ee Br DUaN. An KURT I N) X) N DANN UNE 7 f Tu b N \ ,\ ie INNE N LEN AN \r } y Inalı \ - IFRT 3; De Typ \Y pn N ) N ' 0 x IN } Y % r SSR Nast 6a a A I N \ | 1 ER vi Di NL \ ß N \ f I \ \ _ I“ - N RER AN RE EW nr a | A). il N 27 \ D b Y Q } 4 “N RALCHRU Bi N B 5 a R E x a \ N SEN, \ Er 2% il r 5 RN 3 N 3 1 „ PNA nr N Pre 5 } ur 2 x la WW. 2 2 "S ı vluy AUS er >08 w ARTE } pe, “= a a dr BR NUT ad 2 N ı u; ; a E73 el; p Drag eu N I N, 03 By W ’ We n A p Dr SL 2% N SAP 1, N 7 Fi Ä \ E NIE Zei N e KNR A S i y ht RR Ruf ö ’ h Tl A: 5 ; MENGE ER RS BER 9 RR RAR NERERS u7 E 5 NE Fu R N ar Be NY DE 2 3ETr Sy Ds ww a‘ SIE. Rn Te® N SS 5 N BR DOREEN Be N N : Ve u u“ mn A el SITZUNGSBERICHTE DER - KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE (LASSE. HUNDERTVIERTER BAND. WIEN, 1895. AUS DER KAISERLICH- KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI CARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. © SIMZUNGSBERICHTE. DER THEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN CLASSE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. CIV. BAND. ABTHEILUNG I. & JAHRCANG 18095. — Hevm I Bıs X. (MIT 34 TAFELN, 1 KARTENSKIZZE UND 23 TEXTFIGUREN.) — I ——— " WIEN, 1895. IR KAISERLICH - KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI. COMMISSION BEI CARL GEROLD’S SOHN, _ BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Ba RE SONY uhr I. Sitzung vom 10. II. Sitzung vom 17. III. Sitzung vom 24. . Februar 1895: . Februar 1895: . Februar 1895: IV. Sitzung vom V. Sitzung vom | VI. Sitzung vom VII. Sitzung vom 1 IX. Sitzung vom 21. X. Sitzung vom XI. Sitzung vom 25 XI. Sitzung vom 9. 6. Mai 1895: Übersicht XIII. Sitzung vom XIV. Sitzung vom XVI. Sitzung vom XXV. Sitzung vom 9. XXVlI. Sitzung vom 12, XXVI. Sitzung vom 19. Attems C., Graf, Die Myriopoden Steiermarks. (Mit 7 Tafeln.) [Preis: 7 4 21 VI. Sitzung vom 7. 4 1 4 1 24. XV. Sitzung vom 14. 20. XVIl. Sitzung vom 4. XVII. Sitzung vom 11. XIX. Sitzung vom 10. XX. Sitzung vom 17. XXI. Sitzung vom 24. XXI. Sitzung vom 7. XXIH. Sitzung vom 14. XXIV. Sitzung vom 21. IINDEDSUME: Jänner 1895: Jänner 1895: Jänner 1895: Übersicht . Übersicht . Übersicht Übersicht Übersicht Übersicht März 1895: Übersicht . . März 1895: Übersicht . April 1895: Übersicht. . April 1895: Übersicht . . April 1895: Übersicht . Mai 1895: Übersicht Mai 1895: Übersicht Juni 1895: Übersicht . Juni 1895: Übersicht Juli 1895: Übersicht Juli 1895: Übersicht Octeber 1895: October 1895: October 1895: Übersicht Übersicht Übersicht November 1895: Übersicht November 1895: Übersicht November 1895: Übersicht December 1895: Übersicht . December 1895: Übersicht . December 1895: Übersicht . 2 fl. 10 kr. —4 Mk. 20 Pfg.] . Bittner A., Über zwei ungenügend bekannte brachyure Eileen des Vicentinischen Eoeäns. (Mit I Tafel.) [Preis: 25 kr. — 50 Pfg.] Seite 117 247 Brauer F., Bemerkungen zu einigen neuen Gattungen der Muscarien und Deutung einiger Original-Exemplare. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 40 kr. = 80 Pfg.] ee N Re : Burgerstein A., Vergleichend - histologische Untersuchungen 2 Holzes der Pomaceen. [Preis: 60 kr. — 1 Mk. 20 Pfg.] Czapek F., Über Zusammenwirken von Heliotropismus und Geo- tropismus. |Preis: 35 kr. —= 70 Pfg.] . BL © — Über die Richtungsursachen der Seitenwurzeln a einiger anderer plagiotroper Pflanzentheile. [Preis: 55 kr. — 1 Mk. 10 Pfeg.| BE DE EHE ea EA Deperet Ch., Über die Fauna von miocänen Wirpeiltiered aus der ersten Mediterranstufe von Eggenburg. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 45 kr. — 90 Pfg.] ; ee Diener C., Mittheilungen über triadische Ciphalspodenfanhen von der Ussuri-Bucht und der Insel Russkij in der ostsibirischen Küstenprovinz. [Preis: 10 kr. = 20 Pfg.] . Se Fritsch K', Über einige Orobus-Arten und ihre beouraphieche Verbreitung. Series I. Zutei. Ein Beitrag zur Systematik der Vicieen. (Mit 1 Kartenskizze.) [Preis: 50 kr. — I Mk.]. Fuchs Th., Studien über Hieroglyphen und Fucoiden. [Preis: 10 kr. — 20: BIS Ina ee ee, Haberlandi G., Anatomisch-physiologische Uns über. das tropische Laubblatt. II. Über wassersecernirende und -absorbirende Organe. (II. Abhandlung.) (Mit 4 Tafeln.) [Preis: I fl. — kr.—2 Mk. — Pfg.] - : Handlirsch A., Nachträge und Schlusswort zur Monographie der mit Nysson und Bembex verwandten Grabwespen. (Mit 2 Tafeln) [Preis: 2 fl. 30 kr. — 4 Mk. 60 Pfg.] . nr Heberdey P. Ph., Künstliche Antimonit- und Wismuthkrystalle aus der k.k. Hütte in Pribram. (Mit 8 Textfiguren.) [Preis: 25 kr. —o Ehren] le eh Hlawatsch C, Über eine neue Kurtae Anlinon Verbindung aus der k.k. Hütte zu Brixlegg. (Mit 1 Tafel und 12 Textfiguren.) MBreis: Aorkt. — Y0rPfgM. 2 Höhnel F., v., Beitrag zur Kenntniss der ahmöestlore des Hoch- gebirgstheiles der Sierra Nevada in Spanien. [Preis: 35 kr. 70 Pfg.]. EN OEL AS Lt b Mojsisovics E. v., Waagen W. und Diener G, Entwurf einer Gliede- rung der pelagischen Sedimente des Trias-Systems. [Preis: 40 kr. — 80 Pfs.] i 5 Molisch H., Die Ernährung der Alten een L. I handlung.) (Mit 2 Textfiguren.) [Preis: 25 kr. = 50 Pfe.] . Rompel J., Krystalle von Calciumoxalat in der Fruchtwand der Umbelliferen und ihre Verwerthung für die Systematik. (Mit 2 Tafeln.) |Preis: 90 kr. = 1 Mk. 80 Pfg.] Seite er 268 [11 OL 801 254 297 417 VI Seite Siebenrock F., Das Skelet der Agamidae. (Mit 6 Tafeln.) [Preis: N fi, 70 Sn = SON AN ee eo na. ME) Steiner J., Ein Beitrag zur Flechtenfliora der Sahara ‚(Reis 15 kr. SORT er Meere . 383 Sioklasa J., Die Assimilation des een durch die cas (Mit ı Tara) Fest: Oil A are eo Suess B., Einige Bemerkungen über den Mond. [Preis: 35 kr. — BO) IN None Nee ee N SUSE a SZ RA Wiesner J., Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen mit Rücksicht auf die Vegetation von Wien, Cairo und Buitenzorg (Java). (Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete.) (II. Abhandlung.) (Mit 4 Curventafeln.) |Preis: 1 fl. 20 kr. —2 Mk. 40 Pfe.). . . 605 — Beiträge zur Kenntniss des tropischen Regens. (Mit 1 Text- Neum)alEzeis: A0nkE —80rbte.]| mr 2.0 ANGE . 1897 Zukal H., Morphologische und biologische onen über die Flechten. (I. Abhandlung.) (Mit 3 Tafeln.) [Preis: 1 fl. On? 23 MR 20rBten N. i RR NUN 1020 — Morphologische und biologische Untersuchungen über die Flechten. (II. Abhandlung.) [Preis: 80 kr. = 1 Mk. 60 Pfg.) 1303 A SIBAUNGSBERICILTE =; | DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CNVZBANDSISEIELAE ABTHEILUNG 1. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, _ _ KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, _ _ _ PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. 5 ou I. SITZUNG VOM 10. JÄNNER 1895. Das w. M. Herr” Oberbergrath E. Mojsisovies Edler v. Mojsvar überreicht als Mitglied des internationalen Comite für die geologische Karte von Europa im Auftrage des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht die erschienene I. Lieferung eines für die kaiserl. Akademie bestimmten Frei- exemplares dieser Karte. (Massstab 1: 1,500.000.) Der Ausschuss der Gesellschaft zur Förderung der naturhistorischen Erforschung des Orients in Wien übermittelt den Aufruf, die Statuten und das Arbeitsprogramm dieser Gesellschaft. Das Curatorium der Schwestern Fröhlich-Stiftung in Wien übermittelt die diesjährige Kundmachung über die Ver- leihung von Stipendien aus dieser Stiftung zur Unterstützung bedürftiger und hervorragender schaflender Talente auf dem Gebiete der Kunst, Literatur und Wissenschaft. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. E. Mach übersendet eine im physikalischen Institute der k. k. deutschen Universität in Prag ausgeführte Arbeit von Prof. Dr. G. Jaumann, betitelt: »Inconstanz des Funkenpotentials«. Das c.M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann in Wien über- sendet mit Bezug auf seine in der- Sitzung vom 13. December v.J. gemachte vorläufige Mittheilung die von ihm und Herrn G.H. Bryan ausgeführte Arbeit: »Über eine mechanische Analogie des Wärmesgleichgewichtes zweier sich berührender Körper«. Herr Prof. Dr. G. Haberlandt in Graz übersendet: »Ana- tomisch-physiologische Untersuchungen über das 1 4 tropische Laubblatt; II. Über wassersecernirende und -absorbirende Organe« (Il. Abhandlung). Die Herren Dr. J.ElsterundH. Geitel, beide Oberiehrer am herzogl. Gymnasium in Wolfenbüttel, übersenden eine weitere gemeinschaftliche Arbeit, betitelt: »Elektrische Beobach- tungen auf dem Sonnblick« (Nachtrag). Herr Prof. Rudolf Andreasch an der k. k. Staatsoberreal- schule in Währing (Wien) übersendet eine Abhandlung: »Über Dimethylviolursäure und Dimethyldilitursäure«. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 1. »Über einen einfachen Apparat zur Elektrolyse unter dem Mikroskope auch bei geringem Focal- abstande der benützten Objecte, welcher sich auch zu elektro-physiologischen Versuchen mit Infusorien und Bacterien eignet«, von Dr. Wilhelm Kaiser, k.k. Polizei- Commissär in Floridsdorf. 2. »Ein Blick in das geheime Weben der Natur. (Eine naturwissenschaftliche Abhandlung, enthaltend die Grund- züge einer neuen Chemie)«, von Herrn Adolf Kratschmer, Schulleiter in Gr. Radischen (N.-Ö.). »Über den zwischen den Abplattungen von Rota- tionsellipsoiden überhaupt und den zwischen den Ab- plattungen der Planeten Erde, Jupiter und Saturn insbe- sondere wahrscheinlich bestehenden Zusammen- hang«, von Herrn Franz Trenkna, k. k. Steuer-Inspector in Wien. 8% Ferner legt der Secretär ein von dem vorgenannten Herrn F. Trenkna behufs Wahrung der Priorität eingesendetes versiegeltes Schreiben vor, welches die Aufschrift führt: Über den zwischen den Excentricitäten der Bahnen der acht Haupt- planeten und den Excentricitäten der Erd- und Mondbahn wahr- . scheinlich bestehenden inneren Zusammenhang«. Das w. M. Herr k.u.k. Intendant Hofrath F. Ritter v. Hauer überreicht eine Abhandlung des c. M. Herrn Director Th. Fuchs - 18) in Wien, betitelt: »Studien über Fucoiden und Sog. Hiero- slyphen«. Das w. M. Herr k. und k. Hofrath Director Dr. F. Stein- dachner überreicht eine Mittheilung von Dr. Rudolf Sturany in Wien: »Bestimmungsliste der von Herrn Dr. Konrad Natterer auf S.M. Schiff „Taurus* im Marmara-Meere gedredschten Mollusken«. Dasıw. Me Here kloiratn Brot V. vw. Ebner überreicht eine vorläufige Mittheilung: »Über den feineren Bau der emosdardorsalis der Cyelostomen«: Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine in seinem Laboratorium ausgeführte Arbeit von Dr. Konrad Natterer: Tiefseeforschungen im Marmara-Meer auf S, UL Sellin SItembausz. Kemmer überzeient Klier Rlottarh, Btor Ad Kreben eme in seinem Laboratorium ausgeführte Arbeit des Herrn Leon Doneiü: »Über die Einwirkung von Chlor auf das Äthylenglycol«. Das w. M. Herr Prof. A. Schrauf überreicht eine im mineralogischen Museum der k. k. Universität von Herrn Dr. P. Philipp Heberdey ausgeführte Untersuchung: »Über künst- liche Antimonit- und Wismuthkrystalle aus der k. k. ee au Bribuam«: Herr Prof. Dr. Ed. Lippmann überreicht eine von ihm und Beamer Bleissmer im Il. chem: Kaboratorıum der k. k Universität in Wien ausgeführte Arbeit: »Über das Apochinin und seine Äther«. Schliesslich lest der Vorsitzende, Herr Prof E. Suess, erise ihm von Herten Prof. Dr. 'L. Weinek, Director der k.k. Sternwarte in Prag, zugekommenen Abbildungen seiner neuesten Mondarbeiten vor. 6 Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Dubois E., Pithecanthropus erectus. Eine menschenähnliche Übergangsform aus Java. (Mit 2 Tafeln und 3 Textfiguren.) Batavia, 1894; 4°. Helmholtz H. v., Handbuch der Physiologischen Optik. IX. Lieferung. Hamburg und Leipzig, 1894; 8°. Internationale geologische Karte von Europa (Mass- stab 1:1,500.000), beschlossen durch den internationalen Geologen-Congress zu Bologna im Jahre 1881, ausgeführt nach den Beschlüssen einer internationalen Commission, mit Unterstützung der Regierungen, unter der Direction der Herren Beyrich und Haucheorne. I. Lieferung, ent- haltend die Blätter AI, All, BI, BI, CIV und DIV sammt Farbenschema. Berlin, 1894; Folio. Statistischer Bericht über die volkswirthschaftlichen Zustände des Erzherzogthums Österreich unter der Enns im Jahre 1890. An das k. k. Handels-Mini- sterium erstattet von der Handels- und Gewerbekammer in Wien. I. Bd. Gewerbestatistik. Wien, 1894; 4°. I Studien über Hieroglyphen und Fucoiden von Th. Fuchs,! ec. M.k. Akad. Wenn man Gyps, Cement oder eine andere breiartige Masse über eine Unterlage von weichem Thon oder Sand fliessen und sodann erstarren lässt, so findet man an der Unterseite des so entstandenen festen Kuchens mannigfach geformte Wülste, die eine ausserordentliche Ähnlichkeit mit jenen Wülsten zeigen, die man so häufig an der Unterfläche der Flyschbänke findet. Die von Saporta unter dem Namen Laminarites und Panescorsaea beschriebenen Sculpturen gehören, wenigstens zum Theile, auch in diese Kategorie der »Fliesswülste«. Die im braunen Jura so häufigen, unter dem Namen Gyro- chorda bekannten gegliederten Wülste (Zopfplatten) treten in der Regel nicht auf der unteren, sondern auf der oberen See den schichten auf. Es entspricht dies sanz den Beob- achtungen Nathorst’s, der die Bildung ähnlicher Fährten durch einen Isopoden (Corophium longicorne) beobachtete. In den Steinbrüchen von Hadersdorf fand sich auf der Unterseite einer Sandsteinbank ein dicker, sehr regel- mässig baumförmig verzweigter Cylindrit, der einen voll- kommenen »Sandstein-Fucoiden« darstellte. An mehreren I Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung. 8 Ali. BNENS- Stellen kamen Durchkreuzungen zwischen den Ästen dieses Cylindriten vor. Squinabol beobachtete, dass manche Schnecken, welche den mikroskopischen Algenüberzug des Bodens abweiden, bei dieser Gelegenheit tiefe, gewundene Furchen erzeugen, welche vollständig mit den Helminthoideen des Flysches überein- stimmen. Bei Limax agrestis erscheint diese Frass-Spur über- dies mit kleinen Zähnchen besetzt. Eine vollständig idente, mit genau solchen Zähnchen besetzte Frass-Spur bildet Emmons aus dem Taconic-System Nordamerikas unter dem Namen Nemapodia tennissima ab. Zu den auffallendsten und prägnantesten Formen im Reiche der Hieroglyphen gehören die unter dem Namen Palaeodictyum bekannten bienenwabenförmigen Sculpturen. Enge verwandt mit diesem Palaeodictyum ist das sogenannte Palaeomaean- dron (Meneghini non Heer), sowie eine Reihe anderer Hiero- glyphen, welche Verfasser als »Graphoglypten« zusammen- fasst. Es ist merkwürdig, dass die von Nachtschnecken erzeugten Laichbänder fast alle Formen dieser »Graphoglypten« wiederholen, und wird es dadurch wahrscheinlich, dass die- selben nichts als Laichbänder von Schnecken sind, die in der Form von »Halb-Reliefs« erhalten wurden. Die von Nathorst und dem Verfasser bisher gegen die pflanzliche Natur der sogenannten Fucoiden geltend gemachten Argumente haben sich dem Verfasser auf seiner ganzen Studien- reise durch die Museen Norditaliens, der Schweiz und Süd- deutschlands als vollkommen stichhältig erwiesen. Unter den zarten Fucoiden des Flysches finden sich bis- weilen Formen, bei denen die Zweige nicht continuirlich ver- laufen, sondern in Reihen isolirter Perlen aufgelöst erscheinen. Squinabol hat gezeigt, dass diese Discontinuität nur eine scheinbare sei und dadurch hervorgebracht werde, dass die Zweige nicht gerade verlaufen, sondern eine Spirale beschreiben, ähnlich den Spiralfäden in den Trachaeen der Insecten. Die Fucoiden des Lias und Jura sind meist vollkommen körperlich erhalten und bestehen sehr häufig aus Sandstein. Nicht selten findet man Chondriten zu Bändern oder strick- Hieroglyphen und Fucoiden. 9 förmigen Körpern zusammengeflochten. Wenn Chondriten in die Nähe von Cylindriten kommen, schmiegen sie sich häufig an seine Oberfläche an und erzeugen so die von Saporta als »Syringodendron« beschriebenen Körper. Butotrephis ramnulosus Miller aus dem Silur von Cin- einnati ist ein ausgeprägter Fucoid, der einen grauen Kalk- mergel nach allen Richtungen durchzieht und dessen Ober- fläche aus groben Sandkörnern und kleinen Muschelfragmenten zusammengesetzt ist, genau wie die Röhren von Terebella conchylega. Die Gattung Phymatoderma hat mit den von Gryllotalpa und anderen Thieren aufgeworfenen schuppigen Wülsten nichts zu thun. Es waren dies ursprünglich verzweigte Gänge, die einen so regelmässigen und bestimmt ausgeprägten zelligen Bau besassen, dass derselbe nach Ansicht des Verfassers nut von einer bestimmten inneren Organisation herrühren kann. Verfasser spricht die Vermuthung aus, dass wir in diesen Vorkommnissen verzweigte Eiertaschen vor uns haben, die einzelnen Zellen aber Eierkapseln entsprechen. In der Gruppe der spirophytenartigen Gebilde kommen nicht nur spirale, sondern auch quirlig gebaute Körper vor. Die Spirophyten sind bisweilen auch in der Form von Steinkernen körperlich erhalten, woraus hervorgeht, dass die- selben ursprünglich spiral gebaute Höhlungen waren. Die sichelförmige Sculptur vieler Spirophyten gleicht ganz der Oberflächen -Sculptur von Daimonhelix und rührt daher wahrscheinlich ebenfalls vom Graben und Scharren der Aneres ner: Wenn Cancellophycus in zartem Materiale gut erhalten ist, zeigt er bisweilen eine deutlich zellige Structur, welche ganz derjenigen von Phymatoderma gleicht und möglicherweise ebenfalls auf Eikapseln zurückzuführen ist. | Die Lappen von Spirophyton zeigen häufig eine Rand- wulst. Die spiral eingerollten Laichbänder mancher Doris-Arten gleichen äusserlich ganz einem Spirophyton. Nach Lund erzeugen manche Prosobranchier Stöcke, welche aus einer centralen Axe bestehen, an welcher spiral- 10 Dr Kutehis, gestellte flache, schuppenförmige Eierkapseln befestigt sind. Ein solcher spiral gebauter Eierkapselstock zeigt in seinem Grundbau eine grosse Analogie mit Spirophyton. Die von Esper in seinen »Pflanzenthieren«, vol. III, Taf. XXII—XXV, unter den Namen Tubnlaria clavata, sphaeroidea und Zesselata abgebildeten Eierkapselstöcke von Prosobran- chiern erinnern lebhaft an die quirlig gebauten Formen aus der Gruppe der spirophytenartigen Körper. Verfasser glaubt, dass diese Schneckenlaiche und Eier- kapselstöcke den Schlüssel zur Erklärung der Spirophyton- Bildungen enthalten. So wie es Würmer gibt, welche selbständige, feste Röhren bauen und andere, welche sich begnügen Röhren im Boden grabend anzulegen, so mag es auch Schnecken geben, welche nicht im Stande sind, freie selbständige Kapselstöcke zu er- zeugen und sich begnügen müssen, ähnlich geformte Höhlen im Boden zu bilden. Auch bei den Insecten (Bienen, Wespen, Ameisen) kommt es vor, dass gewisse Formen freie Nester bauen, andere solche in der Erde anlegen oder sich auch direct mit Höhlen "und Gängen begnügen. Dieser Gedankengang führt zu dem Schlusse, dass die Spirophyten- und verwandten Bildungen Eiernester von Meeres- thieren, und zwar wahrscheinlich von Gasteropoden seien. Ein grosser Theil des nordöstlichen Galizien wird aus Kreidemergel gebildet, welcher unmittelbar von marinen, mio- cänen Sanden bedeckt wird. An der Basis dieser miocänen Sande findet man bei Lem- berg und an mehreren anderen Punkten die obersten Schichten der Kreide mitRhizocorallien! erfüllt, welche horizontal oder die Wölbung nach unten gekehrt im Kreidemergel stecken, selbst aber aus miocänem Sande bestehen. Es ist hiedurch erwiesen, dass diese Rhizocorallien hohle Taschen waren, welche zur Miocänzeit von Meeresthieren im anstehenden, festen Kreide- gestein gegraben und nachträglich von dem marinen Sande ausgefüllt wurden, genau so wie dies auf der schwäbischen I Glossifungites saxicava Lomnicki. Hieroglyphen und Fucoiden. 1a Alp mit den Pholadenlöchern im Jurakalk an der Basis des Miocäns der Fall ist. Nach der Beschreibung Saporta’s scheinen die Rhizo- corallien, welche sich in der weissen Kreide von Anzin, sowie bei Alcoy in Spanien finden, unter ganz ähnlichen Verhält- nissen vorzukommen. Die Annahme einer pflanzlichen Natur . dieser Körper scheint hiemit definitiv beseitigt. Die Gattung Physophycus stimmt in allen wesentlichen Punkten mit Rhizocorallium überein und wäre wohl zweck- mässig mit dieser Gattung zu vereinen. Die Rhizocorallien, sowie die unter dem Namen der Grapto- glyphen zusammengefassten Hieroglyphen kommen vorzugs- weise in Litoralbildungen vor. Spirophyton kommt ziemlich gleichmässig in Litoralbil- dungen, wie in Ablagerungen tieferen Wassers vor. Die echten Fucoiden (Chondriten) finden sich weitaus überwiegend in Tiefseeablagerungen. Bei Ancona und Sinigaglia findet man nach v. Bos- niacki in grosser Mächtigkeit weisse, Kreidige Miocänmergel (Schlier?), welche sich beim Schlämmen als ein typischer Globi- gerinenschlamm erweisen. Dieser kreidige, miocäne Globigerinenschlamm ist über und über mit Chondriten und Spirophyten erfüllt. Der an Fucoiden, Hieroglyphen und Spirophyten so über- reiche Biancone von Tolfa erweist sich in Dünnschliffen unter dem Mikroskop ebenfalls als ein Foraminiferengestein vom Charakter des Globigerinenschlammes. Dasselbe ist nach Hantken mit der Scaglia der Fall, die an manchen Orten auch sehr reich an Chondriten und Spiro- phyten ist. Wenn man eine zähe Flüssigkeit zwischen zwei Glas- platten presst und die beiden Platten auseinanderreisst, so bilden sich auf beiden Platten zierliche, dendritische Zeich- nungen. Nathorst und Issel haben solche beschrieben und letzterer hiefür die Bezeichnung »Figures de viscosite« vor- geschlagen. Dem Verfasser ist es gelungen, in Tübingen auf der oberen Fläche einer mit Ripplemarken und Fucoiden bedeckten Stein- 12 Th. Fuchs, Hieroglyphen und Fucoiden. platte aus dem braunen Jura eine, im Relief erhaltene, äusserst zierliche dendritische Zeichnung zu finden, welche alle wesent- lichen Eigenschaften der »Figures de viscosite« zeigt. Wirkliche Algen im fossilen Zustande kamen dem Ver- fasser während seiner Studienreise nur wenige zu Gesicht. Dieselben waren stets unschwer als solche zu erkennen und unterschieden sich stets auffallend von den sogenannten Pseudo- algen oder Fucoiden. 13 I. SITZUNG VOM 17. JÄNNER 1895. Der Secretär legt daserschienene Heft IX (November 1894) des 15. Bandes der Monatshefte für Chemie vor. Diese annidesrectetumesnur Bosmien ung. die Lienze- govina in Sarajevo übermittelt den Jahrgang 1893 der mete- orologischen Beobachtungen an den Landesstationen in Bosnien und der Herzegovina. BDask.k österreichische Central Bureau für den hydrographischen Dienst in Wien übermittelt ein Exem- plar des Organisations-Statut des hydrographischen Dienstes in Österreich. Biene Bro Dr, Stanzıstreintz in Graz dankt ür die ihm zur Materialbeschaffung für seine Experimentaluntersuchungen zum Zwecke der absoluten Berechnung der elektromotorischen Kräfte von Metallen in Salzlösungen von der kaiserl. Akademie bewilliste Subvention. Base Ne Rlere Bror G Goldschmiedt in Praz über sendet eine Arbeit, betitelt: »Neue Bildungsweise des Diphtalyls«. Herr Dr. Alois Lode, Assistent an der Lehrkanzel für Hygiene der k. K. Universität in Wien, überreicht eine Abhand- lung, betitelt: »>Experimentelle Beiträge zur Physiologie der Samenblasen«. 14 Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Eandesresierunestürn Bosnien? und gie, Herreeionare Meteorologische Beobachtungen an den Landesstationen in Bosnien und der Herzegovina. Jahrgang 1893. Sara- jevo71899730le) Br \ II. SITZUNG VOM 24. JÄNNER 1893. Bei Eröffnung der Sitzung bringt der Vorsitzende, Herr Naieopinarsidienie Brei, B2,Ssuless, zur Kenntniss, dass nach einer vorläufigen Mittheilung des hiesigen Hof- und Gerichts- advocaten Herrn Dr. Othmar Reiser der gestern verstorbene Wiener Bürger Herr Joseph Treitl, Director der Ersten Öster- kolchischene Spareassay ndie kaiserliche Akademie der WEIsSsehnls ch aiven testamentarischr zus Umimiersalerbin seines beträchtlichen Vermögens eingesetzt hat. Zugleich theilt der Vorsitzende aus dem Wortlaute des vom genannten Testamentsexecutor bekanntgegebenen S. 9 des Testamentes vom 9. Mai 1880 einen Auszug mit. Die anwesenden Mitglieder geben den Gefühlen der Dank- barkeit für den hochherzigen Spender durch Erheben von den Sitzen Ausdruck. Der Secretär legt das erschienene Heft VIII—X (October bis December 1894), Abtheilung III der Sitzungsberichte vor. Herr Dr. Alfred Nalepa, Professor am k. k. Staatsgymna- sium im V. Bezirke in Wien, übersendet eine vorläufge Mit- theilung über »Neue Gallmilben« (11. Fortsetzung). Das w. M. Herr Prof. H. Weidel überreicht drei Arbeiten aus dem I. chemischen Universitätslaboratorium in Wien: 1. »Über die Affinitätsconstanten der mehrbasischen SEE unnde den Bestensausxen«, von Dr. R Wes- scheider. 16 [&) . »Untersuchungen über die Hemipinsäure und die Esterbildung«, von Dr. R. Wegscheider. »Über den Nicotinsäureäthylester und die Über- führung desselben in B-Amidopyridin«, von Felix Pollak. & Deus Morsitzende übersibt mit Bezuo Aaıı dead Sizune vomsl0r2lannmer 1]. vorgelegte Serierdersnewessen Mondarbeiten von Herrn Director Dr. L. Weinek in Prag die eingelangten Fortsetzungen. II ZUNGSBERLELFER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. ENVZBANDEIM EIDEE ABTHEILUNG 1. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. | Be IVSSIBZUNG VOM77. FEBRUAR 1805. Der Seeretär lest das erschienene Heft X (December 1894) der Monatshefte für Chemie vor. Das c. M. Prof. Zd. H. Skraup übersendet drei im chemi- schen Institut der k. k. Universität in Graz ausgeführte Unter- suchungen, betitelt: Notiz uber das, EC imehotenine: ven Dr BrKortmer 2. »Über die Einwirkung von Jodwasserstoffsäure au Eine horıme under Li yarochininsanvon Der G- Zum: 3. »Über Cinchotin und Cinchotenin,< von Prof. Zd. H. Skraup. Das c. M. Herr Prof. Guido Goldschmiedt übersendet eine Arbeit aus dem chemischen Institute der k. k. deutschen Universität in Prag: »Über eine neue Bildungsweise des Pr—2,3-Dimethylindols«e, von K. Brunner. Herr Prof. Dr. H. Chiari in Prag übersendet eine Abhand- lung: »Über Veränderungen des Kleinhirns, des Pons und der Medulla oblongata infolge von cogenitaler Hydrocephalie des Grosshirns«. Das w. M. Herr Prof. H. Weidel überreicht eine im I. che- mischen Laboratorium der k. k. Universität in Wien von Herrn F. Haiser durchgeführte Arbeit: »Zur Kenntniss der Ino- sinsäure«. Das w. M. Herr Director E. Weiss überreicht eine Abhand- lung von Prof. G. v. Niessl in Brünn, betitelt: »Unter- suchungen über den Einfluss der räumlichen Bewe- gung des Sonnensystems auf die Vertheilung der nachweisbaren Meteorbahnen«. 20 Das w.M. Herr Hofrath Prof. V. v. Lang überreicht folgende Mittheilung von Dr. Victor Schumann in Leipzig: »Zur Photographie der Lichtstrahlen kleinster Wellen längen«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. A. Lieben überreicht eine Abhandlung von Prof. Dr. C. Liebermann aus Berlin: »Zur Formel der Quercetinderivate«. Herr Prof. Dr. Ed. Lippmann überreicht folgende zwei Arbeiten aus dem III. chemischen Laboratorium der k. k. Uni- versität in Wien, von Herrn Paul Cohn: 1. »Über einige Derivate des Phenylindoxazens.« (II. Mittheilung). 2. »Über die Bildung von Cyclophenylenbenzyl- idenoxyd.» Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Medicinisch-naturwissenschaftliche Gesellschaft zu Jena, Dienkschritten, IV. Band. Prof. Semon, R, mit Unterstützung des Herrn Dr.P.v. Richter: Zoologische Forschungen in Australien und dem Malayischen Archipelin den Jahren 1891 — 1893. I. Bd.: Ceratodus (l. Lieferung). (Mit 8 Tafeln und 2 Textfiguren). Text und Atlas. — Il. Bd.: Monotremen und Marsupialier (Bieferung). (Mir Rateln"uUndz20ZRestneuren)g Next und Atlas. — V.Bd.: Statistik und Thiergeographie (I. Lieferung). (Mit 5 Tafeln und 6 Textfiguren). Text und Atlas. — Jena, 1893 —1894; 4°. Societe Belge deGe£eologie, dePaleontologieetd’Hydro- loyosten m Brüssel, Bulletin: Tome I-—VLI Brüssel, 1887 — 1894, 8°. Einige Bemerkungen über den Mond von Eduard Suess, w. M. k. Akad. I. Die Beurtheilung des Baues der Mondoberfläche durch den Geologen ist bis vor Kurzem sehr grossen Schwierigkeiten begegnet. Gewohnt, sein Auge, sei es auf einer geologischen Karte, sei es auf einer weiten Landschaft oder einer Bergmasse, oder auf einem Gesteinsstücke ruhen zu lassen, konnte er prüfend die Eindrücke vergleichen, welche die Beobachtung ihm lieferte. Anders sind die Bilder beschaffen, welche der Mond im Fernrohre liefert, überaus mannigfaltig, wechselnd je nach der Beleuchtung, oft zweifelhaft im Umrisse, und auch die besten Karten waren bisher niemals ganz frei von der persön- lichen Auffassung des Verfassers. Die ausserordentlichen Fort- schritte, welche die Photographie auf diesem Gebiete erlangt hat, beginnen die Sachlage völlig zu verändern. Die vorzüglichen Aufnahmen der californischen Lick-Sternwarte in den Vergrösse- rungen der Herren Prof. Weinek in Prag und Prinz in Brüssel, dann die prachtvollen Bilder der Herren M. Loewy und Puiseux an der Pariser Sternwarte, gleichfalls vergrössert von Prof. Weinek, bieten dem Geologen eine unvergleichlich viel vollständigere Unterlage. Von solchen Bildern ist mir bei Abfassung der nachfolgenden Zeilen eine beträchtliche Aus- wahl vorgelegen, für deren Mittheilung ich zumeist Herrn Prof. Weinek verpflichtet bin. Herrn Dr. Prinz habe ich für die Übersendung der bisher erschienenen Blätter seines Atlas des Mondes zu danken. Die Aufnahmen sind hier als LW (Lick- Weinek), LP (Lick-Prinz) und PW (Paris-Weinek) bezeichnet. 8) DD E. Suess, Diese Fortschritte in der Darstellung bezeichnen eine neue Phase der Selenologie, und die genauere Kenntniss von den Vulcanen des Mondes ist ohne Zweifel auch von grosser Bedeutung für das richtigere Verständniss des tellurischen Vulcanismus. Die Zahl der hervortretenden Fragen ist aber eine sehr grosse. Die photographischen Bilder, welche mir zur Verfügung stehen, zeigen die Objecte fast ausnahmslos nur in einer Beleuchtung, während zum mindesten zwei Aufnahmen in verschiedenem Mondalter erwünscht wären. Es gibt Vor- kommnisse, welche, wenn auch minder auffallend, für den Geo- logen von weit höherem Interesse sind als andere. Auf solche Vorkommnisse hinzuweisen und eine Reihe von Fragen zu stellen, ist das bescheidene Ziel dieser Schrift. Wo so viele unbekannte Elemente in die Beurtheilung ein- treten, ist es unerlässlich, dass vorläufig das eine oder das andere durch eine Hypothese eliminirt werde. Wir setzen die Hypothese, dass eine gewisse Übereinstimmung herrsche zwi- schen den mineralischen Stoffen auf der sichtbaren Oberfläche des Mondes und den vulcanischen Felsarten der Erde. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich sogleich, dass, da unsere basaltischen Felsarten, wie z. B. die noch öfter zu erwähnenden Laven von Hawaii bis 3:3 sp. Gew. erreichen, das Gewicht des gesammten Mondkörpers aber nur 3°4 ist, an der Oberfläche des Mondes mit grosser Wahrscheinlichkeit nur unsere leichteren, sauren Felsarten vermuthet werden dürfen. Es ist aber ferner zu bedenken, dass, welches auch die Ursachen der magmatischen Differentiation der irdischen Laven in der Tiefe sein mögen, dem Gewichte dabei irgend eine gewisse Rolle zufallen muss. Da nun auf dem Monde die Schwere nur beiläufig den sechsten Theil der Schwere auf der Erde beträgt, ändert sich die Differenz. Nehmen wir z.B. einen Anorthit-Basalt vom Lavafelde Odadahraun auf Island mit sp. Gew. 2:971 (Sartorius) und einen hellgrauen Rhyolith von der Baula (Island) mit sp. Gew. 2572 (Schirlitz) oder noch besser zwei gleich grosse cubische Blöcke dieser Felsarten, von denen einer 2971 kg und der andere 2572 kg wiegt. Die Differenz beträgt 399 kg. Auf dem Monde ist die Gewichtsdifferenz nur 66:5 kg, und keines der beiden Gesteine erreicht auch nur die Einige Bemerkungen über den Mond. 23 Hälfte des Gewichtes des Wassers auf der Erde. Die Wirkung der Schwere auf die Differentiation kann daher auf dem Monde nicht so gross sein als auf der Erde. Unter den directen Versuchen, dieser Frage näher zu treten, sind jene des Herrn Landerer über den Polarisationswinkel der Mondoberfläche zu erwähnen. Die grossen grauen Flächen, wie sie im Mare Nectaris, Crisium, Fecunditatis und Tranquilli- tatis auftreten und das Gebiet zwischen dem Mare Humorum und M. Imbrium bilden, ergaben den Polarisationswinkel 33° 17”. Dieselbe Methode der Beobachtung, auf irdische Felsarten ange- wendet, zeigte, um nur wenige Beispiele zu nennen: Basalt a 182: Mrachyt. 82.167; Andesit 32°507; Mitrophyr 83° 184; Hyalomelan 33°39”; Obsidian 33°46” und Eis 37°20”. Hieraus schliesst Landerer auf eine Ähnlichkeit der Zusammensetzung dieser Theile des Mondes mit dem untersuchten Vitrophyr oder einem nahestehenden sauren vulcanischen Gestein.! Die allgemeinen Verhältnisse auf der Mondoberfläche, welche neben der geringen Schwere hier zunächst noch in Betracht kommen, sind: Der Mangel einer Atmosphäre, welche wie auf der Erde auf dem Orte der Explosion lastet und welche den Schmelzpunkt und den Verdampfungspunkt abändert. — Die geringe Temperatur der jeweiligen Nachtseite des Mondes, welche die Form der Erstarrung beeinflusst. — Die grosse Differenz der Tages- und Nachttemperatur, welche viele Fels- arten zersprengen und grosse Theile der Oberfläche mit einem Meere von Splittern überdecken mag. Indem ich nun zu Einzelheiten schreite, möchte ich voraus- schicken, dass ein nicht geringer Theil der nachfolgenden Ver- gleiche und Vermuthungen mit jenen Ergebnissen überein- stimmt, welche Prof. Dana vor bald einem halben Jahrhunderte 1 Der untersuchte Vitrophyr war ein schwarzes, aus dem Rhodope-Gebirge stammendes Gestein, welches grosse Krystalle von Sanidin, Magnetit und Horn- blende in einer fluidalen, nicht perlitischen Grundmasse zeigt. J.J. Landerer, Sur l’angle de Polarisation de la Lune; Comptes rend., 1889, b, p. 360 und Sur l’angle de Polarisation des roches ignees et sur les premieres deductions selenolog. qui s’y rapportent; ebendas. 1890, b, p. 210. — Stan. Meunier nahm an, dass schlackige trachytische Felsarten auf dem Monde und daneben ebene, ergossene Massen vorhanden seien; Le Ciel Geolog., p. 50. 24 E. Suess, veröffentlicht hat. Als derselbe von seiner ersten Reise nach Hawaii zurückgekehrt war, hatte er bereits die Ähnlichkeit der dortigen Vulcane mit jenen des Mondes und manche andere Eigenthümlichkeit richtig erkannt. Dem hochverdienten Gelehrten mag es nun eine seltene Befriedigung gewähren, zu sehen, bis zu welchem Grade die heutige genauere Methode der Beobachtung seine damaligen Annahmen bestätigt.! II. Die Umgebung von Neapel ist oft mit der Oberfläche des Mondes verglichen worden. Die phlegräischen Felder würden bei scharfer einseitiger Beleuchtung einige Ähnlichkeit zeigen. Man betrachte z.B. die Darstellung derselben bei Poulett Scrope und beiNasmyth und Carpenter.” Manches allerdings würde anders aussehen, als auf diesem schematisirten Bilde. Soccavo und Pianura, sowie der vor denselben liegende Abhang bis zur Spina würden nur als halbe Becher erscheinen und zu ihnen würde sich der flache Becher des Quarto gesellen, aber Nisida, Astroni, Solfatara, Campiglione, M. Nuovo, der Averner See würden als Krater deutlich hervortreten. Insbesondere der etwas elliptische Astroni mit seinem rings geschlossenen, aus Trachyt- blöcken, Bimsstein und Pechstein aufgehäuften Walle, dem kleinen mittleren Kegel der Coffanella, der erstarrten trachyti- schen Lava zwischen der Coffanella und dem äusseren Ringe würde grosse Ähnlichkeit mit gewissen lunaren Gestaltungen bieten. Dieses ist aber nur ein Theil der thatsächlich vorhandenen Ähnlichkeit. Stellen wir uns die phlegräischen Felder nicht in seitlicher, sondern in voller Beleuchtung, im Zustande des Mittags oder der Vollerde vor. Die Schlagschatten und mit ihnen das Relief sind verschwunden; Astroni, M. Nuovo und die anderen Krater- berge sind nicht sichtbar, aber aus dem hellen Bilde leuchtet ein vereinzelter weisser, noch hellerer Fleck hervor. Es ist das Alaunfeld in der Tiefe der Solfatara, umgeben von den durch die sauren Dämpfe gebleichten Trachytfelsen des inneren Krater- 1 James D. Dana, On the Volcanoes ofthe Moon; Ann. Journ. Science, 1846, 2. ser., I, p. 339 — 399. 2 Paul Serope, Volcanos; 2. ed., 1862, p. 232; J. Nasmyth and J. Carpenter, The Moon, 4°, 1874, pl. VI. Einige Betrachtungen über den Mond. 28 randes. Wir werden sofort an ähnliche weisse Flecken erinnert, welche auf dem von der Sonne beleuchteten und sogar auch auf dem nur im Erdlichte stehenden Theile der Mondscheibe sichtbar sind. Diese weissen Flecken kommen nur einzelnen Mondkratern zu, so wie auch auf der Erde nur einzelne Vulcane einen hellen Fleck zeigen würden. Bekanntlich haben die Selenographen seit Schröter die Abstufungen der Helligkeit einzelner Stellen auf dem Monde durch eine zehntheilige Scala auszudrücken versucht. Beer und Mädler haben die zehntheilige Scala angenommen, jedoch eine genauere Anpassung derselben an die sichtbaren Objecte versucht. Neison hat eine lehrreiche Übersicht gegeben, auf welche ich hinweise.! 0° sind die dunkeln Schatten; 1°, ein fast schwarzes Grau, ist selten; 2° und 3° ist in den meisten Maren sichtbar, so im Mare Crisium, in Theilen des Mare Tranquillitatis und am Rande des Mare Serenitatis. Die inneren Flächen der meisten Randgebirge und Wallebenen zeigen 3—4°. Zwischen dem gelblichen Grau 4° und dem Grauweiss 6°, also um 5° herum, liegt die gewöhnliche Färbung aller Berge, der Ränder der Wallebenen und Ringgebirge und der grossen Mehr- zahl der helleren Strahlen und Streifen. Alle Vorkommnisse von 7° und darüber sind verhältnissmässig selten; es sind nicht grosse Flächen, sondern Flecken und Punkte, Krater und Krater- ebenen oder kleinere Stellen; 9° erreichen nur einige wenige Punkte; 10° ist so gut wie ausschliesslich auf das Innere von Aristarchus beschränkt. Würde man weniger in das Einzelne gehen, so möchte sich das Ergebniss herausstellen, dass die Flächen dunkel und in Mitteltönen, die Höhen zum grossen Theile etwas lichter und dass alle ganz hellen Theile zerstreut und örtlich umgrenzt sind. Dass diese hellen Theile zu den jüngsten gehören, ist schon seit längerer Zeit erkannt worden. Es wäre nicht besonders schwierig, die vulcanischen Pro- ducte der Erdoberfläche gleichfalls nach ihren Farben nach einer zehngliedrigen Scala zu ordnen. Auch hier fehlt es nicht 1 Edm. Neison, Der Mond. Deutsche Ausgabe von Dr. Herm. Klein, S. 50 u. folg. 26 E. Suess, an scharfen Gegensätzen der Farbe, vorausgesetzt, dass nicht Pflanzenwuchs oder Verwitterung verhüllend eintreten. So be- tont z. B. Thoroddsen den Contrast der Farben an solchen Stellen in Island, wo weisser Bimsstein auf schwarzem Basalt liegt, und die lichten, schreienden Farben, welche durch die Einwirkung der Solfataren auf Liparit hervorgerufen werden.! Bei einer solchen Gliederung der irdischen Vorkommnisse wird man nur bei den dunkelsten Tönen I oder 2 in einigem Zweifel bleiben, weil zugleich die Obsidiane und Pechsteine und die grosse Masse der basaltischen Felsarten hier bei aller sonstigen Verschiedenheit um den Platz streiten mögen. Dabei ist noch zu bedenken, dass, wie Zirkel kürzlich erinnerte, auch der dunkelste Obsidian im gepulverten Zustande eine helle Farbe zeigt. Die mittleren grauen Töne fallen den Ande- siten und Trachyten zu, während etwa von 7° aufwärts ausser den weissen Rhyolithen keine eigentlichen Laven, sondern Fumarolen und ihre Nebenproducte,-dann weisser Bimsstein und gewisse blendend weisse Aschen in die Scala eintreten. Man sieht sofort, dass auch auf der Erde die hellsten Farben als die jüngsten Producte und auf umgrenzteren Ge- bieten getroffen werden. Nun entsteht die Frage, wie weit diese beiden Farben- scalen mit einander verglichen werden dürfen. Selbst bei der vollsten Übereinstimmung der Stoffe, sowie der physikalischen und chemischen Vorgänge darf doch aus den bereits erwähnten Umständen das Vorhandensein grosser Mengen unserer schwe- ren, schwarzen, basaltischen Laven auf der Oberfläche des Mondes als unwahrscheinlich bezeichnet werden. Ergüsse ähn- lich jenen des Dekkan-Trap werden kaum vorausgesetzt werden dürfen. Neison gibt an, dass auf dem Monde 1° selten sei und gewöhnlich nur in Theilen von Riccioli und Grimaldi gefunden wurde; zeitweise nähere sich Plato dieser Färbung sehr, und einige kleine schwarze Flecken auf dem Mare Vaporum; 1° bis 2°, seien etwas Gewöhnliches, Beispiele treten in Plato, Bosco- vich und Theilen von Schickhardt auf. 1 Th. Thoroddsen, Om nogle postglac. liparitiske Lavaströmme i Island; Geol. Fören. Stockholm, Förhandl. 1891, XIII, p. 609, 617. Einige Bemerkungen über den Mond. I. Diese Beschränkung der dunkelsten Farbentöne auf das Innere einzeiner Krater spricht nicht für eine Gleichstellung mit den irdischen, dunkelsten, dünnflüssigen, basischen Laven. Man möchte eher auf dunkle Gläser schliessen, doch wissen wir nicht einmal mit Bestimmtheit, ob es sich in allen diesen Fällen wirklich um die Eigenfarbe der lunaren Felsart handelt. Während auf diese Art für die dunklen lunaren Farben 1—2 Zweifel verschiedener Art bestehen, herrscht für die helleren und hellsten Farben eine unverkennbare Überein- stimmung mit der Erde. Einzelne Krater der Erde zeigen in ihrem Innern thätige Solfataren; andere zeigen nichts Ähnliches. Weisse Färbung von grösserer oder geringerer Intensität kann aber auf verschiedene Weise erzeugt werden. Der Krater der Liparen-Insel Vulcano hatte seit 1771 keine grössere Eruption gezeigt; Fumarolen stiegen in demselben in Menge auf; im Jahre 1813 begann man die Erzeugnisse der- selben, und zwar Borsäure, Schwefel, Ammoniak und Alaun, zu gewerblichen Zwecken zu gewinnen. So blieb der Zustand durch mehrere Jahrzehnte, bis am 7. August 1873 die Arbeiter eine gesteigerte Thätigkeit der Fumarolen bemerkten. Am 7. September erfolste eine, Eruption, welche drei Stunden währte und die Insel mit einer blendend weissen kieselreichen Asche überdeckte. »Während diese Asche auf der ganzen Insel niederfiel«, schreibt Baltzer, »hatten die anwesenden Liparioten das eigenthümliche Schauspiel eines nordischen Schneefalles, freilich an einem Material von ganz anderer Natur«.* Der Hauptkegel und seine Umgebung waren ganz weiss; die Dicke der Schichte betrug 3— 4 cm. An späteren Tagen, am 14. und 15. September fiel gewöhn- liche, lichtgraue Asche, wie sie aus der Zerstäubung der Laven hervorgeht. Bei der Reihe nachfolgender Ausbrüche, namentlich bei der heftigen Eruption von 1888, sind theils von sauren Dämpfen 1 A. Baltzer, Geogn. chem. Mittheilungen über die neuesten Erupt. auf Vulcano; auch die nachfolgenden Bemerkungen von G. v. Rath; Zeitschr. deutsch. geol. Gesellsch., 1875, S. 36, 411, 725 und 1878, S. 360. 28 BesSswess! gebleichte Lavastücke, vorherrschend aber gewöhnliche graue Aschen und Bomben ausgeworfen worden.! Die häufigste Art der hellen Färbung der Innenseiten irdischer Krater dürfte aber, wie bei der Solfatara der phlegräi- schen Felder, den Fumarolen und ihren Producten, insbesondere der Bleichung der Laven durch saure Dämpfe zuzuschreiben sein. Ein photographisches Bild eines solchen, durch Fumarolen erzeugten weissen Fleckes gibt die Aufnahme Osk. Simony’s im Gipfelkrater des Pico de Teyde.? An den äusseren Gehängen der chilenischen Vulcane, deren Krater zumeist mit Schnee und Eis bedeckt sind, unter- scheidet Domeyko Solfataren, welche vorübergehend auf langen Spalten auftreten, und örtlich umgrenzte, bleibende Solfataren.? Die Solfataren auf Spalten sind von Bedeutung für das Studium des Mondes. Am 26. November 1847 hat sich unter schweren Detonationen eine Spalte gebildet, welche von der trachytischen Hochregion des Cerro Azul aus etwa 3000 m herabreichte bis zu dem Sattel Portezuelo del Viento (2700 m), welcher diesen Berg mit dem erloschenen Vulcan Descabezado grande (lat. 35°30’) verbindet; von da setzte sich die Spalte zwischen beiden Bergen nach Ost und nach West fort. Ihre gesammte Länge war 8—9 km. Drei Monate nach der Bildung besuchte Domeyko die Stelle Man sah eine dammähnliche Anhäufung von grossen Trachytblöcken, zwischen welchen an unzähligen Stellen Wasserdampf, Schwefeldämpfe und stellen- weise auch Chlordämpfe hervortraten. Die ganze Spalte schien sich mit einem Schlage gebildet zu haben. Man sah wohl brennenden Schwefel, aber weder geschmolzene Lava, noch 1 ©. Silvestrie G. Mercalli, Le Eruzioni dell’Isola di Volcano, 3 Ag. 1888—22 Marzo 1890; Ann. dell’Off. centr. di Meteorol. e Geödynam., 1883, parte IV, vol. X. 2 ©. Simony, Über eine naturw. Reise nach der westl. Gruppe der Canar. Inseln; Mitth. geogr. Ges. Wien, 1890, XXXIIL, Taf. VII; J. Hof, Keramohalit von Tenerifa; Tschermak, Min. Mitth., herausg. von Becke, neue Folge, II, ISO, S. 89), Nas IE 3 Domeyko, Mem. sur les Solfatares laterales des Volcans dans la chaine merid. des Andes du Chili; Ann. des Mines, 1876, 7. ser., IX, p. 142. Einige Bemerkungen über den Mond. 29 Asche oder Bimsstein. Eine weisse erdige Masse bedeckte die der Wirkung der Fumarolen ausgesetzten Blöcke. Im Jahre 1857 war Domeyko zum zweitenmale dort. Die Emission der Dämpfe war weit geringer; thurmartig hervorstehende Blöcke waren zer- fallen; die Abhänge der Solfatara hatten ihre aschgraue Farbe erhalten, während einige Ecken der Blöcke geschwärzt waren. Bei einem dritten Besuche, 1875, fand Domeyko die Solfatara seit einigen Jahren todt; die Farbe war dunkel geworden. Ähnliche lange, erloschene Solfatarensprüngesind in diesem Gebirge an mehreren Stellen bekannt. Insbesondere soll sich 1843 von dem erloschenen Vulcan San Jose aus (lat. 33°40’ Höhe 6.098 m) eine lange ähnliche Spalte gebildet haben. Viele Steine wurden ausgeworfen; grosse Mengen von Dämpfen traten hervor; der Vulcan selbst blieb ruhig. Die seitlichen Solfataren, welche mehrere hundert Meter unter der Kante, an der Aussenseite des Kraters, niemals auf der Höhe selbst, zu sitzen pflegen, wie die Solfatara von Chillan und jene des Tinguiririca, zeigen keine langen Spalten, keine gewaltsamen Ausbrüche und sind beständig. Suchen wir nun die hellen Stellen des Mondes auf. Sie stehen in offenbarer Verbindung mit einzelnen grossen Kratern. Sie erscheinen innerhalb derselben oder an ihren äusseren Abhängen, oder gehen in langen, strahlenförmig gestellten Streifen von ihnen aus. Es ist mir kein Fall bekannt, in welchem weisse Stellen am äusseren Gehänge oder strahlen- förmige Ausläufer vorhanden wären, ohne dass der Kratergrund gleichfalls weiss wäre. | Das hellste weisse Object auf dem Monde ist Aristarch. Sein Durchmesser ist 39°30 km; der Centralberg ist glänzend, aber nicht hoch. »Im Innern«, sagt Neison, »findet sich ein zweiter Berg und eine kleine Kraterhöhle von 91/,° Helligkeit. Das Innere von Aristarchus ist volle 9!/,°, der Westwall 6° bis 8°, der Südwall 8°, der Ostwall 9°, der Nordwall 9!/,°, der Centralberg 10° hell, letzterer der hellste Punkt auf dem ganzen Monde«. Ein Fleck in Werner, welchen Mädler als einen schim- mernden, glänzenden Punkt von 10° beschrieb, soll seither an Helligkeit verloren haben. 30 E. Suess, Die auffallendste Erscheinung bleiben die hellen Strahlen- systeme, welche von Tycho, Copernicus, Kepler und einer Anzahl anderer Krater, und zwar von dem äusseren Abhange derselben auslaufen. Dieser Umstand tritt namentlich dort her- vor, wo, wie bei Tycho, der Kraterrand als ein grauer Kreis innerhalb der weissen Gebilde sichtbar bleibt. Diese Strahlen können eine Länge von vielen hundert Kilometern erreichen. Sie haben gar kein oder doch bei weitem in den meisten Fällen kein nachweisbares Relief. Sie ziehen in grösserer oder ge- ringerer Breite quer über hohe Kraterberge und tiefe Niede- rungen, verlieren an Helligkeit und verschwinden endlich. In einzelnen Fällen enden sie an einem Krater. Wie lange weisse Schatten legen sie sich über das grosse Schlackenfeld. Zuweilen scheinen sie sich zu gabeln. Einige wenige Beispiele von Krüm- mung sind bekannt. | Vielerlei Hypothesen wurden aufgestellt, um diese gross- artigen und sonderbaren Gebilde zu erklären. Der erste Ein- druck ist jener einer wahren Disruption oder strahlenförmigen Zersprengung grosser Theile des Himmelskörpers, ausgehend von übergewaltigen Explosionen in einem dieser Krater. Zer- sprengung in diesem Sinne ist es aber gewiss nicht. Ein Blick auf die Photographie der Umgebung von Tycho (LW) zeigt, dass die zahlreichen Kraterringe, welche ihn umgeben, nicht zersprengt sind, ja nicht einmal der Kraterrand des Ausgangs- punktes Tycho selbst zeigt irgend eine solche Zersprengung. Es ist vielmehr, als würde eine weisse Masse auf Plato, Coper- nicus und anderen Ausgangspunkten lagern, vielleicht weisser Bimsstein oder weisse Asche. Was sind nun diese weissen Strahlen? Klüfte sind sie nicht, das zeigt das ungestörte Relief der Kraterberge, über welche sie hinziehen. Gänge von weissem Gestein sind sie nicht; das zeigen gleichfalls diese Kraterberge. Ausgeworfene Massen, wie weisse Asche oder weisser Bimsstein sind sie nicht; diese mögen innerhalb der Krater oder in der Nähe derselben aufgehäuft liegen, aber die strahlenförmige An- ordnung widerspricht der Entstehung durch Auswurf.! 1 Von Gilbert (The Moon’s Face; Philos. Soc. of Washington; Adress as retiring President for 1892; Bullet. XII, p. 284) wurde die Ansicht ver- Einige Bemerkungen über den Mond. a So bleibt uns innerhalb der Vergleichspunkte, welche der irdische Vulcanismus bietet, nur eine einzige Erklärungsweise zurück. Wir werden zu der Annahme geführt, dass, so wie auf der Erde als eine Nachwirkung vulcanischer Thätigkeit die Fumarolen auftreten, so auch auf dem Monde ausgebreitete Fumarolenthätigkeit gefolgt ist. Es scheint, als wären nicht, gewaltige Zersprengungen, wohl aber feinere Klüfte strahlen- förmig auf sehr grosse Entfernung um einzelne Kraterberge gebildet worden, als hätten sich diese in ihrem Laufe zu Netzen von Klüften entwickelt, und als hätte auf diesen bergauf und bergab die Exhalation saurer Dämpfe, die Bildung der gewöhnlichen Sublimate der Fumarolen und vor Allem wie auf der Erde weithin eine Entfärbung und Bleichung der von den Dämpfen berührten Felsarten stattgefunden. Diese Strahlen müssen nicht einmal alle zur selben Zeit und auch nicht während der Thätigkeit des betreffenden Vulcans, z. B. des Tycho, gebildet sein. Die Solfatarenlinien der chilenischen Vulcane sind erzeugt worden an den Abhängen von Vulcanen, welche innerhalb der Tradition des Landes keine Eruption gezeigt haben. Nur so erklärt es sich, dass die Strahlen ausser sichtbarer Verbindung mit dem weissen Inneren des Kraters selbst bleiben können. Nur so verstehe ich, dass andere Krater, von einem solchen Strahle der ganzen Breite nach überdeckt, ihre Farbe ändern und ihr Relief bei- behalten Konnten. Zwei Einwendungen lassen sich erheben. Die erste wird lauten, dass das Ausmass dieser Kluft- und Fumarolenbildung doch gar weit über die Vorkommnisse der Erde hinausgehe. Das ist aber nur eine Verschiedenheit des Grades, nicht des Wesens, und die Phänomene, welche sich auf der Oberfläche einer nackten, verschlackten Pyrosphäre abspielen mögen, sind uns auf der Erde zum grössten Theile verhüllt. Unter anderen Verhältnissen gebildete Spalten können allerdings auch auf der Erde grosse Längen erreichen. Der basaltische Cleveland treten, dass weisse Masse durch Niederstürzen eines fremden Objectes aus- sespritzt worden sei, daher etwa wie auf Fig. III von E. Odlum in Trans. Seismol. Soc. Japan, XIII, 1890, p. 26 von Auswürflingen des Bandaisan. 2) DL E. Suess, Dyke in Schottland erreicht nach Geikie 177 km oder, wenn eine weitere Fortsetzung dazugefügt wird, nahe an 300 km. Die zweite Einwendung mag dahin gehen, dass so aus- gedehnte Fumarolenwirkung die Anwesenheit von Wasser- dampf voraussetzt. Ch. Sainte-Claire Deville hat, auf Bunsen'’s Vorarbeiten gestützt, gezeigt, dass die Emanation der Dämpfe bestimmten Regeln folgt. Fouque hat diese Richtung der Forschungen fortgesetzt, und man sieht nun ziemlich klar in diese merkwürdigen Vorgänge. Zuerst und bei einer Temperatur, welche höher ist, als der Schmelzpunkt von Zink (500° C.), entweichen der Mitte grosser Lavaströme, welche noch im geschmolzenen Zustande sind, trockene, anhydre Fumarolen. Chlor bezeichnet diese Phase. Kochsalz legt sich zuweilen als ein weisser Überzug über die rauhe Oberfläche der Lava; seltener erscheint Chlorkalium. Alle anderen Producte sind noch viel seltener. Die zweite Phase bilden die sauren Fumarolen. Sie be- stehen aus Salzsäure, schwefeliger Säure und grossen Mengen von Wasserdampf. Ihre Temperatur ist 300—400°, und sie er- scheinen wohl auch zugleich mit den ersteren, doch mehr gegen den Rand des Lavastromes hin. Hierauf folgen die alkalinischen Fumarolen bei etwa 100°, auch begleitet von Wasserdampf in grosser Menge. Mit ihnen kommen Mengen von Schwefelwasserstoff, welche an der Atmo- sphäre Schwefel niederlegen. Dann die kalten Fumarolen unter 100° mit Wasserdampf, Kohlensäure und etwas Schwefel- wasserstoff. Endlich die hauptsächlich von Kohlensäure gebil- deten Mofetten.! Man darf sich wohl mit Fouque vorstellen, dass diese fünf Phasen nicht principiell verschiedene Erscheinungen, sondern nur Glieder einer zusammenhängenden Reihe sind, deren schrittweise Entwicklung mit der sinkenden: Temperatur in Verbindung steht. Die mittleren drei Phasen sind von der Entwicklung von grossen Mengen von Wasserdampf begleitet. 1 Ich beschränke mich darauf, die vortreffliche Übersicht dieser Ergeb- nisse in Lapparent, Traite de Ge£ologie, 3. €d. 1893, II, p. 397 und folg. anzuführen. Einige Bemerkungen über den Mond. 33 Vergleicht man nun die lunaren Vorkommnisse, die grosse Ausdehnung, die in ihren verschiedenen Schattirungen bis zu 30 km steigende Breite einzelner der hellen Strahlen, so spricht ein sehr hoher Grad von Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese breiten Strahlen, wenn sie durch Dämpfe und Sublimationen und die Bleichung der Felsarten erzeugt worden sind, doch so. grosse Dimensionen ohne die Mitwirkung des Wasserdampfes nicht erreichen konnten. Es ist meine Meinung, dass die trockenen Chlor-Emana- tionen kaum hinreichen würden, um die Strahlensysteme auf dem Monde herbeizuführen. Geht ja doch, selbst wenn Wasser- dampf zugestanden wird, das Ergebniss auf dem Monde noch immer weit über Alles hinaus, was die Erde aufweist. Die nächstliegende Hypothese bleibt auch hier, dass sich auf dem Monde dieser Vorgang in eben dieser Weise abge- spielt haben mag, wie auf der Erde. Wenn allerdings die Ver- schiedenheit der Tag- und Nachttemperatur auf dem Monde so gross sein sollte, wie sie im Anschlusse an die Beobachtungen des Lord Rosse vermuthet worden ist, ja wenn diese Differenz nur annäherungsweise solche Ziffern erreichen würde, so könnte nach den von Deville ermittelten Temperaturen der einzelnen Phasen der irdischen Fumarolen leicht irgend ein andauerndes Schwanken zwischen den Grenzen dieser Phasen erzeugt werden, von welchem wir auf der Erde kein Beispiel haben. Endlich ist nicht zu übersehen, dass die Bildung von so grossen Strahlensystemen, wie jene von Tycho oder Coper- nicus, durch Dämpfe nur unter der Voraussetzung zulässig ist, dass zur Zeit ihrer Entstehung so ziemlich unter der ganzen sichtbaren Mondscheibe, unter allen ihren Ebenen und Kratern, eine, wenn auch nicht nach oben scharf oder gleichmässig ab- gegrenzte, aber doch gemeinsame Pyrosphäre von so hoher Temperatur vorhanden war, dass aus derselben die heissen Dämpfe auf so grossen Strecken an die Oberfläche gelangen konnten. Die Lithosphäre war vorhanden, konnte aber keine sehr bedeutende Mächtigkeit besitzen. II. Seit langer Zeit war es bekannt, dass Wasserdampf bei vulcanischen Ausbrüchen eine hervorragende Rolle spiele und mancher scharfsinnige Versuch ist gemacht worden, um Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth.1. 3 34 Er Suess’ das Eindringen sei es von Meerwasser, sei es von oberfläch- lichem Infiltrationswasser in die Tiefe der feurigen Esse zu erklären. Seitdem man jedoch beobachtet hat, wie ganz ausser- ordentlich das Absorptionsvermögen vieler im Schmelzflusse begriffenen Metalle und z. B. des Glases für verschiedene Gase ist, musste diese ältere Ansicht zurücktreten. Es ist einfacher und natürlicher, vorauszusetzen, dass die den Vulcanen ent- weichenden Dämpfe ursprünglich von dem glühenden Erd- körper absorbirt waren. Damit wird das Herausstossen dieser heissen Dämpfe zu einer Begleiterscheinung der Abkühlung des Himmelskörpers. Die Ansicht von der ursprünglichen Absorption der in den Laven enthaltenen Gase kann als die Angelot'sche Theorie bezeichnet werden, und sie ist bereits im Jahre 1877 von einem so genauen Kenner vulcanischer Producte, wie G. Tschermak, nicht nur vertreten, sondern auch versuchsweise auf den Mond angewendet worden.! Trotz der Richtigkeit der Angelot’schen Theorie, dringt aber gewiss in einzelnen Fällen auf der Erde Wasser der Ober- fläche zur Lava und verstärkt die Explosion. Auf dem Monde ist die Emanation ursprünglich absorbirten Wasserdamptes, wenn überhaupt so weit Ähnlichkeit mit der Erde besteht, für die Erklärung der sichtbaren Gebilde kaum zu entbehren. Oberflächlich gesammeltes Wasser sieht man aber nicht. Ein Fall, wie der Ausbruch des Krakatao, bei welchem unausgesetzt das Meer gegen die Esse selbst drängte, ist nicht denkbar auf dem Monde. Prof. Branco hat in eingehender Weise zahlreiche Durch- bohrungscanäle, erfüllt mit Basalt und basaltischem Tuff aus der Umgebung von Urach in Württemberg beschrieben, sie »Vulcanembryonen« genannt und mit dem Monde verglichen. Diese Vorkommnisse finden sich zum grössten Theile auf dem weissen Jurakalke der Schwäbischen Alb oder auf Stellen, an welchen zur Zeit der Eruption die Alb noch nicht abgetragen war. In Franken ist der. Jurakalk heute von grossen Höhlen 1 G. Tschermak, Über den Vulcanismus als kosmische Erscheinung. Diese Sitzungsber., 1877, LXXV, insb. Anm. 2 am Schlusse. Einige Bemerkungen über den Mond. 3) durchzogen. In Württemberg zeigt die Landschaft der Alb und das Hervortreten grösserer Wassermengen an ihrem Fusse, wie der Blau und der Lauter, die typischen Merkmale eines Kalk- oder Karstgebietes. Branco nimmt selbst heftige Gasexplo- sionen an und ist nicht abgeneigt, feine Haarspalten als leitende Linien für die Explosionscanäle zuzugestehen. Grosse Massen von Kalksplittern und Blöcken, an einem Punkte sogar Bach- geschiebe (S. 414, 504), liegen im Tuff. Hieraus möchte ich ent- nehmen, dass Lava eingetreten ist in ein von Wasser erfülltes Höhlen- oder Spaltensystem unter einem Karstgebirge, und dass alle diese Canäle binnen wenigen Stunden in einer unaus- gesetzten Reihe grosser Explosionen gebildet worden sind. Das ist die Ausbohrung der Infiltrationsspalten unter den Dolinen. Solche Bedingungen fehlen dem Monde.! Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit, durch die Gefällig- keit des Herrn Directors Paul Kupelwieser den Guss einer grösseren Anzahl von Stahl-Ingots und die Art ihrer Abkühlung auf den Eisenwerken zu Witkowitz zu verfolgen. Die Guss- formen oder Coquillen boten Raum für einen Ingot von vier- seitig prismatischer Gestalt mit etwa 300 cm Querschnitt und mehr als 1 m Höhe. Gegen unten war der Querschnitt etwas geringer. Die so erzeugten Stahlprismen oder Ingots wogen 1200— 1400 Rg. Die Coquille wird voll Stahl gegossen; eine grosse Menge von Gasen entweicht und in der Coquille sinkt fortwährend die Oberfläche des flüssigen Stahls; es soll vorgekommen sein, dass der Stahl bis zu dem zehnten Theil seines Volums herab- gesunken ist, während man in die Coquille wie in einen Schlund einen Meter tief hineinblicken konnte und nur ein Rohr von erkaltetem Stahl rings an den Wänden der Coquille haftete. Während die Oberfläche des flüssigen Stahls sinkt, ! Branco, Schwabens 125 Vulcanembryonen. 80; Stuttgart 1894, auf S. 772—806; für Infiltrationsspalten unter Dolinen J. Cvijic, Das Karst- phänomen, Penck’s Geogr. Mitth., V, 1893, S. 259; für Explosionen von Ci- sternen Or. Si lvestri, Sulle Eruzionicentr. ed eccentr. dell Etna, 18., 19. Maggıo 1886, 2%. Rapp. al Governo, p. 10. Inwieferne diese Erklärung für ein ähnliches, von Herrn Geikie in Schottland geschildertes Gebiet gilt, vermag ich nicht zu unterscheiden. gi c € 6) E. Suess, co wird Stahl nachgegossen; fortwährend entweichen Gase, und fünfmal, auch sechsmal wird wieder die Coquille bis nahe zum Rande gefüllt, bis endlich der Stahl so weit sich abgekühlt hat, dass weiteres Nachfüllen unthunlich ist. Auf seiner Oberfläche schwimmt jetzt eine lockere, etwas blasige Schicht, zumeist aus leichteren Schwefelverbindungen bestehend, welche im Stahl zurückgeblieben waren. Durch diese Lage hindurch voll- zieht sich unausgesetzt das Ausströmen der Gase. Spratz- erscheinungen treten an der Oberfläche auf. Setzt man für einige Minuten einen Deckel von Gusseisen auf die Coquille, so verdichtet sich die erstarrende obere Schicht; entfernt man den Deckel, so brechen die Gase wieder durch, es bildet sich wohl auch ein kleinerer Spratz- oder Eruptionskegel in der Mitte; zuweilen entsteht er excentrisch; manchmal bilden sich ihrer zwei oder drei. Stört man nach dem letzten Nachgusse die Erkaltung nicht, so sieht man Blasen und öfters auch Kegel an der Ober- fläche, durch welche der Dampf abgeht; man sieht auch diese Oberfläche sinken; sie geht je nach dem letzten Nachgusse und anderen Nebenumständen noch um 0:1 m oder mehr unter den Rand der Coquille herab und hinterlässt nicht selten an der Innenseite des obersten Theiles der Coquille einen oder zwei oder gar drei horizontale Leisten, welche ebensoviele Verzöge- rungen in dem Sinken der Oberfläche des erstarrenden Stahles darstellen. Diese Vorgänge in der Coquille sind im Wesentlichen die- selben, welche Dana in der grossen Esse des Kilauea kennen gelehrt hat, nur tritt an die Stelle des Zugiessens von oben in dem Krater ein Ersatz von unten ein. Alle Einzelheiten, das Entstehen unregelmässiger Randbrüche rings um die sinkende Decke, das Zurückbleiben von »black ledges« oder Gesimsen, welche ein längeres Verweilen der sinkenden Oberfläche an- zeigen, das stellenweise Aufreissen der dünnen, verschlackten Decke und das Sichtbarwerden eines Feuersees gleich dem Halemaumau unter derselben, die Bildung von eruptiven Schlackenkegeln, sie lassen sich in der Coquille eben so gut erkennen, wie am Grunde und an der Umrandung der vul- canischen Esse. Die Übereinstimmung beider bestärkt aber die Einige Bemerkungen über den Mond. Bm Vermuthung, dass der Auftrieb der geschmolzenen Lava ver- anlasst wird durch das zeitweise Hinzutreten überhitzter und elastischer Dämpfe. Ähnliche Beobachtungen sind es gewesen, welche Tscher- mak, wie bereits gesagt worden ist, zur Vertretung der Ange- lot’schen Theorie von der ursprünglichen Absorption der in den Laven enthaltenen Gase geführt haben. Hier handelt es sich um die mechanischen Nebenerscheinungen, welche das Entweichen dieser Gase begleiten. F. C. G. Müller unter- scheidet in seinen wichtigen Arbeiten über diesen Gegenstand zwei von einander wesentlich verschiedene Bewegungen in der Coquille, nämlich das Steigen und das Spratzen. Das Steigen wird dem Hydrogen und Stickstoff, das Schäumen und Spratzen aber dem Kohlenoxyd zugeschrieben. Bei dem Steigen erhebt sich die ganze Decke des Stahls und wenn die unter der Decke vorhandenen Poren die Neigung finden, sich zu vereinigen, so entstehen horizontale Wurmröhren; in erkaltetem Stahl geben angebohrte Poren dieser Art Wasserstoff mit einer geringen Menge von Stickstoff. Das Spratzen dagegen wird durch verti- cal in der »Seele« des Ingots aufsteigende Blasen herbeigeführt. Wenn der Canal in der Seele des Blockes regelmässig von unten nach oben sich schliesst, gibt auch spratzender Stahl einen dichten Block; erfolgt die Schliessung oben zu früh, so sammelt in der Tiefe sich das Gas. Verdünnung der Luft über geschmolzenem Eisen kann, wie die Versuche von Bessemer, Parry u. A. zeigen, das Entweichen der Gase in hohem Maase steigern.! Nun wenden wir uns dem Monde zu. Wir sehen nicht nur kein Wasser, sondern auch keine Spur von Sedimenten, wie sie etwa frühere Meere hinterlassen hätten und wie sie als eine ausgebreitete Hülle einen so grossen Theil Continente der Erde bedecken; auch sehen wir gar nichts, was an die Formen unserer archaischen Berge, an unsere Faltengebirge oder Horste mahnen würde, und unwillkürlich werden wir daran gemahnt, dass die Faltengebirge der Erde I F.C.G. Müller, Neue experim. Untersuchungen über den Gasgehalt von Eisen und Stahl; Stahl und Eisen, 1883, S. 443 und folg., insb. S. 444, 453 und eb. dess. 1884, S. 69 und folg. 38 E. Suess, doch gar oberflächliche Erscheinungen sein mögen. Was der Mond zeigt, sind Kreise, grosse, mittlere und kleine, immer wieder die Kreisform, höchstens da und dort eine Ellipse oder eine geringe Abweichung vom Kreise. Das ist die nackte Oberfläche eines erstarrten, einst glü- henden Weltkörpers. Indem ein soicher Weltkörper erstarrt, wird er zuerst da und dort leichtere Schlacken an seiner Oberfläche bilden; Schollen derselben werden Zusammenhang gewinnen; eine erste Hülle bildet sich. Diese wird wieder zerrissen, aufgezehrt und der Vorgang wiederholt sich. Jetzt ist die Hülle stärker geworden. Die Temperatur der grossen Masse ist aber keines- wegs eine völlig gleichförmige. An irgend einer Stelle steigert sie sich, zehrt neuerdings die schlackige Hülle auf und von dieser Stelle aus schreitet nach allen Richtungen die neuer- liche Umschmelzung gleichförmig fort, über hunderte von Kilo- metern. Die Gestalt des Schmelzherdes ist die eines Kugel- abschnittes; sein Umriss ist ein Kreis. Endlich nähert der Vor- gang sich seinem Ende; die Temperatur der Oberfläche ist an den Rändern des Herdes geringer; die Schlacken werden nicht mehr ganz aufgezehrt, sondern wie eine Moräne nach aussen geschoben. Nun stockt das Ganze. Was zurückbleibt, ist eine weite, ebene Fläche, kreisförmig umgeben von einem Gebilde, welches die wildesten Umrisse zeigt, einem Schlackenwall, welcher gegen Innen, gegen die nun neu erstarrende Fläche, einen Abfall von vielen tausenden von Fussen aufweisen mag. Solche sind zZ. B. die gewaltigen Schlackenwälle, welche unter den Namen des Apennin, der Alpen u. s. w. das Mare Imbrium umgeben; die Art und Weise, wie der Sinus Iridum sich mit diesem vereinigt, namentlich Cap Laplace und Cap Heraclides (z.B. EP. Atlas, BIS) lehrentdeutlich- senuszdie Entsiehnns dieser grossen Scoriogonen oder Schlackenringe.: In diesen Schlackenringen kann man folgende Beob- achtung machen. Die Alpen sind quer durchschnitten von einer tiefen Furche, welche als das »grosse Thal der Alpen« bezeichnet wird. Diese Furche ist etwa 130 km lang, hat streckenweise überaus steile, weit über 3000 m hohe, geradlinig abgeschnittene Wände und durchweg einen ebenen Boden. Sie Ed M Q Einige Bemerkungen über den Mond. 39 beeinnt am Mare Imbrium, wo sie ihre grösste Breite von über 9 km besitzt und erstreckt sich mit regelmässig abnehmender Breite bis zum Mare Frigoris. Man möchte zunächst an eine Grabenbildung zwischen geradlinigen Brüchen denken; das ist diese Furche nicht. Es zeigt dieses der ebene Boden des Thales und die ganze Structur der Mondoberfläche. Am deutlichsten aber erkennt man dies in der schönen letzten PW-Aufnahme der Alpen. Hier ist er- sichtlich, dass das Thal eine Strecke vor seinem westlichen Ende plötzlich eine Z-förmige oder bajonnetförmige Verschie- bung gegen Süd erfährt und dann erst, vielleicht sogar noch einmal verschoben, das Mare Frigoris erreicht. Diese Umstände, die Steilheit der geradlinigen Wände, der ebene Boden, die regelmässige Abnahme der Breite, die plötzliche Verschiebung lassen vermuthen, dass das ganze Schlackenfeld, ähnlich einer grossen Eisscholle, von Osten her quer zersprengt worden ist und dass beide Schollen horizontal gegen einander verschoben sind. Minder deutlich zeigt eine ähnliche Erscheinung der süd- liche Theil des Caucasus. Wenn man auf der PW-Aufnahme dieses Gebietes die Gegend südwestlich von Theaetetus be- trachtet, gewinnt man den Eindruck, als ziehe ein geradliniger Querbruch gegen WSW gerade unter Calippus © hin und als sei eine grosse Scholle auch hier gegen West verschoben. Vielleicht ist noch eine ähnliche Linie im Norden und eine im Süden vorhanden, welche SSW streichen und mit der ersten spitze Winkel bilden. Hier vor Allem sind weitere Aufnahmen unter verschiedener Beleuchtung erwünscht. Diese Vorkommnisse, welche in entfernter Weise an die Blattverschiebungen der irdischen Gebirge erinnern, setzen eine grössere Beweglichkeit der Unterlage voraus, welche auch nach dem, was hier über die grossen Schmelzherde gesagt wurde, nicht unwahrscheinlich ist. Wenn ich die letzte Aufnahme des Apennin (PW) richtig verstehe, so ist in der Lücke am Ende dieses mächtigsten Walles an zwei Linien, welche nicht von Schlacken begleitet sind, das zweimalige offene Fliessen der Masse des Mare Serenitatis etwa von Linne her in der Richtung des Palus 20) E. Suess, Putredinis erkennbar. Dies wären erstarrte freie Ränder der Lava und sie würden jünger sein ‘als die Ebene des Palus Putredinis. IV. Das Mare Crisium, eine Ellipse von 570 und 450 km mit auffallend regelmässiger Umrandung (LW in Weinek, Astronom. Beobacht. Prag, 1893, und Public. Lick Observatory, 1894, III), bildet den Übergang von den grössten Aufschmel- zungsherden zu Ringen, wie Petavius, Alfonsus u. A., welche noch über 100%m erreichen, und welchen sich dann die kleineren Gestaltungen anschliessen. Die Schlackenhülle, welche wir von nun an die lunare Lithosphäre nennen dürfen, ist mächtiger geworden. Die Auf- schmelzungsherde verringern ihre Durchmesser. Die allgemeine Annahme, dass die Krater jünger seien, als die grossen Schlackenringe oder sogenannten Mare-Flächen, ist gewiss richtig, aber sie schliesst einzelne Ausnahmen nicht aus. So betont Ebert, dass an den Rändern der grossen Mareflächen deutliche Spuren von Überfluthungen seien; man sehe zuweilen das Innere von benachbarten Ringgebirgen von dem Materiale des Mare erfüllt, so Le Monnier am westlichen Rande des Mare Serenitatis und Fracastor am Mare Nectaris.! Dass aber die übergrosse Zahl der heute bestehenden Krater jünger sei als die meisten Mare-Flächen, ist unzweifelhaft. Jeder Versuch, die Bildung von Bergen wie Archimedes, Copernicus, Eratosthenes und ihresgleichen durch Aufschüt- tung eines Kegels von zerstäubtem und ausgeworfenem Mate- riale, etwa nach Art des Vesuv, zu erklären ist ganz ver- geblich. Die Versuche, welche z. B. noch von Nasmyth und Carpenter nach dieser Richtung gemacht worden sind, führen nicht zum Ziele. Die Gestalt der Mondberge selbst, die Art, wie z. B. Cyrillus auf Theophilus trifft, die Thatsache, dass ein Centralberg oft gar nicht vorhanden, zuweilen nicht in der Mitte liegt, dass ihrer zwei oder drei vorhanden sein können, dann die weite Entfernung zwischen dem Walle und dem sogenannten Centralberge entfernen jede solche Erklärungsweise; nur für 1 H. Ebert, Ein Vorlesungsversuch aus dem Gebiete der physikalischen Geogr. (Bildung der Schlammvulcane und der Mondringgebirge); Ann. Phys. Chem. 1890; Neue Folge, XLI, S. 359. Einige Bemerkungen über den Mond. 41 Alpetragius und einige wenige andere Berge möchte noch ein Zweifel zuzugestehen sein. Die Gestalt dieser Mondberge ist am deutlichsten aus der von Ebert veröffentlichten Tabelle der Abmessung von 92 der- selben erkennbar. Das Profil steigt von aussen langsam an, unter einem Winkel, welcher nach Ebert’s Schätzungen in 56 Fällen nicht mehr als 6°, in weiteren 24 Fällen nicht mehr als 8° beträgt; nur 10 sind stsiler und erreichen 12°. Von Plato und Tycho ist abgesehen; sie bilden Ausnahmen und sind auch nach aussen steil.! Fügen wir hinzu, dass der äussere Böschungswinkel des Mauna Loa zwischen 3°51 und 6°43 liegt, und dass die Dyngjur oder Lavakuppeln auf Island zum Theile noch ge- ringere Ziffern aufweisen.? Die innere Böschung ist dagegen ausserordentlich steil; sie liegt in der Regel über 30, oft über 40°; für den hier bereits genannten Aristarch steigt sie sogar auf 55°. Dabenliesit der Grunde des Kraters immer tier unter der mittleren Höhe der Umgebung. Nur in 9 von 92 Fällen beträgt diese Einsenkung unter die äussere Umgebung weniger als 00 m, in 19 Fällen 500— 1000 m, in 47 Fällen 1000—2000 m, in 15 Fällen 2000—3000 nz, in Maurolycus erreicht sie 3031 ız, in Theophilus 3411 m. Von der mittleren Kammhöhe des letzteren würde man 4678 m tief in den Krater hinabsehen. Der Radius des Kraters ist 102:7 km und aus demselben erhebt sich ein 2144 m hoher Centralberg. Von Werner würde man 4075 m, von Tycho 4612 m, von Simpelius 4630 m, von Maurolycus 4477 m tief den Blick senken müssen, um den Grund desKraters zu erreichen. Es muss allerdings zugegeben werden, dass die Bestimmung der Höhe der »Umgebung« eines unwillkommenen arbiträren Elementes nicht entbehrt, aber die ausserordentlich 1 H. Ebert, Über die Ringgebirge des Mondes. Sitzungsber. Phys. med. Soeiet. Erlangen, 1890, S. 171. Nahe neben Tycho stehen andere Krater, welche in seine äussere Böschung eingreifen. 2 Penck, Morphologie der Erdoberfläche, Il., S. 415. Aschenkegel auf dem Monde müssten noch viel steilere Abhänge als auf der Erde besitzen. Vergl. Becker, Geom. Forms of Volcanoes; Ann. Journ. Science, 1885, XXX, pP. 292. 42 BE. Suiess, tiefe Einsenkung der Kraterböden unter ein mittleres Niveau der lunaren Oberfläche bleibt doch der bezeichnende Zug. Jeder einzelne dieser Schlünde ist offenbar ein selb- ständiger Herd der Aufschmelzung. Von unten her wurde durch zuströmende Wärme die Lithosphäre aufgeschmolzen, endlich die Oberfläche erreicht, die Schlacke nicht nur zurückge- schoben, sondern, wenn ich nicht irre, in der Regel überflossen. Aus dem Innern aufsteigende elastische Gase werden auch hier den Vorgang veranlasst haben und ich sehe nicht, wie wir, von irdischen Vorkommnissen ausgehend, diesen Process ohne die Anwesenheit von Wasserdampf verstehen könnten. Mehrfach wird in einem solchen Schlund die Lava aufgestiegen sein, die eingeschlossenen Gase von sich gegeben und öfters den Krater- rand erreicht haben. Ein merkwürdiges Beispiel besteht, einzig in seiner Art, Wargentin, in welchem die Lavasäule erstarrt ist in der Höhe des Kraterrandes oder vielmehr irgend einer geringeren Bresche desselben, hoch über -der äusseren Um- gebung, ein Zeuge für die Richtigkeit dieser Vergleiche. Hieraus geht aber zugleich hervor, dass die Berechnungen, welche von ausgezeichneten Selenologen angestellt worden sind über das Verhältniss des cubischen Inhaltes des Walles zum Volum der Kraterhöhlung, für den Geologen nur sehr nebensächlichen Werth haben können. Der cubische Inhalt des Walles hängt ab von der Zahl und der Mächtigkeit der Überfluthungen. Die Tiefe des Schlundes hängt ab von dem leichteren und rascheren Entweichen der Gase, vielleicht sogar in einzelnen Fällen von seitlicher Drainirung der Lava durch einen Ausbruch an anderer Stelle Es sind sehr auffallende Beispiele von raschem und unerwartetem Sinken der Lavasäule in irdischen Vulcanen bekannt. Verweilen wir ein wenig bei Theophilus. Drei grosse Krater, Catharina, Cyrillus und Theophilus, stehen knapp neben einander und Theophilus greift weit in den Krater des Cyrillus über. Solche gedrängte Stellung grosser Krater, welche mit ein- ander eine Gruppe zu bilden scheinen, findet sich wiederholt auf dem Monde. Warum, wenn bereits ein Krater wie Cyrillus - vorhanden war, dessen Kamm sich 3000 nz über den Boden des Kraters erhebt, wurde derselbe nicht weiter in Anspruch ge- Einige Bemerkungen über den Mond. 43 nommen, sondern verlassen und ein neuer Riesenkrater daneben gebildet? Die Antwort scheint mir gerade in den Dimensionen dieser tiefen Schlünde zu liegen. Die Erfahrungen auf der Erde lehren, dass die Isogeothermen in der Nähe der Oberfläche dieser ziemlich parallel gehen, und dass sie erst in grösserer Tiefe, sei es z.B. in 2000 m, vollen Parallelismus unter sich erreichen. Wenn nun ein solcher Schlund einmal zur völligen Erstarrung gelangt ist, greift unter demselben die Linie der gleichen Wärme des Himmelskörpers tiefer als in seiner Umgebung. Die Er- Sranrunes reicht hier wueiter in die Wiefe, und eine "wieder- erwachende vulcanische Thätigkeit, ein neues Zuströmen von Wärme findet den Angriffspunkt nicht mehr an dieser Stelle, sondern neben derselben. Ähnlich stehen Arzachel, Alfonsus, Ptolemaeus und manche andere. Kilauea und Mauna Loa lehren aber, dass auch benachbarte Vulcane gleichzeitig thätig sein können.! Die Vorgänge in den Essen dieser Krater sind nach meiner Meinung dieselben, wie in der Coquille des Stahlwerkes. Hier wie dort sehen wir nur den letzten Vorgang, die Producte des letzten Sinkens der erstarrten Oberfläche in der Tiefe des Schlundes.? Es ist keine Nothwendigkeit, zu den scharfsinnigen Annahmen des Herrn Faye zu greifen, nach welchen lunare Gezeiten in diesen Schlünden die Lava bewegt hätten.? Der ursprüngliche Vergleich Dana’s zwischen diesen Kratern des Mondes und jenen von Hawaii scheint der richtige; nur hätte die Voraussetzung von der Einsickerung von Tagwässern zur Speisung des Wasserdampfes zu entfallen.“ Ob, wie Herr Prinz vermuthet, auch Kesselbrüche auf dem Monde vorhanden seien, müssen wir von weiteren Fortschritten in der photo- 1Prinz, S.26, vergleicht Maurolycus, Longomontanus und ihre Nachbarn mit den benachbarten Kesseln des Mokua-weo-weo, des Gipfelkraters des Mauna Loa. 2 Dasselbe sagt Reyer, Theoret. Geologie, S. 261, Anmerkung. 3 Faye, Comparaison de la Lune et de la Terre au point de vue geo- logique; Ann. du Bureau des Longitudes pour l’an 1881; p. 667— 754. 4 J. D. Dana, Characteristics of Volcanoes, 80, 1860, an mehreren Stellen. 44 Er Smess, graphischen Aufnahme des Mondes lernen. Bekanntlich ist der Krater des Kilauea von zwei solchen Kesselbrüchen, dem Kilauea Iki und dem Keanakakoi, begleitet, und Mauna Loa zeigt Ähnliches. Ich will nicht behaupten, dass nicht z.B. bei Magirus oder Clavius und anderen der sogenannten Wallebenen Neison’s Unregelmässigkeiten des Umrisses eintreten, aber anderseits sieht man gerade auch in Clavius im Norden wie im Westen am Innenrande kleinere Krater, welche selbständige Wälle gegen die Tiefe des Clavius besitzen. An der Westseite des Maurolycus sieht man z.B. deutlich eine Bresche durch Absitzen des Kraterrandes, welche kein Kesselbruch ist, und solches Absitzen scheint häufig vorhanden zu sein. Der Mangel oder doch die grosse Seltenheit solcher seitlicher Kesselbrüche würde eher als ein Unterschied der Mondkrater von jenen des Hawaii-Typus hervorzuheben sein. V. Von den durch Neison unterschiedenen Gruppen lunarer Gebilde sind, vorausgesetzt dass die bisher hier ver- suchten Vergleiche richtig sind, die als Mare, Palus und Lacus bezeichneten »Formationen« als grosse Aufschmelzungsherde anzusehen. Alle bisher besprochenen Gebilde haben die folgenden Merkmale gemein: l. den in der Regel kreisförmigen, selten elliptischen, noch seltener unregelmässig elliptischen Umriss, 2. einen sehr deutlich sichtbaren Wall, welcher aussen flach, wie durch Überguss gebildet, innen steil und zuweilen in unregelmässige Stufen getheilt ist, 3. einen wohl umgrenzten, ebenen oder leicht gewölbten Boden. Nur auf diese Berge möchte ich den Namen Krater ein- schränken. Sie umfassen Neison’s Wallebenen, Bergringe, Ringebenen und Kraterebenen. Sie lassen sich nach Dana’s Vorgang mit den irdischen Vulcanen vom Hawaii-Iypus ver- gleichen und entfernen sich von denselben nur: l. durch den noch weit grösseren Radius, 2. durch die tiefe Lage des Bodens unter dem mittleren Niveau der äusseren Umgebung, 3. durch die Seltenheit begleitender Kesselbrüche. Einige Bemerkungen über den Mond. 45 Es ist auch Grund anzunehmen, dass die Laven dieser Krater ein weit geringeres specifisches Gewicht, als jene von Hawaii besitzen, welche spec. Gew. 3°3, folglich fast das volle Gewicht der Mondmasse zeigen und zu den schwersten Fels- arten unserer Erde gehören. Die Oberfläche des Mondes besitzt aber noch mannigfaltige Gestaltungen, welche nach meiner Ansicht von den bisher er- wähnten gänzlich verschieden sind, und zum Theile innerhalb, zum Theile ausserhalb der Krater stehen. Ptolemaeus zeigt (LW. und PW.) eine weite, im Ganzen ebene Lavafläche; in derselben liest gegen Nord, vereinzelt, der sogenannte »Krater A«, eine kreisrunde Öffnung auf einer rings abfallenden kegelförmigen Höhe. Knapp nördlich davon sieht man eine »tassenförmige« Vertiefung der Lavafläche.! Das ist etwas ganz anderes, als die bisher betrachteten Krater. Nicht nur ist der Radius viel kleiner; die Kegelfläche ist anders gebaut, regelmässiger als die Kraterwälle, die Kante der Öffnung scheint scharf und ohne grössere Scharten zu sein; einen Boden kann man nicht erkennen. Auf einem irdischen Schlackenfelde würde man sagen, es sei eine grosse Dampfblase hier aus der Lava entwichen, und die tassenförmige Vertiefung würden wir als Nachsackung bezeichnen. Zuweilen stehen zwei solche Öffnungen von ein wenig geringerem Durchmesser scharf getrennt knapp neben einander, wie Z.B. südöstlich von Archimedes nahe dem Rande des Mare Imbrium. Zuweilen scheint es, als würden durch dasZusammentreten zweier Öffnungen wahre 8-Formen gebildet werden; ich weiss men ob ich nach Prinz, Pl. III Copernieus A und 4, hieher zählen darf und wäre eine genaue Angabe über die Trennung oder volle Vereinigung dieser beiden Öffnungen und ähnlicher Zwillingsbildungen erwünscht. Am südwestlichen Rande von Albategnius, oben auf dem Walle in der Nähe von E scheint es sogar als würden drei Öffnungen zusammentreten. 1 Weinek, Anzeiger Akad. Wiss. Wien, 12. April 1894, S. 105. 46 E. Suess, In anderen Gegenden, wie in Clavius, stehen solche Öff- nungen in grosser Zahl, doch getrennt, beisammen, und hier erscheinen auch neben ihnen wahre Krater mit breitem Walle, mit flachem Boden und Centralbergen. Diese blasenähnlichen Öffnungen sind alle bisher als Krater bezeichnet worden, Neison nennt sie sogar »echte Krater«, aber ich bin nicht sicher, ob man ihnen diese Bezeich- nung geben sollte. Man sieht ganz deutlich, wie an dem Ostrande von Alba- tegnius (P. W.) der grosse Krater A den Wall des Hauptkraters unterbricht. Bei Bildung von A muss ein Theil des Hauptwalles von Albategnius sei es durch Aufschmelzung, sei es durch Ausbruch zerstört worden sein. Der neue Wall von A greift in das Lavafeld des Kraterbodens von Albategnius hinein, und der Centralberg von A liegt dort, wo der Wall von Albategnius sich einst befand. Alle diese Krater aber, Albategnius wie der ge- nannte Krater A, oder Barocius und Barocius db, welche ganz dasselbe Verhältniss zeigen und überhaupt alle jene Gebilde, welche einen flachen Boden erkennen lassen, und von welchen gerade die kleineren am häufigsten sogenannte Centralberge zeigen, hinterlassen den Eindruck, als seien sie das Erzeug- niss einer länger dauernden vulcanischen Thätigkeit. Jeder der- selben hat einen selbstständigen Wall, zuweilen, wie wir eben sahen, auf den Lavaboden eines älteren Kraters aufgebaut, und dieser Wall mag wohl nicht ohne wiederholtes Überfliessen gebildet sein. Die hier unterschiedenen blasenförmigen Öffnungen aber, als deren Typus ich Ptolemaeus A angeführt habe, deuten viel- mehr auf Entstehung durch eine einmalige Explosion. Dieser Eindruck würde wesentlicher gestärkt werden, wenn es erwiesen wäre, dass wahre Zwillinge oder gar Drillinge dieser Art ohne einen bis an die Mondoberfläche reichenden, trennenden Wall vorhanden seien. Diese Öffnungen sind in sehr grosser Anzahl in vielen Theilen der Mondoberfläche vorhanden. Ihr Durchmesser mag bis 15 oder gar 18 km steigen. Ihr Rand ist stets auffallend scharf und ein wenig kegelförmig gleichsam aufgezogen, wie man das namentlich sieht, wo sie wie Maurolycus A in eine er Einige Bemerkungen über den Mond. 47 Ebene übergreifen.' Es scheint in einigen Fällen, als sei ein Rücken, ähnlich einem Lavastrom hervorgetreten. Alle diese Erscheinungen bilden Aufgaben der weiteren Forschung. Es ist aber schon vor langer Zeit, z. B. schon von Humboldt und von Dana, erinnert worden, dass die Entwei- chung elastischer Dämpfe auf dem Monde unter ganz anderen Verhältnissen vor sich gehen mag, als auf der Erde. Das geringe Gewicht der Lavamasse, die Temperatur der Mondoberfläche, endlich der ausserordentliche Durchmesser einzelner Lava-Seen mussten Verhältnisse schaffen, welche von jenen der Erde wesentlich verschieden waren. k Es wäre ein Fortschritt, wenn für diese Gruppe von Vor- kommnissen ein selbstständiger Name geschaffen würde. Die sogenannten Centralberge der linearen Vulcane sind theils als Quellkuppen im Reyer’schen Sinne und theils als Spratzformen angesehen worden. Vielleicht trennen sich in der Natur diese beiden Vorkommnisse nicht so scharf, als zuweilen vermuthet wird. Im Frühjahre 1891 hatte ich Gelegenheit mit einigen Freunden die Bildung eines Ausbruchskegels in der Mitte des Feuersees zu verfolgen, welcher im Inneren des damaligen so- genannten kleinen Vesuvkraters entstanden war.” Mitten in dem Feuersee stand ein kleiner Kegel über der Mündung der Esse. Wir sahen deutlich die Lava in der Esse aufsteigend; kopfgrosse Blasen von Dampf entwichen und inZwischenräumen von je 6—8 Secunden erfolgte aus dem Kegel eine Explosion, bei welcher eine hohe Garbe von heissen Fladen von Lava aus- geworfen wurde. Viele derselben nahmen einen entfernteren Flug, andere fielen in den Feuersee oder auf den Kegel. Da- zwischen aber rieselten an der Aussenseite des Kegels kleine Bäche feuriger Lava herab, alle Schollen und Fladen verkittend. So ist dieser Kegel zugleich eine Spratzfigur gewesen und eine Überguss- oder Quellkuppe. Die Gestalt der Centralberge des Mondes scheint eine recht unregelmässige zu sein; auch Spratz- ! Ich erinnere an die Schilderung der Entstehung der Hornitos in Felix und Lenk, Beitr. zur Geol, und Pal. von Mexico, I, S. 29, 30. 2 G.v. Rath, Zeitschr. deutsch. Geol. Ges. 1871, S. 717, Taf. XVII. 48 E. Suess, kegel bilden grosse unerwartete Rücken und Ausläufer; sie zeigen nicht immer Öffnungen an ihrem Scheitel, und die That- sache, dass auf der Höhe der Centralberge des Mondes grosse Öffnungen nicht sichtbar sind, ist nicht ein Argument gegen solche Entstehungsart. Zu den zartesten Darstellungen, welche wir von Theilen des Mondes besitzen, gehören ohne Zweifel die LW-Bilder aus demKratergrunde von Capella und von Taruntius c, einer kleinen, dem Südwalle von Taruntius aufsitzenden Ausbruchstelle. Sie sind um so werthvoller, als sie dieselben Objecte in zweifacher Beleuchtung bieten. Capella zeigt mehr oder minder kreis- förmige Öffnungen, wie es scheint, kleineAusbruchsmündungen von 500m und darunter, an verschiedenen Stellen auf der Höhe der centralen Erhöhung, an ihrer Seite und zerstreut gegen den Rand hin. Dazwischen laufen feine Rillen. Ähnlich ist die Be- schaffenheit des Bodens von Taruntius c mit einer centralen Öffnung von etwa 250 m. So weit ist die Technik der Dar- stellung vorgeschritten. Diese Bilder mögen wohl Schlacken- feldern entsprechen, welche von einzelnen Eruptionscanälen durchbrochen sind. VI. Obwohl es verständlich ist, dass Öffnungen, welche durch das Entweichen von Gasen gebildet werden, bis zu den kleinsten Dimensionen herabsinken können, haben doch die genauesten Kenner des Mondes, wie ich glaube mit Recht, eine Gruppe kleinerer Bildungen als »kleine Krater« und »Krater- gruben« abgeschieden. Ohne in Einzelheiten einzugehen, will ich erwähnen, dass auf dem Monde kleinere Vertiefungen mit undeutlichem oder fehlendem Walle und unkennbarem Grunde vorhanden sind, welche für den Geologen darum ein besonderes Interesse besitzen, weil sie in mehreren Fällen in un- zweifelhafter Weise mit Spalten in Verbindung sind. Sie verrathen hiedurch, dass sie nicht durch Aufschmel- zung entstanden und dass ihnen eine gewisse Verfestigung der lunaren Lithosphäre vorangegangen ist. An den Abhängen grosser Vulcane, wie des Aetna, ist es keine seltene Erscheinung, 1 Anzeiger Akad. Wiss. Wien, 6. Juli 1893, S. 185—180. Abbildung in Public. Lick Observ. 1894, III, p. 107. Einige Bemerkungen über den Mond. 49 dass eine radiale Spalte sich öffnet und dass auf derselben während des Ausfliessens der Lava, zumeist von oben nach abwärts, zwei oder drei, wohl auch ein halbes Dutzend oder noch mehr sogenannte Adventiv-Krater gebildet werden. Diese sind es, welche den höheren Theilen des Aetna bei Sonnen- aufgang so grosse Ähnlichkeit mit dem Monde verleihen. In den ersten Tagen des Monates September 1783 öffnete sich westlich vom Skaptar Jökull auf Island eine lange Spalte, und zwar nichtals Radialspalte eines Hauptkraters, sondern als ein Glied jenes Systems von Spalten, welches, einer bogenför- migen Senkung folgend, nach Thoroddsen's Beobachtungen quer durch ganz Island zieht. Diese Spalte ist geradlinig und verläuft von Nordost gegen Südwest. Helland hat sie genauer beschrieben. Da die Spalte den aus älteren vulcanischen Fels- arten bestehenden Berg Laki durchscheidet, nannte er sie die Laki-Spalte. Helland verfolgte sie auf die Länge von 20 km und hat auf dieser Strecke etwa 30 bemerkenswerthe Krater- kegel unterschieden, von denen allerdings der höchste nur 150m erreicht. Diese Kraterkegel sind durch Aufschüttung von Schlacke und Asche gebildet; aus ihren Öffnungen, sowie aus der Spalte selbst hat sich eine ungeheure Lavamasse ergossen.! Seither hat Thoroddsen diese entlegene Gegend besucht; er verfolgte die Spalte aufetwa 30 km und fand, dass sie gegen NO unter den Eisfeldern des Skaptar Jökull verschwindet. Thoroddsen gibt, indem er kleinere Ausbruchstellen mit- rechnet, die Gesammtzahl derselben auf etwa ein Hundert an; die Menge der 1783 hervorgetretenen Lava schätzt er auf 12:3 km’.? Die Oberfläche des Mondes enthält Bildungen, welche sehr an die Laki-Spalte erinnern; Jul. Schmidt pflegte sie als Krater- rillen zu bezeichnen. Unter den neueren Aufnahmen ist besonders jene (L W.) der Kraterrille bemerkenswerth, welche schräge an dem südlichen Fusse von Ptolemaeus hinzieht, und wenigstens 1 Am. Helland, Lakis Kratere og Lavaströmmen; Universit. Programm for 2. Sem. 1885; Kristiania, 1886. 2 Th. Thoroddsen, Reyse i Vester Skaptafells Syssel paa Island i Somm. 1893; Geogr. Tidskr. Kjöbenhavn, XII, 1893 —94, p. 167 u. folg. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 4 80 EB. Suess, acht auf einer geraden Linie liegende Ausbruchstellen umfasst.! Eine andere Kraterrille mit mindestens sieben Ausbruchstellen von verschiedener Grösse zieht sonderbarer Weise schräge über den südöstlichen Wall von Albategnius (PW). Die Krater- rillen sind nicht eben selten. Während die Verbindung mit Spalten ausser Zweifel steht, ist es mir für jetzt unbekannt, ob aufKraterrillen mit Bestimmt- heit Kegel bekannt, oder ob nur Trichter vorhanden sind. Hier liegt eine weitere Aufgabe für Beobachter. Es handelt sich darum zu entscheiden, ob, wie auf der isländischen Spalte, Auf- schüttung eingetreten ist, oder ob die lunaren Kraterrillen nur Durchbohrungs-Maare und jene Erscheinung bieten, welche Daubr&e in seinen ausgezeichneten Untersuchungen über explodirende Gase als »cönes d’arrachement« bezeichnet hat.? Eine Anzahl anderer Öffnungen findet sich zwar gleichfalls in unzweifelhafter Verbindung mit Spalten, aber die Stellung zu denselben ist eine andere. Die Rillen zwischen Hyginus und Triesnecker, welche kürzlich von den Herren Loewy und Puiseux besprochen worden sind, zeigen kleine runde Gruben, welche für Explosionstrichter gehalten werden könnten, an den Punkten des Zusammentreffens solcher Linien.” Die schönen neuen PW-Darstellungen zeigen Hyginus selbst auf der grossen Hyginus-Rille, die gegen West wie gegen Ost Erweiterungen besitzt, welche entweder Explosionstrichter oder Abstürze in die Kluft oder durch Explosion veranlasste Ab- stürze sein dürften. Es ist sehr auffallend, dass quer über die Ariadaeus-Kluft einige höhere Rücken ziehen (PW), von welchen einzelne von der Kluft durchschnitten zu sein scheinen, andere jedoch nicht; dies gilt namentlich von der Gegend südlich von der Scharte in Julius Caesar und bis gegen Silberschlag. Hier 1 Weinek, Anzeiger Akad. Wiss. Wien, 12. April 1894. 2 Daubre£e, Rech. exp. sur le Röle possible des Gaz a hautes tempera- tures, doues de tres fortes pressions, et animes d’un mouvement fort rapide dans divers Phenomenes geolog.; Bull. soc. geol. 1891, 3e ser., XIX, p. 313 bis 354; Comptes-rend. 24. Nov. 1890 u. folg. 3 Loewy et Puiseux, Etudes photogr. sur quelques portions de la surface lunaire; Comptes-rend., 26 Nov. 1894, p. 875— 880. Einige Bemerkungen über den Mond. ol ergäbe sich vielleicht die Möglichkeit, zu ermitteln, ob wirklich Lavaströme von grösserer Länge auf dem Monde geflossen sind. VI. Der Zweck dieser Zeilen ist, wie anfangs erwähnt wurde, nur die Stellung einer Anzahl von Fragen und Auf- gaben, deren Lösung für eine genauere Vergleichung der Oberfläche des Mondes mit jener der Erde erwünscht wäre. Bei der Besprechung des Gegenstandes ist hervorgetreten, dass ausser dem Relief des Mondes auch die Färbung von Bedeutung ist, und dass zwei Gruppen kreisförmiger Öffnungen zu unter- scheiden sind, nämlich solche, die durch Aufschmelzung und andere, zumeist kleinere, welche durch Explosion entstanden zu sein scheinen. Nun möchte ich folgende Wünsche aussprechen: 1. Einige Beobachter! erwähnen des Umstandes, dass die hellen Streifen, namentlich bei Tycho, auf Photographien eine Wirkung zeigen, welche von dem optischen Eindrucke verschieden ist. Bei den besonderen Schwierigkeiten und den vielen Zweifeln, welche gerade mit dieser Sache verbunden sind, würde es sich empfehlen, derselben Aufmerksamkeit zu widmen. Auch könnte man bei hoher Beleuchtung die photographische Wirkung von Stoffen, wie weisser Alaunerde aus der Solfatara, gebleichtem Trachyt von Olibano, dann lockeren weissen, weissgelben und hochgelben Schwefel- blumen, ferner von weisser Asche von Vulcano und von weissem Bimsstein vergleichen. 2. Der Bau des Alpenthales und insbesöndere seiner westlichen Hälfte ist von solcher Bedeutung für das Ver- ständniss der Beschaffenheit der grossen Schlackenfelder, dass der Ermittelung der Einzelheiten nicht genug Sorgfalt zuge- wendet werden kann. Hier müssen wir lernen, ob die Schollen eine gegenseitige Verschiebung erlitten haben. 3. Eine ebenso hohe Bedeutung für Fragen von anderer Art hat das Studium von Wargentin. Leider ist seine Lage eine ungünstige, aber gerade dieser Krater mit seinem während des Überfliessens erstarrten Lavasee bietet die Gelegenheit zu Beobachtungen, welche in keinem zweiten Falle möglich sind. 1 Z.B. Neison, Der Mond. Deutsche Auss., S. 299. ou [&6) BANSiUleSIsH 4. Zwischen den Aufschmelzungskratern mit flachem Boden einerseits und den kleinen Explosionsöffnungen ander- seits befinden sich zwei zweifelhafte Typen. Der eine, wie Alpetragius, scheint eine gewisse Ähnlichkeit mitder vesuvia- nischen Structur zu besitzen; eine genaue Ermittelung des Neigungswinkels, der Beschaffenheit der centralen Öffnung und anderer Einzelheiten ist erforderlich. Der zweite Typus umfasst die Öffnungen wie Ptolemaeus A, welche hier mit Blasen ver- glichen worden sind, und deren Grund in der Regel unbekannt ist. Hier wäre auf Zwillingsbildungen und auf die Art zu achten, wie in der Tiefe die Zwillinge sich trennen. 5. Die grosse Mehrzahl der auf Spalten stehenden Öffnungen scheint einen Wall kaum zu besitzen; es wäre von Bedeutung, zu wissen, ob nirgend ein etwas höherer Kegel über einer Spalte steht, d.h. ob Aufschüttung stattgefunden hat. Ebenso wäre auf den grösseren Spalten festzustellen, ob irgend ein Rücken wirklich ununterbrochen.in solcher Weise die Kluft durchquert, dass ein jüngerer Lavastrom angenommen werden könnte. “ Wir befinden uns an der Schwelle; jede neue Aufnahme irgend eines Theiles des Mondes bringt neue Aufschlüsse und neue Fragen. Die Anwendung der verbesserten Methoden der Beobachtung hat kaum begonnen und dennoch ist ihre Be- deutung für die Erforschung der Erde bereits deutlich be- merkbar. Die Frage, ob vulcanische Essen durch Aufschmelzung oder ob sie auf Dislocationen entstehen, hat in den letzten Jahren Discussionen hervorgerufen. Der Mond zeigt beide Entstehungsarten neben einander. Auch auf der Erde sind beide sichtbar. Wer aber von den thätigen Vulcanen zurück- schreitet zu jenen ausgedehnten Massen eruptiver Felsarten, welche die Abtragung der Gebirge blosslegt, wer.die Contact- höfe der Granitmassen, die Umrisse der letzteren und die sie umschwärmenden Apophysen betrachtet, mag sehen, in welchem ausgedehnten Masse Aufschmelzung von unten her innerhalb der äusseren Theile des Erdkörpers zu den verschiedensten Zeiten erfolgt ist, oft freilich ohne die Oberfläche zu erreichen. Die weiteren Fragen, ob solche Aufschmelzung durch Gebirgs- .. .. h [9] Einige Bemerkungen über den Mond. 036) faltung erleichtert, oder ob auf andere Weise entstandene Essen durch Aufschmelzung erweitert werden, und ob der erwähnte Lavasee im Adventivkrater des Vesuv von 1871 nicht ähnliche Erscheinungen bot, wie Kilauea, kommen für jetzt nicht in Betracht. Wohl aber darf man im Angesichte der aus- gedehnten granitischen Stöcke die Vermuthung wagen, dass in früheren Phasen der Erdgeschichte Aufschmelzung und auch Durchschmelzung der Lithosphäre häufiger vorgekommen sind, und dass mit der Verstärkung der Lithosphäre diese weiten Essen seltener, dafür Dislocationen, enge Essen und Explo- sionen häufiger geworden sind. EineWanderung, welche ich nach gütigen Anweisungen des Herrn Dir. Credner, die kaum übertroffene geologische Karte Sachsens in der Hand, unter der Führung des Verfassers dieses Theiles der Karte, Dr. Beck, im Jahre 1893 in mehrere Granit- stöcke des Erzgebirges gemacht habe, hat mir deutlicher als je zuvor eingeprägt, einen wie geringen Bruchtheil der vulcani- schen Thätigkeit des Erdkörpers etwa Vesuv oder Ätna uns vorführen. Strenge würde zu scheiden sein: der Ausdruck »Batholith« für eine stock- oder schildförmige Durchschmel- zungsmasse, welche mit fortschreitender Abtragung entweder den Querschnitt hehauptet oder breiter wird, bis in die »ewige Teufe«, und der Ausdruck »Lakkolith« für einen seitlich ein- gedrungenen Kuchen, welcher mit der Abtragung zwar anfangs breiter werden mag, aber dann verschwindet. Die Experimente des Herrn Prof. Reyer haben werthvolle Aufschlüsse über die mechanischen Vorgänge bei dem Auf- dringen einer eruptiven Felsart gegeben.! Die erweiterte Fassung, welche Herr Michel Levy diesen Resultaten gab, indem er die Aufschmelzung der Salbänder gleichzeitig zur Geltung brachte, bezeichnet einen wesentlichen Fortschritt.” Vielleicht mag auch das Studium des Mondes dazu beitragen, um uns schrittweise zu einer immer genaueren Erkenntniss der Sachlage zu führen. 1 E.Reyer, Geolog. und geograph. Experimente; Il. Heft: Vulcanische und Massen-Eruptionen; 8°, Leipzig, 1892. 2 Michel-Levy, Contrib. a l’Etude du Granite de Flamanville; Bullet. du Service de la Carte Geol. de France; 1895, V, p. 39. 4 E. Suess, Einige Bemerkungen über den Mond. Dann erst wird es möglich sein, auf der Erde und dem Monde die gleichen Phasen vulcanischer Thätigkeit genauer zu erkennen. Diese Phasen werden wahrscheinlich in einander übergreifen, d.h. Typen einer früheren Phase werden in einer späteren, wenn auch seltener, erscheinen. Nur in diesem Sinne können folgende Phasen und Beispiele angeführt werden: 1. Aufschmelzung grosser Flächen (Mare Serenitatis; un- sichtbar auf der Erde). 2a. Aufschmelzung ohne Erreichung der Oberfläche (Batholithen; Granite des Erzgebirges; nicht kennbar auf dem Monde). 2 b. Aufschmelzen von Herden von kleinerem Durch- messer; ruhiges Wallen der Lava (Hawaii, Ptolemaeus, War- gentin). 3. Spaltenbildung, engere Essen, rhapsodische Explosion (Laki-Spalte, Vesuv, Durchbohrungsmaare der Eifel, Krater- rillen, Hyginus). | Endlich als örtliche Folge einzelner Ausbrüche die ein- zelnen Phasen der Fumarolen, auf der Erde bei 25 und einem Theile von 3, auf dem Monde mir bisher nur vermuthungsweise und nur bei 25 bekannt. Im Grossen stellen diese Phasen zugleich die fortschreitende Verstärkung der tellurischen wie der lunaren Lithosphäre dar. [Ol ON Anatomisch - physiologische Untersuchungen über das tropische Laubblatt. II. Über wassersecernirende und -absorbirende Organe (II. Abhandlung) von Prof. Dr. G. Haberlandt in Graz. (Mit 4 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung am 10. Jänner 1395.) Im vorliegenden zweiten Theile! dieser Untersuchung sollen zunächst diemit Gefässbündelenden in Verbindung stehenden Hydathoden besprochen werden. Es kommen hierbei zwei Haupttypen in Betracht, nämlich die spaltöffnungs- losen Hydathoden vieler Farnblätter und die mit Wasser- spalten und meistens auch mit Epithemgewebe versehenen Hydathoden so vieler phanerogamer Gewächse. D. Die Hydathoden der Farnblätter. Bei vielen Farnen (Polypodium-, Aspidium-, Nephrolepis- Arten etc.) treten bekanntlich auf den Blattoberseiten über den Gefässbündelendigungen mehr oder minder seichte Grübchen auf, in welchen Wassertropfen ausgeschieden werden. Bei manchen Arten (z. B. bei Polypodium nigrescens) trifft man diese Hydathoden über die ganze Blattoberseite gleichmässig zerstreut an, bei anderen Arten (zZ. B. Polypodium aureum) kommen sie hauptsächlich längs der Blattränder, eine continuir- liche Reihe bildend, vor. I Vergl. diese Sitzungsber., Bd. CIII, Abth. I, Juni 1894. 96 G. Haberlandt, Ihren anatomischen Bau habe ich namentlich bei Poly- podium aurenm genauer studirt. Das kolbig angeschwollene, verbreiterte Gefässbündelende liegt hier, wie in den meisten Fällen, unmittelbar unter der drüsig ausgebildeten Epidermis (Taf. IV, Fig. 1). Es besteht hauptsächlich aus Tracheiden, deren Wände mit breit spalten- förmigen Tüpfeln versehen sind; dazwischen treten plasma- reiche, grosskernige Parenchymzellen auf, allerdings in spär- licher Anzahl und meist auf der Oberseite des Bündels. Auf der Unterseite desselben lässt sich ein stark reducirter Leptomtheil wahrnehmen, von dem ich es dahingestellt sein lasse, ob er noch englumige Siebröhren enthält, oder bloss aus Cambiformzellen, respective Leptomparenchymzellen besteht.! Das ganze Bündel- ende wird von einer Endodermis umscheidet, welche oberseits direct an die epidermale Drüsenzelllage grenzt. Ihre radialen Wände sind mit einem breiten cutinisirten Bande versehen, die tangentialen Wände sind unverkorkt. Die an die Endodermis angrenzenden Parenchymzellwände sind mit Ausnahme zweier seitlicher Durchlassstellen ziemlich stark verdickt. Nach innen zu grenzt an die Endodermis eine aus tangential stark abge- platteten, plasmareichen Zellen bestehende Parenchymzelllage (Strasburger’s »inneres Phloeoterma«), deren genetische Zu- sammengehörigkeit mit der Endodermis auch noch im ausge- bildeten Zustande sofort erkennbar ist. Dieses Bündelende wird nun von der epidermalen, wasser- ausscheidenden Drüsenzellschicht bedeckt. Die Form ihrer Zellen weicht von jener der angrenzenden typischen Epidermis- zellen sehr ab. Sie sind von prismatischer Gestalt, ungefähr 1'/,-mal so hoch als breit, mit zarten Seiten- und Innenwänden versehen, wogegen die Innenwände der Epidermiszellen sehr stark verdickt und getüpfelt sind (Taf. IV, Fig. 1, 2). Auch die Aussenwände der Drüsenzellschicht sind bedeutend dünner als jene der Epidermiszellen. Nach Behandlung mit Jod-Jod- 1 Nach G. Poirault (Recherches anatomiques sur les Cryptogames vas- ceulaires, Annales des sciences nat. Bot. T. XVII, p. 113 ff. 1893) sollen die Gefässbündelenden der Farnblätter noch Siebröhren enthalten. Vergl. auch Strasburger, »Über den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen«. Jena 1891, S. 451 ft. Das tropische Laubblatt. oy7 kalium und Schwefelsäure färben sich die Aussenwände der Epidermis bis auf die Cuticula schön blau, während jene der Drüsenzellen, wenn sie auch ebenso rasch verquellen, nur eine ganz schwache, bläuliche Färbung annehmen. Auch die Drüsen- zellschicht ist von einer zwar zarten, doch wohlausgebildeten, in Schwefelsäure unlöslichen Cuticula überzogen. Die Drüsenzellen zeichnen sich gegenüber den ängrenzen- den Epidermiszellen durch ihren grossen Plasmareichthum aus; die Zellkerne, welche bedeutend grösser sind, als jene der Boideimisı lesen ım unteren heile der’ Zellen, ohne’ den Innenwänden ganz anzuliegen (Taf. IV, Fig. 2). Sie sind von kleinen, rundlichen Leukoplasten umlagert, die Stärkekörnchen enthalten. Erstere sind nicht vollkommen farblos, sondern zeigen eine blassgelbliche Färbung. Im Buitenzorger botanischen Garten gehört die Wasser- ausscheidung seitens der Blätter verschiedener Farne zu den auffallendsten und schönsten Erscheinungen dieser Art. Grosse Tropfen sitzen frühmorgens in gleichen Abständen längs der Blattränder oder vertheilen sich gleichmässig über die ganze Blattoberseite. Einen Druckversuch habe ich erst im Grazer botanischen Institute durchgeführt; es wurde dazu die Blatt- fieder eines schon ausgewachsenen, aber noch jüngeren Blattes von Polypodium aureum verwendet. Die Hydathoden wurden auf einer Seite der Fieder durch Bepinseln mit sublimathältigem Alkohol vergiftet. Die Höhe der Quecksilbersäule betrug 28 cm. Narchr222Sunden traten übers ammplichene nieht szeir- gifteten Hydathoden stecknadelkopfgrosse Wasser- tropfen auf, während die vergifteten, die eine bräun- liche Färbung zeigten, vollkommen trocken blieben. Daraus geht also hervor, dass auch bei diesem Typus der Hydathoden die Wasserausscheidung kein einfacher Filtrations- process ist, sondern auf activer Wasserauspressung seitens der epidermalen Drüsenzelllage beruht, welche das Bündelende bedeckt. E. Hydathoden mit Epithemen und Wasserspalten. Nach den bisher mitgetheilten Beobachtungen und Er- fahrungen war es eine naheliegende Vermuthung, dass auch 98 G. Haberlandt, die Wasserausscheidung durch Wasserspalten mit typisch aus- gebildeten Epıthemen über den Gefässbündelenden kein ein- facher Filtrationsprocess sei, dass vielmehr das sogenannte Epithem, dessen Function bisher räthselhaft geblieben war, als vielzellige innere Wasserdrüse fungire und so wie die ein- zelligen Hydathoden von Gonocaryum und Anamirta, wie die Keulenhaare von Phaseolus multiflorus etc., activ Wasser aus- presse. Der Unterschied gegenüber den »äusseren Wasser- drüsen« bestünde bloss darin, dass die Zellen des Epithems das Wasser nicht direct nach aussen, sondern in das zwischen ihnen befindliche Intercellularsystem pressen, von wo aus es dann durch die Wasserspalten seinen Weg nach aussen findet. Diese Vermuthung wurde durch die Untersuchungen, welche ich in Buitenzorg über die Hydathoden von Conocephalus- Arten und einer Ficus-Art anstellte, bestätigt. Fortgesetzte Untersuchungen mit anderen Pflanzen, speciell mit Fuchsia, lehrten aber, dass das für Conocephalus und Ficnus erhaltene Resultat nicht zu verallgemeinern ist. Conocephalus ovatus Trec. Die Arten der zu den Moraceen gehörigen Gattung Cono- cephalus sind in Ostindien und im malayischen Archipel einheimische Lianen mit grossen, lederartigen, ungetheilten Blättern. Conocephalus ovatus Trec. (C. suaveolens var. ovatus Mig.)! kommt nach Miquel auf Java und Luzon vor; ich habe diese oder eine nahe verwandte Art in der Schlucht des Tjiapus auf dem Salak bei Buitenzorg angetroffen. Zu meinen Unter- suchungen und Experimenten benützte ich die im Lianen- quartier des Buitenzorger Gartens vortrefflich gedeihenden Exemplare dieses interessanten Kletterstrauches. Bei keiner anderen Pflanze war die nächtliche Wasseraus- scheidung seitens der Hydathoden so constant und schön zu beobachten, wie bei der in Rede stehenden Liane. An jedem Morgen traten auf den Blattoberseiten in ziemlich regelmässiger Vertheilung zahlreiche grosse Wassertropfen auf, die, wenn man an dem Stamme zerrte, gleich einem Regenschauer auf 1 Vergl. Fr. A. G. Miquel, Flora Indiae batavae, I. B., 2. Theil, S. 284. Das tropische Laubblatt. 9 den Beobachter herabfielen. Schon mit freiem Auge liess sich constatiren, dass die Tropfen über kleinen Grübchen sitzen, worunter man bei mikroskopischer Betrachtung die scharf- differencirten Epithem-Hydathoden findet. Bevor ich nun zur näheren Beschreibung dieser Wasser- ausscheidungsorgane übergehe, habe ich mit einigen Worten den Bau der Blätter zu skizziren. Auf der Oberseite des Blattes tritt unter der flachzelligen Epidermis ein zweischichtiges Wassergewebe auf, dessen obere Lage aus mehr flachen Zellen besteht, während die Zellen der unteren Lage ungefähr doppelt so hoch als breit sind. In dieser Schicht treten sehr grosse, gegen das Palissadengewebe zu vorgewölbte Schleimzellen mit einseitig verdickten (und verschleimten) Wänden auf. Auch zweischenkelige Cystolithen kommen in dieser Zelllage vor, doch sind sie noch häufiger in tangential ungetheilt bleibenden Epidermiszellen, und zwar auf beiden Blattseiten, enthalten. — Aufdas Wassergewebe folgt das aus zwei Schichten bestehende, typisch ausgebildete Palissadengewebe, worunter sich noch das 5—6-schichtige Schwammparenchym befindet, dessen Zellen meist so aufeinandergefügt sind, dass die Intercellularräume senkrecht zur Blattfläche orientirte weite Canäle bilden. Die unterseitigen Epidermiszellen sind in der Regel tangential getheilt, so dass es zur Bildung eines einschichtigen, ziemlich ungleich hohen Wassergewebes kommt, welches dem ober- seitigen Wassergewebe gegenüber allerdings stark zurücktritt. Die dick scheibenförmigen, nach innen zu mehr minder verbreiterten Epitheme der Hydathoden liegen stets über Knotenpunkten des Gefässbündelnetzes, oder stellen, besser gesagt, selbst solche Punkte vor, indem meist 1—3 etwas stärkere und ausserdem stets auch mehrere ganz zarte Gefäss- bündel, respective Tracheidenbündel in das Epithem hinein- münden und in demselben enden. Nur selten kommt es vor, dass sich ein stärkeres Leit- bündel unter dem Epithem weitererstreckt und bloss ein kleines Büschel von Tracheiden in das genannte Gewebe eintreten lässt.‘ 1 Ganz ähnliche topographische Beziehungen der Epithemgruppen zum Gefässbündelnetz beschreibt de Bary für die Blätter verschiedener Ficus-Arten. (Vergl. Anatomie, S. 392.) 60 G. Haberlandt, So repräsentirt also jedes Epithem, beziehungsweise jede Hydathode die gemeinschaftliche Endstation mehrerer grösserer und kleinerer Auszweigungen des Wasserleitungssystems. Die Anzahl dieser Organe beträgt durchschnittlich 4—5 pro Quadrat- centimeter, so dass die gesammte Blattoberseite mehrere Hun- dert trägt. Das Gewebe des Epithems zeichnet sich durch seine auf- fallende Kleinzelligkeit und scharfe Differencirung gegenüber dem angrenzenden Blattgewebe aus (Taf. I, Fig. 1). Mit Rück- sicht auf die Gestalt seiner Zellen und die Anordnung der Inter- cellularräume erinnert es lebhaft an typisches Schwammparen- chym (Fig. 2). Es ist farblos, doch besitzen seine Zellen nicht bloss einen »wässerigen Inhalt«; nach geeigneter Fixirung und Färbung erkennt man die Plasmakörper und verhältnissmässig sehr grossen Zellkerne der Epithemzellen auf den ersten Blick und nun tritt der drüsige Charakter im histologischen Bau des ganzen Gewebes sehr deutlich hervor. Besonders intensive Kernfärbung erzielte ich mit Böhmer’s Hämatoxylinlösung. Die runden Kerne sind ebenso gross, wie jene der angrenzen- den Palissadenzellen, obgleich diese letzteren ein 15—20-fach so grosses Volumen besitzen, wie die Zellen des Epithems. — Mit Ausnahme der obersten Zelllagen sind die Wände dieses Gewebes verholzt, wie die Rothfärbung bei Behandlung mit Phlorogluein und Salzsäure deutlich erkennen lässt. Die Tracheiden der in die Hydathode einmündenden Ge- fässbündelzweige enden theils direct zwischen den typischen Epithemzellen, theils schieben sich längsgestreckte, zarte-glatt- wandige Elemente zwischen sie ein, welche dann allmälig in das kleinzellige Gewebe des Epithems übergehen.! Nach unten zu, wie an den Seiten, wird das Epithem von einer parenchymatischen Scheide lückenlos eingehüllt, so dass das Intercellularsystem des genannten Gewebes mit dem Durchlüftungssystem des Assimilationsgewebes nicht in Ver- bindung steht. Überdies sind die direct an das Epithem grenzen- den Innenwände dieser Parenchymscheide, namentlich gegen die Oberseite zu, verkorkt, beziehungsweise unlöslich in yeyal, de Barry, I. ©, d& Soll. Das tropische Laubblatt. 61 Schwefelsäure. Wie aus Fig. | hervorgeht, erweist sich die parenchymatische Epithemscheide als unmittelbare Fortsetzung der Leitparenchymscheide des starken Gefässbündels, das in das Epithem eintritt. Ob daraus die naheliegende Folgerung abzuleiten ist, dass das Epithem in morphologischer Hin- sicht zum Gefässbündel gehört, aus Elementen desselben phylogenetisch hervorgegangen ist, lasse ich dahingestellt. (In anderen Fällen, so zZ. B. bei Tropaeolum majus, ist dagegen das Epithem jedenfalls aus dem Assimilationsgewebe hervor- gegangen). Was schliesslich die das Epithem bedeckende Epidermis betrifit, so ist dieselbe, abgesehen von den Randpartien, wo noch tangentiale Theilungen eintreten, bloss einschichtig, plasmareich, relativ grosskernig und mit sehr zarten, vorge- wölbten Aussenwandungen versehen, so dass die Annahme naheliegt, dass auch sie an der Wassersecretion betheiligt ist. Die Wasserspalten, welche die Fähigkeit, sich zu schliessen, verloren haben, sind etwas eingesenkt und besitzen hohe, doch schmale Schliesszellen, die bloss mit äusseren Cuticularleisten versehen sind (Taf. I, Fig. 3 und 4). Jede Hydathode besitzt 30—40 Wasserspalten, die ziemlich gleichmässig vertheilt sind und nur am Rande etwas dichter angeordnet erscheinen. Die Menge des von diesen Wasserausscheidungsorganen in einer Nacht secernirten Wassers ist, wie schon oben erwähnt wurde, eine seht beträchtliche. Ein ausgewachsenes, mit grossen, isolirten Wassertropfen bedecktes Blatt wurde morgens 7 Uhr vorsichtig abgeschnitten, ins Laboratorium gebracht und gewogen. Sein Gewicht betrug 13:02 g, nach sorgfältiger Ab- | trocknung 10'268. Das Blatt hatte also in einer Nacht 2'768 Wasser ausgeschieden, d. h. 26°/, seines eigenen Gewichtes.! 1 In einer von Unger (diese Sitzungsberichte, Bd. 25, 1858, S. 441 ff.) mitgetheilten Versuchsreihe schieden sechs ausgewachsene Blätter von Richardıa aethiopica in 11 Tagen 26°5 g Flüssigkeit aus; in einer zweiten Ver- suchsreihe secernirten vier Blätter in 10 Tagen 36 g. Die ausgeschiedene, Flüs- sigkeitsmenge betrug demnach bloss 0°4, respective 0°9 g pro Blatt und Tag. Dagegen betrug nach Duchartre (ecitirt bei Pfeffer, Pflanzenphysiologie, I, S. 175) die von Colocasia anliguorum in einer Nacht gesammelte Flüssigkeit 22:62. 62 G. Haberlandt, Herr Dr.vanRomburgh,Vorstand des agriculturchemischen Laboratoriums des Buitenzorger Institutes, war so gütig, auf mein Ersuchen hin eine quantitative Bestimmung des Gehaltes der von den Blättern von Conocephalus ovatus ausgeschiedenen Flüssigkeit an festen Bestandtheilen, sowie den Aschengehalt zu bestimmen; 17:88 des von mir gesammelten, nur ganz schwach trüben Secretes gaben bei 100° C. einen Rückstand von 0:008 8, d. i. 0:045°/,. Nach dem Glühen blieben 3-5 mg, d. i. 0:02°%, Asche zurück.! Beim Einäschern machte sich ein Geruch nach verbranntem Zucker bemerklich, was auf das Vorhandensein organischer Salze schliessen lässt. Die Feh- ling’sche Flüssigkeit wurde durch das Secret nicht reducirt, auch nicht nach Behandlung mit Salzsäure. Jedenfalls geht daraus so viel hervor, dass die von den Blättern allnächtlich ausgeschiedene Flüssigkeitsmenge keine. nennenswerthen Mengen von stickstofflosen oder stickstoff- hältigen Endproducten des Stoffwechsels enthält. Es handelt sich der Pflanze bei der Secretion wirklich bloss um Entfernung des durch den Wurzeldruck emporgepressten Wassers. Um zu prüfen, ob die Epitheme der Hydathoden von Cono- cephalus das Wasser bloss zufolge geringen Filtrationswider- standes hindurchtreten lassen, oder ob sie dasselbe als Wasser- drüsen activ hervorpressen, wurden in gleicher Weise, wie dies bereits im I. Theile dieser Abhandlung beschrieben wurde, Vergiftungsversuche mit sublimathältigem Alkohol durch- geführt. Am 12. Jänner 1892 wurde mit dieser Versuchsreihe be- gonnen, die erst Mitte Februar ihren Abschluss fand. Gewöhn- lich bepinselte ich um die Mittagszeit herum, vor Beginn der nachmittägigen Gewitterregen die betreffenden Blätter auf ihrer Oberseite mit der 0:1°/,igen alkoholischen Sublimatlösung, und zwar zumeist bloss die eine Blatthälfte, um die andere intacte Hälfte als Controlobject beobachten zu können. Die .„l Ganz ähnliche Zahlen gibt Unger (l. ce. S. 126) für Zea Mavys an. Die von den Blättern ausgeschiedene Flüssigkeit enthielt 0°05°/, fixe Bestandtheile und 0:027%/, Asche. Die von Colocasia antiguorum secernirte Flüssigkeit ent- hielt 0°056°), feste Bestandtheile und bloss 0'008, Asche. Für Brassica cretica wurden 0 10/, feste Bestandtheile und 0°042%/, Asche ermittelt. Das tropische Laubblatt. 63 Versuchsblätter blieben stets im Verbande mit der ganzen Pflanze; die Versuche wurden nämlich im Freien auf dem den Conocephalus-Arten im Lianenquartier des botanischen Gartens zugewiesenen Standorte durchgeführt. Die Versuchsblätter waren also stets dem normalen Wurzeldruck unterworfen, was die Beweiskräftigkeit der Versuchsergebnisse nur erhöhen kann. Versuche mit abgeschnittenen Blättern unter Anwendung von Quecksilberdruck lassen sich bei dieser Pflanze aus dem Grunde nicht anstellen, weil aus den auch im Blattstiele reich- lich vorhandenen Schleimzellen so viel Schleim austritt, dass durch denselben die angeschnittenen 'Tracheen alsbald verstopft werden. In den meisten Fällen blieben die mit der alkoholischen Sublimatlösung bepinselten Blatthälften vollkommen frisch, grün und gesund; bloss die Epitheme der Hydathoden wurden getödtet, was sich bei Betrachtung mit der Loupe durch ihre Braunfärbung zu erkennen gab. Am nächsten Morgen zeigte sich dann jedesmal dieselbe auffallende Erscheinung: Die be- pinselte Blatthälfte war ober- und unterseits voll- Kom ene Brocken nwännend die, imtaeterklälfte Tober- Seien normalen \Meiser mit Snossen,. ausgeschie- denen Wassertropfen bedeckt war. Dafür trat in der Rep sie BemsBllachaltker seine ont, sehn weit nehende Iaesestonsder Durchlüftunessaume mit Wasser sein, nelehnesimeder.simpaeten Klältte nur an sanz verein. Zeven SBellllensszulnbreoblachten mar, Dier Injection der Blattintercellularen mit Wasser war übrigens von keinem dauernden Schaden begleitet. Im Laufe des Vormittags, wenn die Blätter stärker zu transpiriren begannen, verschwand die- selbe allmälig, um sich am nächsten Morgen, bei abermals aus- bleibender Wasserausscheidung, von Neuem einzustellen. Das Ergebniss dieser wiederholt durchgeführten Ver- giftungsversuche lässt also keinen Zweifel darüber aufkommen dass die Epitheme der Hydathoden von Conocephalus in der That als Wasserdrüsen fungiren, dass siedas BVassersaretiv auspressen "und. nieht etwa. zufolge es eermsen Kiliwatiomswiderstandes durchtretien lassen. Denn dieser letztere könnte durch das Absterben des 64 G. Haberlandt, Epithems nur verringert, unmöglich aber so beträchtlich erhöht werden, dass die Druckfiltration ganz unterbleibt. Die Laubblätter von Conocephalus, deren Hydathoden durch Bepinseln mit alkoholischer Sublimatlösung getödtet wurden, reagirten auf diesen Eingriff nach einigen Tagen noch auf eine andere, höchst merkwürdige Art. Auf den bepinselten Blatthälften entstanden nämlich zum Ersatze der vergifteten Hydathoden ganz neue Waässerausschei- dungsorgane von wesentlich anderem histologischen Bau, wie sie im normalen Entwicklungsgange der Biillan'ze nie mialsmanıfereien: Am dritten bis vierten Tage nach Beginn des Versuches waren an zahlreichen Stellen über den Gefässbündeln kleine Knötchen zu beobachten, die sich alsbald zu stecknadelkopf- grossen, weissen Protuberanzen entwickelten. Ihr Aussehen erinnerte lebhaft an die an submersen Zweigen (zZ. B. von Sam- bucus) auftretenden Lenticellen, deren weisses Füllgewebe oft weit heraustritt. Uber diesen endogen entstandenen Adventiv- organen, die in sehr grosser Zahl gebildet wurden und dem betreffenden Blatte ein sehr eigenthümliches Aussehen ver- liehen, traten nun an jedem Morgen ziemlich grosse Wasser- tropfen auf; das Blatt nahm die durch die Vergiftung der ur- sprünglichen Hydathoden unterbrochene Wasserausscheidung wieder auf und dementsprechend unterblieb nun auch die In- jection der Intercellularräume des Mesophylis mit Wasser. Die neugebildeten Organe waren also vollkommen im Stande, die getödteten Epithem-Hydathoden in ihrer Function zu ersetzen. Die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung lehrte, dass die adventiven Hydathoden nicht an beliebigen Stellen oberhalb des Gefässbündelnetzes entstehen, sondern nur dort, wo sich auf dem noch jungen, unausgewachsenen Blatte Gruppen von eigenthümlichen Drüsenhaaren befunden haben, welche am aus- gewachsenen Blatte vertrocknet sind (Taf. I, Fig. 5). Jede solche Gruppe besteht aus 10—15 Haaren, von denen jedes eine plasmareiche Fusszelle, einen kurzen Stiel und ein un- regelmässig geformtes, 3—6-zelliges Köpfchen besitzt. Die Cuticula dieses letzteren wird durch ein schleimiges, homogenes Secret, das sich mit Methylviolett intensiv färbt, blasig abge- Das tropische Laubblatt. 69 hoben. Schliesslich ergiesst sich der Schleim aus einem Riss der Cuticula auf die Oberfläche des Blattes. Niemals habe ich über diesen Drüsengruppen Tropfenausscheidung beobachtet, auch nicht an jungen Blättern; offenbar hat man sie bloss als Colleteren zu betrachten, worauf ja auch ihr ganzer Bau und ihre Schleimsecretion hinweist. Unter diesen längst abgestorbenen Schleimdrüsen ent- stehen endogen die adventiven Hydathoden. Hauptsächlich sind es die Leitparenchymzellen, welche das Gefässbündel um- scheiden (Fig. 6, 7), dann aber auch die darüberbefindlichen Palissadenzellen (Fig. 8) und am Rande auch Wasserge- webszellen (Fig. 9), welche zu langen, wurzelhaarähnlichen Schläuchen auswachsen, das darüber befindliche Wasserge- webe sammt der Epidermis durchbrechen und nun jene weissen pinselförmigen Protuberanzen bilden, als die sie dem unbe- waffneten Auge erscheinen. Die an ihren Enden nicht selten keulig angeschwollenen Schlauchzellen besitzen einen farb- losen Plasmabelag mit rundlichem Zellkern. Die Chlorophyll- körner der zu Schläuchen auswachsenden Palissadenzellen degeneriren gewöhnlich schon vorher, oder bleiben höchstens in den unteren Theilen der Schläuche erhalten, die sich durch Querwände von den farblosen oberen Theilen abtrennen. Über- haupt treten in der basalen Partie des ganzen Organs ziemlich häufige Quer- und auch Längstheilungen auf. Wenn an der Bildung dieser Organe in erster Linie die Leitparenchymscheiden der Gefässbündel betheiligt sind — und dies ist der häufigste Fall, — so ist der unmittelbare Anschluss an das Wasserleitungssystem von selbst gegeben. Aber auch dann, wenn die das Wasser ausscheidenden Schlauchzellen bloss aus Wassergewebszellen hervorgehen, zeigen die darunter be- findlichen, direct an die parenchymatische Scheide grenzenden Palissadenzellen ein beträchtliches Wachsthum und werden zu farblosen oder wenigstens sehr chlorophyllarmen Schläuchen, die die Verbindung mit dem Leitbündel herstellen (Fig. 9). So zweckmässig die soeben besprochenen Adventiv- Organe gebaut sind und so vollkommen sie auch die vergifteten Epithem-Hydathoden zu ersetzen vermögen, so erweisen sie sich doch selbst in einem so feuchten Klima wie das von West- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 5 66 G. Haberlandt, Java, speciell von Buitenzorg, als zu empfindliche Organe, welche namentlich gegen Austrocknung zu wenig geschützt sind. Nachdem sie ungefähr eine Woche. lang allnächtlich Wasser ausgeschieden haben, gehen sie allmälig zu Grunde — augenscheinlich durch Vertrocknung — die sich bräunenden Schlauchzellen collabiren, und an der Basis des Organs wird durch Auftreten zahlreicher tangentialer Theilungen die Bildung von Wundkork eingeleitet. Mit dem Zugrundegehen der zarten Adventiv-Hydathoden gibt aber das Blatt den Kampf gegen die Wirkungen des starken Wurzeldruckes noch nicht auf. Da es das überschüssige Wasser nicht mehr ausscheiden kann, so hilft es sich durch Erweiterung seines Inundationsgebietes, d.h. es bildet auf seiner Unterseite durch Wucherungen der Epidermis und namentlich der darunter befindlichen Wasserge- websschicht zahlreiche ein- und mehrzellige Wasser- blasen aus, welche mit freiem Auge betrachtet an die gleich- namigen Organe der Blätter und Stengel von Mesembryan- themum crystallinum erinnern. Gewöhnlich beginnt diese Er- weiterung des unterseitigen Wasserreservoirs mit einer papil- lösen Verstülpung der Nebenzellen der Spaltöffnungen (Taf. I, ie, 1). Bald aber wachsen an zahlreichen Stellen auch die Wassergewebszellen mächtig heran, besonders in radialer Richtung, es treten tangentiale Theilungen ein, die Epidermis, deren Zellen selbst lebhaftes Wachsthum zeigen, wird mit emporgehoben und so kommen die wasserhellen Papillen und Blasen zu Stande, welche in verschiedener Grösse die Unter- seite, desıBlaftese (Rio 0n P)Epedecken: Diese Wucherungen setzen sich in der Regel auch auf die intacte Blatthälfte fort, während die Adventiv-Hydathoden strenge auf jene Partien des Blattes beschränkt sind, deren ursprüngliche Wasserausscheidungsorgane vergiftet wurden. So kann nun das Blatt noch eine Zeitlang weiterleben, ohne auffallende Zeichen einer allgemeinen Schädigung an den Tag zu legen. Allmälig nimmt es aber doch ein kränkelndes Aussehen an, wenn auch während der Dauer meines Buiten- Das tropische Laubblatt. 67 zorger Aufenthaltes nicht ein einziges Blatt, dessen Hydathoden vergiftet wurden, thatsächlich zu Grunde ging.! Um festzustellen, ob die ursprünglichen, mit Epithemen ausgerüsteten Hydathoden von Conocephalus vielleicht auch als wasserabsorbirende Organe fungiren, wurden im Labora- torium auf einem abgeschnittenen und etwas welken Blatte, das zuvor gewogen worden, den einzelnen Hydathoden Wasser- tropfen aufgesetzt und dann eine mit nassem Filterpapier aus- gekleidete Glasglocke darüber gestülpt. Nach sechs Stunden waren die aufgesetzten Wassertropfen noch ebenso gross wie am Anfang, das Blatt war nicht turgescenter und auch nicht schwerer geworden. Daraus folgt also, dass die Epithem- Hydathoden von Conocephalus kein Wasser absorbiren, ein Satz, der wahrscheinlich auf alle derartig gebauten, d. h. mit Epithemen und Wasserspalten versehenen Apparate auszu- dehnen sein wird. Ich selbst habe hierüber keine weiteren Versuche angestellt. Bei Conocephalus ovatus war die nächtliche Tropfenaus- scheidung am schönsten und reichlichsten zu beobachten. Nur die alten Blätter secerniren wenig oder gar nicht mehr. Am 28. Jänner war um 7 Uhr Früh an einem langen Zweige noch das 12. Blatt, von oben an gezählt, sehr stark betropft; erst das 13. zeigte eine blos schwache Benetzung. An demselben Morgen waren bei Conocephalus snaveolens die jüngsten Blätter, die bereits entfaltet, respective ausgewachsen waren, stark betropft, das 4. und 5. dagegen trug nur mehr kleine Tropfen. Bei C. azureus secernirten bloss die 3—4 jüngsten Blätter, die älteren waren trocken. Bei C. ellipticus endlich waren sogar nur die 2—3 jüngsten Blätter — wenn auch schon ausgewachsen — stark benetzt. Die mit €. suaveolens durchgeführten Vergiftungsversuche ergaben nach jeder Richtung hin, auch in Bezug auf die Bildung von Adventiv-Hydathoden, dasselbe Resultat wie bei €. ovatus. 1 Auf die Folgerungen, welche sich aus der Entstehung zweckmässig gebauter und functionirender Adventiv-Hydathoden bei Conocephalus für die Selectionstheorie, sowie für Nägeli’s Theorie der »directen Bewirkung« er- geben, werde ich an einem anderen Orte ausführlicher eingehen, da derartige allgemeine Erörterungen nicht in den Rahmen der vorliegenden Untersuchung gehören. 63 G. Haberlandt, Auch bei verschiedenen anderen Moraceen und Urticaceen befinden sich auf der Blattoberseite — bei gewissen Arten auf der Blattunterseite — über dem Gefässbündelnetz mehr oder minder zahlreiche Epithem-Hydathoden mit Wasserspalten. Bei derzu den Conocephaloideen gehörigen Cecropia Schiedeana treten dieselben nicht unter seichten Grübchen auf, sondern bilden kleine Wärzchen, welche ziemlich hoch über die Blatt- fläche emporragen. Auch bei einigen Ficus-Arten sind die Hydathoden vorgewölbt, so bei F. fulva, wo das Epithem mit seinen Intercellularen von einer lückenlosen Gerbstoffscheide umgeben wird, ferner bei F. scandens u. a. Gewöhnlich liegen aber, wie bereits von de Bary beschrieben wurde, die Hyda- thoden der Ficus-Blätter am Grunde seichter Grübchen und zeigen dann ganz ähnliche Verhältnisse ihres Baues wie bei Conocephalus ovatus. Auf Taf. Il, Fig. 1 ist der Durchschnitt durch eine Hydathode von Ficus elastica abgebildet; man sieht sofort, wie scharf ‘sich das überaus kleinzellige, aber mächtig ausgebildete (nicht verholzte) Epithem von dem benachbarten Gewebe abgrenzt. Zahlreiche Tracheiden durchziehen den unteren Theil des Organs. Seitlich wird dasselbe von einer 2—83 schichtigen Parenchymscheide begrenzt, welche nach oben zu bis zum Wassergewebe reicht. Die das Epithem über- ziehende Epidermis ist blos einschichtig und besitzt sehr zarte Aussenwände. Ihre Dicke beträgt kaum 2 w während die Aussenwände der benachbarten typischen Epidermiszellen 8—9y. dick sind. Auch die Seiten- und Innenwände der das Epithem überlagernden Epidermis zeichnen sich durch be- sondere Zartheit aus. Mit Jodjodkalium und Schwefelsäure lässt sich leicht nachweisen, dass die Cuticula auch die Epi- dermis der Hydathode überzieht, nur ist sie hier weit zarter als auf der gewöhnlichen Epidermis. Es liegt sonach auch hier die Vermuthung nahe, dass die Wasserausscheidung nicht nur durch die Wasserspalten erfolgt, sondern dass auch die da- zwischen befindlichen Epidermiszellen Wasser direct nach aussen secerniren. Allerdings könnte die Zartwandigkeit der Epidermiszellen, besonders ihrer Aussenwände, auch noch eine andere, rein mechanische Bedeutung haben; sie könnte eine Erhöhung ihrer Dehnbarkeit bezwecken, welche mit den wahr- Das tropische Laubblatt. 69 scheinlich nicht unbeträchtlichen Turgescenz- und Volum- schwankungen des Epithems in Zusammenhang stünde. Bevor aber hierüber nicht genauere Untersuchungen vorliegen, muss die Zartheit der das Epithem bedeckenden Epidermis, die auch bei anderen Ficus-Arten sowie bei Conocephalus zu beobachten ist, als ein noch räthselhaftes Merkmal dieser Hydathoden hingenommen werden. Bei Ficus elastica treten die Hydathoden blos in spärlicher Anzahl 0:5 —2 cm vom Blattrand entfernt in unregelmässiger, stellenweise doppelter Reihe auf. Ich zählte z. B. auf der einen Seite eines Blattes 23, auf der anderen 25 solcher Organe, die sich dem unbewaffneten Auge sofort als scharf umschriebene, runde weissgelbe Fleckchen zu erkennen geben. Bei anderen Ficus-Arten sind sie viel zahlreicher. Die Wasserausscheidung habe ich besonders schön an einem nicht näher bestimmten Ficus-Exemplare beobachtet, welches im Buitenzorger Garten neben der über den Tjibalok führenden Brücke nächst den Glaszelten sich befindet. An jedem Morgen waren die Blätter mit grossen Wassertropfen über den Hydathoden bedeckt. Der Vergiftungsversuch mit sublimathältigem Alkol ergab ein posi- tives Resultat; die Tropfenausscheidung unterblieb, doch zeigten die betreffenden Blätter sehr bald ein kränkliches Aus- sehen. Adventiv-Hydathoden wurden nicht gebildet. Für die Urticaceen hat bereits Volkens! das Vorkommen von über die Blattoberseite zerstreuten Hydathoden nachge- wiesen und zwar bei Urfica urens, deren Wasserausscheidungs- organe er genauer beschreibt und abbildet. Ich habe dieselben bei einer im botanischen Garten zu Graz unter dem Namen Urtica macrophylla Thunb. cultivirten Species untersucht, welche mir desshalb interessant war, weil sich über den Hyda- thoden älterer Blätter dünne, irisirende Schüppchen bilden, welche den Reactionen zufolge aus Kieselsäure, kohlensaurem Kalk und etwas organischer Substanz bestehen.? Diese Auf- 1 Jahrb. des k. bot. Gartens zu Berlin; Bd. II, 1883, S. 205. 2 Ähnliche Auflagerungen von gleicher Zusammensetzung hat Kohl (Anatomisch-physiologische Untersuchung der Kalksalze und Kieselsäure in der Pflanze, Marburg 1889) bei einer anderen Urticacee, Pilea muscosa, auf der Blattunterseite über den Enden der Seitennerven beobachtet. 70 G. Haberlandt, lagerungen sind wie die Kalkschüppchen der Sarxifraga-Arten nichts anderes als Residua des ausgeschiedenen und ver- dunsteten Wassers. Die Epitnemzellen dieser Hydathoden sind etwas grösser als bei Conocephalus und Ficus und weniger stark gebuchtet, doch lassen sie ziemlich grosse Intercellular- räume zwischen sich frei. Die Abgrenzung des in seinen unteren Partien schwach verholzten Epithems ist eine sehr scharfe. Sie wird gegen das Assimilationsgewebe zu durch eine lückenlose Parenchymscheide bewerkstelligt, welche sich als die unmittelbare Fortsetzung der Leitparenchymscheide des Gefässbündels erweist, dessen Tracheiden in das Epithem ein- treten. Die an das letztere angrenzenden Wandungen dieser Scheide sind zwar etwas verdickt, doch nicht verkorkt. Die das Epithem überziehende Epidermis weist 15—20 Wasserspalten auf. Jede Schliesszelle enthält zwar 2—4 ziemlich grosse Chlorophylikörner, doch findet nach Glycerinzusatz keine Ver- engerung der Centralspalte statt. Von Interesse ist die Urticaceen-Gattung Pilea, weil bei dieser die Hydathoden blos auf der Blattunterseite auftreten, und zwar entweder unregelmässig über die Blattfläche zerstreut (Pilea elegans), oder bloss knapp unter dem Blattrande, wie z.B. an den kleinen Blättchen von ?. frianthemoides, wo beiderseits blos 4—5 Hydathoden vorhanden sind. Das von einer Paren- ‚chymscheide umhüllte Epithem grenzt sich gegen die Um- gebung scharf ab und besteht aus kleinen rundlichen Zellen mit Intercellularräumen dazwischen; die Anzahl der Wasser- spalten beträgt bei der letztgenannten Art 8—10. Fuchsia.! Auf den Blattzähnen der Fuchsia-Blätter treten grosse Wasserspalten auf, und zwar, wie schon de Bary angibt, je ein grosser, oft weit offener Porus an der Spitze jedes Zahnes. 1 Die zu den nachstehenden Untersuchungen verwendeten Fuchsia- Exemplare gehörten in den Formenkreis der F. globosa und der ihr nächstver- wandten Arten. Eine genauere Bestimmung ist allerdings bei dem Umstande, dass in den Gärten zahlreiche Varietäten und Bastarde gezogen werden, oft kaum möglich, für unsere Zwecke übrigens auch überflüssig. Das tropische Laubblatt. N Der Spaltöffnungsapparat ist ungefähr ebenso lang als breit, (0:065 mm) und fast doppelt so gross wie die gewöhnlichen Luftspalten der Blattunterseite. Die Schliesszellen enthalten ziemlich zahlreiche Chlorophylikörner, die meist sehr stärke- reich sind. Sie sind auf der Bauchseite, wie die Schliesszellen der Luftspalten, mit zwei allerdings schwach ausgebildeten Cuticularleisten versehen, so dass ein Vor- und Hinterhof zu Stande kommt (Taf. II, Fig. 2). Die Centralspalte ist länglich und kann an nicht zu alten Blättern verengert und erweitert, zuweilen vollkommen geschlossen werden. Die Schliesszellen dieser Wasserspalten sind also keineswegs unbewesglich, wie gewöhnlich angenommen wird. Nachstehend folgen einige Massangaben, ausgedrückt in Theilstrichen des Ocularmikro- meters vor und nach der Plasmolyse, welche durch 5 procentige Salpeterlösung erzielt wurde. Wasserspalte I Wasserspalte II Die gemessenen Grössen offen geschl. offen geschl. Länge des Apparates...... 26 26 23 25 Breite des Apparates ...... 27 27 26 26 BreiterdesVorhofes. 12..... 10 10 9 9 Weite der Centralspalte.... 6) 1 45 0) Aus der Vergleichung dieser Zahlen ergibt sich, dass Länge und Breite des ganzen Spaltöffnungsapparates, sowie die Breite des Vorhofes im offenen, wie im geschlossenen, respective verengerten Zustande der Centralspalte gleich gross sind. Die Verengerung letzterer wird, so wie ich dies für die Spaltöffnungen von Mnium cuspidatum nachgewiesen habe,! durch das Breiterwerden der Schliesszellen hervorgerufen. Offenbar ist auch die Mechanik des Öffnens und Schliessens dieselbe. Die Schliesszellen suchen ihre querelliptische Ouer- schnittsform bei steigendem Turgor mehr abzurunden und der kreisförmigen zu nähern. Dabei werden die vorgewölbten 1 Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Laubmoose; Pringsheim's Jahrbücher für wiss. Botanik, 17. Bd. S. 468. 12 G. Haberlandt, Bauchwände mehr oder minder gerade gestreckt und weichen in Folge davon auseinander. Wie schon erwähnt, kommt es bei sinkendem Turgor gewöhnlich bloss zu einer Verengerung der Spalte; ein vollkommener Verschluss ist selten. An älteren Blättern gehen die schon vorher unbeweglich gewordenen Schliesszellen der Wasserspalten häufig zu Grunde. Das unter der ziemlich geräumigen »Wasserhöhle« ge- legene Epithem ist sammt dem Bündelende von birnförmiger Gestalt. Zahlreiche Spiraltracheiden reichen, sich pinselförmig ausbreitend, tief in das Epithem hinein, dessen Zellen zwischen den Tracheiden und auch noch darüber hinaus von gestreckter Gestalt sind und theils schräge, theils senkrecht gestellte Quer- wände aufweisen (Taf. II, Fig. 2). Gegen die »Wasserhöhle« zu werden die Epithemzellen unregelmässig schlauchförmig, dabei immer kürzer, häufig geradezu isodiametrisch und ragen schliesslich als abgerundete Papillen in die Athemhöhle hinein. Mit Rücksicht auf den Vorgang der Wasserausscheidung war es von Wichtigkeit, genau zu untersuchen, ob das Epithem mit Intercellularräumen versehen ist oder nicht. Auf Längs- schnitten sieht man zunächst nur in der oberen Region des Epithems zwischen den abgerundeten Ecken und Kanten der Zellen immer grösser werdende Intercellularen auftreten. Nach unten zu, in der Region der Tracheidenenden, macht das Epi- them anfänglich einen ganz compacten Eindruck.! Erst bei sehr genauer Untersuchung und starker Vergrösserung sieht man ausser den kleinen Intercellularen zwischen den Zellecken hie und da auch äusserst enge Canäle und Spalten zwischen den Längswänden. Auffallend und wichtig ist, dass die nicht selten erweiterten Enden der Spiraltracheiden stellenweise direct an verhältnissmässig etwas grös- sere Intercellularräume grenzen, in welche jene Canäle hineinmünden (Taf. II, Fig. 4, 5). Diese Lücken sind meist seit- lich unterhalb des Endes der Tracheide gelegen und werden einerseits von einer mehr oder minder ausgesprochenen Vor- 1 Volkens (l. c. S. 195) gibt für Oenothera biennis, deren Epitheme nach ihm genau denselben Bau zeigen, wie die von Fuchsia, das Fehlen von Intercellularen im »compacten Epithemgewebe« an. Höchstens könnten kleine Intercellularen zwischen den schmalen Querwänden gesucht werden. Das tropische Laubblatt. 7 wölbung der Tracheidenwand, anderseits von den Enden mehrerer Epithemzellen begrenzt. Zuweilen stösst das quer oder schräg abgestutzte Ende der Tracheide selbst an einen ziemlich breiten Intercellularspalt. Deutlicher sieht man die engen Canäle und Spalten längs der Zellkanten auf Quer- schnitten durch den Blattzahn, wo dieselben zumeist in Gestalt winziger Dreieckchen erscheinen (Fig. 3, 6). Dieses unge- Rein en alumige Intereellularsystem des Epithems Denken euer Siondenn, wierdies Molkens zuerssirür Calla palustris nachgewiesen, anscheinend dauernd mit wässeriger Flüssigkeit erfüllt. Sämmtliche Zellen des Epithems enthalten ziemlich reich- lich Protoplasma, das sich in den gestreckten Zellen namentlich an den beiden Enden und in der Mitte ansammelt (Fig. 7); hier befindet sich auch der relativ grosse, rundliche oder spindel- förmige Zellkern (Fig. 7, 8). Kleine Chlorophylikörner sind ziemlich häufig. Der Zellsaft enthält oft sehr beträchtliche Mengen eines eisenbläuenden Gerbstoffes, der übrigens auch in der Epidermis und im Assimilationsgewebe vorkommt. Die Zellwände des Epithems sind zart, glatt und nicht verholzt; sie färben sich mit Jod-Jodkaliumlösung und Schwefelsäure dunkelblau und werden von Congoroth ziemlich stark tingirt. Die an die »Wasserhöhle« angrenzenden Membranen der äussersten Epithemzellen sind meist ein wenig verdickt. Ihre äusserste Membranlamelle wird durch Jod-Jodkaliumlösung oder Schwefelsäure nur schwachgebläut und löst sich in letz- terer weit langsamer auf, als die übrigen Zellwandpartien; doch ist sie keineswegs cutinisirt. In morphologisch - entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht können die gestreckten Epithemzellen zwischen und über den Tracheidenenden als das Hadromparenchym (die »Holzparen- chymzellen«) des angeschwollenen Gefässbündelendes be- trachtet werden. Man sieht nämlich, wie in dem Maase, als das Bündel dicker wird, die Zahl der parenchymatischen Elemente zwischen den Tracheiden zunimmt, und dass dieselben in jeder Hinsicht mit den gestreckten Zellen des Epithems, in welche sie allmälig übergehen, übereinstimmen. Bereits de Bary' hat 1 Vergl. Anatomie, S. 391. 74 G. Haberlandt, auf dieses Verhalten ganz im Allgemeinen hingewiesen. Auch die Entwicklungsgeschichte des angeschwollenen Bündelendes mit seinem Epithem lässt sich zu Gunsten dieser Auffassung heran- ziehen. Auf dem Längsschnitte durch die Spitze eines circa smm langen, jungenBlättchens sieht man nämlich, dass sich das Cambium- (respective Procambium-) bündel in einheitlicher Aus- bildung bis unter die subepidermale Meristemzelllage erstreckt (Fig. 11). Diese letztere theilt sich wiederholt in perikliner und antikliner Richtung, ohne dass dabei ein cambiales, d. h. pro- senchymatisches Bildungsgewebe zu Stande käme; aus den so entstandenen Zellen geht die oberste Region des Epithems hervor, welche aus kurz-schlauchförmigen und rundlichen Zellen besteht. Das Leptom des in den Blattzahn einmündenden Bündel- endes verschmälert sich immer mehr, je dicker das Bündel wird. Dort, wo es birnförmig anzuschwellen beginnt, bildet der Leptomtheil nur mehr ein schmales Band, aus 1—2 Cambiform- zelllagen bestehend, welchem mehrere (gewöhnlich 3) Sieb- röhrenbündelchen eingelagert sind (Fig. 9). Diese letzteren enden noch unterhalb der Tracheidenenden, wobei sich das zuerst von Alfred Fischer! für eine Anzahl von Dicotylen constatirte Verhalten beobachten lässt, dass die Geleitzellen der Bündelenden bedeutend weiter sind, als die benachbarten, eng- lumigen Siebröhrenglieder. Die plasmareichen, grosskernigen Geleitzellen setzen sich noch über die letzten Siebröhrenglieder hinaus in mehreren »Übergangszellen« fort (Fig. 10). Aus dem vorstehend Mitgetheilten geht also auf das deut- lichste ‘hervor, dass das Veptomzannder BPAdunezdes Epithems gänzlich unbetheiligt ist. 1 Studien über die Siebröhrenglieder der Dicotylenblätter. Berichte der math.-phys. Classe der k. sächs. Gesellsch. der Wissensch. 1885. 2 Diese Thatsache erweckte in mir Bedenken gegen die Richtigkeit der Angabe Waldner’s (»Die Kalkdrüsen der Saxifragen«, Mittheil. des naturwiss. Vereines für Steiermark, 1877), wonach der keulige »Drüsenkörper« an den Gefässbündelenden der Saxifragen, der nichts anderes als das Epithem der- selben vorstellt, eine Bildung des »Basttheiles« (d.i. des Leptoms) der Bündel- enden sei. Waldner lässt den Holztheil derselben bloss aus Spiralgefässen und Tracheiden bestehen, die Holzparenchymzellen hat er gänzlich übersehen Das tropische Laubblatı. 18 Umgeben wird das ganze Epithem von einer parenchyma- tischen Scheide, welche bis knapp unter die Epidermis reicht und die Fortsetzung der Gefässbündelscheide bildet (Fig. 2). Die Tracheiden grenzen oft unmittelbar an diese Scheide. — Schliesslich wäre noch zu erwähnen, dass sich in dem an das Epithem angrenzenden Mesophyll sehr häufig grosse Raphiden- schläuche befinden. Ichpsichenjetzr zum expecimenmwellentThieile meinerran Fuchsia angestellten Beobachtungen über. Nachdem schon seit Langem bekannt war, dass an den Blattzähnen von Fuchsia-Stöcken bei gehemmter Transpiration Wassertropfen ausgeschieden werden, hat zuerst de Bary! gezeigt, dass das Gleiche auch eintritt, wenn der Wurzeldruck an abgeschnittenen Zweigen durch den Druck einer Queck- silbersäule ersetzt wird. Später wurde von Moll? nachgewiesen, dass auf diese Weise auch rother Phytolacca-Saft und 1°/,-ige Tanninlösung durch die Blattzähne ausgepresst werden können. und so musste ihm auch der Übergang derselben ins Epithemgewebe entgehen. In der That verhält sich die Sache nach meinen Beobachtungen bei den Saxi- fraga-Arten nicht anders wie bei Fuchsia und verschiedenen anderen Pflanzen. Das Gewebe der »Kalkdrüsen« erweist sich als eine Bildung des angeschwol- lenen Hadromtheiles des Gefässbündelendes, speciell des Hadromparenchyms, nicht aber des Leptoms. Besonders schön lässt sich dies bei Saxifraga caespi- tosa beobachten, wo zwischen dem Hadrom und dem eigentlichen, typischen Leptom mit Siebröhrenbündeln eine lebhaft grüne Zellschicht, aus mehreren Lagen bestehend, eingeschaltet ist, die man als Leptomparenchym oder Cambi- form bezeichnen kann. Auf successiven Querschnitten durch das allmälig an- schwellende Gefässbündel sieht man sofort, wie diese grüne Zellschicht immer weiter nach unten rückt und der Streifen typischen Leptoms immer schmäler wird; das Hadrom dagegen schwillt mächtig an. Ebenso sieht man auf Längs- schnitten, wie die grüne Schicht nach abwärts rückt und etwa in der Mitte der Anschwellung vollständig erlischt, nachdem die Siebröhrenbündel schon früher blind geendigt haben. Ebenso weit wie die erstere reichen ungefähr auch die unterseitigen Tracheiden ins Epithem hinein. Die oberseitigen enden schon früher. 1 Bot. Ztg., 1869 und 1833 Anmerkung. ® Untersuchungen über Tropfenausscheidung und Injection bei Blättern. Verslagen en Mededeelingen der k. Akademie van Wetenschappen, 2. Th., XV. B. 1880. 76 G. Haberlandt, Wenn dieses Ergebniss auch zu Gunsten der Filtrationshypo- these spricht, so ist dasselbe doch keineswegs beweisend. Das Verhalten des Epithems hat Moll bei seinen Experimenten nicht untersucht und so wäre es nicht ausgeschlossen, dass das activ wasserauspressende Epithemgewebe gleich der thierischen Niere auch die Fähigkeit besitzt, in den Organis- mus eingeführte, gelöste Stoffe auszuscheiden, zumal wenn dieselben nicht giftig wirken. — Anderseits sprechen für die Activität des Epithems als »Wasserdrüse« verschiedene That- sachen, welche der Filtrationshypothese Schwierigkeiten be- reiten oder ihr direct zu widersprechen scheinen. So das Aus- bleiben der Secretion an alten Blättern und häufig auch an einzelnen Blattzähnen jüngerer Blätter, deren Epitheme nicht die geringsten anatomischen Anhaltspunkte für dieses ab- weichende Verhalten darbieten. Bedeutungsvoller ist die von Gardiner! und von W. P. Wilson? mitgetheilte Beobachtung, dass auch an abgeschnittenen und bloss in Wasser gestellten Fuchsia-Sprossen in feuchter Luft kleine Wassertropfen auf den Blattzähnen erscheinen. Diese Tropfen können nur activ von den Epithemen ausgeschieden werden, denn wenn auch in den Gefässbündeln, respective im Holzkörper des abge- schnittenen Zweiges ein Blutungsdruck sich geltend machen kann, so wird doch die in die Gefässe und Tracheiden gepresste Flüssigkeit an der Schnittfläche, als der Stelle des geringsten Widerstandes, nach aussen filtriren, nicht aber durch die Epi- theme der Blattzähne, wo der Filtrationswiderstand schon aus dem Grunde grösser ist, weil die Intercellularcanäle des Epi- thems viel enger sind, als die Gefässe und Tracheiden. Aller- dings wird von Gardiner angenommen, dass bei mangelndem Wurzeldruck das Wasser überhaupt nicht durch die Epitheme und Wasserspalten ausgeschieden wird, sondern durch Haare, welche auf den Blattzähnen in der Nähe der Spalten sitzen. Diese Annahme ist aber gänzlich unbegründet. An den Laub- blättern der von mir benützten Füchsien kommen einzellige 1 Vergl. Bot. Ztg. 1834, S. 495. 2 The cause of the excretion of water on the surface of Nectaries, Unter- suchungen aus dem bot. Institut zu Tübingen, I. Bd., S. 9. Das tropische Laubblatt. Un Haare von zweierlei Ausbildung vor; etwas längere, spitze Haare mit derber Wand und knötchenförmig verdickter Cuticula und kürzere, nicht so derbwandige Drüsenhaare, die an ihrem Ende abgerundet und etwas angeschwollen sind. Erstere kommen hauptsächlich am Blattrande und zwischen den Blattzähnen vor; darunter vereinzelt auch Haare der zweiten Kategorie, welche aber besonders häufig den Nerven der unteren Blattseite auf- sitzen. Zerstreut kommen sie auch auf der oberen Blattfläche vor. Als wasserausscheidende Haare könnten nur diese Drüsen- haare in Betracht kommen, doch geben Gardiner sowohl als auch Wilson ausdrücklich an, dass auch bei mangelndem Wurzeldruck die Wassertropfen ausschliesslich über den Blatt- zähnen erscheinen. Damit stimmt nun die Vertheilung der fraglichen Drüsen- haare ganz und gar nicht überein. Es kann sonach nicht zweifelhaft sein, dass bei Fuchsia die Wasserausscheidung unter allen Umständen bloss durch die Epitheme und Wasser- spalten erfolgt. Die bisher mitgetheilten Beobachtungen über Tropfenaus- scheidung bei Fuchsia reichen demnach nicht aus, um definitiv zu entscheiden, ob der Vorgang ein blosser Filtrationsprocess ist, oder ob er auf activer Wasserauspressung seitens des Epi- thems beruht. Bei keinem der bisherigen Versuche war nämlich die active Mitwirkung des Epithemgewebes ausgeschlossen. Ich habe meine Versuche theils mit gut bewurzelten Topf- pflanzen, theils mit abgeschnittenen Zweigen unter Anwendung künstlichen Druckes angestellt. Die Zweige wurden gewöhnlich unter Wasser abgeschnitten. Die Ausführung der Druckver- suche geschah nach der im I. Theile dieser Abhandlung auf S. 496 (Juni-Heft 1894) beschriebenen Methode. Die Höhe der Quecksilbersäule schwankte in der Regel zwischen 10—15 cm, da ein solcher Druck ausreichend ist, um schon nach 15 bis 30 Minuten die Tropfenausscheidung zu bewirken. Die Tempe- ratur des Versuchsraumes betrug 13— 20°C. Zuerst wurden einige Vergiftungsversuche vorge- nommen. Nach Bepinselung der Blattzähne mit 0: 1°/,iger alko- holischer Sublimatlösung ergab sich alsbald das überraschende Resultat, dass bei einem Druck von 15—18 cm Quecksilber die 78 G. Haberlandt, Wasserausscheidung ebenso rasch und ebenso reich- lich sich einstellte, wie an den unvergifteten Blättern desselben Zweiges. Denselben Erfolg hatte die Bepinselung der Blattzähne mit alkoholischer Jodlösung. Da die Art der Versuchsanstellung Zweifel in Bezug auf die sichere Vergiftung der Epitheme zuliess, so wurden die Versuche in der Weise variirt, dass giftige Lösungen in die Zweige einge- presst wurden, die Vergiftung der Epitheme also von hinten her erfolgte. Zunächst kam eine O:1°/),ige wässerige Sublimat- lösung zur Verwendung. Die Höhe der Quecksilbersäule be- trug Il cm. Nach 1!/, Stunden trugen zahlreiche Blattzähne ziemlich grosse Tropfen. Sie gaben aber auf blankem Kupfer- blech nicht die geringste Reaction,! obgleich Tropfen der ur- sprünglichen Lösung schon nach einer halben Minute einen sehr deutlichen Quecksilberspiegel hinterliessen. Nun wurden die Blätter mittelst Filterpapier abgetrocknet. Nach weiteren 4 Stunden waren neuerdings ziemlich grosse Tropfen ausge- schieden worden, die aber auf Kupferblech keine Spur eines Fleckes erzeugten, also noch immer kein Sublimat enthielten. Die Blätter wurden nun wieder abgetrocknet. Am nächsten Morgen, d. i. nach 20 Stunden waren alle Blätter bis auf zwei abgefallen, die aber ein ganz frisches, lebhaft grünes Aussehen zeigten; die Blattzähne trugen mehrere ziemlich grosse Tropfen, die noch immer keine nachweisbare Menge von Sublimat ent- hielten. Beim Berühren fielen auch diese Blätter ab. Nun wurde der 10 cm lange Spross mikroskopisch untersucht. Bis zu einer Entfernung von 18 mm von der Schnittfläche waren alle Ge- webe des Stengelquerschnittes abgestorben, die Plasmakörper fixirt. Weiter hinauf waren dann bloss die an die Gefässe an- gsrenzenden Elemente getödtet. Die Epitheme waren ganz intact, ihre Protoplasten, wie die ganz normale Plasmolyse lehrte, noch am Leben. — Aus dem Vorstehenden ergibt sich also, dass man bei Anwendung einer Sublimatlösung nicht im Stande ist, die Epitheme zu vergiften, weil das Sublimat schon 1 Die Kupferblechreaction erwies sich als viel empfindlicher, als die Re- action mit Schwefelwasserstoffwasser. Das tropische Laubblatt. [R: vorher der wässerigen Lösung durch die an das Wasserleitungs- system angrenzenden plasmahältigen Gewebe entrissen wird. Selbst eine 1°/,ige Lösung führt, wie ich mich überzeugt habe, nicht zum Ziele. Ein positives Ergebniss lieferte dagegen der Vergiftungs- versuch mit einer 5°%,igen Lösung von Kupfersulfat. Die Höhe der Quecksilbersäule betrug 12cm. Schon nach 15 Mi- nuten erschienen auf den Blattzähnen kleine Tropfen, die aber mit gelbem Blutlaugensalz noch keine Kupferreaction gaben, ebensowenig die nach einer Stunde ausgeschiedenen, bereits grösseren Tropfen. Es war eben zuerst das im Wasserleitungs- system des Zweiges zu Beginn des Versuches vorhandene Wasser ausgepresst worden. Nach zwei Stunden gaben die ausgeschiedenen Tropfen bereits die Kupferreaction, wenn auch nicht so stark, wie die Lösung selbst. Nun wurden die Blätter abgetrocknet. Dieselben liessen bereits längs der Blattnerven, namentlich in der oberen Hälfte der Lamina, die punktförmig beginnende Injection der Intercellularen erkennen. Nach sechs Stunden waren auf einer ganzen Anzahl von Blattzähnen wieder ziemlich grosse Tropfen erschienen, welche mit gelbem Blutlaugensalz einen reichlichen Niederschlag gaben. Die Blätter waren längs der Nerven durchscheinend punktirt und hier auch bereits gebräunt. Nun wurden die Blätter wiederum abgetrocknet. Am nächsten Tage, 24 Stunden nach Beginn des Versuches, waren die Blätter grösstentheils gebräunt, die Inter- cellularen des Mesophylis injicirt. Bloss oberseits waren noch zwischen den Secundärnerven grüne Partien sichtbar. An ein- zelnen Blattzähnen traten grosse Tropfen auf, die schon durch ihre Blaufärbung ihren Gehalt an Kupfersulfat erkennen liessen. Die injicirten Blätter waren übrigens auch unterseits ziemlich stark betropft; aus der getödteten und injicirten Lamina trat eben durch die Spaltöffnungen Flüssigkeit aus. Dass auch die Epitheme getödtet waren, braucht kaum erst betont zu werden. — Das Ergebniss dieses Versuches ist also, dass Blattzähne, deren Epitheme durch Kupfersulfat vergiftet wurden, trotzdem bei genügendem Druck Flüssigkeitstropfen ausscheiden. Dasselbe Resultat ergab auch ein Versuch mit 0 :2°/ iger wässeriger Eosinlösung. Die Druckhöhe betrug diesmal s0 G. Haberlandt, ausnahmsweise 21 cm Quecksilber. Schon nach einer Viertel- stunde waren kleine, rothe Tröpfchen an den Blattzähnen zu beobachten. Längsschnitte durch die Hydathoden zeigten in diesem Stadium eine intensive Rothfärbung der Tracheiden- wände; das Epithem war gleichmässig lichtroth tingirt. An- scheinend waren bloss die Zellwände gefärbt; sehr deutlich sah man dies an den die Wasserhöhle überdeckenden Epider- miszellen, deren Innenwände intensiv roth tingirt waren. Nach Zusatz von Kochsalzlösung trat im Epithemgewebe rasch typische Plasmolyse ein. — Nach einer Stunde waren die aus- geschiedenen Tropfen der Eosinlösung bedeutend grösser ge- worden. Das Epithem war etwas intensiver gefärbt, besonders die an die Wasserhöhle grenzenden Zellen. In diesen war auch das Plasma sammt dem Zellkern entschieden, wenn auch bloss schwach, tingirt. Nichtsdestoweniger trat nach Zusatz von Kochsalzlösung noch normale Plasmolyse ein. — Nach zwei- stündiger Dauer des Versuches waren die Plasmakörper und Zellkerne des Epithems schon entschieden gefärbt; Plasmolyse war nicht mehr zu erzielen, die Protoplaste bereits abgestorben. Trotzdem dauerte die Ausscheidung der Eosinlösung noch fort. Nach sechs Stunden wurden die Blätter abgetrocknet. Am nächsten Tage (nach 22 Stunden) waren wieder an zahlreichen Zähnen sämmtlicher Blätter des Zweiges ziemlich grosse, rothe Tropfen zu beobachten. Die Blätter waren noch ganz frisch und turgescent. Bloss im basalen Theile der Lamina machte sich eine mehr minder starke Injection bemerkbar und hier traten auch unterseits farblose Tröpfchen aus. Im Blattstiel waren bloss die Gefässbündel (inclusive Leptom) tingirt, das Meso- phyli war ungefärbt. Sehr stark waren natürlich die Epitheme tingirt. Aus diesem Versuche geht also hervor, dass die Epitheme eine 0:2°/,ige Eosinlösung bereits durch sich hindurchtreten lassen, bevor noch die Plasmakörper gefärbt und getödtet sind. 1 Auch Pfeffer (Über Aufnahme von Anilinfarben ete., Untersuchungen aus dem bot. Institute zu Tübingen, II. B., S. 276) hat beobachtet, dass die mit der Schädigung beginnende Färbung des Protoplasten, speciell des Zellkernes schon dann eintreten kann, wenn noch normale Plasmolyse zu erzielen ist. Das tropische Laubblatt. . S| Ist dann letzteres geschehen, so dauert die Ausscheidung un- gehindert fort. Um den Einwänden zu begegnen, welche sich gegen der- artige Versuche, bei denen ein künstlicher Druck zur Anwen- dung gelangt, erheben lassen, wurden auch mit ganzen, gut eingewurzelten Topfpflanzen Vergiftungsversuche angestellt. An einigen Blättern wurden die Blattzähne mit 1°/,iger wässe- tiger Sublimatlösung bepinselt, an anderen mit 5°/,iger Kupfer- sulfatlösung. Dann wurde über Nacht eine theilweise mit nassem Filterpapier ausgekleidete Glasglocke über die Pflanze gedeckt. Die Temperatur sank Nachts auf 12° herab. Am nächsten Morgen waren zahlreiche Blattzähne der bepinselten, wie der intacten Blätter schön betropft. Die mit Kupfersulfat behandelten Blätter secernirten etwas reichlicher, als die mit Sublimat behandelten. An letzteren wurden nun die Zähne, über welchen Tropfen erschienen waren, nochmals bepinselt. Am nächsten Morgen waren die Ränder dieser Blätter gebräunt, doch traten an jedem Blatte 6—7 ziemlich grosse Tropfen auf. Die Epitheme der secernirenden Zähne waren, wie die mikro- skopische Untersuchung lehrte, abgestorben, ihre Plasmakörper fixirt. Damit war nun das von Conocephalus abweichende Ver- halten von Fuchsia definitiv festgestellt. Bei Ersterem verhindert die an der intacten Pflanze vorgenommene Vergiftung der Epi- theme die Wassersecretion, bei Fuchsia dagegen nicht. Das Ergebniss dieser wiederholt durchgeführten Versuche ist also, dass bei Fuchsia die Blattzähne bei künst- lichem Druck sowohl, wie beinormalem Wurzeldruck auch dann Wasser ausscheiden, wenn die Epitheme vergiftet worden sind. Man könnte nun meinen, dass diese Thatsache hinreiche, um die Richtigkeit der Filtrationshypothese für unsere Pflanze zu beweisen. Genau betrachtet lässt sich aber daraus nur die Folgerung ableiten, dass das getödtete Epithemgewebe die Stelle geringsten Filtrationswiderstandes darstellt, und dass, wenn die Epitheme vergiftet sind, die Wasserausscheidung thatsächlich auf Druckfiltration beruht. Das lebende Epithem- gewebe könnte aber trotzdem activ an dem Secretionsprocesse betheiligt sein. Es könnte sich eben bei der Ausscheidung durch Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. ; CIV. Bd., Abth. I. 6 32 G. Haberlandt, lebende und durch getödtete Epitheme um zwei verschiedene Processe handeln. Diese Erwägung gab zugleich die Richtung an, in welche: die Versuche fortzusetzen waren. Es frug sich, ob die Wasser- ausscheidung auch dann eintritt, wenn die Epitheme nicht getödtet, sondern bloss in einen Zustand der Unthätigkeit, in einen) Stanzezustand verserze nyerden ZurdiesemuBehn- wurden zunächst mit abgeschnittenen Zweigen Chlorofor- mirungsversuche vorgenommen. Die Ausführung derselben geschah in der schon auf S. 515 des I. Theiles beschriebenen Weise. Das Quecksilber wurde erst nach halbstündigem Ver- weilen derZweige im Chloroformdampf in dieRöhre eingegossen. Bei 12— 16cm Quecksilberdruck traten an den Blattzähnen der chloroformirten Zweige ebenso bald Wassertropfen auf, wie an den nicht chloroformirten Controlzweigen. Dann wurden Druck- versuche bei sehr niederer und sehr hoher Temperatur ausge- führt, um die Epitheme in den Zustand der Kälte- und der Wärmestarre zu versetzen. In ersterem Falle wurde der Glas- cylinder mit den Versuchszweigen in einen weiten Blech- cylinder von gleicher Höhe gebracht und der Zwischenraum mit kleinen Eisstücken ausgefüllt. Nachdem sich die Luft im Glascylinder auf circa 1°C. abgekühlt hatte, wurde Quecksilber in die Röhre eingegossen. Das einemal wurde ein Druck von 12cm, das anderemal ein solcher von 20cm angewendet. Ein Controlzweig von derselben Pflanze befand sich im Zimmer bei 18°C. Nach zwei Stunden waren die ganz frischen Blätter der kältestarren Zweige gerade so ausgiebig betropft, wie die des Controlzweiges. — Zu den Versuchen bei hoher Temperatur diente ein cylindrischer Sterilisirungsapparat mit Dampfheizung, in welchen der Glascylinder mit den Versuchszweigen gebracht wurde. Nachdem die Lufttemperatur in der Umgebung der Zweige auf 45°C. gestiegen war, kam ein Druck von 12, respec- tive lo cm Quecksilber zur Anwendung. Nach zwei Stunden war die Temperatur auf 48° C. gestiegen; auf einer grösseren Anzahl von Blattzähnen traten ziemlich grosse Wassertropfen auf, die Blätter waren noch ganz frisch und grün. Erst bei 52° C. trat Bräunung und Welken ein. Das tropische Laubblatt. 1108 Als Resultat dieser Versuche ergibt sich also, dass auch Bann. wuenn die Zweige, nespective.die Fpitheme BnloroNonmi oder im dem Zustandlider Kälte, Bospeeriver den \Märmestarne versetzt werden, bei Ks ullchrem Drucke \Masser aus den Blattzähnen ausgepresst wird. Obgleich nun der oben gegen dasErgebniss der Vergiftungs- “versuche erhobene Einwand mutatis mutandis auch gegen die Verwerthung des vorstehendenResultates erhoben werden «kann, so ıst doch zu betonen, dass in diesem Falle ein solcher Ein- wand nicht mehr berechtigt ist. Denn wenn auch das lebens- thätige Epithem activ an der Wasserausscheidung betheiligt sein sollte, so ist doch die ausgiebige Betheiligung einfacher Druckfiltration an dem Ausscheidungsvorgange nicht mehr zu bezweifeln. Die histologischen und physikalischen Voraus- setzungen für eine solche Druckfiltration bleiben eben dieselben, ob nun das Epithem activ in den Process eingreift oder nicht. Auf jeden Fall muss also Filtration stattfinden. Dabei ist aber nicht ausgeschlossen, dass sobald die Filtration beginnt, auch das Epithem unter dem Einfluss des steigenden hydrostatischen Druckes im Wasserleitungssystem, der auf die Zellen des Epithemgewebes als Reiz wirken würde, activ Wasser aus- presst. Gross kann übrigens dieser hypothetische Antheil des Epithems am Ausscheidungsprocesse nicht sein, denn ein merkbarer Unterschied in der Grösse der ausgeschiedenen Tropfen im intacten und im vergifteten oder chloroformirten Zustande der Epitheme lässt sicht nicht sicher wahrnehmen. Allerdings habe ich wiederholt den subjectiven Eindruck gehabt, als ob im intacten Zustande der Blätter bei gleichem Druck etwas reichlicher Wasser ausgepresst würde; bei der ungleichen Grösse der Tropfen auf den verschiedenen Blättern desselben Zweiges, ja selbst auf den verschiedenen Zähnen desselben Blattes kommt man aber über ein subjectives Abschätzen der ausgeschiedenen Flüssigkeitsmengen nicht hinaus. Wir kommen also auf Grund der mitgetheilten Experimente zu dem Ergebniss, dass bei RAuchsia die Wasseraus- scheidung im Wesentlichen auf Druckfiltration be- ruht. Den Weg, den das Wasser hiebei von den Tracheiden- 6* S4+ G. Haberlandt, enden aus einschlägt, ergibt sich aus dem anatomischen Bau der Epitheme. Die in dieselben einmündenden Tracheiden grenzen stellenweise direct an wassererfüllte Intercellularen, welche durch ein System sehr enger Canäle und Spalten mit der Wasserhöhle in Verbindung stehen. In diesen Bahnen, welche den geringsten Filtrationswiderstand darbieten, bewegt sich offenbar das Wasser nach aussen. Für die Annahme, dass das Wasser in den zartwandigen, aus relativ reiner Cellulose bestehenden Längswänden der Epithemzellen nach aussen filtrire, liegt kein Grund vor. Ebenso ist es gänzlich ausge- schlossen, dass das Wasser die Lumina der Epithemzellen, die Hautschichten der Plasmakörper durchquerend, passire, da der hydrostatische Druck, welcher in diesen Zellen herrscht, die Druckgrösse, welche Filtration bewirkt, um ein Vielfaches über- trifft. Die Concentration der Salpeterlösung, welche zur Plas- molyse der Epithemzellen führt, liegt zwischen 2 und 3°/,, was einem osmotischen Druck von 7—10 Atmosphären entspricht.! Wir stehen jetzt vor der Frage, welche Aufgabe dem Epithemgewebe bei dem Ausscheidungsprocesse zu- kommt. Mit der Herstellung eines englumigen Intercellular- systems kann seine Bedeutung nicht erschöpft sein, da der ausgesprochen drüsige Bau desEpithems dabei unerklärt bliebe. Irgend eine bedeutungsvolle secretorische Thätigkeit wird ihm demnach wohl zuzuschreiben sein, wenn wir auch in dieser Hinsicht auf blosse Vermuthungen angewiesen sind. Dabei dürfte aber das Hauptgewicht nicht auf die schon oben erwähnte Möglichkeit zu legen sein, dass sich das Epithem bei der Wasserausscheidung activ betheiligt, indem ein Bruchtheil des ausgeschiedenen Wassers von ihm secernirt wird. Denn dieser Bruchtheil kann jedenfalls nur gering sein. Allerdings folgt dies nicht aus der bereits von Wilson beobachteten Thatsache, dass an abgeschnittenen und in Wasser gestellten Fuchsia-Zweigen nur eine unbedeutende Wasserausscheidung stattfindet. Auch ich habe an solchen Zweigen, die mit einer 1 Nach Pfeffer (Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Vacuolen. Abhandl. der k. sächs. Gesellschaft der Wissensch., XVI. Bd., 1890, S. 306) beträgt der osmotische Druck für 0:1 Molekül Salpeter (einprocentige Lösung) circa 34 Atmosphären. Das tropische Laubblatt. 89 “ Glasglocke bedeckt waren und sich hier in einer sehr feuchten Atmosphäre befanden, nur ausnahmsweise eine sehr spärliche Wasserausscheidung an den Blattzähnen beobachten können. Bei dieser Art der Versuchsanstellung kann es eben zu keiner Steigerung des hydrostatischen Druckes im Wasserleitungs- system kommen, welche auf die Epitheme als Reiz wirken und diese zu reichlicherer Wasserausscheidung veranlassen könnte. Wohl aber folgt die jedenfalls nur geringfügige active Bethei- lisung der Epitheme an der Wasserausscheidung aus der schon oben erwähnten Thatsache, dass bei Druckversuchen ein merkbarer Unterschied in der Grösse der ausgeschiedenen Tropfen im intacten und im vergifteten oder chloroformirten Zustande der Epitheme nicht sicher zu constatiren ist. Die vom Epithemgewebe auch bei mangelnder Druck- steiserung im Wasserleitungssysteme secernirte Flüssigkeits- menge reicht aber jedenfalls vollkommen aus, um das Inter- cellularsystem, welches in den Blattzähnen von den Wasser- spalten bis zu den Tracheidenenden reicht, dauernd mit Wasser gefüllt zu erhalten, und in dieser capillaren Verstopfung der Intercellularräume des Epithems liegt vielleicht die Bedeutung seiner Secretionsthätigkeit. Wie schon v. Höhnel und neuer- dings wieder Strasburger! hervorgehoben haben, trachtet die Pflanze einen möglichst vollkommenen Abschluss ihrer trache- alen Leitungsbahnen gegen das luftführende Intercellularsystem zu erzielen. Wo in den Laubblättern ausnahmsweise Inter- cellularen direct an ein Gefässbündelende grenzen, da wird, wie Strasburger angibt, »durch entsprechende Verdickung der trachealen Elemente oder durch Ausbildung einer zarten Cuticula an der bedrohten Stelle, das Eindringen von Luft erschwert« Eine solche Schutzmassregel wäre aber bei den in’s Epithem einmündenden Tracheiden nicht am Platze, weil dadurch zugleich die Wasserfiltration erschwert würde. Dagegen wird ein dauernder Abschluss durch Wasser, welches die an- srenzenden Intercellularen erfüllt und in dem Maasse, als es durch Verdunstung entweicht, seitens der Epithemzellen ersetzt wird, seinen Zweck am vollkommensten erfüllen. ! Über den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen, Jena 1891, S. 710. 86 G. Haberlandt, Eine andere Möglichkeit betreffs der Secretionsthätigkeit des Epithemgewebes ist die, dass durch dieselbe Endproducte des Stoffwechsels entfernt und dem durch Druckfiltration aus- tretenden Wasser beigemischt werden sollen. Nach den schon oben erwähnten Analysen der von den Blättern anderer Pflanzen ausgeschiedenen Blutungssäfte ist dies allerdings wenig wahr- Auch an dieSecretion von antiseptisch, respective scheinlich. pilzfeindlich wirkenden Substanzen wäre zu denken, da die offenen Wasserspalten mit dem zarten Epithem darunter günstige Angriffsstellen für Schmarotzerpilze vorstellen. Einige Versuche, welche ich in dieser Hinsicht angestellt habe, lieferten aber ein negatives Ergebniss. Nach.aall dem halte ich es für am wahrscheinlichsten, dass die Epitheme der Blattzähne von Fuchsia die Aufgabe halben, „durch seinner selenerorische Simaprekenadee Intercellularsystem, welches von den Tracheiden- enden bis zur Wasserhöhle unter der Spaltöffnung reicht, behufs Abschlusses der trachealen Leitungs- bahnen dauernd mit Wasser gefüllt zu erhalten. — Dies wird wohl auch die Function der Epitheme bei all den anderen Pflanzen sein, bei welchen die Wasserausscheidung hauptsächlich durch Druckfiltration zu Stande kommt. Jedenfalls ist es beachtenswerth, dass die Epitheme, so weit meine allerdings nicht ausgedehnten Untersuchungen reichen, in histologischer Hinsicht einen mehr oder minder ausgesprochenen Drüsencharakter zeigen; natürlich nur soweit der Zellinhalt in Betracht kommt. Nach Anwendung geeigneter Fixirungs- und Tinctionsmittel sieht man, dass die Epithemzellen keinen bloss »wässerig farblosen Inhalt« besitzen, sondern relativ reichlich Plasma und verhältnissmässig recht grosse Zellkerne enthalten. Bei Primula sinensis z. B. fällt es auf mit Borax-Carmin tingirten Querschnitten durch die Blatt- zähne sofort auf, dass die kleinen, seicht gebuchteten Epithem- zellen bedeutend grössere Zellkerne besitzen, als die um vieles grösseren Epidermis- und Chlorophyliparenchymzellen. (Taf. IV, Fig. 13.) Bei Tropaeolum majus geht das Palissadengewebe und Schwammparenchym allmälig in das Epithem über (Taf. IV, Fig. 14), die Zellen werden chlorophyllärmer, dafür vergrössern Das tropische Laubblatt. KR sich die Kerne um ein bedeutendes; die Durchmesser der Epithemkerne sind ungefähr doppelt so gross, als jene der Mesophylikerne. Bemerkenswerth ist, dass auch die Kerne der Epidermiszellen über dem Epithemgewebe bedeutend grösser sind, als die Kerne der typischen Epidermiszellen. Die Epithem- kerne sind verschieden gestaltet, oft kugelig, ellipsoidisch, häufig spindelförmig oder unregelmässig gezackt. Sie enthalten eine grössere Anzahl von stark tinctionsfähigen grösseren und kleineren Nucleolen. Künftige Untersuchungen über die Function der Epitheme werden jedenfalls auf diese Verhältnisse des histologischen Baues Rücksicht zu nehmen haben. F. Hydathoden mit Wasserspalten ohne Epitheme. Bereits Volkens hat darauf hingewiesen, dass in manchen Fällen, so z.B. bei Chelidonium majus, unter den Wasserspalten kein eigens differencirtes Epithemgewebe vorhanden ist. Ich selbst habe derartige Fälle zwar nicht an tropischen Pflanzen beobachtet, doch möge der Vollständigkeit halber auch dieser Typus in Kürze besprochen und durch einige Beispiele erläutert werden. Secale cereale. Die Wasserausscheidung an den Blattspitzen der Gräser olenaensaens, de Bary Volkens u A, in der Weise erioleen, dass das Wasser durch Risse in der Epidermis und überhaupt im Blattgewebe herausgepresst wird. de Bary! hat Keim- pflanzen von Zea, Secale, Triticnm etc. untersucht und sagt, dass die Risse, durch welche das Wasser austritt, durch unregelmässigesEinreissen der anfangs kapuzenförmigen Spitze des Blattes entstehen, wenn dieses mit seiner Entfaltung sich flach ausbreitet. Volkens? gibt an, dass die Epidermis an der schwach kappenförmig ausgebildeten Blattspitze nach der Unterseite zu aufreisst. Nach den Beobachtungen, welche ich an Keimpflanzen von Secale cereale und anderen Getreidearten angestellt habe, I Vergl. Anatomie, S. 57. CH S2 207. 88 G. Haberlandt, wird das Wasser an der Spitze des Scheidenblattes und der ersten Laubblätter niemals durch Risse, sondern stets durch typische Wasserspalten herausgepresst. Das Scheiden- blatt (Cotyledonarscheide, Cotyledo der Autoren) ist beim Roggen, sowie bei anderen Gräsern von keilförmiger Gestalt und wird von zwei in den Kanten verlaufenden Gefässbündeln durchzogen, welche keine Anastomosen aufweisen. Knapp unter der abgerundeten Spitze des Blattes enden die Tracheiden zwischen gewöhnlichen farblosen Parenchymzellen, die ziemlich weite Intercellularräume zwischen sich frei lassen. Die Tra- cheidenenden grenzen stellenweise direct an dieIntercellularen. Epitheme sind nicht vorhanden. Knapp unter der Spitze des Blattes tritt beiderseits an den Kanten des Blattes eine Gruppe von 20—25 Wasserspalten auf (Taf. II, Fig. 6), welche sich auch über die Hinterseite der spatelförmigen Blattspitze (von einem schmalen Mittelstreif abgesehen) ausbreiten, während die Vorderseite des Organes, auf welcher sich die einen engen Spalt bildende Scheidenmündung befindet, von Spaltöffnungen frei ist. Diese Wasserspalten sind durch eine Reihe von Über- gangsformen mit den an den Blattkanten auftretenden typischen Lufitspalten verbunden. Der Unterschied im Bau der Luft- und Wasserspalten ist ein höchst auffälliger. Die Schliesszellen der letzteren sind fast halbkreisförmig, zuweilen auf der Rückseite etwas eingedrückt, der Porus ist weit geöffnet, fast kreisförmig » und erfährt nach der Plasmolyse der Schliesszellen keine Ver- engerung. Seine Weite beträgt 7”—9y. Die Querschnittsform der Schliesszellen ist die einesan den Ecken abgerundetenDreieckes, zinyeilenFist sie, aueh querelliptisch (Kar IzRiezdar Nude Aussenwände sind verdickt, doch nicht so stark wie die der angrenzenden Epidermiszellen. Die Bauch- und Rückenwände sind zart. Die äusseren Cuticularleisten erscheinen auf dem Querschnitt in Form kleiner, spitzer Hörnchen. Innere Leisten sind nicht vorhanden. Die beiden Nebenzellen sind von ziemlich unregelmässiger Gestalt und Lagerung; oft bilden sie nur ganz schmale kleine Sicheln. Die ersten Laubblätter der Keimlinge tragen schon früh- zeitig auf der Aussenseite ihrer kapuzenförmigen Spitzen Wassertropfen, zu einer Zeit bereits, in der von Rissen in der Das tropische Laubblatt. 89 Epidermis und überhaupt im Blattgewebe noch nichts zu sehen ist. Auf der convexen Aussenseite derBlattspitzen treten typische Wasserspalten auf, doch in weit geringerer Anzahl, als auf dem Scheidenblatte; auch sind die kurzen breiten Spaltöffnungs- apparate mit rundem Porus seltener, als die länglichen mit entsprechend gestreckter Spalte (Taf. III, Fig. 2, 4). Meist sind sie mehr oder minder tief eingesenkt, so dass sie, wenn die »äussere Athemhöhle« mit Luft erfüllt ist, leicht übersehen werden können. Man glaubt dann in der That bloss längliche Sisse oder Spalten in der Epidermis zu sehen (Kie. 2,3). Auf Querschnitten durch die kapuzenförmig umgeschlagene Blatt- spitze sieht man nur mehr drei Gefässbündel: ein medianes mit engen Tracheiden und zwei laterale, die Randbündel, welche durch den Besitz ausnehmend weiter Tracheiden mit netzförmig verdickten Wandungen ausgezeichnet sind. Sie anastomosiren schliesslich mit dem medianen Bündel; ihre Tracheiden werden immer kürzer und nehmen endlich ganz den Charakter von »Speichertracheiden« an. Mit wenn auch schmalen Membran- streifen grenzen diese Endtracheiden direct an die Intercellular- räume des Chlorophyliparenchyms (Taf. III, Fig. 8); dieselben münden dann in die Athemhöhlen der Wasserspalten. Die an die weitlumigen Endtracheiden angrenzenden Parenchymzellen sterben in alternden Blättern ab, ihr Plasma verschwindet, ihr Lumen ist bloss mit wässerigem Inhalt erfüllt. In diesem Stadium wird das ausgepresste Wasser auch durch die eben erwähnten Zellen filtriren können. Übrigens sind die Membrantheile, mit welchen die Endtracheiden an die Intercellularen grenzen, so häufig, dass durch sie allein wohl eine genügendeDruckfiltration stattfinden kann. Den späteren Laubblättern scheinen Wasserspalten fast immer zu fehlen. Wie hier die Wasserausscheidung erfolgt, durch die Luftspalten oder durch Risse in der Oberhaut, habe ich nicht untersucht. An den Keimpflanzen der übrigen Getreidearten kehren ganz ähnliche Verhältnisse wieder, wie beim Roggen. Die Scheidenblätter weisen typische Wasserspalten auf, Epitheme fehlen. Bei Avena sativa findet man unter der Blattspitze beider- seits an den Kanten 3—5 längliche Wasserspalten vor; die 90 G. Haberlandt, Schliesszellen sind unbewesglich, dieSpalte kann nicht verengert werden.! Fig. 13 zeigt, wie die Tracheiden direct an die Inter- cellularräume grenzen. Fig. 9 stellt den Theil eines Querschnittes durch die Spitze des zweiten Laubblattes einer Keimpflanze von Triticum vulgare dar. Man sieht wie die grosse Tracheide des Leitbündels an zwei Stellen direct an die in die Wasserhöhle einmündenden Intercellularen stösst. Auch das Scheidenblatt von Zea Mais besitzt Wasserspalten (Fig. 10, 11). Wenn schon der anatomische Bau dieser Blattspitzen kaum einen Zweifel darüber zu lässt, dass die Wasserausscheidung durch Druckfiltration erfolgt, so geht dies überdies auch noch daraus hervor, dass wenn man die Blattspitzen durch Berührung einer mit siedendem Wasser gefüllten Eprouvette abtödtet, am nächsten Morgen die Tropfenausscheidung ebenso schön zu beobachten ist wie vorher. Eine active Betheiligung derzwischen den Tracheidenenden und den Wasserspalten gelegenen Paren- chymzellen am Secretionsprocesse ist demnach gänzlich aus- geschlossen. Vicia sepium. Nach Volkens? kommen bei den Papilionaceen keine eigentlichen Wasserspalten vor. Doch spricht er die Ver- muthung aus, dass in dieser Familie Wasserausscheidung durch die gewöhnlichen Spaltöffnungen der Blattoberseiten stattfindet, welche von den Spaltöffnungen der Unterseiten in Form und Grösse oft abweichen. Die Trichom-Hydathoden, welche bei den Papilionaceen ziemlich verbreitet sein dürften, sind Volkens unbekannt geblieben. ; Wie im nächsten Capitel ausführlicher gezeigt werden soll, kommen bei Vicia sepium auf den Oberseiten derFiederblättchen kurze Keulenhaare vor, welche, solange die Blätter noch ganz jung sind, als Hydathoden fungiren. An älteren, ausgewachsenen Blättern bleiben aber bei Druckversuchen die Oberseiten der Fiederblättchen trocken und bloss an den Blattspitzen ist ober- 1 Die Wasserspalten des Scheidenblattes von Avena sind bereits von Rothert (Über Heliotropismus, Beiträge zur Biologie der Pflanzen, VII. Bd. Heft 1) beobachtet worden. 2E. e., p. 194 und 208. Das tropische Laubblatt. En seits nach beginnender Injection je ein ziemlich grosser Wasser- tropfen wahrzunehmen. Hier treten auch, zumeist unmittelbar über der Endigung des medianen Gefässbündels, 5—8 Stomata auf, die wie gewöhnlicheLuftspalten gebaut sind (Taf. III, Fig. 1). Auf Querschnitten durch die Blattspitze sieht man, dass die randständigen Tracheiden des Bündelendes sich oft ziemlich weit gegen das Chlorophyliparenchym vorschieben, ja zuweilen sogar kurze Zweige in dasselbe entsenden. Diese zu äusserst gelegenen, meist relativ weitlumigen Tracheiden sind es, welche mit schmäleren oder breiteren Membranstreifen direct an die nen llangen Seren zeni@Kar II], Biel) Betztere sind in der Nähe der Tracheiden noch eng, erweitern sich aber bald beträchtlich und münden in die grossen Athemhöhlen der oben erwähnten Spaltöffnungen. Ein eigentliches Epithem ist nicht vorhanden, doch kann die vermehrte Anzahl eng- und weit- lumiger Hadromparenchymzellen, welche ohne scharfe Grenze in das darüber befindliche Chlorophyliparenchym übergehen, als erste Andeutung eines rudimentären Epithemgewebes auf- gefasst werden. Der Mangel einer das Intercellularsystem der Hydathode von den Intercellularen des benachbarten Assimila- tionsgewebes abgrenzenden Scheide bedingt es, dass vor der Wasserausscheidung eine locale Injection des Mesophylis mit Wasser eintritt. Wir haben es hier also mit noch sehr unvollkommen ge- bauten Hydathoden zu thun, die in histologischer Hinsicht bloss durch den Umstand: charakterisirt sind, dass an diesen Stellen die Tracheiden direct an Intercellularen grenzen und dass eine Gruppe gewöhnlich gebauter Spaltöffnungen darüber auftritt, die als Wasserspalten fungiren. In physiologischer Hinsicht kennzeichnen sie sich durch die streng localisirte Wasseraus- scheidung, welche natürlich ein blosser Filtrationsprocess ist. Vicia sepium lehrt uns in interessanter Weise, wie bei einer Pflanzenart im Laufe der ontogenetischen und wohl auch der phylogenetischen Entwickelung ein Typus von Hydathoden den anderen ablöst. An noch jungen, unausgewachsenenBlättern secerniren bloss die kurzen Keulenhaare. Dieselben verlieren aber sehr bald die Fähigkeit Wasser auszupressen und fungiren nur mehr als wasserabsorbirende Organe. An ihrer Stelle über- 92 . G. Haberlandt, nehmen nun die Hydathoden der Blättchenspitzen die Wasser- ausscheidung. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese letzteren die phylogenetisch jüngeren Organe sind; und möglich ist es, dass sie,wenn sie im Laufe der weiteren phylogenetischen Entwickelung sich allmälig vervollkommnen und zu typischen Epithem-Hydathoden mit Wasserspalten werden, die in Rück- bildung begriffenen Trichom-Hydathoden auch schon an jungen Blättern ersetzen. Vielleicht ist bei anderen Arten dieses Stadium bereits erreicht. Ill. Die Beziehungen der Hydathoden zu anderen Secretions- und Absorptionsorganen. Da die Hydathoden niemals reines Wasser, sondern mit demselben stets auch andere Stoffe, welche theis organischer, theils anorganischer Natur sind, ausscheiden, beziehungsweise absorbiren, so war mit der Weiterbildung dieser Fähigkeit die Möglichkeit der Anpassung an ganz specielle Functionen, der Eintritt eines Functionswechsels der Hydathoden gegeben. So sind die sogenannten »Kalkdrüsen« verschiedener Sarifraga-Arten bekanntlich nichts anderes, als typisch ge- baute Epithem-Hydathoden, die mit dem Wasser auch beträcht- liche Mengen von Kalk ausscheiden, der nach Verdunstung des Wassers in Form von Schüppchen zurückbleibt.” Auch die spaltöffnungslosen Hydathoden vieler Farnblätter fungiren zu- gleich als kalkausscheidende Organe. Endlich sind auch die epidermalen »Kalkdrüsen« der Plumbagineen, wie Volkens? nachgewiesen hat, von epidermalen Wasserdrüsen abzuleiten, welche bei den meisten Armeria-, vielen Plumbago- und Statice- Arten noch ausschliesslich als Wasserausscheidungsorgane, beziehungsweise Absorptionsorgane fungiren. — Dass die Kalkausscheidung dieser Pflanzen nicht bloss die Bedeutung eines excretorischen Vorganges besitzt, sondern auch mit einem biologischen Vortheil — Transpirationsschutz — verbunden ist, wurde bereits von vw. Kerner ((kllanzenleben I2Bd., pr2/l0237) und Volkens hervorgehoben. I Vergl. de Bary, Vergl. Anatomie, S. 113, 114. 2 Berichte der deutschen bot. Gesellsch., I. Bd., 1884, S. 334 ff. Vergl. auch M. Woronin, Bot. Ztg. 1885, S. 177 ft. Sau Das tropische Laubblatt. I8 Auch die Digestionsdrüsen verschiedener insecti- vorer Pflanzen stammen zweifelsohne von. trichomatischen Hydathoden ab. Bereits Goebel! hat darauf hingewiesen, dass sich Formen, wie Drosera, Pinguicula, Nepenthes auf einen gemeinsamen biologischen Gesichtspunkt zurückführen lassen, »wenn man die Thatsache berücksichtigt, dass es Pflanzen sind, die an feuchten, und zwar nicht nur bodenfeuchten, sondern namentlich auch luftfeuchten Standorten wachsen, an denen die verringerte Transpiration ersetzt wurde durch Wasseraus- scheidung, und zwar in einer Form, welche unter Umständen eine Wiederaufnahme gestattet, indem das ausgeschiedene Wasser nicht abläuft, sondern entweder in becherförmigen Behältern, oder in Schleimtroptien festgehalten wird.« Ein sehr schönes Beispiel für die Abstammung der Digestionsdrüsen von Trichom-Hydathoden bildet die Gattung Pingnicula. Bei P. vulgaris, auf welche sich die nachstehenden Angaben beziehen, treten auf der Blattoberseite bekanntlich zweierlei Drüsen auf: sitzende Drüsen (Taf. IV, Fig. 4), deren niedere, scheibenförmige Stielzelle sowie die Fusszelle unter das Niveau der Epidermisaussenwände eingesenkt ist und lang- gestielte Drüsen, deren Stiel aus 2—4 Zellen besteht und dessen oberste kurze Zelle sich stark in den Drüsenkörper hineinwölbt. Der scheibenförmige Drüsenkörper besteht bei den sitzenden Drüsen gewöhnlich aus acht Zellen, indem nach erfolgter Quadrantentheilung noch vier anticline Wände gebildet werden, während derselbe bei den gestielten Drüsen durch das Auftreten einer grösseren Anzahl anticliner Wände in 16—20 schmale, radialgestellte Zellen zerfällt. Im lebenden Zustande lassen sich in den Drüsenzellen die Vacuolen nur sehr schwer vom Plasma unterscheiden; der Zellinhalt erscheint bei mittelstarker Ver- srösserung gleichmässig blass grünlich gefärbt; bloss die kleinen Eiweiss-Krystalloide der Zellkerne sind deutlich zu erkennen. Erst nach erfolgter Fixirung und Tinction, zZ. B. mit Methylgrün- Essigsäure, sieht man deutlich, dass die Plasmakörper der sitzenden Drüsen wabig gebaut sind, indem um eine centrale Plasmaansammlung herum, welche den Kern enthält, dasPlasma I Pflanzenbiologische Schilderungen, I]. Theil. 2. Lief. 1893, S. 164, 165. 94 G. Haberlandt, von zahlreichen grossen und kleinen Vacuolen durchsetzt wird. (Taf. IV, Fig. 8). In den schmalen Zellen der gestielten Drüsen- körper befindet sich in der Mitte eine bis zu Wänden reichende, den Kern enthaltende Plasmaansammlung, während gegen die Peripherie und das Centrum der Drüsenscheibe zu das Zell- lumen von einigen grossen Vacuolen erfüllt wird (Fig. 9). Schon v. Kerner! hat auf die Wahrscheinlichkeit hinge- wiesen, dass zwischen den gestielten und den sitzenden Drüsen eine Arbeitstheilung in dem Sinne besteht, dass die ersteren nur klebrigenSchleim zum Festhalten des Insecten aussondern, während die letzteren das saure Verdauungssecret secerniren. Man kann sich in der That leicht davon überzeugen, dass die sitzenden Drüsen im ungereizten Zustande keinen Schleim ausscheiden. Man braucht bloss die Blattoberfläche mit in Wasser feinvertheiltem Carmin zu begiessen, sodann rasch ab- zuspülen und einen Oberflächenschnitt zu betrachten. Da sieth man sofort, dass bloss den Köpfchen und Stielen der gestielten Drüsenhaare Carminpartikelchen anhaften, während die sitzen- den Drüsen vollkommen frei davon sind. Nur die gestielten Drüsen sind demnach Fanghaare; es ist auch leicht einzusehen, dass der Besitz von längeren Stielen für diese ihre Function von Vortheil ist. Die sitzenden Drüsen dagegen beginnen erst auf den Reiz hin, den das todte Insect auf sie ausübt, zu secer- niren. Sie gleichen darin insoferne den Hydathoden, als auch diese erst auf einen allerdings ganz anders gearteten Reiz hin mit der Wasserausscheidung beginnen. Natürlich ist nicht aus- geschlossen, vielmehr sogar sehr wahrscheinlich, dass nachdem das Insect gefangen, auch die gestielten Drüsen an der Aus- sonderung des Verdauungssecretes betheiligt sind. Während die Blattoberseite bloss Fanghaare und Digestionsdrüsen aufweist, kommen auf der Blatt- unterseite typisch gebaute Trichom Hydathoden vor, welche in Bezug auf ihren Bau mit den sitzenden Drüsen der Blattoberseite die grösste Ähnlichkeit zeigen. Schon Goebel? hat diese Drüsenhaare der Unterseite beobachtet und in Kürze beschrieben. Sie sind kleiner und auch nicht so zahlreich wie 1 Pflanzenleben, I. Bd., S. 133. 2 Pflanzenbiologische Schilderungen, II. Theil, 1. Lief., S. 120. Das tropische Laubblatt. 38 die sitzenden Digestionsdrüsen der Blattoberseite (Taf.1V, Fig. 3). Das Köpichen ragt nicht über das Niveau der Epidermis hervor. Es besteht gewöhnlich bloss aus vier durch Ouadrantentheilung entstandenen Zellen; häufig treten noch 1—3 anticline Wände hinzu. Der Inhalt der Zellen zeigt im lebenden Zustande genau dieselbe blass-grünliche Farbe, wie die Drüsen der Oberseite (Fig.5); auch die Plasmavertheilung ist, wie fixirte Drüsen lehren, genau dieselbe (Fig. 6, 7). Die eingesenkte, scheibenförmige Stielzelle (Goebel’s Mittelzelle) besitzt sehr stark ceutini- sirte Seitenwände, wie wir dies so häufig bei köpfchen- und schuppenförmigen Hydathoden beobachtet haben. Auch die scheibenförmige Stielzelle der sitzenden Drüsen der Öber- seite ist mit stark cutinisirter Seitenwand versehen, so dass die Ähnlichkeit sich auch auf diesen sehr charakteristischen Punkt erstreckt. Endlich sind auch die Fusszellen vollkommen gleich gebaut. Nach Goebel sollen auch die geschilderten Drüsenhaare der Unterseite Schleim absondern. Ich kann diese Angabe nicht bestätigen. Die Blattunterseiten sind zwar sehr häufig, nament- lich des Morgens, stark benetzt, doch zeigt diese Flüssigkeit keine Spur von schleimiger Beschaffenheit. Da sich nicht sicher angeben lässt, ob diese Wassertröpfchen Thau oder ausgeschie- denes Wasser sind, so führte ich mit einem ausgewachsenen. gut entwickelten Blatte einen Druckversuch aus. Der untere Theil des Blattes wurde in einen halbirten Korkpfropf geklemmt, wobei die Mittelrippe in eine entsprechend ausgeschnittene Rinne zu liegen kam. Mit Klebwachs wurde sodann ein wasser- dichter Verschluss hergestellt. Im Übrigen wurde dann der Versuch in gewohnter Weise (vergl. die erste Abhandlung) durchgeführt. Die Höhe der Ouecksilbersäule betrug 17 cm. Baches? 7Stunden erscehiemen auf der Blattunterseite kleine Wassertröpfchen, auf der Blattoberseite wurden die Schleimtropfen der gestielten Drüsenhaare etwas grösser, da- zwischen wurde aber kein Wasser ausgeschieden. Der von dem gesteigerten hydrostatischen Druck im Wasserleitungssystem ausgeübte Reiz veranlasst demnach nur die Hydathoden der Unterseite zur Secretion, von den sitzenden Drüsen der Ober- seite wird er nicht perecipirt. 96 G. Haberlandt, Dass die Drüsenhaare der Blattunterseite auch Wasser absorbiren, geht aus den angestellten Wasseraufsaugungsver- suchen, combinirt mit Lebendfärbung hervor. Abgeschnittene Blätter welken sehr rasch, erholen sich aber, wenn die Blatt- unterseite benetzt wird, bald wieder und werden vollkommen turgescent. So wog zZ. B. ein frisches Blatt O-11g. Nach °/, stün- digem Welken betrug sein Gewicht nur noch 0 092 g.Nun wurde die Unterseite in der Weise benetzt, dass die Wasseraufnahme mittelst derSchnittfläche ausgeschlossen war. Nach einer halben Stunde war das Blatt wieder ganz turgescent geworden. Sein Gewicht betrug jetzt 0:108g, was einer Wasseraufnahme von 14°/, des Frischgewichtes entspricht. Noch rascher erfolgt aber die Wasseraufnahme welker Blätter, wenn bloss die Oberseite benetzt wird. Die Digestionsdrüsen fungiren eben auch noch als wasserabsorbirende Organe und da sie zahlreicher und grösser sind als die Hydathoden der Blattunterseite, so erscheint es ganz begreiflich, dass die Wasseraufsaugung seitens der Blattober- seite rascher vor sich geht. Lebendfärbungsversuche mit 0:0005°/,iger Methylenblau- lösung ergaben schon nach wenigen Stunden ein positives Resultat. Nach 12 Stunden sind in den Drüsenköpfchen der Hydathoden sowohl wie der Digestionsdrüsen (und zwar der sitzenden, wie der gestielten Drüsenhaare) intensiv blauge- färbte kugelige Blasen zu beobachten, und zwar in der Regel in jeder Zelle eine grosse und ziemlich zahlreiche bedeutend kleinere Bläschen. Die’ Epidermis- und Spaltöffnungszellen bleiben vollkommen farblos. Ein näheres Eingehen auf-den Vorgang der Farbstoffispeicherung lag nicht im Plane der vor- liegenden Untersuchung. Die noch nicht insectivoren Vorfahren von Pinguicula haben demnach höchst wahrscheinlich auf beiden Blattseiten wasserausscheidende und -aufsaugende Drüsenhaare von unge- fähr jenem Bau besessen, welchen die Hydathoden der Blatt- unterseite von Pingnicula noch heute aufweisen. Die Drüsen- haare der Blattoberseite mögen dabei sehr bald ein etwas schleimiges Secret ausgeschieden haben, und zwar zu dem bereits von Goebel angedeuteten Zwecke: um das ausgeschie- dene Wasser festzuhalten, vielleicht auch langsamer verdampfen Das tropische Laubblatt. ST zu lassen und so eventuell wieder absorbiren zu können. Damit war die Möglichkeit des zunächst rein zufälligen Insectenfanges gegeben, und nun entwickelten sich die Hydathoden der Blatt- oberseite zur vollständigeren Ausnützung des mit dem Insecten- fange verbundenen Vortheils zu Digestionsdrüsen weiter, wobei dann auch die bereitsoben angedeutete Arbeitstheilung zwischen sitzenden und gestielten Drüsenhaaren sich einstellte. Bei den Nepenthes-Arten kommen auf Ober- und Unterseite des spreitenförmigen, assimilirenden Blattgrundes, ferner auch auf dem rankenförmigen Theile des Blattes und auf der Aussen- seite der Kanne braune Schuppenhaare vor, welche man ihrem Bau nach ohneweiters als Hydathoden bezeichnen möchte. DieSchuppe selbst ist mehr oder minder regelmässig sternförmig gelappt und besteht bei N. destillatoria in der Regel aus acht Zellen (Taf. IV, Fig. 11). Bei N. gracilis kommt es bloss zur Quadrantentheilung, so dass die Schuppe Kreuzform an- nimmt (Fig. 12). Auffallend ist, dass dieser Theil des Haares schon sehr frühzeitig abstirbt und eine lebhaft braune Farbe zeigt. Das in einer trichterförmigen Einsenkung sitzende Schuppenhaar geht nach unten zu allmälig in einen aus mehreren Zelletasen, bestehenden Stiel’ über: (Bier 10). Die oberste, an die abgestorbene braune Schuppe grenzende Etage zeigt gewöhnlich noch Quadrantentheilung, die zwei unteren Etagen sind bei N. destillatoria einzellig, scheibenförmieg. Sämmtliche Zellen des Stieles besitzen stark ausgebildete, lebende Plasmakörper. Auch die grosse, blasige Fusszelle ist sehr plasmareich und weist einen ziemlich grossen Zellkern auf. Besonders auffallend ist die starke Verdickung und Cutinisirung des Randes der Scheidewand zwischen Stiel und Fusszelle, eine bei Trichom-Hydathoden so häufig zu beobachtende Erscheinung. In dem Falle, als die geschilderten Schuppenhaare that- sächlich als Hydathoden fungiren sollten, könnten natürlich nur die plasmareichen, lebenden Zellen des Stieles und eventuell die Fusszelle als wasserausscheidende und -absorbirende Ele- mente in Betracht kommen Die schon sehr frühzeitig ab- sterbende Schuppe dagegen könnte höchstens die Bedeutung einer Schutzdecke besitzen. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. | 95 G. Haberlandt, Wenn ich im Vorstehenden die Frage, ob die Schuppenhaare des spreitenförmigen Blattgrundes von Nepenthes als Hyda- thoden fungiren, offen liess, so geschah dies in Hinblick darauf, dass meine diesbezüglichen Beobachtungen und Experimente einander widersprechen. Im Buitenzorger Garten habe ich wieder- holt am frühen Morgen auf den Oberseiten der »Blattspreiten« reichliche Tropfenausscheidung beobachtet, und zwar haupt- sächlich bei solchen Blättern, deren Kannen noch nicht entwickelt waren. So zeigte z. B. ein Spross von N. gracilis um /,7 Uhr Früh nachstehendes Verhalten: das jüngste Blatt, noch unaus- gewachsen und halb gefaltet, war ganz trocken. Die Spreite des nächsten, vollkommen ausgewachsenen Blattes mit erst 2cm langer Kanne war oberseits reich betropft. Das dritte Blatt mit ausgewachsener, reichlich Flüssigkeit enthaltender Kanne war oberseits ganz trocken. Das vierte Blatt, dessen Kanne zahl- reiche Insectenleichen aber nur wenig Flüssigkeit enthielt, war oberseits schwach betropft. — Aus diesem Verhalten schien also hervorzugehen, dass die Schuppenhaare der Spreiten Wasser secerniren, solange die »Digestionsdrüsen« der Kannen noch unthätig sind und keine Flüssigkeit ausscheiden. Druck- versuche habe ich leider in Buitenzorg nicht angestellt. Die im Grazer botanischen Institut und im Gewächshause angestellten Versuche ergaben aber ein negatives Resultat. Zu den Versuchen wurden sowohl einzelne Blätter wie auch ganze Sprosse von Nepenthes destillatoria und gracilis verwendet. Die Höhe der Quecksilbersäule betrug 17—22cm. An älteren wie jüngeren Blättern blieben die Spreitentheile selbst nach 24 Stunden bei- derseits vollkommen trocken, dafür trat eine mehr oder minder starke, gleichmässige, oder längs der Mittelrippe aus- gesprochenere Injection der Intercellularen mit Wasser ein. Dieses Ergebniss steht also mit meinen Beobachtungen im Buitenzorger Garten in Widerspruch. Worauf derselbe beruht, vermag ich nicht anzugeben. Vielleicht sind die Schuppenhaare unserer Gewächshausexemplare functionsunfähig, was mit Rücksicht auf die Empfindlichkeit der Nepenthes-Pilanzen, welche bei der Cultur in unseren Gewächshäusern auch in morphologischer Hinsicht manche Anomalien zeigen,nicht ganz unwahrscheinlich ist. Auch an die Möglichkeit ist zu denken, dass die Schuppen- Das tropische Laubblatt. 99 haare in Folge des Wundreizes und überhaupt der anomalen Verhältnisse, die durch die Versuchsanstellung gegeben sind, ihren Dienst versagen. Nach meinen Erfahrungen gehören die Hydathoden überhaupt zu den empfindlichsten Organen des Blattes, welche schädlichen Einflüssen gegenüber am frühesten ihre Thätigkeit einstellen. Ein etwas günstigeres Resultat ergaben die im Grazer botanischen Institut angestellten Wasseraufsaugungsversuche. Ein noch junges, aber ausgewachsenes Blatt von N. gracilis mit unentwickelter Kanne wog frisch 2:985g, nach 1!/, stün- digem Welken 2°6358. Mit Ausschluss der Schnittfläche unter Wasser getaucht betrug sein Gewicht nach 5 Stunden 2:73 8, was einer Gewichtszunahme von 3:2°/, entspricht; das Blatt war noch ziemlich welk. Nach 21 Stunden wog es 29058; Gewichtszunahme 9°/,. Es war nun wieder ganz turgescent geworden. Geringer war die Wasseraufnahme welker Blätter von N. destillatoria. — Bei einem in Buitenzorg angestellten Ver- suche mit wässeriger Eosinlösung waren die Drüsenschuppen von N. destillatoria sammt den Stielen nach einer Viertelstunde roth, die Fusszellen blassroth gefärbt. Lebendfärbungsversuche mit 0:0005°/, iger Methylenblaulösung (in Graz angestellt) er- gaben nach 24 Stunden eine intensive Blaufärbung der sehr gerbstoffreichen abgestorbenen Schuppe, während der lebende Stiel und die Fusszelle erst nach 2 Tagen eine blassblaue Färbung erkennen liessen. Bei vielen Drüsen blieben Stiel und Fuss ganz ungefärbt. Aus all dem Mitgetheilten ergibt sich, dass die auf den Blattspreiten von Nepenthes vorkommenden Schuppenhaare zwar den anatomischen Bau von Hydathoden besitzen, dass aber ihre wasserausscheidende Function ungewiss, ihre wasser- aufsaugende Thätigkeit nicht eben energisch ist. Es scheinen hier also in physiologischer Rückbildung begriffene Organe vorzuliegen. Andererseits dürfte die phylogenetische Verwandt- schaft der Digestionsdrüsen der Kannen mit den geschilderten Schuppenhaaren der Spreiten aus morphologischen wie physio- logischen Gründen nicht zu bezweifeln sein. Wir können uns also von der Entwickelung der Nepenthes-Arten als insectivorer Pflanzen das folgende, allerdings nur hypothetische Bild ent- mil 7# 100 G. Haberlandt, werfen. Bei den noch kannenlosen Vorfahren von Nepenthes traten auf den Blättern typische Hydathoden auf, welche unge- fähr jenen Bau besessen haben dürften, welchen die Schuppen- haare der Blattspreiten von Nepenthes noch heute besitzen. Nun wurden, wie bereits Goebel angedeutet hat, zum Zwecke der Aufsammlung und späteren Absorption des ausgeschiedenen Wassers die Kannen ausgebildet. Natürlich war es jetzt vor- theilhaft, dass die Hydathoden an den Innenseiten der Kannen eine gesteigerte Ausbildung erfuhren, während jene des spreiten- förmigen Blattheiles der physiologischen Rückbildung anheim- fielen. Aus den Vortheilen des zuerst zufälligen Insectenfanges ergaben sich dann secundär alle jene speciellen Anpassungen, welche die Nepenthes-Arten zu so interessanten insectivoren Pflanzen machen. Dass auch die extranuptialen Nectarien in vielleicht zahlreichen Fällen von Hydathoden abstammen, dürfte kaum zu bezweifeln sein. Ich habe dabei zunächst bloss jene Nectarien im Auge, welche aus Gruppen von drüsigen Keulen- und Schuppenrhaaren bestehen, die eine zuckerhältige Flüssigkeit ausscheiden. Die bereits im I. Theile dieser Abhandlung mit- getheilte Thatsache, dass der Zellinhalt der auf den Blattnerven von Phsseolus maultiflorus sitzenden, wasserausscheidenden Keulenhaare die Zuckerreaction zeigt, sodann auch der Um- stand, dass diese Haare besonders reichlich an den Stipellen und Nebenblättern auftreten, veranlasste mich, die Beziehungen der extranuptialen Nectarien verschiedener Vicia-Arten zu der. in Rede stehenden Hydathoden genauer ins Auge zu fassen. Bei Vicia sepium (u. A.) tritt bekanntlich! auf der Unterseite jedes Nebenblattes ein Nectarium auf, welches aus dicht neben- einander stehenden Keulenhaaren besteht; dazwischen befinden sich einzelne 3—6mal solange, in eine dünneSpitze auslaufende Haare. Jedes Keulenhaar weist eine Fusszelle, eine kurze Stiel- zelle und zwei Etagen von Drüsenzellen auf; jede Etage besteht in der Regel aus einem Zellenpaare. Die Drüsenzellen enthalten einen stark ausgebildeten Plasmakörper und, wie schon deBary angibt, »stark lichtbrechende, dichte, kugelige Anhäufungen ! Vergl. deBary, Vergl. Anatomie, S. 101. Das tropische Laubblatt. 101 und Körner bildende Körper« nebst farblosem Zellsaft. Die stark lichtbrechenden Anhäufungen sind, wie dieReaction mit Kalium- bichromat und mit Eisensulfat, ferner die Lebendfärbung mit Methylenblau ergibt, nichts anderes als Gerbstoffballen. Ganzähnlich gebaute Keulenhaare treten nun auch ziemlich reichlich auf den Öberseiten der Fiederblättchen auf, besonders über den Leitbündeln; oft sind sie einander paarweise genähert. Den Unterseiten der Blättchen fehlen sie. Ihr Stiel ist, wie bei den Keulenhaaren der Feuerbohne gekrümmt. Der Inhalt des aus zwei Zellenpaaren bestehenden Drüsenkopfes stimmt, so- weit die mikroskopische Untersuchung der lebenden Haare «lehrt, vollkommen mit dem der Nectarienhaare überein. Auch hier finden wir wieder jene stark lichtbrechenden Anhäufungen vor, welche den oben erwähnten Reactionen zu Folge aus Gerb- stoff bestehen. Bei der Kupferreaction (nach Arth. Meyer) tritt in den Keulenhaaren der Fiederblättchen keine Abscheidung von Kupferoxydul ein, während die Nectariumdrüsenhaare im durchfallenden Licht ganz schwarzbraun erscheinen. Da kein Zweifel darüber bestehen kann, dass die drüsigen Keulenhaare der Fiederblättchen und jene der Nectarien an den Nebenblättern morphologisch ganz gleichwerthige Gebilde sind, so bleibt jetzt nur noch der Nachweis übrig, dass die Keulen- haare der Fiederblättchen als Hydathoden fungiren. Ein Druck- versuch mit einem mehrblättrigen Spross (Höhe der Ouecksilber- säule 1IScm) ergab nachstehendes Resultat. Nach zwei Stunden zeisten die Spitzen der Fiederblättchen ausgewachsener Blätter beginnende Injection. Hier trat auch oberseits, wo sich eine Anzahl von Wasserspalten befindet, je ein ziemlich grosser Wassertropfen aus. Sonst waren die Blattfiedern beider- seits trocken. Auch die Nectarien der jüngeren Nebenblätter hatten bereits grosse Flüssigkeitstropfen secernirt. Nach 24 Stunden zeigten die älteren ausgewachsenen Blätter keine Ver- änderung. Die Wasserausscheidung an den Spitzen der Fieder- blättchen dauerte fort. An den jüngeren Blättern war die Injection der Intercellularen weiter vorgeschritten. Nun traten auch unter- seits an einzelnen Stellen Tropfen aus. Oberseits sah man zahl- reiche winzig kleine Tröpfchen, die zweifelsohne von den Keulenhaaren secernirt wurden. Die halb gefalteten Fieder- 102 G. Haberlandt, blättchen noch unausgewachsener Blätter waren oberseits, namentlich über den Leitbündeln, ganz benetzt. Die Keulenhaare der jungen, noch unausgewachsenen Fiederblättchen fungiren demnach als Wasserdrüsen. Bald aber treten sie ihre Aufgabe an die Wasserspalten der Blättchen- spitzen ab, durch welche auch noch an älteren Blättern Wasser austritt. Welke Blätter von Vicia sepium erlangen, mit Ausschluss derSchnittfläche unter Wasser getaucht, sehr bald ihre normale Turgescenz wieder. Ein frisches Blatt, welches 0-182g wog, besass nach einstündigem Welken ein Gewicht von 0'152 8. Unter Wasser getaucht wog es nach 7 Stunden 0:205 8, was einer Gewichtszunahme von 29°/, entspricht. Dass die Wasser- aufnahme durch die Keulenhaare erfolgt, geht auch aus den Lebendfärbungsversuchen mit 0:0005°/, iger Methylenblau- lösung hervor. Nach 6 Stunden sind die Gerbstoffballen der Keulenhaare schwach, nach 24 Stunden ziemlich intensiv blau gefärbt, während die Epidermiszellen, obgleich auch sie ziemlich gerbstoffhältig sind, vollkommen farblos bleiben. — Auch die Drüsenhaare der Nectarien zeigen Lebendfärbung, allerdings in etwas weniger intensivem Maasse, als die der Laubblätter. Die Keulenhaare der Fiederblättchen von Vicia sind also wie jenevon Phaseolus multiflorus sowohl wasserausscheidende wie aufsaugende Organe. Die letztere Function bleibt weit länger erhalten, als die erstere. | Die phylogenetische Entwickelung der extranuptialen Nec- tarien der Vicia-Arten ist demnach zweifelsohne die gewesen, dass an den Nebenblättern zuerst, sowie bei Phaseolus multi- florus, in grösserer Anzahl wasserausscheidende Drüsenhaare aufgetreten sind. Die secernirte Flüssigkeit, welche anfänglich bloss ganz geringe Zuckermengen enthielt, wurde von Ameisen aufgesucht und der damit für die Pflanze verbundene Vortheil hatte die Weiterbildung der Hydathoden zu Nectarium-Drüsen- haaren im Gefolge. Der anatomische Bau der Drüsenhaare er- fuhr dabei keine nennenswerthe Veränderung, wohl aber ver- änderte sich dieZusammensetzung der ausgeschiedenen Flüssig- keit und die Vorbedingung für den Eintritt der Ausscheidung. DieseVorbedingung besteht für dieHydathoden in einer gewissen Das tropische Laubblatt. 105 Steigerung des hydrostatischen Druckes im Wasserleitungs- system. Bei den Nectarien begünstigt und vermehrt zwar eine solche Steigerung die Nectarabsonderung, sie ist aber keine nothwendige Vorbedingung mehr, da auch an abgeschnittenen und in Wasser gestellten Sprossen von Vicia sepium und V. faba die Nectarien der jüngeren Nebenblätter ziemlich reichlich secerniren. Natürlich war es für die biologische Aufgabe der Nectarien nur von Vortheil, dass sich ihre Drüsen- haare in ihrer Function von dem durch die Drucksteigerung im Wasserleitungssystem gebotenen Reize unabhängig gemacht haben.! In wie weit sich andere Bautypen der extranuptialen Nec- tarien von entsprechend anderen Bautypen der Hydathoden ableiten lassen, bleibt künftigen Untersuchungen vorbehalten. IV. Zusammenfassung und Schlussbemerkungen. Überblicken wir die im I. und Il. Theile dieser Abhandlung beschriebenen Typen im Bau der Hydathoden, so ergibt sich folgende Übersicht: BrEkyidarchloden ohmerdireeten Anschluss an’das Wasserleitungssystem. 1. Einzellige Hydathoden: Umgewandelte Epidermis- zellen (Gonocaryum pyriforme, Anamirta Cocculus). 2. Mehrzellige Hydathoden: Trichome; gewöhnliche Haare, Keulen-, Köpfchen- und Schuppenhaare (Ma- 1 Ich lasse es dahingestellt, ob die Unabhängigkeit der Function der ‚Nectarien vom Wurzel- und überhaupt vom Blutungsdruck in der Weise erzielt worden ist, dass, wie Wilson (The cause of the excretion of water on the sur- face of nectaries, Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen, I. Bd., p. 1 ff) für die Nectarien von Fritillaria und Prunus laurocerasus nach- gewiesen hat, die Secretion auf osmotischer Saugung von ausgeschiedenem Zucker beruht. Als ich von einigen jüngeren Nectarien von Vicia sepium die Nectartropfen mittelst Filterpapier entfernte, war am nächsten Tage neuerlich Nectarausscheidung zu beobachten. Auch durch Auswaschen der Nectarien mit Wasser konnte die Secretion nicht sistirt werden; nach zwei Tagen waren neuerdings kleine Nectartropfen über den ausgewaschenen Nectarien zu beob- achten. Das Auswaschen muss allerdings in der schonendsten Weise geschehen, um die zarten Drüsenhaare nicht zu verletzen. — Jedenfalls findet also wieder- holte Zuckerausscheidung statt. 104 G. Haberlandt, chaerium oblongifolium, Phaseolus multiflorus, Pipera- ceen, Bignonia brasiliensis, Spathodea campannlata, Artocarpns). I. Hydathoden mit directem Anschlusse an das Wasserleitungssystem. 1. Hydathoden ohne Wasserspalten (Farn-Typus). 2. Hydathoden mit Wasserspalten. a) Hydathoden mit Epithemen. 9. Die Secretion beruht auf activer Wasseraus- pressung seitens des Epithemgewebes (Cono- cephalus ovatus, Ficus Sp.). ß. Die Secretion beruht auf Druckfitration; das Epithemgewebe ist an der Wasserauscheidung nicht direct betheiligt (Fuchsia). b) Hydathoden ohne Epitheme. Die Secretion beruht auf Druckfiltration (Vicia sepium, Secale cereale). In anatomischer Beziehung sind alle Hydathoden welche activ Wasser auspressen, durch einen mehr oder minder auffallenden Plasmareichthum und durch relativ grosse Zell- kerne ausgezeichnet; sie schliessen sich ın dieser Hinsicht an andere drüsige Organe des Pflanzenkörpers an. Die epidermalen Hydathoden sind entweder dauernd oder wenigstens in ihren ersten Entwicklungsstadien von einer Cuticula überzogen. Die- selbe wird in einigen Fällen schon frühzeitig resorbirt, die darunter befindlichen Celluloseschichten verschleimen; es ent- stehen eigens gebaute, von engen Canälen durchzogene Aus- flussstellen, wie bei Gonocaryum pyriforme und Anamirta Cocculus. In anderen Fällen, wie bei verschiedenen Piperaceen, wird die Cuticula durch ein schleimiges Membransecret abge- hoben und gesprengt. Das austretende Wasser hat dann bloss die innerste, nicht verschleimende Zellhautschicht zu passiren. In der Mehrzahl der Fälle, bei den meisten Trichom-Hydathoden, sowie den »Wassergrübchen« der Farnblätter überzieht die Cuticula dauernd die wasserausscheidenden Zellen. Nur in einem Falle, bei Bignonia brasiliensis, ist es mir gelungen ein in mikrochemischer Hinsicht abweichendes Verhalten der Cuticula über den Wasserdrüsen festzustellen.’ Daraus geht neuerdings die auch schon von anderen Forschern constatirte Das tropische Laubblatt. 105 Thatsache hervor, dass die Cuticula nicht an allen Stellen für Wasser schwer permeabel ist.! Ob diese über den Hydathoden so bedeutende Durchlässigkeit der Cuticula auf einem ab- weichenden chemischen Verhalten beruht, oder auf besonderen Structureigenthümlichkeiten — etwa dem Vorhandensein von äusserst feinen Poren, welche sich der mikroskopischen Wahr- nehmbarkeit entziehen, — diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten. Wenn wir nach anderen gemeinschaftlichen Zügen im anatomischen Bau der Hydathoden suchen, so kommen zu- nächst die Trichom-Hydathoden in Betracht. In der »Zusammen- fassung« des I. Theiles dieser Abhandlung wurde bereits her- vorgehoben, dass dieselben am häufigsten als kurzgestielte Köpfchenhaare erscheinen, die im einfachsten Falle bloss aus Ener zellen den Köpfchen, der Stiel, und den’Kusszelle be- stehen. Das Köpfchen fungirt als eigentliches Wassersecretions-, beziehungsweise Absorptionsorgan. Die Stielzelle repräsentirt gewissermassen den mechanischen Apparat des ganzen Organs, indem ihre oft stark verdickten und fast immer ausgiebig cutinisirten Seitenwände einen festen Ring bilden, der die Aus- und Eintrittsöffnung für das Wasser stets gleich weit erhält. Bei Artocarpus polyphemos wurde beobachtet, dass wenn das Köpfchen abstirbt, dieser Ring enorm verdickt wird, so dass ein fast vollständiger Verschluss der Öffnung zu Stande kommt. Dieselbe mechanische Bedeutung kommt auch dem cutinisirten Cellulosering an der Einschürungsstelle der einzelligen Hyda- thoden von Gonocaryum pyriforme zu. Die oft verbreiterte Fusszelle endlich vermittelt den Anschluss an die benachbarte Epidermis und das darunterliegende Gewebe. Sie ist deshalb sehr dünnwandig, und häufig lässt sich beobachten, dass eine möglichst grosse Anzahl von subepidermalen Zellen (nament- lich Palissaden) den unmittelbaren Anschluss an diesen Theil des Organes zu gewinnen sucht. Der Fusszelle entspricht bei Gonocaryum pyriforme der unterste dünnwandige, blasen- förmige Theil der einzelligen Hydathode, der hier zugleich als I Vgl. ArthurMeyerund A.Dewevre, Über Drosophvllam lusitanicum ; Bot. Centralblatt, LX. Bd. 1894. S. 36. 106 G. Haberlandt, Druck- und Volumregulator des ganzen Apparates fungiren dürfte. Eine dritte Kategorie der epidermalen Wasserausschei- dungsorgane wird neben den einzelligen und den Trichom- Hydathoden von den »Wassergrübchen« der Farnblätter ge- bildet. Hier ist eine ganze Gruppe von Epidermiszellen in wasserausscheidende Drüsenzellen umgewandelt. So bilden diese Hydathoden ein Analogon zu den eng umschriebenen »Drüsenflecken« im Sinne de Bary’s.! Die mit Wasserspalten versehenen Hydathoden be- sitzen in den einfachsten Fällen noch kein Epithemgewebe. Die Tracheidenenden grenzen direct an das Intercellularsystem des Mesophylis, welches mit den »Athemhöhlen« unter den Wasserspalten communicirt. Wenn ein kleinzelliges Epithem- gewebe ausgebildet wird, so kann dasselbe entwickelungsge- schichtlich der Hauptsache nach dem Bündelende selbst ange- hören, wobei die Epithemzellen als umgewandelte Hadrom- parenchymzellen zu betrachten sind; oder das Epithemgewebe ist hauptsächlich grundmeristematischen Ursprungs und als umgewandeltes Chlorophyliparenchym zu deuten. In ersterem Falle umschliesst in der Regel eine Parenchymscheide — die unmittelbare Fortsetzung der Leitparenchymscheide des Gefäss- bündels — den Epithemkörper; in letzterem Falle geht dieser ganz allmälig in das benachbarte Assimilationsgewebe über. Das meist kleinzellige Epithemgewebe zeichnet sich in den meisten Fällen, wie zuerst Volkens betont hat, durch den Besitz von engen Intercellularen aus, an welche bei Fuchsia, und wohl in allen Fällen, wo die Wasserausscheidung ein blosser Filtrations- process ist, direct die Tracheidenenden grenzen. In physiologischer Hinsicht lassen sich zwei Haupt- gruppen von Hydathoden unterscheiden, je nachdem die Wasserausscheidung auf einfacher Druckfiltration, oder auf activer Auspressung seitens der Hydathoden beruht. Im ersteren Falle wird die Betriebskraft, welche die Wasserausscheidung bewirkt, durch den Wurzeldruck und überhaupt den Blutungs- druck repräsentirt, welcher im Wurzelsystem, eventuell auch in den Stengeln und Zweigen erzeugt wird. Die Hydathoden 1 Vgl. Anatomie S. 95, 96. Das tropische Laubblatt. 107 sind dann nichts anderes als die Stellen geringsten Filtrations- widerstandes, an welchen das im Wasserleitungssystem unter einem bestimmten Druck stehende Wasser durch eine vis a tergo ausgepresst wird. Im zweiten Falle dagegen wird die zur Wasserausscheidung nöthige Betriebskraft von den drüsig ge- bauten Hydathodenzellen selbst geliefert, sie entwickeln selbst die Pumpkraft, welche Wasser nach aussen presst, während der im Wasserleitungssystem herrschende Blutungsdruck auf die Hydathoden blos als Reiz einwirkt, der sie veranlasst, einseitig Wasser hervorzupressen. Die epidermalen Hydathoden sind sämmtlich derartige activ wirkende »Wasserdrüsen«. Bei den einzelligen Hyda- thoden von Gonocaryum und Anamirta weist schon der ana- tomische Bau dieser Organe unzweideutig darauf hin, dass das Wasser vom Plasmakörper der Hydathode nach aussen getrieben wird. Bei den 'Trichomhydathoden begegnet die Annahme einer einfachen Druckfiltration im obigen Sinne schon von vorneherein unüberwindlichen Schwierigkeiten. Man hätte hierbei anzunehmen, dass durch den im Wasserleitungssystem herrschenden Blutungsdruck das Wasser aus den Gefässen und Tracheiden in die Wände der angrenzenden Parenchymzellen getrieben, und in diesen bis in die Wände der Hydathoden weiter gepresst wird, wo es dann schliesslich nach aussen tritt. Durch die Zelllumina kann nämlich das Wasser desshalb un- möglich filtriren, weil der in den Zellen herrschende osmotische Druck die Grösse des in den Gefässen und Tracheiden herrschenden Blutungsdruckes sicherlich stets um ein Be- deutendes übertrifft. Ferner ist es aber auch sehr fraglich, ob der Blutungsdruck ausreichen würde, um die beträchtlichen Reibungswiderstände zu überwinden, welchen das in den Zell- wänden fortgetriebene Wasser auf seinem verhältnissmässig langen Wege von den Wasserleitungsröhren bis zu den Aussen- wänden der Hydathoden begegnen müsste. Das Wasser würde vielmehr gewiss auf nächstem Wege durch die Zellwandungen in die Intercellularräume des Blattes filtriren, was ja auch that- sächlich eintritt, wenn die Hydathoden vergiftet wurden. Das Ausbleiben der Wasserausscheidung nach Vergiftung der Hydathoden beweist nun unzweifelhaft, dass die Pumpkraft 108 G. Haberlandt, welche das Wasser nach aussen presst, seitens der lebenden Protoplasmakörper dieser Organe entwickelt wird. Denn wenn die Hydathoden blos die Stellen geringsten Filtrationswider- standes wären, so könnte durch die Vergiftung dieser Wider- stand nur verringert, nicht aber so sehr erhöht werden, dass die Druckfiltration unmöglich wäre. Das Wasser könnte jetzt nämlich direct durch die Lumina der getödteten Zellen filtriren. Überdies liegt nicht der geringste Anhaltspunkt für die Annahme vor, dass die Leitungsfähigkeit der Zellwände für Wasser durch die giftige Substanz herabgesetzt wird. In sehr klarer Weise sprechen endlich bei dem dritten Typus der epidermalen Hydathoden, den Wassergrübchen der Farne, bereits die histologischen Verhältnisse gegen die An- nahme einer einfachen Druckfiltration. Unter den plasmareichen epidermalen Drüsenzellen liegt bei Polypodium aureum u. a. direct die Endodermis des Bündelendes, dann folgt eine paren- chymatische Scheide, welche unmittelbar an die Tracheiden grenzt. Würde nun das Wasser aus diesen durch die radi- alen Wände der darüber befindlichen drei Zelllagen nach aussen filtriren, so müsste dasselbe auch die radialen Wände der Endodermiszellen passiren. Diese sind hier aber genau so verkorkt wie an den Flanken und an der Unterseite des Bündels (Taf. IV, Fig. 1, 2). Man könnte nun einwenden, dass diese ver- korkten Membranstreifen der Endodermis für Wasser ebenso durchlässig sein können wie die zarte Cuticula, welche die »Epidermis« des Wassergrübchens bedeckt. Dagegen ist aber geltend zu machen, dass die oberflächlich gelegenen Drüsen- zellen eines cuticularen Schutzes bedürftig sind, während nicht recht einzusehen ist, warum die radialen Wände der Endo- dermiszellen unmittelbar unter der Drüsenzellschicht verkorkt sein müssen. Dem sei nun wie ihm wolle, das Ergebnis der Vergiftungsversuche macht auch hier allen Zweifeln ein Ende. Werden die epidermalen Drüsenzellen getödtet, so unterbleibt die Wasserausscheidung gänzlich. In der grossen Gruppe der mit Wasserspalten und Epi- themen versehenen Hydathoden beruht nach den bisherigen Untersuchungen blos bei den Conocephalus-Arten, bei Ficus sp. und wahrscheinlich auch bei anderen Moraceen und Urti- Das tropische Laubblatt. 109 caceen die Wasserausscheidung auf activer Thätigkeit des Epithemgewebes, welches hier eine »innere Wasserdrüse« vor- stellt. Bei Fuchsia dagegen, an welche sich zweifellos zahlreiche andere Pflanzen anschliessen, ist die Wasserausscheidung seitens der Hydathoden ein einfacher Filtrationsprocess. Das "Wasser wird durch den im Wasserleitungssystem herrschenden Blutungsdruck direct in die Intercellularen des Epithemgewebes getrieben und filtrirt durch die Wasserspalten nach aussen. Das Epithemgewebe hat in diesen Fällen wahrscheinlich nur die Aufgabe, ein System von englumigen Intercellularen her- zustellen, aus welchen das Wasser nicht so rasch durch Ver- dampfung entweichen kann. Bei Fuchsia, wo den Epithemen eine vom Wurzeldruck unabhängige, allerdings nur gering- fügige Fähigkeit der Wassersecretion zukommt, hat dieselbe wahrscheinlich die Aufgabe, das Intercellularsystem der Epi- theme behufs Abschlusses der trachealen Leitungsbahnen dauernd mit Wasser gefüllt zu erhalten. Bei Conocephalus hat diese anfänglich nur unbedeutende und auf einen Nebenzweck abzielende Fähigkeit zu activer Wassersecretion eine solche Steigerung erfahren, dass sie allein es ist, durch welche nun- mehr die Wasserausscheidung dieser Pflanzen zu Stande kommt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass künftige Unter- suchungen verschiedene physiologische Übergangstypen zwi- schen dem Fuchsia- und dem Conocephalus-Typus aufdecken werden, bei welchen die Wasserausscheidung zum Theil noch auf einfacher Druckfiltration, zum Theile bereits auf activer Wasserauspressung seitens der Epitheme beruht. Die einfachsten und zugleich unvollkommensten Hyda- thoden (wenn wir von Rissen in der Epidermis etc. absehen) sind dadurch gekennzeichnet, dass die Tracheidenenden direct an das Intercellularsystem des Blattparenchyms grenzen, in das nun das Wasser durch den Wurzeldruck hineingepresst wird, um schliesslich durch Wasserspalten nach aussen zu treten. Dieser Typus tritt an der Spitze des Scheidenblattes und der ersten Laubblätter verschiedener Graskeimlinge auf; auch die Fiederblattspitzen von Vicia sepium sind im Allgemeinen nach diesem Typus gebaut, obgleich sich hier schon ein rudimentäres Epithemgewebe zu differenziren beginnt. 110 G. Haberlandt, In activ thätigen Hydathoden wird das Wasser einseitig aus den Zellen hervorgepresst. Es liegen hier also in Bezug auf das Zustandekommen des Phänomens dieselben Möglichkeiten vor, wie bei derEntstehung desBlutungsdruckes.!Da dieHydathoden, wie es ihrer biologischen Bedeutung entspricht, nur dann functio- niren, wenn der hydrostatische Druck im Wasserleitungs- system eine bestimmte Höhe erreicht hat, so muss angenommen werden, dass sie für diese Drucksteigerung empfindlich sind; dieselbe wird von den Hydathoden als Reiz percipirt, worauf dann die Wasserausscheidung erfolgt. Diese Annahme hat nichts Befremdendes an sich, wenn wir an die Schweissdrüsen des thierischen Organismus denken, deren Thätigkeit nur indirect vom Blutdruck abhängig ist, hingegen unter dem unmittelbaren Einfluss nervöser Erregung steht. Wie wir im I. Theile dieser Abhandlung gesehen haben, sind bei verschiedenen Pflanzen die epidermalen Hydathoden im Stande, nach zu starker Transpiration von aussen (bei Regen- und Thaufall) dargebotenes Wasser in mehr oder minder reichlicher Menge aufzusaugen und dem übrigen Theil des Blattes zuzuführen. Durch das Sinken des Turgors im Blatt- parenchym wird eine osmotische Betriebskraft geschaffen, welche mit dem Welken der Blätter dem vollen Werthe der Turgorkraft gleichkommen kann.” Durch diese osmotische Saug- kraft wird von aussen dargebotenes Wasser, wenn die Epider- mis permeable Eintrittsstellen aufweist, gerade so eingesogen werden, wie es bei geringerer. Transpiration dem gefüllten Wasserleitungssysteme entnommen wird. Die Hydathoden brauchen also in diesem Falle blos als leicht permeable Durch- lassstellen zu fungiren, eine specifische Thätigkeit als wasserabsorbirende Organe haben sie dabei nicht unbedingt zu entfalten. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass in ge- wissen Fällen die Protoplasten der Hydathoden .auch in Bezug auf die Wasseraufsaugung activ thätig sind und bei der Weiter- beförderung des absorbirten Wassers wie Pumpen wirken. Dies 1 Vgl. Pfeffer, Pflanzenphysiologie; I. Bd. S. 171, ferner: Studien zur Energetik der Pflanze. Abhandlung der sächs. Gesellschaft der Wissenschaften; XVII. Bd., S. 265 ff. 2 Vgl. Pfeffer, Energetik, S. 260. Das tropische Laubblatt. 111 dürfte speciell für die ausschliesslich wasseraufsaugenden Haare zutreffend sein, mit welchen uns namentlich die schönen Untersuchungen A. F.W. Schimper’s und Volkens’ bekannt gemacht haben. Der auffallende Plasmareichthum bestimmter Zellen dieser Haare dürfte mit solcher Activität im Zusammen- hang stehen. Gehen wir jetzt zur biologischen Bedeutung der Hydathoden über, so liegt ihr Nutzen für die Pflanze auf der Hand. Sie sind wichtige Regulatoren des Wassergehaltes, respective Turgescenzzustandes der Blätter und überhaupt der ganzen Pflanze. Sie verhüten bei beträchtlicher Steigerung des Wurzel- und überhaupt des Blutungsdruckes die drohende In- jeetion der Durchlüftungsräume mit Wasser, welche zwar nicht direct schädlich zu sein scheint, wohl aber aus leicht erklär- lichen Gründen die Assimilation in hohem Grade beein- trächtigen muss. Wenn an jedem Morgen erst das in den Inter- cellularen des Chlorophyliparenchyms enthaltene Wasser ver- dampfen müsste, bevor der Assimilationsgaswechsel unge- hindert von statten gehen könnte, so würde täglich ein ansehn- licher Bruchtheil der hellen Tagesstunden für die Assimilation so gut wie verloren gehen. Auch noch in anderer Weise sind die Hydathoden für die gesammte Ernährungsthätigkeit der Pflanzen, welche in feuchten Klimaten zu Hause sind, förderlich. Meine ursprüngliche Ver- muthung, dass die Hydathoden als Wasser activ heraus- pressende Organe die bedeutend verringerte, ja stundenlange ganz sistirte Transpiration in ihrer saugenden Wirkung er- setzen respective ergänzen, eine raschere Wasserströmung veranlassen und so eine schnellere Zufuhr der im Wasser ge- lösten Nährstoffe bewirken könnten, hat sich allerdings in dieser Fassung nicht bestätigt. Denn auch die activ thätigen Hyda- thoden beginnen erst dann zu functioniren, wenn in die trache- alen Leitungsbahnen Wasser eingepresst wird und hier unter einem gewissen Druck steht. Die Hydathoden sind also für sich allein nicht im Stande eine den Transpirationsstrom ersetzende Wasserströmung zu erzielen, wohl aber ermöglichen sie durch die Ausscheidung des in die Blätter eingepressten Wassers eine Wasserströmung, für welche der Wurzel- respective Blutungs- 12 G. Haberlandt, druck die Betriebskraft abgibt. Ein grosser Theil der auf diese Weise mitgerissenen mineralischen Nährstoffe bleibt dabei offenbar in der Pflanze zurück, wie aus dem so geringen Aschengehalte der ausgeschiedenen Flüssigkeit hervorgeht. Die Hydathoden sind demnach nur indirect an dem Zustande- kommen einer Wasserströmung durch die Pflanze bei aufge- hobener Transpiration betheiligt, doch sind sie dabei ein wesent- licher Factor und mithin von nicht zu unterschätzender Be- deutung für die Ernährung. Epidermale Hydathoden scheinen hauptsächlich bei Pflanzen, die in feuchtem Tropenklima zu Hause sind, vorzu- kommen. Da so empfindliche Organe bei oberflächlicher Lagerung leicht verschiedenartigen Schädigungen ausgesetzt sind, welche durch grosse Lufttrockenheit, raschen Temperatur- wechsel etc. verursacht werden, so ist von vorneherein zu er- warten, dass diese Gruppe von Hydathoden bei unseren ein- heimischen Gewächsen nicht eben häufig zu finden sein wird. Am ehesten wird man sie bei Pflanzen feuchter Standorte er- warten dürfen. Unserem Klima sind die mit Wasserspalten ver- sehenen Hydathoden am besten angepasst. Bei verschiedenen Pflanzen sind die Hydathoden zu speciellen Leistungen herangezogen worden, oder sie haben sich in Organe von anderer Function umgewandelt. Ersteres ist z. B. der Fall bei den »Wasserkelchen« von Spathodea campanulata, wo die zahlreichen Hydathoden auf der Innen- seite des sackartigen Kelches die Flüssigkeit aussondern, in welcher sich die Entwickelung der Blumen- und Geschlechts- blätter vollzieht. Ferner gehören hieher die kalkausscheidenden Hydathoden der Saxifragen und Plumbagineen. Ein wirklicher Functionswechsel ist dagegen eingetreten, wenn die Hyda- thoden zu Digestionsdrüsen wurden, wie zZ. B. bei Pinguicula und Nepenthes, oder wenn sie sich in extranuptiale Nektarien umwandelten, wie bei Vicia. Das Schwergewicht dieser Abhandlung liegt in dem Nach- weise, dass im Pflanzenreiche verschiedene Typen von wasser- ausscheidenden Organen vorkommen, welche das Wasser nicht auf dem Wege rein mechanischer Filtration durch sich hin- durchtreten lassen, sondern die dasselbe vielmehr activ Das tropische Laubblatt. 01 auspressen und sich auf diese Weise als »Wasserdrüsen« kenn- zeichnen. Die Analogie dieser Organe mit gewissen Drüsen des thierischen Organismus, vor Allem den Schweissdrüsen, ist un- verkennbar. Auch bei der Thätigkeit dieser Organe handelt es sich nicht um einen durch den Blutdruck verursachten Fil- trationsprocess. »Das Schwitzen ist vielmehr eine echte Secre- tion, die Thätigkeit der Drüsenzellen eine directe Function nervöser Erregung.«! Auch mit der Function der Nieren besteht insoferne eine Analogie, als durch dieselben neben den speci- fischen Harnbestandtheilen auch Wasser ausgeschieden wird. Naeh den Arbeiten Ludwig’s und seiner Schüler schien sich diese Wasserabsonderung als ein durch den »Blutdruck hergestellter mechanischer Filtrationsvorgang zu charakteri- siren.«? Dieser früher allgemein getheilten Auffassung gegen- über machte Heidenhain eine Reihe von Einwänden geltend und begründete seine eigene Auffassung von der Activität der am Aufbau der Niere betheiligten Secretzellen in ausführlicher Weise. Er formulirt seine Auffassung mit den Worten: »Wie in allen übrigen Drüsen, so beruht auch in der Niere die Ab- sonderung auf einer activen Thätigkeit besonderer Secretions- zellen. Als solche fungiren erstens die in einfacher Lage die Gefässschlingen des Malphighi’schen Knäuels überdeckenden Zellen, welche die Aufgabe haben, Wasser und diejenigen Salze des Harns abzusondern, welche überall im Organismus die Begleiter des Wassers sind.« (Diese Zellen sind also die Ana- loga der Secretzellen bei den activ thätigen Hydathoden). »Ein anderes System von Secretionszellen .... dient der Abson- derung der specifischen Harnbestandtheile.« Wir sehen also, dass auf dem Gebiete der Wasseraus- scheidung im Thier- und Pflanzenreiche in zahlreichen Fällen eine weitgehende physiologische Übereinstimmung herrscht. I B. Luchsinger, Die Schweissabsonderung und einige verwandte Seceretionen bei Thieren, im Handbuch der Physiologie von Hermann; V. Bd., I. Theil, Leipzig 1893, S. 421. 2 R. Heidenhain, Handbuch der Physiologie der Absonderung und Aufsaugung, im Handbuch der Physiologie von Hermann; V. Bd., I. Theil S. 318 ff. [0] Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth I. 114 G. Haberlandt, Erklärung der Abbildungen. Tafel 1. (Sämmtliche Figuren dieser Tafel beziehen sich auf Conocephalus ovatus.) Fig. 1 2 9. Bar 6) 6 7 Querschnitt durch eine Epithem-Hydathode mit Wasserspalten. Einige Zellen des Epithems. Wasserspalte von oben gesehen V. 830. Wasserspalten in der Querschnitts-Ansicht V. 330. Gruppe von Colleteren über einem Gefässbündel. Ausgebildete Adventiv-Hydathode über einem Gefässbündel. In Entwickelung begriffene Adventiv-Hydathode. Die Zellen der Leit- parenchymscheiden wachsen zu Schläuchen aus. Diese und die vor- hergehende Figur wurden nach Präparaten aus lebendem Material gezeichnet. Basaler Theil einer Adventiv-Hydathode Die Schläuche gehen aus Palissadenzellen hervor. Basaler Theil einer älteren Adventiv-Hydathode. Die Schläuche gehen aus Wassergewebs- und Palissadenzellen hervor. Beginn der Wund- korkbildung. & . Wassergewebsblase der Blattunterseite nach dem Absterben der Ad- ventiv-Hydathoden. 11. Beginn der Blasenentwicklung in der Nähe der Spaltöffnungen. . Basale Partie einer grösseren Wassergewebsblase. Tafel IT. Ausnahme von Fig. 1 beziehen sich sämmtliche Figuren auf Fuchsia s.&. g. 7 und 8. Eine spindel- und eine schlauchförmige Epithemzelle mit ihren s 10). il, globosa.) Querschnitt durch eine Epithem-Hydathode von Ficus elastica V. 140. Theil eines Längsschnittes durch einen Blattzahn von Fuchsia globosa . Assimilationsgewebe grau, Parenchymscheide mittelst X X markirt. Epithemzellen im Querschnitt. V. 600. a g. Zund 9. Tracheidenenden im Epithemgewebe, an Intercellularen grenzend. V. 600. Tracheidenende, querdurchschnitten. V. 690. Protoplasten. Theil eines Querschnittes durch ein Gefässbündelende, wo dasselbe birnförmig anzuschwellen beginnt. Das Leptom ist bereits zu einem bandförmigen Streifen redueirt. Endigung des Leptoms im Blattzahn. s letzte Siebröhrenglieder, g Ge- leitzellen, c Cambiformzellen (?), darüber noch einige grosskernige Übergangszellen. Längsschnitt durch die Spitze eines ganz jungen Blattes; die Hyda- thode befindet sich noch im meristematischen Zustande. Das tropische Laubblatt. ERS Tafel III. 1. Querschnitt durch die Fiederblattspitze von Vicia sepium mit einer Wasserspalte. Chlorophyligehalt schematisch angedeutet. [8%] und 3. Typische Wasserspalten an der Spitze des ersten Laubblattes einer Keimpflanze von Secale cereale. V. 560. . 4. Mittelform zwischen typischen Wasser- und Luftspalten derselben Pflanze. V. 510. 9. Querschnitt durch eine Wasserspalte der Laubblattspitze von Secale cereale. N. 400. 6. Wasserspalten an der Spitze des Scheidenblattes von Secale cereale. V. 330. Querschnitt durch eine solche Wasserspalte. V. 1100. —l $. 8. Querschnitt durch die Endigung eines lateralen Gefässbündels in der Laubblattspitze eines Keimlings von Scecale cereale. Die grosse Speichertracheide ? grenzt direct an Intercellularen. V. 580. (do) Theil eines Querschnittes durch die Spitze des ersten Laubblattes eines Keimlings von Triticum vulgare. Die Speichertracheide # des Gefässbündelendes grenzt stellenweise direct an Intercellularen. V. 440. .10. Wasserspalte an der Spitze des Scheidenblattes von Zea Mais. g. 11. Mittelform zwischen typischer Wasser- und Luftspalte am Scheiden- blatt von Zea Mais. g.12. Tracheidenenden in der Spitze des Scheidenblattes von Zea Mais; Querschnittsansicht. g.13. Desgleichen von Avena sativa. Die Tracheidenenden grenzen direct an Intercellularen. Tafel IV. 1. Querschnitt durch ein randständiges Bündelende des Laubblattes von Polypodium aureum. Die das Bündelende bedeckende epidermale Zell- lage ist als wasserausscheidendes Drüsengewebe entwickelt. V. 280. . 2. Theil eines Längsschnittes durch ein solches Bündelende. Kerntinction mit Borax-Carmin. V. 280. . 3. Köpfchenförmige Hydathode der Blattunterseite von Pingnicnla vnl- garıs. . 4. Sitzende Digestionsdrüse der Blattoberseife von Pingnicula vulgaris. ig. 5. Hydathode von P. vulgaris, im lebenden Zustande von oben gesehen. . 6 und 7. Einzelne Zellen der Hydathode von oben gesehen, nach Fixirung und Färbung mit Methylgrün-Essigsäure. Fig. 7 bei höherer Einstellung, so dass der Kern nicht sichtbar ist. ,. 8. Einzelne Zelle einer Digestionsdrüse von oben gesehen, nach Behand- lung mit Methylgrün-Essigsäure. . 9. Einzelne Zelle einer gestielten Drüse der Blattoberseite von P. vulgaris; Ansicht und Behandlung wie vorhin. .. 10. Schuppenhaar auf der Unterseite der Blattspreite von Nepenthes destillaloria. 116 G. Haberlandt, Das tropische Laubblatt. Fig. 11. Ein solches von oben gesehen. Fig. 12. Sternförmiges Haar der Blattspreite von Nepenthes gracilis von oben gesehen. Fig. 13. Längsschnitt durch einen Blattzahn von Primula sinensis. Das Epithem des Bündelendes mit Borax-Carmin tingirt. Fig. 14. Theil eines Querschnittes durch ein Laubblatt von Tropaeolum majus, um den Übergang vom Assimilations- zum Epithemgewebe und die damit verbundene Grössenzunahme der Zellkerne zu zeigen. Färbung mit Borax-Carmin. ‚OS If iie Sl DONE, ai UFER EA AN BA le wis} DENE NER N 5 VENE e Var a Zr FE a De A IE vn | u an er N SCHRELZTAMN ANOhI 8 IR U D ICH Der SE ? Di I Lith Anst.v.Th.BannwarthWien | | Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd.CIV. Abth. \ 1895. | ‚ BG: Haberlandt: Das tropische Laubblatt. & 6 R$ In | tt ft = 1 14 em Kr = m ” > a oo ei ee en 2E en x. = Z SS 771 Lith Anst.v. Th.Bannwarih Wien 3 E g « ‚„Bd.CIV. Abth. I. 1896. math.-naturw. Classe ’ Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss. N Lith Anst x Th Bannwarth, Wien e d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd.CIV. Abth. I. 1898 Autor del. Lith Anst.v.Th.Bannwartih Wien # Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CV. Abth. I. 1895 10187 Die Myriopoden Steiermarks von Dr. Carl Graf Attems. (Mit 7 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung am 13. December 1894.) In vorliegender Arbeit habe ich versucht ein Bild der Myriopodenfauna Steiermarks und seiner Nachbarländer, ins- besondere Niederösterreichs zu geben. Die Bearbeitung des während mehrerer Jahre gesammelten Materiales wurde sehr erleichtert dadurch, dass Prof. Latzel mir des Öfteren Ver- gleichsmaterial aus seiner reichhaltigen Sammlung schickte und dass ich die Sammlungen des k. k. Hofmuseums und des zoologischen Institutes in Wien benutzen konnte. Ich sage daher den Herren Hofrath Claus, Custos Koelbl und Prof. Latzel auch hier meinen besten Dank. Ich sammelte in Steiermark, Niederösterreich und einem Theile Westungarns, besonders aber in der weiteren Umgebung von Graz, und glaube für letzteren Ort eine ziemlich vollständige Liste der vorkommenden Arten beisammen zu haben,! während sich in den anderen Theilen des Landes und in Niederösterreich noch manches finden wird. Wir sind heute noch weit davon entfernt, ein vollständiges Bild von der Vertheilung der Myriopoden in Mitteleuropa zu haben. Nicht nur, dass es gar nicht lange her ist, dass das Chaos 1 Speciell die nähere Umgebung von Graz ist sehr reich an Myriopoden. Ich fand hier 81 Arten, in unserem Garten (Leechwald) allein 49 (also 2 mehr als in ganz Scandinavien bisher entdeckt wurden). Auch sind die einzelnen Arten hier meist in sehr vielen Individuen vertreten; man kann deren mehrere Hundert in wenigen Stunden erbeuten. 118 Gr ArtLremS, in der Systematik gelichtet wurde, was für unsere Gegemien besonders durch das hier viel citirte prächtige Werk Latzel’s über die Myriopoden Österreich-Ungarns geschehen ist, ist auch die Verbreitung der längs gekannten Arten noch lange nicht festgestellt. Um eine vollständige Liste der Arten einer Gegend zu erhalten, muss man durch mehrere Jahre hindurch zu jeder Jahreszeit an den verschiedenartigsten Localitäten sammeln, und an wie vielen Punkten ist das wohl bisher geschehen? Arten, die in einem Jahr in einem weiten Gebiet anscheinend ganz fehlen, weil sie nur in minimaler Zahl vorhanden sind, treten das nächste Jahr an denselben Orten in grosser Zahl auf (z. B. Julus molybdinus) und umgekehrt. Auch entgehen einem gewisse Arten zu manchen Jahreszeiten ganz, während sie, wenn ihre Saison gekommen ist, regelmässig zu finden sind. Letzteres gilt besonders für die bei uns recht häufigen Chordeumiden, die man jedoch nur im Herbste regelmässig und zahlreich findet. Unsere bisherigen Kenntnisse der steirischen Myriopoden- fauna beschränken sich auf die Angaben, die Latzel in seinem Werke darüber macht. Er führt darin 54 Arten aus unserem Kronlande auf; von weiteren Publicationen speciell über Steier- mark ist seither nur eine Beschreibung zweier /ulus-Arten von Verhoeff im zoolog. Anzeiger 1894, Nr. 456 erschienen. Eine derselben dürfte mit einer bereits von Latzel beschriebenen identisch sein. Auch für die Länder Niederösterreich, Ober- österreich, Salzburg und Krain sind wir auf das genannte Werk angewiesen.Eine etwas erweiterteListe der Kärntner Myriopoden gab Latzel im Jahresbericht des Klagenfurter Gymnasiums für 1894, worin er 83 Arten namhaft macht mit zahlreichen Fundortsangaben, glaubt aber, dass diese Zahl sich auf etwa 100 erhöhen wird. Für Westungarn (worunter ich hier immer den an Nieder- österreich und Steiermark angrenzenden, durch die Donau im Norden und Osten begrenzten Theil Ungarns verstehe) und Croatien haben wir ausser den Angaben Latzel’s noch die ziemlich spärlichen Notizen Daday’s in seinen Myriopoda Regni Hungariae. Beide zusammen geben für Croatien 43, für Westungarn 62, für Croatien und Westungarn 72 Arten an, welche Zahl ich auf 77 erhöhte. Latzel citirt aus Niederöster- B Die Myriopoden Steiermarks. IS) reich 66, aus Oberösterreich 50, aus Salzburg 41 und aus Krain 87 Arten. Das wäre Alles, was aus der Literatur vorliegt. Wir sehen schon aus denZahlen, dass eigentlich nur Kärnten von den Nachbarländern Steiermarks halbwegs gut in dieser Beziehung gekannt ist, und dass wir daraus, dass eine Art in diesen Ländern nicht gefunden wurde, noch lange nicht schliessen dürfen, dass sie daselbst auch nicht vorkommt, viel eher umgekehrt können wir hoffen, dass die Arten der Nachbargebiete sich über kurz oder lang auch bei uns finden werden, daher führte ich auch alle zwar nicht in Steiermark, wohl aber in den angrenzenden Ländern lebenden Arten namentlich auf, um auf sie als wahr- scheinliche Mitglieder unserer Fauna hinzuweisen. Aus dem ganzen Gebiet — Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Krain, Croatien und West- ungarn — sind mir bis jetzt 132 Arten bekannt, davon 97 aus Steiermark, ! Von denselben sind 2 Genera, 11 Arten und 5 Varietäten neu für die Wissenschaft. Nämlich: Orinomus oligopus nov. gen., nov. Sp., Zrachysoma capito nov. gen., nov. sp., Geophilus insculptus n. sp., Schendyla montana n. sp. Eurypauropus hastatus n. sp. Craspedosoma simile n. sp., Atractosoma_ ela- phron n. sp., Atractosoma triaina n. sp., Chordeuma graecense n. Sp., /ulus eurypus n. sp., Julus marmoratus n.sp., Lithobius pygmaeus Latzel, var. styriaca mihi, Geophilus flavidus Koch, var. styriaca m., Polydesmus edentulus Koch, var. spelaea m., Polydesmus collaris Koch, var. Rannensis m., Isobates vari- cornis Meng., var. denticulata m. Vier davon (Geoph. insculptus, Schend. montana, Atractosoma elaphron und A. triaina) leben auch in Niederösterreich. Steiermark ist vom faunistischen Standpunkt aus natürlich durchaus kein einheitliches Gebiet; ganz im Gegentheil. Während der gebirgige obere Theil ganz die Fauna der angrenzenden anderen Alpenländer hat, kommen im Süden des Landes bis etwa zur Drau mehrere Formen vor, die eigentlich mehr zur mediterranen Fauna gehören. Bemerkenswerth ist die grosse Zahl der Chordeumiden, die wir haben (bis jetzt 19). Diese Thiere lieben eben bergige und waldige feuchte Gegenden, wie Steier- mark sie vielfach besitzt. 120 C. Attems, Verhältniss seiner Fauna zu anderen Ländern. Von den 85 Arten Niederösterreichs (66 sind durch Latzel bekannt und weitere 19 fand ich selbst oder sah sie im Hof- museum) kommen 73 auch in Steiermark vor; also 12 nicht. Von diesen 12 sind Scutigera coleoptrata, Cryptops anomolans, Scotophilus illyriens und Dignathodon microcephalum mehr südliche Formen, die sich auch in Westungarn finden, und deren Besitz Niederösterreich, respective das Wiener Becken wohl seiner Verbindung mit der ungarischen Ebene verdankt. Sie haben sich eben aus dem Süden längs des Ostrandes der Alpen hinauf durch das warme ungarische Hügelland bis in das Wiener Becken gezogen, zwei davon, Scutigera coleoptrata und Scotophilus illyricuns wurden ganz vereinzelt noch weiter nörd- lich in Schlesien gefunden, nach Steiermark ist keine herein- gekommen. Ähnlich ist es bei Geophilus flavidus. Auch er geht in den österreichischen Alpen nur in den südlichen Theil der- selben, Tirol, Kärnten, Krain, Küstenland, in Steiermark bis etwa zu den Windischen Büheln, dagegen ist er von Ungarn über die Wiener Gegend bis nach Böhmen und Preussisch-Schlesien gewandert, in letzterem Lande allerdings sehr selten. Entgegengesetzt diesen findet Julus ligulifer seine Süd- grenze am Nordrande der Alpen; bei Wien gar nicht selten, ist er in Obersteiermark jenseits der Alpen bereits nicht mehr zu finden, während er in Ungarn weiter südlich reicht. Glomeris pustulata, Brachydesmus superus, Chordeuma silvestre und Inulus pusillus haben eine solche Verbreitung, dass ihre Consta- tirungin Steiermark wohl nur eine Frage der Zeit ist. Blaninlus gnttulatus wurde in den eigentlichen Alpenländern bisher nicht gefunden. Eurypauropus ornatus und cycliger endlich sind die 11. und 12. nicht steirische Art Niederösterreichs, über deren Verbreitung wir noch wenig wissen. Von den 83 Kärntner Myriopoden Arten Shndl 7O zugleich Steirer. Von den übrigen 13 werden sieh wie schen früher erwähnt Glomeris pustulata und Chordeuma silvestre, wahr- scheinlich auch Lithobius pusillus, Glomeris ornata, Poly- desmus rangifer und die Pauropoden Brachypauropus hamiger, Eurypauropus cycliger, E. spinosus in Steiermark entdecken Die Myriopoden Steiermarks. 1231 lassen. Somit bleiben nur 5 Arten, nämlich Zithobius audax, Scotophilus illyricus, Iulus trilineatus und fuscipes, alle 4 Arten mehr südlich, und Polydesmus noricus als entschiedene Unter- schiede beider Faunen. Westungarn und Croatien haben von 77 Arten 59 mit Steiermark gemeinsam, von den 18 anderen sind 12 mehr oder weniger zu den südlichen Formen zu zählen, über deren Pro- venienz oben gesprochen wurde, nämlich Scutigera coleoptrata Lithobius tennipes, L. audax, Scolopendra cingulata, Cryptops amomolans, Geophilus mediterraneus, Schendyla eximia, Scotophilus illyricus, Sc. bicarinatus, Dignathodon microce- phalum, Iulus trilineatus, I. fuscipes. Über Iulus ligulifer wurde bereits gesprochen, ebenso über Glomeris pustulata, Brachydesmus superus, Chordeuma silvestre, Iulus pusillus; Brachydesmus troglobius, die 18. ist eine neue Art. Diese beiden Länder sind also von den Nachbarländern Steiermarks am meisten verschieden in ihrer Fauna. Die 41. Salzburger Myriopodenarten kommen alle in Steier- mark vor, von den 50 oberösterreichischen alle bis auf Glomeris pustulata und Inlus ligulifer. Aus Krain, das sicherlich eine ausserordentlich reiche Myriopodenfauna besitzt, sind erst .57 Arten bekannt, von denen 10 nicht in Steiermark gefunden wurden: die Grotten- bewohner Lithobins stygins, Craspedosoma stygium, Scotherpes troglodytes, die mehr südlichen Lithobius audax, Inlus trili- meatus und fuscipes und das halb verschollene Craspedosoma ciliatum, ferner Lithobius pusillus, Glomeris ormata und Poly- desmus rangifer. Werfen wir jetzt noch einen Blick auf etwas entferntere Länder. Es ist eine bekannte Thatsache, dass der Reichthum an Arthropoden nach Süden sehr zunimmt. Wie sehr aber die Entfaltung der Myriopodenfauna mit der Wärme der südlichen Länder und mit der Feuchtigkeit der Alpen wächst, und wie nahe Steiermark bereits der Mediterranfauna liegt, ohne zu ihr zu gehören, davon gibt nachfolgende kleine Tabelle ein gutes Beispiel. 22 C. Attems, Zahl der vor- Davon sind in Steiermark kommenden : Arten ı gefunden nicht gefunden Preussisch-Schlesien. 66 93 13 d.i. 200%/, der Fauna | Schlesiens | Scandinavien....... 47 29 18 d.i. 370], der Fauna | | Scandinaviens | RO en Be de 108 64 44 d.i. 40%/, der Fauna | Tirols | Küstenland ........ 92 54 38 d.i. 410/, der Fauna | des Küstenlandes Für Preussisch-Schlesien halte ich mich dabei an Erich Haase’s Bearbeitung der Myriopoden dieses Landes, die eine ziemlich vollständige Liste geben dürfte. Wenn man noch Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien dazu berück- sichtigt, findet man nur 1— 2 weitere Steiermark fremde Arten; von diesen 14—15 werden sich aber wahrscheinlich 10 noch in Steiermark finden, so dass nur 4—5 als Unterschied übrig bleiben. Diese Arten sind: Lithobius cyrtopus B.,M.,Ö.-S., | Chordeuma silvestre B., Ö.-S., Pr.-S. Pr.-S. Lithobius curtipes B. Scotherpes mammillatum Pr.- » calcaratus Pr.-S. S- Scutigera coleoptrata Pr.-S. Blaniulus guttulatus B., Pr.-S. Geophilus truncorum Pr.-S. Iulus pusillus M., Pr.-S. _ Glomeris pustulata M., Ö.-S., >» higulifer B., M., Pr.-S. BrzSı » silvarım Pr.-S. Brachydesmus superus M., » londinensis Pr.-S. Piss: Brachydesmus subterraneus?M. (Be Bohmenn NE Nahen: Ö.-S. = Österreichisch-Schlesien, Pr.-S. = Preussisch-Schlesien). Eine Myriopodenfauna Scandinaviens hat Porat 1889 publicirt. Der Einfluss der nördlichen Lage zeigt sich gut darin, dass das grosse Scandinavien nicht einmal halb so viel Arten ER Die Myriopoden Steiermarks. 23 hat als Tirol. Der grosse Unterschied in der Fauna Steiermarks mit derjenigen des Küstenlandes und Tirols liegt eben darin begründet, dass das Küstenland zum grössten Theil, und Tirol wenigstens theilweise zum mediterranen Faunengebiet gehören, während Steiermark nur vereinzelte Ausläufer derselben (Zitho- bius fasciatus, Atractosoma meridionale |Geophilus flavidus, Glomeris conspersa|) beherbergt und sonst ganz zu Mitteleuropa gehört. Übrigens werden sich sowohl in Tirol als im Küstenland, die nur als Beispiele für Länder mit reicher Myriopodenfauna genannt werden, noch manche Arten finden, und das Verhältniss zu nördlicheren Ländern sich noch erheblich ändern. Um nicht unnöthige Wiederholungen zu bringen, habe ich bei den einzelnen Arten auf die Beschreibung Latzel’s ver- _ wiesen und meine damit, dass meine Befunde vollkommen mit derselben übereinstimmen. Was hier erwähnt wird, sind ent- weder Abänderungen oder Ergänzungen des bereits über die Thiere Gekannten. Wennich im Vorhergehenden von der Myriopoden-»Fauna« der einzelnen Kronländer sprach, so ist das natürlich nicht so aufzufassen, dass ich damit eigene Faunen im zoogeogra- phischen Sinne meinte. Wenn man unser Gebiet von letzterem Standpunkte aus betrachtet, giltnatürlich das schon von Latzel re. Il, S/371. Gesagte. Von diesem Standpunkt aus verhält es sich so: Wir können in unseren Gegenden eine Grenze ziehen ungefähr längs des Südrandes der Alpen. Die Länder nördlich derselben, also auch unsere Steiermark und die übrigen Alpen- länder, haben was die Genera anbelangt ungefähr dieselbe Zusammensetzung ihrer Faunen. Nach Norden zu wird die Zahl der Arten und Gattungen immer spärlicher; es kommen in Nordeuropa nur wenige Arten vor, welche sich richt auch weiter südlich finden, während einzelne Genera gerade in unseren für Myriopoden so günstige Bedingungen bietenden Alpenländern sich reich entfalten, z. B. und besonders die Chordeumiden. Im zweiten, zur Mediterranfauna gehörigen Gebiete tritt eine ganze Anzahl neuer Genera auf: Scutigera, Polybothrus, Scolopendra, Opisthemega, Chaetechelyne, Scotophilus, Dignathodon, Himan - tarium, Henia, Orya, Lysiopetalidae, Paradoxosomatidae. Von 124 &, Aa, den Mediterranländern haben sich dann einzelne weiter nach Norden verbreitet. Wie schon erwähnt, kamen mehrere dieser Gattungen wahrscheinlich über Westungarn bis in die Wiener Gegend und ganz vereinzelt noch weiter hinaus. Ebenso gingen in Südtirol einzelne Arten weit nach Norden. Dass Steiermark in seinen südlichen Theilen bis ungefähr zur Drau einzelne Ausläufer dieser Mediterranfauna beherbergt, wurde oben schon gesagt. Liste der behandelten Arten. (Die mit einem * versehenen wurden in Steiermark nicht gefunden.) I. Ordnung Chilopoda Latr. 1. Familie Scutigeridae Gervais. * Scentigera coleoptrata L. 2. Familie Lithobiidae Newp. Lithobius crassipes L. Koch. Lithobius aulacopuns Latzel. — aeruginosus L. Koch. — dentatus C. Koch. ” — audax Meinert. — agılis C. Koch. ” — pasillus Latzel. — Zrienspis Mein. — erythrocephalus C. — melanops Newp. Koch. — nigrifrons Latzel et — lapidicola Meinert. Haase. — latro Meinert. — nodnlipes Latzel. — maticus C. Koch. — piceus L. Koch. — pelidnus Haase — forficatus L. — mautabilis L. Koch. — anodus Latzel. — -— var.sudeticaL.etH. — validus Meinert. — lueifugus L. Koch. — leptopus Latzel. * — castaneus Newport. * — tenuipes Daday. — pygmaeus Latzel. — fasciatus Newp. — — var. styriaca mihi. Henicops fulvicornis Newp. 3. Familie Scolopendridae Newp. * Scolopendra cingnlata Latr. *Cryptops anomolans Newp. — — var. levigata mihi. — hortensis Leach. Die Myriopoden Steiermarks. 128 4. Familie Geophilidae Leach. Mecistocephalus carniolensis & Koch. * Geophilus mediterraneus Mein. — ferrugineus C. Koch. — flavidus C. Koch. var. carinthiaca Lenz, var. styriaca mihi. — insculptus nov. Sp. — longicornis Leach. austriaca var. ILeezell — pygmaeus Latzel. — proximus C. Koch. —_ eleciricus \. *Geophilus linearis C. Koch. Orinomus oligopus nov. gen., noV. SP. Scolioplanes acumeinatus Lese. — crassipes C. Koch. Scheudyla nemorensisBergs. og Mein. — Montana Nov. SP. * — exrimia Mein. * Scotophilus illyricus Mein. * — bicarinatus Mein. * Dignathodon microcephalum Bugas. * Chaetechelyne Newp. vesuviana II. Ordnung Symphyla Ryder. Familie Scolopendrellidae Newp. Scolopendrella notacantha Gervais. — mivea Seopoli. — immacnlata Newp. III. Ordnung Pauropoda Lubbock. 1. Familie Pauropoda agilia Latzel. Pauropus Huxleyi Lubb. — pedumcnlatus Lubb. 2. Familie Pauropoda tardigrada Latzel. * Brachypauropus hamiger Latzel. * Eurypauropus ornatus Latzel. — hastatus nov. Sp. — cycliger Latzel. — spinosus Ryder. 126 C. Attems, IV. Ordnung Diplopoda Blainville, Gerv. 1. Unterordnung Pselaphognatha Latzel. Familie Polyxenidae Gray and Jones. Polyxenus lagurus L. 2. Unterordnung Chilognatha Latzel. & 1. Familie Glomeridae Leach. Gervaisia costata W aga. — var.acutulalatzel. — var.gibbulaLatzel. Glomeris minima Latzel. — pustulata Latr. * | Glomerisconnexa C.Koch. | — hexasticha Brandt. 7 oma @ Koch | — multistriata C. Koch. | conspersa C. Koch. 2. Familie Polydesmidae Leach. ”Brachydesmus superus Latz. ” — subterraneus Heller. * — troglobius Daday. — Chyzeri Daday. Polydesmus denticulatus © Koela, — #oricus Latzel. + * Polydesmus rangifer Latzel. — complanatus_L. — edentnlus C. Koch. — var. spelaea mihi. collaris C. Koch. — var. rannensis mihi. Strongylosoma pallipes Oliv. 3. Familie Chordeumidae. Rhiscosoma alpestre Latzel. * Atractosoma Fangazo. marmoratum C. Koch. bohemicum Ros. elaphron nov. Sp. triaina nov. Sp. meridionale Craspedosoma Rawlinsi ILe@rela, — oribates Latzel. -—— stygium Latzel. — moniliforme Latzel. * Craspedosoma mutabile Tarßzel: — var.fasciatalatzel. — simile NOV. Sp. * — ciliatum C. Koch. crennlatum Latzel. flavescens Latzel. * Scotherpes troglodytes Latz. Trachysoma capito nov. gen., nov. SP. * Chordeuma silvestreC.Koch. —_ IHDEGEeNSENONZSP- Die Myriopoden Steiermarks. 12 4. Familie Iulidae Leach. Iulus foetidus C. Koch. — Jluscns Meinert. — boleti C. Koch. — pusillus Leach. — luridus C. Koch. — Meinerti Verhoeft. — molybdinus C. Koch. — dicentrus Latzel. — gwmbecillus Latzel. — fallax Meinert. — vagabundus Latzel. — alemannicus Verhoeff. — trilobatus Latzel-Ver- hoefft. — marmoratus nov. Sp. — montivagus Latzel. * — frilineatus C. Koch. — enrypus Nov. Sp. " Iulus ligulifer Latzel. -— unilineatus C. Koch. — fasciatus C. Koch. var. nigrescens Bavzel — projecius Verhoeff. — nanus Latzel. — pelidnus Latzel. — sabulosus L. rZzunseimes & Koch: Isobates varicornis C. Koch. denticnlata —_ var. miht. Blaninlus pnlchellus C. L. Koch. — fuseus Am Stein. ” — guttulatus Bosc. 3. Unterordnung Colobognatha Brandt. Familie Polyzonidae Gervais. Polvyzonium germanicum Brandt. 132 Species, 13 Varietäten. I. Ordnung Chilopoda Latreille. I. Familie Scutigeridae Gervais. Gattung Scutigera Lamark. Sc. coleoptrata L. Latzel, Die Myr. d..öst.-ung. Mon.,], p. 24. Niederösterreich (L. I, p. 30).! Westungarn (D.)? 1 (L.) oder (L. I, II, p....) verweist auf Latzel. Die Myriopoden Öster- reich-Ungarns. 2 (D.) verweist auf Daday. Myriopoda Regni Hungariae. Budapest. 128 C. Attems, U. Familie Lithobiidae Newport. Gattung Lithobius Leach. Die Gruppirung der zahlreichen Lithobius-Arten scheint mir in der von Latzell.c.p. 36 angedeuteten Weise am natür- lichsten durchführbar, besonders wenn man die ausländischen Arten berücksichtigt. Eine Zusammenstellung aller beschrie- benen Lithobier folgt als Anhang. 1. Subgen. Oligobothrus Latzel. Hüftporen der 4—5 letzten Beinpaare einreihig, Genital- anhänge der S verkümmert, in Form zweier kleiner behaarter Wärzchen. 1. Gruppe Archilithobius. Rückenschilde ohne Zähne. a) 20 (19, 21) Antennenglieder, 4 Kieferfusshüftzähne. Lithobius crassipes L. Koch. Barzel per Steiermark: Bei Graz nicht häufig. Mixnitz, Brundorf bei Marburg, Aflenz, Gamskogl bei Stübing, Strassgang. Niederösterreich (L. I, p. 129): Kahlenberg, Wiener Wald, Eisernes Thor, Lobau. Kärnten (L.). | L. crassipes ist weitverbreitet, über ganz Europa, von Skandinavien bis herunter nach Spanien, ferners in Algier, Russland, Sibirien. Im Norden Europas sehr gemein (Porat, Stuxberg), tritt er in unseren Alpenländern in der Zahl gegen L. aeruginosus sehr zurück, ja ist hier eher ais selten zu be- zeichnen. L. aeruginosus ist bei uns in Steiermark und Nieder- österreich gemein, nach Latzel auch in Oberösterreich, Salz- burg und Kärnten häufig, in Böhmen, Mähren, Schlesien, Tirol und Krain schon »in geringerer Menge vorhanden«, im Küsten- land noch nicht sicher constatirt, ausserdem aus Croatien und Ungarn (Daday), Italien, Deutschland und Preussisch-Schlesien bekannt. Die Myriopoden Steiermarks. 129 L. aeruginosus L. Koch. Bawaelıl9. 126 Während er auf den Analbeinen oben sehr constant 1, 0, 2, 1,0 Dornen haben soll, finde ich unter den steirischen Exem- plaren sehr viele mit 1,0, 2,0,0 Dornen. Ein hat abnorm 1, 0, 3, 0,0 Dornen; an Stelle des gewöhnlichen äusseren Dornes des Schenkels stehen 2 nahe nebeneinander. Die Jo mit ungemein stark verdickten Analbeinschenkeln sind in Steier- mark und Niederösterreich gar nicht selten; bei diesen ist der innere Dorn der Oberseite auch immer in einen kräftigen, nach rückwärts gebogenen und an der Hohlseite mit mehreren Zähnchen besetzten Hacken verwandelt. Solche Zähnchen finden sich übrigens oft auch an mehreren anderen Dornen der letzten Beinpaare und selbst bei d'J’ ohne verdickte Analbein- schenkel; ja Andeutungen dieser mit Seitenzähnchen ver- sehenen Dornen sogar schon bei d’ von L. crassipes. So auf- fällig also auch die Analbeine der dd’ von L. aeruginosus, die diese Eisenthümlichkeit voll ausgebildet haben, aussehen, kann man sie doch wegen der vielen Übergänge zur gewöhnlichen Form nicht einmal als Varietät festhalten. Steiermark (E. 1 9.128) Graz, Schöckl, Weizklamm, Peggau, Stübing, Mixnitz, Kalsdorf, Marburg, Bachern, Boden- bauer bei Thörl, überall häufig. Niederosterreien (ET, p. 128)7 Bisamberesehr zahlreich, im Wiener Wald gemein, Kahlenberg, Eisernes Thor, Lobau bei Gross-Enzersdorf, Prater, Reisthal, Rax Plateau. Westungarn (D.): Leithagebirge bei Bruck a. d. Leitha. Bperosterreich (BI), SalzburenE), Kärnten (EB), Krain (E)), Croatien (D.). b) 23 oder mehr Antennenglieder. a. 4 Kieferfusshüftzähne. L. audax Meinert. ratzei, Ppa124: Kärnten (L.), Krain (L.). L. pusillus Latzel. er 108: Kärnten (L.), Krain (L.). L. stygius Latzel. Mesıp-lo. Krain (L.). Sitzb. d. mathem.-naturw. C1.; CIV. Bd., Abth. 1. 9 130 GaNien se IL. erythrocephalus € Rech Tarze, pP: Bei einem 9 von Graz sind die Genitalsporen lancettförmig und vor der Spitze jederseits mit mehreren kleinen Zähnchen besenvas (leur I. Be, o), Steiermark: Graz, Kalsdorfer Auen, Schöckl, Bärenschütz, Aflenz, Hochschwab. Auf dem Gipfel letzteren Berges neben der Pyramide fand ich zur Mittagszeit im Sonnenschein ein 9 auf einem Stein herumkriechen, das einzige Mal, dass mir ein Lithobius im Tageslicht herumlaufend begegnete. Niederösterreich: Prater, Wiener Wald, Schneeberg, Stocker- au, Leithagebirge. »Ganze Westhälfte der Österreichisch-ungarischen Mon- archie ausser dem Küstenland« (L. I, p. 113). L. lapidieola Meinext. = Papzel 7 P108 Steiermark: Plawutsch, Gösting, Ragnitzthal bei Graz, selten. Niederösterreich: Kaltenleutgeben, Dürre Wand je 1 Stück. Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Westungarn (D.). EL. latro Mein. Banzel 1 panlWe Steiermark: Auf dem Schöckl (1446 m) im oberen Theile des Berges. Sonst nur aus Salzburg (L.), Kärnten (L.) und Tirol (Meinert und L.) bekannt. L. muticus C. Koch. Latzel TI paale: Steiermark (Er 1299) GemenzeBszkommenshieraese ganz grossen, dunkelbraunen (mehr in den Bergen) und kleinen, lichten Formen (besonders in den Auen), sowie zahlreiche Übergänge zwischen beiden Extremen vor. Ein © ist ganz lichtgelb wie aeruginosus. Graz, Kalsdorfer Auen, Strassgang, Peggau, Stübing, Schöckl, Bärenschütz, Marburg, Bachern. Niederösterreich (L. I, p. 119): Bisamberg, Wiener Wald, Kahlenberg, Tulbinger Kogel, Rax Plateau, Eisernes Thor, Dürre Wand. Die Myriopoden Steiermarks. 131 OREROsrenserche la) Salzpure (E)), Kärnten (12), Krain(B)) Westungarn (L., D., Verf.). L. pelidnus Haase. Lauzell 9, ©. Ein Ö (aus Niederösterreich) hat 4+3 Kieferfusshüftzähne (Taf. I, Fig. 2). Auf dem Monte Maggiore bei Abbazia erbeutete ich 3 d, welche sich durch geringere Grösse und das Fehlen der Schenkelverdickung von der typischen Form unterscheiden. Steiermark (E79. 97) 27 Be1nGrazrnicht selten. Schockl, Peggau, Stübing, Mixnitz, Bachern, Aflenz. Niederosterseien I I, P290)2 Im \Viener \Waldhauss, Bisamberg, Dürre Wand, Eisernes Thor. Kärnten (L.). L. mutabilis L. Koch. Leuzel, IL», 7. Steiermark: Bei Graz bisher nur 3 Sf auf dem Plawatsch und zahlreiche Exemplare in den Auen bei Kalsdorf gefunden. Marburg, Peggau, Bachern. Niedenöstesseichn.b: Ip. 100), In Brater rund, auf dem Bisamberg gefunden; im Wiener Wald vermisste ich ihn bisher, dagegen auf der Rax (Plateau), Reisthal, Leithagebirge. »In allen Kronländern der westlichen Reichshälfte mit Aus- nahme Dalmatiens« (L.). Westungarn (D.), Croatien (D.). L. mutabilis var. sudetica Latzel et Haase. Niederösterreich: Lobau bei Gross-Enzersdorf, mehrere sehr typische Exemplare. Teluchusussl) Koch, Dratzel Ip 120. Steiermark (1. I, p. 122): Graz. In den Peggauer Höhlen tief im Innern fand ich ein Pärchen, die sich von den im Freien lebenden durch blassere Färbung unterscheiden. St. Ilgener Thal, Hochschwab in den höheren Lagen. Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Westungarn (L.). 9* 122 C. Attems, 8. 3+3 Kieferfusshüftzähne. L. castaneus Newport (Trans. Linn. Soc. London. XIX, 1845). Syn. L. eximins Meinert, Latzel, Berlese, Daday. Bezüglich der Synonymie vergl. Pocock, Ann. Mus. civ. stor. nat. Genova, XXIX, 2. ser. IX, 1390. Westungarn (D.). 2. Gruppe Lithobius s. str. Mit Zähnen an den Hinterecken bestimmter Rückenschilde. (Die hier in Betracht kommenden Arten haben alle eine grössere [über 25] Zahl von Antennen- glieder). a) 9., 11. und 13. Rückenschild mit Zähnen. L. pygmaeus Latzel. lc» pp: Steiermark: Graz, Leechwald. Niederösterreich: Wiener Wald, Eisernes Thor. Kärnten (L.), Krain (L.). ® L. pygmaeus Latzel var. styriaca mihi. Unterscheidet sich 1. durch das Fehlen der Nebenklaue an den Analbeinen; 2. das 5. Glied der letzten 2 Beinpaare ist schwach längs- gefurcht. Eine Mulde auf dem Analbeine nicht vorhanden; 3. die Farbe ist dunkel kastanienbraun, Kopfspitze mit Ausnahme der Gegend um die Fühlerbasis, welche schwarz- braun bleibt, ist rothbraun, die hintersten Beinpaare gelb. Fundort: Bachern bei Marburg. L. aulacopus Latzel. I. en per Steiermark (L. I, p. 86): Graz, Plawutsch und Strassengler Wald, Unterthal bei Schladming, Marburg, Hochschwab bei den oberen Dullwitzhütten. Niederösterreich (L. I, p. 86): Wiener Wald, Kahlenbers, Eisernes Thor, Rax, Reisthal. Oberosterreich (1) Salzpure2 (9, Karten (oe aVese ungarn: Leithagebirge bei Purbach. Die Myriopoden Steiermarks. 1393 L. dentatus C. Koch. Leirzei al: Exemplare mit 3+2 oder 3+3 Kieferfusshüftzähnen sind sehr häufig (Taf. I, Fig. 4). 1 @ mit 3+3 Genitalsporen. Steiermark (L. I, p. 85): Graz, Weizklamm, Peggau, Bachern, Hochschwab, Aflenz. Überall nicht selten, bei Graz häufig. Niederösterreich (L. I, p. 83): Im Wiener Wald ist er einer der gewöhnlichsten Lithobier. Dürre Wand, Eisernes Thor. Oberösterreich (L,), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Westungarn: Leithagebirge. L. agilis C. Koch. Lezals... 78% Steiermark (L. I, p. 80): Graz, Kalsdorf, Peggau, Marburg, Bachern. Niederösterreich (L. I, p. 80): Bisamberg, Wiener Wald, Tulbinger Kogel; daselbst 1 9 mit 2+3 Genitalsporen. Leitha- gebirge, Prater. Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärsten (L.), Krain (L.), Westungarn Leithagebirge, Croatien, Agram. L. tricuspis Meinert. Babzelr Hp. 20: Neben normal entwickelten 29 kommen bei Graz auch solche mit 3+2 oder selbst 2-+2 Genitalsporen vor. Auch 3+2 Kieferfusshüftzähne (Taf. I, Fig. 3). Steiermark (l..1, p: 78): Blatte bei Graz, Schockl, Weiz klamm, Peggau. Niederösterreich: Wiener Wald, Eisernes Thor, Dürre Wand, Rax (Plateau), Reisthal. L. melanops Newport (Trans. Linn. Soc. London. XIX, p. 371, 1845). Syn. L. glabratus C. Koch. Syst. der Myr.,.p. 149. L. glabratus Latzel. Die Myr. der öst.-ung. Mon,, ], p. 74. L. bucculentus Meinert, Haase. L. glabratus Porat, Daday. L. melanops Pocock, Ann. Mus. civ. stor. nat. Genova, IR 22 ser, IX, 1890. 134 C. Attems, Steiermark: Graz, Leechwald im Glashause unter den Blumentöpfen. Niederösterreich: Wien, Rodaun (L. I, p. 75). Kärnten (Klagenfurt an den Mauern eines Hauses. L.), Croatien (D.), Westungarn (D.). L. nigrifrons Latzel et Haase. Katze, Mpoaze Steiermark (L. I, p. 73): Graz, Schöckl, Bachern, Unterthal bei Schladming, St. Ilgener Thal, Bürgeralpe bei Aflenz. Niederösterreich (L. I, p. 73): Wiener Wald. Dürre Wand. Skandinavien, Böhmen, Mähren, Schlesien, Ungarn, Bos- nien, Herzegovina. L. nodulipes Latzel. l: € 1,.P.062 12 mit 3+2 Genitalsporen. Alle steirischen Exemplare sind deutlich behaart. Viele 5 und 2 9 haben auf der Unter- seite des Schenkels und der Schiene, zuweilen auch des 1. Tarsalgliedes eine ganz ähnliche Pigmentirung wie L. anodus, am deutlichsten ist sie auf der Schiene; es sind blauschwarze, runde Flecken, dichtgedrängt. Auf den beiden letzten Bein- paaren ist sie weniger deutlich. Manchmal ist die ganze Unter- seite der erwähnten Fussglieder blauschwarz pigmentirt, in welchem Falle einzelne Flecken nicht mehr unterscheidbar sind. Steiermark (LE. 1,.p2 0): Graz, Schöckl; Bessau, Ver klamm, Bachern, Marburg, Aflenz. Niederösterreich: Wiener Wald, Eisernes Thor, Dürre Wand. 3. 4+4—7—+-7 Kieferfusshüftzähne. Ipieeus;E- Koch. Batzei spe Abnorme Zahl von Kieferfusshüftzähnen nicht selten, z.B. 443, 445, 5+5, ebenso von weiblichen Genitalsporen, Z. B. 9+2,4+2, letzeres indem einerseits 2 Paare hintereinander- Sseenen (Karl, Bios): Steiermark (L. I, p. 67 »häufig«): Bei Graz auf der Platte und dem Plawutsch häufig, in der Nähe von Maria Trost einige, sonst in der Umgebung nicht gefunden. Bärenschütz, Marburg, Aflenz, Bürgeralpe am Hochschwab. a Die Myriopoden Steiermarks. 135 Niederösterreich (L. I, p. 67): Wiener Wald, Kahlenberg, Eisernes Thor, Dürre Wand, Reisthal. Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.) L. forficatus L. Lenszel,, Ih 10. @% Bekanntlich in beinahe ganz Europa zu Hause. Auch in Steiermark und Niederösterreich überall. Sehr häufig 2. B. auf dem Plateau des Schöckls, wo fast unter jedem Stein einer oder mehrere hausen. Rax Plateau. fe Kieferfusshüfzähne fehlen vollständig. L. anodus Latzel. 1... 1, j0..88. Steiermark -(L. 1, p. 90): Weizklamm 1 d. Kärnten (L.), Krain (L.), Westungarn (D.), Küstenland (L.). Triest (Verf.). b) 6., 7., 9., 11. und 13. Rückenschild mit Zähnen. L. validus Meinert. Balzer p250: Steiermark (L. I, p. 52 »häufig«): Schwanegg, Kaisersberg, Pessau (Hofmuseum), Cilli (Prof. v. Mojsisovics), Graz sehr häufig, Schöckl, Weizklamm, Bachern, Marburg, Stübing. Niedesosrerteieheiler 1), 9292 >schr seltene)» Kaltenleut- geben nördlichster bekannter Fundort! Eisernes Thor, Dürre Wand, Reisthal. Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.). Von den österreichischen Alpenländern und Westungarn an über Südungarn, Bosnien und Herzegovina, bis nach Italien und Griechenland herab verbreitet. I. Subgen. Polybothrus Latzel, 13838 (= Bothropolys Wood, 1863). Hüftporen zahlreich, ungeordnet oder in vielen Reihen, zahlreiche Kieferfusshüftzähne. Männliche Genitalanhänge gut entwickelt. L. leptopus Latzel. I @. 1,10. 08% Steiermark (L. I, p. 56): Graz häufig, Peggau, Weizklamm, Marburg. 136 C. Attems, Niederösterreich (L. I, p. 56): Wiener Wald, Eisernes Thor, Reisthal. An manchen Punkten zahlreich. Seine Verbreitung fällt so ziemlich mit der von L. validus zusammen. L. tenuipes Daday. Myr. Regni Hungariae, p. 102. Fiume, Gross-Kanizsa. L. fasciatus Newport (Trans. of Linn. Soc. London, XIX, p. 365, 1845). Syn. L. grossipes C. Koch. Sy&. der Myr. p. 146. Syn. L. grossipes Latzel. Die Myr. der öst.-ung. Mon. I, p. 44. Syn. L. grossipes Berlex, Dalla’Torre, Daday ete. Syn. L. fasciatus Pocock. Ann. Mus. civ. stor. nat. Genova, SOLIDE, 2 Sr, IL, LES. Steiermark südliche Steiermark, [PZN Weitenstein (Prof. v. M ojsisovics), Bachern bei Marburg. In Steiermark geht er wohl nördlich nicht über die Drau hinaus. Bewohnt den südlichen Theil der österreichischen Alpenländer, dringt in denselben in Tirol am weitesten nach Norden vor (Kufstein, Latzel); auch in Baiern, Dalmatien, Küstenland, Bosnien, Herzegovina, Südungarn und Italien gefunden. Gattung Henicops Newport. H. fulvicornis Meinert. Latzel,I,p: 1393. Steiermark: Graz, Leechwald im Gemüsegarten 9. Niederösterreich I, pr 1B9))! Anhang zur Gattung Zithobius. Aufzählung der bisher beschriebenen Arten. Das Genus Lithobius ist zwar ein sehr artenreiches, aber trotzdem morphologisch sehr einförmiges Geschlecht, seine Eintheilung in natürliche Gruppen, die schon aus praktischen Gründen, um die Übersicht nicht ganz zu verlieren, nothwendig Die Myriopoden Steiermarks. am ist, stösst auf viele Schwierigkeiten, weil es morphologisch nur unbedeutende Merkmale sind, nach denen wir diese Gruppirung vornehmen können. Die älteste Eintheilung stammt von Lud- wig Koch (24).! I. Abtheilung. Arten mit Zahnfortsätzen an bestimmten Rückenschilden. I. Unterabtheilung. Arten mit Zahnfortsätzen an Haupt- und Zwischenschilden. A. Arten mit zahlreichen, nicht in bestimmten Reihen geordneten Hüftlöchern. B. Arten mit einer einfachen Reihe ovaler Hüftlöcher. I. Unterabtheilung. Arten mit Zahnfortsätzen an den Zwischenschilden. A. Hüftlöcher zahlreich, nicht in bestimmter Ordnung. B. Hüftlöcher in einer einfachen Reihe. a) Hüftlöcher oval. b) Hüftlöcher rund. 1. 10 und mehr Zähne an der Unterlippe. 2. 8 Zähne an der Unterlippe. 3. 4 Zähne an der Unterlippe. II. Abtheilung. Arten ohne Zahnfortsätze an den Rücken- schilden. I. Unterabtheilung. Hüftlöcher oval. A. 8 Zähne an der Unterlippe. B. 4 Zähne an der Unterlippe. II. Unterabtheilung. Hüftlöcher rund. A. Schleppbeine beim d mit einem Auswuchse. B. Schleppbeine beim d’ ohne Auswuchs. a) Fühler nicht über 22 Glieder. b) Fühler mit mehr als 22 Glieder. Wood (58) fasste alle Arten mit zahlreichen ungeordneten Hüftporen unter dem Namen Bothropolys zusammen, benannte aber den Rest der Gattung nicht. Meinert (37) ordnete die Lithobier-Arten in fünf Gruppen. Fr kammae dorsales '6., 7., 9, 11, 13. angsulis produetis (= Enlithobius Stuxberg). 1 Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern des Literaturverzeich- nisses. 138 C. Attems, II. Laminae dorsales 7,9, 25,15. anzulis’preducks (= Neolithobins Stuxberg). III. Laminae dorsales 9., 11., 13. angulis productis (e Hrthobins s. sie. Stuxiberg). IV. Laminae dorsales 11., 13. angulis productis (= Hemilhithobins Stuxberg). V. Laminae dorsales omnes angulis rectis vel rotundatis (= Archilithobius Stuxberg). ‚Die Unterabtheilungen dieser Gruppen werden hauptsäch- lich nach dem Vorhandensein oder Fehlen eines seitlichen Hüft- dornes oder einer Nebenklaue an den Analbeinen gebildet; dann auch nach dem Verhalten der Hüftporen. Stuxberg (in: Genera et species Lithobioidarum. Öfversigt Vet. Ak. Förh. 1875) benannte die fünf Meinert’schen Gruppen (cf. die eingeklammerten Namen oben), welche alle Hüftporen auf den 4 letzten Beinpaaren haben und stellte ein 6. Subgenus Pseudolithobius mit Zähnen auf dem 9, 11. und 13. Rücken- schild und Hüftporen auf den 5 letzten Beinpaaren auf. Fedrizzi (11) nimmt die Stuxberg'’sche Eintheilung an, ebenso Porat (47). Latzel(23) erkenntzwar die Zweckmässigkeit der Gruppen Wood’s an, rectifieirt auch dessen Namen Bothropolys in Poly- bothrus und benennt den Rest des Genus mit Oligobothrus, richtet sich aber im Weiteren doch nach der Stuxberg’schen Gliederung. Daday stellt die ungarischen Lithobier in Gruppen, die den Subgenera Oligobothrus und Polybothrus Latzel’s. ent- sprechen, ohne aber diese Namen zu gebrauchen. Im Übrigen ist seine Eintheilung sehr natürlich und fällt mit der hier gebrauchten ziemlich zusammen. Die Punkte, die bei der Gruppenbildung benützt wurden, sind also: 1. Zahl, Anordnung und Form der Hüftporen der 4—5 hinteren Beinpaare. 2. Bezahnung oder Nichtbezahnung gewisser Rücken- schilde. 3. Zahl der Kieferfusshüftzähne. 4. Zahl der Antennenglieder. Die Myriopoden Steiermarks. 139 Weitere Merkmale, wie Vorhandensein oder Fehlen eines seitlichen Hüftdornes oder einer Nebenklaue auf den Anal- beinen, Zahl und Stellung der Ocellen, Bedornung der Analbeine, Furchung der männlichen Analbeine sind oft bei sonst sehr ähnlichen Arten verschieden entwickelt, so dass nach ihnen eine natürliche Gruppirung nicht möglich ist, sie dienen nur zur Unterscheidung der Arten untereinander innerhalb der kleineren Gruppen. Und dann variiren diese Merkmale, die Furchung der männlichen Analbeine ausgenommen, selbst bei Mitgliedern derselben Art; z. B. kann der seitliche Hüftdorn der Analbeine BEE EN Sochh inicnspis Meimert, piceus L. Koch Ur. fehlen; die Nebenklaue der Analbeine kann bei mutabilis BENGchh eyntopns Kanzel ur X. tehen. Zahl und Anordnung der Hüftporen ist das sicherste Merk- mal, es gibt wohl bei erwachsenen Thieren niemals zu Zweifel Anlass. Beim zweiten Merkmale, Bezahnung der Rückenschilde, ist es nicht so; wir haben alle Übergänge von Formen, deren sämmtliche Rückenschilde hinten vollständig abgerundet sind, Bega solchen bei denennde 0772. 97 Hund la inFstarke, spitze Zähne ausgezogen ist. Die ursprüngliche Zahl der Kieferfusshüftzähne scheint vier zu sein, 2 auf jeder Seite. Diese Zahl ist die häufigste und kommt in allen Gruppen der Untergattung Oligobothrus vor. Wir kennen mehrere Arten, die normaler Weise 4 Kieferfuss- hüftzähne haben, von denen aber gar nicht selten Individuen mit 3 Zähnen auf einer oder beiden Seiten, oder sogar mit noch mehr Zähnen gefunden werden; solche Arten sind z.B. fricuspis Meinert, dentatusC.Koch, pelidnus Haase, cyrtopus Latzel, muticusC.Koch, lucifugus L. Koch, audax Meinert, Drandtii Seliwanoff. Diese bilden den Übergang zu den Formen mit 6 bis circa 20 Kieferfusshüftzähnen. Bei letzteren ist die Zahl bei Individuen derselben Art variabel. In allen Gruppen gibt es Arten mit 19, 20 oder 21, meist aber 20 Antennengliedern, von da an gibt es alle Abstufungen bis zu solchen Arten mit über 60 Gliedern; während bei ersteren die Schwankung in der Zahl also nur gering ist (19— 21), variirt Bieselperper Arten mit zahlreicheren Gliedern bei den ver- 140 C. Attems, schiedenen Individuen oft recht bedeutend; wir werden wohl annehmen können, dass auch die Stammform der Lithobier Antennen mit 20 Gliedern besessen hat und dass die höheren Zahlen erst nach und nach erworben wurden. Nach dem Gesagten werden wir als die ursprünglichsten Formen diejenigen anzusehen haben, welche nur eine Reihe von Hüftporen besitzen, deren Rückenschilde hinten alle abge- rundet sind, die 4 Kieferfusshüftzähne und 20 (respective 21, 19) Antennenglieder besitzen. Zunächst trennen wir die Arten mit zahlreichen Hüftporen ab, die sich auch durch andere Merkmale so unterscheiden, dass wir in ihnen eine selbständige Untergattung sehen: Poly- bothrus (Wood) Latzel. Der Rest bildet die Untergattung Oligobothrus Latzel. In dieser ist eine Art Repräsentant einer eigenen Gruppe, weil sie abweichend von allen übrigen Lithobiern, an den 5 letzten Bein- paaren Hüftporen hat: Psendolithobius megaloporus Stuxberg Die übrigen theilen sich in die Gruppen Archilithobius und ZLithobius s. str., erstere ohne, letztere mit deutlichen Zähnen an den Rückenschilden. Übergänge zwischen beiden Gruppen ist Gruppe D) orien- talis — mutabilis und Doriae Pocock. Bei Archilithobius überwiegen die Arten mit 4 Kieferfusshüftzähnen an Zahl be- deutend; auch ist die grosse Anzahl von Arten mit 20 Antennen- gliedern bemerkenswerth. Lithobius s. str. beginnt mit Arten, die nur am 11. und 13. Rückenschild Zähne haben; dann kommen solche, die indivi- duell schwankend, auch am 9. Schild solche haben können, oder deren Zähne auf diesem Schild noch sehr klein sind, Z. B. acuminatus Brolemann, dann solche Arten mit Zähnen am 9., 11., 13. Schild weitaus die grösste Mehrzahl, dann solche mit-bezahntem 7.9, 11. und lö-und 6, 7.9, HZund 132Sehila: Einige, zum Theil Höhlenformen, weichen durch ihre Blindheit oder das Fehlen der Kieferfusshüftzähne ab. Ganz analog kann man auch das Subgenus Polybothrus gruppiren. Die den Artnamen beigefügten Zahlen beziehen sich auf das Literaturverzeichniss. Citirt ist nur die erste Beschreibung Die Myriopoden Steiermarks. 141 und die wichtigeren folgenden. Im alphabetischen Verzeichniss der Artnamen sind die geltenden Speciesnamen fett gedruckt, mit Beifügung der Autoren, die den Namen im gleichen Sinne gebrauchten. Die Namen der Arten, deren Beschreibung mir nicht zugänglich war, haben einen Stern (*), die ungenügend beschriebenen und zweifelhaften ein Fragezeichen. Ganz un- zweifelhaft werden viele der Namen als Synonyma eingezogen werden müssen. Nachstehende Liste macht nur den Anspruch, ein Literatur- verzeichniss zu sein. Genus Lithobius Leach. I. Subgenus Oligobothrus Latzel. Hüftporen der 4—5 letzten Beinpaare einreihig. Genital- anhänge der dd’ verkümmert, in Form zweier kleiner behaarter Wärzchen. 1. Gruppe Archilithobius. Alle Rückenschilde ohne Zähne an den Hinterecken; die 4 letzten Beinpaare mit Hüftpoıen. a) ohne Spur von vorgezogenen Eckchen an den Rückenschilden. a. 4 Kieferfusshüftzähne. PORT Nntenmenelieder erassipes Er Koch. 24,36 37,80, \ S IF DS 10, 20071700: BORD) > Ginımes, © Koch, 228 242357. 28, 110, 260, 1 2 US) » aeruginosus L. Koch. 24, 28, 16, 6. 20 (12230) > princeps Stuxberg. 50. 202) > scrobiculatus Stuxberg. 59. 20.019721) > sulcipes Stuxber2. 00. AUS ZU) > Nordenskiöldi Stuxberg. 59. POLL 27) >» formicarius Stuxberg. 90. 2. 2) > sam Scuxbene 39. 20:19, 2) > vagabumdus Stuxberg. 59. 20.019,21) > GCapLUNS StLUX berg. »D2. 20921) > vicinus Sseliwanoff. 50, 45, 37. 20289, 21) > sibiricus Gerstfeldt. 13, 50, 48. DD D 1 2 20— 28 20— 31 20-23 202 20— 23 20— 23 21—25 23 22—27 23— 81 26 230 28—32 37—49 28 — 38 27—35 29 C. Attems, 21) Antennenglieder. proximus Sseliwanoif. 90. 21) 21) 21) 2) 21) 21) 21) 21) 21) 21) >) 21) 21) » » » » » paradoxus Stuxberg. 54. obesus Stuxberg. 54, 4. Kochni Stuxbers. 35, 2,1 sulcatus L. Koch. 24. minnesotae Bollmann. 2. pullus Bollmann. 2. trilobus Bollmann. 2, 3. Eigenmanni Bollmann. 2. aureus Me. Neill. 39. Lundi Meinert. 38. loricatus Sseliwanoff. 53. Porati Sseliwanoff. 98. Brandti Sseliwanoff. 53. [4, (5, 7) Kieferfusshüftzähne]]. elatus Bollmann. 4. Branneri Bollmann. 3. microcephalus Sseliwanoft. 0. pusillus Sseliwanoff. 50, 31. carinipes Daday. 7. Holzingeri Bollmann. 2a. cardinalis Bollmann. 2. Potanini Sseliwanoff. 53. Cyckanowskii Sseliwanoff. 58. gigantens Sseliwanoff. 93. sibiricus Sseliwanoff. 50. hispanicus Meinert. 37. jJowensis Meinert. 39. meridionalis Fedrizzi. 11. andaxz Meinert. 37, 28, 1. granulatus L. Koch. 24, 50. macrops Karsch. 19. armalus Sseliwanoff. 0. tauricus Sseliwanofft. 00. pusillus Batzel. 28, 1,6 eryihrocephalus C. Koch. 22, 23, 24, 3008028, 47,0. 16: pubescens 8. Noch22>: Die Myriopoden Steiermarks. 143 exignuus Meinyert. 38. carinatus L. Koch. 24. toltecns Humb. et Sausurre. 15, MACHoOHS Meimert 30 37,12,47,0. dubins Tömösvary. 96, 6. Galcamarııs, & Noch, 20,287 16 12, 1, 47, 6, 42. graciiis Meinert. 37. pyrenaicus Meinert. 37. Müticns & Koch. 22, 24,23, 28, O2: Dadayı Tömösvary. 56, 6. Incifugns ..Koch. 24, 11,286, 1. stygius Latzel. 28. ilyricus Latzel. 28. latro Meinert. 37, 28, 6. blind: caecus Bollmann. 3. ß. Mehr als 4 Kieferfusshüftzähne. latebricola Meinert. 37. tuber Bollmanın. 2, 60. Weberi Pocock. 44 b. javanicus Pocock. 44 b. KapazaN eiment 37. bilabiatus Wood. 60, 2, 59. castanens Newport. 41, 37. 2 WO, 22% sibiricnus Haase. 17a. hexodus Brolemann. da. algerianus Sseliwanoff. 48. Stuxbergi Sseliwanoft. 51. flavus Meinert. 37. inermis L. Koch. 24. 1 Antennenglieder. 32 » 40 > 54. 33 > 37—40 > 389 — 90 > 42 » 45 » 39 —45 >» 46—02 > 39— 90 80—58 > 30—97 » Sl Antennenglieder. Antennenglieder Kieferfusshüftzähne 39—47 4— 95 20 4— 6 20 6 20 S 20 6— 8 20—23 4— 8 26 — 30 6 28—29 6 27 —28 6 27 —29 6) 23 8s—10 42—43 5 46 S 20 10 pusio Stuxberg. 0. 144 C. Attems, Antennenglieder Kieferfusshüftzähne 20 Id 12 birmanicus Pocock. 43. 24—29 10—12 proridens Bollmann. 2. 28—33 8 Doriae Pocock. 42. Hinter- ecken des 13. Rückenschildes etwas vorgezogen. db) 9., 11. und 13. oder 11. und 13. Rückenschild hinten in kleine Eckchen oder Zähnchen ausgezogen. orientalis Sseliwanoff. 50, 13, 49. 29—40 Antennenglieder. Zapidicola Meinert. 37, 28, 16, 12, BL 39 » swbtilis Watzel. 28. 39—47 > Eyrtopus Latzel. 27,28 106,6 41—45 > pelidnus Haase. 16, 28, 12,6 36— 94 >» mutabilis L. Koch. 24, 28,16, 12, KO, Dr 2. Gruppe Lithobius s. str. Einige Rückenschilde mit Zähnen an den Hinterecken. Die 4 letzten Beinpaare mit Hüftporen. a) 11. und 13. Rückenschild mit Zähnen. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 3 4 32— 39 bovealis Meinert. 36, 37, 28, 1, 6, 47. 4 3 cantabrigensis Meinert. 39. 6 20—24 encnemis Stuxberg. 52. 5 19—24 Entzii Daday. 6. 8 28u.mehr grossidens Meinert. 37, 17. 5 31—32 scutigeroides Verhoeff,d7a. S 32—39 pilicornis Newport. 40, 41, 46, 37, 38, 44, 12. I 11V) Al 49) Portchinskii Sseliwanoftf. 51. 71— 8 8 oblongus Sseliwanoft. 51. Die Myriopoden Steiermarks. 149 b) 11. und 13., oder 9., 11. und 13. Rückenschild mit Zähnen. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 4 33—42 caucasicus Sseliwanoff. 51. 10— 12 43—45 Kessleri Sseliwanoff. 51. 4 41 acuminatus Brolemann. 5. (Zähne des 9. Rückenschildes kaum entwickelt.) c) 9., 11. und 13. Rückenschild mit Zähnen. o. 4 Kieferfusshüftzähne. 20 Antennenglieder. politus Me Neill. 2. 20 » ostiacorum Stuxberg. 22. 22 > minimus L. Koch. 24. 22—24 » pinguis Bollmann. 3a. 26—28 > Sydnevyensis Pocock. 44. 26 > obscurus Meinert. 37. 29—33 > pygmaeus Latzel. 28. 33 > Cronebergi Sseliwanoff. 51. 33—45 > palustris Sseliwanoff. 50. 89 40 » venator L. Koch. 24, 45, 50. 34—41 >» melanops Newport. 41, 22, 24, 23, 20, 92, 28.010, 12.747.6,42: 39— 38 > microdon Latzel. 12.1. 39—39 » tenebrosus Meinert. 37, 28. 39 —46 » nodulipes Latzel. 27, 28, 16. 36—49 >» nigvrifvons Latzel et Haase. 28, 16, 47, 6. 36—45 > aS0lis, CH Koch. 22, 24,28, 16,6. 35—49 > amlacopus bavyzel 28, 12,9. 38—41 >» oligoporus Latzel. 31. 41—50 > intrepidus Meinert. 36, 37. 41—52 » DalcılspnseNleimerxt. 37, 28,12 11, 6, 42. 47 —62 > dentatus C. Koch. 22, 24, 23, 28, ol, 1:6. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 10 146 38—40 Antennenglieder. 24—26 Antennenglieder. Kieferfusshüftzähne 6 8—10 14 4— 6 3) Sl 8 10 12 12 10 (8) 10 10-213 a. 10— 14 10—12 11 13 12 CrAtt ems, tylopus Latzel. 30, 1 (4—5 Kiefer- fusshüftzähne). bermudensis Pocock. 44a. ou. 4—6 Kiefer fusshüftzähne. oedipes Bollmann. 3a. 8. Mehr als 4 Kieferfusshüftzähne. Antennenglieder 20 20 2023 43—49 36—48 48 49 — 591 38—42 48 46—06 99—06 ? 27. 31 37—41 45 42 36—47 39—49 30— 34 42—o1 43 41 46—41 :Howei Bollmann. 2. Semperi Haase. 1/. Feae Pocock. 43. | pinetorum Harger. 1 humgaricus Daday. 6. mystecus Humb. et Sauss. 15, AR) TaczanowskiiSseliwanoff.öl. coloratus Sseliwanoff. 31. romanus Meinert. 37, 11. nigripalpis L. Koch. 23. micens 12. Koch. ZA 2 1, 6, 42. viriatus Sseliwanoff. 90, 51. vrolaceus Fedrizzi. I: Saussurei Stuxberg. 54. aziecus Humb. er Sausseiler trilineatus L. Koch. 24. peregrinus Latzel. 28, 6. pulcher Meinert. 37. bonensis Meinert. 37, 6. jorpcatus 12 34, 28, 16ER 47, 6 etc. | celer Bollmann. 3a. provocator Pocock. 44. dalmaticus Latzel. 28, 6, Hardwickei Newport. 40, 17. gracilipes Meinert. 37. Die Myriopoden Steiermarks. 147 Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 1 2—12. 46-— 91 insignis Meinert. 37. 14 43 depressus Fanzago. 10. 16 ? parisiensis L. Koch. 24. Aberrante Formen: scotophilus Latzel. 33 a. (2 Ocellen oder blind). typhlus Latzel. 12. (blind). anodus Latzel. 28, 6. (Kieferfusshüftzähne fehlen, 1. Bein- paar etwas modificirt). d) 7.,9., 11. und 13. Rückenschild mit Zähnen. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 4 Juventus Bollmann. 2. 8—10 26—30 clarus Me Neill. 35, 2. 12 38 transmarinus L. Koch. 24, 50. 13 30 xenopus Bollmann. 4. 13 32 Underwoodi Bollmann. 4. 12—14 32 —81 mordax L. Koch. 24, 2, 52. 12—14 40— 48 vorax Meinert. 38. 13—16 39 —48 Valauısa Nleimient 272222028, 2% © 0%. 12— 16 31—.36 tyrannicus Bollmann. 2. 16 34 Latzeli Meinert. 39, 4. e) 6.,7.,9., 11. und 13. Rückenschild mit Zähnen; zahlreiche Kieferfusshüft- zähne. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 8—13 20 elegans Sseliwanoft. 51. 18 20 rex Bollmann. 4. 12 ? calabrensis Fanzago. 10. 14 49 brachycephalusFanzago.9. 3. Gruppe Pseudolithobius Stuxberg. Die 5 letzten Beinpaare mit Hüftporen; 9., 11., 13. Rückenschild mit Zähnen. megaloporus Stuxberg. 54. 10* 148 C. Attems, II. Subgenus Polybothrus Latzel 1330 (= Bothropolys Wood 1863). Hüftporen zahlreich, ungeordnet oder in vielen Reihen, zahlreiche Kieferfusshüftzähne. Männliche Genitalanhänge gut entwickelt. a) Rückenschilde ungezähnt. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 12 20 monticola Stuxberg, 54. 10 45 verrucosus Sseliwanoff. 48. fe) ? californicus Daday. 7. db) 11.und 13. Rückenschild gezähnt. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 42—14 44 Koenigii Verhoeff. 57. 2) %, le incl 11a, Rückenschild gezähnt. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 14— 20 20 Xanti Wood. 58, 37, 99, 2. 14 20 rugosus Meinert. 37. 14—16 43—48 impressus C.Koch. 21, 24, 23 2,1237. 50—56 spiniger Latzel. 32. d) 7.,9., 11. und 13. Rückenschild gezähnt. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 14 43 Inonalıs %- Xoich 22: 14 40 tervreus Fedrizzi. 11, 28. 16—20 40—47 leptopus Latzel. 28,6, 1. 16 43—45 transsilvanicus Latzel. 29, 6. e) 6., 7.,9., 11. und 13. Rückenschi!d gezähnt. Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 12—18 17—20 asperatus L. Koch. 26, 17, 18. 12—19 20 maultidentatus Newport. 41, 58, 59, 55, 39, 2. Die Myriopoden Steiermarks. 149 Kieferfusshüftzähne Antennenglieder 12—14 37 tennipes Daday. 6. 14—18 40—59 fasciatus Newport. 41, 22,28, 1, 6, 42, 32, 383. 18 40 brevicornis Daday. 6. 17 66 imperialis Meinert. 37, 11. 15— 15 40 tridentinus Fanzago. 8, 28, 1.15,,0, Alphabetisches Verzeichniss der Artnamen. Acuminatus Brolemann >. Pal.! aeruginosus L. Koch, Latzel, Haase, Daday. Pal. affinis Sseliwanoff 50 = sibiricns Gerstfeldt 13, ex parte. asııs2e > Xoch, Er Koch, Meinert, Katzel, Haase, Daday, Pocock. Pal, algerianus Sseliwanoft. Pal. alpestris Latzel, var. von dentatus C. Koch. Pal. alpinus L. Koch = Incifugus L. Koch. “alpinus Heer. Grenze des Thierlebens in den Schweizer Alpen, Zürich. ? americanus Newport, Wood, 39. anodus Latzel, Daday. Pal. ardesiacus Fedrizzi = piceus L. Koch. ?argus Newport. armatus Sseliwanoft. Pal. asperatus L. Koch, Haase. Indien. ? Atkinsoni Bollmann, 2, 4. audassNleinert, Bedriz2i, KatzelrBenrlese. Pal. aulacopus Latzel, Heller, Dalla Torre, Daday. Pal. aureus Mc. Neill. N.-Am. aztecus Humb. et Saussure, Stuxberg, Bollmann. N.-Am. barbipes Porat, 47 a. Syrien. bermudensis Pocock. Bermudas. bilabiatus Wood, Bollmann, Stuxberg. N.-Am. ? bipunctatus Wood, 58, 59, 54. N.-Am. 1 Pal. — Palaearktisches Gebiet; N.-Am. —= Nordamerika. 150 C. Attems, birmanicus Pocock. Asien. bonensis Meinert, Daday. Pal borealis Meinert, Stuxberg, Fedrizzi?, Latzel, Berlese, Porat, Daday. Pal. brachycephalus Fanzago. Pal. Brandtii Sseliwanoff. Pal. Branneri Bollmann, 2. N.-Am. brevicornis Daday. Pal. bucculentus L. Koch, Meinert, Haase = melanops New- port. caecus Bollmann, 3. N.-Am. calabrensis Fanzago. Pal. californicus Daday. N.-Am. calearatus €. Koch, LE. Koch, Meinert, Porat, Stuxbers Fedrizzi,Latzel, Haase, Berlese,Daday,Pocock.Pal. cantabrigensis Meinert. N.-Am. captivus Stuxberg. - Pal. cardinalis Bollmann. N.-Am. carinatus L. Koch. Pal. carinipes Daday.. N.-Am. castaneus Newport, Pocock. Pal. caucasicus Sseliwanoft. Pal. *cavernicolus Fanzago. Atti Ac. Rom. (3). Mem. 1. 1876. celer Bollmann, 3a. N.-Am. cinnamomeus L. Koch = ’muticus C. Koch. clarus McNeill. N.-Am. coloratus Sseliwanoff. -—_ Pal. communis C. Koch und L. Koch = ? mutabilis C. Koch. — Rosicky = mntabilis C. Koch. — Fedrizzi = ?’mutabihis C. Koch oder = ?lucifugus IRERXo/chE coriaceus L. Koch = forficatus L. crassipes EL. Koch, Meinert, Palmbens? Borat Stuxpers Batzel, Sseliwanort, Haasen Daday: Pal. Cronebergii Sseliwanoft. Pal. euntipes EC’ Koch, EL. Koch, PoratssStuxblers jexp Me wen: Latzel, Haase. rail, curtirosiris Eisen och Stuxberg = forficatusL. Die Myriopoden Steiermarks. 101 curtirostris Bohemann = pinetorum Harger. Cyckanowskii Sseliwanoff. Pal. cyrtopus Latzel, Haase, Daday. Pal. Dadayi Tömösvary, Daday. Pal. dalmaticus Latzel, Daday. Pal. dentatus CrKoch PrKoch, BKatzel, Haase, Benlese, Daday. Pal. depressus Fanzago. Pai. Doriae Pocock. Pal. *“dorsospinosus Kennyan, 19a. N.-Am. dubius Tömösvary, Daday. Pal. Eigenmanni Bollmann. N.-Am. elatus Bollmann. N.-Am. elegans Sseliwanoff. Pal. Entzii Daday. Pal. erythrocephalus EC. Koch, L. Koch, Gredler, Meinert, Spuxiprene, Watzel, Haase, kordt. Daday,ı omos- vary. Pal. eucnemis Stuxberg N.-Am. exiguus Meinert. N.-Am. eximius Meinert, Latzel, Berlese, Daday, Verhoeff = castaneus Newport. Banzagoi Bedrizzi= !picensL. Koch. fasciatus Newport, Gervais, Pocock. Pal. KeaeBocock. Asien. jestivus L. Koch = fasciatus Newport. “finitimus L. Koch. Japanesische Arachn. Myr. Zool.-bot. Ges. 11877 (0). flavus Meinert. Pal. forceipatus Gervais = forficatus L. forficatus L., alle Autoren. Pal., N.-Am. formicarum Stuxberg. Pal. usson le Koch, Meimert = wicens L. Kocn. fugax Stuxberg. Pal. Galatheae Meinert = pilicornis Newport. giganteus Sseliwanoff, Pal. glabratus C. Koch, Latzel, Porat, Daday = melanops New- port. 2 @. Attems, gracilipes Meinert. gracilis Meinert. — Porat = Henicops fnlvicornis Meinert. granulatus L. Koch, Sseliwanoff. grossidens Meinert, Haase. Pal. Pal. Pal. Asien. anossipes, Er Koch, l-Koch, Larzei! Bedeiz an bedler Daday, Dalla Torre = fasciatus Newport. Hardwickei Newport, Haase. hexodus Brolemann. hispanicus Meinert. Holzingeri Bollmann, 2a. hortensis L. Koch = forficatus L. Howei Bollmann. hungaricus Daday. illyricus Latzel. immutabilis L. Koch = melanops Newport. imperialis Meinert, Fedrizzi. Asien. Pal. Pal. N.-Am. N.-Am. Tal: Pa Pal. impressus € Koch, L. Koch, Lueas, Geryais, Heduzrar Bienleser Kolcoiek ingegnidens Redrizzi = picens L. Koch. inermis L. Koch. insignis Meinert. intrepidus Meinert. javanicus Pocock. jowensis Meinert. juventus Bollmann. Kessleri Sseliwanoft. Kochii Stuxberg, Bollmann. Koenigii Verhoefft. laevilabrum Leach = forficatus L. Pal. Pai. Pal. Pal. Indien. N.-Am. N.-Am. Pal. N.-Am. Pal. lapidicola Meinert, Latzel, Haase, Heller, Dalla Torre, Daday, Berlese. latebricola Meinert. latro Meinert, Latzel, Daday, Dalla Torre. Latzeli Meinert, Bollmann. Leachii Fanzago = meridionalis Fedrizzi. leptopus Latzel, Daday, Berlese. ? higusticns Fanzago —= ?fasciatus Newport. Pal. Pal. Pal. N.-Am. Pai. R n 5 EI) Die Myriopoden Steiermarks. 183 litoralis L. Koch. Pal. ? longicornis Risso, Stuxberg, 54. longipes Porat, Meinert, Latzel = pilicornis Newport. loricatus Sseliwanoft. Pal. Inkwens w. Koch = calcaratus C. Koch. Iueitusus l. Koch, BKedrizzi, Latzel, Daday,.Berlese. Pal. Lundii Meinert. N.-Am. macilentus Gredler = agihs C. Koch. er PIKochres pi asus € Koch. —Bednızaı = Aagilis.C.)Koich. macrops Karsch. 2 macnlatus Fedrizzi = ?fasciatus Newport. "maltensis Kennyan, 19a. N.-Am. 2 marvginatus Fedrizzi = ?piceus L. Koch. megaloporus Stuxberg. N.-Am. melanocephalus L. Koch = melanops Newport. — C.Koch = ?melanops Newport = ?dentatus C.Koch. melanops Newport, Pocock. Pal. meridionalis Fedrizzi. Pal. 2mexicanns Perbose, Stuxbers. microcephalus Sseliwanoff. Pal. microdon Latzel. Pal. microps Meinert, Latzel, Porat, Daday. Pal. minimus L. Koch. Pal. Minnesotae Bollmann. N.-Am. minutus C. Koch, L. Koch = mutabilis L. Koch. montanus C.Koch, L. Koch, Fedrizzi = fasciatus Newport. 2 montellicns Fanzago, Fedrizzi = ?fasciatus Newport. monticola Stuxberg. N.-Am. mordax L. Koch, Bollmann, Stuxberege. N.-Am. multidentatus Newport, Gervais, Wood, Stuxberg, Mei- mert, Bollmann. N.-Am. muscovrum L. Koch = forficatus L. mutabiliıs LE. Koch, Latzel, Fliaase,.Berlese, Daday, Sseliwanoff, Dalla Torre. Pal. museus C>Koch, V.Koch, Latzel!’Haase, Dalla Torre, Daday. Pal. mystecus Humbert et Saussure, Stuxberg. N.-Am. 154 C. Attems, "nebrascensis Kennyan, 19a. N.-Am. nigrifrons Latzel et Haase, Porat, Daday. Pal. nigripalpis L. Koch = ?piceus L. Koch. nobilis Wood = maultidentatus Newport. nodulipes Latzel, Haase. Pal: Nordenskiöldi Stuxberg. Pal. obesus Stuxberg, Bollmann. N.-Am. oblongus Sseliwanoff. Pal. obscurus Meinert. Pal. *ochraceus L. Koch. Zool.-bot. Ges. 1877? octops Menge ex p. = calcaratus C. Koch. oedipes Bollmann, 3a. N.-Am. oligoporus Latzel. Pal. orientalis Sseliwanofft. Pal. ostiacorum Stuxberg. Pal. palustris Sseliwanoff. Pal. paradoxus Stuxberg. N.-Am. parisiensis L. Koch. Pal. "parvicornis Porat, 47 a. Syrien. parvolus Fedrizzi = forficatus L. juv. ? paucidens Wood, Stuxberg. pelidnus Haase, Latzel, Dalla Torre, Daday. Pal. peregrinus Latzel, Daday. Pal. PieeusiPaXolch, Beduzzı Katze HlaasenBenlesemprENe Torte, Dada, POCOClK. Pal. pilicornis Newport, Pocock. Pal., Azoren. ? pilosus Am Stein. Aufz. d. Myr. Graubündtens, 1857. pinetorum Harger. N.-Am. pinguis Bollmann, 3 a. N.-Am. ? planus Newport, Gervais, Wood, Stuxberg. ? platensis Gervais, Stuxberg, 94. ? platypus Newport. pleonops Menge = erythrocephalus C. Koch. politus Mc. Neill, Bollmann. N.-Am. Porati Sseliwanoff. SeBar Portchinskii Sseliwanoft. Pal. Potanini Sseliwanoff. Pal. princeps Stuxberg. Pal. Die Myriopoden Steiermarks. spiniger Latzel. ? spinipes Say —= ?forficatus L. 108 proridens Bollmann. N.-Am. provocator Pocock. Bermudas. proximus Sseliwanoft. Pal. pubescens L. Koch. Pal. pulcher Meinert. Pal. pulius Bollmann. N.-Am. punctnlatus Meinert = fasciatus Newport. Noch = Zvahaus Meiment. — Latzel = validus Meinert. — PaRoche—Teptopus Lartzel: pusillus Latzel, Berlese, Daday. Pal. pusillus Sseliwanoft. pusio Stuxberg. N.-Am. pygmaeus Latzel. Pal. .pyrenaicus Meinert. Pal. quadridentatus Fanzago = violaceus Fedrizzi. rapax Meinert. Pal. rex Bollmann. N.-Am. TChaeticus-Meinert, Bedrizzi = tricuspis Meinert. romanus Meinert, Fedrizzi. Pal. ?rubriceps Newport, Stuxberg, 4. rugosus Meinert. Asien. Saussurei Stuxberg. N.-Am. scrobiculatus Stuxberg. Pal. seutigeroides Verhoeff. N.-Am. Semperi Haase. Asien. "sexdentatus Kennyan, 19a. N.-Am. sibiricus Gerstfeldt 13 (= affinis Sseliwanoftf. 80 + orien- talis Sseliwanoff, 50, 51). Pal. sibiricus Sseliwanoff, 50 (der Name muss geändert werden). Pal. sibiricus Haase, 17a (ebenso). Pal. similis Bollmann = Zrilobus Bollmanın. Sloanei Newport = pilicornis Newport. Sordidus EL. Koch = piceus L. Koch. "spelumcarum Fanzago. Atti Ac. Rom. (3.) Mem. 1. Pai. 156 C. Attems, Stuxbergi Sseliwanofft. Pal. stygius Latzel. Pal. subtilis Latzel. Pal. Swevicus Meinert = mutabihs L. Koch. sulcatus L. Koch. Pal. suleipes Stuxberg. Pal. sydneyensis Pocock. Australien. Taczanowskii Sseliwanoft. Pal. ? Targionii Fanzago, Fedrizzi. tauricus Sseliwanoftf. Pal. tenebrosus Meinert, Latzel. Pal. tenuipes Daday. Pal. terkeusıRedniz zur Kavzel. Pai. Thetidis Karsch = aspevratus L. Koch. toltecus Humbert et Saussure. N.-Am. transmarinus L. Koch, Stuxberg. N.-Am. transsilvanicus Latzel, Daday. Pal. trieuspis Meinert, Latzel, Fedrizzi, Daday, Pocock. Pal. tnidentinus Nanza 20, Kedrizasalkarzera ae Daday. trilineatus L. Koch. trilobus Bollmann. tuber Bollmann. “furritanus Fanzago. Myr. della Sassarese, 1881. tylopus Latzel, Berlese, Pocock. typhlus Latzel. tyrannicus Bollmann. Underwoodi Bollmann. vagabundus Stuxberg. validus Meinert, Latzel, Dalla Torre, Daday. variegatus L. Koch, Rosicky = mutabilis L. Koch. 2 — Leach = ? forficatus L. Z2varius L. Koch = 2aeruginosus L. Koch. velox L. Koch = melanops Newport. venator L. Koch, Porat, Sseliwanoft. verrucosus Sseliwanoff. vieinus Sseliwanoff = crassipes Meinert. villosus L. Koch = forficatus L. Torre, Pal. N.-Amı. N.-Am. N.-Am. Pal: Pai. N.-Am. N.-Am. Pal. Pal. Pal. Pal. Die Myriopoden Steiermarks. 2? violaceus Fedrizzi. viriatus Sseliwanoff. vorax Meinert. vulgaris Leach = forficatus L. Weberi Pocock. Xanti Wood, Stuxberg, Bollmann. xenopus Bollmann. Literatur -Verzeichniss. Indien. N.-Am. N.-Am. 1. Berlese. Acari, Myriopoda et Scorpiones hucusque in Italia reperta. — Padova. 2. Bollmann. Notes on the North American Lithobiidae anidı Seütisenidae. Broc- U. S. Nat Mus. X, 18837. 2a.”—- New North. Am. Myr.; Entom. Amer., III, 1887. 3. — Notes upon a Collection of Myriopoda from East Tennessee. Ann. N.-York. Acad. Sc. Vol. 10, 1888. 3a. — Prel. Not. Myr. of Arkansas; Entom. Amer. IV, 1888. 4. — Notes upon some Myr. belonging to the Nat. Museum. Proc. U. S. Nat. Museum. XI, 1888. ». Brolemann. Contribution ala faune myriapodol. medi- termansenme, Nois 2, Zum, Soe lem. de Lyon. XXI, 1892. oa. — Note 1, ibidem. XXXVIJ, 1889. 6. Daday. Myriopoda Regni Hungariae. Budapest, 1889. 7. — Myr. extranea Musaei nat. Hungariae. Termeszetraizi füzetek. XII, 1889. 8. Fanzago. I Chilopodi italiani. Atti d. Soc. Ven. Trent. III, Padova. 1874. 9. — Lithobius trachycephalus n. sp. Rendic. adun. d. soc. ent. ital. 1880. 10. — Bull. Soc. entom. Ital. XII, 1880. nr Bedrizz1. I Eithobi itallanı. AttıSoe.Ven. Drent. V, 1877. 12 mandie. I, 1884. 11, 1886; 2. 2. Gadeau de Kerville. Les Myriopodes de la Nor- Il, Addenda; 1887. IV, 2. Addenda; 1890. Bull. Soc. d. amis d. sci. nat. de Rouen. 155 C. Attems, Gerstfeldt. Über einige zum Theil neue Arthropoden, Platyhelminthen, Anneliden, Myriopoden und Crustaceen. 1858. Harger. Descriptions ofnew North-american Myriopods. Am. Journ. of sci. and arts. 3. ser. 4, 1872. Humbert et Saussure. Myriopoda nova americana. Revsen mas dern70 0 7238ER Haase. Schlesiens Chilopoden. I. Breslau, 1880. — Die indo-australischen Myriopoden. I. Chilopoden. 1886— 1887. .— Zur Kenntniss der sibirischen Myriopoden. Zool. Anzeiger 1880, S. 223. Karsch. Ein neuer Lithobius. Zeitschrift für die ges. Naturw. LIII, 1880. — Berliner entom.'Zeitschr. Bd. 32, 1888. .Kennyan. Canadian Entomologist, 1893. Koch C.L. Deutschlands Crust., Myr. und Arachniden. — Arachniden und Myr. aus der Regentschaft Algier. Wagner’s Reisen in der R. Algier. 3, 1841. — System der Myriopoden. 1847. — Die Myriopoden. 1863. KochL. Die Myriopodengattung Lithobius. Nürnberg, 1862. — Zur Arachniden- und Myr.-Fauna Südeuropas. Verh. zool.-bot. Ges. Wien, 1867, Bd. 17. — Japanesische Arachniden und Myr.; ibid. XXVII, 1877. Latzel. Zwei neue mitteleuropäische Arten der Gattung Lithobius. Zool. Anz. Nr. 55, 1880. — Die Myriopoden der öst.-ung. Monarchie. I, 1880. — Ein neuer Lithobier aus Ungarn und Serbien. Zool. Anz. Nr. 114, 1882. — Deser. d'un nuovo Lith. ital. Boll. Soc. entom. Ital. XIV,1882. — Diagnosi d. nuov. Myr. d. Sardegna. Ibid. XVL. — Die vom Oberstabsarzt Dr. J. Karlinski 1887 in Bosnien, Herzegovina, Novibazar ges. Myr. Verh. zool.-bot. Ges. Wien, 1888. 894. 40. 41. ol Q Or Oo DEE Die Myriopoden Steiermarks. DE) Latzel. Sopra alcuni Myr. cavernicoli italiani. Ann. Mus. civ. stor. nat. d. Genova. 