Verwachsung und nach dem 16. Tag in der Mediane verwachsen. Doch kann dieser Prozess verzögert werden; wir fanden z. B. 17-tägige, bereits gemusterte Embryonen, deren Bauchschilder noch nicht völlig geschlossen waren. Auch auf dem Schwanz erscheinen mit Ausnahme seines letzten Viertels ventral und dorsal Schuppen. Zudem treten um den 17. Tag in der Schnauzenregion die ersten, flachen Anlagen der Kopfschilder auf (Nasalia, Internasalia, Praefrontalia und Supra- ocularia (Abb. 34 b)), die durch breite Zwischenschuppenfurchen voneinander getrennt sind. Die Kiefer und der im Zusammenhang mit der Gehirndifferenzierung stark vorstehende Hinterkopf sind noch völlig schuppenlos. Die Hautblutgefässe bleiben gut sichtbar; doch werden sie nach dem 17. Tag, wo die Haut langsam undurchsichtig wird, zunehmend schlechter erkennbar. c) Die extrategumentalen Melanophoren. Ihre Zahl und Ausdehnung hat sich weiterhin vergrössert. Be- sonders fallen sie in der Muskulatur, speziell an der Peripherie der Bündel auf. Schon bei 17-tägigen Embryonen kommt häufig im dorsalen Perimysium externum eine zusammenhängende Melano- phorenschicht vor. Auch in der Subcutis finden sich jetzt Pigment- zellen. Da die Muskelmelanophoren nach den Melanocyten des ventralen Bindegewebes erscheinen, ist ihre noch schwächere Melanisierung verständlich. So besitzen die ventraleren Schwarz- zellen dunklere, tiefbraune Granula und erscheint ihre Kernregion oft braun; dagegen zeigen die dorsalen Melanophoren auf mit Hämalaun angefärbten Schnitten meist noch rötlich angefarbte Kerne, die sich übrigens nicht von den gewöhnlichen Bindegewebs- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 745 kernen unterscheiden lassen. Allerdings werden auf Schnitten die meist in ihrer Fläche angeschnittenen ventralen Melanocyten oft unbewusst dunkler taxiert als die quergeschnittenen Muskel- melanophoren. Selbstverständlich sind die extrategumentalen Melanophoren viel dunkler als die sich erst differenzierenden Hautmelanophoren. Daher wird bei manchen jüngeren Embryonen (um den 16. Tag) die Pigmentierung der dorsalen Muskulatur äusserlich in Form von dominierenden Längsstreifen sichtbar — besonders krass bei Lei- exleg Mel Fo + Cu N = ABB. 7. Leimadophis poecilogyrus-Embryo vom 24. Bruttag: schematische Darstellung der temporären Musterwirkung der extrategumentalen Melanocyten. madophis poecilogyrus (Abb. 7) — wodurch dem nicht orientierten Beobachter eine tegumentale Streifenmusterung vorgetäuscht werden könnte. d) Die frühe tegumentale Pigmentierung. 1. Die Kopfmusterung. Wie bei Sauriern erscheinen die ersten tegumentalen Melano- phoren auf dem Hinterkopf (13. Bruttag), was ebenfalls durch Befunde an Natrix tessellata bestätigt wird. Doch treten bei Schlan- gen fast gleichzeitig auch auf dem Vorderrumpf Melanophoren auf, 746 P. FIORONI was bei Eidechsen erst ein bis zwei Tage nach dem Erscheinen der Kopfmelanocyten geschieht. Zuerst besteht die Kopfmusterung nur aus einem schmalen Streifen hinter dem Auge (Abb. 34 a), der mit dem späteren Post- ocularstreifen übereinstimmt. Eine genauere Analyse zeigt, dass der äusserlich einheitlich wirkende Streifen vor allem aus extrategu- mentalen Melanophoren besteht, die sich speziell bei der Vena capitis lateralis konzentriert haben. Darüber finden sich erst wenige, noch sehr helle epidermale Melanophoren mit wenig Ausläufern. Gelegentlich kommt es vor, dass die Pigmentierung auf einer Kopf- seite etwas stärker ist. Nach dem 15. Tag (Abb. 346) breiten sich die tegumentalen Melanophoren über den ganzen lateralen Hinterkopf aus und be- setzen etwa das Gebiet der späteren Temporalia und der ventralen Hälfte der Parietalschilder. Die Mustergenese auf dem schuppen- losen Hinterkopf zeigt deutlich die Unabhängigkeit zwischen Haut- und Pigmententwicklung. Die Zone des hellen oder gelben Halb- mondes, in der später nur am Rand einige Melanophoren vorkom- men, wird von Anfang an von der Melanisierung freigelassen. Gleiches gilt für die später hellen Teile der Praeocularia und Supralabialia. Um den 16. Tag tritt auch auf dem Nasenrücken und über den Augen, also im Gebiet der bereits vorhandenen Schuppen, ziemlich dunkles Pigment auf. Der ganze Oberkopf, Ober- und Unterkiefer, sowie die Praeocularzone bleiben dagegen noch völlig pigmentfrei. Während bei allen untersuchten Sauriern die Ausdifferenzierung des Kopfmusters streng in einem Gefälle von dorsal nach ventral verläuft und der Postocularstreif also relativ spät erscheint, sind die Pigmentierungsgefälle des Schlangenkopfes komplizierter. Die Postocularzone bildet ein erstes Ausbreitungszentrum, von wo die Melanophoren in dorsaler Richtung vorstossen. Von einem zweiten, nasalen Zentrum aus erfolgt die Ausbreitung sowohl in dorsaler (über die Augenregion gegen die Oberseite des Hinterkopfes) als auch in ventraler Richtung (gegen die Supralabialschilder). Die Beeinflussung durch besondere Entwicklungsvorgänge, die auf dem Kopf stärker als auf dem Rumpf ist, gehört mit zur Eigenwertig- keit des Kopfmusters, die sich auch darin zeigt, dass ihr Entwick- lungszustand im Vergleich mit der Rumpfmusterung, deren Ele- mente ausnahmslos in einer typischen Sukzession erscheinen, PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 747 varieren kann. Dies demonstrieren Befunde an verschieden alten Embryonen schòn: | | Alter Kopfmuster Rumpfmuster | 3. Tag | f postocular wenige tegumen- einzelne Melanophoren 14. Tag \ tale Melanophoren einzelne Melanophoren 15. Tag | postoculare Melanophoren uniforme Pigmentierung | | häufiger | 16. Tag | ftegumentale Melanophoren 1 deutliche Fleckenreihe eevee Tar | postocular und nasal uniforme Pigmentierung 18. Tag 2 deutliche Fleckenreihen 2. Die Rumpfmusterung. Im Verlauf des 13. Tages erscheinen vereinzelte, unregelmässig verteilte epi- dermale Rumpfmelanophoren, welche die distalen Schuppenenden bevorzugen. Erst vom 15. Tag an stellt sich eine eindeutige, uniforme Rumpfmusterung ein. Im einzelnen varieren die Zeiten um ein bis zwei Tage; wir geben Mittelwerte. Fast sofort wird der uniforme Zustand durch das Auftreten der Fleckenreihen abgelöst. Als erste zeigen sich etwa am 16. Tag die lateralen B-Flecke (was schon RATHKE 1839 erwähnt), zu denen sich bald, oft fast gleichzeitig, die dor- salen A-Flecke gesellen (Abb. 8). Da- gegen treten die kleinen ventralen C- Flecke erst später (nach dem 18. Tag) auf. a 3. Die Pigmentierungsgefälle. Da die Gefälle im jetzigen Stadium ABB. 8. Dia 21 . =: Natrix natrix : Schema der weltaus am auffalligsten sind, miissen Müsterentwicklung val sie an dieser Stelle genauer diskutiert Text). werden; doch wird esnötig, vorausschau- end auch ihr weiteres Schicksal kurz zu skizzieren. Das cephal-caudale Gefälle ist bei Schlangen weitaus auffälliger als bei Sauriern. 748 P. FIORONI Die allerersten tegumentalen Melanophoren treten am 13. Tag auf dem vordersten Rumpfdrittel auf. Der weitaus längere hintere Rumpfabschnitt und der Schwanz sind noch völlig pigmentfrei. Auch beim Erscheinen der Flecke bleibt das Gefälle erhalten; während etwa am 17. Tag auf dem Vorderrumpf sich die beiden ersten Fleckenreihen bilden, ist der Hinterrumpf, wo die Flecke erst ab dem 19. Tag sichtbar werden, noch uniform pigmentiert. Unterdessen sind auch auf dem Schwanz die ersten Melanophoren zu sehen, doch variert deren Erscheinungszeit aussergewöhnlich stark (17.-20. Tag: epidermale Melanocyten; ab 20. Tag: Cutis- melanophoren). Bis um den 22. Tag bleibt der Hinterrumpf deutlich heller, was speziell die Flecke betrifft, während die Grundfarbe bald auf dem ganzen Rumpf uniform wird. Die noch wenig differenzierten caudaleren Melanophoren besitzen eine kleinere zentrale Plasma- masse und kommen oft nur im distalen Schuppenteil vor. Zudem nimmt die Dichte der Cutismelanophoren gegen caudal ab. Später, zwischen dem 22. und 24. Tag, zeigt sich das Pigmen- tierungsgefälle nur noch im Schwanz, der sich abrupt hinter der Kloakalregion vom jetzt gleichmässig pigmentierten Rumpf abhebt und — im Gegensatz zum Rumpf — auch noch deutliche Hautblutge- fisse aufweist. Schwanzflecken sind erstvom 23. Tagan vorhanden ; sie bleiben aber bis nach dem 26. Tag heller als die Rumpfllecken. Die Ausbreitung der Guanophoren, die um den 21. Tag zuerst am Kopf auftreten, erfolgt im gleichen Gefälle. Am 24. Tag, wo sich die ersten Schwanzguanophoren einstellen, sind diese auf dem Hinterrumpf drei- bis viermal lockerer als vorne, und noch am 27. Tag ist der Hinterrumpf etwas schwächer guanisiert. Ebenfalls setzt die Pigmentierung der späteren Häutungshaut zuerst cephal ein. Erst zwischen dem 28. und 30. Tag ist das Pigmentierungs- gefälle völlig aufgehoben, womit der Embryo schlüpfreif erscheint. Während in der Ontogenese das cephal-caudale Gefälle eine dominierende Rolle spielt, scheint in der Phylogenese, speziell bei der Abwandlung von Musterelementen nahe verwandter Arten, die Umwandlung sowohl in cranialer (Ermer 1881, Cope 1893, ZENNECK 1898, von Lınpen 1900) als auch in caudaler Richtung (WERNER 1892 ff, ZENNEck 1898) vor sich zu gehen. Das dorsoventrale Gefälle kommt in reiner Ausbildung nur dem Rumpf zu, da die Pigmentausbreitung auf dem Kopf durch dessen spezielle Entwicklungsvorgänge bestimmt wird. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 749 Die ersten Melanophoren erscheinen auf dem dorsalen Vorder- rumpf, stossen nach dem 14. Tag in ventraler Richtung bis auf die Höhe der Vena epigastrica vor (Abb. 8 a) und erreichen am 16. Tag die ventralste Reihe der Dorsalschuppen (Abb. 86), wo sie etwas lockerer angeordnet bleiben und auch weniger Ausläufer aufbauen. Am 17. Bruttag schliesslich wird der dorsale Rand der Ventral- schilder pigmentiert, während der mediane Schienenteil bis zum 24. Tag, dem Zeitpunkt des Erscheinens der eigentlichen (cutalen) Bauchzeichnung, pigmentfrei bleibt. Allerdings variert das Auf- treten der Melanophoren in den ventraleren Zonen beträchtlich; so waren die Bauchschilder und die erste Dorsalschuppenreihe eines 19-tägigen Embryos noch völlig pigmentfrei. Da die dorsalen Melano- phoren älter sind, sind sie vorerst weiter melanisiert als die ventralen. Durch die zuerst auftretenden Melanophoren wird, wie bereits geschildert, der Rumpf uniform pigmentiert. Auf dieser Grundfarbe erscheinen zuerst die lateralen B-, dann die dorsalen A- und zuletzt die ventralen C-Flecke. Das Gefälle ist wie bei der Sauriermuster- genese etwas abgeändert und differiert vom Erscheinungsmodus der Grundfarbe (vgl. p. 751). Auch die Cutismelanophoren treten, entsprechend dem Gefälle, auf der Ventralseite verspätet auf (ca. um den 21. Tag). Während in cephal-caudaler Richtung Melanophoren- und Guanophoren- ausbreitung parallel verlaufen, treten die Guanophoren im Gegen- satz zu den Melanocyten von ventral nach dorsal auf. Nach den Bauchschildern wird bald die erste Reihe der Dorsalschilder guani- siert (22. Tag), während auf den eigentlichen Dorsalschuppen erst um den 24. Tag Guanophoren erscheinen. Da die fertige Musterung gegen ventral heller wird, bleibt das dorso-ventrale Melanisierungsgefälle im Gegensatz zum cephal- caudalen dauernd erhalten und äussert sich in der geringeren Melanophorenzahl der Bauchschilder und der zwei untersten Reihen der Dorsalschuppen. Daher bleibt auch der ventralere Teil des Natternhemdes schwächer pigmentiert. Zu den Ursachen der Gefälle. Da bei allen Wirbeltieren Pigmentgefälle vorkommen, scheinen auch gleiche Ursachen zugrunde zu liegen. So ist immer der Weg der Melanoblasten von der Neuralleiste zu den ventralen Muster- teilen am weitesten; doch können infolge besonders günstiger 750 P. FIORONI Wanderwege Melanophoren auch frühzeitig ventral erscheinen (vgl. extrategumentale Mel., p. 737). ABB. 9. Die äusserlich sichtbaren Pigmentierungsgefälle von Mauereidechse a) und Ringelnatter b) (vgl. Text). K: Gefälle der Kopfpigmentierung, M,: Mela- nisierungsgefälle der dunklen Ringelnattergrundfarbe, M,: Melanisierungs- gefalle der dunklen Musterteile, G: Guanisierungsgefälle. Das cephal-caudale Pigmentierungsgefalle basiert auf der gleich- sinnig verlaufenden Differenzierung der Neuralleiste (KoECKE 1959). Da diese im Rumpf weitaus mehr Pigmentzellen als in Kopf und Schwanz bildet (Niu 1947, Twirry 1949, Fox 1949, KoEcKE 1959, 1960), das ganze Tier später aber gleichwertig pigmentiert ist, müssen in die äusseren Körperpole zusätzliche Rumpfmelano- blasten einwandern. Dies bezeugen die caudalen Ophidierflecke auf Hinterrumpf und Schwanz, die infolge des retardierten Auswan- derns der Melanoblasten aus der Hinterrumpfneuralleiste etwas später als die cephaler gelegenen Flecke angelegt werden. Auch erlangen sie ihre volle Auspigmentierung erst später durch das nachträgliche Neuzuwandern von Melanoblasten aus dem vorderen Rumpf. Die schwächere Pigmentierungsleistung der Kopfneuralleiste hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass diese stark an der Knorpelbildung beteiligt ist, wodurch die Melanoblastenbildung vermindert wird (Raven 1932 ff, KorckE 1960). Immerhin liesse PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 754 sich denken, dass das Melanophorendefizit der Körperenden auch durch zusätzliche Bildung von Melanoblasten aus Medullarplatten- material der betreffenden Regionen (vgl. pu SHANE 1944, Nru 1947, Twitty 1949) verbessert würde. Auch bei Vögeln konnten Pigmentausbreitungszentren in Scheitel- und Sacralregion aufgezeigt werden (Horrmann 1953, Lusncw 1957). Neben der Rolle der Neuralleistengliederung sind auch die Körpergewebe von grossem Einfluss (WiLLier 1953, Korcker 1959). So pigmentierte bei Molchen, welchen Twirry-BopENSTEIN (1944) die Neuralleiste um 180 Grad gedreht hatten, dennoch der Vorder- pol zuerst. Auch bei Squamaten, besonders den Schlangen, zeigt sich, dass die Differenzierungsgefälle von Haut und Schuppen synchron mit den Pigmentierungsgefällen verlaufen. Schliesslich wird die Ausbreitung der verschiedenen Chromato- phorensorten von bereits vorhandenen Pigmentzellen beeinflusst, was anhand der Guanisierungsgefälle schön gezeigt werden kann. Die Guanisierungsgefälle. Während alle Squamaten übereinstimmende Melanisierungs- gefälle aufweisen, zeigen sich in der Richtung des Auftretens der Guanophoren Verschiedenheiten (Saurier: von dorsal gegen ven- tral; Natricinen: von ventral nach dorsal; Abb. 9). Doch kann dieser Widerspruch geklärt werden. Es ist schon lange bekannt, dass die Verteilung der Melano- phoren und Guanophoren in einem umgekehrt proportionalen Ver- hältnis erfolgt (vgl. Vırrer’s densitometrische Kurven [1941]), wodurch ein von MurisiER (1921) treffend charakterisierter Zustand des „balancement guano-melanique“ entsteht. TorniER (1897) spricht zu krass sogar von einem Konkurrenzkampf der einzelnen Chromatophorensorten. Schnittpräparate durch die verschiedenen Musterzonen mancher Ophidierarten bestätigen, dass die Verteilung von Melano- und Guanophoren wechselseitig voneinander abhängt. So finden sich auf den dunklen Musterstellen meist auch einige Iridocyten, und die Guaninzonen der hellen Grundfarbe sind oft von Melanophoren unterlagert. Bei sehr starken Musterkontrasten kommen reine Melanin- und Guaninzonen vor, wie nachstehende Uebersicht demonstriert: 752 P. FIORONI Art reine Melaninstellen Natrix maura (spa- nische Var.) Coronella austriaca Telescopus fallax Vipera aspıs Vipera ammodytes Crotalus terrificus Rand der dorsalen Flecke dunkler Rand der dorsalen Flecke dunkle Flecken, dor- sal und ventral dunkle Flecken, dor- sal und ventral dorsale Flecken dunkle dorsale Flecken reine Guaninstellen helle Flecke auf dem late- ralen BS-Rand einzelne Stellen der hellen lateralen BS-Zone i viele Stellen der hellen BS- Flecke viele Stellen der hellen late- ralen BS-Flecke, helle Stellen des Schwanzes manche Stellen der hellen BS-Flecke helle Umrandung der dorsa- len Flecke (Grenzflächen- | steigerung), helle Zonen | der BS dunkle Flecken dor- | gewisse Teile der dorsalen | sal und ventral | Grundfarbe, helle Grund- farbe der BS Python sebae Die Tatsache, dass am gleichen Ort nicht grössere Mengen von Melanophoren und Guanophoren nebeneinander vorkommen, lässt auf Hemmstoffe schliessen, wobei es unklar bleibt, ob deren Wir- kung durch die betreffenden Hautstellen oder die Pigmentzellen bedingt wird. Die Mustergenese der Ringelnatter demonstriert diese Hem- mung: Da die Guanophoren ebenfalls aus der Neuralleiste stammen, ist prinzipiell eine melanophorenähnliche Ausbreitung zu erwarten, wenn auch die Wanderungsfähigkeit der Guanophoren etwas ver- mindert scheint. Tatsächlich erfolgt bei Lacerta muralis das Vor- dringen in dorsoventraler Richtung, wobei aber nur die völlig melanophorenfreien weissen Seitenlinien und die Ventralseite erfasst werden. Erst später werden die melanisierten Elemente der Zeichnung ebenfalls guanisiert, was durch das Verschwinden des Guanisierungs-Hemmstoffes — in ähnlicher Art, wie Twırry (1936) es bei der Melanisierung beschreibt — ermöglicht zu werden scheint. Auch auf den melanophorenfreien Stellen der hellen Grundfarbe von Leimadophis poecilogyrus dringen die Guanophoren in dorso- ventraler Richtung vor. Bei der Ringelnatter dagegen finden die potentiellen Guanophoren auf ihrer Wanderung gegen ventral nur bereits von Schwarzzellen besetzte Stellen vor, da ja hier auch die Grundfarbe melanisiert ist. Somit können vorerst nur die breiten, PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 1158 melanophorenfreien Mittelteile der Bauchschilder guanisieren. Erst später werden, analog wie bei Lacerta, auch die melanisierten Zonen berücksichtigt. Prinzipiell stimmt die Guanophoren-Wanderung bei allen Squa- maten überein, was auch durch das zeitlich zusammenfallende Auftreten der Iridocyten auf den Ventralseiten von Eidechse und Schlange bestätigt wird. Infolge der zeitweiligen Guanisierungs- hemmung auf dem Natrix-Rücken verläuft hier das Auftreten der Guanophoren umgekehrt, da diese entgegen dem Melanisierungs- gefälle vorstossen müssen. Nach beendeter Guanisierung scheinen sämtliche hindernden Faktoren aufgehoben, da sich die weiteren Farbzellen bei Lacerta muralis vom Kopf aus ungehindert über dunkle und helle Muster- elemente nach ventral und caudal ausbreiten können. Differierende Melanisierungsgefälle. Bei Ringel- und Würfelnatter fallen zwei verschieden verlau- fende Melanisierungsgefälle auf (vgl. Abb. 9). Die erste, die spätere Grundfarbe bildende, uniforme Pigmentierung breitet sich von dorsal nach ventral aus. Hingegen erscheinen kurz darauf, genau wie bei der Mauereidechsenzeichnung, die ersten Flecke lateral und erst nachher dorsal und ventral. Interessanterweise erfolgt die Aus- breitung der ersten uniformen Musterung von Lacerta viridis eben- falls wie bei der Natricinen-Grundfarbe von dorsal nach ventral. Wahrscheinlich haben die Melanophoren der frühen Ringel- natter-Pigmentierungsphase einen anderen Wanderweg einge- schlagen, indem sie direkt von der Neuralleiste her in die dorsale Cutis eingedrungen sind und ihr entlang sukzessive nach ventral vorstossen (wie HoLmpAHL (1928) es bei Vögeln geschildert hat). Der Grossteil der Melanocyten dagegen, der in einem zweiten Pig- mentierungsschub die Fleckung anlegen wird, ist mit der Haupt- masse der Neuralleistenzellen und der extrategumentalen Melano- blasten nach ventral gelangt und hat von hier aus den bereits zitierten Weg unterhalb der dorsalen Muskulatur eingeschlagen. Ein Vergleich zeigt, dass sich die Phase der Fleckendifferenzierung bei den Nattern und die Musterdifferenzierung der Mauereidechse zeitlich decken. Bei Lacerta muralis, wo die Grundfarbe unmela- nisiert bleibt, fehlt die bei Natrix vorhandene erste Phase der Anlage der Grundfarbe. 754 P. FIORONI Das Fehlen einer hellen, melanophorenfreien Grundfarbe bei der Ringelnatter hat WERNER (1890) zu einer etwas voreiligen Deutung veranlasst. Er will in der heutigen Grundfarbe die ursprüngliche Zeichnung, in den Fleckenreihen sekundäre Bildungen sehen. Die Reste der primären Grundfarbe wären im hellen Halbmond und den allerdings nur bei bestimmten Varietäten auftretenden dorsalen Rumpf-Langslinien — die freilich eher sekundäre, grellfarbige Streifenbildungen sind — erhalten. Die Tatsache, dass bei den ver- schiedensten Vertebratengruppen neben uniformen Frühmustern (Lacerta viridis, gewisse Fische (Vasnecov 1934), Vögel (WATTER- son 1942)) auch von Anfang an in Grundfarbe und Flecke diffe- renzierte Anlagen auftreten (Lacerta muralis, agilis, Leimadophis poecilogyrus, gewisse Fische (BoLk 1910) und Molchlarven (Von Linpen 1900)) scheint eher auf ein paralleles Vorkommen von Formen mit uniformer und gemusterter Frühphase hinzudeuten und lässt WERNER's Ansicht von der Ursprünglichkeit der Flecken- musterung problematisch erscheinen (vgl. auch die Diskussion über die Urmusterung, p. 859 ff). Der transitorische Charakter der Pigmentierungsgefälle. Pigmentierungsgefälle sind nur eine vorübergehende, durch die Wanderung der potentiellen Pigmentzellen bedingte Erscheinung. So wird das während der Embryonalperiode dominierende dorsal- ventrale Melanisierungsgefälle bei Formen mit dunkler Unterseite (Natrix natrix, Coronella austriaca, Vipernarten, etc.) später ins Gegenteil verkehrt. Die vor allem im Hinterrumpf auf weite Flächen dunkle Bauchzeichnung von Natrix natrix illustriert zudem die Umkehr des cephal-caudalen Melanisierungsgefälles beim erwach- senen Tier. Adult wird die ganze Haut durch die verschiedenen Farbzellen relativ gleichmässig gefärbt. Autoren, die ventral eine schwächere Pigmentierung sehen, verwechseln Pigmentierung mit Melanisie- rung. „Helle“ Ventralmusterungen sind ja nicht pigmentfrei, sondern werden durch kompakte Guanophorenlagen aufgebaut. Damit verlieren Arbeiten, die eine sogenannte schwächere Bauch- pigmentierung auf eine andere Nervenversorgung (VAN RYNBERK 1906, Murısıer 1921) oder auf schlechtere Ernährungsverhältnisse in der durch das Kriechen zusammengedrückten Ventralhaut(!) PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 755 (TornIiER) zurückführen wollen, ihre Basis. Uns erscheint schon die Leitidee dieser Autoren anfechtbar, da sie die Musterbildung mit pathologischen Prozessen (schlechte Ernährung und Innervierung) verkoppeln. Auch sind Lichtwirkungen, die über die Retina und das sym- pathische Nervensystem (vgl. Vitter 1941) auf die Pigmentver- teilung agieren sollen, in unserem Fall belanglos, da Reptilien- embryonen kaum etwas vom Licht zu spüren bekommen. e) Zur Musterbildungstheorie Zenneck’s. ZENNECK postuliert in seiner viel zitierten Arbeit (1894) eine direkte Beziehung zwischen Anatomie und Musterung, da sich nach seinen Befunden die ersten Musteranlagen als Flecken in Anlehnung an die Kreuzungsstellen der von ihm beschriebenen Längs- und Quergefàsse (p. 735) differenzieren. Diese Adern wären demnach als determinierende Faktoren der Musterung zu bezeichnen. Sicher zeigen die Melanoblasten eine gewisse Affinität zu Blut- gefässen, doch ist diese, wie eine genauere Analyse von Schnitten und Totalpräparaten zeigt, relativ gering. Bindegewebige Struk- turen werden weit mehr bevorzugt. Zudem hat ZENNECK an seinem fixierten Material gar nicht alle Gefässe gesehen. An sich wären die oberflächlichen, maschenförmigen Gefässe (Abb. 3) für das Erscheinen des ersten Pigmentes sicher von grösserem Einfluss als die wesentlich tiefer liegenden Blutadern ZENNECK’s. Daher müssten innerhalb der einzelnen Schuppen die Melanophoren zuerst im Schuppenmittelpunkt (= Kreuzungsstelle der Blutgefässmaschen ; vgl. Abb. Aa) und nicht, wie dies in Wirklichkeit geschieht, an deren distalem Ende auftreten. Auch die von unserem Autor nicht gesehene uniforme Verteilung des ersten Pigmentes, die sich über und neben die ZENNECk’schen Blutgefässe hinaus erstreckt, wider- legt seine Auffassung. Schliesslich befindet sich bei Sauriern über der Vena epigastrica, wo bei Ophidiern die B-Flecke liegen, die melanophorenfreie helle untere Seitenlinie. All diese Tatsachen zeigen, dass keine direkten Zusammenhänge zwischen der Lage der Fleckenreihen und dem Verlauf der Rumpf- längsgefässe bestehen. Selbstverständlich lassen sich kompliziertere Musterformen (z. B. Bitis-Gruppe, Boiden) erst recht nicht so einfach erklären. NI Ul DÌ P. FIORONI f) Die tegumentalen Melanophoren. Epidermale Lage. Die ersten tegumentalen Melanophoren sind bei Reptilien rein epidermal. Auch bei Vögeln treten die Schwarzzellen zuerst in der Epidermis auf (WILLIER-RAwWLEs 1940, WATTERSON 1942, RAWLES 1960). Da die epidermalen Melanophoren auf den Fleckschuppen etwas dichter liegen und sich vorzüglich durch zahlreichere und etwas breitere, stärker melanisierte Ausläufer und eine grössere zentrale Plasmamasse auszeichnen, tritt mit der Bildung der epi- dermalen Pigmentschicht äusserlich die sichtbare Zeichnung auf. Zuerst sind also die epidermalen Melanophoren musterbestim- mend, während die nachher auftretenden Cutismelanophoren das bereits vorgezeichnete Muster nur noch auszumalen brauchen. Erst später sinkt der Anteil der epidermalen Melanocyten und die Zeichnung wird vorwiegend durch die Cutispigmentierung (Schwarz- und weitere Farbzellen) aufgebaut. Die epidermalen Melanophoren wirken als „Pionierzellen“, welche die Mustergrundrisse erstellen, bevor die detaillierte Ausarbeitung einsetzt. Es sei auf die ähnliche Rolle der sogenannten „Pionierfasern“ bei der Entwicklung des Nervensystems hingewiesen. Diese Fasern werden früh an die Körperperipherie vorgetrieben und durch das allgemeine Wachstum der Organe gestreckt. Die späteren Fasern arbeiten sich diesen wegweisenden „Pionierfasern“ entlang nach aussen (vgl. Weiss (zit. in Starck 1955)). Doch können auf dem Hinterkopf und speziell im medianen Teil der Bauchschienen die Cutismelanophoren auch als eigenständige Musterbildner ohne epidermale Vorzeichnung auftreten. Aus Analogie zur extrategumentalen Pigmentierung, die sich von innen nach aussen ausbreitet, wäre zu erwarten, dass auch tegu- mental zuerst die innere, cutale Schicht pigmentiert würde, da der Wanderweg von der Neuralleiste zu ihr kürzer ist. Die Faktoren, welche das erste Auftreten in der Epidermis bedingen, sind noch unbekannt. Sie können sowohl in der Haut als auch in den Melano- phoren selbst liegen. Das primäre Erscheinen in der Epidermis lässt sich aber funktional erklären. Die Melanoblasten können die Grenzlamelle nur durchbrechen, solange diese noch relativ locker ist. So konnte WAGENER (1959) an der Haubenratte zeigen, dass PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 757 zu langsam wandernde Melanoblasten nicht mehr durch die Basal- lamelle dringen können. Auch sind sämtliche erst nach den Melano- phoren erscheinenden Farbzelltypen auf die Cutis beschränkt. Ge- legentlich kommen allerdings Ausnahmen vor (vgl. Leyvıc 1873, Scumipt 1917, BIEDERMANN 1926, KLausewiTz 1954 a); beispiels- weise finden sich bei Vipera ammodytes Guanophoren im Kielgebiet der Dorsalschuppen (Abb. 46). Zur Wanderung. Da die Kerne der undifferenzierten Melanoblasten sich nicht von den Kernen des umgebenden Gewebes unterscheiden lassen (vgl. auch Horrstapius 1950, Lugnow 1957, WAGENER 1959), ist es nicht möglich, histologisch die Wanderung bis zur Neuralleiste zurückzuverfolgen. Uns gelang es trotz genauer Vergleiche mit Kernen früher Melanisierungsstadien nicht einmal, in der Cutis völlig undifferenzierte Melanoblasten einwandfrei nachzuweisen. Die Erkennung der Melanoblastenkerne an zwei Nucleoli (KOECKE 1957 am Entenembryo) oder am vergrösserten Nucleolus (War- TERSON 1942 am Hühnerembryo) erscheint uns problematisch. Auch die von Kosnipa (1960) propagierte Erkennung unpigmentierter Farbzellen mittels der Silbernitratmethode ist bei der geringen Spezifität der argentaffinen Reaktionen für sehr junge Melano- blasten zu unsicher. Bei niederen Vertebraten ist die Erkennung der Frühstadien eventuell einfacher (DANNEEL 1957 an Cyclo- stomen). Das Eindringen der Melanoblasten ın die Epidermis. Dieser von Watterson (1942) am Huhn gezeigte Vorgang ist auch bei Reptilien zu verfolgen. Im Gegensatz zu den länglichen und auffallend grossen Melanoblasten des Huhnes sind diese bei Reptilien klein und die Kerne chromatinreich (vgl. auch Abb. 56 mit frühen Sauriermelanophoren). Die bereits beschriebene Er- höhung der Basalzellen und die Verlagerung der Kerne von der Grenzlamelle weg in peripherer Richtung ermöglicht den klein- kernigen, praktisch plasmafreien Melanoblasten, sich nach Durch- querung der Basallamelle in der kernfreien Zone oberhalb derselben einzunisten (Abb. 10 a). Auffallend ist die in unserem Stadium erstmals in Erscheinung tretende subepidermale, dichte Anordnung 758 P. FIORONI von Bindegewebskernen. Eventuell befinden sich darunter auch Melanoblasten, die von hier aus in die Epidermis vorstossen werden. ABB. 10. Natrix natrix: Melanoblasten und frühe Melanophoren von 14- und 15-tägigen Embryonen (a+d: Schnitte der Ventralhaut, b+c: Schnitte der Dorsal- haut) (vgl. Abb. 6). PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 759 Bei Vögeln wandert nur eine sehr geringe Zahl von Melanoblasten in die Epidermis ein (WATTERSON), wo aus diesen Melanophoren- mutterzellen (KawamurA 1934) durch Teilung weitere Melano- blasten entstehen. Die Mutterzellen bleiben unmelanisiert, da in ausdifferenzierten Stadien Mitosen nicht mehr möglich sind (WENDT 1958). Dagegen teilen sich die sehr viel zahlreicheren Reptilien- melanoblasten nicht mehr, da sie sofort nach dem Eindringen melanisieren. Immerhin kommen gelegentlich in der Cutis bereits leicht melanisierte Zellen vor, die sich noch teilen. Es ist unbekannt, ob bei Vögeln weniger Melanoblasten aus der Neuralleiste auswan- dern als bei Reptilien oder ob die grosse Zahl der Reptilienmelano- blasten ebenfalls auf nachträgliche Teilungen bereits gewanderter Zellen zurückzuführen ist. Während bei Reptilien zur Zeit der Melanoblasteneinwanderung die Epidermis bereits beschuppt ist, fehlen beim Huhn, wo die Wanderung sehr früh einsetzt (80. bis 91. Std.), die erst spät auf- tretenden Federanlagen (9. Bruttag) völlig. Der bei Reptilien und Vögeln völlig verschiedene Aktivitätszustand der Haut zur Zeit der Melanoblastendifferenzierung, durch welchen vielleicht die abwei- chenden Teilungsarten der Melanoblasten erklärt werden können, spricht gegen HAEcKER (1918), der enge Beziehungen zwischen Wachstumszonen der Haut und der Pigmentierung postuliert. Die Melanisierung. Nach dem Festsetzen in der Epidermis treten im Plasmasaum um den Kern der Melanoblasten vereinzelte helle Propigment- granula auf (Abb. 106), welche jedoch bald melanisieren. Die Melanisierung setzt also schon vor der Ausbildung der endgültigen Melanophorenform ein. Etwa bis zum 16. Bruttag ist das erste Melanin unstabil und wird bei der Fixierung häufig ausgewaschen. Schon früh werden auch die ersten Ausläufer vorgetrieben (Abb. 10 c+d, 11), die meist noch sehr schwach pigmentiert sind. Gleich- zeitig vergrössern sich die Melanophorenkerne, sodass diese bald den Basalkernen gleichkommen (z. B. Abb. 10 d, 11, ete.). Vorder- hand dehnen sich die Melanophoren vor allem basal aus und errei- chen höchstens einzelne Ausläufer die höheren Epidermiszonen. Eine ausgedehnte zentrale Plasmazone wird gewöhnlich erst nach der Entstehung verschiedener Ausläufer gebildet (Abb. 10 d). Oefters kommt es vor, dass als abnorme Erscheinung nur eine Rey. Suisse DE Zoot., T. 68, 1961. 54 760 P. FIORONI zentrale Plasmamasse, aber keine Ausläufer gebildet werden. Diese “abnormen“ Melanophoren werden später besprochen (p. 774). Ueberhaupt herrscht bei diesen frühen Melanisierungsstadien eine grosse Freiheit. Es bestehen, wie auch die Abb. 10 ff illustrieren, ABB. 11. Natrix natriz-Embryo vom 18. Bruttag (Schnitt der Dorsal haut): Ausläuferreiche Melanocyten in noch schwacher Me- lanisierung. keine direkten Zusammenhänge zwischen Ausläuferzahl, Zahl der Granula und Melanisierungsbeginn. So werden beispielsweise bei vielen Melanophoren die wenigen Propigmentgranula schon vor der Ausbildung der Ausläufer melanisiert, während andererseits auch ausläuferreiche, aber erst mit wenigen, z. T. unmelanisierten Gra- nula versehene Melanophoren vorkommen. Schon früh wird die Richtung der Ausläufer durch die Schuppenform mitbestimmt. Sie sind auf den längeren Dorsalschuppen stärker polarisiert, während sie sich auf den breiteren, ventraleren Schuppen nach allen Seiten ausbreiten können. Die Beeinflussung durch die Crista wurde schon früher erwähnt (vgl. auch Abb. 13 und 16). Da die Ausgestaltung der Melanophoren in den bekannten Melanisierungsgefällen erfolgt, sind die dorsal-cranialen Melano- phoren am dunkelsten und am weitesten differenziert. Ihre Kern- region erscheint infolge der stärkeren Melanisierung oft schon leicht bräunlich, während die übrigen Melanocytenkerne auf Präparaten meist noch bläulich-rötlich angefärbt sind. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 761 Cutismelanophoren. Bereits am 15. Tag, wo die Rumpfmusterung noch uniform ist, langen ganz vereinzelt die ersten, noch sehr wenig differenzierten Cutismelanophoren an (keine oder wenige Ausläufer, helle Kern- region, wenig Granula). Erst nach dem 16. Tag (Erscheinen der ersten Flecke) kommen sie häufiger vor. Dabei erfolgt die Aus- breitung mit den gleichen Gefällen wie bei den epidermalen Melano- phoren, allerdings eher rascher, da schon am 17. Tag die ersten Cutismelanophoren auf der ventralsten Dorsalschilderreihe er- scheinen. Noch am 17. Tag sind aber die meisten Cutismelanocyten erst im ausläuferlosen Melanoblasten-Umwandlungsstadium oder zeigen höchstens einige wenige Ausläufer. Am Totaltier sind sie noch unsichtbar, sodass die gesamte Musterwirkung von den epidermalen Melanophoren getragen wird. Zur Dauer der Wanderung. Die Tatsache, dass sich in unserem Stadium und auch noch bei älteren Embryonen tegumental und extrategumental nebeneinander Melanophoren von sehr verschiedenem Differenzierungsgrad be- finden, lässt darauf schliessen, dass zu den bereits vorhandenen Melanophoren noch neue zugewandert sind. Die Wanderung erfolgt nicht auf einmal; nach der raschen Haupteinwanderungsphase treffen noch während längerer Zeit „Nachzügler“ ein. Auch bei Vögeln, wo sich ebenfalls ein Höhepunkt der Wanderung feststellen lässt, dauert diese noch eine Zeitlang an (WILLIER-RAWLEs 1940, WATTERSON 1942, KoEcKkE 1957). g) Zur Determination des Hautmusters. 1. Amphibien. Entwicklungsgeschichtliche Versuche zeigen deutlich, dass die Zeichnung als ein Produkt von Einflüssen der Farbzellen selbst und der Haut zu bewerten ist (vgl. etwa pu SHANE 1943). Das Muster wird prinzipiell von den Melanophoren angelegt. Dagegen bestimmt die Haut, ob überhaupt pigmentiert wird und wie gross im einzelnen die Zahl der zur Melanisierung gelangenden Melanoblasten ist (DE Lanney 1941, Twitty 1945). Dabei ist der Melanisierungs- stimulus der Haut zeitlich begrenzt (Twırry 1936). Doch können zusätzliche Faktoren, wie z. B. Hormone, das Muster beeinflussen 762 P. FIORONI und bei der Metamorphose sogar völlig umbilden (Twırry-BoDEn- STEIN 1939, STEARNER 1946). 2. Vögel. Auch bei Vögeln sind die Melanophoren von grossem Einfluss, was unter anderem das Erscheinen der spendergemässen Musterung bei Neuralleisten-Transplantationen beweist (WILLIER-RAWLES 1940, Rawres 1948, 1960). Dagegen hat hier die Haut im Zusam- menhang mit der äusserst komplizierten Federentwicklung, auf welche die Pigmentgenese abgestimmt sein muss, grossen Einfluss auf die Pigmentierung genommen. So scheinen z. B. bei gestreiften Federn neben Wirkungen der Melanophoren selbst (NICKERSON 1944) vor allem die Wachstumsgeschwindigkeit und die Aktivität des Follikels beteiligt zu sein (WILLIER-RAWLES 1940, WILLIER 1941, Watterson 1942 u. a.). Auch konnten in manchen Arbeiten hemmende Wirkungen des umgebenden Gewebes auf die Melano- phoren demonstriert werden (vgl. WILLIER-RAwWLEs 1940, Humm 1942, u. a.). Besonders komplex ist der Einfluss der Sexualhormone, die einerseits verschieden auf die Melanophoren einwirken (WIL- LIER-RAWLES 1940, WiLLieR 1941, WATTERSON 1942, u.a.) — welche freilich in gewissen Fällen auch direkt genabhängig sein können (Benoit 1950) — andererseits aber auch massgebend die Wachstumsrythmen der Feder beeinflussen, so dass es zu kompli- zierten Wechselwirkungen kommt (BIEDERMANN 1928, WILLIER 1950, Benorr 1950, u. a.). 3. Reptilien. Die Reptilien nehmen eine Zwischenstellung zwischen Amphi- bien und Vögeln ein; neben der Hauptdetermination durch die Melanophoren hat auch die Schuppenstruktur gewissen Einfluss auf die Musterung. Einflüsse der Melanophoren. Die Hauptverantwortung für die Zeichnung tragen die Melano- phoren, die, wie schon gezeigt, auch massgebend die Verteilung der Guanophoren beeinflussen. Die auf die Pigmentverteilung ein- wirkenden genetischen Faktoren erfassen die Gesamtheit der Haut. Dagegen ist das Muster weitgehend unabhängig von den Schuppen, was sich schön bei Missgeburten mit fehlenden Schuppen zeigt; PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 763 diese Tiere besitzen trotzdem eine normale Pigmentierung. Auch tritt am Hinterkopf die Musterung vor der Ausbildung von Schu p- pen auf. ABB. 12. Vipera ammodytes-Adulttier: Dorsalschuppen aus verschiedenen Musterzonen. a) Dunkle Flecken: im Schuppeninnern meist kleine Guanophoreninseln (Gi); am Fleckrand auch uniform schwarze Schuppen. b) Übergang zwischen Zeichnung und Grundfarbe: links 2 Schuppen des Fleckenrandes mit heller Grenzflächensteigerung, rechts 5 Schuppen zwischen Fleckenrand und Grundfarbe, ebenfalls mit Grenzflächenstei- gerung. c) Hellere, mediane Grundfarbe. d) Übergang zur lateralen Grundfarbe. e) Dunklere, laterale Grundfarbe. Eine genauere Analyse der Dorsalzeichnung verschiedener Schlangenarten zeigt, dass nur in wenigen Fällen Muster- und Schuppengrenze zusammenfallen. Damit wird Grosser, der schon 1906 für die Autonomie von Zeichnung, Schuppen und innerer Metamerie eintrat, bestätigt. Fleckgrenze verläuft entlang der Schuppengrenze: Python molurus, sebae. Fleckgrenze verläuft z. T. entlang der Schuppengrenze: Gongylophis conicus, Boa constrictor, imperator ; Coluber quatuor- lineatus, scalaris ; Vipera ammodytes, Cerastes cerastes, Bitis arietans (dunkle Flecke !); Crotalus adamanteus, terrificus. Fleck- und Schuppengrenze völlig unabhängig: Natrix natrix, tessellata, maura, Elaphe longissima, Coronella aus- triaca, Leimadophis poecilogyrus, Telescopus fallax; Vipera aspıs, berus, xanthina palaestinae, lebetina mauretanica, russelli, Bitis arie- tans (helle Flecke !), nasicornis, gabonica ; Agkistrodon mokeson, Lachesis muta. 764 P. FIORONI Auffallend ist, dass nur bei den phylogenetisch primitiven Boiden Muster- und Schuppengrenzen genau zusammenfallen können, was eventuell darauf hindeuten könnte, dass dieser Fall der primitivere wäre. Abbildung 12, die verschiedene Schuppen von Vipera ammodytes darstellt, demonstriert, wie verschieden, je nach Lage im Fleck, die einzelnen Schuppen pigmentiert sein können. Einflüsse der Schuppenstruktur. Mindestens für die Ausbreitung der Zeichnung innerhalb der einzelnen Schuppe ist deren Struktur von gewissem Einfluss. So hängt die spezielle Natur der medianen Bauchzeichnung eng mit dem besonderen Bau der Ventralschilder zusammen (vgl. p. 795). Der hintere, überdeckte Schuppenrand und die Schuppentaschen- region werden von Anfang an nur durch Cutismelanophoren pig- mentiert. Bei Formen ohne komplett dunkle Fleckschuppen (z. B. viele einheimische Wassernattern, Elaphe longissima, Coronella austriaca) wird das Pigment vorzugsweise an den Schuppenflanken deponiert. Zudem stehen die epidermalen Melanophoren bei vielen Arten am Schupperrand dichter und bleibt auch die Anastomosenbildung auf diese Zone beschränkt. Auch ontogenetisch treten die ersten epi- dermalen Melanophoren am distalen Schuppenrand auf, was die Theorie der Ursprünglichkeit der Schuppenzeichnung (WERNER 1890, von HarnacK 1953, u. a.) stützen hilft. Ein Vergleich von Flecken verschiedener Coronella austriaca-Stadien liess die Ent- wicklung von sich vorzugsweise auf die lateralen Schuppenteile stützenden Flecken aus einheitlichen Schuppenzeichnungen als durchaus möglich erscheinen. Doch kann Schuppenzeichnung auch sekundär durch Rückbildung von Flecken entstehen (WERNER 1892). Hingegen darf die Schuppenzeichnung nicht, wie von HARNACK dies tut, nur als ein auf die einzelne Schuppe bezogenes Element betrachtet und den Flecken- und Streifenzeichnungen gegenüber- gestellt werden. Schon ZENNECK (1898) hat eine unabhängige, autonome von einer abhängigen, in die übrige Musterung sich ein- passenden Schuppenzeichnung unterschieden. So zeigen verschie- dene tropische Baumnattern, Dendraspis viridis und eine frisch geschlüpfte Elaphe longissima sich ins Gesamtmuster einfügende Schuppenzeichnungen. Auch die Zeichnung der Oberlippenschilder PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 165 von Natrix natrix (Abb. 35 c) ist ein Teil der gesamten Muster- wirkung und nicht autonom. 3. EMBRYONEN vom 18.—22. BRUTTAG: AUSBAU DER MUSTERUNG DURCH CUTISMELANOPHOREN, ERSTE GUANOPHOREN a) Hautbau. Durch Vermehrung um 1 bis 2 Zellagen wird die Epidermis dorsal zwei- bis dreischichtig, ventral drei- bis vierschichtig. Sie ist ventral stellenweise doppelt so dick wie dorsal, obwohl die Bauchschilder nur eine Zellage mehr aufweisen. Die Hautdicke wird nicht nur durch die Schichtenzahl, sondern auch durch die Höhe der Zellen, speziell der Basalzellen, bestimmt. In der Schup- penrandzone bleibt die Epidermis meist um eine Schicht dünner als im medianen Schuppenteil; auch im Schwanz ist sie erst ein- bis zweischichtig. Die meist hochovalen, nur am Rand der Dorsal- schuppen rundlichen Basalkerne stehen in deutlichem Abstand von der Grenzlamelle; die kernfreie Zone wird, wie schon im vorher- gehenden Stadium, durch die zentralen Plasmakörper der Melano- phoren ausgefüllt. Während im basalen Stratum germinativum die Kerne sehr dicht stehen, werden sie im Stratum corneum infolge der parallel zur Hautoberfläche erfolgenden Verbreiterung der Zellen lockerer. Das Korium ist in zwei deutlich verschiedene Schichten (Stratum laxum und compactum cori) mit typischen Faserverläufen gegliedert. Gewisse Einzelheiten weisen noch auf das cephal-caudale Ent- wicklungsgefälle hin. So ist in den hinteren Rumpfregionen, wo die Hautdicke etwas abnimmt, das Periderm besser zu erkennen. Ebenfalls sind hier die Cutiskerne dichter gelagert und ist die reihenförmige Anordnung der subepidermalen Bindegewebskerne prägnanter. Caudal sind die Kernteilungen vielleicht etwas häufiger. b) Schuppen und Hautblutgefässe. Der Entwicklungsvorsprung der Bauchschilder zeigt sich noch in manchen Details. So sind in der ventralen Epidermis im Zu- sammenhang mit der Verhornung gelegentlich die ersten Andeu- tungen von Wandverdickungen der Stratum corneum-Zellen er- kennbar, während dorsal die Hornschicht noch undifferenziert ist. 766 P. FIORONI Die Ueberdeckung der Schuppenränder, die ventral um den 18. Tag, dorsal 1 bis 3 Tage später anläuft, wirkt ventral wesentlich stärker. Auch die Bildung von Zwischenschuppenfalten (Lance 1931; = Schuppenwinkel (Scumipt); = „Polster“ (Pockranpr 1936/37)) setzt zuerst ventral am 19. Bruttag ein, während diese auf den jetzt deutlich gekielten Rückenschuppen erst um den 25. Tag erscheinen werden. Von PockRANDT wird entgegen MAuRER’s (1895) und unseren Befunden das Vorkommen von dorsalen Zwischen- schuppenfalten verneint. Der Bau der Bauchschilder ist überhaupt viel schemahafter und stabiler als bei den Rückenschuppen. So löst sich gelegentlich auf Schnitten die Epidermis noch dorsal, aber praktisch nie mehr ventral ab. Zwischen dem 18. und 19. Tag erscheint ein Grossteil der weiteren Kopfschilder: Frenalia, die oberen Hälften der Prae- und Postocularia, Temporalia, Supralabialia (noch undeutlich), sowie das gegen caudal noch nicht abgegrenzte Frontale (Abb. 34 c). Um den 20. Tag werden die Supralabialia deutlicher profiliert und kommen neu die Sublabialia hinzu. Somit sind ausser den Parie- talia, die wegen des weiterhin etwas vorstehenden Mesencephalons erst später auftreten, sämtliche Kopfschilder angelegt (Abb. 35 a). Auch auf dem Schwanz sind am 20. BruttagalleSchuppen vorhanden. Von den grossen Längsblutgefässen bleibt neben den maschen- förmigen Hautblutgefässen der mediane, dorsale Blutsinus noch am längsten sichtbar (bis um den 18. Tag). Dagegen sind um den 22. Tag, wo die Hautdurchsichtigkeit weitgehend verloren gegangen ist, die Hautgefässe nur noch an einzelnen Stellen, vor allem ventral auf Hinterrumpf und Schwanz, zu erkennen, womit die spätere Differenzierung der hinteren Rumpfteile erneut demonstriert wird. c) Die Kopfmusterung. Bisher zeigte der Kopf, auch in seiner Form, noch typisch em- bryonale Züge und wies, im Gegensatz zur bereits fertig angelegten Rumpfmusterung, erst Vorstufen einer Zeichnung auf. Von der deutlich verstärkt pigmentierten Postocularzone, wo die extrategumentale Pigmentierung noch gut sichtbar ist, und der Nase aus wird in einer Phase um den 18. und 19. Bruttag (Abb. 34c) der ganze Oberkopf in den zwei bereits beschriebenen Pigmentie- rungsrichtungen ausgefärbt. Nur der mediane Teil der späteren Parietalia ist noch hell. Da diese neu pigmentierten Zonen erst PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 767 schwach melanisiert sind, bleibt, speziell auf dem Hinterkopf, das ventral-dorsale Melanisierungsgefälle weiterhin auffällig. Auf ein- zelnen Supralabialia ist die spätere Schuppenzeichnung bereits angelegt. In der oberen Nasalregion (Internasale und dorsaler Teil des Praefrontale) werden zum ersten Mal die Cutismelanophoren äusserlich sichtbar, was diese Zone dunkler erscheinen lässt. Im Vergleich zum Rumpf wirkt aber der Kopf, speziell der Hinterkopf, wesentlich heller. In der zweiten Phase nach dem 20. Tag (Abb. 35 a) wird auch der helle Teil des medianen Oberkopfes pigmentiert, womit, ausser der erst bei wenigen Embryonen vorhandenen Schuppenzeichnung der Sublabialia, alle später dunklen Stellen angefärbt sind. Somit kann mit der detaillierten , Ausmalung~ begonnen werden, einem Prozess, der erst nach dem 30. Bruttag beendet sein wird. So tritt die Zeichnung der Oberlippenschilder stärker hervor, wobei aber das 6., unter dem Temporale gelegene Schild im Gegensatz zu später (vgl. die Abb. 35 b und c) erst schwach pigmentiert ist. Durch die weitere Ausbreitung der Cutismelanophoren (auf Frontalia, Supralabialia, Postocularia (schwächer)) werden die betreffenden (Gebiete verdunkelt. Die Hinterkopfzeichnung wirkt jetzt einheit- lich, vor allem weil sich der Postocularstreif stark in dorsaler Richtung verbreitert hat und sich nicht mehr als Streif abhebt. Doch bleiben postocular die extrategumentalen Melanophoren leicht sichtbar. Auch erscheint die Parietalregion infolge der gut durch- schimmernden und immer noch leicht vorgewölbten Hirnmasse deutlich heller. Etwa nach dem 20. Tag treten die ersten Guanophoren ums Auge auf, wobei das Praeoculare von Anfang an etwas intensiver als die Postocularia guanisiert wird. Bald kommen die Guanophoren aber auch auf den übrigen hellen Stellen des Kopfes vor, also auf dem hellen Halbmond, den Supralabialia und kurz darauf auf den Sublabialia. Im Gegensatz zum Rumpf treffen auf dem Kopf die Guanophoren vor der Ausbildung einer völlig stabilisierten Muste- rung ein. d) Die Rumpfmusterung. Zur Musteranlage. Mit dem Auftreten der sich bis auf die Bauchschilder erstrecken- den C-Flecke, die nach dem 18. Tag bei sämtlichen Embryonen 768 P. FIORONI erschienen sind, ist die Dorsalmusterung völlig angelegt (Abb. 8 e). Nur auf dem Schwanz, der zwar bereits am 18. bis 19. Tag auf seiner ganzen Linge Melanophoren aufweist, aber noch viel heller ist, sind erst zwischen dem 22. und 23. Bruttag Flecken vorhanden. Dagegen fehlt die eigentliche Bauchzeichnung immer noch. Wohl finden sich nach dem 22. Tag median die ersten, sehr hellen Cutismelanophoren, doch kann erst in den spàteren Entwicklungsabschnitten eine klare Musterung wahrgenommen werden. Obwohl die Kontraste zwischen Muster und Grundfarbe schwach sind, lassen sich gut verschiedene Mustervarianten (vgl. p. 796) unterscheiden, die wie bei der Mauereidechse schon embryonal fixiert sind. Daher ist auch die meist vorhandene Versetzung der beiden Musterseiten gegeneinander (vgl. Abb. 38) a priori vorhan- den, was eine Anzahl weiterer Musterbildungstheorien entwertet. Die Musterung wurde unter anderem in Beziehung zur allgemeinen Körpermetamerie (HAacke 1890, WinkLEeR 1903), zu peripheren Nerven (Van RynBERK 1906), zu speziellen Wachstumsrichtungen der Haut (HaEckEr 1918) oder zu embryonalen Faltensystemen (KrieG 1922), die bei Reptilien allerdings keine Rolle spielen, gebracht. Da alle diese Elemente auf beiden Körperseiten symme- trisch verlaufen, die Ringelnatterflecke aber gegeneinander versetzt angelegt werden oder, wie bei manchen Halsflecken, unregelmässig auftreten, können keine direkten Zusammenhänge bestehen. Der Ausbau der Musterung. Nach der Anlage der Musterelemente beschränkt sich die weitere Genese auf den Ausbau des bereits Vorhandenen. Das dorso-ventrale Pigmentierungsgefälle ist, wenn man von der erst spiter auftretenden medianen Bauchzeichnung absieht, schon im letzten Stadium weitgehend aufgehoben worden. Durch die verstärkte Melanisierung der bereits vorhandenen Melanophoren und ein weiteres Auftreten neuer Cutismelanophoren (speziell in den hinteren Rumpfabschnitten) wird auch das cephal-caudale Pigmen- tierungsgefälle, ausser auf dem Schwanz, der noch lange wesentlich heller bleibt, ca. nach dem 22. Tag zum Verschwinden gebracht. Doch ist am 18. Bruttag der Hinterrumpf noch deutlich schwächer pigmentiert (epidermale Melanocyten oft nur am Schuppenrand, weniger Cutismelanophoren, schwächere Melanisierung), wobei auch die Kontraste zwischen Grundfarbe und Flecken geringer sind. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 769 Fast gleichzeitig mit den Kopfguanophoren treten auf dem Rumpf nach dem 20. Bruttag die Iridocyten in vorerst lockerer Anordnung auf den Bauchschildern und der relativ schwach mela- nisierten ersten Reihe der Dorsalschuppen auf. Dabei lässt sich ein deutliches Gefälle gegen den Hinterrumpf aufzeigen; der Schwanz bleibt noch völlig guanophorenfrei. Die starke Pigmentvermehrung bewirkt, dass die am 18. Brut- tag noch hellgrauen Embryonen im Alter von 22 Tagen bei makro- skopischer Betrachtung bereits mittelgrau erscheinen. Auch schim- mern die Embryonen nach Eröffnung der Eier als graue Masse durch den voluminösen Dottersack hindurch. Andererseits ist bei genauerer Betrachtung mit der Lupe die extrategumentale Pigmen- tierung unter den Schuppen und speziell unter den Zwischen- schuppenhäuten weiter sichtbar, vor allem auf Hinterrumpf und Schwanz. Noch bei manchen 22-tägigen Embryonen schimmern die extrategumentalen Melanophoren der Fascien der dorsalen Muskel- bündel als zwei dorsale Längslinien durch. e) Die tegumentalen Melanophoren. Zur Wanderung. Die Zahl der epidermalen Schwarzzellen hat sich kaum mehr vermehrt; immerhin lassen sich bis zum 18. Tag, speziell auf den Bauchschienen, epidermal öfters Frühstadien im Melanisierungs- beginn nachweisen. Dagegen bleibt die Zuwanderung von Cutis- melanophoren in regem Gang, und auch extrategumental finden sich noch frühe Melanocyten, was vor allem bei jüngeren Stadien vom 19. bis 20. Tag häufig vorkommt. Der Bau der Melanophoren. Die epidermalen Melanophoren zeigen jetzt ihre typische Reife- gestalt. Von einer grossen Plasmamasse gehen zahlreiche, oft ver- ästelte Ausläufer aus. Diese schieben sich zwischen die Epidermis- kerne ein, was Hauttotalpräparate mit angefärbten Epidermis- kernen deutlich zeigen (Abb. 13). Dadurch verflechten sich die Melanocyten richtig mit der Oberhaut, sodass auch die subepider- malen Melanophoren beim Loslösen der Epidermis mit dieser abgehoben werden. Die zentralen Plasmakörper mit dem Kern verharren in ihrer Lage unterhalb der Basalkerne, doch sind häufig halb subepidermal gelegene Melanophorenkörper vorhanden (Abb. 770 P. FIORONI 15, 16). Alle Ausläufer bleiben aber in der Epidermis fixiert, und ein völliges Zurückweichen in die Cutis kommt nach unseren Befunden nicht vor. Sth -K Cr ABB. 13. Natrix natriz-Embryo vom 21. Bruttag: Ansicht der mit Hämalaun angefärbten dorsalen Totalhaut auf Höhe des Stratum germinativum. St b-K: Basal- kern. Im Zusammenhang mit der späteren Pigmentierung der ver- hornten Schicht der Häutungshaut verändert sich als erster Schritt dazu die Lage der bisher fast völlig wagrechten Ausläufer, die um den 20. Bruttag in direkter Richtung gegen die Hautoberfläche zu verwachsen, wodurch ihre Enden bis in die Schichten des Stratum corneum gelangen (Abb. 15). Oft liegen die Fortsätze sehr dicht, sodass sie auf Schnitten zwischen allen Basalkernen aufsteigen. Bei älteren Stadien sind die später typischen keulenförmigen Ausläufer- endigungen bereits angedeutet und weisen teilweise schon speziell viele Melaningranula auf. Die Pigmentierungsintensität hat weiterhin zugenommen, was sich einerseits im Dunklerwerden der Melaningranula, andererseits in einer Vermehrung der Granulazahl äussert (vgl. z. B. die Abb. 11 und 15). Dabei scheinen neben der Neubildung aus Pigmentbil- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN VITA) dungszentren (WEISSENFELS 1956) auch Teilungen der Granula selbst (GUETTES 1953) mitzuwirken. Zudem wird das eigentliche Melanophorenplasma bräunlich, was auf eine an sehr feine Granula 20 pi cu Mel SI K ABB. 14. Natrix natriz-Embryo vom 21. Bruttag: Ansicht der mit Hämalaun ange- farbten"dorsalen Totalhaut auf Höhe des Stratum laxum corii. ABB. 15. Natrix natrix-Embryo vom 23. Bruttag (Schnitt der Dorsalhaut): Halb subepidermal gelegener Melanophor in der ersten Phase der Pigmentierung des späteren Natternhemdes mit senkrecht aufsteigenden Ausläufern (s Al). 1172 P. FIORONI gebundene oder eventuell sogar diffuse Verbreitung des Melanins schliessen lässt. Bei voll ausmelanisierten Zellen überdeckt dieses ABB. 16. Natrix natrix-Embryo vom 23. Bruttag (Schnitt der Dorsalhaut): Beeinflussung der Melanophoren- ausläufer durch die Koriumaufwölbung (KoA) der Crista. fein verteilte Melanın sogar häufig die grossen Granula, sodass diese Melanophoren einheitlich pigmentiert wirken. Im Gegensatz dazu erscheinen die Cutismelanophoren während der ganzen Embryonal- entwicklung körnig, da hier vorwiegend grosse Granula vorkommen. Durch die starke Melanisierung wird auch die Kernregion bräunlich und ist bei ausmelanisierten Melanophoren, speziell bei den am weitesten entwickelten des Vorderrumpfes, oft überhaupt nicht mehr zu erkennen. Die bereits zahlreichen, aber noch nicht musterbestimmenden Cutismelanophoren (Abb. 11, 17) sind primitiver. Ihre Plasma- masse ist meist klein und schliesst sich an den Kern an. Von ihr gehen die relativ wenigen und feinen Ausläufer aus, deren Zahl sich aber bald etwas vermehrt. Die Melanisierung ist erst schwach, sodass die Kernregion gut sichtbar bleibt. Neben älteren, schon recht dunklen Melanophoren finden sich viele, erst wenig differenzierte Frühstadien. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 773 Zu den Formvarianten der Melanophoren. In der Cutis, wo die Kerne locker stehen, können sich die Mela- nophorenzweige relativ ungehindert zentripetal nach allen Rich- tungen ausdehnen. Immerhin sind die Ausläufer, vor allem auf den Bauchschildern, oft etwas in einer Richtung polarisiert (Abb. 17,24). Daher ist die Form sehr ähnlich. Nur gelegentlich finden sich Melanocyten mit we- niger und dickeren Ausläufern. Die Formmannigfaltigkeit der epidermalen Melanophoren ist viel grösser, was sicher zum grossen Teil auf die stärkere Be- einflussung durch die Schuppen- struktur zurückzuführen ist. So sind die dorsalen Melanophoren stärker polarisiert ; in Nähe des Schuppenkiels kommen beson- Natrix natrix-Embryo vom 27. Bruttag: ders extreme Formen vor (Abb. Cutismelanophoren. 