2. ser. VII, 1889. — ibidem XXV, 2. ser. V, 1887 —1888. Linne. Systema naturae, ed. X, 1758. Me. Neill. Proc. U. d. Nat. Mus. X, 1837. Meinert. Danmarks Scolopendrer & Lithobier. Naturh. Messios, 8 IR, Del WE SlSS. — Myr. Musaei Hauniensis. Il. ibid. Bd. VIII, 1872. — Myr. Musaei Hauniensis. III. Vid. Medd. Nat. For. Rjobentz. 1884— 1886. — Myr. Musaei Cantabrigensis. Proc. Am. philos. Society, XXIII, 1886. Newport. AList of the species of Myriopoda order Chilopoda ete. Ann. and mag. of nat. hist. 4. ser. XII, 1844. — Monograph of the class Myriopoda order Chilopoda. Trans. Linn. Soc. London, XIX, 1849. Pocock. Ann. Mus. civ. Stor. nat. Genova. XXIX, 2. ser. IX, 1890. — lonelenı. LAO-OG 2, Bern 265 Sl: — Ann.and mag. of nat. hist. 6. ser. VII. e Zrmnandımaer or mars his 02, sen@], pr 121, Myr. of Challenger Exped. .— Weber’s Reise nach Niederl. Ostindien, III, p. 310, sll, 1894. Porat. Öfversigt Vetensk. Ak. Forh. Stockholm 1869. — Om nagra Myriapoda fran Azorerna. Öfvers. Vet. Ak. Forh. Stockholm. Nr. 7, 1870. — Nya bidrag till Skandin. halföns Myriopodologı. Entom. Tidskr. Stockholm. 1889. .— Revue biol. du Nord de la France, VI. Sseliwanoff. Zwei neue Arten aus der Gattung Litho- bius. Hor. Soc. Ent. Ross. Petropolis, XII, 1876. — Eine Bemerkung über Lithobius sibiricus Gerst- feldt. Zool. Anz. Nr. 68, 1880. -—- Troudy Ent. Russk. Obs. XI. 1880. — ibidem. XII, 1881. — Zapiski Imperat. Akad. Nauk. Sot. Petersburg, 1881. 160 C. Attems, 93. Sseliwanoff. Neue Lithobier aus Sibirien und Central- asien. Zool. Anz. Nr. 73, 1881. 54. Stuxberg. Nya Nordamerik. Lithobier. Öfvers. Vet. Ak. Forh. 32. Bd. 1875. 99. — Myriopoda fran Sibirien & Waigatsch; ibidemBd. 33, 1876. 86. Tömösvary. Beitrag zur Kenntniss der Myriopoden Ungarns. Zool. Anz. Nr. 71, 1880. 57. Verhoeff. Über einige nordafrikanische Chilopoden. Berl. entom. Zeitsehr. Bd2736, (7 Heft o7a. — Bearbeitung der von Moller auf der Insel St. Thome gesammelten Chilopoden und Diplopoden. Berl. entom. Zeitschr. Bd. 37. 98. Wood. On the Chilopoda of North-America. Journ. Ac. Nat. Sci. Philadelphia, new ser. V. 1862. 39. — The Myriopoda of North-America. Trans. Amer. philos. Soc., new ser. XI, 1865. 60. —- Proceed. Acad. Sci. Philadelphia. 1867. III. Familie Scolopendridae Newport. Gattung Scolopendra Newport. Se. einezulataBarreiliien Eat zer pe West- und Südungarn (L. D.), Croatien (L. D.) (Ferner Küstenland, Dalmatien, südl. Caucasus, Italien, Kleinasien, Asien, Ägypten.) Gattung Cryptops Leach 1814. Patzer P pm "Cr. anomolans Newport. (Trans. Linn. Soc. London, XIX, p. 409, 1845). Syn. Cr. pumctatus C. Koch, 1847, Latzel, Ip tolle Cr. anomolans Pocock, Ann. Mus. civ. stor. nat. Genova, XXIX, 2. ser., IX, 1890. Niederösterreich (L. I, p. 153): Bisamberg, Umgebung von Baden. Westungarn (Pest, D.): Leithagebirge bei Bruck a. d. Leitha. Die Myriopoden Steiermarks. 161 Auf dem Monte Magsiore (1396 r), bei Abbazia, nahe dem Gipfel fand ich ein Exemplar, bei dem die Punktirung der Rücken- und Bauchschilde ganz verschwunden. Trotzdem halte ich es für eine Variation von »punctatus«, da sonst alle Merk- male (Basalschild deutlich sichtbar, erster Rückenschild greift nicht über den Kopfschild, Behaarung des ganzen Körpers sehr schwach, Bedornung der Analbeine) stimmen und nenne es var. levigata. Cr. hortensis Leach. Panzer ipr los! Unter den vielen normalen Exemplaren finden sich zu- weilen solche, bei denen der Hinterrand des Kopfschildes nicht vom ersten Rückenschild bedeckt wird, bis jetzt scheinbar eine rein individuelle Aberration, unter mehreren hundert normalen liegen mir nur etwa 8—10 Stück vom Plawutsch, Schöckl und der Dürren Wand bei Gutenstein vor. Stelermanke (EI. p. 88), Graz, Schöckl, \Weizklamm, Peggau, Bärenschütz, Hochschwab, Marburg; überhaupt wohl über das ganze Land verbreitet, bei Graz überaus häufig, ja hier einer der gemeinsten Myriopoden. Niederösterreich (L.): Wiener Wald, Bisamberg, Dürre Wand, Reisthal. »Alle Provinzen der westlichen Reichshälfte« (L.), West- ungarn (L. D.) Im August fand ich des Öfteren Weibchen, welche im Inneren alter Baumstrünke ihre Jungen bewachten. Bei letzteren stehen 2 Maxillenpaare und das Kieferfusspaar noch ganz wie Füsse vom Leibe ab, denen sie auch in der Gestalt noch sehr ähneln. IV. Familie Geophilidae Leach. Gattung Mecistocephalus Newport. M. carniolensis C. Koch. Lanzell, tl D, 192. Steiermark (L. I, p. 165): Graz und Schöckl, häufig auf letzterem bis zum Gipfel. Weizklamm, Mixnitz, Stübing, Bachern, St. IIgener Thal, Aflenz. Kärnten (L.), Krain (L.), Ungarn (D.) Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth.1. 11 162 | C. Attems, Gattung Geophilus Leach. G. mediterraneus Meinert. Latzei 9103 Westungarn: Baranyer Com. (D.) Sonst noch Tirol (L. Dalla Torre), Alsier (Meinert) G-Terrusineus & Koch, Tarzeinnoee Steiermark: Grazer Feld bei Kalsdorf. Niederösterreich (L. I, p. 173): Rekawinkel. Kärnten (L.), Westungarn (D.) G. flavidus C. Koch. Latzeil, ]; px zo} Steiermark (L. I, p. 177): Marburg. Die Drau dürfte auch für ihn in Steiermark die Nordgrenze sein. Im Grazer Feld kommt er nicht mehr vor und weiter nördlich schon gar nicht. Niederösterreich (L. I, p. 177): Recht häufig im ganzen Wiener Wald, z.B. Brühl, Rekawinkel, Anninger, Eisernes Thor, Neuwaldegg, Leopoldsberg, ferner im Prater, in der Lobau, auf dem Bisamberg, Leithagebirge. Die niederösterreichischen Exemplare haben zahlreiche, oft über 70 Beinpaare. Kärnten (L.): Tarvis. Krain (L.), Westungarn (D.), Croa- tien (D.) G. favidus E.K. var. carınthiaca Latzel. Diese Varietät ist bekanntlich auf ein @ mit nur 55 Bein- paaren gegründet. Auf dem Monte Maggiore bei Abbazia fing ich ein hieher gehöriges 9 mit 57 Beinpaaren, das sich weiters von der typischen Form dadurch unterscheidet, dass die Kiefer- fusshüftzähne sehr klein sind und die Punktirung der vorderen Bauchschilde viel schwächer ist. Haase zieht das J mit 59 Beinpaaren aus dem Oderwalde in Schlesien wohl mit Unrecht zu dieser Varietät. Es gehört, sowie das von Meinert unter dem Namen Geophilus montanus beschriebene JS zur forma genwina. Die Zahl der Beinpaare ist somit für die typische Form bei d 59—73, beiden @ 61—75. Für die var. carinthiaca bei d' 58—85, bei ? 99— 97. Die Myriopoden Steiermarks. 163 G. Havidus C. K. var. styriaca mihi. Auf dem Bachern bei Marburg fing ich 2 J’, die zwar offen- bar zu G. flavidus gehören, aber eine sehr wohl charakterisirte Varietät dieser Art vorstellen. In folgendem weichen sie vom Typus ab: Zahl der Beinpaare 53 und 55, Länge 15 mm; trotz dieser geringen Grösse machen sie nicht den Eindruck ganz junger Thiere. Alle Bauchschilde ganz glatt, ohne Punktirung, die 6—8 vordersten haben am Vorder- und Hinterrand je eine Querreihe stärkerer Börstchen, sonst sind sie ganz unbehaart. Der 7.—15. hat ähnlich wie G. flavidus einen braungelben Vorder- und Hinterrand. Analpleuren glatt, beinahe unbehaartt, mit 11 Poren jederseits. Geophilus insculptus nov. Sp. Gracilis, sparse crinitus, flavus, capite obscuriore, lamina | cephalica paulum longior quamlata, frons non discreta. Antennae vicesimam usque ad decimam partem longitudinis corporis aequantes. Lamina basalis lata, lamina praebasalis mimina vix conspicua. Mala externa paris primi maxillarum parva, palpi externi latissimi, coxae pedum maxillarium inermes, ungues dente basali minimo, clausi marginem frontalem non attingentes; lineae chitineae abbreviatae; laminae ventrales leves trisulcatae, 1.—18.(19.), aut 5.—15., aut 6.— 20. margine anteriore fovea lata transversa, margine posteriore processu obtuso ornatae, lamina ventralis ultima lata. Pleurae posticae septenis poris magnis, pori anales duo. Pedum paria 435—63, pedes anales modice incrassati, ungue parvo. Long. corp. — 25 mm. Körper ziemlich schlank, spärlich behaart, hellgelb, Kopf und Mundtheile nur wenig dunkler, grösste Länge (eines 9) 25 mm. Kopfschild ein wenig länger als breit, Stirn nicht abge- setzt, Fühler in ihrer relativen Länge sehr schwankend !/,, —"/io der Körperlänge. Basalschild breit, Präbasalschild nur bei starker Vergrösserung als kleiner, beiderseits zugespitzter Streif sicht- bar. Die äusseren Laden des 1. Unterkieferpaares recht klein, die äusseren Taster auffallend breit, blattförmig, am Rande gefranzt (Taf. I, Fig. 9). Kieferfusshüfte vorne wehrlos, mit deutlicher 1 Auf Taf. I, Fig. 10 habe ich zum Vergleiche von Unterkiefer von @. sodalis abgebildet. Wis 164 C. Attems, Mittelkerbe, Kieferfussklauen mit sehr kleinem Basalzahn, geschlossen erreichen sie die Kopfspitze nicht ganz, Chitin- linien abgekürzt. Die Bauchschilde sind glatt, nicht punktirt, die vorderen haben in der Mitte ein Grübchen und jederseits neben der gewöhnlichen Seitenrandfurche eine derselben parallele, sehr deutliche Furche, sind also »dreifurchig«. Ausserdem haben mehrere der vorderen Bauchschilde eine auffallende Sculptur. Der Vorderrand dieser Bauchschilde hat eine Chitingrube von ungefähr derselben Form wie bei Geo- philus sodalis (von denen mir Dr. Latzel freundlichst einige Exemplare zum Vergleich schickte), nur nimmt diese Grube bei unserer Art beinahe die ganze Breite des Bauchschildes ein, während sie bei sodalis im Verhältniss zum Bauchschild sehr schmal ist. Der Hinterrand des vorangehenden Bauchschildes ist dieser Grube entsprechend in einen stumpfen Zapfen vorge- zogen. Vor demselben liegt das Porenfeld, welches ein läng- liches Oval darstellt. Bei sodalis ist das Porenfeld ein gleich- mässig breiter Streifen vor dem Hinterrand des Bauchschildes, der von einer Seite desselben bis zur anderen reicht. Beides, Grube und Zapfen, sind von braungelbem Chitin bekleidet und daher sehr in die Augen fallend. Die Zahl der Bauchschilde, auf denen diese Bildungen vorkommen, schwankt etwas: bei 2 Exem- plaren aus Graz auf dem 5.— 15., bei einem erwachsenen 9 vom Bachern auf dem 6.—20, bei allen übrigen auf dem 1.—18,., in einem Falle 19. Segment. Auch auf einigen folgenden Segmenten können sich Andeutungen davon finden. Letzter Bauchschild breit. Pleuren des letzten Segmentes ziemlich behaart, mit 7 grossen Poren jederseits, der grösste ist der vorletzte, am meisten medianwärts stehende. Genitalanhänge des J gross, 2 Anal- poren vorhanden (cf. Taf. I, Fig. 12.) Die Zahl der Fusspaare schwankt innerhalb weiter Grenzen, Maximum 63, Minimum 43. Diese grosse Diiferenz (20) wurde meines Wissens noch bei keiner anderen Geophilus-Art beobachtet (vergl. übrigens Geo- philus flavidus). Die Exemplare derselben Localität haben je- doch meistens ungefähr dieselbe Zahl von Beinpaaren, z. B. 93 |] 29 aus der Brühl, 51 mehrere Stücke aus Rekawinkel, 41, 49,80. die Grazer, 148, 1949, 1.947, 7 9 29gBaare Die Myriopoden Steiermarks. 165 vom Schöckl, 63 Paare 1 9 vom Bachern, von dessen 9 Jungen, die es bewachte, haben 3 Stücke 59 und 6 Stücke 63 Bein- paare etc., Analbeine mässig dick, mit sehr kleiner Klaue. Fetus von 7—9 mm Länge, O'3 mm Breite, Farbe schnee- weiss, Krallen, Pleural- und Analporen lichtgelb, von den Chitin- gruben der Bauchschilde ist noch nichts zusehen. Die Zäpfchen sind noch ungefärbt. Die Klauen der Kieferfüsse erreichen kaum die Mitte des Kopfschildes. Jederseits ein sehr grosser Pleural- porus und ein grosser Analporus. Fühler kolbenförmig, 3. Glied am dünnsten. Steiermark: Graz, Schöckl, Mixnitz. Unterthal bei Schlad- ming, Bachern, Bodenbauer, St. Ilgener Thal. Niederösterreich: Wiener Wald, Leithagebirge bei Manners- dorf, Reisthal, Rax (Plateau.) G. longicornis Leach. Lanze ln. 178), Steiermark: Graz, Feldkirchen, Kalsdorf, Peggau, Schöckl Stübing bis zum Gipfel, Bärenschütz, Marbure. Niederösterreich (L. I, p. 181.): Im ganzen Wiener Wald sehr häufig, Kahlenberg, Eisernes Thor, Dürre Wand, Prater, Mannersdorf, Rax, Reisthal. Kärnten (L.), Salzburg (L.), Westungarn (D), Leithagebirge, Purbach. G. longicornis Leach. var. austriaca Latzel. Steiermark: Graz, Aflenz. Westungarn: Gamsenberg bei Pressbureg. G. pygmaeus Latzel. 182: Auf dem Bachern bei Marburg fand ich neben 5 Stücken mit 438 Beinpaaren auch 2 mit 45 Beinpaaren, so dass die Diagnose dahin erweitert werden muss. Steiermark: Bachern bei Marburg. Kärnten (L.), Küstenland (L.), Croatien (D.). Ga prexzimus/@, Koch Latzel,],p. 184. Steiermark (L. I, p. 186): Graz ziemlich häufig, Weiz- klamm. 166 C. Attems, Niederösterreich (L. I, p. 186): Wiener Wald Kahlenberg, Dürre Wand, Bisamberg. Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.). G. electricus L. Latzel, p.1sr2 Die äusseren Laden des 1. Unterkieferpaares sind gross, viel breiter als die inneren und überdecken letztere theilweise, welch letztere vorne sehr abgerundet sind. Die beiden Taster- lappen des 1. Unterkieferpaares sind schlank, die äusseren am Ende zugespitzt, die inneren ganz an die Laden angelegt. Die dreigliederigen Lippentaster sind stark verdickt, mit grosser Klaue (Taf. I, Fig. 8). Während für die fd als Normalzahl der Fusspaare 69—69 angegeben wird (Latzel, Meinert), hat ein cd aus unserem Garten nur 63 Paare. Die übrigen Grazer haben 65, 67 oder 69 Paare. | Fetus von 9 mm Länge mit 69 Bein- paaren hat jederseits einen sehr grossen Pleuralporus auf der Mitte der Unterseite dieses Gliedes und 2 grosse Analporen. 1 Fetus von 16 mm Länge mit 65 Beinpaaren hat 4 Pleural- poren jederseits, 3 längs des inneren Randes, | auf der Mitte der Unterfläche der Pleure. Die Quereindrücke auf dem Vorder- rand der Bauchschilde und die Chitinzäpfchen der Mitte des- selben sind verhältnissmässig viel stärker entwickelt als beim erwachsenen Thier. Steiermark (L. I, p. 188): Graz, Aflenz. Niederösterreich (L. I, p. 188): Dürre Wand bei Gutenstein, Reisthal am Fusse der Rax, Leithagebirge bei Mannersdort. Oberösterreich (L.), Kärnten (L.) G. linearis C. Koch. Batzell pris Steiermark: Bei Graz bisher nur 3 Stücke. Niederösterreich (L.), Kärnten (L.), Westungarn (L.) Gattung Orinomus nov. 9. Opetvon.os. Antennae filiformes, labrum medio tridentatum, lateribus laciniatum. Stipes mandibularum lamina pectinata armatus. Maxillarum mala externa biarticulata, processus palpiformes desunt, etiam in stipitibus. Unguis palpi labialis latet. Coxae Die Myriopoden Steiermarks. 167 pedum maxillarium lineis chitineis fultae. Laminae dorsales indistincete bisulcatae. Pleurae posticae porosae. Pori ventrales in fasciam transversam dispositi. Ceterum generi Geophilo simile. Diese neue Gattung steht Geophilus sehr nahe, die Haupt- unterschiede von letzterem Genus sind das Fehlen der beiden Paare von Tasterlappen am ersten Unterkieferpaare und das Fehlen der Klaue an den Lippentastern. Da die Art, auf welche sich das Genus gründet, sich auch durch andere Merkmale (sehr geringe Beinzahl, beinahe ganz fehlende Furchung der Rückenschilde) von Geophilus unterscheidet, halte ich im Hin- blick auf die grosse systematische Wichtigkeit der Mundtheile serade bei den Geophiliden die Aufstellung einer neuen Gattung für gerechtfertigt. In allen nicht angeführten Merkmalen gilt dasselbe wie für Geophilus. Orinomus oligopus nov. Sp. Parvus, latus, nitidus, levis, supra sparse crinitus, infra subglaber, flavus, capite subrufo. Longit. corp. 12 mm. latid. corp. O6 mm. Lamina cephalica rotundata, antennae perbreves 1'2 mm longae. Mala interna et externa maxillae primae aequa magni- tudine, longae, processus palpiformes desunt, palpus labialis articulatus, ungue nullo, tuberculo setigero apice armatus. Pedes maxillares marginem frontalem attingentes, coxis inermibus, lineis chitineis abbreviatis, unguis dente parvo basali, margine interiore crenulatus, Lamina basalis lata, lamina praebasalis inconspicua. Sulci longitudinales scutorum dorsalium vix con- spicui; laminae ventrales anteriores tribus sulcis longitudinalibus exaratae; lamina ventralis 4.—11. foveis transversalibus fulvis margine anteriore ornatae. Pori ventrales in linea transversa ad marginem posticam siti. Lamina ventralis ultima lata, spiracula magna, rotundata. Pleurae posticae maris incrassati, utrinque septenis poris, pori anales inconspicui. Pedum paria 37. Pedes anales maris modice incrassati et elongati, ungue minimo, appendices copulativae maris magnae, biarticulatae. Körper ziemlich breit, glatt und glänzend, Oberseite schwach behaart, auf der Unterseite beinahe nackt, lichtgelb, 168 C. Attems, Kopf bräunlichgelb. Auf dem Vorderrand des 4.—11. Bauch- schildes eine dunkelgelbe Quergrube, die etwas an die ähnliche Bildung bei G. insculptus erinnert. Körperlänge 12 mm, Breite O°6 mm. Kopf mittelgross, Kopfschild beinahe kreisrund, Fühler recht kurz, 1:2 mm lang, Stirne mit 3 Zähnchen in der Mitte, seitlich kurz gefranzt. Oberkiefer mit einem Kammblatt, innere und äussere Lade des 1. Unterkieferpaares beinahe gleich gross, beide lang, äussere Lade wie gewöhnlich zweigliederig. Die beiden Taster- lappen fehlen. Es weicht diese Art darin sehr von den übrigen einheimischen Geophiliden ab. Endglieder der Laden mit einigen Borsten. Lippentaster dreigliederig, Klaue desselben fehlt. Die Spitze des letzten Gliedes trägt ausser mehreren grösseren Borsten ein kleines Zäpfchen mit einer Borste, Hüften des Kieferfusspaares mit abgekürzten Chitinlinien, Vorderrand ge- rade ohne Spur von Zähnchen, Mittelkerbe nur angedeutet. Die Klauen reichen geschlossen bis zur Kopfspitze, Innenkante der- selben sehr fein gekerbt, an der Basis ein kleines Zahn- höckerchen. Basalschild breit, Praebasalschild gar nicht sichtbar. Die Rückenschilde zeigen die 2 Längsfurchen nur bei gewisser Be- leuchtung, da sie äusserst seicht sind. Die vorderen Bauchschilde sind deutlich dreifurchig, der 4.—11. Bauchschild haben ähnliche dunkelgelbe Quergruben auf dem Vorderrand wie G. insculptus, nur sind sie hier nicht so stark ausgeprägt und der ihnen gegenüberstehende Vor- sprung fehlt. Die Bauchporen stehen in einem queren, länglich ovalen Fleck vor dem Hinterrande der Bauchschilde. Letzter Bauchschild breit, Stigmen gross, rund. Die Pleuren des letzten Fusspaares sind beim J verdickt und haben jederseits 7 grosse Poren, von denen die hintersten die grössten sind. Anal- und Genitalsegment sind stark be- borstet. Genitalanhänge der d’ gross, zweigliederig mit einigen starken Borsten, Analporen nicht sichtbar. 37 Beinpaare, Analbeine der & mässig verdickt, merklich länger als das vorhergehende Paar, mit sehr kleiner Klaue. Die Myriopoden Steiermarks. 169 Gattung Scolioplanes Bergsoe & Meinert. Se aeuminatus Peach. Latzel,T, p. 192, Die lebenden Thiere sind entweder am ganzen Körper intensiv roth oder es haben nur Kopf, die 7—8 vordersten und einige der letzten Segmente diese Farbe. Während ich bisher constant 39 Beinpaare bei den JS beobachtete, fand ich auf dem Hochschwab 1 J mit 41 Beinpaaren. Die bisher gefundenen 2 haben alle 41 Beinpaare. Steiermark: Graz ziemlich häufig, Weizklamm, Mühl- graben bei Radegund, St. IIgener Thal, Hochschwab, Stübing. Niederösterreich: Wiener Wald, Dürre Wand, Prater, Rax (Plateau), Reisthal. »Fast sämmtliche Kronländer der westlichen Reichshälfte« (L. I, p. 194), Croatien (D.), Westungarn (D.). Ser erassipes €, Koch, Katze, Fpr132 2 09 (vom Schöckl) haben jederseits nur 7 Pleuralporen. teiermark (L. I, p. 196): Graz, Schöckl Plateau, Mixnitz, Stübing, Marburg, Bachern, Hochschwab. Niederösterreich (L. I, p. 196): Rekawinkel, Anninger, Dürre Wand, Reisthal, Rax (Plateau). Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Westungarn (D.), Croatien (D.). Auf dem Kaniauz in den julischen Alpen fand ich diese Art noch in einer Höhe von über 2200 m. Gattung Schendyla Bergsoe & Meinert. Unter dem Namen Schendyla nemorensis wurden bisher zwei verschiedene Arten zusammengefasst. Ich trenne beide und nenne Schendyla nemorensis diejenigen Formen, bei denen das letzte Analbeinghied ganz kurz und dünn ist, während die übrigen Glieder dieses Fusspaares in beiden Geschlechtern, besonders aber beim J’ stark verdickt sind. Die vordersten Bauchschilde sind nur sehr schwach 170 C. Attems, behaart; meist finden sich auf jedem Bauchschild jederseits nur 2 Borsten hintereinander, von denen die vordere nach vorne, die hintere nach rückwärts gerichtet ist; die Borsten jeder Seite bilden eine gerade Linie. Sonst haben die vorderen Bauch- schilde höchstens noch einige kleine Börstchen auf den Rändern; die Fläche ist immer nackt. Der Hinterrand dieser Schilde kann in einen kegelförmigen Vorsprung ausgezogen sein, der oft lebhafter gelb ist als der übrige Bauch. Der Basal- schild ist kurz, seine Seitenränder convergiren weniger als bei der zweiten Form. Der Innenrand der Kieferfüsse ist glatt, ohne Zahnbildungen an Schenkel und Klaue. Diese Art findet sich hauptsächlich in der Ebene, in Auen und Niederungen. Steiermark: Graz. Niederösterreich: Wiener Wald, Prater, Stockerau. Schendyla montana mihi. Die Behaarung des ganzen Körpers ist intensiver als bei nemorensis. Das zeigt sich besonders auf den vorderen Bauch- schilden, welche auf ihrer ganzen Fläche dicht mit Börstchen besetzt sind. Am Hinterrand dieser Schilde ist meist gar kein Vorsprung zu bemerken; wenn einer vorhanden ist, ist er nicht lebhafter gefärbt und fehlt sicher auf den vordersten Bauch- schilden. Der Basalschild ist lang, seine Seitenränder convergiren sehr stark nach vorne. Der Innenrand des Schenkels des Kiefer- fusspaares hat stets einen oft kräftigen Zahnhöcker; kleinere finden sich auch an den folgenden Gliedern und an der Basis der Klaue. Die Analbeine des 9 sind dünn, die des d nur mässig ver- dickt. Das letzte Glied ist nicht wesentlich kürzer und dünner als die übrigen, beim 9 sogar recht lang. Diese Art ist mehr eine Bergform. Steiermark: Graz, Schöckl, Marburg. Niederösterreich: Wiener Wald, Dürre Wand, Reisthal. Im Übrigen stimmen beide Arten mit Latzel's Beschrei- bung von Sch. nemorensis überein. Erwähnen möchte ich, dass das letzte Fühlerglied sehr oft an der Aussenseite eine Aus- Die Myriopoden Steiermarks. 171 höhlung hat, so dass es wie ein Löffel aussieht. Diese Bildung findet sich besonders häufig bei den d’ von Sch. nemorensis, aber auch bei einigen 9 dieser Art fand ich sie, sowie bei einigen Exemplaren von Sch. montana. Schendyla eximia Mein. N A B EL 0) h Budapest (D.). Daday, Myr. R. Hung. p. 89 Gattung Scotophilus Meinert. Serillysieus/ Ne imente, Warzele.202: Niederösterreich (L.1,p. 206): Wiener Wald, Leopoldsberg, Bisamberg, Leithagebirge. Kärnten (L.), Westungarn (D.). Se4bicarinatus Mein IE arzel],p.207, Westungarn (D.). Gattung. Dignathodon Meinert. D. microcephalum Lucas. Latzel,I,p.209. Niederösterreich (L.), Westungarn (L. D.) Gattung Chaetechelyne Meinert. Ch. vesuviana Newp. Bavzelh]7pr208 Westungarn (D.). II. Ordnung Symphyla Ryder. Familie Scolopendrellidae Newport. Gattung Scolopendrella Gervais. Sesnofacanthaleensvzausı katzel],p. 12: Während Latzel nur Individuen mit höchstens 11 Bein- paaren unterkamen, fand ich auch vollkommen entwickelte mit 12 Paaren. 12 C. Attems, Steiermark: Leechwald bei Graz, Bärenschütz bei Mixnitz vereinzelt, bei Marburg etwas häufiger, Gamsergraben, Bachern, Stübing. Niederösterreich (Latzel, II, p. 13): Kärnten (L.), Croa- san (L,)). Sc. nivea Scopoli. Latzei ei Steiermark (Latzel, I, p. 15): Weizklamm, Bodenbauer bei Thörl, Bachern, überall nur je 1 Stück. Niederösterreich (Latzel, II, p. 15): Wiener Wald bei Rekawinkel und Neuwaldegg, Leithagebirge bei Mannersdorf. Kärnten (L.), Krain (Scopoli). Sc. immaculata Newport. katze W.pae Steiermark. Sehr häufig (wahrscheinlich im ganzen Land), Graz, Weizklamm, Badlwand bei Peggau, Schöckl, Röthelstein, Bärenschütz, Stübing, Bürgeralpe bei Aflenz, Marburg, Bachern. Niederösterreich: Im ganzen Wiener Wald häufig, auch Eisernes Thor, Dürre Wand, Leithagebirge, Rax, Reisthal. »Fast alle Kronländer der Monarchie« (L.), Croatien (D.), Westungarn (D.), Purbach. II. Ordnung Pauropoda Lubbock. l. Familie Pauropoda agilia Latzel 1889. Gattung Pauropus Lubbock. P. Huxleyi Lubb. Batzel, Ip Steiermark: Häufig Graz, Kalsdorfer Auen, Röthelstein, Bachern. Niederösterreich (L., p. 27): Kärnten (L.). P. pedunculatus Lubb. Batrzeil pr Steiermark: Graz, Weizklamm, Schöckl, Marburg, Bachern. Keine Seltenheit. Kärnten (L.). Die Myriopoden Steiermarks. RS 2. Familie Pauropoda tardigrada Latzel 1883. Gattung Brachypauropus Latzel 1889. Br. hamiger Latzel. Barezei 190330, Kärnten (L.). Gattung Eurypauropus Ryder 1879. E. ornatus Latzel. PaIERpIS4: Niederösterreich (L., II, p. 36). E. hastatus nov. sp. Eurypauropo ornato similis, fuscus, pulli flavi vel albi, ovalis, vix convexus. Antennae iisdem E. ornati pares. Scuta dorsalia dense granulata; praeterea scutum primum fere tota superficie spiculis brevibus obtectum, scuto tertio quinque maculae rotundae in lineam transversalem dispositae, spieulis vacuae; scuto quarto quatuor striae longiludinales spiculorum binis seriebus compositae. Scuto quinto duo costae longitudi- nales tribus vel quatuor spiculis in seriem dispositis instructae. Scutum ultimum spieulis carens. Fimbriae laterales iisdem E. ornati similes sed numerosiores. Scutum secundum antice tenuiter incisum, infra pilum sensile longum. Ante mediam sceuti tertii incisio profunda, infra pilum sensile longum oriens. Scutum quartum medio profunde ineisum, pilum sensile breve clavatum gerens. Scuta 5. et 6. post mediam profunde incisa et longis pilis sensilibus praedita. Segmentum septimum duobus pilis brevibus curvatis. Longitudo corp. 1 ’S mm latit. O-6 mm (adult.). Dem E. ornatus nahe verwandt. Farbe des erwachsenen Thieres rostbraun. Die Ränder der Rückenschilde dunkler. In der Jugend gelblichweiss und mit zunehmendem Alter allmählig dunkler werdend. Körperumriss oval. Rücken nur sehr wenig gewölbt. Länge des erwachsenen Thieres (7 Segmente, 9 Bein- paare) löo mm, Breite 0:6 mm. Fühler ganz wie für E. ornatus oder spinosus beschrieben (Fig. 17 auf Taf. I). In der Rücken- sculptur zeigt sich deutlich die nahe Verwandtschaft mit mz: C. Attems, E. ornatus. In der Jugend, bei Thieren mit 6 Beinpaaren ist der ganze Rücken gleichmässig mit kleinen Körnchen bedeckt, auf der hinteren Hälfte der Schilde sind zwischen denselben in mässiger Entfernung von einander dunkelgefärbte, dicke, aber kurze Dornen oder Stacheln vertheilt, und zwar auf dem 1. und 2. Rückenschild beinahe über die ganze Fläche, so dass nur wenige Stellen von ihnen frei bleiben; auf dem 3. Schild sind die Dornen schon weniger zahlreich und ordnen sichse,, dass sie 5 rundliche, ınTeimer2 Ouerseiheznebeg- einander liegende Flecken freilassen, auf dem Vorder- und Hinterrand stehen sie noch ohne bestimmte Ordnung. Der 4.Schild hat nur mehr 4 Längsstreifen von solchen Dornen, die 2 medialen aus je 2, die lateralen aus je einer Dornenreihe gebildet. Der 5. Schild hat 2 Längsrippen, auf deren jeder 3—4 Dornen hintereinander stehen. Soiche erhabene Leisten, die bei E. ornatus auf den 5 vorderen Schilden, auf jedem in der Zahl 4, sich finden, fehlen den 4 vorderen Schilden von hastatus vollkommen in jedem Alter. Der letzte (6.) Schild der Larven hat gar keine Dornen. Ältere Thiere mit 8 Beinpaaren haben diese Dornen schon sehr vermehrt, so dass die von ihnen freien Flecken viel kleiner geworden sind. Ausgewachsene Thiere haben auf den 4 vordersten Schilden 5 kleine runde Flecken in einer Querreihe, die nur von den gewissen kleinen Körnchen bedeckt sind, ausserdem hinter dem mittelsten zwei kleinere symmetrisch nebeneinander. Die ganze übrige Fläche ist von den Körnchen vermischt mit den Stacheln bekleidet, so dass immer ungefähr ein Dorn auf 4—6 Körnchen kommt. Von Längskielen ist auf diesen Schilden wie schon erwähnt keine Spur. Der 5. Rückenschild hat 4 Längsrippen, die mittleren stärkeren sind mit je 2, die seitlichen mit je einer Reihe Dornen besetzt. Dem 6. und 7 Schild fehlen Rippen und Dornen. Die Randbekleidung der Schilde besteht aus ebensolchen lancettförmigen Gebilden wie bei £. ornatus (Fig. 15). Nur sind dieselben hier zahlreicher. Eine Larve mit 6 Fusspaaren hat auf dem 2. Schild jederseits O+10 (wobei + die Stelle des Tasthaares andeuten soll, also: vor dem Tasthaar kein, hinter demselben 10 Fransen), auf dem 3. Schild 4+6, auf dem 4.Schild 6+13, auf dem 5. Schild 3—+1, auf dem letzten Segment Die Myriopoden Steiermarks. 1178 2 solcher Anhänge, die beiden letzten sind mehr hakenförmig nach rückwärts gekrümmt (Taf. I, Fig. 16). Ein Thier mit 8 Bein- paaren hat O+13, 4+9, 7+8S, 9+5, 3+3 solcher Fransen. Erwachsene Thiere entsprechend noch mehr. Der 2. Schild hat am Vordereck einen seichten Ausschnitt, unterhalb dessen das erste lange Tasthaar aufeinem Höckerchen steht. Vor dem Ausschnitt ist ein zahnförmiger Vorsprung. Der 3. Schild hat vor, der 4. in und der 5. und 6. Schild hinter der Mitte ihres Seitenrandes eine tiefeKerbe; die unterhalb derselben entspringenden Tasthaare sind auf dem 3.,5. und 6. Schild lang und dünn, auf dem 4. kurz und kolbenförmig. Das 7. Segment hat ein Paar kurzer nach hinten gerichteter am Ende nach ein- wärts gebogener Haare. Thiere mit 8 Beinpaaren haben bereits 7 Rückenschilde und gleichen bis auf die angegebenen Unterschiede in der Rückensculptur ganz den Erwachsenen. Länge 1 mm, Breite 052mm. Thiere mit 6 Beinpaaren haben 6 Rückenschilde und sind 0:7—0'76 mm lang und 0'36—0'42 mm breit. Von unten gesehen zeigt sich die Theilung in 7 Rumpfsegmente schon ganz deutlich. Diese Art unterscheidet sich also von der ihr nächst- stehenden, dem E. ornatus, durch die Rückensculptur, indem ihr die für ornatus charakteristischen Kiele fehlen und dafür die Dornen, respective Schuppen zahlreicher und anders vertheilt sind und durch das Vorhandensein der seitlichen Lücken ober den Tasthaaren, die Latzel für ormatus wenigstens nicht angibt. Ich fand E. hastatus stets zwischen Rinde und Stamm von Kiefernstrünken bei Graz, Bärenschütz und Mixnitz, Schöckl, Bachern und Marburg, Gamskogel bei Stübing. E. cycliger Latzel 1883. Ip 37: Niederösterreich (L.), Kärnten (L.). E. spinosus Ryder. Banzel Ip 33 Kärnten (L.). 176 C. Attems, IV. Ordnung Diplopoda Blainville-Gervais 1814. 1. Unterordnung Pselaphognatha Latzel. Familie Polyxenidae Gray and Jones. Gattung Polyxenus Latreille. P. lagurus L. Latzer ipeg Steiermark: Graz (Riess, Lineckberg, Strassgang), Badl- wand bei Peggau, Stübing, Schöckl, Röthelstein bei Mixnitz unter Steinen und Baumrinden. Niederösterreich (L., p. 79): Lobau bei Gross-Enzersdorf unter Rinde. Leithagebirge bei Mannersdorf, Eisernes Thor. Kärnten (L.). 2. Unterordnung Chilognatha Latereille 1802. Familie Glomeridae Leach 1S14. Subfamilie Glomeridia Brandt 1833. Gattung Gervaisia Waga 1857. G. costata Waga. L.atzel, Ip Steiermark (L., p. 88). a) Forma gen., Riess bei Graz. b) var. acutula, Weizklamm. Lembach am Fusse des Bachern. Gamsergraben bei Marburg, Bodenbauer bei Thörl. c) var. gibbula, Steingraben und Mühlgraben a. d. Schöckel. Niederösterreich (L., p. 88). Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L.). Gattung Glomeris Latreille. Der Unterschied im Artenreichthum zwischen den Mittel- meerländern und den Provinzen des mittleren und nördlichen Europa ist gerade bei dieser Gattung sehr auffallend. Aus den Mittelmeerländern sind mir etwa 26 Arten bekannt. Von diesen haben wir in den Alpenländern, abgesehen von den südlichen, mehr oder weniger in Verbindung mit den Mittelmeerländern stehenden Theilen, nur mehr 7 Arten, nämlich G]/. minima, Die Myriopoden Steiermarks. NT. pustulata, ornata, connexa, multistriata, hexasticha, conspersa. Drei davon, G]. minima, ornata und multistriata, gehen nörd- lich nicht über die Alpenländer hinaus, so dass wir in Schlesien nur mehr G]. pustulata, connexa und hexasticha finden. In den Rheinlanden leben von.allen diesen nur mehr @G/. hexasticha und conspersa, neben welchen genanntes Gebiet noch die für West- und Nordeuropa charakteristische Verwandte der hexasticha, deren südlichster Fundort in Tirol liegt, die G/. marginata nämlich, beherbergt. Die Verbreitung der G]. conspersa ist recht eigenthümlich. Eigentlich in den Mittelmeerländern zu Hause reicht sie doch westlich der Alpen durch die Schweiz (Daday) und Baiern (Koch und Andere) bis in die Rheinlande, wo ich sie gar nicht selten antraf (Cf. auch Verhoeff, Beitrag zur mittel- europ. Diplop. Fauna). In Schweden schliesslich ist GJ. margi- nata die einzige Vertreterin ihres Geschlechtes, mit dem nörd- lichsten Fundort Christiania (Porat). Am weitesten verbreitet ist jedenfalls G/. hexasticha mit ihren vielen Varietäten, nämlich mit Ausnahme Scandinaviens über ganz Europa. Von ihren nächsten Verwandten findet sich Gl. connexa in der Normandie, Österreich-Ungarn, Schlesien und Italien, G/. ornata nur in Kärnten, Krain und Südungarn. GI. marginata wie erwähnt in Nord- und Westeuropa. Alle diese letztgenannten Arten haben vollkommen übereinstimmende Copulations-Füsse. Ob G/. multistriata auch hierher gehört, trotzdem sie der Färbung nach gar nicht von Gl. hexasticha auseinander zu halten ist, bleibt zweifelhaft, da sie eine der wenigen Glomeris-Arten mit etwas vom gewöhnlichen Typus abweichenden Copulationsfüssen ist. In den Mittelmeerländern dürften zur Gruppe der G/. hexasticha die mir nicht näher be- kannten G!. tridentina, transalpina, guttata, ovatoguttata und undulata gehören. Gl. minima Latzel. Bawze pr 92: Diese winzige Glomeride führt eine recht verborgene Lebensweise, eingegraben im Humus unter der Schicht des todten Laubes an Bergabhängen. Dies, im Vereine mit ihrer unscheinbaren Färbung war wohl der Grund, warum sie bisher an vielen Orten übersehen wurde. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV.Bd., Abth. I. 12 178 C. Attems, Steiermark: Bei Graz bisher nur an einer einzigen Stelle am Fusse der Platte gefunden. Ferner Weizklamm, Mühlgraben bei Radegund, am Fusse des Bachern, Fölzalpe auf dem Hoch- schwab. Niederösterreich: Mauerbach bei Weidlingau. Oberösterreich (L.), Küstenland (L.), Podsused in Ungarn (D). Gl. pustulataLatreille,r ; Tatzer I po Niederösterreich (L., II. p. 106): Eisernes Thor bei Baden. Oberösterreich (L.), Kärnten (L.), Croatien (L.). Gl. connexa C. Koch. Latzel Ep2102 Steiermark: Im Wiener Hofmuseum stehen mehrere Exem- plare, die Herr Custos Koelbel bei Aussee gefunden hat. Niederösterreich: Auf der Dürren Wand bei Gutenstein fand ich ein 9, welches der Färbung nach diese Art sein könnte, doch bleibt es bis zur Auffindung eines reifen Z noch ungewiss, ob Niederösterreich in ihrem Verbreitungsbezirk liegt. Gl. hexasticha Brandt. Eatzel Ip a Steiermark: Graz, Badlwand bei Peggau, Marburg, Bachern, Stübing. Niederösterreich: Bisamberg, Wiener Wald, Dürre Wand, Leithagebirge, Reisthal. »Ganze Monarchie« (Latzel, II, p. 113). Gl. ornata C. Koch. EI, pet Oberkärnten (L.), Idria inKrain (Koch), Vlegyäsza(Daday). Gl. multistriata C. Koch. Batrzei ie par Latzel gibt an, dass dem 2. Glied der Copulationsfüsse das lange borstentragende Zäpfchen, wie es die meisten ein- heimischen Glomeriden besitzen, fehle, doch ist das nicht richtig. Es ist zwar kurz, aber doch ganz deutlich zu sehen, wie es Fig. 19 zeigt. Der Unterschied der Copulationsfüsse von denen verwandter Formen liegt vielmehr darin, dass bei multistriata die kürzeren borstentragenden Zäpfchen des 3. und 4. Gliedes iehlema alas 19): Die Myriopoden Steiermarks. 179 Steiermark (L., II, p. 118): Graz, Badlwand, Schöckl, Hoch- schwab, Aflenz, Stübing. Niederösterreich (L., I, p. 118): Im ganzen Wiener Wald recht häufig. Kahlenberg, Eisernes Thor bei Baden, Dürre Wand. Oberösterreich (L.), Kärnten (L.). Gl. conspersa C. Koch. Barzei lpr120 Steiermark: Für sie gilt dasselbe wie für Geophilus flavidus und Andere. Die Drau ist in Steiermark ungefähr ihre Nord- grenze. Bei Marburg und auf dem Bachern häufig. Cilli, Weiten- stein (Prof. v. Mojsisovics). Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L., D.), in Tuskanec bei Agram sehr häufig. Das Hörnchen der Lamina intercoxalis des g ist hier etwas abweichend geformt von den übrigen Arten. Cf. Taf. I, Fig. 20. Es endet mit einem dickeren, geraden und einem schlankeren gebogenen Haken. Familie Polydesmidae Leach 1814. 2. Subfamilie Polydesmia Sauss. et Humb. 1872. Gattung Brachydesmus C. Heller 1857. Br. superus Latzel 1884. ratze); 11,92 130. Niederösterreich (L., II, p. 130): Im Prater sehr zahlreich vorhanden. Lobau bei Gross-Enzersdorf. Westungarn (L.), Leithagebirge bei Bruck a. d. Leitha. Br. subterraneus Heller. Patzer 153: Grotten Krains (L.) und Mährens (? L.). Br. troglobius Daday. Myr. Regni Hungariae, p. 71. Westungarn. Baranya megye, Abaligeti barlang. (D.). Bra chyzernDaday MyeR. klune,p. 72: Steiermark: Diese von Daday aus der Umgebung Fiumes neu beschriebene Art fand ich bei Rann in Untersteiermark. Die Copulationsfüsse stimmen ziemlich gut mit der von Daday 12% 180 C. Attems, gegebenen Zeichnung. Die Seitenkiele hingegen sind bei den Ranner Exemplaren an den Vorder- und Hinterecken ent- schieden abgerundet, und der ganze Körper sehr glänzend. Gattung Polydesmus Latreille. 1802 et 1804. PD. dentieulatus7Ce-Kochr Tarze ap IrEe Steiermark: Wahrscheinlich über das ganze Land ver- breitet; bei Graz häufig. Puntigam, Kalsdorf, Weizklamm, Schöckl bis zum Gipfel, Marburg, Bachern, Stübing. Niederösterreich: Hochrotherd, Tulbingerkogel, Prater, Lobau, Stockerau. »Nahezu alle Kronländer der Monarchie« (L. I, p. 143). P. noricus Latzel 1884. L. II, p. 144. Obir in Kärnten (L.). P. rangifer Latzel 1884. TE. I pls: Kärnten (L.), Krain (L.). Ich fand ihn auch im Isonzothal bei Flitsch. P. complanatus L. Eatzer pro Steiermark: Auch bei uns einer der gemeinsten Myrio- poden. Zwischen Individuen von noch so verschiedenen Locali- täten, wie zZ. B. Hochschwab und Drauebene ist gar kein Unter- schied wahrzunehmen. Niederösterreich: Ebenfalls häufig. »Alle Kronländer der öst.-ung. Monarchie mit Ausnahme von Dalmatien, Siebenbürgen und Bukowina« (L.), Sieben- bürgen (D.). P-ledentulus/@ Koch Rarzel, epson Steiermark (L. II, p. 155): Graz, Schöckl bis zum Gipfel, Badlwand, Weizklamm, Mixnitz, Bachern, Stübing. Niederösterreich: Reisthal am Fusse der Rax. Kärnten (L.), Oberösterreich (L.). P. edentulus nov. var. spelaea mihi. Im seinerzeit vielbesprochenen Lurloch bei Semriach fand ich eine grössere Zahl einer Höhlenvarietät von edentulus. Die Die Myriopoden Steiermarks. 181 erwachsenen Thiere (mit 20 Rumpfsegmenten) gleichen in Grösse und Farbe ganz dem ältesten Larvenstadium der Stamm- form (mit 19 Segmenten). Länge (der d) 11—12 mm, Breite 1:5 mm, Farbe gelblichweiss, der Darm schimmert schwarz durch; Kopf und vorderste Segmente mehr oder weniger röth- hehbraun überlaufen. Die Seitenkiele der 3., 4., 6., 8., 11. und 14. Segmente sind auch hier ein wenig lichter als der übrige Körper, doch fällt es bei der allgemeinen blassen Färbung wenig auf. Die Sculptur der Rückenschilde ist verwischter als bei den draussen lebenden Thieren. In der ersten Felderreihe finden sich jederseits der Mittelfurche nur 2 kleine Körnchen, eigentliche Höcker fehlen. Die zweite Felderreihe besteht aus 4 grösseren, die dritte aus 6 kleineren Höckern, eine grosse Seitenblase in der Höhe der ersten und zweiten Felderreihe und ein »Fingerwulst« vorhanden. Seitenränder der Kiele ganz schwach gezähnelt; jeder Zahn trägt eine winzige Borste; Sculptur des Halsschildes sehr undeutlich, er ist höckerig un- eben. Copulationsfüsse der J’ geradeso wie bei der Stammform. Letztere sind bei uns 16—17 mm lang und über 2 mm breit, dunkelbraun, 3., #., 6., 8., 11. und 14. Seitenkiel gelblich aufge- hellt. In der ersten Felderreihe der Rückenschilde 4 deutlich ausgeprägte Höcker. Die 4 Höcker der zweiten und die 6 der dritten Felderreihe sind gleich gross. Vorderrand des Hals- schildes mit einer grösseren Zahl kleiner Börstchen. Picollaris € Koch. Lanzell 0: 1.78% Die pulli dieser Art kann man sehr leicht am gelben Hals- schild erkennen. Auch das jüngste Stadium, das ich fand, pullus IV, hat schon dieselbe Farbenvertheilung, wie das er- wachsene Thier, nur im Ganzen lichter. Rückensculptur und Beborstung ändern sich mit dem Alter beträchtlich. Je jünger die Thiere, desto eckiger und gezähnelter sind die Seitenkiele und desto reichlicher ist der Rücken beborstet. Bei den aus- gewachsenen Thieren sind die Borsten beinahe ganz ver- schwunden, nur die hintersten Körperringe haben noch einige wenige. Bei pull. VI sind noch auf den Segmenten der hinteren Körperhälfte Stummeln derselben sichtbar. 182 C. Attems, Pull. V. 85 mm lang mit 17 Segmenten, cd’ mit 22, © mit 23 Beinpaaren. Die Rückenschilde sind rechteckig, die Zähne der Seitenränder deutlich, aber ziemlich klein, die Beborstung schon recht schwach. | Pull. IV mit 15 Segmenten und 17 Beinpaaren (9). 2 9 sind 4:o mm lang, die ganze Oberseite ist weitläufig mit kräftigen, vorne kurzen, hinten längeren Borsten besetzt. Auf den Zähnen der Seitenkiele und auf den 6 Spitzen, in welche der Hinterrand der Körperringe ausgeht, steht eine grössere Borste. Der Seiten- rand der Kiele hat 4 kräftige Zähne, der Hinterrand der Ringe 7 Einkerbungen, zwischen denen 6 Zacken stehen. Diese Art scheint von allen einheimischen Polydesmiden am meisten die Nähe des Wassers zu lieben, man findet sie beinahe immer neben einem Bach oder sonstigem kleinen Gewässer, jedenfalls aber an feuchten Stellen. Steiermark (L. II, p. 160): Im ganzen Unterland und bis über Graz hinauf recht häufig. Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L. D.), Tuskanec bei Agram, Westungarn, Fünfkirchen und Abaliget (D.). Sonst noch aus Ungarn, Bosnien, Herzegowina, Serbien und Italien bekannt. Sein Verbreitungsgebiet reicht somit nörd- lich nicht über Mittelsteiermark und westlich (in Österreich wenigstens) nicht über Kärnten hinaus. P. collaris Koch, var. Rannensis mihi. Bei Rann in Südsteiermark fand ich eine Varietät, die sich von der typischen Form durch geringere Grösse und dunklere Färbung unterscheidet. Während der Typus 2°—34 mm lang und 4—5 mm breit ist, messen die grössten geschlechtsreifen Individuen der var. Rannensis nur 23mm in die Länge und 3:5 mm in die Breite, meist sind sie noch kleiner. Die Grund- farbe ist ein sehr dunkles Braun, etwa schwarzbraun, von welcher Farbe sich die gelben Kiele scharf abheben. Bei dieser Varietät kommt es auch viel häufiger vor, dass der 2. Rücken- schild ganz gelb ist. Von 27 ausgewachsenen Exemplaren war er bei 15 ganz gelb, bei 4 zum grössten Theile gelb und nur bei 8 braun. Über die Hälfte der zahlreichen pulli hat ihn ganz, sehr viele zum Theil gelb. Die Myriopoden Steiermarks. 185 Gattung Strongylosoma Brandt 1899. Str. pallipes Olivier 1792. Beuel; NE 05108. Während die allermeisten Individuen sehr übereinstimmend gefärbt sind, kann es auch geschehen, dass die Thiere zeit- lebens die weisse Farbe der Jugend behalten, respective dass sich nur ein schmaler Längsstrich auf dem Rücken dunkel färbt. Daday nennt solche Formen var. albidum. Von dieser Färbung zur normalen gibt es mannigfaltige Übergänge und als ständige Varietät kann man diese wenig pigmentirten und zerstreut unter den übrigen vorkommenden Thiere nicht betrachten. Ebensowenig ist die var. fusca Daday’s eine selbständige Varietät, denn ich fand solche Thiere öfters in copula mit ganz normal gefärbten (im Mai). Steiermark (L. p. 170): Bei Graz nicht selten. Weizklamm, Radegund, Bachern, Rann. Niederösterreich (L. II, p. 170): Bisamberg. Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L.), Agram (Verf.), West- ungarn (D.). Familie Chordeumidae Ü. Koch 1847. : Subfamilie Chordeuminae Pocock. l. a) Die Körperringe sind nach Art der Polydesmiden seit- Nenalüzellormis erweitert 5.080, nun... 2 b) Die Körperringe sind seitlich nicht erweitert, kiellos, der Körper ist drehrund, zuweilen ragen die äusseren VER ZEN. VOR nos a ER N 4 a) Augen fehlen, Körper sehr klein, weiss ohne Pigment. Kiele horizontal in der Höhe des Bauches angesetzt. . ... Trachysoma nov. gen. DEAUSEen vorhanden, Körper pigsmentirt ......n =... 3 3. a) Seitenkiele horizontal oder etwas aufgebogen oder nur mässig herabgeneigt, Rücken mehr oder weniger DICH EL eu Atractosoma Fanzago. ID 184 C. Attems, b) Seitenkiele sehr stark herabgebogen, so dass ihre seit- lichen Ränder beim Laufen den Boden berühren, Körper fast halbeylindrisch, Rücken sehr convex..... ...Rhiscosoma Latzel. 4. a) Augen fehlen, Körper blass ohne dunkles Pigment... Scotherpes Cope. D)EAUSEenKvorchanden,„Korpenspiementirn rear 6) o. a) Auf jedem Ring stehen 6 borstentragende Wärzchen 6 b) Borstentragende Wärzchen fehlen ganz, Körper in den Seiten langsseturehtr rer ES Se 8 Die 6 borstentragenden Wärzchen überall deutlich ent- wickelt (die Copulationsorgane der Z bestehen nur aus den umgewandelten Gliedmassen des 7. Rumpf- SOrmenteS)aLe re Craspedosoma Leach-Rawlins. b) Die 6 borstentragenden Wärzchen sind sehr klein und nur in der hinteren Körperhälfte halbwegs deutlich & I SICHTDALK ne ee rn 7 7, &) Obemäche ale: o.6s28>4050>+ 4 Chordeuma C. Koch. b) Hintertheil der Ringe nach Art der Juliden längs- SCHURCHEH Se ee Anlacosoma mihi. 8. a) Fühler und Beine sehr dünn und lang... Psendotremia Cope b)) Bühler und Beineruezer Campodes C. Koch. Bei Rhiscosoma alpestre und Craspedosoma flavescens konnte ich mehrfach pulli mit 27 Segmenten constatiren, welche Zahl bisher für kein Entwicklungsstadium bekannt war. Gattung Rhiscosoma Latzel 1884. Rh. alpestre Latzel. II, p. 174. Thiere mit 28 Segmenten sind 5:5 mm lang, 0:75 mm breit und haben 45 Beinpaare. Jederseits 22 Ocellen zu 1, 2, 3, 4.9, l. oder 1, 28,4, 5,6, -Barber gelblich mit’einem dunklen Rückenstrich und verdunkelten Seiten. Der Rückenstrich wird von Flecken zusammengesetzt, die auf jedem Ring am Vorder- rand beginnen und ein Stück vor dem farblosen Hintersaum der Ringe in einen dunklen Querstreifen übergehen (Taf. I, Fig. 14). Die Sceulptur so wie für Thiere mit 23 Segmenten Die Myriopoden Steiermarks. 185 beschrieben, nur tritt das Körnige der Oberfläche noch mehr Nenvor Die Körnehenısind bis 72u hoch (Taf. T,.Bie. 13). Kopf, Beine und Fühler kurz und reichlich, Aftersegment lang behaart, der übrige Körper ganz kahl. Thiere mit 19 Segmenten haben 24 Beinpaare, sind 3 mm lang, 0:43 mm breit; jederseits 7 Ocellen (1, 2, 4), Fühler kurz, keulenförmig. Farbe viel blasser als bei Erwachsenen. Durch die Güte von Herrn Dr. Latzel konnte ich sein Originalexemplar mit meinen Funden vergleichen und deren Identität unzweifelhaft feststellen. Steiermark: Graz, Platte in zwei kleinen Schluchten am Fusse des Berges, unfern von Bächen. Oberösterzeich (1), Tirol (B.): Gattung Atractosoma Fanzago 1876. A. meridionale Fanzago. Lanrzel; 1, 9.177 Seeiermarnk (er 1p 180). Kamen (2), Kranz (9). A. marmoratum C. Koch 1847. Syn. 1847. Craspedosoma marmoratum C. Koch. System der Myriopoden p. 121 = (Cr. Rawlinsi Koch in Deutsch- lands Ins. Crust. Arachn. etc. Syn. 1863. Craspedosoma marmoratum C. Koch. Die Myriopoden, II, p. 40. Syn. 1868. Craspedosoma marmoratum Meinert. Naturh. dsrarr. V..D..17. Syn. 1874. Craspedosoma Rawlinsi Fanzago. Atti d. Soc. Mensalicene I. 2, p. 256: Syn. 1876. Craspedosoma marmoratum Rosicky. Myr. Böhmens, p. 35. Syn. 1877. Megalosoma athesinum Fedrizzi. I Chor- deumidi Ital., p. 381. Syn. 1882. Craspedosoma marmoratum Latzel, Ca- vanna. Bull. d. Soc. entom. Ital., p. 366. 186 C. Attems, Syn. 1884. Atractosoma athesinum Fedrizzi, Latzel, II, p. 183. Syn. 1886. Craspedosoma (Atractosoma) marmoratum Haase. Schlesiens Diplopoden. Zeitschr. für Entom. Breslau. DISI2E Steiermark (L. Il, p. 186): Bei Graz selten. Auch ich habe nur Larven gefunden (cf. die Notiz Latzel’s p. 186). Weiz- klamm, Gamsergraben und Brundorf bei Marburg. Bachern. Niederösterreich (L.). Oberösterreich (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L.), Westungarn (L.). A. bohemicum Rosicky 1876. Syn. 1876. Craspedosoma bohemicum Rosicky. Arch. der naturw. Landesdurchf. von Böhmen. III, 4. Abth., p. 36, Fig. 18. Syn. 1884. Atractosoma bohemicum Latzel. Myr. der öst.-ung. Mon. II, p. 186. Syn. 1886. Atractosoma bohemicum Haase. Schlesiens Diplop. p. 51. Da ich ausser dieser Art zwei ihr sehr nahestehende und scharf nur durch die secundären Geschlechtscharaktere der J’ zu unterscheidende neue Formen in unseren Ländern con- statirte, gebe ich zum Vergleiche in Fig. 27 (Taf. II) die Profil- ansicht der d Copulationsfüsse. An der Basis des 8. Beinpaares findet sich ein nach vorne gerichteter, spitzer, sporenartiger Dorn. Steiermark: Bei Graz sehr selten. Hochschwab nahe dem Gipfel. Bürgeralpe bei Aflenz. Niederösterreich (L. II, p. 189): Wiener Wald. Oberösterreich (L.), Kärnten (L.). A. elaphron nov. sp. Parvum, gracile, longitudo maris 6—6°5 mm, feminae 6°5 — (Oo mm latitudo O7 mm. Modice nitidum, granulatum, fuscum maculis flavis extinctis, linea mediana dorsi, margo anterior et posterior segmentorum, superficies carinarum clariores. Caput dense crinitum, frons maris excavata feminae rotundata, An- tennae longae tenues, dense crinitae. Oculi triangulares, Ocellis Die Myriopoden Steiermarks. 187 25 compositi fovea temporalis manifesta. Sulcus longitudinalis dorsi profundus, dorsum planum, carinae magis angulatae, tubera minus manifesta quam A. bohemici, tubercula setigera minima, setis brevibus. d’ 48, 9 50 pedum paribus. Mas. Pedum paris I. et II. articulus ultimus infra pectine setarum rigidarum, articuli ceteri fasciculo setarum, pedes ceteri infra pluribus seriebus vesicarum inctructi et dense eriniti, coxae septimi paris processu obtuso retrorsum directo, octavi paris magnis appendicibus coxalıbus. Margines ventrales annuli copulativi dente magno acuto. Pedes copulativi detecti, par primum duabus laminis compo- situm, laminae anteriores latae, excavatae, pluribus dentibus incisae, laminae posteriores parte basali coalitae rotundae, longae, tenues apice retrorsum curvatae, ante curvam pluribus dentibus instructae. Par secundum breve, conicum pigmento nigro repletum, laminae basales simplices processibus carentes. Sehr klein, ziemlich schlank, jedoch verhältnissmässig gedrungener als A. bohemicum. Es kommt übrigens vor, dass die Thiere sich beim Conserviren stark strecken, indem die fernrohrartig ineinandergefügten Ringe sich auseinander- schieben. Dann scheinen sie sehr dünn zu sein. Im Leben findet man sie aber nie so und die angegebenen Maasse beziehen sich auch auf normal zusammengeschobene Individuen. Länge der d 6-65 mm, der © 6:5—7'5 mm, Breite 0:7 mm. Die ganze Oberfläche mässig glänzend, fein gekörnt auch bei erwachsenen Thieren, Farbe lichterdbraun, bei einiger Vergrösserung sieht man eine verschwommene, gelbbraune Marmorirung auf braunem Grunde. Mittellinie des Rückens, ein schmaler Vorder- und Hinterrand der Rückenschilde und die Oberseite der Kiele bleiben heller. Kopf reichlich kurz behaart. Stirne des J etwas einge- drückt, die des 9 gewölbt, Fühler lang und dünn, reichlich be- haart, mit einzelnen langen abstehenden Borsten an den Glieder- enden. Augen dreieckig, aus (ungefähr) 25 Ocellen zusammenge- setzt. Schläfengrube deutlich. Mittelfurche des Rückens recht tief. Der Rücken ist ziemlich flach, die Seitenkiele sind eckiger als bei A. bohemicum, die Beulen auf ihnen weniger deutlich 188 C. Attems, als bei diesen. Die borstentragenden Höckerchen sehr klein, die Borsten selbst ganz kurz. d': Die ersten zwei Beinpaare sind auf der Sohle des End- gliedes kammartig mit einer Reihe grosser steifer Borsten be- setzt, die übrigen Glieder dieser zwei Fusspaare tragen auf der Unterseite ein Büschel solcher Borsten. Die Sohle der folgenden Beine reichlich beborstet und mit mehreren Reihen kleiner Bläschen besetzt. Die Hüfte des 7. Beinpaares hat am Ende einen stumpfen nach hinten gerichteten Fortsatz. 8. und 9. Bein- paar mit grossen Hüftsäckchen.! Ränder des Copulationsringes mit grossem spitzen Zahn, dessen innere Kante feingekerbt (Taf. I, Fig. 23). Copulations- füsse ganz unbedeckt. Die vorderen bestehen aus 2 Schenkel- paaren, einem vorderen breiten hohlgebogenen Blatt, dessen unterer und innerer Rand in mehrere unregelmässige Spitzen ausgezogen ist, und einem hinteren drehrunden langen dünnen Theil; am Ende nach hinten im Winkel gebogen, unterhalb des Kniees mit einer Anzahl Zähnchen. Die Basen dieses vorderen Paares berühren sich. Hintere Copulationsfüsse: zwei kurze stumpfe Kegel mit schwarzem Pigment im Innern. Basalplatten ohne Fortsätze (Taf. II, Fig. 24). Steiermark: Graz, stellenweise recht häufig, z.B.Leechwald. Niederösterreich: Wiener Wald, Leithagebirge bei Manners- dorf. A. triaina nov. Sp. Atractosomati elaphro simillime, praeter maiorem con- vexilatem dorsi et plerumque minore numero ocellorum imprimis pedibus copulativis maris ab eo differens. Margines ventrales annuli copulativi rotundati, dente carentes. Par primum pedum copulativorum tribus laminarum paribus compositum. Laminae primae basi contiguae, dente longo acuto et pluribus dentibus minoribus praeditae. Laminae mediae parvae bipartitae, parti lata et parte digitiformi; laminae posteriores magnae antrorsum recurvatae acumine pluribus ineisionibus et dentibus obtusis. 1 Vgl. Haase, Die Abdominalanhänge der Insecten. Morpholog. Jahrbuch, Bd. XV. Die Myriopoden Steiermarks. 189 Par secundum conicum, pigmento nigro repletum, corniculum gerens. Coxae pedum septimi paris processu carentes. Im Körperbau, in der Grösse und Farbe stimmt diese Art bis auf folgende kleine Abweichungen ganz mit A. elaphron überein: Der Rücken ist etwas mehr gewölbt, seine Mittellinie überragt deutlich die Höhe der Seitenkiele. Die Augen bestehen bei den Grazer Exemplaren aus 20 Ocellen jederseits. Wiener- wald-Exemplare haben auch 22. Die reifen Z sind leicht zu unterscheiden: An den Hüften des 7. Beinpaares kein Fortsatz, Borsten und Bläschen der Sohle wie bei A. elaphron. Die Ränder des Copulationsringes sind zugerundet ohne Zahn. Das vordere Paar der Copulations- füsse besteht aus drei Schenkelpaaren: Einem vorderen, dessen in der Mittellinie sich berührende Basen nahe derselben eine lange, schmale Spitze und seitlich mehrere Zähne tragen, einem kleineren mittleren am Ende zweitheiligen, der eine Theil breit, der andere daumenförmig. Das hintere Schenkelpaar ist gross, nach vorwärts gebogen mit mehreren Kerben und 2 breiten Zähnen am Ende. Die kurzen breiten Kegel der hinteren Copu- lationsfüsse tragen an der Spitze ein gekrümmtes Hörnchen Rat Eier 29,,26)) Steiermark: Graz, Platte. Auch keine Seltenheit. Niederösterreich: Wiener Wald. Gattung Craspedosoma Leach Rawlins. eraRawlnsıı Beache Eatzei pa Bei der Beschreibung der männlichen Copulationsfüsse dieser Thiere scheint Latzel einen Theil übersehen zu haben. Verhoeff! hat die in der Rheinprovinz vorkommenden Craspe- dosoma Rawlinsii untersucht und gefunden, dass das vordere Paar der Copulationsfüsse ausser den von Latzel erwähnten Theilen, von denen die Spiesse ganz gleich sind, während die Aussenzangen eine etwas andere Gestalt zeigen, einen dritten Theil, einen Basaltheil mit einem Grannenapparat besitzen. I Verhoeff. Ein Beitrag zur mitteleur. Diplopodenfauna. Berl. ent. Zeit- schrift; Bd. 36, S. 129. 190 C. Attems, A conto dessen stellt er eine var. similis auf. Nun fand ich aber an unseren steirischen Exemplaren ganz einen ähnlichen Theil mit mehreren Hackenzähnen und vielen langen Borsten (cf. Fig. 28 und 29). Dieser Theil ist allerdings schwer zu sehen, weil er in der normalen Lage der Copulationsfüsse von den grossen Aussenzangen bedeckt wird. Daher liegt die Ver- muthung nahe, dass dieser Grannenapparat auch bei den Exem- plaren Latzel’s vorhanden war und nur übersehen wurde. Dann wäre natürlich Verhoeff’s var. similis wieder einzu- ziehen. Geringe Unterschiede zwischen den steirischen und rheinischen Thieren sind allerdings vorhanden: die Aussen- zangen der steirischen und niederösterreichischen d’ JS haben an mehreren Stellen Zähnchen (Taf. II, Fig. 30, 31.) Der Grannen- apparat ist etwas anders, nach der nicht sehr deutlichen Fig. 8 Verhoeff’s zu schliessen. Die beiden Spiesse, welche am Vorderrand der Ventralplatte entspringen sind hohl (Taf. II, 33). Das hintere Paar der Copulationsfüsse der Steirer J’ J’ stimmt mit Latzel’s Zeichnung überein. Im Exterieur gleichen die steirischen Stücke vollkommen den rheinländischen, von denen mir einige 9 @ vorliegen. Die Farbe ist bei Thieren von der- selben Fundstelle oft ganz verschieden. Neben der typischen Farbe, dunkelbraun mit zwei Doppelreihen heller Flecken, finden sich in Steiermark gar nicht selten Thiere mit heller Grundfarbe, bei denen das Dunkelbraun sich nur in Form eines Mittel- und zweier Seitenstreifen erhalten hat, anderseits gibt es Exemplare, bei denen man von den hellen Flecken kaum eine Spur mehr sieht, so dass das ganze Thier beinahe einfärbig schwarzbraun ist. Steiermark: Bei Graz durchaus nicht selten. Niederösterreich (L. II, p. 194.): Wiener Wald, (Galizinberg, Neuwaldegg, Brühl, Anninger etc.), Eisernes Thor, Leopoldsbereg. Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Krain (L.), Croatien (L.), Westungarn (D.), Purbach am Neusiedler See. Cr. oribates Latzel. Inerplgr Latzel's Exemplare stammen von hohen Bergen, die im Hügelland bei Graz gefangenen stimmen in jeder Beziehung ER Die Myriopoden Steiermarks. 191 auch in den männlichen Copulationsfüssen mit des Autors Be- schreibung überein. Steienmanka,(klaasıer nach EI], p. 195.):Blatter bei’ Graz, Radegund, Weizklamm. Cr. stygium Latzel. ep) ge: Adelsberger Grotte in Krain (L.). Cr. moniliforme Latzel. Iren ralze Steiermark (L. II, p. 199): In der Drachenhöhle bei Mixnitz, tief im Innern der grossen Höhle fieng ich ein erwachsenes J,, das sich nicht im mindesten von seinen im Freien lebenden Artverwandten unterscheidet. Niederösterreich: Dürre Wand bei Gutenstein, Kamm des Berzes,| 0. Cr. mutabile Latzel. I 6. KEN8). Steiermark (L. II, p. 202.): Alle von mir gefundenen ge- Boren zur varlyascıare, Batzeit Sehr stosse Kundı starke Exemplare mit auffallender gelber Rückenbinde liegen mir vom Unterthal bei Schladming und von Aflenz unterhalb der Bürgeralpe vor, bedeutend kleinere vom Bachern bei Mar- burg. Bei Graz wird diese Art durch eine andere, Cr. simile ver- treten, die bei Marburg neben ihr vorkommt. Niederösterreich (L. II, p. 202.), Oberösterreich (L.), Salz- burg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L.) Cr. simile nov. Sp. Gleicht dem Craspedosoma mutabile Latzel ungemein. Die Unterschiede beider Arten liegen in der Farbe des Rückens und in der Gestalt der Copulationsfüsse. Die ganze Oberseite ist schwarzbraun, mit Ausnahme eines grossen, unregelmässig abgegrenzten gelben Fleckens vor den mittleren und äusseren Borstenhöckern, der nicht bis an den intensiv dunkelbraun bleibenden Theil des Segmentes reicht. Alle Flecken einer Seite bilden ein helles Längsband, der Rest der braunen Rückenfarbe 192 C. Attems, trennt es von der gelben Bauchseite. Auf der Mitte des Rückens ist eine feine, vertiefte, helle Längslinie, die Borstenhöcker sind gelb, die Borsten weiss. Auf den Segmenten der vorderen Körperhälfte ist die Bänderung weniger ausgesprochen, weil die hellen Streifen braun marmorirt sind. Die Ränder des Copulationsringes beim J bilden einen langen gebogenen Zahn. Das erste Paar der Copulationsfüsse (Taf. II, Fig. 34) besteht aus zwei Paar Schenkeln. Die beiden Hälften des vorderen Paares sind an der schmalen Basis miteinander verbunden und senden von der Verbindungsstelle einen unpaaren Fortsatz nach dem Körperinnern. Die länglichrunden, am Rande mit feinen Borsten besetzten Platten tragen auf der Rückseite einen gebogenen Spiess (Taf. II, Fig. 35). Der hintere Schenkel des ersten Copulationsfusses (Taf. Il, Fig. 36) hat ein kurzes, quer- gestelltes Basalglied, an dessen proximalem Ende sich zahl- reiche Sehnen ansetzen. Das distale Ende trägt zwei Äste, einen kurzen, dicken, quer medianwärts gerichteten (Taf. II, Fig. 34, 36 e) mit einem Flagellum (Fig. 36) und einer langen, gebogenen Röhre (Fig. 36 d) (für das Flagellum des hinteren Copulationsfusses) am Ende, und den Hauptast (Fig. 34, 36 c, Fig. 53) mitmehreren Zähnen und Zacken und dicht behaartem Ende: Das Flagellum dieses Schenkels steht am Grunde mit einer häutigen, mit kleinen Börstchen besetzten Platte in Ver- bindung und endet in ein Büschel langer, hyaliner Geisselhaare (Fig. 39a). Das zweite Copulationsfusspaar ist zweigliedrig, das grosse erste Glied trägt eine lange Geissel mit einem Widerhäckchen am Ende, und auf der Aussenseite mehrere Borsten; das kleine Endglied ist behaart und an der Spitze mit einem Bündel starrer, stumpfer Borsten versehen (Taf. I, Fig. 38, 39). Alle übrigen Merkmale, Körpergestalt, Beborstung, Ocellen etc. wie bei Or. mutabile. Länge der dd 11—22 mm, der 99 entsprechend grösser. Steiermark: Graz, Weizklamm, Kalsdorfer Auen, Schöckl, Mixnitz, Marburg. Er. eiliatum C Koch. Batzer In p203 Krain (Koch). rn Die Myriopoden Steiermarks. 98 Cr. crenulatum Latzel. er09200) Steiermark (L. II, p. 206): In der Drachenhöhle bei Mixnitz lebt auch diese Art. Sehr auffällig sind die kurzen, dicht- sedrängten, stumpfen Dörnchen, welche die ganze Oberfläche bedecken. Bei den (bis jetzt allein bekannten) Jugendstadien treten die Seitenkiele mehr hervor, als es beim Genus Craspedo- soma sonst der Fall ist. @ © mit 28 Segmenten haben 44 Bein- paare, die zwei letzten Segmente sind fusslos, das drittletzte trägt 1 Beinpaar. Thiere mit 26 Segmenten sind 7:2 mm lang, die SS haben 37 Beinpaare, 4 letzte Segmente fusslos, 9 9 mit +0 Beinpaaren, 3 letzte Segmente fusslos, viertletztes mit I Bein- paar. Thiere mit 19 Segmenten sind noch ganz weiss, haben 23 Beinpaare und 7 Ocellen jederseits. Cr. flavescens Latzel. 7e02209. Bei dieser Art konnte ich, so wie bei Rhiscosoma alpestre, das Vorhandensein eines Entwicklungsstadiums mit 27 Seg- menten constatiren. Die d’d dieser Altersstufe haben 42 Beinpaare, die 2 letzten Segmente sind fusslos, das drittletzte hat | Beinpaar; 1., 2. und 8. Beinpaar sehr klein, 3. bis 7. verdickt; auf dem sehr stark aufgetriebenen Copulationsring sieht man schon die stummel- förmigen Gliedmassen, wie sie die d’S der folgenden Alters- stufe haben. Jederseits 10 Ocellen. Bei den übrigen Chordeumiden scheint ein Stadium mit 27 Segmenten nicht vorzukommen, wenigstens haben alle bis- Hersanutserundenen zahlreichen Jungen 12, Io, 19, 23, 26 oder 28 Segmente. Nur Craspedosoma flavescens und Rhiscosoma alpestre machen eine jedenfalls sehr bemerkenswerthe Aus- nahme. Steiermark: Graz, Schöckl bis zum Gipfel, Marburg Bachern, Bürgeralpe bei Aflenz. Niederösterreich (L. Il, p. 208): Prater, Lobau bei Gross- Enzersdorf, Wiener Wald, Reisthal. Ein S mit 28 Segmenten hatte an Stelle des späteren 1. Copulationsfusspaares einen dicken Kegel, dahinter das rudimentäre 2. Beinpaar des 7. Ringes. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 13 194 C. Attems, Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L.), Westungarn (L.). Gattung Scotherpes Cope. Sc. troglodytes Latzel. l.,ep202 Adelsberger Grotte in Krain (L.). Gattung Trachysoma nov. gen. Dorsum rotundatum, Segmenta lateribus carinata, carinae libratae, profunde in lateribus corporis exoriuntes; tubercula setigera minima; sulcus medius longitudinalis distincetus; capitis pars frontalis et occipitalis valde prominens, antennae clavatae basi capitis oriuntes: oculi absunt; pedes copulativi maris primo pedum pari septimi segmenti formati, par secundum magni- tudine ac articulorum numero modo minutum. Segmentorum numerus 30. Der bei der einzigen bisher bekannten Art sehr kleine und schneeweisse Körper hat einen gewölbten Rücken mit horizon- talen, tief unten in den Seiten entspringenden Kielen. Borsten- tragende Höckerchen winzig, kaum zu sehen. Sehr charakte- ristisch ist die Vorwölbung der Stirn, wodurch die Antennen auf die Unterseite des Kopfes gerückt ‘sind. Augen fehlen. Bei den cd’ ist nur das erste Fusspaar des 7, Körperringes seiner Form nach stark verändert (Copulationsfuss). Das 2. Glied- massenpaar ist nur ein verkleinertes Laufbeinpaar. Trachysoma capito nov. Sp. Minimum, gracile, antice latum, postice valde attenuatum, album, granulatum, non micans. Caput latum, pars frontalis ac occipitalis valde prominens, imprimis in feminis, antennae basi capitis oriuntes, frons maris paululum foveolatum. Caput sparse et breve crinitum. Antennae breves sparse crinitae, clavatae, articulus quintus subito incrassatus, longissimus, articulus octavus minimus. Oculi absunt. Scutum dorsale primum latum, antice rotundatum, angula postica rectangularia, dorsum rotun- datum, linea mediana distincta. Carinae laterales in altitudine Die Myriopoden Steiermarks. 195 ventris exoriuntes, libratae, angulis anticis et posticis rotundatis. Latitudo carinarum 0:06 mm. Seta minima. Pedes sparse criniti, articulo penultimo seta longa armati, unque magno oJ’ 48, 09.50 pedum paribus. Longit. corp. 4 mm, latit. 0:39 — 0:38 mm. o: Pedum par primum et secundum paulum incrassatum, par. 3.—7. ceteris similia. Pedum copulativorum par primum simplicissimum, i. e. par hastularum curvatarum partim obtecta- rum laminis basalibus secundi paris, pedibus cursoriis similis, modo dimminuti, coxis processu clavato instructi. Sehr klein und schlank, vorne breit und gar nicht, hinten stark verschmälert. Die ganze Oberfläche ist gleichmässig rauh gekörnt, glanzlos. Diese Körnchen lassen den Rand der Seiten- kiele feingesägt aussehen. Länge des Körpers 4 mm, Breite des d 0:35 mm, des © 0:38 mm. Zahl der Segmente 30. Kopf verhältnissmässig breit und von sehr eigenthümlicher Form, besonders beim 2. Die Stirn- und Scheitelgegend ist nach vorne in einen stumpfen Kegel so weit vorgetrieben, dass die Fühler auf der Mitte der Unterseite des Kopfes sitzen. Beim d' ist das nicht so auffallend, auch ist bei ihm die Stirne in der Mitte schwach eingedrückt. Der ganze Kopf ist spärlich kurz behaart. Fühler, in. der Form ebenfalls sehr von denen der übrigen Chordeumiden abweichend, mässig lang, wenig be- borstet. Die ersten 4 Glieder nahezu gleich dick, kurz und bei- nahe kugelförmig, indem zwischen je zwei Gliedern eine starke Einschnürung ist. Das 5. Glied plötzlich stark verdickt und das längste von allen, 6. und 7. allmälig wieder verschmälert, 8. sehr klein mit den typischen 4 Sinneskegeln, die an ihrer Basis birn- förmig angeschwollen sind (Fig. 21). Augen fehlen vollständig, dagegen sind die »Schläfengruben« (Latzel,l.c.p. 42) sehr deutlich. Halsschild breit, vorne bogenförmig gerundet, Hinter- ecken fast rechwinkelig. Rücken gleichmässig gewölbt, mit deutlicher Mittelfurche. Die Seitenkiele entspringen tief unten, beinahe erst in der Höhe des Bauches, stehen horizontal vom Körper ab. Vorder- und Hinterecken derselben abgerundet. Sie sind jederseits 0:06 mm breit, so dass der eigentliche Rumpf nur eine Breite von 0:23 mm hat. Die Borsten sind äusserst ah 196 C. Attems, klein, die innerste steht noch auf der Wölbung des Rückens, da wo dieser vorn in den Seitenkiel übergeht, eine zweite auf dem Hintereck der Seitenkiele, quer nach aussen wegstehend. Eigene Höckerchen, welche die Borsten sonst tragen, nicht bemerkbar. Beine mässig behaart, mittellang, am vorletzten Glied mit einer grossen, abstehenden Borste. Klaue kräftig. 29 mit 50 Beinpaaren. Männchen: Die ersten zwei Beinpaare sind etwas verdickt (bei den übrigen Chordeumiden sind diese Paare im Gegen- theil schwächer als die folgenden). 3.—7. Paar wie alle übrigen. Eigenthümlich sind die Copulationsorgane. Das 1. Gliedmassen- paar des 7. Segmentes ist in ein Paar gelblicher durchscheinen- der, schmaler, am Ende gegeneinander gekrümmter Spangen verwandelt. Sie sind in der Ruhelage nach rückwärts an den Leib angelegt und zum Theil bedeckt von ein Paar in der Mittellinie klaffender, mässig beborsteter und am Rande ge- zähnter Platten, über deren morphologische Bedeutung ich nicht sicher bin, da ich das einzige d' nicht zerschneiden wollte; Hüftglieder des 2. Paares oder Fortsätze der Bauch- platten? Ihnen ist das 2. Gliedmassenpaar des Copulations- ringes inserirt, ein nur in der Länge und Dicke reducirtes Fuss- paar aus 5 Gliedern und ganz kurzer, kegelförmiger Klaue. Die Ventralplatte des 8. Körpersegmentes hat einen dicken, gelb- lichen Zapfen, der von den Enden der eigentlichen Copulations- füsse in die Mitte genommen wird. Die Hüfte des 2. Beinpaares des 8. Segmentes hat am Ende ein nach hinten gerichtetes Zäpfchen mit einer starken Borste (Taf. I, Fig. 22). 2 Diese kleinste, von den übrigen Chordeumiden durch ihre Kopfform und einfache Gestalt der Copulationsfüsse recht abweichende Art fand sich auf der Bürgeralpe bei Aflenz, Platte bei Graz und in der Weizklamm in wenigen Exemplaren. Gattung Chordeuma €. Koch. Ch. silvestre & Roch., Katze Nyp>0: Niederösterreich (L.), Kärnten (L.). do) N Die Myriopoden Steiermarks. 1 Chordeuma graecense nov. Sp. Cylindricum, nec antice nec postice attenuatum, album, capite et segmentis 9— 7 anterioribus dorso infuscatis, ventro et pedibus albis, leve. Long. corp. 7—8 mm, latit. 0:7—0'9 mm. Caput maris glabrum, feminae paulum crinitum, frons maris impressum, antennae longae, tenues. Ocella utrinque 10—14. Scutum primum dorsale lateribus acutum, linea media dorsalis distincta, tria paria setarum minima, postice fere evanescentia, segmentum anale paucis crinibus longis. Mas.: Scutum primum dorsale lateribus nonnullis, scutum tertium angulo anteriore multis dentieulis acutis vestitum. Pedum par I. et II. tenue, articulis sex compositum, arti- culis ultimus parium 1.—9,., infra pectinatim ciliatus, coxae paris septimi conum gerentes, par primum annuli octavi tenuius quam sequentia, coxae eius clave setigera et nodulosa, coxae secundi paris annuli octavi calcare obtuso praeditae. Pedes segmenti septimi in organa copulativa commutata, quorum formam Fig. 40—43, 46 demonstrant. Körper drehrund, weder hinten noch vorne verjüngt; weiss. Kopf und Rücken der 5 —7 vordersten Segmente schwach braun marmorirt; je weiter nach rückwärts, desto weniger inten- siv ist die braune Färbung; Bauch, Füsse und hintere Körper- hälfte rein weiss. Körperlänge 7—8 mm, Breite der S 0:7—0'8 mm, der 2.0.8 0:9 mm. Kopf beim J beinahe nackt, beim 9 etwas behaart, Stirn des d schwach eingedrückt, Fühler lang und dünn, reichlich beborstet, Ocellen jederseits 10— 14. Halsschild seitlich spitz auslaufend. Die Rückenschilde einiger der folgenden Segmente haben etwas über das Niveau der übrigen Körperoberfläche hinausragende Seitenränder, sonst fehlen seitliche Erweiterungen oder Kiele vollständig. Die Ringe sind glatt, nur in den Seiten ist eine schwache Längsrunzelung angedeutet. Eine etwas vertiefte Mittellinie des Rückens sehr deutlich. Längs dieser Furche brechen die Rückenschilde schon bei geringem Druck auseinander. Die 3 Paar Börstchen sind sehr klein, vorne schon dünn und kurz, nehmen sie auf den 198 ©, Kenn, hinteren Segmenten noch an Grösse ab. Analsegment mit einigen langen Haaren. Die Klauen der Füsse haben. oben eine kurze, dicke, unten eine lange, borstenförmige Nebenklaue. Die Sehne, welche die Klauen einzieht, hat am Ende ihrer Unterseite ein Chitinpolster, das an einer Verdickung der unteren Wand des Endgliedes auf- liegt, wodurch die Sehne in einem zum Einkrümmen der Klaue geeigneten Winkel sich ansetzen kann (Taf. III, Fig. 45). Männchen: Der 1. Rückenschild an seinem Seiteneck mit einigen wenigen, der 3. Rückenschild am Vordereck, das abge- rundet und etwas blasig aufgetrieben ist, dicht mit spitzen Zähnchen besetzt. 1. und 2. Beinpaar dünner und kürzer als die folgenden, und nur aus 6 Gliedern bestehend; an der Hüfte des 2. Bein- paares mündet die Geschlechtsdrüse. Vom 3. Beinpaar an be- stehen die Beine aus 7 Gliedern. 3.—7. Paar stark verdickt. Endglied des 1.—3. Paares auf der Unterseite mit einem Kamm langer, starrer Borsten besetzt. Das 7. Paar trägt am Ende der Hüfte innen einen kleinen Zapfen. Zu Copulationsfüssen sind nur die 2 Gliedmassenpaare des 7. Körperringes umgewandelt. Das 1. Paar besteht aus zwei grossen hohlen Blättern, deren Vorderseite behaart ist und aus zwei in der Mitte rechtwinkelig gebogenen dicken, mit Schüppchen besetzten Spiessen, an denen je ein dreitheiliges Borstengebilde sitzt, dessen mittlerer Ast allseitig mit Nebenborsten besetzt ist, während die beiden Seitenäste solche Nebenborsten nur an der dem mittleren Theil zugekehrten Seite und am Ende ein Büschel tragen. Der ganze Copulationsfuss articulirt mit dem Körperskelet durch ein System von Chitinbalken. Das 2. Paar ist recht complicirt ge- baut. Zunächst sind ein Paar wagrechte, mit einigen langen, kräftigen Borsten besetzte Kolben vorhanden, die mit einem langen Flagellum in Verbindung stehen. Nämlich in der Mitte von einer Art Warze am Ende der Kolben mündet ein grösserer, im Inneren des Kolbentheiles befindlicher Hohlraum, der wieder mit dem Flagellum communicirt. Ausserdem finden sich noch ein Paar senkrechter, dicht mit stumpfen Dornen und Borsten besetzter Zapfen. Der 2. Copulationsfuss articulirt durch 2 wag- rechte Balken mit dem Körperskelet. Ber Die Myriopoden Steiermarks. 199 Die Ventralplatte des 8. Körperringes hat jederseits von dem breiten, stumpfen, mit Wärzchen besetzten Mediankiel einen kurzen, stumpfen Dorn. Das erste Beinpaar dieses Ringes ist bedeutend schwächer als die folgenden, seine Hüfte trägt am inneren Apicalrande einen auf einem kurzen Halse sitzenden, mit Wärzchen bedeckten, und mit einer langen Borste ver- sehenen Kolben. Die Hüfte des 2. Beinpaares hat am Ende hinten einen kurzen Sporn: Vorkommen: Graz (Leechwald, Platte.) Die Auffindung dieser Art macht eine etwas veränderte Fassung der Gattungsdiagnose von Chordeuma nothwendig. Bei den bisher bekannten Chordeuma silvestra, Ch. gallicum und Ch. germanicum V erh., sind 4 Beinpaare zu Copulations- füssen umgewandelt, nämlich das 2. Beinpaar des 6. Körper- ringes, beide Beinpaare des 7. und das 1. Paar des 8. Ringes. Hier bei graecense sind es nur die beiden Paare des 7. Ringes, Es ist überhaupt die successive Einbeziehung weiterer Fusspaare zu den ursprünglichen Copulationsfüssen bei den Diplopoden sehr interessant zu beobachten, und besonders bieten hierin die Chordeumiden viele Übergänge. Als ursprüng- liches Copulationsfusspaar müssen wir das I. Gliedmassenpaar des 7. Körperringes ansehen, denn dieses Beinpaar ist in allen + Familien, den Polydesmiden, Lysiopetaliden, Juliden und Chordeumiden in Copulationsfüsse verwandelt und bildet in 2 Familien (Polydesmiden und Lysiopetaliden) und in einem Genus einer 3. Familie (Trachysoma) allein die Copulations- füsse. Das zwingt uns anzunehmen, dass schon die gemein- same Stammform aller dieser 4 Familien das erste Beinpaar des 7. Ringes als Copulationsorgan verwendete. Nun sehen wir, dass successive immer mehr Beinpaare in der Umgebung des- selben zur Hilfe bei der Begattung herangezogen werden. Bei den Polydesmiden und bei den Lysiopetaliden ist es bei der Umwandlung des 8. Beinpaares geblieben, ebenso bei Trachy- soma unter den Chordeumiden. Bei den Juliden sind beide Beinpaare des 7. Ringes verwandelt. In der Familie der Chor- deumiden endlich finden wir 1, 2 oder 4 Paar Copulationsfüsse: I Paar hat das schon erwähnte Trachysoma, 2 Paar haben die 200 C. Attems, Genera Atractosoma und Craspedosoma und Chordeuma grae- cense. Dabei ist aber zu beachten, dass das 2. Fusspaar des 6. Ringes und das erste des 8. Ringes sehr oft, wenn sie auch noch ganz die Form von Laufbeinen haben, entweder ver- kümmert sind oder Anhänge tragen, die den übrigen Fuss- paaren fehlen. Somit ist schon hier die Einbeziehung dieser Beinpaare in das Copulationsorgan vorbereitet. Kegel, Zäpfchen oder Wärzchen an den Hüften des 2. Beinpaares des 6. Ringes finden sich zZ. B. bei Atractosoma meridionale, Atr. elaphron, Craspedosoma moniliforme, Chordeuma graecense. An den Hüften des 1. Beinpaares des 8. Ringes finden sich solche Bildungen bei Afractosoma carpathicum, Atr. bohemicum, elaphron, Craspedosoma Rawlinsi, Crasp. moniliforme, Orasp. mutabile. Das erste Beinpaar des 8. Ringes ist verkümmert bei Craspedosoma flavescens und bei Chordeuma graecense;, das 2. Beinpaar des 6. Ringes ist bei Craspedosoma oribates kleiner als die übrigen. Bei Chordeuma silvestre, gallicum und germanicum finden sich, wie schon erwähnt, 4 Copulationsfusspaare. Es sind also gerade die neuen Arten Trachysoma capito und Chordeuma graecense wegen der, Übergänge zu Ver- wandten bildenden Form ihrer Copulationsorgane recht inter- essant. Ich erwähnte schon, dass bei den Juliden das 2. Paar der Copulationsfüsse die Function übernommen hat, welche das einzige, erste Paar der Polydesmiden ausübt, die Weiterleitung des Sperma in einer Rinne seines Chitins. Familie Iulidae Leach. Gattung Iulus Brandt. Der Erste, der eine genaue Beschreibung von den Copula- tionsfüssen der luliden gab, war Voges;! er beschreibt an Inlus londinensis als Beispiel den Copulationsring als bestehend aus einem spangenförmigen, dorsalen und einem ventralen Theile, dem Copulationsapparate. An letzterem fand er die Homologa von 2 Gliedmassenpaaren mit den dazugehörigen 1 Zeitschrift für wiss. Zool. Bd. XXNI. & & zu Die Myriopoden Steiermarks. 201 2 Ventralplatten und zwei Paaren von Tracheentaschen. Zum vorderen Gliedmassenpaar rechnet er die vordere Ventralplatte, die vorderen und inneren (= mittleren) Klammerblätter, die beiden Flagella und beide Paare von Tracheentaschen auf p. 152. Später auf p. 154 corrigirt er sich und zieht das 2. Paar der Stigsmentaschen zum hinteren Klammerblatt. Diesen ganzen Complex nennt er »vorderes Klammerblatt« (Lamina biceps anterior) im Gegensatz zum »hinteren Klammerblatt«, zu denen er die hintere Ventralplatte und das Paar der hinteren Klammer- blätter zählt: Voges’ Fehler, das innere Klammerblatt (= mitt- leres Klammerblatt Latzel’s) zum vorderen Gliedmassenpaare zu zählen, ist umso unerklärlicher, als er selbst ganz gut be- schreibt, wie das innere Klammerblatt medial mit der hinteren Ventralplatte, lateral mit dem 2. Paare der Stigmentaschen ver- bunden ist. Latzel corrigirt ihn bereits und nennt die Theile: vorderes Paar und hinteres Paar der männlichen Copulations- füsse, letzteres mit dem mittleren Klammerblatt als Ast. Eine allgemeine Beschreibung der Copulationsfüsse hat letzter Autor leider nicht gegeben und bei der Systematik der Iuliden die Beschaffenheit der Ocellen zu sehr in den Vordergrund gestellt, was bereits Verhoeff rügte. Berlese! verfällt ebenfalls in den Fehler von Voges, das mittlere Klammerblatt zum vorderen Gliedmassenpaar zu zählen; er nennt letzteres proandrium, und zwar pr. duplex, wenn ein deutlich gesondertes mittleres Klammerblatt vor- handen ist und pr. simplex, wo ein solches als selbständiger Theil fehlt. Er legt bei der Gruppirung bereits Gewicht darauf, ob ein Flagellum vorhanden ist oder nicht, und unterscheidet sechs Untergattungen von /ulus: Augen fehlen: Zyphloiulus. Augen vorhanden: mit Proandrium duplex und Flagellum: Drachinlus, Diploiulus, Ophinlus; mit Proandrium simplex, ohne Flagellum: Pachiulus, Archiulus. 1 Berlese, Julidi del Museo di Firenze. Bull. Soc. entom. ital. XVII, 1886. 202 C. Attems, Eingehend hat sich Verhoeff mit den Copulationsfüssen der Iuliden beschäftigt und das Endresultat kürzlich in den Verh. der zool.-bot. Gesellschaft in Wien publieirt. Er kommt in dieser Arbeit zunächst auf die unrichtige Auffassung von Ber- lese und Voges zu sprechen und beschreibt dann vergleichend die Copulationsfüsse der verschiedenen /ulus-Gruppen. Er zieht zum vorderen Beinpaar des 7. Körperringes die Vorderblätter und das erste Paar der Tracheentaschen, zum hinteren Bein- paar die Hinterblätter, Mittelblätter, das zweite Paar der Tracheentasche und das Flagellum, soweit es vorhanden ist. Er zeigt, was ganz richtig ist, wie das secundäre Hinterblatt sich durch Abspaltung vom Urhinterblatt gebildet hat, indem wir Formen haben, bei denen das Hinterblatt ein Stück ist und solche, bei denen es theilweise oder ganz in zwei Theile gespalten ist. Dann befasst er sich mit der Phylogenie des Flagellums, doch ist seine Deutung der Abstammung dieses Organes und seiner Function meiner Ansicht nach in Folge mehrerer Befunde, die ich machte, unhaltbar. Er sucht nachzuweisen, dass dasselbe phylogenetisch zum hinteren Beinpaar gehört, indem es aus einem ursprünglich im Hinterblatt laufenden Canal, dem Ausführungsgange einer Blase, der sich allmälig aus dem Urhinterblatt herausschnürte, selbständig wurde und an das Vorderblatt anheftete, entstanden ist. Er beschreibt bei den Arten fuscipes, humgaricus, varius, cattarensis und flavipes, die er unter den Genusnamen Pachy- inlus zusammenfasst, einen »Spermagang«, nämlich einen Canal im Urhinterblatt, der an der Spitze eines röhrenartigen Fortsatzes mündet; wie wir sehen werden, ist dieser vermeint- liche Spermagang der Ausführungsgang einer Drüse (der Pro- stata m.). Bei einer anderen Gruppe, seinem Genus Palaioiulus, sieht er das Homologon des Flagellums in einer Blase (der »fovea« umgeben vom »Randwulst«) sammt Ausführungsgang, der in einem Ast des Hinterblattes verlaufen kann und dann Semiflagellum genannt wird; bei sabulosus genauer beschrieben. Er theilt das alte Genus /ulus in 5 Genera mit 14 Subgenera. I. Pachyiulus (Urhinterblatt ungetheilt, enthaltend den Spermagang). Die Myriopoden Steiermarks. 203 II. Palaioiulus (2. Beinpaar gespalten in Mittelblatt mit Innenast und secundäres Hinterblatt, letzteres mit dem Spermalapparat (Fovea und Randwulst), meist auch mit Spermagang und Semiflagellum. Il. Zulus (2. Beinpaar ebenfalls in Mittelblatt (aber ohne Innenast) und secundäres Hinterblatt gespalten. Fla- gellum am Vorderblatt, peitschenförmig. IV. Micropodoinulus. Flagellum mit Enterhacken, sonst wie Iulus. V. Tachypodoinlus, auf ]J. albipes gegründet, dem Semi- flagellum, Spermagang etc. fehlen sollen. Nach meinen Untersuchungen verhält es sich folgender- massen: Zum ersten Gliedmassenpaar des Copulationsringes ge- hören die vorderen Klammerblätter, eventuell mit Flagellum, eine Ventralplatte und 2 Tracheentaschen; zum zweiten Paare die Hinterblätter, eventuell auch die Mittelblätter, ebenfalls eine Ventralplatte und 2 Tracheentaschen. Wir können die /ulus-Arten in zwei grosse Gruppen theilen, je nachdem am vorderen Klammerblatt ein Flagellum vorhanden ist oder nicht. Letzteres ist eine grosse, an der Basis des Vorderblattes auf dessen dem Hinterblatt zugekehrten Seite articulirende Borste mit birnförmig angeschwollener Basis, an welche die Muskeln, welche sie bewegen, inserirt sind. Es läuft ganz allmälig in eine feine Spitze aus, welche geschlossen ist und im letzten Theile mit zarten Widerhäckchen besetzt sein kann. Ich halte es für eine ungemein vergrösserte Borste, wie solche sich, allerdings viel kleiner, bei luliden ohne Flagellum finden können; so hat / albipes deren mehrere; bei 7. fuscipes, hungaricus, flavipes, varius und cattarensis finden sich an dem Ende einer Chitinleiste stets einige, bei molybdinus (mit Fla- gellum) sah ich einmal auch eine. Ein ganz gleich gebautes Flagellum findet sich auch an den vorderen Copulationsfüssen von /sobates varicornis. Man könnte versucht sein, dieses Fla- gellum für etwas ähnliches zu halten, wie das Hüfthörnchen der Polydesmiden, das allerdings kürzer und dicker ist, aber sonst ebenso gebogen, ebenso in einer Grube an der Basis des- selben Fusspaares articulirt und zur Bewegung des Sperma 204 C. Attems, dient. Vielleicht hat man es auch bei den Polydesmiden auf eine Borste zurückzuführen. Die Ventralplatte, der die Vorder- blätter mit ihren Tracheentaschen, die stets deutlich von ersteren getrennt sind, aufsitzen, ist überall eine schmale Quer- spange. | Am hinteren Gliedmassenpaar kann man sehr gut die successive Trennung in Mittel- und Hinterblätter erkennen. Die Ventralplatte ist hier öfters sehr dünnhäutig und die Copulationsfüsse sind sowohl mit ihr verbunden, als auch untereinander durch mediane Fortsätze vereinigt. Bei /ulus fasciatus, umilineatus etc. ist der ganze hintere Copulationsfuss ein zusammenhängendes Stück, an dem ein in unmittelbarer Verlängerung der Tracheentasche stehender Theil stark chitini- sirt ist, das spätere mittlere Klammerblatt. Bei fuscipes, varius und Verwandten ist die Trennung schon weiter fortgeschritten, indem das Hinterblatt von der Spitze an bis etwa zur Hälfte in 2 Lamellen gespalten ist, in eine stärker chitinisirte, mehr nach vorn gelegene und nach abwärts in die Tracheentasche über- gehende, und in eine nach hinten daran sich anschliessende weichhäutige. Bei den meisten unserer einheimischen Iuliden sind Mittel- und Hinterblatt bis auf eine Verbindungsbrücke an der Basis ganz getrennt, und dann legt sich das Mittelblatt mehr oder weniger fest an das Vorderblatt an, welches zu seiner Fixirung oft eine Grube nahe der Insertion des Fla- gellums hat, in die ein Fortsatz des Mittelblattes sich einsenkt, oder das Ende des Vorderblattes greift über das Mittelblatt darüber. Das Hinterblatt ist überall im Wesentlichen eine einge- faltete Lamelle, medialer und lateraler Rand schlagen sich ein und im Grunde der so gebildeten Höhlung findet sich ein zeit- weiliges Reservoir für das Sperma: die Samenrinne oder Samen- blase. Ein solches ist auch bei den Arten mit Flagellum vor- handen, daher wird die Deutung des letzteren als Homologon des Spermalapparates hinfällig. Im einfachsten Falle findet sich in der Höhlung des Hinterblattes nur eine Rinne mit stark chitinisirten Wänden, die mit einer kleinen Anschwellung etwa in der Mitte des Blattes beginnt und an der Spitze ausmündet. Die Anschwellung am Anfange kann sich zu einer Blase Die Myriopoden Steiermarks. 205 erweitern, welche das Sperma durch eine grosse rückwärtige Öffnung aufnimmt und an die Rinne abgibt (Taf. IV, Fig. 56, 61, 67). Das Flagellum wird in seiner Lage häufig dadurch fixirt, dass es in einer zweiten Rinne der Hinterblätter wie in einer Scheide verläuft (Taf. IV, Fig. 67) oder dass eine Chitin- falte sich darüber legt (Taf. IV, Fig. 59, 64), sonst liegt es in der Höhlung des Hinterblattes mit seiner Endhälfte. Die Auflösung des Hinterblattes in mehrere Stücke kann übrigens noch weiter gehen als in Mittel- und secundäres Hinterblatt. Bei den wenigsten Arten ist letzteres ein einheit- liches Stück; es zeigt vielmehr die Tendenz, sich in mehrere separate Chitinlamellen aufzulösen; am weitesten in dieser Be- ziehung ist wohl /. sabulosus gegangen. Bei mehreren Arten findet sich zwischen den Tracheen- taschen der hinteren Copulationsfüsse eine paarige Drüse, deren Ausführungsgänge an die Basen der Hinterblätter treten, hier von einer Rinne desselben aufgenommen werden und an ihren Spitzen ausmünden. Die Drüse ist aus kleinen Follikeln zu- sammengesetzt, deren Zellen von zahlreichen kleinen, glänzen- den Körnchen erfüllt sind (Taf. VI, Fig. 109), wahrscheinlich das Secret der Drüse, weil sie auch den Ausführungsgang er- füllen, wodurch er leicht auffindbar wird. Letzterer ist, so lange er im Innern der Drüse verläuft, sehr ungleich weit, bald eng, bald lacunenartig angeschwollen (Taf. VI, Fig. 107) und nimmt von allen Seiten zahlreiche Seitenästchen auf (Taf. VI, Fig. 108). Diese Drüse ist besonders stark entwickelt bei /ulus fuscipes MarıVT Ein 10%), hungaricus (Wat. VI, Fig. 110), Aavipes, varıns und cattarensis, und es ist sehr auffallend, dass bisher von ihr nichts gesagt wurde, trotzdem die Copulationsfüsse dieser Thiere oft untersucht wurden. Viel rudimentärer fand ich sie bei /ulus eurypus, fasciatus, podabrus, unilineatus und foetidus (Taf. IV, Fig. 54, VI, 95, 99 pr.). Die Zulus-Arten sind sich in ihrem ganzen Habitus so ähn- lich, dass bisher niemand daran dachte, sie in verschiedene Genera zu theilen. Erst Verhoeff glaubte durchgreifende Unter- schiede in den Copulationsorganen gefunden zu haben, indem er versuchte, das Flagellum, welches einer grossen Anzahl zu- kommt, mit Theilen des hinteren Klammerblattes bei Formen 2096 GrATtbems, ohne Flagellum zu homologisiren, wovon oben. Die Hinter- blätter haben jedoch überall dieselbe Einrichtung zur Fort- leitung des Sperma, das Flagellum ist eine Einrichtung sui generis, es ist eine geschlossene Borste, deren Vorhandensein aber nicht gar so relevant ist, immerhin aber ist sie ein so auf- fallendes Merkmal, dass wir die Inlus-Arten in zwei grosse Gruppen bringen wollen: Mastigoiulus mit Flagellum, und Enantiulus ohne Flagellum; in beiden Gruppen finden sich verschiedene Grade in der Trennung der hinteren Copulations- füsse in Mittel- und Hinterblatt. Ich gebe im Nachfolgenden eine Übersicht aller palae- arktischen J/ulus-Arten, hauptsächlich nach dem Bau ihrer Copulationsorgane. Gattung Iulus. I. Untergattung Mastigoiulus. Vorderes Klammerblatt mit einem Flagellum. A. Mittleres Klammerblatt scharf vom hinteren gesondert 1. Erstes Beinpaar des J’ häkchenförmig a) Augen vorhanden a. Analsegment ohne Schwänzchen. Die Foramina repugnatoria berühren die Quernath. oo. Ventrale Analplatte mit einem nach vorwärts gekrümmten Haken: I. foetidus Koch. ßB. Ventrale Analplatte ohne Haken. I. Scheitelgruben fehlen: I: Iuscus (Meimert), Katzel. I. londinensis Leach. I. britannicus Verhoeft. T. occwltus Verhoett. Inbolei ©. Koch: 12 IDauzeliı, Nexhoene II. Scheitelgruben vorhanden: I. pusillus Leach. I. margaritatus Fanzago. I. frisius Verhoeff. Die Myriopoden Steiermarks. 207 ß. Analsegment mit Schwänzchen ao. Foramina repugnatoria berühren die Quer- nath, Scheitelgruben fehlen. I. Schwänzchen kurz, abgerundet oder kol- big: Immtalieus, Warvzei,. T. luridus €. Koch. I. fulviceps Latzel. I. Meinerti Verhoefft. I. decipiens Berlese. II. Schwänzchen häkchenförmig nach auf- wärts gebogen: I. molybdinus C. Koch. III. Schwänzchen lang, spitz, gerade oder nach abwärts: I. nitidus Verhoeff. IV. Schwänzchen lang, spitz, ventrale Anal- platte in eine lange Spitze ausgezogen: I. dicentrus Latzel. ßB. Foramina repugnatoria berühren die Quer- nath. Scheitelgruben vorhanden, hintere Seg- menttheile glatt, Schwänzchen lang, spitz: I. imbecillus Latzel. I. blaniuloides Verhoeftf. yr. Foramina repugnatoria von der Quernath ent- fernt. Scheitelgruben vorhanden, Schwänz- chen lang und spitz I. Körper einfarbig grau oder schwarz: I. fallax. I. vagabundus Latzel. I. heiveticus Verhoeft. I. trilobatus Verhoeft. I. alemannicus Verhoef!t. I. oribates Latzel. I. montivagus Latzel. 208 C. Attems, I. marmoratus nov. Sp. I. laeticollis Porat. I. minutus Porat. I. nigrofuscus Verhoeff. II. Rücken mit lichten Längsstreifen: I. trilineatus C. Koch. TI. velictuns Verhoeft. I. albolineatus (Lucas) Latzel. I. albovittatus Verhoeff. I. belgicus Latzel. b) Augen fehlen: I. strictns Latzel. I. Cantoni Brolemann. 2. Erstes Beinpaar der JS kegelförmig, beborstet, Hüften des 2. Beinpaares mit langen Fortsäizen. a) Flagellum dünn, peitschenförmig: I. eurypus mihi. b) Flagellum kurz, dick, mit Endhacken: T. hgulifer Latzel. I. terrestris Porat. 5. Mittleres Klammerblatt als selbständige Lamelle nicht ab- getrennt: I. fasciatus Koch. I. podabrus Latzel. I. unilineatus C. Koch.! I. (Megaphyllum) productus Verhoefft. Il. Untergattung Enantiulus. Vorderblatt ohne Flagellum. A. Mittleres Klammerblatt vom hinteren scharf gesondert: I. nanus Latzel. I. peliduus Latzel. 1 Iulus Frivaldszkyi Daday ist nur eine Farbenvarietät von umilineatus, wie ich mich durch Untersuchen der Copulationsorgane überzeugte. Die Myriopoden Steiermarks. 209 I. Oliveirae Verhoeff. I. dorsovittatus Verhoeff. I. Karschi Verhoeft. I. mediterraneus Latzel. I. sabulosus L. T. Porati Verhoeff. I. albipes Koch. B. Mittleres Klammerblatt mit dem hinteren zum grössten Theile verwachsen. Prostatadrüse sehr stark entwickelt: I. juscipes ©. Koch. I. hungaricus Karsch. I. varius Fabricius. Isnaunpes & Koch. I. catiarensis Latzel. In einem Aufsatze im zoologischen Anzeiger Nr. 456 stellt Verhoeff ein neues Genus Megaphyllum auf, welches er da- durch charakterisirt, dass es ein wohlausgebildetes Flagellum besitzt und dass die Urhinterblätter noch nicht in Mittel- und secundäre Hinterblätter differenzirt sind. Doch fügt sich die Art - Megaphyllum projectum der Beschreibung nach recht zwanglos in die Gruppe fasciatus, unilineatus, podabrus ein, welche zu- sammen ich nur als eine Abtheilung des Subgenus Mastigo- inlus betrachte und ich sehe eigentlich keinen Grund, ein besonderes Genus für diese Art aufzustellen. Zu untersuchen bleibt noch, ob auch 7. projectus die Prostata besitzt, wie die anderen erwähnten Arten. I. Untergattung Mastigoiulus mihi. I. foetidus C. Koch. ILanezel, Il 10. 278. Die hintere Ventralplatte des Copulationsringes ist dünn- häutig und bildet einen tiefen Napf, in welchen die Flagella mit ihrer Biegung hineinragen. Die Mittelblätter senden medianwärts einen starken Fortsatz einander entgegen, durch welchen sie untereinander verbunden sind. Der basale Theil der Hinterblätter ist weich, aus ihm erhebt sich eine stärker chitinisirte, einge- bogene Lamelle mit der Samenrinne im Innern und daneben mit Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 14 210 C. Attems, einer Falte im Chitin, unter welcher die Endhälfte des Flagellums liegt. Der Anfang der Samenrinne ist zu einer sehr zartwandigen Samenblase erweitert. Dicht neben der Falte für das Flagellum verläuft der Ausführungsgang der Prostata (Taf. IV, Fig. 54). Das Flagellum hat nur ganz unbedeutende Seitenzähnchen am Ende. Steiermark: Diese anderwärts so häufige und in allen angrenzenden Ländern vorkommende Art ist bei uns selten, so dass ich erst 1 Stück bei Graz und 2 bei Stübing fand. Niederösterreich: Bisamberg, Kahlenberg, Eisernes Thor, im ganzen Wiener Wald häufig. Westungarn: Pressburg, Leithagebirge, Croatien, Agram. »Nahezu alle Kronländer beider Reichshälften (L., II, 280).« I. luseus Meinert. Batzel Ip 22 Steiermark: Prof. v. Mojsisovics fand einige Exemplare auf dem Frauenkogel bei Graz. Niederösterreich (L., II, p. 286, Wien): Croatien (L.), West- ungarn (D.). I.boletise Koch. Latzeik 11.P728B: Erinnert in den Copulationsfüssen besonders in den Hinter- - blättern stark an 7. Zuridus und Meinerti. Die an der Basis breiten Vorderblätter haben vor der Spitze eine kleine Tasche, in welche das Ende der Mittelblätter hineinpasst. Die hintere Ventralplatte ist kahnförmig, vorn steht sie mit dem medialen Ast der Mittelblätter in Verbindung, seitlich und hinten mit dem Hinterblatt. Die Mittelblätter gehen an ihrer Basis in zwei Äste aus, der mediale (Taf. IV, Fig. 55a) vereinigt sich (trennbar) mit dem der anderen Seite und mit der Ventralplatte, der laterale (Fig. 555) trägt die Tracheentaschen. Die Hinterblätter bestehen aus je einer gebogenen Basalplatte, von der aus sich eine zusammengefaltete Lamelle mit mehreren grossen Chitin- zähnen am Rande (Fig. 55y) erhebt. Vom hinteren Eck der Ventralplatte führt eine Rinne zu der im Innern der eben er- wähnten Lamelle liegenden Samenblase und Samenrinne. In der gewöhnlichen Lage sind letztere verdeckt, man muss die Chitin- lamelle » seitlich umbiegen, um sie zur Ansicht zu bekommen (Fig. 56). Die Öffnung der Samenblase ist gross. Die Myriopoden Steiermarks. 211 Steiermark: Bei Graz selten, bei Marburg und auf dem Bachern häufiger. Niederösterreich: Bisamberg, Lobau bei Gross Enzersdorf. Im Wiener Wald häufig. Eisernes Thor, Kahlenberg. Westungarn (L., D.): Leithagebirge, Pressburg. »Alpenländer« (L.), Croatien (L., D.): Agram. I. pusillus Leach. Leiszell, Ik 0. Zoll. Niederösterreich (IL., IL pP. 283, Wien): Prater, Bruck a. d. Leitha. Westungarn (D.). T. luridus &IRKoch: Lauzell Ih 8.281. I. luridus, I. fulviceps, I. Meinerti und 1. silvarım sind sehr nahe verwandte Formen. 7. silvarım kommt bei uns wohl nicht vor. Z. fulviceps wurde von Latzel aus Tirol beschrieben. Beide anderen Arten kommen in unseren Gegenden vor. Äusser- lich sind beide schwer zu unterscheiden, leicht dagegen in den Copulationsfüssen. Die Vorderblätter beider Arten sind sehr ähnlich. Die Unterschiede sieht man am besten aus den Fig. 58 (luridus) und 63 (Meinerti) auf Taf. IV. Das Flagellum von luridus ist an der Spitze weich, wenig chitinisirt und nach rückwärts umgebogen (Taf. IV, Fig. 60). Es bricht leicht ab, und es kann dann so aussehen, als wäre es ein hohler Canal mit Öffnung am Ende, was aber nicht der Fall ist. Das Ende liest unter einer übergreifenden Falte der hinteren Klammer- blätter (Taf. IV, Fig. 59). An letzteren ist der stark chitinisirte Seitenhaken (Fig. 59 und 61 u) charakteristisch, der bei Meinerti fehlt. Die Mittelblätter (Taf. IV, Fig. 62) weichen durch das Fehlen der Schüppchen am Ende von denen Mei- nertis ab. Die hintere Ventralplatte ist wieder kahnförmig und geht seitlich in die Hinterblätter über. Wenn man die zusammen- geschlagenen Ränder der letzteren auseinanderbreitet sieht man die Samenblase darunter, die hier kräftig chitinisirte Wandungen hat. Von den zusammengeschlagenen Rändern des Hinterblattes gehen noch zarte Häute aus, welche nur einen schmalen Schlitz, durch welchen der Penis Zugang zur Öffnung der Samenblase hat, zwischen sich freilassen (Taf. IV, Fig. 61 s der Schlitz). Die 14* 2 C. Attems, freien Lamellen sind auf Fig. 61 durchsichtig gedacht (ihre Ränder aaa respective bbb), um darunter die Samenblase zu zeigen. Von letzterer führt eine Rinne an das Ende des Klammerblattes. Die Öffnung der Samenblase hat etwas wulstige Ränder. Steiermark (L., II, p. 293): Graz, Schöckl, Marburg, Bachern überall sehr häufig. Gamskogel bei Stübing, Weiz. Niederösterreich (L., II, p. 293): Im ganzen Wiener Wald gemein, Bisamberg, Eisernes Thor. I. Meinerti Ve hos®t Berliner entom. Zeitschr., Bd. XXXVI, 1891. Beitrag zur mitteleur. Dipl. Fauna. Verh..d. zool.'bot. Ges. 1894. 1. Heft, S: 8; Beitr zurDipE Fauna Tirols. Die Unterschiede von /uridus, abgesehen von den Copula- tionsfüssen, sind folgende: Farbe dunkler, mehr in das graue ziehend, der glatte Vordertheil der Ringe ist schwarz, der geriefte Hintertheil gelblich mit undeutlicher, dunkler Marmorirung. Luridus geht mehr ins Gelbe. In der Umgebung jedes Saft- loches ein kleiner dunkler Fleck. Wenn die Thiere einige Zeit in Alkohol liegen ist die abwechselnd schwarze und gelbliche oder graue Querringelung sehr auffallend. Seiten und Bauch lichter als der Rücken, indem hier die glatten Segmenttheile auch nur dunkel marmorirt sind. Zwischen den Augen und auf dem Vorderrand des Halsschildes eine dunkle Querbinde. Die Längsstreifung der Segmente ist bedeutend enger und feiner als bei /uridus. Die Seiten des Halsschildes haben mehr und tiefere Längsfurchen, als die von Zuridus. Die Ocellen sind etwas convexer. Sonst so wie letzterer. Backen des J nach unten etwas verbreitert, Scheitelgrübchen und Borsten fehlen. Bei einem J hatte die Oberlippe abnormer Weise vier Zähne. Saftlöcher vor der Quernath, diese berührend. Schwänzchen kurz, dick und stumpf. Körper unbeborstet, nur das Analseg- ment mit einigen Haaren. Die Copulationsfüsse weichen besonders im Hinterblatt stark von denen des /. Zuridus ab, was nämlich die Gestalt des Aussenrandes betrifft, die am besten aus der Fig. 64 auf Taf. IV Die Myrivpoden Steiermarks. 213 ersichtlich ist. Der Bau der Samenblase etc. ist wie bei /uridus Das Flagellum endet hier haardünn und hat keine umgebogene Spitze. Steiermark: Weizklamm, Hochschwab. Niederösterreich: Dürre Wand bei Gutenstein, Wiener Wald, Reisthal, Zerbenrigel auf der Rax (circa 15900 m). Ist mehr Bergbewohner, während /uridus auch in der Ebene vor- kommt. 7 molybdinus C. Koch. EatzellV 97272. Die Vorderblätter haben auf der Rückseite in der Mitte des Seitenrandes einen abgerundeten Lappen und oberhalb der Insertion des Flagellums ein ausgehöhltes Anhängsel, das mit Torhbraumenı Bioment erfüllt ist @Patı IV, Eis 68). Spitze) des Flagellums mit kleinen Rauhigkeiten (Taf. IV, Fig. 69). Das Mittelblatt hat endwärts drei breite stumpfe Zacken, von denen die beiden endständigen wie geschuppt sind, der innerste ist der Samenblase zugekehrt (Taf. IV, Fig. 68, 66). Am Hinterblatt kann man in Folge dieser Durchsichtigkeit besonders gut die Verhältnisse der Samenblase etc. erkennen. Die Samenblase ist sehr dünnhäutig, die Lippen der in sie führenden Öffnung ebenso (Taf. IV, Fig. 67 Oe). Die Wände der an ihrem oberen Ende beginnenden Samenrinne dagegen sind aus starkem gelben Chitin (Fig. 67 Sr). Neben der. Samenrinne läuft das Flagellum in einer zweiten Chitinrinne (Fig. 67 R). Steiermark der 129227) Diese Art war im Jahre 1892 in der Umgebung von Graz so spärlich vorhanden, dass ich während des ganzen Jahres nur ein Exemplar finden konnte, an denselben Stellen, an denen ich das Jahr darauf binnen Kurzem mehrere hundert erbeutete, darunter ungefähr zweimal so viel Weibchen als Männchen. Diese Überzahl an Weibchen kann man bei allen einheimischen luliden, und wohlDiplopoden überhaupt, bemerken. Dabei denke ich nur an diejenigen Arten, die man in halbwegs grösserer Zahl haben kann und bei denen das Auffinden nicht gar so Sache des Zufalls ist. Graz, Weizklamm, Peggau, Schöckl, Bachern, Marburg. Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L.). 214 C. Attems, I. dicentrus Latzel. 1... 11,92 779 Steiermark: Gamsergraben, Brühl und Brunndorf bei Marburg. Kärnten (P.), Kram (1), ’Croatien (LE) WestunsarenD% I. imbecillus Latzel. l..e., ups Steiermark: Aus der Umgebung von Graz habe ich 4, von Peggau 1 Stück, also selten bei uns. Latzel kennt ihn aus Oberösterreich und Serbien »in dem weiten Raum dazwischen hatte er nicht die Spur dieser Art gefunden«, es passt also Steiermark als Fundort recht gut her. Je ein Stück fand ich auf dem Mt. Maggiore bei Abbazia und bei Rodik im Küstenland. Iulus fallax Meinert. 1868. Naturh. Tidsskr., 3 R., 5..Bd., p. 19. Syn. I. longabo Latzel, 1. c.. II, p.313, betreffs der weiteren Synonymie cf. Porat. Entom. Tidskr. Stockholm 1839, p. 37 ff. Farbenvariationen sind recht häufig, neben typisch schwarzen Exemplaren, welche bei uns weitaus die Mehrzahl bilden, habe ich aus Graz auch lichtgelbbraune und von einer anderen Fundstelle weissgrau und schwarz quergeringelte. Auch in der Grösse kommen beträchtliche Verschiedenheiten vor. Doch sind die Copulationsfüsse aller dieser gleich, so wie Latzel sie beschreibt und abbildet. Auch aus dem Küstenland stimmen die Präparate mit denen der hiesigen vollkommen überein. Steiermark (L., I, p. 316): Graz, Weizklamm, Peggau, Marburg, Bachern. Niederösterreich (L.): Wiener Wald, Kahlenberg, Bruck a. d. Leitha. Oberösterseich (BI) Salzbuzsr rkernmtenı(d&) Kram): Croatien (L.), Westungarn (D.). Purbach am Neusiedler See. I. vagabundus Latzel. se pe Syn. I. fallax var. vagabundus Latzel, 1. c., II, p. 316 ff. Darüber vergl. Porat Ent. Tidskr., Stockholm 1889. Die Myriopoden Steiermarks. 215 Die Gruppe des /ulus vagabundus sammt Verwandten ist unzweifelhaft die schwierigste unter allen luliden, deren einzelne Arten sich mit Sicherheit nur durch genaue Betrachtung der Copulationsfüsse unterscheiden lassen. Es wurden bisher 9 Arten aus dieser Verwandtschaft beschrieben, über welche Verhoeff kürzlich eine Übersicht! gegeben hat, zu denselben kommt hier eine neue 10. (J. marmoratus). Sehr nahe verwandt sind auch 7. fallax und die Gruppe des /. trilineatus, albo- lineatus ete. In unseren Gegenden fand ich von denselben folgende: I. vagabundus Latzel, Iulus alemannicus Verhoefft, I. trilo- batus Verh. und /. marmoratus mihi. Ich gebe zunächst, um mich nicht bei jeder Art zu wieder- holen, die gemeinsamen Merkmale (die übrigens auch dem /. fallax zukommen) der genannten 4 Arten: Scheitelfurche und 2 borstentragende Scheitelgrübchen deutlich zu sehen. ÖOcellen convex, einzeln deutlich unter- scheidbar, Fühler lang und dünn, am Ende schwach keulig ver- dickt. Stipites mandibulares der ZZ nicht verdickt oder nach unten vorragend, dafür die stipites gnathochilarii aufgetrieben und das ganze Gnathochilarium in Folge dessen unterseits aus- gehöhlt. Hinterrand der Segmente fein gekerbt und mit langen Cilien besetzt. Saftlöcher weit von der Quernath nach hinten entfernt. Analsegment reichlich beborstet, Schwänzchen lang, spitz und gerade, am Ende unmerklich abwärts gebogen. Anal- schuppe am Ende zugespitzt und etwas vorragend. Trotz ihrer grossen specifischen Verschiedenheit weisen auch die Copulationsfüsse auf die nahe Verwandtschaft hin. Diese Ähnlichkeit fällt besonders bei der Betrachtung von rück- wärts auf. Überall haben wir die charakteristisch gestaltete Fortsetzung der Ventralplatte (aufallen Figuren mit d bezeichnet), welche als halber Kelch die Basis des hinteren Klammerblattes umgibt, den spitzen Mediandorn 5 und hinter der Lamelle, welche die Samenrinne birgt, die hyaline Platte (»stiefelschaft- artiger Theil« Verhoeff’s) mit breit zugerundetem medianen 1 Verhoeff, Beitr. z. Dipl.-Fauna Tirols. Verh. d. zool.-bot. Ges. Wien. 1834. 1. Heft. ZANG C. Attems, Lappen (/) und stark chitinisirtem, medianwärts eingekrümmten Lateralhaken (a). Mit Ausnahme von Zrilobatus findet sich auch noch am Hinterblatt ein zarter, oberseits gezähnelter Seitenhaken (c). I. vagabundus Latzel. Farbe lichter als bei alemanmicus’ und trilobatus, der Rücken meist rothbraun aufgehellt, Scheitel und hintere Hälfte des Halsschildes dunkelrothbraum, Seiten unterhalb der Saft- löcher hellgrau marmorirt. Beine hell. Furchung mässig tief und weitschichtiger als bei Zrilobatus, Halsschildseiten ohne Furchen. Alle Füsse, auch diejenigen hinter dem Copulationsring, ohne Tarsalpölster (Taf. V, Fig. 73); im Übrigen sichtlich länger und dünner als bei den Verwandten. Erstes Beinpaar ein kleines Häkchen. Hüfte des 2. Beinpaares mit dem charakteristischen, nach seitwärts gerichteten, an das 2. Glied angelegten Fortsatz. Vordere Klammerblätter (Taf. V, Fig. 71) mit Innenzahn, der aber nicht so gross und abgerundet ist, wie in Latzel’s Fig. 142 auf Taf. XII. Im Profil entsprechen die Bilder von meinen Präparaten (Taf. V, Fig. 70) vollkommen letztgenannter Zeichnung. Bei der Betrachtung von vorne sieht man noch 2 kräftige Haken (Fig. 72, a und ß). Steiermark: Marburg. I. alemannicus Verhoeft. Zoologischer Anzeiger Nr. 403, 1892. Schwarz, unterhalb der Saftlöcher ein lichter, dunkel- marmorirter Fleck, Halsschild schwarz. Beim Liegen in Alkohol werden die Thiere abwechselnd schwarz und schiefergrau quer- geringelt. Grösste und stärkste Form unter seinen Verwandten. Unterkiefer schwächer verdickt als bei den übrigen. Halsschild ganz ohne Seitenfurchen. Furchung der Rücken- schilde so wie bei vagabundus, etwas seichter und weit- schichtiger als bei Zrilobatus. Männchen mit 92—97 Segmenten. 1. Beinpaar wie gewöhnlich ein kleiner Haken. Hüfte des 2. Beinpaares mit einem Fortsatz wie vagabundus. Die 2 vor- letzten Tarsalglieder der JS haben auf den Beinpaaren hinter Die Myriopoden Steiermarks. . ZalZ, dem Copulationsring weisse Pölster (Taf. V, Fig. 77), auf den vorderen Beinpaaren fehlen solche Bildungen. Angedeutet sind sie hier nur dadurch, dass die Glieder etwas dicker sind als bei vagabundus und dass ihre Unterseite fein gekerbt ist. Vorderblätter (Taf. V, Fig. 76) mässig breit, Innenrand gerade, ohne Innenzahn. Höchstens ein winziges Höckerchen findet sich an der entsprechenden Stelle, Mittelblätter ohne Besonderheiten. Die Hinterblätter auf meinen Präparaten stimmen mit Merhoetts Rie>>s, auf Tat. II, in den Verh. der zool.-bot. Ges. 1894, I. Heft, überein, von seiner var. simplex (cf. Taf. V, Fig. 75). Wir haben ein zusammengefaltetes, in 2 Spitzen auslaufendes Blatt, welches im Grunde seiner Höhlung die Samenrinne trägt, die im lateralen der 2 Zipfel ausmündet. Der gezähnelte Haken c wurde auf Fig. 75 weggelassen. Anfangs August fing ich auf dem Schöckl neben ungefähr 80 Q mehrere geschlechtsreife S und mehrere Männchen, von dem Entwicklungsstadium, welches Verhoeff »Schaltstadium« (status medius) genannt hat und welches dadurch charakterisirt ist, dass das 1. Beinpaar noch nicht in ein Häkchenpaar ver- wandelt ist, während der Copulationsring ventralwärts schon offen ist und die allerdings noch einfacher als beim ausge- wachsenen Thier gestalteten Copulationsfüsse hervortreten lässt. Die meisten der Thiere fand ich auf dem Plateau des Berges (1465 m) unter Steinen, oder unter dem, letztere be- deckenden Moose. Der Chitinpanzer der sogenannten Schalt- männchen ist ganz weich und unter ihm scheint der neue, ebenfalls noch weiche durch. Sie waren also im Begriffe sich zu häuten, und an einigen Stellen des Körpers hatte sich die alte Chitinhülle bereits soweit abgehoben, dass sie mit Nadeln leicht herabpräparirt werden konnte. Ein ähnliches Verhalten zeigt auch z.B. Glomeris conspersa, bei der ebenfalls der alte Chitin- panzer vor der Häutung ganz weich wird.! 1 Man findet öfters neben frisch gehäuteten Thieren, die noch weich sind, den abgeworfenen Chitinpanzer liegen; an Stelle des Mundes ist ein Loch in demselben, sonst schlüpfen die Thiere langsam aus ihrer alten Haut heraus, ohne sie im geringsten zu verletzen. Dies beobachtete ich bei Zulus, Glomeris und Zithobius. 218 C. Attems, Das erste Beinpaar dieser Schaltmännchen besteht aus 6 Gliedern und ähnelt ganz den übrigen Beinen (Verhoeff gibt für seinen J. Karschi an, dass das erste Beinpaar nur 4 Glieder hat). Den Hüften des 2. Beines fehlt der gewisse charakte- ristische Haken. Kein Beinpaar hat Tarsalpölster. Aus der Öffnung des Copulationsringes ragen die Copulationsfüsse weit vor. Sie sind noch viel einfacher gebaut als bei Erwachsenen (Taf. V, Fig. 78) und ganz durchsichtig. Das Flagellum ist ver- hältnissmässig kürzer, das mittlere Blatt nur eine kleine drei- eckige Platte etc. In der ersten Hälfte August fing ich noch 4 weitere Männchen dieses Entwicklungsstadiums neben ge- schlechtsreifen auf dem Röthelstein bei Mixnitz und auf der Platte bei Graz. Steiermark: Graz, Stübing, Schöckl, Hochschwab, Weiz. Niederösterreich: Wiener Wald. I. trilobatus Latzel, Verhoeft. Latzel’hat’in seinem oft eitirten Werk in den RiesNoz und 142—145, die Copulationsfüsse mehrerer Arten als Varietäten seines fallax abgebildet. Für die in Fig. 144—145 dargestellte schlägt Verhoeff den Namen Zrilobatus vor. Um die Namen, deren Zahl ohnehin schon prosperirt, nicht noch zu vermehren, acceptire ich denselben für eine Art aus hiesiger Gegend, in derich dieselbe zu erkennen glaube, die Latzel bei Verfassung seiner Fig. 144 und 145 vorlag. Farbe schwarz, oder schwarz und dunkelrothbraun ge- ringelt. Seiten etwas heller, Marmorirung, wenn überhaupt vor- handen, nur unbedeutend, Bauch und Füsse gelblichweiss. In der Grösse dem alemannicus beinahe gleichkommend, etwas schlanker als vagabundus. S mit 48—51 Segmenten. Halsschild seitlich mit mehreren kräftigen Längsfurchen, Furchung der Rückenschilde tief und eng. Saftlöcher gross und leicht zu sehen, während sie bei alemannicus viel undeutlicher sind. 1. und 2. Beinpaar wie bei vagabundus. Beine vor dem Copulationsring ohne, hinter demselben mit Tarsalpölstern auf den 2 vorletzten Gliedern (Taf. V, Fig. 86.) Die Myriopoden Steiermarks. 219 Copulationsfüsse im Ganzen sehr gedrungen, breit und kurz. Vergl. die Fig. 82 und 74, ietztere von alemannicus. Vorderblätter mit kräftigem Innenzahn (Taf. V, Fig. 84). Flagellum am Ende reichlich mit Widerhäkchen besetzt (Fig. 83). Die Basen der Mittelblätter sind seitlich verbreitert und stehen lateral mit dem Aussenende des Theiles d der Hinterblätter, median mit der Ventralplatte und untereinander in Verbindung, von der lateralen Verbindungsstelle zwischen d und M zieht eine gelbe Chitinlamelle g zum Hinterblatt. Die Hinterblätter sind mehrfach zusammengefaltete La- mellen, die man durch Zerzupfen in die beiden in Fig. SO und 81 dargestellten Theile trennen kann, welche übereinanderliegend zu denken sind. Auf dem zu hinterst liegenden ae. Be 0 liegt der taschenförmige, Fig. 81, der in seiner Höhlung y die Samenleitung besorgen dürfte. Der zarte Seitenhaken c der übrigen Arten fehlt hier. Der mediane Dorn db, Seitenhaken a und hyaline Platte f wie überall. Im Profil kann man am Saume allerdings mehrere Lappen erkennen, doch nicht so scharf wie in Latzel’s Figur 144 und 145 (ef. damit Taf. V, Fig. 79.) _ Steiermark: Platte bei Graz, Stiftingthal, Schöckl.. I. marmoratus nov. Sp. Tulo montivago Latz. similis, differt al eodem forma pedum copulativorum, quae figuris87—91 demonstratur. Farbe schwarz, mit rothbrauner Marmorirung, auch am Rücken. Vorderkopf gelbbraun, Binde zwischen den Augen schwarz, Scheitel und Halsschild, letzteres mit Ausnahme eines schwarzen Vorderrandes licht rothbraun, Seiten hell mar- morirt, Bauch und Füsse gelbbraun. Bedeutend kleiner und schlanker als vagabundus. Männchen mit 51—52 Segmenten. Furchung der Rückenschilde tief und dicht, sehr regel- mässig. Halsschild ohne Seitenfurchen. Stipites gnathochilarii stark verdickt, Gnathochilarium unten hohl. Oberkiefer der S ohne Verlängerung. l. Beinpaar ein Häkchen wie gewöhnlich. Hüfte des 2. Beinpaares ohne jeglichen Fortsatz. 220 C, Mikes. Die 2 vorletzten Tarsalglieder aller Beinpaare mit weissen Pölstern, die aber nicht zahnartig vorragen (Taf. V, Fig. 91). Vorderblätter sehr schlank, von der Basis nach der Spitze continuirlich verschmälert, ohne Innenzahn, am Ende mit einigen Schüppchen (Taf. V, Fig. 87). Flagellum mit wenigen winzigen Widerhäkchen am Ende. Mittelblätter ebenfalls sehr schmal, etwas kürzer als die vorderen. Von ihrer lateralen Ver- einigung mit dem Theil d der Hinterblätter zieht auch hier eine zugespitzte gelbe Chitinlamelle hinauf (Fig. 87 und 88 9). Hinterblätter ebenfalls in 2 übereinandergelegte Stücke (Fig. 88 und 89) trennbar, am Ende mit mehreren Zacken und mit dem Seitenhaken c. Steiermark: Graz, Hochschwab. I. montivagus Latzel, =, Pp-202 Niedezosterteiche (E11 92320) T. tmilineatus’ CrKoch, - Patzer 9 Kärnten (L.), Krain (L.), Westungarn (D.) I. eurypus nov. sp. Corpus parvum, maris gracile, feminae crassius, nitidum, nigerrimum, ventro spadix, pedes albicantes. Longitudo corp. d 15—20 mm, 9 18—25 mm, latitudo d 1—1'3 mm, 9 1’#bis 2 mm. Segmenta 46 et piuria, pedum paria 72—80, 3—4 seg- menta ulteriora apoda. Vertex sulco et foveis duabus setigeris; numerus ocellorum ca. 34. Segmentum primum lateribus ob- tusum, rugosum. Segmentum secundum lateribus 9—6 striis longitudinalibus, segmenta cetera profunde striata, margine postico sparsim ciliata, segmenta ulteriora densius crinita. Foramina repugnatoria a sutura integra remota. Spina segmenti ultimi longa, recta, acuta. Mas.: Stipites mandibulares infra producti, stipites gnatho- chilarii stria longitudinali tenui loco tuberi Juli terrestris. Pedum par primum conicum, longe crinitum; par secundum valde incrassatum, clavatum, coxis processu longo antrorsum directo, gnathochilarium attingente, processui Juli terrestris simili instructum, par 3.—7. modice incrassatum, articulus Die Myriopoden Steiermarks. 221 tertius paris septimi maxime inflatus, margine mediano pro- minens ibique apertura praeditus. articuli 4+—6 eiusdem paris tenues. Margines ventrales annuli copulativi clausi pedes co- pulativos obtegentes. Laminae anteriores pedum copulativorum latae, flagellum gerentes. Laminae mediae aeque longae sed angustiores, Jaminae posteriores laminis mediis late coniunctae hyalineae, vas deferens glandulae prostaticae et ductum sper- maticum gerentes. Klein, die Männchen schlank und zierlich, die Weibchen bedeutend dicker und gedrungen; glänzend und tiefschwarz, Bauch rothbraun, Füsse grauweiss; von unseren einheimischen Iuliden ist es entschieden die am intensivsten schwarze Art. Länge der d 13—1lö mm, der 9 18—20 mm. Breite der 5 1—-1:3 mm, der © 1'2—1'8 mm. Zahl der Segmente er 2.000710 108 Dien2 N etzien sind tusslos, damen Zahl der Beinpaare bei fd 74—84, bei 9 81—87. Scheitelfurche und 2 borstentragende Scheitelgrübehen vorhanden, Ocellen wie gewöhnlich in einem dreieckigen Haufen, z. B. zu 1, 3, 4, 5, 6. 7, 8, (34). Fühler von gewöhnlicher Form. Über den Mundrand stehen 4 borstentragende Grübchen, Halsschild in den Seiten abgerundet, fein längsgerunzelt; erster Rückenschild gröber gerunzelt, mit 5—6 Längsfurchen, die übrigen Segmente recht tief, aber nicht sehr eng längsgerieft, am Hinterrand mit wenigen kleinen Wimpern besetzt, letzte Segmente etwas reichlicher be- haart besonders das Analsegment. Die Saftlöcher sind von der vollkommen geraden, nicht ausgebogenen Nath nach rückwärts entfernt. Das gerade Schwänzchen ist lang und spitz, nur am Ende ganz schwach nach abwärts gekrümmt. Analsegment von gewöhnlicher Form, mit dreieckiger, zugespitzter Anal- schuppe. In den bisher betrachteten Merkmalen stimmt diese Art mit den anderen einheimischen schwarzen Iuliden, wie ligulifer, vagabundus etc., so überein, dass die @ und unreifen d’ nur schwer und lediglich durch ihre geringe Grösse und tief- schwarze Färbung (mit rothbraunem Bauch), der jegliche Mar- morirung fehlt, unterschieden werden können. Die reifen / haben aber recht auffallende secundäre Geschlechtscharaktere: An Stelle der behaarten Beule auf den stipites gnathochilarii, 222 C. Attems, wie bei /. terrestris, ist eine kleine, bald verlaufende Längs- furche. Die Backen sind wie gewöhnlich nach unten erweitert. Das 1. Beinpaar besteht aus 2 kleinen, mit langen, nach unten und rückwärts gerichteten Borsten besetzten Kegeln. Einige dieser Haare sind sehr lang (Taf. VI, Fig. 96). 2. Beinpaar kurz und ausserordentlich verdickt, zwischen 2. und 3. Glied etwas eingeschnürt, im 3. Glied am dicksten, von hier nach dem Ende zu conisch zugespitzt und mit kleiner Klaue versehen (cf. Fig. 97). Eine solche Form des 1. Lauf- beines habe ich bei keiner /ulus-Art sonst gesehen. Die Hüften desselben haben, ähnlich wie bei /. terrestris, je einen langen schmalen, am Ende löffelförmig verbreiterten, bis an das Gnatho- chilarium reichenden Chitinfortsatz (cf. Fig. 97 2). 3.—7. Bein- paar dicker als die übrigen; das 3. Glied des 7. Beinpaares ist stark angeschwollen und springt am medialen Rand stumpf- eckig vor, an der Spitze dieses Kegels ist eine Öffnung, von der ein trichterförmiger Canal in das Innere des Gliedes führt, wie ich glaube, der Ausführungsgang einer Drüse, jedenfalls eine sehr auffallende, bei luliden sonst nicht beobachtete Bildung. Dieses Glied ist schwach behaart, die 3 Endglieder dagegen sehr reichlich und sind dünn und schlank (ef. Fig. 98, 92.) Die Ränder des Copulationsringes schliessen fest anein- ander und lassen in der Ruhelage nur die Spitzen der Copula- tionsfüsse sehen (Fig. 98). Die vorderen Klammerblätter sind ein Paar breiter Platten, auf der Aussen- und dem oberen Theii der Innenseite mit kleinen Schüppchen bedeckt. Auf der dem mittleren Blatt zugekehrten Seite tragen sie, oberhalb des in eine dünne fadenförmige Spitze ausgehenden Flagellums, eine dünne, in mehrere breite Zacken ausgehende, ihnen parallel an- liegende Lamelle. Breite des vorderen Klammerblattes 160 (ef. Fig. 94). Die mittleren Klammerblätter sind gleich lang wie die vorderen, aber viel schmäler am Aussenrand, vor dem Ende flach ausgebuchtet und haben in der Nähe dieser Bucht einen gesimsartigen Vorsprung, dessen Oberseite, sowie die Spitze des Klammerblattes mit Schüppchen bekleidet ist. Breite in der Mitte 120 u, am Ende 60 u (ef. Fig. 95). Die hinteren Klammer- blätter sind durch eine breite Brücke mit den mittleren ver- bunden, hyalin, durchsichtig und untereinander durch einen Die Myriopoden Steiermarks. 228 Fortsatz des medialen Randes verbunden. Bei dieser Art findet sich neben der Samenrinne der Ausführungsgang der Prostata. Das Ende des Hinterblattes geht in mehrere Zähne aus, hinter der Lamelle, welche Samenrinne und Prostatagang trägt, liegt noch eine grosse, dünne Platte (Taf. VI, Fig. 95). Bisher waren J/. lignlifer und 1. terrestris die einzigen Arten, mit kegelförmigem, beborsteten, ersten Beinpaar. Beide haben ausserdem abweichend gestaltete Flagella und löffel- förmige Fortsätze an der Füfte des 2. Beines, und Verhoeff sründete deshalb aufsie sein Genus Micropodoinlus. Nun haben wir in 2. eurypus die 3. Art mit beborsteten Höckern, statt des ersten Beinpaares, aber das Flagellum endet gerade so haar- dünn wie bei den meisten anderen luliden. Die drei, I. ligulifer, terrestris und eurypus, gehören jedenfalls nahe zusammen und entfernen sich einigermassen von den übrigen Iuliden, ohne dass man diesen Unterschied, der eigentlich nur in der Gestalt des 1. Beinpaares unvermittelt ist, generischen Werth beilegen müsste. Am meisten verschieden ist wohl eurypus durch seine Drüse in der Tibia des 7. Beinpaares, Besitz der Prostata etc. Steiermark: Bei Graz an mehreren Punkten gar nicht selten, besonders oft fand ich ihn in den Strünken abgehauener Erlen an nassen Stellen. Trlısultewkarzei 189: Syn. 1866. /ulusterrestris. Porat. Sveriges Myr. Dipl., p. 27. Syn. 1868. Julus terrestris. Meinert. Naturh. Tidskr., 3R. Maple: Syn. 1869. Inlus terrestris Porat. Öfvers. Vet. Ak. Forh., p. 647. Syn. 1870. Inlus terrestris. Stuxberg. ibid., p. 901. Syn. 1884. Iulus scandinavius. Latzel. Myr. d. öst.-ung. Mon., Il., p- 322. Syn. 1889. Julus scandinavius. Daday: Myr. R. Hung. p. 97. Syn. Iulus ligulifer. Latzel, Verhoeff. Berl. ent. Zeitschr. DRVL 189], P..102. Porat (Entom. Tidskr. 1859) hat nachgewiesen, dass die Art in Schweden und Norwegen gar nicht vorkommt, weswegen 224 C. Attems, der Artname von Latzel geändert wurde. Cf. Verhoeffl.c. und La zell ll ds, Verhoeff hat kürzlich eine var. corniger beschrieben, in- dem er an den rheinländischen Exemplaren einen krummen Fortsatz auf der Coxa des 2. Beinpaares fand, von dem er an- nahm, dass er dem Exemplar, welches Latzel beschrieben, fehle, da letzter Autor seiner nicht Erwähnung thut. Nun fand ich aber genau denselben Haken an den Exemplaren aus dem Wiener Wald, was wohl darauf schliessen lässt, dass er von Latzel übersehen wurde. Die var. corniger ist daher wieder einzuziehen. Niederösterreich (L. II, p. 324): Bisamberg, Wiener Wald, Brühl, etc., Prater, Lobau bei Gross-Enzersdorf. Oberösterreich (L.), Westungarn (L.), Leithagebirge bei Bruck a. d. L. Ein Exemplar hatte nur einen Zahn auf der Ober- hose (er Neic \W, Die, 9), I. unilineatus, fasciatus und podabrus haben ganz ähnlich gebaute Copulationsfüsse, die dadurch eine eigene Gruppe innerhalb der Mastigoinlus-Arten bilden, dass gesonderte Mittel- blätter nicht vorhanden sind, sondern das ganze hintere Paar der Copulationsfüsse sammt der dazugehörigen Ventralplatte und den Tracheentaschen ist ein einheitliches Stück. Die Ven- tralplatte kann am besten mit einer Schale verglichen werden, die zwischen beiden Hälften ausgespannt ist und in ihrer Höhlung die umgebogenen Theile der Flagella aufnimmt. Allen drei Arten kommt eine Prostata zu. a I.-unilineatus € Koch, Batzel, 7 p20>2 Das vordere Copulationsfusspaar reicht weiter nach ab- wärts als sonst gewöhnlich, dafür sind die Tracheentaschen sehr kurz. Seitlich ist es sehr fest mit dem hinteren Paar ver- bunden, von dem es nur mit Mühe getrennt werden kann (Taf. VII, Fig. 123). Das Flagellum hat kurz vor der Spitze eine Einschnürung; letztere ist mit winzigen Widerhäkchen besetzt (ran valenie. 129). Die Hinterblätter sind auch hier eingerollte Lamellen, die eine Hälfte ist stärker chitinisirt und die unmittelbare Verlänge- Die Myriopoden Steiermarks. 220 rung der Tracheentasche (m), die andere weichhäutigere birgt die Samenrinne und eine grössere Samenblase (Taf. VI, Fig. 122); beide Hälften sind bis beinahe zum Ende ungetheilt, erst kurz vor der Spitze spaltet sich das Hinterblatt; die Spitze, welche dem späteren Mittelblatte entspricht (m), ist glatt, die dem secundären Hinterblatte entsprechende (%) ist mit zahl- reichen, stumpfen Zähnchen besetzt und geht in einen be- borsteten, kleinen Lappen und zwei Hörnchen aus (Taf. VII, Fig. 124). Der Ausführungsgang der Prostata zieht neben der Samenkiane hin (Tat. VII, Fig. 122'pr.). Steiermark: Bisher immer ausserhalb des Waldes auf Wiesen und Feldern unter Steinen gefunden. Graz, Kalsdorf, auf dem Grazer Felde, Rann. Niederösterreich (L. II, p. 305): Wiener Wald bei Reka- winkel, Kaltenleutgeben, Leithagebirge bei Mannersdorf, Bruck. Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L.), Westungarn (L.). IstaseiatusI@, BE Koch 1838 = T austniacus Katzel el, PI292 Die Vorderblätter reichen so wie bei zmilineatus weit nach abwärts. Die Flagella sind in ihrer ersten Hälfte halbrinnen- förmig mit gelappten Rändern. Die Spitze ist reichlich mit Seitenzähnchen besetzt. Von dem eng mit dem vorderen ver- bundenen Hinterblatt trennt sich der die Samenrinne und den Ausführungsgang der Prostata führende Theil leicht vom übrigen los, der das Ende des Flagellums umscheidet und in mehrere stets gleichgestaltete Zähne und Zacken ausgeht GDarev Tl Rio..99). Steiermark: Bei Graz überwiegt die dunkle Färbung var. nigrescens Latzel in allen Übergängen von der typischen bis zur einfärbig schwarzen Farbe, oft an einer Localität helle und dunkle zusammen. Die Copulationsfüsse der ganz schwarzen ’ sind gerade so, wie die der typisch gefärbten. Badlwand, Schöckl; bei Marburg sehr häufig; Bachern, Aflenz, Stübing, Strassgang. Niederösterreich: Eisernes Thor bei Baden, Dürre Wand, Leithagebirge. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 15 DD ID & C. Attems, Westungarn: Purbach am Neusiedler See. »Fast alle Kronländer der Monarchie« (L. II, p. 299). I. (Megaphyllum) projectus Verhoeff. Zool. Anz. Nr. 456, 1394, p. 322. »Laubwald bei Graz« (Verhoeff). II. Untergattung Enantiulus. I. nanus Latzel. 11,.P2262 Die Copulationsfüsse sind so wie Latzel sie darstellt. Das Flagellum fehlt thatsächlich. Seinen diesbezüglich ausge- sprochenen Zweifel hat Verhoeff neuerdings berichtigt. Die Mittelblätter sind deutlich und scharf von den hinteren getrennt. Mitte September 1895 fand ich auf dem Bachern bei Mar- burg 37 Inlus nanus, darunter waren 24 Q, 4 geschlechts- reife S', 1 S' immaturus (mit geschlossenem Copulationsringe) und 8 »Schaltmännchen«. Die Schaltmännchen haben 41, 42 oder 43 Segmente, also eine geringe Zahl gegen 43-60 der Ausgewachsenen, sind 8 mm lang. Eines mit 42 Segmenten hat 65 Beinpaare, 6 End- segmente fusslos, analog die übrigen. Die Ocellen sind noch deutlich unterscheidbar, ich zähite 8 jederseits. Das Schwänz- chen des Analsegmentes ist unbedeutend stumpfer und kürzer als bei erwachsenen Thieren. Die Hauptunterschiede liegen in den secundären Geschlechtscharakteren: Das erste Beinpaar ist noch geradeso gestaltet, wie beim immaturus mit geschlossenem Copulationsring, nur ist es durchscheinender durch Rückbildung des lebenden Gewebes im Innern und alleiniges Zurückbleiben des Chitins. Bei einem J, welches offenbar kurz vor der Häu- tung stand, was daran zu erkennen ist, dass unter der durch- sichtig gewordenen alten Chitinhülle der. neue Chitinpanzer bereits durchschimmert, sieht man im Innern des ersten Fuss- paares sogar schon ein kurzes, schwach gebogenes Stäbchen, das Material zum Häkchen, in welches sich dieses Gliedmassen- paar bei der letzten Häutung verwandelt, und das, um Platz in der alten Chitinhülle zu haben, noch ausgestreckt ist. Der Copulationsring ist auf der Bauchseite geöffnet und aus der . » . 97 Die Myriopoden Steiermarks. 22 Öffnung ragen die Copulationsfüsse weit heraus. Die vorderen Blätter sind so wie beim geschlechtsreifen J‘, die hinteren sind schmäler. Die grossen Zähne, in welche das Blatt der Er- wachsenen ausgeht, sind hier noch ganz klein und die Reihe von Dornen zwischen erstem und zweitem Zahne fehlt voll- ständig (Taf. VI, Fig. 103). Sieiermark (1. Il, p: 262): Bei Graz sehr haus. Weiz- klamm, Peggau, Stübing, Schöckl bis zum Gipfel, Mixnitz, Mar- burg, Bachern, St. Ilgener Thal, Aflenz, Bürgeralpe auf dem Hochschwab. Niederösterreich (L.): Wiener Wald, Kahlenberg, Brühl ete. Eisernes "Thor, Dürre Wand. Viel seltener als in Steiermark. Reisthal, Rax (Zerbenriegel). Oberösterreich (L.), Salzburg (L.), Kärnten (L.), Croatien (L.), Westungarn (L.). I. pelidnus Latzel. ee 20207 Syn. ?Julus (Tachypodoiulus) styricus Verhoeff. Zool. Anz. 1894, p. 324, Nr. 456. Die Angabe Latzel's, dass sein /ulus pelidnus ein Fla- gellum besitze, scheint doch auf einem Irrthum zu beruhen. Die ganze Beschreibung des Exterieurs und auch die Fig. 186 der Copulationsfüsse von /. pelidnus stimmen so genau mit einem lJuliden überein, den ich hier fand, dass ich denselben für pelidnus halte, trotzdem ihm ganz bestimmt kein Geisselapparat zukommt. Es wäre in Hinblick auf die nahe Verwandtschaft mit nanus,. die auch Latzel anerkennt, übrigens sehr merk- würdig, wenn pelidnus ein Flagellum besässe, wo namus keines hat. Die vorderen und mittleren Klammerblätter (Taf. VI, Fig. 100, 101) zeigen nichts Besonderes. In den hinteren findet sich wieder eine Samenrinne mit erweitertem Anfangstheil, der mit einer grossen Samenblase in Verbindung zu stehen scheint, was ich aber wegen der Kleinheit und geringen Chitinisirung des Objectes nicht bestimmt gesehen habe. Nach rückwärts von den Hinterblättern liegen noch zwei Platten (Fig. 102 p). Die kurzen, vorstehenden Zäpfchen, welche Latzel erwähnt, sind nichts weiter als die medialen Ecken derselben, welche zwischen den Hinterblättern heraussehen. Diese Platten sind 1a; 228 C. Attems, wohl dasselbe wie der mit 5 bezeichnete Theil bei vagabundus und Verwandten. Unter den vielen hundert steirischen Exemplaren finden sich öfters hell gelblichweisse mit dunkelrothbraunen Füssen. Sonst sind letztere auch licht gefärbt. Steiermark (L. II, p. 269): Stellenweise sehr häufig. Graz, Schöckl bis zum Gipfel, Weizklamm, Röthelstein bei Mixnitz, Stübing, Bachern, St. Ilgener Thal, Aflenz, Hochschwab. Niederösterreich: Reisthal und Dürre Wand bei Guten- stein. Oberösterreich (L.), Kärnten (L.). Ich vermuthe, dass der von Verhoeff im zool. Anz. Nr. 456 beschriebene /ulus diese Art ist. I. sabulosus L. katze 17 Pp>327 Die Samenblase und Samenrinne in den Hinterblättern hat bereits Verhoeff beschrieben. Er gibt ebenfalls für diese Art ein Schaltstadium an. Ich habe schon oben erwähnt, dass die Hinterblätter von sabulosus die meisten Stücke zeigen. Letztere sind unterein- ander durch Häute verbunden und es ist wohl so aufzufassen, dass im ursprünglich eine Lamelle bildenden Hinterblatte ein- zelne Partien stärker chitinisiren, während die Stellen da- zwischen weich bleiben. Dadurch kommen die zahlreichen scheinbar selbständigen Stücke zu Stande. Wir haben zunächst eine unpaare, hyaline, mediane Platte (a) mit 2 dreilappigen Plättchen (d), an welche jederseits eine längliche Spange (f) befestigt ist, die den beweglichen Aussenschenkel (e) trägt; letzterer wiederum ist mit den übrigen Theilen durch ein kleines Stück (g) verbunden (Fig. 120, 127). Die beiden Hauptstücke, welche Samenblase und Samenrinne enthalten sinde.die Stückes en ındr as EenR® eff’s Zeichnung (Verh.d. zool.-bot. Ges. Wien, 1894, Taf. V, Fig. 4) gibt die ein- zelnen Aineile nicht deutlich an (Darsv SR 7 Das Mittelblatt vergl. Fig. 118. Steiermark \(L. II, p. 33) Er lebt auch beirunsvolienes, sandiges Terrain und findet sich dementsprechend im Grazer Die Myriopoden Steiermarks. 229 Feld, in den Auen am Murufer bei Puntigam, etwas südlicher bei Kalsdorf sogar sehr häufig, ferner in den Auen am Save- ufer bei Rann, an den sonnigen Weinbergabhängen bei Strass- gang. Ein einziges seinem Namen untreu gewordenes 9 fand ich unter dem feuchten Moose einer senkrechten Felswand mitten im Walde bei Peggau; Stübing, Platte. Niederösterreich (L.): Prater, Leopoldsberg, Petersdorf. @perostemeichnk), Ssalzburse (R), Kärnten (L), Krain (7), Croatien (L. D.), Westungarn (L. D.). I. fuscipes C. Koch. Barzeiip2339: Ist mit /. humgaricus, flavipes, varius und cattarensis sehr nahe verwandt, und der Bau der Copulationsfüsse aller 5 Arten ist derselbe, die Unterschiede sind nur unwesentliche Ände- rungen der äusseren Contouren. Den vorderen Klammerblättern fehlt ein Flagellum, dagegen finden sich am Rande einer schräg auf der Hinterseite des Blattes hinziehenden Leiste mehrere .starre Borsten; am medialen Rande des verbreiterten Endes liest ein weicher stumpfer Haken. Die vordere Ventralplatte ist sehr dünnhäutig, beide Vorderblätter sind mit einander ver- wachsen und springen an der Verschmelzungsstelle stumpf schnabelig nach hinten vor, und keilen sich in die vom Basal- theil der Hinterblätter gebildete Furche hinein (Taf. VI, Fig. 105). Beide Hinterblätter sind nur lose miteinander verbunden, als Ventralplatte betrachte ich auch hier eine grosse weich- häutige Platte, die sich hinten an die Basen ansetzt. Der laterale Rand jedes Klammerblattes ist nach einwärts, der mediale nach aussen umgeklappt, ersterer setzt sich nach abwärts unmittelbar in die Tracheentasche fort, die ganze laterale Hälfte des Blattes ist stärker chitinisirt, seine Endhälfte trennt sich vom übrigen Theil und weist so auf die Bildung des Mittelblattes hin. Die Spalte braucht nur bis zur Basis hinabzugehen und Mittel- und Hinterblatt als separate Lamellen sind fertig. Der medianwärts sich daran schliessende Theil ist weicher, durchsichtiger, weniger stark chitinisirt und sein eingeschlagener Rand setzt sich schliesslich in eine ganz dünne Membran fort. Die Spitze ist sehr charakteristisch gestaltet. In ihrer Form liegt der Haupt- 230 C. Attems, unterschied von den nahe verwandten Arten. Median finden wir eine dünne hyaline Platte mit zarten Fransen besetzt (a), lateral ein kleines Säckchen mit verdicktem Boden (b), zwischen beiden mündet der Ausführungsgang der mächtigen Prostata (pr. Taf. VI, Fig. 106). Das erwähnte Säckchen, welches beim nahe verwandten 7. hungaricus noch viel deutlicher ist und einen viel stärker verdickten Boden hat, dessen Contouren von Verhoeff für die Mündung seines Samenganges d. i. des Prostatacanales gehalten wurde, ist meist von einer körnigen Masse erfüllt, und ich halte es für das Homologon der Samen- blase. Bei fuscipes und hungaricus mündet es zwischen zwei Lappen seines Randes nach aussen, bei flavipes, varius und ° cattarensis führt noch eine Rinne aus dem Säckchen bis an das Ende eines Fortsatzes. Die Prostata ist hier so gross, dass sie an Länge beinahe den Tracheentaschen gleichkommt, es ist jederseits eine länglich runde Drüsenmasse von körnigem Aus- sehen. Der Ausführungsgang, gleich von Anfang an ziemlich weit, macht im Inneren der Drüse mehrere Windungen und nimmt die zahlreichen kleinen Nebenästchen auf. Er ist von sehr ungleicher Weite und von denselben grünen Körnchen erfüllt, welche auch die Zellen der Drüse in grosser Zahl ent- halten (Taf. VI, Fig. 104, 107—109). Oberkärnten (L.), Krain (L.), Croatien (L.). Gattung Isobates Menge. I. varicornis C. Koch. Latzel, II, p. 240. Die Copulationsfüsse schliessen sich eng an die des Genus Julus an. Am vorderen Paar ist der Aussenschenkel (Taf. VII, Fig. 114a) sehr auffallend, er ist beweglich einer seitlichen Verbreiterung der Basis aufgesetzt, und es könnte die Frage auftauchen, ob er nicht etwa dem Mittelblatt der Zulus-Arten homolog ist, also ein vom hinteren Copulationsfusspaar losge- schnürter und in Verbindung mit dem vorderen Paar getretener Theil ist. Es wäre das noch eine Stufe weiter in der Spaltung des »Urhinterblattes«. Schon bei mehreren /ulus-Arten ist das Mittelblatt so fest mit dem Vorderblatt verbunden, dass man Die Myriopoden Steiermarks. 231 beide kaum unversehrt trennen kann, aber immer bleibt es dort in Verbindung mit Hinterblatt und Tracheentasche, was hier nicht mehr der Fall wäre. Letzterer Umstand verbietet also vorläufig diese Deutung des Aussenschenkels. Jedenfalls ist er dem ganz ähnlich gestalteten und angesetzten Aussenschenkel der vorderen Klammerblätter bei Blaniulus homolog (Taf. VII, Fig. 1162). Das Flagellum ist ganz wie bei /ulus, an der Spitze mit kleinen Widerhäkchen besetzt (Fig. 115). Im Hinterblatt findet sich seitlich nahe der Basis eine grosse Grube, aus der die Samenrinne längs der Aussenseite des Hinterblattes hin- führt, um schliesslich im letzten Stück selbstständig zu werden und auf einem seitlich etwas vorragenden kleinen Vorsprung zusenden (Kar VI. ie. 115). Junge (aus der Lobau) mit 16 Segmenten sind 2 mm lang, das 14. Segment ist lang und hat Andeutungen weiterer Theilungen. 15 Beinpaare, 6 Endsegmente fusslos, 3 Ocellen im Dreieck (1, 2.) weiss. Die spätere dunkle Farbe nur durch eine schwache Marmorirung angedeutet, vom 6.— 10. Segment grosse dunkelrothbraune Flecken in der Umgebung der Saft- löcher, der erste besonders gross. Junge von 19 Segmenten haben 20 Beinpaare, 5 fusslose Endsegmente, das vorletzte weiss und weich. Länge nicht ganz 3 mm. 6 Ocellen (1,2, 3.) Farbe sehr licht, vom 6.— 14. Segment grosse Saftlochflecken. Nackt, nur auf dem Analsegment einige längere Borsten. Steiermark: Marburg. Niederösterreich (L., II, p. 248): Wiener Wald, Eisernes Thor, Lobau bei Gross-Enzersdorf. Isobates varicornis. var. denticulata mihi. Unterscheidet sich von der Forma gen. (Tat. VII, Fig. 112) durch den Besitz einer hyalinen mit mehreren langen Dornen besetzten Platte am medialen Rande der hinteren Copulations- Busse (Tat. VII Eis. 113). Steiermark: Gamskogel bei Stübing, Graz. Findet sich immer unter Baumrinde. Oberösterreich (L.), Kärnten (L.), Westungarn (D.). 201 C. Attems, Gattung Blaniulus .Gervais. Blrpulchellus- CIE rKoch: Syn. Inlus pulchellus C. L. Koch. Deutschl. Crust. Crach. Nlsze, Job 22, 15 11%. Syn. Blaniulus venustus Latzel. Myr. d. öst.-ung. Mon. Il, p. 244 (woselbst die Synonymie bis 1884.) Syn. 1884. Inlus venustus Meinert, Latzel. In Gadeau de Kerville. Myr. d. 1. Normandie. Bull. des am. d. sc. nat. de Rouen. 1884, p. 269. Syn. 1885. Inlus pulchellus Berlese. Acari. Myr. e Scorp. cal, Zl, 2 Syn. 1886. Julus pulchellus Berlese. Iulidi del Museo di Kirenze, p. 00. Syn. 1887. Inlus pulchellus Haase. Schles. Diplop. II, p. 9 Syn. 1888. Inlus venustus Dalla Torre. Die Myr. Tirols. p. 97, in Bericht des naturw. medic. Ver. pro 1888. Syn.1889. Inlus pulchellus Porat.Nya bidragtillSkandinav. Halföns myriopodologi, in Entomol. Tidskr. Stockholm 1889, p. 31, woselbst eine Kritik der Synonymie. Syn. 1889. Inlus venustus Daday. A magyarorszagi myrio- podak magänrajza. Budapest 1889, p. 99. Syn. 1890. Julus venustus Meinert, Latzel. In Gadeau de Kerville, My d.]. Normen dd, p- 300% Syn. 1891. Iulus venustus Verhoeff. Berl. Entomol. Zeit- sen, |, LODOSNL 95 19er Syn. 1893. /ulus venustus Humbert et Saussure. Mir des environs de Geneve. p. 47. Steiermark: Graz, Leechwald im Treibhause unter den Blumentöpfen, Brundorf bei Marburg, Bachern. Niederösterreich (L. II, p. 248.): Prater. Oberösterreich (L.) Bill fuseus am Stem Batzelnlieps22a: 1 Pullus von 20 Segmenten hat 23 Beinpaare, 6 fusslose Endsegmente, jederseits 3 Ocellen in einer Längsreihe. Farbe Die Myriopoden Steiermarks. 233 blass, vom 6.—14. Ring grosse Braunrothe Flecken in der Um- gebung der Saftlöcher, auf dem 6. Ring am grössten. Be- wimperung der Ringe verhältnissmässig stark, Furchung wie bei Erwachsenen. Steiermark: Stiftingthal und Lineckberg bei Graz, einige Stücke. Niederosterteieh (Il. II, p. 250), Kärnten (L.). Bl. suttulatus Bose. TLatzel, I, p. 280. Niederösterreich (L. I, p. 258): Ill. Unterordnung Colobognatha Brandt. Familie Polyzonidae Gervais. Gattung Polyzonium Brandt. P. germanicum Brandt. Latzel, II, p. 398. Steiesmark (Er 1,92 3007 Keechwaldpei Graz, Schöckl (in circa 10007» Höhe), Bodenbauer am Fusse des Hochschwab. Niederösterreich: Rekawinkel. Oberösterreich (L.), Croatien (L.). D (0%) B Fig. C. Attems, Bareledarnume Auf allen Figuren bedeutet: No a ro DD m [0,6] Erstes Gliedmassenpaar des 7. Ringes bei Chordeumiden. 7: Zweites » » > » > .61I Zweites Beinpaar des 6. Ringes. .8I Erstes » SS > . 8II Zweites > ee Flagellum. Hinteres Klammerblatt der Iuliden. .F. Kieferfuss der Chilopoden. Mittleres Klammerblatt der Iuliden. .m. mala maxillarum. Ausführungsgang der Prostata. .m. Stipites maxillares. Samenblase (luliden). Samenrinne » Tracheentasche. Vorderes Klammerblatt der Iuliden. .p. Ventralplatte. Tafel I. Lithobius pelidnus. Zahnrand der Kieferfusshüfte, normal. > » » > > abnormal. Graz. » triceuspis » » » Graz. > dentatus » > » Plawutsch. » piceus. Weibliche Genitalsporen. Graz. » erythrocephalus. Weibliche Genitalsporen. Schöckl. » pelidnus, 5‘. Analbeinklaue, abnorm. Geophilus electricus. Graz. 1. und 2. Paar der Maxillen: Z innere Lade, 2 e äussere Lade, o. erster Tasterlappen, ß. zweiter Taster- lappen der ersten Maxille, » Z palpus labialis der zweiten Maxille. Fig. Fig. 10. le 16. 18. 99 22. LO (ds) DD, SEIZIEO Oz OO DD mw [0 S Die Myriopoden Steiermarks. 230 Geophilus insculptus. Gvaz. Beide Maxillen. Bezeichnung wie bei Fig. 8. » sodalis. @. Frankreich. Ebenso. Orinomus oligopus. 5°. Hochschwab. m d Mandibel, ep Epipharynx, 2, le \. Maxille, p Z! Unterlippentaster. Geophilus insculptus juv. Rekawinkel. Körperende. b letzter Bauch- schild, ? p Pleuralporen und -drüsen, a p Analporen. Rhiscosoma alpestre, pull. Graz. Ein Seitenkiel im Durchschnitt. > » » » Ein Rückenschild. Eurypauropus hastatus. Graz. Eine Seitenfranse. » > » Hinterende. > > » Antenne. > > > Hinterrand eines Rückenschildes. Glomeris multistriata. 5'. Graz. Copulationsfüsse. » conspersa. &'. Marburg. Ein Horn der Lamina intercoxalis. Trachysoma capito. &'. Hochschwab. Kopf von der Ventralseite. » Bu » C F Copulationsfüsse. Bp 72 zweites Beinpaar des 7. Segmentes, Bp 8! erstes Bein- paar des 8. Segmentes. P Fortsatz an dessen Ventral- platte, Bp 8? zweites Beinpaar des 8. Segmentes. Atractosoma elaphron. Copulationsring von der Ventralseite gesehen. p Pleuralrand des Rückenschildes. Graz. Tafel 1. Atractosoma elaphron. Copulationsfüsse im Profil. Graz. » triaina. Ebenso. Graz. 1—4 die Hörner des vorderen Copulationsfusspaares. » triaina. Copulationsfüsse von der Ventralseite, » bohemicum. Copulationsfüsse. Wiener Wald. Craspedosoma Rawlinsi. Graz. Vorderes Paar der Copulationsfüsse. » > » Theilc vonFig.28 stärker vergrössert. > » Wiener Wald. Theil a von Fig. 28 von der Rückseite. » » Graz. Wie Fig. 30. » » >» Theil db von Fig. 28. simile. Ein Rückenschild im Querschnitt. S.K. Seiten- kiel. » > Graz. Vorderes Paar der Copulationsfüsse. > » Theil a und 5 mit der Ventralplatte isolirt. Theil c, d, e, f von Fig. 34. » Ende von d der Fig. 36. Vergr. 360/1. > ) » Hinteres Paar der Copulationsfüsse. Spitze des Flagellums von Fig. 38. Spitze des Flagellums von Fig. 36 f. . 40. . 98. C. Attems, Tafel TII. Chordeuma graecense. Copulationsfüsse im Profil. » » von der Rückseite. Hinteres Paar der Copulationsfüsse. » Spitze des Flagellums derselben. » 7. Beinpaar des g'. » Klaue (K.) und Spitze des letzten Tarsalgliede s eines Beines, ch p Chitinpolster, s Sehne; n k Nebenklaue. > Vorderes Paar der Copulationsfüsse. » Theil a und x von Fig. 42, stärker vergrössert. » Ventralplatten und Hüften des 8. und 9. Bein- paares (des 8. Segmentes). 2.—4. Rückenschild im Profil. 1. Beinpaar. ww DD Tafel IV. Craspedosoma simile. Theil c von Fig. 34. Iulus foetidus. Wiener Wald. Mittleres und hinteres Klammerblatt. » » boleti. Monte Maggiore. Eine Hälfte der Copulationsfüsse, aus- einandergelest. » Wiener Wald. Samenblase stärker vergrössert. » » » Ganzer Copulationsapparat im Profil. luridus. Wiener Wald. Vorderes Klammerblatt von der Rück- Eseite: i » Wiener Wald. Hintere Klammerblätter, auseinander- gebreitet. » Spitze des Flagellums. Vergr. 360/1. > Wiener Wald. Samenblase. Vergr. 100/1. » » » Mittleres Klammerblatt. Meinerti. Vorderes Klammerblatt. » Hinteres » » Mittlere Klammerblätter. molybdinus. Mittlere und hintere Klammerblätter. Graz. » Graz. Theil von H., stärker vergrössert. R Rinne für das Fiagellum. O e Eingang in die Samenblase. Meinerti. Vordere und ein hinteres Klammerblatt. » Spitze des Flagellums. Fig. 70. > » » zul. 72. 73. 74. 73. 76. Tre 78. 9, Die Myriopoden Steiermarks. 237 Tafel V. Iulus vagabundus. Marburg. Hälfte des Copulationsapparates. > > » Vorderes und mittleres Klammerblatt. » > » Spitze des hinteren Klammerblattes. » > » Ein Fuss hinter dem Copulationsring. » alemannicus. Graz. Copulationsapparat von der Rückseite. » > » Spitze des hinteren Klammerblattes. > > » Vorderes Klammerblatt. > > >» Tarsus eines Beines hinter dem Copula- tionsring. > > Schöckl. Copulationsapparat eines Schaltmänn- chens. » trilobatus. Graz. Hinteres Klammerblatt. SO und 81. Julus trilobatus. Graz. Dasselbe zerlest. 82. Iulus trilobatus. Graz. Ganzer Copulationsapparat von der Rück- seite. » » » Spitze des Flagellums. » » » Vorderes Klammerblatt. > » » Vorderes und mittleres Klammerblatt., » » » Ein Fuss hinter dem Copulationsring. » marmoratus. Hochschwab. Copulationsblätter auseinander- gelegt. 88 und 89. Julus marmoratus. Hochschwab. Theile des hinteren Klam- 100. 101. 102. 103. 104. 105. merblattes. Iulus marmoratus. Hochschwab. Ganzer Copulationsapparat im Profil. » » Hochschwab. Tarsus des 3. Beines. » eurypus. Tibia des 7. Beines. » ligulifer. Wiener Wald. g’'. Oberlippe. Tafel VI. Iulus eurypus. Graz. Vorderes Klammerblatt. » » Mittleres und hinteres Klammerblatt. » » &. 1. Beinpaar. » >» d'. 2. Beinpaar. Z Löffelförmiger Hüftfortsatz. » » Ventralseite des Copulationsringes und 7. Beinpaar. » fascialus. Marburg. Hälfte des Copulationsapparates. » pelidnus. Graz. Vordere Klammerblätter. » » » Mittlere » » » » Hlinteres » » namus. Schöckl. Copulationsapparat eines Schaltmännchens. » fuscipes. Triest. Hintere Klammerblätter. Pr Prostata. » » » Vordere > C. Attems, Die Myriopoden Steiermarks. Iulus fuscipes. Triest. Spitze von a auf Fig. 104. » flavipes. Anfang des Ausführungsganges im Innern der Prostata, » » Ein Stück von Fig. 107 stärker vergrössert. > > Ein Stück der Prostata. Vergr. 360/1. » hungaricus. Spitze des hinteren Klammerblattes. » » Hälfte des hinteren Copulationsfusspaares. Tafel VI. Isobates varicornis. Baden. Hinterer Copulationsfuss. » » var. denticulata m. Stübing. Ebenso. » » Baden. Vordere Copulationsfüsse. > » » Spitze des Flagellums. Blaniulus pulchellus. Vordere Copulationsfüsse. Iulus sabulosus. Hintere Klammerblätter, auseinandergebreitet. Theile a—g; vergl. Text. » » Mittleres Klammerblatt. » » Hinteres und mittleres Copulationsfusspaar in natürlicher Lage von hinten gesehen. » » Theil e und d der Fig. 117 und 119. » » Spitze von e der Fig. 120. » umilineatus. Hälfte des hinteren Copulationsfusspaares. » > Vorderes Klammerblatt. » » - Spitze des hinteren Klammerblattes. » » Spitze des Flagellums. » hungaricus. Vorderes Klammerblatt. Bannw, Th NG ‚Anst E Mrz rl Sur erriml > vv u v LithAnstv-ThBannwarth Wien F ‚Bd.CW. Abth. I. 1895. lasse, TRa La kais Sitzungsberichte d. Die Myriopoden Steiermarks. . . s del, „Attein Graf Attems ® bnhAnsı n Th Barımearch Wien a De 57 Ineirt = 8 = ® & nz = a [®) es 5, S = a ‚Graf‘ Attems Sitzungsberichte d.kais. Ak = SE Fr Bu; Taf. I. Inth Ant v Th Kanmeneih Wien tl DieMyriopoden Steiermarks. 'C.Graf Attems Atteıns del. . en ——— 3 N \ 07 ee Lil Ansı y Th. Banowarh Won .L 1895. Abth a Attems del. Sitzungsberichte d.kais. Akad.d.V Abth.T. 1895. Lak Anstv Te insmearh nien chte d. karl. di u E ; © 2) ö 2 [7] F 5 | = Tg 3 S un (eR = Seen % N ar= 0 e - ja} ee: ® a 204 y - 2 rw 5 nn 5 : = = al kerz: [2 5, : | ® — I LilhAnst x Th Bannwarch Wien. nr es ug ee ie a EEE = ra, iermarks. den Ste yriopo ie M Di C.Graf Attems Atterns del. }) Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wi Lith Anst v Th Bannwarth Wien ungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. lasse, Bd. CIY. Abth. I. 1895. + { « | E # zZ; Pr v N SIRZUNG VOM EFEBRUZR 1895. Herr Dr. H. Rabl in Wien spricht den Dank aus für die ihm von der kaiserl. Akademie zur Fortsetzung seiner Studien an der zoologischen Station in Neapel über die Pigment-Ent- wicklung niederer Thiere bewilligte Unterstützung. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. E. Mach übersendet eine Arbeit aus dem physikalischen Institute der k. k. deutschen Universität in Prag von dem Assistenten dieses Institutes Bra y Geitler, betitelt: »Schwingungssvorsange in com- Bienen Erresern Kertz/scher Wellen«. DassesMeshlerr Pror Kranz Exner m Wien übersender eine Abhandlung von Prof. P. Bachmetjew aus Sofia: »Über BiesVertheilung der magnetischen Verlängerung im Eisendrähten«. Eee zron Dralen. Klemeneie ın Graz übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Beobachtungen über gleichzeitige Magnetisirung in circularer und axialer Richtung«. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen l. »Zur Kenntniss der Zoantharia tabulata« von Herrn J. Wentzel, k. k. Realschullehrer in Laibach. »Beitrag zur ConstructionvonKrümmungskugeln an Raumcurven«, von Herrn J. Sobotka in Wien. uw 240 Das w. M. Herı Prof. Albrecht Schrauf überreicht eine Ab- handlung des Universitätsassistenten Herrn Carl Hlawatsch: »Über eine neue Kupferantimon-Verbindung aus der Kelten zur Bnixllerez Das w. M. Herr Hofrath Prof. G. Tschermak legt im Namen der Commission für die petrographische Erforschung der Centralkette der Ostalpen den Bericht des c. M. Herrn Prof. F. Becke in Prag über die diesjährigen Aufnahmen vor. 241 DIN ZUNG VON 2 BEBRUARISIS. Der Vicepräsident der Akademie Herr Prof. E. Suess führt den Vorsitz. T Der Vorsitzende gibt der tiefen Trauer Aus- druck über das am 18. Februar erfolgte Ableben des Ehrenmitgliedes der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Seiner kaiserlichen und königlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn PRZTIERZOGS ALBRECHT. Die Mitglieder nehmen stehend diese Trauer- kundgebung entgegen. Sitzb. d. mathem.-naturw. C1.; CIV. Bd., Abth. I. 16 242 Der Secretär legt das erschienene Heft VII—X (October bis December 1894), Abtheilung II. b des 103. Bandes der Sitzungsberichte vor. Ferner legt der Secretär eine Abhandlung von Dr. Sokrates A. Papavasiliu, Privatdocenten an der Universität in Athen, unten dem Iitel+ »Diası swosssez Disloeatftonspepensnen Lokris vom 20. und 27. April 1894« vor. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. F. Mertens über- reicht eine Abhandlung: »Über die Composition der binären quadratischen Formen«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine Arbeit: »Über Reduction der Kohlensäure bei gewöhn- Neaer Nemperanırz, lern Bros Der Ed Eippmanınsüberseicht genen chemischen Laboratorium der k. k. Universität in Wien aus- geführte Arbeit: »Über o-Bromphenylnaphtylketon«, von Dar aRKmolkundsRaulkeohn: SUZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. EV. BAND: IINDIERE ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. ae ( : AREA TR RN! VI. SITZUNG VOM 7. MÄRZ 1895. Der Secretär legt das erschienene Heft IX— X (November und December 1894), Abtheilung II. a. des 103. Bandes der Sitzungssberichte, ferner das Heft I (Jänner 1895) des 16. Bandes der Monatshefte für Chemie vor. Kern Bor, Dr. ©, /Eumlirz ander k.k. Universität in Czernowitz übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Die Er- starrungswärme in Lösungen«. Der Secretär legt ein versiegeltes Schreiben behufs Wahrung der Priorität von Herrn F. C. Lukas, Rechnungs- official der k.k. statistischen Uentral-Commission in Wien mit der Aufschrift: »Rotationsreihen« vor. Das w. M. Herr Oberbergrath E. Mojsisovics Edler v. Mojsvar überreicht eine Abhandlung des Herrn Gejza v.Bukowski in Wien, unter dem Titel: »Die levantinische Molluskenfauna der Insel Rhodus« (II. Theil, Schluss). Das w. M. Herr Prof. H. Weidel überreicht folgende zwei im I. chemischen Laboratorium der k. k. Universität in Wien ausgeführte Arbeiten von Carl Oettinger: l. »Über die Umwandlung des Triamidophenols in das 1-, 2-, 3-, 5-Phentetrole«. 2. »Zur Kenntniss der Acetylproducte des Triamido- phenols«. Herr Intendant Hofrath F. Ritter v. Hauer überreicht eine Abhandlung von Dr. A. Bittner in Wien: »Über zwei un- genügend bekannte Crustaceen des Vicentinischen Eocäns«. IT 246 Herr Dr. Ed. Mahler in Wien überreicht eine Abhandlung unter dem Titel: »Zur Chronologie der Babylonier«. Herr Prof. Dr. Wilhelm Wirtinger an der k.k. Univer- sität in Innsbruck überreicht eine Mittheilung: »Zur Theorie der allgemeinen Thetafunctionen«. Schliesslich legt der Vorsitzende, Herr Prof. E. Suess, eine neue Collecte von photographischen Mondbildern vor, welche Herr Prof. Dr. L.Weineck, Director der k.k. Stern- warte in Prag, mit einem hierauf bezüglichen Schreiben ein- gesandt hat. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Ithaka, U.S. New York, Cornell University, The Physical Review. Editors: Edward L.Nichols and Ernest Merritt. Vol. I.—X. January— February 1895. New York, 1895; 8°. 247 Über zwei ungenügend bekannte brachyure Crustaceen des Vicentinischen Eocäns vor A. Bittner. (Mit 1 Tafel.) Die nachstehende Mittheilung bezieht sich auf zwei von mir in den Denkschriften der kaiserl. Akademie der Wissen- schaften, math.-naturw. Classe, II. Abth., 34. Band, 1875 be- schriebene Brachyurenreste der alttertiären Tuffe von San Giovanni llarione: auf Ranina laevifrons und auf Periacanthus horridus m. Von der ersteren, ursprünglich auf einen nicht zum besten erhaltenen Rest begründeten Art liegt gegenwärtig ein sehr vollständig erhaltener Cephalothorax in der Sammlung der k.k. geologischen Reichsanstalt, während die Untersuchung eines Bruchstückes der zweiten Art Aufschlüsse gab über die genauere systematische Stellung dieses auffallenden Oxyrhynchen. Ranina laevifrons Bittn. Abalos Ir, ler, &, Ab, Denkschriften der kaiserl. Akad., 34. Bd., 1875, S. 68, Tab. I, Fig. 4, ferner Denkschriften der kaiserl. Akad., 46. Bd., 1883, S. 302, 305. Es seien zunächst die Maasse des vollständig erhaltenen Cephalothorax dieser Art (zum Vergleiche mit jenen des in Denkschriften, Bd. 46, S. 300 beschriebenen und Taf. I, Fig. 1, 2 abgebildeten Exemplars von Ranina Marestiana König) hier angeführt. Die grösste Länge des Cephalothorax, bis zur Spitze des Stirnstachels gemessen, beträgt 33 mm, die grösste Breite 27 mm, 248 A. Bittner, die Breite des Vorderrandes (zwischen den Spitzen der innersten, respective vordersten Randzähne gemessen) gegen 20 mm, die Breite des Hinterrandes 121/, mm, die Breite des Stirnlappens an seiner Basis etwas über 3 mm, die Länge desselben etwa 3 mm, die Breite des von Querleisten freien Raumes am Vorder- rande kaum mehr als 1!/, mm, der Abstand zwischen je zwei Querfurchen, respective Querleisten der Oberseite des Cephalo- thorax ebenso viel, also etwa 11/, mm; die Anzahl der gezähnten Querleisten beträgt ungefähr 22; die Länge des Vorderseiten- randes (zwischen der Spitze des vordersten und der Basis des hintersten Vorderseitenrandzahnes) 9 mm. Die Dimensionsverhältnisse sind also bei beiden Arten wesentlich dieselben, mit einziger Ausnahme des sehr auf- fallenden Unterschiedes in der Breite des von den gezähnelten Querleisten freibleibenden Stirnsaumes, der bei Ranina Mare- stiana fast doppelt so breit ist als bei R. laevifrons. Ausserdem ist dieser Stirnrandsaum bei R. Marestiana mit Rauhigkeiten besetzt, die gegen vorn allmälig schwächer werden, und der Vorderrand selbst ist glatt, ganzrandig, nicht gezähnelt oder gekerbt, während bei Ranina laevifrons der Randsaum glatt ist, der Rand selbst jedoch scharfe, aber viel feinere Zähnchen trägt, wie sie auf den Leisten des Cephalothorax stehen. Die Unter- suchung des hier beschriebenen Cephalothorax bestätigt also die früher gegebene Beschreibung dieser Art vollkommen und man darf, nachdem die Unterschiede gegenüber Ranina Marestiana sich so constant erweisen, wohl annehmen, dass man es in R. laevifrons mit einer wohldifferenzirten Form zu thun habe. Auch der Verlauf des Stirnrandes bei dem diesmal zu be- schreibenden Stücke gleicht ganz jenem bei dem erstbeschrie- benen Exemplare; vom zweiten Einschnitte wendet er sich gerade nach auswärts, während bei R. Marestiana die bogen- förmige Richtung des Gesammitverlaufes beibehalten wird, so dass der erste oder vorderste Seitenzahnlappen bei dieser Art stärker vorgezogen erscheint. Eine weitere constante Differenz liegt in der Breite der durch die innere (stärkere) Orbitalscissur getrennten Vorderrandabschnitte. Bei R. Marestiana liegt diese Scissur genau in der Mitte zwischen einem inneren Abschnitte, der bis zur Mittellinie der Stirn reicht, und einem äusseren, der Crustaceen des Vicentinischen Eocäns. 249 durch den äusseren Vorderrandlappen nach aussen begrenzt wird, bei R. laevifrons dagegen ist der innere der beiden Abschnitte beträchtlich breiter als der äussere. Die beiden rückwärtigen Vorderseitenrandzähne bei Ranina Marestiana sind breite Lappen, die auf dem fast ununter- brochenen Randsaume aufsitzen, die entsprechenden Zähne bei R. laevifrons einfache Spitzen mit breiten Randsaumlücken dazwischen, durch welche die Zahnleisten der Oberseite auf . den umgeschlagenen Rand der Hepaticalregion ununterbrochen fortsetzen, so dass die Verzierung der umgeschlagenen Hepa- ticalregion genau dieselbe ist wie jene der Oberseite des Cephalo- thorax, während im auffallenden Gegensatze hiezu diese um- geschlagene Partie bei R. Marestiana in ihrer Verzierung mehr mit dem breiten Vorderrandsaume übereinstimmt; es sind nicht srobgezähnte Querleisten,sondern mehr oder weniger gerundete, pustelförmige, mit ein oder mehreren feineren Zähnchen besetzte Erhabenheiten vorhanden. Dieselben erstrecken sich bis an den vordersten Rand der Suborbitalpartie, während diese bei R. laevifrons wie der Stirnrand glatt bleibt. Diese Unter- schiede sind ausserordentlich auffallende.! Die Zahnreihen der Oberfläche des Cephalothorax stehen bei Ranina laevifrons ein wenig gedrängter als bei R. Marestiana, in der Zahnbildung selbst scheint kein Unterschied zu bestehen. : Es unterliegt wohl keinem Zweifel mehr, dass R. laevifrons eine von den übrigen Arten weit verschiedene Form darstellt. Unter den nordalpinen Eocänarten, mit welchen sich in neuerer Zeit Th. Ebert wieder beschäftigt hat (Jahrb. der königl. preuss. geol. Landesanstalt und Bergakad. für 1886 und 1888) scheint bisher nichts Ähnliches bekannt zu sein. Sowohl R. Fabri, als R. Helli Schafh. schliessen sich in der Bildung des Stirnrandes enge an R. Marestiana an. Auch die von Brocchi beschriebene Form des Pariser Eocäns, » Palaeonotopus Barroisi«,dürfte sich an die Marestiana- Gruppe anreihen. Es wurde von mir schon in Denkschriften der kais. Akad., 46. Bd., 1883, S. 300 darauf hingewiesen, dass 1 Sie wurden übrigens schon in Denkschriften, 46, Bd., 1883, S. 302 ein- gehend besprochen. 250 ABettnlert dieser Palaeonotopus Brocchi’s von den eocänen Raninen der Marestiana - Gruppe kaum wesentlich verschieden sei, und später hat (l. cc. 1886, S. 263) auch Th. Ebert das wieder hervor- gehoben und die Gattung Palaeonotopus als ungenügend be- gründet erklärt. Die Aufstellung dieser Gattung für einen zum Marestiana-Typus gehörigen Raniniden wäre wohl auch unter- blieben, wenn berücksichtigt worden wäre, dass in dem von mir beschriebenen tiefeocänen Notopus Beyrichii (48. Bd. der Denkschriften der kaiserl. Akad., 1833, S. 17, Tab. I, Fig. 4; 34. Bd. derselben Denkschriften, 1875, S. 72, Tab. I, Fig. 6) eine Form vorliegt, welche dem lebenden Nofopus schon recht nahe steht. Periacanthus horridus Bittn. als, I, Inter, IL, 2, Denkschriften der kaiserl. Akad. der Wissensch., 34. Bd., 1875, S. 77, Tab. II, Big. 1. Das schön erhaltene Originalexemplar dieser Art, welches im Besitze der k.k. geol. Reichanstalt ist, wurde in meiner oben eitirten Arbeit leider sehr ungenügend abgebildet, so dass ich diesmal die Gelegenheit ergreife, eine richtigere Abbildung dieser merkwürdigen Oxyrhynchen - Form beizufügen. Die Frontalhälfte eines zweiten Exemplars, deren Unterseite bloss- gelegt werden konnte, gibt erwünschte Aufschlüsse über die genauere systematische Stellung dieser Art. Es zeigt sich zunächst, dass die Begrenzung der Orbitalregion seinerzeit von mir ganz falsch aufgefasst wurde, indem nur die breite zwei- spitzige Partie nächst den Stirnstacheln nach Analogie mit Pericera als Orbita angesehen ward, während sich jetzt heraus- stellt, dass die Orbita ganz und gar majoiden Charakter besitzt. Es ist somit die supponirte Orbitalröhre nicht gegen aussen geschlossen, sondern der als oberer Orbitalrand betrachtete Theil des Vorderrandes stellt nur den inneren Abschnitt dieses Supraorbitalrandes dar, während der entsprechende untere Theil der Augenhöhle theilweise vom Basalgliede der äusseren Antennen gebildet wird. Beide Theile bilden einen halb- geschlossenen Hohlraum, aus welchem gegen aussen, respective Crustaceen des Vicentinischen Eocäns. Zol seitwärts das Auge selbst frei heraustritt und über den nächstfolgenden kleinen bis zum nächsten grossen Dorne reicht, so dass diese beiden Dorne noch zum Supraorbitalrande gehören und die beiden tiefen Einschnitte zwischen ihnen nichts sind als die Supraorbitalscissuren der Majoiden. Der erwähnte äussere grosse Dorn — oder äussere Supraorbital- zahn — wurde von mir früher als der Hepaticalregion ent- sprechend aufgefasst, während dieselbe in Wirklichkeit erst nach aussen von demselben folgt. Während die einzelnen Elemente des Supraorbitalrandes sich ganz genau auf jene der Majoiden beziehen lassen, ist das weniger der Fall für die untere Umrandung der Orbita. Dieselbe ist hier von einem scharfen, fast schneidenden Rande eingefasst, der auch an der Unterseite des grossen äusseren Zahnes fast bis zu dessen Spitze verläuft. Der zwischen den beiden Scissuren (ähnlich wie an der Oberseite) liegende Lappen der Majoidea (spec. Maja selbst) ist nicht wie bei diesen aus- gebildet, sondern weiter gegen innen geschoben und parallel zur äusseren Äntenne verlängert, so dass er diese nach einwärts drängt und auf einen schmalen Raum, entsprechend dem Gehör- tuberkel, reducirt. Die äusseren Antennen (resp. die Basilar- glieder derselben) sind keineswegs so fest mit ihrer Umgebung verschmolzen, wie bei den recenten Oxyrhynchen, sondern durch deutliche vertiefte Nähte von dieser abgegrenzt, eine alterthümliche Erscheinung, die auch bei Micromaja tuber- culata m. constatirt wurde (Denkschriften, 46. Bd., S. 308, Tab. I, Fig. 6). Die Ansätze der inneren Antennen liegen in grossen Gruben an der Basis der beiden Stirndornen. Nach abwärts gerichtete mittlere Frontaldornen und entsprechende Dornen der äusseren Antennen, wie sie bei Maja entwickelt sind, existiren bei Periacanthus nicht, dessen ganze Stirn- und Antennarregion stark von oben her comprimirt und verhältniss- mässig sehr dünn erscheint. Der mittlere Fortsatz des Epistoms zwischen die Antennulae ist scharf markirt, auch die übrigen Epistomialränder sind deutlich leistenförmig erhaben. Der Mund- rahmen ist gegen vorn stark verbreitert. Die Endostomialleisten und die mittlere Durchbohrung des vorderen Endostomialrandes sind deutlich wahrnehmbar. [) [&) [) AeBiEmlers, Auf Grund der soeben beschriebenen Bildung der An- tennar- und Orbitalregion von Periacanthus kann es keinem Zweifel unterliegen, dass diese eocäne Oxyrhynchenform nicht zu den Parthenopiden, sondern dass sie zu den Majinen gestellt werden muss. Unter diesen fällt sie eben so sicher wieder der eigentlichen Familie der Majidae zu (nach der Classification vonE.J.Miersin The journal of The Linnean Society, vol. XIV, 1879). Von den Subfamilien dieser Familie kommt die dritte, jene der Micippinen, wegen ihrer eigenthümlichen Stirnbildung, nicht in Vergleich. Es verbleiben somit die Subfamilien der Majinen und der Schizophryinen, von denen erstere durch schmälere Gesammtform und wohlentwickeltes Rostrum, letztere durch breitere Form und kurzes oder obsoletes Rostrum charak- terisirt wird. Nach diesen Kennzeichen müsste Periacanthus unbedingt zu den Schizophryinen, einer kleinen, durch wenige Gattungen repräsentirten Gruppe der Oxyrhynchen gestellt werden. Demnach wäre die Stellung von Periacanthus im Systeme gegenwärtig eine ziemlich scharf fixirte, wenn auch von einer generischen Übereinstimmung oder auch nur auffallend nahen Verwandtschaft zu einer derGattungen derSchizophryinen nicht gesprochen werden kann, im Gegentheile gerade im Baue der Antennar- und Ocularregionen zwischen den recenten Gattungen und der fossilen Form recht erhebliche Differenzen existiren, welche ihrenHauptausdruck finden in der unvollkommenen Ver- wachsung des basalen Antennargliedes mit seiner Umgebung, einem Merkmale, das bekanntlich unter den recenten Oxy- rhynchen nicht allzu häufig und bei der Unterfamilie der Majinen sogar nur ausnahmsweise vorkommt, bei den eocänen Majiden aber etwas ganz Gewöhnliches zu sein scheint,nachdemes bereits bei Micromaja und bei Periacanthus constatirt werden Konnte. Immerhin ist die genauere Präcisirung der systematischen Stellung dieser Form ein Fortschritt gegenüber der älteren Auf- fassung, nach welcher ich in derselben einen Eurynome ver- wandten Parthenopiden erblicken zu können glaubte. A. Bittner: kEocaene Brachyuren . ureaypaf! A Swoboda ndNat gez.u.lith. Lith Anst v. Th.Bannwarth Wien. Sitzungsberichte d.kais. Akad.d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV. Abth. I. 1895. Crustaceen des Vicentinischen Eoeäns. 2583 Tafelerklärung. . Periacanthus horridus Bittn. Wiederabbildung des Originals dieser Art, 11/,mal vergrössert. . Dieselbe Art. Ein Bruchstück (Frontalhälfte) derselben. 11/,mal ver- grössert, von oben und (2 a) von der Unterseite, mit vollständig erhal- tener Antennar-, Mund- und Augenregion. . Ranina laevifrons Bittn. Ein vollständig erhaltener Cephalothorax dieser Art von der Oberseite, in natürlicher Grösse. . Dieselbe Art. Linke Hälfte der Stirn- und Augenregion von der Ober- und Unterseite in zweifacher Vergrösserung. Nach dem Original- exemplare dieser Art. . Ranina Marestiana König. Rechte Hälfte der Stirn- und Augenregion von oben, linke Hälfte derselben Regionen von unten gesehen; in zweifacher Vergrösserung; zum Vergleiche mit Fig. 4 Nach dem, Denkschriften, 46. Bd., Tab. I, Fig. J abgebildeten Stücke. Sämmtliche Stücke stammen aus den Tuffen von San Giovanni llarione und befinden sich im Museum der k. k. geologischen Reichsanstalt. 254 Künstliche Antimonit- und Wismuthkrystalle aus der k.k. Hütte in Prfibram Dr. phil. P. Philipp Heberdey. Aus dem mineralogischen Museum der k. k. Universität in Wien. (Mit S Textfiguren.) (Vorgelegt in der Sitzung am 10. Jänner 1395.) A. Künstliche Antimonitkrystalle. Unter den zufälligen Hüttenproducten, welche im Jahre 1892 Herr Prof. Schrauf laut Ermächtigung des hohen k.k. Ackerbau-Ministeriums in Pribram gesammelt hat, befindet sich eine Stufe, welche vom Hartbleischmelzen herrührt. Sie ist durch das Vorhandensein künstlicherKrystalle von Antimonitbe- merkenswerth und wurde deshalb von Herrn Bergrath C.Mann aufbewahrt. Jetzt ist sie dem mineralogischen Museum unter dem Inventarnummer 8870 einverleibt. Mir wurde die Unter- suchung von Herrn Prof. Schrauf anvertraut, welche ich in dessen Institute unter seiner Leitung ausführte. Von den zwei nachstehenden Zeichnungen stellt die erste (Fig. 1) die Vorderseite der untersuchten Stufe, die zweite (Fig. 2) eine Seitenansicht mit photographischer Treue dar. Wie aus diesen Abbildungen zu erkennen ist, befindet sich in der Mitte der Stufe, welche circa 8cm lang, 5 cm breit und 2cm hoch ist, ein Hohlraum, ein Theil einer geöffneten Druse, an deren Wänden zahlreiche Antimonitkrystalle sitzen. Diese erreichen eine Länge von mehreren Millimetern bis zu lcm und sind von stahlgrauer Farbe. Umgeben und ein- geschlossen ist diese Krystalldruse durch eine etwa 1 cm dicke Lage der in der Fig. 2 mit « (Unterlage) bezeichneten Sub- Künstliche Antimonitkrystalle. 259 stanz, welche ein metallisch glänzendes Aussehen hat und einer Speise ähnlich erscheint. Darauf folgt eine doppelt so starke Schichte von dunkelschwarzer Farbe mit mattem Glanze, welche in den Abbildungen nur zum Theile sichtbar und in Fig. 2 mit m (mittlerer Theil) bezeichnet ist... Ein grösserer Theil derselben wird nämlich durch die mit »s« (seitlicher Theil) bezeichnete Substanz bedeckt, welche bläulichgrau in Anlauffarben schimmert und mit einer Mächtigkeit von nur wenigen Millimetern auf (m) eine Art lockeren porösen Über- zuges bildet. Diese drei genannten Schichten sind schon durch ihre Farbe und ihren sonstigen äusseren Habitus von einander unterschieden; ausserdem befindet sich aber noch zwischen (2) und (m) eine dünne, metallisch silberweiss glänzende Lamelle, welche sich einerseits zwischen beiden hinzieht, anderseits gleich einem schmalen Bande auch die Lage (m) selbst durchsetzt, um endlich in den Hohlraum einzutreten. Hier umkleidet sie theils die krystallfreien Theile der Druse, 256 P. Heberdey, theils bildet sie den Untergrund der Antimonitkrystalle. Eine qualitative Analyse dieser Zwischenlage liess einen reichen Antimon- und Schwefelgehalt erkennen. $. I. Krystalle. Die Antimonitkrystalle, welche, wie oben erwähnt, eine Länge bis zu Icm erreichen, zeigen stahlgraue Farbe, sind nirgends mit Anlauffarben bedeckt und bestehen der qualita- tiven Analyse nach nur aus Antimon und Schwefel. Sie zeigen alle ein zerschlissenes, schilfähnliches Äussere, stehen sehr dicht bei einander, oft büschelförmig angeordnet und weisen je zwei schön glänzende Flächen auf, welche die Spaltflächen sind. Dieselben sind zwar gross, allein, wie beim Messen ersichtlich wurde, ausnahmslos mehr oder weniger gekrümmt, so dass die erhaltenen Signale entweder ganz undeutlich oder wenigstens nicht einheitlich waren. Ausser den Spaltflächen a(100) fand ich noch die Flächen m(110), n(430), (034). | Gemessen Miller 020 100 : 100 a 180 — a: m O0F10 45 29 45, 283: a:V 100: 430 3008 37 14 a:f 100 : 034 90 26 90 — Alle diese Flächen sind mit Ausnahme von (100) sehr schmal und schlecht (oft mit Cavernen) ausgebildet, und nur ein einziger Krystall ermöglichte einiger- 034 massen genaue Winkelmessungen. Ebender- selbe wies auch die Domenfläche (f) auf. Mit (100) bildet diese den Winkel von 90°, der Schnittwinkel ß (vergl. Fig. 3) betrug unter 100 oo dem Mikroskop gemessen 52°16’. Da dieses Doma nun mit 100 einen Winkel von 90° bildet, so stellt dieser gemessene Winkel den Normalenwinkel zu (010) vor, gemessen 52°16’, nach Miller 52°11’, und es entspricht die Fläche dem Index 034 (Miller). Dies war der flächenreichste Krystall, alle übrigen waren formenärmer. Fig. 3. Künstliche Antimonitkrystalle. 2187 $. II. Chemische Zusammensetzung der einzelnen Schichten der Stufe. DBoster Schiehte, die Unterlage bildend (2). Das Pulver dieser Substanz ist von violettgrauer Farbe (Radde 40, c), sintert in der Glühhitze zu einer festen Masse zusammen und bekommt einen Stich ins Bräunlichrothe; dabei zeigt sich eine Gewichtszunahme von 4:74°/,, indem ein Theil des Fe,S sich zu Fe,O, oxydirt. In concentrirter Salz- säure ist es nur theilweise zersetzbar (von 0:5475 8 waren 0:2742 g, also 50°08°/, unlöslich). In rauchender Salpetersäure und in Bromsalzsäure wird es gelöst, und es verbleibt nur ein geringer Rückstand, der sich als Kohle erweist. Die Analyse ergab folgende Resultate: Analyse I Analyse II Analyse III SIREHE AN. 18'393 — 18:4 ern. 64:86 64:62 Gier 730 7:80 SON Re Zell PENZ RR N... V:19) Or 21 0 me 98:39 19:88 Bei der Analyse I wurde das Pulver mit rauchender Sal- petersäure, bei der Analyse II mit Bromsalzsäure aufgenommen. Da sich beim Versetzen mit letzterer eine ziemlich intensive Schwefelwasserstoffentwicklung zeigte, konnte in dieser Ana- lyse der Schwefel nicht bestimmt werden, während er aus der ersten Analyse als schwefelsaurer Baryt erhalten wurde. Eine weitere Untersuchung (Analyse III) wurde daher speciell zur Schwefelbestimmung vorgenommen, die Substanz ward mit Soda und Salpeter aufgeschlossen und ergaben sich 18:49), Schwefel, ein Resultat, welches mit dem aus Analyse I er- haltenen vollkommen übereinstimmt. Bemerkenswerth ist noch, dass in dem Schwefelammon haltenden Filtrate, welches nach Ausfällung der Basen der Eisengruppe erhalten wurde, nach längerem Stehen eine weitere 258 P. Heberdey, Fällung eintrat, in der qualitativ neben Spuren von Kupfer ünd Eisen noch ein dritter Grundstoff nachweisbar war, der aber wegen der geringen Menge des Niederschlages nicht voll- kommen isolirt werden konnte. Nach möglichster Entfernung von Fe und Cu war der bleibende Rest in Salpetersäure und Königswasser mit gelber Farbe leicht löslich, die salzsaure Lösung zeigte sich grün gefärbt, und entstand aus derselben durch Ammon im geringen Überschuss ein brauner Nieder- schlag. Ferrocyankalium bewirkte eine lavendelgraue, in Säuren unlösliche Fällung, Wasserstoffsuperoxyd eine rothe Färbung. Die Phosphorsalzperle war im Reductionsfeuer gelblich gefärbt und bekam beim Erkalten einen schwachen Stich ins Grüne. Diese Reactionen lieferten wegen der noch vorhandenen Ver- unreinigungen durch Cu und Fe keine vollkommene Klarheit, doch machen sie es wahrscheinlich, dass dieser dritte Grund- stoff Vanad ist, dessen Vorkommen umso leichter erklärlich ist, als sich Vanad häufig spurenweise in Eisenerzen findet, von denen es dann in die beim Bleiprocess zugeschlagenen Eisenschlacken übergeht. Rammelsberg führt! eine von Schaff ausgeführte Ana- lyse eines sogenannten Rohsteines aus dem Freiberger Schmelz- processe an, die folgendes Resultat ergab: Se 18:98 Kerle 64:59 Io Sl Cu 1-65 As,0, 06 Zus 0:56 Ne 0:13 0202 Es zeigt sich, dass in der von mir untersuchten Substanz und in der Freiberger Schlacke der Eisen- und Schwefelgehalt vollkommen ident ist. Daher kann dieser Theil unserer Stufe mit Rohstein verglichen werden, und dies umsomehr, als dem- selben das metallische Aussehen, die speisgelbe Färbung, 1 Lehrbuch der chem. Metallurgie, S. 189, Berlin 1850. Künstliche Antimonitkrystalle. 299 welche an der Luft durch Oxydation allmälig ins Grauschwarze übergeht, ferner die Feinkörnigkeit und Spröde zukommt, welche Rammelsberg |. c. als gemeinsame Kennzeichen der sogenannten Rohsteine aufstellt. Wenn wir nun, um die chemische Constitution zu erfahren, die Analyse I der Rechnung zu Grunde legen, so erhalten wir folgende Verhältnisse: Analyse I (a) Quotient Gerechnet Se 18-330), 0-572 18-450), NN 2: 0219 0003 — Rewe... 6486 Klo 6462 SS Vak Fol 00898 710 Cum... 39 02123 RES Diesen Quotienten entspricht eine Zusammensetzung Vorne, Se er 83.097 len Spr 2: 1.0.01 so dass wir erhalten 96 Fe,S+Cu,Sb, mit etwas Zinksulfid gemengt, welcher Zusammensetzung die in obiger Columne unter »Gerechnet« eingestellten Procentziffern entsprechen. Es verhält sich also der Quotient von Kupfer zu dem von Antimon mepriebensorder von Bisen zu Schwefel wie 271. Bs liest also eine Mischung vor, die besteht aus einem Eisenhalbsulfuret und einer Kupferantimonverbindung von analoger Zusammen- setzung, wie sie in der Hütte von Brixlegg als zufälliges Hütten- product entstanden ist.! Betreffs des Eisenhalbsulfuretes wäre noch zu erwähnen, dass auch Rammelsberg (|. c.) bei den Rohsteinen eine solch niedrige Schwefelungsstufe des Eisens annimmt. Wegen des hohen Antimongehaltes verdient unsere Substanz den Namen »Speise«. DezeinersScehichte, den mittleren Theil ’bildend (2). Diese Lage zeigt eine wesentlich andere chemische Zu- sammensetzung als die unterste Schichte z. I Vergl. Hlawatsch, Über eine Kupferantimonverbindung aus der k. k. Hütte zu Brixlegg. Diese Sitzungsberichte 1895. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. ’ 15 260 Br klleipiendienyz Das Pulver ist von grauer Farbe und schon durch Salz- säure bis auf einen geringen kohligen Rest zersetzbar. Die Analyse ergab folgende Resultate: Analyse IV Quotient Gerechnet SO 30:88 Ol 28:46 Bern 28:43 0,807 80:21 [Fe+FeO] Ze 1209 al 11733 Po... Da 0:014 DH Speer... Val 0001 Gen Cusan. 0:98 0015 0:98 NO 4:71 0:065 4:69 CEO 6:69 0154 MS MOL... 287 0'016 0:66 LO, Sa Le 0:010 102110) SEE nr 12°18 0.379 IL 2068) Bor. Spuren 9° 77 Wird angenommen, dass die Hälfte des Eisens an Schwefel gebunden ist als FeS, so ergibt sich folgende chemische Con- stitution der Schlacke: Best ar 38:230/ MmSIkOs RE 8:61 CASIO 7: oz Mos2N Or 107.8 Besser 14:71 ZINSEN DR 1,0296 PDSE NE 2 CUS Le 1:24 SDESs HS. 0:16 Aus diesen Annahmen folgen die in der voranstehenden Columne unter »Gerechnet« angegebenen Procentziffern, und wir erhalten: 58 FeSiO,+13MnSiO,+30CaSiO,+Mg,Al,O,+33FeS+ +34ZnS+3SPbS+CwS. Künstliche Antimonitkrystalle. 261 Eine ähnliche, aber im Schwefelgehalt verschiedene Zu- sammensetzung zeigen jene Schlacken, welche in Pribram beim Verschmelzen des Bleisteines fallen und die den Unter- suchungen Mann’s zufolge! nachstehende Procentverhältnisse on So 30:4 mol, 36-81 IMEnMO) re: DET Zoe 10-17 ron 4-25 Bo 9.2 Bro 9:27 Born! 115 Es ist also die vorliegende Substanz eine Mittelstufe zwischen Schlacke und Stein, ein Gemenge aus Silicat und Sulfid. DEBEeinuens elle lien) ellasente) Schichve(s): Diese überzieht einen Theil des ganzen Handstückes als löchriger poröser Überzug, ist undeutlich krystallinisch und von geringer Mächtigkeit, das Pulver ist grauschwarz und in Salpetersäure löslich. Beim Versetzen mit HNO, schied sich ein Theil des Schwefels rein aus und konnte als solcher getrennt und bestimmt werden; der restirende Theil des Schwefels wurde als Baryumsulfat gewogen. Analyse V Quotient Gerechnet Se aha ud: 16:94 0,929 ION Son, 1.08 0:017 1:32 Bee... 2436 O7 24-22 Det... ZOCSU 0463 25797 DR: 20226 0:312 20:24 Nie. 0:59 0010 0:59 Ce 1:02 0:016 102 Sehe. 341 0:045 322 CaO 2280) 0041 2:48 Deo 27 0:032 1-32 MnO.. 0:59 0-008 0-61 97:74 1 Die k. k. Silber- und Bleihütte zu Pribram. V. A. Zarähal, S2/0r Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch, XXXVIII, 1890, Wien. 18* 262 P. Heberdey, Es ergibt sich als chemische Zusammensetzung: A 28 24:36 Besionr 3.80 ZWISUNE en 30:21 Nisıue herr: 0:94 OUSweaer 27 Mess en 2917 (E2, Mein) PAS oO pre 9.39 und wir erhalten: 15Pb+3Fe,SiO,+39ZnS+NiS+Cu,S+25Fe,S+ +3(Ca,MgMn)As,O,, welcher Constitution die oben unter »Gerechnet« angegebenen Procentziffern entsprechen. Blei wurde hier als im gediegenen Zustande vorkommend angenommen, was auch durch die beim Reiben auftretenden Blättchen von gediegenem Blei bestätigt wird. Arsen wurde als vierbasisch angenommen, und zwar nach Analogie der Phosphorsäure, welche in der Thomas- schlacke ebenfalls als vierbasisches Salz vorhanden ist.! Diese Schichte (s) ist eine Mischung von Silicaten und Arsen haltender Speise; beide haben andere Constitution als die in den Schichten m und za vorkommenden analogen Ver- bindungen; überdies ist auch metallisches Blei beigemengt. Es scheint daher diese Schichte unabhängig vom Bildungsacte der anderen entstanden zu sein und sie stammt vielleicht (mit Rücksicht auf ihr schaumartiges Äussere) von einer anderen Phase des Schmelzprocesses als (x) und (m). $S. III. Resume. Die Analyse der einzelnen Schichten zeigt, dass die Stufe aus den beim Schmelzprocess gewöhnlich fallenden Producten, Speise und Stein besteht, die nach ihrem verschiedenen speci- fischen Gewichte übereinander gelagert sind. Der antimon- reiche Theil bildet die Unterlage und zeigt unterhalb des 1 Kosmann, Über die chemische Stellung der Thonerde in Hochofen- schlacken. 1892, Zeitschrift »Stahl und Eisen«. Künstliche Antimonitkrystalle. i 263 Drusenraumes eine ziemlich bedeutende Convexität. Die Druse selbst entstand jedenfalls aus einer Dampfblase und es zeigt die Ausbauchung von u an, dass die Blase in ihrer jetzigen Form bereits vollkommen entwickelt war, während noch die Speise im flüssigen Zustande sich befand. Ferner lässt sich noch an der Stufe feststellen, dass die Blase in der Speise selbst entstanden ist, indem man deutlich das Auseinanderweichen der homo- genen Schichte x in einen oberen convexen und unteren con- caven Theil bemerkt. Die anderen Lagen sind jünger und schmiegen sich vollkommen der Configuration der Speise an. Ob die dünnen, antimonreichen Lamellen, die zwischen den einzelnen Schichten sich befinden, durch nachströmenden Anti- monitdampf entstanden sind, oder ob sie auf spätere Aus- strömung des in der Blase einmal vorhandenen Dampfes zu- rückgeführt werden müssen, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Doch scheint ein späterer Dampfzufluss nicht mehr angenommen werden zu müssen, da die Antimonitkrystalle die Druse nur zum kleinen Theile auskleiden und zu ihrer Bildung jedenfalls der einmal vorhandene Dampf hinreichte. B. Künstliehe Wismuthkrystalle. Aus derselben Suite, wie das oben beschriebene Hand- stück mit den Antimonitkrystallen stammt eine Stufe mit haar- förmigen Wismuthkrystallen (Nr. 8866). Dieselbe ist ein etwa faustgrosses Stück einer erdigen Herdsohle, von graugrüner Farbe und durch die Anwesenheit dieser zahlreichen kleinen Kryställchen ausgezeichnet, welche Krystalle zusammen ein Gewicht von etwa 1 g haben; sie finden sich zum Theil einzeln in den Löchern der Stufe, an mehreren Stellen aber sind zahl- reiche vereinigt zu kugelförmig aussehenden Aggregaten. Ihre Farbe ist grauweiss mit einem Stich ins Röthliche. Die einzelrfen Individuen sind säulenförmig ausgebildet, ihre Flächen zumeist mit undurchsichtigen mikroskopisch kleinen Schmelzkugeln bedeckt. Einzeln stehende vollkommen isolirte Krystalle sind selten, meist sind je zwei in Form eines schiefen Kreuzes mit einander verwachsen; doch ist diese Verwachsung keine regelmässige, da der Neigungswinkel der beiden Balken sehr wechselt. 264 P. Heberdey, Beistehende Figuren zeigen einige dieser Formen, wie sie unter dem Mikroskop sichtbar sind. Big.) 9. Fig. 6. Fig. 4. Die charakteristische Farbe der Krystalle, der metallische Glanz machte schon a priori wahrscheinlich, dass hier krystalli- sirtes Wismuth vorliege, was durch die chemische Untersuchung bestätigt wird. Mit dem Löthrohr geprüft, zeigt sich weder ein Arsen-, noch auch ein Schwefelgeruch. In der Oxydations- flamme schmelzen die Krystalle sehr leicht und hinterlassen ein gelbes Oxyd. Es liegen also diesen Versuchen zufolge Krystalle aus Wismuth vor. Da sie sich aber in Salpetersäure nur partiell lösen und sich noch während der Lösung sofort mit einem weissen Pulver bedecken, ist ein geringer Arsen- gehalt wahrscheinlich. Die weisse unlösliche Substanz ist, wie Herr Prof. Schrauf bei Mixit nachgewiesen,* ein Wismuth- arsenat, welches in Salpetersäure nicht löslich ist. Eine genaue quantitative Analyse gestattete die geringe Menge des Materials nicht. Von besonderem Interesse sind diese Krystalle dadurch, dass sie einerseits von der gewöhnlichen Form des natürlichen und künstlichen krystallisirten Wismuths ganz abweichen, anderseits noch nicht beobachtete Flächen und eine ganz neue vollkommene Spaltbarkeit zeigen. Während nämlich bei den aus dem Schmelzflusse künstlich gewonnenen, sowie bei den natürlichen Wismuthkrystallen nur Rhombo&der und Basis aus- gebildet erscheinen und alle rhombo&drischen Habitus auf- weisen, sind die hier vorliegenden Krystalle säuienförmig ent- wickelt mit vorherrschender Ausbildung der Prismenzone. End- fläche und Rhombo&£derfläche sind schlecht ausgebildet. Da die 1 Groth, Zeitschrift für Krystallographie, 1880, Bd. IV, S. 278. Künstliche Antimonitkrystalle. 269 Krystalle an und für sich nie die Grösse von I mm erreichen, ihre Dicke zwischen 0'052 und 0'057 mm (mit dem Mikroskop gemessen) schwankt, ferner zahlreiche Auflagerungen auf den Flächen sich vorfinden, so konnten die Winkelwerthe nur approximativ bestimmt werden. Mit absoluter Sicherheit aber konnte die Prismenzone festgestellt werden. Die vorkommenden Flächen sind (vergl. Fig. 7 und 8): c(0001)OR; e(0112)—!/,R; s(0221)—2R; m(O110)xR. Axenverhältniss (nach Dana) 1:1:1:1:3036. Gemessen Dana m:m, ol >30, 00020] m, : m, 60 0 mM, : M; 33 30 M;: mM, 00270 mM, : M, Sl 0 M, : M; 9.0 M:.eE dl 80) 72,80 M:C 9 > Ü) 9000 m :s (mikrosk. Messung) 18 72 1822 Aus diesen Messungen ersieht man, dass wirklich die Prismenzone und nicht etwa ein verzogener Rhombo&der s(—2R) vorliegt, ferner dass m thatsächlich oR und nicht ooR2 ist. Die Krystalle zeigen eine vollkommene Spaltbarkeit nach oR, die bislang noch nicht beobachtet wurde. Ebenso gelang 266 P. Heberdey, Künstliche Antimonitkrystalle. es leicht, sie nach (0001) zu spalten; auch die Spaltbarkeit nach e und s ist erkennbar. Ob die Krystalle aus dem Schmelzflusse oder auf pneu- matogenem Wege entstanden sind, lässt sich mit ziemlicher Sicherheit feststellen.Da eine Unterlage von nicht krystallisirtem Schmelzflusse vollkommen fehlt, kann nur pneumatogene Ent- stehungsweise vorliegen. Die Krystalle können entstanden sein zu einer Zeit, wo der Wismuthdampf sich bereits in einem nahezu tropfbarflüssigen Aggregatzustande befunden hat; ein Theil wurde zur Krystallbildung verwendet, ein anderer Theil bildete die Schmelzkugeln auf den Flächen und die Lamellen, welche sich häufig an der Verwachsungsstelle zweier Krystalle befinden (vergl. Fig. 4 und Fig. 6). 267 VII. SITZUNG VOM 14. MÄRZ 1895. Der Secretär legt das erschienene Heft VIII—X (October bis December 1894), Abtheilung I des 103. Bandes der Sitzungs- berichte vor, womit nun der Druck dieses Bandes in allen Abtheilungen vollendet ist. Dasısyz N. Bier "Oberbergratht EB) Mejsisovies Edle: v. Mojsvärlegt eine Abhandlung vonDr. KarlDiener vor, unter dem Titel: »Mittheilungen über triadische Cephalo- Bodentaunen? von der Üssuri-Bulehtr und der Insel Russkj in der ostsibirischen Küstenprovinz«. Das w. M. Herr Prof. A. Weichselbaum überreicht eine Abhandlung aus dem pathologisch-anatomischen Institute der k.k. Universität in Wien von Dr. K.Buday, betitelt: »Beiträge Ans renen von der Osteoeremesis Impertecta<: Das w. M. Herr Director E. Weiss überreicht eine Abhand- Maesyon Brot Dr). v. Heppergerin Graz unter dem Titel: »Über die Helligkeit des verfinsterten Mondes und die scheinbare Vergrösserung des Erdschattens«. Herr Dr. F. Czapek überreicht eine im pflanzenphysio- logischen Institute der k. k. Wiener Universität ausgeführte Arbeit: »Über Zusammenwirken von Heliotropismus und Geotropismus«. Ders Vorsitzende, Fler Vieeprasident E. Suess, zeiet und bespricht zwei von dem ausw. c. M. Herrn M. Loewy, Director der Pariser Sternwarte, und Herrn. Puiseux’ mit dem grossen Equatorial coude dieser Sternwarte angefertigte 3ilder von Theilen des Mondes. Mittheilungen über triadische Cephalopoden- faunen von der Ussuri-Bucht und der Insel Russkij in der ostsibirischen Küstenprovinz Dr. Karl Diener. Im Jahre1889 untersuchte Herr BergingenieurD.L.Iwanow auf einer bergmännischen Expedition in das südliche Ussuri- Gebiet der ostsibirischen Küstenprovinz die triadischen Ab- lagerungen in der Umgebung der Ussuri-Bucht (bei Wladi- wostok) und auf der Insel Russkij, in denen Herr Margaritow im Jahre 1887 zuerst bezeichnende Versteinerungen entdeckt hatte. Das in diesen Ablagerungen gesammelte Versteinerungs- material wurde an Herrn Oberbergrath Dr. E. v. Mojsisovics in Wien gesendet, der mir im Jahre 1893, kurz nach meiner Rückkehr aus dem Himalaya, die Cephalopoden zur Bearbeitung anvertraute, da einzelne derselben Beziehungen zu solchen aus der unteren Trias des Himalaya erkennen liessen, deren monographische Bearbeitung ich für die Palaeontologia Indica übernommen hatte. Obwohl meine Arbeiten über diese beiden Cephalopodenfaunen nunmehr nahezu fertiggestellt sind, dürfte doch noch eine geraume Zeit bis zur Publication derselben verstreichen. Bei dem grossen Interesse aber, das die unter- triadische Fauna des Ussuri-Gebietes und der Insel Russkij durch ihre Beziehungen zu den Otoceras Beds des Himalaya bietet, erscheint es mir wünschenswerth, die Resultate meiner Untersuchungen noch vor der Drucklegung meines ausführ- lichen Berichtes über die stratigraphische Gliederung der Himalaya-ITrias zur Kenntniss der Fachgenossen zu bringen. Triadische Cephalopodenfaunen. 269 In den Aufsammlungen von Iwanow sind, wie schon E. v. Mojsisovics auf Grund einer Durchsicht der Stücke andeutete,! zwei triadische Horizonte faunistisch vertreten. Der höhere derselben entspricht beiläufig dem Muschelkalk. Er wird durch dunkle, rostfarben anwitternde Sandsteine mit Monophyllites sichoticus n. sp., Ptychites sp.ind. (aus der Gruppe der »rugiferi«) und Acrochordiceras sp. ind. repräsentirt. Unter den wenigen, diesem Niveau angehörigen Fossilresten, die ausschliesslich von der Insel Russkij stammen, ist nur Mono- phyllites sichoticus hinreichend gut erhalten, um eine speci- fische Benennung zu rechtfertigen. Diese Form unterscheidet sich von dem arktischen M. spetsbergensis Öberg? durch die Anwesenheit von bloss zwei Lateralsätteln, während der dritte Laterallobus als ein dreispitziger, nicht weiter zu gliedernder Nabellobus bis zur Naht reicht. Näher als M. spetsbergensis steht dieser Art eine gleichfalls der Gruppe des M. sphaero- phyllus v. Hauer angehörige Form aus den Klippenkalken von Enrichnne (Unterer Müschelkalk) in Mibet, die ich unter dem Namen M. Hara Dien.° in dem der Beschreibung der Hima- laya-Fossilien gewidmeten Bande der Palaeontologia Indica abgebildet und beschrieben habe. Die Vergesellschaftung von Formen der Gattungen Mono- phyllites, Ptychites und ÄAcrochordiceras weist mit voller Be- stimmtheit auf Ablagerungen vom Alter des Muschelkalkes hin, wenn auch ein Vergleich mit den Muschelkalkfaunen anderer Triasterritorien mit Rücksicht auf die Unzulänglichkeit des vorliegenden Materials ausgeschlossen erscheint. Die weitaus überwiegende Mehrzahl der mir zur Bearbei- tung anvertrauten Fossilien gehört einem untertriadischen Horizont an. Dieser Horizont ist in Iwanow’s Aufsammlungen durch hellgraue, sehr harte, stets mehr oder weniger kalkreiche, mitunter allerdings beinahe quarzitische Sandsteine vertreten. ! E.v. Mojsisovics, Vorläufige Bemerkungen über die Cephalopoden- faunen der Himalaya-Trias. Diese Sitzungsber., CI. Bd., 1892, S. 376. - E.v. Mojsisovics, Arktische Triasfaunen. Mem. acad. imp. des sciences de St. Petersbourg, VIle ser., T. XXXIII, N°. 6, p. 72. » Himalayan Fossils. Cephalopoda of the Muschelkalk. Vol. II, Pt. 2 Pl. XXI, Fig. 9. Ser. XV, der Palaeontologia Indica. ? 270 Kr Direner, Die Cephalopoden sind fast ausnahmslos als Steinkerne, nur selten mit fragmentarischen Schalenresten erhalten. Diese Fauna umfasst die folgenden Cephalopodenformen: ! 7 Nautilus sp. ind. ex aff. N. guadrangulo Beyrich. * Orthoceras aff. O. punjabiensi Waagen. » sp. ind. ex aff. O. campanili v. Mojs. Dinarites latiplicatus nov. sp. Ceratites minutus Waagen. Damubites Nicolai nov. Sp. a a a a > nov. spec. ind. Ussuria nov. gen. Schamarae nov. Sp. * > Iwanowi nov. Sp. ”* Psendosageceras nov. gen. Sp. ind. + Proptychites acutisellatus nov. Sp. A » hiemalis nov. Sp. 5 » sp. ind. ex aff. hiemalı. 7 » otoceratoides noV. SP. Xenaspis orientalis nov. Sp. * Ophiceras cf. Sakumtala Dien. Meekoceras boreale Dien. » nov. sp. ind. ex aff. M. borealı. *+ Kingites Varaha Dien. + Koninckites septentrionalis nov. Sp. Unter den Ammonitiden treten die Trachyostraca den leiostraken Formen gegenüber an Arten- und Individuenzahl ausserordentlich zurück, eine Erscheinung, die sich in der Cephalopodenfauna der Unteren Trias des Himalaya wiederholt. Die Gattung Dinarites v. Mojs., die in den sibirischen Olenek- Schichten eine so grosse Rolle spielt, ist hier nur durch eine einzige Art aus der Gruppe der »circumplicati« vertreten, die eine entfernte Ähnlichkeit mit D. Doelteri v. Mojs. besitzt. Ceratites minutus Waag. ist identisch mit einer von Waagen beschriebenen Form aus den (untertriadischen) Ceratiten- Mergeln der Salt Range, die durch das Auftreten zahlreicher, 4-4 ringförmiger, den Externtheil übersetzender und verkehrt imbri- cirter Einschnürungen sich auszeichnet. Unter den Danubiten 1 Die mit ® bezeichneten Formen stammen von der Ussuri-Bucht, die mit 7 bezeichneten von der Insel Russkjj. Triadische Cephalopodenfaunen. DEN steht Danubites Nicolai dem D. himalayanus Griesb. aus den Otoceras Beds des Himalaya sehr nahe. Unter den Ammonea leiostraca sind zunächst die beiden neuen, merkwürdigen Gattungen Ussuria und Pseudosageceras zu erwähnen. Ussuria, die als Nachkomme des Genus Thalasso- ceras Gemellaro aus der Artinskischen Stufe Russlands und dem Perm von Sicilien anzusehen sein dürite, besitzt die höchst- entwickelten Loben, die bisher bei einem Ammoniten der unteren Trias bekannt geworden sind. Die reich zerschlitzte Suturlinie ist insbesondere durch den Gegensatz in der Variationsrichtung des Externsattels und der Lateralsättel charakterisirt, indem der Externsattel in einem breiten, monophyllischen, an der Basis tief eingeschnürten Blatt endet, während die Lateralsättel an der Spitze pyramidenförmig zusammenlaufen und tief dolicho- phyli gezackt sind, wie in der den Hallstätter Kalken eigen- thümlichen Gruppe der Distichites compressi. Pseudosageceras dagegen vereinigt mit der äusseren Erscheinung von Longo- bardites v. Mojs. in seiner Suturlinie Merkmale von Longo- bardites, Pinacoceras und Sageceras. Neben den drei drei- theilisen Hauptloben sind noch vier Adventivloben und min- destens fünf, gleich den vorigen zweitheilige Auxiliarloben vorhanden, während die Sättel, wie bei Sageceras, durchaus ganzrandig, schmal und zungenförmig sind. An dem ersten Hauptlobus endet der breite mittlere Lobenzacken in zwei feinen Spitzen. Ebenso ist bei dem auf denselben unmittelbar folgenden Adventivlobus jeder der beiden Äste wieder mit zwei feinen Spitzen am Grunde versehen. An Arten- und Individuenzahl in den untertriadischen Sandsteinen am stärksten vertreten ist die Gattung Proptychites Waagen (Typus Proptychites Lawrencianus de Kon.). Eine Untersuchung der Jugendexemplare des Proptychites hiemalıs, der häufigsten Form, bestätigte die von Waagen vermutheten nahen Beziehungen dieses Genus zu Pivchites, indem, wie bei dem letzteren, die Jugendformen globos sind und in der äusseren Erscheinung von den Formen im altersreifen Stadium erheblich abweichen. Einen sehr auffallenden Typus der Gattung stellt Proptychites otoceratoides dar, der durch seine Involutions- verhältnisse und die starke Auftreibung der Nabelkante an DD K. Diener, Otoceras Griesb. erinnert. Unter den Meekoceraten, die in der unteren Trias Östsibiriens mit vier Arten erscheinen, gehört je eine Art den Untergattungen Kingites Waag. und Koninckites Waag.an. Zu Ophiceras Griesb., das sich durch die zarte, auf den Steinkern beschränkte Spiralsceulptur von den Meeko- ceraten unterscheidet und in die Subfamilie der Gymnitinae Waag. gehört, ist eine mit dem indischen O. Sakıumtala, der eigentlichen Leitform der Otoceras Beds des Himalaya, wahr- -scheinlich identische Form zu stellen. Neben diesen Formen mit kurzer Wohnkammer kommt auch noch eine Art vor, bei der die Länge der Wohnkammer nahezu einen vollen Umgang beträgt und die in Folge dessen der Gattung Aenaspis Waag. (Typus Xenaspis carbonaria Waag.) zugezählt werden muss. In der Cephalopodenfauna der untertriadischen Sandsteine der Insel Russkij und des Ussuri-Gebietes befindet sich keine mit einer Form der nordsibirischen Olenek-Schichten identische oder auch nur näher verwandte Art, dagegen sind mindestens zwei, wahrscheinlich jedoch drei mit den Otoceras Beds des Himalaya gemeinsame Arten vorhanden, nämlich: Meekoceras boreale Dien. Meekoceras (Kingites) Varaha Dien. Ophiceras cf. Sakumtala Dien. Nahe verwandtschaftliche Beziehungen scheinen ferner zu bestehen zwischen Nautilus sp. ind. ex all. N. guadrangulo Beyr. und N. brahmanicus Griesb. — der einzige Unterschied liest in der externen Stellung des Sipho bei der letzteren Art — und zwischen Danubites Nicolai und D. himalayanus Griesb. Endlich ist Ceratites (Dinarites) minutus Waagen! identisch mit einer Form aus den Ceratite Marls der Salt Range, die zwar etwas jünger sein dürften als das Otoceras-Hauptlager unmittelbar über den permischen Productus-Shales des Hima- laya, aber doch entschieden eine tiefere Position einehmen, als 1 Von der Identität mit der Salt Range-Form Waagen’s konnte ich mich durch die Vergleichung mit den gegenwärtig in Wien befindlichen Original- exemplaren der letzteren überzeugen. Für die Benützung der Originalexemplare, sowie für die liebenswürdige Überlassung der Correcturbogen seiner Mono- sraphie der Triascephalopoden der Salt Range bin ich Herrn Prof. Waagen zu verbindlichstem Danke verpflichtet. Triadische Cephalopodenfaunen. NS die den Olenek-Schichten Sibiriens und den Subrobustus Beds des Himalaya beiläufg gleichwerthigen Ceratiten-Sandsteine der Salt Range. Es liest somit nahe, die untertriadischen Sandsteine der Insel Russkij und des Ussuri-Gebietes als eine tiefere Trias- bildung als die Olenek-Schichten von Nordsibirien anzusprechen und sie beiläufig mit den Otoceras Beds des Himalaya zu parallelisiren, deren von Griesbach im Jahre 1379 ent- deckte Fauna uns die älteste bis heute bekannte Cephalopoden- Fauna der unteren Trias darstellt.! Das Vorkommen unter- triadischer Ablagerungen vom Alter der Otoceras Beds in der ostsibirischen Küstenprovinz ist nicht allein aus dem Grunde interessant, weil Bildungen von einem so tieftriadischen Ge- präge in der arktisch-pacifischen Triasprovinz bisher noch nicht entdeckt worden waren, sondern auch, weil die nahen faunisti- schen Beziehungen zwischen dieser und der indischen Trias- provinz nun auch in diesem Horizont durch das Auftreten gemeinsamer Formen trotz der grossen Entfernung (über 600 geographische Meilen) klar ersichtlich werden. Was die Verbreitung und die Lagerungsverhältnisse der Triasbildungen im südlichen Ussuri-Gebiete betrifft, so verdanke ich hierüber Herrn A.Karpinsky, Director des Russischen geo- logischen Comites, für dessen »Memoires« die Publication meiner Untersuchungen über die ostsibirischen Triascephalopoden bestimmt ist, einen eingehenden Bericht des Bergingenieurs Herrn D. L. Iwanow. Den Mitheilungen desselben zufolge ist die Verbreitung der Trias in jenem Gebiete eine ziemlich aus- gedehnte. Triasvorkommen erscheinen bisher nachgewiesen auf der Halbinsel Murawiew” und deren südwestlicher Fort- setzung, der Insel Russkij, an der Strelok-Strasse und auf der Putjatin-Insel, endlich im Inneren des Landes bei der Eisen- bahnstation Rasdolnaja im Flussthale des Suifun und bei 3elzowa am Ussuri. Die Triasablagerungen beginnen auf der,Halbinsel Mura- wiew und auf der Insel Russkij, wo die besten Aufschlüsse 1 C.L. Griesbach, Palaeontological Notes on the Lower Trias of the Himalayas. Records Geol. Surv. of India, Vol. XII, p. 94— 113. ? Auf dieser Halbinsel liegt auch die Stadt Wladiwostok. 274 K. Diener, Triadische Cephalopodenfaunen. vorliegen, mit groben Conglomeraten, die oft Stücke von Berg- kalk mit bezeichnenden Petrefacten desselben umschliessen. Darüber folgen die cephalopoden- und bivalven-, seltener auch brachiopodenführenden Sandsteine, manchmal mit Zwischen- lagen von Geröllen und kohlenhaltigen Schieferthonen. Sie sind von zahlreichen Brüchen und Verwerfungen durchsetzt und werden von Eruptivgesteinen (Diabasen und Quarzpor- phyren) durchbrochen. An der Ajax-Bucht (Insel Russkij) liegen die Triasconglomerate auf Granit, an der Schamara (Halbinsel Murawiew) auf Breccien, die älter sind als der Bergkalk des Carbonsystems. Allenthalben ist die Lagerung der Trias eine übergreifende und gegen das Grundgebirge stets bis zu einem gewissen Grade discordante. Bei Rasdolnaja besteht die Trias aus Sandsteinen und dunkelfarbigen, thonigen Schiefern mit zahlreichen Bivaiven, deren Bearbeitung von Herrn Dr. A. Bittner übernommen wurde. Ich schliesse diese kurzen Mittheilungen mit einem Hin- weise auf die Thatsache, dass durch die Entdeckung mariner Triasablagerungen bei Wladiwostok im südlichen Ussuri- Gebiete ein wichtiges neues Glied in die Reihe der Triasvor- kommen in der Umrandung des Pacifischen Oceans sich einfügt und dass nunmehr zum erstenmale auch cephalopodenführende Bildungen der untersten Trias, die älter sind als die Olenek- Schichten, in der pacifischen Region nachgewiesen erscheinen. [&) S] ol Über eine neue Kupfer—Antimon-Verbindung aus der k.k. Hütte zu Brixlegg von Carl Hlawatsch. Aus dem mineralogischen Museum der k. k. Universität in Wien. (Mit 1 Tafel und 12 Textfiguren.) (Vorgelegt in der Sitzung am 14. Februar 1895). $. 1. Im October 1892 erhielt ich durch die Güte meines hochverehrten Lehrers, ‘Herrn Prof. Dr. Schrauf, mehrere Stucke “einer wioletten Speise zur Untersuchung. Dieselbe bestand im Wesentlichen aus Kupfer und Antimon, und war zum Theile in den Hohlräumen der derben Masse in Form von Blättchen auskrystallisirt. Die erwähnten Stücke entstammen einer in der k.k. Hütte zu Brixlegg in Tirol vorgenommenen Einschmelzung der Fahl- erze und waren von Einem Hohen k. k. Ackerbau-Ministerium Herrn Prof. Schrauf durch weiland Hofrath R. v. Friese und durch die k. k. Berg- und Hüttendirection in Brixlegg über- lassen worden. Was das Aussehen dieser Stücke anbelangt, so ist zu bemerken, dass zwischen der derben Masse und den krystal- linischen Blättchen ein lockerer, bröseliger Theil sich befindet, der aus wirr durcheinanderliegenden, sehr kleinen Blättchen besteht. Auf diesem sitzen die grösseren Blättchen ohne be- stimmte Orientirung auf. Die beifolgenden Abbildungen dreier Stücke dieser Speise sind nach Photographien der Originale angefertigt (siehe Tafel). Bei Fig. 1 sehen wir deutlich die lockere, bröselige Masse, auf der die Blättchen in den verschiedensten Lagen aufsitzen, Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 19 276 C. Hlawatsch, bei Fig. 2 und 3 hingegen das Auftreten jener Blättchen in Klüften. Die Originale zu Fig. 1 und 2 standen mir im minera- logischen Museum der Universität Wien zur Verfügung. Fig. 3 stellt den Rest des ursprünglichen Ofenbären dar und befindet sich in Verwahrung der k. k. Hüttenverwaltung zu Brixlegg. Die Entstehung dieser Speise wird am Schlusse dieser Abhandlung ausführlicher erörtert werden. 2a Biaenschamen und chemische 77 ao Ten setzung der Grundmasse. Die derbe Masse dieser violetten Speise zeigt metallischen Glanz und eine Farbe, die Nr. 22 f (violett) der Radde'schen Farbenscala entspricht. Ihre Härte ist 31/,, das specifische Gewicht wurde zu 8.603 gefunden. Im Pulver fand man breitgedrückte Blättchen von ge- diegenem Blei. Ein angeschliffenes Stück liess auch deutlich die eingeschlossenen Bleikörner erkennen. Die Farbe des Pulvers stimmt mit 21 (blauviolett, Radde) überein. Um die Zusammensetzung dieser Grundmasse zu erfahren, wurde eine Analyse (I) derselben ausgeführt und 0°9648 8 in feingepulvertem Zustande mit Königswasser behandelt.! Sie löste sich bis auf unwägbare Spuren kohliger Substanz und gab 0:106 8 AgcCl. ?/, der Lösung wurden zur Bestimmung des Schwefels ver- wendet. Die erhaltene Menge BaSO, wog 0:0898 8. Der andere Theil der Lösung wurde mit Ammon versetzt und Cu, Pb, Bi, Fe dureh Binleitung von H,S gefällt Aus dem Filtrate wurden 04835 g Sb,S, vermengt mit Schwefel erhalten, durch Oxydirung zu Sb,O, wurde als Mittel wiederholter Bestimmungen 38'29°/, Sb erhalten. Eine Probe auf As ergab nur unwägbare Spuren. Die übrigen Metalle wurden nacheinander mit H,SO,, Cyankalium und H,S getrennt und 0:1346 g PbSO,, 0:0027 8 1 Das Aufschliessen im Chlorstrome wurde wegen der bedeutenden Menge Blei nicht angewendet, da wegen der Flüchtigkeit von Pb Cl, eine Tren- nung ungenau geworden wäre. Neue Kupfer — Antimon -Verbindung. DU Bi,O, und 0:0077 g Fe,O, gefunden. Aus den Filtraten wurden nach Vertreibung von Cyan 03027 g CuO gewonnen. Es ergibt sich also folgende Zusammensetzung: Gefunden Gerechnet % Ren aen Vene auf 100%), aus Formel Cum. 411279 41:13 41:19 SD sau e8 38:29 37:74 31:79 Boenaene: 15°86 15:63 1999 Mh. 0:83 0:82 0:81 Bi ss de 0:69 0-62 0:62 INEr 0:93 0:92 092 Spas. SI) Sale. 3:14 101:46 10000 100 00 Aus diesen Zahlen ergibt sich die complicirte Formel C ug BasıPbrnı Fe Ag1oBluSız1 - Schon aus obiger Formel lässt sich ersehen, dass sich Cu:Sb nahezu verhält wie 2:1. Desshalb wurde eine Ver- bindung Cu,Sb als Grundsubstanz angenommen, die übrigen Bestandtheile als labile Beimengungen betrachtet. Demnach ergeben sich folgende Gruppen, die sich wie nachstehende Ziffern verhalten. Mol.-Ziffer in Procenten Eu Shleriairenn 491 77:60 Es Klunmwsiis.e 14 1:66 EISEN 22 1'495 AS 5 0:93 Bann. 2 0:76 BSR 84 1498 Bean: 17 202. Die Untersuchung der Blättchen führte übrigens zu einem analogen Resultate. 105 278 C. Hlawatsch, 8,3. Eigienschaften der, Bläftchen Die Blättehe über deren Vorkommen in Drusenräumen der derben Masse bereits gesprochen wurde, zeigen ebenfalls metallischen Glanz und eine Farbe, die Nr. 224 (violett, Radde) am nächsten kommt. Ihr Pulver zeigt dieselbe Farbe, wie das der Grund- masse. Ihrer Cohärenz nach sind" sie sehr spröde; ihre Hlarfe IS, 2 Die Dichte wurde mittelst des Pyknometers an 3 g mög- lichst reiner Blättchen bestimmt und ergab als Mittel mehrerer Beobachtungen 8'389. Für reine Substanz ist die Dichte nicht genau bestimmbar, da trotz sorgfältigen Aussuchens keine Blättchen ohne Verunreinigungen zu finden waren. Eine Bestimmung der Dichte an 11g eines Materiales, welches sich durch starke Besetzung mit Schmelzkugeln, regenerirten Krystallen etc. auszeichnete, ergab 8683. Diese bedeutend grössere Dichte gegenüber der an den reineren Blättchen gefundenen lässt schliessen, dass die fremden, parasitischen Körper ein hohes specifisches Gewicht, welches das ihres Wirthes übersteigt, besitzen müssen. Da auch die Grundmasse ein geringeres specifisches Gewicht (8°603) aufweist, als das obige, so enthält sie ebenfalls weniger an jenem schweren Metall, welches die Verunreinigungen aus- macht. Diese bei der Analyse sowohl, als auch bei der Bestim- mung der Dichte sehr störenden fremden Körper bestehen aus zahlreichen Schmelzkugeln, Schmelzhäufchen (siehe Fig. 4 und 5 der Tafel) und secundär gebildeten Krystallen, die an das Blättchen angeschmolzen und nicht lostrennbar sind. Die Grösse der Schmelzkugeln schwankt zwischen 0:050 bis I mm. Ihre Häufigkeit ist ungleich und regellos, ohne Ver- unreinigungen ist aber fast kein einziges Blättchen zu finden. Häufig bilden die Schmelzmassen auch das Bindemittel, mit dem zwei oder mehrere Blättchen aneinandergekittet sind. Ihren Eigenschaften nach sind sie metallischen Charakters, der sich besonders in ihrer Ductilität zu erkennen gibt. Die Analyse zeigt, dass die weitaus überwiegende Mehr- zahl aus gediegenem Blei besteht. Zu bemerken ist ferner, dass Neue Kupfer—Antimon -Verbindung. 279 sich nirgends Tropfen von Kupfer, Antimon oder von der geschmolzenen Grundmasse finden. 8.4. Analyse der Blättchen mit zahlreichen para- sitischen Körpern. Zur quantitativen Analyse wurden von dem Pulver der Substanz, welche zur Bestimmung der Dichte verwendet worden war, 10004 g genommen. Auch hier hatte ich beim Reiben breitgedrückte Bleistückchen gefunden. Oberwähnte Menge wurde in Königswasser und Wein- säure gelöst.! Bei dieser Analyse wurde nur auf die Gewinnung des Schwefels und des Antimons Rücksicht genommen. Aus der Lösung wurde 'mit BaCl, der S gefällt und . 0:0744 g BaSO, erhalten. Das Filtrat wurde nach Ausfällung von Ba und des Bleies ammoniakalisch gemacht und durch Einleitung von H,S— Cu, Fe, Bi gefällt. Aus der Lösung wurde Sb mit HCl als 1:2034 g schwerer sulfidischer Niederschlag erhalten. 0:312g hievon oxydirt, ergaben 01338 g Sb,O,, daher in toto 40:73°/, Sb. Eine Wiederholung ergab 40°67°/, Sb. Demnach wurden bei dieser Analyse (Il a) erhalten 40-709), Sb, 1-02%/, S. Zur Bestimmung von Cu, Pb, Fe, Ag, Bi wurde eine neue Analyse (II db) durchgeführt. Gleichzeitig wurde versucht, den Procentsatz des anhaften- den gediegenen Bleies getrennt zu bestimmen.? Zu diesem Be- hufe wurden 1°0008 g der Substanz mit mässig verdünnter Essigsäure 8 Stunden unter Luftdurchleitung gekocht. Aus dem Riltrate wurden 0-1785g PbSO,, 0:07438 Cu,S und O=r82] 2 Sb,S, erhalten. Der in Essigsäure ungelöst gebliebene Rückstand wurde in Königswasser gelöst. Die Lösung wurde von AgCl abfiltrirt, 1 Das Pulver der Blättchen mit HCl behandelt, entwickelte in mässiger Menge HsS. 2 Die Resultate ergaben, dass diese Trennung nicht genau ist, da auch PbS in Lösung geht. Dies wurde direct bewiesen, indem gepulverter Bleiglanz derselben Behandlung unterzogen wurde. Bereits nach 11/,-stündigem Kochen liess sich in der Lösung Pb, im abziehenden Luftstrom H,S nachweisen. 280 C. Hlawatsch, mit Weinsäure versetzt und durch Ammon und H,S erst Bi, dann Fe, Pb, Cu gefällt und diese weiters getrennt. AgCl wog 0:0102 g, Bi,O, 0:0083 g, PbSO, 00423 g, Be,0,,05002672: Das Kupfer wurde in Schwefelatmosphäre erhitzt und als Cu,S bestimmt. Dasselbe wog 0:4364 g.! Die Resultate dieser Analyse sind also 15°09°%, Pb, Oz Ar 05,74% Bi, 0718 ,.Be und20,77221,C Mit den Resultaten der Analyse Ila ergeben sich folgende Procentziffern. Gefunden Gerechnet %, auf 100%), SPAN HIN 40-70 41:02 SUNERR. 40:72 41:04 BR REN 19209 15:21 AN. 0-77 0:78 Bir: 0:74 74 Beate 0:18 0-18 Serla.kaise 19402 1:03 99222 100 :00 8.5. Analyse (III) von möglichst gut ausgesuchtem Materiale. Es wurde, um aus einem eventuellen bedeutenden Unterschiede zwischen der Zusammensetzung der reineren und der weniger reinen Blättchen auf die Natur der angeschmolzenen Körper zu schliessen, auch von 0°4064 g möglichst gut aus- gesuchten Materiales eine Analyse durchgeführt. Da wegen der geringen Menge der reinen Substanz eine Theilung der Lösung, also auch eine quantitative Schwefel- bestimmung nicht möglich war, so wurde versucht, denselben aus der Lebhaftigkeit der Gasentwicklung beim Behandeln mit HCl zu schätzen. 1 Diese Kupferbestimmung wurde im I. chem. Laboratorium bei Herrn Prof. Weidel durch Behandeln im Wasserstoffstrome controlirt und mit den obigen übereinstimmende Resultate erhalten. Neue Kupfer — Antimon-Verbindung. 281 Dieselbe war die gleiche, wie beim Lösen unreiner Sub- stanz, daher auch die abgerundete Ziffer von 1°/, S für die Ana- lyse III nach den Ergebnissen der Analyse IIa angenommen wurde. ’ Das weitere Verfahren bei der Analyse Ill war das gleiche wie bei I. Bswurden, erhalten: 000222 Age, 006288 PbSO,, DOOR BLO.N 0223| 3 Cs, 0,32228 mit Schweiel ge mengtes Sb,S,, 0:1392 g davon gaben 0:0942 g Sb,O,. Hieraus ergeben sich die Procentziffern: Gefunden Gerechnet 0% auf 100%, (Cable ee 43:80 Alu aD) So. ua 42.00 A 2) los ne en ie 10797 10:69 Me 0-41 0-42 Bere 0922 22 97:62 Sea 1:00 1:00 100.00 Eine Verminderung des Bleigehaltes ist also thatsächlich zu erkennen, doch ist sie weit geringer, als dass man den Blei- gehalt nur auf Conto der angeschmolzenen Körper setzen könnte. os Nutsteilluine den chemischen Bormel für die Blättchen. Die Resultate der Analysen führen zu nachstehen- den Molecularverhältnissen. Bei der Gruppirung wurde die Formel Cu,Sb als Grundlage genommen und für die übrigen Elemente die einfachste Bindungsart gewählt. In der Tabelle sind die Zahlen für die Analyse II mit gewöhnlichen, die der Analyse III mit fetten Ziffern gedruckt. 282 C. Hlawatsch, Bl: Molecular- | ‚Ver- Molecular- imProsentan zahl bindung zahl | Cu 4836 | 5302 | CusSb 2418 | 2651 | 79:97 | 86-55 Sb 2547 | 2720 | AgsSh | 15 1a lg Pb 549 | 391 PbSb 102 54 4-47 2:33 | Ag 54| 80| Pos 2116| 38| 91 752 Fe 2A — | FeS 2 | — 0:28 — Bi 27 8 | Bi 27 s 0:75 0:22 S 20 I | 231 99 6-40 2-71 Bei Analyse III tritt also die Substanz Cu,Sb noch mehr in den Vordergrund,! als bei Analyse II. Bei beiden Analysen bleibt aber ein verhältnissmässig grosser Theil des Bleies frei, obwohl fast der gesammte Schwefel und das überschüssige Antimon an Blei gebunden wurde. Dieses freie Blei macht mit einem Theil von PbS und mit dem Wismuth die angeschmolzenen Körper aus. Der grösste Theil des an Schwefel gebundenen Bleies dürfte aber in iso- morpher Mischung mit Cu,Sb vorhanden sein. Gründe für diese Ansicht finden sich in den Erscheinungen, die in 8.3 beschrieben wurden. Ebenso spricht auch das Ergebniss der Analyse des ausgesuchten Materiales (Analyse III) für dieselbe Hypothese. Ein Vergleich der beiden Analysen? ergibt nämlich, wenn man auf Eisen keine Rücksicht nimmt, dass bei dem reineren Materiale der Gehalt an Blei gesunken ist. Von dem Minder- betrage entfällt ?/, auf freies Blei, '/, auf PbSb. PbSb und PbS sind daher nicht bloss in der Verunreinigung, sondern auch in der Hauptsubstanz enthalten.’ 1 Die Analysen von F. Nekvapil (siehe S. 292) führen ebenfalls zu dem Verhältniss CugSb. 2 Siehe oben. 3 Diese auf chemischem Wege von den Verunreinigungen zu trennen, war nicht möglich. Vergl. Anm. S. 279. Neue Kupfer— Antimon-Verbindung. 283 Analoga für die Vertretung des einwerthigen Kupfers durch zweiwerthiges Blei bieten sich in der Gruppe des Kupfer- glanzes, im Alisonit (Cu,, Pb)S und Zorgit (Cu,, Pb)Se dar; für die Vertretung von Cu durch Ag im Strohmeyerit und Jalpait (Eu As,)srundim Bukairit (Cu,, Ag,)Se. Für die Vertretung des Schwefels durch Antimon aber finden sich Beispiele in der Gruppe der Kiese. Die Annahme einer Substanz mit der Formel PbSb wird durch das Vorhandensein von Cu,Sb gerechtfertigt, da sie in obigen Verhältnissen einen Rückhalt findet. Ein weiterer Beleg für die Möglichkeit der Formel Cu,Sb lässt sich auch in den Verhältnissen des Discrasit finden. Groth! gibt diesem nämlich die Formel Ag,Sb, die auch in unserem Falle benutzt wurde, obwohl Rammelsberg? dem Discrasit die Formel Ag,Sb und Ag,Sb, Sandberger? aber die Formel Ag,Sb zuschreibt. Dr. A. Brand fand bei einer aus dem Gestübbe der Blei- öfen zu Mechernich stammenden Substanz Blättchen von eisen- grauer Farbe und tesseraler Krystallform mit skelettartiger Aus- bildung nach O. Die Analyse ergab in einem Falle 32:80°/, Sb, 22, Eb17259), Cu, 4360%% Ni,10,480/,,Co, 0.27% ,xBe, 066°), S. Aus dieser und den anderen analogen Analysen schliesst Dr. Brand nach Abzug von FeS, Cu,S, NiSb, CoSb auf zwei Substanzen mit den Formeln PbSb und Cu,Sb. Erstere Formel wurde auch in unserem Falle angenommen, wo sie ja ihr Analogon in Cu,Sb findet. Die Formel Cu,Sb gibt auch A. Firket? bei einer Analyse von Blättchen, welche oberflächlich beim Umschmelzen von Hartblei auf der Hütte Sclaigneaux entstanden waren, an. In unserem Falle lässt sich jedoch diese Formel nicht an- wenden. Bei der Speise von Brixlegg würden nämlich circa 24°%/, Sb bei Annahme der Formel Cu,Sb ungebunden bleiben. 1 Groth, Tab. Übers. der Min. nach ihren kryst.-chem. Beziehungen. IT2Aufl, S.23: 2 Rammelsberg. N. J.d. Min. 1865, S. 477. 3 Sandberger, N.J.d. Min. 1869, S. 315. 4 Dr. Albano Brand, Zusammensetzung und Krystallform einiger Pro- ducte aus dem Bleihüttenbetriebe. Groth, Z. f. Kr. XVII, 1890, S. 266. 2 Siehe Groth, Z. f. Kr. XIII, 1888, S. 420. 284 C. Hlawatsch, Der Schwefel, den Dr. Brand in weit geringerer Menge vorfand, wird sowohl von ihm, als auch von uns in isomorpher Vertretung mit Sb in die Formel eingeführt. Nach Analogie mit dem Domeykit Cu,As wäre vielleicht zu erwarten gewesen, der vorliegenden Verbindung käme die Formel Cu,Sb zu. Allein dann blieben noch immer mindestens 9%/, Sb ungebunden, ohne dass der Schwefel berücksichtigt würde. Obwohl Brand’s und Firket’s Formel Cu,Sb ihre Stütze in den Reihen Whytneit Cu,As, Algodonit Cu,As, Domeykit Cu,As hat, obwohl A. Laist und F. H. Norton! im Horsfordit eine Substanz fanden, deren chemische Formel zwischen Cu,Sb und Cu,Sb schwankt; — für die vom Autor untersuchte Sub- stanz lässt sich trotz der einladenden Aufeinanderfolge in obiger Reihe weder Cu,Sb noch Cu,Sb als Formel annehmen. Übrigens kann auch die Constitution Cu,Sb, unserer Speise nicht zukommen. Synthetische Versuche? ergaben zwar ein Product, dessen Zusammensetzung auf die Formel Cu,Sb, hindeuten würde, aber bei Annahme obiger Formel ergäbe sich ein Überschuss von 10%/,°/, ungebundenen Kupfers, was, da freies Kupfer im Analysenmaterial nirgends zu finden war, den gefundenen Thatsachen widerspricht. Selbst wenn der gesammte Schwefel an Kupfer als Cu,S gebunden würde, so bliebe ausser dem gesammten Blei noch 6!/,°/, freies Kupfer, wenn Cu,Sb, ange- nommen würde. SeE7e Aussehen? deräBlättchen. dBetrachtefg manzdre Blättchen, so fällt vor Allem auf, dass Ober- und Unterseite verschieden sind. Die Seite, welche wir fernerhin als Oberseite bezeichnen wollen, zeigt ein gefiedertes Aussehen (siehe Fig. 6, 7 und 8 der Tafel). Wir sehen eine Hauptrippe, welche offenbar die Hauptwachsthumsrichtung charakterisirt und welche in eine lancettenartige Spitze des Blättchens endet. Senkrecht darauf stehen Nebenrippen, welche am vorderen Ende des Blättchens zunächst nur als schwach erhabene, rundliche Auszackungen 1 Groth, Z. f. Kr. XVII, S. 400. 2 Vergl. 8. 12. Neue Kupfer — Antimon-Verbindung. 285 entwickelt sind. Weiter nach rückwärts erhalten diese Aus- buchtungen immer deutlicher den Charakter von Lancetten. Gleichzeitig verlängern sich ihre erhabenen Rücken gegen die Hauptleiste und schliessen sich endlich dieser an. Auf diese Weise entsteht ein Gitterwerk solcher Leisten. An manchen Blättchen zeigen sich andere Wachsthums- erscheinungen. Die Hauptleiste, an der Spitze noch regelmässig, verbreitert sich plötzlich und führt eine Wiederholung der Lan- cette herbei. Manchmal wiederholt sich dieser Vorgang und die Folge davon sind dann federartige Streifungen parallel der Contour der Blättchenspitze. Die Lancetten haben zumeist ein sehr spitzes Aussehen. Bei näherer Betrachtung jedoch wird bald klar, dass sie in einen stumpfen Winkel enden, dessen Schenkel in allmäliger Rundung in die Wachsthumsrichtung übergehen. Mit- unter findet sich auch eine bauchige Erweiterung der Lancette in der Richtung der Nebenrippen. Diese Verhältnisse soll Fig. 9 anschaulich machen. Eine Mes- Fig. 9 (14/1). sung der spitzen Lancetten ist durch die continuirliche Rundung unmöglich gemacht. An den Enden der Nebenrippen finden sich aber manch- mal stumpfe, messbare Winkel. Hie und da zeigen sich dann auch gerade Abstumpfungen. Wiederholen sich solche Enden, so führt dies zu einem gegliederten, treppenartigen Aufbau, wie dies bei Krystall 3 (siehe die Fig. 18 auf S. 291) der Fall war. Eine der merkwürdigsten Eigenschaften der Blättchen ist, dass ihre Oberseite (siehe S. 284) von der Unterseite gänzlich verschieden ist. Letztere ist immer glatt und zeigt von den Aus- buchtungen der Oberseite nur die äusseren Contouren, nie Rippen. Auffallend ist ferner die Erscheinung, dass Ätzfiguren nur auf der Unterseite erzeugbar sind. | 8.8. Spaltbarkeit der Blättchen. Die lamellar ent- wickelten Krystalle spalten nach Flächen, welche senkrecht auf die Blättchenebene stehen und deren Tracen auf derselben mit der Richtung der Rippen // (siehe Fig. 10) einen Winkel von 45° 286 CHENAmatsich, einschliessen. Da die Bruchränder schwach gekrümmt verlaufen, und gegen den Durchschnittspunkt bedeutend von ihrer ur- sprünglichen Richtung abweichen, waren die Messungen sehr erschwert. Es ergeben sich für a: (siehe beistehende schematische Zeichnung Fig. 10) folgende Werthe, welche an zwei Blättchen als Mittel aus je 7 Beobachtungen gewonnen wurden. aa A ee. 2 ao a = AAN) Der Winkel der beiden Spaltrichtungen aa’ ist also inner- halb der Fehlergrenze 90°. Eine directe Messung ergab jedoch wegen der Krümmung der Ränder nur 88°. Die Resultate der Messungen des Winkels zwischen Blatt- ebene P und Spaltfläche a schwankten bei beiden Spaltflächen zwischen 89° und 91°, der Winkel Pa ist also 90° a a’ Beide Spaltrichtungen aa’ sind morphologisch ident und es liegt der Schluss nahe, dass wir es mit einer tesseral krystallisirten Substanz zu thun haben. Es erübrigt jetzt zu bestimmen, welche Indices den Spaltrichtungen und der Blättchenebene zukommen. Der Octa&der, der sonst häufig als Blattebene bei solchen Bildungen auftritt, kann hier nicht in Betracht kommen, da auf O nie eine derartige Lage der Spaltebenen vorhanden sein kann. Aber auch &©O kann mit Rücksicht auf die Spaltverhält- nisse nicht als Blättchenebene angesehen werden, da die Spalt- flächen senkrecht auf dieselbe stehen. Spaltrichtungen nach dem Würfel können aber nicht gleichzeitig auf &oO senkrecht stehen und sich senkrecht kreuzen. Entweder müssten beide oder nur eine um 45° gegen dieselbe geneigt sein. Auch die Verhältnisse der auftretenden Flächen (vergl. $. 10) zeigen eine Symmetrie, welche sich mit der Annahme, dass die Blättchen- Fig. 10. ebene &ÖO sei, nicht vereinbaren lässt. Allen Bedingungen genügt jedoch die Voraussetzung, dass P (also die Blättchenebene) eine Würfelfläche sei. , “ Neue Kupfer — Antimon-Verbindung. 287 Die Spaltflächen können dann entweder ebenfalls Würfel- flächen sein oder auch Flächen des Rhombendodecaäders. Aus ‚Gründen, welche im 8. 10 entwickelt werden sollen (vergl. Anm. S. 288), wurde die letztere Annahme vorgezogen. Beraten ndere Blättchen veesen Fosungs- mittel. Ätzt man die Blättchen mit verdünnter Salpetersäure, so erhält man auf der glatten Unterseite Ätz- figuren. Dieselben bilden grabenartige Ver- tiefungen, deren Längsaxen beiden Spalt- richtungen parallel laufen, und zwar in regel- loser Vertheilung ohne Bevorzugung einer Spalttiehtumer Ihre "Gestalt ist m Big. 11 schematisch wiedergegeben. Die Kanten a und c sind um 45° gegen die Kanten 5 geneigt und wurden 20 Messungen daran vorgenommen, deren Mittel 44°56’ ergab. Eine Messung der Neigung der Flächen A und B war nicht möglich, da keine Reflexe zu erhalten waren. Ein Versuch, durch die Tiefen- messung der Ätzgruben mittelst des Mikroskopes den Winkel zu ermitteln, führte zu keinem Resultate. Eine starke Vergrösse- rung war wegen unzureichender Beleuchtung der Ätzgruben 288 C. Hlawatsch, nicht anwendbar, und bei dem benützten Objective 4 (Fuess) erschienen Ränder und Tiefe meinem Auge in gleicher Schärfe. Die Fig. 12 und 13 stellen solche geätzte Blättchen dar.! Aus dem Vergleiche der Spaltrichtung mit den Umrissen der Ätzfiguren ergibt sich, dass die letzteren den Combinations- Big 19. kanten von ©0oo und oO entsprechen, mit einer Verzerrung nach der Spaltungstrace. 8. 10. Messungen. Messbare Flächen sind nur wenige vorhanden. Die Resultate,? weiche sich an vier Krystallen er- gaben, sind in nebenstehender Tabelle zusammengestellt, hiebei wurde die Rechnung unter der Annahme, die Blattebene sei Würfelfläche, geführt? (vergl. Fig. 14). 1 Bei Fig. 12 überwiegt die Längsrichtung der Grübchen so sehr, dass sie wie senkrecht aufeinanderstehende Striche zu sehen sind. 2 Der Winkel der Flächen mm’ wurde mit dem Fuess’schen Mikroskope (Objectiv 4) als ebener Winkel, die übrigen nach Angabe von Prof. Schrauf (Z. f. Kr., 1892, B. 20, S. 90—92) am Goniometer mit Benützung eines Pan- krat’schen Mikroskopes statt eines Beobachtungsfernrohres gemessen. 3 Wie schon im 8. 8, S. 287, angegeben wurde, ist es auch möglich, die Spaltflächen als Flächen von (100) anzunehmen. In diesem Falle erhalten die Rlaejinen tolsemnde Ihmeiesse PM, FF 10, a= 0, ss il, 7= 447, B=22, !=28, = 1,28, Ads lolt, gerechme me aa, Neue Kupfer— Antimon-Verbindung. 289 Sape Win 133 Mr Kry- S R Symbole Se einer stalls | Ca gemessen gerechnet | © 2 | Beob. 1 m:P 320 : 001 908 90° 1 m: m! 320 : 320 69 02' 7 28 10 al 3,2 321: 001 73 12 74 291/o 2 7 GIS ‚2.12 :001 16 24 16 38 6 7 2 |\m:m 320 : 320 67°49' O2 4 14197 BAR 320: 100 33 80 33 Al 10 37 Ser 302 : 001 56 20 56 181/o bi) 1207 3 (ed 405 : 001 39°19' 38391), 11 48" Se 302 : 001 Di 22 56 181/, 11 14 4 BEI 025 : 001 22° 44' 21°48' 13 1207‘ UT 035 : 001 80 22 30 58 16 1 06 ni 045 : 001 39 04 38 391/o 18 34 Sa 032 ::001 56 20 56 181/, 7 53 u':P 025 : 001 22032) ae 9 "22 025 : 001 212 98 21 48 4 ae 32 035 : 001 30 49 30 58 9 me 035 : 001 29 47 30 38 7 KuSR 045 : 001 39 05 38 391/o 9 np 045 : 001 39 03 33 391/, 9 S'3J2 032 : 001 56 21 6 181/, 8 's:P | 032:001 56 19 56 181], 9 un se506l1o,, 0: PR — 13237, m: m‘ behält denselben Werth. Allein die schlechte Übereinstimmung zwischen Rechnung und Beob- s:P—=54°44' (vergl. Projection Fig. 15), achtung bei der Fläche s— (111), sowie die complicirten Indices für o und q gaben die Veranlassung, diese Annahme trotz der anscheinend richtigeren Er- klärung der Spaltflächen und des sporadischen Auftretens der Fläche T fallen zu lassen. Um jedoch eine leichte Orientirung auch nach dieser zu ermöglichen, erhielten 302 und 320 in Fig. 14 verschiedene Bezeichnungen. 290 C. Hlawatsch, Wegen der starken Rundung der Flächen können die Messungen (Schimmermessungen) nur einen sehr approxima- tiven Werth haben und lassen bei der Rechnung der Indices einen grossen Spielraum (bis zu 2°). Die Indices sind daher nur angenähert giltig. Legt man die gefundenen Flächen in eine allgemeine Pro- jection (siehe Fig. 14 und 15), so erhält man ein Bild, welches 070 Fig. 14. am ehesten dem eines tesseralen Körpers entspricht, dessen Flächen nicht holoödrisch entwickelt sind. An Krystall 1 (siehe Fig. 16) finden wir die zwei Flächen m und m’, welche senkrecht auf die Blättchenebene stehen und daher in die Zone fallen, in welcher die beiden Spaltebenen (M und M’) liegen. Sind die Spalt- flächen = 110 und 110, so müssen die Flächen m und m’ 320 respective 320 sein (gemessen 02, Bersehhner 8728), Obgleich hier eine grosse Differenz zwischen Beobachtung und Rechnung vorliegt, so steht dieselbe der Annahme der obigen Indices doch nicht hindernd entgegen, da am Krystall 2 ein dem gerechneten Winkel bedeutend näher stehender Werth (67°49) gefunden wurde. Würde man das trimetrische Krystallsystem statt des tesseralen annehmen, so würde das aus obigem Winkel (69°02°) gerechnete Verhältniss @©:5 = 0:6877:1 dem des Akanthites 0:6886:1 (Dauber) nahekommen, dessen Prismenwinkel nach Dauber zwischen 68°44’ und 70°56’ liest. Unsere Ansicht, dass wir für die vorliegenden Blättchen das tesserale Krystall- Fig. 16. Neue Kupfer— Antimon-Verbindung. 291 system anzunehmen haben, wird eben dadurch noch bekräftigt, da Krenner! ebenfalls den vorerwähnten Akanthit auf das reguläre System zurückführt. An diesem Krystall sind noch die Flächen OÖ und g, letztere wegen ihres hohen Index, zu erwähnen. In Krystall 2 (Fig. 17) ist der Lancettenwinkel 67°49 (vergl. oben). Bemerkenswerth ist hiebei, dass dieses Lancettenende durch 100 gerade abgestumpft ist. Was die domatischeFläche sanbelangt,so wäre dieselbe ro nach der tesseralen Formenlehre zur Form nm gehörig, da aber dies nach der zweiten Auf- ll fassung (vergl. Anm. S. 289) nicht der Fall wäre, so wurde die verschiedene Benennung der e “e Mer, Il, zwei Flächen s und m beibehalten. Krystall 3, welcher ein gegliedertes Aussehen besitzt (vergl. Fig. 18, siehe auch S. 285), weist in der Zone 001 : 100 Aueckanochndie Nlacher auf (00139719). Derselper Winkel tritt "auch in” der Zone 001:010 auf. In Krystall 4 (vergl. Fig. 19) wurden die Böschungswinkel der Leiste gemessen, wel- chen die Indices 025, 035, 045 und 032 ge- nügen. Dem Leser der vorhergehenden Zeilen wird es nicht entgangen sein, dass das tesse- rale System nur als erste Annäherung zur Big. 18. Bestimmung der Formenl«ge angenommen wurde. Bestimmtes über das Krystallsystem unserer Substanz kann aber erst dann ausgesagt werden, wann besser aus- gebildete Krystalle, als hier zur Ver- fügung standen, gefunden und unter- sucht worden sind. Saeldiumendiesen Anti- mon-Kupferspeise. Über das Fahlerzschmelzen, bei dem diese Speise zufällig entstand, entnehme ich den theils schrift- I GHotn, 278 BR BI RUV. 1888, 5.888. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 20 292 C. Hlawatsch, lichen, theils mir von Herrn Hüttenverwalter Nekvapil in Brixlegg mündlich ertheilten Belehrungen Folgendes: In Brixlegg werden die zu Kitzbüchel, Schattberg, Kogl und Matzenköpfl gewonnenen Erze verhüttet. Hiebei werden die silberreicheren Fahlerze separat verschmolzen. Im Jahre 1880 fielen bei einer solchen Fahlerzcampagne zwei Speisen, eine violette und eine gelbe, deren Analysen, von Herrn Hüttenverwalter Nekvapilausgeführt, folgende Resultate gaben. Grundstoff violettel gelbe? Cu. ae: 41-05 9, 11-150, ee et 8:61 40:96 Con 1:28 169 I 0:975 0-16 SD neh 43'836 28:95 NS le ee 1:56 6:25 SEE EIN RE 1:46 KOze Eine Substanz, welche dem sogenannten Glimmerkupfer? entspricht, ist nicht vorhanden. Im Jahre 1890 wurde eine ähnliche Fahlerzschmelze vor- genommen, wobei ein sogenannter Ofenbär entstand. Aus diesem stammt das Materiale, welches mir zur Verfügung stand. Bezüglich des Vorganges bei der Bildung dieses Bären theilt der Herr Hüttenverwalter folgendes mit: »...Was die violette Speise anbetrifft, so ist dieselbe gefallen bei der im Jahre 1890 stattgefundenen Schmelzung der Antimon-Fahlerze im Hochofen auf Lech (Stein). Als nämlich nach 62-tägiger Ofencampagne im November der Hochofen wegen Versagung des Lechstiches in Folge des entstandenen starren Ansatzes im Gestübbe-Tiegel des gemauerten ÖOfen- gestelles (siehe Fig. 20) (derselbe dient zur Aufnahme der erschmolzenen Massen) ausgeblasen worden war, wurde nach 1 Ungefähr FegCu395Sb,3AS Sp. 2 Ungefähr Fe,,„CusSb;AsaS;. 3 Rammelsberg, Metallurgie. Berlin, 1850, S. 211. Neue Kupfer— Antimon-Verbindung. 293 vollzogener Abtragung der Gestellmauerung zur Zerkleinerung des ungefähr 30 q schweren Ansatzes A geschritten«. »Hiebei ergab sich, dass derselbe aus drei verschiedenen und von einander genau abgesonderten Producten zusammen- gesetzt war. Der unterste Theil s war die in Rede stehende violette Speise, das Mittelstück s, bestand aus einer speisgelben, glänzenden Speise und der oberste Theil s, war nichts anderes als mit Lechschnürchen durchzogene Schlacke. Alle drei Trümmer waren spröde und liessen sich leicht zerkleinern«. »Zähes, metallisches Eisen, welches sonst bei den soge- nannten Ofensäuen (Bären) stets den Hauptbestandtheil bildet, war nicht vorhanden. Die- selbe Bildung ergab sich auch bei der Schmelzung der Fahl- erze im Jahre 1880«. »...Zu bemerken wäre, dass in beiden Fällen die gelbe Speise, welche kupfer- und antimonärmer, aber ei- sen- und arsenreicher ist, nicht in krystallisirter Form Dorhandenı ware... 2.2... Aus diesen Erklärungen des Herrn Hüttenverwalters kann man folgende Schlüsse über die Bildung der Speise machen: Der grösste Theil des Antimons verband sich mit dem Kupfer und lagerte sich als schwereres Product zu unterst ab. Da die Speise aber ziemlich leicht schmelzbar ist, so blieb sie offenbar auch nach beendeter Campagne einige Zeit in flüssigem Zustande. Die obere gelbe Speise aber war, theils weil sie künstlich abgekühlt worden war, theils weil sie wegen ihres grösseren Eisengehaltes schwerer schmelzbar ist, bereits fest geworden. Sie bildete dann eine starre Decke, unter der die violette Speise langsam erstarrte. Durch daraus folgende Contraction entstanden Risse und Klüfte, theils in vertical-radialer, theils in horizontaler Richtung. Unter der gelben Speise blieb natürlich ebenfalls ein Hohl- raum. 20” 294 C. Hlawatsch, Beim Erstarren schieden sich aus der Masse die absor- birten Gase ab. Vielleicht waren auch dampfförmige Antimon- verbindungen, sowie Bleidämpfe, die bei jener Temperatur noch bestehen konnten, vorhanden. Alle diese Producte konnten aber wegen der festen Decke, die von der gelben Speise gebildet wurde, nicht entweichen, mussten sich in den Höhlungen ansammeln und durch ihre Spannkraft ein Zusammensinken der Masse verhindern. Es wäre nun leicht erklärlich, dass durch Einwirkung von Antimon- dämpfen aus der Grundmasse, die noch etwas Kupfer im Über- schusse enthielt, die Verbindung Cu,Sb auskrystallisirte. Wir finden ja einen ähnlichen Vorgang, wenn wir Kupfer mit Schwefel bei der Verdampfungstemperatur des letzteren behandeln, wo sich plötzlich die kleinen Octa&der von Cu,S bilden. Das einzige Hinderniss für diese Erklärung bildet die grosse Übereinstimmung zwischen der Zusammensetzung der Grundmasse und der der Blättchen. Trotzdem ist aber eine Entstehung durch directes Aus- krystallisiren aus dem Schmelzflusse nicht anzunehmen. Die Blättchen sitzen nie auf der Grundmasse selbst auf und sind stets frei von anhaftenden Partikeln derselben, so dass eine pneumatogene Bildung das Wahrscheinlichste wäre. Allein wie mir bei meinem Besuche in der k. k. Hütte zu Brixlegg Herr Hüttenverwalter Nekvapil mündlich mittheilte, kann bei der Bildung der Blättchen keine so hohe Temperatur geherrscht haben, dass die Verbindung Cu,Sb sich in dampf- förmigem Zustande hätte befinden können. Es wäre ferner möglich, dass durch das Entweichen ab- sorbirter Gase beim Erstarren ein oberflächliches Schäumen eingetreten ist. Durch Krystallisiren des Schaumes entstanden dann die Blättchen. Für diese Bildungsart spricht die lockere Masse, auf der die Blättchen sitzen. Die Tropfen von gediegenem Blei aber können unmöglich durch Spratzen der Grundmasse entstanden sein, da letztere nirgends als secundäres Product anzutreffen ist. Sie müssen vielmehr Condensationsproducte von Dämpfen sein, welche sich in kleinen Tropfen niederschlugen. Dieselben sammelten sich Neue Kupfer— Antimon-Verbindung. 2ER dann zu grösseren Schmelzkugeln. Gewiss ist, dass ein ein- faches Krystallisiren aus dem Schmelzflusse nicht stattgefunden haben kann, sondern dass auf jeden Fall gasförmige Producte dabei eine Rolle spielten. Dehnt man, wie dies von vielen Seiten geschieht, den Be- griff »pneumatogen« auf alle Entstehungsarten aus, bei welchen Dämpfe und deren Condensationsproducte thätig sind, so lässt sich diese Bezeichnung auch in unserem Falle anwenden. 8.12. Künstliche Reproduction. Um die untersuchte Substanz synthetisch zu erzeugen, wurden mehrere Versuche gemacht. Kupfer und Antimon im Verhältnisse 4:1 zusammen- geschmolzen, gab einen eisengrauen, harten und etwas ab- plattbaren Regulus. Dessen Analyse ergab 78 .6°/, Cu und 20:0°/, Sb, also ein Verhältniss, das dem von Dr. Brand auf- gestellten Cu,Sb nahekommt. Hierauf wurden 10:745 8 Kupfer in Form eines dicken Bleches mit 10:837 g Antimon unter einer Kochsalzdecke theils auf dem Gebläse, theils über dem Maste’schen Brenner im Chamottetiegel zusammengeschmolzen. Ein Theil des Antimons war als Valentinit auskrystallisirt. Das Schmelzproduct war eine erobkrystallinische Masse von violetter Farbe, welche unserer Speise glich. An der Oberfläche liessen sich deutlich krystallisirte Blättchen erkennen, die aber in der Schmelzmasse selbst sassen. In einem Hohlraume waren sie sogar als Druse ausgebildet. Das specifische Gewicht dieses Schmelzproductes war 801, an- nähernd gleich dem der Fahlerzspeise; seine Härte = 3. Eine Analyse mit 0'9265g desselben ergab 45:7°/, Cu und 54'5°/, Sb, nahe einer Verbindung Cu,Sb,. Diese Differenz gegen Cu,Sb dürfte von ungebundenem Antimon herrühren, welches zwischen den einzelnen Blättchen der krystallinischen Masse unverändert erhalten blieb. Aus diesen Verhältnissen! ergibt sich, dass die violette Speise, welche Gegenstand der Untersuchung war, einem künstlich erzeugbaren Schmelzproduct entspricht und die Formel Cu,Sb besitzt, wobei Ag, Pb, S vicariirend eintreten. — I Vergl. auch Gınelin, Handb. d. Chemie, IV. Aufl., 1844, III, S. 444 und Berzelius, Lehrb. d. Chemie, III. Aufl., 1834, III, S. 312. 296 C. Hlawatsch, Neue Kupfer — Antimon-Verbindung. Zum Schlusse sei es mir gestattet, meinen wärmsten Dank auszusprechen: Einem Hohen k. k. Ackerbau-Ministerium für die gnädige Erlaubniss zum Besuche und zum Studium der k.k. Hütte zu Brixlegg, ferner dem Herrn k. k. Oberbergrath Göbl in Wien, sowie den Herren der k. k. Berg- und Hütten- verwaltung in Brixlegg, Herrn Vorstand Oberbergrath Cer- mäk, Herrn Hüttenverwalter Nekvapil, sowie Herrn Berg- verwalter A. v. Koschin für ihre freundlichen Unterweisungen; ferner dem Herrn Director der k. k. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproductionsverfahren, Herrn Regierungs- rath Prof. Dr. J. M. Eder, sowie Herrn Prof. Valenta für die Ausführung einiger Mikroskop-Photographien; ferner Herrn Prof. Dr. Weidel und Herrn Dr. Herzig für gelegentliche Rath- schläge; insbesondere aber Herrn Prof. Dr. A. Schrauf, unter dessen Leitung die ganze Arbeit durchgeführt wurde. Fig. 8. (%/) Fig. 6. (1) Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. Sitzungsberichte d. kais. Akad. d.Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV. Abth. I. 1895. a ET Beitrag zur Kenntniss der Laubmoosflora des Hochgebirgstheiles der Sierra Nevada in Spanien Prof. Dr. Franz v. Höhnel. (Vorgelegt in der Sitzung am 29. November 1894.) I. Einleitung. Die spanische Sierra Nevada ist vielfältig von Botanikern besucht und erforscht worden, insbesondere seitdem Edmund Boissier! auf die reichen Pflanzenschätze derselben auf- merksam gemacht hatte. Nichsdestoweniger kann dieselbe nur in phanerogamologischer Richtung als einigermassen bekannt bezeichnet werden, die Cryptogamen der Sierra Nevada sind bisher stets nur gelegentlich und nie systematisch gesammelt und studirt worden. Unter den kleineren Cryptogamen sind es unzweifelhaft die Laub- und Lebermoose, welche das grösste pflanzen- geographische Interesse in Anspruch nehmen, und gerade für das südliche Spanien haben dieselben Beziehungen von ausser- ordentlichem Interesse kennen gelehrt, die die Phanerogamen- flora nicht erkennen liess. In dieser Beziehung ist namentlich das Auftreten einer californischen Form zu erwähnen. Obwohl nun neben Boissier noch eine ganze Reihe von anderen Botanikern, wie Clemente Simön de Rojas?, Johann Lange, Moritz Willkomm?, Eugen Bourgeau*, Bory de ! Voyage botanique dans le midi de l’Espagne. Paris 1839 — 45. 2 Introduccion a la criptogamia espagnola. Madrid. ® Zwei Jahre in Spanien und Portugal. Dresden und Leipzig 1847. 1 Plantas cogidas en Espana, Portugal e Islas Baleares en differentes Viajes, desde ano 1849. Madrid. 298 F. v.Höhnel, Saint Vincent!,Schimper’ und Fritze? in der Sierra Nevada gelegentlich oder vornehmlich Moose sammelten, so konnten im Jahre 1889 von Miguel Colmeiro* aus der Sierra Nevada doch nur 72 Arten angeführt werden. Für ganz Spanien und Portugal führt derselbe Autor 362 Laubmoosarten an. Es ist klar, dass diese Zahlen nur einen relativ geringen Bruchtheil der factischen Laubmoosflora der betreffenden Gebiete reprä- sentiren. In der That ist die Moosflora der iberischen Halbinsel noch höchst lückenhaft erforscht. Indessen ist aus der Literatur zu ersehen, dass Colmeiro’s Verzeichniss unvollständig ist. So finde ich die II. Auflage von Schimper’s Synopsis und Fritze’s Reise gar nicht berücksichtigt. Schimper gibt noch 10 Arten an und Fritze sammelte 7 für die Sierra Nevada neue Arten, so dass also bis 1892 aus der Sierra Nevada 89 Laubmoosarten bekannt waren. Wenn man bedenkt, dass sich die Sierra Nevada von den fast tropischen Gefilden der Südküste, wo Baumwolle, Zucker- . rohr und Cochenille gedeihen, bis fast in die Region des ewigen Schnees erhebt und so nach den Alpen und dem Kaukasus das höchste Gebirge innerhalb Europa darstellt, so kommt man zum Schlusse, dass die Moosflora derselben eine sehr reiche sein müsse. Vergleicht man indessen damit die mageren Er- gebnisse der bisherigen Forschungen, so erkennt man das Irrige dieses Schlusses. In moosreichen Thälern der Alpen ist es leicht in einem Nachmittage S0O— 90 Arten zu sammeln, eben- so viel als eine ganze Reihe von Sammlern und Forschern aus der Sierra Nevada auf vielen Excursionen zusammengebracht haben. 1 Florule de la Sierra Nevada. Annal. gen. des Sciences Physique. Brusellas 1820. 2 Synopsis muscorum europaeorum. Editio secunda. 1876. Stuttgartiae. 3 G. Geheeb. Beitrag zur Moosflora von Spanien. Flora 1874. p. 516 bis 521. 4 Enumeracion y revision de las plantas de la peninsula hispano-lusi- tana € islas Baleares con la distribucion geografica de las especies, y sus nombres vulgares, tanto nacionales como provinciales. Tomo V (Moncotyle- dones y Crittogamas). Madrid 1889. Eine ältere Aufzählung der Cryptogamen ist: Don Miguel Colmeiro, Enumeracion de las Cryptogamas de Espana y Portugal. Madrid. 1867. Laubmoosflora der Sierra Nevada. 299 Unter diesen Sammlern befand sich der berühmte scharf- sichtige Bryologe Ph. W. Schim pe r, dem die Bryologie so zahlreiche Entdeckungen in anderen Theilen Europas verdankt. In der That ist die Sierra Nevada ein relativ äusserst moosarmes Gebirge. Nur hie und da, wo Quellen entspringen, entfaltet sich eine üppigere, aber im Grossen und Ganzen sehr einförmige Moosvegetation, und vollends auf den breiten, dürren Rücken, die von den Hauptspitzen nach verschiedenen Richtungen hin ausstrahlen, kann man stundenlang wandern, ohne einen Moosrasen zu sehen. Auf.der von mir im September und Anfangs October 1892 in der Sierra Nevada ausgeführten, vornehmlich bryologischen Reise war ich schon durch die Jahreszeit auf die höheren Regionen des Gebirges angewiesen. Fast bis zur Höhe von 1500 m war beinahe allerorts die gesammte Moosvegetation verstaubt und vertrocknet, so dass, von der glühenden Hitze ganz abgesehen, an ein systematisches und erfolgreiches Sammeln nicht gedacht werden konnte. Ich beschränkte mich auch um so lieber auf die höheren Regionen, von 1500 m auf- wärts, als gerade diese das meiste bryo-geographische Interesse in Anspruch nehmen mussten. War es doch einerseits von grösstem Interesse zu erfahren, in welchem Verhältnisse die alpine Region der Sierra Nevada zu der der Alpen und Pyrenäen in bryo-geographischer Beziehung stünde, und anderseits anzu- nehmen, dass die tieferen Lagen den Charakter der gewöhn- lichen mediterranen Moosflora tragen würden. Obwohl nun schon die bisherigen geringen Resultate mit Sicherheit zeigen, dass die iberische Mediterran-Moosflora ihren besonderen Charakter hat (ich erinnere nur an die Arten Tortula limbata, Antitrichia californica, Anacolia Webbi, Enthostodon pallescens, Rhynchosteginm mediterraneum u. A.), so müssen naturgemäss die höheren und höchsten Regionen das grössere Interesse in Anspruch nehmen, schon deshalb, weil hier ein genauerer Ver- gleich möglich war, und weil die von denen der Pyrenäen und Alpen so verschiedenen äusseren Verhältnisse des Hochgebirges von Granada weit wesentlichere bryo-geographische Unter- schiede vermuthen liessen. 300 F. v. Höhnel, Abgesehen von der geringen geographischen Breite (circa 37° n.) und der damit verbundenen klimatischen Verschieden- heiten ist die Sierra Nevada auch in geologischer Beziehung eigenartig und von den übrigen Hochgebirgen Europas ver- schieden. Der Reisende, der sich mit Spannung derselben nähert, sei es um das Cap de Gata schiffend, sei es durch das Genilthal fahrend, ist enttäuscht durch die Einförmigkeit und Harmlosigkeit der Contouren des Gebirges, und würden nicht Schneeflecke, die nur nach schneearmen Wintern mit nach- folgenden sehr heissen Sommern völlig schwinden, die Höhe des Gebirges ahnen lassen, so würde kein anderes Moment ein so hervorragendes Gebirge vermuthen lassen. Ganz richtig bemerkt R. Drasche in seiner geologischen Skizze der Sierra Nevada:! »Von welcher Seite man immer die Sierra betrachtet, stets erscheint sie als ein langgezogener, ziemlich steil aus West sich erhebender, langsam nach Ost abflachender Rücken; kaum, dass die zwei höchsten Punkte, die Veleta und der Mulahacen, sich von dem Kamme des Ge- birges unterscheiden.« Selbst von hervorragenden Punkten bei Granada oder Guadix, wie der Silla del Moro oder der Anhöhe von Diezma? zeigt die Sierra Nevada durchaus keine Hochgebirgsformen. Diese Eigenthümlichkeit, mit der die Einförmigkeit der Moosflora mittelbar innig zusammenhängt, ist nicht nur eine Folge der Trockenheit des Gebirges, sondern hauptsächlich durch die meist weiche Beschaffenheit seiner Gesteine bedingt. Denn der eigentliche Hochgebirgstheil der Sierra Nevada besteht fast nur aus weichen Thonglimmerschiefern, die zur Bildung von kühnen Spitzen, feuchten Schluchten u. dgl. nicht geeignet sind. Nirgends trifft man Granit, Gneiss oder Horn- blendeschiefer an? und dürften diese Gesteine der Sierra Nevada vollständig fremd sein. Mit der weichen Beschaffenheit dieses Gesteines hängen die Einförmigkeit der Formen des Haupt- kammes zusammen, die Breite und Harmlosigkeit der davon I Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. XXIX. 1879, p. 96. 2 Siehe die schönen Panoramen von R. Pauk bei Drasche. 3 Drasche, ]l.c.S. 96 und die gute Karte auf Tafel VII, auf der irrthümlich der Alcazaba als Culminationspunkt mit 3545 ın bezeichnet ist. Laubmoosflora der Sierra Nevada. 301 ausstrahlenden Rücken, die geringe Zergliederung des Ge- birges überhaupt, der Mangel einer Mannigfaltigkeit im Detail und die Moosarmuth. Denn wenn es auch möglich ist, dass weitere Forschungen eine bedeutende Artenzahl an Moosen ergeben könnte, so steht es schon jetzt fest, dass die Mooswelt in der Sierra Nevada quantitativ sehr zurücktritt. Die erstere Möglichkeit wird insbesondere dadurch ge- geben, dass der Thonglimmerschieferkern der Sierra Nevada, namentlich im Nordwesten, von anderen Gesteinsschichten ein- geschlossen wird, die eine grössere Mannigfaltigkeit bewirken. Wenn man von Granada (690 m), dem gewöhnlichen Aus- gangspunkte zum Besuche der Sierra Nevada, sei es einem der vier vom Hauptkamme nach WNW abgehenden Hauptthäler, sei es dem dazwischen liegenden Rücken, folgt, am zweck- mässigsten am Camino de los neveros, so durchschreitet man vier verschiedene Gesteinszonen. Zunächst befindet man sich im Gebiete des von Drasche Alhambra-Conglomerat genannten Gesteines, hierauf kommt die miocäne Blockformation, dann durchschreitet man eine Zone von Kalken unbestimmten Alters, mit ein- gelagerten Sandsteinen, Mergeln und Schiefern, und endlich gelangt man in die Region der Thonglimmerschiefer. Das Alhambra-Conglomerat ist nur um Granada herum entwickelt und erreicht nur die Meereshöhe von etwa 750m. Von da bis etwa zur Höhe von 900—1000,n reicht die miocäne Block- formation. Die darauffolgende Kalkzone erreicht ihren Culmi- nationspunkt im Cerro de Trevenque mit etwa 2274 m,' während die Thonglimmerschieferzone Höhen bis 3500— 3600 m erreicht. Nachdem das Alhambra-Conglomerat und die miocäne Block- formation aus den Gesteinen der höheren Lagen der Sierra Nevada zusammengesetzt sind, und daher vorwiegend aus Ge- rölle und Blöcken der leicht zerstörbaren Glimmerschiefer- formation mit sehr wenig Kalksteinen bestehen, so wird man 1 Die Höhenangaben für die Sierra Nevada beruhen nur auf Barometer- beobachtungen und sind daher sehr unsicher und schwankend. Daher wird für den Culminationspunkt, den Mulahacen, bald 3481n, bald 3545 oder 3638 m angegeben. 302 F. v. Höhnel, nach der Gesteinsunterlage hauptsächlich zwei Moosfloren unterscheiden können, die des Kalkbodens und die des Glimmer- schieferbodens. Meine eigenen bryologischen Forschungen erstrecken sich hauptsächlich auf die Kalkzone und die des Glimmerschiefers. Wie aus dem Nachfolgenden hervorgeht, fand ich trotz eifrigen Suchens und ausnahmsloser Berücksichtigung der sterilen Formen nur 132 Arten Laubmoose.! Davon sind jedoch 72 Arten für aas bereiste Gebiet ganz neu, und 4 Arten und 1 Varietät mussten als bisher unbekannt benannt und be- schrieben werden. Daraus ergibt sich, dass meine Reise in bryologischer Be- ziehung einigen Erfolg hatte. U. Systematische Aufzählung der bisher aus der spani- schen Sierra Nevada bekannten Laubmoose. Wenn ich im Nachfolgenden nicht nur die von mir gesam- melten Laubmoose anführe, sondern auch die von früheren Forschern gefundenen berücksichtige, so thue ich dies nicht nur deshalb, weil ich die grosse Mehrzahl derselben (60 von 89) ohnehin selbst wiederfand, sondern auch der Vollständigkeit wegen und weil mir einzelne Arten zu kritischen Bemerkungen Gelegenheit geben werden. Was die Reihenfolge der Auf- zählung anlangt, so ordnete ich die Arten bis zu den Poly- trichaceen nach Limpricht, »die Laubmoose Deutschlands, Österreichs und der Schweiz« und den Rest derselben nach der zweiten Auflage von Schimper’s Synopsis muscorum euro- paeorum. 1. Hymenostomum tortile (Schwgr.). Kommt auf den Kalk- felsen ober Cortijo Geronimo von 1800—2000 m nicht selten _ vor. Meist steril. 2. Gymmostomum rupestre Schleich. Nach Boissier in den Borreguiles® de la Sierra Nevada in der Höhe von 1 Die gesammelten Hepaticae und sonstige interessante botanische Funde sind einer späteren Publication vorbehalten. 2 Lammweiden. . foyatı Laubmoosflora der Sierra Nevada. 303 7000—8000'. Nach Schimper im Barranco! de S. Juan und am Picacho? de Veleta. 3. Gymnostomum calcareum (Bryol. germ.) Kommt nur am Fusse des Gebirges, besonders an Mauern, meist steril, vor. So z. B. in und um Granada (H.), an Mauern der Alhambra (Schimp.) (700— 800 ım). 4. Weisia crispata (Bryol. germ.). An Kalkfelsen am Dornajo (1800 — 2000 m). od. Weisia viridula (L). Scheint in der ganzen Sierra Ne- vada bis gegen 2000 nicht selten zu sein. Besonders häufig in der nördlichen Kalkzone. Am Dornajo bis zur Spitze. Neben der Normalform auch die südliche Varietät ambly- odon (Brid.) (z. B. im Thale von Trevelez 2000 nm auf Glimmer- schiefer). 6. Dicranoweisia crispula (Hedw.). Auf Thonglimmer- chieferboden an feuchten quellisen Orten in Höhen von 400— 2600 m der Südseite der Sierra Nevada. Besonders schön und reichlich fruchtend an den Hängen des von Trevelez zum Puerto de Vacares (Sattel von 3077 m Höhe) ansteigenden Thales. 7.Eucladium verticillatum (L.). Von Granada aus, wo schon von Schimper (an feuchten Mauern der Alhambra), ferner von Boissier, und an der Wasserleitung, welche von der Generalife S 2 nach der Alhambra führt, sowie an Quellen unterhalb der Alhambra von J. Lange gefunden, in allen Thälern der Sierra Nevada bis etwa zur Höhe von 1500m. In der Kalkzone am Dornajo bis fast 2000m Höhe erreichend. Nach Schimper in ganz Spanien vorkommend. Ich fand die Pflanze auch bei Cintra in Portugal. Hier und mehrfach auch in der Sierra Ne- vada die var. angustifolium Jur. Von dieser Form (die nach Binnen ehpr 270Fbishernstets ohne Hrüchte gefunden wurde) fand ich auch spärliche entleerte Früchte, die sich nicht von denen der Normalform unterscheiden. 8. Oreoweisia Bruntoni (Smith), von Fritze im Genilthale bei 6000’ Meereshöhe gefunden, ist an der Strasse zwischen den I Thalschlucht. 2 Schnabelförmige (Berg-) Spitze. 904 F. v. Höhnel, Minas Estrella gegen Guejar, in der Höhe von 1200— 1500 »z auf Glimmerschiefer, nicht selten mit Früchten zu finden. Peristom meist rudimentär. Zu beachten ist, dass auf der iberischen Halbinsel und zwar bei Oporto eine charakteristische Oreoweisia, nämlich die O. robusta Venturi! vorkommt, welche der Bruntoni sehr ähnlich ist, und sich gewiss auch in Spanien findet. Oreoweisia Bruntoni kommt in fast ganz Spanien, wie es scheint aber überall selten vor. 9. Oreoweisia Mulahacenii v. Höhnel. Diese neue Art, deren nächste Verwandte OÖ. Bruntoni (Smith) ist, fand ich in Thonglimmerschiefer-Felsspalten auf der Spitze des Mulahacen (e. 3600 m). 10. Dichodontium pellucidum (L.). Nach Clemente bei Agua agrilla y Chorreras de Portugos und im Barranco de Irevelez auf der Südseite der Sierra Nevada (Thon- und Kalk- glimmerschiefer 1000— 1500 m). 11. Oncophorus virens (Sw.). Nach Boissier und Schimper in Höhen von 2800—3100 m am Abhange des Mulahacen und Collado de Bacares (offenbar Südseiten), und nach Willkomm an schattigen und feuchten Orten an Felsen und Holz im Corral de Veleta (2700 m?). Nach meiner Erfahrung kommt die Pflanze namentlich auf der Südseite des höchsten Kammes der Sierra Nevada an quelligen Orten, feuchten Wiesen etc. nicht selten vor, in Höhen von 2500—2600 ım vor. Am üppigsten im Vacares-Thale. 12. Dicranella squarrosa (Starke). Südseite der S.Nevada im Vacares-Thale, an Bächen 2600 »z. Steril. 13. Dicranella varia (Hedw.). Nur in der tieferen Region, vom Fusse des Gebirges in der miocänen Blockformation bis in die untere Kalkregion. Bei dem Fuente del castano 1000 mm. 14. Dieranum scoparium (L). Unterhalb der Laguna de Vacares, quellige Orte 2500 m. Mit Früchten. 15. Dicranum longifolium Ehrh. Ebenda. Steril. 16. Fissidens decipiens de Not. Weiblich steril. Im oberen Genil-Thale bei der Mina Estrella 1580 m, am Abhange des Dornajo 1800 m (Kalk). 1 Revue bryologique, 1882, p. 61. Laubmoosflora der Sierra Nevada. 810) 17. Fissidens taxifolius (L.) Hedw. Im Barranco de Tre- velez 2200 m an einer feuchten Felswand (Schiefer). 18. Ceratodon purpnreus (L.) Brid. Diese in ganz Spanien verbreitete Art wurde schon von Boissier für die Sierra Ne- vada angegeben. Ich fand sie vielfach, sowohl auf der Nord- wie auf der Südseite des Gebirges. Sie steigt bis 3000 m hinauf und ist fast stets steril. Die eigenthümliche Varietät 8 drevifolins Milde steril in dichten niedrigen Rasen an Kalkfelsen ober Cortijo Geronimo 1800 m. 19. Ditrichum flexicanle (Schleich). Nur von mir steril an Kalkfelsen am Dornajo 1800 m gefunden. 20. Distichium capillaceum (Sw.). Schon von Boissier für das Gebiet angegeben, von Willkomm im Corral de Veleta und bis zur Höhe von 1000’ gefunden, ebenso von Clemente. Die Pflanze ist in der mittleren und oberen Quellregion 2600 — 3100 m sehr verbreitet, meist reich fruchtend. 21. Didymodon rubellus (Hoffm.). Von Boissier all- gemein für das Gebiet angegeben. Ich fand die Pflanze nur auf Thonglimmerschieferboden auf der Südseite bis 2000 m. 22. Didymodon tophaceus (Brid.). Nur auf der Nordseite im Kalkgebiete, an Quellen, z. B. an der Fuente del castano 1000 m. Steril. 23. Didymodon rigidulus Hedw. Steril im Genil-Thale 1500 m. 24. Trichostomum crispulum Bruch. Im Kalkgebiete bis 1800 m. 25. Tortella caespitosa (Schwägr.). Von Schimper im Genil-Thale bei Guejar de la Sierra entdeckt. Ich konnte die Pflanze trotz eifrigen Suchens nicht finden. 26. Tortella tortuosa (L). Obwohl bisher für das Gebiet nicht angegeben, fand ich sie in der ganzen Sierra, am häufigsten im Kalkgebiete. Bis 2600 m ansteigend. 27. Tortella sguarrosa (Brid.). Nach Lange in der Umge- bung von Granada. In derKalkzone nicht selten bis 2000 m, steril. 28. Barbula unguiculata (Huds). Von Clemente im All- gemeinen für die Sierra Nevada angegeben, ist diese Art da- selbst jedenfalls nicht häufig, da ich sie nur ein paar Mal fand. ©) 306 F. v. Höhnel, Scheint im Gebiete nur bis 1000 m anzusteigen (Fuente del castano). ; 29. Barbula fallax Hedw. Wird zwar für das Gebiet nicht angegeben, ist aber in der ganzen Sierra verbreitet und steigt bis 3000 m an. Meist steril. Viel häufiger als Vorige. 30. Barbula vinealis Brid. Im Genil-Thale bei Mina Es- trella 1500 m. 31. Barbula revoluta Schrad. An Kalkfelsen beim Cortijo de los mimbres 1660 mn. Steril. 32. Barbula convoluta Hedw. Auf derNordseite des Gebirges im Kalkterrain sehr verbreitet. Meist steril. Z.B. Abhänge des Dor- najo 1700 m, Fuente de la criviera 900 m, Minas Estrella 16601. 33. Crossidium squamigerum (Viv.).. An Kalkfelsen am Abhange des Dornajo 1700 m. Nachdem das Peristom bereits fehlte, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass €. grisenm Jur. vorliegt. Der genaue Vergleich mit guten Exem- plaren beider Arten ergab kein ganz einwandfreies Resultat. Seta (S—9mm lang), Kapselform und Grösse (2? mm lang, gerade, 0:6 mm dick) und Blatthaar (bis 3mal so lang als die Lamina) sprechen aber eher für sguamigerum. Nachdem ich beide Arten in Südeuropa mehrfach gefunden hatte, neige ich der Ansicht hin, dass man sie nur mit Hilfe des Peristomes sicher unterscheiden kann. Die bei Juratzka, Limpricht etc. ange- gebenen übrigen Unterschiede sind nicht immer stichhältig. 34. Desmatodon latifolius (Hedw.). Ist für die höheren Regionen der Sierra Nevada sehr charakteristisch. An feuchten, quelligen Orten von 2700— 3000 nm überall zu finden. Steril in niedrigen Heerden noch bei 340072 am Rücken, der vom Mula- hacen nach Süden zieht. Schon von Boissier und Schimper für den Corral de Veleta 2800 m und den Borreguil de San Jeronimo 2800 m angegeben, also merkwürdiger Weise nur für die Nordseite des Gebirges. Die Pflanze ist aber auf der Süd- seite viel häufiger, stellenweise massenhaft. Auffallender Weise ist die Normalform mit den begrannten Blättern selten (z. B. 2900 m auf den Südwesthängen des Picacho de Veleta, ferner am Mulahacen 2900—3400 m), man findet meist nur die Varietät B muticus Brid. Die fruchtenden Formen weichen etwasvon denalpinen ab, wie aus folgenden Angaben hervorgeht: Laubmoosflora der Sierra Nevada. 307 Kapsel kürzer und dicker (900 u lang und 600 u breit); Deckel kleiner, gerade und stumpf geschnäbelt (470 u hoch, also fast !/, so lang als die Kapsel); Seta kürzer, meist nur 8-9 mm lang; Sporen 17—26 uw sehr ungleich gross, fast glatt, Peristom 320 u hoch, Tubus 44 u. 35. Tortnla cuneifolia (Dicks). Von Clemente für den oberen Theil des Barranco de Trevelez angegeben. Diese Art ist gewiss verbreitet in den tieferen Theilen der Sierra Nevada. Im Herbste dürfte dieselbe kaum mehr zu finden sein. 36. Tortula muralis (L.). Diese auch in Spanien sehr ver- breitete Art ist auffallender Weise nur von Clemente und Fritze (Geheeb) für das Gebiet angegeben (Puerto del Rejon, Granada und oberes Genil-Thal). Ich habe sie nicht gesammelt. Scheint also jedenfalls im Gebiete seltener zu sein. 37. Tortula margincta (Bryol. eur.). Von mir nur einmal im oberen Barranco de Trevelez 2200 m mit reichlichen Früchten gefunden. 38. Tortula subnlata (L.). Diese schon von Clemente (unterhalb des Rejon-Sattels) und Willkomm (Thalschlucht von S. Juan) angegebene Art ist in der Sierra Nevada auf allen Gesteinsunterlagen sehr verbreitet von 800-2500 m. In den tieferen Lasen finden sich nicht selten Formen mit um- geschlagenen Blatträndern, die sich der Varietät ß recurvo- marginata Breidler sehr nähern. 39. Tortula inermis (Brid.). Reich fruchtend 1800 m auf Kalkfelsen am Abhange des Dornajo, ferner im Genil-Thale 1500 m. 40. Tortula montana (N. v. Es.). Ist bisher für die Sierra Nevada nicht angegeben worden, jedenfalls mit der ruralis verwechselt. Von Granada bis zur äussersten Spitze des Mulahacen circa 3600 m; die häufigste Tortula der Sierra Nevada. Die Hochgebirgsformen sind steril und sehr dichtrasig, und von 3000 m an findet man sehr kleine, verkümmerte, dichtrasige, an Gymnostomum calcareum erinnernde Exemplare mit ver- kümmertem Blatthaar, sehr schwacher, oft vor der Spitze endigender Rippe, flachem Blattrande, die so von der Normal- form abweichen, dass man ohne die vorhandenen zahlreichen Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl1.; CIV. Bd., Abth. I. 21 308 F. v. Höhnel, Übergänge die Zusammengehörigkeit mit T. montana nicht erkennen könnte. 41. Tortula ruralis (L.). Steigt ebenfalls bis gegen 3000 m hoch hinauf. Ist im Ganzen etwas weniger häufig als die vorher- gehende Art und fast stets steril. 42. Tortwla Mülleri (Bruch). Von Ph. W. Schimper zwischen Guejar de la Sierra und dem Cortijo de la Vibora an Felsen in dichten Rasen gesammelt. Der Fundort liegt im Kalk- gebiete und wahrscheinlich 1400—1500 m hoch. 43. Cinclidotus riparius (Host). Nach Willkomm auf der Borreguil de S. Jeronimo (2650 m?). 44. Schistidium apocarpum (L.). Von Clemente allgemein für das Gebiet angegeben. Ich fand die Pflanze nur in der Kalk- zone am Dornajo 1600-- 1800 m. 45. Schistidium alpicola (Sw.). Mit Früchten an quelligen Orten an den Abhängen des Mulahacen, und im oberen Capil- leira-Thale 2500— 2700 m. Wie es scheint, stets die Normalform. 46. Schistidium confertum (Funck). Kommt im ganzen Gebiete bis zur höchsten Spitze auf allen Gesteinen vor. Auf den Giptelfelsen des Mulahacen noch mit Früchten. 47. Schistidium pulvinatum (Hoffm.). Nach Clemente an Felsen bei Trevelez. Da ich im Trevelez-Thale nur die vor- hergehende Art sah, liegt vielleicht eine Verwechslung mit dieser vor. | 48. Schistidium atrofuscum (Schimp.). Diese seltene Art fand ich in typischen Exemplaren an Kalkfelsen ober Cortijo de S. Geronimo 1900 m mit Früchten, zusammen mit der neuen Grimmia Dornajii v. H. Nachdem diese Art neuerdings auch in Montenegro von Baldacci! gesammelt wurde, ist es mir wahrscheinlich, dass sie überhaupt mediterran ist und in den nördlichen Kalkalpen ihre Nordgrenze erreicht. 49. Grimmia Dornajii v. Höhn. Siehe vorige Art und die Beschreibung S. 322. 50. Grimmia leucophaea Gre&v. Ist in der Sierra Nevada sehr verbreitet und bis gegen 3000 m ansteigend. Z. B. bei der Mina Estrella 1580 nz, im Gebiete der miocänen Blockformation ı Bottini, Beitrag zur Laubmoosflora von Montenegro. Hedwigia 1892, p. 134. Laubmoosflora der Sierra Nevada. 309 unterhalb des Fuente del castano 950 m, fast 3000 m hoch an der Nordwestseite des Picacho de Veleta. ol. Grimmia commntata Hüben. Verhält sich ganz so wie vorige Art und meist zusammen mit ihr (wie in den Alpen!). Auch bei der Laguna de Vacares bei circa 3000 m. | 52. Grimmia orbicularis Bruch. Von Fritze bei Granada gesammelt. 98. Grimmia pulvinata (L.). In der ganzen Sierra häufig, jedoch kaum über 2000 m ansteigend. 54. Grimmia Mühlenbeckii Schimp. Im oberen Genil- Thale 1600 m, mit Früchten. 595. Grimmia Lisae de Not. Als Grimmia trichophylla Grev.v. meridianalisSchpr.von Schimper an sehr trockenen Hügeln zwischen Granada und dem Kamme der Sierra Nevada reichlich und sehr schön gesammelt. Ich fand die Pflanze Iypische nur im Basen bis, eisca 2000 m (zB. Ruente de la criviera 900 m, Fuente del castano 1000 m, oberstes Genil-Thal 2000 m). In höheren Lagen fanden sich zum Beispiele an der Nordwestseite des Picacho de Veleta 3000 m Formen, die ich als die Normalform von 56. Grimmia trichophylla Gre&v. betrachte. 57. Grimmia decipiens (Schultz). Nach Colmeiro von Schimper in der Umgebung von Granada gesammelt. 58. Grimmia montana Bryol. europ. Ist in der Sierra Ne- vada auf Schiefer nicht selten, oft zusammen mit der (steril höchst ähnlichen) commautata, z. B. im oberen Trevelez-Thale 2200m. Am Picacho de Veleta bis 3000 m hoch steigend. Nicht selten mit Frucht. 59. Grimmia alpestrisScheich. VonSchimper unterhalb des Pico de Veleta bei Panderon in der Höhe-von 2760 m ge- funden. Ich fand die Pflanze auf Glimmerschiefer im Trevelez- Thale 2500 »» und auf der Südseite des Picacho de Veleta 2800 m mit Früchten. 60. Grimmia mollis Bryol. europ. Von Schimper in der Höhe von 2680 m an einem Schneewasser in einer steilen Schlucht bei den Borreguiles de San Geronimo gefunden. 61. Dryptodon patens (Dicks.). An quelligen Orten unter- halb der Laguna de Vacares, 2800 m, steril. 2% 310 FE. v. Höhnel, 62. Racomitrinm acienlare (L.). Von Clemente im All- gemeinen für die Sierra Nevada angegeben, fand ich die Pflanze nur auf der Südseite des Gebirges, und zwar steril. Am schönsten im Barranco de Trevelez 2600 m. Daselbst auch die weiter unten beschriebene neue Varietät B angustifolium. 63. Racomitrium protensum Braun. Quellige Orte unter- halb der Laguna de Vacares, 2800 m, steril. 64. Racomitrium fascicnulare (Schrad.). Im oberen Genil- Thale bei den Minas Estrella, 1580 m. 65. Hedwigia albicans (Web.). Von Clemente für den Barranco de Trevelez und Portugos angegeben. Ich fand die Pflanze nur in den nördlichen Thälern bis 1700 m auf Schiefer. Im oberen Genil-Thal und sonst auch die Varietät ß leuco- phaea Br. eur. 66. Amphidium Monugeotii (Bryol. eur.). Von mir nur auf der Südseite 2200 m, steril. im Barranco de Vacares. 67. Orthotrichum cupnlatum Hoffm. Ist im Kalkgebiete sehr häufig und bis über 2000 m ansteigend. Schon von Boissier angegeben. Auch in der miocänen Blockformation, z.B. an der Fuente de la criviera 900 m. 68. Orthotrichum Sardagnanıum Vent. An Kalkfelsen ober Cortijo de los mimbros, 1800 m. Die Sierra Nevada-Pflanze weicht etwas von der Normalform ab (Vorperistom sehr niedrig und schwach entwickelt, Scheidchenhaare nicht papillös, oft zwei-mehrzellreihig, sehr lang; Sporen bräunlich, nicht schwärzlich). 69. Orthotrichum patens Bruch. Nach )J. Lange bei Guejar de la Sierra vorkommend. 70. Orthotrichum rupestre Schleich. Nach Boissier am Weideplatze von S. Geronimo bei dem Prado de Yegua, 2060 m. 71. Orthotrichum Sturmii Hornsch. Auf der Nordseite des Gebirges von 1000— 3000 m verbreitert. (Der Boissier'sche Standort für O. rupestre gehört wahrlich auch hieher, da ich stets nur Sturmii fand.) Höchster Standort am Picacho de Veleta (Nordwestseite) 3000 ım. 72. Orthotrichinm speciosum Nees v. Es. An Thon- glimmerschieferfelsen 2200 m am Camino de los Neveros vor den Prados de Yegua. Laubmoosflora der Sierra Nevada. Sl 73. Encalypta vulgaris (Hedw.). Die Normalform, sowie die Varietät ß obfusa Bryol. germ. bis circa 2300 m im Süden und Norden der Sierra Nevada. Am häufigsten im Trevelez- und Genil-Thale (Fritze). Auch von Clemente gefunden. 74. Encalypta rhabdocarpa Schwgr. Die Normalform und die Varietät ö leptodon (Bruch) nicht selten in der Kalkzone bis über 2000 m Höhe. Seltener die Varietät 8 pilifera (Funck); letztere z.B. an Kalkfelsen am Dornajo. 75. Georgia pellucida (L.).. Von Clemente in den Alpu- jarras bei Portugos gefunden. 76. Fumaria hygrometrica (L.).. Nach Boissier und Cle- mente in den Vego von Lanjaron (Alpujarras). 77. Funaria convexa Spruce, vonLange und Schimper bei Granada gefunden. 78. Webera acuminata (Hopp. und Hornsch.). Steril und ? an der Südostseite des Mulahacen, 3000 m. 79. Webera polymorpha (Hoppe und Hornsch.) v. brachy- carpa (H. und H.). Feuchte Orte am südöstlichen Abhang des Mulahacen, 2500 mn. 80. Webera cruda (L.). An feuchten Orten, sowohl auf Kalk (z. B. 1800 m an Felsen ober Cortijo Geronimo), als auf Schiefer (z. B. unterhalb der Laguna de Vacares 2800 m, am Alcazaba und Mulahacen bis 3000 m hoch ansteigend). Die zweihäusige Varietät 8 minus Schpr. im oberen Jenil-Thale 1700 m. 81. Webera commnutata Schimp. Ist auf der Südseite in der Quellenregion des Gebirges vom Cerro de Caballo bis zum Lomo de Maitena 2400— 2600 m sehr verbreitet. Fast stets steril. 82. Webera andalusica v. Höhn. Diese neue Art kommt an feuchten quelligen Orten in circa 2800 m Höhe (häufig mit voriger zusammen) nicht selten vor. 83. Webera annotina (Hedw.). Auf der Südseite des Ge- birges in der Höhe von 2000— 3000 m am Alcazaba, Cerro de Vacares, Mulahacen etc. steril. 84. Mniobryum carneum (L.).. Von Clemente für das Gebiet angeführt. Bis 3000 m, z.B. am Picacho de Veleta an- steigend. Auch im Kalkgebiete, z. B. am Fuente del castano 1000 »n. Nur steril gesehen. 5112 F. v. Höhnel, 85. Mniobryum albicans (Wahlenb.). Charakteristisch für die Quellenregion in 2500 —2800 m Höhe des Hochgebirges. Insbesonders in der Varietät B glaciale Schleich. mächtige, meist sterile Rasen bildend. Rehr schön an den Abflüssen der Lagunen. Im oberen Capilleira-Thale, im Vacares-Thale etc. sehr üppig. 86. Bryum pendulum (Hornsch.). Nach Schimper auf den höchsten Theilen der Sierra Nevada. Ich fand nur die Varietät B compactum Hornsch. auf der Südseite zwischen Alcazaba und Mulahacen 2600 m. | 87. Bryum inclinatum (Sw.). Von Boissier an feuchten Orten in 2050 m Höhe ober S. Geronimo am Dornajo gefunden. 88. Bryum bimum Schreb. Nach Clemente bei Agua agrilla de Portugos (Alpujarras). Ich fand die Pflanze (steril) in 2500 m Höhe an quelligen Orten unterhalb der Laguna de Vacares. 89. Bryum cirrhatum Hopp. und Hornsch. Im oberen Trevelez-Thale gegen den Vacares-Sattel, 2400 m. Mit Frucht. 90. Bryum provinciale Philib. In den tieferen Theilen des Gebirges. Z. B. im Genil-Thale mit Anacolia Webbii 1600 mm, auf Schutt beim Fuente de la criviera 900 ım. Steril. 91. Bryum pallescens Schleicher. Ist in der Sierra Nevada nicht selten und schon von Boissier 2200 m im oberen Vacares-Thal, von Willkomm und Schimper im obersten Theile des Barranco de S. Juan 2600—2800 m auf Schiefer gefunden. Ich fand die Pflanze mit Kapseln auf der Südseite des Gebirges mehrfach in Höhen von 2200— 2500 m. 92. Bryum capillareL. In den unteren Theilen des Gebirges ist die Varietät ö meridionale Schimp. häufig und schon von Schimper (Mauern in Granada und der Alhambra) und Fritze (im Genil-Thale bis 2200 m) nachgewiesen. Von mir in allen Thälern bis 2000 m gefunden. An feuchten quelligen Orten in 2500— 2600 m Höhe fand ich die interessante Varietät y flaccidum Bryol. eur. steril. 93. Bryum Donianum Grev. Meist steril und nicht selten am Fusse des Gebirges bis 1500 m, an Mauern, z. B. bei Granada mit Eucladium verticillatum, im Jenil-Thale bei Minas Bstrellazere: Laubmoosflora der Sierra Nevada. 318 94. Bryum obconicum Hornsch. Nach J. Lange um Granada (und Cordoba) auf Mauern, feuchten Felsen und auf feuchtem Boden. Nachdem diese sehr seltene Art dem Bryum capillare L. v. meridionale und dem Bryum Donianum Schpr. höchst ähnlich ist und letztere beide an den angegebenen Standorten nicht selten sind und dabei von Lange gar nicht erwähnt wurden, so scheint es mir wahrscheinlich, dass eine Verwechslung mit einer der beiden Arten vorliegt, um so mehr, als B. obconicum aus anderen Theilen Spaniens nicht an- gegeben wird. 95. Bryum caespititium L. Schon von Clemente allgemein für die Sierra Nevada angegeben, fand ich diese Art auf allen Böden bloss bis zu 3000 »n Höhe. In den höchsten Lagen sterile, verkümmerte Formen, unten reich fruchtend. 96. Bryum alpinum Huds. Schon von Bory auf den Borreguiles der Sierra Nevada und von Colmeira im Corral de Veleta, ferner von Fritze im Genil-Thale bei 2200 m gefunden, ist diese Art sowohl auf der Nordseite, wie auf der Südseite des Gebirges nicht selten, meist steril, 2200—2500 m, auf Thonschiefer. 97. Bryum erythrocarpum Schwägr., von Boissier im Corral de Veleta 2800 m gefunden. Von mir die Varietät B radi- cnlosum (Brid) in tieferen Lagen, z. B. am Fuente del castano, 1000 m, reich fruchtend gefunden. 98. Bryum atropurpureum Wahlenb. von Fritze im Jenil-Thale in 2200 m Höhe gefunden. 99. Bryum argenteum L. Steigt in der Sierra Nevada bis gegen 3000 m hoch hinauf. Meist steril und nicht selten. 100. Bryum pallens Swartz. An Quellen und Bächen 2600 m am südöstlichen Abhang des Mulahacen. 101. Bryum Schleicheri Schwägr. Sowohl die Normal- form, als auch die beiden Varietäten ß angustatum Schpr. und x latifolium Schpr. in den höheren Theilen der Sierra Nevada an Quellen, Bächen u. s. w. in Höhen von 2400— 2900 m sehr verbreitet. Nur steril gesehen. Schon von Boissier, Willkomm und Schimper beobachtet. 102. Bryum pseudotriguetum Schwer. In der Quellregion von 2400—2900 m des höchsten Abschnittes der Sierra Nevada 314 F. v. Höhnel, häufig. (Vom Cerro de Caballo bis zum Vacares-Passe.) Nach Willkomm im Barranco de Dilar in der Höhe von 3000 m die (mir nicht bekannte) Varietät B nevadense Hampe. 103. Mnium umdulatum (L... Nach Clemente in den Chorreros de Portugos (Alpujarras). 104. Mnium punctatum (L., Schreb.). Nach Boissier und Clemente in der Sierra Nevada in Höhen von 2200 bis 2500 m an. Ich fand diese Art nur steril an südlichen Quell- abflüssen am Mulahacen 2700 m. 105. Amblyodon dealbatus (Dicks.). Nach Schimper sehr selten auf den höchsten Theilen der Sierra Nevada, und nach Boissier im Corral de Veleta (2800 m). 106. Meesia triguetra (L... Nach Clemente im Agua agrilla de Portugos (Alpujarras). 107. Aulacomium palustre (L.). Schon von Clemente und Bory (am Ursprunge des Dilar) im Gebiete aufgefunden. Nicht nur die Normalform, sondern auch die Varietät e alpestre Schpr. ist in den höheren Regionen des Gebietes an Quellen und Bächen nicht selten. So an allen Abhängen des Alcazaba und Mulahacen, 2200— 2500 m. 108. Bartramia ithiphylla (Haller). Wurde bisher nur von Schimper für den Picacho de Veleta angegeben (2800 m). Die Pflanze ist jedoch in der ganzen Sierra verbreitet, von 1500 bis 3000 m; häufig mit Frucht. (Sehr schön im Jenil-Thale, an den Quellen des Mulahacen, im oberen Vacares-Thal etc.). 109. Bartramia pomiformis Hedw. Von Clemente allgemein für dieses Gebiet angegeben und von Fritze im Jenil-Thale gefunden. 110. Anmacolia Webbii (Mont.). Dieses auf Teneriffa häufige Moos wurde in Europa zuerst 1847 von Ph. W. Schimper auf sehr trockenem Boden der Montes de Granada gegen das Jenil-Thal hin gefunden. Später von Fritze im hinteren Jenil-Thale, 1900 »n, gesammelt. Es scheint im Gebiete nur steril vorzukommen. Ich fand es bei den Minas de Estrella 1500 m und bei Fuente del castano 1000 m und auf der Süd- seite der Sierra Nevada im Barranco de Trevelez 2000 zz. 111. Conostomum boreale Swartz. Von Schimper auf dem Picacho de Veleta steril gesammelt. Ich halte es bei dem Laubmoosflora der Sierra Nevada. 31o Umstande, dass ich diese Art nicht finden konnte, hingegen nicht selten Philonotis seriata Mitt. antraf, nicht für unmöglich, dass hier eine Verwechslung dieser beiden Arten vorliegt, da kleine sterile Exemplare von letzterer Art dem Conostomum boreale habituell sehr ähnlich sind. 1127 Philonotis Fontana (L.).. Schon‘ von Clemente (Barranco de Trevelez), Boissier und Bory (Nacimiento de Dilar) angegeben, ist diese in 2300— 2800 m Höhe an Quellen und Bächen nicht selten, z.B. am Prado redondo, am Abflusse BendreitSeenlete. ISsernndlonobisnseniata‘ (Mitt): Ist die, verbreitetste Philonotis der alpinen Region, an allen Quellen, feuchten Wiesen u.s. w. oft in ausgedehnten Rasen zu finden. Auf Thon- glimmerschieferboden 2500-2800 m, nur steril. Es ist von grossem Interesse, dass diese im Himalaya und Kaukasus häufige, in den Alpen höchst seltene Art in der spanischen Sierra Nevada wieder auftritt. 114. Philonotis alpicola Jur. Ist im Allgemeinen ebenfalls häufiger als die fontana. Nicht selten fertil. An den gleichen Standorten wie die vorhergehenden, doch tiefer hinabsteigend. So im Barranco de Trevelez noch bei 2000 m. 115. Catharinea undulata (L.). Nach Clemente bei Agua agrilla de Portugos (Alpujarras). 116. Pogonatum nanum (Schreb.). Nach Clemente im Barranco de Trevelez. 117. Pogonatum aloides (Hedw.). Von mir und Fritze im oberen Jenil-Thale gefunden. Ich fand die Normalform, Fritze eine nachGeheeb wahrscheinlich die Varietät defluens (Brid.) (= minimum Crome in Limpricht |. c. S. 608) darstellende Form. 118. Polytrichum sexangnlare Flörke. Von Boissier angeblich am Picacho de Veleta in der Höhe von 3100 m ge- funden. (Nicht gesehen.) 119. Polytrichum juniperinum Willd. Ist in der mittleren und oberen Region bis 2800 m in der ganzen Sierra gemein Häufig mit Frucht. In den höheren Lagen in der Varietät alpinum Schimp. vertreten. (Schon von Clemente und 316 F. v. Höhnel, Boisssier etc. beobachtet.) In tieferen Lagen (z. B. am Fuente del castano 1000 m) weniger häufig. 120. Fontinalis antipyrethica Linn. In Bächen und Quell- wässern von Granada (nach Lange im Aqueducto morisco) bis 2800 m Höhe, auch auf der Südseite nicht selten. So in der Dilar-Quelle (Bory), im oberen Capilleira-Thale, im Prado redondo, im Cogollos (Clemente) etc. 121. Lencodon scinroides (L.). Sowohl die Normalform, als auch die südliche Varietät morensis Schpr. bis zur Höhe von 2100 m häufig. 122. Pterogonium gracıle (Dill... Bei den Minas Estrella im oberen Jenil-Thale steril, 1600 m. 123. Antitrichia californica Sull. Kommt nicht nur in der Sierra Morena vor (Schimper), sondern auch im oberen Jenil- Thale, 1500 m. Steril. 124. Pseudoleskea atrovirens (Dicks.). Von Boissier für das Gebiet angegeben. Ich fand die Pflanze nur in der alpinen Region an quelligen Orten, z. B. an der Südseite des Picacho de Veleta bei 2700 m, steril. 125. Thuidium abietinum (L.). Nach Clemente bei Tre- velez und Portugos in den Alpujarras. ’ 126. Homalothecium sericeum (L.). Ist in der ganzen Sierra häufig und schon von Clemente und Boissier angegeben. Bis 2800 m ansteigend. 127. Homalothecium Phillipeanum (Spruce). Hie und da im Kalkgebiete und in den heissen Thälern bis 1500 m. Am schönsten im Jenil-Thale c. fr. 128. Camptothecium lutescens (Huds.). Vom Fusse des Gebirges bis gegen 2900 m ansteigend. Höchster Standort Laguna de Vacares. Meist steril. 129. Camptothecium aureum (Lag.) fand ich im oberen Jenil-Thale, 1500 m. Von Clemente allgemein für das Gebiet angegeben. 130. Brachythecium salebrosum (Hoffm.). Ist im Gebiete jedenfalls nicht häufig, ich fand diese Art nur an feuchten Orten unterhalb der Laguna de Vacares, 2800 ın, steril. 131. Brachythecium glareosum Br. und Schpr. Nur steril an feuchten Orten des Gebirges, 2000—2600 m, in fast allen Laubmoosflora der Sierra Nevada. Sal Gräben der Südseite, z.B. im Poquera-Thale. Auf der Nord- seite an den westlichen Abhängen des Muron de Puerto de Lobo, 2400 m. 132. Brachythecium albicans (Neck.). Von Fritze in einer robusteren Form im oberen Jenil-Thal gesammelt bei 1600—1900 m Höhe. 133. Brachythecium collinum (Schleich.). Fertil bei der Laguna de Vacares, 2900 m. 134. Brachythecium velutinum (L.) 8 condensatum Schpr. Von Schimper an sehr trockenen Mauern und selten vom Fusse der Sierra Nevada bis 2500 m Höhe gefunden. Ich fand die Pflanze sowohl auf der Nord-, wie auf der Südseite ver- schiedentlich, aber stets spärlich. Die von Colmeiro l.c.V. Bd., S. 542 angeführte Varietät y sericeum C.M. (von Schimper bei Guejar de la Sierra gesammelt) ist von der Varietät conden- satum Schpr. wohl nicht verschieden. 135. Brachythecium Rutabulum (L.) fand ich nur 2800 m hoch an der Südwestseite des Picacho de Veleta. Steril. (Von Clemente im Allgemeinen für das Gebiet angegeben.) 136. Brachythecium vivnlare Br. und Schpr. In allen Quellbächen der Südseite des Hochgebirges häufig. Steril. 137. Brachythecium populeum (Hedw.). Nach Boissier in der Sierra Nevada bei 1950 m Höhe. Nicht gesehen. Auf der äussersten Spitze des Mulahacen, circa 3600 m hoch, wächst in dichtem Rasen in Schieferfelsspalten eine sterile und etwas verkümmerte Hypnacee, die beim ersten Anblick an Aypnum Vaucherii Lesqu. erinnert und in der That auch zum Theile kurz zweinervige Blätter aufweist, jedoch ein viel weiteres Zellnetz besitzt. Die genaue mikroskopische Untersuchung jedoch liess es mir sehr bald zweifellos erscheinen, dass ein Brachythecium vorlag. Dass alpine Formen einnerviger Hypnaceen die Neigung haben zweinervig zu werden, kann man am Brachythecium erythrorhyzon und tauriscorum, und an Eurhynchium diversifolium gut beobachten. In der 'That zeigte die in Rede stehende Art neben zweifellosen einnervigen Brachythecium-Blättern (ähnlich denen von salebrosum, tauris- corum oder erithrorhyzon) auch Blätter, die kurz zweinervig waren und an die von Hypnum Vaucherii Lesqu. erinnerten. 318 F. v. Höhnel, Solche Funde zeigen, wie nahe die Hypnaceen mit einander verwandt sind. Nachdem die genannte Pflanze, wie erwähnt, verkümmert war (die Spitzen vieler Stämmchen waren wurm- gallig,die Blätter vielfach rugulös, wie bei Drachythecinm tauris- corum v. rugnlosum Molend.), so liess sich eine sichere Be- stimmung nicht ausführen, doch vermuthe ich, dass eine der genannten drei Arten vorliegt. 138. Scleropodium Illecebrum (Schwgr.). Am Nordfusse des Gebirges bei Granada 700 m, im Genil-Thale bei 1500 m steril. 139. Eurhynchium strigosum (Hoffm.) var. ß imbricatum Br. Eur. Am Fuente de la criviera 900 m, bei den Minas de Estrella 1500 m im Jenil-Thale. Steril. 140. Eurhynchium diversifolium Br. und Schpr. Ist in der Region von 2200—3000 m auf steinigem Boden nicht selten. Steril. Sowohl auf der Nord-, wie auf der Südseite des Hauptkammes. 141. Eurhynchium praelongum (L.). Am Fusse der Sierra bei Granada nicht selten (Fritze, v. Höhnel). Auf der Süd- seite bei den Chorreras de Portugos, nach Clemente. 142. Rhynchostegium tenellum (Dicks.). Von Fritze im Alhambra-Park gefunden. 143. Rhynchostegium confertum (Dicks.). Im oberen Tre- velez-Thale 2000 m. Steril. 144. Rhynchostegium rusciforme (Weis.). Nach Boissier in den Borreguiles de San Geronimo. 145. Amblystegium serpens (L.). In der ganzen Sierra Nevada (Clemente). Bis 2800 m-ansteigend. 146. Hypnum Halleri L.F. Nach Clemente in der Sierra Nevada. 147. Hypnum chrysophyllum Brid. Nicht häufig im Ge- biete. Noch bei 2700 m auf der Südseite zwischen Alcazaba und Mulahacen. 148. Hypnum exannulatum Gümb. Ist an quelligen Orten in Höhen von 2300— 3000 m häufig im Gebiete. Besonders auf der Südseite. Steril. Hier auch die Varietät y Rotae (de Not.) in Bächen. Stenil Laubmoosflora der Sierra Nevada. 319 149. Hypnum flnitans L. Nach Clemente in Höhen von 3100—3500 m. Da ich stets nur ganz sterile oder rein männ- liche oder rein weibliche Formen aus der Gruppe /luitans- exannnlatum fand, so zweifle ich nicht daran, dass mir nur exannunlatum vorlag. Indessen ist es wahrscheinlich, dass auch die echte /luitans im Gebiete vorkommt, um so mehr, als es nach den bekannten eingehenden Untersuchungen von Sanio über die Gruppe Harpidium! kaum mehr einem Zweifel unter- liegen kann, dass beide Arten nur Varietäten von flnitans darstellen. 150. Hypnum uncinatum Hdw. habe ich nur in der Region über 2200 m an feuchteren Orten gefunden. Hier häufig, aber steril. 151. Hypnum filicinum L. Nach Clemente im Barranco de Trevelez. Nicht gefunden. 152. Hypnum decipiens (Thuidium — de Noöt.). An quelligen Orten unterhalb der Laguna de Vacares, 2800 m. Steril und spärlich. 153. Hypnum commutatum Hedw. Von Fritze im Jenil- Thale 1900 m; Boissier: Sierra Nevada; Lange: an Brunnen Ieranada, Ich and diese Art nur beim Buente Avellano (Alhambraconglomerat, 700 m). 154. Hypnum falcatum Brid. Ist in der oberen Quell- region, 2300— 3000 m, der Sierra Nevada gemein. Steril. 155. Hypnum cupressiforme L. Ist im Gebiete verbreitet. Bis 3000 m ansteigend. Die Varietät e fliforme Schpr. an Baumstämmen häufig. Die Varietät subjulaceum Mol. im oberen Jenil-Thale bei 1600 m. 196. Hypnum Alcazabae v. Höhn. Diese neue Art an den südöstlichen Abhängen des Alcazaba in der Höhe von 2300 m auf Thonglimmerschieferboden. Steril. 157. Hypnum curvicaule Jur. An feuchten Felsen an den südöstlichen Abhängen des Mulahacen in der Höhe von 2800 m. Die Sierra Nevada-Pflanze weicht von der alpinen nur unmerk- lich ab und gehört zu den kleineren Formen dieser Art. I Siehe Bot. Centralblatt, Bd. 2 (1880), 5 (1881) und 13 (1883): Hedwigia, 1887 und Bihang till k. svenska Vet. Akad. Handlingar, Bd. 1, Nr. 1. 320 F. v. Höhnel, 158. Hypnum molle Dicks. auch in der kleineren Form ß Schimperianum (Lor.) in der Quellregion bei 2500—3000 m nicht selten. 159. Hypnum: dilatatum Wils. An den gleichen Orten nicht selten. { 160. Hypnum cuspidatum L. Nach Bory und Clemente auf den Borreguiles und unterhalb der Fälle de Dilar. 161. Aylocomium squarrosum (L... Nach Bory und Clemente in den Lagunillas der Sierra Nevada. II. Beschreibung der neuen Formen. l. Oreoweisia Mulahacenii nov. spec. Mit Oreoweisia Bruntoni Sm. zunächst verwandt. Einhäusig. Die weiblichen Blüten gipfelständig, mit Para- physen. Innere Perichätialblätter kürzer, breitscheidig, stumpf- lich, die Seta scheidig umfassend. Die äusseren von den Laub- blättern kaum verschieden. Die männlichen Knospen mit 2—3 kleinen, breit eiförmigen bis fast rundlichen, chlorophyllarmen, stumpfen, fast rippenlosen, häutigen, zarten, glatten Hüllblättern, ganz von den scheidigen, zartwandigen Theilen von 2—-3 äusseren Hüllblättern umschlossen. Sie finden sich auf kürzeren Seitenzweigen, die an der Basis bewurzelt sind, unter den weiblichen Blüten, zeigen circa 320 x lange Antheridien und farblose fadenförmige Paraphysen. Rasen dicht, dunkelgrün, kaum I cm hoch. Stengel zart (105 u dick), dreiseitig rundlich, mit kleinem, undeutlich be- srenztem Centralstrang, umgeben von drei Schichten dünn- wandiger, weitlumiger Zellen. Rinde gut abgegrenzt aus 2 bis 3 Schichten von dickwandigen, kleinen, gelbbraunen Zellen gebildet. Untere Blätter etwas kürzer, obere 19 —2 mm lang, trocken hakig einwärts gekrümmt und verbogen bis fast kraus, feucht im Bogen zurückgekrümmt mit aufgerichteter Spitze. Blätter 300—400 u. breit, im ersten Drittel ziemlich gleich breit, von da aber gegen die Spitze gleichmässig verschmälert, mit auf- gebogener Lamina, daher rinnig hohl und schwer auszubreiten. Blattrand verdickt, oberwärts, sowie die Spitze zweischichtig, aufrecht, oben wellig uneben, aber nicht gezähnt. Laubmoosflora der Sierra Nevada. Sal! Lamina im unteren Blattdrittel einschichtig, oberwärts von der Rippe, dem Rande und der Spitze her zweischichtig. Auch einzelne isolirte Zellen und Zellreihen zweischichtig Zellen der Lamina oberwärts nicht sehr derbwandig, im fast scheidigen Basaltheile sehr zartwandig und farblos, an der Insertion oft röthlich. Zellen oberwärts bis zum untersten Viertel des Blattes quadratisch, chlorophylireich, oben 7—10, abwärts bis 18 ı lang und breit. Zellwände oberwärts röthlichbraun, Blattspitze von 1So- diametrischen Zellen gebildet, etwas trüb. Unteres Blattviertel aus hyalinen, kurz rectangulären, sehr zartwandigen, weiten Zellen gebildet, die gegen den Rand hin noch dünnwandiger werden, aber keine deutlichen Blattflügelzellen bilden. Zellen im oberen Blatttheile, besonders rückwärts, deut- lich stumpf — warzig mammillös vorgewölbt; die halbrunden Mammillen häufig von einer flachen Papille gekrönt, ausserdem ebensolche Papillen häufig über den Pfeilern und am Blatt- rande. Blattrippe vor oder mit der Spitze endigend, unten flach, 70—110 u breit, gelb, nicht scharf begrenzt, ohne eigentliche Stereiden, oberwärts fast homogen, mit 2 basalen Deutern und 4—5 nicht differenzirten Aussenzellen, im Innern einige dünnwandige kleine Zellen. Im unteren Theile 4 dünnwandige mediane Deuter, darüber und darunter einige kleine Zellen, Sklerenchymbänder andeutend, die unteren oft in 2—3 getrennte Gruppen vertheilt, die oberen oft fehlend. Seta etwa 5 mm lang, unten rechts, oben links gedreht, 120 — 130 u. dick. Vaginula etwa 700 u lang, länglich bis cylindrisch, mit kurzer Ochrea. Kapsel aufrecht, gerade, länglich-cylindrisch, gelbbraun, dünnhäutig, mit kurzem (170 u), kaum angeschwollenem Halse. Kapsel 1:5 mm lang und !/, mm breit, an der Basis mit grossen Spaltöffnungen. Mündung wenig enger, mit 6—8 Reihen von kleinen querrectangulären oder isodiametrischen, wenig dicker- randigen, hellrothbraunen Zellen. Ring nicht deutlich, bleibend. Kapselepidermis sehr zartwandig, Zellen kurz rectangulär. Columella circa 75 y dick, innerhalb der Mündung endigend. 322 F. v. Höhnel, Kapsel trocken runzelig-längsfurchig, streifig. Sporen an- scheinend glatt, rundlich, circa 13 —15 u breit. Peristom sehr tief inserirt, aus 16 lanzettlichen, etwa 110—120 1 langen, spitzen,haplolepiden Zähnen bestehend. Zähne 10— 12 gliederig, glatt, weder gestrichelt, noch papillös, Querbalken seitlich kaum vortretend, Innenseite mit einer Längslinie; Zahnränder zart, durchscheinend. Zähne ungleichmässig entwickelt, oft ver- kümmert oder kürzer; die kurzen ohne Theilunsslinie. Deckel unbekannt. Haube (jung) einseitig geschlitzt. Ich fand die Pflanze am 29. September 1892 auf der äussersten (Thonglimmerschiefer) Spitze des Cerro de Mula- hacen, 3545 m, des Culminationspunktes der Sierra Nevada auf der spanischen Halbinsel. Sie unterscheidet sich von der Oreoweisia Bruntoni (Smith) durch die geringere Grösse, den mehr rundlichen Stengelquerschnitt, die verdickte Stengelschichte, die kürzeren weniger krausen, am Rande nicht zurückgerollten, an der weniger scharfen Spitze ganzrandigen Blätter; ferner durch das Fehlen eigentlicher Stereiden in der Blattrippe, durch die mehr ausgeprägte Doppelschichtigkeit des Blattes, die nicht spitzen, sondern flachen Mammillen, die besonders unterseits entwickelt sind; durch die trocken faltige Kapsel, das glatte Peristom, die kleineren glatten Sporen und durch den ver- schiedenen Standort. 2. Grimmia Dornajii n. sp. Zu Gasterogrimmia gehörig, und zwischen Grimmia anodon Br. Eur. und G. plagiopodia Hedw. in der Mitte stehend. Einhäusig; die J Blüthen gipfelständig, später pseudo- lateral am Fruchtspross; meist 4—5 männliche Hüllblätter. Dieselben sind breit eiförmig und circa 900 u lang und 570 u breit. Rippe derselben etwa 30 u breit, nach oben hin ein wenig dicker, vor der stumpfen Spitze verschwindend. Gegen die Basis hin ein Randsaum vorhanden, der aus 1—4 Reihen von hyalinen, zartwandigen Zellen besteht. Ü Paraphysen fehlen. Antheridienschläuche voll 550, leer 430 u lang. Weibliche Blüthen mit zahlreichen, farblosen Paraphysen. Laubmoosflora der Sierra Nevada. 3283 In Tracht und Grösse wie Gr. pagiopodia Hedw. Wächst in flachen (kaum polsterförmigen) dichten, erderfüllten, leicht zerfallenden, kaum wurzelhaarigen, !/,—1cm hohen Rasen, von dunkler schmutziggrüner Farbe. Die einzelnen Stämmchen sind fast kätzchenartig. Die Blätter feucht aufrecht stehend, fast anliegend. Trocken dicht anliegend, steif, nicht gedreht oder verbogen. Die unteren Blätter sind stumpflich, länglich — lanzettlich, kielig hohl, dachig übereinanderliegend. Zellen mässig dickwandig, oben rundlich quadratisch, unten kurz rectangulär. Rand flach. Rippe verschwindend oder in die Spitze eintretend; 30—40 ı dick, oben wenig breiter. Obere Blätter breiter, eiförmig, kielig hohl, oberwärts fast kahnförmig. Rippe unten 40, oben bis über 60 u dick, im Querschnitte dreischichtig; zwei basale Deuter, eine geringe Anzahl von sehr kleinen Binnenzellen und nicht differenzirte Aussenzellen. Blattspitze der oberen Blätter, die bis über 22 mm lang werden, farblos, in ein stumpfgezähntes, mässig langes hyalines Haar (meist kürzer als das Blatt), in das die Rippe eintritt, verlängert. Blattrand stets aufrecht, von der Blattspitze herab oft farblos. Blattzellen mässig dickwandig, oben rundlich quadratisch, in der Mitte etwas länglich, gegen die Basis im Mittel viermal länger als breit. Bei den Perichaetialblättern, welche die Kapsel ganz einhüllen, ist ein oft bis über die Blatt- mitte verlaufender, aus mehreren dünnwandigen hyalinen Zellenreihen gebildeter Randsaum vorhanden. | Blattlamina entweder einschichtig, oder die äusserste Blatt- spitze (wenigstens der grösseren Blätter) und der Blattrand doppelschichtig, wenigstens stellenweise. Bei den obersten und Perichätialblättern häufig einzelne Zellreihen der Lamina weit (manchmal bis in das untere Blattviertel) herab doppelschichtig. Diese doppelschichtigen Zellreihen hängen bei den grösseren Perichätialblättern manchmal netzförmig zusammen, wodurch dieselben sehr eigenthümlich aussehen. Alle grösseren Blätter sind im Mikroskope eigenthümlich, fast gelatinös durchsichtig, was in viel geringerem Grade auch bei plagiopodia, nicht aber bei anodon der Fall ist. Sie sind relativ chlorophyllarm und erscheinen im Mikroskope licht Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 22 324 F. v. Höhnel, gelblich grün gefärbt. Die Laminarzellen sind durchschnittlich etwas grösser als bei den beiden genannten Verwandten und ganz glatt. Stengel mit etwa 30 u breitem Centralstrang, dünn, Rindenzellen mässig dickwandig, wenig kleiner als das innere hyaline Parenchym. Seta nur 160 u über die Ochrea hinausragend, an der Spitze verdickt, gekrümmt. Vaginula mit spärlichen, einzel- reihigen, gelblichen Haaren versehen. Kapsel I mm lang, dick eiförmig bis fast kugelig, entleert fast halbkugelig (ganz wie bei anodon), an der Basis einseitig ausgebaucht, dünnhäutig entleert. Mündung erweitert; Zellen der Kapselepidermis (Exothecium) sehr derbwandig (Zellwand- dicke 10 u, bei anodon 5 1) aus kurz rectangulären bis länglich unregelmässigen gelbbraunen Zellen gebildet. Um die Mündung 2—3 Reihen von isodiametrischen, noch derberen, dunkelroth- braunen Zellen. Ring nicht deutlich differenzirt, bleibend, ein- reihig. An der Kapselbasis rundliche, farblose Spaltöffnungen. Peristom fehlend. Deckel und Haube unbekannt. Sporen 9—10 u, rundlich, glatt, gelbbräunlich. Ich fand die Pflanze am 26. September 1892 in der Seehöhe von circa 1900 m auf Kalkfelsen, circa 200 m über Cortijo S. Geronimo am Westabhange des Dornajo. Sie wächst dort zusammen mit dem seltenen Schistidium atrofuscum Schpr. Die Pflanze ist ein interessantes Beispiel dafür, dass ein Moos vollständig, selbst mit der besten und ausführ- lichsten Beschreibung einer anderen Art übereinstimmen und dabei doch gänzlich davon verschieden sein kann. Versucht man, meine Pflanze mit den bekannten Handbüchern europäischer Moosfloren zu bestimmen, so kommt man mit grösster Sicherheit auf Grimmia anodon Br. Eur. Nicht der leiseste Verdacht, dass doch eine andere Art vorliegen könnte, erscheint berechtigt. Vergleicht man nun die Pflanze mit typischen Exemplaren der anodon, so findet man sofort, dass eine ganz andere Pflanze vorliegt. Namentlich sind das Zellnetz der Blätter und der In- halt der Zellen total verschieden. Vergleicht man nun die nächst- verwandte plagiopodia, so bemerkt man eine grosse Verwandt- schaft im Zellaufbau der Blätter, aber der Mangel des Peristoms Laubmoosflora der Sierra Nevada. 328 und der Kalkstandort, sowie andere kleinere Unterschiede machen sich bemerkbar. In der That steht die Grimmia (Gasterogrimmia) Dornajii in der Mitte zwischen anodon und plagiopodia. Im vegetativen Aufbaue steht sie der plagiopodia sehr nahe. Bei dieser Art ist aber die Lamina stets einschichtig und nur der Rand hie und da zweischichtig, während sich die Gr. Dornajii, was die Zwei- schichtigkeit anbelangt, fast so wie anodon verhält, hingegen eine andere Zellenbeschaffenheit hat. Anodon hat stets dunkel- grüne, undurchsichtige Zellinhalte, namentlich im oberen Blatt- theile. Dormajii hat durchscheinende, gelblichgrüne, chloro- phyllarme Zellen, mit mehr anscheinend gelatinösen Wänden. Der Mangel des Peristoms, die Weitmündigkeit der ent- leerten Büchse, die kürzere Seta sind grosse Unterschiede von der plagiopodia, während der Hauptunterschied der Kapsel von jener von anodon durch die viel dickwandigeren Exothecium- zellen gegeben ist. Nachdem ich viele Kapseln untersucht habe und nirgends auch nur Spuren von einem Peristom antraf, so zweifle ich nicht, das letzteres stets fehlt, obwohl der Umstand, dass die Kapseln schon längst entdeckelt und grösstentheils entleert waren, die Möglichkeit offen lässt, dass doch ein Peristom vorhanden war. Die Wahrscheinlichkeit hiefür ist aber nach meiner Überzeugung so gut wie gleich Null. Denn nicht nur, dass die untersuchten Kapseln im Übrigen sehr gut erhalten waren, ist das Peristom bei den Grimmien überhaupt nicht hin- fällig, sondern zähe, und ist die Kapsel bei unserer Pflanze wie bei allen Gasterogrimmien von den Perichätialblättern völlig eingehüllt und geschützt. Selbst dann, wenn sich trotz alledem nach dem Auffinden weiterer Exemplare ein dem von G. plagio- podia sogar völlig gleiches Peristom constatiren liesse, könnte bei der Existenz einer ganzen Reihe weiterer Unterschiede eine Vereinigung mit einer des bisherigen europäischen Gastero- srimmien nicht stattfinden. 3. Racomitrium aciculare (L.) var. nov. ß angustifolium. Die Exemplare dieser Art aus der Sierra Nevada haben im Allgemeinen schmälere Blätter mit weniger breit abgerundeter Spitze. co D (op) F. v. Höhnel, Ich fand jedoch auch Formen von Orthotrichum-ähnlichem Habitus, welche verdienen als eigene Varietät anerkannt zu werden, umso mehr, als es sich wahrscheinlich um nur in Süden vorkommende Formen handelt, da ähnliche Variationen für Europa bisher nicht angegeben wurden. Die Hauptunterschiede der obigen Varietät von der Normal- form sind folgende. Die Blätter sind relativ schmäler, gegen die Spitze fast kielig, an der Basis weniger faltig. Sie sind deutlicher papillös. Die Blattränder sind oft ganz flach und stets weniger stark umgerollt als bei der Normalform. Die Blattspitze ist nicht breit abgerundet, sondern mehr weniger spitz, oder stumpflich, seltener scharf spitz, oft ganzrandig, oder mit weniger auf- fallenden, stumpflichen Sägezähnen versehen. Ich fand diese Varietät auf der Südseite der Sierra Nevada in der Höhe von circa 2600 m im oberen Trevelez-Thale. 4. Webera andalusica n. sp. Diese neue Art ist mit W. commutata Schpr. und Web. carinata (Brid., Boulay) zunächst verwandt. Der carinata etwas näherstehend, doch von beiden durch mehrere Merkmale gut unterschieden. Lockerrasig; Stämmchen meist einfach, wenige Millimeter bis 1’o cm hoch; gleichmässig beblättert, fast kätzchenartig. Laubblätter nach obenhin kaum grösser, matt oder schwach glänzend, hellgrün, kielig hohl, in fünf Parastichen angeordnet und dadurch die Stämmchen im feuchten Zustande regelmässig gedreht — fünfkantig. Trocken ist dies weniger deutlich. Zweihäusig und gemischtrasig. Sterile Stämmchen: Alle Blätter mehr minder spitzig auf- recht abstehend, kielig hohl, nur an der Spitze flach, aus breiter (kaum verschmälerter), nur wenig herablaufender Basis länglich. Blattrand aufrecht, ganz, nur an der Spitze sehr fein gesägt. Länge bis etwas über I mm, Breite circa !/, mm. Unterste Blätter wenig kleiner, oberste kaum grösser. Rippe rückwärts kielig vorragend, ziemlich kräftig, an der Basis 50—60 u breit, weit vor der Spitze verschwindend, grün, an der Basis röthlich. Zellen der Blattspitze 6—9 1, der Blattmitte 9—10, der Basis Laubmoosflora der Sierra Nevada. SD 10—15 1 breit, dünnwandig. Zellen der Blattmitte 55—100, meist SO u lang, an der Spitze kürzer. Randzellen 110 lang und 6 u breit, Aussenwand derselben dickwandig (2—3'3 1), Innenwandung dünnwandig; Rand meist etwas dunkler gelb- grün und daher Blätter undeutlich oder kaum gesäumt. Blattrippe vierschichtig; (1) obere Epidermis vierzellig, kleinzellig, (2) zwei mediane, mässig grosse Deuter; (3) ein aus ‘—10 dickwandigen und kleinen gelben oder röthlichen Zellen bestehendes Sclerenchymband, (4) meist acht differenzirte Aussenzellen (Rücken Epidermis). Stengel roth, unten 160, oben 200 u dick, an der Basis, und bis über die ersten Blätter hinauf mässig braunwurzelhaarig, fünfkantig. Centralstrang farblos, klein, oft flach gedrückt (30 bis 50 w), aus sehr engen collenchymatischen Zellen bestehend, umgeben von 5—6 Schichten, von innen farblosen, aussen ebensolchen oder meist rothen, sehr zartwandigen, grossen und weitlumigen, an den Ecken sehr schwach verdickten Paren- chymzellen, die meist directe an die dickwandige und grüne (nie rothe) Epidermis angrenzen. Hie und da einige einschichtige, dickwandige, kleine Rindenzellen. Hie und da (aber nicht häufig) in den Blattachseln gerade, steife, dünne, grüne blattlose Pseudopodien, etwas kürzer als die Blätter und schwach tordirt. Männliche und weibliche Pflanzen meist etwas niedriger, wie die sterilen bis zum Schopfe gleichmässig beblättert. Perichätialblätter steif aufrecht, aus breiter, kaum ver- schmälerter Basis länglich lanzettlich, bis etwas über 1:8 mm lang, spitz, grün, an der Basis roth. Blattrand an Basis und Spitze flach, in der Blattmitte schwach, aber deutlich zurück- gebogen; Spitze deutlich (stärker als die Laubblätter) gesägt. Rippe kräftig, ziemlich weit vor der Spitze verschwindend. Innere Perichätialblätter kürzer als die äusseren. Archegonien spärlich, etwa 430—500 u lang, Paraphysen spärlich, kurz, farblos. Männliche Blüthen schmal köpfchenförmig, mit auf- rechten Hüllblättern. Antheridien zahlreich, circa 450 lang, entleert farblos oder schwach röthlich. In den Schopfblättern achselständig. Paraphysen kürzer als die Antheridien, meist 328 F. v. Höhnel, sechszellig, fadenförmig, Basalzelle goldbraun, die übrigen farblos, zart. Männliche Hüllblätter an der Basis oder in der unteren Hälfte roth oder gelbroth. Die äusseren aus eiförmiger Basis rasch zugespitzt, bis 1'7 mm lang, die folgenden kürzer aus breit eiförmiger, rother, sehr lockerzelliger, kielig hohler unterer Hälfte, grün, plötzlich kürzer oder länger zugespitzt. Der hohle rothe Theil reicht bis zur Spitze der in der Achsel sitzenden Antheridien. Darauf folgen längliche und lanzettliche kleinere Hüllblätter mit etwas schwächerer Rippe. Die innersten Hüllblätter sind schmal lanzettlich bis fast paraphysenartig- fadenförmig, aus 1—5 Zellreihen bestehend, rippenlos, grün bis chlorophylifrei, circa 4—500 u lang. Die schmälsten sehen aus wie in der Mitte zweizellreihige Paraphysen, und bilden offenbar Übergänge zu diesen. Die meisten männlichen Hüll- blätter sind in der Mitte und oben am Rande dunkler grün, daselbst auch die Zellen verschieden gestaltet, wodurch ein undeutlicher Saum entsteht. Der Rand ist aufrecht oder in der Mitte schwach zurückgebogen. Die Rippe ist bei den äusseren Hüllblättern am kräftigsten, und stets vor der Spitze ver- schwindend, unten röthlich und meist etwas verflacht, oben gelbgrün. Die grösseren Hüllblätter haben den Blattrand in der Mitte meist schwach umgeboben. Kapsel und Seta sind unbekannt. Ich fand die Pflanze am 28. September‘ 1892 in "eirca 2800 m Höhe an feuchten Orten südwestlich vom Picacho de Veleta in der Sierra Nevada, und später noch mehrfach an ähnlichen Orten. Sie scheint in der obersten Region der Sierra Nevada verbreitet zu sein. Die Art ist von carinata durch die fast matten Rasen, die männlichen und weiblichen Hüllblätter, die Paraphyser, Blattzellen, Pseudopodien und mehrere Einzelheiten im Bau verschieden. 