13, Totalansicht; Abb. 16, Schnittbild). Auf den untersten kiellosen Dorsalschuppen (Abb. 18 %k) und den Bauchschienen (Abb. 181+ m) ist die Richtung der Ausläufer vie] freier. Da hier die Ausläufer weniger zahlreich, aber sehr lang und schmal sind, wird der Gesamtdurchmesser der Pigmentzellen oft vergrössert (Abb. 18 I+ m). Infolge ihrer geringeren Ausläufer zahl ähneln die ventraleren Epidermismelanophoren stark den Cutismelanocyten, und speziell auf den Bauchschienen ist die Unterscheidung oft schwierig. Auch innerhalb der einzelnen Dorsalschuppen variert die Melanophorenform beträchtlich. So nimmt im hinteren Schuppen- teil, wo die Schwarzzellen weniger polarisiert sind, die Ausläuferzahl eher zu. Doch wirken die distalen Melanophoren infolge ihrer viel grösseren zentralen Plasmamasse und den relativ dieken Ausläufern wesentlich stärker. Schon jetzt bilden z. T. die epidermalen Melano- cyten speziell an den Rändern der Fleckschuppen durch Verwach- sung der Ausläuferenden zusammenhängende Anastomosennetze. ABB. 17. 774 P. FIORONI Da diese aber in unserem Stadium noch nicht völlig ausgebildet sind und namentlich sich die einzelnen Melanophorenkörper noch deutlich trennen lassen, wird die Besprechung auf später ver- schoben (p. 789). 100 u ABB. 18. Natrix natrix-Embryo vom 25. Bruttag: Epidermismelanophoren. a—h: von medianen, i+k: von ventralen Dorsalschuppen, /+7: von Bauchschil- dern. Andere Formunterschiede sind dagegen transitorischer Natur. So zeigen die Melanophoren auf Hinterrumpf und Schwanz eine kleinere zentrale Plasmamasse und sind heller. Nach Ueberwindung des Differenzierungsrickstandes infolge des cephal-caudalen Mela- nisierungsgefälles fallen diese Unterschiede dahin. Die „abnormen“ Melanophoren. Hier handelt es sich um ausläuferlose oder mit sehr kurzen Ausläufern versehene, meist stark und konzentriert pigmentierte Me- lanophoren, die praktisch nur aus einer mehr oder weniger grossen PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 775) zentralen Plasmamasse mit Kern bestehen (vgl. die Abb. 18 f bis /). Gelegentlich kommen sehr grosse, z. T. zweikernige Formen vor (Abb. 19). Bei genauerer Musteranalyse an Embryonen oder an ABB. 19. Natrix natrix-Embryo vom 21. Bruttag: Abnor- mer Epidermismelanophor am Dorsalschuppen- rand (Sr); daneben normale Melanophoren (vgl. Text). aufgehellten Hauttotalpràparaten fallen diese Melanophoren als grosse dunkle Punkte auf, die sich infolge ihrer ausläuferlosen Umgebung von der übrigen, ausläuferdurchsetzten Haut deutlich abheben. Die Musterung scheint an diesen Stellen wie zerfressen; allerdings ist dies nur unter dem Binocular auffällig, da bei makro- skopischer Betrachtung die einzelnen Melanophoren kaum mehr sichtbar sind. Abnorme Melanophoren, die freilich nicht mit noch ausläuferlosen Melanocyten oder „normalen“ Melanophoren mit retrahierten Pigmentkörnern verwechselt werden dürfen, finden sich in allen Pigmentschichten; häufig in der Epidermis und extrategu- mental, seltener in der Cutis. Zudem scheinen diese Aberrationen allgemein aufzutreten; wir fanden sie nicht nur bei vielen Ringel- natterembryonen aus ganz verschiedenen Gelegen, sondern auch Rev. Suisse DE Zoot., T. 68, 1961. 55 776 P. FIORONI bei anderen Arten (Natrix tessellata, Leimadophis poecilogyrus, Vipera aspis) und bei Sauriern. Die Ursachen der Ausläufer- losigkeit sind unklar. Sicher ist es nicht der Einfluss des umge- benden Gewebes, da die abnor- men Melanophoreninallen Kör- perschichten liegen. Immerhin besteht in der distalen Schup- penzone eine gewisse Tendenz zur Ausläuferreduktion, was die hier öfters vorkommenden Me- lanophoren mit relativ wenigen Ausläufern (z. B. Abb. 18 e) dokumentieren. Einen Spezial- fall bilden die durchgehend NERO) mit rudimentären Ausläufern Natrix natrix-Embryo vom 22. Brut- versehenen Melanophoren und tag: Extrategumentale Melanophoren Guanophoren desSkinkes Lygo- verschiedener Pigmentierungsintensität : (dorsale Muskulatur). soma smaragdinum (SCHMIDT 1917),diean den Unterseitender Knochenschuppen liegen und von diesen beeinflusst werden. Bei unse- ren Fällen scheint es sich um eine Störung oder falsche Aktivierung der zelleigenen Formbildungspotenzen zu handeln, welche in der Normogenese die Cutismelanophoren in ausläuferarme Säcke ver- wandeln und verantwortlich für die Ausläuferreduktion nach der Pigmentierung des Natternhemdes sind. f) Die extrategumentale Pigmentierung. Die schon in den vorhergehenden Stadien starke extrategumen- tale Pigmentierung ist jetzt voll entwickelt; die meisten der öfters zweikernigen Melanophoren (Abb. 20) zeigen einen starken Poly- morphismus (Abb. 21). Sie sind häufig voll ausmelanisiert und wirken eher dunkler als die tegumentalen Melanophoren, obwohl die Zahl ihrer allerdings grossen Granula etwas geringer ist. Doch kommen, speziell in der Subcutis, noch hellere Melanocyten vor. Auffallend sind die sehr ausgeprägten Anastomosenbildungen der Ausläufer, besonders in der dorsalen Muskulatur, welche die Melanophoren netzförmig miteinander verbinden (Abb. 22). Dabei PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 777 ABB. 21. Bruttag: Polymorphe extrategumentale Schwarzzellen (Muskulatur; x: entlang Rippen). Natrix natriz-Embryo vom 27. à g ae ABB. 22. ne Natrix natriz-Embryo vom N da 22. Bruttag: Anastomosenbil- dA dung und Polymorphismus i ee a x u { extrategumentaler Melano- phoren (Wirbelregion). ist die Verschmelzung oft so stark, dass die Grenzen der einzelnen Melanophoren nicht mehr eindeutig festgelegt werden können. Da 778 P. FIORONI sich zudem die Zellkörper gegenseitig überdecken, wirkt die Ge- samtheit der Melanophoren als dunkle Fläche. 4. EMBRYONEN vom 23.—27. BRUTTAG: ARTTYPISCHE MUSTERUNG, PIGMENTIERUNG DER HAUTUNGSHAUT a) Hautbau. Die Epidermis hat sich weiter verdickt (dorsal 4-, 5- und mehr- schichtig, ventral bis 7- und mehrschichtig) und umfasst jetzt auch auf dem Schwanz 3 bis 4 Schichten. Auf der Oberseite der Schuppen ist sie drei bis viermal dicker als die dünne, mit epidermalen Leisten- bildungen versehene Epidermis der Schuppenunterseite und der Schuppentaschenregion. Das Periderm ist undeutlich und am besten noch auf den Bauchschildern zu sehen. Das unter dem Oberhäutchen gelegene Stratum corneum beginnt um den 27. Tag zu verhornen; zuerst nur peripher durch Bildung eines Hornmantels in der stark verhornten Wandfaserung der Zellwände, die auf Schnitten als dunkelrot angefärbte Lamelle sichtbar ist und bei zunehmender Verhornung sukzessive stärker grau (Häematoxylinfärbung) wird. Erst später verhornt das Zellinnere durch schwächere, binnenzellige Hornbildungen. b) Schuppen und Hautblutgefässe. Auch auf den sich jetzt stark überdeckenden und mit tiefen Schuppentaschen versehenen Dorsalschildern sind Zwischenschup- penfalten entstanden. Der Kopf ist mit dem Auftreten der Parie- talia völlig beschuppt. Infolge der stark verdickten Haut sind die Hautblutgefässe nur noch ganz vereinzelt, speziell am Schwanz, sichtbar; gleiches gilt für die extrategumentalen Melanophoren, die zusätzlich auch am Kopf durch die breiten Furchen zwischen den Schildern hindurch zu erkennen sind. Dagegen dauert eine minime Durchsichtigkeit der Ventralhaut, welche die Eingeweide und tieferen Blutgefässe schwach durchschimmern lässt, bis zum Schlüpfmoment an. c) Die Kopfmusterung. Namentlich infolge der uniformen Pigmentierung des gesamten Oberkopfes wirkt der Kopf jetzt ringelnattertypisch (Abb. 35 b). Auch tritt die Zeichnung der Supralabialia stark hervor, wobei PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 719 jetzt das unterhalb dem Temporale gelegene 6. Schild stärker pig- mentiert ist als die übrigen. Auf den Sublabialia sind die dunklen Musterelemente ebenfalls ziemlich deutlich. Für die starke Verdunklung sind die vielfach aufkommenden Cutismelanophoren verantwortlich, welche bei kleinen Hinterkopf- aufhellungen und gewissen Zeichnungen der Supralabialia als alleinige Musterbildner auftreten können. Die epidermalen Melano- phoren wirken über den cutalen nurmehr als kleine, schwarze Punkte. Die Guanophoren liegen auf den hellen Musterelementen sehr dicht und kommen locker, ausser auf den noch guanophoren- freien Parietalia, auch auf den dunklen Kopfschildern vor, welche dadurch etwas aufgehellt werden. Durch die starke Pigmentierung sind die Kopfschilder undurch- sichtig und die bisher noch durch die Ocularschilder schimmernden, stark pigmentierten Augenbulbi unsichtbar geworden. Immerhin ist bei jüngeren Stadien das Gehirn ganz schwach unter den Hinter- kopfschildern, nach dem 26. Tag nur noch durch die Zwischen- schuppenhaut der Parietalschilder, erkennbar. d) Der weitere Ausbau der Rumpfmusterung. Die Guanophoren kommen nach dem 24. Bruttag auf den dunk- len Dorsalschuppen und etwas später ebenfalls auf dem Schwanz vor. Bei jüngeren Embryonen (um den 24. Tag) ist das cephal- caudale Guanisierungsgefälle noch sehr deutlich; die Iridocyten- dichte, welche auf dem Kopf, speziell dem Halbmond, extrem gross ist, nimmt gegen hinten zu sukzessive ab. Doch ist am 27. Tag auch der Schwanz stark guanisiert. Leider sind die Guanophoren noch unstabil und übersteht deren Inhalt die Fixierung nicht. Durch die weitere Ausmelanisierung der bereits vorhandenen und ein weiteres Zuwandern neuer Cutismelanophoren hat sich die Musterung, die jetzt ringelnattertypisch erscheint, weiterhin ver- dunkelt. Die Cutismelanophoren wirken nach dem 26. Tag als Musterbestimmer. Ihre Anordnung variert je nach Schuppentyp, wodurch, im Verein mit den Guanophoren, die Unterschiede zwischen Grundfarbe und Zeichnung vorwiegend cutal geprägt werden (vgl. p. 815). Die cutalen Schwarzzellen (Abb. 23), deren Kerne aber meist noch deutlich sichtbar sind, bleiben vorderhand heller als die epidermalen; nur selten finden sich sehr dunkle Cutismelanocyten 780 P. FIORONI mit sich reduzierenden Ausläufern. Daneben kommen noch am 25. Tag oft sehr wenig differenzierte Formen vor (Abb. 23 a). Spe- zPlm ABB. 23. Natrix natrix-Embryo vom 25. Bruttag (Schnitte der Dorsalhaut): Cutis- melanophoren: a) mit unmelanisierten Auslaufern, 6) mit melanisierten feinen Ausläufern, c) mit grosser zentraler Plasmamasse (z Plm). ziell ventral, wo die Ausläufer teilweise auffallend lang sind, werden auch Anastomosen gebildet (Abb. 24). Die vorwiegend bei Früh- stadien feinen Ausläufer (Abb. 23 a) können übrigens, zumal wenn sie quergeschnitten sind, irrtümlicherweise für in die Cutis abge- lagerte Pigmentkörner gehalten werden. Die dunkelgrau durch den Dotter schimmernden Embryonen zeigen nach der Befreiung aus den Eihüllen schwarze Flecke und eine mittelgraue Grundfarbe. Allerdings bewirkt die Amnionflüssig- keit eine gewisse Verdunklung, da sich die Farben nach Wässerung PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 781 der Tiere etwas aufhellen. Auch die Schichten des verhornten Stratum corneum (vgl. THILENIUS 1897) und die darin abgelagerten Pigmentkörner wirken verdunkelnd. Daher ist nach der Häutung oderbei künstlicher Entfernung der Hornschichten das Muster jeweils am hellsten, kontrast- reichsten und deutlichsten. Im Gegensatz dazu hellen die Gua- nophoren leicht aufund vermin- dern etwas die Kontraste zwi- schen Grundfarbe und Zeich- 50 u nuns. ABB. 24. Während die Dorsalmuste- Natrix natrix-Embryo vom 25. Bruttag rung kompakt und einheitlich (Bauchschiene) : Langgestreckter Cutis- x 3 melanophor mit Anastomose. erscheint (nach dem 27. Tag ist, wenn man von der etwas helleren Schwanzspitze absieht, der ganze Rumpf gleichmässig pigmentiert), bleibt die Bauchzeichnungundeut- lich;ihre das Muster aufbauenden Cutismelanophoren sind mit feinen Ausläufern versehen und infolge der späteren Einwanderung noch recht hell; zudem werden diese Melanocyten oft von Guanophoren überdeckt. e) Die Pigmentierung der späteren Häutungshaut durch die epidermalen Melanophoren. Die Pigmentablagerung (vgl. Abb. 25 ff) erreicht ihren Höhe- punkt um den 25. Bruttag und ist am 27. bereits beendet. Als Vorarbeit dazu haben die epidermalen Melanophoren seit dem 20. Tag, wie bereits beschrieben, Ausläufer gegen das Stratum corneum vorgetrieben. Deren Enden schwellen nun mehr (Abb. 26) oder weniger stark (Abb. 25) keulenförmig an. In den so entstan- denen “Säcken“ werden zahlreiche Melaninkörner konzentriert. Schliesslich lösen sich die Ausläuferwände sukzessive auf, und die freigewordenen Pigmentkörner treten in den zentralen, unver- hornten Teil der Stratum corneum-Zellen über, wo sie in Form von lokalisierten, rundlichen Pigmentkörnernestern (Abb. 27) liegen bleiben. Die bei Vögeln beschriebene Pigmentübergabe durch Los- lösen ganzer Ausläufer (Lugxow 1957) konnte nicht bestätigt werden. 782 P. FIORONI Der Melanisierungsgrad der Granula ist nicht einheitlich, da neben tiefschwarzen auch hellere Körner vorkommen. Auffallend ABB. 25. Natrix natriz-Embryo vom 25. Bruttag (Schnitt der Dorsalhaut): Frühe zweite Phase der Pigmentabla- gerung: anschwellende, pigmenterfüllte Ausläufer- enden (Ale). „Aufl Ap! eo ABB. 26. Natrix natrix-Embryo vom 25. Bruttag: mit unterschiedlichen Melaninbrocken gefüllte Pig- mentsäcke der Ausläuferenden ; die 5 unteren Stadien mit ver- schieden weit fortgeschrittener Auflösung (Aufl) des Ausläufer- plasmas (Alpl). Gi SER Ciau i PUGNI tears PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 183 sind auch die starken Grössenunterschiede der abgelagerten Pig- mentkörner (Abb. 26), unter welchen die grössten Brocken oft UNIS ZH). Natrix natrix-Embryo vom 27. Bruttag (Schnitt der Dorsalhaut): Späte zweite Phase der Pigmentablagerung: die abgelagerten Mela- ningranula bilden Pigmentkörnernester. wesentlich umfangreicher als die Querschnitte der Ausläufer unter- halb der „Pigmentsäcke“ sind. An sich ist dies nicht verwunderlich, da, wie das bereits beschriebene, fein verteilte Melanin (p. 772) zeigt, die Granulagrösse stark variieren kann. Durch die Ablagerung erschöpfen sich die Melanophoren und speziell sind die ihrer Granula beraubten Ausläufer hell. Auf der Totalhaut, wo die abgelagerten Pigmentkörner als dunkle Schollen ausgezeichnet in Erscheinung treten (Abb. 28 a u. b) und sogar bei flüchtiger Beobachtung mit epidermalen Melanophoren ver- wechselt werden könnten, sind die Ausläufer kaum mehr zu sehen und die Melanocyten erscheinen daher punktformig. Bei den anastomosierenden Melanophoren des Schuppenrandes stellt die Pigmentablagerung infolge der miteinander verwachsenen Ausläuferenden besondere Probleme. Es zeigt sich, dass nur die wagrechten Fortsätze verwachsen (vgl. auch Abb. 25); von ihnen aus reichen senkrecht gestellte, meist dünnere Ausläufer ins Stratum 784 P. FIORONI corneum, wasleider auf Totalpräparaten infolge der alles überdecken- den, ABB. 28. Natrix natrix-Embryonen (unge- färbte Totalhaut) Stadien der Pigmentierung der Häutungs- haut. a) 25. Bruttag: Pigment in Ablagerung, b) 27. Bruttag: Seendete Ablagerung, c) 28. Bruttag: Beginnende Abflach- ung der Pigmentkörnernester, d) 30. Bruttag: Starke Abflachung der Pigmentkörnernester. konzentrierten Pigmentkörnernester praktisch nicht zu verfolgen ist. Dagegen sind um den 30. Tag, wo die Pigmentnester ab- geflacht und daher die Hornschich- ten wieder besser durchsichtig sind, die meist schon stark reduzierten, dünnen, senkrecht nach oben gerich- teten Ausläufer gut zu identifizieren (Abb. 29). Die Menge des abgelagerten Pig- mentes ist stark abhängig von der Zahl der epidermalen Melanophoren und daher auf den Fleckschuppen grösser. Durch die wechselnde Mela- ninverteilung wird die Musterung auf der Häutungshaut wiederholt. Inner- halb der einzelnen Schuppen ist de- ren distaler Rand besonders stark pigmentiert, während über dem mela- nophorenarmen Hinterrand die Horn- schicht weitgehend hell bleibt (Abb. 30). Auch später geht die Pigmen- tierung der weiteren Natternhemden zum grossen Teil ähnlich vor sich (vgl. p. 810). Immer erfolgt, funk- tionell bedingt, die Pigmentablage- rung vor dem definitiven Einsetzen der Verhornung, was entsprechend auch für die Pigmentierung der Haare und Federn gilt. f) Zur Entstehung der Melanin- granula. Ueber die genauere Genese und Herkunft der Melaninkörner exi- stieren zahlreiche Theorien (vgl. die Literaturzusammenstellungen PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 785 bei GUETTES (1953), WEISSENFELS (1956) und Koecke (1959 a)), wobei als Herkunftsort Kern- und Nucleolusbestandteile, Mito- ABB 02,9) Natriz natriz-Embryo vom 32. Bruttag: Epider- male Melanocyte eines Anastomosennetzes (Dorsalschuppenrand) mit senkrechten Aus- läufern (s Al) zur Pigmentablagerung (vgl. Text). a ABB. 30. b Natrix natriz-Adulttier: Isolierte laterale (a) und mediane (5) Dorsalschuppen des Natternhemdes mit verschieden verteiltem Epidermispigment. chondrien, Lipochondrien oder Golgi-Körper genannt werden. WeEIssEnFELS schliesslich beschreibt spezielle, in die Ausläufer 786 P. FIORONI gelangende Pigmentbildungszentren, wo die Propigmentgranula gebildet werden. Unsere Untersuchungen scheinen die Theorie vom Vorkommen von speziellen Pigmentbildungszentren zu stützen, obwohl natürlich zur eindeutigen Abklärung sehr viel feinere Methoden verwendet werden müssten. So erscheinen bei jungen Melanophoren die ersten melanisierenden Granula nicht nur in Kernnähe (was die Kernab- stammungstheorie stützen würde), sondern auch ganz peripher in den Ausläuferenden (vgl. z. B. Abb. 10 und 11). Die willkürliche Verteilung der Granula, ohne Konzentrationsgefälle vom Kern nach aussen, lässt eine Ausdifferenzierung an verschiedenen Orten, unab- hängig vom Kern, als möglich erscheinen. Auch die Bildung der grossen Pigmentbrocken könnte auf spezielle Bildungszentren hindeuten. Es ist wahrscheinlich, dass bei der grossen Pigmentie- rungsaktivität zur Zeit der Ablagerung die Propigmentgranula schon innerhalb der Pigmentbildungszentren melanisieren — was von WEISSENFELS in vitro beobachtet werden konnte — und nicht erst ausserhalb, wie normalerweise, um dann als kompakte, inei- nander verpappte Masse abgelagert zu werden. g) Die neuen Funktionen der verschiedenen Pigmentlagen. Mit der Herausbildung einer kompakten Cutispigmentschicht im Stratum laxum cori bekommt dieses die Funktion einer eigent- lichen Pigmentträgerschicht und wird deshalb mit Recht auch als Stratum pigmentosum bezeichnet. Dagegen beschränkt sich die Rolle der epidermalen Melanophoren in Zukunft auf die Ablagerung des Pigmentes der jeweiligen periodischen Epidermis, welche als Natternhemd abgestreift wird. Damit haben auch die drei Haupt- schichten der Haut ihre definitive Funktion erhalten: Epidermis: Abschluss nach aussen; Stratum laxum cori: Pigmentschicht, Träger des Erscheinungs- bildes; Stratum compactum cori: Stabilisierung, Verbindung der Haut mit den tieferen Körperschichten. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 787 5. EMBRYONEN vom 28. BRUTTAG BIS ZUM SCHLÜPFEN (34.—35. BRUTTAG): VERHORNUNG, ERSTE GELBZELLEN, ENDGULTIGER AUSBAU DER MUSTERUNG a) Hautbau. Durch die nach Beendigung der Pigmentablagerung einsetzende intensive Verhornung, vor allem der verdickten Zellwände der Stratum corneum-Zellen, kommt es zur Bildung von dunkelgelben, ABB. 31. Natriz natrix-Embryo vom 28. Bruttag (Schnitt der Dorsalhaut): Beendete Pigmentablagerung, beginnende Abflachung der Pigmentkörnernester; dunkle Cutis- melanocyten. auf Hämatoxylinschnitten tiefschwarz angefärbten Hornlamellen, die sich deutlich von den praktisch unverhornten Schichten des Stratum intermedium und basale abheben (Abb. 31 ff). Da die äusseren Stratum corneum-Lagen intensiver verhornen als die basaleren, lassen sich eine basale, lockere (Stratum corneum 788 P. FIORONI relaxatum) und eine periphere, kompaktere Hornschicht (Stratum corneum compactum) unterscheiden. Durch die Schrumpfung der Zellen bei der Verhornung nimmt die Hautdicke eher etwas ab ABB. 32. Natrix natrix-Embryo vom 30. Bruttag (Schnitt der Dorsalhaut): Pigmentkonzentration (Pikonz) in Kernnähe, Ausläuferreduktion, Pigmentkörnernester abgeflacht. Un- ter der verhornten Schicht der Häutungshaut (v Stc,) bildet sich das Stratum corneum der neuen Epidermisgeneration. (vel. Abb. 31 u. 32). Auch am Totaltier sind die immer noch vom unverhornten Periderm überdeckten Hornschichten als gelbbräun- liche Haut zu erkennen, wobei die gute Sichtbarkeit durch das abgelagerte Pigment mitbedingt wird. Die verhornte Haut ragt über die eigentlichen Schuppen hinaus; diese erscheinen daher wie gerändert, ein Effekt, der durch die besonders starke Pigmentierung des Schuppenrandes verstärkt wird. Da sich die verhornten Schich- ten eng an die Schuppe anschmiegen, sind auch auf der abgelegten Häutungshaut die wellige Oberflächenstruktur der Epidermis und der Schuppenkiel gut herausprofiliert. Dagegen verhornt die mit schon von Lrypia (1873) beschriebenen, epidermalen Leisten besetzte Schuppenunterseite nur sehr schwach. b) Einfluss der Verhornung auf das abgelagerte Epidermispigment. Durch die Verflachung der Stratum corneum-Zellen bei der Verhornung werden die Pigmentkörnernester ebenfalls mit abge- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 789 flacht. So werden auf Schnitten die ovalen Nester (Abb. 27) mit zunehmender Verhornung immer dünner und ausgedehnter (Abb. 31), bis sie sich in drei und mehr sehr dünnen Lagen fast zusammen- hängend über die ganze Haut ausbreiten (Abb. 32). Noch besser zeigt sich diese Entwicklung auf Totalpräparaten der Haut (Abb. 28). c) Zu den Formveränderungen der epidermalen Melanophoren. Während sich die variantenarmen Cutismelanocyten erst post- embryonal durchgreifend umgestalten werden, wird epidermal — wie der Vorgang der Pigmentabgabe schon illustriert hat — im Zusammenhang mit den auffälligen Wachstumsrythmen und der Verhornung die Melanophorenform während der Embryonalzeit mehrfach geändert. Der Abbau der Ausläufer. Nach der Pigmentablagerung, beim Einsetzen der Verhornung, werden die Ausläufer aus dem Stratum corneum zurückgezogen. Dabei scheint mindestens ein Teil zu degenerieren, was die häufig äusserst schmalen Ausläufer, die teilweise dünner als der Durch- messer eines Melaningranulas sind, bezeugen (Abb. 32). Vor dem Rückzug wird das gesamte Melanin in die zentrale Plasmamasse zurückgezogen, die daher oft tiefschwarz erscheint. Nur einzelne Granula bleiben in den Ausläufern. Da der Abbauprozess allein die senkrechten Ausläufer erfasst, scheint die Form der Melanophoren auf der Totalhaut nur wenig verändert. Die Anastomosenbildung. Die schon bei früheren Stadien erwähnte Anastomosenbildung durch die epidermalen Ausläufer hat jetzt ihre höchste Ausprägung erhalten; sie kann aber postembryonal wieder weitgehend reduziert werden. Durch die Anastomosen entsteht auf den Schuppen ein mehr (Fleckschuppen) oder weniger (ventralste Dorsalschuppen, dorsaler Rand der Bauchschilder) breites Band zusammenhängen- der Melanophoren. Die Tatsache, dass auch bei einheitlich dunklen Fleckschuppen der Rand dichter pigmentiert ist, erinnert noch jetzt an das erste Auftreten der epidermalen Melanophoren am distalen Schuppenrand. Während anfänglich nur die peripheren 790 P. FIORONI Ausläuferenden verbunden gewesen sind, verwachsen jetzt die Melanophoren zusätzlich durch die Bildung weiterer Anastomosen innerhalb der eigenen Ausläufer zu einem kompakten Netzwerk, ABB. 33. Natrix natrix-Embryo vom 27. Bruttag (Totalhaut): Anastomosennetz der epidermalen Melanophoren am Rand der Dorsalschuppen. Das über den Epidermismelanocyten sichtbare Pigment des Natternhemdes ist wegge- lassen. in dem sich die auf mehrere Ausläufer aufgeteilte zentrale Plasma- masse kaum mehr abhebt (Abb. 33). d) Die Musterung. Nach dem 30. Bruttag ıst das Tier äusserlich völlig schlüpfreif. Die restlichen 4 bis 5 Tage der Embryonalperiode scheinen vor allem zum völligen Einziehen des Dottersackes zu dienen. Die Kopfmusterung. Auf dem Kopf, wo durch leichte Ueberdeckung der Schilder die Schuppenfurchen verschwinden, sind die letzten Musterdetails aus- gebildet worden (Abb. 35 c). Besonders fallen die tiefschwarzen PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 791 Schuppenzeichnungen auf den Supralabialia, den Ocularia und einzelnen Schildern der Temporalregion auf, welche im Verein mit Simm ABB. 34. Natrix natrix-Embryonen: Frühe Entwicklungsstadien der Kopfzeichnung und der Kopfschilder. a) 13. Bruttag: erste, vorwiegend extrategumentale Anlage des Postocu- larstreifens. b) 17. Bruttag: Postocularstreif, heller und dunkler Halbmond, erstes Pigment der Nasalregion; erste Kopfschilder. c) 18. Bruttag: Oberkopf ausser Hirnregion (Hr) pigmentiert; weitere Kopfschilder. Abkürzungen der Kopfschilder: Fr: Frenale, Fro: Frontale, Ina: Inter- nasale, Na: Nasale, Pa: Parietale, Poc: Postoculare, Prfr: Praefrontale, Proc: Praeoculare, Ro: Rostrale, Sbl: Sublabiale, Spl: Supralabiale, Supoc: Supraoculare, Tem: Temporale. Rev. SUISSE DE Zoot., T. 68, 1961. 96 792 P. FIORONI dem ebenfalls schwarzen Halbmond in deutlichem Kontrast zu den übrigen dunklen, durch die Guanisierung etwas aufgehellten Kopfschildern stehen. Auch auf den Nasalia und den Frenalia kommen feine Schuppenzeichnungen vor. ABB 35. Natrix natrix-Embryonen: Spätere Stadien der Kopfmuster-Entwicklung. a) 20. Bruttag: Musterung weitgehend angelegt, Hirnregion noch heller, Postocularstreif im Verschwinden. b) 25. Bruttag: Kopf wirkt ringelnattertypisch, deutliche Pigmentierung der Supra- und Sublabialia; starke Zungenpigmentierung (ZPi). c) 30. Bruttag: Fertige Kopfmusterung mit schwarzer Schuppenzeichnung ums Auge (Sz,) und auf den Supralabialia (Sz,) und mit schwächeren Schuppenrandpigmentierungen in der Nasal- (Sz,) und Temporalregion (Sz,). Die Gelbzellen. Zusätzlich sind bei manchen Embryonen nach dem 30. Tag auf dem hellen Halbmond Gelbzellen aufgetreten, die gegen den schwarzen Halbmond zu am intensivsten sind. Neben citronen- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 193 gelben kommen auch dunkelgelbe Farbtöne vor, die bei südlichen Formen sogar bis ins Rotgelbe reichen können. Doch fehlen bei einem Teil der Embryonen die Gelbzellen völlig. Auch andere Schuppen der hellen Zeichnung erscheinen, je nach Lichteinfall, leicht gelblich-grünlich; doch lassen sich keine ein- deutigen Farbzellen nachweisen. Diese Effekte scheinen viel eher durch die Guanophoren bedingt, da ähnliche Erscheinungen auch auf Balsam-Präparaten der Haut zu beobachten sind, wo ja alle leicht löslichen Pigmente mit Sicherheit völlig zerstört sind. Zudem kann die Struktur des Oberhäutchens, die bei manchen Formen, speziell nach der Häutung, zum Schillereffekt beiträgt (vgl. p. 809), mitverantwortlich sein. Auffallend im Vergleich mit den Sauriern ist das bei Matrix etwas verspätete Auftreten der Gelbzellen. Ob diese Zurückhaltung bezüglich weiterer Farbzellen eine häufige Eigenschaft der Schlan- gen ist, wagen wir bei unserem geringen Material nicht zu ent- scheiden. Immerhin besitzt auch Leimadophis poecilogyrus, die adult auf gelbem Grund dunkelgrüne Flecken zeigt, beim Schlüpfen eine rein aus Melanophoren und Guanophoren aufgebaute Schwarz- Weissmusterung (nur am Kopf kommen gelegentlich supralabial einzelne Gelbzellen vor), die während des ersten postembryonalen Lebensjahres erhalten bleibt. Auch frischgeborenen Vipern, die allerdings ein grellgelbes Schwanzende besitzen, fehlen die röt- lichen ventralen Farbspritzer der adulten Form. Dagegen besitzen schlüpfreife Aeskulapnattern eine sehr ausgeprägte Gelbfärbung. Die Bauchzeichnung. Am 30. Tag ist die gesamte Dorsalmusterung von Kopf bis Schwanz völlig gleichmässig pigmentiert. Auch die dunkelgraue Bauchzeichnung ist fertig ausgebildet, wirkt aber infolge der Guanophorenüberdeckung etwas verschwommen. Sie, die in den Musterarbeiten über Reptilien bedauerlicherweise meist völlig ignoriert wird, setzt sich aus zwei unabhängigen Elementen zu- sammen (Abb. 36): 1. Die Fortsetzung der C-Flecke auf den Ventralschildern hängt eng mit der Dorsalzeichnung zusammen und bildet wie diese zuerst epidermale Melanocyten aus, denen erst später die ausmalenden Cutismelanophoren folgen. 