9. Hypnum Alcazabae nov. spec. Eine Form aus der Abtheilung Drepanium. In Feinheit, Farbe und Habitus wie hellere Exemplare von Pseudoleskea catenulata, aber nicht matt, sondern sehr schwach glänzend. Laubmoosflora der Sierra Nevada. 329 Mit der Lupe betrachtet subjulacen Formen von Aypnum cupressiforme ähnlich sehend, dabei aber noch feiner und zarter als Aypnum dolomiticum und Sauteri. Farbe dunkel olivenbraungrün. Rasen niedrig, verworren und ziemlich dicht. Stämmchen niederliegend verlängert, manchmal flagellenartig verdünnt und astfrei endend; unregelmässig oder entfernt fiedrig verästelt. Beblätterte Stämmchen und Zweige ziemlich gleich dick, trecken circa 300—400 1. breit. Blüten und Früchte unbekannt. Blätter aus etwas ver- schmälerter Basis länglich eiförmig bis breit dreieckig, rasch in eine fast lineale Blattspitze von fast einem Drittel der ge- sammten Blattlänge verschmälert. Blätter der Hauptstämmchen mehr dreieckig, breiter, flacher und ganzrandig. Die der Zweige sind mehr eilänglich, hohler, schmäler und gegen die Spitze (oft ziemlich grob) gesägt. Astblätter bis 300, Stammblätter bis 450 1. breit. Blattlänge 600— 750 u. Blätter aufrecht anliegend oder wenig abstehend, allseitswendig oder an den Zweig- spitzen sehr schwach einseitswendig, nie sichelförmig. Blattrippen fehlend oder ganz kurz, undeutlich, ungleich- lang, nie die Mitte der eigentlichen Lamina erreichend. Lineare Blattspitze aus I—5 Zellreihen bestehend. Blattzellen in den schmäleren Blättern ein wenig schmäler als in den breiteren; in der Blattmitte und von da gegen die Spitze länglich-rhombisch bis breit lineal, aber nie wurmförmig, 6-0 Su breit und 25-45 1 lang. Gegen die Basis etwas weiter und kürzer, hier manchmal fast parenchymatisch. An den Blattflügeln etwa 20—25 etwas grössere, kurz rectanguläre bis fast quadratische, chlorophyllreiche Zellen, 9—13 1 breit, mit nur wenig dickeren, sonst nicht verschiedenen Wänden. Eigentliche, scharf abgegrenzte Blattflügelzellen aber fehlen. Paraphyllien fehlend oder nicht mit Sicherheit nach- zuweisen. Der Stengel im Längsverlaufe hie und da mit dichten Büscheln von rothbraunen glatten Wurzelhaaren besetzt. Stämmchendicke 130 — 190 u. Im Blattbaue zeigt diese Art noch eine entfernte Ver- wandtschaft mit Pylaisia polyantha und Hypnum incurvatum. Vielleicht näher liegend ist eine Beziehung zu den feinen Amblystegium-Formen. Eine nähere Verwandtschaft liegt jedoch 390 F. v. Höhnel, in keinem dieser Fälle vor. Als die nächstverwandten europäi- schen Formen halte ich Hypnum cupressiforme und Vaucheri, die zwar viel robuster sind, aber in mikroskopischer Beziehung Ähnlichkeiten zeigen. Eine ganz nahe Verwandtschaft liegt aber auch hier nicht vor und nimmt diese Art unter den Drepanien eine ganz isolirte Stellung ein. Ich fand diese Art auf Thonglimmerschieferboden an den südöstlichen Abhängen des Alcazaba in der Höhe von etwa 2800 m gegen Ende September 1892. IV. Schlussbemerkungen. Es bedarf wohl keiner ausführlichen Begründung, wenn ich sage, dass die spanische Sierra Nevada in bryologischer Beziehung noch viel zu wenig bekannt ist, um sie in bryo- geographischer Beziehung entsprechend würdigen zu können. Nicht nur, dass bisher aus diesem Gebirge erst 161 Arten bekannt sind, sondern auch die Mehrzahl dieser Species ist aus dem Gebiete erst an einem einzigen Standorte oder nur an wenigen Punkten desselben gefunden worden, so dass die Grösse des Antheiles, welchen dieselben an der Zusammen- setzung der Moosflora nehmen, nicht genügend beurtheilt werden kann. Wenn man bedenkt, dass, um das nächste der in bryo-geographischer Beziehung genauer bekannten Gebirge zu nehmen, z. B. in den Pyrenäen gegen 500 Laubmoosarten vorkommen,! so kann man ruhig annehmen, dass bisher kaum die Hälfte der Laubmose der Sierra Nevada gefunden wurden. Wenn ich es nichtsdestoweniger unternehme, einige bryo- geographische Bemerkungen an die obige Aufzählung zu knüpfen, so thue ich diess desshalb, weil es mir scheint, dass schon die bisherigen Funde ein so charakteristisches bryo- geographisches Bild zeichnen, dass es sich der Mühe lohnt, dasselbe festzuhalten. Geht man zunächst die Reihe der Familien der Laubmoose durch, so findet man, dass eine ganze Anzahl derselben, und 1 Siehe R.Spruce, The Musci and Hepaticae of the Pyrenees (Transact. Bot. Soc. Edinb., III [103—216]), ferner J. E. Zetterstedt in Kongl. Sv. Vet. Ak. Handl., Bd. 5, Nr. 10, S. 1—51 und JeaubernatetF.Renauld, Guide du bryologe dans la chaine des Pyrenees (Revue de botanique, T. II [1883—1884]). Laubmoosflora der Sierra Nevada. Sal zwar gerade viele der charakteristischesten derselben entweder völlig fehlen oder nur sehr schwach vertreten sind. Vergeblich sucht man in der Sierra Nevada nach Sphagna- ceen, Andaeaceen, Buxbaumiaeen, Leucobryaceen, Seligeria- ceen, Splachnaceen, Timmiaceen, Neckeriaceen, Hookeriaceen und Fabroniaceen. Wenn es nun auch für mehrere der ge- nannten Familien wahrscheinlich ist (z.B. für die Seligeriaceen, Neckeriaceen und Fabroniaceen), dass sie noch aufgefunden werden dürften, so bleibt doch noch immer eine ganz stattliche Anzahl von fehlenden charakteristischen Familien übrig. Schon dieser Mangel drückt der Moosflora des in Rede stehenden Gebietes ein eigenthümliches Gepräge auf. Dabei habe ich von den kleinen cleistocarpischen Moosen nicht gesprochen, da diese meist ephemerer Natur, im Sommer und Herbst gewöhn- lich schon verschwunden sind und daher gewöhnlich nicht gesammelt werden können. Geht man nun zu den Gattungen über, so wird die Sache noch deutlicher. Anoectangium, Rhabdoweisia, Cynodontium, Trematodon, Dicranodentium, Campylopus, Leucobryum, Blin- dia, Pottia, Coscinodon, Ptychomitrium, Zygodon,Ulota, Dissodon, Tayloria, Splachnum, Physcomitrium, Enthostodon, Leptobryum, Anomobryum, Zieria, Timmia, Diphiscium, Leptodon, Neckera, Homalia, Fabronia, Habrodon, Leskea, Anomodon, Hetero- cladium, Pterygynandrum, Pylaisia, Climacium, Isothecium, Orthothecium, Plagiothecium, Andraca und Sphagnum sind nebst mehreren anderen weniger wichtigen, nicht genannten, noch sämmtlich für die Sierra Nevada ausständig. So sicher es nun ist, dass ein Theil dieser Gattungen im Gebiete noch entdeckt werden wird, so kann doch anderseits nicht geläugnet werden, dass die Zahl der zweifellos fehlenden noch so gross ist, dass hiedurch das bryo-geographische Bild der Sierra wesentlich beeinflusst wird. Aber nicht bloss solche negative Eigenthümlichkeiten zeigt das in Rede stehende Gebiet. Ein Gebirge, das in floristischer Beziehung wie kaum ein zweites in Europa ausgezeichnet ist, lässt erwarten, dass auch die Cryptogamenflora ihre Besonder- heiten aufweisen werde. Schon Schimper fand in der Sierra Nevada die canarische Ancolia Webbi Mont., und ich konnte BO F. v. Höhnel, die amerikanische, von einigen anderen Punkten Spaniens (und neuerdings auch aus den französischen Alpen) bekannte Antitrichia californica Sull. im Gebiete derselben nachweisen. Vorläufig aber ganz auf die Gebirgsregion der Sierra Nevada beschränkt sind die vier oben beschriebenen Arten: Oreoweisia Mulahacenii, Grimmia Dornajii, Webera andalu- sica und Hypnum Alcazabae. Es ist wohl anzunehmen, dass dies Pflanzen sind, die sich, wie so viele andere des Gebietes, im Atlas wiederfinden werden. Welche exceptionelle Stellung die Sierra Nevada in Spanien in bryologischer Beziehung einnimmt, mag auch daraus ent- nommen werden, dass nach den bisherigen Forschungen nicht weniger als 27 (von 161) Moose derselben im übrigen Spanien fehlen. Es sind dies folgende: Gymmnostomum rupestre, Weisia crispata, Oreoweisia Mulahaceni, Schistidium atrofuscum, Grimmia Dornajii, Grimmia Mühlenbeckii, Grimmia mollis, Rhacomitrium fasciculare, Amphidium Mougeotii, Ortho- trichum Sardagnanum, Orthotrichum patens, Webera acumi- nata, Webera commautata, Webera andalusica, Bryum pen- dulum, Bryum inclinatum, Bryum cirrhatum, Amblyodon dealbatus, Amacolia Webbi, Philonotis seriata, Philonotis alpicola, Polytrichum sexangulare, Eurhynchium diversifolium, Hypnum decipiens, FHypmnum Alcazabae, Hypnum curvicaule und Aypnum dilatatum. Es wäre von grossem Interesse gewesen, die Zusammen- setzung der alpinen Moosflora der Sierra Nevada nach ihrer Herkunft zu studiren. Indessen ergeben sich hiebei mannig- fache Schwierigkeiten. Die alpine Phanerogamenflora der Sierra Nevada lässt sechs Kategorien von Pflanzen erkennen; nämlich 1. endemi- sche Pflanzen des Gebirges, 2. spanische Arten, 3. südeuro- päische Gebirgspflanzen, 4. klimatisch indifferente Arten der Mediterranflora, 5. mit Mittel- und Nordeuropa gemeinsame Pflanzen und endlich 6. Glieder der arctisch-alpinen Flora. Bei der im Allgemeinen viel grösseren Verbreitung, welche die Moosarten durchschnittlich zeigen, in Verbindung mit der noch relativ geringen Kenntniss derselben, ist es einerseits zu erwarten, dass diese Kategorien von Arten bei den Moosen - Of Laubmoosflora der Sierra Nevada. 238 weniger scharf von einander getrennt sein werden, anderseits aber wahrscheinlich, dass noch andere hinzukommen müssen. Nach Boissier! wird die alpine Region der Sierra Nevada von 6500’, das ist also etwa 2100 m, an gerechnet. Lässt man dies auch für die Moose gelten — es ist aber sicher, dass die Moosdecke bei 2100 m Höhe noch keinen alpinen Charakter trägt —, so findet man allerdings, dass diese Höhengrenze von der Mehrzahl der gesammelten Arten entweder fast erreicht oder überschritten wird, und wo dies bei relativ wenigen Arten nicht der Fall ıst, ist meistentheils anzunehmen, dass weitere Forschungen ein solches auch für diese ergeben werden. Wenigstens für die Südseite des Gebirges ist dies mit Sicherheit anzunehmen. Solche Arten, die bisher in der Sierra Nevada (wenigstens annähernd) noch nicht in Höhen über 2100 m sefunden wurden und die die alpine Region auch nicht erreichen dürften, sind folgende: Gymnostomum calcareum (700—800 m), Didymodon tophaceus (1000m), Georgia pellucida, Grimmia orbicularis, Grimmia decipiens, Orthotrichum patens, Funaria convexa, Bryum provinciale, Bryum Donianum, Mnium undıu- latum, Homalothecium Phillipeanum, Camptothecium aureum, Scleropodium Dlecebrum, Rhynchostegium tenellum. Zahlreich sind hingegen die Arten, welche zwar bisher noch nicht in der alpinen Region des Gebietes gefunden wurden, deren Auffindung daselbst jedoch wahrscheinlich ist. Es dürfte hieher die Mehrzahl jener Arten gehören, welche in der oben gegebenen Aufzählung als bis zu 1700—2000 m ansteigend angeführt wurden. Dass hiebei indessen specielle Verhältnisse Schranken setzen können, die nicht überschritten werden können, das zeigt sich namentlich bei den Kalkmoosen der Sierra Nevada. Nachdem das Kalkgebiet nur mit dem Cerro de Trevenque (2274 m) sehr wenig und nur mit einem steilen Gipfelfelsen in die alpine Region hinaufragt, ist es auch klar, dass die Kalkmoose des Gebietes in der Regel diese Region nicht erreichen können. Ich zweifle nicht, dass, wenn das (Gebiet des Kalkes in der Sierra Nevada stärker und höher ent- wickelt wäre, die Mehrzahl der Kalkmoose die Boissier'sche I Voyage en Espagne, I. 334 F. v. Höhnel, Grenze von 2100 m überschreiten würden. Als eigentlich alpine Moosvegetationen können in der Sierra Nevada nach meiner Ansicht nur die in Höhen von über 2500 nz in der oberen Thon- glimmerschieferregion vorkommenden betrachtet werden. Diese und nur sie bilden an geeigneten Stellen Genossenschaften, ! die sich local zu ausgedehnten Moosmatten entwickeln, von höchst charakteristischer Zusammensetzung. Solche Moosmatten an feuchten quelligen Gehängen, meist in 2600— 3000 m Höhe, zeigen meist folgende Zusammen- setzung: Desmatodon latifolius, Polytrichum juniperinum alpinum, Mniobryum albicans, Philonotis seriata, Oncophorus virens, Hypnum exannulatum, Webera commntata, Hypnum fal- catum, Bryum psendotriguetrum, Bryum Schleicheri latifolium. In zweiter Linie kommen auch in Betracht: Mnium punc- tatum, Distichium capillaceum, Philonotis fontana, Philonotis alpicola, Bartramia ithiphylla, Aulacomium palustre alpimum u. A. Wenn nun auch nur wenige eigentlich alpine Formen unter den angeführten vorhanden sind, so lässt das Gesammt- bild dieser Moosmatten den alpinen Charakter derselben doch nie verkennen. Dies wird noch auffallender, wenn auch die nicht überall auftretenden acessorischen Elemente dieser Ge- nossenschaften in Betracht gezogen werden. Es sind dies folgende: Dicranella sguarrosa, Schistidium alpicola, Webera andalusica, Bryum pendulum, Bryum alpinum, Amblyodon dealbatus, Eurhynchium diversifolium u. A. Über der Region der so beschaffenen Moosmatten ist die Moosvegetation der Sierra Nevada sehr ärmlich. So fand ich z.B. auf dem Gipfeltheile des Culminations- punktes der Sierra Nevada, nämlich des Cerro de Mulahacen, circa 3600 m, ober jener Moosmattenregien, nur sehr wenige Moose. Von 3000— 3500 m waren nur Desmatodon latifolius var. muticus, Tortula montana und Bryum caespititium, alles nur steril und sehr verkümmert zu finden. Die letzten Gipfelfelsen trugen folgende Arten: ı A.v. Kerner, Pflanzenleben, II, S. 819 und Österr.-ungarische Mon- archie in Wort und Bild, Bd. I, S. 1885 (1887). Laubmoosflora der Sierra Nevada. 339 1. Orthotrichum sp., steril. 2. Oreoweisia Mulahaceni, c. fr. 3. Schistidium confertum, c. fr. 4. Brachythecium sp., steril. >. Tortula montana, steril. Mit Ausnahme von zweien dieser Arten waren alle nicht nur steril, sondern auch verkümmert. Ganz ähnlich verhalten sich auch der Picacho de Veleta und andere Spitzen. Versucht man es nun, die eigentlich alpine Moosflora der Sierra Nevada (im obigen und nicht im Boissier’schen Sinne) nach ihren Bestandtheilen zu zerlegen, so findet man, soweit die heutigen Kenntnisse reichen, nur folgende Kate- gorien: 1. Endemische Formen: Hypnum Alcazabae, Oreoweisia Mnulahaceni, Webera andalnusica. 2. Mit Mittel- und Nordeuropa gemeinsame Arten sind zahlreich, z.B. Polytrichium juniperinum, Mniobryum albicans, Hypnum exannulatum, Hypnum falcatum, Bryum pseudo- triguetrum, Mnium punctatum, Distichium capillaceum, Philo- notis fontana, Bartramia ithiphylla etc. 3. Arctisch-alpine Formen sind auch zweifellos, zZ. B. Des- matodon latifolius, Oncophorus virens, Conostomum boreale. 4. Mit den Alpen (Kaukasus und Himalaya) gemeinsame Formen sind: Philonotis seriata, Bryum Schleicheri, Philonotis alpicola. Wie schon früher erwähnt, dürften die endemischen Formen im Atlas ihre eigentliche Heimat haben. Weder eigentlich spanische Arten, noch südeuro- päische Gebirgspflanzen, oder klimatisch interessante Arten der Mediterranflora steigen in die alpine Moosregion der Sierra Nevada. Weiteren Specialforschungen muss es überlassen bleiben, die, wie aus dieser Arbeit wohl hervorgeht, höchst interessanten und pflanzengeographisch wichtigen bryologischen Verhältnisse der alpinen Region der spanischen Sierra Nevada vollständig klar zu legen. 280 F. v. Höhnel, Laubmoosflora der Sierra Nevada, Was schliesslich die tieferen Regionen anbelangt, so habe ich schon in der Einleitung die Gründe angegeben, welche mich zwangen, meine Untersuchungen vornehmlich auf die höheren zu beschränken. Es ist kein Zweifel, dass letztere jetzt relativ besser bekannt sind als erstere. Es ist daher hier noch schwerer eine pflanzengeographische Analyse von dauer- hafterem Werthe zu machen, als bei den hochalpinen Regionen. Weitere Untersuchungen, die ich selbst in günstigerer Jahres- zeit auszuführen gedenke, müssen zur Lösung einer derartigen Arbeit das nöthige Grundmaterial liefern. Nur zweier Momente, die sich schon bei der Betrachtung der bisherigen Resultate sofort aufdrängen, sei hier zum Schlusse noch kurz gedacht. Jedenfalls trägt die Moosflora der tieferen Regionen des Gebietes einen mediterranen Cha- rakter mit gewissen specifischen iberischen Eigenheiten, die ihr ein besonderes Interesse verleihen. Wesentlich beein- flusst wird aber dieser Charakter durch die Wald-, Feuchtigkeit- und Schattenarmuth, welche viele Elemente der Moosflora zu- rückgedrängt haben auf einzelne Punkte oder in grössere Höhen, Elemente, die an und für sich vollgiltige normale Be- standtheile bilden würden, und in früheren Zeiten, als die Sierra Nevada noch grosse Wälder barg, auch gebildet haben. Es wird die Aufgabe weiterer Untersuchungen sein, diesen Verhält- nissen im Detail nachzuspüren. Über Zusammenwirken von Heliotropismus und Geotropismus von Friedrich Czapek. Aus dem pflanzenphysiologischen Institute der k. k. Universität in Wien. Es ist eine bekannte Thatsache, dass heliotropisch reizbare aufrechtstehende Keimpflanzen und ältere wachsende Stengel- theile sich gegen einseitig einfallende Lichtstrahlen nicht immer in gleicher Weise bezüglich der neu einzunehmenden Richtung verhalten. Während die einen (z. B. Vicia sativa, Sporangien- träger verschiedener Mucorineen) sich bei hinreichender Stärke der einseitigen Beleuchtung mit ihrer Längsaxe genau in die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen einstellen, gibt es anderseits sehr viele Pflanzen, welche sich bei der gleich- starken oder noch intensiveren einseitigen Beleuchtung niemals in die Lichtstrahlenrichtung vollständig hineinkrümmen, sondern stets mit derselben einen je nach der Species der Pflanze und der Lichtintensität verschieden grossen Winkel einschliessen (z.B. Pisum, Helianthus, Lepidium, Avena u. a.). Wenn man von stark und schwach heliotropischen Pflanzentheilen spricht, so hat man vor allem Anderen dieses Verhältniss im Auge. Dies würde wohl im Wesentlichen der richtige Ausdruck für die gegebenen Thatsachen sein, wenn an den betreffenden Pflanzen der Heliotropismus allein wirksam wäre, wenn sie z. B. auf dem Klinostaten in einer verticalen Ebene unter ein- seitiger Beleuchtung gedreht würden. Nun sind aber die jungen Keimlinge, wachsenden Stengel, Sporangienträger sämmtlich meist in hohem Grade mit negativ geotropischen Eigen- schaften begabt. Werden daher diese Pflanzen und Pflanzen- 338 N. Gamperk, theile durch eine heliotropische Induction aus der verticalen Lage herausgekrümmt, so muss anderseits vermöge des Geo- tropismus das Bestreben erweckt werden, in die Ausgangslage zurückzukehren. Heliotropismus und .Geotropismus wirken demnach einander entgegen. Die Stellung, welche die helio- tropisch gereizte Pflanze schliesslich gegen die Einfallsrichtung der Lichtstrahlen einnimmt, ist durch beide Richtkräfte be- stimmt und, wie man sich meist auszudrücken pflegt, eine Resultante der heliotropischen und geotropischen Bestre- bungen. Weicht die heliotropisch gekrümmte Pflanze nur um einen kleinen Winkel von der Lotlinie ab, so überwiegt der Geotropismus, und umgekehrt ist eine Pflanze natürlich stärker heliotropisch als geotropisch zu nennen, wenn sie nur wenig oder gar nicht aus der horizontalen Lichteinfallsrichtung heraus- ragt. Diese Grunderscheinungen waren bereits Dutrochet! bekannt, welcher auf die Verschiedenheit der geotropischen Krümmung an verdunkelten und einseitig beleuchteten Stengeln ‚hinwies und auch das Zustandekommen resultirender Stellungen an Pflanzentheilen durch gleichzeitiges Einwirken von Schwer- kraft und Licht klar erkannt hatte. Einen weiteren wesentlichen Fortschritt in Methode und Fragestellung bedeuten erst die von Mohl? angestellten Versuche. Die Versuchspflanzen wurden horizontal gelegt und von unten mittels eines Spiegels einseitig beleuchtet. Auf diese Weise griffen Heliotropismus und Geo- tropismus thatsächlich unter gleichen Bedingungen an, um 180° einander entgegengesetzt, beide unter einem Winkel von 90° gegen die Längsaxe der untersuchten Pflanze gerichtet. An einer aufrechtstehenden Pflanze dagegen muss offenbar der Helio- tropismus zuerst wirksam werden, und die krümmende Wirkung der Schwerkraft kann erst dann sich äussern, wenn die helio- tropisch reagirende Pflanze einen genügend grossen Winkel mit der Verticalen bildet. Mohl beobachtete an den horizontal liegenden, von unten beleuchteten Keimlingen das bemerkens- werthe Verhalten, dass sich die Pflanzen vertical nach abwärts 1 H. Dutrochet, Memoires pour servir a l’histoire anatomique et physio- logique des vegetaux et des animaux, Paris, 1837. Tome II, p. 8 und Recherches anatom. et physiol. sur la structure intime des animaux et vegetaux, 1824, p. 92. 2 H. Mohl, Vegetabil. Zelle, 1851, p. 140. Heliotropismus und Geotropismus. 339 krümmten, bis sie in die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen gelangten, in welcher Lage sie verharrten, als ob sie gar nicht geotropisch wären. Es ist durch diesen Versuch die Thatsache nachgewiesen, dass die resultirende Stellung von gleichzeitig helio- und geotropisch inducirten Keimpflanzen nicht in allen Fällen dieselbe seinmuss, in welchen dieLichtstrahlen zur Längs- axedesOrgansrechtwinkelig einfallen unddas Organin günstiger Neigungslage zu geotropischer Reizung sich befindet. Denn beleuchten wir die aufrecht stehende Pflanze seitlich horizontal, so gelangt sie in vielen Fällen nicht in die Lichteinfallsrichtung, sondern bildet einen Winkel mit der letzteren; während dieselbe Pflanze horizontal liegend von unten beleuchtet sich in die verticale Lichteinfallsrichtung genau einstellt. Mohl verzeichnet dieses Versuchsergebniss, ohne eine weitere Discussion des- selben zu geben. Ein wesentlicher Factor wurde übrigens von Mohl noch ausser Acht gelassen, nämlich der zeitliche Verlauf der Reizreaction; es wurde nur der Endeffect der Reaction in Betracht gezogen. Die Versuche Mohl’s an horizontal liegenden, von unten her beleuchteten Pflanzen wurden von H. Müller (Thurgau)! wieder aufgenommen und in einiger Hinsicht erweitert. Es stellte sich heraus, dass manche der Untersuchungsobjecte sich garnicht dem Lichte zukrümmten, sondern geotropisch aufwärts wuchsen. Müller fiel es auch auf, dass Stengel von Fritillaria hiebei einen Tag lang horizontal gerade blieben, um sich nach dieser Zeit erst aufwärts zu krümmen. Die meisten Keim- pflanzen aber krümmten sich, Mohl’s Angaben gemäss, vertical nach abwärts. In den Erörterungen seiner Versuche geht Müller kaum über die von Mohl kurz angedeuteten Sätze hinaus, indem er sagt, dass bei verschiedenen Pflanzen der Geotropismus verschieden stark der heliotropischen Krümmung entgegenwirkt. Die beobachtete zeitliche Verschiebung des Beginnes geotropischer Aufkrümmung wird nicht weiter theore- tisch verwerthet und offenbar gleichfalls in dem eben an- gedeuteten Sinne aufgefasst. Die Untersuchungen Mohl’s und H. Müller's haben wohl gezeigt, dass nicht in jeder beliebigen 1 H. Müller, Über Heliotropismus. Flora, 1876, S. 65. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 23 340 F. Czapek, Lage der Pflanze zur Lotlinie die gleiche heliotropische Reizung irn Verein mit dem Geotropismus des Versuchsobjectes immer dieselbe resultirende Gleichgewichtslage ausgelöst wird; die nahe liegende Frage, wie es sich bezüglich anderer Lagen als der horizontalen und vertical aufrechten verhält, blieb jedoch unbeantwortet. Besonders aber vermisst man die Klarstellung des zeitlichen Verlaufes der resultirenden Reaction. Es blieb dies Wiesner! vorbehalten, welcher Forscher in einer Reihe sorgfältiger und ausführlicher Untersuchungen mehrere dieser noch unbekannt gebliebenen Verhältnisse aufdeckte. Von Wiesner rührt der Nachweis her, dass vorher in aufrechter Stellung einseitig beleuchtet gewesene Pflanzen mancher Species sich horizontal gelegt deutlich später geotropisch auf- wärts krümmen, als vorher nicht heliotropisch inducirte Pflanzen der gleichen Art. Es ist die vorausgegangene heliotropische Induction gleichsam ein Hinderniss für die geotropische Krüm- mungsfähigkeit. In grossen allgemeinen Zügen fasste Pfeffer? das vor- handene Material über unseren Gegenstand zusammen, und mit seiner Darstellung ist auch bereits der Rahmen für die noch ausstehenden Detailforschungen gegeben. Neu ist besonders der von Pfeffer gegebene Hinweis auf die Möglichkeit, dass ein pflanzliches Organ, welches bestimmte heliotropische und geo- tropische Qualitäten besitzt, bei gleichzeitiger Wirksamkeit beider Richtungsbewegsungen nicht unbedingt dieselbe Sensi- ‚ bilität für Licht und Schwerkraft zu haben braucht, wie wenn nur eine dieser Richtkräfte angreift. Die resultirende Stellung durch Zusammengreifen von Geotropismus und Heliotropismus ist ja nicht durch zwei unveränderliche Factoren bedingt, sondern entspricht nur den geotropischen und heliotropischen Eigenschaften des Organs unter den momentan gegebenen äusseren Verhältnissen. Natürlich kann diese Einflussnahme der beiden Richtungsimpulse auf einander sich entweder nur auf den resultirenden Krümmungserfolg oder auf den zeitlichen Verlauf der Reaction, oder auf beides erstrecken. 1 J. Wiesner, Die heliotrop. Erscheinungen im Pflanzenreiche, I (1878) S. 55, 63, Sonderabdruck aus Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien. 2 Pfeffer, Pflanzenphysiologie, II, S. 338 (1881). Heliotropismus und Geotropismus. 34l In neuester Zeit ist auf das Zusammengreifen von Geo- tropismus und Heliotropismus noch von Noll! Bezug ge- nommen worden. In seiner vorwiegend speculativ gehaltenen Arbeit? führt Noll einen Versuch mit Sinapis und Lepidium an, die er theils am Klinostaten, theils frei aufrechtstehend einseitiger Beleuchtung aussetzte. Die Lichtstärke wurde so regulirt, dass die rein geotropische und die rein heliotropische Krümmung in der Zeiteinheit ungefähr die gleichen waren. Die freistehenden Pflanzen gelangten nur wenig später in die helio- tropische Gleichgewichtslage als die am Klinostaten befind- lichen, es war der Effect des Geotropismus daher im Verlauf und der Grösse der resultirenden Reaction äusserlich gleich Null. Die Beobachtung Noll’s ist desshalb von Werth, weil sie auf die zeitlichen und die Grössenverhältnisse der einzelnen Reactionen für sich Rücksicht nimmt, und das Versuchs- ergebniss klar ausspricht, dass bei Zusammenwirken zweier in Bezug auf zeitlichen Verlauf und zu erzielenden Grösseneffect gleicher Richtungsimpulse, der eine derselben in dem zu Tage tretenden Effect äusserlich nicht sichtbar zu werden braucht. Mit den an diese Versuche sich knüpfenden Erörterungen Noll’s über die Einwirkung des Lichtes auf geotropische Dis- positionen der Pflanzen kann man sich hingegen nicht ein- verstanden erklären, zumal Noll die eben beschriebenen Vor- gänge direct mit den von Stahl?’ beschriebenen Richtungs- veränderungen an Nebenwurzeln bei Belichtung der letzteren in eine Parallele stellt. Noll übersieht vor allem dabei ganz, dass es sich bei den Stahl’schen Versuchen keineswegs um Heliotropismus handelt, sondern um eine Erscheinung, die mit der Richtung des Lichteinfalls in keinerlei Zusammenhang steht, und ebenso gut bei allseitiger Beleuchtung eintritt, wie bei ein- seitiger. Die »Änderung in der geotropischen Disposition« an den einseitig beleuchteten Keimpflanzen ist aber reine Wirkung 1 Noll, Über heterogene Induction. Leipzig, 1892, S. 56. > Vergl. hiezu die kritische Besprechung Pfeffer’'s in »Die Reizbarkeit der Pflanzen«, Verhandl. d. Gesellsch. deutsch. Naturf. und Ärzte, 1893. I. Die allgem. Sitzungen, S. 88. » E. Stahl, Einfluss des Lichtes auf den Geotropisunus einiger Pflanzen- organe, Ber. d. deutsch. bot. Gesellsch., Bd. II (1884), S. 383. 23” 342 RB Czapeik, des Heliotropismus und wird durch allseitige Belichtung durch- aus nicht inducirt. Eine wesentliche Lücke in der Kenntniss dieser Vorgänge hat aber auch Noll nicht ausgefüllt, nämlich die Frage der gegenseitigen Beeinflussung geo- und heliotropischer Reiz- perception und geo- und heliotropischer Reaction. Und gerade darin liegt einer der Hauptangelpunkte für die Beurtheilung des Zusammenwirkens von Heliotropismus und Geotropismus.! Nicht genügend gewürdigt wurde bisher noch ein anderer Umstand, welcher die Relationen zwischen den specifischen heliotropischen und geotropischen Eigenschaften betrifft. Der einfachste Fall ist offenbar der, in welchem beide an der resultirenden Stellung betheiligten Richtungsimpulse jeder für sich allein in einer gegebenen Zeit den gleichen Krümmungs- effect auslöst. Dies hat auch Noll in seinen oben angeführten Versuchen durch eine Regulirung der Intensität in der ein- seitigen Beleuchtung zu erreichen gesucht. Ganz einwurfsfrei ist aber diese Methode nicht zu nennen, wenn wir bedenken, dass sich die heliotropischen Qualitäten der Pflanze, die »Licht- stimmung«, mit einer Änderung in der Intensität des einfallenden Lichtes ändern können. Wir haben daher keinerlei Garantie dafür, dass in zwei Versuchsfällen, in denen die resultirende Stellung die gleiche, die Beleuchtungsintensität aber ver- schieden gross ist, das Zusammengreifen von Geotropismus und Heliotropismus in der gleichen Weise statt hat. Sicher werden wir aber gehen, wenn wir eine Lichtintensität zur heliotropischen Induction anwenden, welche dem empirisch bestimmten Optimum der heliotropischen Reactionsfähigkeit entspricht, und Pflanzen zum Versuch heranziehen, welche die heliotropische Krümmung unter optimalen Bedingungen mit demselben zeitlichen und Grösseneffect ausführen, wie die geotropische Krümmung. Ein derartiges Object fand ich z.B. in Avena- und Lepidium-Keimlingen. Geotropische und helio- tropische Krümmung werden bei diesen Pflanzen unter opti- 1 Man vergleiche hiezu die Bemerkung Pfeffer’s in »Die Reizbarkeit der Pflanzen«, Verhandl. d. Gesellsch. deutsch. Naturf. und Ärzte, 1893. I (Die allgem. Sitzungen), S. 89, Anmerkung. Heliotropismus und Geotropismus. 343 malen Bedingungen! gleich rasch und mit gleicher Intensität ausgeführt. Ich überzeugte mich, dass auf dem Klinostaten unter ein- seitiger Beleuchtung rotirte Pflanzen zu gleicher Zeit ihre helio- tropische Krümmung begannen, wie Keimlinge der gleichen Art, welche, im Dunkeln horizontal liegend, sich geotropisch aufrichteten. Die Krümmung schrittauch an den heliotropischen und geotropischen Pflanzen fast vollkommen gleich vor und die Endstellung (Krümmung um 90° bei Avena und Lepidium) war zu gleicher Zeit in beiden Fällen erreicht. Ich bestimmte auch das Minimum jener Zeit, welche bei heliotropischer und geotropischer Reizung nothwendig ist, um eben eine merkliche Induction zu erzielen. Wenn die Hafer- und Kressekeimpflanzen etwa 15 Minuten lang bei 18° C. Temperatur einseitig beleuchtet worden waren, oder durch die gleich lange Zeit im Dunkeln horizontal lagen und dann auf dem Klinostaten unter Licht- abschluss rotirt wurden, so war allemal eine Nachwirkung erzielbar, und zwar in diesen Fällen für Geotropismus und Heliotropismus von derselben Winkelgrösse. Man kann daher behaupten, dass sämmtliche Phasen der geotropischen:und heliotropischen Reizvorgänge hier mit gleicher Schnelligkeit und gleichem äusseren Effect auftreten. Wirkt also Geotropismus oder Heliotropismus bei diesen Versuchen für sich allein, so functionirt der Aufnahmsapparat der Pflanze für den Reiz, sowie der Reactionsapparat mit der gleichen Schnelligkeit; wenigstens tritt äusserlich keine zeitliche oder Grössendifferenz bei den Reizvorgängen zu Tage. Soweit unsere experimentellen Mittel und Cautelen reichen, haben wir gleiche geotropische und heliotropische Verhältnisse ‘hergestellt, und zum Vergleich brauchbar gemacht. Wird nun an derartig ausgewählten Ver- suchsobjecten ein Zusammengreifen von geotropischer und heliotropischer Reizung realisirt, so sind die Versuchsbedin- gungen so weit als thunlich vereinfacht. Ein Überwiegen von ! Über Optimum der Lichtstärke bezüglich heliotropischer Krümmung vergl. Wiesner, Die heliotrop. Erscheinungen, I, Wien 1878, S. 33. Dass die geotropische Reaction unter dem Einfluss der einfachen Schwerkraftrichtung nahezu bei optimaler Reizstärke verläuft, habe ich bereits an einem anderen Orte gezeigt (Czapek, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 27, S. 306 [1895)). 344 F. Czapek, Geotropismus oder Heliotropismus, während deren antagonisti- scher Wirksamkeit, welches sich etwa in der resultirenden Stellung durch sehr starke Annäherung an die verticale oder horizontale Lage ausdrückt, beweist uns dann ohneweiters, dass einer der Impulse beim Zusammenwirken nicht so ver- laufen ist, wie für sich allein. Welche Reizphasen, ob Perception oder Reaction, sich gegenseitig beeinflussten, ist eine weitere Sache, die bisher noch nicht näher verfolgt wurde. Dass man aber nicht allein auf den resultirenden Effect, sondern auch auf den zeitlichen Verlauf des Zusammengreifens der Richtungsimpulse zu achten hat, ist bereits hervorgehoben worden. Man wird ebenso gut ein Nacheinander- als ein Neben- einandergehen der Inductionen berücksichtigen müssen. In Bezug auf die einzelnen Phasen der Reizvorgänge wird man zu untersuchen haben, ob gleichzeitig stattfindende geotropische und heliotropische Perception einander beeinflussen können, ob ein pflanzliches Organ, welches geotropisch oder heliotropisch bereits inducirt ist, eine normale Reizempfindung für einen neuen andersartigen Impuls besitzt, und ob endlich eine directe Beinflussung geotropischer und heliotropischer Reizreaction unter sich stattfinden kann. Was den letzterwähnten Fall betrifft, so muss man sich ja vergegenwärtigen, dass die geotropische Reaction nicht dieselben Mittel in Anspruch nehmen muss wie die heliotropische, trotz gleichen äusseren Effectes, wobei ganz gut eine verschieden grosse Intensität der heliotropischen und geotropischen Reaction denkbar ist. Natürlich ist ein weiterer möglicher Fall, dass eine geotropische Reaction im heliotro- pisch gereizten Organ anders verläuft als im normalen, und um- gekehrt. | Es erübrigt uns noch, darauf hinzuweisen, dass alle her- vorgehobenen Gesichtspunkte sich eigentlich nicht allein auf das Zusammenwirken von Geotropismus und Heliotropismus beziehen, sondern überhaupt auf ein Ineinandergreifen zweier Richtungsbewegungen, die entweder gleichzeitig angreifen oder mit einem gewissen Zeitunterschied. Eine besondere Bedeutung der Erkenntniss dieser Verhältnisse ist darin gelegen, dass wir dadurch Anhaltspunkte gewinnen können, um gewisse Rich- tungsverhältnisse, deren Auffassung als resultirende Stellungen Heliotropismus und Geotropismus. 345 noch fraglich ist, besser zu beurtheilen. Vor allem ist da an die Seitenwurzeln, horizontalen Rhizome und andere plagiotrope Organe zu denken. Experimenteller Theil. I. Nacheinanderfolgende Inductionen. A. Heliotropismus an geotropisch gereizten Organen. Die Versuche beziehen sich insgesammt auf Keimpflanzen. Aus der grossen Anzahl der untersuchten Objecte beanspruchen diejenigen das hervorragendste Interesse, bei denen sich gleicher heliotropischer und geotropischer Effect bei isolirter Reizung ergab, die somit gewissermassen als gleichmässig heliotropisch und geotropisch empfindlich betrachtet werden können, wenn wir uns einen Vergleich ungleichartiger Reizvorgänge erlauben. Beispiele hievon sind Keimlinge von Avena sativa, Phalaris canariensis, Lepidium sativum, Sinapis alba. Bei Versuchen an dicotylen Pflanzen ist natürlich Rücksicht zu nehmen auf die spontane Nutation, und man muss die Pflanzen so orientiren, dass die Reizkrümmungen stets die Flanken des Keimlings betreffen und die Krümmungsebene somit auf der Nutations- ebene senkrecht steht. Legt man Avena-Keimpflanzen unter Lichtabschluss hori- zontal, so beobachtet man bei einer Temperatur von 17— 20°C. etwa nach 60—-70 Minuten die erste Spur einer Aufwärts- krümmung. Werden nun solche Pflanzen wieder aufrecht ge- stellt und nun einseitig beleuchtet, wobei die früher nach unten gekehrt gewesene Seite der Lichtquelle zugewendet wird, so beobachtet man zunächst eine geotropische Nachwirkung an ea Kemlimeen; sie krünmmen sieh vermöse der ertheilten Orientirung vom Lichte weg. Vergleicht man mit vorher nicht geotropisch gereizten Controlpflanzen, so kann man constatiren, dass die Krümmung sich zu gleicher Zeit wieder zu vermindern beginnt, als die Controlpflanzen heliotropische Reaction aufzu- weisen beginnen. Das tritt nach etwa 60-70 Minuten ein. Hat man anderseits einen Theil der vorher horizontalgelegten Keimpflanzen nach ihrer Aufrechtstellung im Finstern belassen, so findet man an letzteren Pflanzen noch keine Verminderung 346 F. Czapek, der geotropischen Nachkrümmung zu der angegebenen Zeit, sondern es haben im Gegentheil dieselben ihre maximale Krümmung noch nicht erreicht. Der Versuch lehrt uns, dass in dem untersuchten Falle die vorhergegangene Sielorropi sche Indie ni om aui.eiae nachher ein zeletrere heliotropische Reizung von keinem Einfluss ist. Die geotropisch inducirten Pflanzen reagiren ebenso heliotropisch, wie normale Keimlinge. Das gleiche Resultat ergibt sich aus Versuchen mit anderen Keimpflanzen, deren geotropische und heliotropische Reaction in zeitlichem Verlauf und Grösse über- einstimmen (Phalaris, Lepidium, Sinapis). Aber auch Pflanzen, deren geotropischer Reactionsverlauf viel rascher und ener- gischer ist als der heliotropische, zeigen das gleiche Verhalten (Helianthus, Impatiens, Phaseolus, Pisum). Nie konnte eine Störung des heliotropischen Reactionsvermögens durch voraus- gegangene geotropische Induction gefunden werden. Die Mög- lichkeit eines anderweitigen Vorkommens einer derartigen Störung ist aber selbstverständlich damit nicht sicher aus- geschlossen. 5. Geotropismus an heliotropisch gereizten Organen. Setzen wir Keimpflänzchen von Avena oder Phalaris der Wirkung einseitig einfallenden Lichtes aus, und zwar ver- schieden lange Zeit, und legen dieselben sodann im Dunkeln horizontal, mit der früher der Lichtquelle zugewendeten Seite nach unten, so ist bezüglich der nun eintretenden geotropischen Reaction ein deutlicher Unterschied gegenüber vorher nicht heliotropisch gereizter Pflanzen vorhanden. Man beobachtet nämlich eine Verspätung des Eintrittes geotropischer Krüm- mung an den heliotropisch inducirten Pflanzen im Vergleich zu gleichzeitig horizontal gelegten Controlpflanzen. Es fällt diese Erscheinung schon an Keimlingen auf, welche relativ ganz kurze Zeit einseitig beleuchtet gewesen waren. Bereits 10 Minuten Belichtungsdauer äussert die beschriebene Wirkung auf den Geotropismus. Variirt man in dem Versuche die Beleuchtungsdauer und vergleicht die zu verschiedenen Zeiten ins Dunkle horizontal gelegten Pflanzen mit vorher nicht heliotropisch gereizten, so Heliotropismus und Geotropismus. 347 ist eine sehr deutliche Zunahme der geotropischen Reactions- verspätung mit Zunahme der vorhergegangenen Beleuchtungs- dauer zu constatiren. Die Zeitwerthe schwanken natürlich innerhalb gewisser nicht zu enger Grenzen. Versuche, die ich mit Haferkeimlingen anstellte, ergaben im Mittel für: 10 Minuten heliotropischer Reizung 15—20' 20 >» >» > 30—40’ 30 » » b » 00-65, \ Ver- Bo S >» |6070 | spätung 0 » >» >» | 60 » >» > 120, geotropischer: Aufrichtung im Vergleiche zu gleichzeitig hori- zontal gelegten Controlpflanzen. Die Versuche waren im Dunkel- zimmer bei 17—19° C. Temperatur angestellt. Als Lichtquelle diente eine Argand’sche Lampe, die in 1 m Entfernung von den Pflanzen aufgestellt war. Es ist noch zu bemerken, dass eine Abwärtskrümmung in Folge heliotropischer Nach- wirkung in schwachem Grade erst nach 30 Minuten langer _ heliotropischer Reizung auftrat, und mit Zunahme der Be- leuchtungsdauer bis auf eine Stunde sich beträchtlich ver- stärkte. Als Zeitpunkt des Beginnes geotropischer Aufrichtung wurde bei heliotropisch abwärtsgekrümmten Keimlingen natür- lich jener angesehen, in welchem sich der Winkel mit der Horizontalen eben zu verkleinern begann. Avena und Phalaris canariensis zeigen diese Erscheinung am schönsten. Weniger deutlich ist sie an Keimpflanzen von Lepidium.'! Die Verspätung des Eintrittes geotropischer Reaction nach vorhergegangener heliotropischer Reizung ist keine allgemeine Erscheinung. Keimpflanzen von Helianthus annnus, Phaseolus maultiflorus, Sinapis alba z.B. zeigten, von mir daraufhin unter- sucht, keine Verschiebung des geotropischen Reactionseintrittes. Sehr deutlich und schön trat dagegen die Erscheinung hervor bei Gramineenkeimpflanzen, an den Sporangienträgern von Phycomyces nitens, etwas weniger ausgeprägt bei Lepidium sativum. Es fällt sofort auf, dass die »heliotropisch weniger ! Der Erste, der derartige Erscheinungen beobachtete, war bekanntlich Wiesner (Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreich, I, Wien, 1878 [Separatabdruck aus den Denkschr. der kais. Akademie], S. 63). 348 EB. Czapek, empfindlichen« Pflanzen, nämlich jene, welche in aufrechter Stellung einseitiger Beleuchtung ausgesetzt sich um einen relativ kleinen Winkel aus der Lotlinie entfernen, ein negatives Versuchsergebniss geben. Dieselben Pflanzen besitzen, auch auf dem Klinostaten untersucht, eine längere heliotropische Inductionsdauer als es ihre geotropische ist. Auch unter Aus- schluss des Geotropismus krümmen sich diese Pflanzen später dem Lichte zu, als sie sieh im Dunkeln horizontal gelegt geo- tropisch aufrichten. Doch auch dann, wenn wir solche Ver- suchsobjecte so lange einseitig beleuchten, bis Reactionseintritt erfolgt (etwa 3—4 Stunden bei etiolirten Helianthus-Keim- pflanzen) und sie nachher horizontal legen, hat die helio- tropische Induction keinen Einfluss auf die Zeit des geo- tropischen Krümmungsbeginnes. Die Pflanzen krümmen sich in Folge heliotropischer Nachwirkung erst abwärts; die Krüm- mung beginnt sich aber in Folge heliotropischer Aufrichtung zu derselben Zeit zu vermindern, zu welcher nur geotropisch gereizte Vergleichspflanzen zu reagiren beginnen. Es frägt sich nun: Welcher Art ist die durch den Helio- tropismus gesetzte Veränderung in der geotropischen Reactions- fähigkeit? Die vorausgegangenen Erörterungen lehren, dass wir darüber am ehesten an solchen Pflanzen Anhaltspunkte erlangen können, an denen geotropische und heliotropische Reizvorgänge in allen Phasen äusserlich mit gleichem Grössen- effect und mit gleicher Schnelligkeit verlaufen. Werden solche Keimpflanzen erst eine kurze Zeit heliotropisch indueirt und sodann mit der, der Lichtquelle zugekehrt gewesenen Seite nach unten im Dunkeln horizontal gelegt, so setzen beide Actionen, die heliotropische (als Nachwirkung) und die geo- tropische mit kleiner Zeitdifferenz ein. Es muss also von Beginn an ein Ineinandergreifen der Reizreactionen statt- haben, und es frägt sich, inwieweit die Verspätung des geo- tropischen Aufkrümmens auf diesen Umstand sich zurückführen lässt. Wie oben angegeben, ist die Verspätung des Eintrittes der geotropischen Krümmung umso bedeutender, je länger die vorausgegangene heliotropische Reizung gedauert hat. Mit Zunahme der Dauer heliotropischer Reizung geht aber eine Zunahme des ausgelösten Reizeffectes einher, bis zu einem Heliotropismus und Geotropismus. 349 maximalen Werthe. Der Einfluss heliotropischer Reizung auf eine nachherige geotropische Induction ist somit auch umso grösser, je grösser der ausgelöste heliotropische Reizeffect ist. Dieses Verhältniss sahen wir ja auch in dem Umstande aus- gedrückt, dass die Verspätung geotropischen Reactionsein- trittes mit der Grösse der heliotropischen Nachwirkung zunahm. Steht die Verzögerung des geotropischen Krümmungsbeginnes nun in einem causalen Abhängigkeitsverhältniss zur Grösse der vorher inducirten heliotropischen Reizreaction, so würden wir von einer hemmenden Wirkung der letzteren auf die geotro- pischen Reactionsvorgänge zu sprechen haben. Dabei ist es wichtig, dass an den gewählten Versuchspflanzen beiderlei Reizvorgänge für sich in gleichem "zeitlichen Verlauf und äusserlich gleicher krümmender Wirkung vor sich gehen. Wenn trotzdem eine hemmende Wirkung seitens des Heliotropismus auf den geotropischen Effect gefunden wird, so spricht dies für eine Ungleichartigkeit, eine relativ verschiedene Intensität beider Reizvorgänge, die nur beim Zusammengreifen derselben con- statirt werden kann. Dass hingegen bei zwei aufeinander- folgenden, in entgegengesetztem Sinne ertheilten gleichartigen heliotropischen oder geotropischen Inductionen niemals eine Hemmung der zweiten Reaction vorkommt, lehrt der Versuch. Eine Keimpflanze, die etwa °/, Stunden lang von der einen Seite her beleuchtet wurde, sodann um 180° gedreht wird, krümmt sich wohl anfangs im Sinne der erst ertheilten Induction vom Lichte weg, ihre Krümmung beginnt sich aber zu gleicher Zeit zu vermindern und in die gegensinnige umzuschlagen, wie eine zu Beginn der zweiten Induction neu aufgestellte Ver- gleichspflanze heliotropisch reagirt. Ebenso krümmt sich eine Keimpflanze, die man eine Zeit lang horizontal gelegt, sodann um 180° gedreht hat, gleichzeitig nach aufwärts, wie eine im Zeitpunkt des Umdrehens hinzugelegte Controlpflanze. Gleich- artige gegensinnige Impulse hemmen einander nie. Wenn es nun ungleichartige, entgegengesetzt wirkende Inductionen von sonst gleich schnellem Verlauf und gleicher krümmender Wirkung thun, so müssen wir eine Verschiedenheit in den Leistungen ihrer mechanischen Mittel annehmen, die sich nur in dem Falle der Gegenwirkung experimentell erweisen lässt. 390 Br @ztampleik, Es ist diese Erscheinung von Interesse, weil sie zeigt, dass bei gleicher äusserer Wirkung zweier Richtungsimpulse dennoch Verschiedenheiten bezüglich ihrer Action obwalten können. Aus dem gleichen Effect darf nicht auf Gleichheit der Mittel der Reaction geschlossen werden. Man kann diese Ergebnisse geltend machen gegen das von Sachs! auch für die pflanz- lichen Reizvorgänge angenommene Princip der specifischen Energie nach Johannes Müller. Neuerdings scheint sich auch Rothert? zu dieser Ansicht hinzuneigen, wie bereits früher Noll? die Sachs’sche Idee acceptirt hatte. Dagegen hat sich andererseits Pfeffer* entschieden gegen die Annahme von specifischen Energien im Sinne Johannes Müller’s bei Pflanzen ausgesprochen. Die oben angeführten Beobachtungen können nur die von Pfeffer geltend gemachten Gegengründe verstärken. Wie uns aber Versuche mit rascher geotropisch, als helio- tropisch reagirenden Pflanzen (Helianthus, Cucurbita, Ricinus) zeigten, hat bei diesen die heliotropische Action keinen hem- menden Einfluss auf den Geotropismus. Wir dürfen daher nicht für die heliotropische Reaction überhaupt die dargelegten Relationen zur geotropischen Reaction in Anspruch nehmen, sondern das oben Gesagte kann nur für den speciellen Fall der gleichmässig verlaufenden heliotropischen und geotropischen Reaction an einer Pflanze gelten. Die Mechanik der heliotro- tropischen Krümmungsvorgänge muss ja nicht an allen Objecten identisch sein, ebensowenig die der geotropischen. Jedoch nicht allein einen hemmenden Einfluss seitens der heliotropischen Reaction auf die geotropische Reaction sind wir anzunehmen berechtigt. Es ist noch die Möglichkeit zu erwägen, dassan der bereits heliotropisch gereizten Keimpflanze 1 J. Sachs, Über orthotrope und plagiotrope Pflanzentheile. Arbeiten d. botan. Inst. zu Würzburg, II, S. 282 (1879) und Vorlesungen über Pflanzen- physiologie, ll. Aufl., Leipzig 1887, S. 622. 2 W. Rothert, Über Heliotropismus. Cohn’s Beiträge zur Biologie der Pflanzen, VII, S. 184 (1894). 3 F. Noll, Über heterogene Induction. Leipzig 1892, S. 16. 4 W. Pfeffer, Die Reizbarkeit der Pflanzen. Verhandl. der Gesellsch. deutscher Naturforscher und Ärzte, 1893, I. Theil, S. 90. Heliotropismus und Geotropismus. sol keine normale geotropische Empfindlichkeit, sondern eine Herabsetzung der letzteren sich vorfindet, und dass die Ver- spätung des geotropischen Reactionseintrittes wenigstens theil- weise durch Veränderung der geotropischen Reizempfindlich- keit bedingt ist. Die Beobachtung, dass einer längeren Dauer der vorausgegangenen heliotropischen Reizung und einer in Folge dessen grösseren heliotropischen Nachwirkung eine vermehrte Verspätung des geötropischen Krümmungsbeginnes entspricht, schliesst die genannte Möglichkeit nicht aus. Wenn auch mit Zunahme der heliotropischen Inductionsdauer die Latenzperiode der heliotropischen Reizung nicht abnimmt, so kann man doch die Zunahme der als Nachwirkung erzielbaren Winkelgrösse auf eine vermehrte Intensität der heliotropischen Reizperception beziehen. Und da sich eine angenommene Änderung der geotropischen Empfindlichkeit durch helio- tropische Reizung vor allem auf Beeinflussung der heliotro- pischen und geotropischen Reizperception untereinander zurück- geführt werden müsste, so wäre es verständlich, dass verstärkte heliotropische Empfindung auch eine umso intensivere Ein- wirkung auf die geotropische Empfindlichkeit hat. Natürlich fusst diese Annahme auf dem Nebeneinanderbestehen beider Percep- tionen. Dass die heliotropische Perception wirklich nach Auf- hören der einseitigen Beleuchtung bis zum Eintritt der geo- tropischen Reizaction nachhält, lässt sich leicht zeigen, indem man die Keimpflanze durch die gleiche Zeit nach Aufhören der beiderseitigen Beleuchtung durch Fixirung mittels über- geschobener Glasröhrchen an der Krümmung hindert. Noch nach mehreren Stunden, auch nach kurzdauernder Beleuchtung, ist an solchen Pflanzen am Klinostaten, nach Entfernung der hindernden Glasröhrchen, eine heliotropische Nachwirkung erzielbar. Die äusseren Bedingungen zum Ineinandergreifen der heliotropischen und geotropischen Reizperception sind somit gegeben. Die Entscheidung aber, ob ein solches thatsächlich stattfindet, ist nicht mit voller Sicherheit zu fällen. Die zu erwähnenden Versuche lassen es aber nicht wahrscheinlich erscheinen, dass eine Herabsetzung der geotropischen Empfind- lichkeit durch eine vorausgegangene heliotropische Induction stattfindet. Um zu beurtheilen, ob die geotropische Reizempfind- 302 Pr @zapek, lichkeit einer Pflanze herabgesetzt oder normal ist, können wir uns einmal der vergleichenden Grössenbestimmung jener Zeit bedienen, die vom Beginn der Reizung bis zum Beginn der geotropischen Krümmung verstreicht (Latenzperiode der geo- tropischen Reizung), oder wir können als Mass der Reiz- empfindlichkeit die, jedesmal nach gleichlanger Induction erziel- bare Winkelgrösse der geotropischen Nachwirkung benützen. Da in unserem Falle eine Veränderung der bis zum Krümmungs- eintritt verlaufenden Zeitlänge durch den Versuch bereits fest- gestellt ist, so haben wir noch die zweite Methode zuhilfe zu nehmen. Setzen wir Keimlinge von Avena oder Lepidinm einer einseitigen Beleuchtung 50—60 Minuten hindurch aus, wobei die Pflanzen aufrecht stehen, legen die Versuchspflanzen sodann etwa durch dieselbe Zeit hindurch horizontal mit der, der Licht- quelle früher zugewendet gewesenen Seite nach unten, und bringen die Pflanzen sodann unter Lichtabschluss auf den Klinostaten, so weisen die Pflanzen zuerst eine Nachwirkungs- krümmung im Sinne der heliotropischen Reizung auf, sodann geht die Krümmung aber in eine entgegengesetzt gerichtete über, im Sinne der zweiten geotropischen Induction. Vergleichen wir nun, sobald die geotropische Nachwirkung ihr Maximum erreicht hat (was in etwa 6—8 Stunden der Fall ist), die Winkel- grösse derselben mit der Grösse der geotropischen Nach- wirkung, welche Keimpflanzen aufweisen, die gleichzeitig mit den zuerst heliotropisch gereizten durch die gleiche Zeit hori- zontal gelegt und sodann auf den Klinostaten gebracht waren, so ergibt sich kein Unterschied. Bei gut geotropisch reagirenden Objecten beträgt die Grösse der geotropischen Nachwirkung in beiden Fällen 90°. Dieses Versuchsresultat spricht somit nicht direct für eine Alteration der geotropischen Empfindlichkeit nach vorhergegangener heliotropischer Reizung. Freilich ist dieses negative Ergebniss auch kein unbedingter Beweis gegen die Möglichkeit der obigen Annahme. Wenn wir aufrecht stehende heliotropisch reizbare Pflanzen bezüglich des zeitlichen Eintrittes der heliotropischen Reaction vom Beginn der Belichtung an gerechnet vergleichen mit Pflanzen, die unter sonst gleichen Bedingungen am Klinostaten einseitiger Beleuchtung unterworfen werden, so beobachten wir Heliotropismus und Geotropismus. 393 bezüglich des Zeitpunktes des Krümmungseintrittes ein überein- stimmendes Verhalten. Dies gibt bereits Wiesner! an, und es ist die gegentheilige Angabe bei H. Müller?, welcher ein früheres Eintreten heliotropischer Krümmung bei Ausschaltung des Geotropismus angibt, dementsprechend zu corrigiren. Der weitere Verlauf der heliotropischen Krümmung ist aber bei den freistehenden und den Klinostatenpflanzen sehr verschieden. Bereits sehr bald nach Beginn der Reaction macht sich an den aufrecht stehenden Pflanzen ein beträchtlich verlangsamter Verlauf der heliotropischen Krümmung geltend, der in dem Gegenwirken des Geotropismus seinen Grund hat. Es ist daraus zu schliessen, dass durch die vorausgegangene heliotropische Reizung eine wesentliche Herabsetzung der geotropischen Empfindlichkeit nicht gut stattgefunden haben kann. Auch aus diesem Grunde kann man sich also nicht für eine Beeinflussung der geotropischen Perception der heliotropisch gereizten Pflanzen entscheiden. Gewiss lässt sich hingegen die Verzögerung des Eintrittes geotropischer Krümmung an heliotropisch gereizten Pflanzen auf eine hemmende Gegenwirkung der heliotropischen Reaction, auf die geotropischen Krümmungsvorgänge zurückführen. Und zwar kommt diese Fähigkeit zu hemmen dem heliotropischen. Reizvorgang? allein zu, nicht aber dem geotropischen; ersterer erweist sich gegebenen Falles als der stärkere. Gleichartige Inductionen beeinflussen einander in ihrem Effect in keiner Weise. II. Gleichzeitig erfolgende Inductionen. Hatten wir bei der Untersuchung der gegenseitigen Beein- Nussung nacheinander inducirter Reizbewegungen nur den Eintritt und den Verlauf der zweiten Richtungsbewegung zu I Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen, I, S. 57, Wien 1878. 2 H. Müller, l.c. 3 Dass der beeinflussende Factor wirklich der Heliotropismus und nicht etwa eine andere Wirkung der Belichtung ist, zeigt der erfolglose Verlauf obiger Versuche, die man mit Pflanzen ausführt, welche aufrechtstehend um eine verticale Axe vor der Lichtquelle am Klinostaten rotirt wurden. Es ist dann keinerlei Verzögerung des Eintrittes einer nachher inducirten geotropischen Action zu constatiren. 304 Brezapek, beachten, so kommt bei gleichzeitiger Einwirkung zweier Richt- kräfte auf einen reactionsfähigen Pflanzentheil, natürlich ausser den Modalitäten von Eintritt und Verlauf der resultirenden Bewegung, noch die Verschiedenheit des endlichen Effectes der zusammenwirkenden Impulse in Betracht. Wie in den bisherigen Versuchen mit nacheinander folgenden Impulsen, so gilt auch bei gleichzeitiger Induction bezüglich des Studiums von Krümmunsgseintritt und Reactionsverlauf der Grundsatz, zu diesen Versuchen besonders Objecte heranzuziehen, deren »Latenzperiode« für Geotropismus und Heliotropismus gleich ist und deren helio- und geotropischer Reactionsverlauf nach Zeit und Grösseneffect möglichst ähnlich vor sich geht. Denn sonst können wir selbstverständlich auch hier nicht auf ein möglichst vollkommenes Zusammengreifen der Richtungsbe- wegungen rechnen. Die Qualität des Endeffectes der zusammen- wirkenden Impulse hingegen müssen wir auch an Pflanzen in Betracht ziehen, welche bezüglich zeitlichen Eintrittes und Verlaufes der geotropischen und heliotropischen Krümmung Verschiedenheiten aufweisen. Wollen wir an einer Pflanze die Wirkung gleichzeitiger heliotropischer und geotropischer Reizung untersuchen, so werden wir auch da von einer Variation der Reizstärke (Schwer- kraft, Licht) absehen müssen, um den Factor einer Reiz- stimmungsänderung auszuschalten. Wir beschränken uns wiederum auf einfache Schwerkraftwirkung, und jene Licht- stärke, welche an der aufrecht stehenden Pflanze in der möglichst kurzen Zeit Eintritt heliotropischer Reaction bewirkt. Die Änderung der Versuchsbedingungen kann einmal erzielt werden durch Variation der Lage des Versuchsobjectes zur Lotlinie, wobei der Lichteinfall stets entweder in verticaler oder horizon- taler Richtung erfolgt, so dass beide Richtkräfte mit einander in allen Fällen einen rechten Winkel einschliessen. Weitere Versuche beschränken sich nicht auf diesen Fall, sondern betreffen Anordnungen, in denen die Lichteinfallsrichtung mit der Lotlinie jeden beliebigen anderen Winkel als einen rechten einschliesst und die Versuchspflanzen wie im ersten Falle verschiedene Lagen zum Horizont einnehmen. Die Discussion der einzelnen Versuche ist im Folgenden dermassen gegeben, Heliotropismus und Geotropismus. 305 dass für jeden einzelnen Fall gesondert die Änderungen in Eintritt und Verlauf der inducirten Action, sowie die Grösse des erzielten Effectes dargelegt werden. Reihe A. Die Richtung des Lichteinfalls horizontal. 1. Pflanze aufrechtstehend, Lichteinfall horizontal. Die diesbezüglichen Versuche betreffen zum grössten Theil etiolirte junge Keimpflanzen. Von anderen Pflanzenorganen wurden Sporangienträger von Phycomyces mitens und die negativ heliotropisch reizbaren Würzelchen von Sinapis alba (in Wasser cultivirt) herangezogen. Es wurde bereits oben erwähnt, dass junge Haferkeimlinge oder Keimpflanzen von Lepidium aufrechtstehend und einseitig beleuchtet, den Eintritt heliotropischer Krümmung zu derselben Zeit zeigen, wie gleich- artige Pflanzen, die auf dem Klinostaten unter einseitiger Beleuchtung in verticaler Ebene gedreht werden. Auf den helio- tropischen Reactionseintritt hat der Geotropismus keinen Ein- fluss. H. Müller-Thurgau hatte zwar anders lautende An- gaben gemacht, doch sind dieselben bereits von Wiesner richtig gestellt worden. Der weitere Verlauf der Reaction ist aber bei den aufrechtstehenden, gegenüber den Klinostaten- pflanzen, von allem Anfäng an ein viel langsamerer und es gelangen die Klinostatenpflanzen bedeutend früher in ihre heliotropische Gleichgewichtslage, als die aufrechtstehenden Pflanzen in die resultirende Endstellung. Für den zuerst einsetzenden Vorgang an den aufrecht- stehenden heliotropisch gereizten Pflanzen werden wir die heliotropische Perception ansehen, die äusserlich unbeeinflusst von geotropischen Reizvorgängen vor sich geht. Desshalb ist ja der Beginn der Krümmung zeitlich der gleiche, wie bei Anwendung’der Rotation am Klinostaten. So wie aber die sich heliotropisch krümmende Keimpflanze aus der Verticalen sich entfernt, tritt sie unter Bedingungen, welche vermöge des Geotropismus eine Rückkrümmung in die Ausgangslage aus- lösen müssen. Die heliotropische Krümmung schreitet wohl weiter fort, jedoch verlangsamt. Dass die Hemmung die helio- tropische Reaction betrifft, nehmen wir an, weil die heliotropische Sitzb. d. mathem.-naturw. C1.; CIV. Bd., Abth. I. 24 306 Be ziarpeik Perception ohne geotropische Gegenwirkung geschah. Die Be- obachtung jedoch, dass die Verlangsamung der heliotropischen Krümmung von allem Anfang an stattfindet (sehr deutlich bei Avena-Keimlingen zu verfolgen), muss uns zu einiger Vorsicht in der Beurtheilung dieser Verhältnisse mahnen. Es scheint dieses frühe Einsetzen der Hemmung heliotropischer Krümmung darauf hinzudeuten, dass in der Verticallage den- noch eine geotropische Gegenwirkung auf die heliotropische Reizung ausgeübt wird; denn im gegentheiligen Falle müsste man erwarten, dass die Hemmung der heliotropischen Action erst nach Ablauf der specifischen Latenzperiode des geo- tropischen Reizes beginnt, und nicht von Anfang an zu beob- achten ist. Dass aber in der Gleichgewichtslage der geotropische Reiz thatsächlich wirksam ist, haben wir aus einer Reihe von Thatsachen zu schliessen, von denen ich hier nur die Richtungs- änderung von Nebenwurzeln, wenn man an ihnen Rotation am Klinostaten einleitet, und den autotropischen Ausgleich geo- tropischer Krümmung an Hauptwurzeln erwähnen will.! Bei der Beurtheilung des Krümmungsverlaufes an den aufrechtstehenden heliotropisch gereizten Pflanzen ist natürlich des weiteren zu beachten, dass mit der fortschreitenden Änderung des Neigungswinkels die auszulösende heliotropische und geotropische Wirkung sich quantitativ ändern muss, und zwar in entgegengesetztem Sinne, ein Verhältniss, welches die hemmende Wirkung des Geotropismus begünstigen muss. Die den Krümmungsbeginn und den Reactionsverlauf be- treffenden Versuche beziehen sich eben nur auf Pflanzen, welche bei optimaler Reizstärke ihre geotropische und helio- tropische Krümmung gleich rasch und intensiv ausführen. Man kann die verlangsamte Reaction sehr schön an Keimlingen von Avena, Lepidinm und an Sporangienträgern von Phycomyces beobachten. Wenn Noll? an Keimpflänzchen von Sinapis und Lepidium, deren heliotropische Reaction durch Abstufung der 1 Vergl. Pfeffer, Die Reizbarkeit der Pflanzen. Verhandl. d. Gesellsch. deutscher Naturforscher und Ärzte, 1893, I. Theil, S. 84, Anmerkung. Über Autotropismus auch Czapek, Untersuchungen über Geotropismus. Jahrbücher fr. wiss. Bot., Bd. 27,58. 31.271895). 2 F. Noll, Über heterogene Induction. Leipzig 1892, S. 57. Heliotropismus und Geotropismus. 397 Beleuchtungsintensität der geotropischen Reaction gleichgestellt war, fast gleich schnellen Krümmungsverlauf wie am Klino- staten sah, so dürfte dies an besserer heliotropischer Reactions- fähigkeit seines Materials gelegen haben; vielleicht war aber auch in Noll’s Versuchen eine von Anfang an, wenn auch in geringem Masse, verlangsamte Krümmung vorhanden. Die dieGrösse desresultirenden Effectes betreffenden Versuche wurden derart angestellt, dass die Pllanzen 24 Stunden lang im Dunkelzimmer einseitig beleuchtet wurden, und der Krümmungswinkel nach Ablauf dieser Zeit an zahlreichen Exemplaren gemessen wurde, an der Pflanze selbst und an genauen Zeichnungen derselben. Die individuellen Schwan- kungen der Winkelgrösse sind relativ sehr bedeutend, wie man in jedem grösseren Satz von Keimlingen bemerken kann. Wegen der genügend langen Versuchsdauer braucht man sich nicht auf Objecte zu beschränken, welchen möglichst gleichmässig verlaufende heliotropische und geotropische Reizvorgänge eigen sind, sondern kann auch dabei Pflanzen heranziehen, die mehr minder grosse Unterschiede in der Zeitdauer des Eintrittes und der Schnelligkeit des Verlaufes helio- und geotropischer Krüm- mung zeigen. Je nach der Pflanzenart ist bekanntlich der resultirende Krümmungswinkel verschieden gross. Es gibt Pflanzen, die sich direct horizontal in die Lichteinfallsrichtung stellen (Phycomyces, Pilobolus, Vicia sativa nach Wiesner), andere bilden einen kleinen Winkel mit der Lichteinfallsrichtung (Lepidinm, Avena, Phalaris, Sinapis, Linum); andere endlich weichen auch nach länger dauernder heliotropischer Induction nur wenig von der Verticalen in ihrer Richtung ab (Felianthus, Impatiens, Phaseolus u. a.). Die negativ heliotropischen Keim- wurzeln von Sinapis alba stellen sich in einen Winkel von 40—50° zur Verticalen. Dass sich eine Ungleichheit in der geo- und heliotropischen Krümmunsgsfähigkeit und Empfindlichkeit im resultirenden Effecte zu Gunsten der bevorzugten Richtungs- bewegung äussern muss, braucht nicht weiter auseinander- gesetzt zu werden. Hervorzuheben ist aber, dass in jenen Fällen wo gleiche Intensität von Perception und Reactionsfähigkeit bezüglich Geotropismus und Heliotropismus dem Experimente nach vorausgesetzt werden kann (Avena, Phalaris, Lepidium, 24* 308 F. Czapek, Phycomvces), im resultirenden Effect stets ein Überwiegen des Heliotropismus hervortrat. So stellt sich Phycomyces ganz in die Einfallsrichtung der Lichtstrahlen, die übrigen genannten Pflanzen in einen Winkel von durchschnittlich nur 20° gegen das einfallende Licht. Auch hier, wie bezüglich der hemmenden Wirkung auf eine nachfolgende geotropische Induction, äussert sich ein Intensitätsunterschied der Reactionen zu Gunsten der heliotropischen, ohne dass bei einem Vergleiche der einzelnen geo- und heliotropischen Reizphasen äusserlich ein merkbarer Unterschied hervortritt. 2. Pflanze horizontal. Licht fällt horizontal ein, von dem apicalen Ende der Pflanze her parallel zur Längsaxe der letzteren. Die Ergebnisse bei dieser Versuchsanordnung sind ana den im vorhergehenden dargelesten Verhältnissen. Der Reactionseintritt erfolgt an den zu den diesbezüglichen Beobachtungen geeigneten Objecten zu derselben Zeit, wie der Beginn der geotropischen Krümmung an im Dunkeln gehaltenen Vergleichspflanzen. Der weitere Verlauf der Reaction hingegen zeist sich gegenüber den Controllepflanzen von Anbeginn an wesentlich verlangsamt. Die rein geotropisch sich krümmenden Objecte haben bereits einen viel grösseren Krümmungswinkel erreicht, wenn die beleuchteten Pflanzen eben erst in ihre End- stellung gelangen. Was oben von den seitlich beleuchteten aufrechtstehenden Versuchsobjecten gesagt wurde, können wir mithin auch auf die horizontalen, von vorne beleuchteten Pflanzen übertragen. Obzwar der zeitliche Beginn des Reactions- eintrittes gegenüber einem rein geotropischen keine Änderung erkennen lässt, dürfen wir aus der vom Anfang der Krümmung an zu beobachtenden Verlangsamung des Reactionsverlaufes vielleicht auf eine bereits stattfindende heliotropische Beein- flussung schliessen, welche schon in der Horizontallage der von vorne beleuchteten Pflanze einsetzt, allein in keiner zeitlichen Verschiebung des Reactionsbeginnes sich äussert. Die Winkelgrösse der resultirenden Endstellung ist dieselbe, wie sie von Pflanzen der gleichen Species aus der normalen orthotropen Stellung aus bei einseitiger Beleuchtung Heliotropismus und Geotropismus. 399 erreicht wird. Das Gleiche gilt, wie noch ausgeführt werden wird, von invers aufgestellten seitlich beleuchteten Pflanzen, ‚Wir Können demnach sagen, dass dieser Winkel für die resul- tirende Stellung heliotropisch und geotropisch reizbaren Pflanzen einer bestimmten Species bei horizontalem seitlichem Lichteinfall (von bestimmter Intensität) charakteristisch ist. Er entspricht der rechtwinkeligen Stellung beider Richtkräfte (Fort- pflanzungsrichtung des Lichtes und der Anziehung durch die Gravitation), und er kann als heliotropischer Grenzwinkel bezeichnet werden. Nachstehend folgen die als Mittelzahlen vieler Versuche empirisch bestimmten Werthe des heliotropischen Grenzwinkels für eine Reihe von Pflanzenarten: IayComGes nitensnsaa:.n 0... 0... 0° Pılobolus erystallinus ....... AL) WetarsarıVa 2 ne. 20 Denan sata ee 20 Tanalamıs canamiensisinn cn... 20 Linum usitatissimum ........:... 20 Inmassica Napmsı. 2... . LE 20 Datura Stramonium.......... 20 Nenidıum satiiumı :............ 30 Sinapis alba (Keimstengel) ....... 30 JERSINN, SCHEIDEN a een 30 car Haba a 30 Ianaseolusimamlnnlonrusnn. 2.00 30 Sinapiszalga Wurzel)... 0.0... 40 Wlehanthusanmuus.......... 0. 45 URIEINUS CommMUMS nn 45 Oronabita mepo 2.2... NO Sachs! hat bekanntlich den Winkel, welche Nebenwurzeln vermöge ihres Geotropismus unter normalen Vegetations- bedingungen mit der Lotlinie bilden, als geotropischen Grenzwinkel bezeichnet. Dabei wirkt auf die Nebenwurzeln 1 S, Sachs. Über das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln, II. Arbeiten des bot. Inst. zu Würzburg; Bd. 1, Heft IV (1874), S. 617. 360 PF.Czapek, keine andere äussere Richtkraft, ausser der Schwerkraft ein. Es könnte nun befremdlich erscheinen für den resultirenden Winkel, den ein orthotroper Pflanzentheil, unter dem bekannten Einfluss zweier rechtwinklig zu einander angreifender Richt- kräfte stehend, gegen die Lotlinie bildet, den analogen Aus- druck »heliotropischer Grenzwinkel« zu gebrauchen. Es ist aber in der That zwischen der plagiotropen Stellung der Nebenwurzeln und der resultirenden Stellung, die ein orthotropes geotropisch und heliotropisch reizbares Organ bei einseitig horizontal einfallender Beleuchtung einnimmt, mehr wie eine äusserliche Ähnlichkeit vorhanden, wie ich bezüglich der Seitenwurzeln noch an anderer Stelle zu begründen hoffe. Hier will ich nur auf die resultirende Stellung orthotroper Organe bei gleichzeitiger heliotropischer und geotropischer Reizung eingehen. Wie oben erwähnt, nehmen junge Avena-Keimpflanzen (ihr heliotropisch empfindlicher Cotyledo) gegen horizontal einfallendes Licht als Endstellung einen Neigungswinkel von circa 70° gegen die Verticale, oder einen heliotropischen Grenz- winkel, von 20° ein. Bringt man vorher aufrecht im Dunkeln gewesene Pflänzchen sofort in den heliotropischen Grenzwinkel, so dass sie von Anfang an mit den horizontal einfallenden Lichtstrahlen einen Winkel von 20° bilden, so bleiben sie, wie man a priori nicht für ausgeschlossen gehalten hätte, nicht dauernd in dieser Lage, sondern krümmen sich binnen der normalen Inductionszeit leicht geotropisch aufwärts, doch nur an der Spitze. Diese geotropische Krümmung ver- schwindet in wenigen Stunden wieder, und die Pflanze bleibt hierauf dauernd in der ihr anfangs ertheilten Lage. Vollkommen deutlich gelang dieser Versuch nicht mit allen untersuchten Pflanzenspecies; am besten mit Gramineen- und Cruciferen- keimlingen. Dabei ist nicht etwa eine durch den geringen Winkel, welchen die Längsaxe der Pflanzen mit der Licht- einfallsrichtung bildet, bedingte Verlängerung der heliotropischen Inductionszeit im Spiele. Denn wenn man Pflanzen am Klino- staten rotirend unter demselben Einfallswinkel heliotropisch reizt, so erfolgt der Krümmunsgseintritt ohne merkliche Verspä- tung gegenüber einer Reizung unter grösserem Einfallswinkel- “ Heliotropismus und Geotropismus. 6l Setzt man die Pflanzen, bevor man sie in die Lage des heliotropischen Grenzwinkels bringt, vorher in aufrechter Stellung dem Einflusse horizontal einfallender Lichtstrahlen aus, jedoch nicht allzulange (!/, Stunde), um keine intensive Nachwirkung zu erhalten, so fällt der Versuch ganz analog dem erwähnten aus. Auch da entsteht, freilich durch die voraus- gegangene heliotropische Induction verspätet, eine geotropische Aufkrümmung, welche sich nach einigen Stunden wieder durch heliotropische Gegenwirkung wieder ausgleicht. Diese Versuche beweisen, dass auch in der resultirenden Endstellung die geo- tropische Reizperception fortdauert, wenn auch sonst die geotropische Action durch den gegenwirkenden Heliotropis- mus verhindert wird. Dass die geotropische Empfindlichkeit in der resultirenden Stellung thatsächlich keine Schwächung durch den Heliotropismus erfährt, lehrt uns der Versuch, indem man die Versuchspflanzen um einen kleinen Winkel über die resultirende Stellung hinaus gegen die horizontale Lage hin dreht. Es krümmen sich die Pflanzen zur normalen Zeit wieder in die resultirende Stellung geotropisch zurück. Der resultirende Krümmungseffect ist mithin wohl anzusehen als bestimmt durch die Gegenwirkung der heliotropischen und geotropischen Reaction, ohne dass eine Schwächung der geotropischen Per- ceptionsfähigkeit erfolgt wäre. Es lehrten uns bereits die Ver- suche, mit aufeinanderfolgender heliotropischer und geotro- pischer Reizung, dass trotz äusserlich gleichem Verlauf und Grösseneffect zwischen heliotropischer und geotropischer Reac- tion doch Differenzen, die wir einer Intensitätsverschieden- heit vergleichen können, obwalten. So müssen wir auch hier die Prävalenz der heliotropischen Bestrebungen auffassen, wie sie sich in dem Winkel der resultirenden Stellung gleich- mässig geotropisch und heliotropisch reagirender Pflanzen- organe ausprägt. Wenn, wie bei Phycomyces, in der resultirenden Stellung der Geotropismus nicht zum Ausdruck kommt, so ist dies nur der extremste Fall. Wie zu erwarten, ist eine constante Grösse des Grenz- winkels orthotroper Pflanzentheile nicht nur giltig für das Zusammengreifen von Heliotropismus und Geotropismus, falls Licht und Schwerkraft rechtwinkelig zu einander angreifen, 362 P. Czapek, sondern auch für die Combinationen zweier anderer Richtkräfte unter ähnlichen Bedingungen. Leicht festzustellen ist dasselbe Gesetz für das Zusammengreifen von Geotropismus und Hydro- tropismus an verschiedenen Keimwurzeln, sowie des negativen Geo- und Hydrotropismus der Sporangienträger von Phycomyces. 3. Pflanze invers senkrecht. Einseitiger Lichteinfall in horizontaler Richtung. Hierüber ist eigentlich nichts neues zu sagen, weil die Ergebnisse mit den bei den beiden ersterwähnten Versuchs- anordnungen erzielten übereinstimmen. Vergleichen wir eine seitlich durch horizontal einfallendes Licht beleuchtete, invers aufgestellte Keimpflanze von Avena oder Helianthus bezüglich der Zeit des Eintrittes der Reaction mit gleichzeitig verdunkelt invers aufgestellten Pflanzen der- selben Art, so ergibt sich kein Unterschied zwischen den helio- tropisch gereizten und den bloss geotropisch induecirten Objecten. Wir arbeiten bei unseren Versuchen stets unter optimalen Bedingungen zur helio- und geotropischen Reizung. Wenn bei gleichsinnigem Zusammenwirken beider Richtkräfte die Inductionszeit dieselbe ist, wie für eine einzelne Richtkraft (vorausgesetzt, dass, wie z. B. bei Avena, gleichartige äussere Verhältnisse obwalten), so müssen wir annehmen, dass die Mechanik des Krümmungsverlaufes eben keinen schnelleren Eintritt einer Reizaction gestattet. Es lässt sich weiter feststellen, dass auch der weitere Krüm- mungsverlauf gegenüber dem rein geotropischen in keiner Weise zeitliche Verschiedenheiten darbietet und die Pflanze kommt in ihre resultirende Endstellung etwa zu derselben Zeit, zu welcher die rein geotropische Vergleichspflanze auf ihrem Wege in die aufrechte Stellung dieselbe Lage passirt. Der Heliotropismus beschleunigt demnach den Reactionsver- lauf nicht. Natürlich wird auch zu der Zeit, zu welcher die Pflanze in die Horizontallage vorübergehend zu stehen kommt, keine directe krümmende Wirkung des einseitig einfallenden Lichtes stattfinden können; dagegen wird wohl eine helio- tropische Nachwirkung auch in dieser Lage vorhanden sein müssen. Wenn.nun die Horizontallage passirt ist, so wird die Heliotropismus und Geotropismus. 3693 Wirkung von Geotropismus und Heliotropismus in eine gegen- sinnige übergehen, doch zeigt sich kein äusserer Erfolg des Entgegenwirkens in der Schnelligkeit der Krümmung, indem die heliotropische directe Reizung in Folge des kleinen Winkels mit der Lichteinfallsrichtung keine genügende Wirkung auslöst. ! Der resultirende Krümmungseffect ist der gleiche Winkel, wie er an der horizontalen oder aufrechtstehenden Pflanze unter sonst gleichen Bedingungen zustande kommt. Der helio- tropische Grenzwinkel ist also für ein bestimmtes orthotropes Pflanzenorgan bei horizontal einseitig einfallendem Licht von bestimmter Intensität eine constante Grösse, wie immer auch die Pflanze ursprünglich gegen die Verticale orientirt sein mag. Reihe B. Richtung des Lichteinfalls vertical von unten. 1. Pflanze horizontal. Lichteinfall senkrecht von unten. Wie bereits Eingangs erwähnt, sind derartige Versuche schon von H. v. Mohl? angestellt und mit denselben Resultaten von Müller-Thurgau° wiederholt worden. Meine Versuche waren ebenfalls in der Form angestellt, dass die horizontal liegenden Pflanzen mittelst Spiegel von unten her beleuchtet wurden, während im übrigen zwischen ihnen und der Lichtquelle ein schwarzer Schirm sich befand. Werden Keimpflanzen von Avena in der geschilderten Weise im Dunkelzimmer bei 18—20° C. geotropisch und heliotropisch gereizt, so beobachtet man binnen der normalen geotropischen Inductionszeit, oder etwas später (80 Minuten) an den Keim- lingen eine leichte Aufwärtskrümmung der Spitze; diese Krüm- mung bleibt 2—3 Stunden unverändert, dann aber gleicht sie sich rasch aus; es entsteht eine heliotropische Krümmung nach 1 Es braucht wohl nicht ausgeführt zu werden, dass der Heliotropismus invers gestellter orthotroper Pflanzentheile bei der Wiederaufrichtung die spon- tane Nutation sehr wirksam unterstützen muss, so dass das Organ rasch in eine Lage kommt, die zur Auslösung geotropischer Krümmung günstig ist. Über die biologische Bedeutung dieser Verhältnisse vergleiche man J. Wiesner: Die heliotropischen Erscheinungen, II, S. 33, Wien 1880. ®2 H.v. Mohl. Vegetabilische Zelle. 1851, S. 140. 3 H. Müller. Über Heliotropismus. Flora, 1876, S. 65. 364 F. Czapek, abwärts, welche langsam vorwärts schreitet, und nach etwa 6 Stunden haben sich alle Pflanzen vertical nach abwärts, also in die Richtung des einfallenden Lichtes gekrümmt. Die Keim- pflanzen von Avena percipiren, wie mehrfach hervorgehoben, bei optimaler Reizstärke gleich rasch geotropisch und helio- tropisch; auch der geotropische und heliotropische Krümmungs- verlauf ist bei Avena gleichartig. Die Discussion der Versuche gestaltet sich deshalb hier relativ einfach. Die geotropische Perception muss normal erfolgen; denn der Beginn der geotropischen Krümmung zeigt sich zur be- stimmten Zeit. Dass die heliotropische Perception nicht beein- flusst ist, kann aus diesem Versuche nicht erschlossen werden. Stellen wir aber folgenden Versuch an: die Pflänzchen werden etwa 1—1!/, Stunden lang in horizontaler Stellung von unten her mittelst Spiegel beleuchtet und sodann im Dunkeln am Klinostaten an horizontaler Axe rotirt, so ergibt sich keine weitere geotropische Reaction, als im ersten Versuch; hingegen tritt heliotropische Nachwirkung in beiden Versuchen zur gleichen Zeit ein. Damit ist der Beweis erbracht, dass auch die heliotropische Perception ungestört erfolgt, obwohl die helio- tropische Reaction verspätet eintritt. Die Verzögerung der helio- tropischen Abwärtskrümmung kann also nur auf das Ent- gegenwirken der geotropischen und heliotropischen Reaction bezogen werden, und es werden hiebei die “geotropischen Bestrebungen vollständig überwunden, so dass die Pflanze in die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen als resultirende Endstellung gelangt. Ganz analoge Verhältnisse bieten dar Phycomyces nitens, Lepidium sativum, welche letztere Pflanze noch früher als Avena ihre heliotropische Abwärtskrümmung einleitet. Wie bereits H. Müller constatiren konnte, halten sich zwar sehr viele Keimpflanzen an den von Avena geschilderten Typus, manche jedoch krümmen sich überhaupt nicht nach abwärts, sondern mehr oder weniger stark geotropisch auf- wärts. Ein Beispiel von diesem Verhalten geben Helianthus annnus-Keimlinge, die als resultirende Endstellung unter einem Winkel von 45° über der Horizontalen schliesslich zu stehen kommen. Pflanzentheile, die sich ähnlich verhalten, besitzen Heliotropismus und Geotropismus. 369 übrigens, soweit ich untersucht habe, stets eine kürzere geo- tropische Inductionszeit als die heliotropische. Sie reagiren früher und schneller geotropisch, als heliotropisch. Das Ein- . greifen des Heliotropismus in die Krümmungsaction geschieht also erst, nachdem die geotropische Aufwärtskrümmung bereits vorhanden ist. Bei Helianthus z. B.. kann der Heliotropismus überhaupt erst angreifen, wenn sich die Pflanze schon nahezu in die resultirende Stellung durch rein geotropische Action emporgekrümmt hat. 2. Pflanze invers senkrecht. Einseitiger Lichteinfall vertical von unten. Über das Verhalten derartig behandelter Pflanzen finden sich in der Literatur Angaben vor: von Elfving!, welcher Forscher sah, dass Phycomyces-Fruchtträger in invers senk- rechter Stellung, von unten her beleuchtet, in dieser Stellung verbleiben. Klemm? sah dasselbe Verhalten an Caulerpa proli- fera, deren Sprosse unter den angegebenen Versuchsbedin- gungen nach abwärts weiter wuchsen. Thatsächlich kann man’diesen Befund an sehr zahlreichen Keimpflanzen und anderen, zugleich heliotropisch und geo- tropisch empfindlichen Pflanzentheilen feststellen. Und nicht nur an Objecten, die früher und rascher heliotropisch reagiren als geotropisch, sondern auch an den bereits in dieser Arbeit vielfach untersuchten gleichmässig geo- und heliotropisch reagirenden Pflanzen herrscht das gleiche Verhalten. Avena- oder Lepidium-Keimpflanzen, in inverser Lage aufgestellt und von unten her beleuchtet, verbleiben ebenfalls in ihrer Stellung, ohne auch nur vorübergehend eine Spur einer geotropischen Aufwärtskrümmung aufzuweisen. Bringen wir sodann die Pflanzen in Rotation auf dem Klinostaten im Dunkeln, so stellt sich keine Krümmung, also keine geotropische Nachwirkung ein. Da der ganze Versuch eigentlich nur negative Befunde darbietet, so ist es schwer möglich, eine vollkommen sichere Deutung zu liefern. Die ı F. Elfving. Beitrag zur Kenntniss der physiologischen Einwirkung der Schwerkraft auf die Pflanzen. Acta Soc. Scient. Fenn. Bd. 12. (1880.) ®2 P. Klemm. Über Caulerpa prolifera. Flora 1893, S. 460. 066 F. Czapek, früher erwähnten Versuche lassen es nicht als wahrscheinlich erscheinen, dass eine Beeinflussung der geotropischen Perception im Spiele ist, sondern eher dürfte der Heliotropismus selbst die Pflanze in der inversen Stellung festhalten. Da früher von mir angestellte Versuche! ergeben haben, dass in der genau inversen Lage keine geotropische Induction zustandekommt, so wird auch in der schliesslich festgehaltenen Stellung wohl keine krümmende Wirkung der Schwerkraft dem Heliotropismus entgegenstehen. Das eben geschilderte Verhalten zeigen alle jene Pflanzenorgane, welche auch in horizontaler Stellung von unten beleuchtet sich vertical nach abwärts richten. Jene Pflanzen dagegen, welche aus der horizontalen Lage sich nicht gegen die unten befindliche Lichtquelle krümmen, sondern sich geotropisch nach aufwärts richten, bleiben nicht in der ihnen ertheilten inversen Lage, wenn sie von unten her beleuchtet werden, sondern krümmen sich mehr weniger weit empor. Keimpflanzen von Helianthus annuus z. B. krümmen sich unter den geschilderten Bedingungen um einen Winkel von etwa 45° aus der invers senkrechten Stellung empor, um in dieser Stellung zu verbleiben. Der Beginn des Aufwärtskrüm- mens stimmt zeitlich überein mit dem Anfang rein geotropischer Krümmung an Pflanzen, die man gleichzeitig im dunklen Raum invers gestellt hat. Auch bezüglich der Schnelligkeit des Krümmunsgsverlaufes zeigt sich kein wesentlicher Unterschied. 3. Pflanze schräg, aufwärts, oder abwärts gestellt. Einseitiger Lichteinfall vertical von unten her. Diese Fälle bieten uns kein neues Moment. Sie stimmen in ihrem Endergebniss wesentlich mit dem vorletzt beschriebenen Falle überein. Stellt man junge Haferkeimpflänzchen etwa um 40° gegen die Horizontale geneigt schräg aufwärts und beleuchtet sie von unten her, so beobachtet man an ihnen, wie an horizontal gelegten Pflanzen zuerst eine normal eintretende geotropische Aufkrümmung ihrer Spitze, welche einige Zeit hindurch ohne 1 F. Czapek. Untersuchungen über Geotropismus. Jahrb. für wiss. Bot.; Bd. 27, S. 290 (1395). Heliotropismus und Geotropismus. 807 zuzunehmen anhält, hierauf verschwindet, einer langsam zu- nehmenden, immer stärker werdenden heliotropischen Abwärts- krümmung Platz macht. Schliesslich richten sich die Pflanzen unter scharfem Winkel vertical nach abwärts und verbleiben in dieser Lage. Betreffs der Discussion dieses Versuches will ich hier bloss auf die oben gegebene Darstellung der Verhältnisse an horizontal gelegten, von unten her beleuchteten Pflanzen hinweisen. Bemerkt sei nur, dass die Zeit, durch welche hin- durch die leichte geotropische Aufwärtskrümmung sich be- merklich machte, an den schräg aufwärts gerichteten Pflanzen entschieden kürzer (1'/, Stunden) war, als an den horizontal gelesten Objecten (2—3 Stunden). Dies steht wohl mit der Zunahme der Intensität der ausgelösten geotropischen Wirkung mit zunehmendem Neigungswinkel gegen die Lotlinie in Zu- sammenhang. Ganz ähnliche Befunde bieten sich dar, wenn wir die Pflanzen (Avena, Lepidium) schräg abwärts neigen und von unten her in verticaler Richtung beleuchten. Die geotropische schwache Aufkrümmunsg tritt auch da ein, falls der Winkel der Versuchspflanze mit der Horizontalen nicht zu nahe an 90° liegt. Sie bleibt aber aus, wenn die Pflanze nur um einen kleinen Winkel (10°) von der invers senkrechten Lage abweicht. Pflanzenorgane, welche schneller und intensiver geotropisch als heliotropisch reagiren, krümmen sich meist geotropisch nach aufwärts, wenn sie in schräg aufwärts oder abwärts gerichteter Lage von unten her beleuchtet werden. Allerdings muss es aber, wie aus den gegebenen Darlegungen bereits hervorgeht, schräge Lagen geben, in welchen kein geotropischer Krümmungserfolg möglich ist. Der Neigungswinkel dieser neutralen Lagen ist gegeben durch die Winkelgrösse der geo- tropischen Krümmung aus der horizontalen Lage bei von unten her senkrecht einfallendem Licht. Der Versuch bestätigt auch, dass Helianthus-Keimpflanzen z. B. unter einem Winkel von 45° schräg aufwärtsgerichtet und von unten her beleuchtet, die anfangs ertheilte Lage als resultirende Endstellung bei- behalten. Ebenso tritt dieses Ergebniss ein, wenn man die Helianthushypocotyle um 45° schräg nach abwärts neigt und von unten her beleuchtet. | 363 F. Czapek, Die Thatsache, dass Keimpflanzen von Helianthus, hori- zontal liegend und von unten her beleuchtet, sich um 45° aufwärtskrümmen, folglich mit derLichteinfallsrichtung schliess- lich einen Winkel von 135° bilden, zusammengehalten mit dem Versuchsergebniss, dass dieselben Keimlinge invers senk- recht und von unten her beleuchtet sich nur um 45° aus der Lichteinfallsrichtung entfernen, belehrt uns bereits darüber, dass fürs die’ Versuche "mit verticalt vonZuntenwere tallendemBieht. das Geserz?von der Constaazades heliotropischen Grenzwinkels nicht gilt. Der Winkel der resultirenden Endstellung mit dem einfallenden Lichte ist hier verschieden, je nach der der Pflanze anfangs ertheilten Stellung. Wennan einem orthotropen Organ zweiRicht- kräfte (Schwerkraft, Licht) gegensinnig wirksam sind, so, ist also der resultirende Krüummungseriolesatent allein durch die gegenseitigen Beziehungen derKraft- richtungen gegeben, sondern auch durch die Lage des Orcans, Wilken hinieieisfendTerperdene Krarreiceelee wnkelistzu/eimander, sofse die urden Nanzentmen specifische Grösse des Krümmungserfolges bereits durch das zu einander rechtwinkelige Angreifen der Richtkräfte bestimmt. Hiebeisind optimaleReizerfolge MoRalseiesietzr. Reihe C. Lichteinfalisrichtung schräg. 1., Pflanze aufrecht. Lichteinfall schräg von unten. Werden aufrechtstehende Keimpflanzen von Phalaris cana- riensis oder Avena sativa von einseitig einfallenden Licht- strahlen getroffen, die schräg von unten, etwa 45° unter der Horizontalen, kommen, also mit der Längsachse der Pflanzen einen Winkel von 135° bilden, so unterscheidet sich das Ver- suchsergebniss nur wenig und nur graduell von jenem Falle, wo die aufrechtstehenden Keimpflanzen dem einseitigen Ein- tall horizontalgerichteter Lichtstrahlen ausgesetzt sind. Wenn wir zunächst den schliesslichen Krümmunsseffect in Betracht ziehen und zu diesem Behufe die Keimlinge nach 24stündiger Beleuchtungsdauer untersuchen, so haben sich dieselben Heliotropismus und Geotropismus. 369 (Avena) nicht vollständig in die Lichteinfallsrichtung orientirt, sondern stehen mit ihrem oberen Theile horizontal, indem sie sich um einen Winkel von 90° aus der ursprünglichen Lage herausgekrümmt haben. Pflanzenorgane, die besser geo- tropisch als heliotropisch reagiren, wie Keimlinge von Helianthus annmıs, bilden entsprechend kleinere Winkel mit ihrer Anfangs- stellung. Der Eintritt der heliotropischen Krümmung erfolgt ohne Verspätung, gleichmässig mit gleichzeitig aufgestellten ‚heliotropisch inducirten Klinostatenpflanzen. Der Verlauf der Krümmung hingegen ist gegenüber den letzteren sehr verlang- samt. Die Pflanzen gelangen erst in mehreren Stunden (8— 10) in ihre resultirende Stellung. Die Verzögerung der heliotro- pischen Krümmung setzt gleich anfangs ein. Was von den unter einseitig horizontalem Lichteinfall stehenden aufrechten Pflanzen oben gesagt wurde, können wir vollständig auf diese eben dargelegten Verhältnisse übertragen. Auch hier ist, am wahrscheinlichsten ausschliesslich, . gegen- seitige Beeinflussung der heliotropischen und geotropischen Reizreaction anzunenmen. 2. Pfianze horizontal, Lichteinfall schräg von unten. Die unter diesen Bedingungen eintretende Combination des geotropischen und heliotropischen Reizerfolges ist analog derjenigen, die wir an horizontalen von unten her in verticaler Richtung beleuchteten Pflanzen sehen. Werden horizontal lie- gende Gramineenkeimlinge in der angegebenen Weise (Licht- einfallsrichtung etwa unter 35° unterhalb der Horizontalen) heliotropisch gereizt, so stellen sich die Pflanzen, nachdem sie eine gewisse Zeit hindurch leichten Geotropismus aufgewiesen haben, langsam in die Lichteinfallsrichtung ein. Pflanzen, die nicht in gleicher Weise heliotropisch wie geotropisch reagiren, sondern schneller geotropisch, krümmen sich nach aufwärts. So stellen sich Helianthus-Keimpflanzen unter einem Winkel von 30—40° über der Horizontalen schief aufwärts. Die Dis- zussion dieser Befunde wäre dieselbe, wie sie von den unter B 2 angeführten Versuchen gegeben worden ist. 370 Pr Czapek, 3. Pflanze invers senkrecht, Lichteinfall schräg von unten. Alle untersuchten orthotropen, geo- und heliotropisch reagirenden Pflanzentheile verhielten sich gleich, und stellten sich ohne Verzögerung des Krümmunsgseintrittes und Reactions- verlaufes schliesslich in die Richtung der (unter 30—40° unter- halb der Horizontalen) einfallenden Lichtstrahlen. Die letztbesprochenen drei Versuchsreihen, die sich auf schrägen Lichteinfall von unten her beziehen, zeigen bezüglich des resultirenden Krümmungserfolges verschiedene Ergebnisse. Ausser dem Winkel, welchen die Richtungen der einwirkenden Kräfte (Licht, Schwerkraft) miteinander einschliessen, ist dem- nach auch hier die Lage des untersuchten Pflanzentheiles zur Lotlinie für die Grösse des endlichen Krümmungserfolges massgebend. 4. Lichteinfall schräg von oben. Es ist klar, dass eine heliotropisch und geotropisch reizbare Pflanze, von einseitig schräg, von obenher einfallenden Licht- strahlen getroffen, nur dann von ausschliesslich gegensinnig angreifenden Richtkräften beeinflusst wird, wenn sie dabei aufrecht steht. Steht sie hingegen horizontal oder invers senk- recht, so wirken Helio- und Geotropismus in demselben Sinne so lange, bis sich die Pflanze in die Richtung des Lichteinfalles gestellt hat. In den beiden letzterwähnten Fällen kann mithin an eine Verzögerung des Reactionseintrittes bereits a priori nicht gedacht werden. Im ersten Fall findet diese Verspätung des Krümmungsbesginnes, wie der Versuch lehrt, ebenso wenig statt, wie wir es an Pflanzen, die aufrecht stehend von horizontal einseitig einfallendem Lichte getroffen werden, im Vergleich zu heliotropisch indueirtenKlinostatenpflanzen constatiren konnten. Bezüglich der Verlaufsgeschwindigkeit der Krümmungsaction ergeben sich, wie leicht vorauszusehen, Differenzen zwischen den aufrechten schräg von oben beleuchteten Pflanzen einer- seits, und den horizontalen und inversen in gleicher Weise beleuchteten Pflanzen andererseits. Berücksichtigen wir zu- nächst Objecte von gleichmässiger helio- und geotropischer Reactionsfähigkeit, wie es Gramineen- und Lepidium-Keimlinge Heliotropismus und Geotropismus. 37l sind. Wie sich junge Avena-Keimlinge viel langsamer horizontal einfallenden Lichtstrahlen zuwenden, wenn sie aufrecht stehen, als wenn sie, am Klinostaten befindlich, heliotropisch gereizt werden, so geschieht es natürlich auch, wenn der Versuch mit der Abänderung ausgeführt wird, dass das Licht schräg von oben einfällt. Die unter der Einwirkung des Geotropismus stehenden Pflanzen reagiren vom Beginne der Krümmung an viel langsamer als die Klinostatenpflanzen. Werden hingegen die Keimlinge in horizontaler oder inverser Lage schräg von oben her beleuchtet, so erfolgt die Aufwärtskrümmung unter geo- und heliotropischem Einflusse ebenso rasch, wie an Pflanzen, welche sich im Dunkeln aus der gleichen Lage rein geotropisch emporkrümmen. Die Winkelgrösse der resultirenden Stellung jedoch ist, soweit untersucht, in allen drei Fällen dieselbe. Die Pflanzen stellen sich in die Richtung der schräg von oben her einfallenden Lichtstrahlen ein. Wenn wir sagen, die Winkelgrösse der resul- tirenden Stellung ist in allen drei Fällen gleich, so haben wir dabei freilich nicht ausseracht zu lassen, dass der Krümmungs- erfolg dabei verschieden gross war, weil ja die gleiche Endlage aus verschiedenem Neigungswinkel erreicht wurde. Dasselbe Verhältniss stellt sich heraus, wenn wir Objecte, wie Keimpflanzen von Helianthns oder Cucurbita, untersuchen, die früher und rascher geotropisch reagiren, als heliotropisch. Bei heliotropischer Reizung negativ geotropisch und positiv heliotropisch reactionsfähiger orthotroper Organe durch schräg von oben einfallendes Licht, obwaltet daher bezüglich der resultirenden Endstellung dasselbe Gesetz, wie bei Reizung durch horizontal einfallendes Licht. Die resultirende Lage ist unabhängig von der dem Versuchsobjecte anfangs ertheilten Stellung und ist allein bestimmt durch die Einfallsrichtung der Lichtstrahlen. Der heliotropische Grenzwinkel ist bei schräg von oben einfallender Beleuchtung stets kleiner, als bei hori- zontalem Lichteinfall. Bei gleichmässig helio- und geotropisch reactionsfähigen Pflanzentheilen ist der Grenzwinkel im ersten Falle gleich Null und wird erst für Beleuchtung, die unter kleinem Neigungswinkel gegen die Horizontale einfällt, von Null verschieden. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. DD Oo 372 F. Czapek, Zusammenfassung. Die mitgetheilten Untersuchungen über Zusammengreifen von Heliotropismus und Geotropismus gestatten uns einige Schlüsse zu ziehen, die sich einestheils auf den Modus der gegenseitigen Beeinflussung zweier ineinander eingreifender Richtungsbewegungen beziehen; anderntheils auch bei der Beurtheilung in Betracht kommen, ob eine gegebene plagiotrope Stellung eines Pflanzenorganes als resultirende Stellung zu deuten ist oder nicht. Wie Pfeffer! zuerst betont hat, »kann a priori nicht behauptet werden, dass das Licht eine gleiche heliotropische Krümmungskraft erstrebt, wenn diese für sich allein, oder gleichzeitig mit einer geotropischen, sei es nun gleichsinnigen oder entgegengesetzten Wirkung zur Geltung kommt«. Umge- kehrt gilt dies natürlich auch von der geotropischen Action. Es kam uns deshalb darauf an, zu entscheiden, ob eine Alteration der geotropischen oder heliotropischen Sensibilität bei Inein- andergreifen beider Reizvorgänge vorhanden sei oder nicht. Im weiteren war festzustellen, ob in den schon lange bekannten ? Fällen des Überwiegens oder völligen Unterdrückens geo- tropischen Krümmungseffectes seitens des .Heliotropismus in der resultirenden Stellung nur die Reactionsvorgänge einander in der genannten Weise beeinflussen, oder ausserdem Änderung der Reizempfindlichkeit im Spiele sei. Wie oben ausgeführt wurde, haben wir keine Veranlassung, selbst in den Fällen entschiedener Prävalenz des Heliotropismus, an gleichmässig helio- und geotropisch reactionsfähigen Objecten beim Zu- sammenwirken beider Richtkräfte Herabsetzung geotropischer Sensibilität durch Heliotropismus anzunehmen. Versuche sprechen theilweise direct gegen die Zulässigkeit dieser An- nahme; andererseits lassen sich die experimentell festgestellten Thatsachen ebenso gut durch ein Ineinandergreifen und Sich- beeinflussen der helio- und geotropischen Reizreaction allein 1 Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, S. 118 (1881). 2 Vor allem ist von Wiesner daraufhingewiesen worden. (Die heliotrop. Erscheinungen I], S. 55 (1878). Heliotropismus und Geotropismus. 378 deuten. Weder die Verspätung der geotropischen Aufkrümmung an vorher heliotropisch inducirten Keimpflanzen, noch das äusserliche Zurücktreten oder Vernichtung geotropischen Reiz- erfolges im resultirenden Effecte bei gleichzeitigem Angreifen beider Richtkräfte geben uns directe Veranlassung eine geo- tropische Sensibilitätsänderung! zu postuliren. Dafür, dass durch den Geotropismus eine Änderung der heliotropischen Empfindlichkeit, und damit des angestrebten Krümmungs- erfolges bewirkt wird, haben wir, wie aus unseren Versuchen hervorgeht, gleichfalls keine Anhaltspunkte. Im Gegentheil spricht manches für die Anschauung, dass der zeitliche Verlauf der Krümmung, sowie die Grösse des resultirenden Effectes beim Zusammengreifen von Heliotropismus und Geotropismus bedingt ist durch qualitative Differenzen zwischen helio- tropischer und geotropischer Reizreaction. Wenn wir sehen, wie die an einem Öbjecte im Falle alleiniger Wirksamkeit der geotropischen an Schnelligkeit des Verlaufes und Grösse des Krümmungseffectes gleichkommende heliotropische Reaction beim Zusammenwirken beider Reizvorgänge in ihrem äusseren Erfolge den Geotropismus bedeutend überwiegt oder völlig unterdrückt, so müssen wir an eine qualitative Verschiedenheit der Actionen denken, welche zu Gunsten des Heliotropismus im resultirenden Effecte sich äussert. Es wurde auf die Be- _ deutung dieses bei einer Reihe von Versuchspflanzen gefun- 1 Über die Möglichkeit einer geotropischen Sensibilitätsänderung über- haupt vergleiche man F. Czäpek, Untersuchungen über Geotropismus, Jahr- bücher für wissensch. Botanik, Bd. 27, S. 269 (1895). Fortgesetzte Versuche zeigten, dass nicht nur bei Einwirkung von Kälte, Sauerstoffmangel, länger andauernder mechanischer Hemmung nur Herabsetzung, nicht aber Aufhebung geotropischer Sensibilität erfolgt, sondern dass auch chloroformirte, sowie an der Spitze plasmolysirte Wurzeln geotropischen Reiz empfinden, obwohl sie die Action nicht ausführen können. Es liegt der Gedanke nahe, dass geotropisch sensibles Protoplasma, überhaupt so lange es noch am Leben ist, seine Empfind- lichkeit gegen die Einwirkung der Schwerkraft bewahrt: ein Resultat, zu dem gleichfalls W. Rothert (Über Heliotropismus, Cohn’s Beiträge zur Biologie d. Pfl., Bd. 7, S. 180 (1894) auf anderem, mehr theoretischem Wege gelangt ist. Mit möglichster Genauigkeit angestellte Versuche, das Vorhandensein geotropischer Perception durch Veränderungen im Längs-Querschnittsstrom des Organes analog der negativen Schwankung des thierischen Nervenstroms oder des Stromes im Dionaeablatte nachzuweisen, führten zu negativem Resultat. 25% 374 F. Czapek, denen Verhältnisses bereits hingewiesen und geltend gemacht, dass damit die von manchen Seiten verfochtene Annahme einer specifischen Energie im Sinne Johannes v. Müller’s für die pflanzlichen Richtungsbewegungen nicht vereinbar ist. Eine Differenz speciell zwischen heliotropischer und geotropischer Reaction ist bereits von Correns! angegeben worden, welcher fand, dass die heliotropische Krümmungsfähigkeit schon bei einer höheren Partiärpressung des Sauerstoffes erlischt, als die geotropische. Es beschäftigten uns ferner die Beziehungen, die zwischen der resultirenden Endstellung des geo- und heliotropisch gleich- zeitig gereizten Organes und der Einfallsrichtung der Richtkräfte in Bezug auf die Längsaxe des Organes obwalten. Von der Abhängigkeit der resultirenden Lage, von der Stärke der aus- lösenden Richtkräfte (von denen vor allem die variable Licht- intensität in Betracht kommt) sahen wir ab, indem die ein- schlägigen Beziehungen besonders durch Wiesner bereits dargelegt worden sind. Lassen wir Licht und Schwerkraft in einer bezüglich des auszulösenden Reizeffectes optimalen Intensität auf ein Pflanzenorgan einwirken, so kann man sowohl die Lage des orthotropen Organs zur Lotlinie variiren, als auch den Winkel, welchen die Einfallsrichtungen der an- greifenden Kräfte mit einander bilden. Es ergab sich das Gesetz, dass für den Fall, in dem die Kraftrichtungen aufeinander senk- secht stehen, das Licht also einseitig horizontal kommt, nur dieses Verhältniss für die resultirende Stellung das entscheidende ist, die dem Object anfänglich ertheilte Lage zur Lotlinie dagegen gleichgiltig ist. Und zwar stellt sich das Pflanzenorgan in den meisten Fällen nicht in eine der Einfallsrichtungen der Kräfte ein, sondern bildet mit beiden einen Winkel (heliotropischer Grenzwinkel). Auch für den Lichteinfall schräg von oben (Winkel der Kraftrichtungen R, beziehungsweise —=2R), so ist ausserdem für die resultirende Stellung sehr häufig die anfängliche Neigungs- lage des Pflanzentheiles entscheidend, so wie stets auch etwa vorhandene Differenzen in Schnelligkeit und Grösseneffect der helio- und geotropischen Krümmung. Mit der Grösse des helio- tropischen Grenzwinkels ist natürlich nicht zu verwechseln der Grösseneffect der resultirenden Krümmung, welcher letzterer je nach der Anfanssstellung des Pflanzentheils verschieden sein muss, wenn auch der heliotropische Grenzwinkel für alle Anfangsstellungen eine constante Grösse ist. Aus diesen Ergebnissen lassen sich einige Gesichtspunkte zur Beurtheilung plagiotroper Stellungen ableiten. " Kann man für plagiotrope Organe von constantem geo- tropischem Grenzwinkel den Nachweis liefern, dass ihre Stellung eine unter Einfluss zweier-Richtkräfte eingenommene resul- tirende Lage ist, so ist nach den voranstehenden Erörterungen auch weiter zu folgern, dass die beiden Kraftrichtungen auf- einander senkrecht stehen müssen, oder dass das Organ seine Gleichgewichtslage in einer der Kraftrichtungen hat. Für den Nachweis, dass es sich bei einer plagiotropen Lage um eine resultirende Stellung handelt, dürfte in geeigneten Fällen der oben beschriebene Versuch von Wichtigkeit sein, welcher zeigt, dass ein orthotropes Organ unter Einfluss von Geo- und Helio- tropismus sofortin den ihm zukommenden empirisch bestimmten heliotropischen Grenzwinkel gestellt, in demselben nicht ver- bleibt, sondern vorübergehend eine mässig starke Aufwärts- krümmung aufweist. 316 IX. SITZUNG VOM 21. MÄRZ 1895. Der Secretär legt das erschienene Heft II (Februar 1895) des 16. Bandes der Monatshefte für Chemie vor. Das c. M. Herr Hofrath Prof. Dr. Alexander Bauer über- reicht eine Arbeit aus dem chemischen Laboratorium der k. k. Staatsgewerbeschule in Bielitz: »Über das Wesen des Bärbeprocesses«e von Prot. Dr. G v. Georsieytes und DESBENowY. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlun- gen vor: 1. »Über die Ellipse vom kleinsten Umfange durch drei gegebene Punkte« (Il. Mittheilung), von Prof. Dr. Victor v. Dantscher an der k. k. Universität in Graz. 2. »ZurTheorie derBewegungeinesstarrenSystemss, von Prof. Eduard Weyr an derk.k.böhmischen technischen Hochschule in Prag. Das c. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht folgende zwei Abhandlungen: 1. »Über die Transformation des Zwanges in all- gemeine Coordinaten«, von Prof. Dr. A. Wassmuth in Graz. ; 2. »Strömung der Elektricität in Rotationsflächen«, von Leonhard Fleischmann, cand. math. in Archshofen (Württemberg). SIERZUNGSDERICHTE "DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. EIVZBANDSIVZ EIER ABTHEILUNG 1. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. 379 X. SITZUNG VOM 4. APRIL 1895. Die Nomenclatur-Commission der Anatomischen Gesellschaft in Würzburg übermittelt ein Exemplar der von ihr vereinbarten »Nomina anatomica« und spricht den Dank aus für die diesem Unternehmen von Seite der kaiserl. Akademie zu Theil gewordene Unterstützung. Das w. M. Herr Hofrath L. Schmarda übersendet eine Abhandlung von Dr. Alfred Nalepa, k. k. Gymnasialprofessor in Wien, betitelt: »Beiträge zur Kenntniss der Gattung Phytoptus Duj. und Monaulax Nal.« Das w.M. Herr Prof. H. Weidel übersendet eine in seinem Laboratorium ausgeführte Arbeit von Dr. J. Herzig, betitelt: >Studien über Quercetin und seine Derivate« (XI. Ab- handlung). Das c. M. Herr Prof. Franz Exner übersendet eine Arbeit aus dem physikalischen Institute der k.k. Universität in Wien von Dr. Egon R.v. Schweidler: »Über die innere Reibung und elektrische Leitungsfähigkeit von Quecksilber und einigen Amalgamen«. Passe. NM. Elerr Prof. Zd. H. Skraup übersendet folgende zwei im chemischen Institute der k. k. Universität in Graz aus- geführte Untersuchungen: - 1. »Einige Derivate der Galaktonsäure«, von Emil Kohn. 2. »Über Hydrirungsversuche mit Cinchonin«, von Dr. Fr. Konek v. Norwall. 380 Prof. Dr. R. v. Wettstein übersendet eine im botanischen Institute der k. k. deutschen Universität in Prag ausgeführte Untersuchung des Herrn Dr. Jos. Rompel, betitelt: »Krystalle vonCalciumoxalat in der Fruchtwand der Umbelli- feren und ihre Verwerthung für die Systematik«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine Abhandlung aus dem chemischen Laboratorium der k.k. Hoch- schule für Bodencultur in Wien von B. Welbel und S. Zeisel: »Über dieCondensation von FurfurolmitPhlorogluein und eine auf diese gegründete Methode der quantita- tiven Bestimmung, des BEurfurols in Bentosensssard Pentosanen« (I. Mittheilung). Das w. M. Hofrath Director J. Hann überreicht eine Abhandlung unter dem Titel: »Die Verhältnisse der Luft- feuchtigkeit auf dem Sonnblickgipfel«. Ferner legt Hofrath Hann eine Abhandlung von Dr. Fritz v. Kerner in Wien vor, betitelt: »Eine paläoklimatische Studie«. Herr Dr. Carl Diener, Privatdocent an der k. k. Universität in Wien, überreicht eine Abhandlung: »Ergebnisse einer geologischen Expedition in den Central-Himalaya von Johär, Hundes und Painkhända«. 381 BUNESERZENG VON 25 APRIE 1,899. Herr Vicepräsident der Akademie, Prof. E. Suess, führt den Vorsitz. Der Vorsitzende gibt Nachricht von dem Verluste zweier correspondirender Mitglieder dieser Classe im Auslande, und zwar des Herrn Prof. J.D.Dana, dessen Ableben am 14. April l.J. in New Haven, und des Herrn Geheimrathes Prof. Dr. Carl Ludwig, dessen Ableben am 24. April l.J. zu Leipzig erfolgte. Die anwesenden Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides über diese Verluste von ihren Sitzen. Der Secretär legt das erschienene Heft Iund Il (Jänner und Februar 1895), Abtheilung Il. b. des 104. Bandes der Sitzungs- berichte, ferner das Heft III (März 1895) des 16. Bandes der Monatshefte für Chemie vor. Das k. u. k. Ministerium des Äussern übermittelt als Fortsetzung des Werkes: »Voyage of H.M.S. Challenger 1873—1876« die eben erschienenen Schlussbände I und II: er Summary ofthe Seientifie Resultse«e. Blerzr Prof Dr R. v Lendenfeld in CEzernowitz spricht den Dank aus für die ihm von der kaiserl. Akademie zum Ab- schlusse seiner Arbeiten: »Monographie der adriatischen Spongien« gewährte Subvention. Das c.M. Herr Regierungsrath Prof. C. Freiherr v. Ettings- hausen in Graz übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Bei- träge zur Morphologie der Eichenblätter auf phyto- paläontologischer Grundlage«. (U%) (0,0) DD Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen 1. »Aktinische Wärmetheorie und Elektrolyse«, von Herrn P. C. Puschl, Stifts-Capitular in Seitenstetten. 22.0 Sıyanlühle tiisichren che outlerdierzKreis ade systeme«, von Prof. Otto Rupp an der k. k. technischen Hochschule in Brünn. Das w. M. Herr Hofrath Director A. Kerner Ritter v. Mari- laun überreicht eine Abhandlung von Prof. Dr. J. Steiner in Wien) betitelt »Bin? Beitraege zzurklechtentaumarden Sahara« DD Das w.M. Herr Hofrath Prof. V. v. Lang überreicht eine Mittheilung von Dr. Victor Schumann in Leipzig: »Zur Photo- sraphie der Piehtstrahlen” kleinster Wellenlan sen: Vom“ Buntspeeerums lensielUs 189,20 Schliesslich überreicht der Vorsitzende eine Abhandlung von Prof. Ch. Dep&ret in Lyon: »Über die Fauna von mio- cänen Wirbelthieren aus der ersten Mediterranstufe von Eggenburg«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Voyage ofH.M.S. Challenger 1873—1876. A Summary of the Scientific Results. Published by Order of Her Majesty’s Government. Part I and II (with Appendices). London, 1895; 4°. 383 Ein Beitrag zur Flechtenflora der Sahara Bor Dr 2]. Steiner. Dr. Fritz Kerner v. Marilaun hat im December des ver- flossenen Jahres in der Nähe der Oase Biskra im nordwest- lichen Theile der Sahara mehrere aut Turonkalk wachsende Flechten gesammelt und mir zur Bearbeitung übergeben. Das Gebiet, aus welchem diese Flechten stammen, ist in lichenologischer Beziehung noch sehr wenig untersucht. Ausser vereinzelnten Angaben in Nyl. Et. s. 1. Lich. de l’Alg. in Mem. soc. sc. nat. Cherb. 1854 und Prodr. Lich. Gall. et Alg. 1857 sind von dort nur 23 von Norrlin gesammelte Arten durch Nylander in der »Flora« 1879 bekannt gemacht worden. Insoferne be- deutet daher das von Dr. Fritz Kerner v. Marilaun gesam- melte Materiale einen werthvollen Beitrag zur Flechtenflora der Sahara. Die Bedeutung dieses Beitrages wird noch dadurch erhöht, dass das genannte Gebiet eine grosse Zahl endemischer Phanerogamen aufweist und daher erwartet werden durfte, dass sich auch die Lichenenflora dort ähnlich verhalten werde. Iazder Rhatı fanden sich unter‘ den von’ Dr. Britz Kerner v. Marilaun mitgebrachten 13 Arten nicht weniger als vier bisher unbekannte, welche für das Gebiet der Sahara eigen- thümlich zu sein scheinen. Im Nachfolgenden sind die mitgebrachten Arten aufgezählt, beziehungsweise ausführlich beschrieben. Einschaltungsweise wurden auch einige Lichenen aus jenem Gebiete besprochen, welche zwar von anderen Sammlern herstammen, an welche 384 J. Steiner, aber einige systematische Bemerkungen anzuknüpfen gerade hier die geeignetste Stelle war.! ° 1. Collemopsidium calcicolum n. sp. Granula thallina omnino nigra, opaca, sterilia punctiformia v.ad O0'2 mm It.O'1 mm crass., supra calcem late dissipata v. rarius nonnulla congesta. Apothecia granulis majoribus (ad 0:3 mm diam.) immersa, subglobosa tandem diam. ad 0:2 mm atting., apice thallum vix superantia, perithecio tenuiore, cel- luloso, eircumeirca fusco-violaceo, supra incrassato nigrescente, poro tandem ad 0:09 mm dilatato. Paraphyses filiformes, in- aequaliter crassae, membrana tenui, tenuiter quidem sed distincte septatae incolores, ramosae, ramis varie tortis et hic inde retiforme connatis. Asci elongato-elliptici, supra vix in- crassati 60— 75 u lg. 17—19yw1t. Sporae incolores, l-septatae, arthoniomorphae, cellula altera latiore, utroque apice rotundatae, medio non constrictae 12—17 u 1g. 6-85 u. (raro 9.) It. I con- tentus ascorum et paraphysium lutescit, membrana et gelatina non colorantur. Pycnides globosae, apotheciis parvis similes sed diaphanae, punctiforme apertae, incolores (semel supra violascentem vidi), aut cum perithecio, valde approximato, in eadem areola, aut in areolis separatis, parvis. Sterigmata simplicia, pycnosporae ellipticae v. ovales 3 A u Ig. 22.7 wit. Gonidia mediocria diam. 14— 18 watting. contentu coeruleo- viridi, membrana ad corticem thalli fusco-sanguinea, KHO non violacee tincta. Coenobia 2—6 (8) cellularia globosa (diam. ad 341) per thallum aequaliter (substratiforme) distributa et hyphis, numquam elongatis, irretita. Die Flechte steht offenbar der Cryptothele africana Müll. Arg., Fl. 1879, p. 292 nahe, und wenn die »lamina hyalina, basi olivaceo-fusca« und das »receptaculum distincte cellulo- sum, violaceo-nigricans«l.c. vielleicht als Perithecium integrum gedeutet werden dürfte, so würden beide mit Collemopsidium iocarpım Nyl. Fl. 1881, p. 6, eine wohlabgegrenzte Gattung bilden. 1 Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass ihren Namen fortlaufende Num- mern nicht vorangesetzt wurden. BER TT Zur Flechtenflora der Sahara. 385 Crypt. permiscens zeigt einen bedeutend verschiedenen Fruchtbau: ein sehr dickes und dichtes, seitwärts von ver- längerten Hyphen gebildetes, farbloses Amphithecium, welches später, diffus und schwach, durch einen Farbstoff gefärbt erscheint, welcher dem der Gonidienhäute recht ähnlich sieht, und einen im Verhältniss zu diesem Amphithecium sehr kleinen Nucleus ohne Paraphysen. In Quetschpräparaten kann man allerdings zwischen den Schläuchen vereinzelte paraphysen- artige Hyphen finden, die aber meiner Ansicht nach durchaus von dem Amphithecium herstammen. Die Pycnosporen von Cr. permiscens sind nach Forssell, Gloeol. p. 38, gerade oder gekrümmt nadelförmig, von Coll. iocarpum, l.c. p.39 unbekannt. Th. Fries schreibt in Fl. 1866, p. 455, beiden Flechten, die er zu einer neuen Gattung Crypto- thele bringt, gleiche nadelförmige, gerade oder gekrümmte Pycnosporen zu. Coll. iocarpum ist mir unbekannt geblieben und über die Pycniden und Pycnosporen von Cr. permiscens kann ich, trotzdem mir Exemplare aus dem Herbar des k. Hof- museums, wie in anderen Fällen, zuvorkommendst zur Ansicht überlassen wurden — wofür ich auch hier meinen Dank aus- spreche — nichts Bestimmtes anführen, da ich in Quetsch- präparaten, von Perithecien wohl dünne, stäbchenförmige Pyenosporen (meist 4 u. 1g., 0:5 w It.), aber nie Sterigmen oder vollständige Pyeniden fand. Jedenfalls sind die Pycnosporen von Coll. calcicolum weit verschieden. Psorotychia numidella Forss. Gloeol. p. 76. — Nyl. Fl. 1878, p. 338 sub Collemops. Crusta tenuis indeterminato-macularis, minute granulosa (granula sterilia vix O°2 m exced.) scabrida, nigra (areolae majores diam. ad O-5 mm, laeves, instratae Omphalariae cuidam adscribendae). Apothecia ut in deser. a cl. Nylander|.c. data, sed tandem ad O4 et paullo ultra dilatata, semper concoloria. Paraphyses distincte filiformes, hic inde tenuiter septatae, epi- thecium lutescens. Asci elongati ad 63 u 1g., 7—8'5 u It., mem- brana non incrassata. Sporae ellipticae v. subcylindricae, utro- que apice rotundatae 10— 14 u 1g. 7—8'5 u It. React. jod. cadem ac numidellae l.c. Pycnides apotheciis parvis similes, sterigmata 386 J. Steiner, simplicia, pycnosporae ellipticae 3—3'8 u lg, 1'5—2 » It. Membrana gonidiorum KHO non violacee tingitur. Ein fertiles Exemplar der Ps. numidella sah ich nicht, ein steriles des k. Hofmuseums ist zweifelhaft, da unter Omph. tiruncula Nyl. ein ganz gleiches Exemplar liegt. Im Ganzen stimmt die Flechte mit der Diagnose von Nylander. c. über- ein, auffallend sind nur die weiter geöffneten Apothecien und besonders die kleineren (l. c. 10—17 u Ig., 7—11 w It.) Sporen, letztere umsomehr, als Apothecien und Sporen sehr gut ent- wickelt sind, ich vermag aber nicht zu entscheiden, ob eine zu trennende Form vorliegt. Omphalaria nummularia Dur. Fl. Alg. p. 200 p. 13 comp. — Nyl. Alg. p. 320. — Nyl.Fl. 1878, p. 338. — Forss. Gloeol. p. 99. Discus thallum aequans, margine prominente nullo. Para- physes conglutinatae. Sporae 24—50 in asco 9—7 u Ig., 3—4'5 1 It. I. adh. hymenium e lutescente sanguineo rubet, hypothecio diutius coerulescente. Pycnides immersae, incolores. Sterigmata simplicia, brevia et tenuia. Pycnosporae utroque apice subacutae, subfusiformes 2—3 u 1g., 1—1'5 w It. Fertil selten, steril häufiger auf dem Kalke und über andere Flechten, besonders auf und zwischen End. subcom- pactum, mit äusserst wechselndem, aber vorherrschend dünner oder dicker nodulös korallinisch zertheiltem (var. caespitosa Nyl.), wenig abstehendem oder fast angedrücktem Thallus, der in sterilem Zustande von steriler Omph. plectopsora Mass. nicht immer zu unterscheiden sein dürfte. Noch mehr als die folgende Art eine Mittelform zwischen Peccania und Omphalaria. Omphalaria tiruncula Nyl. Fl. 1878, p. 338. Thallus ater, monophyllinus, subrotundus ad 0°7 mm.lat. v. varie coralloideo solutus paullo major. Apothecia tandem ad O4 mm aperta, plana. Paraphyses primum filiformes et septatae, mox pro magna parte gelatinoso concretae, plus minus fuscescentes. Sporae globosae v. sub- globosae, raro ellipticae immixtae 7—11y lg, 7—8'5 u It. ar} Zur Flechtenflora der Sahara. 381 Sterigmata simplicia, pycenosporae subglobosae v. late ellipticae 2—2:8u1g., 1'6—2glt. Bis auf die weiter geöffneten Apothecien stimmt die Flechte mit der Diagnose von Nylander|.c. genügend über- ein. Sowohl auf dem Kalk, als besonders über End. subcom- pactum zahlreich vertreten. Es scheint mir bei Gloeolichenen öfter als bei anderen Flechten vorzukommen, dass die Sterigmen und Pycnosporen nicht gut entwickelt sind, bald collabiren, im Umrisse also ver- ändert aussehen. Die angeführten Masse beziehen sich nur auf gut ausgebildete Organe. i) Pa@ollema pulposum Nyl Syn. p. 109. — Aecn. Syn. p. soll. Steril auf Erde neben Lecan. crassa. 3. Heppia subrosulata n. sp. Thalli areolae lurido-olivaceae v. obscuratae, diam. 05 — 1 mm, 0:15 v. vix O'2 mm crassae, subrotundae, ambitu plus minus evidenter brevilobatae, rosulas parvas planoadpressas v. ad marginem leviter plicatas, dissipatas v. congestas formant. Apothecia solitaria, rotunda, plana, immersa v. tandem paullo emersa, margine inconspicuo, rufo-fusca (madef. rufa), vel demum obscurata, diam. ad 0:5 mm (raro O'6 mm) attingunt. Asci clavato-elliptici, magnitud. variae, 60-1201 1g., 20— 35 u It. placodiomorphe incrassati et insuper calyptra gelatinosa, ad 10—14 u crassa, tecti, polyspori. Sporae 50—100 in asco, globosae v. subglobosae, rarius ellipticae v. oviformes immixtae 4—6 (raro 8) u 1g., 4—6 1. It., in ascis donec congregatae, saepe spurie purpurascentes. Paraphyses p. majore parte late filiformes, septatae, supra sensim incrassatae cellulis subrotundis. Epithecium rufo-lutenw., In pagina inferiore thalli hyphae centroversus stratum pur- purascens v. atropurpureum formant, caeterum cortex cellulosa fuscescens. Gonidia mediocria (10—14 1. diam.) contentu coeruleo- viridi, membranis semper tenuibus, incoloribus, coenobia for- mant 2—8 cellularia saepe vestigia pluria monsträntia, ubi hyphae irretientes affixae' erant. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 180) for) 388 J. Steiner, Einzelne Apothecien zerstreut zwischen anderen Flechten auf der Oberfläche, gut entwickelt, aber seitwärts, also an mehr beschatteter Stelle, auf dem Kalke. Nur die ersteren Apothecien, die der Sonne viel mehr ausgesetzt waren, zeigen das Besondere, dass durch KHO sowohl das Hypothecium, als auch die Plasmareste zwischen den ausgebildeten Sporen in den Aseis intensiv violett gefärbt werden, eine Farbe, die allerdings bald wieder verbleicht und verschwindet. Durch den Thallus nähert sich die Art wohl am meisten der H. obscuratula Nyl., Fl. 1878, p. 339, in Bezug auf die Sporen und den purpurnen Farbstoff der Apothecien und des Thallus gleicht sie mehr der AH. purpurascens Nyl., Prodr. (Separ.) p. 80, ist aber von beiden deutlich verschieden. 4. Acarospora percaenoides Jatta, Monog. Lich. It. Merid., p. 146. Nyl., Armor. p. 399 sub Lecanora. Nur einige kleine Gruppen von Areolen auf dem Kalk und auf dem Thallus der Lecan. platycarpa. 5. Caloplaca (Sect. Pyrenodesmia) variabilis (Pers.) Th. Fr. — var. candida Stitz., Lich. Afr. (Separ.) p. 101. Thallus areolatus albus v. caesio-albus, laeviusculus. Apo- thecia primum punctiformia, tandem diam. ad I mm atting,., varie lobata, adpressa, disco atro spurie cinereo-pruinoso, made- facto mox viridule pellucido, margine primus crenulato, tandem subintegro, tenuiore. Die Form dealbata (Nyl.), welche in Denkschr. k. Akad. d. Wissensch. Wien, Bd. LXI, p. 523, von Patras angeführt ist, unterscheidet sich durch den dickeren, mehligen Fruchtrand, die weniger frei sitzenden Apothecien und die mehligen Areolen. 6. Caloplaca (Sect. Dlastenia) teicholyta Stnr. — Ach., Univ. p. #25 sub Lecanora (non DC. Fl. Fr. Ed. III. aug. 1815, p. 185, ubi confunditur cum Pl. versicolore ]. c. Vol. Il, p. 380). Thallus sterilis, ad marginem optime lobatus, non rarus. Pycnides normales. Zur Flechtenflora der Sahara. 389 Gyalolechia interfulgens Stnr. — Ny|., Fl. 1877, p. 340, sub Lecanora. Areolae thalli vitellinae partim crustose congestae, minores et planiores, partim dissipatae, ab initiis parvis diam. ad 2 mm attingentes (0:4 mm crassae) convexulae, distincte rugoso- striatae et ad marginem subcrenulatae. Paraphyses filiformes, septatae, supra sensim ad 5'5 mw incrassatae et subglobose eellnilosae, Sporae octonae 15 191 12.6 7. (taro 7o)wIt. l-septatae, septo p. m. p. tenui, elongato-ellipticae; rarius apicibus rotundatis medio sensim constrictae, septo leviter in- crassato, hic inde tubulum axeos menstrante. KHO adh. thallus et apothecia optime purpurascunt. Pycnides leviter tantum tuberculiforme emersae, thallo paullo saturatius vitellinae, ideirco facile praetervisae. Sterigmata multiarticulata, mediocria v. crassa. Pycnosporae ellipticae 2:5 —4 uw lg, 1:9—2 It. Biesvorliesende Hlechte gehört nach ‘der Diagnose 1: e. sicher zu interfulgens Nyl., nur scheint sie thallodisch besser entwickelt zu sein. Nach meiner Ansicht steht sie aber nicht der Cal. incrustans (Ach.) nahe, sondern schliesst sich viel- mehr der Gyal. fulgens (Sw.) und Gyal. bracteata (Hoffm.) an. Der allerdings bedeutende Unterschied der Sporen erscheint Eitenn@yal, sarosa, (Stzb., Bich- Arft.ı]lSep.]p- 90) theilweise ausgeglichen. Die Gattung Gyalolechia (Mass.) kennzeichnen: Sporae uniloculares v. simplieiter l-septatae, v. septo leviter incrassato; sterigmata multiarticulata, pycnosporae varie ellipticae. 7. Rinodina calcarea Arn., Verh.d.z.b. Ges. Wien 1879, p. 362. — Arn,, Fl. 1872, p. 38, sub R. caesiella var. Syn, Becan,. calciamans Stzb., Lich. Afr. (Sep.), p. 107; var. Ampsagana Stzb.|]. c. Sporae 17—23 w 1g., 10—15 p It. Pycnides parvae, supra atrae. Sterigmata multiarticulata, pyenosporae elongatae 4—6 uw Ig., 15 —1'S ut. Die Sporen erreichen nicht ganz die Länge, welche Stitzenberger |. c. angibt, doch zweifle ich nicht, dass die- selbe Form vorliegt. 26* 390 I.aSteiner,, 8. Lecanora (Sect. Placodium) erassa Ach., Lich. Un. p. 413. — Huds. Fl. Ang. Il, p. 530, sub Lich. Auf Erde, Moose überwachsend. 9. Lecanora (Sect. Aspicilia) calcarea (L.) Sommerf. Var. contorta Hoffm. D. Fl. Il., p. 186. F. subochracea Müll. Arg. Fl. 1872, p. 467. 10. Lecanora (Sect. Aspicilia) platycarpa n. sp. Thallus mediocris (ca: 1 mm crass.) rimoso areolatus, albus v. subochraceo-albus, ad ambitum hic inde breviter inciso-lobu- latus, reag. solit. non mutatus. Areolae majores, plano-con- vexiusculae, subfarinosae. Apothecia singula v. 2—3 in quavis areola, tumque confluentia, semper plana, rotunda v. varie angulosa ad 1 mm It. (v. in var. ad 14 mm), immersa thallum aequantia, nigra, leviter caesio-pruinosa, madefacta nigra. Margo proprius nullus, thallodes non v. vix spurie prominens. Discus tandem una alterave rima fissus (comp. var.). Lamina p. m. tenuis, epithecio olivaceo-fusco. Paraphyses late filiformes, septatae et ramosae (comp. diese Sitzb., Abth. I, Bd. CII, S. 171 und Taf. I, Fig. 5). Asci elliptici, sporae octonae incolores globosae, ellipticae v. ovales 10:-5—16 u Ig, 8—I1lg It. Hymenium I adh. mox sanguineo rubet. Pycenides parvae v. minimae, supra atrae, immersae, saepius congestae et hic inde confluentes. Sterigmata simplicia v. sub- simplicia ramosa. Pycnosporae oblongae v. crasse bacillares 282 le, I—2 m Ir Var. circummunita Nyl. Fl. 1878, p. 340 sub Zecanora circummaunita. A typo differt thallo, praesertim centroversus magis sub- ochraceo-albo, non areolato sed hic inde leviter rimuloso, super- ficie rugoso-granuloso v. granuloso-subsquamuloso, ambitu saepe distinctius lobulato, faciem, ut jam cl. Nylander l.c. dieit, fere Dipl. gypsacei praebente. Apotheciorum margo non Zur Flechtenflora der Sahara. 391 prominens nec rugosus, primum latus, sed mox attenuatus, tandem hic inde evanescens. Discus planus, subrotundus ad 1:4 mm It., tandem optime, fere rhagadiose, fissus. Der Thallus ist mit Areolen von Acar. percaenoides Nyl. und End. subcompactum an einigen Stellen besetzt. Die Form des Apothecienrandes, der Sporen und der Pycnosporen stimmen nicht vollständig mit der Beschreibung von Nylander|.c. überein, aber bei dem ähnlichen Gesammt- habitus, der ja für Aspicilia ein sehr auffallender ist, könnte nur nach Original-Exemplaren entschieden werden, ob die vor- liegende Flechte doch vielleicht von circummaunita zu trennen wäre. Jedenfalls ist sie eine Varietät der platycarpa, die selbst wieder der Lec. Cahirensis Müll., Arg. durch den inneren Bau der Apothecien und die Pyenosporen nahesteht und sich mit dieser trotz des Habitus an Lec. circinata anschliesst, wie ehuschon@in d.sitzb. Bd. EIN ABtn:T, SH1.71) Separ.S. 20), hervorhob. 11. Endocarpon (Sect. Placidium) subcompactum n. sp. Thallus sgquamulosus v. squamuloso-areolatus, nigrofuscus v. olivaceo-niger, madefactus paullo dilutior, laevis opacus v. hie inde subnitidus. Areolae partim late dissipatae, majores (0:8 mm diam.), partim orbiculariter congestae, rarius adhuc subcompactae minores (ad 0:4—0 5 mm diam.) subrotundae, convexulae v. medio depressae, margine undulato-sublobulatae. Perithecia tenuiter integre nigra, immersa, ostiolo thallum aequante, globosa diam. ad O4 mm. Paraphyses distinctae nullae. Asci elavato-oblongi 60— 70 4, lg., 20-26 u It. Sporae octonae, incolores globosae v. late ellipticae 10—15 u 1g., 10—11'7 alt. Pyenides singulae centro areolarum immersae ostiolo nigricante. Sterigmata multiarticulata crassa, pycnosporae elongatae v. breviter bacillares 2—4 u Ig., 1—1’5 u It. Gelatina et asci I vinose rubent, hypothecium plus minus coerulescit. Von End. compactum Nyl., Pyr. p. 16 (Mass. Misc. p. 32) Indem olvacenm" Stitz., Lich. Afr. (Sep.) p. 217, durch die Wachsthumsweise der Areolen, das Perithecium integrum und die vorherrschend breiten Sporen verschieden. Die Pycniden, 392 J. Steiner, Sterigmen und Pycnosporen sind bei End. compactum ganz übereinstimmend, nur finde ich letztere hie und da in der Mitte etwas zusammengezogen, so dass sie den Eindruck hervor- bringen, als ob sie zweizellig wären. Auf beiden Kalkstücken die vorherrschende Flechte. Wie schon bei den einzelnen Arten hervorgehoben wurde, besiedeln die Areolen von End. subcompactum mit Vorliebe fremde Flechtenlager, bilden aber, besonders für Gloeolichenen, auch eine gesuchte Unterlage. 2 12. Endocarpon (Sect. Placidinm) subcerustosum Stitz., Lich. Afr. (Sep.), p. 218. — Nyl. Alg. p. 340 sub End. cinerascens var. — Nyl., Prodr. p. 178 sub Verrucaria. Thallus crustaceus squamoso-rimosus v. magis areolato- diffractus (ambitu non aliter quam centroversus) vix 0° mm crassus, sed subtus pellicula densa rhizinarum incolorium vestitus, submollis, cinereo-albo pruinosus. Statu madefacto cortex sub pruina fuscidule pellucet. Perithecia parva, pluria in quavis areola, globosa, incoloria apicibus leviter obscuratis, vix ad 0:15 mm denudatis, thallum aequantia, parte denudata diu albido-pruinosa. Sporae 15—18 u Ig., 6:9—8 u It. Pycnides peritheciis minoribus simillimae. Sterigmata articulata, cellulis 3—4, crassa. Pycnosporae cylindricae rectae v. leviter curvatae 9—6re lg. 145 1:9 wlt. Ein Exemplar von End. suberustosum Nyl. sah ich nicht, und da es nach der Diagnose |. c. nicht möglich ist, über die Zugehörigkeit der Flechte sicher zu entscheiden, wurden ihre Merkmale angeführt. f Sie hat das Aussehen eines dünneren, weniger tief zer- klüfteten, vollständig krustenförmigen End. Schäreri (Fr.) Nyl. oder Zrachyticum (Hazsl.) mit randwärts mehr abgeflachten Areolen. Der Thallus ist aber weicher und schon dadurch ver- schieden, dass die Unterseite und die Haftfasern farblos sind. Von der Sect. Catopyrenium trennen sie die Perithecien und von Verr. spodopsara Ny|. ist sie durch mehrere Merkmale verschieden. Zur Flechtenflora der Sahara. 393 13. Tichothecium pygmaeum Krb. var. grandiusculum Arn., Verh. d. zool.-bot. Ges. Wien, 1370, p. 532. Sporae ad o0 in aseis, 6—-10 5 w1g., 4-55 w It. Die Perithecien treten noch weniger vor als bei Anzi Long. n. 369. Auf einem sterilen Thallus der Lecan. platycarpa. Die Eigenthümlichkeit des nördlichen Saharagebietes in lichenologischer Beziehung: zahlreiches Auftreten neuer Arten in europäischen Gattungen, besonderes Hervortreten der Gloeo- lichenen, die reiche Entfaltung der Gattungen Heppia und Endocarpon werden auch durch vorliegenden kleinen Beitrag illustrirt. Für die Lichenologie wäre eine genauere Durch- forschung der an die Südabhänge des Atlas grenzenden Theile der Sahara gewiss von hervorragender Bedeutung. Als besonders bezeichnend dürfen Lecan. platycarpa und circummunita hervorgehoben werden, welche mit Lecan. Ca- hirensis Müll. Arg. und deren Verwandten aus Egypten einen Stamm bilden, der, soweit bekannt, auf dieses Gebiet be- schränkt ist. Nylander hat in »Flora« I. c. hervorgehoben, dass auf dem von der Sonne durchglühten Gestein dieser Gegenden freie Algen durchaus nicht vorkommen. Für die Oberfläche des Kalkes kann ich diese Beobachtung bestätigen, an den Seiten aber sind sowohl mehrere Arten freilebender Gloeo- capsa, als auch Rasen von Seylfonema vorhanden. 395 Über die Fauna von mioeänen Wirbelthieren aus der ersten Mediterranstufe von Eggenburg von Charles Deperet, Professor an der Universität zu Lyon. (Mit 2 Tafeln.) Die Arbeiten vonRolle, der Herren Ed. Suess, Th. Fuchs und anderer österreichischer Geologen haben seit lange gezeigt, dass das Miocän des Donauthales zwei grosse Stufen umfasst, welche als die erste und die zweite Mediterranstufe bezeichnet worden sind. Diese beiden Stufen, welche man mit Leichtigkeit über einen grossen Theil der atlantischen, wie der mittelländischen Gebiete Europas und selbst im westlichen Asien zu verfolgen und wieder zu erkennen im Stande ist, unterscheiden sich, wie Herr Prof. Suess gezeigt hat, durch ihre in gewissen Regionen ziemlich abweichende Verbreitung, und auch durch ihre marine Fauna. Sie unterscheiden sich auch durch ihre Fauna an Landsäugethieren, aber das ist ein Gegenstand, auf welchen die Aufmerksamkeit der Geologen noch nicht in hinreichend scharfer Weise gerichtet worden ist. Die Lagerstätten von Landsäugethieren in der zweiten Mediterranstufe sind zahlreich und gut bekannt. In Öster- reich haben die Arbeiten der Herren Ed. Suess, Peters, R. Hoernes, Hofmann, Toula uns bekannt gemacht mit der Fauna des Miocäns der steyrischen Lignite, welches an der äussersten Basis der zweiten Mediterranstufe liegt und welches sich mit denselben Arten bei Leiding in Niederöster- reich wiederfindet. Die häufigsten Typen desselben sind: Mast- odon angustidens, Anchitherium Aurelianense, Listriodon splen- 396 Ch. Deperet, dens, Dicrocerus furcatus, Pliopithecus antiguus. Diese Fauna erhebt sich übrigens mit sehr ähnlichen Merkmalen bis in die Ablagerungen vom Horizonte des Leithakalkes und selbst bis in die sarmatische Stufe in der Umgebung von Wien.! In Frankreich sind es die Süsswasserablagerungen von Sansan (Gers), welche sich nahezu an die Grenze der beiden Mediterranstufen stellen,” und sie enthalten eine reiche Säugethierfauna, welche identisch ist mit jener der steyrischen Lignite und wohlbekannt ist durch die Arbeiten von Ed. Lartet, von P. Gervais und des Herrn Filhol. Die Ablagerungen von Simorre in derselben Gegend sind ein wenig höher als jene von Sansan, gehören aber auch durch ihre Säugethiere zur selben zrossen Stufe. Im Rhöne-Thale enthalten die Bohn- erz-IThone der Umgebung von Lyon (La Grive-St. Alban, Mont Ceindre) eine schöne Säugethierfauna, welche um ein Geringes jünger ist, als die Fauna von Sansan, aber auch zu der zweiten Mediterranstufe gehört. Man kann sie genau gleich- stellen jener der Lignite deroberen Süsswassermolasse der Schweiz (Ellg, Käpfnach), den Süsswasserschichten von Steinheim, des Ries, von Georgensgmünd und des Dinotherium-Sandes in Bayern. Trotz einiger leichter Ver- schiedenheiten in der Entwicklung gewisser Gattungen kann man sagen, dass die Säugethierfauna der zweiten Mediterran- stufe ziemlich sich gleich bleibt von der Basis bis zur oberen Grenze dieser Stufe. Die Lagerstätten von Landsäugethieren in der ersten Mediterranstufe sind viel seltener und weniger bekannt. Ohne Zweitel die Teichster ist jene, der Sapllesszde l’Orleanais (Loiret), eine Flussbildung, welche weite Öber- flächen im Pariser Becken einnimmt und in einer continen- talen Facies die erste Mediterranstufe darstellt, während die marinen Faluns der Touraine der Transgression der zweiten Mediterranstufe in diesem selben Becken entsprechen. Die Localitäten Neuville-aux-Bois, Chevilly, Avaray u. S. w. 1 Ed. Suess, Diese Sitzungsber., Wien, 1863, Bd. 47. 2 C. Deperet, Bull. soc. geol. de France, 3. Ser, t. 21 und Comptes rendus, p. CXIX. Wirbelthiere von Esgenburg. 397 haben zahlreiche Reste von Landsäugethieren geliefert, welche zwar bereits zum Theile von P. Gervais bestimmt wurden,! welche jedoch einer eingehenden Monographie noch bedürfen. Zur ersten Mediterranstufe gehören auch einige Fundorte von Wirbelthieren im Miocän der Schweiz, wie z.B. jene der grauen Süsswassermolasse von Lausanne, der Engel- halde bei Bern, von Rappenfluh bei Aarburg, sowie die unteren Schichten der marinen Molasse (Muschelsandstein) des Cantons Neuchätel (La Moliere, Brüttelen) und von Zürich (Würenlos, Benken), aber die Säugethierreste dieser Ablage- rungen sind wenig zahlreich und sind noch nicht der Gegen- stand genauer vergleichender Studien gewesen. Die erste Mediterranstufe Österreichs (Horner Schichten) besitzt auch eine wichtige Lagerstätte von Wirbelthierresten in der Nähe der Stadt Egsgenburg. Als ich im Jahre 1892 die schöne geologische Sammlung der Wiener Universität be- suchte, bewunderte ich den Unterkiefer aus dieser Lagerstätte, welcher bereits von Neumayr besprochen worden ist, der ihn zu der oligocänen Gattung Ayopotamus stellte. In Eggenburg selbst konnte ich die Fundstelle dieses Stückes besuchen und in dem Besitze des Herrn Krahuletz, des Aufsammlers dieser Reste, noch einige demselben Thiere angehörige Bruchstücke sehen. Endlich hat ganz kürzlich Herr Suess die Güte gehabt, mir einige neueste Funde von Eggenburg, sowie den ganzen Besitz der Wiener Universität und des Herrn Krahuletz anzu- vertrauen. Hiefür sage ich den verbindlichsten Dank. I. Säugethiere. Pachydermen. Familie der Anthracotheridae. Genus Brachyodus n. gen. Brachyodus onoideus sp. Gervais (Taf. ]). Synonymie: Anthracotherium magnum de l’Orleanais; Blainville, Osteogr. genre Anthracotherium, pl. II. Anthracotherium onoideum Gervais, Zool. et Pal. frang. 1. ed., t. I, p. 96, — 2. ed., p. 190. Hyopotamus Neumayr, Hvyopotamus-Reste von Eggenburg; Verh. Geol. Reichsanst. 1883, p. 283. I P. Gervais, Zool. et Paleont. frangaise, 1. et 2. ed. 398 Ch. Deperet, Beschreibung. Das wichtigste Stück ist ein Unterkiefer (Taf. I, Fig. 1), dessen linke Hälfte beinahe unbeschädigt ist, ausser gegen vorne in der Region der Incisiven und gegen rückwärts in der Gegend der Einlenkung. Die rechte Hälfte ist minder gut erhalten. Die allgemeine Gestalt des Unterkiefers ist schlank und verlängert; insbesonders gilt dies von dem horizontalen Aste, welcher bemerkenswerth ist durch die geringe Höhe im Vergleiche zur Stärke der Backenzähne. Der untere Rand des Knochens ist bogig, leicht concav gegen vorne; in der Gegend des Prämolare bildet er dann eine ziemlich ausgesprochene convexe Krümmung, deren Maximum in der Höhe des vorderen Randes des letzten Molars liegt; hierauf erhebt er sich, indem er sich vom Niveau des Kronfortsatzes an ausbuchtet und beugt sich dann rasch nach abwärts gegen den Winkel des Kiefers. Unglücklicherweise ist das Stück an dieser Stelle gebrochen, wodurch das Studium der wichtigen Merkmale der rückwärtigen Theile des Unterkieiers unmöglich ist. Man sieht auf der Aussenfläche eine einzige, ziemlich grosse Dentar- öffnung, welche etwas vor dem 1. Prämolar liegt; in diesem Niveau beginnt auch an der Innenseite die Symphyse der beiden Kieferäste. Die Schneidezähne und Eckzähne fehlen an diesem Stücke, dagegen ist die Reihe der Backenzähne unbeschädigt mit Aus- nahme des 1. Prämolars, welcher gebrochen ist (Taf. I, Fig. 2). Die Zahnformel des Unterkiefers umfasst wie bei Anthra- cotherinm und bei Ancodus (Hyopotamus) 4 Prämolare und 3 Molare. : Der 1. Prämolar ist nur durch seine Wurzel vertreten, welche einfach ist und einem Zahne von ziemlich schwachen Dimensionen entspricht. Die drei letzten Prämolare sind zwei- wurzelig und gleichen sich sehr untereinander, ausser was die Grösse betrifft, welche von vorne nach rückwärts zunimmt. Ihre Krone besteht aus einer einzigen conischen Spitze, welche quer zusammengedrückt ist, von schlanker Form, mit einer ziemlich ausgeprägten Schneide gegen vorn und gegen rück- wärts; ausserdem trennt sich an der Innenseite ein vor- Wirbelthiere von Eggenburg. 399 springender Rücken vom Gipfel ab, zieht gegen abwärts und ein wenig gegen rückwärts und trennt auf diese Weise die Innenseite des Zahnes in zwei leicht ausgehöhlte Flächen, deren rückwärtige die kleinere ist. Ein fast ununterbrochener Basalwulst umgibt die Basis der Krone und erhebt sich zu einer Spitze in der Mitte jeder der beiden Seiten des Zahnes. Die Lage der Prämolaren in dem Kiefer ist von Bedeu- tung. Wenn man mit Sorgfalt, den oberen Rand des Kiefers betrachtet, sieht man, dass zwischen der starken Alveole des Eckzahnes und der Wurzel des 1. Prämolars eine Barre oder ein Diastem besteht, dessen genaue Länge sich allerdings nicht bestimmen lässt; aber die vier Prämolare stehen in ge- schlossener Reihe, eine Anlage, welche sehr verschieden ist von jener bei Anthracotherium oder bei Ancodus, bei welchen immer eine mehr oder weniger grosse Lücke zwischen dem 1. und :2. Prämolar vorhanden ist. Dieses Merkmal einer geschlossenen Reihe der Prämolarzähne musste einer mehr verkürzten Gestalt der Schnauze bei dem 'IThiere von Eggen- burg entsprechen und musste demselben ein ziemlich ver- schiedenes Aussehen geben. Die Molaren, in der Zahl drei, gleichen sehr jenen von Ancodus; sie umfassen zwei Hügel, von denen jeder aus einem inneren, kegelförmigen und erhabenen Zahntheile und aus einem äusseren, halbmondförmigen Zahntheile besteht, welcher letztere ziemlich stark von vorn gegen rückwärts zusammen- gedrückt und von dreieckigem Aussehen ist. Im vorderen Hügel heftet sich der Halbmond durch seinen rückwärtigen Rand an die innere Spitze; das Gegentheil ist bei dem zweiten Hügel der Fall, und diese Anordnung gibt den scharfen Schmelzkanten auf der Oberfläche der Krone eine ziemlich absonderliche Form wie X, welche sich in identischer Weise bei Ancodus findet. Der letzte Molarzahn unterscheidet sich von den beiden vorhergehenden durch das Vorhandensein eines dritten Hügels oder Talon, welcher wie bei Ancodus von einem einzigen Zahntheile in Gestalt eines ziemlich zusammengedrückten Halbmondes gebildet wird. Die Basis aller Backenzähne ist gegen aussen von einem wenig ausgesprochenen Schmelz- wulste umgeben. Die Schmelzoberfläche ist mit sehr zierlichen 400 CH Diepieret, kleinen, bogigen Streifen geziert, welche das Vorhandensein einer gewissen Menge von Cement anzeigen. Die obere Bezahnung ist weniger gut bekannt. Die Lagerstätte von Eggenburg hat zwei caniniforme Zähne geliefert (Taf. I, Fig. 3), welche nach meiner Meinung der rechte und der linke obere Eckzahn sind. Ferner hat man gefunden: den 4. Prämolar rechts (Fig. 4), den 2. und 3. Molar rechts (Fig. 5 und 6) und endlich den 3. Molar links. Alle diese Zähne gehören augenscheinlich einem und demselben Individuum an, zu welchem auch der oben beschriebene Unterkiefer gehört. Die Eckzähne weichen von jenen von Anthracotherium ab, welche conisch und abgerundet sind; sie sind quer zu- sammengedrückt, mit einem schneidigen Rande nach vorn und rückwärts. Eine der beiden Seiten, wahrscheinlich die äussere, ist convex; die andere, die innere, ist beinahe eben. Diese Zähne sind viel grösser als bei der Mehrzahl der Ancodus, mit Aus- nahme des Ancodus leptorhynchus von Ronzon, bei welchem sie, indem sie sich nach aussen krümmen, das Aussehen der Hauer- zähne des Ebers annehmen; die Zähne des Thieres von Eggen- burg waren nicht in dieser Weise nach aussen gekrümmt. Der, 4: Tobiene Praämeolası War Big Arsrengdrer wurzeliger Zahn von ganz besonderem Baue. Seine Krone trägt zwei grosse hauptsächliche Zahntheile; sie sind halbmond- förmig; der eine steht gegen aussen, der andere, welcher enger ist, gegen innen, aber ausserdem besteht im rückwärtigen Theile der Krone und zwischen den beiden hauptsächlichen Zahntheilen, ein dritter, subconischer Zahntheil, welcher an jeder Seite mit dem äusseren und dem inneren Haupttheile ver- bunden ist. Dieser accessorische Zahntheil kann nur als das Rudiment des rückwärtigen Lobus angesehen werden, welcher in allen Molarzähnen gut entwickelt ist. Auf jeden Fall ist dieses Biement, ganz hezeichmend tür den Eypussszon Eggenburg und findet sich weder bei Ancodus, noch bei Anthracotherium. Die Molarzähne (Taf. I, Fig. 5, 6) sind ganz nach dem gewöhnlichen Typus der Anthracotheriden gebaut, d. i. mit drei Zahntheilen für den vorderen Hügel und zwei für den rückwärtigen. Die Krone ist quadratisch oder richtiger tra- Wirbelthiere von Eggenburg. 401 pezoidal in Folge einer leichten Convergenz gegen rückwärts der äusseren und der inneren Seite. Die äusseren Zahntheile dieser Molaren sind viel ausgesprochener halbmondförmig, als bei Anthracotherium und ihre äussere Wand ist stärker gegen innen gestossen, auf dieselbe Weise, wie bei den Molaren von Ancodus. Die inneren Zahntheile sind auch etwas weniger conisch, etwas mehr halbmondförmig als bei Anthra- cotherium. Dagegen sind alle ‚diese Zahntheile wenig erhöht, viel weniger hoch und schlank als bei Ancodus; der Bau dieser Backenzähne ist wesentlich brachyodont wie bei Anthra- cotherium. Als besonders bezeichnende Merkmale der Backen- zähne von Eggenburg müssen angegeben werden: Das Vor- handensein eines dicken Schmelzwulstes, welcher die Basis der Krone umgibt und auf der inneren Seite noch stärker ist; die Existenz eines Systems von feinen, bogigen Streifen auf der Oberfläche des Schmelzes, bestimmt, um das Cement fest- zuhalten, welches bei Anthracotherium und bei Ancodus fehlt. Das einzige bekannte Stück des Skeletes ist ein Astra- galus (Taf. I, Fig. 7) von einer Gestalt, welche die Mitte hält zwischen Anthracotherium und Ancodus. Er ist weniger ge- drungen, mehr verlängert als bei dem Ersteren, aber weniger schlank und weniger verlängert als bei dem Letzteren. Er unterscheidet sich auch von dem Astragalus des Anthra- cotherium magnum durch eine stärkere Ablenkung gegen aussen der Einlenkung des Vorderfusses im Vergleiche zur Einlenkung der Tibia und durch die viel kleinere Gelenk- fläche des Calcaneum. Alle diese Merkmale, welche man in einem erhöhten Maasse bei Ancodus und bei der ganzen Gruppe der Suiden antrifft, deuten ein weniger schweres Thier an, mit weniger massiven Extremitäten als bei Anthracotherium, doch nicht so schlank als bei Ancodus. Vereleiehe. Die erste Frage geht dahin, welcher Gattung das Thier von Eggenburg einzureihen sei. Diese wichtige Frage ist in der That von zwei hervorragenden Paläontologen nach zwei ver- schiedenen Richtungen beantwortet worden. Auf einer Seite hat Paul Gervais (loc. cit.) diesen Typus mit dem Namen 402 Ch. Deperet, Anthracotherium onoideum bezeichnet, nach Resten, welche, wie weiterhin ersichtlich sein wird, in den Sables de l’Orleanais gefunden worden sind, während Neumayr (loc. cit.) auf der anderen Seite die Stücke von Eggenburg zu Hyopotamus gestellt hat. Die genaueren Studien, welche ich über dieses miocäne Thier anstellen konnte, haben mich bei demselben eine sonder- bare Vereinigung von Merkmalen kennen gelehrt, welche diesen beiden Gattungen der Familie der Anthracotheriden eigen sind, aber sie haben mich zu der Schlussfolgerung gebracht, dass dieses Thier von der einen, wie von der anderen der genannten Gattungen durch besondere Kennzeichen ver- schieden sei, welche die Schaffung eines neuen generischen Typus rechtfertigen; dieser ist den miocänen Ablagerungen eigenthümlich, und wegen des brachyodonten Baues der Backenzähne schlage ich vor, denselben mit dem Namen Brachyodus zu bezeichnen. Brachyodus unterscheidet sich von den Anthracotherien wie A. magnum Cuv., Alsaticum Cuv., Dlyricum Tell. Valdense Kow., hippoidenm Rütim. durch folgende Kenn- zeichen: l. Durch die Gestalt des Unterkiefers; der honzon- tale Ast ist schlanker, weniger hoch im Niveau der Backen- zähne, und sein unterer Rand ist bogig, anstatt beinahe gerad- linig zu sein; die Symphyse ist weniger gegen rückwärts verlängert und musste weniger lang sein; gegen aussen sieht man nur eine Dentaröffnung anstatt zwei oder drei. 2. Durch dieoberen Eckzähne, welche quer zusammen- gedrückt und innen abgeflacht sind, anstatt beinahe conisch und rund zu sein. 3. Durch den 3. oberen Prämolar, welcher mit drei Hügeln versehen ist anstatt zwei, in Folge des Vorhanden- seins einer mittleren rückwärtigen Spitze zwischen den beiden grösseren Hügeln. 4. Durch die oberen Molarzähne. Die Zahnhügel sind viel weniger conisch, mehr halbmondförmig, die Aussenwand der beiden äusseren Zahnhügel ist stark gegen innen gedrückt undı zeigt fast keine mittlere Kante; der Schmelzkamm, Wirbelthiere von Eggenburg. 4083 welcher diese beiden Hügel trennt, ist hiedurch stärker und rückwärts mehr hervortretend. 5. Durch die unteren Prämolare, welche alle in einer eeschlossenen Reimer stehen, anstatt ‚dass den... von dem 2. durch ein Diastem getrennt wäre; zugleich sind diese Prämolare mehr verkürzt, was in Verbindung steht mit der kürzeren Gestalt des Kiefers. 6. Durch die unteren Mplarzähne; die inneren Zahn- hügel sind mehr erhöht und weniger dick; die äusseren Hügel sind mehr V-förmig zusammengedrückt; der rückwärtig-äussere Hügel heftet sich mit seinem vorderen Rande an den ent- sprechenden inneren Hügel wie bei Ancodus und nicht mit seinem rückwärtigen Rande; der Talon des letzten Backen- zahns ist weniger entwickelt und bildet nur eine einzige Spitze anstatt zwei getrennten und fast gleich hohen Hügeln. 7. Durch das Vorhandensein eines dicken und ununter- brochenen Schmelzwulstes, welcher die Basis aller Backenzähne umgibt, insbesondere im Oberkiefer; dieser Wulst ist bei Anthracotherium kaum angedeutet. 8. Durch eine ganz besondere, feine, wellige Strei- fung, welche auf der Schmelzoberfläche aller Zähne sicht- bar ist. 9. Durch den Astragalus, welcher weniger gedrungen, mehr verlängert ist, mit einer mehr gegen aussen abgelenkten Distalhälfte und einer wesentlich weniger ausgedehnten Fläche für den Calcaneus. Diese Unterschiede sind von ungleicher Bedeutung; unter den wichtigsten müssen genannt werden: Die Schlankheit des Unterkiefers, die zusammengedrückte Form der Eckzähne, der dreispitzige obere 4. Prämolar, die geschlossene Reihe der unteren Backenzähne, der halbmondförmige Typus der äusseren Hügel der oberen Backenzähne, der einfachere Talon des letzten unteren Molarzahnes. Die Ähnlichkeiten von Brachyodus mit Anthracotherium beziehen sich hauptsächlich — abgesehen von den Merkmalen, welche der ganzen Familie der Anthracotheriden gemein sind — auf die subquadratische Form der Krone der oberen Backen- zähne und auf den brachyodonten Typus der Zahnhügel - Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth I. 27 404 Ch. Deperet, aller Molaren oben und unten. Aber diese gemeinschaftlichen Kennzeichen können nicht hinreichen, um die Vereinigung dieser beiden Typen in demselben Genus zu rechtfertigen. Verglichen mit der Gattung Ancodus Pomel (= Hyo- potamus Owen) zeigt Brachyodus gleichfalls Übereinstim- mungen und Unterschiede. Die wichtigsten Unterschiede sind die folgenden: 1. Die viel mehr verlängerte Gestalt des vorderen Theiles des Unterkiefers bei Ancodus; dieses Merkmal verräth sich zugleich durch die Verlängerung der Prämolaren und durch die Bildung eines zweiten, zuweilen sehr langen Diastems zwischen dem 1. und 2. Prämolar. 2. Der 4. obere Prämolar von Ancodus zählt nur zwei Zahnhügel, während Drachyodus drei besitzt. 3. Die oberen und unteren Molarzähne sind bei Ancodus ausgezeichnet durch die Höhe der Kronen und die erhöhte Gestalt der Zahnhügel; jene von Drachyodus sind viel niedriger. 4. Die oberen Molarzähne von Ancodus besitzen eine Krone, welche breiter als lang ist, anstatt quadratisch zu sein, und ihre äussere Wand ist noch mehr nach innen gedrückt und noch mehr halbmondförmig als bei Drachyodus. 5. Die Backenzähne von Ancodus haben keinen Basilar- wulst, und ihr Schmelz ist nicht gestreift. Die Übereinstimmungen zwischen Ancodus und Brachy- odus sind wichtig. Sie beziehen sich auf: I. die” Gestalt des7horizontalent Astes des Unter kiefers, welche in beiden Gattungen fast identisch ist, und die beinahe gleiche Lage des rückwärtigen Randes der Sym- physe; 2. die oberen Molarzähne: Die äusseren Zahnhügel sind halbmondförmig, und ihre äussere Wand ist nach einwärts gedrückt wie bei Ancodus; der Schmelzkamm, welcher diese beiden Hügel verbindet, bildet auch einen starken Vorsprung gegen aussen; 3.die unteren Molarzähne: Die verbreiterte Gestalt der inneren Hügel, die V-förmige Zusammendrückung der äusseren Hügel, die Art ihrer Verbindung mit den inneren Hügeln, sind Wirbelthiere von Eggenburg. 405 in beiden Typen fast gleich; der letzte Molar zeigt einen ein- fachen Talon, mit einer einzigen Spitze, ganz wie bei Ancodus. Im Ganzen kann gesagt werden, dass Brachyodus ein Ancodus ist, dessen Kiefer in ihrem Vordertheile verkürzt sind, was die Verkürzung der Prämolare und ihre Stellung in geschlossener Reihe zur Folge hat; zugleich sind die Hügel der Molare niedriger und nehmen den brachyodonten Typus von Anthracotherium an. Brachyodus verwirklicht daher thatsächlich ein Übergangsglied zwischen Anthracotherium und Ancodus. Diese Thatsache ist um so bemerkenswerther, als Brachyodus ein miocäner Typus und folglich jünger ist, als jedes der beiden genannten oligocänen Genera. Die Diagnose der Gattung Brachyodus wird zu lauten haben: »Unterkiefer schlank, mit bogigem unteren Rande, wenig nach vorne verlängert; 4 untere Prämolare, verkürzt, erhöht, in geschlossener Reihe; 3 untere Molare, nach dem Typus von Ancodus, aber mit weniger hohen Zahnhügeln; Talon des 3. Molars wenig dick, mit einer einzigen Spitzer Obere ,Eck- zähne zusammengedrückt, gegen innen abgeflacht, gegen aussen convex; 4. oberer Prämolar dreispitzig; obere Molar- zähne fast quadratisch, mit fünf niedrigen, halbmondförmigen Hügeln, die Aussenwand nach innen gedrückt, doch etwas weniger als bei Ancodus. Backenzähne an der Basis von einem dicken und ununterbrochenen Schmelzwulst umgeben. Der Schmelz aller Zähne fein gestreift. Astragalus verhältnissmässig verlängert, mit abgelenktem Distaltheile und kleiner Fläche für den Calcaneus«. Die Gattung Brachyodus ist nicht auf die Lagerstätte von Eggenburg beschränkt, welche allerdings die besten bisher bekannten Reste geliefert hat; sie erscheint auch in den fluvia- tilen Sables de l’Orleanais. Blainville hat ein Stück eines Unterkiefers unter der Bezeichnung » Anthracotherium magnum de l’Orleanais« aufgeführt und beschrieben,! für welches P. Gervais später den Namen Anthracotherium onoideum vor- ! Osteographie, genre Anthracotherium, pl. III (A. magnum de ’Orleanais). BE 406 Ch. Deperet, geschlagen hat.! In der zweiten Ausgabe seines Werkes be- schränkt sich Gervais, um diese Art zu kennzeichnen, auf die folgenden kurzen Angaben: »Grösse nahe jener des Esels. Fossil zu Neuville (Loiret) mit Rhinoceros mit grossen Incisiven. Ich habe diese Art aufgestellt auf Grund eines Stückes eines Unterkiefers im Museum zu Orleans, welches Blainville als zu Anthracotherium magnum gehörig abgebildet hat. Derselbe ist um ein gutes Drittel kleiner als der Unterkiefer der Samm- lung Croizet und es fehlt ihm der äussere Vorsprung, welcher diesen auszeichnet<«. Wie man sieht, lehrt diese Diagnose keines der besonderen Merkmale des Thieres kennen, um welches hier es sich handelt, denn der äussere Vorsprung des Unterkiefers, welcher bei Anthracotherium magnum vorhanden ist, fehlt auch bei anderen Anthracotherien, wie z.B. bei Anthra- cotherium hippoideum. Hinzugefügt muss werden, dass die Backenzähne des von Gervais beschriebenen Stückes sich in einem sehr vorgeschrittenen Stande der Abnützung befinden und dass hiedurch die Gestalt der Zahnhügel unkenntlich wird. Es wäre‘ jedoch möglich gewesen, an diesem Stücke die An- ordnung der Prämolare in geschlossener Reihe zu erkennen (der erste ist durch seine Wurzel vertreten), ein sehr wichtiges Kennzeichen, welches, wie bekannt, bei Anthracotherium nicht besteht. Dank der Gefälligkeit des Herrn Prof. Gaudry ist es mir möglich gewesen, im Museum zu Paris die bezeichnendsten Theile des Thieres aus dem Orl&anais zu studiren, insbesondere obere und untere Backenzähne, mehrere Astragali u. s. w. Ich habe hier zum Vergleiche einen nicht abgenützten oberen Molarzahn abbilden lassen (Taf. II, Fig. 1), welcher von Neu- ville-aux-Bois stammt. Dieser Molar, welcher der 2. obere ist, wiederholt Zug für Zug die Kennzeichen von Brachyodus, mit Ausnahme einer um ein Geringes bedeutenderen Grösse. Da die Hügel sogar weniger abgenützt sind, als in den Stücken von Eggenbursg, tritt ihr halbmondförmiger Bau noch mehr her- vor als bei den letzteren; man sieht wieder die starke Beugung nach innen der äusseren Wand, das Verwischen der Mittelleiste der äusseren Hügel, das starke Vortreten gegen aussen des 1 Zool. etPaleont. frang., 2. ed., p. 96. Wirbelthiere von Eggenburg. 407 Kammes, welcher diese Hügel verbindet, den dicken und fort- laufenden Wulst an der Basis der Krone und ebenso die feine Smeltunge, des Schmelzes, welche so bezeichnend ist für die Zähne von Eggenburg. Die unmittelbare Vergleichung dieses Backenzahnes mit jenen aus Österreich gestattet keinen Zweifel über die nicht nur generische, sondern auch specifische Identität beider Typen, trotz der leichten Verschiedenheit in der Grösse, welche individuell sein muss. x Die Prüfung des von Blainville abgebildeten Unterkiefers bestätigt diese Übereinstimmung: der horizontale Ast ist schlank, wenig hoch, bogig am unteren Rande; es besteht nur eine einzige Dentaröffnung; die vier Prämolare stehen in ge- schlossener Reihe; der letzte Molar hatte einen kleinen Talon, welcher nur eine einzige Spitze haben konnte. Die Dimensionen des Stückes stimmen mit jenem von Eggenburg überein. Endlich wird die Identität auch völlig bestätigt durch die Vergleiche, welche ich an nicht abgenützten Unterkieferzähnen und am Astragalus anstellen konnte. Der Brachyodus von Eggenburg muss daher nach dem Gesetze der Priorität die specifische Bezeichnung Brachyodus omoideus sp. Gervais erhalten. Geographische und geologische Verbreitung. Vom stratigraphischen Standpunkte aus ist die gleich- zeitige Anwesenheit dieser Art in Frankreich und in Österreich in der ersten Mediterranstufe (Burdigalien) eine Thatsache von hoher Bedeutung, welche weitere Entdeckungen an anderen Punkten ohne Zweifel noch vermehren werden. Bis jetzt wurde in der That keine Spur dieser Thierform weder in den doch so gut durchforschten Lagerstätten der zweiten Mediterranstufe, noch in den jüngeren Ablagerungen des europäischen Neogen entdeckt. Anders ist es in Indien. Herr Lydekker hat aus dem unteren Theile der Sewalik-Ablagerungen (Bugti Hills, an der Nordostgrenze Indiens) zwei obere Molarzähne unter dem Namen Hyopotamus giganteus beschrieben und abgebildet,! Ealeont. Indica, ser. 10, vol. II, p. 160; pl. XXIV, Fig. 3. — Id: Catal. foss. Mamm. Brit. Mus., part II, p. 234, Fig. 33. 408 Ch. Deperet, welche alle Merkmale von Brachyodus aufweisen und offenbar dieser Gattung angehören. Diese Zähne zeigen die niedrige Form der Hügel, den halbmondförmigen Bau, die Eindrückung der Aussenwand, den dicken Basalwulst, endlich die feine Streifung des Schmelzes der Backenzähne von Brachyodus. Es wäre selbst schwer, sie von dem Brachyodus onoideus Europas der Art nach zu trennen, wenn man nicht die stärkeren Dimen- sionen des indischen Typus in Betracht ziehen würde und sein viel jüngeres geologisches Alter, welches dem Ende des Miocän oder vielleicht selbst dem Anfange des Pliocän zufällt. So hat die Gattung Brachyodus, abgeleitet wahrscheinlich von den oligocänen Ancodus, in Europa während der ersten Mediterranstufe gelebt, um hierauf in diesem Gebiete zu er- löschen und nach Indien auszuwandern, wo sie sich wenig- stens bis zum Ende des Miocän erhalten hat. Sirenia. Genus Metaxytherium de Christol. Metaxytherium Krahuletzi n. sp. (Taf. II, Fig. 2—7). Bieisiehnzernb,umee: Die Sande von Eggenburg haben kürzlich eine Anzahl isolirter Backenzähne geliefert, welche verschiedenen Indivi- duen von Metaxytherinm von verschiedenem Alter zufallen. Die Sammlung umfasst: 1. Einen vorletzten oberen Molar (Taf. II, Fig. 2), sehr abgenützt. Man kann immerhin feststellen, dass die Krone aus zwei Querhügeln bestand, mit einem ziemlich ausgesprochenen Talon gegen vorne und gegen rückwärts. In dem Zustande vor- gerückter Abnützung, in welchem dieser Zahn sich befindet, verschmelzen diese Elemente an der Innenseite zu einer Art von grossem Talon von rundlicher Gestalt, während sie gegen aussen noch unterscheidbar bleiben. Drei Wurzeln sind vor- handen, zwei äussere und eine einzige starke gegen innen. 22 Drei vorletzten untere, Molares Derzersier daR Fig. 3), sehr abgenützt und mit zwei von vorne gegen rück- wärts abgeflachten. Wurzeln, bestand aus zwei Querhügeln, Wirbelthiere von Eggenburg. 409 einem kleinen Talon gegen vorne und einem starken Talon gegen rückwärts; diese verschiedenen Elemente sind in Folge der Abnützung vereinigt und sind nur umgeben von einem gemeinsamen Schmelzbande in der Gestalt von 8. Decsayveite, (dRar all, Big. A)ınist, im) Gezentheile‘ ein junger Zahn, im Zustande des Keimes und ohne Wurzeln; die Hügel sind unberührt; es bestehen zwei Querjoche, jedes ver- sehen mit einem starken, pyramıdalen Hügel, zwischen welchen sich mehrere secundäre Zapfen zeigen. Es gibt keinen vorderen Talon, sondern nur einen starken, bituberculaten, rückwärtigen Talon. Ä Der dritte endlich (Taf. II, Fig. 5) ist auch ein Keim- zahn, ohne Wurzeln, welcher von dem vorhergehenden nur durch etwas grössere Dimensionen und durch seinen tief eingespaltenen rückwärtigen Talon sich unterscheidet. Sn ame leirzrenumive ne, Molane (Mal, Risr6,7), taeil- weise abgenützt und mit drei Wurzeln versehen, von welchen zwei vorne und eine rückwärts. Ihr Bau ist ein sehr ähnlicher: die Krone umfasst drei Querjoche, deren Zapfen durch Ab- nützung vereinigt sind zu einer Art von Bogen, welcher convex ist gegen vorne; ausserdem besteht ein kleiner unpaarer Zapfen, welcher einen rückwärtigen Talon bildet. Einer dieser Zähne (Fig. 6) ist dicker und stärker als der andere. Nenelercihre, Die tertiären Sirenoiden theilen sich in mehrere Genera oder Subgenera, deren wichtigste sind: | 1. Felsinotherium Capellini; umfasst mehrere Arten, alle aus dem Pliocän Italiens: F. Foresti Cap., F. Gastaldii de Zign., F. subapenninicum Brun. 2. Metaxytherium de Christol; begreift in sich eine Art aus dem Pliocän von Montpellier (M. Serresi Gerv.) und die Mehrzahl der miocänen Typen, von welchen M. fossile Cuv. aus den Faluns des Anjou zuerst beschrieben worden ist. Die anderen miocänen Arten, wie M. Beaumonti de Christol aus der Molasse von Beaucaire, M. Siuderi v. Mayer aus der Molasse des Aargau, M. Lovisati Cap. aus dem Miocän von Sardinien und von Lecce, M. Christoli Fitzinger aus dem 410 Ch. Deperet, miocänen Sande von Linz, sowie verschiedene Reste, welche aus Malta, von Baltringen und aus dem Leithakalke von Hainburg bei Wien erwähnt worden sind, gehören möglicherweise alle derselben Art an; ihre unterscheidenden Merkmale sind min- destens sehr wenig bekannt. 3. Halitherinm Kaup (Sensu stricto),; entspricht haupt- sächlich dem oligocänen Typus der Becken von Paris und Mainz (H. Schinzi Kaup = H. Guetiardi Blainv.). Dieselbe Gattung umfasst sehr wahrscheinlich auch eine Reihe eocäner Typen, wie H. Chongneti Gaudry von St. Cloud, H. (Proto- therinm) Veronense de Zigno aus dem Vicentinischen, A. Bel- lunense de Zigno von Schio, H.(Trachytherium) Ranlini Gerv. von La R£ole; 7. dubinm Cuv. aus dem Calcaire de Blaye; H. (Eotherium) Aegyptiacum Owen vom Mokattam. Diese verschiedenen Gattungen unterscheiden sich haupt- sächlich durch die Gestalt des Schädels, der Prämaxillaria, des Unterkiefers, durch die grössere oder geringere Entwicklung der oberen Incisiven, endlich durch die Anzahl und die Gestalt der Backenzähne. Es ist uns bei den folgenden Vergleichen wegen der Beschaffenheit der in Eggenburg gefundenen Reste nur möglich, das letztere Merkmal in Betracht zu ziehen. Das Studium der Backenzähne führt zunächst zu der Ein- reihung der Sirenoiden von Eggenburg in die Gattung Metaxy- therium. Bei den Felsinotherien (z.B. F, subapenninicum Brun.!) sind die Molarzähne breiter, kürzer, mehr quadratisch, und ihr Bau zeigt sich mehr verwickelt durch das Hinzutreten zahl- reicher intermediärer Zapfen zu den Haupthügeln, ein wenig wie in den Backenzähnen des heutigen Ss. Der zweite Lobus des vorletzten oberen Molar ist mehr reducirt, mehr abgerundet; der letzte untere Molar ist mehr quadratisch, nicht nach hinten verengt; er zählt nur 2 Haupt- loben und einen trituberculaten Talon, anstatt 3 Loben und einem einzapfigen Talon. Es ist wahr, dass man ohne Zweifel die Gesammtheit des dritten Lobus und des Talons der Backen- zähne von Eggenburg als homolog den drei Zapfen des Talons 1 Bruno in: Blainville, Osteographie; genre Manatus, pl. IX, (Cheirotherium Brocchii d’Italie). Wirbelthiere von Eggenburg. 411 von Felsinotherium anzusehen hat, aber der Grössenunterschied dieser homologen Theile ist trotzdem sehr wichtig und be- zeichnend. In der Gattung Halitherium (wie bei H. Schinzi Kaup!) sind die Backenzähne im Gegentheile schmäler und von ein- facherem Baue als bei der Art von Eggenburg; die Haupthügel sind mehr gerundet, weniger pyramidal und sind besser ab- getrennt durch das Vorhandensein einer geringen Anzahl von secundären Zapfen. Der letzte untere Molar zählt, wie bei Felsinotherium, nur zwei Hauptloben, mit einem wohl ab- getrennten Talon in Gestalt eines vielzapfigen Halbmondes. Obwohl die Backenzähne von Eggenburg in Betreff der verhältnissmässigen Breite der Krone und des Grades der Com- plication der intermediären Zapfen die grösste Analogie mit jenen von Metaxytherium besitzen, können sie doch keiner bis- her beschriebenen Art dieser Gattung beigezählt werden. Sie trennen sich hauptsächlich durch den besonderen Bau des letzten unteren Molars, welcher von vorn gegen hinten drei Loben zählt, mehr einem kleinen Talon mit einer Spitze, anstatt nur zwei Loben mit einem bifiden Talon, welcher bei M. fossile Cuv.? aus dem Miocän von Anjou vorhanden ist, mit welchem wahrscheinlich ein grosser Theil der miocänen Sirenoiden von verschiedenen Fundorten zu vereinigen ist (siehe oben), und insbesondere M. (Halitherium) Christoli Fitzinger? aus dem Sande von Linz, welcher doch beiläufig demselben geologischen Niveau angehört, wie die Lagerstätte von Eggenburg. Die Art von Linz unterscheidet sich deutlich von jener von Eggenburg durch ihren letzten unteren Molar, welcher zwei Loben und einen bifiden Talon besitzt, wie der Typus aus dem Anjou. M. Serresi Gerv.* aus dem Pliocän von Montpellier unter- scheidet sich leicht von dem Typus von Eggenburg durch die kleinen Dimensionen seiner Molare, durch seinen kürzeren und 1 Kaup, Beiträge zur näheren Kenntniss der urweltlichen Säugethiere, 1855; — Blainville, Osteogr., g. Manatus, pl. XI (M. Guettardi). 2 Blainville, Osteogr., g. Manatus, pl. IX (M. Cuvieri de Doue). 3 Fitzinger, Bericht über die in Sandlagern von Linz aufgefundenen fossilen Reste eines urweltlichen Säugers (Halitherium Christoli Fitz.). Sechster Bericht des Mus. Franeisco-Carol. 1842, S. 61, Taf. 1. 4 P.Gervais, Zool. et paleont. frang., 2. ed., pl. 5 et 6. 412 Ch. Deperet, mehr gerundeten vorletzten oberen Molar, und insbesondere durch den letzten unteren Molar, welcher nur zwei Loben hat mit einem ziemlich starken trituberculaten Talon. Im Ganzen zeigt sich das wichtigste Unterscheidungs- merkmal des Sirenoiden von Eggenburg in dem Baue seiner unteren Backenzähne. Schon im vorletzten Molar (Taf. II, Fig. 4, 5) ist der Talon stärker, wichtiger als in irgend einer anderen bekannten Art und er bildet mit seinen beiden wohl- geschiedenen Hügeln einen wahren Lobus, vergleichbar den beiden Hauptloben, welche ihm vorangehen. Im letzten Molar (Taf. II, Fig. 6, 7) hat sich der Talon so sehr entwickelt, dass die beiden ziemlich kleinen, paarigen Hügel, welche man auf dem Talon des letzten Molar, z. B. bei M. Serresi und bei M. fossile sieht, eben so wichtig geworden sind, wie jene der vorderen Loben des Zahnes und einen wahren dritten Lobus bilden, welcher den beiden vorgenannten Arten fehlt. Die ein- zelne Spitze, welche den Talon der Molare von Eggenburg bildet, ist nur homolog der mittleren unpaaren Spitze des Talons von M. Serresi oder von Felsinotherium, aber mit viel stärkeren Dimensionen. In Summe hat sich in den Molaren von Eggen- burg dank der Entwicklung, welche die drei Hügel des Talons erfahren haben, eine Vermehrung der Zahl der Loben dieser Molare vollzogen, durch einen Vorgang, nahezu ähnlich jenem der Entwicklung des Typus der Backenzähne des Mastodon angustidens zu dem Typus des Mastodon longirostris. Diese Merkmale nöthigen zu der Schaffung eines neuen specifischen Namens für die Zähne von Eggenburg und ich schlage vor, diese Art Herrn Krahuletz zu widmen, in Erinne- rung an seine ausdauernden Bemühungen um die genauere Erforschung der Ablagerungen von Eggenburg. II. Reptilia. Chelonia. Genus Testudo Linn. Testudo noviciensis Nouel (Mus. Paris). (Bat IaRie3u9): Verschiedene Bruchstücke einer Landschildkröte von mittlerer Grösse wurden in der Lagerstätte von Eggenburg Wirbelthiere von Eggenburg. 413 angetroffen; die einzigen, welche einiges Interesse in Bezug auf Vergleichung mit bekannten Arten darbieten, sind die folgenden: 1. Ein Bruchstück des Plastron (Taf. II, Fig. 8) entsprechend der Gular-Region. Der Knochen ist ausgezeichnet durch seine Dicke; man sieht deutlich die Spur von zwei paarigen Gular- schuppen, welche durch ihre Vereinigung ein Dreieck bilden mit nach rückwärts liegendem Scheitel, welcher in 0'013 von der Spitze geschnitten ist von der Suturlinie des Episternum mit dem Entosternum. 2a Bin zyyeites Stück (Tat. II, Fig. 9) bietet den grössten Theil des Hyosternum der rechten Seite. Auf der Innenseite zeigt die Suturlinie mit dem Entosternum, dass dieser letztere Knochen einen rückwärtigen Rand besass, welcher leicht schräge gegen hinten war und einen Aussenrand, der beinahe von vorne nach hinten gerichtet war. Man beobachtet auch gut die ziemlich eigenthümliche Gestalt der humero-pectoralen Schuppenfurche; diese Furche, welche in ihrem mittleren Theile quer verläuft, wendet sich dann mit einem stumpfen Winkel, aber sehr rasch gegen vorne. Die Brustschuppe war sehr schmal, verbreiterte sich aber dreieckig an den Seiten. BeNnderes Bruchstücke zeieen. dass die Schuppen? des Panzers mit ziemlich ausgesprochenen, concentrischen Furchen geziert waren, welche auch, doch minder ausgesprochen, auf den Schuppen des Plastrons vorhanden waren. Im Vergleiche mit lebenden Schildkröten kann man die Gesammtlänge des Panzers der Art von Eggenburg auf 0 25m veranschlagen. Es ist schwer, mit so unvollkommenen Resten die Be- ziehungen zu allen bekannten lebenden und fossilen Arten im Einzelnen festzustellen. Ich beschränke mich darauf, zu sagen, dass ich die fast vollständige Identität der Stücke von Eggen- burg mit den entsprechenden Theilen einer Testudo aus den Sables de l’Orleanais beobachtet habe, welchen Nouel den Namen Testudo noviciensis (von Neuville-aux-Bois) beigelegt hat und welche unter dieser Bezeichnung in den Sammlungen des Pariser Museums erscheint. Man findet bei der Schildkröte des Orleanais die doppelte Gularschuppe wieder, welche nach 414 Ch. Deperet, rückwärts stark übergreift auf das Entosternum, ferner die poly- gonale Gestalt des Entosternum, versehen mit einem fast trans- versalen rückwärtigen Rande und einem von rückwärts nach vorne gerichteten Aussenrande, endlich die so eigenthümliche rasche Beugung, welche an den Seiten von der humero-pecto- ralen Furche gebildet wird. Diese Eigenthümlichkeiten, verbunden mit der überein- stimmenden Grösse und der ähnlichen Dicke der Knochen lässt keinen Zweifel in Bezug auf die Identität beider Formen. In geologischer Beziehung fügt sich die gleichzeitige An- wesenheit der Testudo noviciensis in der ersten Mediterranstufe des Pariser Beckens und von Eggenburg zu jener des Brachy- odus, um der Landfauna dieses Horizontes ein besonderes Gepräge zu geben. Zum Schlusse erübrigt mir noch die kurze Erwähnung einiger anderer Reste von Reptilien. 1. Ein Rippenstück einer Fluss-Schildkröte oder Trionyx mit der bezeichnenden grubigen Verzierung; dieses Stück ist nicht specifisch zu bestimmen. Ich beschränke mich darauf, zu erinnern, dass Gervais (Zool. et Pal. frang., p. 137) in den Sables de l’Orleanais, zu Avaray, eine Art von Trionyx unter dem Namen T. Lockardi erwähnt hat, jedoch ohne die speci- fischen Merkmale anzugeben. 2. Mehrere Zähne eines Crocodilus von ziemlich beträcht- licher Grösse. Der längste und grösste dieser Zähne ist Taf. II, Fig. 10 abgebildet; er ist fast conisch, doch ein wenig com- primirt, mit der Andeutung einer scharfen Kante nach vorn und nach rückwärts; die Schmelzoberfläche ist mit wenig tiefen Längscanneluren bedeckt. Diese Zähne werden wohl derselben Art angehören, welche von derselben Lagerstätte unter der Bezeichnung Crocodilus (Gavialosuchus) Eggenburgensis von Toula und Kail beschrieben worden ist.' Ich habe unter den 1 F. Toula und J. A. Kail, Über einen Krokodilschädel aus den Tertiärablagerungen von Eggenburg; Denkschriften Akad. Wien, vol. L, 1885, p- 299, Taf. I—I1. Wirbelthiere von Eggenburg. 415 schönen Stücken von Crocodiliern aus den Sables de l’Orleanais, welche im Museum zu Paris aufbewahrt werden, Zähne ge- funden, welche mit den mir von Eggenburg vorliegenden nach Gestalt und Grösse gut übereinstimmen. Die Crocodilier des Orleanais sind noch nicht beschrieben. Die Fauna der ersten Mediterranstufe von Eggenburg um- fasst daher nach dem heutigen Stande die folgenden Typen: Pachydermata: Brachyodus onoideus sp. Gervais. Sirenoidea: Metaxytherium Krahuletzi n. sp. Reptilia: Testudo Noviciensis. Nouel; Trionyz Sp.; Crocodilus Eggenburgensis Toula et Kail. 416 DD — DE [86 Ch. Deperet, Wirbelthiere von Eggenburg. Erklärung der Tafeln. Tafel 1. Brachyodus onoideus (sp. Gervais). Halber Unterkiefer von aussen gesehen; 1/o. Serie der drei Molare und der drei letzten Prämolare, vor denselben die Alveole des 1. Prämolars; natürl. Grösse. Oberer Eckzahn; natürl. Grösse. Vierter oberer Prämolar; natürl. Grösse. Zweiter oberer Molar; natürl. Grösse. Dritter oberer Molar; natürl. Grösse. Astragalus, gesehen auf die Fläche des Calcaneus; 1. Tafel II. Zweiter oberer Molar von Brachyodus onoideus aus den Sables de l’Orleanais. Metaxytherium Krahuletzi n. sp. Vorletzter oberer Molar. » » Vorletzter unterer Molar, sehr ab- genützt. Selber Molar eines anderen Indivi- duums; Keim. Selber Molar von einem stärkeren Individuum. Letzter unterer Molar. Selber Molar von einem stärkeren Individuum. Testudo Noviciensis Nouel. Episternum. » » » Hyosternum. Crocodilus Eggenburgensis Toula et Kail. Loser Zahn. ICh: Deperet : Phototypie Sylvestre, Lyon. Ch. Deperet : Miocane Wirbelthiere von Eggenburg, : Taf. I. > a Phototypie Sylvestre, Lyon Sitzungsberichte d. kais. Akad. der Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV, Abth. I. 1895. x Me Fe nn ee 3 . En 1“ Phototypie Sylvestre, Lyon Sitzungsberichte d. kais. Akad. der Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV, Abth. I. 1895. Pi er Mt Fr 5: 417 Krystalle von Caleiumoxalat in der Frucht- wand der Umbelliferen und ihre Verwerthung für die Systematik Dr. Jos. Rompel S.). Aus dem botanischen Institute der k. k. Universität in Prag. (Mit 2 Tafeln.) Die vorliegende Abhandlung gliedert sich in drei Theile. Der erste fasst die Bemerkungen zusammen, welche über die zu behandelnde Frage sich bereits in der Literatur vor- finden, und berichtet zugleich über die Methode meiner Unter- suchungen. Im zweiten Theil werden sodann meine Beob- achtungen über das Calciumoxalat in der Fruchtwand mög- lichst kurz wiedergegeben, während der letzte Theil die aus den Beobachtungen sich ergebenden Folgerungen enthält. I. Literatur und Methode. Krystallablagerungen sind in den meisten Pflanzenfamilien nichts Seltenes. Ihrer Substanz nach sind die Krystalle der Pflanzen wohl in den weitaus zahlreichsten Fällen oxalsaurer Kalk. Bei dieser Häufigkeit wird einige Abwechselung erreicht theils in der Form der Krystalle durch grösseren oder gerin- geren Flächenreichthum oder durch Krystallisation in zwei ver- schiedenen Systemen, theils in der verschiedenartigen Weise der Localisation dieser Krystalle innerhalb der pflanzlichen Gewebe. 418 J. Rompel, In der hier zu behandelnden Frage interessirt neben dem Auftreten von Calciumoxalatkrystallen und den verschiedenen Formen in erster Linie die auffällige, sich innerhalb gewisser Gruppen durchaus constant zeigende Localisation der Kry- stalle. Es ist in dieser Beziehung erwähnenswerth, dass schon Jochmann! im Jahre 1854 bei zwei Umbelliferen, Astrantia maior L. und Arctopus echinatus L., zwar nicht im Pericarp, sondern im Rhizom Calciumoxalatkrystalle vorfand, deren Lagerung ihm so merkwürdig erschien, dass er sie mit folgenden Worten beschreibt: »Cellularum hos crystallos con- tinentium dispositio parenchymatis striaturam concen- tricam, annulorum annotinorum speciem simulantem, efficit.« Als allgemein reich an Calciumoxalat dürften die Umbelli- feren erst bekannt geworden sein, seitdem man auf die reich- liche Anhäufung desselben im Endosperm sämmtlicher Um- belliferenfrüchte hingewiesen hat. Es genügt, diesbezüglich auf die Arbeit Pfeffer’s? vom Jahre 1872 hinzuweisen, wo der Krystalldrusen, welche neben Globoiden als Einschlüsse in den Aleuronkörnern auftreten, ausführlich Erwähnung ge- schieht. Dass auch hier die Localisation nicht eine regellose ist, geht aus den Ausführungen Lüdtke’s? hervor, der sich neuerdings ebenfalls mit den Aleuronkörnern der Umbelliferen und ihren Einschlüssen eingehend beschäftigt hat. Äusserst deutlich zeigt z. B. ein Querschnitt durch eine reife Frucht von Caucalis daucoides L., wie die grossen, sofort in die Augen fallenden Drusen des Endosperms in Reihen liegen, welche mit den Begrenzungslinien des Endosperms gleichläufig sind. Aus dem Gesagten, ferner aus der Bemerkung Kohl's,t dass Daucus seinen Kalkreichthum nur an den Blättern er- kennen lässt (35°/, der Reinasche), sowie aus dem, was ich über die Kalkablagerung im Pericarp berichten werde, geht 1 Jochmann, De Umbelliferorum structura et evolutione nonnulla. Dissertatio. Vratislaviae, 1854. 2 Pfeffer, Untersuchungen über die Proteinkörner etc. Pringsheim’s Jahrbuch, VIII, 1872. 3 Lüdtke, Beiträge zur Kenntniss der Aleuronkörner. Pringsheim’s Jahrbuch, XXI, 1889. 4 Kohl, Kalksalze und Kieselsäure in der Pflanze. Marburg, 1889, S. 10. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 419 hervor, dass die Kalksalze vielfach nicht gleichmässig den einzelnen Organen und Organtheilen zugewiesen sind, sondern dass es in den einen zu Anhäufungen kommen, während in anderen der Kalkgehalt bedeutend abnehmen kann. Nach diesen Befunden über den Kalkgehalt ist es aller- dings berechtigt, wenn Kohl! die Umbelliferen zu den kalk- begehrenden Pflanzenfamilien rechnet. Über den Kalkgehalt der Umbelliferen scheinen indess, nach Kohl zu schliessen, keine besonderen Untersuchungen vorhanden zu sein, und selbst dort, wo Kohl! über den Kalkoxalatreichthum der Pericarpien spricht, fehlen Beispiele aus der Familie der Umbelliferen. Bezüglich der Pericarpien der Umbelliferen in ihrem Verhalten zum Kalkoxalat liest nun in der That auch sonst nirgends eine ausführliche Mittheilung vor; nur in der reichen Specialliteratur über die Familie dürfte sich die eine oder andere Notiz finden. Was mir aus letzterer bekannt geworden ist, stelle ich im Folgenden in chronologischer Ordnung zusammen. Bei den Untersuchungen von Kraus? ist es durch die Auswahl der zehn untersuchten Species bedingt gewesen, dass er im Pericarp der Umbelliferen keine Kalkoxalatkrystalle fand, während ihm dies für Vertreter aus den Familien der EHenopodiaceen,Ürtieceen, Rosaceen, Ranuneulaceen, Malvaceen, Labiaten gelang. In der That findet sich unter den zehn von Kraus als untersucht angeführten Umbelliferen- arten Keine mit krystallführendem Pericarp. Interessant ist die Angabe, welche Moynier de Ville- poix°® in einer Abhandlung vom Jahre 1878 macht über Oxalatdrusen in Blatt und Frucht von Eryngium und über die eigenartige Localisation derselben in letzterer. »Dans le genre Erynginm nombreux cristaux macles spheroidaux se trouvent dans des cellules speciales disseminees ga et la dans la moelle et dans le parenchyme de la feuille. Ils offrent 1 Kohl, a. a. O., S. 11 und 48. 2 G. Kraus, Über den Bau trockener Pericarpien. Pringsheim’s Jahr- buch, V, 1866. Vergl. besonders S. 108. 3 Moynier de Villepoix, Recherches sur les canaux secreteurs des fruits des Ombelliferes. Ann. des sc. nat. 6. s., t. 5, 1878. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. ; CIV. Bd., Abth. I. 28 420 J. Rompel, dansllestsuit Tun eumeuxrexemplende Moralisar tor les deux faces commissurales du fruit sont bordees SuUrtouse leur lonswWeutrzpar une zameeerdere eis a cristaux«. Eine in ähnlicher Weise vereinzelte Angabe findet sich bei Bartsch! in seiner Umbelliferenarbeit vom Jahre 1882, wiederum mit einem Hinweis auf die auffällige Lagerung der Krystalle. Bartsch gibt ausdrücklich an, dass er nur bei Astrantia maior L. im Pericarp Calciumoxalatkrystalle fand, und zwar in der Form von Drusen, »die in den Parenchym- zellen liegen und einen Ring um die Fruchtknotenhöhle bilden, aber auch in den übrigen Theilen der Fruchtschale ausser in der Epidermis vorkommen.« Es ist seltsam, dass Bartsch nur in dem einen Falle Krystalle beobachtete, da er unter den untersuchten Früchten auch die von Chaerophyllum temulum L., Torilis Anthriscus Gmel., Eryngium planum L. aufzählt, da er ferner gerade auch die Verhältnisse an der Commissur genauer untersuchte und zudem die oben citirte Abhandlung von Moynier de Villepoix in der von ihm benützten Literatur anführt. Unten wird übrigens die Angabe über Astrantia maior etwas zu rectificiren sein. Marloth? scheint Krystalle im Pericarp der Umbelliferen überhaupt nicht gekannt zu haben. Für seine Arbeit war neben mechanischen Zellen auch die Anhäufung von Kalkoxalat- krystallen als mechanisches Schutzmittel von Belang. Bei den Primulaceen z. B. wird auch angeführt, dass sie in der Samenschale eine Zellschichte mit Krystallen besitzen, für die Umbelliferen aber fehlt jede derartige Angabe, obgleich die untersuchten Früchte unter anderen die Namen von -Hydro- cotyle vulgaris L., Eryngium planum L., Astrantia maior L., Anthriscus silvestris Hoffm. enthalten, Pflanzen, welche, wie wir sehen werden, sämmtlich im Pericarp Krystalle in typischer Lagerung besitzen. 1 Bartsch, Beiträge zur Anatomie und Entwicklung der Umbelliferen- früchte. I. Theil. Inaugural-Dissertation. Breslau, 1882. 2 Marloth, Über mechanische Schutzmittel der Samen u. s. w. Dis- sertation. Leipzig, 1883. a A Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 421 Schliesslich findet sich in einer Abhandlung Tanfani’s! noch folgende kurze Notiz: »Sono frequenti le cellule, che contengono cristalli di ossalato di calcio, ed ho osservato, che queste cellule spesso si trovano lungo la faccıa Bgistaceo Kdeineoechinisa Toro 'eı dal doccoforo«. Diese unbestimmte Angabe, denn kein Genus, keine Species ist genannt, ist an und für sich ziemlich werthlos, da ja schon die Pericarpien von zehn Fructhtarten, welche Kraus unter- suchte, wirklich keine Krystalle enthalten, und da, wie aus dem zweiten Abschnitt dieser Abhandlung sich ergeben wird, thatsächlich auch die Früchte der meisten Umbelliferen im Pericarp keine Krystalle besitzen dürften. Indessen wird diese unbestimmte Angabe einigermassen ergänzt durch die der Abhandlung beigegebenen Tafeln. Die auf diesen dargestellten Fruchtquerschnitte von Scandix Pecten Veneris, Chaerophyllum temulum und Chaerophyllum aureum weisen die besagten Krystalle längs der Commissur auf. Da andere Fruchtquerschnitte mit Krystallführendem Pericarp nicht ge- zeichnet sind, so liegt wohl der Schluss nahe, dass Tanfani mit obigen Worten Früchte im Auge hatte, welche die Krystalle nach dem Typus gelagert haben, den wir weiter unten als den Scandix-Iypus kennen lernen werden. Es sei auf die Abbildungen Tanfani’s auch hingewiesen als Ergänzung zu den dieser Arbeit beigegebenen Figuren. Weitere Angaben, Krystalle im Pericarp der Umbelliferen- frucht betreffend, sind mir trotz eingehenden Nachforschens nicht bekannt geworden, und die oben referirten Notizen stammen aus schwer zugänglichen Dissertationen und Zeit- schriften und sind zum Theil in Abhandlungen mit vorwiegend anderem Inhalt niedergelegt. Wie aus den angeführten Citaten ersichtlich ist, fiel den drei Autoren, welche überhaupt über krystallführende Pericarpien berichten, neben dem Vorhanden- sein auch die eigenartige Localisation der Krystalle auf. I Tanfani, Morfologia ed istologia del frutto e del seme delle Apiacee. Nuovo Giorn. Bot. Ital., XXIII, 1891. — Hier auch eine ziemlich vollständige Zusammenstellung der Literatur über die Umbelliferen (= Apiacee, nach Caruel, Flora ital.). 28* 422 J. Rompel, Indessen zieht keiner aus der Art der Localisation irgend welche Schlüsse, was natürlich bei den nur vereinzelten Beob- achtungen auch nicht möglich war. Über die bei meinen Untersuchungen befolgte Methode ist nur wenig zu bemerken. Es wurde in allen Fällen so vor- gegangen, dass Längsschnitte oder Querschnitte durch die Fruchtwand, beziehungsweise Frucht unter dem Mikroskop auf etwa vorhandene Krystalle hin durchmustert wurden. Es dürfte diese bei einer an Vertretern so reichen Familie recht langwierige Art des Vorgehens schliesslich noch die am schnellsten zum Ziel führende sein. Glühen von dickeren Schnitten und Prüfung der Asche schien mir im Allgemeinen nicht zweckdienlich, und zwar aus verschiedenen Gründen. Da das Endosperm der Umbelliferen immer Drusen von Calciumoxalat enthält, hätten die Schlüsse auf Vorhanden- sein von Krystallen im Pericarp oft zweifelhaft erscheinen müssen. Sodann kam es ja sehr darauf an, die Lagerung der Krystalle zu studiren, sowie die anatomische Beschaffen- heit ihrer nächsten Umgebung. Endlich schien es oft von Werth, namentlich um durch blosses Berücksichtigen der Krystalle nicht zu einseitigen Schlüssen verleitet zu werden, die gesammten endomorphen Verhältnisse des Pericarps mikro- skopisch zu erforschen. — Nur in einigen Fällen habe ich das Polarisationsmikroskop angewandt, um mich bei minder günstigem Material vom Vorhandensein oder Fehlen der Kry- stalle zu überzeugen oder über den optischen Charakter vor- handener Krystalle zu informiren. Die Schwierigkeiten, welche sich der Untersuchung in den Weg stellen, sind in der Regel nicht gross. Die gefärbten Secrete, welche reichlichst in den schizogenen Secretgängen der Frucht auftreten und oft auch die Zellwände gelb bis braun färben, erschweren mitunter die Beobachtung. Bei Alkohol- material hat man darauf. zu achten, dass die vielfach auf- tretenden krystallinischen Fällungen nicht mit den in Frage stehenden Krystallen verwechselt werden. Zu berücksichtigen ist endlich, dass Abwesenheit von Krystallen an der Com- missur namentlich bei ausgetrockneten, in die Mericarpien zer- fallenen Früchten erst zu constatiren ist, nachdem :man sich Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 423 überzeugt hat, dass die Zellschichten an der Commissur noch intact sind. Vorgenommen wurden die Untersuchungen, soweit sie die Krystalle betreffen, im Juni, November, December vorigen und in den zwei ersten Monaten dieses Jahres. Als Material dienten im Sommer fast nur Früchte in frischem Zustand, und zwar in verschiedenen Reifestadien. Im Winter wurde zunächst Alkoholmaterial benützt, welches mir in sehr dankenswerther Weise Herr Tatar, Gärtner des hiesigen botanischen Gartens, während der Ferien aus der Umbelliferenabtheilung des bota- nischen Gartens gesammelt hatte. Die Resultate, welche das Alkoholmaterial ‚lieferte, wurden öfters controlirt an Früchten, welche dem Herbar des botanischen Institutes entnommen wur- den. Schliesslich wurden mir für eine ganzeReihe von Genera, für welche kein anderes Material zur Verfügung stand, die nöthigen Früchte theils aus dem Herbar, theils aus der Samensammlung des botanischen Institutes freundlichst zur Verfügung gestellt. Was den mikrochemischen Nachweis des oxalsauren Kalkes betrifft, so ist selbstverständlich, dass er nicht bei jeder Species aufs neue vorgenommen wurde. Für die ein- zelnen Typen wurden mehrmals die gewöhnlichen Reactionen auf Calciumoxalat (Behandlung mit Essigsäure, Salzsäure, Schwefelsäure, Prüfung des Glührückstandes) vorgenommen. Dieselben sind zwar nicht stricte beweisend, machen aber die Annahme von oxalsaurem Kalk höchst wahrscheinlich, welche noch durch die optischen Charaktere, soweit sie bei den kleinen Dimensionen der Krystalle zu ermitteln waren, unterstützt wird. Die Drusen von Sanicula europaea L. sind wegen ihrer äusserst hohen Doppelbrechung als monoklin anzusehen, während andere drusenähnliche Gebilde, wie z.B. bei reifen Früchten mancher Chaerophylla, als kleine Krystall- gruppen, zusammengesetzt aus tetragonal krystallisirenden Einzelindividuen, zu betrachten sind.! In den meisten Fällen wurde übrigens aus der gleichen Localisation auf die ! Wenn auch hier nicht der Ort ist, um auf die Erscheinungen doppel- brechender Zellwände u. s. w. näher einzugehen, so sei wenigstens kurz auf folgende Erscheinung hingewiesen. Die grossen Emergenzen mancher Umbelli- ferenfrüchte, sehr schön z. B. die von Caucalis orientalis L., sind sehr stark 424 J. Rompel, gleiche chemische Zusammensetzung der vorhan- denen Krystalle geschlossen. Die Veranlassung dazu, das Calciumoxalat im Pericarp der Umbelliferenfrüchte näher zu untersuchen und für die Systematik zu verwerthen, gaben Beobachtungen, welche ich bei Untersuchungen anderer Art mehrmals zu machen Gelegen- heit hatte. Es fielen mir in mehreren Früchten die Krystalle auf; das stets Charakteristische in der Localisation entging mir natürlich nicht, und da zufällig unter den im Anfang unter- suchten Früchten solche der Genera Dowlesia, Sanicnla und Scandix waren, hatte ich schon Beispiele der drei Localisa- tionstypen vor Augen, welche wir weiter unten als Hydro- cotyle-Typus, Sanicula-Typus und Scandix-Typus kennen lernen werden. Da sich zugleich manche Früchte als krystallfrei im Pericarp herausstellten, die krystallführenden Formen aber im Laufe der Untersuchungen an Zahl zunahmen, und zwar durch Genera, welche den drei oben ange- Kührten im System sehr naher stehen, so mussterieh naturgemäss vermuthen, dass dieser endomorphe Cha- rakter sich bei Untersuehungrreichen Mareriaolssads systematisch werthvoll ergeben könne. Inwieweit diese Vermuthung durch die Untersuchung bestätigt wurde, geht aus den zwei folgenden Abschnitten hervor.! II. Wiedergabe der Beobachtungen. Damit die Beobachtungen, welche ich bezüglich krystall- führender Pericarpien gemacht habe, möglichst kurz und dabei doppelbrechend; die optische ÖOrientirung der die Doppelbrechung verur- sachenden Substanz ist aber in der ganzen vielzelligen Emergenz derartig einheitlich, dass die Emergenz in allen Theilen gleichzeitige, und zwar gerade Auslöschung zeigt. 1 Was die oben angeführten »Untersuchungen anderer Art« angeht, so beziehen sich dieselben auf die schon so vielfach behandelten Secretgänge der Frucht und andere damit im Zusammenhang stehende anatomische Eigen- schaften. Zu diesen Untersuchungen wurde ich durch meinen verehrten Lehrer, Herrn Prof. v. Wettstein, angeregt. Dieselben sind ebenfalls dem Abschlusse nahe; es möge entschuldigt werden, wenn einige Verhältnisse der Secretgänge, welche auf den dieser Arbeit beigegebenen Abbildungen schon dargestellt sind, erst in der späteren Arbeit ihre Erklärung finden. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 425 zugleich möglichst übersichtlich zusammengestellt seien, habe ich der folgenden Aufzählung die Classificirung der Umbelli- feren zu Grunde gelegt, wie sie in dem leicht zugänglichen Werk: Genera Plantarum, auctoribus G. Bentham et )J.D. Hooker (Vol. I, Pars III) durchgeführt ist. Wie angedeutet, geschieht dieser Anschluss lediglich aus praktischen Grün- den, nicht etwa, weil ich dieser systematischen Anordnung in Allem meine Zustimmung gebe. Die vonsmiT untersuchten Genera>sind mit tont laufenden Nummern versehen. Neben dieser Nummer Binder sich diejenise, welche’ das betreffende Genus bei Bentham und Hooker besitzt,-in Klammern an- BergeetBinden. sich beiden als "untersucht ange- gebenen Species ausser dem Namen keine weiteren Aulsaipen., sio bedeutet dies, dassı dieselSpeeiest von nımtersucht wurden, dass, aber Krystalle im Peri- earpı bei ihnen nicht vorbanden sind oder wenigstens von mir nicht gefunden wurden. Die Genera, welche or min nieht -unpersucht; wurden, simd überhaupt Terra ubeetuhrt sie werden? aber ohne, vueiteres kenntlich durch die Lücken, welche die eingeklam- merten Genusnummern aufweisen. Tribus I. Hydrocotyleae. ed) EydrocotyleE. — Dieses Genus habe’ ich, weil es allein unter den Hydrocotyleae auch in der heimischen Flora vertreten ist, ziemlich eingehend behandelt. Von den zahl- reichen Arten wurden untersucht 7. bonasiensis Lam.,! H. sib- thorpioides Lam., H. moschata Forst. H. triloba Thunb,, letztere zur Section Centella gehörig.” 1 Was die den einzelnen Arten beigegebenen Autorennamen betrifft, so habe ich mich bemüht, consequent denjenigen Autor namhaft zu machen, welcher die beiden von mir gebrauchten Namen zuerst in dieser Combination gegeben hat. Eine weitläufigere Bezeichnung halte ich für eine Arbeit wie die vorliegende für entbehrlich. ® Die Bestimmung der untersuchten Pflanzen habe ich auf ihre Richtig- keit nicht geprüft. Ich hielt mich diesbezüglich an die Angaben, welche im hiesigen botanischen Garten und im Herbar des botanischen Institutes vor- 426 J. Rompel, Querschnitte durch reife Früchte zeigen bei den ange- führten Arten bezüglich der inneren Schichten des Pericarps in ziemlich übereinstimmender Weise folgenden Bau (Fig. 2). Die Zellen der innersten Schichte sind in den zwei der Beobachtung zugänglichen Richtungen — radial und tangential — von gleich kleinem Durchmesser; durch ihre gleichmässig sehr ver- dickten Wände sind sie als mechanische Zellen charakterisirt, fein linienförmige einfache Tüpfel durchsetzen die Verdickungs- schichten. — Die Zellen der zweiten Schichte sind nur radial von sehr kleinem Durchmesser, während sie tangential sehr in die Länge gezogen sind; sie verlaufen, wenn wir uns die Frucht vertical gestellt denken, horizontal oder doch nicht beträchtlich gegen die Horizontalebene geneigt. Die Zellwände sind in gleicher Weise gebaut wie die der innersten Zell- schichte. — Die dritte Schichte besteht aus dünnwandigen krystallführenden Parenchymzellen. Ein radialer Längsschnitt durch die Frucht zeigt ein ähnliches Bild, nur haben die Zellen der innersten und der zweiten Schichte gleichsam ihre Rollen gewechselt; erstere erscheinen jetzt als longitudinal gestreckte Fasern, während letztere longitudinal den gleich kleinen Durchmesser auf- weisen wie radial. Aus dem Gesagten erhellt, dass das Pericarp innen zwei Schichten von anatomisch gleich gebauten Faserzellen besitzt, welche aber in ihrem Längsverlauf so orientirt sind, dass sie fast senkrecht auf einander stehen. Die Zweizahl dieser Schichten ist übrigens nicht immer streng eingehalten. Namentlich da, wo Zellen endigen und andere anfangen, kann für kurze Strecken eine Aufeinanderlagerung der gleichsinnig verlaufenden Zellen statthaben, während für typische Prosenchymzellen ja das Ineinandergreifen der verjüngten oder schief zu- geschärften Enden meist charakteristisch ist. Ein gut geführter Tangentialschnitt, der die drei inner- sten Schichten des Pericarps abhebt, wird demnach ein sehr liegen; in einigen Fällen, wo mir bei der Untersuchung Zweifel an der Richtig- keit der Bestimmung auftauchten, habe ich die Bestimmung controlirt oder das betreffende Material von der Untersuchung ausgeschlossen. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 427 charakteristisches Bild bieten. Bei nicht zu starker Vergrösse- rung erkennt man zwei Systeme von sich durchkreuzenden Linien, die Linien jedes Systems sind unter sich parallel. Das Ganze ist also zu vergleichen einer feinen quadratischen Felde- rung oder dem Maschenwerk eines Gewebes. Die Linien kommen zu Stande durch die Abgrenzung der Zellwand nach aussen und nach dem Lumen zu. Über dieses feine Maschen- werk hin sind nun mit durchweg sehr genau einge- Malenten Gleichtrormiskert die hell "aufiblitzenden Krystalle vertheilt. Es sind einfache Formen mit vor- herrschenden Pyramidenflächen, alle relativ gross und von ungefähr gleichen Dimensionen. Genaue Beobachtungen sprechen dafür, dass diese drei Schichten ein zusammengehöriges Ganze bilden gegen- über den anderen nach aussen davon gelegenen Schichten des Pericarps. Demnach ist es nicht nur zweckmässig, sondern auch durchaus natürlich, die drei Schichten als Endo- carp zu bezeichnen und ihnen die übrigen auch unter sich zusammengehörigen Schichten als Exocarp gegenüber zu stellen. Weiter unten (vergl. 7. Bowlesia) wird noch auf ein anderes Moment hingewiesen werden, welches die Gliederung des Pericarps in diese zwei Theile (mit Vernachlässigung eines Mesocarps) und die angegebene Grenze rechtfertigt. Diese Bezeichnung wird übrigens auch dadurch gerecht- fertigt, dass die als Endocarp bezeichneten Schichten durch eine ganze Reihe von Genera, wie wir sehen werden, constant bleiben, während die als Exocarp bezeichneten innerhalb derselben Generasowohlinexomorphen,als in endomorphen Charakteren sehr wechseln. Ja dieser Wechsel kann sogar bei verschiedenen Arten der gleichen Gattung vorhanden sein. Aydrocotyle bonariensis liefert ein Beispiel dafür. Das Exocarp besitzt nämlich nach innen, wo es dem Endocarp sich anfügt, fünf eigenartige Zellcomplexe, welche in ihrer Lage je einem Gefässbündel entsprechen. Auf dem Querschnitt hat jeder Complex mehr oder weniger die Form eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Basis am Endo- carp liegt, so dass hier die fünf Dreiecke beinahe oder wirklich zusammenstossen, während ihre Scheitel nach den Gefäss- 428 J. Rompel, bündeln hin divergiren. Die Zellen dieser Gewebecomplexe weichen von den anderen Parenchymzellen des Exocarps durch geringere Grösse, bräunliche Färbung der Membran und gegen- seitigen engen Anschluss augenfällig ab. Die übrigen unter- suchten Hydrocotyle-Arten besitzen diese Zellcomplexe nicht. Junge Fruchtstadien, welche untersucht wurden, ver- anlassen noch die folgenden Bemerkungen. Die Faserzellen des Endocarps werden ihrer äusseren Form nach recht früh angelegt, weisen alsdann aber noch eine dünne Membran auf; die Verdickung derselben erfolgt erst ziemlich spät. Es ist nun beachtenswerth, dass in jungen Früchten die Krystall- schichte schon vollständig vorhanden, also vor Aus- bildung der Verdickungsschichten entstanden ist; und zwar dürften die Krystalle an Zahl und Grösse nicht beträcht- lich zurückstehen vor dem Befund bei der reifen Frucht. Die weitere Ausbildung der Krystallschicht während des Heran- reifens der Frucht dürfte im Wesentlichen in einem durch das Wachsthum der Zellen bedingten weiteren Auseinander- rücken der Krystalle bestehen. Es kann also, wie aus dem Gesagten folgt, das Entstehen der Calciumoxalatkrystalle mit der Auflagerung der Verdickungsschichten in den Faserzellen nicht in genetische Beziehung gebracht werden. Auch die einheimische Art H. vulgaris L., welche noch nachträglich untersucht wurde, zeigt Krystallschichte und mechanische Schichten von gleicher Beschaffenheit. 2. (8.) Trachymene Rudg. — Didiscus! pusillus F. v. M. und D. caeruleus Hook. wurden untersucht. Beide zeigten im Bau des Endocarps vollständig den Hydrocotyle-Typus, nur treten die quergestreckten Zellen oft deutlich in zwei Schichten auf und erscheinen die Krystalle weniger dicht gelagert, besonders bei D. caeruleus. Es ist bekannt, dass bei manchen Arten dieser Gattung heteromorphe Theilfrüchte ausgebildet sind. Diese Hetero- morphie ist übrigens nur in den Emergenzen des Exo- carps ausgeprägt. Die eine Theilfrucht kann nämlich mit 1 Die von Bentham und Hooker unter ein Genus subsumirten Genera sind hier gleichfalls immer dem betreffenden Genus zugerechnet, doch sind die Namen der früheren Genera meist beibehalten. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 429 langen, durch eigenthümliche netzförmige Zellwandverdickung sehr mechanisch gebauten Anhängen kräftig bewehrt sein, während die andere völlig oder fast völlig glatt ist. Überblickt man einen ganzen Fruchtstand, so wird diese Einrichtung sofort verständlich; die bewehrten Früchte befinden sich näm- lich aussen, während die unbewehrten Theilfrüchte das Innere des köpfchenartig sich zusammenziehenden Fruchtstandes einnehmen. Ähnliche Erscheinungen treten auch in anderen Gruppen der Umbelliferen auf, so bei mehreren Torilis, öfters bei Caucalis orientalis L., zuweilen auch in etwa bei Daucus Carota. Bei reifen Früchten suchte ich die mechanischen Elemente des Endocarps durch Maceration zu isoliren. Es gelang leicht, mit Schulze’schem Gemisch die beiden Zelllagen in ihrem Zusammenhang als einzigen Rückstand zu erhalten. Messungen ergaben im Durchschnitt 500 u für die Längendimension und > für die Querdimension der faserförmigen Zellen. Deutlich trat auch jetzt hervor, dass die Poren, welche die Verdickungs- schichten durchsetzen, fein spaltenförmig sind. 3. (4.) Siebera Reichb. — Hieher ziehen Bentham und Hooker Trachymene DC. Die untersuchten Arten T. ericoides Sees laneeolatan Ruder, N hıneanis Sp, 1: ovata Rude: zeigen wiederum den gleichen Bau der mechanischen Endo- carpschichten und dazu die Krystallschichte äusserst deutlich mit zahlreichen Krystallen. 4. (9.) Xanthosia Rudg. = Leucolaena R. Br. — L. can- dida Benth. und X. rotundifohla DC. sind in Bezug auf mecha- nische Schichten und Krystalle ganz nach dem Hydrocotyle- Typus gebaut. 8. (6.) Azorella Lam. — Hieher gehören Fragosa Ruiz et Pav. und Pozoa Lag. Fragosa spinosa Ruiz et Pav. und Pozoa coriacea Lag. zeigen die Krystallschichte und die inneren Schichten des Endocarps typisch nach Hydrocotyle. Es sei bemerkt, dass von Fr. spinosa sehr junge Früchte untersucht wurden; schon in diesem Stadium waren die Krystalle sehr zahlreich und dichtgedrängt vorhanden. 430 J. Rompel, Tribus II. Mulineae. 6. (9.) Spananthe Jacg. — Es muss auffallen, dass selbst mi Be sinn der neuen "ReibusderrbishenieerBamades Endocarps bleibt. — Die einzige Species Spananthe pani- culata Jacg. zeigt im Endocarp vollständig den Hydrocotyle- Typus. Exocarp und Endocarp zeigen hier schon Neigung, sich von einander zu trennen, in der Weise, dass die Krystall- schichte mit den Faserzellen des Endocarps aber fest ver- bunden bleibt; viel deutlicher wird diese Scheidung bei dem folgenden Genus. 7. (10.) Bowlesia Ruiz. et Pav. — B. nodiflora Presl. und B. tenera Spr. wurden in verschiedenen Reifestadien unter- sucht (Fig. 1). Sie zeigen beide in übereinstimmender Weise eine mit Krystallen reich besetzte Zellschichte ausserhalb der bekannten mechanischen Zellen. Doch das Wichtigste ist, dass wir hier die Richtigkeit unserer früheren Unterscheidung von Exocarp und Endocarp anschaulich vor Augen haben. Am Rücken jeder Theilfrucht löst sich nämlich das Endocarp vom Exocarp los; während das Exocarp in einer fast halbkreis- förmigen Rundung von dem einen seitlich dorsalen Gefäss- bündel zum anderen verläuft, zieht sich das Endocarp in einer geraden Linie (auf dem Querschnitt) von der einen Seite zur andern. So entsteht zwischen Exocarp und Endocarp ein grosser Hohlraum (Fig. 1, s), welcher bei halbreifen Früchten an Grösse hinter der Fruchthöhle (f) nicht zurückbleibt. Diese interessante Spaltungserscheinung lässt wohl keine andere Erklärung zu als die, dass das Endocarp frühzeitig die langen schlauchförmigen Zellen bildet und dann am dorsalen Theil seine Wachsthumsfähigkeit verliert, während das Exo- carp sie noch besitzt. In Folge der hiebei entstehenden Gewebe- spannung tritt eine Spaltung ein, bei welcher die krystall- führende Schichte den mechanischen Zellen des Endocarps verbunden bleibt, sich aber vom Exocarp in der angegebenen Weise trennt. Es ist wohl anzunehmen, dass der pericarpale Hohlraum eine biologische Bedeutung für die Frucht hat; welche aber, ist auf Grund der anatomischen Beschaffenheit allein schwer zu sagen. A Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 431 Aus dem Gesagten ist einzusehen, dass es bei Bowlesia auf die einfachste Weise möglich ist, den dorsalen Theil des Endocarps für sich allein zu präpariren und so ein deutliches tangentiales Flächenbild zu erhalten. Noch nicht halbreife Früchte von B. nodiflora ergaben durch Messung folgende Werthe bezüglich der Krystalle. Die ungefähr isodiametrischen Krystalle besitzen einen Durchmesser von 10—13 u, die Ent- fernung benachbarter Krystalle von einander beträgt je nach den verschiedenen Richtungen 10 —20 1, letztere Entfernung von der äusseren Begrenzung der Krystalle, nicht von ihren Mittelpunkten aus gerechnet. Das ähnlich wie bei Spananthe sehr einfach gebaute Exo- carp schliesst bei den zwei untersuchten Species nach aussen mit zahlreichen, kurz gestielten vier-, sechs- oder achtstrahligen Sternhaaren ab. Bowlesia dichotoma Poepp. wurde nur geprüft auf Vor- handensein der Krystallschichte und der inneren Hartschichten. Beide sind in der gewöhnlichen Ausbildung vorhanden. 8. (12.) Huanaca Cav. — H. geraniifolia DC. besitzt in gleicher Weise ein Endocarp, bestehend aus Krystallschichte und Hartschichten. 9. (14.) Asteriscium Cham. u. Schlecht. — A. chilense Eau. ur schlecht. A, Roeppigii DE), ebenso die von Bent ham und Hooker aus Section 3 von Mulinum! hieher ge- zogenen Formen M. Dipterygia DC. und M. isatidicarpum DC. weisen sehr zahlreiche Krystalle ausserhalb der Hart- schichten auf. 10. (15.) Mulinum Pers. — M. ciliosum Presl. und M. proliferum Pers. zeigen wiederum in Bezug auf Krystalle und Hartschichten den gleichen Typus. M. ciliosum wurde genauer untersucht (Fig. 3). Hier ist nun vor Allem wichtig zu bemerken, dass die den Juga intermedia entsprechenden Flügel der Frucht (vergl. in Fig. 3 die in denselben befindlichen Gefässbündel und die nach aussen davon gelegenen schmalen 1 Vergl. De Candolle, Prodromus, IV, p. 80. 2 Bezeichnung und Autor nach dem Herbar des botanischen Institutes in Prag. 432 J. Rompel, Secretgänge) nicht vom Exocarp allein gebildet sind. Aber das Endocarp nimmt nicht mit allen seinen Schichten am Auf- bau der Flügel Antheil, vielmehr laufen nur die horizontal liegenden Faserzellen, vom commissuralen und dorsalen Bündel kommend, in die Flügel ein und bilden in mehreren Schichten gleichsam deren Skelet, während die vertical gestellte Faserschichte und die Krystallschichte im Flügel fehlen, also im strengen Sinne nur die Fruchthöhle um- schliessen. Dasselbe lässt sich bei anderen Arten, auch beisolchen der vorigen und der folgenden Gattung beobachten; ob es bei allen derartig geflügelten Formen in gleicher Weise statt hat, vermag ich nicht zu sagen; jedenfalls ist dies nach den gemachten Beobachtungen wahrscheinlich. Von Interesse ist aber diese Lagerung desshalb, weil dadurch ziemlich deutlich gezeigt wird, dass die Bildung der Krystalle wenigstens nicht direct in physiologischem Zusammenhang steht mit der Ausbildung der dickwandigen Faserzellen, oder wenn für die Bildung der Krystalle in irgend einer Weise ein solcher Zusammenhang doch vorhanden wäre, dass die Lagerung der Krystalle von biologischen Momenten abhängig ist. — Manche der dieser Tribus angehörigen Früchte sind vom Rücken aus so stark abgeplattet, dass man die angegebene Lagerung der Krystalle ausgezeichnet beobachten kann, wenn man eine ganze Theilfrucht — selbst eine Aufhellung mit Chloralhydrat ist meist entbehrlich — bei etwa 50- bis 100- facher Vergrösserung einstellt. Sehr deutlich ist dies z. B. bei Mulinum ciliosum der Fall. Äusserst zahlreiche Krystalle blitzen dem Auge des Beobachters entgegen, wenn er auf den über der Fruchthöhle liegenden Theil blickt; sehr scharf aber ist durch das Verschwinden der Krystalle die Grenze zwischen Flügeln und den dazwischen gelegenen Theilen des Pericarps markirt, nur hie und da findet sich ein Krystall, der die Grenze um ein wenig überschreitet. 11. (16.) Hermas L. — H. villosa Thunb,, FM. ciliata L., FH. quercifolia Eck]. stimmen in Bezug auf Krystalle und Hart- schichte ganz mit Mulinum überein. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 433 Tribus III. Saniculeae. 12. (17.) Eryngium L. — von jetzt ab finden wir ganz neue Verhältnisse. Ein Endocarp wie bei den vorausgehenden zwei Tribus ist nicht vorhanden; statt der mechanischen Zellen dort finden wir hier dünnwandige Parenchymzellen; eine einzelne, die ganze Fruchthöhle umschliessende krystall- führende Zellschichte ist gleichfalls nicht vorhanden, wir haben hiereinen neuen Localisationstypus. Auch die morpho- logische Ausbildung der Krystalle wechselt; statt der einfachen Krystallformen zeigen sich nunmehr Krystallgruppen in der Form sogenannter Krystalldrusen,' über deren Localisation bei Eryngium wir schon oben (S. 419) die Worte Moynier’s ver- nommen haben. Die von mir untersuchten Arten E. campestre L., E. dichotomum Desf. E. planum L., E. yuccaefolium Mich,., zeigen an der breiten Commissur die Krystalldrusen sehr deutlich und zahlreich. In zwei bis vier Zellreihen erstrecken sich die Drusen von einer Seite der Commissur zur andern; bei der Trennung der Theilfrüchte vertheilen sich die krystall- führenden Zellen gleichmässig auf beide. Ausser den an der Commissur gehäuften Drusen sieht man vereinzelte in den sonstigen Parenchymzellen des Pericarps liegen, besonders in denen des Endocarps (unter Endocarp hier die inneren Schichten des Pericarps, etwa von den Gefäss- bündeln nach innen, verstanden). Bei einer Frucht fand ich im Griffel eine lange Reihe von Drusen, von denen sich eine dicht an die andere anschloss; andere Früchte habe ich daraufhin nicht untersucht. 13. (18.) Alepidea Laroche. — Das wenige Material, welches von A. ciliaris Laroche zur Verfügung stand, liess 1 Ich sage »sogenannter«, weil die Botaniker sich mit dieser Benen- nung eigentlich nicht in Übereinstimmung befinden mit den Mineralogen, beziehungsweise Krystallographen. Denn die Definition von Druse, wie sie sich z.B. bei Tschermak findet (Lehrbuch der Mineralogie, 4. Aufl., 1894, S. 114 und 115), lässt sich wohl auf die sogenannten Oxalatdrusen der Botanik nicht anwenden; ein anderer Ausdruck, etwa Krystallsterne, wäre im Inter- esse der Einheitlichkeit gewiss vorzuziehen, eine Einführung dürfte aber höch- stens, wenn sie von Seite eines Lehrbuches geschieht, Erfolg haben; desshalb genüge es, hier darauf hingewiesen zu haben. 434 J. Rompel, mich nicht in allen Punkten zu einem sicheren Resultat kommen. Von einer Anhäufung an der Commissur war nichts zu erkennen, doch sind Drusen im Pericarp vorhanden; am zahl- reichsten scheinen sie in den Anhängen des Exocarps (dieselben sind am besten denen von Sanicula zu vergleichen, sind aber kleiner) gelegen zu sein und in den exocarpalen Zellen darunter. 14. (19.) Arctopus L. — Im Pericarp von Arctopus echi- natas L., wurde keine Druse gefunden; das ganze Pericarp, namentlich auch das äusserst mechanisch gebaute Endocarp weicht in allen morphologischen Charakteren von dem der typischen Saniculeae ab. 15. (20.) Astrantia L. — A.major L. besitzt im Pericarp reich- lich Krystalldrusen von oxalsaurem Kalk (Fig. 9). Die Localisation ist in manchen Punkten eine von Erynginm abweichende. Da die beiden Theilfrüchte an der Commissur nur mittelst weniger Zellen zusammenhängen, so kann hier eine Anhäufung kaum statthaben. In der Thatsind sie ganz in das Endocarp verlegt, hier sind längs der Fruchthöhle mehrere Schichten von Parenchym- zellen, welche sämmtlich Drusen enthalten. Von der Lagerung in den übrigen Theilen erhält man am besten eine Vorstellung wenn man sich die Stellen des Endocarps, welche bei vielen anderen Umebelliferen, etwa bei Carum Carvi, von den in tangentialer Richtung sehr verbreiterten Secretgängen (vitiae) eingenommen werden, mit krystallführenden Zellen erfüllt denkt. Auch hier bilden diese Zellen mehrere Schichten. In den sonstigen Parenchymzellen endlich liegen Drusen nur mehr hie und da vereinzelt (Fig. 9). Demnach ist es klar, dass die Drusen nicht einen ge- schlossenen Ring um die Fruchthöhle bilden, wie Bartsch es angibt (vergl. oben S. 420), der Ring ist vielmehr an den Stellen, welche nach innen von den Gefässbündeln liegen, deutlich unterbrochen. Dadurch unterscheidet sich z. B. die Localisation der Krystalle bei Astrantia von der bei Sanicula. Um die Krystalllagerung bei Astrantia deutlich beobachten zu können, muss man Früchte nehmen, in denen die Zellen des Pericarps noch möglichst wenig obliterirt sind, d. h. also möglichst junge Früchte. Die späteren Stadien mit ausge- Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 435 wachsenem Endosperm zeigen alle Gewebetheile des Endocarps in radialer Richtung sehr stark comprimirt. Und nur in Folge dessen, dass nach innen von den Gefässbündeln keine Drusen- anhäufungen stattgefunden haben, ist ein so enger Anschluss des Gefässbündels und des Secretganges an das Endosperm möglich. Die folgenden Arten A. helleborifolia Salisb., A. intermedia M.Bieb., A. minor L. zeigen gleichfalls sehr zahlreiche Drusen; dieselben sind auch immer im Endocarp in ähnlicher Weise wie bei A. maior gehäuft. Auch sonst im Pericarp waren Drusen zu beobachten, doch kann über die Lagerung dort nichts Bestimmtes gesagt werden, weil mir nur sehr weit entwickelte Früchte dieser Species zur Verfügung standen. 16. (21.) Hacquetia Neck. — Die einzige Art H. Epipactis DC. besitzt die zahlreichen Calciumoxalatdrusen des Pericarps wieder in einer etwas verschiedenen Lagerung. Es ist hier nirgends zu einer bevorzugten Ansammlung gekommen, die Drusen liegen vielmehr ziemlich zahlreich in den Parenchym- zellen des ganzen Pericarps gleichmässig zerstreut. Nur hie und da liegen Gruppen von drei bis fünf Zellen beisammen, von denen jede eine Druse enthält (Fig. 4). 17. (22.) Sanicula L. — Fünf Arten wurden untersucht, S. europaeaL. und S. marylandica L. genauer. S. europaea (Fig. 5) hält bezüglich der Localisation der Krystalldrusen ungefähr die Mitte zwischen Astrantia und Eryngium. An der des Carpophors entbehrenden Commissur liegen die Drusen in ähnlicher Weise gehäuft wie bei Eryngium. Ausserdem sind ziemlich zahlreiche Drusen als ein endocarpaler hier geschlossener Kranz vorhanden; doch dominiren im Endocarp die Krystallzellen nicht allein, sie theilen sich viel- mehr in den Raum mit zahlreichen kleinen intercellularen Secretgängen. In den Parenchymzellen des übrigen Pericarps finden sich Drusen nur sehr vereinzelt. S. marylandica L. unterscheidet sich in der Lagerung der Krystalle von unserer einheimischen Art in zwei Punkten (Fig. 8). Statt des endocarpalen Kranzes finden wir einen huf- eisenförmigen Bogen, der von den commissuralen Gefäss- bündeln aus den dorsalen Theil der Theilfrucht umzieht; die Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 29 436 J. Rompel, krystallführenden Zellen sind auch nicht zwischen die kleinen Secretgänge des Endocarps eingelagert, sondern liegen ausser- halb derselben und zwar viel dichter beisammen. Sodann sind die Krystalldrusen sehr zahlreich in den Parenchymzellen der anderen Pericarptheile zerstreut, was natürlich sehr an Hacguetia erinnert. Die drei folgenden Arten wurden weniger genau unter- sucht. S. canadensis L. schliesst sich wie in den grossen Secret- gängen ausserhalb der Gefässbündel so auch in der Lagerung der sehr zahlreich vorhandenen Drusen nahe an S. marylandica an. — 5. crassicanlis Poepp. besitzt ebenfalls zahlreiche Drusen, hauptsächlich am Endocarp gelagert. — S. graveolens Poepp., bei De Candolle die Section Sanicoria bildend, verhält sich auch in Bezug auf die Drusen abweichend, dieselben treten gehäuft nur an der Commissur auf, hier aber in sehr grosser Zahl; im sonstigen Pericarp sind sie nur vereinzelt. 18. (24.) Actinotus Labill. — Die beiden untersuchten Species Actinotus Helianthi Labill. und A. minor DC. sind zwar dem Habitus nach verschieden, stimmen aber beide im Bau des Endocarps völlig überein, und zwar kehrt hier in vollständig typischer Ausbildung der Hydrocotyle- Typus wieder. Die Krystallschichte ist vorhanden und mit zahlreichen Krystallen besetzt; nach innen von ihr liegen mehrere mechanische Schichten, deren Zellen sich in der oben angegebenen Weise kreuzen. 19. (25.) Lagoecia L. — Die einzige Art L. cuminoides L.! Tribus IV. Echinophoreae. 20. (27.) Echinophora L. — E. spinosa L. besitzt wahr- scheinlich keine Krystalle im Pericarp, doch bin ich etwas zweifelhaft, ob nicht sehr kleine an der Commissur vorhanden sind. 21. (28.) Pycnocycla Lindl. — P. tomentosa Decaisne weist in sehr dünnwandigen Zellen, welche in der Nähe der Commissur liegen dürften, zahlreiche Krystalle auf; dieselben sind bei unreifen Früchten (nur solche standen mir zur Ver- 1 Besitzt also keine Krystalle im.Pericarp; vergl. den Text auf S. 425. later Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 437 fügung) sehr klein und enthalten dazu noch einen Kern von abweichender Lichtbrechung. Letzterer dürfte identisch sein mit dem aus Proteinstoffen bestehenden Kern vieler Drusen. Die Krystalle blieben der Form nach beim Glühen als Rückstand in der Asche; sie sind unlöslich in Essigsäure, geben bei Zusatz von verdünnter Schwefelsäure reichlich Gypsnadeln,! sind löslich (?) in Salzsäure, so dass immerhin Calciumoxalat als wahrscheinlich angenommen werden kann. An der weiteren Verfolgung der Frage hinderte mich der Mangel an geeigneten ° Früchten. Tribus V. Ammineae. Subtr. 1. Smyrnieae. 22. (29.) Physospermum Cuss. — Ph. actaeaefolium Presl. Ph. aquilegifolium Koch. 23. (80.) Molopospermum Koch. — Die einzige Species M. cicutarium DC. besitzt in mancherlei Hinsicht ein auffälliges Pericarp. Man vergleiche die Querschnittsbilder bei Reichen- bach? und das bessere bei Baillon.?” Am meisten überrascht, dass sich an der sehr verengten Commissur rings um den Carpophor ziemlich zahlreiche Krystalldrusen vorfinden. Ausser- dem finden sich die Drusen im übrigen Pericarp, wenn auch weniger häufig als um den Carpophor. Es sei kurz darauf hingewiesen, dass man die Krystalle um den Carpophor leicht übersehen kann, wenn man reife Früchte untersucht. Die äussersten Zelllagen an der Commissur lösen sich nach Trennung und Austrocknung der Theilfrüchte leicht los. 2A (82.) Eecokia DE. — L. eretica DC. 25. (393.) Hippomarathrum Link. — Hierher Schrenckia Fisch. et Mey. Untersucht Sch. fungosa Boiss. 1 Wenn auch nicht wahrscheinlich, so wäre es doch immerhin möglich, dass die Gypsbildung allein von dem Kalksalz (wahrscheinlich Calciumoxalat) ausging, welches sich in der Membran der Trichome der Frucht befindet; einige von diesen waren in meinem Präparat unversehens vorhanden gewesen. 2 Reichenbach, Icones Florae Germanicae, vol. XXI, tab. 169. 3 Baillon, Histoire des plantes, tome 7. 29I# 438 Jako mmpieil, 26. (34.) Conium L. — C. maculatum L. 27.(39.) Smyrnium L. — S. perfoliatum'L., S. OlusatrumL. 28. (42.) Erigenia Nutt. — E. bulbosa Nutt. Subtr. 2. Euammineae. 29. (43.) Hohenackeria Fisch. et Mey. — H. polyodon TOoSE 30. (44.) Bupleurum L. — B. fruticosum L., B. Gerardi Jacg., B. rotundifolium L., B. tennissimum L. 31. (45.) Heteromorpha Cham. et Schlecht. — H. arbo- rescens Cham. et Schlecht. besitzt im Pericarp Krystall- drusen. Dieselben sind in grösserer Zahl rings um den Carpo- phor und seitlich von demselben gelagert; vereinzelte Drusen finden sich im übrigen Parenchym des Pericarps. 32. (47.) Lichtensteinia Cham. et Schlecht. — Die vier von mir untersuchten Arten. Z. Jacera Cham. et Schlecht, Tr. beihana Beklau zeyh, Lpymelhrijoha Cham.erschleehr L. inebrians E. Mey besitzen sämmtlich Drusen im Peri- carp, doch theilen sie sich in Bezug auf Zahl und Lagerung der Krystalle in zwei Gruppen, welche Gruppen übrigens auch schon an den vegetativen Organen, besonders den Blättern äusserlich kenntlich sind. L. lacera und L. beiliana gehören zusammen. Hier sind die Drusen ungeheuer zahlreich. In Folge dessen treten sie fast an allen Stellen, welche von den grossen Secretgängen und den nach innen davon gelegenen Gefässbündeln frei gelassen sind, gehäuft auf, besonders fallen dadurch auf die Com- missur, wo die Lagerung fast vollständig die gleiche ist wie bei Sanicula und Eryngium, und die endocarpalen Gewebe- partien zwischen den Gefässbündeln, was besonders an Astrantia erinnert. Anderseits gehören L. pyrethrifolia und L. inebrians zu- sammen. Die Drusen treten hier in viel geringerer Zahl auf. Sie liegen hauptsächlich um den Carpophor, und zwar in über- wiegender Mehrzahl seitlich von demselben (an der Commissur). Nur ganz vereinzelt finden sich Drusen im übrigen Parenchym des Pericarps. Es ist dies übrigens nicht der einzige carpo- logische Unterschied der beiden Gruppen, da bei der zweiten Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 439 Gruppe nur valleculare Secretgänge vorhanden sind, von den »vittae intrajugales« aber selbst bei starker Vergrösserung keine Spur wahrzunehmen ist.‘ 33. (48.) Trinia Hoffm. — T. Kitaibeli M. Bieb, Tr. Hoff- manni M. Bieb,, Tr. vulgaris DC. 34. (49.) Apium L. — A. graveolens L., Helosciadium inundatum Koch: 30. (92.) Cicnuta L. — C. virosa L. 36. (53.) Ammi L. — A. majus L. 37. (94.) Pituranthos V iv. — Hierher Deverra aphylla DC. 38. (86.) Carum L. — C. Carvi L., Petroselinum sativum Hoffm., Ridolfia segetum Mor., Ptychotis ammoides Koch, Ptychotis heterophylla Koch. 39. (97.) Sison L. — S. Amomum L. 40. (59.) Falcaria Host. — F. Rivini Host., F. latifolia Koch. 41.(60.) Sium L.— S. lancifolium M.Bieb,., S. latifolium L., Berula angustifolia Koch. 42. (61.) Aegopodium L. — Ae. Podagraria L. 43. (62.) Pimpinella L. — P. Saxifraga L., P. rotundifolia M. Bieb., Lereschia Thomasii Boiss,? Reutera gracilis Boiss., Zizia integerrima DC., Bunium alpinum Waldst. et Kit. 44. (65.) Cryptotaenia DC. — ÜC. canadensis DC. Subtr. 3. Scandicineae. 45. (66.) Conopodium Koch. — Hierher die untersuchten Arten Sphallerocarpus Cyminum Bess., Butinia bumnioides Boiss., Scaligeria microcarpa DC. 1 Die untersuchten Früchte sind sämmtlich dem Herbar des hiesigen botanischen Institutes entnommen. Ich habe keinen Grund, an der Richtigkeit der Bestimmung zu zweifeln. Rhyticarpus ist im Herbar nicht vorhanden, wess- halb die Arten der zweiten Gruppe damit nicht verglichen werden konnten. 2 Diese Pflanze, von der ich sehr schöne Exemplare einsehen konnte, ist nach meiner Ansicht trotz der Umstellung neuerer Autoren dem Genus Crypto- laenia zuzurechnen. Cr. canadensis besitzt nicht fünf, sondern sieben Gefässbündel in jeder Theilfrucht; das ist am besten wahrzunehmen an halbreifen Früchten; wenn ich mich nicht sehr täusche, ist dasselbe bei Lereschia Thomasii der Fall; ich hatte indess hier nur völlig reife und trockene Früchte zur Verfügung, an welchen dies schwerer wahrzunehmen ist. 440 J. Rompel, 46. (68.) Osmorhiza Rafin. — Bei O. frigida Poepp.! habe ich einfache Krystalle an der Commissur und um den Carpo- phor deutlich wahrgenommen; die untersuchten Früchte waren sehr jung; die Lagerung der Krystalle erinnert sehr an die bei den folgenden Scandicineen. — Dagegen muss ich ©. brevi- stylis DC. bezüglich der Krystalle als zweifelhaft bezeichnen. 47. (69.) Myrrhis Scop. — M. odorata Scop. liefert zuerst in ausgesprochener Weise einen neuen Localisations- typus. Der Carpophor ist hier ausserordentlich mächtig ent- wickelt; seitlich von diesem hängen die Theilfrüchte noch eine kurze Strecke zusammen. Der Carpophor ist nun von dünn- wandigen Parenchymzellen umgeben und die Zellen der ersten Schichte führen je einen Krystall, so dass der Carpophor von einem seiner elliptischen Querschnittsform angepassten Kry- stallkranz umgeben ist. Seitlich vom Fruchtträger treffen die krystallführenden Zellen zusammen und gehen von da beider- seits in zwei bis drei Schichten durch die Commissur bis zur Epidermis. Ich habe stets nur einfache Krystalle, keine Drusen gesehen; an anderen Stellen des Pericarps fehlen die Krystalle gänzlich. 48. (70.) Oreomyrrhis Endl. — O. eriopoda Hook. 49. (71.) Chaerophyllum L. — Ch. aromaticum L., Ch. aureum L., Ch. bulbosum L., Ch. elegans Gaud., Ch. Held- reichii Orph., Ch. hirsutum L., Ch. macnlatum Willd., Ch. procumbens Crantz, Ch. Villarsii Koch, Physocanlus nodosus Tausch, also Vertreter aus allen drei von De Candolle im Prodromus aufgestellten Sectionen, wurden untersucht. Auch auf verschiedene geographische Verbreitung ist bei Auswahl des Materials Rücksicht genommen, ähnlich bei den folgenden Gattungen Scandix und Anthriscus. Alle untersuchten Arten von Chaerophyllum zeigen in fast übereinstimmender Weise zahlreiche Krystalle an der Com- missur, welche in gleicher Weise wie bei Myrrhis gelagert sind. Die Krystalle sind auch hier meist einfache Formen, sehr oft mit vorherrschendem Längsprisma. Einfachen Formen begegnet 1 Pflanze und Bezeichnung aus dem Herbar des botanischen Institutes in Prag. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 441 man namentlich in jugendlichen Fruchtstadien fast immer, nur hie und da sieht man schon kleine kreuzförmige Zwillinge ein- gelagert; letztere Erscheinung macht es begreiflich, wenn reife Früchte einiger Arten statt der einfachen Krystalle Krystall- gruppen zeigen; diese sind jedoch durchaus nicht mit den typischen radialstrahligen Drusen zu verwechseln, sie sind auch ganz anders gebaut und zeigen im polarisirten Licht ein anderes Verhalten. Da die Theilfrüchte bei Chaerophyllum längs der ganzen Commissur zusammenhängen, muss die Lagerung hier natür- lich insofern von der bei Myrrhis abweichen, dass die seitlich vom Carpophor liegenden krystallführenden zwei bis vier Zell- schichten längs der Commissur einen längeren Weg haben bis zur Epidermis als bei Myrrhis (Fig. 10). Bei Trennung der Theil- früchte vertheilen sich die Krystalle gleichmässig auf beide. Ein der Commissur paralleler Längsschnitt, der die obersten Zellschichten abhebt, weist im Mikroskop natürlich sehr zahl- reiche Krystalle auf. Biasolettia tuberosa Koch, von Bentham und Hooker hierher gestellt, zeigt ein ganz ähnliches Verhalten bezüglich der Krystalle. Nur entspricht die Commissur und in Folge dessen auch die Krystalllagerung seitlich vom Carpophor mehr den Verhältnissen bei Myrrhis. 0. (73.) Scandix L. — Sc. Aucheri Boiss., Sc. australis L., Sc. Balansae Reut., Sc. Pecten Veneris L., Sc. persica Mart., Sc. Pecten Veneris B brevirostris Boiss., Sc. pinnatifida V ent., also Vertreter der beiden Sectionen Pecten und Wylia wurden untersucht. Da die Commissur hier ungefähr von gleicher Breite ist wie bei Chaerophyllum, so kann man sagen, dass sich Scandix in Bezug auf Vorkommen und Localisation der Krystalle völlig an Chaerophyllum anschliesst (Fig. 7). Bei einigen Früchten habe ich auch den oberen Theil des Schnabels unter- sucht, ohne indess hier Krystalle zu finden. 51. (74.) Anthriscus Hoffm. — A. alpestris Wimm. et Grab. A. Cerefolium Hoffm., A. fumarioides Spr., A. glau- cescens ViS., A. nemorosa Spr., A. pachycarpa Kost.,! A. sil- ! Frucht mit Bezeichnung der Pflanze aus dem Herbar des botanischen Institutes zu Prag. 442 J. Rompel, vestris Hoffm., A. trichosperma R. et Sch. wurden untersucht. Alle besitzen einen Kranz von Krystallen um den Carpophor. Da die Commissur bei Anthriscus sehr eingeengt ist, so liegen seitlich vom Carpophor in der Commissur nur mehr wenige krystallführende Zellen (Fig. 11). Es bedarf bei ausgereiften Früchten bei manchen der genannten Arten besonderer Aufmerk- samkeit, um die Krystalle wahrzunehmen. Tribus VI. Seselineae. Subtr. 1. Euseseleae. 52. (77.) Athamanta L. — A. cretensis L., A. Matthioli Wulf. 53. (80.) Seseli L. — S. glaucum Jacg.; hierher Seselinia austriaca Beck. 54. (81.) Foeniculum Adans. — F. officinale All. 99. (83.) Kundmannia Scop. — K. sicula DC. Subtr. 3. Cachrydeae. 56. (87.) Magydaris Koch. — M. tomentosa Del. 57. (88.) Cachrys L. — (. crispa Pers. 58. (89.) Prangos Lindl. — Hierher Colladonia DC; C. tri- quetra DC. Subtr. 4 Oenantheae. 59. (93.) Oemanthe L. — Oe. pencedanifolia Poll., Oe. Phellandrium Lam. 60. (98.) Aethusa L. — Ae. CynapiumL. 61. (101.) Capnophyllum Gaertn. — Hierher Krubera Hoffm.; K. leptophylla Hoffm. 62. (102.) Stier Scop. — SS. trılobum, Scop. — Hierher Agasyllis Hoffm.; A. caucasica Spr. Subtr. 5. Schultzieae. 63. (105.) Schultzia Spr. — Sch. crinita Spr. 64. (107.) Silaus Bess. — S. pratensis Bess. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 443 Subtr. 6. Selineae. 65. (110.) Meum Jacq. — Die nach Bentham und Hooker einzige Species M. athamanticum Jacg. 66. (112.) Ligusticnm L. — Untersucht die hierhergestellten Meum Mutellina Gaertn., Haloscias scoticum Fries, Pachy- pleurum simplex Rchb. 67. (118.) Annesorhiza Cham. et Schlecht. — A. hirsuta Eckl. u. Zeyh. besitzt im Pericarp zahlreiche Krystalldrusen; dieselben scheinen an der Commissur und in den Thälchen der Frucht besonders gehäuft zu sein. | 68. (117.) Selinum L. — S. Carvifolia L. — Hieher Cnidium orientale Boiss. 69. (119.) Pleurospermum Hoffm. — P. austriacumHoffm,, P. uralense Hoffm. — Hierher Hladnikia golacensis Koch. Subtr. 7. Angeliceae. 70. (120.) Levisticum Koch. — L. officinale Koch. 71. (121.) Angelica L. — A. brachyradia Freyn, A. Razulii Gou., A. silvestris L. 72.(122.) Archangelica Hoffm. — A. atropurpurea Hoffm.,, A. litoralis Ag., A. officinalis Hoffm. Tribus VII. Peucedaneae. 73. (123.) Ferula L. — F. communis L., Ferulago silvatica Rchb. 74. (125.) Peucedanum L. — P. palustre Moench, P. rablense Koch. — Hierher Anethum graveolens L., Imperatoria Ostruthium L. Tommasinia purpurascens Boiss., Tommasinia verticillaris Bert., Pastinaca sativa L., Pastinaca opacaBernh,, Ormosolenia cretica Tausch. 79. (127.) Heracleum L. — H. amplissimum Wender., H. giganteum Fisch., A. ligusticifolinm M. Bieb., H. sibiricum L., A. Sphondylium L. 76. (134.) Tordylium L. — Hierher Synelcosciadium Carmeli Boiss., Hasselguistia cordata L. 444 J. Rompel, Tribus VIII. Caucalineae. ' 77. (138.) Coriandrum L. — €. sativum L., C. melphitense Ten, Guss, a 78. (139.) Bifora Hoffm. — B. testiculata DC. 79. (140.) Cuminum L. — C. Cyminum L. 80. (141.) Trepocarpus Nutt. — T. Aethusae Nutt. 81. (144.) Artedia L. — A. sguamata L. 82. (145.) Daucus L. — Bei D. aureus Destf., D. australis Poepp., D. brachiatus Sieb., D. Carota L., D. crinitus Dest., D. gummifer Lam. D. maritimns Lam. D. scaberrimus Tausch,!D. setifolius Desf., D. toriloides DC. konnte ich im Pericarp nirgends Krystalle beobachten. Von der Section Platyspermum? wurden untersucht D. mmuricatus L., D. pulcherrimus Koch, D. bessarabiens DC., D. laserpitoides DC., D. pubescens Koch. Hier waren sowohl in jungen als in ausgereiften Früchten deutlich Krystalle vor- handen bei D. pulcherrimus Koch und D. bessarabicus DC., bei den anderen konnten solche, obgleich ich die Früchte mehrerer Arten wiederholt untersuchte, nicht im geringsten con- statirt werden. Noch überraschender ist wohl, dass die Lagerung der Krystalle bei den zwei genannten Species vollständig die des Scandixtypus ist. Bezüglich D. pulcherrimus vergleiche man die Figuren 6 und 13 Cancalis orientalıis. Ferner gehört hierher die untersuchte Orlaya maritima Koch (ohne Krystalle). 83. (146.) Caucalis L. — C. dancoides L., C. mauritanica L., C. muricata Bisch. besitzen ebenfalls Krystalle im Pericarp, und zwar wiederum mit der Lagerung nach dem Scandix- typus (Fig. 12). In reifen Früchten treten die Krystalle bei manchen Formen häufig als zusammengesetzte verwachsene Aggregate auf. Hierher Torilis Spreng. Es wurden untersucht 7. africana Spreng., T. Anthriscus Gmel., T. divaricata Tausch, T. hel- 1 Pflanze mit dieser Bezeichnung aus dem Herbar des botanischen Insti- tutes zu Prag. 2 Vergl. De Candolle, Prodromus, IV, p. 210. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 445 vetica Gmel., T. heterophylla Guss, T. neglecta R. und S., T. nodosa Gaertn., T. fuberculata Spreng. Alle diese Arten besitzen an der Commissur grosse einfache Krystalle; die Lagerung ist wieder ganz der bei Scandix entsprechend. Hierher Turgenia Hoffm. — Turgenia latifolia Hoffm. verhält sich hinsichtlich der Krystalle ganz wie Torilis. Tribus IX. Laserpitieae. 84. (148.) Polylophium Boiss. — P. orientale Boiss. 85. (149.) Laserpitium L. — L. hispidum M. Bieb., L. lati- folium L., L. Siler L. 86. (151.) Thapsia L. — Thapsia garganica L., Melanoseli- num decipiens Hoffm. Die Zahl der untersuchten Gattungen hätte leicht vermehrt werden können bei denjenigen Tribus, welche wahrschein- lich überhaupt keine Vertreter mit krystallführendem Pericarp besitzen. Von denjenigen Tribus hingegen, die nach meinen Untersuchungen solche Krystalle vermuthen liessen, habe ich alle Gattungen, soweit sie mir zur Verfügung standen, unter- sucht. Wenn auch hier noch manche Gattungen, welche gerade eine Untersuchung recht wünschenswerth erscheinen lassen, ununtersucht blieben, so möge dies darin seine Entschuldigung finden, dass es mir trotz mehrfacher Bemühungen nicht gelang entsprechendes Untersuchungsmaterial davon zu erhalten. Noch habe ich zwei Genera hier anzufügen, welche in der obigen Reihe keinen Platz finden konnten, da sie den Araliaceen angehören, beziehungsweise zugezählt werden. 87. (9 der Araliaceae.) Astrotricha DC. — Es wurden untersucht A. floccosa DC., A. latifolia Benth., A. ledifolia DC. Fast reif waren die Früchte von A. latifolia. Dieselben haben ein Endocarp ganz nach dem Hydrocotyle-Typus. Innen liegen mehrere mechanische Schichten, bestehend aus langen Bastfasern; die Lage der Fasern zeigt ganz die Anordnung wie bei Hydrocotyle. Nach aussen von den Faserschichten liegt die krystallführende Zellschichte mit zahlreichen Krystallen. — Ganz ähnlich verhalten sich bezüglich Faserschichten und Krystalle die zwei anderen Arten, von denen Früchte nur in sehr jugendlichen Stadien untersucht werden konnten. 446 J. Rompel, 88. (35 der Araliaceae) Hedera L. — H. Helix L. besitzt im Endocarp ziemlich zahlreiche Kalkoxalatdrusen; sie sind besonders an jungen Fruchtstadien deutlich und in ihrer ursprünglichen Lagerung zu erkennen. In Parenchymzellen gelagert, umgeben sie kranzartig die einzelnen Fruchtfächer. III. Folgerungen aus den Beobachtungen. Fassen wir die Beobachtungen, welche Krystalle im Peri- carp nachgewiesen haben, nach Pflanzengruppen zusammen, soergebensichalskrystallführend die Hydrocoteylae, Mulineae, Saniculeae, Scandicineae, Caucalineae im Sinne, Kochiszdies GrupperderaEehiweophoreaesplenp: zweifelhaft; kKrystallführend sind sodann die Pericarpien mehrerer Gattungen, welche nach der zu Grunde gelegten systematischen Gruppirung sich in verschiedene andere Gruppen vertheilen, wie Molopospermum, Heteromorpha, Lichtensteinia, Annesorhiza. Als nicht krystallführend im Pericarp treten vor Allem hervor die grossen Gruppen der eigentlichen Ammi- neen, der Peueedameen, denSeselineentund-denPaser Pliftäilelemm® Wenn wir also, was das Auftreten von Krystallenin Pericarpien betrifft, den von Kraus! und Kohl? aufgeführten Familien die Umbelliferen und Araliaceen hinzufügen können, so ist es anderseits von Interesse zu constatiren, dass die Umbelliferen sich in diesem Punkt nicht gleich verhalten sondern in zwei grosse Gruppen gespalten sind. Was die Form der eingelagerten Krystalle angeht, so verhalten sich die Umbelliferen mit krystallführendem Pericarp wiederum nicht gleich, sie lassen sich vielmehr in solche mit einfachen Krystallen oder wenigstens nicht eigentliche Drusen besitzende und in solche mit eigentlichen Drusen unterscheiden. Auf die Drusen sei hier noch desshalb besonders auf- merksam gemacht, weil dieselben nach den Untersuchungen von Kraus! in den Pericarpien seltener sind als die einfachen 1 Kraus, Über den Bau trockener Pericarpien, Pringsheim’s Jahr- buch, V, S. 94. 2 Kohl, Kalksalze und Kieselsäure in der Pflanze. Marburg, 1889, S. 48. lerl Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 447 Formen. Wir haben bei den Umbelliferen zahlreiche Genera mit Drusen, bei den Araliaceen die allein untersuchte Gattung Hedera gleichfalls mit Drusen kennen gelernt. Was endlich die Localisation der Krystalle im Pericarp betrifft, so fanden sich in ausgeprägter Weise vor Allem drei Localisationstypen, welche durch ihre Häufigkeit und durch ihre Constanz innerhalb gewisser Gruppen unsere Aufmerksamkeit erregen mussten. Und gerade diese drei Localisationstypen der Krystalle geben uns noch eine Reihe von wichtigen Folgerungen an die Hand, Folgerungen, welche theils als sichere, theils als mehr weniger wahrscheinliche angesehen werden müssen, theils schliesslich nicht unwichtige Fingerzeige darbieten dürften für zukünftige Untersuchungen morphologisch -systematischer Natur über die in Frage stehende Pflanzengruppe. Ist man im Vorausgehenden darauf aufmerksam geworden, mit welcher Constanz innerhalb gewisser Gruppen der gleiche Localisationstypus gewahrt bleibt, so wird der folgende Satz kaum befremden. Es ist der Localisationstypus der KrystalleeinausgezeichnetesendomorphesMerkmal, dasımıt Vorsicht. und unter steter Berücksichtigung anderer exo- wie endomorpher Charaktere der ganzen Brlenize angewandt zum" mindesten orientiren, ja ın manchen zweifelhaften Fällen einfach ausschlag- Bepenıd sein dürfte über die Gruppenstellung einer Umbellifere. Ich sage Gruppenstellung, denn zu einer Ab- srenzung der Gattungen von einander können die Krystalle kaum, zur Abgrenzung von Sectionen und Arten überhaupt nicht in Betracht kommen. Bevor wir weiter eindringen, dürfte es rathsam sein, wenigstens mit einigen Worten auf die Ansichten einzugehen, welche bezüglich der Verwerthung der Kalkoxalatkrystalle für die Systematik in der jüngsten Zeit ausgesprochen wurden. Kohl! sagt: »Es ist in neuerer Zeit häufig? das Calcium- oxalat systematisch verwerthet worden und bis zu einer ION ATATO. Sıl95. 2 Vergl. die Citate bei Kohl, a. a. O. S. 195. 448 J. Rompel, gewissen Grenze darf man es wohlals zuverlässiges anatomisches Merkmal betrachten.« Weiterhin mahnt er mit Recht, den oxalsauren Kalk nur mit grosser Vorsicht in dieser Hinsicht zu verwerthen. Das Urtheil, welches E. Gilg! neuerdings über die Ver- werthung von Krystallbildungen in der Pflanze für die Syste- matik aussprach, ist anscheinend einer derartigen Verwerthung ziemlich ungünstig. Doch bei genauerem Studium dürfte man die Ausführungen dieses Forschers als durchaus berechtigt anerkennen müssen, die ja nur gegen eine einseitige und in Folge dessen schon verurtheilte Hochschätzung der sogenannten »anatomischen Methode« in der Systematik gerichtet sind. Was speciell die Krystallfrage angeht, so wendet sich Gilg vor Allem gegen van Tieghem, welcher in seiner Be- arbeitung der 'Thymelaeaceen besonderes Gewicht auf Vor- handensein oder Fehlen von Krystallen, sowie auf die Form der Krystalle gelegt hatte. Die durchaus berechtigten Ausstellungen Gilg’s in dieser Beziehung werden aber schon desshalb sich nicht einfach auf die Umbelliferen übertragen lassen, weil der endomorphe Charakter, welcher hier ver- werthet ist, vor Allem in der Localisation der Krystalle zu suchen ist, und weil ferner die Verwerthung eine solche sein wird, welche nicht mit Vernachlässigung der sonstigen morphologischen Charaktere, sondern unter Steter Heranziehung derselben vorgenommen wird. Jeder unbefangen urtheilende Forscher findet es heute selbstverständlich, dass ein morphologisches Merkmal nicht systematischen Werth besitzt, weiles endomorphen, beziehungs- weise exomorphen Charakters ist; weil vielmehr ein morpho- logisches Merkmal sich nach genauer Prüfung als ein solches von systematischem Werth erwiesen hat, ist es zu gebrauchen, sei es nun ein exomorphes oder ein endomorphes. Denn wenn auch die Anordnung der Pflanzen nach dem natürlichen System möglichst alle morphologischen Momente einer Pflanze berücksichtigen soll, so wird man bei der Untersuchung 1 E. Gilg, Studien über die Verwandtschaftsverhältnisse der Thyme- laeales und über die »anatomische Methode. Engler’s Bot. Jahrb., Bd. XVIII, H. 5, 1894. Dich Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 449 schwerlich vorankommen, wenn man nicht den einen oder anderen morphologischen Charakter als leitenden heraus- greifen und überall hin verfolgen kann. Dieser muss natürlich die nöthige Constanz zeigen, und die anderen morphologischen Verhältnisse müssen -sich dann als mit ihm im Einklang stehend herausstellen, dürfen ihm zum mindesten nicht wider- sprechen. Nach dem Gesagten dürfte es zur Genüge klar sein, dass einseitige Verwerthung von endomorphen Verhältnissen mir völlig ferne liegt. Kommen wir jetzt auf das System der Umbelliferen selbst. »Systema Umbelliferarum me iudice longe recedit a per- fectione«, diese Worte, welche den Text des Umbelliferen- bandes der Reichenbach’schen Icones Florae Germanicae eröffnen, halte ich auch jetzt noch für vollauf berechtigt, nach der Überzeugung, welche ich einerseits aus fast durch sechs Monate fortgesetzten anatomischen Studien der Früchte, ander- seits durch vergleichende Betrachtung der Classificationsver- suche neuerer Autoren! gewonnen habe. Ohne Zweifel gibt es in der Familie Gruppen, welche im morphologischen Aufbau mancher Organe so convergiren, dass sie scheinbar einander recht nahe stehen und desshalb im System leicht fälschlich mit einander in Verbindung gebracht werden. Dass derartige Con- versenzen bei einer an Arten so reichen Familie, welche sich aber in ihrem morphologischen Aufbau nur in verhältniss- mässig engen Grenzen bewegt, vorhanden sind, dürfte nicht besonders auffällig sein. 1 Hier seien die systematischen Werke aufgezählt, welche in der Folge verschiedentlich heranzuziehen sind. Wird demnach ein Autor genannt, ohne beigegebene Anmerkung, so ist das an dieser Stelle citirte Werk zu verstehen. De Candolle, Prodromus systematis naturalis, pars IV. Endlicher, Genera Plantarum. Reichenbach, Icones Florae Germanicae, vol. XXI. Bentham et Hooker, Genera plantarum, vol. I, pars III. Nyman, Conspectus Florae europaeae, nebst erschienenen Supplementen. Baillon, Histoire des plantes, tome VII. Parlatore-Caruel, Flora italiana, vol. VII. Warming, Handbuch der systematischen Botanik. Deutsche Ausgabe von E. Knoblauch. Berlin, 1890. Engler, Syllabus. Grosse Ausgabe. Berlin, 1892. 450 J. Rompel, Dass die Classifieirung der Umbelliferen noch keine voll- kommenere ist, liegt vor Allem an der einseitigen Benützung gewisser meist exomorpher Merkmale und auf deren Homo- logisirung, wenn sie vorhanden waren. Die Involucralver- bältnisıse, dievRippendenrEruehr, diem Anode ihrer Compression, das Vittensystem, die Endosperm- verhältnisse an der Fugenseite werden immer wichtige Charaktere liefern zur Aufstellung und Abgrenzung theils von Gruppen, theils von Gattungen, doch würde es der Wirklichkeit nicht entsprechen z. B. zu behaupten, dass alle Umbelliferen mit dorsaler Compression der Frucht eine natürliche Gruppe bilden, dass alle mit Nebenrippen versehenen Früchte oder alle mit je einem vallecularen Secretgang, oder alle ein gefurchtes Endosperm besitzenden Früchte Pflanzen angehören müssen, welche je eine natürliche, zusammen- gehörige Abtheilung in der Familie ausmachen. Der Verall- gemeinerung dieser Merkmale sind dieselben Schranken gesetzt wie der der anatomischen Merkmale, und diese Verallgemeine- rung hätte gewiss nicht in dem Masse, wie es geschehen ist, stattgefunden, wenn man für die Systematik der Umbelliferen die anatomischen Merkmale wenigstens etwas mehr heran- gezogen hätte. Bevor ich die drei Localisationstypen im einzelnen ge- nauer behandle, dürfte es gut sein, als für dieselben gemein- schaftlich giltig, noch folgende Sätze auszusprechen. Das Vorhandensein von Krystallen, und zwar in der einem der.Nypen zukommendensPaserumezisut andre 70er hörigkeit einer Pflanze zu einer bestimmten Gruppe ein entscheidenderes Merkmal als der negative Be- fund, d.h. völlige Abwesenheit von Krystallbildungen run die, Niieht- zu gehen ikei is zus dieser Grupp esse AnwesenheitvonKrystallen genügt einvöllig anderer Localisationstypus, welcher mit dem bei einer natürlichen Gruppe von Pflanzen auftretenden Typus nicht durch Über- gänge verbunden ist, um eine Pflanze aus dieser natürlichen Gruppe auszuscheiden. Auf Einzelheiten ist diesbezüglich getrennt einzugehen, -da die Localisationstypen wohl an Werth selbst ungleich sind Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 451 und in Folge dessen auch Folgerungen von ungleichem Werthe geben müssen. a) Der Hydrocotyle-Typus. Den ersten Localisationstypus des Calciumoxalats im Peri- carp der Umbelliferenfrucht bezeichne ich nach dem Genus Hydrocotyle. Die Benennung könnte, soweit die Sache dabei in Frage kommt, in gleicher Weise nach irgend einer anderen Gattung der Hydrocotyleae und Mulineae vorgenommen werden, denn in allen ist die Ausbildung die gleich typische. Von den untersuchten Genera weisen dreizehn diesen Typus auf, und zwar von diesen dreizehn Gattungen sämmtliche vierund- dreissig untersuchte Arten. Der Typus charakterisirt sich kurz dadurch, dass das Endocarp innen in der Regel zwei bis vier Lagen sehr langgestreckter Bastzellen aufweist, denen sich aussen ein die ganze Fruchthöhle umschliessender Krystall- panzer anschliesst. In dem letzten Satz werden zwei Momente als von Wichtig- keit für den vorliegenden Typus hervorgehoben, die innere Klaus chichte und die aussere Krystallschichte, und ich betone, dass auf beide Gewicht zu legen ist. Die augenscheinlich nahen verwandtschaftlichen Bezie- hungen, in welchen die Gattungen der Hydrocotyleae und der Mulineae je unter sich stehen, lassen mit ziemlicher Sicherheit erwarten, dass auch die wenigen von mir nicht untersuchten Gattungen dieser beiden Tribus denselben Bau des Endocarps, d. h. Hartschichte und Krystallschichte besitzen, wenn diese Gattungen jetzt wirklich bereits die ihnen zukommende Stelle im System einnehmen. Dass die nicht untersuchten Gattungen den untersuchten zum Theile wenigstens sehr nahe stehen, dafür sprechen z. B. die Bemerkungen, welche diesen Gattungen in den »Genera plantarum« von Bentham und Hooker beige- fügt sind. So heisst es bei Micropleura Lag., dass dieses Genus sich von Hydrocotyle, Section Centella (wohin die unter- suchte FH. triloba gehört) »vix nisi umbella composita« unter- scheidet; bei Domeykoa Philippi, heisst es »Bowlesiae affine«; bei Diposis DC. »fructus fere Mulini« u. s. w. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 30 452 I Komm @ll, Es kann also mit Recht der angeführte Bau des Endocarps als ein den beiden Tribus constant zukommender anatomischer Charakter bezeichnet werden. Nun wird die Frage auftreten: ist dieser übereinstimmende anatomische Charakter einfach eine Parallelerscheinung ohne innere Beziehung der beiden Tribus zu einander, oder wird uns durch denselben die vor- handene systematische Verbindung der beiden Gruppen wirklich mit der grössten Deutlichkeit ausgesprochen? Man wird sich sicherlich für das letztere und demnach füreine Zusammen- fassume dern "bleidenl "Tr ibusuin Kemer entschikessch müssen. Es lassen sich, wie das bis in die neueste Zeit üblich ist, die Hydrocotyleae und die Mulineae nicht als. zwei parallele Gruppen auffassen, welchen man als dritte Gruppe die Saniculeae coordinirt. Tribus I und II besitzen einen gemeinsamen, sie verbindenden Charakter; was sieaber unter Sich vmenbimders dasıtmenmesie von denssantenmle en: Eine Vergleichung der übrigen morphologischen Merkmale und des Gesammthabitus der in Betracht kommenden Pflanzen rechtfertigt durchaus die vorgeschlagene Zusammenfassung. Es’ ist dies schon zur Genüge daraus ersichtlien dasszdie Grenze zwischen Hydrocotyleae und Mulineae stets eine sehr schwankende war. So stehen bei De Candolle Bowilesia unter den Hydrocotyleen und Pozoa bei den Mulineen, ebenso bei Endlicher, während bei Bentham und Hooker umgekehrt Pozoa unter Tribus I, Bowlesia unter Tribus Il steht; letzteres erhält aber die Bemerkung »genus inter Aydrocotylineas et Mulineas ambiguum.« Baillon hält die beiden Tribus so wenig auseinander, dass er Azorella, Apleura, Spananthe, d.h. Genera, welche sich nach Bentham und Hooker auf beide Tribus vertheilen, zu einem Genus vereinigt. Wir sehen übrigens hier deutlich den geringen Werth des Compressionsmodus der Frucht für die scharfe Abgrenzung von Gruppen, und zwar gerade hier, weil in Bowlesia und anderen Gattungen Über- gänge vorhanden sind, welche das eine Extrem der Compression mit dem anderen verbinden. Als Bezeichnung für die in dieser Weise geschaffene erste Tribus der Umbelliferen schlage ich vor Aydro- Mulineae, denNamen in abgekürzter Weise von den Gattungen mit den zwei Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 4583 extremen Fruchtformen hernehmend. Ob diese Gruppe in zwei, etwa den bisherigen Tribus entsprechende Unterabtheilungen zu zerlegen sei, ist meiner Ansicht nach eine müssige und bedeutungslose Frage, die viel von dem subjectiven Ermessen des einzelnen Systematikers abhangen wird. Will man übrigens eine weitere Theilung nach der Compression der Frucht vor- nehmen, so halte ich eine Dreitheilung (Aydrocotyleae, Bow- lesieae, Mulineae) für am meisten consequent. Eine Schwierigkeit, welche der vorgenommenen Zusam- menfassung mit den Worten Marloth’s! gemacht werden könnte, halte ich nicht für bedeutend. Wenn Marloth bemerkt, dass der anatomische Bau der Samenschale für die Systematik nur von untergeordneter Bedeutung sei, dabei unter Samen- schale das Pericarp der Umbelliferenfrüchte mit einschliessend, so ist das eben doch nur eine Behauptung ohne Beweis, und es lässt sich gegen dieselbe, in dieser Allgemeinheit auf- gestellt, zum mindesten dasselbe einwenden, wie gegen den allgemeinen Satz: »Der Bau des Endocarps ist für die Syste- matik von höchster Bedeutung«, den ich etwa auf Grund meiner Beobachtungen aufstellen wollte. Beide Sätze können ihre Richtigkeit haben in Specialfällen; dass sie dieselbe haben, ist für die einzelnen Fälle zu beweisen; dass’ aber mein Satz im vorliegenden Fall thatsächlich zutrifft, glaube ich zur Genüge bewiesen zu haben. Bevor ich auf die genauere Abgrenzung der Tribus der Hydro-Mulineae gegenüber anderen Gruppen eingehe, dürften die folgenden Fragen und ihre Beantwortung zur Klärung der Verhältnisse beitragen. Es liegt zunächst die Frage sehr nahe, wird also jede Umbellifere, welche im Endocarp in besagter Weise die Krystallschichte und die Hartschichte besitzt, den Hydro-Mulineae zuzuzählen sein. Ich antworte, nach meiner Ansicht hat man die übrigen morphologischen Charaktere der Pflanze zu prüfen; sprechen diese nicht mit voller Bestimmt- heit dagegen, was im vorliegenden Fall kaum je eintreten dürfte, so ist die Pflanze den Hydro-Mulineae beizuzählen. In ! Marloth, Über mechanische Schutzmittel der Samen u. s. w. Dis- sertation, Leipzig, 1883. 30° 454 J. Rompel, diesem Fall vergleiche ich den Bau des Endocarps etwa dem Leitfossil des Geologen; wie dieses, in seiner ursprünglichen Lagerung angetroffen, den Forscher oft schneller und einfacher über die relativen Altersverhältnisse der Schichten aufklärt als petrographische und andere Verhältnisse, so wird das Endo- carp noch die Zugehörigkeit zu den Hydro-Mulineae erweisen, wenn andere morphologische Charaktere im Stiche lassen. Aber würde eine Umbellifere, welche die gleichen mecha- nischen Schichten im Endocarp besitzt, aber des angelagerten 'Krystallpanzers entbehrt, hieher zu stellen sein? Es scheint ja immerhin nicht unmöglich, dass es in der Natur thatsächlich hiehergehörige Pflanzen gibt, bei welchen es vielleicht äusserer Verhältnisse halber nicht mehr zur Bildung und Ablagerung der Kalkoxalatkrystalle kommt. Wahrscheinlichkeit scheint mir freilich diese Annahme nur sehr wenig zu haben, zumal da ein Mangel an Ca im Boden kaum in Betracht kommen kann, da ferner die Krystalle im Pericarp früher angelegt werden als die Drusen in den Aleuronkörnern des Endosperms. Gegebenen Falls wären übrigens die sonstigen morphologischen Verhält- nisse sehr eingehend zu prüfen, besonders Merkmale zu suchen, welche positiv für eine Zugehörigkeit zu den Aydro-Mulineae sprächen. Ziehen wir schliesslich noch in Betracht, ob eine Pflanze, welche im Endocarp weder Krystalle, noch die mechanischen Schichten dem Hydrocotyle-Typus entsprechend aufweist, zu den Aydro-Mulineae gehören könne. Bei einer solchen Be- schaffenheit des Endocarps halte ich eine Zugehörigkeit zu den Hydro-Mulineae nicht mehr für möglich. Nach einer so völligen Änderung des Endocarps dürften auch andere Organe immer entsprechende Differenzen aufweisen, welche eine Aus- scheidung aus der Tribus berechtigt erscheinen lassen. Suchen wir nun im Hinblick auf die vorausgehenden Sätze die Zugehörigkeit, beziehungsweise Nichtzugehörigkeit zu den Hydro-Mulineae für einige Gattungen festzustellen. Das Genus Erigenia Nutt. ist bei De Candolle und Endlicher unter die Aydrocotyleae gestellt und wurde noch früher sogar dem Genus Hydrocotyle selbst zugezählt. Bent- ham und Hooker stellen hingegen Erigenia zu den Smyr- Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 459 nieae, Baillon weist ihm ungefähr die gleiche Stellung zu. Wir haben im II. Abschnitt gefunden (Nr. 28), dass Erigenia keine Krystalle im Pericarp besitzt; diese Gattung weist über- haupt nicht den Hydrocotyle-Typus im Bau des Endocarps auf. So hatten denn die neueren Autoren jedenfalls Recht, dieses Genus aus der Tribus der Aiydrocotyleae auszuscheiden. Die älteren Autoren waren gewiss hauptsächlich durch die sehr starke laterale Compression der Frucht veranlasst worden, diese nordamerikanische Pflanze den Hydrocotyleen einzuverleiben. Umgekehrt finden wir, dass die Gattung Permas bei De Candolle und Endlicher unter den Smyrnieae steht, während Bentham und Hooker und ebenso Baillon die- selbe aus dieser Gruppe ausscheiden und in. die Nähe von Mulinum stellen. Die an drei Species von mir vorgenommene Untersuchung und die Befunde am Endocarp bezüglich der Krystallschichte und der Hartschichte bestätigen durchaus die Zugehörigkeit von Hermas zu den Hydro-Mulineae (vergl. Del): Das Genus Actinotus hat bis jetzt meines Wissens noch nirgends seine richtige Stellung erhalten. Bei De Candolle und Endlicher eröffnet es die Reihe der Sanicnleae, diese Stellung kommt der richtigen am nächsten; bei Bentham und Hooker, ebenso bei Baillon steht es ungefähr am Ende dieser Tribus. Für die letztere Stellung ist hauptsächlich mass- gebend gewesen das »ovarium I-loculare, l-ovulatum«, ein Charakter, der den drei Gattungen Actinotus Labill.,, Lagoecia L., Petagnia Guss. gemeinschaftlich zukommt, aber nach genauer Prüfung nicht zu einer Zusammenstellung berechtigt. Die zwei untersuchten Arten von Actinotus (vergl. Nr. 18) besitzen im Endocarp Krystallschichte und Hartschichte, also vollständig den Hydrocotyle-Typus. Es ist also diese Gattung aus der Reihe der Sanicnleae auszuscheiden und unter die Hoydro-Mulineae zu stellen. Einer solchen Änderung wider- sprechen die exomorphen Charaktere der Gattung durchaus nicht. Die Inflorescenz kann natürlich gar nicht in Frage kommen; die langen, ruthen- bis baumförmigen Trichome., welche die ganze Frucht von Actinotus Helianthi einhüllen, 456 J. Rompel, erinnern höchstens äusserlich an die Emergenzen der Sani- enla-Frucht; die Laubblätter derselben Art erinnern in der Form z.B. sehr an die von Didiscus caeruleus. Bezüglich Klotzschia Cham. dürfte eine Untersuchung des Endocarps jedenfalls auch die Entscheidung über die Stellung im System bringen. Diese Gattung gehört nach End- licher, ferner nach Bentham und Hooker zu den Sani- culeae, von Baillon aber wird sie ganz in die Nähe von zorella und Mulinum gestellt mit der Bemerkung: »Genus Azorellis et Micropleuro perquam affine«. Das Auffinden der Krystallschichte würde alle Zweifel beheben. Zu empfehlen wäre auch eine Untersuchung der Peri- carpien von Apleura Philippi und Laretia Gill. Die beiden Gattungen scheinen, nach den Beschreibungen zu schliessen, manche besondere Charaktere aufzuweisen, und es wäre dem- nach von Interesse zu prüfen, ob ihnen der Hydrocotyle-Typus des Endocarps zukommt. Schliesslich müssen noch einige Gattungen erwähnt wer- den, von denen es zweifelhaft ist, ob sie den Umbelliferen oder den Araliaceen angehören. Bentham und Hooker sagen:! Astrotricha DC., Horsfieldia R. Br., Myodocarpus Brongn. et Gries., et Delarbrea Vieill. genera a plerisque inter Umbelli- feras recepta, nobis videntur ob habitum et fructus potius ad Araliaceas referenda«. Die beiden erstgenannten Genera finden wir bei De Candolle und Endlicher in der That den Aydro- cotyleae, beziehungsweise den Saniculeae eingefügt; doch die späteren Autoren schliessen sich alle an Bentham und Hooker an, und so finden wir alle vier erwähnten Gattungen bei Bentham und Hooker, bei Baillon, bei Harms unter den Araliaceen. Während Harms unter den Araliaceen ausser den drei letztgenannten Gattungen noch dem Genus Mackin- laya einen Anschluss an die Umbelliferae zuerkennt, scheint er Astrotricha von den Umbelliferae für völlig getrennt zu halten. 1 2 Harms, Araliaceae in Engler-Prantl, Die nat. Pflanzenfamilien, Th. III, Abth. 8, S. 23 u. folg. — Vergl. besonders die graphische Darstellung in der Tabelle auf S. 23. BR: Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 457 Von all den genannten Gattungen war es mir nur mög- lich Astrotricha zu untersuchen (vergl. Nr. 87). Meine Unter- suchungen an drei Arten kamen in Folge des mit Zydrocotyle in Hartschichte und Krystallschichte durchaus übereinstim- menden Endocarps zu dem Schlusse, dass die Stellung, welche Astrotricha bei De Candolle und Endlicher einnimmt, die richtige ist, d. h. dass Astrotricha zur Tribus der Hydro- Mulineae gehört. Es ist kaum zweifelhaft, dass noch andere jetzt zu den Araliaceae gestellte Gattungen mit den Aydro-Mulineae enger verknüpft sind als die Aydro-Mulineae mit den anderen Tribus Benz Umibelliteren. Von Interesse diesbezüglich ist noch die Bemerkung bei Bentham und Hooker:! »Apleura Philippi, genus Umbelliferarum, Araliaceis accedere videtur fructu ex auctore drupaceo; habitus et characteres caeteri omnino Azo- rellae. — Hydrocotylearıum genera nonnulla nunc fructu nunc petalorum aestivatione Panaceis accedunt, sed habitus et cae- tera omnia Umbelliferarume. Bes waberısiecher dass mich, alle Anallaeeen sichten ae Bezilehune \sllelcharntie verhalten. Die einzige Gattung, welche untersucht wurde, Hedera (vergl. Nr. 88), genügt, um dieses darzuthun. Demnach ist der besagten Übereinstimmung nicht dadurch zur Genüge in der Systematik Rechnung getragen, wie man etwa meinen könnte, dass man mit Baillon sämmtliche Aralia- ceen als Tribus der Umbelliferen der Tribus der Hydrocotyleae (beziehungsweise Heterosciadiae) folgen lässt. — Es dürfte sich vielmehr lohnen, die Araliaceen auf den Bau des Endo- carps näher zu untersuchen; auf diesem Wege wäre es mög- lich, für einen Theil derselben vielleicht einen Anschluss an die Hydro-Mulineae zu erhalten, für den anderen Theil sich zu überzeugen, dass dieser Anschluss nicht statt hat. b) Der Sanicula-Typus. Der zweite Localisationstypus der Krystalle, welchen ich der bisherigen Tribus entsprechend als Sanicula-Typus L-V.e.15,.935% 458 J. Rompel, bezeichne, zeigt nicht dieselbe strenge Einheitlichkeit wie der erste. Strenge Einheitlichkeit herrscht allerdings in der Form der Krystallbildungen, es ist stets die Drusenform. In Bezug auf die Lagerung herrscht Übereinstimmung insoweit, dass bei allen dem Typus folgenden Pflanzen in den Parenchymzellen des ganzen Pericarps Krystalle vorkommen können. Weiterhin zeigt sich Übereinstimmung darin, dass locale Drusenansamm- lungen die Regel bilden, mögen diese nun an der Commissur oder im Endocarp oder in beiden statt haben. Von den unter- suchten Genera weisen zunächst fünf unzweifelhaft diesen Typus auf; er war in den fünfzehn untersuchten Arten stets deutlich zu erkennen. Da nun die Gruppe der Saniculeae, soweit wenigstens die fünf den Typus zeigenden Gattungen in Frage kommen — Eryngium, Alepidea, Astrantia, Hacguetia, Sanicnla — in Folge ihrer sonstigen Charaktere schon als eine durchaus natürliche zu betrachten ist, erscheint das Krystallmerkmal für die Zusammenfassung dieser fünf Gattungen weniger werth- voll. Aber das Vorhandensein der Drusen und die Beschaffen- heit des Endocarps sind desshalb von Werth, weil durch sie die Gruppe der Sanicnleae äusserst scharf von der der Hydro- Mnlineae geschieden wird. Zudem wird das Vorhandensein von Drusen im Pericarp immer wenigstens ein willkommener Fingerzeig sein und zur Prüfung anregen, ob in diesem Fall eine Gattung sich nicht mit den Sanicnleae in Verbindung bringen lässt, wie umgekehrt das gänzliche Fehlen der Drusen zum genauen Nachforschen bestimmen muss, ob die anderen morphologischen Charaktere wirklich derartige sind, dass sie einen Anschluss an die Sanicnleae rechtfertigen. Im Hinblick auf diesen Satz sind die folgenden Erörte- rungen beigefügt und desshalb auch danach zu beurtheilen. Bentham und Hooker führen zehn Gattungen unter den Sanicnleae auf. Fünf davon haben wir bereits besprochen; von den fünf andern sind zwei bereits unter dem Hydrocotyle- Typus behandelt, wo wir fanden, dass Actinofus sicher, Klotzschia wahrscheinlich zu den Hydro-Mulineae gehört. Von den drei noch übrig bleibenden Gattungen wurden Arctopus und Lagoecia untersucht; dieselben dürften ähnlich wie auch Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 459 die nicht untersuchte Pelagnia der Tribus der Sanicnleae nicht angehören. Arctopus findet sich bei De Candolle und Endlicher unter den Smyrneae, bei Bentham und Hooker und bei Baillon unter den Sanicnleae. Baillon findet diese Gattung Astrantia und Eryngium nahestehend, er benützt zugleich das »carpellum alterum saepius sterile«, um mittelst Arctopus die drei Gattungen Actinotus, Lagoecia, Petagnia den Saniculeae anzufügen. »Le plus souvent«, sagt er, »l’une des deux loges avorte et demeure sterile rudimentaire; par la ce genre sert d’intermediaire aux types, qui precedent et aux trois suivants, dans lesquels iln’y a qu’une cavite carpellaire a l’äge adulte. Pupart ce charactere commun, ceux-ei sont dailleurs er ser dinerents Kunde lauitne pourieonstituerchaeun une sousserie particuliere«.! Bezüglich Arctopus finde ich eine Übereinstimmung mit Astrantia und Eryngium, welche dieselbe Tribus nöthig machte, nicht, vor Allem weicht die Gattung in allen exo- und endo- morphen Charakteren der Frucht vollständig ab, so dass ich dieselbe den Saniculeae nicht einreihe. Für die Stellung von Lagoecia und Petagnia sind die obigen Worte eines Systematikers wie Baillon werthvoll. Noch deutlicher spricht sich für die völlig isolirte Stellung dieser zwei Gattungen Caruel aus. | Was Lagoecia angeht, so sprechen in der That alle Chararaktere der Frucht dafür, dass diese Gattung den Sani- cnleae in keiner Weise angehört. Dafür spricht die vollständige Abwesenheit von Drusen im Pericarp, dafür sprechen die schon bei Caruel erwähnten und neuerdings von A. Meyer? für das fertile Fruchtfach in der Zahl vier angegebenen und abge- bildeten »vittae valleculares«, dafür spricht das sehr dünne Pericarp. — Die »vittae« finde auch ich, und zwar als longi- tudinal sehr kurze, aber tangential sehr breite Intercellular- räume, eine Ausbildung, welche in keiner Beziehung bei 1en22 025.100. 2 A. Meyer, Über die Entstehung der Scheidewände in dem secret- führenden, plasmafreien Intercellularraume der Vittae der Umbelliferen. Bot. Ztge. Nr. 23, 1889. 460 J. Rompel, den Saniculeae etwas Analoges hat. Die Art dieser Secret- gänge, ferner der Bau des Pericarps erinnern meiner Meinung nach sehr an die eigentlichen Ammineen. Doch wohin immer auch ZLagoecia gehören mag, jedenfalls sagt Nyman mit Recht: »Genus hocce a caeteris Saniculeis habitu et notis variis valde abhorret« und desshalb dürfte Lagoecia selbst als Anhang zu den Sanicnleae kaum zu rechtfertigen sein. Die ebenso allein stehende Gattung Petagnia habe ich nicht untersuchen können. Die obigen Worte Baillon’s mögen auch hier ergänzt werden durch die Nyman’s, der sagt: »genus valde singulare constituens« und später: »Petagnia quoad characteres genericos typum praebet valde singularem; quare Caruel pro ea tribum propriam constituit«. Es dürfte also Tribus II der Umbelliferen von den zehn bei Bentham und Hooker aufgeführten Gattungen schliess- lich nur fünf behalten. Es fragt sich aber anderseits, ob die Tribus nicht eine Vermehrung erhält oder ob wenigstens nicht gewisse Formen sich ihr mehr weniger anschliessen. Ein Anschluss an die Aydro-Mnlineae ist, wie dargethan, nicht vorhanden. Dagegen muss es nach den Ergebnissen der Unter- suchungen im ll. Abschnitt zum mindesten als offene Frage bezeichnet werden, ob durch Eryngium und Alepidea nicht manche südafrikanische Gattungen, welche bisher an ver- schiedenen Stellen untergebracht wurden, sich an die Sani- culeae anschliessen. Nur mit einigen Worten will ich auf diese Frage eingehen, zur gründlichen Behandlung derselben ging mir das nöthige Untersuchungsmaterial ab. Nach meinen Unter- suchungen kommen zunächst in Frage Lichtensteinia, Hetero- morpha, Annesorhiza (Glia). Annesorhiza, welche von Bent- ham und Hooker im System weit von Lichtensteinia entfernt wird, dürfte dieser Gattung doch ziemlich nahe stehen; es findet sich z.B. für Lichtensteinia inebrians das Synonym Glia gummifera. Die genannten Gattungen besitzen nun sämmt- lich Krystalldrusen im Pericarp; die Localisation der Drusen erinnert oft sehr an die bei den Sanicnleae. Bereits ein Hin- weis auf diese mögliche Zusammengehörigkeit findet sich bei Bentham und Hooker in den Worten: »Genus (Lichten- steinia) vittis Saniculeis accedit«. Wenn man nun auch bezüg- Bee Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 461 lich der Verwerthung der »vittae« für die Systematik mit der Zeit zurückhaltender geworden ist als früher, so bilden die- selben doch immerhin ein Moment, welches in Verbindung mit anderen Charakteren zu beachten ist. Endlich finde ich, soweit die mir vorliegenden Pflanzen zu einem solchen Ausspruch berechtigen können, dass der Habitus mancher Lichtensteinien, namentlich auch das Blatt sehr an manche Eryngien und an Alepidea erinnert. Diese Bemerkungen mögen als Anregung dienen für eine weitere Untersuchung auf Grund- lage reichhaltigen Materials. Es sei hier nochmals darauf hin- gewiesen, dass der Genuscharakter von Lichtensteinia für mehrere Arten zweifelhaft erscheint. Diese dürften vielleicht der Gattung Rhyticarpus angehören; wenn nicht, dann werden sie als eigene Gattung abzutrennen sein. Es bleibt an dieser Stelle noch die Frage zu erörtern, ob die zwei Tribus der Aydro-Mulineae und der Saniculeae, dem bisherigen Gebrauch entsprechend, unter eine höhere Kategorie subsumirt und als solche allen anderen Umbelliferen gegen- über gestellt werden können. Wir finden bis in die neueste Zeit diese Zusammenfassung noch vorgenommen, sei es nun unter dem Namen Heterosciadiae (Bentham und Hooker, Engler), sei es als Aydrocotyleae (Baillon, Warming), wobei zu bemerken, dass die beiden letztgenannten Autoren die übrigen Umbelliferengruppen nicht zusammenfassen und den Hydrocotyleae gegenüber stellen. Ich kann die Zusammen- fassung weder in der einen, noch in der anderen Art billigen, da mir die morphologischen Verhältnisse der beiden Gruppen eine solche als nicht den natürlichen Verhältnissen ent- sprechend erscheinen lassen. Der Blüthenstand ist durch- aus kein durchgreifendes und in Folge dessen kein brauch- bares Merkmal. Schon der Name Heterosciadiae zeigt an, dass die Zusammenfassung lediglich auf ein negatives Merk- mal hin erfolgt ist. Die Inflorescenz verhält sich anders, als sie gewöhnlich bei den Umbelliferen erscheint; damit ist aber noch nicht gesagt, dass sie bei den beiden Tribus die gleiche ist, und wenn sie die gleiche wäre, würde daraus noch immer nicht folgen, dass die Hydro-Mulineae und Saniculeae zu- sammen eine natürliche höhere Einheit ausmachen. Man wird 462 J. Rompel, vielleicht auf das Calciumoxalat im Pericarp hinweisen. Doch mir scheint dasselbe wegen seiner gänzlich verschiedenen Krystallform und Lagerung eher die beiden Tribus zu trennen als zu verbinden, zumal Übergänge nicht vorhan- den sind. c) Scandix-Typus. Sehr werthvoll für die Systematik und in Bezug auf die Localisation streng einheitlich durchgeführt erscheint der dritte Typus, der wohl am besten im Anschluss an die bisherige Gruppe als Scandix-Typus zu bezeichnen ist. Er ist in allen Fällen dadurch charakterisirt, dass die krystallführenden dünn- wandigen Parenchymzellen kranzartig den Carpophor umlagern und seitlich von diesem in mehreren Schichten den je nach den Gattungen längeren oder kürzeren Streifen der Commissur bis zur Epidermis einnehmen. In mehr als vierzig Arten wurde dieser Localisationstypus von mir gefunden; nicht mit Unrecht dürfte man ihn gerade wegen dieser Constanz innerhalb der natürlichen Gruppe als ein sehr empfindliches Reagens auf die Zugehörigkeit zur Gruppe der Scandicineae betrachten. Wenn die Krystalle in der angegebenen Lagerung vorhanden sind, dürfte nach meiner Erfahrung die vorurtheils- freie Prüfung der übrigen morphologischen Verhältnisse stets die Zugehörigkeit zu den Scandicineen bestätigen, oder, und das wäre nach meiner Ansicht schon hinreichend, wenigstens nicht widerlegen. Die Ausdehnung, welche man der Gruppe der Scandieinen gegeben, hat im Lauf der Zeit verschiedentlich gewechselt. Ein kurzer Blick in die verschiedenen grösseren systematischen Werke genügt, um sich davon zu überzeugen. Es ist sodann von Interesse zu sehen, welche Stellung im System mehrere Gruppen erhalten haben, die den Scandicineae wirklich oder anscheinend verwandt sind. Es ist zunächst durchaus anzuerkennen, dass bei De Candeolle die Cauealineaetmichrumit den? Dauernere verschmolzen sind und dass sich die ersteren so eng an die Scandicineae anschliessen. Die Reihe der Orthospermen endigt Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 463 mit den Daueineen, die Campylospermen beginnen mit den Elaeoselineae, denen sich die Caucalineae (nur die drei Genera Caucalis, Turgenia, Torilis enthaltend) und dann die Scan- dicineae anschliessen. Diese Anordnung kam dadurch zu Stande, dass mehr Gewicht gelegt wurde auf den endomorphen Charakter der Furchung des Endosperms an der Fugenseite als auf den exomorphen der Fruchtemergenzen. Statt nun auf diesem richtigen Wege voranzugehen und, wie es bei vertiefter Forschung wohl hätte geschehen müssen, die Caucalineen mit den Scandicineen zu vereinigen, kam es, namentlich durch die Einführung der ziemlich werthlosen grossen Gruppen der Haplozygiae und Diplozygiae, zu einer immer weiteren Entfernung der beiden Gruppen von einander. Bei Endlicher und Reichenbach stehen sie noch neben- einander wie bei De Candolle. Bei Bentham und Hooker aber bilden die Scandicineae eine Subtribus der Ammineae unter den Haplozygien, während die Caucalineae mit den Daucineae vereinigt eine erweiterte Tribus unter den Diplo- zygien bilden. Darin liegen zwei grosse Fehler, die weite Entfernung der Caucalineae von den Scandicineae und die Vereinigung der Caucalineae mit den Dancineae. Baillon ging in dieser Richtung so weit, als überhaupt gegangen werden konnte. Die Scandicineen befinden sich, ohne irgend wie abgetrennt zu sein, unter der grossen Gruppe der Careae, die Caucalineen sind aber nicht nur den Daucineae einverleibt, sondern sogar dem Genus Daucus selbst, welches unter seinen elf Sectionen auch Torilis, Turgenia, Caucalis u. Ss. w. enthält. Banuelstellt m” seiner Tnibus 3 Kernleae als wierte Subtribus die Scandicineae (Falcaria, Chaerophyllum, Scandix, Myrrhis), als fünfte Subtribus Anthriscus und Biasolettia auf, während Caucalis sich in Tribus 6 Silereae, Subtribus 2 Thapsieae befindet. Warming führt unter seinen sechs Umbelliferengruppen als dritte die Scandicineen auf, als sechste die Daucineen; diese kommen an Umfang etwa der gleichnamigen Gruppe Baillon’s gleich, ohne indess Caucalis mit der Gattung Daucus zu ver- oO einigen. Engler schliesst sich engstens an Bentham und 464 J. Rompel, Hooker an, ebenso Beck,! soweit die Scandicineae und Caucalineae ın Frage kommen. Diese Angaben aus der Literatur, welche sich leicht noch vermehren liessen, dürften einen genügenden Einblick in die seitherigen Classificationsversuche dieser Gruppen gewähren. Am meisten befriedigt, wie schon angedeutet, die ältere Auf- stellung. An diese ältere Aufstellung mich anschliessend, und ge- stützt vor Allem auf die gleiche Localisation der Kry- stalle, halte ich dafür, dass die Caucalineae und Scandicineae imnatürlichen System durchaus mit einanderin Verbindung zu bringen sind. Ich fasse beide Gruppen demnach als eine Tribus zusammen, unter dem Namen Scandicineae, diese mag, was übrigens von untergeordneter Bedeutung ist, in die zwei Sub- tribus Enscandicineae und Caucalineae getheilt werden, welche durch die Gattung Anthriscus ziemlich eng verbunden sind. Drei Punkte sind bezüglich der neu aufgestellten Tribus noch zu erörtern, zunächst die wirkliche Einheitlichkeit der- selben, dann ihre Abgrenzung auf der Seite der Buscandicineae gegen die Enammineae und andere fragliche Gattungen, endlich ihre Abgrenzung auf der Seite der Cancalineae besonders gegen die Daucineae. Die Zusammengehörigkeit der beiden in Frage stehenden Gruppen wurde von vielen Systematikern gleichsam gefühlt. Nur dadurch wird es begreiflich, dass ältere Systematiker sich öfters nicht klar wurden, ob eine ihnen vorliegende Pflanze zu Torilis oder Anthriscus, zu Torilis oder Chaerophyllum u. Ss. w. gehöre, wie dies die ziemlich zahlreich in diesen Gattungen vorkommenden Synonyma beweisen. Gegen die Zusammen- stellung spricht weiter nichts als die sogenannten Nebenrippen, oder besser die zahlreichen Emergenzen, welche dem Exocarp aulsitzen. Abgesehen davon, dass diese Bildungen in erster Linie biologischen Werth haben und in der Systematik meiner Ansicht nach nur für die Unterabtheilung grösserer, durch andere Merkmale als zusammengehörig charakterisirter 1 Beck v. Mannagetta, Flora von Niederösterreich, Wien, 1892, S. 612 u. folge. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 465 Gruppen Verwendung finden können, ist es durchaus nicht rewiesen,dass die Emergenzen der Caucalineen mit den Neben- rippen der Daueineen und Laserpitieen identische Bildungen sind, wodurch eine Annäherung der Caucalineae an diese Gruppen gerechtfertigt würde. Aber die Emergenzen fehlen auch den seither als Scandicineae zusammengefassten Gattungen nicht völlig. Bei manchen Anthriscus- und Chaerophyllum-Arten, bei Physocaulus nodosus sind sie zur Genüge angedeutet. Umge- kehrt können wir Mericarpien von Torilis finden, welche in Bezug auf Glätte der Epidermis hinter denen von Anthriscus nicht zurückstehen. Nehmen wir T. heterophylla oder T. nodosa, für welche z.B. Nyman bemerkt: »fructus typice heteromorphi, nempe mericarpio uno muricato-granulato.« Die Trennung der Gruppen auf die äussere Bewehrung hin wäre zu vergleichen der Trennung von Aydrocotyle und einer stark bewehrten Trachymene (vgl. oben Nr. 2, S.428); so wenig die letztere, ebenso wenig ist .dıe erstere zu billigen. Auch die Zahl, vor Allem aber die verhältnissmässig schwache Entwicklung und die sich Bietchhleibender Fagerunge? der! valleeularenıSeeret- gänge verbindet die Caucalineae bestens mit den Scandicineae, trennt sie aber von Daucus und Laserpitium. Ein geübter Beobachter wird schon an der Lagerung dieser Secretgänge auf dem Querschnitt mit grosser Wahrscheinlichkeit angeben können, ob Krystalle an der Commissur zu erwarten sind oder nicht. Auch die Lage und Grösse der Gefässbündel einschliess- lich dem zugehörigen Bastbeleg, worüber man sich am besten an Querschnitten orientirt, spricht durchaus für die Verbindung, namentlich Anthriscus und Torilis stehen sich in diesem Merkmal sehr nahe. Ohne dass es nöthig wäre noch auf die Furchung des Endosperms und auf die vegetativen Organe hin- zuweisen, halteich es auf Grund des Gesasten, vorAllem Bernd dest arussiespro.chen‘ identischen! Loeali- sationstypus der Krystalle für völlig entschieden, dass die Aufstellung der Tribus Scandicineae in dem angedeuteten Umfang den Grundsätzen einer natürlichen Systematik durchaus entspricht. Die bisherige Trennung machte ja einem »künstlichen« System alle Ehre, dem »natürlichen« aber nicht. 466 J. Rompel, Ungleich schwieriger ist der zweite Punkt abzuthun, die scharfe Umgrenzung der Euscandicineae. Schon bisher sind diesbezüglich kaum in Zweifel gezogen worden die Gattungen Scandix, Myrrhis, Biasolettia, Physocaulus, Chaerophyllum, Anthriscus. Dieselben weisen sich durch den Besitz der Krystalle in der angegebenen Localisation als zusammengehörig aus, sie bilden also den sicheren Grundstock der Euscandicineae. Da- gegen sind—ichnehmenurdiebeiBentham und Hooker unter dieser Gruppe (trib. V, subtr. 3) angeführten Gattungen vor — ‚Conopodium und Oreomyrrhis auszuschliessen, während die nicht untersuchten Gattungen Tingnuarra, Rhabdosciadium, Ottoa als zweifelhaft bezeichnet werden müssen, ebenso die ungenügend untersuchte Osmorhiza. Auch von Gattungen, welche bei Bentham und Hooker ausserhalb der angegebenen Gruppe aufgeführt sind, dürfte sich für einige, welche nach der Beschreibung in manchen Punkten Ähnlichkeit mit Chaero- phyllum oder Scandix zu haben scheinen, eine Untersuchung der Commissur auf Krystalle empfehlen. Hier ist die Stelle, um einige Worte über Molopospermum zu sagen. Abgesehen von der Drusenform, in welcher hier die pericarpalen Krystalle auftreten, ist auch der Localisationstypus von Scandix nicht streng eingehalten. Von den älteren Syste- matikern (Koch, De Candolle, Endlicher) wurde Molopo- spermum zu den Scandicineae gestellt, doch seit Reichenbach, der sagt: »Molopospermum K. quid inter Scandicineas sibi velit, nullus intelligo. Ad Smyrneas relegavi,« wird es in die Nähe von Smyrnium gestellt (Bentham und Hooker, Baillon, Engler). Da ich unter der Gruppe der Smyrneae überhaupt keine Krystalle im Pericarp gefunden habe und da Molopo- spermum auch sonstige Ähnlichkeit mit den Zuscandicineae besitzt, scheint es mir immerhin rathsam, diese Gattung als alleinstehenden Vertreter eines etwas abweichenden Seiten- zweiges den Euscandicineae anzuschliessen. Was die Gattung Diasolettia angeht, so halte ich dafür, dass sie mit Chaerophyllum nicht zu vereinigen ist, wie Bentham und Hooker wollen. Die Ausbildung der Rippen und Thälchen, die Gefässbündel, namentlich auch die einge- engte Commissur bringen sie der Gattung Myrrhis, letzteres Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 467 Merkmal auch Anthriscus näher. Das Merkmal der Krystalle dürfte übrigens geeignet sein, die Gattung Biasolettia von anderen wie Butinia, Conopodium, Carum u. s. w., scharf zu trennen. So sehrich anerkenne, dass die Gruppe der Scandicineae, wie sie Nyman aufführt, von allen nicht zu derselben gehörigen Gattungen befreit ist, und so sehr mir die von Nyman neu aufgestellte Gruppe der Bulbocastaneae für die anderen Gattungen zusagt, muss ich doch betonen, dass Diasolettia von der letzteren Gruppe zu entfernen ist, da die Zugehörigkeit zu den Euscandicineae ausser Zweifel steht. Der dritte Punkt, die Umgrenzung der Caucalineae, ist wieder leichter zu erledigen. Aus den Untersuchungen im II. Abschnitt geht hervor, dass Daucus und die verwandten Gattungen durch Fomstsantes. Rehllen der Krystalle von Caucahs und dessen Verwandten, wo die Krystalle stets vorhanden sind, streng geschieden sind. Theoretisch ist demnach bezüglich der Grenze keine Schwierigkeit vorhanden. Indessen geht aus den vorliegenden Beschreibungen nicht immer hervor, ob eine Gattung mehr an Caucalis oder an Daucus sich anschliesst. Desshalb wären namentlich einige etwas zweifelhafte Gattungen wie Ammiopsis, Szowitzia u. a. auf das Vorhandensein von Krystallen in der Commissur zu untersuchen. Dass derartige Untersuchuugen Erfolg versprechen, geht aus dem, was oben (Nr. 82) bei Daucus pulcherrimus K. und D. bessarabicus DC. be- züglich der Krystalle gesagt wurde, hervor. Es liegt nach eingehender Untersuchung kein Grund vor, diese beiden Arten nicht von Daucus abzutrennen und der Gattung Caucalis zuzu- Bekkeiben,.s richtigen wiederum zuzuschreiben, erstere) als C. orientalis L., letztere als C. litoralis M. Bieb. Dass gerade diese zwei Arten Krystalle aufweisen, musste mir anfangs, als ich die einschlägige Litteratur noch nicht kannte, etwas seltsam vorkommen. Ich hatte erwartet, dass die ganze Section Platy- spermum Krystalle zeigen könne. Doch dies traf nicht ein, und ienamusste an der Einheitliehkeit dieser Section zweifeln. Bei genauerem Studium fand ich übrigens, dass schon De Candolle die zwei Arten als einander näher stehend den andern gegenüber betrachtet und dass Nyman beide unter der Bezeichnung »Exinvolucrati« zusammenstellt. Zudem hat Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. Sl 468 INaksommpieis, der letztere Autor bei Caucalis orientalis die interessante Be- merkung: Species haecee see. el. Celak owsky gen. Caucalidi restituenda est. Videndum igitur an non ambae Dauci species exinvolucratae generi dieto iterum jungendae sint.« Die von Celakowsky! schon vorgenommene Restitution von Daucus pulcherrimus kann ich demnach auf Grund eines neuen Merk- mals bestätigen, die von D. bessarabicus aber gleichfalls vor- nehmen. Es ist dies ein interessanter Specialfall, welcher deutlich zeigt, wie die Krystalllagerung mit anderen richtig ge- würdigten morphologischen Verhältnissen nicht in Widerspruch steht, sondern durchaus harmonirt, also ein Beweis dafür, dass unser »Reagens« wirklich eindeutige Resultate liefert. Der Subtribus Caucalineae gehören also nach den vorliegenden Untersuchungen Canucalis, Turgenia, Torilis an. Mich über die Zusammenfassung oder Trennung der hierher gehörigen Pflanzen in eine, beziehungsweise mehrere Gattungen auszusprechen, geht über den Rahmen meiner Arbeit hinaus. Es sei darum nur kurz bemerkt, dass die Form der Krystalle, falls sie sich nach eingehenderen Untersuchungen constant zeigt, eine Trennung ermöglicht in zwei Gruppen, deren erste immer grosse einfache Krystalle aufweist (Torzlis, Turgenia, soweit von mir untersucht), deren zweite zusammengesetzte bis drusenähnliche Krystalle besitzt (Caucalis; immer ?). Die Frage, an welche Gruppe sich die Scandicineae an- schliessen und welche Gruppe sich wieder an die Scandicineae anschliesst, muss vorläufig als eine offene betrachtet werden. Ich bezeichne desshalb diese Tribus auch nicht als die dritte der Umbelliferen, wie ich auch weit davon entfernt bin, die drei Tribus mit krystallführendem Pericarp auf diesen Charakter hin als eine höhere Einheit zusammenzufassen; zudem ist es ja noch fraglich, ob nicht auch noch andere kleinere Gruppen, wie etwa die Echinophoreae oder die BulbocastaneaeNyman's Krystalle in systematisch verwerthbarer Weise besitzen?. Eine 1 L. Celakowsk y, Über Caxcalis orientalis L., Bot. Zeitung, Bd. XXXI, 1873. 2 Auf Grund einiger Wahrnehmungen, halte ich es für angemessen, diese 2 Gruppen mit Zugrundelegung eines reichen, gut bestimmten Materials weiter zu untersuchen. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. 469 reichlichere Zuziehung von anatomischen Merkmalen dürfte überhaupt für die Systematik der Umbelliferen von Vortheil sein. Diespezüelich nach einer neuen Seite hin ein Stück Arbeit gethan zu haben, nicht abererschöpfend gewesen zu sein, das ist es, was die vorliegende Abhandlung beansprucht. Noch eine Bemerkung über die nach Abtrennung der Cau- calineae noch verbleibenden Daucineen. Dieselben stehen sicher- lich in Beziehung zu Tribus IX Laserpitieae (beiBentham und Hooker). Man wird deshalb mit Baillon am besten thun, beide unter dem Namen Daucineae zu vereinigen, doch ist natürlich diese Baillon’sche Gruppe von Caucalis u. Ss. w. zu befreien. d) Über die biologische Bedeutung des Calciumoxalats in den drei Localisationstypen. Anhangsweise möge mit wenigen Worten noch auf diesen Punkt eingegangen werden. Es handelt sich nicht um die physiologische Rolle des Caleiumoxalats. Eine solche ist gewiss auch vorhanden, mag da nun an die Unschädlich- machung der Oxalsäure oder an geeigneten Niederschlag des an die aufgenommenen anorganischen Säuren gebundenen Calciums oder an andere Annahmen oder an mehrere zugleich gedacht werden. Es fragt sich hier, ob bei den beobachteten Localisationstypen neben der Bildung der Calciumoxalatkry- stalle der Pflanze auch die Fähigkeit zukommt dieAblagerung der Krystalle so zu reguliren, dass das Excret durch seine Lagerung der Pflanze irgendwie Vortheile bietet. Durch ihre Substanz scheinen die Kalkoxalatkrystalle nicht schädlich auf thierische Pflanzenfeinde zu wirken, wenigstens liegen keine diesbezüglichen Angaben vor. Dass manche Kalkoxalat- krystalle durch ihre Form gegen angreitende Thiere Schutz bieten, wurde durch Stahl! nachgewiesen. Die Umbelliferen- früchte scheinen mir ein beachtenswerthes Beispiel dafür, wie durch die Lagerung der Krystalle eine schützende Wirkung erzielt wird. Zu schützen ist der junge Keimling, beziehungs- weise dessen Nahrung, das Endosperm. Wenn wir den ersten Localisationstypus betrachten, den bei Hydrocotyle, so dürfte ein Schutz in ziemlich ausgiebiger I Stahl, Pflanzen und Schnecken. Jena, 1889. 318 AN J. Rompel, Weise erreicht werden. Die nur sehr dünne Hartschichte wird durch einen sich eng anschliessenden festen Krystallpanzer — die Krystalle liegen sehr häufig, z. B. bei Arten von Hydro- cotyle und Mulinum, so dicht, dass sie sich fast berühren — verstärkt. Namentlich dürfte für die junge Frucht, wo die Zellen der Hartschichte noch nicht die verdickten Wände besitzen, gegenüber gallenbildenden Insecten und parasitischen Pilzen die schon vorhandene Krystallschichte von Bedeutung sein. Noch deutlicher scheint in der Lagerung die Rolle eines Schutzmittels vorhanden zu sein, wenn die Krystalle an der Commissur gehäuft sind, wie das zum Theile beim Sanicula- Typus, immer beim Scandix-Typus der Fall ist. Die Früchte, welche diese Lagerung aufweisen, haben sämmtlich eine gut sieschürzte aussere Hülle, set es dürch zahlteichesemr genzen oder durch reichliche Einlagerung von Kalksalzen in der Epidermis (Anthriscus, Biasolettia) oder durch tangential sehr breite Bastbelege (Chaerophyllum, Scandix). Trennen sich nun die Theilfrüchte von einander, dann würde an der Com- missur eine im Verhältniss zu den anderen oberflächlichen Schichten weniger geschützte Stelle an die äussere Umgebung grenzen, wenn dort nicht auf andere Weise Vorsorge getroffen wäre. Die Figuren 5, 7, 8, 10, 13 dürften dies anschaulich machen. Bei Figur 13 sind die Stellen, welche an der Commissur mit s bezeichnet sind, an der reifen Frucht Hohlräume, ent- standen durch Obliteration der dort befindlichen Zellen. Ich konnte mich mehrmals überzeugen, dass nach aussen von diesen Hohlräumen die krystallführenden Zellen mit den Kry- stallen ganz intact vorhanden waren. Es können also auch für das Umbelliferenpericarp die Worte Kohl’s! angeführt werden. »Die festigende Wirkung des Kalkoxalats ist sicher nicht auf das den Membranen incorporirte Salz beschränkt, sondern auch die als Inhaltskörper auftretenden Krystalle können in be- stimmten Fällen dasselbe leisten. — Mit Recht wird man auch dem Kalkoxalat in Samenhäuten und Pericarpien einen nicht unbedeutenden Antheil an der Festigung ihrer Gewebe zu- schreiben dürfen, besonders da auch hier häufig die Krystalle 1 Koll, &. 8, ©; 8; 168. Krystalle im Pericarp der Umbelliferer. 471 die Lumina der Zellen ganz ausfüllen, also gleichsam ein Ganzes mit deren Membran bilden.« Zusammenfassung der Hauptergebnisse. Es dürfte von Nutzen sein, wenigstens die hauptsäch- lichsten Resultate in kurzer Zusammenstellung folgen zu lassen. 1. In der botanischen Literatur finden sich nur wenige und zwar vereinzelte Angaben über das Vorhanden- sein von Calciumoxalatkrystallen in der Fruchtwand ae Umbelliteren. 2. Eine eingehende diesbezügliche Untersuchung, vor- genommen an mehr als 220 Arten, welche sich auf fast 100 Gattungen vertheilen, ergab, dass Krystalle von Cal- emmoxalat bei mehreren Gruppen von Umbelliferen, Bekehrenjerunter sich ein natürliehes/ Ganze’ bilden, im Pericarp vorhanden sind, während sie beianderen derartigen Gruppen fehlen. 8 Weit wichtiger als das blosse Vorhandensein der Krystalle ist für die Systematik der innerhalb jeder Gruppe eimsehaltene Kagerungsstypus’derselben 4. Hinsichtlich der Krystalllagerung lassen sich drei Typen aufstellen, welche als Hydrocotyle-, Sanicula- und Scandix-Typus bezeichnet wurden. DaDersHydrocotyle Eypus! welcher /durehrein aus innerer Hartschichte und äusserem Krystallpanzer zusammengesetztesEndocarpcharakterisirt ist, wurde bei 84sich auf 13 Gattungen vertheilenden Artennach- gewiesen, ohne dass sich bei den Untersuchungen für die Tribus der Hydrocotyleae und Mulineae eine Aus- nahme gezeigt hätte. 6. Das constante Vorhandensein des genannten Typus berechtigt nach Prüfung der anderen morphologischen Ver- hältnisse zur Aufstellung einer Tribus Hydro-Mulineae an Stelle der zwei genannten. 7. Das Kriterium der Krystalllagerung bestätigt für Hermas die Zugehörigkeit, für Erigenia die Nichtzugehörigkeit zu den 472 J. Rompel, Hydro-Mulineae, dasselbe macht es nöthig, die Gattungen Actniotus und Astrotricha gleichfalls der genannten Tribus einzuverleiben. 8.DerSanicula-Typus,welcherKrystalldrusenmeist an bestimmten Stellen des’ Beriearps sehamitundsa Parenchymzellen gelagert aufweist, aber hinsichtlich der La- gerung weniger streng [fixirt ist, wurde bei ungefähr acht Gattungen an mehrals 20 Arten nachgewiesen. 9. Die Gattungen Arctopus und Lagoecia sind aus der Tribus der Sanicnleae auszuscheiden. O=7Dier Koysealldwusenzzundz ihreiTkagere men Lichtensteinia und verwandten südafrikanischen Gattungen legen nebst anderen morphologischen Merkmalen die Vermuthung nahe, es könne eine Verbindung dieser Gattungen mit den Sanicnleae bestehen. 11. Der Scandix-Typus, welcher in mehr als 40 Arten, die auf etwa 10 Gattungen (je nach deren engerer oder weiterer Fassung) vertheilt sind, nachgewiesen wurde, ist durch das Auftreten meisteinfacher Krystalle in mehrerenZell- schichtenlängsderCommissurundumdenCarpophor charakterisirt. Keine untersuchte echte Scandicineenfrucht zeigte diesbezüglich eine Ausnahme. 12. Dieser Typus der Krystalllagerung ist ausschlaggebend für die Vereinigung der Caucalineae (Cancalis, Torilis Tur- genia) mit den Scandicineen. 135 Zur Subtribus Euscandicineae gehören bis jetzt nach den vorliegenden Untersuchungen: Chaerophyllum, Physo- caulus, Scandix, Myrrhis, Biasolettia, Anthriscus; zur Subtribus Caucalineae: Torilis, Caucalis, Turgenia. 14: Daucus pulcherrimus Koch und D. bessarabicus DC. sind der Gattung Caucalis zu restituiren unter der Bezeichnung C. orientalis L. und C. hitoralis M. Bieb. 15. Eine Zusammenfassung der beiden Tribus Fydro- Mulineae und Saniculeae unter einem der eingeführten Namen (Heterosciadiae, Hydrocotyleae) entspricht nicht dem natürlichen System; ebensowenig lassen sich alle Gruppen der Umbelliferen mit pericarpalen Calciumoxalatkrystallen in eine höhere Ein- heit zusammenfassen. Krystalle im Pericarp der Umbelliferen., 478 Zum Schlusse liegt mir noch die angenehme Verpflichtung ob, dem Vorstand des hiesigen bot. Institutes, meinem verehrten BeRTenskleren Brot, Dr. vw. Wettstein, bestens zu danken für Überlassung und Besorgung des so reichhaltigen Materials, ferner für die ausgiebige Gewährung der nöthigen Literatur, endlich vor allem für die Leitung meiner sich lang hinziehenden Uniersuchungen. Auch dem Vorstand des pflanzenphysio- Daischen, Institutes, Feten Prof. Dr. Moliseh, bin ich für die freundliche Überlassung von Literatur sehr zu Dank verpflichtet. 474 J. Rompel, Krystalle im Pericarp der Umbelliferen. Erklärung der Abbildungen. "Die beigegebenen Abbildungen bezwecken die drei Typen der Kry- stalllagerung auf Querschnitten des Pericarps zu veranschaulichen. Zur besseren Orientirung sind ausser den Contouren und den durch blaue Punkte wiedergegebenen Krystallen die Gefässbündel nebst ihren mechanischen Belegen und der eventuell vorhandenen endocarpalen Hartschichte mittelst schwarzer Punktirung, die den sogenannten Thälchen entsprechenden und die die Gefässbündel begleitenden Secret- gänge mit gelber Farbe in der dem Ganzen entsprechenden Vergrösserung eingetragen; die Vergrösserung ist 25/,, bei Fig. 9 50/,. Alle Figuren sind so orientirt, dass die Commissur quer liegt. — Die Zeichnungen wurden sämmtlich mit Hilfe des Abbe’schen Zeichenapparates angefertigt. — c Com- missur, f Fruchtfach, r Raphe, s schizo-, beziehungsweise lysigener Inter- cellularraum. 1. Bowlesia nodiflora, halbreife Frucht. 2. Hydrocotyle moschata, fast reife Frucht. 3. Mulinum ciliosum, dessgleichen; Flügel krystallfrei. t 4. Hacquetia Epipactis, halbreife Frucht; Querschnitt von oben. 5. Sanicula europaea, Endocarp mit Commissur; ein Fach unbefruchtet; halbreif. 6. Caucalis orientalis, sehr junges Stadium; links ein abnormaler Secret- “gang; Verlängerung der Stacheln weggelassen. . Scandix Balansae, fast reife Theilfrucht. N 8. Sanicula marylandica, halbreife Frucht. 9. Astrantia maior, junges Fruchtstadium. 10. Chaerophvllum bulbosum, halbreife Frucht. 11. Anthriscus silvestris, halbreife Theilfrucht. 12. Caucalis dancoides, fast reif; Stacheln weggelassen; zwei kleine Secretgänge iin der Rapbke. 13. Caucalis orientalis, reife Theilfrucht, Verlängerung der Stacheln weg- gelassen. In den Figuren 4, 5, 8 und 9 bedeuten die blauen Punkte Krystalldrusen. Die Figuren 1, 2 und 3 zeigen denHydrocotyle-Typus, die Figuren 4, 5, 8 und 9 den Sanicula-Typus, endlich die Figuren 6, 7, 10, 11, 12 und 13 den Scandix-Typus. a Sara Orayno Artsnatsummn ne nrentn san e" j Lith Anst.v.Th.Bannwarth,Wien erichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV. Abth. I. 1895 ” f = Ö, SZ UNESBERICH IE DER BD. EIVZBANDZVIEIERIT. ABTHEILUNG 1. NTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, YSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. 477 xXU. SITZUNG VOM 9. MAI 1895. Denssiepenbürsische Verein fürn Naturwissen- schaften in Hermannstadt ladet die kaiserliche Akademie zur Theilnahme an der am 12. d.M. stattfindenden Eröffnungsfeier seines neuen Museumgebäudes ein. Klerr> Brot. Dr E. Weimek, Director der & k. Sternwarte in Prag, übermittelt weitere Fortsetzungen seiner neuesten Mondarbeiten. Den Secrewar, leet eine Abhandlung von Pror Karl Zulkowski an der k. k. deutschen technischen Hochschule nserao vor, betitelt: »ZuUr Chemie des Corallims und Fuchsins«. Ferner legt der Secretär ein versiegeltes Schreiben behufs Wahrung der Priorität von Herrn Franz Pabisch in Wien vor, welches die Aufschrift führt: »Neuer Flugapparatmittelst Explosionsturbine«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine Abhandlung von Dr. Victor Kulisch in Wien: »Zur Kennt- niss der Condensationsvorgänge zwischen o-Toluidin und a-Diketonen, sowie a-Ketonsäureestern«. Dasıw. My Her: Hoftath A, Kermer v. Marılaun über- reicht eine Abhandlung von Dr. Karl Fritsch, Privatdocent an der k.k. Universität in Wien: »Über einige Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung«. Herr Dr. Gustav Jäger überreicht eine Abhandlung: »Über die elektrolytische Leitfähigkeit von wässe- rigen Lösungen, insbesondere deren Abhäneisgkeit Mon der Temperatur«. 478 XII. SITZUNG VOM 16. MAT 1895. Der Secretär legt das erschienene Heft I—II (Jänner- Februar 1895), Abtheilung I, des 104. Bandes der Sitzungs- berichte vor. Ser BxeellienzaderHern Curater. Stellvertrerer er die kaiserliche Akademie in Kenntniss, dass Se. k. und k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer in der dies- jährigen feierlichen Sitzung am 30. Mai zu erscheinen und dieselbe als Curator der Akademie mit einer Ansprache zu eröffnen geruhen werde. Der Secretär überreicht eine Abhandlung von Prof. Dr. J. M. Pernter in Innsbruck: »Über die Häufigkeit, Dauer und. die meteoroloeisichens Eigenschaften dessE oh in Innsbruck«. 479 Über einige Orobus-Arten und ihre geo- graphische Verbreitung. Series I. Zuiei. Ein Beitrag zur Systematik der Vicieen von Dr. Karl Fritsch, Privatdocent an der k. k. Universität in Wien. (Mit 1 Kartenskizze.) In der ersten Ausgabe von Linne’s »Species plantarum« findet sich auf p. 728 die Diagnose des Orobus luteus, als dessen Vaterland Sibirien angegeben wird. Die ziemlich aus- führliche Beschreibung passt vollkommen auf jene Pflanze, welche später von Gmelin in seiner »Flora Sibirica« unter der Bezeichnung »Orobus foliis pinnatis ovato-lanceolatis, stipulis triangulis, caule ramoso herbaceo« beschrieben und abgebildet wurde.! Dieselbe Pflanze wurde später von Fischer und Meyer? als Orobus luteus L.ß. orientalis bezeichnet, unter welchem Namen sie auch Ledebour° aufführt. Da in Sibirien keine andere Art der Gattung Orobus vorkommt, welche mit dieser verwechselt werden könnte, so ist es ganz zweifellos, dass Linne& unter seinem Orobus Inteus diese »var. orientalis« Fisch. et Mey. verstanden hat. Später hat Linne allerdings noch eine andere Pflanze mit dem sibirischen Orobus luteus confundirt. Schon in der zehnten Ausgabe des »Systemae naturae« wird (p. 1164) als Synonym zu Orobus luteus »O. alpinus latifolius C. B. 351«* citirt. Dieser Gmelin, Flora Sibirica, IV, p. 13, tab. 4 (1769). Index tertius seminum hort. bot. Petrop. p. 42 (1837). Ledebour, Flora Rossica, I, p. 690 (1842). 4 Bauhin, Pinax, p. 351. 1 9 2 B) 480 K. Fritsch, »Orobus alpinus latifolius« wurde von Bauhin schon im Jahre 1620! nach Exemplaren aus den Pyrenäen und aus den Schweizer Alpen recht gut beschrieben; es ist jener Orobus, welcher von Fischer und Meyera.a.O. als Orobus luteus L. a. occidentalis bezeichnet wurde. — In der zweiten Ausgabe von Linne&’s »Species plantarum« (p. 1028) ist, entsprechend den Angaben Bauhin’s, das Vorkommen des Orobus luteus »in Sibiriae, Veronae, Pyrenaeorum alpinis« angegeben. Hier umfasst also Orobus Inteus L. beide von Fischer und Meyer unterschiedenen Varietäten. Es ist interessant, dass Linne& selbst in der Mantissa II.? diese beiden von ihm früher confundirten Pflanzen wieder als var. « und ß auseinanderhält, und zwar ist hier die var. ß die sibirische, von Gmelin abgebildete Pflanze. Linn& fügt hier noch die Bemerkung bei: »An hic duae distinctae species? mea descripta fuit sibirica«. Aus diesen Darlegungen geht mit Sicherheit hervor, dass unter Orobus luteus L. die sibirische Pflanze zu verstehen ist, und dass diese allein den Linne’schen Namen zu führen hat, da sie von allen im Gebiete der Alpen vorkommenden Formen dieser Artengruppe durch zwar geringfügige, aber constante Merkmale zu unterscheiden ist. Der allgemein übliche Gebrauch des Namens Orobus luteus L. für eine in den Pyrenäen und im Alpenzuge verbreitete Art ist somit zu verwerfen. Nach Linne war es zuerst Scopoli, welcher einen Orobus aus der Verwandtschaft des Orobus luteus L., und zwar unter dem Namen Orobus montanus, beschrieb. Die Ab- bildung Scopoli’s ist sehr schlecht; trotzdem lässt sich mit Rücksicht auf die — wenn auch ungenügende — Beschreibung und die Angabe: »habitat in silvis Carnioliae montanae et frigidioris« mit Sicherheit annehmen, dass die auf dem Nanos und Krainer Schneeberg vorkommende Pflanze, auf welche die Beschreibung Scopoli’s ganz gut passt, dessen Orobus mon- tanus ist. Diese Pflanze ist von dem sibirischen Orobus IuteusL. 1 Bauhin, Prodromus, p. 149. 2 Linne, Mantissa plantarum altera, p. 442—443 (1771). 3 Scopoli, Flora Carniolica, ed. 2, II, p. 60, tab. 41 (1772). Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 481 leicht zu unterscheiden, weicht aber auch von der früher besprochenen Pflanze der Westalpen und Pyrenäen erheblich ab. aslahre lSalPrzersehien "des dritte, Band den epoche- machenden »Descriptiones et icones plantarum rariorum Hun- gariae« von Waldstein und Kitaibel, in welchem aus Croatien ein Orobus laevigatus ausführlich beschrieben und abgebildet wird.! Dieser Orobus, der, wie später nachgewiesen wurde, in den Karpathenländern und in Westrussland weit verbreitet ist, zeichnet sich unter allen verwandten Arten be- sonders durch die sehr bedeutende Reduction der Kelchzähne aus und ist von zahlreichen Autoren als selbständige Art anerkannt worden. Drei Jahre später beschrieb Lapeyrouse einen Orobus Tournefortii? aus den Pyrenäen. Dieser wird von den meisten Autoren einfach als Synonym des »Orobus Inteus« der West- alpen und Pyrenäen citirt.? Gegen diese Identification sprechen aber drei wichtige Momente: erstens führt Lapeyrouse diese Art neben Örobus Iutens L. an, hebt ausdrücklich die unter- scheidenden Merkmale hervor und nennt Orobus Tournefortii ein Mittelding zwischen Orobus Inteus L. und Orobus vernus L.; zweitens legt er grosses Gewicht auf die Nervatur der Blätt- chen, die zwar in der Abbildung jedenfalls etwas schematisirt ist, aber bei Orobus Inteus L. und dessen Verwandten doch nie- mals ähnlich ist, wohl aber bei anderen Orobus-Arten, z. B. bei Orobus vernusL.; endlich schreibt Lapeyrouse seinem Orobus Tournefortii purpurne Blüthen zu. Wenn auch diese letzte An- gabe irrthümlich sein könnte, da Lapeyrouse, wie er selbst mittheilt, nur Herbarexemplare vorlagen, so kann doch die aus- drücklich hervorgehobene Angabe der Nervatur kaum aus der Luft gegriffen sein. Es ist mir daher wahrscheinlich, dass Orobus Tournefortii Lap. doch etwas anderes ist, als der »Orobus lnteus« der Pyrenäen; vielleicht ist er wirklich eine I Waldstein et Kitaibel, Deser. et ic. pl. rar. Hung., III, p. 270, tab. 243 (1812). 2 Lapeyrous einMem. d.Mus. d’hist. nat. Paris, II, p. 298, tab. 10 (1815); Suppl. a l’hist. abr. d. pl. d. Pyren., p. 102 (1818). 3 Vergl. Grenier et Godron, Flore de France, I, p. 486; Willkomm, Prodr. flor. Hispan. III, p. 321; Nyman, Conspectus fl. Europ., p. 204. 482 I, So, Hybride zwischen Orobus lutens und vernus — hiefür spräche auch der Umstand, dass diese Pflanze später nicht wieder auf- gefunden wurde.! Übrigens, wie immer dies zu erklären sei — jedenfalls ist Orobus Tournmefortii Lap. eine zweifelhafte Pflanze. Im Jahre 1816 erschien Baumgarten’s »Enumeratio stirpium Transsilvaniae«, in welcher (I, p. 327 und 329) aus Siebenbürgen ein »Orobus Iuteus L.« und ein »Orobus laevi- gatus Waldst.« beschrieben wurde. Beide Arten waren aber falsch benannt; Baumgarten’s »Orobus Iuteus L.« ist der echte Orobus laevigatus W. K., während jene Pflanze, die Baumgarten für Orobus laevigatus W.K. hielt, eine neue Art war, welche erst 10 Jahre später von Sprengel? unter dem Namen Orobus transsilvanicus beschrieben wurde. Wallich entdeckte im westlichen Himalaya einen Orobus aus der Verwandtschaft des Orobus luteus L., welchen er als Orobus Emodi bezeichnete,? aber ohne ihn zu beschreiben. Als dann Baker in der »Flora of British India« die Leguminosen bearbeitete, zog er diesen Orobus Emodi ohne jede Bemerkung als Synonym zu Orobus Inteus L.,* obwohl er von letzterer Art durch mehrere Merkmale abweicht. Im speciellen Theile werde ich diesen Orobus unter Wiederherstellung des von Wallich gegebenen Artnamens beschreiben. Eine andere neue Art beschrieb Steven im Jahre 1837 aus Taurien unter dem Namen Orobus aureus.° Mit dieser Art fällt der von Boissier 1843 beschriebene® Orobus Orientalis vom bithynischen Olymp, sowie der von C. Koch aus Armenien beschriebene Orobus Kolenatii? zusammen, wie dies schon 1 »Personne que je sache, depuis Tournefort, n’a rencontre aux Pyrenees cette espece remarquable. J’ai herborise plusieurs fois au Pic de Lhieris, ou il la cueillit. Cette montagne est habituellement visitee par les voyageurs, a cause de la richesse et du luxe de sa vegetation; il n’est pas venu a ma connaissance qu’aucun botaniste l’y ait rencontree.« Lapeyrouse in Mem. du Mus. II, 396. 2 Sprengel, Systema vegetabilium, III, p. 260 (1826). 3 Wallich, Catalogue Nr. 5948 (1828). 4 Flora of British India, II, p. 181 (1879). 5 Index tertius seminum hort. bot. Petrop., p. 42 (1837). 6 Boissier, Diagnoses plant. Orient. nov., Ser. I., fasc. 2, p. 106 (1843). “ Linnaea, XXIV, p. 96 (1851). Br Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 485 Boissier erkannte.! Nahe verwandt mit dieser Art ist Orobus grandiflorus Boiss.,! der, zuerst am Libanon durch Reygasse entdeckt, auch am Bingoel Dagh in Armenien von Kotschy gesammelt wurde.? Die Unterschiede zwischen den beiden von LinneE ver- einigten Orobus-Arten, von denen die eine die Pyrenäen und Alpen, die andere den Ural und die centralasiatischen Gebirge bewohnt, fielen, wie schon oben erwähnt wurde, zuerst Fischer und Meyer auf, welche diese beiden Pflanzen als var. occiden- talis und var. orientalis unterschieden.? Der erstere Name deckt sich vollkommen mit jener Pflanze, welche von den neueren Autoren, wie z. B. von Gremli,* als Orobus Inteus L. im engeren Sinne bezeichnet wird; ich bezeichne daher auch im speciellen Theile dieser Abhandlung diesen westeuropäischen Orobus mit dem Namen Orobus occidentalis (Fisch. et Mey. pro var. O. /utei L.). Dagegen umfasst die var. orientalis Fisch. et Mey. mit Rücksicht auf die angegebene Verbreitung »a Hel- vetia orientali usque ad Dahuriam« nicht allein den echten Orobus luteus L., sondern auch den oben erwähnten Orobus montanus Scop., der allerdings ersterem sehr nahe steht, aber doch mit ihm nicht identisch ist. Ledebour nahm die beiden Varietäten von Fischer und Meyer auch in seine »Flora Rossica« auf? und fügte als dritte Varietät den Orobus laevigatus W. K. hinzu. Diese letztere Art wurde, wie schon von Baumgarten, so auch von mehreren späteren Autoren falsch gedeutet, was zur Folge hatte, dass der echte Orobus laevigatus W. K. wieder- holt als neue Art beschrieben wurde: so aus der Bucowina von Herbich unter dem Namen Orobus subalpinus,® aus Sieben- bürgen von Schur als Orobus glaberrimus,’ aus Ingrien von 1 Boissier, Flora Orientalis, II, p. 622 (1872). 2 Siehe S. 492 und 494. Index tertius seminum hort. bot. Petrop., p. 42 (1837). Gremli. Neue Beiträge zur Flora der Schweiz, 2. Heft, S. 6 (1832). Ledebour, Flora Rossica, I, p. 690. Herbich, Stirp. rar. Bucovinae, p. 49 (1853). Vergl. S. 508. oa a » A484 K. Fritsch, Meinshausen als Orobus Ewaldi.' Gremli stellte einen Orobus styriacus auf,” welcher, wie schon Preissmann’ richtig erkannte, gleichfalls mit Orobus laevigatus W. K. zu- sammenfällt. Steven hat seinerzeit aus Iberien einen Orobus aurantius beschrieben,* den er an seinen »Orobus luteus« anreiht und der auch von Ledebour? gleich nach diesem behandelt wird. Boissier® hat jedoch diese Pflanze in die Gattung Vicia gestellt, da die Beschaffenheit des Griffels dieselbe dahin ver- weist. Ich muss somit diese Art, die in Herbarien manchmal mit Orobus aureus Stev. verwechselt wird, aber schon habituell durch die mehrpaarigen Blätter und die grossen, paarweise ungleichen Nebenblätter sehr auffallend abweicht und gewiss keine nähere Verwandtschaft mit dem Formenkreise des Orobus lnteus L. hat, aus meiner Betrachtung ausschliessen. Jedoch möchte ich bei dieser Gelegenheit die Bemerkung ein- flechten, dass die Benennung .dieser Art als Vicia aurantia (Stev.) Boiss. nomenclatorisch unzulässig ist, da die Pflanze schon im Jahre 1808 von Desfontaines unter dem Namen Orobus croceus vortrefflich beschrieben und abgebildet wurde,? während die Beschreibung des Orobus aurantius Stev. erst im Jahre 1819 erfolgte. Die in Rede stehende Art hat somit den Namen Vicia crocea (Desf. sub Orobo) zu führen, da eine Vicia dieses Namens meines Wissens nicht existirt. Die genaue Feststellung der Merkmale, durch welche sich die oben besprochenen Arten aus der Gruppe des Orobus 1 Bull. soc. imp. natur. Moscou, XLI, p. 354 (1868); Flora Ingrica, p. 90 (1878). = Gremli, Neue Beiträge zur Flora der Schweiz, 2. Heft, S. 6 (1882). 3 Mittheil. d. naturwiss. Ver. f. Steiermark, 1890, S. CXII. * Steven in Marschall a Bieberstein, Flora Taurico-Caucasica, III, p. 462 (1819). 5 Ledebour, Flora Rossica, I, p. 690. 6 Boissier, Flora Orientalis, II, p. 578. * Desfontaines in Annal. du mus. d’hist. natur., XII, p. 59, tab. 9 (1808). Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 485 luteus L. von einander unterscheiden lassen, sowie namentlich auch die Ermittlung ihrer geographischen Verbreitung, ist der Zweck der vorliegenden Abhandlung. Dem speciellen Theile, welcher die Beschreibungen und die Angaben über die Ver- breitung der einzelnen Arten enthalten soll, möchte ich nur noch einige allgemeine Bemerkungen vorausschicken. Aus den obigen Auseinandersetzungen ergibt sich, dass im Ganzen acht von einander unterscheidbare Formen aus der Verwandtschaft des Orobus luteus L. existiren. Unter diesen werden nur drei, nämlich Orobus aureus Stev., Orobus grandi- florus Boiss. und Orobus transsilvanicus Spr. ziemlich all- gemein als selbständige Arten behandelt,! während die übrigen von vielen Autoren nur als »Varietäten« des Orobus lutens L. aufgefasst werden. Es ist aber nicht gerechtfertigt, Formen, die sich durch constante Merkmale unterscheiden und die ausser- dem von einander getrennte Areale bewohnen und in ihrem Verbreitungsbezirke durchaus selbständig auftreten, als Varie- täten zu bezeichnen. Varietät ist eine durch äussere Einflüsse, z. B. durch den Standort, bedingte Form, die durch Aufhebung dieser Einflüsse, also z.B. durch Verpflanzung an einen anders gelegenen Ort, ihre charakteristischen Merkmale verliert. Nun habe ich aber von den meisten? Orobus-Arten aus der Ver- wandtschaft des Orobus luteus L: cultivirte Exemplare gesehen, die alle wesentlichen Eigenthümlichkeiten in der Cultur bei- behalten haben. Wir haben es also mit Formen zu thun, deren Merkmale von äusseren Verhältnissen unabhängig sind: mit Arten. Freilich sind die Unterscheidungsmerkmale dieser Arten geringfügiger als die zwischen Arten, wie etwa Orobus vernus L., Orobus niger L. und Orobus hirsutus L. Die letzteren sind grosse, durch eine Reihe auffallender Merkmale aus- gezeichnete Arten, Hauptarten der Gattung Orobus. Die hier zu behandelnden Arten aus der Verwandtschaft des Orobus Iutenus L. sind dagegen untereinander nahe verwandte, durch relativ wenig auffallende Merkmale von einander geschiedene, 1 Baker (Flora of British India, II, p. 181) zieht auch Orobus aureus Stev. als Synonym zu Orobus luteus L. 2 Von Orobus Iuteus (s. str.), Orobus Emodi Wall. und Orobus trans- silvanicus Spr. sah ich keine cultivirten Exemplare. 486 K. Fritsch, kleine Arten (petites especes).! Solche kleine Arten? dürfen nicht ignorirt werden; im Gegentheil, die genaue Feststellung ihrer Merkmale und besonders ihrer geographischen Verbreitung allein ist geeignet, Licht in die phylogenetischen Beziehungen derseiben zu bringen. Nur eine von den oben erwähnten acht Formen kann ich nicht als selbständige Art betrachten: es ist dies Orobus mon- tanus Scop. Auf den ersten Blick scheint allerdings die Pflanze der Krainer Gebirge von dem in den Westalpen und Pyrenäen vorkommenden ÖOrobus occidentalis (Fisch. et Mey.) wesent- lich verschieden zu sein; bei der Durchsicht reichlichen Herbar- materials stellt sich jedoch die Unmöglichkeit einer scharfen Abgrenzung heraus und ich werde daher die von Scopoli beschriebene Pflanze unter Orobus occidentalis (Fisch, et Mey.) abhandeln. Es folgt nun die specielle Behandlung der einzelnen sieben Arten. Orobus L. Series 1. Liien. A. Species Asiaticae (quarum duae etiam in Europa orientali). 1. Orobus luteus Linng, Spec. pl. ed. 1, p. 728 (1753); Lede- bour, Flora Altaica, III, p. 361 (1331). Syn. Orobus foliis pinnatis ovato-lanceolatis, stipulis tri- angulis, caule ramoso herbaceo Gmelin, Flora Sibirica IV, p. 13, tab. 4 (1769). Orobus Gmelini Fischer in D. C. Prodr., II, p. 378 (1825). Orobus Iutens ß. ovientalis Fischer et Meyer, Index tertius seminum hort. bot. Petrop., p. 42 (1837), pr. p.:* Lede- bour, Flora Rossica, I, p. 690 (1842), non ©. orientalis Boiss. 1 Vergl. Kerner, Schedae ad floram Austro-Hungaricam, I, p. 107. 2 Der Ausdruck »Unterarten« (subspecies) ist zulässig, soferne man darunter nichts anderes versteht, als solche »kleine Arten«. 3 Die anderen Abtheilungen sind nicht Gegenstand dieser Abhandlung. 4 Vergl. S. 483. Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 487 Rhizoma crassum, lignosum, fere tuberosum, radices multas fibrosas emittens. Caulis fortis, glaber, basi lignosus, infra cylindricus, striatus, squamis tantum valde sparsis prae- ditus, superne angulato-sulcatus, dense foliosus. Stipulae in- feriores magnae, late triangulari-ovatae vel fere semi- lunares, basi cordatae, margine crispae, integrae vel dentibus magnis inaequalibus instructae, superiores angustiores, glabrae, juveniles tantum margine ciliatulae. Foliola 6—9, haud raro nonnulla alterna, remota, brevissime petiolulata, elliptica vel oblongo-elliptica, apice in mucronem brevem producta, sed nunquam acuminata, glabra, infra glaucescentia; rhachis angulata, glabra; petioluli barbati. Racemi axillares, longe petiolati, folia nonnumquam excedentes, pluriflori, glabri. Flores magni, ochroleuci, postea fulvolutei, pedicellis saepe deorsum curvatis insidentes. Calyx pallide flavescente-virens, basi supra gibbus, facie glaber, margine obliquo ciliato; dentes breves triangulares, inferiores paulolongiores angustioresque. Vexilli lamina rotundata; carina sub- geniculata obtusa alis curvatis manifeste longior. Stylus apice complanatus, sed vix dilatatus, intus dense barbatus. Legumina linearia, in spinam acuminata, calyce circumdata, glabra. Caulis 60— 100 cm altus. Foliola 40—60 mm longa, 20 u. 253 mm lata. Flores 25—30 mm longi. Calycis tubus! 6 mm, dentes inferiores Il mm longi. Legumina (usque ad spinae apicem) ca. 70 mm longae, 6—7 mm latae. Area geographica. Ural et montes Asiae centralis a Turkestan usque in Davuriam. Spleici mina visa:? 1 Die Länge der Kelchröhre ist stets an der Unterseite, vom Ende des Blüthenstieles bis zum Grunde des medianen Kelchzahnes, gemessen. 2 Abkürzungen: hb. B. — Herbar Boissier, beziehungsweise Bar- bey—Boissier (Genf); hb. H. —= Herbar Haläcsy (Wien); hb. K. = Herbar Kerner (Wien); hb. M. — Herbar des k. k. naturhistorischen Hofmuseums (Wien); hb. P. — Herbar des botanischen Institutes der deutschen k. k. Uni- versität (Prag); hb. R. = Herbar Reuter und Barbey (Genf); hb. U = Herbar des botanischen Museums der k. k. Universität (Wien); hb. Z. = Herbar der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft (Wien). 483 KrkReibsich® Rossia europaea. Ural, Kyn im Gouv. Perm (Teplouk- hoff, 1893, herb. Degen). Asia. Copiosissime ubique in pratis ad flumen Torub usque ad cacumen montis Mustag (Turczaninow, 1846, hb. B.). Turkestan (Krause, hb. B.). Songarei (Schrenk, hb. M., B.). In rupestribus umbrosis montium Aktschauly et Tarbagatai, nec non in montosis ad fl. Irtysch (Karelin et Kiriloff, 1840, Nr. 226, hb. M.); Tarbagatai (Ledebour, 1844, hb. B.). Altai (Ledebour, hb. M,, P.). Altai, Tschusa (Politow, hb. U.). In pratis silvaticis prope Krasnojarsk (Turczaninow, 1838, hb. B.). Davuria (ex herb. Jacquin, hb. M.). Orobus luteus L. ist durch den hohen, kräftigen Wuchs, die niemals zugespitzten Blättchen, die grossen, breiten Neben- blätter, den Mangel jeglicher Behaarung mit Ausnahme der Blättchenstiele und der Kelchmündung, die kurzen, aber doch stets gut entwickelten Kelchzähne und die grossen Blüthen von den meisten verwandten Arten leicht zu unterscheiden. Am nächsten kommen ihm gewisse Formen des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.), die ausnahmsweise kahl sind und kurze Kelchzähne besitzen; vergl. hierüber das unter Orobus occiden- talis (Fisch. et Mey.) Gesagte. Linne's Orobus luteus in der ersten Ausgabe der »Species plantarum« enthält, wie schon in der Einleitung auseinander- gesetzt wurde, nur diese sibirische Pflanze. Erst in seinen späteren Werken confundirte Linne& dieselbe mit Orobus occi- dentalis (Fisch. et Mey.). Gmelin zweifelt an der Identität des von ihm beschriebenen und abgebildeten sibirischen Orobaus mit Orobus luteus L., citirt aber die zweite Ausgabe- der »Species plantarum« (p. 1028), wo thatsächlich Citate und Standorte stehen, die sich zweifellos auf Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) beziehen. Der von Linne ursprünglich aus Sibirien beschriebene Orobus luteus deckt sich aber sicher voll- kommen mit der Pflanze Gmelin’s. Die Diagnosen Linne&’s und Gmelin’s widersprechen einander scheinbar in zwei Punkten; Linne schreibt: »stipulis rotundato-lunatis dentatis«, Gmelin: »stipulae fere triangulae, ambitu crispae, integrae«<; ferner spricht Linne von einem »caulis simplex«, Gmelin von einem »caulis admodum ramosus«. Die Nebenblätter sind bald Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 489 gezähnt, bald ganzrandig und in ihrer Gestalt so veränderlich, dass beide Diagnosen in dieser Beziehung als richtig gelten können. Der Stengel ist insoferne ästig, als er aus den Blatt- achseln langgestielte Blüthenstände entwickelt; vegetative Verzweigung desselben habe ich niemals gesehen; auch die Abipilduns Gmelin’s zeiet sie nicht. Gmelin meint also unter den »Ästen« jedenfalls die Blüthenstände, während Linne den Stengel als einfach bezeichnet, dann aber von »racemi axillares« spricht, so dass beide Angaben dasselbe besagen. Es sei noch bemerkt, dass Ledebour schon in der »Flora Altaica« die Unterschiede zwischen dem sibirischen und west- europäischen Orobus luteus vortrefflich angibt, aber mit dem Satze schliesst: »Pro diversa specie tamen non haberem«. Noch früher hatte schon Fischer die sibirische Pflanze als Orobus Gmelini bezeichnet, ohne jedoch diesen Namen selbst zu ver- öffentlichen. Später wurde dann die Pflanze allgemein als Orobus Iuteus var. orientalis Fisch. et Mey. bezeichnet. Meiner Ansicht nach müssten aber diejenigen, welche den Namen Orobus lIuteus L. in weiterem Sinne gebrauchen und für die sibirische Pflanze einen Varietätnamen verwenden wollen, den älteren Namen Orobus Gmelini Fisch. wählen, weil De Can- dolle unter ausdrücklicher Citirung der Beschreibung und Abbildung Gmelin’s und Angabe des Vaterlandes diesen Namen veröffentlicht hat. Die Pflanze wäre also dann als Orobus Iuteus L. var. (oder besser subsp.) Gmelini (Fisch. pro specie) zu bezeichnen. 2. Orobus Emodi [Wallich, Catalogue, p. 203, Nr. 5948 (1828), nomen solum; Baker in Flora of British India, II, p. 181 (1879) pro synonymo Lathyri lutei Baker] Fritsch. Syn. Lathyrus Intens Baker in Flora of British India, II, p. 180 (1879) (excl. synonym. plur.!), non Orobus luteus Linne. Rhizoma...? Caulis elongatus, tenuis, glaber, inferne cylindricus, superne angulato-sulcatus. Stipulae angustae, longe acuminatae, annexu basali falcato bicaudatae, juniores puberulae. Foliola 6—8, haud raro nonnulla alterna, remota, 490 Ko Ri usich# brevissime petiolulata, elliptica, acuminata, apice mucronata, supra viridia, glabra, subtus glaucescentia, imprimis in nervis pubescentia; rhachis. canalieulata puberula; petioluli tomentoso-barbati. Racemi axillares, longe petiolati, laxe pauciflori, glabri; pedicelli tantum basi barbato- pubescentes. Flores ochroleuci, vexillo supra intensius luteo. Calyx pallens, basi supra gibbus, facie glaber, margine obliquo ciliato; dentes lineari-triangulares, inferiores in arıstam acuminati. Carina subacuta, alis paululum longior. Stylus ut in O. luteo L. Legumina matura calyce, corolla, staminum tubo circumdata, linearia, in spinam acumi- nata, compressa, utringque carinata, seminibus ejaculatis con- torta. Caulis 70—80 cm altus. Foliola 60—80 mm longa, 20 u. 40 mm lata. Flores ca. 23 mm longi. Calycis tubus 6 mm, dentes superiores 0:5 mm, laterales 1’5—2 mm, infimus 2—3 mm. Legumina contorta 60—70 mm longa, valvis ca. 9 mm latis. Area geographica. Himalaja occidentalis. Specimina visa. Himalaja boreali-occidentalis, 4000 u. 7000’ (Hooker fil. et Thomson, hb. M.). Kashmir, Limbar nullah, 10000—12000’ (Duthie Nr. 11041, hb. U.). Damdar Valley, 10000— 11000’ (Duthie, Flora of North-Western India | Tihri-Garhwäl] Nr. 1016, hb. B.). Ganges Valley near Jängla 8000— 9000’ (Duthie, |. c. Nr. 1016, hb. B.). Orobus Emodi Wall. steht in allen Merkmalen dem Orobus grandiflorus Boiss. am nächsten, bei dessen Besprechung ich die Unterschiede angeben werde. Von Orobus luteus L. unter- scheidet sich Orobus Emodi Wall. schon habituell durch die stets zugespitzten Blättchen und viel schmälere Nebenblätter, ferner durch die Behaarung der Blattunterseite, der Trauben- spindel und der Blüthenstiele. Auch ist Orobus Emodi Wall. viel zarter und schlaffer, hat bedeutend dünnere Stengel und längere Kelchzipfel. Die oben citirten Exemplare des Orobus Emodi Wall. aus Kashmir (Duthie, Nr. 11041), welche zu Beginn der Anthese gesammelt wurden, weichen auf den ersten Blick von den übrigen mir vorliegenden Exemplaren dieser Art erheblich ab. Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 491 Am auffallendsten ist der Umstand, dass die Blätter zur Blüthe- zeit noch ganz unentwickelt sind, etwa so wie bei Orobus vernus L. Ferner ist der Stengel nicht immer kahl, sondern bei einem der Exemplare dicht kurz behaart. Die Nebenblätter sind etwas breiter als bei typischem Orobus Emodi W all., die Kelch- zipfel des behaarten Exemplares etwas länger als bei den anderen. Diese Pflanze wurde von Duthie am 18. Mai 1892 gesammelt, während der typische Orobus Emodi Wall. von demselben Sammler im Damdarthale (Duthie, Nr. 1016) in derselben Seehöhe erst am 26. Juni (1883) blühend getroffen wurde. Bezüglich der Behaarung möchte ich nur noch be- merken, dass dieselbe wahrscheinlich später verschwindet.! Wegen der auffallenden Entwicklung der Blüthen vor der Ent- faltung der Blätter, die ich bei einem Orobus aus der Gruppe des O. /uteus L. nie in so auffallender Weise beobachtet habe, scheint es mir geboten, die von Duthie in Kashmir gesammelte Pflanze mit einem eigenen Namen, als var. majalis, zu be- zeichnen. Der Name Orobus Emodi Wall. ist bis jetzt nicht rechts- giltig publicirt worden. Bei Wallich selbst ist er nicht nur »nomen nudum«, sondern auch noch mit ? bezeichnet. Nur durch Baker, der diesen Namen als Synonym zu seinem Lathyrus Inteus citirt, erfährt man, was Orobus Emodi Wall. überhaupt ist. Ich wäre unter diesen Umständen berechtigt gewesen, diese Pflanze neu zu benennen, zog es aber vor, einen bereits existirenden Namen in Anwendung zu bringen. Es sei noch bemerkt, dass Baker nicht berechtigt war, sich als Autor des Lathyrus lutens zu bezeichnen, da dieser Name bereits früher von Petermann und Grenier für »Orobus luteus L.«, beziehungsweise für Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) gebraucht wurde (vergl. die unten angeführten Synonyme des O.occidentalis). Übrigens weiss auch der »Index Kewensis« nichts von der Existenz eines Lathyrus Inteus Petermann, beziehungsweise Grenier. 1 Übrigens ist die Behaarung z. B. auch bei Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) variabel. co [e8) Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 492 K. Fritsch, 3. Orobus grandiflorus Boissier, Flora Orientalis, II, p. 622 (1872). Rhizoma...? Caulis tenuis, glandulis minutis brun- neis adspersus, ceterum glaber,! angulatus. Stipulae semilunares, acuminatae, basin versus dilatatae et nonnum- quam repando-dentatae, glandulis adspersae, ceterum glabrae. Foliola plerumque 8—10 (rarius 5—7), haud raro nonnulla alterna, remota, brevissime petiolulata, elliptica, acuminata, apice mucronata, utrinque elevato-nervosa, sub- tus pallidiora glandulisque minutis (supra multo rariori- bus) punctata; petioluli pubescentes. Racemi axillares, folia vixX excedentes, multiflori, glandulosi. Flores magni, lutei, vexillo saturatius tinctoe. Calyx pallidus, basi saepe infuscatus, basi supra gibbus, parce glandulosus; dentes superioresi !breves, Kinlamenlares, Einfeniores zalge elongatae, subulatae, puberulae. Carina acuta, alis manifeste longior. Stylus apice complanatus, supra dense barbatus. Legumina linearia, in spinam attenuata, denique contorta, glandulis adspersa, ceterum glabra. Semina com- presso-cylindrica, obtusata, atrofusca, nitida; hilum lineare. Foliola 60—70 mm longa, 20— 32 mm lata. Flores 25 u. 30 mm longi. Calycis tubus 6 mm, dentes superiores ca. | mm, laterales 4—5 mm, inimus ca. 6 mm longus. Legumina 30 u. 70 mm longa, 9—7 mm lata. Semina bene evoluta 6 mm longa, 3 mm lata; hilum 45 mm longum. Area geographica. Montes Armeniae australis et Syriae borealis. Specimina visa: Prov. Musch, ad- radices australes Bingoel montis ad Gumgum in districtu Warto, in querceto ad pagum Koweg, 5000’ (Kotschy, it. cilic.-kurd. 1859, Nr. 349, hb. B., M.). Libanon, sur les hauteurs, qui dominent Eden (Reygasse, hb. B., specimen originale!) — Cultus in »Jardin de Valleyres« ex seminibus a Kotschy prope Musch ad radices Bingoel Dagh, ab aliis in Libano lectis (hb. B., hb.R.). 1 Bei mikroskopischer Untersuchung findet man neben den Drüsen auch einfache, einzellige Haare, aber nur spärlich. Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 495 Orobus grandiflorus Boiss., der die grossen Blüthen mit Orobus Iuteus L. und Orobus Emodi Wall. gemein hat, lässt sich von diesen beiden Arten leicht unterscheiden. Von Orobus lutens L. weicht er durch die zugespitzten Blätter und längere Kelchzipfel, von Orobus Emodi Wall. durch den fast gänz- lichen Mangel der Behaarung und die reichblüthigen Trauben ab. Ausserdem sind fast alle Theile der Pflanze mit sehr kleinen, braunen Drüsen besetzt, weiche bei den beiden vorher be- schriebenen Arten gar nicht, oder doch nur so spärlich und ver- einzelt vorkommen, dass sie nur bei eingehender Untersuchung aufgefunden werden können. Diese Drüsen erweisen sich bei mikroskopischer Unter- suchung als dreizellige, keulenförmige Trichome, die aus einer kurzen, farblosen Stielzelle und zwei mit braunem Inhalt erfüllten Zellen bestehen. Sehr häufig sind diese Trichome — wenigstens an der getrockneten Pflanze — derart umgelest, dass sie der Epidermis enge anliegen und dann bei schwächerer Vergrösserung den Eindruck stielloser, schildförmiger Drüsen machen. Es sei übrigens darauf aufmerksam gemacht, dass auf den Stengeln und Blättern der Orobus-Arten (besonders häufig bei Orobus transsilvanicus Spr.) nicht selten ein Pilz vor- kommt, welcher braune oder schwärzliche Punkte erzeugt, die bei Betrachtung mit der Lupe leicht für Drüsen gehalten werden können. Jedoch sind diese Punkte viel unregelmässiger und meistens von einem gebräunten Hofe umgeben; übrigens gibt die mikroskopische Untersuchung sofort Aufschluss. Die hier beschriebenen Drüsen kommen auch dem Orobus aureus Stev. und dem Orobus transsilvanicus Spr. zu. Während jedoch die letztere Art durch die niemals zugespitzten Blätter und die starke Behaarung leicht zu erkennen ist, steht Orobus aureus Stev., der sich auch geographisch unmittelbar an- schliesst, dem Orobus grandiflorus Boiss. sehr nahe. Boissier hatte in seinem Herbar auch zuerst die Pflanze nur als Varietät des Orobus aureus Stev. bezeichnet. In der »Flora Orientalis« gibt er als specifische Unterschiede die dreimal grösseren Blüthen, den kahlen Kelch und das die Flügel überragende Schiffchen an. Nun gibt es aber auch Exemplare des Orobus aureus Stev. mit nur wenig behaarten Kelchen und fast kahlen 33# 494 K. Fritsch, Stengeln und Blättern. Es bleiben also zur sicheren Unter- scheidung nur die Blüthen, welche übrigens nicht dreimal, sondern kaum doppelt so gross sind, als bei Orobus aureus Stev., und das allerdings constante Längenverhältniss des Schiffchens und der Flügel. Fruchtexemplare beider Arten sind daher nur auf Grund der Behaarung zu unterscheiden; gleich- wohl kann ich Kotschy’s Nr. 294 aus Nord-Syrien, welche Boissier zu dem Orobus grandiflorus citirt, wegen der ziem- lich auffälligen Behaarung des Stengels und der Kelche nicht hieher stellen, sondern nur zu Orobus aurens Stev. Umgekehrt gehört aber Kotschy’s Nr. 349, welche Boissier zu Orobus aureus Stev. citirt, nicht zu dieser Art, sondern zu Orobus grandiflorus Boiss. Es geht dies nicht nur aus dem Mangel der Behaarung der in Fruchtexemplaren -gesammelten Pflanze, sondern insbesondere aus den oben citirten blühenden Exemplaren hervor, welche im Garten zu Valleyres aus den von Kotschy von demselben Standorte (Bingoel Dagh) mitgebrachten Samen erzogen wurden und die typischen Blüthen des Orobus grandiflorus Boiss. zeigen. Die Blätter sind bei diesem armenischen OÖ. grandiflorus Boiss. wesentlich schmäler als bei Orobus aureus Stev., bei anderen Exemplaren aber ebenso breit wie bei Orobus aureus Stev. Wenn ich hier Orobus grandiflorus Boiss. trotz seiner nahen Verwandtschaft mit Orobus aurens Stev. als eigene Art aufführe, so geschieht dies insbesondere desshalb, weil mir . cultivirte Exemplare beider Arten aus dem Garten in Valleyres vorliegen, welche zeigen, dass sich die in den Blüthen liegenden Unterscheidungsmerkmale auch in der Cultur unverändert erhalten. 4. Orobus aureus Steven in Fischer et Meyer, Index tertius seminum hort. Petrop., p. 42 (1837). Syn. Orobus Orientalis Boiss., Diagn. pl. Orient. nov., ser. 1, fasc. 2, p. 106 (1843); non ©. Zuteus ß. orientalis Fisch. etMey. Orobus Kolenatii C. Koch in Linnaea XXIV, p. 96 (1851). Lathyrus aureus Brandza, Prodromul Florei Romane, p. 946 (1883); Taubert in »Natürl. Planzenfam.«, III, 3, p. 354 (1894). Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 495 Rhizoma lignosum, pluricaule. Caulis tenuis,glandulis minutisbrunneisadspersus,ceterum puberulus vel sub- glaber, angulatus. Stipulae semilunares, inferiores latiores, acu- minatae, nonnumquam basin versus crispo-dentatae, glandulis adspersae etminute puberulae,rarius subglabrae. Foliola plerumque 6—8, haud raro nonnulla alterna, brevissime petiolu- lata, ovato-elliptica, breviter acuminata (ima nonnum- quam obtusa) et mucronata, utrinque elevato-nervosa, subtus Ballıdıorasalandulisaue punetatar; petiolus,srhaechis; Dez pair, pllenumquer! puberuli; petioluliThirsutt. Racemi axillares, longe petiolati, multiflori, pubescentes slandulisque minutis adspersi. Pedicelli curvati, vil- losuli. Flores iis affinium minores, fulvo-lutei. Calyx viridis vel infuscatus, basi supra gibbus, pubescens et minute (saepe sparse tantum) glandulosus; dentes supe- riores obtusato-triangulares, laterales lanceolato- triangulares multo longiores, infimus subulato-line- aris, tubum aequans. Carina obtusa vel subacuta, alis manifeste brevior. Stylus complanatus, apice supra dense barbatus. Legumina linearia, in spinam attenuata, reticulato- nervosa, juniora dense glandulosa, ceterum glabra, semini- bus ejaculatis contorta. Semina compressa, circuitu ob- longa, atrofusca; hilum lineare. Caulis 60 cm et ultra altus. Foliola 60—70 mm longa, 30—40 mm lata. Flores plerumque 18—20 mm longi. Calycis tubus 4—-O mm, dentes superiores ca. Imm, laterales 3—5 mm, infimus 4—6 mm longus. Legumina 69—75 mm longa (vel breviora), 5—6 mm lata. Semina 5—6 mm longa, 3:5 —4 mm lata; hilum 4:5 —5 mm longum. Area geographica. Montes Tauriae, Romaniae australis et Bulgariae, Asiae minoris usque in Armeniam australem et Syriam borealem. Specimina visa: Tauria. Specimina originalia (Steven, hb. M., Turcza- ninoff, 1846, hb. B.). In silvis prope Sebastopolim (Parreys, Nr. 93, hb. M., hb. P.). In Wäldern am Demerdzi (Rehmann, it. Taur. 1874, hb. B.) 496 K. Fritsch, Romania et Bulgaria. Babadagh in der Dobrudscha, Wald von Cucarova (Sintenis, 1873, hb. B.). Comana, in silvis (Grecescu, hb. H.). In nemoribus prope pagum Obirtenik inter Rustschuk et Bjela (Janka, iter turcicum 1871 et 1872, hb. B,, RE. MM) > Durguie dEtrope hrirker1279,Nn0nB: Asia. Pres de la cascade, dans les fore&ts, sur le revers nord du Mont Olympe, Bithynie (Burnat, 1889, hb. B.). Olymp. Bithyn. (Aucher-Bloy, 3NE1IO22FhB Br NZ lspeezorz O. orientalis Boiss.!], Fritsch, hb. B., Montbret, hb. M., Frivaldszky, hb. M.). Ad Bolu in Bithynia (Pestalozza, 1846, hb. B.). Pontus austr., in monte Ak-dagh prope Amasia, i11l00 m (Bornmüller, Pl. Anatol. orient. 1890, Nr. 2643, hb. B- M., P.). Anatolien (Wiedemann, hb. U.). Lazistan, vallee de Djimil, vers 2000 »n; bord des chemins (Balansa, 1866, Nr. 183, hb. B.). In monte Argaeo Cappadociae, Gereme, 4500’ (Kotschy, ie. elle kurd. 1899, Nr 2092707 BE MI SAcnemaerasetee Szandschak Gümüschkhane, Darsosdagh, in quercetis (Sin- tenis. Iter orientale 1894, Nr. 5742). Syria borealis, in silvis abietum ad Akma Dagh prope Beilan, 4500’ (Kotschy, 1862, BlYSyr..bor. Nr. 294). hbB., M). Syria Moentbret, 'hb-ID5 Cultus in horto (Valleyres) ex seminibus a Kotschy in Autmenia leeus (hbrB,aR). Cultus=in hortorkrasensıı Hure) et Vindobonensi, ubi vidi vivum. Orobus aureus Stev. ist in Bezug auf Gestalt und Grösse der Blättchen, sowie auch in Bezug auf Behaarung, innerhalb gewisser (ziemlich enger!) Grenzen veränderlich, aber doch stets leicht von allen verwandten -Arten, mit Ausnahme des Orobus grandiflorus Boiss., zu unterscheiden. Auch ist Orobus grandiflorus Boiss. die einzige verwandte Art, deren Ver- breitungsgebiet mit einem Theile des Areals des Orobus aureus Stev. zusammenfällt. Die Blättchen sind übrigens niemals so schmal, wie bei dem von Kotschy unter Nr. 349 ausgegebenen Orobus grandiflorus Boiss.; wie aber bereits bei letzterer Art erwähnt wurde, gibt es auch Exemplare derselben, die sich in Bezug auf die Blattgestalt von Orobus aureus Stev. nicht unterscheiden lassen. Dagegen fand ich den Kelch, sowie die Traubenspindel und Blüthenstiele bei Orobus aureus Stev. stets behaart, auch noch an Fruchtexemplaren, niemals dagegen Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 497 bei Orobus grandiflorus Boiss. Diese Behaarung ist besonders stark, fast zottig, bei den bulgarischen, von Janka gesammelten Exemplaren; bei einigen kleinasiatischen Exemplaren dagegen nur sehr spärlich. Schliesslich sei noch erwähnt, dass die Exemplare aus Lazistan (l. Balansa) durch besonders grosse, slänzende Blättchen und etwas grössere Blüthen auffallen, während z.B. die aus der Dobrudscha vorliegende Pflanze sehr kleinblüthig ist. Orobus Emodi Wall., der bei flüchtiger Betrachtung dem Orobus aurenus Stev. ähnlich ist, ist durch zarteren, schlafferen Bau, Mangel des drüsigen Überzuges, kahle Traubenspindel Undekelche,) lockere, armblüthise Trauben, kürzere untere Kelchzähne und grössere, heller gelbe Blüthen leicht zu unter- scheiden. An der Identität der schon von Boissier vereinigten Arten Orobus aurens Stev., Orobus orientalis Boiss. und Orobus Kolenatii C. Koch besteht nicht der geringste Zweifel. Von den beiden ersteren sah ich Originalexemplare; die Beschreibung des Orobus Kolenatii C. Koch passt aber Wort für Wort so genau auf Orobus aureus Stev., dass damit unmöglich eine andere Pflanze gemeint sein kann. B. Species Europaeae. 5. Orobus transsilvanicus Sprengel, Systema vegetab., III, p. 200. 41520): Syn. Orobus laevigatus Baumgarten, Enumer. stirp., II, p. 329 (1816), non W.K. Rhizoma lignosum, ramosum. Caulis bası lignosus, sulcato-striatus, infra squamis tantum praeditus, sparse minute glandulosus, ceterum glaber; supra dense foliosus, hirsutus. Stipulae inferiores latae, annexu basali falcato praeditae, glandulis multis obsitae, superiores angusti- ores bicaudatae, hirsutae. Foliola 4—6, haud raro alterna, parum remota, brevissime petiolulata, late elliptica, apice mucronata, sed rarissime acuminata, subtus glauces- centia et puberula, inferiora etiam sparse glandu- BEechaehis et imprimis petiolwli, foliorum supe riorum villoso-hirsuti. Racemi axillares, foliis plerum- 498 K. Fritsch, que breviores, pauci- vel pluriflori, hirsuti. Flores medi- ocres, fulvo-lutei, pedicellis villoso-hirsutis insidentes. Calyx pallide viridis vel subcoloratus, basi supra gibbus, villosus; dentes superiores breves, triangulares, in- feriores multo longiores. Carina vix acuta, alis paulo longior. Stylus apice vix dilatatus, intus barbatus. Legumina linearia, complanata, in spinam attenuata, glabra, juniora stylo longo rostrata. Caulis 50—70 cm altus. Foliola 50—70 mm longa, 25— 80 mm lata. Flores fere 20 mm longi. Calycis tubus 5 mm, dentes superiores ca. 1 mm, laterales plerumque 4 mm, infimus fere 5 mm longus. Legumina (immatura) ca. 60 mm longa, 6—7 mm lata. Area geographica. Montes Transsilvaniae. Specimina visa: Bükk bei Klausenburg, an Wald- rändern und auf Wiesen (Janka, hb. M., U., Z, H.; Wolff, hb. M., Z.; Vägner, hb. M.). In Obstgärten und Bergwäldern bei Schässburg im »Wolkendorfer Grund«, in 520 m Seehöhe, häufig (Barth in Flora exsiccata Austro-Hungarica Nr. 2403 et in Baenitz, hb. Europ. Nr. 3061, hb. K., H.,M.; Baumgarten sub nom. Orobi laevigati W. K., hb. M.). Orobus transsilvanicus Spr. schliesst sich enge an den gleich darauf zu besprechenden Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) an. Von typischen Exemplaren desselben ist er leicht durch die starke, fast zottige Behaarung und die grossen, nur in 2—3 Paaren vorhandenen Blättchen zu unterscheiden. Da jedoch Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) sowohl in Bezug auf die Behaarung, als auch in der Grösse der Blättchen sehr veränderlich ist, so gibt es Formen desselben, die sehr nahe an Orobus transsilvanicus Spr. herankommen. Gleichwohl tritt Orobus transsilvanicus Spr. in Siebenbürgen durchaus selbst- ständig auf; er vertritt dort den gänzlich fehlenden Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.). Neben ihm kommt in Sieben- bürgen nur noch Orobus laevigatus W.K. vor, der wegen des Mangels der Behaarung und wegen der sehr verkürzten Kelch- zähne von ÖOrobus transsilvanicus Spr. sehr auffallend ab- weicht und meines Wissens niemals durch Zwischenformen mit ihm verknüpft ist. Er Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 499 Von den asiatischen Arten ist keine mit Orobus trans- silvanicus Spr. zu verwechseln. In Bezug auf die Behaarung kommt ihm von diesen Orobus aureus Stev. am nächsten, der aber durch zugespitzte Blättchen und durch die drüsige Be- kleidung der Inflorescenzen leicht zu unterscheiden ist. Bei Orobus transsilvanicus Spr. finden sich nämlich die Drüsen- haare nur am unteren Theile der Pflanze, wo sie namentlich an den Nebenblättern, Blattspindeln und an der Unterseite der Blättchen auftreten. Von den übrigen asiatischen Arten ist Orobus transsilvanicus Spr. durch die starke Behaarung des Stengels und der Inflorescenzen (auch der Kelche) — abgesehen von anderen Merkmalen — sehr leicht zu unterscheiden. Baumgarten hielt die eben besprochene Art für Orobus laevigatus W.K., während er den letzteren als Orobus Iuteus L. bezeichnete. Diese Verwechslung wäre nicht möglich gewesen, wenn Baumgarten die Beschreibung und Abbildung des Orobus laevigatus W.K. mit den von ihm in Siebenbürgen gesammelten Orobus-Arten verglichen hätte. Sprengel er- kannte den Irrthum Baumgarten’s und nannte die von Letzterem verkannte Pflanze Orobus transsilvanicus, unter welchem Namen sie seither allgemein bekannt geworden ist. 6. Orobus occidentalis [Fischer et Meyer, Index tertius seminum hort. Petrop., p. 42 (1837) pro var. O. Iutei L.] Fritsch. Syn 07obus Isrens Kımme, Spechpl.ed.2,21028.1763); pr. p. (quoad plantam Europaeam), non Spec. pl. ed. 1. Lathyrus ochraceus Kittel, Taschenbuch der Flora Deutschlands, 2. Aufl., p. 1183 (1844). Lathyrus montanus Godr. et Gren., Flore de France, I, p. 456 (1848), non Bernh. Lathyrus Inteus Petermann, Deutschl. Flora, p. 155 (1849); Grenier, Flore.de la chaine Jurassique, p. 192 (1865), non Baker. Rhizoma horizontale, lignosum. Caulis basi cylindricus, aphyllus, superne angulatus, dense foliatus, modo puberulus etsparse minute glandulosus, modo subglaber, tenu- issime pruinosus. Stipulae inferiores late triangulari- 800 K. Fritsch, ovatae, basi oblique cordatae, margine saepe den- tatae, plerumque glandulosae, saepe etiam puberulae. Foliola 6—10, haud raro alterna, parum remota, brevissime petiolulata, elliptica vel elliptico-lanceolata, apice mucro- nata, ceterum acuta (rarissime acuminata), subtus glau- cescentia et plerumque puberulaz7rperolult Wparbare Racemi axillares, pluriflori, puberuli vel glabri, nonnum- quam glandulosi. Flores fulvo-ochroleuci. Calyx pallidus vel infuscatus, basi supra gibbus, villosulo-puberulus (rarıus glaber et in margine tantum ciliatus); dentes supe- riores breves triangulares, inferiores elongati (rarius superioribus parum longiores). Carina subacuta, alis manifeste longior. Stylus apice spathulato-dilatatus, intus brevissime tomentellus. Legumina juniora linearia, in stylum longe attenuata; adulta in spinam attenuata, seminibus ejacu- latis contorta. Semina compressa, circuitu subrotunda, atrofusca; hilum lineare. Caulis 30—60 cm altus. Foliola 30—75 mm longa, 12u. 25 mım lata. Flores 22—25 mm longi. Calyeis tubus 5—6 mm, dentes superiores vix | mm, laterales in planta typica 2—3 mm, infimus in eadem 3—5 mm longi. Legumina fere 60 mm longa, 6—7/ mm lata. Semina bene evoluta 4 mm longa et lata, 2 mm crassa; hilum 3 mm longum. Area geographica. A Pyrenaeis per Alpium tractum usque in Austriam superiorem, Stiriam, Carnioliam, Istriam, Croatiam, Serbiam, Banatum; Apenninus. Specimina visa: Pyrenaei. Bosque de Burguete de la regata que viene del Alto Biscarra, Roncesvalles (Pavon, 1786, hb. B.). Ad rupes du Bois prope Cauterets (Dupuy, hb. U.). Hautes Pyrenees, Gedre (Bordere, 1870, hb. M,, K,, El. Dupuy, hb. U). Braities ombrag£es et bords des bois du vallon de Bareilles pres d’Arreau (Boutigny in Billot, Fl. Gall. et Germ. exsiec. Nr. 969, hb. B,, Wr Cierpr (Caumet, hb2 M). Hautesebyrenees, (Boueecr Boa nb> BR). HM. du Capsır (Riyaiieree16s0rhprB): Apenninus. In pratis et silvaticis Apennini Pistoriensis, Boscolungo, 1300 m (Levier, 1876, hb. B., Z.). Alle falde del Cimone, alto Apennino Modenese (Gibelli, hb. H.). Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 01 Alpes Gallicae. Mont Seuse pres Gap (Gariod, hb. Ü.). For&t de Boscodon, sous Embrun (Gariod, hb. U.). La Made- leine au Lautaret (Gariod, hb. U.). Hautes Alpes, Lautaret, 2000 m (Faure et Chaboisseau in Magnier, Flora selecta ENEsol, hb. Ms Eh) Guillestre?(Maille, hb.:M). +Briancon (Querin, hb. B.). Brezon (?) (Bourgeau, 1848, hb. R.). Grande Chartreuse, Isere (Jordan, hb. Z.). Chambery (Huguenin, hb. K.). Vivace, montagne de Grenier, pres le passage de la Grotte (Hiusuenin, Nr. 27, hb. U.). Jura etAlpes Helveticae. LaDöle, abondant (Michalet HB Sehmidely,. hb..H.shb.B,, hb..R). Reeulet (hb..R.) Jura pres de Thoiry (hb.R.). Jura, au vall. d’Ardreau(?) (Ayasse, hb. Z.). Mont Meri pr. Geneve (Weyler, hb. M.). Vallee de Ferret, au dessous de chälets, abondant (Reuter, hb. R., hb. B.). Berner Alpen, Stocekhern!(Nee, hb. B): Eipiesiul inolliaersepremerionalis, IBayanılae, Salıs- burgi, Austriae superioris, Stiriae. Im Bernhardsthale bei Elbigenalp im Lechthale (Friedler, hb. K.). Alpen im Amper- gebirge bei Rothenbach, sehr spärlich unter Krummholz (Schonger, hb. K.). In Wäldern unter Haselgesträuch bei Schneizelreuth unweit Reichenhall (Spitzel in Rchb. Fl. Germ. exsice. Nr. 1257, hb. B., hb. M.). +Mauthäusl bei Reichenhall, an Felsen (Kreutzer, hb. K.). +Subalpine Bergwiesen bei Salz- burg (Brandmayer, hb. Z.). + Hintersee bei Salzburg (Hinter- munsrer, hb22.). Schafbere bei Mondsee (Hinterhuber, hp-PR.): Gesträuch beim Steyerstes um Bodinggraben bei Windisch- garsten (OÖberleitner, hb. U.). Alpenweiden am Gipfel des Almkogels bei Weyer, 4800’ (Oberleitner, hb. U., hb. Z.). In der Alpenregion des Pyrgas bei Admont, auf Kalk, 4500. (Sttobl.hb.!K.) ElpiesuliroliaermeridionalisietVienetiae, 7In'pratis Carigole ad Paneveggio, solo porphyraceo, 1600 m (Eichen- feld, hb. H.). +Alpenwiesen auf dem Kreuzberge bei Sexten, auf Kalk, 5000—6000’ (Gander, hb. U.; Huter, hb. K., hb. P.). Wiesen in Ampezzo, 1300— 1500 m (Treffer, hb. Z.). Landro (Strauss, Maly, Brandmayer, hb. Z.). Tirolia australis (Wacehini, hb. R.). M. Tomatico prope Feltre (Ambrosi hb. M.). Mt. Serva bei. Belluno (Spreitzenhofer, hb. Z.). 502 K. Fritsch, Carinthia. Auf dem Lamprechtkogel in der Plöcken, auf Wiesen (Pichler, hb. K., H.). Auf Bergwiesen bei Raibl im Canalthal, auf Kalk, 900 m (Jabornegg in Flora exsiccata Austro-Hungarica Nr. 2402; Richter, hb. H.; Brandmayer, hb. Z.; Kremer, hb. Z., hb. B.). rAuf Wiesen im Bärenthal (Krenberger, hb. K., H.). Auf Wiesen bei St. Anna am Fuss des Loibl (Hoppe, hb. U.; Traunfellner, hb. P.; Wulfen, hp. M.;Heuifler, hb. Z Krenbereern, hb, Z, EHE 7 Aupbees- wiesen im Bodenthal, 3600’ (Jabornegg, hb. U., R., Z.). Alpes Carinthiae (Hauser, hb. M.). $+»Kärnten« (Ressmann, hb. Z.). Montes Goriziae, Carnioliae, Istriae. Wiesen am Mersiy Vrh bei Tolmein (Kremer, hb. Z.). +Alpe Goliza und Begunhza (Freyer in Rchb. Fl. Germ. exsicc. Nr. 1256 sub nom. ©. laevigati Kit., hb. B., H., M.). Ad pedem montis Stol prope Veldes (Rastern, hb. K.). Alpe BelSica bei Jauerburg (Deschmann, hb. U.). + Grosskahlenberg (Freyer in Rchb. FI. Germ. exsicc. Nr. 1257 sub nom. O. Intei L.).+Laibach (Reichen- bach, hb. R.). +ISskaschlucht zwischen Krim- und Mokrätzberg bei Laibach (Deschmann, hb. Z.). Idria (Dolliner, hb. Z.). Robila (Feriantschitsch, hb. M.). 7Nanos, am Saume der Buchenwälder oberhalb der Hieronymuskapelle (Tommasini, home U: Kernmer,sihbake.; Bäldolss bob ZEEnpERIE + Krainer Schneeberg, unter Krummholz (Kerner, hb. K.). + Monte Maggiore (Tommasini, hb. Z.). +In silvis montanis Illyriae (Tommasini, hb. B.). Croatia. +In alpe Plissivitza Croatiae (Kitaibel, als O. laevigatus, hb. P.).! FSamar (Borbäs, hb. K.). In pratis prope Sealvanı (Nainer,0n03B. 2SchilossierehbsL.9: Banatus. +In silvis montis Simion ad Oravicza (Heuffel, non, BJ, Wilenzbiieckkt ihbaR nos) Serbia. +In silvestribus saxosis montis Ples (Pan£ic, hb. B.). Unter allen verwandten Arten ist Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) in seinen Merkmalen am unbeständigsten. In typischen Exemplaren, wie sie namentlich in den fran- zösischen Alpen und in der Schweiz vorkommen, ist er mit 1 Vergl. das unter Orobus laevigatus W. K. Gesagte. Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 803 gar keiner anderen Art zu verwechseln. Schon habituell durch die kleinen, schmalen Blättchen sehr auffallend, unterscheidet es sich von Orobus luteus L. und O. laevigalus W. K. sofort durch die Behaarung und die verlängerten Kelchzipfel; von Orobus aureus Stev. nebst anderen Merkmalen durch die nicht zugespitzten Blättchen und die grösseren Blüthen, deren Schiffchen die Flügel stets überragt; von O. grandiflorus Boiss. und O. Emodi Wall. schon durch die Behaarung allein, sowie gleichfalls durch die nicht zugespitzten Blättchen. Am nächsten steht der typische Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) dem Orobus transsilvanicns Spr., welcher aber bedeutend grössere und breitere Blättchen hat und viel stärker, fast zottig behaart ist, Stark behaarte Exemplare des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.), die zugleich grössere und breitere Blättchen haben, stehen dem Orobus transsilvanicus Spr. oft schon sehr nahe, ohne jedoch vollständig mit ihm übereinzustimmen. Es muss jedoch ausdrücklich hervorgehoben werden, dass gerade in den Siebenbürgen zunächst liegenden Theilen des Verbreitungs- bezirkes des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.), so nament- lich in Krain und Croatien, derartige Annäherungsformen nicht vorkommen. Dagegen finden sich in dem eben genannten Gebiete fast ausschliesslich Formen des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.), welche man direct als Zwischenformen zwischen diesem und Orobus laevigatus W. K. auffassen muss. Der typische Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) hat den Stengel, die Unterseite der Blättchen, die Nebenblätter, Traubenspindel und Kelche stets mehr oder weniger behaart; bei Orobus lae- vigatus W. K. dagegen sind alle diese Theile fast immer ganz kahl und nur der Rand des Kelches gewimpert, so wie bei Orobus luteus L. Die erwähnten Zwischenformen haben oft noch die Kelche behaart, während alle vegetativen Theile (mit Ausnahme der auch bei Orobus laevigatus W. K. gebärteten Blattstielchen) nahezu ganz kahl sind. Ebenso verhält es sich mit der Gestalt der Kelchzähne: bei typischem Orobus occi- dentalis (Fisch. et Mey.) sind dieselben sehr verlängert, bei Orobus laevigatus W.K. auf ganz kurze, pfriemliche Spitzen reducirt; bei den erwähnten Zwischenformen mehr oder weniger 504 K. Fritsch, stark verkürzt, aber immer noch stärker entwickelt als bei Orobus laevigatus W.R. Es ist unter diesen Umständen unmöglich, eine scharfe Grenze zwischen Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) und Orobus laevigatus W. K. zu ziehen. Anderseits ist die Zu- sammenziehung beider Arten ganz unmöglich, da die Differenzen zwischen typischen Exemplaren beider Arten grösser sind als zwischen allerı anderen Arten dieser Gruppe. Man könnte sich vielleicht dadurch helfen, dass man den Krainer Orobus, der in seinen Merkmalen thatsächlich die Mitte zwischen den beiden hält, von beiden abtrennen und als Orobus montanus Scop.! selbständig behandeln würde. Ich konnte mich aber hiezu deshalb nicht entschliessen, weil diese Art eine ganz künstlich abgegrenzte sein würde. Die Mittelformen zwischen Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) und Orobus laevigatus W. K. sind unter einander durchaus nicht gleich: manche Exemplare haben die Blattform und die Behaarung des einen und die Kelchzipfel des anderen, manche die Blattform und Kelchzipfel des einen, aber ohne die charakteristische Behaarung u.s. w. Legt man aber nur auf eines dieser Merkmale Gewicht, z. B. auf die Länge der Kelchzipfel, so müsste man auch einzelne Exemplare aus den Pyrenäen und aus Frankreich, deren Zugehörigkeit zu Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) gar keinem Zweifel unterliegt, von diesem abtrennen. Auch findet man oft an einem und demselben Standorte neben einander Individuen, welche habituell vollkommen ähnlich sind, von denen aber eines verlängerte, ein anderes verkürzte Kelchzipfel, oder das eine behaarte, das andere kahle Kelche-hat. Es ist von Wichtigkeit, hervorzuheben, dass in jenen Gebieten, wo Orobus laevigatus W. K. vollständig fehlt, also insbesondere in den Pyrenäen und Westalpen, sowie im Apennin, auch die erwähnten Zwischenformen fehlen, oder doch nur ganz vereinzelt neben der typischen Pflanze vor- kommen. Weiter nach Osten zu werden derlei Formen immer häufiger, so dass in Krain und Croatien schon die typische Form geradezu selten ist. Ich habe in dem obigen Verzeichnisse 1 Vergl. S. 480, 8. Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 505 der von mir eingesehenen Exemplare jene Standorte, von welchen ich Exemplare mit stark verkürzten Kelchzipfeln (neben typischen oder auch allein) sah, durch ein vorgesetztes + bezeichnet. Die eben besprochene, vorzugsweise im Osten des Ver- breitungsgebietes der Art wachsende Form des Orobus occiden- talis (Fisch. et Mey.) steht auch dem sibirischen Orobus Inteus L. sehr nahe. Exemplare, welche nicht nur verkürzte Kelchzipfel, sondern auch kahle Stengel, Blätter und Kelche haben, sind nur noch durch den zarteren, niederen Wuchs, die dünneren Rhizome, kleinere Blättchen und Blüthen von Orobus Iutens L. zu unterscheiden. Da jedoch die letztere Art in Sibirien ganz unveränderlich und niemals behaart ist, so würde eine Vereinigung dieser Formen mit Orobus Iuteus L. nur die that- sächlichen Verhältnisse verwischen. Mit Rücksicht auf die grosse Variabilität des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) dürfte es sich empfehlen, die in den einzelnen Theilen seines Verbreitungsgebietes vor- kommenden Formen noch näher zu besprechen, insbesondere desshalb, weil sich an mehreren Punkten schon recht auf- fallende Localrassen ausgebildet haben. Alle von mir eingesehenen Exemplare aus den Pyrenäen zeichnen sich durch grosse, 50— 75 mm lange Blättchen, höheren Wuchs, sowie durch das reichliche Vorkommen von Drüsen- haaren an allen vegetativen Theilen, sowie auch an den Kelchen aus. Habituell erinnert diese Form der Pyrenäen oft an Orobus luteus L., von dem sie sich aber sofort durch die langen Kelchzipfel, sowie durch die reichliche Behaarung und Drüsenbekleidung unterscheidet. Boissier hat diese auffallende Localrasse in seinem Herbar als Orobus Inteus var. grandifolius bezeichnet und als Synonym dazu Orobus Tournefortii Lap. gesetzt. Den leizteren Namen möchte ich auf alle Fälle ver- meiden. Entweder ist Orobus Tournefortii Lap. überhaupt etwas anderes, wie ich es schon in der Einleitung! als wahr- scheinlich hingestellt habe, oder es ist doch nur die Pyrenäen- form des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.), dann ist aber 1 Siehe S. 481—482., 806 K. Fritsch, die Beschreibung und Abbildung so total falsch, dass sie nicht berücksichtigt werden kann. Ich schlage desshalb vor, die Pyrenäenpflanze als Orobus occidentalis var. grandifolins (Boiss.) zu bezeichnen. Alle Exemplare aus den Central- pyrenäen, welche ich gesehen habe, gehören zu dieser Rasse; dagegen ist das im Standortsverzeichniss mit $ bezeichnete Exemplar aus den Ostpyrenäen (M. du Capsir) viel weniger drüsig und hat ausserdem stark verkürzte Kelchzipfel. Dieses Exemplar steht dem Orobus Iutens L. sehr nahe, ist aber durch die Behaarung sofort von diesem zu unterscheiden. Unter allen Formen des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) könnte die var. grandifolinus (Boiss.) am ehesten als eigene Art aufgefasst werden; ich habe dies jedoch mit Rücksicht auf die Veränder- lichkeit aller einzelnen Merkmale nicht gethan. Eine zweite, in typischer Gestalt recht auffallende, aber nirgends scharf abgegrenzte Form findet sich insbesondere in den Alpen Frankreichs und der Schweiz. Diese hat im Gegen- satz zu der eben besprochenen var. grandifolius sehr kleine und schmale (circa 40 mm lange und 12 mm breite) Blättchen in 4—5 Paaren; die Drüsenbekleidung tritt zurück, dagegen sind viele Exemplare dieser Form an Stengeln, Blattstielen und Kelchen ziemlich stark behaart, andere dagegen wieder fast kahl. Die Kelchzipfel sind fast immer stark verlängert, nur aus- nahmsweise verkürzt; so z.B. bei dem oben mit + bezeichneten Exemplar aus Briancon, welches abgesehen von der Ver- kürzung der Kelchzipfel ganz typisch ist. Ich möchte für diese beachtenswerthe Form den Namen Orobus occidentalis var. parvifolius vorschlagen. Typische Exemplare dieser Varietät sind die oben citirten aus Lautaret, Chambery, vom M. Meri u..a. Die Pflanze des Apennin gehört gleichfalls hieher. Weiter nach Osten sind derartige Localrassen kaum mehr zu unterscheiden. Nur wäre zu bemerken, dass die meisten Exemplare aus den nördlichen Kalkalpen, sowie jene aus Kärnten, in der Regel ziemlich grosse und namentlich breite, jenen des Orobus laevigatus W. K. ähnliche Blättchen haben; die Behaarung ist meist ziemlich schwach und die Kelchzipfel sind oft stark verkürzt. Dagegen hat die Pflanze vom Nanos und Krainer Schneeberg sehr kleine Blättchen, ist fast kahl ur Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 907 und hat stets kurze Kelchzipfel. Diese letztere kann wohl als Orobus occidentalis var, montanus (Scop.) bezeichnet werden, da Scopoli wahrscheinlich diese bei der Beschreibung seines Orobus montanus vorliegen hatte. Noch mehr Varietäten zu unterscheiden, schiene mir unzweckmässig. Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) war schon lange vor Linne den Botanikern bekannt, wie die Citate Linne&’s aus Bauhin, Burser u. A. beweisen. Gleichwohl hat Linne in der ersten Ausgabe seiner »Species plantarum« dieser Pflanze keine Erwähnung gethan, sondern dort nur den sibirischen Orobus luteus beschrieben. Aber schon in der zehnten Ausgabe des »Systema naturae« (p. 1164) taucht das Citat »O. alpinus latifolins C. B» 351« auf und in der zweiten Ausgabe der »Species plantarum« finden wir schon bei Orobus luteus die Angabe: ‚Habitat in Sibiriae, Veronae, Pyrenaeorum alpibus«. In der Mantissa II. (p. 443) wird die sibirische Pflanze als var. ß unterschieden, aber mit dem Zweifel, ob sie nicht als Art verschieden sei.! Die späteren Autoren haben mit Rück- sicht auf diese Angaben Linne’s den Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) gewöhnlich schlechtweg als Orobus luteus L. bezeichnet, was aber aus den in der Einleitung? angegebenen Gründen incorrect ist. Da ich Orobus montanus Scop. von Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) nicht als Art unterscheide, so könnte man geneigt sein, diese Art mit dem Namen Orobus montanus Scop. als dem ältesten zu bezeichnen,? da derselbe lange vor Er- scheinen der Publication von Fischer und Meyer schon exiehikte, Da es aber san keinem‘ Zweitel unterliest, dass Scopoli nicht die typische Form dieser Art vor sich gehabt hat (weil diese in Krain sehr selten ist),* da ferner die Dia- gnose Scopoli’s (»caulis glaber, stipulae glabrae« etc.) auf diese typische Form gar nicht passt, so schien mir die An- wendung dieses Namens nicht correct. — Der nächstjüngere I Vergl. S. 480. Siehe S. 480 — 481. [64 > Grenier und Godron nannten auch die Art Zathyrus montanus. 1 Ich sah dieselbe nur aus Idria (siehe das Standortsverzeichniss). Sitzb. d. mathem. naturw. Cl.; CVI. Bd., Abth. I. 34 208 K. Fritsch, Name Orobus Tournefortii Lap. ist aus den oben! angeführten Gründen gleichfalls zu vermeiden. Dagegen ist» Orobus lutens L.o.occidentalis« Fisch.etMey. a.a.O. mit den Worten: »puberulus; dentibus calycinis 2 superi- oribus abbreviatis, 3 inferioribus elongatis. Hab. a Pyrenaeis ad Helvetiam usque« so vortrefflich charakterisirt, dass nicht der geringste Zweifel über die Bedeutung dieses Namens auf- kommen kann. Der Name Lathyrus ochraceus Kittel ist bedeutend jünger und umfasst mit Rücksicht auf die ziemlich ausführliche Be- schreibung und die Standortsangabe »in den Tiroler und Krainer Alpen« besonders die östlichen Formen des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) mit Einschluss des Orobus montamus SCOP. 7. Orobus laevigatus Waldstein et Kitaibel, Descript. et icon. plant. rar. Hung, III, p. 270, tab. 243 (1812). Syn. Orobus Iutenus Baumgarten, Enumer. stirp., I, PI827. WS16) vom Einne: Orobus luteus x. laevigatus Ledebour, Flora Rossica, Il, 9. O0 (lee) Orobus subalpinus Herbich, Stirp. rar. Bucovinae, p. 49 (1853), fide specim. orig.! Orobus glaberrimus Schur, Sertum florae Transsilv., pr207(1853), Nomen nu dum-ZinVerhsstebenb- Meriare 7pe (1859) et in Österr. botan. Zeitschr., X., p. 324 (1860); Enum. plant. Transs., p. 174 (1866). Orobus Ewaldi Meinshausen in Bull. de la societe d. naturalistes de Moscou, XLI. 1., p. 354 (1868). Lathyrus Ewaldi Meinhausen, Flora Ingrica, p. 90 (1878). Lathyrus luteus b. styriacus et c. lJaevigatus Gremli, Neue Beiträge zur Flora der Schweiz, 2. Heft, p. 6 (1832). Orobus styriacus Gremli in Dalla Torre, Anleitung zum Beobachten und Bestimmen der Alpenpflanzen, p. 203 (1882). Rhizoma lignosum, breve, fibras multas longas emittens. Caulis basi aphyllus, superne dense foliatus et angulatus, 1 Vergl. S. 481—482 und S. 505—506. . a Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 09 tenuis, glaber. Stipulae superiores plerumque angustae, lineares, acuminatae, basi appendiculatae, margine glan- duloso-ciliatae et nonnumquam puberulae, inferiores latiores. Foliola 6—10, haud raro nonnulla alterna, plerumque remota, brevissime petiolulata, tenuia, ovato-elliptica, plerum- que breviter acuminata, mucronata, glabra, subtus glauca; petioluli subglabri velsparse barbati. Racemi axillares, pluriflori, glabri, plerumque foliis breviores. Flores fulvo-ochroleuci, eis OÖ. occidentalis (Fisch. et Mey.) minores. Calyx pallidus vel infuscatus, brevis, basi supra gibbus, facie glaber, margine vix conspicue eitarulusdentes’superiores vix conspieui vel obso- leti; inferiores brevissimi, subulati. Carina subacuta, alis paulo longior. Stylus apice complanatus, sed vix dila- tatus, intus barbato-tomentellus. Legumina primum stylo coronata, adulta in spinam contracta, linearia, complanata, calyce circumdata. Semina compressa, circuitu subrotunda, atrofusca; hilum lineare. Caulis 90—70 cm altus. Foliola bene evoluta 45—65 mm longa, 30—40 mm Jlata. Flores 18—20 mm longi. Calycis tubus 4—5 mm; dentes inferiores in planta typica ca. O5 mm vel breviores, rarius 1 mm longi. Legumina 590—75 mm longa, 6-—-7 mm lata. Semina ca. 4 mm longa, 3 mm lata, vel minora; hilum fere 2:5 mm longum. Area geographica. A Prussia orientali per Volhyniam et Galiciam in Transsilvaniam, Banatum, Croatiem, Carnioliam; Stiria media. Specimina visa: Brulssarsonlenvalıs. "Brodlaukemer‘ Korst- (Kühn, 'hb. Fritsch, hb. U.) Rossia occidentalis. Vilna (Gorski, hb.M.). In nemoro- sis montosis Lithuaniae frequens (Wolfgang, hb. M.). In Volhynia (Hohenacker, unio itiner., 1839). Galicia. In Wäldern bei Lesienice, Winiki und Holosko bei Lemberg häufig (Widerspach, hb. K., hb. Z.; Blocki, hb. B., hb. M.). Zloczower Kreis (Schauer, hb. Z.). »Galicia« (Rochel, hb. M., hb. Z.; Zawadzki, hb. M., hb. P.). 34* >10 K. Fritsch, Bucovina. Specimina originalia Orobi subalpini Herbich in hb. Z.: In der Luczina auf der Alpe Ketschera-Luczinska (loc. class.!). In valle fluminis Bistritza prope Tschokaneschje in valle Oize, Bodosch (Herbich, hb. Z.). Hungaria orientalis. An mit Gestrüpp bewachsenen Stellen und lichten Wäldern nächst dem Schlossberg von Huszt, 330 m (Vägner in Flora exsiccata Austro-Hungarica Nr. 2404; hb. K., M.). — In umbrosis »Silvae nigrae« ad oppidum Elesd (Simkovies,-hb. RK). Transsilvania occidentalis. In silvis et dumetis umbro- sis prope Klausenburg (locus classicus Orobi glaberrimi Schur!), 330 m (Barth in Flora exsiccata Austro-Hungarica Nr. 2404; hb. U., Z., H.). Bükk bei Klausenburg (Wolff, hb. Z.). +In montosis herbidis prope Klausenburg (Schur, specimen originale O. glaberrimi, hb. M.). Banatus. 7 An schattigen Waldplätzen des Berges Simion bei Oravicza (Wierzbicki, hb. K., U. M,, B.). + Csiklova im Comitat Krassö (Rochel, hb. K.). + Steierdorf (Borbas, hb. M.). In silvis meridionalibus Banatus (Heuffel, hb. M.). Croatia. 7 »In Merszin et Plisivitza« (Specimen originale Kitaibelii!).? In alpibus Croatiae (Kitaibel., hb. P.). Carniolia. 7.Gottschee (Müller, hb. M.; hb. P.). Stiria media. In dumetis montis »Kreuzberg« prope Leibnitz (Kristofin Flora exsiccata Austro-Hungarica Nr. 2404). In Wäldern bei Maria Trost nächst Graz, auf Kalk, 1200’ (Bittoni,.hb.K.B., U., Z..M. Graf, hb.H U3Rürstenwarher no. UL, 1, lack Yen, nie, Zus Je zewail, In; 22): Orobus laevigatus W. K. ist in seiner typischen Gestalt mit keiner anderen Art zu verwechseln. Die Gestalt des Kelches allein, dessen obere Zähne kaum bemerkbar und dessen untere Zähne auf kurze, pfriemliche Spitzchen reducirt sind, genügt zur Erkennung dieser Pflanze. Ausserdem sind der schlaffe Habitus, die dünnen, breiten, mehr oder weniger deutlich 1 Von Simkovics (Mathem. es termeszettud. Közlemenyek XVI. p. 132) für Orobus orientalis (Fisch. et Mey.) gehalten. 2 Dieses in Budapest befindliche Exemplar habe ich nicht selbst gesehen; Dr. v. Degen hatte aber die Güte, es mir so genau zu beschreiben, dass ich es mit Sicherheit hier einreihen kann. Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. Soll eiförmigen, gewöhnlich kurz zugespitzten Blättchen, der Mangel der Behaarung und die kleinen Blüthen charakteristisch. Aus dem Bereiche Galiziens, der Bucovina und aus der Marmaros habe ich nur ganz typische Exemplare gesehen, ebenso aus Östpreussen. Dagegen kommen z. B. am Berge Simion bei Oravicza im Banat neben Formen, die sich von typischem Orobus laevigatus W. K. kaum unterscheiden lassen, auch solche mit ziemlich verlängerten unteren Kelchzähnen und sogar solche mit behaarten Kelchen vor; ich musste daher diesen Standort sowohl hier, als auch bei Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) citiren. In Bezug auf derlei Zwischenformen verweise ich indessen auf das unter der vorhergehenden Art Gesagte. — Hier sei nur noch bemerkt, dass ich Formen mit etwas verlängerten Kelchzähnen in dem obenstehenden Stand- ortsverzeichnisse mit * bezeichnet habe. Ich war einige Zeit lang im Zweifel, ob die hier beschriebene Pflanze wirklich mit Recht als Orobus laevigatusW.K. bezeichnet werden kann. Da nämlich der Originalstandort des Orobus laevi- gatus W.K. in Croatien liegt, wo Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) nebst den wiederholt besprochenen Zwischenformen vor- kommt und der typische Orobus laevigatus in unserem Sinne jedenfalls selten ist, so lag es nahe,anzunehmen,dass eine dieser Zwischenformen von Kitaibel unter dem Namen Orobus laevi- gatus beschrieben wurde. Thatsächlich liegt eine solche Form des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.), welche ganz dem Orobus montanus Scop. aus Krain entspricht, im Prager Herbar, weiche mach der Etiquette von Kitaibel selbst "und vom Originalstandorte herrührt!. Anderseits liest in demselben Herbar auch ein Exemplar unseres typischen Orobus laevi- gatus, gleichfalls aus Croatien und von Kitaibel herrührend. Nachdem hier eine Verwechslung der Etiquetten nicht aus- geschlossen war,” war es mir von Wichtigkeit, zu wissen, was für Exemplare im Herbar Kitaibel in Budapest unter den Namen Orobus laevigatus liegen. Herr Dr. v. Degen hatte die Liebenswürdigkeit, auf meine Bitte die dort befind- 1 Siehe S. 502. 2 Ich fand in demselben Herbar verschiedene Etiquetten sicher verwechselt! Du KeuEiniipsichhe lichen Originalexemplare auf das genaueste zu vergleichen, und mir über das Resultat dieser Vergleichung folgende Mit- theilung zu machen: »Im Herbar Kitaibel’s liegen zwei mitdem Namen Orobus laevigatus bezeichnete Exemplare auf (Fasc. XXIV, Nr. 53 und Nr. 54). Nr. 53 trägt die Note von Kitaibel’s Hand: „in Merszin et Plisivitza“!; Nr. 54 (mit Bleistift): „ut videtur alibi, qua croaticus lectus, sed non memini ubi“. Die sub Nr. 53 aufliegende Pflanze entspricht am besten der Abbildung in W.K. Icones t. 243. Die Blättchen sind (breit) eiförmig, zuge- spitzt, fast sitzend; die unteren Nebenblätter aus halb spiess- förmigem Grunde breit oval, zugespitzt, am Rande gezähnt; die oberen aus halb spiessförmigem Grunde lanzettlich, schmäler und länger als die unteren. Die Pflanze ist fast ganz kahl. Die unteren Kelchzähne sind höchstens 1I—-1'5 mm lang, schmal und spitz, pfriemlich, die übrigen noch kürzer, aber dennoch als solche erkennbar. Die Form und Dimensionen des Kelches sind auf tab. 243 ganz gut wiedergegeben. — Das Exemplar Nr. 54 ist sehr ähnlich, hat etwas schmälere Blättchen, viel schmälere Nebenblätter und noch kürzere (also beinahe ob- solete)r obere Kelchzahne, Dieserletztiene Erlanze seat semauı mit den, in. der" Marmarosı vorkommeaden überein und dürfte auch dort von Kitaibel gesammelt worden sein«. Das Resultat dieser Mittheilungen Degen’s ist also folgendes: Die Kitaibel zunächst vorgelegene croatische Pflanze weicht durch breitere Nebenblätter und etwas längere Kelchzipfel von dem Typus der Karpathenpflanze etwas ab; in seinem Herbar liegt aber auch die typische Karpathenpflanze als Orobus laevigatus. Dass Kitaibel diese beiden einander sehr ähnlichen Pflanzen nicht von einander unterschied, ist selbstverständlich; die ihm vorgelegene croatische Pflanze war jedenfalls ein dem typischen Orobus laevigatus sehr nahe stehendes Glied der Formenreihe, die sich zwischen dieser Art und Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) einschiebt. Das Wichtigste aber ist, dass die ausführliche Original- 1 Dies ist der Originalstandort in Croatien. Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 313 Besehreibume rund die-Abbildung nur auf unseren typischen Orobus laevigatus bezogen werden kann. Baumgarten! hielt merkwürdiger Weise den Orobus transsilvanicus Spr. für Orobus laevigatus W.K.” und ändert sanz willkürlich die Kitaibel’sche Beschreibung: Aus einem »caulis glaber, laevis« macht er einen »caulis villosus«, ebenso bei den Blattstielen, Blütenstielen und Kelchen. Dagegen führt er den richtigen Orobus laevigatus W. K. als Orobus luteus L. auf. Schur hat den ersteren Fehler zwar verbessert, nimmt aber auch als Typus des Orobus laevigatus W.K. eine be- haarte Pflanze an’, was der Originaldiagnose Kitaibel’s widerspricht. Den typischen Orobus laevigatus W.K. beschreibt Schur neu als Orobus glaberrimus. Aus den Worten «calyeis dentibus omnibus brevissimis subtriangularibus mucronatis« und aus der Betonung der »fehlenden Behaarung« geht mit Sicherheit hervor, dass Schur’s Orobus glaberrimus der typische Orobus laevigatus W K. ist.* Merkwürdiger Weise hat jedoch das im Hofmuseum liegende, oben mit + bezeichnete Originalexemplar etwas verlängerte Kelchzähne, während dies bei den sehr zahlreichen Exemplaren, welche Barth am Original-Standorte Schur’s gesammelt hat, niemals in dem Maasse der Fall ist. In der Diagnose des Orobus subalpinus Herbich kommen einige Worte vor, welche an der Identität dieser Pflanze mit Orobus laevigatus W. K. Zweifel erregen könnten: »foliola lanceolata, subtus puberula« u. A. Dass aber gleichwohl diese Identität zweifellos ist, ergibt sich schon daraus, dass in dem Gebiet Herbich’s überhaupt nur typischer Orobus laevi- gatus W. K. wächst; ferner beweisen es die von mir einge- sehenen Originalexemplare. Von Orobus Ewaldi Meinsh. habe ich keine Exemplare gesehen; die Beschreibung passt aber Wort für Wort so voll- „ Baumgarten, Enumeratio, II, S. 329. Siehe S. 499. Österr. botan. Zeitschrift, 1860, S. 324. Simonkai (Enumeratio, p. 199) eitirt Orobus glaberrimus Schur mit zu Orobus laevigatus W. K. [6% 3 4 514 K. Fritsch, kommen auf Orobus laevigatus W. K., dass an der Identität kein Zweifel bestehen kann. Die Worte: »Kelch schief gestutzt, undeuit tech Sehr kunzree7zahnt, Pobere7Ahmer kamen vorhanden«! passen auf gar keinen anderen Orobus. Der von Meinshausen angegebene Unterschied in der relativen Länge der Blütenstielchen und Kelche? ist ohne Belang, da bei Orobus laevigatus W. K. der Kelch bald länger, bald kürzer als der Blütenstiel ist. Ausserdem ist schon aus pflanzengeographischen Gründen in Ingrien kein anderer Orobus aus dieser Gruppe zu erwarten, als der auch in Ostpreussen und Lithauen vor- kommende Orobus laevigatus W.K. Orobus styriacus Gremli wurde höchst wahrscheinlich auf Grund von Exemplaren aus Maria Trost aufgestellt, da solche fast in allen Herbarien zu finden sind, während man Exemplare aus anderen Gegenden Steiermarks nur selten zu sehen bekommt. Da Gremli als wichtigstes Merkmal die Kürze der Kelchzähne hervorhebt, so sind seither öfters Formen des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.), welche verkürzte Kelchzähne haben, als Orobus styriacus Gremli bezeichnet worden®. Gremli gibt allerdings Unterschiede zwischen seinem Orobus styriacus und Orobus laevigatus W. K. an*, welche die Länge und Reichblüthigkeit der Trauben, sowie die Anzahl der Blättchenpaare betreffen. Diese Unterschiede sind aber keines- wegs constant. Der mir aus der Marmaros in zahlreichen Exemplaren vorliegende Orobus laevigatus-W. K. hat sogar durchschnittlich armblütigere Trauben als die Pflanze aus Steiermark; die Traubenstiele sind zwar durchschnittlich, aber nicht immer bei ersterer kürzer. Ebenso sind die Blätter auch bei der steierischen Pflanze nicht selten 4—5-paarig gefiedert. Ich kann somit der Ansicht Preissmann's?, dass Orobus 1 Meinshausen, Flora Ingrica, S. 90. 2 Bull. soc. natur. Moscou, XLI, p. 354. 3 So gehört z. B. der von Dörfler (Verh. der zool. bot. Ges., 1890, S. 610) auf der Bodenwies im Unterlaussathale (Oberösterreich) angegebene Orobus styriacus sicher zu Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) 4 Gremli, Neue Beiträge zur Flora der Schweiz, II. Heft, S. 6. 5 Preissmann, Bemerkungen über einige Pflanzen Steiermarks. Mit- theilungen des naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark, 1890, S. CXII. & Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. 915 styriacus Gremli mit Orobus laevigatus W. K. identisch ist, nur beipflichten. Es dürfte auffallen, dass ich in der vorliegenden Abhand- lung den Gattungsnamen Orobus gebrauche, während doch heute schon ziemlich allgemein die Gattung Orobus aufgegeben und mit LZathyrus vereinigt wird. Hiezu bestimmten mich zweierlei Erwägungen: einmal der Umstand, dass die Klarheit der Synonymie durch die nothwendigen Umänderungen der Artnamen entschieden verwischt worden wäre; zweitens aber auch die Thatsache, dass die durch Vereinigung von Orobus mit Lathyrus s. str. entstandene Gattung keineswegs eine natürliche genannt werden kann. Wenn man innerhalb dieser Gattung wieder zwei Sectionen unterscheidet, die sich ihrem Umfang nach mit den früheren Gattungen Lathyrus und Orobus vollständig decken, wie dies beispielsweise Taubert! gethan hat, so gibt man damit zu, dass die Orobus-Arten der älteren Systematiker eine natürliche Gruppe bilden. Will man aber mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit der Merkmale, welche diese Gruppe auszeichnen, oder mit Rücksicht auf die Unmöglichkeit scharfer Abgrenzung so kleine Gattungen? nicht gelten lassen, so sollte man die gesammten Vicieen (mit Ausnahme von Abrus und Cicer) in eine einzige Gattung zusammenziehen. Diese Gattung wäre unbedingt eine natürliche und wäre noch immer lange nicht so formenreich, wie z. B. die Gattung Astragalus. Nur rein praktische Gründe sprechen gegen diese Vereinigung. Die vielen Arten, deren Stellung zwischen den einzelnen, heute unterschiedenen Vicieen-Gattungen schwankt, wie Vicia oroboides Wulf., Orobus ochroleucus W. K., Orobus aurantius Stev. u. A. werden nur nach rein künstlichen Merk- malen in die eine oder andere Gattung eingereiht; bei der Gattung Astragalus dagegen werden dieselben künstlichen Merkmale (z. B. die Behaarung des Griffels) nur zur Unter- Scheidung von Sectionen verwendet. Obschon ich nach dem eben Gesagten die Gattung Lathyrus (mit Einschluss von Orobus) für eine künstlich ab- I Siehe »natürl. Pflanzenfamilien«, III, 3. S. 353. ?2 Alefeld hat (Bonplandia IX.) noch kleinere Gattungen unterschieden. o16 K. Fritsch, gegrenzte und reformbedürftige ansehe, so will ich doch — dem allgemeinen Gebrauche folgend — die Nomenclatur der in dieser Abhandlung besprochenen Orobus-Arten für den Gattungsnamen Lathyrus richtig stellen, damit diejenigen, welche die Gattung Lathyrus in dem heute üblichen Umfange nehmen, auch die Benennung der Arten aus der hier behandelten Gruppe vorfinden. 1. Orobus luteus L. Der Name Lathyrus luteus wurde zuerst von Mönch! im Jahre 1796 für Lathyrus annnus L. gebraucht. Für eine Orobus- Art verwendete diesen Namen zuerst Petermann? im Jahre 1849. Obschon dessen Beschreibung sehr kurz ist, kann doch mit Sicherheit angenommen werden, dass sich dieselbe auf Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) bezieht, da in Deutschland — abgesehen von dem damals noch kaum bekannten Vor- kommen des Orobus laevigatus W. K. in Östpreussen — keine andere Art dieser Gruppe vorkommt. Lathyrus lutens Grenier? (1865) ist ganz sicher Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.). Dagegen ist Lathyrus Inteus Baker* (1879) nach dem Standorte Orobus Emodi Wall., nach den Synonymen ein Collectivname. Hiezu kommt noch, dass Munby° einen echten in Algier vor- kommenden Lathyrus aus der Gruppe des Lathyrus silvestrisL. unter dem Namen Lathyrus Iutens beschrieben hat. Unter diesen Umständen dürfte es sich wohl aus Zweckmässigkeits- gründen empfehlen, den echten, sibirischen Orobus luteus L. nicht mit dem Namen Lathyrus Inteus, sondern entsprechend den Ausführungen (auf S. 489) als Lathyrus Gmelini (Fisch.) zu bezeichnen. 2. Orobus Emodi Wall. Dieser Name kann unverändert in die Gattung Lathyrus übertragen werden: Lathyrus Emodi (Wall.) 1 Mönch, Methodus, p. 138. ?2 Petermann, Deutschlands Flora, S. 155. 3 Grenier, Flora de la chaine Jurassique, p. 192. * Baker inHooker’s »Flora of Britisch India«, II., p. 180. 5 Siehe Walpers, Annal. bot. syst., L, p. 245. Orobus-Arten und ihre geopraphische Verbreitung. an 3. Orobus grandiflorus Boiss. Da schon ein Lathyrus grandiflorus Sibth. et Sm.! (1813) existirt, der unter allen Umständen die Priorität hat, so muss Orobus grandiflorus Boiss. bei der Versetzung in die Gattung Lathyrus umgetauft werden; ich schlage für ihn den Namen Lathyrus Libani vor. 4. Orobus aureus Stev. Brandza? gebrauchte zuerst den Namen Lathyrus aureus für diese Art, später auch Taubert.? Die Pflanze ist somit als Lathyrus aureus (Stev.) Brandza zu bezeichnen. 5. Orobus Transsilvanicus Spr. Diese Art ist Lathyrus Transsilvanicus zu nennen. 6. Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) Auch der Name Lathyrus occidentalis ist unanfechtbar. 7. Orobus laevigatus W.K. Meines Wissens ist der Name Lathyrus laevigatus bisher nicht gebraucht worden. Im Anschluss an diese nomenclatorische Besprechung möchte ich noch auf einen Irrthum aufmerksam machen, der dem Verfasser des »Index Kewensis« passirt ist. Dort wird (IL, p. 38) Lathyrus montanus Bernh. mit L. montanus Gren. et Godr. indentificirt; ersterer ist aber Orobus tuberosus L., letzterer Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.). Die Folge dieses Irrthums ist dann eine heillose Confusion in dem Verzeichniss der Orobus-Arten (Il. S. 375—376), wo ganz verschiedene Arten, wie z.B. Orobus orientalis Boiss., O. subalpinus Herb,., O. transsilvanicus Spr., O. tuberosusL., O. variegatus Lap. u.a. alle als Synonyme des »Lathyrus montanus« erscheinen. Bemerkungen zu der beigegebenen Karte. Die weiteste Verbreitung unter allen hier abgehandelten Arten hat Orobus Inteus L. Ob die auf der Karte eingetragenen Grenzen genau richtig sind, kann mit Rücksicht auf unsere I! Sibthorp et Smith, Florae Graecae Prodromus, Il., p. 67. ® Brandza, Prodromul Florei Romane,. p. 546 (1883). 3 »Natürl. Pflanzenfamilien«, III. Theil, 3. Abth., S. 354 (1894). 518 K. Fritsch, geringen Kenntnisse von den pflanzengeographischen Ver- hältnissen Mittelasiens nicht behauptet werden. Da ich aber Exemplare aus dem Ural, aus Turkestan, vom Altai und aus Davurien gesehen habe, die alle untereinander vollkommen übereinstimmen, so ist die sehr weite Verbreitung dieser Pflanze ausser Zweifel. Es ist bemerkenswerth, dass gerade diese Art, welche am weitesten unter allen verwandten Arten ver- breitet ist, fast gar nicht variirt, weder in Bezug auf die Gestalt der Blättchen und der Kelche, noch in Bezug auf die Behaarung. Das Verbreitungsgebiet des im westlichen Himalaya endemischen Orobus Emodi Wall. schliesst sich südlich an das des Orobus luteus L. an. Auch morphologisch stehen sich diese beiden Arten nahe, sind aber stets leicht und scharf von einander zu unterscheiden. Orobus grandiflorus Boiss., der Merkmale des Orobus Emodi Wall. und solche des Orobus aureus Stev. in sich ver- einigt und dessen Verbreitungsgebiet auch zwischen jene dieser beiden Arten sich einschaltet, lag mir nur von zwei von einander weit entfernten Standorten vor; es ist aber wahrscheinlich, dass die Pflanze dort weiter verbreitet ist, wenngleich sie jedenfalls zu.den seltenen Arten zu rechnen ist. Orobus aureus Stev. lag mir aus verschiedenen Theilen Kleinasiens, ferner aus der Krim, aus Rumänien und Bulgarien vor. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass derselbe auch in Bessarabien wächst, wo Ledebour! den Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) angibt. Da Ledebour den Orobus aureus Stev. nicht selbst gesehen hat, sondern nur »ex Fischer et Meyer« in Taurien angibt, so ist es leicht möglich, dass er diese Art verkannt hat. Orobus transsilvanicus Spr. hat unter allen Arten dieser Gruppe die kleinste Verbreitung; es ist aber zu beachten, dass ihm manche Formen des Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) sehr nahe stehen. Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) ist die veränderlichste Art; sie bildet mehrere charakteristische Localrassen aus, unter I! Ledebour, Flora Rossica I, S. 690. Orobus-Arten und ihre geographische Verbreitung. o19 denen die var. grandifolins Boiss. in den Pyrenäen die auf- fälligste ist, während die var. montanus (Scop.) in Krain und Croatien den Übergang zu Orobus laevigatus W. K. vermittelt. Orobus laevigatus W.K. ist in mehrfacher Beziehung sehr interessant. In seinen Merkmalen schliesst er sich zunächst an Orobus Iuteus L. und an Orobus montanus Scop. an; mit letzterem ist er durch Zwischenformen verbunden. Er ist die einzige Art, welche sich weit von den Gebirgszügen entfernt, während die meisten anderen Arten (ausgenommen sind Stand- orte des Orobus aureus Stev.) vorzugsweise die subalpine Region höherer Gebirgszüge bewohnen. Die Ostgrenze der Verbreitung des Orobus laevigatus W. K. ist nicht genau be- kannt; die auf der Karte von Ingrien nach Podolien hin ver- laufende Grenzlinie ist möglicher Weise bedeutend zu ver- schieben. Interessant ist das Vorkommen dieser Art in Ingrien, von wo sie als Orobus Ewaldi Meinsh. beschrieben wurde, und in Ostpreussen, wo sie als »Orobus luteus L.« angeführt und z.B. in Garcke’s »Flora«! mit dem ganz verschiedenen Orobus occidentalis (Fisch. et Mey.) der baierischen Alpen zusammengeworfen wurde. Interessant ist ferner das isolirte Vorkommen des typischen Orobus laevigatus W. K. an mehreren Standorten Mittelsteiermarks, sowie das Zusammen- vorkommen dieser Art mit dem von ihr weit verschiedenen Orobus transsilvanicus Spr. in Siebenbürgen. Das Gebiet, in welchem Orobus occidentalis (Fisch.etMey.) mit Orobus laevigatus W. K. und verschiedenen Zwischen- formen zusammen vorkommt, habe ich auf der Karte durch Schraffirung besonders bezeichnet. Diese Zwischenformen sind von grossem Interesse. Ihr Vorhandensein kann auf zweierlei Weise erklärt werden: entweder sind sie Kreuzungsproducte beider Arten oder sie sind Reste einer Stammform, aus der sich die beiden Arten entwickelt haben. Gegen die erstere Annahme spricht der Umstand, dass sich Formen mit schwächerer Be- haarung und kurzen Kelchzipfeln auch zerstreut in jenem Gebiete finden, wo Orobus laevigatus W. K. gar nicht vor- kommt. Ausserdem ist die Neigung der Vicieen zur Bildung von 1 Garcke, Flora von Deutschland, 16. Auflage, S. 119. 2820 K. Fritsch, Orobus-Arten u. ihre geographische Verbreitung. Hybriden überhaupt eine sehr geringe. Dagegen wird die An- nahme, dass etwa eine dem Orobus montanus Scop. ähnliche Pflanze die Stammform der heute in Europa wachsenden Arten war, wesentlich unterstützt durch die Thatsache, dass gerade diese fraglichen Formen in allen Merkmalen dem in Sibirien weit verbreiteten Orobus Inteus L. am nächsten stehen. Noch weiter gehende Vermuthungen über den phylo- genetischen Zusammenhang der 7 Typen aus der Gruppe des Orobus lutens L. auszusprechen, möchte ich lieber unterlassen. Sicher ist, dass alle zusammen einem Stamme angehören, dessen Gliederung in nicht allzu frühe Vorzeit hineinreichen dürfte. Wie sich diese Gliederung vollzogen hat, das dürfte am besten zu ermessen sein, wenn eine grössere Anzahl anderer Formenkreise in ähnlicher Weise durchgearbeitet, sein wird. Dann werden sich gewisse Übereinstimmungen in der Ver- breitung und Gliederung dieser Formenkreise ergeben, welche einen Fingerzeig geben für die Erforschung der Geschichte der Flora des Waldgebietes unserer Hemisphäfre. SAU? eReA,, hre geogr. Verbreitung. en u.i Arten bus- > Ss N „gl 6.0 oceidentalis ( Fisch.et Mey. ) 7. O0 laevigatus W K. 8. Das 6bebiet, in welchem vor. se Zwischenformen zwisch. 6und7 (0 montanus Scop) vor. kommen, ist schraffirt. ZUg: RN DRRRINGUD) SL IT 1. Orobus luteus 1,. 2. 0.Emodi Wall. 3. O grandiflorus Boiss. k.O.aureus Stev. 5. O transsilvanicus Im. Autor del Lith Anst.v.Th.Bannwarth Wien. Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd.CIV. Abth.I. 1895. (oil DD Er XIV. SITZUNG VOM 24. MAI 18993. Erschienen sind Heft I—II (Jänner—Februar 1895), Ab- theilung II. a des 104. Bandes der Sitzungsberichte, ferner das Heft IV (April 1895) des 16. Bandes der Monatshefte Dur Chemie. Bessseeretan leer dies im Auftrase sea ku. k- Floheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Ludwig Salvator, Ehrenmitgliedes der kaiserlichen Akademie, durch die Buch- druckerei Heinrich Mercy in Prag eingesendete Fortsetzung des Druckwerkes »Die Liparischen Inseln« Theil IV: »Pa- naria« vor. Der Verwaltungsrath des Museums Francisco-Caro- linum in Linz ladet die kaiserliche Akademie zur Theilnahme an der feierlichen Eröffnung des neuen Musealgebäudes ein, welche am 29. d. M. von Sr. k. und k. Apostolischen Majestät Kaiser Franz Josef I. allergnädigst vorgenommen werden wird. Herr Jos. Richard Harkup, Realitätenbesitzer in St. Pölten, übersendet ein versiegeltes Schreiben behufs Wahrung der Priorität, welches angeblich die Beschreibung eines von ihm erfundenen Zeltsystems enthält. BEN Herne Brot Krieder Brauer. überreicht leine Abhandlung des k. u. k. Regimentsarztes Dr. Anton Wagner in Wiener-Neustadt, betitelt: »Eine kritische Studie über die Arten des Genus Daudebardia Hartmann in Europa und Westasien«. O1 D D Das c. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht eine Abhandlung von Herrn J.C. Beattie in Wien: »Über die Bleziehune zwäschen der Veraänderpnoudes Wade: standes von Wismuthplatten im Magnetfelde und dem Hall-Effecte«. Herr Dr. Gustav Jäger in Wien überreicht eine Abhand- lung, betitelt: »Zur Theorie der Dissociation der Gase« (II. Mittheilung). Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Erzherzog Ludwig Salvator, Die Liparischen Inseln. IV. »Panaria«. Prag, 1895; Folio. SITZUNGSBERICHTE DER MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. EV BANDIVFERET ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. XV. SITZUNG VOM 14. JUNI 1895. Erschienen ist das Heft II —IV (März — April 1895), Ab- theilung I. b. des 104. Bandes der Sitzungsberichte. Der Vorsitzende, Herr Vicepräsident Prof. E. Suess, gedenkt des Verlustes, welchen die kaiserliche Akademie und speciell diese Classe durch das am 23. Mai l. J. erfolgte Ableben des ausländischen Ehrenmitgliedes Herrn w. Geheimen Rathes Professor Dr. Franz Ernst Neumann zu Königsberg in Pr. erlitten hat. : Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide durch Erheben von den Sitzen Ausdruck. Im Auftrage des k. k. Ministeriums für Cultus und Unter- richt übersendet der Vorstand des Geographischen Institutes der k. k. Universität in Wien, Herr Prof. Dr. Albrecht Penck, die I. Lieferung des mit Unterstützung dieses Ministeriums von ihm und Prof. Dr. Eduard Richter in Graz herausgegebenen elasacdier österreichischen Alpenseen Kom pihell oe a.is chler umdN bio oO SrSchrenämee Suchun en übrer die Rlechtene (2Nphandlung) Das w. M. Here Prof. H. Weidel überreicht eine ım I. chemischen Universitäts-Laboratorium in Wien von den Herren J. Herzig und H. Mayer durchgeführte Untersuchung: »Weitere Bestimmungen des Alkyls am Stickstoffe. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: K. u. k. Reichs-Kriegs-Ministerium, Relative Schwere- messungen durch Pendelbeobachtungen. Aus- geführt durch die k. u. k. Kriegs-Marine in den Jahren 1892 — 1894. Wien, 1895; 8°. 927 RK. k. Ministerium des Innern, Instructionen und Vor- ‚schriften für den hydrographischen Dienst in Österreich. Herausgegeben vom k.k. hydrographischen Centralbureau. Fünf Hefte. Wien, 1895; 8°. Bencek A, und Riehter Ed, Atlas der österreichischen Alpenseen. Herausgegeben mit Unterstützung des k.k. Ministeriums für Cultus und Unterricht. I. Lieferung: Die Seenndess salzkammersutes. (Mit, 18 Karten, und 100 Profilen auf 12 Tafeln.) Hauptsächlich nach den Lothungen von Hofrath Friedrich Simony entworfen und gezeichnet von Prof. Joh. Müllner. Wien, 1895; Folio. u“ ö au D [d®) Morphologisehe und biologische Unter- suchungen über die Flechten (I. Abhandlung) von H. Zukal. (Mit 3 Tafeln.) Einleitung. Im Nachfolgenden wird zum ersten Male der Versuch gemacht, den Thallus der Flechten auf das Pilzmycel zurück- zuführen, und zwar den Thallus der Krusten- und Blattflechten speciell auf das gewöhnliche, sich kreisförmig ausbreitende Mycel der Ascomyceten, den Thallus der meisten Strauch- flechten dagegen auf die verschiedenen Formen der Mycel- stränge. Da sich die alte Wallroth’sche Eintheilung des Flechten- thallus in einen homöomeren und heteromeren als unhaltbar erwiesen hat, so habe ich dieselbe aufgegeben und durch die Eintheilung des Thallus in einen endogenen und exogenen ersetzt. Letztere Eintheilung basirt auf dem Umstande, ob sich die Hyphen des Flechtenpilzes auf der Aussenseite der Nähr- alge oder im Inneren derselben entwickeln. Auch die detaillirtere Gruppirung der zahlreichen Thallusformen erfolgt fast durch- gehends aus neuen Gesichtspunkten, aber immer auf der Grund- lage leicht nachweisbarer, morphologischer Befunde. Die Begriffe »Prothallus«, »myceliarer Rand«, »Flechtenmycel« und »hypo- thallinische Anhangsorgane« werden streng präcisirt und auf der Grundlage des Befundes, dass unter Umständen aus all. diesen Gebilden neue Thallusanlagen hervorgehen können, unter dem Namen Hypothallus zusammengefasst. 830 BE ARkRzUN, Im Gegensatz zu letzteren führe ich dann einen neuen Begriff in die Flechtenmorphologie ein, nämlich den »Epi- thallus«. Unter letzterem Terminus fasse ich all die Um- bildungen und Umfärbungen zusammen, welche die Rinden- hyphen am Rande oder an den Spitzen des Thallus oder auf der ganzen Oberseite desselben erleiden. Die nähere Unter- suchung hat ergeben, dass dieser Epithallus als Schutzmittel für die jüngsten Gonidien, entweder nach Verletzungen des Thallus oder bei gar zu greller Beleuchtung nur von Fall zu Fall zur vollen Entwickelung gelangt. Da bei den Flechten ebensowenig wie bei den echten Ascomyceten eine Sexualität nachgewiesen werden konnte, so fasse ich die Ascussporen als endogen gebildete Conidien auf, welche als Propagationsorgane denselben biologischen Werth besitzen, wie zZ. B. die Stylasporen der Pykniden. Die Sporenschläuche wurden nämlich ursprünglich ein- zeln zwischen vereinzelten Conidienträgern an demselben Mycel entwickelt (Endomyces decipiens). Später erst ent- wickelten sich viele Sporenschläuche dicht neben einander und traten ähnlich wie die Conidienträger zu gesonderten Gruppen zusammen, welche dann gewöhnlich noch vom Mycel aus besonders umhüllt wurden. So entstanden die Ascusbehälter einerseits und die conidientragenden Stromata und Pykniden anderseits. Die Mycelhülle der Ascusbehälter erfuhr später sehr weitgehende Differenzirungen, welche sich aber alle leicht auf das Schutz- und Ernährungsbedürfniss zurückführen lassen, oder welche als specielle Anpassungen für die Sporenaus- streuung etc. erscheinen. Bei den Flechten tritt häufig zu der Mycelhülle der Ascomata, dem Excipulum proprium, noch eine zweite thallodische Hülle, das Excipulum thallodes hinzu, aber nur dann, wenn dem Ascusbehälter durch diesen thallodischen Überzug ein bestimmter Nutzen erwächst. Worin dieser Nutzen besteht, wird an der betreffenden Stelle eingehend erörtert. Eine besondere Mannigfaltiskeit in Bezug auf Dicke und morphologischen Bau, auf Behaarung und mechanische Festig- keit, auf Durchlässigkeit für Licht, Luft und Wasser, auf Quellungsfähigkeit, auf das Secretionsvermögen und auf die Färbung zeigt die Rinde der Flechten. Ihr Bau kann auch Untersuchungen über die Flechten. vol niemals auf eine einzige Ursache zurückgeführt werden, sondern ist stets der Ausdruck des harmonischen Zusammenwirkens mehrerer Factoren (Wiesner’s! Gesetz von der mechanischen Coineidenz im Organismus). Da die Flechten meistens sehr langlebige Organismen sind und im allgemeinen nur wenig unter dem Thierfrass zu leiden haben, so war a priori anzunehmen, dass sie in irgend einer Weise vor den Angriffen der Thiere geschützt werden. Durch eine Reihe von Fütterungsversuchen konnte ich auch in der That solche Schutzmittel nachweisen. Dieselben sind vor- wiegend chemischer Natur (Flechtensäuren, Kalkoxalat etc.), doch kommen auch mechanische Schutzmittel (spitze Thallus- theile, stachelige Trichome, sehr harte und zähe Gewebe) und Schutzmittel der Lage vor (hypophlöodische und hypocalcide Flechten). In Bezug auf die Durchlüftung und Wasserversorgung des Flechtenthallus konnte ich eine Menge von besonderen Ein- richtungen nachweisen, deren Mannigfaltigkeit, in Anbetracht des niedrigen Ranges der Flechten im natürlichen Pflanzen- systeme, geradezu erstaunlich ist. In dem Capitel»DieFlechten alslichtbedürftige Organismen« wird die Bedeutung der Lichtintensität für das Vorkommen bestimmter Species an bestimmten Orten, für die Entstehung der allseitig berindeten Flechten, für die fixe Lichtlage der Apothecien etc. erörtert werden, wobei ich hervorheben muss, dass sich bei diesen Untersuchungen die Wiesner’sche? Lichtmessungsmethode in einem hohen Grade fruchtbringend erwiesen hat. In demselben Capitel soll auch die biologische Bedeutung des Epithallus und die der Flechtenfarben einer eingehenden Discussion unterzogen werden.’ 1 Wiesner, Biologie der Pflanzen. Wien 1889, S. 8. 2 Derselbe, Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete. I. Abhandlung. Orientirende Versuche über den Einfluss der sogenannten chemischen Lichtintensität auf den Gestaltungsprocess der Pflanzenorgane. Diese Sitzungsber., Bd. 102, 1893. Derselbe, Pflanzenphysiologische Mittheilungen aus Buitenzorg. Diese Sitzungsber., Bd. 103, Abth. I (Jänner 1894). 3 Das bezügliche Capitel konnte übrigens bis jetzt gar nicht abgeschlossen werden, weil das Erscheinen einer Abhandlung Wiesner’s »Über den factischen an (6) DD H. Zukal, Was den Bau der Flechten in Bezug auf den mechanischen Standpunkt anbelangt, so hat die Untersuchung ergeben, dass weitaus der grösste Theil der Laub- und Strauchflechten »biegungsfest« (im Sinne Schwendener's) und nur ein ge- ringer Bruchtheil derselben »zugfest« construirt ist. Aus dem Capitel »Über das Ernährungs-, Speicherungs- und Excretionssystem« soll hier hervorgehoben werden, dass es mir gelungen ist, die bisher nur für Kalkflechten bekannt gewordenen Sphäroidzellen (Reservestoffbehälter) auch für Bacomyces roseus Pers., Sphyridium fungiforme Kbr., Cato- lechia pulchella (Schrad) Th.Fr. und S#cta flavissima Müller nachzuweisen. Die übrigen Abschnitte behandeln das Reproductions- system, sowie das Wachsthum, Alter und die Verbreitung der Flechten und ihre Abhängigkeit von Klima und Substrat, sowie die Flechtenkrankheiten. Aus dieser Inhaltsangabe erhellt, dass durch die vorliegende Arbeit! die Skizzirung der gesammten Flechtenbiologie beab- sichtigt wird. Dieses Unternehmen dürfte bei dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse so manchem Botaniker sehr gewagt er- scheinen, allein, wenn Niemand den Muth zu einem Anfange besässe, so würde das ganze Gebiet der Kryptogamenbiologie noch für lange Zeit eine terra incognita bleiben. Überdies stand mir bei der Schlussredaction dieser Arbeit der bewährte Rath zweier sehr hervorragender Fachmänner zur Seite, nämlich der des Herrn geheimen Regierungsrathes Prot. Dr. Schwendener und der des Herrn Hofrathes Prof. Dr. Wiesner. Diesen beiden Herren bin ich daher tief verpflichtet Lichtgenuss der Pflanzen« abgewartet werden muss, ehe die Arbeit über den Einfluss des Lichtes auf die Flechten beendigt werden kann. Eine vorläufige Mittheilung über die eben erwähnte Arbeit Wiesner’'s ist bereits in den Berichten der deutschen botan. Gesellschaft (Generalversammlungs-Heft 1894) erschienen und die Abhandlung selbst dürfte noch im Laufe des nächsten Herbstes publieirt werden. 1 Aus Zweckmässigkeitsgründen werden die »Morphologischen und bio- logischen Untersuchungen über die Flechten« in drei gesonderten Abhand- lungen erscheinen. Untersuchungen über die Flechten. DI und ergreife mit Begierde die Gelegenheit, denselben an dieser Stelle meinen wärmsten und innigsten Dank auszusprechen. Ich erfülle ferner nur eine angenehme Pflicht, wenn ich dem Elerrn Hottath Prof. Dr. Kerner v. Marilaun und Herrn Prof. Dr. Beck Ritter v. Managetta gleichfalls wärmstens für die grosse Liberalität danke, mit der sie mir behufs Förderung meiner Arbeit die reichen Mittel der unter ihrer Leitung stehenden Institute zur Verfügung gestellt haben. Ich danke endlich auch den Herren Dr. Zahlbruckner Bad Brei Br. Steimer in Wien, sowie Prot Schüler in Triest für so manche Anregung und Bestimmung, sowie für die Über- lassung von werthvollem Untersuchungsmaterial. Der zuletzt Genannte insbesonders hat mir durch die fortwährende Be- schaffung frischer und höchst instructiv gesammelter Flechten das schwierige Studium des Hypothallus in einem hohen Grade erleichtert. 1. Die Flechtenpilze. Weitaus die überwiegende Menge der Flechtenpilze be- steht aus Ascomyceten. Es gibt allerdings auch, wie bekannt, Hymenolichenen (Cora, Laudatea, Dictyonema und Rhipido- nema'), aber in einer fast verschwindenden Zahl. I Bezüglich der Hymenolichenen siehe: Johow, Die Gruppe der Hymenolichenen, Pringsheim’s Jahrbuch XV, 1884. Mattirolo, Contr. Cora (Nuov. Giorn. Bot. Ital., XIII, 1881. Möller, Über die eine Thelephoree, welche die Hymenolichenen Cora, Dictyonema und Laudatea bildet, Flora, 77. Bd., 1893, S. 254. Sehr eine eigenthümliche Auffassung bringt Wainio den Hymenolichenen entgegen, welche wir hier, wegen der grossen Bedeutung dieses Autors als Flechtenforscher, nicht übergehen können. Er hält nämlich das Hymenium der Hymenolichenen für ein Conidien- lager und constatirt ausdrücklich den vorläufigen Mangel eines Apotheciums. Deshalb stellt er die Hymenolichenes auch auf die gleiche Linie mit Coriscium viride (Ach) Wainio mit Leproloma lanuginosum Ach, mit Leprocaulon nanum, mit Siphula ete., also unter die »lichenes in statu imperfecto«. Meiner Ansicht nach müsste aber Wainio consequenterweise dann auch die Hymenomyceten-Gattung Siereum in die fungi imperfecti versetzen. Wainio, Etude sur la classification des lichens du Bresil. Helsingsfors, 1890. 094 H. Zukal, Lässt man die Spore eines Ascomyceten, z.B. die von Penicillium crustaceum Lk. in einer geeigneten Nährlösung keimen, so entwickelt sie 1—3 Keimschläuche. Die Spitze jedes Keimschlauches sondert sich dann durch eine Querwand von dem übrigen Faden ab und wächst weiter, um nach einiger Zeit abermals wieder eine neue Querwand zu bilden. Die Ver- ästelung erfolgt bekanntlich so, dass die Binnenzellen in basi- fugaler Folge seitliche Ausstülpungen treiben, die nun ihrerseits wieder unter fortwährender Querwandbildung ebenso weiter wachsen wie der Hauptfaden, d. h. durch Vermittlung der Fadenspitze (Scheitelzelle). Nach wiederholter Zweigbildung entsteht so ein kreisförmiges Mycel, welches für den Fall, dass es in das Substrat nicht einzudringen vermag, sich enge an dasselbe anschmiegt. Dieses unmittelbar aus der Spore hervor- gegangene, sich in einer Ebene ausbreitende Mycel ist der Prothallus oder Protothallus der Mykologen. Sobald dieses Mycel aber älter wird, bilden sich die Seitenzweige nicht mehr in einer und derselben Ebene, sondern sie werden in ver- schiedenen Winkeln aufgerichtet. Die weitere Entwicklung des Mycels hängt hauptsächlich von der Ernährung und von äusseren Umständen ab. Ist die Ernährung sehr üppig, so können die Verzweigungen so dicht werden, dass haut- oder tuchartige Gebilde entstehen. Im entgegengesetzten Falle wird die Verzweigung ärmlich und locker ausfallen. Was uns hier interessirt, ist die Thatsache, dass die Mycelien der Ascomy- ceten im Grossen und Ganzen in radialer Richtung durch fort- währende Verlängerung ihrer Fadenspitzen wachsen und nach und nach eine kreisförmige Fläche bedecken. Dies ist deshalb wichtig, weil die kreisförmige Thallusform zahlreicher Krusten und Laubflechten hauptsächlich auf diesen Umstand, als letzte und eigentliche Ursache zurückgeführt werden muss. Allerdings besteht ein grosser Unterschied zwischen dem Wachsthum eines Ascomyceten-Myceles und dem Wachsthum eines Flechten- thallus. Bei den Ascomyceten ist nämlich das Spitzen- und Marginalwachsthum des Mycels gewissermassen unbegrenzt — auf jeden Fall sehr gross, das intercalare Wachsthum dagegen, insoferne man darunter die Theilung und Streckung der Binnenzellen versteht, sehr gering. Untersuchungen über die Flechten. 880 Bei den Flechten verhält es sich gerade umgekehrt. Denn hier ist das Spitzen- und Marginalwachsthum schon durch den Speciescharakter begrenzt und wird, wie Schwendener! nachgewiesen hat, von dem intercalaren Wachsthum oft um das Zehnfache übertroffen. Diese Verschiedenheit bedingt jedoch nur einen secundären Charakter und keinen fundamentalen Unterschied und wird durch eine verschiedene Ernährungsweise und durch eine ver- schieden lange Lebensdauer hervorgerufen. Wenn die kreisförmige Thallusform vieler Flechten in letzter Instanz auf die Wuchsform des betreffenden Mycels des Flechtenpilzes zurückgeführt werden kann, so basirt die band- förmige und cylindrische Form vieler Strauchflechten auf einem anderen Umstand. Es kommt nämlich häufig, besonders in den älteren Mycelen vieler Ascomyceten vor, dass sich die Mycelfäden nicht gleich- mässig in allen Radien der Kreisfläche ausbreiten; es werden vielmehr gewisse Hauptradien bevorzugt, und in diesen Haupt- richtungen wachsen dann die Fäden, oft parallel und dicht aneinander geschmiegt, weiter. Auf diese Weise entstehen die sogenannten Mycelstränge, welche bald eine band-, bald eine seilförmige Form und eine sehr verschiedene Dicke zur Schau tragen können. Der Thallus von Usnea, Bryopogon, Cornicularia, Evernia und Ramalina, sowie die Podetien von Cladonia und Stereo- canlon lassen sich nun in einer ähnlichen Weise auf die strang- förmige Wuchsform ihrer Flechtenpilze zurückführen, wie der kreisrunde Thallus vieler Laub- und Krustenflechten auf die gleichmässig dichte, radiale Wuchsform der Mycelien ihrer Flechtenpilze. Allerdings werden bei den Strauchflechten die ursprünglich vorhandenen Thallusstränge durch mechanische und andere Kräfte noch in einer sehr mannigfaltigen Weise differenzitt, allein die physiologische Arbeitstheilung schafft keine neue Thallusform, sie bewegt sich vielmehr nur innerhalb der I Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus, 1. Theil, S. 11—14; 2. Theil, S. 4—6. 536 H. Zukal, durch die ursprüngliche Hyphenlagerung gegebenen Haupt- richtung. Die kreisförmige Mycelfläche und der Mycelstrang bilden die Bauelemente des Flechtenthallus und bedingen den Stil der ganzen Flechtenarchitektur; wir werden immer wieder auf diese beiden Grundelemente zurückkommen müssen. Behufs Erklärung der feineren Thallusconfiguration, der Ganzrandigkeit, der Lappen- und Zweigbildung etc. muss allerdings ein anderes Moment herangezogen werden, nämlich das Verhältniss zwischen dem tangentialen und dem radialen Wachsthum. In dieser Beziehung ist übrigens bereits von Schwendener! die Hauptarbeit geleistet worden. Bei vielen echten Ascomyceten erhebt sich das Mycel zu einer ausdauernden und bestimmten Form, dem sogenannten Stroma. Diese Umwandlung des Mycels zum Stroma geht häufig mit einer beträchtlichen Verdickung der Hyphen, mit der Ausbildung einer Rinde und sonstigen Anpassungen, die hauptsächlich mit der längeren Lebensdauer in Beziehung stehen, Hand in Hand. Die Gestalt des Stromas ist sehr mannig- faltig und man unterscheidet tuch-, teller-, kugel-, keulen- und geweihartige Formen. Auf den ersten Blick hin könnte es scheinen, dass sich ein grosser Theil der Flechten auf solche stromabesitzende Ascomyceten zurückführen lassen müsse. Allein dem ist nicht so. Die nähere Untersuchung zeigt vielmehr, dass die nächsten Verwandten der stattlichsten Laub- oder Strauchflechten als Pilze nur ein schwaches Mycel entwickeln und dass die Entstehung und Ausgestaltung des Flechtenthallus, aus einem mehr oder minder spärlich entwickelten Mycel, einzig und allein auf Rechnung des Conviviums mit den Algen gesetzt werden muss. Allerdings bildet der Flechtenthallus selbst, vom rein morphologischen Standpunkt aus, auch eine Art von Stroma; allein dieses Stroma wurde von den Flechtenpilzen nicht als ein Erbtheil aus der Ascomycetenzeit mit in das Flechtenleben herübergenommen, sondern es wurde erst durch das Zusammen- leben mit den Algen erworben und dann nach und nach im 1 Schwendener, Ibidem, 2. Theil, S. 5. Untersuchungen über die Flechten. DOM Laufe der phylogenetischen Entwicklung auf das mannig- faltigste ausgestaltet. An den Mycelien der Ascomyceten entstehen gewöhnlich sehr verschiedenartige Fortpflanzungs-und Propagationsorgane: Chlamydosporen, Conidien, Conidienstroma, Pykniden und Ascusbehälter. Die Conidien werden entweder auf einzelnen Trägern gebildet oder es vereinigen sich die letzteren zu einem Conidienstroma. Letzteres kann hohl werden und sich auf die mannigfachste Weise zur Pyknide umbilden. Da bei den Flechten Chlamydosporen! und einzelne Coni- dienträger nur äusserst selten vorkommen, so interessiren uns hier ‚hauptsächlich nur die Pykniden und die sogenannten »Ascusfrüchte«, d. h. eigenthümliche, aus Mycelfäden auf- gebaute Sporenschlauchbehälter. Mit Rücksicht auf die letzteren zerfallen die Ascomyceten, wie ich an einem anderen Orte? näher ausgeführt habe, in zwei ganz natürliche Gruppen, die ich Hymenoasci und Sphaeroasci nennen will. Die Hymenoasci umfassen alle Ascomyceten, deren Sporen- schläuche in einer ebenen oder gekrümmten Fläche zu einem morphologischen Ganzen, nämlich dem Hymenium vereinigt werden. Diese grosse Gruppe lehnt sich an die Mucorineen un- mittelbar an und geht durch den merkwürdigen Monascus,? durch Thelebolus,* Ascozonus,® Ryparobius und Ascophanus in die Discomyceten einerseits und durch Podosphaera, Sphaero- ! Chlamydosporen, im Brefeld’schen Sinne, hat meines Wissens bisher nur Neubner bei den Flechten nachgewiesen, und zwar bei den Calieieen. Siehe Neuber, Untersuchungen über den Thallus und die Fruchtanfänge der Calycieen. Wissensch. Beiträge zum 17. Jahresbericht des königl. Gymnasiums zu Plauen. Ostern 1893. 2 Zukal, Über einige neue Pilzformen. Berichte der deutsch. botan. Gesellsch., 1890, Bd. 8, Heft 8, S. 302. 3 Siehe van Tieghem, Monascus, genre nouveau de l’ordre des Asco- mycetes. Bull. de la soc. bot. de France, T. VI. Paris, 1884. 4 Zukal, Mykologische Untersuchungen. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wissensch,, LI. Bd. Wien, 1888. 5 Heimerl, Die niederösterreichischen Ascoboleen. Aus dem 15. Jahres- berichte der k.k. Oberrealschule im Bezirke Sechshaus in Wien, 1889. Asco- zonus oligoascus n. Sp., S. 27. 238 H. Zukal, theca und Erysiphe anderseits in die Pyrenomyceten über. Ich füge noch hinzu, dass dieser Übergang so allmälig und deutlich ist, wie selten wo anders im ganzen Pflanzenreiche. Bei den Hymenoasci führt also die Spur deutlich zu den Mucorineen und es bestätigt sich, was Brefeld! schon längst behauptet hat, dass zwischen Sporangium und Ascus kein fundamentaler Unterschied besteht. Die zweite Gruppe der Ascomyceten, die ich Sphaeroasci nenne, beginnt mit Formen wie Endomvyces, Arachniotus,? Amanroascus,? Ctenomyces und Gymmoascus, und geht durch Aphanoascus* und Penicillium luteum? zu den Aspergillaceen® und Tuberaceen über. Einen Seitenzweig dieser Gruppe, welcher aber durch die Anpassung an die parasitische Lebensweise fast bis zur Un- kenntlichkeit verändert ist, bilden die Exoasceen (im Sinne Siardie,beiakös): Die Sphaeroasci werden durch kleine kugelige oder birn- Törmige Sporenschläuche charakterisirt, die nicht zu einem Hymenium, sondern zu complieirten, straussartigen Frucht- ständen vereinigt sind. Ihre Wurzel ist noch dunkel. Doch scheinen sie zu einer sporangiolen Form in einer ähnlichen Weise hinzuführen, wie die Zymenoasci zu dem Sporangium. Die Flechten besitzen von den Sphaeroasci meines Wissens keinen Vertreter. Nur bei Ephebella Hegetschweileri Itz. fand ich einen Endomyces. Da derselbe aber mit der Scyfonema nicht in einer mutualistischen Symbiose lebt, sondern als Parasit auf- tritt, so kann Ephebella nicht als Flechte betrachtet werden.” Um so reichlicher sind bei den Flechten die FZymenoasci ver- 1 Brefeld, Botanische Untersuchungen, Heft IV und IX. 2 Schroeter, Kryptogamenflora von Schlesien. Pilze, 2. Hälfte, 2. Liefe- rung, S. 210. 3 Schroeter, Ibidem, S. 211. 1 Zukal, Über einige neue Pilzformen. Berichte d. d. botan. Gesellsch., 1890, VIII. Bd., Heft 8, S. 295. 5 Zukal, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen aus dem Gebiete der Ascomyceten. Diese Sitzungsber., 1889, S. 561. 6 Schroeter, Flora von Schlesien. Pilze, 2. Hälfte. 2. Lieferung, S. 214. 7 Zukal, Halbflechten. Flora, 1891, 1. Heft, S. 103. Untersuchungen über die Flechten. 909 treten, und zwar von diesen wieder die Discomyceten zahl- reicher als die Pyrenomyceten. Die Sporenschläuche der Ascomyceten benöthigen eine grosse Menge von Protoplasma und sonstigem Nährmaterial. Da diese Stoffe in den Ascis selbst nicht entstehen, so müssen sie von anderswoher zugeführt werden. Es geschieht dies durch die Ascogone und durch die ascogonen Hyphen, welch letztere nicht selten in besonderen Initialorganen der Ascus- behälter wurzeln. Die Wand der letzteren, sowie die Paraphysen entwickeln sich dagegen in den meisten Fällen aus den gewöhn- lichen vegetativen Hyphen, dem sogenannten Hüllapparat. Vom physiologischen Standpunkt aus betrachtet differenziren sich die Hyphen in dem jungen Ascusbehälter in zwei Gruppen, nämlich in vegetative und fertile. Die ersteren construiren den ganzen Behälter und erzeugen eine grosse Menge von Nährmaterial, die letzteren speichern dieses Material auf und leiten es zu den Sporenschläuchen. Vom morphologischen Standpunkt aus betrachtet, liegen die Dinge allerdings anders. Da kommt es darauf an, die Initial- organe, wo solche vorhanden sind, auf ihren morphologischen Werth zu prüfen, Homologien aufzusuchen etc. Im allgemeinen bereitet diese Arbeit grosse Schwierigkeiten. Nur in einzelnen Fällen sind die Initialorgane der Ascus- behälter relativ leicht zu deuten. So ist z.B. das Archicarp von Monascus und Thelebolus identisch mit dem späteren Sporen- schlauch, oder wenn man will, mit dem Sporangium. Bei Sphaerotheca functionirt der Tragfaden des Sporangiums als Initialorgan, welches sich später in Ascus und Stützzelle diffe- renzirt. Häufig ist dieser Tragfaden oder die Trägerhyphe aber schraubig gewunden und entwickelt nicht mehr einen einzigen Ascus, sondern eine grössere Zahl von Asci, und zwar entweder direct oder indirect, d.h. durch Vermittlung einer Zwischen- hyphe, wie bei Erisyphe und Eurotium. Aber schon hier wird die Deutung unsicher und verliert sich in anderen Fällen ganz in das Gebiet der Hypothese. Nicht selten fehlt aber das Initialorgan ganz und die fertile Hyphe differenzirt sich erst später aus den vegetativen Hyphen des jungen Ascusbehälters heraus (Pleosporo, Slerotinia und Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 36 540 EL Zutezul, Cladonia). Unter Umständen kann aber auch diese Differen- zirung unterbleiben, so dass der ganze Ascusbehälter nur aus einer einzigen Art von Hyphen besteht und sowohl Asci, als auch Paraphysen aus denselben Fäden entspringen, wie z.B. bei Claviceps purpurea und Ascodesmis nigricans. Man hat meiner Ansicht nach die morphologische Seite der ganzen Frage durch die Aufstellung der Begriffe »Hüll- apparat und »fertile Hyphe« etwas zu sehr betont, und die physiologische Seite derselben viel zu wenig beachtet. Denn dass die Differenzirung der Hyphen in den Ascusbehälter- Anlagen oft schon sehr frühzeitig geschieht, dass in einzelnen Fällen die fertile Hyphe sogar früher erscheint als die vegeta- tiven Hyphen, kann meine Auffassung nicht alteriren. Denn irgend ein Mycel ist immer schon vorhanden, wenn an denselben Initialorgane für die Ascusbehälter zur Entwicklung gelangen. Jede Zelle dieses ursprünglichen Mycels erzeugt aber eine gewisse Menge von Protoplasma und Nährmaterial. Da nun bei den höheren, gefächerten Mycelien das Wachsthum und die Neubildung grösstentheils durch die Scheitelzellen erfolgt, so wird das Bildungsmaterial der intercalaren Zellen frei und dis- ponibel und bildet gewissermassen einen Fond, dessen Grösse von der Anzahl der intercalaren, nicht mehr sprossenden Zellen bedingt wird. Dieser Fond kann eine sehr verschiedene Ver- wendung finden. Oft wird er rasch wieder ausgegeben und in das Kleingeld der Conidien und Chlamydosporen umgesetzt. Häufig wird er auf einem Haufen gesammelt und an einem bestimmten Orte eine zeitlang deponirt, ehe er zur Ausgabe gelangt, d.h. das disponible Plasma und die verfügbaren Reserve- stoffe wandern aus den intercalaren Zellen aus, um in gewissen Zellen, Hyphen oder Hyphencomplexen magazinirt zu werden (Gemmen, Dauerhyphen, Pilzbulbillen, Sklerotien). Dass aus solchen Magazinen später, d.h. unter günstigen Bedingungen, häufig Organe hervorgehen, welche bei ihrer Entwicklung viel Bildungsmaterial verbrauchen, wie z.B. die Fruchtkörper im weitesten Sinne, ist nur natürlich. Zu den Hyphen, in welchen Protoplasma und Nährstoffe aufgestapelt werden, rechne ich nun auch die Initialorgane der Ascus- behälter, also die Archikarpien, die Woronin’sche Hyphe r Untersuchungen über die Flechten. o4l etc, und zwar unbeschadet ihres sonstigen morphologischen Werthes. Solche Orte nun, an denen Protoplasma und Reserve- stoffe in irgend einer Weise aufgespeichert worden sind, eignen sich unter günstigen Bedingungen vorzüglich zu Neubildungen, d. h. sie werden leicht zu Vegetationspunkten. Wenn nun aus einem solchen Punkt das Mycel thatsächlich aussprosst, um ein Stroma, eine Pyknide oder einen Ascusbehälter zu bilden, so ist bei diesem Wachsthumprocess der active, formirende Theil das Mycel und nicht das eventuell vorhandene Speicher- organ. Die Richtigkeit dieser Auffassung erhellt schon daraus, dass in den meisten Fällen das Stroma, die Pyknide oder der Ascusbehälter ohne jede Spur eines Initialorganes angelegt wird. Wenn aber ein Initialorgan vorhanden ist und dann augen- scheinlich von einem Hüllapparat umwachsen wird, wie bei Eurotium und Thelebolus, so war es wieder das Mycel, welches die fertile Hyphe und die Ascusanlage geschaffen und seine Umhüllung so lange hinausgeschoben hat, bis diese Anlage vollendet war. Nach dieser Auffassung sind Stroma, Pyknide und Ascusbehälter morphologisch gleichwerthig, d. h. sie besitzen nur den Werth eines besonders abgegrenzten und distinct ge- stalteten Myceltheiles. Wenn man an dieser Auffassung festhält, so lassen sich die morphologischen und physiologischen Erscheinungen aller fertilen Stroma, Pykniden und Ascusbehälter leicht und ungezwungen erklären. Denn sobald der Ascusbehälter nichts anderes ist, als ein besonders geformtes Stück Mycel, dann ist es nicht mehr auffällig, wenn z.B. die äussere Wand desselben Conidienträger entwickelt (Podosphaera tridactyla) oder wenn die, zwischen den einzelnen Sporenschläuchen aufgerichteten Mycelfäden (Paraphysen) Conidien abschnüren (Heterosphaeria Patella) oder, wenn im Innern des Behälters zuerst nur Conidien produceirt werden und später Asci (Physma compactum) oder, wenn sich das Mycel des Behälters in verschiedenen Höhlen und Abtheilungen spaltet und dann in den einen Conidien, in den anderen Sporenschläuche entwickelt (stromatische Ascomata), wenn diese Höhlen das einemal eine besondere Perithecienwand erzeugen, das anderemal nicht (Dothideen), 042 Bezukal, oder, wenn sich das Mycel der Fortpflanzungsbehälter ver- zweigt und dann an einzelnen Stellen steril bleibt, an anderen Conidien und an dritten Asci producirt (Xylarien, Cladonien, _ Stereocaulon ere)) Es ist dann auch nicht mehr auffällig, dass sich die Sporenschläuche nur aus den ascogonen Hyphen, beziehungs- weise aus einer einzigen fertilen Hyphe entwickeln, denn auch die Basidien der Hutpilze theilen sich in gewisse Bezirke und die sehr zahlreichen Basidien eines Bezirkes gehen gewöhnlich als Enden einer einzigen, büschelig verzweigten Hyphe hervor. Ebenso wenig kann es auffallen, dass die Paraphysen ge- wöhnlich nicht aus der fertilen Hyphe entstehen. Denn die Paraphysen gehören zum vegetativen Hyphensystem des Ascus- behälters, welcher unter anderem auch die Aufgabe zu erfüllen hat, neue Mengen von Protoplasma und Reservestoffen zu erzeugen und dieses Material dann, sobald das vegetative Wachsthum beendet ist, den ascogonen Hyphen, beziehungs- weise den Sporenschläuchen zuzuführen. Es wandern also die Nährstoffe aus den Zellen der Ascusbehälter und der Para- physen in einer ähnlichen Weise in die Asci, wie aus den intercalaren Zellen des gewöhnlichen Mycels in die Gemmen, Conidienträger etc. Da sowohl die fertilen Stroma, wie die Pykniden und Ascomata auf einem rein vegetativen Wege entstehen und nichts weiter sind als Mycelsprosse, so kann man sie auch nicht als Früchte bezeichnen. Denn die Frucht setzt nach Kerner! einen Befruchtungsprocess voraus. Nun ist aber noch bei keinem Ascomyceten ein sexueller Vorgang nachgewiesen worden. Diese Thatsache schliesst aber die Möglichkeit nicht aus, dass gewisse Initialorgane der Ascusbehälter als functionslos gewordene Geschlechtsorgane noch erkannt werden können. Gegenwärtig müssen wir aber die Ascomyceten für eine Pilzclasse erklären, der die Sexualität vollständig abhanden gekommen ist. Das Gesagte gilt auch für die Flechten. Wenn ich letzteren Umstand, der eigentlich selbstverständlich ist, hervorhebe, so leitet mich hiebei ein besonderer Grund. In 1 v. Kerner, Pflanzenleben. 2. Theil, S. 43. I Lu Untersuchungen über die Flechten. 4: neuester Zeit ist nämlich von Kerner! nachgewiesen worden, dass die Hauptursache der Entstehung neuer Formen bei den Phanerogamen in der Kreuzung gesucht werden muss. Auch Weismann’° nimmt bekanntlich an, dass die erblichen Varia- tionen des Keimplasmas so geringfügiger Natur seien, dass die Amphimixis hinzutreten müsse, um diese geringfügigen Variationen zu potenziren und sichtbar zu machen. Für beide Forscher ist also die Sexualität eine Hauptursache des Formen- reichthums. Mit um so grösserem Interesse müssen wir aber die Asco- myceten, beziehungsweise die Flechten betrachten. Denn diese grosse Pflanzengruppe besitzt notorisch keine Sexualität und doch gibt sie, was Formenreichthum und Artenzahl anbelangt, kaum einer entsprechenden Gruppe der höheren Gewächse etwas nach. Ja, einige Gattungen derselben, wie Lecidea, Lecanora und Cladonia zeigen einen Grad von Variabilität, der geradezu an Hieracium und Rubus erinnert. Wir werden aus den späteren Capiteln überdies entnehmen, dass beson- ders bei den Flechten die Anpassungsfähigkeit an die Extreme des Klimas und an sonstige äussere Verhältnisse ausserordent- lich gross ist und sich in zahlreichen, morphologischen Eigen- thümlichkeiten manifestirt. Bei diesen niederen Pflanzen scheinen daher die so- genannten Lamarck’schen Factoren noch stark genug zu sein, um zahlreiche repräsentative Abänderungen zu bewirken. Die natürliche Zuchtwahl wirkt dabei gewissermassen wie eine höhere Instanz mit, erhält das Nützliche und lässt alles Unzweckmässige zu Grunde gehen. Ist es nun nicht in einem hohen Grade merkwürdig, dass bei den Flechten eine grosse Mannigfaltigkeit der Formen durch directe Anpassungen bewirkt wird, während die Thiere und die höheren Pflanzen dasselbe Ziel erst durch den Umweg der geschlechtlichen Verbindung erreichen? Ich habe mir diese etwas lange Auseinandersetzung hier erlaubt, um die Aufmerksamkeit mit allem Nachdrucke auf I vw. Kerner, Pflanzenleben. 2. Theil, S. 547: 2 Weismann, Keimplasma, 1893. 544 H. Zukal, gewisse Punkte zu lenken, weil dieselben meiner Ansicht nach, das Verständniss des Flechtenthallus wesentlich erleichtern. Diese Punkte sind: Der Baumeister des Flechtenthallus ist, wenige Fälle ausgenommen, das Mycel des bezüglichen Flechtenpilzes und sämmtliche Propagationsorgane, mit Ein- schluss der Ascusbehälter, sind nur Sprosse dieses Mycels. Ein Generationswechsel findet demnach nicht statt. In dem Baustil des Mycels kommen hauptsächlich die Kreisfläche, beziehungsweise der Kugelschnitt und die Radien derselben in der Form von Strängen zum Ausdruck. Als Baumaterial dient in erster Linie die Hyphe. 2. Die Flechtenalgen. Die im Flechtenthallus vorkommenden grünen Zellen wurden von den älteren Lichenologen für den Flechten eigen- thümliche Organe gehalten und ihr genetischer Zusammenhang mit den Hyphen kam gar nicht in Frage. Diesen Standpunkt nehmen sogar jetzt noch einige hervorragende Lichenologen ein.! Letzteres Factum mag einige Verwunderung erregen, allein es ist für jeden, der mit den oft schwer zu deutenden Structurverhältnissen der Flechten genauer vertraut ist, wenig- stens erklärbar. Es kommen nämlich nicht selten Fälle vor, dass die Hyphen mit den grünen Zellen in einer eigenthüm- lichen Weise copuliren. Wenn dann die copulirenden Gonidien noch dazu klein und so blass sind, dass sie kaum mehr als grün angesprochen werden können, so kann der Beobachter leicht den Eindruck erhalten, dass die jungen Gonidien von den Hyphen abgeschnürt werden. Auch besitzen einige tropische Collemen mitunter eigenthümliche, torulöse Hyphen, welche mit einem glänzenden, grünlich schimmernden Inhalt erfüllt sind und dann nicht selten eine auffallende Ähnlichkeit mit den in demselben Thallus vorhandenen Nostor-Schnüren zeigen. Eine eingehende Untersuchung mit den modernen, mikro- chemischen Mitteln klärt jedoch in den meisten Fällen den 1 So sagt z.B. der um die Flechtenkunde so hoch verdiente Nylander in seinem Sertum Lichenae Tropicae e Labum et Singapore, Parisiis 1891, in Bezug auf ein Stereocaulon: »Tamen in cellulis horum glomerulorum gonidia oriri et formari clare videmus«. Untersuchungen über die Flechten. 045 wahren Sachverhalt alsbald auf. Der erste Forscher, welcher auf die grosse Ähnlichkeit der Flechtengonidien und Algen aufmerksam machte, war de Bary.! Er stellte wenigstens für die Gallertflechten die Alternative auf: »Entweder sind die in Rede stehenden Lichenen die vollkommen entwickelten, fructificirenden Zustände von Gewächsen, deren unvollständig entwickelte Formen als Nostocaceen, Chroococaceen bisher unter den Algen standen. Oder die Nostocaceen und Chrooco- Baeeen sind. typische Algen? sie nehmen die Kormen der Collemen, Epheben u. s. f. dadurch an, dass gewisse parasitische Ascomyceten in sie eindringen, ihr Mycel in den fortwachsenden Thallus ausbreiten und an dessen phycohromhaltige Zellen öfters befestigen.« Bekanntlich erwies sich die letztere Annahme als die Sehtiee Ir hat, sich” auch Schwendener, nach ‚einigem Widerstande, im letzten Hefte seiner Untersuchungen über den Flechtenthallus 1868 rückhaltslos angeschlossen. Ein Jahr später erschien dessen bahnbrechende Arbeit: »Die Algentypen der Flechtengonidien«. In dieser Abhandlung, ? welche ein grosses Aufsehen machte, indentificirte Schwen- dener nicht nur die häufigsten Gonidien mit den entsprechenden Algengattungen, sondern setzte auch die physiologische Be- deutung der Gonidien für die Flechte, als Vermittler der Assimilation, auf das klarste auseinander. Was die Gonidien der Flechten selbst anbelangt, so theilt er dieselben in acht Gruppen, welche ebenso vielen Algentypen entsprechen. Diese Gruppen sind: 1. Sirosiphoneen, bei Ephebe, Spilonema und in den Cephalodien von Stereocaulon. 2. Rivularien, bei Tham- nidium und Lichina. 3. Scytonemeen, bei Heppia, Porocyphus und in den Cephalodien von Stereocaulon. 4. Nostocaceen, bei Collema, Leptogium, Pannaria, Peltigera und in den Cepha- [odien von Stereocaulon. 5. Chroococaceen, bei Enchylium und Phylliscum. 6. Confervaceen, bei Coenogonium und Cystocolens. 7, Chroolepideen, bei Roccella, den Graphideen und Verrucarien. 5. Palmellaceen bei den meisten übrigen Flechten. Zu diesen I! DeBary, Morphologie und Physiologie der Pilze. 1. Aufl., 1865. 2 Schwendener, Die Algentypen der Flechtengonidien. Programm der Rectoratsfeier der Universität Basel, 1869. 046 BE Raul, acht Typen fügte später noch Bornet! die Algengattung Phyllactidinm bei Opegrapha filicina und Strignla als neunten Typus hinzu. Die eben erwähnte Abhandlung von Bornet war in zweifacher Hinsicht wichtig, denn einmal brachte sie eine glänzende Bestätigung der Schwendener’schen Angaben von Seite eines der hervorragendsten Algenkenners, dann trugen auch die der Bornet’schen Arbeit beigegebenen, prachtvollen Abbildungen nicht wenig dazu bei, die Art und Weise zu illustriren, wie die Flechtenpilze von den Algen Besitz ergreifen. Dies geschieht bekanntlich auf eine sehr mannigfaltige Weise, doch lassen sich immerhin gewisse Hauptformen unterscheiden. Denn entweder steht die Hyphe auf der Wand der Algenzelle mehr oder weniger senkrecht und berührt letztere nur in einem einzigen Punkte, oder es legen sich ein oder mehrere Hyphen- zweige dicht an die Algenwand an und wachsen in paralleler Richtung mit derselben weiter. Mitunter liegen auch die Algen- zellen eingekeilt in den Intercellularräumen eines zarten Pseudo- parenchyms, in anderen Fällen wieder verbreiten sich die Hyphen hauptsächlich in den Gallertscheiden der Algencolonien. Der gewöhnlichste Fall ist aber der, dass die Alge von mehreren Hyphenästen umklammert wird. Dabei können die Hyphen die Alge entweder lückenlos einschliessen, wie z.B. bei Cystocoleus oder sie lassen, wie dies meistens der Fall ist, einen grösseren oder kleineren Theil der Algenzelle frei. Bezüglich der Art und Weise, wie die Hyphen sich an die Algen anlegen, stösst man übrigens in ein und demselben Flechtenthallus auf Modificationen. So fand ich z. B. in dem Thallus unserer kalkbewohnenden Jonaspis-Arten zuweilen zwei Formen von Trentepohlia (Chroolepus). In der oberen Thallusregion lagen nämlich Trentepohlia-Fäden, mit kleinen rundlichen Zellen, an welche sich die Hyphen in der gewöhnlichen Weise anlesten, d. h. so, wie sie Bornet in der eben eitirten Abhandlung auf Tab. 6 abbildet; in der Tiefe dagegen bildete die Trentepohlia viel dickere Fäden, deren Zellen von einer kurzgliedrigen, fett- reichen Hyphe bilderrahmenartig so umschlossen wurden, dass äusserst zierliche Ketten entstanden. 1 Bornet, Recherches sur les Gonidies des Lichens. Annal. de sc. nat. Ar DOES Untersuchungen über die Flechten. e7 In Bezug auf die Verbindung von Gonidien und Hyphen repräsentiren einen zweiten Haupttypus die sogenannten ge- stielten Gonidien. Bei diesem Typus sitzen die Gonidien oft an eisenthümlich umgebildeten, kurzen Hyphenzweigen, wie die Beeren an den Stielen einer Traube. Besonders schön ist dieser Typus dort entwickelt, wo Gloeocapsa oder Chroococcus als Nähralge functioniren, also bei Omphalaria, Synalissa, Phylliscum etc. Vereinzelt copuliren übrigens in ganz ähnlicher Weise die Algenzellen auch bei den Nähralgen, Nostoc, Trente- pohlia, Cystococcus und Gloeocystis, wie man sich durch die genauere Untersuchung des Thallus von Physma (Arnoldia), Roccella, Usnea, Miricaria‘ und Epigloea? überzeugen kann. Dabei berührt der Hyphenstiel entweder bloss die Aussenwand der Algenzelle oder er dringt durch die Gallerthülle und Aussen- häute bis zur Intina der Alge vor und schwillt dabei oft knopf- förmig an, wie dies häufig bei den Gloeocapsa-, Chroococcus- und Gloeocystis-Gonidien vorkommt, oder endlich er dringt in das Protoplasma der Alge ein. Letzterer Fall wurde bei Physma und Arnoldia beobachtet. Merkwürdig ist es, dass durch das Eindringen der Pilzhyphe der Algenprotoplast vorerst nicht getödtet, sondern dass er im Gegentheil zu einem hypertrophi- schen Wachsthum angeregt wird. Zuletzt scheint er allerdings doch zu erliegen, denn man findet in dem frischen Physma- Thallus die vergrösserten copulirten Nostor-Zellen gewöhnlich inhaltsleer. Wie mitunter gleichzeitig zwei Ascomyceten? mit einer und derselben Alge in mutualistischer Symbiose zusammen 1 Micarea im Sinne von Hedlung (Kritische Bemerkungen über einige Arten der Flechtengattungen Lecanora, Lecidea und Micarea. Rihang Till k. Svenka Vet. Akad. Handlingar, Bd. 18, Afd. III, N. 3. Stockholm, 1892). Hedlung hält die Gonidien von Micarea zwar für einen Protococeus, ich bin aber durch die sorgfältige Untersuchung ganz frischen Materiales zu der Überzeugung gelangt, dass die Gonidien von Micarea Hedlung zu der Algen- gattung Gloeocystis Nägeli gehören. 2 Epigloea. Siehe über diese Gattung meine Arbeit Zpigloea bactrospora Zuk. in der österr. botan. Zeitschrift, 1890, Nr. 9. 3 Zukal, Über einige neue Ascomyceten. Verhandl. der k. k. zool.-bot. Gesellsch. in Wien, 1887, S. 39. Der Fall bezieht sich auf, die in der oben eitirten Arbeit beschriebenen Pleospora Collematum Zuk. Dieselbe lebt mit dem 048 H. Zukal, leben können, so finden wir auch, und zwar nicht selten, in einem und demselben Flechtenthallus zwei oder mehrere Algen, als Nährgonidien. Hierher gehören vor Allem die sogenannten Cephalodien.! Dieselben entstehen durch das Zusammenwirken der Hyphen einer bestimmten Flechte mit einer oder mehreren Algen, welche zu einem anderen Typus gehören, als die normalen Gonidien der bezüglichen Flechte. Sie bilden bald auf der Oberseite, bald auf der Unterseite oder auch im Inneren des Thallus der Flechten mannigfach gestaltete Höcker und Warzen, selbst verzweigte Gebilde. Mitunter treten diese Cephalodien so constant auf, dass der Versuch gemacht worden ist, sie als systematische Merk- male zu verwerthen, so z.B. bei Peltigera aphtosa und mehreren Arten der Gattung Stereocaulon. In diesen Fällen könnte man beinahe an eine Anpassung des Flechtenpilzes an zwei Algen glauben. Gewisse Flechten scheinen, was ihre Anpassung zur Nähralge anbelangt, sich nach Forsell gegenwärtig in einer Übergangsperiode zu befinden. So besitzen z.B. Solorina cerocea und S. saccata in ganz jungem Thallus nur gelbgrüne Gonidien. Es dringen aber fast immer im Laufe der weiteren Thallus- entwicklung blaugrüne Gonidien (Nostoc) aus dem Substrate von unten her in den Thallus ein,” und der ausgewachsene Ascomyceten von Physma compactum zusammen mit derselben Alge, nämlich einem Nostor, ohne dass man auch bei der serupolosesten Untersuchung eine Spur einer Schädigung des Flechtenpilzes oder der Nähralge nachweisen könnte. Da aber auch die Pleospora sichtlich gut gedeiht und zahlreiche Perithecien mit keimfähigen Sporen entwickelt, so liegt hier offenbar der seltene Fall einer dreifachen mutualistischen Symbiose vor. 1 Über die Cephalodien siehe Th. Fries, Beiträge zur Kenntniss der sogenannten Cephalodien bei den Flechten. Flora, 1866, S. 17 und Forsell, Lichenologische Untersuchungen. Auszug aus »Studier öfver Cephalodierna. Rihang till k. Svenska Vet. Akad. Handlingar, Bd. 8, Nr. 3. Stockholm, 1883. 2 Von diesem Eindringen habe ich mich bei Solorina saccata thatsächlich überzeugt. Diese Flechte ist nämlich in der Umgebung des Klopeiner Sees, an dem ich schon durch mehrere Jahre meine Ferien verlebe, sehr gemein. Da hatte ich denn Gelegenheit, wahrzunehmen, dass nur die ganz jungen, wenige Millimeter messenden Thallusscheibehen ausschliesslich gelbgrüne Gonidien besitzen. Bei den grösseren Scheibchen hingen einige Nostornester wenigstens im untersten Theile des Markes und drangen allmälig, wie die Untersuchungen über die Flechten. 949 Thallus beider Flechten zeigt fast immer sowohl gelbgrüne, als auch blaugrüne Gonidien in wechselnder Menge. Bei Solorina saccata v. spongiosa erlangen die blaugrünen Gonidien in quanti- tativer Hinsicht sogar das Übergewicht über die gelbgrünen. Nun besitzen aber Solorinina sinensis und S. crocoides Nyl. nur blaugrüne Gonidien und unterscheiden sich hauptsächlich durch dieses Merkmal von den verwandten Arten Solorina saccata und S. crocea. Forsell spricht nun den Gedanken aus, dass die genannten Nylander’schen Solorinina aus den ihnen entsprechenden Solorina-Species dadurch entstanden sind, dass die ursprünglich gelbgrünen Gonidien nach und nach durch die blaugrünen Gonidien ersetzt wurden. Auf eine ähnliche Weise könnte man sich auch die Entstehung der Gattungen Stictina, Peltidia und Nephromium aus Sticta, Peltigera und Nephroma erklären. Anderseits ist die Annahme, dass die Flechtenpilze der genannten Gattungen sich gleich ursprünglich an blaugrünen Gonidien angepasst haben, zum mindesten ebenso berechtigt. Auch Lecanora hypnorum zeigt Thallus- schuppen, von denen einige nur gelbgrüne, andere nur blau- grüne Gonidien enthalten, und Forsell glaubt, dass man diese Flechte, je nachdem die einen oder die anderen Schuppen vor- herrschen, theils als Lecanora hypnorum Hoffm., theils als Pannaria pezizoides Web. beschrieben habe. Sehr merkwürdig verhält sich auch nach demselben Autor ! Zecanora granatifera Sommerf. Die Kruste dieser Flechte enthält nämlich theils gelbgrüne, theils blaugrüne (Gloeocapsa) Gonidien. Doch bilden sich die Apothecien nur auf dem mit gelbgrünen Gonidien versehenen Thallustheilen, während sich in den, mit blaugrünen Gonidien erfüllten Bezirken der Kruste höchstens Spermogonien entwickeln. Lecanora granatifera ist also eine Flechte, welche zweierlei Gonidien besitzt, die aber ihre Assimilation, bei dem entschiedenen Vorherrschen der Gloeocapsa-Gonidien, vorzüg- lich auf die blaugrünen Gonidien stützt. vergleichende Untersuchung verschieden alter Thallusscheibchen auf das klarste zeigte, bis zur gelbgrünen Gonidienschichte vor. 1 Forsell, Die anatomischen Verhältnisse und die phylogenetische Entwicklung der ZLecanora gramatina Sonnenf. Botan. Centralblatt, 22. Bd., Nr. 15— 16. 500 H. Zukal, Die eben angeführten Fälle bezüglich des Vorkommens von zweierlei Gonidien in einem und demselben Flechten- thallus dürften übrigens durch eine genauere Untersuchung der Krustenflechten beträchtlich vermehrt werden.! Von diesen Fällen müssen jedoch jene streng gesondert werden, in welchen wohl zwei verschiedene Algen als Gonidien in einem und dem- selben Flechtenthallus vorkommen, für welche aber die Wahr- scheinlichkeit oder wenigstens Möglichkeit besteht, dass sie genetisch zusammenhängen. Dies gilt namentlich von Sficho- 1 Zu dieser Ansicht bin ich durch meinen häufigen Verkehr mit Kalk- flechten gelangt, in deren Thallus ich nicht selten, nach Auflösung des Kalkes in verdünnter Salzsäure, zweierlei Algen fand. Allerdings mag es sich in diesen Fällen oft nur um zufällige Einschlüsse gehandelt haben und nicht um eine Anpassung an zweierlei Gonidien. Es gibt aber auch in letzterer Hinsicht Übergänge. So möchte ich z. B. auf die Gloeocapsen- und Chroococcen-Über- züge aufmerksam machen, welche oft viele Krustenflechten, insbesondere kalkbewohnende, so dicht überziehen, dass sie der Thallusoberfläche eine ganz andere Farbe verleihen, als ihr ursprünglich zukommt. Dieser Umstand ist vielfach übersehen worden, und in Folge dessen trifft man in den Diagnosen der Flechten nicht selten Farbenbezeichnungen, die sich eigentlich auf die Algenüberzüge und nicht auf die Flechte selbst beziehen. Es müssen daher Bezeichnungen wie crusta atra, persicina, fusco atra, sordide albida, abeido cinerescens etc. immer mit einer gewissen Vorsicht aufgenommen werden. An den erwähnten Gloeocapsa-Überzügen kann man sich überzeugen, dass ein Theil derselben von den Hyphen der Flechte nach allen Richtungen durch- wachsen wird und völlig Cephalodien in nuce bildet, während ein anderer Theil mit den Hyphen nur in einer oberflächlichen Verbindung steht. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es übrigens alle möglichen Übergänge. Ob diese Chroococceen-Anflüge den Flechten einen Nutzen gewähren, ist ungewiss. Doch ist es immerhin auffallend, dass es vorzüglich Cyanophyceen sind, welche von den Krustenflechten festgehalten werden. Hier soll auch erwähnt werden, dass die in Rede stehenden Chroococcaceen schon wiederholt Anlass zu Miss- deutungen gegeben haben. So hielt sie z.B. Minks (Beiträge zur Kenntniss des Baues und der Lebensweise der Flechten. Verhandl. der k.k. zoolog.-botan. Gesellsch. zu Wien, 26. Bd., 1877) für eigenthümliche Organe der Flechten, aus denen die Thallusgonidien hervorgehen und nannte sie Gonocystien. Ich selbst hielt sie, verführt durch einige scheinbar gelungene Culturversuche, für Propagationsorgane, welchen eine ähnliche Function zukomme wie -.den Soredien (der höheren Flechten. Es hat sich aber herausgestellt, dass ich nicht Thallus- anfänge, sondern Pseudocephalodien beobachtet hatte. Die vermeintlichen Soredien sind daher nichts anderes als Anflüge von Chroococcen. In diesem Punkte hat daher Forsell in seiner Polemik gegen meine »Flechtenstudien« unbedingt Recht behalten. Untersuchungen über die Flechten. oo coccus Näg. und Pleurococcus Meneg. Wir treffen diese beiden Algengattungen nach Stahl!in den Thallus und Perithecien von Polyblastia rugulosa Mass. nach Neubner? innerhalb der Thallusschüppchen der Calycien und endlich auch nach Krabbe?° in den Anlagen der Cladonien-Podetien. Neubner ist durch eingehende Untersuchungen zu dem sehr interessanten Schlusse gekommen, dass die Umwandlung des Pleurococcus in den Stichococcus durch die mechanische Einwirkung (Druck) der Hyphen bewirkt werde und dass diese erworbene Eigen- schaft, nämlich die Stichococcus-Form, vererbt werden könne.* Sei dem übrigens wie ihm wolle, der genetische Zusammen- hang von Pleurococcus und Stfichococcus kann gegenwärtig um so mehr als erwiesen angenommen werden, als die Unter- suchungen Neubner’s durch Stahl und Krabbe ihre volle Bestätigung fanden. Minder klar liegen die Dinge dann, wenn blaugrüne Algen in einem und demselben Thallus gefunden werden. Dies kommt bei den Collemen, Pannarien, Gloeolichenen etc. nicht eben selten vor, und Forsell hat in seinen Gloeolichenen eine ganze Reihe solcher Fälle zusammengestellt. Ich selbst sah bei Thermutis velutina (Ach) Kbr. deutliche Übergänge zwischen Stigonema und einer Gloeocapsa, und bei Cora pavonia (Web.) Fr. eben- sclche zwischen Scyfonema und Nostoc, beziehungsweise Chroococcus. Wenn ich aber die Gloeocapsa oder den Nostoc bestimmen sollte, käme ich in Verlegenheit, denn, streng ge- nommen, handelt es sich bei Thermutis nur um ein Gloeo- BaDSa ahnliches: Gebilde, und bei Cora ist die Sache noch 1 Stahl, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechten. II. Über die Bedeutung der Hymmialgonidien, 1877. 2 Neubner, Beiträge zur Kenntniss der Calycieen. Flora, 1883, S. 291. Neubner, Untersuchungen über den Thallus und die Fruchtanlage. Die Caly- eieen. Wissensch. Beilage zum 4. Jahresbericht des königl. Gymnasiums zu Plauen i. V. Ostern, 1893. 3 Krabbe, Entwicklungsgeschichte und Morphologie von Cladonia. Leipzig, 1891. * Es wäre übrigens auch denkbar, dass der Plenrococcus unabhängig von jedem Flechtenpilz in der Stichococcus-Form variirt, und dass dann im Flechten- thallus unter günstigen Umständen nur eine latente Eigenschaft des Pleuro- coceus zur Entwicklung gelangt. Die Feststellung dieser Thatsache wäre mit Rücksicht auf die Vererbungstheorie von grösster Wichtigkeit. 332 H. Zukal, unklarer. Denn hier gehen die tonnenförmig angeschwollenen, von Hyphen reichlich umstrickten Scyfonema-Fäden nicht selten in Gebilde über, welche gewissermassen zwischen Nosioc und Chroococcus die Mitte halten und sich bald mehr dem einen, bald dem anderen Typus nähern, ohne ihn jedoch zu erreichen. Auf eine ähnliche Weise verhält es sich fast immer, wenn in einem Flechtenthallus zwei verschiedene Cyanophyceen ge- funden werden. Um zur völligen Sicherheit über den Zusammen- hang dieser Formen zu gelangen, wird man wohl zur Isolirung der beiden Algen und zur Cultur derselben ausserhalb des Flechtenthallus schreiten müssen. Bisher wurden nur solche Flechten in Betracht gezogen, welche mit den bezüglichen Algen in einer constanten mutuali- stischen Symbiose leben. Es gibt aber auch viele Ascomyceten, welche für gewöhnlich als Saprophyten leben und nur gelegent- lich, so zu sagen von Fall zu Fall, mit einer Alge in ein tempo- räres Verhältniss treten und dann mehr oder minder deutliche Thallusschüppchen bilden. Ich habe die in Rede stehenden Ascomyceten Halbflechten! genannt und einige derselben genau beschrieben. Die Halbflechten leiten ganz allmälig zu solchen Formen hinüber, bei welchen der Pilz als echter Parasit der Alge auftritt. So schmarotzt z.B. die Sphaeria Lemaneae auf Lemanea fluviatilis (L.) Ag. Hieher gehören auch Ephebella Hegetschweileri Itizs. und Thermnutis velutina (Ach) Krb. 1 Zukal, Halbflechten. Flora, 1891, Heft 1. Zu den Halbflechten rechne ich auch die in meinen »Flechtenstudien« beschriebenen Gattungen Eolichen und Zichenopeziza, nicht aber Epigloea, weil ich letztere hereits von drei ver- schiedenen Standorten kenne und stets in gleicher Weise entwickelt finde. 2 Eine genauere Untersuchung von Thermutis velutina (Ach) Kbr. hat mich überzeugt, dass dieser Organismus aus dem Verzeichnisse der Flechten gestrichen und in die Familie der Bulgarien zu den Pilzen versetzt werden muss. Die Anlage der Apothecien schliesst nämlich gewöhnlich mehrere Fäden der Nähralge (Scyionema Myochrous |Dillw.] Ag.) ein, die aber im Verlaufe der Entwicklung des Apotheciums immer total zu Grunde gehen, so dass man in dem Hypotheeium und Eacipulum nur noch schwache Reste derselben findet. Auch die Protoplasten der vegetativen Fäden leiden unter den Hyphen des Pilzes augenscheinlich, so dass von einer mutualistischen Symbiose wohl nicht mehr die Rede sein kann. Nach dem Resultate meiner Untersuchung kann ich die genannte Thermutis nicht einmal als »Halbflechte« ansprechen, sondern muss den Ascomyceten derselben geradezu als Schmarotzerpilz bezeichnen. Sa I Untersuchungen über die Flechten. DS Bei diesen Formen ist die Symbiose nämlich entweder schon von allem Anfange eine antagonistische, wie bei Sphaeria Lemaneae (Wor.), oder sie zeigt Anfangs einen indifferenten Charakter, welcher aber später, wenn sich der Pilz zur Fructi- fication anschickt und die Hyphen in die Algenprotoplasten selbst eindringen, entschieden in einen antagonistischen um- schlägt. Letzteres ist bei Ephebella und Thermutis der Fall. Bei den echten Flechten ist die Symbiose zwischen den beiden Componenten stets eine gegenseitig fördernde oder, um mit de Bary zu reden, eine mutualistische, bei welcher jedoch die Alge insofern benachtheiligt wird, als sie im Flechtenthallus auf alle Propagationsmittel, die im Freien sonst ihre Weiter- verbreitung sichern, verzichten muss. Dabei spielt der Pilz gegenüber der Alge wahrscheinlich eine ähnliche Rolle, wie die Mycorhizen gegenüber den Wurzeln unserer Waldbäume, d.h. er bewahrt die Alge vor Austrocknung und versorgt sie mit Ammoniaksalzen und Nitriten, zu deren Aufnahme und Assimilation er viel besser organisirt ist als sein Symbiot. Die Alge gibt dafür dem Pilze von ihrem Überflusse an Kohlenhydraten ab, die ihre Protoplasten unter dem Einflusse des Sonnenlichtes erzeugen. Dass bei diesem Verhältnisse die Algen sehr gut gedeihen, zeist der Augenschein. Es sprechen dafür aber auch ganz bestimmte Beobachtungen. So sah z.B. Stahl! die Hymenial- sonidien von Endocarpon pusillum mächtig anschwellen und ergrünen, sobald die Hyphen mit ihnen in Berührung traten. Auch die verschiedenen Nostoc-, Stigonema-, Gloeocapsa- und Chroococcus-Arten werden durch die Symbiose mit dem ent- sprechenden Flechtenpilz zu einem sehr üppigen Wachsthum angeregt, wie wir bei den Collemen, Epheben und Gloeolichenen täglich sehen können. Es unterbleibt aber bei den, von den Flechten gefangen genommenen Algen jeder sexuelle Process, ja jede Gonidien- und Sporenbildung. Sie gleichen Sclaven, welche gut genährt und gepflest werden, aber aller Mittel beraubt sind, durch welche sie wieder ihre Freiheit und Selbständigkeit erlangen 1 Stahl, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechten. Heft II, Über die Bedeutung der Hymenialgonidien. Leipzig. 1877. o4 H. Zukal, ON könnten. Die Thatsache, dass die Gonidien der Flechten wohl Zelltheilung und Wachsthum, und zwar gewöhnlich in üppigster Weise zeigen, aber weder Agamogenesis noch Gamogenesis, ist in einem hohen Grade interessant, doch vom biologischen Standpunkt aus begreiflich. Denn für die Flechte, als physio- logische Einheit, wäre es nicht nützlich, wenn ihre Nähralge die Fähigkeit zur Bildung von Reproductionsorganen bewahrt hätte. Denn die Eier und Samenkörper, die Schwärmsporen und ruhenden Sporen der Algen sind fast ausschliesslich dem Wasserleben angepasst und hätten innerhalb des Flechten- thallus nur wenig Aussicht zur Fortentwicklung. Denkt man sich dieselben aber nach aussen entleert, so würde jede solche Entleerung für die Flechte einen Stoff- und Kraftverlust bedeuten. Wir müssen daher in dem zeitweiligen Verlust des Reproductionsvermögens der Gonidien eine, für das Leben der Flechte höchst zweckmässige Anpassung erkennen. Wie wurde aber diese Anpassung erworben, oder mit anderen Worten, wie lässt sich der Verlust des Reproduc- tionsvermögens der gefangen genommenen Algen erklären? Behufs Beantwortung dieser Frage müssen wir uns erinnern, dass die continuirliche Ausbildung, nämlich das auf Zelltheilung und Streckung beruhende Wachsthum im Allgemeinen so lange währt, als die Kräfte, welche das Wachsthum bewirken, den entgegenwirkenden Kräften bedeutend überlegen sind. Nun befinden sich die Algen innerhalb des Flechtenthallus in Bezug auf das Wachsthum in einer sehr günstigen Lage. Sie werden durch den Flechtenpilz vor den Angriffen ‚der Thiere und Pflanzen, sowie vor Austrocknung und allzu grellem Lichte geschützt, ohne im mindesten an der Assimilation und Athmung behindert zu sein, sie sind dem Kampf um’s Dasein in einer ähnlichen Weise entrückt, wie ein Diener, für dessen Nahrung, Wohnung und Kleidung sein Herr sorgen muss. Unter solchen Umständen dürfen wir uns nicht darüber wundern, dass die Kräfte,welche das Wachsthum bewirken, den entgegengesetzten Kräften bedeutend überlegen sind. ® Da aber nur im umgekehrten Falle, nämlich dann, wenn die Wachsthumsenergie zu erlahmen beginnt, die Entwicklung des Reproductionsvermögens begünstigt wird, so ist es erklär- Untersuchungen über die Flechten. 298 licn, wenn letztere so lange unterbleibt, als das Wachsthums- vermögen mit ungeschwächter Kraft fortbesteht. Man könnte hier allerdings einwenden, dass diese letztere Bedingung durch- aus nicht immer zutrifft, denn es kommen auch für die lang- lebigen Flechten Zeiten der Noth und Gefahr, wo das gesammte Wachsthum total unterbrochen werden muss. Letzteres ist namentlich der Fall, wenn die Flechten durch grosse Kälte oder andauernde Hitze ihres ganzen Betriebswassers beraubt werden. Dabei ist aber zu bedenken, dass solche Zeiten der Noth kaum die Anlage von Reproductionsorganen begünstigen dürften. Man könnte auch annehmen, dass das Reproductions- vermögen den Gonidien in Folge fortgesetzten Nichtgebrauches überhaupt verloren gegangen sei. Dem ist jedoch nicht so, denn wenn man die Gonidien künstlich aus dem Thallus befreit und dann unter günstigen Bedingungen cultivirt,! so entwickeln sie sofort Reproductionsorgane in einer ganz ähnlichen Weise, wie die freilebenden Algen. Wir haben im Vorhergehenden die auf- fallendsten Anpassungen und Modificationen berührt, welche die Algen im Flechtenthallus erleiden, es ist aber wahrscheinlich, dass ein genaueres Studium der Chromatophoren, Pyrmoide und des sonstigen Zellinhaltes der Gonidien in Bezug auf die Anpassung an das Leben im Flechtenthallus noch manches interessante Detail zu Tage fördern dürfte.? 1 Famintzin und Baranetzki, Zur Entwicklungsgeschichte der Gonidien und Zoosporenbildung der Flechten. Botan. Zeitung, 1867, S. 189; Mem. Acad. St. Petersbourg, 7. serie, t. XI. Hierher gehört auch der von mir in den »Flechtenstudien« beschriebene Fall. Ein mit Phialopsis rubra Krb. besetztes Stämmchen war gefällt, ausgebohrt und als Bestandtheil einer Wasserleitung verwendet worden. Das Wasser überfluthete an mehreren Stellen die Röhre. Durch die allzu grosse Feuchtigkeit ging der Thallus der Thialopsis allmälig zu Grunde, während seine Gonidien, die Trentepohlia, auf das üppigste weiter vegetirten und in kürzester Zeit Schwärmsporangien bildeten. Forsell hat zwar hervorgehoben, dass man in diesem Falle unmöglich das Wasser für das Zugrundegehen der Flechte verantwortlich machen kann, da es ja Flechten gebe, wie z. B. mehrere Verrucarien, die unter Wasser leben. Mich hat diese Argumentation sehr in Erstaunen gesetzt. Man bedenke, weil sich einige Flechten dem Wasserleben angepasst haben, kann es unmöglich richtig sein, dass die Phialopsis durch das Überrieseln der Quelle zu Grunde ging. 2 Ich will hier nur auf die den Lichenologen wohl schon vielfach bekannte, aber meines Wissens noch nicht eingehend gewürdigte Thatsache aufmerksam Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 37 H. Zukal, ON [O1 [oP) 3. Der Flechtenthallus. A. Der Hypothallus. Bei gewissen Krustenflechten kann man bemerken, dass der Thallus von einzelnen, meist dunklen, dendritisch ver- zweigten Hyphen umgeben wird (Taf. I, 4). In anderen Fällen sitzt der Thallus auf einer bestimmt configurirten, filzartigen Unterlage (Taf. I, 2). Bei noch viel zahlreicheren Krustenflechten löst sich der Umfang oder der Rand des Thallus in einen strahlig fortwachsenden Hyphensaum auf. Ich möchte nun vorschlagen, jedes dieser mycelartigen Ge- bilde, unbeschadet seines sonstigen morphologischen Werthes, als Hypothallus zu bezeichnen, sobald nachgewiesen ist, dass aus ihm neue Thallusanlagen hervorgehen oder wenigstens unter besonders günstigen Umständen hervorgehen können. Die Gebilde des Hypothallus gehen in der freien Natur in mannigfacher Weise in einander über, doch lassen sich immerhin vier Hauptformen unterscheiden. Diese sind: 1. Der echte Pro- thallus (Protothallus), 2. das Flechtenmycel, 3. die hypothalli- nischen Anhangsorgane, 4. der myceliare Rand (Thallusrand). Der Prothallus ist ein Mycel, welches unmittelbar einer Spore oder Conidie! seinen Ursprung verdankt. Wir treffen ihn bei Lecothecium, Rhizocarpon, Catocarpus und bei einigen Arten von Buellia, Rinodina, Aspicilia und Lecanora. Streng genommen stellt der vollkommen ausgebildete Pro- thallus der Flechten nicht mehr das ursprüngliche Mycel dar, so wie es aus der Spore hervorgegangen, denn dieses ist zart und dünnwandig, sondern ein mannigfach umgewandeltes und machen, dass in manchen Flechten die Gonidien, welche nach Chromatophor und Zellkern ohne alle Zweifel zu den Chlorophyceen gehören, dennoch ganz deutlich blaugrün gefärbt erscheinen. Ich habe diese immerhin frappirende Thatsache bei Cladonia endiviaefolia und Cl. fimbriata, ferner bei mehreren Psoroma-Arten beobachtet, möchte aber nicht verschweigen, dass ich auch ein Gonium und mehrere Scenodesmus-Familien mit deutlich blaugrünem Colorit zu Gesichte bekam. 1 Möller hat bekanntlich in Brefeld’s Laboratorium zahlreiche Thalli aus »Spermatien« gezogen. Möller, Über die Cultur flechtenbildender Asco- myceten ohne Algen. Münster i. W., 1887; derselbe, Über die sogenannten Spermatien der Ascomyceten. Botan. Zeitung, 1888 Untersuchungen über die Flechten. 997 bestimmten Verhältnissen angepasstes Mycel. Denn der typische Prothallus besteht in der Regel aus relativ wenigen, dicken, intensiv gefärbten, dendritisch verzweigten Hyphen, dessen Hauptzweige von einem Punkte ausgehen und nach einzelnen Hauptradien ausstrahlen. In der Regel schmiegen sich diese Hyphen so dicht an das Substrat an, dass sie ohne Verletzung von demselben nicht abgelöst werden können. Im Centrum dieses dendritischen Mycels sitzen meistens mehrere Thallusanlagen. Bei genauer Nachforschung findet man aber auch Prothallusindividuen, die noch ohne jene Thallusanlage sind. In späterer Zeit befindet sich der Prothallus theils unter den Thallusindividuen, theils am Umfange der ganzen Colonie und zeigt dann nicht selten die Neigung, in strangartige, selbst pseudoparenchymatische Gebilde überzugehen. Wir können auch ziemlich gut verstehen, warum die Hyphen des Prothallus stark verdickt, durch Flechtensäuren oder andere Farbstoffe gefärbt, dem Substrate angedrückt und dendritisch verzweigt sind. Vor allem ist es klar, dass sich auf dem Prothallus nicht früher eine Thallusanlage entwickeln kann, bevor die betreffende Nähralge vorhanden ist. Die Nähralge kann aber auf zwei Wegen in den Bereich der Prothallushyphen gelangen. Sie kann nämlich auf dem Substrate bereits vorhanden sein und von den fortwachsenden Prothallushyphen aufgefunden werden, oder sie kann angeflogen kommen. Darüber können aber Jahre ver- gehen. Deshalb müssen die Hyphen des Prothallus vor Allem einer längeren Lebensdauer angepasst werden. Daher auch ihre Verdickung, daher auch ihre Befähi- gung zu einer rein saprophytischen Lebensweise. Sie müssen aber auch mit Schutzmitteln ausgerüstet sein, um den Angriffen der Thiere, namentlich der Schnecken, während eines langen Zeitraumes zu widerstehen. Daher ihre dicken Mem- branen, daher ihr Anschmiegen an die Unterlage und ihre Färbung! durch Flechtensäuren, Harzfarbstoffe etc. Möglicher- 1 Ich fasse die Flechtensäuren und die Farbstoffe der Flechten als Schutz- mittel wider den Thierfrass auf. Die Gründe für diese Anschauung soll in einem späteren Capitel auseinandergesetzt werden. Bi 208 ai Zukail, weise hängt auch die dendritische Verzweigung mit dem Absuchen des Substrates nach der Nähralge zusammen. Wir können auch annehmen, dass die Hyphen, sobald sie in die Nähe der Nähralge gelangen, durch Chemotropismus! bestimmt werden, nach derselben hinzuwachsen und sie zu umspinnen. Gewisse Formen des Prothallus, wie z.B. die von Frank? näher untersuchte der Graphideen, leiten zu der zweiten Gruppe des Hypothallus hinüber, nämlich zu den Flechten- mycelien. Diese sind so gut wie gar nicht bekannt und werden hier wohl zum erstenmale erwähnt. Ich verstehe darunter einen zarten Hyphencomplex, der meistens von einem alten Flechten- jhallus ausgeht und ganz wie ein gewöhnliches Pilzmycel das Substrat (lockeren Humusboden, Moose, verwittertes Holz) oft fussweit durchwuchert und dabei an einzelnen Stellen neue Thallusanlagen producirt. Ich fand dieses Mycel zuerst bei Peltigera venosa. Hier ging es von einem sehr alten, halbzersetzten Thallusindividuum, und zwar sowohl von der Thallusunterseite, als auch vom Rande aus und erzeugte zahlreiche winzige Thallusschüppchen im Umkreise einer Hand. Später fand ich dann ähnliche Flechten- mycelien oder profus fortwachsende Rhizoiden bei Solorina saccata, Urceolaria scruposa, Bilimbia sphaeroides (Dick) Th. Fr. v. muscorum, aber auch bei Xanthoria parietina und Cladonia macilenta. Ich möchte dieses Mycel mit den Aus- läufern der höheren Gewächse vergleichen. In morphologischer Beziehung gehört es wahrscheinlich dem Rhizoidensystem an, welches durch besondere Umstände, namentlich durch das massenhafte Vorkommen der Nähralge auf dem Substrate zu einem profusen Wachsthum in horizontaler Richtung an- geregt wird. Die Hyphen des Flechtenmycels sind dünnwandig und zart, weil sie weder auf eine längere Lebensdauer eingerichtet sind, noch wegen ihrer versteckten Lage innerhalb des Sub- 1 Siehe Dr. Manabu Miyoshi, Über den Chemotropismus der Pilze. Botan. Zeitung, 1894, Heft 1. 2 Frank, Über die biologischen Verhältnisse des Thallus einiger Krusten- flechten. Cohn'’s Beiträge zur Biologie, 1. r. (do) Untersuchungen über die Flechten. 0) strates besonderer Schutzmittel bedürfen. Trotzdem sind sie ausserordentlich erfolgreich. Ich zählte z. B. auf einem 12 cm breiten und 38cm langen Holzstück (einer sogenannten Schindel) an einem einzigen Mycel 172 Thallusschüppchen von Aanthoria parietina. Vom biologischen Standpunkte macht die schnelle Entwicklung und Ausbreitung des Flechtenmycels den Ein- druck der raschen Ausnützung besonders günstiger Entwick- lungsbedingungen durch den Rhizoidentheil eines alten Flechten- thallus. Zuweilen, wenn auch selten, vereinigen sich die Mycel- fäden zu strang- und flächenartigen Gebilden, die dann ihre Membranen etwas verdicken und ausdauernd werden. Ich fand diese Form des Flechtenmycels bisher nur bei Zecanora deser- torum Krphbr.! (Sphaerothallia esculenta [Nees| Reichardt), Die dritte Gruppe des Hypothallus wird von der meist dunklen filzigen Hyphenunterlage gebildet, auf welcher der Thallus von Pannaria, Catolechia, Decampsia, Placodium_ete. aufsitzt. Schwendener?hat diese Hyphengebilde näher unter- sucht und nachgewiesen, dass sie mit dem Prothallus nichts zu tnun haben, sondern als Trichombildungen des Thallus zu den hypothallinischen Anhangsgebilden gerechnet werden müssen. Dies hat auch seine volle Richtigkeit. Ich habe mich aber durch sehr sorgfältige Untersuchungen davon überzeugt, dass auch aus diesem Hyphenfilz neue Thallusschüppchen hervorgehen können, oder mit anderen Worten, dass nach meiner obigen Definition auch dieser Hyphenfilz zu den Hypothallus gerechnet werden muss. Bei Pannaria fand ich solche Thallusanlage am Hyphenfilz gar nicht selten, aber immer nur an solchen Locali- täten, welche die Entwicklung der Nähralge (Nostor) besonders begünstigten (Taf. I, 2). Der Hyphenfilz tritt übrigens bei dieser 1 Durch die Güte des Herrn Hofraths v. Kerner konnte ich die im Museum des k.k. Universitätsgartens liegenden frischen Exemplare dieser Flechte unter- suchen, welche von Stapf in der Nähe Ispahans gesammelt worden waren. Die jüngeren Exemplare sassen noch an den Steinen fest. Bezüglich des Hypo- thallus von Sphaerothallia esculenta siehe auch Reichardt, Über die Manna- flechte, Verhandlungen der k. k. zoolog.-botan. Gesellsch. Wien, 1864 und Krempelhuber, Lichen esculentus Pall., ursprünglich eine steinbewohnenda Flechte. Ebendaselbst, 1867. Mit einer Tafel. 2 Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus. 2. Theij S. 13: »Die hypothallinischen Anhangsgebilde«. 860 H. Zukal, Gattung in zwei verschiedenen Formen auf. Das eine Mal wachsen die meist blau gefärbten Hyphen weit über den Thallusrand hinaus und täuschen durch ihr Anschmiegen an die Unterlage und ihre ganze Verzweigung einen Prothallus vor. Das andere Mal ragen sie nur wenig über den Thallusrand hinaus, bilden aber mehrere Lagen, oft ein ganzes Dickicht, dessen starre Spitzen alle nach aussen gerichtet sind. Aber auch in diesen dichten Büscheln fand ich, und zwar sowohl bei einheimischen, als auch bei exotischen Arten neue Thallus- schüppchen, die unter deutlicher Betheiligung der Büschel- hyphen entstanden waren. Das Gleiche konnte ich, wenn auch seltener, bei Catolechia pulchella (Schrad.) Th. Fr., Placodinm dedaleum v. terrestris Lojka, Decampia Hookeri Batt. und Catopyrenium cinerenm (Pers.) Kbr. constatiren. Es kann daher kein Zweifel darüber obwalten, dass aus der filzigen Unterlage der genannten Flechten zuweilen neue Thallusschuppen hervorgehen. Ob aber gerade hierin die bio- logische Bedeutung des Filzes zu suchen ist, möchte ich sehr bezweifeln. Denn es ist klar, dass Flechten, welche auf einer dicken filzigen Unterlage ruhen, sich in einer ähnlichen Lage befinden, wie ein Thallus, der auf einer Schichte Filtrirpapier liegt. Durchfeuchtet man letzteres, so hält es die Feuchtigkeit wegen seiner grossen Capillarität lange fest. Es dürfte also die Bedeutung des besprochenen Hyphenfilzes hauptsächlich in dieser Richtung zu suchen sein. Über die biologische Bedeutung des Hyphendickichtes bei Pannaria, welches seine starren Spitzen gleich ebenso vielen Pfählen nach aussen wendet, will ch an einem anderen Orte meine Meinung abgeben. Die vierte Gruppe des Hypothallus bilden die (Taf. I, 2a) in centrifugaler Richtung fortwachsenden Randhyphen vieler Krustenflechten aus den Familien der Lecanoreen, Lecideen und Verrucarieen. Es mag auffallen, dass ich diese Randhyphen, welche nach de Bary! und Frank? zum Thallus gehören, hier als 1 DeBary, Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, S. 435. Daselbst auch eine Zeichnung. 2 Frank, Über die biologischen Verhältnisse des Thallus einiger Krusten- flechten. Cohn’s Biologie, 11. \ Untersuchungen über die Flechten. 61 vierte Gruppe des Hypothallus anführe. Es geschieht dies aber nur in Einklang mit meiner oben gegebenen Definition des Hypothallus und mit Rücksicht auf den Umstand, dass aus diesen Randhyphen fortwährend neue Thallusanlagen ent- stehen. Die morphologische Bedeutung der Randhyphen, sowie die Wahrscheinlichkeit,! dass die Gonidiennester der Thallus- anlagen von den Randhyphen selbst in die Randzone trans- portirt werden, kann die obige Auffassung nicht alteriren. Übrigens bedecken die Randhyphen einzelner Arten von Pertu- saria, Lecanora und Lecidea, besonders in feuchten Wäldern, oft eine Kreisfläche von 6—8 cm im Durchmesser, während im Centrum des Kreises der eigentliche Thallus nur erst wenige Quadratmillimeter überzieht. In diesen Fällen machen dann die Hyphen der Randzone in der That den Eindruck eines Hypo- thallus. Für den Biologen ist es gewiss interessant, dass die äussersten und folglich auch zartesten Spitzen dieser Rand- hyphen, wie Frank hervorgehoben hat, wo möglich in das Periderm versteckt werden, und dass sie erst dann hervor- brechen, wenn sie dicker und widerstandsfähiger geworden sind. In vielen Fällen, z.B bei Lecanora subfusca (L.) Ach f. geographica Mass., Sporastatia Morio Krb.? und Stenham- mara turgida (Ach) Krb. etc. imprägniren sich die Membranen der Randhyphen mit einem schwarzen oder jedenfalls dunklen Farbstoff und bilden dann um die Peripherie des Thallus eine schwarze verwaschene Linie. Die Deutung dieser Thatsachen soll jedoch erst in einem späteren Capitel versucht werden. 1 Vollkommen sichere Untersuchungen liegen über diesen Punkt allerdings noch nicht vor. Allein man sieht häufig, dass die Gonidiennester in der Rand- zone, wo bei den Krustenflechten oft ein plötzliches lebhaftes Wachsthum der Hyphen in radialer Richtung eintritt, in die Länge gezogen werden, und zwar in der Richtung der Hyphen, während die Gonidiennester in dem älteren Theil des Thallus durchgehends die rundliche Form zeigen. Besonders deutlich zeigt diese Verhältnisse der entkalkte Thallusrand von Manzonia Cantiana Garov. Ich empfehle daher dieses Object allen denjenigen, welche sich mit der Frage des Gonidientransportes durch die Hyphen näher beschäftigen wollen. 2 Bezüglich des schwarzen Randes von Sporastatia Morio siehe Sehwendener, Über den angeblichen Prothallus der Krustenflechten. Flora, 1866, S. 401. 962 H. Zukal, B. Der Thallus. InaD/erze nidio/aeme aba (Tafel III, 3.) Bei einer kleinen Anzahl von Flechten verlaufen die Hyphen des Flechtenpilzes im Innern der Nähralge, so dass also die Rinde der Flechte, d. h. die äussere Umgrenzung, nicht durch die Hyphen, sondern durch die Algenmembrane gebildet wird, wobei letztere oft merkwürdige Umwandlungen erleidet (Phylliscum). Die Pykniden und Ascomata dieser Flechten können aus dem Algenthallus hervorbrechen oder auch nicht. Ich will den Thallus dieser kleinen Flechtengruppe endo- genen Thallus nennen, im Gegensatze zu den übrigen Flechten, bei welchen die Pilzhyphen von aussen her die Nähralge ein- schliessen, die also exogenen Thallus besitzen. Zu den Flechten mit endogenem Thallus rechne ich Epigloea,' Ephebe, Phylliscum, Psorotichia, Plectospora, Om- phalaria, Physma, Collema, Synechoblastus, Lepidocollema? 1 Zukal, Epigloea bactrospora. (Eine neue Gallertflechte mil chlorophyli- hältigen Gonidien.) Österr. botan. Zeitschrift, 1890, Nr. 9. 2 Diese Gattung, welche in einer höchst lehrreichen Weise die Genera Pannaria und Collema mit einander verknüpft, wurde bekanntlich von Wainio aufgestellt (Etude sur la elassification naturelle et la Morphologie des Lichens du Bresil, p. 231) und besteht gegenwärtig aus einer Species. Von einer zweiten Species, die ich im Wiener Hofmuseum aufgefunden habe, gebe ich im Nach- folgenden die Diagnose. Lepidocollema Wainii nov. spec. (Taf. II, Fig. S und 10). Thallus collemaartig, grossblätterig, gelappt, trocken weisslichgrau, einem schmutzig blauen, aus verdickten Hyphen bestehenden Hypothallus aufsitzend und von demselben saumartig umgeben. Lappen angedrückt, abgerundet, am Umfange lappig eingeschnitten, etwa 1—2 cm lang und 0'5—1 cm breit. Gonidien blass blaugrün, aus Nostor-Schnüren bestehend. Zellen des Nostor gestreckt elliptisch, 11— 14. lang und 5—6 u. breit. Heterocysten breit elliptisch, etwa 10 u lang und 7—8 u breit. Hyphen zart, etwa 2'8 1 dick, in den Durchlüftungsspalten des Thallus oft strangartig aneinanderliegend, sonst wie bei Collema. Apothecien rothbraun, etwa 1’9 — 2 mm breit, reif flach scheibenförmig, mit ganzrandigem Eacipulum thallodes. Hypothecium faserıg, etwa 10 -12 u breit. Untersuchungen über die Flechten. 8683 u. s. w. Bei diesen Flechten wird der ganze Habitus offenbar durch die Nähralge bestimmt. Doch wird auch umgekehrt die Nähralge durch den eingedrungenen Flechtenpilz zum mächtigen Wachsthum angeregt. Wenn man z. B. einen be- sonders üppigen Nostoc- oder Stigonema-Rasen findet, so kann man mit Sicherheit darauf rechnen, im Algenthallus zahlreiche Pilzhyphen vorzufinden. Bei den endogenen Flechten kann man makroskopisch oft nicht mehr unterscheiden, wo die Flechte aufhört und wo die Alge beginnt. So lebt z. B. der Flechtenpilz Epigloea bactrospora Zuk. mit der Nähralge Palmella botryoides Ktz. Diese überzieht manches Holzwerk oft in handgrossen Flächen. Der Thallus der Epigloea bedeckt aber innerhalb dieser Fläche selten mehr als einen cm’. Er reicht ebenso weit, als die Hyphen des Flechtenpilzes reichen, Das unter dem Hypothecium liegende Eacipulum proprium ist gelblich, eng- maschig, pseudoparenchymatisch und besteht aus gestreckten, dickwandigen, mit Luft erfüllten Zellen und ist etwa so breit wie die Hymenialschichte. Sporenschläuche breit keulenförmig, oben kaum verdickt, circa 58 y. lang und 24—26 ı breit, achtsporig. Sporen schief zweireihig, elliptisch, farblos, glatt, 15—16 1. lang und 5—6 u breit. Sie werden von derben, papillösen, oft schraubig gedrehten Gallert- hüllen umgeben und messen dann 24 u in der Länge und 13 y in der Breite. Paraphysen deutlich gegliedert, etwa 2—2'8 1. breit, aber nur wenig verdickt. Pykniden zartwandig, farblos, kugelig, flaschenförmig, ganz in den Thallus versenkt, etwa 180 u. im Durchmesser, mit einem schwarzblauen Fleck über der Mündung. Sterigmen gerade, unverzweigt, an der Spitze die Conidien abschnürend. Letztere sind stäbchenförmig, an den Enden etwas zugespitzt und etwa 2°9 bis 3°S u lang und 1'7 u breit, farblos. Die im Herbarium des Wiener kaiserl. Hofmuseums erliegenden Exemplare dieser Flechte wurden auf der Expedition der Fregatte Novara von Jellinek sesammelt, und zwar in den Urwäldern von Tahiti. Die Oberfläche der Flechte wird zuweilen von einer Scyfonema bekleidet, die auch theilweise in den Thallus eindringt und hier von den Hyphen cepha- lodienartig umsponnen werden kann. Bei der Betrachtung von Querschnitten der Flechte unter sehr starker Vergrösserung kann man zuweilen den Eindruck empfangen, dass die Nostor-Schnüre aus den Hyphen hervorgehen. Diese Täuschung entsteht dann besonders leicht, wenn die Nostor-Zellen sehr lang- gestreckt und blass sind. Die Anwendung von Reagentien, insbesondere von Jod und Chlorzinkjodid klärt jedoch alsbald den wahren Sachverhalt auf. 64 H. Zukal, jenseits dieser Hyphen beginnt die Region der Alge. Ähnlich ver- hält es sich oft in den Polstern von Stigonema mamillosum Ag. In den Basaltheilen von Ephebe und Plectospora kommt es nicht selten vor, dass die Algenprotoplasten sammt ihren Mem- branen oft ganz verschwunden sind, und dass die Flechte durch die verdickten und gefärbten Hyphen des Pilzes gestützt werden muss, um vor dem Fallen bewahrt zu werden. An diesen Stellen treten selbstverständlich die Hyphen nach aussen und bilden zuweilen selbst ein Pseudoparenchym. Wie überall in der Natur, gibt es auch zwischen den endo- genen und exogenen Flechtenthallus Übergänge. Bei Synecho- blastus z. B. stehen die Hyphen an der oberen Thallusseite schon so dicht, dass nur noch ein kleiner Schritt (nämlich die Verflechtung) nöthig wäre, um eine Rinde aus Hyphen zu erzeugen. 24 Dier exo;senle Khallırs (Tafel II, 1—3). Hierher gehören die Hymenolichenen, ferner Cystocolenus, Coenogonium, Chiodecton, Leptogium, Mallotium, Polychidium und das Heer der übrigen Krusten-, Laub- und Strauchflechten. Die grosse Mannigfaltigkeit der exogenen Thallusformen wirkt geradezu verwirrend und es ist ein schwieriges Unternehmen, diese bunte Mannigfaltigkeit übersichtlich zu gruppiren. Wenn ich im Folgenden diese Gruppirung doch versuche, so rechne ich dabei auf die Nachsicht der Fachgenossen. Der exogene Flechtenthallus zeigt entweder einen mycel- artigen Habitus oder nicht. Ist das erstere der Fall, so bleibt der Thallus gewissermassen auf der Stufe des Mycels stehen und unterscheidet sich von dem echten Pilzmycel nur dadurch, dass zwischen den Mycelfäden noch die Nähralge eingestreut liegt. Hierher gehören alle soredialen Anflüge und der Thallus leprosus vel pulverulentus der Lichenologen, ferner der Thallus von Arthonia, Graphis, Arthopyrenia, Microthelia, Leptorhaphis etc. Ich will diesen Thallus Th. myceliformis nennen. Derselbe ist nicht auf eine bestimmte Ordnung beschränkt, sondern er kann bei den Flechten der verschiedensten Familien auftreten. Untersuchungen über die Flechten. 069 So fand ich ihn z.B. als Thallus pulverulentus bei Usnea barbata, Placodium circinatum (Per.) Krb., Cladonia pyxidata (L.) Fr., Xanthoria parietina, Parmelia caperata (L.) Ach., P. conspersa (Ehrh.) Ach,, Ramalina pollinaria (Westr.) Ach., Pannaria triptophylla (Ac.) Mass., Pertusaria communis D.C., Bilim- bia sphaeroides (Dicks.) Th. Fr. v. muscorum Krb., Thalloe- dema candidum (W eb.) Krb., Calycium chlorinum (Ach.) Krb, Coniocybe furfuracea (L.) Ach. Wenn der Thallus myceliformis ausdauern soll, so wird er entweder, so lange er jung.ist, unter das Periderm versteckt, wie bei den Graphideen, oder seine Hyphen werden verdickt und durch Flechtensäuren oder durch andere Farbstoffe geschützt. Die weissen, grauen, gelben, bläulichen oder orangerothen Soredienanflüge überziehen das Substrat oft meterweit und geben nicht selten ganzen Felsmassen ein bestimmtes Colorit. Der Thallus myceliformis kann unter günstigen Umständen leicht in den berindeten Flechtenthallus, in den Th. corticatus übergehen. Letzterer wird durch die aus Hyphen construirte Rinde charakterisirt. Die Hyphenrinde ist meistens interstitienlos und wird wenigstens auf der Oberseite des Thallus entwickelt. Der Rindenbildung wohnt insoferne eine grosse morphologische Bedeutung inne, als sie gewöhnlich eine Differenzirung des Thallus in eine Rinden-, Gonidien und Markschichte zur unmittelbaren Folge hat. Wenn die Thallusanlage bis zur Berindung vorgeschritten ist, kann die weitere Entwicklung einen zweifachen Verlauf nenmen. Es kann nämlich der Rand des Thallus ebenfalls berindet und dadurch der ganze Thallus gewissermassen individualisirt werden, oder es bleibt der Thallusrand offen und unberindet und besteht dann aus mehreren Lagen strahlig verlaufender Hyphen. Der berindete Thallus zerfällt daher wieder in einen Thallus mit geschlossenem Rande und in einen solchen mit offenem hyphösen Rande. Ersteren will ich Thallus distinctus und letzteren Th. conglomeratus nennen. Der Thallus distinctus kann seiner Grösse nach sehr verschieden sein. Oft bedeckt er nur wenige Quadratmillimeter, zuweilen wird er handgross und darüber. 066 H. Zukal, Hier muss auch der Umstand Erwähnung finden, dass häufig viele Anlagen dieser Thallusform dicht neben einander und fast gleichzeitig entstehen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn diese Thallusanlagen aus einem gemeinschaftlichen Hypothallus hervorgehen. Sobald sich dann später jede Thallus- anlage zu einem vollständig gesschlossenen Thallus ausgebildet, so hat man eigentlich, wie schon von Schwendener! hervor- gehoben wurde, ebenso viele Thallusindividuen vor sich, als An- lagen zum geschlosenen Thallus vorgeschritten sind. Die Grösse der einzelnen Thallusindividuen hängt von dem Charakter der Art ab und kann bei der Beurtheilung der Frage, ob ein Thallusgebilde ein Inviduum sei oder nicht, kaum in Betracht kommen. Da nun aber jedes Thallusindividuum zugleich als eine Flechtenindividualität aufgefasst werden muss, so stellen sämmt- liche aus einem Hypothallus hervorgegangene Thallusindivi- duen eigentlich eine Flechtencolonie dar. Man könnte viel- leicht glauben, dass für diesen Fall der Namen Flechtenstock passender wäre, allein dem ist nicht so. Denn in vielen Fällen geht im Laufe der individuellen Entwicklung der Hypothallus zu Grunde, und die Flechtenindividuen besitzen dann kein gemeinschaftliches Band mehr, auch fehlt ihnen der gemeinsame Ernährungscanal. Allerdings kommen auch wieder anderseits Verschmelzungen und theilweise Verwachsungen der Thallus- individuen, besonders in der Basalregion, gar nicht selten vor. Die beschreibende Lichenologie ist jedoch auf die subtile Unterscheidung von Individuen und Colonien nicht einge- gangen. Sie nennt einfach eine Colonie kleiner, warzenförmiger oder kuchenartiger Thallusindividuen einen Thallus areolatus, wenn die Individuen grösser und schuppenförmig sind, einen Thallus squamosus, sind sie blattartig, Thallus foliaceus, wenn strauchförmig, Th. fruticosus. Bei dem blattartigen Thallus setzt sie höchstens zur Er- läuterung die Worte monophyllus oder polyphyllus hinzu. Der Thallus areolatus ist besonders schön bei den Flechten mit 1 Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus. 2. Theil, S. 14: Das Flechtenindividuum. Untersuchungen über die Flechten. 067 bleibendem Hypothallus entwickelt, z. B. bei Rhizocarpon, Cato- carpus und manchen Arten von Buellia und Lecothecium. In letzterer Gattung geht der Thallus areolatus in die Abart coralloideus über. Der Th. squamosus kommt besonders bei den grösseren Krustenflechten, wie z. B. bei den Pannarien und Lecanoreen vor. Er geht allmälig in den Th. foliaceus über, der die Blatt- flechten charakterisirt. Dieselben sind entweder beiderseits berindet, wie Cefraria, Parmelia, Kanthoria, Physcia, Torna- benia (Thelochistes), Sticta, Umbilicaria, Gyrophora, Endo- Cannon etc oder es ist nur. die ‚Oberseite berindet, wie bei Peltigera, Nephroma, Solorina ete. Denzulheiliuisı desnletztesen unterscheiden sich von den srossschuppigen Formen nur durch die Grösse und Gestalt. Auch der blattartige Thallus geht leicht in die nächst höhere Form, nämlich in die strauchartige über (Parmelia stygia v. lanata). Der Th. fruticosus kann aufrecht oder hängend, stielrund oder bandförmig, regelmässig oder unregelmässig verzweigt sein. Bei ihm tritt die Neigung der Flechtenpilzmycelien zur Strangbildung oft recht deutlich zu Tage. Dies gilt insbesondere für Usnea, Bryopogon, Alectoria, Cornicularia, Ramalina, Enernia, Stereocaulon und Cladonia. Bei Stereocaulon tritt eine Differenzirung des ursprünglichen gonidienführenden Th. myceliformis in eine horizontale Kruste und in die auf- strebenden Pseudopodetien, d.h. in einen strangartigen Theil ein. Der nicht strangartige Thallus kann zu einer ausdauernden Kruste werden oder auch verschwinden — je nach den Arten. Die Stränge der Pseudopodetien gehen nicht aus einer be- sonderen Anlage hervor, sondern entstehen im Th. myceliformis durch blosses Aneinanderlegen gewisser Hyphen (Taf. I, 7 a). Am merkwürdigsten verhält sich jedoch der Thallus der Cladonien. Hier entwickelt sich aus soredialen Anflügen (Th. myceliformis), seltener aus einem Hypothallus ein Th. corti- catus, der je nach der Species krustig, schuppig, blattartig, ja selbst strauchförmig sein kann. Dieser Thallus entspricht also dem echten Thallus der Krusten-, beziehungsweise der Laub- und Strauchflechten. Aus diesem Thallus gehen nun, wie 268 HH Zukalı Krabbe! festgestellt hat, aus eigenen Anlagen (Primordial- knäueln) die Podetien hervor. Letztere können die Form eines einfachen Fruchtkörperstieles oder Trägers haben; in vielen Fällen verzweigt und verwandelt sich aber dieser Apothecium- stiel auf das mannigfaltigste. Die bekannte Rennthierflechte ist z.B. in toto nichts anderes als ein solcher verzweigter Frucht- träger. Bei den Cladonien verwandelt sich daher die Ascus- behälteranlage in ein Stroma, das die Fähigkeit besitzt, in der mannigfaltigsten Weise auszusprossen, aus angeflogenen Sore- dien oder Gonidien Thallusschüppchen zu bilden und je nach Umständen Gonidienbehälter oder Ascomata hervorzubringen. Da aber nach unserer im ersten Capitel begründeten An- schauung der Ascusbehälter der Ascomyceten seinem innersten Wesen nach auch nichts anderes ist, als ein Mycelspross, so können uns selbst die merkwürdigsten Metamorphosen des Cladonien-Apotheciums nicht in Erstaunen setzen. Von den Pseudopodetien der Gattung Stereocanlon unterscheiden sich die Podetien von Cladonia hauptsächlich durch den Umstand, dass letztere umgewandelte Apothecienanlagen, also gewisser- massen Sprosse zweiten Grades sind, während die Pseudo- podetien von Stereocaulon gewöhnliche Mycelsprosse, also Sprosse ersten Grades vorstellen. Wir verlassen nun den Thallus distinctus, um den Thallus conglomeratus etwas näher zu betrachten. Letzterer entsteht, wenn sich die zahlreichen, aus einem Hypothallus hervor- gehenden Thallusanlagen nicht isolirt weiter entwickeln, sondern im Gegentheil zu einem einzigen Ganzen verschmelzen. Der Rand dieser Thallusform besteht aus mehreren Lagen von Hyphen, welche in radialer Richtung strahlig weiterwachsen. In demselben Verhältnisse aber, als der Rand des verschmolzenen I Krabbe, Entwicklung, Sprossung und Theilung einiger Flechten- apothecien. Botan. Zeitung, 1882; derselbe, Entwicklungsgeschichte und Mor- phologie von Cladonia. Leipzig, 1891; derselbe, Morphologie und Entwicklungs- geschichte der Cladonien. Ber. d.d. botan. Gesellsch., I. Bd., S. 64. Nach Schluss dieses Capitels ist mir noch die Abhandlung von Reinke, Abhandlungen über Flechten. I. Das Podetium von Cladonia (Pringsheim’s Jahresbücher, 26. Bd., 3. Heft) untergekommen. Ich finde aber nicht, dass ich an meinem Texte irgend etwas zu ändern hätte. Untersuchungen über die Flechten. 69 Thallus vorwärts rückt, dürften einzelne Algenhäufchen der sich rasch vermehrenden Nähralge von den Hyphen ergriffen und nach der Randzone hin transportirt werden. Aus diesen Algenhäufchen entstehen nun neue Thallusanlagen, die wieder mit einander verschmelzen, und dies geht so fort, bis äussere Umstände oder der Artcharakter dem Spitzenwachsthum der Hyphen in der Randzone ein Ende setzen. Wir treffen den Thallus conglomeratus bei den meisten Krustenflechten und der Thallus crustaceus der Lichenologen gehört grösstentheils hieher. Die Kruste kann äusserlich glatt (laevigatus) oder körnig (granulatus) oder warzig (verrucosus) sein. Sie kann aber auch durch Zerreissungen, sowie durch andere Wachs- thumsvorgänge scheinbar gefeldert werden. Da diese Felderung aber eine unechte ist, so sollte der Ausdruck areolatus nicht auf dieselbe angewendet, sondern durch die Ausdrücke pseudo- areolatus oder areolato-diffractus ersetzt werden. Ich darf wohl an dieser Stelle daran erinnern, dass die echte Felderung dadurch zu Stande kommt, dass viele krustige Flechtenindividuen gleichzeitig und dicht neben einander auf einem gemeinschaftlichen Hypothallus entstehen, wie z.B. bei Rhizocarpon. Ich will nun die Gruppirung der verschiedenen Formen des Flechtenthallus hier kurz recapituliren. I. Endogener Thallus (Ephebe, Epigloea, Phylliscum, Om- phalaria, Physma, Collema etc.). I. Exogener Thallus (Aymenolichenes, Cystocoleus, Coeno- gonium, Chiodecton, Leptogium, Mallotium, Polychidium_etc.). Der exogene Thallus zerfällt wieder a) in den Thallus myceliformis (Thallus Graphidearum, Th pulverulentus vel leprosus) und b) in den Thallus corticatus. Letzterer trennt sich wieder a) in den Thallus conglome- ratus(crusta oder Th. crustaceus) und ß)in den Thallus distinctus. Der geschlossene und streng individualisirte Thallus zer- fällt dann wieder 1. in den Th. areolatus, 2. Th. squamosus, 3. Th. foliaceus, 4. Th. fruticosus. Der gegebene Gruppirungsversuch bezweckt ausschliess- lich eine leichtere Übersicht über die sehr verwickelten Thallus- formen vom rein morphologischen Standpunkte aus. SUN) H. Zukal, Als causa dividendi habe ich das Verhalten der Hyphen im Flechtenthallus überall festgehalten. Auf die Systematik kann diese Eintheilung schon deshalb keinen Einfluss üben, weil die natürliche Gruppirung der Flechten, soweit eine solche überhaupt möglich ist, nicht von dem Thallus, sondern von carpologischen Merkmalen abhängt. So würde z.B. die natür- liche Gruppe der Cladonien, wenn man den Thallus in Betracht zieht, nach Krabbe theils zu den Krustenflechten, theils zu den Laub- und theils zu den Strauchflechten gerechnet werden müssen. Ähnliches zeigt uns die natürliche Gruppe der Conio- carpeae (Meyer) Wainio mit den Sphaerophoreen, Tylo- phoreen und Calycieen, und der Collemeae (Gray) Wainio mit Leptogium, Collema, Cryptothele, Pyrenopsis, Ephebe etc. Wenn man sich ausserdem fragt, was drückt anderen Flechten- familien, wie den Usneen, Ramalinen, Lecideen, Lecanoren, Peltideen, Sticten, Urceolarien, Pertusarien, Buellien, Graphideen etc. den Stempel der Natürlichkeit auf, so muss man, wenn man nicht durch irgend ein anderes System präoccupirt ist, antworten: der Ascusbehälter. Ist letzterer nicht bekannt, so kann man mit einem Flechtenthallus überhaupt nichts anfangen und muss ihn in die Lichenes imperfecti stellen, wie z.B. Lepra- ria, Siphnula etc. Das Gesagte schliesst aber nicht aus, dass die Nähralge in einzelnen Fällen einen wichtigen Gattungscharakter abzu- geben im Stande ist, wie z. B. bei Peltigera und Peltidea, Nephromium und Nephroma, Solorina und Solorinina ete. Nur glaube ich nicht, dass man mit einem reinen Gonidiensystem eine natürliche Gruppirung der Flechten erreichen kann. Von allen Systemen, die ich kenne, scheint mir das von Wainio! der natürlichen Gruppirung der Flechten am meisten zu ent- ‚sprechen. Ich halte also dieses System oder wenigstens ein ähnliches für das Flechtensystem der Zukunft.? 1 Wainio, Etude. sur la classification naturelle et la Morphologie des Lichens du Bresil. Helsingfors, 1890. ! 2 Ich habe soeben ganz offen meine Meinung über die Gonidiensysteme ausgesprochen, obwohl ich bereitwillig zugebe, dass auch im Rahmen eines Gonidiensystems sehr Hervorragendes geleistet werden kann (siehe Th. Fries). Untersuchungen über die Flechten. orl Der Epithallus. Bei einigen Krustenflechten, wie z.B. Verrucaria purpn- rascens (Hoffm.) Krb., Manzonia Cantiana Garov., Hymenelia coernlea Kplhbr., Lecidea coernlea Kplhbr., Aspicilia flavida v. coerulea (Hepp.) Arn. etc. wird die gewöhnliche, normale Rinde noch von einer dicken, kurzgliederigen, farbigen Deck- hyphe in der Form eines lockeren Netzes überzogen. Am Thallusrande, ferner in der Nähe der Apothecien und Pykniden, schieben sich die Fäden der Deckhyphe gewöhnlich etwas enger zusammen und deshalb erscheint auch an diesen Stellen die Färbung der Flechte etwas lebhafter (Taf. I, 1 und 5). Eine ähnliche dicke, torulöse Hyphe von brauner oder schwärzlicher Färbung überzieht in verschiedenen Linien, aber immer sehr locker, den Thallus von zahlreichen Arten der Gattungen Lithoicea, Polyblastia, Amphoridium etc. Was auf systematischem Gebiete gegenwärtig am meisten noth thut, ist die einheitliche Behandlung und Revision der Gattungen und der — Nomenclatur. Wer dies leisten würde, könnte des allgemeinen Beifalles sicher sein, selbst wenn er auf dem Boden eines Gonidiensystems stünde. Im Übrigen halte ich an meiner in den »Flechtenstudien« näher begründeten Behauptung fest, dass es für die Flechten kein natürliches System geben kann. Denn die Flechten sind nicht monophyletischen Ursprunges, sondern polyphyletischer Natur, und dies sagt genug. Wenn es aber auch für die Flechten keinen Stammbaum geben kann, so haben sie doch Stammbäume, d.h. sie besitzen zahlreiche natürliche Gruppen, die wahrscheinlich seit der Secundärzeit der Erde einer selbständigen phylogenetischen Entwicklung unterliegen. Letztere ist so gross, dass ich die Frage, ob es nicht zweckmässig wäre, die Classe der Flechten ganz aufzulassen, mit einem unbedingten Nein beantworten würde. Denn die Flechten sind eben so eigenartige Organismen, dass ihre zahlreichen morpho- logischen und physiologischen Eigenthümlichkeiten nur dann leicht begriffen werden können, wenn man sie fleissig unter einander vergleicht und als ein Ganzes behandelt. Die Eintheilung der Flechten bei den verschiedenen Asco- mycetengruppen würde übrigens praktisch gar nicht durchführbar sein, denn die carpologischen Merkmale, auf welchen die Systematik der Ascomyceten basirt, sind ım Laufe der phylogenetischen Entwicklung, bis auf die Sporen hinab, derartig modificirt und verwischt worden, dass an eine richtige Ein- rangirung gar nicht zu denken ist. — Über die Stellung der Flechten im Systeme siehe auch 1.Reinke, Abhandlungen über Flechten, 2.Pringsheim'’s Jahrbücher, 26. Bd., Heft 3, S. 524. Da sich die Anschauungen Reinke’s (über diesen speciellen Punkt) mit den meinigen nahezu decken, so habe ich der obigen Erörterung wieder nichts beizufügen. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 38 SD H. Zukal, Die äussersten Zweigspitzen des Thallus von Alectoria ochroleuca (Ehrh.) Nyl., Cladonia stellata Krb., Cl. aman- rocraea (Flk.) Schaer., C]. rangiferina v. arbuscula (W oll.) Krb. sind in der Regel viel dunkler gefärbt, als der übrige Theil des Thallus. Bei Ramalina carpathica, Neuropogon, Taylori Nyl. (Taf. 1,3 a) (Feuerland) und N. melaxanthus Nyl. (Neuseeland) sind diese Spitzen schön blau und es zeigt auch der übrige Thallus zahlreiche blaue Flecke und Tupfen. Bei Parmelia physodes (L.) Ach., P. laevigata (Brasilien), P. perforata (Ach.) Nyl. (Canada), P. encausta (S mrft.) Nyl., Menegazzia pertusa (Schrad.) Mass, Lecanora atra (Huds.) Ach., Placodium daedaleum Lojk. und Pl. inflatum Krb. findet man zuweilen auf der Oberseite ähnliche schwarze Flecke, welche oft recht zahlreich werden und das Habitus- bild der Flechte ganz verändern können. Viele Krustenflechten, wie z. B. Lecanora subfusa (L.) Ach. v. geographica (Mass.), bei Verrucaria calciseda D.C., Sporastatia, Morio Krb., Sp. testudinea (Ach.), Opegrapha horistica (Lght.) Stern, O. zonata Krb. u. s. w. umgeben ihren Thallus mit einer verwaschenen schwärzlichen Linie, die an die Grenzen der Länder auf unseren Landkarten erinnert. Bei Verrucaria calciseda und einigen anderen Krustenflechten treten ausser der schwarzen Grenzlinie, noch ähnliche schwarze Linien und Flecke in unregelmässiger Weise über den Thallus zerstreut auf. Ich fasse alle diese eben erwähnten Erscheinungen unter der Bezeichnung Epithallus zusammen. Die Erklärung der biologischen Bedeutung des Epithallus soll an einer anderen Stelle versucht werden. ! 1 Um Missverständnissen vorzubeugen muss hier ausdrücklich hervor- gehoben werden, dass dieHyphendesEpithallusinmorphologischer Beziehung nicht etwa Trichombildungen sind, obwohl sie ganz diesen Eindruck machen, sondern die Sache ist vielmehr so, dass ganz gewöhnliche Rindenhyphen sich verdicken, ihre Membran mit Farbstoffen imprägniren, kurzgliederig werden, kurz in einer Weiseumwandeln, dass sie ein ganz anderes Aussehen gewinnen als ihre Schwestern. Wenn man aber ihre Entwicklung studirt, so findet man alle möglichen Übergänge zwischen ihnen und den gewöhnlichen Rinden- hyphen, so dass über ihre Herkunft kein Zweifel obwalten kann. Fig. Fig. Fig. [11 Untersuchungen über die Flechten. 878 Erklärung der Abbildungen. Tafel I. . Randstück des Thallus von Manzonia Cantiana Garov. mit Epithallus, Apothecien und Spermogonien (Pykniden). Beia geht ein Riss durch den Thallus, welcher von den Epithallushyphen überdeckt worden ist. 150. . Ein Stück Hypothallus von Pannaria coeruleobadia (Schars) Schl mit einer Thallusanlage bei a. 200. . Blaugefärbte Spitze des Thallus von Neuropogon Taylori Nyl., aus Feuerland. 200. . Hypothallus von Catocarpus chionophilus Th. Fr. mit einer Thallus- anlage im Centrum. 30. . Junger Thallus von Verrucaria purpurascens (Hoffm.) Kbr. mit stark entwickeltem Epithallus. 200. . Thallusfragment von Physcia villosa Dub., aus Lima. Die ganze Ober- fläche ist mit stark hygroskopischen und energisch wasserleitenden Trichomen besetzt. 90. . Junges Pseudopodetium von Stereocaulon nanum Ach. Bei a entwickelt sich dasselbe durch Strangbildung aus den Hyphen des soredialen Thallus. 200. Tafel 1. . Querschnitt durch den Thallus von Oropogon Lozxensis Nyl., aus Mexiko. Bei a vermittelt eine verdünnte Hautstelle die Communication der äusseren Luft mit der des Markes. Die mechanisch widerstands- fähigsten Elemente liegen hier an der äussersten Peripherie des Hohl- eylinders. 200. . Halber Querschnitt durch den Thallus von Usnea barbata (L.) Fr a Athemloch, 5 Mechanischer Strang. 200. . Querschnitt durch das obere Thallusdrittel von Ramalina decipiens Müller, von den canarischen Inseln. a Rinde, 5 mechanische Stränge. Zwischen den letzteren Gonidien und lufthältiges Mark. Im unteren Thallus verschwinden die Gonidien zwischen den mittleren Strängen und sind nur noch unter der Rinde vorhanden. Dagegen erscheinen die Stränge mächtiger entwickelt und nicht selten mit einander ver- schmolzen. 200. . Längsschnitt durch eine grosse, Sphäroidzellen führende Thalluswarze von Baeomyces roseus Pers. 200. . Junges Pseudopodetium von Stereocaulon pileatum Ach., 1810. a Exo- gene Anlage des Apotheciums, b mechanischer Strang. 200. 38* Fig. 3. H. Zukal, Untersuchungen über die Flechten. Fragment eines Querschnittes von Cetraria islandica (L.) Ach. Bei a geht der Schnitt durch die weissliche, nicht benetzbare, verdünnte Hautstelle. 200. . Längsschnitt durch das Ende des Pseudopodetiums von Stereocanlon paschale (L.) Fr. a Endogene Anlage des Apotheciums, 5b mechanischer Strang. 200. . Stück eines Querschnittes durch den Thallus von Sticta flavissima Müller, aus Neuholland. a Vortretendes Durchlüftungsorgan (Cyphelle), b die wasserleitenden Trichome. 200. Tafel III. . Fragment eines Querschnittes von Parmelia aspidata Ach. a Thallus- warze mit einem Durchlüftungssporus auf dem Scheitel. 200. . Schnitt durch das mehrfach geschützte Apothecium von Tornabenia chrysophtalma (L.) Mass. Bei a bildet ein orangegelber Farbstoff eine schützende Decke über das Hymenium. 5b Das Exeipulum thallodes, als schützender Wall, der seinerseits wieder durch eine Flechtensäure chemisch geschützt ist. c Steife Borsten, welche als mechanisches Schutzmittel wirken. Querschnitt durch einen Thalluslappen von ZLepidocollema Wainii nov. spec., aus Haiti. a Die Oberseite des Hymeniums ist durch eine dicke Schichte eines braunrothen Farbstoffes chemisch geschützt. 5 Der -schützende Thalluswall des Apotheciums. c Apotheciumanlage mit drei Trichogynen, welche während ihres Verlaufes im Thallus von schwarz erscheinenden Lufthüllen umgeben sind. d Pyknide (Spermogonium), die Conidien entleerend. Ihre Mündung wird durch einen blauschwarzen Farbstoff chemisch geschützt. e Die verdickten, durch einen bläulichen Farbstoff geschützten Hyphen des Hypothallus. 200. Die derben Linien innerhalb des Thallus bedeuten die Bahnen, auf welchen die Luft in den gallertartigen Thallus dringt und wo die Hyphen sehr dicht neben einander laufen. . a Sporenschlauch von Lepidocollema Wainii Zukal. 400. b Einzelne Sporen mit gallertartigen Hüllen. 1000. c Sporen ohne Hülle. 600. Inhalt. ENT Seite Binletung CN 2 ER RD Die Hlechtenpilze 2 re Er 2» DiesWlechtenalsene Wr Ber leontenthalluss ee 3 Erklärung der Abbildungen . 973 au. San ne un Du 4 A Zi SE Lith Anstv.Th.Bannwarth,Wien. te d.kais. Akad.d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd.CIV. Abth.T. 1 895. «LT on AN Ei E) IR rsuchungen über die Flechten. = a en era RG 0 NO ROUTER ' In0eH no N N Lit Ansı v-Th.Bannwarih Wien d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd.CIV, Abth. I. 1 I El BAR IR E a, © © o © u ° a © = e) =) > 23 20098 NUNG ER ' | BR hit Anstx-Th.Banurarth.ihen 3 math.-naturw.Classe, Bd.CIV. Abth I on SQ On IV PESERZUNGENVEM 20 JUNT 1892: Dass eV Rene Brot EB Exner übersendet eine Arbeit aus dem physikalisch-chemischen Institute der k. k. Universität in Wien von Herrn Ernst Simon: »Über den Einfluss der Sramleme erosser Brechbarkeit auf das elektrische Leitungsvermögen verdünnter Gase«. Das c. M. Herr Prof. H. Molisch übersendet eine Ab- handlung von Dr. Julius Stoklasa in Prag, betitelt: »Die Assimilation des Lecithins «durch die Pflanze«. Der Secretär legt eine eingesandte Abhandlung von Prof. Dr. ©. Tumlirz in Czernowitz: »Über die Verdampfungs- wärme von Lösungen« vor. Das w. M. Herr Hofrath Prof. V. v. Ebner überreicht eine Abhandlung: »Über den feineren Bau der Chorda dor- salis von Myxine nebst weiteren Bemerkungen über die Chorda von Ammocoetes«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine Arbeit aus dem chemischen Universitätslaboratorium des Prof. R. Pribram in Czernowitz von G. Gregor: »Zur Constitu- tion des Resacetophenons«. Herr Prof. Dr. Ed. Lippmann überreicht eine von ihm und Herrn F. Fleissner ausgeführte Arbeit: »Über die Hydrirung des Chinins«. Der Secretär Hofrath J. Hann überreicht eine Abhand- lung unter dem Titel: »Der tägliche Gang des Baro- 756 mieters an heiteren und teuben Taremy namenatachn auf Berggipfeln«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Die Resultate der Untersuchung des Bergbauterrains in den Hohen Tauern. (Mit 1 Karte und Textfiguren.) Herausgegeben vom k. k. Ackerbauministerium. Wien, 1895; 8°. SIPZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. ER BAND=NVIT HERE ABTHEILUNG 1. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. ou SI (do) SV N ZUNG NEOM 1 JUEL 1895: Erschienen ist das Heft V (Mai 1895) des 16. Bandes der Neonkatsheiter tur Chemre. Der Vorstand des paläontologischen Institutes der k. k. Universität in Wien spricht den Dank aus für die diesem Institute überlassene Collection untertriasischer Cephalopoden aus dem von Dr. ©. Diener im Central-Himalaya gesammelten Materiale. Herr Prof. Dr. L. Weinek, Director der k. k. Sternwarte in Prag, übermittelt weitere Fortsetzungen seiner neuesten Mond- arbeiten. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. E. Mach übersendet eine Abhandlung von Prof. Dr. G. Jaumann in Prag: »Über longitudinales Licht«. Das w. M. Herr Prof, L. Pfaundler übersendet eine mit Unterstützung der kaiserlichen Akademie im physikalischen Institute der k. k. Universität in Graz ausgeführte Arbeit von Prof. Dr. Ign. Klemen£it: »Über den Energieverbrauch beider Magnetisirung durch oscillatorische Conden- satorentladungen«. Herr Dr. Alfred Burgerstein, Privatdocent an der K:K. Universität in Wien, übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Vergleichend -histologische Untersuchungen des Holzes der Pomaceen«. Herr Prof. Rudolf Andreasch an der k.k. Staats-Ober- realschule in Währing (Wien) übersendet folgende zwei, mit Unterstützung der kaiserlichen Akademie ausgeführte Arbeiten: 980 1. »Über Dimethylviolursäure und Dimethyldilitur- säuree«e. 2er Kenntniss densinteohydanroines Herr Emil Waelsch, Privatdocent an der k. k. deutschen technischen Hochschule zu Prag, übersendet eine Mittheilung: Untersuchungen zureiner Binananalysesrvae nı dimensionaler Räume«. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: l. »Die homogenen Coordinaten als Wurfcoordi- naten«, von Prof. Dr. Gustav Kohn in Wien. 2eBrei mas ZUG eschächrerder Beornınre Basen Soma und Salz«, von Dr. Ernst Elich in Berlin. Das w. M. Herr k.u.k. Hofrathı Director F.Steindachner überreicht eine von Frau Prinzessin Therese von Bayern und von ihm ausgeführte Arbeit: »Über einige Fischarten Mexiko’s und die Seen, in welchen sie vorkommen«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. J. Wiesner übergibt den zweiten Theil seiner »Photometrischen Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete«, betitelt: »Untersuchun- sion über dem Kiechtsenuss der Enlanzens misRiiee sicht auf die Vegetation von Wien, Cairo und Buiten- zorg auf Java«. Das w. M. Herr Prof. Friedr. Brauer übergibt eine Arbeit über einige neuerer Zeit beschriebene neue Gattungen der Muscarien. Berner lest "Herr Prof. Brauer eine, Arbeit von Llemn Assistenten Anton Handlirsch vor, welche den Schluss zu dessen Abhandlungen »Monographie der mit Nysson und Bembex verwandten Grabwespen« bildet. Das w. M. Herr Hofrath Prof. V. v. Lang übergibt eine Mittheilung mit dem Titel: »Beobachtungen über die Widerstandsänderune des Conracrtes, zweier Prien durch elektrische Bestrahlung«. Das w. M. Herr Prof. H. Weidel überreicht eine von Herrn Siegfried Blumenfeld im I. chemischen Universitäts-Labora- os torium ausgeführte Untersuchung; »Über Cinchomeron- säurederivate«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine in seinem Laboratorium ausgeführte Arbeit von Dr. Konrad Natterer: »Über einige von dem Botaniker Dr. Otto Sapraus Dersien mitsebrachte salzhaltisge Erd und Wasserproben und deren Beziehungen zu den Meeres- ablagerungen«, mit einem Anhang, enthaltend die Analyse einer Wasserprobe aus dem Gaukhane-See, ausgeführt von DEaAdolt kleider (7). Das e. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht folgende zwei Abhandlungen: 1. »Polarisation und Widerstand einer galvanischen Zelle, von Prof. Franz Streintz an der k.k. technischen Hochschule zu Graz. Die Bapllace sehe sund die Sallmon’sche Schatten. theorie und das Saturnringschatten-Problem«, von DIE Buchholz nm Jena. D Herr Dr. Tad. Garbowski in Wien überreicht eine unter Mitwirkung des Dr. C. Grafen Attems aus Graz ausgeführte Arbeit, betitelt: »Phyletische Deutung der Lithobins- Formen«. Herr Adolf Steuer überreicht eine im zoologischen In- stitute der k. k. Universität in Wien ausgeführte Arbeit, betitelt: Diez Sapphirinen des Mistelmeeres und der Adria, gesammelt während der fünf Pola-Expeditionen 1890 bis 1894«. Herr E. B. Rosenstadt, Assistent am zoologisch-anato- mischen Institute der k. k. Universität in Wien, überreicht eine Abhandlung, betitelt: »Untersuchungen über die Organi- sation und postembryonale Entwickelung von Zucifer Reynandiie«. Bemerkungen zu einigen neuen Gattungen der Muscarien und Deutung einiger Original- Exemplare von Prof. Dr. Friedr. Brauer, w. M.k. Akad. (Mit 1 Tafel.) Gruppe Oestrus. Spathicera Corti. Die Oestriden-Gattung Spathicera wurde von Dr. E. Corti (Annal. del Museo civico di Stor. Naturale di Genova [2. S.], Vol. XV [XXXV] 6—8 April 1895) so ausgezeichnet charakteri- sirt und die einzige Art, Sp. Pavesii aus Afrika (Boron Galla, Auata Maggio), so genau beschrieben, dass ich nur einige Be- merkungen beifügen kann, zu welchen mir die überaus grosse Liebenswürdigkeit des Autors insoferne Veranlassung gibt, als derselbe mir das werthvolle Unicum zur Untersuchung anver- traute. In der Gruppe der Oestriden hat eine neue Gattung da- durch ein besonderes Interesse, weil die parasitische Lebens- weise der Larve oder das von derselben ausersehene Wohn- thier nach den Gattungen meist verschieden sind. Weiters werden Oestriden meist nur im Larvenzustande bekannt und das gilt besonders bei exotischen Formen. Man muss sich zu- frieden geben wenigstens aus der Larve festzustellen, ob man eine neue Gattung oder Art anzunehmen hat und so existiren viele exotische, eigenthümliche, aber nur im Larvenstadium bekannte Gattungen (siehe diese Sitzungsberichte, Bd. CI, Neue Gattungen der Muscarien. 985 Jänner 1892, S. 4). In diesem Falle ist das Umgekehrte der Fall, hier ist eine sehr merkwürdige Imago vorliegend, von der da- gegen weder Larve, noch deren Lebensweise, respective das Wohnthier bekannt sind. Corti hat nachgewiesen, dass die Fliege zunächst mit Gastrophilus verwandt ist, dass sie aber von dieser, auf Equiden lebenden Gattung, nebst den vielen gleichen Charakteren, wesentlich und zwar durch solche Merkmale abweicht, nzeleimienssiier auch mit keimer anderen Oestriden Gat Bun ebBeziehumerbeimsien. Das Behlen der. Ocellem, die rudimentären Pulvillen trennen die neue Gattung von allen anderen dieser Gruppe. Ein drittes Merkmal, der soge- Dakıkaberbastenantieje, Kortsatzran den Kühllern, ist!bei Ansicht des Thieres sehr eigenthümlich, scheint mir jedoch, soviel ich an dem Original-Exemplare ersehen kann (ohne das- selbe zu zerstören), mit der besonderen Bildung des 2. Fühler- gliedes im Zusammenhange zu stehen und dürfte daher mehr eine Bedeutung für die Gattung oder Art Charakteristik haben, während die beiden anderen für die ganze Gruppe der Oestriden fremd sind. Alle Oestriden haben Ocellen und deutliche, grosse Pulvillen. Die Fühler sind dagegen bei den meisten Gattungen, und die einzelnen Glieder oft bei d und @ schon etwas ver- schieden. — Es scheint jedoch keinem Zweifel unterworfen, dass die Gattung in die Gruppe der gastricolen Oestriden ge- hört. Kopfbau, Flügelgeäder, Schüppchen, der anhängende, am Grunde schmale Hinterleib, die Form der Legeklappen und die Stellung der Legeröhre des Weibchens stimmen mit denen der Gattung Gastrophilus überein, dagegen unterscheiden sie davon der Mangel der Ocellen, die rudimentären Pulvillen, das eigen- thümlich glockenförmige 2. Fühlerglied, in welchem das 3. Glied verborgen ist, die breitere Gesichtsrinne. — Nach diesen Charakteren der Imago müssen wir auch annehmen, dass deren Larve im Magen ihres Wohnthieres lebt und jener von Gastro- philus sehr ähnlich ist. Von den Säugethieren Afrikas, in welchen gastricole Oestriden bekannt wurden, haben der Esel, das Pferd, das Zebra nur Larven der Gattung Gastrophilus ergeben, wogegen Ele- phant und Rhinoceros eigenthümliche andere Gattungen 984 192 Jbperuulare, lieferten, deren Imago zwar unbekannt blieb, die aber von den Larven von Gastrophilus so abweichend sind, dass man eine generische Verschiedenheit davon bestimmt annehmen muss, und zwar ist die im Elephanten lebende Larve (als Cobboldia beschrieben) von der obigen Gattung so verschieden und mit den Gastricolen-Larven nur dann zu vereinigen, wenn man die Diagnose der Larven dieser Gruppe erweitert, um sie durch ihre Lebensweise darin aufnehmen zu können (siehe meinen Bericht hierüber: Wiener Ent. Zeitsch. VI, S. 217, Taf. II, 1887). Blanchard hat die Larve aus dem afrikanischen Elephanten als verschiedene Art von der des asiatischen erklärt, obschon diese beiden einander sehr ähnlich sind. Die Larven von Cob- boldia sind demnach auch von Gastrophilns so sehr ab- weichend, dass man eine entsprechende Verschiedenheit auch bei der Fliege voraussetzen darf, und das umsomehr, als sie eine gleiche Lebensweise führen und diese bei Oestriden-Larven mehr eine grössere Ähnlichkeit der Larven, bei sonstiger Ver- schiedenheit der Imagines bedingen würde. Die Larve aus dem Nilpferde, welches an der Fundstelle von Spathicera häufig sein soll, ist zu unvollständig bekannt und lebt nicht im Magen, sondern im Fette der Orbita, kommt also wohl hier als dubiöse Oestriden-Larve gar nicht in Betracht. Alle Momente abgewogen, bleibt also nur die Frage, ob wir es bei Spathicera mit der Imago zu jener Larve zu thun haben könnten, welche nach Delegorgue in ungeheuerer Menge im Magen von Rhinoceronten (bicornis und simus) vor- kommt und welche ich Gyrostigma genannt habe. Bis jetzt ist diese Gattung nur in zweihörnigen Rhinoceros-Arten gefunden worden. Die Form, nach welcher ich die Gattung aufstellte, lebte im sumatrensischen Nashorn. Nach Karsch haben die Larven aus afrikanischen Nashörnern aber denselben Bau der Hinterstigmen, wie Gyrostigma, dürften daher nach dem Wirth und den gleichen Charakteren wohl in dieselbe Gattung ge- hören. Aus dem indischen und javanischen Nashorn ist noch kein solcher Parasit bekannt geworden. Die Larven, welche der G. Gyrostigma angehören, haben die gleichen Mundtheile wie die von Gastrophilus und ähnlich Neue Gattungen der Muscarien. 280 gebaute hintere Stigmen, die sich hauptsächlich durch die Länge und den parallelen S-förmigen Verlauf der Arkaden von jenen bei Gastrophilus unterscheiden und ferner zeigen sie seitliche (4) Zwischenwülste vom 5. bis 9. Ring, welche den Gastrophilus-Larven fehlen (man vergl. Verh.d. k. k. zool. bot. Gesellsch. 1884, S. 269, T. X). Zum Unterschied von Cobboldia mag auch angeführt werden, dass diese letzteren kleiner sind, die Grösse unserer Gastrophilus-Larven wenig überschreiten (25 mm), keine inneren geraden Kiefer zwischen den Haken und ganz anders gebaute Arkadenstege besitzen, ferner durch die fleischigen Spitzen am letzten Ringe mehr den Larven der Calliphoren oder Sarcophagen gleichen, nur dass die Lippe der Stigmenspalte wieder jener der Gastricolen ähnlich ist (vid. supra 1. c.). — Sie sind ferner amphipneustisch, zeigen aber Zwischenwülste seitlich vom 5. 6. bis 8, 9. Segment wie Gyrostigma. Zu den grossen Gyrostigma-Larven passt Spathicera als Fliege, insoferne die Grössenunterschiede zwischen Larve und Fliege im gleichen Verhältnisse stehen wie bei Gastrophilus und die Differenz etwa 6mm ist. Bei Gastrophilus egui zeigt die Imago 12—14 mm Körperlänge, die erwachsene Larve 18 bis 20 mm; bei Spathicera hat die Imago 24 mm Körperlänge. Gyrostigma als Larve zeigt 3l mm. Nach allen Momenten scheint es wahrscheinlich, dass wir in Spathicera die Imago zu jenen riesigen Larven der Rhino- ceronten haben. Dr. Corti hat die Wege angebahnt, die uns vielleicht bald mehr Aufklärung über die afrikanischen Oestriden bringen dürften. Der Beschreibung der Imago möchte ich noch Folgendes aus eigener Anschauung beifügen. Der Körper gleicht im Allgemeinen jenem der schlankeren, mehr kurzhaarigen und nackt erscheinenden Gastrophilus- Arten (equi), der Kopf ist vorne flacher, die Beine sind im Ver- hältniss länger und dieForm der Schenkel durch ihre Verdickung am Grunde jenen der Hypodermen ähnlich. Die Tarsen sind dünn und nicht erweitert, länger als die Hälfte der Schiene, 586 F. Brauer, besonders am 3. Paare. Das 2., 3. und 4. Glied sind successive kürzer, das 5. ist wieder länger und gleich den 2 vorletzten zusammen. Die Klauen sind stark, aber schlank und einfach, am Grunde rundlich verdickt, flach gebogen und etwa halb so lang als das 5. Tarsenglied (am letzten Paare sind sie abge- brochen mit dem Endglied). Die Pulvillen sind sehr klein, unter der Basis der Klauen und zwischen denselben eine Mittelborste. Die Hüften sind einfach. Die Flügel sind im Verhältniss länger, als bei allen Gastrophilus-Arten und auch länger als der ganze Körper der Fliege, während sie bei Gastrophilus stets kürzer als die ganze Körperlänge sind. Bei Spathicera sind die Flügei um 3 mm länger als der Körper. Das Geäder gleicht bei dieser Gattung jenem von G. haemorrhoidalis, die hintere Querader steht ausserhalb der kleinen Querader, und zwar etwas weiter als die Länge der letzteren. Die 4. und 5. Längsader hören kurz vor dem häutigen Hinterrande des Flügels mit einer kleinen Biegung nach vorne auf. Die Randader endet genau an der Flügelspitze. Die Legeröhre des Weibchens ist kurz, wie bei G. pecorum und ähnlich wie bei dieser Art. Die Legeklappen bestehen aus einem fingerartig aufwärts gebogenen unteren (ventralen) Griffel und einem spitzen oberen (dorsalen), etwas abwärts gebogenen Griffel, zu dessen Seiten jederseits eine spitzdreieckige Lamelle liegt. Die Ventralplatte, hinter welcher der untere Griffel hervortritt, ist halbrund. Dorsal sieht man seitlich 2 Platten hintereinander, welche je ein Haarbüschel tragen. Ebensolche Büschel stehen aussen am ventralen und dorsalen Griffel. Bei Gastrophilus endet die Legeröhre ebenfalls mit einem dorsalen und ventralen Griffel oder Scheidentheil, welche das heraustretende Ei halten. Der dorsale besteht aus 2 aneinanderliegenden Theilen. Ausser den schon hervorgehobenen Unterschieden von Gastrophilus ist noch das 2. Fühlerglied zu besprechen, welches an dem (von vorne gesehen) halbmondförmigen kurzen 1. Gliede mehr nach oben und aussen festsitzt. Das 2. Glied stellt von vorne eine breite dreiseitige Platte dar, deren Innen- und Unterrand am längsten sind und sich, gegen die Mitte des Gesichtes zu, in einem etwas verlängerten, am Ende länger beborsteten, flachen, rundlichen Lappen vereinigen. Der Unter- Neue Gattungen der Muscarien. 887 rand geht schief nach aussen und oben, und dort, wo er den kürzeren oberen Aussenrand trifft, sieht man die Endborste des 3. Fühlergliedes nach der Seite vorspringend. Am Grunde ist das 2. Glied, vor der Verbindung mit dem 1. Fühlerglied etwas ringförmig eingedrückt, abgekröpft. - Betrachtet man den Kopf von der Seite her, so zeigt sich das 2. Glied ganz gespalten, und zwar bis etwas über die Stelle hinauf, wo man die Fühlerborste heraustreten gesehen. Durch diese breite Spalte sieht man das 3. Fühlerglied, das bei An- sicht von vorne nur wenig unter dem schiefen Unterrande des 2. Gliedes vortrat. Dieses 3. Glied ist ziemlich lang (?/, so lang als das zweite), weich erscheinend, durch Querfurchen runzelig und länglich eiförmig und bis zur inneren Lamelle des 2. Gliedes herabreichend. Die Fühlerborste am Grunde zeigt an der Basis das 2. Borstenglied kurz aber deutlich. Hinter dem 3. Gliede, ganz bis zu dessen Ansatz hinauf, sieht man eine flache, leisten- artige Lamelle herabsteigen, sich unter dem Ende des 3. Gliedes etwas nach vorne biegen und am abgerundeten Endrande mit 3—4 langen und mehreren kurzen Börstchen enden. Diese Bamelleziserder von Corti hervorgsehobeme Taster- anhang der Fühler. Dessen Ursprung ist nicht deutlich sichtbar und müsste das werthvolle Unicum zur weiteren Untersuchung verletzt werden. Nach Allem aber, was ich noch sehen kann, scheint mir dieser Anhang nichts anderes zu sein, als eine leisten- förmige Verlängerung des Unterrandes des 2. Fühlergliedes an dessen Hinterseite, wie eine solche auch an der Vorderseite an der Vereinigung des Innen- und Unterrandes mit ebenderselben Beborstung sich zeigt. Das 2. Fühlerglied wäre sonach glocken- förmig und der freie Rand seitlich tief ausgeschnitten, vor und hinter dem Ausschnitt in eine Lamelle erweitert oder verlängert (siehe Fig. 2—4). Merkwürdig ist die sehr ähnliche Bildung des 2. Fühler- gliedes bei Microcephalus Löwii Schnabl, nur fehlt hier der hintere tasterähnliche Fortsatz.! 1 Es ist ganz zweifelhaft, in welcher Weise die Arten der Gattung Micro- cephalus leben und auf welche Wohnthiere sie angewiesen sind. Ausser der Gesichtsbildung zeigen sie aber sonst viel Verwandtschaft mit der Gattung Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth.1. 2) 988 BR. Brauer, Die nach innen convexen Vibrissenecken und Backen- ränder sind von der breiten Gesichtsrinne stark wulstig abge- hoben und die Grube an den ebenso begrenzten Backen (Bogengrube, Gesichtseindruck) mit 4—5 »S«-förmigen Quer- furchen, wie bei Rhynchomyia. Die Tasterrudimente sind kugelig und deutlich. Weiteres ist in der dicht behaarten Mund- grube nicht zu sehen. Erklärung der Tafel. Fig. 1. Spathicera Pavesii Corti nach dem Original-Exemplare mittelst derCamera lucida vonReichert gezeichnet. ?/, 1. » 2. Kopf derselben von vorne, c. 1°/, 1. Etwas grösser ge- zeichnet. Mit derselben Camera und Einer Linse ge- zeichnet. » 3. Kopf derselben von der Seite ohne Camera gezeichnet, weil die Stellung der Flügel dieses nicht möglich lalchterne ul Hypoderma, jene aber stimmt mehr mit der Gesichtsbildung der Cavicolen. Vielleicht könnte man an den sagenhaften Haut-Oestriden des Elenthieres denken, weil letzteres dort noch vorkommen soll (Kanold: Breslauer Samm- lung für Kunst und Medicin, 1718, S. 1524. Probst Helwing. Nach Hagen, briefl. Mittheilung). Microcephalus Löwii kommt nach der Richtigstellung des Autors im Jakuter Gouvernement, Olekminer Kreis, am Flusse-Bodajbo vor, der in den Witui und dieser in die Lena mündet, also in Gegenden, wo die gefrorenen Leichen des diluvialen Rhinoceros vorkommen. — Die anderen Arten der Gattung kenne ich nicht, und kann in Betreff einer aus Südeuropa meinen Zweifel über die Fundstelle nicht unterdrücken. Ich sehe aber, dass Microcephalus durch Spathicera so recht die Verwandtschaft von Gastrophilus und Hypoderma beweist und eine Mittelform bildet. Schnabl hat die Fühler seiner Gattung Mzcrocephalus nicht richtig be- schrieben, sein sogenanntes 1. Glied existirt nicht, das 2. ist das wirkliche 1. Glied und das 3. Glied ist erst das 2. nach unserer Auffassung. Das wirkliche kugelige, hinter dem zweiten, genau so wie bei Spathicera, versteckte dritte Glied hat Schnabl übersehen (siehe Wiener Ent. Zeitschr., V, S. 345, 1886). — Wir wiederholen dieses, weil sonst die von Schnabl gegebene Beschreibung (Deutsche Ent. Z. XXI, 1877, S. 51) irreführt. In der Abbildung sind alle Figuren naturgetreu, mit Ausschluss von Fig. 6, welche unrichtig ist. Diese stellt nur die Spalte dar, welche das 2. Glied seitlich zeigt; erst ein kreisförmiger Contur um die Fühlerborstenwurzel würde in derselben das 3. Glied darstellen. Neue Gattungen der Muscarien. 889 Fig. 4. 2. und 3. Fühlerglied derselben von der Seite her ge- sehen) Sl » ©. Legeröhre und Legeklappen des Weibchens; !%/, 1. Von demseiter -» 6 und 7. Vorderschiene und Tarsus. Se ssrlinterbein; -- Microcephalus Schnabl. Die Rüssel- und Tasterbildung von Microcephalus gleichen der von Oestromyia (Monogr. d. Oestrid. 1863, Taf. X, Fig. 6), ebenso sind die Fühler durch eine platte, breite Leiste getrennt, nur setzt sich diese bei Möcrocephalus in eine schmale, spitz- dreieckige Gesichtsleiste nach unten bis zum Praelabium fort, während sie bei Oestromyia zu einem breiten Gesichtsschilde erweitert ist, d.h. dort findet sich die Gesichtsbildung der Cavi- colen und Gastricolen, hier jene der cuticolen Oestriden (FZypo- derma). Nimmt man die Bildung des Rüssels als gewichtiger, so würden beide Gattungen, und wahrscheinlich auch die mir nicht in natura bekannte Gattung Oestroderma Portchinsky (nach Port. fraglich der Oestrus leporinus Pils), in eine natür- liche Gruppe gebracht werden können, die sich von Aypoderma immer dadurch unterscheiden liesse, weil bei dieser der Rüssel ganz rudimentär geworden ist. In dieser Gruppe hätte man zwei Abtheilungen: a) mit breitem schildartigen Clypeus, Oestromyia; b) mit schmalem leistenartigen Clypeus, einer sogenannten Gesichtsleiste. Microcephalus, Oestroderma. Beiden Abtheilungen ist gemeinsam: Ein nach unten gerade vorstreckbarer, kurzer Rüssel ohne Knie, an dem hinter dem Prälabium je ein kurzer, kugeliger Taster sitzt und an dessen Ende eine kleine, halbkugelige Saugscheibe sichtbar ist, die nicht oder kaum breiter als der sonst cylindrische Rüssel ist und die beiden vereinten Labellen darstellt. — Wäre Oestro- derma wirklich der Oestrus leporinus Plls., so würden zwei Gattungen als Larven die Haut von Nagern bewohnen (Lagomys und Aypudaeus) und es wäre von der dritten vielleicht das- selbe zu erwarten und an den Bobak und das Alpenmurmel- 395 290 F. Brauer, thier zu denken. — Nach dem Verlauf der Flügeladern und dem Bau der langen Beine können wir Microcephalus und Oestroderma nur mit Hypoderma vergleichen trotz der ver- schiedenen Gesichtsbildung. Es wäre daher sehr interessant, über diese Gattungen weitere Forschungen anzustellen. Wenn man die Larven von genuinen Oestriden in Betracht zieht, deren Imago bis jetzt unbekannt geblieben ist, so zeigt jene von Dermatoestrus stvrepsicerontis m. (siehe diese Sitzb., Bd. CI, Abth. I, Jänner 1892) den Bau des Kopfendes wie die Cavicolen-Larven (Cephalomyia), dagegen den übrigen Körper wie die von Hypoderma (Oedemagena) tarandi L. und passt als Larve in die Gruppe Oestromyia, deren Larven Fühlerwärz- chen und Mundhaken besitzen, so dass man auch bei Dermat- oestrus bei der Imago ein mehr erhaltenes Rüsselrudiment voraussetzen möchte, etwa so wie bei Microcephalus und Oestromyia als Fliege. Aus dem Grunde könnte man als Wohn- thier des Microcephalus auch ein Hufthier vermuthen, deren einige, wie die oben bezeichneten Nager (Arctomys) dieselbe Verbreitung mit Microcephalus haben (Östsibirien— Südeuropa) z. B. Rinder (oder nach Schnabl! das Vieh der Jakuten), oder in Bezug auf die ähnliche Larve von Dermatoestrus, z. B. Antilopen und Rinder (Bubalus) in Afrika und Südeuropa. Alle diese Formen kommen hier in Betracht neben dem isolirt stehenden Elch. Aus Büffeln ist überhaupt ausser der zweifel- haften Mittheilung Prof. Wedl’s über Cephalomyia maculata (siehe Monogr. d. Oestrid. 1863, S. 167) kein Oestride bekannt. Dass Microcephalus als Imago eine Mittelform von Zypo- derma, Cephalomyia (Cavicolen) und Gastrophilus darstellt, wurde bereits früher (Wiener Entom. Z. V, 1886, S. 345) von mir hervorgehoben, ebenso die Beziehungen des nur als Larve bekannten Dermatoestrus mit denselben Gattungen ausser Gastrophilus (diese Sitzungsber., Bd. CI, S. 14). Die Gruppe der Cuterebriden kommt nicht in Betracht. 1 Deutsche Ent. Z. XXVI, 1882, Heft 2, S. 13. Nach dem Entdecker Kietlinski 12. Juli 1371 finden sich dort wilde und zahme Rennthiere, das Jakuter Vieh (?) und vielleicht Elenthiere. Neue Gattungen der Muscarien. 591 Bogeria Aust. Eine andere neue Gattung der Sectio Oestrus gehört in die Gruppe der Cuterebriden und wurde von Austen (Ann. MezNar list. (6. =) V. Io, 1895, S. 395, Taf. XIH, Fig. 5-55) nebst ihrer Tonne beschrieben und abgebildet. Sie stammt aus Central-Amerika (Golf ven Californien, Barbosa-Bay, Medano Blanco) und das Wohnthier ist zweifelhaft (nach Lieutenant Boger H. O. ?Lepus callotis Wg].). Sie gleicht in der Gestalt ganz einer Cuterebra und hat ebenso breitplatte Tarsen, weicht ame von dieser Gattume düreh die nackte, kurze, dieke Biklesbionuste, das lange drittekühlerelied (so langlals das 1. und 2. zusammen) ab. Von Rogenhofera, deren Arista ebenfalls nackt ist, trennt sie sich durch die kleine Fühlergrube, die kurze Arista und das lange dritte Fühlerglied ebenso ab. Von Dermatobia ist sie durch die dicken, platten Tarsen und dem ovalen dicken Hinterleib (bei Dermatobia depress.), sowie durch den ganzen Habitus sehr verschieden, da sie einer Cuterebra gleicht, in deren Nähe sie gehört, während Rogen- hofera eine grosse, tiefe Fühlergrube und lange Arista besitzt. — Type Bog. princeps Aust. Gattungen anderer Gruppen. Acroglossa Willst. Butterfl. of New England, p. 1916. — B. B. II, 354. . Nach den Bemerkungen, welche Snow (Kansas Universit. Quart. Vol. III, 1895, p. 185) macht, gehört diese Gattung nicht zu den Goniiden, da die Ocellenborsten nach vorne und aussen gebogen sind. Ob die Mundborsten aufsteigen oder nicht, konnte nach dem Bilde von Williston (Butterfl, N.-Am. Scudder, Fig. 21 und 26 1.c. Z.K. M.) nicht erkannt und entschieden werden, da die Trennung der Wangen und Vibrissenleisten nicht angezeigt ist und die Bogenfurche hier, wie bei fast allen Bildern von Muscarien, nicht gezeichnet wurde und die Borsten 092 E. Brauer, so aussehen, als ob sie an der Wange sässen. Nach der Be- schreibung sollen die Mundborsten aufsteigen, was aber auch bei einigen Gonien-Arten vorkommt und auch sehr häufig früher bei solchen Formen gesagt wurde, bei welchen nur Wangen- borsten vorhanden sind. Das JS ist ohne Orbitalborsten, das 2 hat 2 bis 3. — Frontina hat nackte Wangen, Acroglossa be- haarte. Stellen wir Acroglossa zur Gruppe Phorocera, so kommen wir auf die Gattung Chaetogaedia B. B., welche wie Acroglossa nur marginale Macrochaeten zeigt und welche einen Theil der Mischgattung Prosphaerysa v. d. Wp. bildete (vide Brau. Berg Muse IN, p! 116-und’Note 99772 K2 MV eg Muse. II, p. 336, 1891). Chaetogaedia (Prosph.) vilis und crebra v.d. Wp. C.-Am. — Es scheint daher Acroglossa = Chaeto- gaedia —= p. p. Prosphaerysa v. d. Wp. zu sein.! Eucnephalia gonioides T.T. gehört nach Snow (Kansas Universit. Quart. Vol. UI, p. 185, 1895) zur Gruppe Gonia und hat rückgebogene Ocellarborsten (siehe die Note (34) Z. K.M. VI. P. III, 1893, p. 186. — Canad. Entomgst. 1892, p. 166. T. Townsend). Mir ist die Gattung unbekannt. Da die Charaktere der in der Gruppe Gonmia vereinigten Gattungen von gewisser Seite angefochten wurden, so kann ich nur sagen, dass Gonia und Pseudogonia B. B., um die es sich hier handelt, sicher verschieden sind und bei Gonia die Klauen der J niemals verlängert erscheinen, ferner dass bei Gonia das JS stets 2 Orbitalborsten zeigt, ebenso bei Onychogonia, bei welcher aber das d längere Klauen und Pulvillen hat. Ferner ist festzuhalten, dass Spallanzania hebes Rondani und CUnephalia bisetosa B. B. beide von Schiner unter Cnephalia bucephala vereint waren und ihr Unterschied nicht vollkommen sichergestellt ist, wogegen jene Fliege, welche bei Schiner Gonia hebes (Fall.) heisst, von beiden ganz verschieden ist. 1 Nach einer neuen Mittheilung von Coquillett (Psyche 1895) ist Acroglossa Snow (non Wllst.) thatsächlich Chaetogaedia B. B. und Acroglossa Willst. (non Snow) ist, wie wir vermutheten eine Spallanzania Rond. (non R. D.). — Spallanzania gallica R. D. —= Onychogonia hebes S. (non Fall.). c = Neue Gattungen der Muscarien. IB Auch Kowarz führt dieselbe Gonia hebes (Fall.) auf, insoferne er Schiner’s Fauna citirt, und vereinigt damit die Gonia cognata Rdi. (Die weitere Synonymie will ich nicht beurtheilen). Diese Gonia hebes Schin. (non Fall.) ist nach neuerer Unter- suchung eines erhaltenen Männchens eine Onychogonia (S’ mit 2 Orbitalborsten und verlängerten Klauen) und nicht, wie aus der Ähnlichkeit mit cinerascens Rdi. erschlossen wurde (Schiner kannte, so wie wir, nur 9) eine Psendogonia. Ich hielt nämlich auch bis zum Jahre 1893 GER NEM IND 22 fest, dass G. hebes Rdi. eine Spallanzania (Cnephalia S.), da- gegen G. hebes fall. eine Pseudogonia B. B. sei. Durch Herrn P. Stein wurde nun die Type Fallen’s inLund verglichen und diese ist aber eine Onephalia Schin, und zwar jene Form, welche ich Cn. bisetosa genannt habe, da Cn. bucephala eine Mischart zu sein scheint. Es ist daher bei Onychogonia hebes alsU Nu lorz Sichimer, Kowarz momkall.) zu setzen, denn deren Art ist eine Onychogonia, oder es hätte, wenn Kowarz richtig gedeutet hat, cognata Rdi. einzutreten, was mir zweifel- haft scheint, da diese von Rondani zu Spallanzania gestellt wurde und damit wieder die Sache unklar gemacht würde. In den Verh. d. k. k. zool.-bot. Gesellschaft in Wien, 1893, S.o11, habe ich die Gattungen reducirt und in der Gruppe Gonia zwei europäische Gattungen festgehalten: Gonia mit den Untergattungen Gonia und Onychogonia, und Cnephalia mit den Untergattungen Pseudogonia, Unephalia und Spallanzania. Bei Gonia haben beide Geschlechter Orbitalborsten, bei Cnephalia zeigt das Männchen keine, das Weibchen zwei der- selben. Herr Snow hat das übersehen und somit einen falschen Schluss gemacht (p. 181, Kansas Universit. Quart. Vol. Il, Nr. 3, Jänner 1895), ferner scheint er der Ansicht zu sein, dass Schiner’s Gonia hebes (false Fall.) identisch sei mitRondani’s Spallanzania hebes, was schon Schiner widerlegt, indem er von Rondani unter diesen Namen (Spall. hebes) seine Une- phalia bucephala erhielt. Onychagonia hebes B. B. = Gonia hebes S. (non Fall.) ist mir nur aus Südeuropa bekannt, ist auch vonFallen’sArt ganz verschieden und dieSynonymie derselben beruht, wie die Type Fallen’s gelehrt hat (P. Stein), auf der irrigen Ansicht, dass Gonia hebes fall. (non Schin.) und hebes 594 F. Brauer, Rondani verschieden seien, während thatsächlich beide zu COnephalia bucephala Schin. gehören, die als Mischart in bise- tosa B. B. (Subg. Cnephalia) und hebes Rond. S.G. (Spallanzania) zerfällt. Letzteres muss noch weiter geprüft werden, wie wir auch schon (Z. K. M. Muscar. II, 1891, p. 353) durch den Satz angedeutet haben: »Es bleibt noch zu untersuchen, ob die Länge des 3. Fühlergliedes etc. nicht in dieser Gattung bei den Individuen verschieden sei etc.< Es wäre sonach auch mög- lich, dass beide nur Formen Einer Art seien, oder wenigstens Arten Einer Gattung, wie ich das in dem Aufsatze über die europäischen Gattungen (Wiener k. k. zool.-bot. G. 1893, 511) angenommen habe. Die so schwer zu unterscheidenden Arten Gonia cinerascens Rdi. und hebes Schin. (Kwz.) sind daher nicht nur durch die Färbung des Kopfes, sondern durch die Backenbreite (Ü und 9) und die Männchen durch die fehlenden oder vorhandenen Orbitalborsten zu erkennen; erstere ist eine Psendogonia, letztere eine Onychogonia, Mesembrinella. Giglio Tos hat für Mesembrina quadrilineata F. Wd. (Coll. With) und eine neue Art, bicolor sibi aus Mexiko, eine neue Gattung errichtet, die er Mesembrinella nennt (Bollt. Mus. Zoolog. et Anatom. comp. Torino, vol VIII, Nr. 147, 1893). Sie wird von Mesembrina hauptsächlich durch den fast nackten Körper abgetrennt. Die von Giglio Tos angegebenen Gattungs- charaktere scheinen zwar ganz unwesentliche, aber dennoch muss man bei weiterer Untersuchung der hingehörenden Formen dem Autor nur zustimmen, dass dieselben eine besondere Gat- tung bilden, obschon der Gründer dieser letzteren die wich- tigsten Belege hiefür selbst nicht gekannt hat. Wir können den- selben auch nicht beschuldigen, diese übersehen zu haben, da diese Schuld alle jene trifft, welche über Mesembrina quadri- lineata geschrieben haben. Der Schlüssel zur richtigen Erkennt- niss dieser Formen ist mit Girschner’s Aufsatz über das System der Muscarien gegeben und namentlich in jenem Theile, welcher von der Gruppe Muscina handelt, wie ich das im 4. Theile der Muscaria schizometopa, S. 539, hervorgehoben habe, während ich: mit den Ansichten über die Oestriden und Neue Gattungen der Muscarien. 298 Tachinen des Verfassers nicht vollkommen einverstanden bin. Mesembrina quadrilineata Wd, nach Girschner's Tabelle bestimmt, führt nicht auf dessen Gattung Mesembrina (mit den Typen meridiana und mystacea), sondern zu jenen Formen, welche eine Borstenreihe an den Hypopleuren zeigen, während dies stemnopleuralborsten I, [ oder 2, IF erscheinen. Weiters findet man, dass die äusserste Posthumeralborste tiefer steht, als die äusserste Praesuturalborste; jedoch wird letzteres Merkmal oft unbrauchbar, da die erstere Borste sehr oft haar- förmig oder ganz rudimentär und dadurch der Charakter un- deutlich wird (M. aeneiventris Wd.). Nach diesen Charakteren gehört Mesembrinella zu den Calliphorinen Girschner's. Die Arten, welche Meigen in die Gattung Mesembrina gestellt hat, M. meridiana L. und M. mystacea L., haben keine Borstenreihe an den Hypopleuren und die Borsten des Rücken- schildes sind zerstreut oder zart, oder durch Haare in dichter Stellung verdeckt oder ersetzt. Alle diese Merkmale, sowie der Verlauf der Spitzenquerader erinnert an Cyrfoneura und Para- ricia und die Gruppe Anthomyinae Girschner’s. Beimanchen als Spilogaster beschriebenen Arten, wie principalis Schin. (Novara-Reise) und bei der Gattung Lencomelina Meg. (Dipt. exot. Suppl. IV, p. 261) pica Meg. scheint dieselbe Biegung der Spitzenquerader stattzufinden. Auch die von Jaennike be- schriebene Mesembrina anomala (Museum Senkenbersg, Frankfurt a. M., Schrift d. Senkbg. Nat. G., VI) dürfte hieher zu Leucomelina gehören und hat keine Hypopleuralborsten. Die Sternopleuralborsten sind bei Mesembrina meridiana und mystacea nicht stets 1, 2, sondern gewöhnlich fehlen die vordere und eine hintere Borste, ohne durch eine Narbe ange- zeigt zu sein, also vom Ursprung an, und die Stellung ist dann 0, 1 oder ganz durch Haare ersetzt, überhaupt unregelmässig. Die Hypopleuren sind nackt. Die äussere Posthumeralborste fehlt, ebenso die anderen meist (mystacea) und das zeigt, dass sich diese Merkmale zur Bestimmung der Gruppen nicht stets eignen. Nach dieser Erläuterung zeigt sich die Gattung Mesem- brina Mg. nur auf Europa und N.-Asien oder die palaearktische Region und auf das arktische Nordamerika beschränkt, indem 96 BBnianiers alle aus Süd- und Centralamerika beschriebenen Mesembrina- Arten zur Gattung Mesembrinella gehören und in die Gruppe Calliphorinae zu stellen sind. Zu Mesembrina gehören: resplendens Whlbg. Lappland, Nordamerika; Latreillii R. D. Hudsonsbay (? = resplendens); meridiana L. Nord- und Mittel-Europa, Klein-Asien (Brussa); intermedia Zttst. Schweden (Jemtland); mystacea L. Nord- und Mittel-Europa; decipiens Löw. Irkutsk, Kultuk, nördl. Mongolei (Leden) = Euziloi Bort. Treudy, Soc Ent. Ross V IV Dep: ingrica Port. Hor. Soc. Ent. Ross. XI, p. 29. Russland, St. Peters- burg. (Beide Hor. Soc. Ent. Ross. T. XI, p. 29 und russisch Troudy Soc-Ent Ross -E VI, pP 32 pI N) Enzmee Fer intermedia). Zu Mesembrinella gehören: guadrilineata F. Wd. Brasilien; bicolor Gig]. T. Mexiko; aeneiventris Wd. Brasil. (Dexia); flavi- pennis Meg. (Ochromyia) Brasil. — (Nicht beschrieben finden sich im Wiener kaiserl. Museum noch: infumata Moritz ın litt. Venezuela; chrysorhoea Moritz litt. Venezuela). —- Nicht bestimmbar ist M. pallida Say (Mesembrina Ost.Sack. Catalg.). M. anomala Jaennike gehört in die Verwandtschaft von Spilogaster. Schimer’ hat die 1,9, Arund 2, Ary deren Mesembrinella in der kaiserl. Sammlung zu Mesembrina gestellt. Wie man aus obiger Aufzählung ersieht, hat Macquart Arten von Mesembrinella als Ochromyien beschrieben, das streng genommen nicht gefehlt ist, als beide Calliphorinen sind. Wiedemann stellte eine Art zu Dexia. Es wird aber schwer, aus den beschriebenen Formen ohne Typen herauszufinden, in welche Gattung nach meiner Ansicht sie gereiht werden können. Mit Ochromyia flavipennis Meg. Dipt. exot. Il/3, 134, Taf. 17, F. 3, Brasilien, welche zu Mesembrinella gehört (Type Bigot M. C.), ist aber die gleichnamige Ochromyia Dipt. exot. Suppl. IV, 245, 9, aus Tasmanien nicht zu verwechseln und diese ist überhaupt keine Ochromyia, weil sie behaarte Augen haben soll. Ebenso kommt O. nudistylum Mcg. mit nackter Arista und haarigen Augen nicht in Betracht (Suppl. V, 111). Die zweite brasilianische Art, O. fuscipennis, die mit bicolor Wd. (Musca) verglichen wird (l. c. II/3, p. 135, Taf. 17, Fig. 2), Neue Gattungen der Muscarien, 897 scheint nach der Abbildung, welche die Beugung der 4. Ader rechtwinkelig mit Zinke und nach aussen concaver Spitzen- querader zeigt, mit Wiedemann’s Art sehr verwandt und nicht zu Mesembrinella, sondern zu Leptoda zu gehören, wofür auch die Macrochaeten am Hinterleibe sprechen. Vielleicht ist sie mit fuscipennis Jaenn. identisch. Loew hat als Ochromvia enzona die Musca exarsa Wd. litt. C. Wth. aus Guinea be- zeichnet, für die wir die Gattung Zonochroa errichtet haben. Diese ist aber sehr ähnlich der Ochromyia fasciata Mcg. aus ÖOstindien und dürfte letztere in dieselbe Gattung gehören. Die von Macquart charakterisirte Gattung Bengalia, nach Abtrennung von Ochromyia Mcg., die bei Robineau damit vereint gewesen sein soll (Macg. Dipl. exot. II/3,p. 133, Muscid. testaceae), deren Type lateralis s. (Pondichery) mir unbekannt ist, soll auch wahrscheinlich nach Macq. Musca jejuna Wd. und varicolor F. enthalten dürfen. Erstere haben wir zu Auchmero- _ myia S. gebracht, letztere dürfte mit Dengalia spurca Wd. in litt. M. C. Ähnlichkeit haben, doch ist diese aus Guinea. B. spurca Wd. gehört in die Gattung Bengalia B. B. durch die Discalmacrochaeten am 4. Ringe. Bei Macquart ist die Macro- chaetenstellung von 5. lateralis nicht angegeben. — Von Robineau’s Arten sind mir alle unbekannt. — Mit Sicherheit ist daher von beiden Gattungen nichts zu sagen und darum habe ich typische Arten Schiner’s für dieselben genommen, d.h. die Gattungsnamen für gewisse Formen angenommen und sie neu charakterisirt. Die von Macquart zu Ochromyia ge- stellte Gattung Ormia (punctata) Robineau D. könnte auf unsere Phasiopteryx bezogen werden, die zu den Trixiden gehört und später von v.d. Wulp. als Neoptera rufa beschrieben wurde (Biol. Central-Am.). Als Type von Ochromyia haben wir O. ferruginea Dol. angesehen, die auch von Osten Sacken als Ochromyia be- zeichnet wurde. Die Charaktere der in Betracht kommenden Gattungen sind nach meiner Ansicht folgende: 1. Bengalia: 3. Längsader gedornt, Beugung bogig, V-förmig. Vi- brissenecken etwas convergent, Wangen haarig. Backen Lu 098 P. Brauer, schmal. 4. Ring mit zwei starken Discalmacrochaeten. Randdorn fehlend. 2 mit Orbitalborsten. Type B. depressa W1k. S. Cap b. sp. 2. Ochromyia: 3. Längsader gedornt, Beugung etwas V-förmig, abge- rundet. Vibrissenecken kaum convergent. Wangen schmal, nackt oder oben wenig und nur einreihig behaart. Macro- chaeten nur marginal. Randdorn fehlend. $ mit Orbital- borsten. Type O. ferruginea Dol. Amboina. 3. Zonochroa B.B.: Gleicht der Gattung Ochromyia, hat aber bei und 9 keine Orbitalborsten und nackte Wangen. Type Z. exarsa Wd. Guinea. 4. Auchmeromyia: 3. Längsader gedornt, Vibrissenecken über dem Mund- rande convergent; Beugung stumpfwinkelig abgerundet. Wangen kurzborstig. Backen schmal (jejuna, Peuhi) oder breit (Iuteaol F.). Randdorn sehr klein oder fehlend. Orbitalborsten des Weibchens undeutlich und meist nur die obere Borste deutlich entwickelt, dicht ausserhalb der Stirnborstenreihe stehend, selten zwei dicht untereinander. Macrochaeten am 3. und 4. Ringe nur marginal. Type A. Inteola F. S. Cap b. sp. 5. Hemilucilia n. G.: 3. Längsader gedornt, Beugung stumpfwinkelig oder fast rechtwinkelig, abgerundet, Spitzenquerader nach aussen concav. Vibrissenecken am Mundrande, nicht convergent, die Leisten fast gerade. Wangen nackt. Sternopleuralborsten 1, 1 (bei Zucilia 2, 1). Hinterleib ohne Macrochaeten. Randdorn fehlend. Obere Augenfelder des Männchens grösser. Flügel | meist mit Randstrich und grauen Zeichnungen. Type AH. segmentaria F. Wd. Brasilien. Von allen fünf Calliphorinen-Gattungen mit nackten Augen und, ausser der fünften, mit gelblichem und nicht oder nur wenig metallisch gefärbtem Körper trennt sich die folgende Neue Gattungen der Muscarien. 99 - durch die nackte, höchstens ganz am Grunde wenig gedornte 3. Längsader. 6. Mesembprinella G. T..: 3. Längsader nackt; Vibrissenecken nicht conver- Bent, breia geitennt; Beusuns derA. Längsader beeig, oft sehr flach bogig, dieSpitzenqueradernach aussen convex. 1. Hinterrandzelle dicht vor oder an der Flügelspitze offen mündend. Wangen nackt, Macrochaeten schwach, nur marginal. Augen nackt; Sternopleuralborsten 1, | (selten 2, 1), Hypopleuren mit einer Reihe zarter Borsten. Äusserste Post- humeralborste tiefer stehend als die äusserste Praesuturale, oder ganz fehlend. Backen schmal, 1/,—'!/, Augenhöhe. Rand- dorn fehlend. Type M. quadrilineata Wd. F.C. Wth. Brasilien. (Paralucilia B. B. hat die Beugung rechtwinkelig und die Spitzenquerader nach aussen concav, aber die 3. Ader nackt. Als P. fulvipes Blanch. sind hier zwei Arten von Schiner verwechselt worden, von denen die eine eine Compsomyia ist und über dem Mundrande stark convergente Vibrissenecken zeigt, auch zuweilen bei J’ die oberen Augenfelder sehr ver- grössert hat, während die andere am Mundrand endende Vibrissenecken, wie Lucilia, besitzt. Für letztere und für Zucilia princeps S. litt. Amboina haben wir die Gattung aufgestellt. Calliphora fulvipes Blanch. ist somit nur theilweise mit Schiner’s Art identisch, ein anderer Theil der Stücke gehört zu ee und diese scheinen mit Macquart’s sie, JDINOIE, ex9t,'P. 11/2, 132, übereinzustimmen und haben an den MI nechenkelm einen gelben Ring, der der Paralncilia fulvipes S. Coll. M. C. ganz fehlt. Schiner wurde dadurch irregeführt, weil die Stücke an Einer Nadel gespiesst wurden und er die- selben als S und 2 Einer Art auffasste. Dass diese Art des Präparirens aber hiemit nichts zu thun hat, beweist ein anderes Paar, welches aus 2 Weibchen besteht. Das 9 müsste nach Schiner ganz schwarze Beine haben, was aber bei fulvipes Meg. nicht der Fall ist). Die Gattung Hemigymnmochaeta Corti, welche mit Ochro- myia verwandt sein soll, hat die Fühlerborste nur in der Basal- hälfte behaart und scheint mit Sarcophagen verwandt zu sein. 600 BE. Brauer, Ich kenne sie nicht. (Vide Annal. Museo civico di Stor. natural d. Genova [s. 2], Vol. XV [XXXV], 6.—8. April 1395). Bemerkenswerth ist, dass manche Arten der Gattungen Mesembrina, Mesembrinella und Leptoda ein gemeinsames Merkmal zeigen oder vielmehr einen gemeinsamen secundären Geschlechtscharakter, der darin besteht, dass bei den Männchen die Mittelbeine auffallend verlängert sind und dann auch bei Mesembrinella und Mesembrina in diesem Falle an der Beuge- seite der Mittelschienen die, sonst für die Calliphorinen cha- rakteristische, Borste daselbst verschwindet, während sie bei den Weibchen beider Gattungen vorhanden ist, ebenso -bei den Männchen mit einfachen Mittelbeinen. Lange Mittelbeine mit unbewehrten Mittelschienen zeigen die Männchen von Mesem- brina mystacea L. und von Mesembrinella aeneiventris Wd. Nach Girschner gehören zu seinen Anthomyiden: 1.Ohne Dorn an der Beugeseite der Mittelschienen: Myiospila, Cyrtoneura, Pararicia, Musca, Stomoxys und Graphomyia; 2. mit Dorn an der Mittelschiene: Pyrellia, Psendopyrellia, Mesembrina (mit Rücksicht auf obige Bemerkung) und Dasy- phora. Zusätze und Deutungen. Pararicia muss in unserer Tabelle (Z. K. M. IV, P. IH, p. 179) von Punkt 15 gestrichen und zu Punkt 11 (Musca) ge- stellt und von dieser Gattung unterschieden werden, weil das Weibchen keine Orbitalborsten besitzt und das J längere Klauen zeigt, dagegen beide Geschlechter die Beugung wie Cyrtoneura haben. \ Schizotachina (Insecta Saundersiana, p. 264). Walker gebraucht diesen Namen tür Tachina-Arten mit gespaltenem 3. Fühlergliede. Typen: 7. convecta und exul sibi aus den Ver- einigten Staaten von Nordamerika. Beide sind nur 11/),—1?/, lin. lang und ihre systematische Stellung ist nicht weiter festzu- stellen. Talarocera (durch einen unliebsamen Schreibfehler steht in meinen früheren Arbeiten: » Talacrocera«) Wllst. ist jeden- falls davon ganz verschieden und gehört nach der mir vom Berliner k. Museum für Naturkunde durch Herrn Wandolleck Neue Gattungen der Muscarien. 601 freundlichst übersendete Type Wiedemann'’s (Tachina nigri- pennis Wd.) ganz in die Nähe von Archytas Jaen. (Tachinodes BB ohm), respective "zu den Gattungen ohne Ocellar- borsten, mit entwickelten Tastern und borstenlosen Wangen. Dies Morderttarsen des Weibehens (die Type ist ein ©) sind nicht erweitert. Von Archytas unterscheidet sich die Fliege nur durch das gespaltene 3. Fühlerglied. Da aber nun schon mehrere Exemplare bekannt wurden (f und 9), so scheint der eigenthümliche Fühlerbau normal zu sein. Die Art lässt sich mit keiner mir bekannten Archytas-Art vereinigen, wenn man von den Fühlern absehen würde. Eine weitere Gattung mit gespaltenem 3. Fühlergliede hat Williston (Entomol. news, 1895, p. 30) als Dichocera lyrata beschrieben und abgebildet und wurden 4 und 15 @ mit gleichem Fühlerbau untersucht, was wohl für eine normale Bildung sprechen dürfte. Dass solche besonders bei einem Geschlechte (S) noch weiter ausgebildete Auszeichnungen, zZu- weilen auch bedeutenden Veränderungen unterliegen können, ist bei anderen Insecten (Lucanus) längst bekannt; in diesen zwei Fällen scheinen es aber mehr constante Bildungen zu sein und man könnte aus deren Auftreten bei anderen Formen, als Anomalie, nur deren Entstehung erklären. Dichocera kenne ich nicht in natura, möchte aber die Gattung nach dem Profil mit vortretendem Mundrande und den ganzen Kopfbau, die haarigen Augen, erweiterten Vordertarsen des Q etc. in die Nähe von Erigone stellen. Williston sieht sie als nächste Ver- wandte zu Nemoraea an, in welche Gattung ja früher alle Erigonen gehörten. Mik (Wiener Ent. Zeitsch. 1895) will sie muthmasslich zur Gruppe Thryptocera als Abnormitäten reihen, wofür zwar die Orbitalborsten des d’ und 9, und deren kleine Klauen sprechen, nicht aber das Profil und das Geäder. Die Art ist 9—10 mm lang, also auch grösser, als die von Walker beschriebenen Schizotachinen und stammt aus Nord- amerika, Idaho (Aldrich). Tachina usta Wd. (Berliner Museum, Type Nr. 3252, Bra- silien, Sello) ist nach dem Original-Exemplare, welches ich durch Herrn Dr. Wandolleck erhielt, eine zweite Art der Gat- tung Chrysotachina B. B. 602 F. Brauer, Tachina anthracina Wd. (Fabricia ead. Berliner Museum, Type Nr. 5111, Brasilien, Sello). Scheint in die Gruppe Macro- nychio zu gehören und ist sehr ähnlich Angiorhina B. B., hat aber nackte Augen. Von Macronychia ist sie durch die kurzen Klauen (JS) und von dieser und Megaprosopus durch die wenigen Macrochaeten am Rande der zwei letzten Ringe verschieden. Auch ist sie Myiophasia ähnlich und Pollenia, aber die Fühlerborste ist nackt und lang, Die Wangen sind mehrreihig beborstet. Die Spitzenquerader ist an der winkeligen Beugung abgerundet. Von Myiotrixa unterscheidet sie das lange 3. Fühlerglied. Die Vibrissenleisten sind gleichmässig dicht borstig, die Schnurren kaum merklich dicker. Sie ist auch den Oestrophasien ähnlich. Sternopleuralborsten 2, 1; an den Hypopleuren eine Borstenreihe. Man könnte auch an die mir unbekannte Gattung Hyadesimyia Bigot denken. Das Gesicht gleicht Macronychia. Die Rückenschildborsten kann ich nicht gut sehen. Nach dem einzigen Exemplare bleibt die Stellung zweifelhaft. Formosia callipygos Gerstaecker(TypeBerliner Museum Nr. 3493, Neu-Guinea). Weicht von Rutilia B. B. durch die langgefiederte Fühlerborste ab. Die Wangen sind nackt. Sie scheint zu Formosia Guerin (B. B., II, 445) zu gehören, deren Type plumicornis ist. Rutilia nigricostalis Dol. ist gleich Amenia ead. B. B. Von den bekannten Arten durch die schmalen Backen (nur !/, Augen- höhe) unterschieden (Berliner Museum, Type Nr. 4580, Am- boina, Felder). Rutilia speciosa Erichs. (Berliner Museum, Type Nr. 3594, Vandiemensland) = Amphibolia fulvipes Meg. M. C. Tachina chrysophora Wd. (Berl. Museum, Type Nr. 3270, Brasilien, Sello) ist gleich Aypotachina disparata B.B. 2. Weibchen mit zwei Orbitalborsten. Scheitel ?/, der Augenbreite messend. Klauen kurz (beim J sehr lang). 3. Fühlerglied fast dreimal so lang als das zweite. Drei Dorsocentralborsten hinter der Quernaht; eine vordere Interalarborste vor derselben. Tachina melaleuca Wd. (Berliner Museum, Type Nr. 3269, Brasilien, Sello) ist eine Sisyropa B. B. Vier Dorsocentralborsten hinter der Quernaht; eine vordere Interalarborste. Scheitel des Neue Gattungen der Muscarien. 603 Weibchens ?/, Augenbreite. Erster Ring ohne Sagittalmacro- chaeten. 3. Fühlerglied kaum mehr als 21/, mal so lang als das 2. 2. Borstenglied kurz, deutlich. Schienen schwarz, Taster gelb, keulig. Schildchen gelbbraun. Ocellenborsten deutlich. 2 rück- gebogene stärkere obere Stirnborsten. Lydella unguiculata Dol. (Berl. Museum, Type Nr. 11802, Amboina, Felder). Schlecht erhalten. Scheint in die Gruppe Eutachina zu gehören. Dorsocentralborsten undeutlich. 3. Fühler- glied dreimal so lang als das 2. Beugung mit kurzer Zinke und langer Zinkenfalte. Macrochaeten am 1.—3. Ringe nur marginal. Peristom sehr schmal; Augen nackt. Entweder eine Eutachina oder Microtachina. Eurygaster setosa Dol. (Berl. Museum, Nr. 3709, Amboina) ist nicht identisch mit der Type von Doleschall im Wiener Museum (Podomyia setosa Dol.B.B.) und, soviel man aus dem schadhaften Exemplar ersehen kann, eher mit Neomintho oder mit den Eutachinen (Tricholyga oder Podotachina) verwandt. Tyreomma v.d.Wp. In P. D, p. 404 steht fälschlich Thyre- omma. Vide Muse. P. I, p. 381 descript. (?Macguartia-Gruppe). Ball 135. Celatoria Coquillett. Diese Gattung ist nicht von Besseria Zu ennene Die, m »Esyches, Vol p 251. 1895 gegebene Darstellung des Autors ändert unsere Ansicht gar nicht. Coquillett hält noch stets sein Exemplar für ein Männchen, während es nach unserer Ansicht als Weibchen angesehen werden muss. Die Genitalien sind ebenso wie bei Besseria in den Körper nicht einziehbar, sondern nur in eine Bauch- rinne äusserlich einschlagbar. Das 3. Fühlerglied ist ebenso: lang, leistenförmig. — Es scheint, dass Coquillett in der Be- schreibung der Fühler unserer Gattung Besseria das 2. und 9. Fühlerglied verwechselt hat. Wir haben gesagt: das 3. Fühler- glied ist lang, leistenförmig und circa bis zum unteren Augen- rande reichend. (Die amerikanische Art kenne ich nur nach der Abbildung, nach welcher das 3. Fühlerglied, als Artunter- schied, im Vergleiche zum 2., länger als bei der europäischen erscheint, aber auch bis zum unteren Augenrande reicht). Eine Gattung, wo das Männchen zwei, das Weibchen aber keine Orbitalborsten besitzt — und so scheint es bei Celatoria sein Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth.1. 40 604 F. Brauer, Neue Gattungen der Muscarien. zu sollen — ist mir nicht bekannt. Bei Phaninen und Phasinen besteht aber die Eigenthümlichkeit, dass gerade die Weibchen so merkwürdige äussere Genitalien zeigen, dass man sie ohne Untersuchung für Männchen halten könnte. Coquillett scheint darüber hinauszugehen und hat sich dadurch zu ganz un- passenden Bemerkungen über unsere Gattungen hinreissen lassen, die wir aus dem Grunde zurückweisen müssen, weil in der Einleitung zu den Vorarbeiten der Muscaria schizometopa ganz klar und verständlich auseinandergesetzt wurde, was wir von unseren Gattungen halten und auf welche Weise wir die- selben reduciren werden. Conf. Einleitung z. P. I, II, III, p. 209, ferner V. d. k. k. zool.-bot. Ges. 1893, S. 447. Chaetostevenia n.G.B.B.T ypeStevenia parthenopaea Coll. Bgst. (Rdi. IV, p. 112). Man muss hier eine besondere Gattung aufstellen, weil S/. parthenopaea Rdi. von allen Gattungen in der Gruppe Phyto abweicht: Männchen mit schmaler Stirne und ohne Orbitalborsten, @ mit Orbitalborsten. 3. und 4. Hinter- leibsring oder der 2.—4. mit Discalmacrochaeten. Klauen des / verlängert; Backen sehr breit. Hintere Querader näher der kleinen Querader als der Beugung. Randdorn deutlich. Beugung winkelig, erste Hinterrandzelle langgestielt; Wangen nackt. Fühler kurz, unter der Augenmitte. Taster kurz. Die Gattung gehört zu der Gruppe Triva in die Nähe von Fortisia B.B. (non Rdi. descr.) und so wie Catharosia nicht zu den Phytoiden. — Ch. parthenopaea Rdi, hat rothbraune, Ch. Fischeri Coll. Bgst. hat schwarze Fühler (Italien, Tivoli bei Rom). In diese Gattung gehört auch die Fliege, welche Strobl irrthümlich für Sievenia maculata Fll. Rdi. hielt (Dipt. Steiermarks) und seine Be- merkung über unsere Sfevenia und deren Abbildung ist daher voreilig und falsch, weil dessen Fliege gar keine Sievenia in unserem Sinne war. Strobl’s Art ist wahrscheinlich Chaet. (Stevenia) parthenopaea Rdi. Siehe B. B,, P. IV, p. 621. Be % 7 (Re >, N Autor del. Lith Anst.v. Th.Bannwarth Wien. ö Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV. Abth.I. 1896. 605 Untersuchungen über den Liehtgenuss der Pflanzen mit Rücksicht auf die Vegetation von Wien, Cairo und Buitenzorg (Java) Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete) (Zweite Abhandlung) von J. Wiesner, w.M.k. Akad. (Mit 4 Curventafeln.) Einleitung. In dem ersten Theile meiner »Photometrischen Unter- suchungen«!wurde vorAllem aufdie Wichtigkeit von Messungen der Lichtintensität zu pflanzenphysiologischen Zwecken die Aufmerksamkeit gelenkt. Sodann wurde im Anschlusse an die bekannten Unter- suchungen von Bunsen und Roscoe über das photochemische Klima eine für den unmittelbaren Gebrauch im Freien adaptirte Methode zur Bestimmung der chemischen Lichtintensität ent- wickelt, und an der Hand derselben eineReihe von orientirenden Versuchen über den Einfluss der sogenannten chemischen Lichtintensität auf den Gestaltungsprocess der Pflanzenorgane vorgeführt. 1 Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete. Erste Abhandlung. Orientirende Versuche über den Einfluss der sogenannten chemischen Lichtintensität auf den Gestaltungsprocess der Pflanzenorgane. Diese Berichte, Bd. 102, Abth. I (1893). Diese Abhandlung wird in der Folge kurz eitirt: »Phot. Unters. I«. 40% 606 J. Wiesner, Die vorliegende zweite Abhandlung meiner »Photometri- schen Untersuchungen« verfolgt den Zweck, auf Grund messen- der Versuche den factischen Lichtgenuss der Pflanzen zu ermitteln. Über diesen Gegenstand habe ich bereits im ersten Theile! einige in Wien angestellte Beobachtungen bekannt gegeben. Meine Versuche über die von den Botanikern bisher noch nicht durch Messung, sondern bloss auf den Augenschein hin beurtheilten Lichtverhältnisse der Pflanzen wurden in den letzten Jahren (zwischen Herbst 1892 und Sommer 1895) durchgeführt, und zwar in Wien, in Buitenzorg (auf Java) und in Cairo.? Die Wiener Beobachtungen fallen in die Jahre 1892— 1895, die Buitenzorger Beobachtungen in die Monate November und December des Jahres 1893 und in die Monate Januar und Februar des Jahres 1894. Auf der Rückreise von Java nach Europa hielt ich mich vom 26. Februar bis 13. März in Ägypten auf, wo ich durch etwa 14 Tage (in Cairo und Umgebung) Messungen vornahm und auf Lichtstärke bezugnehmende physiologische Beobachtungen aufzeichnete. Trotz des kurzen Zeitabschnittes, in welchem meine dortigen photometrischen Bestimmungen fallen, füllen dieselben doch eine fühlbare Lücke in meinen Beobachtungen aus und dürften deshalb nicht ohne Werth sein. Meine Lichtmessungen wurden also in der gemässigten Zone, ferner im tropischen und subtropischen Gebiete aus- geführt. Das Ziel der Untersuchung war, wie der Titel meiner Abhandlung lehrt, die Feststellung des Lichtgenusses der Pflanze. Die Aufsuchung des Lichtbedürfnisses lag einst- weilen nicht im Plane dieser Arbeit, wenn auch gelegentlich diesbezügliche Beobachtungen gemacht wurden und hier auch insoferne mitgetheilt werden sollen, um das, was schon von vornherein als wahrscheinlich anzunehmen ist, durch einige thatsächliche Beobachtungen zu erhärten, nämlich, dass der 1 L.c. S. 306— 315. 2 Einige Resultate meiner in unserem und im tropischen Vegetations- gebiete ausgeführten diesbezüglichen Untersuchungen trug ich bei der letzten Naturforscherversammlung (Wien, 1894) vor, welche in den Berichten der Deutschen botanischen Gesellschaft (1894) veröffentlicht wurden. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 607 Breısche Pichtsenuss der Pflanze in der Regel dem Bamungecdes Lichtbedaries entspricht. Zur näheren Erläuterung dieses Verhältnisses will ich gleich zwei typische Beispiele anführen; vorerst sei mir aber die Bemerkung gestattet, dass’ich mir nicht die Frage vorlegte, welche Lichtintensitäten im Inneren der Pflanze, z.B. im Chloro- phyll, einen bestimmten physiologischen Process einleiten, aus- führen oder auslösen, sondern mir die näher liegende Aufgabe stellte, zu prüfen, welche Stärke das auf die Pflanze von aussen treffende Licht besitzt, wie man zum Zwecke des Studiums des Wärmebedarfes der Pflanze zunächst untersucht, unter welchen äusseren Temperaturen sie sich befindet, obgleich man an- nehmen muss, dass beispielsweise das äussere, während der Kohlensäureassimilation gemessene Temperaturminimum einer bestimmten Pflanze nicht jenes Minimum ist, bei welchem im Chlorophylikorn dieser Pflanze die Kohlensäureassimilation anhebt. Es findet, wie ich mich fortwährend zu überzeugen Ge- legenheit hatte, in derNatur eineVerkümmerung (Etiolement, etc.) der ungenügend beleuchteten Pflanzen in der Regel nicht statt; verkümmerte Formen bilden vielmehr die Ausnahme. So viel ich gesehen habe, hat man in der freien Natur zwei Arten dieser Verkümmerungen zu unterscheiden. Wenn nämlich ein Abschnitt der Entwicklung unter günstigen, der andere unter ungünstigen Beleuchtungsverhältnissen stattfindet, so kann es vorkommen, dass die Pflanze im zweiten Abschnitt der Ausbildung ver- kümmert und nicht unter der Concurrenz mit anderen Pflanzen, wie es sonst die Regel ist, einfach zu Grunde geht. Als Beispiel führe ich Lamium purpureum an, welches Anfangs April in einer noch nicht belaubten Au ihre Blätter entwickelte, ohne noch zu blühen. Im Schatten der sich belaubenden Au etiolirten die oberen Stengelglieder, die Blätter blieben klein, und es entwickelten sich nur wenige Blätter mit kleinen weisslichen Corollen. Den anderen Fall beobachtete ich im tiefen Schatten an Galium aparine, Geranium Robertianum und mehreren anderen Pflanzen, wo dieselben spärlich und ohne Concurrenz mit anderen Pflanzen vorkamen. Die Pflanzen blieben im Ganzen klein, bildeten aber gewöhnlich überverlängerte Stengel 608 iVWVElessmienz kleine grüngelbliche Blätter und brachten nur wenige kleine Blüthen hervor. In der Regel tritt also eine Pflanze im Freienunter denihr zusagendstenLichtverhältnissen auf, dann gedeiht sie aueh; keimt'sie aber auf Stand ernten auf, welcheiihrem Ticehtpedürimiss n ientssolt kommen entsprechen, so verkümmert sie nicht (wie in Experimenten bei ungenügender oder fehlender Beleuchtung, oder im Freien, wenn sie ohne Concurrenz mit anderen Pflanzen auftritt), sondern sie wird im Kampfe mit anderen, in günstigem Lichte stehenden Pflanzen völlig unter- drückt. Aber auch der Lichtgenuss der Organe ist in einer merk- würdigen, bisher — so viel mir bekannt! — fast ganz über- sehenen Weise dem günstigsten Lichtbedarf angepasst, und zwar häufiginFolge einer durch das Lichtinducirten Correlation der Organe. Wo die epitrophe Verzweigung (z.B. bei Salix incana) oder die hypotrophe Verzweigung (z.B. bei Populus pyramydalıs?) ausschliesslich durch das Licht hervorgerufen wird, sieht man, dass nur jene Laubknospen, welche an den bestbeleuchteten Seiten der Zweige stehen (bei Salix incana sind dies in der Regel die morphologischen Ober- seiten, bei Populus pyramidalis in der Regel die morpho- logischen Unterseiten der Zweige) zur Entwicklung kommen, während die an den schwächer beleuchteten Seiten der Zweige gelegenen Laubknospen unentwickelt bleiben. Letztere fänden hier noch Licht genug, um sich zu entwickeln, wenn auch nur etiolirt, denn wie man sich leicht überzeugen kann, so ent- wickeln sich diese Knospen an abgeschnittenen Sprossen selbst in tiefster Finsterniss, natürlich etiolirt. Es kommen also die am günstigsten beleuchteten Knospen zu normaler Entwicklung und unterdrücken die unsunstiespe leuchteten vollständig. 1 Ich fand in der Literatur nur eine obigen Gegenstand betrefiende Beobachtung. Es hat nämlich L. Jost in einer unten citirten Abhandlung bezüglich der Rothbuche nachgewiesen, dass die im Lichte treibenden Knospen auf die dunkel gehaltenen Knospen desselben Baumes einen wachsthum- hemmenden Einfluss ausüben. 2 Diese beiden Fälle werden unten eingehend erörtert werden. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 609 Die an der Hand der Lichtmessung geführte vergleichende Betrachtung der Vegetationsprocesse machte es möglich, einige Grundlinien in diesem Gebiete der Pflanzenphysiologie zu ziehen; leitete aber weiter zu zahlreichen, bisher nicht oder nur unvollständig gelösten’Fragen, welche hier nur in sehr geringem Umfange beantwortet werden konnten. Es erschloss sich eben durch die photometrische Untersuchung ein so grosses, bisher unbebautes Arbeitsfeld, dass ich die Nothwendigkeit einsah, mir grosse Beschränkung aufzuerlegen. Manches bei diesen meinen mühevollen Untersuchungen unvollständig gelöste Problem soll aber, um zu weiteren Forschungen anzuregen, gestreift werden, vieles muss freilich gänzlich unbesprochen bleiben. Auch muss ich gleich in dieser Einleitung betonen, dass meine Lichtmessungen nicht den Anspruch auf mathematische Genauigkeit erheben, sondern bloss zu Näherungswerthen über den factischen Lichtgenuss der Pflanze geführt haben. Doch sind die ermittelten Werthe in brauchbaren Zahlen ausgedrückt, während man bis jetzt die Lichtverhältnisse, unter welchen die Pflanzen vorkommen, nur in sehr unbestimmter Weise charak- terisirte, indem man einfach angab, dass dieselben auf sonnigen, oder halbbeschatteten, oder tief beschatteten Standorten vor- kommen. Meine Folgerungen über die Beziehungen der Lichtinten- sität zum Lichtgenuss der Pflanzen auf der Erdoberfläche haben zum Theil noch einen hypothetischen Charakter, da meine messenden Versuche sich nicht auf alle typischen Vegetations- gebiete erstrecken, und namentlich macht sich der Mangel an Beobachtungen im arktischen und alpinen Gebiete fühlbar. Erstes, @apitel: Methodisches. Zur Ermittlung der Lichtintensitäten, welchen die Pflanzen oder deren Organe auf den natürlichen Standorten ausgesetzt sind, wurde zunächst die im ersten Theile meiner »Photo- metrischen Untersuchungen« beschriebene Methode der Messung der chemischen Lichtintensität in Anwendung gebracht. Im 610 J. Wiesner, Wesentlichen stimmt dieselbe mit der Bunsen-Roscoe’schen Bestimmung der chemischen Lichtstärke überein. Doch änderte ich, wie schon im ersten Theile genau auseinandergesetzt wurde, diese Methode derart ab, dass die Lichtintensität an Ort und Stelle sofort festgestellt werden konnte, wenn es sich nicht um zu hohe Werthe handelte. Es geschah dies durch unmittelbaren Vergleich des sich im Lichte färbenden Normal- papieres mit dem Normalton. Bei höheren Lichtstärken ist aber die Zeit, nach welcher das Normalpapier die Farbe des Normaltons erreicht, zu klein, als dass eine genaue Intensitäts- bestimmung möglich wäre. In diesem Falle wendete ich eine indirecte Bestimmung an, welche ich 1. c. ebenfalls genau beschrieben habe. In viel kürzerer Zeit, aber ebenso sicher, gelangt man bei starkem Lichte zu genauen Intensitätswerthen, wenn man statt des Normaltones bestimmte, genau verglichene Scalentöne in Anwendung bringt. Die von mir benützten Scalen- töne wurden aber nicht, wie dies Bunsen und Roscoe thaten, photographisch hergestellt und durch Fixirung unveränder- lich gemacht; ich benützte vielmehr zur Gewinnung der Töne lichtbeständige Farben, welche mit den Tönen des sich färbenden Normalpapieres übereinstimmten und durch Bedeckung mit bestimmten ausgewählten gelben Gläsern in vollkommene Übereinstimmung mit den Tönen des Normal- papiers gebracht werden konnten. Nach langem Prüfen gelang es mir, in den Lefranc’schen Farben das Gesuchte zu finden. Die mit denselben hervorgerufenen Farbentöne ändern sich bei jahrelanger Aufbewahrung im Dunkeln nicht, und selbst hundertstündige Einwirkung des directen Sonnenlichtes bringt in dem Tone keine merkliche Veränderung hervor. Es entsteht die Frage, wie es möglich sei, die Constanz der Farbentöne zu controliren. Es kann dies auf die sicherste Weise durch Ver- gleich mit dem Bunsen-Roscoe’schen Normalton geschehen. Die Zeiten, welche erforderlich sind, damit bei bestimmten chemischen Lichtintensitäten das Normalpapier den Normalton, beziehungsweise den zu prüfenden Farbenton an- nimmt, sind constant. Dies gibt ein Mittel in die Hand, um zu prüfen, ob der Farbenton bei der Aufbewahrung im Dunkeln, oder dem Lichte ausgesetzt, constant geblieben ist. Man ist EA Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 611 somit durch den Vergleich mit dem Normalton zu jeder Zeit in der Lage, sich zu überzeugen, ob der in Verwendung stehende Scalenton den ursprünglich constatirten und zu Lichtbestim- mungen benützten Ton beibehalten habe oder nicht. Gegen die Verwendung eines durch Farben hergestellten Scalentones kann nichts eingewendet werden, denn in jedem Falle handelt es sich um die Feststellung eines Farbentones. Ob derselbe photographisch hergestellt und dann fixirt wurde oder auf eine andere Art gewonnen wurde, ist gleichgiltig; es handelt sich nur darum, ob dieser Ton seine constante Höhe beibehält. Diese Bedingung ist aber ebenso genau bei An- wendung der Lefranc’schen Farben, als bei der photographisch hergestellten Scala der Fall; immer wird man, von Zeit zu Zeit, die Vergleichung mit dem absolut constanten Normalton vor- nehmen müssen, um der Constanz des Tones sicher zu sein. Der Vortheil meiner Methode, unter Anwendung künstlich hergestellter Farbentöne die chemische Lichtstärke zu be- stimmen, besteht darin, dass ich an Ort und Stelle sofort die Intensitätswerthe erhalte, während es nach dem Bunsen- Roscoe’schen Verfahren nöthig ist, die im Tageslichte erhaltenen Farbentöne des Normalpapiers im Lichte einer Natriumflamme mit den Tönen der photographischen Scala zu vergleichen. Dass es für pflanzenphysiologische Zwecke vortheilhaft ist, an den Pflanzenstandorten oder an bestimmten Pflanzen- organen die Lichtstärke direct zu ermitteln, leuchtet wohl von selbst ein und erleichtert begreiflicherweise ausserordentlich die Durchführung der oft nöthigen zahlreichen Beobachtungen. Es frägt sich nur, ob die angewendete Methode auch sicher und genau genug ist, um für unsere Zwecke an die Stelle der Bunsen-Roscoe'schen gestellt werden zu können. Ich habe eine grosse Zahl vergleichender Untersuchungen angestellt, um mich zu überzeugen, ob die von mir angewendete Methode, nämlich die Benützung eines künstlich erzeugten und mit dem Normalton verglichenen Scalentones, ebenso verlässlich ist als die Bestimmung mit dem Bunsen-Roscoe’schen Normalton, auf deren Richtigkeit ja die ganze Methode beruht. Meine Versuche haben ein durchaus befriedigendes Resultat ge- geben. Es haben ferner die Herren Dr. Krasser und Dr. Figdor, 612 J. Wiesner, von denen der erstere mit mir gemeinschaftlich das photo- chemische Klima von Wien, der letztere mit mir das photo- chemische Klima von Buitenzorg bestimmte,! gleichfalls völlig befriedigende Resultate erhalten. Gleich der Bunsen-Roscoe- schen ist die von mir für pflanzenphysiologische Untersuchungen umgestaltete Methode zum mindesten auf + 59°/, genau. Die ausserordentlich grosse Luftfeuchtigkeit Buitenzorgs, verbunden mit der dort herrschenden hohen Temperatur, brachte es mit sich, dass die Normal-Silberpapiere selbst im Dunkeln sich etwas färbten. Um diesem Übelstande zu begegnen, wurden die Normalpapiere gleich nach ihrer Herstellung in den Ex- siccator gebracht, aber dafür Sorge getragen, dass sie nicht scharf austrockneten. Erst unmittelbar vor dem Gebrauche wurden sie dem Exsiccator entnommen. Auf diese Weise wurde die chemischeLichtintensität ermittelt, also die Intensität jener Lichtstrahlen, welche beim Formbildungsprocess der Pflanze in erster Linie betheiligt sind. Allein ich benützte die angewendete Methode, um aus den erhaltenen Werthen die Lichtintensität überhaupt, welcher die beobachteten Pflanzen und Pflanzentheile ausgesetzt sind, genauer gesagt, das Verhältniss der Intensität des gesammten Tageslichtes zur Intensität des die Pflanze treffenden Lichtes zu bestimmen. Es ist erlaubt, anzunehmen, dass das Verhältniss der chemischen Lichtintensitäten das Verhältniss der allgemeinen Lichtintensitäten ausdrückt, falls die Zusammensetzung der geprüften Lichtarten dieselbe ist. Wenn ich also die chemische Intensität des gesammten Tageslichtes bestimme und gleich- zeitig die chemische Intensität an einem Pflanzenstandorte, zu welchem das Tageslicht ungehemmten Zutritt hat, so bezieht sich das ermittelte Verhältniss der chemischen Lichtintensität auch auf die Intensitätsverhältnisse der Gesammtstrahlung. Finde ich beispielsweise eine kleine krautige Pflanze auf offenem, geneigten Terrain einer chemischen Lichtintensität — 0'345 ausgesetzt, während das gesammte Tageslicht eine 1 Die mehrjährigen Wiener und die Buitenzorger Beobachtungen über das photochemische Klima werden in Bälde publicirt werden. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 613 chemische Intensität = 0'690 beträgt, so darf ich sagen, dass diese krautige Pflanze von dem gesammten Lichte die Hälfte er- hält. Oder wenn bei einer chemischen Intensität des gesammten Tageslichtes = 0:933 das auf einen Baum auffallende Licht eine chemische Intensität = 0311 aufweist, so darf ich an- nehmen, dass die peripheren Organe des Baumes den dritten Theil des gesammten Lichtes empfangen. Wenn die Intensität des in der Baumkrone herrschenden Lichtes eine geringe ist, so wird man wohl unbedenklich dieses Schattenlicht in analoger Weise mit dem gesammten Tages- lichte in Vergleich setzen können; denn das von den Blättern des Baumes absorbirte Licht verschwindet im Vergleich zur Masse des eingestrahlten, diffus sich vertheilenden! Lichtes. Auch bei grösserer Schattenstärke wird der durch die Absorption des Lichtes hervorgerufene Fehler mit Rücksicht auf die wich- tigsten Vegetationsprocesse kein grosser sein. Es ist bekannt,? dass das durch ein Blatt gehende Licht nicht mehr befähigt ist, in einem zweiten, unterhalb desselben befindlichen Blatte Kohlensäureassimilation herbeizuführen. Da wir aber selbst 1 Man hat sich bisher keine Vorstellung von der Menge des die Baum- krone durchstrahlenden diffusen Lichtes gemacht, weil bis jetzt noch Niemand sich durch den Versuch überzeugte, wie enorm innerhalb einer Baumkrone der freie Lichtraum gegenüber dem Volum der Blatt- und Stammsubstanz ist. Ich habe gemeinschaftlich mit Herrn Dr. Linsbauer einige diesbezügliche Messungen vorgenommen, welche zeigten, dass der freie Lichtraum innerhalb der Krone einer Pappel (Populus monilifera) etwa 1000 mal grösser ist als das Volum der oberirdischen Organe des Baumes. Bei Acer Negundo, Acer Pseudo- platanus und Abies excelsa haben die Messungen des Herrn Dr. Linsbauer die Verhältnisse 800 :1, 670 :1 und 200:1 ergeben. Da der Zutritt des diffusen Lichtes innerhalb der Krone überall offen ist, so wird sich aus den angeführten Zahlen ersehen lassen, wie gering die Menge des durch die Blätter hindurch- gegangenen gegenüber dem die Baumkrone durchsetzenden, unabsorbirt ge- bliebenen Lichte ist. Dass auch durch Reflexion höchstens eine nur unbedeutende Änderung der Zusammensetzung des Lichtes hervorgerufen werden kann, geht aus der Thatsache hervor, dass die spectroskopische Vergleichung des Aussen- lichtes eines Baumes mit dem Innenlichte, selbst bei Abschwächung des letzteren auf 1/,, des ersteren keinen Unterschied in der spectralen Zusammen- setzung erkennen liess. 2 Nagamatsz, Beiträge zur Kenntniss der Chlorophyllfunction, in den Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd. III, 1888, S. 389 ff. 614 J. Wiesner, innerhalb reich entwickelter Baumkronen Blätter finden, welche Stärke produciren, so muss innerhalb dieser Baumkronen genügend nichtabsorbirtes Licht vorhanden sein; denn nur dieses ist zur Kohlensäureassimilation geeignet.! Um mich indess durch das Experiment zu überzeugen, bis zu welcher Grenze es erlaubt ist, das innerhalb der Baum- kronen vorhandene Licht mit dem Aussenlichte zu vergleichen, zum Zwecke der Bestimmung des Lichtantheils, den das inner- halb der Krone befindliche vom Gesammtlichte (zur Beob- achtungszeit) empfängt, wurde in folgender Weise vorgegangen. Es wurde die Intensität des Tageslichtes gemessen und ohne jede Absorption durch Abblendung so weit verringert, dass Intensitätswerthe, welche von 1 bis 0°001 hinabreichten, erhalten werden konnten. Dieses Tageslicht wurde durch ein gelbes Glas hindurchgelassen, welches einen Theil der chemi- schen Strahlen absorbirte. Es wurde nun die Zeit bestimmt, 1 Während das durch ein Blatt hindurchgegangene Licht nicht mehr die Fähigkeit besitzt, in einem unterhalb desselben gelegenen Kohlensäureassimi- lation zu bewirken, reicht, wie ich finde, ein solches Licht zur Entstehung des Chlorophylis aus. Selbst dickere Blätter, z. B. die von Aucuba japonica ver- mögen dies, sogar in mehrfacher Lage, auch wenn sie unmittelbar über- einander liegen, so dass alles nichtabsorbirte Licht ausgeschlossen ist. Ich erwähne dies, weil in den Versuchen von Nagamatsz das Blatt, welches durchgelassenes Licht empfing, nicht unmittelbar unter dem assimilirenden Blatte sich befand, mithin auch etwas nichtdurchgelassenes seitliches Licht erhielt, was aber selbstverständlich die Beweiskraft der von Nagamatsz angestellten Versuche nicht beeinträchtigt. Der eben mitgetheilte Versuch über die chlorophyllerzeugende Kraft des durch Laubblätter hindurchgegangenen Lichtes lehrt, dass zur Entstehung des Chlorophylis ein Licht von sehr geringer Intensität ausreicht, und dass die starke Absorption des Lichtes im Blatte doch nicht so weit reicht, um die zur Entstehung des Chlorophylis erforderlichen Strahlen gänzlich auszulöschen. Meine erst später zu veröffentlichenden photometrischen Untersuchungen über die Entstehung des Chlorophylis haben ergeben, dass die untere Lichtintensitäts- grenze für die Entstehung des Chlorophylis bei allen jenen Organen, deren chlorophyliführende Gewebe nur von einer Epidermis bedeckt sind, bei einer Lichtstärke liegt, welche etwa gleich ist 0:1 Normalkerze. Das durch die Blätter durchgelassene Licht ist also zweifellos befähigt, zur Entstehung des Chlorophylis beizutragen; allein es ist ein so grosser Über- schuss undurchgelassenen Lichtes innerhalb der Baumkrone vorhanden, dass ersteres für die Lebensvorgänge entbehrlich erscheint. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 615 welche erforderlich war, damit bei Überdeckung des Normal- silberpapiers mit dem gelben Glase der Normalton erreicht werde. Es ergab sich, dass bei allen Intensitäten des äusseren Lichtes eine Verzögerung bis zur Erreichung des Normaltones sich einstellte, welche dem 4'l1fachen bei freier Beleuchtung erreichten Zeitwerth entsprach. Wenn beispielsweise bei einer bestimmten Intensität 22 Se- cunden erforderlich waren, damit ohne Bedeckung der Normalton am Normalpapier erreicht wurde, verfloss ein Zeitraum von 90:2 Secunden bis an dem mit dem gelben Glase bedeckten Normalpapier der Normalton auftrat. Falls nun auch innerhalb der Baumkrone die 4'1fache Zeit erforderlich ist, damit bei Bedeckung des Normalpapiers mit dem genannten Glase der Normalton erreicht werde, im Vergleiche zu der Zeit, welche nöthig ist, damit an dem un- bedeckten Normalpapier der Normalton zum Vorschein komme, so erscheint der Vergleich des inneren Baumlichtes mit dem äusseren zulässig. Es wurden von mir in Gemeinschaft mit den Herren Des Ktrasser und Dr Einsbauer zahlseiche‘ vereleichende Prüfungen vorgenommen, wobei ein Beobachter das äussere, der andere das innere Baumlicht prüfte, welche ergaben, dass bis zu einer Schwächung des Baumlichtes auf den achtzigsten Theil des äusseren Lichtes ein Unterschied in der chemischen Wirkung der verglichenen Lichtarten nicht wahrgenommen werden konnte. Es war in jedem einzelnen Falle die 4 1fache Zeit erforderlich, damit das bedeckte Normalpapier den Normal- ton anzeigte, im Vergleiche zu dem unbedeckt gebliebenen. Wenn die Lichtschwächung im inneren Baumlichte noch weiter ging, so steigerte sich scheinbar der Absorptionsco£fficient, thatsächlich verminderte sich aber der Antheil des Baumlichtes an sogenannten chemischen Strahlen. Die über !/,, hinaus- gehenden Werthe der Intensität des inneren Baumlichtes sind deshalb mit einem Fehler behaftet, welcher um so grösser ist, je niederer die Intensität dieses inneren Baumlichtes gefunden wurde. Da aber das innere Baumlicht nur selten den achtzigsten Theil des äusseren Lichtes beträgt, in der Regel hoch oberhalb 616 J. Wiesner, dieser Grenze gelegen ist und nur sehr selten noch kleinere Werthe zur Beobachtung kommen, so habe ich von einer Correctur dieser Werthe abgesehen, und begnüge mich, die Un- sicherheit der betreffenden Beobachtungen an den betreffenden Stellen dieser Abhandlung durch ein ? zu charakterisiren. Der Versuch lehrt allerdings nur, dass die sogenannten chemischen Strahlen des inneren Baumlichtes bis zu der an- geführten Grenze keine nachweisliche Schwächung erfahren haben. Da aber diese Strahlen, nämlich die stark brechbaren, diejenigen sind, welche in der Regel zuerst absorbirt werden und auch in der Pflanze eine viel stärkere Absorption erfahren als die meisten übrigen Strahlen, so wird man wohl aus der Nichtabsorption der chemischen Strahlen in unseren Versuchen auch auf die Nichtabsorption der übrigen Strahlengattungen schliessen dürfen. Daauch durchReflexion keine auffällige Ände- rung in der Zusammensetzung des Innenlichtes der Baumkrone zustande kommt, so wird man bis zu einer bestimmten Grenze aus dem Verhältniss der chemischen Intensität des inneren Baumlichtes zur chemischen Intensität des gesammten Tageslichtes, das Verhältniss der Intensität des Baumlichtes zu jener des totalen Tageslichtes abzuleiten berechtigt sein. Um aber dem Missverständniss vorzubeugen, als würde ich die Genauigkeit der Ableitung der allgemeinen Intensitäts- verhältnisse aus dem Verhältniss der chemischen Intensitäten überschätzen, muss ich hier folgende Bemerkung einschalten. Es ist ganz selbstverständlich, dass ein Theil des in die Laubkrone eindringenden Lichtes in Folge der Absorption be- stimmter Strahlengattungen eine andere Zusammensetzung als das zur Krone dringende Tageslicht besitzen muss. Aber die hiedurch hervorgerufene Verschiedenheit in der Zusammen- setzung des Lichtes wird durch unseren Versuch nicht an- gezeigt. Aus unseren Versuchen soll nur der Schluss gezogen werden, dass die Menge des in der Krone befindlichen unver- änderten diffusen Lichtes im Vergleiche zu dem durch partielle Absorption veränderten Lichte eine so grosse ist, dass das letztere vernachlässigt werden kann. Diese Vernachlässigung ist um so erlaubter, als es sich ja für uns nicht um die Fest- stellung absolut genauer, sondern nur um angenähert richtige Re Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 617 Lichtintensitätswerthe handeln kann. Zur Feststellung völlig genauer Intensitätswerthe ist ja die Bunsen-Roscoe’sche Methode überhaupt nicht geeignet, was von den genannten Forschern ja selbst immer hervorgehoben wurde. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, wie die Intensität des auf ein frei exponirtes Gewächs fallenden Lichtes zu be- stimmen ist. Man bedient sich hier eben genau jener Methode, welche benützt wird, um die Intensität des allgemeinen Tages- lichtes zu finden. Hingegen ist es erforderlich, zu erörtern, wie vorzugehen ist, um das innere Licht der Baumkrone bezüglich seiner Intensität zu prüfen oder die Stärke jenes Lichtes, welches im tiefen Schatten stehende Sträucher, staudenartige Gewächse, Kräuter etc. geniessen. Ginge man nach der gewöhnlichen Methode vor, würde man also die Intensität des Schattenlichtes der Bäume direct bestimmen, so wäre hierzu ein langer Zeitraum erforder- lich. Z. B. bei einer Intensität von O'I des gesammten Tages- lichtes, welches im Schattenlichte auf 1/,, abgeschwächt wäre, müsste das Normalsilberpapier, um die Farbe des Normaltones zu erreichen, durch 800 Secunden exponirt werden. Innerhalb dieses langen Zeitraumes kann sich aber die Intensität des äusseren Lichtes (gesammten Tageslichtes) beträchtlich ändern. Da aber die Intensität des inneren mit der des äusseren Lichtes stets verglichen werden muss, so müssten während der ganzen Beobachtungszeit nebenher Bestimmungen der Intensität des allgemeinen Tageslichtes vorgenommen werden. Ich habe nun eine Methode ausfindig gemacht, um die Intensität des diffusen Schattenlichtes zu bestimmen, welche nicht nur wegen der Kürze des Verfahrens sich empäüehlt, sondern auch die gewöhnliche Methode in dem genannten Falle an Sicherheit übertrifft und es ferner unnöthig macht, nebenher zahlreiche Bestimmungen des allgemeinen Tages- lichtes anzustellen. Diese Methode besteht in Folgendem: Man bestimmt die Intensität der directen Strahlung. (directes Sonnenlicht, nämlich die von der Sonne unmittelbar ausgehenden parallelen Lichtstrahlen) und die des diffusen Tageslichtes; beide zuerst 618 J. Wiesner, auf freiem Standpunkte und sodann innerhalb der Baum- krone. Die Intensität des directen Sonnenlichtes muss nun selbst- verständlich zu gleicher Zeit dieselbe sein, ob die Sonnen- strahlen in die Krone einfallen oder ausserhalb derselben wirken. Dass das äussere Gesammtlicht auch bei Sonnenbeleuchtung stärker ist als das gleichzeitig in die Krone einfallende sonnige Licht, was ich schon im ersten Theile dieser Untersuchungen! zahlenmässig belegte, hat seinen Grund darin, dass das erstere sich als die Summe von directer Strahlung und starkem diffusen Licht, das letztere als die Summe von directer Strahlung und schwachem diffusen Licht darstellt. Sowohl die Stärke des directen, als die des diffusen Lichtes lassen sich rücksichtlich der chemischen Intensität bestimmen, wie Roscoe und Thorpe? zuerst gezeigt haben. Lässt man nämlich auf das Normalsilberpapier das gesammte Tageslicht wirken, so erhält man nach Erreichung des Normaltones aus der beobachteten Zeit die Intensität des Gesammtlichtes. Hängt man eine geschwärzte, die Sonne (scheinbar) deckende Metall- kugel so auf, dass deren Schatten auf das Normalpapier fällt, so erhält man die Intensität des diffusen Lichtes. Zieht man diesen zweiten Werth von dem ersten ab, so bekommt man die Intensität des directen Sonnenlichtes. Von diesem Experiment ausgehend, gelange ich zur Be- stimmung des diffusen Lichtes der Baumkrone durch folgende Erwägungen: Bedeutet 7 die Intensität des directen Sonnenlichtes, 7’ die Intensität des gesammten Tageslichtes, ’ die Intensität des diffusen Tageslichtes, 2” die Intensität des in die Baumkrone einfallenden Gesammtlichtes, !’ die Intensität des diffusen Lichtes inerhalb der Baumkrone, so ist == l—y) Ir De mithin N MN ISPhots Unters:, I, S2307EE. 2 Philosophical Transactions ofthe Royal Society, Vol. 160 (1870), p. 309 ff. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 619 Es lässt sich also ı” aus 7’, ! und 7” berechnen. In dieser Abhandlung bedeutet / die ermittelte chemische Intensität des gesammten Tageslichtes. Ist 2 die chemische Lichtintensität an einem bestimmten Pflanzenstandorte oder die an einem bestimmten Organ ermittelte chemische Lichtstärke, 5 U: en. ! so gibt der Ausdruck 7 nicht nur das Verhältniss der chemischen Lichtintensität, welche die Pflanze empfängt, zu der des ge- sammten Tageslichtes an, sondern das Verhältniss dieser Licht- intensitäten überhaupt, soferne die verglichenen Lichtstärken sich auf ein und dasselbe Licht beziehen, d.i. auf Licht von gleicher Zusammensetzung (siehe oben S. 612 ff.). Es soll dieses für uns sehr wichtige Verhältniss in der Form ausgedrückt werden, dass ©=| gesetzt wird. In dieser Form ausgedrückt sei der resultirende Werth als »specifischer Lichtgenuss« (Z) bezeichnet. Nenn Woeispielsweiser 27=,0,750 7 = 02527 zeiinden 2100 202 10. 250 Dieser Werth Z bezeichnet also für eine bestimmte Beob- achtungszeit und einen bestimmten Beobachtungsort das Ver- hältniss des gesammten Tageslichtes zur Intensität des auf die Pflanze einwirkenden Lichtes, und zwar erscheint in L das erstere in Einheiten des letzteren ausgedrückt. Da /, von der Polarregion abgesehen, täglich =O wird, so ist klar, dass das Minimum von Z täglich den Werth Null erreicht. Ebenso klar ist es, dass Z den Werth =1 nicht über- schreiten kann. Dieser Fall träte ein, wenn auf die Pflanze das gesammte Tageslicht wirken würde. Um nun den specifischen Lichtgenuss der Pflanze in der nachfolgenden Darstellung möglichst rationell zum Ausdruck zu bringen, sollen folgende specielle Werthe von Z heran- gezogen werden. L bedeutet den specifischen Lichtgenuss überhaupt. Dieser Werth soll aber ferner immer dann angewendet werden, wenn der Lichtgenuss einer Pflanze proportional dem gesammten Tages- licht steigt und fällt. Dieser Fall tritt ein, wenn der Lichtgenuss der Pflanze ein grosser ist, mit anderen Worten, wenn die Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 41 worden wäre, so ist und 2 — 620 J. Wiesner. Lichtstärke, welcher die Pflanze ausgesetzt ist, der Intensität des gesammten Tageslichtes sich nähert. Ist z.B. L=!/,.,, oder !/,, oder überhaupt kein kleiner Bruchtheil des Gesammt- lichtes, so ändert sich dieser Werth nicht oder nur wenig, mag die äussere Lichtintensität eine hohe oder niedere sein, wie später genauer auseinandergesetzt werden wird. Sinkt aber der specifische Lichtgenuss der Pflanze auf einen kleinen Bruchtheil des gesammten Tageslichtes, so treten, wie wir sehen werden, tägliche Maxima oder Minima, oder beide ein. In diesem Falle erscheint es am rationellsten zu unterscheiden zwischen »mittlerem specifischen Lichtgenuss« [= L(med)], welcher sich aus den zu verschiedenen Tages- stunden beobachteten Werthen berechnet, und dem, wie wir sehen werden, gewöhnlich zur Zeit der stärksten Beleuchtung eintretenden »Minimum des specifischen Lichtgenusses« [Z (min)]. Darunter ist aber niemals der schon oben genannte absolute Minimumwerth (=0) zu verstehen. In einzelnen Fällen ist es erforderlich, das »Maximum des specifischen Lichtgenusses« behufs zweckmässiger Charakteri- sirung der natürlichen Beleuchtungsverhältnisse hervorzuheben. Es sei mit L (max) bezeichnet. Darunter ist aber niemals das schon oben genannte absolute Maximum (=1) zu verstehen. Wenn also beispielsweise in der Folge gesagt wird, L sei — 1/,, so heisst dies, dass das Verhältniss der Beleuchtung der Pflanze zum Gesammtlichte constant = !/, ist. Wenn jangeführt wird, D = 2/41 n, so’ bedeutetidies, dass die betreffende Pflanze bei stärkster Beleuchtung nahezu das gesammte Tageslicht empfängt, aber auch bei einer Licht- stärke eben noch fortkommt, welche den siebenten Theil des gesammten Tageslichtes beträgt. L (max) = !/, heisst, dass das innere Licht in der Krone eines Baumes bis auf den fünften Theil des gesammten Tages- lichtes steigen kann. Es wird sich zeigen, dass bei gewissen Pflanzen zur Mittagszeit ein solches Maximum vorkommt. Endlich sei. noch als Beispiel der Fall L (min)= 7 angeführt. Es bedeutet dieser Ausdruck, dass bei einem be- stimmten Baume zu einer gewissen, näher anzugebenden Zeit gewöhnlich zuMittag) die innerhalb derBaumkrone herrschende Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 621 Lichtstärke auf !/,, des gesammten Tageslichtes sinkt, und dass dieser Werth im Verlaufe der Tagescurve der Lichtstärke sich als ein Minimum zu erkennen gibt. Die Ausdrücke / (max), / (med), / (min) sind analog den Ausdrücken Z (max), L (med), ZL (min) gebildet, bedürfen also keiner weiteren Erläuterung. Zweites Capitel. Die Beleuchtungsart der Gewächse. 1. Beleuchtungsrichtung. Es gibt wohl kaum eine Pflanze, deren oberirdische Vegetationsorgane das gesammte Tageslicht uneingeschränkt geniessen. In der Regel reduceirt die Pflanze selbst das ihr zu- fliessende Licht durch die Ausbildung ihrer Vegetationsorgane, und wo wir die Gewächse angenähert der vollen Wirkung des gesammten Tageslichtes ausgesetzt finden, wie in Steppen, Wüsten ete., sind ihre Organe reducirt und die Masse der von solchen Pflanzen producirten organischen Substanz ist auf ein Minimum reducirt. Dass die Standortsverhältnisse selbst bis zu einer weit- gehenden Grenze (durch das Bodenrelief, durch Beschattung etc.) den Lichtgenuss der Pflanzen einschränken, liegt nahe, und da ich diesen Gegenstand schon bei früherer Gelegenheit erörtert habe, so will ich hier nicht nochmals auf die Sache zurückkommen, sondern begnüge mich, auf das hierüber bereits Gesagte zurückzuverweisen.! Durch ihren Standort oder durch die Lage ihrer Organe wird der Lichtzutritt nicht nur im Allgemeinen beschränkt, sondern es wird dem Lichte häufig der Zutritt nur nach be- stimmten Richtungen ermöglicht. Ein aufeiner Böschung stehendes Gewächs mit sogenannten Wurzelblättern und einemBlüthenschaft (z.B. Taraxacum offici- nale) erhält bloss einen Theil des Tageslichtes; allein das Licht kann fast von allen Seiten ungehemmt zutreten. Analoge Fälle kann man sich leicht vergegenwärtigen. 1 Ber. der Deutschen botan. Gesellschaft, 1894, S. 79 ff. 41% 622 J. Wiesner, Aber viele Pflanzen, beziehungsweise deren Organe, sind auf Oberlicht, andere auf Vorderlicht angewiesen. Die Blätter der im Waldschluss stehenden Buchen und zahlreicher anderer Bäume empfangen, wie die horizontale Lage der Blätter erkennen lässt, in erster Linie Oberlicht. Am Stamme der Bäume sich ausbreitenden Laub- oder Krustenflechten kommt nur das Vorderlicht zugute, aber auch andere ähnlich situirte Pflanzen, z.B. die auf Java so häufig auf Baumstämmen flechten- ähnlich ausgebreitete Orchidee: Taeniophyllum Zollingeri etc. verhalten sich ähnlich. An Mauern, Felsen, Baumstämmen stehende oder auf diesen emporkletternde Gewächse sind gleichfalls auf Vorderlicht angewiesen, wie schon die durch diese Lichtrichtung bedingte fixe Lichtlage der Blätter solcher Pflanzen erkennen lässt. Es wird. in der Folge bei Angabe der Lichtverhältnisse häufig erforderlich sein, die herrschende Beleuchtungsrichtung anzugeben. Dass manchmal auch Hinterlicht, ja sogar Unterlicht auf die Pflanze einzuwirken im Stande ist, soll hier in Kürze erörtert werden. Die Wirkung des Hinterlichtes auf die Pflanze ist nicht so selten zu beobachten. Wenn beispielsweise ein Holzgewächs in einer kleinen Entfernung von einem hohen Gebäude steht, kann man nach unserer Methode leicht das Verhältniss des Vorderlichtes zu dem von rückwärts einfallenden Lichte be- stimmen. Von diesem Verhältnisse wird es abhängen, ob bloss das Vorderlicht auf die Organe einwirkt, oder ob nicht auch eine Wirkung des Hinterlichtes zu constatiren ist. Wo das Hinterlicht zu schwach ist, um dem Lichtbedürfniss der be- treffenden Pflanze zu entsprechen, sterben Blätter, Zweige und Äste des betreffenden Gewächses in demselben Masse ab wie durch geschwächtes Oberlicht, und man kann sich durch Licht- messungen überzeugen, dass die Stärke des Hinterlichtes, bei welcher die Zweige, z.B. einer Thuya occidentalis, abzusterben beginnen, einer Lichtstärke des Oberlichtes entspricht, bei welcher an diesem Gewächse die Zweige und Äste in der Richtung von unten nach oben absterben. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 623 Wie ich gleich zeigen werde, ist der Fall nicht aus- geschlossen, dass Pflanzen oder deren Theile auf das von unten her auf sie einfallende Licht angewiesen sind, und dem entsprechend ihre Organe in derselben Weise nach dem Unterlicht orientiren, wie sonst nach dem Ober- oder Vorder- licht, oder einem schief von oben einfallenden Lichte. Über die Intensität des Unterlichtes in seinem Verhältnisse zum totalen Tageslicht habe ich in der Literatur keine Angaben gefunden, weshalb ich selbst einige diesbezügliche Beobach- tungen angestellt habe, um zu wissen, bis zu welchem Grade sich dasselbe unter bestimmten Bedingungen zu steigern vermag. Nach meinen Beobachtungen hängt die Stärke des Unter- lichtes nicht nur von der Höhe des Beobachtungsortes über dem Horizont, sondern auch von dem Reflexionsvermögen der Bodenfläche ab, über welcher die Beobachtung angestellt wurde. Was den ersteren Punkt anlangt, so ist das Unterlicht unter sonst gleichen Verhältnissen im Vergleiche zum Tages- licht desto intensiver. je mehr man sich über den Horizon! erhebt. So beobachtete ich an einer 10 m über einer Strasse gelegenen Brücke ein Verhältniss des diffusen Oberlichtes zum diffusen Unterlicht von 11'9:1, am Leska-Viaduct der Staats- bahn bei Znaim, 29 m über der Thalsohle von 76:1, am Nord- westbahn -Viaduct bei Znaim, 50 m über der Thaya 6°1:1. Bei Sonnenbeleuchtung gestaltet sich begreiflicherweise dieses Ver- hältniss bezüglich des Unterlichtes ungünstiger. Dass mit der Erhebung über den Horizont die Intensität des Unterlichtes zunehmen muss, erklärt sich aus dem Umstande, dass desto mehr vom Horizont aufstrahlendes Licht im Unterlichte zur Geltung kommen muss, je mehr man sich über den Horizont erhebt. Das Reflexionsvermögen des Bodens beeinflusst begreif- licherweise im hohen Grade die Stärke des Unterlichtes. So beob- achtete ich, dass 1 m über einem hellfarbigen, von der Sonne beschienenen Weg das Unterlicht im Vergleiche zum Oberlichte auf 1/,. geschwächt erschien, während über einer in nächster Nähe befindlichen grünen (mit Klee und Gras bewachsenen), ebenfalls besonnten Bodenfläche das Unterlicht bloss t/,, betrug. & [SS A J. Wiesner, Von Wasser (Flüssen, Bächen etc.) reflectirtes Licht ver- stärkt das Unterlicht in hohem Masse. So fand ich auf einer Brücke bei Znaim 6 m über der besonnten Fläche des Flusses (Thaya) die Stärke des Unterlichtes im Vergleiche zum Ober- leht =), Man sieht also, dass das Unterlicht unter Umständen einen nicht unerheblichen Stärkegrad erreichen kann, es ist deshalb von vorneherein nicht unwahrscheinlich, dass es auf die Pflanze, z. B. bezüglich der Orientirung der Organe, ein- zuwirken im Stande ist, zumal wenn das OÖberlicht stark ge- schwächt ist. | Das beste Beispiel, welches ich in dieser Richtung anführen kann, ist folgendes. Die Verzweigung an geneigten Ästen von Lycium barbarum erscheint epitroph,! d. h. an geneigten Ästen kommen die Sprosse bloss an der Oberseite zur Entwicklung, die der Unterseite werden unterdrückt, obgleich selbst bei Aus- schluss von Licht noch Sprossbildung eintritt (siehe oben S.608). Je nach den Beleuchtungsverhältnissen kommen nicht nur die an der obersten Kante der Äste gelegenen Knospen zur Ent- . wicklung, sondern auch noch seitliche. Ich habe nun oftmals die Bemerkung gemacht, dass auf erhöhten Stellen befindliche Büsche von Lycium durch bogenförmiges Vorwärtswachsen der Sprosse nach der Lichtseite über dem Boden eine förmliche Laube bilden, deren Oberlicht ausserordentlich geschwächt ist. Im tiefen Schatten dieser Laube befindliche Sprosse verzweigen sich nun nicht epitroph, indem das Oberlicht zu schwach ist, um die oberseits stehenden Knospen zur Entwicklung zu bringen. Aber das von unten auistrahlende Licht ist häufig stark genug, um Knospen, welche an der Unterseite der Sprosse sich be- finden, zur Entwicklung zu verhelfen. Sowohl die oberen (normalen) Sprosse, als die unterseits sich entwickelnden Sprosse wachsen in der ursprünglichen Richtung weiter: die oberen wachsen nach aufwärts, die seitlichen nach der ent- sprechenden Seite, die unteren nach unten, sie wachsen auto- trop. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich, dass die gewöhnliche Epitrophie der Sprosse von Lycium bar- 1 Wiesner, Anisomorphie. Diese Berichte, Bd. 101 (1892), S. 688 ff. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 625 barum eininder Ontogenese durch dasLichtinducirtes Verhältniss darstellt, dass dieses Verhältniss durch geänderte Beleuchtungsich umkehrenkann,und dass Indien beobachteten: Ballen das Untetlicehtdre Ur- Sehe dlerimibwaleikikinnen dien an der Umtersenter der Äste befindlichen Sprosse bildet. Genauer wurde von mir ein Fall untersucht (Anfangs Mai 1894), in welchem das Oberlicht des durch das Dickicht der Zycium-Zweige dringende Oberlicht im Mittel bloss t/,, des gesammten Tageslichtes betrug. Das Unterlicht traf auf oberseits tief beschattete Äste und hatte eine Lichtstärke gleich 1/,.,. An diesen Ästen kamen nicht nur die Knospen der untersten Kante, sondern auch seitlich situirte Knospen zu normaler Ausbildung und besassen tief ergrünte, normal aussehende Blätter. Die aus den nach unten gerichteten Knospen hervor- gegangenen Zweige wuchsen vertical nach abwärts, die anderen etwa unter Winkeln von 30°. An den ersteren waren die morpho- logischen Oberseiten der Blätter nach unten gerichtet, was ja schon in der Entwicklungsrichtung der betreffenden Sprosse Beerundeleischien. Aber auch an den schiefmachl unten wachsenden Zweigen waren alle morphologischen Oberseiten der Blätter nach unten gerichtet. Es wurde Brezsalsordiertisse, Biichtlaser diese S3Bläatuen durehrdals lnwerglichtknervorseruten, und esımussten die Blätter Damenucsprümeliche Riehtuneländern, um in’ die fixe Eıchtlage zu gelangen. Auch an einigen anderen Holzgewächsen konnte ich die Wirkung des Unterlichtes constatiren. So fand ich, dass tief beschattete Zweige von Acer campestre und von Celtis australis unter dem Einflusse des Unterlichtes ihre Blattflächen orien- tirten, sich nämlich senkrecht auf dieses stellten. Bei Acer campestre fand ich, dass die betreffenden Blätter in Folge ungenügender Beleuchtung nicht die normale Grösse annahmen, und dass die Wendung der Blattspreite an der Grenze zwischen Blattstiel und Blattfläche zu Stande kam. Um den Einfluss des Unterlichtes auf die Herstellung der fixen Lichtlage kennen zu lernen, wurden folgende Versuchs- reihen durchgeführt. Es wurden im Gewächshause einige 626 J. Wiesner, Pflanzen ausgesucht, welche bei aufrechter Stellung prompt eine neue fixe Lichtlage in schwachem Lichte annahmen, wenn sie mit den Unterseiten gegen einseitig einfallendes Licht ge- stellt wurden. Es waren dies folgende Gewächse: Boehmeria polystachya Wedd., Begonia vitifolia Schott, das bekannte, in Gewächshäusern unter dem Namen Panicum variegatum häufig gezogene Gras Oplismenus imbecillus Kunth. und sSenecio elegans L. Die Blätter dieser Pflanzen stellten sich noch bei L= 1)... |] (max) = 0:005—0:006] senkrecht auf. das stärkste auf sie einfallende diffuse Licht. Dieselben Pflanzen wurden auf einer grossen unterseits unterstützten Glasplatte, welche aber von unten her reichlich Licht erhielt, horizontal aufgestellt und mit einem undurch- sichtigen Recipienten bedeckt, so dass sie ausschliesslich der Wirkung des Unterlichtes ausgesetzt waren. Bei einer Licht- stärke —!/,,, reagirten die Blätter nicht auf das Licht. Als aber die Intensität des Unterlichtes auf 1/,„—!/;, gesteigert wurde [/ (max) = 0:18—0:022], reagirten die Blätter dieser Pflanzen auf das Unterlicht, aber in verschiedener Weise. Die unter dem ausschliesslichen Einfluss des Unterlichtes zur Entwicklung gelangten Blätter der Boehmeria und der Begonia hatten sich genau nach dem Unterlichte orientirt, d.h. die Oberseiten der Blätter waren genau nach unten gekehrt. Weniger genau erfolgte diese Orientirung bei Panicum variegatum; es zeigte sich aber bei den jungen Blättern die Tendenz, sich senkrecht auf das Unterlicht zu stellen, indem die genannten Blätter durch schraubenförmige Drehung einen Theil ihrer Spreite-mit der Oberseite nach abwärts kehrten. Die jungen, im Dunkeln entstandenen Blätter von Senmecio elegans zeigten wieder ein anderes Verhalten. Die Blattspreiten waren auf dem Wege zur Umkehrung über die vertical nach abwärts gekehrte Lage nicht hinaus gekommen, die Blattstiele, welche unter normalen Be- leuchtungsverhältnissen unter Winkeln von etwa 45° auf- gerichtet sind, waren horizontal geworden oder unter Winkeln bis 50° unter die Horizontale hinabgekrümmt. Erst bei höheren Intensitäten des Unterlichtes (1), —!/,) stellen auch die Blätter dieser Pflanze sich senkrecht auf das Unterlicht. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 627 Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass bei den genannten Pflanzen — und wahrscheinlich gilt dies für alle Pflanzen, deren Blätter die fixe Lichtlage annehmen — eine viel höhere Lichtintensität erforderlich ist, um ein Blatt aus der normalen Lage in die nach dem Unterlicht orientirte zu bringen, als um eine neue fixe Lichtlage durch Ober-, Vorder- oder Seitenlicht herbeizuführen. Unter dem Einflusse des Unterlichtes geht bei vielen tief- schattigen Bäumen die geotropische Krümmungsfähigkeit der Sprosse verloren, sie werden in dem schwachen Lichte auch biesungsfähiger, so dass sie durch die Last der am Zweigende sich entwickelnden Blattmasse sich nach abwärts krümmen. An tief beschatteten Ästen von Aslanthus glandulosa, auch manchmal an Aesculus hippocastanum und anderen Bäumen sieht man die am meisten beschatteten Sprosse förmlich vertical nach abwärts hängen. Das junge, stärker beleuchtete Sprossende hat dann gewöhnlich die Eigenschaft, sich schwach geotropisch nach oben zu kehren, so dass solche von oben her tief beschattete Äste S-förmig gekrümmt erscheinen. Die Wirkung des Unterlichtes auf den Baumwuchs sieht man nicht selten an hohen Flussufern, an Basteien und ähn- lichen Orten, wo der Baum mit einem Theile seiner Krone, nach dem Lichte vorgeneigt, bei starker Laubentwicklung in verhältnissmässig hohem Grade. dem Unterlichte ausgesetzt ist. Die Verminderung der geotropischen Krümmunsgsfähigkeit durch Unterlicht habe ich an ausschliesslich unter dem Ein- flusse des Unterlichtes gezogenen Pflanzen mehrfach bemerkt. Ob dieselben im Unterlichte heliotropisch werden, also sich nach abwärts krümmen, hängt von dem Verhältniss der geo- tropischen zur heliotropischen Krümmungsfähigkeit ab. Ich muss es mir leider, um vom Hauptthema nicht abzuirren, ver- sagen, an dieser Stelle über meine Versuche zu sprechen, und bemerke nur noch, dass, wie es Pflanzen gibt, deren Stengel heliotropisch dem Unterlichte folgen (Vicia sativa), andere existiren, deren Stengel auf das Unterlicht gar nicht zu reagiren scheinen (Goldfussia glomerata), nämlich trotz Unterlicht sich vollkommen geotropisch aufrichten. 628 J. Wiesner, 2. Diffuses und Sonnenlicht. Wenn die Sonne bedeckt ist, so sind die Pflanzen und überhaupt die beleuchteten Objecte bloss der Einwirkung des diffusen Lichtes ausgesetzt. Wenn aber die Sonne frei nieder- scheint, so stehen die Pflanzen, wie alle anderen beleuchteten Objecte, theils unter dem Einfluss des directen Sonnenlichtes, theils unter dem des diffusen Lichtes. Die Strahlen der Sonne fallen parallel ein. Deshalb wird die Flächeneinheit eines Blattes zu einer bestimmten Zeit und bei einer bestimmten Neigung zum Horizonte durch die blosse Strahlung der Sonne (directes Sonnenlicht) in gleichem Grade beleuchtet, ob das Blatt frei exponirt ist, oder ob es in der Peripherie der Baumkrone gelegen ist, oder im Inneren der Baumkrone sich befindet. In diesen drei Fällen ist aber die Sonnenbeleuchtung (directe Strahlung-+ diffuses Licht) eine verschiedene, denn zu der Wirkung der blossen Strahlung gesellt sich noch die Wirkung des diffusen Lichtes. Das frei exponirte Blatt ist, da es das gesammte diffuse Licht des Ge- sammtlichtes erhält, intensiver beleuchtet als das in der Peri- pherie der Krone gelegene Blatt, denn dieses empfängt nicht das ganze diffuse Licht, da der Baum ein Stück des Himmels deckt, welches also das betreffende Blatt nicht beleuchtet. Noch geringer ist die Sonnenwirkung auf das im Inneren der Krone befindliche Blatt, da hier das zur directen Strahlung sich addirende diffuse Licht viel schwächer ist als der diffuse Antheil des gesammten Tageslichtes. Wie die Stärke des »directen Sonnenlichtes« und die des diffusen Lichtes im Freien und in der Baumkrone zu bestimmen ist, wurde schon oben (S. 618) angegeben. Über das Verhältniss des »directen Sonnenlichtes< zum diffusen Lichte wurden im August 1867 von Roscoe und Thorpe an der portugiesischen Küste (Quinta do Estero Furado, 8:5 Meilen von Lissabon entfernt) Bestimmungen ausgeführt, welche lehrten, dass bei einem Sonnenstande von O° bis bei- läufig 10° die Wirkung des directen Sonnenlichtes noch nicht nachweisbar ist, also die Totalbeleuchtung durch das diffuse Licht hervorgebracht wird, dass bei einem Sonnenstande von Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 629 etwa 40—41° die Wirkung der directen Sonnenstrahlung jener des diffusen Lichtes gleichkommt, ferner dass bei dem höchsten damals dort beobachteten Sonnenstande (64° 14°) die Wirkung der ersteren noch nicht das Doppelte der letzteren erreicht. Ähnliche Resultate, jedoch im Allgemeinen eine stärkere Wirkung des Sonnenlichtes, erhielt ich durch Messungen, welche ich gemeinschaftlich mit Herrn Dr. Linsbauer in Wien ausführte und welche später in den Untersuchungen über das photochemische Klima veröffentlicht werden sollen. Da wir absichtlich nicht nur bei völlig unbedecktem, sondern auch bei theilweise bedecktem Himmel beobachteten, um eine Basis für die Bestimmung der Intensität der directen Strahlung inner- halb der Baumkronen zu gewinnen, so erhielten wir vielfach auch für gleiche Sonnenhöhen ungleiche Werthe. Die »Sonnenbeleuchtung« innerhalb der Baumkrone und überhaupt an den Pflanzenstandorten ist im Vergleiche zur »Sonnenbeleuchtung« im Gesammtlichte desto geringer, je niederer die Intensität des diffusen Lichtes sich gestaltet. Bei höchstem Sonnenstande erreicht sie im Mai allerdings innerhalb der Birke 1/,—!/, des Gesammtlichtes; aber in der Krone dicht belaubter Bäume sinkt sie auf !/, und tiefer. Noch viel tiefer sinkt die Wirkung der directen Strahlung bei niederem Sonnen- stande und bei umflorter Sonne, so dass dieSonnenwirkung Vereleiche, zum diitusen Lichte \inmerhalb. der. Baumkrone nicht so hoch ist, als man gewöhnlich an- nimmt. Doch gibtsich bei tiefbeschatteten Bäumen die Wirkung der directen Sonne in der im Baumschatten gedeihenden Vegeta- tion zu erkennen, indem die von der Sonne durch längere Zeit direct beschienenen, im Baumschatten befindlichen Bodenpartien eine Vegetation aufkommen lassen, welche dort fehlt, wo bloss die Wirkung des diffusen Lichtes zur Geltung kommt. Es ist noch nothwendig, auf eine Form der Sonnenbeleuch- tung innerhalb der Baumkrone aufmerksam zu machen, welche aber für die im Schatten der Bäume auftretende Vegetation so gut wie bedeutungslos ist. Wenn die Sonne durch enge, im Laube freigelassene Lücken hindurchstrahlt, so erscheinen am Boden die bekannten, bei schiefem Lichteinfall elliptisch gestalteten Sonnenbilder. Die Intensität des Lichtes dieser 650 Je \ilelismier, Sonnenbilder ist an sich eine geringe und würde noch geringer sein, wenn in denselben nicht auch die Wirkung des im Kronen- schatten herrschenden diffusen Lichtes zur Geltung käme. Die Strahlen, welche diese Sonnenbilder erzeugen, divergiren nach unten, und es nimmt die Ihtensität derselben im umgekehrt quadratischen Verhältnisse der Entfernung von der das Sonnen- bild erzeugenden Lücke im Laube ab. Im Schatten von Acer platanoides fand ich die Intensität der Strahlen, welche das Sonnenbild erzeugen, in einer Entfernung von 2—3 m von dem Schnittpunkt der Sonnenstrahlen am Boden zur Mittagszeit auf 1/,, des allgemeinen Tageslichtes gesunken; im Buchen- schatten betrug dieselbe gar nur !