794 P. FIORONI 2. Dagegen ist die rein cutale und daher erst spät auftretende eigentliche Bauchzeichnung des medianen Schienenteiles völlig autonom von den dorsalen Musterelementen. Die hier relativ ein- epy cu Mel ABB. 36 Natrix natriz : Aufbau der Ventralzeichnung aus zwei Elementen (vgl. Text). fachen Zeichnungsformen zeigen, dass die Cutismelanophoren allein nicht im Stande sind, ohne epidermale Vorzeichnung komplizierte Musterformen aufzubauen. Auch ist der Einfluss der sehr kompak- ten Bauchschilder grösser als bei den Dorsalschuppen. So sind die in der (Juerachse gelegenen Flecke auf eine Schiene beschränkt und ABB. 37. Natrix natrix: Varianten der Bauchzeichnung in den verschiedenen Körperabschnitten (vgl. Text). pif N: pigmentfreie Nabelregion. können sich nicht, wie dorsal, über mehrere Schuppen erstrecken. Das Fehlen der epidermalen Melanophoren hängt wahrscheinlich mit der frühen Differenzierung der Bauchschilder zusammen. Es scheint, dass die Melanoblasten, die zudem nach ventral den wei- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 19 testen Weg zurückzulegen haben, zu spät ankommen, um noch durch die bereits gefestigte Grenzlamelle stossen zu können (p. 756). Der grosse Einfluss der Bauchschilder auf die Musterung zeigt sich besonders schön im Vergleich mit Arten, die keine Bauch- © BN ga I en ARE re ad. / EBA A BG 5 x C di ABB. 38. Natrix natrix: Drei Hauptvarianten der Dorsalzeichnung («,ß,Yy). ABB. 39. Natrix natriz: Mustervarianten (vgl. Text). 1. Erster Embryo vom 25. Bruttag: a+b: vorderer Rumpf, ce: Mittel-, d: Hinterrumpf. Zweiter Embryo vom 25. Bruttag: e: Hinter-, f: Vorderrumpf. Dritter Embryo vom 25. Bruttag: g: Vorder-, h: Hinterrumpf. Embryo vom 22. Bruttag: i: Vorderrumpf. He CO RO schilder und somit auf dem ganzen Körper Schuppen vom Typ der Dorsalschuppen besitzen. Hier werden nämlich die Mustergrenzen frei oder in Anlehnung an besondere Körperquerschnitte gezogen und kann oft gar nicht von einer typischen Ventralmusterung gesprochen werden. Schliesslich hat embryonal der Nabelstrang einen gewissen Einfluss auf die Musterung, da seine Umgebung unpigmentiert bleibt (Abb. 37). 796 P. FIORONI f) Mustervarianten. Wie bei Lacerta muralis werden auch bei Natrix natrix die ver- schiedenen Mustervarianten schon embryonal aufgebaut. Nur die Jungen melanistischer Variationen werden mit normalen Flecken geboren (WERNER 1894, SCHREIBER 1912), was auch wir bestätigen konnten. Gleich verhält es sich bei Vipera aspis; dagegen kommen bei Vipera berus gelegentlich bereits völlig schwarze Neugeborene vor (STEMMLER 1956). Es seien die wichtigsten Mustervarianten kurz geschildert, um die schon embryonal vorhandenen Variations- möglichkeiten zu demonstrieren, die trotz dem Fehlen einer ge- schlechtsdimorphen Färbung ziemlich reichhaltig sind. Variationen des Dorsalmusters. Grundsätzlich lassen sich drei Hauptvarianten unterscheiden (Abb. 38): zwei Typen mit grossen, rhombischen oder rundlichen Flecken und eine kleinfleckige Form. Wie die folgende Uebersicht und Abbildung 39 zeigen, sind im einzelnen die Möglichkeiten viel grösser, speziell, da auf den verschiedenen Körperzonen des gleichen Tieres diverse Mustervarianten auftreten können. So stammen z. B. die Musterbilder 39 a bis d, 39 e und f, sowie 39 g und h jeweils vom gleichen Embryo. Die Form der Flecke variert stark (rhombisch, rechteckig, lang, längsoval, oval, rund, dreieckig, Y-förmig, punktförmig), wie auch deren Grösse, wobei aber die B-Flecke stets grösser als die A- und diese wiederum umfangreicher als die C-Flecke sind. Die einzelnen Elemente können unter Bildung eines helleren Pigmentbandes ver- wachsen (speziell die A-Flecke (Abb. 39 a und b)) oder zu einer einheitlichen Fläche verschmelzen. So vermögen sich zwei (Abb. 391), gelegentlich sogar drei (Abb. 39e) oder vier A-Flecke (Abb. 39 4) miteinander zu verbinden. Häufig sind auch C- und B-Flecke verkoppelt (Abb. 39 d und f), während ein Verschmelzen aller drei Fleckenreihen nur selten stattfindet (Abb. 39 A). Oft verketten Pigmentbrücken in Form von schmalen Linien die Flecken miteinander, und zwar sowohl die A- mit den B- (Abb. 39 c bis f) als auch die B- mit den C-Flecken (Abb. 39 c, e, f, g). Speziell variabel ist die C-Region, wo Flecken ausfallen (Abb. 39 k), sich aber auch neue Zusatzflecken bilden können (Abb. 3956). Post- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 197 embryonal treten teilweise zwei helle Längsstreifen auf; diese Varietàt (var. persa (Pall.)) wird von WERNER (1929) als Stamm- form betrachtet. Daneben kommen Veränderungen der gesamten Mustersym- metrie vor. So kann die Verschiebung der A-Flecke gegeneinander, längs der cephal-caudalen Medianachse, verschieden gross sein; damit verändert sich auch die Stellung der B- und C-Flecken, die aber stets zwischen den A-, respektive den B-Flecken liegen (Abb. 39 c, g, A). Auch können die A-Flecke ohne Verschiebung direkt nebeneinander liegen (z. B. Abb. 39 a und A). Gelegentlich weichen einzelne Fleckenkomplexe von der allgemeinen Verschie- bungsachse ab und nehmen eine eigene Richtung ein (Abb. 39 à). Schliesslich können die C-Flecke ihre normale Lage zwischen den B-Flecken verlassen und auf gleiche Höhe mit diesen gelangen, wobei es oft zu Verschmelzungen kommt (Abb. 39 d und f). Variationen des Bauchmusters. Die auf dem Vorderrumpf kleinen dunklen Flecke werden gegen hinten zu umfangreichen, sich meist über die ganze Schienenbreite erstreckenden Flächen (Abb. 37), sodass das cephal-caudale Mela- nisierungsgefälle bei der definitiven Zeichnung ins Gegenteil ver- kehrt ist. Variationen (Abb. 37) sind gering und betreffen nur die Flecken- form. So finden sich auf dem Vorderrumpf verschieden geformte, meist kleine Flecke (Dreiecke, Halbkreise, Rechtecke, Trapeze, Längslinien, Diaboloformen, etc.), die meist gegeneinander versetzt sind. Immerhin waren bei einem Tier sämtliche ventralen Flecke unversetzt. Auf dem Hinterrumpf werden die Flecke länglich- rechteckig, breiter und z. T. durch ein medianes helles Oval kom- pliziert. Da sie meist gegeneinander versetzt sind, entsteht eine Art Schachbrettmuster, bei dem allerdings die dunklen Kompo- nenten dominieren. Der ganze Schwanz ist uniform dunkel, doch kommen auf dem Vorderschwanz gegen dorsal meist regelmässige, laterale Aufhellungen vor, zu denen sich in einzelnen Fällen noch mediane Hellflecke gesellen können. 798 P. FIORONI B. Zur embryonalen Entwicklung der Musterung bei anderen Ophidierarten. 1. Natrix tessellata (Würfelnatter). Die Rumpfmusterung weist grössere, gegeneinander schach- brettartig versetzte, oft rechteckige Flecke auf (Abb. 40 a). Die ‘à | 6.6, 9 3 i ABB. 40. Dorsalmusterung verschiedener Ophidierarten. a: Natrix tessellata-Neugebo- renes; db: Natrix maura-Embryo (13 cm 1); c— e: Elaphe longissima, c: Embryo (13,5 cm 1), d: Neugeborenes, e, — ez: 37-tägiges Jungtier (Hals, Vorder- und Hinterrumpf); fi — fs: Leimadophis poecilogyrus- Embryo vom 32. Bruttag (Hals, Vorder- und Hinterrumpf); g+h: Python molurus-Embryonen (27 cm 1, 39 cm 1); 1: Vipera aspis-Embryo (16 cm ]). grossen B-Flecke reichen meist bis auf die Bauchschilder, und die C-Flecke sind öfters durch zusammenhängende Fleckenbildungen auf dem dorsalen Bauchschienenrand ersetzt. Die eigentliche cutale Bauchzeichnung besteht aus medianen, rechteckigen oder zu Spitzen ausgezogenen Flecken, die regelmàssig hintereinander an- geordnet sind und sich mehr oder weniger weit nach lateral er- strecken. Auffallend ist die verstärkte Pigmentierung der Schuppen- ränder, wobei auch die Cutismelanophoren an den Flanken beson- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN ders dicht liegen. Die fertige Kopf- musterung (Abb. 41 a, 42 b) zeichnet sich durch eher geringe Kontraste aus. Der ganze Oberkopf ist grau und wird durch zahlreiche Schuppenzeichnungen aufgehellt. Die dunklen Halbmonde, welche häufig zu einem zusammenhängen- den Winkel mit der Spitze auf den Parietalia verwachsen sind (Abb. 42), bleiben relativ hell. Auf dem hellen Halbmond kommen stets epidermale und z. T. sogar cutale Melanophoren vor. Wie bei Natrix natrix sind die Schuppenzeichnungen auf den Supra- labiaha und Sublabialia speziell auffallend und ausgeprägt. Wie ein Vergleich mit der Rin- gelnatter — der infolge der kor- respondierenden Brutdauer gut mög lich ist (Tabellen I und II) — zeigt, fällt das Auftreten der einzelnen Zeichnungselemente wie auch die Hautentwicklung zeit- lich zusammen. Nur die extrategu- mentalen Melanophoren entwickeln sich bei Natrix tessellata etwas frü- her; dagegen sind die Fleckenreihen um einiges später erkennbar. Die Uebereinstimmung sei noch durch einige weitere Punkte dokumentiert: 299 ABB. 41. Kopfzeichnung der Stadien von Abb. 40. Natrix natrix Natrix tessellata Dorsalschuppen mit Kiel versehen . 14. Tag 13. Tag 1. epid. Mel. auf den Bauchschildern. 17. Tag 192 Mag 1. Guanophoren auf den Bauchschildern 20.-21. Tag DITA g: 1. Guanophoren auf den Dorsalschuppen . 24. Tag 24. Tag Die Cutismel. werden musterbestimmend . 26.-27. Tag 28. Tag 800 P. FIORONI Zahlreiche weitere, bei Matrix natrix eingehend beschriebene Besonderheiten, wie die Pigmentablagerung, die Anastomosen- bildung der epidermalen Melanophoren, der Polymorphismus der ABB. 42. Natrix tessellata-Embryonen: Entwicklung des Kopfmusters (vgl. Text und Abb. 34). a) 22. Bruttag: im Vergleich zu Natrix natrix stärkere Zeichnung der Supra- labialia. b) 28. Bruttag: ein eigentlicher heller Halbmond fehlt. extrategumentalen Melanocyten und das Auftreten von Pigmen- tierungsgefällen (inklusive der komplizierten Pigmentausbreitung von zwei Kopfzentren aus) treffen auch für die Würfelnatter zu. Oft erscheinen freilich bei Natrix tessellata auf dem Kopf die aller- ersten epidermalen Melanophoren zunächst nasal; doch wird auch hier der Postocularstreif, verstärkt durch die stark durchschim- mernden extrategumentalen Melanophoren, zuerst am deutlichsten. Sonst verlaufen auf dem Kopf die weiteren Entwicklungsvorgänge weitgehend mit der Natrix natrix-Entwicklung synchron. Zu be- tonen ist allerdings die relativ früh auftretende Zeichnung der Sublabialia bei der Würfelnatter (vgl. auch Abb. 42 a). Die bei adulten Tieren vorkommenden gelben (besonders auf der Kopfunterseite, schwächer auf dem Hals und gelegentlich auf dem Rumpf) und roten Farbzellen (gelegentlich auf den Bauch- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 801 schienen) entwickeln sich erst spät in der postembryonalen Periode und fehlen den Jungtieren noch völlig. Obwohl das zeitliche Auftreten der Zeichnungselemente bei den zwei Natrix-Arten übereinstimmt, sind die Musterungen von Anfang an in der arttypischen Weise differenziert und durchlaufen nicht zuerst eine Phase gleicher Musterung. Daher lassen sich schon relativ früh (etwa um den 22. Bruttag) die Embryonen auf den ersten Blick hin eindeutig ihrer Art zuweisen. 2. Natrix maura (Vipernatter). Auch Vipernatterembryonen wirken entsprechend in Kopf- (Abb. 41 6) und Rumpfmusterung (Abb. 40 b) bereits arttypisch. 5. Elaphe longissima (Aeskulapnatter). Diese Art schlüpft stets mit einem gemusterten Juvenilkleid; im Verlauf des ersten postembryonalen Jahres verschwinden die Flecke und die Zeichnung wird uniform (DUERIGEN 1897). Bereits Neugeborene aus verschiedenen Serien dokumentieren beträchtliche Mustervarianten (Abb. 40 und 41, je d und e). Dabei zeigt sich bei der in Abbildung 40 e dargestellten Varietät, wo die hinteren Rumpfpartien wesentlich dunkler pigmentiert sind, einmal mehr die nachträgliche Umkehr des craniocaudalen Melanisierungs- gefälles. Leider lässt sich infolge des zu geringen Materials nicht entscheiden, ob die Varianten bereits so angelegt werden oder ob sie sich während der Embryonalperiode von einem neutralen Grund- muster aus differenzieren. Mehrere frühe Embryonen (von 135 mm Länge; Abb. 40c) besitzen ein vorzugsweise von epidermalen Melanophoren aufgebautes, regelmässiges, aus A- und B-Flecken bestehendes Muster, wozu noch C-Flecke stossen können. Es lässt sich vermuten, dass diese Embryonen bis zum Schlüpfen ihr Kleid nicht ändern werden, da nach DuERIGEN junge Aeskulapnattern mit nur vier Fleckenreihen am häufigsten sind. Anhand der Kopf- zeichnung dieser Embryonen (Abb. 41 c) lassen sich keine weiteren Schlüsse ziehen, da diese, wie erwartet, gegenüber der Rumpf- zeichnung stark retardiert ist und noch keine artspezifischen Züge aufweist. Uebrigens besitzen diese tegumental noch schwach pig- mentierten Embryonen, entsprechend den Natricinen, bereits eine gut entwickelte extrategumentale Melanisierung. 802 P. FIORONI Die Entwicklung von Gelbzellen findet in beträchtlichem Masse schon embryonal statt; bei frisch geschliipften Jungtieren waren alle hellen Teile des Kopfes gelb angefärbt. 4. Leimadophis poecilogyrus (,,Buntnatter*). Diese argentinische Colubride zeigt komplizierte Zeichnungen mit verschieden stark melanisierten Fleckeneinheiten. Als weitere Komplikation varieren auch innerhalb der Körperzonen des gleichen Aubr eg ELE >: a= cd Simm ABB. 43. Leimadophis poecilogyrus-Embryo- nen: Entwicklung des Kopfmusters (vgl. Text und Abb. 34). a) 29. Bruttag: mit früher Anlage der Augenbrille (Aubr) und den temporalen Aufhellungen (tem A). b) 35. Bruttag. Tieres die Musterbilder beträchtlich (Abb. 40 f). Speziell auf Vorder- und Hinterrumpf besteht eine auffällige Tendenz, durch Ver- schmelzung der drei Fleckenreihen Querstreifen zu bilden. Im Gegensatz zu Natrix natrix sind die A-Flecke meist dunkler als die B-Flecke. Die häufig sehr unregelmässig verteilten C-Flecke reichen oft weit in die Bauchschilder hinein. Zwischen den einzelnen Flecken kommen zahlreiche verschieden gerichtete und gestaltete Pigmentbrücken vor. Die dunklen Schuppen sind cutal fast immer uniform pigmentiert, zeigen aber besonders am Schuppenrand PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 803 ebenfalls epidermale Anastomosennetze. Die dunkle Kopfzeichnung (Abb. 41 f und 43 6) erinnert an Natrix natrix, geht aber ohne Bildung eines hellen Halbmondes direkt in die Rumpfflecke über. Auch sind die Schuppenzeichnungen der Supralabialia weniger kontrastreich, da sie nie tiefschwarz werden. Dafür finden sich zahlreiche Aufhellungen in der Nasal- und Temporalregion, sowie eine intensiv schwarze Augenbrille, die auch embryonal schon früh am 29. Bruttag erscheint (vgl. Abb. 43 a). Die Sublabialia sind nur schwach melanisiert. Da die Brutdauer gegenüber der Ringelnatter etwa um 10 Tage verlängert ist, stösst ein direkter Entwicklungsvergleich auf Schwierigkeiten. Die Befunde an unseren Leimadophis-Embryonen, die allerdings alle aus dem gleichen Gelege stammen, deuten darauf hin, dass die einzelnen Entwicklungsstadien gegenüber Natrix natrix etwa um 8 Tage zurück sind (vgl. beispielsweise in Tabelle I und III das erste Auftreten des Postocularstreifs, des Nasalpigmentes, der Rumpfflecken, der Cutismelanophoren, der Guanophoren); dieser Abstand scheint nach dem 30. Bruttag auf 5 Tage und weniger reduziert zu werden. Dagegen sind die Zeiten zwischen den mar- kanten Entwicklungsabschnitten nicht grösser als bei der Ringel- natter. Es lässt sich daraus schliessen, dass die verlängerte Brut- dauer vor allem auf den unreiferen Entwicklungszustand der Leimadophis-Embryonen zur Zeit der Eiablage zurückzuführen ist. Der Erscheinungsmodus der einzelnen Zeichnungselemente ver- läuft zum grossen Teil identisch wie bei Natrix. So erscheinen z. B. die B-Flecke zuerst deutlich. Die Fleckenkompositionen werden, was besonders bei den Querflecken sehr auffällig wird, ebenfalls von Anfang an so angelegt. Auch die Pigmentierungsgefälle ent- sprechen den bei Matrix geschilderten Verhältnissen. Nur die Guanophoren treten im Gegensatz zur Ringelnatter zuerst auf den Schuppen der dorsalen Grundfarbe auf, da diese, speziell median- dorsal, fast völlig melanophorenfrei sind (vgl. p. 751 ff). Die dorsale extrategumentale Pigmentierung schimmert auffallend gut durch die Hautschichten hindurch und kann bei oberflächlicher Betrach- tung noch am 29. Bruttag mit tegumentalen Musterelementen ver- wechselt werden (Abb. 7). Bei der Genese des Kopfmusters wird, wie bei den übrigen untersuchten Colubridenarten, in den früheren Entwicklungsstadien die Postocularzone stark betont (inklusive der durchschimmernden 804 P. FIORONI extrategumentalen Pigmentierung). Im Verlaufe der darauf fol- genden, gleichformigen Ausmalung des gesamten Oberkopfes bleiben auch hier die Parietalia, deren mediane Trennfurche auf- fallend spät erscheint, noch lange pigmentarm. Ein heller Halbmond wird nicht angelegt, was darauf schliessen lässt, dass der Post- ocularstreif ursprünglicher als die ebenfalls häufigen Halbmond- zeichnungen zu werten ist. Die Aufhellungen der Temporalregion werden von Anfang an hell gelassen. 5. Vipera aspis (Juraviper). Die Befunde an verschieden alten Vipern-Embryonen stimmen grundsätzlich mit den Ringelnatterergebnissen überein. Auch hier treten zuerst die extrategumentalen Melanophoren auf; die erste Hautpigmentierung ist ebenfalls uniform, und die oft verschmol- zenen Flecke werden schon bei embryonalen Stadien so angetroffen (vgl. Abb. 40 1). 6. Python molurus (Tigerschlange). Anhand von verschieden alten Embryonen geht hervor, dass die artspezifische Musterung, bei der die meistens mit den C-Flecken verschmolzenen B-Flecke am stärksten angefärbt sind (Abb. 40 A), direkt so angelegt wird, was speziell ein noch sehr schwach pig- mentierter Embryo von 27 em Länge demonstriert (Länge beim Schlüpfen zwischen 44 und 60 em (STEMMLER 1944)). An den untersuchten Embryonen lassen sich auf dem Rumpf verschiedene Musterformen unterscheiden, während die Kopfzeichnungen sehr ähnlich sind (Abb. 41 g und A). Uebrigens fand von Harnack (1953) auch bei einem Embryo der Kaiserboa bereits die arttypische Zeichnung vor. Dieses Tier zeigte ein deutliches cephal-caudales Pigmentierungsgefälle, indem die Musterung nur auf dem Rumpfvorderteil deutlich zu sehen war. C. Zu den postembryonalen Veränderungen der Musterung bei den Ophidiern. a) Allgemeines. Das Muster frischgeschlüpfter Jungtiere unterscheidet sich, da die weitere Genese differiert, wie bei den Sauriern in verschiedenem PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 805 Grade vom Adultzustand (vgl. WERNER 1892 ff, ZENNECK 1898, BouLENGER 1913, von Harnack 1953). Bei Ophidiern fehlen geschlechtsverschiedene Zeichnungen fast völlig, was, wenn man die grosse Rolle des Sexualdimorphismus in der Saurierzeichnung in Betracht zieht, einer wesentlichen Verar- mung der Mustermöglichkeiten gleichkommt. Immerhin weisen nach BuRGER-SMITH (1950) bei Bothrops atrox nur Männchen die typische juvenile Schwanzmusterung auf und ist bei Vipera berus neben Färbungsunterschieden auch eine stärkere Pigmentierungs- intensität der Männchen festgestellt worden. In den einfacheren Fällen der direkten Entwicklung entspricht das Jugendkleid dem Adultmuster (Vatrix, Boa) oder ist eine noch unentwickelte Anlage desselben (Bitis caudalıs, Python). Bei den komplizierteren Mustergenesen, wo die Adultzeichnung wesentlich differiert, kommt es zu Farbänderungen (diverse Baumpythonen), Musteränderungen (Coluber scalaris, quatuorlineatus) oder zur eigen- artigen Musterumkehr, wobei durch Pigmentverlagerung die ur- sprüngliche Grundfarbe unter Verdunklung zur Zeichnung wird (Graya ornata). Als Spezialfälle sind die sich aus normalfärbigen Jugendkleidern entwickelnden, arttypisch melanistischen Adult- muster (Atractaspis) und die grellen juvenilen Schwanzfärbungen verschiedener Crotaliden und Viperiden (Burcer-SmitH 1950) erwähnenswert. Es sei aber betont, dass durch intensivere Pigmentierung jede Musterung postembryonal mindestens histologisch verändert wird. Im Alter bewirkt der grössere Pigmentreichtum, der bei vielen Arten zum Altersmelanismus führt, fast immer eine Verminderung der Musterkontraste. Zudem können, wie ZENNECK und WERNER an vielen Arten demonstriert haben, bei älteren Tieren häufig sekundäre Musterveränderungen, die meist Rückbildungen sind, eintreten. b) Der Altersmelanismus der einheimischen Viperiden als Beispiel einer postembryonalen Veränderung. Vipera aspis und berus neigen stark zum Melanismus, während dieser bei der nahe verwandten Vipera ammodytes selten ist, was die bekannte Tatsache illustrieren hilft, dass innerhalb von nahe verwandten Arten die Variationsbreite der Musterformen stark differieren kann. 806 P. FIORONI Wie die Abbildung 44, wo ein wenige Wochen altes Jungtier mit seiner ausgewachsenen Mutter verglichen wird, zeigt, tritt bei A ABB. 44. Vipera aspıs: Schemati- sche Hautschnitte ver- schiedener Musterzonen eines Adult- (A) und eines Jungtieres (J). Man be- achte den unterschied- lichen Melanisierungsgrad der Schwazzellen. a) dun- kler Fleck, b) helle Grund- farbe, c) medianer, d) late- raler Teil der Bauchschil- der, e) heller, gegen dor- sal zu gelegener Ventral- fleck. Die tieferliegende extrategumentale Pigmen- tierung ist bei beiden Sta- dien stark. Vipera aspis eine allgemeine Verdunklung durch verstarkte Mela- nisierung ein. Diese umfasst eine Vergrösserung der Melanophoren- form, speziell der zentralen Plasmamasse (schön bei Abb. 44 a, € und d), ein Auftreten zusätzlicher Schwarzzellen vor allem in der die Guanophoren unterlagernden Schicht (Abb. 44 b und e) und eine PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 807 besonders die noch helleren Melanocyten des tieferen Stratum laxum erfassende dunklere Pigmentierung. Durch die Vergrösserung des Melanophorenplasmas stossen die einzelnen Zellkörper an manchen Vipera aspis: Postembryonale Umkehr des dorso-ventra- len Melanisierungsgefälles (Schema). E: Embryo, J: Jung- tier, A: Adulttier. Oben: Entwicklung der dorsalen Grund- farbe (d Gf); unten: Entwicklung der ventralenGrund- farbe (v Gf). -pif: pigmentfreie Hautstellen. Stellen dicht aneinander (Abb. 44 c und d), wodurch eine einheitlich schwarz wirkende Schicht entsteht. Im Zusammenhang mit der zunehmenden Melanisierung wird bei der erwachsenen Viper das beim Jungtier maximal differenzierte Muster (verschiedene Fleckschuppentypen, komplizierte Bauch- zeichnung, spezielle, auffallende Schwanzzeichnung) wieder verein- facht (prinzipiell nur ein Fleckschuppentyp, Bauchschilder oft fast einheitlich schwarz). Da die schwarze Bauchfärbung erst bei alten Tieren auftritt, verkehrt sich das bei Embryonen und sogar noch bei Jungtieren bestehende dorsal-ventrale Melanisierungsgefälle erst sehr spät ins Gegenteil (Abb. 45). Bei den von uns untersuchten Exemplaren von Vipera berus treten unterhalb der Guanophoren adult keine neuen Melanophoren mehr auf, da diese bereits beim Neugeborenen vorhanden sind und nur noch stärker ausmelanisiert werden müssen. Die Verdunklung erfasst äusserlich allein die braunen Flecke, die tiefschwarz werden, während die Grundfarbe, im Gegensatz zu Vipera aspis, wo die REV. SUISSE DE Zoot., T. 68, 1961. 97 808 P. FIORONI Verdunklung allgemein ist, durch verstàrkte Guanisierung sogar noch heller wird. Damit ist bei der adulten Kreuzotter der Kontrast zwischen Grundfarbe und Muster grösser als beim Neugeborenen. D. Zur Pigmentierung der adulten Ophidier. a) Hautbau. Im Gegensatz zu der embryonalen Haut sind die Schichten der Epidermis viel unregelmässiger und weniger schemahaft, da die einzelnen Kerne lange nicht mehr so gleichmässig gruppiert sind ABB. 46. Vipera ammodytes-Adulttier: Querschnitt der Kielregion einer Dorsalschuppe mit deutlicher Oberhäutchenprofilierung (Ohp) und in die Epidermis der Crista hineinragenden Guanophoren (G,). (Abb. 46). Auch stehen die rundlichen oder speziell auf der Schup- penunterseite sogar flachen Basalkerne ziemlich locker. Bei allen PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 209 untersuchten Arten fanden wir wie LANGE (1931) nur selten ovale Basalkerne. Dagegen traf PockRANDT (1936/37) bei verschiedenen Arten wie Erythrolampus, Platurus, Cylindrophis und Glauconia ovoide hohe Kerne an. Die Zahl der unverhornten Zellreihen unter der jetzt maximal dicken, auf Schnitten stets abgehobenen Horn- schicht hat abgenommen. Während diese bei Jungtieren oft 5 bis 6 Schichten umfasst, lassen sich adult häufig nur noch 2 bis 3 und erst vor der Häutung 4 und mehr deutliche Zellagen unterscheiden. Die auch bei Sauriern (BREYER 1929) vorhandene Profilierung des Oberhäutchens, die nur auf dem Kopf zu fehlen scheint, ist jetzt maximal gut zu sehen. Sie besteht je nach Art aus auch auf Schnitten deutlichen Längs- und Querleisten, aus Waben, Buckeln, borstenähnlichen Profilierungen, sowie anderen Bildungen und ist für den bei Reptilien öfters auftretenden Schillerfarbeneffekt (z. B. bei Boa auf dem Schwanz, bei Python reticulatus und Epicrates cenchris auf der ganzen Haut) verantwortlich (vgl. z.B. Leyvıc 1873, HOLTZINGER-TENEVER 1935, PockRAaNDT 1936/37, Hoce- Santos 1953). Dies erwies sich schòn an einem abgelegten Nattern- hemd einer jungen Python reticulatus, welches auch so noch schillerte. Wie eine genauere Analyse bei Boa constrictor imperator zeigt, kann das Schillern, welches mit dem Lichteinfallswinkel wechselt und vor allem bläuliche und grünliche Farbtöne erscheinen lässt, über allen Musterfarben auftreten, wirkt aber über dunklen Schup- pen am besten. Auch die epidermalen Leistenbildungen der Schup- penunterseite und des überdeckten Teiles der Schuppenoberseite in der Wurzelzone sind stark herausgebildet, bleiben aber für die Musterung bedeutungslos. Da die Oberhäutchen-Strukturen art- verschieden sind, wären sie in beschränktem Masse systematisch verwertbar. Der Verlauf der meist schräg-gekreuzten Fasern im breiten Stratum laxum corn (zwei- (dorsal) bis sechsmal (ventral) dicker als die Epidermis) ist jetzt wesentlich klarer als bei den Embryonal- stadien. Es kommen auch konkav gegeneinander gerichtete Faser- bündel (Vipera aspıs, Python sebae), vom Stratum compactum ausgehende, gegen die Epidermis aufsteigende, senkrechte Fasern (speziell schön bei Telescopus fallax) und rechtwinklig gekreuzte, parallel zur Hautoberfläche liegende, subepidermale Fasern (z. B. Elaphe longissimo) vor (vgl. auch die Zusammenstellung der Lite- ratur bei LANGE 1931). 810 P. FIORONI b) Zu den einzelnen Chromatophorensorten. 1. Die epidermalen Melanophoren. Da die Musterung adult weitgehend von den Cutismelanophoren bestimmt wird, beschränkt sich die Rolle der epidermalen Melano- phoren auf eine gewisse Verdunkling des Musters und die Pigmen- tierung der Häutungshaut. ABB. 47. Vipera ammodytes-Adulttier: Ablagerung des epidermalen Pigmentes (schematisiert). a) Schuppe der Fleckgrenze mit zur Grenz- flächensteigerung dienendem Epidermis- pigment. 6) epidermale Schwarzzelle mit ihrem in Wachstumsrichtung (WR) gegen die Schuppenspitze hin abgelagerten Epi- dermispigment. Zur Pigmentierung des Natternhemdes. Die Pigmentierung der Häutungshaut verläuft im Prinzip gleich wie die embryonale Pigmentabgabe ins erste Stratum corneum. Allerdings ist adult das abgelagerte Pigment, wie oft auch die Melanophorenausläufer, stärker in der Wachstumsrichtung der Haut gegen das distale Schuppenende zu gestreckt und die Ab- flachung der Pigmentnester zu einer zusammenhängenden Fläche häufig reduziert, sodass die abgelagerten Granula in Melanophoren- nähe konzentriert bleiben (Abb. 47 b). PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 811 Die Intensitàt der Melanisierung nimmt mit dem Alter sukzes- sive zu, sodass auch auf der abgelegten Haut die Musterung ausge- zeichnet zu erkennen ist. Doch variert, wie die folgende kleine Zusammenstellung von uns zugänglich gewesenen Natternhemden zeigt, die Menge des abgelagerten Pigmentes bei den verschiedenen Arten beträchtlich und kommen auch Formen mit fast hellen Natternhemden vor. Schwach pigmentiertes Natternhemd: Calabaria reinhardtii, Natrix tessellata, maura, Coronella girondica, Elaphe latea, Psammophis sibilans, Boaedon lineatum, Cerastes cerastes, Agkistrodon contortrix, Lachesis muta. Mittelstark pigmentiertes Natternhemd: Boa constrictor, imperator, Natrix natrix, Dendraspis viridis, Naja tripudians, Vipera ammodytes, Vipera xanthina palaestinae. Stark pigmentiertes Natternhemd: Python molurus, sebae, Gongylophis conicus, Natrix natrix (melani- stische Form), Coluber scalaris, quatuorlineatus, Bitis arietans, nasi- cornis, gabonica, Vipera aspis, berus, lebetina mauretanica, Akgistrodon piscivorus, Crotalus adamanteus, terrificus. Die Pigmentierungsintensitàt ist unabhängig von der Haut- dicke; so sind sowohl die dünnen Boiden- als auch die dicken Viperidenhäute stark pigmentiert. Da das Pigment der Hornschicht durch die epider- malen Melanocyten abgelagert wird, blei- ben die meist nur mit Cutismelanophoren versehenen Zwischenschuppenhäute pig- mentfrei (Ausnahme z. B. Bitis arietans) und sind die distalen Schuppenränder und auch der Kiel, wo die epidermalen Melanocyten speziell dicht stehen, oft be- sonders stark pigmentiert (Natrix natrix, Coronella austriaca, Elaphe longıssima, Telescopus fallax, Vipera aspis, berus, rus- selli, Boa constrictor imperator). Die Wie- derholung der Musterformen auf der ABB. 48. Häutungshaut ist so typisch, dass anhand Vipera berus-Adult- 1 Natt hema di 5 ] tiere: Pigmentierte der Natternhemden sogar die einzelnen Natternhemden dreier Mustervarianten einer Art unterschieden Mustervarianten. werden können (Abb. 48). 