/,,. Zudem wandern diese Sonnenbilder sehr rasch, so dass wohl ersichtlich ist, dass die Wirkung dieser Form der Sonneneinstrahlung nur eine sehr minimale sein kann. Buchen, welche in geschlossenem Bestande (also bei Ausschluss der directen Himmelsbeleuchtung) direct von der Sonne bestrahlt werden, lassen am Boden die Ent- wicklung von Grasanflug oder eine sehr wenig lichtbedürftige Vegetation (Prenanthes purpnrea u. dergl.) zu, während, wenn bloss Sonnenbilder am Boden erscheinen und der Baum das Maximum seines Schattens erreicht hat, am Boden gar keine Phanerogamenvegetation zur Entwicklung kommt. Bis, erhellt schommzus dieser Bernrachtumeradas> wenn man von den frei exponirten, kleineren, sich nicht selbst beschattenden Gewächsen und einstweilen auch von der arcti- schen und alpinen Vegetation absieht, das diffuse Licht für die Gewächse viel wichtiger ist als das Sonnenlicht, welches eben nur’ abgeschwächt und nur indireer namlich durch UmsatrziinrditiusesKicht, soworlisrum die Bäume und Sträucher, wie für die auf schattigen Standort angewiesenen Pflanzen zur Geltung kommt. Direct wirkende hohe Lichtintensitäten bringen den Diil’anzer keinen? Vontherlassielbisirr unver demesum- stigssten Vegetationsbedingungen wehrt sie durch ihrem’ @estaltungssprocess das dineete Sonnenlteihtsrn hohem Masse ab, so dass sie sich in Genuss des für sie am zuträglichsten Lichtes setzt, d.i. das geschwächte Sonnen-, hauptsächlich aber das diffuse Licht. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 631 Zur näheren Begründung dieser Sätze bringe ich noch folgende Bemerkungen vor. Es gibt zahlreiche Gewächse, welche durch bestimmte Bewegung ihrer Blätter allen stärkeren Wirkungen der Sonne ausweichen, obgleich diese Gewächse zumeist auf den sonnigsten Standorten zu finden sind. Ich führe das bekannteste Beispiel für diese Kategorie von Gewächsen an: Robinia Psendoacacia. Wie bekannt erheben sich an sonnigen Sommertagen schon in den Morgen- oder frühen Vormittagsstunden die Blättchen des Fiederblattes und stehen lange vor Mittag in der Richtung der einfallenden Sonnenstrahlen, entziehen sich also der Wirkung des stärksten Sonnenlichtes. Die Blättchen beginnen sich im Sommer zu erheben, wenn die Lichtintensität etwa ein Drittel der maximalen Intensität des Gesammtlichtes erreicht hat, und erreichen die Parallelstellung etwa bei der doppelten Intensität. Im Herbste ist ein grösserer Antheil des Gesammtlichtes zum Eintritt der Blattbewegung erforderlich, und ist nahezu die Gesammtstärke des Lichtes erforderlich, um die Parallelstellung mit den Sonnenstrahlen herbeizuführen. Unentwickelte Blätter werden durch das Sonnenlicht gar nicht beeinflusst, und junge, nahezu ausgewachsene Blätter erfordern relativ höhere Licht- intensitäten, um sich parallel zum Lichteinfall zu stellen. Durch- schnittlich wird bei einer chemischen Lichtintensität von 0°3 der Beginn der Bewegung und bei 0'6 die Parallelstellung der Blätter wahrgenommen. Wie Robinia verhalten sich zahlreiche andere Gewächse, zumal die tropischen und subtropischen Leguminosen. Bezüglich der Beleuchtung jener Holzgewächse, deren Laub in fixer Lichtlage verharrt, durch Sonnen- und diffuses Licht bemerke ich hier Folgendes. Das in der Peripherie der Baumkrone gelegene Laub geniesst nicht jenes intensiveSonnen- licht, wie es der Augenschein vermuthen liesse. Erstlich wird sehr viel von dem auf die Peripherie der Laubkrone fallenden Licht abgeworfen, und namentlich die Bäume des tropischen Vege- tationsgebietes zeichnen sich häufig durch starke Lichtreflexion der Blätter aus. Das auffallende Sonnenlicht ist ferner in der Kronenperipherie durch die daselbst stattfindende und schon erörterte Verminderung des diffusen Lichtes geschwächt, und 632 J. Wiesner, zudem schützen sich diese Blätter häufig dadurch vor dem intensivsten Lichte, dass sie bei Annahme der fixen Licht- lage dem stärksten Sonnenlichte ausweichen, auf welchen Gegenstand ich in diesem Capitel noch zurückkomme. Nicht selten schützen sich aber diese peripheren Blätter in anderer Weise vor zu starker Sonnenwirkung, indem sich nämlich ihre Spreiten nach oben concav krümmen, wodurch eine par- tielle Selbstbeschattung der Blattflächen hervorgerufen wird. Aber schon in der Nähe der Kronenperipherie, an Stellen, wo die Schattenrisse der äusseren Blätter reichlich auf das Laub fallen, ist die Besonnung der Blätter nur eine kurz anwährende und selbstverständlich eine sehr geschwächte. Nach Beobachtungen, welche ich an einem sonnigen Julitag anstellte, beziehungsweise anstellen liess, fiel bei der Buche auf solche Blätter das Sonnenlicht während des ganzen Tages nur durch 21 Minuten, aber nicht zusammenhängend, sondern in Zeiträumen von 45 —114 Secunden. Dazu ist noch zu be- merken, dass gewöhnlich nur ein Theil der Blattoberfläche besonnt war. In der Tiefe der Krone einer reich entwickelten Buche, wo das Sonnenlicht nur mehr in Form von Sonnen- bildern sich zu erkennen gibt, werden an sonnigen Tagen viele Blätter gar nicht von Sonnenstrahlen getroffen, andere nur durch kurze Zeit. Das diffuse Licht strahlt auf die Pflanze in den verschie- densten Richtungen. Liegt das Organ einer Pflanze horizontal auf dem Boden, z.B. ein grundständiges Blatt, so empfängt die Oberseite derselben von allen Seiten diffuses Licht, wenn auch selbstverständlich nicht von gleicher Stärke; ein nicht am Boden liegendes, vom Stengel abstehendes Blatt erhält aber geradezu von allen Seiten diffuses Licht, selbst von unten her. Es kann sich deshalb das Blatt in keiner Lage der Wirkung des diffusen Liehtes entziehen; aber dem Binltlusser des Sonnen echtes; kannzies "siichwrd une Parallelstellung mit den Sonnensrahlen entziehen. Die grosse physiologische Bedeutung des diffusen Tages- lichtes für die Pflanze spricht sich auch in der von mir zuerst constatirten Thatsache aus, dass in der Regel das diffuse Licht die fixe Lichtlage der Blätter bestimmt, indem dieselben sich Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 633 gewöhnlich senkrecht auf das stärkste ihnen zufliessende diffuse Licht stellen.! Auch in den Tropen habe ich diese Regel bestätigt gefunden. Aber es tritt hier häufiger wie bei uns der Fall ein, dass die Blätter dem stärksten Sonnenlichte, sei es durch aufgerichtete, sei es durch nach abwärts gekehrte Lage aus- weichen und sich so vor dem stärksten, nämlich vor\dem vom Zenith kommendenSonnenlichteschützen. Nurverhältnissmässig wenige, zudem schütter belaubte Gewächse zeigen in der Ge- sammtbelaubung diesesVerhalten (z.B. Gonocaryum pyrosperma Scheff., Pavetta pulcherrima T. et B.); häufiger kommt es vor, dass bloss die peripheren Blätter der Krone das genannte Ver- halten zeigen, während die im Inneren der Krone gelegenen Blätter, der Regel folgend, sich senkrecht auf das stärkste diffuse Licht des ihnen zugewiesenen Areals stellen.? Da die Blätter sich in der Regel in der angegebenen Weise nach dem stärksten diffusen Lichte orientiren, so kann nicht bezweifelt werden, dass dieses Licht es ist, welches in der Regel die grösste Assimilationsarbeit im Blatte zu leisten hat. Drittes Capitel. Der Liehtgenuss einiger krautartiger, staudenartiger und epiphytischer Gewächse. Obgleich ich im Laufe der letzten Jahre sehr zahlreiche Pflanzen dieser Kategorie untersuchte, so will ich meine An- gaben über den Lichtgenuss derselben doch nur auf die Anführung besonders charakteristischer Fälle beschränken. Es handelt sich ja in dieser Abhandlung hauptsächlich um principielle Erörterungen. Detaillirte Studien über den Licht- genuss der Pflanzen werden, wenn meine Anregungen, wie ich hoffe, auf fruchtbaren Boden fallen, von anderen Forschern ausgeführt werden. Aber auch die nachfolgenden Daten erheben nicht den Anspruch auf erschöpfende Darstellung des Lichtgenusses der 1 Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen. II. Theil. Denkschriften der kaiserl. Akademie in Wien, Bd. 43 (1880). ?2 Wiesner, Pflanzenphysiol. Mitth. aus Buitenzorg. I. Beobachtungen über die fixe Lichtlage der Blätter tropischer Gewächse. Diese Berichte, Bd. 103 (1894). 634 J. Wiesner, angeführten Pflanzen. Denn abgesehen davon, dass selbst für einen und denselben Beobachtungsort (z.B. Wien) durch um- fassendere Beobachtungen die Grenzen des Lichtgenusses einer bestimmten Pflanze sich in manchen Fällen noch genauer werden ziehen lassen, muss gleich hervorgehoben werden, dass der Lichtgenuss einer und derselben Pflanze sich nach geo- graphischer Breite und Seehöhe gesetzmässig ändert, ja dass auch innerhalb der Vegetationsperiode die Lichtverhältnisse einer Pflanze einem gesetzmässigen Wechsel unterworfen sind. Für jede dieser drei genannten Beziehungen finden sich in der nachfolgenden Zusammenstellung die begründenden Beob- achtungen. 1. Wüstenpflanzen. In den Wüsten der weiteren Um- gebung von Cairo hatte ich Gelegenheit, zahlreiche Charakter- pflanzen dieser Vegetationsformation zu beobachten. Ich nenne: Reaumnurea hirtella Jaub., Heliotropum luteum Poir., Tricho- desma africana R. Br., Calligonum comosum WL'Her., Zilla myaroides Forsk., Zollikoferia nudicanle Boiss., Forskalia tenacissima L., Zygophyllum album L. und simplex L., Daemia cordata R. Br., Fagonia cahirica Boiss., Reseda decursiva Forsk., Convolvulus lanatus Vahl.,. Anthemis melampodina Del., Trigonella stellata Forsk., Farsetia aegyptiaca Turra. Unter all’ den beobachteten Pflanzen ist nicht eine einzige, welche durch einen Theil der Vegetationsorgane einen anderen Theil im Lichtgenusse in merklichem Masse zu beeinträchtigen im Stande wäre. Selbst bei den mehr als meterhohen Zilla- Arten ist die Lichtreduction eine so geringe, dass sie sich nur schwer feststellen liesse. Eine solche wäre auch zwecklos. Denn was sonst an einer Pflanze durch Selbstbeschattung zum Zwecke des Schutzes des Chlorophylis, zur Einschränkung der Transpiration etc. geleistet wird, geschieht bei diesen Pflanzen fast durchaus durch Einrichtungen, welche in der Gewebe- bildung begründet sind, zZ. B. durch dichte Haarbedeckung bei Convolvulus lanatus und Anthemis melampodina. Diese Ein- richtungen darzulegen, liegt, obgleich ich in dieser Richtung mancherlei interessante Beobachtungen angestellt habe, ausser- halb des Rahmens dieser Abhandlung. Ich erwähne nur, dass die Wüstenpflanzen, welche unter allen Gewächsen der unein- Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 635 geschränktesten Lichtwirkung ausgesetzt sind, gleich den auf das tiefste beschatteten grünen Pflanzen, im Vergleiche zu den anderen Gewächsen ein Minimum organischer Substanz pro- dueiren, und noch weit mehr als die typischen Xerophyten unserer Flora lehren, dass uneingeschränkter Genuss des Sonmenltehwes der Pilanze keinen Vortheil bietet Selbst Pflanzen, die in anderen Vegetationsgebieten in üppiger Entfaltung vorkommen, z. B. Phragmites communis, reduciren, falls sie den klimatischen Verhältnissen des subtropischen Wüstenklimas Stand zu halten vermögen, ihre Vegetations- organe im Wüstengebiete häufig in einer Weise, dass sie nicht wiederzuerkennen sind, wie die Wüstenform des Schilfrohres: Phr. com. stenophylla Boiss. lehrt. Inwieweit andere Factoren bei der Einschränkung der Substanzbildung dieser Pflanze mit- wirken, muss hier unerörtert bleiben. 2. Bellis perennis, Ornithogalum umbellatum und Tara- zxacum officinale. Über den Lichtgenuss dieser Pflanzen habe ich mehrere Jahre hindurch eingehende Beobachtungen in der Umgebung Wiens angestellt, namentlich im Prater, wo alle drei auf dem gleichen Boden, und abgesehen von der Beleuchtung, unter völlig gleichen Bedingungen vorkommen. Auf den meisten Wiesenplätzen des Praters finden sich anfangs Mai alle drei frei exponirt und sind hier fast der vollen Wirkung des gesammten Tageslichtes ausgesetzt. Das Maximum ihres specifischen Lichtgenusses betrug daselbst !/,.„—!/,.,, da eine absolut freie Exposition auf den Wiesenplätzen des Praters nicht stattfindet. Es ist dieses Maximum auch das Maximum des Lichtgenusses für Ornithogalum umbellatum, während die beiden anderen Pflanzen die ganze Vegetationsperiode hindurch auch auf völlig freiem Standorte zu finden sind. Z (max) für Bellis perennis und Taraxacıum officinale ist mithin = | und nach meinen bis- herigen Beobachtungen für Ornithogalum umbellatum L (max) — hrs: Zu dieser Zeit (anfangs Mai) geht Bellis nicht in den Schatten der Au, wohl aber Ornithogalum und Taraxacum; Bi med), = '.., (ilman)) = 0:312), letzteres’ bis L (med) =!/, (7 (max) = 0152). Das mittlere, durch die Bäume der Au gebildete Schattenlicht, bis zu welchem Ornithogalum Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 42 636 I), Wiesn sr, vordringt, beträgt mithin 1/,., des gesammten Tageslichtes, und der correspondirende Werth bezüglich Taraxacum beträgt !),. Im Mai nähert sich Bellis den Bäumen der Au bis zu einer Lichtstärke von !)/,., (im Juni geht es in den Schatten bis 1),.,). Ornithogalum umbellatum ist auf die genannte Frühjahrs- periode angewiesen, während die beiden anderen Pflanzen, namentlich aber Bellis perennis, fast die ganze Vegetations- periode hindurch im blühenden Zustande anzutreffen sind. Im April reicht Z (med) für Bellis bis !/,, im Mai bis 1/,.,, im Juni bis t/,.,. Im April beträgt Z (med) für Taraxacum officinale bis 2/,, im Mai und Juni bis */,,- Im Spätherbst verhalten sich Bellis und Taraxacum wie im Frühlingsbeginne, ihr Lichtgenuss ist wieder ein grösserer geworden. Die bisherigen Beobachtungen über den Lichtgenuss der drei genannten Pflanzenarten haben (für Wien) die folgenden Werthe ergeben: Aus der mittleren Intensität Untere bezüglich Grenze L (med) für berechnete L (max) I (max) L (med) Intensität an . 9 1/ 992 Beilis [ ENDE Re 1 0942 Ja 0235 RS ee 1 10041298 12.8 0-174 perennis | j : GE LITE 1 1:300 Us.4 0112 , anfangs Mai !/,.„— 1-3 09231090 1a. 0120 umbellatum de Taraxacum | Aptil....... 1 0'942 1; 0-106 offieinale | Mai Juni .. 1 1:300 1/\o 0:050 3. Corydalis cava L. kommt in der Ebene oder im Hügel- lande auf gedecktem Standorte vor, nicht selten (Z =), "/,) nur einer maximalen Intensität —= 0°:25—0'40 ausgesetzt. In diesem Frühlinge beobachtete ich nun diese Pflanze in der subalpinen Region (Hohenberg in Niederösterreich; Seehöhe 475 m; der Beobachtungsort hatte eine beiläufige Seehöhe von 500m) in völlig freierExposition [L = !/,..; Z (max) =0 647]. In derselben Gegend fiel es mir auf, dass auch Anemone nemorosa viel freier als in der Ebene oder im Hügellande bei uns anzu- Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 697 treffen ist.! Nimmt man nur auf die Intensität des Lichtes Rücksicht, so sollte man gerade das umgekehrte Verhalten vermuthen; denn mit der Zunahme der Seehöhe nimmt die Intensität des Lichtes, vor Allem die Intensität der sogenannten chemischen Strahlen zu; es müsste also gerade auf hoch gelegenen Standorten ein Schutz dieser Pflanze gegen das starke Licht vermuthet werden. Eine Erklärung dieser merk- würdigen Thatsache werde ich erst in einem später folgenden Capitel versuchen. 4. Anemone nemorosa.? Mitte April. max) is... 2 (max); = 07398: N med)szeicht bis 4, 522. (med))— 0.089 Aber nur bis Bamed) = 22. Kllmed)) = 02152] fandlich "dierBflanze üppie. Bea (med), teilte sielschon®ispärlichlund. wie min: schien, nicht mehr kräftig entwickelt auf. Zu Hohenberg in Niederösterreich, etwa in einer Seehöhe vonr5001. and ich E (max) = 2, K (max) =1073921: 5. Lamium purpureum. L (max) = 1, sowohl im April .als Mai; normal entwickelt geht sie bis !/,, später bis !/,... Auch in viel tieferem Schatten habe ich sie ausnahmsweise auch, aber in entschieden etiolirtem Zustande, blühend gefunden (siehe oben S. 607). 6. Laminm maculatum, April—Mai. L=1).,—!s [7 (max) = 0°800—0 :150]. 7. Cardaria Dryaba, Mai L = 1—!/,, U (max) = 1'200 bis 0120). 8. Sisymbrium Alliaria. Mai L = !/,—!/, ,; bei !/,, schon armblättrig. 9. Salvia pratensis. Mai L= 1—!)/,., [[ (max) = 1'200 bis 0'480]. 10. Hepatica triloba fand ich im April blühend bei Z_ = nr 2% Hay) =.0.555 04166], und zwar habe’ ich 1 Wie mir Herr Dr. K. Fritsch, dem ich die auf Corydalis cava und Anemona nemorosa bezugnehmenden oben angeführten Daten mittheilte, sagte, kommen auch andere in die subalpine Region hinaufsteigende Pflanzen, z.B. Scilla bifolia, in der Höhe freier exponirt als in der Ebene vor. 2 Wenn kein anderer Standort angegeben ist, so ist als Beobachtungsort Wien und nähere Umgebung zu verstehen. 42% 638 J. Wiesner, dieselbe im Buchen- und im Föhrenwalde genau beobachtet. Während im unbelaubten Buchenwalde die Lichtstärke im April etwa !/,., bis 1/, beträgt und nur im Schatten des Haupt- stammes bis !/, sinken kann, beträgt die mittlere Lichtstärke innerhalb des Föhrenbestandes (selbstverständlich bei Aus- schluss seitlichen Himmelslichtes) t/,, [I (max) = 0°099]. Stehen die Bäume, was ja für den Föhrenwald Regel ist, nicht dicht neben einander, so wechseln hellere Stellen des Wald- bodens mit dunkleren ab. Ich fand nun Hepatica im Föhren- walde nie an den stark beschatteten, sondern stets nur an den helleren Stellen; beispielsweise niemals am Grunde der Stämme, während sie im Buchenwalde an solchen Stellen häufig zu finden ist. Im belaubten Buchenwalde findet man beblätterte Exem- plare von Hepatica bis zu einer Intensität von !/,, und hin und wieder auch noch darunter. Es trittalso diese Pflanze im Buchen walde.bei niedereren Pichtintensirarenr ale im Föhrenwalde auf. Der Grund dieses verschiedenen Ver- haltens liegt in der frühen Blattentwicklung dieser Pflanze, welche sich vollzieht, bevor der Buchenwald noch belaubt ist. Während der Blattentwicklung der Zepatica im Buchenwalde (Mitte April) ist dieser noch wenig belaubt, und die Licht- intensität des Buchenschattens beträgt in dieser Zeit 1/,—!),. Bei dieser Lichtintensität kommen also die Blätter der Hepatica zur Entwicklung, aber sie bleiben erhalten und functioniren noch bei viel geringeren Intensitäten. So erklärt es sich also, dass Hepatica im Buchenwalde in tieferem Schatten als im Föhrenwalde vorkommt; in beiden findet sie genügend Licht zur Blattentwicklung, aber sie erträgt stärkere Beschattung als ihr im Föhrenwalde zu Theil wird. Hepatica blüht also bei !/..„—!/,, gewöhnlich bei !/),—!/; [Z (max) = 0:499—0'333, I (med) = 0:242—0:166] und ent- wickelt die Blätter bei 1/),—!/, [I (max) = 0.123 —0:329; I (med) = 0:062—0:171]. Herangewachsen finden wir die Blätter normal und functionirend bis !/,, und darunter (im äussersten Falle bei !/,, [I (max) = 0:036], aber schon nicht mehr assimilirend und desshalb verkümmernd). Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 639 Um zu erfahren, wie die Laubentwicklung von Hepatica triloba bei verschiedenen Lichtintensitäten und sonst gleich- bleibenden Vegetationsbedingungen vor sich geht, wurden mit jungen Blattanlagen versehene Pflanzen von Mitte April bis Mitte Mai unter gleichen und möglichst günstigen Vegetations- bedingungen, aber verschieden und genau controlirten Licht- verhältnissen, eultivirt. Bei 7 = 1 (max) =1’250; I (med) = 0598] entwickelten sich derbe hellgrüne Blätter, welche im Durchschnitte folgende Dimensionen hatten: Blattstiel — 29 mm Banse der Spreite — 18 Breitenden Spkeite, — 29 Bez mas) — 07 (med) = O:1leq]| ent wickelten sich Blätter von durchaus normaler Grösse und normalen Abmessungen: Blattstiel durchschnittlich = 108 mm Länge der Spreite 3 Breite der Spreite — 60 Beier — all (max 30398, N (med), 10: 082]Edess- gleichen, nämlich Blattstiel durchschnittlich = 100 mm Länge der Spreite = 34 Breite der Spreite —uo9 Bern Ns max); 0066571. (med) 0,033] waren schon die Blattstiele sichtlich überverlängert und die Spreiten reducirt. 1 Es war bei der Cultur im Freien, beziehungsweise im Gewächshause nicht möglich, genau jene Lichtintensitäten herzustellen, bei welchen im Freien die Blattbildung beobachtet wurde. 2 Die im Freien zur Entwicklung gekommenen Exemplare nehmen auf jenem Standorte, welchem die cultivirten entnommen wurden, fast genau die- selbe Dimension an. Doch habe ich im Freien hin und wieder Blätter dieser Pflanze angetroffen, welche weitaus grösser waren. So fand ich beispielsweise am Kahlenberg ein Exemplar, dessen Blätter 61 mm lang, 115 mm breit waren und dessen Blattstiel 135 nm betrug. 640 J. Wiesner, Höchst auffallend war der etiolirte Charakter der Versuchs- pflanzene bei, Z = 1) Em) I0R03 3 Ge OPER indem der Blattstiel eine Länge von 145 mm erreichte, die Lamina aber im Durchschnitt blos 22 mm lang und 32 mm breit war, die Oberseiten der blassgrünen Blätter waren stark concav. Im Dunkeln hatten die Blattstiele eine durchschnittliche Länge von 174 mm erreicht, während die Abmessungen der chlorophylllosen Lamina bloss 11, beziehungsweise 17 mm ° betrugen. Piiese Versuche lehren, dass der fach sehesefter genuss der Blätter von Hepatica triloba dem optimalen Prehtbedürinisse dieser Pflanze entspricehr indem veduernrter, Blättern, wie solche kunsthichebeispapere halb oder oberhalb der dem factischen Lichtgenusse entsprechenden Pichtintensitäten sezogen werden können, in der Natur nicht zur Ausbildung kommen (siehe ‚oben. S. 607). Dier factische Pichtoenusszdreses Pflanze entspricht somit der zweckmässigsten Be- leuchtung; Individuen, welche unter anderer als der optimalen entsprechenden Beleuchtung vorkommen, gehen im Freien, offenbar in Folge Concurrenz mit anderen Pflanzen, zu Grunde. 11. Orobus vernus. Ende April, anfangs Mai. L= 1/,—Y.. 12. Chelidonium majus. Blattentwicklung bei L=1\,—1/z.5 im April; Blüthe Ende April und Mai bei !/,—!/,, im Juni und Juli geht diese Pflanze noch tiefer in den Schatten. 13. Capsella bursa pastoris. Blüht im März und April bei L=1-—!/,, im Mai bei 1—!/,, und scheint im Juni und Juli noch tieferen Schatten aufzusuchen. 14. Euphorbia Cyparissias blüht im April bei !/,.„— "3:9; im Mai und Juni im Walde selbst noch bei L= 1... 15. Lithospermum arvense L. Anfangs Mai ist L=1—!),. 16. Cynanchum vincetoxicum. Ende Mai, anfangs Juni. Nach zahlreichen Beobachtungen wächst diese Pflanze im Breien ber» —.,. ".. (max) 0:045] Speyer schon deutlich verkümmert. Sie blüht bei L=!/.„— 1 [7 (max) = 1— 0'068]; bei Y/,,— "/s; ist sie schon armblüthig (siehe Curventafel 1). Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 641 17. Convallaria maultiflora. Mai. Blattentwicklung bei u N... Blüthe bei 2 = N, he 18. Parietaria erecta. Starkes Wachsthum der Vegeta- Bonsorsane im, Mai; =). ./, I (max) = 072117 0:150]. Im uni wvachsene und, blühend}; 2 =... KH (may) = — 0:229—0:023]. Bei der stärksten Beleuchtung, welche diese Pflanze im Sommer verträgt, sind die Blätter klein, blassgrün, die Stengelglieder kurz, und es werden nur wenig Blüthen gebildet. Auch die im Minimum der Beleuchtung zur Ent- wicklung gekommene Pflanze hat relativ kleine Blätter und bringt nur wenige Blüthen hervor. Die oben angegebenen Werthe für Z bezeichnen die Stärke jenes Lichtes, welches Parietaria von aussen bekommt, das sie also im Schatten jener Holzgewächse, unter welchen sie sich aufhält, empfängt. Durch Selbstbeschattung sinkt für die tiefer stehenden Blätter dieser Pflanze der Werth noch beträcht- lich tiefer. 19. Thymus serpylium. L = 1—"/,., Juni. I (max) = 1'412 D12,02950] 2.2 (med) = 05722 0.171. 20. Sedum acre. L=1—!),... I (max) = 1:352—0:642. I (med) = 0:676—0: 342. 21. Prenanthes purpurea. Üppiges Wachsen und Blühen Bee med) — 2, hal 7 (med) 10099705033, B 1 2 med), = — 9 Vs, August, zu Kirchdorf in Oberösterreich [7 (med) = — 0:055—0:037] nur verkümmerte Blüthen hervorbringend oder gänzlich blüthenlos. 22, .Beobach.umgen über ein ae Gresen Diese Pflanzenfamilie bietet in Bezug auf den Lichtgenuss ein höchst interessantes Verhalten dar. Einige, namentlich die cosmo- politischen Species, sind den verschiedensten Lichtstärken angepasst, während wieder andere auf bestimmte, wenig ver- änderliche Lichtintensitäten angewiesen sind. Es scheint dies namentlich bei zahlreichen frei exponirten Gräsern der Fall zu sein. Sowohl bei uns, als in den Tropen gibt es Gräser, welche, freilich ohne zu blühen, in sehr tiefen Schatten reichen. Bei uns findet man Grasanflug noch bis L=!/,, [[ (max) = 0:02], ia densIropenibis /,,, (= 0019). 642 J. Wiesner, Die nachfolgend mitgetheilten Beobachtungen mögen zu weiteren Beobachtungen über den Lichtgenuss der Gräser anregen. In der Umgebung von Wien habe ich folgende Gräser bezüglich ihres Lichtgenusses genauer untersucht: Poa annna L., Dactylis glomerata L. und Hordeum murinum L. Poa annna blüht anfangs März bei 1—!/, [I (max) = = 0:893—0'297] und anfangs April bei =1—!/, [I (max) = = 1—0:25]. Bis gegen Ende April sah ich sie in Blüthe bei E=1—), Y (max) =141 04157), bis’Mitte-Mai per Dr=1 I [J] (max) =1'3—0:092]. Im Juni beobachtete ich sie bis L="/,, [7 (max) = 0'039]. Zu dieser Zeit verkümmert sie bei völlig freier Exposition auf trockenem sandigen Boden, ist aber auch auf gutem Boden bei völlig freier Exposition reducirt, bildet kurze, fast blattlose Halme und gedrungene Blüthenstände aus. Freilich wird sie hier häufig von höher sich entwickelnden Gräsern überwachsen, dadurch im Lichtgenusse eingeschränkt und kommt dann zu besserer Ausbildung. Dactylis glomerata L. Nach meinen durch zwei Jahre fort- gesetzten Beobachtungen ist L für diese Pflanze 1—!)/,, [Juni: I (max) = 1'’3—0°026]. Bei L=1—*/,, [[ (max) =1’3—0 118] fand ich die Pflanze normal mit gedrungenen breiten und dichten Blüthenknäueln, von da an bis etwa L=!/,, U (max) = — 0'045] bildet sich eine Schattenform mit kürzeren Stengeln und schmaler langgezogener Blüthenrispe aus. Auch bei hoher Lichtstärke (ZL=1—!/,.,): bleiben die Stengel kurz, aber die Blüthenstände kommen zu umso stärkerer Entwicklung. Bei L=1!)J,, [I (max) = 0'033] fand ich sie nicht mehr blühend. Solche sterile Exemplare reichen bis zu einem Waldschatten None (min) => Für Hordeum murinum in Blüthe fand ich LZ=1-—!), [Z (max) = 1:3— 0'325]. Sterile Exemplare finden sich in tieferem Schatten. Wie weit Hordeum in blüthenlosem Zustande in den Schatten reicht, habe ich nicht constatirt. Die blühende Pilanze ist, wie man sieht, in engere Intensitätsgrenzen gebannt als die beiden früher genannten Gräser. Poa dura Scop. verhält sich ähnlich und scheint noch grössere Anforderungen an das Licht zu stellen. Doch sind Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 645 meine Beobachtungen nicht ausreichend genug, um mich hier- über bestimmter aussprechen zu können. Die auf den Rasenflächen des Esbekieh-Gartens in Cairo stellenweise vorkommende Poa annua habe ich genau auf ihre Lichtverhältnisse geprüft und auch eine andere Grasart in die Beobachtung einbezogen, welche in Bezug auf ihren Licht- genuss ein sehr charakteristisches Verhalten darbietet, nämlich Stenotaphrum americanum Schrk. Dieses Gras bedeckt die nicht oder nur zeitweise und wenig beschatteten Rasenflächen des genannten Gartens, und es soll die hohen Luft- und Boden- temperaturen und die hohen Lichtintensitäten besser vertragen als alle anderen Grasarten, welche in den Gärten Cairos zur Rasenbildung versuchsweise verwendet wurden.! Wo der Boden stark und durch längere Zeit beschattet ist, tritt diese Grasart zurück. So viel ich gesehen habe (änfangs bis Mitte März), ist kassdiese Bilanze 2 1, 1. Mamas) =10,893- 07297]: Mon hier an, tiefer in den Schatten der Bäume hinein, treten neben Oxalis corniculata andere Grasarten auf. Unter diesen Gräsern habe ich nur Poa annua auf den Lichtgenuss genauer unter- sucht. Ich fand sie in den ersten Tagen des März nirgends bei L= | [I (max) = 0:752—0'839], sondern erst vom äusseren Schalen) =: 7 (max))=0.220 0:27 9bis in;dentieferen inneren Schatten der Bäume [Ficus elastica und bengalensis; L=1!/,—!/,, ] (max) =0:093—0:057], und zwar im blühenden Zustande. Dass sie in freier Exposition bei einer Intensität von 0-8 nicht, oder nur sehr vereinzelt auf den Rasenplätzen auf- tritt, während sie bei uns noch Intensitäten von I und sogar darüber verträgt, scheint wohl nur darin begründet zu sein, dass sie von Stenotaphrum auf sonnigen Standorten verdrängt wird. Anfangs März geht Poa annua bei uns nur bis !/, in den Schatten (siehe oben Seite 642). Aber selbst, wenn bei uns jene mittägliche Sonnenhöhe erreicht ist, wie in Cairo 1 Vielfach wird zur Rasenbildung in den Gärten Cairos auch eine aus Peru stammende krautartige Verbenacee: Lippia canescens Kunth mit Erfolg herangezogen. Die bewurzelten Stöcke dieser Pflanze bilden liegende, sich nicht bewurzelnde Äste, welche dicht mit kleinen Blättern besetzt sind und sich dicht dem Boden anschmiegen. Sie kommt, so viel ich zu beobachten Gelegenheit hatte, unter den gleichen Lichtverhältnissen wie das oben genannte Stenolaphrum vor. 644 J. Wiesner, zur Zeit meiner Beobachtungen (3. März; Sonnenstand zu Mittag in Cairo 53°18”), d. i. Mitte April, so ist sie noch nicht bei so niederen Lichtstärken wie in Cairo zu finden. In einem späteren Capitel wird diese bemerkenswerthe Thatsache dis- eutirt werden. In Java habe ich den Lichtgenuss von zwei dort gemeinen Gräsern genau verfolgt; es sind dies Paspalum platycaule Poir. und Orthopogon Burmannii R. Br.! Das erstere dieser beiden Gräser geht steril allerdings bis L= !j., Y (max) ='0”053], aber’ blühend fand ich’es nurbei L=1-—!)J, [I (max) = 1’582—0:52]. Aber selbst innerhalb dieser engen Grenzen der Beleuchtung verhält sich die Pflanze verschieden, indem sie bei L=1 kleine Blätter und gedrungene Blüthenstände ausbildet und auch bei L=!/, reducirt erscheint, hingegen bei 1/,.„—!/.., viel üppiger, sowohl was das Blatt, als die Blüthenstände anbelangt, ausgebildet ist. Das oben genannte Orthopogon blüht auch an schattigen Stellen. Wodurch dieses Gras aber ausgezeichnet ist, das ist die Fähigkeit desselben, blüthenlos bis in eine Tiefe des Schattens einzudringen, wie kaum ein anderes Gras und vielleicht keine andere phanerogame Pflanze der Tropen. Ich fand die Rasen dieses Grases unter Cynometra noch bei L=!/,, [/ (max) = — 0:032], in kleiner Menge unter diesem Baume selbst noch bei, — "/., U (max) = 0.019; 7. (med) = 07008 amspren- weisen Anflügen im Schatten einer Myristica moschata bei DL K (max) = 0:016], aber nichtmehr im’ Schattenzdes tieisten Balmendickiehts, nämlich per DU 2 Ka — ONE Almee)) = VW] 23. Flechten. Von grossem Interesse wird es sein, die Lichtverhältnisse der Flechten kennen zu lernen. Meine ge- legentlich angestellten, diese Pflanzengruppe betreffenden Licht- messungen mögen hiezu anregen. 1 Nach Bestimmungen, welche ich Herrn Dr. V. Schiffner verdanke. In Betreff der zweitgenannten Pflanze theilt mir Herr Dr. Schiffner mit, dass die von mir beobachtete Pflanze unter dem Namen Orthopogon Burmanniüi R. Br. (Oplismenus Burmannii P. Beauv.) gehe, dass sie aber eine andere, neue Species repräsentire, welche er unter dem Namen Orthopogon Wiesneri beschreibt. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 645 Da die Flechten, welche ich in Buitenzorg beobachtete, derzeit noch nicht bestimmt sind, so beschränken sich meine Angaben bloss auf europäische Arten. Dass die an der Polar- grenze der Vegetation auftretenden Flechten das volle dort herrschende Tageslicht geniessen, kann man mit Bestimmtheit aussprechen, denn die auf der trockenen Tundra vorkommenden Flechten haben keinerlei Deckung, für sie ist Z während des ganzen nordischen Tages nahezu = 1. Die Stärke des dortigen Lichtes ist aber nicht näher bekannt. Auch bei uns existiren nicht wenige Flechten, welche dem vollen Lichtgenusse ausgesetzt sind, wie Parmelia conspersa Ebr., P. prolixa Ach.! Gemauermalsı dieser beiden Arten naber ich dien inder Umgebung von Mödling auf Dolomitfelsen häufige Verrucaria calciseda D. C. auf ihren Lichtgenuss geprüft. Am besten gedeiht sie bei L = 1—1/,.” Tiefer beschattet kommt sie spär- licher fort und verkümmert bei L=!),.. Ähnlich so verhält sich die fast über die ganze Erde ver- breitete Physica (Xanthoria) parietina L.‚welche in völlig freier Exposition auftritt, aber in den Schatten geht, nach den von mir angestellten Beobachtungen bis !/,,, dabei aber verkümmert. Auch die auf den Felsen der Brühl (bei Mödling) häufige Psora lucida Sw. habe ich zwischen Z = 1—!)/,, gefunden, sie gedeiht aber bei den höheren Intensitäten (etwa 1—!/,) besser. Physcia tenella Scop. scheint sehr lichtbedürftig zu sein; ich beobachtete sie auf freien Standorten und an gedeckten nur bis 1/,. Endocarpon miniatum L. gedeiht nach meinen Beob- achtungen am besten bei L = !/,—!/,, doch fand ich sie auch bei 1—!),,- 1 Die Bestimmung der von mir geprüften Flechten verdanke ich Herrn Dr. Zahlbruckner, welcher es auch übernahm, die von mir in den Tropen untersuchten Flechten zu bestimmen. 2 Die directen Intensitätswerthe habe ich bei den auf die Flechten bezugnehmenden Angaben nicht angeführt, da die Flechten während der ganzen Vegetationsperiode functioniren und fortwährend, wenn auch langsam, wachsen. Sie sind also während dieser Periode der verschiedensten Lichtstärke aus- gesetzt. Angenähert erhält man aus L die mittleren Intensitätsmaxima, wenn man / (max) —=1 setzt. 646 J. Wiesner, Diesen lichtsuchenden Flechten stehen andere gegenüber, welche stärkeres Licht meiden und die zusagendste Beleuchtung an Baumstämmen finden, an welchen sie ausschliesslich das zumeist sehr stark abgeschwächte Vorderlicht geniessen. Dass auch lichtsuchende, aber starken Schatten vertragende Flechten, z.B. Physcia parietina L. an Baumstämmen vorkommen können, ist nunmehr selbstverständlich. Während aber diese licht- suchenden Flechten an hellen Standorten Apothecien bilden, sind sie an dunklen Stellen nicht nur unfähig, Früchte zu erzeugen, sie tragen auch sonst einen stark reducirten Charakter an sich. Im tropischen Gebiete fand ich Flechten an dem Hinter- lichte ausgesetzten Luftwurzeln der Waringinbäume noch bei Ib, (1 (aeg) = GUHSIINE Parmelia saxatilis L. und Pertusaria amara Ach. beob- achtete ich’ an Baumstammen zwischen 2 ==, l., , erstere schien am besten zwischen !/,—!/,., letztere zwischen !/,, bis 1/,, zu gedeihen. In sehr hellem Vorderlichte habe ich weder diese beiden Flechten, noch Physcia ciliaris L. beobachtet. Die verbreitete Angabe, dass die Flechten an die Nordseiten der Stämme gebunden seien, kann ich nicht bestätigen.! Häufig wird man wohl an den Stämmen unserer Bäume an jener Seite, welche von dem herrschenden Winde bestrichen sind, eine starke Flechtenansiedlung finden. Von dieser Seite her erfolgt die reichlichste Aussaat der Flechten, und wenn sie an dieser Seite günstige Vegetationsbedingungen finden, so werden sie sich hier am üppigsten entwickeln. Der Stamm empfängt- aber Flechtensporen und Soredien, wenn auch im verminderten Masse, von allen übrigen Seiten, und es werden dann die Flechten sich überall ansiedeln, wo sie die Bedingungen für ihre Existenz finden und dort am reichlichsten auftreten, wo diese Bedingungen am vollkommensten erfüllt sind. Die licht- suchenden Flechten werden an den hellsten, die lichtscheuen 1 Die Moose, welche mehr Feuchtigkeit als die Flechten verlangen, siedeln sich an jenen Stellen der Baumstämme an, welche sich am längsten feucht erhalten, und kommen deshalb so häufig an den Nordseiten der Stämme vor. Auch manche Flechten scheinen aus demselben Grunde die Nordseiten zu bevorzugen. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 647 an den dunkelsten Stammseiten sich am reichlichsten ent- wickeln. Die Orientirung der Helligkeit an den verschiedenen Seiten des Stammes ist nur an freistehenden Bäumen von der Weltgegend abhängig, sonst aber nicht. Denn ein am nördlichen Waldrand stehender Baumschaft empfängt von Norden mehr Licht als von Süden, ein mitten im dichten Waldschluss stehender Baum empfängt von allen Seiten her annähernd gleich starkes — oder richtiger gesagt in gleichem Masse geschwächtes — Licht u. s. w. Am Südrande des Waldes, wo Z für den Baumschaft sich über !/, erheben kann (ich habe an solchen Schäften im Juni I bis auf O°8 steigen sehen), fehlen alle lichtscheuen Flechten, während daselbst Physcia parietina sehr gut fortkommt. Par- melia caperata L. habe ich an derart situirten Schäften oft beobachtet. Die lichtscheuen Flechten finden sich hier an der Nordseite des Stammes. Umgekehrt können an einem am Nordrande des Waldes stehenden Baume die lichtscheuen Flechten an der Südseite und die lichtsuchenden an der Nord- seite des Stammes auftreten. Im Waldschlusse ist bis zu einer bestimmten Tiefe die Wetterseite das für die reichste Ansiedelung von Flechten aus- schlaggebende Moment. Noch tiefer in den geschlossenen Wald hinein, wo das Vorderlicht der Stämme bis auf 1), —"/300 [im Hochsommer ist dann / (max) = 0:005—0:008] reicht, kommt an derartig situirten Baumstämmen nur mehr ein Soredienanflug vor, während ich in den Tropen bei / (max) — 0:005—0:006 noch sterile Thallusformen gesehen habe. 24. Tropische Orchideen. Im Jänner 1894 habe ich im Orchideenquartier des botanischen Gartens in Buitenzorg zahl- reiche Lichtbestimmungen vorgenommen. Die dort cultivirten epiphytischen Orchideen sind auf den Stämmen von Plumiera-Arten (Apocyneen) cultivirt und werden von dem Laube hochstämmiger Kadongdongs (Zvia acida DC., Spondiaceen) überschattet. Die Helligkeit des im Orchideenquartier herrschenden dif- fusen Oberlichtes betrug durchschnittlich 1/, .., des gesammten Tageslichtes [/ (max) = 0°013],.das diffuse Vorderlicht an den Stämmen der Plumiera-Bäume durchschnittlich !/—'/,,; des 648 J. Wiesner, gesammten Tageslichtes [/ (max) =0:025—0:023), das Hinter- licht %/,,—!/ogı [7 (max) = 0:018—0°016]. Bei Sonnenbeleuch- tung steigerte sich die Intensität des einstrahlenden Oberlichtes derart, dass dasselbe !/,.—!/,., des gesammten Tageslichtes betrug [/ (max) = 0:319—0 194]. Folgende Orchideen fand ich daselbst blühend und in guter Entwicklung vor: Agrostophyllum javanicum Bl., Eria ornata Lindl., Spathoglossis plicata Bl., Thelasis carinata Bl. Für die genannten Orchideen scheinen die daselbst herrschenden Licht- intensitäten auszureichen. Hingegen dürften folgende daselbst beobachteten Orchideen, nach ihrem Aussehen zu urtheilen, nicht mehr die für sie erforderlichen Lichtintensitäten gefunden haben: Thelasis elongata Bl., Dendrobium acuminatissimum Lindl., Coelogyne Rochussenii T. etB., C. Lowei Pont., ©. macrophylla Pont., Vanda tricolor Lindl. und Oncidium ampliatum Lindl. Alle diese Orchideen sind nach der Art der Ausbreitung ihrer Organe vor Allem auf das Oberlicht angewiesen. Dass das im ÖOrchideenquartier herrschende, so ausserordentlich geschwächte Vorder- (und Hinter-) Licht für die Entwicklung der Orchidee: Taeniophyllum Zollingerii Reichenb. fil. nicht ausreicht, geht aus der Thatsache hervor, dass diese in Buiten- zorg überall an den Schäften der Bäume platt auf der Rinde wie eine Flechte sich ausbreitende und desshalb gänzlich auf Vorderlicht angewiesene Orchidee in dem genannten Garten- bezirke fehlt. Die grünen Vegetationsorgane dieser Orchideen bestehen bekanntlich aus Wurzeln, welche Träger des Chlorophylis sind, mithin als Assimilationsorgane fungiren.! Der Stamm ist ausser- ordentlich verkürzt und trägt die kleine Blüthe und später die nicht minder unansehnliche Frucht. Die parallel zur Stamm- oberfläche plattgedrückten Wurzeln breiten sich auf der Stamm- fläche etwa radienförmig aus und erreichen die Länge von mehreren Centimetern. 1 Über die Kohlensäureassimilation durch Luftwurzeln der Orchideen (speciell bei Angrecum funale) siehe Pfitzer, Grundzüge einer vergleichenden Morphologie der Orchideen, Heidelberg 1882, S. 20. — Über die Lebensverhält- nisse des Taeniophyllum Zollingerii, siehe Göbel, pflanzenbiologische Schilderungen I, S. 193 ff. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 649 Zahlreiche Intensitätsbestimmungen, welche ich bezüg- lich des wirksamen auf Taeniophyllum einfallenden Lichtes zwischen dem 10. December 1893 und 3. Februar 1894 ange- stellt habe, lieferten folgende Ergebnisse: JE I (max) I (med) Grenzen der Entwicklung........ Ua—lYsg 0°533—0'050 0:166—0'015 Üppigste Entwicklung .......... 2, —1/gt 0:228—0:177 0:071—0:055 Verkümmerung in Folge zu geringer Bichuintensität Jy.y. 2.2): 1/sg 0:050 0015 Verkümmerung in Folge zu hoher Iehemtensttase ne Io—!z 0-:811—0':533 0:251—0'166 Blüthen wurden beobachtet...... in 20 0205 707010062 Das nee anıdlenientropiische, Epipkiyiienz und Schattenpflanzen. Während Taeniophyllum im Orchideen- quartier aus Lichtmangel fehlte, war das daselbst auftretende "Licht ausreichend für den auf Java gemeinen epiphytischen Farn Acrostichum spicatum L. Nach den daselbst und an anderen Orten angestellten Lichtmessungen kommt dieser Farn Bucher —.n. mas), — 03073] vor; allein bei 2 =. bis 2). |7 (max) = 0:133—-0:073] bringt dieser Farn keine Sporen mehr hervor. Bei DL =". Y (max) = 0160] sedeiht derselbe sehr gut. Ich habe oftmals an den Lichtseiten dicker, stark be- schatteter Baumstämme Taeniophyllum neben Acrostichum gesehen; hingegen fehlte nicht selten an den Schattenseiten dieser Bäume das erstere, während das letztere, oft noch in sporenerzeugenden Individuen, auftrat. Dies brachte mich an- fangs auf die Vermuthung, dass erstere Pflanze lichtbedürftiger als letztere sei. Eine genauere Untersuchung lehrte aber, dass sich die Sache gerade umgekehrt verhält. Wie schon oben bemerkt wurde, ist Taeniophyllum auf das Vorderlicht ange- wiesen. Hingegen benöthigt Acrostichum, auch wenn es an Baumstämmen auftritt, hauptsächlich Oberlicht. Prüft man nun an Ort und Stelle die Stärke des Ober- und Vorderlichtes, so ergibt sich in allen jenen Fällen, wo an den Lichtseiten der Stämme Taeniophyllum neben Acrostichum auftritt, an den Schattenseiten hingegen das erstere fehlt, dass das Oberlicht 1 Die üppigsten Exemplare, die ich beobachtete, waren blüthenlos. 650 Vs J. Wiesner, stärker als das Vorderlicht ist, und dass das letztere weniger als 1/., des allgemeinen Tageslichtes beträgt. Wo gut ent- wickelte, wenn auch nicht fructificirende Exemplare von Acro- stichum spicatum vorkommen, besitzt das Oberlicht zum min- desten den zweiundzwanzigsten Theil des gesammten Tages- lichtes. | Zu den gemeinsten Epiphyten Javas gehört der Farn Drymoglossum numnlariaefolium Mett. Für denselben wurde gefunden L='!/,,—"/o-s [] (max) = 0'363—0 138]. Am kräftig- sten entwickelt ssiell derselben ben Dr, 5 mas = 0:193—0:169]. Bei L=1/,—!/, 7 (max) = 0-400— 07320] bleiben sowohl die Laub-, als die Fruchtblätter klein und waren schon grün-gelblich gefärbt. Bei L =1/, hatten die Laubblätter eine Länge von 10 — 12 mm, die Fruchtblätter von 14 — 17 mm; bei !/, die ersteren eine Länge von 18 —2U mm, die letzteren von 48—68 mm.! Bei L=1!/,, ] (max) = 0°16] und darunter nimmt die Blattgrösse wieder ab.? Der vielgenannte charakteristische Farn Asplenium Nidus kommt gewöhnlich am Stamme der Bäume im tiefen Schatten vor. Doch lehren die photometrischen Untersuchungen, dass derselbe sich auch höheren Lichtintensitäten anzupassen ver- mag. Ich constatirte für denselben L=!j, —.,; 7 may) = — 0:4—0:042]. Thatsächlich findet sich diese Farn manch- mal hoch oben in der Laubkrone der Bäume; schon der blosse Anblick lässt da eine verhältnissmässig hohe Lichtstärke ver- muthen. Am häufigsten fand ich denselben bei L=1,—-!/, [/ (max) = 0 :198—0 113], und zwar stets in gut entwickeltem Zustande, Im tiefen Schatten der Waringin-Allee in Buitenzorg beob- achtete ich constant zwei Caladien, ferner den Farn Helmintho- stachys ceylanica Presl. An vorübergehend besonnten Stellen der Warringin-Allee sah ich häufig Leucas linifolia Spreng,, 1 Selbstverständlich wurden nur vollkommen ausgebildete Blätter ge- messen. Die oben angegebenen Masse beziehen sich auf getrocknete Blätter. Die Exemplare, welche zur Messung dienen sollten, wurden als Herbarexem- plare eingelegt und erst in Wien gemessen. 2 Über die Beziehung der chemischen Lichtintensität zur Grösse des Blattes siehe Photometr. Unters., I, S. 330 ff. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 651 eine einjährige Labiate. Die Lichtintensität im Schatten der Waringinbäume (Ficus Benjamina) beträgt !/, ,., des gesammten Tageslichtes [/ (max) = 0'138]. Die Intensität des einfallenden Sonnenlichtes betrug im Mittel !/,., des gesammten Tages- lichtes [/ (max) = 0'446]. An den Vorderseiten der Stämme und mächtig entwickelten Luftwurzeln der Waringinbäume fand ich Asplenium Nidus, Acrostichum spicatum und Drymoglossum numnlariaefolium. Die Hinterseiten der Stämme und Wurzeln waren frei von Epi- phyten, nur ein spärlicher Flechtenanflug war an diesen Stellen zu sehen (siehe oben S. 646). In Buitenzorg beobachtete ich eine im Boden wurzelnde kleine Rubiacee, nach gefälliger Bestimmung des Herrn Dr. Schiffner Geophila reniformis Don., welche unter allen von mir im Tropengebiete beobachteten krautigen nichtepiphytischer Dicotylen am tiefsten in den Schatten dringt. Blühend fand ich Sesnoeh bei — 27 1 (mass) = 0020: 70 med), =. 0x9 Blüthenlos geht sie beinahe so tief wie das oben genannte Gras Orthopogon Burmannii in den Schatten. Viertes Capitel. Der Liehtgenuss der Bäume und Sträucher der gemässigten Zone. Es ist bei einiger Überlegung eigentlich selbstverständlich, dass jedes Holzgewächs, Baum oder Strauch, ob es auf völlig freiem Standort erwächst oder ob es von grösseren Holz- gewächsen überschattet wird, im jugendlichem Zustande mehr Licht geniesst als in den späteren Stadien der Belaubung. Es vermindert sich mit fortschreitender Entwicklung der Iiehschnittliche Lichtgenuss: Diese’ Lichtvermin: Berne sehreitet aber nur bis zul einer bestimmten Grenze vor, und es wird endlich, nach: Erreichung emes Arichtminimums der” durehsehnittliche. Licht genuss stationär. Diese Thatsache ist mir zuerst bei den in den Tropen aus- geführten Lichtmessungen entgegengetreten. Ich habe mehrere Ficus-Arten (F. elastica, bengalesis und benjamina) auf ihren Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 45 652 J. Wiesner. Lichtgenuss geprüft und war erstaunt, zu finden, dass Bäume von den riesigsten Dimensionen nur wenig oder gar nicht von Bäumen mittlerer Grösse und selbst von noch jungen Bäumen im Lichtgenuss abweichen. Nicht im Entferntesten nimmt der Lichtgenuss in dem Verhältniss ab, in welchem der Baum seine Laubkrone entwickelt; es ist vielmehr im grossen Ganzen der Lichtgenuss einer Baumart, von einem bestimmten Ausbildungs- zustande an, constant, indem das durchschnittliche Innenlicht einen bestimmten Intensitätswerth nicht unterschreitet. Selbstverständlich ergeben sich in dieser Beziehung nicht nur mehr minder weit gehende individuelle Schwankungen, sondern es zeigt sich auch rücksichtlich des Lichtgenusses eine gewisse typische Variation der Baum- und Straucharten. Eine Hängefichte, deren Blätter hauptsächlich auf Vorderlicht angewiesen sind, wird voraussichtlich andere Lichtverhältnisse als eine gewöhnliche Fichte, deren Blätter hauptsächlich Ober- licht geniessen, darbieten. Auch gibtesnach dem Lichtbedürfniss mancherlei Culturformen von Bäumen. Die in bestem Garten- boden freistehend cultivirten Buchen, Rosskastanien und andere Bäume zeichnen sich durch ungemeine Tiefe ihres Schattens aus. Solche Bäume haben oft schon eine beträchtliche Höhe und beginnen kaum den Hauptstamm zu reinigen. Die unteren Äste solcher Rosskastanien hängen oft schon bis zum Boden hinab und sperren den Eintritt des Lichtes. In solchen Bäumen sinkt das innere Licht auf ein tieferes Minimum als es sonst bei diesen Bäumen der Fall ist. Wie dem auch im Einzelnen sei: jedes Baumindividuum setzt sich" von einer bestimmten. Zeit. seines; Kebenszautzein bestimmtes Lichtminimum, indem seine älteren Organe in dem Masse absterben oder sich in ihrer Entwicklung einschränken, in welchen der Baum neue Organe erzeugt.! Bei immergrünnen Bäumen dauert dieser Zustand, von einer bestimmten Entwick- 1 Es soll, um Missverständnissen vorzubeugen, hier angemerkt werden, dass dieses Lichtminimum so lange stationär bleibt, als der Baum in gesundem Zustande sich befindet. Erkrankt er oder verdorren Gipfeltriebe und andere srosse Äste, was an alternden Bäumen häufig zu beobachten ist, so tritt wieder ein stärkeres Licht in die Krone ein. Ich komme indess auf diesen Gegenstand später noch zurück. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 6993 lungsgrösse an, zeitlebens, bei sommergrünen wird dieser Zustand, von einer bestimmten Entwicklungsgrösse an, alljähr- lich erreicht. In welcher Weise das Licht und andere Factoren in den Lebensprocess eingreifen, um diesen stationären Lichtzustand herbeizuführen, wird in einem späteren Capitel auseinander- gesetzt werden. Hier möchte ich nur, bevor ich die Werthe über den Licht- genuss der verschiedenen von mir in unserem, im subtropischen und im tropischen Vegetationsgebiete untersuchten Bäume und Sträucher vorführe, folgende von mir constatirte Thatsachen kurz zusammenfassen: Die eeihtinive nsırat inYden- Krone armlaubiser Bäume (z.B. der sogenannten »Schattenbäume« der Tropen; siehe unten bei Albizzia moluccana ete.) gehtnahezu parallel mit der Intensität des gesammten Tageslichtes; denn bei welcher Intensität des äusseren Lichtes man das in der Krone herrschende Licht prüfen mag, immer erhält man an- genähert dasselbe Verhältniss. DaB nipjeilanıipzen und im yBeisiinmien dien Belaubume: Sreheberimdenmde neichbelaubter Holzgemächserver- Kalrenasich in’ den sleichen Weise. Nie zumehmenden>Belaubune) solcher‘ Holz- eanvalchse, sinkt die Tichtintensität, welcher‘ die innerenLaubmassen ausgesetzt sind. Das Verhältniss Blensinnmechaln, der Baumkroner hersschendenkicnt, intensität zur Intensität des gesammten Tageslichtes ist nicht mehr constant. 4. Holzgewächse, deren Blätter bei Annahme der fixen Lichtlage sich nach dem OÖberlichte richten, also vorwiegend die horizontale Lage einnehmen (die Mehr- zahl der dichtbelaubten Bäume und viele als Unterholz auf- tretende Sträucher) weisen im Vergleichezumgesammten Tageslichte ein Mittagsminimum auf,d.h. derWerth von ZL erreicht Mittags oder, allgemein gesagt, zurZeit, wenn das äussere Licht das Maximum seiner Intensität erreicht, sein Minimum. 5. Holzgewächse, deren Blätter dem intensivsten Lichte ausweichen (z. B. Robinia Psendoacacia, deren 43 654 J. Wiesner, Blätter die Tendenz haben, sich parallel zu den Strahlen des Lichtes bei hohem Sonnenstande zu stellen), können im Vergleiche zum gesammten Tageslichte ein Mittags- maximum erreichen, es kann also Z Mittags oder überhaupt zur Zeit der stärksten täglichen Sonnenbestrahlung auf den höchsten Werth steigen. 6. Armlaubige Holzgewächse, welche einen Theil ihrer Blätter nach dem Vorderlichte, den anderen nach dem Oberlichte orientiren, weisen zwei Maxima dessinmeremal&ichtes ıma@Banifereinesı Wacessa dee eine fällt in die Vormittags-, das andere in die Nach- mittagsstunden. Abgeschwächt treten diese Maxima auch bei dichter belaubten Holzgewächsen ein. 7. Die Lichtstärke desinneren Baumlichtes weist also stets eine Tagesperiode auf, welche aber, wie die (unter 1., 4., 5., 6.) vorgeführten Typen lehren, einen Sehrnienschiedenen Nerlanifenimnmit 8. In Gebieten, in welchen eine ausgesprochene Vegetationsperiode herrscht, wie bei uns, istim Gange der Intensität des-inneren Baumlichtes auch eıme Jahresperiode nachweislich, welche bei den sommer- grünen Gewächsen nicht nur durch den Laubwechsel, beziehungsweise durch den in der Entwicklung be- gründeten Grad der Belaubunssee sebenist, sondern bei den vollbelaubten Gewächsen sich auch darin ausspricht, dass das Jahresminimum von Lin die Zeit des höchsten Sonnenstandes fällt. 9, Im Allsemeimenzistralsondteimtenenrätedesem der Baumkronmerhernschenden BichtestimaVegeile eine zum gesammten Tageslichte desto geringer,je grösser die Svärlkser des ausseren BHiemtressiert Diese Sätze stützen sich auf ein grossartiges Beobach- tungsmaterial, welches ich, vielfach von Herrn Dr. Linsbauer unterstützt, im Laufe der letzten drei Jahre gesammelt habe. Die nachfolgenden Daten haben den Zweck, den Licht- genuss mehrerer Baum- und Straucharten unseres Vegetations- gebietes übersichtlich vorzuführen. Die unsere Holzgewächse betreffenden Lichtmessungen gehen allerdings durch die ganze Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 695 Vegetationsperiode. Da aber für den Lichtgenuss die Minima von L besonders charakteristisch sind, so habe ich für die zunächst folgende Zusammenstellung (1—20) die auf die Periode Mitte Mai bis Mitte Juli bezugnehmenden Zahlen ausgewählt. In dieser Zeit ändert sich der mittägliche Sonnenstand nur wenig (62° 0’—65° 30’), so dass die Minima von ZL sich nur in geringem Grade ändern, während in dem vorhergehenden und folgenden Theile der Vegetationsperiode der mittägliche Sonnenstand bis auf 31° hinabgeht und schon aus diesem Grunde eine grössere Veränderlichkeit in den Werthen von L, selbst bei einem und demselben Baumindividuum, sich einstellt. Die mitgetheilten Daten erheben nicht den Anspruch auf Allgemeinsiltigkeit, schon deshalb nicht, weil sich dieselben bloss auf die Vegetation von Wien beziehen, und es wohl nach den oben angeführten Sätzen keinem Zweifel unterliegen dürfte, dass sich bei weitverbreiteten Baumarten je nach Seehöhe und geographischer Breite Unterschiede auch im Lichtgenusse ergeben werden. Es ist ja eigentlich, schon nach den bisher gewonnenen Erfahrungen, anzunehmen, dass die Werthe für den factischen Lichtgenuss aller Gewächse von grösserer Verbreitung sich nach der geographischen Breite und nach der Seehöhe in dem Sinne ändern müssen, dass wenigstens im grossen Ganzen mit der Zunahme der geographischen Breite und See- Dokerder Antheil’ wächst, den die Pflanze vom Ge- sammtlichte empfängt. Aber nicht nur der relative, sondern auch der absolute Lichtgenuss steht, wie ich weiter unten zeigen werde, in Beziehung zu dem Erdpunkte, auf welchem die Pflanze sich befindet. Wie dem übrigens auch sei, immerhin werden die bezüglich des Lichtgenusses der Holzgewächse erhaltenen Zahlen ein viel besseres Bild des Verhältnisses der Bäume und Sträucher zum Lichte entwerfen als die bisherigen Angaben über den Lichtbedarf der Bäume und Sträucher, und werden, wie ich hoffe, den Ausgangspunkt für derartige in physiologischer, pflanzengeographischer, forstbotanischer und gärtnerischer Be- ziehung so wichtigen Untersuchungen bilden. 656 J. Wiesner, In Bezug auf die Bestimmung des inneren Lichtes der Baumkrone habe ich noch Folgendes anzuführen. Man kann das innere diffuse Licht, das innere (directe) Sonnenlicht und das gemischte innere Licht bestimmen. Wie diese Lichtstärken zu bestimmen sind, ist aus den früheren diesbezüglichen Angaben zu ersehen. Der höchste Werth von L wird wohl bei allen Holzgewächsen oder doch bei der überwiegenden Mehrzahl der Bäume und Sträucher nahezu =] sein.! Von grösster Wichtigkeit ist die Kenntniss des jeweiligen (mittäglichen) Minimums des diffusen, innerhalb der Baum- krone herrschenden Lichtes, Z (min). Denn gerade dieses Licht- intensitätsverhältniss ist für das betreffende Holzgewächs be- sonders charakteristisch. Zur Ermittlung dieses Minimums ist grosse Aufmerk- samkeit erforderlich. Es ist vor Allem nöthig, dass bei der Bestimmung dieses Werthes das freie Tageslicht ausgeschlossen ist. Befindet man sich z.B. am Schafte einer hohen, freistehenden, schattenreichen Buche, so wird man behufs Feststellung der inneren Lichtstärke dieses Baumes einen Standpunkt zu wählen haben, zu welchem freies Himmelslicht keinen Zutritt hat, denn sonst wird das Baumlicht noch durch Tageslicht verstärkt.” Am zweckmässigsten ist es, eine Stelle innerhalb der Krone zu wählen, an welcher die Fortbildung des Baumes eben erlischt, d. i. dort, wo der Hauptstamm oder ein Ast sich reinigt, nämlich aus Mangel an Licht die Seitensprosse abzusterben beginnen. Ich gebe zunächst eine Zusammenstellung der geringsten, Mittags (Wien,Mitte Mai bis Mitte Juli) sich einstellenden inneren 1 Hempel und Wilhelm haben in ihrem vortrefflichen Werke: Die Bäume und Sträucher des Waldes, Wien 1889, S. 21, dieses Verhältniss rück- sichtlich der europäischen Holzgewächse folgendermassen ausgedrückt: »Auch die am meisten schattenertragenden Holzarten lassen sich im Forstgarten unter voller Lichtwirkung erziehen. Von an und für sich schattenbedürftigen Bäumen wird man also kaum sprechen können, wohl aber von mehr schatten- ertragenden Holzarten und minder schattenertragenden.« 2 Die Vegetation, welche im Schatten einer solchen Buche steht, befindet sich also keineswegs in dem charakteristischen Schattenlicht der Buche, sondern in einem Lichte höherer Intensität. Anders ist es im geschlossenen Buchenbestande, wo von einem bestimmten Zeitpunkte angefangen ein charak- teristisches Lichtminimum herrscht. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 697 Lichtintensität einiger Holzgewächse, ausgedrückt durch das Verhältniss zur Intensität des gesammten Tageslichtes. Z (min) I (max) 1. Buxus sempervirens ...... 1/\og?! 0:012 2. Hagus Silvatica .......... Yes? 0015 Freistehender Baum, Garten- form.? 3. Aescnlus hippocastanum ..1gg? 0:015 Freistehender Baum, Garten- form. IeRaamsısilvanioa......2... Ueo 0021 _ Geschlossener Bestand. 5. Aesculus hippocastanum . 157 0:023 Geschlossener Bestand. 6. Acer platanoides ......... Uss 0:023 Geschlossener Bestand. Merlcenfeammpesive 22...2.22.22. Is 0°:030 Freistehender Baum. SEP Nesumdo' een ne. 1/og 0'046 Geschlossener Bestand. 9. Ouercus peduncnlata ..... Uoe 0050 > » 10. Arlanthus glandunlosa..... 1/ga 0'063 Freistehender Baum. 11. Thuya occidentalis ....... 1/oo 00703 » > IN omIWS alDa ee Us 0086 » » 19, Teste 1/4 0°118 » » ld, Vals JCENRICHO 55 50040830 1 0°118 Gruppe von fünf, etwa in einem Kreise stehenden Bäumen, welche einen sechsten umgeben. Dieser mittlere Baum war (in Folge mangelhafter Beleuchtung) hoch hinauf astlos geworden. Die peripher gestellten waren nur an den Lichtseiten tief hinab beastet. Diese Föhrengruppe bringt das Lichtbedürfniss dieser Baumart klar zum Ausdruck.t OR ern larolBar 1/g 0:144 Üppig entwickelter Garten- baum. 16. Liriodendron tulipifera .. .1r.z 0:186 Einzeln stehender Garten- baum. 17. Salisburya adianlifolia.... .1/z 0'190 Freistehender Baum. 18. Populus monilifera....... Ya 0216 Baumgruppe. TISRKOKINMSLexGelsion...2.2.... Na.g 0:224 Baumgruppe, ähnlich wie bei Pinus Laricio. ; POmPaKBAderdmaoD> an en.. 1/- 0:260 Freistehender Gartenbaum. 1 Siehe oben S. 616. Bei 1—3 am Boden (im vollen Schatten des Baumes) keine. Vegetation. 3 Thuya fand ich bezüglich des Mittagsminimums sehr veränderlich, was sich dadurch erklärt, dass es seine Zweige sehr verschieden, nämlich nach dem Vorderlichte, oder nach dem Oberlichte (selten), oder endlich, und zwar oft nach einem schief von oben einfallenden Lichte, orientirt. Stets stehen die Zweige senkrecht auf das stärkste diffuse Licht des Standortes. 4 Ähnlich so verhalten sich alle lichtbedürftigen Bäume, welche häufig bei geringer Intensität des Hinterlichtes nur eine halbe Laubkrone ausbilden. 5 Mitte August beobachtete ich in der Umgebung von Kirchdorf (Ober- österreich)in einer Höhe von circa 800 m an Larix Z (min) = 1/5, 7 (max) —= — 709259: 698 InnWVileismiets L (min) I (max) 21. Corylus Avellana ........ 17,1 0'433 Strauch zur Blüthezeit. 22. Prunus spinosa.......... 3 0722 Reich blühend, noch gänz- lich unbelaubt. 23. > Be agree U, 0'433 Arm- und kleinblüthig, wäh- rend des Blühens sich be- laubend. Es mögen hier einige Bemerkungen über den Licht- senuss des Unterholzes unserer Wälder Platz finden. Jedes Holzgewächs kann im Walde als Unterholz auf- treten, wenn nur sein Lichtbedürfniss geringer ist als das der überschattenden Bäume. Ist das Lichtbedürfniss des Unter- holzes im jungen Walde aber grösser, so stirbt dasselbe desto früher ab, je mehr die Bäume sich entwickeln und je früher sie ihre volle Schattenstärke erreichen. Es kann ferner jedes auf geringe Lichtstärke gestimmte Holzgewächs im Schatten, also auch im Waldesschatten, fort- kommen, wenn sein eigenes Lichtminimum kleiner ist als die Lichtintensität des Tagesschattens, in welchem das betreffende Gewächs zu leben genöthigt ist. Es werden deshalb Buche, Rosskastanie, Ahorne etc. starkes Schattenlicht vertragen, mithin als Unterholz so lange fort- kommen können, bis die Überschattung ihr eigenes Minimum unterschreitet. In dem Masse als das ihnen von aussen, sei es im Walde oder an einem anderen Standorte, zukommende Licht geringer wird, werden sie selbst in ihrer Laubentfaltung ge- hindert sein, und eine desto kleinere Masse selbsterzeugtes Laub wird genügen, um sie auf ihr Lichtminimum zu bringen. Schliesslich reducirt das Unterholz sein Laub so sehr, dass kein einziges Blatt des betreffenden Strauches mehr im Schatten des eigenen Laubes steht. Es kommt diese grösste Ausnützung des Aussenlichtes gewöhnlich dadurch zu Stande, dass die Blätter des ganzen Strauches die Tendenz haben, sich in einer Ebene auszubreiten. Diese Ebene steht senkrecht auf der Richtung des stärksten diffusen Lichtes des Standortes und ist im Waldesschluss in 1 Die unter 21—23 angeführten Beobachtungen wurden im April und Mai angestellt und nur des Vergleiches halber der obigen Reihe angeführt. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 699 der Regel die horizontale. Man kann diese Erscheinung an zahlreichen als Unterholz auftretenden Gewächsen, z.B. an Fagus, Ulmus, Evonymus verrucosus etc. in unseren Wäldern beobachten. Eine weitere Unterschreitung der solchen Holz- gewächsen im Walde dargebotenen Lichtmenge führt zu ihrem Absterben. Im Schatten von Carpinus betulus bei L (min) = !/,, fand ich folgende Gewächse noch als Unterholz vor: Fagus silvatica Carpinus Betulus, Acer campestre, Ulmus campestris, Cornus sangninea, welche alle noch wohlerhalten aussahen; hingegen unter gleichen Lichtverhältnissen im Absterben begriffen: Sam- bucus nigra, Evonymus europaeus und E. verrucosus. Die im Waldesschatten auftretenden kraut- und stauden- artigen Gewächse empfangen zur Zeit vollkommener Belaubung der Waldbäume ein Aussenlicht, welches dem inneren Licht- minimum der Letzteren entspricht. Ob die betreffende Boden- vegetation unter jenen Verhältnissen aufwuchs, unter welchen man sie im belaubten Walde findet, erfordert aufmerksame Beobachtung. In der Regel wachsen die grünen Vegetations- organe dieser Bodenpflanzen in einer Zeit auf, in welcher der Wald noch nicht oder noch unvollständig belaubt ist. In diesen Fällen entwickeln sich häufig die grünen Vege- tationsorgane bei einer anderen Lichtintensität als die Blüthen. Bei im Sommer blühenden Pflanzen ist dann: die Intensität des Lichtes, bei welcher das Blühen vor sich geht, niederer als jene, bei welcher die grünen Vegetationsorgane sich ausbildeten. Bei im ersten Frühlinge blühenden Pflanzen, welche sich erst nach der Blüthe belauben, kommen hingegen die Laubblätter gewöhn- lich bei einer niedrigeren Lichtstärke zur Ausbildung, als die Blüthen. So z.B. bei Hepatica triloba, wenn sie im Laubwalde steht, nicht aber wenn sie im Föhrenwalde vorkommt. Da das Blühen von der Lichtintensität unabhängiger ist als die Laub- entwicklung, so wird der Standort solcher Pflanzen sich vor allem nach demLichtbedürfniss des Laubes richten (siehe oben S.638)." Aus den zahlreichen Beobachtungen über den Gang der inneren Lichtintensität im Vergleiche zum gesammten Tages- 1 Über Beförderung der Blüthenbildung durch trockenen, sonnigen Stand- ort, siehe Wiesner, Biologie, S. 61. 660 Imvileisılers lichte hebe ich nur einige wenige besonders charakteristische heraus, deren Ergebnisse auf den dieser Abhandlung beige- gebenen Tafeln graphisch dargestellt sind. a) Birke (Betula alba), hoher, relativ stark belaubter Gartenbaum. Die Beobachtungen wurden von Herrn Dr. Lins- bauer ausgeführt, und zwar in der Zeit vom Beginne der Belaubung (16. April; die ersten Blättchen waren schon aus der Knospe hervorgetreten) bis nach vollendeter Belaubung (29. Mai). Die Beobachtungen wurden täglich und bei verschiedenster Beleuchtung vorgenommen; an charakteristischen trüben und sonnigen Tagen wurden oftmals, den ganzen Tag hindurch, stündliche Messungen angestellt. Es ergab sich, dass im Beginne der Belaubung die Intensität des inneren Lichtes der des äusseren (gesammten Tageslichtes) proportional ist. Mit Vervollkommnung der Belaubung tritt Vormittags und Nachmittags ein Maximum des Lichtgenusses ein (Ende Mai etwa um 8" a. m., beziehungsweise 4° p. m.), welche durch eine starke Depression von einander getrennt sind. Der höchste Werth für Z (max) zur Zeit vollkommener Belaubung wurde =!/, gefunden, der häufigste ist 1/,. Der kleinste Werth für Z (min) ist /,, der häufigste Y/.. Je klarer der Himmel und je höher der Sonnenstand ist, desto tiefer liegt das etwa Mittags eintretende Minimum. Die Maxima treten gleichfalls desto deutlicher auf, je klarer zur Beobachtungszeit der Himmel ist. Im grossen Ganzen sinkt das zur Zeit der stärksten Be- leuchtung sich einstellende Minimum vom Beginne bis zur Vollendung der Belaubung. Eine ganztägige, am 29. Mai durchgeführte Beobachtung ist der Tafel 2 zu entnehmen. In dieser Tafel ist sowohl der Gang der äusseren Lichtintensität (gesammtes Tageslicht) als der Gang der innerhalb der Baumkrone herrschenden Licht- stärke ersichtlich gemacht, und sind in den Curven sowohl die Werthe für ZL als für Z ausgedrückt. Das Sinken des Minimums der inneren Lichtstärke vom Beginne bis zum Schlusse der Versuchsreihe ist folgender Tabelle zu entnehmen. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 661 Beobachtete Werthe von I ee U NL a Gesammtes Tageslicht Inneres Licht Z (min) 1 oral 0:834 0:333 U So 0:839 0:254 Al eMail 0... 0:875 0>219 Sn AS 0:977 0.177 10, a 1200 0: 171 a a. 1122 0:142 1), ee... 1.155 0:129 1), au ,.2.. 1200 0:109 a b) Atlanthus glandulosa Desf. Freistehender, gut ent- wickelter Baum. Vor der Beleuchtung betrug Z=!/,.,, und es blieb im Laufe des Tages die Intensität des inneren Lichtes der des totalen Tageslichtes nahezu proportional. Die Belaubung begann am 12. Mai (13895). Die Blätter des endständigen Laub- büschels sind Anfangs aufgerichtet und lassen das Licht reich- lich eintreten. In dieser Zeit hat das Innenlicht noch eine grosse Intensität und ändert sich im Laufe des Tages gleichfalls nur proportional der Intensität des gesammten Tageslichtes. Mit Annahme der fixen Lichtlage der Blätter sinkt rasch die Inten- sität des Innenlichtes, und es ändert sich im Laufe des Tages die innere Lichtintensität nicht mehr proportional der äusseren, indem zur Zeit der stärksten Insolation an klaren Tagen zwischen 11? a. m. und 1” p. m. ein Intensitätsminimum sich einstellt. Der Werth Z (min) sinkt mit fortschreitender Belaubung constant und erreicht zur Zeit der vollendeten Belaubung den niedrigsten Werth. Die täglichen, zur Zeit möglichst günstiger Beleuchtung vorgenommenen Messungen begannen am 14. Mai und wurden bis 15. Juni fortgesetzt, nachdem sich — bei gleichbleibendem Maximum der Intensität des äusseren Lichtes — ein stationäres Minimum eingestellt hatte. Am 8. Juni war die Belaubung zum Abschlusse gelangt. Ein weiteres Sinken von Z (min) in Folge 1 Im extremsten Falle, bei intensivster mittäglicher Sonnenbeleuchtung, sinkt das Minimum, wie bereits oben angegeben wurde, bis auf 1/;,. 662 J. Wiesner, des bis 21. Juni sich steigernden Sonnenstandes konnte nicht wahrgenommen werden, offenbar deshalb, weil der Unterschied im mittäglichen Sonnenstand zwischen dem 8. und 21. Juni nur ein sehr geringer ist, nämlich nur circa einen halben Grad (mittäglicher Sonnenstand am 8. Juni 64° 35°, am 21. Juni 65° 12”) beträgt. Dieser Unterschied ist nun so geringfügig, dass die aus der Erhöhung der Lichtintensität sich ergebende Verringerung des Minimums innerhalb der Fehlergrenze der angewendeten Methode zu liegen kömmt. Das mittägliche Minimum Z (min) fiel vom 14. Mai bis zum 31. Mai successive von U.., auf !/,., sank dann rasch — bis 4. Juni — auf '/,., und schliesslich bis !/,, * (8. Juni). Zwischen 14. und 31. Mai ging die innere Intensität des Baumlichtes der des äusseren Lichtes nahezu parallel, während von da ab das Mittagsminimum sich bemerklich machte. Aus der Tafel 3 ist der Gang der Intensität des Tageslichtes und der inneren Inten- sität (L und /) für zwei Beobachtungstage (22. Mai und 8. Juni) zu ersehen. c) Robinia Pseudoacacia. Ich theile meine auf diesen Baum bezugnehmenden Beobachtungen mit, weil derselbe ein ausgezeichnetes Beispiel für jenen Typus ist, welcher durch die Variabilität seines Innenlichtes sich auszeichnet (siehe Mar IV). Wie jeder andere Baum, erreicht auch die Robinie in einem bestimmten Alter ein stationäres Innenlicht, welches so lange erhalten bleibt, als der Baum sich normal erhält. Wird er gipfel- dürr oder verliert er sonst in Folge des Alters oder ungünstiger Verhältnisse grosse Äste, so nimmt er einen auffälligen krank- haften Habitus an und Hand in Hand damit geht wieder ein starker Lichteinfall, da der Baum nicht mehr die Fähigkeit der Lichtregulirung besitzt. Insoferne verhält sich also Robinia wie jeder andere Baum. Dadurch unterscheidet er sich aber von vielen anderen Baum- arten, dass die einzelnen Baumindividuen im Lichtgenusse sehr von einander abweichen. Es gibt armlaubige Bäume, bei 1 Nach anderweitig angestellten Beobachtungen kann das Minimum von Ailanthus glandulosa bis auf Y,, sinken. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 663 welchen L=!/,' und sehr dichtlaubige Bäume, bei welchen L (min) = !/,, beträgt. Die armlaubigen haben zudem ein mit- tägliches Maximum, welches nach dem Gang des gesammten Tageslichtes eine Verschiebung erfahren kann (siehe obenS. 631) und das umso deutlicher hervortritt, je grösser die Intensität des äusseren Lichtes ist. Die reichbelaubten Bäume weisen dieses Maximum nicht auf, sondern es ist im Verlaufe der Tagescurve der Intensität des inneren Baumlichtes entweder gar kein charakteristischer Punkt aufzufinden, oder es stellt sich, wie bei so vielen anderen Bäumen, ein mittägliches Minimum ein. Das Maximum erklärt sich aus dem Umstande, dass mit steigender Lichtintensität die Blättchen der Fieder- blätter sich erheben und bei genügender Lichtintensität in die Richtung des einfallenden Lichtes kommen; die Blättchen stehen dann nahezu aufrecht und lassen das Zenithlicht in die Krone stark einstrahlen. An dicht belaubten Baumindividuen wird nur ein Theil desLaubes in derPeripherie derKrone in der genannten Weise orientirt; die anderen Blätter bleiben ausgebreitet und verwehren dem Zenithlicht den Zutritt. Von dem Verhältniss der aufgerichteten zu den ausgebreiteten Blättern wird der Gang der Intensitätscurve des Innenlichtes abhängen. Bleibt die Hauptmasse der Blätter eines dichtbelaubten Baumes ausge- breitet, so stellt sich das Minimum ein. Erhebt sich die Haupt- masse der Blättchen, so tritt ein Mittagsmaximum ein. In den Zwischenfällen kann sowohl das Maximum als das Minimum ausgelöscht sein. Junge Robinien weisen, gleich den armlaubigen herange- wachsenen, an sonnigen Tagen begreiflicher Weise stets ein Mittagsmaximum auf. Auf der beigegebenen Tafel 4 ist der Gang des Innenlichtes zweier Robinien im Vergleiche zum gesammten Tageslichte dargestellt, von denen die eine dicht belaubt ist und Mittags ein Minimum der Lichtstärke aufweist, die andere laubarm ist, so dass zur Mittagszeit alle Blättchen der gefiederten Blätter auf- gerichtet sind, in Folge dessen sich ein mittägliches Intensitäts- maximum einstellt. ! In diesem Falle gibt es kein mittägliches Lichtminimum, vielmehr ein Mittagsmaximum. 664 J. Wiesner, Fünftes Capitel. Liehtgenuss einiger tropischer und subtropischer Holz- gewächse.' Cocos nucifera L. Anpflanzung in Tjikömöh. Schaft- höhe 7 m, Kronendurchmesser 8 m. Die Bäume standen in auf- einander senkrechten Reihen in diagonalen Entfernungen von 7:5, beziehungsweise 12 m. Reicher Graswuchs am Boden. ER med) — ne anuer.- 2. Elaeis gwineensis L. Anpflanzung in Tjikömöh. Höhe der Stämme 6 m, Kronendurchmesser 9 m. Die Bäume stehen in aufeinander senkrechten Reihen, in diagonalen Entfernungen von 7, beziehungsweise 14 m. Am Boden spärlicher Graswuchs und Moos Pimed)— 1. Januar 3. Pandanus furcatns Roob., 10—12 m hoch, reichlich belauberT7e (med) — 2/52, December max) 07082: 4. Pandanus Lais Krz. 6 m hoch, reich verzweigt, mit fast geschlossenerKrone. L (med) = 1/,.,.. December. /(max) =0:536. 5. Dracaena concinna Kunth. L (med) = !/,. December. ! (mar) = 0478, 6. Cordyline Rumphii Hook. L (med) = !/,,. December. (max) = 0098. 7. Araucaria excelsa Don. 10 m. L (med) = "/,.,,. Januar. 1 Wenn kein Standort angegeben ist, so bezieht sich die betreffende Beobachtung auf Buitenzorg und dessen Umgebung. 2 Die Angaben über den Lichtgenuss von Cocos und der amelaren mono- cotylen Bäume (2—6) beziehen sich nur auf das von denselben auf den Boden geworfene Schattenlicht, zu welchem sich begreiflicherweise auch noch Tageslicht mengte. Das in der Krone dieser Bäume herrschende Licht wurde nicht bestimmt, da solche hochgelegene Kronen im buchstäblichen Worte doch zu schwer zugänglich sind. Nach Vergleichen mit jungen Exemplaren von Phönix, deren mehrere Meter lange Fiederblätter noch den Boden berührten, zu urtheilen, ist das Licht zwischen den bedeckten Blättern der Krone ein ausserordentlich geringes, aber auch das zu den jüngeren Blättern tretende Licht ist wegen aufgerichteter Stellung der letzteren stark geschwächt. Die oben mitgetheilten Werthe sollen nur zeigen, in welch verschiedenem Grade das Licht jener Pflanzen abgeschwächt ist, welche in dem Schatten der ge- nannten Bäume sich befinden. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 669 8. Urostigma (Ficus) benjamineum Mig. Waringinbaum. Höhe des beobachteten Baumes 22 m, Kronendurchmesser 41 und 38 m nach gef. Messungen des Herrn Oberförsters S.H. Koorders. Im Schatten dieses Baumes wuchsen reichlich zwei Caladien, der Farn Helmintostachys zeylanica Prsl. trat in fructifieirenden Exemplaren auf, stellenweise Leucas linifolia in blühenden Exemplaren. An den Lichtseiten der Luftwurzeln Acrostichum spicatum L., Drymoglossum nummnulariaefolium Mett. und Asplenium Nidus L.. an der Schattenseite nur Flechtenanflüge (siehe oben S. 42). L (med) = 1/,,.,„. December. a0 IT med) ==0082; 9. Urostigma (Ficus) elasticum Mig. Es wurden mehrere Bäume in Buitenzorg, ferner in Cairo untersucht, und es ergab sieh, “dass Xdie Werthe, von’ 2 (med) nur unerheblich” von einander abwichen, nämlich 1/9. —"/ıs.; betragen. Höchst merk- würdig fand ich es, dass selbst Bäume von riesigen Dimensionen bezüglich der Intensität des mittleren Lichtes innerhalb der genannten Grenzen sich bewesten. Ein Baum, welcher nach den Messungen des Herrn Oberförsters Koorders in Buitenzorg einen Stammdurchmesser von 8°7 m, eine Höhe von 41 m besass und dessen elliptischer Kronenquerschnitt einen Durch- messer von 47, beziehungsweise 55 m aufwies, ergab auf Grund zahlreicher, im December 1893 und Januar 1894 vorgenommener Lichtmessungen für Z (med) den Werth !/,,. / (max) = 0: 129; I (med) 0062. 10. Albizzia Lebbek Benth. Helouan in Ägypten, anfangs Dez 189422 (med) = 4), ,; (max) = 0:088. 11. Schinus terebinthifolins Radd. Ebendaselbst zu der- selben Zeit beobachtet. Die betreffenden Bäume waren noch (voll?) belaubt und waren zur Beobachtungszeit mit Früchten beserzt. 7 (med) = !/,—!/,, Z (max) = 0:177—0: 111. 12. Xanthophyllum. vitellinum Bl. Zwischen dem 10. und 20. December 1893 wurden zahlreiche photometrische Be- Stimmungen an einem Baume vorgenommen, welcher nach den Messungen des Herrn Koorders eine Höhe von 26°5 und bei elliptischer Querschnittsform der Krone einen Durchmesser von 18, beziehungsweise 21 m besass. L(med)=!/,,, / (max) = 0'002; aim) nel (max) = 0:048. | 666 J. Wiesner, 13. Cynometra ramifloraL. Die untersuchten Bäume hatten eine Höhe von 8—9 m. Ihr Schatten war der tiefste den ich, abgesehen von einer Myristica (siehe oben) und einem Palmen- dickichte, wo L (min) bis auf !/,,, hinabging, in den Tropen überhaupt beobachtete. Im December wurde L (med) = !/,,, I max), —=0-.02 7 und) Ze (Mao beobachtet. Die Axillarknospen dieses Baumes befinden sich bis auf die obersten in so tiefem Schatten, dass sie alsbald verkümmern. Nur die Terminalknospe, seltener auch noch eine oder die andere der obersten Axillarknospen, entwickelt in der ersten Hälfte des December (durch »Ausschütten«) einen hängenden Spross mit sehr spät bei circa L (med) = !/, ergrünenden Blättern. Diese Lichtintensität fällt mit dem Ergrünen der Blätter so rasch, dass in der Regel alle Knospen bis auf die obersten verkümmern. 14. Ambherstia nobilis Wall., eine herrliche Papilionacee (Caesalpinee) aus Birmah, welche in Buitenzorg in zahlreichen Exemplaren gezogen wird. Ich habe diesen Baum desshalb genauen Lichtmessungen unterzogen, um zu erfahren, unter welchen Lichtverhältnissen die jungen, spät ergrünenden und die herangewachsenen ergrünten Blätter dieses Gewächses sich befinden. Ambherstia nobilis ist ein ausgezeichnetes Beispiel eines Baumes mit »ausschüttendem Laube«. Im December und Januar entwickeln sich aus den obersten Axillarknospen grosse herab- hängende Blattbüschel, welche zum Theile in der Peripherie der Krone, zum Theile im Inneren der Laubkrone sich befinden. Diese Blätter sind beträchtlich geringeren Lichtintensitäten aus- gesetzt als die bereits assimilirenden Laubblätter, was für sie höchst nützlich ist, damit sich in dem schwachen Lichte das Chlorophyll ungehindert entwickeln könne!. Diese jungen, verticalherabhängenden Blätter sind auf das relativ geschwächte Vorderlicht angewiesen, was für sie ebenso als Schutzmittel bei Entstehung des Chlorophylis anzusehen ist, als der Umstand, 1 Über die Chlorophylibildung bei tropischen Gewächsen, siehe Wiesner, Pflanzenphysiologische Mittheilungen aus Buitenzorg. II. Beobachtungen über Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylis tropischer Pflanzen. Diese Benchte, Bas [031 227. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 667 dass jedes Blättchen des Fiederblattes zusammengelegt ist wie ein Papierbogen, wodurch das zum Palissadengewebe in die Blätter eindringende Licht eine weitere Schwächung erfährt. Jedes zusammengelegte Blatt öffnet sich in der Richtung von der Spitze zur Basis. Das anfänglich fast farblose unterseits röthlich angehauchte Blatt nimmt nach acht Tagen oberseits eine blass grünbräunliche Farbe an, hängt aber noch vertical hinab, und istnoch wenig turgescent; zwei Tagespäter nimmt es eine lichtgrüne Farbe an, gewinnt an Turgescenz und beginnt in diesem Zustande sich zu erheben. Das Blatt wächst, sich weiter erhebend, weiter und ist erst etwa ein Monat nach dem »Ausschütten« völlig ausgewachsen. Der zu denLichtmessungen ausgewählte Baum hatte eine Höhe von 15 m und einen elliptischen Kronendurchmesser von 193, beziehungsweise 14 m und einen Stammdurchmesser von 64 cm. Die Lichtmessungen wurden zwischen dem 10. December 1893 und dem 31. Januar 1894 vorgenommen, während welcher Zeit der Baum »ausschüttete«, reichlich mit altem Laube ver- sehen war und blühte. Am Grunde des Baumes fand sich reichlicher Graswuchs, besonders Paspalum platycanle Poir. und Orthopogon Bur- mannii R. Br., beide im blüthenlosen Zustande. Das Vorderlicht, welches auf ausgeschüttetes Laub fiel, hatte in den der Peripherie der Krone am meisten genäherten Büscheln eine durchschnittliche Intensität von !/,.,, Z (max) = 0:246; im Inneren der Krone sank die Stärke des Vorder- liehtes bis auf. ./,,, / (max) = 0°110. Das auf'die Blattbüschel von rückwärts einfallende Vorderlicht sank bis auf t/,,. / (max) —= 0:051. Die jüngeren, im Inneren der Büschel befindlichen Blätter waren einer so geringen Lichtstärke ausgesetzt, dass sich dieselbe nach meiner Methode nicht mehr bestimmen liess. Die vom Büschel sich abhebenden Blätter sind gleich dem ausgewachsenen Laube hauptsächlich auf das Oberlicht ange- wiesen, unter dessen Einfluss das Blatt vollkommen ergrünt. Das diffuse (Ober-) Licht der Krone hat eine Lichtstärke von Us a0; das Sonnenlicht der Krone ist auf 1/),—!/, abge- Ben ach 7 (med) — !.., 7 (max) = 0:083. L (min) = !/,o; (max) ='0: 071: Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 44 668 Iaviiesmier, Schliesslich seien noch die Beobachtungen, welche ich über den Liehtgenuss der sogenannten Schattenbäume anstellte, hier in Kürze wiedergegeben. 15. Albizzia moluccana Mig. Dieser Baum hat für die Caffee- Cacao- und andere tropische Culturen eine hohe Wichtigkeit, da er als Schattenbaum zum Schutze der be- treffenden Anpflanzungen benützt wird!. Im Monate December 1893 führte ich in Buitenzorg, und zwar zu den verschiedensten Tageszeiten zahlreiche Messungen über die im Kronenschatten dieses Baumes herrschenden Lichtintensitäten aus. Die unter- suchten Bäume standen jenseits des Tjiliwong auf der Insel des botanischen Gartens. Die Bäume hatten eine Höhe von 9—12 m, einen Kronendurchmesser von 8—11 m und einen Stammumfang = 90—60cm. Ich erfuhr, dass diese immerhin schon ansehnlichen Bäume nur ein Alter von 1!/),—2 Jahren hatten. Die Exposition der untersuchten Bäume war eine fast völlig freie. Bien Imtensiitatdes-Bircehreszinnerhalpz der B aıae Kromerhat den Werth Pr, Ta(max) = 0,276%1nEke mem Simzi ae maBranllier, uUmlensichminten! Die Intensität des diffusen Schattenlichtes dieses Baumes (L.) schwankte zwischen Y/,.9g —"/a-90. 7 (max) = 0°733—0:476. Das durchgehende Sonnenlicht (richtiger gesagt das durch- gehende gemischte Licht bei Sonnenbeleuchtung) schwankte Mittags in seiner Intensität zwischen 1/,.„—'/;... / (max) = — 0:954— 0'892. Die relativ höchsten Intensitäten erhält man bei hohem Sonnenstande in Folge der gegen die Sonnenwirkung ge- schützten Anordnung der Blättchen. Die Unterschiede gegen- über der normalen Blattanordnung sind aber nicht erheblich, wie aus den nicht weit auseinander liegenden Grenzwerthen der Intensität zu ersehen ist. Ausser diesen, in Buitenzorg angestellten Beobachtungen über die Intensität des inneren Lichtes der Albizzia molnccana 1 Der botanische Garten zu Buitenzorg. Leipzig 1893, S. 328. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 669 habe ich an diesem und an anderen Schattenbäumen im Cultur- garten zu Tjikömöh noch Lichtmessungen vorgenommen. Ausser Albizzia molnccana werden daselbst als Schatten- bäume cultivirt: Pithecolobium Saman Benth., Cedrela serru- lata Mig. und C. odorata L. Es sind dies durchaus hoch- schäftige Bäume von beträchtlicher Höhe (bis 20 m) und einem Kronendurchmesser von 6—10 mn, welche nach einer Richtung in Entfernungen von 8 zu8m und in der darauf senkrechten Richtung von 5 zu 5 Metern über Cacao- und Caffeeculturen stehen, und bestimmt sind, die Anpflanzungen von zu starker Sonnenbestrahlung zu schützen. Die Lichtmessungen wurden zu Tjikömöh anfangs Januar 1894 vorgenommen und lieferten folgende Resultate: L I (max) 15. Albizzia moluccana Mig. .... Ya 0:531 16. Cedrela'serrulaia Mig....... en 0451 IUeRGedrelanodonaia Em an. ae 0402 18. Pithecolobium Saman Benth.. '/,. 0.354. Da diese Bäume sehr armlaubig sind, also sehr viel Licht eintreten lassen, so entfernen sich die Minima und Maxima von L nur wenig von den angeführten Mittelwerthen (siehe oben S. 619 —620). BDiürehr dieser Werne ıst, auch? schon die Stärke, jenes Lichtes charakterisirt, welches die unter diesen Schutzbäumen stehenden Pflanzungen von aussen empfangen. Das Innenlicht dieser im Schatten der Schutzbäume cultivirten Gewächse ist aber begreiflicher Weise ein viel schwächeres. Sechstes Capitel. Regelung der Laubsprossbildung durch die Beleuch- tung und durch andere Ursachen. Die Anlage der Pflanzenorgane erfolgt, wenn von einigen wenig bekannten Ausnahmsfällen, in welchen Lichtreiz die Anregung zur Entstehung von Organen gibt, abgesehen wird, unabhängig vom Lichte. Bezüglich der bei Abwesenheit vom Lichte sich entwickelnden und ausbildenden Organe ist dies selbstverständlich. Es steht dies aber auch für die Laubblätter 44% 670 J. Wiesner, ausser Zweifel. Dass auch die Laubknospen, von einigen seltenen Ausnahmsfällen abgesehen, bei völligem Ausschluss von Licht entstehen können und in der Regel thatsächlich in dieser Weise entstehen, ist, soviel mir bekannt, bisher noch nicht nachgewiesen worden. Das Studium der Abhängigkeit der Verzweigung vom Lichte und namentlich auch die Frage über die Einschränkung der Verzweigung in Folge sinkender Licht- stärke hat mich genöthigt, diesen Gegenstand zu verfolgen. Ich habe sowohl in den Tropen als hier zahlreiche diesbezügliche Untersuchungen angestellt, auf welche ich in einer anderen Abhandlung zurückkomme. Nur eine interessante Thatsache möchte ich hier anführen, weil dieselbe zum Verständniss des Nachfolgenden beitragen dürfte. Bei zahlreichen Dracaeneen und Pandaneen überzeugte ich mich, dass die Anlage ihrer Axillar- knospen in tiefster Finsterniss erfolgt. Die unter dem Schutze oft sehr mächtig ausgebildeter Blattbasen angelegten Axillar- knospen sind bei diesen Gewächsen oft nur sehr klein und wachsen erst im Lichte rasch heran. Bei Pandanus ceramicus Rumph. sind die von den Blättern noch bedeckten Axillar- knospen so klein, dass sie sich leicht der Beobachtung ent- ziehen. Erst nach der Ablösung der Blätter kommen die aus diesen Knospen hervorgehenden Axillarsprosse zur Entwicklung. Hier wie bei vielen anderen baumartigen Monocotylen tritt also der merkwürdige Fall ein, dass trotz des immer- grünen Charakters dieser Gewächse die Entwickluns: axillarer Seitenzweige erst durch partiellen Laubfall möglich gemacht wird. x Nicht nur die Anlage, sondern, bis zu einer bestimmten Grenze, auch die Entwicklung aller Organe erfolgt unab- hängig vom Lichte. Aber die normale Ausbildung aller ober- irdischen Organe vollzieht sich in strenger Abhängigkeit vom Lichte, und gerade hierbei ergibt sich eine innige Beziehung zur Lichtstärke. Über diese Beziehung, namentlich rücksichtlich der Verzweigung der Holzgewächse, habe ich im Anschlusse an schon früher mitgetheilte einschlägige Beobachtungen! hier und in den anderen von mir besuchten Vegetationsgebieten I Phot. Unters. 1. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 671 eingehende, zum grössten Theile schon zum Abschluss ge- brachte Untersuchungen angestellt, welche ich voraussichtlich bald zu veröffentlichen in der Lage sein werde. An dieser Stelle will ich bloss den oben mitgetheilten Fall über die Verzweigung von Cynometra erläutern. Es wurde oben berichtet, dass wohl die Terminalknospe zur Entwicklung kömmt, auch manchmal eine, oder seltener einige wenige der obersten Axillarknospen, alle anderen Knospen aber ver- kümmern. Die Axillarknospen des jungen Sprosses können, wie ich mich durch den Versuch überzeugte, in voller Finster- niss zur Anlage gelangen, thatsächlich entstehen sie aber in einem sehr schwachen Lichte. Mit dem raschen Heran- wachsen der ergrünenden Blätter des jungen Sprosses sinkt die Intensität des Lichtes, welches die Axillarknospen empfangen, sehr rasch, so dass nur die freie Endknospe (oder auch noch einige der obersten Axillarknospen) genügend beleuchtet sind, die anderen aus Lichtmangel verkümmern und deshalb keine Sprosse liefern. Ähnlich so verhalten sich zahlreiche andere tropische, immergrüne Holzgewächse. Es setzt desshalb bei vielen immergrünen Holz- gewächsen die Belaubung durch Schwächung des iin Der Baubikromeneindnineenden Kicehtes der Verzwer gung eine Grenze, wie denn überhaupt die immergrünen Holzgewächse gegenüber den sommergrünen rücksichtlich der Verzweigung sich im Nachtheil befinden, da durch die Ent- laubung den letzteren so viel Licht zugeführt wird, dass die Laubknospen reichlich zur Entwicklung kommen können, ein Vortheil, den natürlich die immergrünen Holzgewächse nicht geniessen!. Die Entlaubung ist nun allerdings ein wichtiger Behelffür die Verzweigung, welche, wie wir alsbald sehen werden, bei sommergrünen Gewächsen im Allgemeinen eine reichlichere als bei immergrünen ist; allein die Entlau- Bunezist nur für, jene Vegetationsgebiete vortheil- haft, wo die Lichtintensität zur Zeit der Laubent- faltung keine hohe ist. Dies ist der Grund, wesshalb in 1 Photom. Unters. I, 310 ff. 972 J. Wiesner, den Tropen, wo das ganze Jahr hindurch eine an- nähernd gleiche, und zwar sehr hohe Lichtintensität herrscht, derimmergrüne Baum dieRegel und dersich entlaubende Baum nur eine seltene Ausnahme bildet. Es ist schon oben auf die merkwürdige Thatsache hin- gewiesen worden, dass von einem bestimmten Entwicklungs- zustand eines Holzgewächses an das in die Laubmassen der- selben einstrahlende Licht auf ein stationäres Minimum sinkt. Diese Erscheinung wird nur unter der Annahme verständlich, dass von einer bestimmten Mächtigkeit eines Baumes oder Strauches an jede Weiterentwicklung der Laubsprosse eine Reduction in der Entwicklung, beziehungsweise eine Ver- nichtung und Beseitigung alter Laubsprosse zur Folge haben Muss. Diese Annahme wird durch die Thatsachen vollauf bestätigt und prägt sich in einigen längstbekannten Erscheinungen aus. Der Hauptstamm wirft in der Richtung von der Basis nach oben die Äste in dem Masse ab, als der Schatten der Krone den unteren Ästen das Licht benimmt. Bäume mit aufrechtem Wuchs und aufstrebenden Ästen (Pyramidenpappeln, Pyra- mideneichen, Pyramidenacacien etc.) können zeitlebens bis auf den Grund beästet und belaubt bleiben, weil der Lichtentzug durch den Kronenschatten fortwährend ganz minimal bleibt. Werden Äste aus der Krone ausgesägt, so treten aus dem bereits kahl gewordenen Asttheile neue Laubsprosse hervor, und wenn die Krone in den peripheren Theilen gelichtet wird, so treiben aus dem Hauptstamme adventive oder aus zurück- gebliebenen Axillarknospen entstehende Sprosse hervor. In den Wiener Parkanlagen sieht man die letztere Erscheinung an den Stämmen von Acer Negundo schön ausgeprägt: die Schäfte der ausgeästeten Bäume sind im Spätfrühling bis oben hinauf mit jungen grünen Zweigen bedeckt. Während bei der »Reinigung des Stammes und der Äste« die Unterschreitung des Lichtminimums zum Absterben der ungenügend beleuchteten Äste führt, ist die Neubegrünung des Baumschaftes und der zweiglos gewordenen Asttheile darauf zurückzuführen, dass durch die Aussägung der Krone oder durch den sonstigen Astverlust der Krone ein Licht in "Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 678 die letztere einstrahlen kann, dessen Intensität oberhalb des früher bereits erreichten stationären Minimums gelegen ist. Durch die Beobachtung lässt sich constatiren, dass jedes sich verzweigende Holzgewächs im Laufe seiner Weiterent- wicklung eine Einschränkung seiner Verzweigung erfährt. In welchem Grade dieselbe auftritt und durch welche Ursachen sie herbeigeführt wird, soll hier untersucht werden. Vorerst sei nur bemerkt, dass Holzgewächse, welche wie die meisten Palmen, die Farnbäume und noch einige später zu nennende, selbst dicotyle Holzgewächse, einen unverzweigten Stamm besitzen, natürlich keine Einschränkung der Verzwei- gung erfahren können, weil sie einen einfachen, unverzweigten Stamm besitzen. Bei diesen Gewächsen erfolgt die Verminde- rung des äusseren Lichtes durch anfängliche Lageverände- rungen! und durch die gedrängte Anordnung der Blätter. Es sind auch alle diese Gewächse auf geschwächtes Sonnen- und auf diffuses Licht angewiesen (siehe oben S. 664). Dass die Vermehrung der Laubsprosse eines Holz- gewächses nicht in dem durch die Organisation der letzteren gegebenen geometrischen Verhältniss vor sich geht, sondern früher oder später eingeschränkt wird, ist lange bekannt. Die in der forstlichen Literatur vorhandenen einschlägigen Angaben beschränken sich auf die »Reinigung« des Hauptstammes und der älteren Asttheile. Am eingehendsten haben sich mit diesem Gegenstande Wigand? und N. J. C. Müller? beschäftigt. Ersterer hat zahlreiche Fälle der »Remission des Wachsthums« genau beschrieben, ohne bezüglich der Erklärung der Erschei- nung mehr zu sagen, als sich aus dem Gesetz der grossen Wachsthumsperiode von selbst ergibt. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen fasst Wigand folgendermassen zusammen: »Mag nun das Wachsthum (der Holzgewächse) ruhig und ebenmässig einherschreiten oder in unordentlichen Sprüngen von Jahr zu Jahr dahineilen, wenn 1 Wiesner, Pflanzenphysiologische Mittheilungen aus Buitenzorg. 1. Beobachtungen über die Lichtlage der Blätter tropischer Gewächse. Diese Sitzungsberichte, Bd. 103, S. 20. 2 Wigand, Der Baum. Braunschweig 1854. 3 Botan. Untersuchungen. Heidelberg 1877. 674 Juvilesmens wir, von diesem Tact im Einzelnen absehen, die Entwicklung des Sprosses in ihrem ganzen. Verlaufe überblicken, so wird uns ein Gesetz in dem Wachsthumsgang, ein Rhythmus im Grossen nicht entgehen, so sehr derselbe auch oft durch die Unregelmässigkeit im Einzelnen verhüllt wird. Dieses Gesetz besteht aber darin, dass das jährliche Längenwachsthum in den ersten Jahren zunimmt, zu einer gewissen Zeit sein Maxi- mum erreicht und von da wieder abnimmt...«.! Was Wigand »Remission« nennt, ist zweifellos zum Theil auf die Wirksamkeit jener erblich festgehaltenen Eigenthümlichkeiten, auf welchen die grosse Wachsthumsperiode beruht, zurückzuführen, zum grösseren Theile liegen dieser Remission aber äussere Ursachen zu Grunde, vor Allem die Abnahme des dem Holzgewächs von aussen zufliessenden Lichtes. Welche Förderung die Sprosse in der ersten Entwicklungs- periode durch relativ verstärkte Verzweigung erfahren können, ist nicht Gegenstand dieser meiner Untersuchung; es soll nur, wie ja oben auseinandergesetzt wurde, gezeigt werden, welche Ursachen thätig sind, um die Verzweigung behufs Herstellung des stationären Lichtminimums einzuschränken. N.J. C. Müller hat die Einschränkung der Verzweigung genauer als Wigand, nämlich durch Feststellung der »Zweig- ordnungen« zum Ausdrucke gebracht. Als Ursachen der Ein- schränkung des Wachsthums werden aber auch nun im Bildungsgesetze gelegene Ursachen, vor Allem das Absterben des Haupttriebes (»Zusammenfliessen des Haupttriebes mit einem Seitentriebe« 1. c. S. 505) herangezogen. Wie sehr die Zahl der Zweigordnungen und der factisch ausgebildeten Laubsprosse gegen die durch die Organisation gegebenen möglichen Werthe zurückbleibt, geht aus folgender Betrachtung hervor. Setzt man den Fall, dass an jedem Spross alljährlich nur ein System von Axillarsprossen gebildet wird, so müssten in n Jahren n—1 Zweigordnungen entstehen. Setzt man weiter den Fall, dass die Zahl der sich alljährlich bildenden, aus je einem Laubspross hervorgehenden Axillar- WVisand, 1.c2s. 74. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 675 sprosse constant ist, nämlich den Werth p erreicht, so müsste, wie sich auf inductivem Wege leicht zeigen lässt, die nach n Jahren gebildete Zahl von Terminal- und Axillarsprossen den Werth (p u az} erreichen.! Eine hundertjährige Eiche müsste 99 Zweigordnungen auf- weisen; thatsächlich beobachtete ich aber an den von mir unter- suchten Eichenarten nur 5—6.” Eine fünfzigjährige Platane besässe 49 Zweigordnungen, thatsächlich constatirte ich aber Mur .Z. Ein zehnjähriger Birkenast, welcher an jedem Sprosse nur zwei Axillarsprosse alljährlich erzeugt, müsste 19.683 Laub- Sprosse besitzen. An einem dern Lichte exponirten zehn- jährigen Aste der Birke zählte ich aber bloss 238, an einem unterdrückten, schattenständigen, eben so alten Aste nur 182 Zweige, in beiden Fällen aber nicht 9, sondern bloss 5 Zweig- ordnungen. Die im Tropengebiete wachsenden Bäume müssten, da der Sprossentwicklung wegen des Mangels einer Winterruhe eine weitere Grenze als bei uns gesetzt ist, im Vergleiche zu unseren Holzgewächsen eine noch grössere Zahl von Zweigordnungen ausbilden. Thatsächlich wird aber in den Tropen im Vergleiche zur Blätterzahl gewöhnlich eine geringere Zahl von Axillar- knospen als Laubsprosse ausgebildet als an unseren Holzge- wächsen, wodurch die Verzweigung eine Einschränkung erfährt. Wie die thatsächlichen Verhältnisse bezüglich der aus- gebildeten Zweigordnungen liegen, möge aus folgender Zu- sammenstellung entnommen werden, in welche ich nicht nur typische, sondern auch extreme Fälle (höchste beobachtete Zahl der Zweigordnungen) aufgenommen habe. Ich habe zu der folgenden Zusammenstellung zu bemerken, dass ich zur Auszählung nur normale Äste auswählte, also Äste, welche weder durch natürliche Verletzung, noch durch den Baumschnitt ihres natürlichen Endes beraubt wurden, weil 1 Vergl. dagegen N. J. C. Müller, 1. c. S. 501. 2 Nach Müller bis 11 Ordnungen (l. c. S. 400 und 502), oder nach seiner Zählweise (vergl. unten S. 681) 12 Ordnungen. 676 J. Wiesner, ich sonst zu hohe Werthe bekommen hätte; ferner, dass ich zur Beobachtung stets herangewachsene Individuen wählte, obgleich sich, wie ich weiter unten zeigen werde, schon in jungen Lebensjahren der Holzgewächse das Maximum der Zweigordnungen einstellt. Endlich sei noch erwähnt, dass ich nur, wie ich mich ausdrücken möchte, physiologische Zweigordnungen bestimmte, d. i. die im ausgebildeten Zustande sich factisch ergebende Verzweigung, also auf die entwicklungsgeschicht- liche Werthigkeit der Zweige nicht Rücksicht nahm. Wenn also ein Spross als Sympodium sich entwickelte, so wurde, falls die Scheinaxe den äusseren Charakter eines Monopodiums an sich trug, dieselbe als eine Ordnung gerechnet. Es wurde also beispielsweise ein junger noch ununterdrückt sich ent- wickelnder, aus der jeweiligen, terminal gestellten Axillar- knospe (z.B. bei der Linde) sich hervorbildender Spross als einfach angesehen, obgleich er so viele morphologische Zweigordnungen aufweist, als er Jahre zählt. Physiologisch ist aber ein solcher Spross einem monopodial zur Entwicklung gekommenen vollkommen gleichwerthig. In der Zahl der Zweig- ordnungen ist weder der Hauptstamm, noch sind die Knospen inbegriffen. Die auf die tropischen Bäume bezugnehmenden Daten dieses Capitels wurden in Peradenya (Ceylon), Singapore, hauptsächlich aber in Buitenzorg festgestellt. a) Tropische Bäume. Wegen des in der Regel immergrünen Charakters dieser Bäume ist es häufig, namentlich bei hohen, mit umfangreicher Krone versehenen Individuen mit grossen Schwierigkeiten ver- bunden, eine genaue Bestimmung der Zahl der Zweigordnungen vorzunehmen. Dieser Umstand erklärt die Lückenhaftigkeit der nachfolgenden Daten. ! 1 Auf mein Ersuchen hin hatte Herr Oberförster Koorders in Buiten- zorg die Güte, an zahlreichen javanischen Holzgewächsen Bestimmungen der Zweigordnungszahlen vorzunehmen. Herrn Koorders Forschungsreise nach Celebes verzögerte die Erfüllung meiner Bitte. Die betreffenden Daten sind mir erst während des Druckes dieser Abhandlung zugekommen, so dass ich erst bei späterer Gelegenheit von denselben werde Gebrauch machen können. 7 Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 677 Es gibt in den Tropen Baumarten, welche völlig unver- zweigt sich entwickeln; die Zahl der Zweigordnungen dieser Bäume ist = O0. Die bekanntesten Beispiele sind die echten Baumfarne und die Palmen, deren nicht klimmende Formen ja in der Regel nur aus der Terminalknospe ihre Blätter entwickeln. Dessgleichen zahlreiche andere monocotyle Bäume. Aber auch dicotyle Bäume existiren in den Tropen, welche gleich den unverzweigten Farn- und monocotylen Bäumen durchwegs grossblättrig sind und unverzweigt bleiben. So habe ich Cespedesia Bonplandii Gandot. (Ochnacee), ein 10 m und darüber hohes Holzgewächs mit bis meterlangen Blättern, nur völlig unverzweigt angetroffen. Carica Papaya, sowohlmännliche als weibliche Bäume, oft S—10 m hoch, sind in derRegel völlig unverzweigt, doch kommen hin und wieder Individuen mit einer Zweigordnung vor. Tschirch bildet einen solchen einfach ver- zweigsten Baum ab.! Dessgleichen unverzweigt oder nur eine oder zwei Zweigordnungen ausbildend fand ich Astrapaea-, Bromwmea-, Cecropia-, Garcinia-, Coccoloba-Arten. Myristica- Bäume, von einer aus Amboina stammenden noch unbestimmten Art, in zahlreichen Exemplaren in Buitenzorg cultivirt, fand ich bei einer Höhe von 5—7 m nur einfach verzweigt. Eine Dios- pyros-Art, als Kajoe areng bezeichnet, an 10 m hoch, dess- gleichen. Bei Citharexylum sp. fand ich nur zwei, bei Dillenia indica L., Grewia sp. zwei bis drei Zweigordnungen ausgebildet. Sehr häufigwerden,und selbst bei enorm hohen Bäumen, nur drei Zweigordnungen ausgebildet, z. B. bei Sfrombosa-, Cinchona-, Jagera-, Hopea-Arten. Dessgleichen bei Plumiera acutifolia Poir. Aber selbst bei den grössten von mir in den Tropen beob- achteten Baumarten ging die Ordnungszahl über 5 nicht hinaus, wenn nämlich die Bestimmung an intacten Zweigen gemacht wurde. Als Beispiele führe ich an: Ficus elastica (welche indess oft auch nur drei bis vier Zweigordnungen ausbildet), Ficns religiosa, Pterocarpus indica, ein Machaerium, die riesigen Rasa- mala-Bäume (Altingia excelsa Noran.),welche ich in Tjibodas zu beobachten Gelegenheit hatte, endlich Grevillea robusta Sunn., welche aber gewöhnlich nur drei Zweigordnungen ausbildet. Die 1 Tschirch, Indische Heil- und Nutzpflanzen. Berlin 1892, S. 82 (Taf. 48). 678 J. Wiesner, Grösse desBaumes steht mit derHöhe derOrdnungszahl nicht in Proportion, denn bei Cinnamomum-Arten von 5—6 m Höhe habeichwie an dengrösstenvon mir in den Tropen beobachteten Ficus-Arten nicht selten bis fünf Zweigordnungen aufgefunden. Es ist bei der Schwierigkeit der Bestimmung der Zweigord- nungszahl nicht ausgeschlossen, dass mancher typische Tropen- baum eine höhere als die angeführte maximale Ordnungszahl aufweist. Die grosse Zahl der angestellten Beobachtungen führt zu dem Resultate, dass die Zweigordnungszahl der tropischen Holzgewächse — ob ausnahmslos oder in der Regel bleibt einst- weilen zweifelhaft — gleich Null ist oder nur einen niederen Werth besitzt.! b) Bäume, welche bei uns wildwachsend vorkommen oder im Freien aushalten. Maximale Zweig- ordnungszahl Daniıv decidaması...: oe dee 3—4 Salisburya adianthifolia........... 4 Tamanıx gallica zn... 22 2 ea 4 Gledidtschia triacanthos...-......... ) PaniaunbNa 32. MA er een h) Arlanthus glandnlosar a2... 2... B) Top ssalBann 2 ee ee © Absesiexeelsa, Her sehen nel waehiet: B) BinnSs. Daniela Tee ae ) Aesculus hippocastanum ..........- 6 Oueicus peduncwnlata.... 2-2... 23-2: 6 Robinia Psendoacacia :: 25... .....- 7 Ülmaus'sampestiis 2 ur ee. Z INOKINWSNEHGEISIOR a ae 7 Betülasalba wine N Rare 7 1 Die sehr zahlreichen Beobachtungen des Herrn Koorders (s. oben S. 676) führten im Wesentlichen zu demselben Ergebnisse. Ausnahmsweise kommen wohl auch noch höhere Zweigordnungen vor: die Complication der Verzweigung betrifft aber nur die unmittelbar das Laub tragenden Zweige. Die blattlos gewordenen Stammtheile dertropischen Holzgewächse sind durchwegs nur spärlich verzweigt. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 679 Maximale Zweig- ordnungszahl BAGPIUUSSDEHIUS ES. .02.222.e en. 8 Moa u sıhaceatanega ee nen 5 oem sale le a. Ro) Eine höhere Ordnungszahl als S habe ich trotz vieler Auf- merksamkeit, welche ich dieser Frage zuwendete, nie beob- achtet. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle beobachtete ich an unseren Bäumen 6 Zweigordnungen. c) Sträucher. Maximale Zweig- ordnungszahl BaRaSaNGTaHbOVeSscens ; .........- 2—3 WO NUSSaNn Mean See. SamDUCHSININa =. 3.222.222 Vionaaıma Dantanar nn... Philadelphus coromarius........... Bismsivum vulgane!......0...2.... SITIngar Un aaHissa seen aD + Or =] EP.» Nach den vorgeführten und zahlreichen anderen hier nicht namhaft gemachten Beobachtungen kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die Holzgewächse unseres Vegeta- tionsgebietes durchschnittlich mehr Zweigordnungen ausbilden als die des Tropengebietes. Denn nicht nur kommt in den Tropen derMinimumwerth (=0) häufig, bei unseren Bäumen und Sträu- chern niemals vor; es herrschen dort die niederen Zweigord- nungszahlen vor, bei uns die hohen. Im subtropischen Gebiete habe ich wegen kurzen Aufent- haltes nur verhältnissmässig wenige Beobachtungen angestellt. Auf meine Bitte hatte Herr Prof. Sickenberger in Cairo die Güte, namentlich während der kurzen Periode der Entlaubung, zu welcher Zeit die Bestimmungen sehr erleichtert sind, weitere Beobachtungen anzustellen. Es wurden im Ganzen 71 Arten von Holzgewächsen untersucht, von denen nur 20 Species mehr als 4 und 10 Arten 6 und mehr Zweigordnungen ausbildeten. Die überwiegende Mehrzahl wies 3—4 Zweigordnungen auf. 630 J. Wiesner, Ich führe aus unseren Beobachtungen folgende Beispiele an: Zahl der Zweigordnungen JO EHEE VON AR os 04220552: 0) JEbyol 3302.13 200099 VRR 2205054205: 1 Darsia japoniecan Nun re 1 Ademum obesum Schult............ 2 Citharexylum quadrangnlare Jacg. ..2 (vergl. oben S. 677) Grenlaro. ade an SEN 3 (vergl. oben S. 677) Banhima purpurea Er nenn: B) (GCHALONDOESUN GA 3 GnevilleaznoonstaohC Ua ereen 3 BrncwsEbemgalensisleer ee 3 Picnhsselastweanle as 3—4 (vergl. oben S. 677) op Wsno lea 3—4 Melia AR aa N 3—4 TElumaiena acntjona Noir 3 (vergl. oben S. 677) AeaelarKavanesianeNy dr 4 Incus neligiosa ler. Mus ee B) VbrzzianlEchberiRABr ame 9—6 ea elamloLıca DO 6—8 Die Holzgewächse der subtropischen Vegetationsgebiete verhalten sich sonach bezüglich der Anzahl der gebildeten Zweigordnungen intermediär im Vergleiche zu den Gewächsen der tropischen und der gemässigten Klimate. Im subtropischen Gebiete vermindert sich bereits die Zahl der Holzgewächse, welche gar keine Zweigordnungen ausbilden, und selbst die Palmen neigen schon zur Kronenverzweigung (Hyphaene the- baica) und sogar zur Buschbildung (Chamaerops humilis), indem sich vom Grunde des Stammes aus Seitensprosse ent- wickeln. Eine scharfe Scheidung der Holzgewächse nach der Zweig- ordnungszahl lässt sich allerdings nicht vornehmen; dass aber das Minimum dieser Zahl im tropischen Gebiete vorherrscht, und dass die Werthe der Zweigordnungszahl im grossen Ganzen nach den Polargrenzen der Vegetation zunehmen, wird wohl nicht in Abrede gestellt werden können. Bemerkenswerth erscheint es ferner, dass manches Gewächs mit dem Vorrücken Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 681 in ein nördliches Gebiet die Zahl seiner Zweigordnungen zu vermehren scheint. Es ist wohl nicht blosser Zufall, wenn Herr Prof. Sickenberger an Populus dilatata Ait. in der Umgebung von Cairo nur 3—4 Zweigordnungen (briefliche Mittheilung) beobachtete, während bei der bei uns cultivirten, mit dieser Species wohl identischen Populus pyramidalis Roz. von mir 6, von N. J. C. Müller! 6—8 (nach der von mir durchgeführten Zählweise, bei welcher der Hauptstamm in die Zahl der Ordnungen [»Zweigordnungen«] nicht eingerechnet wird, 5— 7) Zweigordnungen beobachtet wurden. Weitere ver- gleichende Beobachtungen in dieser Richtung wären sehr er- wünscht. Dass das Minimum der Verzweigung der Holzgewächse gerade in den Tropen zu finden ist, wo die Zahl der Zweig- ordnungen so häufig — 0 ist, hängt wohl schon mit der exorbi- tanten Grossblättrigkeit dieser Gewächse zusammen, welche ja nur in warmen und heissen Vegetationsgebieten möglich ist, weil nur dort die Bedingungen für die relativ lange Zeit in Anspruch nehmende Entwicklung solcher Blätter vorhanden sind, die ja auch eine Unterbrechung der Entwicklung nicht in: dem Masse, wie die Zweige, ertragen würden. Die Grösse der Blätter steht zum Grade der Verzweigung in einem sehr ein- fachen Verhältniss: je grösser die Blätter eines Holzgewächses sind, desto weniger möglich, aber auch desto weniger noth- wendig wird die Verzweigung des Stammes. Die grossblättrigen Baumformen erfordern aber auch schon wegen der Laubent- wicklung relativ viel Licht, und da kommt es diesen Gewächsen zugute, dass jedes sich eben ausbreitende Blatt dem vollen Lichtgenusse desStandortes zugänglich ist. Bildeten sich Seiten- triebe aus, so kämen viele Blätter im Schatten des Haupttriebes zur Entfaltung. Die Blätter unverzweigter Holzgewächse sind also nicht in Gefahr, durch sie überwölbende Laubmassen in der Entwicklung gestört zu werden, wehren aber vor der Entfaltung den sich in Folge starker Insolation ein- stellenden Lichtüberschuss durch ihre Lage zum stärksten Lichte ab (siehe oben S. 664). Im Übrigen ist die Hauptmasse 1 L.c.S.400. 682 J. Wiesner, des bereits entwickelten Laubes grossblättriger unverzweigter Holzgewächse auf geringe Lichtstärken angewiesen (siehe oben S. 664, Anmerkung). Es dürfte aber auch wohl zu beachten sein, dass ein unter den überaus günstigen Vegetationsbedingungen des Tropen- gebietes sich entwickelnder Baum nicht jener hohen Sicherung seiner Existenz als Individuum bedarf wie ein Holzgewächs eines Vegetationsgebietes, in welchem die Ungunst des Klimas die Thätigkeit eines solchen Organismus für einen langen Zeit- raum unterbricht. Bei nordischen Holzgewächsen kann auch sonst viel leichter eine Störung der Individualentwicklung (z.B. durch Reif, Frost etc.) platzgreifen, als bei Bäumen der warm- feuchten Tropengebiete. Während das Leben einer Palme in der Regel auf eine einzige Knospe gestellt ist, haben unsere Holzgewächse die Fähigkeit, hunderttausende von Knospen hervorzubringen, so dass der grösste, z. B. durch Hagelsturm, einem Baume zugefügte Elementarschaden in Folge des hohen Reproductionsvermögens eines solchen an die kälteren Klimate angepassten Holzgewächses baldigst geheilt werden kann. Die maximale Zweigordnungszahl eines Holzgewächses wird bald, in den Tropen schon in den ersten Lebensjahren erreicht, bei unseren Holzgewächsen später, aber gewöhnlich indem. ersten zehn kebensjahrer. Dochreherrschsrapehsen dieser Beziehung nicht jene Regelmässigkeit, welche man von vornherein vermuthen sollte. Es schreitet nämlich die Zweig- ordnungszahl nicht, entsprechend den Lebensjahren, bis zur Erreichung der maximalen Zahl fort, sondern es wird die den Lebensjahren des Baumes oder Strauches entsprechende Ord- nungszahl in der Regel unterschritten, seltener, indem inner- halb einer Vegetationsperiode die Axillarsprossbildung sich wiederholt, überschritten. Wie die photometrische Untersuchung lehrt, erfolgt die Regelung der Verzweigung in erster Linie durch die Beleuch- tung, d. h. die Ausbildung der Zweigordnungen geht so weit von statten, als es die Beleuchtungsverhältnisse zulassen. Mit anderen Worten: die Entwicklung der einzelnen Laubsprosse aus den Knospen schreitet so lange fort, bis ein Minimum der Beleuchtung erreicht ist, bei welchem die Laubentwicklung des ee Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 683 betreffenden Sprosses ihr Ende erreicht. Der ganze Baum regelt aber seine Verzweigung in der Art, dass, von einer bestimmten Grenze an, jede Neubildung von Zweigen ein Absterben anderer zur Folge hat. Dieses Beleuchtungsminimum ist für jede Art von Holz- gewächs und wohl für jede Pflanze innerhalb bestimmter Grenzen constant, wie in einem früheren Capitel dargelegt wurde. Es findet im Laufe der Entwicklung eines Holzgewächses gewöhnlich nicht nur eine enorme Reduction der Zweigord- nungen, sondern, wie bereits oben nachgewiesen wurde, eine noch viel stärkere Reduction der Zweigbildung überhaupt statt. Um letztere Thatsache noch weiter zu erhärten, füge ich ® den schon oben angeführten Fällen noch folgende Beispiele an: Eine zehnjährige Tanne (Abies pectinata), überschattet zur Entwicklung gelangt, bildete bloss drei Zweigordnungen aus, während bei uneingeschränkter Entwicklung die Aus- bildung von neun Sprossordnungen möglich gewesen wäre. Die Fall den Sptosse, welche, diese Tanne erzeugte, betrus, 726. Da nun jeder gut entwickelte Seitentrieb der Tanne gewöhnlich eine Terminal- und zwei Axillarknospen ausbildet, so sollte man erwarten, dass die Zahl der Knospen eine beträchtlich grössere sei als die der Triebe. Thatsächlich wurden aber nur 786 Knospen ausgebildet. Hätte jede Knospe sich ausgebildet, so wäre die Zahl der Sprosse entsprechend der oben ange- gebenen Formel Gans unter der Annahme, dass p = 2 ist, innerhalb der zehnjährigen Entwicklung auf 19.683 gestiegen. Eine im Topfe imKalthause cultivirte Fichte (Abies excelsa), welche absichtlich constant nur von einer Seite Licht empfing, bildete an der Schattenseite nur wenige (7) Sprosse aus. Es ent- wickelten sich an diesem schwächlichen zehnjährigen Fichten- bäumchen nur drei Zweigordnungen (unter günstigen Vege- tationsbedingungen bildet die Fichte fünf Zweigordnungen aus) und erzeugte statt 19.683, bloss 135 Sprosse. An der Lichtseite war das lebhaft grün gefärbte Bäumchen dicht benadelt. Es sei bemerkt, dass die Hauptaxe dieses Bäumchens schwach, aber Sitzb. d. mathem.-naturw. C1.; CIV. Bd., Abth. I. 45 684 i J. Wiesner, deutlich positiv heliotropisch wurde, was unter normalen Ver- hältnissen von mir nie beobachtet wurde.! Die Untersuchung drei- bis zehnjähriger Buchen in Betreff der Reduction der Zweigordnungen und der Zweige überhaupt hat folgende Resultate ergeben. Zahl der Zweigordnungen Zahl der Sprosse a En — nn De berechnetes berechnetes Alter beobachtet Maximum? beobachtet Maximum 3 Jahre 1 2 8 9 4» 2 Be) 20 27 0 3 + 43 81 O2 3 A) 66 243 10 > ) S 295 19683 Aus all’ den angeführten Beobachtungen ergibt sich, dass sich bei der Weiterentwicklung der Holzgewächse mit den Jahren eine enorme Einschränkung der Sprossentwicklung einstellt. Es soll nun untersucht werden, auf welchen Ursachen diese Erscheinung beruht. Wie eine eingehende Untersuchung lehrt, ist dieser Process ein sehr verwickelter. So weit ich denselben zu überblicken vermag, lassen sich folgende Ursachen der Sprossreduction und schliesslichen Sprossvernichtung ausfindig machen. 1. Verringerung der Laubspross- und Laubblattbildung in Folge ungenügender Beleuchtung der Knospen. 2. Einschränkung der Verzweigung durch terminale In- florescenzbildung. 3. Anderweitiges Absterben des Haupttriebes bei decus- sirter Blatt- und Zweiganordnung. 4. Verringerung der Zahl seitlicher Sprosse in Folge sympodialer Verzweigung. 5. Absprünge. 1 Hingegen können die Gipfel einseitig beleuchteter Thuyen und Föhren auch im Freien heliotropisch werden. 2 Nach der obigen Formel unter der Annahme, dass jeder Spross jährlich zwei neue Sprosse erzeugt, mithin p = 2 ist. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 685 6. Reduction und schliessliches Absterben der Zweige in Folge mangelhafter Beleuchtung. 1. Was den ersten Punkt anbelangt, so erinnere ich zu- nächst an die oben (S. 670) bereits mitgetheilte Thatsache, dass die Laubknospen in der Regel unabhängig vom Lichte ent- stehen, dass aber zur normalen Ausbildung der aus den- selben hervorgehenden Sprosse Licht erforderlich ist. Die Inten- sität des hierzu nöthigen Lichtes ist je nach der Pflanzenart sehr verschieden. Es gibt Holzgewächse, bei welchen schon an frei exponirten, d. i. solchen Sprossen, welche nicht durch andere Laubsprosse im Lichtgenuss gehemmt werden, ein Theil der Knospen, nämlich die nicht genügend beleuchteten, nicht zur Entwicklung kommt. Es sind dies jene Gewächse, deren Verzweigung sich schon ontogenetisch epitroph, beziehungs- weise hypotroph gestaltet, bei welchen also die epitrophe und hypotrophe Verzweigung nicht erblich festgehalten ist, sondern durch äussere Verhältnisse, in unserem Falle durch das Licht hervorgerufen wird und durch Änderung der Beleuchtung mannigfaltig modificirt, ja sogar aufgehoben, oder umgekehrt werden kann. Als Beispiel für eine solche durch das Licht hervorge- rufene epitrophe Verzweigung! der Sprosse führe ich Salix incana Schrk., als Beispiel für eine durch das Licht hervorge- rufene hypotrophe Sprossverzweigung Populus pyramidalis an. Die Zweige der ersteren erscheinen allseits gleichmässig mit Laubknospen besetzt. Es kommen im Frühling auch die Knospen an allen Seiten der Sprosse zur Entwicklung, an horizontalen Ästen die oberen, stark beleuchteten ebenso gut, wie die unteren, nur in sehr schwachem Lichte gelegenen. Aber die aus diesen Knospen hervorkommenden Sprosse bleiben kurz, endigen in Blüthenkätzchen, unterhalb welcher nur wenige kleine Laubblätter stehen. Im Mai sterben diese Sprosse ab, lösen sich von den Zweigen los und es kommen aus kleinen Seitenknospen, welche rechts und links von den blüthentragenden Sprossen gelegen sind, Laub- 1 Über Epitrophie der Sprosse siehe Wiesner, Anisomorphie der Pflanze. Diese Berichte, Bd. 101, I. Abth., S. 688 ff. 45: 686 J. Wiesner, sprossier hervor, aber-munan denwentspelevenreten Seiten der Muttersprosse. Da nun die Muttersprosse zu- meist horizontal oder geneigt gegen den Horizont gelegen sind, mithin in der Regel ihre morphologischen Oberseiten am besten beleuchtet sind, so kommt es bei Salix incana in der Regel zu epitropher Sprossverzweigung. An mehr oder minder stark auf- gerichteten Zweigen können die morphologischen Unterseiten der Muttersprosse ebenso stark beleuchtet sein als die Ober- seiten, es werden dann beiderseits Laubsprosse entwickelt. Ja es kann durch Aufrichtung der Muttersprosse das Vorderlicht die morphologischen Unterseiten der Sprosse so günstig be- leuchten, dass die diesem Lichte zugekehrten Knospen sich zu Sprossen entwickeln, während die dem Hinterlichte aus- gesetzten, der morphologischen Oberseite der Muttersprosse angehörigen Knospen unentwickelt bleiben. Schon diese That- sachen beweisen, dass der Salix incana die epitrophe Spross- verzweigung nicht angeboren ist. Man kann indess im Experi- ment die epitrophe Sprossverzweigung in die hypotrophe ver- wandeln, wenn man zur Zeit der Blüthe, wenn also die späteren Laubsprosse sich noch im Knospenzustande befinden, die horizontal zur Entwicklung gekommenen Muttersprosse um- kehrt. Die früheren Schattenseiten der Muttersprosse werden zu Lichtseiten und an diesen morphologischen Unterseiten kommen jetzt die Laubsprosse zur Ausbildung.! Die aufstrebenden Zweige von Popnlus pyramidalis sind allseits mit Laubknospen besetzt; von diesen entwickeln sich aber nur die im günstigen Lichte (Vorderlicht) befindlichen Knospen: es kommt zur hypotrophen Verzweigung. Zwingt man die Sprosse in eine neue Lage zum Lichte, so kommen nur die an der am stärksten beleuchteten Seite des Zweiges gelegenen Knospen zur Ausbildung. Legt man die mit Knospen 1 Ich habe an zahlreichen anderen Weidenarten das gleiche Verhalten der Knospen zum Lichte beobachtet. In vielen Gegenden ist es üblich, zur Verhinderung des Betretens der Wiesen an den durch dieselben führenden Wegen lange, 3—4 cm dicke Weidenstämmchen mit beiden Enden bogen- förmig in den Boden zu stecken. Solche Weidenstämmchen schlagen sehr leicht aus, es bilden sich aber alle Laubsprosse nur an den Lichtseiten dieser Stämmchen. = Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 687 besetzten Zweige beispielsweise horizontal, so dass die Ober- seite derselben dem Lichte am meisten ausgesetzt wird, so kommt es zu epitropher Sprossverzweigung.! In diesen beiden extremen Fällen kommen selbst relativ sehr stark beleuchtete Knospen nicht zur Entwicklung. In der Regel erlischt die Sprossentwicklung aus Knospen bei geringeren Lichtintensitäten. Ich habe schon in dem ersten Theile der Photometrischen Untersuchungen? gezeigt, dass der Unterschied in der Sprossbildung der sommergrünen und immergrünen Gewächse auf Unterschiede in der Beleuchtung zurückzuführen ist: die sommergrünen Gewächse empfangen im entlaubten Zustande im Frühlinge Licht genug, um selbst in der Tiefe der Krone die Entstehung von Laubsprossen zu ermöglichen, während die immergrünen nur in der Nähe der Kronenperipherie Sprosse auszubilden vermögen. Die stärkere Insolation im Tropengebiete begünstigt im Allgemeinen bei den dortigen, fast durchwegs immergrünen Holzgewächsen die von der Peripherie sich entfernenden Knospen mehr als dies bei unseren winter- srünen Bäumen und Sträuchern der Fall ist, so dass sich bei diesen Gewächsen auch Axillarsprosse in beträchtlicher Ent- 1 Die Sprosse von Salix incana verzweigen sich also unter natürlichen Verhältnissen in der Regel epitroph, die von Populus pyramidalis in der Regel hypotroph. Das Massgebende für das Zustandekommen dieser Verzweigung ist aber das Licht, so dass man im Experiment, wie ich oben gezeigt habe, bei beiden Gewächsen den Verzweisungsmodus geradezu umkehren kann. Aus- nahmsweise kann selbst unter natürlichen Verhältnissen eine solche Umkehrung der Verzweigungsart erfolgen, wie ich mich sowohl bei Salix incana als bei Populus pyramidalis mehrmals zu überzeugen Gelegenheit hatte. Da nun die Verzweigung dieser beiden Gewächse ausschliesslich durch das Licht geregelt wird, so scheint es geradezu geboten, die beiden genanten Typen zusammenzufassen, und ich schlage zur Bezeichnung dieser auf derselben Ursache beruhenden, aber in verschiedener Weise ausgeprägten Erscheinung den Ausdruck phototrophe Verzweigung vor. Diese phototrophe Ver- zweisung führt nun bei Salix incana in der Regel zur Epitrophie, bei Populus pvramidalis in der Regel zu Hypotrophie des Sprosssystems. Vielleicht empfiehlt es sich später, den Ausdruck »Phototrophie» allgemein für alle jene Erscheinungen zu gebrauchen, welche auf gesteigerter Entwicklung einseitig beleuchteter, oder einseitig stärker beleuchteter Organe (oder Gewebe) beruhen. 2 Phot. Unters., I, S. 310 ff. 688 J. Wiesner, fernung von der Peripherie der Krone bilden können. So fand ich beispielsweise bei Araucaria excelsa noch in der Ent- fernung eines Meters von der Peripherie der Krone Spross- bildung. Die Intensität des Lichtes an der inneren Grenze der Sprossbildung betrug !/,, [] (max) = 0'145]. Doch kommt es, wie wir oben (S.671) gesehen haben, auch bei tropischen Bäumen (Cynometra ramiflora) vor, dass von den angelegten Knospen in Folge der Tiefe des Baumschattens in der Regel nur die äusserste, also genau in der Peripherie der Baumkrone gelegene Knospe zur Sprossbildung herangezogen wird. Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass mit der Weiterentwicklung der Laubmassen für jedes Holz- gewächs ein Zeitpunkt eintreten muss, in welchem die Knospen nicht mehr Licht genug von aussen em- pfangen, um sich zu Sprossen entwickeln zu können. Solche ungenügend beleuchtete Knospen verkümmern entweder oder gehen in einen Ruhezustand über und können unter gün- stigen Beleuchtungverhältnissen Sprosse bilden, beispielsweise wenn durch Aussägung oder Abbruch von Ästen das Licht reichlicher in die Krone eintritt.! 2. Eine grosse Zahl von Holzgewächsen, besonders solche mit decussirter Blattordnung, schliesst den Spross mit einer Blüthe oder mit einem Blüthenstand ab, z. B. die meisten Ahorne, wodurch selbstverständlich eine Einschränkung der Verzweigung erfolgen muss. 1 Über die Bedeutung des Lichtes für die Sprossentwicklung aus Laub- knospen habe ich, und zwar sowohl mit Rücksicht auf sommergrüne, als immergrüne Gewächse schon in den Phot. Unters., I, S. 310 ff. und S. 349 mich ausgesprochen. Ein Jahr später hat Jost eine sehr interessante Arbeit über den Einfluss der Beleuchtung auf die Entwicklung der Rothbuche veröffentlicht (Ber. der Deutschen Botan. Gesellsch., 1894, S. 188 ft.), worin gezeigt wird, dass die Knospen der Rothbuche durch das Licht eine allgemeine Wachsthumsförderung, im Finstern hingegen eine allgemeine Wachsthums- hemmung erfahren, und dass die am Lichte treibenden Knospen eine hemmende Wirkung auf die im Dunkeln sich befindlichen ausüben. Die von Jost aufgefundene Begünstigung der Laubknospenentwicklung durch das Licht ist ein Fall der oben (S. 687) genannten Erscheinung der »Phototrophie«. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 689 3. Unabhängig von dieser terminalen Blüthen- oder Blüthen- standsbildung tritt bei Holzgewächsen mit decussirter Blatt- ordnung nach N.J.C. Müller! ein Abstossen des Zweigendes ein, wodurch selbstverständlich derselbe Effect, nämlich Reduc- tion der Verzweigung hervorgerufen werden muss. (Es wäre dies ein Fall der unten (5) genannten »Absprünge«.) 4. Partielle Sympodienbildung bei Holzgewächsen ist eine lange bekannte Erscheinung. Durch neuere Untersuchungen ist die Häufigkeit dieser Erscheinung nachgewiesen worden, und ich habe dieselbe auch bei tropischen Holzgewächsen oft beobachtet. Die Ursachen dieser häufigen Erscheinung hat man aber ebenso wenig beachtet wie die biologische Bedeutung derselben. In Betreff der ersteren habe ich bei einer früheren Gelegenheit mich ausgesprochen,? hinsichtlich der letzteren nehme ich an, dass dieselbe vorzugsweise darin besteht, zur Einschränkung der seitlichen Sprossbildungen beizutragen. Wenn ein Spross einer Linde sich durch Wachsthum verlängert, : so setzt im zweiten Jahre eine Axillarknospe denselben fort, und so Jahr um Jahr, so dass beispielsweise ein zehnjähriger Spross einem Monopodium gleicht und einem solchen physiolo- gisch gleichwerthig ist, obgleich an seinem Aufbau die Anlagen von neun Seitensprossen Antheil genommen haben. Würde der Spross sich factisch monopodial entwickelt haben, so hätte er, wenn alle in den aufeinanderfolgenden Vegetationsperioden zuletzt zur Entwicklung gekommenen Axillarknospen Sprosse geliefert hätten, neun Seitenzweige mehr, als factisch vorhanden sind, geliefert. Diese neun Seitenzweige wurden durch die Sym- podialbildung eliminirt. Ein gleiches gilt für jeden Seitenzweig einer Linde und für alle (partiell) sympodial sich entwickelnden Laubsprosse. Man darf deshalb sagen, dass die sympodiale Sprossbildung zu deran verzweigten Holzgewächsen regelmässig auftretenden Einschränkung der seit- lichen Verzweigung beiträgt. N.J.C. Müller spricht (l.c.S. 497 und 505) von einer Art von Zweigreduction in Folge »Zusammenfliessens eines Seiten- triebes mit dem Haupttriebe«, wobei ein Seitentrieb die Stelle 1 L. c. S. 502. ? Botan. Zeitg., 1889, S. 1 ff. und Biologie, Wien 1889, S. 54 ff. 690 J. Wiesner, des Haupttriebes übernimmt. So z.B. bei Eichen (l. c. Fig. 80) und Fichten (Fig. 81). Nach der Beschreibung und nach den Abbildungen handelt es sich aber hier nicht um die eben beschriebene, durch Substitution der Terminalknospe durch eine Axillarknospe vermittelte Sympodialbildung der Sprosse, sondern um das Absterben terminaler Sprosse, welche durch Axillarsprosse substituirt werden, so dass hierdurch auch eine sympodiale Bildung zu Stande kommt. 5. Die organische Ablösung verholzter Äste, dem Forst- manne als »Absprünge« bekannt, trägt begreiflicherweise gleich- falls zur Verminderung der schon ausgebildeten Zweige der Holzgewächse bei. Absprünge wurden bisher bei Kiefern, Eichen, Ulmen, Wallnuss, Bergahorn, Weiden und Trauben- kirschen beobachtet. Die oben genannte, im Mai erfolgende Ablösung der mit Kätzchen versehenen Sprosse von Salix incana gehört gleichfalls in die Kategorie der Absprünge. 6. Von höchster Bedeutung für die Einschränkung der Verzweigung ist der Mangel an dem zur normalen Weiter- entwicklung der Laubsprosse erforderlichen Lichte. Im Punkte 1 ist schon nachgewiesen worden, dass un- genügende Beleuchtung zur Unterdrückung der Laubspross- bildung führt, indem die ungenügend beleuchteten Knospen sich nicht zu Laubsprossen entwickeln. Darum handelt es sich aber in diesem Punkte 6 nicht, sondern um die Hemmung der Weiterentwicklung eines bereits ausgebildeten Sprosses in Folge ungenügender Beleuchtung. Jedes Holzgewächs, überhaupt jede Pflanze ist auf eine innerhalb bestimmter Grenzen constante Lichtstärke angewiesen und wird bei einem Optimum der Beleuchtung am besten gedeihen, wobei aber daran erinnert werden muss, dass dieses Optimum je nach den anderen Vegetationsbedingungen eine Verschiebung erfahren kann, auf welchen Gegenstand ich im nächsten Capitel noch zurückkomme. Wird aber unter gleichbleibenden Vegetationsbedingungen dieses Optimum über- oder unterschritten, so treten häuäg 1 Hempel und Wilhelm, 1. c. S. 10. Siehe auch die vorzüglichen Arbeiten v. Höhnels über »Absprünge« in Oest. forst. Versuchswesen Bd. I und II (1879). Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. oa Habitusänderungen ein; speciell bei Holzgewächsen führt sowohl starkes Überschreiten, als starkes Unterschreiten des Optimums zu Reduction, Verkümmerung, schliesslich zum Absterben der Laubsprosse. Die Reduction und Verdornung der Zweige vieler Holz- gewächse in Folge zu grosser Lichtintensität ist eine ganz allgemein bekannte Erscheinung. Dass sich aber in Folge zu geringer Lichtstärke ein frühzeitiger Schluss der Terminal- knospen einstellt, ist meines Wissens bisher nicht beobachtet worden, obgleich diese Erscheinung ausserordentlich häufig vorkommt. Die Mehrzahl unserer Holzgewächse beendigt frühzeitig durch Knospenschluss das Wachsthum der Zweige, mancher. Baum oder Strauch kurz nach der Belaubung (Buche), andere schliessen später das Zweigwachsthum ab, z.B. die Ulmen im Juni, während andere bis in den Herbst hinein, überhaupt so lange die äusseren Vegetationsbedingungen Wachsthum ermög- lichen, treiben (Sambucus; ferner Ampelopsis und zahlreiche andere, aus wärmeren Ländern stammende, bei uns in Gärten eultivirte Holzgewächse). Unter denjenigen Holzgewächsen, welche die Knospen inmitten der Vegetationsperiode schliessen, kann man die Beobachtung machen, dass dies bei den Schattensprossen früher geschieht als bei den Lichtsprossen, und dass über- haupt eine Beziehung zwischen Lichtstärke und dem Schlusse der Endknospen besteht. Die nachfolgend mitgetheilten Daten beziehen sich auf gleich ausgebildete, aber ungleich beleuchtete Sprosse desselben Baum- oder Strauchindividuums. Untere Grenze für die Weiterentwicklung der Terminalknospen. L (med) I (max) Praxinus excelsiov..... ‚Anfang Mai '/, 0.412 Acer campesive ......:-. > DE 0:314 Tilia grandifolia....... » SI 0:314 Ulmus campestris....... >» EIN 0:314 Crataegus oxyacantha .. >» SR 0245 Cornus sangninea ..... > SE 0:153 692 J. Wiesner, L (med) I (max) Crataegus oxyacantha...Anfang Juni 1), 0163 Evonymus vervncosus... >» se 0-152 Cornus sanguinea...... » Su 0'114 Sinkende Lichtintensität schränkt also die Laubentfaltung ein, aber nicht in gleichem Masse, wie die auf Crataegus und Cornus bezugnehmenden, zu verschiedenen Zeiten angestellten Beobachtungen lehren. Die Frage, warum im Juni die Grenze für die Weiterentwicklung der Sprosse tiefer liegt als im Mai, ob die Ursache in der längeren Insolationsdauer oder in der höheren Temperatur der Luft gelegen ist, wird erst später erörtert werden. Die eben besprochene Einschränkung der Laubblattbildung der Sprosse durch vermindertes Licht findet, wie wir gesehen haben, noch bei relativ hohen Lichtstärken statt. Bei diesen Lichtstärken gedeiht das Holzgewächs, da es, wie man sich leicht überzeugen kann, bei diesen Lichtintensitäten noch assimilirt. Erst bei viel geringeren Lichtintensitäten hört die Assi- milation des grünen Laubblattes auf, und damit ist seinem Dasein eine Grenze gesetzt. Das Assimilationsminimum ent- spricht der untersten Grenze des Lichtgenusses, welche für zahlreiche Holzgewächse oben angegeben worden ist. Hört das Blatt während seiner Entwicklung in Folge Lichtmangels zu assimiliren auf, so erreicht es nicht mehr die normale Grösse, überhaupt nicht mehr die normale Ausbildung und fristet nur kurze Zeit sein Dasein.! Sprosse, welche aus Mangel an dem zur Assimilation nöthigen Lichte blattarm geworden sind, nur am Sprossende Laubblätter tragen, die sich bereits im reducirten Zustande befinden, sterben bald ab, und zwar, wie man sich leicht über- zeugen kann, in Folge ungenügender Zuleitung des Boden- wassers. Die kleinen, in geringer Anzahl an der Zweigspitze 1 Siehe hierüber auch L. Jost, Über die Abhängigkeit des Blattes von seiner Assimilationsthätigkeit, in Pringsh. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 27 (1895), S. 478, Punkt 5. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 695 befindlichen Blätter vermögen nicht mehr durch Transpiration den Saftstrom (Wasserstrom) zu unterhalten. Es trocknet ein solcher Zweig desto rascher ein, je grösser die Masse seines Zweigholzes im Vergleiche zu den zurückgebliebenen Blättern ist, indem die kahlen Äste und Zweige durch das Periderm mehr Wasser abgeben als die Blätter dieser verkümmernden Äste und Zweige nachzusaugen vermögen. Im feuchtwarmen Tropengebiete vermodern solche blattarm gewordene Sprosse, was übrigens auch bei uns in feuchten Auen, im feuchten finsteren Waldschatten, überhaupt dort der Fall ist, wo die Transpiration der Bäume oder Sträucher durch äussere Ver- hältnisse stark hinabgedrückt ist. Es scheint, als würde diese Vermoderung der in Folge ungenügender Beleuchtung blattarm gewordenen Zweige durch die Unterdrückung der Saftleitung befördert oder verursacht werden. Thatsache ist, dass solche bis auf die Sprossspitze hohl gewordenen Äste entweder ver- dorren oder vermodern. Aus dieser Darstellung ist ersichtlich, dass die für die Weiterentwicklung der Holzgewächse unbedingt er- forderliche Einschränkung der Belaubung und Ver- zweieung. ein -complieirtes Phänomen ist, bei dessen Zustandekommen theils äussere Ursachen, nament- lieh ungenügende Beleuchtung, wirken, theils in der Breznisiahlon vaurzelmde, nvennl auch dureh aussere Einflüsse inducirte Ursachen (Sympodienbildung, Ab- stossung von Inflorescenzen) sich betheiligen. Aus dieser Zusammenfassung der Beobachtungsresultate ist auch zu ersehen, dass die Zweigreduction zum Theil durch directe Wirksamkeit äusserer Kräfte hervorgerufen wird, zum Theil auf inducirte, erblich gewordene Ursachen zurück- zuführen ist. Am Schlusse dieses Capitels möchte ich noch einige Bemerkungen über das innerhalb der Krone verschiedener Bäume sich einstellende Assimilationsminimum dem früher hierüber schon Gesagten anfügen, auf Grund von Unter- suchungen, welche ich in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Lins- bauer im Juni an sonnigen Tagen ausgeführt habe. Unter Assimilationsminimum verstehe ich hier die geringste Licht- 694 J. Wiesner, intensität, bei welcher eben noch Kohlensäure und Wasser im Chlorophylikorn in Stärke umgewandelt wird. Zum Nachweis der Stärkebildung durch Assimilation der Kohlensäure und des Wassers im Lichte bedienten wir uns der bekannten vortrefflichen Sachs’schen Methode. Die zu unter- suchenden Blätter wurden zuerst in Wasser gekocht, dann bis zur Entfärbung mit heissem Alkohol behandelt und schliesslich mit Jodtinctur gefärbt, wobei die etwa gebildete Stärke durch Blaufärbung sich zu erkennen gab. Bei Fagus silvatica und anderen dichtbelaubten Bäumen zeigt es sich, dass die dem Helligkeitsminimum des Innen- lichtes ausgesetzten Blätter, also die Blätter, welche im Inneren der Krone sich befinden, nicht oder nur spurenweise assimi- liren. Die in der angegeben Weise behandelten Blätter sind ockergelb bis hellbraun, hin und wieder nur zeigt sich eine Spur von Stärke. Die in der Peripherie der Krone befindlichen Blätter bilden in den späteren Vormittagstunden im Sonnenlichte Bei max) =033]zeichlichr Starker Dasszpezzdem Mittagsminimum [Z (min) =1/,,; [= 0:015] doch noch eine Spur von Stärke gebildet werden kann, konnten wir durch die Sachs’- sche Jodprobe constatiren. Hingegen liess sich ein Unterschied im Assimilationsgrad zwischen den äussersten Blättern der Krone (L=!/,.) und tiefer gelegenen, durch starkes diffuses und geschwächtes Sonnenlicht beleuchteten Blättern, deren Lichtgenuss t),., [/ (max) = 0°541] betrug, nicht constatiren. Liriodendron tulipifera zeigte ein anderes Verhalten. Hier fand sich schon an einem sonnigen Morgen im Juni um 8" a. m. in einen mittleren Partie.der Baumkrone) MN N (mas) — 0'270] reichliche Stärkebildung, welche von hier an nach der Beripherie FE = 1.5: 7 (max) = 15083] 7seiineen waudegng nach innen [L = t/,.,; I (max) = 0'154] völlig erlosch. Mittags trat das Stärkemaximum noch viel deutlicher hervor. In der Peripherie der Krone [L = !/..,; / (max) = 1'181] war Mittags Stärke gebildet worden, desgleichen im Beleuchtungsminimum [L = !/s; I (max) = 0144], hier sogar etwas mehr als in der Peripherie. Ein dritter Typus ist durch Azlanthus glandulosa reprä- sentirt. Hier fanden wir die grösste Stärkemenge in den ie = Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 695 peripheren Sonnenblättern [L=1/,.,; /(max) = 1'083]. Von hier nahm die Stärkemenge nach dem Inneren der Krone immer mehr und mehr ab. Im Beleuchtungsminimum war Morgens (8°) keine Spur von Stärke zu finden, während zu gleicher Zeit in der Peripherie sich bereits reichlich Stärke nachweisen liess. Mittags war das Maximum der Stärkebildung wieder in der Peripherie, das Minimum im Inneren der Krone; hierselbst war ein kleines Quantum von Stärke erkennbar. Am Abend fand sich wieder dasselbe Verhältniss, aber mit dem Unterschiede, dass in allen Regionen der Laubkrone die Stärkemenge zu- genommen hatte. Endlich BDetnla alba. Diese war in ihrem Verhalten von allen übrigen verschieden. In der frühen Morgenstunde war in keiner Partie der Laubkrone mehr als eine Spur Stärke zu finden. Mittags erschien Stärke in allen Schichten der Laub- krone. Abends war die Stärkemenge gestiegen. Ein deutlicher oder gar grober Unterschied in der Stärkemenge je nach der Lage des Blattes innerhalb der Krone, wie etwa bei Ziriodendron, war nicht zu bemerken. Bei der Birke wird also ein Assimilationsminimum nicht erreicht. Die Zweigreduction wird mithin, soweit sie vom Lichte abhängig ist, bei der Birke wahrscheinlich bloss durch frühe Einschränkung der Laubbildung hervorgerufen. Da die Laubbildung frühzeitig eingeschränkt wird, kommt es bei solchen Bäumen nicht zu einer so tiefen Überschattung der Zweige, welche den Eintritt eines Assimilationsminimums zur Folge haben müsste. Eine solche Vereinfachung der Zweigreduction kann nur bei schütterbelaubten Gewächsen vorkommen. Es müssen sich aber nicht alle schütterbelaubten Holzgewächse in derselben Weise verhalten, wie Liriodendron lehrt. Diese wenigen Beobachtungen über die Beziehung der Lichtintensität zur Assimilation mögen zu weiteren Unter- suchungen über diesen ebenso interessanten als in physio- logischer Beziehung wichtigen Gegenstand anregen. Noch möchte ich erwähnen, dass jene Laubblätter, welche in Folge zu geringer Beleuchtung nicht mehr oder nur in sehr schwachem Grade assimiliren, nach Sommerregen rasch 696 J. Wiesner, vergilben und sich organisch ablösen. Hiedurch werden bei sehr dichtbelaubten Rosskastanien und anderen Bäumen im Inneren der Baumkrone nicht selten schon im Monate Juni kleine Äste gänzlich blattlos. Da solche frühzeitig blattlos gewordene Äste der Gefahr der Vertrocknung ausgesetzt sind und thatsächlich auch vertrocknen, so ist zu ersehen, dass auch die Entlaubung solcher schwach beleuchteter Äste zur Zweigreduction der Holzgewächse beiträgt. Siebentes Capitel. Discussion einiger Beobachtungsergebnisse. Die in den früheren Capiteln mitgetheilten Untersuchungen haben unter Anderem zu dem Ergebniss geführt, dass selbst eine und dieselbe Pflanzenart innerhalb oft weit gezogener Grenzen der Lichtintensität gedeiht und dass je nach dem Vor- kommen rücksichtlich der geographischen Breite, der Seehöhe, und nach dem Zeitabschnitt, in welchem die betreffende Pflanze sich entwickelt, beträchtliche Unterschiede in Bezug auf den specifischen Lichtgenuss (Z) sich ergeben. Es kann nun gewiss nicht auffallen, dass die Pflanze nicht etwa bei einem ganz constanten Werthe von Z gedeiht, sondern dass ihre Anpassungsfähigkeit, vielleicht auch der verschiedene Anspruch, den die einzelnen photochemischen oder photo- mechanischen Lebensprocesse dieser Pflanze an die Licht- intensität stellen, bedingen, dass der specifische Lichtgenuss ebenso innerhalb bestimmter Grenzen der Lichtintensität ge- bannt ist, wie wir ja auch durchaus finden, dass jede Pflanze innerhalb bestimmter Temperaturgrenzen gedeiht. Diese Thatsache ist also selbstverständlich; um was es sich aber hier handelt, ist die durch zahlreiche im Vorher- gehenden mitgetheilte Daten erhärtete Thatsache, dass der Werth von Z für eine bestimmte Pflanze überhaupt nach Stand- ort und Vegetationszeit veränderlich ist, dass nämlich die Car- dinalpunkte der Lichtintensität eine Verschiebung erfahren. Der »specifische Lichtgenuss« (Z) ist, wie sich von selbst versteht, ein Relativwerth, wie ja aus den Daten über die dem- selben zu Grunde liegenden, direct bestimmten Intensitäten Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 697 hervorgeht, welche im Vorhergehenden den für Z gefundenen Zahlen beigesetzt werden. Es wird nun zunächst zu prüfen sein, ob die Verschiebung der Grenzwerthe von Z für eine bestimmte Pflanze bei Änderung der geographischen Breite, der Seehöhe und der Zeit innerhalb der Vegetationsperiode nur eine scheinbare ist, nämlich bei Umrechnung von ZL auf Intensitäten die Grenzwerthe sich als unverändert geblieben darstellen. Ein Beispiel möge die Berechtigung dieser Erwägung ver- deutlichen. Wenn beispielsweise eine Pflanze in einem und demselben Gebiete, (bei bestimmter geographischer Breite und bestimmter Seehöhe) im März bei ZL = !/, und im Juni bei Z = 1), gedeiht, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass beide Werthe, auf gleiche Intensitäten gebracht, sich als identisch erweisen. Hätte man die durchschnittliche, für die betreffende Pflanze erforderliche chemische Intensität sowohl für März als für Juni = 0:5 gefunden, so würde, selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass das Verhältniss dieser durchschnittlichen chemischen Intensitäten auch das Verhältniss der Licht- intensitäten überhaupt ausdrückte, die betreffende Pflanze sowohl im März, als im Juni einer durchschnittlich gleichen Intensität ausgesetzt gewesen sein, und man könnte annehmen, dass die durchschnittliche Lichtintensität das für den factischen Lichtgenuss massgebende Moment sei. Falls die gemachte Annahme an den Beobachtungen keine Stütze fände, so wäre weiter nachzusehen, ob nicht die Maxima der be- obachteten Intensität zur Identifieirung der ungleichen Werthe von ZL führen. Vergleicht man aber die Werthe von ZL, welche bezüglich einer bestimmten Pflanze für verschiedene Zeiten und ver- schiedene Orte sich ergeben, so findet man, dass jene Fälle, in welchen erhöhte Lichtintensität die Werthe von L zum Aus- gleich bringen, nicht vorkommen, es sich hingegen als Regel herausstellt, dass mit dem Fortschreiten der Jahreszeit vom Frühling zum Sommer, mit dem Übergang einer Pflanze aus höheren Breiten in niedere, mit dem Herabsteigen einer Pflanze aus hoher Lage in eine niedrigere, die unteren Grenzwerthe der 698 J. Wiesner, Intensität zu rasch abfallen, als dass sie auf die Gleichheit der unteren Grenzwerthe von / hinweisen könnten. Die nähere Betrachtung einiger specieller Fälle wird die factische Ungleichheit der unteren Grenzwerthe der Licht- intensität darlegen. Für Lamium purpureum, bei welcher Pflanze anfangs April das Minimum von Z bis !/, reicht, Ende Mai auf !),.. sinkt, ist es allerdings von vorneherein nicht unmöglich, dass beide Grenzwerthe, auf die entsprechenden Intensitäten umgerechnet, sich als gleich ergeben, d. h., dass bei demselben Intensitäts- minimum sowohl anfangs April, als Ende Mai die normale Entwicklungsfähigkeit dieser Pflanze erlischt.! Allein für Bellis perennis (siehe oben S. 636), oder Taraxacum officinale (siehe oben S. 636), wo vom April zum Juni der untere Grenzwerth des specifischen Lichtgenusses bis unter die Hälfte, beziehungs- weise auf ein Drittel sinkt, lässt sich die Annahme einer Intensi- tätsgleichheit dieser Minimumwerthe nicht mehr aufrecht er- halten. Es wurden allerdings nur chemische Intensitäten ge- messen. Aber die ausserordentlich grossen, in der zu ver- gleichenden Zeit erhaltenen Differenzen der Intensitätswerthe, lassen annehmen, dass auch die Unterschiede in den absoluten Intensitäten weitaus zu gross sind, um die gemachte Annahme zu rechtfertigen. Ich sehe von Lamium ab, denn dieser Specialfall wird durch die beiden anderen klaren Fälle gegenstandslos. Be- rechnet man aus den beobachteten Intensitäten die unteren Grenzwerthe für Z (med), so ergibt sich, wie oben (S. 636) schon gesagt wurde, für Bellis im April 0:235, im Juni 0:112, für Taraxacum im April 0: 106, im Mai—Juni 0:09. Diese Unterschiede sind so gross, dass die Annahme, die absoluten Intensitätswerthe könnten in den verschiedenen 1 Dem im April für Zamium purpureum gefundenem Werthe von Z ent- spricht die chemische Lichtintensität 0:489, dem Ende Mai gefundenen Werthe von Z die chemische Lichtintensität 0°428. Es entspricht somit auch dieser Fall der allgemeinen Regel, dass der untere Grenzwerth für J vom Frühling zum Sommer abnimmt; aber die Unterschiede in den beobachteten Intensitäten sind in Anbetracht der Unvollkommenheit der Methode zu gering, um zur Lösung der discutirten Frage herangezogen werden zu können. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 699 Beobachtungszeiten gleich sein, vollkommen ausgeschlossen erscheint. Aus den zahlreichen, oben mitgetheilten Daten über die Werthe von L und J lässt sich das Gleiche ableiten und man kommt zu folgendem Ergebniss: Olpmlan: diesWesthe für den Licehtzemuss einer be- Stimmen Bilamıze durch, die,beobachtete maximale oe and nah diie Devechnmeten mittleren Intensitäten ausdrückt, stetS findet man, dass die Lichtintensität als allein massgebender Factor des Lichtbedarfs der Erlamze miecht amgesehen werden darf. Es ist nun weiter zu prüfen, ob der Lichtbedarf einer Pflanze nicht von einer bestimmten Lichtmenge (Lichtsumme) abhängig sei. Wenn also beispielsweise die untere Grenze von L für Bellis perennis im April,'/,, im Mai !/,., beträgt (siehe oben S. 636), so könnte sich die Verringerung von Z im Mai daraus erklären, dass im Mai nicht nur die Lichtintensität, sondern auch die Beleuchtungszeit eine grössere geworden ist und die für Mai berechnete Lichtmenge einen Werth ergibt, welcher dem für April berechneten gleicht. In diesem Falle wären die beiden Werthe für L: !/, und !/,., nichts Anderes als der Ausdruck für die gleiche Lichtsumme. Die Bestimmung der Lichtsumme ist unter Zugrundelegung der Roscoe’schen Integrationsmethode möglich, auf deren Anwendung für pflanzenphysiologische Zwecke ich schon im ersten Theile meiner Photometrischen Untersuchungen hin- gewiesen habe. Diese Methode besteht darin, dass man in ein Coordinatensystem Zeit und beobachtete Intensitäten ein- zeichnet und auf diese Art den Gang der Intensität in Form Einer @ürsver zeichnet. Die von der Abseisse (Zeit) und der Intensitätscurve umschlossene Fläche ist ein Mass der Licht- menge (Lichtsumme), welche nach Roscoe als Bruchtheil einer Rechtecksfläche berechnet wird, deren Basis —= 24 Stunden, deren Höhe = 1 (Intensität = |) angenommen wird, welche Fläche man = 1000 setzt. Jede der vier dieser Abhandlung beigegebenen Curventafeln enthält die Lichtmengen für das gesammte Tageslicht, beziehungsweise für den Lichtgenuss bestimmter Pflanzen. IE TIIcH SnI3DA. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth.1. 46 700 J. Wiesner, Ich habe im Laufe der Jahre zahlreiche derartige auf deı, Lichtgenuss der Pflanze bezugnehmende Lichtsummenbestim- mungen vorgenommen, auf die ich aber hier nur so weit ein- gehe, als es die Erledigung der gestellten Frage erfordert. Ich will nur bemerken, dass man die mittleren täglichen Licht- summen oder die Lichtmengen, welche sich auf eine andere Zeitperiode beziehen, auch erhält, wenn man die aus den Beob- achtungen berechneten mittleren Intensitäten mit der Lichtzeit multiplieirt. Die von mir mit wenig empfindlichen Photometern direct ausgeführten Lichtsummenbestimmungen haben weniger befriedigende Resultate ergeben. Ich will nun zunächst an dem in diesem Capitel schon benützten Beispiel, den Lichtgenuss von Taraxacum officinale betreffend, zeigen, dass die correspondirenden Werthe von L (für April: !/,; für Mai—Juni: 1/,,) durchaus nicht auf gleiche Lichtsummen, welche in jedem der beiden Fälle zur Ausbildung dieser Pflanze erforderlich wären, hinweisen. Berechnet man aus den beobachteten mittleren Tages- intensitäten und der Lichtzeit die Lichtsumme für April, be- ziehungsweise Mai—Juni, so erhält man für L=!/, die Tageslichtsumme 866 BJ = las » » 48:0 Hieraus ergibt sich, dass Tararacum officinale im April eine beträchtlich grössere Lichtsumme erhält als in der Periode Mai—Juni. Zahlreiche auf andere Pflanzen bezugnehmende Beobach- tungen und Berechnungen haben zu dem gleichen Resultate geführt, dass eine und dieselbe Pflanze in verschie- denen Abschnitten der Vegetationsperiode verschie- dieme, Eiechts ummen erhalt wolleteheyvsressiestndnescn verschiedenen Zeitabschnitien unelleschen ren Intensitaten auszeserzuniste, 1 Es lassen sich aus den oben mitgetheilten Daten die täglichen Lichtsummen für die betreffenden Pflanzen leicht berechnen, wie ich hier an einem Beispiel (Bellis perennis, siehe oben S. 636) zeigen will. Z reicht bei dieser Pflanze im April bis 1/,, im Mai bis 1/,.,, im Juni bis 1/,.,. Die mittleren täglichen Lichtintensitäten betrugen an dem Standort der Bellis im April 0'235, Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 701 Die bisher discutirten Fälle des Lichtgenusses legen den Gedanken nahe, zu prüfen, ob nicht eine Änderung des Licht- genusses der Pflanzen durch die Temperatur der Medien, in welchen die Pflanzen sich befinden, namentlich der Temperatur des Mediums, in welchem die lichtempfangenden Organe sich ausbreiten, hervorgerufen wird. Denn bis jetzt hat sich heraus- gestellt, und alle im dritten Capitel angeführten Fälle bestätigen dies, dass mit dem Steigen der Lufttemperatur der Lichtgenuss, und wir dürfen wohl sagen, der Lichtbedarf, abnimmt. Zur Gewissheit wird diese Beziehung durch folgende zwei Fälle, von denen der eine den Lichtgenuss einer bestimmten Pflanze in verschiedenen Seehöhen, der andere den Licht- genuss einer und derselben Pflanze in verschiedener geo- erapohısiehrer Breite bereit. Wie oben (S. 636) mitgetheilt wurde, so kommt Corydalis cava ım Hügellande gedeckt im unbelaubten oder im Beginne der Belaubung sich befindenden Walde vor bei maximalen Lichtintensitäten von 0:25—0°40 (L=!/,—!/,), während sie in der subalpinen Region frei exponirt, einer maximalen Lichtstärke on 020.7 ausgeserzuisunbei einem Pichtzenussy— nn. Hier haben wir den Fall vor uns, wo eine Pflanze in Folge der beträchtlichen Erhebung ihres Standortes über die Meeres- fläche einer gesteigerten Lichtintensität ausgesetzt ist. Unter sonst gleichen Verhältnissen müsste die Pflanze, falls sich der Lichtgenuss nach der Lichtstärke richten würde, in der sub- im Mai 0:174, im Juni 0112. Da nun die mittlere Tageslänge (in Wien) im April 817, im Mai 905 und im Juni 952 Minuten beträgt, so ergibt sich für: den Lichtgenuss von Bellis im April die Lichtsumme 1919 » » » » Mai » » 157 ” A » » » » Juni » » 106 ” 7: Diese Lichtsummen lassen sich leicht auf die oben angeführten Roscoe'- sche Lichtsummenwerthe umrechnen. Für die hier vorgenommene Discussion hätte eine solche Umrechnung aber keinen Zweck. Meine anderweitigen, zum Zwecke der Bestimmung von Lichtsummen ausgeführten Messungen und Berechnungen lasse ich hier bei Seite, da die betreffenden Untersuchungen zur Klärung der in dieser Abhandlung zur Sprache kommenden Frage nur so viel beitragen, als im obigen Texte bereits mitgetheilt wurde. 468 702 I. Vesmer, alpinen Region eine gedecktere Lage als in der Ebene oder im Hügellande aufsuchen. Dass sich die Sache gerade umgekehrt verhält, kann wohl nur darin seinen Grund haben, dass Corydalis cava in Folge ihres relativ kalten Standortes die stärkere Beleuchtung auf- sucht, damit ihre Organe durch das Licht jene Wärme empfangen, welche zu ihrem Gedeihen erforderlich ist, die ihr aber von jenen Medien, in denen sie ihre Organe ausbreitet, nicht in ausreichendem Masse geliefert wird. Dass Corydalis cava um Hohenberg einer niedrigeren Temperatur ausgesetzt ist als zur gleichen Zeit in der Um- gebung von Wien, geht aus folgenden Daten hervor, welche ich der Gefälliskeit meines hochverehrten Herrn Collegen Hofrath J. Hann verdanke. Über die Temperatur von Hohenberg liegen allerdings keine Beobachtungen vor, aber die Lage und See- höhe des in der Nähe von Hohenberg gelegenen Guttenstein, welches genau so hoch liegt als mein Beobachtungsort in Hohenberg, erlaubt es, die mittleren Temperaturen beider Orte als gleich anzunehmen. Der Vergleich von Wien (Umgebung) und Hohenberg (beziehungsweise Guttenstein) ergibt: Mittleres Tagesmittel Maximum en 220,920.10 20. April OEATIE: 144° C. Hohenberg, 500 m, 10.—20. April...... gel De Der zweite Fall betrifft die cosmopolitische Poa annna,! welche ich in Wien und Cairo vergleichend studirte (siehe oben S. 642 —644). Anfangs März ist der Minimumwerth von Z für die Pflanze in Wien !/,, in Cairo hingegen !/,,. Wenn in Wien jene Sonnenhöhe zu Mittag erreicht wird, welche anfangs März 1 Da von Poa annua mehrere Varietäten angeführt werden, so war mir daran gelegen, zu erfahren, ob die von mir in Cairo beobachtete Pflanze mit der in der Umgebung von Wien gewöhnlich vorkommenden identisch ist oder ob hier nicht zwei verschiedene Varietäten vorliegen. Um hierüber ins Klare zu kommen, habe ich die von mir in Cairo gesammelte Pflanze an den derzeit hervorragendsten Agrostologen, Herrn Prof. Hackel in St. Pölten, mit der Bitte um genaue Bestimmung gesendet. Herr Prof. Hackel theilt mir nun brief- lich mit, dass die übersendete Pflanze eine auch in Mittel- und Südeuropa vor- kommende flaumig-spelzige Form der typischen Poa annua ist, welche neben der kahlen Form auch bei uns allenthalben vorkommt. Wie Herr Prof. Hackel Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 7083 in Cairo herrscht, d. i. Mitte April,! so ist Poa annua hier (Umgebung von Wien) nur auf Standorten zu finden, auf welchen sie im äussersten Falle den siebenten Theil des all- gemeinen Tageslichtes empfängt. Aber nicht nur die Werthe von ZL, sondern auch die Werthe von / sind für beide Beob- achtungsorte, auch zur Zeit gleicher mittäglicher Sonnenhöhe, verschieden. Die Mittel der unteren Grenzwerthe von / (max) für Wien und Cairo (0°157, beziehungsweise 0'075) verhalten sich zu einander beiläufig wie 2:1. Die Analogie dieses Falles mit dem vorher erörterten ist wohl sehr augenfällig. So wie Corydalis cava beim Aufstieg aus dem Hügellande in die subalpine Region seinen Licht- genuss ändert, so auch Poa annna beim Übergang aus der subtropischen in die gemässigte Zone. Aus der Intensität des Lichtes ist der sehr auffällige Unterschied im Lichtgenuss dieser beiden Pflanzen nicht zu erklären. In beiden Fällen wird nämlich der Lichtgenuss mit dem Übertritt in ein anderes Vegetationsgebiet verändert: in dem einen Fall, beim Über- gang aus der Ebene ins Hochgebirge, nimmt die absolute Lichtintensität zu, im andern Falle, beim Übergang aus der Sub ropischen in die semassieter Zone, ab? Es’’sibt auch hier keine andere Erklärung als im früheren, Corydalis cava betreffenden Fall: der Lichtgenuss der Poa annua ist zur Zeit gleichen Sonnenstandes in Cairo geringer als in Wien, weil die Temperatur zu dieser Zeit in Cairo höher ist als in Wien.? weiter schreibt, scheint im nordischen Gebiete die kahle Form vorzuherrschen sie wurde aber auch in Brasilien, Algier und Griechenland beobachtet. Meine Beobachtungen beziehen sich sowohl auf die kahle, als auf die behaart-spelzige Form der typischen Poa. Einen Unterschied im Lichtgenusse beider konnte ich bisher nicht nachweisen. 1 In Cairo beträgt am 3. März zu Mittag die Sonnenhöhe 53°18’, in Wien am 20. April zu Mittag 53°21’. 2 Nach gefälligen Mittheilungen des Herrn Hofrathes Hann ist die mittlere Temperatur am 3. März in Cairo 14°4 und das mittlere Maximum 21:5, hingegen ist die mittlere Temperatur in Wien für den 19. und 20. April (vergl. die Anmerkung 1) 10:4° C. und das mittlere Maximum 16:2° C. Es ergibt sich somit für gleiche Mittagssonnenhöhe ein Unterschied von Mittlere Temperatur Mittleres Maximum Bao NVdene. Au NE Dale 1704 J. Wiesner, Das Sinken der Werthe von ZL und / mit zunehmender Temperatur der Luft und überhaupt der Medien, in welchen die Pflanzenorgane sich ausbreiten, bezieht sich nicht nur auf die Entwicklung ganzer Pflanzen, sondern auch auf die Entwick- lung von Sprossen, wie die auf S. 691 vorgeführten Beob- achtungen lehren. Es wurde gezeigt, dass die Holzgewächse mit periodischer Entwicklung des Laubsprosses ihre End- knospen schliessen, wenn das dieselben bestrahlende Licht ein bestimmtes Minimum erreicht hat. Sonst gleiche Sprosse eines und desselben derartigen Laubgewächses schliessen ihre End- knospen früher, wenn sie im constanten Schatten sich befinden, als solche, welche der Sonnenwirkung ausgesetzt sind. Die Sprosse dieser Holzgewächse schliessen im Hochsommer (also bei im Ganzen höheren Temperaturen) ihre Schattentriebe bei niedrigeren Lichtintensitäten als im Frühlinge. Wird ein Spross eines solchen Holzgewächses schon im Frühlinge durch andere Sprosse überschattet, so kann derselbe sich vielleicht aus Mangel an dem nöthigen Licht nicht mehr weiter entwickeln, während, wenn derselbe Spross unter die gleichen Lichtver- hältnisse im Hochsommer gekommen wäre, er sich vielleicht noch weiter entwickelt hätte. So erlischt für Cornus sangıwinea in Wien die Entwicklungsfähigkeit des Laubsprosses im Mai schon bei 0°:153, während sie im Juni noch bis 0'114 reicht. Wenn also z.B. Sprosse dieses Strauches durch Überschattung im Mai eine maximale Lichtintensität von 0'140 ausgesetzt sind, so entwickeln sie sich nicht weiter, während, wenn sie im Juni durch Überschattung ein Licht dieser Intensität empfangen, sie noch weiter sich zu entwickeln befähigt sind. — Es ist schon gesagt worden, dass der specifische Licht- genuss, in der Form L=ı// ausgedrückt, nur ein Relativ- werth ist, nämlich bloss das Verhältniss der Gesammtintensität des totalen Tageslichtes zur Gesammtintensität des auf die Pflanze fallenden Lichtes ausdrückt. Die Zurückführung dieses relativen specifischen Licht- genusses aufabsolute Werthe wäre im hohen Grade wünschens- werth. Da es aber derzeit eine Sache der Unmöglichkeit ist, die absolute Intensität der in der Pflanze wirksamen Strahlen in Vergleich zu setzen mit der absoluten Intensität der gleichen Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 209 Strahlengattungen des Gesammtlichtes, so entsteht die Frage, ob es nicht wenigstens gelingen könne, Z durch die Gesammtintensität der Sonnenstrahlung zum Ausdrucke zu bringen. Die Berechnung der Gesammtintensität des Sonnenlichtes aus dem Sinus der jeweiligen Sonnenhöhe hat gar keinen Werth, da die Gesammtintensität der Sonnenstrahlung durch die Atmo- sphäre in einer tiefgreifenden Weise verändert wird. Durch die Untersuchungen von Pouillet, Angot, Langley u. A. sind die Verhältnisse der Gesammtstrahlung an verschiedenen Punkten der Erde soweit geklärt, dass es gelingt, annäherungsweise die einzelnen Werthe für bestimmte Erdpunkte zu ermitteln, und dies gäbe ein Mittel an die Hand, die Werthe von Z für den ganzen Verbreitungsbezirk einer Pflanze annäherungsweise in Calorien auszudrücken. Ich sehe von einer Umrechnung aller hier vorgebrachten Werthe von Z in Calorien ab und begnüge mich damit, an einem Beispiele den Gedanken, den Lichtgenuss einer Pflanze durch die Gesammtintensität der Strahlung auszudrücken, zu veranschaulichen, ein Gedanke, der vielleicht später bei mono- graphischer Bearbeitung des Lichtgenusses bestimmter Pflanzen oder Pflanzengruppen zur Ausführung gelangen könnte. Ich wähle als Beispiel Poa annua, welche ich anfangs März (1892, 1893, 1895) in Wien und (1894) in Cairo beobachtet habe. Das (mittlere) Minimum von Z für diese Pflanze ist in der genannten Zeit in Wien ?/,, in Cairo !/,,. Zur Zeit, wenn in Wien derselbe mittägliche Sonnenstand erreicht ist, wie in Cairo anfangs März, d. i. Mitte April, ist in Wien für diese Bilanzeii (min) = 1. Geht man von den von A. Angot mit dem Transmissions- co&fficienten O°7 für die verschiedenen Breitegrade und Jahres- zeiten berechneten relativen Werthen der täglichen Wärme- strahlung aus, so erhält man durch graphische Interpolation und Reduction auf die Solarconstante Langley’s (d. i. 3 Calo- rien pro cm? und Minute): Wärmemenge, welche die Sonne an einem ganz heiteren Tag anfangs März der Erde in der Breite von Cairo zusendet, 586 (kleine) Calorien, gleichzeitig in der 706 J. Wiesner, Breite von Wien 326 Cal. Für die Mitte des April ist diese Wärmemenge unter 48° N. B. 646 Cal.! Es ist somit für Poa annna Anfangs Marza@aromem 7 (min) = 9893.2.@2l91 » BASHNVHEN Fe NS. » 108-0007 bass oa), VE Door ED Wie man sofort sieht, lehrt auch diese Berechnung, dass in Wien zu der Zeit, in welcher der mittägliche Sonnenstand dem von Cairo gleicht, wegen der gleichzeitig in Wien herrschenden relativ niedrigeren Temperatur daselbst eine grössere Lichtinten- sität zum Gedeihen der Poa annua erforderlich ist, als in Cairo. Zusammenfassung der wichtigeren Ergebnisse. 1. Es wurde zunächst die chemische Intensität (J) des den Pflanzen von aussen zufliessenden Lichtes im Vergleiche zur chemischen Intensität des gesammten Tageslichtes bestimmt und daraus der »specifische Lichtgenuss« (Z) der Pflanzen ab- geleitet: d. i. das Verhältniss der Gesammtintensität des auf die Pflanze einwirkenden Lichtes zur Gesammtintensität des totalen Tageslichtes. 2. Es wurden dieBeleuchtungsverhältnisse derPflanze, erst- lich mit Rücksicht auf die Qualität des Lichtes (Gesammtlicht, diffuses Licht, directes Sonnenlicht),sodann mitRücksicht auf die Beleuchtungsrichtung (Oberlicht, Vorderlicht, Unterlicht) erörtert. 3. Der Lichtgenuss einfach gebauter Pflanzen (Flechten, Kräuter, Stauden etc.) ist für eine bestimmte Pflanze innerhalb bestimmter Grenzen constant. Die Werthe von J und L sind aber abhängig, a) von der geographischen Breite, b) von der Seehöhe, endlich c) von der Entwicklungszeit innerhalb der Vegetationsperiode. 4. Der Lichtgenuss der Holzgewächse unterliegt dem- selben Gesetze; es erreicht aber die Intensität des Innenlichtes des Baumes erst von einem bestimmten Entwicklungszustand an einen — innerhalb bestimmter Grenzen — stationären Werth. o. Dieser stationäre Werth kommt dadurch zustande, dass von einem bestimmten Entwicklungszustande angefangen dem 1 Nach gefälligen Mittheilungen meines Collegen Hofrath J. Hann. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 707 Zuwachs eine proportionale Zweigreduction im Inneren der Baumkrone folgt. 6. Die Zweigreduction im Inneren der Baumkrone ist ein eamplteiten (Erocess, welcher zum‘ Theile, “dureh” aussere Factoren, zum Theile durch erblich festgehaltene Organisations- eigenthümlichkeiten hervorgerufen wird. Die in diesem Process eingreifenden Hauptfactoren sind: I. Hemmung der Spross- bildung durch verminderte Beleuchtung, 2. Verminderung der Bildung von Seitenzweigen durch sympodiale Sprossent- wicklung, 3. Eintritt eines Lichtminimums bezüglich der Assi- milation, 4. Vertrocknung der Zweige bedingt durch verminderte Saftleitung in Folge unterdrückter Transpiration der reducirten Laubsprosse. 7. Die im Inneren der Krone herrschende Lichtintensität unterliegt einer täglichen Periode. a) Im Beginne der Belaubung und bei schwach belaubten Bäumen ist die Intensität des Innenlichtes der Bäume der Intensität des totalen Tageslichtes proportional. b) Bei dichtbelaubten Bäumen tritt Mittags in der Regel ein Lichtminimum ein, d.h. die Intensität des inneren Baum- lichtes erfährt zur Zeit des höchsten Sonnenstandes eine häufig starke Depression, hervorgerufen durch die fixe Lichtlage der Blätter, welche dem Eintritt des Zenithlichtes ein grosses Hinderniss entgegenstellt. c) Bei Bäumen, welche ihre Blätter bei Eintritt der fixen Licht- lage zum Theil nach dem Vorderlicht, zum Theil nach dem Öberlicht orientiren (Birke), ist das Mittagsminimum von zwei Maximis begrenzt. d) Bei Bäumen, deren Blätter dem Zenithlichte ausweichen (Robinia), kann sich bei schwacher Belaubung ein Mittags- maximum einstellen. 8. Bei sommergrünen Gewächsen unterliegt die Intensität des Innenlichtes der Baumkrone einer Jahresperiode, indem vom Beginne der Belaubung an bis zur Erreichung des stationären Werthes das Mittagsminimum sinkt. 9. Die stationär gewordenen Minima des Innenlichtes der Bäume sind für bestimmte Species innerhalb bestimmter, durch die Variation der Art bedingten Grenzen im Mittel constant. So 708 J. Wiesner, ist für Wien (Juni) beim Buchsbaum Z = 1/95, bei der Buche (Waldform) !/,,, Acer campestre !/,,, Pinus Laricio !/,,, Birke t/,, [Baneme see Sehr gering sind die Intensitätswerthe des Innenlichtes der sogenannten »Schattenbäume«, welche in den Tropen zur Abhaltung zu starken Sonnenlichtes in Kaffee- und anderen Plantagen benützt werden. Es wurde gefunden für Albizzia mol- luccana L=!/,., für Cedrela odovata L = !/,., und für Pıthe- colobium Saman L = Y/,... 10. Im erossen Ganzen. hat das’ direete Somaen- lieht Kur die Dilan ze mmurzeine unterogordneteseden tung. Nur im arktischen und alpinen Gebiete und nur in den kalten Abschnitten der Vegetationsperiode kommt dasselbe zur grösseren Geltung. Wichtiger für das Pflanzenleben ist das geschwächte Sonnenlicht und besonders das dif- fuse Tageslicht. Dem Einflusse des letzteren kann sich die Pflanze während der Zeit ihrer Beleuchtung nie entziehen, während die Organe, besonders die Blätter vieler Gewächse, Einrichtungen besitzen, um dem intensiven Sonnenlichte aus- zuweichen, ja durch Parallelstellung mit den einfallenden Strahlen sich dem Einfluss des Sonnenlichtes zu entziehen. Die hohe Bedeutung des diffusen Tageslichtes für die Pflanze gent schon aus der vom Verfasser im Jahre 1880 constatirten Thatsache hervor, dass sich die Blätter der meisten Pflanzen senkrecht auf das stärkste diffuse Licht des Stand- ortes stellen, also die »fixe Lichtlage« durch das diffuse Licht bewerkstelligt wird.! 1. Je enosserr die henzschende Krchkretasckezer desto kleiner ist ine der-Reselzder Antheisderszeomn 1 Dass auch für die Meeresalgen das diffuse Licht von grösster Bedeutung ist, geht aus den werthvollen Untersuchungen hervor, welche Berthold im Golf von Neapel ausführte (Berthold, Über die Vertheilung der Algen im Golf von Neapel. Mittheilungen aus der zoolog. Station in Neapel, Bd. III, 1882, S. 303 ff.). Berthold hat allerdings keine Messungen der Lichtintensität ausgeführt, sondern nur aus den durch den Augenschein ermittelten Lichtverhältnissen der Standorte auf das Lichtbedürfniss der Algen geschlossen. Er fand (v.!. ce. S. 415), dass die grösste Zahl der Algenformen sich in der Nähe der Schatten- Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. 709 eesammtlichte der Pflanze zuseführt wird. Dieser Lichtantheil wächst im grossen Ganzen in der Richtung vom Äquator zu den Polargrenzen der Vegetation und sinkt vom Frühling bis zum Hochsommer. Auch im Laufe des Tages ist in der Regel zu Mittag, wenn die Intensität des Lichtes das Maximum erreicht, in der Krone dicht belaubter Bäume die Lichtmenge (abgesehen von den frühen Morgenstunden) im Vergleiche zum gesammten Tageslicht ein Minimum. 12. Mit zunehmender geographischer Breite und Seehöhe wächst das Lichtbedürfniss der Pflanze, und da auch das Licht- bedürfniss einer Pflanze desto mehr sinkt, je wärmer die Periode ist, in welcher sie lebt oder blüht, so kann es keinem Zweifel Umierlieoem, dass mit der Abmahme der Demperatur der Dioden im welchen die’Pilanze sieh ausbreitee, sin Bichitbiedürfimiss steigit. 13. Aus den vorhergehenden Sätzen ergibt sich sohin, dass die volle und directe Sonnenstrahlung für das Pflanzenleben nur dann von Bedeutung wird, wenn die Medien, in welchen die Pflanze ihre Medien ausbreitet, kalt sind. Wenn also die Pflanze durch die Medien nicht die nöthige Wärme bekommt, so muss das Licht als Wärmequelle herangezogen werden. Im Vergleich zu den Pflanzen der warmen Gebiete empfangen die der kalten Gebiete eine grössere Lichtmenge, häufig in Form von Sonnen- licht, welches die Gewächse der warmen Gebiete möglichst abwehren. Die wahren Sonnenpflanzen sind demnach nicht so sehr, wie man bisher meinte, in der tropischen Zone, als vielmehr im arktischen und alpinen Gebiete zu finden.! Schon das Über- grenze zusammendrängt und schliesst daraus auf die grosse Wichtigkeit des zerstreuten Lichtes für das Gedeihen dieser Pflanzen. Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, wie wichtig es wäre, die Lichtverhältnisse der Algen mit Rücksicht auf die Tiefe des Vorkommens und auf die geographische Breite des Standortes messend zu verfolgen. Es ist zunächst nach Analogie mit den oben mitgetheilten Resultaten zu vermuthen, dass im Allgemeinen das Lichtbedürfniss der Algen bei gleicher Tiefe mit der geographischen Breite zunimmt. ! Damit soll nicht gesagt sein, dass Pflanzen von sehr hohem Licht- bedürfniss nicht auch in den Tropen vorkommen. Unter allen immergrünen Holzgewächsen weisen die oben angeführten sogenannten »Schattenbäume« scheinbar den höchsten (die Blättchen weichen dem intensiven Lichte aus!), 710 J. Wiesner, wiegen kleiner, sich nicht, oder nur wenig selbst beschattender, frei exponirter Pflanzen im arktischen und alpinen Gebiete und das Vorherrschen der Baumformen im tropischen Gebiete spricht für den hohen Lichtbedarf der ersteren und für den relativ geringen Lichtbedarf der letzteren. 14. Der factische Lichtgenuss einer Pflanze entspricht in der Regel ihrem optimalen Lichtbedürfniss. Die Pflanze sucht die Orte der für sie günstigsten Beleuchtung auf. Bei unge- nügender Beleuchtung kann sie nur — etiolirt oder sonst ver- kümmert — bestehen, wenn sie sich ausser Concurrenz mit anderen Pflanzen befindet (z. B. im Experiment). In der Concur- renz mit anderen Pflanzen verkümmert sie an solchen Orten nicht, sondern sie geht daselbst vielmehr frühzeitig gänzlich zu Grunde. Erklärung der Curventafeln. Tafel 1. Darstellung des Lichtgenusses von Oynanchum Vincetoxicum. ——— Curve der chemischen Lichtintensität des gesammten Tageslichtes (Wien, Mitte Mai). Auf der Abseisse ist die Zeit, auf der Ordinate die Lichtintensität aufgetragen. 1 Curve der oberen Intensitätsgrenze für Oynanchum Vinsetoxicum. RE Curve der unteren Intensitätsgrenze für dieselbe Pflanze. Tafel 11. Darstellung des Lichtgenusses der Birke (Betula alba). —— Wie in Taf. I, nach Beobachtungen am 29. Mai. Diese Curve bezeichnet gleichzeitig auch die obere Intensitätsgrenze für den Lichtgenuss der Birke. SER Curve. der unteren Intensitätsgrenze für die Birke. m Vormittags- maximum, m’ Nachmittagsmaximum, dazwischen die starke Depression in den späten Vormittags-, in den frühen Nachmittagsstunden und zu Mittag. thatsächlich einen sehr hohen Lichtgenuss auf. In höheren Breiten, bei relativ niederer Temperatur, müsste sich aber ihr Lichtgenuss steigern. Da bei der Acclimatisation tropischer Pflanzen in Gewächshäusern kälterer Gebiete eine Steigerung derLichtintensität ausgeschlossen ist, so muss durch möglichste Erwärmung der Pflanze für ihren Bestand gesorgt werden. Es enthalten über- haupt die oben ausgesprochenen Sätze manche bei der Acclimatisation der Pflanzen zu beachtende Directiven. Nam AHLSVETMLSNVHLIT 8 el 9 nr | ‚ j u t £ a ee mn nt rk an nur er free PP En g g u Ei) e A a 4 Pa "s68T "I 'WAV AID "PA 'esseIy "Amyeu-ygeur 'ssıq °P "PENyy 'stey 'p oyyaLeqsdunzug N3IM "IA HLUVETALSNVHLN ; 1 : 9 g 7 € 3 ug Sur IL oL 6 8 ar ale e mes a : = EN 0% N Ze Bee 2 | an ee YPpywunp = a. ‚Ur : | T Zinn [U Q, 0) Fi a — - + F 8.0 | & r — - 1 Zt f 1 ® 4 7.0 | ll S.0 — ı | 18 be ir —=T | . Zr Ss 1.02 EN Se S + / —— | 80 ; | 1 3 r = 6.0 ar sn, & | | | = A ae B ; zT "U9OZUBIFI AOp SSnu9gFyTT uop aoqn uodunyansaoyun deuseM ff °S68T 'I "WAY 'AID ‘PA ‘ossey "Manyeu-"ygyeur ’'ssıqM ‘pP "PeNY 'stey 'p ojyonegsdunzng NaIM “IA HINVEDALSNVHLT 8 L 9 weoynpinyb- enypuoyrd ar% r IS SER -_ a r Sn, / iE woroA 1.0 8.0 in ı 7.0 Bi en ei FeL "UOZUPIFd AOp Ssnuas4ydrT uap aoqn uagunyansaoyun :ISUSaIM L ä r d: ! ; ar ; it r Kr "S68T 'I 'WAV’AID "PA 'Osseg "mangeu-ugem 'ssiq "pP 'PerV 'stey 'P OyyPLLIEgsdunzyg VRWROPMEN onngoyp "NaIM "IA HLNVETALSNVHLIT a 8 L 9 re 2 “wagt IL " 6 8 5 | Foren ea rer meer ee 1 —_ | x feommadop EEE amp 3: 5 En Br) er 2.0 8.0 | 70 <.0 3 L 9.0 e [ fast 2.0 = I 8.0 6.0 0.L TLT @.L AL "JeL "U9ZUP]JJI IOp ssnuagsjyarT uop asqn uoadunyansaayun :ISuUSoIM R ER Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen. za Tafel III. Darstellung des Lichtgenusses.von Azdlanthus glandulosa. Wie in Taf. I. Mittel nach Beobachtungen am 22. Mai und 8. Juni — » — ».— Untere Intensitätsgrenze am 22. Mai (während der Belaubung). ED DN Dessgleichen am 8. Juni (Stationär gewordenes Minimum des Innen- lichtes nach Schluss der Belaubung). In beiden Fällen bezeichnet die Curve — —— auch die obere Intensitätsgrenze des Lichtgenusses. Tafel IV. Darstellung des Lichtgenusses eines armlaubigen und eines dichtbelaubten Individuums von Robinia Pseudoacacia. Wie in Taf. I, nach am 10. Juni vorgenommenen Beobachtungen. — 2 — 2 — Untere Intensitätsgrenze eines armlaubigen Baumes. OR ct,- Untere Intensitätsgrenze eines dichtbelaubten Baumes. In beiden Fällen bezeichnet die Curve — —— auch die obere Intensitätsgrenze des Lichtgenusses. 712 Die Assimilation des Leeithins dureh die Pflanze von Dr. Julius Stoklasa, diplom. Agr. Docent an der k. k. technischen Hochschule in Prag. (Mit 1 Tafel.) (Vorgelegt in der Sitzung am 20. Juni 1395.) Durch die Erkenntniss einer richtigen Methode für die Lecithin-Bestimmung in den Pflanzenbestandtheilen, um welche sich Hoppe-Seyler,:in neuester Zeit E. Schulze und seine Schüler besondere Verdienste erworben, wurde auch das Studium der Verbreitung des Lecithins und seiner physio- logischen Bedeutung für die vitalen Processe der Pflanze ermöglicht. Gelegentlich des Congresses der Naturforscher und Ärzte zu Wien 1894 wies ich auf die Functionen des Lecithins im Assimilations- und Dissimilations-Processe hin und betonte seine hervorragende Rolle bei der Bildung des Chlorophylis. Hier wollen wir die, wichtige Brage enorrenneson das Keeithin durenr. die Pflanzenwaurzel-assimdltk werden kann. Leeithin ist im Boden vorhanden und seine Menge steigt mit der Zunahme der organischen Substanzen.! Die Frage der Assimilation ist daher in doppelter Hinsicht von Bedeutung. Die saprophyte Ernährung der Phanerogamen auf auto- phagem Wege wurde bewiesen bei zahlreichen Stickstoft- substanzen, als wie beim Asparagin (Baessler und Bertel), bei Leucin und Tyrosin (Knopp und Wolf), bei Guanin Johnsen u.m.a.; unsere Versuche aber betreffen die saprophyteErnährung derPhosphorsäure imLecithin. 1 Näheres vom Verfasser in Berliner Berichte, 1895. EN Assimilation des Leeithins durch die Pflanze. le Das Leeithin, in seiner chemischen Constitution, wie bekannt, von Diakonov! und Strecker? studirt, repräsentirt die Formel: e | (Cs 13,05); H N \ OH I lo nen, GHoR C H \ (02.0): aan OH (I 0 SE N CE OEL Lecithin gewann ich aus Haferkeimlingen nach dem Modus E. Schulze’s und A. Lickiernik'’s.’ BDiekliaterteumlmoe svürdene ein zerrieben und vollkommen trocken — jedesmal durch wasserfreien Äther bei 45° C. und schliesslich durch absoluten Alkohol bei 50 bis 60° C. extrahirt. Die Neutralisirung der organischen Säuren in den Extracten bewirkte CaCO,. Die klaren Extracte wurden bei 40° C. verdampft und der Verdampfungsrückstand mittelst Äther digerirt. Im Äther sind nebst Leeithin auch Cholesterin, Einzeeride u 2a, enthalten Um eine reine Leeithinlosung zu erhalten, schüttelte man die ätherische Lösung mit Wasser im Sehuttelapparate. Es tritt eine starke Emulsion ein, zu welcher noch Krystalle von Natriumchlorid hinzukommen, und Bir aElasche wird neuerdin es ın den Schüttelapparat gegeben. Die Trennung der Ätherschichte vom Wasser geschieht dann sehr leicht. Die reine Ätherlösung wurde abgedampft und mit absolutem Alkohol behandelt. Nach starker Abkühlung wurde das Leecithin ausge- schieden, dasselbe von der Mutterlauge getrennt, mittelst Alkohol gereinigt und über der Schwefelsäure zum constanten Gewichte belassen. Die Analyse wies nachstehende Constitution auf: Die Bestimmung des Phosphors und Cholins geschah nach den bekannten Methoden von Hoppe-Seyler. 1 Ann. Chem. Pharm., 1868. 2 Hoppe-Seyler, Med.-Chem. Untersuchungen, H. 2 und 3. 3 Zeitschrift für physiologische Chemie, 1891. a: J. Stoklasa, An Phosphor fand man in den verschiedenen Producten (nachdem dieselben bei 100° C. getrocknet worden waren): Broduer, N=22180% > IN—2722%%% Dürehschnite- 2720 > = A229, Der Theorie nach erfordert Lecithin, je nachdem es das Radical der Ölsäure, Palmitinsäure oder Stearinsäure einschliesst, folgendes Phosphor-Quantum: Dipalmusı Peeitnme Aal 2 Dioleylolecitnime, ame 32804 Disteany) Beethner rear 3:84%), Wir sehen daher, dass die von uns gefundenen Zahlen höher sind. Es ist wahrscheinlich, dass in derselben Weise, wie die Nukleine in den Pflanzen eine Gruppe mit verschiedenem Nukleinsäure-Gehalt darstellen, auch in den diversen Lecithinen der Gehalt an Glycerinphosphorsäure zu- oder abnimmt. Zur Erkenntniss der Constitution des Lecithins zersetzen wir circa 7—10 g der Substanz in einer gleichen Menge von aufgelöstem Ba(OH), im siedenden Zustande und trennen die erhaltenen Producte nach der bekannten Methode Hoppe- Seyler. Die durch die Zersetzung entstandenen Baryumsalze der Fettsäuren werden filtrirt und in dem stark concentrirten Filtrate laugen wir im warmen Zustande mittelst Alkohol Cholin aus;die Glycerinphosphorsäure — als Baryumsalz bleibt zurück. Die auf dem Filter zurückgebliebenen Baryumsalze der Fettsäuren behandeln wir mit Salzsäure und bestimmen vorerst die Ölsäure, hernach die Palmitin- und Stearinsäure; Cholin wurde mittelstalkoholischerPlatinchloridsolution ausgeschieden. Die Formel (C,H, ,NO),Pt€l, entspricht Pt=31:61%%, gefunden 1278), BE Alle und auch die qualitativen Versuche ergaben das Resultat, dass wir es mit reinem, aus der Pflanze producirtem Lecithin zu thun haben. Nun konnten die physiologischen Versuche an die Reihe kommen. Die Vegetationsversuche wurden mit Haferkeimlingen von Avena sativa vorgenommen, welche bisher auf Kosten der FR Assimilation des Leecithins durch die Pflanze. 718 Reservestoffe ihrer Samen in destillirtem Wasser vegetirend, mit den ersten entrollten Blättern in eine Nährstofflösung — und zwar in jedem Vegetationscylinder! eine Pflanze — eingesetzt wurden. Die Nährstofflösungen hatten folgende Zusammensetzung: In einem Liter destillirten Wassers werden gelöst: Bhosphlioriweie Köosume BENOsr 2.2. 0.258 Kell: 0.258 e150,..2.2,..0:29 8 Nakeia a, o2l0g: MesOnin.a.. 0.258 Eisensilikat ....0'25 g (beigemischt) BaANO,), > .-.0:25 8 BeSO re 0.038 Mit dieser Lösung wurden 8 Cylinder angefüllt. Zu nach- stehenden 6 Cylindern kam eine Lösung von CaH,(PO),.H,O hinzu, mit folgender Zusammensetzung der Nährsubstanz: ENIOS EN a ie 0-58 EASO a nee 0'258 MS OMA ne 0,29% Car BONES nn 0:05 8 ITEMS ag aren u erre N ARe 02294 Bisensilikat ana 028.8 Weitere 6 Cylinder wurden mit einer Nährstofflösung ohne Phosphorsäure angefüllt, dafür kam jedoch Lecithin mit 4.23%), Phosphorgehalt hinzu, welcher umgerechnet = P,O, 369%, ergibt. Auf 1000 cm? Nährstofflösung entfallen somit: Bader Gruppe = 0.058 Carl, PO,),:H,0 = 0.0238 B,0; 2» = 288Eecithin —0028,01730 Das Lecithin bewirkte eine Emulsion in der Nährstoff- lösung, und die Vegetationsceylinder mussten öfters mit einer dünnen Glasstange durchgerührt werden. Sehr schwierig ge- staltete sich der Versuch dadurch, dass — was übrigens vor- auszusehen war — sich das Lecithin nach einiger Zeit zersetzte 1 Von einem Inhalt 2000 cm?. Sitzb. d. mathem.-naturw. C1.; CIV. Bd., Abth. I. 47 716 J. Stoklasa, und sich Glycerinphosphorsäure neben Cholin und Fett- säuren bildete. (Die Vegetationscylinder wurden immer wieder mit frischer Nährstofflösung gefüllt, sowohl mie Be cithin, alsvauenemitzC3aEN (E05 3E0 Die wichtigste Aufgabe bestand darin, die Vegetation stets bei denselben Verhältnissen der Nährstoffein- wirkung zu erhalten. Die Pflanzen wuchsen im staubfreien Vegetationsraume und unter dem Einflusse der Morgensonne. Die Versuchsresultate nach der Fruchtreife waren wie folgt (siehe Tabelle ]). Aus den angeführten Ziffern ersehen wir, dass die Hafer- culturen am üppigsten bei Vorhandensein von P,O, in Form von Caf, e®)), EL,Oveeetieren, Die Culfurenaustee Eh hältiger Nährstofflösung boten wohl kein vollkom- menes Medium für die Bildung von lebender Pflanzen- materte, niehtsdestoweniger erscheint nabersdocte mentirt, dass das Leeithin assimilirt und im die vitalen Processe zur Bildung lebender Moleküle von Phosphorverbindungen eingeführt worden ist. Gewicht der aus einem Samenkorn stammenden Pflanze (Durchschnittsertrag). Nährstofflösung mit CaH, (PO,),.H,O: Gewicht von Lurzelmae ee 3958 » > Halm, BlatigundsSpreuss zes ee 18:47 g > >, SeernierenelKorneRme ee ee 1458 Nährstofflösung mit Lecithin: Gewicht von Wurzelmer ZNSRR) » >» lalmBlatgumeSpreu ee Er ee 14:10 g » > \seerntete na Normen ee 4-27 8 Nährstofflösung frei von P,O,: Gemilchtsvon Wurzeln. ae wer 0.688 >» > klalm, Blatt undoSpreusenr ser go reg ie 1 Bei Erneuerung der Nährstofflösungen wurden die Wurzeln sorgfältig abgespült und einige Tage in destillirtem Wasser gezüchtet. DI \ = #2: = 89-1 00.9 0-68 83 19-0 8-0 G.8 ee] < == == 66-0 00.8 7.67 G G2.0 8.0 s ee Se] “ CE: — 18-6 00-8 8-81 9% 88-0 9.0 O1 nl! < = =S 83.0 00-9 9.08 18 G.0 1220) Gl ee TR SULULNE El 3 = = S :3unso’T 91947-°Q°%4 8 = 89.F 093 89-81 00.8 9.88 88 80-3 8-1 Ze Al Ser a ‚Oo oo 8 GsT r6-Pl 00-8 6.78 06 6-1 0.8 I& Ser ne ll “ = 96-8 161 10-81 00.2 0.98 96 66 2-1 08 Se a | _ 8 89-7 088 69:91 00-8 G.68 101 G.9 G.] [43 rn ee eolunN 5 :uIYO9] FIN un = S FI. 068 16 ZI 00.8 5-CH 86 6-7 6-1 cy ee SE N © RB 80-2 ss& 18-61 00-8 L-68 c6 I-r 86-1 erS Bee el x es) (Se zue) 66V 69:21 00.2 8.07 OTl 9.E 5-6 98 ee N! < a 19:2 828 79.81 00-8 G.]7 901 8.6 6-1 68 Se ee TeloLUTEIN ko) PER - s :0°H (Od) "Hr HAN 3 E J9J9 uw J9j9Ww Jojo 5 1auoy ano] wweing -IJIN Enue) Jojaw wweıg oydIq 208 < DEREMRERE:: UI 4y9IM9H | Ur oleıq | UT 9SURT -Nu99 ur ur 93ue] rap J9p “naads änT ayaıman) I SUNSOQ[JJOJSIUEN “ pun yeIg a1apyyruu : ii oJayyıruu Iy9TMey) IyezuV “weh ‘wjeH NEKeaTcen tezam ja 'I orogeL 718 J. Stoklasa, Zusammensetzung der Trockensubstanz (Gesammt-Phosphor- säuregehalt!). Normalpflanzen: NMULZEL 20 Be ee N N ar, 07330050, klalm, Blatt, Spree a ae er 0-26 >> Körner . 2 RE N 0-/BB >> Lecithinpflanzen: VLUTZEN ee a SR ee 072670 Klalm, Blatt Spreuz een erw Or KOENNEN ET TER 0-63 » » Phosphorsäurefrei gezogener Hafer: Wurzel Halmy Blatt Spreuss rear 0-30 E20: Demnach ergibt sich aus den obigen Resultaten die Zu- sammenstellung nachstehender Tabelle (I). Tabelle II. Wurzel Halm, Blatt, Spreu Körner ' ı U a = 2 = 2 = >= Ss = S = S = & Ss ee = © 2 3 Pa) » © dei © el = —_> © Nährstofflösung 95 g0O 9:5 ERS 95 go re< go So Eon | co = 8 SE Re) S= Re) > He) A (6) = @) a \@) m Cu Q, ma m Mit CaH,(PO,)s.H50 3:95 | 0:013 | 18-47 |0:048 | 7-45 | 0:049 INIitecitniue 2:15 | 0:0055| 14:10 10-029 | 4:27 | 0-026 P,0,-freie Lösung....| 068 —_ 1:41 |0-00372]) — — Die Vegetationsdauer betrug im Ganzen 135 Tage bei normaler Zusammensetzung der Nährstoffe, in Lösungen mit 1 5—10 g Trockensubstanz wurden in einer geräumigen Platinschale mit dreifachem chemisch reinem Na,CO, und NaNO, gemengt und bis zum Ver- brennen der Kohle geglüht. Die Phosphorsäure wurde bestimmt nach der Molybdänmethode. 2 Wurzel, Halm, Blatt, Spreu zusammen. Assimilation des Lecithins durch die Pflanze. 719 Lecithingehalt 146 Tage, bei Pflanzen ohne P,O, entwickelte sich kein Same, und die Production der organischen Substanz war bereits nach 96 Tagen beendet. Ein Blick auf die erhaltenen Ziffern belehrt uns über eine interessante Stufenleiter des assimilirten Quantums von P,O, der aus einem Samenkorn aufgegangenen Pflanze. Lösung aut: Cal), (EO)EERO TE 0:1108 » Be cite Ba a N RAN 0:062 8 ohne, or een. ua mee 0.0037 2. Das Gewicht von 100 Versuchssamen, welche stets im annähernden Gewichte eigens ausgewählt wurden, betrug 3'258. Die Samen bargen in der Trockensubstanz 0:689°/, Gesammt- P,O,. In 100 Hafersamen waren daher 0-0224 8, in | Samen 0:000224 g enthalten. Aus diesen Ziffern ist zu ersehen, dass trotz aller Vorsicht das Ernährungsmedium doch Spuren von P,O, aufwies, denen unsere Reactionen nicht beikommen. Dieses geringfügige Quantum wurde auch während der Vege- tationsdauer durch die Pflanze assimilirt. Wie oben angeführt, waren im Durchschnittsquantum producirter Pfllanzensubstanz 0:0037 g P,O, enthalten; bringen wir 0:0002 8 in Abzug, so erübrigen noch 0:0035 8! Interessant war der Anblick des Exterieurs der einzelnen Culturen. Die normalen Pflanzen hatten sattgrüne Blätter, deren Palissadenzellen unter dem Mikroskop eine grosse Menge von Chlorophylikörner aufwiesen, während jene Pflanzen, welche in Vegetationscylindern aufwuchsen, wo Monocaleiumphosphat durch Lecithin vertreten war, sich jenes intensiven Grüns nicht erfreuten. Einen kümmerlichen Eindruck machten die Pflänzchen ohne Phosphorsäure in der Nährstofflösung. Zu sehen war ein verkümmerter Wuchs, ein vorzeitiges Absterben der Blätter und die Auswanderung von P,O, in neue Organe. Die mikro- skopische Untersuchung ergab, dass das Palissadengewebe ungemein arm an Chlorophylikörnern war. Es sei hier erwähnt, dass Stickstoff und Phosphorsäure eine wichtige Rolle bei der Bildung von Chlorophylikörnern spielen, worüber noch an anderer Stelle eingehender referirt werden wird. Ferner ist auch 720 J. Stoklasa, die Ernährung des Zellkernes,! sowie das Wachsthum und die Theilung der Zellen von dem Vorhandensein der Phosphor- säure bedingt. Besonders trat der gelbe Habitus der Blätter von Pflanzen aus P,O,-freiem Medium hervor. Aus dieser meiner Beobachtung lässt sich der Schluss ziehen, dass nicht die Bedingungen zur Bildung von Chlorophyll, sondern jene zur Bildung von Xanto- phyll vorhanden waren. Interessante Resultate bot die Bestimmung des Leci- thins.? Die benützten Hafersamen bargen in der Trocken- substanz 0:81°/, Leeithin. Die ausgewachsenen Pflanzen er- gaben zur Zeit der Blüthe im Gesammtgewichte aus SlnemaSermen: Aus einer Nährstofflösung mit CaH, (PO,).E,0: Gewicht der Trockensubstanz (Wurzel, Halm, SpreusBlätteniete) ee ee 24.838 Leeithin-Gehalt in der Trockensubstanz .. 0:73°), Inder sanzenlEilanzer se 0181 g Lecithin. 1 Auf dem ‚Gebiete der Chemie des Zellkernes sind namentlich die classischen Arbeiten von Zacharias zu nennen. 2 Wir verfahren bei Ausführung der quantitativen Bestimmung des Leeithins nach der modifieirten Methode E. Schulze’s und S. Frankfurt'’s (Landw. Versuchsstationen, 1893, S. 307). S—-12 g fein zerriebene Pflanzen- substanz (bei 60° C. getrocknet) wurde in eine Papierhülse gebracht und in einem Soxhlet’schen Apparat mit wasserfreiem Äther extrahirt, sodann im Erlenmeyr'schen Kolben mit absolutem Alkohol fünf- bis sechsmal beim Sieden ausgezogen (immer eine Stunde lang). Nach B. v. Bitto (Zeitschrift für physiologische Chemie, 1894) müsse man die Pflanzensubstanz 30 mal mit Äthylalkohol oder 20 mal mit Methylalkohol auskochen. Meine Untersuchungen documentiren, dass bei fünf- bis sechsmaliger Extraction mit Alkohol (Äthyl- alkohol) sich das Lecithin vollständig gewinnen liess. Die bei der nachträglichen Extraction mit Alkohol erhaltenen Flüssig- keiten lieferten unbestimmbare Spuren von Phosphorsäure. Die Angaben von B. v. Bittö sind daher unbegründet. Drechsel warnt, den ganzen Phosphorgehalt des Alkoholätherextractes aufLeeithin zu beziehen, bei Untersuchungen thierischer Flüssigkeiten, Geweben, Coneretionen etc. Im thierischen Organismus kommen ausser Lecithin noch andere in Äther und Alkohol lösliche organische Phosphorverbindungen vor; so wurde z. B. das Jecorin von Drechsel im Alkoholextract der Leber gefunden, und zwar aus der ätherischen Lösung desselben durch absoluten Assimilation des Lecithins durch die Pflanze. el Aus einer Nährstofflösung mit Leeithin: esvicht der Nrockensubstanz .........- 18.598 Lecithin-Gehalt in der Trockensubstanz .. 0:61°), Bayer canzen Pilanze.................. 0:113 g Leeithin. Aus einer Nährstofflösung ohne Phosphorsäure:! er uichi.der Drockensubstanz........... 288,8 Lecithin-Gehalt in der Trockensubstanz ..0'35°%, ge oanzen Billanze, 2.2.2... 0:0071 g Leecithin. Schreiten wir nun zur Bestimmung des sich gebildeten Lecithins nach beendeter Vegetation. us elwer Nahrstonlosune mi Carl, (20), 2,0: Durchschnittsertrag aus einem Samen in einem Vegetations- ceylinder: Körnergewicht in der Trockensubstanz %'45 g rim Genaliım Samen). ........... 0:87°%/, Gewicht des in den Samen vorhandenen Leailitas en sul Be nalen 0:064 8 ee wichuyen Wurzel; Halm, Spreu ete. ...227412 8 Leeilinim@ewelle an 02299, Wurzel, Spreu, Halm etc. enthalten somit . 0:056 g Lecithin. Im Ganzen fand man daher nach beendeter Vegetation in der Pflanze aus einem Samen 0°12g Leecithin und 0-11 g Gesammt-P,O,. Aus einer Nährstofflösung mit Leeithin: Durchschnittsertrag* aus einem Samen in einem Vegetationscylinder. Eomersewieht in der Nrockensubstanz \....2...... 4:27 8 Be Genalt im Samen 2... 05852, Alkohol gefällt. In der Nebennierensubstanz wurde von Manasse ein zucker- abspaltender, phosphorhaltiger Körper nachgewiesen. In den Pflanzen sind solche organische Phosphorverbindungen bis jetzt noch nicht nachgewiesen worden. 1 Zur Vornahme des Versuches verwendete man die Substanz aus vier Vegetationscylindern. 722 J. Stoklasa, Assimilation des Lecithins durch die Pflanze. Gewicht von-VWurzel EalmysSpreun eier are 16'258 Beeithin-Gehalt 2... 7 De u. ar 0,3227 Gewicht des Lecithins in dem Samen........ 0.0362 8 Gewicht des Lecithin in Wurzel, Spreu, Halm etc. .. 0:052g Im Ganzen fand man daher nach beendeter Vegetation aus einem Samen 0:0882 g Lecithin und 0'062 g Gesammt-P,O,. Berechnen wir nun das Phosphorsäurequantum, welches im Lecithin enthalten ist, so finden wir bei Pflanzen aus normalem Nährstoffmedium 10°, der Gesammt-Phosphorsäure in Form von Leeithin. Bei Pflanzen, wo das Monocalciumphosphat durch Leeithin ersetzt war, fanden wir, dass von der Gesammt- Phosphorsäure nach beendeter Vegetation 12°), in Form von Lecithin enthalten waren. Besonders erwähnt sei noch, was übrigens auch aus den Ziffern hervorgeht, dassin den einzelnen Pflanzenbestandtheilen mit dem Schwinden des Chlorophylis auch das Lecithin abnimmt. Der Versuch ergibt klar eine Assimilationzdes Leeithinszund "seine Verwerthunszpeiz dene ye Aalen Processen im Pflanzenorganimus. Die Bildung von lebendiger Zellsubstanz erfolgt unter Mitwirkung vonLecithin. Dererste Beweisfür die Assimilation von Phosphorsäure in organischer Form durch Phanero- gamen. Figurenerklärung. Fig. I, II und III sind Hafer-Wasserculturen mit Monocaleiumphosphat, die anderen drei Figuren stellen Hafer-Wasserculturen mit Lecithin dar. J. Stoklasa: Assimilation des Lecithins durch die Pflanze. .——n Sitzungsberi i : gsberichte d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV, Abth. I, 1895. 123 Vergleichend-histologische Untersuchungen des Holzes der Pomaceen von Dr. Alfred Burgerstein. Mozzeiniser Zeit ‚erhielt ich eine kleine, Llolzprobe zur Determinirung. Ich machte nun eine Anzahl mikrometrischer Massbestimmungen und nach Vergleich derselben mit jenen mikroskopischen Merkmalen, welche Hofrath Wiesner in seinem Werke: »Die Rohstoffe des Pflanzenreiches« ! für eine grosse Anzahl von Nutzhölzern anführt, hielt ich das fragliche Holzfragment für Pirus communis eventuell für Maluscommaunis. Da nun Wiesner das Holz des Apfelbaumes — welches technisch viel weniger als jenes des Birnbaumes verwendet wird — nicht beschreibt, und ich auch sonst in der Literatur keine xylotomischen Differentialmerkmale von Pirus communis und P. Malus vorfand, so unterzog ich selbst das Holz mehrerer cultivirter Apfel- und Birnensorten einer vergleichend-histo- logischen Untersuchung. Als mir ferner Hofrath v. Kerner den Vorschlag machte, zu prüfen, ob sich aus dem anatomischen Baue des Holzes von Pirus Bollwilleriana Bauhin und Mespilus grandiflora Sm. Merkmale für die Hybridität dieser Pflanzen ergeben, erweiterte ich die Beobachtungen auf Mespilus germanica L., Sorbus Aria Crtz. und einige Crataegus-Arten. Bei der genaueren Durchsicht der diePomaceen betreffenden phytographischen und systematischen Arbeiten war ich einigermassen erstaunt über die Verschiedenartigkeit der Ein- I Leipzig (Engelmann), 1873, S. 517 ff. 724 A. Burgerstein. theilung dieser Familie in Gattungen und die Begrenzung der Letzteren.! Ich beschloss daher, möglichst viele Pomaceen zu untersuchen, um zu erfahren, ob und welche Gattungen — oder Gruppen — sich nach dem Holzbau mikroskopisch unter- scheiden lassen. Thatsächlich konnte ich 85 Arten (inclusive der Hybriden) aus den Gattungen Amelanchier, Aronia, Chaeno- meles, Cotoneaster, Crataegus, Cydonia, Malus, Mespilus, Pirus? Pyracantha und Sorbus (Aria, Cormus, Hahnia, Sorbus, Tormi- naria) prüfen. Von cultivirten Birn- und Apfelbäumen standen mir je 12 Holzproben zur Verfügung; von einzelnen Pomaceen auch Wurzelholz. Das Materiale erhielt ich zum grössten Theile aus dem pflanzenphysiologischen Institute und aus dem botani- schen Garten der hiesigen Universität, aus dem botanischen Institute der deutschen Universität in Prag und aus den städti- schen Baumschulen Wien’s. Ich bin deshalb den Herren Hofrath J. Wiesner, Hofrath A. v. Kerner, Prof. R. v. Wettstein und dem Stadtgärtner G. Sennholz zu Dank verpflichtet. Die systematische Eintheilung der Pomaceen. Da ich auf Grund meiner Untersuchungen zeigen will, in wie weit sich die xylotomisch unterscheidbaren Pomaceen- gruppen mit den von den Systematikern aufgestellten und begrenzten Gattungen und Sectionen decken, gebe ich im Fol- genden einen Überblick der systematischen Eintheilung der Familie in alter und neuer Zeit. Tournefort? unterscheidet fünf Genera: Pirus, Cydonia, Crataegus, Sorbus, Malus. Zu den Crataegen rechnet er Cra- taegus Theophrasti, Mespilus apiifolia, Crataegus torminalis SEN, ! Auch die Synonymie der Gattungen ist gross. So heisst beispielsweise die erwähnte Mehlbeere: Crataegus Aria L. —= Mespilus Aria Scop. = Sorbus Aria Crantz (Koch, Wenzig, Willkomm) = Pirus Aria Ehrh. (De Candolle, Endlicher, Focke) = Hahnia Aria Medic. (Dippel) — Aza- rolus Aria Borkh. — Pirenia Aria Clairv.= Aria nivea Host (Decaisne, Koehne). ! ?2 Bei den römischen Classikern (Vergil, Horaz) heisst der Birnbaum Pırus. Die Schreibung »Pyrus« entstand im Mittelalter. > Instıtutiones rei herbariae. Parisiis. I. Editio, 1700. Holz der Pomaceen. 728) Linne! stellt nur vier Gattungen auf: I. Crataegus (Aria, suecica, torminalis, coccinea, Crus galli, tomentosa, viridis, indica, oxyacantha, Azarolus, Aronia). 1. Sorbus (aucuparia, hybrida, domestica.) Ill. Mespilus (germanica, Pyracantha, arbutifolia, Amelanchier, canadensis, Chamaemespilus, Coto- neaster), IV. Pirus (Pyraster, Malus, coronaria, Cydonia). Aiton? nimmt nur drei Gattungen (Crataegus, Sorbus, Mespilus) an, da er die Pirus-Arten unter Mespilus einreiht. Bu eussire un cheilter die. Bomaceen wieder im sechs Genera ein: Malus, Pirus, Cydonia, Mespilus, Crataegus, Sorbns. In der von Willdenow* besorgten IV. Ausgabe der Linne- schen Species plantarum sind die vier Linne&'schen Genera geblieben; es wurden jedoch Crataegus Aria L., Cr. torminalis L., Mespilus arbutifolia L. und Mesp. Amelanchier L. zu Pirus gestellt. Später hat Willdenow?° die Gattung Crataegus ganz aufgelassen und die zugehörigen Arten zu Mespilus gezogen. Auch wird die Quitte ex genere Piro ausgeschieden und als Cydonia vulgaris angeführt. Von Persoon® wurden Aronia (Aronia rotundifolia Pers.), von Medicus” Amelanchier und Cotoneaster, von Lindley° Chaenomeles, Chamaemeles, Eriobotrya, Hespero-' meles, Osteomeles, Photinia, Rhaphiolepis und Stranvaesia als neue Genera aufgestellt. Lindley unterscheidet in seiner Poma- ceen-Monographie (l.c. D) 12 Genera. Sein Genus Pirus enthält (in 8 Sectionen) ein buntes Gemisch von Pirus-, Malus- und Sorbus-Arten. Dagegen hat er mit Recht die Gattung Mespilus (mit den Arten M. germanica und grandiflora) von den Cra- taegen abgetrennt. HH Speeies plantarum. Ed. II, 1762. Hortus Kewensis, 1789. [502 Genera plantarum, 1789. Linnee spec. plant. IV. Ed. curav. C.L. Willdenow, 1799. Enumeratio plantarum horti reg. Bot. Berolinensis, 1809. Synopsis plantarum (Enchiridium Botanicum) etc., 1807. Geschichte der Botanik, 1793. I. Observations on the natural group of plants called Pomaceae. (Transaect. of the Linnean Soc., Vol. XII, 1. Theil, 1821. — I. The Botanical Register, 14.—22. Bd., 1828—1836. vw 1 je.) 726 A. Burgerstein, Im Prodromus von A.P. de Candolle! wird Crataegus wieder restituirt und werden 36 sichere, sowie 13 »non satis notae« Arten dieses Genus (von Seringe) beschrieben. Mespilus enthält nur die beiden Arten Mesp. germanica L. und Mesp. grandiflora Smith. Pirophorum, Malus und alle Sorbeen im weitesten Sinne erscheinen als Subgenera unter Pirus ein- gereiht, was nicht zu billigen ist. Die de Candolle’schen Genera sind: 1. Crataegus, 2. Rhaphiolepis, 3. Chamaemeles, 4. Photinia, 5. Eriobotrya, 6. Cotoneaster, 7. Amelanchier, 8. Mespilus, 9. Osteomeles, 10. Pirus, 11. Cydonia. Host? behielt wieder Sorbus als Gattung, trennte aber Aria (Aria nivea Host) als eigenes Genus ab. Endlicher? unterscheidet die eilf im Prodromus von de Candolle aufgestellten Gattungen unter Hinzufügung von Hesperomeles Lindl., und dem von Nuttal? aufgestellten Genus Peraphyllum (P. ramosissimum Nutt.). Spach’ schliesst sich Seringe bezüglich der im Pro- dromus sub 2—9 und 11 genannten Gattungen an; zugleich rehabilitirt er die Genera Aronia Pers., Malus Tourn., Chaeno- meles Lindl. und Sorbus L., von welch’ letzterem er aber Cormus als neue Gattung abtrennt. Die Ausscheidung von Malus und Sorbus ex genere Piro ist zweckmässig; hingegen sind die Spach’schen Genera Crataegus und Mespilus schlecht begrenzt, da er zu ersterem echte Sorbeen, zu letzterem eine Menge von Crataegen (sanguinea, coccinea, apiifolia, crus galli etc.) rechnet. Eine ausführliche systematische Abhandlung über die Pomaceen ist die monographische Bearbeitung dieser Familie von M.J.Roemer.® Derselbe fasste die Subgenera der Seringe- schen Gattung Pirus, die bei letzterem (im Prodromus) ein 1 Prodromus Syst. nat. regni veget., Il. Th., Parisiis 1825. 2 Flora austriaca, Vol. II, Vienna 1831. 3 Genera plantarum etc., Vol. II, Vindobonae 1836— 1840. 4 J. Torrey and Asa Gray, Flora of North-America, I, 1838—1840, p. 474. 5 Histoire nat. des vegetaux. Paris 1834, 2. Bd., p. 51. 6 Fam. natural. regni veget. Synopses monographicae. Fasc. III, Rosi- florae, 1847, p. 97 — 226. Holz der Pomaceen. BER Gemenge sehr heterogener Gewächse bildet, als selbständige Gattungen auf. Ferner führte er zwei neue Genera ein, nämlich Heteromeles (H. arbutifolia Roem. = Crataegus, resp. Photinia arbutifolia aliorum) und Pyracantha, zu welcher er vier Crataegen, respective Mespilen früherer Autoren /coccinea, chinensis, crenulata, pauciflora) zieht. Roemer unterscheidet im Ganzen 25 Gattungen. Sehr stark haben Bentham und Hooker,!sowieBaillon? zusammengezogen. Gemeinsam erscheinen: Pirus, Crataeguns, Cotoneaster, Rhaphiolepis, Stranvaesia, Chamaemeles, Ame- lanchier und Osteomeles. Ausser diesen acht Gattungen haben Bentham und Hooker noch Photinia behalten, Baillon Cydonia und Eriobotrya. K. Koch? hat die Gattung Crataegus verworfen und reiht unter Mespilus die Mispeln und Crataegen der früheren Bota- niker; die Crataegus aus der Pyracantha-Gruppe vereinigt er mit Cotoneaster,; Malus, Pirus und Cydonia erscheinen wieder als Sectionen von Pirus. Seine Classification der Pomaceen bdeutet gegenüber jener von Roemer einen Rückschritt und ist heute ganz veraltet. NVZernizE es schliesst, sich in seimen Arbeiten über-die Pomaceen bezüglich Mespilus, Crataegus und Cotoneaster 1 Genera plantarum. London 1862—1867; Pomeae, p. 626. [807 Histoire des plantes. Monographie des Rosacees. Paris 1869. 3 Dendrologie. I. Theil. Erlangen (Enke), 1869. 11. Pomariae Lindley. Neu bearbeitet. Linnaea, 38. Bd., 1874, p. 1—206. II. Die Familie Pomariae (Pomaceae) Lindley. Neu bearbeitet und in einem Auszuge zusammengestellt in »Monatsschrift d. Ver. zur Beförderung d. Gartenbaues in den königl. preuss. Staaten«, 17. Jahrg., 1874 und 18. Jahrg.,1875. III. Die Pomaceen. Charaktere der Gattungen und Arten. Jahrb. d. königl. Botan. Gartens und des Botan. Museums, Berlin, II. Bd., 1883. Ich kann Decaisne nicht Recht geben, wenn er die erste Arbeit von Wenzig (]) nur als »une reproduction des travaux anterieurs« bezeichnet. Wenzig hat an einem grossen Pflanzenmateriale zahlreiche Messungen vorgenommen, die sich hauptsächlich auf die Länge und Breite der Blätter und Früchte, auf die Länge der Dornen und auf den Durchmesser der expandirten Blumenkrone beziehen. Dagegen glaube ich nicht, dass Wenzig Recht hat, wenn er meint, dass M. J. Roemer seine Abhandlung »nur auf Grund der Literatur, ohne Mithilfe von Pflanzenmaterial geschrieben hat«. Thatsache ist, dass Roemer manches Originelle bringt, und dass z. B. die Roemer’sche Gattung Pyracantha volle 728 A. Burgerstein, Koch an. Crataegus (Mespilus) cordata Ait stellt er jedoch als Typus einer neuen Gattung Phalacros Wg. auf. In seiner ersten und zweiten Abhandlung (I, ID) unterscheidet der genannte Autor bei Pirus die Subgenera Pirophorum DC. und Malus DC. und trennt Cydonia von Pirus ab unter gleichzeitiger Streichung der Lindley’schen Gattung Chaenomeles; Chaenomeles japonica wird als Cydonia japonica Pers. beschrieben. In der dritten Abhandlung (III) erscheint die japanische Quitte als Chaeno- .meles japonica Lindl., und Malus als selbständiges Genus. Fast gleichzeitig mit der ersten Abhandlung von Wenzig erschien die monographische Bearbeitung der Pomaceen von J. Decaisne.! Dieser Forscher, welcher sich eingehend mit dem Studium des Blüthen- und Fruchtbaues der Kernobst-. gehölze beschäftigt hat, theilt die Familie in 24 Gattungen ein, von denen drei neu sind: 1. Cydonia, 2. Chaenomeles, 3. Docynia nov. gen., 4. Rhaphiolepis, 5. Amelanchier, 6. Aronia, 7. Photi- mia, 8. Heteromeles, 9. Eriobotrya, 10. Pourthiaea nov. gen., 11. Pirus, 12. Malus, 13. Cormus, 14. Sorbus, 15. Aria, 16. Tormi- naria, 17. Micromeles nov. gen., 18. Pyracantha, 19. Cotoneaster, 20. Stranvaesia, 21. Chamaemeles, 22. Osteomeles, 23. Cra- taegus, 24. Mespilns. Mit leider nicht glücklicher Hand hat W. O. Focke? die Pomaceen bearbeitet. Bezüglich Cofonmeaster (wohin er auch Pyracantha zählt) und Mespilus (zu welcher Gattung er die Mispeln und alle Crataegen rechnet) steht er im allgemeinen auf Existenzberechtigung hat, während die Wenzig’sche Gattung Phalacros bisher von keinem Botaniker acceptirt wurde. Wie sich jetzt aus den blüthenmorpho- logischen Untersuchungen von Koehne ergibt, wäre es besser gewesen, wenn sich Wenzig mehr an Roemer als an Koch gehalten hätte. Die zweite Arbeit von Wenzig (Il) ist »ein Auszug (der ersten) für die Freunde der Gartenbaukunst«, die dritte (III) im Wesentlichen ein Auszug aus der zweiten. Eine vierte Abhandlung von Wenzig: IV. Neue Beobachtungen in der Familie der Pomaceen. Linnaea, 43. Bd., 1880—82, enthält kritische Bemerkungen zu der Pomaceen-Systematik von Decaisne. 1 Memoire sur la famille des Pomac&es. Nouvelles archives du Museum d’hist. nat. de Paris, 10. Bd., 1874, p. 113— 192. ?2 Pomoideae. In Engler und Prantl: Natürliche Pflanzenfamilien. 24. Lief., 1888. Holz der Pomaceen. 729 dem Standpunkte von K. Koch. Pirophorum, Malus, Hahnia, Sorbus (mit Cormus, Chamaemespilus, Aria, Micromeles) und Aronia ordnet er als Subgenera unter Pirus ein, welche Gattung dadurch ein derartiges Gemisch heterogener Gewächse bildet, dass man sich fast wundern muss, warum nicht auch Crataegus und Mespilus miteinbezogen wurden. Ich kann daher Koehne nur beipflichten, wenn er sagt, dass Focke in seinem System nicht Ordnung und Übersichtlichkeit, sondern Verwirrung ge- schaffen hat. Eine vorzügliche, auf exacte Eigenbeobachtungen basirte Arbeit, betreffend die Charakteristik und Umgrenzung der Pomaceen-Gattungen hat E. Koehne! veröffentlicht. Ich werde auf diese mit grosser Sachkenntniss verfasste Abhandlung später wiederholt zurückkommen. In jüngster Zeit sind zwei für den Botaniker und Gärtner wichtige Werke erschienen, nämlich der III. Theil der Laubholz- Kunde von Leop. Dippel? und die Dendrolosie von Emil Koehne.? Obgleich beide Autoren unabhängig von einander gearbeitet haben, zeigt sich bezüglich der Pomaceen — andere Familien habe ich nicht verglichen — in der Zahl und Um- grenzung der Gattungen eine grosse Übereinstimmung, — gewiss ein gutes Zeichen. Ich gebe im Folgenden eine Übersicht der Eintheilung der Pomaceen nach Dippel und Koehne. Dippel. Koehne. A. Pomeae. B. Sorbeae. IE! InEitkonde are: Cydonia Cydonia. Pirus. Pirus. ImSorbeae: I Sorponderare. Sorbus. Sorbus. IU. Arioideae. Hahnia. Aria. Photinia. Photinia. 1 Die Gattungen der Pomaceen. Wissenschaftl. Beilage zum Programm (Nr. 95) des Falk-Realgymnasiums zu Berlin. Ostern 1890. 2 Handbuch der Laubholzkunde etc. III. Theil. Berlin (Parey), 1893. 3 Deutsche Dendrologie. Stuttgart (Enke), 1893. 730 A. Burgerstein, Dippel. Koehne. Micromeles. Micromeles. Rhaphiolepis. III. Maleae. IV. Maloideae. Aronia. Aronia. Cormus. Cormus. Torminaria. Torminaria. Amelanchier. Amelanchier. Peraphyllum. Peraphyllum. Malus. Malus. Chaenomeles. Chaenomeles. B. Crataegeae. A. Crataegeae. Cotoneaster. Cotoneaster. Pyracantha. Pyracantha. Mespilus. Mespilus. Crataegus. Crataegus. Anatomische Untersuchung des Holzes. Der Holzkörper der Pomaceen besteht aus 4) trachealen Elementen: Gefässen und Tracheiden, und 5) parenchymatischen Geweben: Holzparenchym und Markstrahlen. Die Gefässe sind im Jahresring ziemlich gleichförmig ver- theilt; im Spätholz sind sie enger und seltener als im Frühholz.! Da sowohl das Lumen als die Häufigkeit der Gefässe im Jahres- ring meist allmälig abnehmen, da ferner in der Regel nur wenig Spätholz sich ausbildet, so sind die Grenzen der Jahresringe mit freiem Auge entweder gar nicht oder nur schwer und auch unter der Lupe oft nicht deutlich sichtbar, worauf indess schon Sanio? aufmerksam gemacht hat. Die Gefässwand ist mit behöften Tüpfeln dicht bedeckt. Bei allen untersuchten Arten 1 Die Bezeichnung Frühholz und Spätholz habe ich in meiner Abhandlung: Vergleichend-anatomische Untersuchungen des Fichten- und Lärchenholzes (Denkschr. der kaiserl. Akad. der Wissensch. in Wien, LX. Bd., 1893) unter Anführung von Gründen an Stelle der üblichen Namen Frühlings-, Sommer-, Herbstholz vorgeschlagen. Nachträglich fand ich dieselben Termini bereits bei Strasburger im Ill. »Heft« (ein Band mit 1000 Seiten) seiner »Histologischen Beiträge« (1891). 2 Botan. Zeitung, 1863, S. 395. Holz der Pomaceen. De von Sorbus, Cotoneaster und Mespilus tritt eine tertiäre Ver- diekungsschichte in Form eines Spiralbandes auf. Auch Cydonia und Chaenomeles zeigen die Erscheinung, wenn auch in schwächerem Grade. Die Wände der Tracheiden sind verhältnissmässig stark verdickt und besitzen behöfte Tüpfel mit schräg liegenden Spalten. Bei den Cofoneaster-Arten findet sich eine (einfache oder doppelte) schraubenlinige tertiäre Verdickungsschichte. Parallel mit den Tracheiden ziehen — meist einreihige — Holzparenchymstrahlen, deren Wände unbehöfte Tüpfel (Poren) von 0:002—0:004 mm Durchmesser tragen. Die Markstrahlzellen besitzen zweierlei einfache Tüpfel: an den Berührungsstellen mit Tracheiden stehen nur spärliche und äusserst kleine Poren; an den Querscheidewänden der Markstrahlzellen, sowie dort, wo letztere an Gefässen vorbei- gehen, sind die Tüpfel srösser und in reiehliceher Menge vorhanden; die Tüpteluns entspricht hier jener des Holz- parenchyms. Die Markstrahlen sind, wie man an Quer- und Tangentialschnitten sieht, im Stamm- und Astholz meist ein- bis zwei-, selten drei- oder vierschichtig; im Wurzelholze kommen ein- bis achtschichtige Markstrahlen vor. Bei allen im Winter geschnittenen Hölzern enthielten die Holzparenchym- und Markstrahlzellen in reichlichster Menge Stärke. Wiesner hatin seinem Werke »Die Rohstoffe des Pflanzen- reiches«! den histologischen Bau des Holzes von Pirus com- munis L., Crataegus oxyacantha L. und Sorbus torminalis Crantz beschrieben. Die Beobachtungen dieses Forschers — auf die ich später zurückkommen werde — stimmen im Wesent- lichen mit meinen Befunden überein. Möller? hat den Holzbau von Pirus intermedia Ehrh. (Aria suecica Koehne) geschildert. Als Anhang zu der (zum Theil unrichtigen) Charakteristik heisst es: »Histologisch voll- kommen mit diesem übereinstimmend sind die Hölzer von Pirus ! Leipzig (Engelmann), 1873, S. 563— 566. 2 Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Holzes. Denkschr. d. kaiserl. Akad. d. Wissensch. in Wien, XXXVI. Bd., 1876. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth I. 48 782 A. Burgerstein, prunifoliaW illd., Amelanchier Botryapium DC. und Crataegus orientalis Bosc.« Ich kann dem nur beifügen, dass die gedachte Übereinstimmung keineswegs eine vollkommene ist, sondern dass ich die genannten Arten xylotomisch zu unterscheiden im Stande bin. P.Schulz,! der die Markstrahlen zahlreicher Holzpflanzen untersucht hat, bemerkt bezüglich der Pomaceen: »Im Wesent- lichen dasselbe Bild in den Markstrahlen bieten dar: Pirus, Crataegus oxyacantha, Sorbus aucnparia, Cydonia vulgaris, Mespilus germanica, Cotoneaster vulgaris.« Ich kann dem Autor nur beipflichten, da die Markstrahlen der genannten Holzarten im Wesentlichen gleichgebaut sind. Immerhin sind aber relative Unterschiede vorhanden, von denen einzelne generelle Differentialmerkmale abgeben, indem z.B. ein be- stimmter Werth der Markstrahl-Zellhöhe bei einer Gattung als Minimum, bei einer anderen als Maximum erscheint. Ebenso hat Strasburger”? Recht, wenn er sagt: »Im Princip stimmen alle von mir zum Vergleich herangezogenen Pomaceen (im Bau des Holzkörperr) überein.«® Allein trotz dieser principiellen Übereinstimmung ergaben meine zahlreichen mikroskopischen Massbestimmungen unterscheidende Gattungsmerkmale. Diese sind haupt- sächlich die Weite der Gefässe, der Abstand der Markstrahlen von einander im Holzquerschnitt, die Höhe der Markstrahl- zellen, endlich das Vorkommen oder Fehlen tertiärer Ver- dickungsschichten in den Gefässen und Tracheiden. Durch Combination dieser Merkmale kann man, wie aus Folgendem hervorgeht, die Gattungen: Pirus, Mahıs, Crataegus, Pyracantha, Cydonia, Chaenomeles, Sorbus (inclusive Cormus, Torminaria und Aria), Amelanchier und Mespilus nach dem Holzbau mikroskopisch unterscheiden. Von anderen Pomaceengattungen stand mir. leider kein Material zur Disposition. 1 Jahrb. des königl. Botan. Gartens und Botan. Museums zu Berlin, II. Bd., 1883,82 220. 2 Histologische Beiträge, 3. Heft, S. 280. 3 Strasburger gibt nicht an, welche Pomaceen-Arten er xylotomisch verglichen hat. * Holz der Pomaceen. 798 In Folge der grossen Gleichförmigkeit des Holzbaues mussten behufs Gewinnung absoluter Unterscheidungsmerk- male von Gattungen oder Gattungsgruppen zahlreiche Einzel- beobachtungen gemacht werden. Bei denjenigen der mir zur Verfügung stehenden Hölzern (in der Regel waren es aus dem Stamme oder einem Aste herausgeschnittene berindete Scheiben), welche weniger als 10 Jahresringe hatten, wurden die Messungen in der Regel nur bezüglich des 7. (4.—6.) Jahresringes vor- genommen, bei Holzstücken mit einer grösseren Zahl von Jahreslagen auch am 10. (9—11), 15. (14—16) etc. Jahresring. Gemessen wurden: a) Die radiale Weite der Gefässe im Frühholze; b) die radiale Dicke (Lumen und Wand) der Tracheiden; c) die radiale Dicke der Holzparenchymzellen; d) die Höhe der Markstrahlzellen; e) die Breite der Markstrahlzellen. Bei jedem der gewählten Jahresringe wurden gemessen: 40—60 Gefässweiten, 20—30 Tracheiden, 10—20 Holzparen- chymzellen, 100— 150 Markstrahl-Zellhöhen, 20—30Markstrahl- Zellbreiten. Aus den direct gewonnenen Zahlen, welche Theilstrich- abstände des Ocularmikrometers vorstellten (1 Theilstrich = 0-00486 mm) wurde das arithmetische Mittel berechnet und dieses auf Millimeter redueirt. Um jedoch die Tabellen nicht mit Nullen zu überladen, erscheinen in denselben die Zahlen in Mikromillimetern ausgedrückt. Als ich mich später, d.h. im Laufe meiner Untersuchungen überzeugte, dass die Dicke der Tracheiden- und Holzparenchym- zellen keine diagnostischen Merkmale abgeben, habe ich nur in einzelnen Fällen Messungen der genannten Elemente vor- genommen. Ferner bestimmte ich am Holzquerschnitt die Zahl der im Gesichtsfelde des Mikroskopes liegenden Markstrahlen, und zwar 10—20mal pro Jahresring. Wäre für einen concreten Fall das Mittel aus 12 Zählungen gleich 7 Markstrahlen, so würden sich, da der Durchmesser des Gesichtsfeldes 0'534 mm betrug, für die Länge eines Millimeters = 7:0'534 =13'1 Markstrahlen ergeben. Ich nenne diese Zahl kurz den Markstrahlabstand; 48 734 A. Burgerstein, eissentlich ist derselbe gleich dem reeiproken Werth der Markzahlenzahl, also hier gleich 1:13 1 = 0076 mm. Endlich wurde auch notirt, ob die Markstrahlen ein-, zwei- oder mehrreihig waren. I., II. Pirus communis. Die Beobachtungen wurden an acht Stamm- und vier Ast- hölzern gemacht. ans DI=B28 mm) 22 —eireaN1007MF2, 10, 3075070) UL ma, DB, =. Sammer JS, = 28: Ml, 8, 10, 20; INN m. ID, = ame IS Zeiss NL 8,10, ZI, EN. N meld, = 102, 000 Je N 8 10, 28 V.m BD, = 96mm: Je) oA, N. 5710730: VI m, Diet 20 I = aM, SZ. vie mıDı = 25072m2 25037 10 VIII. Holzstück mit circa 30 Jahresringen; M. 5, 10, 20, 30. .D. =56 mm} Jg. = 45; Mo, 10,30, 40: DE = 27 20005 I =. 225 MS, 10,20. XL ma. ID, = 28 1900: I; = 183 ME 8, 10), 1 U m; BE, = 82 na = Ne SB (Siehe Tab. I und I.) Wenn ich nun die niedersten und höchsten Werthe der für die einzelnen Jahresringe berechneten Mittel und gleichzeitig die von Wiesner angegebenen Mittelwerthe zusammenstelle, so ergibt sich beiderseits eine gute Übereinstimmung, mit Aus- nahme der Breite der Holzparenchymzellen, für die ich höhere Werthe gefunden habe als Wiesner. 1 Diese Abkürzungen bedeuten: Die betreffende Holzquerscheibe hatte im Mittel einen Durchmesser von 328 mm; die Zahl der Jahresringe betrug etwa 100; die Messungen wurden im 5., 10., 30, 50., 70. Jahresring gemacht. Beispielsweise betrug in den genannten Jahresringen die Gefässweite bei Pirus communis I im Mittel: 44 3, 453, 46°2,46°7,45°4 u. In der Tabelle ist daher die Gefässweite gleich 44:3—46'7 (w) verzeichnet. Die Zahlen der Tabellen bedeuten also die niedersten und höchsten Werthe der für die einzelnen Jahreslagen berechneten Mittel. Holz der Pomaceen. I. Pirus communis Stammholz. 735 Gefäss- weite Tracheiden Holz- parenchym Markstrahl- Zellhöhe Markstrahl- Zellbreite Markstrahl- abstand VIII "6 20 "5—45'2 16:5— 18° 16°0—17°1 15:8— 16° 16°2— 17° 16:5—18° 14:6—15'8 15°1—16°2 14°8—15° 15° 14° 20) 14° 15° No 14° 14° 14° ‚4 6 II. Pirus communis Astholz. Gefäss- weite Tracheiden Holz- Markstrahl- parenchym | Zellhöhe Markstrahl- Zellbreite Markstrahl- abstand 33°7—39'4 33'8—89'0 39'9—81'6 38:4—40'0 14:0—14°6 13:9—14'0 14.0—15'2 13:0—14'3 19:8—22°4 17:5—18'5 20°3—22° [86] 20:3—22°3 14:8—15°2 13:8—14'4 14:6—15'3 14 4—14'6 13:0—13°7 12:4—13°5 12:0—13°0 13:0—13°8 -1—15°4 4—14'7 -0—14'4 us 1 Zur Vermeidung von Missverständnissen bemerke ich noch einmal, dass z. B. die Zahl 13°8 nicht den linearen Abstand zweier Markstrahlen bedeutet, sondern aus- sagt, dass am Holzquerschnitt 13:8 Markstrahlen pro ein Millimeter Bogenlänge vor- kommen. 736 A. Burgerstein, Stammholz Stammholz Astholz (Wiesner) (Tab. I) (Tab. II) Geiassyveltem 40 1 33—49 33—40 hgzicheidenbreiten er 10. u 14-6—18°0 13—15 Holzparenchymbreite.. 16 18:3—23°8 17:5—22°4 Markstrahl-Zellhöhe... 15 14:0—15:5... 18:8=19,3 Markstrahl-Zellbreite.. 14m 13:0—19.6: 12.0132 Die richtige Angabe Wiesner's, dass die Markstrahlen ein- bis dreireihig sind, ergänze ich dahin, dass einreihige Markstrahlen häufig, zweireihige sehr häufig, dreireihige selten vorkommen. Nach Sanio! sollen die Gefässe von Pirus commmunis die »spiralige Verdickung« zeigen, während das vonStrasburger? untersuchte Holz von Pirus. communis »innerhalb der Gefässe nur an ganz vereinzelten Stellen Spuren von Schraubenbändern aufwies«. Auf Grund meiner Beobachtungen — ich habe 40 Holz- proben von Pirus communis untersucht — kann ich sagen, dass diese Spuren so zweifelhafter Natur sind, dass man mit gutem Gewissen behaupten kann, dem Birnbaumholze (überhaupt allen Pirus- und Malus-Arten) fehlt die tertiäre schraubenlinige Verdickungsschichte.? Schliesslich füge ich noch bei, dass der Durchmesser des äusseren Hofes der Gefässtüpfel 0:005 bis 0009 mm beträgt, und dass in den Gefässen und Tracheiden der inneren Jahresringe älterer Stämme bisweilen geformte Gummimassen vorkommen. IlI., IV. Malus communis. Die Beobachtungen wurden (analog Pirus) an acht Stamm- und vier Asthölzern gemacht. I“ m. D. = 364 mm; Je: = 3071.92 1020730: li: ns DD, == 2 1 = 05 NEO, 2ER. Im BD =E190 772 22 = 277 Me 310202 Veen. DD. = 64 nm: Ver = 32.125, 1072030: 1 Bot. Zeitung, 1863, S. 116. 2 Histol. Beitr., III. Heft, S. 277. 3 Die Angabe von De Bary (Anatom. d. Vegetationsorgane etc., S. 495) ist demnach zu berichtigen. Holz der Pomaceen. 737 Veen. =167 mm:iJg. = 60; M. 5, 10, 20,40. Em Di = 64 mmiJg.= 14: M. 5:10,14. NIS rlolzstück, Je? = 28; M. Kern, Splint. au Tolzscuck Je —= 127 M. 5, 10 (relativ). Be me) = 130 nm 2X =.19°M. 5, 10, 19! Rem tene) ernl8; M. 5, 10,12: NEED ASS. == 12 MD; 10. NEED 22mm Je = 143M: 5, 10 Die erhaltenen Resultate sind in den Tabellen III und IV verzeichnet. III. Malus communis Stammholz. Gefäss- enden Holz- Markstrahl- |Markstrahl- | Markstrahl- weite Ian parenchym | Zellhöhe | Zellbreite abstand IT 190°1—70.0117°4—19:5|23°0—25:3/15:8—16:5/14:0—17:°3/10-5— 12:3 II 145°7—52:8116°0—16°9)21°5—24:3115°7—16°3]13:6—14°8|10°1—10°5 IIT |140°0—60:°0/15°0—17'618°:4—22-°6|15°4—17.0/13:5—16°4|11°0—12°6 IV 148:-8—56°9|15°1—16°1117°5—19°5|115°0—15°3]13:6—14°4111’8— 12-5 V 140:0—48:0[15°0—17°5/19:4—23°0|15°7—16°3]14°5—17°2110°0—13°0 VI 154-8—63°1/18:4—19:°2|24:0— 24:3|116°3— 17:0|16°6—-17°4| 9:8—-10:6 VIT 149-6—50:2|18-1— 18°6123°6--25°2115:8—15°914:8—16°9]10:7—12°7 VII 150°6—-58:6116 6—-17°6121°6—23-3115°3—15:7|15°6—16°7| 9-8—-10:0 IV. Malus communis Astholz. Gefäss- enden Holz- Markstrahl- |Markstrahl-| Markstrahl- weite parenchym, Zellhöhe | Zellbreite abstand IX 189:4—42:2113:4—14°9|20:9—22:2114-7—15:8/13:3—16:0|11°8-—-13:0 X |48:6—-53°5113-3—13:620:3—22:8 14:415°7113-8—14°2|]10:3—11°8 XI 145-2 —43:0113°9—15°420-9—21-2|14-4—14-6113-5—15:9]12-1— 12-7 Bl 90a 3536 18520 Ar ers Tess Vergleicht man nun die erhaltenen Grenzwerthe von Pirus communis und Malus communis, so ergibt sich: 758 A. Burgerstein, Pirus communis Pirus Malus Gelässweite . .. 2... 0 en 393 —00 40—70 Bracheiden..:.%.,.. See am an 13:0— 18:0 13:3—19°5 Klolzpanenchyme.r er 17:5 —23'8 17:5—25°3 Markstranl>Zellnonermrr ern 3:8—15°5 14:1—17'0 Markstrahl-Zellbreite? . ...... 12-0—15°8 12:-8—17°4 Markstrahlapbstande 13:2—159°4 9:-83—13°0 Man sieht, dass der Apfelbaum im allgemeinen weitere Gefässe, breitere Tracheiden und Holzparenchymzellen und grössere Markstrahlzellen hat, dass jedoch alle diese Grössen keine absoluten Unterscheidungsmerkmale der beiden Holz- arten bilden. Nur der Markstrahlabstand kann als dia- gnostisches Merkmal herangezogen werden, da die Zahl der Markstrahlen auf einem Millimeter Bogen- länge im Holzquerschnitt beim Apfelbaum höchstens, beim Birnbaum mindestens 13 beträgt. Als Mittel sämmt- licher Massbestimmungen fand ich für Birnholz 14:2, für Apfel- holz 11'4 Markstrahlen auf ein Millimeter.! Der Durchmesser des Hofes der Gefässtüpfel bewegt sich beim Apfelholz zwischen 0:006—0 01 mm; die Markstrahlen sind (wie beim Birnholze) ein- bis dreireihig, wobei dreireihige Markstrahlen beim Apfelholze häufiger angetroffen werden als beim Birnholze. Die Zahl der im Markstrahl übereinander- stehenden Zellen (Markstrahlhöhe) steigt beim Birnbaumholze bis 30, beim Apfelbaumholze bis 40. Da aber so hohe Mark- strahlen überhaupt selten vorkommen, so dürfte auch die Mark- strahlhöhe für die Unterscheidung des Holzes nicht verwendbar sein. Indess bemerke ich, dass ich diessbezüglich nur wenige statistische Daten gesammelt habe. Aus allen meinen Beob- achtungen ergibt sich aber, dass, obwohl das Holz von Pirus communis und Malıs communis unter demMikro- skope im Wesentlichen dasselbe Bild zeigen, dennoch eine Unterscheidung möglich ist, indem der Abstand der Markstrahlen von einander in allen, die Gefäss- 1 Der thatsächliche Markstrahlabstand wäre demnach für Birnholz 0.070 mm, für Apfelholz 0'088 mm. Holz der Pomaceen. 139 weite und Markstrahl-Zellhöhe in einzelnen Fällen brauchbare Differenzialmerkmale der beiden: Holz- gattungen bilden. Va Biruszspiee. div. Untersucht wurden folgende Arten: Pirus Achras Koch (P. Achras Koch;! P. communis var. Zarras Wall \Vz. 116, 111,289, Dip: 338, Koe. 245), m.D. 25 mm; 4 Jg.,;, M. 3—4.? Pirus amygdaliformis Vill. (Koch 218, Weg. I, 21, III, 290, Dee. 151, Dip. 362, Koe. 244), m. D. 90 mm; 36 Jg.;\M. 5, 10, 19430: Pirus betulifolia Bunge (We. I, 50, Dec. 152, Dip. 365, Koe. 246; Malus beinlifolia Weg. Il, 292), m.D. 18:5 mm; 4 Jg.; M. 3—4. Pirus elaeagnifolia Pallas (Koch 217, We. I, 23, III, 290, Dec. 152, Dip. 363, Koe. 243), m.D. 34:5 mm, 14 Jg.; M. 5, 10. Pirus heterophylla Regel (Dip. 262, Koe. 245), m.D. 12 mm; 3Jg.; M. 3. Pirus longipes Coss. et Dur. (Weg. I, 46, Dec. 151, Dip. 364, Koe. 245; Malus longipes Weg. III, 292), m. D. 14 mm; 4 Jg.; M. 3—4. Pirus Michauxii Bosc. (Dec. 151, Dip. 361; P. persica Pers., Koch 218, Koe. 244; P. nivalis Jacgq., We. ], 18, We. III, 290), m. D. 42 mm; 15 Jg.; M. 5, 10, 15. Pirus nivalis Jacg. (Koch 216, We. I, 18, Weg. III, 290, Dec. 152, Dip. 360, Koe. 244), m. D. 21 mm; 3 Jg.;, M. 3. Pirus persica Persoon (Koch 218, Dip. 361, Koe. 244; P.nivalis Jacgq., We. 1, 18, We. Ill, 290, Dec. 152), m.D. 11 mm; 304; Mi. 18. 1 Die Citate beziehen sich auf: Koch, Dendrologie; Decaisne, Memoire, l. c. (Dee.); Wenzig in Linnaea, l.c. (Wg.D; Wenzig im Jahrbuch, 1. c. (Weg. III); Dippel, Laubholzkunde, 3. Bd., l.c. (Dip.); Koehne, Dendro- logie (Koe.). 2 Dies bedeutet: Die Holzscheibe hatte bei einem mittleren Querdurch- messer von 25 mm vier Jahresringe; die Messungen (M.) wurden in der Partie des 3.—4. Jahresringes gemacht; bei Pirus amygdaliformis am 5., 10., 15., 30. Jahresring. 740 A. Burgerstein, Pirus salicifolia L. fil. (Koch 218, Dec. 152, Wg. III, 290, Dip. 364, Koe. 248), m. D. 30 mm; 15 Jg.; M. 5, 10. Pirus sinensis Lindl. (Dee. 152, Dip. 359, Koe. 245; P. ussuriensis Maxim., Koch 206, We. 1, 35; P. communis var. ussuriensis Maxim., We. III, 289), m. D. 20 mm; 4 Jg.; M.3—4. Die erhaltenen Resultate sind in Tab. V zusammengestellt. V. Pirus spec. div. ee Markstrahl- | Markstrahl- | Markstrahl- Zellhöhe Zellbreite abstand Ina Se 41°0 14°9 122% 14°6 amygaoaliformis....| 30:0—35'6| 13:8--14:1| 12:7—14'0114:8—15°3 Deimlafona. 2 405 13-3 122% 13-7 elaeagnifolia ...... 33:0-—-40:5| 14°3—14°4| 12-0—13:0|13°6-—-14-1 heterophylla......: al 0 13°0 >, 14:8 ÜONEHIES 000000 0% 0 SS 13.4 14:0 150 Michauxii ........ 89-1 40:8 14261520] 122.513 20114261554 ES ee 33°6 8° 1802 14°7 DERSÜCH as ee Ba 15-0 14:2 14:7 SOUCHOM DEN: 35.0—88:7| 13:2 1420| 137-0—-13:8114-4—15 72 SUN EISISEN ES 35.0 1826 11125 152 VI. Malus spec. div. Untersucht wurden folgende Arten: Malus baccata Desf. (Dec. 154, We. Ill, 292, Dip. 404, Klochne 261; Zirus baccave: %, Koch210, We Zar ma 38 mm; 18Jg.; M.o, 10, 12. Malus cerasifera Spach (Dec. 155, Dip. 395; Malus cerasifera u. Wg. = Pirus cerasifera Regel = Malus baccata x prunifolia Weg. Ill, 293; Malus cerasifera B Weg. —= Pirus cerasifera Tausch = Malus prunifolia x baccata Wg. Ill, 293; Pirus baccata a cerasifera Tausch, Wg.]1, 45; Malus baccata x prunifolia Koe. 260), m. D. 22 mm; 12 Jg.; M. 5, 10. Malus coronaria Mill. (Dec. 154, Weg. III, 292, Dip. 401, Koe. 258; Pirus coronaria L., Koch 214, We.1, 40), m.D. 23 IM. 3: Malus floribunda Sieb. (Dip. 404, Koe. 261; Pirus specta- bilis Ait. var. floribunda Koch 209; Pirus Ringo var. flori- bunda Wg.]1, 38; Malus Kaido x baccata Weg. Ill, 293), m. D. 163 mm; 3Jg.; M. 3. Holz der Pomaceen. 741 Malus Kaido Sieb. (Dip. 400; Pirus Ringo var. Kaido We. 1, 37; Malus Kaido [Malus spectabilis x Malus Ringo] We. III, 273; Malus Ringox spectabilis Koe. 259), m. D. 24 mm; 6 Jg.; M. 5—6. Malus Niedwetzkyana Dieck. (Koe. 259), m. D. S mm; Srjer: NM... Malus microcarpa Wendl. Das betreffende Holz erhielt ich unter diesem Namen aus der Sammlung des pflanzen- physiologischen Institutes der hiesigen Universität. (Synonym sollen sein: Pirus baccata L., Malus baccata Desf., Malus sibirica Borkh.), m. D. 52 mm; 30 Jg.; M. 5, 10, 15. Malus prunifolia Spach (We. III, 291, Koe. 260; Malus prumifolia Willd., Dec. 155; Malus prunifolia Borkh., Dip. 398; Pirus prunifolia Willd., Koch 207, We. I, 47), m.D. 20 mm; 4 Jg.; M. 3—4. Malus Ringo Sieb. (We. III, 292, Dip. 400, Koe. 260; Pirus Ringo We.1,37; Pirus spectabilis var. Ringo Koch, 210), m. D. 20 mm; 4 Jg.; M. 3—4. Malus rivularis Roem. (Dec. 155, We. II, 292, Dip. 405, Koe. 202; Pirus rivnlaris We. 1, 38), m.D.10 mm; 4 Jg.; M. 3—4. Malus spectabilis Desf. (Dec. 154, Weg. II, 291, Dip. 399; Koe. 259; Pirus spectabilis Ait.,. Koch 209), m.D. 12 mm; 4 Jg.; M. 3—4. Die gewonnenen Masse sind in nachstehender Tab. VI zusammengestellt. VI. Malus 'spee. div. eelte Markstrahl- | Markstrahl- | Markstrahl- Zellhöhe Zellbreite abstand Daccate 40—47:5| 13:4—13-6| 10:8—12:0112:2—-13°1 DERASDIEHD SE: 40°3—46-2| 13:8—14°8| 12°0—14°3/11°6—12°3 GOKONDKIA 22:2 42-0 725 15°8 11°8 NHoribunda,....2.. 438 13°6 13:0 12°7 VRWAOhO) ee RR 43°5 13:0 19°5 1928 Niedwetzkiana..... 40°4 Kost 13°6 12°% MÄICVOCHTPA u... 43.0490] 14-0 — 14:6) 11-0—12-2)12:0—13:2 RRUNLOHAS 2... 2. 46°0 Io il °&) 12:4 IRRTONS Nee 42-5 144 116 23 VIDULONÜS: 02 no een 42:0 17:0 1930) 120 SREGLADUISEH. en: 45°5 15:0 141 Ne2—ılle® 742 A. Burgerstein, Alle von mir geprüften Pirus- und Malus-Arten zeigen im Wesentlichen denselben Holzbau; die Unterschiede in der Grösse der histologischen Elemente sind nur relative: Die Malus-Arten haben weitere Gefässe, grössere Markstrahlzellen und weiter von einander (im Holzquerschnitte) abstehende Markstrahlen. Die gefundenen Grenzwerthe sind: Pirus Malus Gefasswellen ee 31—41 40—49 Mankstrahl Zzellhobermr rn 13—15 13—17°5 MarkstranlozZellpreiter re me 11:2—14°2 11:0—15°9 Marlestralhlapstande per 13°7—15°4 11’2—13°2 Als absolute diagnostische Merkmale könnte die Mark- strahl-Zellhöhe und der Markstrahlabstand gelten. Was die Gefässweite betrifft, so ist diese, wie aus den Tabellen IV und V hervorgeht, bei den Pirus-Arten in der Regel kleiner, bei den Malus-Arten in der Regel grösser als 0:04 mm; doch kommen, wenn man auch Pirus communis berücksichtigt, hier Werthe von 0:04—0:'05 mm vor. Eine tertiäre Verdickungsschichte der Gefässwand habe ich bei keiner Pirus- und Malus-Art gesehen. Auch die Höhe und Breite der Markstrahlzellen geben keine sicheren Unterscheidungsmerkmale; wohl aber bildet der Markstrahlabstand ein befriedigendes, brauchbares Differentialmerkmal; denn es stehen (inclusive Pirus- und Malus communis) auf einem Millimeter im Quer- schnitt des Holzes bei Pirus 13:9 — 154, bei Malus 98—13 Markstrahlen. Wie sich aus der literarhistorischen Übersicht ergibt, haben inne; Seringe, Bindleyz Bndlicher Bentham Fookes Baillon, Koch, Wenzig (in Linnaea) und Focke die Malus- Gruppe dem Genus Pirus subordinirt, während Tournefort, Jussieu, Spach, Roemer, Deeafismer Wenzie (erlakr buch), Dippel und Koehne Pivyus und Malus als zwei selbständige Genera betrachteten. Koehne rechnet Pirus und Malus sogar zu zwei verschiedenen Gruppen, nämlich Pirus zu der Gruppe der Piroideae (Pirus, Cydonia), Malus zu der der Maloideae (Aronia, Cormus, Torminaria, Amelanchier, Peraphyllum, Malus, Chaenomeles). Nach den blütenmorpho- - Holz der Pomaceen. 143 logischen Studien dieses Forschers ist die Pomaceengattung Pirus sehr scharf begrenzt; einen Übergang zu Malus gibt es nicht, und die angeblich nahe Verwandtschaft von Pirus und Malus ist eine »fable convenue«.! Bei der grossen Ähnlichkeit des mikroskopisch sichtbaren Holzbaues aller Pirus- und Malus-Arten ist, wie ich glaube, die oben angeführte Eigen- thümlichkeit des Markstrahlabstandes hinreichend, um Pirus und Malus als zwei selbständige Gattungen aufzufassen. Wie früherbemerkt, vereinigte Wenziganfangs (inLinnaea, l. c. I) die beiden Gattungen, später (im Jahrbuch, 1. c. I) trennte er sie, stellte aber — wie Koehne (Gattungen der Pomaceen) meint — »durch abfällige Discusbecher getäuscht, Pirus Pashia Ham, Pirus longipes Coss. et Dur. und Pirus beinlifolia Bunge zu Malus«, während sie nach den Untersuchungen von Koehne echte Pirus sind, mit Ausnahme der Malus Pashia We. (Pirus Pashia Ham.) var. var. Sikkimensis, die wirklich eine Malus-Form ist, Auf Grund der xylotomischen Daten, die ich für Pirus longipes und Pirus betnlifolia erhielt, muss ich Koehne beipflichten. Erstere ist gewiss eine Pirus und keine Malus. Pirus (Malus) betulifolia steht infolge der grossen Gefäss- weite und des geringen Markstrahlabstandes an der Grenze von Pirus und Malus, kann jedoch holzanatomisch eher zu Malus als zu Pirus gerechnet werden. Von Pirus (Malus) Pashia stand mir leider kein Holz zur Verfügung. Dagegen ist Malus crataegifolia Koehne, wie ich später zeigen werde, keine echte Malus-Art, sondern entweder eine Sorbus (S. crataegifolia W enzig) oder eine Hybride von Sorbus und Malus (S. crataegifoliax M. communis Wenzig). VII. Crataegus. Untersucht wurden folgende Arten: Crataegus ambigua C. A. Meyer, m.D. 24mm; 9 Jg. Crataegus apiifolia Mchx. (Dip. 455, Koe. 238; Mespilus apiifolia Spach, We. |, 152, We. IH, 303), m. D. 43 mm; 20 Jg.; eo, 10, 13. 1 Bekanntlich ist es noch nicht gelungen, Pirus communis und Malus communis mir einander erfolgreich zu kreuzen. 44 A. Burgerstein, Crataegus Azarolus L. (Dip. 453, Koe. 240; Mespilus Azarolus Poir., Koch 162, Weg. 1,142, Wg. II, 303), m.D. 14 mm; 3 Jg. Crataegus Celsiana Bosc. (Dip. 452, Koe. 239; Megan Celsiana Dum., Koch 157; Mespilus pentagyna var. Celsiana We. I, 151, We. IH, 503), m.D. 11 mm; 3 Jg. Crataegus coccinea L. (Dip. 454, Koe. 232; Mespilus coccinea Willd., Koch 150, We. I], 130, un III, 301), m. D. 52 mm; 19 Jg.; M. 310: Crataegus crus galliL. (Dip. 441, Koe. 232; Mespilus crus galli Willd., Koch 142, We. 1, 137, We. II, 301), m. D. 30 mm; 19 3 ML, 8,10), 11% Crataegus Douglasii Lindl. (Dip. 430, Koe. 237; Mespilus (Crataegus) sangninea var. Douglasii Torr. et Gray, We. |, 135), m. D. 20 mm; 10 Jg.; M.5—10. Crataegus flabellata Bosc. (Mespilus flabellata W illd., We. 1,135; Mesgilus coccinea var. hort. flabellata We. III, 302; Crataegus coccinea L., Koehne 232; Crataegus coccinea var. flabellata Dip. 435, m. D. 15 mm; 5 Jg. Crataegus flabellifolia Spach (Sorbus Aria var. flabelli- folia Wg.1,55, Dip. 375; Aria flabellifoliaDecaisne, Koe. 250). Ich erhielt das Holz unter dem Namen Pirus corymbosa Dest.; es ist aber ein Crataegus-Holz. Crataegus corymbosa Dest. hort. Paris. = (rat. flabellifolia Spach; m.D. 34mm; 14 Jg.; IM ©), 110% Crataegus flava Ait. (Dip. 427, Koe. 231; Mespilus flexi- spina Mneh., Koch 139), m.D. 16; 9 Je. Crataegus granatensis Boiss. (Cr. monogyna Jaqu. var. gramatensis, Dip. 458, Koe. 238), m. D. 16 mm; 3 Jg. Crataegus Heldreichii Boiss. (Koe. 241; Cr. tanacetifolia var. Heldreichii Dip. 446; Mespilus tanacetifolia var. Held- reichii Wg. 1, 147, III, 302), m. D. 10 mm; 3 Jg. Crataegus hiemalis Lange (Dip. 448, Koe. 234; nach Dippelund Koehne wahrscheinlich Cr. crus gallix Cr. penta- £yna), m.D. 12 mm; A Jg. Crataegus mexicana Moc. et Sess. (Dip. 426, Koe. 230 Mespilus mexicana Koch 132, Weg. 1, 121, We. III, 300), m. D. 17 mm; 3 Jg. Holz der Pomaceen. 149 Crataegus nigra W. et K. (Dip. 450, Koe. 240; Mespilus niıgva Willd., Koch 153, We. I, 148, III, 302), m. D. 45 mm; Banjo; M. 0, 10. Crataegus orientalis Pall. (Cr. tanacetifolia Dip. 445, Koe. 241; Mespilus orientalis Poir. |var. von tanacetifolia?] Koch 163; Mespilus tanacetifolia We. 1, 145). I. m. D. 68 mm; 24 Jg.; M. 5, 10, 15, 20. — II. m. D. 40 mm; 15 Jg.; M. 5, 10, 15. Crataegus oxyacantha L. (Dip. 456, Koe. 238; Mespilus oxyacantha W illd., Wg.1,134, Koch 158, Weg. III, 303). I. m.D. 24 mm; 26 Jg.; M. 5, 10, 15. — Il. m. D. 40 mm; 30 Jg.; M. 5, 197 20,30. Crataegus pectinata Bosc. (Dip. 454, Koe. 239; Mespilus oxyacantha var. pectinata Weg. ], 56), m. D. 19 mm; 18 Jg. Crataegus pentagyna W. et K. (Dip. 451, Koe. 240; Mespilus [Crataegus] atrofusca Stev., Koch 157; Mespilus pentagyna Weg. 1, 149, W. UI, 302), m. D. 16 mm; 8 Jg. Crataegus pinnatiloba Lange (Ur. monogyna var. pinnati- loba Dip. 458; Cr. pinnatiloba [Cr. monogynax oxyacantha?] Koe. 238), m.D. 13 mm; 3 Jg. Crataegus pontica C. Koch (Koch 162), m. D. 16 mm; 14 Jg.; M. 5, 10. Crataegus prunifolia Pers. (Dip. 443, Koe. 233; Mespilus crus galli var. prunifolia Torr. et Gray, Wg.1,140, We. Ill, 301), m. D. 40-5 mm; 16 Jg.; M. 5, 10, 15. Crataegus punctata Jacq. (Dip. 432, Koe. 235; Mespilus cornifolia Münch, Koch 134; Mespilus punctata We. 1, 128; Mespilus tomentosa var. punctata A. Gr., Weg. III, 301), m.D. I7 mm; 7 Jg. Crataegus rivularis Nuttal. (Koe. 237; Mespilus rivnlaris We. 1,137, 1, 301; Cr. Douglasii var. rivularis Dip. 431), m.D. l3 mm; 3 Jg. Crataegus rotundifolia Lindl. (Dip. 439, Koe. 231; Cr. Sanguinea var. hort. rotundifolia Mönch, We. II, 302), m. D. 80 mm; 14 Jg.; M. 5, 10, 14. Crataegus rubrinervis Lange (Dip. 453, Koe. 239), m.D. 16-5 mm; 3 Jg. Crataegus songarica hort. (Cr. songarica — dsungarica — pinnatifida var. songarica—(r. incisa Dip.447), m.D.8S mm; 3Jg. 746 A. Burgerstein, Crataegus sorbifolia Lange (Koe. 235; Crataegus oxy- acantha var. sorbifolia Dip. 457), m. D. 11 mm; 4 Jg. Crataegus splendens hort. (Cr. monogyna var. splendens Dip. 459), m. D. 19 mm; 6 Jg. Crataegus tanacetifolia Pers. (Dip. 455, Koe. 241; Mespilus tanacetifolia Poiret, Weg. 1, 145, Weg. II, 302), m. D. 17 mm; 7 Jg. VI. Crataegus. a Markstrahl- Markstrahl- Markstrahl- Zellhöhe Zellbreite abstand Ambigma „een... 42-5 ger 16:0 14-0 SONO 5 6 5 00005: 44-2 —46°5| 14°:8—15°7| 12°4—14°5113:4—14 1 AUSCKRONES 5 50505080 442 18-1 147 92 (GNS 0008005: 38°6 14:6 12-6 145 COOEIDEN 5 0 = 6 9 © 059 41°6—45°0| 16°:0—16°5| 13 :1—14°2/13:5— 140 erus galli.. 2. 2...) 44°0—46°5|) 17°6—18°4) 13°8—15°4115°0—15°5 Donglasü......... 442 17-8 15-0 13-4 Mabellolas2a ne 42-1 16-1 138 13-6 Olab el) 43:8—47°4 15:5—16°0| 11:8—13°0114°:6—15°0 TIRUR N 406 174 12-6 102 IVANGLENSIS ....... 410 15:6 146 140 JElaHekReHelDd 5 5 >00 05 39-8 16:0 19°8 14°5 IKempalOS > > 555.2 505 8 424 14:7 143 1827 MERUCHNA 45°8 14:7 12-4 134 MEN 22 SR ENSee here 45.0—46°4| 14:8—15°3| 12:6—13°0)13:0— 13:2 VEN > 0000000 43:4—45°0| 19:0 —19:7| 14:4—15:3)13:9—14°5 Onientalis I. ..... 39:3—43:8| 19:4—19°8| 14°1—14:8|14:0—14°8 0oxyacanthal...... 39-6—42:0| 15°6—15°9| 12:4—13°8113:8— 14:2 oxyacanthall ..... 39-4—40.6| 15°0—15°4 12:8—13:2/14°2—14°8 TRSOHEDGNAL 5 06 9.00 00.0 39-0—41:6| 20:4—20:5| 15°4—16°3113:0—13°6 peniagyma........ 44:5 19-5 14-0 13°5 pinnatiloba ....... 38'8 146 225 14:3 BONELCaN Ba 33:0—34:4| 20 2—20°4| 15:8—16:3)14°2 14:4 RRUmDKola 44:6—45°0| 16°7—17'6) 13:5—14:7|13°1—15°5 punctatar.....2... 40-1 148 12:26 NIT {IOONIHFES 65 50 00 006 40°5 16:8 13:0 13°5 Frotundifolia....... 56:3—52:8| 17:2—17°8| 14°5--15°0]14°6—15°1 VUDTINENVIS 2.2... 416 19°8 14:0 14-0 SOWZANICH. 2... 453 16°6 13:0 13°0 SORDIOH DE 38°2 147 13°8 13°7 SOleHdeHSSER N 49:8 17°8 15°6 134 tanacetifolia ...... 380 19:0 159 13.0 Holz der Pomaceen. 747 In der vorstehenden Tabelle sind 30 Crataegen angeführt. Ich weiss wohl, dass manche dieser »Arten« von einzelnen Botanikern nur als Varietäten, z.B. des vielgestaltigen Crataegus monogyna u. A. oder als Blendlinge (z.B. Cr. hiemalis = Cr. Crus galli X pentagyna) gehalten werden. Allein auf eine Prüfung dessen, ob gewisse Crataegen wirklich distincte Arten oder nur Abarten seien, konnte ich mich nicht einlassen; auch ist dieser Umstand für mich Nebensache. Mir handelte es sich vielmehr darum, zu untersuchen, ob sich die Gattungen Pirus, Malus, Crataegus und Mespilus holzanatomisch sicher unter- scheiden lassen. Die für die Crataegen erhaltenen Grenzwerthe waren: Gelassweltent.. Sen ern 38—08 Markstrahl-Zellhöhe ...... 14:6—20°5 Markstrahl-Zellbreite ..... 12:0—16°3 Markstrahlabstand .....-. 13:0—15°5 In den Gefässen fehlt die tertiäre Verdickungsschichte; die Markstrahlen sind (wie bei Pirus und Malus) ein- bis dreireihig, der Mehrzahl nach zweireihig. Von Malus lässt sich Crataegus durch den Markstrahl- abstand unterscheiden. Denn während bei Malus auf einen Millimeter im Holzquerschnitt höchstens 13'2 Markstrahlen (Mittel aus 10—15 Zählungen) stehen, ist die Markstrahlzahl bei der überwiegenden Mehrzahl der Crataegen über 13°2. Dagegen nähert sich Crataegus rücksichtlich des Markstrahl- abstandes so sehr der Gattung Pirus, dass es in dieser Beziehung nicht möglich war, die beiden Genera nach dem Holzbau zu unterscheiden. Nun haben die Arten von Crataegus in der Regel weitere Gefässe und höhere Markstrahlzellen als jene von Pirus. Das Maximum des Querdurchmessers der Gefässe (Mittel aus den Messungen im Jahresring) beträgt bei Pirus mit Aus: schluss von Pirus communis O0-041 mm, während die Gefäss- weite nur bei 10 von den untersuchten 32 Crataegus- Hölzern unter diesen Werth fällt. Mit Einbeziehung von Pirus communis entfällt aber die Gefässweite als Unterscheidungsmerkmal des Holzes von Pirus und Crataegus. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 49 748 A. Burgerstein, Das Maximum der Markstrahl-Zellhöhen beträgt bei Pirus mit Ausschluss der Culturbirne O0:015 mm, mit Einschluss der letzteren 0°0156 mm. Bei den 32 untersuchten Crataegen wurde der Werth unter 0:O015 mm in sechs, jener unter 0°0156 mm in acht Fällen beobachtet. Die Höhe der Markstrahlzellen bildet somit für sehr viele Fälle ein differentialdiagnostisches Merk- mal des Holzes von Pirus und Crataegus; in einzelnen Fällen dürfte es aber nicht leicht sein, aus der Markstrahl- Zellhöhe einen Schluss auf die Zugehörigkeit des Holzes zu Pirus oder Crataegus zu ziehen; diese Entscheidung wird umso schwieriger sein, weil alle Pirus- und Crataegus-Hölzer sehr ähnliche mikroskopische Bilder geben. Wie aus der Literaturübersicht hervorgeht, erscheint Cra- taegus entweder als selbständige Gattung der Pomaceen, oder es wurden die Crataegus-Arten zu Mespilus gezogen. Pomaceen- Brforseher, wie Bindley, Roemer; Deeaisneskoeame Dippel haben Crataegus und Mespilus als zwei selbständige Arten aufgefasst. Willdenow und Andere haben dagegen die sehr artenreiche Gattung Crataegus aufgelassen und die hieher gehörigen Pflanzen mit der sehr artenarmen Gattung Mespilus vereinigt. Ihnen folgten Koch und -Wenzig und — wie es scheint, ohne eine kritische Nachuntersuchung — Focke. Die Verwandtschaft von Crataegus und Mespilus ergibt sich — wie ich aus den exacten Untersuchungen von Koehne (Die Gattungen der Pomaceen) entnehme — aus der Überein- stimmung der Samenknospen. In beiden Fällen stehen nämlich in jedem Fruchtblatt zwei ungleiche Samenknospen, eine fruchtbare und eine gestielte unfruchtbare; letztere kann auch fehlen. Allein bei Mespilus sind die Fruchtblätter völlig ver- schmolzen. Die Steine sind deshalb in der Frucht ringsum, auch auf dem Gipfel, von Fruchtfleisch umschlossen. »Der Discus- becher zieht sich zur Fruchtzeit als glatte, gleichmässig ver- tiefte Schüssel über die Steine hinweg.« Bei Crataegus sind die Fruchtblätter unter sich fast gar nicht oder bis nahe an den Griffel heran mit dem Kelchbecher längs des halben bis ganzen Rückens verwachsen, am Gipfel um den Griffel herum aber stets frei. Die Steine sind deshalb am Gipfel vom Frucht- Holz der Pomaceen. 49 tleisch nicht bedeckt; der Steingipfel ist scharfwinklig gegen den Discusbecher abgesetzt. Mikroskopisch lässt sich aber Mespilus- und Crataegus- Holz gut unterscheiden, und zwar durch folgende zwei Merk- male: 1. Die Gefässe des Mespilus-Holzes haben eine tertiäre Verdickungsschichte, die ich bei keinem einzigen Crataegus gefunden habe. 2. Die Markstrahlen sind bei Mespilus ein- bis vierreihig; einreihige sind selten, drei- bis vierreihige, namentlich in späteren Jahresringen, häufig. Die Markstrahlen der Crataegen sind der Mehrzahl nach ein- bis zweireihig; vierreihige habe ich bei Crataegus niemals gesehen. Aiton hat (im Hortus Kewensis) eine Crataegus cordata beschrieben. Miller (Fig. of the most beautif. pl., 1760) nannte sie Mespilus cordata, Ehrhart (in Lin. fil. suppl.,1781) Mespilus phoenopyrum. Roemer reihte sie unter Crataegus, Subgenus Phaeno- pirum ein. Wenzig (l,1.c. S.164) stellte die Pflanze als Typus einer neuen Gattung: Phalacros auf. Bei Focke erscheint sie gar als Cotoneaster cordata (Gen. Coloneaster, Sect. Phoeno- pirum). Koehne erkannte die fragliche Pomacee als eine Crataegus-Art und hat (Dendrologie, S. 239) die Aiton'sche Bezeichnung Crataegus cordata restituirt. Dippel (Laubholz- kunde, 3. Bd., S.437) hat sich gleichfalls für Crataegus cordata entschieden. Ich konnte nur ein etwa 2 mm dickes Zweig- stückchen eines Herbarexemplares der Pflanze mikroskopisch ansehen und fand die Merkmale einer CrataegusArt mit sehr hohen Markstrahlzellen; dieselbe würde durch diese Eigen- schaft gleich Crataegus pectinata und Cr. pontica den Übergang von Crataegus zu Pyracantha bilden. Keinesfalls darf man sie — wenigstens nach holzanatomischen Merkmalen — unter Cotoneaster inseriren, wie es Focke (l.c.) gethan hat. Derselbe Autor führt auch Crataegus spathnlata Michx., Crataegus berberifolia Torr. et A. Gray und Crataegus arborescens Ell., die nach Koehne in jeder Beziehung echte Crataegen sind, als Section Pyracantha der Gattung Cotoneaster an. Eine mikro- skopische Untersuchung des Holzes (die ich nicht machen konnte), würde aber sofort zeigen, ob die genannten Arten zu Crataegus oder Cotomeaster gehören. Ein Crataegus aus der 49* 750 A. Burgerstein, Section Pyracantha der Gattung Cotoneaster wäre aber eine überaus merkwürdige Pflanze! Wie bereits bemerkt, wurde das Holz von Crataegus oxy- acantha L. bereits von Wiesner (l. c.) histologisch untersucht. Aus der Gegenüberstellung seiner und meiner Befunde ergibt sich die Übereinstimmung der beiderseitigen Beobachtungen, mit Ausnahme der Markstrahl-Zellbreite, für die ich höhere Werthe gemessen habe. Wiesner Burgerstein (Mittelwerthe) (Grenzwerthe) Gefässweite as. we 0040 0:039—0 042 ibracheidembreitemn Pure 0.016! 0:012—0:014 Hlolzparenenyne a 0016 0:016—0:018 Markstrahl zellpohemer me 0:015 0-015—0:016 Markstrahl>Zellpreite m. 202 0008 0:012—0:014 VIII. Pyracantha. Pyracantha coccinea Roem. (Dip. 421, Koe. 227; Coto- neastevr Pyracantha Spach, Koch 174, We. I, 198, Weg. III, 306), m. D. 9 mm; 4 Jg. Pyracantha crenulata Roem. (Dip. 422, Koe. 227; Coto- neaster crenulata Roxb., Koch 175, We. I, 199, Weg. III, 306). Von dieser Pflanze stand mir nur ein kleiner Zweigabschnitt aus dem Herbarium des Wiener botanischen Hofmuseums zur Verfügung. M. D. 5 mm. Pyr. coccinea Pyr. crenulata Gefässwelter ne mac 40°7 30 Tracherdenz.. 2, Ras: 14:0 — Klolzpasrenehymeer ne: 22.39 — Markstrahl-Zellhöhe ...... 200 EN) Markstrahl-Zellbreite...... 1828 Fagal Markstrahlabstand......... 15.4 NOT. Charakteristisch für das Holz von Pyracantha coccinea und crenulata ist die relativ grosse Höhe der Markstrahlzellen, 1 Die bei Wiesner stehende Zahl 0006 ist offenbar ein Druckfehler. Holz der Pomaceen. Zol die (bei dieser Gattung mehr als bei anderen ausgeprägte) ungleiche Höhe der Zellen innerhalb eines Markstrahles und die bedeutende Höhe einzelner Zellen im Markstrahl. So bestand zZ. B. ein Markstrahl von Pyracantha coccinea — die ich genauer untersuchen konnte — aus zehn Zellen mit einer durchschnittlichen Höhe von 0'013 mm, darauf folgten fünf Zellen, deren Höhe im Mittel 0:035 mm, und auf diese vier Zellen, deren Höhe durchschnittlich O-018 mm betrug. Bei einem anderen Markstrahl betrug die Zellhöhe in Mikromilli- metern: 19+19+15+19+19+934+30+94+24+24+80. Werden die Zellen höher, so sind sie häufig radial kürzer, so dass schliesslich die Höhe grösser ist als die Länge und die Markstrahlzellen das Aussehen von Holzparenchymzellen annehmen. Ich könnte die bei dem untersuchten Holzstück von Pyr- acantha coccinea gesehenen Markstrahlen ungezwungen in a) niedrige und D) hohe eintheilen. Die Höhe der’ ersteren betrug 0-014—0:017 mm (im Mittel 0:0158 mm), die der letzteren 0:025 — 0'040 mm, ausnahmsweise auch 0:050 mm (im Mittel 00292 mm). Als Mittel von 230 gemessenen niedrigen und hohen Markstrahlzellen ergab sich 0:020 mm. Auch bei Pyr- acantha crennlata fand ich niedere und hohe (0.024 bis 0:032 mm) Markstrahlzellen. Die Markstrahlen sind (wie bei Crataegus, Pirus, Malus) ein- bis drei-, in der Regel zwei- reihig. Die Gefässe enthalten keine tertiäre Verdickung. Die beiden Sträucher wurden von den älteren Syste- matikern als Arten der Gattung Crataegus, respective Mespilus betrachtet. Spach (hist. nat.) stellte Mespilus Pyracantha Linne = (Crataegus Pyracantha Persoon zu Cotoneaster, ebenso Koch (Dendrologie) Mespilus crenulata Don. = Cra- taegus cvenulata Roxb. Auch bei Wenzig und Focke erscheinen die Pflanzen als Cotoneaster Pyracantha und Coton. Crenulata. Es hat aber bereits Roemer (l. c.) diese beiden Pomaceen in eine eigene Gattung: Pyracantha Roem. gestellt, Und bei Decaisne (l. c.), Dippel (l. e.) und Koehne (!. c) finden wir sie als Pyracantha coccinea und Pyr. crenulata. Aus dem histologischen Bau des Holzes ergibt sich, dass die beiden Pflanzen weder zu Cotoneaster, noch bei Crataegıs Mo A. Burgerstein, eingereiht werden können. Mit den Arten der erstgenannten Gattung haben sie die bedeutende Höhe der Markstrahlzellen gemeinsam; dagegen fehlen bei den Pyracanthen die tertiären Verdickungsschichten, welche in den Gefässen und Tracheiden des Cofoneaster-Holzes auftreten; ferner ist die Mehrzahl der Markstrahlen bei Cofomeaster einreihig, bei Pyracantha zwei- reihig. Vergleicht man Pyracantha mit Crataegus, so findet man, dass die hohen Pyracantha-Markstrahlzellen bei den Crataegen nur ausnahmsweise (Craft. pectinata, Crat. pontica) auftreten; dasselbe gilt vom Markstrahlabstand, indem die Zahl von mehr als 15 Markstrahlen per Millimeter bei Crataegus nur aus- nahmsweise (Crat. crus galli, Crat. Azorolus)' vorkommen. Aber eine Eigenthümlichkeit des Pyracantha-Holzes fehlt allen Crataegen, nämlich die Ausbildung von Markstrahlzellen oder Markstrahl-Zellreihen von (wenigstens bei den Pomaceen) un- gewöhnlicher Höhe. Markstrahlen mit 0:03—0:05 mm hohen Zellen habe ich nie in einem Crataegus-Holze gesehen. Es ist daher die Ausscheidung der beiden Pomaceen aus den Gattungen Crataegus und Cotoneaster und die Einreihung in eine selbständige Gattung (Pyracantha Roem.) auch durch den anatomischen Bau des Holzes begründet. Aus den vergleichenden Untersuchungen des Blüthenbaues von Koehne? ergeben sich folgende Unterschiede zwischen Crataegus, Pyracantha und Cotoneaster. — Crataegus ist charakterisirt — und als Gattung scharf begrenzt — durch die Ungleichheit der beiden Samenknospen, von denen die eine, fruchtbare, sitzend ist, die andere, stets unfruchtbare, mit einem stielartigen Theil beginnt und sich kapuzenartig auf den Gipfel der fruchtbaren legt. Bisweilen kann diese functions- lose Samenknospe auch ganz fehlen. Pyracantha und Cotone- aster haben zwei gleiche Samenknospen in jedem Carpellblatt. 1! Koehne (Gattungen der Pomaceen, S. 9) bemerkt: »Durch ihre Dornen, ihre gekerbten Blätter etc. erinnert die Gattung Pyracantha weit mehr an Crataegus (als an Cotoneaster), besonders an C. crus galli. — Bei Crat. Azarolus fand ich im dritten Jahresring den Markstrahlabstand gleich 15°2; für spätere Jahresringe dürfte aber nach meinen Erfahrungen der Werth unter 15 fallen. 2 Gattungen der Pomaceen, 1890. Holz der Pomaceen. 2198 Während aber bei Cofoneaster die Samenknospen ihre Naht einander zuwenden und die Chalaza unterhalb des Gipfels tragen, wenden die Samenknospen bei Pyracantha die Raphe nach dem Blüthencentrum und tragen die Chalaza an der Spitze. Auch Decaisne! gibt charakteristische Merkmale des Genus Pyracantha an. Aus dem anatomischen Holzbau ergibt sich, wie früher gezeigt wurde, gleichfalls ein Grund für die Berechtigung der Vereinigung der Feuerdorne in eine selbständige Gattung: Pyr- acantha. In einer graphischen Übersicht, welche Koehne über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Pomaceen-Gattungen gemacht hat, erscheint Pyracantha als ein die Gattungen Cotoneaster und Crataegus verbindendes Glied. Diese Auf- fassung erhält auch in der Histologie des Holzes eine Stütze. IX. Amelanchier. Leider konnte ich von dieser Gattung, von der Dippel sechs, Koehne 9 Arten beschreiben, nur Amelanchier cana- densis var. Botryapium Torr. et Gray untersuchen; an einem viereckigen Holzstücke aus der Sammlung des Botanischen Institutes der Prager deutschen Universität wurden in drei Partien mikrometrische Messungen vorgenommen und folgende Zahlen erhalten: Gelässwelter. ..2.2.... 2b 39—49 Bracheidenbmeite £.0n..:. 13°6-—14°0 riolzparenchym.. 2... ..%2- 20:8— 22:0 Markstrahl-Zellhöhe ...... 14:8—15'6 Markstrahl-Zellbreite...... 14:1—15°3 Markstrahlabstand........ 9-5—10°7 Die tertiäre Verdickungsschichte in den Gefässen fehlte; die Markstrahlen waren ein- bis zwei-, ausnahmsweise (partiell) dreireihig. Die obigen mikrometrischen Werthe stimmen mit den von Malus überein. Sehen wir vom Culturapfelbaum ab, Ne Sie, 117. 794 A. Burgerstein, so können wir sagen, dass die Markstrahlen bei Amelanchier noch weiter abstehen als bei Malus, indem bei den Malus- Arten 11’2—13°2, bei Amelanchier nur 9:5—10:7 Mark- strahlen per Millimeter vorkommen. Mit Einschluss von Malus commaunis, dessen Markstrahl- abstand mit 9:8—13:0 berechnet wurde, ergibt sich, dass Amelanchier canadensis von Malus holzanatomisch nicht zu unterscheiden ist. Wenn Koehne (Gattungen, S. 26) sagt: »Die Verwandtschaft von Amelanchier mit Malus scheint mir ziemlich auf der Hand zu liegen«, so kann ich rücksichtlich des Holzbaues dasselbe sagen. Wie sich diesbezüglich andere Arten von Amelanchier verhalten, ist mir nicht bekannt. X. Cydonia. XI. Chaenomeles. Untersucht wurden: Cydonia vulgaris Pers. I (We. I, 7, Dec. 128, We. III, 288, Dip. 357, Koe. 246; Pirus Cydonia L. Koch 220), m. D. 54 mm; 22 Jg.; M. 5, 10, 20 (aus dem Prager botanischen Garten). Cydonia vulgaris Pers. Il, m. D. 30 mm; 15 Jg.;.M. 5, 10, 15 (aus dem Wiener botanischen Garten). Chaenomeles japonica Lindl. (Dec. 129, We. Ill, 289, Dip. 407, Koe. 262; Cyconia japonica Pers. We. I, 10), m. D. 12 mm; 6 Jg.; M. 5—6. Die xylotomische Untersuchung ergab folgende Werthe: Oydonia 1. Cydonia 1. Chaenomeles Getasswielten mr 383-464 88:4—41°1 3338 Rracheidenbreite .- 2318.83 15522 13:2—14°4 Ka Holzparenchym..... 2071212941929 2028 174 Markstrahl-Zellhöhe .13°3- 13°8 13°1—13°6 13°6 Markstrahl-Zellbreite .11:5—13°0 11°6—13°0 114 Markstrahlabstand.....10°:5—11'6 10:6—11'2 148 Alle drei Hölzer zeigten die schraubigen tertiären Ver- dickungsschichten in den Gefässen. Dadurch unterscheiden sie sich von Pirus, Malus und Crataegus; von den Arten der letzt- genannten Gattung unterscheidet sich Cydonia und Chaeno- wmeles durch die niedrigen Markstrahlzellen, sowie durch den Holz der Pomaceen. 139 Abstand der Markstrahlen. Der Markstrahlabstand bildet zugleich das Differentialmerkmal von Cydonia und Chaenomeles. Er fällt bei Cydonia innerhalb der für Malus, bei Chaenomeles innerhalb der für Pirus gefundenen Grenzwerthe. Dippel und Koehne stellen im System Cydonia neben Pirus und Chaenomeles neben Malus. Nach dem histologischen Holz- baue müsste man aber Cydonia neben Malus und Chaenomeles neben Pirus stellen. XII. Sorbus. Untersucht wurden: Sorbus aucuparia L. (Koch 188, We. I, 70, Dec. 158, ve 111, 295, Dip. 366, Koe. 246), m. D: 88 mm; 20J2.; M. 5, KO, 15. SorbussAriar CrHantz (Koch 19, We 1553, II 293; Aria nivea Host. Dec. 160, Koe. 250; Hahnia Aria Dip. 374) BD AO mm; 24 Jg., M. 5, 10, 20. Sorbus Aria Crantz (Il), m. D. 26 mm; 15 Jg.; M. 5, 15. Sorbus domestica L. (Koch 199, We. I, 76, We. III, 295; Cormus domestica Spach. Dec. 157, Dip. 386, Koe. 254), m.D. 18 mm; 30 Jg.; M. 5, 10, 15, 25. Sorbus obtusifolia.' M. D. 26 mm; 15 Jg.; M. 5, 15. Sorbus scandica Fries (Wg. 1, 56; Sorbus Aria x Sorb. auchparia ß scandica Fries. We. I, 296; Hahnia suecica Dip. 377; Aria suecica Koe. 250), m. D. 55 mm; 28Jg.; M. 5, 10, 15,25. Sorbus torminalis Crantz (I) (Koch 199, We. I, 61, We. II, 294; Torminaria Clusii Roem. Dec. 167, Koe. 255; Tormi- naria torminalis Dip. Dip. 386), m. D. 58 mm; 44 Jg.; M. 5, A015, 25. ; Sorbus torminalis Crantz (IM); m. D. 26 mm; 24 Jg.; M. 10, 20. 1 Das Holz stammte von einer im Wiener botanischen Universitätsgarten unter dem Namen Pirus obtusifolia eultivirten Pomacee; ich nenne sie einst- weilen Sorbus obtusifolia, wahrscheinlich ist sie eine Varietät der vielgestaltigen Sorbus Aria. A. Burgerstein, 196 XI. Sorbus. Gefässweite Tracheiden Holzparenchym N ee Der Qaueuparid 2.2... 49°3—50°5 14°:8—17'2 17:3—17°5 14'1—15'2 11:5—12°6 11:1—11°8 Arial. 22... 39:0— 444 15°8—16°1 21'’4—22:6 16'2—16°7 13:0—14°0 9-0—10:3 AT De er 39°0-—42°0 14:2 —14°9 19:4—20°4 16°1—16°5 13:1—14°0 9-4—10°3 domestica....... 40°7 46-5 15°7— 16:0 18:5—20°6 15°8—16°3 12:6—14°4 12-0—12°5 obtusifolia . & 38 8—42°1 16°5—17°2 21°0—21'4 15°9—16'7 12°7—16°0 9-8—-10:0 SWECLA i 45 °4—48°5 15°0—16°3 20:8—21'4 18:4—19'8 15°4—18°0 9-2—11'0 torminalis U ..... 41:0—44 0 14:6—15°0 18:5 —20'4 14:7—15°4 12:0—13°8 11’2—12°0 torminalis IU.... 38:9--40°5 14:4—15°4 21:4—22°0 14:9 —15°4 12 0—14°0 2175 Grenzweırthe ..... 38'9—50°5 13:7—17'2 17'3—22°6 14:1—19°8 11:5—16°0 9:0—12:5 Holz der Pomaceen. on Die Tournefort’sche Gattung Sordus wurde vonRoemer, Decaisne, Dippel und Koehne in die Gattungen Sorbus, Aria (Hahnia), Cormus und Torminaria zergliedert. Wenzig (III) hat wieder die Gattung Sorbus Tournef. restituirt, aller- dings auch emendirt; Aria, Cormus, Torminaria bilden bei Wenzig nur Subgenera von Sorbus. Wieder andere Systema- üker wie Lindley, Seringe (in De Candolle), Endlicher, Bentham-Hooker, Baillon, Focke haben die Sorbeen (inclusive Aria, Torminaria, Cormus ete.) mit den Pireen und Maleen zusammengewürfelt. Aus der vergleichenden Histologie des Holzes ergibt sich, l. dass sich die Sorbeen (im weitesten Sinne) durch die (in der Regel kräftig entwickelte) tertiäre Verdickung der Gefässwand nicht mit den Malus-Arten, noch weniger — in Folge des grossen Markstrahlabstandes — mit den Pirus-Arten zu einer natürlichen Gruppe vereinigen lassen, und 2. dass es derzeit nicht möglich ist, Sorbus, Aria, Cormus und Torminaria holzanatomisch als verschiedene Gattungen zu unterscheiden. Allerdings ist z.B. der Markstrahlabstand am kleinsten (die Zahl der Markstrahlen per Millimeter am grössten) bei Cormus domestica, grösser bei Sorbus aucuparia und Torminaria Clusii, noch grösser bei Aria nivea und Aria suecica; um jedoch den Markstrahlabstand als differentialdiagnostisches Merkmal zu erklären, müsste noch eine grössere Zahl von Arten und Individuen untersucht werden. Ich kann also einst- weilen nur sagen, dass in Bezug auf den anatomischen Holzbau die Sorbeen Tournef. (Wenzig emend.) (Cormus, Aria, Torminaria, Sorbus) eine distincte — von Pirus, Malus, Cotoneaster, Mespilus etc. unterscheidbare— Gruppe bilden. Die Markstrahlen der Sorbeen sind meist zweireihig, häufig einreihig, selten dreireihig. XIII. Cotoneaster. Untersucht wurden folgende Arten: Cotoneaster acutifolia Lindl. (Dip. 412, Koe. 225; Coto- neaster nigra var. acutifolia Wg.1,183; Coton. lncida Schlecht, Dec. 174; Coton. aestivalis B lucida T orr. et Gray, We. Ill, 307), m. D. 15 mm; 3 Jg.; M. 5. 798 A. Burgerstein, Cotoneaster bacillaris Wallich (Koch 172, Dec. 175, We.1,191, Weg. III. 305, Dip. 417, Koe. 226), m. D. 9 mm; 3 Jg. Cotoneaster frigida Wallich (Koch 173, Dec. 175, Weg. 1, 193, We. II, 306, Dip. 419, Koe. 226), m. D. N um: 39I2 Cotoneaster laxiflora Jacq. (Dec. 474; Coton. nigra var. laxriflora Koch 167, Wg. 1,182, Weg. Ill, 304, Dip. 412, Koe. 225), m. D. 13 mm; 8 Jg.; M. 4—2. Cotoneaster multiflora Bunge (Koch 169, Dec. 174, We. I, 190, Weg. III, 305, Dip. 416, Koe. 226), m. D. 13 mm; 10 Jg. Cotoneaster nigra Wahlenbg. (Koch 166, We. I, 182, We. III, 304, Dip. 411, Koe. 225), m. D. 20 mm; 12 Jg.; M. 5, 10. Cotoneaster nummularia Fisch et Meyr (Koch 171, Dec. 173, We. I, 187, We. Ill, 305, Dip. 416, Koe. 226), m.D. 27 mm; 13 Jg.; M. 5, 19. Cotoneaster racemiflora Koch (Koch 170, Dip. 415; Coton. Fontanesii Spach, Dec. 173; Coton. nummnlaria var. racemiflora Weg. II, 305, Koe. 227), m. D. 16:5 mm; 12 Jg.; M. 10. Cotoneaster tomentosa Lindl. (Koch 166, Dee. 172, W I, 185, We. 166, Dip. 414, Koe. 225), m. D. 11 mm; 7 Jg.; M. Cotoneaster uniflora Bunge (Koch 168, Dec. 173, We. I, 179, Weg. III, 304, Dip. 410, Koe. 226), m. D. 21 mm; 7 Jg. Cotoneaster vulgaris Lindl. (Dec. 172, Weg. Ill, 304, Dip. 411; Coton. integerrima Med. Koch 165, We. I, 180, Koe. 226), m.D. 14 mm; 13 Jg.; M. 5, 10. Die Resultate enthält Tab. XIII, aus der sich folgende Grenzwerthe ergeben: 8. d. Gefässweilte nn Nee 33—42 Markstzahl>zellhohes ar 18:0—23°5 Markstrahl-Zellbreite ..... 12:1—15°5 Markstrahlabstandeee 22 14:9 —17'2 Die Gefässe enthalten bei allen Cotoneaster-Arten quer verlaufende tertiäre Verdickungsschichten, wie dies auch bei Sorbus, Cydonia, Chaenomeles, Aronia und Mespilus der Fall ist. Es haben jedoch die Cofoneaster-Arten Eigenthümlichkeiten im Holzbau, wodurch sie sich von den genannten Gattungen unterscheiden. Diese sind: a) Die Markstrahl-Zellhöhe ist Holz der Pomaceen. 759 sehr gross (sie wird nur von Sorbus suecica erreicht); b) die Höhe der Zellreihen (in radialer Richtung) im Markstrahl ist häufig sehr ungleich; c) die Markstrahlen sind der Mehrzahlnach einreihig, der Minderzahl nach partiell zweireihig; dreireihige Markstrahlen habe ich nie gesehen; DiedilerrHiolzzeillien (Tracheiden) besitzen ein einfaches oder doppeltes Schraubenband. Über einige Crataegus-Arten, die Focke (l.c.) zu Cotone- .aster zieht, habe ich früher gesprochen. XII. Cotoneaster. ee Markstrahl- Markstrahl- Markstrahl- | Zellhöhe Zellbreite abstand BONONdE 55 5 ons 33:0 205 15°5 16 8 DAGEUaNESEr Se: 42:0 21:8 144 19°5 NHzidan 2... ... 330 1925 126 14:8 NGESORKOAENG 0.508 0.000098 35°5 18°8 124 16 8 IMULEONG 2.22... 33°0 20:6 13°1 16°0 NS 68 6 Bao oe 36 0—836:7| 19:4—20°8) 12:2—12:4116°8—17°1 numularia........ 40:0—41-4| 22-3 —23*5| 14-1—14:6115°5— 16-5 vacemiflova ....... 39°3 209 13:0 16:8 tomentosa......... 37:0 22:8 19.20 164 DRIOHU > 22. 20: 392 17 13°1 145 DRESANISEER Sn ee. 346-365) 18:0—20°0) 13:4—13:8|17°0—17°2 XIV. Aronia. Untersucht wurde: Aronia rotundifolia Pers. (Amelanchier rotundifolia Lam., Bemi78, \We.T, 106, Ws. III, 293, Dip. 589, Koe. 255), m. D. 8 mm; 12 Jg. Aronia spec. (Dieses Holz befindet sich im pflanzen- physiologischen Institute der Wiener Universität), m. D. 26 mm; 23 Je; M. 5,10, 15. 760 A. Burgerstein, A. rotundifolia Aronia spec. Gretasswielter ee 34 40-5440 Nrachadenaneii® )ooe-soar: 0. 1220 14 6—15°2 Blolzpazenchymer NDR. 14'6 16:5—19°5 Madksurman-zellaoüne »4,-25.2% 1928 16°0—16°3 Markstranl-Zellbreiter nr ver 14:0 12:6—12°9 Mearkstramlabstandesneree 12 11°4—13°1 Bei beiden Aronien zeigten die Gefässe tertiäre Ver- dickungsschichten; die Markstrahlen erwiesen sich nur ein- bis zweireihig. Dreireihige habe ich nicht gesehen, kann jedoch deshalb nicht behaupten, dass solche bei den Aronien überhaupt nicht vorkommen. Aronia zeigt einen ähnlichen histologischen Bau des Holzes wie Sorbus,; der Unterschied liegt in dem Markstrahlabstand. Die gegenseitige Entfernung der Mark- strahlen (im Holzquerschnitte) ist nämlich bei Aronia kleiner als bei Sorbus (und Cydonia), gleichzeitig aber grösser als bei Chaenomeles. XV. Mespilus. Mespilus germanica L. (Koch 129, Dec. 187, We. I, 118, We. III, 300, Dip. 422, Koe. 241). I. Holzscheibe, m. D. 12 mm, 5 Jg. II. Holzstück; untersucht wurden zwei Partien. Mesp. germ. 1 Mesp. germ. 11 Gefässweite na Sa 30—91 racheidembreiter se 13:4 14:2—16°0 Klolzpatenehymn wer 187 16.2 164 Markstrahl-Zellhöher . 2..2.2.... I8°2 15:5—15'8 IMarksteahl-Zellogeite Dre: 138 13°2—13°8 Mackstrahlapstanderne see 13.4 13°7—13°8 Die Gefässe zeigen deutlich tertiäre Verdickungsschichten; auch in einzelnen Tracheiden erscheint stellenweise ein Spiralband. Eine besondere Eigenthümlichkeit des Mispelholzes bilden die kurzen und breiten Markstrahlen in der Tangentialansicht. Die Markstrahlen sind nämlich ein- bis vierschichtig; Holz der Pomaceen. 761 Bereich, kommen in "spater sebildeten Jahres Bimsem drei und vierreihige Markstrahlen häufis vor; hiebei erscheinen die Markstrahlzellen in der Tangentialansicht nicht reihenweise nebeneinander laufend, sondern unregel- mässig neben- und übereinander gelagert. Auf die histologischen Unterschiede des Holzes von Mespilus und Crataegus wurde schon früher (bei Crataegus) hingewiesen. XVI. Hybriden. Bekanntlich werden in den systematischen Werken unter den Pomaceen ziemlich viele Bastarde angeführt; manche Formen werden bestimmt als Hybriden erklärt, von anderen wird die Hybridität angenommen oder vermuthet. Ich untersuchte folgende Fälle: Pirus Bollwilleriana Bauhin (Pirus Pollveria L.) (We. I, 78, We. III, 296; Pirus auricnlaris Knoop, Koch 219, Dip. 359, Koe. 219): Sorbus Aria (Aria nivea) x Pirus communis. I. m. D. 19-5 mm; 7 Jg.,; M. 5—7. städt. Arboretum Wien I. m. D. 24 mm; 11 Jg.; M. 5, 10. Bot. Garten Wien. Il. m. D. 30 mm; 16 Jg.; M. 5, 15. Bot. Garten Prag. Sorbus fennica C. Koch (Koch 194, Koe. 248; Sorbus hybrida Dip. 371): Sorbus snecica x Sorbus aucuparia, m.D. 16 mm; 15 Je.; M. 5, 10. R Sorbus florentina Bertol. (Sorbus tormiualis x Pirus malus Weg. 1, 86; Sorbus crataegifolia Weg. III, 295; Malus crataegifolia Dip. 402, Koe. 257). Ich konnte nur eine kleine Holzprobe, die einer Herbariumpflanze des Wiener botanischen Hofmuseums entnommen wurde (E. Levier, herb. Etruscum), untersuchen. Sorbus hybrida L. (Dec. 159, We. I, 81, Weg. III, 296, Dip. 371, Koe. 248): Sorbus Aria (Aria nivea)x Sorbus aucuparia, m. D. 438 mm; 32 Jg.; M. 5, 10, 15, 20. Sorbus latifolia Pers. (Koch 194, Dec. 162, We. I, 82, We. III, 296, Dip. 388, Koe. 252): Sorbus Aria (Aria nivea) x Sorbus torminalis (Torminaria Clusii). Lm.D. 30 mm; 15 Jg.; M. 5, 10: Ilm. D. 30 mm; 24 Jg.; M. 5, 10, 20. A. Burgerstein, a a Mespilus grandiflora Smith. (Koch 130 = Mespil. germanica x Crataegus stipulosa, mexicana oder leucophloeos; Dec. 187 = Mespilus germanica X Crataegus spec.; Mespilus grandiflora als Art, nicht als Hybride. We. I, 119, We. Ill, 300; Crataegus grandiflora als Art und nicht als Hybride. Dip. 426, Koe. 230). I. m. D. 43 mm; 22 Jg.; M. 5, 10, 20. Botan. Garten Wien. II. m. D. 35 mm; 20 Jg.; M. 5, 10, 15. Städtische Parkanlagen Wien. Il. m. D. 18 mm; 7 Jg.; M. 5—6. Städtisches Arboretum Wien. XVI Hybriden. Gefässweite Tracheiden | Holzparenchym Fe ee Pirus Bollwilleriana l..... 35°7 164 228 153 144 11°8 » » ...| 34°6—836°5 14-0—14°8 19:6—20°4 15:3— 154 14°:6— 16:0 10:9—11°3 » » Il....| 45°2—46°0 17°0—17°5 22°3—23:0 16°3—16°6 15°:6— 16:2 11-0—11°1 Sorbus fennica........ 39 °9— 400 — _ 2 20:4—20°5 17°2—18'5 13:6—13'7 Sorbus florentina ...... 38°5 —_ _ 15°6 14:0 11110 Sorbus hybrida ...........| 836°5—89'5 _ _ 15°4—15°9 12°0—14'8 13:6 —14°5 SA UDO Be — — 19:0—20'3 16°5—19°5 10:0—10°3 » » ee 40 :4—43 0 16°0—18°1 21:5—23°0 19:4—20°5 17:0—20°5 8:5— 90 Mespilus grandiflora 1.. 39:0—43°8 12:5—13'2 15°8—17:0 16-0—16°1 12-5—15°5 14:0—14°3 » U 41:3-—45°5 13:6— 14:0 17:3—18°3 15:0— 160 12:5—14°8 14:0— 14:2 » Neo 40:0 12:3 1.96 19,5 145 141 Holz der Pomaceen. 763 Pirus Bollwilleriana wird allgemein als Bastard von Pirus communis und Sorbus Aria gehalten. Vergleicht man nun die xylometrischen Werthe von Pirus communis-Astholz — denn das Untersuchungsmaterial von Pirus Bollwilleriana war gleichfalls solches — und von Sorbus Aria, so ergibt sich: Aus den Gefässen und Holzzellen lässt sich kein Schluss für die _ Hybridität ziehen; man könnte nur allenfalls sagen, dass Pirus Bollwilleriana sich mehr an Aria, als an Pirus anschliesst. Was jedoch die Höhe der Markstrahlzellen und die Zahl der Markstrahlen per Millimeter im Holzquer- schnitt betrifft, so steht Pirus Bollwilleriana zwischen Pirus communis und Sorbus Aria. Denn es beträgt (rund): Pirus eom. Pir. Bollwill. Sorbus Aria Markstrahl-Zellhöhe..... 14—15 15—16 16 —17 Markstrahlabstand...... 14—15 11—12 go==10 Die Gefässe von Pirus Bollwilleriana zeigen tertiäre Ver- dickungsschichten, die ich bei keiner Pirus-Art und bei jeder Sorbus-Art gefunden habe. Es ergibt sich also, was den Bau des Holzes betrifft, dass 1. Pirus Bollwilleriana Bauh. (Pirus Pollveria L.) zwischen Pirus commmnis und Sorbus Aria steht und 2., dass diese Bomiaeee sich mehrsan letzterelalsian erstere an- schliesst, und nach xylotomischen Merkmalen classi- ficirt, eher Sorbus Bollwilleriana als Pirus Bollwilleriana zu nennen wäre. Sorbus fennica (Sorb. suecica x aucuparia) steht bezüg- lich der Markstrahl-Zellhöhe der Sorbus suecica viel näher als der Sorbus aucuparia, bezüglich des Markstrahlabstandes näher der letzteren. Denn es ist: S. SWECICA S. fennica S. aucuparia Markstrahl-Zellhöhe....... 18:5—20 2020 14—15 Markstrahlabstand ........ 9-0—11 13:7 11—12 Die Gefässe zeigen die tertiäre Verdickungsschichte; die Markstrahlen sind in der Regel ein- bis zweireihig, ausnahms- weise dreireihig. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 50 764 A. Burgerstein, Sorbus florentina Bertol. (Cormus florentina Dec.) wurde von den älteren Autoren als Crataegus und Mespilus florentina, auch als Pirus crataegifolia Savi. beschrieben. Bei Wenzig (in Linnaea, S. 86) erscheint die Pflanze unter »species hybridae« als Sorbus torminalis x Pirus Malns. Später (im Jahrbuch d. Berliner botan. Gartens, S. 295) wurde sie von Wenzig als reine (nicht hybride) Art mit der Bezeich- nung: Sorbus crataegifolia W g. beschrieben. Koehne hält die Pflanze für eine selbständige (nicht hybride), der Malus corona- ria Mill. nahestehende Species. Er sagt (Gattungen der Pomaceen, S. 27): »Nicht von diesem Autor (Wenzig) zu Malus gerechnet, aber nach meinem Dafürhalten hinzuzufügen ist Malus crataegifolia M.« (Koehne); und (S. 28): »Da Malus crataegifolia erweichende Früchte hat, so scheint sie die Gruppe der hartfrüchtigen Arten mit bleibendem und die der zuletzt weichfrüchtigen Arten mit abfälligem Discusbecher zu ver- binden.« Die Pflanze ist dann sowohl bei Koehne (Dendrologie) als auch bei Dippel (Laubholzkunde) als Malus crataegifolia beschrieben worden. Ich konnte, wie schon früher bemerkt, nur eine kleine Holzprobe dieser Pomacee untersuchen. Aus dem Markstrahl- abstand ergab sich, dass die Pflanze keineswegs als Pirus, wohl aber als Malus crataegifolia bezeichnet werden könnte. Der Markstrahlabstand beträgt nämlich 11:6 und — ob zufällig oder nicht — bei Malus coronaria 11:8. Diese Zahl 11:6 fällt aber auch innerhalb der für die Sorbeen berechneten Grenz- werthe: 9-0—12:°9. - Nun fand ich aber in den Gefässen deutliche tertiäre Verdickungsschichten; die Pflanze kann daher keine reine Malus-Art sein. Nach der Histologie des Holzes kann die Pflanze nur Trolgender Bezeichnungen aneplemwe Cormus florentina Dec. oder Sorbus florentina Weg., oder Malus spec. x Sorbus spec., vielleicht ist sie Malus commmunis oder M. coronaria x Sorbus torminalis oder Sorb. domestica, was seitens der Systematiker näher zu untersuchen wäre. Sorbus hybrida ist nach Wenzig und Koehne: Aria nivea x Sorbus aucuparia, nach Dippel Halmia snecica X Sorbus aucnparia, nach Decaisne (l. c., S. 159) überhaupt Holz der Pomaceen. 263 keine Hybride. Die Höhe der Markstrahlzellen spricht für die Annahme von Wenzig und Koehne, und gegen jene von Dippel, der Markstrahlabstand gegen die Ansicht von Decaisne. Ich möchte mich dahin aussprechen, dass Sorbus hybrida wegen der nahe bei einander stehenden Mark- strahlen nicht eine reine, sondern eine hybride Sorbus darstellt. Sorbus latifolia Pers. wird fast allgemein für einen Blendling von Sorbus Aria und Sorbus torminalis gehalten; Drealsme. beimaechter sie für eine nicht hybride Art: Die Pflanze steht rücksichtlich des Markstrahlabstandes der Sorb. Aria näher als der Sorb. torminalis; die hohen Markstrahlzellen erinnern an Sorbus fennica und Sorb. suecica. Mespilus grandiflora Smith. (Mespilus Smithii De C., Crataegus grandiflora C. Koch (in Verh. des Ver. zur Be- förderung des Gartenbaues N. R. 1853, S. 227) wurde bald als Hybride (Mespilus x Crataegus), bald als reine Art angesehen. K. Koch (Dendrologie, S. 131) bezeichnet sie als eine »zweifel- hafte Art« und bemerkt: »Obgleich in dem Jaquin’schen Herbarium zu Wien’sich Exemplare aus Karolina vorfinden, so bin ich doch geneigt, zumal man nicht immer Früchte sieht, Mespilus grandiflora für einen Blendling, und zwar entweder der Mesp. germanica und (Crat.) stipulosa, vielleicht auch der mexicana oder der Mesp. germanica und lencophloeos zu halten.«< Decaisne (Memoire I. c., p. 187) sagt: » Mespilus grandiflora Sm. est un hybride d’une Crataegus et du Mespilus germanica.« Für Willkomm (Forstliche Flora 1875, S. 604) ist die Pflanze »sicher ein beide Gattungen (Crataegus und Mespilus) verbindendes Mittelglied.« Dagegen beschreiben sie Wenzig, Koehne und Dippel als eisemersrh und zwar Wenziei(l le. S 119 und IM |. c., S. 300) als Mespilus grandiflora Sm., Koehne (Dendr., S. 230) 1 »Quelques botanistes considerent cet arbre comme un hybride d’un Aria et du Torminaria;, mais je ferai observer, que 1’A. Zatifolia est la seule espece du groupe, qui se rencontre A Fontainebleau et quelle ne peut, par eonsequaut £tre le resultat d’un croisement entre le Torminaria et une plante, qu n’existe meme pas dans toute l’entendre de la flore parisienne.« 50* 766 A. Burgerstein, und Dippel (Laubholzkunde, 3. Bd. S. 426) als Crataegus grandiflora C. Koch. In seiner kritischen Abhandlung: »Die Gattungen der Pomaceen,« sagt Koehne, S. 14: »Crataegus grandiflora ist wiederholt für einen Bastard von Mespiluns germanica und irgend einer Crataegus-Art angesprochen worden. Es könnte dies nur eine Crataegus mit gelappten Blättern sein, da die nicht- blühenden Triebe von C. grandiflora eine bald tiefergehende, bald sehr seichte Lappenbildung zeigen. Für die Bastardnatur spricht ferner die zwischen 14 und 28 schwankende Staubblatt- zahl, die vielleicht auf eine 10 männige Crataegus-Art deuten könnte. Gegen die Bastardnatur spricht der gänzliche Mangel eines Einflusses von Mespilus auf den Blüthen- und Fruchtbau, ein Mangel, der meinen übrigen Erfahrungen an Gattungs- bastarden bei Pomaceen durchaus entgegensteht. In dieser Hinsicht ist C. grandiflora eine echte (rataegns...« Vergleicht man nun die xylo- mikrometrischen Werthe von Mespilus (Crataegus) grandiflora einerseits mit den der Mespilus germanica, anderseits mit den einer Crataegus, z. B. Crataegus oxyacantha, so ergibt sich: % M. germanica M. (C.) grandiflora C. oxyacantha Gerässwelter sa 39°0—37'0 39:0—45'0 39 —42 hkachleidenbreiter mer: 13°0—16°0 12 3—14°0 13 —14 Holzpasenchymes ee 16°2—16'7 15°6—18-3 16 —18 Markstrahl-Zellhöhe ...... 152-1878 15:0—16°1 13 —16 Markstrahl-Zellbreite ..... 1322,—1328 12:5—15°5 12:4—13°8 Markstrahlabstand ....... 13°4—13'8 14:0—14°3 13°8—14°8 Diese Zahlen lehren, dass Mespilus grandiflora der Crataegus oxyacantha näher steht als der Mespilus germanica, dass jedoch auch zwischen den beiden Mespilen keine wesent- lichen Unterschiede bestehen. Nun zeigt aber das Mikroskop in den Holzgefässen von Mesp. grandiflora deutliche tertiäre Verdickungsschichten; auch, sieht man ausnahmsweise in einzelnen englumigen Holzzellen schraubige Verdickungen, Eigenthümlichkeiten, die im Holze von Mesp. germanica, jedoch bei keiner Crataegus-Art ange- troffen werden. Ferner sind die Markstrahlen bei Mesp. grandi- flora geradeso wie bei Mesp. germanica, 1—4 schichtig mit Holz der Pomaceen. 7167 häufigem Vorkommen von 3—4 reihigen Strahlen, während (im Stamm- und Astholz) der Crataegen die Markstrahlen meist 1—2-, selten 3-, niemals 4- oder mehrreihig sind. Es ergibt sich somit auf Grund des histologischen Baues des Holzes, dass Mespilus-Crataegus grandiflora keinesfalls eine reine Crataegus-Art ist, sondern ent- weder eine Mespilus-Art oder eine Hybride von Mespilus germanica und Crataegus spec. Für die Bezeichnung der Pflanze hätte desshalb der alte Name Mespilus grandi- flora Smith. (Exot. Botan., I, 1804) zu verbleiben. Ergebnisse. Alle untersuchten Pomaceen zeigen einen im Wesentlichen übereinstimmenden histologischen Bau des Holzes; es lassen sich jedoch einzelne Gattungen (Cydonia, Mespilus, Pyracantha, etc.) oder Gruppen (Sorbeen) xylotomisch unterscheiden und bestimmen. Kaum unterscheidbar sind in einzelnen Fällen Pirus und Crataegus, sowie Amelanchier und Malus. Vielleicht lassen sich auch einzelne Arten determiniren; um jedoch darüber etwas Bestimmtes aussagen zu können, müsste die Untersuchung auf mehrere Individuen einer Art (incl. der von den Systematikern aufgestellten Varietäten) ausgedehnt werden. So viel ist jedoch sicher, und leicht erklärlich, dass die ein- zelnen Arten im anatomischen Bau des Holzes weniger differiren als in der äusseren Gestalt ihrer Organe. Die für die Diagnostik verwendbaren xylotomischen Merk- male sind: 1. Das Vorkommen oder Fehlen von tertiären Verdickungs- schichten in den Gefässen und Tracheiden. 2. Die (radiale) Weite der Gefässe. 3. Die Höhe der Markstrahlzellen. 4. Die Zahl der Markstrahlen pro Millimeter (am Holzquer- schnitt). Ich habe diese Zahl der Kürze wegen den Markstrahl- abstand genannt; eigentlich ist dieser der reciproke Werth der Markstrahlzahl, denn je kleiner (grösser) der gegenseitige Abstand der Markstrahlen ist, desto grösser (kleiner) ist die Zahl der im Gesichtsfelde des Mikroskopes sichtbaren Mark- strahlen (am Querschnitt). 768 A. Burgerstein, >. Die Zahl. der Markstrahl-Zellreihen (im Tangential- schnitt). Eine Übersicht der (untersuchten) Pomaceen-Genera nach holzanatomischen Merkmalen gibt die folgende Tabelle. I. Gefässe ohne tertiäre Verdickungsschichten. Mark- strahlen ein- bis dreireihig; zweireihige sehr häufig, einreihige häufig, dreireihige selten. A. 10—13 Markstrahlen auf die Millimeterlänge im Holzquer- schnitt. Gefässweite 0:040—0'060 mm (ausnahmsweise bei Malus communis höher); Markstrahl-Zellenhöhe VOII: OT mE Seen Malus, Amelanchier. b. 13—16 Markstrahlen auf die Millimeterlänge im Holzquer- schnitt. a) Gefässweite 0:030— 0'040 mm (bei Pirus communis bis 0:050 mm); Markstrahl-Zellenhöhe 0°013 bis 0 DIN ee er Re Eh Pirus. b) Gefässweite meist 0:040—0:045 mm, selten kleiner (bis 0:033 mm) oder grösser (0050 mm); Markstrahl- Zellenhöhe meist 0:015—0'018 mm, selten kleiner (bis 0:0146 mm) oder grösser (bis 0-0205 mm) ..... Crataegus. c) Gefässweite 0:035—0:041 mm; mittlere Höhe der Markstrahlen im Jahresring 0:020—0 021mm; Höhe der einzelnen Markstrahlen sehr ungleich; neben niederen (0 014 mm) treten auch hohe (= 0:030 bis 0'050 mm) Markstrahlen auf, bei denen die radiale Länge kleiner oder fast gleich ist der radialen Höhe... Pyracantha. ll. Gefässe mit tertiären Verdickungsschichten. A. Markstrahlen ein- bis zweireihig (häufiger ein- als zwei- reihig). Tracheiden mit schraubiger Verdickung. 19—17 Markstrahlen auf die Millimeterlänge im Holzquerschnitt. Gefässweite meist 0:033— 0'040 mm. Markstrahl-Zellen- abstand 020190. 022mm Zar Cotoneaster. B. Markstrahlen ein- bis dreireihig (meist zwei-, häufig ein-, selten dreireihig). Holz der Pomaceen. 1769 a) 9—12 Markstrahlen auf die Millimeterlänge im Holz- querschnitt. a) Gefässweite 0'038—0:046mm; Markstrahl-Zellen- kohe02013- 0.0 lAmım..... 2.220022: Cydonia. ßB) Gefässweite 0035—0'050 mm; Markstrahl-Zellen- höhe meist 0:014—0:017 mm (bei Sorbus sue- 204.0, 018. 0.020 mm) 2.2..2....3..... Sorbus. b) 12—13 Markstrahlen auf die Millimeterlänge im Holz- querschnitt. Gefässweite 0:034— 0'044 mm; Mark- strahl-Zellenhöhe 0:0158— 0.0163. ........ Aronia. c) 13—14 Markstrahlen auf die Millimeterlänge im Holz- querschnitt. Gefässweite 0:0350—0:035 mm; Mark- strahl-Zellenhöhe 0 :013—0 014mm ..Chaenomeles. C. Markstrahlen ein- bis vierreihig (selten ein-, häufig drei- reihig). 13°4—13:8 Markstrahlen auf. die Millimeterlänge im Holzquerschnitt. Gefässweite 0 :035—0 037 mm; Mark- Strahl Zellmohe 0.015 0.016 mm ..2....2..... Mespilus. Die von den Systematikern angenommene Hpybridität von Pirus Bollwilleriana Bauhin (Pirus Pollveria L.) = Pirus communis x Sorbus Aria ist auch im anatomischen Bau des Holzes begründet. Sorbus ftorentina Bertol. wurde in neuerer Zeit entweder als echte Sorbus-Art oder als echte Malus-Art beschrieben. Nach Ausweis des histologischen Holzbaues ist es keinesfalls eine reine Malus-Art, sondern entweder eine nicht hybride Sorbus oder ein Blendling von Sorbus und Malus. Mespilus grandiflora Sm. ist nicht, wie neuestens (Koehne, Dippel) angenommen wird eine echte Crataegus-Art, sondern entweder eine reine Mespilus oder ein Bastard von Mespilus germanica und Crataegus spec. XVII. Wurzelholz. Ausser zahlreichen Stamm- und Asthölzern erhielt ich auch einige Wurzelhölzer, deren histologischen Bau ich untersuchte. Und zwar: Pirus communis L., m. D. 120 mm, 50 Jg. M. 5, 20, 40, 50. Pirus communis L., m. D. 32 mm, 18 Jg. M. 5, 10, 15. FR® A. Burgerstein, Maluıs communis Lam., m. D. 24mm, 12 Jg. M. 5, \0. Malus communis Lam., m. D. 50 mm, 42 Jg. M. 5, 20, 40. Malnus baccata Desf., m. D. 33mm, 10 Jg. M. 5, 10. Crataegus fusca Hort., m. D. 19 mm, 14 Jg. M. 5, 10, 14. Crataegus prunifolia Pers. m. D. 16mm, 10 Jg. M.5 10 Sorbus aucnuparia L., m. D. 24mm, 10 Jg. M. 5, 10. Cotoneaster frigida Wall., m. D. 16mm, 8 Jg. M. 5—8. Zum Vergleiche stelle ich die für die Wurzelhölzer ge- fundene mikrometrischen Werthe mit den bei den Stamm- respective Asthölzern der betreffenden Art gefundenen Zahlen zusammen. Pirus communmis L. Stamm- und Astholz Wurzelholz I Wurzelholz II (Getässweite gr 33— 90 64—66 54— 60 Nracheidenpreitener er 13°0— 18:0 17:5— 18:0 18:0— 19-0 klolzpasenechymae er 17.9— 23:8 26:2 —28°5 30:0—31°6 Markstrahl-Zellhöhe...... 138:8—15°6 18:5 - 19° 0 17:6—20'2 Markstrahl-Zellbreite ..... 12:0—15'8 15°8—18°5 15:0—17°6 Markstrahlabstand ....... 138°2—15'4 12:0— 12:6 Ve Malnus communis Lam. Stamm- und Astholz Wurzelholz I Wurzelholz II Gelässwelte.. de 40— 70 77. —80 68— 70 Airacheidenbzeiter 2.2.1212: 13°385— 19:5 16°2—16°3 16:0—17'4 Holzpasenehym.......... 17:5—25°3 30:0— 80:2 23:0—25°0 Markstrahl-Zellhöhe...... 14°1—17°0 20°2—20°7 18:6—20:0 Markstrahl-Zellbreite ..... 12°8— 174 14:1—17'2 14:5— 174 Markstrahlabstand ....... 9:8—13°0 11°7—11'8 20-1222 Malus baccata Dest. Stammholz Wurzelholz Gelassweite.. Daran see 40—47 5 86—11'6 bracheidenbreite. ne 13:6—14'2 18:4— 21:6 kiolzpasenehym 0 er 195°3—19°7 24:3—24'8 Marksteahl-Zellhche nm 13:4—183°6 18:7—19°1 Markstranlozellbkeiten N. 2a 10:8—12:0 14:0—15'8 INankstrahlabstanedee 0 1222 IS 9:6—10°:8 Holz der Pomaceen. Crataegus fusca hott. Stammholz a Esel se ae ern 45 °0—47° Macheidenbreite ........ nn... 13:4— 14° Felzparstelnnee A RR 16°:2—17: Neeickstrahl_Zellhöhe: .....:.... 16:0— 16: Merkstrahl_Zellbreite .. .....:... 14:5— 16° Deinksiralabstand.n...ur 202. 13:0— 14: Crataegus prunifolia Pers Stammholz EENASSWEILER NER, ARE 44 :6—45 Mracheidenbreiter „2... 2120... 12:8— 13° Kolzparenehym nn... 19:3— 17: Mioenlesteahl-Zellhohe .=.1.12.... 16:7—17° Markstwahl-Zellbreite 7....2..2.... 13:9 — 14° Markstrahlabstand.. 2. 2.2.2: 13°1— 13° Sorbus aucuparia L. Stammholz GeaSSswmraler RE 49:3— 00° racheidenbreite, U... 148 — 17° Wolzparenehym. ... u. ee, 1020 2: Maskstrahl Zellhöhe.. ...... ....-. 14:1—15° Nercksttahlozellbreite 2.2.0.2. 11:5 — 12° Beicksmahlabstand.. 2.2.2... Isle ° oa $r OU © D ©u SENESEDESL D Q m Qu 00 © Cotoneaster frigida Wallich. Stammholz near ee 830 Btcheidenbreite.: 2... 2 18° ES axenehiymie sl. ee ZA OR Benkstrahl-Zellhöhe ..:......--..... 19-5 Darkstranl-Zellbreite.....:......2.....:. 1226 Bstranlabstand......2.. 222... 148 SI | m Wurzelholz 71—74 16:8— 17:1 24:4—26'8 19:5—21'6 14:8— 180 7:7— 84 Wurzelholz een 16°'3—16'8 21:6— 23:0 16°6— 17:0 12:6—14°2 8:0— 8$°1 Wurzelholz 55-70 17:0—19'6 2ile= 122,32 17'8—18'2 13:6—14°'8 0:2 00:9 Wurzelholz 46:0 32 23:0 202 14:5 1.127 Aus dem Vergleiche der vorstehenden Zahlen ergibt sich: D2 A. Burgerstein, Holz der Pomaceen. a) Im Wurzelholze haben die Gefässe ein viel weiteres Lumen, als im Stamm- und Astholze (Besonders auffallend zeigt dies Malus baccata und Crataegus fusca). b) Im Wurzelholze sind die Tracheiden und Holzparenchym- zellen breiter (Malus baccata, Crataegus fusca!), die Markstrahlzellen viel höher und auch etwas breiter als im Schaft- und Astholze. c) Im Wurzelholze ist die Zahl der Markstrahlen im Holz- querschnitt (auf die Länge eines Millimeters berechnet) kleiner als im oberirdischen Holzkörper. Tertiäre Verdickungsschichten kommen im Wurzelholze von Sorbus aucuparia und Cotoneaster frigida wie im Stamm- holze vor. Die Markstrahlen fand ich bei Pirus communis, Malus communis, Malus baccata, Sorbus aucuparia und Cotoneaster frigida ein- bis dreireihig. Dasselbe Verhalten zeigen auch die Stamm- und Asthölzer der genannten Pflanzen, mit Ausnahme von Cotoneaster, denn der oberirdische Holz- körper der Arten dieser Gattung hat ein- bis zweireihige Strahlen. Dagegen sah ich bei Crataegus prunifolia ein- bis fünfreihige, bei Crat. fusca ein- bis achtreihige Markstrahlen. Da die Zellen in diesen Fällen nicht reihenweise angeordnet sind, so erscheint ein solcher Markstrahl im Tangentialschnitt wie ein Conglomerat vieler, neben- und übereinanderstehender Zellen. VIE SETZUNG VON I IUET 1895: DensvVorsiitzende, Liere Vieeprasident Frof. E7 Suess gedenkt des Verlustes, welchen die kaiserliche Akademie und speciell diese Classe durch das am 8. Juli 1. J. erfolgte Ableben des wirklichen Mitgliedes Herrn emerit. k. k. Universitäts- professors Dr. Josef Loschmidt in Wien erlitten hat. Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide über diesen Verlust durch Erheben von den Sitzen Ausdruck. Das c. M. Herr Regierungsrath Prof. C. Freiherr v. Ettings- hausen in Graz übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Über die Nervation der Blätter bei der Gattung Ouercus mit Besonderen Berueksichtisung ihrer vorweltlicnen Arten«. Das’e, M. Herr Prof. Franz Exner in Wien übersendet eine von ihm in Gemeinschaft mit Herrn stud. phil. E.Haschek ausgeführte Arbeit, betitelt: »Über die ultravioletten Fun- kenspectra der Elemente«. I. Mittheilung. Ferner übersendet Herr Prof. Franz Exner eine im physi- kalisch-chemischen Institute der Wiener Universität ausgeführte Arbeit von Herrn Hans Benndorf, betitelt: »Über den Druck in Seifenblasen«. Das c. M. Herr Prof. H. Molisch übersendet eine Arbeit: »Die Ernährung der Algen«. (Süsswasseralgen, I. Abhand- lung.) Das w. M. Herr k. u. k. Hofrath Director F. Steindachner überreicht eine »Vorläufige Mittheilung über einige neue Fischarten aus derichthyologischen Sammlung desk.kK.naturhistorischen Hofmuseums in Wien«. 774 Das w. M. Herr Intendant Hofrath Fr. Ritter v. Hauer legt eine Abhandlung vor unter dem Titel: »Nautileen und Ammoniten mit ceratitischenLoben aus dem Muschel- kalk von Haliluci bei Sarajevo in Bosnien«. Das w.M. Herr Hofrath Prof. V.v. Lang überreicht folgende drei Abhandlungen aus dem physikalischen Institute der K.K. Universität zu Innsbruck: 1. »Über das magnetische Kraftfeld einer von elek- trischen Schwingungen durchflossenen Spirale«, von Prof. Dr. Ernst Lecher. 2. »Über den Sahulka’schen Gleichstrom im Wechsel- strom-Lichtbogen Eisen—Kohle«, von Franz Gold. 3. »Über die Bestimmung der Frequenz von Wechsel- strömen«, von Theodor Wulf, S.)J. Das w. M. Herr Hofrath Prof. C. Toldt überreicht eine Abhandlung von Dr. Josef Lartschneider, emerit. Assistent des anatomischen Institutes der k. k. Universität in Wien, betitelt: »Zur vergleichenden Anatomie des Dia- phragma pelvis«. Das w.M. Herr Prof. H. Weidel überreicht folgende drei Arbeiten aus dem I. chemischen Laboratorium der k. k. Univer- sität in Wien: l. »Über die Bildungvon Thiazolderivaten ausHarn- säure«, von H. Weidel und L. Niemiflowicz. .»Zur Kenntniss einiger Nitroverbindungen der Pyridinreihe«, von H. Weidel und E. Murmann. 3. »Über die directe Einführung von Hydroxyl- gruppen in Oxychinoline«, von Julius Diamant. DD Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine in seinem Laboratorium ausgeführte Arbeit: »Elektrolytische Bestimmung der Halogene«, von Dr. G. Vortmann. Ferner überreicht Herr Hofrath Lieben eine Arbeit von Dr. Adolf Jolles in Wien: »Über eine einfache und empfindliche Methode zum qualitativen und quantita- tiven Nachweis von Quecksilber in Harn«. 175 Das w. M. Herr Hotfrath Prof. V. v. Ebner überreicht eine Abhandlung: »Über den feineren Bau der Chorda dor- salis von Acipenser«. Das e.M. Herr Custos E. v. Marenzeller überreicht eine für die Berichte der Commission zur Erforschung des östlichen Mittelmeeres bestimmte Abhandlung mit dem Titel: »Echino- dermen«, gesammelt 1895 und 1894. Ferner überreicht Herr Custos v. Marenzeller unter dem Titel: »Über eine neue Echinaster-Art von den Salomons- inseln« die Beschreibung eines Echinaster callosus genannten Seesternes. Schliesslich übergibt Herr Custos v. Marenzeller die vorläufige Beschreibung einer neuen Polychäten-Gattung und Art aus der Familie der Goldkrönchen, unter dem Titel: » Phala- crostemma cidariophilum, eine neue Gattung und Art der Hermelliden«. Derselbe berichtet auch über die Auffindung einer Myzo- stoma-Art in Seesternen unter dem Titel: » Myzostoma asteriae n. sp., ein Endoparasit von Asierias-Arten«. Herr Prof. Dr. Ed. Lippmann überreicht eine Arbeit aus dem III. chemischen Laboratorium der k. k. Universität in Wien von Dr. Paul Cohn: »Über Tetraalkyldiamidoazo- naphthalin«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: rukaus Plücker's sesammelte wissenschaftliche Ab- handlungen. Im Auftrage der königl. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen herausgegeben von A.Schoenflies und Fr. Pockeis. I. Band. Mathematische Abhandlungen. (Mit dem Bildnisse Plücker’s und 73 Text- Beonem.) leipzig), 11895; 32. Eresenius C.R. Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse. (Mit 1 Tafel und 48 Textfiguren.) Braunschweig, 1895:8°, SIZUNESDERICHTE DER KATSERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. EIV BAND. MIN. HER ABTHEILUNG 1. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. AngendB BihAuTan Be XIX. SITZUNG VOM 10. OCTOBER 1895. Der Vorsitzende, Here Vieepräasident Lrof. BE. Suess begrüsst die Classe bei Wiederaufnahme der Sitzungen nach den akademischen Ferien und heisst das neueingetretene Mit- glied Herrn Prof. C. Grobben herzlich willkommen. Zugleich beorusst derselbe Flerin Dr. Melchior Treupb, Director des botanischen Gartens in Buitenzorg (Java), welcher die Sitzung als Gast mit seiner Anwesenheit beehtrt. Hierauf gedenkt der Vorsitzende der Verluste, welche die kaiserl. Akademie und speciell diese Classe seit der letzten Sitzung durch den Tod einiger hochverdienter Mitglieder erlitten hat, und zwar des ausländischen Ehrenmitgliedes Louis Pasteur in Paris (gestorben am 28. September 1. J.); des inländischen correspondirenden Mitgliedes Prof. Moriz Willkomm in Prag (gestorben am 26. August 1. J.) und des ausländischen corre- spondirenden Mitgliedes Prof.Sven Ludwig Loven in Stockholm. Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide an diesen Verlusten durch Erheben von den Sitzen Ausdruck. Ferner theilt der Vorsitzende mit, dass die wissenschaft- liche Expedition S. M. Schiff »Pola« in das Rothe Meer am 7.d. M. den Hafen von Pola verlassen hat und dass dieselbe vor ihrer Abfahrt auf telegraphischem Wese von der kaiserl. Aka- demie zu reichen Erfolgen beglückwünscht wurde. Für die diesjährigen Wahlen sprechen ihren Dank aus: Herr Prof. C. Grobben in Wien für seine Wahl zum wirk- lichen Mitgliede, Herr Prof. W. Wirtinger in Innsbruck für seine Sl 780 Wahl zum inländischen correspondirenden Mitgliede, und die Herren Professoren M. Berthelot in Paris und W. Engelmann in Utrecht für ihre Wahl zu ausländischen correspondirenden Mitgliedern dieser Classe. Herr Prof. Dr. Ign. Klemen£ic in Graz dankt für die ihm zur Fortsetzung seiner Untersuchungen über den Energie- verbrauch bei der Magnetisirung durch oscillatorische Ent- ladungen gewährte nochmalige Subvention. Der Secretär legt ein im Auftrage Sr. k. u. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Ludwig Salvator, Ehrenmitgliedes der kaiserl. Akademie, von der Buchdruckerei H.Mercy in Prag übersendetes Exemplar des Werkes: »Colum- bretes« vor. Im Laufe der akademischen Ferien sind folgende Publi- cationen der Classe erschienen: Sitzungsberichte, Bd. 103 (1895), Abtheilung I, Heft III—1V (März—April); Abtheilung Il. a., Heft II—IV (März und April) und V—VI (Mai—Juni); Abtheilung II. b., Heft V—VI (Mai— Juli); Abtheilung II, Heft I—V (Jänner—Mai). Monatshefte für Chemie, Bd. 16 (1895), Heft VI (Juni), VII (Juli) und VIII (August). Se. Excellenz der k.k. Minister für Cultus und Unter- richt, Herr Dr. Paul Freiherr v. Gautsch, setzt die kaiserl. Akademie der Wissenschaften von der am 2. October I. J. erfolgten Übernahme der Geschäfte dieses Ministeriums in IXenntniss. Das w.M. Herr k.u.k. Hofrath Director F. Steindachner übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Beiträge zur Kennt- niss der Süsswasserfische der Balkan-Halbinsel«. Ferner übersendet Herr Hofrath Steindachner eine Ab- handlung des Herrn Friedrich Siebenrock, Custos-Adjuncten am k. k. naturhistorischen Hofmuseum in Wien, betitelt: »Das Skelet der Agamidae«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben übersendet eine Arbeit aus dem chemischen Laboratorium der k. k. Universität (s1 in Czernowitz von Herrn Georg Gregor: »Über die Einwir- kung von Jodäthyl auf B-resorcylsaures Kalium«. Das c. M. Herr k. u. k. Oberst des Armeestandes Albert v. Obermayer übersendet eine Abhandlung: »Über die Wir- kung des Windes aufschwach gewölbte Flächen«. Das c. M. Herr Prof. Guido Goldschmiedt übersendet vier Arbeiten aus dem chemischen Laboratorium der k. k. deutschen Universität in Prag: 1. ID 8% »Über die Hydrazone des Fluorenons und seiner Substitutionsproducte«, von Guido Goldschmiedt und Franz Schranzhofer. »Über eine neue, aus dem Isobutylidenhydrazin gewonnene Base«, vom a. o. Prof. Carl Brunner. »Über Papaveraldoxim«, von Dr. Robert Hirsch. »Chemische Untersuchung der Samen von Nephe- lium lappaceum und des darin enthaltenen Fettes«, von Max Baczewski. Herr H. Zukal in Wien übersendet die II. Abhandlung seiner Arbeit: »Morphologische und biologische Unter- suchungen über die Flechten«. VOr: Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen »GeologischeUntersuchungenimöstlichenBalkan und abschliessender Bericht über seine geologi- schen Arbeiten im Balkan«, von Prof. Dr. Franz Toula an der k.k. technischen Hochschule in Wien. . »„ZumProblem der Wärmetheorie«, vonP.C.Puschl, Stiftscapitular in Seitenstetten. . »Über die analytische Form der concreten stati- Sischens Nassenerseheimumegen«, von‘ Dr. Ermst Blaschke, Privatdocent an der k. k. Universität in Wien. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine Arbeit aus dem Laboratorium des Herrn Prof. Przibram in Czernowitz: »Zur Bildung des Pinakolins aus Calcium- isobutyrat«, von Carl Glücksmann. 782 Herr Dr. Friedrich Czapek, Privatdocent an der k. k Universitätin Wien, überreicht eine im pflanzenphysiologischen Institute der Wiener Universität ausgeführte Ärbeit: »Über die Richtungsursachen der Seitenwurzeln und einiger anderer plagiotroper Pflanzentheile«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Erzherzog LudwigSalvator: »Columbretes«. Prag, 1895; 4°. Tillo, A. v, Expedition der kaiserl. russischen Geo- graphischen Gesellschaft. Beobachtungen der russi- schen Polarstation an der Lenamündung. I. Theil. Astrono- mische und magnetische Beobachtungen 1882—1884, be- arbeitet (mon. V.. Buss;sE. Müller’ und! NA Iursens Anhang: 1. Drei Porträts; 2. Beschreibung der Lena-Expe- dition von A. Bunge; 3. Zwei Karten; 4. Bilder und 5. Ein Plan. Petersburg, 1895, Folio. 783 Die Ernährung der Algen (Süsswasseralgen. I. Abhandlung) von Hans Molisch, c.M.k. Akad. (Mit 2 Textfiguren.) (Vorgelegt in der Sitzung am 11. Juli 1895.) Historisches. Untersuchungen über das Nährelementenbedürfniss von srünen Land-Phanerogamen und von Pilzen liegen namentlich bezüglich der ersteren in grosser Menge vor. Hingegen sind meines Wissens noch keine systematischen Ernährungs- versuche über Algen gemacht worden. Man hat vielmehr, wie aus der Litteratur hervorgeht, einfach ohne zu prüfen, die mit grünen Phanerogamen gemachten Erfahrungen auf die Algen übertragen. Dass eine solche Generalisirung von vorneherein nicht berechtigt ist, liegt auf der Hand. Sie kann möglicher- weise zur Wahrheit, aber auch zu falschen Schlüssen führen, denn a priori lässt sich in solchen Dingen, abgesehen von jenen Elementen, welche sich an dem Aufbaue wesentlicher Bestand- theile der lebendigen Zelle betheiligen, nichts Bestimmtes vor- aussagen. Gewissheit können hier nur ausgedehnte Versuchs- reihen schaffen. Demgemäss schien es mir wichtig, speciell die Ernährung der Algen in ähnlicher Weise, wie ich dies für Pilze that! und noch thue, genauer zu studiren. Ein einzelner Versuch mit Algen beansprucht gewöhnlich eine lange Zeit (L— 2 Monate), so dass ein umfassendes Studium ! H. Molisch, Die mineralische Nahrung der Pilze, I. Abhandlung. Diese Berichte, Bd. CIII, Abth. I, 1894. 784 H. Molisch, der Algenernährung erst in einigen Jahren zum Abschluss kommen dürfte Auch dürfen die mit Süsswasseralgen ge- wonnenen Resultate nicht ohne Weiteres auf die einem wesentlich anders zusammengesetzten Medium angepassten Meeresalgen übertragen werden. Ich beabsichtige daher in einer Reihe von Abhandlungen die Ernährung der Algen zu behandeln, und zwar zuerst die der Süsswasser- und dann die der Meeresalgen. Meine in den letzten zwei Jahren ausgeführten Versuche haben bereits zu einigen Resultaten geführt, die ich in den folgenden Zeilen mittheilen will. Zuvor soll aber noch das Wesentliche über die Geschichte unseres Gegenstandes hier seinen Platz finden. Unter den Arbeiten, die wir zu erwähnen haben, befindet sich keine einzige, welche auf die Eruirung der durchaus noth- wendigen Nährelemente lossteuert. Man hielt es für selbst- verständlich, dass die für die grünen Landphanerogamen als nothwendig erkannten Elemente auch den Algen unentbehrlich sind. Daher verfolgen denn auch die gleich zu erwähnenden Abhandlungen verschiedener Forscher Ziele, die mit der Er- nährung zwar zusammenhängen, die aber mit der Feststellung der Nährelemente wenig oder gar nichts zu thun haben. A. Famitzin! cultivirte behufs entwicklungsgeschicht- licher Beobachtungen Algen in der bekannten Knop'schen Nährlösung und fand, dass dieselben viel stärkere Concentra- tionen vertragen als Phanerogamen. Während man bei höheren Pflanzen gewöhnlich über eine 0°5°/, Lösung nicht hinaus- zugehen pflegt, konnte der genannte Autor eine üppige Ent- wicklung von Mougeotia, Oedogonium, Stygeoclonium, Proto- coccus viridis und anderen in 3°/, Lösung beobachten. Einige sehr bemerkenswerthe Beobachtungen über Algen- Ernährung machten Loew und Bokorny.? Nach diesen beiden Forschern ist Salpetersäure bei Zygnemaceen eine günstigere 1 A. Famitzin, Die anorganischen Salze als ausgezeichnetes Hilfs- mittel zum Studium der Entwicklungsgeschichte der niederen Pflanzenformen. Botan. Zeitung, 1871, S. 781. 2 O.Loew und Th. Bokorny, Chemisch-physiologische Studien über Algen. Journ. f. prakt. Chemie, Neue Folge, Bd. 36, 1887. Die Ernährung der Algen. 789 Stickstoffquelle als das Ammoniak. Es würden sich demnach diese Pflanzen diesbezüglich so verhalten wie die höheren Phanerogamen; indess betonen die Verfasser mit Recht, dass eine Verallgemeinerung für die anderen Algengruppen vorläufig nicht rathsam erscheint, da das Vorkommen einzelliger Algen auf Mistjauchen und Urinplätzen, also auf ammoniakhaltigen Substraten,eine ausgiebige Assimilation von Ammoniak beweise. Ammoniaksalze erwiesen sich für Spirogyra als direct’ schädlich, ein Zusatz von 1 Salmiak pro mille Culturwasser verursacht nach einiger Zeit Absterben der Alge. Auffallend und jedenfalls der Nachprüfung werth ist die Beobachtung von Loew und Bokorny,! dass Spirogyra in Natronsalpeter besser gedeiht als in Kalisalpeter. Bei Gegen- wart von Kalisalpeter (nicht von Chlorkalium oder Monokalium- phosphat) trat in Gegensatz zu Natronculturen abnorm reich- liche Stärkebildung und baldiges Absterben ein. Auch Knop’ will eine günstige Einwirkung von Natronsalzen auf Algen beobachtet haben. Loew und Bokorny deuten die Sache so, dass zwar Kalium für die Alge nothwendig ist und dass dieselbe die nöthigen Spuren von Kalium in jedem Wasser vorfindet, dass aber ein Zusatz von ! Kalisalpeter pro mille schon ein Zuviel ist, indem gewisse Functionen krankhaft gesteigert werden. Bei Zusatz von Natronsalpeter falle diese Störung hinweg. Versuche, Algen mit organischen Stoffen z. B. mit Pepton, Asparaginsäure oder Glycerin zu ernähren, missglückten wegen der reichlich auftretenden Spaltpilze in den Culturen, doch sollen schliesslich Algen bei Ausschluss von Licht in einer 0:1%/, Lösung von Asparaginsäure, welche häufig gewechselt wurde, gewachsen und lange gesund geblieben sein.’ Endlich suchte ©. Loew* durch Ernährung von Spirogyra in Nährlösungen mit und ohne Phosphor die physiologische Bedeutung dieses Elementes für die Pflanze festzustellen, wobei Fre. S. 279. ® Citirtnach Loew und Bokorny, ebenda S. 276. 3 Loew und Bokorny,.c. S. 277. 4 Loew ©., Über die physiologischen Functionen der Phosphorsäure. Biolog. Centralblatt, Bd. XI, Nr. 9 und 10. 186 H. Molisch, er zu folgenden Ergebnissen gelangt: »Bei Zufuhr von Phos- phaten wird Ernährung des Zellkernes und damit Wachsthum und Theilung der Zellen ermöglicht. Zellen von Spirogyren können zwar längere Zeit ohne Phosphatzufuhr leben und sowohl Stärkemehl als Eiweis bilden, doch leidet Wachsthum und Vermehrung. Die Ansicht, dass anorganische Phosphate sich bei dem Eiweissbildungsprocess betheiligen, findet in den Beobachtungen an Spirogyren keine Stütze.« Von grosser Bedeutung ist die in letzter Zeit häufig auf- geworfene Frage, ob Algen den freien Stickstoff verwerthen können. Bekanntlich hat A. B. Frank! zuerst auf Grund von Versuchen die Behauptung aufgestellt, dass bodenbewohnende Algen im Stande seien, elementaren Stickstoff zu assimiliren, eine Behauptung, welche später durch lehrreiche Versuche von Schloesing und Laurent, ferner von Alfred Koch und Kossowitsch’° eine neue Stütze zu erhalten schien. Obwohl aus den Versuchen der fünf genannten Forscher zwar mit Sicherheit hervorging, dass die Algen bei der Stickstoffixirung irgendwie betheiligt waren, so blieb, da nicht mit Reinculturen von Algen, sondern mit Gemischen von diesen und anderen niederen Pflanzen, vor allen von Bacterien experimentirt wurde, doch die Frage offen, ob die Algen als solche oder unter Inter- vention von Pilzen freien Stickstoff fixiren, oder die Stickstoff- bindung der Pilze vielleicht nur fördernd beeinflussen. Um diese Lücke auszufüllen, stellte Kossowitsch in einer als exact zu bezeichnenden Arbeit? neue Versuche mit Reinculturen von Cystococcus und Stichococcus und mit Gemischen von Algen und Bacterien an, und fand, dass die beiden genannten Algen an und für sich auch bei günstigen Wachsthumsbedingungen den freien Stickstoff der Atmosphäre nicht assimiliren können, dass aber die Fähigkeit der Stickstoffixirung anderen niederen Pflanzen (Bacterien) in hohem Masse innewohnt. Kossowitsch ı Frank A. B., Landwirthschaftl. Jahrbücher, 1888, S. 421 und Berichte der deutsch. botan. Ges., 1889, S. 34. 