812 P. FIORONI Der Einfluss der epidermalen Melanophoren und des abgelagerten epidermalen Pigmentes auf die Musterung. Weil auf Grundfarbenschuppen die cutalen Melanophoren meist durch eine sehr kompakte Guanophorenschicht überdeckt werden (wodurch bräunliche Farbtöne entstehen), treten die Cutismelano- phoren nicht mehr direkt in Aktion. Es ist daher verständlich, dass die oberhalb der Guanophoren gelegenen epidermalen Melanophoren und ganz speziell das von ihnen abgelagerte Pigment zusätzlich verdunkelnd wirken können. Dies kann schön an Häuten mit künstlich entfernter Hornschicht demonstriert werden, die dadurch stark aufgehellt werden. ohne verhornte mit verhornter Lamelle Lamelle NOPIC RENE" blaugräulich bräunlich Coronella austriaca . . . . . weisslich bräunlich Melescopustta lar EEE weisslich gelb-bräunlich Auch sind Häute ohne Natternhemd von grauen und braunen Vipera aspis-Farbvarianten gleich, sodass die verschiedenen epi- dermalen Melaninsorten weitgehend für diese Farbnuancen verant- wortlich gemacht werden müssen. Schliesslich kann das Epidermis- pigment als vollwertiges Musterelement zur Grenzflächensteigerung verwendet werden. So reicht bei den dunklen Flecken von Vipera ammodytes das abgelagerte Melanin in Richtung gegen das distale Schuppenende etwas über die schwarze Masse der Cutismelano- phoren hinaus und ist als bräunlicher Saum auch bei makrosko- pischer Betrachtung am Totaltier zu erkennen (Abb. 47 a). Zur Form der epidermalen Melanophoren. Wie schon angedeutet, wird bei manchen Arten im Zusammen- hang mit dem Funktionswechsel der epidermalen Melanophoren deren Form durch Ausläuferreduktion stark verändert (z. B. Elaphe longissima, Telescopus fallax (Abb. 49), Crotalus terrificus, Vipera berus). Dagegen bleiben bei anderen Arten zahlreiche Ausläufer und oft auch die Anastomosenbildungen erhalten (Natrix natrix, Vipera PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 813 aspis, ammodytes). Selbstverständlich ist der Entwicklungszustand der Haut von Einfluss; so werden anlässlich der Pigmentierung des Natternhemdes auch bei reduzierten Mela- nophoren wieder Ausläufer vorgetrieben. 2. Die cutalen Melanophoren. Durch das postembryonale Auswachsen der zentralen Plasmamasse, begleitet von einer Reduktion und einer Verdickung der Ausläufer, sind die ursprünglich grazilen, vorwiegend im Stratum laxum lokalisierten Cutismelanophoren zu unförmigen Pigment- paketen geworden (Abb. 46, 50, 51), die wesentlich grösser als die epidermalen Mela- nophoren sind und dementsprechend auch stärker wirken. Im einzelnen variert, wie die Abbildung 50 zeigt, die Grösse und Form o etwas; auch die Zahl der Ausläufer, welche Telescopus fallax- deutlich heller als die zentrale Plasmamasse Adultier: Reduzierte : : : Epidermismelano- sind, ist verschieden. akoren. 3. Die Guanophoren. Die Guanophoren sind gegenüber den embryonalen Stadien vergrössert und stabilisiert, was sich unter anderem darin zeigt, dass ihr Inhalt bei der histologischen Behandlung der Schnitte nicht mehr ausgewaschen wird. Ihre Form ist ähnlich wie bei den Cutis- melanophoren; die zentrale Plasmamasse also betont und die kurzen Ausläufer breit und diek. Daneben kommen freilich auch andere Formen vor, so bei Vipera ammodytes körbehenförmige Guano- phoren mit langen Ausläufern und häufig gut sichtbarem Kern (Abb. 52), die an die von THILENIUS (1897) bei Sauriern beschrie- benen „Guaninkörbe“ erinnern. Bei Vipera aspis finden sich z. T. typisch sternförmige Formen. In Kielnähe schliesslich werden die Guanophoren oft halbmondförmig umgebogen. Bei Boa constrictor imperator können zwei Guanophorensorten mit varierendem Bre- chungsindex beobachtet werden, die cutal auf gleicher Höhe liegen und hell, respektive stark bräunlich wirken. Auch BIEDERMANN (1926), BaLLowirz (1931) und Scaminr (1917, 1949) beschrei- 814 P. FIORONI ben in ähnlicher Weise Iridocyten mit verschiedenen Granula- grossen. An manchen Stellen bilden die Guanophoren, welche direkt unter der Basallamelle oder, wenn sie von weiteren Farbzellen ep Mel cu Mel — ABB. 51. ABB. 50. Boa imperator-Jungtier (Totalhaut) : Boa imperator-Jungtier (Totalhaut in Schematische Ansicht der Farbzel- Durchlicht): Grosse Cutismelanocyten. len in Durch-(a) und Auflicht (0). überlagert werden, etwas unterhalb derselben liegen, eine kom- pakte, zusammenhängende Schicht, wobei die einzelnen Zellkörper nicht mehr voneinander unterschieden werden können (Abb. 46). Der Einfluss der Guanophoren auf die Musterung ist beträcht- lich, was durch die Ansichten der gleichen Hautstelle in Durch- und Auflicht (Abb. 51) demonstriert werden kann. Im Durchlicht treten die tiefschwarzen cutalen Melanophoren und die einzelnen Guano- phorenkörper gesondert in Erscheinung, während im Auflicht — was den natürlichen Verhältnissen am Tier entspricht — die Cutis- melanocyten unter der jetzt kompakt und undurchsichtig wirken- den, aufgehellten Guanophoren-Masse kaum mehr zu erahnen sind. Daher bleibt auch die bei manchen Adulttieren (Vipera aspıs, berus) sehr kompakte Melanisierung der Subcutis und der tieferen Körperschichten ohne Einfluss auf das äussere Erscheinungsbild der Musterung, obschon sie bei Betrachtung von der Körperinnen- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 815 seite her die Haut oft völlig uniform schwarz erscheinen lässt. Ebenso sind die teilweise schwarze Pigmentierung der Schuppen- unterseite (z. B. Vipera ammodytes) und die sogar bei schwach melanisierten Arten häufig auftretenden, tiefer gelegenen Melano- phoren in der Wurzelzone der Schuppenenden äusserlich nicht sichtbar. AB BED Vipe a ammodytes-Adulttier (Schnitt der Dorsalhaut): körbchen- förmige Guanophoren. 4. Weitere Farbzelltypen. Weitere, über den Guanophoren gelegene Farbzelltypen mit gelbem, orangem oder rotem Pigment, welches sich bei der Fixierung sofort auflöst, seien hier nicht näher behandelt. Durch geeignete Kombination dieser Zellen mit den Melanophoren und Guanophoren können weitere Farben, vor allem Grüntöne entstehen (vgl. etwa Fucus 1914, Scumipt 1917, BaLLowırz 1931, KLausewırz 1954 fi). c) Zur Verteilung der Pigmentzellen. Je nach Schuppentyp liegen die Chromatophoren in einer für die betreffende Art charakteristischen Anordnung im Stratum 816 P. FIORONI laxum. Dabei sind für die Musterbestimmung vor allem die oberen, subepidermalen Schichten entscheidend. Dies zeigt sich schön an den stark dreieckförmig aufgewölbten Dorsalschuppen von Crotalus, wo das Pigment nicht etwa in der basaleren Koriumhälfte bleibt, sondern die Aufwölbung mitmacht. Im medianen Teil der Dorsal- schuppen und speziell in den Bauchschildern sind die tieferen Stratum laxum-Schichten nur locker pigmentiert. Ausser auf den schmalen lateralen Schuppenflanken, wo die Farbzellen notge- drungen stark konzentriert sind, wird nur in wenigen Fällen das ganze Stratum laxum vom Pigment ausgefüllt; so beispielsweise bei Crotalus terrificus auf den Dorsalschuppen der hellen Grenz- flächensteigerung um die dunklen Flecke und auf den hellen Teilen der Ventralschilder. Abbildung 44 a-e zeigt als Beispiel Querschnitte durch die verschiedenen Musterzonen einer adulten Juraviper. Die Verhältnisse bei der Ringelnatter sind dorsal ziemlich ähnlich; ventral ist dagegen die Melanisierung oft wesentlich schwächer, und an manchen Stellen finden sich nur vereinzelt Melanophoren über dem Stratum compactum. II. BEFUNDE AN SAURIERN A. Ueber die Pigmententwicklung der Mauereidechse (Lacerta muralis). 1. Die embryonale Entwicklung. Embryonen vom 10.-12. Tag. Die einschichtige, unprofilierte, stark durchsichtige und noch völlig pigmentfreie Haut dieser Stadien (Abb. 53) weist die bereits bei Natrix beschriebenen embryonalen Merkmale und viele Kern- teilungen auf und entspricht in ihrem Aufbau dem Integument entsprechend alter Schlangenembryonen. Dagegen differiert im Zusammenhang mit der anderen Schup- penmorphologie die Anordnung der oberflächlichen Blutgefässe beträchtlich (Abb. 54 ff). Von einem oberhalb der Ansatzstellen der Extremitäten verlaufenden Hauptlängsgefäss, welches mit der Vena epigastrica der Ringelnatter verglichen werden kann, gehen nach dorsal und ventral anfänglich sehr unregelmässig angeordnete PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 817 Quergefässe aus (Abb. 55 a), die aber später (um den 14. Bruttag) mit der Herausbildung der Schuppenstrukturen und speziell der Querfalten (vgl. Abb. 61) fast regelmässig parallel gerichtet werden ABB. 53. Lacerta muralis-Embryo vom 12. Bruttag (Schnitt durch laterale Dorsalschuppe): Grosse embryonale Hautkerne, Kernteilung (KT). (Abb. 55 6). Untereinander sind diese Quergefässe durch nur an einzelnen Stellen sichtbare, zum Hauptlängsgefäss parallel ver- laufende Adern verbunden. Gegen dorsal kommunizieren die Quergefàsse mit einer weiteren, nur selten erkennbaren Längsader und erreichen schliesslich das dorsale Mediangefäss. Selten ist ventral von der Vena epigastrica noch ein weiteres Längsgefäss zu entdecken, das aber tiefer liegt und keine direkte Verbindung zu den Quergefässen besitzt. Embryonen um den 12. und 13. Tag. Bei manchen Embryonen treten in Form von kleinen, punkt- förmigen Erhebungen die ersten Anlagen der Dorsalschuppen auf, die im Gegensatz zu den Ophidiern vor den Bauchschildern ange- legt werden. Auf dem Hinterkopf, lateral vom Mesencephalon, stellen sich oberflächlich die ersten, locker angeordneten, sehr schwach mela- nisierten Schwarzzellen ein, die durch ihre punktförmige zentrale Plasmamasse auffallen (Abb. 65 a). Selten dehnt sich die Pigmen- tierung schon nach caudal gegen den Hals zu aus. 818 P. FIORONI Embryonen um den 14. und 15. Tag. Während die Dorsalschilder zu flachen sechseckigen Platten geworden sind, werden auf dem median noch offenen Bauch die Ventralschilder mehr oder we- niger deutlich sichtbar. Auf dem Vorderschwanz bilden sich Querfaltenringe, auf denen sich später Längsschuppen differen- zieren werden; auch sind zum Teil auf den Vorderbeinen ein- zelne Extremitätenschuppen angedeutet. e E: Grosse Fortschritte hat Oberflachliche Blutgefässe von Lacerta 3 5 : : (schematisiert). dQ: dorsales Querge- die epidermale Pigmentierung fäss, vQ: ventrales Quergefäss, mG: durchgemacht. Die gesamte maschenförmige Gefässe. Übrige Be- 5 È 5 : zeichnungen wie bei Abb. 2. obere Kopfhälfte wird bis auf halbe Augenhöhe ohne Beto- nung der Postocularzone uniform angefärbt (Abb. 65 b). Auf dem Rumpf ist oberhalb der Vena epigastrica der Lateralstreifen erschienen, bei dem infolge der frühen Determination die später hellen Flecke bereits freigelassen sind (Abb. 66 a). Durch die Unabhängigkeit des Streifens vom Gefässystem wird ZENNECK’S Theorie erneut widerlegt. Etwas später deuten vorläufig sehr helle Melanophoren die Zone des Dorsalstreifens an — dessen Erscheinen kann aber bei einzelnen Embryonen bis zum 17. Tag verzögert werden — und treten die ersten Extremitätenmelanophoren auf. Auffallend ist die sehr rasche Ausbreitung der ersten Melano- phoren, wobei im Gegensatz zu den Ophidiern das cranio-caudale Pigmentierungsgefälle, das sich nur im Erscheinungsmodus der Extremitätenmelanocyten und -schuppen, sowie in der retardierten Schwanzpigmentierung äussert, nur schwach entwickelt ist. Dage- gen spielt das auch an der gegen die Extremitätenenden zu gerich- teten Pigmentausbreitung ersichtliche dorso-ventrale Gefälle analog wie bei den Schlangen, wobei ebenfalls — entsprechend wie die B-Flecke — zuerst der Lateralstreifen angelegt wird. Dann diffe- rieren auch hier die Melanisierungsgefälle auf Kopf und Rumpf, die zudem innerhalb des Kopfes bei Schlangen und Echsen ver- schieden verlaufen. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 819 Embryonen vom 16.-19. Tag. Auf der nunmehr geschlossenen Ventralseite liegen die Bauch- schilder in sechs klar abgegrenzten Reihen. Dorsal treten die Rumpf- querfalten, auf denen die einzelnen Körnerschuppen aufgesetzt sind, deutlich hervor. Neben den Extremitätenschuppen, die zuerst als grosse Schilder auf den Oberseiten der Gliedmassen in Erschei- nung treten, und den jetzt auf dem ganzen Schwanz vorhandenen ABB. 55. Lacerta muralis-Embryonen: a) 11. Bruttag: unregel- mässige Quergefässe, b) 14. Bruttag: Parallelrichtung der Quergefässe. Querfaltenringen zeigen sich ab dem 17. Bruttag auf dem Kopf die Grenzfurchen grösserer Schuppenkomplexe, aus welchen sich in der Folge die kleinen Einzelschuppen abgliedern werden. Im Zusammenhang mit der stärkeren Herausarbeitung der Schuppen- umrisse ist die Epidermis, deren Kerne relativ unregelmässig an- geordnet sind, dorsal 2-3, ventral sogar 3-4 schichtig geworden. Mit der Anlage des freilich noch sehr hellen Marginalstreifens (Abb. 66 6 und c) nach dem 17. Bruttag und den ersten, allerdings öfters noch fehlenden Spuren der Bauchzeichnung sind alle wesent- lichen Musterelemente des Rumpfes vorhanden. Dagegen ist die Schwanzzeichnung noch stark im Rückstand, was ausserdem in 820 P. FIORONI gewissem Masse auch für den Kopf zutrifft. Hier bleibt die ganze Oberseite — ausser der pigmentfreien Stelle über dem Parietalauge — uniform angefärbt. Neu ist der Postocularstreif mit bereits an- ABB. 56. Lacerta muralis-Embryo vom 19. Bruttag (Schnitte der Dorsalhaut): Frühe Melanophoren. a) ohne Ausläufer, b) mit Ausläufern, aber noch schwacher Melanisierung. gedeuteten Aufhellungen hinzugekommen; er erscheint, im Gegen- satz zum rasch angelegten Lateralstreif, sukzessive durch neu binzutretende Melanophoren (Abb. 65 c). Bei gewissen Embryonen finden sich auch auf der Kopfunterseite, speziell auf den Kiefern und der Kehlregion, einzelne, noch helle Schwarzzellen. Infolge der sehr frühen Determination lässt sich schon jetzt mit grosser Sicherheit die mehr streifenförmige weibliche Zeichnung vom stärker gefleckten Männchenmuster scheiden (Abb. 66 a u. b) und können bereits individuelle Varianten nachgewiesen werden (p. 826 ff). PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 821 Auffallend ist das gleichzeitige Vorkommen von hellen und dunkleren, aber stets noch mit einer gut sichtbaren Kernregion versehenen Melanophoren, die auf den kleinen Körnerschuppen recht gross wirken. Der Durch- messer ihres meist rundlichen zentralen Plasmakörperss — längliche Melanocyten sind sel- tener — ist teilweise um die Hälfte kleiner als bei den Basal- kernen (Abb. 56 a). Auf eine Schuppe entfallen etwa 8 bis 10 Melanophoren, wobei deren Kerne vorwiegend entlang der Lacerta muralis-Embryo vom 22. Brut- kreisf6rmigen Schuppenbasis tag: Tegumentale Melanophoren (To- angeordnet sind, während die talansicht). Ausläufer die Schuppenwöl- bung überziehen und auch in die Zwischenschuppenhaut vorstossen. In der dünnen Epidermis verlaufen die Ausläufer meist noch parallel zur Hautoberfläche. Wie bei Schlangen (p. 774) kommen gelegentlich auch ausläuferlose abnorme” Melanophoren vor. Die ersten Cutismelanophoren sind meist noch als Melanoblasten (ohne Fortsätze und mit rötlich angefärbten Propigmentgranula) oder als Melanophoren mit wenigen hellen Ausläufern anzusprechen. Uebrigens sind, im Gegensatz zu den Ophidiern, die histologischen Unterschiede zwischen den tegumentalen Melanophorensorten gering; die Cutismelanophoren zeigen häufig eine etwas grössere zentrale Plasmamasse, eine vermehrte Ausläuferzahl und vorder- hand eine schwächere Pigmentierung (vgl. auch Abb. 57). Erst um den 18. Tag treten vor allem in der Bauchfellregion die ersten, noch hellen extrategumentalen Melanophoren auf, während sich in der auch später pigmentarmen Muskulatur erst Melano- blasten vorfinden. Da, im Gegensatz zu den Schlangen, die extra- tegumentale Pigmentierung erst nach der Herausbildung einer klaren Hautmusterung auftritt, bleibt sie äusserlich ohne jede Wirkung. ABB. 57. Embryonen vom 20. bis zum 22. Tag. Die Zahl der Epidermisschichten hat sich um eine weitere Lage vermehrt, und mit Ausnahme der Kiele auf den Schwanzschildern sind sämtliche Schuppen ausprofiliert. 822 P. FIORONI Die bereits völlig angelegte Rumpfzeichnung wird durch die sich jetzt häufig einstellenden Cutismelanophoren, welche die Melano- cytenzahl auf etwa 20 pro Körnerschuppe ansteigen 1assen, durch ABB. 58. Lacerta muralis-Embryo vom 25. Bruttag: Schnitt der Dorsalhaut. die zunehmende Melanisierungsintensität und durch die allerdings erst schwache Ablagerung von Pigmentkörnern ins noch unver- hornte Stratum corneum (vgl. Abb. 58) — die lange nicht so schema- haft wie bei den Schlangen verläuft — verdunkelt. Andererseits wird die Wirkung der Melaninzonen gesteigert durch die Guano- phoren, die sich von der Augenregion aus in den bereits geschilder- ten Gefällen (p. 751 ff), welche sich auch auf die Extremitäten erstrecken, gegen ventral und caudal hin ausbreiten. Dabei werden, wie bei Natrix, infolge der Hemmwirkung der Schwarzzellen zuerst nur die melaninfreien Stellen guanisiert. Während bei der ersten Melanisierung, wo die Kopfentwicklung allgemein retardiert war, die ersten Ausfärbungen auf Kopf und Rumpf autonom verliefen, können sich jetzt, wo nach dem Auftreten des Kopf-,,Marginal- streifens“ und einzelner dunkler Flecke auf dem Unterkiefer der Pigmentierungsrückstand des Kopfes weitgehend aufgehoben ist (Abb. 65 d), die Iridocyten ohne Rücksicht auf verschieden weit PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 823 entwickelte Regionen gleichmässig fortschreitend und rascher als die Melanophoren von cephal gegen caudal hin ausbreiten. Embryonen vom 23. bis 25. Tag. Die Epidermis hat ihre grösste Dicke erreicht (dorsal 4- und mehr-, ventral 5- und mehrschichtig) und zeigt im Stratum corneum ABB. 59. Lacerta muralis-Embryo vom 25. Bruttag: Querschnitt der dicksten Stelle einer Bauchschiene. Basalkerne in grossem Abstand von der Grenzlamelle. von älteren Embryonen Anzeichen der bald einsetzenden Verhor- nung (dunkle Anfärbung, Lamellenstrukturen, stark abgeflachte Kerne). Stärker als früher treten die histologischen Unterschiede im Bau der Dorsal- und Ventralhaut hervor (Abb. 58 und 59). Wegen der verstärkten Melanisierung sämtlicher Schwarzzell- typen und der sich auf ihrem Höhepunkt befindlichen epidermalen Rev. Suisse DE Zoot., T. 68, 1961. 58 824 P. FIORONI Pigmentablagerung dunklen alle Musterelemente stark nach, spe- ziell aber die bisher helleren Zonen der Bauchzeichnung und des Marginalstreifens, der später fast so düster wie der Lateralstreifen ABB. 60. Lacerta muralis-Embryo vom 30. Bruttag: Pig- mentfreie Stellen (pif St) in der Uberschiebungs- zone der Schuppen auf der Oberseite der Vorder- extremität. werden kann. Die Guanophoren erscheinen jetzt auch auf den melanocytenhaltigen Musterteilen. Erwähnt sei schliesslich, dass die Cutismelanophoren wie bei den Ophidiern auf den grossen ABB. 61. Lacerta muralis-Adulttier (Totalhaut): Auf den Querfalten (Qf) aufsitzende Körner- schuppen (KOS), eine davon rudimentär (rud S). dorsalen Kopfschuppen und den Ventralschildern als eigenständige Musterbildner agieren können. Embryonen vom 26. Tag bis zum Schlüpfen (30./31. Tag). Die oberen Stratum corneum-Lagen sind zu einer dicken, aus einzelnen Lamellen aufgebauten Schicht verhornt. Ein Periderm PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 825 kann nicht mehr nachgewiesen werden; nach EcceRrT (1934) soll es kurz vor dem Schlüpfen abgeworfen werden. ABB. 62. Lacerta muralis-Embryo vom 30. Brut- tag: In einer Richtung (R) gestreckte extrategumentale Melanophoren mit dicken Ausläufern (Peritoneum). Die sich bis auf die Schwanzspitze erstreckende Musterung hat sich noch mehr verdunkelt, was vor allem den jetzt flächig und kompakt wirkenden, nur noch mit wenigen und dicken Ausläufern versehenen Cutismelanophoren zu verdanken ist. Ab dem 26. Tag treten innerhalb von 4 Tagen auf dem ganzen Tier Gelb- und Rot- zellen auf, die im Verein mit den übrigen Chromatophoren auch makroskopisch sichtbare grünliche, bräunliche und rötliche Farb- töne entstehen lassen. Die ganze Haut ist somit sehr dicht pigmen- tiert, und nur an einzelnen Stellen, wie auf den überdeckten Schuppenteilen (Abb. 60) oder über dem Parietalauge, kommen spärlich verteilte oder überhaupt keine Farbzellen vor. Extrategumental sind schon vor dem 23. Bruttag in der dorsalen Muskulatur Melanocyten aufgetreten, die aber nur entlang den Rippen konzentrierter zu „Nestern“ vereint sein können. Die Hauptpigmentierung bleibt auf das Peritoneum beschränkt, wo sich sehr dicht gelagerte, in einer Richtung gestreckte Melanophoren mit dieken Ausläufern und Anastomosen (Abb. 62) vorfinden. 826 P. FIORONI 2. Zur postembryonalen Entwicklung. Vergleichsschnitte der Haut eines schlüpfreifen Embryos (Abb. 63) und eines adulten Weibchens (Abb. 64) zeigen, dass bereits im Schlüpfmoment alle wesentlichen Hautelemente in ihrem ABB. 63. Lacerta muralis-Embryo vom 30. Bruttag (Schnitt der Dorsalhaut): Unregelmässige Anordnung der Haut- kerne. Blz: Blutzelle. endgültigen Aufbau vorhanden sind. Namentlich werden bei Sau- riern die Cutismelanophoren grösstenteils schon embryonal zu aus- läuferlosen „Pigmentsäcken“ umgestaltet. Postembryonal wird vor allem die Pigmentierungsintensität der einzelnen Farbzellen noch gesteigert. So wirken die ehedem dunkelbraunen tegumentalen und extrategumentalen Melanophoren tiefschwarz und lassen auch auf aufgehellten Totalpräparaten die Haut völlig undurchsichtig er- scheinen. Ebenfalls sind die Iridocyten nun so kompakt, dass sie durch die histologische Behandlung der Schnitte nicht mehr aus- gelaugt werden. Schliesslich wird auch die Pigmentierung der ver- hornten Schichten noch intensiviert; die epidermale Wiederholung der Cutiszeichnung ist also maximal deutlich geworden. 3. Zu den embryonalen Mustervariationen. Die Variabilitàt der Lacerta muralis-Gruppe und der ihr nahe verwandten ‚„Mittelmeereidechsen“ ist eine ausserordentlich grosse. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 827 Unsere kurzen Angaben wollen nur demonstrieren, dass bereits embryonal nicht nur der Sexualdimorphismus der Zeichnung, sondern auch beträchtliche individuelle Variationsmöglichkeiten auftreten. 2 ae SERATA STA Pikn ABB. 64. Lacerta muralis-Adulttier: Schnitt der Dorsalhaut. Das Weibchenmuster. Als typisch weiblich (Abb. 66 c und d) wird die Musterung be- zeichnet, die dem auf Abbildung 68 gegebenen streifigen Grund- muster am nächsten kommt. Sie besitzt demnach drei dunkle, durch helle Zonen (obere und untere weisse Seitenlinie) getrennte Streifen (Dorsal-, Lateral- und Marginalstreifen), die nur durch vereinzelte Pigmentbriicken (Abb. 66 c) miteinander in Verbindung treten können. Innerhalb vom Lateral- und Marginalstreifen finden sich kleine, helle Punkte. Der Medianstreifen fehlt bei Embryonen oder tritt erst spät und schwach auf. Da er bei adulten Weibchen meist schön ausgebildet ist, scheint seine Ausdifferenzierung vor allem postembryonal stattzufinden. Entsprechend der von Ermer (1881) als Präponderanz der männ- lichen Zeichnung bezeichneten, auch bei Ophidiern vorkommenden 828 P. FIORONI Tatsache, dass Musteränderungen sich zuerst beim Männchen ein- stellen, sind beim Weibchen Variationen seltener. Auf verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten der Dorsal- und Medianstreifen sei nicht näher eingegangen. Als Abgrenzung des Dorsalstreifens gegen die obere helle Seitenlinie kommen dunkle Punkte (Abb. 66e)odereinemehr oder weniger zusammenhängende schwarze Linie (Abb. 66 d) vor. Makro- skopisch auffälliger ist die Bil- dung von Pigmentbriicken im Gebiet der oberen und unteren weissen Seitenlinie, wodurch diese hellen Linien zu Flecken- reihen (Abb. 66 e) werden; das Muster zeigt Vermännlichungs- tendenzen. Solche Verschmel- zungen können auf eine Kör- perseite beschränkt sein. Das Männchenmuster. Die beim Weibchen durch- gehenden weissen Seitenlinien sind durch viele Pigmentbriik- ken zu Fleckenreihen ver- schmolzen (Abb. 66 g), wobei durch Vergrösserung der Hell- ee Oo: ene flecke innerhalb des Lateral- Lacerta muralis-Embryonen: Entwick- : 2 ; lung des Kopfmusters. a) 13. Bruttag, und speziell des Marginalstrei- b) 15. Bruttag, c) 18. Bruttag, d) 21. fens (Abb. 66 f und g) und der Bruttag. H: pigmentfreier Hof ums 5 Parietalauge, Tr: Trommelfell. Auflockerung des Dorsalstrei- fens durch helle Punkte (Abb. 66 f-k) die ganze Flanke der Tiere maschenförmig aufgeteilt erscheint; zudem kann sich die Maschenzeichnung ventral auf die Bauchschilder fortsetzen (Abb. 66 g und k). Bezüglich der Fleckengestaltung, die zudem auf den Körper- seiten varieren kann, herrscht eine viel grössere Variabilität als beim Weibchen. So können durch Verschmelzung der hellen Punkte PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 829 von Lateral- und Dorsalstreifen (Abb. 66 f) oder von Lateral- und Marginalstreifen (Abb. 66 k) Querflecken, durch Zusammenwachsen von weissen Punkten innerhalb der oberen oder unteren Seitenlinie il DA CO ABB. 66. Lacerta muralis-Embryonen: Musterbilder (Lateralansicht). Frühstadien: a) weiblich vom 18. Bruttag, b) männlich vom 15. Bruttag. Varianten der weiblichen Musterung: c) 20. Bruttag, d) 27. Bruttag, e) 29. Bruttag. Varianten der männlichen Musterung: f) 21. Bruttag, g) 23. Bruttag, h) 24. Bruttag, i) 27. Bruttag, k) 26. Bruttag. (angedeutet in Abb. 66 1) Längsflecke oder Längslinien entstehen. Wenn sich die hellen Punkte des Lateralstreifens allein (Abb. 66 1) oder gemeinsam mit den Punkten des Dorsalstreifens (Abb. 66 k) 830 P. FIORONI mit der oberen weissen Seitenlinie verbinden, kommt es zur Bildung durchgehender gezackter Linien. Bleiben die Hellflecke innerhalb der dunklen Streifen klein und sind besonders die Pigmentbrücken uw Lacerta agilis-Embryonen: Musterbilder (Lateralansicht) (Vgl. Text und Abb. 68). a) 16. Bruttag, b) 19. Bruttag, c) 22. Bruttag, d) 25. Bruttag, e) Jungtier. a “Gm: sh Il | | | | | Gall | = - i ABB. 67. auf den hellen Seitenlinien reduziert (Abb. 66 4), erscheint die Zeichnung gestreift und demnach weibchenähnlich. B. Zur Entwicklung der Musterung bei anderen Saurierarten. 1. Lacerta agılıs (Zauneidechse). Im Erscheinen der einzelnen Farbzelltypen und Musterelemente besteht eine weitgehende zeitliche Uebereinstimmung mit den bei Lacerta muralis geschilderten Verhältnissen. Allerdings treten bei Lacerta agilis die Gelbzellen etwa 2 Tage früher auf, was aber, besonders wenn man unsere approximative Altersbestimmung der Zauneidechsenembryonen in Betracht zieht, nicht ins Gewicht fällt. Dagegen weist die Rumpfmusterung, welche sich weitgehend vom Streifenbau der Mauereidechse losgelöst hat, eine abweichende Entwicklung auf (vgl. Abb. 67) und zeigt nur in relativ frühen Entwicklungsstadien (etwa bis zum 16. Bruttag) mauereidechsen- hafte Züge (Abb. 67 a). Der hellgraue uniforme Dorsalstreif wird durch eine mediane pigmentfreie Linie in zwei Hälften geteilt; an ıhn schliesst sich ventral eine dunkler pigmentierte, durch eine Reihe heller Flecke unterbrochene Lateralzone an, die sich wie bei Lacerta PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 831 muralis oberhalb der Vena epigastrica befindet. Ventral von der Lateralregion kommen bei den älteren Stadien locker verteilte Melanophoren vor. Durch Bildung von Pigmentbrücken im Gebiet ABB. 68 Lacerta agilis-Embryonen: Versuch der Zurückführung der Musterung auf die Mauereidechsenzeichnung (Schema). a) La- certa muralis-Musterung, 5b) frühe, mauereidechsenähnliche Lacerta agilis-Musterung (16. Bruttag), c) spätere abgewan- delte Lacerta agilis-Musterung (25. Bruttag). Die ventralste noch vollständige Hellfleckenreihe entspricht wahrscheinlich den hellen Flecken des Mauereidechsen-Marginalstreifens, da die untere weisse Seitenlinie verloren gegangen ist und nur noch vereinzelt in Form kleiner Flecke (Abb. 67 b: uwS) angedeutet wird. der oberen und unteren hellen Seitenlinien und oft auch durch das Auftreten zusätzlicher Flecke entstehen etwa am 19. Tag auf jeder Körperseite fünf und mehr Reihen heller Flecke, die mehr oder weniger regelmässig gegeneinander versetzt sind und deren unterste auf die Bauchschilder übergreift (Abb. 67 b-e). Dabei ist häufig bereits eine Grenzflächensteigerung durch verstärkte Randmelani- sierung angedeutet, die zuerst auf der ventralsten Fleckenreihe noch fehlt. Nach dem 20. Bruttag verdunkelt sich die bisher noch hellere Dorsalzeichnung, sodass etwa nach dem 22. Tag die ganze dunkle Zeichnung einheitlich pigmentiert ist (Abb. 67 c). Auf die verschiedenen, bereits im Jugendkleid auftretenden Variationen in Zahl, Anordnung und Form der hellen Flecke sei nicht näher ein- gegangen; Abbildung 67 zeigt immerhin einige Möglichkeiten. Wie Abbildung 68 zeigt, besteht speziell bei Frühstadien eine weitgehende Aehnlichkeit mit der Mauereidechsenzeichnung, spe- 832 P. FIORONI ziell der weiblichen, und zwar sowohl in der Anlage und den Be- ziehungen zu den Hautblutgefässen, als auch ontogenetisch, da bei beiden Formen der Marginalstreifen zuletzt auftritt. Die im einzel- nen stark varierenden Fleckenzeichnungen älterer Embryonen weisen aber darauf hin, dass sich Lacerta agilis schon weitgehend vom wahrscheinlich primäreren Streifenschema der Mauereidechse gelöst hat. Bei älteren Embryonen wirken, nachdem die ursprünglich hellere Dorsalzone komplett nachgedunkelt ist, die dunklen Muster- zonen als Grundfarbe, differieren also von Lacerta muralis, wo sie eindeutig als Zeichnung agieren. Damit berühren wir die so proble- matisch erscheinende Frage der Definierung von Zeichnung und Grundfarbe. Wenn wir mit WERNER und andern (vel. p. 860) die drei dunklen Fleckenreihen oder Längslinien als primäres Reptilien- grundmuster annehmen, ist alles, was aus diesen Zonen entstanden ist, als Zeichnung zu bezeichnen. Daher wären bei Lacerta agilis die aus den hellen Zwischenzonen gebildeten hellen Flecke als Grund- farbe, der dunkle Untergrund als Zeichnung zu werten. Hingegen kann z.B. TorNIER (1897), der primär eine uniforme Schwarz- färbung voraussetzt, bei Lygodactylus picturatus die hellen Muster- elemente als Zeichnung benennen. Manche Autoren brauchen die Begriffe, wie es ihnen gerade passt. Da bei den meisten Reptilien- arten weder die ontogenetische, geschweige denn die phylogenetische Entwicklung der Musterung bekannt ist, erscheint uns die Methode der Benennung der Elemente nach ihrer Wirkung und nicht nach ihrer Herkunft durchaus vertretbar und wird auch von uns ange- wendet. So bezeichnen wir hier die aus dem Zusammenspiel der dunklen Musterelemente resultierende dunkle Färbung als Grund- farbe und die hellen Flecke als Zeichnung. Es sei in diesem Zusam- menhang auf die an anderer Stelle (p. 805) erwähnte, von einer eigenartigen Dynamik der Evolution zeugende Erscheinung der Musterumkehr hingewiesen. Auch die Genese der Kopfzeichnung zeigt Besonderheiten, wobei aber der embryonale Musterumbau lange nicht so deutlich wie auf dem Rumpf sichtbar wird. Am 15. Bruttag ist die ganze obere Kopfhalfte einheitlich pigmentiert (Abb. 69 a) und zeigt zu dieser Zeit wie die Rumpfmusterung eine grosse Aehnlichkeit mit der entsprechend alten Mauereidechsenzeichnung (vgl. Abb. 65 a). Später, um den 18. Tag herum, tritt die Postocularzone zeitweilig PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 833 etwas stärker hervor (Abb. 69 6), verschwindet aber bald wieder, sodass es nie zur Herausbildung von eigentlichen Kopfstreifenzonen kommt. Auch sind die sich später unterhalb der Postocularstreifen ABB. 69. Lacerta agilis-Embryonen: Ent- wicklung des Kopfmusters (vgl. Text). a) 15. Bruttag, 5) 19. Brut- tag, c) 20. Bruttag, d) 25. Brut- tag. Po Z: temporär verstärkt pigmentierte Postocularzone. 5mm bildenden Musterelemente sehr unregelmässig (Abb. 69 b-d) und lassen sich nicht direkt mit den Kopfmarginalstreifen von Lacerta muralis vergleichen. Erwahnt seien schliesslich die sich auf der Nasal- und Oberlippenschilderregion herausbildenden, unregelmäs- sig angelegten dunklen Zeichnungsformen auf aufgehelltem, stark guanisiertem Grund (Abb. 69 d) und die durch Cutismelanophoren gebildeten sekundären Flecken auf den grossen dorsalen Kopf- schildern. 834 P. FIORONI In der weiteren Entwicklung wird das nicht sexualdimorphe Jugendkleid im Verlauf von zwei Jahren ins Adultkleid umgewan- delt. Neben der Verminderung der Zahl der Fleckenreihen auf eine mediane und eine bis zwei laterale Reihen durch Verschmelzung (SCHREIBER 1912) findet eine sekundäre Aufteilung der uniform dunklen Färbung in verschieden gefärbte Längsbänder statt, die nach DUERIGEN (1897) erst nach dem Winterschlaf, also im zweiten Jahr, erscheinen sollen. Immerhin konnten wir bei unseren Neuge- borenen bereits eine stärker bräunliche Tönung der Dorsalregion feststellen. Erst im dritten Jahr ist mit dem Auftreten des typischen Grüns der Männchen die Musterentwicklung völlig beendet. 2. Lacerta viridis (Smaragdeidechse). Wie die nachfolgende Uebersicht der wichtigsten Pigmentie- rungsvorgänge zeigt, besteht in Bezug auf die Sukzession der Farb- zelltypen eine völlige Uebereinstimmung mit Lacerta muralıs. 16. Bruttag: Oberkopf melanisiert (Abb. 71a) 18. ) Schuppenanlagen ZAN ) median-dorsaler Rumpf melanisiert 297 » Rumpf bis zur Vena epigastrica melanisiert 25. ) Rumpf bis auf den dorsalen Rand der Bauchschilder melanisiert; deutliche Cutismelanophoren; erste Guanophoren in der Augenregion Guanophoren auf allen Musterelementen » Auftreten der weiteren Farbzelltypen (zuerst in Kehl- region) Go DI no = Die Pigmentierung der Smaragdeidechse, deren Brutdauer meist 43-45 Tage beträgt, ist anfänglich um 3 Tage zurück (man ver- gleiche etwa das Auftreten des Pigmentes auf dem Kopf), ein Rückstand, der sich später, wie das Erscheinen der weiteren Chro- matophorentypen demonstriert, auf über 6 Tage vergrössert. Somit hat die gegenüber der Mauereidechse bis um 14 Tage verlängerte Brutdauer — analog wie bei Leimadophis — nur eine relativ geringe Retardierung der Pigmentgenese zur Folge. Trotz den entwicklungsgeschichtlichen Gemeinsamkeiten ist die Musterung von Anfang an artverschieden. Bei der Mehrzahl der Embryonen ist der dorsale Rumpf uniform braun, die Ventralseite uniform hell (Abb. 70 a-c). Auch auf dem gleichmässig pigmen- tierten Kopf fehlt jede Streifung (Abb. 71). Die Tatsache der primär uniformen, nicht etwa durch das Zusammenwachsen von embryo- nalen Flecken oder Längslinien entstandenen Lacerta viridis- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 835 Zeichnung hat übrigens Von FEJERVARY (1914) bewogen, als ur- sprüngliches Eidechsenmuster eine einheitlich dunkle Färbung anzunehmen. Ein hellgelber Ring umgibt bei älteren Embryonen UA ZERI x ES: h ABB. 70. Lacerta viridis : Entwicklung der Rumpfmusterung (Dorsalansicht) (vgl. Text). a—c) direkte Entwicklung zum uniformen Schlüpfmuster (Embryonen vom 23., 25. und 44. Bruttag), d) postembryonal entstandenes Streifenmuster eines einjährigen Jungtieres, e—h) Beispiele für schon embryonal angelegte Flecken- und Streifenzeichnungen (Embryonen vom 31., 32., 41. und 44. Bruttag.) als einziges belebendes Element die Augenregion; auch das Trom- melfell kann gelb umrandet sein. Um den 34. Bruttag schliesslich treten am Hals anfänglich gelbliche Farbzellen auf, die aber bald in der Region der adult blauen Kehlfärbung ein intensives Olivgrün erzeugen, das sich bis zu den Vorderextremitäten erstreckt. Nach den meisten Autoren soll bei Reptilien Grün immer als Summations- effekt von Pigmentgelb und Strukturblau entstehen. Diese letztere Komponente erfordert demnach Melanin als dunklen Grund. Das an völlig melanophorenfreien Orten auftretende Kehlgrün junger Smaragdeidechsen unterstützt die Ansicht von BouLENGER (1913), 836 P. FIORONI ScumipT (1913) u.a., die auch für das Vorkommen eines eigen- ständigen, nicht durch Kombinationswirkung verschiedener Chro- matophorensorten bedingten Pigmentgrüns eintritt. Umstritten bleibt dageger die Natur der brilliant schillernden grünen und 5mm ABB. 71. Lacerta viridis-Embryonen: Entwicklung des Kopfmusters. Von Anfang an uniforme Zeich- nung ohne transitorischen Postocularstreifen. a) 18. Bruttag, b) 27. Bruttag, c) 42. Bruttag. rötlichen Farbtöne, die dorsal und ventral auf dunklem und hellem Untergrund vorkommen. Da diese Farben längere Zeit dem Fixie- rungsformol widerstehen, scheint es sich um wahrscheinlich durch die Guanophoren mitbedingte Schillerstrukturen zu handeln. Neben dem eben beschriebenen, in der Literatur allein zitierten uniformen Schlüpfmuster können bei manchen Exemplaren die späteren, teilweise mit Grenzflächensteigerung versehenen Flecken- reihen und Längslinien (Abb. 70 d) schon embryonal angelegt PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 837 werden (Abb. 70 e-h), womit sich für die individuellen Muster- genesen zahlreiche Variationsmöglichkeiten ergeben. Doch sind, wie unsere Zusammenstellung der Schlüpfmustervarianten demon- striert, uniforme Juvenilkleider am häufigsten: Anzahl der Erstes Juvenilkleid Tiere uniforms. =). a ene SE eee 23 ventrale Fleckenreihe angedeutet AS AR Ree au NHL, 5 ventrale Fleckenreihe deutlich . aoe 1 ventrale Fleckenreihe deutlich, obere weisse Seitenlinie angedeutet . . 4 ventrale Fleckenreihe und obere weisse 'Seitenlinie deut- liche 3 ventrale Fleckenreihe und obere weisse Seitenlinie : an- gedeutet. . . 2 ventrale Fleckenreihe angedeutet, “obere weisse Seiten- linie deutlich; dieses Tier war median-dorsal dunkler melanısiert Te TT EN aa TE TUE 1 Aus dem ersten Jugendkleid entwickelt sich im Verlauf von drei Jahren über zwei weitere Jugendkleider das Adultkleid (DUERIGEN 1897, SCHREIBER 1912). Im Normalfall erscheinen während des ersten postembryonalen Jahres auf dem Rücken beidseitig je eine gegen ventral gelegene, bezüglich ihrer Lage zur Vena epigastrica der unteren weissen Seitenlinie entsprechende Fleckenreihe und je ein dorsaler heller Streifen, der mit der oberen Seitenlinie verglichen werden kann (vgl. Abb. 70 d). Bisweilen wird auch ein unscharfer Medianstreif sichtbar. Im Sommer des 2. Jahres werden die Seiten grün und treten Längsstreifen auf, während schliesslich im 3. Jahr mit der Herausbildung der Geschlechtsunterschiede der Färbung das Adultkleid fertiggestellt wird, wobei sich speziell bei nördlichen Formen öfters sekundär wieder eine mehr oder weniger uniforme Grünfärbung einstellt (ScHREIBER 1912). Auf die zahlreichen adul- ten Mustervarianten kann nicht näher eingegangen werden; doch sei betont, dass auch beim weiblichen Geschlecht häufig Formen mit blauer Kehle vorkommen, was beispielsweise bei unseren sämtlichen aus dem Tessin stammenden Weibchen zutraf. 3. Lacerta vivipara (Bergeidechse). Diese in der Färbung weitaus beständigste Art zeigt nur geringe Variationen, und die Geschlechtsunterschiede der Färbung sind 838 P. FIORONI auffallend gering; beim Männchen wirkt die gelbrote Bauchfärbung stärker. Die Adulttiere zeichnen sich durch breite, dunkle laterale Streifen aus; innerhalb des braunen Dorsalstreifens liegt ein oft ABB. 72. Anguis fragilis-Neugeborenes (Schnitte der Dorsalhaut): a) maximal flache Epidermis des Schuppenrandes, b) me- diane Schuppenzone mit flachen Basalzellen. unterbrochener Medianstreifen. Zusätzlich treten gelbe und schwar- ze Punkte und Flecken in stark varierender Verteilung auf. Speziell die weibliche Musterung gleicht stark der Zeichnung weiblicher Mauereidechsen. Die dorsale Grundfarbe der Neugeborenen (die vom ovovivi- paren Weibchen direkt zur Welt gebracht werden) ist uniform schwarz oder dunkelbraun; Spuren eines dunklen Medianstreifens sind oft, zwei Reihen von dunklen lateralen Flecken, die von einem hellen Hof umgeben sind, meist vorhanden. Die schwärzliche Ven- tralseite zeigt einen Stich ins Blaue oder Grünliche. Postembryon- nal, allerdings erst im nächsten Frühjahr, wenn die Jungtiere etwa acht Monate alt sind, setzt dorsal eine Aufhellung ein, die sich im Laufe des Sommers auch auf die Ventralseite erstreckt. Gleich- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 839 zeitig treten die ersten Andeutungen der Adultmusterung auf, die aber erst im nächstfolgenden Jahr fertig differenziert ist. 4. Anguis fragilis (Blindschleiche). Auch diese Art besitzt umfangreiche postembryonale Muster- verànderungen. Die neugeborenen Schleichen zeigen auf ihrer Oberseite ein hell grau-weisslich glänzendes Dorsalband, welches durch eine, gelegentlich auch zwei mediane, dunkle, wellenförmige Linien aufgelockert wird. Die Lateralpartie und der Bauch sind tiefschwarz. Die sehr flachen, relieflosen Schuppen tragen nach ScumipT (1914) wesentlich zum Schillereffekt der medianen Partien bei. Auf Hautschnitten fallen die ausgesprochen flachen, in zwei bis vier Schichten gelagerten Epidermalkerne sofort auf; nur in der Schuppenmitte sind sie teilweise rundlich (Abb. 72 6). Am Schup- penrand, wo die unverhornte Epidermis stellenweise viermal dünner als die Hornschichten ist, finden sich maximal abgeflachte Kerne, die bis sechsmal länger als hoch sind (Abb. 72 a). Im ebenfalls dünnen Korium liegen schon beim Neugeborenen die Farbzellen als dicht gedrängte Masse. Wesentlich ist, dass der gesamte Hautbau im Dienste der Färbung speziell durchstrukturiert wird. Am neu- geborenen Jungen lässt sich besonders schlagend die Unabhängig- keit zwischen tegumentaler und extrategumentaler Pigmentierung demonstrieren: Die extrategumentale Pigmentierung ist, wie bei Schlangen, median dorsal am stärksten und nimmt an den Flanken in ventraler Richtung stark ab; die Melanisierungsintensität der einzelnen Körperzonen ist also gerade umgekehrt wie bei den tegu- mentalen Melanophoren. Die postembryonal während des ersten Lebensjahres stattfindende Bildung der Knochenschuppen bleibt ohne Einfluss auf die Pigmentierung (ScumipT 1914). Im Laufe des ersten Jahres, z. T. erst im zweiten, hellen sich die Tiere ventral und auf den Flanken auf, sodass es zur Auflösung der Flankenstreifen und zur Bildung von einzelnen Längslinien oder Punktreihen kommt; gleichzeitig findet eine Umfärbung des hellen Dorsalstreifens ins Bräunliche statt. Auch verschwindet langsam die mediane Längslinie. Adult treten mannigfaltige Mustervarianten auf; besonders auffällig sind die speziell bei Männchen häufigen blauen Flecke oder Punkte. Geschlechtsunterschiede der Färbung, die erst im dritten oder vierten Jahr in Erscheinung treten (Ror- Rev. Suisse DE ZooL., T. 68, 1961. 59 840 P. FIORONI LINAT 1934), sind minim, sodass eine Geschlechtsdiagnose mittels der Färbung als äusserst schwierig erscheint. 5. Calotes mystaceus (Agamidae). Der Embryo vom 36. Bruttag ist schon weit entwickelt; die auf dem ganzen Tier (auch auf dem Kopf) auffallend kleinen Schuppen sind wohl ausgebildet. Der rundliche Kopf zeigt agamentypische 5mm > ABB. 73. Calotes mystaceus-Embryo vom 36. Brut- tag (vgl. Text). PA: Parietalauge Formen, wenn ihm auch die kammartigen Fortsätze auf Hinterkopf und Hals noch fehlen, die wahrscheinlich erst postembryonal in Verbindung mit der Geschlechtsreife ausgestaltet werden. Im Ver- gleich mit den Lacertidenembryonen ist die Rumpfzeichnung (Abb. 73), die in Form von breiten Querflecken, die sich gegen die Ventralschilder zu in einzelne dünne Streifen aufteilen, angelegt ist, grundverschieden. Die Tendenz zur Querstreifung zeigt sich eben- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 841 falls auf den Extremitäten, speziell auf den Vorderbeinen, wo die dunklen Pigmentmanschetten besonders auffallend sind. Auch die Kopfmusterung, welche aus vom Augenmittelpunkt ausgehenden ABB. 74. Ameiva bifrontata-Embryo vom 55. Bruttag (vgl. Text). radıären Pigmentstreifen besteht, weist absolut eigene Züge auf; nur die Schuppen des Hinterkopfes sind wie bei Lacertiliern uniform pigmentiert, wobei aber hier die sehr ausgedehnte Zwischenschup- penhaut zwischen den einzelnen Schildern ein helles, kleinmaschiges Auflockerungsnetz entstehen lässt. Auch auf dem Rumpf ist die Zwischenschuppenhaut breit und wird durch die hindurchschim- mernden unterliegenden Körperschichten orange angefärbt, was der ganzen, schon stark von Guanophoren besetzten Haut einen orange-weisslichen Schimmer verleiht. Die Tendenz zur Querstrei- fung ist so ausgeprägt, dass mit einiger Sicherheit geschlossen werden darf, dass diese von Anfang an so und nicht über den Umweg einer Längsstreifenzeichnung angelegt wird. Dem Adulttier, das einen intensiven Farbwechsel zeigt, fehlen die Querstreifen. In der Ruhe sind auf dem beige-bräunlichen, zum Teil auch hellblauen Rumpf Flecke kaum sichtbar; im Zustand starker Erregung treten pro Rumpfseite je eine Reihe rhombischer, von einem sich auch auf den Kopf fortsetzenden gelben Rand um- gebener Flecke auf, die gegen caudal zu kleiner und undeutlicher werden. Einigermassen konstant bleibt nur die Kopfmusterung, welche auf einem uniform dunklen Grund, der aber in der Erregungs- 842 P. FIORONI phase dunkelblau wird, einen subocularen gelblichen Streifen auf- weist. Die radiàr angeordneten embryonalen Kopfstreifen sind völlig verschwunden. Nur auf dem Schwanz findet sich die Ringe- lung der embryonalen Schwanzmusterung wieder. Extrategumental ist, wie bei Lacerta, das Bauchfell stark (tiefschwarz) pigmentiert. Es wäre aufschlussreich, an Hand einer kompletten Serie den genauen Vorgang des Musterumbaues verfolgen zu können. 6. Ameiva bifrontata (Tejidae). Die Musterung eines Embryos vom 55. Bruttag (Abb. 74), der schon typisch ameivenhaft erscheint (vor allem charakterisiert durch die Form des grossen Kopfes, auf dem übrigens kein Parietal- auge sichtbar ist), erinnert stark an Lacerta muralis, indem auch hier drei Streifenzonen unterschieden werden können, wobei eben- falls der Lateralstreif weitaus am dunkelsten ist und sich direkt auf den Kopf fortsetzt. Alle Streifen des Rumpfes sowie die Extre- mitätenpigmentierung werden durch helle ovale Flecken aufge- lockert. Die Ventralseite ist hell. Auffallend ist am bereits stark guanisierten Embryo das ausgesprochen braun getönte Melanin. Die postembryonalen Veränderungen sind gering. Die bezüglich ihrer Gestalt schwach differenzierte Art hat, gleich wie die ein- heimische Mauereidechse, auch in der Musterung die primären Züge beibehalten. 843 MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN UND PIGMENT- poo uoll9Zzqlag ‘JT —0£ sunu -Yoreztoneg ‘NP s[IeJ9PAIISNIN 99279] : UNUIOYIIA J9puaaq SUNIISP[AQRJUIUEIA 4 — Go aa w+ L Sunuyorezyoneg ‘I SUIS À w4¢ UUIS9I{SSUNIISP[ARJUIUSIX INIIYZUEMUOS AITE dopı!yosJdo“1 alle usaoydoueny ‘| J9PUIMUYIS ued -I9A U9JI91JSIP[N90$04 -ANYISZUE AS alle usayfejusddnyds — (0% -UQUOSIMZ 9TEAJUOA 9yaayduny ae Sunuqorozuoddnuos oferqet UO NOIMJUI [LOA -eadns "Std unıoprun Jd0H19{0 JOPTIy9SJdoyaajurd styyon os f y—€ 9HD011—0 SUSI (OZNEUUIS) aopfIyasJdoM "I 9MH29[T-V qua : syney ‘[awsiyng dYyoo[ I-A -STAIBEINIOBAANS + —[eseN nz yonegq SIJUOIUOS è usddnyoszureMyos ‘I u9aoydoueppwsınd ‘} | Zunasysnw OUHOJIUN JHTUAUSIA Jdoydo JULY —C} an} -P[NASNI 9[PSIOP 391 U9I0UAOUPIAUISTUNO PIA AH *] U9IOUAOURION *} | -nepeasue usjloajsaepnoo0jsod oqoMos -opulg SoQpeazuoA uoddnyospesIo(q "] ITA dojun 9$P[ŒAUU O —01 UNIDPLIIT + TO ppruosqoneg "I | SIJUOIUDS (è) I U9][9Z}UQ USI Sunaogsnunduny sundoysnwuy doy ION 50) Xo uoddnyos STULIO PIC HH (QUE uoryayassiuopidsg you pun G 2 F1poryos WG IMDYJDAIUO À ap AN asajun aap md uaqyoryossrusapidy dop yoz aip inf uaqnsuy uasinezyor)3 1062 1997 ‘(000 L YE-FE JONDPINAT ) xt1qeu xIIYeN 04 SUNIYIIAUAIUIWS1 | PUN -MDLJ Lap PYDISAO( À I I 1 ld 4 [, I AUIAAVI], FIORONI RE: 844 J2pPU994 SUNIISE[T®]UQ UST] uuSogsgungoserqgeJuoundtd uodoydourns ‘| SUNLU "Towsmnd uw9aoydourpuwst!nd ‘} UdLOYMOULPOUUSTLULIPTA GL * | sunu -Yorozqoneg ‘[ynop Sunuyorozyouve. "1 OY LI—O OMA —V o490[I— Suns Sn OULLOFTUN UdILOYUMOULLOTAL "hl SIIEIOPAOISNIN 94240] 1.191) -u9 WFT UHOFIUN FOI O qojgnoposue JUOULSTC -[USEN + Uoflod] sie [Noo Sod JOYOIM Uo] [OA (an) -PLINYSNIA [AUD 191 RAA TOM IDPIITOSJLONM DIV uoddntposzurMUIS ope fuogpeguoddnuyos -UOUOSIAZ HTLAJUDA opfrydszdoy -1OJUIEL ‘NZ Tone (ozneuyos) Jopyplyosydo xy ‘} UIdANTPOSZUBMIPS "| UICUNYOS[eSLO(] "I Lop yostponeg. "| Ud] [OZ] WI ULSI Sundoysnurypdumn yy sundojsnwuydo xy [ON 591X9 SUNULOY LO À STLUOIMOS { Da 3 SIJUOIUOS G—y STUDIOS (€) è Uo pido + BIVYOIyos (%) I uoddnuyos STUIIO pio — N) 106 08 GI -01 30] MIT ‘(200 FE donvpmag) ere][ossor XUJEN 04 FUnynapuopuausig pun Tr HE LEE LS OX] PE nv FY Lap 1491540q/) 845 MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN UND PIGMENT- Sunu ZUNWIOUIIA -yorezyoneg ‘[jnep S[IRJOPI9ISNIN 972491 J9PITU9SJdOM alle | SIJUOIU9S WH+7| —GE sunu U9I[9Z 4199 "F |-YOIaZZUBMYIS 'TINIP —E sunuyolezyoneg ‘I sunu ualoydourny "FT | ANAL I-I "Tut sun -yorezueddnyos orerqeread SUIS (7) € | —6% -19JSN N 97I9IZI]AUWION | -ns “sid waopun Jdoysaqo >96 dopfIy9sJdoM 9 UIZUNPUIALLIA -9IA ‘uayejueddnyos Syneu 'puwustmndg | -19N0 ur uoydoLT-g |JUOUSIATAOHIOQUTH +-TeseN -U9QUOSIMZ 9TEAJUIA SULUIIUOS 8 —% | —7% syney ‘o wustuLI9 pid a U9FOASIEINI0ISOT ‘[}N9P IIP[ITOSZUBMTOS U9FIAJSIEINIO -]S04 Io]ejuo unSaJeIzx9 HO NOIMJUI INS IOppIgospesIo( ‘I SR] ULIIPLIIA pustyaJ yoou + SIJUOIUOS I | EJ SUI U9][9Z3ZU9 SIT Zungojsnwjdunm Suniozsnuzdoy ‘LOIN SopXo uaddnyos STURIOPTAST. -InIg aOpIyosyonegl ‘9119smwuohaqusp dou [ny unu oogn,L asaip Moıspq uopuayosdoy.Los Uap NZ zwsuaden) WI ‘(930,] pr sonvpmag) snaksopwoood siqdopewror wos sunpyormjuaquausrgd pun mp] Lap 75499) III ATISAV I, SNyoısydanpun Jdoy ‘alllıquasnVv IZIEMYOS ‘UOIS91,9014+-EN Jap UISUNT[OUINYV :sleJapAa9Jsn N 942791 uallazqla9 "7 ‘(GS dap sunuyorez -usddnyos ‘ed Jop sunJoljuouisl I uod -dnyog u9aaafepned usp + way, ne uesunteujny ‘usrtoydournsy ‘7 ‘ua1oydour[atust}n9 9ydı]nap “ds ap Sunuqorozuoddnuos JUOI9A YOOU UHFIOASIEINI0ISOT "ward (ed dossne) Jdoydoqo d0zues -1E1N90ISOT AOL JUHTUNFOIR.AXO dop -[ryosydoy alle St oIsqoInpun Jdoy "np uosunugorozuoddnyos alle (ed Jossne) Lop -[Hyos} do yy oT7e SUNAGISIULTOWUSTIING QYIVIS sunutporozueddnyos o[eseu Jap u9aoydouenn ‘| SOOT YOM “Mop \-TTUOSJAONM ope UHIOUHAOULHUUSTINQ "INOP PU9IU9T yoou | [qs +1dS sop Sunuqorozuoddnyos ‘10 uowsid UAOFIUN JdOYyLeq oO IAS 101} UQUI -S1d (vq dossne) Jdoy10qo dozues OI -]s0d : u91oydouefo us jeseu :U910QdO Ur [QUISTULTO PIA oy * } Gé UdT[IZq[O- "7 ks SiyYorstpanpun Jdoy "uorwdauasnvy -+-WOL 148 SEN UL UNSTUNUYIIIZ dnyos oP YUNP :STIEIJOPADISNIN 04279] dOp FUNI: - Ios Jdox dolle IVS Jop a — G3 -0% PUOULG[e LT HU GI -]80d :U940 YUQUISIT uoddnyos JU uoddnyos SAUADOTIOHOd SIHAOGVWINT ‘JapUuaMdad FE “QQY U0d uodunzunygy aip Uapsaw doppyas[doy op pun eqe[[osso] XIIYEN ‘XTIYEU xtayeNn 04 sunuyoraz{doy op pun sappryos{doy ‘snudsoptoood sıydopeunor] AI 411949V], BUNUYNIZIG NZ dap BUN|YNMIUY Jap 49197549 A 847 MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN UND PIGMENT- syney U9][9Zq79H 91192109 "7 ANS SUNUIOTIIA J9pu99q SUNAISe[qeyJUIUISI J NOYIIMJUI Yarys ut G SIIUOTTOS u+z|—cg uajpejuoddnyosua uursagsSunIaSe[qequduIsIa -YOSIMZ, 9[P4AJU9A ‘ued -dnuy2SZUPMUIS aye zunu J9PIIU9SFdOM alle -U9I9Zu9n84 ‘[jnep ; UH , UOJIOIISIEUISILIN,, MITO MORAES te u9aoydouenz ‘| a 00 Zyney ‘[awsiyng sunutorezyoneg °F A9pITy9sFdoyaajurf uU9F9AJS[EUTSAe N IQp[IYos:doy "I ; «SIE tod | HUE 97 PM dun | -Any9susJeptwarxN U9FI94/S1P[N90/S04 u9Jeptonbrduny U9JRBJTUIIAIXTT U9P u9aoydouepuısmng “yf | ne ugaoydourfa °F —GJ U9FIOAISTESIOAT 19T) Ud} [BJONDZURAMTOS UdJlod]S[e1I}e'T -uotustd waojrun Jdoyslaqo JaplMtposyoneg "I ER UNION ULOA -oydour[auisitdoprtd H ‘| [edo Ve] UsTOYdourla "7 uoddngospesIo(q "7 WIOPMOT-+ sıyyoryos (3) I | —01 50] U9][9ZYUQUISI Zunaojsnuyduny SUNI9JSNUFA OST ‘TON 39)X9 uoddnyos STULL PIC HT -ynag ‘(030.1 £8-08 anvpmag) sıyeanur equooeT] 00 Funpyoraguonuowdig pun -IND FT Lap 11849] A ATIIV], 848 P. FIORONI III. DISKUSSION DER ERGEBNISSE A. ALLGEMEINES ZUR SQUAMATENPIGMENTIERUNG Bei allen Reptilien ist das Pigment stets an spezielle, aus der Neuralleiste stammende Pigmentzellen gebunden und kommt nie extrazellulär vor. Wie auch unsere Untersuchungen zeigten, sind dabei die tegumentalen Chromatophoren genetisch, ontogenetisch und morphologisch von den extrategumentalen Melanophoren ein- deutig gesondert. Die verschiedenen Farbmuster werden letztlich durch eine geringe Zahl identischer Farbzellsorten aufgebaut, welche in typischer Lagerung in mehreren Schichten übereinander liegen und die Farben allein oder durch Kombination der Wirkung von mehreren Pigmenten entstehen lassen. Es ist daher verständlich, dass bei Schlangen und Eidechsen die Pigmententwicklung prin- zipiell übereinstimmt, namentlich was die typische Sukzession der einzelnen Chromatophorentypen anbelangt (vgl. Tabellen I-V). Somit lässt sich die tegumentale Pigmentgenese der Squamaten in allgemein gültige, charakteristische Phasen einteilen: 1. Etwa nach dem ersten Drittel der Embryonalperiode setzt, eingeleitet durch zahlreiche Kernteilungen, die Aktivierung des Hautwachstums und die Entwicklung der Pigmentzellen ein. 2. Die ersten, von der Neuralleiste heranwandernden tegumen- talen Melanoblasten dringen in die dünne, ein- bis zweischichtige Epidermis des noch schuppenlosen Hinterkopfes ein und beginnen sofort mit der Melanisierung. Auf dem Rumpf erfolgt die Ausbrei- tung der vorerst musterbestimmenden epidermalen Melano- phoren — entsprechend der Ausdifferenzierung der Neuralleiste — in zwei typischen transitorischen Gefällen (dorsal-ventral, cephal- caudal), die für alle tegumentalen Farbzelltypen gelten, wobei aber die Ausbreitung der Guanophoren durch die Melanocyten beein- flusst wird. Dagegen gehorcht die Wanderung der extrategumen- talen Melanophoren besonderen Gesetzen, womit sich die Eigen- ständigkeit dieser Pigmentzellen erneut manifestiert. 3. Im Gegensatz zum raschen Auftreten der ersten Muster- anlage erfolgt der weitere Ausbau fliessend. Nach den Cutismelano- phoren, die musterbestimmend werden, erscheinen die Guanopho- ren, die aber vorerst nur die melanophorenfreien Stellen pigmen- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 849 tieren. Am spätesten, bei Ophidiern oft erst postembryonal, werden die weiteren, farbigen Chromatophorentypen ausgebildet. 