2 Annales de l’institut Pasteur, 1892, p. 65 und p. 824. 3 Untersuchungen über die Assimilation von freiem Stickstoff durch Algen. Botan. Zeitung, 1893, Il. Abth., S. 321. 4 P. Kossowitsch, Untersuchungen über die Frage, ob die Algen freien Stickstoff fixiren. Botan. Zeitung 1894, S. 97. Die Ernährung der Algen. 187 nimmt an, dass die Algen insoferne bei der Stickstofffixirung betheiligt sind, als sie durch Bildung und Abgabe von organi- scher Substanz die Bacterien mit Nahrung versehen. Vor Kurzem beschrieb Th. Bokorny! eine Versuchsreihe über Ernährung von Spirogyra, Zygnemeen und Mesocarpus mit einer completen, einer magnesiumfreien und einer calcium- freien Nährlösung, wobei hauptsächlich auf eine etwaige Be- ziehung zwischen diesen beiden Elementen und gewissen Zellorganen die Aufmerksamkeit gerichtet war. Bokorny leitet nun aus seinen Versuchen ab, »dass bei voller Nährlösung eine normale Ausbildung sämmtlicher Zellorgane erfolgte, bei Caleiummangel eine allmälig immer deulicher werdende Massen- abnahme der Chlorophyllapparate, bei Calcium- und Magnesium- mangel eine Schrumpfung des Kernes, sowie der Chlorophyl]l- apparate (besonders auch der Pyrenoide)«. Er erklärt diesen Befund durch die Annahme ©. Loew’s, derzufolge Calcium unter Anderem für die Pflanze nothwendig sei, weil dieses Element als Caleium-Nucleinverbindung an dem Aufbau des Kernes und der Chlorophylikörper betheiligt sei. Abgesehen von meinen später zu schildernden Versuchen, die nicht zu Gunsten der eben geäusserten Ansicht ©. Loew’s sprechen, scheint es mir mit Rücksicht auf das complicirte, uns noch fast ganz unbekannte chemische Getriebe in der lebenden Zelle nicht ohneweiters erlaubt, wofern bei Aus- schluss eines Nährelementes sich eine mangelhafte Ausbildung eines Zellorganes einstellt, gleich eine directe Beziehung zwischen diesem Element und der chemischen Zusammen- setzung des Zellorganes oder seiner Ausbildung überhaupt anzunehmen. Das Schrumpfen des Kernes oder des Chlorophyll- körpers könnte in den Bokorny’schen Versuchen ebenso gut eine Folge des mangelhaft ernährten Plasmas, also secundärer Natur sein. Endlich sei noch einer Arbeit von Bouilhac? gedacht, welche zeigt, dass in Lösungen von Arsenaten ein üppiges 1 Th. Bokorny, Über den Einfluss des Calciums und Magnesiums auf die Ausbildung der Zellorgane. Botan. Centralblatt, 1895, Bd. LXI, S. 1. 2 M.R. Bouilhac,, Influence de l’acide arsenique sur la vegetation des algues. Comptes rendus 1894, No. 22 p. 929. 188 H. Molisch, Gedeihen von Algen stattfindet, und welche zu beweisen sucht, dass Arsenate Phosphate bei der Ernährung von Algen vollständig vertreten Können. Eine Vertretbarkeit eines Elementes durch ein anderes ist mit Rücksicht auf die Pflanzenernährung oft behauptet worden. Ich erinnere nur an die einschlägigen Angaben Nägeli’s, denen- zufolge Magnesium durch Calcium, Strontium oder Baryum bei Pilzen vertretbar sein sollen. Ich habe vor Kurzem erst gezeigt,' dass Nägeli’s Behauptungen auf ungenauen Unter- suchungen beruhen und sich als vollständig unberechtigt erweisen, was Benecke? knapp darauf vollauf bestätigt hat. Auch die angebliche theilweise Vertretbarkeit von Magnesium durch Beryllium, welche von Sestini für Weizen angenommen wird, besteht nach den sorgfältigen Versuchen Benecke's höchstwahrscheinlich nicht, so dass die neuerdings wieder auf- tauchende Behauptung Bouilhac’s von einer vollständigen Vertretbarkeit des Phosphors durch Arsen bei dem Eingeweihten einiges Misstrauen erwecken muss. Ich enthalte mich jedoch in diesem Punkte vorläufig eines bestimmten Urtheils, da ich in einer folgenden Abhandlung speciell dieser Frage näher zu treten gedenke. Methodisches. Die Versuchsanstellung, wie ich sie bei der Ernährung der Pilze in Anwendung gebracht und die ich früher? bereits ausführlich geschildert, stellte sich auch für Algenculturen als sehr zweckmässig heraus. Die Algen wurden ebenso wie die Pilze, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes betont wird, in mit Baumwollpfropfen verschlossenen Erlenmeyer'schen Glaskolben von etwa 300 cm? Inhalt cultivirt, und zwar in Nähr- lösungen, auf deren Darstellung die grösste Sorgfalt verwendet wurde. Jeder, der sich mit der Ernährung niederer Organismen einige Zeit abgegeben hat, wird alsbald die Wahrnehmung machen, dass sowohl Pilze, wie Algen oft mit ausserordentlich 1 H.Molisch,].c.S. 566. 2 W. Benecke, Ein Beitrag zur mineralischen Nahrung der Pflanzen. 3er. d. deutsch. botan. Ges., 1894, Generalversammlungsheft S. 105. 3 H. Molisch, Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen, Jena 1892, 'S. 105, ferner meine Arbeit: Die mineralische Nahrung der niederen Pilze, 1. c. Die Ernährung der Algen. 89 geringen Mengen mineralischer Stoffe ihr Auskommen finden,! weshalb jede Verunreinigung der Nährlösung, beziehungsweise der Nährsalze so weit als möglich vermieden werden muss. Alles, was ich darüber früher? äusserte, gilt auch mutatis mutandis für Algen, weshalb ich darauf einfach verweise. Wollte jemand Ernährungsversuche mit Algen in Nähr- lösungen machen, wie sie für höhere Phanerogamen bereitet werden, wo die verwendeten Nährsalze in der Regel nicht erst einer besonderen Reinigung unterworfen werden, so würde er jedenfalls zu ganz unklaren Resultaten kommen. Man darf eben nicht vergessen, dass die von einer Alge entwickelte Menge an Pflanzensubstanz eine verschwindend kleine ist, im Vergleich zu der von Phanerogamen producirten. Jede minera- lische Verunreinigung wird demnach bei den langsam wach- senden Algen einen relativ viel grösseren Effect hervorrufen können, während bei raschwüchsigen höheren Pflanzen diese durch schnellen Verbrauch alsbald unschädlich gemacht wird. Welch grosse Sorgfalt bei unseren Versuchen nothwendig ist, geht schlagend aus dem Umstande hervor, dass man wenigstens in gewissen Experimenten von der Verwendung der Glasculturgefässe absehen oder dieselben vor ihrer Benützung derart behandeln muss, dass von der Glassubstanz nichts in Lösung gehen kann. Während der ziemlich langen Versuchs- dauer könnten sonst leicht Spuren von Kalium, Calcium, Eisen und Silicium aufgelöst werden und das Versuchsresultat stören. Da Platin ausserordentlich theuer ist und auch auf manche Algen nach langem Contact giftig wirkt, so versuchte ich es, um mich vom Glase unabhängig zu machen, mit Gefässen aus metallisch »reinem« Nickel, die ich mir in der Berndorfer Metall- warenfabrik für meine Zwecke eigens anfertigen liess. Es sei jedoch gleich bemerkt, dass sich derartige Nickelgefässe für meine Versuche als vollkommen unbrauchbar erwiesen, da das Nickel, offenbar weil Spuren davon in Lösung gehen, die Entwicklung 1 Das Auftreten von Algen in mit destil. Wasser versehenen Glaskolben oder in mit Magnesiumsulfatlösungen erfüllten Flaschen bei Zutritt von Licht gibt dies schon zu erkennen. 2 H. Molisch, Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen. Jena 1892, S. 105, ferner meine Arbeit: Die mineralische Nahrung der niederen Pilze, 1. c. 790 H. Molisch, der Algen vollständig verhindert. Nach längerem Herumprobiren kam ich endlich auf den Gedanken, die sorgfältig gereinigten Glasgefässe auf ihrer Innenseite mit einer dünnen Schichte von Paraffin zu belegen, um die Berührung der Nährflüssigkeit mit dem Glas zu verhindern. Diese Methode hat sich bei Algen ! gut bewährt. Ich will nur erwähnen, dass kleine Chlorkalium- oder Zuckerkrystalle, welche der Glaswand anlagern und von der Paraffinhaut eingehüllt waren, durch die Nährlösung selbst nach mehreren Monaten nicht im Mindesten angegriffen wurden, wohl ein deutlicher Beweis dafür, dass die Nährlösung dann auch das Glas nicht angreifen konnte. Zur Verwendung kam absichtlich ein Paraffin von hohem Schmelzpunkte (74—78°), es ist das solide Paraffin der Pharm. germ. III, welches bei den Temperaturen, die bei den Versuchen in Betracht kommen, stets fest bleibt. Um die Glasgefässe an ihrer Innenfläche mit einer dünnen Paraffinhaut zu versehen, verfuhr ich in der Weise, dass ich in das vollständig trockene Gefäss — wenn dieses feucht ist, hebt sich die Paraffinhaut blasenartig ab — eine kleine Menge Paraffın goss, dann nach Verflüssigung desselben bei gelinder Wärme das Gefäss in horizontaler Lage kurze Zeit hin- und herrollte und dann rasch vertical stellte. Es vertheilt sich dabei das Paraffin in dünner Schichte in der unteren Hälfte des Kölbchens und erstarrt. Nach vollständiger Abkühlung wurde sodann die Nährlösung hineingegeben. Im Folgenden werden so behandelte Glasgefässe kurz als Paraffin- gefässe bezeichnet werden. Das destillirte Wasser wurde entweder aus einem Glas- kolben oder bei sehr heiklen Versuchen aus einer Platinretorte überdestillirt und nach Passirung eines Platinkühlers in einem Paraffingefäss aufgefangen. Die Nährsalze wurden im reinsten Zustande, wo möglich als sogenannte »garantirt reine Reagentien« gekauft und über- dies noch zwei- bis dreimal umkrystallisirt. Obwohl Algen relativ sehr concentrirte Nährlösungen ver- tragen, so wählte ich doch mit Rücksicht auf meine Zwecke ziemlich verdünnte Nährlösungen, weil sich diese als aus- 1 Hingegen nicht bei Pilzen, da die Hyphen nach längerer Zeit in das Paraffin eindringen. Die Ernährung der Algen. za reichend erwiesen und etwaige Verunreinigungen hier auf ein Minimum herabgedrückt werden. Die Culturen standen in starkem diffusen Lichte an einem Südfenster bei gewöhnlicher Zimmertemperatur. Versuche mit Microthamnion Kützingianum Näg.!a genuinum (Naeg.) Hansg. In dieser Alge erkannte ich ein ausgezeichnetes Versuchs- object. Sie trat spontan durch das ganze Jahr hindurch im Prager pflanzenphysiologischen Institute auf, war also stets leicht zu beschaffen. Sie scheint keiner Ruheperiode zu bedürfen, vermehrt sich bei genügender Nährstoffzufuhr beständig und ausserordentlich rasch. Unter günstigen Umständen erhält man bereits in 2—-3 Wochen üppige Culturen. Mit dieser Alge wurde nun eine srosse Reihe von Ver- suchen, welche Aufschluss geben sollten über das Nähr- elementenbedürfniss, durchgeführt. Die Nährlösungen hatten folgende Zusammensetzung: Die complete Nährlösung: 1. 280 8 destillirtes Wasser, 22 BO, NEN). Er 022,0, 8, 02922507, Me; VNTSOCTA Spur Eisenvitriol? (2 Tropfen einer 1°/, Lösung) Die kalkfreie Nährlösung: 2. Die Lösung 1, aber ohne SO,Ca. Die phosphorfreie Nährlösung: 3. 250 8 destillirtes Wasser, 0:28 NO,K 0:12 SO,Mg 03172:50), Ca Spur Eisenvitriol. ! Für die Bestimmung dieser und einiger anderer Algen bin ich Herrn Prof. Dr. Richard Ritter v. Wettstein zu grossem Danke verpflichtet. ® Anstatt dieses Körpers bot ich den Stickstoff häufig in der Form KNO;. 3 Mehr Eisen wirkt leicht giftig. 132 H. Molisch, Die stickstofffreie Nährlösung: 4. Die Lösung 1, aber ohne PO, (NH,),H. Die kaliumfreie Nährlösung: 9. Die Lösung 1, aber ohne PO,KH,. Die magnesiumfreie Nährlösung: 6. Die Lösung 1, aber ohne SO,Mg. Die schwefelfreie Nährlösung: 7. 250 8 destillirtes Wasser, 0:2g PO, (NH,),H 0:1 g PO,KH, 0:18 (NO,),Mg DA O NER Spur Eisenvitriol. Die eisenfreie Nährlösung: 8. Die Lösung 1, aber ohne Eisenvitriol. Die entsprechenden Nährlösungen wurden auf je 5, also zusammen auf 40 Erlenmeyer’sche Kölbchen vertheilt, indem jedes Kölbchen 50 cm’ der Nährlösung erhielt. Hierauf wurde mittelst einer sterilisirten Platinröse eine sehr kleine Menge der Alge von einer Cultur, die nur diese Art und vereinzelte Bacterien enthielt, überimpft, nachdem die Impfmasse zuvor noch in destillirtem Wasser abgespült wurde, um die im Impf- tropfen vorhandenen gelösten mineralischen Substanzen auf ein Minimum herabzudrücken. Jedes Kölbchen erhielt einen Wattapfropfverschluss. Mit Rücksicht auf den Zweck unserer Versuche hätte es selbstverständlich gar nichts geschadet, wenn sich in den Culturen noch andere Algen vorgefunden hätten, was thatsächlich bei einzelnen Kölbchen auch der Fall war. Das Resultat der Versuche war nun Folgendes. In den Gefässen mit der completen Nährlösung und in der kalk- lreien entwickelten sich schon nach 8 Tagen (im Sommer) ansehnliche Algenräschen, nach 2—3 Wochen erschienen alle diese Kölbchen schon von Weitem tiefgrün — in scharfem Gegensatze zu allen anderen Culturgefässen, in welchen von einer Weiterentwicklung der Alge noch nichts zu bemerken war und welche daher ganz farblos erschienen. Erst nach Die Ernährung der Algen. 793 4 Wochen machte sich in den eisenfreien Culturen eine ganz geringe Entwicklung geltend, doch war diese minimal zu be- zeichnen im Vergleich zu der in den completen oder kalkfreien Nährstofflösungen. Die Weiterentwicklung in den eisenfreien Culturen blieb auch später noch gehemmt, auch hatten sie eine weniger tiefgrüne Färbung. So stand die Sache auch nach 2 Monaten, nach welcher Zeit der Versuch abgebrochen wurde. Dass selbst in der kalium- und in der schwefelfreien Lösung sich keine Spur einer Entwicklung zeigte, beweist wohl genug deutlich, dass meine Nährlösungen frei von Verunreinigungen waren und dass sich die Paraffingefässe sehr bewährten, denn Jedermann weiss, wie schwer es ist, Kalium- oder Schwefel- spuren von der Nährlösung ferne zu halten. Der Versuch lehrte also zunächst, dass ohne die Elemente Stickstoff (in ge- bundener Form), Kalium, Schwefel, Magnesium, Phos- Pvor undeBssen ein Gedeihenrunserer Alge nieht Start hat: In den stickstofffreien Gefässen war nicht bloss die Ent- wicklung gehemmt, sondern es büsst die Impfmasse ihre Farbe auch ein. Bei Wiederholung dieser Versuche zeigte sich mit stickstofffreien Lösungen in gewöhnlichen Glasgefässen mit- unter eine schwache Entwicklung der Alge, doch nehmen die Fäden alsbald eine weisse Farbe an, so dass sie dem freien Auge wie Pilzfäden erschienen. In hohem Grade beachtenswerth ist, dass die Algen zu ihrer Entwicklung gebundenen Stickstoff benöthigen. Ich hebe dies hervor mit Rücksicht auf die Bestrebungen Frank’s,! die Fähigkeit, elementaren Stickstoff zu assimiliren, nicht nur den Leguminosen, sondern allen grünen Pflanzen, somit auch den Algen zuzuschreiben. Obwohl meine Versuche ursprünglich gar nicht darauf gerichtet waren, so haben sie doch auch bezüglich der Stickstofffrage ein Resultat geliefert. Hätten die Algen sich in den stickstofffreien Gefässen ent- wickelt, so hätte man keinen bestimmten Schluss ziehen können, da ja die Möglichkeit nicht ausgeschlossen war, dass gebundener Stickstoff in Form von Ammoniak, salpetriger oder Salpeter- Tape! Sitzb. d. mathem.-naturw.Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 92 Dee: H. Molisch, säure aus der Atmosphäre durch den Baumwollpfropf hätte in die Nährlösung gelangen können. Trotz dieser Möglichkeit hat sich aber die Alge gar nicht entwickelt; um so sicherer dürfen wir daher sehliessen, dass sie mit dem in Menge vorhandenen freien Stickstoff der atmosphärischen Luft nichts anzufangen weiss. Ich befinde mich dabei in voller Übereinstimmung mit den Versuchsergebnissen von Kossowitsch, der auf Grund anderer Experimente mit Reinculturen von Algen, denen Stick- stoff in gebundener Form zur Verfügung stand, ebenfalls zu demselben Schlusse kam.! Immerhin wäre es jedoch denkbar, dass die Algen in irgend einer Beziehung zur Stickstoffixirung von Bodenbacterien stehen, etwa nach der Annahme von Kossowitsch in einem symbiotischen Verhältnisse leben, ihnen hiebei organische Substanzen zukommen lassen und sie hiedurch auch in der Stickstoffassimilation fördern. Übrigens ist es gar nicht nothwendig, hier gleich an eine Art Symbiose zu denken, es wäre ja auch möglich, dass die organische und anorganische Substanz der nach und nach absterbenden Algen den Pilzen zur üppigen Ernährung dient und hiedurch ihre Leistungen begünstigt. Das Resultat der Versuche war aber weiterhin insoferne im höchsten Grade überraschend alszesr aniadas Besiuimimikessite, lehnte, diasısı unserer Nleewsrdeissakee nicht bedarf. Ich habe diese Thatsache bereits früher durch Versuche in Glasgefässen ohne Paraffin zu wiederholten Malen constatiren können, habe mir aber sofort den Einwand gemacht, dass vielleicht Spuren von Kalk aus dem Glase gelöst wurden. Eben dieser Umstand war es, der mich auf die Verwendung von Paraffingefässe leitete. Das Ergebniss war aber in diesen ganz dasselbe, obwohl von einer Lösung des Glases nicht die Rede sein konnte. Überdies ergab die spectroskopische Prüfung der Nährlösung die Abwesenheit jeder nachweisbaren Spur von Kalk. Da die Nährlösung mit aller nur möglichen Sorgfalt dar- gestellt war, da der Versuch auch dann, als die Impfmasse von kalkfreier Cultur genommen wurde, wieder dasselbe Resultat gab, so folgt eben mit zwingender Nothwendigkeit daraus der Die Ernährung der Algen. 798 Schluss, dass unsere Alge ebenso wie niedere Pilze ohne Kalk ihre Entwicklung durchmachen und dabei ihr ursprüngliches Gewicht gewiss um das Vielhundertfache vermehren kann. Berisyzeivegens Umtersuchungen mit drei anderen Algen, nämlich mit Stichococeus baccilaris Naeg. b major Rbh., Ulothrix subtilis(?) Kg. und Protococcus sp. ergab sich bezüglich des Nährelementenbedürfnisses ganz das- Selen resultan, und zwar auch bezüslich des’ Stick. stoffes und desKalkes. Es gibt also gewiss zahlreiche leid eigen Al sense lchie Kalleniieht bemöthrtsien. Esseilt dies aber nicht für alle Algen, denn Spirogyra und Vaucheria gehen ohne Kalk bald zu Grunde. Während diese beiden Pflanzen in completen kalkhältigen Nährlösungen recht gut gedeihen, sterben sie in kalkfreien, sonst aber completen Lösungen bald, Spirogyra oft schon nach wenigen Stunden ab. Für diese und wahrscheinlich auch für viele andere ist der Kalk nothwendig. Die Wichtigkeit dieser Base für Spirogyra betonen übrigens schon Loew! und Bokorny.? Von Interesse ist, dass das Absterben von Spirogyra, wie auch schon Loew° fand, in kalkfreien Lösungen durch einen Zusatz kleiner Mengen von Strontiumsalzen auf lange Zeit hinausgeschoben wird. »In einer vollen Nährlösung« sagte Loew, »welche statt des Calciumnitrates Strontiumnitrat enthielt, lebten die Spirogyren (bei 10— 14° C.) längere Zeit (3 Wochen). RU: Auch Baryumsalze werden längere Zeit ertragen«. Ich machte folgenden Versuch: Eine kleine Menge von Spirogyra sp. kam 1. in destillirtes Wasser; in eine complete Nährstofflösung; in eine complete Nährstofflösung weniger Kalk; in eine complete Nährstofflösung weniger Kalk, aber + Strontiumchlorid; 5. ineine complete (kalkhältige) Nährstofflösung + Stron- tiumchlorid. > go ID I Loew, Flora, 1892, S. 382. 2 Bokorny, Botan. Centralblatt, 1. c. 3» Loew, 1. ce. S. 392 und 393: O1 [&%) 796 H. Molisch, In der Nährlösung 1, 2, 4 und 5 blieben alle Fäden mehrere Wochen am Leben, in der Lösung 3 hingegen waren nach 5 Tagen alle abgestorben. In den Culturen mit Strontium findet einige Zeit Wachsthum und Vermehrung der Zellen statt, so dass man geneigt wäre, an eine vollständige Ersetzbarkeit des Calciums durch Strontium zu denken. Wenn auch von einer solchen nicht die Rede sein kann, wie wir gleich sehen werden, so ist doch zweifellos, dass bis zu einem gewissen Grade bei Spirogyra die Rolle des Calciums von dem Strontium über- nommen wird.! A priori erscheint es auch nicht unmöglich, dass ein dem Calcium verwandtes, theils mit denselben, theils mit ähnlichen Eigenschaften ausgerüstetes Element, das Calcium partiell ersetzen kann. Nehmen wir z. B. an, dass Calcium die Aufgabe hätte, die Anhäufung freier schädlicher Säuren zu hindern (Schimper), so könnte diese Rolle das Strontium möglicherweise auch besorgen. Vermöge anderer, dem Calcium nıcht zukommenden Eigenschaften könnte aber gleichzeitig das Strontium in seinen Verbindungen noch in anderer eigenartigen und zwar schädlicher Weise einwirken, und eben deshalb ausser Stande sein, das Calcium zu ersetzen. Von einem wirklichen vollen Ersatz des Ca durch Strontium kann bei Spirogyra thatsächlich auch nicht die Rede sein, da die Zellen alsbald unter dem Einflusse derStrontiumverbindung eine auffallende abnorme Erscheinung aufweisen und schliesslich absterben. Die Zell- theilungen vollziehen sich nach einigen Tagen nicht mehr normal, indem die Querwände eine unvollständige Ausbildung erfahren. Diese springen sehr oft nicht bis gegen die Mitte vor und erscheinen häufig als zapfenartige, unregelmässige Vorsprungsbildungen, wie in Fig. 1a. Demgemäss werden die Protoplasten der einzelnen Zellen nicht mehr vollends separirt, 1 Analoges habe ich bei Keimlingen der Bohne beobachtet. Während Wurzeln in einer kalkfreien Lösung im Wachsthum stillestehen oder sogar absterben, wachsen sie in derselben Lösung nach Zusatz von Strontiumchlorid recht gut. Das Absterben des Stengels wird bei Ausschluss von Kalk durch Strontium etwas hinausgeschoben, schliesslich erfolgt aber doch, und zwar zu einer Zeit, wo die Cotylen noch prall mit Reservestoffen gefüllt sind, das Absterben des Stengels. Man kann somit mittelst Strontium den durch Kalk- mangel bedingten Tod der Pflanze hinausschieben, aber nicht verhindern. Die Ernährung der Algen. ein sondern bleiben durch mehr minder breite Protoplasmabrücken in Verbindung. Oft hängen — man kann sich durch Einleitung von Plasmolyse davon leicht überzeugen — die Protoplasten von 2—5 benachbarten Zellen mit einander direct zusammen, Fig. 2. Überdies erleidet unter dem Einflusse des Strontiums das Chlorophyliband nicht selten auffallende Störungen in seinem Verlauf und Umriss. Diejenigen, welche mit Böhm den Kalk als nothwendig für den Aufbau der vegetabilischen Zellhaut erachten, würden vielleicht diese Thatsache zu Gunsten der Böhm’schen Ansicht deuten. Auch ich war anfangs geneigt, die unvollständige Querwandbildung durch Kalkmangel zu erklären, allein ich kam davon alsbald ab, als ich mich überzeugte, dass sich die unvollständige Querwandbildung auch dann einstellte, als ich Spirogyra in Nährlösungen cultivirte, die gleichzeitig Strontium Bde alesumsenthielten. Die Erscheinung tritt auch hier ein, wenn auch nicht so prägnant. Ich habe vor Kurzem nachgewiesen, dass niedere Pilze des Kalkes entrathen können! und dass hierin ein wichtiger Unter- schied in dem Nährelementenbedürfniss zwischen den niederen Pilzen? und höheren grünen Landpflanzen gegeben sei. Diese 1 Molisch H., Die mineralische Nahrung etc., |. c. 2 Es ist nicht ausgeschlossen, dass gewisse höhere Pilze des Kalkes doch bedürfen. 798 H. Molisch, Einschränkung war, wie sich nunmehr zeigt, sehr am Platze, denn wir kennen jetzt bereits auch grüne Pflanzen, nämlich niedere Algen, welche mit den Pilzen insoferne auch eine gewisse gewisse Verwandtschaft bekunden, als sie des Kalkes nicht bedürfen. Diese Thatsache hat aber meiner Meinung nach auch insoferne grosse Bedeutung, als sie ein Streiflicht auf die Frage nach der Bedeutung des Kalkes für die Pflanze wirft. Ich werde mich darüber ganz kurz fassen, da ich diese Frage an einem anderen Orte speciell behandeln werde. | Böhm war der Meinung, dass der Kalk bei der Umbildung organischer Baustoffe in Formbestandtheile des Pflanzenleibes eine analoge Rolle spiele wie bei der Metamorphose des Knorpels im Knochen.! Die Böhm’sche Annahme über die Bedeutung des Kalkes verliert durch meine Untersuchungen ausserordent- lich, denn die Thatsache, dass niedere Pilze und gewisse Algen des Kalkes nicht bedürfen und doch ihre Membranen bilden, steht im Widerspruche damit. Ferner hat ©. Loew? vor wenigen Jahren die Ansicht zu begründen versucht, dass der Kalk an dem Aufbau des Zell- kernes und der Chlorophylikörner Antheil nimmt, und zwar sollten diese beiden Zellorgane aus einer Calciumverbindung von Nuclein und Plastin bestehen. Derselben Auffassung schliesst sich Bokorny° in seiner oben citirten Arbeit an. Nun sehen wir aber, dass Pilze ihre Zellkerne und gewisse Algen diese und überdies Chlorophylikörper normal entwickeln, ganz ohne Kalk. Dies deutet wohl sehr darauf hin, dass der Kalk im Dienste eines bestimmten Stoffwechselprocesses steht, der den niederen Pilzen und unseren Versuchsalgen abgeht. Es gewinnt damit die Ansicht Schimper'’s,* derzufolge die Rolle des Kalkes darin besteht, dass die für das Plasma giftige Oxalsäure fest- 1 Böhm J., Über den vegetabilischen Nährwerth der Kalksalze. Diese Berichte, 1875, April-Heft. 2 Loew O., Über die physiologischen Untersuchungen der Calcium- und Magnesiumsalze etc., l. c. S. 393. 3 Bokorny Th., Über den Einfluss des Caleiums etc., 1. c. 4 A.F.W.Schimper, Zur Frage der Assimilation der Mineralsalze durch die grüne Pflanze. Flora, 1890, S. 249. Die Ernährung der Algen: «99 gelegt werden soll, ausserordentlich an Wahrscheinlichkeit. Ob der Kalk nur diese Function hat oder noch andere, bleibt vor- läufig noch unentschieden. url Beiläufig sei hier bemerkt, dass die Behauptung Deherain's (Fremy, Eneyclopedie chimique, T. X, Nutrition de la plante, p. 19), derzufolge Keimlinge der Bohne ete. sich bei Ausschluss von Kalk bis zum völligen Verbrauch der Reservestoffe normal entwickeln, wofern sie bei höherer Temperatur (30—35° C.) gehalten werden, auf irgend einem Versehen beruhen muss. Ich habe mich im Gegentheil durch zahlreiche Versuchsreihen überzeugt, dass Bohnen, Wicken, Erbsen und zahlreiche andere Keimlinge in kalkfreien Lösungen bei hoher Temperatur (30 bis 39° C.) sogar früher absterben als bei gewöhnlicher Zimmer- temperatur (18° C.). Ähnliches wie ich fand ©. Loew für Spiro- Bazar. (3lora, 1892,17e7372): Zusammenfassung. 1. Die untersuchten Süsswasseralgen benöthigen zu ihrer Ernährung, mit einer Einschränkung bezüglich des Caleiums, ae Sehen Blementes (Es ER ON, SER NE, BD undKe) male die iöhere grüne Pflanze. 2. Bei den Versuchen hat sich die überraschende Thatsache ergeben, dass zahlreiche Algen (Microthamnion Kützingianum Naeg., Stichococcus baccilaris Naeg., Ulothrix subtilis(?) Kg. und Protococcus sp.) des Kalkes völlig entbehren können, während andere wie Spirogyra und Vaucheria in einer sonst completen aber kalkfreien Nährlösung alsbald zu Grunde gehen. Es verhalten sich demnach gewisse Algen wie niedere Pilze, die ja bei vollständigem Ausschlusse von Kalk sich gleichfalls normal entwickeln. Der bisher als richtig anerkannte Satz, dass jede grüne Pflanze Calcium zu ihrer Ernährung benöthisgt, ist also nicht mehr allgemein richtig, denn er gilt für einen Theil der Algen nicht. Dies wirft ein interessantes Streiflicht auf die Beurtheilung der Kalkfunction in der Pflanze, und zwar insoferne als meine Versuche weder für die Annahme Böhm’s, dass der Kalk zum Aufbau der vegetabilischen Zellhaut nothwendig sei, noch für die Ansicht OÖ. Loew’s sprechen, der den Kalk bei dem Aufbau s00 H. Molisch, Die Ernährung der Algen. des Zellkerns und der Chlorophylikörper eine Rolle spielen lässt. Wir kennen nämlich jetzt zahlreiche Pilze und Algen, welche ohne jede Spur von Kalk ihre Membranen, Zellkerne, beziehungs- weise Chlorophylikörper ausbilden. Der Kalk ist also nicht ein wesentlicher Bestandtheil jeder lebenden Zelle, sondern dürfte in specifische Stoffwechselprocesse eingreifen, und höchst wahr- scheinlich in erster Linie der Anhäufung freier Säuren oder ihrer giftig wirkenden löslichen Salze entgegen zu wirken haben in der Weise wie dies Schimper’s Hypothese plausibel gemacht hat. 3. Der von meinen Algen assimilirte Stickstoff musste in gebundener Form geboten werden, da sie den freien Stickstoff der Athmosphäre nicht zu assimiliren vermochten — in Über- einstimmung mit den Versuchen von Kossowitsch und im Widerspruche mit der Annahme von Frank. MT 801 Nachträge und Sehlusswort zur Monographie der mit Nysson und Bembex verwandten Grabwespen von Anton Handlirsch. (Mit 2 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung am 4. Juli 1895.) I. Nachträge. Im Laufe der seit dem Erscheinen des 1. Theiles meiner Monographie verflossenen acht Jahre hat sich, wie es in der Natur ähnlicher Arbeiten liegt, eine Reihe von Nachträgen an- gesammelt. Sendungen aus den Museen in Berlin, Budapest, Brüssel, Genua, Hamburg und Leyden und aus den Sammlunsen der kerren HE. de Saussure, Dr A. v. Schult- hess Rechberg, General OÖ. Radoszkowsky, Dr. F. Mora- witz, a S6hllerseren, De | Massen, Judo Ar (EoSser, L. Fairmaire, Dr. Gazagnaire, F. Sickmann und vielen Anderen lieferten, zusammen mit den reichen neuen Acquisi- tionen unseres Hofmuseums, ausser einer grösseren Zahl ganz neuer Formen, auch mehrere mir seinerzeit nicht bekannte Arten und Varietäten, sowie Daten für die geographische Ver- breitung und Synonymie. In zweiter Linie sollen zu den Nachträgen auch die von anderen Autoren in zerstreuten Schriften niedergelegten, theils neueren, theils übersehenen Beiträge zur Kenntniss der mit Nysson und Bembex verwandten Grabwespen kritisch verwerthet werden, um so die ganze in sieben Theilen erschienene Mono- graphie mit dem Jahre 1894 zu einem einheitlichen Abschlusse zu bringen. Manche von diesen Beiträgen verdanke ich dem 802 A. Handlirsch, bibliographischen Bienenfleisse C. W. v. Dalla-Torres’, der mir den betreffenden Theil des Manuscriptes seines Catalogus Hymenopterorum zur Revision einschickte. Nachträge zum Literaturverzeichnisse. Ashmead, Will. H., The habits of the aculeate Hymenoptera. 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Clipeus in medio marginis antici distincte depressus, paulo sinuatus. Spinae laterales mesothoracis distinctae. Scutel- lum fere horizontale, marginibus lateralibus paulo prominentibus. Metanotum distincte bilobatum. Spinae segmenti medialis vali- dae, acutae etlongae. Alarum anticarum area cubitalis tertia non petiolata. Alarum posticarum area analis multo ante originem venae cubitalis terminata. Tibiae posticae extus dentibus 6—7 munitae. Segmentum ventrale secundum satis convexum, basim versus rotundato truncatum. Area mediana segmenti dorsalis sexti satis angusta, apice rotundata et fere semielliptica. Seg- mentorum dorsalium margines postici distincte incrassati. Thorax dense et crasse punctatus, abdomen sparsius sed satis crasse. Facies, margo pronoti, metanotum, latera segmenti medialis aureo-tomentosa. Segmenta ventralia cum marginibus dorsalium argenteo nitida. Corpus nigrum, fasciis interruptis segmentorum 1—3 flavis, antennis nigris, pedibus fusco ferru- gineis, anticis et mediis pro parte ferrugineis. Long. corp. 9 mm. Der Clipeus ist in der Mitte des Vorderrandes deutlich ein- gedrückt und zeigt neben diesem Eindruck je einen ziemlich deutlichen zahnartigen Vorsprung. Die Fühler sind mässiglang und kräftig, nicht so lang wie zZ. B. bei chrysozonus. Die End- säume der Segmente sind deutlich abgeschnürt. Grabwespen. 807 Nysson foveiscutis Gerst. Auch von dieser Art habe ich Gerstäcker’s Type (Berl. Mus.) untersucht. Nysson chrysozonus Gerst. Von dieser auffallenden Art erhielt das Wiener Hofmuseum ein von Dr. Iheringin Rio grande do Sul iin Süd-Brasilien gesammeltes weibliches Exemplar. Gerstäcker hat die Art nach einem männlichen Exemplare, das ich vom Berliner Mu- seum zur Ansicht erhalten habe, so ausgezeichnet beschrieben, dass ichmich darauf beschränken kann, hier nur die Geschlechts- unterschiede anzuführen. Das mir vorliegende Exemplar ist 11 mm lang. Endglied der Fühler um die Hälfte länger als das vorher- gehende, kaum gekrümmt und von der Mitte bis zum Ende all- mälig verjüngt. Das Endsegment ist hinten gerade abgestutzt und seitlich nur mit kurzen undeutlichen Kielen versehen; das abgeflachte Mittelfeld zeigt wie die Umgebung eine feine Sculptur. Der Höcker unter der Flügelinsertion ist sehr deutlich, fast dornartig, der Stiel der 2. Cubitalzelle fast so lang als diese Zelle hoch (bei Gerstäcker’s Exemplar viel kürzer). In dieser Beziehung treten bei einer Art oft bedeutende Schwankungen auf. Nach Nysson chrysozonus ist einzufügen: Nysson Croesus n. Sp. 2 Frons tuberculo valido carinato instructa. Clipeus mar- gine antico late sinuato. Scutellum horizontale, marginibus lateralibus distincte sursum flexis. Metanoto bilobo. Segmenti mediales spinae laterales validae. Alarum posticarum area analis multo ante originem venae cubitalis terminata. Tibiae posticae spinis 9—1O munitae. Segmentum ventrale secundum valde prominens, fere ut in chrysozono. Area dorsalis segmenti sexti apice late rotundata. Corpus paulo minus dense sed fere aeque crasse punctatum quam in chrysozono. Caput cum thorace superne brunnescente tomentosum, facies, margo pronoti et margines segmentorum dorsalium aureo 808 A. Handlirsch, tomentosa, pectus et venter cum pedibus luxuriose argenteo tomentosa. Corpus nigrum, lateribus segmenti primi et secundi rufis, fasciis latis, continuis segmentorum dorsalium 1—5 cum toto segmento ultimo obscure flavis. Antennae nigrae; pedes maxima pro parte ferruginei. Long. corp. 11mm. Species neotropica. Diese prächtige Art ist wohl schon an den angegebenen Merkmalen leicht zu erkennen. Der Rand des Pronotum ist kantig, der Höcker an den Mittelbrustseiten deutlich. Dorn des Mittelsegmentes gross und spitz, oben kantig, am Ende gelb. Endränder der Segmente wulstig abgeschnürt; zweite Ventral- platte stark vortretend, fast wie bei chrysozonus. Fühler nicht so kräftig wie bei dieser Art.- Dritte Cubitalzelle der Vorder- flügel nicht gestielt. Flügel schwach gebräunt, mit dunklem Geäder. 1 9 aus Brasilien, Eigenthum des Budapester Museums. Nysson scalaris Illiger. Der Synonymie dieser Art ist beizufügen: Nysson auratus, Schummel, Arb. schles. Ges. vaterl. Gult. 78, 5’ 1834. 7 Sphex (Nysson) Dufourianım, Blanchard, Cuvier’s R. Anim. Ed. 3, I 15 122, u 2, 1ER) (er Dale Norte): ? Nysson incertus, Radoszkowsky, Reise nach Turkestan, 45, 4, t. 5, f. 6, 2 1879: - — — Handlirsch, Sitzungsber. der k. Akad. der Wiss., XCV, 400, 1887. — scalaris, Radoszkowsky, Bull. Mosc. 1891, p. 19, f. 60. I! — — var. franscaspicus, Radoszkowsky, Horae Soc. Ent. Ross., XXVII, 71, 1893. 3 — — var, Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross. XXVIII, 356, 5’ 1894. u Von der var. franscaspicus schickte mir Herr General Radoszkowsky einige Exemplare zur Untersuchung. Sie stimmen in den plastischen Merkmalen ganz mit der gewöhn- lichen Form überein. Die Sculpur ist so wie bei scalaris (nicht wie bei Draueri!), der Rand des Pronotum nicht kantig. Die schwarze Grundfarbe wird besonders im weiblichen Geschlecht durch roth ersetzt, so dass bei den mir vorliegenden Stücken fast der ganze Thorax und die ersten zwei Segmente roth sind. Die gelben Zeichnungen sind ausgedehnter, die Fühler in beiden Grabwespen. 809 Geschlechtern roth. Bei einem JS ist die Körperfarbe fast wie bei scalaris, die Fühler dagegen roth; ähnlich ist auch die von Morawitz beschriebene Varietät gefärbt. Nachdem nun constatirt ist, dass scalaris mit rothen Fühlern vorkommt, nehme ich keinen Anstand, auch den von Radoszkowsky beschriebenen N. incertus hieherzuziehen. Es ist jedoch möglich, dass diese Art mit decemnotatus Mor. identisch ist. Als Fundorte sind anzuführen: Pola, Sarepta, Astra- chan, und für die oben erwähnten Varietäten die trans- caspischen Gebiete: Saraks, Tschuli, Sarafschan. Schletterer fing die Art auf Paliurus (Pola). Nach scalaris ist einzufügen: Nysson decemnotatus Morawitz. Nysson decemnotatus, Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross. XXIII, g' 609, 1889. »Niger, opacus, argenteo-tomentosus, tegulis, pedibus an- tennisque ferrugineis; his articulo 3. pedicello dimidio longiore, ultimo truncato subtus emarginato; dorsulo scutelloque crasse punctatis, interstitiis punctorum hisplerumque latioribus et rugulosis; segmento mediano spinis lateralibus brevioribus armato; alis posticis area anali longe ante furcam cubiti ter- minata; abdomine submicanti subtillissime densissimeque punctulato, praeterea punctis grossis dispersis munito, segmen- tis 1.—5. utrinque macula flavescenti magna ornatis, 6.—7. an- gulis lateralibus dentiformibus, ventralibus 2.—D. apice dense albido-ciliatis. — Lg. d‘ S mm. Gesicht und Clipeus sind so dicht silberweiss behaart, dass man die Sculptur nicht wahrnehmen kann; die Stirn ist über der Fühlerbasis deutlich gekielt; Scheitel und Hinterhaupt grob und sparsam, die Wangen ein wenig feiner und dichter punktirt und mit spärlichen greisen Haaren besetzt. Mandibeln und Fühler rostroth, Schaft mitten pechbraun, Pedicellus fast kugel- förmig; drittes Fühlerglied um 1/, länger als das zweite und auch deutlich länger als das folgende; das letzte Geisselglied ist gekrümmt, mit abgestutzter Spitze und kürzer als die beiden Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 33 810 2 A. Handlirsch, vorhergehenden zusammengenommen. Der Thorax ist dicht greis behaart, das Pronotum mit abgerundeten Ecken, die Seiten der Vorderbrust schwach glänzend und quergestreift. Dorsulum und Schildchen sehr grob punktirt, die Punkte ober- flächlich eingestochen, die Zwischenräume derselben hin und wieder breiter, als jene und stellenweise eben, oder auch runze- lig erhaben; die Mesopleuren sind dicht punktirt gerunzelt. Das Metanotum ist mit silbergrauem Filze dicht bedeckt, die Meta- pleuren oben matt, unten in geringer Ausdehnung glänzend. Das Mittelsegment hat einen mitten der Länge nach gestreiften und jederseits sehr dicht silberweiss bekleideten Rücken; die Seitenstacheln sind verhältnissmässig kurz und rostroth gefärbt; die hintere Wand ist dicht quergestreift und zeigt ausserdem noch in der Mitte drei erhabene Längslinien; die Seiten sind oben punktirt-gerunzelt, unten fast glatt und schwach glänzend. Die glänzenden Tegulae und Flügelwurzel rostroth; die Anal- zelle der Hinterflügel ist weit vor dem Ursprunge der Cubital- ader geschlossen. Der schwachglänzende Hinterleib ist am Grunde sehr dicht silberweiss behaart, sehr fein und dicht punktirt und noch mit grösseren Punkten, die namentlich auf den vorderen Segmenten deutlicher sichtbar sind, versehen. Die Segmente 1—5 haben jederseits eine grosse, querovale, blass- gelbe Makel, die beiden letzten dornförmig hervorgezogene Seitenecken und das letzte einen mitten vortretenden Endrand. Die Ventralringe 2—5 sind mitten am Endrande mit langen, weissen Wimpern besetzt; der zweite, sehr dicht weisslich be- haarte, hat eine abgerundete, wenig vortretende Basis; der letzte ist fein und dicht punktirt. Die Beine sind rostroth, die dicht silberweiss behaarten Hüften und Trochanteren dunkel gefärbt, die Schienen des dritten Paares bedornt. Sehr ähnlich N. scalaris Illiger; bei diesem ist aber die Zeichnung und die Sculptur eine verschiedene; ausserdem ist auch noch das dritte Fühlerglied nicht länger als die ein- schliessenden. Bei Tedschen (Turkmenien) am 5. Mai 1889 von A.v. Semenow gesammelt«. Diese Art scheint mir nach der ausgezeichneten Beschrei- bung zu schliessen, mit scalaris ausserordentlich nahe verwandt Grabwespen. Ssıll zu sein. Sie ist, wie erwähnt, vielleicht mit Radoszkowsky’s incertus identisch. Nysson mysticus Gerst. Auch von dieser Arthabe ich Gerstäcker’s Type gesehen. Vor N. fulvipes ist einzufügen: Nysson rufus n. Sp. Q Pars inferior temporum postice marginata; frons supra antennarum insertionem plana, haud tuberculata seu carinata. Clipei margo anticus simplex, nec longitudinaliter nec transverse carinatus. Prothoracis margo superior rotundatus, superne non deplanatus, lateribus non angulatis. Scutellum declive, margi- nibus lateralibus non sursum flexis. Metanotum brevissimum, haud bilobatum. Segmenti medialis spinae laterales distinctissi- mae. Alarum anticarum area cubitalis tertia superne mediocriter angustata, alarum posticarum area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Tibiae posticae spinis septem distinc- tissimis ornatae. Abdominis segmentum ventrale secundum rotundatum. Segmenti dorsalis sexti area mediana carina serrata circumdata. Corpus mediocriter et sparse punctatum. Caput, thorax et abdomen rufa, vertice solum obscuriore. Tegulae, calli humerales et fasciae continuae in segmentis 1—4 flava. Pedes et antennae testacae. Long. corp. 6 mm. Species Aegyptiaca. Diese auffallende Art erinnert durch die bedornten Hinter- schienen an N. scalaris und seine Verwandten, stimmt aber durch den Mangel des Stirnhöckers und durch das Flügelgeäder wieder mit Arten überein, die keine bedornten Hinterschienen haben. Die Form des Körpers ist kurz und gedrungen. Augen gegen den Clipeus ziemlich schwach convergent. Stirne ohne deutliche Mittelstrieme, an der Stelle des Höckers nur mit einigen ganz kleinen Runzeln versehen. Die seitlichen Öcellen sind weiter von einander als von den Facettaugen ent- fernt. Clipeus gleichmässig gewölbt, am Vorderrande weder Da 812 A. Handlirsch, eingedrückt, noch mit einem Querkiel versehen; auch von Längskielen oder Höckerchen ist keine Spur. Von den Fühlern ist bei dem einen mir vorliegenden Exemplare leider nur die Basis erhalten. Die Seitenhöcker und die Kante der Mesothoraxseiten sind ziemlich deutlich; das kurze Metanotum trägt an jeder Seite ein kleines undeutliches Spitzchen. Das Mittelsegment ist jederseits in eine deutliche, gut abgesetzte, schief nach aussen und hinten gerichtete Spitze ausgezogen. Im Mittelfelde steht ein ziemlich stark erhabener, runzeliger Höcker. Die Flügel sind fast glashell mit schwarzem Geäder. Der Stiel der zweiten Cubitalzelle ist fast so lang als die Zelle hoch; die beiden Discoidalqueradern münden sehr nahe an den beiden Enden der zweiten Cubitalzelle in den Cubitus. Die dritte Cubitalzelle ist unten ungefähr dreimal so breit als oben und die Analzelle der Hinterflügel endet knapp hinter dem Ursprunge des Cubitus. Die Hinterschienen tragen an der Aussenkante 7 sehr deutliche, gut abgesetzte Dornen. Die Mittelschienen sind aussen mit einer Anzahl kleiner Dörnchen besetzt. Der längere Sporn der Hinterschienen ist etwas mehr als halb so lang wie der entsprechende Metatarsus. Die Endränder der einzelnen Hinterleibssegmente sind leicht abgeschnürt. Die sechste Dorsalplatte ist dadurch auf- fallend, dass die zwei Seitenkiele des Mittelfeldes sehr deutlich sägezähnig sind und dass sie in je eine kleine Spitze enden. Dadurch erscheint das Ende des Hinterleibes schwach zwei- spitzig, was sonst bei Nysson im weiblichen Geschlechte nicht der Fall ist. Die gröbere Punktirung ist auf der Stirne und am Thorax- rücken sehr schütter, aber ungewöhnlich deutlich ausgeprägt: Grundpunktirung sehr fein. Mittelbrust sehr dicht und grob punktirt. Die Metapleuren tragen nur im oberen Theile einige Querrunzeln. Mittelsegment in der unteren Partie der Seiten glatt, sonst runzelig. Auf dem Hinterleibe ist dieGrundpunktirung kaum zu bemerken, die grobe Punktirung etwas feiner als auf dem Thoraxrücken, gleichfalls sehr schütter und von vorne nach hinten abnehmend. Das zweite mässig gewölbte Bauch- Grabwespen. 813 segment ist ähnlich punktirt wie die entsprechende Rücken- platte. Mein Exemplar ist leider sehr abgerieben und zeigt nur an wenigen Stellen ein gut erhaltenes Toment, so an den Mittel- brustseiten, am Bauche und an den Seiten des Mitelsegmentes; auch auf der Stirne und im Mittelfelde des Endsegmentes sind Spuren eines reichlichen silberweissen Tomentes vorhanden. Auffallend ist die durchaus rothe Körperfarbe, die nur auf dem Scheitel zum Schwarzen hinneigt. Die Beine smd ein- schliesslich der Hüften lichtroth, ebenso die Fühler (soweit sie bei meinem Exemplare erhalten sind). Mandibeln gelbroth, an der Spitze verdunkelt. Diese Art scheint, nach den plastischen Merkmalen und dem Geäder zu schliessen, zwischen den Arten, die mit scalaris näher verwandt sind, und zwischen N. fulvipes einzureihen zu sein. Einen sicheren Platz im Systeme kann sie erst erhalten, bis das männliche Geschlecht bekannt ist. Ich untersuchte ein aus Ägypten stammendes Exemplar, Eigenthum des Herrn Marquet in Toulouse. Nysson fulvipes Costa. Wurde bei Fiume (Orchovica) gefunden (Mus. Vindo- bon.). Nysson spinosus Forster. Die Synonymie dieser Art ist in folgender Weise zu ergänzen: 2 iVeepa bidens, Müller, Linne’s Natursystem. V, 2, 884, 1775. — — Fabricius, Species Insectorum. I, 464, 1781. — -—. Villers, Linnaei Entomologia. II, 271, 1789. — —. Gmelin, Syst. Naturae. Ed. 13, I. (5), p. 2757, 1790. en (Crabro) spinosa, Gmelin, System. Nat. Ed. 13, I. (5), 2761, 1790. Sphex cribaria spinosa, Christ, Naturgesch. 286, 1791. ? Vespa bidens, Olivier, Enc. meth. VI, 687, 1791. ? — _—. Fabricius, Ent. syst. II, 269, 1793. ? — — Schrank, Fauna boica. II, 2, 354, 1802. ? — -— Fabricius, Syst. Piezat. 263, 1804. Nysson spinosus, Schummel, Arb. schles. Ges. 78, 1834. — _— Girard, Traite element. d’Ent. II, 946, 1879. 814 A. Handlirsch, Nysson spinosus, Karsch, Insectenwelt. 2. Ed. 255, 1882. — — Radoszkowsky, Bull. Mose. 19, f. 62, 1891. — — Saunders, Hymen. acul. Brit. 110, t. 15, f. 3, 1893. Vor die Synonymenreihe von Mellin. spinosus Fabr. 1793 bis Crabro spinos. F. 1804 ist das Zeichen > zu setzen. Zu dem Citate von Wesmael ist ein ! zu setzen; ich erhielt Typen aus dem Brüssler Museum. Im August 1888 fand ich N. spinosus bei Trafoi in Tirol in einer Höhe von 1700 m. Nysson interruptus Fabric. Vor das Citat N. Shuckardii W esmael ist ! zu setzen. Der Synonymie ist beizufügen: 1 Sphex (Nysson) interruptus, Blanchard, Cuv.R.an. 3. Ed. II, t. 122, f. 3, 1849. Nysson Shuckardi, Brischke, Schr. Königsb. II, 101, 1862. — interruptus, Girard, Traite element. d’Ent. II, 946, 1879. — interruptus, Saunders, Hymen. acul. Brit. 110, 1893. Die Art wurde im Araxesthale (Armenien) gefunden (Mus. Vindob.). Nach Nysson grandissimus ist einzureihen: Nysson notabilis n. Sp. oO N. epeoliformi et grandissimo affinis et similis. Tem- pora postice distincte marginata. Clipeus in margine antico prope medium tuberculis duobus prominentibus. Frons inermis. Thorax forma normali, scutello plano, marginibus non reflexis, metanoto inermi. Segmentum mediale spinis lateralibus brevi- bus et robustis. Alarum anticarum vena cubitalis secunda et tertia prope radium confluentes, area cubitalis tertia ergo petio- lata. Alarum posticarum area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Tibiae posticae distincte spinulosae. Seg- mentum ventrale secundum aequaliter et satis convexum. Opacus, thorace satis dense et crasse punctato; abdomine sparsius et subtilius punctato. Segmentum dorsale sextum area Grabwespen. 815 mediana brevi fere triangulari. Corpus infra argenteo tomen- tosum, nigrum, clipeo, mandibulis, fascia pronoti cum callis humeralibus, maculis mesopleuralibus, fasciis scutelli, meta- noti, spinis segmenti medialis, fasciis latissimis interruptis segmentorum dorsalium omnium, macula centrali ultimi et dimidio apicali segmenti ventralis secundi flavis, basi segmenti ventralis secundi et lateribus segmenti primi rufis. Antennae fuscae, scapo infra flavo, basi flagelli ferruginea. Pedes flavo et ferrugineo-variegati. Long. corp. 12 mm. 19 aus dem Araxesthale (Mus. Caes. Vindob.). Dem epeoliformis und grandissimus ähnlich und ebenso robust gebaut. Fühler kurz und kräftig. Flügel fast hyalin mit dunk- lerem Saume und schwärzlichem Geäder. An den Zeichnungen sowohl, als an dem verschiedenen Clipeus leicht von den zwei genannten Arten zu trennen. Nysson opulentus Gerst. Type gesehen! Nysson trimaculatus Rossi. Der Synonymie ist beizufügen: ? Nysson dissectus, Schummel, Arb. schles. Ges. 78, 1834. — trimaculatus, Girard, Traite element. d’Ent. II, 946, 1879. — -— Saunders, Hymen. acul. Brit. 110, 111, 1893. Auch von dieser Art untersuchte ich Wesmael’sche Typen, daher zum Citate ein ! Nysson militaris Gerst. Gerstäcker’s Type gesehen! Nysson niger Chevr. Wesmael’s Type gesehen! Der Synonymie ist beizufügen: < Nvsson macnlatus, Brischke, Schriften phys. ökon. Ges. Königsb. II, 101, 1862. 816 A. Handlirsch, Nysson maculatus Fabric. Die Synonymie ist in folgender Weise zu ergänzen: Sphex maculata, Fabricius, Mant. Ins. I. 277 u. 50, 1787. — maculosa, Gmelin, Syst. Nat. Ed. XII. I. (5.), p. 2731, 1790. — macunlata, Rossi, Mant. Ins. 127, 1792. — — Schrank, Fauna Boica. I. (2.), 323, 1802. Nysson maculatus, Klug, Magaz. Ges. naturf. Fr. Berlin. II, 53, 1807. — — Schenck, Jahresb. Nassau. XI, 95, 1856 (monstr.). ? Pompilus maculatus, Dumeril, Mem. Acad. sc. Paris. XXX, (2), 940, 1860. < Nysson maculatus, Brischke, Schr. Phys. Oek. Ges. Königsb. II, 101, 1862. — — Karsch, Insectenwelt. 2. Ed. 255, 1832. — — Radoszkowsky, Bull. Mose. 19, f. 61, 1891. Das vierte Citat in meiner Monographie soll nach Dalla Torre lauten: Sphex maculata, Sturm, Verzeichn. meiner Insectens., S. 55 n. 26, T. 3, m, 2, 1798: Olivier’s Nysson maculatus ist offenbar eine Mischart im stärksten Sinne und kann zu keiner bestimmten Art als Syno- nym gezogen werden. Auch von dieser Art habe ich Wesmael’s Type gesehen. Als Fundort ist zu erwähnen: Armenien (Araxesthal), Mus. caes. Vindobon. Nach N. macnlatus sind einzureihen: Nysson variolatus Costa. Tab. II, Fig. 22. ? Nysson decemmaculatus, Chevrier, Nyssons du bassin du Leman. 28, Il, & 1807. ! — wvariolatus, Costa, Annuario del Museo di Napoli. V, 72, 9, 1869. — — Handlirsch, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. XCV, 399, 1887. cd’ Pars inferior temporum postice marginata; clipei margo anterior depressus; frons inermis. Thorax forma communi. Pars inferior laterum segmenti medialis laevis eiusque spinae late- rales robustae et satis longae. Alarum posticarum area analis in origine venae cubitalis terminata. Pedes inermes. Segmentum Grabwespen. 817 ventrale secundum rotundatum. Corpus crasse et satis dense punctatum, multo crassius quam in maculato, in fronte thorace- que satis dense tomentosum, nigrum, segmento abdominis primo rufo, fascia interrupta pronoti, callis humeralibus, fascia scutelli maculisque lateralibus segmentorum quinque anticorum flavis. Pedes fusci, tibiis tarsisque pallidioribus, geniculis flaves- centibus. Antennae breves et crassae, distincte breviores quam in maculato, articulo ultimo vix curvato, apice truncato et duobus praecedentibus aeque longo. Abdominis segmentum septimum spinis duabus lateralibus satis brevibus. Long. corp. 7 mm. Diese Art steht dem maculatus und niger sehr nahe, unterscheidet sich aber von beiden, ausser der rothen Hinter- leibsbasis, leicht an der sehr groben Sculptur und an den dicken, kurzen Fühlern. Von Friesei, dessen d mir unbekannt ist, dürfte sich variolatus ausser den gerandeten Schläfen auch leicht durch die viel gröbere Sculptur trennen lassen, von Chevrieri durch das einfach gewölbte zweite Ventralsegment. Die Beschreibung von Chevrier’s decemmaculatus (J') dürfte sich wohl nicht, wie ich früher vermuthete, auf Friesei, sondern auf die oben beschriebene Art beziehen; es wird jedoch besser sein, selbst für den Fall, als die Identität durch Vergleich der Typen festgestellt werden sollte, den Namen decemmacu- latus fallen zu lassen, weil er ja nicht von Chevrier, sondern von Spinola bereits früher für eine Mischart gebraucht wurde. Das oben beschriebene Individuum (Type!), aus Süd- italien stammend, erhielt ich durch die Gefälligkeit des Herrn Prof. Costa aus dem Neapler Museum zur Ansicht. Nysson curtulus Morawitz. Nysson curtulus, F. Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross. XXVI, 156, 1892. »Niger, opacus, tibiis tarsisque ferrugineis, mandibulıs basi, callis humeralibus, pronoti fascia medio interrupta scu- telloque antice flavis; dorsulo scutelloque crasse profundeque crebre punctatis, spinis lateralibus segmenti mediani brevibus; alis posticis area anali post originem venae cubitalis termınata; abdomine sat crasse punctato segmentis quatuor anterioribus fascia medio interrupta flava signatis, primo toto, reliquis lateri- 818 A. Handlirsch, bus plus minusve rufo-pictis, ultimo modice bidentato, ventrali secundo basi convexa; antennis articulo ultimo leviter emargi- nato antepenultimo dimidio longiore, apice truncato, angulo interno fere dentiformi. d 6 mm. Hab. in Turkestania. Der matte Kopf ist fein punktirt, die Stirn sehr dicht silber- farbig tomentirt, zwischen den Fühlern mit einem kleinen abge- stutzten Höcker versehen. Der untere Theil der Schläfen ist schwach gerandet. Der Clipeus an den Seiten mit weisslichem Filze bedeckt, mitten am unteren Rande ein wenig vortretend und hier sehr flach ausgerandet. Mandibeln pechroth mit gelber Basis. Fühler pechschwarz, der Schaft an der Spitze und der Pedicellus unten rostfarben; die Geisselglieder kurz, die ersten vier fast kleiner als letzterer, die übrigen deutlich breiter als lang, das letzte schwach ausgerandet, um die Hälfte länger als das vorhergehende, mit abgestutztem Ende, dessen innere Ecke zahnförmig vorspringt. Das Pronotum hat eine mitten unter- brochene gelbe Binde. Dorsulum, Mesopleuren und Schildchen viel gröber als der Kopf punktirt, mit matten, sehr fein lederartig gerunzelten Punktzwischenräumen; Scutellum am Grunde mit einer glänzenden gelben Binde geschmückt. Schulterbeulen gelb. Das Hinterschildchen ist feiner als das Schildchen punktirt, die Metapleuren glatt und glänzend. Das Mittelsegment erscheint kurz, indem das Schildchen fast noch einmal so lang als die Dorsalfläche des ersteren ist; diese ist beiderseits mit greisem Tomente bekleidet, mitten längsstreifig gerunzelt; der untere Abschnitt der Seitenwände ist glatt und glänzend, der obere grob punktirt und matt; die Stacheln sind kurz; die hintere Wand ist, mit Ausnahme der Längsstreifen, quer gerunzelt. Die Flügelschuppen sind hell scherbenroth, die Adern der schwach getrübten Flügel schwarz gefärbt, die Analzelle der hinteren fast am Ursprunge der Cubitalader geschlossen. Der Hinterleib ist überall dicht, oben etwas feiner, die zweite Ventralplatte, welche mitten am Grunde gewölbt erscheint, fast ebenso stark wie das Dorsulum punktirt. Das erste Seg- ment vollständig, die drei folgenden am Seitenrande mehr oder weniger intensiv roth gefärbt, die vier vorderen mit einer mitten weit unterbrochenen gelblichen Binde geziert, das letzte abge- Grabwespen. 819 stutzt mit dornartig vortretenden Seitenecken. Die Beine sind schwarz, die Spitze der Schenkel, Schienen und Tarsen hell rostfarben, die vorderen Tibien an der Basis gelb gefleckt und an der Spitze gebräunt, die hinteren nicht bedornt. Von dem ähnlichen N. maculatus Fabr. durch die viel gröbere Sculptur und das kürzere Mittelsegment, auch das ganz anders gestaltete letzte Fühlerglied zu unterscheiden. In der Nähe von Jaban (im Zerafschan-Gebirge) von A.v. Semenow am 28. Mai 18558 gesammelt.« Diese Art scheint, nach der ausgezeichneten Beschreibung zu schliessen, dem N. variolatus Costa sehr nahe zu stehen. Nysson Barrei Radoszkowsky. Tab. II, Fig. 23. ! Nvsson Barrei, Radoszkowsky, Horae Soc. Ent. Ross. XXVIL, 71, 7 1893 © . cd Pars inferior temporum postice marginata. Clipei margo anticus depressus. Frons inermis. Antennae minus robustae quam in N. maculato, articulo penultimo multo minus dilatato, ultimo parum curvato et multo minore quam in N. maculato. Thoracis latera sub alis distincte spinulosa. Spinae segmenti medialis validae. Pars inferior laterum segmenti medialis fere laevis. Alarum posticarum area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Tibiae posticae inermes. Segmentum ventrale secundum rotundatum, valde convexum. Segmentum dorsale septimum spinis duabus lateralibus satis distantibus. Corpus satis dense crasse punctatum, mediocriter pilosum et tomentosum, nigrum, thorace et segmento primo maxima pro parte rufis, clipeo, margine pronoti, spinis segmenti medialis, fasciis anguste interruptis segmentorum 1—5 pallide flavis. Antennae brunneae, basi infra flava. Alae fere hyalinae. Pedes ferruginei, tibiis extus flavis. Long. corp. 6 mm. Species Transcaspica. Körper sehr robust, an den Hinterrändern der Segmente mit deutlichen Hautsäumen. Punktirung entschieden gröber als bei maculatus, dem diese Art sehr nahe steht. Zwischen den zwei Seitenspitzen des siebenten Segmentes ist keine Vor- ragung zu bemerken. 820 eAHandiakiseh, Untersucht habe ich 1 S aus Saraks in Transcaspien, Eigenthum des Herrn Radoszkowsky. Nysson Ruspoli Schulthess. ! Nysson Ruspolii, Schulthess-Rechberg, Entomol. Nachr. XIX, 18, 2 1893. »? Pars inferior temporum postice marginata. Clipeus mar- gine anteriore lateribus depressus, margine ipso leviter excisus, frons inermis. Thorax forma consueta, spinis segmenti medialis lateralibus validis. Alarum posticarum area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Pedes inermes. Segmentum secundum ventrale rotundatum. Corpus parce pilosum. Caput mediocriter, thorax valde grosse et profunde punctati. Segmentum mediale supra valde grosse rugosum, postice campis bene determinatis, lateribus infra fere laevibus. Abdomen quam caput subtilius et sparsius punctatum. Niger; ore, clipeo margine inferiore, antennis, articulis quatuor ultimis exceptis, prothorace, callis humeralibus, tegulis, scutello, lateribus segmenti medialis pedibusque rufo-ferrugi- neis. Prothorax luteo-fasciatus. Abdomen rufo-fuscum, superne segmentis 2.—0. medio nigricantibus, 1.—3. fascia tenui api- cali medio late interrupta eburnea instructum. Long. corp. 9:09 MM. Species aethiopica. N. Ruspolii ist ausgezeichnet durch grobe und tiefe Punkti- rung des ganzen Körpers, besonders des Thorax, die scharf ausgeprägte Felderung der Hinterfläche des Mittelsegmentes, die starken Seitendornen desselben und die auffallende Färbung. In Beziehung auf die Sculptur steht er dem N. maculatus Fab. sehr nahe, unterscheidet sich aber von demselben durch geringere Grösse und andere Färbung.« 1 2 von Fürst Ruspoli und Dr. Keller aus Ogadeen (Somaliland) mitgebracht. Ich habe das Exemplar gesehen und mit der ausgezeichneten Beschreibung von Schulthess ganz übereinstimmend gefunden. Grabwespen. 821 Nysson tridens Gerstäcker. Von=dieser Art erhielt ich nachträglich Gerstäcker’s Type und ein von Marquet bei Toulouse gesammeltes Exemplar. Beide stimmen mit meiner Beschreibung überein. Nysson quadriguttatus Gerstäcker. Type gesehen! Ich halte diese Art für verschieden von variabilis und Gerstäckeri. Gerstäcker’s Beschreibung ist höchst exact und bedarf keiner Ergänzung. Nach N. variabilis ist einzufügen: Nysson humilis n. sp. Tab. II, Fig. 21, 24. cd’. Pars inferior temporum postice haud marginata. Frons inermis. Thorax forma normali, spinis lateralibus segmenti medialis brevissimis. Alarum posticarum area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Antennarum articulus ultimus apice vix truncatus, nec curvatus, nec excisus. Tibiae posticae inermes. Segmentum ventrale secundum parum et aequaliter convexum, dorsale septimum dentibus lateralibus valde distantibus et inter dentes arcuato prominens. — Corpus mediocriter punctatum, in segmentis dorsalibus satis sparse et multo subtilius quam in Gerstäckeri, tridente etc., parum tomentosum et pilosum, nigrum, maculis parvis lateralibus segmenti primi pallidis, antennis piceis, pedibus brunneis, basim versus fusecis, tibiis flavolineatis. Long. corp. 4 mm. Species palaearctica. Mit Gerstäckeri und variabilis sehr nahe verwandt, sehr klein und zierlich. Clipeus mit depressem Vorderrande. Flügel fast glashell mit dunklem Geäder. An den ungerandeten Schläfen, der Form der letzten Fühlerglieder, an dem Geäder der Hinterflügel und der feinen zerstreuten Punktirung des Hinterleibes ist die Art leicht von allen ähnlichen zu unter- scheiden. 1 J aus dem Araxes-Thale. Nysson dimidiatus Jurine. Der Synonymenliste ist beizufügen: Nysson dimidiatus, Latreille, Tabl. Enc. et Method., 24. Part., Tab. 380, Fig.1, 9, 1818. 822 ea Erlamtdilesteih® Nysson dimidiatus, Brischke, Schr. Phys. Oecon. Ges. Königsb., II. 101, 1862. ? — trimacnlatus var. Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross., V, 43, 1867. —- dimidiatus, Saunders, Hymen.acul. Brit., 110, 111,t. 15, f. 4, 1893. Ausserdem ist zu dem Citate Nysson dimidiatus Wesmael einBzZuNserzen? Als Fundorte sind zu erwähnen: Armenien und Spanien (Barcelona). Nach N" Friesei ist einzuschalten: Nysson Ibericus n. sp. ? Pars inferior temporum postice haud marginata; margo anterior clipei simplex, nec depressus nec carinatus; frons inermis. Thorax forma communi, spinis lateralibus segmenti medialis tenuibus et satis longis. Tibiae posticae inermes. Alarum posticarum area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Segmentum ventrale secundum rotundatum. Corpus valde et dense punctatum (multo crassius quam in N. Friesei) vix pilosum, nigrum, abdominis basi rufa. Calli humerales, fascia abbreviata non interrupta in medio marginis superioris pronoti, basis scutelli et fasciae tres late interruptae abdominis flava, Pedes cum coxis et trochanteribus rufil. Long. corp. 7'O mm. Species palaearctica. Der Körper ist grösser als bei N. Friesei, dem die Art am nächsten steht, und von gleich gedrungenem Bau wie dieser. Der Kopf mit den Fühlern, der Thorax und die Beine ähnlich wie bei der genannten Art, nur ist der längere Sporn der Hinterschienen kaum länger als die Hälfte des entsprechenden Metatarsus. Flügel mässig getrübt; dritte Cubitalzelle oben nicht so stark verschmälert als bei Friesei. An den Hinterflügeln endet die Analzelle deutlich hinter dem Ursprunge des Cubitus. Die zweite Ventralplatte ist hoch gewölbt. Die Punktirung ist entschieden gröber und dichter als bei Friesei und bei den anderen verwandten Formen. Auf dem Kopfe sind die groben Punkte nicht gut ausgeprägt, auf dem . Dorsulum dagegen sehr deutlich, ebenso an den Mesopleuren, Ki: Grabwespen. 823 die eine deutliche Längskante tragen. Die Metapleuren weisen im oberen Theile einige Querfalten auf und das Mittelsegment zeist ähnliche Sculptur wie bei Friesei. Auf dem Hinterleibe nimmt die Punktirung von vorne nach hinten allmälig an Inten- sität ab, sie ist auf dem zweiten Segmente schwächer, aber nicht viel spärlicher als ‚am ersten. Bei N. Friesei: ist der Kopf gröber punktirt. Behaarung und Toment spärlich, nur ober den Seiten- dornen des Mittelsegmentes dicht und silberglänzend. Die rothe Farbe des Hinterleibes erstreckt sich auf das erste Segment, auf die Bauchplatte des zweiten und auf die Seitenränder der zweiten Dorsalplatte. Fühler schwarz, an der Bmverseiter der ersten vier Glieder” röthlich. ‘Kiefer röthlich, ebenso die Tegulae. Von den gelben Seitenflecken der ersten drei Segmente sind die letzten die kleinsten. N. Ibericus ist von den verwandten Arten leicht zu unter- scheiden: Von militaris und maculatus, die gleichfalls theilweise roth gefärbten Hinterleib haben und in der Grösse ziemlich ähnlich sind, durch die ungerandeten Schläfen; von fridens an denselben Merkmalen und an der Grösse; von guadriguttatus, Gerstäckeri, variabilis, dimidiatus, mit denen die Art in den ungerandeten Schläfen übereinstimmt, durch die Grösse; von quadriguttatus und Gerstäckeri ausserdem an dem Geäder der Hinterflügel; von variabılis, dimidiatus und den anderen ge- nannten Arten, mit Ausnahme des N. militaris, durch die gröbere Sculptur; von allen Arten schliesslich durch die Färbung. Ich erhielt von dieser Art ein in Madrid gesammeltes Exemplar durch die Güte des Herrn Prof. Dr. J. Bolivar vom Madrider Museum zur Untersuchung. Nach Nysson Doriae sind anzuführen: Nysson rugosus Cameron. Nysson rugosus, Cameron, Hymenopt. Orientalis, II, 4, t. IX, f.13, 1890. »Niger, linea pronoti, linea abdominis segmentis 1—2, maculaque scutelli, flavis, abdominis basi femoribusque posticis rufis; alis fuscis. Long. 5—7 mm. 824 A. Handlirsch, Fühler gedrungen, mit mikroskopischer weisser Behaarung; das dritte Glied nicht viel länger als das vierte, das Endglied am Ende kegelförmig, länger als das vorletzte. Kopf stark punktirt, dicht mit silbernem, am Scheitel etwas goldigem Toment bedeckt. Wangen gerandet. Stirne mit verlängertem, kielartigen Vorsprung unmittelbar ober den Fühlern. Augen oben leicht gebuchtet. Ende des Clipeus in der Mitte zwei- zähnig. Mandibeln an der Basis gelb, am Ende roth. Thorax runzelig punktirt und weisslich behaart. Pronotum mitten oben leicht erhaben, im Centrum glänzend, unpunktirt und kahl, seine Seiten (von oben gesehen) gebogen. Scutellum viel mehr runzelig als das Mesonotum, Metanotum nicht sehr gut davon getrennt, hinten abgerundet und verschmälert. Mittelsegment nadelrissig, glänzend, mit vier Kielen versehen; seine Seiten- ecken mit kräftiger Spitze, die länger als breit erscheint. Meso- pleuren convex, dicht behaart, stark punktirt, deutlich über die Metapleuren vortretend. Abdomen spärlich mit seichten gut separirten Punkten besetzt, die zwei Endsegmente stärker als die anderen. Pygidialfeld mit Längsrunzelstreifen. Ventral- platten wie die dorsalen punktirt, die erste seitlich gerandet, in der Mitte stark vortretend und daselbst mit zwei Kielen ver- sehen, seitlich gleichfalls gekielt. Hypopygium nadelrissig an der Basis und im Centrum; sonst punktirt und am Ende mit zwei Zähnchen versehen. Basalsegment ganz roth mit Aus- nahme einer gelben Linie am Ende. Ende des zweiten Seg- mentes gelb; drittes Segment an der Basis mehr oder weniger roth; die zwei ersten Ventralplatten roth. Beine (besonders die Tibien und Tarsen) dicht mit weisslicher Behaarung bedeckt. Seitenenden der Hüften, Kniee und Spitzen der Schienen mehr oder weniger gelblich; Hinterschenkel ganz, die vier vorderen unten mehr oder weniger roth; Hinterschienen unten mehr oder weniger roth. Zweite Cubitalzelle lang gestielt; zweite Dis- coidalquerader fast interstitial. Tegulae roth. Schienen nicht bedornt, Clipeus nicht gekielt. Metanotuns nicht zweilappig. Bei einigen Exemplaren ist an den Seiten des dritten und vierten Segmentes ein kleiner gelber Fleck vor- handen. Hab. Barrackpore (Rothney). Grabwespen. 829 Nach dem Stirnhöcker zu schliessen, gehört die Art in die Nähe von scalaris. Leider sagt Cameron nichts über das Geäder der Hinterflügel und über die zweite Ventralplatte; er hatte nur 2 vor sich. Nysson erythropoda Cameron. Nysson erythropoda, Cameron, Hymenopt. orientalis, II, 5,t. 9, f. 18, 1890. »Niger, argenteo pilosus, capite et thorace rugoso-punctatis; antennis subtus pedibusque rufis, linea pronoti, tegulis, linea sceutelli maculisque abdominis segmentis 1—2 flavis; alis fuscis. Long. 65 mm. Dem rugosus sehr nahe stehend; unterscheidet sich durch die unten rothen Fühler, die mit Ausnahme der Hüftenbasis ganz rothen Beine; Basis des Hinterleibes nicht roth. Binde des Pronotum ununterbrochen; Basalglied der Fühler mehr kugelig, dicker und kürzer, das zweite nicht viel kürzer als das dritte; die Augen sind stärker gebogen, die Ocellen mehr erhaben. Mittelbrust am hinteren Ende mit einem gedrungenen, mitten unterbrochenen Kiel, der sich unten nahe bis zur Sternalgrube fortsetzt. Das Hypopygium ist in der Mitte stärker gewölbt. Die zweite Cubitalzelle ist länger, an der unteren Seite so lang als die dritte, während sie bei rugosus deutlich kürzer ist. Clipeus am Ende zweizähnig, Mandibeln und Palpen dunkelroth. Mittelsesment mit vier Kielen, an den Seiten dicht blass behaart; seine Dornen stumpf. Die weisse Behaarung der Tibien sehr dicht, fast die Farbe verbergend. Hab. Barrackpore.« Auch bei dieser Art macht Cameron weder eine Angabe über das Geschlecht, noch erwähnt er etwas von dem Geäder der Hinterflügel u. s. w. Ich halte es nicht für sicher, dass die zwei Arten so nahe verwandt sind, wie Cameron meint; die Zeichnungen der Köpfe wenigstens sprechen nicht dafür. Nysson lateralis Packard. Der Synonymie ist beizufügen: Nvsson lateralis. Packard, Guide to the Study of insects, 163, 1870. — laterale, Provancher, Additions a la Faune Canad., 268, 1889. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 54 826 A. Handlirsch, Nach N. Jateralis ist einzufügen: Nysson nigripes Provancher. Nysson nigripes, Provancher, Additions a la Faune Canadienne, 269, 1889. »Nysson pieds-noirs. Nysson nigripes n. Sp. d' — Long. 5 mm. Schwarz ohne Flecken, an gewissen Stellen weisslich behaart; Gesicht unter den Fühlern silbern tomentirt. Prothorax nach hinten zu fast viereckig, Mesothorax fein punktirt, Mittelsegment stark runzelig, mit einem Dorn an den Ecken. Flügel fast glashell, Radialzelle ohne Anhang, zweite Cubitalzelle gestielt und die dritte an der Radialader stark verschmälert. Beine ganz schwarz, mit weisslicher Pubescenz auf den Schenkeln und Schienen. Hinterleib ziemlich fein punktirt, vor dem Ende plötzlich verjüngt, die Nähte an der Basis des zweiten und dritten Segmentes röthlich, ebenso ein Fleck an den Seiten des ersten. Endsegment mit zwei Dornen. — - Hull (Guignard). Verwandt mit pumilus Cresson, aber durch das Fehlen der gelben Flecke kenntlich.« Provancher scheint von Gerstäcker’s Monographie nichts profitirt zu haben, denn in seiner Beschreibung fehlen alle wesentlichen Merkmale. Der Name migripes kann der Art bleiben, weil der gleichlautende von Spinola synonym mit trimaculatus ist. Es ist mir absolut unmöglich, dieser Art einen Platz im natürlichen Systeme anzuweisen. Nysson rusticus Cresson. Der Synonymie ist beizufügen‘! ? Nysson rusticus, Provancher, Additions ala Faune Canadienne, 269, 1889. »Nysson rustique. Nysson rusticus, Cresson. 9 Long. 5:5 mm. Mattschwarz, fein punktirt, Kopf und Thorax mit weissen Seidenhaaren. Schildchen punktirt. Mittel- segment mit ungefähr 10 kleinen Kielen am Rücken. Flügel hyalin, gegen die Spitze und besonders in der Radialzelle ange- raucht. Beine schwarz, ungefleckt. Hinterleib oval, gegen das Hinterende verjüngt, dick, fein punktirt, sein erstes und ein Theil Grabwespen. 827 des zweiten Segmentes rostroth, das letztere mit einem gelben Punkt jederseits am Hinterrande. — Ottawa (Guignard).« Es ist keineswegs ganz sicher, dass Provancher wirklich Cresson’s N. rusticus vor sich hatte. Nach Cresson sind beim Weibe die Segmente 2—4 mit lichten Flecken versehen, nach Provancher blos das zweite. Solche Variationen kommen wohl bei manchen Arten vor, aber trotzdem möchte ich nicht ohne Vorbehalt Provancher’s rusticus in die Synonymie der Cresson’schen Art stellen. Dass wirklich verschiedene Arten vorliegen, lässt sich aus der obigen mangelhaften Charak- teristik freilich auch nicht entnehmen. Bothynostethus Kohl. Bothynostethus, Fox, Proc. Ace. N. S. Philad., 305, 1894. Nach Dothynostethus nitens ist einzufügen: Bothynostethus distinctus Fox. Bothynostethus distinctus, Fox, Entomol. News, II, Nr. 2, 31, SQ 1891. »@ Schwarz, glänzend; Clipeus, Seiten des Gesichtes, Raum zwischen den Fühlern, die hinteren Augenränder und die Seiten des Mittelsegmentes mit silberner Behaarung; Schulter- beulen, Metanotum, Linie an den Vorderschienen, ein Fleck an den mittleren und hinteren geblichweiss; Kopf fein punktirt und mit mässig langer blassbrauner Behaarung bedeckt; Gesicht mit gut ausgeprägter Längslinie in derMitte, die von den Fühlern bis nahe zum vorderen Nebenauge reicht; die Stirne zeigt vor dem vorderen und den Seiten der hinteren Nebenaugen tiefe Furchen; die seitlichen Furchen sind schief; Vorderrand des Clipeus in der Mitte mit zwei grossen isolirten Zähnen; zwischen diesen Zähnen und den Seitenwinkeln des Clipeus liegen zwei viel kleinere Zähne; drittes Fühlerglied kürzer als das vierte oder fünfte; das vierte ist etwas länger als das fünfte; die Glie- der 8S—10 sind fast gleich; Augen gegen den Scheitel divergent, ihr Innenrand ober der Mitte des Gesichtes leicht nach innen geneigt; Prothorax oben in der Mitte ausgerandet, mit einer schmalen, an der Ausrandungsstelle unterbrochenen Binde; von der Ausrandungsstelle des Prothorax ziehen zwei parallele, 54* 828 A. Handlirsch, stark markirte Linien, die sich bis zur Mitte des Dorsulum erstrecken; Scutellum spärlich punktirt, mit einem Mittelein- drucke, der hinten deutlicher ist; die Sutur zwischen Dorsulum und Scutellum tief und breit, an denSeiten gezähnelt; Metanotum durch eine eingedrückte Mittellinie getheilt; Mittelsegment mit breitem und tiefem Längseindruck, der sich an der Basis der hinteren Fläche herzförmig verbreitert; Basis des Mittelseg- mentes glatt; eine tiefgrubige, gebogene Furche zieht von dem Mitteleindrucke zu den vorderen seitlichen Ecken; zwischen diesen Furchen und den runzeligen Seiten ist ein fein punktirter Raum, die hintere Fläche ist vor dem Ende narbig. Flügel an der Basis hyalin, an der Endhälfte russig; Geäder und Stigma schwarz; Costal- und ‚Subcostalader zusammenfliessend; Tegulae röthlichpechbraun, Tibien und Tarsen mit weisslicher Behaarung bedeckt. Hinterleib fein punktirt, mit blassbrauner Behaarung bedeckt, die seitlich, oben am fünften und sechsten Segmente und unten an den Hinterrändern der Segmente, dichter ist; Hinterränder der Segmente oben glatt, röthlich- pechbraun; Pygidium gross, am Ende abgerundet und anliegend blass behaart, Bauch unten röthlich. Länge 9 mm. S — Schlanker als das 9, der Vorderrand des Clipeus fast abgestutzt oder leicht buchtig; die Vordertibien vorne und die Tarsen roth; Pygidium kurz, an der Spitze abgestutzt, mit an- gedrückter Behaarung; sonst wie das 9. Länge 8 mm. Drei Exemplare, Camden County N. J. 22. Juli und 10. August 1890«. Durch die Publication dieser Art ist das Vorkommen der Gattung Bothynostethus in der Nearctischen Region fest- gestellt. Es ist nur zu bedauern, dass Herr Fox in seiner Be- schreibung keine Vergleiche mit den beiden bisher bekannten Arten anstellt, und dass die sexuellen Differenzen von ihm so wenig berücksichtigt werden. Scapheutes Handl. In der Beschreibung dieser Gattung ist zu ergänzen: Fühler im weiblichen Geschlechte klein und dünn, fast cylindrisch. Vordertarsen mit kurzen Wimpern. Sechste Dorsal- platte mit gut begrenztem Mittelfelde. Grabwespen. 829 Scapheutes Mocsaryi Handl. In der Beschreibung ist zu ergänzen: Rand des Pronotum, Schulterbeulen und zwei grosse Flecken auf dem Schildchen gelb. Scapheutes Brasilianus n. sp. 2 Corpus robustum. Oculi versus clipeum multo magis convergentes quam in S. Mocsaryi. Clipeus satis latus, margine antico irregulariter denticulato. Mandibulae in margine externo profunde excisae. Segmentum mediale rotundatum, area mediana nec limitata nec sculptura a reliqua parte differente, solum striga longitudinali divisa. Alae aequaliter sed minus obscure tinctae quam in S. Mocsaryi nervatura similiter constructa. Tarsi antici breviter ciliati. Antennae graciles, vix clavatae. Segmentum dorsale sextum area mediana bene limitata et rugoso-punctata instructum. Corpus multo minus grosse punctatum, distincte pubescens, nigrum, clipeo, margine pronoti, callis humeralibus, scutello maculisque lateralibus segmentorum dorsalium 1—D flavis. Antennae nigrae scapo infra flavo; pedes nigri flavo-variegatı. Long. corp. 10 mm. Species neotropica: Diese Art ist dem S. Mocsaryi im Allgemeinen ähnlich, unterscheidet sich aber von demselben durch eine Reihe wesentlicher Merkmale. Die Augen convergiren gegen den Clipeus viel stärker; dieser ist am Vorderrande in der Mitte mit einem kleinen Ausschnitte und ausserdem an jeder Seite mit drei undeutlichen Zähnchen versehen. Das Mittelfeld des Medialsegmentes ist nicht begrenzt, aber durch eine deutliche Längsfurche getheilt, es ist voll- kommen glatt und etwas stärker glänzend als die Umgebung. Die Grenze zwischen Metanotum und Mittelsegment wird durch eine grubige Naht gebildet. Die Flügel sind gleichmässig, aber schwächer tingirt als bei der anderen Art. Die Cilien an den Vordertarsen sind kaum länger als der Metatarsus breit, Fühler kurz und dünn mit fast cylindrischen Gliedern. 830 - A. Handlirsch, Hinterleib ganz ähnlich gebaut wie bei Mocsaryi; die sechste Rückenplatte trägt ein deutlich begrenztes, flaches, halbelliptisches Mittelfeld mit grober runzeligpunktirter Sculptur und ist dicht mit groben kurzen Börstchen besetzt. Gesicht und Schläfen tragen dichtes goldiges Toment, der Körper ähnliche Behaarung wie bei Mocsaryi. Punktirung in ihrer Vertheilung auf die einzelnen Körpertheile ähnlich wie bei der genannten Art, im Ganzen aber bedeutend feiner, Die gelben Zeichnungen sind ähnlich wie bei Sc. Mocsaryi. Ich untersuchte ein weibliches Exemplar aus Coary in Brasilien (Amazonas), Eigenthum des Herrn W. Wüstnei. Alyson Jur. Der Synonymie ist beizufügen; Alysson, Klug, Magaz. Naturf. Fr. Berlin, II, 53, 1808. Alyson, Westwood, Introd. II. Synops., p. 80, 1840. -— Girard, Traite element. d’Entomol., II, 925, 1879. Alysson, Radoszkowsky, Bull. Mose., 19, 1891. Alyson, Fox, Proc. Ac.N.S. Philad., 303, 1894. Alyson Ratzeburgii Dahlbom. Ich hatte Gelegenheit, eine Type von Dahlbom aus der Sammlung Wesmael’s zu vergleichen; es ist daher das betreffende Citat mit ! zu versehen. Nach A. Ratzeburgii ist einzufügen: Alyson Picteti n. sp. cd Area mediana segmenti medialis fere triangularis, distinctissime longitudinaliter rugosa. Segmenta dorsalia satis dense et aequaliter punctata. Alae anticae indistincte bifasciatae. Corpus nigrum, clipeo, macula mediana excepta, orbitis anticis maculisque lateralibus segmenti secundi flavis. Antennae infra flavae et testaceae, supra fuscae. Pedes laete ferruginei, coxis trochanteribusque nigris. Long. corp. 6—8 mm. Species Alge- MIENSIS, Mit Ratzeburgii und tricolor sehr nahe verwandt und in der Gestalt des Mittelfeldes mit ihnen übereinstimmend. Die Punktirung der zwei ersten Dorsalplatten ist wesentlich dichter Grabwespen, 831 und ziemlich gleichmässig vertheilt. Die Seiten des Mittel- segmentes sind deutlich punktirt und unterscheiden sich dadurch von denen des Ratzeburgii, wo sie vorne glatt und nach hinten zu mehr gerunzelt sind. Auch durch die Beinfarbe dürfte Picteti leicht von Ratzeburgii zu trennen sein. Tricolor ist am Thorax reichlich licht gezeichnet, Perthesii und fuscatus haben ein anders geformtes Mittelfeld des Medialsegmentes und sind, ausser durch geringe Grösse, auch noch anderweitig verschieden. Ich sammelte von dieser Art 11 Exemplare (leider durch- wegs d') bei der Station Col des Oliviers in den Montagnes el Kantour (Provinz Constantine). Meinem liebenswürdigen Reisegefährten, Herrn Alph. Pictet (Genf) gewidmet. Alyson tricolor Lep. Zu dem Citate Wesmael’s ist ! zu setzen. Die Art wurde von Steck bei Grono (Mesoccotha]) in der Schweiz gefunden. Alyson fuscatus Panzer. Zu dem Citate A. bimaculatus Wesmael ist ! zu setzen und der Synonymie beizufügen: Alysson bimaculatus, Klug, Magaz. naturf. Fr. Berlin, Il, 53, 1808. Alyson bimaculatus, Brischke, Schr. Phys. Oek. Ges. Königsberg, 1. 100, 1862. Alysson bimaculatus, Radoszkowsky, Bull. Mosc, 20, f. 63, 1891. Alyson oppositus Say. ‘Der Synonymie ist beizufügen: Alyson oppositus, Provancher, Additions a la Faune Canad. 269, 270, & 271839. — -- . Fox, Entomol. News, V, Nr. 3, 77—78, 1894. Alyson melleus Say. Der Synonymie ist beizufügen: Alyson melleus, Provancher, Additions ä la Faune Canad. 270, J'Q 1887. — — Fox, Entomol. News, V, Nr. 3, 77—78, 1894. Seit dem Erscheinen meiner Monographie wurden noch folgende Arten der nearctischen Region beschrieben: 832 A.Handlirsch, Alyson radiatus Fox. Alyson radiatus, Fox, Entomol. News, V, Nr. 3, p. 87, 1894. Q Schwarz; Unterseite des Schaftes, Clipeus, Fleck zwi- schen den Fühlern, innere Augenränder, Mandibeln, mit Aus- nahme von Spitze und Basis, und die Vorderseite des ersten Beinpaares gelb; Vorderhüften und Trochanteren an der Basis schwarz; die vier hinteren Schienen, Tarsen und Spitzen der Schenkel rothgelb; Flecken am zweiten Segment weiss; Flügel gebräunt, mit schwach angedeuteter dunklerer Binde in der Radial- und Cubitalzelle; Stigma blassrothgelb, die Adern viel dunkler. Stirne dicht und fein, aber deutlich punktirt, der Scheitel noch deutlicher; Vorderrand des Clipeus in der Mitte undeutlich zweizähnig; erstes Geisselglied nicht mehr als um 1/. länger als das zweite; Dorsulum und Scutellum fein und ziemlich dicht punktirt, das letztere deutlich eingedrückt; Mittel- feld des Medialsegmentes an der Basis fast so breit als lang, mit zahlreichen, starken, radialförmig verlaufenden Runzeln; ausserhalb des Mittelfeldes ist das Mittelsegment grob gerunzelt; Metapleuren glatt. Hinterleib glänzend, die zwei ersten Ringe spärlich punktirt. 7 mm. JS Unterseite der Fühler, die vier hinteren Tibien und Tarsen vorne und die beim Q erwähnten Theile gelb. Flügel subhyalin; erstes Glied der Geissel entschieden kürzer als das zweite, dieses wieder kürzer als das dritte, Endglied gebogen. 7 mm. Nevada, Colorado. Durch die Form und Sculptur des Mittelfeldes des Mittelsegmentes kenntlich. Alyson conicus Provancher. Alyson conicus, Provancher, Additions ala Faune Canad. 9 271. 1887. — -—. Fox, Entom. News, V, Nr. 3, p. 86—88, 1894. Provancher sagt: »0 Long. 6 mm. Schwarz; Clipeus, Mandibeln mit Aus- nahme der Spitze, die vorderen Augenränder mit der Unter- seite des Fühlerschaftes blassgelb. Scheitel glatt, glänzend, ohne deutliche Punktirung. Mittelsegment verlängert, glänzend, Grabwespen. 839 sowohl in dem Mittelfelde, als an den Seiten mit feinen und weit- läufigen Streifen versehen. Flügel hyalin, mit schwach ver- dunkeltem Bande in der Radialgegend. Beine röthlichbraun, die vorderen mit den Schienen und Tarsen gelb. Hinterleib polirt, glänzend, schwarz, mit runden weissen Flecken am zweiten Segmente, an dessen Ende er am breitesten ist, und von wo er sich nach der Basis und nach dem Ende zu in Form zweier entgegengesetzter Kegel verschmälert; Mittelfeld der letzten Dorsalplatte flach, ziemlich klein und röthlich behaart. Ottawa (Guignard)«. Bei dieser Art erwähnt der Autor nichts von der Form des Mittelfeldes des Medialsegmentes, während er bei den zwei anderen zugleich beschriebenen Arten dieses Merkmal be- achtet. Fox ergänzt diese Beschreibung wesentlich durch folgende Angaben: Q Mittelfeld des Medialsegmentes U-förmig, entschieden länger als an der Basis breit, unregelmässig und ziemlich fein gerunzelt. Thorax schwarz. Clipeus mit dunklem Fleck in der Mitte; Flügel mit Ausnahme der gewöhnlichen Wolke fast hyalin. d' Schwarz. Innere Orbita bis zur Mitte der Stirn, Fühler- schaft und zweites Glied unten, Mandibeln, mit Ausnahme der Spitze, Clipeus, mit Ausnahme eines dunklen Mittelfleckes (manchmal ist der ganze Clipeus dunkel), Ende der Vorder- hüften, Vorderschenkel und Schienen vorne gelb. Vier Hinter- Schienen Narsen und Ende deu Schenkel rorhgelb. Geissel unten dunkelrothgelb. Flügel subhyalin, irisirend, Geäder und Stisma rothgelb. Erstes Glied der Geissel nur wenig mehr als halb so lang als das zweite, dieses etwas kürzer als das dritte. Stirne fein und dicht punktirt, in der Mitte stark eingedrückt. Scutellum eingedrückt. Mittelfeld des Medialsegmentes kürzer als beim 9. Hinterleib glänzend, die ersten zwei Ringe nicht punktirt. 9°5 mm. Canada. Alyson Guignardi Provancher. Alyson Guignardi, Provancher, Additions a la Faune Canad. J'?P 271, 1887. — — Fox, Entomol. News, V, Nr. 3, 86—87, 1894. 834 A. Handlirsch, Provancher’s Beschreibung lautet: »@ Long. 8mm. Schwarz; Mandibeln mit Ausnahme der Spitze honiggelb, Clipeus schwarz, punktirt und weiss behaart, Schaft der Fühler oben mit einer schwarzen Linie, manchmal tritt an der unteren Partie der Augenränder eine kleine gelbe Linie auf. Thorax fein punktirt, ungefleckt, die Hinterecken des Prothorax und die Seiten des Mesothorax mit silberglänzender Behaarung. Mittelfeld des Medialsegmentes U-förmig und mit groben, deutlichen Längsstriemen versehen. Flügel hyalin mit braunem Querbande hinter dem Stigma. Beine schwarz, die zwei Endglieder der Tarsen honiggelb. Hinterleib robust, ge- wölbt, polirt, glänzend, die weissen Flecken des zweiten Seg- mentes gross, Hinterende behaart, Endsegment bräunlich. cd’ Clipeus, Oberlippe, Mandibeln mit Ausnahme der Spitze, Unterseite des Fühlerschaftes, die vorderen Augenränder, vier Punkte am Rande des Pronotum und das Ende der Vorder- hüften weiss oder lichtgelb. Mittelsegment stark gerunzelt. Beine rothbräunlich, die hinteren dunkler. — Be&cancour, Ottawa (Guignard)«. Diese Art scheint mit fuscatus und oppositus nahe ver- wandt zu sein. Fox nennt das Mittelfeld im Gegensatze zu Provancher dreieckig, gibt aber keine weitere Ergänzung der Beschreibung. Als Fundort führt er Illinois an. Alyson striatus Fox. Alyson striatus, Fox, Entomol. News, V, Nr. 3, p. 87—88. 5 1894. d Schwarz; Unterseite des Schaftes, Clipeus, Seiten des Gesichtes, innere Augenränder bis zur Mitte der Stirn, Mandibeln, mit Ausnahme der Spitzen, zwei Flecken am Pronotum und das Ende der Vorderhüften gelb; Beine rothgelb oder blassgelb, Fühlergeissel unten bräunlich; Flecken des zweiten Segmentes weiss, quer-oblong; Flügel subhyalin, irisirend, Geäder roth- gelb. Kopf, Thorax und Abdomen mit deutlicher anliegender Behaarung. Vorderrand des Clipeus leicht eingebogen. Stirne fein und dicht punktirt, in der Mitte stark der Länge nach ein- gedrückt; erstes Glied der Geissel nur wenig mehr als halb so lang als das zweite, dieses so lang oder etwas länger als das Grabwespen. 839 dritte, Endglied wie gewöhnlich gebogen. Dorsulum und Seutellum mit ziemlich feinen, dicht gestellten Punkten, das Schildchen nicht eingedrückt; Mittelfeld des Mittelsegmentes dreieckig, mit einer starken Querrunzel vor dem Ende, wodurch es halbelliptisch aussieht; in Jem Mittelfelde verlaufen zwei starke, divergente Kiele. Mit Ausnahme des Raumes zwischen diesen Kielen ist das Mittelsegment grob gerunzelt. Metapleuren glatt. Mesopleuren im unteren Theile grob längsstreifig. End- segment des Hinterleibes röthlich. 7 mm. District Columbia. An den gestreiften Mesopleuren leicht zu erkennen. Alyson triangulifer Provancher. Alyson triangulifer, Provancher, Additions a la Faune Canad. %' 272, 1889. — trianguliferus, Fox, Entomol. News, V, Nr. 3, 86—89. J'? 1894. Provancher’s Beschreibung lautet: »d' Long. 7mm. Schwarz, sehr fein punktirt. Kopf kurz und quer. Clipeus, Mandibeln, Augenränder und Fühlerschaft weiss oder blassgelb. Fühler kurz, unten röthlich, oben bräunlich, das letzte Glied sichelförmig (en croissent). Schulterbeulen mit einem kleinen, weissen Fleck. Mesothorax dicht punktirt; Mittel- segment wenig verlängert, mit einem durch deutliche Kiele begrenzten dreieckigem Mittelfelde; dasselbe ist glänzend, mit zwei kleinen, divergenten Kielen und anderen minder deutlichen Streifen. Seiten des Mittelsegmentes regelmässig gestreift, die hintere Fläche runzelig. Flügel hyalin, mitschwach verdunkeltem Bande in der Gegend des Stigma; die erste Discoidalquerader mündet sehr nahe der Basis der zweiten Cubitalzelle, zweite Discoidalquerader interstitial. Beine roth, die vier Vorderhüften unten weiss, die hinteren, so wie die Basis und die äusserste Spitze der Hinterschenkel schwarz. Hinterleib schlank, polirt, glänzend, schwarz mit weissen, runden Flecken am zweiten Segmente; Endsegment roth, mit langem Dorn an jeder Seite. — Becancour«. Provancher meint, dass diese durch die Form und das Mittelfeld des Medialsegmentes ausgezeichnet Art vielleicht eine eigene Gattung bilden könnte. Ich glaube nicht. 836 A. Handlirsch, Fox beschreibt das 9 wie folgt: »Q Schwarz; erster und zweiter Hinterleibsring roth. Mandibeln, mit Ausnahme der Spitze, Clipeus, Orbita bis zur Mitte der Stirn, Schaft, die zwei bis drei ersten Geisselglieder unten und die Schulterbeulen gelb. Beine ganz rostroth, die vorderen zum Gelben hinneigend. Stirne und Scheitel fein und gleichmässig punktirt. Erstes Geisselglied kaum etwas länger als das zweite. Prothorax und Dorsulum fein und dicht, aber deutlich punktirt; der erstere seitlich deutlich gestreift. Schild- chen nicht eingedrückt, seine vordere Nath grob grubig. Mittel- feld des Medialsegmentes fast genau dreieckig, etwas unregel- mässig gerunzelt. Hintere Fläche des Mittelsegmentes runzelig. Flügel subhyalin, irisirend, mit dunkler Wolke in der Nähe der Radial- und Cubitalzellen. Hinterleib, besonders unten, mit langen, dunklen Haaren schütter besetzt. 7—&8 mm. — Massa- chusetts, Virginia, Illinois. Ähnlich dem 2 des oppositus, aber durch die Form des Mittelfeldes und die Beinfärbung ver- schieden«. Bestimmungstabelle der nearctischen Alyson-Arten.! Feminae. 1. Area mediana segmenti medialis triangularis........ B) Ne ZEHN semielliptiea m 2. 2 2 22 lRorasomiger. ra RR IT NETTE De B) — ferrugineus, pedes, exceptis tibiis posticis, fer- FUOIDEI. MER As an REN ASIAN ER 2 Maine melleus a NbdomenesinexeoloreiterrleINeOrEr Fr En B — segmentis duobus basalibus ferrugineis; area mediana segmenti medialis crasse reticulata; parte postica segmenti medialis in lateribus bi- dentata. we 1 Me, DER NE REN oppositus 4. Area mediana segmenti medialis fere aeque longa ac lata, 'rugis radialibus 7—8 distinctis; clipeus omnino flavusstalae’subiuseae ram radiatus 7 2laumıdmerdisineiesonsToremTe gulariter et satis subtiliter rugosa; clipeus macula INach Fox. O1 ID Grabwespen. 887 mediana obscura; alae, fascia radiali obscuriore SRerplansubhyalmaehber een wann. conicus Abdomen nigrum; clipeus et pedes maxima pro parte INS INNE. a NIE EL Guignardi — segmentis duobus basalibus ferrugineis; clipeus DAS DEE SERVER N nn. triangnlifer. Mares. Area mediana segmenti medialis triangularis........ 6) u a ssemielipliea... . 2. e.n ns... 2 erasscehneneulatau u man 3 u , hHaud.reticulatauı.. innen, . 4 Bade szeBelipeushntenie. ee ee an oppositus — exceptis tibiis posticis, fulvi; clipeus flavus... melleus Area mediana segmenti medialis rugis numerosis ra- dialibus distinctis; clipeus et flagellum infra IIEINGET 0 On RN EI NR RE SER E radiatıs — — — -— subtiliter rugosa, rugis duabus cen- tralibus postice divergentibus; clipeus flavus, macula mediana obscura; flagellum infra testa- CSU N Et EN ER LS Rn an cONIcuS Area mediana segmenti medialis distincte triangularis, sine ruga transversa ante apicem sita; pedes kulvarecoxis’ quawiorantieistlavis... „2.2. triangulifer — 0 — — -— ante apicem ruga transversa di- stincta, ergo formam semiellipticam simulans ... 6 Nesopleurae ubiquespunetatae, . . .......2.0..... Guignardi pen mienlone strlataem.n. 2.0002 u striatus. Didineis Wesmael. Der Synonymie ist beizufügen: Didineis, Saunders, Hymen. acul. Brit. 112, 1893. — Fox, Entom. News, V, Nr. 4, 126, 1894. — Proc. Akad. N. S. Philad. 303, 1894. Didineis lunicornis Fabr. Der Synonymie ist beizufügen: 7 Sphex (Alvson) lunicornis, Blanchard, Cuvier’s R. an. Ed. 3, II, t. 123. f. 4, 1849. 838 A. Handlirsch, Alyson luinicorne, Brischke, Schriften Phys. Öcon. Ges. Königsb., II, 100, 1862. Didineis lunicornis Saunders, Hymen. acul. Brit. 112, t. 15, £.5, 6. 1893. Nachträglich habe ich Wesmael’s Typen gesehen! Als Fundorte sind noch zu nennen: Fiume, Triest und Pola. Didineis texana Cresson. Didineis texana, Fox, Entomol. News, V, Nr. 4, 127, 1894. Als Fundorte führt Fox an: Virginia, District of Co- lumbia, Texas und Ottawa. Hier sind noch zwei von Fox beschriebene nearctische Arten einzufügen: Didineis nodosa Fox. Tab. II, Fig. 20. Didineis nodosa, Fox, Entom. News, V, No. 4. 127, Fig, 2, 5, 1894. cd Vorderrand des Clipeus etwas abgestutzt. Stirne und Scheitel sehr fein und dicht punktirt. Fühler dick, das erste Geisselglied länger als das zweite und unten am Ende stark verdickt, die vier folgenden in ähnlicher Weise verdickt, das vorletzte Glied unten am Ende in eine Spitze ausgezogen, das Endglied sehr gross und gekrümmt. Mittelsegment grob gestreift; im halbelliptischen Mittelfelde verlaufen zu beiden Seiten eines Mittelkieles schiefe Streifen. Vorderbeine stark verdickt und erweitert, der untere Rand der Vorderschenkel in der Mitte fast eckig. Hinterleib fein und dicht punktirt. Die ersten zwei Segmente roth. Tibien und Tarsen rothgelb. Unterseite des Schaftes, Clipeus mit Ausnahme der Mitte und die inneren Augenränder gelb. Endglied der Geissel rothgelb. Flügel sub- hyalin, irisirend, ohne dunkle Flecken. 6 mm. State of Washinston. Didineis peculiaris Fox. Tab. II, Fig. 19. Didineis pecnliaris, Fox, Entomol. News, V, No. 4, 127—128, Fe. 3, 1894. 0 Hinterhaupt ziemlich stark entwickelt. Stirne und Scheitel ziemlich dicht und fein punktirt. Clipeus dreizähnig. Erstes Grabwespen. 839 Geisselglied etwas kürzer als die zwei folgenden zusammen. Dorsulum fein und dicht punktirt. .Mittelsegment ziemlich fein gerunzelt. Hinterleib fein und dicht punktirt. Durchaus roth- braun, die Unterseite des Thorax und das Endglied der Fühler schwärzlich. Clipeus und Ende des Hinterleibes spärlich weiss behaart. Flügel subhyalin mit dunkler Wolke in der Gegend der Radial-, zweiten Cubital- und zweiten Discoidalzelle. 8 mm. cd Fühler dick. Geisselglied 1—5 unten am Ende verdickt oder knopfartig, aber nicht so auffallend wie bei nodosa; das Endglied sehr gross, gekrümmt und am Ende etwas abgestutzt, das vorhergehende Glied unten am Ende in eine Spitze aus- gezogen. Vorderschenkel am unteren Rande unten abgerundet, wie beim ® gefärbt, mit Ausnahme, dass die Endsegmente schwärzlich sind und die inneren Augenränder, die Unterseite des Schaftes und der Vorderrand des Clipeus gelb. Flügel mit dunkler Wolke. 6—7 mm. Montana. ? Didineis solidescens Scudder. Didineis solidescens, Scudder, The tertiary Ins. of N. Am., p. 620, t. 10, f. 30, 1890. Es scheint mir äusserst gewagt, in diesem von Scudder abgebildeten Hymenopteron gerade eine Didineis erkennen zu wollen. Das Thier kann ebenso gut einer ganz anderen Familie angehören und unterscheidet sich von Didineis wesentlich durch die viel grössere Radialzelle und den gedrungenen Bau. Bestimmungstabelle der nearctischen Arten.! Feminae. I Caput et thorax niera, abdomen rufum ....... texana. Caput, thorax et abdomen ferrugineo-brunnea. .pecnliaris. Mares. l. Antennae graciles, articulis infra haud nodosis. ./erana. Antennae robustae, articulis ınfra plus minusve BOOSTER ar sth. Alm 2: PaNieta, sesments duobus primis rußs ...... .... nodosa. Omnino brunneo-ferruginea, segmentis apicali- BUS SOUM IIMUSCAlis. ca. 3. ee en pecnliaris. 1 Nach Fox. 840 A. Handlirsch, Mellinus Fabric. < Mellinus, Fabricius, Skrift naturh. Selsk. Kjöbenhavn, I (1), 227, 1790. < — —- Schneider's neuestes Magaz., I, 28, 1791. — Klug, Magaz. Ges. naturf. Fr. Berlin, II; 53, 1808. -- Fallen, Specim. nov. Hymen. disp. Meth., 28, 1813. — Westwood, Introd. Synops., 81, 1840. — Schilling, Übers. Arb. schles. Ges. vaterl. Cult., 112, 1842. Dumeril, Mem. Acad. sc. Paris, XXXI (2), 876, 1860. — Steinvorth, Jahresh. nat. Ver. Lüneburg, III, 143, 1867. — Girard, Traite element. d’Ent., II, 944, 1879. — Karsch, Insectenwelt, 2. Ed., 258, 1882. — Andre, Species des Hymenopt., III, 168, 1888. — Saunders, Hymen. acul. Brit., 113, 1893. — Fox, Entomol. News, V, No. 6, 201, 1894. — — Proe. Ac.N.S. Philad. 303, 1894. N | Über die Anatomie und speciell über die Drüsen von Mellinus hat in jüngster Zeit Bordas interessante Unter- suchungen veröffentlicht, denen ich hier nur die wesentlichsten Punkte entnehme. Bordas unterscheidet bei M. arvensis: 1. Glandes salivaires thoraciques, 2. glandes supracerebrales. 3. glandes mandibulaires, 4. glandes sublinguales, 5. glandes linguales, 6. glandes maxillaires sup£rieures. Über die Biologie von Mellinus liegen einige neuere Beobachtungen vor. Verhoeff beobachtete Mellinus arvensis und schreibt darüber in den Zool. Jahrb. (VI, 1892): »Die Höhlen der einzelnen Grabwespen lagen an einer Stelle beisammen, aber stets einige Centimeter von einander entfernt. Auch ich sah sie stets die Pollenia rudis eintragen, welche sie am Rüssel festnehmen und auf ihr reitend den Körper halten. Vor dem Höhleneingang dreht das Mellinus-2 sich schnell um, die Fliege immer am Rüssel festhaltend, und am Rüssel zieht sie, rückwärtslaufend, ihre Beute in die Tiefe hinab. Die Gänge ziehen sich fast senkrecht hinunter und werden hie und da in Folge hindernder Steine oder Würzelchen etwas geschlängelt. Die Tiefe der Schächte mass 30—40 cm vom Eingang bis zur Endzelle.....Ich fand aber nie eine Spur von Zweigbau, vielmehr ist der Stollen von Mellinus ein Einzell- bau mit enorm tiefem Schachte..... Einen Gang von mehr als 30 cm Tiefe verfolgte ich bis ans Ende, traf darin das zornig Fr Au ee RZ Grabwespen. 841 summende Mellinus-Q und am Ende eine Pollenia, aber kein Ei. In einem anderen fand ich die Endzelle schon durch eine Schichte losgeschabten Lehms verschlossen mit vier Pollenien, welche kein Lebenszeichen mehr von sich gaben. Zwischen den Pollenien lag, ohne Befestigung — ein Ei. Mehrere andere Schächte enthielten 9—6 Fliegen, geschlossene Endzellen und ebenfalls je ein Ei. Am folgenden Tage grub ich abermals einige Schächte auf, mehrere enthielten Larven, welche halb erwachsen waren, die Zellen waren jedoch stets geschlossen. Die meisten Zellen enthielten ein Ei, daneben 3—6 Pollenien, aber nie waren sie offen gelassen. War eine Zelle noch offen, so enthielt sie entweder gar nichts oder nur 1—2 Pollenien, nie ein Ei. In einer Zelle fand ich fünf Pollenia rudis und eine Tephritis-Art. Mellinus arvensis trägt also — wie auch Philanthus — zunächst den für die Larve nothwendigen Vorrath an Fliegen ein, darauf legt sie ein Ei, ohne Befestigung, zwischen die vollkommen bewusstlosen Opfer und schliesst die Zelle sofort in kunstloser Weise durch losgeschabten Lehm. Mellinus steht somit auf derselben relativ niedrigen Culturstufe wie Philanthus, nur insofern noch niedriger, als er keinen Zweigbau verfertigt und dadurch viel Kraft unnütz verschwendet. Die Larve spinnt einen gelbbraunen, länglich-ovalen und undurchsichtigen Frei- cOocon.« Verhoeff erklärt sowohl dasVorkommen vonZweigbauten, als das Füttern der bereits entwickelten Larve seitens der Mutter, wie es Schenk angibt, für irrthümlich. Freund Kohl hat in Südtirol (Ratzes) Gelegenheit gehabt, den Mellinus alpinus m. in grosser Zahl beim Brutgeschäfte zu beobachten und theilt mir hierüber mit: Die Wespen nisten in grasigem Boden und graben circa 40 cm tiefe Gänge in einer Richtung von ungefähr 45°. Der Eingang ist fast ?/, cm weit und von einem kleinen Wall umgeben; er wird nicht wie bei Bembex bei jedesmaligem Verlassen des Nestes geschlossen, sondern bleibt immer offen. Wenn die mit Beute beladene Wespe ankommt, dringt sie sofort rücklings in den Bau ein, ohne denselben zuerst zu visitiren. Der Gang ist am Ende zu einer Zelle erweitert, und Kohl spricht die Vermuthung aus, . Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 55 842 A. Handlirsch, dass auch Seitenzweige angelegt werden, weil er oft in der Nähe des Hauptganges ober der Endzelle einzelne Fliegen deponirt fand. In den Zellen fand Kohl bis zu sieben Fliegen und in jenen, wo noch wenige Fliegen waren, weder ein Ei, noch eine Larve von Mellinus. Das Ei wird seitlich an einer Fliege zwischen dem ersten und zweiten Beinpaare befestigt, so dass das eine Ende bis zur Flügelinsertion reicht. Die mit- “ gebrachten Cocons sind einfach gebaut, nicht sehr dicht aus gelbbrauner Seide gesponnen und aussen mit Resten der ver- zehrten Fliegen bedeckt; sie sind dünnwandig, weich und lassen sich leicht eindrücken. Von den bei Bembex und Sphecins vorkommenden eigenthümlichen Lüftungsvorrichtungen ist keine Spur zu sehen. Kohl hat den Mellinus-Weibchen eine grosse Zahl Fliegen (80) abgenommen, die nach einer gütigen Bestimmung durch Herrn Prof. Dr. F. Brauer folgenden Gattungen und Arten angehören: Sarcophaga, ÖOnesia, Calli- phora, Pollenia, (vespillo, atramentaria, rudis), Cyrtoneura, Homalomyia, Aricia, Spilogaster, Anthomyia, Myospila (medi- tabuda), Phorocera (polleniella), Paramacronychia, Gymnodexia (triangulifera), Somoleia (rebaptizata), Blepharidea, Parexorista (antennata), Dasyphora (pratorum), durchwegs Muscarien- und nur zwei Acalyteren und eine Leptis. Der Zahl nach überwiegen die Anthomyinen und in zweiter Linie stehen erst die Pollenien. Ich möchte mich nicht Verhoeff’s Ansicht anschliessen und jede Angabe über einen verzweigten Bau bei Mellinns bezweifeln. Es ist doch ganz gut möglich, dass das Verhalten der Wespe bei der Anlage des Nestes nicht immer ganz gleich ist, und dass es sich in gewissem Grade nach der Boden- beschaffenheit oder dem Klima richtet. Übrigens muss ja irgendwo der Anfang zu den complieirteren Zweigbauten zu finden sein; warum nicht gerade bei Mellinns? Auch das nach- trägliche Füttern der schon dem Ei entschlüpften Larve möchte ich trotz der gegentheiligen Beobachtungen von Kohl und Verhoeff nicht a priori wegleugnen. Nach meiner Auffassung ist die Lebensweise vor Schwankungen innerhalb gewisser Grenzen und vor Ausnahmen nicht mehr geschützt als die morphologischen Charaktere. A" Grabwespen. 843 Von anderen Arbeiten, in denen über Mellinus- Biologie die Rede ist, möchte ich hier noch erwähnen: Smith, Trans. Ent. Soc. Lond., V, 1848, p. 58 (nichts Bemerkenswerthes), Girard, Les insectes, II, 1879, p. 944 (nichts Neues), Sick- mann, Jahresb., Osnabrück, 1893 (M. arvensis trägt Hylemyia strigosa, Pollenia rudis und Onesia sepulcralis ein) und endlich die Arbeit Steinvorth’s (Jahresb., Lüneburg 1867, p. 142), in welcher von einem Mellinus berichtet wird, der oft Massen von Fliegen tödte, ohne sie fortzutragen, und der den Bauern als Fliegenfresser bekannt sei Diese Angabe dürfte nun freilich auf einem Irrthume beruhen, oder auf einer Verwechslung mit einer anderen Wespe. Steinvorth hat übrigens das Benehmen des echten Mellinus beim Fliegenfang gut beobachtet und schildert das bekannte Anschleichen und Losstürzen auf das Opfer. Einer Mittheilung Wissmann’s gemäss sollen die Röhren von Mellinus verzweigt sein. Mellinus arvensis Linne. Zur Synonymie gehört noch: Apis atra ete., Linne, Fauna Suecica, 299 und 992, 1746. i Vespa arvensis, Brünnich, Prodr. Insect. Siaelland., 18, 1761 (sec. Dalla Torre). Vespa Nr. 3. Geoffroy, Hist. abr. des Ins., Il, 371, 1762. Vespa arvensis, Schrank, Fuessly’s neues Magaz., I, 297, 1782. — — Ström,Danske Vidensk. Selsk. Skrift. Nya Saml., Ill, 281,1788. >? Sphex bipunctata, Villers, C. Linnaei Entomol., III, 245, 69, 1789. 7> Mellinus arvensis, Fabricius, Skrift. naturh. Selsk., Kjöbenhavn, I, p. 227, 1790. T> — bipunctatus, Fabricius, ibid. 217, 1790. > — arvensis, Fabricius, Schneider’s neuestes Magaz., I, 29, 1791. > — bipunclatus, Fabricius, ibid. 30, 1891. > Vespa diversa, Olivier, Encycl. method., VI, 692, 1791. > — succincta, Olivier, ibid. VI, 694, 1791. > Sphex annularis, Christ, Naturgesch., 315, t. 31, f. 7, 1791. >? Mellinus campestris, Fabricius, Ent. Syst., II, 287, 6, 1793. >? -— -— Walckenaer, Faune, Paris, II, 94, 4, 1802. T Crabro U-flavum, Schröckenstein, Verz. d. Halbkäfer etc., 32, 1802 (sec. Dalla Torre). f Mellinus arvensis, Gravenhorst, Übers. zool. Syst., 277, 1807 (sec.D.T.). — pratensis, Jurine, N. Meth., t. 10, gen. 19, 1807. > — -—. Curtis, Brit. Entomol., XII, 580. n. 4, 1836. 55* 844 A. Handlirsch, Mellinus annulatus, Gimmerthal, Bull. Mosc., 9, p. 449, 1836. Sphex (Mellinus) arvensis, Blanchard, Cuviers R. anim., 3. Ed., II, t. 123, f. 3, 1849 (sec. D.T.). Mellinus arvensis, Steinvorth, Jahresb., Lüneb., III, 143, 1867. — —. Girard, Traite element. d’Ent., II, 945, t. 73, f. 6, 1879. — — Karsch, Insectenwelt, 2. Ed., 259, 1832. — — Andre, Species des Hymen, III, 168, 1888. — — Radoszkowsky, Bull. Mosc., 15, f. 42, 1391. — — Saunders, Hymen, acul. Brit., 114, t. 25, f. 7, 1893. Auch von dieser Art habe ich Wesmael’s Typen gesehen! Bei sehr hell gefärbten Exemplaren treten zwei Flecken innerhalb des Mittelfeldes und Flecken an den Seiten des Mesosternum auf. Nach M. arvensis ist einzufügen: Mellinus alpinus n.sp. Mellinus arvensis var. alpina, Handlirsch, Monographie, II, 283, 1887. Am 17. August 1888 traf ich in Süd-Tirol auf einer Partie durch das Val Selva (Seitenthal des Val di Sole) an einer reich mit Farnkraut bewachsenen Waldlichtung in grosser Menge Mellinus- Männchen, die sich auf den von Morgen- nebeln noch sehr nassen Farnbüschen äusserst lebhaft herum- tummelten. Die dunkelgefärbten Beine der Thiere und die hohe Lage des Fundortes (circa 1300 m) brachten mich auf die Ver- muthung, dass die Exemplare mit der vonMann im Glockner- gebiete gesammelten Form identisch sein könnten, und ich suchte daher sofort nach den bisher unbekannten Weibchen, von denen ich auch drei am Rande des Fusssteiges, der die Lichtung durchzieht, erbeutete. Von den Männern sammelte ich in einigen Minuten gegen 60 Stück. Durch dieses Material bin ich zu einer anderen Ansicht über das Artrecht der Form gekommen. Ich habe gefunden, dass alle im Val Selva gesammelten Stücke mit den am Glockner gefundenen in allen in meiner Beschreibung erwähnten Merkmalen übereinstimmen und habe noch einige andere, allerdings nicht sehr auffallende Unterschiede von M. arvensis aufgefunden. Hier die Beschreibung: Grabwespen. 845 Vertex a latere visus altior quam in M. arvensi. Alae minus lutescentes. Feminae antennarum articuli flagelli paulo graciliores. Puncta maiora in segmentis dorsalibus distincte magis distantes. Pedes in utroque sexu obscuriores, femoribus maris usque ad apicem nigris. Die Farbe der Flügel neigt bei arvensis mehr zum Gelben, bei alpinus mehr zum Grauen. Die Beine sind dunkel rothgelb oder fast braun und an der Basis viel reichlicher schwarz als bei arvensis. Die Punkte sind am Scheitel entschieden schwächer ausgeprägt, und auf den Dorsalplatten ist die gröbere Punktirung entschieden weitläufiger. Die groben Punkteindrücke, die bei arvensis nur an der äussersten Basis des Mittelfeldes der sechsten Dorsalplatte vorhanden sind, reichen hier viel weite: gegen die Spitze. Beim Weibe sind die Seitenränder des Dorsulum etwas stärker aufgebogen als bei arvensis, die Geisselglieder im Verhältnisse zu ihrer Dicke etwas länger. Von den Weibchen hat nur eines eine schmale lichte Binde am Clipeus, alle drei haben das vierte Segment ganz schwarz und die Binde am zweiten unterbrochen, die am dritten ununter- brochen. Bei den Männchen ist Segment 4 und 5 ganz schwarz, die Binde des zweiten Segmentes immer, die des dritten fast immer unterbrochen. In der Grösse stimmen d’ und 9 ganz mit arvensis überein. Wenn auch von den angeführten Unter- schieden jeder einzelne für sich allein unbedeutend ist, so berechtigen sie doch alle zusammen zur Aufstellung eineı neuen Art. Dass die Unterschiede constant sind, hat mir die Untersuchung einer sehr grossen Individuenzahl beider Arten bewiesen. Im letzten Jahre wurde M. alpinus von Kohl in Hunderten von Exemplaren bei Ratzes in Süd-Tirol, also auch hoch oben, gefunden und beim Brutgeschäfte beobachtet. Alle diese Exemplare stimmen mit denen vom Glockner und vom Val Selva überein. Mellinus compactus Handl. In der Sammlung Tischbein’s (Hamburger Museum) steckt unter den Varietäten des M. arvensis ein Männchen des M. compactus und trägt wie die anderen von Tischbein 846 A. Handlirsch, gesammelten Exemplare ein kleines Zettelchen mit dem Datum (in diesem Falle 5./VIll.). Fundort ist leider keiner angegeben. Das genannte Exemplar stimmt mit dem von mir beschrie- benen Weibe in allen wesentlichen Merkmalen überein, so in der Form des Mittelsegmentes und des ersten Hinterleibringes, der im Verhältnisse zu jenem des Mannes von arvensis ebenso verkürzt und verdickt ist, wie im weiblichen Geschlechte. Die Fühler sind ganz ähnlich wie bei arvensis, ebenso die Flügel und Beine. Grundfarbe schwarz, Clipeus, innere Augenränder, Rand des Pronotum, Schulterbeulen, ein Fleck dahinter, ein Fleck auf dem Schildchen, zwei kleine Flecken am zweiten, zwei grosse am dritten und ein grosser Mittelfleck des sechsten Segmentes gelb. Fühler oben schwarz, ihr Schaft unten gelb, Geissel unten röthlich. Beine rothgelb, an den Coxen, Trochan- teren und an der Basis der Schenkel schwarz. Ausserdem erhielt ich ein @ der Art von Herrn Gaza- snaire aus Henrichemont (Dep. Cher) in Frankreich, das sich von obigem nur durch etwas geringere Grösse unter- scheidet. Die Art gehört also der europäischen Fauna an. Mellinus sabulosus Fabricius. Zur Synonymie gehört noch: ? Sphex ruficornis, Villers, C. Linnaei Entomol., III, 245 u. 68, 1789. + Mellinus sabulosus, Fabricius, Skrift. naturh. Selsk. Kjöbenh., I (1), 228, 3, 1790; — —_ — "'Schneider's Neuestes Masgaz., I, 29, 2, 1731. — -— Sturm, Verz. meiner Insectens., S. 56 u. 28, t. 3, &.4, 1796 (nach D. T.). — . —- Staveley, Trans. Linn. Soc. Lond., XXIII, 128134, t. 17, f. 39, 1860. — ruficornis, Dumeril, Mem. Acad. sc., Paris, XXXI (2), 876, 36 — sabulosus, Girard, Traite elem. d’Entom., II, 945, 1879. — — Karsch, Insectenwelt, 2. Ed., 259, 1832. — — Andre, Species des Hymenopt., III, 170, 1838. !< Anthophilus Hellmanni, Radoszkowsky, Horae Soc. Ent. Ross., XXI, 1888. Mellinus sabulosus, Radoszkowsky, Bull. Mose., 15, 1891. — — Saunders, Hymen. acul. Brit., 114, 1893. Grabwespen. 847 Radoszkowsky beschrieb als Anthophilus Hellmanni Eversm. ein Gemisch aus zwei verschiedenen Gattungen: Anthophilus (Philanthus) Hellmannii Eversm. d und Mellinus sabulosus Q. Seine Beschreibung des 9 passt vollkommen auf die Type, welche er so freundlich war uns einzusenden, nicht so die von Eversmann gegebene Beschreibung, die sich wirklich auf einen Anthophilus bezieht. Das uns gesandte Exemplar (M. sabulosus) trägt mit Eversmann'scher Schrift die Bezeichnung »Anthophilus Hellmanni« und stammt aus Irkutsk. Entweder hat Eversmann das Exemplar falsch bestimmt (nach Publication der Art), oder es ist durch fremde Hände die Etikette verwechselt und Radoszkowsky auf diese Weise irregeführt worden. M. sabulosns wurde von Leder bei Irkutsk und in der nördlichen Mongolei gefunden. Mellinus pygmaeus Handl. In die Synonymie ist zu setzen: Mellinus pygmaeus, Cameron, Biolog. Central. Amer., Tab. V, Fig. 5,1890. — — Fox, Entomol. News, V, No. 6, p. 202, 1894. Mellinus bimaculatus Packard. Als Autor dieser Art ist Packard aufzufassen, da sie von Harris nur genannt, aber nicht beschrieben wurde. Harris’ »List ete.« kam mir.erst nach Publication des zweiten Theiles meiner Monographie zu Gesicht. Der Synonymie ist beizufügen: Mellinus bimaculatus, Fox, Entom. News, V, No. 6, 202, 1894. Fox ergänzt die Beschreibung in einigen Punkten: & Unterscheidet sich vom @ durch einen schmalen gelben Saum am Vorderrande des Clipeus. Die drei ersten Fühler- glieder sind unten gelb, die folgenden röthlich. Letzte Ventral- platte breit-dreieckig ausgerandet. Maine, New Hampshire. Mellinus rufinodis Cresson. Der Synonymie ist beizufügen: Mellinus rufinodis, Fox, Entom. News, V, No. 6, 201, 1894. Bei dem Abschlusse meiner Monographie (ll.) hatte ich noch keine Exemplare dieser Art gesehen und musste mich 848 A. Handlirsch, mit der Copirung der Öriginalbeschreibung begnügen. In- zwischen erhielt ich aus dem Hamburger Museum (Coll. Tisch- bein) 2 Exemplare (d 9) zur Ansicht und bin daher jetzt in der Lage selbst eine Beschreibung zu liefern. Die beiden Exemplare stimmen mit Cresson’s Beschreibung keineswegs ganz überein; es sind nicht, wie Cresson sagt, Segment 2 und 4, sondern Segment 3 und 5 (9) respective 3 und 6 (J) gelb gezeichnet. Trotzdem zweifle ich nicht, dass hier nur ein Irrthum von Seite Cresson’s vorliegt, denn die Anlage der Zeichnungen hat in der ganzen Gattung denselben Typus, und bei Cresson kommen ähnliche Irrthümer öfters vor. Er hat offenbar die Grenze zwischen Segment 2 und 3 übersehen, was daraus zu entnehmen ist, dass er die Flecken in das Enddrittel des zweiten Segmentes verlegt, während sie de facto an der Basis des dritten liegen. Caput temporibus validis,a latere visum oculis non angusti- oribus; oculis versus clipeum distincte divergentibus; ocellis posticis multo ante lineam coniunctionis oculorum sitis et inter se aeque distantibus quam ab oculis. Pars decliva segmenti medialis cum parte horizontali angulum 140° formans et in- distincte limitata. Latera segmenti medialis haud striata, area mediana bene limitata, medio haud impressa et haud valde rugosa. Abdominis segmentum primum apice satis incrassatum, fere ut in M. arvensi constructum. Segmenti dorsalis sexti feminae area mediana subtiliter striata et omnino punctis sat magnis obtecta. Caput et thorax multo subtilius punctata, quam in M. arvensi. Abdomen subtilissime punctulatum, punctis maioribus carens. Corpus nigrum, segmento primo rufo, facie, thorace et abdomine pallide-flavo variegatis. Antennis nigris, infra testaceis, pedibus rufo-brunneis. Long. corp. 9—11 mm. Species nearctica. Mellinus rufinodis gleicht in Bezug auf den Körperbau und das Flügelgeäder ganz unseren einheimischen Arten. Das Mittelsegment besitzt jedoch weder die deutlichen von den Seiten des Mittelfeldes schräg nach hinten und unten ver- laufenden Kiele, noch den runzeligen Eindruck in der Mitte des F:n Grabwespen. 849 Mittelfeldes. Die vier vorletzten Fühlerglieder des S sind unten nicht ausgerandet. Die Sculptur ist bedeutend feiner, dichter und gleich- mässiger als bei den europäischen Arten. Flügel schwach gelbbraun tingirt. Körper mit äusserst feinem, lichtem Tomente bedeckt. Die Zeichnungen sind licht, ähnlich wie bei sabnlosus. Im Gesichte sind bei meinen Exemplaren nur die inneren Augen- ränder schmal gelb, am Thorax der Rand des Pronotum, ein Fleck auf dem Schildchen, das Metanotum und die Schulter- beulen; auf dem Hinterleibe zwei grosse zusammenstossende Flecken des dritten und zwei kleine an den Seiten des vierten und beim Weibe .das fünfte mit Ausnahme des Hinterrandes, beim Manne ein kleiner Strich in der Mitte des fünften und ein grosser Fleck am sechsten Ringe. Fühler im weiblichen geschleehte imten rothlich, im männlichen” gelb. Beine in beiden Geschlechtern rothbraun, gegen die Basis zu verdunkelt. Mellinus abdominalis Cresson. Der Synonymie ist beizufügen: Mellinus abdominalis, Fox, Entom. News, V, No. 6, 202. 1894. Fox sagt über die Art: To several female specimens having the greater part of the head in Front yellow. I have given the varietal name personatus. The males of this species are peculiar for their long, slender abdomen. Mellinus alpestris Cameron. Melliuus alpestris, Cameron, Biolog. Central. Am., II, 85, Tab. V, Fig. 6, 1890. — — Fox, Entomol. News, V, No. 6, 202, 1894. »Niger, nitidus; capite et thorace aciculatis; clipeo, scapo, lineis pronoti, scutello, macula metanoti, maculis, abdominis, tibiis tarsisque anticis flavis; alis fere hyalinis, nervis nigris. 9 Long. 7 mm. Hab. Mexico, Xucumanatlan in Guerrero 7000 feet FEIEH. Smith). 850 A. Handlirsch, Kopf und Thorax mit kurzer Pubescenz; Augen parallel; Ocellen kaum ein Dreieck bildend und die hinteren von den Augen so weit entfernt als die Länge des vierten Fühlergliedes und etwas weiter von einander; Clipeus am Ende breit abge- rundet, seine Mitte mit drei kurzen breiten Zähnen. Der ganze Clipeus, die Basis der Mandibeln und die inneren Augenränder schmal gelb. Zwei nahe zusammengerückte Linien am Pronotum, die Schulterbeulen, ein Theil der Tegulae, ein viereckiger Fleck auf dem Schildchen, ein kleinerer auf dem Metanotum und ein länglicher Fleck an der Seite des Mittelfeldes des Medial- segmentes gelb. Mittelsegment nadelrissig, sehr fein und stark punktirt; das Mittelfeld erhaben, etwas länger als breit und hinten abgerundet; Mittelsegment hinten allmälig abgedacht, an der Basis in der Mitte eingedrückt. Hinterleib glänzend, un- punktirt, an den Endsegmenten mit kurzer weisser Behaarung. Pygidialfeld grob nadelrissig, vor dem Ende flachgedrückt, hinten ungefähr ein Viertel so breit als an der Basis, an den Seiten gerade. Hinterleibsstiel unterseits nicht gekrümmt, am Ende er- weitert, etwas länger als das zweite Segment. Die Basalhälfte des Stieles, je ein etwas ovaler Fleck an den Seiten des zweiten Segmentes, je ein längerer an den Seiten des dritten, und ein Streif am Ende des vorletzten Ringes, gelb. Die vorderen Kniee, die Tibien und die Tarsen vorne und alle Sporne sind gelb. Die erste Cubitalquerader ist in der Mitte zurückgebeugt, so dass sie dort einen Winkel bildet, die zweite gerade und schief, die dritte ober der Mitte gebeugt. Das dritte Fühlerglied ist kaum um ein Viertel länger als das vierte.«- Entomosericus concinnus Handl. Diese Art wird vonMorawitzausAstrachan (M.Bogdo) angeführt, ich selbst sah Exemplare aus Ungarn und Klein- asien (Mus. Bero!.). Gorytes Latr. Die Synonymie dieser Gattung ist durch folgende Citate zu ergänzen: v < Mellinus, Fabricius, Skrift. naturh. Selsk. Kjöbenh. I, 1, 227, 1790. = — — Scechneider’s neuestes Magaz.T, 28, 1791. Grabwespen. 851 Gorvtes, Klug, Magaz. Ges. naturf. Fr. Berlin. II, 53, 1807. Arpactus, Fallen, Spec. n. Hymen. disp. meth. 28. 1813. > Gorytes, Westwood, Introd. Synops. 80, 1840. > Hoplisus, » » » 80, 1840. > Euspongus, » » >» 80, 1840. > Lestiphorus, >» Se 220 .180.00840: > Arpactus, » » >» 80, 1840. > < Mellinus, Dume£ril, Mem. Acad. sc. Paris. XXXI (2), 876, 1860. > < Pompilus, » » SER» » XXXI (2), 938, 1860. > Gorytes, Girard, Traite elem. d’Entom. II, 947, 1879. > Hoplisus, » » » » II, 948, 1879. > Harpactus, >» » » » II, 949, 1879. > Hoplisus, Provancher, Additions a la Faune Canad. 275, 1889. > Harpactes, Saussure, Hist. Nat. Madagasc. 529, 1892. Dienoplus, Fox, Proc. Acad.N. S. Philad., 548, 1893. Gorytes, Saunders, Hymen. acul. Brit. 1893. — Fox, Proc. Acad.N. S. Philad., 303, 1894. Girard (Les Ins. Il.) sagt über den Giftapparat von Gorytes: »Les vaisseaux constituant la partie la plus ant£rieur de l’appa- reil sont formes en arbuscule a rameaux plus ou moins replies ou agglomeres«. f Nach Siebold besitzt das 9 von Gor. mystacens eine sehr kurzgestielte Samenkapsel und einen noch kürzeren gemein- schaftlichen Drüsencanal. Nach Sickmann nistet Gor. lunatus in sandigem Boden, ungefähr 11/),—2 cm tief und trägt nur Acocephalus striatus und bifasciatus (Larven und Imago!) ein. Die um Beute ausfliegende Wespe kam nach 2—3 Minuten schon wieder beladen zurück. Gorytes Rogenhoferi Handl. Von dieser Art untersuchte ich Exemplare aus dem Araxesthale in Armenien (Mus. Vindobon.). Morawitz constatirt ihr Vorkommen im Astrachaner Gebiet (Ryn— Pesski). r Nach dieser Art ist einzuschalten: Gorytes Handlirschii Morawitz. Gorytes Handlirschiü, Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross. XXIV, 610. Of 1890. »Oculis magnis, globosis, versus clipeum convergentibus, ocellis posticis latissime distantibus; antennis valde clavatis 852 A. Handlirsch, articulis basalibus flavis, 3. scapo fere breviore, apicalibus sub- tus testaceis; pronoto angusto flavo-limbato; dorsulo opaco dense minus profunde punctato, angulis lateralibus anticis et posticis flavis; metanoto flavo; mesosterno haud carinato, seg- mento mediano area cordiformi obsoleta, lateribus rotundatis; abdominis segmentis omnibus apice late flavo-fasciatis, primo non constricto; pedibus flavis nigro-variegatis, tarsis posticis longissimis articulo unguiculari atro. 90 Segmento 6° supra tomento brunneo dense tecto; tarsis anticis ciliis vel aculeis nullis. Lg. 9—10 mm. d' Scutello plerumque flavo-picto vel toto flavo.Lg.3— 9 mm. Das Weibchen hat einen schwarzen matten, fein und zer- streut punktirten Kopf und gelbe Taster. Die Netzaugen sind sehr gross, stark hervorgequollen, nach unten zu convergent. Die hinteren Ocellen sind von einander fast dreimal so weit, als vom Augenrande entfernt. Stirn, Clipeus und Stirnschildchen weiss pubescent, die beiden letzteren gelb gefärbt. Die gelben Mandibeln mit braunrother Spitze. Die stark keulenförmig ver- dickten Fühler sind schwarz, die letzten zum Theil lehmfarben. Das sehr schmale Pronotum hat einen gelben Endrand und gelbe Schulterbeulen. Dorsulum und -Schildchen matt, ziemlich fein und dicht punktirt, bei ersterem sowohl die vorderen, als auch die hinteren Ecken breit gelb gefärbt, auf letzterem zu- weilen ein gelblicher Querstrich vorhanden; beide sind von ein- ander durch eine sehr feine Nath getrennt. Das gelbe Metanotum ist sehr fein punktirt. Die schwach glänzenden Mesopleuren sind spärlich greispubescent, ziemlich fein und dicht punktirt; Sternum und Pleuren nicht von einander geschieden, Meta- pleuren glatt. Das Mittelsegment ist fein und dicht, die abge- rundeten Seiten bedeutend feiner und sparsamer, stellenweise gar nicht punktirt und hier glänzend; der herzförmige Raum ist schwach ausgeprägt. Die bräunlichen Tegulae vorne gelb, die Flügelwurzel pechbraun, die Adern der schwach getrübten Flügel etwas blasser gefärbt; die Analzelle der Hinterflügel endigt hinter dem Ursprunge der Cubitalader. Der kaum glänzende Hinterleib ist dicht und feiner als das Dorsulum punktirt, weiss bereift, die Segmente I—5 am Endrande mit einer sehr breiten, gelben Binde, die des zweiten jederseits noch Grabwespen, 893 stark erweitert, geschmückt. Der erste Hinterleibsring ist nach vorne zu ein wenig verengt, mit schräg abstürzender vorderer Fläche, der schmal membranös gesäumte Endrand desselben eine Spur breiter als dessen Durchmesser in der Mitte; der letzte ist mit braunem, glänzenden Tomente bekleidet. Die zweite Ventralplatte ist gleichmässig gewölbt, dicht punktirt und wie die drei folgenden Ventralringe schmal gelb gesäumt. ‚Die Beine sind gelb, die Hüften, Trochanteren und am dritten Paare die Basis der Schenkel und das Klauenglied nebst Ballen schwarz, der vorderste Metatarsus ohne Kammdorne. Das Männchen ist dem Weibchen sehr ähnlich, zuweilen ist bei demselben das Schildchen vollständig gelb gefärbt. Diese Art ist zunächst G. Rogenhoferi Handlirsch ver- wandt; bei dieser Art, welche sparsamer punktirt und daher glänzender ist, erscheint der nicht membranöse Endrand des ersten Abdominalsegmentes deutlich breiter als dessen Quer- durchmesser in der Mitte; die Taster und Fühlerglieder 2—3 dunkel, das Klauenglied des dritten Beinpaares aber hell gefärbt, die vorderen Binden des Hinterleibes sind unterbrochen, das zweite Geisselglied länger als der Schaft, etc. Aus Transcaspien vom General A.W. Komarow er- halten«. Für die freundliche Widmung dieser Art sage ich Herrn Dr. Morawitz meinen besten Dank. Gorytes coarctatus Spinola. Tab. I, Fig. 6, 10. Elier ist zu eitiren: Ammatomus coarctatus, Radoszkowsky, Bull. Mose. 13, f. 34, 1891. Das Bekanntwerden mehrerer nahe verwandter Formen veranlasst mich, die Beschreibung zu ergänzen: Von oben gesehen ist das erste Dorsalsegment beim 9 fast nur so lang als breit, beim ( 1!/,mal so lang als breit. Die Ocellen sind im weiblichen Geschlechte fast viermal so weit von einander entfernt, als von den Facettaugen, d. h. sie liegen ungemein nahe bei den Facettaugen. Im Araxesthale kommt diese Art gemeinsam mit rufinodis vor. Ich selbst fing ein bei Triest (Pirano). 894 A. Handlirsch, Gorytes rufinodis Rad. Tab. I, Fig. 4,7. Gorytes rufinodis, Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross. XXVIH, 356. d' G. mesosteno valde affinis et similis. Oculi magni, glo- bosi, versus clipeum valde convergentes; antennarum flagellum ut in mesosteno clavatum. Margo pronoti angustissimus; dor- sulum sutura simplici a scutello separatum. Pectus et segmen- tum mediale ut in mesosteno. Alarum posticarum area analis distincte post originem venae cubitalis terminata. Alae hyalinae venis pallide-brunneis. Tibiae posticae sat graciles et parum spinosae. Abdominis segmentum primum multo longius et an- gustius quam in G. coarctato,paulo angustius quam in mesosteno. Caput et thorax crasse sed multo sparsius punctata quam in G. mesosteno. Maxima pars corporis subtiliter argenteo- tomentosa. Niger, faciei parte sub antennis sita, callis humeralibus, margine pronoti, strigis latis in marginibus lateralibus dorsuli, scutello, metanoto fasciisque latis segmentorum abdominalium, quarum secunda in ventrem continuata est, flavis. Abdominis segmentum primum plus minusve rufo-variegatum, interdum totum rufum. Antennae nigro-fuscae, basi flava, apice testaceo. Pedes flavi, nigro variegati. Long. corp. 7—9 mm. Species palaearctica. Dem G. mesostenus sehr ähnlich, aber noch zarter und schlanker gebaut. Die Punkteindrücke des Thorax und insbesondere des Dorsulum sind bedeutend grösser und sehr weitläufig gestellt. Die Flügel sind vollkommen glashell, während sie bei smeso- stenus deutlich angeraucht erscheinen. Die rothe Farbe auf dem ersten Segmente scheint, wie dies meistens der Fall ist, sehr zu variiren, doch wären selbst Exemplare, denen das Roth ganz fehlt — und es ist keineswegs ausgeschlossen, dass solche existiren — von mesostenus leicht an den breiten, gelben Seiten- rändern des Dorsulum und an dem gelben Schildchen (abge- sehen von der verschiedenen Sculptur) zu erkennen. Von den Fühlern sind die ersten zwei Glieder ganz gelb; die Unterseite der Geissel ist stets lichter als die Oberseite. Von den Vorder- Grabwespen. 899 und Mittelbeinen sind nur Hüften und Trochanteren, von den hinteren auch die Schenkel und die Spitzen der Tarsenglieder nebst den Klauen schwarz. Das Mittelfeld des Endsegmentes (9) ähnlich wie bei G. coarctatus, nur etwas weniger deutlich längsrunzelig. Erstes Segment des Mannes doppelt so lang als breit, des Weibes 1?/,mal so lang als breit, also nur wenig dicker als beim d.. Ocellen des 9 dreimal so weit von einander als von den Facettaugen, d.h. etwas weiter von den Facettaugen als bei coarctatus. Fühler des 9 etwas weniger stark keulig als bei der genannten Art. Stirnstrieme erhalten. Aus dem Araxesthale (Armenien). In die Gruppe des coarctatus gehören noch folgende drei Arten: Gorytes rhopalocerus n. Sp. Tab. I, Fig. 5, 9. G. mesosteno, coarctato et rufinodi valde similis et affinis. Oculi magni, globosi, versus clipeum valde convergentes. An- tennarum flagellum distincte minus clavatum, quam in coarctato. Margo pronoti angustissimus. Dorsulum sutura simplici a scutello separatum. Alae paulo infumatae, venis fuscis, ut in speciebus supra nominatis dispositis. Pedes fere ut in Gor. coarctato. Abdominis segmentum primum angustius quam in coarctato, latius quam in G. rufinodi, apice distincte coarctatum. Corpus fere ut in rufinodi multo minus crasse et minus dense punetatum quam in coarctato, distincte argenteo tomen- tosum. Niger, fronte sub antennis, clipeo, margine pronoti cum callis humeralibus, strigis lateralibus dorsuli, scutello, metanoto, fasciis satis latis continuis sinuatis segmentorum dorsalium et segmenti ventralis secundi saturate flavis. Antennae fuscae, basi flava, flagello infra testaceo. Pedes flavi, coxis trochanteribus, femoribusque in mare nigro-, in femina rufo-variegatis, tarsorum posticorum apice articuli ultimi solum cum unguiculis nigro. Long. corp. 6—8 mm. Species Algeriensis. 856 A. Handlirsch, Diese Art steht in Bezug auf die Form des ersten Seg- mentes zwischen coarctatus und rufinodis in der Mitte; das- selbe ist beim S etwas mehr als 1!/,mal so lang als breit, beim oO nicht ganz 1!/,mal; es ist nicht so stark knopfartig als bei coarctatus. Die hinteren Ocellen (2) sind nicht viel mehr wie doppelt so weit von einander entfernt, als von den Augen. Stirnstrieme deutlich. Leider kann ich das von mir als mesostenus beschriebene Exemplar nicht mehr vergleichen, doch dürfte rhopalocerus von dieser Art an den spärlichen gelben Zeichnungen des Thorax zu unterscheiden sein. Mit coarctatus und rufinodis ist eine Verwechslung durch die oben angegebenen Merkmale wohl ausgeschlossen. Ich fing von dieser Art 4 d und 2 9 auf Daucus-Blüthen in Biskra (24.—27./V. 1891) und in Mraier am Chott Mel- rhir in der ostalgerischen Sahara. Gorytes Saharae n. sp. Tab. I, Fig. 8. 0 G. rhopalocero affinis et similis. Oculi magni globosi, versus, clipeum valde convergentes. Antennarum flagellum paulo minus distincte clavatum. Margo pronoti angustissimus. Dorsulum sutura simplici a scutello separatum. Alae hyalinae, venis brunneis, ut in speciebus praecedentibus dispositis. Pedes fere ut in G. coarctato. Abdominis segmentum primum distincte longius quam in rhopalocero et coarctato, brevius quam in rufinodi, apice distincte coarctatum. | Sculptura fere ut in rhopalocero, corpus valde argenteo tomentosum. Niger, maximaparte segmenti dorsalisprimi et segmentorum ventralium tria anticorum rufa, facie sub antennis, margine pro- noti cum callis humeralibus, lateribus dorsuli, scutello, metanoto, fasciis continuis segmentorum dorsalium et maculis lateralibus segmenti ventralis-secundi pallide flavis. Antennae testaceae, basi flava, flagello superne infuscato. Pedes flavi, basi cum femoribus ferruginea, tibiis posticis fusco-maculatis, tarsorum posticorum articulis singulis apice infuscatis. Long. corp. 9 mm. Species Algeriensis. a I Ben 7 N Grabwespen. 857 Das erste Segment ist 1!/, mal so lang als breit. Stirnstrieme deutlich, Ocellen grösser als bei rhopalocerus, die hinteren viermal so weit von einander entfernt, als von den Augen. Diese Art ist an den angegebenen Merkmalen von allen Verwandten gut zu unterscheiden. Ich fing 1 9 in Mraier am Chott Melrhir mit rhopalocerus zusammen auf Umbelliferen. Gorytes amatorius Smith. Gorytes amatorius, Cameron, Hymen. oriental. 2, t. 9, f. 15, 1890. Ich habe diese Art seinerzeit unter den undeutbaren ange- führt (p. 536) und bin erst durch die seither von Cameron gegebenen Ergänzungen zur Beschreibung in die Lage versetzt worden, ihr den richtigen Platz im Systeme anzuweisen. Cameron sagt: »Fühler fast keulenförmig, die Geissel an der Basis dünn; das dritte Glied mehr als doppelt so lang, als das vierte. Augen gross, bis zur Basis der Mandibeln reichend, nach unten deut- lich convergent und grob facettirt. Die Ocellen stehen in einem Dreiecke und doppelt so weit von einander als die hinteren von den Augen entfernt sind. Clipeus mässig convex, am Ende gerandet, fast quer. Mesosternum ohne Kiel. Mittelfeld des Mittelsegmentes glatt, glänzend und kahl, durch eine schmale, undeutliche Furche begrenzt. Hinterleibsstiel knopfartig, vom zweiten Segment gut abgesetzt, welches an der äussersten Basis mit dem ersten gleich breit ist, sich aber nach hinten stark erweitert. Hinterleib verlängert, länger als Kopf und Thorax zusammen. Pygidialfeld deutlich begrenzt, mit kurzen, an- liegenden Borstenhaaren bedeckt und offenbar längsstreifig. Zweite Cubitalzelle oben nicht viel schmäler als die dritte und breiter als die zweite Discoidalzelle oben. Erste Cubitalquerader in der Mitte eckig. Vordertarsen und Tibien bedornt. Bombay«. Nach der Abbildung (Kopf und Fühler) und der guten Beschreibung ist nicht zu zweifeln, dass diese Indische Art in die nächste Verwandtschaft des coarctatus gehört. , Eine Trennung der Gruppe des Rogenhoferi von der des coarctatus erweist sich nunmehr als unmöglich. Der einzige Unterschied, die Form des ersten Segmentes, ist nach dem Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 56 858 A. Handlirsch, Bekanntwerden mehrerer Arten hinfällig geworden. Beide Gruppen zusammen lassen sich durch die Augenform, den Bau des Thorax und der Beine ziemlich gut präcisiren, sie könnten als Genus oder Subgenus betrachtet, den Namen Ammatomas behalten. Zu der Gruppe des aeneus und bipunctatus (Ulytaemmnestra) gehören folgende 4 Arten: Gorytes subtilis n. sp. Mas. Latitudo capitis desuper visi paulo minus quam dup- lum longitudinis; oculi magni, versus clipeum convergentes; margo anticus clipei in medio haud depressus. Antennae graciles, vix clavatae, articulo tertio et quarto fere aeque longis. Sutura inter dorsulum et scutellum simplex. Episternum mesothoracis limitatum, epimerum cum sterno confusum. Mesosternum antrorsum valde indistincte carinatum. Segmenti medialis latera haud divisa, area mediana triangularis satis angusta, nitida et solum versus basim longitudinaliter rugosa. Alae ut in G. aeneo. Tibiae parum spinosae; metatarsus intermedius distinete cur- vatus. Abdominis segmentum primum angustius et longius quam in G. aeneo, hirto etc. latitudine fere duplo longius, apice ‘ distincte coarctatum; segmentum secundum fere semiglobosum. Segmentum septimum occultum. Corpus satis subtiliter et aequaliter punctatum, parce pubescens et tomentosum, nigrum, vix aeneo nitens. Clipeo, margine pronoti, callis humeralibus, metanoto maculisque duabus lateralibus magnis segmenti dorsalis secundi et parvis tertii saturate flavis. Antennae nigrae, scapo infra flavo, Nlagello infra testaceo; pedes nigri, tibiis anticis totis, intermediis et posticis in parte basali, tarsisque flavis. Long. corp. 6 mm. Species neotropica. Ich beschreibe diese Art nach einem einzelnen d aus Caracas, Eigenthum des Berliner Museums. Die Schläfen sind nicht so stark entwickelt als bei zenenus, ungefähr so wie bei hirtus. Die Stirne ist vor den seitlichen Ocellen deutlich eingedrückt. Die Stirnstrieme deutlich. Das erste Segment istlänger und schmäler als bei allen verwandten Grabwespen. 809 Arten, das zweite Dorsalsegment infolge dessen fast halbkugelig; zweite Ventralplatte gleichmässig und schwach gewölbt. Die Punktirung ist mässig dicht und sehr fein. In allen wesentlichen Merkmalen stimmt die Art mit jenen der Artgruppe überein; sie dürfte dem parvulus und bipwnctatus am nächsten stehen, von beiden aber, so wie von hirtus, aeneus, etc. an dem schmalen ersten Segmente sofort zu trennen sein. Gorytes tener n. Sp. Femina. Latitudo capitis desuper visi minus quam duplum longitudinis. Oculi magni, versus clipeum convergentes. Margo anticus clipei distincte depressus. Antennae graciles, parum clavatae, articulo tertio quarto paulo longiore. Sutura inter dor- sulum et scutellum simplex. Episternum mesothoracis bene limitatum, epimerum cum sterno fero omnino confusum. Sternum sine carina longitudinali. Segmenti medialis latera haud divisa, area mediana angusta fere usque ad apicem longitudinaliter rugosa. Alarum anticarum area cubitalis prima excipit venam transverso-discoidalem primam, secunda secundam. Alarum posticarum area analis brevissima multo ante originem venae cubitalis terminata. Tibiae valde spinosae, tarsi solito non longiores, metatarsus intermedius curvatus, pulvilli distincti, tarsi antici brevissime ciliati. Abdominis segmentum primum fere obconicum, apice vix coarctatum, latitudine sua parum longius. Segmentum ventrale secundum aequaliter convexum, segmentum dorsale sextum area mediana satis magna, dense aciculato-punctata praeditum. Corpus vix aeneo-nitens, sparse et satis subtiliter punctatum, distincte pilosum, clipeo, margine pronoti, callis, fascia metanoti, fasciis angustis sinuatis seg- menti secundi, tertii et quarti flavis. Antennae fuscae scapo infra flavo, flagello basim versus testaceo. Pedes fusci, tibiis tarsisque anticis pallidioribus, femoribus anticis et intermediis extus flavomaculatis. Long. corp. /mm. Species neotropica. Von dieser Art erhielt ich ein 9 aus Caracas (v. Lans- berge, Leidener Museum). Alle wichtigen Charactere stimmen mit denen der geneus-Gruppe überein. Schläfen stark entwickelt. Die Ocellen sind nicht in Grübchen versenkt. Stirnstrieme ver- 56* 860 A. Handlirsch, wischt. Dorsulum weitläufig und ziemlich fein punktirt. Hinterleib besonders an den Endrändern der Segmente reichlich behaart. G.tener istvon den verwandten Arten an der verschiedenen Zeichnung des Hinterleibes, an dem fast bis zum Ende längs- runzeligen Mittelfelde des Medialsegmentes, an der Form des ersten Segmentes und an den nicht in Grübchen versenkten Ocellen sicher zu unterscheiden. Gorytes sphaerosoma n. sp. Mas. Oculi magni, versus clipeum convergentes. Margo anticus clipei simplex. Antennae graciles, vix clavatae, articulo tertio quarto distincte longiore. Sutura inter dorsulum et scutel- lum simplex. Sternum mesothoracis haud distincte carinatum, ab episterno separatum sed cum epimero confusum. Segmenti medialis area mediana usque ad apicem longitudinaliter rugosa. Alarum anticarum venae transverso-discoidales cum venis transversis cubitalibus (1. et 2.) confluentes. Alarum posticarum area analis brevissima, multo ante originem venae cubitalis terminata. Tibiae distincte spinosae, tarsi solito non longiores, metatarsus intermedius distincte curvatus, pulvilli distincti, tarsi antici ciliis destituti. Abdomen breve, segmento primo apice vix coarctato, fere obconico et latitudine propria vix longiore; segmento secundo dorsali valde globoso, ventrali fere plano; segmento septimo occulto. Corpus aequaliter, valde dense et in dorsulo satis crasse punctatum, distincte tomentosum, vix pilosum, nigrum, non aenescens. Clipeus, margo pronoti, scutel- lum, metanotum et fasciae latae segmentorum dorsalium, primo excepto, saturate flava. Antennae nigrae, scapo et flagelli basi infra pallidis, pedes nigro-fusci, geniculis tibiisque antieis et mediis ad partem brunneis. Long. corp. 7 mm. Species neotropica. Schon an der auffallenden Zeichnung und an der sehr dichten Sculptur des Thoraxrückens ist diese Art von den an- deren der Gruppe des aeneus leicht zu unterscheiden. Die Schläfen sind stark entwickelt, die Ocellen liegen in seichten Grübchen. Stirnstrieme nicht sehr deutlich. Die beiden Discoidal- adern der Vorderflügel fallen bei dem einen mir vorliegenden Exemplare mit der ersten respective zweiten Cubitalquerader 1.06] hi RL Va BEN: Grabwespen. 86l zusammen, doch scheint mir etwas Tendenz zu der in der Gruppe vorherrschenden Stellung vorhanden zu sein. Die Art könnte höchstens mit Zener verwechselt werden, doch dürfte schon der Sculpturunterschied zur Trennung hinreichen. Untersucht wurde 1 S aus Südamerika, Eigenthum des Berliner Museums. Gorytes Championi Cameron. Gorytes championi, Cameron, Biologia centr. americana, II, 72, 1890. »Nigro-aeneus, nitidus, laevis, vix punctulatus; scapo antennarum subtus, clipeo, basi mandibularum, margine pronoti, scutello, metanoto, abdominis maculis duabus, tibiis tarsisque anterioribus, basi tibiarum posticarum medioque tarsorum posticorum albis; alis hyalinis. Segmento mediali nitido, non striolato. Long. 6°5 mm. Hab. Guatemala, San Gerönimo (Champion). Basalglied der Fühler gebogen, etwas länger als das dritte und vierte Glied zusammen, das dritte und vierte Glied fast gleich; Geissel gegen das Ende allmählich verdickt, jedes Glied etwas länger als breit, unten bräunlich. Kopf hinter den Augen gerandet, das Hinterhaupt nicht stark entwickelt; Stirne und Scheitel kurz, der Clipeus dicht und länger silberweiss behaart; Palpen weiss; Augen gross, grob facettirt, unten bis zu den Mandibeln reichend und nach unten convergent; die hinteren Öcellen sind von einander fast doppelt so weit entfernt als von den Facettaugen; eine schmale Furche zieht von den Ocellen zu den Fühlern, die weit ober der Basis des Clipeus inserirt sind; dieser letztere ist convex und am Ende breit abgerundet. Thorax glänzend, ziemlich dicht weisslich behaart; Mittel- segment mit langer, weicher, weisser Behaarung, unpunktirt; das Mittelfeld scharf begrenzt doch weder punktirt noch ge- streift; Mesopleuren punktirt; die Mesosternalfurche undeutlich. Hinterleib glänzend, unpunktirt, etwas länger als der Thorax; der Stiel länger ale das zweite Segment, seine Endhälfte stark erweitert, unten dunkel bräunlich-weiss; das zweite Segment oben jederseits mit einer weissen Linie; Endsegment kurz, breit, ziemlich stark punktirt. Beine dicht weiss behaart; die Spitzen der Mitteltarsen schwärzlich; Hintertarsen schwarz mit Aus- 862 A. Handlirsch, nahme des grösseren Theiles des zweiten und dritten Gliedes; Tibien spärlich bedornt. G. Championi unterscheidet sich von @. bipunctatus und dessen Verwandten durch das an der Basis nicht gestreifte, unpunktirte Mittelsegment. Bei G. Championi sind Kopf und Thorax (besonders das Mesonotum) viel stärker violett gefärbt als der Hinterleib; die zweite Cubitalzelle ist am Ende kürzer als die dritte; die erste Discoidalquerader mündet vor der ersten Cubitalquerader, die zweite ist interstitial.« Diese Art stimmt in dem nicht längsstreifigen Mittelfelde mit violacens überein. Gorytes bipunctatus Say. Der Synonymie ist beizufügen: Gorytes bipunctatus, Cameron, Biol. Centr, Amer. II, t. 5, f 11, 1890. Gorytes Chilensis Sauss. Ich erhielt 3 & aus Chile von Herrn L. Fairmaire. Die schwarzen Fühler sind schlank mit fast fadenförmiger Geissel, deren einzelne Glieder in der Mitte etwas dicker sind als an den Enden; Unterseite des Schaftes gelb. 6—-81/, mmı. Nach @. thoracicus Sm. ist einzuschalten: Gorytes megalophthalmus n. sp. Tab.I, Big. 1, 11. S Caput horace paulo angustius, oculis maximis, versus clipeum latum divergentibus, fronte angusta, distinctissime longitudinaliter impressa. Tempora satis lata, convexa. Anten- nae a clipeo et ab antennis fere aeque distantes. Ocelli in angulo acuto dispositi, postici oculis valde approximati. Clipeus latissimus, parum convexus et in medio marginis antici depres- sus. Thorax brevis et robustus, pronoti margine distincto, fere angulose truncato. Mesosterno convexo, antrorsum carinato, ab episterno et epimero bene separato. Scutellum et meta- notum convexa, suturis haud foveolatis limitata. Segmentum mediale breve, postice valde declive, lateribus haud divisis, area dorsali triangulari bene limitata et divisa. Alae satis magnae, in disco distincte infumatae, venis fuscis. Area radialis Grabwespen. 863 longa, lanceolata. Area cubitalis secunda excipit ambas venas transverso discoidales. Alarum posticarum area analis multo ante originem venae cubitalis terminata. Pedes robusti, tarsis gracilibus, tibiis distinctissime spinosis, pulvillis distinctis, tarsis anticis brevissime ciliatis, tibiis intermediis et posticis calcaribus binis distinctissimis. Abdomen satis breve, segmento dorsali primo basi valde decliva, in apice secundo parum angustiore, haud coarctato. Segmento dorsali septimo libero, in lateribus prominente (ig.!)), segmento ventrali secundo crista magna transversa, tertio, quarto quintoque medio deplanatis, et in lateribus fere tuberculatis, septimo occulto. Corpus valde dense et satis subtiliter punctatum, meta- pleuris et segmenti medialis lateribus superne rugulosis, inferne fere laevibus. Area mediana segmenti medialis basi et lateribus punctatis, in medio et in apice laevis. Corpus distinctissime griseo pilosum, nigrum, orbitis anticis, clipeo, margine pro- noti, callis humeralibus, maculis duabus lunulatis segmenti 1., maculis parvis lateralibus 2. et fascia 3. flavis. Pedes nigrofusci, tibiis tarsisque ad partem pallidioribus. Long. corp. 12 mm. Spec. Australensis. Ich beschreibe diese Art nach einem d aus Australien, Eigenthum des Berliner Museums. Es fehlen leider die Fühler, doch ist eine so auffallende Form auch in verstümmeltem Zustande leicht kenntlich. In vielen Punkten finde ich auf- fallende Übereinstimmung mit Smith’s G. thoracicus, so dass ich nicht an der nahen Verwandtschaft beider Formen zweille. Die nächsten Beziehungen dieser zwei australischen Arten dürften wohl mit den amerikanischen Gruppen des bipunctatus und Chilensis zu suchen sein. Die Gruppe ist wohl durch folgende Merkmale zu charakterisiren. Die Augen sind sehr gross und divergiren nach unten deutlich. Scutellum durch eine einfache Naht vom Dorsulum getrennt. Mittelbrust mit gut begrenztem Epimerum und Epi- Sternum, nur vorne mit einer Kante versehen. Mittelsegment kurz, steil abfallend, mit gut begrenztem und getheiltem Mittel- feld; seine Seiten ungetheilt. Flügel gross, mit langer, spitziger Radialzelle. Die beiden Discoidalqueradern münden in die zweite Cubitalzelle nahe ihren Enden (bei Zhoracicus scheint s64 A. Handlirsch, die erste Querader in die erste Cubitalzelle zu münden). Anal- zelle der Hinterflügel weit vor dem Ursprunge des Cubitus endend. Beine kräftig. Schienen stark bedornt. Vordertarsen sehr kurz bewimpert. Pulvillen entwickelt. Mittel- und Hinter- schienen mit je zwei gut entwickelten Spornen. Tarsen schlank. Hinterleib kurz und robust, sein erstes Segment breit glocken- förmig, nicht abgeschnürt. Zweite Ventralplatte mit einem Querwulst. Siebente Dorsalplatte freiliegend, die entsprechende Ventralplatte verborgen. Als Subgenus aufgefasst müsste diese Gruppe den Namen Miscothyris führen. Gorytes modestus Radoszk. Tab. I, Fig. 3. Zur Synonymie: Olgia modesta, Radoszkowsky, Bull. Mosc. 14, fig. 39, 1891. Von dieser Art erhielt ich durch die Güte des Autors ein Exemplar zur Ansicht und bin dadurch in der Lage, eine Beschreibung der wesentlichen Charaktere zu liefern. G. modestus ist der Repräsentant einer eigenen Gruppe (Olgia), die sich durch manche Merkmale an die Gruppe des bipunctatus anlehnt. Die Augen sind gross, gegen den Clipeus deutlich convergent und vorne gröber facettirt. Fühler schwach keulig. Pronotum wulstig, im Niveau des Dorsulum liegend. Mittelsesment sehr kurz, unmittelbar hinter dem Metanotum steil abfallend. Die zweite Cubitalzelle nimmt beide Discoidal- queradern auf. Die Analzelle der Hinterflügel endet weit vor dem Ursprunge des Cubitus. Beine kräftig, mässig bedornt. Vordertarsen mit Cilien. Pulvillen deutlich. Hintertarsen nicht länger als gewöhnlich. Hinterhüften oben mit einem Dorn. Erstes Segment nicht stielartig abgesetzt, die folgenden in der Endhälfte angeschwollen, fast an Cerceris erinnernd. Sechste Dorsalplatte mit kleinem Pyeidialfelde. © Oculi satis magni, versus clipeum distincte conver- gentes. Antennarum flagellum distincte clavatum. Margo pro- noti satis latus. Sutura inter dorsulum et scutellum simplex. Mesosternum antrorsum distincete carinatum; episternum satis distincte limitatum. Segmentum mediale postice valde declive, Grabwespen. 865 brevissimum, area mediana magna, bene limitata et polita, lateribus haud divisis. Alae hyalinae; area cubitalis secunda anticarum excipit ambas venas transverso-discoidales. Alarum posticarum area analis multo ante originem venae cubitalis terminata. Pedes satis robusti, tibiis mediocriter spinosis, tarsis antieis distincete ciliatis, coxis posticis superne prope basim dente magno munitis, tarsis postieis solito non longioribus, pul- villis distinctis. Abdomen satis longum, segmento dorsali primo satis lato, haud petioliformi, apice haud coarctato, secundo, tertio quartoque in dimidio apicali dilatatis (fere ut in Genere Cerceris); segmento dorsali sexto area dorsali parva triangu- lari, distinete punctata. Segmenta ventralia forma normali. Corpus distinctissime punctatum, vix pilosum et tomen- tosum, nigrum, segmentis abdominis plus minusve rufo-varie- gatis, clipeo, orbitis latissimis anticis, margine pronoti cum callis humeralibus, episterno mesothoracis, maxima parte scu- telli, metanoto, fasciisque valde biemarginatis, medio interdum interruptis segmentorum dorsalium pallide-flavis. Antennae testaceae, scapo infra pallido, supra infuscato. Pedes ferruginei, basi infuscata, tibiis tarsisque fere omnino pallide flavis. Long. corp. 8 mm. Species palaearctica. Kopf von vorne gesehen ziemlich abgerundet, Augen gegen den Clipeus zu deutlich, aber nicht sehr stark convergent, stark gewölbt und vorne gröber facettirt. Die seitlichen Ocellen sind von einander mindestens doppelt so weit entfernt als von den Facettaugen. Stirne flach, ohne deutliche Mittelfurche. Fühler etwas weiter von einander entfernt als vom oberen Rande des Clipeus, deutlich — aber nicht stark keulenförmig. Clipeus schwach gewölbt, mit gleichmässig geschwungenem Vorder- rande. Schläfen von der Seite gesehen ungefähr halb so breit als die Facettenaugen. Rand des Pronotum besonders an den Seiten wulstartig vortretend und fast im Niveau des Dorsulums gelegen. An den Mittelbrustseiten ist die vordere nach unten ziehende Kante deutlich, setzt sich aber nicht nach hinten fort. Das Episternum ist gut abgegrenzt, das Epimerum mit dem Sternum verschmolzen. Mittelsegment auffallend kurz, unmittelbar hinter dem Metanotum steil abfallend, sein Dorsal- 866 A. Handlirsch, feld sehr gut begrenzt, nicht getheilt und durchaus glatt, die Seitenflächen ziemlich fein unregelmässig gerunzelt, die hintere, abschüssige Fläche grob punktirt. Dorsulum, Scutellum und Mittelbrust sind glänzend und grob punktirt, die Seiten des Metathorax matt, fein punktirt und gerunzelt. Vordertarsen am ersten Gliede kurz bewimpert, an den folgenden länger. Hinterschienen mit langen Endspornen. Hinterleibsringe in der Basalhälfte fein und dicht, in der erweiterten Endhälfte gröber und zerstreuter punktirt. G. modestus ist schon durch die merkwürdige Form der Dorsalsegmente auffallend, und ein weiteres hervorragendes Merkmal liegt in dem Zahn der Hinterhüften. Durch die stark gewölbten, vorne gröber facettirten Augen, das wulstig vor- springende Pronotum und das Geäder der Hinterflügel sind Beziehungen zur Gruppe des bipunctatus angedeutet. Näheres über die systematische Stellung wird sich vielleicht nach ein- gehender Untersuchung des männlichen Geschlechtes sagen lassen. Radoszkowsky hat wohl die Genitalien abgebildet, aber das genügt nicht. Soviel ist übrigens daraus zu entnehmen, dass sie denen von G. Maracandicus ähnlich sind. Die achte Ventralplatte endet in eine breite Spitze. Gorytes Maracandicus Radoszk. Zur Synonymie: Kaufmannia maracandica, Radoszkowsky, Bull. Mose. 14, f. 38, 1891. Ich erhielt 1 9° vom Berliner Museum aus Patara in Anatolien (leg. Löw), dessen Untersuchung die Ergänzung meiner Beschreibung ermöglicht. Der Gruppencharakteristik ist beizufügen: Vordertarsen des Weibes mit kurzen Cilien, nur am vor- letzten Gliede mit langen (von Radoszkowsky übersehen). Der Artbeschreibung ist beizufügen: Mittelfeld der sechsten Dorsalplatte schmal, ungefähr wie bei Gor. procrnstes, und zerstreut punktirt. Schildchen ohne Seitenflecken. [0,0] (op) SI Grabwespen. Gorytes mystaceus Linne. Der Synonymie ist beizufügen: ? Vespa campestris, Ström, Danske Vid. Selsk. Skrift. Nya Saml. III, 280, 1788. + > Mellinus myslaceus, Fabricius, Skrivt. naturh. Selsk. Kjöbenh. I (1.), 228 m, 6, 170, > — campestris, Fabricius, ibid. 226 n. 3, 1790. > — mystaceus, Fabricius, Schneiders neuestes Magaz. I, 29, 1,1791. = — campestris, Fabricius, ibid. 29, 3, 1791. ? Vespa campestris, Fischer, Vers. Naturg. Livl. 2. Ed. 344 u. 790, 1791. — 2 22Schmamke Baunanboiear 11.2) 35020. 221271802 1 Mellinus mystaceus, Schröckenstein, Verz. d. Halbkäfer etc. S. 31, 1802 (sec. D. T.). Gravenhorst, Vergl. Übers. zool. Syvalı 20, 107 (SEC; ID), 1.) 7 Sphex (Gorytes) mystaceus, Blanchard, Cuvier’s R. an. Ed. 3, I, t. 122, 1.8, 1828) (ses, DM); Gorvtes mystaceus, Staveley, Trans. Linn. Soc. Lond. XXII, S. 127 bis 134, t. 17, f. 37, 1860. — - Desmarest, Chenu. Eneyecl. hist. nat. annuelle. 145, f. 127, 18602 (sech DE): Mellinus mystaceus, Dumeril, Mem, Acad. sc. Paris. XXXI, (2) 876, 1860. Gorytes mystaceus, Girard, Traite Elem. d’Ent. II, 947, t. 73, f. 4, 1879. — — Radoszkowsky, Bull. Mose. 11, f. 24, 1891. — -—. Saunders, Hymen. acul. Brit. 105, 106, t. 14, f. 6, 1893. h ge Aus der Synonymenliste ist das Citat: » Mellin. campestris, Kabrieius, Ent. Syst. I, 287, 1793« zu streichen; es bezieht sich wahrscheinlich auf Mellinus arvensis. Ich fand G. mystaceus bei Trafoi in Tirol bis zu einer Höhe von fast 1800 m. Gorytes campestris Lepeletier. Der Synonymie gehören noch folgende Citate an: Gorytes campestris, Givard, Traite element. d’Ent. II, 948, 1879. > -— -— Radoszkowsky, Bull. Mose. 11, f. 23, 1891. > -— Fargei, Radoszkowsky, ibid. 11, f. 25, 1891. — campestris, Saunders, Hymen. acul. Brit. 105, 107, t. 14, £. 7,1.893: Von Fundorten möchte ich anführen: Armenien (Costa) und Araxesthal in Armenien (Hofmuseum). 868 A. Handlirsch, In die Gruppe des mystaceus sind noch die zwei folgenden Arten einzureihen: Gorytes Fairmairei Handlirsch. Tab. I, Fig. 13. Gorytes Fairmairei, Handlirsch, Ann. Soc. Ent. Fr. Bull. p. 155, 1893. 5 G. mystaceo affıinis et similis, sed distinete gracilior. Antennarum flagelli articuli distincte breviores quam G. cam- pestris, multo breviores quam wmystacei. Segmenti medialis area mediana distincte longitudinaliter rugosa. Alae valde lute- scentes. Tarsorum anticorum articulus secundus, tertius et quartus breves et distinctissime dilatati, longitudine multo latiores, ultimus maximus, cochleatus, i. e. oblongus et infra excavatus. Tarsi intermedii anticis similes sed distincte minus dilatati, articulo ultimo cochleato minore, primo tribus sequenti- bus longiore et distincete curvato. Tarsi postici graciles, articulo ultimo distinete cochleato sed minore quam in tarsis anticis et intermediis. Abdominis segmentum ventrale secundum a latere visum angulose productum, foveis nonnullis satis magnis praeditum. Corpus aequaliter et mediocriter punctatum, satis sparse fusco-pilosum, nigrum, clipeo, antennarum articuli primi apice, margine pronoti, callis humeralibus, fascia in meta- noto, fasciis latis segmentorum dorsalium quatuor anticorum, maculis magnis in medio marginis postici segmenti dorsalis quinti et sexti, fasciis angustis plus minusve interruptis seg- menti ventralis secundi, tertii et quarti flavis, pedes nigri, tibiis tarsisque flavis, articulis ultimis cochleatis nigris. Long. corp. 10 mm. Species Algeriensis. ar Diese. Art ist mit mystaceus und campestris sehr nahe verwandt, unterscheidet sich aber sehr leicht durch die merk- würdige Form der Tarsen, die bei den genannten Arten kaum erweitert sind. Herr Gazagnaire fand ein Exemplar bei Tlemcen (Mai 1888), ich selbst ein zweites bei der Station Col des Oliviers in den Montagnes el Kantour (Juni 1891). Die Art scheint also in Algerien weiter verbreitet zu sein. & (op) (do) Grabwespen. Gorytes stenopygus n. Sp. Tab. I, Fig. 12. G. mystaceo affinis. Caput latum. Oculorum margines antici sinuati, versus clipeum non distincete convergentes. Antennae longae, eylindricae. Sutura ‘inter dorsulum et scutellum non foveolata. Episternum mesothoracis bene limitatum. Sternum carina verticali antrorsum instructum, carina horizontali nulla. Segmenti medialis area dorsalis brevis et vix limitata, fovea mediana magna rugisque longitudinalibus distinctissimis prae- dita. Alae in parte radiali distinctissime infuscatae, venis fusco- ferrugineis, fere ut in mystaceo dispositis. Alarum posticarum area analis multo ante originem venae cubitalis terminata. Pedes fere ut in G. mystaceo constructi, tibiis tarsisque vix spinosis, tarsis anticis haud ciliatis, in mare non dilatatis, pulvillis parvis. Abdomen fere ut in G. mystaceo constructum, segmentis dorsalibus magis convexis, apice paulo coarctatis, segmento ventrali secundo a latere visum ut in mystaceo angu- lose prominente; segmento dorsali sexto feminae area dorsali parva et angustissima. Maris segmentum dorsale septimum haud occultum. Corpus paulo crassius punctatum, quam in mystaceo, lateribus mesothoracis superne transverse TUgOSis, segmento mediali fere toto rugoso, segmento ventrali secundo subtiliter punctulato punctis maioribus sparsis. Corpus satis dense brunneo pilosum et tomentosum, nigrum, clipeo apice eXcepto, margine pronoti cum callis humeralibus, metanoto, fasciis angustis segmenti dorsalis 1. -4. (9) vel 1-5 (EC) flavis. Antennae et pedes feminae ferruginei; maris antennae nigrae, pedes fusci tibiis tarsisque pro parte brunneis, tibiis extus flavolineatis. Long. corp. 10 mm. Species Malayana. Diese Art stimmt in den Gruppencharakteren mit mysta- ceus vollkommen überein. Der Körper ist etwas gedrungener, das Mittelfeld des Medialsegmentes weniger deutlich begrenzt und mit gröberen Runzeln bedeckt, die sich über die Grenze hinaus fortsetzen. Das zweite Ventralsesment ist dem von campestris ziemlich ähnlich, nicht so grob punktirt wie bei mystaceus. Die Dorsalsegmente sind stärker gewölbt und in Folge dessen etwas von einander abgeschnürt. 870 A. Handlirsch, Ich untersuchte 1 9 aus Celebes, Eigenthum des Buda- pester Museums, und 1 J aus Luzon, Eigenthum des Berliner Museums. Unmittelbar an die Gruppe des mystaceus schliesst sich die folgende neuseeländische Art an: Gorytes carbonarius Smith. Gorytes carbonarius, Smith, Catal. Hymen. Ins. IV, 366, 25, f? 1856. — -— Hutton, Catal. New Zealand Hymen. 104, 1881. ! =-- trichiosoma, Cameron, Mem. and Proc. ofthe Manchester Litte- rary and Philosoph. Soc. 4 Ser. I (21.) Z' 1888. * Mas. Caput latum temporibus oculis distincte angustiori- bus, oculis versus clipeum distinete convergentibus. Antennae longae et graciles, flagello cylindrico. Sutura inter dorsulum et scutellum distincte foveolata. Episternum et epimerum meso- thoracis a sterno et inter se separata. Area dorsalis segmenti medialis limitata, distincte divisa et versus apicem in margine rugosa. Area cubitalis secunda alarum anticarum excipit ambas venas transverso-discoidales. Area analis alarum posticarum longe ante originem venae cubitalis terminata. Abdominis seg- mentum primum breve et latum, apice non coarctatum. Segmen- tum ventrale secundum ut in G. mystaceo a latere visum angu- lose-productum. Pedes mediocriter graciles, tibiis vix spinosis, tarsis antieis non ciliatis, pulvillis distinctis. Segmentum ven- trale octavum apice non furcatum. Corpus nigrum, satis sub- tiliter et mediocriter dense punctatum, capite et thorace dense et satis longe atro-pilosis, abdomine breviter piloso. Long. corp. 9 mm. Kopf mässig gross, Stirne breit, die Facettaugen jedoch gegen den Clipeus deutlich convergent. Von vorne gesehen ist der Scheitel in der Gegend der Ocellen stark erhaben; diese liegen in einem stumpfwinkeligen Dreiecke, dessen Basis fast mit der Verbindungslinie der Facettaugen zusammenfällt. Die beiden seitlichen sind von einander so weit entfernt als von den Facettaugen. Schläfen von der Seite gesehen deutlich schmäler als die Facettaugen. Fühler so weit von einander entfernt als von den Facettaugen und nahe am Clipeus inserirt; Grabwespen. 871 ihr Schaft ist nur wenig länger als das vierte Glied, dieses nur wenig länger als das dritte. Im Ganzen ist die Geissel sehr schlank, fast cylindrisch und so lang als Kopf und Thorax zusammen. Ihre Glieder sind einander fast gleich und einzeln ungefähr doppelt so lang als,breit. Stirne ohne deutliche Mittel- strieme. Clipeus schwach gewölbt mit etwas niedergedrücktem Vorderrande. Thorax kurz und mässig gedrungen, der Rand des Pronotum schmal und etwas unter dem Niveau des Dor- sulum gelegen. Dieses ist schwach gewölbt, in der Mitte vorne mit einem sehr kurzen Längseindrucke versehen, zu beiden Seiten desselben mit je einer längeren feinen Strieme und ausserdem an den Seiten neben dem aufgebogenen Rande je mit einer kurzen eingedrückten Linie. Schildchen flach, vom Dorsulum durch eine deutlich grubige Naht getrennt. Meta- notum flach, ohne Auszeichnung. Mittelbrust vorne mit einer deutlichen kurzen Kante, die nicht bis auf die Unterseite reicht. Episternum durch eine deutlich grubige Naht abgesondert, Epi- merum vom Sternum durch eine einfache, undeutliche Furche geschieden. Mittelsegment kurz, hinten steil abfallend, sein Mittelfeld ziemlich deutlich begrenzt, durch eine deutliche Längsfurche getheilt und nur gegen das Ende zu am Rande runzelig, die abschüssige Fläche ist stark lederartig gerunzelt und mit vier kurzen, gegen die Insertion des Hinterleibes ziehenden Kielchen versehen. Flügel gross und lang, in der Basalhälfte fast hyalin, aber gegen den Rand zu deutlich gebräunt; Geäder dunkel. Die zweite Cubitalzelle nimmt die beiden Discoidalqueradern ungefähr in gleichen Abständen hinter der ersten und vor der zweiten Cubitalquerader auf. Die Analzelle der Hinterflügel endet weit vor dem Ursprunge des Cubitus. Beine mässig schlank; Schienen kaum bedornt, Vordertarsen nicht bewimpert, Pulvillen gut entwickelt. Hinter- leib ähnlich geformt wie bei mystaceus, sein erstes Segment kurz und breit, vom zweiten nicht abgeschnürt. Zweite Bauch- platte wie bei G. mystaceus vorne fast rechteckig höckerartig vorragend. Siebente Dorsalplatte nur sehr wenig unter der sechsten vorragend. Achte Bauchplatte in eine ungetheilte Spitze endend. 872 A. Handlirsch, Punktirung: ziemlich fein und mässig dicht und nicht in eine gröbere und feinere zu scheiden. Stirne und Clipeus matt und sehr dicht punktirt; das Mittelfeld des Medialsegmentes ist fast glatt. Zweite Bauchplatte mit wenigen gröberen Punkt- eindrücken versehen. Die schwarze Behaarung ist auf Kopf und Thorax reich- lich und ziemlich lang, auf dem Hinterleibe viel kürzer. Die Färbung ist durchaus schwarz. Diese neuseeländische Art gehört in die nächste Nähe von G. mystaceus, bildet jedoch wahrscheinlich eine eigene Gruppe, denn nach Smith sind im weiblichen Geschlechte die Vordertarsen bewimpert, auch ist die Naht zwischen Dor- sulum und Scutellum grubig. Die folgenden zwei Arten bilden eine eigene Gruppe, die sich wohl am besten in der Nähe von mystaceus unterbringen lässt. Augen gegen den Clipeus deutlich convergent. Fühler schwach keulenförmig, ihr Endglied stark gekrümmt, der Schaft kurz und dick. Rand des Pronotum gut entwickelt. Sutur zwischen Dorsulum und Scutellum grubig. Mittelbrust vorne mit mehr oder minder deutlicher verticaler Kante. Epi- sternum deutlich, Epimerum undeutlich begrenzt. Mittelseg- ment kurz, mit deutlichem Mittelfeld und kenntlicher Stigmen- furche. Geäder ähnlich wie bei der mystacens-Gruppe; die zweite Cubitalzelle nimmt beide Discoidalqueradern auf; Anal- zelle der Hinterflügel vor dem Ursprunge des Cubitus endend. Beine mässig bedornt. Tarsen von normaler Länge. Pulvillen nicht sehr gross. Vordertarsen mit Cilien (0!). Hinterleib kurz und robust, das erste Segment ähnlich wie bei mystacens, nicht stielartig und am Ende nicht eingeschnürt. Zweite Ventralplatte gewölbt. Viertes, fünftes und sechstes Ventralsegment mit langen Wimperhaaren. Siebentes Dorsalsegment klein, abge- rundet, siebentes Ventralsegment verborgen, achtes in eine breite Spitze endigend, an der Basis wie bei anderen Gorytes- Arten mit drei Muskelansätzen. Grabwespen. 875 Durch den Thoraxbau und das Geäder an die mystaceus- Gruppe erinnernd, durch die convergenten Augen aber davon verschieden. Eine genauere Gruppencharakteristik kann erst nach dem Bekanntwerden des @ gegeben werden. Gorytes dizonus n. Sp. Tab. I, Fig. 22. S Oculi versus clipeum distincete convergentes. Antennae Satis longae, vix clavatae, articulo ultimo curvato. Thorax robustus, sutura antica scutelli foveolata, episterno mesothora- cis bene limitato, sterno vix carinato. Segmentum mediale breve, area dorsali lata, sat distincte limitata et longitudinaliter rugosa. Alae in margine radiali satis obscurae, venis fuseis, fere ut in G. mystaceo dispositis; alarum posticarum area analis multo ante originem venae cubitalis terminata. Pedes statura normali, tibiis mediocriter spinosis, pulvillis distinctis, tarsis anticis breviter ciliatis. Abdomen satis robustum, segmento secundo dorsali et ventrali satis globosis, segmento primo dor- sali apice haud coarctato. Segmenta ventralia 4, 5. (et? 6.) ciliis longis praedita. Dorsulum dense et subtiliter punctulatum, punctis maioribus distinctis sparsis. Scutellum, metanotum et pars horizontalis segmenti medialis longitudinaliter rugosa, latera mesothoracis transverse rugosa, latera metathoracis et segmenti medialis alutacea; pars decliva segmenti medialis irregulariter rugosa. Abdomen in dorso dense punctulatum punctis paulo maioribus sparse immixtis, in ventre nitidum, sparse et mediocriter crasse punctatum. Caput et thorax griseo- pilosa, abdomen in dorso dense fusco tomentosum. Corpus nigrum, clipeo, margine antico excepto, orbitis anticis, fascia pronoti, callis humeralibus, fascia segmenti 1. et 3. flavis, segmentis analibus brunneis. Antennae nigrae, scapo infra pro parte flavo. Pedes nigri, geniculis tibiisque ferrugineis, tarsis anticis et intermediis ferrugineis, postieis flavis, articulis in apice infuscatis. Long. corp. 11 mm. Species Australensis. 1 & (sehr defect) aus Victoria, Eigenthum des Stutt- garter Museums. Sitzb.d. mathem.-naturw. E1.; CIV. Bd., Abth.T. 57 874 A. Handlirsch, Stirne ohne Längsstrieme, Clipeus breit, fast trapezförmig, vorne gerandet, in der Mitte deprimirt. Ocellen in einem sehr stumpfen Winkel angeordnet, die hinteren ungefähr so weit von einander als von den Facettaugen. Rand des Pronotum gut entwickelt, nicht weit unter dem Niveau des Dorsulum gelegen. Radialzelle schlank, zweite Cubitalzelle oben stark verschmälert, dritte oben fast breiter als unten. Cubitus bis nahe zum Rande fortgesetzt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Art mit bellicosus Smith identisch oder nahe verwandt ist, doch lässt sich ohne Vergleich mit der Type nichts Sicheres sagen. Gorytes ciliatus n. sp. Mas. Oculi versus clipeum distincte convergentes. Anten- nae satis longae, vix clavatae, articulo ultimo curvato. Thorax robustus, sutura inter dorsulum et scutellum foveolata, epi- sterno mesothoracis bene, epimero indistincte limitato, sterno antice sat distincte carinato. Segmentum mediale satis breve, convexum, area mediana optime limitata et divisa, polita. Alae distincte lutescentes, apicem versus infumatae, venis ochra- ceis, fere ut in G. mystaceo dispositis. Alarum posticarum area analis distincte ante originem venae cubitalis terminata. Pedes statura normali, tibiis mediocriter spinosis, tarsis anticis distinete ciliatis articulo primo et ultimo distincetissime dila- tatis. Tibia antica angulo apicali externo valde spinoso pro- ducto. Abdomen robustum segmento primo satis lato apice non coarctato, segmento secundo dorsali valde convexo, ven- trali parum convexo; segmento dorsali septimo libero, ventrali occeulto. Segmenta ventralia 4—6 basim versus ciliis longis rufis praedita. Totum corpus superne dense et subtiliter punctulatum et tomentosum, nigrum, orbitis anticis, parte frontis sub antennis sita, clipeo, labro, margine pronoti cum callis, macula epister- nali, lateribus dorsuli, macula centrali scutelli; area mediana segmenti medialis, maculis magnis segmenti dorsalis primi, dimidio basali secundi, macula centrali marginis apicalis tertii, fasciis latis apicalibus 4., 5. et 6. segmentoque ventrali secundo Grabwespen. 875 fere toto ochraceo-flavis. Antennae et pedes testacei. Long. corp. 13 mm. Species Australensis. Diese auffallende Art ist mit dizonmns entschieden nahe verwandt. Fühler, Kopf und Flügel sind sehr ähnlich. Stirne mit einer Mittelstrieme. Die Ocellen liegen so nahe an einander, dass die Entfernung zwischen der vorderen und den seitlichen geringer ist als der Durchmesser einer Ocelle; die hinteren sind ungefähr so weit von einander entfernt als von den Facett- augen. Auffallend ist die Bildung der Vordertarsen, die sehr an G. Fairmairei aus der mystacens-Gruppe erinnert. An den Mittelschienen sehe ich nur einen Sporn und einige kleine Dörnchen. Es kann sein, dass der zweite Sporn abgebrochen oder sehr reducirt ist. Ich untersuchte 1 9’ aus Adelaide, Eigenthum des Ber- liner Museums. Gorytes fuscus Tasch. In der Synonymie ist nachzutragen: Gorytes fuscus, Cameron, Biolog. Centr. Amer., U, Tab. V, Fig. 10, 1890. Als Fundorte sind zu erwähnen: Temax in Northern Nucaran und San Joagqguim in’ Vera Paz, Guatemala (nach Cameron). In die Gruppe des G. fuscus sind noch die beiden hier folgenden Arten einzureihen: Gorytes Jordani n. sp. G. fusco valde similis et affinis. Caput latum, oculis versus clipeum vix convergentibus. Anguli laterales clipei maris setulis nonnullis longioribus muniti. Antennae- (J’) articulis 3.—9. postice paulo arcuato-prominentibus, 10. et 11. postice paulo arcuato excavatis. Mesosternum ut in G. fusco constructum et carinatum. Alae ut in G. fusco, area anali posticarum paulo post originem venae cubitalis terminata, anticae in parte radiali valde infumatae. Pedes et abdomen ut in fusco. Area mediana segmenti medialis vix limitata, solum prope basim strigis non- nullis indistinctis longitudinalibus, praeterea fere laevis. Thoracis Dres 876 A. Handlirsch, dorsum magis distincte punctatum, quam in G. fusco, abdominis dorsum paulo subtilius sed crebrius punctatum. Area mediana segmenti 6. ? magna, elongata. Corpus ut in G. fusco dense tomentosum, nigrum, fasciis latissimis obscure flavis in segmentis dorsalibus et ventralibus 3.—5., segmento 6. pro parte flavo (segmento septimo J occulto). Antennae nigrae. Pedes fuseci, tibiis tarsisque anticis et inter- mediis antrorsum brunneis. Long. corp. 10— 12 mm. Species neotropica. Dem @. fuscus, robustus und Iheringi sehr nahe stehend und besonders dem ersteren sehr ähnlich, an den fast ganz verschwundenen Längsrunzeln des Mittelfeldes des Medial- segmentes aber sofort zu unterscheiden. Durch den kleinen Bart in den Ecken des Clipeus (J’) ist wohl eine Beziehung zur Gruppe des Jatifrons etc. angedeutet. Beide Gruppen lassen sich übrigens kaum scharf trennen. 1 d von Dr. PaulJordan aus Paraguay, 1 9 vom Berliner Museum. Gorytes Iheringii Handl. Gorytes Iheringi, Handlirsch, Ann. k. k. naturh. Hofmuseum in Wien, VIII, 276, 1893. G. robusto et fusco simillimus. Femina. Caput latum, oculis versus clipeum non conver- gentibus. Antennarum scapus articulo tertio longior, flagellum versus apicem vix incrassatum. Thorax robustus; dorsulum et scutellum sutura foveolata separata. Mesosternum ab episterno et epimero vix separatum et carina longitudinali distinctissima munitum. Segmentum mediale rotundatum, area mediana magna, lata, indistincte limitata et rugis circa 18 longitudinalibus munita. Alae lutescentes, in parte radiali macula obscura signatae. Area analis alarum posticarum paulo post originem venae cubitalis terminata. Tibiae satis spinosae. Metatarsus pedum anticorum versus apicem magis incrassatus quam in G. fusco, minus quam in robusto. Tarsi antici distinctissime ciliati. Abdomen breve, sesmento dorsali secundo fere globoso, segmento ventrali secundo haud angulose prominente. Area mediana segmenti sexti latitudine dimidio longior, in medio haud carinata et sparse crasse punctata. za Grabwespen. 877 Thorax et abdomen distinctissime punctata et valde tomen- tosa. Totum corpus nigrum, orbitis anticis, margine antico clipei, fascia angustissima pronoti, maculis minimis in margine postico scutelli, fasciisque angustissimis in margine apicali segmentorum 2—5 flavis. Segmentum sextum omnino nigrum. Antennae nigrae, infra flavae. Pedes nigri, tibiis quatuor anticis et tarsis anticis antrorsum flavis. Long. corp. 12 mm. Species neotropica. Diese Art steht, wie bemerkt, dem G. fuscus und robustus sehr nahe; mit ersterem stimmt sie in Bezug auf die deutlich erhaltene Längskante der Mittelbrust, mit letzterem in dem verhältnissmässig breiten Mittelfelde des Endsegmentes überein, von beiden ist sie an dem ganz schwarzen Endsegmente zu unterscheiden. In der Grösse und Form hält die Art zwischen den beiden Genannten die Mitte, schliesst sich aber in Bezug auf die übrigen Merkmale enger an fuscus an. Die gelben Zeichnungen des Hinterleibes sind viel spärlicher als bei beiden Arten, die Binden schmäler und die Unterseite ganz schwarz. Ich untersuchte ein Exemplar aus Rio grande do Sul in Brasilien, welches daselbst von Dr. Ihering, dem ich die Art zu widmen mir erlaube, gesammelt wurde. Gorytes semipunctatus Taschenberg. Bei einem weiblichem Exemplar aus dem Berliner Museum endet die Analzelle der Hinterflügel etwas vor dem Ursprunge des Cubitus. In die Verwandtschaft des fuscus gehört auch Gorytes iridipennis Smith. Cf. Monogr. S. 838. DO Facies lata, oculis versus clipeum haud distincte con- vergentibus, antennis gracilibus et brevibus. Thorax minus robustus quam in G. fusco etc. Sutura inter dorsulum et seutellum foveolata. Mesosternum carina longitudinali et trans- versa distincta munitum. Episternum et epimerum vix limitata. Segmentum mediale rotundatum, area mediana satis magna, vix limitata et distinctissime longitudinaliter rugosa. Alae fere 878 A. Handlirsch, hyalinae, valde iridescentes, anticae macula magna obscura in parte radiali, stigmate lutescente, venis fuscis. Alarum posti- carum area analis in origine venae cubitalis terminata. Pedes solito non robustiores, tibiis tarsisque satis spinosis, tarsis antieis distinctissime cilialis, pulvillis magnis. Abdomen gracilius quam in G. fusco, segmento prime satis brevi, apice non coarc- tato. Segmentum dorsale 6. area dorsali fere semielliptica, satis brevi et crasse punctata. Segmentum ventrale secundum modice convexum, nitidissimum et crasse punctatum. Thoracis et segmenti medialis dorsum sparse et satis crasse punctatum, latera laevia. Segmentum dorsale primum fere laeve, 2. sparse et subtiliter punctatum, reliqua densius et crassius punctata. Corpus nitidum, parum tomentosum, nigrum et in thorace paulo aenescens, clipeo, orbitis anticis et posticis, margine pronoti cum callis humeralibus, macula episternali, scutello, metanoto, maculis magnis segmenti medialis, fasciis mediocriter latis segmenti dorsalis 1.—D., fasciisque angustis segmenti ventralis 2.—D. laete flavis. Antennae nigrae, infra flavae, pedes fusci, ferrugineo-variegati, tibiis antrorsum flavis. Long. corp. 8 mm. Species neotropica. 1 9 aus Brasilien, Eigenthum des Budapester Museums. Vorderflügel mit einem kleinen dunklen Fleck an der Basis der ersten Cubitalzelle und einem grossen auf der Radialzelle, der sich auf den oberen Theil der zweiten und dritten Cubitalzelle ausdehnt. Die Art ist an der Sculptur und Farbe leicht zu kennen und entschieden mit fuscns und Consorten nahe verwandt. Nach @. sepuleralis ist einzufügen: Gorytes austerus Handl. Gorytes austerus, Handlirsch, Ann. k.k. naturh. Hofmus. Wien, VII, 277, 1893. G. sepnlerali similis. Mas. Caput latum, postice marginatum. Oculi versus clipeum distinete convergentes. Antennae satis robustae, scapo articulo Grabwespen. 879 tertio longiore. Articuli sequentes usque ad nonum infra arcuate prominentes, articulus nonus latissimus, — decimus infra valde excisus, undecimus et duodecimus infra paulo excisi, ultimus praecedentibus minor. Thorax robustus, mesosterno carina longitudinali distincta munito. Episternum et epimerum inter se separata sed cum sterno confusa. Sutura inter dorsulum et scutellum foveolata. Segmentum mediale convexum, area mediana lata trianguları sulcis latis transverse striatis circum- data et divisa, irregulariter rugosa munitum; parte decliva valde reticulata, in medio haud sulco distinceto divisa. Alae satis fumatae, in parte radiali obscuriores, venis nigricantibus, costa, subcosta et stigmate laete ochraceis. Area cubitalis tertia superne distinctissime angustata. Area analıs alarum posticarum in origine venae cubitalis terminata. Tibiae spinosae. Abdo- minis segmentum primum multo brevius et robustius quam in G. sepulcrali, apice non coarctatum; segmentum dorsale secundum gibbum,— ventrale fere planum. Segmentum septimum distincte prominens. Thorax et caput laevia, abdomen punctis parvis multo magis distinctis quam in G. sepulcrali sparse obtectum. Totum corpus dense ochraceo tomentosum, atrum, fasciis angustis in segmentis 2—D luteis. Antennae et pedes nigri. Long. corp. 10 mm. Species neotropica. Diese Art ist bei oberflächlicher Untersuchung dem sepul- cralis und seminiger ähnlich, weicht aber dennoch durch mehrere sehr wesentliche Charactere von diesen Arten ab. Die Fühler sind höchst auffallend geformt. Die Geissel- glieder nehmen bis zum neunten allmälig an Länge ab, an Breite zu und sind unten deutlich bogenförmig erweitert; das 10. Glied ist an der Basis noch so breit als das neunte und wird durch einen bogigen Ausschnitt plötzlich verjüngt, so dass es am Ende kaum mehr als halb so dick ist als das neunte. Das 10. Glied ist etwas länger als das vorhergehende und die beiden folgenden einzeln; die letzteren sind unten einfach aus- gebuchtet. Das Endglied ist sehr kurz und schmäler als das vorhergehende. Die seitlichen Ocellen sind entschieden weiter von einander entfernt als von den Facettenaugen. Der Thorax 880 A. Handlirsch, ist dem des sepulcralis ungemein ähnlich. Die Furche, die bei sepulcralis das Episternum vom Epimerum trennt, fehlt hier. Das Mittelsegment ist ganz ähnlich wie bei sepulcralis, d.h. die Mittelfurche des Mittelfeldes ist nicht auf den abschüssigen Theil fortgesetzt, und der Raum zwischen der Mittelfurche und den Seitenfurchen zeigt nur schwache, unregelmässige Runzeln, nicht wie bei seminiger scharfe Kiele. Die Flügelfärbung ist sehr verschieden. Die Vorderflügel sind an der Wurzel kaum dunkler als am Saume, die Radial- und erste Cubitalzelle sind am stärksten beraucht. Auffallend ist der bis zum Stigma gelbe Costalrand. Auch die Hinterflügel sind gleichmässig getrübt, am Vorderrande gelb. Die dritte Cubitalzelle ist ähnlich wie bei seminiger. Der Metatarsus der Hinterbeine ist viel breiter und im Verhältnisse zu den folgenden Gliedern auch länger als bei sepulcralis. Der Hinterleib ist bedeutend robuster und gedrungener als bei beiden genannten Arten, besonders das erste Segment ist dicker und breiter, ähnlich wie bei den Arten aus der Gruppe des fuscus. Die Punktirung ist besonders an den Seiten des zweiten Segmentes deutlich. Von den beiden anderen Arten der Gruppe, Cayennensis und scnatellaris ist austerus sehr leicht an dem Mangel gelber und rother Thoraxzeichnungen zu unterscheiden, ausserdem an der: Flügelfärbung u. s.w. Auch von der mir unbekannten Art Brasiliensis Shuck. dürfte austerus durch die Flügelfarbe gut zu trennen sein. Ich untersuchte ein Exemplar aus Rio grande do Sul, von Dr. Ihering gesammelt. Gorytes tristrigatus Fabr. d Augen gegen den Clipeus deutlich convergent, dieser mit kleinem Bart in den Seitenecken. Fühler etwas keulen- förmig, dicht behaart, ihre Geisselglieder einfach, ohne Aus- kerbung oder Vorragung. Das siebente Segment ganz hinter dem sechsten verborgen. Fühler schwarz, nur das erste Glied unten licht. 4 5 vom Berliner Museum. Portorico. Grabwespen. Ss8l ” Gruppe des Gorytes punctuosus. In meiner Monographie habe ich, dem Beispiele Schenck's folgend, G. punctatus Kirschb. und punctuosus Eversm. vereinigt. Ich hielt mich hiezu umsomehr für berechtigt, als Eversmann selbst (cf. Schenk) die Zusammengehörigkeit beider Arten zugab. Ausserdem zog ich auch A. Ottomanus Mocs. zu derselben Art und legte auf den Sculpturunterschied (cf. S. 400) wenig Werth. Damals hatte ich nur einige weibliche Individuen des Offomanus vor mir, die, abgesehen von der Sceulptur und Farbe, wirklich nur sehr schwer von punctatus zu unterscheiden sind. In neuester Zeit ist es mir nun durch Vermehrung des Materiales und namentlich durch die Kenntniss des d gelungen, den Offomanus als Art zu charakterisiren. Ausserdem erhielt das Hofmuseum 2 d einer dritten, nahe verwandten Art aus dem Araxes-Thale in Armenien. Welche von den drei Arten ist nun punctnosus Eversm., dessen Beschreibung auf alle drei passt? Herr Dr. F. Morawitz war so liebenswürdig, die in der Sammlung der Entomologischen Gesellschaft zu Petersburg aufbewahrten Typen Eversmann'’s mit Exemplaren meiner drei Arten zu vergleichen, und er constatirte, dass der Name punctuosus der Art aus dem Araxes-Thale zukomme. Die Arten der Gruppe sind also in folgender Weise aufzufassen: Gorytes punctatus Kirschbaum. Tab. I, Fig: 16. > Psammaecius punctulatus, Lepeletier, Ann. Soc. Ent. Fr., I, 72, 1 (var. @), 1832. > _—_ — -—. Hist. nat. II, 75,1 (var. 9), 1845. Hoplisus punctatus, Kirschbaum, Stett. Ent. Zeit., XIV, 45, 2, 1853 — — -— Über Hopl. punctatus ete., 3, g' 2, 1855. — — Schenck, Grabwespen Nassaus, g’ 9, 171, 4, 1857. I 0 — Crassicornis, Costa, Fauna di Napoli, 53, t. XIV, f. 7, ', 1859. ! — maculipennis,Giraud, Verh.zool. bot. Ges., Wien, XI, 106, /', 1861. > — Craverii, Costa, Ann. Mus. zool. Napoli, V, 83, 9, S' , 1869. ı> -— Crassicornis, Costa, Ann. Mus. zool. Napoli, V, 84, 11, 5’, 1869. ! — punciulatus, Chevrier,Ent. Ges. Schaffhausen, III, 272, 5 2,1870. — Craverü, Costa, Ann. Mus. zool. Napoli, VI, 95, 5, t. II, £.5 DS. NBzL ' 882 A. Handlirsch, ! Gorvtes punctuosus, Handlirsch, Monogr., IN, 395 (Q), 1888. ! — Otlomanus, Handlirsch in Schletterer Hymenopterenf. von Istrien, S. 32, 1894. G. punctnoso et punctato similis et valde affinis, fronte in mare infra minus angustata, antennis in d minus incrassatis, corpore et imprimis abdomine densius et minus crasse punctato picturisque albido-flavis distinguendus. Segmentum dorsale secundum prope basim haud transverse impressum. Die Stirne ist im männlichen Geschlechte breiter, und die Augen convergiren nicht so deutlich nach unten, so dass die Breite der Stirne in der Ocellengegend nur um ein Fünftel mehr ch Grabwespen. 889 beträgt als in der Fühlergegend. Die Fühler sind (J) schlanker als bei pumctatus, und das siebente Glied ist unten weniger gewölbt als die zwei vorhergehenden und die zwei folgenden. Thorax und Hinterleib ganz ähnlich wie bei punctatus, ebenso die Flügel und Beine. Das zweite Segment wie bei pumnctatus ohne Quereinschnürung nahe der Basis. Die Punktirung ist in beiden Geschlechtern, namentlich auf dem Hinterleibsrücken dichter und viel weniger grob als bei punctuosus. Die Zeich- nungen Sind ganz ähnlich, nur nicht so rein gelb, mehr weisslich. Beine rostroth, mit dunkler Basis. Grösse und Gestalt wie bei punctatus. Der Bart an den Ecken des Clipeus kürzer als bei punctatus J'. re aus Umesarn (Mus. Vindoben), | <& Pola (leo. Semlevceven), | oO aus Griechenland (Mus. Vindobon. leg. Krüper), 1 9 aus Tultscha in der Dobrudscha (Mus. Vin- dobon.), 1 @ aus Lesina (Mus. Vindobon.), 1 9 aus Vrana in Dalmasıen (les De Sturany), | o aus-Uwmae in Bosnien (Mus. Budapest), 1 9 aus Kleinasien (Mus. Budapest). Die Art ist also im östlichen Mittelmeergebiete verbreitet. Gorytes punctuosus Eversmann (nec Handlirsch, 1888). Tab. I, Fig. 14. “ RN Hoplisus punctuosus, Eversmann, Fauna Volgo-Ural., 393, 3, 1849 (! teste Morawitz). G. punctato et Ottomano similis et valde affinis. Fronte in mare distincte minus angustata quam in punctato, fere ut in Ottomano. Antennis fere ut in G. Oftomano sed paulo crassio- ribus, articulis 5, 6, 8 et 9 infra distincte magis prominentipus. Segmentum dorsale secundum prope basim distincte transverse impressum. Thorax paulo subtilius punctatus quam in G. Otto- mano, multo subtilius quam in G. punctato. Abdomen fere ut in G. Otlomano, subtilius quam in G. punctato sculpturatum. Picturae satis pallide flavae. Diese Art sieht den beiden Genannten so auffallend ähnlich, dass eine Unterscheidung nur bei grosser Aufmerksamkeit möglich wird. Die Grösse, Gestalt, Farbe der Flügel etc. und selbst die Vertheilung der Zeichnungen sind bei allen dreien nahezu gleich. Bei punctnosus ist die Stirne wie bei Offomanus nach unten weniger verschmälert als bei punctatus. Die Fühler 884 A. Handlirsch, sind deutlich dicker als bei Offomanus und der Bart ist wie bei dieser Art kürzer als bei punctatus. Ein guter Unterschied von beiden Genannten dürfte in der nahe an der Basis gelegenen deutlichen Einschnürung der zweiten Dorsalplatte zu suchen sein. Von punctatus ist punctuosus durch die viel feinere Sculptur zu trennen, schwieriger von Otflomanus. Araxes-Thal in Armenien (2 J Mus. Vindobon.), Vor- berge des Ural (Eversmann), Astrachan (M. Bogdo, Morawitz). Gorytes latifrons Spinola. Tab. 1, Fig. 21. ? Arpactus pulchellus, Radoszkowsky, Bull. Mose, 15, Fig. 41 (exelus. Synon.), 1891. Als Fundort ist anzuführen Barcelona (leg. Antiga). In die Gruppe des pumctatus und latifrons gehören noch folgende Arten der alten Welt: Gorytes Quedenfeldti n. sp. Tab. I, Fig. 18. 5 G. punctnoso et Otlomano similis et valde affinis, fronte superne tertia parte latiore quam inferne, antennis brevi- oribus, infra solum in articulo 5. et 9. paulo incrassatis. Area mediana segmenti medialis parva, rugis 10 validis divergen- tibus praedita. Sepmentum dorsale 2. basi ut in punctuoso depressum. Sculptura ut in G. pumctuoso. Carina mesosterni haud distincte spinoso-prominens. Macula obscura alarum distinetissima. Clipeus, orbita lata antica, margo pronoti cum callis humeralibus, scutellum, fasciae mediocriter latae segmenti l. et 2., fasciae in lateribus abbreviatae 3. et 4. pallide flava. Pedes ferruginei, tibiis tarsisque anticis et intermediis paulo flavescentibus. Long. corp. 10 mm. Spee. Algeriensis. Diese Art steht dem pumctatus, punctuosus und Ottomanus sehr nahe. Mit punctnosus stimmt das an der Basis flach- gedrückte zweite Dorsalsegment und die Sculptur überein; das Mittelfeld des Medialsegmentes ist ähnlich wie bei punctatus und hat weniger Längsfalten als bei Offomanus und punctuosus. Die Fühler sind im Ganzen kleiner als bei gleich grossen Grabwespen. 889 Exemplaren der drei genannten Arten und nur an der Unter- seite des 5. und 9. Gliedes deutlich erweitert. Die Stirne ist oben um !/, breiter als unten, der Bart des Clipeus gut entwickelt. Die dritte und vierte Ventralplatte tragen vor dem Hinterrande je einen deutlichen Querwulst, der bei den drei obgenannten Arten höchstens angedeutet ist, oder ganz fehlt. Mit dem gleich- falls algerischen G. Gazagnairei und mit Jatifrons ist eine Verwechslung wohl ausgeschlossen. Ich untersuchte ein von dem leider so früh seiner rastlosen Sammelthätigkeit durch den Tod entrissenen Lieutenant Quedenfeldt in Algerien (Blidah-Medeah) gesammeltes männliches Exemplar, Eigenthum des Berliner Museums. Gorytes Gazagnairei Handlirsch. Tab. 1], Fig. 17. Gorytes Gazagnairei, Handlirsch, Ann. Soc. Ent. Fr. SG 9 G. punctato etc. affinis et similis, sed facillime distinguendus. Corpus robustius. Oculi versus clipeum distincte magis convergentes. Margo anticus clipei maris in lateribus valde sinuatus, angulis lateralibus barba brevi sed distinctissima instructis. Antennae maris crassiores quam in pumctuoso, imprimis in parte apicali, articulis 5. 8. et 9. infra valde pro- minentibus. Antennae feminae distincte clavatae, fere ut in pumctuoso constructae Thorax fere ut in punctuoso satis crasse et crebre punctatus, segmento mediali rugoso-punctato, area mediana longitudinaliter oblique rugosa. Mesosternum in mare dentibus magnis distinctissimis lateralibus armatum, in femina denticulis vix conspicuis. Alae anticae in parte radiali macula fusca multo obscuriore quam in pumctato instructae, venis cubitalibus et discoidalibus basim versus plus minusve infumatis. Abdominis segmentum primum, valde convexum et minus dense et crasse punctatum, quam secundum. Segmenta ventralia distincte magis convexa quam in punctnoso. Segmentum ventrale sextum maris valde convexum, fere tuberculatum. Corpus nigrum, orbitis anticis in mare latis in femina angustis, clipeo (in J’ toto, in 9 solum margine superiore) margine pronoti cum callis humeralibus, macula mesopleurali maris, fascia scu- telli fasciisque in segmentis dorsalibus quatuor anticis, quarum 886 A. Handlirsch, ultima in ’lateribus plus minusve abbreviata est, saturate flavis. Antennae nigrae, scapo infra in mare flavo, in femina ferrugineo. Pedes obscure ferruginei, basim versus nigricantes. Long, corp. 08.50 10 mm. Spec. Algeriensis. Von den Verwandten leicht durch die Fühlerform, den Clipeus und den Mesosternaldorn zu unterscheiden, im weib- lichen Geschlechte überdiess durch die viel intensiver gefärbten Flügel und die zartere Punktirung des Hinterleibsrückens. Von Herrn Dr. Gazagnaire Ende April 1883 bei Nemoures gefangen. Gorytes curtulus Costa. Tab. I, Fig. 20. ! Gorytes (Hoplisus) curtulus, Costa, Rendie. Acad., Nap., fasc. 4, 1893. ! — curtulus, Costa, Atti Acad. Nap., 2.ser., V.No.14,7,t.4.f.2.1893. d G. latifronte similis sed distincte robustior. Antennae distincte crassiores imprimis in articulis quatuor ultimis; articuli 6--9 infra aequaliter prominentes. Alae multo magis lutescentes quam in G. latifronte et punctato macula fusca distincta. Ab- dominis segmentum primum magis convexum, a secundo ergo melius separatum. Segmentum ventrale sextum haud distincte convexum. Sculptura fere ut in G. pumctato in segmento primo distincte crassior et magis densa quam in Jatifronte. Corpus nigrum, orbits anticis, clipeo, margine pronoti, callıs humeralibus, macula mesopleurali, antennarum scapo fere toto, fascia scutelli, fasciis latis segmentorum tria anticorum, macula oblonga in medio marginis postici quarti, maculisque latera- libus segmenti ventralis secundi et tertii flavis. Pedes lutei, femoribus superne, tibiis posticis superne, coxis, trochanteribus apiceque articulorum tarsi postici fuscis. Long. corp. 79 mm. Species Tunetana. Der Kopf und der Bart sind ganz ähnlich wie bei latifrons, die Fühler halten zwischen denen des latifrons und punctatus die Mitte. Diese Art ist von Gazagnairei leicht an der Flügel- färbung, dem Mangel des Mesosternaldornes und der Form des Clipeus, vom ÖOffomanus an dem schmäleren Gesichte von punctnosus an den Fühlern zu unterscheiden. Ich erhielt vom Autor I Z aus Tunis zur Untersuchung. Grabwespen. 887 Gorytes Aglaia n. sp. d Gor. punctato affinis et statura satis similis. Caputlatum, oculis versus clipeum distincte sed haud valde convergentibus. Anguli laterales clipei distincte.barbati. Antennae satis robustae, articulo tertio quartoque postice paulo prominulis, articulo nono praecedentibus distincte latiore, 10., 11. et 12. infra paulo ex- cavatis. Thorax brevis et robustus, sutura antica scutelli fove- olata, mesosterno carina longitudinali et transversa distinctis, epimero vix limitato. Segmentum mediale area dorsali satis parva, rugis 12 postice divergentibus praedita. Alae fere hya- linae, venis brunneis, stigmate pallido, area radiali cum parte superiore areae cubitalis secundae et tertiae macula fusca tectis; alarum posticarum areae analis in origine venae cubitalis ter- minata. Pedes statura normali, tibiis distincte spinosis. Abdominis segmentum primum satis angustum, apice non coarctatum, segmentum secundum basim versus valde angustatum, ut in G. pumctnoso distincte impressum; segmentum dorsale et ventrale septimum occultum. Segmenta ventralia forma normali. Corpus crasse et crebre punctatum, nigrum, pronoto, lateribus dorsuli, maculis mesopleuralibus et segmenti medialis, scutello, metanoto et abdomine-basi nigra segmentorum excepta-rulis, clipeo, orbitis antieis, callis humeralibus, fascia angusta segmenti primi et secundi, fasciis in lateribus abbreviatis 3., 4. et 5., apice segmenti sexti et fascia segmenti ventralis secundi flavis. Antennae ferrugineae, apice nigro. Pedes ferruginei, tibiis tar- sisque anticis et intermediis flavescentibus. Long eorp: 10:5 mm. Species Aethiopica. Diese auffallend gefärbte Art stimmt in den wesentlichen Merkmalen mit der Gruppe des punctatus überein. Der Clipeus ist am Vorderrande geschweift und trägt an den Seitenecken einen deutlichen Bart. Der dunkle Fleck der Vorderflügel erreicht nicht die Cubitalader. Das erste Hinterleibssegment ist schmäler als bei punctatus, das zweite an der Basis daher stark verengt und dahinter stark gewölbt. Die Punktirung ist sehr grob und namentlich am Thorax auch dicht. Mesosternum ohne Dorn. 388 A. Handlirsch, Untersucht wurde 1 Z vom Cap, Eigenthum des Berliner Museums. Gorytes Euphrosyne n. sp. 2 G. Aglaia similis et affinis. Caput latissimum, oculis versus clipeum vix convergentibus. Thorax fere ut in Aglaia, segmenti medialis area mediana maiore, strigis 14. parallelis, praedita. Alae anticae macula maiore, aream radialem, cubitalem secundam totam et partem cubitalis tertiae et discoidalis secun- dae tegente. Alarum posticarum area analis in origine venae cubitalis terminata. Pedes statura normali, tibiis spinosis, tarsis anticis ciliatis. Abdomen fere ut in G. Aglaia constructum; seg- mentum dorsale sextum area mediana dense punctata, satis lata et basim versus distinctissime subito coarctata praeditum. Corpus fere ut in Aglaia crasse et satis crebre punctatum, nigrum, clipeo, orbitis anticis et posticis, prothorace, lateribus dorsuli, mesosterno, lateribus segmenti medialis et segmentorum dorsalium, segmentisque ventralibus fere totis ferrugineis, margine pronoti, fascia scutelli, fascia angusta segmenti primi, fascia latissima segmenti dorsalis et ventralis secundi, apice segmenti dorsalis quarti et segmentis duobus ultimis totis flavis. Antennae ferrugineae, scapo infra flavo; pedes ferruginei, tibiis anticis et intermediis flavolineatis. Long. corp. 10:5 mm. Species Aethiopica. Diese Art steht der vorhergehenden sicher sehr nahe und ich bin nicht ganz überzeugt, dass die beiden Arten wirklich verschieden sind. Der wesentlichste Unterschied liegt in dem grösseren, mit parallelen Runzeln versehenen Mittelfeld des Medialsegmentes und in der grösseren Ausdehnung des dunklen Fleckes der Flügel. Jedenfalls ist es besser, vorläufig eine Ver- einigung nicht vorzunehmen. Untersucht wurde 1 Q aus Afrika vom Berliner Museum. Gorytes Thalia n. sp. 0 G. Aglaia et Euphrosyne affınis et similis. Segmenti medialis area mediana satis parva, rugis 12 divergentibus praedita. Macula alarum ut in Aglaia venam cubitalem haud Grabwespen. 389 attingens. Abdominis segmentum primum latius quam in prae- cedentibus, secundum ergo basi haud coarctatum. Area mediana segmenti sexti satis parva, punctata et basim versus non angustata. Caput, thorax et imprimis abdomen multo subtilius punc- tata quam in speciebus supra nominatis. Corpus nigrum, lateri- bus segmenti dorsalis primi et apice segmenti ultimi ferrugineis, maculis orbitalibus, fascia interrupta clipei, margine pronoti cum callis humeralibus, fascia scutelli, fasciis angustis segmen- torum dorsalium quatuor anticorum pallide flavis. Antennae obscure ferrugineae, pedes laete ferruginei. Long. corp. 9 mm. Species aethiopica. Diese zierliche Art ist von den beiden vorhergehenden ausser an der Färbung auch an der namentlich am Hinterleibe bedeutend feineren Punktirung zu unterscheiden. Das zweite Segment ist an der Basis nicht so stark eingezogen, wie bei jenen und das erste Segment entschieden breiter. Das Mittelfeld der sechsten Dorsalplatte ist fast halbelliptisch und nicht wie bei Euphrosyne gegen die Basis plötzlich verengt. Untersucht wurde 1 0 vom Cap, Eigenthum des Berliner Museums. Gorytes Emeryi Gribodo. Hoplisus Emeryi, Gribodo, Rassegna degl’Imen. Mozambico. R. Accad. Bologna. 130, 1894. »Parvus sed sat robustus, nigrofuscus, griseo pruinosus (praesertim in abdomine), antennis, callis humeralibus, alarum tegulis, pedibus, abdominis segmentis primo, sexto et septimo ubique, segmento quinto maxima parte apicali, segmentisque secundo, tertio et quarto margine utrinque rufo-ferrugineis; mandibulis, clipeo, oculorum orbitis facialibus dimidio infero, antennarum Scapo antice, fascia collari dorsali, tibiis quatuor anticis antice duabusque posticis intus, tarsis, segmentorum abdominalium 1—4 margine apicali flavo sulphureis; antenna- rum flagello apice fusco-ferrugineo; tarsis duobus posticis dimidio apicali nigro-fuscis; abdominis segmento primo medio longitudinaliter indeterminante nigro-maculato: abdominis fasciis marginalibus flavis 1., 3. et 4. utrinque attenuatis, 2. utrinque Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV.Bd., Abth. I. 58 sy) A. Handlirsch, aucta: alis pure hyalinis, macula fusca (cellulas radialem totam, cubitalemque secundam dimidio occupante) ornatis; capite thoraceque sat validis, abdomine, comparate graciliori: capite confertim subtenuiter irregulariter punctulato subcoriaceo; thoracis dorso modice dense sed sat crasse irregulariter punc- tato subcoriaceo; pleuris modice irregularıter punctatis; seg- mento mediali (metathorace) confertim crasse regulariter punc- tato subreticulato; area cordiformi longitudinaliter sat crasse sed irregulariter striata; abdominis segmentis primo nitido, sequentibus opacis, sparsim omnibus punctulatis (margine apicali confertius, crassiusque); antennarum scapo tumidiusculo; flagello brevi, robusto, articulis 3—7 brevibus (praesertim 4., 5., 6., 7.) ultimo sat longo; articulis 3—7 postice tumidiusculis, 7— 10 postice impressis; abdominis segmento primo subpetioli- formi, nonnihil compressiusculo; segmento secundo tumido, basi conico, apice subhemisphaerico; segmento sexto acute conico; pygidio brevi, minuto; alis comparate, subbrevibus, . Long. corp. 8 mm. 1 Exemplar vom Flusse Magnarra in Mozambique«. Gribodo vergleicht diese Art mit seinem Hoplisoides intricans und sagt, sie bilde einen Übergang zwischen Hoplisus und Zoplisoides, weil das siebente Segment noch etwas sicht- bar sei. Ich zweifle nicht, dass sowohl Emeryi, als intricans in die Gruppe des punctatus gehören. Gorytes Feae n. Sp. 0 G. punctato aflfinis et satis similis. Frons lata, oculis versus clipeum latum vix convergentibus. Antennae satis breves et graciles, vix clavatae. Thorax brevis et robustus. Sutura scutelli foveolata. Mesosternum carina longitudinali et trans- versa distinctis, episterno et epimero haud distincte limitatis. Segmentum mediale area mediana satis distincte limitata, rugis decem parallelis distinctissimis, lateribus haud divisis. Alae parum infumatae, macula fusca distinctissima in parte radiali, venis fuscis, stigmate pallido. Alarum posticarum area analis in origine venae cubitalis terminata. Pedes statura normali, tibiis distincte spinosis, tarsis anticis ciliatis, pulvillis distinctis. Ab- domen satis parvum, haud petiolatum, segmento primo brevi, Grabwespen. 891 apice non coarctato. Area dorsalis segmenti sexti fere trian- gularis, dense aciculato-punctata. Thorax et segmentum mediale superne crebre et crasse, in lateribus subtilius et sparsius punctata. Segmenta dorsalia antica sparse et subtiliter, postica crebrius punctata. Corpus dense brunnescente-tomentosum, nigrum, orbitis latis anticis et clipeo flavis, margine pronoti, callis humeralibus, fascia scutelli, fasciis in segmentis quatuor anticis dorsalibus et in segmento ventrali secundo obscure flavis, pro parte fere brunneis. Antennae nigrae, scapo infra flavo, flagello infra testaceo. Pedes fusci, apice femorum tibiisque anticis et inter- mediis pro parte obscure brunneis. Long. corp. 9 mm. Species regionis orientalis. 1 9 von Fea in Palon (Peguü) VIN, 1837 gesammelt. Die Art steht in jeder Beziehung dem pumnctatus und Consorten nahe, ist aber an der zarten Punktirung des Hinterleibes, sowie an den anderen oben erwähnten Merkmalen leicht zu er- kennen. Gorytes Jentinki n. sp. 9 Speciebus sectionis G. punctati affinis. Frons lata, oculis versus clipeum haud convergentibus. Antennae satis tenues et breves, flagello vix clavato. Thorax brevis et robustus, sutura antica scutelli foveolata, mesosterno carina longitudinali et transversa distinctis, episterno haud-epimero indistincte limitato, Segmentum mediale area dorsali satis parva, rugis circa 10 longitudinalibus praedita, lateribis haud divisis. Alae parum in- fumatae, venis et stigmate ochraceis, macula fusca aream radialem et partem superiorem cubitalis 2. et 3. tegente. Alarum posticarum area analis in origine venae cubitalis terminata. Pedes statura normali, tibiis distincte spinosis, tarsis anticis distinctissime ciliatis, pulvillis distinctis. Abdominis segmentum primum satis breve et angustum, fere ut in speciebus cum G. Cayennensi affinibus constructum, segmentum secundum basi valde coarctatum, valde convexum et fere semiglobosum; segmentum dorsale sextum area mediana dense punctata, late lanceolata. Thorax crasse et satis crebre, in segmento mediali valde dense punctatus, caput mediocriter punctatum, abdominis 58# 892 A. Handlirsch, segmenta dorsalia basim versus subtilius, apicem versus cras- sius punctata. Corpus dense tomentosum, maxima pro parte obscure ferrugineum, capite, pectore, macula mediana dorsuli, scutello, metanoto, area mediana segmenti medialis et basi segmentorum abdominalium nigris, clipeo brunneo, orbitis anticis luteis. Pedes plus minusve obscure ferruginei, basim versus nigricantes. Antennae brunneae, scapo infra pallidiore. Long. corp. 9 mm. Species in insula Timor reperta. Es ist nach dem weiblichen Geschlechte allein nicht leicht zu sagen, ob die Art in die Gruppe des punctatus im engsten Sinne gehört, mit der sie wohl in den meisten wesentlichen Merkmalen übereinstimmt, oder ob sie als Repräsentant einer eigenen Gruppe aufzufassen ist. Die Form des Hinterleibes erinnert mehr an die des Cayennensis oder fuscus. Übrigens sind ja alle drei Gruppen so eng mit einander verwandt und keineswegs scharf zu scheiden. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die Art zu der über die palaearctische, aethiopische und orientalische Region verbreiteten Gruppe des punctatus gehört, als zu einer der zwei anderen exclusiv amerikanischen. Die Entdeckung des Männchens wird ja sicher Aufschluss geben. Verwechslungen mit anderen Arten sind wohl schon durch die auffallende Färbung ausgeschlossen. Untersucht wurden 2 9 aus Timor (Wieneke), Eigen- thum des Leidener Museums. Ich widme die Art Herrn Director Dr. Jentink, dem ich die Zusendung des Leidener Materiales verdanke. Gorytes orientalis Handlirsch. Gorytes orientalis, Cameron, Hymenopt. orientalis. 1, t. 9, f. 14, 1890. Cameron gibt wesentliche Ergänzungen zu dieser von Smith als Zricolor beschriebenen und von mir umgetauften Art, die ich nicht selbst gesehen habe. Aus Cameron’s Angaben ist zu ersehen, dass die Art in die Gruppe des punclatus gehört. »Eine sehr variable Art, besonders in Bezug auf die Ver- theilung von Schwarz, Roth und Gelb am Thorax. Augen fast parallel, mässig gross, etwas unter die Basis des Clipeus herab- Grabwespen. 893 reichend und mässig grob facettirt. Fühler des 2 gedrungen, gegen das Ende verdickt, ihr drittes Glied ungefähr 1/, länger als das vierte; im männlichen Geschlechte relativ von derselben Länge, das 10.— 13. Glied unten ausgehöhlt. Mesosternum mit einem Längskiel, Mesopleuren; mit zwei Senkrechten und einer breiteren schiefen Furche. Die erste und zweite Cubitalquer- ader gekrümmt; die zweite Cubitalzelle an der Spitze etwas schmäler als die zweite Discoidalzelle. Analzelle der Hinter- flügel kurz hinter dem Ursprung des Cubitus endend. Kopf und Thorax mit zerstreuten Punkten, die am Kopfe feiner sind, als am Thorax. Basalfeld des Mittelsegmentes deutlich durch eine erenulmte Buüreche beswenzt, breiter als lang, mit zwei durch Querkiele verbundenen mittleren Längskielen und an jeder Seite ausserdem mit fünf starken Kielen versehen. Ende des Mittelsegmentes in der Mitte etwas concav und quergerunzelt. Das Mittelfeld variirt in der Färbung von schwarz bis roth. Erstes Segment mässig breit an der Basis, gegen das Ende zu allmälig erweitert. Vordertarsen stark bedornt. Barrackpore (Rothney).« Gorytes pictus Smith. Gorytes pictus, Cameron, Hymenoptera orientalis. 2, 1890. Cameron vermuthet, dass diese Form blos eine Varietät des orientalis sei. Sollte er recht haben, so müsste selbstver- ständlich die Art den Namen pictus bekommen; fricolor und orientalis kämen in die Synonymie. Gorytes intricans Gribodo. Hoplisoides intricans, Gribodo,R. Accad. di Bologna. 132, 1894. Gribodo ergänzt seine früheren Angaben über die Art durch Beschreibung des 9. Aus seinen Angaben über die Be- ziehungen zu G. Emeryi etc. entnehme ich, dass auch intricans in die Gruppe des punctatus gehört. »@ mari simillima tantum differt corpore nonnihil crassius et confertius punctato, minus sericeo, magis nitido; antennarum scapo cylindrico non nisi lenissime tumidiusculo; articulis fla- gelli terminalibus haud impressis; epipygio apice deplanato 894 A. Handlirsch, utrinque carinulato; carinulis arcuato-fractis, supra non con- fluentibus; clipeo ferrugineo. Var. Colore rufo corporis obscuriore, fere nigro; interdum fasciis abdominis 3., 4., 5. utrinque attenuatis, evanescentibus. Long. corp. 9—10 mm.« Ich habe diese südafrikanische Art früher irrthümlich unter den australischen angeführt. Es ist möglich, dass sie mit einer der drei von mir beschriebenen südafrikanischen Arten identisch ist. Gorytes microcephalus Hand. kommt nach Fox auch in Camden-County (28. Juni 1891) vor. Fox glaubt, microcephalus könne das S von mebulosus Barelesseim: Ausser den in meiner Monographie angeführten, gehören noch folgende amerikanische Arten in die Gruppe des pumnctatus. Gorytes hypenetes n. Sp. Tab.I, Fig. 19. S G.hamalo, barbatulo etc. affinis et similis. Caput solito non minus, oculis versus clipeum distincte convergentibus. Clipeus satis convexus, margine antico vix sinuato, angulis lateralibus haud distincte productis, barba satis longa haud in- curvata munitis. Antennae satis robustae, articulo 3.—8. postice paulo arcuatis, articulo nono distincte dilatato et apice spinoso prominente, decimo abbreviato, undecimo elongato et infra ex- cavato, ultimo penultimo fere duplo longiore. Thorax satis robustus, episterno et epimero mesothoracis haud limitatis, sterno carina longitudinali distincta, carina transversa Tfere obsoleta. Sutura antica scutelli foveolata. Segmentum mediale breve, lateribus haud divisis, area mediana parva triangularis rugis decem postice paulo divergentibus praedita. Alae parum infumatae, venis brunneis; anticae macula magna obscura aream radialem et partem superiorem cubitalium tegente; posticae area anali paulo post originem venae cubitalis ter- minata. Pedes statura normali, tibiis distincte spinosis, pulvillis distinetis. Abdominis segmentum primum satis latum, apice Grabwespen. 895 non coarctatum, secundum bası non constrictum mediocriter convexum; segmentum dorsale et ventrale septimum occultum. Corpus satis sparse punctis mediocriter .crassis tectum, distincte tomentosum, nigrum, orbitis anticis, clipeo, margine pronoti, callis humeralibus, maeula episternali, scutello, maculis oblongis lateralibus segmenti medialis, fasciis satis angustis segmentorum dorsalium (1—5), interdum segmenti sexti apice maculisque parvis lateralibus segmentorum ventralium flavis. Antennae nigrae, scapo infra pallido; pedes nigrofusci, tibiis pallidioribus, antici et medii extus in femoribus, tibiis tarsisque flavolineati. Long. corp. 7—8 mm. Species Americana. Die Augen sind unten um ein Drittel weniger weit von ein- ander entfernt als oben; der Clipeus ist ähnlich wie bei bar- batulus nicht eckig vorragend und mit einem geraden Bart ver- sehen. Die Art dürfte an den angegebenen Merkmalen von allen verwandten leicht zu trennen sein. Ich untersuchte 2 /, Eigenthum des Berliner Museums, von denen eines die Bezeichnung »Columb. Moritz«, das andere »mericanus Laguaira« trägt. Gorytes spilographus n. Sp. 20 Frons lata, oculis versus clipeum vix convergentibus. Antennae satis graciles, vix clavatae. Thorax robustus, sutura inter dorsulum et scutellum foveolata. Mesosternum carina longi- tudinali distineta, carina transversa fere obsoleta. Episternum cum sterno confusum, epimerum satis distincte limitatum. Seg- mentum mediale rotundatum, area dorsali magna, vix limitata et rugis postice divergentibus praedita. Latera segmenti medialis haud divisa. Alae hyalinae, macula magna fusca in area radiali, secunda et tertia cubitali maculisque minoribus prope venas transverso-humerales (1. et 2.) et in apice areae discoidalis secundae. Alarum posticarum area analis in origine venae cubi- talis tenuinata. Pedes statura normali, tibiis distinctissime spinosis, tarsis anticis ciliatis, pulvillis distinctis. Abdomen segmentis dorsalibus satis convexis, segmento primo brevi, apice non coarctato. Segmenti sexti area dorsalis satis magna, fere semielliptica et dense aciculato-puncta. Thorax in dorso et 896 A. Handlirsch, in lateribus satis sparse crasse punctatus, segmentum mediale postice rugoso punctatum. Segmentum dorsale primum fere laeve, reliqua basim versus subtilius, apicem versus crassius et mediocriter dense punctata. Corpus nigrum, vix pilosum et tomentosum, orbitis anticis, maculis magnis lateralibus confluentibus clipei, fascia interrupta pronoti et scutelli, callis humeralibus, macula episternali, fasciis sinuatis segmenti 1—4 et macula 5. flavis. Antennae nigrae, scapo infra flavo, flagello infra testaceo. Pedes fusci, femoribus in apice, tibiis tarsisque flavo-variegatis. Long. corp. 10 mm. Species nearctica. 1:9 aus Nordamerika (Coll Saussure). Diese Art gehört zweifellos in die Gruppe des hamatus, respective punc- tatus. Der Clipeus trägt an den Seiten des Vorderrandes einige längere Borsten, ähnlich wie bei den d der ganzen Gruppe. In der Sculptur und Zeichnung ähnelt die Art sehr dem hamatus, doch sind die Flügel ganz anders gefleckt. Gorytes dentatus Fox. Gorytes dentatus, Fox, Canad. Entomol. XXV. 116. 5’. 1893. »Kopf nicht so breit als der Thorax. Ocellarregion leicht erhaben. Ocellen in einem sehr stumpfen Winkel gelegen. Stirne mit grossen flachen Punkteindrücken zerstreut besetzt, mit stark eingedrückter Mittellinie. Innere Augenränder nach unten leicht aber deutlich convergent. Schaft kaum länger als der Clipeus in der Mitte; drittes Fühlerglied deutlich länger als jedes der folgenden mit Ausnahme des letzten, mit dem es beinahe gleich lang ist. Zehntes bis zwölftes Glied unten aus- gerandet, das zwölfte nur schwach. Clipeus convex mit einigen zerstreuten undeutlichen Punkten und deutlich eingebogenem Vorderrande. Thorax mit starken isolirten Punkten besetzt, am spärlichsten am Schildchen. Ausser dem grossen Längskiel der Mittelbrust ist noch weiter hinten ein zweiter, in einen gedrun- genen Zahn auslaufender Kiel vorhanden. Mittelfeld des Medial- segmentes gut begrenzt, dreieckig, mit etwas eingebogenen Seiten, an der. Basis stark längsrunzelig und weiter hinten quer- runzelig. Die vier hinteren Schienen und Tarsen mässig bedornt. Flügel hyalin, mit einer dunklen Wolke, die die Radialzelle, Bo BR ; Grabwespen. 897 zweite und dritte Cubitalzelle und das Ende der dritten Dis- coidalzelle ausfüllt. Ein kleinerer Fleck ist am Ende der Medial- und Submedialzelle. Stigma und Costalader röthlich, die andern Adern schwarz. Abdomen mit ziemlich starken isolirten Punkten, die an der Ventralseite am stärksten sind. Erstes Segment am Ende fast so breit als das zweite, nahe der Basis der Quere nach aufgeschwollene, so dass, von der Seite gesehen, beide Ringe durch eine tiefe Sutur getrennt sind. Körper ganz hell- rostroth, Spitzen der Mandibeln schwarz; Clipeus, Stirne und Gesichtsseiten, Schaft unten, Querlinie des Pronotum, Schulter- beulen, Vordertheil der Mesopleuren, Scutellum, ein Fleck an der Vorderseite der Vorder- und Mittelschienen, erstes Glied der Mitteltarsen an der Basis und die Endränder der drei ersten Segmente blassgelb. Die Binde des zweiten und dritten Seg- mentes am schmälsten und seitlich erweitert; eine breite Binde am zweiten Ventralringe und zwei grosse Flecken am dritten gleichfalls gelblich. Clipeus spärlich blass behaart. 10 m. Grand Canon, Arizona. Am nächsten mit spilopterus und Zricolor verwandt.« Ich zweifle nicht, dass diese Art in die punctatus-Gruppe gehört, in die jedenfalls auch spzlopterus und fricolor fallen. Gorytes armatus Provancher. Gorytes armatus, Provancher, Additions a la Fanne Canad. 272. 1889. »Gorytes arme. Gorytes armatus n. Sp. oO Smm. Schwarz, polirt, glänzend, obgleich überall mit groben Punkten schütter besetzt. Kopf, von oben gesehen, quer mit breiter, stark punktirter Stirne; Kopfschild, mit Ausnahme seines Vorderrandes, Unterseite des Fühlerschaftes, vordere Augenränder, Rand des Pronotum, Schulterbeulen, ein Fleck hinter denselben, Querbinde am Schildchen und Binden an den Endrändern der Hinterleibsringe gelb; Flügelschüppchen röth- lich. Mittelfeld des Medialsegmentes mit 12—14 regelmässigen Längsstriemen, die abschüssige Fläche mit groben Punkten. Mandibeln schwarz, nahe an der Basis am oberen Rande mit je einem langen, gelben, aufrechten Dorn; Clipeus weiss behaart, aber nicht punktirt. Flügel mit einem braunvioletten Fleck, der die Radial- und einen Theil der zweiten Cubitalzelle bedeckt. 898 A. Handlirsch, Beine schwarz und gelb; alle Schenkel mit den Hüften und dem Ende der Schienen, besonders aussen, schwarz, der Rest gelb. Hinterleib kurz, oval, stark punktirt; die fünf Basalsegmente mit gelbem Endrande, am breitesten am ersten und zweiten Ringe, wo sie auch in der Mitte verschmälert sind; die Segmente drei und vier an der Basis mit einem glatten Bande; das Endsegment gleichfalls stark runzelig punktirt. — Ottawa (Guignard). Verwandt mit mebulosus, Packard, und vielleicht ein Männchen dieser Art; die Unterschiede der Färbung und die Dornen der Mandibeln sind wohl nur sexuelle Unterschiede. Wir haben das von Packard beschriebene Weib nicht ge- sehen.« Aus diesen Schlussbemerkungen und aus der Ängabe über die »Dornen an der Basis der Mandibeln«, die gewiss mit den Borsten am Unterrande des Clipeus identisch sind und nur von Provancher irrthümlich auf die Mandibeln verlegt werden, ist zu entnehmen, dass das Zeichen ? am Anfange der Beschrei- bung ein Druckfehler ist. Die Form gehört gewiss in die Gruppe des Gor. punctuosus. Ob sie eine neue Art bildet oder ob sie mit einer der nordamerikanischen Arten dieser Gruppe zusammenfällt, ist aus der mangelhaften Beschreibung nicht zu entnehmen. Gorytes punctifrons Cameron. Gorytes punctifrons, Cameron, Biolog. centr. Amer. Il. 74. Tab. V. Riszullor 072 1890. »Niger, punctatus; segmento mediali rugoso-punctato; ore, orbitis oculorum, scapo subtus, margine pronoti, tegulis, fascia sceutelli, tibiis tarsisque anterioribus, marginibus abdominis segmentis, flavis; alis hyalinis. Long. fere 6 mm. Hab. Mexico, Bresidio Borrem) Antennen mit dichter blasser Pubescenz; der Schaft gelb; Geissel unten braun; drittes Glied ungefähr um ein Viertel länger als das vierte; Basalglied etwas länger als das dritte und vierte zusammen; -die Glieder unten vorragend, das neunte am Ende mit einer stumpfen vorragenden Spitze. Kopf spärlich mit brauner Behaarung bedeckt, Clipeus silberhaarig, glänzend; Grabwespen. 899 Stirne und Scheitel mit ziemlich weitläufiger Punktirung; eine breite, aber nicht sehr tiefe Furche unter den Ocellen; ober den Fühlern mit einem scharfen Kiele. Clipeus in der Mitte wellig, seine Ecken mit einem dichten Haarbüschel; Palpen rothgelb an der Basis schwarz. Augen gross, nach unten sehr schwach convergent. Clipeus, Mandibeln, mit Ausnahme der braunen Spitzen, und die inneren Augenränder, bis nahe zur Spitze, gelb. Thorax mit kurzer, dichter, blasser Behaarung, die auf der Brust am längsten ist; mit grossen, gut isolirten Punkten, die am Mittelsegmente grösser sind; Metapleuren glänzend, fast unpunktirt, breit ausgehöhlt. Mittelsegment mit einem begrenz- ten, nach hinten zugespitzten, längsstreifigen Mittelfelde. Der Rand des Pronotum, die Schulterbeulen, ein grösserer Fleck dahinter, die Tegulae und das Scutellum hellgelb. Die Mitte des hinteren Theiles des Medialsegmentes ist concav und gekielt; der Kiel an jeder Seite gestrichelt. Hinterleib so lang, aber -schmäler als der Thorax, glänzend, punktirt; die Punkte werden gegen das Ende zu dichter und kleiner; die Behaarung ist grau und besonders an den Endsegmenten dicht; alle Segmente oben breit gelb gesäumt; zweites Segment entschieden länger als das erste, von der Basis gegen das Ende allmälig erweitert; Pygidialfeld dreieckig, runzeligpunktirt; das erste Bauchsegment mit. grossen tiefen Punkten, die anderen Segmente fein und unregelmässig punktirt. Beine behaart; die Kniee, die Vorder- und Mitteltarsen, ihre Tibien vorne, die Hintertarsen (mit Aus- nahme der Spitze), die vorderen und mittleren Schienen hinten (mit Ausnahme einer schwarzen Linie in der Mitte), die hinteren Schienen an der Basis und die Sporne gelb, die hinteren Sporne röthlich. Flügel glashell; die Wolke erstreckt sich über die Radialzelle (mit Ausnahme einer kleinen Zelle an der äussersten Basis), die zweite Cubitalzelle (mit Ausnahme eines schmalen Bandes an der unteren Seite), die dritte Cubitalzelle (mit Aus- nahme einer schief dreieckigen Partie in der unteren vorderen Gegend) und den Raum in der Discoidalzelle, der von den Dis- coidalqueradern eingefasst ist; die erste und zweite Cubital- querader nach oben gleichmässig convergent, so dass die zweite Cubitalzelle oben schmäler ist als die zweite Discoidalzelle; Cubitus hinter der dritten Cubitalzelle obsolet. Mesosternalkiel 900 A. Handlirsch, breit und deutlich; an der Basis der Metapleuren ist eine mässig breite, halbschiefe, tiefe Furche. Dornen der Tibien beinahe ver- schwunden. Diese Art ist offenbar mit G. hamatus Handl. aus Colo- rado verwandt. Diese letztere unterscheidet sich trotzdem von punctifrons durch den kurzen, breiten Schaft, das am Ende schiefe Basalglied der Geissel, das eingeschnittene Endglied und die nicht so deutlich verdickten fünf Endglieder, durch die von den. Augen weiter als von einander entfernten Ocellen (bei punctifrons kann mann kaum sagen, sie liegen in einem stumpf- winkeligen Dreiecke, da das vordere nur eine sehr kleine Strecke vor den hinteren liegt), durch die rauchigen Flügel (bei puncti- frons glashell), durch die unterbrochene Binde des Pronotum (bei punctifrons ununterbrochen), durch die zwei Flecken des Schildchens und die ganz schwarze Fühlergeissel. Auch ist G. hamatus um 2 mm länger als punctifrons.« Nach der Abbildung des Kopfes scheint die Art mit micro- cephalus und Pergandei am nächsten verwandt zu sein. Gorytes maculipennis Cameron. Gorytus maculipennis, Cam eron, Biolog. centr. amer. II. 73. Tab. V. Bie,122. 07718590; »Niger, nitidus; thorace superne sparse punctato; scapo antennarum, margine clipei, orbitis oculorum, margine pronoti, scutello, fascia metanoti, maculis duabus in segmento mediali, tegulis fasciisque 4 abdominis, flavis; alis fere hyalinis, fasciis tribus fuseis. Long. 7 mm. Hab. Panama, Bugaba (Champion). Fühler kräftig, fast keulenförmig; der Schaft verlängert, schmal und unten gelb; Geissel bis zum dritten Viertel seiner Länge unten bräunlich; das dritte Glied entschieden länger als das vierte. Kopf nicht viel breiter als der Thorax, glänzend, un-: punktirt, mit dichtem braunem Haar bedeckt; Clipeus silber- haarig; Augen fast parallel; die hinteren Ocellen sind etwas weiter von einander entfernt als von den Facettaugen; Stirne nicht flachgedrückt und mit Ausnahme der sehr dünnen, un- deutlichen Furche ober den Fühlern ohne Furche und ohne Grabwespen. x 901 Kiel; Clipeus kurz, breit gerundet, an der Basis flachgedrückt, rundherum silberhaarig; Mandibeln pechbraun, an den Spitzen schwärzlich. Thorax oben spärlich braun behaart, die Meta- pleuren und das Sternum mit dichterer und längerer, matt silberner Behaarung, glänzend; das Mesonotum und das Ende des Mittelsegmentes mit schwachen Punkten besetzt; das Mittel- eldwerstreekt sien fast bis zur Mitte des Sesmentes, seine zwölf Kiele nehmen von der Mitte nach den Seiten allmählig an Länge ab und sind nicht deutlich gerandet; die Mittelfurche ist schmal, aber deutlich und ununterbrochen; Mesosternalfurche schmal, aber deutlich. Hinterleib etwas länger und schmäler als der Thorax; der Stiel und das erste Segment nicht punktirt; die anderen Segmente nicht so glänzend, fast lederartig und punk- tirt; Mittelfeld des Endsegmentes seitlich gekielt, am Ende stumpf zugespitzt und mit tiefen verlängerten Punkten besetzt und spärlich behaart. Ventralsegmente mit zerstreuten Punkten; das letzte stark und dicht punktirt, roth, an der äussersten Basis schwarz. Beine spärlich behaart; hinten schwarz, die Tibien vorne mit gelben Linien; die Schenkel (das hintere Paar schmal) vorne dunkelroth; Tarsen rothgelb; die Dornen der Kipien und Warsen und die Sporne licht. Der Clipeus, eine Linie längs der inneren Augenränder (ungefähr °/, der Augen - höhe erreichend), das Pronotum, die Schulterbeulen, ein grös- serer Fleck dahinter, Schildchen und Metanotum, zwei breite ovale Flecken am Mittelsegment, die Tegulae, die Schulterbeulen und die Endränder der Hinterleibsringe gelb; Basis und Seiten des Stieles roth. Flügel glashell; die ganze Radialzelle, ein Punkt am Ende der Subcostalzelle, der die Costa berührt, eine BleimesWolker ins den Spitze der ersten Cubrtalzelle umd das Ende der zweiten Cubitalzelle schwärzlich; Stigma rothgelb; Geäder schwärzlich; Cubitus hinter der dritten Cubitalzelle sehr schwach. Tibien bedornt, die Dornen blass; Vordertarsen mit ziemlich langen Wimpern.« Ich zweifle nicht, dass diese Art in die Gruppe des G. punc- tuosus gehört. Der Name macnlipennis ist zwar schon von Giraud (1861) vergeben, fällt aber in die Synonymie von punciatus, Cameron’s Art braucht daher nicht umgetauft zu werden. 902 A. Handlirsch, Gorytes spilopterus Handl. In der Synonymie ist nachzutragen: Gorytes spilopterus, Cameron, Biolog. centr. amer. Il, Tab. V, Fig. 16. DEI8I0: Als Fundort ist Northern Sonora (Mexico) anzuführen (Cameron). Gorytes tricolor Cresson. Gorytes tricolor, Fox, Canad. Entomol. XXIV, 149, 1892. Nach Fox hat Cresson bei seiner Beschreibung ein männ- liches Individuum vor sich gehabt und nicht, wie angegeben ist, ein weibliches. Fox beschreibt das 9 wie folgt: 0 Kopf nicht so breit als der Thorax; Ocellengegend ziemlich deutlich erhaben; Stirnfurche gut ausgeprägt. Clipeus mit grossen, zerstreuten Punkten, convex, quer-oval, am Vorder- rande etwas eingebogen. Innenränder der Augen fast parallel. Stirne, Scheitel und Hinterhaupt mit starken, isolirten Punkten; Wangen glänzend. Geissel gegen das Ende nur schwach ver- dickt; Schaft viel länger als der Clipeus in der Mitte breit; drittes Fühlerglied nur wenig länger als das vierte, viertes bis sechstes Glied fast gleich, das vierte kaum länger als das fünfte. Thorax mit sehr starken, isolirten Punkten, am Scutellum am spär- lichsten. Mittelfeld des Medialsegmentes gut begrenzt, in der Mitte durch eine Furche getheilt, beinahe glatt (manche Exem- plare zeigen Spuren von Längs- oder Querstreifen); vier Hinter- schienen und Tarsen stark bedornt; Vordertibien stark be- wimpert; Sporn der Vorderschienen schief abgestutzt. Flügel hyalin, eine dunkle Wolke bedeckt die Radialzelle, den oberen Theil der dritten Cubital-, die zweite Cubital- und Theile der Discoidalzellen. Stigma und Costalader gelblich. Analzelle der Hinterflügel bei dem Beginne des Cubitus endend. Hinterleib mit starken, isolirten Punkten; unten die Mitte des zweiten und die Basalhälfte des dritten und vierten Segmentes unpunktirt. Pygidialfeld kurz und breit; die Seitenkiele erstrecken sich nicht bis zur Basis des Segmentes. Schwarz; ein breiter, verlängerter Fleck der Wangen, Prothorax, Dorsulum und Mesopleuren zum Grabwespen. 903 Theile, Mittelsegment, mit Ausnahme des Mittelfeldes und eines Fleckes an der Hinterseite, die gelb gezeichneten Beine, das erste Segment oben, mit Ausnahme des Endrandes, und die zwei Endsegmente ganz roth; Gesicht, Clipeus, Basalhälfte der Man- dibeln, Fühler, Prothorax oben, ein grosser Fleck vorne an den Mesopleuren, Scutellum und ein breites Band am Endrande der Sesmente 1—4 oben und 2 und 3 unten gelb; Fühler etwas zum Braunen neigend. Länge 10— 11 mm. Var. Ein Exemplar von Colorado ist statt schwarz ganz roth, aber ebenso gelb gezeichnet. Montana und Colorado«. Gorytes elegans Lepeletier. Der Synonymie ist beizufügen: Arpactus elegans, Radoszkowsky, Bull. Mose. 13, f. 35, 1891. Gorytes consanguineus Handl. Diese Art ist identisch mit dem ungefähr um dieselbe Zeit beschriebenen ! Harpactes transiens, Costa, Rendic. della Acad. di Napoli, 2. ser., I, 242 1888. Costa’s Publication ist am 3. December 1887 vorgelegt, aber auch erst im Jahre 1888 erschienen, also in demselben Jahre wie der III. Theil meiner Monographie. Es ist jedem Ento- mologen überlassen, sich entweder für den Namen Zransiens, dem eine durchaus mangelhafte Beschreibung der Art nach der Färbung zu Grunde liegt, für den aber allerdings eine zweifel- hafte Priorität spricht, oder für meinen, in der Monographie auf- gestellten, zu entscheiden. Costa’s Exemplare stammten aus Sicilien. G. consangnineus ist in Pola nicht selten und wurde von Schletterer in Mehrzahl gesammelt. Gorytes leucurus Costa. Nach consangnineus ist die mir seinerzeit unbekannte Art, (S. 440 meiner Monographie) einzureihen, von der ich seither 1 9 aus Tonara (Type Costa’s) gesehen habe. 904 A. Handlirsch, 2 G. affini similis. Segmentum mediale longius et an- gustius, fere ut in erigno, omnino distincte rugosum, area mediana bene limitata et longitudinaliter rugosa praeditum. Alarum anticarum area cubitalis 3. superne distincte angustata. Capitis forma ut in G. affini. Thorax satis subtiliter punctatus. Tibiae posticae multo minus spinosae quam in affint. Niger, segmentis tribus primis margineque antico 4. rufis, 5. in dorso macula magna pallide flava. Orbita antica et margo anticus clipei, calli humerales, margo pronoti, et macula scutelli flava. Antennarum scapus infra luteus. Pedes obscure rufofusci, tibiis tarsisque plus minusve pallidioribus. Alae fere hyalinae. Long. corp. 7 mm. Die Kopfform stimmt mit elegans und affinis überein, die Form des Mittelsegmentes mit exiguns. Das schlanke Mittelfeld des Medialsegmentes ist gut begrenzt und mit unregelmässig runzeligen Längsfalten bis zur Spitze angefüllt. Auch die hintere Fläche und die Seiten des Medialsegmentes sind runzelig. Thorax mit zartem, lichtem Toment und mässig feiner Punkti- rung am Dorsulum. Hinterschienen nur mit einigen Dörnchen. Gorytes tumidus Panzer. Der Synonymie ist beizufügen: Gorytes tumidus, Saunders, Hymen. acul. Brit. 105, t. 14, f. 5, 1893. Gorytes Walteri Handlirsch. Hier ist zu eitiren: Gorytes Walteri, Handlirsch, Verh. k. k. zool.-bot. Ges. Wien. XXXIX, 279, 1889. Gorytes laevis Latr. Der Synonymie ist beizufügen: Pompilus cruentus, Dumeril, Mem. Acad. Sc. Paris, XXXI (2), 940, 1860. Harpactus Morawitzi, Radoszkowsky, Horae Soc. Ent. Ross. XVIII, 28, Q 1884. Gorytes Morawitzii, Handlirsch, Monographie, III, 440, 1883. > Arpactus caucasicus, Radoszkowsky, Bull. Mose. 13, f. 36, 1891. > — laevis, Radoszkowsky, ibid. 14, f. 37, 1891. Ein mir vom Herrn General Radoszkowsky zuge- schicktes 9 seines H. Morawitzi ist wohl nichts als eine Varietät Grabwespen. 905 des laevis, bei der die zwei ersten Segmente des Hinterleibes roth sind, ebenso die Beine und die Zeichnungen des Kopfes. In den plastischen Merkmalen fand ich keinen Unterschied. Bei der Bestimmung dieser Form nach meiner Tabelle kommt man auf pulchellus, doch ist dieser sonst leicht zu erkennen. In jüngster Zeit erhielt ich G. laevis aus Barcelona (Antiga leg.), Exemplare mit ganz schwarzem Mittelsegment aus Hammam Bou Hadjar bei Oran, von mir selbst gesammelt, ferner einige Stücke mit fast ganz schwarzem Thorax und schwarzen Beinen (dadurch von lumatus leicht zu unterscheiden) aus Triest (Handl.) und Pola (Schletterer). Gorytes lunatus Dahlbom erhielt unser Museum aus Petersburg (Radoszk.) und vom Stilfserjoch (über 2000 m) von mir selbst gesammelt. Gorytes Tauricus Radoszkowsky. Type gesehen! Nach Tauricus ist einzureihen: Gorytes Turcmenicus Radoszkowsky. ! Harpactes turcmenicus, Radoszkowsky, Horae Soc. Ent. Ross. XXVII, 70, 1893. G. Taurico valde similis et affinis, corpore multo minus crasse punctato, fronte fere laevi. Niger, orbitis anticis, clipeo, margine pronoti cum callis humeralibus, scutello, metanoto, maculis segmenti primi, fascia in lateribus ampliata secundi, segmento quinto fere toto pallide flavis. Antennae fuscae, infra in scapo flavae, in flagello testa- ceae. Pedes ferruginei coxis trochanteribusque nigris, antici et intermedii in femoribus tibiisque pallido-maculati. Alae distincte lutescentes. Long. corp. 7 mm. Species palaearctica. Dem Tanuriens sehr nahe stehend und ausser in dem Ge- äder und der Kopfform auch in der Gestalt und Sculptur des Mittelsegmentes übereinstimmend. An der viel schwächeren Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV.Bd., Abth. 1. 59 906 A. Handlirsch, Punktirung, die namentlich auf der Stirne sehr zart wird, ist Turcmenicus leicht zu unterscheiden. Radoszkowsky beschrieb ein 9 aus Merw und schickte mir als Type zur Ansicht ein d’ aus Seraks. Gorytes quadrisignatus Palma. Mon dieser Ayı erhtelt 1chr durch die lGntendesskieren Prof. A. Costa ein männliches Exemplar zur Ansicht. Die Art steht dem G. tumidus, laevis und Sareptanus sehr nahe. Kopfform wie bei diesen Arten, d. h. die Stirne und der Scheitel sind stärker gewölbt als bei affinis, elegans u. A. Die seitlichen Ocellen stehen im Gegensatze zu den ähnlichen Arten näher bei den Facettaugen, als bei dem vorderen Neben- auge (bei jenen sind sie durchwegs höchstens gleich weit ent- fernt). Flügel deutlich getrübt, die dritte Cubitalzelle unten viel breiter als oben. Mittelsegment durchaus sehr scharf und deut- lich gerunzelt, Mittelfeld gut begrenzt und durchaus mit zer- knitterten Längsfalten erfüllt. Fühler ganz ähnlich wie bei Sareptanus. Punktirung am Dorsulum und an den Mesopleuren sehr deutlich und scharf, aber nicht dicht, am Hinterleibsrücken dichter und etwas feiner. Grundfarbe ist schwarz; Segment 1 und 2 ganz roth. Innere Augenränder und Seiten des Clipeus, Schulterbeulen, eine unterbrochene schmale Binde des Pronotum, eine Binde am Scutellum, zwei Flecken am ersten Segmente und zwei Flecken am zweiten (nach innen verlängert) gelb. Beine braun- roth, an der Basis dunkler, Vorder- und Mittelschenkel am Ende hinten mit verwischtem lichten Flecke. Hinterschienen sehr schwach bedornt. 5°9 mm. An der Ocellenstellung und Färbung leicht zu erkennen. Gorytes ornatus Smith. Hier ist zu citiren: Gorytes ornatus, Cameron, Hymen. orientalis, 1, 1890. In die Gruppe des elegans und laevis (Harpactes) gehören noch die drei folgenden Arten. Grabwespen. 907 Gorytes histrio Saussure. ! Harpactes histrio, Saussure, Hist. nat. Madagascar. 530, t. 27,f. 10, 1892. Caput latum, oculis versus clipeum latum non convergenti- bus. Sutura inter dorsulum et s£utellum foveolata. Segmentum mediale area dorsali magna, triangulari et bene limitata, rugis postice divergentibus praedita. Pars decliva segmenti medialis et latera distincte rugulosa. Alae hyalinae, area cubitali tertia anticarum superne parum angustata, area anali posticarum ante originem venae cubitalis terminata. Tibiae posticae parum spinosae, tarsi antici feminae distincte ciliati. Antennae maris graciles, fere cylindricae articulo 10. et 11. infra distincte ex- cavato, ultimo praecedenti paulo longiore, vix curvato et apicem versus angustato. Abdominis segmentum 1. breve, apice non coarctatum, sextum arae mediana fere inpunctata. Corpus nitidum, in dorso thoracis et abdominis valde sparse et satis subtiliter punctatum, sparse pilosum et tomentosum. Caput ferrugineum, macula frontali et oceipitali nigris. Thorax laete ferrugineus pectore infuscato. Abdomen nigrum, maculis duabus magnis rotundis segmenti secundi et parte segmenti quinti saturate flavis. Antennae nigrae, infra pro parte pallidae. Pedes nigrofusci, tibiis antieis et intermediis antrorsum ad partem pallidioribus. Long. corp. 6 mm. Species Madagascariensis. Diese Art ist dem laevis nur in der Farbe ähnlich, ihr Scheitel ist aber nicht so hoch gewölbt und die Sculptur durch- aus verschieden. Meran, SEypen Saulssureis. Gorytes vicarius n. Sp. S G. lunato etc. affinis et similis. Caput latum, oculis versus clipeum non convergentibus. Antennae gracilis, articulo decimo infra distincte, tribus segmentibus parum excisis, articulo ultimo brevi. Sutura antica scutelli foveolata. Mesosternum carina longitudinali distincta. Episternum et epimerum satis distincte limitata. Segmentum mediale breve et valde convexum, area dorsali bene limitata et irregulariter rugosa. Alarum anti- carum area cubitalis tertia superne haud valde angustata. 59* 908 - A. Handlirsch, Alarum posticarum area analis ante originem venae cubi- talis terminata. Pedes statura normali. Abdomen fere ut in G. lumato constructum. Latera et dorsum mesothoracis punctis crassis sparsis praedita. Segmentum mediale pone suturam lateralem et in parte decliva dense ruguloso-punctatum. Ab- domen, imprimis in segmento secundo, dense et satis subtiliter punctatum. Corpus nigrum, orbitis anticis, clipeo, fascia pronoti, callis, scutello, maculis lateralibus segmenti primi, fascia an- gusta in lateribus valde dilatata secundi et fascia quinti pallide flavis. Antennae fuscae, infra apicem versus pallidiores; pedes nigrofusci, tibiis tarsisque pallidioribus. Long. corp. 6 mm. Species Aethiopica. Die Sculptur ist am Thorax ähnlich wie bei Sareptanus, am Hinterleibe gröber, aber nirgends so grob wie bei Tauricns. Es ist dies die zweite aethiopische Art der Gruppe, die beschrieben wird. | Ich untersuchte 1 d vom Cap, Eigenthum des Berliner Museums. Gorytes mendicus Handl. Gorytes mendicus, Handlirsch, Ann. k. k. naturh. Hofmus. Wien, VIII, 278, 1893. Dienoplus pictifrons, Fox, Proc. Acad. Nat. Sciences Philad., 549 (1893), 1394. Femina. Caput latum, oculis versus clipeum latum non con- vergentibus. Sutura inter dorsulum et scutellum foveolata. Seg- mentum mediale satis longum, vix rugosum, area mediana bene limitata et divisa sed non longitudinaliter rugosa. Alarum anti- carum area cubitalis tertia superne non distincte angustata; alarum posticarum area analis ante originem venae cubitalis terminata. Tibiae posticae parum spinosae. Tarsi antici distinc- tissime ciliati. Abdominis segmentum primum breve et latum, apice non coarctatum. Segmentum ventrale secundum parum convexum. Segmentum dorsale sextum area mediana nitida sparse punctata praeditum. Corpus subtilissime punctulatum, punctis maioribus sparsis et parum distinctis, nigrum, segmentis duobus primis, lateribus et ventre tertii, quarti et quinti rufis, orbitis anticis et clipeo Grabwespen. 909 flavo-variegatis, antennis fuscis, scapo infra flavo, pedibus fuscis. Long. corp. 6:5 mm. Species regionis nearcticae. Diese zierliche Art stimmt in allen wesentlichen Merkmalen mit den Arten der elegans-Gruppe überein, ist jedoch an der verschiedenen Sculptur des Mittelsegmentes leicht von den- selben zu unterscheiden: dieses trägt nämlich nur knapp ober der Insertionsstelle des Hinterleibes einige gröbere Runzeln, während es sonst nur fein lederartig erscheint. Auch innerhalb des Mittelfeldes sind keine scharfen Längsrunzeln zu bemerken. Die Hinterschienen sind etwas deutlicher bedorntals bei elegans. Die Cubitalader der Vorderflügel endet unmittelbar hinter der dritten Querader. Kopf und Thorax sind reichlich silbergrau tomentirt, der Hinterleib spärlicher. Die Basis des Kopfschildes ist dunkel. Die erste Dorsalplatte an der Basis und ein Fleck in der Mitte der zweiten sind dunkel, die ganze Fläche dieser Ringe sonst roth; von den folgenden drei Ringen sind nur die Seiten roth, ebenso die ganzen Bauchplatten, mit Ausnahme der letzten. Gelbe Zeichnungen sind nur im Gesichte vorhanden. Ich beschrieb diese Art nach einem Exemplare, von Herrn’ Diek in Yale (Britisch Columbia) gesammelt. Nach Fox sind beim d’ die gelben Zeichnungen im Gesichte und auf den Beinen reichlicher, die Fühler länger. Nach Gor. infernalis ist einzuschieben: Gorytes Mexicanus Cameron. Gorytes mexianus, Cameron, Biolog. centr. amer., II, 76, Tab.V, Fig. 15. 2 1890. »Niger; thorace rugoso-punctato; scapo antennarum, clipeo, scutello, fasciis duabus abdominis tarsisque rufis; alis fere hyalinis, anticis fulvo-fumatis, stigmate et nervis rufo-testaceis. ? Long. 11!/, mm. Babe Niexieon Nemax in North Jueatanı Gaumen) Kopf gross, hinter den Augen scharf eingezogen und fast so breit als der Thorax. Augen parallel, seitliche Ocellen von den Facettaugen ziemlich viel weiter entfernt als von der vor- 910 A. Handlirsch, deren und weniger weit als von einander. Ocellenregion etwas erhaben. Clipeus breit vortretend, seine Basis grob punktirt, die Endhälfte ohne Punkte, das Ende gerandet und in der Mitte kaum wellig; Stirne und Scheitel opak, lederartig und zerstreut punktirt, nicht flachgedrückt, und mit Ausnahme einer undeut- lichen Furche unter den Ocellen, ohne Furchen und Kiele. Stirne, Scheitel und Hinterhaupt mit bräunlichen Haaren bedeckt; unmittelbar unter und zwischen den Fühlern ist eine silberne Haarfranse; Clipeus mit langer röthlicher Behaarung. Fühler gegen das Ende verdickt, die Basalglieder der Geissel stark ver- längert; drittes Glied völlig um ein Viertel länger als das vierte. Thorax kaum glänzend, spärlich behaart; Mesonotum und Scu- tellum stark und dicht punktirt, die Mesopleuren mehr glänzend und weniger stark punktirt, ihr Kiel deutlich; Mittelfeld des Medialsegmentes dreieckig, gerandet und mit 20 Kielen versehen, der Rest des Segmentes glänzend, grob punktirt, die mittlere Partie unregelmässig genetzt und viel gröber punktirt als die Seiten; Pleuren glänzend, in derMitte schief ausgehöhlt, spärlich punktirt, ihr äusserstes Ende ober den Hüften grob gestreift. Hinterleib länger als Kopf und Thorax zusammen; der Stiel ‘glänzend, spärlich punktirt, fast so lang als das zweite Segment, aber viel schmäler und am Ende erweitert; der Rest des Hinter- leibes matt, dicht, aber nicht grob punktirt; Pygidialfeld mit Ausnahme der abgerundeten, glänzenden, unpunktirten Spitze längsstreifig; Bauchplatten glänzend, spärlich punktirt. Die zweite und dritte Querader oben jenseits der Mitte rundlich gebogen; Cubitus hinter der dritten Cubitalzelle sehr un- deutlich. Die Beschreibung dieser Art erinnert sehr an die Gruppe des concinnus und infernalis, doch muss die Kenntnissnahme des männlichen Geschlechtes abgewartet werden, um einen sicheren Schluss auf die Verwandtschaft ziehen zu können. Ich stelle die Art vorläufig in die genannte Gruppe. Gorytes bicinctus Rossi. In der Synonymenliste sind anzuführen: 7 Sphex (Crabro) bicinctus, Blanchard, Cuvier’s Regne anim, Ed. 3, II. t. 122, 8. 9, 1849 (see! D. T.) Grabwespen. enlil Lestiphorus bicinctus, Costa, Ann. Mus. Napoli V, 75, 1869. ? — — Radoszkowsky, Bull. Mose. 13, f. 33, 1891. Gorytes bicinctus, Saunders, Hymen, acul. Brit. 105, 108, t. 15, f. 2, 1893. In die Gruppe des bilunnlatus (Lestiphorus) gehört noch Gorytes egregius Handl. Gorytes egregius, Handlirsch, Ann. k. k. naturh. Hofmus. Wien, VIII, 278, 1893. Mas. Caput rotundatum, vertice parum arcuato, clipeo latissimo, satis convexo et fere trapezino, oculis versus os non convergentibus. Antennae longae et graciles, scapo articulo tertio breviore, articulis tribus penultimis brevissimis et infra parum excisis. Sutura inter dorsulum et scutellum foveolata. Meso- sternum distinctissime carinatum, ab epimero bene separatum sed cum episterno confusum. Segmenti medialis pars horizon- talis et decliva non limitatae, area mediana magna, bene limitata et omnino longitudinaliter rugosa, latera indistincte divisa. Alae hyalinae, haud fusco-maculatae, area cubitali tertia inferne latiore quam superne; alarum posticarum area analis in origine venae cubitalis terminata. Pedes graciles, tibiis posticis spinosis, pulvillis distinctissimis. Abdominis segmentum primum satis longum et angustum, versus apicem incrassatum et in apice ut in @. bibincto coarc- tatum. Segmentum secundum valde convexum, versus basim valde contractum, fere campaniforme, segmentum ventrale secundum parum convexum. Segmentum ventrale octavum processo furcato instructum. Caput subtiliter punctatum. Dorsulum subtiliter punctatum et punctis magnis irregulariter et dense obtectum. Latera thora- cis fere laevia et punctis sparsis mediocribus praedita. Segmen- tum mediale dense et crasse rugoso-punctatum. Abdomen omnino subtilissime punctulatum. Corpus parum tomentosum, nigrum, capite, thorace et abdomine luxuriose flavopictis, antennis testaceis, pedibus flavis-parce nigro variegatis. Long. corp. 11 mm. Species palaearctica. O2 A. Handlirsch, Diese prächtige Art gehört in die Gruppe des G. bilumulatus, dem sie in Bezug auf den Körperbau ziemlich ähnlich ist; sie ist jedoch etwas schlanker. Die Ocellen stehen in einem noch stumpfwinkeligeren Drei- ecke als bei bilumulatus und die seitlichen sind von einander entschieden weiter entfernt als von den Facettaugen. Die Schläfen sind viel schmäler. Das Mittelfeld des Medialsegmentes ist durch sehr deutliche, gerade Furchen und Kiele begrenzt und mit 12 sehr scharfen geraden Längsfalten versehen, die bis zur Spitze erhalten sind. Flügel schwach und gleichmässig gelbbraun tingirt, ohne Spur eines dunkleren Fleckes in der Radialgegend. Ihr Geäder ist lichtbraun. Das erste Segment ist entschieden länger und schlanker als bei bicinctus und bilumn- latus und, so wie bei der ersteren Art, vor dem Endrande nicht mit einer Furche versehen. Im Vergleiche mit bilunnlatus und bicinctus ist die Grund- punktirung des Körpers bedeutend feiner, es treten aber dafür auf dem Dorsulum sehr grobe, unregelmässige, stellenweise fast zusammenfliessende Punkte auf. Die Sculptur des Mittelseg- mentes ist noch viel gröber und schärfer als bei bicinctus. Gelb sind die Mandibeln, die Oberlippe, der Clipeus, die Stirne unter- halb der Fühler, breite Streifen an den inneren und äusseren Augenrändern, von denen die letzteren auf dem Scheitel zusammenstossen, ein keilförmiger Fleck in der Mitte der Stirne, der Rand des Prothorax, die Schulterbeulen, ein grosser Fleck an jeder Seite der Mittelbrust, eine schmale Linie an jeder Seite des Dorsulum, das Scutellum, das Metanotum und zwei grosse eiförmige Flecken auf dem Mittelsegmente, das Ende und die Seiten des ersten Segmentes, die Basis des zweiten, breite Bin- den am zweiten bis fünften und die zwei letzten Segmente, die ganze Unterseite des Hinterleibes, mit Ausnahme sehr schmaler, schwarzer Binden an der Basis der einzelnen Ringe. Fühler- schaft oben dunkel, unten gelb, die Geissel rothgelb. Beine gelb, an der Oberseite der Hüften, Trochanteren und Schenkelbasis schwarz gefleckt. Die Art ist von den anderen der Gruppe an den ange- führten Merkmalen auf den ersten Blick zu unterscheiden. In meiner Bestimmungstabelle kommt man auf bicinctus. Grabwespen. 913 Ich beschreibe diese prächtige Art nach einem männlichen Individium aus dem Araxesthale in Armenien; Eigenthum des Hofmuseums. Die folgende Art gehört höchstwahrscheinlich auch in die Lestiphorus-Gruppe. Gorytes rufocinctus Fox. Gorytes rufocinctus, Fox, Canad. Entomol., XXIV, 153, 1892. »@ — Öcellen in einem Dreieck angeordnet, das hintere Paar durch eine gekrümmte Furche verbunden. Clipeus mit grossen Punkten, sein Vorderrand eingebogen. Augen gegen den Clipeus divergent. Die Stirne sieht sehr fein granulirt aus und hat eine deutliche Mittelfurche. Fühler lang und schlank, ihr drittes Glied viel länger als das vierte. Thorax glänzend, am Dorsulum ausserordentlich fein und dicht punktirt; Mesopleuren mit grossen seichten Punkten. Nähte vor und hinter dem Scutellum deutlich grubig. Mittelfeld desMedialsegmentes gross, mit einer Mittelfurche und schönen radialen Streifen; Hinter- seite des Segmentes rauh, die Basaltheile glatt und glänzend; Flügel subhyalin, Geäder und Stigma schwarz; eine dunkle Wolke erfüllt die Radial-, zweite Cubital- und einen Theil der dritten Discoidalzelle. Querader der Hinterflügel interstitial. Mittel- und Hintertibien und Tarsen deutlich bedornt; Vorder- tarsen lang bewimpert. Hinterleib zerstreut grob punktirt; das erste Segment stark eingeschnürt, oben vor dem Ende mit einer nerenabreiten Oweriurehe, die sich von einer Seite bis zur anderen erstreckt. Unterseits sind die Punkte deutlicher, beson- ders am Endsegment, das auch oben stark aber spärlich punk- tirt ist. Tiefschwarz, glänzend, Unterseite der Geissel und die Tarsen leicht gebräunt, Innenseite der Vordertibien gelblich; Endrand des ersten Segmentes und das zweite, mit Ausnahme des Endrandes, roth. Länge 10 mm. Ein Exemplar. Washington (State).« 914 A. Handlirsch, Für sehr. nahe verwandt mit G. gracilis Patton halte ich: Gorytes mirandus Fox. Gorytes mirandus, Fox, Canad. Entomol. XXIV, 152, 1892. »d Kopf etwas breiter als der Thorax. Stirne in der Mitte depress mit deutlicher Mittelstrieme und starken, isolirten Punkten. Augen gegen den Clipeus schwach convergent. Clipeus convex, ziemlich stark und spärlich punktirt, sein Vorderrand eingebogen. Fühlergeissel lang, in der Mitte verdickt, aber gegen das Ende zu wieder dünner; das dritte Glied viel länger als das vierte, das zehnte unten ausgeschnitten. Dorsulum und Pleuren mit groben Punkten; die Näthe an den Pleuren mit kurzen, starken Querleisten, d. h. grubig. Scutellum wie das Dorsulum punktirt. Mittelfeld des Medialsegmentes gut begrenzt, mit starker Mittelfurche und schiefen Längsfalten. Am Ende des Mittelfeldes ist eine starke Grube. Hintere Fläche des Mittel- feldes unregelmässig gestreift, die Seiten punktirt, mit einer schiefen, grubigen Furche. Hinterschienen und Tarsen deutlich bedornt; die Vorderschenkel sehr verbreitert und an der Innen- seite gegen die Basis zu flachgedrückt. Flügel subhyalin, irisirend, in der Radialzelle und an der Spitze geschwärzt. Hinterleib glänzend, gestielt — d. h. das erste Segment ist viel schmäler als das zweite, am Ende breiter als an der Basis; Segment 3—5 oben und 2—7 unten mit grossen Punktein- drücken, die am ersten und an der Oberseite des zweiten Seg- mentes nicht so deutlich sind. Letztes Ventralsegment bifid. Schwarz; Clipeus, Labrum, Mandibeln, mit Ausnahme der Spitze, Gesicht, breite innere Augenränder, Schaft und Unter- seite des dritten Fühlergliedes, das ganze zweite Glied, die hinteren Augenränder, der Rand des Pronotum, Schulterbeulen, vordere Partie der Mesopleuren, Fleck unter den Tegulis, Scu- tellum, Metanotum, ein grosser Fleck an jeder Seite der hinteren Partie des Mittelsegmentes, Beine, mit Ausnahme der Oberseite der Coxen, Trochanteren und Schenkel, breite Bänder am End- rande aller Dorsalplatten, von denen das zweite am breitesten ist, und Binden der Ventralplatten gelb. Der grösste Theil der Fühler und die Hinterschienen und Tarsen zum Theile bräun- lich. Länge 9 mm. Grabwespen. 915 Nevada. Vier Exemplare. Verwandt mit nofabilis Handl. aus Mexico, durch das unten ausgeschnittene zehnte Fühler- glied etc. aber verschieden«. Es ist mir nicht recht klar, warum Fox die Art nicht mit gracılis vergleicht, der ja auch ein bifides achtes Ventralsegment und ein ausgeschnittenes zehntes Fühlerglied und schwach convergente Augen hat. Gorytes laticinctus Shuck. Der Synonymenliste ist beizufügen: ? Hoplisus quinquecinctus, Radoszkowsky, Bull. Mose. 12, f. 27, 1891. Gorytes laticinctus, Saunders, Hymen. acul. Brit. 105, 108, 1893. Gorytes quadrifasciatus, Fabricius. Der Synonymie ist beizufügen: Hoplisus quadrifasciatus, Brischke, Schriften Phys. Öcon. Ges. Königs- berg, Il, 101, 1862. ?? Euspongus quadrifasciatus, Radoszkowsky, Bull. Mosec., 12, Fig. 26, 1891. Gorytes quadrifasciatus, Saunders, Hymen. acul. Brit. 105, 107, t. 15, 5, IS. Ich ande der Arc pelrartonsin Birol in einer Flone,von 1700 m; Leder sammelte sie in der nördlichen Mongolei. Gorytes dissectus Panzer. Zur Synonymie gehört: ? Hoplisus albidulus, Radoszkowsky, Bull. Mose. 12, fig. 29, 1891. Diese Art wurde im Araxesthal gesammelt (Mus. Vindo- bon.). Gorytes ambiguus Handlirsch. Herr H. Leder sammelte in der nördlichen Mongolei eine Anzahl Gorytes-Männchen, die ich entschieden für ambi- guus halte. Die Stirne ist in der Fühlergegend etwas breiter als beı dissectus, und die einzelnen Geisselglieder sind etwas kürzer, zZ. B. ist das dritte Fühlerglied kaum 2!/,mal so lang als breit, das vierte nur doppelt so lang als breit etc. Die Stirne ist nicht abgeflacht. Sculptur des Mittelsegmentes wie beim 9. Punk- 916 A. Handlirsch, tirung ähnlich wie bei dissectus d. In der Färbung stimmen alle (sieben) mir vorliegenden Exemplare auffallend überein. Licht gefärbt sind: Clipeus, Orbita, Stirnschildchen, Unterseite des Schaftes, Rand des Pronotum, Episternalfleck, Binde am Schildchen, schmale ununterbrochene Binden der vier ersten Dorsalplatten und eine Binde der zweiten Ventralplatte. Beine rostroth, nur an der äussersten Basis dunkel; Tibien und Tarsen der Vorder- und Mittelbeine theilweise gelb. Im Übrigen mit dem 9 übereinstimmend. Nach dieser Art ist einzufügen: Gorytes negleetus n. sp. G. dissecto et ambigno satis affinis. Oculi versus clipeum distincte convergentes. Segmentum mediale valde rugosum, area mediana magna, indistincte limitata et longitudinaliter striata. Alae distincte infumatae, venis obscuris, stigmate brun- neo. Alarum posticarum area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Abdominis segmentum primum basi non striatum. Thorax minus subtiliter quam in dissecto et valde dense punctatum, fere ut in guadrifasciato. Abdomen fere laeve, corpus nigrum, clipeo, orbitis anticis fasciisque angustis undu- latis segmentorum quatuor anticorum saturate flavis. Pedes nigri, tibiis tarsisque anticis et intermediis antrorsum flavis. Long. corp. 1O— 11 mm. Species palaearctica. Maris antennae nigrae, longae, articulis latitudine circa duplo longioribus; frons superne fere duplo latior quam inferne. Feminae antennae fere ut in dissecio, minus graciles quam in quadrifasciato, graciliores quam in quinguefasciato etc., articulis duabus penultimis longitudine fere aeque latis; frons infra tertia parte angustior quam supra, segmentum dorsale sextum area satis lata triangulari, sparse punctata. Stirne mässig gewölbt, mit undeutlicher Strieme, nach unten entschieden viel mehr verschmälert als bei quadri- fasciatus und selbst bei dissectus, aber lange nicht so stark wie bei guinquefasciatus und quingnecinctus mit ihren Ver- wandten. Die feine Punktirung des Thoraxrückens ist fast Grabwespen. 7 noch stärker als bei guadrifasciatus und sehr gleichmässig. Grobe Eindrücke fehlen. Auf dem Mittelsegmente ziehen die scharfen, nicht verknitterten Längsrunzeln über die Grenze des Mittelfeldes und werden erst auf der nicht begrenzten abschüssigen Fläche verworren. Die Art dürfte an den angegebenen Merkmalen leicht und sicher von den Verwandten zu trennen sein. Ich untersuchte zwei Exemplare, mit »Dybowsky« bezeichnet und wahr- scheinlich aus dem Caucasusgebiete oder aus Sibirien stammend. Nach Gor. geminus ist einzufügen: Gorytes vicinus Handl. Gorytes vicinus, Handlirsch, Ann. k.k. naturh. Hofmus. Wien, VIII, 279, 1893. Femina. G. gemino valde affınis et similis. Antennae gra- ciles, flagello non clavato. Oculi versus clipeum parum conver- gentes. Segmentum mediale subtilius rugosum, area mediana magna, bene limitata et longitudinaliter striata. Alae sat obscure flavo tinctae, in parte radiali vix obscuriores. Alarum posti- carum area analis distincte post originem venae cubitalis termi- nata. Tarsi antici ciliati. Abdominis segmentum primum basi non striatum. Area mediana segmenti sexti angusta et sparse punctata. Corpus ut in G. gemino punctatum, parce pilosum et tomentosum, nigrum, clipeo, macula lata in margine antico excepta, orbitis anticis, margine pronoti, macula in meso- pleuris, margine postico scutelli fasciisque quinque angustis in abdomine flavis; antennae nigrae scapo infra flavo, flagello infra testaceo. Pedes nigri tibiis et tarsis infra flavis. Long. corp. 10 mm. Species regionis nearcticae. Diese Art ist, wie erwähnt, dem G. geminus sehr ähnlich; die Fühlergeissel ist etwas weniger schlank. Die Sculptur des Mittelsegmentes ist zur Unterscheidung am besten zu ver- wenden. Die Runzelung ist ausserhalb des Mittelfeldes viel feiner als bei den verwandten Arten, fast lederartig und zeigt 918 A. Handlirsch, an der abschüssigen Fläche eine Tendenz zur Bildung von Längsstreifen. Das durch eine einfache feine Naht begrenzte Mittelfeld ist durch eine scharfe Furche getheilt und trägt an den Seiten gerade, nach hinten divergirende Längsfalten, die gegen die Spitze zu sehr undeutlich werden. Die Binden des Hinterleibes sind sehr schmal, und die zweite erstreckt sich auch auf die Seitenecken der Ventralplatte. Die Tarsen sind oben dunkel braunroth, unten licht. Oberlippe gelb, Mandibeln schwarz. G. vicinus ist an der verschiedenen Sculptur des Mittel- segmentes, an den stark gelb tingirten Flügeln und der Fühler- farbe von den verwandten Arten zu unterscheiden. Ich unter- suchte ein Exemplar aus dem Washington Territorium in Nordamerika. Gorytes atricornis Pack. In der Synonymie ist anzuführen: Hoplisus atricornis, Provancher, Additions a la Faune Canad. 276, 1889. Folgende drei von Fox beschriebene nordamerikanische Arten gehören entweder in die Gruppe des geminus und vicinus oder in die Gruppe des quwingnecinctus, die ja ohne- dies nicht scharf zu trennen sind. Gorytes Nevadensis Fox. @Gorytes Nevadensis, Fox, Canad. Entomol. XXIV, 150, 1892. »? Kopf so breit als der Thorax; Ocellengegend ziemlich deutlich erhaben; Ocellen ein sehr niederes Dreieck bildend. Stirnstrieme deutlich, aber nicht stark. Augen gegen den Clipeus deutlich convergent. Clipeus convex mit grossen, zerstreuten Punkteindrücken, am Vorderrande etwas eingebogen. Fühler- schaft nicht so lang als der Clipeus in der Mitte breit ist; die Geissel lang, nicht verdickt; das dritte Glied ungefähr um ein Drittel länger als das vierte. Stirne stark punktirt, das Hinter- haupt spärlicher und feiner. Dorsulum mit zerstreuten groben Punkten und vier parallelen Längsstriemen nahe der Basis. Mesopleuren ausserordentlich fein punktirt. Naht vor dem Scutellum grubig. Mittelfeld des Mittelsegmentes in der Mitte 1 oe Ü Grabwespen. 919 tief gefurcht mit neun bis zehn starken radiären Streifen jeder- seits der Mittelfurche, die sich etwas über die Grenze des Feldes hinaus fortsetzen. Die hintere Fläche des Medialseg- mentes durch eine starke Furche getheilt und, mit Ausnahme einiger grober Runzeln am Ende, glatt oder sehr fein punk- tirt. Die Mittelsegmentstigmen sind durch einen vorragenden Lappen verdeckt. Flügel subhyalin, gelblich gefärbt, in der Radial- und einem Theile der Cubitalzellen verdunkelt. Die Adern, welche die Radial- und Cubitalzellen einschliessen, nebst der zweiten Cubitalquerader schwarz, die übrigen gelb. Analzelle der Hinterflügel hinter dem Ursprung des Cubitus endend. Beine kräftig, die vier Hinterschienen spärlich bedornt; Vordertarsen deutlich mit spärlichen kurzen Borsten besetzt, die ungefähr halb so lang sind als das erste Glied. Hinterleib glatt, unten mit einigen zerstreuten Punkten. Schwarz, Schaft unten, Mandibeln in der Mitte, Prothorax oben, Schulterbeulen, zwei Flecken an den Mesopleuren, eine breite Linie am Scu- tellum, das Metanotum, zwei grosse ovale Flecken des Mittel- segmentes, Unterseite der Schenkel, mit Ausnahme der Basis, Basis der Schienen, Hinterhüften unten und die Endränder der ersten fünf Dorsalplatten (auf S. 1 und 2 in der Mitte aus- gerandet), die Basis des Endsegmentes seitlich, die Endhälfte der zweiten Ventralplatte und die ganze dritte, vierte und fünfte gelblich. Tegulae, Unterseite der Schienen und Tarsen mehr oder weniger bräunlich. 12 mm. cd Unterscheidet sich vom 9 in folgenden Punkten: Stirn- strieme undeutlich; die vier vorderen Schienen und Tarsen ganz gelblich; alle Hüften unten gelb gefleckt und die dritte bis fünfte Ventralplatte nicht ganz gelb; drittes Fühlerglied ungefähr um ein Fünftel länger als das folgende. Nevada.« Gorytes atrifrons Fox. Gorytes atrifrons, Fox, Cand. Entomol. XXIV, 151, 1892. 0 Dem Nevadensis sehr ähnlich und durch folgende Merk- male verschieden: Stirne fein und dicht punktirt; drittes Fühler- glied ungefähr um ein Viertel länger als das vierte; Labrum mit silbernen Haaren; Mittelsegment hinten stark gerunzelt; 920 A. Handlirsch, das erste Glied der Vordertarsen ungefähr so lang als die drei folgenden zusammen, während es bei Nevadensis länger ist; Cilien der Vordertarsen mehr als halb so lang als das erste Glied; die gelben Binden des Hinterleibes sind schmäler und das Pygidium ist breiter; Schaft und Glied 3—8 unten bräun- lich; Beine gelb in reicherem Masse als bei Nevadensis; Kopf ausser einigen abstehenden blassen Haaren am Clipeus bräun- lich tomentirt. Länge 10—12 mm. S Geissel länger und schlanker als beim 9, nicht bräun- lich, das dritte Fühlerglied etwas länger als das vierte; Clipeus, Labrum, Gesicht, breite innere Augenränder, Schaft und die folgenden Glieder unten gelb. Länge 10 mm. Nevada. 49 und 1 Z. 2 9 haben keine gelben Flecken am Mittelsegment. : Gorytes albosignatus Fox. Gorytes albosignatus, Fox, Canad. Entomol. XXIV, 152, 1892. »® Ähnlich dem atrifrons, aber sofort an den weisslichen Zeichnungen zu erkennen. Fühlergeissel allmälig verdickt, das neunte bis elfte Glied nicht viel länger als breit, das dritte Glied ungefähr um ein Drittel länger als das vierte; die hintere Fläche des Mittelsegmentes stark gerunzelt. Flügel subhyalin, kaum gelb tingirt. Die zwei Basalsegmente glänzend, die folgenden leicht behaart und mit einigen undeutlichen Punkten besetzt. Pygidium kurz, etwas länger als an der Basis breit, grob-zerstreut punktirt. Basis des Clipeus, Gesicht, innere Augenränder (unten am breitesten), der Schaft und das folgende Glied unten, und Seitenflecken der zweiten und dritten Ventral- platte weisslich; das Ende der Schenkel, Schienen und Tarsen, mit Ausnahme der äusseren Seite der zwei ersten Paare, bräun- lich. Länge 10 — 12 mm. 5 Geissel lang, nicht verdickt, das dritte Glied sehr wenig länger als das vierte; die vier vorderen Tibien und Tarsen ganz weisslich; Clipeus nicht stark punktirt wie beim 9. Länge 8 mm. Montana. 49,20. Mit Nevadensis und atrifrons nahe verwandt.« de) ID ex Grabwespen. Gorytes pleuripunctatus Costa. Zur Synonymie: ? Hoplisus plenripunctatus, Radoszkowsky, Bull. Mose. 12, f. 30, 1891. Gorytes pleuripunctatus, Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross. XXVII, 420, 1893. ; Von Fundorten sind zu erwähnen: Pendshakent in Turkestan (sec. Morawitz), Montagnes el Kantour und Biskra in Algerien (leg. Handl.). Gorytes quinquefasciatus Panzer wurde von Konow bei Fürstenberg in Mecklenburg gefunden! Gorytes fallax Handl. Der Synonymie ist beizufügen: Psammaecius fallax, Radoszkowsky, Bull. Mose. 13, f. 32, 1891. Diese Art wurde von Sickmann bei Iburg (auf Daucus) Indeyon Schlletterer in St Bauls bei Bozen in Sud-Trwol gefangen. Die Exemplare aus Süd-Tirol sind kleiner als die von mir bei der Beschreibung der Art untersuchten (S 8 mm, 0 9 mm), stimmen aber sonst mit meiner Beschreibung überein. Die Fühler und Beine des Weibes sind genau so gefärbt wie bei den anderen Exemplaren. Gorytes Procrustes Handl. Nach Morawitz kommt diese Art im Gebiete von Astra- ehams (RyneBessiki) vor. Ich erhielt‘ von Costa I Oo Taus Armenien. Gorytes nigrifacies Mocsary. Aus Barcelona erhielt ich 1 und 1 ©, die in allen plastischen Merkmalen auffallend mit den von mir beschrie- benen ungarischen Exemplaren der Art übereinstimmen, in der Färbung aber von denselben nicht unbedeutend differiren. Die Binden des Hinterleibes sind rein gelb, nicht so licht wie bei den pannonischen Stücken und auch nicht unter- brochen. Beim / ist am Clipeus ein gelber Fleck vorhanden. Die Beine des 9 sind an der Basis reichlicher schwarz gefärbt. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 60 922 A. Handlirsch, Es scheint mir hier eine analoge Farbvariation vorzuliegen, wie bei guinquefasciatus, wo auch die östlichen Stücke lichter und spärlicher gezeichnet sind als die westlichen. Erwähnen möchte ich noch, dass bei nigrifacies die Fühler des Z auffallend kürzer sind als bei den verwandten Arten. Gorytes quinqueeinctus Fabricius. Der Synonymie ist beizufügen: Mellinus quinguecincius, Dumeril, Mem. Acad. Sc. Paris. XXXI. (2.), 876, 1860. Hoplisus quinguecinctus, Brischke, Schr. Phys. Ök. Ges. Königsberg. I, OH, 182: ! Psammaecius latifrons, Radoszkowsky, Bull. Mosc. 12, f. 31, 1891. Zu dem Citate: Hopl. latifrons Eversmann ist ein ! zu setzen; ich habe Typen aus Radoszkowsky’'s Sammlung gesehen. Nach Gorytes guinguecinctus sind die drei folgenden Arten einzuschalten: Gorytes maculicornis Morawitz. Hoplisus maculicornis, Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross. XXIII, 149 Q 1888. »Niger flavo-pictus; antennis articulis tribus primis flavis supra nigro-notatis, reliquis aurantiacis; palpis flavis; dorsulo alutaceo sat dense minus crasse punctato,; segmento mediano supra striato, striis rectis apice abbreviatis, lateribus sub- tilissime rugulosis; abdomine fasciis flavis quinque ornato, petiolo basi haud striato, segmento ultimo longitudinaliter stri- goso. @ 12 mm. Weibchen. Der Kopf ist schwarz, die untere Hälfte des inneren Orbitalrandes gelb gefärbt, der Scheitel fein und dicht punktirt-gerunzelt, bräunlich pubescent. Clipeus gelb mit schwarzem Endsaume, welcher mitten deutlich ausgerandet ’ ist; vor dieser Ausrandung ist eine kleine Grube, aus welcher mehrere lange Haare hervortreten, vorhanden. Mandibeln schwarz mit einem gelben Scheibenflecken am Grunde. Die Taster gelb. Die Fühler sind nach der Spitze zu ein wenig verdickt, der Schaft, das Pedicellum und das dritte Glied gelb gefärbt, die beiden ersten mit einem schwarzen Punkte auf Grabwespen. 923 der oberen Seite, das letztere mit einem dunkeln Streifen gezeichnet; die übrigen Glieder sind orangeroth. Pronotum mit vollständiger gelber Binde, die Schulterbeulen gelb. Dor- sulum sehr fein nadelrissig und ausserdem oberflächlich und zerstreut punktirt, bräunlich pubescent. Auf den glatten Meso- pleuren ist hinter dem Schulterhöcker ein gelber Flecken vor- handen. Die hintere Hälfte des matten Schildchens ist gelb gefärbt. Metanotum matt, mit glänzenden Pleuren. Das Mittel- segment ist an den Seiten fast glatt, die hintere Wand und die Dorsalfläche verhältnissmässig schwach gerunzelt; der herz- förmige Raum ist durch eine Längsfurche halbirt und beider- seits von derselben sind fünf bis sieben erhabene Längs- streifen, welche die Spitze nicht erreichen und am Grunde nach innen umgebogen sind, vorhanden. Die Flügelschuppen sind vorn gelb, hinten braun, die Flügel schwach rauchig getrübt, das Randmal hell bräunlichgelb, die Adern dunkler, an der Wurzel aber rothgelb gefärbt. Die fünf vorderen Abdominal- segmente sind am Endrande gelb eingefasst; die Binden sind vollständig und die des zweiten Ringes beiderseits erweitert; das letzte ist dicht längsstreifig und sehr sparsam punktirt. Auf dem Bauche sind die drei mittleren Segmente schmal gelb, an den Seiten breiter, gesäumt. Die meisten Hüften und Trochanteren sind schwarz, gelb gefleckt; die Schenkel des vordersten Beinpaares sind schwarz, am Grunde und an der Spitze roth, unten gelb gefärbt; die Mittelschenkel sind schwarz mit rother Spitze, die des dritten Beinpaares unten gelb, oben roth gefärbt und hier mit einem schwarzen Wische gezeichnet; deren Hüften sind einfärbig gelb. Alle Schienen und Tarsen sind röthlichgelb. Kansu. Ssigu (China). Sehr ähnlich G. guinguecinctus F., von demselben haupt- sächlich durch die verschiedene Sculptur des Scheitels und des Mittelsegmentes zu unterscheiden.« Gorytes proximus Handl. Gorytes proximus, Handlirsch, Ann. k.k. naturh. Hofm. VIII, 280, 1893. Femina. G. quinguecincto valde similis et affinis. Caput et antennae fere ut in G. guinguecincto. Thorax superne subtilis- 60* 924 A. Handlirsch, sime punctulatus punctisque paulo maioribus satis indistinctis praeditus, in lateribus nec rugulosus, nec punctatus. Segmen- tum mediale rugosum, in parte antica laterum laeve. Area mediana bene limitata et rugis longitudinalibus satis irregulari- bus instructa. Abdomen fere laeve, punctis maioribus omnino carens. Area dorsalis segmenti sexti ut in G. guingquecincto longitudinaliter et subtiliter striata. Niger, clipeo, margine pro- noti, callis humeralibus, macula mesopleurali, fascia scutelli et fasciis angustis continuis in segmentis I—5 flavis, pedibus testaceis, coxis, trochanteribus anticis et mediis, femoribusque anticis et mediis ultra medium nigris, antennis supra nigris infra flavis. Long. corp. 10 mm. Species palaearctica. Diese Art ist dem G. guingnecinctus und sulcifrons sehr ähnlich, unterscheidet sich jedoch von ersterem durch die bedeutend schwächere Punktirung des Dorsulum; es sind sowohl die gröberen Punkte, als auch die Grundpunktirung sehr schwach und undeutlich, so dass die Art in dieser Beziehung beinahe mit sulcifrons übereinstimmt, von dem sie sich jedoch durch die am Ende nicht in Höckerchen aus- laufenden Längsstriemen des Dorsulum und besonders durch die unregelmässige, grobe Streifung des Mittelfeldes des Medial- segmentes unterscheidet. In der Farbe stimmt prorimus ganz mit guingnecinctus überein, die Fühler sind wie bei diesem oben dunkel, die Hinterschenkel ganz rothgelb. Zum Unter- schiede von G. Schlettereri sind die Schulterbeulen und ein Fleck auf den Mesopleuren gelb. Ich konnte leider nur ein Exemplar untersuchen und daher nicht constatiren, ob die Unterschiede vollkommen constant sind; bei den zahlreichen Exemplaren, die mir von guingquecinctus und sulcifrons zur Untersuchung vorlagen, haben sie sich als constant erwiesen, und ich schliesse daraus, dass das oben beschriebene Indivi- duum einer eigenen Art angehört. Die Fühler sind oben ganz schwarz wie bei guinguecinctus; bei sulcifrons sind sie ent- weder ganzlicht oder es ist nur die Geissel an derBasis oben licht. Das mir vorliegende Exemplar stammt aus Hellenen- dorf im Caucasusgebiete und ist Eigenthum des Hof- museums. Grabwespen. 925 Gorytes Schlettereri Handlirsch. Gorytes Schlettereri, Handlirsch, Ann. k. k. naturh. Hofmus. Wien, VII, 281, 1893. Femina. G. quinguecincto valde similis et affinis. Caput et antennae fere ut in guinguecincto. Thorax superne distinctis- sime punctulatus, punctis maioribus carens, in lateribus nec rugulosus, nec punctatus. Segmentum mediale ut in G. quin- quecincto rugosum, area mediana irregulariter crasse striata. Abdomen distincte punctulatum, sine punctis maioribus. Area dorsalis segmenti sexti ut in speciebus supra nominatis striata. Niger, clipeo, margine pronoti, fascia scutelli fasciisque angustis in segmentis 1—5 flavis. Pedes testacei, coxis, trochanteribus, femoribus, apice excepto, maculisque in tibiis anticis et mediis nigris. Antennis nigris, infra flavis. Long. corp. 11 mm. Species regionis palaearcticae. Diese Art ist so wie G. proximus mit gquingecinctus unge- mein nahe verwandt. Die feine Punktirung ist auf Kopf und Thorax viel deutlicher als bei sulcifrons, quinguecinctus und proximus, die groben Punkte des Dorsulum sind ganz ver- schwunden. In Bezug auf die Sculptur des Mittelsegmentes stimmt die Art ganz mit guingquecinctus und proximus überein und ist dadurch von sulcifrons gut zu unterscheiden. Auf- fallend ist, dass sowohl der gelbe Fleck auf den Schulter- beulen, als auch der auf den Mesopleuren fehlt und dass die Hinterschenkel bis nahe zur Spitze dunkel sind. Fühler wie bei proximus und gquinguecinctus oben ganz schwarz. Ich untersuchte ein 2, welches ich in Tirol in der Nähe des Reschen-Passes neben der Strasse fing. Das ÖOriginal- exemplar befindet sich in der Sammlung des Hofmuseums. Gorytes sulcifrons Costa. Von dieser Art sammelte ich zwei weibliche Exemplare, eines in Alle-Sarche in Süd-Tirol, das andere im Leitha- gebirge bei Kaisersteinbruch in Ungarn. Ausserdem sind folgende Fundorte hervorzuheben: Araxesthalin Armenien und Barcelona in Spanien (Mus. Vindobon.), ferner Jangob: 926 A. Handlirsch, Kol ın Turkestan und Choasha-Kala in Turkmenien (sec. Morawitz). Gorytes simillimus Smith. Der Synonymie ist beizufügen: Hoplisus ephippiatus, Provancher, Additions a la Faune Canad. 276, 1888. Als Fundort ist Britisch-Columbien (Revelstocke) zu erwähnen. Gorytes phaleratus Say. Der Synonymie ist beizufügen: Hoplisus phaleratus, Provancher, Additions a la Faune Canad. 276, 1888. In die Gruppe des phaleratus gehören die zwei folgenden amerikanischen Arten und wahrscheinlich auch die dritte (G. Polybia). Gorytes montanus Cameron. Gorytes montanus, Cameron, Biolog. Central Amer. II, 77, tab. V, fig. 17, 1890. »Niger, linea pronoti, scutello, maculis 2 in segmento mediali margineque abdominis segmentis, rufis; alis fere hya- linis, antieis fuseis. Ö Long. 8 mm. Hlab. Mexico, Omilteme.in Querreror8s000-Reen (LIEF Smith). Fühler gegenüber der Augenmitte und gleich weit von den Ocellen und von dem Ende des Clipeus inserirt, ziemlich lang und etwas keulenförmig; alle Geisselglieder, besonders aber das erste länger als breit; Schaft dick und kürzer als das dritte Glied; das dritte Glied etwas länger als das vierte. Kopf fast so breit als der Thorax, lederartig und oben dicht mit brauner Pubescenz bedeckt; Clipeus und Wangen kurz silber- haarig; Augen gegen den Mund convergent; eine schmale Furche zieht von den Öcellen abwärts; Clipeus breit, aber Grabwespen. 927 nicht stark gewölbt, am Ende flachgedrückt und leicht wellig. Thorax: Mesonotum lederartig; Pleuren glänzend, unpunktirt; Mesopleuralkiel fein, aber deutlich. Mittelsegment mit deut- lichem Mittelfeld; eine breite Furche zieht über die Mitte herab, und von den Seiten der Basis zieht je eine gezackte Furche schief gegen die Mitte, wo sie sich mit der Mittelfurche ver- einigt; das Segment hat eine allmälig abgerundete Abdachung. Metapleuren mit tiefer, ziemlich dicht weiss behaarter Furche. Hinterleib so lang als Kopf und Thorax zusammen, sein Stiel wird von der Basis zum Ende allmälig weiter und beträgt ungefähr drei Viertel der Länge des zweiten Segmentes; dieses ist gegen das Ende sehr allmälig und nicht stark erweitert, sehr glänzend und unpunktirt; die folgenden Segmente opak, sehr dicht braun behaart. Die Mesopleuralfurche ist fast com- plet; die Schulterbeulen und ein kleiner Fleck dahinter sind roth; Mittelsegment mit kleinem rothen Fleck in der Mitte; innere Augenränder in der Mitte roth; Tibien vorne rothgelb; Basalglied der Mitteltarsen vorne gelb; Vordertarsen an der Spitze der Glieder dunkel. Die Furche vor dem Scutellum ist fein grubig oder fast gezackt. Hinterleibsstiel breit schwarz am Ende und längs der Seiten, mit einem queren Fleck in der Mitte an der Basis; die folgenden Segmente roth gebändert; Endsegment schwarz, haarig, unpunktirt. Die zweite Cubital- zelle ist ungefähr halb so lang als die dritte am Ende und länger als der Raum zwischen den beiden Discoidalqueradern; Costa dunkel gelbbraun, schwarz gesäumt; Cubitus hinter der dritten Cubitalzelle undeutlich.« Cameron stellt diese Art in die Gruppe des venustus, aequalis u. Ss. w., was mir ganz richtig zu sein scheint. Gorytes Cameronis mihi. Gorytes Handlirschi, Cameron, Biolog. Central-Amer. II, 78, tab. V, Fig. 18, 1890. »Niger; basi clipei, orbitis oculorum infra, margine pronoti, apice scutelli, maculis duabus parvis in segmento mediali, tibiis subtus marginibusque in abdominis segmentis, flavis; alis fere hyalinis, anticis late fumatis. Long. II mm. 928 A. Handlirsch, Hab. Mexico, Xucumanatlan in Guerrero, 7000 feet (H. H. Smith). Fühler schwach keulenförmig, ihr drittes Glied etwas länger als das erste und fast um ein Viertel länger als das vierte; die Glieder 3—6 länger als breit, 7—11 breiter als lang, 4—6 und ein Theil des dritten dunkelroth an der Unterseite. Augen gegen den Clipeus leicht, aber deutlich convergent; die hinteren Ocellen sind von einander durch einen etwas grösseren Zwischen- raum getrennt, als von den Facettaugen. Stirne und Scheitel leicht gewölbt, chagrinirt und mit zerstreuten, mässig groben Punkten besetzt. Stirnfurche schmal und seicht. Clipeus in der Mitte breit gewölbt, sein Ende niedergedrückt und deutlich breit gerandet; Lippe abgerundet und mit langen, goldigen Haaren besetzt. Die inneren Augenränder und ein breiter, unregel- mässiger Streif über die Mitte des Clipeus gelb. Stirne und Scheitel mit kurzem, dunkelrostrothem Toment und langen, braunen Haaren; Clipeus, Wangen und Oberlippe mit langer, silberweisser, goldigschimmernder Behaarung. Thorax glänzend, das Mesonotum fein chagrinirt und kurz behaart; Mittelsegment mit langer, brauner Behaarung, Pleuren und Sternum mit dunkel- rother Pubescenz; die Furche an der Basis des Scutellum grob grubig. Rand des Pronotum, Schulterbeulen, ein kleiner Fleck dahinter, eine Linie am Hinterrande des Scutellum und ein. kleiner Fleck nahe an der Seite des Mittelsegmentes gelb; Mittelfeld des Medialsegmentes deutlich begrenzt, die Furchen tief, weit und undeutlich gezackt; die zwei schiefen Furchen an den Metapleuren weit und tief; Mesopleuralkiel deutlich. Hinter- leibstiel glatt, unpunktirt, glänzend, gegen das Ende allmälig, aber nicht stark verdickt und deutlich-vom zweiten Segmente abgesetzt; zweites Segment allmälig von der Basis zum Ende erweitert und mit gar nicht oder kaum verschmälertem‘ opakem, chagrinirtem Endrande. Alle Segmente sind hinten gelb gesäumt. Beine weiss behaart; die Schienen vorne gelb, mässig bedornt; Vordertarsen mit langem, reichlichem Haar, das (sowohl wie die Behaarung der anderen Tarsen) blass-roth- braun ist. Zweite Cubitalzelle oben weniger als halb so lang als die dritte, und kaum so lang als der Raum zwischen den zwei Discoidalqueradern. Grabwespen. 929 Der J hat den Clipeus ganz schwarz; die Fühlerglieder dicker und die an der Basis der Geissel kürzer, das dritte Glied kürzer als das erste; das Metanotum gelb; die gelben Flecken des Mittelsegmentes grösser; die Wolke an der Vorderseite der Flügel lichter gefärbt«. 1 Der Name Handlirschii wurde fast gleichzeitig von Mora- witz und Cameron für Arten der Gattung Gorytes gewählt, und ich erlaube mir, mit dem besten Danke für die Widmung, die später beschriebene Art nach ihrem Autor zu benennen. Die Art gehört ohne Zweifel in die Gruppe des venustus etc., in die sie auch Cameron gestellt hat. Gorytes Polybia n. sp. 2 Corpus satis robustum. Frons satis lata, oculis versus elipeum distincte convergentibus; vertex convexus; clipeus parum convexus. Antennae distincte clavatae, articulis pen- ultimis Nagelli longitudine distincte latioribus. Thorax robustus, sutura antica scutelli foveolata, mesosterno carinato, episterno et epimero bene limitatis. Segmentum mediale convexum et satis breve, lateribus satis distincte divisis, area mediana bene limitata et divisa. Alae brunneae, margine apicali pallidiore, venis basim versus ochraceis, apicem versus fuscis, fere ut in specie- bus cum G. phalerato etc. affinibus dispositis. Alarum postica- rum area analis distincte post originem venae cubitalis terminata. Pedes satis robusti, tibiis distincte spinosis, tarsis antieis ciliatis, pulvillis distinctis. Abdomen distincte petiolatum, segmento primo satis angusto et apice distincte coarctato, segmento dor- sali sexto area triangulari lata, dense acıculata. Corpus fere laeve, solum in parte postica segmenti medialis punctis nonnullis maioribus praeditum, dense tomentosum, nigrum, fasciis satis latis saturate flavis in margine postico segmenti dorsalis et ventralis 2., 3., 4. et 5., segmento ultimo obscure ferrugineo. Antennae nigrofuscae, flagello basim versus ferrugineo. Pedes fusci, femoribus tibiisque antrorsum rufescen- tibus. Long. corp. 13 mm. Species Neotropica. Ich untersuchte 2 2, von Sello in Südamerika gesammelt und Eigenthum des Berliner Museums. Die Art stimmt in 930 A. Handlirsch, den meisten wesentlichen Charakteren mit der Phaleratus- Gruppe überein, unterscheidet sich aber durch das stielartig abgesetzte erste Segment. Sie erinnert in der Form sehr an gewisse Polybia-Arten. Es ist vor dem Bekanntwerden des Männchens nicht möglich, die Verwandtschaft sicher festzu- stellen; jedenfalls aber gehört die Art in die Nähe von phaleratus oder notabilis. Stirnstrieme deutlich; Ocellen in einem stumpfwinkeligen Dreiecke liegend, die hinteren näher bei einander als bei den Facettaugen; Clipeus schwach gewölbt. Seitenfurche des Mittel- segmentes nicht sehr deutlich. Die Zeichnung allein ist ge- nügend, um eine Verwechslung mit irgend einer der mir bekannten Arten auszuschliessen. Nach @G. Kohlii ist anzuführen: Gorytes intercedens Handl. Gorytes intercedens, Handlirsch, Ann. k. k. naturh. Hofmus. Wien. VII, 281, 1893. Mas. Oeculi versus clipeum valde convergentes; Vertex convexus. Antennae longae et graciles, sed distincte breviores quam in G. Kohlii. Sutura inter dorsulum et scutellum distincte foveolata. Mesosternum carina distincta munitum, ab episterno et epimero bene separatum. Segmentum mediale rotundatum, lateribus fovea distincta divisis, area mediana satis magna, bene limitata et divisa, in parte basali distincte longitudinaliter rugosa, in parte apicali laevi. Pars decliva segmenti medialis vix rugosa, lateribus fere laevibus. Alae satis infumatae, in parte radiali obscuriores, in parte basali lutescentes, venis fusecis, costa et stigmate pallidis. Alarum anticarum area cubitalis secunda excipit ambas venas transverso-discoidales; area cubi- talis tertia lata. Alarum posticarum area analis multo post originem venae cubitalis terminata. Tibiae posticae vix Spinosae, pulvilli distinctissimi. Abdominis segmentum primum satis angustum, distincte brevius et latius quam in G. Kohlii, longius et angustius quam in speciebus quae G. quadrifasciato et quinguecincto magis affines sunt, apice non coarctatum. Seg- mentum secundum satis convexum et versus basim distinctis- Grabwespen. 931 sime coarctatum. Segmentum ventrale secundum fere planum, segmentum dorsale septimum non occultum, segmentum ven- trale octavum apice haud furcatum. Caput subtilius et sparsius punctatum quam in G. Kohlii. Dorsulum punctis sat magnis walde distantibus instructum, pleurae et sternum inpunctata. Abdomen subtiliter punctulatum in segmento dorsali secundo punctis paulo maioribus immixtis. Corpus parce tomentosum, nigrum, clipeo, margine pronolti, callis humeralibus, macula in episterno, fascia scutelli, maculis parvis in lateribus segmenti medialis fasciisque latis in seg- mentis dorsalibus 1—6 flavis, antennis nigris, scapo inira flavo, pedibus nigris, femorum apice, tibiis tarsisque luteis. Long. corp. 9 mm. Species palaearctica. Diese Art bildet einen auffallenden Übergang zwischen G. Kohlii und den Gruppen des guadrifasciatus. und guingue- cinctus, sowohl in Bezug auf die Sculptur des Mittelsegmentes, als auch auf die Form des ersten Segmentes; doch scheint mir die Verwandtschaft mit G. Kohlii eine nähere zu sein, als die mit den anderen genannten Artgruppen. Das Dorsulum ist in der Mitte nicht merklich eingedrückt; das Mittelfeld des Medialsegmentes ist bis nahe zur Mitte deut- lich längsrunzelig. Die abschüssige Fläche ist stark glänzend und mit schräg nach unten und aussen verlaufenden, nicht scharf ausgeprägten Runzeln versehen (bei Kohlii sind die Runzeln viel schärfer und unregelmässig). Die Mittelbrustseiten sind zum Unterschiede von Kohlii nicht grob punctirt. Das erste Segment des Hinterleibes ist kürzer und breiter, jedoch vom zweiten noch immer sehr deutlich abgesetzt. Die aufrechte reichliche Behaarung, wie sie bei Koklii auf Kopf und Thorax auftritt, fehlt hier fast ganz; die gröbere Punktirung des zweiten Hinterleibsringes ist deutlich, weitläufig und viel feiner als am Dorsulum. Ich untersuchte ein männliches Exemplar aus Madrid, Eigenthum des: königl. Museums der Universität in Madrid, von wo ich es durch die Gefälligkeit des Herrn Prof. Ig. Bolivar zur Untersuchung erhielt. 932 A. Handlirsch, Nach @. splendidus ist einzufügen: Gorytes centralis Cameron. Gorytes cenlralis, Cameron, Biolog. Central-American., II, 84, Tab. VI, Big. 1. 1890. »Niger; antennis rufis, medio supra nigro; facie, margine pronoti, lineis duabus mesonoti maculisque quatuor in segmento mediali, flavis; alis fulvo-hyalinis. 9. Long. fere 12 mm. Habs Mexteo,, Atoyaceine Veran Eruza EEE Sue Temax in North-Yucatan (Gaumer); Guatemala, San Gerönimo (Champion). Fühler röthlich, ihr Schaft unten gelb; das zweite bis siebente Geisselglied oben schwarz; Basalglied kürzer als das dritte, welches deutlich länger ist, als das erste und zweite zusammen; drittes Glied um ein Viertel länger als das vierte. Kopf schmäler als der Thorax; oben dicht mit rothgoldenem Toment und spärlich mit langen röthlichen Haaren besetzt, Clipeus silbern tomentirt; Stirne mit zerstreuter Punktirung, die Strieme gut entwickelt; Ocellen in einem Dreiecke; Gesicht unterhalb der Fühler und die Basalhälfte der Mandibeln gelb. Mesonotum mit dichtem, röthlichem Toment und ziemlich langen, schwarzen Haaren; fein und zerstreut punktirt; Pleuren sehr glänzend, unpunktirt, spärlich behaart; Brust dicht silber- glänzend tomentirt. Der Eindruck vor dem Scutellum durchaus grubig. Mittelsegment mit allmälig gerundeter Abdachung, ziemlich dicht mit langem dunkelrothem Haar bedeckt; Mittel- furche hinter der V.ereinigung mit den Seitenkielen viel weiter und tiefer, aber nicht bis zum Ende reichend. Die Mesopleural- furche reicht etwas über die Mitte und eine schiefe, gebogene Furche zieht von den Schulterbeulen herunter, ohne die Längs- furche zu erreichen. Ober den Hinterbeinen ist eine kurze, weite Furche mit drei kräftigen Kielen. Der Rand des Pronotum, die Tegulae, Schulterbeulen, der grössere Theil der Meso- pleuren, die Metapleuren (mit Ausnahme einer schwarzen Linie am Ende), zwei breite Längslinien am Mesonotum, das Schild- chen (mit Ausnahme einer Längslinie an der Basis), zwei kleine, ovale, schiefe Flecken an der Basis des Mittelsegmentes und Grabwespen. 933 zwei grosse, die den grössten Theil der Seiten einnehmen, gelb. Hinterleibsstiel so lang als das zweite Segment, am Ende erweitert; das zweite Segment an der Basis nicht breiter als das Ende des Stieles und einen kurzen Hals bildend, hinter welchem es plötzlich erweitert ist. Pygidalfeld glänzend, fast glatt mit zerstreuten Punkten längs der Seiten; am Ende abge- rundet und nicht punktirt. Der Stiel trägt lange, braune Haare; die anderen Segmente sind dicht mit röthlicher Pubescenz bedeckt; erstes und zweites Segment an der Basis und am Ende, die folgenden nur am Ende und das Endsegment ganz, die Unterseite der zwei ersten und der Hinterrand der folgenden Bauchplatten gelb; das zweite Segment oben nicht viel weniger als halb so lang als das dritte. Beine gelb, die Schenkel, Schienen und die Basis der Tarsen oben schwarz gestreift; Vordertarsen spärlich und stark bedornt. Flügel hyalin, mit röthlichem Anflug, das Stigma blassgelb; Cubitus complet. Von @. splendidus kann centralis leicht an dem glänzen- den, fast unpunktirten Pygidalfelde unterschieden werden; das dritte Glied der Fühler ist länger als das erste (um !/, länger als das vierte), das Mittelsegment mit vier gelben Flecken etc. G. splendidus stimmt mit centralis in der Form des Pygidal- feldes überein, aber er hat den Fühlerschaft merklich grösser als das dritte Glied«. Ich zweifle nicht, dass diese Form mit splendidus sehr nahe verwandt ist. Gorytes Natalensis Smith. Der Synonymie ist beizufügen: Gorytes natalensis, Staveley, Trans. Linn. Soc. Lond. XXIII, 131— 134, ale 8 1800 Die Charakteristik der Notabilis-Gruppe ist zu ergänzen: Seiten des Mittelsegmentes ohne Längsfurche (im Gegen- satze zu guingquecinctus, phaleratus, Kohlii und politus, wo eine solche Furche vorhanden ist). Gorytes notabilis Handl. 1d,19 aus Brasilien (Pester Museum). 934 A. Handlirsch, Nach dieser Art sind die vier folgenden einzuschalten: Gorytes fumipennis Smith. Gorytes fumipennis, Smith, Catal. Hymen. Ins. IV, 364, u 2 1856. — —. Handlirsch, Monogr. 532, © 1888. 0 G. mnotabili statura similis. Oculi versus clipeum valde convergentes; vertex convexus; clipeus satis latus et parum convexus. Sutura inter dorsulum et scutellum foveolata; epi- sternum et epimerum a sterno distincte carinato bene separata. Segsmentum mediale convexum, lateribus haud divisis, area mediana bene limitata et divisa. Abdomen fere petiolatum, seg- mento primo satis angustato et apice paulo coarctato. Segmen- tum ventrale secundum valde convexum. Segmentum dorsale sextum area mediana lata et dense aciculata. Antennae parum clavatae, articulis longitudine haud latioribus. Alae anticae distinctissime infuscatae, parte apicali fere hyalina, venis fuscis, fere ut in notabili dispositis. Alae posticae in margine costali distincte infumatae, area anali post originem venae cubitalis terminata. Pedes satis longi, tibiis spinosis, tarsis anticis ciliatis pulvillis distinctis. Corpus laeve, valde tomentosum, nigrum, clipeo, macula anteapicali excepta, orbita antica, fronte sub antennis, margine pronoti, callis humeralibus, angulis lateralibus dorsuli, fascia lata scutelli, maculis maximis in lateribus segmenti medialis, segmento primo, macula mediana dorsali excepta, fascia angustissima segmenti Secundi flavis, marginibus apicalibus segmenti 2., 3., 4. et 5. obscure brunnescentibus. Antennae fuscae, flagello infra pallidiore, scapo flavo. Pedes fusci, femori- bus tibiisque antrorsum flavis, tarsis anticis et mediis flavis, posticis solum in articulo 3. et 4. flavis. Long. corp. 11 mm. Species Neotropica. Obwohl ich nur ein einzelnes 2 gesehen habe, zweifle ich nicht, dass die Art mit notabilis in eine Gruppe gehört, weil beide Arten fast in allen plastischen Merkmalen mit einander ganz auffallend übereinstimmen. In meiner Monographie habe ich diese Art noch unter den Ungedeuteten angeführt und Smith’s Beschreibung über- setzt. Durch einen Druckfehler ist diese Beschreibung in dem Grabwespen. 933 auf die Beinfarbe bezüglichen Passus gänzlich verstümmelt worden. Es sind zwischen dem Worte »Hintertarsen...« und »...schwarzbraun« folgende zwei Zeilen ausgeblieben: »eben- so; die Coxen und das Basalglied der Hintertarsen schwarz, das Endglied der Mittel- und Hintertarsen«. Das eine von mir untersuchte @ stimmt ganz gut mit Smith’s Beschreibung, es stammt aus Bahia und ist Eigen- thum des Berliner Museums. Gorytes fuscipennis Cameron. Gorytes fuscipennis, Cameron, Biolog. Central-Amer., Il, 79, Tab. V, Fig. 19, 1890. »Niger, fulvo-pubescens; scapo apiceque antennarum, labro, clipeo, linea pronoti, tegulis, scutello, maculis duabus in seg- mento mediali pedibusque rufis; alis fuscis, stigmate flavo. 9. Long. 10 mm. Hab. Mexico, Valladolid in Yucatan (Gaumer). Fühler kürzer als der Thorax, kräftig und gegen das Ende zu verdickt, ihr drittes Glied ist etwas länger als das vierte, das Basalglied deutlich länger als das dritte. Augen nach unten con- vergent. Kopf lederartig und dicht braun behaart; Wangen und Clipeus silberhaarig; eine feine Furche zieht von den Ocellen zu den Fühlern herunter; Clipeus breit gewölbt und am Ende vortretend. Thorax matt und oben lederartig, dicht mit kurzer, brauner Behaarung bedeckt, Mittelsegment dichter behaart und an der Basis mit längeren goldigen Haaren. Pleuren und Ende des Mittelsegmentes glänzender und unpunktirt. Der Basaltheil der Mittelfurche des Mittelsegmentes ist schmal und unter- brochen, bevor er die tieferen und breiteren schiefen Furchen erreicht; der Endtheil der Mittelfurche ist fast so breit, als die schiefen Furchen; die schiefen Eindrücke an den Metapleuren seicht und schmal. Erstes Segment glänzend, unpunktirt, nach hinten allmälig, aber nicht stark verbreitert und an der Basis flachgedrückt; die anderen Segmente sind matt und dicht röth- lich behaart. Mittelfeld der sechsten Dorsalplatte grob längs- streiig und mit steifer, silberglänzender Behaarung; am Ende unpunktirt, glänzend und kahl. Längsfurche der Mesopleuren breit und tief, gegen das Ende undeutlicher; die schiefe Furche 936 A. Handlirsch, verwischt. Die Furche vor dem Scutellum deutlich grubig. Der ganze Schaft und die Unterseite der Geissel, das Gesicht unter- halb der Fühler, der Rand des Pronotum, die Tegulae, Schulter- beulen, das ganze Schildchen, die Mitte des Metanotum und zwei grosse, längliche Flecken an den Seitenecken des Mittel- segmentes röthlich. Der Stiel an der Basis gelb, in der Mitte schwarz, am Ende röthlich; die drei folgenden Ringe am Ende breit roth, die zwei Endsegmente ganz roth; Beine an der Basis schwarz; die Schenkel oben breit schwarz, das vordere Paar blos an der Basis; Vordertarsen stark bewimpert; Hinter- schienen seitlich mit drei und am Ende mit einem Dorn. Zweite Cubitalzelle oben stark verschmälert, indem die beiden Quer- adern dadurch nahe an einander rücken, dass sich die zweite allmälig zur ersten neigt; Cubitus deutlich, aber hinter der dritten Cubitalzelle dünn. Verwandt mit phaleratus, durch die grubige Naht des Schildchens aber verschieden«. Ich bin überzeugt, dass diese Form in die nächste Ver- wandtschaft von nofabilis gehört. Gorytes alticola Cameron. Gorytes alticola, Cameron, Biolog. Central Amer. II, 81, Tab. V, Fig. 21, 189. »Niger; antennis rufis; mesonoto rufo-fulvo; linea pronoti, lineis duabus mesonoti, scutello, lineis duabus in segmento mediali, basi petioli abdominisque segmentis apieibus, flavis; abdominis basi sordide rufo-fulva; alis fusco-fumatis, apice fere hyalinis, stigmate ochraceo. d © Long. 12 mm. Hab. Mexico, Chilpancingo in Guerrero 4600 feet (atslal, Sfeastuln)) Fühler von der Mitte bis zum Ende merklich verdickt; Basalglied länger als das dritte, das dritte und vierte fast gleich; die Glieder 3—7 länger als breit und allmählig kürzer werdend, Endglied länger als das vorhergehende. Augen gegen den Clipeus deutlich convergent; die hinteren Ocellen sind von einander ungefähr so weit entfernt als vom vorderen. Stirne und Scheitel spärlich punktirt, mit goldiger oder röthlicher Behaarung und mit einigen braunen Haaren; Stirnstrieme sehr Grabwespen. 937 fein, fast verloschen. Clipeus convex, am Ende gerandet und wellig, dicht silberhaarig. Thorax ohne Punkte; Mesonotum matt und dicht mit kurzer röthlichbrauner Behaarung bedeckt; Pleuren glänzend, spärlich behaart; Mittelsegment dicht mit röthlicher Behaarung bedeckt. Furche das Mesonotum (?) gebo- gen und tief; Mesopleuralfurche fast complet. Auf den Meta- pleuren ist eine bogige, schmale, halbschiefe Furche, die von etwas ober der Mitte bis zum Ende reicht. Die Furche, die von den Stigmen herabzieht, ist von derselben Breite und Form, aber länger. Mittelfeld des Medialsegmentes unpunktirt und ohne Kiele, die Mittelfurche erreicht nicht die Basis, die Seiten- furche seicht, nicht gestrichelt und in dieMittelfurche verlaufend. Hinterleibsstiel drei Viertel von der Länge des zweiten Seg- mentes, gegen das Ende allmälig verdickt; zweites Segment an der Basis verschmälert, unpunktirt, sehr kurz behaart; drittes Segment an der Basis glatt, glänzend, im übrigen so wie die folgenden Ringe dicht mit kurzer röthlicher Behaarung bedeckt. Pygidialfeld grob längsstreifig und spärlich mit steifem Silber- haar besetzt. Fühler röthlich; der Schaft unten gelb, das End- glied mehr oder weniger schwärzlich an der unteren Seite. Der Clipeus, die inneren Augenränder bis zu den Fühlern, die Basis der Mandibeln, der Rand des Pronotum, die Schulterbeulen, ein Fleck dahinter, eine breite Linie am Mesonotum längs der Tegulae, der hintere Rand des Schildchens und zwei grosse längliche Flecken am Mittelsegmente sind gelb. Hinterleibsstiel röthlich, seine Seiten und das Ende breit gelb; das zweite Seg- ment röthlich mit schwarzer Basis und gelbem Ende; die anderen Segmente schwärzlich, am Ende dunkel gelb; Pygidial- feld dunkelroth; die Ventralsegmente an der Basis schwarz, dann roth und zuletzt gelb, so dass das Roth in Gelb übergeht. Beine röthlich, zum Gelben neigend; Coxen, Trochanteren, ein srösserer Theil der Schenkel und eine Linie am Endrande der hinteren Tibien schwarz. Flügel rauchig mit violettbraunem Anflug und am Ende lichter; Costa und Stigma roth; Geäder an der Basis röthlich, am Ende braun. Der Mann unterscheidet sich vom Weibe durch die heller gelben Zeichnungen des Hinterleibes und die oben grösstentheils schwarze Fühlergeissel, die unten dunkelroth ist; die Glieder Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 61 938 A. Handlirsch, der Geissel sind dicker und treten an der Unterseite breit vor, besonders das 7. bis zum 12.; Endsegment glatt und unpunktirt, spärlich behaart. In beiden Geschlechtern ist das Mesonotum manchmal theilweise röthlich. G. fuscipennis ist mit alticola nahe verwandt, aber kleiner, und glänzender gezeichnet, besonders der Kopf ist kleiner und nicht so dick; ebenso ist die Stirnstrieme deutlich, der Clipeus kaum so stark gewölbt (seine Farbe nicht gelb, und das Roth erstreckt sich bis zu den Fühlern), das Metanotum nicht schwarz, die Furchen des Mittelsegmentes tiefer und die mittlere voll- ständig, derHinterleibsstiel schmäler, länger, mehr flachgedrückt und an der Basis schmäler (der Basaltheil bildet einen deutlichen Hals, der vom anderen Theile deutlich abgesetzt ist), und der Hinterleib ist verschieden gefärbt. Bei G. alticola beträgt die zweite Cubitalzelle völlig drei Viertel der Länge der dritten und ist nicht wie bei fuscipennis allmälig zu einer Spitze ver- schmälert.« Für diese Art gilt gleichfalls das bei G. fuscipennis gesagte. Gorytes alpestris Cameron. Gorytes alpestris, Cameron, Biolog., Central Amer., II, 83, Tab. V, Fig. 22, 1890. »Long. 10 mm. 9 d.. Hab. Mexico, Chilpancingo in Guerrero 4600 Teer (GER Sinitun): Unter den von Mr. Smith bei Chilpancingo gefangenen Individuen von Gorytes sind einige in der allgemeinen Färbung und Form dem G. alticola sehr ähnlich, aber deutlich davon verschieden. Bei diesen Exemplaren, die ich unter obigem Namen separirt habe, entbehren Clipeus und Wangen die dichte silberglänzende Behaarung, wie sie bei alticola auftritt; der Clipeus ist schwarz mit gelbem Fleck in der Mitte, und ist spärlich bedeckt mit groben Punkten und nicht annähernd so convex; die Fühler sind gegen das Ende plötzlicher verdickt und roth mit den vier oder fünf Endgliedern schwarz, auch ist das dritte Glied im Verhältnisse länger als das vierte und deut- lich länger als das erste. Stirnstrieme schmal, aber deutlich; die Grabwespen. 939 zwei Endfurchen der Metapleuren sind tiefer und breiter (völlig doppelt so breit als bei @G. alticola); die das Mittelfeld des Medialsegmentes einschliessenden Furchen sind breiter und gezackt, die Mittelfurche ist breiter, tiefer und vollständig. Der Hinterleibsstiel ist an den ersten 'zwei Dritteln schwarz, dann folgt ein röthlicher Fleck und das Ende ist breit gelb; zweites Segment an der Basis schwarz, am Ende gelb, in der Mitte roth; das dritte schwarz am Ende, breit gelb in der Mitte; die anderen Segmente zum grössten Theile gelb; Endsegment roth, gestrichelt. Das Männchen unterscheidet sich von demselben Ge- schlechte des alticola in denselben Punkten wie das Weibchen. Die Flügel sind tiefer tingirt und mehr violett gefärbt als beim Weibe. Hinterleib und Mittelsegment weder punktirt noch nadel- rissig; Beine mässig bedornt. Ich bin fast sicher, dass die Sutur an der Basis des Scutellum grubig ist; aber da bei allen Indivi- duen die Nadel durch dieselbe geht, kann ich es nur an den Seiten sehen.« Ich glaube am besten zu thun, wenn ich auch diese Art in die Gruppe des @G. notabilis stelle, freilich ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sie zu venestus und phaleratus gehört. Gorytes punctulatus Van der Lind. Der Synonymie ist beizufügen: ? Hoplisus punctatus, Radoszkowsky, Bull. Mose. 12, f. 28, 1891. Ich untersuchte Exemplare aus Madrid und aus dem Araxesthale in Armenien. Nach Morawitz kommt diese Art auch im Gebiete von Astrachan (Astrachanu.Ryn—Pesski) und in Turkestan (Urgut) vor. Gorytes luxuriosus Radoszkowsky. Der Synonymie ist beizufügen: Hoplisus Iuxuriosus, Radoszkowsky, Bull. Mose. 14, f. 40, 1891. 61* 940 A. Handlirsch, Die dreinun folgenden Arten scheinen für sich je eine eigene Gruppe zu repräsentiren, ich bin aber vorläufig nicht in der Lage ihnen einen definitiven Platz in meinem Systeme anzuweisen. Gorytes monstrosus Handlirsch. Tab. I, Fig. 2. ! Gorytes monstrosus, Handlirsch, Ann. k. k. naturh. Hofmus., IX, 286, lee 9 2 Oculi magni, versus clipeum valde convergentes. Vertex gibbosus. Tempora latissima, postice fere angulose-prominentia. Ocelli maximi, approximati et angulum valde obtusum for- mantes. Clipeus parvus, parum convexus et antrorsum mar- ginatus. Antennae breves et graciles, flagello vix clavato. Thorax brevissimus et robustus; pronoti margo angustus. Dorsulum convexum, impressione mediana longitudinali distincta et a scutello sutura foveolata separatum. Mesosternum cum epimero et episterno confusum, infra concavum, carina distinctissima, in medio dentes duo formante munitum. Segmentum mediale breve, rotundatum, area dorsali triangulari distinctissime limi- tata et longitudinaliter rugosa. Alae fere hyalinae, valde irides- centes et in parte radiali distincte infumatae, venis fuscis; anti- carum area cubitalisecunda ambas venas transverso-discoidales excipiente; posticarum area anali in origine venae cubitalis terminata. Pedes satis robusti, valde spinosi. Trochanteres satis magni, intermedii superne dente distincto muniti. Tibiae posticae incrassatae. Tarsi antici distinctissime ciliati. Pulvilli distincti. Abdomen petiolatum, segmento 1. apice paulo coarctato, longitudine fere aeque lato, secundo globoso et basim versus valde coarctato. Segmentum ventrale secundum parum con- vexum. Segmentum dorsale 6. area triangulari angusta, postice acuta, nitida et sparse punctata. Corpus valde crasse punctatum, nitidum, pallido hirsutum, nigrum, segmento 1. rufo, margine pronoti cum callis humera- libus, fascia interrupta in margine postico segmenti 1., fascia angusta 2. maculisque transversis in medio marginis postici 4. et d. flavis. Antennae nigrae. Pedes ferruginei, femoribus antieis, tibiis tarsisque posticis fusco-variegatis, tarsis intermediis flavis, posticis flavo-varie- Grabwespen. 941 gatis, tibiis intermediis et posticis basi flavomaculatis. Long. corp. 6 mm. Species Aethiopica. Durch die eigenthümliche Kopfform, das stielartig abge- setzte erste Segment, den Seitendorn des Mesosternum u. S. w. höchst auffallend. Die Sculptur ist gleichfalls eigenthümlich: Am Dorsulum stehen die Punkte in Längsreihen, an den sonst glatten Meta- pleuren ist vorne eine lange Punktreihe zu erkennen. Die Um- gebung des Mittelfeldes des Medialsegmentes ist glatt. Es kann kein Zweifel sein, dass G. monstrosus in die Gattung Gorytes s. 1. gehört; das Geäder ist ein typisches Gorytes-Geäder. Die Radialzelle bis zur Spitze dem Costalrande anliegend, ohne Anhang, Stigma gut entwickelt, beide Discoidal- queradern in die zweite fünfeckige, nicht gestielte Cubitalzelle mündend u. s. w. Die Mittelschenkel sind am Ende nicht erwei- tert und die Mittelschienen tragen zwei Sporne. | Über die verwandtschaftlichen Beziehungen kann ich noch nichts Sicheres angeben weil mir nur i Q vorliegt Tanga (Zanzibar) 5. April 1893 von Dr. H. Brauns gesammelt. Gorytes cribratus Morawitz. Goryies cribratus, Morawitz, Horae Soc., Ent. Ross., XXVI, 157, 1891. »Niger, antennis haud clavatis rufo-piceis, scapo antice flavolineato; oculis magnis fere parallelis, orbita interna flavo- limbata; thorace crassissime punctato, mesosterno haud longi- tudinaliter carinato; area cordiformi segmenti mediani basi striata; alis hyalinis, anticis medio infumatis, posticis area anali ante originem venae cubitalis terminata; abdominis segmento secundo fortiter punctato, subtus basi non angulose prominente; pedibus piceis, tarsis posticis tibia paulo longioribus. d 10 mm. Hab. in territorio Transcaspico. Kopf schwarz, sehr dicht, ziemlich grob punktirt, nicht behaart, schwach glänzend. Die hinteren Ocellen sind von ein- ander ein wenig weiter als von den Netzaugen entfernt; diese sind stark entwickelt, nach unten zu etwas convergent, der Innenrand mit Ausnahme des oberen Drittels gelb eingefasst. 