4. Die Pigmentierung des Stratum corneum der Häutungshaut stimmt in allen prinzipiellen Vorgängen, wie der Veränderung der epidermalen Melanophoren, der Ablagerung der Pigmentkörner- nester und deren Abflachung unter dem Einfluss der Verhornung, sowie der Wiederholung der Cutiszeichnung in der Epidermis bei allen Squamaten überein. Trotz dieser generellen Uebereinstimmung kommen im zeit- lichen Auftreten der einzelnen Elemente gewisse Unterschiede vor. So erscheint bei Sauriern das erste tegumentale Pigment fast gleich- zeitig auf Kopf und Rumpf, während bei Ophidiern der Vorder- rumpf erst etwa 2 Tage nach der Ausdifferenzierung der ersten Kopfmelanophoren angefärbt wird. Zudem sind innerhalb der Squamaten die Pigmentierungsgefälle auf dem Kopf verschieden gerichtet. Auch treten bei Lacerta muralis die einzelnen dorsalen Musterelemente, die Bauchzeichnung und namentlich die embryo- nal auch stärker entwickelten Gelbzellen etwas früher als bei den Natrieinen auf. Grösser sind die Differenzen bei der extrategumen- talen Pigmentierung, die bei Echsen später auftritt und vor allem ventral stark ist. Nur Anguis fragilis zeigt wie die Schlangen eine starke Pigmentierung der dorsalen Muskelbündel. Es ist möglich, dass der spezielle Muskelbau infolge der Extremitätenlosigkeit von Einfluss auf die Pigmentausbreitung gewesen ist. Die Hautorgane zeigen grössere Verschiedenheiten. So sind, im Gegensatz zu den ventralen Plattenreihen der Eidechsen, die Schlangenbauchschilder zu einheitlichen Platten geworden. Ihr stark abgeleiteter Bau demonstriert sich auch in der Ontogenese, da hier die Bauchschienen, im Gegensatz zu den entsprechenden Schuppen der Saurier, vor den Dorsalschuppen erscheinen. Auf zahlreiche kleinere Unterschiede kann nicht mehr näher einge- gangen werden; nur sei noch erwähnt, dass auch im Häutungs- vorgang auffallende Verschiedenheiten bestehen (WERNER 1891). Der klarere, schemahaftere Aufbau der umfangreicheren, flacheren und dickeren Schlangenschuppen bewirkt, dass hier Lagerung und Funktion der verschiedenen Pigmentlagen klarer zu Tage treten und namentlich die epidermalen und cutalen Schwarz- zellen morphologisch schärfer geschieden sind. 850 P. FIORONI Abgesehen von den in der Natur der Pigmentzellen begründeten Gemeinsamkeiten variert aber die Sukzession und Determination der einzelnen Kleider. Die fast nie sexualdimorphe Ophidiermuste- rung wird — genetisch und ohne massgebenden Hormoneinfluss determiniert — von Anfang an fest angelegt und meist keinen grossen postembryonalen Veränderungen unterworfen. Auch bei Eidechsen, deren Zeichnung oft geschlechtsverschieden ist, kommen Fälle direkter Entwicklung vor (Lacerta muralis). Doch zeigt die Mehrzahl indirekte Mustergenesen. Sie lassen unter dem Einfluss der Sexualhormone, indirekt abhängig von Hypophysehormonen (REGAMEY 1935, Drzewiıckı 1937), über eines oder mehrere Ju- gendkleider ein meist stark abgeändertes Adultmuster entstehen (vgl. Tabelle VI). Dabei können sogar schon embryonal Muster- änderungen stattfinden und komplizierte Wirkungen wie die Grenzflächensteigerung entstehen. TABELLE VI Übersicht der verschiedenen Typen der Musterentwicklung bei Reptilien. Embryonal- Direkte Direkte Indirekte entwicklung Entwicklung Entwicklung Entwicklung zum Adultkleid zum Jugendkleid | zum Jugendkleid mit embryonalen Musteränderungen Schlüpfen Jugendkleid = Jugendkleid Adultkleid Post- Entwicklung des Adultkleides über embryonale eine oder mehrere Stufen Entwicklung Adult | | Adultkleid Der Aufbau der Musterung wird stark von der Körperform beeinflusst. So gestatten die Extremitäten der Eidechsen nur auf einem kurzen Körperabschnitt reine, völlig unbeeinflusste Rumpf- zeichnungen. Bei den Schlangen dagegen, wo sich auch ontogene- tisch keine Reste einer Extremitätenzeichnung mehr feststellen lassen, werden auf dem langen, gleichförmigen Rumpf regelmässige, PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 851 ungestörte, in sich metamere Musterbilder angelegt. Auf Hinter- rumpf und Schwanz, wo sich der Körperquerschnitt sukzessive vermindert, muss sich die Zeichnung anpassen, was seinen Nieder- schlag in den oft speziellen Schwanzmusterungen findet. Aehnliche Probleme stellen sich auch beim Uebergang der Rumpf- in die Hinterkopfzeichnung. Im Gegensatz zum Rumpf, wo von Anfang an die arttypische Zeichnung erkennbar ist, werden auf dem Kopf zuerst bei allen Arten ähnliche, unspezifische Frühmuster aufgebaut. Diese Tat- sache demonstriert von neuem die von uns stets betonte Autonomie der Kopfzeichnung, die sich ja auch in den eigenständigen, auf ver- schiedenen Ausbreitungszentren beruhenden Pigmentierungsge- fällen und der anfänglichen Retardierung der Pigmentierung gegenüber dem Rumpf äussert. Uebrigens bestätigen auch Muster- analysen an Adulttieren die von HaAEcKER (1890) und ZENNECK (1898) bestrittene Eigenständigkeit des Kopfmusters, da dieses wesentlich konstanter als die oft varierende Rumpfzeichnung ist (WERNER). Diese Frühmuster zeichnen sich bei Schlangen durch den bald auftretenden Postocularstreif aus, der auch bei Arten mit später uniformer Kopfoberseite angelegt wird (Natrix natria, tes- sellata, Elaphe longissima, Leimadophis poecilogyrus, etc.).. Dagegen zeigen bei den Eidechsen die weitgehend identischen Frühstadien (ca. 15. Bruttag) eine uniforme Pigmentierung des Oberkopfes, während der Postocularstreif, der ebenfalls immer vorhanden oder zumindest angedeutet ist (Lacerta agilis), etwas später erscheint. Da der Postocularstreif mindestens in der Ontogenese stets vor- kommt, wird WERNER’s Theorie, die in ihm ein ,,uraltes Gemeingut der Plagiotremen“ sieht, auch in embryologischer Hinsicht gestützt. Die genauere Kenntnis der Reptilienzeichnung und ihres onto- genetischen Werdeganges zeigt uns also, dass die Muster der Eidechsen und Schlangen verschiedene Entstehungswege einschla- gen und verschieden determiniert sein können. Der morphologische Eigenwert der arttypischen Zeichnungen widerspiegelt sich aber auch in der wechselnden biologischen Bedeutung der Farbkleider. Auf die speziell bei Schlangen häufigen mimetischen Erscheinungen und die kryptische Rolle der Musterung, die auch gestaltliche Ver- änderungen nach sich ziehen kann, sei nicht näher eingegangen. Dagegen müssen kurz die semantischen Wirkungen und die Rolle der Musterung im Dienste des Ausdrucks gestreift werden. 852 P. FIORONI Eidechsen zeigen mannigfaltige Sonderbildungen auf der Kopf-, Rücken- und Schwanzpartie. Besonders kompliziert kann die Kehl- region sein, die oft durch Aufblähen in die hier sehr ausgeprägten Ausdruckserscheinungen einbezogen wird. Häufig wird auch die Flankenmusterung speziell betont und ist von besonderer Bedeu- tung als Organ des Ausdrucks. Der physiologische Farbwechsel, welcher durch verschiedenen Ballungszustand des Pigmentes in den Chromatophoren Veränderungen von Farbe und Musterung be- wirkt, bietet zahlreiche zusätzliche Möglichkeiten. Bei den Schlan- gen, denen bei ihrer einfachen Körperform zum grossen Teil besondere anatomische Ausgestaltungen fehlen, erstreckt sich das Muster meist ohne Betonung der Flanken gleichwertig über die ganze Dorsalseite. Auch fehlt ihnen, wenn man von gewissen meist durch Temperatureinflüsse bedingten Farbänderungen absieht, weitgehend ein spontaner Farbwechsel. Zudem mangeln den Ophi- diern die Extremitäten, deren fein modulierte Bewegungen bei Eidechsen mit in die Ausdruckserscheinungen (Treteln, Heben, Senken, Schrägstellen oder Schaukeln des Körpers, etc.) eingebaut werden. Daher müssen die Darstellungsmôglichkeiten der Schlangen modifiziert werden, was in verschiedenen typischen Präsentier- stellungen zum Ausdruck kommt (MErTENS 1946). Dabei spielen die dorsalen und ventralen Musterflächen eine besondere Rolle, was sich beim Spreizen der Halsregion der Elapiden, wo spezielle dorsale (Brillenschlange) oder ventrale Zeichnungen zu Tage treten, beim Einnehmen der Rückenlage zur Darbietung der Ventralmusterung und beim Zeigen der Schwanzunterseite eindrücklich manifestiert. B. ALLGEMEINES ZU DEN MELANOPHOREN Wie das vorhergehende Kapitel zeigt, weist die Entwicklung der einzelnen Farbzelltypen, namentlich der Melanophoren, zahlreiche reptilientypische Züge auf, die durch den spezifischen Hautbau und durch Erscheinungen wie die Pigmentierung der Häutungshaut mitbestimmt werden. Im Anschluss daran seien noch einige weitere morphologische Besonderheiten hervorgehoben. Als erstes darf an die reichen individuellen Ausgestaltungsmög- lichkeiten der Chromatophoren erinnert werden, die wie bei den Anamniern (vgl. etwa BaLLowrrz 1931) infolge der relativ ein- fachen, wenig Korrelationen erheischenden Hautentwicklung ver- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 853 wirklicht werden können. Es verlaufen ja — wenn man von der ausgesprochenen Affinität der ersten Melanoblasten zur Epidermis (Problem der Grenzlamelle, p. 756) und der epidermalen Pigment- abgabe ins Stratum corneum absieht — Haut- und Schuppenent- wicklung weitgehend autonom. So kann bei Stadien früher Pigmentierung die Reihenfolge der weiteren Entwicklungsschritte differieren, da Verzweigungsgrad, Granulazahl und Melanisierungsbeginn nicht in direkter Beziehung stehen. Erwähnt sei ferner die bei Sauriern und Ophidiern zu einem verschiedenen Zeitpunkt einsetzende Umwandlung der Cutismela- nophoren in ausläuferarme Pigmentsäcke. Für den ausgeprägten Polymorphismus der Melanophorenform sind bei den Reptilien Einflüsse des umgebenden Gewebes, welches auch auf die Melanisierung und Pigmentausbreitung einwirken kann, mitverantwortlich, wie es unter anderem die stark von der Schuppentopographie bestimmte Form der epidermalen Melano- cyten (Anastomosennetze nur am Schuppenrand) und der Formen- reichtum der Bindegewebsmelanophoren demonstrieren. Oefters finden sich freilich „abnorm“ geformte Melanocyten (p. 774), die auf gelegentliche Störungen in der Formbildung hinzuweisen scheinen. Besonders determinierend sind aber die speziell bei epi- dermalen Schwarzzellen häufig wechselnden Funktionsphasen, die zwei Möglichkeiten der Veränderung bewirken: 1. Es ändert sich die Zellform, vorzüglich nach Zahl, Lage und Richtung der Ausläufer. Den auffälligsten Formwechsel erzeugt die von Ausläuferbildung und späterer -degeneration begleitete Pig- mentabgabe ins Stratum corneum (vgl. p. 781 und 789, sowie WatTerRSON 1942 und DANNEEL-WEISSENFELS 1953). Auch bei der Mitose von ausdifferenzierten Pigmentzellen, die bei Squamaten allerdings meist zu fehlen scheint, werden die Ausläufer eingezogen (FLEMMING 1890, WENDT 1958 u. a.). Hingegen ist in der kompak- ten Reptilienhaut die bei Amphibien beobachtete rasche, amöboide Veränderung der Melanophorenform (Hooker 1914, HOLMES 1913 ff, Schumipr 1919) nicht möglich. 2. Daneben kann die Verteilung der Granula innerhalb des konstant bleibenden Melanophorenkörpers variert werden; auf dieser Möglichkeit beruht der bei manchen Reptilien häufige Farb- wechsel (PARKER 1948, u. a.). 854 P. FIORONI Die unterschiedliche Grösse der Melaningranula, die bei Rep- tilien wahrscheinlich in speziellen Pigmentbildungszentren ent- stehen (p. 786), erhöht gleichfalls den Formenreichtum (vgl. auch ScHumipr’s Befunde an Uroplatus (1913)). Dabei besteht einerseits eine gewisse Abhängigkeit vom Melanophorentyp; so sind in den Cutismelanophoren und besonders in den extrategumentalen Schwarzzellen die Granula gross, während bei älteren Epidermis- melanophoren häufig diffus verteiltes Melanin vorkommt. Anderer- seits kann die Granulagrösse unabhängig varieren, was bei der epidermalen Pigmentablagerung drastisch zu Tage tritt. Auch in anderen Vertebratenklassen können verschieden grosse Melaninkörner vorkommen. So hat WEISSENFELS (1956) grosse Pigmentkugeln in den Melanoblasten von Seidenhuhnembryonen beschrieben und GUETTES (1953 a) im Kaninchenauge neben rund- lichen Pigmentkörnern längliche Pigmentstäbchen gefunden. Auch beim Entenembryo kommen drei Melanocytensorten mit verschie- den geformten Melaninkòrnern vor, wovon nur eine zur Pigmen- tierung der Feder verwendet wird (KoECcKE 1959). C. Zur PIGMENTIERUNG DER SAUROPSIDEN Seit Th. H. HuxLEYy werden, vor allem auf Grund von osteo- logischen und entwicklungsgeschichtlichen Gemeinsamkeiten, die Reptilien und Vögel oft als Sauropsiden zusammengefasst. Es ist daher aufschlussreich, zu erfahren, wie weit die beiden Vertebraten- klassen in ihrer Pigmententwicklung übereinstimmen. Zu diesem Vorhaben ist es nötig, zuerst eine kurze Uebersicht der Pigment- genese der Vögel zu geben. Bekannt sind nur genauere Daten von Nestflüchtern, und es fehlen leider nähere Angaben über Vögel vom Nesthockertyp, welche ihr Pigment vor allem postembryonal entwickeln (MENKES- DELEANU 1954). WILLIER-RAWLEs (1940) fanden beim Huhn nach 62-stündiger Brutdauer die ersten Melanoblasten. Doch erfolgt die Hauptwanderungsphase zwischen der 80. und 91. Brutstunde mit einem deutlichen Maximum in der 82. Stunde. Dabei gelangt eine kleine Zahl von Melanoblasten aus dem Mesenchym ins Flügel- ectoderm (WAarTTERson 1942), wo aus diesen Melanophoren- „Mutterzellen“ durch Teilung zahlreiche Schwarzzellen entstehen. Die Melanoblasten der Hinterbeine wandern später um die 132. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 855 Stunde ein. Die Melanisierung setzt erst am 7. Bruttag ein (Fox 1949), wobei die braunen und schwarzen Melanine bereits getrennt sind (HAMILTON 1940). Die Melanophoren bilden um den 8. Tag eine uniforme Pigmentierung, ordnen sich aber nach dem Auftreten von klar getrennten Federanlagen (ab dem 9. Tag) um den 10. Tag zu longitudinalen Reihen entlang der Achsen der Dunenstrahlen um (Watterson). Kurz darauf wird das Melanin in die Feder abge- lagert, wobei zuerst die peripheren Radienzellen und später von den gleichen Melanocyten auch die Rami pigmentiert werden. Die Ente zeigt eine ähnliche Entwicklung, nur ist die Melani- sierung etwas später anzusetzen (KorcKE 1957). Bei der Flussee- schwalbe (Sterna hirundo), die in manchen Merkmalen schon gegen den Nesthockertyp tendiert, wird erst nach der Bildung der Feder- anlagen (9. Bruttag) in zwei Pigmentschüben am 12. und 15.-16. Bruttag melanisiert (HOFFMANN 1953). Ein Vergleich zwischen Huhn und Natricinen ist berechtigt, da beide Formen Nestflüchter sind und die sekundären Abwandlungen des Nesthockers fehlen (vgl. Tabelle VII). Uebereinstimmend treten die ersten tegumentalen Melanophoren in der Epidermis auf — was auch bei Säugern bestätigt werden konnte (DANNEEL-WEISSENFELS 1953) — und erfolgt die entscheidende Anlage der Musterelemente in der ersten Hälfte der Embryonalperiode. Im Einzelnen bestehen aber viele Unterschiede. So beginnt beim Huhn, im Vergleich mit der Gesamtentwicklungsdauer, die Melanoblastenwanderung we- sentlich früher, was wahrscheinlich damit zusammenhängt, dass nur wenige Melanoblasten wandern, sich aber in der über dreitägigen Zeitspanne zwischen Wanderung und Melanisierung mehrfach teilen. Im Gegensatz dazu erfolgt bei Reptilien die Wanderung, welche vor allem bei den Cutismelanophoren nicht auf einen be- stimmten Zeitpunkt der Hautentwicklung abgestimmt sein muss, später und über eine lange Zeit, wobei sich aber Wanderung und Melanisierung unmittelbar folgen. Bei den Reptilien verlaufen, wie wir es mehrfach gezeigt haben, Haut- und Pigmententwicklung relativ autonom. Die Haut bildet ein durchgehendes Musterfeld, wobei die einzelnen Schuppen keine autonome Stellung einnehmen. Dagegen bestehen bei den Vögeln strenge Entwicklungskorrelationen, da sämtliches Pigment der Feder vor deren Verhornung eingelagert werden muss. Zudem ist bei der Vogelzeichnung neben federautonomen, durch Gene und Rev. SUISSE DE Zoor., T. 68, 1961. 60 856 P. FIORONI Einflüsse des umgebenden Gewebes bedingten Faktoren auch die stark der hormonalen Steuerung unterworfene Feldposition (d.h. die Lage des Federfollikels in der Gesamthaut) von grosser Be- deutung. TABELLE VII Vergleich der frühen Haut- und Pigmententwicklung von Huhn und Ringelnatter. GALLUS NATRIX Bruttag Tag nach Ablage 1. epid. Melanoblasten Hauptwanderung > |— 5 |— Wanderung beendet Anlagen der Bauchschilder 10 |— Melanisierung Anlagen der Dorsalschup- Mel.uniform verbreitet pen 1. deutl. Federanlagen 1. epid. Melanophoren “Rearrangement“ der Mel. 15 |— Mel. uniform verbreitet Melaninablagerung in die 10 |— Feder Auftreten der Flecke alle Rumpfflecke 20 |— Al 35 Bei Reptilien bleibt die musterbestimmende Cutispigment- schicht dauernd intakt und wird von den periodischen Häutungs- vorgängen nicht beeinflusst. Im Gegensatz dazu muss bei der Vogel- mauser neben den Federn stets auch deren gesamte Pigmentierung völlig neu aufgebaut werden, wobei selbstverständlich wiederum PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 857 ein eng verzahntes Zusammenspiel zwischen Haut- und Schwarz- zellen, welche aus dem ziemlich ausserhalb der Feder gelegenen Reservoir der Dermalpapille in die Federbasis vorstossen, erfor- derlich ist (FouLKs 1943, Wane 1943). Es sei aber erwähnt, dass trotz diesen beträchtlichen Unterschieden hinsichtlich der Pigment- ablagerung und des Musteraufbaus die Vogelmauser und die Häutung der Reptilien im Grunde analoge Vorgänge darstellen. Nach der Verhornung der Feder kann sich die Zeichnung nicht mehr ändern. Ganz geringfügige Modifikationen können allerdings infolge der durch die Abnützung der Federn beeinflussten Horn- struktur entstehen; auch können sich in ganz vereinzelten Fällen photolabile, leicht umwandelbare Pigmente unter Lichteinfluss verändern (Mayaup 1950). Die Unveränderlichkeit der Feder bedingt, dass sämtliche Musterumwandlungen und namentlich auch das periodische Auftreten des Brunstkleides, welches bei Eidechsen meist auf Farbwechselerscheinungen beruht (WERNER 1895, KLausewITz 1953), an eine neue Federgeneration gebunden und damit mit einer Mauser verknüpft sind. Aus denselben Gründen ist bei Vögeln ein physiologischer Farbwechsel völlig unmöglich. Es zeigt sich also, dass bei den Sauropsiden in der Genese und der definitiven Ausgestaltung sowohl der Pigmentzellen als auch der eigentlichen Hautorgane beträchtliche Unterschiede bestehen. Unsere entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen können dem- nach die Auffassung von JEFFRIES (1883), BLaszyK (1935) und Portmann (1959) stützen helfen, die im Gegensatz zu vielen anderen Autoren für eine unabhängige Entstehung der Schuppen, Federn und Haare eintritt. D. Zur STELLUNG DER REPTILIENPIGMENTIERUNG INNERHALB DER WIRBELTIERE Der Musteraufbau der Vertebraten zeigt neben allgemeinen Ge- meinsamkeiten, wie der Herkunft der Pigmentzellen aus der Neuralleiste und den damit zusammenhängenden Pigmentierungs- gefällen, ein grosses Spektrum besonderer Verwirklichungen. Es können hier nur einige Grundlagen und ihre entwicklungsgeschicht- lichen Voraussetzungen dargestellt werden. Mit zunehmender Organisationshöhe besteht die eindeutige Tendenz, das Pigment in die äussersten Körperschichten zu ver- 858 P. FIORONI lagern (vel. WEIDENREICH 1912), was sich einerseits in einer Kon- zentrierung des tegumentalen Pigmentes in die Epidermis, anderer- seits in einer Reduktion der extrategumentalen Melanisierung äussert (Tabelle VIII). Bei den Anamniern liegt die Hauptmasse der Farbzellen noch dermal (Bertin 1958, BarLowrrz 1931); immerhin können Melanophoren und Gelbzellen, speziell bei Selachiern und Salamandern auch epidermal vorkommen. Dagegen befindet sich bei Warmblütern — wo nur noch die in verschiedenen Varianten vorhandenen Melanine an spezielle Pigmentzellen ge- bunden sind — das Pigment zum Grossteil in den Haaren und Federn und ist somit epidermal. Dabei bedingt die Lagerung des Pigmentes in den verhornten Epidermisschichten ein enges ent- wicklungsgeschichtliches Zusammenspielen zwischen Farb- und Hautorganen, die beide ihren Einfluss auf die endgültige Ausge- staltung der Zeichnung ausüben. TIMOR VALI Vergleich der Amniotenpigmentierungen (vgl. Text). ep Mel. Zusam- menhang | zwischen a exteg Haut- | Rolle cu Mel. Mel. und NEE ER | für Pigment- Funktion | Muster- Sao ung lung Pigmentierung der REPTILIA . er D — Sii Häutungshaut Lu AP dio “pr y n LEN Pigmentierung der | ie le, 4, n Federn | Pigmentierung der | MAMMALIA . = =) | + al — — | Haare al 77 | Die Reptilienmusterung nimmt sowohl in morphologischer als auch in embryologischer Hinsicht eine Zwischenstellung ein. Die epidermalen Melanocyten der höheren Amnioten spielen auch bei den Squamaten eine funktionell ähnliche Rolle, die aber hier nur embryonal musterbestimmend wirkt und sich später auf die Pig- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 859 mentierung des für das Musterbild weitgehend bedeutungslosen Natternhemdes beschränkt. Adult ist die dermale Pigmentschicht Hauptträger der Zeichnung, doch ist durch die bevorzugte Lage der Farbzellen im subepidermalen Teil des Stratum laxum cori der Zug nach aussen bereits angedeutet. Die Uebergangsstellung der Kriechtierzeichnung zeigt sich auch darin, dass hier der für viele Anamnier typische spontane Farbwechsel noch in einzelnen Fällen spielen kann, während er bei den Warmblütern durch die Bindung des musterbestimmenden Pigmentes an verhornte Strukturen ver- unmöglicht wird. Diese Verarmung der Ausdrucksméglichkeiten, die sich für Homoiotherme ergibt, wird aber durch die Einbeziehung des Blutes als veränderliches färberisches Hautelement und den Ausbau einer modulationsreichen mimischen Gesichtsmuskulatur mehr als ausgeglichen. Bei den Anamniern und Reptilien sind im wesentlichen nur die Farbzellen an der Musterung beteiligt, wobei freilich in den Blau- strukturen, den sogenannten chromatischen Organen und in den Leuchtorganen der Fische bereits schon äusserst komplizierte Bil- dungen realisiert sein können. Doch wird der Höhepunkt der optischen Gestaltung bei den Warmblütern, speziell den Vögeln, erreicht, indem hier die Entwicklungskorrelationen zwischen Farbzellen und Hautorganen dazu ausgenützt werden, um im Dienste der äusseren Erscheinung gewisse Epidermisstrukturen stark abzu- wandeln. Dabei tritt beim Umbau einzelner Federteile (Ramii, Radu; vgl. z. B. Portmann 1948, 1959, ScHmipt 1949) zu Trägern von Strukturfarben- und Schillereffekten das folgenreiche Problem der Aufteilung eines Organs in Darstellungs- und Flugstruktur auf. E. ALLGEMEINE MUSTERFRAGEN Obwohl bisher die ontogenetische Musterentwicklung unbe- kannt war, versuchten manche Autoren, vorwiegend auf Grund von allerdings z. T. sehr umfangreichen Befunden an Adultmustern die verschiedenen Reptilienzeichnungen auf ein Grundkleid zurück- zuführen. Diese Bestrebungen galten sowohl einer morphologischen Typenforschung wie auch im Sinne der Evolutionsforschung der Ermittlung einer faktischen Urform. Dabei beschränkte man sich oft nicht auf eine kleinere systematische Gruppe, sondern suchte nach der Urmusterung der Reptilien oder sogar nach Gemeinsam- 860 P. FIORONI keiten mit den übrigen Vertebraten (WERNER, TORNIER) oder selbst mit Avertebraten (vgl. die Literaturzusammenstellung bei Von Linpen 1900). Die Uebersicht gibt nur die hauptsächlichen Auf- fassungen: Objekt Urmusterung (innerhalb Reptilia) Autor hellesUrform 2... e Lacertiden von BEDRIAGA 1874 dunkle, melanistische Reptilien ToRNIER 1897 Unioni SEC EN Lacertiden VON FEJERVARY 1914 MERTENS 1915 Bängsstreifen I: EINEN Lacertiden EIMER 1881 Cnemidophorus Cope 1893 Reptilien BouLENGER 1913 Fleckenreihen . . . . . Reptilien WERNER 1890 ff Lacertiden von MEHELY 1907 Ophidier VON HARNACK 1953 Fleckenreihen oder Längs- STLEIIENN 2, 4e CU Boiden ZENNECK 1898 Unsere beschränkten embryologischen Untersuchungen zeigen, dass schon im Familienrahmen ganz verschiedene Ontogenese- formen vorkommen. Eine Ausnahme bildet nur die Kopfmusterung, wo ja weitgehend ähnliche Frühmuster vorkommen und die Post- ocularzone eine dominierende Rolle spielt. Bei der Rumpfmusterung hingegen fanden wir bei Sauriern neben längsgestreiften auch uni- forme und quergestreifte Erstzeichnungen ; auch treten neben Fällen direkter Entwicklung mannigfaltige embryonale und vor allem postembryonale Umwandlungen auf. Ebenfalls bei den Adult- kleidern herrscht eine grosse Mannigfaltigkeit. Dabei werden bei- spielsweise die Fleckenreihen der Ringelnatter und die Längsbänder der Mauereidechse von Anfang an so angelegt. Diese Befunde ermöglichen eine neue Deutung des Squamaten- musters. Die auch embryonal bereits stark unterschiedlichen rezenten Schlangen- und Eidechsenzeichnungen müssen als End- punkte eines langen Evolutionsweges gewertet werden. Ein auf heutigen Zuständen basierender Schluss auf ein typisches Reptilien- urmuster erscheint daher als gewagt. Zudem bezeugen die zu ähnlichen Adultmustern führenden, artspezifisch verschieden ver- laufenden Mustergenesen (Lacertiden) — die im Sinne Nauck’s (vgl. SEwERTZOFF 1931) als Produkte einer umwegigen Entwicklung verstanden werden können — dass die Idee eines generellen Rep- PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 861 tilienurmusters wohl aufgegeben werden muss. Dagegen erlaubt die genaue Kenntnis einer Gruppe oft die Unterscheidung von primären und sekundären Formstufen der Musterung; so sind z. B. die von Von Harnack bei Micrurus-Arten genauer erforschten rythmisch varierenden Bänderfolgen sicher sekundär. Unsere Untersuchungen haben bei Reptilien eine frühe, von Anfang an auf die differierenden Endzustände hin ausgerichtete Musteranlage nachweisen können. Die Tatsache der eigenständigen, unabhängigen Zeichnungsentwicklung erlaubte uns, zahlreiche Erklärungsversuche, die in der Musterentwicklung nur einen bei- läufigen Prozess von weit wichtigeren Bildungsvorgängen sehen und die Abhängigkeiten zu Nervensystem, Blutgefässystem, Haut- wachstumsrichtungen und allgemeinen Körpermetamerien in den Vordergrund stellen, kritisch zu durchleuchten. Die frühe Deter- mination zeigt auch, dass Autoren, die allein die stoffwechsel- physiologische Tätigkeit der Chromatophoren sehen (vgl. etwa ZIEGLER-GUENDER 1956) nur einen Aspekt des Fragenkomplexes beleuchten. Gleichfalls können rein entwicklungsphysiologisch aus- gerichtete Analysen die Zeichnungsphänomene nicht voll erfassen, was z.B. HENKE (1935), der die Mustertypen auf verschiedene Rythmen zurückführt, selbst betont. Manche Indizien weisen auf eine gewisse Rolle von Aussenein- flüssen auf die Zeichnung hin. So konnten auch wir bei schlecht ernährten Leimadophis-Jungtieren eine deutliche Retardierung im Erscheinen der Gelbzellen feststellen. Speziell diese Chromatophoren scheinen von der Ernährung abhängig zu sein, was schon alte Untersuchungen Von Wiırric#’s (1854) an Amphibien bezeugen. Auch die mangelhafte gelbe Rachenfärbung von Vogeljungen, die in der Basler Zoologischen Anstalt aufgezogen wurden, beweist, dass zur Ausbildung einer normalen Gelbfärbung in der Nahrung bestimmte Stoffe enthalten sein müssen. Andere namhafte Umge- bungseinflüsse, die sich unter anderem darin zeigen, dass Formen mit einem weiten Verbreitungsgebiet in der Regel zahlreichere Mustervarianten ausbilden (vgl. Fucus 1914), lassen sich nicht direkt erfassen. Dies demonstrieren auch die zahlreichen Deutungs- versuche des Inselmelanismus, der vor allem bei mediterranen Inselechsen auch von kleineren anatomischen Eigenheiten und einer Aenderung der Nachkommenzahl begleitet wird (KRAMER 1946, 1951). Wir glauben, dass eine genaue Kenntnis der embryonalen 862 P. FIORONI Musterentwicklung der Inselformen wesentlich zu einer Klärung des Bildes beitragen könnte. Doch wurde in einer grossen Zahl stark lamarkistisch beeinfluss- ter Arbeiten die Rolle der Umgebungseinflüsse sicher zu stark betont. So wurden vor allem Bodenfarben, Vegetation, Licht, Feuchtigkeit und auch die Ernährung als für die Zeichnung deter- minierende Faktoren in Betracht gezogen (vel. z. B. KNAvER 1879 a, Ermer 1881, WERNER, ZENNECK 1898, TorRNIER, Fucus 1914). Ein Problem für sich und der Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen bildet das Auftreten von mimetischen Formen (MERTENS 1957), wobei Mimikry freilich auch anders denn als selektive Anpassungs- erscheinung gedeutet werden kann (SUEFFERT 1935, HEIKER- TINGER 1954). Viele der von uns zitierten Autoren sehen die Umweltsfaktoren nicht direkt agierend, sondern in Darwin’schem Sinne als indirekt tätige, selektive Ausscheider ungeeigneter Färbungen, die neben der sexuellen Zuchtwahl (Knaver 1879) musterbestimmend wirken. Doch kann dadurch die Entstehung der Mannigfaltigkeit der Farb- kleider nicht erklärt werden, da ja durch Selektion nur bereits Vorhandenes gesiebt wird. Zudem erfasst man mit den bisher gel- tend gemachten Anpassungsbeziehungen der Musterung nur deren kryptische Funktion, während ihre semantische Bedeutung und die Rolle als Organ sozialer Beziehungen unerklärt bleibt. Auch weist die von uns besonders eindrücklich an Lacerta muralis aufge- zeigte, bereits embryonal stattfindende Aufteilung in verschiedene Mustervarietäten — mindestens bei den von uns untersuchten Arten — auf eine autochthone, unabhängig von Ausseneinflüssen stattfindende Variantenbildung hin. Alle bisher zitierten Theorien lassen die Zeichnung stets sekun- där als unvermeidliches Nebenprodukt von Entwicklungsvorgängen entstehen, die als weit wichtiger angesehen werden. Schon SEMPER (1880) hat aber darauf hingewiesen, dass die Hautorgane nicht nur der Zweckmässigkeit unterworfen sind; auch Grosser ist bereits 1906 für die eigenen Gesetze der Hautzeichnung, die unabhängig von Körpermetamerien regieren, eingetreten. Doch wird erst von SUEFFERT (1932 ff) die Hauptfunktion der Färbung in der , visuel- len“ Wirkung eines „äusseren Organes“, die über ein „sehendes Auge“ agiert, klargestellt. BuyrEeNnDIJK (1928 ff) gesteht der Musterung einen „Darstellungs-“ oder ,demonstrativen Seinswert“ PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 863 zu. Vor allem aber hebt Porrmann (1957 ff) die Bedeutung der Erscheinung als „Selbstdarstellung“ der besonderen , Innerlich- keit“ der tierlichen Gestalt besonders hervor. Dieses wesentliche Merkmal der Organismen geht über eine blosse Schutz- oder Warn- wirkung der Färbung hinaus und ist in ihrer Bedeutung den stoff- wechselphysiologischen Erhaltungs- und Vermehrungsprozessen mindestens gleichzustellen. Auch unsere Untersuchungen an Reptilienmustern stützen diese Auffassung der Tiergestalt. Die Tatsache, dass die Pigmentierungs- anlagen schon von Beginn an Musterformen aufweisen, führt zur Deutung, dass die Kriechtierzeichnung als eigenständiges Glied des Tierganzen wie jedes andere Organ durch komplizierte ontogene- tische Strukturen von Anfang an auf ihre spätere Rolle hin ausge- richtet wird. IV. ZUSAMMENFASSUNG 1. Die Arbeit schildert kurz die Haut- und Schuppenentwick- lung der Schlangen und Eidechsen. Von den drei unabhängigen Pigmentbereichen der Squamaten wird die Entwicklung der extrategumentalen Melanophoren im Ueberblick dargestellt, wäh- rend auf die Genese des tegumentalen Pigmentes genauer einge- gangen wird, speziell detailliert bei Natrix natrix und Lacerta muralis. Die davon sehr unabhängige Augenpigmentierung bleibt unberücksichtigt. 2. Auf Grund von histologischen Befunden und den zwei Haupt- pigmentierungsgefällen (cephal-caudal, dorsal-ventral) darf auch bei Reptilien auf die einheitliche Entstehung sämtlicher Pigmentzellen aus der Neuralleiste geschlossen werden. 3. Die rasch einwandernden und melanisierenden epidermalen Melanophoren bauen zu Beginn der zweiten Hälfte der Embryonal- periode, unabhängig von Körpermetamerien, Blutgefässen und relativ ohne Beziehung zu den Schuppenstrukturen, die basale Musteranlage auf. 4. Später werden die nacheinander erscheinenden, in der Cutis lokalisierten weiteren Farbzelltypen (Cutismelanophoren, Guano- phoren, Gelbzellen) zu den eigentlichen Trägern des Erscheinungs- 864 P. FIORONI bildes, während sich die Rolle der epidermalen Melanocyten im wesentlichen auf die Pigmentierung der Häutungshaut beschränkt. 5. Das ohne epidermale Vorzeichnung entstehende, rein cutale Ventralmuster erscheint erst spät. 6. Innerhalb der Vertebraten ist die Reptilienmusterung zwi- schen die vorwiegend cutalen Anamnierpigmentierungen und die epidermalen Zeichnungen der Vögel und Säuger zu stellen. 7. Die epidermale Musteranlage entspricht entweder dem Defi- nitivmuster (Lacerta muralis, Natricinen) oder aber einer Ueber- gangszeichnung, die, oft unter Einfluss der Sexualhormone, über eine oder mehrere Stufen ins endgültige Farbkleid umgewandelt wird (übrige einheimische Lacertiden). 8. Während bei den untersuchten Arten die Rumpfmusterungen von Anfang an differieren, durchlaufen die Kopfzeichnungen eine unspezifische Frühphase. 9. Durch die in der ersten Anlage bereits ganz verschiedenen Frühzeichnungen (Längs- oder Querstreifen, Fleckenreihen, uni- forme Pigmentierung) wird die Theorie eines einheitlichen Squa- maten-Urmusters widerlegt. 10. Die für Lacerta muralis und Natrix natrix beschriebenen, bereits schon embryonal reichhaltigen Mustervarietäten lassen die Idee von direkten Einflüssen von Aussenfaktoren auf die Varianten- bildung der Farbkleider problematisch erscheinen. 11. Die Tatsache der erblich festgelegten, auf das Endziel „Musterorgan“ ausgerichteten Pigmententwicklung stützt auch in ontogenetischer Hinsicht die Auffassung, welche in der Zeichnung ein weitgehend autonomes Glied des Tierganzen sieht. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN VERZEICHNIS DER ABKUERZUNGEN a) Hautbau c) Musterung BZ Fl Gf Gflst Post Ophidier TRS Ber: | (CARE) d Hm h Hm Saurier HE AE LE 1 1 TE etl Se AIRS PSI th I I II I I III Basallamelle, Grenzlamelle Bauchschiene Crista, Schuppenkiel Cutis, Korium Dorsalschuppe Epidermis Periderm, Deckschicht Stratum basale, germinativum, Malpighii Stratum corneum verhorntes Stratum corneum Stratum corneum-Lamelle Stratum compactum corii Stratum intermedium Stratum laxum corii Anastomose zwischen Melanophoren Melanophorenausläufer Guanophor, Iridocyte Kern des Melanophors Melanophor, Melanocyte, Schwarzzelle Melanoblast, potentieller Melanophor Melaninkörner, Melaningranula Cutismelanophor Epidermismelanophor extrategumentaler Melanophor tegumentaler Melanophor Plasma des Melanophors Pigmentkornernest Bauchzeichnung Fleck Grundfarbe Grenzflachensteigerung Postocularstreif die drei Fleckenzonen dunkler Halbmond heller Halbmond Dorsalstreifen Lateralstreifen Marginalstreifen Medianstreifen obere weisse Seitenlinie untere weisse Seitenlinie 865 866 P. FIORONI LITERATURVERZEICHNIS BarLowırz, E. 1931. Die Pigmentzellen, Chromatophoren und ihre Vereinigungen (chromat. Organe) in der Haut der Fische, Amphibien und Reptilien im Hinblick auf Färbung und Farbmuster der Haut. In: Hdb. vgl. Anat. W’tiere (Bolk, Göppert, Kallius, Lubosch), 1, Wien, Berlin: 505-520. BARDEN, R. B. 1942. The origin and development of the chromatophores of the amphibian eye. J. exper. Zool., 90: 479-519. BEDRIAGA, J. von. 1874. Über die Entstehung der Farben bei den Eidech- sen. Jena. Benoit, J. 1950. Reproduction, caracteres sexuels et hormones. Détermi- nisme du cycle sexuel saisonnier. In: Traité de Zoologie (Grassé), 15 (oiseaux), Paris: 384-478. Bertin, L. 1958. Peau et pigmentation. In: Traité de Zoologie (Grasse), 13 (Agnathes et Poissons), Paris: 433-458. BIEDERMANN, W. 1926-28. Vergleichende Physiologie des Integumentes der Wirbeltiere. Ergeb. Biol., 1-4; Bd. 1: 91-342, Bd. 3: 354-541, Bd. 4: 360-680. Bıaszyk, P. 1935. Untersuchungen über die Stammesgeschichte der Vogelschuppen und Federn und über die Abhängigkeit ihrer Ausbildung am Vogelfuss von der Funktion. I und II. Gegenbaur’s Morph. Jb., 75: 483-567. BoLk, L. 1910. Beobachtungen über Entwicklung und Lagerung von Pigmentzellen bei Knochenfischembryonen. Arch. mikr. Anat., 75: 414-434. Borcea, M. J. 1909. Sur l’origine du cœur, des cellules vasculaires migra- trices et des cellules pigmentaires chez les Teleosteens. C. R. Acad. Sci. Paris 149: 688-689. BOULENGER, E. G. 1913. Snakes of Europe. London. Breyer, H. 1929. Über Hautsinnesorgane und Häutung bei Lacertiden. Zool. Jb. (Anat.), 51: 549-580. BURGER, W. L. and P. W. SmırH. 1950. The coloration of the tail tip of young Fer-de-Lances. Science 112: 431-433. BuyTENDIJK, F. J. J. 1928. Anschauliche Kennzeichen des Organischen. Philos. Anz. 2: 391-402. — 1938. Wege zum Verständnis der Tiere. Zürich, Leipzig. ByTINSKI - Satz, H. 1936. Chromatophorenstudien. II. Struktur und Determination des adepidermalen Melanophorennetzes bei Bombina. Arch. exp. Zellforsch. 22: 132-170. Cope, E. D. 1893. A synopsis of the species of the Teid Genus Cnemido- phorus. Trans. Americ. Phil. Soc., N. S. 17. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 867 DANNEEL, R. 1957. Die ersten Melanoblasten der Neunaugenlarve. Natur- wissenschaften 44: 46-47. — und N. WEISSENFELS. 1953. Die Herkunft der Melanoblasten in den Haaren des Menschen und ihr Verbleib beim Haar- wechsel. Biol. Zbl. 72: 630-643. DE Lanney, L. E. 1941. The rôle of ectoderm in pigment production, studied by transplantation and hybridisation. J. exp. Zool. 87: 323-341. DETWILER, S. R. 1937. Observattons upon the migration of neural crest cells, and upon the development of the spinal ganglia and vertebral arches in Amblystoma. Am. J. Anat., 61: 63-94. DRZEWICKI, S. 1937. L’inversion sexuelle de la peau de lézard (Lacerta agılıs L.) par la methode de la transplantation. C. R. Soc. Biol. Paris 126: 1034-1035. DuERIGEN, B. 1897. Deutschlands Amphibien und Reptilien. Magdeburg. Du SHANE, G. P. 1943. Embryology of vertebrate pigment cells. Part. I Amphibia. Quart. Rev. Biol. 18: 109-127. — 1944. Embryology of vertebrate pigment cells. Part II. Birds. Quart. Rev. Biol. 19: 98-117. Eccert, B. 1934. Die embryonale Differenzierung der Schilddrüse und des ultimobranchialen Körpers von Lacerta agilis L. und Lacerta vivipara Jacq. Z. wiss. Zool. 145: 687-710. Eimer, G. H. T. 1881. Untersuchungen über das Varitren der Mauerei- dechse als ein Beitrag zur Theorie von der Entwicklung aus konstitutionellen Ursachen, sowie zum Darwinismus. Arch. Natges. 47 (1): 239-517. FesérvAry, G. J. von. 1914. Über die Entwicklung des Farbenkleides bei den Lacerten. Gedanken zu einer phylogenetisch-ontogene- tischen Siudie. Zool. Anz., 43: 533-537. Fremminc, W. 1890. Über die Teilung von Pigmentzellen und Kapillar- wandzellen. Ungleichzeitigkeit der Kernteilung und Zell- trennung. Arch. mikr. Anat. 35: 275-286. FouLKs, J. G. 1943. An analysis of the source of melanophores in regen- erating feathers. Physiol. Zool. 16: 351-380. Fox, M. H. 1949. Analysis of some phases of melanoblast migration in the Barred Plymouth Rock embryos. Physiol. Zool. 22: 1-22. Fucus, R. F. 1914. Der Farbenwechsel und die chromatosche Hautfunktion der Tiere. In: Hdb. vgl. Physiol. (Winterstein) 3 (1): 1189-1656. Grosser, O. 1906. Metamere Bildungen der Haut der Wirbeltiere. Z. wiss. Zool. 80: 56-79. Guenper, J. 1953. Uber den papierchromatographischen und fluoreszenz- mikroskopischen Nachweis von Pterin und Riboflavin bei Amphibien und Reptilien. Naturwissenschaften 40: 20. 868 P. FIORONI CUENDER, J. Histologische Lokalisation von Ribonucleoproteiden als Substrat von Pterin in der Haut der Amphibien. Verh. dtsch. zool. Ges. 48: 447-452. — 1954a. Nachweis und Lokalisation von Pterinen und Riboflavinen in der Haut von Amphibien und Reptilien. Z. vel. Physiol. 36: 78-114. — 1955. Quantitative Untersuchung über die Entwicklung der Pterine und des Riboflavins in der Haut und im Auge von Bufo bufo. Z. Naturforsch. 105: 20-21. Guerres, E. 1953. Uber die Beeinflussung der Pigmentgenese im Auge des Hühnerembryos durch Röntgenstrahlen und über die Herkunft der Pigmentgranula. Z. Zellforsch. 39: 260-275. — 1953a. Die Herkunft des Augenpigmentes beim Kaninchenembryo. Z. Zellforsch. 39: 168-202. Haacke, W. 1890. Über Metamerenbildung am Säugethierkleide. Ber. Senkenb. natforsch. Ges., Frankfurt. HAECKER, V. 1918. Entwicklungsgeschichtliche Eigenschaftsanalyse ( Phä- nogenetik). Jena. Hamirton, H. L. 1940. A study of the physiological properties of melano- phores with special reference to their role in feather colora- tion. Anat. Rec. 78: 525-547. HARNACK, M. von. 1953. Die Hautzeichnungen der Schlangen. Z. Morph. Oekol. Tiere 41: 513-573. HEIKERTINGER, F. 1954. Das Rätsel der Mimikry und seine Lösung. Eine kritische Darstellung des Werdens und der Widerlegung der Tiertrachthypothesen. Jena. HENKE, K. 1955. Entwicklung und Bau tierischer Zeichnungsmuster. Zool. Anz. Suppvol. 8: 176-224. Hoerstapius, S. 1950. The neural crest. London. Horrmann, L. 1953. Form und Entstehung des Zeichnungsmusters dunenjunger Flusseeschwalben (Sterna hirundo). Rev. suisse Zool. 60: 653-706. Hoce, A. R., und P. S. Santos. 1953. Submicroscopie structure of “Stratum corneum“ of snakes. Science. 118: 410-411. HoLmpani, D. E. 1928. Die Entstehung und weitere Entwicklung der Neuralleiste (Ganglienleiste) bei Vögeln und Säugetieren. Z. mikr. anat. Forsch. 14: 99-208. Hormes, A. 1913. Observations on isolated living pigment cells from the larvae of amphibians. Univ. calif. Publ. Zool. 11: 143-151. — 1913a. The mouvements and reactions of the isolated melanophores of the frog. Univ. calif. Publ. Zool. 13: 167-174. HOLTZINGER-TENEVER, H. 1935. Über Strukturbilder des Natternhemdes bei Schlangen. Ein Hilfsmittel zur Systematik. Zool. Anz., Suppvol. 8: 83-92. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 869 Hooker, D. 1914. Amoeboid movement in the corial melanophores of Rana. Amer. J. Anat. 16: 237-250. Humm, F. D. 1942. The growth and migration of cultured melanophores from the neural crest when grafted into the embryo. J. exp. Zool. 90: 101-125. JEFFRIES, J. A. 1883. The epidermal system of birds. Proc. Boston. Soc. nat. Hist. 22: 203-241. Kawamura, T. 1934. Uber die Melanophoren in der embryonalen Epi- dermis von Conturnix conturnix japonica Temmninck et Schlegel. J. Sei. Hiroshima Univ. 3: 87-97. KLAUSEWITZ, W. 1953. Die Korrelation von Verhaltenspsychologie und Farbenphysiologie bei Agama cynogaster atricollis. Z. Tierpsych. 10: 169-180. — 1954. Die Chromatophoren einer abnormal gefärbten Lacerta vivi- para Jacquin. Zool. Anz., 152: 42-44. — 1954a. Histologische Untersuchungen über das Farbkleid des mittel- amerikanischen Zaunleguans, Sceloporus m. malachiticus. Zool. Anz. 152: 199-206. KNAUER, F. 1879. Körperfärbung bei Reptilien und Amphibien im Sinne der geschlechtlichen Zuchtwahl. Zool. Anz. 2: 253-256. — 1879a. Schutzfärbungen bei europäischen Reptilien und Amphibien. Zool. Anz. 2: 84-86. KoeEcke, H. U. 1957. Die frühe Differenzierung erster Melanocyten beim Entenembryo. Experientia 13: 294-295. —- 1959. Die Potenzen verschiedener Neuralleistenabschnitte zur Ent- wicklung von Melanoblasten (Anas domestica). Zool. Anz., Suppvol. 22: 339-345. — 1959a. Die Differenzierung der Melanoblasten zu Melanocyten und die Bildung des Melanins in vivo beim Entenembryo (Khakı Campell). Z. Zellforsch. 50: 238-274. — 1960. Untersuchungen über die regionalen Potenzen der Neuralleiste zur Bildung von Melanoblasten bei der Hausente (Anas domestica). Roux’ Arch. EntwMech., 151: 612-659. Kosnıpa, L. 1960. Argentaffin detection of melanin granules in develop- ment. Jap. J. Zool. 12: 513-517. — 1960a. Detection of immatures melanocytes in the skin of amphibian larvae and chick embryos by argentaffin reaction. Jap. J. Zool. 12: 519-526. Krieg, H. 1922. Die Prinzipien der Streifenzeichnung bei Säugetieren, abgeleitet aus Untersuchungen an Einhufern. Vortr. Auf- sätze EntwMech. (Roux) H. 30. Lance, B. 1931. Integument der Sauropsiden. In: Hbd. vgl. Anat. W'tiere (Bolk, Göppert, Kallius, Lubosch), 1, Wien, Berlin: 375-448. 870 P. FIORONI Leypic, F. 1873. Über die äusseren Bedeckungen der Amphibien und Reptilien. Neue Beiträge. Erster Artikel. Die Haut ein- heimischer Ophidier. Arch. mikr. Anat. 9: 753-794. Linpen, M. von. 1900. Die ontogenetische Entwicklung der Zeichnung unserer einheimischen Molche. Biol. Zbl. 20: 144-167, 226-241. Lusnow, E. 1957. Die Pigmentierung des japanischen Seidenhuhns. Biol. Zbl. 76: 316-342. MAURER, F. 1895. Die Epidermis und ihre Abkömmlinge. Leipzig. Mayaup, N. 1950. Teguments et phanères. In: Traité de Zoologie (Grasse), 15 (oiseaux), Paris: 4-77. MEHELY, L. von. 1907. Archäo- und Neolacerten. Ann. Mus. Nat. Hung. oY. Menkes, B. et M. DELEANU. 1954. Recherches sur la formation et le déve- loppement des tissus hybrides des embryons dans diffé- rentes conditions expérimentales. Comunicare presentata in Sesiunea sectiuni de stiinte medicale a Academiei R.P.R. din 22-24 ianuarie: 593-606. Mertens, R. 1915. Zur Frage des Melanismus bei Eidechsen aus der Lacerta muralis-Gruppe. Biol. Zbl. 35: 77-81. — 1946. Die Warn- und Drohreaktionen der Reptilien. Abh. Sencken- berg. natforsch. Ges. 471: 1-103. — 1957. Gibt es eine Mimikry bei Korallenschlangen? Natur und Volk 87: 56-66. MuRISIER, P. 1921. Le pigment melanique de la Truite (Salmo lacustris L.) et le mécanisme de sa variation quantitative sous V influence de la lumière. Rev. suisse Zool. 28: 45-98, 149-196. Nickerson, M. 1944. An experimental analysis of barred pattern formation in feathers. J. exp. Zool. 95: 361-367. Niu, M. C. 1947. The axial organisation of the neural crest, studied with particular reference to its pigmentary component. J. exp. Zool. 1052 79-113: O’DoxoGnuE, C. H. 1912. The circulatory system of the common Grass- Snake (Tropidonotus natrix). Proc. Zool. Soc. London: 612-647. PARKER, G. H. 1948. Animal colour changes and their neurohumors. Cambridge. PETER, K. 1904. N. T. zur Entwicklungsgeschichte der Zauneidechse (Lacerta agilis). In: Normentafeln zur Entwicklungs- geschichte der W’tiere. Jena. Pockranpr, D. 1936/37. Beiträge zur Histologie der Schlangenhaut. Zool. Jb. (Anat.) 62: 275-322. PorrMaNnn, A. 1957. Die Erscheinung der lebendigen Gestalten im Licht- felde. In: Wesen und Wirklichkeit des Menschen. Fest- schrift für Hellmuth Plessner. Göttingen: 29-41. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 871 PORTMANN, A. 1958. Die Selbstdarstellung als Motiv der lebendigen Form- bildung .In: Geist und Werk. Zürich. — 1959. Vergleichende Morphologie der Wirbeltiere. 2. Aufl., Basel. — 1960. Die Tiergestalt. 2. Aufl., Basel. Prowazek, S. 1900. Beitrag zur Pigmentfrage. Zool. Anz. 23: 477-480. RATHKE, H. 1839. Entwicklungsgeschichte der Natter (Coluber natrix). Königsberg. Raven, C. P. 1932. Zur Entwicklung der Ganglienleiste. I. Die Kinematik der Ganglienleistenentwicklung bei den Urodelen. Roux’ Arch. EntwMech. 125: 210-292. — 1936. Zur Entwicklung der Ganglienleiste. V. Über die Differenzie- rung des Rumpfganglienleistenmaterials. Roux’ Arch. EntwMech. 134: 122-146. Raw es, M. E. 1948. Origin of melanophores and their role in development of color patterns in vertebrates. Physiol. Rev. 28: 383-408. — 1960. The integumentary system. In: Biology and comparative physiology of birds (Marshall), 1, New York, London: 189-240. Reams, W. M. 1956. An experimental study of the development of pigment cells in the coelomic lining of the chick embryo. J. Morphol. 99: 513-548. REGAMEY, J. 1935. Les caractères sexuels du Lézard (Lacerta agilis L.). Rev. suisse Zool. 42: 87-168. Ris, H. 1941. An experimental study of the origin of melanophores in birds. Physiol. Zool. 14: 48-66. RoLLinaT, R. 1934. La vie des Reptiles de la France centrale. Paris. Rynperk, G. van. 1906. Über den durch Chromaophoren bedingten Farbwechsel der Tiere (sog. chromatische Hautfunktion). Ergeb. Physiol. 5: 347-571. ScHMIDT, W. J. 1913. Studien am Integument der Reptilien IV. Uroplatus finbriatus (Schneid.) und die Geckoniden. Zool. Jb. (Anat.) 36: 377-464. — 1914. Studien am Integument der Reptilien. V. Anguiden. Zool. Jb. (Anat.) 38: 1-102. — 1917. Die Chromatophoren der Reptilienhaut. Arch. mikr. Anat., Abt. I 90: 98-259. — 1919. Vollzieht sich Ballung und Expansion des Pigmentes in den Melanophoren von Rana nach Art amöboider Bewegungen oder durch intrazelluläre Körnchenströmung. Biol. Zbl. 39: 140-144. — 1949. Altes und Neues über Strukturfarben im Tierreich. Giessener Natwiss. Vorträge, H. 6. 872 P. FIORONI SCHREIBER, E. 1912. Herpetologia europaea. 2. Aufl. Jena. SEMPER, K. 1880. Die natürlichen Existenzbedingungen der Tiere. Inter- nat. wiss. Bibl., 39/40, Leipzig. SEWERTZOFF, A. N. 1931. Morphologische Gesetzmässigkeiten der Evolu- tion. Jena. STARCK, D. 1955. Embryologie. Stuttgart. STEARNER, S. P. 1946. Pigmentation studies in salamanders, with especial reference to the changes at metamorphosis. Physiol. Zool. 19: 375-404. STEMMLER, C. 1944. Brutpflege bei Schlangen. Leben Umwelt 1: 177-184. — 1956. Schwarze Jurapivern. Z. Vivaristik, 2. SuEFFERT, F. 1932. Phänomene visueller Anpassung. I. bis III. Mitteilung. Z. Morph. Oekol. Tiere 26: 147-316. — 1935. Neue Arbeit an den Fragen der visuellen Anpassung. Zool. Anz. Suppvol. 8: 248-295. TuiLtentius, W. 1897. Der Farbenwechsel von Varanus griseus, Uromastix acanthinurus und Agama inermis. Schwalbes Morph. Arb. 7: 515-545. Tornier, G. 1897. Die Kriechthiere Deutsch-Ostafrikas. Beiträge zur Systematik und Descendenzlehre. Berlin. Twitty, V. C. 1936. Correlated genetic and embryological experiments on Triturus. I. Hybridisation: Development of three spezies of Triturus and their hybrid combinations. II. Trans- plantation: The embryological basis of species differencies in pigment pattern. J. exp. Zool. 74: 239-302. — 1942. The role of genetic differentials in the embryonic development of amphibia. Biol. Symposia 6: 291-310. — 1945. The developmental analysis of specific pigment patterns. J. exp. Zool. 99: 141-178. — 1949. Developmental analysis of amphibian pigmentation. Growth Symposium 9: 133-161. — and D. Bopvenstein. 1939. Correlated genetic and embryological experiments on Triturus. III. Further transplantation experiments on pigment development. IV. The study of pigment cell behavior in vitro. J. exp. Zool. 81: 357-398. — 1944. The effect of temporal and regional differentials on the deve- lopment of grafted chromatophores. J. exp. Zool. 95: 213- 231. Vasnecoy, V. 1934. Über die Entwicklung des Musters bei den Knochen- fischen. Trav. Lab. Morph. ev. Leningrad 2: 1-81. VILTER, V. 1941. Polarisation dorso-ventrale de la livrée pigmentaire, sa physiologie et ses origines. Bull. Mus. Hist. nat. Marseille 1: 157-187. PIGMENT- UND MUSTERENTWICKLUNG BEI REPTILIEN 873 WAGENER, G. 1959. Die Entstehung der Scheckung bei der Haubenratte. Biol. Zbl. 78: 451-460. Wang, H. 1943. The morphogenetic functions of the epidermal and dermal components in the papilla in feather regeneration. Physiol. Zool. 16: 325-350. Watterson, R. L. 1942. The morphogenesis of down feathers with special reference to the developmental history of melanophores. Physiol. Zool. 15: 234-259. WEIDENREICH, F. 1912. Die Lokalisation des Pigmentes und thre Bedeu- tung in Ontogenie und Phylogenie der Wirbeltiere. Z. Morph. Anthrop., Sh 2: 59-140. WEISSENFELS, N. 1956. Licht-, phasenkontrast- und elektronenmikrosko- pische Untersuchungen über die Entstehung der Propig- mentgranula in Melanoblastenkulturen. Z. Zellforsch. 45: 60-73. WENDT, E. 1958. Das Verhalten der Melanoblasten verschiedener Hühner- rassen (Seidenhuhn und Leghorn) in Gewebekulturen. Roux’ Arch. EntwMech. 150: 495-508. WERNER, F. 1890. Untersuchungen über die Zeichnungen der Schlangen. Wien. — 1891. Biologische Studien an Reptilien. Biol. Zbl. 11: 694-700. — 1892. Untersuchungen über die Zeichnung der Wirbeltiere. Zool. Jb. (Syst.) 6: 155-229. — 1894. Untersuchungen über die Zeichnung der Wirbeltiere. Zool. Jb. (Syst.) 7: 365-410. — 1895. Über secundäre Geschlechtsunterschiede bei Reptilien. Biol. Zbl. 15: 125-140. — 1929. Kriechtiere, Reptilia. In: Die Tierwelt Mitteleuropas (Brohmer, Ehrmann, Ulmer), 7, Leipzig: 37-50. Witter, B. H. 1941. An analysis of feather color pattern produced by grafting melanophores during embryonic development. Amer. Nat. 75: 136-146. — 1950. Specialisations in the response of pigment cells to sex hormones as exemplified in the fowl. Arch. Anat. micr. Morph. exp. 39: 451-466. — 1953. Basic mechanisms in the differentiation of pigment cells. J. Embryol. exp. Morph. 1: 297-299. — and M. E. Rawtes. 1940. The control of feather color pattern by melanophores grafted from one embryo to another of a different breed of fowl. Physiol. Zool. 13: 177-199. Wink er, C. 1903. Uber die Rumpfdermatome, ein experimenteller Beitrag zur Lehre der Segmentalinnervation der Haut. Mschr. Psychiat. Neurol. 13: 161-176. 874 P. FIORONI Wirticn, von. 1954. Die grüne Farbe der Haut unserer Frösche, ihre physiologischen und pathologischen Veränderungen. Arch. Anat. Physiol. wiss. Med.: 41-59. ZENNECK, J. 1894. Die Anlage der Zeichnung und deren physiologische Ursachen bei Ringelnatterembryonen. Z. wiss. Zool. 58: 364-393. — 1898. Die Zeichnung der Boiden. Z. wiss. Zool. 64: 1-384. ZIEGLER-GUENDER, J. 1956. Pterine: Pigmente und Wirkstoffe im Tierreich. Biol. Rev. 31: 313-348. N° 32. N° 33. N° 34. N° 35. N° 36. N° 37. N° 38. N° 39. N° 40. Ne 4. N° 42. Hans Rudolf HAEFELFINGER. Hervia costai (n.nom.), ein wieder ent- a Lobranenier. de des Mittelmeeres. Mit 6 ee nneen und 4 IE. Elisabeth HAUSCHTECK. Die Chromoshmen: von | fünt i Mit 5 Textabbildungen . ara à R. MATTHEY et A. MEYLAN. Le polymorphisme chromosomique de Sören araneus L. (Mamm. Insectivora). Etude de deux poste” de 5 et 9 Bein Avec 5 figures et un tableau dans le texte . à H. MisziN. Zur Funktionsanalyse der Lymphgefässmotorik. (Cavia DOT: cellus L.) Mit 5 Textabbildungen a J.-P. RIBAUT. Un nouveau moyen pour etudier 1a predation: dane es nichées: L’ceuf postiche. Avec 2 photographies dans le texte È R. SCERQETE. RENEE ann im Hirschrudel Wein. National- park) E W. STINGELIN. Geössenunterschiöde es Sensihlen Trigeminuskerns bei verschiedenen Vögeln. Mit 1 Textabbildung i I. WALKER. Drosophila und Pseudeucoila II. Schwieriekeiten ui Nach- weis eines Selektionserfolges. Mit 3 Textabbildungen R. MATTHEY. Etudes de Cytogénétique chez les Muridae: Reithrodonlomys LA Allen, iumogeomus antimena Grandid. et Sa alleni True. sum Helmut ALTNER. Uber die Golenboleitauns ne Mi I. Col lembolen von der Insel Stromboli. Mit 8 Textabbildungen Georges DuBots. Contribution a l’étude des Trématodes de Chiroptäres! ne genre Acanthatrium Faust 1919. Avec 10 figures dans le texte . Georges Dugois. Rectification de la clé de determination des acc: di sous-genre Lecithodendrium Looss 1896 (Trematodes) 5 BG A. Fain et V. AELLEN. Les acariens psoriques parasites des Feng, XX. Un cas d’hyperparasitisme par Nycteridocoptes poppei. Nouvelles observations sur l’évolution cyclique de la gale sarceptlaue chez les chi- roptéres. Avec 5 photos dans le texte J. GALLERA. Dissociation expérimentale entre ee TO ci ia aifie- ann de l’ébauche neurale chez les nphibiens: Avec 6 ins dans e texte 3 5 Hans-Rudolf Hea nine Beiträge zur Kenntnis von 1 Peltodlis ro culata Bergh 1880 ( Mollusca, Opisthobranchiata). Mit 9 Textabbildungen Marcus SCHNITTER. Zur Genetik und Entwicklungsphysiologie des Faktors “letal scheiben gehen È ec) bei an, plana gente, Mit 29 Text- abbildungen a: Ulf ScHELLER. Cave Seip Ro GIO With one are é G. PILLERI. Uber das Gehirn von Hypogeomys antimena Grandidier 1508 (Rodentia, Nesomyinae). Mit 3 Textabbildungen G. PiLLERI. Das Gehirn der AE Gone Nesomyinas). Mit 4 Textabbildungen Claude BESUCHET. Revision FE Clos De (Coleopt. Pselaphriäge) U. BURrGIN-Wyss. Die Rückenanhänge von Trinchesia coerulea (Montagu). Eine morphologische Studie über Farbmuster bei Nudibranchiern. Mit 49 Textabbildungen und einer Farbtafel . x Hans Rudolf GEIGER. Untersuchungen über freie Aminosäuren Soon, der Adultentwicklung von Culex pipiens und Culex fatigans und deren Einfluss auf die Eireifung. Mit 14 Textabbildungen . & que Eugen KRAMER. Variation, Sexualdimorphismus, Wachstum und ones mie von Vipera ursinii (Bonaparte, 1835) und Vipera kaznakovi Nikols- kij, 1909. Mit 9 Textabbildungen und 3 Tafeln. 3 P. Fioroni. Zur Pigment- und Muskelentwicklung bei Squamaten Rep- tilien. Mit 74 Textabbildungen und 8 Tabellen . 207 218 223 228 238 241 247 252 263 265 273 303 305 311 331 345 419 425 433 443 461 583 627 727 CATALOGUE DES INVERTÉBRÉS DE LA S ss Fasc. Fasc. Fasc. Fasc. Fasc. Fasc. Fasc. Fasc. Fase. Fasc. Fasc. Fasc. Fasc. Fasc. Fase. Fasc. Fasc. Fasc. ONORIO ONE È SARCODINÉS par E. PENARD . PHYLLOPODES par Th. STINGELIN . ARAIGNEES par R. DE LEssERT . ISOPODES par J. CARL . PSEUDOSCORPIONS par R. DE LESSERT . INFUSOIRES par E. ANDRE . OLIGOCHETES par E. Picuet et K. BRETSCHER . COPEPODES par M. TuréBauD . OPILIONS par R. DE LEssERT . SCORPIONS par R. DE LESSERT . ROTATEURS par E.-F. WEBER et G. MONTET . . DECAPODES par J. Carl . ACANTHOCEPHALES par E. Anpré . GASTEROTRICHES par G. Monter . AMPHIPODES par J. Cart . HIRUDINEES, BRANCHIOBDELLES . CESTODES par O. FuUHRMANN . GASTEROPODES par G. Mermop En vente chez GEORG & Cie, libraires à Genöve. et POLYCHETES par E. ANDRÉ de LES OISEAUX DU PORT DE GENEVE EN HIVER 7 par F. DE SCHAECK Avec 46 figures dans le texte. Fr. En vente au Muséum d’ Histoire naturelle de Genève. COLLEMBOLENFAUNA EUROPAS von H. GISIN 312 Seiten, 554 Abbildungen IMPRIMÉ EN SUISSE fi ER A