942 A. Handlirsch, Der deutlich punktirte Clipeus ist fast doppelt so breit als lang, das Stirnschildchen glatt. Die Mandibeln sind mitten braunroth geringelt; die Taster bräunlich. Die schlanken Fühler sind nach dem Ende zu verdünnt, hell pechroth, oben etwas dunkler gefärbt, mit gelb gestreiftem Schafte; das zweite Geisselglied ist länger als dieser, das dritte kaum ein wenig kürzer erscheinend. Der Brustkasten ist überall schwarz gefärbt, das schmale Pro- notum mit abgerundeten Seitenecken. Dorsulum und Schildchen sehr grob und dicht punktirt, beide von einander durch eine gekerbte Querlinie geschieden; ebenso sind auch die Meso- pleuren, welche keine Leisten haben, sculptirt. Das Hinter- schildchen ist dicht punktirt-gerunzelt, die Metapleuren quer- gestreift. Das Mittelsegment ist sehr dicht und grob punktirt- gerunzelt, der herzförmige Raum am Grunde längsstreifig, sonst grob punktirt. Tegulae pechroth mit dunkler Scheibe. Die Flügel sind klar, die vorderen mitten in weiter Ausdehnung rauchig getrübt, das Randmal braun, die Adern dunkler gefärbt; die zweite Cubitalzelle ist trapezisch, an der Radialader verhältniss- mässig weniger verengt wie bei den anderen Arten; die Vena transversa ord. interstitiell. Die Analzelle der Hinterflügel ist vor dem Abgange der Cubitalader geschlossen. Der Hinterleib ist einfärbig schwarz, das erste Segment mit grob punktirter Basalhälfte, die Endhälfte spiegelblank, lebhaft glänzend, un- punktirt; das zweite ist sehr grob und dicht punktirt, die glatten Zwischenräume der Punkte wenig breiter als diese; das dritte und vierte sind bedeutend feiner, die folgenden äusserst fein punktirt. Die Beine sind dunkel pechbraun, die Hüften der vorderen Beinpaare an der Spitze gelblich gefärbt; die hintersten Tarsen sind nur wenig länger als die Schiene, das vierte Glied derselben deutlich länger als breit. Von der Gestalt des G. guinguecinctus Fabr. weicht diese Art von allen mir bekannten durch die sehr grobe Sculptur ab. Bei Dort-Kuju von A.v. Semenow gesammelt. Gorytes flaviventris Morawitz. Gorytes flaviventris, Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross.. XXVII, 32, 1894. »Flavus, capite thoraceque nigro-variegatis; hoc crasse punctato; antennis haud clavatis; oculis magnis infra conver- Grabwespen. 945 gentibus; mesosterno carinato; segmenti mediani spatio cordi- formi punctato rugisque longitudinalibus notato; alis anticis nigro-venosis, cellula radiali fumata, carpo pallide-flavo, posticis cellula anali in ipsa origine venae cubitalis terminata; abdo- minis segmentis densissime punctatis, dorsalibus intermediis basi fascia angusta utrinque abbreviate nigra signatis, ultimo area intermedia subtiliter sparsim punctata, ventralibus uni- coloribus flavis, splendidis, secundo plano utrinque fortiter punctato; pedibus flavis pulvillis magnis atris instructis, meta- tarso antico ciliis longis munito. 9 20 mm. Tedshen (Turkmenien). Glasunow collegit. Der schwarze, weiss pubescente Kopf ist fein, die Schläfen zerstreut punktirt; am hinteren Augenrande steht in der Mitte ein kurzer gelber Streifen und in der Nähe der Wangen eine grosse gelbe Makel. Clipeus, Stirnschildchen und Gesichtsseiten bis über die Fühlerwurzel hinauf gelb. Oberlippe, Taster und Mandibeln gelb; letztere mit schwarzer Spitze. Die hinteren Ocellen sind von einander ebenso weit als von den Netzaugen, welche nach unten zu stark convergiren, entfernt. Die drei Basalglieder der Fühler sind hellgelb, die folgenden dunkler gelb gefärbt und oben schwach gebräunt. Das dritte Glied ist kürzer als der Schaft, doppelt so lang als der Pedicellus; das vierte, fünfte und sechste sind fast ebenso gestaltet; die übrigen werden allmälig kürzer, und es sind die vorletzten fast breiter als lang. Der grösste Theil des Brustkastens ist gelb, das Pro- notum mit abgerundeten Seitenecken. Das grob und ziemlich dicht punktirte Dorsulum ist vorne schmäler, hinten breiter schwarz gefärbt. Schildchen und Hinterschildchen sparsam und fein, Mesopleuren grob und dicht punktirt, mit zum Theil schwarz gefärbten Nähten. Die Metapleuren sind fein quer- gestreift. Das gelbe, ziemlich grob punktirte Mittelsegment hat einen schwarzen herzförmigen Raum, welcher mit Längsstreifen bedeckt und zwischen diesen deutlich punktirt ist. Die gelben Tegulae sind braun gefleckt. Radial- und Cubitalzellen der Vorderflügel sind rauchig getrübt, das Randmal hellgelb, die Adern dunkel gefärbt. Die Dorsalplatten des gelben Hinter- leibes sind sehr dicht, die drei vorderen gröber als die hinteren punktir, 2—5 am Grunde mit einer schmalen, schwarzen, 944 A. Handlirsch. beiderseits abgekürzten Binde gezeichnet. Die Ventralplatten sind glänzend, die zweite jederseits in weiter Ausdehnung grob punktirt. Die gelben Beine haben kohlschwarze Pulvillen; die unteren Glieder des dritten Paares sind bräunlich gefärbt. Diese Art steht eigenthümlich da.« Die nun folgenden Arten habe ich nicht gesehen, und ihre Beschreibungen genügen nicht zur Einreihung in meine Gruppen. Gorytes eximius Provancher. Gorytes eximius, Provancher, Additions a la Faune Canadienne, 274, 2,1889. »Gorytes recherche, Gorytes eximius n. sp. 0 Long. 8:5 mm. Schwarz, mit weissen, durch dichtes Silberhaarkleid hervorgerufenen Zeichnungen. Clipeus, Man- dibeln, vordere Augenränder, Schläfen, Rand des Pronotum, Schulterbeulen, ein grosser Fleck darunter, der sich bis zum Sternum ausdehnt, ein Fleck jederseits innerhalb der Flügel, Schildchen, die oberen Ränder der Mittelbrustseiten und Binden am Ende der Hinterleibsringe weiss, silberhaarig. Clipeus breit, quer, glänzend. Fühler schwarz, an der Basis mit weisslicher, seidenartiger Behaarung, am Ende röthlich. Mittelfeld des Medialsegmentes polirt, mit tiefer Mittelfurche, die Seiten dicht mit schön rother Behaarung bedeckt, am oberen Rande jedoch weiss. Seiten des Mesothorax mit Ausnahme der weissen Schultern gleichfalls roth. Flügel hyalin, ohne irgend einen Fleck, mit braunem Stigma und schwarzen Adern. Beine schwarz mit weisser Efflorescenz, die Schenkel sowie die Innenseite der Tibien roth. (Coquillett.) Die schönste Art, die wir gesehen haben.« Ich möchte fast bezweifeln, dass diese Art in die Gattung Gorytes gehört, die Beschreibung ist aber viel zu mangelhaft, um irgend eine Deutung vornehmen zu können. Provancher scheint eine Vorliebe für bereits vergebene Namen zu haben, denn auch der Name eximius ist schon von Smith (1862) für eine australische Art verwendet worden, die jedoch mit Zarsatıs Sm. synonym ist. Grabwespen. 945 Gorytes floridanus Fox. Hoplisus foveolata, Fox, Entomol. News, I, 106, 9, 1890. Gorytes floridanus, Fox, Entomol. News, II, 196, 1891. »@ Schwarz, glänzend; Kopf spärlich punktirt, kaum so breit als der Thorax; Clipeus, Labrum, Basalhälfte der Mandibeln, Fühlerschaft, die ersten sechs Geisselglieder, der Thorax, Flecken nahe am Ende der Hintertarsenglieder und das erste Segment mit Ausnahme einer Endbinde dunkel rothbraun; Clipeus mit in gewisser Beleuchtung silberglänzender Pubescenz und mit langen goldigen Haaren; Oberlippe mit einer goldigen Haar- franse am Vorderrande; Gesicht mit deutlicher Furche, die vom vorderen Nebenauge bis zur Mitte herabreicht. Mittelsegment schwach punktirt und mit blassbrauner Behaarung bedeckt; eine tiefe Längsfurche erstreckt sich von der Basis bis zum Ende und ist am Ende des Mittelfeldes durch eine tiefe Grube unterbrochen; die schiefen, das Mittelfeld einschliessenden Seitenfurchen sind grubig. Flügel russig-braun, irisirend; die zweite Discoidalquerader mündet in die zweite Cubitalzelle vor ihrem Ende. Eine Linie an den vorderen Augenrändern, der Endrand des Schildchens, die Tarsen und ein Ring am End- rande des Basalsegmentes gelblich; die übrigen Segmente des Hinterleibes schwarz. Länge 14—15 mm. Zwei Exemplare. Florida. Gesammelt von Charles W. Johnson, von der Wagner Institution in Philadelphia. Diese Art gleicht etwas dem G. Smithii Cresson, aus Illinois, aber die Flügel sind dunkler, die zweite Discoidal- querader fällt nicht mit der zweiten Cubitalquerader zusammen, und das Basalsegment ist zum grössten Theile bräunlich.« Nach dieser Beschreibung ist kein Schluss auf die syste- matische Stellung der Art möglich. Der Name foveolatus war bereits (1888) vergeben und wurde von Fox durch einen neuen ersetzt. Gorytes Provancheri mihi. Gorytes laticinctus, Provancher, Additions a la faune Canadienne, 274, d, 1889. »Gorytes-a-larges ceintures. Gorytes laticinctus n. Sp. d° Long. 11 mm. Schwarz, polirt und glänzend, Kopf mit kurzer graulicher Behaarung. Clipeus, Mandibeln, Gesicht, kleine 946 A. Handlirsch, Streifen an den Augenrändern, die den Scheitel nicht erreichen, Schaft mit Ausnahme eines schwarzen Fleckes an der Basis oberseits, die Unterseite der vier bis fünf Basalglieder der Fühler, der Rand des Pronotum, ein Fleck an den Seiten des Mesothorax nahe der Insertion der Flügel, ein Fleck auf den Schüppchen, drei oder vier andere unten an den Seiten, das Schildchen, ein Fleck am Metanotum, je ein grosser ovaler Fleck an den Seiten des Mittelsegmentes, ein Theil der Beine mit einer Binde am Ende jedes Hinterleibsegmentes citronengelb. Fühler unten gegen das Ende röthlich. Flügel hyalin, gegen das Ende ver- dunkelt, Stigma gelb. Mittelfeld des Mittelsegmentes mit einer Mittelfurche und regelmässigen Strahlen an jeder Seite. Beine gelb, eine Linie an der Aussenseite der Schenkel und ein Fleck am Ende der Schienen und der Hüften schwarz. Hinterleib mit je einer breiten Binde am Ende der Segmente, die zwei ersten in der Mitte ausgerandet, alle an den Seiten erweitert. — Van- couver (Taylor). Es ist merkwürdig, dass Provancher nicht einmal be- merkt hat, dass der Name Jaticinctus, der ja doch in der Literatur sehr oft erwähnt wird, bereits vergeben ist. Auch diese Art ist höchst mangelhaft charakterisirt. Gorytes ruficornis Provancher. Gorvles ruficornis, Provancher, Additions ä la Faune Canadienne, 273, a 95 1880, »Gorytes cornes-rousses. Gorytes ruficormis n. Sp. 9 Long. 13 mm. Schwarz, subopak; Kopf und Thorax fein punktirt. Fühler ganz rothgelb mit Ausnahme des Schaftes, der oben mehr oder weniger braun gefleckt ist. Clipeus quer, convex, sowie die Mandibeln und die bis zum Scheitel reichenden Augenränder roth. Der Rand des Pronotum, die Schulterbeulen und ein Fleck dahinter, das Schildchen und das Metanatum, sowie ein länglicher, an der Innenseite ausgerandeter Fleck an der Seite des Mittelsegmentes gelb. Mittelfeld des Medial- segmentes mit feinen Längsstreifen, seine Seitenflächen mit feinen schiefen Streifen und der untere Theil der abschüssigen Fläche querstreifig. Flügel gelblich durchscheinend, ihr Ende vom Stigma an angeraucht, aber nur bis zur Cubitalader Grabwespen. 947 herunter; Stigma gelb. Beine röthlichgelb, die vier hinteren Hüften mit ihren Schenkeln, die Spitze ausgenommen, schwarz, Endglied der Tarsen gleichfalls schwarz. Hinterleib glatt, schlank, gelb mit schwarzen Binden an der Basis der vier ersten Ringe, von denen die am dritten Segmente sehr schmal ist, sechstes! Segment ganz gelb und das Endsegment roth und punktirt. d' Das ganze Gesicht unterhalb der Fühler sammt den bis zum Scheitel aufsteigenden Augenrändern gelb; eine Linie am Dorsulum ober der Flügelwurzel, ein grosser länglicher Fleck unter den Flügeln und zwei grosse, in der Mitte fast zusammen- stossende Flecken an den Seiten des Mittelsegmentes gelb. Hinterleib gelb mit je einer schwarzen Linie an der Basis der vier ersten Segmente; Endsegment röthlich. — Californien (Coquillet!t). Eine durch die Färbung gut gekennzeichnete Art.« Dem letzteren Ausspruche kann ich nicht zustimmen. Über die systematische Stellung der Art erhält man aus der Beschreibung gar keinen Anhaltspunkt; man kann blos aus dem Umstande, dass Provancher dieselbe zu Gorytes und nicht zu Hoplisus stellt, schliessen, dass die Stirne breit und die Analzelle der Hinterflügel kurz ist. Der Name ruficornis kommt zwar bei Gorytes schon vor, fällt aber in die Synonymie von guinguecinctus; Provancher's Art braucht daher nicht umgetauft zu werden. Gorytes balteatus Cameron. Gorytes baltealus, Cameron, Biolog. Central. Amer., II, 80, Tab. V, Fig. 20, 1890. »Niger, scapo antennarum, margine pronoti, macula meso- pleurali, scutello, metanoto, maculis duabus in segmento mediali tegulisque flavis; flagello antennarum rufo; pedibus flavis; superne nigro-lineatis; alis flavo-hyalinis. 9. Long. 16 mm. : Hab. Guatemala, Zapote (Champion). Fühler kräftig, ihre Glieder an der Unterseite leicht er- weitert und einzeln länger als breit, das dritte und vierte fast 1 Soll wohl heissen fünftes. 948 A. Handlirsch, gleich, Basalglied länger als das zweite und dritte zusammen. Kopf schmäler als der Thorax, matt; Stirne, Scheitel und Hinter- haupt dicht mit röthlichem Haar besetzt, Wangen und Clipeus silberhaarig; Oberlippe am Ende spärlich mit langen silber- glänzenden Haaren besetzt; Augen nach unten convergent; Ocellen in einer seichten Grube; eine schmale seichte Grube zieht von dem vorderen Punktauge zu den Fühlern; Clipeus breit gewölbt, sein Rand in der Mitte fast gerade; Stirne mit einigen zerstreuten Punkten. Thorax oben dicht röthlich behaart, die Seiten blass und spärlich und die Brust silberglänzend, länger und dichter; die Seiten glänzen viel stärker als die anderen Partieen; Mesopleuralfurche vollkommen, mässig breit und tief; eine schmale Furche zieht von den Flügelschuppen herunter. Mittelsegment allmälig abgerundet, ohne Mittelfeld und mit einer mässig breiten, seichten Mittelfurche. Hinterleibstiel so lang als das zweite Segment, sehr glänzend und an der Basis in der Mitte breit ausgehöhlt. Die übrigen Segmente sind dicht punktirt und röthlich behaart; das Mittelfeld des sechsten Segmentes trägt an der Basis in der Mitte einige runde Punkt- _ eindrücke, ist am Ende nicht punktirt und im Übrigen mit grossen, tiefen, verlängerten Punkteindrücken und langen goldigen Haaren bedeckt. Bauchplatten spärlich punktirt und röthlich behaart; die letzte Bauchplatte mit grossen zerstreuten Punkteindrücken, in der Mitte gekielt und spärlich behaart. Folgende Theile sind gelb: Der Kopf unterhalb der Fühler und die Augenränder, der Rand des Pronotum, die Tegulae, Schulter- beulen, ein grosser Fleck im vorderen Theile der Mesopleuren und eine schmale schiefe Linie an deren Ende, eine Linie am Mesonotum längs der Tegulae, die Seiten des Mittelsegmentes, das Metanotum, der Hinterleibsstiel (mit Ausnahme eines grossen schwarzen Fleckes in der Mitte), die zwei Basalsegmente und das ganze Endsegment und die folgenden Ringe am Ende breit. Vordertarsen mässig bedornt. Cubitus voliständig.« Cameron stellt diese Art in dieselbe Gruppe mit phale- ratus und venustus, was mir nicht richtig zu sein scheint. Nach der Abbildung ist das erste Segment schmal und vom zweiten ziemlich stark abgeschnürt, so dass eher eine nähere Ver- wandtschaft mit Kohlii oder politus anzunehmen wäre. Grabwespen. 949 Gorytes fasciatipennis Cameron. Gorytes fasciatipennis, Cameron, Biolog. centr. amer., II, 75, Tab. V, Brom 21890. »Niger, nitidus, sparse punctatus; orbitis oculorum, margine pronoti, scutello, maculis duabus parvis in segmento mediali fasciisque abdominis duabus, flavis; alis fumato-hyalinis, anticis fuscis, stigmate ochreo. 2.’Long. fere 7 mım. Hab. Mexico, Temax in North-Yucatan (Gaumen). Fühler kurz und dick, unten gelb, die Geissel gegen das Ende verdickt; das Gelb geht an der Geissel in Roth über; das dritte Glied ist fast um ein Viertel länger als das vierte, das Basalglied länger als das dritte. Kopf glänzend, ziemlich dicht, aber kurz behaart; fast unpunktirt, der Clipeus mit einer Reihe von Punkten an der vorgeworfenen Mittelpartie: Stirn und Scheitel fast convex, die erstere ober den Fühlern leicht aus- gehöhlt, ohne Furchen und Kiele; Augen fast parallel; die hinteren Ocellen etwas weiter von einander entfernt als von den Augen, aber weiter von den Augen als vom vorderen Punktauge; Clipeus in der Mitte der Quere nach gewölbt, sein ‚Endrand in der Mitte kaum wellig. Thorax glänzend, das Meso- notum, Seutellum und Mittelsegment mit groben, mässig grossen Punkten; Mesopleuren unpunktirt, ziemlich dicht behaart, ihr Kiel deutlich; die 10 Kiele des Mittelsegmentes kräftig, mit ziemlich weiten Zwischenräumen und undeutlich eingesäumt; Ende des Mittelsegmentes mit leichter Abdachung, hinter der Mitte gekielt und mit schiefen Kielen, die vom Mittelkiele nach dem Ende laufen. Hinterleib mit scharf zugespitzter Endhälfte; die zwei Basalringe glänzend, unpunktirt, fast kahl; die übrigen Ringe dicht und ziemlich grob punktirt und behaart; Mittelfeld der letzten Bauchplatte am Ende abgerundet und mit grossen länglichen Punkteindrücken versehen, welche gegen die Spitze zu sehr gedrängt stehen, die Seiten gerandet. Bauchringe punktirt. Beine kräftig, borstig und mit einer lichten Pubescenz bedeckt; die Dornen der Tibien und Tarsen weiss, ebenso die Sporne; Hinterschienen aussen mit Höckerchen versehen. Die zweite Cubitalzelle am oberen Ende kaum halb so lang als die 950 A. Handlirsch, dritte und etwas länger als die zweite Discoidalzelle; Cubitus hinter der zweiten Cubitalzelle undeutlich.« Ich wage nach dieser Beschreibung des Weibes nicht mit Sicherheit eine Gruppe anzugeben, in welche diese Art zu stellen wäre. Am wahrscheinlichsten ist, dass sie in die Gruppe des fnuscns oder punctuosus gehört, möglicherweise repräsentirt sie eine eigene Gruppe, die aber nach der Stellung der Ader auf den Hinterflügeln (interstital), nach der Stirnbreite u. s. w. in die Nähe der genannten Gruppen gestellt werden müsste. Die Beschreibung des männlichen Geschlechtes wird hier Aufschluss geben. An Gorytes schliesst sich die folgende Gattung an: Kohlia n. g. Mit Gorytes zunächst verwandt. Die Mundtheile sehr ähnlich wie bei Gorytes, nur im Ganzen mehr verlängert. Ober- lippe gut entwickelt, fast wie bei Sphecius und Stirus. Unterlippe viel länger als bei Gorytes. Maxillartaster sechs-, Lippentaster viergliedrig. Mandibeln aussen ohne Ausschnitt. Alle drei Ocellen gut entwickelt. Thorax ähnlich gebaut wie bei Gorytes. Mittel- segment mit deutlich abgegrenzter abschüssiger Fläche. Schulterbeulen weit von der Flügelwurzel entfernt. Pronotum sehr schwach ausgebildet, (fast wie bei Bembex etc.). Mittel- hüften deutlich von einander abstehend. Vordertarsen (?) lang bewimpert. Pulvillen entwickelt. Schenkel am Ende nicht er- weitert. Schienen mit deutlichem zweiten Sporn. Radialzelle lang, am Ende etwas von der Costa abgerückt und mit einer kurzen Anhangsader versehen, länger als ihre Entfernung von der Mündung der Medialader in die Subcosta. Von den drei Cubitalzellen ist die mittlere am kleinsten und nach oben stark verschmälert, aber nicht gestielt. Beide Discoidalqueradern münden in die zweite Cubitalzelle und die Analquerader endet vor dem Ursprunge des Cubitus. Stigma der Vorderflügel deutlich, aber nicht sehr stark entwickelt. Hinterflügel mit einer ununter- brochenen Reihe von Häkchen als Retinaculum. Analzelle weit hinter dem Ursprunge des Cubitus endend. Hinterleib mit Grabwespen. Sal sehr breitem ersten Segmente, in der Form fast an Tachytes erinnernd. Ventralplatten ziemlich flach. Sechste Dorsalplatte mit grossem Mittelfelde. Die einzelnen Segmente nicht von einander abgeschnürt. In der Gestalt an Epeolus oder die grossen Tachytes-Arten erinnernd. Schwarz mit gelben und rothen Zeichnungen. Ich gründe dieses Genus auf eine südafrikanische Form, von der mir nur ein weibliches Individuum vorliegt, und bin deshalb noch nicht in der Lage eine vollkommene Genus- beschreibung zu liefern. Ich würde die Form ohneweiteres zu Gorytes stellen, wenn nicht die Unterschiede des Geäders (Radialzelle und Analquerader) im Vereine mit dem verschiedenen Habitus und den längeren Mundtheilen und die Form des Mittelsegmentes sich von allen mir bekannten Arten dieser Gattung unterscheiden würden. Durch das kleinere Flügel- stigma und die längere Lippe scheinen mir Beziehungen zu Sphecins angedeutet zu sein. Kohlia cephalotes n. sp. Tab. I, Fig. 23, 24. © Caput maximum. Oculi maximi globosi. Frons satis lata, infra et supra fere aeque lata. Tempora satis angusta. Vertex in medio paulo impressus. Stemmata angulum acutum formantes. Clipeus magnus, prominens et in parte apicali distinctissime depressus. Labrum transverse ellipticum, solito multo maius, distincte longitudinaliter carinatum. Antennae inter se paulo minus distantes quam ab oculis, graciles et satis breves, flagello vix clavato. Mandibulae in margine externo haud excisae. Thorax magnus et robustus, margine prothoracis angustissimo et desuper visum vix distinguendo. Dorsulum valde convexum, in medio paulo impressum et a scutello sutura simplici separatum. Episternum mesothoracis bene limitatum, epimerum cum sterno confusum. Segmentum mediale parte postica valde decliva a parte horizontali bene separata, area dorsali magna, bene limitata et longitudinaliter rugosa, in partem declivam producta. Latera segmenti medialis non divisa. Alae magnae, fere hyalinae venis, brunneis. Area radialis 952 A. Handlirsch, latitudine quintuplo longior, apice paulo a costa remota, fere appendiculata. Area cubitalis prima et tertia fere aeque magna, secunda minor et superne valde angustata sed non petiolata, infra ambas venas transverso-discoidales excipiens. Vena transverso-humeralis ante originem venae cubitalis terminata. Stigma distinctum. Alarum posticarum area analis multo post originem venae cubitalis terminata. Pedes satis graciles, tibiis parum spinosis, tarsis valde spinosis, pulvillis distinctis; femora apice non dilatata; tibiae intermediae calcaribus. duobus distinctis munitae. Tarsi antici distinctissime ciliati, haud dilatati. Abdomen distincte depressum, fere ut in genere Tachytes constructum, segmento dorsali 1. lato, basi valde decliva et apice non coarctato. Segmento dorsali sexto area mediana magna triangulari et longitudinaliter striata. Corpus dense et crasse punctatum, segmento mediali fere rugoso punctato, parce pilosum,facie argenteo micante, segmento mediali griseo-villoso, nigrum, orbitis anticis, clipeo, labro, margine angusto pronoti cum callis humeralibus, macula episternali, strigis lateralibus dorsuli, fascia interrupta metanoti, fasciis latis undulatis segmentorum dorsalium, segmentoque ultimo fere toto flavis. Segmentis ventralibus laete ferrugineis. Antennae basi ferrugineae, apice fuscae. Pedes ferruginei, tibiis tarsisgque intermediis et posticis flavo-variegatis. L. c. 13 mm. Spec. aethiopica. Die Augen sind vorne etwas gröber facettirt als an den Seiten, ihr Vorderrand ist schwach geschwungen. Die Ocellen sind weit auf die Stirne vorgerückt und liegen in einem sehr spitzen Winkel. Der Rand des Pronotum ist sehr schwach entwickelt und liegt tief unter dem Niveau des Dorsulum. Die Schulterbeulen sind von der Flügelwurzel weit entfernt. Die Radialzelle ist länger als ihre Entfernung von der Vereinigung der Medialader mit der Subcosta. Das Stigma ist deutlich entwickelt. Das Mittelsegment hinten stark abgeplattet, fast senkrecht abfallend und das Mittelfeld reicht auf diesen ab- schüssigen Theil hinunter. 19 aus Südafrika, Eigenthum des Berliner Museums. Grabwespen. 993 Sphecius Dahlbom.' In der Synonymie ist anzuführen: < Stizus, Girard, Les Insectes, Il, 949, 1879. Sphecius, Fox, Proc. Ac. N. S. Philad., 304, 1894. N bid. 264, 1895. Die Fühler sind natürlich beim / dreizehn-, beim 9 zwölt- gliedrig, nicht umgekehrt, wie durch ein Versehen angegeben wurde. Ich habe eine Beobachtung von Patton über die Lebens- weise von Sphecius übersehen: S. speciosus fängt Cicada prui- nosa Say. Die durch den Stich der Wespe gelähmte Cicade wurde auf den Rücken gelegt, mit gefalteten Flügeln; die Wespe stand darüber und hielt die Cicade mit den Mittelbeinen, so dass die Tarsen von den Augen bis zur Flügelbasis reichten, wo die Klauen eingehängt waren, während sie auf den Vorder- beinen und auf der Spitze der Hinterbeine auftrat. So wurde die Cicade, den Kopf voraus, über den Boden geschleppt und auf einen kleinen Busch befördert, von wo aus der weitere Transport im Fluge erfolgte. T. Davis gibt (l. c.) eine Notiz über Siizus speciosus und sein Benehmen beim Eintragen der Cicada tibicen, in der aber nichts Neues enthalten ist. Sehr ausführlich und interessant sind Riley’s neueste Publicationen über die Biologie des Sph. speciosus. Die ersten von den drei Arbeiten (im Canad. Entomol., 1891) will ich über- gehen, weil in den zwei folgenden Alles ausführlicher behandelt wird. Im Insect Life, 1892, bespricht Riley zuerst den Fang und das Fortschleppen der gelähmten Cicade, wobei die Wespe gezwungen ist, ihren Flug von einem erhöhten Platze aus zu beginnen. Die paralysirten Cicaden conserviren sich in trockenem Grunde sehr lange, und Riley fand wiederholt noch gut erhaltene Exemplare, die nahezu ein Jahr in der Erde gelegen waren, weil aus irgend einem Grunde das Ei der 1 Die neuesten Arbeiten von Fox sind mir erst während der Druck- legung dieser Nachträge zugekommen und konnten daher nicht mehr ganz berücksichtigt werden. [op] [&) Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV.Bd., Abth. 1. 954 A. Handlirsch, Wespe zu Grunde gegangen war. Sphecins wählt stets trockene Böschungen zur Anlage seiner Bauten, die in der Regel aus einem Rohre bestehen, das sich circa 6 Zoll weit erstreckt, dann seine Richtung ändert und sich noch 6—8 Zoll weiter fortsetzt, um in eine kugelige, 1!/, Zoll weite Zelle zu führen. Häufig verlässt eine Anzahl Äste den Hauptgang ungefähr an derselben Stelle und endet nach einem Laufe von 6—8 Zoll in ähnliche Zellen wie der erste. Häufiger verlassen die Seiten- sänge den Hauptgang an verschiedenen Stellen. Die Zellen enthalten 1—2 Cicaden, meistens zwei, und in diesem Falle werden die Larven grösser. Riley meint, es sei eine Cicade für männliche und zwei für weibliche Larven bestimmt, glaubt aber nicht, das Geschlecht werde durch die Ernährung bedingt, sondern sei schon im Ei angelegt. Das lang-eiförmige, zarte Ei wird an die Mittelbrustseite der Cicade gelegt und die junge, nach 2—3 Tagen ausschlüpfende Larve beginnt in den Brust- nähten zu saugen. Zur Entwicklung braucht die. Larve nicht viel über eine Woche. Die Beschreibung der Larve entnehme ich einer noch späteren dritten Arbeit desselben Verfassers (Entomol. Soc. Washington): Die Larve ist 1!/,—2 Zoll lang und namentlich in der vorderen Partie sehr dehnbar und contractil, so dass sie beim Fressen einer grossen Syrphidenlarve gleicht. Die Haut ist nahezu glatt, aber leicht gerunzelt und mehr oder weniger weisslich gefleckt, besonders zwischen den einzelnen Ringen. Es sind 10 Paare röthlichbrauner Stigmen (am 1.— 10. Segment) vorhanden. Kopf harzfärbig, mit sehr gut entwickelten Mund- theilen. Clipeus, Labrum, Mandibeln, Maxillen und Labium sind so vollkommen wie bei vielen Coleopterenlarven. Die Mandibeln sind sehr kräftig, stumpf zugespitzt und vor dem Ende mit einem Zahne versehen. Sie sind dunkelbraun, an der Spitze fast schwarz und an der Basis blasser. Die Maxillen sind grosse - fleischige Organe, die in zwei bräunliche hornige Fortsätze auslaufen, von denen einer entschieden den Taster repräsentirt. Auch die Unterlippe ist fleischig und trägt zwei hornige, die Zunge repräsentirende Fortsätze und eine Spinndrüse. Fühler sehr rudimentär und durch zwei kleine weissliche Erhebungen auf der Stirne bezeichnet. Grabwespen. 955 Der Cocon wird sehr schnell im Laufe von zwei Tagen gesponnen und besteht zuerst aus einem Gerüst von Seiden- fäden, in dem ein beiderseits offener Sack angefertigt wird. Der ganze Cocon besteht aus Seide und Erde und ist 11/J,—1?/, Zoll lang, innen mit gelber grober Seide lose ausgekleidet, mit Aus- nahme eines Raumes in der Mitte, der 1/,—?/, der Innenfläche beträgt und dicht mit feiner weisser Seide ausgefüttert ist. In dieser Partie, bedeckt von der Seide, sind zu sehen 8—-20 dunkelbraune, leicht erhabene Flecken, bedingt durch eine harzartige Masse, die zum Verschlusse eigenthümlicher hohler Höckerchen dient, welche nach aussen zu offen sind. Diese Höcker sind aus derselben harzartigen Masse gebildet und erinnern in ihrer vollendeten Form an Stigmen; sie werden offenbar nach Vollendung des Cocons verschlossen. Riley hat ähnliche Gebilde bei keiner anderen Sand- oder Grabwespe bemerkt und anfangs an erhärtete Excremente gedacht, später aber die Überzeugung gewonnen, dass sie von der Larve mit Absicht hergestellt werden und wahrscheinlich Ventilations- apparate seien. Bei Bembex obsoletus(?) sollen ähnliche Lüftungsapparate vorkommen. Die Larve bleibt im Cocon unverändert über den Winter liegen und verpuppt sich erst im Frühjahre, kurze Zeit vor dem Erscheinen des Insectes. Die Nymphe hat (nach der Abbildung zu schliessen) keine Pleuralzapfen. Es ist höchst interessant, dass diese Lüftungsapparate, die zugleich von Riley für Sphecins und von Wesenberg für Bembex nachgewiesen wurden, bei Formen vorkommen, welche in der Lebensweise sonst ziemliche Verschiedenheiten auf- weisen, und spricht sehr für die nahe Verwandtschaft der Gattungen. Es wäre höchst wichtig, den Cocon von Gorytes und Siizus diesbezüglich zu untersuchen. Nach einer brieflichen Mittheilung des Herrn Dr. Brancsik hat Herr Frey in Madagascar beobachtet, wie Sphecius Grandidieri (= Freyi mihi) grosse Cicaden (Poecilopsaltria Brancsiki Dist. und Platypleura pulverea Dist.) fängt. Ashmead’s Arbeit (Psyche, 1894) enthält nichts Neues über Sphecins. j 62* 956 A. Handlirsch, Sphecius antennatus Klug. Der Synonymie ist beizufügen: ? Sphecius nigricornis, Radoszkowsky, Bull, Mose., 16, f, 44, 1891. Diese Art kommt nach Morawitz bei Astrachan vor: das Leydener Museum besitzt Exemplare aus Persien. Ich habe Klug’s Type gesehen! Nach antennatus ist einzufügen: Sphecius intermedius n. Sp. Tab. II, Fig. 1. Ss Sph. antennato et nigricorni similis et affinis. Antenna- rum articulus ultimus fere ut in specie praecedente constructus, infra bis emarginatus, minus curvatus quam in migricormi et paulo crassius quam in antennato, articulo penultimo dimidio longior. Flagellum longius, quam in nigricorni. Metatarsi inter- medii pars apicalis normalis longitudine multo latior, fere ut in nigvicorni. Thorax, ut in nigricorni, paulo crassius punctatus quam in antennato, valde griseo - brunneo hirsutus. Corpus pigrum, orbitis anticis, parte inferiore frontis, clipeo, labro, strigulis minimis in margine pronoti, maculis magnis lateralibus segmenti dorsalis 1. et 2., fasciis interruptis undulatis 3.—6. flavis. Antennae fuscae, scapo et maxima parte flagelli infra flavo, apice articuli ultimi testaceo. Pedes flavi, coxis, trochan- teribus femorumque basi nigris. Long. corp. 17 mm. Species Algeriensis. Von dieser Art fing ich 1 bei Batna in Ost-Algerien auf Umbelliferen. Sie hält zwischen antennatus und nigricornis die Mitte. Die Fühler sind wie bei antennatus schlanker und länger als bei nigricornis; es ist z. B. das sechste Glied fast doppelt so lang als breit, bei nigricornis nur 1*1/,mal so breit. Das Endglied ist gleichfalls dem des antennatus ähnlich, aber etwas dicker und seine zweite Auskerbung kleiner. Der Meta- tarsus der Mittelbeine ist dagegen wieder dem von nigricormis ähnlicher: der nicht erweiterte Endtheil viel kürzer als bei antennatus. In Bezug auf Farbe und Sculptur ist zintermedins Grabwespen. 957 dem migricornis täuschend ähnlich, und ich glaube daraus schliessen zu können, dass auch das 9 dem nigricornis sehr ähnlich sieht. Es dürften wahrscheinlich die aus Algier an- geführten nigricornis- Exemplare zu intermedius gehören. Ob Larra Syriaca zu nigricornis oder zu intermedius oder vielleicht zu einer dritten ähnlichen Art gehört, kann ich nicht constatiren. Ich untersuchte eine Type (Berl. Mus.), konnte sie aber von nigricornis nicht unterscheiden. (Ein zweites, auch als Type bezeichnetes Stück war ein Stizus!) Jedenfalls müssen noch grössere Serien von verschiedenen Fundorten untersucht werden, um für das weibliche Geschlecht gute Charaktere zu finden. Sphecius nigricornis Dufour. Hier ist zu citiren: Stizus nigricornis, Girard, Les Insectes, II, 950, 1879. Sphecius Uljanini Rad. In der Synonymie dieser Art ist anzuführen: Stizus terminus, Kirby, Trans. ‚Linn. Soc. Lond., V, 3, 134, Tab. XIV, Biere On 11859. Die mittelmässige Abbildung (von M. H. Fisher) scheint genauer zu sein als Kirbys’ Beschreibung, denn die Fühler sind richtig licht gemalt, während sie in der Beschreibung schwarz gemacht werden etc. Auf jeden Fall ist diese n. sp. mit Uhjanini identisch. Als Fundort nennt Kirby das Thal Hari-rud in Afghan- istan. Sphecius percussor Handl. Hier ist zu ceitiren: ! Sphecius percussor, Handlirsch, Verh. k. k. zool.-bot. Ges. Wien, \ ROTE 280. 51889) Sphecius speciosus Drury. Tab BRie2,3: Der Synonymie dieser Art ist beizufügen: Vespa tricincta, Fabricius, Spec, Ins., I, 459, 1781. -— — Gmelin, Syst. Nat., Ed. 13, I, 5, p. 2749 n. 32, 1790. 958 A. Handlirsch, Vespa trieincta, Olivier, Eneyel. method., VI, 677, 1791. — -—.. Christ, Naturg. d. Ins., 218, 1791. < Sphecius speciosus, Cameron, Biol. Centr. Am., II, 91, 1890. — — Handlirsch, Jahresb. d. Trencsiner Com., XII u. XIV, t. 7, 1, 9 19,, 10), — u 2 I WoRa Erocn ACH NASAEHNad 2630189 Cameron scheint die von mir bei der Unterscheidung der Amerikanischen Sphecins-Arten verwendeten plastischen Merk- male ganz übersehen zu haben, denn er vereinigt wieder nach dem Beispiele Patton’s mehrere Arten mit speciosus, allerdings mit Hinzufügung eines ?. Er selbst untersuchte mehrere central- amerikanische Exemplare, die mit der typischen Speciosus- Form nicht ganz übereinstimmen: »Die Individuen aus Central- Amerika haben das Pro- und Mesonotum roth; die aus Guate- mala (Panzos in Vera Paz) haben die zwei Basalsegmente, das eine aus Honduras (Ruatan Island) die drei Basalsegmente gelb gezeichnet; das letztere hat die Flügel lichter gefärbt, ebenso ist bei allen die rothe Farbe auffallend. Bei keinem von den Exemplaren ist das Roth am Thorax und das Gelb am Abdomen gleich.< Abgebildet wurde von Cameron ein aus Guatemala, das nur auf den zwei ersten Ringen gelbe Zeichnungen hat und bei dem Segment | roth, die folgenden fast ganz schwarz sind. Es ist sehr leicht möglich, dass die von Cameron unter- suchten Exemplare eine oder zwei neue Arten repräsentiren, und es ist sehr zu bedauern, dass Cameron die Stücke nicht mit den anderen Arten in Bezug auf Sculptur etc. genau ver- glichen hat, umsomehr als er gerade für subtile Unterschiede ein sehr gutes Auge hat. Sphecius Grandidieri Saussure. ! Stizus Grandidieri, Saussure, Societas entomologica, II (2), 9, Q, 1887. ! Sphecius Freyi, Handlirsch, Jahreshefte des naturw. Ver. in Trencsin, XIIl, 1890, Tab. VII, Fig. 5 et 5a. ! Stizus Grandidieri, Saussure, Hist. nat. des Hymen. de Madagasc., 463. Tab. XI, Fig. 7, 1890— 1892. d Femina. Statura S. speciosi. Corpus robustum, thorax latitudine vix longior. Episternum mesothoracis cum sterno confusum, epimerum bene limitatum. Segmentum mediale valde EEE EEE EU Be ei = Hr 4 Grabwespen. 959 declive, area mediana magna et lata, sulco longitudinali valde indistincto. Alae longae et valde lutescentes, versus basim obscuriores quam in margine, venis brunneis. Alarum anticarum area radialis longissima, lanceolata. Alarum posticarum area analis multo post originem venae cubitalis terminata. Pedes robusti, tibiis tarsisque valde spinosis. Abdomen crassum, segmento primo lato et brevi, segmento ventrali secundo satis aequaliter convexo. Corpus satis dense et paulo subtilius punc- tatum quam in Shp. specioso, capite et thorace griseo villosis, clipeo argenteo micante. Caput rufo-brunneum, clipeo pallidiore, thorax et segmentum mediale superne et in lateribus plus minusve obscure rufo -ferrugineis, pectore fusco. Abdomen nigrum, segmento primo, apice excepto, lateribus segmenti dorsalis secundi et segmento ventrali secundo, apice excepto, rufo-ferrugineis. Pedes testacei. Antennae seu totae testaceae seu in flagello plus minusve infuscatae. Antennae haud longiores quam thorax cum capite. Segmenti dorsalis sexti area mediana distinctissime latior quam in S. specioso. Long. corp. 23—40 mm. Species regionis Aethiopicae. Sph. Grandidieri gehört, soviel nach dem weiblichen Geschlechte zu urtheilen ist, in die Verwandtschaft der ameri- kanischen Arten der Gattung, unterscheidet sich aber von denselben durch das breitere Mittelfeld der sechsten Dorsal- platte. Das Schildchen ist flacher als bei speciosus, das Mittelfeld des Medialsegmentes nicht so deutlich getheilt. Die Punktirung dessslinorassuliekens ist. sehr dieht,, nicht so’ 'schars aus. geprägt als bei speciosus und mit deutlichen gröberen Punkt- eindrücken untermischt. Die zweite Cubitalquerader ist eckig umgebogen, die zweite Discoidalquerader viel stärker gegen den Rand vorgebogen als bei der genannten Art. Die Punktirung des Hinterleibes ist gleichfalls bedeutend dichter. Dieses ti, würde von, keren Brzeys my Nessipe (Mada- gaskar) gesammelt; ein Exemplar besitzt das Hofmuseum, mehrere, Hert Dr. Branesik in Trenesin. Saussure’s erste Beschreibung lautet wie folgt: »Obscure-ferruginea, fulvo-hirsuta; clipeo utrinque argen- tato; pronoto subtus et abdomine nigris, hoc basi ferrugineo- vario; alis hyalino-ferrugineis. 9 22 mm. Madagaskar.« 960 A. Handlirsch, Aus dieser Beschreibung konnte ich nicht einmal darüber ins Klare kommen, ob die Art zu Sphecius oder zu Stizus gehört. Nun ist im Jahre 1890 (Ende) die Figur in Saussure’s Werk erschienen, und ich war jetzt in der Lage, die Art wenigstens in das Genus Sphecius zu stellen. In Bezug auf die Grösse des Thieres ist zu erwähnen, dass die Abbildung mit der Beschreibung nicht übereinstimmt; es ist nach derselben die Länge des Thieres 27 mm. Im Frühjahre 1891 hatte ich nun Gelegenheit, das typische Exemplar in Saussure’s Sammlung zu vergleichen und zu constatiren, dass die Art mit meinem Sphecins Freyi identisch ist. Sphecius Malayanus n. Sp. Femina. Statura Sph. speciosi et Grandidieri. Thorax lati- tudine distincte longior. Episternum mesothoracis cum sterno confusum, epimerum bene limitatum. Segmentum mediale valde declive; areae medianae sulco longitudinali distincto. Alae magnae, valde lutescentes, basim versus ochraceae, venis obscure brunneis. Alarum anticarum area radialis longissima, lanceolata. Alarum posticarum area analis multo post originem venae cubitalis terminata. Pedes robustissimi et longi, tibiis tarsisque valde spinosis. Abdomen ut in Sph. specioso minus robustum quam in speciebus palaearctieis, segmento ventrali secundo satis convexo, segmento dorsali sexto area latissima triangulari dense et crasse punctata. Corpus dense, aequaliter et satis subtiliter punctatum. Facies argenteo tomentosa, thorax dense fusco villosulus. Caput nigrum, orbitis anticis et posticis, clipeo labroque obscure ferrugineis. Thorax niger. Abdomen ferrugineum, basi segmenti primi et interdum secundi plus minusve nigris. Antennae testaceae. Pedes nigri, tibiis tarsisque obscure ferrugineis. Long. corp. 23— 30 mm. Species Malayana. Sphecius Malayanus gehört gleich Grandidieri in die nächste Nähe der amerikanischen Arten und bildet wohl mit der madagassischen Art zusammen eine eigene Gruppe. Kopf und Fühler sind ganz ähnlich wie bei speciosus gebaut. Das Mittelfeld des Endsegmentes ist, wie bei Grandidieri, entschieden breiter als bei den palaearctischen und amerika- Grabwespen. 961 nischen Arten. Die Flügel sind ganz ähnlich wie bei den letzteren und bei Grandidieri, ebenso die Beine. In die nächste Verwandtschaft dieser Art dürfte auch Smith’s Sph. pectoralis gehören. Es wäre höchst interessant, endlich einmal eine der Arten im männlichen Geschlechte kennen zu lernen, um zu constatiren, ob sie eine eigene Gruppe bilden oder mit den amerikanischen zusammenfallen. Immerhin liefert die Entdeckung des Sph. Malayanus wieder einen Beweis der nahen Beziehungen zwischen der Fauna Madagascars und Indiens. Ich untersuchte 4 9 aus Timor und Sumbava, Eigen- thum des Leidener Museums. In der Gattung Sphecius muss vorläufig als fragliche Art auch der von mir bei Freirus citirte Sphecius lanio Stal. angeführt werden. Bembidula Burm. Die Synonymie ist zu ergänzen: Monedula, Provancher, Addition a la Faune Canad., 412, 1889. Bembidula, Cameron, Biol. Central. Amer., II, 95, 1890. — Fox, Proe. Acad. N.S. Philad., 304, 1894. Bembidula odontophora Handl. 1 9 aus Cayenne, vom Berliner Museum als » Moneduia dissecta Dahlbom« bezeichnet, ist jedenfalls das vom genannten Autor S. 187 als » Stictia dissecta Klug in Mus. Berolin. secund. Erichson in litteris« erwähnte Exemplar, aber nicht das von ihm beschriebene, von dem er ausdrücklich sagt: »Habitat in America meridionali. Specimen unicum possideo.« Hätte Dahlbom das Stück aus Cayenne vor sich gehabt, so hätte er sicher diesen Fundort angegeben. In der Beschreibung werden ausdrücklich vier Querbinden am Thorax erwähnt, was auf variegata Olivier passt. Ich lasse daher das Citat der Dahl- bom'schen dissecta bei BD. variegata. 962 A. Handlirsch, Bembidula diseisa Taschenb. Der Synonymie ist beizufügen: Bembidnla discisa, Cameron, Biolog. Central. Amer., II, 95, Tab. VI, Fig. 12, 13, 1890. Cameron verzeichnet folgende Fundorte: Mexico, Valla- dolid in Yucatan (Gaumer); Guatemala, Senahu in Vera Paz, Paraiso 300 feet (Champion); Panama, Volcan de Chiriqui 2000—3000 feet, David (Champion). Ausserdem sind noch folgende Fundorte zu erwähnen: SierraCordobaundCaucainColumbien (BerlinerMuseum), Paraguay (Dr. Jordan), Venezuela (Hofmuseum). Bembidula spinosa Fabricius. Als erstes Citat ist in der Synonymie anzuführen: Bembex spinosa, Fabrieius, Ent. Syst. IV, 458 u. 9—10, 1794. Bembidula variegata Olivier. In der Synonymie ist zu ergänzen: Bembidula variegata. Cameron, Biolog. Centr. Amer., II, 96, Tab. VI, Fig. 14, 1890. Von dieser Art sah ich Exemplare aus Chile (Fairmaire), Presidio in Mexico (Cameron) und Pamamaz Berwer Museum). Cameron verzeichnet folgende Fundorte: Mexico, Omealca near Orizaba (M. Trujillo), Teapa in Tabasco (EL. HE. Smith); Guatemala, San Joagquin m Veraerr (Champion). Bembidula capnoptera Handl. Diese Form wurde auch in Mexico gefunden (Jalisco, see Cam enom): Bembidula Burmeisteri Handl. Als Synonym ist anzuführen: ! Bembidula Burmeisteri, Cameron, Biolog. Centr. Amer., II, 96, Tab. VI, Fig. 15, 16, 1890. Ich erhielt von Herrn Cameron vier Exemplare dieser Art zur Ansicht. Bei einem dieser Stücke istauf dem ersten Segmente auch ein kleiner Mittelfleck vorhanden, bei einem anderen trägt dieses Segment eine in der Mitte verschmälerte, aber nicht Grabwespen. 963 unterbrochene Binde. Der Fleck an den Mesopleuren fehlt manchmal, ebenso die Flecken an den Seiten des ersten Segmentes. Länge 13— 16 mm. Als Fundorte sind zu erwähnen: Navarrete in Tepic (Schumann), Venta de Zopilote BUN EeR Rio Bapaeaıo 1200 feet; beide in Guerrero (Er HE Sara) Kenmaxı in Norch" Yucatan (Gaumen) (Naeh Cameron.) Die zwei folgenden Arten kenne ich nicht. Sie sind sehr ungenügend beschrieben, kaum gut genug, um sagen zu können, dass sie in das Genus Dembidula gehören. Bembidula? nigrifrons Provancher. Monedula nigrifrons, Provancher, Additions a la Faune Canad., 415, D g' 1889. »Monedula front-noir. Monedula nigrifrons n. Sp. oO 13 mm. Schwarz mit gelben Zeichnungen. Clipeus, Oberlippe, mit Ausnahme der Spitze, Mandibeln, mit Ausnahme der Spitzen, gelb, das ganze Gesicht schwarz mit silber- glänzender Behaarung. Scheitel mit weissen Haaren. Fühler schwarz, der Schaft kaum unten gelb gefleckt. Eine Binde in der Mitte des Prothorax, und eine Linie an dessen Hinterrande, die die Schulterbeulen bedeckt und sich mit einem grossen Fleck an den Seiten des Mesothorax vereinigt, die Flügel- Senuppenn eine Eimierlober der Insertion der Hlüsel, rein verlängerter Fleck an jeder Seite des Mesonotums, ein grosser Fleck an jeder Seite des Schildchens, das Metanotum, das ganze Ende des Mittelsegmentes mit einem grossen Fleck an seinen Hinterecken gelb. Flügel hyalin mit braunen Adern. Beine gelb, die Hüften und Schenkel, mit Ausnahme der Spitze, schwarz, die Vordertarsen gelb mit langen schwarzen Dornen. Hinterleib mit breiten gelben Bändern am Ende aller Segmente, von denen das erste vorne in der Mitte viereckig ausgeschnitten ist, während die folgenden jederseits der Mitte eine kleine Aus- randung zeigen. Unten schwarz mit dreieckigem Fleck an jeder Seite der Segmente. — Los Angeles (Coquillett), (Territor. Californien). 964 A. Handlirsch, d Hinterleib fast ganz gelb am Rücken, die Segmente nur mit einer kleinen schwarzenLinie an derBasis. Der zweite Bauch- ring mit einem starken, schwarzen nach hinten gebogenen Dorn. Viel schmäler als fasciata, obwohl ebenso lang.« Bembidula parata Provancher. Monedula parata, Provancher, Additions a la Faune, Canad. 416, TER »Monedula par&e. Monedula parata n. sp. 9 Long. 15 mm. Schwarz; Clipeus, Oberlippe, Mandibeln, mit Ausnahme der Spitzen, Unterseite des Fühlerschaftes, die hinteren Augenränder gelb. Der Clipeus vorne schwarz ein- gesäumt, die Oberlippe mit bräunlichem Strich in der Mitte. Der Prothorax, die Schulterbeulen, die Schüppchen, eine Linie vorne und eine an der Seite am Mesonotum, ein Fleck an jeder Seite des Schildchens, das Metanotum, die Hinterwinkel des Mittel- segmentes, die unten verschmälert und abgerundet ohrförmig verlängert sind, gelb. Flügel schwach verdunkelt, besonders an der Vorderseite. Beine gelb, alle Hüften, die Basis der Schenkel und eine Linie an deren Hinterseite schwarz. Hinterleib mit breiter gelber Binde auf jedem Segmente, die am ersten in der Mitte verschmälert und unterbrochen, die folgenden mit einer kleinen Kerbe in der Mitte und einer leichten Biegung an jeder Seite. Endsegment stark punctirt, jederseits mit drei- eckigem gelben Fleck, die durch eine einfache schwarze Linie getrennt sind. Unten tragen die Segmente mit Ausnahme des ersten je eine breite, wellige Binde; die Binde des Endsegmentes ist vorne und hinten ausgerandet und das Segment endet in einen kleinen schwarzen Schwanz. Los Angeles (Coquillett.) (Neal Seinnormlen.) Eine durch die Färbung ausgezeichnete Art, das Gelb am Thorax und am Endsegment ist viel dunkler als die Hinterleibs- binden.« Steniolia S ay. In der Synonymie ist anzuführen: Steniolia, Provancher, Additions a la Faune Canad. 412, 414, 1889. Steniolia, Cameron, Biolog. Central. American., II, 92, 1890. — Fox, Proc. Acad. N. S. Philad., 304, 1894. Grabwespen. 965 Provancher erwähnt in seiner Beschreibung wohl die langen Maxillen, aber mit keinem Worte die Bildung der Palpen. In der Bestimmungstabelle heisst es »labre non 2 fois aussi long que large«, in der Beschreibung dagegen »labre 2 fois etc.«. Auf ähnliche »Irrthümer« und Mängel muss man bei Provancher<« stets gefasst sein. Steniolia longirostris Say. Zur Synonymie: Steniolia longirostra, Cameron, Biolog. Central. American., II, 92, ab> vl, Bie..9, 11890. Als Fundorte führt Cameron an: Mexico, Northern Sonorar Nioerısom), Venta de Zopilote in @uervero 2800 feet, Cuernavaca (H.H. Smith); Guatemala, Pana- jachel 5000 feet, San Gerönimo 3000 feet (Champion). Steniolia scolopacea Handl. In der Synonymie ist anzuführen: ? Steniolia duplicata, Provancher, Additions a la Faune Canad., 414, eu 271889: e — scolopacea, Cameron, Biolog. Centr. Amer. Il, 94, Tab. VI, Fig. 11, 1890. ? — Edwardsii, Patton, Proc. Ent. Soc. Washington, III, 45, 1894. Es ist möglich, dass Provancher diese Art und S£. Zibialis zusammen vor sich gehabt hat. Wenn er nur eine gesehen hat, so ist aus der unzulänglichen Beschreibung nicht sicher zu entnehmen, welche von beiden es ist. Provancher’s Exemplare stammten aus Californien. Cameron führt als Fundorte an: Mexico, Northern Sonora (Morrison), Jaral near Guanajuato (Schumann). Fox zieht meine scolopacea als Synonym zu duplicata Provancher. Nachdem beide Beschreibungen nahezu gleich- zeitig erschienen sind, und jene Provancher'’s, wie oben er- wähnt, sich vielleicht auf eine Mischart bezieht, ziehe ich es vor, den in meiner Monographie aufgestellten Namen beizu- behalten. Als Fundorte gibt Fox San Jose del Cabo, Mag- Bene lsland, "Kower! Purisima’ und‘ San Jose de Gracias an. 966 A. Handlirsch, Patton sagt von der Art nur, sie sei sehr variabel, und führt als Synonym Provancher'’s duplicata an, woraus ich schliesse, dass es sich um meine scolopacea handle, denn »Edwardsii Cresson«, wie Patiton angibt, ist meines Wissens nirgends beschrieben. Steniolia tibialis Hand. Auch bei dieser Art ist in der Synonymie anzuführen: ? Steniolia duplicata, Provancher, Additions a la Faune Canad., 414. g9 1889. Monedula Latr. Zur Synonymie: < Bembex, Lamarck, Systeme des Anim. s. vert. 272, 1801. Monedula, Girard, Les Insectes, II, 961, 1879. — Cameron, Biolog. Centr. Amer. II, 97, 1890. — Radoszkowsky, Bull. Mosc., 8, 1891. — Fox, Proe. Ac. N. S. Philad., 304, 1894. Monedula signata L. Zur Synonymie: Vespa signata, Linne, Pandora Ins. Amoen. Acad. V,t.3,f.216n. 14, 1758. Sphex (Monedula) signata, Blanchard, Cuvier’sR. Anim. Ed. 3, II, 12.9, 112, Monedula signata, Cameron, Biolog. Centr. Amer. II, Tab. VI, Fig. 22, 1890. — -— Radoszkowsky, Bull. Mose. 8, f. 14, 1891. Cameron führt folgende Fundorte an: Mexico, Ventas in Duran'gio, Tres "Marias Ins, Presidio,: Marzauken (Borren), San Blasen Jalısco,rAtoyaec in Vera Ernere (Schumann), Teapa and San Juan Bautista in Tabasco (ER Smith), Dem axzın Norcheu@atranı Gaumen en tish Honduras, R. Sarstoon (Blancaneaux); Guatemala, San Joaquın in Vera Paz, Rıor Naranıo (Champion); Niearasua, Chontalesı Janson); Costarkıiea, Cache (Rogers). Dr. Jordan sammelte zahlreiche Exemplare in Paraguay. Monedula volucris Handl.- Von dieser Art erhielt ich nachträglich 8 J vom Berliner Museum aus Columbien (Cauca Vulcan.), alle mit der Be- schreibung übereinstimmend. Grabwespen. 967 1 d vom Leidener Museum aus Bogota hat Gesicht und Thorax etwas weniger reichlich licht gezeichnet. Monedula punctata Fab. Zur Synonymie: Vespa (Bembex) punctata, Gmelin, Syst. Nat. Ed. 13,1,5,2768n. 152, 1790. Monedula punctata, Cameron, Biolog. centr. Amer. II, Tab. VI, Fig. 24, 29, 1890. Cameron nennt folgende Fundorte: Mexico, Tierra Folonadeonin Guerrero, 2000 feet (H. HE. Smith); Guate- mala, San Joaquin in Vera Paz (Champion); Panama, Bugaba, 800—1500 feet (Champion), Panamacity (Bou- card). Ein Exemplar aus Mattogrosso (Berliner Mus.) hat schmale Binden am Scutellum, Metanotum und Mittelsegment, sowie etwas vergrösserte Mittelflecken des ersten Segmentes. Nächst M. carbonaria ist einzufügen: Monedula maccus n. Sp. Femina. M. carbonariae affınis et quoad colorem M. volucri, pantherinae et lineatae satis similis. Scutellum et dorsulum fere omnino ut in carbonaria punctatum. Corpus nigrum, orbitis anticis et posticis, clipeo, maculis duabus magnis basalibus exceptis, lateribus labri, mandibulis, apice excepto, margine lato pronoti cum callis humeralibus, maculis magnis lateralibus pro- thoracis, fascia lata scutelli, fascia metanoti, fascia lata arcuata segmenti medialis, maculis lateralibus angulisque posticis seg- menti medialis, maculis magnis lateralibus et minoribus discali- bus haud confluentibus segmentorum quatuor anticorum, ma- culis magnis lateralibus quinti maculisque parvis lateralibus segmentorum ventralium 2—4 flavis. Antennae nigrae, scapo infra flavo; pedes nigri maculis nonnullis parvis in femorum apice lineisque in tibiis tarsisque anticis flavis. Alae fere hyalinae. Long. corp. 22—25 mm. Species neotropica. M. maccus ist von carbonaria und arcuata, denen sie in Bezug auf Sculptur und Körperform am nächsten steht, schon 968 A. Handlirsch, an den isolirten discalen Flecken der Segmente zu trennen, von beiden weicht übrigens auch die Thoraxzeichnung wesentlich ab. Von den Arten mit isolirten Flecken ist die Trennung durch den Mangel der Längsstreifen am Dorsulum und die unge- fleckten Mittelbrustseiten nicht schwierig. Auch die Sculptur des Scutellum bietet ein gutes, verlässliches Merkmal. In der Tabelle kommt man zu M. lineata und pantherina. Ich untersuchte 39 aus Cordovain derargentinischen Republik, Eigenthum des Leidener Museums. Monedula arcuata Burm. !1 9 vom Berliner Museum aus Montevideo, ganz iden- tisch mit den von mir beschriebenen, hat typischen Werth, es ist von Gerstäcker benannt. Monedula decorata Burm. Von dieser Art erhielt ich gleichfalls ein von Gerstäcker bestimmtes Exemplar aus Mendoza (Berliner Mus.). Dasselbe unterscheidet sich von arcuata und den anderen verwandten Arten durch die ganz gelben Thoraxseiten und die gelbe Brust. Im Übrigen sind die Zeichnungen ähnlich wie beim dj, die Binden des Hinterleibes etwas schmäler. Beine gelb, oben an den Schenkeln und Schienen mit schwarzen Linien. Kopf und Unterseite wie beim Ö gezeichnet. Monedula heros Fabr. Zur Synonymie: Monedula heros, Cameron, Biolog. centr. Amer. II, 98, Tab. VI, Fig. 21, 1890. Als Fundort ist zu erwähnen: Guatemala, Champerico (Champion); Mexieo, Ventasr nn Dosansor 2000 (Borrer); San Blas in Jaliseo, Navartete in Tepice (Schu mann); Nicaragua, Chontales (Janson); Panama (Bou- Sard)) i Monedula Medea Handl. 2 9 aus Cayenne haben die Binden des Scutellum, Meta- notum und Mittelsegmentes sehr reducirt, fast verschwunden. Grabwespen. 969 Monedula notata Taschenb. 1 90 aus Urugnay (Leidener Museum). Monedula Surinamensis Deg. Zur Synonymie: Monedula surinamensis, Cameron, Biolog. centr. Amer. II, Tab. VI, Fig. 23, © 1890. — — Radoszkowsky, Bull. Mose. 8, f. 13, 1891. Als Fundort istnach Cameron zu erwähnen: Chontales in Nicaragua (Belt). Monedula denticornis Hand. Aus Puerto-Cabello in Venezuela (Leidener Mus.). Monedula caesarea Hand. l 9 aus Cauca in Columbien (Berliner Museum). Monedula fuscipennis Lepeletier. ! Von Dahlbom’s Zetterstedtii habe ich die Type (Ber- liner Museum) gesehen. Monedula Adonis Handl. d Feminae similis. Antennae longiores et robustiores, articulis ”—12 infra deplanato excisis, 7. apicem versus Spinoso prominente, 12. postice distincte lobato, ultimo praecedenti fere aeque longo sed angustiore, distincte curvato et apice rotundato. Femora antica infra valde deplanata. Tarsi antici distincte dila- tati, articulo ultimo fere cordiformi, vix ciliati. Coxae inter- mediae apice dente magno acuto, femora intermedia ante apicem infra dente magno. Tibiae intermediae apice extrorsum biden- tatae. Segmentum ventrale secundum nec carinatum, nec tuber- culatum, nec in parte apicali inflatum, ut in femina constructum. Segmentum dorsale sextum latissimum, spinis lateralibus vali- dis, acutis, processo mediali apice exciso. Segmentum ventrale 6. planum, in disco spinis sex distinctissimis inflexis munitum. Segmentum ventrale 7. occultum, 8. processo acuto ante apicem dilatato. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 63 970 ; A. Handlirsch, Sehr auffallend sind die sechs in einer Querreihe ange- ordneten Dörnchen, die bei meinem Exemplare der Basis des Segmentes zugewendet sind und ganz auf der Oberfläche auf- liegen; es scheinen bewegliche Gebilde zu sein, jedenfalls homolog mit dem von mir erwähnten Organ bei der signata- Gruppe. Durch das flache zweite Ventralsegment weicht diese Art von der Surinamensis-Gruppe, sowie von den zwei ersten Gruppen ab und kann als Repräsentant einer eigenen Gruppe gelten. Das achte Ventralsegment hat einen breit lancettförmigen Fortsatz. Id, 19 vom Budapester Museum aus Brasilien. Monedula Chilensis Esch. Hier ıst zu’ eitiren: Bembex peruvianus, Givard, Les Insectes, II, 959, t. 74, f. 6, 1879. (Es ist nur eine Reproduction der Gu&rin’schen Abbildung). Monedula vulpina Handl. 29 aus der Provinz Catamarca in Argentinien (Lei- dener Museum) unterscheiden sich von den chilenischen durch schwarze Fühlergeissel und zwei kleine, gelbe Flecken am Dorsulum. Monedula speciosa. Fox gibt El Paraiso in Loweı, Californien, als Fund- ort an. Stizus Latreille. Der Synonymie ist beizufügen: > Larra, Dume£ril, Mem. Acad. sc. Paris, XXXI (2), 937, 1860. < Stizus, Girard, Les Insectes, II, 949, 1879. — Radoszkowsky, Bull. Mose. 8, 1891. Stizolarra, Saussure, Grandidier's Hist. Madag. 455, 465, 1892. Stizus, Fox, Proc. Acad. N. S. Philad., 304, 1894. _ — Fox, Proc. Ac.N. S. Philad., 264, 1895. Nach Siebold besitzt das Stizus (fridens) 9 einen kurzen, oben erweiterten Ductus seminalis, in welchen der lange Stiel einer runden Samenkapsel und der sehr lange, gemeinschaft- Grabwespen. 971 liche Canal zweier kurzer Glandulae appendiculares neben ein- ander einmünden. Girard sagt von dem Giftapparate der Stizus 9: »Les vaisseaux constituant la partie la plus anterieur de l’appareil sont formes en arbuscule a rameaux plus ou meins replies ou agglomeres. Nach Fabre (Souvenirs, III, 249) fängt Stizus ruficornis drei bis fünf Mantis religiosa-Larven für eine Zelle und macht einen Cocon aus Seide und Sand, der jenem von Bembex ähn- lich ist, sich aber in folgenden Punkten unterscheidet: »Sur le flanc de la coque, de partout regulierement nivelee, fait hernie un grossier bourrelet, petite motte de sable agglutine«. Diese Bildung wird dadurch erklärt, dass die Larve zuerst einen Sack mit einer oberen und einer seitlichen Öffnung macht, durch welch letztere sie den Sand holt, um den Cocon innen zu voll- enden; die kleine Seitenöffnung wird zuletzt von innen her ver- schlossen. Stizus tridens Fabr. Tab. II, Fig. 8. Der Synonymie ist beizufügen: Stizus tridens, Girard, Les Insectes, II, 949, t. 74, f. 8, 1879. Stizzolarra (Stizus) tridens, Saussure in Grandidier, 466, t. XI, f. 6, 1892. Nach Funk ist diese Art bei Bamberg an sandigen Stellen haune, Ich erhielt Pxemplare aus Wanger (Coll. Saussure). Mit tridens nahe verwandt ist: Stizus crassipes n. Sp. Tab. II, Fig. 9. d Stizo tridenti valde similis et affinis. Caput fere ut in tridente, minus lato, antennis autem a margine superiore clipei multo magis remotis, fere ut in Zröidente constructis. Segmenti medialis carinae laterales distincte excisae. Alae fere hyalinae, area cubitali secunda haud petiolata. Pedes — imprimis postici — crassiores, femoribus posticis latitudine solum triplo lon- gioribus (in fridente fere quadruplo longiores). Tibiae posticae 63* 072 A. Handlirsch, multo minus spinosae. Corpus minus crasse punctatum. Thora- cis dorsum sparsius punctatum. Corpus nigrum, mediocriter cyanescens. Orbitis antieis, fronte sub antennis, clipeo, labro, margine angusto pronoti cum callis humeralibus, fasciis angustis sinuatis in segmentis 5—6 anticis pallide flavis. Antennae nigrae, infra pallidae; pedes ferruginei, basi nigra. Long. corp. 9— 11mm. Species palaearctica. Diese Art steht dem Zridens nahe, ist aber sehr leicht an den dickeren, rothen Beinen und an der verschiedenen Kopf- form zu unterscheiden. Die Fühler sind viel weiter vom oberen Rande des Clipeus, der deutlicher begrenzt ist als bei Zridens, entfernt. Ich untersuchte 27 aus Barcelona, von Herrn P. Antiga gesammelt. Zwei gleichfalls in Barcelona gesammelte Weib- chen unterscheiden sich von Zridens durch den gelben, oben deutlich begrenzten Clipeus und durch die etwas weiter ‘vom Clipeus entfernten Fühler. Sie haben breitere Hinterleibs- binden, als die oben beschriebenen JS, und die beiden ersten Cubitalqueradern münden in einem Punkte in die Radialader. Die Beine sind fast wie bei Zridens, nicht dicker, schwarz und gelb gezeichnet. Ich wage es nicht, nach dem spärlichen mir vorliegenden Materiale, diese Weibchen als zu den oben be- schriebenen Männchen gehörig zu betrachten. Stizus tenellus Klug. Von dieser Art habe ich die Type (Berliner Mus.) gesehen! Stizus spinicornis Saussure. Stizolarra spinicornis, Saussure, Hist. Nat. Madagasc. 467, 1892. Die erste vorläufige Beschreibung wird hier wesentlich ergänzt: cd‘. Klein, schwarz, etwas grösser als Zridens. Körper glatt, sehr fein punktirt und grau tomentirt. Fühler oben dunkel, unten rothgelb, das erste Glied rothgelb, oben mit schwarzer Binde. Mandibeln, Lippe, Clipeus, Stirne bis zur Fühlerinsertion röth- lichgelb, silberglänzend tomentirt. Ein länglicher Fleck ober den Fühlern und eine schmale Querlinie am Scheitel gelb. Augenränder gelb. Grabwespen. 973 Thorax schwarz; der Rand des Pronotum mit den Schulter- beulen breit gelb; Dorsulum gelb gerandet und mit zwei kleinen Längslinien. Flügelschüppchen mit zwei Flecken unter den Flügeln gelb. Schildchen mit gelben Seitenflecken, Meta- notum gelb gerandet. Mittelsegment mit V förmigem gelben Streif, hinten concav und glatt, die Seitenkanten stark eckig vorspringend, nach unten zu etwas ausgebuchtet und mit einem kürzeren Zahn versehen. Die Ecken gelb. Hinterleib schwach violett schimmernd, das erste Segment oben gelb mit zwei schwarzen Flecken, das zweite und dritte schwarz mit tief- zweibuchtiger Binde, das vierte, fünfte und sechste gelb mit zwei schwarzen Querflecken, das siebente gelb. Die Segmente 3—6 an den Seiten an der Basis mit je einem schwarzen Quer- fleck. Unten sind die Segmente schwarz, gelb gerandet, das zweite reichlicher gelb gezeichnet. Beine gelb, Hüften, Trochan- teren und Oberseite der Schenkel schwarz gefleckt; Tibien vor dem Ende hinten schwarz gefleckt. Flügel hyalin mit braun- rothen Adern; die zweite Cubitalzelle regelmässig dreieckig mit abgerundeten Ecken, die dritte breiter als hoch, gegen den Radius kaum verschmälert, mit sehr schiefem Aussenrande und abgerundetem Ende. Zweite Discoidalquerader nur gebogen. d. Endglied der Fühler in eine kurze Spitze auslaufend und etwas gekrümmt, das 11. Glied unten mit einem Dorn. In diese Gruppe gehören noch folgende fünf äthiopische Arten: Stizus Braunsi Handl. Stizus Braunsii, Handlirsch, Ann.k.k. naturh. Hofmus. Wien, IX, 287, 1894. Stizo Zridenti valde similis et affinis. Gracilis. Alarum anticarum area cubitalis secunda breviter petiolata. Segmentum mediale carinis lateralibus profunde excisis, spinoso-prominen- tibus. Pedes solito non crassiores. Thorax superne satis sparse et mediocriter crasse punctatus. Abdomen sat dense mediocriter punctatum. Corpus vix tomentosum, mediocriter dense pilosum. Niger, orbitis anticis, clipeo, macula mediana saepe excepta, labro, margine pronoti cum callis humeralibus, maculis latera- libus dorsuli et scutelli, fascia metanoti, angulis segmenti 974 A. Handlirsch, medialis, fascia lata saepe interrupta segmenti primi, fasciis bisinuatis in segmentis 2.—D. vel 6. dorsalibus, maculis latera- libus segmentorum ventralium citrinis. Antennae nigrae, infra flavae. Pedes flavi, basi cum parte femorum et maculis nonnullis in tibiis nigris. Alae hyalinae. Long. corp. 7—9 mm. Species Aethiopica. Diese Art stimmt in den meisten wesentlichen Merkmalen mit Zridens und tenellus überein. Der Clipeus ist nach oben zu deutlich begrenzt und die Fühler sind vom Clipeus weiter ent- fernt als bei tridens, ungefähr wie bei Zenellus. Die Seitenkanten des Mittelsegmentes sind tiefer ausgeschnitten als bei fridens und ragen ober dem Ausschnitte stark spitz vor. Die zweite Cubitalzelle der Vorderflügel ist bei allen mir vorliegenden Stücken sehr kurz gestielt, kürzer als bei Zenellus. Die Punk- tirung des Hinterleibes ist weniger grob als bei Zridens, dafür aber ziemlich dicht, jedoch nicht so gleichmässig als bei Zenmellus. Von tenellus und gracilis ist Braunsii auch an der ver- schiedenen Zeichnung zu unterscheiden. Ich untersuchte zwei d und vier 9 aus West- und Ost- afrika: Cap Lopez, Cap Palmas, Delagoa-Bay, Mozam- bique (leg. Dr. Brauns) und aus Transvaal (Coll. Saussure). Stizus aemulus n. Sp. Stizo Braunsii valde similis et affinis. Gracilis. Alarum anticarum area cubitalis secunda haud petiolata. Segmentum mediale carinis lateralibus distincte profunde excisis, superne minus distincte spinoso-prominentibus quam in Braunsii. Pedes solito non crassiores. Corpus distincte crassius punctatum quam in Draumnsii, magis pilosum. Niger. Orbita antica, latera clipei, labrum, margo pronoti cum callis humeralibus, anguli postici dorsuli, maculae laterales scutelli, fascia metanoti, fasciae quinque segmentorum dorsalium (1.—5. interrupta), maculae laterales segmentorum ventralium pallide flavae. Antennnae nigrae, infra flaväe. Pedes nigri, apice femorum, tibiis tarsisque flavo-variegatis. Long. corp. 8—9 mm. Species Aethiopica. Diese Art unterscheidet sich von Braunsii durch die weniger spitz vorragenden Ecken des Mittelsegmentes, die Grabwespen. 975 gröbere unregelmässigere Punktirung des Hinterleibsrückens und die nicht gestielte zweite Cubitalzelle. Bei einem Exemplare laufen die zwei Cubitalqueradern in einem Punkte zu der Radial- ader zusammen. Von Zridens unterscheidet sich gemulus ausser durch den stärkeren Ausschnitt der Mittelsegmentkanten auch durch den nach oben deutlicher begrenzten Clipeus. Die Stirne in derFühlergegend kommt mir etwas breiter vor als bei Draunsii. Ich untersuchte ein d und ein 9 vom Cap. (Berliner Mus. et Coll. Saussure). Es ist möglich, dass aemulus ebenso wie Braunsii mit einer der von Smith beschriebenen Arten identisch ist, doch lässt sich an der Hand der schlechten Beschreibungen dieses Autors nichts Sicheres sagen. Stizus maior n. Sp. Speciebus praecedentibus valde similis et affinis sed maior et robustior. Alarum anticarum area cubitalis secunda brevis- sime petiolata. Segmenti medialis anguli laterales profunde excisi. Pedes statura normali. Corpus vix tomentosum, distinc- tissime pilosum, thorace satis dense mediocriter punctato, abdominis dorso minus distincte sed densius punctato quam in St. aemnulo. Niger, orbitis anticis, parte inferiore frontis, clipeo, macula mediana excepta, labro, margine pronoti, callis humeralibus, lateribus dorsuli et scutelli, fascia metanoti, angulis segmenti medialis, fascia lata interrupta segmenti primi, fasciis undulatis 2., 3., 4. et 5. maculisque lateralibus segmentorum ventralium flavis. Antennae nigrae, infra flavae; pedes flavi, basi cum femoribus et tibiis nigro-variegata. Alae vix infumatae. Long. corp. 12 mm. Species Aethiopica. Diese Art steht jedenfalls dem aemulus sehr nahe, mit dem sie in der Form des Mittelsegmentes übereinstimmt, dessen Kanten tief ausgeschnitten sind, ober dem Ausschnitte jedoch nicht so spitz vorragen wie bei Draumsii. Der Clipeus ist, wie bei den genannten Arten, nach oben deutlich begrenzt. Die Stirn erscheint in der Fühlergegend stärker verschmälert als bei aemulus. Von beiden Arten unterscheidet sich maior durch die Grösse. 976 A. Handlirsch, Ich untersuchte ein 2 aus Südafrika, Eigenthum des Berliner Museums. Stizus polychromus n. Sp. Stizo tridenti affinis. Oculi versus clipeum, satis conver- gentes. Antennae longae et graciles, vix clavatae, in mare arti- culis tribus ultimis fere ut in S#. fridenti constructis. Segmentum mediale carinis lateralibus infra late excisis, superne angulose rotundatis. Alae valde lutescentes, in parte radiale distincte infumatae, area cubitali secunda non petiolata. Alarum posti- carum venae ut in ,S/. fridente. Segmenta ventralia inermia. Feminae segmentum dorsale sextum sine area mediana distincta. Maris segmentum dorsale septimum apice late rotundatum. Corpus satis dense punctis mediocribus tectum, in thorace et capite distincte brunneo tomentosum, mediocriter pilosum. Corpus nigrum, orbitis anticis, clipeo, labro et in @ parte in- feriore frontis flavis, magna parte prothoracis cum callis hume- ralibus, lateribus dorsuli, fascia scutelli et in femina maculis lateralibus mesothoracis segmentique medialis ferrugineis. Ab- domen ferrugineum, basi segmenti 1.2. et 3. nigra, segmento 2.,3. et in 0’ 4. fasciis angustis undulatis citrinis. Antennae et pedes ferruginei. Long corp. 12 mm. Species Aethiopica. Diese durch die sehr auffallende Färbung leicht kenntliche Art gehört ohne Zweifel in die Gruppe des Zridens. Ich glaube nicht, dass sie mit irgend einer anderen Art verwechselt werden kann. Die Augen sind nach unten etwas weniger convergent als bei Zridens. Clipeus oben deutlich abgegrenzt. Beine von nor- maler Gestalt. Seitenkanten des Mittelsegmentes unten flach ausgeschnitten und ober dem Ausschnitte nicht stark eckig vortretend. Ich untersuchte ein 9 und ein d vom Cap und der Dela- goa-Bai, Eigenthum des Berliner Museums. Stizus gracilis Schulthess. ! Stizus gracilis, Schulthess, Entomol. Nachr. XIX, 19, 1893. d' Stizo tridenti Fab. affinis sed gracilior, corpore minus pubescente. Caput thorace parum latius. Thorax subtiliter sparse punctatus, punctis maioribus raris. Segmentum mediale postice Grabwespen. Sg sat profunde excavatum, nitidum, area mediana bene deter- minata, carina laterali inferne prominula compressa, dentem magnum excisum formante. Alae hyalinae, area cubitali 2. non petiolata, venis cubitalibus 1. et 2. in venam radialem ipsam confluentibus. Abdomen sat dense Punctatum, segmentis ven- tralibus inermibus. Niger, vix aeneo-micans. Clipeus, labrum, mandibularum basis, pars inferior frontis, orbita antica, antennae subtus, margo pronoti cum callis humeralibus, latera pronoti, tegulae, pars posterior scutelli, metanotum, anguli laterales segmenti medialis et macula in disco, maculae mesopleurales, fasciae latae omnium segmentorum abdominalium, 1. antice trisinuata, secunda in lateribus aucta, reliquae bisinuatae, fasciae ventrales angustae in lateribus auctae pallide citrinae. Pedes eitrini. Long. corp. 10 mm. Species africana. Sf. gracilis unterscheidet sich von fridens durch schwächere Behaarung, feinere Sculptur, besonders des Abdomens, con- cavere Hinterfläche des Mittelsegmentes und stärkere Entwick- lung der Seitenkanten desselben, sowie durch die viel reichere heller gelbe Zeichnung; von Zenellus Klug durch die nicht gestielte zweite Cubitalzelle, die gröbere weitläufigere Punk- tirung des Abdomens und die Verbreitung der gelben Färbung, insbesondere das Fehlen derselben auf der Mitte des Dorsulum und durch die ganz gelben Beine. Schulthess beschrieb die Art nach einem d’, das von Fürst Ruspoli im Webithale (Ostafrika) gefangen worden war. Stizus Magrettii Handl. Ein 2 von der Insel Waigiu (Budapester Museum). Stizus proximus Handl. Der Synonymie ist beizufügen: St. reversus, Cameron, Hymen. Orient. 9, t. 10, f. 1, 1890. Ein 9 aus Carin Cheba 900—1100 M. VI. 1888 von Fea gesammelt, Eigenthum des Herrn P. Magretti. Sollte es sich herausstellen, dass Smith’s reversus keine Mischart ist, so muss der Name proximus fallen. Cameron hat ein von Smith bestimmtes Stück gesehen. 978 A. Handlirsch, Stizus pusillus Handl. Drei ein 9 aus Birmanien (Fea XI und X. 1885) von Herrn Magretti erhalten. Ein 9 und zwei d’ aus Borneo und Sumatra vom Leidener Museum. Drittes Dorsalsegment mit oder ohne Fleck in der Mitte! Stizus insularis Handl. Amboina (d‘, Berliner Museum), Java und Borneo (Leidener Museum); bei den letztgenannten sind die gelben Zeichnungen am Thorax und Abdomen etwas reichlicher. Stizus facialis Hand. Ein d’' und ein @ aus Aru (Leidener Museum). Das © ist dem ©’ ganz ähnlich, hat aber um eine Hinterleibsbinde weniger. Die Fühler sind unten licht, der Clipeus gelb. Gesicht unten schmäler als bei den verwandten Arten, aber circa um die Hälfte breiter als beim d‘. Grösster Augenabstand fast dreimal so gross als der kleinste. Fühler fast doppelt so weit vom Clipeus ent- fernt als von den Facettaugen. Stizus versicolor Handl. Ein 9 aus Port Moresby (Berl. Mus. leg. Finsch) stimmt ganz mit der Beschreibung überein, ist aber kaum 11 mm. lang. Es ist von Javanus sofort an dem stärkeren Ausschnitt der Mittelsegmentkanten und an der Fühlerinsertion zu unter- scheiden. Stizus antipodum Handl. Von dieser Art erhielt ich aus der Sammlung Saussure’s 2 und 19 mit der Bezeichnung: ? Stiller Ocean. Das 9 stimmt ganz mit den von mir beschriebenen aus Sidney überein. Das c unterscheidet sich durch etwas mehr con- vergente Augen und dadurch, dass die Fühler etwas weiter vom deutlich begrenzten oberen Rande des Clipeus entfernt sind. Die Fühler selbst sind schlank, schwarz, unten zum Theile gelb. Ihre Endglieder sind ganz ähnlich ausgezeichnet wie bei den übrigen Arten der Gruppe. Die Ventralplatten sind unbewehrt und das siebente Dorsalsegment läuft auffallend spitz zu. Zeichnungen ganz ähnlich wie beim ®. Grabwespen. 979 Stizus signatus Handl. Ich habe bei der Beschreibung vergessen zu sagen, dass sie sich auf ein 7’ bezieht. Stizus anthracinus -Handl. 19 aus Timor (Leidener Museum). Stizus Bolivari Handl. Von dieser Art hatte ich seinerzeit nur 19 untersucht jetzt liegen mir noch 59 und 1 J vor, und ich bin in der Lage, die Beschreibung zu ergänzen. Die Breite der Binden variirt, so dass dieselben bei einigen Stücken schmäler sind als bei exrcisus. Die Flügel sind manch- mal ebenso gebräunt wie bei dieser Art, und der Clipeus ist oft in der Mitte schwarz. Constant sind die angegebenen Unterschiede der Sculptur und Behaarung, sowie die Verschiedenheit des Ausschnittes an den Mittelsegmentkanten (kleiner). Die Augen (9) sind unten entschieden näher aneinander gerückt als bei excisus. Die Fühler des o sind ziemlich kurz, gegen das Ende zu deut- lich verdickt; ihr elftes Glied endet unten in eine kurze, feine, nicht stark abstehende Spitze. Das zwölfte Glied ist nicht stark gebogen. Das Endsegment läuft sehr schmal zu und ist an den Seiten etwas geschweift; es ist zum Theil gelb. Länge —10 mm. Brasilien (ltaituba), Bogota; Wiener, Berliner und Budapester Museum. Stizus guttulatus Handl. Diese Art halte ich für identisch mit der fast gleichzeitig beschriebenen: Stizolarra Chichimeca, Saussure, Grandidier's Hist. nat. Madag. 466. g 1892. Stizus loriculatus Smith. Zu dieser Art gehört als Synonym: Stizolarra histrio, Saussure, Grandidier’s Hist. nat. Madagasc.466, 1892. Saussure beschrieb ein d’ aus Zanzibar und schickte mir ein @ von derselben Provenienz. Es ist dem d sehr ähn- lich. Die Augen sind nach unten deutlich, aber nicht sehr stark 930 A. Handlirsch, convergent, die Fühler fast gleich weit vom Rande des Clipeus und von den Augen inserirt, schlank und nicht keulenförmig. Endsegment schmal abgerundet, ohne deutliches Mittelfeld. Stizus Caffer Saussure. Ich habe seinerzeit angenommen, dass Caffer und lori- culatus ein und derselben Gruppe angehören. Heute möchte ich das nicht mehr so sicher behaupten, nachdem mir zwei Arten (haplocerus und euteles) vorliegen, die dem Caffer ähn- lich sind, aber durch ihre an den drei Endgliedern nicht aus- gezeichneten Fühler (S) als eine von der des loriculatus ver- schiedene Gruppe zu betrachten sind. Eine dritte Art (Jateri- macula) kenne ich nur im weiblichen Geschlechte und kann von derselben ebensowenig wie von Caffer sagen, in welche von den zwei Gruppen sie gehört. Die Beschreibungen der drei obgenannten neuen Arten folgen hier: Stizus laterimacula n. sp. Tab.II, Fig. 18. 0 SL. Caffer valde similis. Oculi versus clipeum distincte sed haud valde convergentes. Antennae ab oculis et a clipeo fere aeque distantes, satis robustae et parum clavatae. Seg- mentum mediale postice excavatum, angulis lateralibus com- pressis et fere bis excisis. Alae valde infumatae, violaceo- nitentes; area cubitali secunda haud petiolata. Alarum posti- carum area medialis ex apice solum unam venam longitudi- nalem emittens. Pedes satis robusti, tarsis anticis satis latis, distinctissime ciliatis. Abdominis segmentum dorsale ultimum satis elongatum, area dorsali destitutum. Segmenta ventralia inermia. Corpus dense et satis subtiliter punctatum, vix pilo- sum, distincte tomentosum, ferrugineum, disco dorsuli et basi segmenti medialis cum segmentis dorsalibus 2. et 3. nigricanti- bus. Segmentis quatuor anticis dorsalibus maculis distinctis lateralibus flavis. Antennae et pedes ferruginei. Long. corp. 15 mm. Species Aethiopica. Diese Art dürfte wohl mit Caffer sehr nahe verwandt sein und an der nicht gestielten zweiten Cubitalzelle, der Form des a Grabwespen. 981 Mittelsegmentes, dessen Seitenkante ober der tiefen unteren Ausbuchtung noch mit einer flachen, aber deutlichen Aus- buchtung versehen ist, dazwischen jedoch nicht spitz vortritt, wie bei Zoriculatus, sowie an der reichlichen rostrothen Zeich- nung leicht zu erkennen. Wie bei loriculatus und Caffer ist der Körper stark metallglänzend. 19 von der Delagoabai (Berliner Museum). Wie erwähnt bleibt es bei dieser Art, sowie bei Caffer vorläufig unentschieden, ob sie in die Gruppe des loriculatus oder in die der zwei folgenden Arten gehören. Kopfform, Geäder, Mittelsegment und Hinterleib fast ganz wie bei loriculatus, die sechste Ventralplatte (5) jedoch unbe- wehrt, die Fühler (J’) einfach, ihre drei Endglieder nicht wie bei loricnlatus, tridens etc. ausgezeichnet, sondern ganz ähn- lich wie die vorhergehenden. Trotz der einfachen unbewehrten Fühler möchte ich diese Gruppe doch von der des inermis trennen, denn es scheint mir doch eine nähere Verwandtschaft mit loricnlatus angedeutet, während sich inermis, abgesehen von den Fühlern, eng an die Zridens-Gruppe anschliesst. Stizus haplocerus n. sp. Tab. II, Fig. 17. cd Oculi versus clipeum haud valde sed distincte con- vergentes, fere ut in S£. loriculato. Antennae a clipeo fere duplo magis remotae, quam ab oculis, longae et cylindricae, articulis duobus penultimis praecedentibus aequalibus, inermi- bus et fere cylindricis, articulo ultimo parum curvato, prae- cedenti fere aeque longo. Segmentum mediale postice excava- tum, lateribus compressis, distincte bis excisis et bispinosis. Alae valde brunneo-infumatae, area cubitali secunda haud petio- lata. Alae posticae area mediali ex apice solum unam venam longitudinalem emittens, area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Pedes statura normali. Abdominis segmen- tum dorsale septimum satis late triangulare rotundatum. Seg- menta ventralia inermia. Lobi inflexi segmenti dorsalis septimi valde ferrugineo pilosi. Corpus dense et satis crasse punctatum, sparse pilosum, nigrum, orbitis anticis et posticis, linea mediana 982 A. Handlirsch, et parte inferiore frontis, clipeo, labro, margine pronoti cum callis humeralibus, lateribus dorsuli et angulis posticis seg- menti medialis, maculis magnis fere quadratis in lateribus segmentorum dorsalium 1.—6. flavis; segmento ultimo ferru- gineo. Antennae et pedes ferruginei. Long. corp. 14 mm. Species Aethiopica. Die Mittelsegmentseiten treten zwischen den zwei Aus- buchtungen eckig vor. Die Zeichnung des Hinterleibes ist sehr auffallend: sein Rücken sieht gelb aus mit einem breiten schwarzen Längsband, das vom ersten bis zum vorletzten Ringe reicht. Die Zeichnungen auf Kopf und Thorax sind theilweise braungelb. Diese Art, von der mir nur 1 d vom Cap der guten Hoffnung (Berliner Museum) vorliegt, ist an den angegebenen Merkmalen sehr leicht zu erkennen. Stizus euteles n. Sp. Tab. II, Fig. 16. d' Speciei praecedenti valde similis et affinis. Caput cum antennis fere ut in specie praecedente. Carinae laterales seg- menti medialis simpliciter excisae, superne flexuosae et postice rotundato -prominentes. Alae satis infumatae, area cubitali secunda haud petiolata, posticae et pedes ut in specie prae- cedente. Segmentum dorsale septimum magis elongato-triangu- lare quam in haplocero. Segmenta ventralia inermia. Latera reflexa segm. 7. minus pilosa. Corpus dense et distincte sub- tilius punctatum quam in specie praecedente, thorace tomen- toso, vix piloso. Niger, aeneo micans, orbitis, linea mediana in fronte, clipeo, labro, magna parte prothoracis cum callis hume- ralibus, lateribus dorsuli, angulis segmenti medialis et maculis magnis lateralibus segmenti 1.—6. flavis, scutello, maculis magnis mesopleuralibus et segmentis ultimis in dorso et in ventre ferrugineis. Antennae ferrugineae, scapo infra flavo, pedes ferruginei, flavo-variegati. Long. corp. 15 mm. Species Aethiopica. Dem haplocerus sehr ähnlich, aber durch die verschiedene Form des Mittelsegmentes und die feinere Punktirung des Thorax, sowie durch das schmälere und längere Endsegment Grabwespen. 983 zu unterscheiden. Die zwei ersten. Cubitaladern treten am Radius näher zusammen als bei haplocerus und laterimacula. Die Flecken des Hinterleibes sind am Endrande der Segmente etwas gegen die Mittellinie verlängert, so dass sie beinahe durch dünne Querbinden verbunden erscheinen. 1 d’ aus Dar es Salaam an der Zanzibarküste, Eigenthum des Wiener Hofmuseums. In die nächste Nähe von Sf. loriculatus gehört auch die folgende Art, von der ich seinerzeit nur ein @ gesehen hatte und deren Stellung im System unentschieden bleiben musste. Stizus gracilicornis Handl. Synonym: ! Stizus Barrei, Radoszkowsky, Horae Soc. Ent. Ross. XXVII, 63, J'? 1893. Maris antennae longissimae, graciles, articulo 11. processo paulo clavato instructo, duodecimo elongato, apice postice pro- ducto, ultimo curvato, acuto. Segmentum ventrale secundum inerme, sextum medio excavatum, lateribus paulo elevatis, in medio apicis tuberculo obtuso lato, septimum lobis lateralibus segmenti dorsalis fere tectum, inerme. Picturae fere ut in 9; segmentum 7. macula magna lobata. Sehr schlank, besonders sein Hinterleib. Fühler sehr lang und dünn, ihre Endglieder ganz ähnlich wie bei discolor. Durch diese Merkmale sind Beziehungen zu loriculatus und discolor nachgewiesen, namentlich ist die Übereinstim- mung in der Bewehrung der Ventralplatten mit loriculatus ein wichtiges Moment für die Ermittlung der natürlichen Ver- wandtschaft. Die Fühler nähern sich denen von discolor. Die untersuchten Exemplare stammen aus Saraks in Transcaspien (Coll. Radoszkowsky). Nach st. hoplites ist einzureihen: Stizus dentiventris n. Sp. S St. hoplites et peregrino affinis. Caput quam in peregrino atius, oculis versus clipeum valde convergentibus, antennis a 984 A. Handlirsch, clipeo satis remotis, gracilibus et longis, articulis tribus ultimis fere ut in speciebus supra nominatis constructis. Segmentum mediale postice distincte excavatum, lateribus compfessis, pro- funde excisis et angulose prominentibus. Alae satis infumatae, area cubitali secunda haud petiolata. Alae posticae ut in speciebus nominatis. Femora postica haud distincte spinosa. Abdomen longum et gracile, forma St. hoplites, segmento dor- sali septimo apice satis late triangulare rotundato. Segmen- tum ventrale secundum tuberculo magno compresso, sextum tuberculo depresso fere trapezino. Corpus fere ut in SZ. hoplites punctatum et pilosum, nigrum, orbitis anticis, clipeo, macula mediana excepta, margine angusto pronoti et callis humerali- bus, fasciis angustis segmentorum quatuor anticorum dor- salium pallide flavis, marginibus segmentorum et segmento anali ferrugineis. Antennae ferrugineae, scapo infra flavo supra fusco; pedes ferruginei basi nigra. Long. corp. 13 mm. Species Aethiopica. | Die Art ist dem hoplites sehr ähnlich, an den oberhalb des. Ausschnittes eckig vorragendenMittelsegmentkanten, den rothen Beinen und Fühlern und an dem Mangel des grossen Dornes an der Hinterseite der Hinterschenkel gut zu unterscheiden. Ich untersuchte 1 X aus dem Berliner Museum mit der Bezeichnung »Caffria«. Nach Stizus Gazagnairei ist einzuschalten: Stizus monodon n. Sp. St. Gazagnairei similis et affinis. Caput paulo latius et oculi versus clipeum paulo magis convergentes. Antennae fere ut in Gazagnairei. Segmentum mediale lateribus compressis, infra distincte excisis, supra non angulose prominentibus. Alae parum infumatae, vena cubitali secunda non petiolata. Maris femora postica in dimidio apicali vix excavata, postice paulo ante medium dente distincto munita. Abdomen fere ut in Gazagnairei constructum, segmento dorsali septimo maris angustiore, fere trigono, segmento ventrali secundo dente com- presso truncato, sexto inermi, septimo inermi. Feminae seg- menta ventralia inermia, segmentum sextum fere conicum Grabwespen. 985 area dorsali destitutum. Corpus minus subtiliter et aequaliter punctatum, quam in Gazagnairei, mediocriter pilosum, nigrum, orbitis anticeis, clipeo, labro, callis humeralibus et in mare fascia pronoti, fascia metanoti et in d’ fasciis continuis seg- mentorum I—4 cum macula mediana segm. 5., in 9 fascia interrupta 1., continua 2., fere obsoleta 3. et macula mediana 4. pallide flavis, marginibus segmentorum plus minusve ferrugi- neis. Antennae nigrae, infra testaceae, scapo infra flavo. Pedes in mare ferruginei, basi nigra, in © nigri tibiis tarsisque testa- ceo-variegatis. Long. corp. 9— 10 mm. Species Aethiopica. Durch das bewehrte zweite und unbewehrte sechste Seg- ment des d mit Mayri und Gazagnairei übereinstimmend und dem äusseren Aussehen nach dem Gazagnairei ähnlich, an den ganz anders gebildeten Hinterschenkeln aber leicht zu unterscheiden. Ich untersuchte 1 d und 1 9 vom Berliner Museum mit der Bezeichnung »Afr. austral.« Nach Sfrzus inermis ist einzufügen: Stizus gorytoides n. Sp. Tab. II, Fig. 5, 6. oO Caput latum, oculis versus clipeum distincte conver- gentibus, fronte lata, superne dimidio latiore quam inferne. Clipeus latissimus, supra haud limitatus, antennae inter se paulo minus distantes quam ab oculis, graciles et vix clavatae. Labrum breve et rotundatum. Segmentum mediale postice paulo excavatum, lateribus parum compressis, distincte exeisis et angulose prominentibus. Alae longae, distincte grisescentes, venis fuseis. Area cubitalis secunda haud petiolata. Alarum posticarum area medialis solum unam venam longitudinalem emitiens, area analis paulo post originem venae cubitalis ter- minata. Pedes statura normali, tarsıs anticis distincte ciliatis. Abdomen gracile et satis longum, segmento dorsali sexto area dorsali nulla. Segmenta ventralia inermia. Thorax superne dense et subtiliter punctatus, abdomen in dorso sparsius et crassius. Corpus parum pilosum, in thorace et capite brunneo 'tomentosum, nigrum, paulo coeruleo-micans, maculis orbitali- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 64 986 A. Handlirsch, bus, lateribus clipei, labro, callis humeralibus, maculis laterali- bus scutelli et metanoti, angulis segmenti medialis, maculis parvis lateralibus segmenti ]. et 2. maculisque discalibus 3., 4. et 5. flavis. Antennae nigrae, infra flavae; pedes nigri, tibiis tarsisque flavo et brunneo-variegatis. Long. corp. 10 mm. Species Indo-Australensis? Durch den Gorytes-ähnlichen Habitus auffallend und in Folge der nach unten convergenten Augen, des Geäders und Mittelsegmentes jedenfalls in den grösseren Verwandtschafts- kreis des Zridens einzureihen. Das Mittelsegment ist an den Seiten nicht so stark comprimirt wie bei dieser Art und erinnert mehr an die Form des inermis; es erscheint, von oben gesehen, deutlich nach hinten verschmälert. Erst das Bekanntwerden des d’ wird einen sicheren Schluss auf die systematische Stellung ermöglichen. Untersucht habe ich 2 9 aus Saussure’s Sammlung; sie sind mit »Stiller Ocean« bezeichnet. Stizus clavicornis Hand. 2 d und 29 aus Transvaal und vom Cap (Coll. Saus- sure). Nach dieser Art ist einzuschalten: Stizus rhopalocerus n. sp. Tab. IE, Fig. 4, 7. 2 St. clavicorni affinis. Caput latum, oculis maximis, valde convexis, versus clipeum valde convergentibus. Clipeo con- vexo et minus longo quam clavicornis, ab antennarum basi multo magis remoto. Labrum latitudine fere aeque longum, clipeo paulo brevius. Thorax capite paulo angustior, scutello et metanoto parum convexis, segmento mediali postice modice excavato, lateribus paulo compressis et infra prope basim abdominis spinosis. Alae satis longae, fere hyalinae, venis fuscis; anticarum area cubitalis 2. haud petiolata, 3. superne et inferne fere aeque lata. Alae posticae area medialis venam unam longitudinalem emittens, area analis paulo post originem venae cubitalis terminata. Pedes satis graciles, tarsis anticis Grabwespen. 987 eiliis longissimis praeditis. Abdomen gracile, in segmento secundo latissimum, segmento primo solito longiore, segmento dorsali sexto area dorsali destituto, segmentis ventralibus inermibus. Antennae valde clavatae, fere ut in Sf. clavicorni constructae. 1 Thorax superne crasse et dense, abdomen multo subtilius punctatum. Corpus parum pilosum et tomentosum, nigrum, orbitis latis anticis et posticis, parte inferiore frontis, clipeo, labro, margine prothoracis cum callis, maculis lateralibus dor- suli et scutelli, fascia metanoti, lateribus thoracis et pectore fere totis, angulis lateralibus segmenti medialis, fasciis latis in lateribus valde dilatatis etin margine antico rufescentibus, ventre toto et segmento anali saturate flavis. Antennae et pedes ferru- ginei. Long. corp. 14 mm. Species Aethiopica. Diese interessante Form steht in mancher Beziehung dem clavicornis nahe, doch ist die Kenntniss des J” unerläss- lich, um zu entscheiden, ob beide Arten derselben Gruppe angehören. Habituell erinnert rhopalocerus fast an einen Philanthus. Die Radialzelle ist etwas länger als bei /Zridens und seinen näheren Verwandten; die erste Cubitalquerader gerade, die zweite stark gebogen. Beide Discoidalqueradern münden nahe bei einander fast in die Mitte der zweiten Cubitalzelle. Die hinteren Ocellen sind von einander und von den Augen fast gleich weit entfernt und liegen nahezu in der Verbindungslinie der Facettaugen.Schläfen ziemlich dick, gewölbt. Fühler ungefähr halb so weit vom Clipeus entfernt als die Stirn an dieser Stelle breit ist. Oberlippe auffallend lang, fast dreieckig und ziemlich flach. An den Mittelbrustseiten ist das Epimerum gut begrenzt. Mittelfeld des Medialsegmentes gut begrenzt. Beine nicht sehr robust, die Vordertarsen kurz, ihre zwei ersten Glieder erweitert, die Cilien lang und dünn, Pulvillen gut entwickelt, Schienen und Tarsen mässig bedornt, die mittleren und hinteren mit je zwei gut entwickelten Spornen. Hinterschenkel unbewehtrt. Das erste Segment ist schlank, glockenförmig, entschieden länger als bei den verwandten Arten. 19 vom Cap (Coll. Saussure). 64* 0988 A. Handlirsch, Stizus tridentatus Fabr. Zu ceitiren: Stizolarra tridentata, Saussure in Grandidier’s Hist. Madag. 470, 1892. 19 aus Marocco (Berliner Museum). Ich glaube wohl, dass sich Saussure’s Beschreibung auf tridentatus bezieht, aber nicht, dass sein Exemplar wirklich aus Madagascar stammt, umsomehr als er keine näheren Angaben über die Provenienz macht. Stizus crassicornis Fabr. Zur Synonymie gehört noch: Sphex crassicornis, Villers, Linnaei Entomol. III, 242, 58, 1789. Typhia crassicornis, Gmelin, Syst. Nat. Ed. 13, I, 5, 2740, 2, 1790. Larra crassicornis, Dahlbom, Hymen. Europ. I, 138, 1843. — — Dumeril, Mem. Acad. se. Paris, XXXT. (2.), 938, 1860. Stizus fulvipes, Radoszkowsky, Bull. Mose. 8, f. 12, 1891. Stizus Klugii Smith. Ich habe aus dem Berliner Museum 1 9 von Klug’s Larra apicalis (Type! Arabia felix) erhalten; dasselbe stimmt mit dem von mir beschriebenen Exemplare vollkommen überein. Stizus cyanipennis Saussure. Stizolarra cyanipennis, Saussure, Hist. Nat. Madagasc. 470, 1892. Seit der Publication meiner Monographie ist der Text zu Saussure's Werk erschienen, wo eine ausführliche Beschrei- bung der Art zu finden ist. Auch war Herr v. Saussure so liebenswürdig, mir ein Originalexemplar einzusenden. 90 Der Kopf ganz ähnlich wie bei fenestratus, die Stirne breiter als bei abdominalis, zwischen den Fühlern sehr deutlich gekielt. Erste Dorsalplatte mit sehr deutlichem Längskiel, der nahezu von der Basis bis auf den horizontalen Theil des Seg- mentes reicht; bei fenestratus ist keine Spur davon zu sehen, bei abdominalis ist er angedeutet. Die Punktirung des Hinter- leibsrückens ist gröber als bei den zwei genannten Arten, das Endsegment ganz ähnlich wie bei fenestratus. Die Flügel sind am Endrande und an der Basis kaum lichter als in der Mitte Grabwespen. 989 und die Körperfarbe ist nur an einigen Stellen des Thorax und Hinterleibsrückens rein schwarz, sonst überall mehr oder minder dunkelbraunroth, ebenso die Beine und Fühler. In Bezug auf die Gruppencharaktere herrscht vollkommene Über- einstimmung mit den genannten Arten. In die Gruppe des Zridentatus gehört auch: Stizus citrinus Klug. ! Larra citrina, Klug, 'Symbolae Phys. T. 46, f. 4, @ 1845. Stizus citrinus, Handlirsch, Monogr. VI, 169, @ 1892. Nach der Beschreibung und Abbildung Klug'’s war ich der Ansicht, die Art gehöre entweder in die Gruppe des fasciatıus oder ruficornis, und war nicht wenig überrascht, als ich zwei Typen vom Berliner Museum erhielt und sah, dass die wesent- lichen Charaktere mit denen der Zridentatus-Gruppe überein- stimmen. oO Caput latum, oculis versus clipeum distincte conver- gentibus, temporibus angustis. Frons inter antennas vix cari- nata. Clipeus satis longus et convexus. Labrum elongatum, convexum, apice rotundatum. Antennae breviores quam in tridentato, distincte clavatae. Epimerum mesothoraeis satis distinete limitatum. Segmentum mediale fere ut in Zridentato. Alae magnae, hyalinae, vix lutescentes, venis testaceis. Area cubitalis secunda superne minus angustata quam in Zridentato. Alae posticae fere ut in Zridentato. Pedes graciles, breviores quam in Zridentato. Abdomen longum, fere ut in Zridentato. Segmento dorsali 6. apice paulo deplanato, rotundato. Sculptura paulo subtilius quam in Zridentato. Corpus mediocriter dense pallido-pilosum, flavum, capite, thorace et abdominis basi pro parte fere testaceis, lineis tribus abbreviatis marginibusque segmentorum angustis infuscatis. Pedes flavi. Antennae testaceae. Long. corp. 14—15 mm. Species Aegyptiaca. Dies ist die erste mir bekannte Art der Zridentatus-Gruppe mit ganz lichten Flügeln. Eine Verwechslung mit irgend einer anderen bekannten Art ist ausgeschlossen. Die von mir untersuchten Typen stammen aus Fajum. 990 A. Handlirsch, Stizus terminalis Eversm. kommt nach Sickmann auch in Nordchina vor. Nach chrysorrhoeus ist einzufügen: Stizus Saussurei n. Sp. Tab. II, Fig. 13. dd St. chrysorrhoeo affinis et similis. Maris antennarum articulo ultimo praecedenti distincte longiore, curvato et apice rotundato. Alae basim versus lutescentes, in disco et imprimis in parte radiali distinctissime infumatae, venis ut in chrysor- rhoeo dispositis. Corpus fere ut in chrysorrhoeo punctatum et pilosum, nigrum, orbitis latis anticis et posticis, scutello fron- tali, clipeo, labro, maxima parte prothoracis cum callis hume- ralibus, lateribus dorsuli, macula magna mesopleurali, fasciis scutelli, metanoti et segmenti medialis, maculis magnis laterali- bus segmenti medialis, fasciis latissimis late interruptis seg- mentorum dorsalium 1.—5., fascia vix interrupta 6. et maculis maximis lateralibus segmentorum ventralium laete flavis, mar- gine segmentorum ventralium 5. et 6. segmentoque dorsali ultimo toto et segmentis ventralibus, picturis flavis exceptis, ferrugineis. Antennae ferrugineae, scapo infra flavo, flagello supra infuscato. Pedes ferruginei, flavo-lineati. Long. corp. 17—18 mm. Das Stirnschildchen ist fast quadratisch, die erste Cubital- querader gebogen, also kein Zweifel, dass die Art in die Gruppe des fasciatus gehört. An dem längeren, am Ende nicht abge- stutzten Endgliede der Fühler und an der Färbung ist sie leicht von dem ähnlichen chrysorrhoeus zu unterscheiden. Ich unter- suchte 2 d’ vom Cap aus der Sammlung Saussure's. Stizus continuus Klug. 19 aus Andalusien, Type von Klug (Berliner Museum) und einige Exemplare aus Barcelona (leg. Antiga). Stizus Perrisii Duf. Der Synonymie ist beizufügen: Stizus conicus, Brischke, Schr. Phys. Ök. Ges. Königsberg, II., 101, 1862. Grabwespen. 3 Veh erhielt xemplate diesen Art aus Kürstenbers?i. M. (leg. Konow) und aus Ungarn (Kecskeme£t, Mus. Budapest). Vom Berliner Museum erhielt ich 1 o@ als Type zu Klug'’s Larra syriaca; gewiss ein Irrthum in der Bezeichnung, denn die echte Type, die mit dem Bild und der Beschreibung überein- stimmt, ist sicher! ein Sphecius. Das Mittelfeld der sechsten Dorsalplatte des 9 ist fast so breit wie bei fasciatus, also viel breiter als bei ferminalıs. Fühlergeissel oben schwarz, unten braunroth, an der Spitze licht. Binden des ersten und zweiten Segmentes breit unter- brochen, des dritten schmal, des vierten gar nicht unter- brochen. Binde des fünften Segmentes in drei Flecken getheilt. Dritte Mentralplatte mit zwei Flecken; breite "innere. und schmale äussere Augenränder, Clipeus, Oberlippe, ein schmaler Rand des Prothorax, die Schulterbeulen, Seitenränder des Dor- sulum und schmale Binden am Scutellum und Metanotum licht. Flügel sehr schwach gelblich, viel lichter als bei facsiatus und terminalis, mit lichtem Geäder. Beine rothgelb, die Hüften und Trochanteren schwarz. Nach S/. melanurus sind einzureihen: Stizus Tunetanus Costa. Tab. I, Fig. 11. ! Stizus tunetanus, Costa, Rendic. Accad. Nap. fasc. 4, 1893. u Zr Aecadı Nap. V, ser», No: 1A 7, a Rv. tl 1898. JS Antennarum articulus ultimus latitudine distincte plus quam dimidio longior, apice fere truncatus et parum cur- vatus. Dorsulum et imprimis scutellum densissime mediocriter punctata, segmenti medialis area mediana crasse punctata, striga longitudinali obsoleta. Alae distinctissime lutescentes, parte radiali distinctissime infumata. Caput et thorax breviter pallido villosa. Pedes solito non graciliores. Corpus nigrum, orbitis angustis posticis et latissimis anticis, scutello frontali, clipeo, labro, mandibulis, apice excepto, margine pronoti cum callis humeralibus, lateribus dorsuli strigisque duabus minimis in disco, macula in mesopleuris, scutello, metanoto, margine areae medianae segmenti medialis fasciisque latissimis fere 992 A. Handlirsch, totam superficiem tegentibus segmentorum tria anticorum dor- salium, rmaculis magnis lateralibus fere contiguis 4. maculisque parvis lateralibus segmenti ventralis tertii luteis. Latera seg- menti 1. et 2. pro parte ferruginea. Antennae ferrugineae, arti- culo 8S—10 infuscatis. Pedes luteo-testacei, basi et maxima parte femorum nigris. 17 mm. Diese Art ist mit S#. Mocsaryi aus Tunis entschieden nahe verwandt, aber ausser der Farbe an dem schlankeren, dünneren Endgliede der Fühler, der etwas unregelmässigeren Punktirung des Mittelsegmentes, der dichteren und etwas feineren Punk- tirung des Scutellum zu unterscheiden. Die Breite des Stirn- schildchens und die Krümmung der ersten Cubitalquerader lassen keinen Zweifel übrig, dass sie in die nähere Verwandt- schaft des fasciatus gehört. 1 d aus Tunis, die Type zu Costa’s Beschreibungen. Stizus Mocsaryi n. sp. Tab. II, Fig. 10. d Speciei praecedenti similis et valde affinis. Antennarum articulus ultimus latitudine vix dimidio longior, apice vix trun- catus et parum curvatus. Dorsulum et imprimis scutelium paulo minus dense punctata. Segmenti medialis area mediana crasse punctata, striga longitudinali distincta. Alae valde lute- scentes, parte radiali distinctissime infumata. Caput et thorax breviter griseo villosa. Pedes solito non graciliores. Corpus nigrum, orbitis angustissimis posticis et latioribus anticis, clipeo, labro, mandibularum basi, fascia angusta pronoti, strigis_ lateralibus dorsuli, fascia in margine postico scutelli, ferrugineis, fascia lata segmenti tertii maculisque lateralibus 2. et 4. flavis. Antennae ferrugineae, articulis 6—11 infuscatis. Pedes nigri, tibiis tarsisque plus minusve obscure ferrugineis. Long. corp. 19 mm. Mit Zunetanus nahe verwandt, aber an dem kürzeren, dickeren Endgliede der Fühler, der minder dichten Sculptur des Scutellum und der deutlicheren Mittelstrieme des Mittel- segmentes gut zu unterscheiden. Es ist möglich, dass diese Art mit dem von Lepeletier beschriebenen J von S#. grandis identisch ist, doch stimmen mehrere Angaben nicht überein. Grabwespen. 993 Hieher gehört auch eine seinerzeit incertae sedis ange- führte Art: Stizus Aegyptius Lepeletier. Tab. II, Fig. 12. P Stizus aegyptius, Lepeletier, Hist. nat. III, 300, 9, J'Q, 1845. ! Larra dichroa, Klug, Symbolae physicae, t. 46, f. 9, j', 1845. Stizus aegyplius, Handlirsch, Monogr. VI, 167, 1892. cd Speciebus praecedentibus (Tumetanus et Mocsaryi) similis et affinis. Antennarum articulus ultimus latitudine dimidio longior, penultimus minus gracilis quam in Zumnetano, fere ut in Mocsaryi, articulo ultimo minus crasso quam in Mocsaryi, apicem versus distincte angustato, paulo cur- vato et apice fere rotundato. Scutellum frontale longitudine latius. Vena cubitalis prima ut in praecedentibus curvata. Alae distincte lutescentes, parte radiali distincte infumata. Caput et thorax breviter griseo villosa. Dorsulum et scutellum fere ut in Mocsaryi punctata. Striga areae segmenti medialis satis distincta. Corpus nigrum, orbitis latis anticis et angustis posticis, scutello frontali, clipeo, labro, margine prothoracis, callis humeralibus, lateribus dorsuli et margine postico scutelli plus minusve saturate luteis, pro parte ochraceis, segmentis tribus primis in dorso et in ventre fere omnino ochraceis. Antennae ferrugineae, flagello superne pro parte fusco. Pedes ferruginei, coxis trochanteribusque nigris. Long. corp. 18 mm. nel (Bype: yon Kluge) aus Saecahtam in Asypten, vom Berliner Museum bekommen. Die Art gehört entschieden in die Gruppe des fasciatus und dürfte von den Verwandten ausser an der Farbe auch an den angegebenen plastischen Merkmalen hinlänglich gut zu erkennen sein. Stizus zonosoma m. ! Stizus zonatus, Handlirsch, Monographie, VI, 136, t. 2, f. 13, 1892. Nachträglich erhielt ich vom Berliner Museum die Type zu Klug’s Si. zonatus und fand, dass die Beschreibung Klug'’s und nicht, wie ich seinerzeit annahm, die Abbildung falsch ist. Das, was ich für zonatus Klug hielt, ist eine neue Art und soll den Namen zonosoma erhalten. 994 A. Handlirsch, Stizus biclipeatus Christ. In der Synonymie ist anzuführen: ? Tiphia ruficornis, Fabricius, Mant. Ins. I, 279, 12, 1787. 2 27 —Z Gmelin, Syst. Naturae, XI, 7,5, 2741, 13, 1790: 2 Tr abhrtenusy EntıSsysta1l 2206, 18,1793: Stizus rufescens Smith. In der Synonymie ist anzuführen: Stizus rufescens, Cameron, Hymen. orient. 8, 1890. Stizus succineus Klug. 19 aus Ambukol, Type von Klug, aus dem Berliner Museum. Stizus basalis Guer. Von dieser Art erhielt ich aus dem Berliner Museum 1 9 von Senegal und 1J aus Ägypten. Letzteres trug die Be- zeichnung ZL. dorsalis Klug und stimmt mit der Abbildung von Klug’s Z. infuscata überein. Eine L. dorsalis ist nicht be- schrieben. Stizus bizonatus Spinola. Tab. II, Fig. 15. Ich hatte Gelegenheit, die Typen zu Klug’s 2. bizonata (J‘) und sphegiformis (9) zu vergleichen! Nach St. bizonatus sind folgende drei Arten einzufügen: Stizus Transcaspicus Radoszkowsky. Tab. II, Fig. 14. ! Stizus transcaspicus, Radoszkowsky, Horae Soc. Ross. XXVII, 62, 1893. d' St. bizonato similis et affinis. Scutellum frontale longi- tudine paulo latius. Antennarum articulis ultimus latitudine Juplo longior, curvatus et apice oblique truncatus. Alae fusco- violaceae, vena cubitali prima vix curvata. Corpus nigrum, thorace et capite griseo breviter pilosis, orbitis angustis posticis et latis anticis, scutello frontali, clipeo, macula basali fusca Grabwespen. 995 excepta, labro, segmentis 2. et 3. (in dorso et in ventre) totis, maculisque magnis lateralibus 4. flavis, margine prothoracis, lateribus dorsuli, fascia scutelli et maxima parte segmenti primi ferrugineis. Pedes nigricantes, tibiis tarsisque ex parte ferru- gineis. Antennae laete ferrugineae, scapo infra flavo. Long. corp. 15—17 mm. Species palaearctica. 2 aus Seraks in Transcaspien, Typen von Ra- doszkowsky. Die Art sieht dem bizonatus ähnlich, ist aber an dem am Ende deutlicher abgestutzten Endgliede der Fühler, an der deutlichen Punktirung des Thoraxrückens u. s. w. gut zu unterscheiden. Stizus atrox Smith. 0 Stizo bizonato affinis. Alae fuscoviolaceae, vena cubitali prima distincte curvata. Corpus nigrum, labro, clipeo, scutello frontali, orbitis anticis et posticis ochraceis, parte pronoti, an- gulisque lateralibus dorsuli ferrugineis. Antennae testaceae, basim versus infra pallidiores. Pedes fusci, geniculis, tibiis tarsisque anticis et intermediis ferrugineis. Area parva pygidialis aureo tomentosa, ut in bizonato angustior quam in basali. Long. corp. 24 mm. Species Aethiopica. Körper noch etwas schlanker als bei bizonatus, die Punk- tirung des Thoraxrückens unbedeutend gröber. Von dem ähn- lich gefärbten basalis schon an der schlankeren Gestalt, an dem goldig behaarten Hinterende und dem schmäleren Pygidialfelde zu erkennen. Untersucht habe ich 1 9 aus dem Inneren Südafrikas, Eigenthum des Berliner Museums, ganz mit Smith’s Beschrei- bung übereinstimmend. Stizus pentheres n. sp. S St. bizonato affinis. Scutellum frontale longitudine distincte latius. Antennarum articulus ultimus crassus, latitudine dimidio longior, apice vix truncatus. Alae obscure fusco-viola- ceae, vena cubitali 1. distincte curvata. Corpus nigrum, capite et thorace breviter griseo pilosis, orbitis anticis et posticis labroque obscure ferrugineis, segmento dorsali secundo maculis 996 A. Handlirsch, parvis, tertio maioribus flavis. Pedes fusci, tibiis tarsisque an- ticis antrorsum brunneis. Antennae ferrugineo-brunneae, flagello superne pro parte fusco. Long. corp. 20 mm. Gehört nach dem Geäder und der Kopfform gewiss in die Gruppe des fasciatus und ist an den ganz dunklen Flügeln und an der Zeichnung von allen anderen Arten zu trennen. Das Endglied der Fühler ist dicker als bei bizonatus, wo es fast doppelt so lang als breit erscheint. Der Körper ist fast so schlank als bei bizonatus. 1 S vom Cap (Berliner Museum). Es kann sein, dass diese Art mit einer von Smith be- schriebenen (flavomaculatus, fuscipennis) identisch ist. In die Gruppe des fasciatus gehört auch Stizus praestans Morawitz. Stizus praestans, Morawitz, Horae Soc. Ent. Ross. XXVII, 421, 2 1893. Genis fere nullis; oculis inferne vix convergentibus; an- tennis articulo tertio scapo dimidio longiore; clipeo longitudine duplo latiore; ventre nitido subtilissime densissimeque punctu- lato; alis leviter flavescenti-hyalinis, fulvo-venosis, cellulis cubi- talibus maxima pro parte radialique tota fumatis; abdominis segmentis dorsalibus et ventralibus flavis, nigro-variegatis; tibiis postieis externe leviter excavatis, biseriatim spinosis. 2 scuto frontali transverso, scutello disco fovea impressa nulla et haud tomentoso. 16 mm. d scuto frontali quadrato, antennarum articulo ultimo leviter arcuato. 15 mm. Varsaminor (Turkestan, leg. Glasunov). Bei dem 9 ist der Kopf schwarz, weiss behaart, die Stirne und der Scheitel silberweiss tomentirt, der hintere Augenrand sehr breit gelb eingefasst. Die Taster, die mit schwarzen Zähnen versehenen Mandibeln, die schmale Oberlippe, der Clipeus, das Stirnschildchen und die Gesichtsseiten bis über die Fühler- wurzel hinauf, gelb gefärbt. Der Clipeus ist reichlich doppelt so breit wie hoch; das Stirnschildchen ist gleichfalls breiter als a eh we Grabwespen. 997 hoch, unten jederseits mit einer schwarzen Querlinie gezeichnet. Die oben kaum gebräunten Fühler sind orangefarben, Schaft und Pedicellus gelb, letzterer oben mit einem schwarzen Flecken; das dritte Fühlerglied ist unten am Grunde gelb gestreift, etwa 11/,mal so lang als der Schaft und das vierte Glied; dieses und die zunächst folgenden sind mehr wie doppelt so lang als breit; die Endglieder erscheinen dicker und kürzer. Das Pronotum ist fast vollständig gelb gefärbt. Das sehr fein punktirte, kurz röth- lich-greis behaarte Dorsulum ist jederseits breit gelb eingefasst. Das ebenfalls fein punktirte und kurz behaarte Schildchen ist gelb mit theilweise schwarz gefärbter Basis und bräunlich gesäumtem Endrande; auf dessen Scheibe ist weder ein Grüb- chen, noch eine Filzmakel vorhanden. Das Schildchen ist von dem Hinterschildchen durch keine vertiefte Querlinie ge- schieden. Die Schulterbeulen und eine grosse, unregelmässige Zeichnung auf den Mesopleuren gelb. Das Hinterschildchen ist hinten gelb gerandet. Die Seiten des weiss behaarten Mittel- segmentes und der hintere Theil des Rückens sind gelb gefärbt. Die Tegulae sind weisslichgelb, die Flügel schwach gelblich getrübt, röthlichgelb geadert, die Radialzelle und der obere Theil der zweiten und dritten Cubitalzelle gebräunt. Der schlanke Hinterleib ist auch in der Mitte kaum breiter als der Brustkasten; die Dorsalplatten sind äusserst fein, die glänzenden Ventralplatten deutlicher punktirt. Oben sind die Segmente gelb, am Grunde schwarz gezeichnet und ist auch deren Endrand meist schwarz oder bräunlich eingefasst; das letzte ist fast voll- ständig gelb gefärbt, mit röthlicher, ziemlich breit flach abge- Setzter Spitze; unten sind dieselben schwarz und mit sehr breiten, an den Seiten erweiterten, mitten zuweilen schmal unterbrochenen, gelben Binden geziert; die letzte Ventralplatte mit gelber Spitzenhälfte. Die Beine sind mit Einschluss der Dornen gelb, die Hüften, Trochanteren und die Basis der Schenkel schwarz gefärbt, der vorderste Metatarsus aussen mit sechs langen Borsten bewehrt. Die Schienen des dritten Bein: paares sind aussen fast rinnenförmig ausgehöhlt; diese Rinne ist nur beiderseits mit Stacheln besetzt. Das Männchen ist dem Weibchen sehr ähnlich, nur ist die Fühlergeissel oben intensiver gebräunt, das letzte Glied deut- 998 A. Handlirsch, lich gebogen. Das Stirnschildchen ist so hoch wie breit und zeigt jederseits am unteren Rande eine schwarze Makel. Diese Art ist mit St. fasciatus Fabr., terminalis Eversm. und Koenigi F. Mor. verwandt, deren Weibchen aber ein mit befilzter Scheibe versehenes Schildchen besitzen und bei denen die Schienen des dritten Beinpaares schwächer rinnenförmig ausgehöhlt sind; diese Rinne ist ausserdem nicht nur allein beiderseits, sondern auch mitten mit einigen Stacheln besetzt. Die Männchen dieser drei Arten haben einen zum Thorax ver- hältnissmässig breiteren Hinterleib. Stizus ruficornis Fabricius. In der Synonymie ist anzuführen: + Sphex (Stizus) ruficornis, Blanchard, Cuvier’s R. aniım. Ed. 3, II, ll, 8, er) Ban; ID), AL, Stizus ruficornis, Lespes, Ann. Sc. Nat. (4), IX, 241, 1858 (Gehörorgan). — — Girard, Les Insectes, II, 949, 1879. ? Stizolarra ruficornis, Saussure, Grandidier’s Hist. nat. Madag. 469, 1892. Von Klug's L. pubescens aus Andalusien habe ich die Typen! gesehen (Berliner Museum). Nach Sickmann kommt ruficornis in Tientsin vor. Bezüglich des Citates aus Saus- sure’s Werk muss ich bemerken, dass seine Beschreibung wohl auf ruficornis passt, dass mir aber das Vorkommen dieser Art in Madagascar höchst zweifelhaft erscheint. Entweder hat Saussure ein Exemplar des ruficornis mit falscher Fund- ortsangabe oder eine andere, dem ruflcornis sehr ähnliche Art vor sich gehabt. Stizus ferrugineus meiner Monographie ist zu nennen: Stizus zonatus Klug, non Handlirsch. ! Larra zonata, Klug, Symbolae physicae, t. 46, f. 2, 2 1845. — ferruginea, Smith, Catal. Hymen. Ins. IV, 342, 5‘ 1856. ! — dimidiata, Taschenberg, Zeitschr. f. d. g. Nat. 342, 24, © 1875. ! Stizus ferrugineus, Handlirsch, Monogr. VI, 159, t. 2, f.23, 5? 1892. Das von mir untersuchte 9, Type von Klug aus dem Ber- liner Museum, unterscheidet sich von der Type Taschen- Grabwespen. 999 berg’s durch die rostrothen zwei Endsegmente und die ganz rostrothen Fühler, stimmt aber sonst (plastisch!) ganz überein. Wie schon früher (bei zonosoma) erwähnt, ist Klug’s Abbildung richtig, die Beschreibung aber falsch. Nach Sifizus Kohlii ist einzufügen: Stizus Handlirschii Radoszkowsky. Sf. Kohlii et zonato (Klug!) valde affinis et similis. Scutel- lum frontale maris quadratum. Alae distinctissime lutescentes, in parte radiali distincte infuscatae, vena cubitali prima recta. Feminae scutellum fovea mediana distincta. Dorsulum et scu- tellum distinete minus dense et crasse punctata, quam in Sf. Kohlii, paulo minus distincte quam in zonato. Maris antennarum articulus ultimus distincte curvatus et apice truncatus, cum praecedente distincte longior quam in zonato et apice minus angustato. Corpus laete ferrugineum, pectore pro parte nigro, facie, temporibus, pronoto et segmentis 3. et 4. (in dorso et in ventre) flavis. Antennis pedibusque ferrugineis. Long. corp. 19—23 mm. Species palaearctica. Ich untersuchte 2 und I oaus Saraksrım Vrans- caspien, die ich der Güte des Autors verdanke, dem ich zu- gleich für die freundliche Widmung meinen besten Dank aus- drücke. Die Art ist in Grösse, Gestalt und Farbe den beiden genannten sehr ähnlich, unterscheidet sich aber durch die Punktirung von Kohlii und durch das Endglied der Fühler von zonatus. Stizus annulatus Klug. Auch von dieser Art hatte ich Gelegenheit, Klug’s Type zu vergleichen (Berliner Museum, Syrien). Stizus Hispanicus Mocsary. Herr Prof. Costa war so liebenswürdig, mir die Typen seines Sf. villosus zu senden, die ganz mit jenen von Mocsäry übereinstimmen. 1000 A. Handlirsch, Stizus fuliginosus Klug. In der Synonymie ist das Citat » Stizus abdominalis Dahl- bom etc.« zu streichen. 1 JS (Arabia felix in Mus. Berolin.) ist Klug’s Type und unterscheidet sich von den ägyptischen Exemplaren nur durch etwas grössere Ausdehnung der roth- braunen Farbe des Hinterleibes. Im Brüsseler Museum steckt 1 der Art aus Sierra Leone und 1 9 aus Gambia. In die Gruppe des ruficornis gehören noch die zwei folgenden Arten: Stizus Ritsemae n. sp. 9 Stizo ruficorni affinis. Alae valde lutescentes, in parte radiali distinctissime infuscatae, vena cubitali prima fere recta. Facies fere ut in ruficorni. Scutellum medio fovea distincta pilifera praeditum. Segmentum dorsale sextum apice satis late rotundatum, distincte marginatum. Caput et thorax distinctis- sime pallido villosa, facies argenteo sericea. Thoracis dorsum fere ut in ruficorni punctatum. Totum corpus ferrugineum, facie maculisque magnis angulosis in lateribus segmentorum dor- salium (1—5) citrinis, antennis pedibusque ferrugineis. Long. corp. 28 mm. Species Aethiopica. Durch die prächtige Färbung ausgezeichnet und von allen Arten der ruficornis-Gruppe leicht zu unterscheiden. Die Flecken der Dorsalsegmente sind innen fast gerade abgestutzt und liegen ganz an den Seiten der Ringe, ähnlich wie bei S2. caffer. Die Flügel sind entschieden dunkler als bei den ver- wandten Formen. Ich beschreibe die Form nach einem einzelnen 9, Eigen- thum des Leidener Museums. Dasselbe trägt die Bezeichnung »Nagstglas d’Elmina«. Stizus orientalis Cameron. Stizus orientalis, Cameron, Hymenopt. orientalis, 7, 1890. »Brunneus, flavo-variegatus, facie flava; antennis pedibus- que rufis; alis flavo-hyalinis. @ Long. 24 mm. Augen nach unten convergent, Ocellen in einem Dreieck, die vordere in einem Grübchen, die hinteren von einander fast . Grabwespen. 1001 doppelt so weit als von den Augen entfernt. Eine breite Furche zieht über die Stirne herunter. Clipeus convex, Labrum am Ende breit abgerundet. Ein dunkelbrauner Streif zieht über den Scheitel, und in der Gegend des vorderen Punktauges ist ein ähnlicher Fleck, ebenso ober jedem Fühler. Kopf dicht und fein runzelig punktirt. Mandibeln an der Basis lichtgelb, glänzend. Schaft punktirt, kurz silbern behaart, das dritte Glied so lang als das vierte und fünfte zusammen. Thorax fein runzelig punktirt, licht wollig behaart; Mittelsegment hinten steil ab- fallend, tief und breit gefurcht und quergestreift. Das Pronotum oben und seitlich und die Schulterbeulen gelblich; Mesonotum vorne und mehr oder weniger von den Mesopleuren schwärz- lich; das Ende des Mittelsegmentes gleichfalls verdunkelt. Hinterleib sehr zart punktirt. Zweites Segment mit grossen ei- förmigen Seitenflecken, der grössere Theil des dritten und vierten, und die Enden des fünften lichtgelb; das dritte und vierte Bauchsegment an den Seiten breit gelb. Pygidialfeld punktirt. Die zweite Cubitalzelle oben sehr schmal, nicht viel mehr als halb so breit wie der Abstand der beiden Discoidal- adern am Cubitus, und etwas breiter als der Abstand der zweiten Discoidalquerader von der zweiten Cubitalquerader; die zweite Discoidalgquerader mündet etwas vor der Mitte der zweiten Cubitalzelle in den Cubitus. Beine an den Tibien und Tarsen mit mikroskopischer weisser Behaarung und stark bedornt. Barackpore«. i Diese Art scheint sehr ähnlich gefärbt zu sein wie bzcli- peatus und rnfescens, dürfte aber nach der Augenstellung und dem Geäder zu schliessen, in die ruficornis-Gruppe gehören. Stizus interruptus Fabricius. Bei dieser Art ist zu citiren: Vespa (Bembex) indica, Gmelin, Syst. Nat., Ed. 13, I, 5, 2769 u. 158, 1790. Bembex Fabr. Zur Synonymie: ' —< Bembex, Lamarck, Systeme des Anim. sans vertebre, 270, 1801. Bembex, Fallen, Specimen. nov. hymen. disp. Meth., 36, 1813. — Dwumeril, Mem. Acad. sc. Paris, XXXI. (2) 853, 1860. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 65 1002 A. Handlirsch, Bembex, Girard, Les Insectes, II. 957, 1879. > Bembex, Provancher, Faune Canad. Addit., 412, 1889. > Microbembex, Provancher, Faune Canad. Addit., 412, 1889. Bbembex, Fox, Proc. Acad. N. S. Philad., 304, 1894. Im Jahre 1763 hat J. Bartram in den Philos. Transactions die Biologie einer »Yellowish Wasp« von Pensilvanien, offenbar einer Bembex-Art, beschrieben. Bartram sah, dass die Wespen grosse Fliegen in ihre Nester schleppten, deren Ein- gang sie nach dem Verlassen mit Sand verschlossen. Das Nest war sechs Zoll tief und am äussersten Ende lag eine grosse Made mit einigen Fliegen und Fliegenresten, von denen sich die Larve vor ihrer Verpuppung nährte. Nach Eversmann nisten oft viele Tausende von D. ros- frata dicht beisammen im Sande. Die Arbeiten von Disconzi und Girard enthalten nichts Neues, Ashmead (Psyche) berichtet, dass nach Coquillett Bembex fasciata in Californien Eristalis tenax- und B. obso- leta Say (?) Mnsca, Lucilia, Sarcophaga und Psilocephala eintrage. Nach Siebold erscheint der ductus seminalis des © von B. rostrata. lang und gebogen und nimmt in seinem oberen, etwas erweiterten Ende den kurzen gemeinschaftlichen Aus- führungskanal der beiden Anhangsdrüsen und den Stiel einer sehr langgestreckten hornförmig gebogenen Samenkapsel auf. Nach Girard ist die Giftblase von Bembex lang-eiförmig und hat einen kurzen Ausführungsgang. Bembex integra Panzer. Sollnach Morawitz auch in Turkestan vorkommen. Bembex afra Hand. Drei d vom Cap, Eigenthum des Leidener Museums. Ä Bembex rostrata L. Der Synonymie ist beizufügen: — — Linne, Fauna Suec. p. 300, n. 999, 1746. i Apis rostrata, Brünnich, Prodr. Insect. Siaelland: 19, 1761. (sec. D.T.) — — ‚Christ, Naturg. d. Ins.: 177, 1791. bembex vostrata, FallEn, Spec. nov. hym. disp. meth. 36. 1813. Grabwespen. 1003 + Sphex (Bembex) rostrata, Blanchard, Cuvier's R. An. Ed. 3. I, t 121, f 1. 1849. (sec. D. T.) Bembex rostrata, Dumeril, Mem. Acad. sc. Paris, XXXI. (2) 853. 1860. Bembex rostrata, Disconzi, Entom. Vicent. 129, t. 9, f. 144, 18659. Bembex rostratus, Girard, Les Insectes. II. 958, t. 74, f. 7. 1879. Bembex bidentata Van der Linden. Aus Nordpersien vom Leidener Museum. Bembex melancholica Smith. Hier ist noch zu citiren: ? Bembex melancholica, Smith, Journ. Linn., Soc. Ill, 160, 1858. Es ist nicht ganz sicher, dass die in oben citirter Arbeit erwähnten lichteren Varietäten von Aru wirklich zu melancho- lica gehören. Bembex Braunsii Handl. 2. eines Bembex Braunsii, Kohl, Annalen des k. k. natur. Hofmus. IX, t 17 f 121, 125, 130, 133, 1894. Bembex Kriechbaumeri Handl. Zu citiren: Bembex Kriechbaumeri, Kohl, Ann. k. k. nat. Hofmus. IX, t. 17, f. 123, 126, 127, 129. 1394. Bembex Madecassa Saussure. Fünf hellgefärbte S von der Insel Mayotte (Comoren) aus dem Leidener Museum. Bembex Spinolae Lep. Zur Synonymie: Bembex fasciata, Provancher, Additions aA la Faune Canad. 413, 1889. Nach Bembex capensis ist anzuführen: Bembex expansa Gribodo. Bembex expansa, Gribodo, Miscellanea entomol II, 22, oh 1894. »Fusco-nigra, parum nitida, sat dense albogrisea pilosella; labro, mandibulis, callis humeralibus, alarum tegulis, macula 65* 1004 A. Handlirsch, metapleurarum, scutelli marginibus posticis pedibusque flavo- citrinis; abdominis segmentis flavo-fasciatis; fasciis flexuosis, secunda utrinque nigro submaculata; ano nigro; femoribus inermibus; tarsorum intermediorum articulo primo in laminam sat conspicuam, margine arcuatam, apice pellucida, dilatato; segmento ventrali secundo carinula elevatissima subspinoidea armato, sexto tuberculo robusto depresso-plano apice acuto praedito; alis hyalinis. d. Long. corp. 17 mm. Hab. Saganeiti (Abyssinia).« Diese Art steht entschieden dem capensis sehr nahe, und ich würde mich nicht besinnen, sie als synonym zu erklären, wenn nicht der verschiedene Fundort zur Vorsicht mahnen würde. Bembex Borrei Hand. Aus Timor, Leidener Museum. Bembex monodonta Say. Synonym: Microbembex monodonta, Provancher, Additions ala Faune Canadienne, 413, 1889. : Bei den ungedeuteten Arten der äthiopischen Region ist hinter grisescens einzureihen: Bembex melanosoma Gribodo. Bembex melanosoma, Gribodo, Reale Acad. delle Scienze die Bologna, 132, S', 1894. »Medius velsubmagnus, nonnihil, comparate, gracilis, niger omnino sat dense griseo villosulo, pilis-brevibus, clipeo argenteo tomentoso; clipeo labroque obscurissime rufo-ferrugineis, labro utrinque et apice tenuissime luteo marginato; mandibulis medio lividis; antennarum articulis quatuor ultimis intus (in excava- tione) luteo-testaceis; oculorum orbitis postice tenuiter luteis, thorace omnino nigro, immaculato (tantum alarum tegulis antice obsolete luteo punctatis): soxis, trochanteribusque nigris, femo- ribus duobus anticis duobusque posticis nigro-fuscis, supra longitudinaliter luteo lineatis; femoribus intermediis luteis, postice supra nigro-fuseis, infra fusco bilineatis; tibiis duabus Grabwespen. 1005 anticis fuscis, antice late, extus ad basim tenuiter luteo lineatis; tibiiss quatuor posticis luteis extus tenuiter, et postice latius fusco lineatis; tarsis luteis, infra plus minus fusco pictis; abdo- mine nigro obsolete iridescenti; segmento dorsali primo medio Nlavo fasciato, fascia medio attenuatissima et latissime interrupta (id est loco fasciae duabus maculis lateralibus triangularibus); segmento secundo medio flavo fasciato, fascia postice biarcuata (medio nonnihil angulatim emarginata), antice duabus maculis connexis, ellipticis, obliquis, medio confluentibus in basim nigram segmenti (hinc fasciam 'antice profundissime subuniformiter erosam): segmento tertio ut secundus picto sed maculis nigris ellipticis minus obliquis et magis in basim confluentibus, hinc fasciam flavam antice latius emarginatam; segmentis quarto quintoque medio flavo fasciatis, fascia biarcuata, medio tenuiter interrupta, utrinque nonnihil aucta; segmento sexto utrinque flavo-bipunctato; epipygio nigro immaculato; ventre nigro immaculato, tarsorum anticorum articulo primo nonnihil (sed perpauce) incrassato, prismatico-trigono; abdominis segmento ventrali secundo medio longitudinaliter carinato, carina tenui sed sat elevata, postice in dentem brevissimum sed acutum desinente; segmento ventrali sexto medio postice carinato-sub- tuberculato-cuspidato; ipopygio medio carinato; alis pure hya- linis, brevibus. d Long. corp. 18 mm. Un solo esemplare dalle sponde del Fiume Magnarra. La colorazione specialmente del corpo, la brevita delle alı, e la conformazione delle armature ventrali fanno facilmente e sicuramente distinguere questa specie.« Bembex repanda Fabr. Der Synonymie ist beizufügen: Vespa (Bembex) tranguebarica, Gmelin, Syst. Nat. Ed. 13, I. 5, p. 2769, n. 156, 1790. 1006 A. Handlirsch, II. Schlusswort. Nachdem nunmehr die morphologischen und biologischen Verhältnisse der einzelnen Arten und Gruppen möglichst ein- gehend und stets vergleichend erörtert worden sind, will ich versuchen, ein Gesammtbild der verwandtschaftlichen und phylogenetischen Beziehungen zu geben. Die vergleichende Morphologie hat in erster Linie zur Be- grenzung der Arten und in weiterer Folge zur Einreihung der- selben in eine grosse Zahl von Artgruppen und Gattungen geführt, die mit einander in mehr oder weniger engen Be- ziehungen stehen. Obwohl noch für die Zukunft durch die genauere Erforschung fremder Welttheile ein wesentlicher Zu- wachs an neuen Formen zu erwarten ist und obwohl noch so manche alte Art nicht genügend untersucht werden konnte, dürfte es bei dem heutigen Stande unserer Kenntniss doch schon möglich sein, wenigstens ein — von den Details abge- sehen — annähernd richtiges Bild der Beziehungen zu ent- werfen, in denen die einzelnen Gruppen und Genera zu einander stehen. Wir sind dabei, ausser der vergleichenden Morphologie, fast ganz auf die geographische Verbreitung angewiesen, weil : sich die Biologie bei allen Formen der Gruppe als ziemlich übereinstimmend erwiesen hat, weil ferner die Anatomie wenig bekannt ist und die morphologischen Untersuchungen nur in geringem Grade ergänzen wird, denn es handelt sich ja hier doch nur um einen Complex nahe verwandter Formen von ähnlicher Lebensweise. Dasselbe gilt wohl auch von der Embryologie, welche hauptsächlich bei dem Studium höherer Kategorien von Bedeutung ist. Die Palaeontologie endlich lässt uns gänzlich im Stiche, denn es ist meines Wissens bisher erst eine einzige fossile Form höchst zweifelhafter Natur, Scudder’s Didineis solidescens, aufgefunden worden. Zu zoogeographischen Betrachtungen erscheint diese Gruppe der Grabwespen sehr geeignet. DieNyssoniden sind zwar gute Flieger, entfernen sich aber dennoch nicht weit von ihren Brutplätzen und sind einer passiven Verbreitung wenig unter- worfen, weil sie bei Stürmen nicht fliegen, nicht im Holze oder Grabwespen. 1007 Dünger leben und ihrer Natur nach auch nicht durch andere Thiere oder durch Wasser verbreitet werden können. Grosse Wanderungen, wie bei Aphiden, Libellen, Lepidopteren etc., wurden bei Grabwespen nie beobachtet. Keine einzige Art ist cosmopolitisch und nur einzelne sind über'mehr als ein Faunen- gebiet verbreitet. Bei der Eintheilung der Faunengebiete in nachstehender Tabelle habe ich mich der Hauptsache nach an das bekannte classische Werk von Wallace gehalten und nur einige Ände- rungen vorgenommen, die zum Theile einer Arbeit von Möbius im 87. Bande des »Archiv für Naturgeschichte« entlehnt sind und durch die Verbreitung der Grabwespen bestätigt werden.! Es dürfte sich empfehlen, nicht nur zwei Sorten von Regionen anzunehmen, wie die Haupt- und Nebenregionen von Wallace, weil ja einige seiner Hauptregionen mit einander mehr überein- stimmen, als mit anderen. Ich habe mich daher für folgende Eintheilung entschieden: 1. Gebiet der alten Welt; umfasst das palaearctische, aethio- pische und indo-malayische. 2. Gebiet der neuen Welt oder amerikanisches Gebiet mit dem neotropischen und nearctischen Theile. 3. Australisches Gebiet. Zum palaearctischen Gebiet rechne ich im Gegensatze zu Wallace die ganze Sahara bis Timbuktu und ganz Ägypten (cf. Möbius) und theile es in das europäische-sibirische, das mediterrane und das chinesische Gebiet. Das mediterrane oder Mittelmeergebiet reicht weiter nordöstlich als bei Wallace, und zwar bis zum Altai, das chinesische (mandschurische) weiter nördlich, so dass es die eigentliche Mongolei einschliesst, die bei Wallace zur sibirischen Subregion gehört. Innerhalb des europäisch-sibirischen Gebietes verwende ich aus praktischen Gründen nur die Bezeichnungen Nordeuropa (n.), Mitteleuropa (m), Südeuropa (s.), Alpen, Südosteuropa (so.). Das Mittelmeer- 1 In der Auffassung der arctischen und antarctischen Gebiete als eigene Regionen stimme ich mit Möbius’ Ansicht vollkommen überein. Beide Gebiete kommen hier nicht in Betracht, weil sie keine Nyssoniden beherbergen. 1008 A. Handlirsch, gebiet theile ich durch die Adria in ein westliches Gebiet (w.) (Südwesteuropa bis zur Adria), ein östliches Gebiet (o.) (Balkan- halbinsel bis Turkestan, Syrien und Persien), ferner in das ägyptische Gebiet (e.), in das algerische (a.) und canarische (c.). Innerhalb des chinesischen Gebietes unterscheide ich die Mon- golei (m.), das eigentliche China (ch.), Korea (k.) und Japan (j.). Die äthiopische oder afrikanische Region zerfällt in das continental-afrikanische Gebiet — mit den Unterabtheilungen Süd- (s.), West- (w.) und Ost- (o.) Afrika — und in das mada- gassische Gebiet — Madagascar (m.), die Comoren (c.) und Mauritius (b.). Zwischen der indomalayischen und australischen Region betrachte ich Neuguinea als Grenzgebiet und rechne daher die austromalayische Subregion von Wallace zur indomalayischen Region. Ich finde die zwischen Borneo und Celebes hinziehende Grenze nicht bestätigt. Die ganze Region mag in ein indisches (Gebiet (i.) Vorder- und Hinterindien — die ich wegen der meist unzulänglichen Fundortangaben nicht trennen kann — und (c.) Ceylon zerfallen. Malacca gehört zum malayischen Gebiete, in dem ich die alte Grenze beibehalte, um zu zeigen, dass sie für diese Thiergruppe nicht bestehen kann; (i.) bezeichnet also den indomalayischen Theil, westlich der Mangkasar-Strasse, (a.) den austromalayischen oder östlichen Theil. Das australische Gebiet zerfällt in den continentalen Theil (a.), Neuseeland (n.) und Polynesien (p.). In der amerikanischen Doppelregion unterscheide ich das nordamerikanische (nearktische) und südamerikanische (neo- tropische) Gebiet. Weil ich in Folge der meist mangelhaften Fundortangaben nicht in der Lage bin, weitere Unterab- theilungen zu begrenzen, theile ich das nordamerikanische Ge- biet nur in einen westlichen Theil (w.) und einen östlichen (o.), zwischen denen die Rocky-Mountains die Grenze bilden. Das südamerikanische Gebiet endlich zerfällt in das continentale Centralamerika (c.), die Antillen (a.), das brasilianische Gebiet oder Gebiet des Amazonenstromes (b.), das Laplata-Gebiet (I.) und Chile (ch.). Hier möchte ich nur noch hervorheben, dass von einer scharfen Begrenzung der Regionen selten die Rede sein kann Bere. Grabwespen. 1009 und dass im Gegentheile oft ausgedehnte Grenzgebiete be- stehen, in denen sich die einzelnen Faunen mischen; es wird also bei der Verwerthung der Resultate immer darauf zu achten sein, zu welcher von zwei Regionen eine in solchen Grenz- gebieten vorkommende Art eigentlich gehört. Wallace hat seine Regionen hauptsächlich auf die höheren Wirbelthiere — also phylogenetisch junge Formen — gestützt und es ist daher geradezu erstaunlich, wie gut sich die Ver- breitung der Grabwespen in denselben Ramen fügen lässt, wo doch die Hymenopteren um so vielälteren Ursprungs sind, und wo schon zur Zeit der Saurier von Solenhofen noch heute existirende Hymenopteren-Gattungen (wie Sirex) lebten! Dass die Regionen für die einzelnen Thiergruppen nicht ganz gleich bleiben können, hat Wallace selbst hervor- gehoben. A. Handlirsch, 1010 om woye op Jorgen f. = ER EM e EN oe vr u || von nn ano ss919 snypmav Re en ar, = er hi —. == ‘q MEERE RT nat) SR eb Sr Pr en er En Er — en °q i ya a "urdg snwwudımım > ZEN er tes! Ph aha Runge Er Bi I) . 0, 00 0.0 0000 000.00 0 00 'SS91N SNAUDIXKIN ne a wir war er ei ÜR Re N er 61lloR0N 0:00 CBar ar Sr Baer Bar Br Ber Er Er .. UOSS9J9 sadıosnf 2 a 7 SE Be Ir: N SE Say N. 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Artgruppe der vespiformis. vespiformis Sm. .. DOLINONES WER ee Artgruppe der egens. egens Handl. calcarina Handl. 1053 Grabwespen. "Be © "yo "o'M KOBZAN [REP REEr ar Ba Ba Sr Sr Bar er er er er u er er er Er rer re I pP ue H 21190N [CaBer Baar Buc BasE See ar Dear ger Baer Ber ur Bar Ser Te er a re al "p N pjvjuapıq vpjuapıq sap addnıSyıy -[purg vorpuy vapu] sap addnıSsyıy re [pure vumaomm pnaomo sap addnıSyıy De jpueg suppısand "supzısana sap addn.ıSsyıy syorıyq vywsanf vpwsanf sap addnıSsy.1Yy Sun el ete/ La nle LunlanwitsfLensuhtententn Le En na ipueg vpıdaa] ren Ipuey vwıdnsamnı DONE ORTES LÜRN.N PO |pueH vuvmıgo wuvungo) op addnısyıy ig Bun A. Handlirsch, 1054 S Zar Nur a BE || en ya n L08 Ipueq vınpauow. vijnpauoy sap addnı3yıYy en — —_ _ So 'M — _ = — a | RS ws sınnadıs1anıp 'sınmadısaanıp sap oddnısyay en 1 7 N ei ker: LER ge grt 2er ol 00.08 70.0.0500 00 01. 0000 [pure sındınd er RN AaaT = — — = — —_ — BE BR "US v91J049nDJaım er = ? 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Handlirsch, Einem Versuche, die einzelnen Faunengebiete durch ihre Bewohner zu charakterisiren, muss ich vorausschicken, dass zur Bezeichnung der Hauptgebiete (Regionen) in erster Eine die Artenuppen zus jener drsuntensseordmeren Gebiete (Subregionen) die Arten zu verwenden sein werden. Meine 114 Artgruppen entsprechen den Gattungen bei höheren Thieren. Beginnen wir mit den drei grossen Gebieten, so erscheint jenes der Alten Welt durch 53 specifische Artgruppen charakterisirt, während nur 14 mit dem amerikanischen Gebiete und 3 mit dem australischen gemeinsam sind; das Gebiet der Neuen Welt (Amerika) beherbergt 37, das australische endlich 12 eigene Gruppen. Was mich veranlasst drei von Wallace’s Hauptregionen in dem Gebiete der Alten Welt zusammenzufassen ist der Umstand, dass neun Gruppen, und darunter einige sehr grosse, über diese drei Regionen verbreitet sind und sonst nirgends vorkommen; ausserdem sind sieben Gruppen palaearctisch-äthiopisch und drei äthiopisch-indisch. Nord- und Südamerika haben 13 gemeinsame, aber nur auf Amerika beschränkte Gruppen. Das palaearctische Gebiet ist durch 25 specielle Gruppen gekennzeichnet (Entomosericus, Gorytes modestus, G. Mara- candicus, Sphecius nigricornis, Bembex Megerlei, cinctella, ad- mirabilis u. v. a.). 13 Gruppen des palaearctischen Gebietes sind auch im afrikanischen vertreten, 9davon auch im indischen, 7 andere Gruppen im nordamerikanischen Gebiete. Das palae- arctische Gebiet scheint also die meisten Beziehungen mit dem afrikanischen zu haben. Innerhalb des palaearctischen Gebietes entfällt der grösste Formenreichthum auf das Mittelmeergebiet und insbesondere auf den östlichen Theil desselben, den wir mit vollem Rechte als das Entwicklungscentrum der Gattungsgruppe und wohl der meisten Grabwespen ansprechen können. Das östliche Mittelmeergebiet allein hat 77 specifische Arten und 94 weiter verbreitete. Das westliche Mittelmeergebiet hat 21, das algerische 21, das ägyptische 34 specielle Arten. Das westliche und östliche zusammen bewohnen 43 Arten, Algier und Ägypten zusammen Grabwespen. 1063 nur 7 Arten, worunter schon die6 über das ganze Mittelmeergebiet verbreiteten gerechnet sind; das östliche Gebiet und Ägypten zusammen bewohnen nur 8 Arten, von denen 7 auch weiter verbreitet sind, das westliche und Algier 8, von denen 6 weiter verbreitet sind. Aus dieser gedrängten Übersicht ergibt sich, dass man innerhalb der Mediterranregion mit vollem Rechte eine weitere Theilung vornehmen kann. Für das östliche Mittel- meergebiet wäre sogar eine Anzahl eigener Gruppen an- zuführen, so dass man beinahe an ein Gebiet höheren Ranges denken könnte: Entomosericus, Gorytes modestus, Maracan- dicus, cribratus, Stizus gynandromorphus etc. Das europäisch-sibirische Gebiet, als verhältnissmässig am besten durchforschtes, ‚lässt ‘sich durch in: dieser: Arbeit behandelte Formen fast nur in negativer Weise charakterisiren, indem kaum 9 Arten als typisch europäisch bezeichnet werden können. 51 in der europäischen Region gefundene Arten sind nicht nur auf diese beschränkt, sondern der Mehrzahl nach als mediterrane zu bezeichnen. Im Norden Europas wurden bisher nur 18 Arten beobachtet — durchwegs auch weiter südlich vorkommende Formen. Wohl in Folge ungenügender Erforschung sind aus dem chinesischen Gebiete bisher erst 18 Formen bekannt geworden, davon 9 eigenthümliche (3 in Korea, 4 in China, I in der Mongolei, 1 in Japan), 5 ausserdem im östlichen Mittelmeer- gebiete und 4 in der ganzen palaearctischen Region vor- kommende. Das continentale afrikanische Gebiet ist durch 13 speci- fische Gruppen bezeichet (Gor. monstrosus, Kohlia, Sphecius Aethiops, Stizus clavicornis, Bembex bubalus, Afra, Karschii, diversipennis, fuscipennis etc.). 7 Gruppen hat die afrikanische Region mit der palaearctischen gemeinsam, 3 mit der indischen. Keine einzige von den das continentale Afrika bewohnenden Gruppen hat vorwiegend indischen Charakter, viele dagegen vorwiegend palaearctischen. Die Faunen von West-, Ost- und Süd-Afrika sind hinlänglich differenzirt, denn es entfallen auf West- und Öst- je 15, auf Süd-Afrika 48 specifische Arten, während nur 6 über die ganze Region verbreitet sind. 1064 A. Handlirsch, Als Misch- oder Zwischenregion können wir das mada- gassische Gebiet bezeichnen (Madagaskar, Comoren, Mauritius). Es hat keine eigene specifische Gruppe aufzuweisen und seine Fauna setzt sich aus der gleichen Zahl (je 5) indischer und afrikanischer Elemente zusammen; die auf Madagaskar selbst vorkommenden Arten sind jedoch zumeist specifisch madagassisch, während Mauritius zwei auch in Indien ge- fundene Arten beherbergt. Die indische (orientalische) Region entspricht mit der von Wallace angegebenen Begrenzung nicht der Verbreitung unserer Formen, indem auf sie nicht mehr als eine einzige specifische Gruppe (mit einer Art) entfällt (Bembex Indica). Ausserdem sind noch 2 Gruppen (B. Hova und Papua) vor- wiegend indisch, respective indo-malayisch. Was die Zahl der in den einzelnen Unterabtheilungen des Gebietes vorkommenden Arten betrifft, so fällt auf, dass noch keine Art ausschliesslich in Ceylon, dagegen 4 in Ceylon und im continentalen Indien, 28 in letzterem allein und nur 3 im continentalen und indo- malayischen Theile zugleich gefunden wurden. Aus dem letzt- genannten Theile sind 14 Arten bekannt geworden, von denen aber wieder 6 im austro-malayischen Gebiete auftreten. Für die Nyssoniden und Bembeciden gibt es also keine indische Hauptregion und keine ceylonische Subregion. Die Zahlenverhältnisse erlauben nur einen Unterschied zwischen indisch-continental-ceylonisch einerseits und malayisch ander- seits. Die indisch-ceylonischen sowie die malayischen Arten gehören in vorwiegend palaearctisch-äthiopische oder in cosmo- politische Gruppen. Die indo-malayischen Arten gehören fast durchwegs in dieselben Gruppen wie die austro-malayischen und sind meistens mit ihnen sehr nahe verwandt; 8 Arten sind bisher nur im indischen, 13 nur im australischen Theile und 6 in beiden Theilen der malayischen Region nachgewiesen worden. Ich kann also die Zerreissung des’ malayischen Ge- bietes und die Zuweisung der Theile zu zwei verschiedenen Hauptregionen nicht billigen, weil nirgends zwischen Haupt- regionen verhältnissmässig so viele identische Arten auftreten, wie es hier der Fall wäre, und werde in dieser Ansicht durch den Umstand bestärkt, dass 10 typisch australische Gruppen in Grabwespen. 1065 der austro-malayischen Region fehlen, während nur 3 Gruppen und nicht eine einzige Art in beiden Gebieten gemeinsam ver- treten sind. Würde man also die Grenze zwischen der australischen Region und der malayischen zwischen Neuguinea und dem Cap York ziehen, so wäre wenigstens Australien eine reine und scharf begrenzte Region mit 10 specifischen Gruppen und 36 specifischen Arten und hätte nur 3 Gruppen mit anderen Regionen gemein. Australien wäre dann die bestbegrenzte Region, zumal mit Rücksicht auf die isolirte Stellung von vielen ihrer Gruppen. Aus Neuseeland und Polynesien kennt man erst je eine Art aus je einer specifischen Gruppe. Für die malayische Region kann als charakteristisch die Gruppe der 5. Papua angegeben werden, für die australische die Gattung Exreirus, Nysson mysticus, Gorytes thoracieus,ciliatus, Bembex vespiformis, egens etc. . Nun zur amerikanischen Region. Sie beherbergt 37 speci- fische Gruppen und 13, die auch in anderen Regionen vor- kommen. Von den 37 specifisch amerikanischen Gruppen sind 13 in Nord- und Süd-Amerika zugleich vertreten. Als typisch amerikanische Gruppen möchte ich bezeichnen: Monedula, Bembidula, Bothynostethetus, Steniolia, Scapheutes, Gorytes bi- punctatus, fuscus etc., Nysson texanus, opulentus etc., Sphecius speciosus, Stizus brevipennis, Bembex monodonta, Spinolae, unbilipennis etc. Von den typisch amerikanischen Formen gehört die Mehrzahl der neotropischen Region an, für welche 16 Gruppen als specifisch anzunehmen sind, während auf die nearctische deren nur 10 entfallen. Beiden Regionen gemeinsam sind, wie schon erwähnt, 15, der nearctischen und palaearctischen gemeinsam 7, und nahezu cosmopolitisch 6 Gruppen. Von den 13 in beiden Theilen des amerikanischen Gebietes vertretenen Gruppen hat die Mehrzahl neotropischen Charakter. Im Grossen und Ganzen kann die neotropische Region als sehr gut charakterisirt gelten, weil fast alle daselbst beob- achteten Gruppen ausserdem sonst nirgends vorkommen als im südlichen Nord-Amerika (von den cosmopoliten Gruppen abgesehen). Von den Unterabtheilungen des neotropischen Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 69 1066 A. Handlirsch, Gebietes ist das Chilenische durch 6 specifische Arten aus- gezeichnet, während 5 in Chile beobachtete Arten auch ander- weitig verbreitet sind. Das Laplata-Gebiet zeichnet sich durch 26 specifische gegen 11 weiter verbreitete Arten, das brasilia- nische Gebiet durch 47 specifische gegen 15 weiter verbreitete aus. Als besonders bemerkenswerth möchte ich die Zahlen- verhältnisse hervorheben, die sich aus einem Vergleiche der centralamerikanischen Region mit den Nachbargebieten ergeben. 41 Arten sind ausschliesslich auf dem centralamerikanischen Festlande beobachtet worden, 10 in Central-Amerika und Brasi- lien, 4 in Central-Amerika und auf den Antillen und nur 4 in Central- und Nord-Amerika. Den Gruppen nach entfallen 38 centralamerikanische Arten auf vorwiegend neotropische und. nur 17 auf vorwiegend nearctische Gruppen. Hiedurch wird also die centralamerikanische Subregion im Sinne Wallace's vollkommen bestätigt; es wird ferner gezeigt, dass sie mehr neotropischen als nearctischen Charakter hat. Die antillische oder insulare Subregion endlich kommt nicht viel in Betracht; sie beherbergt nur 7 specifische Arten, von denen 2 einer exclusiv antillischen Artgruppe angehören (G. tristrigatus), 4 von ihren Arten kommen auch in Centralamerika, 3 auch in Brasilien, keine einzige in Nordamerika vor. Das nordamerikanische Gebiet wird, wie erwähnt, durch 10 specifische Gruppen gekennzeichnet, während 11 nearctisch- palaearctisch, 13 als nearctisch-neotropisch und 7 als nahezu cosmopolitisch bezeichnet werden können. Als charakteristisch für die neotropischen Beziehungen sind zu nennen die Gruppen des N. texanus, Bothynosthetus, Monedula, Bembidula etc., während der palaearctische Einfluss sich in den Gattungen Alyson, Didineis und Mellinus ausprägt. Dass eine Theilung Nordamerikas in ein westliches und östliches Gebiet berechtigt ist, beweist der Umstand, dass im westlichen Theile allein 40 und im östlichen allein 62 Arten gefunden wurden, während nur 16 aus beiden Gebieten nachgewiesen erscheinen. Neo- tropischen Charakter haben 37 östliche und 14 westliche, nearctischen 24 östliche und 17 westliche Arten, was mit der bekannten Annahme von der Einwanderung der palaearctischen Elemente über Ost-Asien nach West-Amerika übereinstimmt, - Grabwespen. 1067 indem deutlich ein Überwiegen der neotropischen Elemente im Östen und der palaearctischen im Westen zu erkennen ist. Vergleicht man nun die einzelnen "Gruppen nach ihrer geographischen Verbreitung, so sieht man in erster Linie, dass nur wenige ganz oder nahezu cosmopolitisch sind. In Folge der geringen activen und passiven Verbreitungsfähigkeit der Formen bin ich gezwungen, diese weit verbreiteten Gruppen für phylogenetisch alt zu halten und ihren Ursprung in eine Zeit zu verlegen, in der die meisten anderen, weniger weit verbreiteten Gruppen noch nicht bestanden. Die Gruppen mit geringer Verbreitung zerfallen bei Berück- sichtigung ihrer morphologischen Beziehungen in drei Kate- gorien, und zwar: ]. in relativ isolirte, 2. in solche, die mit weit verbreiteten Gruppen nahe verwandt sind, und 3. in solche, die zusammen wieder einen grösseren Complex (oder eine Gattung) bilden, ohne mit einer weit verbreiteten Gruppe nahe verwandt zu sein. Die Gruppen der ersten Kategorie machen bei dem Ver- suche einer phylogenetischen Übersicht die grössten Schwierig- keiten, denn es ist möglich, dass sie sehr alt oder verhältniss- mässig jung sind. Im ersten Falle können wir sie als Überreste alter, sonst ausgestorbener und nur mehr in einem beschränkten Gebiete erhaltener Formen betrachten (analog mit den austra- lischen Marsupialen), oder für alte Seitenzweige andere Gruppen, die durch lange räumliche Isolirung morphologisch stark ver- ändert worden sind, oder endlich für junge Seitenzweige, deren bedeutendere morphologische Differenzirung durch besonders intensive äussere Einflüsse bedingt sind, die sich unserer Beob- achtung meistens entziehen. Die localen Gruppen der zweiten Kategorie möchte ich durchwegs für junge Seitenzweige von weit verbreiteten halten, mit denen sie nahe verwandt sind. Bei den in dritter Reihe angeführten Gruppen ist an- zunehmen, dass sie entweder das Product durch räumliche Trennung erfolgter Theilung einer jetzt ausgestorbenen Gruppe bilden, oder, dass in einer von diesen localen Gruppen der Aus- 69* 1068 A. Handlirsch, gangspunkt zu suchen ist. In letzterem Falle könnte man annehmen, dass diese nunmehr locale Stammgruppe in den anderen Gebieten ausgestorben ist, respective, dass sie sich daselbst mehr verändert hat. Bei Nysson finden wir drei Complexe näher verwandter Gruppen und einige ziemlich isolirt stehende. = G = nn ee E: er T > = nn FE < 2) sg Ar E = nn 5 m FE N er ae mn _ IE: Sure B = 2 << ade ds << .@|E : ©) r SSEENEEKDEISS os goa|ls|ıS - jet SH nt SO SsıklaIlS „ 2a S er no SS = 8&l8|S la 2 S DRSWin a). R SUSI FESTES 2 SUESESEISIESEAN ISIS re EI SHINE SELSEEIIESTESTSZIESINES BSR ISSESINDISRISNSISEI OS ESS OD EN SESEIFSEn5 IS SOSE IESE ESESESESESI SIR SISESESS SEE DE SS N Sn os SIS|S NIIEIES SENDE SS SS IS 8 .-.[|S 18 SERIEN SS Rh ISIN ISISISIES ‚ 8.808 NS SuEr N SI SI 8 SEIFE D NIS S SS OII ER SI SELSE NS | | Il elle | Die erste Gruppenserie hat als solche grosse Verbreitung, doch sind ihre Elemente mehr local. Wir können also annehmen, dass dieser Complex in die dritte oben erwähnte Kategorie gehört. Die Ursprungsgruppe ist entweder nicht mehr erhalten, oderin Brachystegus und fulvipes zu suchen.Obwohl australische Formen in der Regel als alt bezeichnet werden können, möchte ich doch den Stamm dieser Gruppen nicht in Acanthostethus suchen, sondern in einer Form mit entwickelten drei Cubital- queradern, denn das Verlöschen (Rudimentärwerden) der einen bei Acanthosthethus ist entschieden eine secundäre Er- scheinung. | Bei dem zweiten Complexe (plagiatus-spinosus) kann ich keiner Gruppe einen Vorrang einräumen, bei dem dritten da- gegen möchte ich in der Gruppe des maculatus den Stamm suchen, denn es dürften in diese artenreiche Gruppe auch einige noch nicht genügend bekannte amerikanische Formen gehören. Über die Stellung der drei isolirten Gruppen wage ich keine Schlüsse zu ziehen. Bei der Gattung Gorytes finden wir einereichere Gliederung als bei Nysson. Grabwespen. 1069 —_ = S = = ei E e | SI co x 2 , — > - es 2 ir ale ke} Ze <|< — = {=} n r co ’ — 3 no - n A: BER STE: lese Al || ee Ge ST > < FE =| TSN MN fi & & o|l< s — 3122 ol5< az au er S Eee <|2°| 312 :o\88 ul rn ar er ae — - .' 24 e a I Oz SKI Zee ale ee EluolS "<< al SI So nal << _2 SS SU RE RS | S a SE ar SS Een 9 = ou ED) <|S ASS Ss| 2 vo|IO|S|,S SIERT ES — iS} - |.% SI SiS SIT IHN NS o| 2 S 33 A| SE ey.es&l Ess sıs Tl _< < nn Hu pP Hu. "An ne} | ES IR Delle ash vo> EIER SIE Dur ee er HZ can TuS aa = B < > c je? —_ m az = 4 nn z [©] {= De n = er [ee 0) Fe la ke = E«ÜNS 4 ES tel = ZU re SSR Sue SS 5 77} N 2.0 [ai Se) a2: =} < le! '— A DON SRTEISDHA—z Se DSH (ab, DEI S nee aD er DS. U Ss © SS. 02 mn ıS SESSSUSESESISISERSNE ES SSASSSISSENS Ss .S 07 DIESE SESENTSIES Ir 2) SS AR SNSDTS NS SS EN IR {eS VIII SS Q S Raus SELS SESOTSER Se T n N x z a nn EEE, — ee Den weiteren Zusammenhang dieser Reihen zu verfolgen ist mir nicht möglich, weil dazu ein intensives Studium der ganzen Familie der Grabwespen nothwendig wäre. Se a Grabwespen. Index zu den Nachträgen. Seite ANSOTEEN a 830 — bimacnlatus.......... s3l UTCONIEUSE HEN. 832 EeuSscatusprer N. 831 — Guignardi...... dos So) ER IUNICORmeR AS. 838 — melleuse ea. un. 831 — oppositus........... s3l EBICtEtI N ne 830 — radiatus............. 832 — Ratzeburgi.......... 830 — Erstriatuse. la re 834 —trianesuliteren ar, 839 et colon 831 Ammalomus coarclatus....... 8593 Anthophilus Hellmanmii ..... 846 ENDUSEROStHatR 3 1002 Arpaelns Caucasicus......... 904 — VERS ao 903 N NASSEN 904 Er pWlcHellnse 834 BEmbexrh re 1001 NEE 1002 — abidentatau ne 1003 EBOLLEN Een 1004 — ae Braunsi...n 2.2... 1003 u expansakeeen ren 1003 UN OSCHMaN ae 1003 —eintegtan a. 1002 — Kriechbaumeri....... 1003 — Madecassa .......... 1003 — melancholica .... ...1003 — melanosoma......... 1004 — monodonta.......... 1004 — Derwvianüus .......... 970 repandarn anne nenn. 1005 —zrostrata... nun ae. 1002 —72Spinolae............ 1003 SBINOSW..... 2. 962 Bothynostethus Crabro U-flavum Didineis Dienoplus Entomosericus concinnus ... Euspongus quadrifasciatus ... Gorytes 2908 odontophora Ball albosignatus SE . 947 1075 Seite 961 962 962 962 964 962 962 827 827 843 837 837 838 838 839 838 851 908 850 915 850 887 920 938 936 857 915 897 919 878 910 862 927 867 1074 A. Handlirsch, Seite Seite Goryteskeentralispesr rer 932 Gorytes Maracandicus....... 866 — cijatus werner 874 — megalophthalmus .... 862 — 2 ECnhampionpr mr 861 u mendiensereee 908 — u chilensiseaa nr rer 862 —e > Mextjcanlsıer Pe 909 u coaretatusprse ee 353 — microcephalus....... 894 — consanguineus....... 903 A mirandus. sem 913 — u eriDTatuUs 941 a mystaceuspre re 867 — eurtuluspg ae 886 — = modestus nm ae 364 —.. dentatusı at... 896 — menstrosus.......... 940 u disseetuse Rn 200.2. 915 — I montanus Zw 926 Ir dizonusp a ee: 873 — MOHN 502252002 = 904 Zi lestegiuser ee 911 —. Natalensisr. 2. 2er 933 —ı melegansn ya 903 = meglectuse ee 916 —. DmormM ooonsaan: 389 — Nevadensis..... 918 — Euphrosyne........- 388 — nigrifacies..... 921 — ei onoooone 944 = motabllisee - „ar 933 — ahaımmareln 868 —rorientaisyae rer 892 —ertallaxı.. 5 022: 921 == +OInatus’t ur ee 906 I WERANSeH a et 867 — Zu 0ttomanısp Ser 882 — Zr fasceiatipennise 0. 949 —zSphaleratus. 000 926 I Bleae ee 890 —= ,PICFUSEA ee 893 — flaviventris.... 942 — pleuripunctatus....... 920 — Zebloridanuserer er 945 -—Polyibiar ar Sr 929 — fumipennis ........... 934 — uProerustesey Pr 0 921 — fuseipennis.......... 935 — Provancheri..... 945 Ur HUSEUSI En ee 875 — PTOXINUSIE re 923 — I Gazamameae rn 885 — punetatusa ee s81 — Handlirschii...... 851, 927 — VE BUnNCcHtTonSsT Re 398 —_ U nHiStrIo nn N en 907 — jpunetulatus 2.2.02: 939 = salhıypenetesp rg 394 — punctuosus....... 882, 883 us elhennsuı zes mu e 876 — quadrifasciatus ...... 915 — intercedens.......... 930 — quadrisignatus. ..... 906 — U NntrIiecansger 893 — _Quedenfeldti........- 384 — midıpennisea 877 — quinquecinctus.. 922 —entinkitneere 891 — quinquefasciatus ...... 921 = Jordanien 875 —rhopalocenuser ae 855 —urlaevisı en 904 —Rogenhofen 2... sl —sslatieinetuse may 915, 945 ET 946 atom se 884 — etrulnodiserr ee 854 —Zleueususprr 0 903 — N rufocmetuse 913 — RER ee 905 — 1Saharac.. a. 2.02 8956 — Ze lUxUMIOsuUse a wog 939 — SE Schlettererin ger 925 EEE maculicormisee 0 922 — semipunctatus....... 877 —maeulipennis 22.0 900 — SEsımillımusser gene 926 Grabwespen. 1075 Seite Seite Gorytes sphaerosoma....... 860 NrIIHORGHSSICONMISE ER 988 — spilographus......... 895 —ı NDICNVORNEN. 993 — spilopterus.......... 902 — GIRO) 9 areas 998 — StenopyguS.......... 869 ern WoInen IS — suBtllisenn. nen nenn 858 — DON ano 998 —ssuleiftonsemr anne. 925 Lestiphorus bicinctus ........ 910 — Ss Baumeusann ren snn. 905 Mellinusem 840 —uskhallanse sonen 8838 — abdominalis....... . 849 eBtenen een 859 —ı valpestris Alena 849 — trichiosoma .......... 870 —galpinusi.n Sara 844 — OR 902 Banvensisensw 843 — tristnisatus rn... 380 — arvensis var. alpina .... 844 unmidusı 3. 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IA2 Grabwespen. 1077 Seite Seite Stizzolarra tridens .......... 971 SEHZUSEmMaIOTEE 975 —utnideniala.s...:.....: 988 —e ns Mocsanyal 992 SIZUSGER Re ae hudea 970 — monodon man 984 — Aegyptius........... 993 — ICONS ne: 957 — aemulus ............ 974 —otientalissee en 1000 — annulatus........... 999 u pentheresirr ee 995 — anthracinus.......... 9729 BD ELEISTUN N. 990 — antipodum .......... 978 —zEpolychromussas 976 — ET 995 —upraestans ae 996 —ibasalist 2... 994 u proximuse 977 —. 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Erstes Segment von Gor. rufinodis Rad. 5 > > » » » rhopalocerus Handl. 5 EWIG: > > » » coarctatus Spin. f' SR ES » » » rufinodis Rad. 2213 » >» » » Saharae Handl.Q » 9 » » » » rhopalocerus Handl. Ze Om» » » » coarclatus Spin. 9 » 11. Endsegment von Gor. megalophthalmus Handl. 5‘ >12, » » » stenopygus Handl. Q » 13. Vordertarsus von Gor. Fairmairei Handl. 5 » 14. Fühler von Gor. punctuosus Ev. S' Solar > » » ÖOtlomanus Mocs. g' lo » » punclatus Kirschb. g' DE > » » Gazagmairei Handl. % 2018. 00 » >» OQuedenfeldti Handl. g' » 19. » » » hypenetes Handl. %' 220 > » » curtulus Costa. g’ > Dllo 2 » » Jatifrons Spin. g' Ser » >» dizonus Handl. 5 » 23. Kopf von Kohlia cephalotes Handl. » 24. Radialzelle von Kohlia cephalotes Handl. Tafel II. Fig. 1. Fühler von Sphecius intermedius Handl. g' » 2. Larve von Sphecius speciosus (nach Riley). a) Kopf, b) Unterlippe, c) Maxille. » 8. Cocon von Sphecius speciosus (nach Riley). a) Ventilationsapparat. . Kopf von Stizus rhopalocerus Handl. 9 2,002 » gorytoides Handl. 2 . Fühler von Stizus goryloides Handl. Q v n a9 ar > » » rhopalocerus Handl. 2 Autordel Lith Anstv. Th.Bannwarth,Wien. _ Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV. Abth.I. 1895. Lith Anst.v. Th Bannwarth ‚Wien. ö A crassipes H andl. Jg Fühler von Stizus Mocsaryi Handl. 5 » » » Tunetanus Costa. g' > » » Aegypticus Lep. g' h m » » Saussurei Handl. 5’ > » » Transcaspicus Rad. g' > » » bizonatus Klug. Mittelsegmentkante von 2. euteles Handl. 5 » » » haplocerus Handl. g' » » » laterimacula Handl. 5 9. Fühler von Didineis peculiaris Fox &' (nach Fox). 120.21» » » _ nodosa Fox 5’ (nach Fox). >» 21. Siebente Dorsalplatte von Nysson humilis Handl. Jg > 22. Fühler von N. variolatus Costa. J' 223, > » N. Barrei Rad. g' ix Baar ae humilis Handl. 5’ N. 1080 RX. SITZUNG VOM 17 OCTOBER 1393 Der Vorsitzende begrüsst das anwesende Mitglied Herrn Regierungsrath Prof. E. Mach, der nun durch seine Berufung nach Wien an den akademischen Sitzungen theilzunehmen in der Lage ist. Das k. u. k. Reichs-Kriegs-Ministerium »Marine- Section« theilt ein Telegramm des Commandos S. M. Schiffes »Pola« mit, laut welchem letzteres mit der wissenschaftlichen Expedition ins Rothe Meer am 15.d.M. Vormittag wohlerhalten in Port Said eingelaufen ist. Sie BExzcke |lenz.derklerz Cnrator Stelzer rrereder kaiserl. Akademie übermittelt ein Exemplar der Regierungs- vorlage des Staatsvoranschlages für das Jahr 1895, betreffend Capitel IX »Ministerium für Cultus und Unterricht«, ferner ein Exemplar des Allerhöchst sanctionirten Finanzgesetzes vom 27. Juli 1895. Herr Dr. Alfred Nalepa, Professor am k. k. Elisabeth- Gymnasium im V. Bezirk in Wien, übersendet folgende vor- läufige Mittheilung über »Neue Gallmilben« (12.Fortsetzung). Das w. M. Herr Hofrath Prof. V. v. Ebner überreicht eine Abhandlung: »Über den Bau der Chorda dorsalis des Amphioxus lanceolatus.« Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Engelhardt B. de, Observations astronomiques, faites dans son Observatoire ä Dresde. I]Ime Partie. Dresden, ISIS 1081 Haecekel E. Systematische Phylogenie der Wirbelthiere (Vertebrata). Il. Theil des Entwurtes einer systematischen Eıhmlosemier Berlin, 1895, 8% Jahrbuch der organischen Chemie, herausgegeben von Gaetano Minunni (Palermo). Erster Jahrgang, 1893. Mit einem Vorwort von Ernst v. Meyer (Dresden). Leipzig, 18: &% Reber J., des Johann Amos Comenius Entwurf der nach dem göttlichen Lichte umgestalteten Naturkunde und dessen beide physikalischen Abhandlungen: »Unter- suchungen über die Natur der Wärme und der Kälte« und »Descartes mit seiner Naturphilosophie von den Mecha:- nikern gestürzt.« Giessen, 1895; 8°. Sitzb. d. mathem.-naturw. C1.; CIV. Bd., Abth. 1. 70 1082 XXI. SITZUNG VOM 24. OCTOBER 1893. In Verhinderung des Herrn Vicepräsidenten führt Herr Intendant Hofrath Ritter v. Hauer den Vorsitz. Das k. u. k. Reichs-Kriegs-Ministerium »Marine-Section« theilt ein Telegramm des Commandos S. M. Schiffes »Pola« mit, laut welchem letzteres mit der wissenschaftlichen Expedition ins Rothe Meer am 18. d. M. Nachmittag wohlbehalten in Suez eingelaufen ist. Für die diesjährigen Wahlen sprechen ihren Dank aus: Blemu Bros EC \Meilersiinass; ine Berlin fürzseine Wahle zum Ehrenmitgliede — und Herr Director H. Seeliger in München für seine Wahl zum correspondirenden Mitgliede dieser Classe im Auslande. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. E. Mach legt eine Arbeit aus dem physikalischen Institute der k. k. deutschen Universität in Prag von Dr. Josef Ritter v. Geitler vor, betitelt: »Schwingungsvorgangin complicirten Erregern Hertz’scher Wellen«. (Il. Mittheilung.) Das w.M. Herr Hofrath Prof. V. v. Lang überreicht eine Mittheilung der Herren Regierungsrath Dr. J. M. Eder und E. Valenta in Wien: »Über das rothe Spectrum des Argonse. Ferner legt Herr Hofrath v. Lang eine Arbeit vor, betitelt: »Interferenzversuch mit elektrischen Wellen«. 1083 Herr Dr. J. Holetschek, Adjunct der k. k. Universitäts- Sternwarte in Wien,überreicht eine Abhandlung, betitelt:»Unter- suchungenüberdieGrösse undHelligkeitderKometen undihrerSchweife. I. Die Kometen bis zum Jahre 1760.« Das w. M. Herr Hofrath Director J. Hann überreicht eine Abhandlung von Eduard Mazelle, Adjunct am k. k. astronom.- meteorolog. Observatorium in Triest, betitelt: »Beitrag zur Bestimmung des täglichen Ganges der Veränderlich- keit der Lufttemperatur.« 70* ee ae Er van! ar PEN E aid aalamEn EINE nr Eye. java er % Horde ot Yale: ae 2 KR JOTRHBEN, alles EM ImBhTENGE Sunsnnde oiiäil ‚sairt ni ir en aut BIO eu R% mr a A341 er BT a a “le se Be Aviso. Die zur Abhandlung des Herrn F, Siebenrock: »Das Skelet der Agamidae« gehörigen sechs Tafeln konnten ein- getretener technischer Schwierigkeiten wegen — welche erst nach der Rückkehr des Verfassers von einer wissenschaft- lichen Forschungsreise behoben werden können — diesem Hefte nicht beigegeben werden, und werden dieselben mit einem der nächstfolgenden Hefte zur Ausgabe gelangen. Wien, im Februar 1896. Kaiserliche Akademie der Wissenschaften. iS‘ RER 6 a BERN EL RITTER „ 1.887 5 ; ef ae WEL SIIZUNGSBERICHTE DER MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CIV. BAND. IX. HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. Bei 12 n 71 1087 XXI. SITZUNG VOM 7. NOVEMBER 1895. Erschienen sind Heft VII (Juli 1895), Abtheilung Il. a. des 104 Bandes der Sitzungsberiehte, ferner das Heft IX (November 1895) des 16. Bandes der Monatshefte für enemie. Das k. u. k. Reichs-Kriegs-Ministerium »Marine- Section« theilt ein Telegramm des Commandos S.M. Schiffes »Pola« mit, laut welchem letzteres mit der wissenschaftlichen Expedition ins Rothe Meer am 2. d. M. Nachmittag wohlbehalten in Djeddah eingelaufen ist. Sir Archibald Geikie in London spricht den Dank aus für seine Wahl zum ausländischen correspondirenden Mitgliede dieser Classe. Dem seerenar lest, eme Abhandlung von Dr Wilhelm Sigmund in Prag: »Über die Einwirkung des Ozons auf die Pflanze« vor. Das w.M. Herr Prof. H. Weidel überreicht eine im I. che- mischen Universitäts-Laboratorium von Herrn Dr. J. Herzig ausgeführte Arbeit: »Über Haematoxylin und Brasilin« (III. Abhandlung). Das w. M. Herr Hofrath Prof. V. v. Lang überreicht eine Abhandlung der Herren Regierungsrath Dr. J. M. Eder und E. Valenta in Wien: »Über die Spectren von Kupfer, Silber und Gold«e. 1088 Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Le Prince Albert I®, Prince Souverain de Monaco, Resul- tats des Campagnes Scientifiques accomplies sur Son Yacht »/’Hirondelle«. Publies sous la direction avec le concours du Baron Jules de Guerne, charge des Travaux zoolo- giques a bord. Fascicule VIII. Zoanthaires provenant des campagnes du Yacht »l’Hirondelle« (Golfe de Gascogne, Acores, Terre-Neuve) (avec deux planches) par E. Jour- dan. — Fascicule IX. Contribution a l’etude des Cephalo- podes de l’Atlantigque Nord (avec six planches) par L. Joubin. Imprimerie de Monaco, 1895; Folio. 1089 Das Skelet der Agamıdae von Friedrich Siebenrock, Custos-Adjunct am k. k. naturhistorischen Hofmuseum in Wien. (Mit 6 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung am 10. October 1895.) Die Familie der Agamidae, welche sich durch ihren Arten- reichthum auszeichnet, bildet in osteologischer Beziehung eine der interessantesten Sauriergruppen. In ihr hat die Natur eine grosse Formenfülle geschaffen, welche auch am Skelete wie bei keiner anderen Familie zur Geltung kommt. Abgesehen von den zwei Typen, welche sich am Skelete nach der Lebens- weise der Thiere im Allgemeinen erkennen lassen, sind es besonders einzelne Theile desselben, welche eine solche Ver- schiedenheit in der Anordnung und Entwicklung der Knochen darbieten, dass man oftmals glauben könnte, einen mehr als generischen Charakter ausgeprägt zu sehen. Ein ganz specielles Interesse erwecken das Lacrymale, der Vomer, die Mandibula, der Zahnbau, der Schultergürtel mit dem Sternocostalapparat und der Meniscus am Tarsus. So weit es möglich war, kamen alte Abhandlungen, welche Osteologisches über die Agamidae enthalten, in Berücksich- tigung. Nur die Cephalogenesis von Spix war mir nicht zu- gänglich, dafür wurden Erdl’s Tafeln zur vergleichenden Anatomie des Schädels, welche die Abbildungen nach Spix enthalten, eingesehen. Vergleicht man das schon Vorhandene über die Osteologie der Agamidae mit dem in dieser Abhand- lung Gebotenen, so erhellt daraus, dass es noch manches Neue oder nicht genug Klargestellte mitzutheilen gab. Die Unter- suchungen erstreckten sich auf nachstehende Gattungen und 1000 F. Siebenrock, Arten, von denen immer mindestens zwei Skelete, ein ganzes und ein zerlegtes, angefertigt wurden. ol DD DD (de) N url) = © ww © D » x - . Draco volans Linne. . Sıtana ponticeriana Cuv. . Lyriocephalus scutatus Linne. . Gonyocephalus Kuhlii Schleg. » subcristatus Blyth. Godeffroyi Ptrs. . Acanthosaura lamnidentata Blgr. . Japalura variegata Gray. . Calotes cristatellus Kuhl. » jmbatus D.B. versicolor Daud. » miystaceus D.B. » ophiomachus Merr. . Charasia Blanfordiana Stol. . Agama sangninolenta Pall. » pallida Reuss. » ‚hispida Linne. > .atvra Daud. > colonorum Daud. » tuberculata Gray. » himalayana Steind. » stellio Linne. 3. Phrynocephalus Theobaldi Blytn. » mystaceus Pall. . Amnphibolurus Decresii D.B. >» muricatus White. > barbatus Cuv. . Lophura amboinensis Schloss. . Liolepis Bellii Gray. . Uromastix spinipes Daud. > Hardwickii Gray. . Molochus horridus Gray. Java. Kachh. Ceylon. Tengger - Gebirge, Ost- Java. Andamanen. Duke ot York-Inseln. Birma. Darjeeling. Java. Java. Caleutta. Indien. Indien. Parisnath. Syrien. Ägypten. Cap. Cap. Dagana. Kotegurh. Kargil, Leh. Griechenland, Syrien. Rupshu Lei, Kloster Hanle. Umgebung des Caspi- Meeres. Seven Hills bei Adelaide. Neuholland. Neuholland. Zamboanga. China. Ägypten. Indien. Australien. Skelet der Agamıdae. 1091 Sämmtliche Thiere sind der herpetologischen Sammlung des Museums entnommen, welche mir von meinem hoch- verehrten Chef, Herrn Hofrath Director Dr. F. Steindachner, in der liberalsten Weise zur Bearbeitung übergeben wurden. Ich erfülle daher eine angenehme Pflicht, ihm für die Über- lassung des werthvollen Materiales meinen besten Dank aus- zusprechen. Zur leichteren Orientirung folgt hier anschliessend die Synonymie für jene Arten, welche in der Literatur noch die alten, in der heutigen Systematik nicht mehr gebräuchlichen Namen führen. Draco viridis'= Draco volans Linne. Lyriocephalus margaritaceus? — Lyriocephalus scutatus IL na, Galeotes lophyrus® | = Gonyocephalus chamaeleontinus Lophyrus giganteus? \ Laur. Agama aspera * ] ED Ale Re a 0 Asamahispida Sinne » orbicularis?\ Stellio vulgaris® |} » cordylinus ”\ Grammatophora barbata?—= Amphibolurus barbatus Cuv. Istinrus amboinensis? = Lophura amboinensis Schloss. Leiolepis guttata® = Liolepis Bellii Gray. Bei einer Art, welche Cuvier (17) als Agama umbra bezeichnet hat, konnte die Synonymie nicht klargestellt werden. In Folge meiner Abreise zur österreichischen Tiefsee- — Agama stellio Linne. . Expedition in das Rothe Meer war es mir nicht mehr ermöglicht, die für diese Abhandlung bestimmten sechs Tafeln beizufügen. Dieselben werden jedoch mit Bewilligung von Seite der kaiser- lichen Akademie nach meiner Rückkehr nachträglich erscheinen. A. Kopf. Salverda (öl) hat die Schädel der Saurii sguamati nach der äusseren Gestalt ähnlich wie Cuvier (17) in zwei Typen untergetheilt. Zu dem einen Typus gehören die Varanidae mit medeman (ol), = Rathke (90), 32Schlesel (52), * Bral (21), 5 Nitzsch (43), 6 Blanchard (5), ? Parker (46), 8 Mehnert (41). 1092 F. Siebenrock, einem Nasenbein und einem paarigen Stirnbein. Der zweite Typus umfasst alle übrigen Saurier, welche im Gegensatze zu dem ersteren zwei Nasenbeine und nur ein Stirnbein besitzen. Die einzige Gattung Lacerta mit getheiltem Stirnbein wird davon ausgenommen, während die Chamaeleonidae, obwohl ihr Schädel in der allgemeinen Form bedeutend abweicht, dem zweiten Typus beigezählt werden. Diese Eintheilung ist wohl nach dem heutigen Stande der Dinge hinfällig geworden, denn weder das unpaarige Nasen- bein noch das paarige Stirnbein zeichnet die Varanidae vor den übrigen Sauriern aus. Wie von mir (55 und 56) nach- gewiesen werden konnte, ist auch bei Brookesia und Uroplates das Nasenbein unpaarig. Viel häufiger als Salverda geglaubt hat, begegnen wir unter den Sauriern der Paarigkeit des Stirn- beines, denn ausser bei Lacerta finden wir diese auch bei Tachydromus, Psammodromus und Algiroides. Ferner besitzen ein paariges Stirnbein die Scincoiden - Gattungen Eaimeces, Chalcides und Scinceus, unter den Anguidae Ophisaurus und Angnis, die Gerrhosauridae, Heloderma, Anniellidae, Anely- tropidae, Amphisbaevidae und einige Geckonidae. | Es dürfte kaum gelingen, die Saurier nach dem Baue ihres Schädels in grössere Gruppen zu theilen, sollte dabei auf alle einzelnen Knochen Rücksicht genommen werden. Begegnen wir doch schon bei vielen Arten innerhalb einer Gattung im Baue des einen oder anderen Knochens sehr grossen Ver- schiedenheiten, geschweige denn bei einer umfangreichen Familie. Gerade die Agamidae werden uns sehr klar vor Augen führen, welche Mannigfaltigkeit im Baue und in der Anordnung mancher Knochen vorkommen kann. Im Allgemeinen lässt sich der Schädel der Agamidae, wenn man auf seinen Bau nicht weiter Rücksicht nimmt, ın zweierlei Formen scheiden, in eine schmale, seitlich zusammen- gedrückte und eine breite, plattgedrückte Form. Erstere findet man hauptsächlich bei den auf Bäumen lebenden Arten, während die letztere ausschliesslich den auf der Erde vorkommenden Vertretern der Familie eigenthümlich ist. Aber durchaus nicht alle auf dem Boden lebenden Arten besitzen den breiten, platt- gedrückten Schädel, sondern einige von ıhnen könnte man Skelet der Agamidae. 1093 wegen der schmalen Form für Baumbewohner halten, wären uns nicht die gemachten Beobachtungen überliefert, dass die betreffenden Thiere wirklich auf dem Boden leben. Eine schmale, zusammengedrückte ‚Form des Schädels besitzen die Gattungen Draco, Gonyocephalus, Lyriocephalus, Acanthosaura, Japalura und Calotes, welche ausnahmslos Baumthiere sind. Die Gattung Sitana, deren Schädel beinahe noch schmäler als von Draco ist, soll jedoch nach den Mit- theilungen Blanford’s und Jerdon’s in G. Boulenger: »The Fauna of British India, including Ceylon and Burma; Reptilia and Batrachia. London, 1890« eine reine Bodeneidechse sein; p. 115; »Sitania is purely a ground-lizard; it is found in open country as well as in woods.« Auch Lophura amboinensis würde man nach ihrer Schädelform für eine ausgesprochene Baumeidechse halten, während sie nach den Angaben Valen- tyn’s in: »G. Shaw, General Zoology, Vol. II, Part 1. London 1802« nur an den Ufern der Flüsse oder auf den in deren Nähe wachsenden Gesträuchern lebt, aber niemals auf grössere Bäume klettert. Das Thier flüchtet sogar bei drohender Gefahr nicht auf Bäume, sondern stürzt sich in das Wasser und ver- birgt sich unter den Steinen. Unter jenen Gattungen, welche auf dem Boden leben, finden wir bei Agama, Phrynocephalus, Amphibolurus, Uromastix und Molochus die breite Schädelform vor. Diese verschmälert sich aber wieder bedeutend bei Charasia und Liolepis, so dass sie für Baumthiere gehalten werden könnten, während beide Gattungen ausgesprochene Bodenbewohner sind. Man hat in den älteren systematischen Handbüchern ver- sucht, die Agamidae in dendrophilae und humivagae ein- zutheilen. Davon wurde in neuerer Zeit gänzlich Abstand genommen, da es an sicheren Merkmalen fehlte, um die eine Gruppe von der anderen trennen zu können. Auch in osteo- logischer Beziehung war es unmöglich, Verschiedenheiten zu finden, welche eine solche Trennung erlauben würden, obwohl es ja nicht unmöglich wäre, dass die verschiedene Lebens- weise im Baue und in der Anordnung der Bewegungsorgane zum Ausdruck käme. Nicht einmal die Zähne weichen in irgend einer Weise von ihrer der ganzen Familie eigenthümlichen 1094 F. Siebenrock, Beschaffenheit ab, obwohl viele Gattungen davon insectivor und andere herbivor sind. Das Cranium, welches zur Umschliessung des Gehirnes dient, ist nur in seinem hinteren Abschnitte aus knöchernen Wandungen zusammengesetzt, nach vorne wird es durch knorpelig-häutige Gebilde ergänzt, wodurch eine beiläufig ovale Cranialhöhle entsteht. Der knöcherne Theil des Craniums setzt sich wieder aus zwei Segmenten zusammen, von denen das hintere oder Occipitalsegment in vier, das vordere oder Sphenoi- dalsegment in fünf Knochen zerfällt. Alle diese Knochen ver- wachsen bei den Agamidae so wie bei den übrigen Sauriern im erwachsenen Stadium zu einem soliden Knochenring, während sie bei den übrigen Reptilien, also bei den Crocodilen, Schild- kröten und Schlangen zeitlebens getrennt bleiben. Diese merk- würdige Thatsache wurde bisher niemals besonders hervor- gehoben, obwohl es nicht an Abhandlungen fehlt, welche sich sehr eingehend mit dem Baue des Wirbelthierschädels be- schäftigen. Das Cranium der meisten Agamidae zeichnet sich durch eine Eigenthümlichkeit aus, welche bisher in keiner anderen Saurierfamilie beobachtet werden konnte. Es besitzt nämlich an der oberen Cranialwand beiderseits an der Vereinigung des Supraoccipitale mit dem Otosphenoideum ein rundes oder ovales Loch, welches von einer Membran verschlossen ist. Dieses Foramen sphenoocecipitale (f.s. o.) ist bei den Gattungen Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus, Acanthosaura, Japalura, Calotes, Charasia, Agama, Phrynocephalus, Amphi- bolurus und Lophura anwesend, während es bei Liolepis, Uro- mastix und Molochus spurlos fehlt. Es verschwindet nicht im gereiften Alter, wie dies bei den Löchern, welche bei jungen Agamidae zwischen gewissen Gesichtsknochen gefunden werden, der Fall ist. Dieses Foramen sphenooceipitale scheint bei den auf Bäumen lebenden Gattungen grösser zu sein, als bei den Bodenbewohnern. Das Oceipitalsegment zerfällt bei jungen Thieren in das Basioccipitale, die beiden Pleuroccipitalia und in das Supra- oceipitale. Alle vier Knochen umgrenzen das Foramen occi- pitale (f. oc.), welches vertical gestellt und rund ist; nur bei Skelet der Agamidae. - 1095 Draco und Molochus scheint es mehr einem Ovale zu gleichen. An seiner Basis ragt der unpaarige halbmondförmige Condylus oceipitalis (c. oc.) hervor, dessen mittlerer Theil vom Basi- occipitale und seitlich von den beiden Pleuroceipitalia gebildet wird. Das Basioccipitale (b. o.), Occipital basilaire Cuvier, Oceipital inferieur Blanchard, Occipitale inferiore o. Basi- occipitale Calori, Pars basilaris occipitis Salverda, hat die allen Sauriern eigenthümliche pentagonale Form. Die Kanten gleichen sich fast in der Länge, und von den fünf Ecken springt nur die rückwärtige bedeutender hervor, um die Pars condy- loidea medialis zu bilden, welche durch ihre Grösse die gleichbenannten Theile an den Pleuroceipitalia bedeutend über- ragt. Die obere Fläche des Basioccipitale ist concav, die untere Bonvex vous letzterer entspringen die Deiden Tubereula sphenooceipitalia (ft. s. o.), welche bedeutende Hervor- ragungen zum Ansatze von Kopfmuskeln bilden. Sie sind an ihrer oberen Partie bei Draco, Calotes, Agama, Amphibolurus, Liolepis und Uromastix rinnenförmig vertieft, womit sie die untere knöcherne Hälfte der kurzen Eustach’schen Röhre her- stellen. Die Ineisura jugularis fehlt bei allen hier unter- suchten Arten ausser bei Draco volans, Calotes jubatus, Liolepis guttatus und Uromastix; besonders gross ist dieselbe bei Liolepis guttatus. Das Basioceipitale verbindet sich hinten mit den Pleur- oceipitalia, vorne seitlich mit den Otosphenoidea und vorne in der Mitte mit dem Basisphenoideum. Das paarige Pleuroceipitale (p. o.), Oceipital lateral Cuvier, Oceipitaux lateraux Blanchard, Occipitale laterale Calori und Salverda, ist von polygonaler Form und dient sowohl zur seitlichen Begrenzung des Foramen oceipitale, als auch zur Umschliessung des Gehörorganes. Betrachtet man das Pleuroccipitale von der Innenseite, so sieht man genau wie bei Lacerta, dass selbes in einem früheren Stadium aus zwei Theilen bestanden haben muss. Der mediale, mehr hinten gelegene Theil ist ein solider Knochenbogen, welcher das Foramen oceipitale begrenzt und unten die Pars condyloidea ateralis bildet. Der laterale, mehr nach vorne gelagerte Theil besteht hauptsächlich aus Hohlräumen für das Gehörorgan und 1096 F. Siebenrock, entsendet an seiner Aussenfläche den Processus paroticus. Diese beiden Theile bleiben unter den Reptilien nur bei den Cheloniern zeitlebens getrennt, während sie bei den Sauriern, Crocodilen und Ophidiern schon vor dem Verlassen des Eies zu einem Knochen verschmelzen. Nur bei Hatteria bleibt die Trennung eine Zeit lang über das postembryonale Leben erhalten, so dass man bei ziemlich grossen Thieren die Selbst- ständigkeit der beiden Knochen noch constatiren kann. Das Getrenntsein des Pleuroccipitale in zwei Knochen bei den Cheloniern veranlasste Hoveley (35) zur Aufstellung seiner Ötica-Theorie, welche aber dadurch hinfällig wurde, dass am Supraoceipitale auch in den frühesten Entwicklungsstadien die Selbständigkeit der Epiotica niemals nachgewiesen werden konnte. Die Aussenseite des Pleuroceipitale ist concav, ihre mediale Kante begrenzt bogenförmig das Foramen occipitale und schwillt unten zur Pars condyloidea lateralis (p. ce.|.) an. Ober derselben entspringt seitlich der Processus paroticus (p- p.); er ist sehr verschieden in seiner Länge, und zwar am längsten bei Uromastiv, am kürzesten bei Molochus. Seine untere Partie ist rinnenförmig und das Ende etwas verbreitert. Der Processus paroticus steht mit dem Squamosum, Para- quadratum,! Quadratum und Parietale in Verbindung. Zwischen der Pars condyloidea lateralis und dem Processus paroticus liegen die Nervenlöcher für das 9.,10. und 12. Gehirn- nervenpaar. Ihre Zahl schwankt zwischen zwei und drei auf jeder Seite; vier Nervenlöcher wie bei den Scincoiden, Anguiden, Gerrhosauriden und den Lacertiden findet man bei den Aga- miden niemals. Bei Agama kommt es zuweilen vor, dass an der Innenfläche für den Nervus hypoglossus inferius ein separates Nervenloch vorhanden ist. Es verschmilzt aber während des Durchbruches durch den Knochen immer mit dem Foramen nervi glossopharyngei, so dass dann aussen im Ganzen nur drei Nervenlöcher sichtbar werden. Die Gattungen Gonyo- cephalus, Japalura, Calotes, Charasia, Agama, Phrynocephalus, Diese beiden Knochen wurden von mir in den früheren Abhandlungen als Supratemporale und Squamosale bezeichnet. ge Skelet der Agamidae. 1097 Lophura und Liolepis besitzen drei Nervenlöcher, und zwar zunächst der Basis des Processus paroticus das Foramen nervi hypoglossi (XII), neben der Pars condyloidea lateralis das Foramennervivagıi(X) und zwischen beiden oder unter- Kalos des, ersteren’das Bovamen’mervi glossopharyngei (IN). Bei den Gattungen Draco, Sitana, Lyriocephalus, Acantho- saura, Amphibolurus, Uromastix und Molochus sind nur zwei Nervenlöcher anwesend, denn das Foramen für den Nervus glossopharyngeus fehlt, weshalb er gemeinschaftlich mit dem Nervus hypoglossus aus der Schädelhöhle heraustritt. Die Form dieserNervenlöcher zeigt sich ausserordentlich verschieden. Das Foramen nervihypoglossi ist entweder schlitzartig wie beiDraco, Sitana, Lyriocephalus,Gonyocephalus,Japalura, Agama, Phryno- cephalus, Amphibolurus Decresii, Lophura, Liolepis, Uromastix und Molochus, oder rund wie bei Acanthosaura, Calotes, Charasia, Amphibolurus barbatus und muricatus. Es ist zumeist bedeutend grösser als das Foramen nervi vagi, obwohl auch wie bei Gonyocephalus und Japalura das Gegentheil der Fall sein kann. Lateral und etwas unterhalb vom Foramen nervi hypo- glossi setzt sich der Recessus scalae tympani (r. t.) aus dem Foramen jugulare (f.j.) und dem mehr nach vorne gerlecktenKoramen eochleare seu rotundum (€. co.) zu. sammen. Er ist bei allen Gattungen mehr weniger oval und nur vom Pleuroccipitale allein umschlossen, mit Ausnahme von Draco volans, Calotes jubatus, Liolepis guttatus und Uromastix, bei denen das Foramen jugulare erst durch die Beihilfe des Basioceipitale ergänzt wird. An der Basis des Processus paroticus liegt etwas oberhalb des Recessus scalae tympani die Incisura vestibuli (i. v.), welche durch das Otosphenoideum zum Foramen vestibuli seu ovale (f. v.) vervollständigt wird. Letzteres gleicht meistens dem Recessus scalae tympani an Grösse, übertrifft ihn aber erheblich bei Lyriocephalus, Gonyocephalus Kuhlii und Phryno- cephalus und ist nicht oval, sondern fast kreisrund. Die concave Innenseite des Pleuroceipitale bildet das hintere Drittel der Gehörhöhle, und wird durch die Crista cochlearis (ce. co.) in das oberhalb liegende Vestibulum (v.) 1098 F. Siebenrock, und unten in die Cochlea (c.) getrennt. Das Vestibulum vertieft sich mitten zur hinteren Ampullenhöhle (h. a.), in welche der Canalis semicircularis frontalis und an deren oberem Umfange das runde Orificium canalis semicircularis horizontalis (s. h.) einmündet. Die laterale Kante ist unten zur Incisura vestibuli (i. v.) ausgeschnitten. Die Cochlea besitzt nur das Foramen cochleare seu rotundum (f. co.), zu welchem bei der Gattung Agama noch ein zweites Foramen x hinzukommt, welches ober dem ersteren liegt und eine weitere Communication zwischen den beiden Hohl- räumen herstellt. An der oberen Kante der Vestibularwand sieht man das Foramen canalis semicircularis frontalis (fo. f.) und an der lateralen Kante das Foramen canalis semicircularis horizontalis (fo. h.). Das Pleuroceipitale steht unten mit dem Basioceipitale, oben mit dem Supraoccipitale und vorne mit dem Otosphenoi- deum in Verbindung. Ausserdem legt sich an das laterale Ende des Processus paroticus, wie früher hervorgehoben wurde, das Squamosum, das Paraquadratum, das Quadratum und das Parietale an. Das Supraoccipitale (s. o.), Oceipital superieur Cuvier und Blanchard, Occipitale superiore Calore, Achterhoofds- schub Salverda, bildet mit den beiderseitigen Enden das obere Drittel der Gehörhöhle, mit dem mittleren Bogenstück den oberen Theil des Foramen oceipitale. Die Seitenstücke wurden von Hooley (35) als Epiotica bezeichnet, weil sie nach seiner Anschauung von einem sepa- raten Centrum entstanden sind, p. 223: »But the study of development has shown that this part of the supraoceipital is, in many, if notall, Reptiles and Birds, developed from a separate centre, which subsequently coalesces with the supraoccipital; so that, just as the opisthotic in these animals ordinarily coalesces with the exoccipital, the epiotic anchyloses with the supraoccipitalse. Dem tritt Baur (2 und 3) mit der Begründung entgegen, dass die Selbständigkeit des Epioticum nicht einmal an Chelonier-Embryonen nachzuweisen sei, obwohl dies bei ihnen am ehesten der Fall sein würde, weil sich auch das Paroceipitale als freier Knochen zeitlebens erhält. Bei eine Skelet der Agamidae. 1099 sehr jungen Lacerta Simonyi Steind. hielt ich (57) die Ein- schnitte an der hinteren Kante des Supraoccipitale, welche an der Vereinigung des Bogenstückes mit den Seitentheilen liegen, für den Überrest einer ehemaligen Trennung des Supraoccipi- tale in drei besondere Stücke, weil überdies noch von den Ein- schnitten gegen den vorderen Rand hin zarte Furchen ziehen er ar IV,DEig: 23). Der Bogen des Supraoccipitale ist bei den meisten Arten sehr breit, bei Phrynocephalus aber sehr schmal. Die hintere, halbmondförmig ausgeschnittene Kante begrenzt das Foramen occipitale, die vordere wird durch eine Membrane mit dem Parietale ‚verbunden. An der Oberfläche erhebt sich in sagittaler Richtung ein niedriger Kamm, welcher vorne als Processus ascendens (p.as.) endigt und durch ein kurzes Knorpel- stück mit dem Parietale in Verbindung steht. Bei Draco, Gonyocephalus, Calotes, Charasia und Amphibolurus ist er sehr lang, bei Phrynocephalus und Molochus kaum wahr- nehmbar. Jeder Seitentheil enthält eine halbkugelförmige Vertiefung, das Dach des Vestibulum. In dieses mündet oben die Com- missur (cms.) ein, welche durch das Zusammentreffen des Orificium canalis semicircularis frontalis und sagittalis entsteht. Die innere Vestibularwand wird vom Aquaeductus sylvii in schiefer Richtung von aussen und oben nach innen und unten durchbohrt, wesshalb das Foramen aquaeducti sylvii ERS mumanoneri lteotmalsı dasıR. ass. interrmumla. s).. Bei Liolepis, Uromastix und Molochus sieht man in gleicher Weise wie bei den meisten Saurier-Familien an der vorderen Kante des Vestibulum das Foramen canalis semicircularis sagittalis (fo.s.) und an der hinteren Kante das Foramen canalis semicircularis frontalis (fo. f.). Bei den übrigen hier in Betracht kommenden Gattungen ist der Canalis semi- eircularis sagittalis durch einen Ausschnitt von der Vestibular- wand abgetrennt, wesshalb er einen besonderen Fortsatz bildet, an dessen Ende das Foramen canalis semicircularis sagittalis liegt. An dessen vorderem Umfange entspringt die obere Hälfte des Processus trabeculae superior (p. t. s.), während die untere Hälfte dem ÖOtosphenoideum angehört. Der Processus 1100 F. Siebenrock, trabeculae superior ist bei Calotes am längsten, bei Agama und Molochus am kürzesten. Das Supraoccipitale verbindet sich vorne mit dem ÖOto- sphenoideum, hinten mit dem Pleuroccipitale. Das Sphenoidalsegment bildet die vordere Partie des knöchernen Cranium und stützt mit theils knöchernen, theils knorpeligen Gebilden den häutigen Theil desselben. Es zerfällt bei jungen Thieren in das Basisphenoideum, von welchem das Parasphenoideum entspringt, und in die beiden Otosphenoidea. Ferner liegen in der häutigen Schädelwand die beiden Orbito- sphenoidea, welche sich nach vorne im Septum interorbitale als Praesphenoideum fortsetzen. Das Basisphenoideum (b. s.), Sphenoide Cuvier und Blanchard, Corpo dello sfenoide Calori, Os sphenoideum Salverda, nähert sich in der Grundform einem quergestellten Rechtecke, dessen obere Fläche concav ist und mit dem Basi- occipitale den knöchernen Boden der Gehirnhöhle bildet. Nach Calori besteht das Basisphenoideum bei Platy- dactylus muralis aus vier Stücken, dem Corpo dello sfenoide posteriore, corpo dello sfenoide anteriore und den beiden piccole ale dello sfenoide, welche Bezeichnungen er auch auf die übrigen Saurierköpfe übertragen hat. Von Parker (47) wurde jedoch nachgewiesen, dass sich das Basisphenoideum nicht aus einem Paar hinter-, sondern nebeneinander liegender Knochenpunkte entwickelt hat, welche nach beiden Seiten die Processus pterygoidei entsenden. Somit ist die Darstellung Calori'’s eine irrige. Die untere Knochenlamelle des Basisphenoideum ragt über die hintere Kante etwas hervor und schiebt sich unter die vordere Kante des Basioccipitale darunter. Ihre beiden Ecken sind bei Gonyocephalus Godeffroyi, Lophura amboinensis, Uro- mastix und Molochus in ziemlich lange, abwärts gekehrte Fort- sätze ausgezogen, welche sich an die Tubercula sphenooeci- pitalia anlegen und daher ihren vorderen Umfang bilden. Die vordere, etwas eingebuchtete Kante stellt dasDorsum ephippii (d. e.) dar; ihre Ecken ragen bei Acanthosaura, Amphibolurus und Uromastix stärker hervor als bei den übrigen Gattungen Skelet der Agamidae. OT und verbinden sich mit den absteigenden Ästen des knorpeligen Orbitosphenoideum. An der unteren Fläche des Basisphenoideum entspringen SieabeicenL Locessmisıpreryeoiden(p. pt), desen Endenbei den Gattungen mit breitem plattgedrückten Schädel viel mehr nach vorne gerichtet und divergirend sind als bei den schmal- köpfigen. Ihre Länge ist weniger verschieden als ihre Breite. An der äusseren Fläche der mässig verbreiterten Enden articulirt das Pterygoideum. Zwischen den Processus pterygoidei setzt sich das Basi- sphenoideum in das Parasphenoideum fort und bildet mit der vorderen Kante des ersteren die Fossa hypophyseos (f.hy.). Am Grunde derselben entspringen die beiden Processus Bealbreiennl are immertomese (pl Mrundrerstreeken! sich an der oberen Fläche des Parasphenoideum nach vorne. Das Basi- sphenoideum wird von drei Paar Canälen durchzogen, deren Öffnungen theils in der Fossa hypophyseos, theils unter der- selben liegen. Medial von den Processus trabeculae inferiores führt das Foramen earotieum internum (f. ca.) in einen kurzen Canal, welcher in den Canalis Vidianus einmündet. An den Enden des Dorsum ephippii liegt das Foramen für einen ers den Carotis intennasi(t. ca.), welcher dureh einen kurzen Canal an der oberen Fläche des Basisphenoideum in die Schädelhöhle eindringt. Endlich durchbricht der Canalis Vidianus den Processus pterygoideus an seiner Basis in sagittaler Richtung, daher findet man an seinem vorderen Um- fange unter der Fossa hypophyseos das Foramen canalis Vidiani anterius (f.v.a.) und hinter ihm, unter der seitlichen Kante des Basisphenoideum das Foramen canalis Vidiani Bostenüus (Üv.Bp.). Das Basisphenoideum verbindet sich hinten mit dem Basi- oceipitale, vorne mit der häutigen Schädelwand, oben mit den Ötosphenoidea und unten durch die Processus pterygoidei mit den Pterygoidea. Das Parasphenoideum (pa.s.), Rostro sfenoidale Calori, bildet einen schwertklingenförmigen Fortsatz des Basisphenoi- deum, welcher sich zwischen den Pterygoidea zur Nasengegend hin erstreckt und spitz endigt. An seiner oberen Fläche Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 72 1102 F. Siebenrock, verlaufen die unteren Schädelbalken zur Nasenhöhle, während die untere Fläche von der Mundschleimhaut überkleidet. ist. Nicht bei allen Agamidae verknöchert das Parasphenoideum, welches wenigstens doppelt so lang als das Basisphenoideum ist, sondern bei Lyriocephalus, Calotes jubatus, Calotes crista- tellus und Molochus bleibt es beständig Knorpelig - häutig, Während also die übrigen hier berücksichtigten Calotes-Arten ein knöchernes Parasphenoideum besitzen, zeichnen sich die beiden obgenannten Arten durch ein knorpelig-häutiges aus. Schon Salverda (51) bemerkt, dass bei Calotes (cristatellus) und Histiurus der lange Stiel, in welchen sich das Grund- stück des Keilbeines verlängert, sehr kurz ist. Von der letzteren Gattung ist die Angabe unrichtig, denn sie besitzt ein ganz normal entwickeltes, knöchernes Parasphenoideum. Das paarige Otosphenoideum (o. Ss.) Rocher Cuvier,! Blanchard, Grande ala dello sfenoide Calori, Ala magna Salverda, schliesst mit seiner blasigen Erweiterung vorne die Gehörhöhle ab und verbindet sich durch seine Fortsätze, welche an der äusseren Fläche entspringen, mit den Nachbar- knochen. Der schuppenartige Processus posterior supe- rior (p. p. S.) heftet sich seiner ganzen Länge nach an die Vorderfläche des Processus paroticus an; er ist aber um ein Drittel kürzer als dieser. Die Ala otosphenoidea fehlt fast allen Gattungen, dafür bildet der stets sehr stark hervortretende Canalis semicircularis sagittalis den vorderen Rand und mit dem unterhalb liegenden Processus anterior inferior (P. a.1.) die Incisura otosphenoidea (1. ot.), welche durch die häutige Schädelwand in das Foramen nervi trigemini um- gestaltet wird. Fischer (22) berichtet auf S. 19, dass bei Lophura amboi- mensis der dritte Ast des Nervus trigeminus durch eine be- sondere Öffnung den Schädel verlassen soll, wie dies von mir (96) bei Uroplates fimbriatus constatirt wurde. An dem von mir untersuchten ZLophura-Schädel ist von einem solchen Loch ! In meiner früheren Abhandlung: »Das Skelet der Lacerta Simonyi Steind. und der Lacertidenfamilie überhaupt« in diesen Sitzb., Bd. CIII, Abth. I, 1894, steht bei der Synonymie irrthümlicherweise Alisphenoid Cuvier statt Rocher Cuvier. Skelet der Agamidae. 1105 keine Spur vorhanden und die Incisura otosphenoidea überein- stimmend mit den übrigen Agamidae gebildet. An der Innenfläche des Otosphenoideum entspringt etwas über der Incisura otosphenoidea ein kurzer, spitzer Stachel, welcher nach vorne gekehrt und, wie es scheint, allen Agamidae eigenthümlich ist. Die Crista otosphenoidea zieht scharf- tandig vom Processus posterior superior in schiefer Richtung abwärts zum Basisphenoideum, bildet den Sulcus venae jugularis und beherbergt hinten das KForamen vestibuli, weiter vorne das Foramen nervi facialis (VIl). Am wenigsten ist die Incisura venae jugularis bei Lvriocephalus und Molochus entwickelt, speciell bei der letzten Gattung nur angedeutet. Der innere Theil des Otosphenoideum zerfällt in die vordere Hälfte des Vestibulum (v.) und der Cochlea (ce.). Das oben liegende Vestibulum vertieft sich medial in die vordere Am- pullenhöhle, welche aus der Vereinigung der Ampulla sagittalis und der Ampulla horizontalis hervorgeht und durch das Foramen cavi ampullarum anterioris mit dem Vestibulum communieirt. In der vorderen Ampullenhöhle liegt lateraldasForamen canalissemicircularishorizontalis, medial das Foramen nervi acustici, ramus vestibularis (VII) und vorne das Foramen canalis semicircularis sagittalis. Die Cochlea, welche durch die nur wenig vortretende Crista cochlearis (c. co.) vom Vestibulum abgetheilt wird, buchtet sich oben zum Semicanalis seu Canalis Iympha- ticus (Ss. 1.) ein. Er ist schief gestellt und bei Agama so breit, dass er den eigentlichen Cochlearaum auf ein Minimum reducirt. An der medialen Cochleawand liegt ein Einschnitt, welcher gemeinschaftlich mit dem anstossenden Pleuroccipitale das Foramen nervi acustici, ramus cochlearis (VIII’) umschliesst. Nur bei Sitzana und Gonyocephalus wird dasselbe in überein- stimmender Weise mit den meisten Sauriern vom Otosphenoi- deum allein gebildet. Neben dem lateralen Rande des Vestibulum findet man an der Basis des Processus posterior superior das Foramen canalis semicircularis horizontalis (fo. h.) und unterhalb am Rande selbst die Incisura vestibuli (i.v.). Das Foramen TR 1104 F. Siebenrock, canalis semieircularis sagittalis (fo. s.) liegt auch hier wieder nur bei Uromastix, Liolepis und Molochus am oberen Rande, während bei den anderen Gattungen das obere Ende des Canalis semicircularis sagittalis in derselben Weise wie beim Supraoeccipitale einen Fortsatz bildet. Von dessen vorderem Umfange entspringt die untere Hälfte des Processus trabe- culae superior (p. t. s.). Hinter der Inceisura otosphenoidea stellt eine querovale Vertiefung an der äusseren Fläche der vorderen Vestibularwand den Porus acusticus internus (po. i.) dar, welcher aber mit Ausnahme von Sitana und Gonyo- cephalus erst durch das Pleuroccipitale vervollständigt wird. Im vorderen Theile liegst das Foramen nervi acustici, ramus vestibularıs, hinten das Foramen nervi acustici, ramus cochlearis und unter dem Porus acusticus internus das Foramen nervi faeialis internum. Das Otosphenoideum verbindet sich oben mit dem Supra- oceipitale, unten mit dem Basioccipitale und Basisphenoideum, vorne mit der häutigen Schädelwand und hinten mit dem Pleur- oceipitale. Die Bogencanäle und Ampullen treten bei vielen Gattungen, und zwar hauptsächlich bei jenen, welche auf Bäumen ieben, aber auch bei den Bodenbewohnern Sitana, Charasia und Phrynocephalus als deutliche Wülste hervor. Diese sind jedoch nicht nur bei jugendlichen Thieren gut sichtbar, sondern auch bei vollkommen ausgewachsenen, so dass ihr Verlauf ganz genau: verfolgt werden kann. An der Oberfläche des Supra- occipitale beginnt der Canalis semicircularis frontalis seitlich vom Processus ascendens, er zieht als runder Wulst über die hintere Cranialwand und endigt zwischen Condylus oceipitalis und Foramen vestibuli als Ampulla canalis semicircularis frontalis. Der Canalis semicircularis sagittalis entspringt un- mittelbar vor dem vorhergehenden; er erstreckt sich nach vorne, bildet den vorderen Rand des Otosphenoideum und erweitert sich oberhalb der Ineisura otosphenoidea zur Ampulla canalis semicircularis sagittalis. Schliesslich sieht man an der hinteren Cranialwand oberhalb der Ampulla des frontalen Bogens den Beginn des Canalis semicircularis horizontalis; er durchbricht den Processus paroticus an seiner Basis und läuft . Skelet der Agamıdae. 1105 an der seitlichen Cranialwand nach vorne, um neben der Ampulla des sagittalen Bogens als Ampulla canalis semi- eircularis horizontalis zu endigen. Bei den Gattungen Agama, Amphibolurus, Lophura, Lio- lepis, Uromastix und Molochus sind diese Gebilde nur bei jungen Thieren sichtbar, mit zunehmendem Alter werden sie von der äusseren Knochenlamelle fast ganz verdeckt, so dass sie kaum mehr wahrzunehmen sind. Die Innenwände des Cranium werden von der Dura mater überkleidet, welche sowohl als äussere Hülle des Gehirnes fungirt, als auch die Stelle des Periostium vertritt. Sie verlängert sich über den vorderen Cranialrand hinaus, verläuft an der unteren Fläche des Parietale und bildet die vordere Schädel- wand. Sie erstreckt sich dann an der unteren Fläche des Frontale in die Nasenhöhle hinein, den engen Canalis olfactorius umschliessend, und steigt als Septum interorbitale nach ab- wärts, wo sie sich mit den beiden unteren Schädelbalken verbindet. Die Dura mater ist es auch, welche bei den jungen Thieren die Fontanellen des Schädels bildet. Das paarige Orbitosphenoideum (or, s.), Aile orbitaire Cuvier, Ala ingrassiale Calori, wurde von Salverda (öl) sowohl in den Abbildungen als auch in der Beschreibung weg- gelassen. Es stellt einen kleinen, verschiedenartig geformten Knochenbogen dar, welcher um den hinteren Rand des Fo- ramen opticum (II) gelagert und durch theils knöcherne, theils knorpelige Fortsätze mit der Nachbarschaft verbunden ist. Somit besteht es aus einem knöchernen und knorpeligen Theil. Bei den meisten Gattungen ist das Orbitosphenoideum sehr einfach gebaut. Es bildet einen schmalen Knochenbogen, von dessen oberem, etwas verbreitertem Ende ein kurzes verkalktes Knorpelstück aufwärts zieht und sich mit der unteren Wand des Canalis olfactorius verbindet. Ausserdem ist das obere Ende noch unmittelbar an dem Praesphenoideum angeheftet. Das untere Ende steht durch ein kurzes meist verkalktes Knorpel- stück ebenfalls mit dem Praesphenoideum in Verbindung. Etwas complicirter wird das Orbitosphenoideum bei Gonyocephalus Godeffroyi, bei der Gattung Agama und Molochus, denn von der hinteren Kante des Knochenbogens entspringt ein ver- 1106 P? Siebenrock, schieden langer Fortsatz, welcher durch einen Knorpelstreifen bis zum Parietale hin verlängert wird, und sich mit dem oberen Schädelbalken verbindet. Dadurch entsteht in der häutigen Schädelwand ein vorderes, dreieckiges und ein hinteres un- gefähr viereckiges Fenster, welches das erstere an Grösse bedeutend überragt. Das vordere Fenster wird vorne und hinten vom Orbitosphenoideum und oben vom Schädelbalken begrenzt; das hintere Fenster vorne vom Orbitosphenoideum, hinten vom Otosphenoideum, oben vom Parietale und unten vom Basi- und Praesphenoideum. Noch mehr breitet sich das Orbitosphenoideum bei den Gattungen Acanthosaura, Amphibolurus und Uromastix aus, indem sich der rückwärtige Knorpelstreifen in einen auf- steigenden Ast, welcher sich mit dem oberen Schädelbalken verbindet, und in einen absteigenden Ast theilt. Der letztere zieht abwärts zum vorderen Rande des Otosphenoideum, umgibt halbkreisförmig die Ineisura otosphenoidea und setzt sich an den vorderen Winkel des Basisphenoideum an. Dadurch ent- stehen in der häutigen Schädelwand drei Fenster, ein vorderes, ein hinteres oberes und ein hinteres unteres Fenster. Ersteres wird vorne und hinten vom Orbitosphenoideum, oben vom Schädelbalken begrenzt; das zweite vorne vom Orbitosphenoi- deum, hinten vom Otosphenoideum und oben vom Schädel- balken; das letzte vorne und hinten vom Orbitosphenoideum, unten vom Basi- und Praesphenoideum. Man findet somit bei den zuletzt genannten Gattungen die gleiche Anordnung wie bei den Lacertiden. Das Orbitosphenoideum wird von Cope (16) als »postoptic« bezeichnet und auf Seite 189 in folgender Weise beschrieben: »] remark that it is typically triradiate, sending two branches upwards and one downwards. This is its character in Agamidae, Varanidae and Tiidae. The posterior superior branch is much reduced in many Iguanidae and Lacertidae and in some Agamidae (Megalochilus), and it is absolutely wanting in Gerrhosaurus and Chamaeleon.« Aus meiner Darstellung geht hervor, dass der hintere obere Fortsatz bei den Agamidae nicht nur sehr reducirt, sondern bei vielen Gattungen sogar voll- ständig fehlen kann. Eine besondere Erwähnung verdient noch der Bau des Orbitosphenoideum bei Uromastixr. Hier ist der . Skelet der Agamidae. 1107 Knochenbogen sehr breit, und an seine hintere, bogige Kante setzt sich der ganzen Länge nach ein Knorpelsaum an, von welchem im oberen Drittel die beiden Knorpeläste entspringen. Das Praesphenoideum (pr. s.) wird von Cuvier (17) als »Prolongement du sphenoide en avant en un tige cartilagineux« bezeichnet. Von Blanchard (5) und Salverda (öl) wird es gar nicht berücksichtigt und Calori (12) vergleicht es mit der Lamina perpendiculata des Ethmoideum: »Össetto longitudinale impresso nel setto interorbitale, ıl quale ossetto potrebbe per essere distinto compararsi ad un rudimento di lamina perpen- dieulare dello ethmoide.« Nach Leydig (40) erhebt sich das Praesphenoideum von den beiden unteren Schädelbalken zu einer verticalen Knorpel- platte, welche im Septum interorbitale eingelagert ist. Es besitzt eine ähnliche Gestalt, wie sie von Weber (64) bei Lacerta beschrieben wird. Die hintere stark eingebuchtete Seite verbindet sich durch die beiden Enden mit dem Orbitosphenoideum, die vordere abgerundete Seite liegt zwischen den beiden Prae- frontalia eingekeilt und geht oben in die untere Wand des Canalis olfactorius über. Die Höhe des Praesphenoideum unterliegt bei den Agamidae nicht unwesentlichen Verschiedenheiten, denn wir finden es sehr niedrig bei Draco, Sitana und Acanthosaura, während es bei Agama viel höher wird; die grösste Ausdehnung erreicht es jedoch bei Agama hispida, wo sich das Praesphenoideum fast über das ganze Septum interorbitale bis auf ein kleines Fenster am oberen Rande ansdehnt. Mit Ausnahme von Calotes versicolor, ©. mystaceus und C. ophiomachus kommen im Praesphenoideum stets Kalkablage- rungen vor, welche sich sogar über das ganze Knorpelgebilde, wie bei Gonyocephalus Godeffroyi, Charasia und Amphibolurus ausbreiten können. Bei Molochus horridus war es mir nicht möglich, Knorpel- gebilde im Septum interorbitale wahrzunehmen, wesshalb ich glaube, dass ein Praesphenoideum diesem Thiere ganz fehlt. Im Anschlusse an das knöcherne Cranium begegnen wir am Dache des Schädels einem breiteren Knochen, welcher oben die Schädelhöhle ergänzt und der Schläfengegend als Grund- 1108 F. Siebenrock, lage dient, dieser Knochen ist das Parietale (p.) aller Autoren. Es stellt bei allen Gattungen eine unpaare, viereckige Knochen- platte dar, welche unten mehr weniger concav, oben convex ist. Die vordere Kante verbindet sich mit dem anstossenden Frontale nicht durch eine Zackennaht, sondern ist rinnenförmig aus- gehöhlt, wodurch die Beweglichkeit der beiden Dachknocher ermöglicht wird. Auf die Thatsache, dass bei den Sauriern das Parietale mit dem Frontale in beweglicher Verbindung steht, hat Nietzsch (43) zuerst hingewiesen. Die vorderen Ecken des Parietale springen nach aussen bedeutend vor, wodurch die lateralen Kanten stark eingebuchtet erscheinen. Die hintere Kante besitzt an der unteren Fläche mitten eine kleine Vertiefung, Fossa parietalis, in welche sich der Verbindungsknorpel des Supraoccipitale einsenkt. Die hinteren Ecken verlängern sich in die Processus parietales (pr. p.), welche lang und comprimirt sind. Ihr verjüngtes Ende verbindet sich mit dem Processus paroticus und bildet gemeinsam die Fossa retrotemporalis. An die laterale Fläche des Processus parietalis legt sich das Squamosum und Paraquadratum an, niemals aber dasQuadratum. Die obere Fläche des Parietale ist zumeist glatt, bloss bei Draco, Lyriocephalus und Molochus erheben sich neben der Mittellinie zwei niedrige Höcker, welche bei Lyriocephalus am meisten hervorragen und in je zwei Spitzen auslaufen. Bei Gonyocephalus Godeffroyi wird die Oberfläche des Parietale durch zwei starke Kämme, welche sich in schräger Richtung kreuzen, bedeutend erhöht. Diese setzen sich längs der Processus parietales fort und verbreitern dieselben nicht unerheblich. Die untere Rläche. ist durehrdie Crista eramii paureraliszein- gesäumt, welche sehr wenig entwickelt am äussersten Rande verläuft, wesshalb nur eine Facies cranialis besteht, während die sonst lateral liegende Facies temporalis gänzlich mangelt. Das Foramen parietale (fo. p.) bietet bezüglich seiner Lage bei den Agamidae grosse Verschiedenheiten dar. Gewöhn- lich wird es vom Parietale und Frontale gemeinsam umschlossen. Ausnahmen hievon bilden: Sifana ponticeriana und Gonyo- cephalus Kuhlii, bei welchen es nur vom Frontale, Gonyocephalus Godeffroyi, wo es nur vom Parietale gebildet wird. Bei Liolepis Bellii fehlt das Foramen parietale vollständig. : SS 5 3 vw; Skelet der Agamidae. 1109 Die Fontanellen, welche bei den Agamidae zwischen Parie- tale und Frontale so häufig auftreten, sind nur den jüngeren Thieren eigenthümlich, wie schon Stannius (60) ganz richtig bemerkt hat. Sie verschwinden bei allen, Gattungen in einem gewissen Alter, nur scheinen sie sich bei den Agamidae länger zu erhalten, als bei anderen Sauriern. Wie von Leydig (40) her bekannt ist, verknöchern am Parietale zuerst die beiden Processus parietales sammt dem anstossenden hinteren Rand und von hier schreitet die Verknöcherung des Parietale immer mehr vor, bis schliesslich nur der minimale Ausschnitt am vorderen Rande für das Foramen parietale übrig bleibt. Tiedemann (61) spricht bei Draco von zwei Parietalia, Seite 12: »Die beiden Scheitelbeine sind klein und nach oben gewölbt.« Seine Darstellung vom Skelete des Draco volans ist so winzig und der Schädel nur in den dürftigsten Umrissen gezeichnet, dass man daraus nicht entnehmen kann, ob Tiede- mann nicht etwa ganz andere Knochen für die Parietalia hält, als den von allen Autoren als Parietale anerkannten Knochen zwischen dem Hinterhaupte und dem Frontale, welcher bei Draco, so wie bei sammtlichen Agamidae stets unpaarig auftritt. Trotz solcher Fehler und Unvollkommenheiten wurde Tiede- mann's Figur vom Draco-Skelete in den grössten Handbüchern der vergleichenden Anatomie copirt, bis sie durch jene von Dumeril (19) verdrängt wurde. Aber auch die letztere ist so oberflächlich gehalten, dass sie sich für wissenschaftliche Kriterien ganz unzureichend erweist. Das Parietale verbindet sich vorne in der Mitte mit dem Frontale, seitlich mit dem Postfrontale, hinten in der Mitte durch einen Knorpelstab mit dem Supraoeccipitale, seitlich durch die Processus parietales mit dem Processus paroticus, Squamosum und Paraquadratum. Das Frontale (f.), Frontal prineipal Cuvier, Frontal Blanchard, Frontale principale Calori, het eigenlijke voor- hoofdsbeen Salverda, ist ebenso wie das Parietale, eine un- paarige, viereckige Knochenplatte, nur viellänger und bedeutend schmäler als dieses. Das verhältnissmässig breiteste Frontale besitzt Molochus horridus, das schmälste Phrynocephalus Theobaldi. Die hintere, abgerundete Kante verbindet sich, wie 1110 F. Siebenrock, schon früher erwähnt wurde, beweglich mit dem Parietale; ihre beiden Ecken springen so wie die vorderen Ecken des zuletzt senannten Knochens nach aussen bedeutend vor und dienen gemeinsam dem Postfrontale zur Anlagerung. Grösstentheils erreichen die Ecken der beiden Knochen die gleiche Länge; bei Uromastix sind aber jene des Frontale viel kürzer als die des Parietale und bei Molochus ist das Umgekehrte der Fall. Die vordere, bedeutend schmälere Kante des Frontale ist entweder ausgeschnitten wie bei Agama und Phrynocephalus, oder spitz zulaufend wie bei Calotes. Ihre obere Fläche besitzt zwei nischenförmige Vertiefungen, in welche sich die beiden Nasalia schuppenartig einfügen. Bei Charasia und Uromastixr kommt eine mittlere, kleine Nische dazu, weil bei diesen beiden Gat- tungen auch das Praemaxillare mit dem Frontale in Verbindung tritt. Die seitliche Kante dient vorne dem Praefrontale zur An- lagerung und ihr rückwärtiger freier Rand, welcher sehr stark eingebuchtet ist, bildet den oberen Augenhöhlenrand, Margo supraorbitalis. Dieser erscheint bei Gonyocephalus Kuhlii besonders tief ausgeschnitten, weil sowohl die hinteren Ecken des Frontale bedeutend nach vorne, als auch die sehr weit vor- springenden Praefrontalia stark nach rückwärts gekrümmt sind. In ähnlieher Weise stellt Schlegel (82) den Schädel’ von Gonyocephalus chamaeleontinus dar, nur besitzt derselbe einige Unrichtigkeiten, von denen später die Sprache sein wird. Die Oberfläche des Frontale ist immer glatt und in sagittaler Richtung mehr weniger muldenförmig vertieft, weil die lateralen Ränder etwas aufwärtsgebogen sind. Die untere Fläche wird von der Crista cranii frontalis umsäumt, welche sich in der Mitte des Frontale beiderseits am meisten nähert und die Rima olfactoria bildet. Hinter ihr liegt die Facies cranialis zur Überdachung der Gehirnhöhle und vor ihr die Facies nasalis, welche den hinteren Theil der Nasenhöhle bedeckt. Die Pro- cessus descendentes, welche bei den Lacertidae so bedeutend entwickelt sind und mit den Praefrontalia die knöcherne Augen- Nasenhöhlen-Scheidewand bilden, fehlen bei den Agamidae vollständig. Die hintere Kante des Frontale nimmt bei den meisten Arten an der Begrenzung des Foramen parietale Theil oder Skelet der Agamidae. aaa umschliesst dasselbe bei Sifana ponticeriana und Gonyocephalus Kuhlii allein, wie schon beim Parietale hervorgehoben wurde. Bei manchen Gattungen, wie bei Sitana, Agama, Phrynocephalus und Molochus tritt zwischen dem Frontale und den Nasalia ebenfalls eine Fontanelle auf, welche gerade so wie jene zwischen Parietale und Frontale auf Jugendzustände zurückzuführen ist, weil sie bei ausgewachsenen Thieren vollkommen verschwindet. Calori (12) nennt die Öffnung zwischen dem Frontale und den Nasalia bei Agama stellio »foro Wormiano« und vergleicht die betreffende Fontanelle mit den beiden Fontanellen der Chamae- leonidae, Seite 373: »Il foro descritto ricorda il doppia forame otturato da membrana, occorrente nella medesima regione del teschio del Camaleonte africano.« Dabei übersieht jedoch Ca- lori, dass die Fontanellen bei letzterem zeitlebens persistiren, während die Fontanelle bei Agama stellio nur in der Jugend vorhanden ist. Das Frontale verbindet sich hinten mit dem Parietale und den beiden Postfrontalia, vorne mit den Nasalia, bei Charasia und Uromastix mit dem Praemaxillare und den beiden Prae- frontalia und unten mit der häutigen Schädelwand. Dem Processus parietalis finden wir zwei Knochen an- gefügt, welche theils zur Anlenkung des Quadratum, theils zum Aufbau des Schläfenbogens dienen. Sie wurden von mir in den früheren Abhandlungen nach Parker’s Nomenclatur als Supra- temporale und Squamosale angeführt. Gaupp (24) erbringt durch den Vergleich mit den höheren Wirbelthieren und an der Hand der Entwicklungsgeschichte den Nachweis, dass für den ersteren Knochen die schon von Hallmann (30) aufgestellte Benennung Squamosum die einzig richtige sei. Ich schliesse mich diesbezüglich der Auffassung Gaupp's vollkommen an. Weniger überzeugte mich die Nothwendigkeit, den zweiten Knochen als Paraquadratum zu bezeichnen, obwohl mir dieser Name mehr Berechtigung zu haben scheint, als der von Baur (4) gewählte »Prosquamosum.« Denn nach meiner An- schauung steht der betreffende Knochen doch in einer viel wichtigeren Beziehung zum Quadratum als zum Squamosum. Das paarige Squamosum (s.), Mastoidien Cuvier, Blan- chard, Squamoso Calori, ist ein kleiner, wenig gebogener 1192 F. Siebenrock, Knochensplitter, welcher der lateralen Fläche des Processus parietalis anliegt und mit seinem unteren, etwas angeschwellten Ende sich an den Processus paroticus anheftet. Seine Länge ist sehr verschieden. Man findet es sehr kurz bei Agama fuberculata und A. himalayana, am längsten bei Calotes und Uromastix. Speciell bei der letzteren Gattung bildet es einen beträchtlicheren Knochenbogen, welcher über die Mitte des Processus parietalis hinausreicht. Gaupp (24) scheint das Squa- mosum von Uromastix blos nach Cuvier's (17) Darstellungen zu kennen, weil er erwähnt, dass es so wie bei den Chamae- leonten ganz zurückgedrängt ist. Cuvier’s Squamosum ist oben viel zu kurz ausgefallen, denn in Wirklichkeit überragt es den medialen Schenkel des Paraquadratum bedeutend an Länge. Salverda (Sl) lässt denselben Knochen bei Calotes cristatellus ganz unerwähnt, obwohl er gerade bei den Calotes-Arten sehr lang ist. Calori (14) führt bei Agama aculeata den Mangel des Squamosum als Unterschied von Agama stellio an; es kann jedoch bei allen Agama-Arten nachgewiesen werden. Übrigens ist es in seiner Darstellung bei der letzteren Art viel zu gross ausgefallen, denn es bleibt bei Agama immer ein sehr beschei- denes Knochenstück. Nur bei Molochus horridus war es mir nicht möglich, das Squamosum aufzufinden, somit wäre dies der einzige Agamid, dem es fehlt. Das Squamosum verbindet sich mit dem Processus parie- talis, mit dem Processus paroticus, mit dem Paraquadratum und mit dem Quadratunı. Das paarige Paraquadratum (pa. q.), Temporal Cuvier, Blanchard, Apofisi zigomatica Calori, Os quadratojugale Salverda, Brühl ist immer viel grösser als der vorhergehende Knochen und bildet den hinteren Theil des Schläfenbogens. Seine Gestalt variirt bei den Agamidae ausserordentlich, denn es kann nicht blos nach den Gattungen, sondern sogar nach den einzelnen Arten verschieden sein. Immer bildet aber das Paraquadratum einen etwas abwärts gekrümmten, schlanken Knochen, dessen hinteres Ende sich mit dem Processus parie- talis, Squamosum und Quadratum verbindet. Dasselbe kann ent- weder einfach verbreitert sein, wie bei Gonyocephalus Godeffroyi, Calotes, Acanthosaura, Charasia, Agama, Amphibolurus, nn Skelet der Agamidae. rei Liolepis und Molochus, oder hakenförmig aufwärts gebogen wie bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus Kuhlii, G. sub- cristatus, Agama tuberculata und Phrynocephalus, oder das hintere Ende verlängert sich in einen nach vorne gekrümmten Schenkel, wie bei Agama atra und Uromastix, so dass das Paraquadratum speciell bei der letzteren Gattung wie eine Gabel aussieht. Auch das vordere Ende stellt sich nicht immer gleich dar; es ist einfach, etwas zugespitzt und legt sich an das Postfrontale und Jugale an bei Draco, Sitana, Gonyocephalus subcristatus, G. Godeffroyi, Acanthosaura, Japalura, Agama, Phryno- cephalus, Amphibolurus, Liolepis, Molochus und Uromastix Hardwickii, oder es verbindet sich nur mit dem Jugale, ohne das Postfrontale zu berühren, wie bei Uromastix spinipes. Das vordere Ende ist bei Calotes jubatus, C. cristatellus, ©. versi- color ebenfalls spitz, aber zwischen Postfrontale und Jugale ein- gekeilt. Endlich finden wir dasselbe verbreitert bei Lyriocephalus, Gonyocephalus Kuhlii, Calotes mystacens, C. ophiomachns, Charasia und Lophura. Bei den meisten Sauriern ist nur das hintere Ende des Paraquadratum mit dem Quadratum verbunden, bei den Agami- dae aber dient mit Ausnahme von Liolepis und Uromastix auch noch ein grosser Theil der unteren Kante des Paraquadratum zur Anlagerung des zuletzt genannten Knochens. Zu diesem Zwecke ist dasselbe bei Gonvyocephalus, Calotes, Agama, Amphi- bolurus und Lophura in der Mitte nach aussen fortsatzartig verbreitert. Am ausgedehntesten finden wir dies bei Lyrio- cephalus, wo die ganze untere Kante mit dem Quadratum in Verbindung steht. Dieser Thatsache begegnen wir noch bei den Iguanidae, aber nicht bei allen, und insbesondere bei Hatteria. ‚Dadurch wird die Beweglichkeit des Quadratum natürlicherweise sehr beeinträchtigt. Das Paraquadratum verbindet sich vorne mit dem Post- frontale und Jugale (bei Uromastix spinipes mit letzterem Knochen allein), hinten mit dem Processus parietalis, Squamosum und Quadratum. Das paarige Quadratum (g.), L’os tympanic Cuvier, Tympanique Blanchard, Tympanico Calori, Os tympanicum DI: F. Siebenrock, Salverda, stellt ein derbes, viereckiges Knochenblatt dar, welches im Allgemeinen bei den Gattungen mit zusammen- gedrücktem Schädel viel schlanker ist, als bei jenen mit platt- gedrücktem Schädel. Es ist ein wenig nach vorne gekrümmt und mit der einen Fläche vor-, mit der anderen rückwärts gerichtet. Die vordere Fläche zeigt sich in verticaler Richtung muldenförmig vertieft, während die rückwärtigeFläche durch die kräftig hervortretende Crista posterior in zwei Hälften getheilt wird. Die grössere laterale Hälfte ist stark ausgehöhlt und bildet äusserlich die Crista tympani zur Anhaftung des Trommel- felles. Das obere, sehr breite Ende des Quadratum erhält durch die bedeutend vorspringende Crista posterior eine dreieckige Form und dient als Condylus cephalicus zur gelenkigen Verbindung mit dem Processus paroticus, Squamosum und Paraquadratum. Es besitzt zwei Epiphysen, von denen die mediale Epiphyse nach Huxley (36) das Pteroticum, nach Brühl (11) das Adoceipitale sein würde. Mit dem rollen- förmigen Condylus mandibularis des unteren Quadratum- endes articulirt die Mandibula, und an die mediale Kante legt sich das Pterygoideum an. Bei Lyriocephalus fehlt am Quadratum die Crista tympani, und die laterale Hälfte der hinteren Fläche ist nicht ausgehöhlt, sondern Nach. Eine sehr merkwürdige Verbindungsweise des Quadratum führt Tiedemann (61) auf S. 12 bei Draco an: »Nach vorn ist das Schläfenbein mit dem Öberkieferbein verbunden, denn das Jochbein fehlt.« Das paarige Maxillare (m.), Maxillaire Cuvier, Maxillaire superieur Blanchard, Mascellare superiore Calori, Os supra- maxillare Salverda, schliesst sich bei den Agamidae nicht unmittelbar an das Frontale wie bei den Lacertidae, Scincoidae etc. an, sondern an das Praefrontale, welches zwischen beiden Knochen eingeschoben ist. Es bildet als grösster Gesichtsknochen die Grundlage für die drer Sinneshöhlen: Mund, Nase, Auge. Zu diesem Zwecke gruppiren sich um das Maxillare verschiedene Knochen, welche theils als Functions-, theils als Deckknochen zur Completirung des Gesichtes beitragen. Skelet der Agamidae. 1115 DasMaxillare lässt sich am besten miteinem langgestreckten Dreieck vergleichen. Seine Basis bildet die Crista dentalis, die vordere Seite den unteren Rand der Apertura narium externa, die hintere Seite den unteren Augenhöhlenrand. An der Crista dentalissind die Zähne, Dentes, befestigt, welche auf dem Rande festgewachsen zu sein scheinen und daher von Wasgler (63) Dentes acrodontes genannt wurden. Über ihre Befestigungs- weise an den Kiefern und über ihren Bau soll bei der Beschrei- bung der Mandibula die Rede sein. Die Zahl der Zähne ist bei den Agamidae eine verhältniss- mässig geringe, denn wir finden nur bei Uromastix spinipes 20 und Agama colonarım 22 in einem Maxillare, während bei den übrigen Gattungen meist noch weniger vorhanden sind. Ihrer Form nach kann man drei Arten unterscheiden: Dentes incisivi, D. primores Wagler, mit conischen, spitz endigenden Kronen; Dentes canini, D. laniarii Wagler, gleichen den ersteren, nur sind sie grösser; Dentes molares, mit breiten, dreieckigen Kronen, welche nur bei Uromastix etwas abgerundet erscheinen. Von den beiden ersten Arten ist grösstentheils ein Zahn in jedem Maxillare anwesend, während ihre Zahl bei der letzten Art zwischen 8 und 20 schwankt, wie man aus der nachstehenden Tabelle ersehen kann. Dentes Dentes Dentes incisivi canini molares LOIAENEN. DONE Se a 1 1 13—16 Sana ponticeriana........-. AB 1 1 11—14 Lyriocephalus scutatus .......... l | 13 Gomypocephalns Kuhlii ......:....: 2 — 12 » suberistalus ...... 1 1 14—15 > GO moyaE... 2. 1 1 19 Acanthosaura lamnidentata ...... 1 1 17 Japalura variegata.:ı..... ..n....: 1 1 15 Palotesscristatellus =... 2.:31nohi. 1 1 13—14 Ben ynbalusıaentn.. IEITKA CR 2 | 1 13— 14 » VERSICRIOH NIS ea 1 1 10—15 » Mysiaceus....... EN 7ER) 1 1 14 > Onhiomdchns. 2.2.1... 1 | 17 1116 F. Siebenrock, Dentes Dentes Dentes ineisivi canini molares Charasia Blanfordiana ......... 1 1 14 Agama sanguminolenta ........... 1 1 12—15 NAH DL Ida Seele 1 1 15 > NLSDI a REEL 1 1 13 > DENE a ER OLE e 1 1 14—15 > COIONOIAN TE EN 1 1 8—20 > EINISRCHINNON sa os ao aenen- 1 1 15— 16 N inalayama er 1 1 12 DER ASTEHLIO a. Dre bye ler ae 1 1 8—13 Phrynocephahıs Theobaldi ....... 1 1 ke) » HEIST GENE E 1 1 9 Amphibolurus Decresü ..... ' 1 1 13 » DCHADEINIS 5 20 5 hee 1 1 16 » WANKICOEMSE Eee 1 1 13 Lophura amboinensis .......:... 1 1 je JENS Joa 0 ee een 1 1 11 UNOIMESMARSDINIDeSEa = _- 17—20 >» lad Unckaine Er e — = 12 Io lochınsınonmiduse 1 1 13 Wagler (63), welcher sich zuerst mit den Zähnen der Sau- tier etwas eingehender befasst hatte, war der Meinung, dass ihre Zahl bei einem Individuum vom Verlassen des Eies bis zum gereiften Alter unverändert dieselbe bleibe, Seite 228, Anmerkung 2: »Man hat bisher geglaubt, die Krokodile seien die einzigen Amphibien, welche mit vollkommener Zahnzahl zur Welt kämen; allein dies ist ein Irrthum. Ich habe gesehen, dass alle Echsen und Schlangen mit der ihnen bestimmten Anzahl von Zähnen das Ei verlassen. In ganz jungen Echsen und Schlangen zähle ich eben so viele Zähne als in solchen, welche ihre vollkommene Grösse erreicht hatten.« Dies wird wohl am besten durch die Zahlenverhältnisse bei Agama colo- norum und Agama stellio widerlegt, denn während die jungen Thiere der beiden Arten nur 8 Dentes molares in jedem Maxillare besitzen, erhöht sich ihre Zahl bei den erwachsenen Thieren der letzteren Art auf 13 und bei der ersteren sogar auf 20. Es ist daher nicht leicht, die richtige Anzahl der Zähne zu Skelet der Agamidae. al, bestimmen, wenn man nicht vollkommen ausgewachsene Thiere vor sich hat. Speciell Calori (12) war sehr verwundert, dass Blanchard (5) bei Agama stellio eine andere Zahl der Zähne als er constatirte. Die Dentes canini fehlen bei Gonyocephalus Kuhlii, denn die ersteren Zähne sind zwar conisch, gleichen sich jedoch vollkommen in der Grösse, wesshalb sie beide als Dentes inci- sivi zu gelten haben. Ebenso fehlen sie nach meiner Ansicht auch bei Uromastix. Wagler (63) gibt zwar für jedes Maxillare einen Dens caninus an, fügt aber hinzu, dass er sehr kurz »brevissimus« sei. Die beiden ersten Zähne haben sowohl unter sich, als auch mit den darauffolgenden 5 Dentes molares dieselbe Grösse. Ferner stehen bei allen Agamidae die Dentes incisivi und canini in den beiden Kiefern gänzlich isolirt, bei Uromastix dagegen sind sie mit den Dentes molares zu einer gemeinsamen Zahnreihe verschmolzen. Daher entspricht weder der erste Zahn einem Dens incisivus noch der zweite einem Dens caninus, sondern Uromastix besitzt im Maxillare nur Dentes molares. Diese sind bei allen Agamidae mit Ausnahme von Uro- mastix triangulär; überdies erhebt sich an der Krone nach vorne und hinten eine kleine Spitze, somit sind also die Zähne tricuspid. Freilich werden die beiden kleineren Zacken sehr häufig gar nicht wahrgenommen oder nur bei jungen Thieren, weil sie sich rasch abzunützen scheinen. Eine ganz besondere Form besitzen die Dentes molares bei Uromastix spinipes, welche schon von Calori (13) auf Seite 166 sehr naturgetreu geschildert werden: »Rispetto alla loro forma, essi non apparis- cono veramente triangolari, ma tendono al subcilindrico, e sono compressi, non acuti nella estremita, piuttosto taglienti, incavati nella corona esternamente per adattarsi a bocca chiusa alla convessita della faccia in terna dei denti mascellari superiori.« Noch merkwürdiger sind dieselben von Uromastix Hardwickti, denn ihre Kronen haben zwei Spitzen, aber nicht hinter-, sondern nebeneinander, nämlich eine laterale grössere und eine mediale kleinere Spitze und dazwischen eine kleine Grube. Somit gleichen sie auffallend den Backenzähnen mancher Nage- thiere. Ähnliche Kronen besitzen auch die Zähne von Draco volans. Sitzb. d. mathem.-naturw. C1.; CIV. Bd., Abth. 1. 73 1118 EB. Siebenrock, Die Dentes molares sind nicht alle gleich gross in einem Maxillare, sondern sie nehmen gewöhnlich vom ersten Zahn an nach rückwärts allmälig zu. Bei Uromastix theilen sie sich in zwei Gruppen, davon sind die vorderen Zähne bedeutend kleiner als die rückwärtigen. So finden wir bei Uromastir spinipes 10 kleine Dentes molares, welchen ebenso viele grosse folgen, bei U. Hardwickii 7 kleine und 5 grosse. Sehr merk- würdig sind dieselben bei Molochus horridus angeordnet, denn die drei vordersten stehen in normaler Weise vertical, während sich die darauffolgenden mit ihren Spitzen immer mehr einwärts kehren, so dass die rückwärtigen Zähne horizontal gelagert sind. Die Crista dentalis wurde bei Molochus in der Mitte um 90° einwärts gedreht. Die Crista dentalis krümmt sich vorne etwas einwärts und bildet den Processus praemaxillaris, das hintere Ende ist in den langen Processus zygomaticus ausgedehnt. Der erstere biegt sich bei Lyriocephalus erheblich aufwärts, schwillt knorrig an und bildet die Unterlage für das kugelig geformte, sehr grosse Rostrale. An der Innenfläche entspringt die Lamina horizontalis. Sie theilt sich durch den dreieckigen Pro- cessus palatinus in die vordere Hälfte, welche laterai die Apertura narium interna seu Choana begrenzt und in die hintere, bedeutend schmälere Hälfte, welche den lateralen Rand des Foramen suborbitale bildet. Das vordere breite Ende der Lamina horizontalis verbindet sich mit dem Processus praemaxillaris. Dadurch entsteht eine kleine Fläche zum Ansatze des Prae- maxillare. Bei Uromastix bleibt es aber durch einen Ausschnitt in ähnlicher Weise wie bei den Lacertidae getrennt, um den Processus vomerinus darzustellen. Es stosst mit jenem des zweiten Maxillare zusammen und bildet eine Knochenbrücke, welche das Praemaxillare von der Berührung des Vomer aus- schliesst. Diese Knochenbrücke wird bei Amphibolurus Decresii und Zophura sehr schmal und fehlt bei Molochus horridus gänzlich, so dass der Vomer mit dem Praemaxillare in Ver- bindung tritt. An der vorderen Seite des Maxillare liegt unten die Inci- sura nasalis als halbmondförmiger Ausschnitt und an der hinteren Seite dient ein eben solcher Ausschnitt zur Anlagerung Fe 19 Skelet der Agamidae. 1191 des Lacrymale oder, wo es abwesend ist, zur Begrenzung des Foramen lacrymale. Durch die Vereinigung der beiden Seiten entsteht nach oben der Processus praefrontalis, welcher in den meisten Fällen zweizackig ist und mit dem Praefrontale in Verbindung steht. Bei Uromastix liegt am hinteren Theile der Incisura nasalis ein grosses, rundes Loch, welches die Basis der vorderen Seite durchbohrt und eine Communication mit der Nasenhöhle herstellt. Brühl (11) bezeichnet dasselbe einfach als Nervenloch. Nach meiner Meinung scheint es noch einem anderen Zwecke zu dienen, denn es ist viel grösser als alle anderen Nervenlöcher und unter allen Agamidae nur bei Uromastix anwesend. Das Maxillare wird oberhalb der Crista dentalis vom Canalis alveolaris superior durchzogen; seinen Eingang bildet das Foramen posterius, an der hinteren Seite gelegen, den Ausgang das Foramen anterius am hinteren Umfange der Incisura nasalis. Die glatte Aussenfläche des Maxillare zeigt ober der Crista dentalis mehrere Nervenlöcher in wechselnder Anzahl, die etwas gehöhlte Innenfläche leistenförmige Hervorragungen zum An- satze der häutigen Nasenmuscheln. Das Maxillare verbindet sich vorne mit dem Praemaxillare, Nasale und Turbinale, oben mit dem Praefrontale und Lacry- male, unten mit dem Palatinum, hinten mit dem Jugale und Transversum. Es begrenzt vorne die Apertura narium externa, hinten die Augenhöhle, eventuell das Foramen lacrymale, vorne unten die Apertura narium interna, hinten unten das Foramen suborbitale; es hilft bilden den Boden der Nasen-, der Augen- und der Jacobson’'schen Höhle, endlich einen Theil des Palatum durum. Das Praemaxillare (p. m.), Intermaxillaire "Cuwier, Blanchard, Premascellare od intermascellare Calori, Os intermaxillare Salverda, ist bei der Mehrzahl der Agamidae pfriemenförmig und nur bei wenigen Gattungen nimmt es in ähnlicher Weise wie bei den Lacertidae die Form eines Hand- rechens an, so bei Gonyocephalus subcristatus, Japalnra varie- gata, Agama tuberculata, Amphibolurus, Lophura und Mo- lochus. 73% 1120 F. Siebenrock, Der unterste Theil, welcher die Zähne trägt, bildet den Processus maxillaris, von dessen Grösse eben die Form des Praemaxillare abhängt. Die Zähne sind so wie der erste Zahn des Maxillare conisch mit spitz endigenden Kronen, also Dentes incisivi. Ihre Zahl ist meist eine sehr geringe, denn sie beträgt nur bei zwei Arten mit Sicherheit 5, vermindert sich aber bei einigen Arten sogar auf einen Zahn, wie nachfolgende Tabelle zeigt. Draco VOlaNS. DIE 3 SELANG-PONICENIaNaE ee 6) yo Geplhalınsı SEWLaLUSE 2 2 (GonVocepnalW SKIN IE ee 3 SUDCNISITAINSS er 6) > Godefjnoyea- are 3 Acanthosaura lamnidentata ..........- 3 Galoves,cAdstatelluUsan Er ae 3 U RTHEATUS ee 3 VERSUCHT VE ee 3 IMNSIOGENSSS HER N ee 3 > 20pyMiOoMACchWSE SEE ED Charasia Blanjondianar vn 3 Asama Sangwinolemtası 2.2.2 ee 2 pDallidazun ausser 2 NiSm1dar. 3 Fa ee 2 Ana er 1 COLONORUM Sr ae Nee 1 Inbercnlatan 2.33%... Ska nee 3 himalayana ....... Ders 2 >11. 2StelNonn. re re 2 Phrynocephalus Theobaldi ............ 1 MIVSIACEN SC 1 Amphibolmsns Decrestn u... 0 002 4 > MUKICAEUS SI er 4 > baybarusyer ae SER 3 Lophura amboinensis ....2...2......2n. 6) D10lepis. Bellii...2 2 2 were 4 Bkomasıı, Spinipes ee 1, juv. 3 Skelet der Agamidae. 11249 BaonmastirnJardwicküin.... 2. f, juw 8 IIOlOCHUSENORMIANS us... an San ek or Wie man sieht, ist die Zahl 3 am stärksten vertreten, wobei der mittlere Zahn fast immer die beiden seitlichen Zähne an Grösse übertrifft. Die merkwürdigste Bezahnung weist wohl das Praemaxillare von Uromastix auf, wo bei erwachsenen Thieren nur ein einziger, sehr breiter Zahn anwesend ist, welcher aber bei Uromastix spinipes eine dreilappige und bei Uromastix Hardwickii sogar eine fünflappige Form besitzt. In gleicher Weise beschreibt Calori (13) die Bezahnung des Prae- maxillare von Uromastix spinipes, während Wagler (63) von zwei Zähnen spricht, S. 323: »Dentes primores supra duo latis- simi, plani, corona acutissima trilobata, approximatissimi, ossi intermaxillari longe producto innati etc.«. Owen (44) hat zuerst angegeben, dass sich ursprünglich 2—4 Zähne entwickeln, welche später mitsammen verwachsen, S. 239: »In the young ofthe Uromastix there are from two to four anterior or inter- maxillary teeth which subsequently become anchylosed to- gether, so as to appear like one lobated tooth«. Auch Günther (29) äussert sich in derselben Weise bei Uromastix Hardwickii. Speciell bei der letzteren Art gewinnt man an jungen Exem- plaren den Eindruck, dass das Praemaxillare nicht einen Zahn besitze, sondern dass fünf (nicht vier, wie Günther angibt) nahe aneinander gesetzte Zähne anwesend sind. Der Processus maxillaris setzt sich aufwärts in den immer ziemlich langen und spitz endigenden Processus nasalis fort. Er ist nur wenig nach aussen gekrümmt und verliert sich zwischen den medialen Rändern der Nasalia. Bei Uromastix und Charasia reicht er sogar bis zum vorderen Ende des Fron- tale. Seine Basis durchbohrt ein kurzer Canal, welcher die Fortsetzung des Canalis alveolaris superior ist und beiderseits durch ein kleines Nervenloch zugänglich gemacht wird. Vom Processus maxillaris entspringt ferner der Processus palatinus, welcher fast horizontal nach hinten gewandt ist und mit Ausnahme von Uromastix eine oft sehr lange Spina praemaxillaris besitzt. Tiedemann (61) führt bei Draco irrthümlicherweise zwei Zwischenkieferbeine an. 1122 F. Siebenrock, Das Praemaxillare verbindet sich unten mit dem Maxillare (bei Molochus auch mit dem Vomer), oben mit den Nasalia (bei Uromastix und Charasia auch mit dem Frontale) und begrenzt medial die Apertura narium externa. Das paarige Nasale (n.), Os nasaux Cuvier, Blanchard, Nasale Calori, Os nasale Salverda, besitzt die Form eines dreieckigen Knochenplättchens, welches das Dach der Nasen- höhle bildet. Es ist bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyo- cephalus, Acanthosaura, Japalura, Charasia und Amphibolurus ganz flach, weil diese Gattungen einen oben abgeplatteten Schädel besitzen; hingegen zeigt es bei Agama, Phrynocephalus, Lophura, Liolepis, Uromastix und Molochus entsprechend der rundlichen Form des Schädels eine schwache Wölbung nach oben. Die vordere Kante, welche zur Umgrenzung der Apertura narium externa dient, ist mehr weniger halbmondförmig aus- geschnitten. Die mediale, in eine ziemlich lange Spitze aus- gezogene Ecke steht mit dem Processus nasalis des Prae- maxillare in Verbindung, die laterale, flügelförmig verbreiterte Ecke mit dem Maxillare. An der Basis der medialen Ecke liegt bei Uromastix ein Nervenloch. Rückwärts endigt das Nasale in eine zumeist etwas abgerundete Ecke, welche sich schuppen- förmig über das vordere Ende des Frontale legt. Die mediale Kante stosst mit dem anderen Nasale zusammen, und zwar so, dass zwischen den beiden Nasalia sowohl vorne ein spitz- winkeliger Ausschnitt für den Processus nasalis des Prae- maxillare bleibt, als auch hinten ein kürzerer aber breiterer Ausschnitt für das Frontale gebildet wird. An dieser Stelle findet man bei jungen Thieren von Sitana, Agama, Phryno- cephalus und Molochus die schon beim Frontale besprochene Fontanelle. Bei Charasia berühren sich die medialen Kanten der Nasalia nicht, sondern sie werden vom dazwischenliegenden Praemaxillare vollkommen getrennt. Dies kommt auch bei Uromastix vor, zuweilen bedecken aber die Nasalia das Prae- maxillare, welches dann an ihrer unteren Fläche bis zum Frontale hinzieht. Das obere Ende des Processus nasalis kommt daher im hinteren Ausschnitte der beiden Nasalia wieder zum Vorscheine und gleicht einem abgegrenzten Skelet der Agamidae. 1123 Knochenplättchen, welches Brühl (11) fälschlich als Inter- calare bezeichnet hat. Das Nasale verbindet sich bei den Agamidae sowie bei den /guanidae und bei Hatteria auch mit dem Praefrontale, während es bei den anderen Sauriern für gewöhnlich von dieser Verbindungsweise ausgeschlossen ist. Nur bei Uro- mastix spinipes erreicht es mit der lateralen Ecke nicht mehr das Maxillare, sondern legt sich an die mediale Hälfte des Praefrontale an. Daher betheiligt sich der letztere Knochen ebenfalls an der Begrenzung der Apertura narium externa, welches Factum unter den jetzt lebenden Sauriern meines Wissens nur bei den Varanidae, Chamaeleonidae und bei Brookesia angetroffen wird. Die Grösse der ovalen Apertura narıium externa hängt natürlich von der Länge des Praemaxillare und der Nasalia ab. Weil bei den Agamidae ersteres sehr lang ist, letztere aber ver- hältnissmässig kurz sind, finden wir dieselbe meistens sehr gross, ungewöhnlich gross jedoch bei Uromastix, weil es die kürzesten Nasalia besitzt. Das paarige Turbinale (t.), Concha Cuvier, Salverda, wurde von Blanchard und Calori unbezeichnet gelassen, obwohl es speciell bei Uromastix in auffallendster Weise zu Tage tritt. Es ist immer ein sehr dünnes Knochenplättchen, welches im vorderen Theile der Nasenhöhle liegt und die verschiedenfachste Form besitzen kann. Wir finden es bei Draco, Gonyocephalus subcristatus dreieckig, bei Gonyocephalus Godeffroyi halbmondförmig, bei Sitfana und Agama lang- gestreckt und viereckig, dessen hintere Ecken sich bei Sitana in schmale Fortsätze verlängern. Die obere Fläche stellt sich in sagittaler Richtung concav dar, während die untere Fläche im vorderen Drittel durch eine quere, kammförmige Leiste in zwei Hälften getheilt wird. Der vordere Rand, welcher immer etwas abwärts gekrümmt ist, verwandelt mit der eben erwähnten Leiste die vordere Hälfte des Turbinale in ein Gewölbe, welches das Dach für die Höhle des Jacobson'’schen Organes bildet. Die medialen Kanten der beiden Turbinalia stossen zusammen, ohne sich kammförmig zu erheben, wesshalb sie sich auch nicht am Aufbaue des Septum narium betheiligen. Die lateralen 1124 F. Siebenrock, Kanten besitzen bei einigen Arten, zZ. B. bei Sitana ponticeriana, Acanthosaura lammidentata, Agama sangwinolenta, Uromastix spinipes und U. Hardwickii einen kurzen Stachel, welcher über den Rand der Apertura narium externa hervorragt. Das Turbinale steht mit dem Maxillare und Praemaxillare in Verbindung. Das paarige Praefrontale (pr. f.), Frontal anterieur Cu- vier, Blanchard, Etmoideo laterale o Frontale anteriore Calori, Os frontale anterius Salverda, wird von Eichwald (20) übereinstimmend mit Bojanus als Ethmoideum laterale bezeichnet. Ebenso hält Klein (39) die Praefrontalia für die Seitentheile des Ethmoideum, weil sie den Nervi olfactorii zum Durchlass dienen. Diese Ansicht scheint wohl unrichtig zu sein, denn das Ethmoideum der höheren Wirbelthiere geht aus der Verknöcherung des Primordialeranium hervor, während die Praefrontalia als sogenannte Deckknochen aufzufassen sind. Ferner dienen sie vornehmlich zur Begrenzung der Augenhöhle und erst in zweiter Linie zum Durchlass der Nervi olfactorii, welche durch einen eigenen knorpelig-häutigen Canal in die Nasenhöhle gelangen. Und auch dieser zieht nicht immer zwischen den beiden Praefrontalia durch, weil der hintere Ein- gang in die Nasenhöhle bei manchen Sauriern nicht von diesen, sondern den Processus descendentes der Frontalia gebildet wird, Z. B. bei den Lacertidae, einigen Scincoidae und den Gerrhosauridae. Tiedemann (61) nennt die Praefrontalia bei Draco wie manche ältere Autoren in irriger Weise Thränen- beine, welche wie bei den Vögeln gross und stark sind. Endlich führt Erdl (21) das Praefrontale als Pars nasalis ossis frontis an. Das Praefrontale gleicht einem etwas nach aussen ge- krümmten Dreiecke mit einer lateralen, medialen und unteren Seite. Die erstere bildet den vorderen Theil des Margo supra- orbitalis und unterhalb die Incisura lacrymalis. An diese legt sich das Lacrymale spangenartig an, wenn es anwesend ist. Über der Incisura lacrymalis ragt ein eckiger Fortsatz her- vor, welcher bei Gonyocephalus Kuhlii sichelförmig nach hinten gerichtet ist und bei ZLyriocephalus scutatus sich so verlängert, dass er mit dem ebenfalls nach vorne ausgedelinten Post- frontale zusammenstosst. Dadurch entsteht neben dem Margo [oil Skelet der Agamidae. 12 supraorbitalis ein accessorischerKnochenbogen und dazwischen das Foramensupraorbitale, welches schon von Boulenger (9 und 10) als Fossa supraorbitalis erwähnt und abgebildet wird. Die mediale und hintere Seite theilt sich in zwei Blätter, wodurch ein Hohlraum entsteht, welcher zur rückwärtigen Be- grenzung der Nasenhöhle dient. Das vordere Blatt der medialen Seite verbindet sich mit dem Frontale und Nasale, das rück- wärtige bildet den hinteren Eingang in die Nasenhöhle, ausser bei Lyriocephalus, wo der mediale Rand vom Palatinum ver- drängt wird. Die untere Seite verbindet sich vorne mit dem Maxillare, unten und rückwärts mit dem Palatinum. Das Praefrontale ist bei Uromastix am kleinsten unter den Agamidae und stellt eigentlich nur einen Knochenbogen dar, dessen laterales Ende sich etwas verbreitert. Dass es bei Uro- mastix spinipes auch die Apertura narium externa bilden hilft, wurde schon beim Nasale erwähnt. Das paarige Postfrontale (p. f.), Frontal posterieur Cu- vier, Blanchard, Frontale posteriore Calori, Os frontale posterius Salverda, ist bei den Agamidae ein einfacher Knochen, welcher den hinteren Theil des Margo supraorbitalis und den vorderen Theil des Arcus supratemporalis .bildet. Es wird von Erdl (21) als Pars orbitalis ossis frontis bezeichnet, und nach Calori (12) scheint es bei Agama stellio ein »fram- mento del zigomatico« zu sein. Cope (16) fasst es als Post- orbitale = Postfrontale 2 auf, S. 186: » The postfrontal is wan- ting and in most cases is fused with the postorbital in the Varanidae and Agamidae-. Auch Gaupp (24) gibt an, dass der Ausfall des Postfrontale 1 leichter zu verstehen sei, als der des Postfrontale 2, welches zur Bildung des oberen Schläfen- bogens beiträgt. Aber die von mir (53) angeführten Beispiele bei der Gattung Lygosoma beweisen, dass das erstere ein viel bedeutenderer Knochen als das letztere ist, welches bei manchen Arten mit dem. Postfrontale 1 verschmilzt. Daraus würde hervor- gehen, dass dann der einfache Knochen bei den Sauriern als Postfrontale und nicht als Postorbitale aufzufassen ist. Das Postfrontale stellt entweder einen kurzen, verticalen Knochenbogen dar, dessen unteres Ende stark verbreitert ist, oder ein etwas nach aussen gekrümmtes, dreieckiges Knochen- 1126 z F. Siebenrock, plättchen, wie bei den meisten Arten von Agama und bei Uro- mastix spinipes. Das obere schmale Ende verbindet sich mit der Vereinigungsstelle des Frontale und Parietale, und fordert bei Lyriocephalus überdies noch einen langen, schmalen Fort- satz nach vorne, welcher sich, wie schon früher erwähnt wurde, mit dem Praefrontale vereinigt. Das untere breite Ende ver- bindet sich vorne mit dem Jugale, hinten mit dem Paraquadra- tum und bei Draco, Sitana, Gonyocephalus Godeffroyi, Calotes versicolor, Agama sangwinolenta, A. pallida, A. hispida, Phrynocephalus, Amphibolurus und Molochus nach unten auch noch mit dem Transversum. Die letztere Verbindungsweise des Postfrontale dürfte bei den Sauriern sehr selten vorkommen, und Klein (39) hat sie nur von den Krokodilen angeführt. Der vordere Rand des Postfrontale begrenzt hinten die Augenhöhle, der hintere Rand aussen das Foramen supratemporale. Uromastix spinipes besitzt unter allen Agamidae das kleinste Postfrontale, welches unten nur mit dem Jugale, aber nicht mit dem Paraquadratum in Verbindung steht, während es sich bei Uromastix Hardwickii gar nicht von dem der übrigen Agamidae unterscheidet. Das paarige Lacrymale (l.), Lachrymal Cuvier, Lacry- mal Blanchard, Lagrimale Calori, Os lachrymale Salverda, ist nicht bei allen Agamidae anwesend, sondern es fehlt nach- benannten Gattungen und Arten vollständig: Draco, Sitana, Lyriocephalıs, Calotes versicolor, C. mystaceus, Agama san- guinolenta, A. pallida, A. hispida, Phrynocephalus, Amphi- bolurus und Uromastix. Es bietet aber bei jenen Arten, welche ein solches besitzen, eine so grosse Mannigfaltigkeit in der Grösse und Verbindungsweise dar, dass es den merkwürdigsten Knochen des Schädels bildet. Das Lacrymale stellt im Allge- meinen ein kleines Knochenplättchen dar, welches sich an die Ineisura lacrymalis des Praefrontale spangenartig anfügt und in einem entsprechenden Ausschnitt an der lateralen Kante des Maxillare befestigt ist. Auf diese Weise begrenzt es mit dem ersteren Knochen das Foramen lacrymale (f. |.) und trägt unten vorne zur Umrahmung der Augenhöhle bei. Es ist äusser- lich in seiner ganzen Ausdehnung sichtbar, das obere Ende meist, breit und abgerundet, das untere Ende spitz. Ersteres Skelet der Agamidae. 1127 verbindet sich mit dem Frontale, letzteres mit dem Jugale und der ganze untere Rand mit dem Maxillare. Bei Gonyocephalus, Calotes, Acanthosaura, Japalura und Charasia entspringt an der Innenfläche des unteren Endes ein kurzer Fortsatz, welcher sich mit dem benachbarten Palatinum vereinigt, während sich bei Agama, Lophura, Liolepis und Molochus, wo dieser Fort- satz fehlt, das untere Ende selbst an den genannten Knochen anlegst. Das Lacrymale erscheint bei Calotes ophiomachus, in Ver- gleich zu den anderen Calotes-Arten, wo es vorhanden ist, bedeutend reducirt, denn es füllt nicht mehr den Ausschnitt an der hinteren Kante des Maxillare aus und erreicht daher auch nicht das Praefrontale, sondern es bildet nur einen schmalen Saum am unteren Umfange der Augenhöhle. Noch mehr ver- kümmert findet man es bei Charasia Blanfordiana, denn es ist äusserlich gar nicht mehr sichtbar, sondern als kleiner Knochen zwischen Praefrontale, Maxillare und Jugale eingekeilt. Endlich bildet es bei Molochus horridus nur ein ganz unansehnliches Knöchelchen. Nichtsdestoweniger hilft es in allen drei Fällen das Foramen lacrymale begrenzen. Man gewinnt bei der Betrachtung des Lacrymale der Agamidae, speciell aber bei Molochus, die Überzeugung, dass es nur das losgetrennte vordere Stück des Jugale ist. Daher fehlt es bei jenen Arten, wo entweder das Jugale so kurz ist, dass es sich nicht bis zum Foramen lacrymale ausdehnt, wie bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Calotes versicolor, C. mysta- ceus, Phrynocephalus und Amphibolurus, oder wenn es das- selbe erreicht wie bei Uromastix, so hat es sich eben vom Jugale nicht losgetrennt, wesshalb letzteres dann zur Bil- dung des Foramen lacrymale herangezogen wird. Cope (16) behauptet, das Lacrymale sei bei den Scincoidae mit dem Praefrontale vereinigt, S. 186: »Lachrymals are present, but they are fused with the prefrontal in the Scimcoidae«. Dies scheint mir wohl unrichtig zu sein, denn die meisten von mir (33) untersuchten Scincoidae besitzen ohnehin ein Lacrymale und bei den Gattungen Trachysaurus, Tiligua und Egernia bestehen die gleichen Verhältnisse wie bei den Agamidae ohne Lacrymale. 1128 F. Siebenrock, Das Foramen lacrymale ist ausser bei Uromastix immer sehr gross und kann auf sechsfache Weise zu Stande kommen: a) bei Agamidae mit einem Lacrymale: 1. durch das Lacrymale und Praefrontale bei Gonyocepha- lus, Acanthosaura, Japalura, Calotes cristatellus, C. jubatus, Agama stellio und Lophura; 2. durch das Lacrymale, Praefrontale und Maxillare bei Calotes ophiomachus, Charasia und Molochus; 3. durch das Lacrymale, Praefrontale und Palatinum bei Agama atra, A. colonorum, A. tuberculata, A. himalayana und Liolepis. b) Bei Agamidae ohne Lacrymale: 4. durch das Praefrontale und Maxillare bei Draco, Lyrio- cephalus, Calotes versicolor, C. mystaceus, Agama sangninolenta, pallida, hispida, Amphibolurus und Phrynocephalus; o. durch das Praefrontale, Maxillare und Palatinum bei Siılana; 6. durch das Praefrontale, Maxillare und Jugale bei Uro- mastix. Das Lacrymale fehlt nach Calori (14) auch bei Agama aculeata und nach Mivard (42) bei Chlamydosaurus Kingii; bei letzterem wird das Foramen lacrymale vom Praefrontale und Maxillare gebildet. Jene Arten, bei welchen das Foramen lacrymale durch das Praefrontale und Maxillare zu Stande kommt, besitzen an der hinteren Kante des letzteren Knochens einen grossen, halb- mondförmigen Ausschnitt. Dieser wird von einer Membrane überkleidet, welche das Lacrymale zu ersetzen scheint. Schlegel (52) und Erdl (21) haben bei Draco, letzterer auch bei Agama hispida irıthümlicherweise ein Lacrymale dar- gestellt, während es von Boulenger (10) bei Calotes jubatus weggelassen wurde. Dasselbe hat Schlegel (52) in der Ab- bildung des Schädels von Gonvyocephalus chamaeleontinus weder vom Praefrontale, noch vom Jugale getrennt, so dass es mit diesen beiden einen langen Knochen bildet. Dass Tiede- mann (61) das Praefrontale bei Draco als Thränenbein be- zeichnet hat, wurde schon erwähnt. Skelet der Agamidae. 1129 Das paarige Jugale (j.), Jugal Cuvier, Blanchard, Jugale Calori, Os jugale Salverda, ist ein ziemlich grosser Knochenbogen, welcher bei den meisten Arten im rückwärtigen Theile sehr breit wird und zur unteren Begrenzung der Augen- höhle dient. Der vordere schmale Bogenschenkel legt sich als Processus maxillaris an den Processus zygomaticus des Maxillare an und sein vorderes spitzes Ende verbindet sich auf mehrfache Weise mit den Nachbarknochen, und zwar: 1. mit dem Lacrymale und Palatinum bei Gonvyocephalus Godeffroyi, Agama himalayana, A. stellio, Liolepis und Mo- lochus; 2. mit dem Lacrymale bei Gonyocephalus Kuhlii, G. sub- cristatus, Acanthosaura, Japalura, Calotes cristatellus, C. juba- tus, C. ophiomachus, Charasia, Agama colonorum, A. tubercn- lata und Lophura; 3. mit dem Palatinum bei Amphibolurus und Uromastix; 4. mit dem Maxillare selbst bei Draco, Sitana, Lyrio- cephalus, Calotes versicolor, C. mystaceus, Agama sanguino- lenta, A. pallida, A. hispida, A. atra und Phrynocephalus. Der obere Bogenschenkel, welcher bei Calotes versicolor, C. mystaceus, C. ophiomachus, Agama sanguinolenta und Uro- mastix breit ist, dient als Processus temporalis dem Post- frontale und Paraquadratum zur Anlagerung. Der Processus zygomaticus springt nur wenig vor und überragt kaum das hintere Ende des gleichnamigen Fortsatzes am Maxillare. An die Innenfläche setzt sich das laterale Ende des Transversum an. Oberhalb des Processus zygomaticus durchbohrt ein kurzer Nervencanal das Jugale schief aufwärts. Daher liegt das eine Nervenloch an der Aussenfläche, das andere am oberen Rande. Das Supraorbitale fehlt bei allen Agamidae. Nur ent- springt bei den meisten Arten am äusseren Winkel des Prae- frontale ein kleines dreieckiges Stück aus derbem Fasergewebe, welches offenbar als Ersatz für das Supraorbitale dienen soll. Zwischen den Kieferknochen, der Schädelkapsel und den Quadratbeinen ist der Gaumenapparat eingeschoben, welcher den Boden des Schädels und das Dach der Mundhöhle bildet. Er besteht aus dem Vomer, Palatinum, Pterygoideum und Transversum, welche Knochen sowohl unter sich, als auch 1130 EF. Siebenrock, mit der Nachbarschaft unbeweglich verbunden sind; nur der rückwärtige Theil des Pterygoideum fügt sich dem Basisphe- noideum und Quadratum gelenkig an. Der, Vomer v)),, Vomer Cuwier, Blancehard, Nomere Calori, Os vomeris Salverda, wurde von Nitzsch (43) als vorderes Gaumenbein, Os palatinum anticum, bezeichnet. Über seine Beschaffenheit finden wir grösstentheils unrichtige An- gaben vor, denn er wird immer für einen paarigen Knochen ausgegeben. Beispielsweise berichtet Cope (16) auf p. 188: »The vomers are separate in all forms excepting Chamaeleon etc.«; ebenso schreibt Salverda (51) von Calotes cristatellus: »De insgelijks parige ossa vomeris etc.<; schliesslich stellt auch Boulenger (17) den Vomer von Calotes jubatus paarig dar Nur "Born (7), Beurtherit ihn bei Dracoszichuer Bra jedoch bei einer grossen Anzahl von Arten unpaarig, und merkwürdiger Weise treffen wir ihn bei den verschiedenen Arten dreier Gattungen theils paarig, theils unpaarig an. Die beiden Vomerhälften verschmelzen aber nicht etwa erst im vor- gerückten Alter, sondern bei ganz jungen Thieren bilden sie schon eine ungetheilte Knochenplatte. Einen paarigen Vomer besitzen: Gomyocephalus Godef- froyi, Agama atra, A. colonorum, A. tuberculata, A. hima- layana, A. stellio, Amphibolurus, Lophura, Liolepis, Uromastix spinipes und Molochus; einen unpaarigen: Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonycephalus Kuhlii, G. subcristatus, Acantho- saura, Japalura, Calotes, Charasia, Agama sangwinolenta, A. pallida, A. hispida, Phrynocephalus und Uromastix Hard- wickii. Nach Mivard (42) soll er bei Chlamydosaurus paarig sein. Der paarige Vomer ist ein schmales, dreieckiges Knochen- plättchen von geringer Grösse, welches sich durch das vordere spitze Ende mit dem Maxillare, bei Molochus aber mit dem Praemaxillare verbindet. Das hintere breite Ende fügt sich schuppenartig dem Palatinum an. Die laterale Kante, welche bei den meisten Arten bogenförmig oder bei Uromastix gerade verläuft, begrenzt die Apertura narium interna und bildet im vordersten Theile die sehr kleine Incisura Jacobsoniana. Die medialen Kanten der beiden Vomerhälften erheben sich zu einer Crista vomerina, welche zum Ansatze des knorpeligen a Skelet der Agamidae. ron 'Septum narium dient. Bei den Agama-Arten mit Ausnahme von Agama pallida, bei Amphibolurus, Liolepis, Uromastix und Molochus werden die beiden Vomerhälften hinten durch einen schmalen Ausschnitt getrennt, welcher den Anfang der Lacuna pterygo-vomerina bildet. Er reicht bei Uromastix Hardwickii soweit nach vorne, dass die beiden Vomerhälften nur durch eine schmale Knochenbrücke verbunden werden. Die Oberfläche des Vomer enthält vorne eine kleine ovale Vertiefung, welche den Boden des Jacobson’'schen Organes bildet und hinten eine viel grössere, rinnenförmige zum gleichen Zwecke für die Nasenhöhle. Die untere Fläche ist etwas con- vex mit einer Längsfurche in der Mitte, bei Uromastix aber concav, weil die beiden rückwärtigen Schenkel aufwärts zu einander geneigt sind. Das paarige Palatinum (pa.), Palatin Cuvier, Os palatin Blanchard, Palatino Calori, Os palatinum Salverda, von Nitzsch (435) hinteres Gaumenbein, Os palatinum posticum, . genannt, stellt eine breite, aber ziemlich kurze Knochenplatte dar, welche nur bei Draco und Molochus sehr schmal ist. Das vordere Ende theilt sich in zwei Fortsätze, von denen der mediale Fortsatz, Processus vomerinus, in der Verlänge- rung des Palatinum an seiner Basis winkelig nach abwärts gebogen ist und die Verbindung mit dem Vomer vermittelt. Der laterale Fortsatz, Processus maxillaris, ist bei Sifana, Lyriocephalus, Calotes versicolor, C. mystaceus, C. ophio- machus, Charasia, Agama sanguinolenta und Phrynocephalus an seinem hinteren Theil hakenförmig nach rückwärts ge- krümmt und legt sich der Innenseite des Maxillare an. Bei den anderen Gattungen und Arten wird er aber durch einen Aus- schnitt, Incisura palatina, in einen oberen und unteren Schenkel getheilt. Der letztere verbindet sich immer mit dem Maxillare und bei Gonyocephalus Godeffroyi auch mit dem Transversum, der obere Schenkel aber auf folgende Weise mit den Nachbarknochen: 1. mit dem Maxillare selbst bei Draco, Agama pallida und A. hispida; 2. mit dem Lacrymale bei Gonyocephalus Kuhlii, G. subcristatus, Acanthosaura, Japa- lura, Calotes cristatellus, C. jubatus, Agama atra und Lophura; 3. mit dem Jugale bei Amphibolurus und Uromastix; 4. mit dem 82 F. Siebenrock, Lacrymale und Jugale bei Gonyocephalus Godeffroyi, Agama colonorum, A. tuberculata, A. himalayana, A. stellio, Liolepis und Molochus. Die Incisura palatina wird auf zweifache Weise zum Foramen palatinum ergänzt, und zwar entweder durch das Maxillare bei Draco, Gonyocephalus Godeffroyi, Agama pallida, A. hispida, A. atra, A. colonorum, A. tnubercnlata, A. hima- layana, A. stellio, Amphibolurus, Lophura, Liolepis, Uromastix und Molochus; oder durch das Maxillare und Lacrymale bei Gonyocephalus Kuhlii, G. subcristatus, Acanthosaura, Calotes cristatellns und C. jubatus. Bei jenen Arten, welche den Pro- cessus maxillaris hinten ungetheilt besitzen, wird das Foramen palatinum von folgenden Knochen umschlossen: vom Pro- cessus maxillaris des Palatinum, Maxillare und Praefrontale bei Lyriocephalus, Calotes versicolor, ©. mystaceus, Agama sangninolenta und Phrynocephalus Theobaldi; vom Lacrymale und den obgenannten Knochen bei Calotes ophiomachus und Charasia; vom Praefrontale und Maxillare bei Phrynocephalus mystaceus. Sitana besitzt kein separates Foramen palatinum, sondern es scheint sich mit dem Foramen lacrymale vereinigt zu haben. Das hintere Ende des Palatinum verbindet sich mit dem Pterygoideum und bei Uromastix auch mit dem Transversum. Die laterale Kante wird durch den Processus maxillaris in die kleinere, vordere Hälfte zur Begrenzung der Apertura narıum interna und in die grössere hintere Hälfte zum gleichen Zwecke das Foramen suborbitale abgetheilt. Die medialen Kanten sind bei Agama, Amphibolurus, Liolepis, Uromastix und Molochus durch einen nach vorne enger werdenden Spalt, Lacuna pterygo-vomerina, vollkommen getrennt. Bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus, Acanthosaura, Japalura, Calotes, Charasia, Phrynocephalus und Lophura stossen sie vorne nahtweise zusammen, bei Gonyocephalus Godeffroyi und Calotes cristatellus werden sie sogar in ihrer ganzen Länge verbunden. Daher ist Hoffmann's (34) Bemer- kung unrichtig, dass die Palatina bei allen lebenden Sauriern in der Mittellinie nicht zusammentreffen. An der oberen Fläche erhebt sich vorne die Crista palatina, welche mit dem Praefrontale in Verbindung steht und bei Lyriocephalus sich in Skelet der Agamidae. 1133 einen aufwärts ragenden Fortsatz verlängert, der mit dem Frontale zusammenstosst. Der vor der Crista palatina liegende Theil hilft den Boden der Nasenhöhle bilden, der rückwärtige den Boden der Augenhöhle. Die untere Fläche ist entweder in sagittaler Richtung etwas vertieft oder ganz eben. Sie bildet einen Theil des harten Gaumens. Das paarige Pterygoideum (pt.), Pterygoidien Cuvier, Blanchard, Pterigoideo Calori, Os pterygoideum Salverda, Endopterygoideum Brühl, von Nitzsch Verbindungsbein genannt, bildet bei den Agamidae einen starken, haken- förmigen Knochen, welcher mit seinen Flächen vertical gestellt ist. Der vordere, kürzere Schenkel verbindet sich als Pro- cessus transversus mit dem lateral gelegenen Transversum und springt mit diesem stark nach unten vor. Der rückwärtige, viel längere Schenkel, Processus quadratus, articulirt an der medialen Fläche seines Vorderrandes mit dem Processus pterygoideus des Basisphenoideum und das hintere Ende mit der medialen Kante des Quadratum. An der oberen Kante seines Vorderrandes liegt die Fossa columellae zur Ein- lagerung des gleichnamigen Knochens. Von der vorderen Fläche des Processus transversus entspringt ein breiter, blatt- artiger Fortsatz, Processus palatinus. Dieser ist mässig lang, mit seinen beiden Flächen horizontal gestellt, so dass sie sich mit den Flächen des Processus quadratus rechtwinkelig schneiden. Der Processus palatinus verbindet sich mit dem gleichnamigen Knochen, hilft mit seiner oberen Fläche den Boden der Augenhöhle und mit seiner unteren Fläche das Dach der Mundhöhle bilden. Seine medialen Kanten sind gewöhn- lich durch die Lacuna pterygo-vomerina getrennt. Bei Gonyocephalus Godeffroyi, Calotes cristatellus und Ü. versi- color stossen sie jedoch vorne zusammen, so dass die Lacuna pterygo-vomerina bloss von den Pterygoidea gebildet wird. Daher kommt dieselbe bei den Agamidae auf dreierlei Weise zu Stande: 1. durch den Vomer, das Palatinum und Ptery- goideum bei Agama, Amphibolurus, Liolepis, Uromastix und Molochus; 2. durch das Palatinum und Pterygoideum bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus Kuhlii, G. sub- cristatus, Acanthosaura, Japalura, Calotes jubatus, C. mysta- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV.Bd., Abth. 1. 74 1134 F. Siebenrock, ceus, C. ophiomachus, Charasia, Phrynocephalus und Lophura; 9. durch das Pterygoideum allein bei Gonyocephalus Godeffroyi, Calotes cristatellus und C. versicolor. Die laterale Kante des Processus palatinus begrenzt das Foramen suborbitale nur bei Uromastix nicht, weil das Pala- tinum bis zum Transversum reicht und somit das Pterygoideum ausschliesst. Der Processus quadratus ist an der medialen Fläche rinnenförmig ausgehöhlt und in der Mitte flügelartig verbreitert, so dass sein hinteres Ende viel schmäler erscheint. Bei Molochus bleibt er aber beiderseits flach, und das hintere Ende verbreitert sich schaufelförmieg. Das Pterygoideum ist bei allen Agamidae zahnlos. Das paarige Transversum (tr.), Os transverse Cuvier, Blanchard, Transverso Calori, Os transversum Salverda, Ectopterygoideum Brühl, von Nitzsch als Hinterkieferbein, Os postmaxillare, bezeichnet, stellt eine kurze, mehr weniger runde Knochensäule dar, welche den Gaumenapparat hinten mit dem Maxillare unbeweglich verbindet. Beide Enden sind stark verbreitert, um eine ausgiebige Knochenfläche zur Ver- bindung mit der Nachbarschaft herzustellen. Das laterale Ende hat eine trianguläre Form mit einem vorderen, hinteren und oberen spitzen Winkel. Es steht bei allen Agamidae mit dem Maxillare und Jugale in Verbindung, bei Draco, Sitana, Gonyo- cephalus Godeffroyi, Calotes versicolor, Agama sangninolenta, A. pallida, A. hispida, Phrynocephalus, Amphibolurus und Molochus ausserdem noch durch den oberen Winkel mit dem Postfrontale. Bei Gonyocephalus Godeffroyi erstreckt sich der vordere Winkel bis zum Processus maxillaris des Palatinum und tritt auch mit diesem in Verbindung. Das mediale, gabelförmige Ende bildet einen dünnen, horizontalen Fortsatz, welcher sich an das Pterygoideum (und bei Uromastix auch an das Pala- tinum) anheftet, und einen sehr dicken verticalen Fortsatz, welcher mit dem Processus transversus des Pterygoideum ver- bunden ist. Er ragt mit letzterem ausser bei Molochus so stark nach unten vor, dass er das Niveau des unteren Quadratum- endes überholt. Das Transversum schliesst hinten das Foramen sub- orbitale ab, welches bei den Agamidae nach dem bisher Skelet der Agamidae. 39 Gesagten in folgender Weise umgrenzt sein kann: 1. vom Maxillare, Palatinum und Transversum bei Uromastix, 2. vom Palatinum, Pterygoideum und Transversum bei Gonyocephalus Godeffroyi, 3. vom Maxillare, Palatinum, Pterygoideum und Transversum bei allen übrigen hier untersuchten Agamidae. Die paarige Columella (cl.), Columella Cuvier, Blan- Band, Gallen Salverda, Epipterygoid’Parker Cope Baur,! von Nitzsch Aufhängebein, Os suspensorium, genannt, stellt sich nach Gaupp's (23) Untersuchungen als die Homo- logie mit dem Processus ascendens des Quadratum bei den urodelen Amphibien dar. Gaupp weist an der Hand der Ent- wicklungsgeschichte nach, dass die Columella der kionocranen Saurier ursprünglich mit dem Quadratum zusammenhängt, in der Folge den Zusammenhang mit demselben verliert, um secundär eine untere Verbindung mit dem Pterygoideum und bei einer Anzahl von Sauriern auch eine obere mit’ dem Parie- tale einzugehen. Die Columella ist ein dünner, runder Knochenstab, dessen unteres Ende in der Fossa columellae des Pterygoideum ruht. Das obere Ende legt sich bei den Agamidae niemals an die laterale Kante des Parietale an, sondern es ist auch bei jenen Arten, welche eine sehr lange Columella besitzen, wie Acantho- saura lamnidentata, Agama pallida, A. tuberculata, A. hima- layana, A. stellio, Amphibolurus Decresii, A. muricatus, A. bar- batus, Lophura amboinensis, Liolepis Bellii und Uromastix spinipes, immer durch einen, wenn auch sehr kurzen Streifen Bindegewebe damit verbunden. Bei den übrigen Arten legt sich das obere Ende der häutigen Schädelwand an und ragt gewöhnlich nur etwas über die Ala otosphenoidea hinaus, bei Draco reicht es aber bloss bis unter dieselbe. Die Columella verläuft meistens ganz gerade in etwas schiefer Richtung von oben und hinten nach unten und vorne. Die Mandibula besteht gemäss der Saurieranordnung aus zwei Hälften, deren vordere Enden durch eine Naht zur 1 In meiner Abhandlung: »Das Skelet der Zacerta Simonyi Steind. etc.«, diese Sitzungsber., Bd. CIII, Abth. I, 1895 steht irrthümlich, dass Baur (2) mit anderen Autoren die Columella für das Alisphenoid hält; es soll heissen Baur hält das knöcherne Orbitosphenoideum für das Alisphenoid. T4F 12130 F. Siebenrock, Symphysis mandibularis vereinigt sind. Bezüglich der Stückzahl einer jeden Mandibula-Hälfte galt speciell bei den älteren Autoren die Anschauung, dass sie bei allen lebenden Sauriern sechs beträgt. Nur bei Chamaeleo war Cuvier (17) im Zweifel, ob das Operculare anwesend sei oder nicht. Erst neuere Autoren, wie Günther (29), Leydig (40), Brühl (11) etc. haben gezeigt, dass sich die Stückzahl bei einigen Sauriern auf fünf oder sogar auf vier vermindern kann, bis diese Reduction von mir (53, 55, 56, 97) nicht nur auf viele Arten, sondern auf ganze Genera ausgedehnt werden konnte. Es handelt sich dann immer um die Verschmelzung zweier Knochenstücke zu einem, wesshalb auch bei jungen Individuen eine grössere Zahl vorhanden sein kann, wie von Baur (Ö.) und mir (53, 505, 86, 57) nachgewiesen wurde, als bei denselben Thieren im erwachsenen Stadium. Gerade die Agamidae bieten wieder ein Beispiel von der Reduction ihrer Knochenstücke in einer Mandibulahälfte dar, denn manche Arten besitzen in normaler Weise sechs, bei anderen Arten werden dieselben auf fünf und wieder bei anderen auf vier vermindert. Bisher war das Factum für diese so artenreiche Familie gänzlich unbekannt. Es wurde nur von einigen Autoren hin- gewiesen, dass das Operculare sehr klein sei; so berichtet schon Cuvier (17) auf p. 274: »Dans les stellions et les agames le dentaire s’etend d’avantage en arriere, ce qui raccoureit beaucoup le sur-angulaire et la partie de l’articulaire que l’on voit a la face externe. La reduction est encore plus forte pour l’operculaire, qui est presque reduit A rien, et laisse en avant, au lieu d’un simple trou, un long sillon creuse dans le den- taire.« In ähnlicher Weise spricht sich auch Cope (16) auf p. 191 aus: »The splenial bone is wanting in the Chamaeleo- nidae, and is very small in the Agamidae«. Das Operculare ist bei diesen nicht nur sehr klein, sondern es fehlt sogar vielen Arten vollständig. Die Reduction bezieht sich aber nicht bloss auf das Fehlen des zuletzt genannten Knochens, sondern es verschmilzt auch bei mehreren das Supraangulare mit dem Articulare, so dass eine Mandibulahälfte aus folgenden Stücken zusammengesetzt sein kann: a) vorne dem Dentale, hinten dem Articulare, aussen oben dem Supraangulare, aussen. Skelet der Agamidae. 113V unten dem Angulare, innen oben dem Coronoideum, innen unten dem Operculare bei Gonyocephalus Kuhlii, Gonyocephalus subcristatus, G. Godeffroyi, Acanthosaura, Japalura, Calotes, Charasia, Agama tuberculata, Amphibolurus, Lophura, Uro- mastix spinipes, b) das Operculare fehlt bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Agama sanguinolenta, A. pallida, A. hispida, A. atra, A. colonorum, A. himalayana, A. stellio, Phryno- cephalus, Liolepis, Uromastix Hardwickii und Molochus, c) das Supraangulare verschmilzt mit dem Articulare unter den sub a) und b) angeführten Arten bei Draco, Sitana, Gonyocephalus subcristatus, Calotes cristatellus, Charasia, Agama pallida, A. tuberculata, A. stellio und Phrynocephalus mystaceus. Somit besitzt also Draco, Sitana, Agama pallida, A. stellio und Phrynocephalus mystaceus nur vier Knochenstücke in einer Mandibulahälfte, und zwar das Dentale, Articulare, Angulare und Coronoideum. Dieselbe Zusammenstellung finden wir bei Hatteria, denn ich glaube nicht, dass der von Günther (29) als splenial angeführte Knochen dem Operculare entspricht, sondern er kann nur, wenn man damit die Agamidae ver- gleicht, nach der Lage und Ausdehnung als Angulare auf- gefasst werden. Daher würde bei Hatteria ebenso wie bei den oben angeführten Arten der Agamidae das Operculare fehlen. Die Verschmelzung des Supraangulare mit dem Articulare beschränkt sich bei den erwähnten Arten gerade so wie bei den Scincoidae, Angnidae, vielen Lacertidae, Geckonidae und Uro- platidae auf ausgewachsene Thiere, denn die jungen behalten sie durch eine Naht getrennt. Da aber fast von jeder Gattung die eine oder andere Art die Verwachsung der beiden Knochen zeigt, liegt die Vermuthung nahe, dass sie vielleicht allen Arten zukommt, nur waren sie nicht alt genug. Denn thatsächlich sind die beiden Knochen bei jenen Arten getrennt, welche durch die anwesenden Cranialnähte noch ihren Jugendzustand erkennen lassen. Das Dentale (d.), Dentaire Cuvier, Blanchard, Dentario Calori, Pars dentalis Salverda, erreicht bei den Agamidae im Verhältniss zu den übrigen Knochen der Mandibula eine ungewöhnlich grosse Ausdehnung. Es ist entweder im Ganzen oder wenigstens am schmal zulaufenden, vorderen Ende ein- 1138 F. Siebenrock, wärts gekrümmt, um mit dem anderen Dentale die Symphysis mandibularis zu bilden. Das hintere, oftmals sehr breite Ende verbindet sich mit dem Supraangulare und Articulare, am oberen Rande befestigt sich hinten das Coronoideum, unten das Angulare, und an die mediale Fläche legt sich das Oper- culare, wenn es vorhanden ist, an. Den hinteren Rand kenn- zeichnet ein verschieden tiefer Einschnitt zur Begrenzung des Nervenloches a, welches eigentlich dem Supraangulare ange- hört. Die laterale convexe Fläche besitzt nach vorne hin mehrere kleine Nervenlöcher für Zweige des Nervus alveolaris inferior. Längs der medialen Fläche zieht der sehr seichte Sulcus cartilaginis Meckelii bis zum vorderen Ende. Dieser steht fast der ganzen Länge nach offen und wird bloss rück- wärts vom Angulare bedeckt, weil das Operculare entweder ganz fehlt oder zu klein ist, um den Sulcus_ cartilaginis Meckelii auch nur theilweise zu bedecken. Über diesem liegt der Canalis alveolaris inferior, welcher bei den meisten Gattungen sehr weit ist, bei Agama, Phrynocephalus, Uro- mastix und Molochus aber einen sehr engen Canal bildet. Die untere Kante des Dentale ist meistens etwas gekrümmt, die obere, Crista dentalis, hingegen beinahe gerade. An ihr befestigen sich die Zähne, Dentes, in gleicher Weise wie am Maxillare.. Auch an der Mandibula kann man wieder drei Arten Zähne, Dentes incisivi, D. canini und D. molares unterscheiden. Ihre Zahl stellt sich bei den einzelnen Arten folgendermassen dar: Dentes‘ Dentes? 7 Dentes ineisivi canini molares DIRACOT ESSEN A ANSe 1 1 13—15 SEAN ES Re 2 1 a2 ND)100Geph als N 1 1 14 Gonyocephalus Kuhlil ........... 1 1 12 » SUDCHISIArUS 23 2 j 5 > GOAEI HORSE 1 1 16 ACARENOSENTAT EEE 1 1 17 JaDalmmaRS 2 1 8) Galoves enıstanelus 0 2 1 15 > IND DONSC EE REe 2 1 14 Skelet der Agamidae. 1139 Dentes Dentes Dentes ineisivi canini molares Brlores Versicolouan....N\.ansase 2 1 11—15 EM YSIAGeUS anna sehe 2 l 15 > ophiomaehus .........:.- Das 1 17 Biagasta nahen. ei 2 1 14 Asama sangminolenta. ..2......- | 1 1216 palhdas au. nhessenr 1 l r4 » SE er 1 1 13 » ÜNOR EE 1 1 7 » COLORS N le leheler: 1 1 9—21 > Erbenenlatas es 2 1 15-—-18 » Mmmalayanar. 3... 1 1 13 » SUellO rn age 1 1 10—19 Phrynocephalus Theobaldi ....... | 1 9—10 » MUNSIUGEUSE 1 1 9 Amphibolurus Decresü.......... 1 1 14 >» MUNICAUS: 2 Iren. 1 1 15 » DanbarmSser nn 1 1 17 HEOHHI HANS Sn ara teens 3 1 12 IEHON SOSE ER ER Er | 1 12 Wkomasıı%.spinipesi..- 2. 2.2 er: 1 1 19—18 >» Ilanenuckii ar, 3. 1 1 12 IoYochnsa rn ee: 1 1 14 Aus dieser Liste geht hervor, dass in der Mandibula fast die gleiche Anzahl von Zähnen vorhanden ist wie in den Maxillae. Nach Wagler (63) würden bei Lyriocephalus die Dentes ineisivi in der Mandibula fehlen, während nach meinen Untersuchungen so wie bei den meisten Agamidae zwei an- wesend sind. Derselbe Autor gibt auch bei Calotes nur zwei Dentes inecisivi in der Mandibula statt vier an. Eine besondere Erwähnung verdienen die Molarzähne der Mandibula von Molochus. Ihre Zahnkronen sind dreieckig mit einer lateralen Spitze und zwei medialen Höckern, welche durch eine Furche getrennt werden. Diese breite Form der Zahnkronen hängt offenbar mit der horizontalen Stellung der Molarzähne in den Maxillae zusammen. 1140 Hesstebientio ck, Die Saurier werden nach der Befestigungsweise ihrer Zähne an den Kiefern in zwei Gruppen getheilt. Zur einen Gruppe gehören die Saurii pleurodontes, deren Zähne in einer Rinne an die mediale Fläche der Zahnleiste befestigt sind. Die zweite Gruppe umfasst die Saurii acrodontes, deren Zähne am oberen Kieferrande aufsitzen. Zu den letzteren werden auch die Agamidae gerechnet, aber speciell bei diesen hat der Aus- druck acrodont nicht seine volle Berechtigung. Die Zähne sind dem oberen Kieferrande nicht aufgewachsen, sondern sie stecken vielmehr in Nischen, welche an der medialen Fläche der Zahnleiste liegen. An den jungen Thieren irgend eines Agamiden findet man grösstentheils sowohl in den Maxillen, als auch in der Mandibula den letzten Molarzahn noch sehr klein und im Zahnsäckchen eingeschlossen in der Nische der inneren Fläche des Kieferrandes liegen. Der vorletzte Molar- zahn ist dagegen schon vollkommen entwickelt und seine Basis mit dem Kiefer verwachsen, während seine laterale Fläche noch nicht mit der medialen Fläche der Zahnleiste verschmolzen ist. Löst man diesen Zahn gewaltsam von seiner Basis los, so bleibt an der medialen Fläche der Zahnleiste eine Nische zurück, in welcher der entfernte Zahn befestigt war. Erst an den vorne gelegenen Zähnen verschmilzt auch die laterale Fläche mit der Zahnleiste, und sie werden, da sie sehr nahe gesetzt sind, durch den Zahnschmelz unter einander verbunden. Mit dem fortschreitenden Alter des Thieres bilden sich dann an der Aussenfläche der Kiefer zwischen je zwei anstossenden Zähnen verticale Furchen, so dass es den An- schein hat, als wären die Zähne dem Kieferrande aufgewachsen. Eine Erneuerung der Molarzähne, wie schon Wagler (65) hervorhebt, findet niemals statt, daher werden sie auch mit vorgerücktem Alter des Thieres bis auf den Kieferrand abge- nützt. Die Dentes incisivi und D. canini stehen ganz isolirt und sind genau so an die Kiefer befestigt, wie die Zähne der pleurodonten Saurier; auch ihre Regeneration findet in der- selben Weise statt. Nicht zeitlebens bilden sich neue Zähne, wie Röse (49) von Chamaeleon angibt, sondern während des Wachsthums der Thiere, daher besitzt z. B. die Mandibula- hälfte bei einem jungen Thier 9 Zähne und bei einem aus- Skelet der Agamidae. 1141 gewachsenen 21. Das Nachwachsen der Zähne geschieht am hinteren Kieferende, und der sich neu bildende Zahn liegt am Maxillare immer neben dem Ansatze des Transversum, an der Mandibula medial vom Coronoideum. Bei erwachsenen Thieren sind die letzten Molarzähne ziemlich weit von den genannten Knochen nach vorne gerückt. Über den Bau und die Entwicklung der Zähne bei den Agamidae ist bisher nichts veröffentlicht worden, denn sowohl Tomes (62), als auch Santi Sirena (59) hat nur die Zähne der pleurodonten Saurier untersucht. Erst in neuerer Zeit erschien von Röse (49) eine Abhandlung über die Zahnent- wicklung von Chamaeleon. Leider standen mir zu den osteo- logischen Studien der Agamidae nur junge oder schon er- wachsene Thiere, aber keine Embryonen zur Verfügung. Daher liefern auch meine Untersuchungen über den Bau und die Ent- wicklung der Zähne bei den Agamidae keine. neuen Befunde, sondern sie bestätigen wenigstens die Angaben von Röse, weil die Zähne von Chamaeleon in vieler Beziehung mit denen der Agamidae übereinstimmen. Die Abbildungen wurden einer Schnittserie! der linken Mandibulahälfte von Agama_ colo- norum entnommen, welches Thier von der Schnauzenspitze bis zur Cloake eine Länge von 39 mm hatte. Zu diesem Behufe wurde der Knochen in sehr verdünnter Salzsäure entkalkt und mit Boraxcarmin gefärbt. Die Abbildungen, welche auf Taf. VI folgen, haben nicht allein den Zweck, die Zähne vorzuführen, sondern sie sollen zugleich die ganze Topographie der Mandi- bula in verschiedenen Abschnitten darstellen. Daraus erhellt besonders der gänzliche Mangel des Operculare bei Agama colonorum. Fig. 39 stellt einen Frontalschnitt der Mandibula ungefähr in der Mitte des Coronoideum dar. Man sieht daher lateral das Dentale (d.) mit dem Canalis alveolaris inferior (ce. a. i.). Medial erstreckt sich von oben nach unten das Coronoideum (co.) und legt sich unten an das rinnenförmige Articulare (ar.) an. Es wird unten vom Angulare (an.) umgeben, und 1 Die Anfertigung derselben verdanke ich der Liebenswürdigkeit meines Freundes und Collegen Herrn Dr. R. Sturany. 1142 F. Siebenrock, alle drei Knochen umschliessen mit dem Dentale den Canalis cartilaginis Meckelii (ca. m.). In diesem liegt zu unterst die Cartilago Meckelii (c. m.) als grosse runde Knorpel- scheibe, welche sehr schön die Knorpelstructur erkennen lässt, oberhalb derselben der Nervus alveolaris inferior (n.a. i.) und zwischen beiden zwei Blutgefässe y und y’. Der genannte Nerv ist durch einen verticalen Streifen in zwei ungleiche Hälften getheilt, weil er im Begriffe steht, einen Nervenzweig abzugeben, welcher in Fig. 41 schon vollkommen isolirt ist. Zwischen der medialen Fläche des Dentale und der lateralen des Coronoideum zieht vom Epithelium die Zahnleiste (z. |.) abwärts und bildet im Bindegewebe eine Anhäufung von Meso- dermzellen, das Schmelzorgan (®. o. g.). In Fig. 40 haben sich die Zellen schon mehr differencirt und bilden zwei Schichten, eine untere Schichte die Schmelz- membran (s. mb.) und eine obere das äussere Epithel des Schmelzorganes (s. e.a.). Beide schliessen die Schmelz- pulpa (s. p.) ein, während das Ganze die Zahnpapille (Z. p.) bogenförmig umgibt. In Fig. 41 liegt zwischen dem Dentale und dem orons- deum dasSchmelzorgan (Ss. 0. g.), welches aus dem äusseren (er e7a)nund.dem. inneren Schmelzepichelli(szer )epesicht und den Zahn umschliesst. Ihr Bau stimmt ganz mit der Dar- stellung von Röse (49) bei Chamaeleon überein. Der Zahn wird bloss vom Dentin (dn.) gebildet, weil das Email von der Salz- säure aufgelöst wurde. Das Dentin zeigt die zahlreichen, sehr eng gesetzten Zahnröhrchen, welche concentrisch angeordnet sind. Das Innere des Zahnes füllt der Dentinkeim seu Zahn- pulpa (z. p.) aus, deren obere Schichte die Innenwände des Dentin überkleidet. Im Canalis cartilaginis Meckelii hat sich der Nervus alveolaris inferior in einen Zweig (z.) getheilt, welcher lateral liest und durch ein kleines Nervenloch im Angulare nach aussen gelangt. In Fig. 42 ist das Coronoideum und auch das Articulare bedeutend reducirt, hingegen zeigt sich das Angulare in der grössten Ausdehnung und bildet den unteren Abschluss des Canalis cartilaginis Meckelii. Der Nervus alveolaris inferior hat sich abermals getheilt; sein Zweig, welcher viel stärker als der Skelet der Agamidae. 1143 eigentliche Nerv ist, liegt medial und gelangt am vorderen Ende des Angulare als Ramus lingualis (r. 1.) nach aussen in die Zunge. Der vollkommen ausgebildete Zahn besteht aus dem Dentin (dn.) und umschliesst die Pulpahöhle mit der Zahn- pulpa (z. p.). Man sieht ferner die Grenze des Dentin und des Knochens des Dentale (u.). Die Innenwände des Zahnes werden von den Odontoblasten (o.b.) ausgekleidet, hingegen haben sich die Osteoblasten von der Knochenwand losgelöst und sind mit dem Dentinkeim einwärts geschrumpft. In Fig. 43 fehlt das Coronoideum, das Articulare ist sehr klein und schliesst mit dem Angulare nicht mehr vollkommen den Canalis cartilaginis Meckelii ab. Der Ramus lingualis des Nervus alveolaris inferior hat sich von diesem entfernt und strebt der Mündung des Canalis Meckelii zu. Das Dentin geht allmälig in den Kieferknochen über ohne sichtbare Spur der früheren Trennung beider Theile. In Fig. 44 sind von den Knochen der Mandibula nur das Dentale und Angulare übrig und begrenzen bloss lateral die Cartilago Meckelii (c. m.), so dass der Canal medial offen bleibt und als Sulcus cartilaginis Meckelii (s. m.) bis zur Symphyse der Mandibula zieht. Der Nervus alveolaris inferior ist in den Canalis alveolaris inferior (c. a. i.) eingetreten. Endlich wird in Fig. 45 der Sulcus cartilaginis Meckelii nur vom Dentale gebildet. Hier sieht man auch den Übergang der Odontoblasten des Zahnbeines in die Osteoblasten des Kieferknochens ganz deutlich. Cement konnte in keinem der Schnitte wahrgenommen werden. Die Trennung eines Zahn- scherbchens, wie sie von Röse (49) bei Chamaeleon beob- achtet wurde, war auch an den Zähnen der jüngsten von mir untersuchten Thiere nicht zu sehen. Das Articulare (ar.), Articulaire Cuvier, Blanchard, Articolare Calori, Pars articularis Salverda, ist am rück- wärtigen Theile sehr stark angeschwellt und bildet oben die Gelenkspfanne, Fovea articularis, zur Verbindung mit dem Condylus mandibularis des Quadratum. Hinter derselben ver- längert es sich in den Processus retroarticularis, welcher bei Calotes, Agama und Amphibolurus am längsten und gewöhnlich bogenförmig aufwärts gebogen ist, während er bei 1144 F. Siebenrock, Phrynocephalus und Uromastix sehr verkürzt erscheint. Seine obere Fläche stellt durch eine ziemliche Vertiefung die Fossa retroarticularis dar. In ihr liegt knapp hinter der Fovea articu- laris ein Nervenloch ß, welches nach Fischer (22) die Chorda tympani, einen Zweig des Nervus facialis, aufnimmt. Diese gelangt durch einen kurzen Canal unter der Fovea articularis in den Canalis cartilaginis Meckelii und verbindet sich mit dem Nervus alveolaris inferior. An der medialen Fläche des Articu- lare ragt neben und etwas unterhalb der Fovea articularis ein hakenförmiger Fortsatz, Processus subarticularis, hervor, welcher bei Gonvyocephalus Godeffroyi und den Agama-Arten eine bedeutende Grösse erlangt, während er bei Draco und Japalura ganz unansehnlich ist. Der vordere rinnenförmige Theil des Articulare begrenzt unten den Canalis cartilaginis Meckelii und der mediale Rand bildet mit der langgestreckten Incisura Meckelii die untere Hälfte der sehr grossen Fossa Meckelii. In dieser entspringt am Boden, horizontal nach vorne gewendet, der stielförmige Fortsatz für den Meckel’schen Knorpel. 1 Das Articulare verbindet sich vorne mit dem Dentale, lateral mit dem Supraangulare und Angulare, medial mit dem Coronoideum und Operculare, wenn es vorhanden ist. Das Supraangulare (s. a.), Surangulaire Cuvier, Blan- chard, Sopraangolare Calori, Pars supraangularis Salverda, ist bei den Agamidae wegen der grossen Ausdehnung des Dentale nach rückwärts sehr verkürzt, so dass es kaum die Hälfte der Länge des Articulare erreicht. Es bildet die laterale Wand der Fossa Meckelii und besitzt zwei Nervenlöcher, von denen das eine Nervenloch y am hinteren Ende oben liegt und nach Fischer (22) den Ramus recurrens cutaneus ma- xillae inferioris, einen Zweig des dritten Trigeminus-Astes, durch einen kurzen Canal in den Canalis cartilaginis Meckelii führt. Das vordere, bedeutend grössere Nervenloch x wird auch oberflächlich von der hinteren Kante des anstossenden Dentale, welches das Supraangulare theilweise bedeckt, begrenzt. Das vordere Ende des Supraangulare endigt entweder in eine dünne Spitze oder es spaltet sich wie bei Uromastix in zwei breite Zi Skelet der Agamidae. 1145 Zacken. Das rückwärtige, verdickte Ende schliesst sich der Fovea articularis des vorhergehenden Knochens an. Das Supraangulare verbindet sich vorne mit dem Dentale, hinten mit dem Articulare, oben mit dem Coronoideum und unten mit dem Angulare, niemals aber mit dem Operculare, wenn es anwesend ist. Das Angulare (an.), Angulaire Cuvier, Blanchard, Angolare Calori, Pars angularis Salverda, überragt um das Doppelte die Länge des vorhergehenden Knochens. Es bildet eine lange, schmale Rinne, welche am rückwärtigen Ende etwas aufwärts gekrümmt ist und vorne den Canalis cartilaginis Meckelii umschliessen hilft. Der rückwärtige, breitere Theil legt sich lateral an das Articulare und Supraangulare an und ist daher äusserlich sichtbar. Der vordere Theil dreht sich so stark einwärts, dass er an der medialen Fläche der Mandibula zwischen Dentale und Articulare verläuft. In ihm liegt ein kleines Nervenloch, durch welches ein Zweig des Nervus alveolaris inferior nach aussen gelangt. Sein vorderes Ende begrenzt die Mündung des Canalis cartilaginis Meckelii, welcher dann in den Sulcus gleichen Namens übergeht. Das Angulare verbindet sich hinten mit dem Dentale und Operculare, wenn es vorhanden ist; das Coronoideum tritt nicht damit in Berührung. Das Operculare (op.), Operculaire Cuvier, Blanchard, Opercolare Calori, Pars opercularis Salverda, besitzen nicht alle Agamidae, sondern es fehlt, wie schon erwähnt wurde, bei . Draco, Sitana, Lyriocephalus, Agama, mit Ausnahme von A. tubercnlata, Phrynocephalus, Liolepis, Uromastix Hard- wickii und Molochus. Ist es aber anwesend, so spielt es durch seine Kleinheit eine so untergeordnete Rolle, dass es bei vielen Arten morphologisch kaum dem Operculare anderer Saurier, z. B. der Lacertidae, Scincoidae etc. entspricht. Es trägt sonst, abgesehen von der Grösse, wesentlich zur Begrenzung des Canalis cartilaginis Meckelii bei und besitzt ein Nervenloch für den Ramus lingualis des Nervus alveolaris inferior oder bildet wenigstens die hintere Grenze desselben. Bei den Agamidae stellt es aber ein kleines Knochenplättchen dar, welches der Innenfläche des Dentale und Articulare aufliegt und zwischen 1146 F. Siebenrock, Coronoideum und Angulare eingekeilt ist. Sein vorderes Ende reicht bei Agama tuberculata und Uromastix spinipes nicht einmal bis zur Austrittstelle des Ramus lingualis, so dass es einem losgelösten Splitter des Dentale gleicht. Bei Acantho- saura und Amphibolurus wird es am grössten, und bei der letzten Gattung umschliesst es sogar mit dem Dentale das Nervenloch für den Ramus lingualis. Das Coronoideum (co.), Complementaire Cuvier, Blan- chard, Coronoideo o Complementario Calori, Pars coronoidea Salverda, stellt ein flaches Knochenplättchen dar, welches der medialen Fläche der Mandibula anliegt. Von seiner oberen Kante erhebt sich der ziemlich lange Processus masseteri- cus, welcher eine schwache Biegung nach rückwärts macht und bei Molochus fast senkrecht emporragt. Von ihm zieht an der medialen Seite des Coronoideum eine starke Leiste ab- wärts; diese ist gewöhnlich nicht unerheblich über die untere Kante verlängert und begrenzt die Fossa Meckelii vorne. Wir finden diese Kante bei den meisten Arten sehr stark entwickelt, etwas weniger bei Lyriocephalus und gar nicht bei Molochus und Uromastix. Die letztere Gattung hat das hintere Ende des Coronoideum gabelig gespalten, womit es die Fossa Meckelii umgibt. Das Coronoideum breitet sich hauptsächlich an der medi- alen Fläche der Mandibula aus, so dass äusserlich nur der Processus massetericus sichtbar ist. Es verbindet sich oben mit dem Dentale und Supraangulare, unten mit dem Articulare und eventuell mit dem Operculare. Bei allen Agamidae wird so wie bei den meisten Sauriern der Raum zwischen Supraoccipitale und Parietale, wenn er auch noch so gering ist, wie bei Acanthosaura, Japalıra und Molochus durch eine Membran ausgefüllt. Bei Sitfana pontice- riana liegt unter derselben eine Kalkmasse, welche die Innen- fläche des Supraoccipitale überzieht (Taf. I, Fig. 5) und bis zum hinteren Rand des Parietale reicht. Sie stellt die ein- getrockneten Kalkkrystalle des Saccus endolymphaticus vor, über dessen Bau und Bedeutung von Wiedersheim (67) bei Phyllodactylus europaeus ausführlich berichtet wurde. Solche Kalkconceremente im Bereiche des Saurier-Schädels hat zuerst Skelet der Agamidae. 1147 Calori bei Platydactylus guttatus Cuv., Gecko verticillatus Laur. und bei Platydactylus muralis D.B. = Tarentola mau- ritanica Linne aufgefunden und nach ihrer verschiedenen Localität als Tracheloliti, Ophtalmoliti und Cranoliti bezeichnet. Man war der Meinung, dass sie nur bei den Geckoniden zu finden seien, bis sie von mir (55) auch bei Brookesia super- ciliaris Kuhl constatirt wurden. Dieses Thier besitzt jedoch nicht alle drei Paare von Lymphsäcken, sondern nur die Tra- cheoliti. Auch bei Sitfana ponticeriana konnte von diesen bloss ein unpaariger Lymphsack in der Schädelhöhle selbst nach- gewiesen werden, während die übrigen Lymphsäcke in der Halsgegend und Augenhöhle fehlen. Nach Calori wäre der- selbe bei den angeführten Geckoniden paarig und er nannte ihn Cranoliti. Es war mir trotz der sorgfältigsten Untersuchung nicht gelungen, solche Lymphsäcke auch noch bei den anderen hier berücksichtigten Agamidae aufzufinden, obwohl kaum anzunehmen ist, dass sie bloss Sitama ponticeriana allein besitzt. B. Rumpf. Die Wirbelsäule, Columna vertebralis, zerfällt bei den Agamidae in folgende Abschnitte: Vertebrae cervicales, V. dorsales, V. dorsolumbales und V.lumbales. Diese werden als Vertebrae praesacrales zusammengefasst. Hier- auf folgen die Vertebrae sacrales und zuletzt die V. cau- dales. Liolepis und Uromastix sind die einzigen Gattungen, welche keinen Lumbalwirbel besitzen, denn auch der letzte praesacrale Wirbel trägt noch eine Rippe. Die Vertebrae cervicales betragen immer acht, von denen die ersten vier gewöhnlich rippenlos sind und die vier folgenden Rippen besitzen. Eine Ausnahme davon bildet Draco, weil die Rippen erst am sechsten Cervicalwirbel beginnen, was schon von Tiedemann (61) und Cuvier (17) richtig ange- geben wurde. Hinwiederum findet man bei Uromastix, dass die Rippen schon am dritten Cervicalwirbel angeheftet sind. Dies konnte sowohl bei U. spinipes, als auch bei U. Hardwickii beobachtet werden. In derselben Weise äussert sich auch Calori (13) auf S. 167: »Le cervicali sono otto, e le cinque 1148 F. Siebenrock, posteriori hanno processi costali o costole cervicali, mentre nel predetto Stellione solo le quattro ultime vanno fornite di tali costole; sotto il quale rispetto l’Uromastix confondesi coi Varanidi, coi Lacertidi ecc.«. Brühl (11) hingegen hebt in der Erklärung zu den Taf. LlIl und LIV hervor, dass die vordersten vier praesacralen Wirbel rippenlos, daher wahre cervicales sind. Als unrichtig erweisen sich die Angaben über die Zahl der Cervicalwirbel bei Draco und Liolepis in Cuvier’s »Lecons d’Anatomie comparee, seconde Edition«, wo sie für die letztere Gattung nur zwei und für die erstere sogar sechs betragen soll. Selbstverständlich werden da nur die rippenlosen Wirbel als cervicale betrachtet, somit würden bei Liolepis die Rippen schon am dritten und bei Draco erst am siebenten Cervical- wirbel beginnen. Ebenso gibt Eichwald (20) für Agama cau- casia die unrichtige Zahl sieben an, während dieselbe nach Ihering (37) bei Agama stellio sogar neun betragen soll. Der Atlas besteht aus den drei typischen Stücken, dem Körper und den beiden Bogenhälften, welche immer durch Nähte getrennt bleiben. Der Körper, Corpus, bildet einen mas- siven Knochenbogen, an dessen unterem Umfange eine Hyp- apophyse entspringt, welche bei manchen Gattungen, wie Draco, Sitana, Uromastix und Molochus viel weniger ent- wickelt ist, als bei Calotes, Agama, Amphibolurus und Lophura. Speciell bei Amphibolurus barbatus dehnt sich die Hypapo- physe hakenförmig nach rückwärts aus und bedeckt den vorderen Theil des Epistropheus. Die beiden Flächen des Atlaskörpers bilden Gelenksstellen, und zwar vorne für den Condylus oceipitalis, rückwärts für die Hypophyse des Epi- stropheus und die obere halbmondförmige Kante articulirt mit dem Processus odontoideus des zuletzt genannten Wirbels. An beiden Enden dieser Kante erheben sich die Bogenhälften. Jede Bogenhälfte, Arcus, schwillt unten zur Massa lateralis an, welche sich dann in den eigentlichen Bogen- schenkel fortsetzt. Die erstere hat wieder vorne und hinten eine Gelenksfläche, welche sich halbmondförmig an jene des Kör- pers anschliesst. Nur sei bemerkt, dass die rückwärtige Gelenks- fläche viel grösser als die vordere ist und zur Verbindung mit dem Körper des Epistropheus selbst dient. Der Bogenschenkel Skelet der Agamidae. 1149 ist auswärts gekrümmt, am Ende schaufelförmig verbreitert und mit dem zweiten nicht durch Synostose, sondern ganz lose nur durch Zellgewebe verbunden. Der Processus articularis posterior, welcher bei allen Agamidae an der hinteren Kante des Bogenschenkels entspringt, fehlt merkwürdiger Weise bei der Gattung Amphibolurus vollständig. Das Ligamentum transversum spannt sich zwischen den oberen Grenzen der Massae laterales aus und theilt das Volumen des Atlas in zwei Hälften. Der Epistropheus übertrifft an Grösse alle praesacralen Wirbel. Er zerfällt bei jungen Thieren in den Wirbel selbst, das Os odontoideum, und in die Hypapophyse, welche Stücke mit dem fortschreitenden Alter verschmelzen, zum Unter- schiede vom Atlas, wo die einzelnen Theile zeitlebens getrennt bleiben. ! Der Körper, Corpus, ist unten gekielt und oben mehr weniger plan; sein hinteres, kugelförmiges Ende wird durch eine Einschnürung etwas abgehoben. Das vordere, viel breitere Ende besitzt einen halbkreisförmigen Ausschnitt, in den sich das Os odontoideum einfügt, um später zum Processus odontoideus mit dem Körper zu verschmelzen. Unterhalb dient eine dreieckige Vertiefung zur Anlagerung der Hypapo- physe. Das Os odontoideum hat mit einer kurzen, vorgestreckten Zunge Ähnlichkeit, deren Spitze schmal und die Basis ange- schwellt ist. Die obere, plane Fläche liegt im gleichen Niveau mit jener des Wirbelkörpers. Die untere abgerundete Fläche articulirt mit der oberen Kante des Atlaskörpers. Die Hypapo- physe verbindet sich mit dem Wirbelkörper und dem Os odontoideum. Ihr vorderes Ende ragt wulstartig hervor und ist mit der hinteren Fläche des Atlaskörpers gelenkig verbunden. Dieses und das Os odontoideum werden beiderseits durch ein beträchtliches Stück des breiten Vorderrandes des Wirbel- körpers flankirt, welches mit der Hinterfläche der Massa lateralis des Atlasbogens in Verbindung tritt. Dadurch entsteht eine sehr ausgebreitete Gelenksfläche für den Atlas, welche die Drehungs- möglichkeit wesentlich erhöht. Die Hypapophyse läuft in einen langen Dorn aus, der in paralleler Richtung mit dem Körper bei den meisten Gattungen bis zu dessen Ende reicht. Sitzb. d. mathem.-naturw Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 75 1150 F. Siebenrock, Der Bogen, Arcus, umschliesst mit dem Körper das Foramen medullare und bildet durch einen vorderen und hinteren Ausschnitt mit den anstossenden Wirbeln die Fora- mina intervertebralia. Der sehr breite, kammförmige Pro- cessus spinosus überragt vorne die Bogenhälften des Atlas und dient diesem gleichsam zum Schutze. Die Processus articulares sind wie bei allen Sauriern so angeordnet, dass die Anteriores mit den aufwärts gerichteten Gelenksflächen von den Posteriores des vorhergehenden Wirbels bedeckt werden. Bei Amphibolurus fehlen natürlich die Processus articulares anteriores, entsprechend der Abwesenheit der Posteriores am Atlas. Die Processus transversi fehlen entweder ganz oder sie ragen bei einigen Gattungen, wie Gonyocephalus, Calotes, Phrynocephalus und Molochus nur als minimale Höcker hervor. Der Epistropheus der Agamidae unterscheidet sich durch den Mangel einer zweiten Hypapophyse von dem der Lacertidae, Scincoidae, Anguidae etc., gleicht aber dadurch jenem der ihnen in vieler Beziehung ähnlichen Iguanidae. Die folgenden sechs Cervicalwirbel gleichen sich so ziem- lich im Baue. Der Körper ist wenigstens bei den vorderen noch deutlich gekielt und stets procoel.’Die Gelenkspfanne zeigt sich bei den auf Bäumen lebenden Gattungen mehr kreisförmig, während sie bei den terrestren eine ellipsoide Form annimmt mit einem grösseren Quer- als Höhendurchmesser. Mit ihr stimmt die Form des Gelenkskopfes überein, welcher durch eine Einschnürung vom Körper deutlich abgesetzt ist. Am unteren Umfange der Gelenkspfanne entspringt die Hypapo- physe, welche sich ausser dem Atlas und Epistropheus noch an den vier darauffolgenden Wirbeln vorfindet, so dass also sechs Cervicalwirbel zusammen sechs Hypapophysen besitzen. Bei Molochus scheinen nur fünf anwesend zu sein, denn am sechsten Cervicalwirbel konnte keine Hypapophyse mehr wahr- genommen werden. Calori (13) und Brühl (11) führt bei Uro- mastix Spinipes nur vier und der erstere Autor (12) bei Agama stellio bloss fünf Cervicalwirbel mit Hypapophysen an, obwohl beide Gattungen, wie leicht nachweisbar ist, sechs besitzen. Die Hypapophysen, Notokyrtomata Brühl, Spine inferiori Calori, stellen solide, hakenförmige, nach rückwärts gebogene Skelet der Agamidae. 1151 Fortsätze dar, welche am unteren Umfange der Gelenkspfanne befestigt sind, so dass sie dieselbe ergänzen. Während sie also bei den Lacertidae, Scincoidae etc. immer am Gelenkskopfe, somit hinten am Wirbel aufsitzen, finden wir dieselben bei den Agamidae vorne. Sie sind ausser bei Molochus und Uromastix ziemlich lang und breit. Speciell bei deraletzteren Gattung gleichen sie kleinen, rundlichen Körnern. Eine besondere Länge erreichen sie dagegen bei Calofes, und dennoch wurden sie von Salverda (öl) nicht berücksichtigt. Ihre Grösse nimmt nach hinten allmälig ab. Sie befestigen sich bei jungen Thieren durch Synchondrose und verschmelzen bei erwachsenen vollständig mit dem Wirbelkörper. Die Bogen, Arcus, Notokyrtomata Brühl, sind breit und vorne von sehr dünnem Knochengewebe, so dass sie ganz transparent werden. Sie umschliessen das Foramen medul- lare und bilden an ihrer Basis durch die beiderseitigen Ein- schnitte zwischen je zwei Wirbeln die Foramina interverte- bralia. Die Processus spinosi, Notospinae Brühl, erreichen im Allgemeinen bei den Baumthieren, wie Gonyocephalus, Acanthosaura, Japalura und Calotes eine beträchtliche Länge und sind schmal, während sie Agama, Amphibolurus und Phrynocephalus durch ihre Kürze und Breite unterscheiden. Bei den ersteren ragen sie fast vertical empor und bei den letzteren schief nach rückwärts. Die Processus transversi, Parapophysen Brühl, stellen an den rippenlosen Cervical- wirbeln kurze, warzenförmige Fortsätze dar, welche vorne zwischen Körper und Bogen entspringen. Sobald sie aber Rippen tragen, bilden sie derbe, querovale Knochenwülste, die vorne etwas abwärts geneigt sind. Die Processusarticulares anteriores et posteriores, Parapophysen Brühl, springen weit nach aussen vor und verleihen dadurch dem Wirbel eine sehr breite Gestalt. Ihre einfachen Gelenksflächen stehen schief von aussen nach innen und abwärts; sie verbinden sich in der beim Epistropheus angeführten Weise. Die Dorsal- und Dorsolumbalwirbel unterscheiden sich von den Cervicalwirbeln hauptsächlich durch den Mangel der Hypapophysen und durch ihre Grösse. Sie besitzen aus- 75% 13 F. Siebenrock, nahmslos Rippen, welche an die sehr kurzen Processus trans- versi befestigt sind. Diese erreichen bei Draco eine ungewöhn- liche Länge, besonders für jene Rippenpaare, welche zum Aus- spannen der Flughaut dienen. Die Processus spinosi sind bei den Baumthieren wieder bedeutend länger als bei den am Boden lebenden Agten und besonders lang bei- Gonyocephahıs Godeffroyi. Nur bei Draco fallen sie durch ihre Kürze auf, nehmen aber die ganze Länge des Wirbels ein. Der Unterschied zwischen Dorsal- und Dorsolumbalwirbel wurde von mir (97) beim Skelete der Lacertidae genauer prä- eisirt und bestätigt sich auch bei den Agamidae wieder. Ihre Zahl verhält sich bei den einzelnen Arten in nachfolgender Weise. TDnacorVolans ee 9 Dorsal-, 6 Dorsolumbalwirbel. Stana ponticeriana........ GIPAF> 6) > Lyriocephalus scutatus ..... OR 7 Gonyocephalus Kuhlii ...... TRERRS 6 » subcristatus . 7 > 7 > » Godenno)i Se 7 Acanthosaura lammidentata. 9 » 6) Japalnra variegata ........ SE 7 > @alotessenistatelusan re Ob > > DRG BAUS. SEN NERN: IE 6) I BUCHSICOUONEE SE DIE ONE A) PETETWMYSTOCENSAAE - Ale Gr 5) ». ophiomachus....... 9 > ) Charasia Blanfordiana..... Ta 7 > Agama sanguinolenta ...... 10» 4 2 DIE 00 > ER Sa 4 EN NiSDIdae Ser In 5) > > RER DSIRENIDE S > 6 > 2 FCOlONOKU Eee 9 > 6) RN iNbenemlayeme TORE 6) > De molayamor a SHE 7 > >» Stellio.. 212 NDR EE S > 7 > Phrynocephalus Theobaldi ..8S >» » MYSIACEUS . .. 9 > a Skelet der Agamidae. 1153 Amphibolurus Decresii ..... 7 Dorsal-, 7 Dorsolumbalwirbel. » muricatus ... 7 » 6 » » barbatns..... 2 » 4 » Lophura amboinensis ...... Sr d » MorenissBelln. sa... 208. 10 > 6 > Uromastix spinipes ........11 > 6) > » Hardwickiü ..... 11 » Bi) > Molochus horridus.....:... 8 > 4 > Weil Brühl (11) bei Uromastix spinipes nur vier Cervical- wirbel anführt, müssen die Dorsalwirbel selbstverständlich um vier mehr, also 20 betragen. Ganz unrichtige Zahlen dieser Wirbel werden von Cuvier (17) bei Lyvriocephalus und Liolepis, von Tiedemann (61) bei Draco, und von Eichwald (20) wahrscheinlich auch bei Agama caucasia angegeben. Die letztere Art unterscheidet sich kaum in der Skeletanordnung von der so nahe verwandten Agama stellio. Lumbalwirbel ist bei allen Agamidae, ausser bei Uro- mastix und Liolepis einer anwesend. Dieser unterscheidet sich von den vorhergehenden Wirbeln durch seine ungewöhnlich langen Processus transversi, welche spitz endigen und etwas nach vorne gewendet sind. Richtige Angaben über das Vor- kommen eines Lumbalwirbels wurden von Eichwald (20) bei Agama caucasia, von Calori (12) bei Agama stellio und von Salverda (öl) bei Calotes cristatellus gemacht. Nicht angeführt wird derselbe von Cuvier (18) bei Lyriocephalus und Agama, von Calori (14) bei Agama aculeata und von Ihering (37) bei Agama stellio. Brühl (11) meint, der von Calori bei Agama stellio erwähnte rippenlose Praesacralwirbel käme sehr wahr- scheinlich nur auf Rechnung des Präparators. Am wider- sprechendsten lauten jedoch die Angaben bei Draco, denn nach Cuvier (17) und Owen (45) fehlt ein Lumbalwirbel, dann führt der erstere Autor in einem späteren Werke (18) zwei an, und Tiedemann (61) erhöht dieselben sogar auf vier. Eine Täu- schung ist auch am ehesten bei Draco möglich, weil die drei letzten Rippenpaare die Processus transversi kaum an Länge übertreffen, so dass erst durch die Zerlegung des Rumpfes der wahre Sachverhalt ermittelt werden kann. 1154 F. Siebenrock, Die Sacralwirbel bilden die hintere Grenze des Rumpfes und dienen dem Becken zur Befestigung. Zu diesem Zwecke sind ihre Processus transversi entsprechend umgestaltet. Es werden niemals mehr als zwei Sacralwirbel angetroffen und dennoch beschreibt Tiedemann (61) von Draco deren drei: »Die Region des Beckens oder das Kreuzbein ist aus drei Wirbeln zusammengesetzt, von denen nur der zweite und dritte Wirbel mit den Querfortsätzen zusammengewachsen sind und zu beiden Seiten ein ovales Loch bilden. An die Querfortsätze der drei Wirbel legen sich die Darmbeine an.« Aus dieser Dar- stellung wäre zu schliessen, dass es sich entweder um einen Präparationsfehler der betreffenden Partie handelt, oder es liegt ein Fall von Wirbelassimilation vor. Auch Cuvier (17) gibt bei Stellion du Levant = Agama stellio drei Sacralwirbel an, ohne eine Bemerkung über diese ungewöhnliche Zahl beizufügen. Die Sacralwirbel unterscheiden sich von den vorher- gehenden Wirbeln eigentlich nur durch ihre grossen Proces- sus transversi, welche sehr lang und dick sind. Ihre Enden nehmen beim ersten Sacralwirbel eine runde Form an und bilden eine hufeisenartige Gelenksfläche für das Ilium des Beckens. Sie tragen bei Lyriocephalus ein langes Stück calci- nirten Knorpels, welcher sich um den Rand des Endes ansetzt, vorne in eine Spitze ausläuft und sich zum Processus trans- versus des zweiten Sacralwirbels erstreckt. Dieses Knorpelstück, welches zur Vergrösserung der Gelenkspfanne für das Ilium dient, macht den Eindruck eines Rippenknorpels, so dass man an die Rippennatur der sacralen Processus transversi gemahnt wird. Die Processus transversi des zweiten Sacralwirbels sind mehr plattgedrückt und am Ende durch eine Einkerbung schwach gegabelt; dessen vordere stärkere Zacken verbinden sich mit den Processus transversi des ersten Sacralwirbels und umschliessen gemeinschaftlich die grossen ovalen Foramina sacralia. An der unteren Fläche führt neben dem Wirbel- körper beiderseits ein Loch in einen engen Canal, welcher an deren oberen Fläche gegen das Ende hin wieder ausmündet. Die Processus transversi des zweiten Sacralwirbels bilden somit Lymphapophysen, welche von Salle (80) zuerst bei Skelet der Agamidae. MS den Schlangen und schlangenähnlichen Sauriern beschrieben wurden. Die Verbindung geschieht bei den Sacralwirbeln auf dieselbe Weise, wie bei den übrigen Wirbeln. Allein ihre Be- weglichkeit scheint demnach auf ein Minimum redueirt zu sein, abgesehen von der Vereinigung ihrer Processus transversi, welche die Beweglichkeit zweifelsohne beeinträchtigt. Denn die Gelenksstellen (Kopf und Pfanne) zwischen den beiden Wirbeln sind sehr rauh und uneben, woraus man schliessen muss, dass ihre Verbindung eine sehr stramme ist. Die Processus arti- culares stehen fast senkrecht und die Processus spinosi nähern sich bei Gonyocephalus Godeffroyi auffallend. Über das Vorkommen von Wirbelassimilationen bei den Agamidae wurde von mir (54) in einer früheren Arbeit berichtet. Die Caudalwirbel erreichen bei den Baumthieren eine bedeutend grössere Anzahl als bei den Bodenthieren. Sie be- trägt bei den ersteren oft mehr als das Dreifache der Prae- sacralwirbel. Übrigens kann man auch bei den Agamidae kaum ka Sicherheit ihre Zahl"@sichtie anführen, weil sie, wie ves scheint, der Individualität unterworfen ist. Freilich wird hier die Regenerirung des Schwanzes weniger oft angetroffen als bei den Lacertidae, Scincoidae etc. mit quergetheilten Caudal- wirbeln, sie kommt aber ebenfalls vor, obwohl ihre Wirbel solid sind. Diese werden nämlich in der zweiten Hälfte des Schwanzes mitten so dünn, dass sie sehr leicht entzweibrechen und dann wächst aus dem vorderen Stück des abgebrochenen Wirbels in gleicher Weise wie bei den Familien mit quergetheilten Caudal- wirbeln ein Knorpelrohr nach. Die Regenerirung des Schwanzes findet daher bei den Agamidae viel weiter hinten statt als bei den vorhergenannten Familien. Die beigefügte Tabelle zeigt die Zahlenverhältnisse der praesacralen und Caudalwirbel bei den einzelnen Arten und bei jenen mit Regenerirung des Schwanzes den Beginn derselben. Praesacral- Caudal- wirbel wirbel BL GalUalan Sa N. BIN ER 24 46 Dramasponticeriana: 222... 2 20 38 Dyriocephalus'sceutatns ............ 22 29 Gonvocephalus Kuhliü.. ....ı2...2. 22 44 1156 F. Siebenrock, Praesacral- Caudal- wirbel wirbel Gonyocephalus suberistatus ...... .. 29, res. vom as >» GOÄ 24 74 Acanthosaura lamnidentata ........ 24 42 Vapolunor lo Vegaro ee 24 40 (Aloveskchustareln Sm 23 53 DT IDATWSEE ee, 23 93 20 WCHSICOlONEE a 23 =) DE BNEVSTaCeWSE ee 23 reg. vom 39. an 2 0nMoOmAchmSE... 23 . ‚reg. vom 43. an @nanasia Blon)ondiaman 23 ..Teg. vom 28 an Aisamıa SaWzumolema. 7... 022.0 23 41 a Dallıday 0 ee ee. 22 41 DIRENISPIAaN rn Rare s 28 28 RN EEE N 23 29 > GCOLOHOKUMD EN 23 3) > DUDEN ee 24 reg. vom 16. an MisaalaNanaR Er 24. reg. vom 24. an un aeSLell1O.. Tre ee 24 31 Phrynocephalus Theobaldi ......-. 21 39 NENSTOCENS 22% 42 Anplhıboluans Dechesu es 23 reg. vom 30. an > WIUNIGALWS 22 3 >» DOWDaIWSEe 29 44 ION EINDIOINENSIS So con: >>: 24 64 Wiolopessmellun a 24 63 Unomastr.Sspinipes ee 24 23 Handwıckies 24 24 IMolochms None 21 26 Der erste Caudalwirbel besitzt den kürzesten, aber den stärksten Wirbelkörper, welcher bei den folgenden Wirbeln bis ungefähr zur Mitte des Schwanzes immer länger und dann bis zum Ende allmälig wieder kürzer wird. Die Stärke nimmt aber continuirlich vom ersten bis zum letzten Wirbelkörper ab. Die Wirbelkörper sind ausnahmslos procoel und stets ohne Quer- theilung, aber in der zweiten Hälfte des Schwanzes werden sie speciell bei den Baumthieren so dünn, dass sie leicht entzwei- Skelet der Agamidae. oz brechen. Von hier aus wird dann der Schwanz wieder regenerirt, indem von der vorderen Hälfte des letzten Wirbels ein nach rückwärts sich verjüngendes Knorpelrohr herauswächst. Am zweiten oder dritten Caudalwirbel beginnen dieHaem- apophysen, welche am unteren Umfange des Gelenkkopfes durch Zellgewebe befestigt sind. Sie stellen längliche Knochen- bogen dar mit nach abwärts ragenden Dornen. Diese sind ent- weder schmal, stabförmig und lang wie bei Charasia, Agama, Phrynocephalus, Amphibolurus, Lophura, Liolepis, Uromastix und Molochus, oder breit, schaufelförmig und kürzer bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus, Acanthosaura, Calotes und Japalura. Ihre Grösse nimmt in gleichem Masse wie die des Wirbels überhaupt ab. Die letzten Caudalwirbeln scheinen keine Haemapophysen mehr zu besitzen. Die Processus spinosi der vorderen 15 Caudalwirbel erreichen bei Gonyocephalus Godeffroyi und Lophura amboi- nensis eine ungewöhnliche Länge, nehmen aber dann rasch ab, bis sie an den letzten Wirbeln ganz verschwinden. Die Processus transversi kommen gewöhnlich nur an den vorderen Caudalwirbeln vor, und zwar ist ihre Zahl bei den Bodenthieren meistens grösser als bei den Baumthieren. Sitana hat bloss an den vorderen 8, Phrynocephalus mystaceus an 32 und Uromastix allein an allen Caudalwirbeln Processus trans- versi. Die vordersten sind lang und stehen bei den Bodenthieren fast rechtwinkelig vom Wirbelkörper ab, während sie sich bei den Baumthieren mehr rückwärts neigen oder, wie bei Draco und Sitana, sichelförmig zurückkommen. Die Processus arti- culares verschwinden erst bei den allerletzten Caudalwirbeln. Die Rippen, Costae, Pleuralia Brühl, beginnen bei den Agamidae, mit Ausnahme von Draco und Uromastix, am fünften Cervicalwirbel, bei der letzten Gattung schon am vierten und bei Draco gar erst am sechsten. Sie erstrecken sich bei Liolepis und Uromastix auf alle folgenden praesacralen Wirbel, während bei den übrigen Gattungen der letzte praesacrale Wirbel immer rippenlos bleibt und daher als ein lumbaler zu betrachten ist. An einem Skelete von Agama atra hatte, so wie bei Uromastix, ebenfalls der vierte Cervicalwirbel schon eine Rippe. Es scheint jedoch, dass sie nur ein Überbleibsel des embryonalen Stadiums 1158 » F. Siebenrock, ist, weil an zwei weiteren Skeleten derselben Art die Rippen erst am fünften Cervicalwirbel beginnen. Die Rippen werden nach ihrer Lage und Function in Costae cervicales, C. dorsales verae, C. dorsales spu- riae und C. dorsolumbales eingetheilt. Ihre Zahlenverhält- nisse erweisen sich bei den einzelnen Arten folgendermassen: | Costae | Costae | Costae | Costae |‘ | Name | cer- (dorsales/dorsales| dorso- Summe ‚ vicales verae | spuriae | lumbales | | | ID) VOEMS os aa eer ee | 3 3 6 6 | all8 | Sıtanda ponticeriama ........ a: 3 3 5 | 15 | Lyriocephalus sceutatus .. 4 B) 3 7 17 Gonyocephalus Kuhlii ....... 4 4 3 6 107 » suberistatus.. al er: 4 B) 7 18 » Godeffroyi.....\. 4 4 4 7.2 al Acanthosaura lamnidentata.. .\ 4 4 B) 6 ee 11G Japalura variegata.......... 1.254 4 4 7 19 Onlotesierıstatellus 2.1: | 4 4 6) B) 18 DS 4 4 9) B) DB DU &05100),0 | 4 4 6) b) I at® DE UVSEAGEUSER EEE et 4 b) 6) 18 onniomachlsEEE | 4 a 6) b) 18 Charasia Blanfordiana ...... I 4 3 7 18 Agama sanguinolenta ...... 4 a 6 4 > 18 mals ne BA 3 LE: 7 SEE na 4 Da ee 18 I | 4 4 4 6 18 > EOVOOUTE Is 2b 4 B) B) Lara » TWberEIWlaL | 4 4 6 Ö 18) >» Whimalayanaıı 22. | 4 4 + m | 19 >50; Shalluor, aa Re | 4 4 4 Zt ir Phrynocephalus Theobaldi.... a 3 5 4 16 | » MYStaceus „| A 3 6 4 ra Amphibolurus Decresii ...... 4 4 3 & 18 » MUTICAEUS .. 4 4 3 6 | 17 » barbatus...... | 4 4 S 4. 20 Lophura amboinensis ....... Re N 4 7 19 Teiolepiss Bella u | 4 6 6 20 Uromastix spinipes .. 6) 4 7 b) A| » IElaehunerka a) + 7 b) an Molochus horridus 4 B 4 | 4 | 16 I | Skelet der Agamidae. 1159 Nach Eichwald (20) würde sich die Zahl der Rippen bei Agama cancasia auf 20 belaufen, nämlich 3 cervicale und 17 dorsale. Ebenso gibt Calori (14) bei Agama acnleata um ein Rippenpaar zu viel an, weil nach diesem Autor auch der letzte praesacrale Wirbel Rippen hat. Noch fehlerhafter sind die Angaben der Rippenzahl bei Draco volans. Tiedemann (61) berichtet darüber auf S. 14: »Der Drache besitzt vierzehn Paar Rippen, nämlich sechs Paar wahre, kurze und gebogene Rippen, welche das Brustbein erreichen, und acht Paar falsche, gerade Rippen, welche in der Flughaut liegen und diese unterstützen.« Dass sich nicht sechs Paar Rippen, sondern nur drei mit dem Sternum verbinden, wurde schon von Rathke (48) berichtigt. Aber auch die Zahl der falschen Rippen ist unrichtig, denn sie beträgt nicht acht, sondern laut Tabelle zwölf Paar Rippen. Ebenso irrthümlich ist die Darstellung von Owen (45) auf Seite 58: »In this little Lizard (nämlich Draco) there are twenty vertebrae supporting movable ribs, which commence apparently at the fifth. Those of the eighth vertebra first join the sternum, as do those of the ninth and tenth; the pleur- apophyses of the eleventh vertebra suddenly acquire extreme length; those of the four following vertebrae are also long and slender; they extend outward and backward, and support the parachute formed by the broad lateral fold of the abdominal integuments. The pleurapophyses of the succeeding vertebrae rapidly shorten.« Soweit würden sich nach Owen die Rippen bei Draco in folgender Weise vertheilen: 3 Costae cervicales, 3 dorsales verae, 5 dorsales spuriae und 9 dorsolumbales. Die Cervicalrippen. Von diesen ist die erste sehr kurz und ihr laterales Ende spitz; bei Draco, Agama und Phryno- cephalus wird dasselbe breit und dient stets zum Ansatze eines kurzen Knorpelstückes. Bei Uromastix, wo sie sich schon am vierten Cervicalwirbel befestigt, bildet sie ein kurzes, lateral abgerundetes Knöchelchen ohne Knorpelbesatz. Die zweite Cervicalrippe ist länger und am lateralen Ende meistens etwas verbreitert, ganz besonders jedoch bei Agama. Ihr Knorpel theilt sich nicht in zwei Äste, sondern bleibt stets einfach und kurz. Die beiden folgenden Rippen gleichen den Dorsalrippen denn sie sind lange, nach aussen gekrümmte Knochenbogen 1160 F. Siebenrock, mit einem kurzen Knorpelbesatz. Uromastix besitzt natürlich drei kurze und zwei lange Cervicalrippen, Draco von den letzteren nur eine einzige. Das mediale Ende stellt bei den ersteren eine ovale und bei den letzteren eine runde Gelenks- pfanne zur Articulation mit dem Wirbel dar. Ganz abweichend von den übrigen Gattungen verbinden sich die ersten zwei Cervicalrippen bei Agama und Phrynocephalus nicht gelenkig, sondern durch Synchondrose mit dem Processus transversus des betreffenden Wirbels. Daher ist dessen Fläche nicht ab- gerundet und glatt, sondern plan und rauh. Ja, die Synchon- drose geht sogar bei Phrynocephalus bisweilen in Synostose über, so dass die Rippen mit den Wirbeln total verschmelzen. Die Dorsalrippen. Die wahren Dorsalrippen stellen ziemlich lange, schlanke Knochenbogen dar, ‘welche nach aussen gekrümmt sind und durch ein Knorpelstück, Rippen- knorpel, Cartilago costarum, Sternocostalleisten Stannius, Gastropleuralia Brühl, entweder mit der hinteren Kante des Praesternum oder mit dem Xiphisternum in Verbindung stehen. Ihre Zahl ist eine sehr geringe, denn sie beträgt höchstens vier und bei manchen sogar nur drei auf jeder Seite. Die Befesti- gungsweise der Rippenknorpel an das Sternum ist eine sehr verschiedenfache, wie man aus der folgenden Tabelle ersehen kann. Am Prae- Am Xiphi- sternum sternum Dya20:woOlausu sa ser sane Ö (0) Siıtana ponkceRiamaz ee 2 1 Dysmocephalns scutalns es 2 1 GoONoGeHhalıS Kühle 3 1 > SUWDCHUSUAHUS SB 3 \ > Godepjwoyisanan 3a 20 3 1 Acanthosaura lamnidentata >. ........2... 3 1 Vapalunarvaniesatanr ee B) 1 @alotes cristavellusen ans 2 2 N UNbAatus u An a aaa aa 2 2 > VERSICOLONA. Sie. ae 2 2 SEN SIaGeNS ‚aaa. Bones 2 2 DEOPNIOMaChuUsSEr Sn ee 2 2 Skelet der Agamidae. 1161 Am Prae- Am Xiphi- sternum sternum Binasiasblanjordiena,.. .... -:-%. 2.4.0: 3 1 leaıma sanguimolenia....... 4.n....22...- > 1 pallıdan nn... ana en. le. 3 ) 2 SyOdeNen ee A ee B) | a EN ee tee are has kant 3 1 3.10 a 6) 1 > ERDNSIFODONRER "a ST, Se REENTRENE 0) 1 Senimalananarı 3.2.4. 32 8 ) 1 > ONE ee ee RE 3 1 nuocenhalıns; Nheobaldi, ..1........2. 3 6) > M)SUOGERSE a ee 3 Ö mınlabolnmns, Deckesiin.. na nenn: 3 j > HANBIGAIN SE rc a ) I >» DanDat HS ee re: ©) 1 Nonnuna amboimenSiss..-. 2... seen ne 6) ] IL. ION DS VAN aa N N Se 4 Ö WoamalstinespimiDes..... Yan ee ee 4 (0) > TÄOHENDECRI N ehe 4 (0) Molochus horridus....... a ® 1 Auch hierin kommen wieder Abweichungen vor. Bei zwei Skeleten von Sitana geschieht die Befestigungsweise der Rippen an das Sternum auf die angegebene Art, während bei einem dritten Skelete um ein Rippenpaar weniger vorhanden ist und sich das eine mit dem Praesternum, das andere mit dem Xiphi- sternum verbindet. Ebenso werden bei einem Skelete von Agama atra in abnormer Weise die zwei vorderen Rippen- paare dem Praesternum, die beiden rückwärtigen dem Xiphi- sternum angefügt. Schliesslich verbinden sich an einem Skelete von Uromastix spinipes anstatt alle vier Rippenpaare nur drei mit dem Praesternum und das letzte Paar befestigt sich an das Xiphisternum. Die Cartilagines costarum sind gewöhnlich rund, bei Lyrio- cephalus und Molochus aber unten rinnenförmig ausgehöhlt. Sie bestehen bei Uromastix und Molochus aus zwei Theilen, wie dies bei der ersten Gattung schon von Brühl (11) richtig 1162 F. Siebenrock, dargestellt wurde, so dass die Rippen in drei Stücke zerfallen. Brühl bezeichnet das mittlere Stück als Mesopleurale. Die falschen Dorsalrippen gleichen den vorhergehen- den, nur sind ihre Rippenknorpel kurz, so dass sie das Sternum nicht mehr erreichen. Sie werden bei Draco in ungewöhnlicher Weise verlängert, durchbrechen die Muskelwand und dienen bekanntlich als Stützen der Flughaut. Ihre Zahl wird von Tiedemann (6l), Owen (45) und Dumeril (19) mit fünf angegeben, während an den von mir benützten Skeleten stets sechs Paare vorhanden waren. Diesbezügliche Untersuchunge an mehreren Exemplaren von Draco volans L., D. reticnlatus Gthr., D. lineatus Daud. und D. fimbriatus Kuhl ergaben, dass unverhältnissmässig öfter sechs oder fünf Paare solcher Rippen vorkommen. Auch bei Liolepis Bellii übertreffen die sechs falschen Rippen die vorhergehenden wahren an Länge, welche sogar bis zur sechsten Rippe noch bedeutend zunimmt. Sie sollen nach Cantor (ld) zu einem ähnlichen Zwecke dienen wie bei Draco: »Like the mechanism of the Genus Draco, the membranes are expanded by means of the very long six anterior pairs of spurious ribs, which the Lizard has the power of moving forward under a right angle with the vertebral column. The six posterior ones are excessively short, and though equally moveable, do not appear materially to assist in expanding the membranes.« Die Dorsolumbalrippen sind bedeutend kürzer als die Dorsalrippen, am Ende zugespitzt und nur mit einem ganz kurzen Knorpel besetzt. Vermöge ihrer Krümmung nach rück- anstatt abwärts gewinnen sie Ähnlichkeit mit den Processus transversi. Bloss bei Uromastix bietet ihre Unterscheidung einige Schwierigkeiten dar, weil beide Rippenarten nach rück- wärts allmälig kürzer werden, während bei allen anderen Gattungen die erste Dorsolumbalrippe bedeutend kürzer als die vorhergehende letzte Dorsalrippe ist. Das Brustbein, Sternum, gliedert sich in das Episternum, Praesternum und Xiphisternum, welche Theile nach ihrer Lage, Form und Entwicklung verschieden sind. Das Episternum (e. st.), das untere oder vordere Stück des Brustbeins nach Rathke (48), Os impair Cuvier, Corpus UrE Skelet der Agamidae. NS osseum sternale Eichwald, Os anterieur Blanchard, Osso impare Calori, Os episternale Salverda, Episternale Brühl, Episternum Gegenbaur, Goette, Wiedersheim, Interclavi- cle Parker, besitzt bei den Agamidae eine: verschiedenartige Form, welche schon Rathke (48) von mehreren Gattungen beschrieben hat. Zugleich sei aber hier bemerkt, dass die vom genannten Autor angeführten Arten Calotes pictus und Agama umbra nicht zu den Agamidae, sondern zu den /guanidae gehören und dass die erstere Art mit Uraniscodon umbra Gray, die letztere mit Uraniscodon plica Kaup synonym ist. Das Episternum entsteht nach Goette’s (27) Unter- suchungen aus zwei schmalen Knochenstreifen in den Schlüssel- beinanlagen, welche imLaufe der Entwicklung zusammenfliessen und einen derben Knochen bilden. Dieser ist an der unteren Fläche des Praesternum durch Zellgewebe befestigt, überragt dasselbe vorne und verbindet sich mit den beiden Schlüssel- beinenden. Das Episternum hat entweder die Gestalt eines T mit sehr langen Querbalken wie bei Agama, oder mit kurzen wie bei Lophura, Liolepis, Uromastix und Molochus. Es gleicht einem Anker bei Phrynocephalus oder einer Pfeilspitze bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus, Acanthosaura, Calotes, Japalura, Charasia und Amphibolurus. Sein Stamm reicht gewöhnlich kaum bis zur Hälfte oder sogar nur bis zum vorderen Drittel des Praesternum, nur bei Ziolepis und Uromastix ist er bis zum distalen Ende des Praesternum ausgedehnt; er ist schmal bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus, Japahıra, Charasia, den meisten Agama-Arten und Phryno- cephalus, etwas breiter bei Acanthosaura, Calotes, Agama tuber- cnulata, A. stellio, Amphibolurus und Lophura und plattenförmig bei Molochus,; endlich hat derselbe bei Liolepis und Uromastix Ähnlichkeit mit einer Schwertklinge. Die Querbalken sind bei Agama tuberculata, A. himalayana und A. stellio verbreitert und bei letzterer Art in ihrer ganzen Länge an die beiden Claviculae angelagert, wie dies von Calori (12) und Parker (46) dargestellt wird. Das Praesternum (p. st.), das obere oder hintere Stück des Brustbeins nach Rathke, Disque rhomboidal Cuvier, Pars cartilaginea sternalis Eichwald, Cartilagine romboidale 1164 F. Siebenrock, Calori, Sternalplatte Salverda, Sternale Brühl, Sternum Blanchard, Parker, Gegenbaur, Goette, Wiedersheim, besteht aus einer rhomboidalen calcinirten Knorpelplatte mit einer mehr weniger starken Wölbung nach unten. Es gleicht bei Agama, Phrynocephalus, Amphibolurus, Uromastix und Molochus einem Pentagon, weil der distale Winkel so stark abgestutzt ist, dass er eine ziemlich lange Seite bildet. Die proximalen Seitenkanten sind gefalzt zur Articulation mit der Coracoidea und entsenden am hinteren Ende der oberen Lippe einen Fortsatz, welcher durch ein langes Band mit der Scapula in Verbindung steht. Dieser Fortsatz befindet sich an derselben Stelle, wo Goette (27) im ersten Entwicklungsstadium beim Sternum von Cnemidophorus einen Zipfel hervorhebt, welcher wahrscheinlich mit der letzten Halsrippe zusammenhing. Er ist sehr gross bei Lyriocephalus, Acanthosaura, Calotes und Charasia, sehr klein bei Amphibolurus, Lophura, Liolepis und Uromastix und hat jedenfalls den Zweck, die Sicherheit des Gelenkes zwischen dem Praesternum und dem Coracoideum zu erhöhen. Zum gleichen Zwecke scheint auch das vordere Ende der unteren Lippe stark verbreitert zu sein. Die distalen Seiten- kanten sind meistens länger als die proximalen speciell bei den Baumthieren mit einem schmalen und langen Praesternum. Sie besitzen kurze Fortsätze zur Verbindung mit den wahren Dor- salrippen, deren Zahl sich nach der Anwesenheit der letzteren richtet. Sie wurde von Cuvier (17) bei SZellio mit vier und bei Agama mit zwei angegeben. Aus der Tabelle über die Zahl der Rippen ist jedoch ersichtlich, dass sich bei beiden, jetzt zur Gattung Agama vereinigten Gruppen regelmässig drei Rippen- paare an das Praesternum befestigen. Gegen das distale Ende hin liegen im Praesternum ge- wöhnlich zwei ziemlich grosse Fenster, welche sogar hie und da durch ein drittes oberhalb gelegenes Fenster vermehrt werden können. Diese sind bei Agama, Phrynocephalus, Amphibolurus und Liolepis sehr gross und bloss durch einen schmalen Streifen in der Mitte getrennt. Bei Liolepis geschieht die Trennung auch durch das Episternum. Die Fenster nehmen bei jungen Thieren den grössten Theil des Praesternum ein, so dass dieses nur aus einem schmalen Rahmen besteht, welcher mit zunehmendem m Skelet der Agamidae. 1165 Alter der Thiere immer breiter wird, bis nur die beiden Fenster übrig bleiben. Dieser Vorgang findet seine Erklärung in der Entwicklung des Praesternum, wie sie Goette (27) bei Cnemidophorus dargestellt hat. Ein solides, Praesternum ohne Fenster besitzt nur Lyriocephalus, Lophura und Molochus. Sehr merkwürdig ist die Anwesenheit eines niedrigen Kammes bei Molochus und Lyriocephalus an der Unterfläche, welcher sagittal in der Medianlinie liegt und die Verschmelzung der beiden Hälften des Praesternum andeutet, die in einem früheren Stadium Jurch eine Spalte getrennt waren. Das Xiphisternum (x. st.), Brustbeinhörner Rathke, Processo xifoideo Calori, Xiphisternale Brühl, Xiphisternum Parker, bildet zwei vom distalen Ende des Praesternum ent- springende Knorpelstreifen, welche Cuvier (17) als »longues tiges greles« beschreibt. Ihre Lage zu einander hängt natürlich von der Form des distalen praesternalen Winkels ab; ist dieser spitz, dann nähern sie sich stark und laufen eine Strecke parallel wie Z. B. bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Calotes ete., oder wenn an Stelle des Winkels eine längere Kante tritt, dann stehen sie weit ab von einander und divergiren stark nach aussen wie bei Agama, Phrynocephalus, Amphibolurus etc. Ihre Enden krümmen sich bogenförmig vorwärts und stecken frei in der Muskelwand. Ihre lateralen Seiten dienen mit Aus- nahme von Draco, Agama pallida, Phrynocephalus, Liolepis und Uromastix ein bis zwei Rippen zum Ansatz. Parker (46) scheint auch Agama stellio zu den Ausnahmen zu rechnen, denn am Sternum des genannten Thieres fehlt in der Dar- stellung die Verbindung des vierten Rippenpaares mit dem Xiphisternum. Die beiden Theile des Xiphisternum liegen viel oberflächlicher in der Bauchwand als die Rippenknorpel und dienen dem Muskulus pectoralis major zum Ursprunge. Am Schultergürtel, Cingulum scapulare, sind die drei Elemente wohl entwickelt und umgeben von untenher den Rumpf, indem die beiden abdominalen Elemente Clavicula und Coracoideum den Anschluss an das Sternum bilden und die dorsal gelegeneScapula frei in die Muskulatur des Rückens eingebettet ist. Die Verbindung zwischen der Scapula und der Clavicula wird durch ein Gelenk hergestellt, während die Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 76 1166 F. Siebenrock, Scapula mit dem Coracoideum in der Jugend durch Synchon- drose verbunden ist, welche sich später in Synostose ver- wandelt. Die Scapula (s.), Omoplate Cuvier, Blanchard, stellt einen schaufelförmigen Knochen dar, welcher bei den meisten Gattungen lang und schmal, bei Agama, Phrynocephahıs, Uromastix und Molochus mehr kurz und gedrungen aussieht. Der untere, stielförmig verschmälerte Theil zeigt am Ende eine kleine Anschwellung, welche sich mit dem Coracoideum ver- bindet und rückwärts gemeinsam die Fovea articularis (f. a.) für den Oberarmkopf bildet. Der obere schaufelförmige Theil setzt sich in das Suprascapulare (s. s.) fort, welches aus calcinirtem Knorpel besteht, und sich am freien Ende mehr weniger beilförmig verbreitert. Sein oberer Rand besitzt mehrere ovale Fenster, welche bei Agama am grössten sind, aber auch, wie bei Lyriocephalus, Lophura, Amphibolurus und Molochus, gänzlich fehlen können. Die vordere Kante der Scapula bildet bei vielen Gattungen eine kleine Hervorragung, Acromion, welche zur Anlenkung des lateralen Endes der Clavicula dient und theils mitten, theils mehr oben liegt. Sie rückt bei Agama tubercnlata, A. himalayana, A. stellio, Phrynocephalus, Liolepis und Molochus bis zur Vereinigung der Scapula mit dem Supra- scapulare hinauf, so dass die Clavicula mit beiden Theilen in Verbindung tritt, und bei Uromastix ist sie nur mit dem Supra- scapulare verbunden. Wegen der wechselnden Lage hältGegen- baur (26) die Bezeichnung Acromion für die Verbindungsstelle der Clavicula an der Scapula für unzulässig. Die Scapula von Lophura unterscheidet sich von den übrigen Agamidae durch den Besitz eines grossen Scapular- fensters, wie wir es bei /guana finden und wie es von mir (98) auch bei einigen Scincoiden beschrieben wurde. Durch dasselbe theilt sich die Scapula in zwei Fortsätze, von denen der vordere Fortsatz von Parker (47) Mesoscapula und von Cope (16) Proscapularprocess genannt wird. Die Knorpelspange, welche sich vom Suprascapulare zum eben genannten Fortsatz hin erstreckt und vorne das Scapularfenster umschliesst, bezeichnet Parker (47) als Praescapulare. Eine ziemlich genaue Abbildung des rechten Schultergürtels von Lophura gibt Salverda (O1), Skelet der Agamidae. 1167 aber ohne jedwede Erklärung und Bezeichnung der einzelnen Theile desselben. Aus der Beschreibung der Scapula geht hervor, dass sich die Clavicula bei den Arten der früheren Gattung Stellio, welche mit der Gattung Agama vereinigt wurde, mit dem Supra- scapulare verbindet, während dieselbe bei den Arten der früheren Gattung Agama mit der Scapula selbst verbunden ist. Dadurch ergibt sich ein kleiner Unterschied zwischen den beiden früher getrennt gewesenen Gattungen. Bei dieser Ge- legenheit sei auch aufmerksam gemacht, dass die frühere Gattung Stiellio wenigstens um einen praesacralen Winkel mehr besitzt, als die ursprüngliche Gattung Agama, wie aus der Tabelle über die Wirbelzahl hervorgeht. Das Coracoideum (er.), Coracoidien Cuvier,Blanchard, Osso coracoidea Calorı, Coracoidales sleutelbeen Salverda, hat Ähnlichkeit mit einem breiten Beil. Die medial gelegene Schneide wird vom knorpeligen Epicoracoideum überkleidet und der laterale Beilrücken vereinigt sich mit der Scapula, um gemeinsam die Fovea articularis zu bilden. Vor derselben ent- springt ein langer Fortsatz, von Gegenbaur (27) Procora- coideum genannt, welcher mit dem Coracoideum einen tieferen Ausschnitt umschliesst und vom Epicoracoideum zu einem ovalen Fenster ergänzt wird. Gegenbaur (27) bezeichnet das- selbe als Hauptfenster, Parker (47) als Upper coracoid fenestra. Es ist bei Zophura, Liolepis und Uromastix sehr gross, bei Molochus ungewöhnlich klein. Hinter diesem liegt das Nerven- loch, welches sich zuweilen durch den Schwund der beide Öff- nungen trennenden Knochenbrücke mit dem Fenster vereinigt. Das Epicoracoideum (e. cr.), Chondroclaviculare Brühl, überzieht als schmaler Knorpelstreifen die mediale Kante des Coracoideum sammt den angeführten Fenstern und verbreitert sich vorne flügelartig. Sein hinterer schmaler Theil verbindet sich mit der gefalzten Kante des Praesternum; der vordere Theil ragt gewöhnlich über das letztere hervor und bedeckt das Epi- coracoideum der anderen Seite so, dass das der rechten Seite auf jenem der linken zu liegen kommt. Hievon bilden bloss Agama und Phrynocephalus Ausnahmen, weil bei diesen beiden Gattungen die Epicoracoidea so schmal sind und das Praesternum 76% 1168 F. Siebenrock, so breit ist, dass sich die ersteren nicht mehr berühren. Hoff- mann (33) hebt von Gonyocephalus dilophus das sich Kreuzen der Epicoracoidea als eine besondere Eigenthümlichkeit hervor, obwohl dies bei den meisten Agamidae angetroffen wird. Der Ausschnitt zwischen dem Procaracoideum und der Scapula wird bei den meisten Agamidae durch ein Band, welches die beiden Knochen verbindet, zur Coraco-scapular fenestra Parker ergänzt. Bei Lophura, Liolepis und Uromastix tritt aber an die Stelle des Bandes eine Knorpelspange, Prae- scapulare Parker, welche vom Epicoracoideum zum Supra- scapulare hinzieht und bei Lophura auch das Scapularfenster umschliesst, Bei Lophura und Uromastix wurde das Prae- scapulare schon von Goette (27) nachgewiesen, während es von Liolepis bisher noch unbekannt war. Die. .Clavicula (el), Clavieula Cuvier, Blanehard, Clavicola Calori, Dermoclavicolare Brühl, entsteht nach Rathke (48) als ein Fortsatz der Scapula und verknöchert nach Gegenbaur'’s (26) Untersuchungen, ohne sich vorher in Knorpel umzuwandeln. Es stellt einen dünnen bogenförmigen Knochen dar, welcher sich bloss bei Lophura, Liolepis und Molochus etwas verbreitert. Das mediale Ende steht sowohl mit dem vorderen Theil des Episternum als auch mit der anderen Clavicula in Verbindung; es ist bei Lyriocephalus und Acanthosaura hakenförmig abwärts gebogen, bei den Agama- Arten sanguinolenta, pallida, hispida, atra und colonorum gabelig gespalten, so dass das Episternum dazwischen einge- keilt wird. Das laterale Ende ist bei den verschiedenen Gattungen in der schon früher angeführten Weise mit der Scapula ver- bunden. Nur bei Agama stellio liegt die Clavicula den Quer- balken des Episternum an, bei allen anderen Arten bleibt sie durch einen grossen Zwischenraum davon getrennt, weil die- selben zumeist stark nach rückwärts gekehrt sind. Die vordere Extremität gliedert sich so wie bei den übrigen Sauriern mit wohlentwickelten Gliedmassen in den Oberarm, Humerus, den Vorarm, Antibrachium und in die Hand, Manus. Der Humerus ist ein ziemlich langer Röhrenknochen, dessen wenig gekrümmtes Mittelstück, Diaphyse, an beiden Skelet der Agumidae. 1169 Enden in die breiten Apophysen übergeht, welche zur ge- lenkigen Verbindung mit den Nachbarknochen dienen. Zu diesem Zwecke finden wir stets einen Gelenksfortsatz, Con- dylus articularis, und neben diesem rauhe Hervorragungen, Condyli musculares, welche zur Inserirung der Muskel dienen. Die proximale, schaufelförmig verbreiterte Apophyse bildet den ovalen, überknorpelten Gelenkskopf, Caput humeri, zur Ver- bindung mit der Schulterpfanne, dem sich innen der Condylus medialis und aussen der Condylus lateralis beigesellt. Der letztere ist bedeutend grösser als der erstere und hakenförmig einwärts gebogen. An seiner lateralen Fläche springt speciell bei Agama eine starke Leiste vor, welche mit vollem Rechte als selbständiger Condylus, und zwar als tertius betrachtetwerden kann. Von ihm zieht eine kurze Spina zur Diaphyse. Die distale Apophyse ist nach rückwärts gedreht und etwas schmäler als die vorhergehende. Sie verbindet sich mit den Antibrachium und bildet daher zwei Gelenksfortsätze, lateral das Capitulum, medial.die, Krochlear) Oberkalblrast der BEpieondylus lateralis und E. medialis hervor. Der erstere wird vom Canaliseklepicondyloideus durchbohrt, und zwar so, dass er unten an der Epiphyse beginnt und der dorsalen Fläche des unteren Humerusendes ausmündet, wie ihn Wiedersheim (66) von Lacerta ocellata beschreibt. Oberhalb der Trochlea liegt an der ventralen Fläche die Fossa supratrochlearis anterior zur Aufnahme der vorspringenden oberen Enden des Anti- brachium bei der Flexion. In ihrem oberen Umfange befindet sich ein Loch, durch welches die eingeführte Sonde längs des ganzen Humerus bis zur proximalen Apophyse gelangt. Der Vorarm, Antibrachium, besitzt lateral die Speiche, Radıus und medial. die Elle, Ulna. Weil aber in normaler Stellung die beiden Knochen theilweise pronirt sind, liegt eigentlich der Radius vorne und die Ulna hinten. Beide über- treffen an Länge den Humerus; ihre oberen Enden verbinden sich gelenkig, die unteren hängen nur durch Bandmasse zusammen und die Diaphysen bleiben durch das Spatium interosseum getrennt. Der Radius, Peron&, Blanchard, ist bedeutend dünner als die Ulna; nur die beiden Apophysen schwellen etwas an. 1170 F. Siebenrock, Die obere Apophyse verbindet sich mit dem Capitulum des Humerus und mit der lateralen Seite der Ulna, die distale, wenig stärkere Apophyse mit dem Radiale des Carpus. Von ihr entspringt ein deutlicher Processus styloideus. Die Ulmar -Cubitust@uyier Blanehard bestzran dr proximalen Apophyse hinten ein gut entwickeltes Oleceranon, vorne den Processus coronoideus und dazwischen die Fossa sigmoidea major zur Articulation mit der Trochlea am Humerus. Auch die Fossa sigmoidea minor ist an der lateralen Fläche des Processus coronoideus deutlich wahrnehm- bar, aber wohl mehr als flache Gelenksstelle.Die in der Endsehne des Musculus triceps eingebettete Patella ulnaris hat eine ansehnliche Grösse. Die distale Apophyse ist abgerundet und steht der proximalen an Stärke bedeutend nach; sie verbindet sich mit dem Ulnare und Sesamboideum des Carpus. Die Hand, Manus, wird abgetheilt in die Handwurzel, Carpus, Mittelhand, Metacarpus und in die Finger, Digiti. Der Carpus besteht aus zwei Reihen vielwinkeliger Knochen, zwischen denen ein einzelner Knochen als Andeutung einer dritten mesalen Reihe eingeschoben ist. Die Zahl und Anordnung der Carpalknochen zeigt bei den Agamidae sowohl unter sich, als auch mit den anderen Saurierfamilien eine grosse Übereinstimmung, höchstens dass der eine oder andere Knochen kleine Formverschiedenheiten darbietet. Die proximale Carpusreihe besitzt das medial gelegene Radiale (r.), Radial Cuvier, Blanchard, Radiocarpale Brühl, lateral das Ulnare (u.), Cubital Cuvier, Blanchard, Calori, Ulnocarpale Brühl, Intermedium Cope und das Sesam- boideum (se), Bisitorme /Cuvier,. Blanchard, Calore Accessorium Gegenbaur, Ulnosesamboideum Brühl, Ulnare (= pisiforme) Cope. Die ersten beiden Knochen sind biconcav und liegen in derselben Ebene. Sie stossen entweder in der Mitte zusammen wie bei Sitana, Calotes, Agama, Phryno- cephalus, Uromastix und Molochus, oder sie werden durch das dazwischen gelagerte Centrale wie bei Draco, Lyriocephalıs, Acanthosaura, Japalura, Charasia, Amphibolurus, Lophura und Ziolepis von einander getrennt. Das Radiale verbindet sich mit dem distalen Ende des Radius, das Ulnare mit jenem der Skelet der Agamidae. IMIRZZAIL Ulna; letzteres ist viel stärker als der Radius und trägt an der Dorsalfläche eine höckerartige Hervorragung, welche bei den Baumthieren ziemlich gross, besonders stark aber bei Lyrio- cephalus entwickelt ist. Das Sesamboideum schliesst sich lateral dem Ulnare an und verbindet sich mit dem distalen Ulnaende. Der von Hoffmann (32) bei Gonyocephalus dilophus als Intermedium bezeichnete Knochen ist, wie schon Born (8) richtig gestellt hat, das Centrale und daher sein Centrale das Carpale 1. Ebenso glaubte Kehrer (38), bei Calotes versicolor ein allerdings minimales Os intermedium nachweisen zu können. Es fehlt jedoch bei allen Agamidae vollständig und ist auch bei jungen Thieren nicht nachweisbar. Daher hat es Born (8) von keinem einzigen Agamiden erwähnt. Die distale Carpusreihe besteht aus fünf Knochen, Carpale 1—5 (ca. 1—5), Digitocarpale 1—5 Brühl. Zwischen dieser und der proximalen Reihe ist das CGentrale (c.), Diacarpale Brühl, eingelagert und schiebt sich zwischen Radiale und Ulnare vor, so dass die beiden Knochen entweder getrennt werden oder nur oben zusammenstossen. Distalwärts wird das Centrale von den Carpalia 1—4 umgeben. Von der distalen Carpusreihe verbindet sich das Carpale I (ca. I): proximal mit dem Radiale, lateral mit dem Centrale, distal mit dem Meta- carpale 1 und Carpale 2; das Carpale 2 (ca. 2): proximal mit dem Carpale I und dem Centrale, medial mit dem Metacarpale 1, lateral mit dem Carpale 3, distal mit dem Metacarpale 2; das Carpale 3 (ca. 3): proximal mit dem Centrale, medial mit dem Carpale 2, lateral mit dem Carpale 4, distal mit dem Metacar- pale 5; das Carpale 4 (ca. 4): proximal mit dem Ulnare und Centrale, medial mit dem Carpale 3, lateral mit dem Carpale 5, distal mit dem Metacarpale 4; endlich das Carpale5 (ca. 5): proximal mit dem Ulnare, medial mit dem Carpale 4, distal mit dem Metacarpale 5. Das Carpale 1 — bei Molochus das Car- pale 2 — ist der kleinste und Carpale 4 der grösste Knochen der distalen Carpusreihe. Die Carpalia 2—4 zeichnen sich besonders bei Draco durch ihre Länge und keilförmige Gestalt aus, wie es schon von Gegenbaur (25) hervorgehoben wurde. Ein Sesamboideum der radialen Seite, welches Brühl (I 1) von 2 F. Siebenrock, Uromastix spinipes darstellt, konnte nirgends aufgefunden werden. In der Sehne des gemeinschaftlichen Fingerbeugers liegt ein längliches Sesambein, oben rinnenförmig vertieft und unten convex. An der vorderen Extremität einer Agama colonorum von 86mm Rumpflänge bestehen sowohl die distalen Epiphysen der Vorarmknochen als auch die proximalen der fünf Metacar- palia aus Knorpel. Ebenso sind Radiale, Ulnare und Sesam- boideum noch knorpelig, die ersten beiden besitzen aber schon einen Knochenkern, welcher gegen die Medianlinie der Extre- mität gelagert ist. Das noch ganz knorpelige Centrale hat eine fast viereckige Form und schiebt sich proximal nur an das Radiale und Ulnare an, ohne dazwischen vorzudringen. Von den fünf Carpalia sind Carpale 1 und 2 noch ganz knorpelig, dagegen zeigen Carpale 4 und 5 einen grossen central gelegenen Knochenkern, welcher bei Carpale 3 sehr klein ist. Bei derselben Art von 49 mm Rumpflänge besitzen schon alle Epiphysen und die Carpaltheile einen Knochenkern, nur das Sesamboideum und das Carpale 1 sind rein knorpelig. Somit verknöchert zuerst das Radiale, Ulnare, Carpale 3, 4 und 5, dann das Car- pale 2 und das Centrale, endlich das Sesamboideum und Car- palemin Die Metacarpalia 1—5 (mc. 1—5) sind kurze Knochen- säulen mit verstärkten Enden zur gelenkigen Verbindung ihrer Nachbarknochen. Zu diesem Zwecke haben sie proximal Gelenksgrübchen und distal Gelenksköpfchen. Das Metacar- pale I ist der kürzeste und stärkste, das Metacarpale 3 der längste Knochen. Die Finger Digiti I—V (dg. I—V) setzen sich aus kurzen Röhrenknochen, Phalanges 1—5 (ph. 1—5) zusammen, deren Enden in der Form mit den Metacarpalia übereinstimmen. Die Zahl der Phalangen ist eine ziemlich constante und beträgt vom I. bis zum V. Finger 2, 3, 4, 5, 3. Bei Sifana hat sich dieselbe am vierten Finger vermindert, daher lautet die Formel 2, 3, 4, 4, 3. Einer bedeutenden Reduction begegnen wir aber bei Molochus, indem sich die Zahl der Phalangen bei allen Fingern ausser dem ersten verringert hat; sie stellt sich in folgender Weise dar: 2, 2, 3, 3, 2. Die vorletzten Phalangen sind immer Skelet der Agamidae. 23 am längsten, die letzten hakenartig abwärts gekrümmt und spitz zulaufend; sie tragen die Klauen. Die letzten Phalangen besitzen dorsal und ventral an der Basis kleine Sesambeine, über welche die Endsehnen der langen Fingermuskeln gleiten. Das Becken, Pelvis, setzt sich aus zwei Hälften und jede Hälfte wieder aus drei Stücken zusammen, welche bei jungen Thieren durch Synchondrose, bei erwachsenen durch Synostose verbunden werden. Die ventralen Stücke, voran die Pubica, rückwärts dielschia, sind horizontal gelagert und umschliessen einen grossen herzförmigen Raum, welcher von Muskeln aus- sefüllt wird, und der Beckenhöhle als Boden dient. Von den genannten Knochen erhebt sich beiderseits schief nach rück- wärts gewendet das Ilium und vermittelt die Verbindung mit den Sacralwirbeln, wodurch ein vollständiger Knochenring zum Schutze der Beckeneingeweide entsteht. Für die Anlenkung der hinteren Extremität bilden die drei Beckenknochen an ihrer Vereinigung lateral eine pfannenförmige Vertiefung, das Ace- tabulum. Bei den Agamidae kann man hauptsächlich zweier- lei Formen des Beckens unterscheiden. Die eine Form ist lang und schmal, die andere kurz und breit. Die erstere Form be- sitzen die Baumthiere, wie Gonyocephalus, Calotes etc., die letztere die Bodenthiere, wie Agama, Phrynocephalus, Molo- chus etc. Das Ilium (il.) aller Autoren ist am unteren Theile, Corpus ilii, verbreitert, medial convex, lateral ausgehöhlt und bildet durch die Vereinigung mit den zwei anderen Beckenknochen das Acetabulum zur Articulation für den Oberschenkelkopft. Das Corpus ilii setzt sich in einen stabförmigen Knochen fort, welcher an seinem Ursprunge, also über dem Acetabulum im Winkel nach rückwärts gebogen ist. Vorne entspringt die Spina praeacetabuli (s: 'pr.), "Füberili Brühl,’ welcher nach Wiedersheim (66) bei den Krocodilen, Dinosauriern und Vögeln zu der mächtigen Pars praeacetabularis ossis ilei wird. Sie ist bei allen Arten, ausser bei Molochus horridus, wo sie gänzlich fehlt, sehr stark entwickelt. Das obere Ende des Ilium hat immer ein epiphysenartiges Ansatzstück, Suprailium Baur (1) und die mediale Fläche ist etwas angeschwellt für die Ver- bindung mit den beiden Sacralwirbeln. Das Ilium erreicht im 117+ KrsSiebentoöck, Allgemeinen bei den Baumthieren eine bedeutendere Länge als bei den Bodenthieren. Wir finden es daher bei Gonyocephalus, Calotes etc. lang und schlank, bei Phrynocephalıs, Uromastix etc. kurz und dick. Das Pubicum (p.), Os ileo-pectineum Gorski (28), schwillt am distalen Ende zum Corpus pubis an, welches vorne das Acetabulum ergänzt. Von hier geht es in einen geraden, schlanken Knochen über, dessen proximales Ende mit dem anderen Pubicum die Symphysis ossium pubis (s. p.), Symphysis ossium ileo-pectinea Gorski bildet. In diese schiebt sich von vorne das Epipubis (e. p.) keilförmig ein und zeigt bei den Agamidae zweierlei Verhalten. Entweder ragt es voran über die Pubica eine spitze Ecke bildend und verknöchert bei den meisten Gattungen, oder es beschränkt sich auf das Niveau der Pubica, und bleibt zeitlebens knorpelig, wie bei Phryno- cephalus, Uromastix und Molochus. Wiedersheim (65) fand bei Agama colonorum das Epipubis doppelt, während die von mir untersuchten Exemplare der gleichen Art ein unpaariges Epipubis hatten, welches bei jungen Thieren rein xnorpelig, bei erwachsenen verknöchert war. Dagegen fand ich, dass selbes bei den Gattungen Draco, Sitana, Gonyocephalıus, Calotes, Agama (tuberculata, stellio und himalayana), besonders bei jüngeren Thieren, mitten von einem Fenster durchbrochen ist, was jedesfalls für die ursprüngliche Paarigkeit des Epipubis sprechen würde. Unmittelbar vor dem Acetabulartheil des Pubicum liegt das Foramen obturatorium (f. ob.) Hoff- mann (81), Pubic foramen Cope. Neben demselben entspringt an der vorderen Kante der Schambeinhöcker, Tuber pubis (t. p.), Processo uncinato o spima del pube Calori, Praepubis Wiedersheim, Processus ossis ileo-pectinei Gorski, Pro- cessus lateralis pubis Mehnert, Pectineal process Cope. Dieser ist bei Uromastix viel mehr dem Acetabulum genähert als bei den anderen Gattungen und bildet nur einen einfachen Fortsatz, während von demselben bei den übrigen Gattungen eine dünne Knochenlamelle gegen die Symphysis ossium pubis hinzieht. Dadurch wird das Pubicum beiderseits flügelförmig verbreitert und das ganze Becken erhält ein derberes Aussehen. Nach Cope (16) soll der Tuber pubis bei Gonvyocephalus N“ Skelet der Agamidae. To fehlen, er ist aber ebenso wie bei den anderen Gattungen anwesend. Das Ischium (i.), Os pubis Gorski, ist immer viel breiter, aber kürzer als der vorhergehende Knochen. Das laterale Ende, Corpus ischii, betheiligt sich an der Bildung des Acetabulum und das mediale vereinigt sich mit der anderen Seite zur Sym- physis ossium ischii (s. i.), Schambeinfuge Gorski. Ihre Länge hängt mit der beträchtlichen Breite der Ischia zusammen. Der Symphysenknorpel ist bei Molochus besonders breit, dagegen bei Draco, Sitana, Lyriocephalus etc. sehr schmal. Er verlängert sich am proximalen Ende der Symphysis ossium ischii nach vorne und bildet ein lanzettförmiges calcinirtes Knorpelstück, Epischium (e.i.),welches Calori (13)als OÖssetto anteriore della sinfisi ischiatica bezeichnet hat. Dasselbe ist bei den meisten Gattungen mässig lang und durch das Liga- mentum medianum pelvis (l. m.) Mehnert (41) mit der Symphysis ossium pubis verbunden. Dadurch wird der herz- förmige Innenraum des Beckens, Foramen cordiforme (f. c.) Hoffmann, Foramen pubo-ischiadicum Wiedersheim in zwei gleiche Hälften getheilt. Bei Agama und Amphibolurus ver- längert sich das Epischium fast bis zur Symphysis ossium pubis, so dass das Ligamentum medianum pelvis nur sehr kurz ist. Es vereinigt sich mit derselben bei Phrynocephalus, Uro- mastix und Molochus vollständig und wird von Brühl (11) bei Uromastix als Cartilago interpubica angeführt. Aus der unmittel- baren Verlängerung des Symphysenknorpels entsteht das Hypoischium (h.) Hoffmann, Retropubicum Brühl, Os cloacae Autorum, welches vom distalen Ende der Symphysis ossium ischii nach hinten gerichtet ist. Es stellt einen ziemlich langen caleinirten Knorpelstab dar, welcher sich bei Lyriocepha- lus durch eine bedeutende Breite auszeichnet. Das Hypoischium läuft bei Draco, Charasia, Agama, Phrynocephalus, Amphi- bolurus, Lophura, Liolepis, Uromastix und Molochus in eine Spitze aus, während sich das Hinterende bei Sitana, Lyrio- cephalus, Gonyocephalus, Acanthosaura und Calotes in zwei kurze Äste spaltet. Das Vorderende ist gewöhnlich von einem runden Fenster durchbrochen; dasselbe fehlt jedoch bei Zyrio- cephalus, Gonyocephalus Kuhlii, Lophura, Uromastix und 1176 F. Siebenrock, Molochus. Die rückwärtige, eingebuchtete Kante des Ischium verlängert sich lateral zur Spina ischii (s. is.). Den Reichthum der Epiphysen am jugendlichen Becken hob schon Calori (13) hervor und führte unter diesen eine »epifisi completante l’orlo anteriore della cavita cotiloide« an, welche Brühl (11) als Os acetabulare bezeichnet. Nach meiner Anschauung ist dieser Terminus unrichtig, weil die Epiphyse keinen integrirenden Bestandtheil des Acetabulum bildet und bei erwachsenen Thieren vollkommen verschwindet. Die hintere Extremität ist genau so wie die vordere aus drei Abschnitten, dem Oberschenkel, Femur, Unterschenkel Crus und Fuss, Pes zusammengesetzt. Sie übertrifft die vordere Extremität besonders bei den Baumthieren bedeutend an Länge. Der Oberschenkel, Femur, präsentirt sich als eine ziemlich starke Knochensäule, deren Mittelstück, Diaphyse, immer etwas gekrümmt ist, während sich die beiden Endstücke, Apo- physen, verstärken, um die Gelenks- und Muskelfortsätze zu bilden. Die proximale Apophyse besitzt den seitlich stark com- primirten Gelenkskopf, Caput femoris, zur Articulation mit dem Acetabulum. Unterhalb entspringt an der ventralen Fläche der Trochanter medius, welcher von dem ersteren durch einen Ausschnitt getrennt wird. Der Trochanter posterior kommt nur bei Agama und Phrynocephalus deutlich zur Geltung, hingegen ist der von mir (57) zuerst bei den Lacertidae hervorgehobene Trochanter anterior fast bei allen Arten, auch bei den kleinsten, wie bei Draco und Sitana, gut sichtbar. Die distale Apophyse bildet zur gelenkigen Verbindung mit der Tibia eine Rolle, Trochlea, welche von den beiderseitigen Epicondyli flankirt wird. Ober ihr deutet eine schwache Vertiefung an der hinteren Seite die Fossa poplitea an. Unterhalb des Epicondylus medialis liegt seitlich an der Rolle die Anlenkungsstelle für die Fibula. Der Unterschenkel, Crus, besitzt analog dem Antibrachium zwei Knochen, die laterale, respective ventral gelegene Tibia und die mediale, respective dorsal gelegene Fibula. Beide Theile sind durch das Spatium interosseum getrennt, welches sich nur in der Mitte etwas erweitert und an beiden Enden schmäler wird. ru Skelet der Agamidae. NZ Die Tibia gleicht einer dreikantigen Knochensäule und ist viel stärker, aber etwas kürzer als die Fibula. Die proximale Apophyse übertrifft an Stärke bedeutend die distale. Sie ist oben convex und hat zwei Menisci interarticulares auf- liegen, welche zwei Vertiefungen zur Aufnahme der Trochlea des unteren Femurendes erzeugen. In jedem der beiden knor- peligen Menisci sind zwei kleine Knöchelchen eingebettet, welche zuerst von Calori (12) als Ossa interarticularia bezeichnet wurden. Sie sind im medialen Meniscus viel grösser als im lateralen; von ihnen liegt im ersteren ein Knöchelchen vorne, das andere hinten, während sie im lateralen Meniscus am äusseren Rande neben einander gelagert sind. Die Patella tibialis fehlt den meisten Gattungen und ist auch dann, wenn sie wie bei Agama, Liolepis und Uromastix vorhanden, immer viel kleiner als die Patella ulnaris. Nach Cope (16) würde sie sogar mit wenigen Ausnahmen bei allen Sauriern fehlen. Wir finden somit im Bereiche des Kniegelenkes bei den Agamidae fünf, respective vier Knöchelchen, also fast um die Hälfte weniger als bei den Scincoiden und Gerrhosauriden. Am medialen Rande des proximalen Tibiaendes liegt die Fibula an und erstreckt sich bis zum distalen Femurende. Die distale, verbreiterte Apophyse articulirt mit dem Astragalofibulare des Tarsus. Ein Malleolus externus fehlt oder ist wie bei Uro- mastix nur schwach entwickelt. Die vordere Kante tritt bei der Tibia stark hervor und bildet am oberen Ende die Tuberositas tibiae. Die Fibula ist sehr dünn und an den beiden Enden ganz wenig verstärkt. Die proximale Apophyse verbindet sich mit der Tibia und dem Femur, die distale mit dem Astragalofibulare des Tarsus, aber nicht mit der Tibia. Der Malleolus internus ist ebenfalls nur angedeutet. Der Fuss, Pes, zerfällt gleich wie die Hand in drei Ab- schnitte, Fusswurzel, Tarsus, Mittelfuss, Metatarsus und Zehen, Digiti pedis. Der Tarsus besteht aus zwei Reihen vielwinkeliger Knochen, welche im Verhältnis zum Carpus bedeutend ver- mindert wurden. Wir finden in der proximalen Reihe bei aus- MS F. Siebenrock, gewachsenen Thieren nur einen Knochen und in der distalen Reihe deren zwei. Die proximale Tarsusreihe besitzt einen Knochen, das Astragalofibulare Born, Calcaneo-astragalo-scaphoi- deum Gegenbaur, Hoffmann, Tibiofibulotarsale Brühl, welches nach Gegenbaur (25) aus der Verschmelzung von vier Knochen, dem Tibiale, Fibulare, Centrale und Intermedium hervorgegangen ist. Born (6) schliesst davon das Centrale, welches Gegenbaur im grossen Vorsprunge der grösseren tibialen Hälfte des Astragalofibulare sucht, aus, weil es nach seiner Ansicht im Meniscus zwischen dem genannten Knochen und dem Metatarsale 1 vertreten ist. Das Astragalofibulare (as.) stellt einen breiten, aber kurzen Knochen dar, welcher bei jungen Thieren durch eine sagittale Naht in zwei ungleiche Hälften zerfällt. Die grössere tibiale Hälfte entspricht dem Astragalus (as.), Tibial Cuvier, Blanchard, Calori, Tibio- tarsale Brühl, die kleinere Fibulare dem Calcaneus (as), Peronien Cuvier, Blanchard, Calori, Fibulotarsale Brühl. Beide Stücke verwachsen stets zu einem Knochen. Daher ist sowohl Calori’s (13) als auch Brühl’s (11) Meinung unrichtig, dass dieselben bei Uromastix selbständige Knochen bilden. Die proximale Seite des Astragalofibulare verbindet sich mit den beiden Unterschenkelknochen und besitzt daher zwei Gelenksflächen, eine längsovale Fläche für die Tibia und eine etwas kürzere für die Fibula. Beide Flächen stossen proximal . im Winkel zusammen, sie werden aber durch einen schmalen Saum von einander getrennt. Die distale Seite hat die Form einer Doppelrolle, welche dorsalwärts nischenartig vertieft ist. Sie dient den Metatarsalia 1, 2, dem Tarsale 3, dem Cuboideum und dem Metatarsale 5 zur Anlenkung. Die lateralen Seiten sind abgerundet und die fibulare Seite bildet einen deutlichen Tuber calcanei. Die distale Tarsusreihe besteht aus zwei Knochen, dem Cuboideum (cu.), Os central Blanchard, Digitotarsale 4—o Brühl, Tarsale 4 Hoffmann und dem Tarsale3 (ta. 3), Digitotarsale 3 Brühl. Das erstere überragt letzteres bedeutend an Grösse und steht distal mit dem Metatarsale 4—5 und dem 2 Tarsale 3 in Verbindung. Das Tarsale 3 ist ein keilförmiger Skelet der Agamidae. OS) Knochen mit der Spitze nach vorne gewendet; er verbindet sich proximal mit dem Astragalofibulare und Cuboideum, lateral mit dem letzteren, medial mit dem Metatarsale 2 und distal mit dem Metatarsale 3. > Alle Agamidae besitzen den Bandapparat, welcher sich zwischen dem Metatarsale I—2, dem Tarsale 3 einerseits und dem Astragalofibulare anderseits ausbreitet, in derselben Weise, wie er von Born (6) bei /guana tuberculata Taf. 1, Fig. 4 dar- gestellt wird. Auch der knorpelige Meniscus ist stets gut ent- wickelt; er liegt halbbogenförmig auf der medialen Hervor- ragung des distalen Endes des Astragalofibulare auf. Er befestigt sich mittelst eines Bandes an der Dorsalfläche desselben, umgibt den medialen Rand und setzt sich mit einem Bande an der plantaren Fläche desselben Knochen an. Im plantaren Bogen- schenkel bildet sich bei Agama, Phrynocephalus, Amphibolurus, Lophura, Liolepsis und Molochus ein kleiner Knochen, welcher zuerst von Calori (12, 14) unter mehreren Gattungen auch bei Agama stellio, Taf. 23, Fig. 10 und bei A. aculeata, Taf. ], Fig. 5 dargestellt und als »Osso sopranumerario« bezeichnet wurde. Er liegt aber nicht, wie ihn der genannte Autor abbildet, dorsalwärts, sondern ganz in der Planta zwischen Astragalo- fibulare und Metatarsale | eingekeilt. Daher ist er in der nor- malen Stellung des Fusses zum Unterschenkel gar nicht und in der Strecklage theilweise in der Tiefe sichtbar. Gegenbaur (25) hat diesen Knochen bei den Ascalaboten als Tarsale 1 gedeutet, und dieser Anschauung schloss sich auch Hoffmann (32) an, während ihn Perrin (47 a) bei Agama colonorum als Tarsale 1 und 2 bezeichnet. Born (8) erblickt aber im Meniscus das an den Rand gerückte Centrale und hält den darin ent- haltenen Knochen für einen der knöchernen Kerne, wie sie häufig in den Sehnen und Bändern der Vola gefunden werden. Nun fand ich aber bei den hauptsächlich auf Bäumen lebenden Agamiden-Gattungen Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyo- cephalus, Acanthosaura, Japalura, Calotes und Charasia sogar zwei Knochen, von denen der zweite in der dorsalen Bogen- hälfte des Meniscus ebenfalls zwischen Astragalofibulare und Metatarsale 1 eingekeilt liest und den plantaren oftmals an Grösse übertrifft. Dadurch trägt der Meniscus zur Herstellung 1180 F. Siebenrock, einer doppelten Gelenkspfanne, einerseits für den convexen Vorsprung des Astragalofibulare, anderseits für das ebenfalls convexe proximale Ende des Metatarsale 1 wesentlich bei, genau so wie wir es beim Kniegelenk finden. Daher ist dem Meniscus nach meiner Ansicht keine morphologische Bedeutung. beizumessen, wie dies von Born (8) geschieht, sondern er ist als Zwischengelenksknorpel zu betrachten, wie im Kniegelenke deren zwei vorkommen, in welchem zur Unterstützung kleine Knöchelchen eingelagert sind. Diese fehlen unter allen Aga- midae nur bei Uromastix. Dafür sind aber bei den jungen Thieren dieser Gattung an der distalen Gelenksfläche des Astragalofibulare zwei kleine epiphysenartige Hervorragungen anwesend, von denen die eine Hervorragung auf dem medialen Vorsprung, die andere neben der Naht zwischen den beiden Hälften des genannten Knochens ruht. Sie verschmelzen bei den ausgewachsenen Thieren vollständig mit dem Astragalofibulare und bilden Gelenksvorsprünge. Der Tarsus von Sitana, deren hintere Extremität nur vier Zehen besitzt, hat dieselbe Zusammensetzung wie bei den fünfzehigen Agamidae. Von der fünften Zehe ist nur das Metatarsale, welches die gewöhnliche, hakenförmige Gestalt hat, anwesend, während die Zehenglieder fehlen. Am Tarsus einer jungen Agama colonorum von 36 mm Rumpflänge hat das Astragalofibulare, welches aus einem Knorpelstück besteht, zwei Knochenkerne, von denen der tibiale Knochenkern der grössere ist. Ebenso besitzt das Cuboi- deum und das Tarsale 3 schon einen runden Knochenkern, während die proximalen Epiphysen der fünf Metatarsalia rein knorpelig sind. In der Sehne des gemeinschaftlichen Zehenbeugers ist ebenso wie an der vorderen Extremität ein viereckiges flaches Sesambein eingefügt. Die Metatarsalia 1—5 (mt. 1—5) kommen in der Form der Metacarpalia gleich bis auf das Metatarsale 5, welches sich durch die kurze, hakenartige Form unterscheidet. Hoff- mann (32) hält dasselbe für das Tarsale 5; Born (8) hat jedoch nachgewiesen, dass es vermöge des Baues und der Entwicklung nur ein Metatarsalknochen sein kann. Eben an der beim Carpus Skelet der Agamidae. ala und Tarsus erwähnten Agama colonorum zeigt das Metatarsale den gleichen Bau wie die übrigen Metatarsalia, nämlich eine knöcherneDiaphyse und die beiden noch knorpeligen Epiphysen. Die Metatarsalia 3—4# zeichnen sich durch ihre besondere Länge aus, denn sie beträgt das Doppelte vom Metatarsale I und das Vierfache vom Metatarsale D. Die Zehen, Digiti pedis I—V (dg. p. I-V) setzen sich aus den einzelnen Phalangen (ph.) zusammen, welche von der ersten bis zur fünften Zehe in folgender Anzahl vorhanden sind: 2,3, A,09,&. Ausnahmen bilden ZLyriocephalus: 2, 3, 4, 5, 5; IMolochus., 2, 2, 3, 83, 25. Sitana:. 2, 3, 4, 2. Eine; erhebliche Reduction der Phalangen ist bei Molochus erfolgt und bei Sitana fehlen jene der fünften Zehe vollständig. Die einzelnen Phalangen stimmen im Baue mit denen der Finger überein, nur sind sie speciell bei den Baumthieren länger, ausser bei Molochus, wo dieselben an beiden Extremitäten durch ihre besondere Kürze auffallen. Die letzten Phalangen tragen so wie an den Fingern die Klauen; sie laufen spitz zu und sind abwärts gekrümmt. An ihrem Basaltheile liegen dorsal und plantal kleine Sesambeine, Die wichtigsten Merkmale, durch welche das Skelet der Agamidae ausgezeichnet ist, lassen sich kurz in folgende Punkte zusammenfassen: 1. Ein Foramen sphenooceipitale ist zwischen dem Supraoccipitale und dem Otosphenoideum ausser bei Löolepis, Uromastix und Molochus anwesend. 2. Die Ineisura jugularis fehlt am Basioccipitale, aus- genommen bei Draco, Calotes jubatus, Liolepis und Uromastix. 3. Die Zahl der praecondyloideen Nervenlöcher beträgt entweder zwei oder drei auf jeder Seite, niemals aber vier. A. Der Recessus scalae tympani wird ausser bei Draco, Calotes jubatus, Liolepis und Uromastix vom Pleur- occipitale allein umschlossen. 5. Die Gattung Agama besitzt in der Cochlea ein accesso- risches Foramen, welches eine zweite Communication zwischen ihr und dem Vestibulare herstellt. 6.DasParasphenoideum bleibt bei Zyriocephalus, Calotes jubatus, ©. cristatellus und Molochus zeitlebens knorpelig-häutig. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth.I. 77 1182 F. Siebenrock, 7.DieAla otosphenoidea fehlt, weshalb der Canalis semi- circularis sagittalis den vorderenRand desOtosphenoideumbildet. 8. Das Foramen nervi acustici, ramus cochlearis wird vom Ötosphenoideum und Pleuroccipitale und nur bei Sitana und Gonyocephalus wie bei den meisten Sauriern vom ersteren Knochen allein gebildet. Die mordere hautise Schädelwand str die Horr setzung der Dura mater. 10. Das knorpeligePraesphenoideum fehlt bei Molochus. 11. Das Foramen parietale wird im Allgemeinen vom Parietale und Frontale, bei Sitfana und Gonyocephalus Kuhlii nur vom Frontale und bei Gonyocephalus Godeffroyi nur vom Parietale umschlossen. Es fehlt bei Ziolepis vollständig. 12. Das Squamosum fehlt bei Molochus. 13. Das Quadratum ist mit Ausnahme von Liolepis und Uromastix nicht nur mir dem hinteren Ende des Paraquadratum, sondern auch mit einem grossen Theil der unteren Kante des- selben verbunden, wodurch die Beweglichkeit des Quadratum vermindert wird. Die Crista tympani fehlt bei Zyriocephalus. 14. Die Dentes molares des Maxillare gleichen bei Draco und Uromastix Hardwickii denen der Nagethiere, weil die Zacken an den Kronen nicht hinter, sondern nebeneinander stehen und durch eine Grube getrennt werden. 15. Das Praemaxillare verbindet sich bei Charasia und Uromastix auch mit dem Frontale. 16. Die Nasalia sind bei Charasia und oft auch bei Uro- mastix durch das Praemaxillare getrennt; sie verbinden sich wie bei der /guanidae und bei Hatteria auch mit der Prae- frontalia. 17. Das Postfrontale vereinigt sich bei Lyriocephalus mit dem Praefrontale zu einem Bogen neben dem Supraorbital- rande, wie schon von Boulenger hervorgehoben wurde. Es verbindet sich bei Uromastix spinipes nur mit dem Jugale, anstatt wie bei den meisten Sauriern auch mit dem Para- quadratum. 18. Das Lacrymale bietet in der Grösse und Verbindungs- weise eine ausserordentliche Mannigfaltigkeit dar. Bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Calotes versicolor, C. mystacens, Agama Skelet der Agamidae. 1183 sanguinolenta, A. pallida, A. hispida, Phrynocephalus, Amphibo- lurus und Uromastix fehlt es vollkommen. Es scheint das los- gelöste vordere Ende des Jugale zu sein. 19. Das Foramenlacrymale kann auf sechsfache Weise zu Stande kommen. 202 Das Fusalle- verbindet sich” dureh” den Proeessus maxillaris auf vierfache Art mit den Nachbarknochen. 21. An Stelle des fehlenden Supraorbitale entspringt bei den meisten Arten am Praefrontale ein Stück aus derbem Faser- gewebe. 22. Der Vomer ist bei Gonyocephalus Godeffroyi, Agama atra, A. colonorum, A. tuberculata, A. himalayana, A. stellio, Amphibolurus, Lophura, Liolepis, Uromastix spinipes und Molochus paarig, bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyo- cephalus Kuhlii, G. subcristatus, Acanthosaura, Japalura, Calotes, Charasia, Agama sanguinolenta, A. pallida, A. hispida, Phrynocephalus und Uromastix Hardwickii zu einer unpaaren Knochenplatte verschmolzen. Er verbindet sich bei allen Gattungen vorne mit den Maxillaria und nur bei Molochus mit dem Praemaxillare. 23. Das Palatinum verbindet sich durch den oberen Schenkel des Processus maxillaris auf vierfache Weise mit den Nachbarknochen. 24. Das Foramen palatinum hat sich bei Sifana mit dem Foramen lacrymale vereinigt. 25. Die Palatina sind bei Agama, Amphibolurus, Lio- lepis, Uromastix und Molochus vollkommen getrennt, bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus, Acanthosaura, Japalıra, Calotes, Charasia, Phrynocephalus und Lophura vorne, bei Gonyocephalus Godeffroyi und Calotes cristatellus dagegen der sanzen Länge nach durch eine Naht verbunden. 26. Die Pterygoidea stehen bei Gonyocephalus Godeffroyi, Calotes cristatellus und C. versicolar am vorderen Ende unter sich in Verbindung. 27. Die Lacuna pterygovomerina wird auf dreierlei Weise gebildet. 28. Das Transversum verbindet sich bei Draco, Sitana, Gonyocephalus Godeffroyi, Calotes versicolor, Agama sangni- mmes. (URS 1184 F. Siebenrock, nolenta, A. pallida, A. hispida, Phrynocephalus, Amphibolurus und Molochus ausser mit dem Maxillare und Jugale auch noch mit dem Postfrontale. 29. Das Foramen suborbitale kommt auf dreierlei Weise zu Stande. 0. Jede Mandibulahälfte setzt sich aus sechs Stücken zusammen bei Gonyocephalus, Acanthosaura, Japalura, Calotes, Charasia, Agama tuberculata, Amphibolurus, Lophura und Uromastix spinipes; aus fünf Stücken, weil das Operculare fehlt, bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Agama sanguinolenta, A. pallida, A. hispida, A. atra, A. colonorum, A. himalayana, A. stellio, Phrynocephalus, Liolepis, Uromastix Hardwickii und Molochus. Bei den erwachsenen Thieren von Draco, Sıtana, Gonyocephalus subcristatus, Calotes cristatellus, Charasia, Agama pallida, A. tuberculata, A. stellio und Phrynocephalus mystaceus verschmilzt das Supraangulare mit dem Articulare, daher werden die Stücke in einer Mandibulahälfte bei Draco, Sitana, Agama pallida, A. stellio und Phrynocephalus mystaceus auf vier reducirt. Das Operculare gleicht, wenn es anwesend ist, einem kleinen losgelösten Splitter des Dentale. 3l. Die Dentes molares der Mandibula besitzen bei Molochus dreieckige Kronen, bestehend aus einer lateralen Spitze und zwei medialen Höckern; sie haben daher grosse Ähnlichkeit mit den Zähnen der Nagethiere. 32. Der Bau und die Entwicklung der Zähne bei den Agamidae stimmt im Allgemeinen mit den Chamaeleonidae überein. 33. Die Sacci endolymphatici und zwar die Cranoliti (Calori) sind bei Sifana ponticeriana vorhanden. 34. Die Processus articulares posteriores des Atlas fehlen bei Amphibolurus. 35. Der Epistropheus besitzt nur eine Hypapophyse wie bei den /guanidae. 36. Die Hypapophysen der Cervicalwirbel befestigen sich am vorderen Ende des Wirbelkörpers und betheiligen sich an der Begrenzung der Gelenkspfanne; sie verschmelzen bei erwachsenen Thieren stets mit dem Wirbelkörper. Skelet der Agamidae. 1185 37. Alle Agamidae, ausser Liolepis und Uromastix, besitzen einen Lumbalwirbel, welcher sich durch sehr lange, spitze Processus transversi auszeichnet. 38. Der erste Sacralwirbel ist bei’ Lyriocephalus mit einem ziemlich langen Endknorpel der Processus transversi versehen, welcher zur Vergrösserung der Gelenkspfanne dient und Ähnlichkeit mit einem Rippenknorpel hat. SSEDienEnocessus, namswersi des zweiten Saeral- wirbels werden in ihrer ganzen Länge von einem Canal durch- zogen; sie stellen Lymphapophysen dar. 40. Die Rippen beginnen am fünften Cervicalwirbel, bei Uromastix schon am vierten und bei Draco erst am sechsten. 41. Die ersten zwei Cervicalrippen verbinden sich bei Agama und Phrynocephalus abweichend von den anderen Gattungen und den meisten Sauriern nicht gelenkig mit den betreffenden Processus transversi, sondern durch Synchondrose. 42. Im Praesternum fehlen bei Zophura, Lyriocephalus und Molochus die sonst zu zweien vorhandenen Fenster; die beiden letzten Gattungen besitzen an der ventralen Fläche in der Medianlinie einen niedrigen sagittalen Kamm. 43. Die Epicoracoidea kreuzen sich bei Agama und Phrynocephalus nicht, sondern sie bleiben getrennt, weil sie sehr schmal sind, und das Praesternum sehr breit ist. 44. Lophura, Liolepsis und Uromastix besitzen ein knor- peliges Praescapulare, an dessen Stelle sich bei den übrigen Gattungen ein Band vorfindet. 45. Das laterale Clavicula-Ende verbindet sich ent- weder mit der Scapula, oder mit dieser und dem Suprascapulare oder mit letzterem allein. 46. Am Carpus verknöchert zuerst das Radiale, UlInare, Carpale 3, 4 und 5, später das Carpale 2 und das Centrale, zuletzt das Sesamboideum und Carpale 1. 47. Das Intermedium fehlt bei allen Agamidae. 48. Die Spina praeacetabuli des Ilum fehlt bei Molo- chus horridus spurlos. 49. Das Epipubis ist bei Uromastix, Phrynocephalus und Molochus knorpelig, bei den übrigen Gattungen ver- knöchert. 1186 F. Siebenrock, 50. Der Meniscus des Tarsus (Centrale, Born) zwischen dem Astragalofibulare und dem Metatarsale 1 hat keine morpho- logische Bedeutung, sondern er ist als Zwischengelenks- Knorpel aufzufassen, in welchem sich bei Agama, Phryno- cephalus, Amphibolurus, Lophura, Liolepis und Molochus ein kleiner plantarer Knochen (Tarsale 1, Gegenbaur) bildet, während bei Draco, Sitana, Lyriocephalus, Gonyocephalus, Acanthosaura, Japalura, Calotes und Charasia sogar zwei Knochen anwesend sind. Uromastix besitzt im Meniscus gar keinen Knochen. Literaturverzeichniss. 0. Baur G., The lower Jaw of Sphenodon; in The American Naturalist, Vol. XXV, 1891. 1. — Osteologische Notizen über Reptilien; 3. Der Becken- gürtel von Chamaeleo vulgaris; in: Zoolog. Anzeiger, IX. Jahrg., 1886. : — Revision meiner Mittheilungen im Zoolog. Anzeiger > mit Nachträgen; ebendaselbst, XII. Jahrg., 1889. 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Rechte Mandibulahälfte von Agama tuberculata Gray von innen. Rechte Mandibulahälfte von Uromastix Hardwickii Gray von oben. Rechte Mandibulahälfte von Molochus horridus Gray von oben. Tafel III. Kopf von Molochus horridus Gray im Profil. Kopf desselben Thieres von oben. Kopf desselben Thhieres von unten. Kopf von Gonyocephalus Godeffroyi Ptrs. von unten. Epistropheus von Amphibolurns barbatus Cuv. von vorne. Die ersten drei Halsrippen von Uromastix spinipes Daud. seitlich. 5.— 7. Cervicalwirbel von Agama tuberculata Gray seitlich. Tafel IV. . Kopf von Gonyocephalus Kuhlii Schleg. im Profil. . Kopf desselben Thieres von unten. . Schultergürtel und Brustbein von Molochus horridus Gray von unten. . Becken desselben Thieres von unten. . Linker Fuss von Agama colonorum Daud. . Linker Fuss von Silana ponticeriana Cuv. 92 F. Siebenroek, Tafel V. Fig. 31. Schultergürtel und Brustbein von Gonvocephalus Kuhlii Schleg. von unten. » 82. Becken desselben Thieres von unten. » 33. Schultergürtel und Brustbein von Agama atra Daud. von unten. » 34. Becken desselben Thieres von unten. » 85. Schultergürtel und Brustbein von ZLyriocephalus scutatus Linne von unten. » 86. Schultergürtel und Brustbein von Liolepis Bellii Gray von unten. Katelsvir Fig. 37. Rechte Hand einer jungen Agama colonorum Daud. » 38. Rechter Fuss von Calotes mystaceus D. B. mit dem Meniseus und den beiden Ossa interarticularia. 39—45. Querschnitte der linken Mandibulahälfte einer jungen Agama colonorum Daud. Erklärung der Buchstaben. A. Am Kopfe. ac. Arcus des Supraoceipitale. am. s. Ampulla canalis semicircularis sagittalis. an. Angulare. ar. Articulare. a. v. Aquaeductus vestibuli. b. o. Basioceipitale. b. s. Basisphenoideum. ce. Cochlea. ce. a.ı. Canalis alveolaris inferior. ca. m. Canalis cartilaginis Meckelii. c. f. Canalis semicireularis frontalis. c. h. Canalis semicireularis horizontalis. ©} .m. Cartilago Meckelii. cms. Commissur. co. Coronoideum. ce. oc. Condylus oceipitalis. c. ol. Canalis olfactorius. er. Cranoliti. c. s. Canalis semieircularis sagittalıs. d. Dentale. dn. Dentin. f. Frontale. f. a. Fovea artieularis. f. a. a. Foramen cavi ampullarum anterioris. Skelet der Agamidae. 1193 f. co. Foramen cochleae. f. j. Foramen jugulare. f. 1. Foramen lacrymale. f.m. Fossa Meckelii. ih fo. f. Foramen canalis semieircularis frvontalis. oc. Foramen oceipitale. 2 fo. h. Foramen canalis semieircularis horizontalis. fo. s. Foramen canalis semieircularis sagittalis. f. p. Foramen parietale. f. pa. Foramen palatinum. t. r. Fossa retroarticularis. f. r. 1. Foramen für den Ramus lingualis des Nervus alveolaris inferior. f. s. o. Foramen spheno-oceipitale. {. v. Foramen vestibuli. i. ot. Ineisura otosphenoidea. i. v. Inceisura vestibuli. j. Jugale. l. Laceıymale. m. Maxillare. n. Nasale. n. a.i. Nervus alveolaris inferior. o.a.f. Orifieium ampullae canalis semieireularis frontalis. o. b. Odontoblasten. o. h. Orificium canalis semieireularis horizontalis. op. Opereulare. or. Ss. Orbitosphenoideum. 0. Ss. Otosphenoideum. p- Parietale. pa. Palatinum. p. a. 1. Processus anterior inferior. pa. q. Paraquadratum. pa. s. Parasphenoideum. p. e. Pars condyloidea. p- f. Postfrontale. p. l. Pars lateralis des Supraoceipitale (Epioticum Huxley). p. m. Praemaxillare. p. ma. Processus massetericus. p. o. Pleuroceipitale. p- p. Processus paroticus. p. p.s. Processus posterior superior. p. pt. Processus pterygoideus. p. r. Processus retroarticularis. pr. f. Praefrontale. pr. p. Processus parietalis. pr. s. Praesphenoideum. 1194 F. Siebenrock, p- Ss. Processus subarticularis. pt. Pterygoideum. p- t. i. Processus trabeculae inferioris. p: t. Ss. Processus trabeculae superioris. q. Quadratum. l. Ramus lingualis des Nervus alveolaris inferior. t. Recessus scalae tympani. . Squamosale. a. Supraangulare. e. a. Äusseres Schmelzepithel. e. i. Inneres Schmelzepithel. ann . 1. Semicanalis Iymphaticus. m. Sulcus cartilaginis Meckelii. mb. Schmelzmembran. 0. g. Schmelzorgan. nom u . p. Schmelzpulpa. tr. Transversum. t. s. o. Tubereulum sphenooceipitale. tu. Turbinale. u. Grenze zwischen Dentin und dem Knochen des Dentale. v. Vestibulum. vo. Vomer. x. Loch in der Scheidewand zwischen der Cochlea und dem Vestibulum. y, y’. Blutgefässe. z. Zweig des Nervus alveolaris inferior. z. 1. Zahnleiste. z. p. Zahnpapille. II. Foramen nervi optici. VI. Foramen nervi facialis. VIIla. Foramen nervi acustici, Ramus vestibularis. VII db. Foramen nervi acustici, ramus cochlearis. IX. Foramen nervi glossopharyngei. X. Foramen nervi vagi. XII. Foramen nervi hypoglossi. 5. Am Rumpfe. ac. Acetabulum. ar. Arcus vertebrae. as. Astragalofibulare. ce. Centrale. ca. 1—5. Carpale 1—5. e. ce. 1—3. Costa cervicalis 1—3. ec. c. ce. 1—9. Cartilago costae cervicalis 1—9. e. d. 1—4. Cartilago costae dorsalis 1—4. el. Clavieula. Skelet der Agamidae. co. Corpus vertebrae. er. Coracoideum. cu. Cuboideum. dg. p. I—V. Digitus pedis I—V. e. cr. Epicoracoideum. ‘ e. p. Epipubicum. e. st. Episternum. f. a. Fovea articularis. fa. c. 1—2. Facies costalis 1—2. f. c. Foramen cordiforme. fe. a—b. Fenster im Praesternum. fe. 1. Fenster zwischen Coracoideum und Procoracoideum. fe. 2. Unteres Fenster der Scapula. fi. Fibula. f. m. Foramen medullare. fo. Nervenloch im Coracoideum. f. ob. Foramen obturatorium. h. Hypoischium. hm. Humerus. hy. Hypapophyse. i. Ischium. i. 1. Ilium. l. m. Ligamentum medianum. m. Meniscus des Tarsus. me. 1—5. Metacarpus 1—5. mt. 1—5. Metatarsus 1—5. 0. s. Os interarticulare superius. o.i. Os interarticulare inferius. p. Pubieum. p. a. a. Processus articularis anterior. p. a. p. Processus articularis posterior. p. er. Procoracoideum. ph. 1—5. Phalanx 1—5. p. 0. Processus odontoideus. p. S. Processus spinosus. p. sc. Praescapulare. p- st. Praesternum. r. Radiale. ra. Radius. s. Scapula. se. Sesamboideum. s.i. Symphysis ossium ischii. s. is. Spina ischii. S. p. Symphysis ossium pubis. Ss. pr. Spina praeacetabuli. 1195 s. s. Suprascapulare. ta. 3. Tarsale 3. ie ilonze t. p. Tuber pubis. u. Ulnare. ‚ul. Ulna. v. c. 3—7. Vertebra cervicalis 3—7. ‘x. st. Kiphisternum. | Sämmtliche Figuren sind Originalzeichnungen. Ge Ban vE Konopicky. Lith Anst x. Th Bannwarth,Wien. itzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. CIV. Abth. I. 1895. AN K o amıdae. N k enrock: SkeletderA$ v ‚E.Konopickv. Lith Anst.v. Th.Bannwarth,Wien. richte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd.CIV. Abth. I. 1895. eh AR AS N kelet der As amidae. ih. v. E.Konopicky. Lith Anstx.Th.B lich ungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd.CIV. Abth.I. 1895 . DEN a9R Über die Riehtungsursachen der Seiten- wurzeln und einiger anderer plagiotroper Pflanzentheile von Friedrich Czapek. Aus dem pflanzenphysiologischen Institute der k. k. Universität in Wien. (Vorgelegt in der Sitzung am 10. October 1895.) Die Aufgabe, welche ich mir für die vorliegende Arbeit vor Allem gestellt hatte, war die, ein Urtheil über die Ursachen des geotropischen Grenzwinkels der Seitenwurzeln erster Ord- nung zu gewinnen. Dass in das zu bearbeitende Gebiet auch andere plagiotrope Organe, besonders die horizontalen Rhizome und Ausläufer einbezogen wurden, war eine Consequenz der erhaltenen Resultate. Nach den von verschiedenen Forschern vertretenen Ansichten war es ja bisher zum mindesten zweifel- haft, ob Analogien zwischen den Richtungsverhältnissen der Nebenwurzeln und jenen der horizontalen Rhizomen vorhanden seien. Solche Analogien bestehen aber thatsächlich, wie ich darzulegen versuchen werde. Und nicht nur die Richtungs- ursachen der verschiedenen unterirdisch lebenden plagiotropen Organe bieten zahlreiche Vergleichspunkte; es scheinen auch beim Geotropismus der oberirdischen plagiotropen Organe einestheils ganz ähnliche Verhältnisse obzuwalten, anderen- theils abweichende Erscheinungen durch deutliche Übergänge verbunden zu sein. Obwohl ich mich mit den Richtungsverhält- nissen der oberirdischen plagiotropen Organe bereits längere Zeit eingehend beschäftige, so muss ich mich in dieser Publica- tion doch noch auf die gelegentliche Erwähnung einiger ge- wonnener Anschauungen beschränken und die weitläufige Aus- führung meiner Ergebnisse einer später zu veröffentlichenden Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV.Bd., Abth. 1. 78 1198 F. Czapek, Arbeit überweisen. Hauptgegenstand der vorliegenden Studien sollen die Richtungsursachen der unterirdischen plagiotropen Pflanzentheile sein. Erster Abschnitt. Die Seitenwurzeln. 8. 1. Ein historischer Rückblick auf die von den älteren Physiologen betreffs der den Nebenwurzeln eigenthümlichen Richtungsverhältnisse geäusserten Anschauungen ist im Ganzen wenig lehrreich und kann deshalb an dieser Stelle kurz gehalten sein. Der Begründer der Lehre vom Geotropismus, Knight,! selbst scheint sich mit den Seitenwurzeln speciell nicht befasst zu haben. Er beurtheilt sie blos in einer kleinen Bemerkung vom Standpunkte seiner theoretischen Ansichten: sie seien viel weniger saftig als die Hauptwurzel und reagirten deshalb weniger auf die Einwirkung der Schwere. In Form unserer heutigen Ausdrucksweise würde es heissen, die Nebenwurzeln seien weniger geotropisch als die Hauptwurzeln. Die meiste Aufmerksamkeit hat Dutrochet” den Neben- wurzeln gewidmet. Er erkannte, dass dieselben geradeso wie Hauptwurzeln dem richtenden Zuge der Schwerkraft unter- worfen seien. Sie besässen aber, wie er meinte, ausserdem das Bestreben, senkrecht zu ihrer Implantationsfläche zu wachsen, ähnlich wie der Mistelkeimling senkrecht auf sein Substrat zuwächst. Das Resultat beider gleichzeitig einwirkenden Be- strebungen sei nun eine mittlere Richtung, in welcher die Axe 1 Th. A. Knight, Über die Richtung des Würzelchens und Keims bei dem Aufgehen der Samen. Philosoph. Transact., 1806, Th. I, p. 107. Übersetzt in L. Chr. Treviranus’ Beyträge zur Pflanzenphysiologie, Göttingen, 1811, S. 204 und in H. Ambronn, Sechs pflanzenphysioiogische Abhandlungen von Th. A. Knight. Leipzig, 1895, S. 10 (Ostwald’s Classiker der exacten Wissenschaften, Nr. 62). 2 H. Dutrochet, Recherches sur la structure intime des animaux et des vegetaux. Paris, 1824, p. 101—102. Man vergleiche auch desselben Autors Memoires pour servir etc. Paris, 1837, t. Il, p. 32—33. Die ältere Darstellung verdient aber, wie in manchen anderen von diesem Forscher behandelten Fragen, bei weitem den Vorzug. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 699 der Seitenwurzel mit der Verticalen einen mehr weniger spitzen Winkel bildet. Dutrochet sah mithin das Zustandekommen der Schrägstellung als Resultante zwischen Geotropismus und Eigenrichtung an. Dass üle an dem Mistelhypocotyl wirksame Richtungsursache, welche Dutrochet als identisch mit der Eigenrichtung der Nebenwurzeln ansah, sich späterhin wesent- lich als negativer Heliotropismus herausgestellt hat,! macht die Ansicht dieses Forschers nicht weniger discussionsfähig, und es war über deren Richtigkeit nicht früher ein abschliessendes Urtheil möglich, als man in der Anwendung des Klinostaten ein Mittel hatte, um geotropische Richtungsbewegungen sicher zu erkennen. Dutrochet’s Vermuthung blieb jedoch bis in die neueste Zeit vollkommen unbeachtet. W. Hofmeister? äusserte in seinen verschiedenen Schriften mehrfache Ansichten über das Zustandekommen der schrägen Richtung der Seitenwurzeln. Dieselben stehen grösstentheils in engem Zusammenhang mit der bekannten Theorie des Geotropismus, welche dieser Forscher aufgestellt hatte. Hofmeister dachte sich zuerst, dass die Schrägstellung der Seitenwurzeln mit der relativ geringen Länge der Krüm- mungszone, dem langsamen Spitzenwachsthum und vermehrter Dehnbarkeit der Gewebe der Unterseite zusammenhänge. Später (Pflanzenzelle, 1. c.) legte er das Hauptgewicht auf den Wider- stand der starren Zellschichten der Wurzelhaube, welche der Abwärtsbewegung der weichen Spitze hindernd entgegenstehe. Da die theoretischen Anschauungen Hofmeister’s ihre Wider- lesung längst gefunden haben, ist es auch nicht nöthig, auf die Ansichten dieses Autors bezüglich der Seitenwurzeln näher einzugehen, zumal dieselben auch für den weiteren Fortschritt in unserer Frage ohne Bedeutung waren. 1 Der negative Heliotropismus des Mistelhypocotyls war übrigens Dutrochet bereits bekannt (l. c. p. 116). 2 W. Hofmeister, Über die durch Schwerkraft bestimmten Richtungen von Pflanzentheilen. Berichte der math.-phys. Classe der königl. sächsischen Gesellsch. der Wissenschaften, 1860, S. 175. — Derselbe in der unter dem gleichen Titel in Pringsheim’s Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik, Bd. 3 (1863) erschienenen Arbeit (S. 103) und in: »Die Lehre von der Pflanzen- zelle<, Leipzig, 1867, S. 282. 78% 1200 F. Czapek, Den Beginn erfolgreicher und fruchtbringender Forschung über die Richtungsursachen der Seitenwurzeln bedeutet erst die bekannte Arbeit von Sachs! über das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln. Sachs erbrachte den exacten experimentellen Nachweis, dass den Nebenwurzeln Geotropis- mus innewohnt, und sprach mit klaren Worten aus, dass das Problem der Erklärung des »geotropischen Grenzwinkels« darin liege, zu erfahren, warum der positive Geotropismus die Seitenwurzel nicht in die Verticallage führt, sondern bereits unter grossem Neigungswinkel zu wirken aufhört. Allerdings war die von Sachs versuchte Lösung des von ihm erkannten Problems unzulänglich; sie stand jedoch mit keiner der damals bekannten Erscheinungen im Widerspruche und war übrigens von ihrem Autor selbst nur als hypothetische hingestellt worden. Sachs dachte sich die Schiefstellung der Seiten- wurzeln dadurch bewirkt, dass an diesen Organen der positive Geotropismus bereits unter einem grossen Neigungswinkel (»geotropischer Grenzwinkel«) unwirksam werde, ohne dass ihm eine andere Richtkraft entgegenwirke. Bei Hauptwurzeln hingegen bleibe die richtende Wirkung der Schwere so lange vorhanden, als die Wurzel sich nicht vollständig in der Loth- linie befinde. In gewissem Sinne kann man also auch nach Sachs den Seitenwurzeln »schwächeren Geotropismus« als den Hauptwurzeln zuschreiben. Dass die Auffassung von Sachs die zutreffende nicht sein kann, geht aber bereits aus einem einfachen Versuch hervor, welcher zeigt, dass Seiten- wurzeln durch Aufwärtskrümmung in ihre Grenzwinkellage zurückkehren, wenn sie in vertical abwärts gerichtete Stellung gebracht worden sind.? Wären die Seitenwurzeln thatsächlich nur »schwächer geotropisch« als die Hauptwurzeln, so hätten sie ja keinen Grund, aus der Verticallage heraus sich empor- 1 Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd. I, Heft 4 (1874), S. 584 und gesammelte Abhandlungen, Bd. II, S. 864, Leipzig, 1893. Ferner vergleiche man die Abhandlung: »Über orthotrope und plagiotrope Pflanzen- theile<. Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd. II, Heft 2 (1879), S. 240 und Gesammelte Abhandlungen, Bd. II, S. 1018, Leipzig, 1893. 2 Czapek, Untersuchungen über Geotropismus. Jahrbücher für wissen- schaftl. Botanik, Bd. 27 (1895), Heft 2, S. 330. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1201 zukrümmen. Weitere Gegengründe gegen die erwähnte Auf- fassung soll die vorliegende Arbeit bringen. Die Experimente von Sachs wurden späterhin von Elfving! mit demselben Resultat wiederholt, Eine von der Sachs’schen Lehre gänzlich abweichende Theorie vom Zustandekommen des geotropischen Grenzwinkels _ der Seitenwurzeln hat in neuester Zeit F. Noll? aufgestellt. Auf dieselbe wird noch in ausführlicher Weise zurückzukommen sein. I. Die normale Stellung der Seitenwurzeln zur Lothlinie. 8.2. Dass die Seitenwurzeln erster Ordnung sich bestreben, einen bestimmten Winkel zur Verticalen, den geotropischen Grenzwinkel, stets einzuhalten und nach erlittener Ablenkung in denselben zurückkehren, ist der häufigste Fall; es gibt aber Ausnahmen hievon. Bekannt ist es ja, dass die Seitenwurzeln vieler horizontaler Rhizome und oberirdischer Ausläufer voll- kommen oder nahezu senkrecht in den Boden wachsen, also orthotrope Organe sind. So zZ. B. bei Marsilia, Cyperus alterni- Folius, Potentilla reptans, die aus den Knoten von Oplismenus imbecillus (Panicum variegalum) entspringenden Neben- wurzeln. Anderseits gibt es auch nicht allzu seltene Fälle, in welchen Nebenwurzeln erster Ordnung nur wenig geotropisch reagiren. Phaseolus multiflorus besitzt solche Seitenwurzeln. Im feuchten Raum erzogen, wachsen sämmtliche Nebenwurzeln von jungen Bohnenpflanzen horizontal, also unter einem geo- tropischen Grenzwinkel von etwa 90°. In Sachs’schen Keim- kästen, in feuchtem Sägemehl cultivirt, wachsen die oberen Seitenwurzeln oft unregelmässig nach verschiedenen Rich- tungen, wie sie gerade durch kleine Hindernisse im Substrat beeinflusst werden. Nicht selten sieht man sie sogar auf grössere Strecken über das Niveau des Substrates an die Luft hinaus- I Fr. Elfving, Beitrag zur Kenntniss der physiologischen Einwirkung der Schwerkraft auf die Pflanzen. Abdruck aus Acta Soc. Scient. Fenn., t. XII (1880), p. 36. 2 F. Noll, Über heterogene Induction, Leipzig, 1892, S. 38 und: Über eine neue Eigenschaft des Wurzelsystems: Botan. Centralblatt, Bd. 60 (1894), Sl28. 1202 F. Czapek, treten und an der Oberfläche des Sägemehls hinwachsen; besonders tritt dies auf, wenn nicht nur die Glaswände ver- dunkelt werden, sondern der Keimkasten gänzlich in einen dunklen Raum gestellt wird. Mitunter biegen die oberen Seiten- wurzeln, einem Hindernissausweichend, auch stark nach abwärts. An sehr zahlreichen Pflanzen halten aber die Seiten- wurzeln eine bestimmte Schräglage zum Horizont genau ein und haben einen constanten geotropischen Grenzwinkel; der letztere ist für die verschiedenen Pflanzenarten oft specifisch verschieden. Kleiner als 70° ist er selten; öfters ist er fast 90°. Die Seitenwurzeln zweiter Ordnung sind nur hie und da deutlich geotropisch. Bei Zea Mays konnte ich an diesen Organen im Einklange mit den Beobachtungen von Sachs! sicher Geotropismus constatiren. Auf weitere Darlegungen bezüglich der allgemeinen Stel- lungsverhältnisse der Seitenwurzeln brauche ich nicht ein- zugehen, indem Sachs in seiner bereits erwähnten grund- legenden Arbeit diesen Gegenstand in einer heute noch voll- kommen giltigen Weise umfassend behandelt hat. Die von mir verwendeten Versuchspflanzen waren die gleichen wie die bereits von Sachs studirten. Vorzüglich benützte ich Vicia Faba (grosssamige Varietät), Cncurbita Pepo, Helianthus annmus, Zea Mays, Lepidium sativum. II. Die plagiotrope Stellung der Seitenwurzeln ist rein geo- tropischer Natur und keineswegs durch andere äussere oder autonome Richtkräfte mitbedingt. 8.3. Ausser Geotropismus sind meines Wissens von keiner Seite irgendwelche andere äussere Richtkräfte zur Erklärung der plagiotropen Lage der Nebenwurzeln herangezogen worden. Die Mitwirkung autonomer Richtungsursachen dagegen ist thatsächlich behauptet worden von Dutrochet und neuer- I Sachs, Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd. 1, Heft 4 (1874), S. 631. Der Geotropismus ist auch an den Seitenwurzeln zweiter Ordnung der Hauptwurzel junger Maispflanzen festzustellen und betrifft nicht nur die aus den Knotenwurzeln älterer Planzen entsprechenden Zweige. Bei den Sachs’schen Versuchen blieb übrigens der Einfluss des Abschneidens der übrigen Wurzeln unberücksichtigt. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1203 dings seitens F. Noll’s in deren bereits citirten Schriften. Dass aber keine andere Richtkraft, ausser der Schwerkraft, am Zustandekommen des geotropischen Grenzwinkels betheiligt ist, lässt sich durch Versuche am Klinostaten ohne Weiteres beweisen. Denn schaltet man durch langsame Rotation um eine horizontale Axe, wobei die Hauptwurzel parallel der Axe orientirt wird, die krümmende Wirkung der Schwere in Bezug auf das ganze Wurzelsystem aus, so sind die Seitenwurzeln erster Ordnung geradeso wie die Hauptwurzel vollkommen desorientirt. Man kann sie nach beliebigen Richtungen durch vorgelegte Hindernisse oder Durchwachsenlassen durch ge- bogene Glasröhrchen ablenken: sie wachsen schliesslich in der Ablenkungsrichtung weiter, ohne irgendwelche Richtungen hiebei zu bevorzugen. Meine Versuchsanordnung (welche sich überhaupt bei den von mir an Nebenwurzeln angestellten Klinostatenver- suchen als praktisch bewährte) war folgende. Die Seiten- wurzeln wurden cultivirt in prismatischen Zinkblechkästen von 30 cm Höhe, IO cm Breite und 10 cm Tiefe. Einerseits bestand die Grundfläche des Kastens aus einem abnehmbaren Deckel mit gut übergreifendem Rand. Der Deckel und die andere fixe Grundfläche besassen eine runde Bohrung mit kurzem Halseinsatz von 2 cm Durchmesser, welche mittelst Korken verschlossen wurde. Die Korke waren ihrerseits durchbohrt, um ein Aufschieben des ganzen Blechkastens auf die Klino- Statenaxe zu gestatten. Zwei gegenüberliegende Seitenflächen des Kastens bestanden aus Glastafeln, welche mittelst Falz zum Einschieben eingerichtet waren. Die Vorrichtung ent- sprach somit einem Sachs’schen Keimkasten, welcher auf eine Klinostatenaxe sich befestigen lässt. Der Kasten wurde zum Gebrauche mit feuchtem Sägemehl oder mit Erde gefüllt. Längs der beiden Glaswände wurde im Substrat je ein gerader Canal zur Aufnahme der Wurzeln vorgebohrt. Sodann wurden die Wurzeln eingeführt. Die Versuchsobjecte besassen bereits eine Hauptwurzellänge von 8S— 10cm und entwickelten dann binnen 2—5 Tagen ihre Seitenwurzeln am Klinostaten. War der Kasten in der geschilderten Weise beschickt worden, so wurde er auf die Axe des Klinostaten geschoben, wobei natürlich die 1204 F. Czapek, Verschlusskorke stramm, ohne zu gleiten, an die Axe passen mussten. Schliesslich wurden die Glasplatten mit undurch- sichtigem schwarzen Papier überdeckt, um Lichtzutritt von den Versuchspflanzen abzuhalten. Die Klinostatenaxe und die Längsaxe des Kastens waren zu unseren Versuchen horizontal gestellt. Somit rotirten die Hauptwurzeln um eine zu ihrer Längsrichtung parallele Axe. Die hervorsprossenden Seiten- wurzeln erster Ordnung standen annähernd zur Mutteraxe rechtwinklig und rotirten also in einer verticalen Ebene. Eine krümmende Wirkung des Geotropismus war also auch an diesen eliminirt. Wurden zartere Seitenwurzeln (Cucurbita, Phaseolus) zum Versuche verwendet, so konnte ich ohne weitere Vorrichtung sofort erkennen, dass nicht blos die Hauptwurzel, sondern auch die Nebenwurzeln erster Ord- nung dem Einflusse keiner Richtkraft folgten, sondern dahin wuchsen, wo der Widerstand in dem umgebenden Medium am geringsten war, wobei sie die mannigfachsten Krümmungen einschlugen. Die Phaseolus-Nebenwurzeln bildeten in zwei bis drei Tagen ein dichtes Gewirr von durcheinanderwachsenden Wurzeln, ohne dass eine Orientirung nach bestimmter Rich- tung stattgefunden hätte. Kräftigere Seitenwurzeln, wie die von Vicia Faba, schieben die kleinen Sägemehlpartikelchen, die ihnen beim Festhalten der geradlinigen Wachsthums- richtung im Wege sind, einfach zur Seite, und es bietet das Wurzelsystem keinen anderen Anblick, als wie wenn es im feuchten Raum am Klinostaten cultivirt worden wäre. Stellt man nun diesen Wurzeln feste Hindernisse in den Weg, wie kleine Glasplatten (Objectträger) mit abgeschliffenen glatten Rändern, so wachsen die Wurzeln diesen Glasplatten, sobald sie mit ihrer Spitze daran angelangt sind, entlang. Kommen sie nach einer gewissen Strecke an den Rand des Öbjectträgers, so wachsen sie in der letzten Richtung weiter, ohne dass sie irgendwelche Krümmungen erlitten. Lässt man einige Faba- Seitenwurzeln in kleine knieförmig gebogene Glasröhrchen hineinwachsen, so wachsen die Wurzeln, aus dem Röhrchen mit der Spitze herausgelangt, in der eingeschlagenen Richtung geradlinig fort, welche Richtung auch immer ihnen die Biegung des Röhrchens aufgenöthigt hat. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1205 Nimmt man den Zinkblechkasten mit den Wurzeln vom RKlinostaten ab und stellt ihn so auf, dass die Hauptwurzeln ihre normale vertical abwärts gerichtete Lage erhalten, so beobachtet man natürlich, indem die orientirende Schwerkraft- wirkung ihre Bedingungen wiedergefunden hat, dass sich sämmtliche Seitenwurzeln erster Ordnung in die Lage des geotropischen Grenzwinkels hineinkrümmen. Die Ergebnisse dieser Versuche zeigen direct, dass für die Einhaltung des geotropischen Grenzwinkels der Neben- wurzeln erster Ordnung keine anderen Richtkräfte in Beiracht kommen können als jene, welche die verticale Lage der Haupt- wurzel bedingen. Da wir am Klinostaten die Versuchsobjecte unter sonst ganz gleichen Bedingungen hielten, wie sie die Cultur im Keimkasten unter normalen Verhältnissen gewährt, mit der einzigen Änderung bezüglich der Schwerkraftwirkung, so folgt daraus unmittelbar, dass der Geotropismus allein die plagiotrope Stellung der Seitenwurzeln verursacht. Zum ersten ist damit dargethan, dass anderweitige äussere Richtungsimpulse nicht in Frage kommen können. Eine Be- theiligung von Hydrotropismus, A&rotropismus, Rheotropismus wäre ohnehin nicht leicht denkbar gewesen. Am ehesten noch Contactreiz (Haptotropismus) durch den Contact mit dem Mutterorgan, welche Wirkung durch den Klinostatenversuch als nicht vorhanden dargetnan wird. Von Interesse bezüglich einer Contactwirkung sind ab und zu an der grosssamigen Faba zu beobachtende Missbildungen der Hauptwurzel mit Gabelung des Vegetationspunktes. In solchen Fällen sind nun beide Zweige der Hauptwurzel gleich stark entwickelt, und beide sind orthotrop. Auch hier ist somit keine Plagiotropie in Folge Contactreizes vorhanden. Zum andern haben unsere Klinostatenversuche erwiesen, dass auch keine autonomen Richtkräfte an der Entstehung des geotropischen Grenzwinkels der Seitenwurzeln theilnehmen. Damit fällt die in neuester Zeit von Noll! geäusserte Ansicht, dass die geotropische Gleichgewichtslage der Seitenwurzeln I F. Noll, Über eine neue Eigenschaft des Wurzelsystems. Niederrhein. Gesellsch. für Natur- und Heilk. zu Bonn, Sitzung vom 5. März 1894. Botan. Centralbl., Bd. 60 (1894), S. 129. 1206 F. Czapek, ausser durch positiven Geotropismus durch eine radial zur Richtung der Mutteraxe wirksame autonome Richtkraft bedingt sei, welche Noll »Exotropiexs genannt hat. Zu der Meinung, dass möglicherweise nicht allein Geotropismus an der Grenz- winkellage betheiligt sei, ist Noll! durch die richtige Über- legung gekommen, dass die Annahme alleinigen positiven Geotropismus die von Sachs entdeckte Änderung des Grenz- winkels mit zunehmender Centrifugalkraft nicht ohne Weiteres zu erklären vermöge. Die von Noll gegebene Deutung seiner experimentellen Befunde trifft aber nicht zu. Noll liess Seiten- wurzeln von Lupinen und Feldbohnen gegen vorgelegte Glas- platten oder Hohlcylinder anwachsen. Durch diese Hinder- nisse erlitten die Wurzeln eine gewaltsame Ablenkung. Nach Beseitigung des Hindernisses stellten sich die fortwachsenden Wurzelspitzen mit scharfer Biegung wieder in die radiale Richtung zur Mutteraxe ein. Diese Beobachtungen sind voll- kommen richtig. Die Deutung hingegen, welche die beschrie- benen Krümmungen als bedingt erklärt durch eine autonome radial zur Mutteraxe richtende Ursache (»Exotropie), ist eine verfehlte. Noll gibt nicht näher an, nach welchen Richtungen zur Lothlinie die Ablenkung der Seitenwurzeln durch die vor- gelegten Hindernisse erfolgte. In den von mir angestellten Ver- suchen sah ich sehr häufig eine Ablenkung nach unten; doch auch zur Seite abgedrängte Seitenwurzeln wurden an den Glasplatten angeschmiegt oft vorgefunden. Die nach unten abgelenkten Wurzeln wachsen, auch wenn man das Hinderniss nicht wegnimmt, mit scharfer Krümmung in den geotropischen Grenzwinkel hinein, sobald sie den unteren Rand der Glas- platte erreicht haben. Nimmt man hingegen, bevor die Um- wachsung erfolgt ist, die Glasplatte (nach circa 12 Stunden) weg, so stellen sich die abgelenkten Seitenwurzeln sofort wieder in die Grenzwinkellage ein. Diese Rückkehr in die Normalstellung ist nun in beiden Fällen gewiss nicht, wie Noll 1 F. Noll, Heterogene Induction. Leipzig, 1892, S. 38. Zuerst hat wohl W. Pfeffer (Pflanzenphysiologie, II, S. 339, 1881) auf dieses Verhältniss auf- merksam gemacht. Man vergleiche ferner die Discussion in F. Czapek, Unter- suchungen über Geotropismus. Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik, Bd. 27, S. 332 (1895). Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1207 meint, autonomer Natur. Ein Versuch am Klinostaten zeigt dies ohneweiters. Cultivirt man die Versuchspflanzen in dem oben beschriebenen Zinkblechkasten und legt den Seiten- wurzeln erster Ordnung Glasplatten vor, so 'beobachtet man, dass die gegen den acroskopen Theil der Hauptwurzel hin abgelenkten Nebenwurzeln keine Krümmung erleiden, sobald sie den unteren Rand des Hindernisses erreicht haben. Sie wachsen vielmehr in der Ablenkungsrichtung parallel der Hauptwurzel weiter fort. Die von Noll beobachtete Aufwärts- krümmung ist somit nicht autonomer Natur, sondern wir haben es thatsächlich mit einer geotropischen Erscheinung zu thun, wie direct aus dem Nichteintreten derselben im Klino- statenversuch folgt. Wiederholt man den Klinostatenversuch mit der Abänderung, dass die ablenkende Glasplatte nach 12—16 Stunden, oder noch früher, wieder weggenommen wird, so beobachtet man eine mehr weniger rasch erfolgende Rückkehr der Seitenwurzeln in ihre ursprüngliche Lage. Es lässt sich leicht feststellen, dass dieser Ausgleich der den Wurzeln durch die Glasplatte aufgezwungenen Krümmung nur dann stattfindet, wenn die Glasplatte nach kurzer Zeit (12 Stunden) wieder weggenommen wird. Der Krümmungs- ausgleich findet also nur dann statt, wenn die Ablenkungs- krümmung durch Einstellung des Längenwachsthums in der gekrümmten Zone noch nicht fixirt ist. Dieser Krümmungs- ausgleich beruht wirklich auf autonomen Ursachen, darf jedoch nicht, wie Noll es thut, auf eine ausschliesslich radial zur Mutteraxe wirksame Richtkraft bezogen werden, sondern ist eine Theilerscheinung des ganz allgemein an radiären Organen vorkommenden Bestrebens geradlinig fortzuwachsen (Autoortho- tropismus). Ich habe bereits früher diese Verhältnisse ausführ- lich behandelt und kann hier auf die damals gegebene Dar- stellung verweisen.! Die von Noll beobachteten Thatsachen gehören mit hinein in das Gebiet des Autotropismus, und durch passende Versuche am Klinostaten ist unschwer zu erweisen, dass die Rückkehr einer durch kurze Zeit hindurch I F. Czapek, Untersuchungen über Geotropismus. Jahrbücher für wissensch. Botanik, Bd. 27, S. 308. 1208 F. Czapek, gewaltsam abgelenkten Seitenwurzel in ihre frühere Wachs- thumsrichtung nicht nur in radial zur Mutteraxe gerichtete Lagen erfolgt, sondern in jeder beliebigen Lage der Neben- wurzel mit demselben Effect möglich ist. Eine autonome, radial zur Mutteraxe wirksame Richtkraft (Noll’s Exotropie) kann somit an den Seitenwurzeln nicht existiren. Es blieben uns noch jene Fälle aus Noll’s Versuchen zur Erörterung, in denen die Wurzeln durch die vorgelegte Glas- platte zur Seite abgedrängt werden. Die Spitze solcher seitlich abgelenkten Nebenwurzeln richtet sich, an der Glasplatte dicht hinwachsend, bald schräg abwärts, in die Stellung des geo- tropischen Grenzwinkels und gelangt so geradlinig weiter- wachsend an den freien Rand der Glasplatte und verbleibt auch fernerhin in der eingeschlagenen geraden Richtung. Eine Örientirung radial zur Hauptwurzel findet nicht statt. Wenn man in anderen Versuchen die Glasplatte, nachdem _ Seiten- wurzeln durch dieselbe seitlich abgelenkt wurden, nach kurzer Zeit wieder wegnimmt, so kehren die Wurzeln, wie es auch Noll gesehen hat, wieder in die früher vor der Ablenkung ein- gehaltene Richtung durch Ausgleich der Krümmung zurück. Hier haben wir es mit einem autotropischen Krümmungs- ausgleich zu thun, wie ein solcher stets nach einer gewalt- samen Ablenkung von der geradlinigen Wachsthumsrichtung vorkommt und nur so lange möglich ist, als das Längen- wachsthum der gewaltsam gekrümmten Region noch nicht abgeschlossen ist. Für die Annahme einer autonomen, blos radial zur Mutteraxe wirksamen Richtungsursache sind dem- nach auch diese Versuche nicht verwerthbar. An den Seitenwurzeln erster Ordnung sind also ausser geotropischen Richtkräften keine anderen äusseren oder auto- nomen Impulse nachweisbar, welche am Zustandekommen der plagiotropen Stellung und des geotropischen Grenzwinkels der Nebenwurzeln betheiligt sein könnten. Unsere weitere Auf- gabe ist es nun, darzulegen, wieso geotropische Richtungs- ursachen allein die schräge Lage der Seitenwurzeln herbei- führen. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1209 III. Die geotropischen Eigenschaften der Seitenwurzeln. 8.4. Mit dem Nachweis, dass beim Zustandekommen des geotropischen Grenzwinkels der Seitenwurzeln erster Ordnung andere Richtkräfte als der Geotropismus nicht betheiligt sind, kehren wir wiederum auf den Standpunkt zurück, den Sachs in seinen Untersuchungen über die Seitenwurzeln bereits als den richtigen erkannt hatte. Es wird sich uns nun darum handeln, festzustellen, auf welche Art der positive Geotropis- mus der Seitenwurzeln das Einhalten der Schrägstellung seitens dieser Organe vermitteln könnte. Ich sehe drei Mög- lichkeiten. Zum ersten wäre zu prüfen, ob die von Sachs geäusserten und oben bereits erwähnten Überlegungen sich als stichhältig erweisen: ob nämlich die krümmende Wirkung der Schwerkraft an den Nebenwurzeln thatsächlich sehr rasch mit abnehmendem Neigungswinkel sich vermindert, im Gegen- satz zu den Hauptwurzeln, an denen sie so lange richtend fortwirkt, als der Neigungswinkel mehr wie wenige Winkel- grade beträgt. Dass manches gegen diese Ansicht spricht, wurde schon oben hervorgehoben. Ein zweiter möglicher Fall, auf den ich schon früher hingewiesen habe,! wäre der, dass die Grenzwinkellage der Seitenwurzel ebenso eine eigenthümliche geotropische Gleich- sewichtslage für sich darstellt, so wie die Verticalstellung, welche der krümmenden Wirkung der Schwere unterworfene Hauptwurzeln anstreben. Es gehört ja keineswegs zum Begriffe des Geotropismus, dass unter dessen Einfluss jedes reactions- fähige Organ eine Einstellung in die Lothlinie, nach abwärts oder nach aufwärts, zu erreichen sucht. A priori ist es nicht als ausgeschlossen zu betrachten, dass jede beliebige bestimmte Lage zum Horizont an bestimmten Pflanzentheilen eine eigen- thümliche geotropische Gleichgewichtslage bilden kann; und es wäre auch die Grenzwinkelstellung der Seitenwurzeln eben jene Lage, welche bedingt ist durch die jenen Organen speci- fisch zukommende Art, auf den geotropischen Reiz zu reagiren. 1 Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik, Bd. 27 (1895), S. 329. 1210 F. Czapek, Eine weitere Möglichkeit ist endlich die, dass den Seiten- wurzeln wohl positiv geotropische Eigenschaften, so wie ortho- tropen Organen, conform den Ansichten Sachs’ zukommen; dass aber ausserdem der Einfluss der Schwere bei den Neben- wurzeln noch andere krümmende Wirkungen hervorruft, welche dem positiven Geotropismus entgegenwirken können und nicht gestatten, dass der positive Geotropismus eine Einstellung in die Lothlinie herbeiführt. Man könnte dieser Vorstellung folgend gewissermassen von einer resultirenden Stellung, welche sich im geotropischen Grenzwinkel ausdrückt, sprechen. Ein ähn- liches Verhältniss bietet sich bezüglich einseitiger Lichtwirkung an dorsiventralen Organen mehrfach dar, wenn dem Helio- tropismus Photoepinastie entgegenwirkt. Allerdings ist von anatomisch radiär gebauten Organen bis jetzt kein derartiges Beispiel angegeben worden. Die Entscheidung zwischen den beiden letztgenannten Möglichkeiten ist, wie wir sehen werden, schwierig. Die mir bis jetzt bekannten Thatsachen lassen sich aber durch die letztgenannte, von mir bereits in einer vorläufigen Mittheilung (Berichten den deutschenrbotan=Gesellsche 1189555 299) ver- tretene Annahme gut erklären und diese befindet sich mit keinen Ergebnissen im Widersgruche. 8.5. Abkrümmungsversuch. Wenn man Seitenwurzeln erster Ordnung (am besten von Vicia Faba) am Klinostaten in einem Zinkblechkasten, wie ich ihn oben beschrieben habe, erzieht; die Vorrichtung vom Klinostaten herunternimmt, sobald die Seitenwurzeln 2—3 cm Länge erreicht haben, und sodann den Kasten so aufstellt, dass die Seitenwurzeln in den geo- tropischen Grenzwinkel, wie er für die betreffende Pflanzenart empirisch bestimmt wurde, zu liegen kommen, so bleiben die Seitenwurzeln nicht in dieser Lage, sondern krümmen sich nach etwa zwei Stunden leicht abwärts. Diese Krümmung bleibt nur wenige Stunden bestehen, worauf die Seitenwurzeln in den geotropischen Grenzwinkel wieder zurückkehren. Es ist nicht einmal nothwendig, die Seitenwurzeln am Klinostaten zu erziehen, um dasselbe Versuchsergebniss zu sehen. Man braucht nur dem Keimkasten, in welchem die Versuchspflanzen erzogen wurden, durch Drehung eine solche Lage zu geben, Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1214 dass die Hauptwurzeln zwar nicht vertical stehen, bestimmte Reihen von Seitenwurzeln jedoch in dem geotropischen Grenz- winkel sich befinden. Auch da ist festzustellen, dass die betreffenden Seitenwurzeln nicht, wie man vermuthen könnte, in der gegebenen Lage von Anfang an weiterwachsen, sondern dass sie vorübergehend eine leichte Krümmung nach abwärts aufweisen. Bei der Ausführung dieser Versuche ist natürlich vor Allem darauf zu achten, dass man die Seitenwurzeln genau in den geotropischen Grenzwinkel bringt. Bei Vicia Faba ist dies nicht schwer zu erreichen, indem die Nebenwurzeln dieser Pflanze bei entsprechender Behandlung sich sehr gleichmässig verhalten und in feuchtem Sägemehl im dunklen Raum bei 18—20° C. erzogen constant den gleichen Grenzwinkel von 70° aufweisen. Durch Aufstellung von Controlversuchen kann man sich gegen Fehler in dieser Hinsicht sichern. Da durch die Untersuchungen von Sachs nachgewiesen ist, dass die Seitenwurzeln erster Ordnung positiv geotropisch sind, so können wir annehmen, dass die geschilderte vorüber- gehende Abwärtskrümmung positiv geotropischer Natur ist. Die fernere Frage, warum diese geotropische Krümmung unter den erwähnten Verhältnissen eintritt, kann meines Erachtens weder durch die Sachs’sche Annahme eines »schwächeren Geotropismus«, noch mittelst der Annahme beantwortet werden, dass die Grenzwinkellage eine eigenthümliche primäre geo- tropische Gleichgewichtsstellung ist. Freilich spricht der Ver- such anderseits auch nicht direct dagegen, dass eine dieser Auffassungen die giltige ist. Zum Verständniss des beschriebenen Abkrümmungsver- suches an Nebenwurzeln scheint mir aber ein Versuch an heliotropischen Keimpflanzen in nicht unwesentlichem Grade beitragen zu können. Ich habe des Versuches bereits in einer früher veröffentlichten Arbeit Erwähnung gethan.! Etiolirte Haferkeimlinge,? von einer Seite her beleuchtet, krümmen sich gegen die Lichtquelle so weit heliotropisch, bis sie mit der. 1 Über Zusammenwirken von Heliotropismus und Geotropismus. Diese Sitzungsberichte, Bd. CIV, Abth. i, März 1895, S. 360. 2 Dieselben reagiren gleich rasch helio- und geotropisch. 1212 F. Czapek, Lichteinfallsrichtung einen Winkel von beiläufig 20° bilden. Dabei ist vorausgesetzt, dass die Pflänzchen vorher aufrecht standen und das Licht in horizontaler Richtung mit genügender Helligkeit einfällt. Stellt man einen neuen Versuch mit dem gleichartigen Material auf, wobei aber die Pflänzchen mit ihrer Längsaxe sofort in den Winkel von 20° gegen die horizontale Lichteinfallsrichtung gebracht werden, so beobachtet man, dass die Keimlinge in dieser Stellung nicht verbleiben. Sie krümmen sich vielmehr nach 1—2 Stunden schwach, jedoch sehr deut- lich, mit der Cotyledospitze geotropisch aufwärts. Diese Krüm- mung verschwindet jedoch in einigen Stunden wieder, und durch ihren Ausgleich kehren die Keimlinge in die gegebene Anfangsstellung zurück. Die Ähnlichkeit dieser Erscheinung, deren nähere Erörte- rungen am angeführten Orte einzusehen sind, mit dem Ab- krümmungsversuch an Seitenwurzeln ist eine unverkennbare. Wenn es sich auch dabei vorderhand um einen Vergleich heterogener Dinge handelt, so scheint es dennoch erlaubt, angesichts der Unzulänglichkeit anderer Erklärungsversuche, bereits auf Grund dieser Experimente auf die Ähnlichkeit der Grenzwinkellage von Seitenwurzeln mit resultirenden Stel- lungen hinzuweisen. 8. 0, Umterschiede meder Geschwindieiesissede Eintrittes geotropischer Reaction in verschiedenen Neigungslagen. Ertheilt man einer Hauptwurzel eine Ab- lenkung aus der Lothlinie von bestimmtem beliebigen Winkel- werth und stellt den gleichen Versuch mit einer möglichst gleichen anderen Hauptwurzel an, nur mit dem Unterschiede, dass die Drehung aus der Ruhelage nach der anderen Seite hin, aber um den gleichen Winkel vorgenommen wird, so ergibt ein Vergleich der Geschwindigkeit des geotropischen Reactions- eintrittes keinen Unterschied in den beiden Versuchen. Beide Wurzeln beginnen sich gleichzeitig zu krümmen. Der Impuls war ja beidemal der gleiche, und Hauptwurzeln verhalten sich physiologisch radiär. Seitenwurzeln erster Ordnung zeigen aber hievon ver- schiedene Verhältnisse. Stellt man zwei Sachs’'sche Keim- kästen, in welchen junge Pflanzen von Faba bis zur Entwicklung Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1218 von Seitenwurzeln erzogen worden sind, derart auf, dass bestimmte Reihen von Nebenwurzeln in dem einen Kasten etwa 60° aus ihrer Grenzwinkellage nach aufwärts gedreht werden, während correspondirende Seitenwurzelreihen an Pflanzen des anderen Kastens um den gleichen Winkel von 60° nach abwärts geneigt werden, und wartet man an den im Dunkeln gehaltenen Versuchsobjecten den Eintrift geotropischer Reaction ab, so findet man jedesmal, dass die schräg aufwärts geneigten Wurzeln ihre Rückkehr in die Grenzwinkelstellung viel früher beginnen, als die steil abwärts gerichteten. Während die ersteren unter günstigen Wachsthumsbedingungen bereits nach 11), —2 Stunden eine leichte Abwärtskrümmung ihrer Spitze zeigen, lässt sich an letzteren beiläufig erst | Stunde später eine deutliche Spur von Reaction nachweisen. Die Grösse der Ablenkung aus der Grenzwinkellage und die sonstigen Ver- suchsbedingungen waren hiebei die gleichen. Der Versuch gestattet den direeten Schluss, dass die in beiden Fällen aus- gelöste Krümmungsaction nicht gleich intensiv sein kann. Beobachtet man den weiteren Krümmungsverlauf an den Wurzeln beider Versuchsaufstellungen, so ist leicht festzu- stellen, dass allemal die schräg aufwärts abgelenkten Wurzeln sich rascher krümmen und stets früher in ıhre Grenzwinkel- stellung gelangen, als die um den gleichen Winkel nach abwärts abgelenkten gleichen Wurzeln, die doch denselben Weg wie die ersteren zurückzulegen hatten. Dass zum Verständniss dieses Verhaltens die einst von Sachs geäusserte Meinung, dass die Seitenwurzeln schwächer geotropisch seien als die Hauptwurzeln, nicht ausreicht, braucht kaum erörtert zu werden; jene Theorie vermag nicht einmal die Thatsache des Aufwärtskrümmens an sich an den abwärts geneigten Seitenwurzeln zu erklären. Die in Rede stehenden Beobachtungen deuten auf hievon gewiss verschiedene Ver- hältnisse. Die oben angeführte Möglichkeit, dass die Grenzwinkel- stellung der Seitenwurzeln ebenso eine eigenthümliche geo- tropische Gleichgewichtslage, wie die Verticalstellung der Hauptwurzeln darstellen könnte, scheint ohne nähere Über- legung mit den erwähnten Versuchen nicht vereinbar zu sein. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 79 1214 F. Czapek, Man könnte denken, dass im Falle der Richtigkeit jener Auf- fassung die Seitenwurzeln bei gleich grosser Ablenkung aus ihrer Gleichgewichtslage, sei es nach oben oder unten, stets mit der gleichen Geschwindigkeit zurückkehren müssten, ohne den gefundenen zeitlichen Unterschied im Krümmungsbeginn und Verlauf zu zeigen. Sie sollten sich wie Hauptwurzeln ver- halten, welche aus der Verticalstellung um einen bestimmten Winkel nach rechts oder links abgelenkt, sich gleich schnell in ihre Ruhelage zurückkrümmen. Es darf aber nicht übersehen werden, dass jener Unterschied in dem Krümmungsverlauf auch von einer physiologischen Verschiedenheit der Oberseite und Unterseite herrühren könnte. Obwohl anatomisch radiär gebaut, könnten die Seitenwurzeln doch bis zu einem gewissen Grade physiologisch dorsiventral sein, so dass ihre jeweilige Oberseite rascher geotropisch reagirt als die Unterseite. Die Möglichkeit ist nicht auszuschliessen, dass an Nebenwurzeln, die unter einseitiger Wirkung der Schwerkraft stehen, eine jederzeit durch Lageänderung auslöschbare Dorsiventralität inducirt wird, welche sich in ungleicher Reactionsfähigkeit von Ober- und Unterseite äussert. Ich möchte an das bekannte Beispiel der plagiotropen Epheusprosse erinnern, von denen Sachs! gezeigt hat, dass die anatomisch vollständig dorsi- ventral gebauten und hervorragend physiologisch dorsiven- tralen Schwebesprosse in kurzer Zeit ihre Dorsiventralität umkehren, nachdem man sie um 180° tordirt hat. Der Epheu besitzt eine vom Lichte inducirte, vollständig auslöschbare Dorsiventralität. Die horizontalen Schösslinge mancher Rubus- Arten sind völlig radiär gebaut; es besteht aber doch eine leichte physiologische Dorsiventralität darin, dass bei der Abwärtskrümmung genau vertical aufgerichteter Sprosse stets die frühere Oberseite zur convexen Flanke wird. Dreht man einen solchen Schössling um 180°, so kann man diese Dorsi- ventralität binnen wenigen Stunden ebenfalls umkehren; dabei bleibt der radiäre horizontale Spross unbewest in seiner Stellung. Die Möglichkeit, dass der geotropische Grenzwinkel der Seiten- 1 Sachs, Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd. II, Heft 2 @ISO)ERST 20ne Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1215 wurzel in einer eigenthümlichen selbständigen geotropischen Gleichgewichtslage begründet ist, bleibt demnach trotz obiger Versuche noch discussionsfähig. Ebensowohl ist aber die weitere Annahme zulässig, dass die verlangsamte Aufkrümmung abwärts abgelenkter Seiten- wurzeln zurückzuführen ist auf die Wirksamkeit zweier anta- gonistischer Richtkräfte. Wenn wir nämlich von der Ansicht ausgehen, dass bei der Abwärtskrümmung aufwärts geneigter und bei der Aufwärtskrümmung abwärts abgelenkter Seiten- wurzeln verschiedene geotropische Richtungsimpulse in Betracht kommen, so ist es leicht verständlich, dass die Aufwärts- krümmung wegen der Gegenwirkung des positiven Geotro- pismus langsamer verlaufen muss. Ähnlich krümmt sich ja auch der Stengel eines schräg aufwärts geneigten Keim- pflänzchens langsamer gegen horizontal einseitig einfallendes Licht als ein schräg abwärts geneigtes gleiches Pflänzchen. Für die Entscheidung, welche der beiden genannten Ansichten die zutreffende ist, wäre es wohl vor Allem wichtig zu wissen, ob in der Grenzwinkelstellung selbst der abwärtskrümmende Impuls fortwirkt; denn wenn wirklich positiver Geotropismus wie an Hauptwurzeln vorhanden ist, so muss er auch in der Grenzwinkellage wirksam sein; wenn es sich dagegen bei der Grenzwinkelstellung um eine primäre Gleichgewichtslage handelt, so kann in derselben weder ein aufwärts- noch ein abwärtskrümmender Impuls thätig sein. Möglicherweise ist hiezu der oben beschriebene Abkrümmungsversuch verwertbar. Jedoch ist derselbe vom Standpunkt der Annahme einer vorüber- gehend indueirten Dorsiventralität der Seitenwurzeln in dem oben dargelegten Sinne nicht unanfechtbar. Aber auch der Nachweis der Identität des abwärts- krümmenden Impulses mit positivem Geotropismus wäre in der untersuchten Frage entscheidend. Dafür lässt sich nun allerdings anführen, dass an horizontalgelegten Seitenwurzeln die Abwärtskrümmung mit fast ebenso grosser Schnelligkeit eintritt, wie an horizontal gelegten Hauptwurzeln derselben Pflanze, obwohl bei ihnen die Ablenkung aus der Gleichgewichts- lage nur 10— 20° betrug, während die Hauptwurzeln um 90° geneigt waren. Im Rinklange mit dieser Beobachtung steht 79* 1216 F. Czapek, ferner die Grösse der an horizontalgelegten Seitenwurzeln erzielbaren geotropischen Nachwirkung. Dies spricht sehr dafür, dass die Seitenwurzeln wirklich denselben positiven Geotropismus besitzen, wie die Hauptwurzeln, und weiter, dass das Nichterreichen der Verticalstellung und Verbleiben im Grenzwinkel auf einer Gegenwirkung einer zweiten, noch näher zu bestimmenden geotropischen Einwirkung beruht. Wie noch später darzulegen sein wird, zeigt sich auch an den radiär gebauten oberirdischen horizontalen Ausläufern von Rubus u. a., dass in analoger Weise die Aufwärtskrümmung vertical abwärts gerichteter Schösslinge rascher einsetzt, als die Abwärtskrümmung vertical aufrechter Schösslinge. Ich bin geneigt, auch dieses Verhalten auf Vorhandensein negativen Geotropismus zurückzuführen, und nicht auf stärkere Krümmunsgsfähigkeit der Unterseite gegenüber der Oberseite des Schösslings in Folge physiologischer Dorsiventralität. Jedenfalls wäre das Zusammentreffen sehr auffällig, dass es bei den unterirdischen plagiotropen Organen immer die Oberseite, bei den oberirdischen horizontalen Organen stets die Unterseite ist, welche schneller auf den geotropischen Reiz reagirt; und der Gedanke an positiven, beziehungsweise negativen Geotro- pismus dieser anatomisch radiären Organe liegt nahe. ST Rhiyzuhimisichlen seotRopisicheniRorzuneN ehr bloss eine continuirlich, sondern auch eine discontinuirlich wirk- same äussere Reizursache ist bekanntlich im Stande an Pflanzen- organen einen Reizerfolg auszulösen. Die interessanten Ver- suche Wiesner’s’ haben dies auch für die heliotropischen Reizvorgänge erwiesen. Es gelingt für den Geotropismus leicht analoge Resultate zu erhalten, wenn man in ziemlich rascher Aufeinanderfolge geotropische Ruhelage und Ablenkung mit einander abwechseln lässt, nur darf der Aufenthalt in der Ruhelage nicht zu lange dauern, und die Ablenkung muss hinreichend lange währen. Es ist hier nicht der Ort, auf nähere Details solcher Versuche einzugehen. Ich will mich mit der Angabe begnügen, dass ich bei allen untersuchten Keimwurzeln 1 J. Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreiche, II, S. 23 (1880). Separat aus dem XLII. Bd. der Denkschriften der math.- naturw. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 2a. nach Ablauf von zwei Stunden geotropische Krümmung erhielt, wenn ich dieselben während dieser Zeit je 10 Secunden lang vertical abwechselnd verharren liess. Die Versuche wurden ohne besondere Apparate einfach so angestellt, dass ein an dem Arme eines Universalgestelles mittelst improvisirten Charniers in verticaler Ebene beweglicher, geschlossener Zinkblechkasten, der die Wurzeln enthielt, durch rasches Neigen mit der Hand und Anlehnen an feste Stützen in die entsprechende Lagen gebracht wurde. Die Wurzeln waren in Sägemehl ceultivirt und konnten durch in den Kasten eingesetzte Glaswände hindurch beobachtet werden. Diese Versuche lassen sich nun dazu benützen, um ein Versuchsobject zu gleicher Zeit zwei entgegengesetzt ge- richteten geotropischen Inductionen zu unterwerfen. Man braucht nur, statt die Wurzeln in die senkrechte Stellung zu bringen, denselben abwechselnd mit der Horizontalstellung eine Winkellage zur Verticalen zu ertheilen. Die letztere Winkel- stellung muss selbstverständlich auf der anderen Seite der Ruhelage sich befinden, damit die in ihr zu inducirende geo- tropische Krümmung eine der ersten Induction entgegengesetzt wirkende wird. Dass auf solche Weise thatsächlich der beab- sichtigte Erfolg erreicht wird, folgt daraus, dass die eintretende geotropische Krümmung eine geringere ist, als wenn die Wurzeln intermittirend horizontal und in die Lotlinie gestellt werden. Die Krümmung bleibt ganz aus, sobald zwei um 180° verschiedene Horizontallagen mit einander abwechseln, oder andere gleiche Neigungswinkel beiderseits ertheilt werden; die beiden inducirten Krümmungsactionen sind gleich und gegensinnig, ihr äusserer Erfolg deshalb gleich Null. Für unsere Untersuchungen an den Seitenwurzeln ist der eben beschriebene Versuch insofern verwendbar, als man mit seiner Hilfe ebenfalls die Verschiedenheit der in gleichen Winkelentfernungen oberhalb und unterhalb der Grenzwinkel- stellung ausgelösten Krümmungserfolge constatiren kann. Ich brachte Seitenwurzeln von Faba, deren Grenzwinkel 70° betrug, je 10 Secunden lang in eine 70° über der Grenzwinkelstellung, also um 50° schräg aufwärts gerichtete Lage, und 10 Secunden lang vertical abwärts, also 70° unter die Grenzwinkelstellung. 1218 F. Czapek, Nach zweieinhalb Stunden (bei +30° C. Temperatur) waren sämmtliche Nebenwurzeln der untersuchten Orthostiche deutlich geotropisch. Mithin muss die Action der Abwärtskrümmung die intensivere gewesen sein. Man könnte einwenden, dass die durch die wiederkehrende rasche Drehung erzeugte Centrifugal- wirkung störend eingegriffen habe. Dass dies jedoch nicht der Fall gewesen sein konnte, zeigten mir Versuche, in denen Nebenwurzeln alle 10 Secunden eine rasche (eine Secunde währende) Drehung in verticaler Ebene mit Rückkehr in die Gleichgewichtslage erhielten; diese Wurzeln krümmten sich auch nach vier Stunden nicht. Versuche mit intermittirender geotropischer Reizung können aber auch noch derart angestellt werden, dass man die Wurzeln in jeder der beiden Lagen so lange lässt, als zu einer vollständigen geotropischen Induction hinreicht, und die Lage dann erst in die andere verwandelt. Derartige Versuche sind, wenn auch mit anderer Fragestellung, bereits von Fr. Darwin und Dor. Pertz! ausgeführt worden. In diesem Falle erhält man immer schliesslich einen Reizerfolg, auch wenn die beiden Lagen sich in gleichem Neigungswinkel befanden. Dies ist auch leicht verständlich, wenn man bedenkt, dass je zwei auf- einanderfolgende Inductionen einen gewissen Phasenunter- schied besitzen müssen, welcher ein, wenn auch temporäres Überwiegen der ersten über die zweite erfolgte Induction herbei- führt. Darwin und Pertz fanden, dass wirklich ein derartig veriodisches Auf- und Abkrümmen statthaben kann. Dieser Phasenunterschied wird natürlich um so kleiner sein müssen, je kürzer eine Inductionsperiode währte; er kann so gering gemacht werden, dass die Krümmungserfolge nur mikroskopisch sicherzustellen sind. Diese für jedes orthotrope geotropische Object empirisch leicht bestimmbaren Bedingungen existiren für Seitenwurzeln jedoch nicht. Man erhält an diesen, wenn man unter gleichem Winkel abwechselnd gegensinnig geotropisch reizt, auch bei der minimalen geotropischen Inductionsfrist als Resultat eine scharfe Krümmung nach abwärts. Es ist dies ein neuer Beweis 1 Fr. Darwin and Dor. Pertz, On the Artificial Production of Rhytm in Plants. Annals of Botany, Vol. VI (1892), S. 245 Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1219 dafür, dass von zwei unter dem gleichen Winkel ober und unter der Grenzwinkelstellung ausgelösten Reactionen die erstere die stärkere ist. Dabei ist für den zu erzielenden Effect die Grösse der ertheilten Neigungswinkel von auffallend untergeordneter Bedeutung. Die Versuche mit rytmischer gegensinniger Reizung zeigen demnach insgesammt, dass ein Unterschied in der Intensität der Krümmung nach aufwärts und abwärts an den Seiten- wurzeln erster Ordnung besteht. Wie oben des Näheren ausgeführt wurde, ist die Möglich- keit vorhanden, dass ein derartiges Verhalten auf einer vorüber- gehend durch den Einfluss der Schwerkraft an den plagiotropen Seitenwurzeln inducirten Dorsiventralität beruht. Dabei ist aber mit vorausgesetzt, dass die Seitenwurzeln eine eigenthümliche transversalgeotropische Gleichgewichtslage in ihrem Grenz- winkel besitzen, und nicht eigentlich positiv geotropisch sind. Nicht in Übereinstimmung mit dieser Anschauungsweise scheint mir zu stehen, dass auch in horizontaler oder sogar sehr schwach abwärts geneigter Lage die Abwärtskrümmung an den Seitenwurzeln sich mit wenig gegen das Optimum (bei 60—90° Ablenkung) verminderter Schnelligkeit einstellt, während wir von anderen Organen wissen, dass in kleinem Ablenkungswinkel sehr merkliche Verspätung der Rückkehr in die Ruhelage, gegenüber grösseren Ablenkungen, erfolgt.! Die Intensität der an Seitenwurzeln bei sehr geringer Neigung nach aufwärts eintretenden Krümmungsaction, wie auch die Grösse der unter diesen Verhältnissen erzielbaren geotropischen Nachkrümmung, deutet eher dahin, dass es wirklich positiver Geotropismus ist, welcher des weiteren ungehindert die Seiten- wurzeln in die Verticallage führen würde. Dass aber in den Lagen unterhalb der Grenzwinkelstellung ein aufwärts krüm- mender Impuls thätig ist, haben wir bereits in vielen Versuchen constatiren können. Für diesen lässt sich nun zeigen, dass er wohl bis zur Horizontallage wirksam ist, im oberen Quadranten aber ein Impuls zur Aufwärtskrümmung nicht mehr einwirkt. Seitenwurzeln krümmen sich nämlich, wenn sie um 60—90° I! Czapek, Untersuchungen über Geotropismus. Jahrbücher für wissen- schaftliche Botanik, Bd. 27, Heft 2 (1895), S. 293. 1220 F.Czapek, über ihre Grenzwinkelstellung hinaus nach aufwärts abgelenkt werden, nur wenig rascher abwärts, als in der Horizontallage. Dies spricht dafür, dass in der Horizontallage keine Gegen- wirkung gegen den positiven Geotropismus mehr vorhanden ist. Sonst müsste man ja einen bedeutenden Unterschied be- züglich des Krümmungsverlaufes zwischen der horizontalen und schräg aufwärts gerichteten Lage wahrnehmen müssen. Auch ist die an vertical oder steil schräg abwärts ge- richteten Seitenwurzeln erzielbare Nachwirkung nur klein, was ebenfalls darauf hindeutet, dass der ausgelöste Krümmungs- effect nur die horizontale Lage anstrebt. Diese Erfahrungen legen die Ansicht nahe, dass der aufwärtskrümmende Impuls an den Seitenwurzeln ein »transversalgeotropischer« ist, welcher für sich allein wirksam der Wurzel eine horizontale Stellung ertheilen würde. Da nun aber die Nebenwurzeln auch positiv geotropische Eigenschaften besitzen, so nehmen sie in der Regel keine genau horizontale Lage ein, sondern infolge des Zusammenwirkens beider geotropischen Richtungs- bewegungen eine schwach abwärts geneigte, in welcher .dem- nach der Transversalgeotropismus prävalirt. Oft ist, wie be- kannt, die Richtung der unteren Nebenwurzeln deutlich steiler abwärts, der Grenzwinkel ein kleinerer, indem die unteren Seitenwurzeln stärker positiv geotropisch sind, als die oberen. Positiver und transversaler Geotropismus wirken gemeinsam und gleichsinnig, wenn es gilt schräg aufwärtsgestellte Seiten- wurzeln in ihren Grenzwinkel zurückzuführen. Sie wirken hingegen antagonistisch, wenn eine steil abwärts gerichtete Seitenwurzel in ihre Gleichgewichtslage sich zurückkrümmt; hier muss der Transversalgeotropismus erst den positiven über- winden, ehe er krümmend wirken kann. Und so erklären sich in einfacher Weise die auffälligen Unterschiede im Krümmungs- verlauf abwärts und aufwärts abgelenkter Seitenwurzeln, von denen die ersteren sich viel langsamer krümmen als die letzteren. Die Versuche mittelst intermittirender Reizung bewiesen des weiteren, dass abgesehen von einer Gegenwirkung beider Actionen, wie sie sich im Unterschiede des Krümmungsverlaufes aus verschiedenen Neigungslagen ausdrückte, die ausgelösten Krümmunsgseffecte für sich verschieden sein müssen. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 122 8.8. Centrifugalversuche. Derartige Experimente an Nebenwurzeln hat bekanntlich Sachs! zuerst angestellt und gezeigt, dass bei einer Fliehkraftwirkung von der 2-, 3-, 4- und vielfachen Beschleunigung der Schwere der Grenzwinkel sich in zunehmendem Maasse verkleinert, weil die krümmende Wirkung des positiven Geotropismus sich mit Zunahme der einwirkenden Kraft immer mehr und mehr steigert. Wie weit die Grenzwinkelverkleinerung geht, hat Sachs nicht zahlenmässig angegeben. In Versuchen, die ich zur Orientirung über diese Verhältnisse schon früher angestellt habe, ergab sich eine Verminderung des Grenzwinkels von Nebenwurzeln der Vicia Faba von 70° auf 45—40° bei einer einwirkenden Fliehkraft von der 35-fachen Beschleunigung der Schwere. Es gelang mir jedoch auch unter Anwendung noch höherer Centrifugalkräfte niemals, eine vollkommene Einstel- lung der Seitenwurzeln in die Fliehkraftrichtung, analog den Hauptwurzeln, zu erreichen; sie behielten auch bei den stärksten Fliehkräften eine Winkelstellung zur Kraftrichtung bei. Wie sich die Nebenwurzeln unter Einwirkung ganz schwacher Centrifugalkräfte, von der Reizschwelle angefangen bis zur Grösse der Beschleunigung der Schwere verhalten, ist bisher nicht untersucht worden. Eine Reihe von Versuchen, die ich zur Sicherstellung dieser Verhältnisse unternahm, ergab, dass sich die Seitenwurzeln von Vicia Faba gegen die schwächsten Centrifugalkräfte genau transversal stellen, also einen Grenzwinkel von 90° haben, so wie die von Elfving untersuchten horizontalen Rhizome. Die von mir bereits früher bestimmte Reizschwelle liegt bei 0'001 der Beschleunigung der Schwere. Hier findet also schon krümmende Wirkung der Centrifugalkraft statt, und zwar stellen sich die Seitenwurzeln senkrecht zur Kraftrichtung.” Lenkt man sie nach irgend einer anderen Richtung hinab, so kehren sie wieder in diese trans- versale Lage zurück, die demnach eine geotropische Gleich- gewichtsstellung ist. Ganz denselben Befund kann man con- 1 J. Sachs, Über das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln Il. Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd.1, Heft 4, S. 621 (1874). 2 Bei sehr kleinem Rotationsradius müssen selbstverständlich die Seiten- wurzeln in einem flachen Bogen wachsen. 122, F. Czapek, statiren, wenn man die Fliehkraftwirkung steigert bis etwa 0:18 (g = Beschleunigung der Schwere). Bei weiterer Steige- rung aber vermindert sich der Grenzwinkel, und zwar ziemlich rasch, da er bei einer Kraft = 1 g, also der normalen Schwer- kraftwirkung von 90° auf 70° gesunken ist, also um 20° ab- genommen hat. Die weitere Abnahme erfolgt aber, wie aus den ersterwähnten Versuchen hervorgeht, recht langsam, indem wir die Fliehkraft auf das 38-fache steigern müssen, um eine weitere Verminderung um 30° zu erzielen. In einer Curve aus- gedrückt, wobei die Abscissen Fliehkraftgrösse, die Ordinaten Grenzwinkelgrösse bedeuten, würde zu Beginn ein sehr rasches, dann aber ein sehr langsames Abfallen der Curvenlinie sichtbar werden. Die hiebei benützten Apparate waren für grössere Ge- schwindigkeiten ein mittelst Schmidt’schem Wassermotor getriebener kleiner Centrifugalapparat des Wiener pflanzen- physiologischen Institutes, welcher bis zu 40 Touren herab (in der Minute) ganz verlässlich arbeitete; für die langsamere Um- drehung diente als Motor das oberschlächtige Wasserrad eines Voit-Pettenkofer’schen Respirationsapparates, womit selbst für drei Umdrehungen per Minute eine vollkommen gleich- mässige Rotation auch für längere Zeit erreicht werden konnte. Selbständige Beweiskraft für irgend eine Ansicht über die Ursachen der plagiotropen Stellung an Seitenwurzeln besitzen die Centrifugalversuche nicht. Der von Sachs geäusserten Meinung, dass die krümmende Wirkung des Geotropismus an Nebenwurzeln bereits unter grossem Neigungswinkel erlösche, widersprechen die Resultate dieser Versuche nicht, wenn sie dieselbe auch nicht etwa bestätigen können. Unter Einwirkung grösserer Kräfte kann ja der »schwache Geotropismus« der Seitenwurzeln in bestimmter Relation zunehmen. Dass die Auffassung der Grenzwinkel- stellung als primäre geotropische Gleichgewichtslage mit den Ergebnissen der Centrifugalversuche nicht unvereinbar ist, wurde von mir schon einmal hervorgehoben ! 1 F. Czapek, Untersuchungen über Geotropismus. Jahrbücher f. wissen- schaftl. Botanik, Bd. 27, Heft 2, S. 332 (1895). Richtungsursachen plagiotroper Organe. 228 Da nun aber die Ursachen der Plagiotropie der Seiten- wurzeln auf anderem Wege von uns als ein Zusammenwirken von positiv- und transversalgeotropischen Bestrebungen ge- deutet werden konnten, so vermögen wir auch die Centrifugal- versuche in diesem Sinne direct zu discutiren. Dass die Ände- rung des geotropischen Grenzwinkels mit einer Änderung der einwirkenden Fliehkraft auf das Vorhandensein einer resul- tirenden Stellung hinweist, ist zuerst von Pfeifer! geltend gemacht worden, und es ist auch thatsächlich die einfachste Deutung der oben dargestellten Verhältnisse, wenn man die allmälige Abnahme des Grenzwinkels auf eine resultirende Wirkung zurückführt, wie dies uns durch den Nachweis positiv- und transversalgeotropischer Richtungsimpulse an den Seiten- wurzeln gestattet ist. Bei Anwendung ganz schwacher Kräfte überwiegt der Transversalgeotropismus so vollständig, dass er allein in der (senkrecht zur Fliehkraftrichtung gestellten) Lage zum Ausdrucke kommt. Dass positiver Geotropismus da nicht vorhanden ist, ist damit nicht erwiesen, denn in einer resul- tirenden Stellung brauchen nicht beide Componenten aus- sedrückt zu sein, wie es viele Pflanzen zeigen, welche sich heliotropisch bis zur Horizontalen krümmen, obwohl sie geo- tropisch sind. Erst über O1 g Fliehkraftwirkung beginnt sich auch der positive Geotropismus im Effecte geltend zu machen, indem der Grenzwinkel kleiner wird als 90°. Bei normaler Schwerkraftwirkung überwiegt im Krümmungseffecte noch immer der Transversalgeotropismus. Erst bei 40 8 sind die beiden Bestrebungen zukommenden Antheile im resultirenden Effecte gleich, oder der Antheil des positiven Geotropismus bereits etwas grösser, indem der Betrag des Grenzwinkels auf 50—40° sinkt. Bei der Änderung der geotropischen Reiz- stimmung mit zunehmender Centrifugalkraft scheint demnach der Transversalgeotropismus in seiner Wirkung anfangs rascher, dann aber langsamer zuzunehmen als der positive Geotro- pismus. Auf die interessante Analogie zwischen den unter Einfluss ganz schwacher Centrifugalkräfte stehender Seitenwurzeln und 1 W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie, I. Bd., S. 339. Leipzig 1881. 1224 F. Czapek, den horizontalen Ausläufern und Rhizomen werden wir noch zurückzukommen haben. 8.9. Näheres über den positiven und transversalen Geotropismus der Seitenwurzeln und das Zusammen- wirken dieser beiden Impulse. Nachdem wir gesehen haben, dass Aufwärtskrümmung und Abwärtskrümmung an den Seitenwurzeln aus dem gleichen Ablenkungswinkel unter- halb, beziehungsweise oberhalb der Grenzwinkellage ungleich rasch eintreten und ungleich schnell verlaufen, daher nicht gut gleichen Äusserungen ein und desselben Richtungsimpulses entsprechen können, erübrigt uns noch, durch weitere Unter- suchung jedes einzelnen beider Impulse ein Verständniss ihres Zusammenwirkens, welches sich im Zustandekommen der Grenzwinkelstellung äussert, zu gewinnen. Zu den diesbezüg- lichen Versuchen wählte ich als bestes Object Vicia Faba; doch wurden an anderen Pflanzen die erhaltenen Resultate controlirt. Bezüglich der Emporkrümmung von Seitenwurzeln aus vertical abwärts gerichteter Lage kann es durchaus nicht zweifelhaft erscheinen, dass dieselbe durch die Wirkung eines einzigen Factors, den wir als Transversalgeotropismus erkannt haben, eingeleitet wird. Positiver Geotropismus kann erst dann in Action treten, sobald die sich aufwärts krümmenden Seiten- wurzeln eine gewisse, wenn auch geringe Schrägstellung erlangt haben. Eine bestimmte Orientirung der Richtung der Aufwärtskrümmung, in Bezug auf die Wachsthumsrichtung der Hauptwurzel, besteht nicht; es krümmen sich vielmehr in nicht vorher zu bestimmender Weise die Seitenwurzeln theils gegen die Basis, theils gegen die Spitze der Hauptwurzel hin, empor. Die Zeit, binnen welcher nach Einleitung der Vertical- stellung der Beginn der Krümmung erfolgt, beträgt für Faba, Cucurbita, Zea unter günstigen Verhältnissen zwei Stunden, ist also viel länger als die zur Einleitung der Abwärtskrümmung erforderliche Frist. Aber auch die minimale Zeit, die zur Aus- lösung einer Aufwärtskrümmung eben noch hinreicht, ist grösser als die entsprechende Zeit für die Abwärtskrümmung; dies erwiesen unsere Versuche mit abwechselnder geotropischer Induetion. Der Impuls zur Aufwärtskrümmung nimmt sehr rasch ab, wenn sich die Neigungslage der Seitenwurzeln dem Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1229 Grenzwinkel nähert. Man beobachtet öfters sogar, dass Seiten- wurzeln, die nur um etwa 10° unterhalb der Grenzwinkel- stellung sich befinden, gar nicht in den Grenzwinkel sich hineinkrümmen, sondern in der gegebenen Lage weiterwachsen. Es steht dieses Verhalten in scharfem Gegensatze zu der wiederholt erwähnten energischen Abwärtskrümmung horizon- taler, selbst sehr schwach abwärts geneigter Seitenwurzeln. Unter der Annahme eines positiven Geotropismus der Neben- wurzeln erklären sich diese Ergebnisse ganz einfach; die lang- same Aufwärtskrümmung erscheint dann bedingt durch eine Gegenwirkung des positiven Geotropismus, und die rasche Ab- nahme des Impulses zur Aufwärtskrümmung mit zunehmendem Neigungswinkel muss eintreten, weil der positive Geotropismus zunimmt und der Transversalgeotropismus abnimmt. Selbst- verständlich kommt ausserdem noch die längere »Latenzzeit« des transversalen Geotropismus als unterstützendes Moment in Betracht. Wenn sich schräg aufgerichtete Seitenwurzeln herab- krümmen, so muss ihr Transversalgeotropismus jedenfalls hiebei betheiligt sein. Dieser ist es aber nicht allein, denn wenn wir die Neigung zur Horizontalen vermindern, so ist die Ab- nahme der Geschwindigkeit des Krümmungseintrittes nur ganz gering, das Verhalten also ein gegensätzliches, wie an abwärts geneigten Seitenwurzeln. Man kann sogar feststellen, dass sich horizontal gelegte Nebenwurzeln nur wenig später geotropisch krümmen, als die horizontal liegenden Hauptwurzeln der gleichen Pflanze (Vicia Faba). Es legt dies nahe, dass auch den Seitenwurzeln positiv geotropische Eigenschaften zu- kommen, und dass die Abwärtskrümmung durch Vermittlung des positiven und transversalen Geotropismus zugleich vor sich geht. Rein positiv geotropisch muss aber der Krümmungsimpuls eingeleitet sein, wenn die Seitenwurzeln horizontal liegen. Einleitung der Krümmung durch nur positiven Geotropismus wird man auch erhalten müssen, wenn man die Seitenwurzeln zwischen zwei um den gleichen Winkel von der Horizontallage nach oben und unten entfernten Stellungen langsam hinauf und hinab pendeln lässt, wobei der jeweilige Aufenthalt ober der Horizontalen und unterhalb derselben geringer sein muss, als 1226 F. Czapek,. die Zeit, welche gerade noch hinreicht, Transversalgeotropismus zu induciren. Auf die angegebene Weise lässt sich die Zeit der latenten Reizung und das Minimum der zur Induction nöthigen Zeit für den positiven Geotropismus der Seitenwurzeln be- stimmen. Beide Werthe sind bedeutend geringer als für den Transversalgeotropismus, wie er an vertical abwärts gerichteten Seitenwurzeln einwirkt. Während vertical abwärts gestellte Nebenwurzeln von Vicra Faba sich erst nach zwei Stunden aufzukrümmen beginnen, tritt die geotropische Krümmung an horizontalgelegten Wurzeln bereits nach längstens 11/, Stunden ein. Ebenso ist es möglich, an horizontalen Seitenwurzeln dieser Pflanze schon nach 20 Minuten langer Induction eine kleine geotropische Nachwirkung zu erzielen, während man bei senkrecht nach unten gestellten Nebenwurzeln der doppelten Zeit hiezu bedarf. Obwohl Seitenwurzeln, welche sich unter dem Einflusse sehr schwacher Fliehkraft befinden, eine rein transversale Stellung zum Rotationsradius festhalten, so lässt sich doch wahrscheinlich machen, dass auch da positiv geotropische Eigenschaften bereits vorhanden sind, die im Krümmungseffecte jedoch nicht ausgedrückt erscheinen. Denn, wenn man Seiten- wurzeln von Faba von Anfang des Versuches an senkrecht zum Rotationsradius stellt und sie nun der Einwirkung einer ganz schwachen Fliehkraft (ich verwendete eine Stärke von 0:003 —0:07 8) unterwirft, so krümmen sich die Nebenwurzeln leicht nach der Peripherie zu, jedoch nur vorübergehend, und nach einigen Stunden wachsen sie wieder senkrecht zur Flieh- kraftrichtung weiter. Dieser Versuch entspricht vollkommen dem oben Beschriebenen Abkrümmungsversuch und zeigt, dass auch ganz schwache Fliehkraft positiv geotropische Reizung bedingt. Diejenige Stärke der Fliehkraft, welche die Reiz- schwelle bildet, dürfte demnach für positiven und transversalen Geotropismus der Seitenwurzeln ungefähr dieselbe sein. Frank,!' von welchem Forscher bekanntlich der Begriff » Transversalgeotropismus« zuerst aufgestellt worden ist, gab 1 A.B. Frank, Die natürliche wagerechte Richtung von Pflanzentheilen. Leipzig, 1870, S. 21. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 22% für denselben als Definition, dass er die Längsaxe des Organs rechtwinkelig zur Richtung der wirkenden Kraft (der Schwer- kraft) zu stellen strebt. Darin fehlt aber, wie sich leicht zeigen lässt, ein wichtiges Merkmal. ; Drehen wir eine Hauptwurzel, aus welcher Nebenwurzeln erster Ordnung hervorsprossen, am Klinostaten um eine der Längsaxe des Mutterorgans parallele horizontale Axe, so wachsen, wie schon Sachs in seiner mehrfach erwähnten Arbeit zeigte, die Seitenwurzeln in ihrem Eigenwinkel gerad- linig weiter und nehmen meist eine zur Hauptwurzel beinahe senkrechte Richtung dabei an. Die krümmende Einwirkung der Schwerkraft ist dabei eliminirt. Dass der positive Geotropismus ausgeschaltet sein muss, ist ohneweiters klar. Dasselbe gilt aber nicht vom Transversalgeotropismus, wenn wir ihn nach Frank'’s Definition nehmen, denn alle Seitenwurzeln wenden ja dem acroskopen Theil der Hauptwurzel einerseits, und dem basiskopen Theil anderseits stets dieselbe Flanke zu, und es besteht gar kein Grund, dass nicht ein Transversalgeotropismus im Sinne Frank’s in Action treten könne und die Seitenwurzeln sich parallel zur Hauptwurzel horizontal stellten. Das tritt aber, wie die Erfahrung lehrt, nicht ein und desshalb kann auch die Definition Frank’s nicht richtig sein. Es fehlt darin nämlich die wesentliche Bestimmung, dass die Krümmungsebene des transversalen Geotropismus in einer Verticalebene mit der Krümmungsebene des positiven Geotropismus liegt. Nur unter dieser Einschränkung ist es erklärlich, dass auch der Trans- versalgeotropismus im Klinostatenversuch eliminirt erscheint. Auf die Bedeutung dieser Einschränkung für die Theorie des Transversalgeotropismus werden wir später noch einzugehen haben. Wenn wir unsere Ansicht, dass der geotropische Grenz- winkel der Seitenwurzeln Effect des Zusammenwirkens von transversalem und positivem Geotropismus sei, festhalten, so bleibt noch die Frage zu beantworten, ob es nicht in Wider- spruch stehe, dass eine Componente eine grössere Latenzzeit und eine längere minimale Inductionszeit als die andere Com- ponente besitze und dabei im resultirenden Effecte prävalirt, wie wir es beim Transversalgeotropismus sehen. 1228 F. Czapek, Ein Widerspruch kann jedoch hierin nicht erblickt werden, denn Zeit der latenten Reizung und Minimum der Inductions- zeit zweier zusammenwirkender Richtungsbewegungen stehen in keinerlei Abhängigkeitsverhältniss zu deren Antneil im resultirenden Effecte. Sowohl die Componente mit längerer Inductionszeit, als die mit kürzerer, kann den grösseren Effect in der resultirenden Krümmung besitzen. Ein Beispiel für den ersten Fall bietet uns die hydrotropische Krümmung von senk- recht stehenden Keimwurzeln nach einer zu ihnen parallel auf- gestellten nassen Fläche. Zeit der latenten Reizung und die minimale Inductionszeit sind für den Hydrotropismus von Mais- wurzeln entschieden grösser als für den Geotropismus dieser Organe. Und doch kann in der resultirenden Stellung der An- theil des Hydrotropismus der bedeutend überwiegende sein. Dieser Fall ist aber der Grenzwinkelstellung der Seitenwurzeln - analog. Häufiger ist es allerdings, dass im resultirenden Effect die Componente mit kürzerer Inductionsdauer überwiegt, wie es allgemein bei der Endstellung heliotropisch gereizter Keim- pflanzen in Erscheinung tritt. 2. Abschnitt. Die geotropischen Eigenschaften horizontaler Rhizome und Ausläufer. 8.10. Historisches. Dutrochet! ist meines Wissens der erste Forscher gewesen, welcher auf die eigenthümlichen geo- tropischen Eigenschaften der Rhizome gewisser Sumpfpfllanzen (Typha, Sparganium, Sagittaria), infolge derer diese Organe in horizontaler Richtung weiterwachsen, geachtet hat. In sehr treffender Weise machte er diese Erscheinung geltend gegen die damals noch verbreitete Ansicht, dass zwischen Stengel und Wurzel ein polarer Gegensatz bestehe, und ferner gegen die von Knight über den Geotropismus der Stengel aufgestellte Theorie. Die späteren Erklärungsversuche Dutrochet’s sind ei 1 H. Dutrochet, Memoires pour servir etc. Tom. Il, p. 6 u. 9. (1837). Auch bereits in seinen »Recherches sur la structure inlime« (1824), p. i12, werden diese Verhältnisse berührt. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1229 freilich nicht brauchbar, weil sie auf unrichtigen Angaben über den anatomischen Bau der erwähnten Organe basiren. Hofmeister! widmete zwar dem Geotropismus der hori- zontalen Rhizome eine ziemlich ausführliche Darlegung, war aber in seiner Auffassung desselben nicht glücklich. Er meinte für die horizontale Richtung der Ausläufer von Zypha und Equisetum den Widerstand des zähen schlammigen Mediums, in welchem dieselben leben, verantwortlich machen zu sollen. Er stützt sich dabei auf den von ihm nicht weiter kritisch ver- arbeiteten Versuch, in welchem er in reinem Wasser oder feuchter Luft cultivirte Rhizome sich vertical aufrichten sah. Es ist kaum zweifelhaft, dass dieses Resultat die Folge von Ver- letzungen (vielleicht auch von Lichtzutritt) war, indem jene Organe auf dergleichen Einflüsse sehr empfindlich reagiren, wie es zuerst Elfving? erkannt hat. Elfving, dem wir die grundlegenden Versuche über die horizontalen Rhizome verdanken, stellte vornehmlich die wichtigen Thatsachen fest, dass die Ausläufer genau so wie Seitenwurzeln plagiotrope, aber radiäre Organe sind, d. h. dass sie stets gleich reagiren, wie man sie auch um inre Längsachse drehen mag, und dass ferner die untersuchten Rhizome (Hele- ocharis, Sparganium, Scirpus maritimus) immer wieder in die horizontale Lage zurückkehren, wie immer man sie auch vordem zum Horizonte orientirt hatte. Damit waren die Hof- meister'schen Ansichten widerlegt. In theoretischer Hinsicht äusserte sich Elfving sehr zurückhaltend. Dass die richtige Auffassung der behandelten Thatsachen aber nicht bereits von diesem Forscher mit klaren Worten ausgesprochen wurde, war wohl nur an der unzutreffenden Beurtheilung der Richtungs- ursache der Seitenwurzeln gelegen. Historisch ist Elfving’s Arbeit deshalb von hohem Interesse, weil in derselben, freilich Ohne dass es von ihrem Autor besonders hervorgehoben wurde, zum erstenmale eine Erscheinung sichergestellt wurde, welche 1 W. Hofmeister, Über die durch die Schwerkraft bestimmten Rich- tungen von Pflanzentheilen. Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik, heraus- gegeben von Pringsheim, Bd. 3, S. 106 ff. (1863). 2 F. Elfving, Über einige horizontal wachsende Rhizome. Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd. 2, Heft 3 (1880), S. 489. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. so 1230 F. Czapek, als » Transversalgeotropismus« bezeichnet werden muss. Frank hatte in seiner Schrift über die natürliche wagrechte Richtung der Pflanzentheile es zum Nachtheile seiner Theorie ver- absäumt, auf die Seitenwurzeln und unterirdischen Rhizome Rücksicht zu nehmen. In neuerer Zeit wurden die Beobachtungen Elfving’s von Goebel! und Stahl? bestätigt, indem ganz analoge Verhält- nisse an den Ausläufern von Adoxa, Circaea, Trientalis und anderen entdeckt wurden. 8. 11. Die Resultate meiner Untersuchungen kann ich kurz dahin zusammenfassen, dass zwischen Seitenwurzeln, horizon- talen unterirdischen Ausläufern und Rhizomen bezüglich ihrer geotropischen Eigenschaften die grösste Ähnlichkeit besteht. Beiden kommen jene Richtungsursachen zu, welche wir als transversalen und positiven Geotropismus erkannt haben, und ein Unterschied ist eben nur darin vorhanden, dass bei den horizontalen Rhizomen in ihrer geotropischen Gleichgewichts- lage der positive Geotropismus nicht zum äusseren Ausdrucke gelangt, wie in der Schrägstellung der Seitenwurzeln. Wenn auch diese Ergebnisse mir bereits als sichere erscheinen, so muss ich doch hervorheben, dass ich die diesbezüglichen Untersuchungen vorderhand nur als fragmentarische und er- weiterungsbedürftige ansehen kann. Die langsamen Wachs- thums- und Reactionsverhältnisse der betreffenden Pflanzen- organe erschweren die experimentelle Behandlung sehr, und machen mehrfach Apparate unentbehrlich, welche mir bis jetzt noch nicht zu Gebote standen. Der Nachweis von positivem Geotropismus an horizontalen unterirdischen Ausläufern und Rhizomen ist bisher noch nicht geführt worden, obwohl die Beobachtungen Stahl's über den Einfluss des Lichtes auf den Geotropismus dieser Organe eini- germassen auf solchen hindeuteten. Die von mir dabei ange- wendeten Methoden waren dieselben, wie jene welche ich bei der Untersuchung der Seitenwurzeln benützte. Selbstverständ- lich gilt aber auch hier derselbe kritische Vorbehalt, wie dort. I K. Goebel, Botan. Zeitung, 1880, S. 790. 2 E. Stahl, Berichte der deutschen botan. Gesellsch. Bd. II (1884), S. 383. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1231 Die Ungleichheit der geotropischen Reaction nach gleicher Ablenkung nach oben und unten könnte auch hier als Ausdruck einer vorübergehend durch die Schwerkraft inducirten Dorsi- ventralitätgedeutet werden; und die zu beschreibende Richtungs- änderung unter dem Einflusse stärkerer Centrifugalkraft lässt schliesslich auch eine andere direct nicht leicht abzuweisende Deutung zu, wie die bei den Seitenwurzeln gegebene, nämlich die einer Änderung der Reizstimmung. Allein auch die von mir vertretene Auffassung steht mit keiner einzigen Thatsache in Widerspruch, und hat den Vorzug, dass zahlreiche experimentell festgestellte anderweitige Erscheinungen ungezwungene Er- klärung durch sie finden. Vergleichtman anvertical aufwärts und abwärts gerichteten Rhizomen oder Ausläufern den Eintritt der Krümmung, welche die Rückkehr in die Horizontalstellung vermittelt, so lässt sich stets, und meist in auffälliger Weise, ein früher eintretendes Herabkrümmen der aufgerichteten Objecte beobachten. Als Beispiele führe ich an: Rhizome von Butomus umbellatus wurden unter verschie- denen Winkeln in nasser Erde im Sachs’schen Keimkasten im Freien cultivirt (Mai 1894). Nach zehn Tagen war das vertical aufwärtsgerichtete Rhizom geotropisch gekrümmt, es folgen in kurzer Frist die schräg aufgerichteten. Die abwärtsgekehrten Rhizome krümmten sich erst nach weiteren zehn Tagen merklich. Ausläufer (»Wandersprosse«) von Adoxra in Erde cultivirt, im Gewächshaus (April 1895). Von zwei Gruppen waren die einen 60° über der Horizontalen schräg aufgerichtet, die andere um 60° abwärts geneigt. Erstere reagirten schon nach 36 Stunden, letztere erst nach zwei Tagen. Ausläufer von Circaea, nach Goebel’s Vorgang in Nähr- lösung (verdunkelt) erzogen; im Arbeitsraum, Juli 1895. Zwei Gruppen: die einen um 60° schräg aufgerichtet, die anderen um denselben Winkel abwärts geneigt. Erstere reagiren nach acht Tagen, letztere erst 48 Stunden später. Analoge Resultate wurden erhalten mit Zeleocharis, Poly- gonatum, Sansvieria carnea, Cyperus alternifolius, Oxalis stricta, Asperula odorata. 80* 1232 F. Czapek, Man muss bei diesen, wie den anderen Versuchen sorgfältig Verletzungen der Versuchspflanzen zu vermeiden trachten, weil man sonst sehr häufig traumatische Richtungsänderungen zu sehen bekommt, worauf Elfving zuerst hingewiesen hat. Ich fasse auch bei diesen Pflanzenorganen die Verlang- samung der Aufwärtskrümmung aus abwärtsgeneigten Lagen auf als bedingt durch eine Gegenwirkung des positiven Geo- tropismus gegen den aufwärtskrümmenden Transversalgeo- tropismus. An aufwärtsgeneigten Organen aber wirkt positiver und transversaler Geotropismus gleichsinnig, das Rhizom in die Horizontallage zurückzuführen; deshalb krümmt sich das Organ rascher. Möglich wäre jedoch auch der Fall, obgleich ich noch kein derartiges Object finden konnte, dass die Krümmung nach auf- und abwärts gleich schnell eintritt, somit positiver Geotropismus vermuthlich gar nicht vorhanden ist. Für die Theorie des Transversalgeotropismus wäre es gerade von Bedeutung, zu wissen, ob dies vorkommen kann oder nicht. Den unterirdischen Ausläufern analog scheinen sich die merkwürdigen blattstielbürtigen Stolonen von Nephrolepis tuberosa zu verhalten. Sie sindschwach transversal-geotropisch; wenn sie älter werden, hängen sie passiv herab. Auch an diesen Organen sah ich die Niederwärtskrümmung nach Aufrichtung etwas früher erfolgen, als die Aufkrümmung nach Herabbiegen. Es erinnern diese Gebilde an Luftwurzeln, und ihr geotropisches Verhalten steht damit im Einklang. Es sei noch erwähnt, dass an vertical aufwärts gerichteten Rhizomen und Ausläufern sich die Lage der Krümmungsebene vorher nicht bestimmen lässt; nach allen Seiten hin ist die Abwärtskrümmung möglich, und sie erfolgt auch in den ver- schiedensten Richtungen. Die genannten Pflanzenorgane sind eben, sowie Seitenwurzeln und Hauptwurzeln physiologisch radıär. An manchen raschwüchsigen Ausläufern konnte ich auch die von den Nebenwurzeln beschriebenen Versuche mit inter- mittirender und rhytmisch wiederholter geotropischer Induction ausführen, so gelangen sie ohne weiteren Hilfsapparat mit Adoxa. Der Erfolg ist derselbe wie an Nebenwurzeln, es tritt Abwärtskrümmunsg ein. Wollte man an anderen Rhizomen diese Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1233 Versuche anstellen, so wäre wohl eine automatisch thätige Vorrichtung hiezu nöthig. An den Rhizomsprossen von Adoxa war es mir auch möglich, erfolgreich Centrifugalversuche anzustellen. Unter günstigen Vegetationsbedingungen weisen diese Ausläufer bereits nach 12—15-stündiger rascher Rotation eine schwache, jedoch deutliche Krümmung nach der Peripherie hin auf. Ich wandte eine Fliehkraft von 3—4-facher Beschleunigung der Schwere an. Leider verfügte ich bisher nicht über einen genügend starken Motor, welcher mehrere Tage und Nächte ohne fortwährende Beaufsichtigung in Betrieb bleiben könnte. Daher konnte ich auch nicht diejenige Lage bestimmen, welche die Sprosse zur Kraftrichtung schliesslich einnehmen, und musste mich vorläufig mit der Feststellung, dass überhaupt Ablenkung stattfindet, begnügen. Jedenfalls geht daraus so viel hervor, dass sich die erwähnten Ausläufer im Allgemeinen analog den Seitenwurzeln verhalten. Wie sich andere hori- zontale unterirdische‘ Organe im gleichen Falle benehmen, muss ich weiteren Untersuchungen überlassen. Als Ergebniss der bisher an horizontalen Ausläufern und Rhizomen angestellten Versuche kann wohl angesehen werden, dass zwischen diesen Organen und den schräg abwärtswach- senden Seitenwurzeln keine essentielle Differenz bezüglich ihrer geotropischen Eigenschaften obwaltet. Wenn man über- haupt für plagiotrope Organe positiven Geotropismus annimmt, so muss man auch den horizontalen Rhizomen nach ihrem oben mitgetheilten Verhalten positiv geotropische Eigenschaften zuerkennen, obwohl sich ein äusserer Effect solcher in der geotropischen Gleichgewichtslage nicht ausprägt. Und das ist ja beim Zusammenwirken mehrerer Richtkräfte an einem Organ kein seltenes Vorkommniss, dass eine derselben keinen sicht- baren Antheil im resultirenden Effecte hat. Ich will nur an heliotropisch gereizte Sporangienträger von Phycomyces nitens erinnern, welche trotz ihres negativen Geotropismus bei ge- nügender Lichtstärke sich stets vollständig in die Richtung der einseitig einfallenden Lichtstrahlen einstellen. Ebenso wie an Seitenwurzeln lässt sich auch an horizon- talen unterirdischen Sprossen durch entsprechende Klinostaten- 1234 F. Czapek, versuche erweisen, dass es wirklich nur geotropische und keine autonomen oder sonstig äussere Richtkräfte sind, welche im normalen Zustand die Organe in der horizontalen Wachs- thumsrichtung festhalten. Auf dem Klinostaten rotirt sind die unterirdischen Sprosse, wie die Seitenwurzeln, vollkommen bezüglich ihrer einzuhaltenden Wachsthumsrichtung des- orientirt; sie wachsen geradlinig fort nach jeder Richtung hin, in welche man sie gewaltsam ablenkt. Es ist noch zu betonen, dass es auch horizontale Rhizome gibt, denen bestimmt keine geotropischen Eigenschaften zu- kommen, sondern die jede beliebige ihnen gewaltsam aufge- zwungene Richtungauch beibehalten. Nach den Untersuchungen von Barth! ist das kriechende Rhizom von Agropyrum repens ein derartiger Fall, und es sind die anders lautenden Angaben von C. Kraus? auf ungenügend kritisch angestellte Versuche zurückzuführen. Voraussichtlich werden noch andere gleiche Fälle gefunden werden, und es dürfte vielleicht das Rhizom von Carex arenaria unter dieselben zählen. 8-12. Einige, Beobachtungen "über (oberrdiesche horizontale Organe. Im Anschluss an die Untersuchung des geotropischen Verhaltens plagiotroper unterirdischer Organe halte ich es für nicht unwichtig, den Massstab der gewonnenen Anschauungen zur Beurtheilung des Geotropismus der übrigen plagiotropen Organe zu verwenden, wenngleich eine endgiltige ausführliche Behandlung der letzteren hier noch nicht gegeben werden soll. Ich will mich auf die Besprechung weniger Beispiele beschränken, dabei möglichst nur dieWirkung des Geotropismus, nicht auch des Heliotropismus im Auge behalten, soweit diese ‚getrennte Behandlungsweise möglich ist. Auch muss vorläufig von einer eingehenderen kritischen Würdigung der vorhandenen Literatur Umgang genommen werden. 1. Die horizontal am Boden hinkriechenden Schösslinge von vielen Rubus-Arten (zZ. B. R. caesius) sind anatomisch streng radiär gebaut; ihre Blätter stehen in 2/5 Stellung ange- I R. Barth, Die geotropischen Wachsthumskrümmungen der Knoten. Inaug. Diss. Leipzig, 1894, S. 35. 2 C.Kraus (Triesdorf), Flora, 1878, S. 324. ; 2 f s Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1235 ordnet, und nur durch die geotropische Aufrichtung der Blatt- stiele gewinnt der Spross das durch einseitige Wendung der Blätter bedingte äusserliche Ansehen eines dorsiventralen Ge- bildes. So wie ein horizontales Rhizom kehren auch diese Schösslinge aus senkrecht aufrechter und vertical abwärts gerichteter Lage wieder prompt in ihre Horizontalstellung zurück. Allein es besteht ein Unterschied gegenüber den radiären horizontalen Rhizomen, insoferne die senkrecht auf- wärts gestellten Schösslinge ihre Rückkehr in die Horizontal- lage immer durch ein verstärktes Längenwachsthum ihrer natürlichen Oberseite einleiten. Die geotropische Krümmung zeigt somit, dass diese Organe physiologisch dorsiventral sind. Diese Dorsiventralität ist jedoch sehr leicht umkehrbar; drehen wir einen Rubus-Ausläufer um 90°, so dass die früher seitlichen Flanken nach oben und unten sehen, und fixiren das Organ in der neuen Lage, so wächst dasselbe ohne äusserliche Reaction weiter; nur die Blattstiele richten sich wieder senkrecht auf. Als diejenige Richtungsursache, welche die Rubus-Schösslinge in der Horizontalstellung festhält, muss der Geotropismus allein angesehen werden. Man hat für ähnliche Fälle (Lysimachia Nummularia, Fragaria) eine Betheiligung von negativem Heliotropismus angenommen,! vor allem weil diese horizon- talen Sprosse ins Dunkle gebracht sich aufrichten. Wie wir sehen werden ist letztere Erscheinung anders aufzufassen, und es lässt sich auch zeigen, dass die in Frage stehenden Organe im gewöhnlichen Tageslicht wohl schwach positiv, nicht aber negativ heliotropisch sind. Leitet man Rubus- oder Fragaria- Ausläufer in einen dunklen Recipienten, welcher in seinem Boden eine Öffnung besitzt, und beleuchtet mittelst eines geneigten Spiegels die horizontalen Sprosse möglichst intensiv von unten, so bemerkt man kein Abwenden vom einfallenden Lichte, obwohl gewiss günstige Bedingungen zum Eintritt negativ heliotropischer Krümmungen gesetzt sind. Epinastisch sind diese Organe keineswegs, wie schon aus dem erwähnten Flankenstellungsversuche hervorgeht; es kann also auch eine 1 So Frank, die natürliche wagerechte Richtung der Pflanzentheile, S. 18 (1870); ferner De Vries, Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd. I, Heft 2 (1872), S. 234. 123% EF.Czapek, derartige Richtungsbewegung den negativen Heliotropismus nicht aufgehoben haben. Dreht man ferner die erwähnten horizontalen Sprosse in einer verticalen Ebene um eine hori- zontale Klinostatenachse, während sie dabei einseitig beleuchtet werden, so istauch da kein Abwenden von Licht zu constatiren. Die Fragaria-Ausläufer und Lysimachia-Stengel, mit denen ich experimentirte, waren vielmehr schwach positiv heliotropisch. Die Horizontalstellung dieser Sprosse ist also ebenso wie jene der unterirdischen Ausläufer rein geotropischer Natur, und es muss auch hier von Transversalgeotropismus gesprochen werden. Aber es ist, so wie an den unterirdischen Rhizomen positiver, neben transversalem noch negativer Geotropismus vorhanden. Indem andere Richtkräfte nicht dafür verantwortlich gemacht werden können, ist für diese Auffassung geltend zu machen, dass sich vertical abwärts gerichtete Rubus- und Erd- beer-Ausläufer viel rascher in die Horizontallage emporkrümmen, als sich aufrechte gleiche Sprosse herabkrümmen. In dem einen Falle wirken eben negativer und transversaler Geotropismus gleichsinnig, im anderen gegensinnig. Wie sich diese Sprosse unter Einfluss stärkerer Centrifugalkraft benehmen, habe ich noch nicht versucht; es steht zu erwarten, dass sie sich gegen das Rotationscentrum hin krümmen werden, in Analogie zum Verhalten der (positiv geotropischen) horizontalen unterirdischen Sprosse. Wenn man Pflanzen von Lysimachia Nummaularia parallel der Sprossachse am Klinostaten dreht, so gewinnen sie ein äusserlich ganz radiäres Ansehen; die Blätter verharren, statt sich wie sonst mittelst Blattstieltorsion zweizeilig mit ihren Spreiten zu stellen, in der decussirten Lage, und die Sprossachse bleibt gerade. | 2. Während die eben besprochenen horizontalen Sprosse ihre Lage nicht ändern, sobald man ihre Achse um 90° dreht, also die früheren seitlichen Flanken nach oben und unten kehrt,! und gerade bleiben, wenn sie auf den Klinostaten ge- bracht werden, verhalten sich weitere Kategorien plagiotroper Organe wesentlich anders. Als Repräsentanten einer nächsten 1 Ich will im folgenden dieses Experiment nach dem Forscher, welcher es zuerst als wichtiges Hilfsmittel zur Untersuchung auf Epinastie angewendet hat, De Vries’schen Flankenstellungsversuch nennen. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 21 Classe wählte ich die plagiotropen »Schwvebesprosse« des Epheus, die zuerst von Sachs! in eingehender Weise studirt worden sind. Wie der genannte Forscher fand, stellen sich aufwärtsgerichtete Epheusprosse nicht bloss im Lichte (in Folge negativen Heliotropismus und Photoepinastie), sondern auch im Dunkeln horizontal, und zwar krümmen sie sich stets so, dass die morphologische Oberseite die convexe wird, und die mit den Haftwurzeln bekleidete Seite concav wird. Führen wir im Dunkeln den Flankenstellungsversuch aus, so entsteht die analoge Krümmung zur Seite in horizontaler oder in Folge eintretender negativ geotropischer Aufrichtung schwach ge- neigter Ebene. Diese epinastische Krümmung wird, indem sie auch im Dunklen eintritt, nicht bloss vom Licht, sondern auch durch die Schwerkraft inducirt, und es ist die Dorsiventralität der Hedera-Sprosse demnach nicht nur photogen, sondern zum Theil auch geogen. Autonome Dorsiventralität kommt den Schwebesprossen nicht zu, wie der Versuch an Klinostaten- pflanzen lehrt. Dieselben werden nämlich, wie schon Sachs vermuthete, ähnlich wie Lysimachia radiär. Die durch Licht und Schwerkraft inducirte Dorsiventralität der Epheusprosse lässt sich umkehren. Dies wurde von Sachs entdeckt. Wird ein derartiger Spross um 180° gedreht, so dass die bewurzelte Seite zur oberen und zur Lichtseite wird, so bildet er nach wenigen Wochen an seiner nunmehrigen beschatteten Unter- seite neue Haftorgane, während die neue Oberseite auch physiologisch die Eigenschaften einer solchen gewinnt. 3. In sehr interessanten verwandten Beziehungen zu den eben von den plagiotropen Epheusprossen kurz erwähnten Erscheinungen stehen die an den Farnprothallien und Mar- chantiaceenthallomen festgestellten Thatsachen. Obwohl die Dorsiventralität dieser Organe nach den Untersuchungen Pfeffer’s? und Leitgeb’s? im wesentlichen eine photogene 1 J. Sachs, Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, Bd. II, Heft 2 (ESRO)ESE 297. 2 W. Pfeffer, 1. Heft (1871), S. 91 f£. 3 H. Leitgeb, Flora 1877, S. 174; 1879, S. 317; diese Berichte 1879, Bd. 80, Abth. I, S. 201. Arbeiten des botan. Institutes zu Würzburg, I. Bd., 1238 B..Czapiek, ist, und ein etwaiger Antheil der Schwerkraft daran überhaupt fraglich erscheint, so kann doch gezeigt werden, dass Lichtreiz und Schwerkraftreiz in ganz analoger Weise bezüglich der durch sie verursachten Richtungsbewegungen und Dorsiven- tralität thätig sind. Leitgeb hat dargethan. dass sich an horizontal schwimmenden Farnprothallien durch Beleuchtung von oben und unten beliebig die Dorsiventralität umkehren lässt; man hat es ganz in der Hand an dem neuen Zuwachs durch Beleuchtung einer Seite daselbst die Oberseite zu indu- ciren. Am Marchantiathallus hingegen wird durch einmalige hinreichend lang fortgesetzte Induction eine nicht mehr ab- änderliche Dorsiventralität auch am neu hinzukommenden Zuwachs gesetzt, wie Pfeffer fand. Wird ein ausgebildeter Marchantienthallus um 180° gedreht, so dass die frühere Unter- seite zur Lichtseite wird, so löst man dadurch verstärktes Wachsthum der morphologischen Oberseite aus, welches mittelst Krümmung um 180° den Thallus in seine frühere ÖOrientirung (wenigstens den neuen Zuwachs) zurückzuführen strebt. Eine autonome Dorsiventralität kommt den Marchantia- ceen ebensowenig zu, wie den bisher betrachteten Organen. Denn erzieht man Pflanzen im Dunklen am Klinostaten (aus kleinen Thallusläppchen, indem Brutknospen im Dunklen meist zu Grunde gehen), so erhält man stielrunde radiärgebaute Gebilde, die in keiner Weise Dorsiventralität erkennen lassen. Ich muss bemerken, dass im Gegensatz zu mehreren früheren Angaben etiolirte Marchantia-Sprosse,dienicht am Klinostaten erwuchsen, keineswegs radiär sind, sondern aufrechte, schmal- rinnige dorsiventrale Gebilde darstellen. Diese Dorsiventralität muss durch Schwerkraft bedingt sein; der aufrechte Wuchs ist dieselbe Erscheinung, wie die Aufrichtung vieler horizontaler Ausläufer im Dunklen, und wird noch im weiteren zur Sprache gebracht werden. Mehrfach findet sich auch die Angabe, dass diese etiolirten Thalluslappen unterseits positiv heliotropisch seien. Sie krümmen sich auch wirklich gegen einseitig auf die Unterseite einfallendes Licht. Dass das aber kein positiver Heliotropismus ist, folgt aus dem Umstande, dass die Krüm- mung so weit fortgesetzt wird, bis die morphologische Ober- seite dem Lichte zugewendet ist, also um 180° gewendet wurde. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1239 Beleuchtet man die Oberseite, so bleibt der Spross, wie schon Frank angibt, gerade; denn die Oberseite befindet sich bereits in der angestrebten Orientirung senkrecht zum einfallenden Licht, in ihrer transversal heliotropischen Gleichgewichts- stellung. Die Marchantiaceenthallome haben aber nicht nur das Bestreben, sich zur Lichteinfallsrichtung transversal zu stellen, sondern sie richten sich auch bei hinreichender Stärke geo- tropischer Reizung ohne Rücksicht auf das einfallende Licht transversalgeotropisch. Der betreffende Versuch ist zuerst von Sachs ausgeführt worden, und zwar in der Weise, dass im diffusen Tageslicht Marchantia-Pflänzchen in einem rasch rotirenden Glasrecipienten erzogen wurden. Die Fliehkraft betrug 3—4g. Nach einigen Wochen wendeten sämmtliche mittlerweile erwachsenen Thalluslappen ihre Oberseite dem Rotationscentrum zu, und nahmen mithin zur Fliehkraftrichtung eine transversale Stellung ein.! Gewiss wird die Marchantia auch in ihrem nor- malen Leben sich bestreben, horizontal zu wachsen, um eine zur Schwerkraftrichtung transversale Stellung zu behalten; jedoch ist der stets vorhandene Einfluss des Lichtes viel mächtiger als der Geotropismus, und es tritt in Folge dessen stets das Bestreben hervor, senkrecht zur Lichteinfallsrichtung zu wachsen. Etiolirte Sprosse sind deutlich negativ geotropisch. Ob, wie zu vermuthen, negativer Geotropismus neben trans- versalem auch an den beleuchteten Pflanzen besteht, muss ich noch unbeantwortet lassen. 4. Einen weiteren Typus, der an epinastischen Sprossen nicht selten ist, repräsentiren uns die gleichfalls von Sachs zuerst genauer untersuchten plagiotropen Seitenäste der Afropa Belladonna. Im Dunklen vertical aufrecht gestellt, krümmen sich dieselben scharf und rasch in ihre Horizontalstellung zurück, indem ihre Oberseite convex wird. Der Vries’sche Flankenstellungsversuch ergibt ebenfalls eine scharfe Krüm- mung zur Seite, wobei die Oberseite zur convexen wird. Es ist der Einfluss der Schwerkraft, welcher diese Erscheinung bedingt. Zweige am Licht oder im Dunkeln auf dem Klinostaten gedreht bleiben gerade; die früher angegebene Epinastie ist I Noll’s Deutung dieses Versuches (Heterogene Induction [1892] S. 35) ist eine irrige. 1240 F. Czapek, also keine autonome, sondern geogenen Ursprungs. Umkehrbar ist dieselbe ebensowenig, wie am Marchantienthallus. Dreht man einen horizontal im Dunklen liegenden plagiotropen Atropa-Zweig um 180°, so dass seine Unterseite nach oben gekehrt ist, so krümmt sich (wie schon Sachs gesehen hat) durch verstärktes Längenwachsthum der früheren Oberseite der Spross energisch empor, und diese Krümmung findet dann erst ihr Ende, sobald die Drehung um 180° vollendet, die frühere Orientirung von Ober- und Unterseite wieder hergestellt ist. Der Spross hat dann seine frühere Transversalstellung zur Lotlinie wieder erreicht. Wir sehen also, dass die plagiotropen Organe, deren Dorsiventralität nicht mehr umkehrbar ist, ein doppeltes Bestreben haben müssen: einmal ihre Transversal- stellung zu Schwerkraft- und Lichtrichtung festzuhalten, und anderseits die physiologische Oberseite und Unterseite in ihrer normalen Lage zu behalten. ©. Die eben besprochenen Verhältnisse an epinastischen Sprossen leiten uns auf einige Betrachtungen über den Geo- tropismus der Laubblätter hinüber. Wesentlich eigenthümlich für viele derartige Organe ist Epinastie autonomen Charakters. Im Dunklen am Klinostaten gedreht, schlagen dieselben eine gekrümmte Wachsthumsrichtung ein, wobei die Oberseite (an erwachsenen Organen) convex wird. Noll! suchte diese Krümmung als geotropische hinzustellen, indem er annahm, dass Ober- und Unterseite verschieden geotropisch seien, und die Seite, welche geotropisch empfindlicher sei, beantworte die rhytmisch während der Rotation wiederholte gleiche Reizung durch eine geotropische Krümmung in ihrem Sinne (es wäre das die Oberseite). Diese Ansicht .beruht aber auf der nicht zutreffenden Voraussetzung, dass derartige kurze Inductionen mit relativ langen Pausen einen Krümmungseffect zu erzielen vermögen. Dass dies nicht der Fall ist, lehrt ein einfacher Controlversuch, in welchem Laubblätter auf entsprechend lange Zeit in entsprechend langen Intervallen in die betreffende am Klinostaten vorhandene Lage gebracht werden, während sie in den Zwischenpausen in normaler Stellung sich befinden. Es 1 Noll, Heterogene Induction, Leipzig 1892, S. 12. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1241 wird da kein Reizerfolg erzielt. Die autonome Epinastie der dorsiventralen Laubblätter ist wohl zu trennen von jenen früher gleichfalls schlechthin als Epinastie bezeichneten inducirten Richtungsbewegungen, welche in manchen Fällen als Empor- krümmung invers horizontalgelegter Blätter (wie an den Atropa-Zweigen) und stets am Klinostaten bei einseitiger Beleuchtung der Blattunterseiten in Erscheinung treten. Im erstgenannten Falle ist die eintretende epinastische Krümmung durch die Schwerkraft inducirt, und im zweiten Falle haben wir es mit Photoepinastie zu thun. Die Dorsiventralität der Laubblätter ist nicht umkehrbar; jene Seite, welche die Spalt- öffnungen führt, ist unabänderlich zur Unterseite in Bezug auf die Transversalstellung zur Lotlinie, und zur Schattenseite in Bezug auf einseitig einfallendes Licht bestimmt; sie kann ihre Eigenschaften nicht wechseln. Dasselbe gilt von der spalt- öffnungsfreien oberen Seite. Im Zusammenhange mit der Noth- wendigkeit jeder der beiden mit unveränderlichen Eigenschaften ausgerüsteten Blattseiten die ihr zukommende Orientirung zu Licht- und Schwerkraftrichtung zu ermöglichen, steht die Aus- bildung der den Laubblättern (und zygomorphen Blüthen) eisenthümlichen Richtungsbewegungen, dem Geotortismus und Heliotortismus Schwendener’s. Die Torsion hat natür- lich zur Folge, dass die angestrebte Orientirung vollständig und auf dem kürzesten Wege erreicht werden kann. Es gibt jedoch bestimmte Fälle, in welchen die angestrebte Orientirung ebenso rasch und ausreichend durch epinastische Krümmung erlangt wird. Wie schon erwähnt, ist dies bei Pflanzen zu beobachten, welche, am Klinostaten gedreht, von ihrer Unter- seite her beleuchtet werden. Seitens mehrerer Autoren ist diese Erscheinung als räthselhaft hingestellt worden und complicirte Erklärungsversuche wurden mancherseits zu Hilfe genommen. Wenn wir jedoch bedenken, dass der pflanzliche Organismus die Fähigkeit besitzt, die von ihm gesuchte Orientirung je nach den gebotenen Verhältnissen mit wechselnden Mitteln in kürzestem Wege wieder einzunehmen, so wird auch diese Erscheinung verständlich sein. Denn der am Klinostaten befindlichen Pflanze kommt ihre autonome Epinastie unge- hemmt vom Geotropismus bei der Erreichung ihrer fixen Licht- n 1242 F. Czapek, lage zu Gute und muss die heliotropische Reaction in wirk- samster Weise unterstützen. Eine photogene Torsion würde nicht so vollständig zum Ziele führen, indem nach Ausführung einer solchen die Photonastie und autonome Epinastie bestrebt sein würden, ein Wegkrümmen der Blattoberseite vom Licht zu bewirken. Negativer Geotropismus kommt den dorsiventralen Laub- blättern mindestens unter bestimmten äusseren Verhältnissen zu. Dies lehrt ihre schräg aufgerichtete Lage im Dunkeln, in welche sie nach Umkehrung der ganzen Pflanze wieder zurück- kehren. Das Bestreben, die Blattspreite zur Richtung der Schwer- kraft transversal zu stellen, wurde bereits von Dutrochet! mittelst Centrifugalversuche bewiesen. Es lassen sich in dieser Weise auch die complicirten geotropischen Orientirungs- bewegungen in manche Analogie an anderen dorsiventralen Organen bringen, und wir haben gesehen, dass sich die zuerst betrachteten Kategorien dorsiventraler Pflanzentheile ganz nahe an die radiären unterirdischen horizontalen Organe anschliessen. Ich wollte an dieser Stelle nur gewisse Gesichtspunkte apho- ristisch hervorheben und muss weitere Darlegungen späteren Arbeiten überlassen. Man wird jedoch bereits aus dem wenigen Gegebenen ersehen können, dass es nicht der richtige Gesichts- punkt ist, wenn man, wie es De Vries zuerst that, ohne Rück- sicht auf die physiologische und anatomische Ausbildung der dorsiventralen Organe in ihnen allen dieselben Richtungs- bewegungen annehmen wollte, wie sie den radiären Organen zukommen. Ebenso ferne liegt uns aber die allzu summarische Auffassung, welche Frank mit der Lehre von seinem Trans- versalgeotropismus und -heliotropismus verband. 5-18.) Theoretisches zum "Begriffe; Transwersei- geotropismus. Unsere bisherigen Erörterungen hatten zum Ergebniss, dass die plagiotropen Organe einmal.ein ganz specifisches Reactionsvermögen auf den geotropischen Reiz besitzen, wie es orthotropen Pflanzentheilen nicht zukommt; zum andern, dass trotzdem auch bei den plagiotropen Organen (vielleicht sogar ohne Ausnahme) positiver oder negativer Geo- 1 H.Dutrochet, Memoires pour servir etc., Tome II, p. 52 ff., Paris 1837. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1243 tropismus, wie bei Hauptwurzeln und Sprossen, zu constatiren ist. In der plagiotropen Gleichgewichtslage kann sich z. B. der positive Geotropismus ausdrücken, wie bei den Seitenwurzeln; er kann aber auch sozusagen äusserlich latent sein, wie an den horizontalen Ausläufern. Wir sprachen vom Zusammenwirken des positiven mit transversalem Geotropismus und gaben hierin der Erkenntniss Ausdruck, dass dabei ein Verhältniss obwalte, vergleichbar etwa dem Zusammenwirken von Heliotropismus und Geotropismus. Von den übrigen (negativ geotropischen) plagiotropen Organen gilt aber Ähnliches. Es können ander- seits bei den geotropischen Krümmungen inhärent dorsiven- traler Sprosse und Laubblätter auch Geoepinastie und negativer Geotropismus zusammenwirken, um das Organ in seine Gleich- gewichtsstellung (bei Ausschluss des Lichtes) wieder zurück- zuführen und es darin zu erhalten. Wir sahen, dass die plagio- tropen Organe einen viel zusammengesetzteren geotropischen Apparat brauchen, als die ortnotropen radiären, und die Reaction wird umso complieirter, je tiefer sich die Wirkung der Schwer- kraft (und des Lichtes) in der indueirten Dorsiventralität, in der Differenzirung functionell verschiedener Partien des Organes, äussert. Hand in Hand damit geht aber eine weitreichende Regulation der zur Reaction in Verwendung kommenden Mittel, so dass das Organ seine Rückkehr in die Gleichgewichtslage auf einem den jeweiligen Bedingungen angepassten Wege be- werkstelligen kann. Ich erinnere an das abweichende Benehmen von Blättern, die am Klinostaten gedreht von unten beleuchtet werden und speciell für Geotropismus an epinastische Krümmung um 180° aus invershorizontaler Stellung. Von derartigen Ge- sichtspunkten möchte ich auch das Verhältniss des Transversal- geotropismus radiärer und schwach dorsiventraler Pflanzen- theile zur Epinastie, die an stärker dorsiventralen Organen durch die Wirkung der Schwerkraft ausgelöst wird, auffassen. Das Ziel, welches die Epinastie, sowie der Transversal- geotropismus radiär-horizontaler Organe anstrebt, ist ein ana- loges: die Herbeiführung der specifischen plagiotropen Gleich- gewichtslage. Die angewendeten Mittel müssen aber verschieden sein, indem obere und untere Seite der epinastischen Organe durch die Wirkung der Schwerkraft ungleichen Bau und 1244 F.Czapek, ungleiche Reactionsfähigkeit erlangt haben. Letzterer Umstand bringt es z. B. auch mit sich, dass Schwebesprosse des Epheu’s oder plagiotrope Atropazweige in horizontaler Flankenstellung sich zur Seite epinastisch krümmen; hier wurde eben ausser der einen Reizkrümmung ein stärkeres Längenwachsthum der Oberseite ausgelöst. Rein tritt die Natur des Transversalgeo- tropismus an den Laubblättern und zygomorphen Blüthen her- vor, wenn sie ihre Gleichgewichtslage, wie es meist derFall ist, durch Torsion wieder zu erlangen suchen, unabhängig von der indueirten Epinastie. Wenn also auch die angewendeten Mittel bei den verschiedenen Kategorien plagiotroper Pflanzentheile äusserst verschieden sind, so wird doch immer dasselbe Ziel, die mehr weniger transversale Stellung zur Richtung des Lotes, zu erreichen gesucht, und dem tragen wir Rechnung, wenn wir allgemein vom Transversalgeotropismus plagiotroper Organe sprechen. Wir wissen ja übrigens auch nicht, ob bei allen orthotropen Organen zur Erlangung der positiv oder negativ geotropischen Gleichgewichtslage derselbe Mechanismus in Thätigkeit tritt. Wenn wir sagen, in den Nebenwurzeln z. B. wirken positiver und transversaler Geotropismus zusammen zur Ein- haltung ihres Grenzwinkels, so ist dies in gewissem Sinne eine Abstraction. Denn es ist nicht etwa möglich, Bedingungen her- zustellen, unter welchen bloss eine dieser Componenten richtend einwirkt. Entweder wirken beide oder keine. So bleiben, wie wir sahen, Seitenwurzeln am Klinostaten gerade, wenn ihr Mutterorgan um seine horizontale Längsachse gedreht wird. Sie wenden der Hauptwurzelspitze und dem Hypocotyl ander- seits stets dieselbe Flanke zu, und krümmen sich nicht an die Horizontale, parallel der Hauptwurzel. Wir dürfen desshalb auf Grund dieser Überlegungen und Erfahrungen vermuthen, dass positiver und transversaler Geotropismus der Seitenwurzeln und horizontalen Ausläufer keineswegs von einander unab- hängige geotropische Richtungsimpulse darstellen, sondern dass sie beide unzertrennlich verbundene Bestandtheile des geotropischen Reactionsapparates der erwähnten Organe sind. Vergleichen wir die positiv geotropische Action mit einem Räderwerk von bestimmter Zusammensetzung und Function, Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1245 so kann dasselbe einmal der selbständige Motor für eine mechanische Leistung sein, das anderemal aber nur ein Be- standtheil eines complicirteren Apparates, welcher einen ganz anderen mechanischen Effect hat, wie das Räderwerk allein, als selbständiger Apparat. Und dieser complieirte Apparat ist nur dann in Thätigkeit, wenn sämmtliche Bestandtheile functio- niren. Ein derartig combinirter Apparat wäre eben auch der Geotropismus der plagiotropen Organe. Wenn wir denselben auch bis zu einem gewissen Grade als zusammengesetzten Apparat zu erkennen vermögen, so dürfen wir nicht vergessen, dass er anderseits als einheitliches Ganzes aufzufassen ist. Dritter Abschnitt. Die Wirkungen anderweitiger äusserer Factoren auf den Geotropismus plagiotroper Organe. 8. 14. Lichtwirkung. Entziehung des Lichtes oder Ver- änderung der normalen Beleuchtungsverhältnisse pflegen auf den Geotropismus plagiotroper Organe sehr prägnanten Ein- fluss zu äussern. Bezüglich der Seitenwurzeln und der unter- irdischen horizontalen Ausläufer hat uns Stahl! die funda- mentalen Thatsachen kennen gelehrt und auch in theoretischer Hinsicht wesentlich die richtigen Anschauungen vertreten. Die Nebenwurzeln erster Ordnung der meisten Pflanzen reagiren sehr rasch auf den Einfluss von Licht, nachdem sie vorher im Dunkeln cultivirt worden waren. Faba, Cucurbita Pepo, Zea, in feuchtem Sägemehl erzogen hinter den Glastafeln eines Sachs’schen Keimkastens, weisen bereits zwei Stunden nach Exponirung am Lichte eine scharfe Abwärtskrümmung ihrer Nebenwurzelspitzen auf, und die Seitenwurzeln haben da auch bereits in ihrem Spitzentheile jene Lage erreicht, welche sie, fortan beleuchtet, als neuen geotropischen Grenzwinkel beibehalten. Wie Stahl schon ausführlich beschrieben hat, ist diese Grenzwinkelverringerung durch den Einfluss des Licht- zutrittes eine ganz beträchtliche. So wachsen Faba-Seiten- 1 E. Stahl, Einfluss des Lichtes auf den Geotropismus einiger Pflanzen- organe. Berichte der deutsch. botan. Gesellsch., Bd. II (1884), S. 383. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth.1. sl 1246 F. Czapek, wurzeln am Lichte um 60—50° gegen die Lotlinie geneigt während sie im Dunkeln einen Grenzwinkel von 80° bilden Auch bei Kürbisnebenwurzeln verringert sich der Grenzwinkel um 20--30°, von 70° auf 50—40°. Verdunkelt man die Pflanzen, so wird der alte grössere Grenzwinkel wieder angenommen. Verschiedene Wellenlänge der wirksamen Lichtstrahlen war in meinen Versuchen ohne merkbaren Einfluss auf den erzielten Effect. Hinter blauem Kobaltglase krümmten sich Seitenwurzeln von Faba und Cucurbita mit der gleichen Energie abwärts, wie gleiche Wurzeln, die unter einem gelben Glassturz aufgestellt worden waren. Für den Krümmungseffect ist es ferner gleich- giltig, ob das Licht einseitig einfällt, oder ob es von allen Seiten einstrahlt. Seitenwurzeln in feuchtem Raume cultivirt zeigten mir bezüglich der durch Licht verursachten Grenzwinkel- änderung keinen Unterschied, ob das Licht einseitig in be- stimmter Richtung einfiel, oder ob das Culturgefäss vor der Lichtquelle um eine verticale Klinostatenachse rotirte, so dass für allseitig gleichmässige Beleuchtung gesorgt war. Wie zu erwarten, ist die Reaction der Seitenwurzeln auf Beleuchtung nicht durch directe Empfindlichkeit der wachsenden und krümmenden Region bedingt, sondern die Wurzelspitze ist auch bezüglich des richtungsändernden Einflusses des Lichtes der allein sensible Theil. Dies lässt sich leicht zeigen, wenn man die Spitze einiger Seitenwurzeln einer Pflanze mit licht- undurchlässigen Käppchen, etwa aus Stanniol, bedeckt, sodann den Keimkasten mit den Versuchsobjecten an das Licht stellt. Sämmtliche nicht adjustirte Seitenwurzeln krümmen sich nun abwärts; diejenigen aber, deren Spitze das verdunkelnde Käppchen einhüllt, reagiren nicht auf den Einfluss der Be- leuchtung, sondern wachsen dauernd in ihrem früheren Grenz- winkel weiter. Stahl hat die in Rede stehende Lichtwirkung auf Nebenwurzeln aufgefasst als Änderung der geotropischen Eigenschaften dieser Organe am Licht. Dass diese Anschauung die zutreffende ist, lässt sich auch erweisen. Es bedarf kaum einer Discussion, dass heliotropische Wirkungen nicht im Spiele sind. Bestimmte Orientirung der beleuchteten Seiten- wurzeln zur Lichteinfallsrichtung findet nicht statt; ebensowenig ist einseitiger Lichteinfall Erforderniss zum Stattinden der Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1247 Abwärtskrümmung. Letztere tritt wie erwähnt auch bei allseitiger gleichmässiger Beleuchtung ein. Zu erwägen wäre hingegen allerdings, ob nicht durch Beleuchtung an Seitenwurzeln eine leicht umkehrbare Dorsiventralität inducirt werde, welche ein verstärktes Längenwachsthum der Oberseite zur Folge hat. Dass aber die Abwärtskrümmung am Lichte durch letzteren Umstand nicht hervorgerufen wird, beweist die Beobachtung, dass auch beleuchtete Seitenwurzeln als vollkommen physio- logisch radiäre Organe reagiren. Man kann sie beliebig um ihre Längsachse drehen und ihnen dabei die gleiche Ablenkung ertheilen: sie reagiren stets in gleicher Art, können daher nicht epinastisch geworden sein. Cultivirt man Seitenwurzeln am Klinostaten in einem Zinkblechkasten mit Glaswänden, wie er oben beschrieben wurde, in feuchtem Sägemehl, und lässt die Objecte am Lichte rotiren, so tritt keine Krümmung ein. Mit Aufhebung der krümmenden Wirkung der Schwerkraft wurde also auch der krümmende Einfluss des Lichtes aufgehoben. Man kann sich des weiteren davon überzeugen, dass die Induction, welche horizontalgestellte beleuchtete Seitenwurzeln erfahren, sich nicht merklich von der an verdunkelten horizon- talen gleichartigen Objecten erzielbaren Wirkung unterscheidet. Denn in beiden Fällen ergibt sich am Klinostaten die gleiche Grösse der im Dunkeln sichtbar werdenden Nachwirkung. Nach allem ist somit an eine directe krümmende Wirkung des Lichtes nicht zu denken, und es ist die von Stahl geäusserte Meinung, dass es sich um eine Änderung der geotropischen Eigenschaften durch das Licht handelt, die richtige. Diese Änderung der Reiz- stimmung dürfte in einer Änderung der positiv geotropischen, nicht aber der transversalgeotropischen Eigenschaften der Seitenwurzeln bestehen. Ausser der Grenzwinkelverkleinerung spricht dafür der Umstand, dass sich vertical abwärtsgerichtete Seitenwurzeln von Faba im Licht und im Dunkel unter sonst gleichen Bedingungen gleich rasch beginnen, sich nach auf- wärts in die entsprechende Grenzwinkelstellung zurückzu- krümmen. Horizontale oder schräg aufwärtsgeneigte Seiten- wurzeln beginnen sich hingegen am Lichte merklich rascher abwärts zu krümmen, als sie im Dunkeln gectropisch reagiren. (00) m 1248 F. Czapek, Letzteren Versuch hat schon Stahl! mit dem gleichen Erfolg angestellt. An den Seitenwurzeln zweiter Ordnung von Zea Mays, welche in geringem Grade geotropisch sind, konnte ich gleich- falls eine Verkleinerung des Grenzwinkels durch Beleuchtung constatiren. Die Mehrzahl der unterirdischen horizontalen Ausläufer scheint sich nach den bisherigen Untersuchungen (Stahl) gegenüber dem Einflusse dauernder Beleuchtung den Seiten- wurzeln ganz analog zu verhalten. Die Richtungsänderung ist hier häufig noch viel auffallender. So wachsen die horizontalen Ausläufer von Adoxa und Trientalis am Lichte vertical abwärts, wie Hauptwurzeln. Die Ausläufer von Circaea Lutetiana hin- gegen krümmen sich am Lichte nur bis zu einem Grenzwinkel von etwa 45°2 Wie wir sahen, sind auch die horizontalen unterirdischen Ausläufer positiv geotropisch, wenngleich diese Eigenschaft in der Gleichgewichtslage sich äusserlich nicht ausdrückt. Es wird daher der positive Geotropismus, welcher die Abwärtskrümmung am Lichte bedingt, nicht erst durch die Beleuchtung wachgerufen, sondern nur mehr oder weniger ver- stärkt. Dies bedeutet dieselben Verhältnisse, wie sie von den Seitenwurzeln besprochen wurden. Nicht alle unterirdischen Ausläufer und Rhizome verhalten sich jedoch gegenüber Beleuchtung, so wie die Seitenwurzeln. Es ist bekannt, dass viele derselben am Licht sich in Laub- sprosse umwandeln und sich dabei negativ geotropisch auf- richten. Dies findet auch an Rhizomen statt, die im Dunkeln, so wie das Rhizom von Agropyrum repens, in keinem nachweis- baren Grade geotropisch sind. So wie an unterirdischen ist es auch an oberirdischen plagiotropen Organen eine sehr verbreitete Erscheinung, dass dieselben am Lichte andere geotropische Eigenschaften besitzen als im Dunkel. Die lange bekannte Eigenthümlichkeit horizon- taler Ausläufer und Sprosse im Dunkeln sich vertical aufzu- richten gehört in diese Kategorie von Erscheinungen. Es wurde 16, 8, 8. 8 2 Goebel, Botan. Ztg. 1880, S. 790. Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1249 bereits in Kürze dargelegt, dass die früher verbreitete Annahme, die Horizontalstellung dieser Organe sei bedingt durch Zu- sammenwirken von negativem Heliotropismus und negativem Geotropismus, keine zutreffende ist. Diese Pflanzentheile sind innerhalb der Grenzen normaler Tagesbeleuchtung überhaupt nicht negativ, sondern schwach positiv oder gar nicht helio- tropisch. Ihre Horizontalstellung ist eine rein geotropische Gleichgewichtslage; neben transversalen Geotropismus besitzen sie jedoch auch negativ geotropische Eigenschaften. Es gibt nun derartige horizontale Sprosse, welche im Dunkeln keine Änderung der geotropischen Reizstimmung erleiden und die- selbe Gleichgewichtslage beibehalten, wie unter normalen Ver- hältnissen am Licht; zahlreiche andere Ausläufer und Stengel wachsen hingegen im Dunkel nicht horizontal weiter, sondern richten sich binnen kurzer Zeit vertical auf. Von den von mir diesbezüglich untersuchten Pflanzen blieben auch im Dunkeln horizontal die Ausläufer von Fragaria vesca, x grandiflora (Ananaserdbeere), Potentilla reptans, Glechoma hederacea, die Stengel von Linaria Cymbalaria. Verticale Aufrichtung ist vorhanden z.B.an Ranunculus repens, Viola odorata (Sommer- ausläufer), Ampelopsis hederacea, Vinca major, Polygonum aviculare. Duchesnea indica, Trifolium repens. Rubus caesius, Lysimachia Nummularia. Man kann aus den angeführten Bei- spielen ersehen, dass der Verzweigungsmodus, ob mono- oder sympodial, für das Verhalten im Dunkeln irrelevant ist. So bleiben die sympodialen Fragaria-Ausläufer und die mono- podialen Stolonen von Potentilla reptens im Dunkeln gerade, während sich die sympodialen Stolonen der Duchesnea und die monopodialen Rubus-Schösslinge aufwärtskrümmen. Die Änderung der geotropischen Eigenschaften durch Verdunklung besteht in einer Verstärkung des negativen Geotropismus. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die genauere Erforschung der Richtungsursachen plagiotropdorsiventraler Organe noch zahl- reiche weitere Fälle von Änderung der geotropischen Eigen- schaften und zwar von Verstärkung des negativen Geotropismus mit eintretender Verdunklung kennen lehren wird. Solche Ver- hältnisse dürften auch bei der Aufrichtung etiolirender Mar- chantia-Sprossen mitspielen. Selbst bei Laubblättern, welche 1250 F. Czapek, sich im Dunkeln oft mit ihrem Stiel viel steiler aufwärtsrichten, könnte es sich möglicherweise in manchen Fällen ebenfalls um Änderung der geotropischen Eigenschaften, bedingt durch Licht- entziehung, handeln. Selbstverständlich ist in gewiss sehr ver- breiteter Weise derselbe Zweck, dass sich im Dunkeln die Pflanzenorgane aufrichten, auf vielen verschiedenen Wegen erzielbar, und es entscheidet die specifische Eigenart und Re- actionsweise des Organismus, welche Mittel hiezu in Thätig- keit treten. So ist es a priori klar, dass durch Wegfall des negativen Heliotropismus, der Photoepinastie, mit eintretender Verdunklung, durch Hyponastie ebenfalls Aufrichtung erreich- bar ist. Die besprochene Fähigkeit, auf Lichtzutritt und Lichtent- ziehung mit einer Änderung ihrer geotropischen Reizstimmung zu antworten, ist offenbar für die betreffenden Pflanzen von biologischer Wichtigkeit. So werden die unterirdischen Wurzeln und Ausläufer hiedurch in Stand gesetzt, die ihnen gedeihliche Umgebung des dunklen feuchten Erdreiches aufzusuchen, während die oberirdischen Sprosse, ohne auf heliotropische Reactionsfähigkeit angewiesen zu sein, das Licht gewinnen können. Es ist auch nicht ohne Bedeutung, dass viele jener horizontalen Ausläufer und Sprosse nur schwach heliotropisch sind. Sie besitzen in der veränderlichen Art, auf den geo- tropischen Reiz zu reagiren, einen sehr nützlichen Ersatz für die mangelnden heliotropischen Eigenschaften. Dieses Ver- hältniss zwischen Geo- und Heliotropismus kann man daher als ein vicariirendes bezeichnen. Positiver Geotropismus tritt vicariirend ein für den negativen Heliotropismus, der negative Geotropismus vicariirend für den positiven Heliotropismus. Es ist thatsächlich an einen regulatorisch wirksamen Einfluss des Beleuchtungswechsels zu denken, indem je eine allgemein vor- kommende Verstärkung des positiven Geotropismus durch Beleuchtung und Verstärkung des negativen Geotropismus durch Verdunklung an Wurzeln und Sprossen nicht beobachtet wird. In ähnlicher Weise kann auch der Hydrotropismus vom Geotropismus unterstützt und ersetzt werden. Viele Wurzeln, besonders Seitenwurzeln, sind nur schwach hydrotropisch; es ist bei denselben ihr positiver Geotropismus, welcher ihnen dazu Richtungsursachen plagiotroper Organe. 2a verhilft das feuchte tiefergelegene Erdreich aufzusuchen. Der allgemeine Gesichtspunkt, von welchem diese Erscheinungen aufzufassen sind, ist der, dass eine dem Organismus nützliche oder nothwendige Thätigkeit nicht unbedingt eine von dem betreffenden äusseren Agens direct ausgelöste eigenartige Re- action sein muss, sondern dass die Pflanze auf sehr verschiedene andere Weise ebenso zweckentsprechend reagiren kann. Im weitern Sinne gehören ja auch hieher verschiedene Arten von Stoffwechselvorgängen. Leiden etwa die grünen assimilirenden Organe einer Pflanze Zuckermangel, so kann wohl diesem Umstand durch energischere Assimilation gesteuert werden; ebensowohl kann aber mittelst vermehrter Diastasebildung aus Reservestoffbehältern Material flüssig gemacht werden. Und besonders lehrreich ist es, wenn, wie in dem erwähnten Falle, dasselbe Organ unter verschiedenen Verhältnissen eine ver- schiedene, den Bedingungen angepasste Reaction ausführt. Es wird dann unter den verschiedenen zu Gebote stehenden Mitteln die passende Auswahl getroffen: ein Beispiel, wie weitgehend die Regulirungsvorrichtungen im Organismus eine zweck- mässige Reaction herbeizuführen im Stande sind.! Es sei noch erwähnt, dass in Fällen einer Functions- änderung mit den Vorgängen, die nun neu eintreten, die directe Auslösung geotropischer Reactionsänderung gegeben sein dürfte. So kann man sich vorstellen, dass der Eintritt der Assimilationsvorgänge an ergrünenden Niederblättern beleuch- teter unterirdischer Sprosse (z. B. Asperula, Triticum repens) für die geotropische Reactionsänderung ebenso die Auslösung mit sich bringt, wie für die Wachsthumsvorgänge an den nun sich zu Laubblättern ausbildenden Schuppenblättern. S. 15. Einfluss der Temperatur. Dass Seitenwurzeln geradeso wie auf Beleuchtung, auch auf erhebliche Temperatur- änderungen durch Änderung ihres geotropischen Grenzwinkels reagiren, hat zuerst Sachs? gezeigt. Wenn auch leicht con- 1 Man vergleiche die jüngst von Pfeffer gegebenen Darlegungen in Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik, Bd. 28, S. 229 ff. (1895). 2 J. Sachs, Arbeiten des botan. Instit. zu Würzburg, Bd. I, Heft IV (1874), S. 624. 1292 F. Czapek, statirbar, so ist doch diese Erscheinung weniger prägnant, als die Grenzwinkeländerung durch Beleuchtung. Nebenwurzeln von Faba, bei 18—20° C. erzogen, zeigten mir bereits nach zehnstündigem Aufenthalt im dunklen Brutraum von 31°C. Temperatur eine deutliche Krümmung nach abwärts. Sie be- fanden sich in feuchtem Sägemehl, und es wurde genau ge- achtet, dass das Substrat seinen Feuchtigkeitsgrad nicht ver- mindere und dass rings um die Wurzeln die gleiche Temperatur herrsche. Temperaturerhöhung wirkt demnach geradeso wie Licht ändernd ein auf die geotropischen Eigenschaften der Seitenwurzeln. In beiden Fällen wird die krümmende Wirkung des positiven Geotropismus verstärkt. Dass nicht in dem ange- gebenen Versuchsresultate etwa ein mit erhöhter Temperatur vermehrtes Längenwachsthum und damit erhöhte geotropische Krümmungsfähigkeit eine Rolle spielt, geht daraus hervor, dass die Seitenwurzeln von Faba bei 31° C. bereits sehr langsam wachsen. Die optimale Temperatur für ihr Längenwachsthum liegt etwa bei 26° C. Bei 20° C. wachsen sie schneller als bei 31° C. und besitzen den grösseren geotropischen Grenz- winkel. Dass die Verstärkung des positiven Geotropismus der Seitenwurzeln durch höhere Temperatur biologische Bedeutung haben muss, ist leicht verständlich. Denn die Nebenwurzeln werden durch diese Reaction in den Stand gesetzt, aus durch- wärmten und weniger mit Feuchtigkeit gesättigten, sich in tiefergelegene, kühlere und relativ feuchtere Erdschichten zu begeben. Die Einwirkung der Temperatur auf die Art geo- tropisch zu reagiren ist umso bedeutungsvoller für die Seiten- wurzeln, als dieselben nicht stark thermotropisch sind. So ersetzen die geotropischen Eigenschaften den Nebenwurzeln nicht nur den allermeist kaum nachweisbaren negativen Helio- tropismus, sondern auch Thermotropismus. An anderen plagiotropen Organen als an den Seitenwurzeln konnte ich bisher eine Änderung der geotropischen Reiz- stimmung mit der Temperatur nicht feststellen. 816. Bintluss vermehzten, und vermuteten Feuchtigkeit des Substrates. Die ersten Angaben über derartige Einwirkungen auf den Geotropismus der Seiten- Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1298 wurzeln rühren gleichfalls von Sachs! her. Sachs fand an Faba-Pflanzen, welche in trockener Erde cultivirt und dann plötzlich stark begossen worden waren, dass binnen einigen Stunden eine plötzliche Abwärtskrümmung der Seitenwurzeln erfolgte. Jedoch wird bemerkt, dass dieses Ergebniss inconstant war, und dass mitunter gar kein Effect durch plötzliche Be- feuchtung erzielt werden konnte. Meine eigenen Versuche führten zu wenig brauchbaren Resultaten. Ich beschränke mich darauf, zu bemerken, dass ich im Gegensatz zu Sachs mehr- mals sehr ausgiebige Grenzwinkelvergrösserung an Faba- Nebenwurzeln beobachtete, sobald die in sehr wenig feuchtem Sägemehl erzogenen Pflanzen plötzlich stark begossen worden waren. Dass auf diesem Wege keine einwurfsfreien Resultate gewonnen werden können, erhellt schon daraus, dass man durch starkes Begiessen des trockenen Substrates von der Oberfläche her nicht leicht allseitig gleiche Feuchtigkeit sofort und sicher in der ganzen Umgebung der Wurzeln herstellen wird. Daher sind auch die hydrotropischen Einflüsse nicht eliminirt. Es wird Sache weiterer Forschungen sein, mit Hilfe brauchbarer Methoden diese Fragen einer Lösung zuzuführen. Seil Bilmınküuls Savony Menletz unwen. Tech” vurllehier die weit verbreiteten und sehr verschiedenartigen Erscheinungen zusammenfassen, welche in einer Richtungsänderung seitlicher Organe bestehen, hervorgebracht durch traumatische Ein- wirkungen auf das Organ selbst oder auf die Mutterachse des- selben oder andere Auszweigungen der letzteren.? Sachs” wies zuerst darauf hin, dass an Pflanzen, deren Hauptwurzel zum grossen Theile durch einen Querschnitt abgetrennt wurde, die der Amputationsfläche nächst gelegenen Seitenwurzeln viel steiler nach abwärts wachsen, als unter normalen Verhältnissen. Dass es sich dabei um eine Änderung der geotropischen Eigenschaften jener Nebenwurzeln handeln muss, folgt direct daraus, dass der Versuch am Klinostaten 17 Saehs, 17e.'S. 623. 2 Bezüglich der einschlägigen Literatur verweise ich besonders auf Pfeffer, Physiologie Bd. Il, S. 336, Leipzig 1881. 3 J. Sachs, Arbeiten des botan. Instit. zu Würzburg, Bd. I, S. 622 (1874). Bestätigt wurden die Versuche von Darwin (Bewegungsvermögen S. 159). 1284 F. Czapek, durchgeführt keine Richtungsänderung der untersten Seiten- wurzeln ergibt. Lange bekannt sind bereits die gleichartigen Erscheinungen an Tannen, die ihres Endsprosses verlustig geworden sind, und bei denen ein sich vertikal aufrichtender Seitenspross des obersten Wirtels den Wipfelspross ersetzt.! Darwin? hebt hervor, dass die Affection mit Aecidium elatinum an den Seiten- zweigen der Tanne ebenfalls geotropische Aufrichtung zur Folge hat, und citirt mehrere andere Beispiele (Euphorbia, Portulaca), wo normal niederliegende Stengel aufrecht werden, wenn sie von einem Brandpilze befallen werden. Die interessanten Ver- Stlehe), BA tivamerisuzeisten, dasszlleienfes Verlerzunsenede Stammes mancher Wasserpflanzen (Sparganium, Scirpus mari- fimus) hinreichen, um eine Aufwärtskrümmung der Stolonen hervorzurufen. Dieselbe Erscheinung constatirte auch Goebel* für Sagittaria, und führt als verwandte Erscheinung an, dass an Kartoffelpflanzen, die durch nasse Witterung und deren Folgen geschädigt wurden, die Ausläufer statt horizontal zu wachsen und Knollen zu bilden, aufrechte Laubsprosse werden. C. Kraus?’ zeigte, dass diese Änderung der geotropischen Eigenschaften der Kartoffelausläufer auch künstlich hervorge- rufen werden kann. Vöchting® entdeckte in jüngster Zeit, dass auch umgekehrt Laubtriebe der Kartoffel ihren Geotropismus ändern und horizontal wachsen, nachdem die Ausläufer tragende Region der Pflanze von Erde entblösst worden ist. Es ist sicher, dass schon die wenigen citirten Beispiele ganz heterogene Vorkommnisse in sich begreifen, denen nur das gemeinsam ist, dass ein Trauma den ersten Anstoss zu einer Änderung der Art geotropisch zu reagiren gegeben hat. 1 Vergl. J. Sachs, Arbeiten des bot. Instit. zu Würzburg, Bd. 2, Heft 2 (1879), S. 280. 2 Ch. und Fr. Darwin, Das Bewegungsvermögen der Pflanzen. Deutsch von Carus, S. 161, Stuttgart 1881. 3 Fr. Elfving, Arbeiten des botan. Instit. zu Würzburg, Bd. II, Heft III (1880), S. 492. 4 K. Goebel, Botanische Zeitung 1880, S. SIS— 819. 5 C. Kraus, Flora 1878, S. 324. 6 H. Vöchting, Botanische Zeitung 1895, I. Abth., S. 95, 97. j : 3 b: Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1255 Aus einer Gleichheit der äusseren Action aber darf man be- kanntlich nicht auf Gleichheit der dabei stattfindenden inneren ‚Vorgänge schliessen.! Früher war allerdings die Meinung ver- breitet, dass die Aufrichtung vordem plagiotroper Seitenorgane nach Verletzung des Endsprosses auf stärkeres Wachsthum und stärkeren Geotropismus in Folge verstärkter Nahrungs- zufuhr zurückzuführen sei. Sachs hat a. a. O. jedoch zuerst geltend gemacht, dass diese Organe ja stärker wachsen, aber dabei bleiben könnten wie früher; denn nach Beseitigung des Gipfels plagiotroper Epheu- oder Kürbissprosse werden die nächsten Knospen nicht orthotrop, obgleich sie kräftiger wachsen? Inr dieser Klinsieht ist auch ‘die Beobachtung Vöchting'’s, welche oben eitirt wurde, von Bedeutung, indem nach derselben Sprosse in Folge stärkerer Zufuhr von Reserve- stoffen aus steil aufgerichtete zu horizontalen werden. Die Auf- deckung der ganzen Kette von Vorgängen wird für jeden ein- zelnen Fall eine Detailuntersuchung erheischen. Jetzt lässt sich nur erkennen, dass das auslösende Moment für die Änderung im Geotropismus sehr verschiedenartig sein kann; die Folgen der gesetzten Verletzung sind ja auch in übriger Hinsicht fall- weise verschieden, und wir müssen uns vorstellen, dass bald diese, bald jene Folge des traumatischen Eingriffs die unmittel- bare Auslösung der Änderung in der geotropischen Reactions- weise veranlasst. Dass in speciellen Fällen die gesteigerte Nahrungszufuhr und die damit verknüpften Vorgänge die aus- lösende Ursache sein können, ist damit zugestanden und dürfte auch eintreffen. Aber ebenso gut kann eine traumatisch hervor- gerufene functionelle Mehrleistung des seitlichen Organs, welches dem verletzten Theil zunächst liegt, eine Änderung der geotropischen Reizstimmung des Seitenorgans bedingen. Diese letzte Consequenz dürfte besonders dann eintreten, wenn mit der Erlangung einer anderen geotropischen Gleichgewichtslage ein ausgiebigeres und leichteres Arbeiten des Organs gegeben wird. So wird z. B. eine Seitenwurzel nach Verletzung des Mutterorgans mehr zur Gewinnung des Wassers für die Pflanze 1 Vergl. hiezu Pfeffer, Studien zur Energetik der Pflanze, Leipzig 1892, S.1223. 1256 F. Czapek, aus dem Boden in Anspruch genommen werden; und wenn die Seitenwurzel steiler abwärts wächst als sonst, wird sie sehr oft eher in der Lage sein, feuchtere Bodenschichten zu gewinnen, als in ihrer früheren Wachsthumsrichtung. Wenn wir uns erinnern, wie sehr alle Einrichtungen im Organismus auf Wiederausgleich nach einer gesetzten Störung gestimmt sind, so werden wir die ausgesprochene Vermuthung nicht abweisen. In anderen Fällen ist uns aber die directe auslösende Ursache der Richtungsänderung noch ganz unverständlich, wie z.B. bei den von Darwin erwähnten Beispielen von Pilzerkrankungen an Enphorbia und Portnulaca. Vierter Abschnitt. Zusammenfassung einiger Resultate. Entgegen einer vielfach vertretenen Meinung ist die eigen- thümliche geotropische Gleichgewichtslage zahlreicher plagio- troper Pflanzentheile nicht durch die Annahme derselben geo- tropischen Richtungsbewegungen zu verstehen, wie sie den orthotropen Organen eigen sind. So wie es einen positiven und negativen Geotropismus gibt, so ist auch thatsächlich ein trans- versaler oder Diageotropismus bei vielen radiären und dorsi- ventralen plagiotropen Organen vorhanden. Dabei ist jedoch festzuhalten, dass die Horizontalstellung eines plagiotropen Pflanzentheils sich vielleicht immer als Resultante verschiedener Richtungsbewegungen ergibt, und der Transversalgeotropismus nur eine Componente darstellt. Die Annahme Frank'’s von einer einheitlichen Ursache für alle geotropischen Horizontalstellungen ist daher nicht zutreffend. Dagegen lässt sich aber auch die allgemeine Giltigkeit der de Vries’schen Anschauung, welche die Existenz eines Transversalgeotropismus nicht zulässt und die horizontalen geotropischen Stellungen als Resultante aus negativem Geotropismus und Epinastie erklärt, nicht mehr aufrecht erhalten. Die plagiotrope Stellung der Seitenwurzeln erster Ordnung ist nur durch geotropische Richtungsursachen bedingt, wie Klinostatenversuche erwiesen. Es ist also die von Noll ge- äusserte Ansicht, dass hiebei autonome Richtungsursachen Richtungsursachen plagiotroper Organe. 1297 mitwirken, als widerlegt zu betrachten. Am zutreffendsten dürfte jene Auffassung sein, welche die Plagiotropie der Seiten- wurzeln als Resultante positiv und transversalgeotropischer Bestrebungen erklärt. Alle bisher bekannten Erscheinungen an Seitenwurzeln lassen sich damit in Einklang-bringen und es lässt sich die auffallende Thatsache von der grösseren Ge- schwindigkeit im Eintritt und Verlauf der Abwärtskrümmung an aufwärtsgerichteten Seitenwurzeln gegenüber der Aufwärts- krümmung abwärtsgerichteter Wurzeln ungezwungen ver- stehen, wenn man in dem ersten Falle eine gleichsinnige, im anderen eine entgegengesetzte Wirksamkeit zweier geo- tropischer Richtungsimpulse sieht. Wenn auch positiver und transversaler Geotropismus bezüglich der äusseren Wirkung einander schwächen oder verstärken können, so sind sie doch beide Bestandtheile eines geotropischen Apparates und können nicht etwa getrennt in Action treten, obgleich ihre gemeinsame Action öfters, wie an vertical abwärtsgestellten oder horizontalen Seitenwurzeln, durch eine der Componenten eingeleitet wird. Die einst von Sachs geäusserte Meinung, dass die plagiotrope Stellung der Seitenwurzeln sich durch einen schwächeren Geo- tropismus derselben erklären lasse, wird bereits durch die That- sache, dass abwärtsgerichtete Seitenwurzeln sich wieder nach aufwärts in ihre Grenzwinkelstellung zurückkrümmen, unwahr- scheinlich gemacht. Die horizontalen unterirdischen Rhizome und Ausläufer besitzen ausser ihren bereits durch Elfving’s Untersuchungen nachgewiesenen transversalgeotrepischen Eigenschaften auch positiven Geotropismus, obwohl sich derselbe nicht wie bei Nebenwurzeln in der Gleichgewichtslage äusserlich ausdrückt. Man kann dieses Verhältniss etwa vergleichen mit der Erschei- nung, dass sich manche helio- und geotropisch reizbare Pflanzen- theile in die Richtung von unten oder seitlich horizontal ein- fallender Lichtstrahlen vollständig einstellen, als ob sie gar nicht geotropisch wären. Unter Einfluss ganz schwacher Centrifugalkraft benehmen sich auch die Seitenwurzeln ganz wie horizontale Ausläufer. Auch viele oberirdische horizontale Ausläufer (Fragaria, Rubus u. a.) besitzen dieselben geotropischen Eigenschaften 1258 F. Czapek, wie die unterirdischen horizontalen Organe. Negativer Helio- tropismus hat unter normalen Umständen keinen Antheil am Zustandekommen der Horizontalstellung; die letztere ist viel- mehr rein geotropischer Natur. Bei den ausgeprägt anatomisch und physiologisch dorsi- ventralen Sprossen und Laubblättern, sowie den zygomorphen Blüthen dürfte in höherem Maasse, als es meist bisher geschah, der Einfluss der durch Schwerkraft inducirten (geogenen) Dorsiventralität auf die Art der geotropischen Reaction zu be- rücksichtigen sein. Insoferne als diese Organe eine zur Lotlinie transversale Stellung anstreben, ist ihnen auch Transversalgeo- tropismus zuzuschreiben. Mit den verschiedenen Graden der Dorsiventralität hängt es zusammen, wenn dieses Ziel auf ver- schiedene Weise erreicht wird. Aber auch dasselbe Organ kann unter verschiedenen Versuchsbedingungen seine transversale Lage durch verschiedene Reactionsart (Krümmung, Torsion) erlangen. Die Richtungsänderung von Seitenwurzeln und horizontalen unterirdischen Ausläufern durch Licht beruht, wie bereits Stahl angab, auf einer Verstärkung ihrer positiv geotropischen Eigen- schaften. Biologisch bedeutsam ist diese Erscheinung, weil durch Änderung einer Richtungsbewegung (Geotropismus) der Mangel der entsprechenden anderen (negativer Heliotropismus) ersetzt wird. Auch die Aufrichtung vieler horizontaler ober- irdischer Ausläufer und Sprosse im Dunkeln ist etwas analoges, und die Meinung, der Wegfall von negativem Heliotropismus bedinge die Aufrichtung, ist als unzutreffend zu betrachten. Temperaturerhöhung, vielleicht auch Feuchtigkeitserhöhung imumgebenden Medium,ferner Verletzungen an anderen Gliedern des Pflanzenindividuums bedingen ähnliche Änderung der geo- tropischen Reizstimmung wie Beleuchtung. Bei den trauma- tischen Einflüssen ist zu beachten, dass die direct auslösende Ursache für die geotropische Änderung durch sehr heterogene innere Vorgänge gebildet werden kann, und dass daher ver- schiedene noch nicht hinreichend charakterisirbare Erschei- nungen unter den »traumatischen Änderungen des Geotropis- mus« zusammengefasst werden. Richtungsursachen plagiotroper Organe. Inhaltsverzeichniss. Erster Abschnitt. Die Seitenwurzeln . . 8. 1. Historischer Rückblick . ee © I. Die normale Stellung der Seitenwurzeln zur Wolle (S- 5) Ban I Die en Stellung der Seitenwurzeln ist rein geotropischer Natur. (8. ER BRITEN Bes III. Die u Eigenschaften der Seiten UZelDWe ee: 8. 4. Mögliche Auffassungen STSFAbkrümmunesyersuchn rn nm Sr Reine 8. 6. Unterschiede in der Geschwindigkeit Bes Eintrittes geo- tropischer Reaction in verschiedenen Neigungslagen . $. 7. Rhytmische geotropische Reizung $. 8. Centrifugalversuche er i Bar 8. 9. Näheres über den positiven und aan Geo- tropismus der Seitenwurzeln . Zweiter Abschnitt. Die geotropischen Bibenseträften He konalet lie und Ausläufer. az $. 10. Historisches . RER. & 8. 11. Unterirdische Rhizome und Ausläufer ua 8. 12. Einige Beobachtungen über oberirdische horizontale Ba ON et SUR le Thestelsches zum Begriffe des Teansversalssohiopik- mus N ee Lrleenes 7 AU Dritter Abschnitt. Die Wirkungen ie äusserer Factoren en Geotropismus plagiotroper Organe . $. 14. Lichtwirkung S. 15. Einfluss der Temperatur . i S. 16. Einfluss vermehrter und ee een Mi Sul StHaIe SEI TRE En Re EEE LET 17. Einfluss von Verletzungen . \ Vierter Abschnitt. Zusammenfassung einiger Resultate [&S) Du (de) 1260 XXIUI. SITZUNG VOM 14. NOVEMBER 1895. Erschienen ist Heft V—VII (Mai—Juli 1895), Abtheilung I, des 104. Bandes der Sitzungsberichte. Blerr P. EC Puschl, Stirtsceapitular im Seitensteften, über sendet eine Abhandlung unter dem Titel: »Höchster Siede- punkt und kritische Temperarurz. Herr Prof. Dr. BP. Riehter in Graz erstattet einemyor läufigen Bericht über seine im Sommer 1. J. mit Unterstützung der kaiserl. Akademie der Wissenschaften unternommene Reise nach Norwegen. Der Secretär theilt mit, dass das in der Sitzung vom 17. März 1892 behufs Wahrung der Priorität vorgelegte ver- siegelte Schreiben des Prof. Dr. Richard Godeffroy in Wien, mit der Aufschrift »>Zurn Constitugron ders Konlen- hydrate« nach erfolgtem Ableben des Einsenders von dessen Gattin Frau Adele Godeffroy zurückgezogen wurde. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine Arbeit aus dem chemischen Laboratorium der Universität in Bern von den Herren St. v. Kostanecki und J. Tambor: »Über einen weiteren synthetischen Versuch in der Gentistaretnaz, IIITVESITZUNG VON 2177 NOVEMBER 1895: Der Secretär legt eine eingesendete Abhandlung von Dr. Anton Lampa in Wien vor: »Über die Bestimmung der Dielektricitätsconstante eines anisotropen Stoffes nach einer beliebigen Richtung aus den Dielektrici- tätsconstanten nach den Hauptrichtungen«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Bosscha J., Christian Huygens. Rede, gehalten am 200. Ge- dächtnisstage seines Lebensendes zu Haarlem am 8. Juli 1895. Aus dem Holländischen übersetzt von Th. W. En gel- mann, Lea 1800, 8% Carprenta Ih, Erineipios, de Stereochimieca, Eisboa, 1892787. Blinsichs 2 DE ZiEhertnuesatomier weilehts, or therzehemieall elements and the unity of matter. (With plates and dia- grams.) St. Louis, Mo., U.S., 1894; 8°. Saeco, Bssatsun Borosenie de larterzer irn so, Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I, 84 SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. EV BAND. I EIER ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. Dar ZUNG MON 75. DECEMBERY71SI: Der Secretär legt den akademischen Almanach für das Jahr 1895, ferner das erschienene Heft VIII (October 1895), Abtheilung I.b. des 104. Bandes der Sitzungsberichte vor. Das c. M. Herr Hofrath Prof. E. Ludwig übersendet eine Arbeit aus dem Laboratorium für medicinische Chemie der k.k. Universität in Krakau von Dr. Michael Senkowski: »Zur Kenntniss der Constitution der Cholsäure«. Der Secretär legt eine eingesendete Abhandlung von Dr. Max Margulesin Wien: »Über dieZusammensetzung der gesättigten Dämpfe von Mischungen« vor. Herr Franz Karl Lukas, k.k. Rechnungs-Official in Wien, ersucht um Eröffnung seines in der Sitzung dieser Classe vom 7. März d.)J. behufs Wahrung der Priorität vorgelegten ver- siegelten Schreibens mit der Aufschrift: »Rotationsreihen«, indem derselbe zugleich einen Abdruck seiner eben erschienenen Publication: »Zur Untersuchung biologischer Erschei- nungen« überreicht, worin dieser Gegenstand behandelt worden ist. Das w. M. Herr Hofrath Prof. J. Wiesner überreicht eine Abhandlung, betitelt: »Beiträge zur Kenntniss des tropi- schen Regens«. Herr Hofrath Wiesner legt ferner eine von Herrn A. Stift, Adjunet am chemischen Laboratorium der Versuchsstation für Zuckerindustrie in Wien, ausgeführte Arbeit über die chemische Zusammensetzung des Blüthenstaubes era unlzeltube vor. 83* 1266 Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. F. Mertens über- reicht eine Abhandlung: »Über Dirichlet’sche Reihen«. Der Vorsitzende bringt den wesentlichen Inhalt zweier brieflicher Mittheilungen zur Kenntniss, welche von dem wissenschaftlichen Leiter der Expedition S. M. Schiffes »Pola« im Rothen Meere, Herrn Hofrath Director F. Steindachner w. M., aus Djeddah ddo. 9. November 1895 eingelangt sind. > SIE SITZUINGVOMEI2T DECEMBER 1895. Erschienen ist Heft VIII (October 1895), Abtheilung I des 104. Bandes der Sitzungsberichte. Das c. M. Herr Hofrath Prof. E. Ludwig übersendet eine von den Herren Prof. Dr. J. Mauthner und Prof. Dr. W. Suida in Wien ausgeführte Arbeit: »Beiträge zur Kenntniss des Cholesterins« (III. Abhandlung). Das c. M. Herr Hofrath Prof. A. Bauer übersendet eine Arbeit aus dem chemischen Laboratorium der k. k. Staats- gewerbeschule in Bielitz: »Zur Kenntniss der gefärbten Rosanilinbasen«, von Prof. Dr. G. v. Georgievics. DerssieeretzilesteimsvonsklernaW: Ebert ınGentsein- gesendetes versiegeltes Schreiben behufs Wahrung der Priorität vor, welches die Aufschrift führt: »Reduction des Drei- körperproblems in der Ebene auf die Radiivectoren«. Über Ansuchen des Herrn Franz Carl Lukas, k. k. Rech- nungs-ÖOfficials in Wien, wird dessen in der Sitzung dieser Classe vom 7. März 1. J. behufs Wahrung der Priorität vor- gelegtes versiegeltes Schreiben mit der Aufschrift: »Rota- tionsreihen« eröffnet. Der auszugsweise Inhalt desselben wird zur Veröffentlichung in dem akademischen Anzeiger bestimmt. 1268 Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: The Analyst, the Organ of the Society of Public Analyst, a monthly Journal devoted to the advancement of Ana- lytical Chemistry. Volume XX, No. 226—237 (January to December 1895). London, 1895; 8°. 1269 ZOO SITZUNG- MOM 19. :DECHMBER7LI8I3: Erschienen ist der 62. Band (Jahrgang 1895) der Denk- Schritten dieser Classe, ferner die daraus veranstaltete Collectivausgabe der Tiefseeberichte (IV. Reihe). Der Secretär legt das im Auftrage Sr. K. u. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Ludwig Salvator, Ehrenmitgliedes der kaiserl. Akademie, von der Buchdruckerei Heinrich Mercy in Pragübersendete Werk: »DieLiparischen Imseln.v. Bilieuri< vor. Herr Prof. Dr. L. Weinek, Director der k. k. Sternwarte in Prag, übermittelt 9 Fortsetzungen seiner neuesten Mondarbeiten. Das w. M. Herr Prof. L. Pfaundler übersendet eine Arbeit aus dem physikalischen Institute der k. k. Universität in Graz von Herrn Albin Keiter: »Über die Tragkraft stab- förmiser Elektromagnetes. Bler Broße2 Mrazee von der Universität, ia) Bukarest übersendet eine Mittheilung: »Über die Anthracit- Barkdrunn mem dies ss üurdi ehren A bihlarnareset dien Süd- karpathen«. Herr Victor Grünberg, Assistent der Lehrkanzel für Physik an der k. k. technischen Hochschule in Brünn, über- sendet eine Mittheilung über einen leichttransportablen Apparat für den Petrographen zur raschen Bestimmung des specifischen Gewichtes eines Minerals (Gesteins). 1270 Das w. M. Oberbergrath Dr. E. v. Mojsisovics legt eine gemeinsam mit den Herren Prof. Dr. W. Waagen und Dr. C. Diener ausgeführte Arbeit: »Entwurf einer Gliederung der pelagischen Sedimente des Triassystemss« vor. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine Arbeit aus seinem Laboratorium von Dr. W. Meyerhoffer: »Über reciproke Salzpaare. I. Theorie der reciproken Salzpaare mit besonderer Berücksichtigung von Salmiak und Natriumnitrat«. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. F. Mertens überreicht eine Abhandlung: »Über das Nichtverschwinden der Dirichlet'schen Reihen mit reellen Gliedern«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. V. v. Lang überreicht eine Mittheilung der Herren Regierungsrath Dr. J. M. Eder und E. Valenta in Wien: »Über drei verschiedene Spectren des Argon«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Erzherzog Ludwig Salvator, Die Liparischen Inseln, V. Filicuri. Prag, 1895; Folio. Vlaicu Arseniu, Merceologia si Technologia pentru scolele comerciale, profesionale si studiu privat. Brasov, 1895; &°. Eu Entwurf einer Gliederung der pelagischen Sedimente des Trias-Systems von Dr. E. v. Mojsisovics, Dr. W. Waagen, w.M.k. Akad. c.M.k. Akad. und Dr. C. Diener.! Seit die Arbeiten unserer Altmeister F.v. Hauer, Gümbel, v.Richthofen, Stur und Benecke uns zuerst die Versteine- rungsfülle und die reiche Gliederung der pelagischen Trias ahnen liessen, ist der Schwerpunkt des Studiums dieser Epoche von seinem Ausgangspunkte, dem germanischen Triasbecken, all- mälig in die Alpen verlegt worden. Während aber durch die vereinten Bemühungen zahlreicher Forscher unsere Kenntniss der alpinen Trias seither immer mehr erweitert und vertieft wurde, sind in der letzten Zeit neben den alpinen die asia- tischen Ablagerungen des Trias-Systems zu einer noch vor Kurzem kaum vermutheten Bedeutung gelangt. Ja für das Ver- ständniss der Aufeinanderfolge der untertriadischen Faunen versprechen die bezüglichen Bildungen in Ostindien und Sibi- rien fast ebenso wichtig zu werden, wie es diejenigen der Öst- alpen heute schon für die Kenntniss der pelagischen Entwick- lung der oberen Trias sind. 1 Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung einer Anregung des Herrn Prof. E. Suess. Der hier mitgetheilte Entwurf ist ein Ergebniss unserer gemeinsam mit ihm gepflogenen Berathungen. Der Bearbeitung des die Untere Trias (Skythische und Dinarische Serie) betreffenden Abschnittes unterzogen sich Prof. W. Waagen und Dr. C. Diener. Die Darstellung der Oberen Trias (Tirolische und Bajuvarische Serie) hat Dr. E. v. Mojsisovics übernommen. 2 E. v. Mojsisovies, W. Waagen und C. Diener, Besonderer Dank gebührt daher an dieser Stelle den mit der Leitung der geologischen und paläontologischen Institute in Calcutta und St. Petersburg betrauten Fachgenossen, den Herren In) Oldham, Medlıcott, Blantord MEI Griesbach, Schmidt, Inostranzeff und Karpinsky, deren liebenswürdiges Entgegenkommen uns die Möglichkeit bot, die asiatischen Triasbildungen theils auf Grund eigener Anschauung, theils auf Grund des Studiums des gesammten, aus denselben bis heute bekannt gewordenen Versteinerungs- materials kennen zu lernen. Was wir in dieser Mittheilung bieten, ist der Versuch einer Gliederung der normalen, pelagischen Sedimente der Trias auf Grund ihrer Cephalopodenfaunen, jener Sedimente, die durch ihre weite Verbreitung innerhalb der Thetys! und des arktisch- pacifischen Gebietes den Beweis liefern, dass sie thatsächlich die Ablagerungen der grossen Meere, die normalen Sedi- mente der Triasepoche darstellen. Typen dieser pelagischen Trias sind gegenwärtig im Gebiete des Mittelmeeres von der Ebromündung bis zur Astrachanischen Steppe, in Kleinasien, in Afghanistan, auf den Höhen des Pamir und Himalaya, in der Salt Range des Punjab, auf Timor, Neu-Caledonien und Neu-Seeland, in Peru, in Californien, Nevada und Idaho, im Cascaden-Gebirge der Dominion of Canada und auf den vor- liegenden Inseln, auf Japan, am Ussuri-Golf, in Nordsibirien und Spitzbergen bekannt. Diese triadischen Sedimente der Thetys und des arktisch-pacifischen Meeresgebietes, in denen uns eine mehr oder weniger continuirliche Reihe mariner Ablagerungen vorliegt, glauben wir unserem Entwurfe einer Normalgliederung des Trias-Systems zu Grunde legen zu sollen, indem wir der Ansicht Neumayr'’s vollinhaltlich beipflichten, dass bei dem Studium der geschichteten Ablagerungen die Bildungen der grossen Meere den Typus abzugeben haben. Es wird eine spätere Aufgabe sein, die Parallelisirung einzelner Abschnitte der pelagischen Trias mit solchen im germanischen Triasgebiete herzustellen. Die Schwierigkeiten 1 Diesen Namen schlug E. Suess für das »Centrale Mittelmeer« Neu- mayr’s vor (Natural Science, vol. II, No. 138, March 1893). Trias-System. 1278 einer solchen Parallelisirung sind von einem von uns! schon vor Jahren hervorgehoben und fast gleichzeitig auch von F. v. Richthofen? gegenüber Gümbel eingehend gewürdigt worden. Wohl bietet die germanische Trias mit jener der Ost- alpen zur Zeit des Röth und am Beginn der Muschelkalk- Periode Berührungspunkte, dagegen sind solche von da ab bis in die Rhätische Stufe in so ungenügender Weise vorhanden, dass die Frage nach der oberen Grenze des Muschelkalkes in den Alpen auch heute noch zu den am meisten umstrittenen in der Triasgeologie gehört. Als ein gut gekanntes Beispiel einer eigenartigen, localen Entwicklung ist die germanische Trias von ganz besonderem Interesse, aber gerade in Folge ihrer Eigenartigkeit kann sie nicht die Grundlage für die Gliederung der universellen Ablagerungen der Triasepoche abgeben. So mag ein Volk, das lange Zeit hindurch von seinen Nachbarn abgeschlossen, seine Geschichte in durchaus selbstständiger, eigenartiger Weise gestaltete, mit Recht ein hervorragendes Interesse von Seite des Historikers für sich in Anspruch nehmen, ohne dass ihm in einer Darstellung der Weltgeschichte ein maassgebender Einfluss eingeräumt werden könnte. Abgesehen von der Schwierigkeit der Parallelisirung sind die für die germanische Trias üblichen Stufennamen derart ausgeprägte Faciesbezeichnungen, dass sie auf marine Sedi- mente nicht anwendbar erscheinen. Auch auf diese Thatsache hat der eine von uns schon vor längerer Zeit hingewiesen und insbesondere gegen die Einführung der Bezeichnung »Keuper« in die alpine Nomenclatur Einsprache erhoben.” Was für den Keuper gilt, trifft aber mindestens für den Buntsandstein in dem gleichen Maasse zu, denn auch für die hochmarinen, tief- triadischen Kalke der Salt Range und des Himalaya mit ihren reichen Cephalopodenfaunen wird wohl schwerlich die Be- nennung »Buntsandstein« als passend erachtet werden können. 1 E. v. Mojsisovics, Faunengebiete und Faciesgebilde der Trias- periode in den Ostalpen. Jahrb. k.k. Geol. Reichsanst. 1874, XXIV. Bd., insbes. S. 128 — 134. 2 F. v. Richthofen, Über Mendola-Dolomit und Schlern-Dolomit. Zeit- schr. Deutsch. Geol. Ges. 1874, XXVI. Bd., insbes. S. 254— 256. 3 E. v. Mojsisovics, Die Dolomitriffe von Südtirol etc. S. 41. 1274 E. v. Mojsisovics, W. Waagen und C. Diener, Es scheint uns daher zweckmässig, alle derartigen aus Faciesbezeichnungen hervorgegangenen Stufennamen in ihrer Anwendung aufjenen Entwicklungstypus zu beschränken, dem sie ursprünglich entnommen sind. In dieser Hinsicht stehen wir auf einem ähnlichen Standpunkte, wie die Herren Munier- Chalmas und A. de Lapparent! in ihrem Entwurfe einer Nomenclatur der Sedimentärformationen, die derartige Bezeich- nungen ebenfalls nur für einen bestimmten chorologischen, von den normalen marinen Sedimenten abweichenden Entwick- lungstypus verwerthen. Unserem Bestreben entsprechend, eine Gliederung der pelagischen Trias auf Grund der bisher bekannten Cephalo- podenfaunen zu geben, möchten wir den vorliegenden Ent- wurf als eine Parallele zu der von Oppel zuerst angeregten und trotz Quenstedt’s Widerstand durchgeführten, heute all- gemein üblichen Classification des Jura betrachtet wissen. Die Schwierigkeiten einer solchen Classification für das Trias- System ergaben sich wesentlich daraus, dass wir für dieses System nicht wie für den Jura in Mitteleuropa gewissermaassen ein Schulgebiet besitzen, dass eine Zonengliederung für zum Theil weit von einander entfernte Gebiete selbstständig durch- geführt werden muss, dass es endlich bei den ausserordentlich complicirten Lagerungsverhältnissen und dem raschen Facies- wechsel innerhalb der alpinen Region eines unvergleichlich grösseren Aufwandes an Zeit und Mühe bedurfte, ehe in der Feststellung der stratigraphischen Aufeinanderfolge der die einzelnen Faunen umschliessenden Schichtbildungen eine ge- sicherte Grundlage für eine Zonengliederung geschaffen werden konnte. Auch bei der Beurtheilung des vorliegenden Entwurfes wird man nicht vergessen dürfen, dass derselbe nichts Anderes ist als der Ausdruck des augenblicklichen Standes unserer Kenntnisse. Wir dürften dem Wesen der Sache vielleicht am nächsten kommen, wenn wir die hier mitgetheilte Gliederung der pelagischen Trias gewissermaassen als das Grundgerüst 1 Munier— Chalmas et A. de Lapparent: Note sur la nomenclature des terrains sedimentaires. Bull. Soc. Ge&ol. de France, 38 ser., XXI, 1893, p. 438. Trias-System. 1275 oder als den Rahmen zu einer solchen bezeichnen, innerhalb dessen vermuthlich noch vielfache Modificationen und Erweite- rungen sich durch das Fortschreiten unserer Erkenntniss als nothwendig erweisen werden. Dass die wahre Zahl der je einer Zone im Sinne von Oppel und Neumayr entsprechenden Einzelfaunen mit der Zahl von 22 für die Trias nicht erschöpft ist, liegt auf der Hand. Wir können sogar einige Lücken in der paläontologischen Überlieferung direct namhaft machen, deren Überbrückung durch glückliche Funde die obige Zahl mit Bestimmtheit vermehren müsste. Eine solche Lücke wird bei- spielsweise durch jene scharfe paläontologische Scheidelinie markirt, die mitten durch die Hallstätter Kalke des Salzkammer- gutes zwischen den Zonen des Tropites subbullatus und des Sagenites Giebeli hindurchläuft und den einen von uns im Jahre 1869 zur Zerlegung der gesammten oberen Trias der Östalpen in zwei Hauptabtheilungen veranlasste. Sollte dieser Hiatus einmal durch die Entdeckung noch unbekannter Faunen überbrückt werden, so würde sich daraus wohl auch die Noth- wendigkeit der Einschiebung einer oder selbst mehrerer neuer Zonen in das Schema der Normalgliederung der pelagischen Trias ergeben. An der Basis der Zone des Ceratites binodosus findet sich eine faunistische Lücke ähnlicher Art. Obwohl wir uns der Unvollkommerheit, die einem jeden derartigen Entwurfe stets anhaftet, klar bewusst sind, halten wir doch gerade den jetzigen Zeitpunkt für geeignet, um mit unserem Entwurfe hervorzutreten, nachdem wir unsere Studien der uns anvertrauten, reichen Fossilschätze der asiatischen Trias zum Abschlusse gebracht haben, die Bearbeitung des californischen Triasmaterials durch amerikanische Geologen anderseits in naher Aussicht steht. Die neuen Ergebnisse aber, welche insbesondere das Studium der Aufeinanderfolge der untertriadischen Faunen geliefert hat, liessen es uns wünschens- werth erscheinen, dass durch die Einführung einer jene Ergeb- nisse fixirenden Nomenkclatur eine geeignete Grundlage für die Parallelisirung der verschiedenen Triasbildungen innerhalb der thetydischen und der arktisch-pacifischen Meeresgebiete her- gestellt würde. 1276 E. v. Mojsisovies, W. Waagen und C. Diener, Es ist wiederholt der Einwurf laut geworden, dass es nicht möglich sei, dem Trias-System eine Zonengliederung nach dem Schema derjenigen des Jura anzupassen, dass die für die Trias bisher aufgestellten Zonen nur eine locale Bedeutung besitzen und sich nicht mit constanten faunistischen Merkmalen über ein grösseres Gebiet der Erdoberfläche gleich jenen des Jura verfolgen lassen; eine Zonengliederung seidaher zum mindesten überflüssig, da den Bedürfnissen der Stratigraphie die locale Eintheilung nach Schichtgruppen weit besser Rechnung trage. Selbst wenn die landläufige Meinung von dem beschränk- ten Geltungsgebiete der bisher in der Trias erkannten Zonen richtig wäre, so würde sich hieraus noch kein stichhaltiges Argument gegen den Werth einer Zonengliederung überhaupt ergeben. Selbst wenn eine Zone nur an einer einzigen Stelle auf der Erde nachgewiesen sein sollte, so ändert dieser Umstand noch immer nichts an der Bedeutung jener Zone für die Entwicklungsgeschichte der organischen Welt. Auch ist ja die Anwendbarkeit jeder Zonengliederung insoferne eine beschränkte, als dieselbe durchaus nicht die Basis für eine geologische Localgliederung abzugeben bestimmt ist und eine solche daher niemals zu ersetzen vermag. Ihre Bedeutung beruht vielmehr in dem Umstande, dass die paläontologischen Zonen uns das geeignetste Mittel an die Hand geben, die Altersunterschiede zwischen verschiedenen Faunen zu fixiren und so einen chronologischen Werthmesser bei einem Ver- gleiche der jene Faunen umschliessenden Sedimente zu gewinnen.! Allein auch die Ansicht, dass innerhalb des Trias-Systems Zonen von so universeller Verbreitung wie im Jura vollständig fehlen, hat heute ihre Berechtigung zum grossen Theile ein- gebüsst. Gerade das Studium der asiatischen Ablagerungen hat unsere Erfahrungen in dieser Richtung wesentlich erweitert. In der Olenek-Fauna Nordsibiriens und in den Subrobustus- Schichten des Himalaya, in den dinarischen Ablagerungen der 1 Vergl. insbes. M. Neumayr, Über unvermittelt auftretende Cephalo- podentypen im Jura Mitteleuropas. Jahrb. k. k. Geol. Reichsanst. Wien, XXVIN. BARS, Swarzatt: Trias-System. N, Alpen und Östindiens treten einige, jenen weit von einander entfernten Bildungen gemeinsame Formen auf. Die Aonoides- Zone der alpin-mediterranen Triasprovinz kehrt im Himalaya, die Zone des Tropites subbullatus im Himalaya und in Cali- fornien mit nahezu gleichen faunistischen Merkmalen wieder. Trotz des einheitlichen faunistischen Charakters, welcher sich in den Trias-Sedimenten innerhalb jenes weiten Raumes, in dem sie heute bereits bekannt sind, kundgibt, machen sich provincielle Verschiedenheiten in sehr markanter Weise geltend. Die indische Triasprovinz bildet das vermittelnde Bindeglied zwischen dem grossen arktisch-pacifischen Faunengebiet und der kleinen westlichen Mediterran-Provinz, welche als west- liche Dependenz der Thetys aufzufassen ist. Bei der Zusammenfassung der den einzelnen Faunen ent- sprechenden Zonen zu Stufen als Einheiten höherer Ordnung haben wir uns ven den bei der gegenwärtig üblichen Ein- theilung des Jura maassgebenden Gesichtspunkten leiten lassen. Aus praktischen Gründen erschien es uns zweckmässig, neben den Stufen in besonderen Fällen noch weitere Unterabtheilungen zu schaffen, da der Umfang der einzelnen Stufen sonst in einem zu grossen Missverhältnisse zu jenem der Stufen des Jura- oder Kreide-Systems stehen würde, in dieser Richtung jedoch eine gewisse Gleichförmigkeit bei der Classification der ver- schiedenen Systeme wünschenswerth ist. Dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntniss dürfte die Abstufung des Trias-Systems in vier Serien mit 8 Stufen und 12 Unterstufen am besten Rechnung tragen. Die Benennung der neuen Stufen wurde soweit als möglich dem Gebiete der typischen Entwicklung derselben entnommen. Doch haben wir es principiell vermieden, zu eng gefasste, besser als Schicht- bezeichnungen zu gebrauchende Localnamen zu wählen. Des- gleichen glaubten wir, blosse Umschreibungen alter Schicht- bezeichnungen, die von ihren Autoren ursprünglich in einem ganz bestimmten Sinne gebraucht worden waren, wie »Wer- fenien« oder »Virglorien« nicht acceptiren zu sollen, da sie leicht zu Missdeutungen Anlass geben. Als Hauptabschnitte unterscheiden wir im Trias-System miensSerien, die Skythische, die Dimanısche, die Wirelische 1278 E. v. Mojsisovies, W. Waagen und C. Diener, und die Bajuvarische, von welchen die Skythische ein bei- läufiges Äquivalent des Buntsandsteins, die Dinarische unserer Ansicht nach ein solches des Muschelkalkes im germanischen Triasbecken darstellt. Die Reihenfolge der Einzelfaunen, beziehungsweise der denselben entsprechenden Glieder innerhalb der alpin-medi- terranen und der indischen Triasprovinz ist in der beigefügten Tabelle ersichtlich gemacht. I. Untere Trias. (Skythische und Dinarische Serie) von W. Waagen und C. Diener. Der Name der untersten Hauptabtheilung der pelagischen Trias, der »Skythischen« Serie ist ebenso wie die Bezeichnungen der einzelnen Stufen und Unterstufen der asiatischen Region entlehnt. In derindischen Triasprovinz erscheint eine Gliederung dieser Serie in sieben, besonderen Einzelfaunen entsprechende Zonen durchführbar. Eine continuirliche Aufeinanderfolge mariner Sedimente, welche sechs dieser Cephalopodenfaunen in einander concordant überlagernden Schichtbildungen ein- schliessen, besitzen wir in den Ceratiten-Schichten der Salt Range des Punjab. Eine Monographie der Ammoneen dieser zum Theil sehr eigenartigen Faunen izt kürzlich zur Publication ! gelangt, doch ist die Bearbeitung der übrigen Faunenelemente, sowie die Zusammenstellung der geologischen Ergebnisse der diesbezüglichen Studien noch ausständig. Um für Parallelisirungen eine Grundlage zu schaffen, erscheint es nothwendig, an dieser Stelle zunächst einen Über- blick über die einzelnen Cephalopodenfaunen zu geben, deren Beschreibung in dem erwähnten Werke nunmehr vorliegt. Die unterste der bisher in den Ceratite Beds unterschiedenen Schichtreihen setzt den Lower Ceratite Limestone zu- sammen. 1 W. Waagen, Fossils from the Ceratite-Formation. Palaeontologia Indica, ser. XIII. Salt Range Fossils. Vol. II, 1895. Triasprovinz Serien Stufen Unter Schichtbezeichnung (verschiedenartiger örtlicher Entwicklung) Rhaetisch oberju (Seva | Bajuvarisch ee] N mittelju Juvavisch (Alau unterju! (Lac 2] (Tuv i mittelk Karnisch (Juli unterk! (Cordey Tirolisch =) obern (Longob Norisch untern (Fassa m ee ee zz EEE Bosı! Muschelkalk des Himalaya Anisisch | - - Dinarisch i | Brachiopoden-Schichten mit Balalı Rhynchonella Griesbachi (Himalaya) Hydaspisch Obere Ceratiten-Kalke der Salt Range —— Ceratiten- Subrobustus Jakutisch Sandstein der Beds des Salt Range Himalaya Skythisch Ceratite Marls der Salt Range Gand Brahmanisch ntere Ceratiten-Kalke der Salt Range Gang Otoceras Beds des Himalaya Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., (Untere Trias nach W. Waagen und C. Diener; Obere Trias nach E. v. Mojsisovics). Übersicht der Gliederung der pelagischen Trias. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV, Bd., Abth, I. Mediterrane Triasprovinz Indische Triasprovinz Serien Stufen Unterstufe ic ee n Zone nung Zone | Schichtbezeichnung (der pelagischen Facies) |.(Y® ISSENArtIgen R Raci (verschiedenartiger örtlich pelag ) jörticherEntwieklung) (der pelagischen Facies) Enkyicklung] cher Rhaetisch 22. Z. der Koessener ee Avicula contorta Sch. | = = | 21. Z. des oberjuvavisch Sirenites Argonautae | (Sevatisch) 20. Z, des e Bajuvarisch Pinacoceras Metternichi = Fre - Juvavische | @ R tteljuvavisch le 5 Juvavisch | MILeJUve ss 5 3 (Alaunisch) || Oyriopleurites bierenalus et 2 2) Juvavische 18, Z. des = Genhalbsodente unterjuvavisch Cladiscites ruber a Ep el une (Laeisch) IR 92 Himalaya Sagenile. oberkarnisch 16. A Karnische (Tuvalisch) Tropites subbullalus Saudlingssch! Cephalopodenfaunen | i mittelkarnisch® 15. Z. des ER des ala (Julisch) Trachyceras Aonoides RUNDER SON, Himalaya unterkarnisch 14. Z. des Gasanenisch (Cordevolisch) Trachyceras Aon. — 2 Tirolisch = = obernorisch 13. Z. des WWERBERBFISEN (Longobardisch) | Protrachyceras Archelaus & & 2 Norisch „Ns EB Marmolatakalk unternorisch Dinarites avisianus Fassanisch 7 = 7 =? \ ) Mi eis: a Buchensteiner Sch. | Protrachyceras Curionii B 10. Z. des sen 5 Z. des enelkalkass Hımalavı E Bosnisch rahlesshrisodosus | Oberer Muschelkalk Ptychites rugifer Muschelkalk des Himalaya Anisisch = wo > a Z. des | Brach den-Schict i PER 2 . Z. des A A . des rachiopoden-Schichten mit Dinarisch Balkmsch Ceratites binodosus Unterer/Muschelkalk Sibirites Prahlada Rhynchonella Griesbachi (Himalaya) ( | pr 8. Z. des — R = a Hydaspisch Stepli en Obere Ceratiten-Kalke der Salt Range! Bar —— 7. 7. des Flemingites Flemingianus RR Ze Ceratiten- Subrobustus Jakutisch Z. des Werfner Schicht: Re Sandstein der Beds des Tiroliles Cassianus ein lehten ib Flemingites radiatus Salt Range | Himalaya 5. Z. des | Ceratites normalis | Skythisch 2, 2 es Proptychites trilobatus Ceratite Marls der Salt Range A der Z. des Gandarisch Ostalpen Proptychites Lawrencianus Brahmanisch RATE — — Gyrönites eens Untere Ceratiten-Kalke der Salt Range Ki 1. Z. des Sctasyah “ Gangetisch (OrlaareES Wtrgelpngn Otoceras Beds des Himalaya Trias-System. 1281 Es sind mehrfache Andeutungen vorhanden, dass in diesem Schichtencomplex mehrere,verschiedene paläontologischeZonen unterschieden werden können, doch sind die Anhaltspunkte, die von einem von uns während der einzigen Reise, die er durch die Salt Range, dazu noch unter sehr misslichen Gesundheits- umständen gemacht, gewonnen wurden, zu gering, um eine definitive Unterscheidung durchzuführen. Die Cephalopodenfauna dieser Schichtenreihe ist die folgende: Dinarites patellaW. Lecanites impressus W. Ambiles rupestris W. Gyronites frequens W. Proptychites Oldhamianus W. » superior W. » discoides W. > Nangaensis W. Kymatites typus W. » plicosus W. Meekoceras varians W. Prionolobus atavus W. Koninckites vetustus W. > compressus W. » impressus W. » plicatus W. » Davidsonianus Kon. » ovalis W. Lecanites gangelicus Kon. » plicatilis W. » psilogyrus W. » Buchianus Kon. » undatus W. » ophioneus W. Man sieht, dass in dieser 24 Arten umfassenden Fauna die Trachyostraca nur durch eine einzige Art, die erstangeführte, vertreten sind, während alle übrigen Formen zu den Leiostraca gerechnet werden müssen. Einstweilen wird es wohl genügen die ganze Schichtreihe als eine einzige Zone »Zone des Gyro- mites freguens W.« zusammenzufassen. Die darüber folgende Schichtreihe wurde schon frühe als die Ceratite Marls unterschieden: Nach der Vertheilung der Proptychites-Arten innerhalb dieser Gebilde können zwei Zonen unterschieden werden, die Zone des Proptychites Lawrencianus unten und die Zone der Proptychites trilobatus oben. Die erste dieser beiden Zonen, aus denen zusammen bisher 24 Cephalopoden-Arten bekannt sind, enthält ungefähr die folgenden Species: Proptvchites Lawrencianus Kon. Koninckites ovalis W. » ammonoides W. Gyronites evolvens W. » Khoorensis W. Prionolobus rotundaltus W. Meekoceras pulchrum W. » undatus W. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth.]. s4 . 1282 E. v. Mojsisovics, W. Waagen und C. Diener, In der oberen Zone dagegen können folgende Arten an- geführt werden: Dinarites (Ceratites) minulus W. Proptychiles trilobatus W. Clypites typieus W. » undatus W. » Kingianus W. Kingites lens W. evolvens W. » declivis W. Ambites discus W. Meekoceras Koninckianum W. » magnumbilicatus W. Koninckites Vercherei W. Proptvchites latifimbriatus Kon. » volutus W. » magnumbilicatus W. Prionolobus rotumdatus W. Auch in diesen Ceratite Marls sind die Trachyostraca noch ungemein selten, und auch in dieser Liste findet sich nur eine einzige Art, Dinarites (Ceratites) minutus, welche dahin gehört. Der eine von uns! hat dieselbe Art auch in den Aufsammlungen von Iwanow aus den untertriadischen Sand- steinen der Ussuri-Bucht gefunden und an grösseren Exem- plaren einen zweiten Seitenlobus nachgewiesen, weshalb die Art als zur Gattung Ceratites gehörig erscheint. Die Leiostraca sind wieder ganz ausserordentlich im Übergewicht und zeigen äusserst mannigfaltige Typen, unter denen die Proptychiten die Hauptrolle spielen. Die auffallendste und meist auch die mächtigste der Abtheilungen, die zu den unteren Ceratiten-Schichten der Salt Range gehören, sind’die Ceratite Sandstones Schorsm Felde zeigte sich die Mächtigkeit dieser Ablagerungen so auf- fallend, dass es angemessen erschien, dieselben in drei Unter- abtheilungen zu bringen, und einen Lower, Middle und Upper Ceratite Sandstone zu unterscheiden. Im Lower Ceratite Sandstone haben sich die folgenden Arten von Ammonoiden-Cephalopoden gefunden: Ceratites normalis W. Koninckites gigas W. Prionites arenarius W. > Lyellianus Kon. Celtites subrectangularis W. Gvronites rotula W. Kymatites posterus W. > radians W. Kingites mimutus W. » arenosus W. Meekoceras radiosum W. » vermiformis W. 1 C. Diener, Triadische Cephalopodenfaunen der ostsibirischen Rüsten- provinz. Memoires du Com. geol. St. Petersbourg. Vol. XIV, Nr. 3, p. 15. Trias-System. 1283 Die Trachyostraca haben in diesen Schichten schon be- deutend an Zahl zugenommen und es sind bereits drei Arten dieser Abtheilung hier zu verzeichnen. Im Ganzen ist aber die Fauna, soweit die Aufsammlungen bis jetzt reichen, ziemlich arm, da sie nur 12 Arten umfasst. Neue Aufsammlungen werden wahrscheinlicher Weise einen bedeutenden Zuwachs an Formen bringen; man darf eben nie aus den Augen lassen, dass das Material für die Beschreibung dieser Faunen das Resultat einer einzigen Saison darstellt, also nothwendig sehr lückenhaft sein muss. Was würde man von der Fauna der Hallstätter Kalke kennen, wenn sich die gesammten Aufsammlungen in diesen Schichten über insgesammt nicht mehr als 2 oder 3 Monate erstrecken würden? Viel reicher an Formen (im Ganzen 22) sind wieder die Nardalen@eraeite Sandstones oder Stachella Beds wie sie auch genannt wurden. In diesen Schichten lassen sich die nachfolgenden Arten unterscheiden: Dinarites coronatus W. Aspidites arenosus W. Celtites laevigatus W. >» magnumbilicatus W. » acuteplicatus W. > evolvens W. Paranorites ambiensis W. » Kingianus W. Proptvchites plicatus W. » dentosus W. «< - obliqueplicatus W. » discus W. Flemingites glaber W. Meekoceras falcatum W. » nanus W. > magnumbilicatum W. » rotula W. > rota W. » radiatus W. » planulatum Kon. Parakymatites discoides W. Koninckites radiatus W. Auch hier ist die Zahl der Trachyostraca noch auf 3 beschränkt, während die Leiostraca ihnen gegenüber wieder in unverhältnissmässig grosser Menge auftreten. Neben den Cephalopoden-Resten finden sich hier auch noch in sehr grosser Häufigkeit Gasteropoden-Schalen, und zwar unsymmetrisch aufgerollte Bellerophonten, für die in dem das Palaeozoicum behandelnden Bande des Salt Range-Werkes der Gattungs- name Sitachella vorgeschlagen wurde. Diese Gasteropoden- Reste haben auch die Veranlassung gegeben diese Schichten Stachella Beds zu benennen. g4* 1284 E. v. Mojsisovics, W. Waagen und C. Diener, Aus dem Upper Ceratite Sandstone ist wieder nur eine kleine Anzahl von Cephalopoden bekannt, obwohl, soweit dies zu beobachten möglich war, diese Schichten sehr reich an Versteinerungen, namentlich Cephalopoden-Resten, sein dürften. Allein da die Gehäuse meistens sehr gross sind, und auf der Reise in wilden Gegenden grössere Brechwerkzeuge selten zu Gebote stehen, muss man sich auf das beschränken, was man gerade im Vorbeigehen mitnehmen kann. Also auch in diesem Falle dürfte das hier Beschriebene nur ein sehr unvollkommenes Bild der Gesammtfauna geben. Das Gebotene aber ist schon geeignet, das Interesse der hier vorkommenden Fossilreste darzuthun. Die Arten sind: Dinarites evolutus W. Flemingites trilobatus W. Ceratites Wynnei W. » Plemingianus Kon. Prionites trapezoidalis W. > compressus W. Cellites armatus W. Aspidites superbus W. Acrochordiceras atavum W. Lecanites ophioneus W. Proptvchites aberrans W. Prionolobus seguens W. Aus diesen, im Vorhergehenden angeführten Listen ergibt sich, dass der Ceratite Sandstone drei deutlich geschiedene und stark von einander abweichende Cephalopoden-Faunen beherberst. Am merkwürdigsten ist das stetige Anwachsen der Trachy- ostraca an Zahl der Arten und Gattungen. Während in den unter den Sandsteinen gelegenen Schichtabtheilungen in jeder Gruppe nur ein einziger Vertreter der Trachyostraca vorhanden war, haben sich in den tieferen Lagen des Sandsteines selbst bereits drei Vertreter dieser Formgruppe in jedem unterscheid- baren Horizonte eingestellt. Mit dem Upper Ceratite Sandstone ist diese Zahl bereits auf fünf gestiegen, welcher Anzahl nur sieben Leiostraca gegenüber stehen. Die Cephalopoden-Faunen der einzelnen Abtheilungen des Ceratite Sandstone zeigen jede für sich so viel Selbstständigkeit, dass man leicht jede als besondere Zone auffassen kann, und es ist nur nöthig, Namen dafür zu geben. Für die unterste der- selben, für die Schichten, welche als Lower Ceratite Sandstone. zusammengefasst wurden, dürfte wohl der Name »Zone des Ceratites normalis« am geeignetsten sein, da die genannte Trias-System. 12:88) Art die auffallendste in der ganzen Fauna ist. Die höher folgenden Zonen aber müssen nach Flemingites benannt werden, da diese Gattung sehr charakteristisch ist und auf diese beiden Schich- gruppen beschränkt erscheint. Den Middle Ceratite Sandstone könnte man wohl als »Zone des Flemingites radiatus«, den Upper Ceratite Sandstone als »Zone des Flemingites Flemingi- anus« bezeichnen. Im Himalaya zerfällt die skythische Serie in zwei fauni- stisch sehr deutlich unterschiedene Abschnitte, in die tieferen Otoceras Beds und in die höheren Subrobustus Beds.! Nur die untersten Bänke der Otoceras Beds führen die von Gries- bach? entdeckte Fauna mit Ofoceras Woodwardi und Ophiceras Sakuntala als Leitfossilien, während die höheren Bänke nahezu versteinerungsleer sind. Die Fauna der Zone des Otoceras Woodwardi umfasst 44 Cephalopoden-Arten. Es sind dies die nachstehenden: Nautilus Brahmanicus Griesb. Proptvchites Markhami Dien. » sp. ind. » Scheibleri Dien. Damubites3 himalayanus Griesb. > sp. ind. » sp. ind. aff. himalayano. Prosphingites Nala Dien. » Lissarensis Dien. » Kama Dien. » ellipticus Dien. Hungarites sp. ind. planidorsatus Dien. Prionolobus sp. ind. » aff. planidorsato. Vrshnuites Pralambha Dien. » rigidus Dien. Flemingites Guyerdeti Dien. » aff. rigido, Ophiceras Sakuntala Dien. Sitala Dien. » Hibeticum Griesb. Medlicottia Dalailamae Dien. re medium Griesb. Nannites hindostanus Dien. > gibbosum Griesb. » Herberti Dien. >». ptychodes Dien. ! C. Diener, Ergebnisse einer geologischen Expedition in den Central- Himalaya von Johar, Hundes und Painkhanda. Denkschr. der kaiserl. Akad. der Wissensch. Bd. LXII, math.-nat. Cl. 1895, S. 571 ff. 2 C.L. Griesbach, Palaeontological Notes on the Lower Trias of the Himälayas. Records Geol. Surv. of India, XIII, 1880, p. 94—113. 3 Die hier als Danubiles bezeichneten Formen schliessen sich auf das Engste an die in den Ceratiten-Schichten der Salt Range verbreitete Gattung Gyronites W. an, doch wurden sie auf Grund der etwas stärkeren Oberflächen- sculptur bereits zu Danubites gestellt. Typische Danubiten, die man mit Sicherheit den Trachvostraca zurechnen muss, treten aber im Himalaya ebenso wie in der Salt Range erst in höheren Schichten (Subrobustus Beds) auf. 1286 E. v. Mojsisovics, W. Waagen und C. Diener, Ophiceras Dharma Dien. Otoceras undatum Griesb. Chamunda Dien. » fissisellatum Dien. platyspira Dien. Koninckites Vidarbha Dien. » demissum Opp. - Kingites Varaha Dien. » serpentinum Dien Meekoceras Hodgsoni Dien. Otoceras Woodwardi Griesb. > boreale Dien. > Clivei Dien. > sp. ind. Draupadi Dien. » sp. ind. aft. plicatilr. » Parbati Dien. Diese Fauna ist die älteste im Trias-System bisher bekannte und sie muss knapp an der Permgrenze liegen, da die dieselbe einschliessenden Schichtbänke in ihrem Liegenden ganz all- mälig in die permischen Productus Shales übergehen, deren Brachiopodenfauna eine beträchtliche Zahl mit den Oberen Pro- ductus-Kalken der Salt Range gemeinsamer Arten besitzt. Den armenischen Otoceras Beds von Djulfa, deren Fauna wir durch die Arbeiten von Abich! kennen gelernt haben, steht die Fauna der Zone des OÖ. Woodwardi zeitlich wohl sehr nahe, ist jedoch jünger als diese, da die Gattung ÖOtoceras bei Djulfa mit vor- wiegend palaeozoischen Faunenelementen vergesellschaftet auftritt, im Himalaya dagegen den Cephalopodentypen von ausgeprägt mesozoischem Habitus nur eine einzige palaeo- zoische Gattung, Medlicottia, beigemischt erscheint.? Die Zone des ÖOtoceras Woodwardi nimmt eine tiefere bathrologische Stellung ein als die Unteren Ceratiten-Kalke der Salt Range. An der Grenze zwischen Perm und Trias befindet sich in der Salt Range eine Lücke, indem hier an der Basis des Trias-Systems theils versteinerungsleere Kalke, theils Con- glomerate auftreten, die auf eine der Ablagerung der Unteren Ceratiten-Kalke vorangehende negative Bewegung des Meeres hinweisen. Im Himalaya erscheint diese Lücke durch die untersten Bänke der Otoceras Beds mit der Fauna des ©. Wood- wardi überbrückt. 1 H. Abich, Geologische Forschungen in den kaukasischen Ländern, I. Th. Eine Bergkalkfauna von der Araxesenge bei Djoulfa in Armenien, Wien, 1878. 2 Eine Monographie der Fauna der Otoceras Beds des Himalaya wird in dem bereits im Druck befindlichen ersten Theile des Vol. II der Himalayan Fossils (Palaeontologia Indica, ser. XV) gegeben werden. Trias-System. 1287 Die vier unteren Zonen der skythischen Serie fassen wir als »Brahmanische Stufe« zusammen und unterscheiden in derselben zwei Unterstufen, die Gangetische, repräsentirt durch die Zone des ÖOloceras Woodwardi, und die Ganda- rische, welche die in der Salt Range entwickelten Zonen dieser Stufe umfasst. Der Name »Brahmanisch«! für eine Stufe, deren Typus ostindische Ablagerungen bilden, bedarf wohl keiner weiteren Begründung. Die Bezeichnung »Gangetisch« wurde mit Rücksicht auf das classische Entwicklungsgebiet der Otoceras Beds im Bereiche der Ganges-Quellen gewählt. Die Bezeichnung »Gandarisch« bezieht sich auf den Volks- stamm der Gandaren oder Gandariten, der Bewohner der Gegend der Salt Range zur Zeit Alexander’s des Grossen. Im Ussuri-Gebiete wird die Brahmanische Stufe durch die Proptychites-Schichten mit Proptychites hiemalis und Kingites Varaha vertreten. Unter den 20 Cephalopodenarten derselben sind zwei, vielleicht sogar drei mit der Zone des Otoceras Woodwardi, eine mit den Ceratiten-Mergeln gemeinsam.? Eigen- thümliche Elemente dieser Fauna stellen die Gattungen Ussuria Dien. und Psenudosageceras Dien. dar. Der Brabmanischen Stufe steht als eine zweite Abtheilung der Skythischen Serie eine Stufe gegenüber, welche in der Salt Range durch die drei Zonen des Ceratite-Sandstone, im Hima- laya durch die Subrobustus Beds repräsentirt wird. Nur ein kleiner Theil der Fauna der Subrobustus-Schichten ist, insbe- sondere durch die Aufsammlungen von Griesbach bei Muth in Spiti, bis heute bekannt geworden. Unter den 17 Ammoniten- arten derselben, die den Gattungen, beziehungsweise Unter- gattungen Ceratites, Danubites, Hedenstroemia, Meekoceras, Lecanites, Aspidites, Proptychites und Flemingites angehören, zeigen 7 sehr nahe Beziehungen zu Formen des Ceratiten- Sandsteins, oder sind mit solchem vielleicht sogar direct zu identificiren. Schon in den Ceratiten-Sandsteinen findet sich eine erhebliche Zahl von Formen, die ihre nächsten Ver- 1 Nach den Brahmans, der Aristokratie der arischen Eroberer Indiens. 2 C. Diener, Triadische Cephalopodenfaunen der ostsibirischen Küsten- provinz. Mem. Com. geol. St. Petersbourg, Vol. XIV, Nr. 3. 1288 E. v. Mojsisovies, W. Waagen und C. Diener, wandten in den Olenek Schichten Nordsibiriens besitzen, deren faunistische Schätze uns insbesondere durch die Auf- sammlungen von Czekanowski erschlossen worden sind. Noch entschiedener spricht für eine Gleichstellung beider Faunen die Thatsache, dass zwei der bezeichnendsten Arten Hedenstroemia Mojsisovicsi Dien. und Ceratites subrobustus M ojs., mit durchaus gleichartigen Merkmalen in den sibirischen Olenek Schichten und in den dem Ceratiten-Sandstein gleich- werthigen Subrobustus Beds des Himalaya auftreten. Die Olenek-Fauna umfasst 41 Cephalopodenarten aus den Gattungen, beziehungsweise Untergattungen Dinarites, Cera- tites, Sibirites, Mecekoceras, Kingites, Hedenstroemia, Pro- sphingites, Goniodiscus, Popanoceras, Pleuronautilus und Atractites.! Obwohl sie daher an Artenmenge hinter dem Ceratiten- Sandstein um ein Geringes zurücksteht, so bezeichnet sie doch in Folge ihres Reichthums an trachyostraken Ammoniten den interessantesten Entwicklungstypus der in Rede stehenden Stufe. Sie erschien uns daher am geeignetsten, um eine Be- nennung für jene Stufe abzugeben und schlagen wir für die letztere den Namen »Jakutisch« vor, nach der Völkerschaft der Jakuten, die die Ufer des Polarmeeres am Unterlaufe des Olenek und der Lena bewohnt. In der südlichen Kalkzone der Ostalpen folgt bekanntlich über dem permischen Bellerophonkalk und mit diesem local durch Wechsellagerung verbunden, oder unmittelbar über dem Groedner Sandstein der Schiefer- und Kalksteincomplex der Werfner Schichten, der bis heute nur eine einzige Cephalo- podenfauna geliefert hat. Die cephalopodenführenden Bänke mit der Fauna des Tirolites cassianus sind auf die obere Ab- theilung der Werfner Schichten beschränkt, die in der alpin- mediterranen Triasprovinz ein beiläufiges Äquivalent des mitteleuropäischen Buntsandsteins darstellen. 1 E. v. Mojsisovics, Arktische Triasfaunen. Mem. acad. imp. des sciences de St. Petersbourg, VII. ser., T. XXXII, Nr. 6, 1886, und Über einige Triasammoniten des nördlichen Sibirien. Mem. acad. imp. des sciences de St. Petersbourg, VII. ser. T. XXXVI, Nr. 5, 1888. Trias-System. 1289 Ihrem zoologischen Charakter nach ist diese Fauna, wie E. v. Mojsisovics gezeigt hat, ungefähr gleichwerthig jener der Olenek Schichten und würde demgemäss in die Jakutische Stufe zu stellen sein. Schärfere Parallelisirungen mit der Indischen und Arktisch-pacifischen Triasprovinz sind für die Zeit der skythischen Bildungen nicht durchführbar. Die Be- schränkung der Tiroliten, dieser eigentlichen Leitformen der Werfner Schichten, auf die alpin-mediterrane Region weist darauf hin, dass während der skythischen Epoche eine gewisse Isolirung des Mittelmeeres gegenüber dem Indisch-Paeifischen Gebiete eingetreten sein dürfte! Erst während der Dinarischen Epoche fand ein Austausch alpin-mediterraner und indischer Formen statt, wie das Auftreten einer beträchtlichen Zahl alpiner Typen im Muschelkalk des Himalaya (Zone des Piychites rugifer) beweist. Gegen Osten reicht die Werfner Entwicklung bis zum Bogdoberge in der Astrachanischen Steppe. Für die zweite Hauptabtheilung des Trias-Systems schlagen wir den Namen »Dinarische Serie« vor. Innerhalb dieser Serie erscheinen bis heute erst drei Zonen sicher nachgewiesen, doch liegen für die Nothwendiekeit der Einschiebung einer neuen Zone an der Basis des Dinodosus-Horizonts bereits einige Anzeichen vor. Die unterste der drei dinarischen Zonen, jene des Stepha- nites superbus, kennen wir vorläufig nur aus der Salt Range, wo derselben die Fauna der Oberen Ceratiten-Kalke ent- spricht. In diesem Upper Ceratite-Limestone ist ohne Zweifel die reichhaltigste Fauna unter sämmtlichen Triasschichten der Salt Range enthalten, insbesondere, wenn man bedenkt, dass auch hier bisher keine systematischen Aufsammlungen gemacht wurden, sondern dass alles Material nur von gelegentlichen Funden herrührt. Der Upper Ceratite-Limestone hat nicht weniger als 4] Arten von Ammoniten geliefert. Es sind die folgenden: 1 Welche Bedeutung die asiatischen Cephalopodenfaunen für die Gliede- rung der skythischen Serie besitzen, geht am deutlichsten aus der Thatsache hervor, dass 212 bisher bekannten asiatischen Cephalopodenformen aus dieser Serie nur 25 aus der alpin-mediterranen Region gegenüberstehen. 1290 E. v. Mojsisovies, W. Waagen und C. Diener, Dinarites dimorphus W. Acrochordiceras compressum W. Ceratites inflatus W. Stephanites superbus W. disculus W. > corona W. » Murchisonianus Kon. Sibirites Kingianus W. angularis W. > chidruensis W. » dimorphus W. > dichotomus W. » sagitta W. > inaegwicostatus W. » patella W. ceratitoides W. Prionites tubercnlatus W. > discoides W. » undatus W. > amgulosus W. linguatus W. > parvumbilicatus W. Balatonites (?) Punjabiensis W. > ibex W. Danubites (Celtites) trapezoidalis W. > hircinus W. Celtites multiplicatus W. > tenuistriatus W. » dimorphus W. Goniodiscus ypus W. » ovalis W. Monophyllites? sp. ind. » teres W. Meekoceras fulguratum W. Acrochordiceras dimidialum W. » tortum W. » distractum W. » tardum W. » coronatum W. Lecamites convolutus W. cf. Damesi N oetl. Das Auffallendste an dieser Fauna ist das plötzliche riesige Überhandnehmen der Trachyostraca. In der obigen Liste gehören nicht weniger als 35 Arten zu den Trachyostraca, während nur 6 Arten den Leiostraca zuzuzählen sind. Dieser grosse Wechsel in der Zusammensetzung der Cephalopoden-Fauna, ohne dass damit zugleich die Facies sich ändern würde — denn in den hier vorliegenden Schichten ebenso wie in den vorhergehenden herrscht Cephalopoden- Facies — scheint von nicht geringer Bedeutung zu sein, und liegt die Vermuthung nahe, dass an der Basis des Upper Ceratite Limestone eine Formationsgrenze zu ziehen sei. _ Die Fauna des Upper Ceratite Limestone zeigt sowohl Anklänge an die ÖOlenek-Fauna, wie an jene des alpinen Muschelkalkes. Weitaus die meisten Faunenelemente aber, wie Prionites, Stephanites oder die beträchtliche Zahl (11) ganz eigenartiger Repräsentanten der Gattung Sibirites lassen überhaupt keine Analogien zu solchen anderer Triasterritorien erkennen. Da diese Fauna nur sehr wenige (4) leiostrake Ammoniten enthält, kann auf die ceratitische Ausbildung der Suturlinie bei denselben kein besonderes Gewicht gelegt werden. Trias-System. 1291 Dagegen spricht die relative Häufigkeit des Genus Acrochor- diceras, dem auch eine mit A. Damesi Noetl. aus dem germa- nischen Muschelkalk sehr nahe verwandte Art angehört, dafür, die Oberen Ceratiten-Kalke der Salt Range bereits der Dina- rischen Serie zuzuweisen. Wir gelangen also auf Grund des Vergleiches der Fauna des Oberen Ceratiten-Kalkes mit den Faunen ausserhalb der SaltRange gelegener Triasdistricte zu einemähnlichen Ergebniss, wie auf Grund des Studiums der Beziehungen dieser Fauna zu den derselben innerhalb der Salt Range selbst vorangehenden Triasfaunen. Es kann wohl nicht in Zweifel gestellt werden, dass die tieferen Abtheilungen der Ceratiten - Schichten als zeitliche Äquivalente jener Bildungen anzusehen seien, welche in Mittel- Europa den Namen »Buntsandstein« tragen. Anderseits jedoch haben wir gesehen, dass angefangen von den tiefsten Ablage- rungen des Lower Ceratite Limestone bis hinauf zur oberen Grenze der Ceratite Sandstones eine continuirliche Serie der Cephalopoden-Faunen angetroffen wird, dass aber vom Ceratite Sandstone zum Upper Ceratite Limestone ein beträchtlicher Wechsel sich einstellt. Hier muss also eine Formationsgrenze durchgezogen werden, und diese Grenze kann nur jene zwischen der Skythischen und Dinarischen Serie sein.“ Wir glauben daher die Oberen Ceratiten-Kalke an die Basis der Dinanischen Serie stellen zu sollen umd”betrachten sie innerhalb der letzteren als den Typus einer besonderen Stufe. Die Bezeichnung der letzteren als »Hydaspische« Stufe ist dem alten Namen des die Salt Range an ihrer Ostseite um- fliessenden Ihelum (Hydaspes) entnommen. Ablagerungen, die man der Hydaspischen Stufe mit Be- stimmtheit zurechnen könnte, sind ausserhalb der Salt Range nicht bekannt. Vielleicht gehören die Posidonomyenkalke von Spitzbergen! und die rothen triadischen Klippenkalke von Chitichun in Tibet derselben an. Unter den 11 Cephalo- podenarten der spitzbergischen Posidonomyenkalke stehen die meisten auf einem nur wenig höheren Entwicklungsstadium I E.v. Mojsisovics, Arktische Triasfaunen |. c. 1292 E. v. Mojsisovies, W. Waagen und C. Diener, als jene der Olenek-Fauna, was für eine verhältnissmässig tiefe Position derselben innerhalb der Dinarischen Serie sprechen würde. Die merkwürdige Fauna der triadischen Klippen- Kalke von Chitichun, die den Typus der Hallstätter Ent- wicklung innerhalb der indischen Triasprovinz repräsentiren, enthält 15 Cephalopoden-Arten, darunter 11 Vertreter der Ammonea leiostraca. Da schon durch diese Zusammensetzung die Chitichun-Fauna einen directen Vergleich mit den Ob. Cera- titen-Kalken nicht zulässt, bleibt die bathrologische Stellung derselben noch unsicher. Diese Unsicherheit wird noch ver- schärft durch das Auftreten alterthümlicher Elemente (Xenaspis, Gymnites Ugra) neben solchen, deren zoologischer Charakter auf ein höheres Niveau der Dinarischen Serie hinweist.! Die zweite Stufe der Dinarischen Serie umfasst die einander faunistisch nahestehenden Zonen des Ceratites bino- dosus und des C. trinodosus? in der alpinen Trias, also jene Bildungen, die man gegenwärtig als alpinen Muschelkalk zu bezeichnen pflegt.? Die Bezeichnung »Anisische Stufe« (Anisus= Bnns) empnehlt= sich aus dem Gamdendagpe ge Zonen in der Umgebung der altberühmten Localität Gross- Reifling im Ennsthale in typischer Weise entwickelt sind. Aus dem Dinodosus-Horizont des Tiefengrabens macht eine eben in Veröffentlichung begriffene Arbeit von G. v. Arthaber* nicht weniger als 81 Arten namhaft, während die Fauna der Gamssteinkalke ein reiches, erst zum geringsten Theile bearbeitetes Versteinerungsmaterial der Trinodosus-Zone ge- Kerenghas 1 C. Diener, Denkschr. k. Akad. d. Wiss. Bd. LXII, math.-naturw. Cl,, 1'895, S2 »98 und Balaeont- Ind, ser XIV vol2yPpt2>22 { 2 Zwei faunistisch verschiedene Cephalopoden-Niveaux wurden im alpinen Muschelkalk zum erstenmale von E. v. Mojsisovics im Jahre 1872 (Verh. k. k. Geol. Reichs-Anst. 1872, S. 190) unterschieden. Diesen Niveaux wurden später (Dolomitriffe ete., S. 79) die obenstehenden Zonenbezeichnungen beigelest. > Vergl. auch E. W. Benecke, Bemerkungen über die Gliederung der oberen alpinen Trias und über alpinen und ausseralpinen Muschelkalk. Ber. der naturf. Ges. zu Rreiburs; i. B., Bd. IX, Heft 3, 11895. 4 G. v. Arthaber, Die Cephalopodenfauna der Reiflinger Kalke. W. Waagen’s Beitr. zur Pal. und Geol. Österreich-Ungarns etc., Bd. X., 1895. 5 Vergl. A. Bittner, Verh. k. k. Geol. R.-A. 1884, S. 262, 1885, S. 143. Trias-System. 1298 Der Binodosus-Zone entspricht die Balatonische, der Trinodosus-Zone die Bosnische Unterstufe. Die erstere Be- nennung spielt auf die Umgebung des Platten-Sees an, wo die reiche Gliederung des unteren Muschelkalkes durch die ver- dienstvollen Arbeiten von J. Boeckh! über die Trias des Bakony-Waldes nachgewiesen wurde. Die zweite Benennung schien uns mit Rücksicht auf den Umstand angemessen, weil von den vier typischen, untereinander wohl nicht vollkommen gleichaltrigen Faunen der Trinodosus-Zone, von Reutte, Schreyer Alm, Prezzo und Han-Bulog, die letztere als die weitaus reichste erscheint. Durch F. v. Hauer sind bisher 120 Cephalopoden- Arten aus der Fauna von Han-Bulog beschrieben worden, während die Fauna der Schreyer Alm bei Hallstatt 72, jene von Prezzo 24, jene von Reutte nur 18 Arten geliefert hat,? obwohl serade die letztere durch Beyrich'’s* bekannte Arbeit für unsere Kenntniss der dinarischen Faunen in den Ostalpen historische Bedeutung gewonnen hat. Im Himalaya entspricht der bosnischen Unterstufe die von Griesbach als Muschelkalk bezeichnete Schichtgruppe, die die reichste bisher bekannte asiatische Triasfauna mit 80 Cephalopoden-Arten geliefert hat. Die Beziehungen dieser Fauna zu jener der alpin-mediterranen Provinz sind deutlich ausgeprägt; zwei, vielleicht drei Formen (Sturia Sansovinii Mojs., Proarcestes Balfouri Oppel = P. Escheri Mojs. und ÖOrthoceras cf. campanile Mojs.) sind beiden gemeinsam. Die Beziehungen der Fauna des Himalaya-Muschelkalkes (Zone 1 J. Boeckh, Die geologischen Verhältnisse des südlichen Theiles des Bakony. I. Theil Mitth. aus dem Jahrb. der königl. ungar. geol. Anst., II. Bd.,1873. 2 F.v. Hauer, Die Cephalopoden des bosnischen Muschelkalkes von Han-Bulog bei Sarajevo. Denkschr. kais. Akad. der Wiss. LIV, mathem.-naturw. Classe 1887, und Beiträge zur Kenntniss der Cephalopoden aus der Trias von Bosnien. I. Neue Funde aus dem Muschelkalk von Han Bulog bei Sarajevo. Ibsid2 ERBE, 1892: 3» E.v. Mojsisovics, Die Cephalopoden der Mediterranen Triasprovinz. Abh.k. k. Geol. Reichs Anst., X. Bd. 4 E. Beyrich, Über einige Cephalopoden aus dem Muschelkalk der Alpen und über verwandte Arten. Abhandl. königl. Akad. der Wiss., Berlin 1866. 5 C. Diener, Cephalopoda of the Muschelkalk. Palaeontologia Indica, ser. XV, Himalayan Fossils, Vol. II, Pt. 2. 1294 E. v. Mojsisovies, W. Waagen und C. Diener, des Ptychites rugifer Oppel) zu jener der bosnischen Stufe in den Östalpen sind durch die Herrn G. v. Arthaber in den keiflinger Kalken kürzlich geglückten (noch nicht publieirten) Funde unserer Erkenntniss noch näher gerückt worden. Die Zone des Ceratites binodosus dürfte im Himalaya wahrscheinlich durch den Horizont des Sibirites Prahlada Dien. vertreten sein. Ob die triadischen Klippenkalke von Chitichun dieser oder der tieferen Zone des Siephanites superbus ent- sprechen, bleibt vorläufig eine offene Frage. In der Salt Range dürfte wenigstens ein Theil der über den Oberen Ceratiten-Kalken folgenden Abtheilungen der Trias- bildungen der anisischen Stufe zuzurechnen sein. Über dem Upper Ceratite Limestone folgt hier ein durch- greifender Wechsel der Facies. Während bis dahin alle tria- dischen Schichten in einer Cephalopoden-Facies entwickelt waren, folgt plötzlich eine Bivalven-Facies, in welcher Cephalo- poden zu den Seltenheiten gehören. Es wurde diese Abtheilung dementsprechend als Bivalve-Beds bezeichnet. Die Bivalven-Fauna dieser Schichten ist noch nicht genau durchgearbeitet, doch sind die Exemplare meist schlecht erhalten und von nur wenig prägnantem Typus. Aviculaceen, Pectinaceen, Myophorien, Arcaceen sind vorhanden, daneben ein sehr schöner Plenronantilus, der einigermassen an alpine Muschelkalk-Typen erinnert, endlich die folgenden Ammoneen: Dinarites sinnatus W. Lecanites planorbis W. » lagueus W. Über dieseFormen lässt sich im ganzen wenig sagen. Merk- würdig ist, dass Lecanites noch in typischen Formen hier herauf- reicht. Es erinnert dies gewissermaassen an alpine Verhältnisse, wo Lecanites noch in den Cassianer-Schichten sich findet. Dass diese Bivalve-Beds noch irgend einem Horizonte der Dinarischen Serie angehören dürften, kann man wohl kaum bezweifeln, allein es ist nicht möglich, die näheren Äquivalente derselben innerhalb der Dinarischen Serie anzugeben. In der Arktis erscheint die anisische Stufe durch die Daonellen-Kalke von Spitzbergen repräsentirt, deren 26 Trias-System. 1295 Cephalopoden-Arten zum Theil Anklänge an Formen der indischen Triasprovinz zeigen.! Geographische Verbreitung der pelagischen Sedimente der unteren Trias. I. Skythische Bildungen. a) Innerhalb des Mediterran- Gebietes in der Ausbildungsweise der Werfner Schichten, so noch am Bogdo Berge in der astrachan'schen Steppe. b) In Asien: Salt Range und Himalaya (Brahmanisch und Jakutisch); Ussuri Bucht und Insel Russkij in Ostsibirien (Brahmanisch); am Unterlaufe des Olenek und auf der Insel Kotelny in Nordsibirien (Jakutisch). c) In Amerika: Meekoceras Beds von Idaho.” NED marische, Bildunsenz a) na Eiropa: Nussernalb des Alpengebietes (mit Einschluss des Bakony) sind dinarische Cephalopodenfaunen im Muschelkalk des germanischen Trias- beckens, im Ebrogebiet bei Barcelona,’ in den Westkarpathen (Neusohler Comitat),* in Bosnien (Han Bulog und Haliluci und in neuester Zeit noch an einer Reihe von anderen Localitäten) und Dalmatien (Bocche di Cattaro) bekannt. b) In Asien: Am Golf von Ismid im Marmara Meere (im Sommer 1895 von Prof. F. Toula entdeckt); in der Salt Range und im Himalaya; auf der Insel Russkij (ostsibirische Küsten- provinz); Kalkstein von Mengilaech und Masylfelsen am Olenek; ® Insel Tas-Ary an der Mündung der Lena (Nordsibirien).’ I E.v. Mojsisovics, Arktische Triasfaunen, 1. ce. 2 Ch. White, Triassic Fossils of Southeastern Idaho. Ann. Rep. U. S. Geol. Surv. of the Territories (Hayden) for 1878, Pt. I. 3 Nach Einsendung einer Suite von schlecht erhaltenen Ceratiten an Oberbergrath E. v. Mojsisovics. Diese Ceratiten erinnern eher an solche des germanischen Wellenkalkes als an jene des alpinen Muschelkalkes. * D. Stur, Bericht über die geologischen Aufnahmen im oberen Waag- und Granthale. Jahrb. k. k. Geol. Reichs Anst., XVIII, 1868, S. 356 ff. 5 Mittheilung des Herrn Dr. G. v. Bukowski. 6 E. v. Mojsisovics, Arktische Triasfaunen, 1. c. S. 88 und 96 und Mem. Acad. imp. de sc., St. Petersbourg, VII ser., T. XXXVI, Nr. 5,1 888, p. 20. ? Nach Einsendung einer Suite von Cephalopoden (insbes. Hungarites triformis M 0js.) durch Baron E. v. Tollan Dr. €. Diener. 1296 E. v. Mojsisovics, W. Waagen und C. Diener, Ausserdem ist an dieser Stelle der von Loczy! bei dem Kloster Tschung-tieng in Süd-China entdeckten Bivalven- und Gastropoden-Fauna zu gedenken, deren Verwandtschaft mit jener des deutschen Muschelkalkes betont wird. c) Innerhalb der Arktis: Posidonomyen-Kalke und Dao- nellen-Kalke von Spitzbergen, von denen die ersteren eine ältere vielleicht der hydaspischen Stufe angehörige Fauna um- schliessen. d) In Amerika: Bildungen, die man der Dinarischen Serie mit Bestimmtheit zuweisen könnte, sind bisher nicht bekannt, doch werden von Hyatt? aus der Trias von Taylorville (Cali- fornien) Cephalopoden namhaft gemacht, die auf eine Vertretung des alpinen Muschelkalkes hinweisen sollen. Il. Obere Trias (Tirolische und Bajuvarische Serie) vonE. v. Mojsisovics. Der in dem Il. Bande meines Werkes über die Cephalopoden der Hallstätter Kalke? gegebenen Gliederung der Oberen Trias habe ich hier nur wenige Mittheilungen hinzuzufügen. Die Norische und Karnische Stufe fasse ich in Über- einstimmung mit Munier-Chalmas und A. de Lapparent als Tirolische Serie zusammen. Die Grenze zwischen dieser und der die juvavische und rhätische Stufe umfassenden Bajuvarischen Serie markirt die schärfste zoologische Grenze innerhalb der Oberen Trias der Östalpen. Die Norische Stufe umfasst ausser den bereits bekannten Zonen des Protrachyceras Curionii und des Protrachyceras Archelaus die zwischen dieselben neu einzuschiebende Zone des Dinarites avisianus. Diese Zone wird repräsentirt durch die in den beiden letzten Jahren von Kittl* und Salomon?’ I Die wissenschaftlichenErgebnisse derReise des Grafen BelaSzechenyi in Ostasien, 1877—1880. Wien, E. Hölzel, 1895. I. Bd., S. 738. 2 A. Hyatt, Jura and Trias of Taylorville, Calitorme. Bull. of the Geol. Soc. of America, Vol. 3, Rochester 1892, p. 395. 3 Abhandlungen k. k. Geol. Reichs Anst., Wien, VI. Bd., II. Hälfte, 1893. +4 E. Kittl, Die triadischen Gastropoden der Marmolata und verwandter Fundstellen in den weissen Riffkalken Südtirols. Jahrb. k. k. Geol. R. A., 1894. 5 W. Salomon, Geologische und palaeontologische Studien über die Marmolata. Palaeontographica, 42. Bd. Trias-System. 129% beschriebene Fauna der Marmolata- und Latemar-Kalke. Die jene Fauna umschliessenden Kalke wurden von mir im Jahre 1879 als Untere Wengener Dolomite bezeichnet und der von jenem der Wengener Fauna abweichende ältere Charakter der Latemar - Fauna betont, während die Reichhaltigkeit der Marmolata-Fauna zu jener Zeit noch nicht bekannt war. Die Unterscheidung der »Unteren Wengener Kalke und Dolomite« gründete sich auf die geologische bedeutsame Thatsache, dass ihr Aufbau den grossen südtirolischen Eruptionen der Wengener Zeit vorausgieng. Ich erlaube mir, den hierauf bezüglichen Passus aus meinem Werke über die Dolomitriffe von Südtirol (p. 484) an dieser Stelle wörtlich anzuführen, da ich die damals von mir vertretene Anschauung über das Alter der Marmolata- und Latemar-Kalke auch heute noch für durchaus zutreffend erachte. »Die Fossilien der Marmolata, des Latemar-Gebirges und des Dosso Capello (vergl. S. 355 u. 379) stehen mit den aus den Lagerungsverhältnissen gezogenen Schlüssen über das Alter dieser Dolomite in bestem Einklange, insoferne dieselben auf das Niveau der Porphyrtuffe von Kaltwasser bei Raibl ver- weisen. Es wurde bereits angedeutet, dass der Charakter der an diesen Fundstellen vorkommenden Cephalopoden nach den phylogenetischen Beziehungen auf eine derjenigen der Buchen- steiner Schichten zunächst sich anschliessende Fauna hinweist. Da in allen isopischen Dolomitriffer” unseres Gebietes ein aliquoter, unterster Theil des Wengener Dolomits seiner Bil- dungszeit nach der Ausbreitung der Augitporphyrlaven voran- ging, so stünde der Annahme nichts im Wege, dass die Fauna der Fassaner und Fleimser Dolomite und der Tuffe von Kalt- wasser etwas älter, als die typische Wengener Fauna sei.« Kittl hat die stratigraphische Stellung der Latemar- und Marmolata-Kalke gleichfalls in zutreffender Weise gedeutet und eine sachgemässe Charakteristik ihrer Fauna gegeben. Die Zone des Dinarites avisianus erscheint auch in den Tuffen von Kaltwasser bei Raibl vertreten. Diese Zone fassen wir mit der sie unterlagernden Zone des Protrachyceras Curionii (Buchensteiner Schichten) als unternorische oder Fassanische Unterstufe zusammen und Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 89 1298 E. v. Mojsisovics, W. Waagen und C. Diener, stellen ihr die Zone des Protrachyceras Archelaus (Wengener Schichten) als obernorische oder Longobardische Unterstufe gegenüber. Im Bakony-Wald erscheint eine Zweitheilung dieser Unter- stufe in der Überlagerung der rothen, hornsteinführenden Kalke mit der Esino-Fauna durch die weissen Füreder Kalke mit der Fauna der typischen Wengener Schichten angedeutet.! Die Eintheilung der Karnischen und Juvavischen Stufe ist mit der in dem Il. Bande der Cephalopoden der Hallstätter Kalke (p. 810) gegebenen Tabelle in Übereinstimmung geblieben. Doch schien es im Interesse der Gleichförmigkeit des vor- liegenden Entwurfes zweckmässig, den bereits damals unter- schiedenen Abtheilungen der einzelnen Stufen besondere Be- zeichnungen als Unterstufen beizulegen, nachdem eine weite Verbreitung der meisten derselben in den letzten Jahren nach- gewiesen erscheint. Als solche Bezeichnungen schlage ich vor die Namen: Cordevolisch? für die unterkarnische, Julisch? für die mittelkarnische, Tuvalisch? für die oberkarnische, Lacisch? für die unterjuvavische, Alaunisch® für die mitteljuvavische und Sevatisch’ für die oberjuvavische Unterstufe. Die Rhätische Stufe umfasst nur eine einzige Zone, jene der Avicnla contorta.® Eine Cephalopodenfauna derselben ist bisher nur aus den Ostalpen bekannt.” Suess!? hat inner- = 1 E. v. Mojsisovics: »Die Cephalopoden der mediterranen Trias- provinz«. Abhandl. k. k. Geol. Reichs-Anst., X. Bd., p. 312. 2 Nach dem Cordevole, dessen Quellgebiet nahe bei St. Cassian liegt. 3 Nach den julischen Alpen, in deren Gebiet Raibl liest. 4 Als Mons Tuval bezeichneten die Römer das Berggebiet zwischen Berchtesgaden und Hallein. 5 »In laciacis«, römischer Name für das Salzkammergut. 6 Die Alauner lebten zur Zeit der römischen Besiedelung des juvavischen Gebietes in der Gegend von Hallein. 7 Nach den Sevatern, einem keltischen Volksstamm zwischen Inn und Enns. : S A.v. Ditmar: »Die Contorta-Zone etc.«, 1864. 9 Pompeckj: »Ammoniten des Rhaet.« Neues Jahrb. für Min., 1895, II. Bd. 10 In E. Suess und E. v. Mojsisovics: »Studien über die Gliederung der Trias- und Jurabildungen in den östlichen Alpen. Nr. II. Die Gebirgsgruppe des Osterhorns.« Jahrb. k. k. Geol. Reichs-Anst., 1868, p. 188 ff. Trias-System. 1299 halb der Rhätischen Stufe in einem Theile der Nordkalkalpen eine Aufeinanderfolge von fünf verschiedenen Facies (Schwä- bische Facies, Karpathische Facies, Hauptlithodendronkalk, Koessener Facies und Salzburger Facies) unterschieden. Die erste dieser fünf Facies erscheint durch ihr Auftreten in den ausseralpinen Ablagerungen der Rhätischen Stufe von Bedeu- tung. Die ärmliche Cephalopodenfauna mit Mojsvarites planor- boides Gümb. und Choristoceras Marshi Hauer besitzt noch ein ausschliesslich triadisches Gepräge, und zwischen derselben und den Faunen der tiefsten Zonen des Lias existirt eine vor- läufignoch nirgends auf der Erde durch glückliche Funde über- brückte Lücke in der paläontologischen Überlieferung. Geographische Verbreitung der pelagischen Sedimente der oberen Trias. I. Norische Bildungen sind ausserhalb des Alpen- systems im engeren Sinne nachgewiesen: a) in Europa: Bei Mora d’Ebro in Spanien (bei Barcelona);! auf den Balearen? (an beiden Localitäten fassanische Unterstufe); bei Lagonegro in Süditalien (longobardisch);? bei PoZoritta in der Bukowina (longobardisch);* in der Dobrudscha? (longobardisch). b) in Asien: auf der Insel Nipon (Japan), ohne dass eine nähere Horizontirung möglich wäre.® N eelepoden der Mediterr. Triasprovinz 1. c. p. 313 und Verh. k.k. Geol. Reichs-Anst., 1881, p. 105. 2 Verh. k. k. Geol. Reichs-Anst., 1887, p. 327. G. de Lorenzo, Sul Trias dei dintorni di Lagonegro in Basilicata. Atti R. Acad. sc. fis. e mat. di Napoli Vol. V, ser. 2. Nr. 8 (1892), ferner, Le Montagne mesozoiche di Lagonegro, ibid. Vol. VI, ser. 2, Nr. 15 (1894) und: I} Osservazioni geologiche nell’ Apennino della Basilicata meridionale, ibid. Vol. VII, ser. 2, Nr. 8 (1895). 4 Paul »Die Trias in der Bukowina«. Verh. k. k. Geol. R.-A. 1874, p. 368. 5 Auf Grund der Einsichtnahme einiger von Herrn Prof. Gregorio Stefa- nescu gesammelter Cephalopoden. Vergl. auch Verh. k. k. Geol. Reichs-Anst. 1873. S. 309. 6 E. v. Mojsisovics: »Über einige japanische Triasfossilien«. Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns etc. von E. v. Mojsisovics und M. Neumayr, Bd. VII. — Von Chahil in Afghanisch-Turkestan erwähnt C. L. Griesbach (Records Geol. Surv. of India XX, 1837, p. 97) das Vorkommen von Daonella Lommeli, doch dürfte diese Bestimmung wohl noch einer Revision zu unterziehen sein. 85* 1300 E. v. Mojsisovics, W. Waagen und C. Diener, c) in Nordamerika: Ein Theil der von Meek und Gabb beschriebenen Fauna, deren Typen mit Japan gemeinsam sind." Die Fortsetzung dieser Schichten findet sich höchst wahr- scheinlich auch in der Cordillere von Canada. Die aus der canadischen Trias bisher bekannt gewordenen Fossilien sind für eine nähere Parallelisirung leider nicht ausreichend.? I. Karnische Bildungen sind ausserhalb des Alpen- systems im engeren Sinne bekannt: a) in Europa: auf Sicilien;? in Bosnien (südöstlich von Serajevo)*; bei Pozoritta in der Bukowina (cordevolisch)?; in Ost-Siebenbürgen (julisch oder tuvalisch).® b) in Asien: Himalaya (julisch und tuvalisch); wahrschein- lich auch die Daonellen-Gesteine von Rotti im indischen Archipel.” c) in Nordamerika: Subbullatus-Schichten von Californien (nach A. Hyatt und J. P. Smith). III. Juvavische Bildungen. Ausser in der sogenannten Hallstätter Entwicklung, die auf die nordöstlichen Alpen zwischen Berchtesgaden und Wien beschränkt ist, sind inner- halb der letzten Jahre juvavische Cephalopoden an einer grösseren Reihe von Fundorten im Dachsteinkalk der Ostalpen nachgewiesen worden. Ich begnüge mich hier zu erwähnen, dass im Dachsteinkalk bisher mindestens zwei altersver- schiedene Cephalopoden-Niveaux, und zwar das oberkarnische 1 Meek in Cl. King, U. S. Geol. Exploration of the 40. Par. IV, Orni- thology and Palaeontology, Washington 1877. — W. Gabb: »Description of the triassic fossils of California etc.« in Whitney’s Geol. Surv. of California, Vol. I, Palaeontology. 2 J. F. Whiteaves: »Contributions to Canadian Palaeontology«. Vol. I, Pt. 2. Montreal 1889, p. 127. 3 G. Gemmellaro: »Sul Trias della regione occidentale della Sicilia.« Roma, Mem.R. Acad. dei Lincei 1881—82, ser. 3a., Vol. XII. 4 E.v. Mojsisovics in »Grundlinien der Geologie von Bosnien und Hercegovina«. Wien, Hölder, 1880, p. 321. 5 E.v. Mojsisovics: »Über einige neue Funde von Fossilien in den Ostkarpathen«. Verh. k. k. Geol. Reichs-Anst. 1879, S. 189. 6 E. v. Mojsisovics: »Über norische Bildungen in Siebenbürgen«. Verh. k. k. Geol. Reichs-Anst., 1875, S. 142, i ? A. Rothpletz: »Die Perm-, Trias- und Jura-Formation auf Timor und Rotti im indischen Archipel« Palaeontographica, Bd. 39, 1892. Trias-System. 1301 des Tropites subbullatus und ein juvavisches constatirt werden konnten. Ausserdem erscheinen juvavische Bildungen bisher nach- gewiesen a) in Europa: in der Bukowina (rothe Hallstätter Kalke unterjuvavischen Alters von Valle mestakan bei Kimpo- lung, nach von Prof. V. Uhlig mitgetheilten Stücken); bei Dernö in Oberungarn, von welcher Localität 18 Arten der ober- juvavischen Zone des Pinacoceras Metternichi vorliegen; in Öst-Siebenbürgen (alaunisch). b) in Asien: Balia Maden in Kleinasien (wahrscheinlich sevatisch); Pamir (Halorellen- und Monotis-Gesteine von möglicherweise schon alaunischem, wahrscheinlich aber seva- tischem Alter); Zhob Valley in Afghanistan (Zone des Cyrto- pleurites bicrenatus, alaunisch); Himalaya;? Rotti (Gesteine mit Monotis salinaria, mittel- oder oberjuvavisch.? c) auf dem Malayischen Inselbogen: Neu-Caledonien* und (2) Neu-Seeland.’ d) in Süd-Amerika: Peru.® e) in Nord-Amerika: innerhalb der Triasablagerungen von Californien. A. Hyatt erwähnt aus der Trias von Taylor- ville Rhabdoceras, eine Gattung, die in Europa bisher nur aus der juvavischen Stufe bekannt ist. Von Gabb wird ferner der innere Kern eines catenaten Haloriten abgebildet, was umso bemerkenswerther erscheint, als catenate Haloriten aus dem Himalaya noch nicht bekannt sind. Endlich ist noch der weiten Verbreitung der Pseudo- monotis-Schichten innerhalb der Arktisch-Pacifischen 1 E. Suess, Beiträge zur Stratigraphie Centralasiens. Denkschr. kais. Akad. d. Wiss. LXI. math.-naturw. Cl., 1894, S. 458. 2 Nähere Mittheilungen über die obertriadischen Cephalopodenfaunen des Himalaya werden in einer demnächst in den Denkschr. d. kais. Akad. erscheinenden Arbeit gegeben werden. * 3 Das triadische Alter der auf Grund der Angaben von Theobald der oberen Trias zugewiesenen Schichten der Arakan-yoma in Burma erscheint in hohem Grade zweifelhaft. 4 Comptes-Rendus de l’acad. des sciences, Paris, 18. nov. 1895. 5 Arktische Triasfaunen, 1. c. S. 151 und F. W. Hutton, On the geo- losy of New-Zealand. Quart. Journ. 1835, p. 204. 6 Arktische Triasfaunen, S. 151. 1302 E.v.Mojsisovics, W. Waagen u. C.Diener, Trias-System. Region zu gedenken. Eine sorgfältige Zusammenstellung der Localitäten, an welchen man diese, zumeist als triadisch ange- sprochenen Ablagerungen bisher aufgefunden hat, ist von F. Teller! gegeben worden. In Bezug auf die Unsicherheit der Altersstellung der Pseudomonotis-Schichten sind wir leider über den von Teller in jener trefflichen Arbeit präcisirten Standpunkt auch heute noch nicht hinausgekommen. Die erwähnten Fundorte umfassen den ganzen Umkreis des Pacifischen Oceans und der Arktis, ferner die Thetys, als deren westlichster Ausläufer sich das mediterrane Becken darstellt, während an den Küsten des Atlantischen Oceans und auf dem afrikanischen Continent marine Bildungen triadischen Alters vollständig unbekannt sind. In Übereinstimmung mit Suess gelangen wir daher auf Grund dieser Übersicht der pelagischen Sedimente der Trias zu dem Ergebniss, dass während der Triasepoche der atlantische Ocean mindestens in seinem heutigen Umfange noch nicht existirt haben kann, dass die Thetys auch im Süden von einem grossen Festlande begrenzt war und dass das mittelländische Meer nicht eine Dependenz des atlantischen Oceans, sondern einen integrirenden Bestand- theil jenes uralten, heute erloschenen Meeres bildete. ı F. Teller inE.v. Mojsisovics, Arktische Triasfaunen, S. 110 ff. 1303 Morphologische und biologische Unter- suchungen über die Flechten (II. Abhandlung) H. Zukal. (Vorgelegt in der Sitzung am 10. October 1895.) 1. Die Rinde der Flechten als Schutzmittel der Algen vor allzustarkem Wasserverlust durch die Verdunstung. Die Rinde der Flechten hat sehr verschiedene Functionen zu erfüllen. Neben der mechanischen Leistung der allgemeinen Körperbedeckung hat sie nämlich die Gonidien und den übrigen Thallus von dem zu starken Verluste des für den ungestörten Verlauf der Lebensthätigkeit so nöthigen Betriebswassers zu bewahren; sie muss aber auch umgekehrt in vielen Fällen das Wasser von aussen aufnehmen und nach innen weiterleiten und so für den Ersatz des durch Verdunstung verursachten Wasserverlustes Sorge tragen. Die Rinde ist ferner die Trägerin verschiedener chemischer und mechanischer Schutzmittel, durch welche der Thallus nicht nur vor dem Thierfrass und vor pflanz- lichen Schmarotzern beschützt, sondern auch befähigt wird, allen Unbilden der Witterung und des Klimas jahrelang Trotz zu bieten. Die Rinde ist ferner der Ort, an welchem der Flechten- organismus seine zahlreichen Secrete und Excrete mit Vorliebe deponirt. Sie muss endlich bis zu einem gewissen Grade trans- parent sein und unter allen Umständen so viel Licht durch- lassen, als für den Assimilationsprocess der Gonidien erforder- lich ist. 1304 H. Zukal, Hier speciell haben wir es nur mit jenen Einrichtungen zu thun, durch welche der Thallus und namentlich die Gonidien- schichte vor allzugrosser Austrocknung bewahrt werden. Letztere kann erfolgen entweder durch starke Transspira- tion, namentlich im direceten Sonnenlichte, oder durch das Gefrieren des imbibirten Wassers bei grosser Kälte. Hat der Wasserverlust eine gewisse Grenze überschritten, so verfallen die Flechten in einen latenten Zustand, in welchem sämmtliche Lebensthätigkeiten fast auf Null sinken. Es geht jedoch aus Jumelle’s! Untersuchungen hervor, dass die Flechten den wasserarmen Zustand nicht beliebig lang ertragen können und dass höhere Flechten nach einer dreimonatlichen Austrocknung und dann erfolgten Wiederbefeuchtung eine sehr herabgesetzte Lebensenergie zeigen, und zwar sowohl in Bezug auf die As- similation, als auch auf die Respiration. Auch im durchfeuchteten Zustande steht die Aufnahme des Sauerstoffes und der Kohlen- säure in einer ganz bestimmten Beziehung zum Wassergehalte. Da die Rinde der Flechten in den weitaus meisten Fällen aus Pilzhyphen besteht und nur bei den Flechten mit endo- genem Thallus aus den bezüglichen Hüllhäuten der Algen, so muss hier vor Allem die Frage aufgeworfen werden: Wie schützt sich der einzelne Pilzprotoplast vor allzugrossem Wasserverlust durch Austrocknung? Die Antwort lautet mit Beziehung auf die Dauerzellen, Sporen und Sklerotien der Pilze: Durch Verdickung und Cuticularisirung der Membranen seltener durch Gallertbildungen und Farbstoffe und Salze. Man beobachtet nämlich an trocken aufbewahrten, dickwändigen Sporen, an »verholzten« Pilzen und Sklerotien, dass sie nur sehr langsam, oft erst nach Monaten, ihren wässerigen Inhalt verlieren und man kann sich überzeugen, dass im Allgemeinen die Transpiration umsomehr herabgesetzt wird, je mehr die Zellhäute verdickt und cuticularisirt sind. Dieselben Mittel nun, welche die einzelne Pilzzelle anwendet, um sich vor dem totalen Verluste des Betriebswassers zu schützen, wenden auch die Hyphen und jener Hyphenverband an, der in seiner 1 Jumelle, Recherches physiologiques sur les Lichens (Revue gen. de Bot.). Untersuchungen über die Flechten. 1808 Gesammtheit die Rindenschichte bildet. Die Rinde stellt also gewissermassen eine Decke vor, welche selbst nur schwer ganz austrocknet und die auch die unter ihr liegenden Thallus- schichten, namentlich die Gonidien, ebenfalls vor Austrocknung bewahrt, indem sie sie vor dem directen Sonnenlichte, be- ziehungsweise vor der strahlenden Wärme schützt und die Transspiration der Nähralgen herabsetzt. Diese Aufgabe erfüllt selbst die alte Rinde, die in vielen Fällen nicht mehr als lebend angesehen werden kann. Der feinere Bau der Rinde zeigt grosse Verschiedenheiten und Eigenthümlichkeiten, deren Mannigfaltigkeit jedoch begreif- lich ist, wenn man bedenkt, dass sie nicht nur für die Zwecke des Schutzes, sondern auch für die Durchlässigkeit in Bezug auf das Licht und das Wasser angepasst sein muss und dass sie ausserdem auch noch häufig als Ablagerungsstätte für diverse Säuren, Salze und Farbstoffe .dient. So zahlreich übrigens die Figenthümlichkeiten im morphologischen Aufbau der Rinde auch sein mögen, so lassen sich immerhin mehrere Haupttypen unterscheiden, auf welchen sich jeder gegebene Fall mehr oder minder leicht zurückführen lässt. Allerdings gehen die zu erwähnenden Rindentypen in mannigfacher Weise ineinander über. Auch kommt es vor, dass die Rinde an den jüngeren Thallustheilen einem anderen Typus angehört, als an den älteren. Als ersten Typus will ich den pseudoparenchymatischen anführen, weil er der häufigste ist. Bei dieser Rindenform sind die Hyphen gewöhnlich so durcheinandergeflochten und ihre Zellen derartig zu einem Scheingewebe verschmolzen, dass der Verlauf der einzelnen Hyphe in der Regel nicht mehr erkannt werden kann. Die Dicke dieser Rinde ist sehr verschieden und wird meist durch die Anzahl der Zellreihen bedingt, welche das Pseudoparenchym aufbauen. Dabei ist zu bemerken, dass die oberste, unmittelbar an die Luft grenzende Zellreihe gewöhn- lich gefärbt oder mit Flechtensäuren incrustirt ist und ausser- dem häufig beträchtlich dickere Zellwände aufweist, als die tiefer liegenden Zellreihen. DerpseudoparenchymatischeRinden- typus kommt häufig an den älteren Thallustheilen vieler Strauch- flechten, z.B. von Usmea und Bryopogon, Cornicularia und 1306 H. Zukal, Sphaerophorus, bei den meisten Laubflechten, wie z.B. bei den laubartigen Cetrarien, bei Sticha, Peltigera, Solorina, Nephroma, Parmelia Endocarpon, Umbilicaria Gyrophora, endlich auch bei den grösseren Krustenflechten vor. Der zweite Typus wird durch die pallisadenartige Rinde repräsentirt. Dieselbe besteht aus parallelen, senkrecht zur Thallusfläche aufgerichteten Hyphen, welche nicht miteinander zu einem Gewebe verschmolzen sind, sondern nur dicht neben- einanderstehen, wie die Paraphysen in den Apothecien. Dieser Typus kommt gewöhnlich dann zur Entwicklung, wenn die Hyphen einen regelmässigen, orthogonal trajectorischen Ver- lauf! nehmen, wie z. B. in den Spitzen von Evernia, Sphaero- phorus, Thamnolia und Rocella. Aber nur bei letzterer Gattung kommt der Pallisadentypus zur reinsten Entwicklung, während er bei den übrigen Formen mit senkrecht aufgerichteten Hyphen durch innige Verschmelzung der nachbarlichen Hyphenzweige leicht in den pseudoparenchymatischen Typus übergeht. Letzteres ist auch nach Schwenderer der Fall bei /mbricaria, Pannaria, Endocarpon, Umbilicaria, Gyrophora, Placodium, Endopyrenium etc. Als dritten Typus will ich die »faserige« (fibröse) Rinde anführen. Bei dieser Rindenform wird der faserige Charakter der die Rinde bildenden Pilzhyphen erhalten und die Hyphen verlaufen entweder parallel der Längsaxe des Thallus, wie_ z.B. in den Thallusspitzen von Usnea, Bryopogon, Cornicularia, Ramalina etc. oder parallel zur Thallusoberfläche, wie bei manchen Physcien, Sticten, Tornabenien, Coccocarpien etc. Auch die faserige Rinde geht leicht in die pseudoparen- chymatische über, indem auch sie gewöhnlich aus mehreren Hyphenschichten besteht, die mehr oder minder innig mitein- ander verschmelzen können. Einen vierten Typus stellt die untere Rinde vieler Parmelien vor. Diese besteht gewöhnlich nur aus ein bis zwei Hyphen- 1 Auf diesen Verlauf hat besonders Schwendener im 1. und 2. Theile seiner Untersuchungen über den Flechtenthallus aufmerksam gemacht. Siehe auch dessen Abhandlung: Über die durch Wachsthum bedingte Verschiebung kleinster Theilchen in trajectorischen Curven. Monatsbericht der k. Akadem. d. W. zu Berlin 1880, S. 408. Untersuchungen über die Flechten. 1307 lagen, ist meistens dunkel gefärbt und die stark gekrümmten Hyphen sind in allen möglichen Richtungen so durcheinander- geflochten, dass eine lückenlose Haut entsteht, der man aber ihren Aufbau aus Hyphen sofort ansieht. Nach oben zu geht diese Rinde allmälig in die Markschichte über. Sie scheint übrigens nur im jüngeren Thallus die Flechte vor zu starkem Wasserverlust durch die Verdunstung zu bewahren, im älteren Thallus dagegen stirbt sie häufig ab und hängt dann oft nur in einzelnen Fetzen an der Markschicht, ohne dass durch diesen Umstand das Gedeihen der Flechte alterirt würde. Besonders schön treffen wir diesen Rindentypus entwickelt bei Cetraria glauca, Parmelia perlata, P. physodes, P. encausta, Menegazzia pertusa etc. Manchmal zeigt auch die obere, parenchymatische Rinde vereinzelte schwarze Stellen und Flecken, welche dann nach demselben Typus gebaut sind, wie die untere Rinde. Die Erklärung dieser Thatsache wird jedoch an einem anderen Orte versucht werden. Bei vielen niedrigen Krustenflechten endlich besteht der ganze Thallus oft nur aus einem in radialer Richtung fort- wachsenden, nicht mehr geschlossenen Mycele, in dem hie und da einzelne Gonidiennester eingestreut sind. Trotzdem bildet sich oft auch hier, namentlich im Centrum des Thallus, eine Art Rinde, indem sich die obersten Hyphen verdicken, bräunen und schwärzen und nicht selten mehr oder minder dicht mit- einander verweben, wie wir dies häufig bei Lithoicea tristis und verwandten Formen beobachten können. Ich will diese Rindenform als fünften und letzten Typus aufstellen. Er führt uns ganz allmälig zu den Erscheinungen des Epithallus. Da der letztere aber, da er keine lückenlos geschlossene Decke bildet, die Nähralgen und den übrigen Thallus vor Wasserverlust nicht zu schützen vermag, so soll er an einem anderen Orte näher erörtert werden. Hier muss noch hervorgehoben werden, dass die vier ersten Rinden- typen nahezu interstitienlose Oberhäute bilden, ein Umstand, der für die Rolle der Rinde als Schutzmittel gegen die allzustarke Verdunstung von grösster Bedeutung ist und der auch von Schwendener in seinen Untersuchungen über den Flechtenthallus wiederholt betont wird. 1308 H. Zukal, Die Dicke der ganzen Rindenschichte scheint in einer directen Beziehung zu der Gefahr zu stehen, in welcher die Flechte an einem bestimmten Orte durch Austrocknung gelangen kann. Je grösser diese Gefahr ist, desto mehr verdickt sich unter sonst gleichen Umständen die Rindenschichte, selbst- verständlich innerhalb der durch den Speciescharakter ge- zogenen Grenzen. Von der Richtigkeit dieses Satzes habe ich mich wiederholt durch vergleichende Messungen der Rinden- schichten von besonnten und beschatteten Formen ein und der- selben Species überzeugt. Auch zeigen die an der Südseite an nackten Felsen wachsenden Flechten und jene heisser, regen- armer Gegenden und Wüsten den gemeinsamen Charakter der ausserordentlich verdickten Aussenrinde. Ich erinnere hier nur an Parmelia Hottentotta, Leconora esculenta und an unsere Psoroma-, Placodium- und Thalloedema-Arten. Durch die mächtig entwickelte Rinde können sogar die Vertreter ganzer Floren einen gemeinsamen Habitus gewinnen, wie dies z.B. bei den Flechten der Capflora oder bei jenen Chiles und Australiens der Fall ist. In manchen Fällen bedeckt sich die Rinde der Flechten mit einer Art von gemeinsamen Cuticula in einer so auffallenden Weise, dass dieselbe sogar in rein systematischen Werken! ausführlich erwähnt wird. Diese Cuticula stammt, wieSchwen- dener? zuerst gezeigt hat, von dem abgestorbenen Theil der obersten Rinde. Bei den meisten Krustenflechten und auch bei vielen höheren Flechten stirbt nämlich die ältere Rinde allmälig von oben nach unten ab, wird aber von den unteren, lebens- kräftigen Thallusschichten in demselben Maasse immer wieder neu construirt, als sie von oben her abstirbt. Die abgestorbene Rindenschichte aber fällt einem eigenthümlichen Degenerations- process anheim, welcher dieselbe in eine durchscheinende, homo- gene Masse verwandelt. Letztere wird entweder schollenweise abgestossen — der häufigste Fall — oder sie bleibt erhalten und 1 Siehe Th. Fries, Lichenographia Scandinavica, p. 212, in der Diagnose von Acarospora glaucocarpa. 2 Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus 2. Theil, S. 6, das Absterben der oberen Rinde und der Gonidien. Untersuchungen über die Flechten. 1309 überzieht als ein ziemlich dickes, homogenes Häutchen die ganze Rinde. Dieses Häutchen hat eine auffallende Ähnlichkeit mit der Cuticula der höheren Gewächse und verstärkt augen- scheinlich die Schutzmittel der Flechte gegen allzugrosse Aus- trocknung. Besonders schön entwickelt ist diese Pseudocuticula bei mehreren Arten der Gattungen Umbilicaria und Acarospora. Die Pseudocuticula und die Rinde zeigen deutliche Reste von abgestorbenen Gonidien, die aber hier viel weiter auseinander- liegen, als in der Gonidienschichte. Diese Gonidienreste be- weisen, dass die Rinde fortwährend von oben nach unten abstirbt, sie legen aber auch Zeugniss ab von einem intensiven intercalaren Wachsthum, durch welches die ursprünglich hart nebeneinandergelagerten Gonidien ziemlich weit auseinander- gerückt werden. Das fortwährende Absterben der Rinde von aussen nach innen zu bedingt auch eine fortwährende Regene- ration der Gonidienschichte, beziehungsweise der Markschichte in derselben Richtung. Nur bei den Cladonien wandert nach Krabbe! die Gonidienschichte nicht allmälig nach unten, sondern sie bleibt an Ort und Stelle. Die Rinde der Thallus- schuppen (nicht der Podetien) der Cladonien regenerirt sich nämlich auf eine eigenthümliche Weise. Sie stirbt zwar auch, wie bei den übrigen Flechten, in basipetaler Richtung ab, aber es wird nicht die oberste Schichte der Gonidienzone zu einer neuen Rinde umgewandelt, sondern es spriessen zwischen den Goni- dien neue Hyphenzweige in die Höhe, die sich zwischen den todten oder absterbenden Elemente der oberen Rinde drängen und diese allmälig ersetzen. Die abgestorbenen Rindenelemente scheinen resorbirt zu werden. Auch die Rinde der Podetien zeigt manche Eigenthümlich- keiten. Sie kann natürlich nur bei jenen Cladonien gebildet werden, wo ein continuirlicher Thallusmantel auftritt. Im ent- gegengesetzten Falle überzieht sie nur einzelne Thallusschuppen oder Körnchen, die sich auf dem Podetium entwickeln. Aber selbst dort, wo sie das ganze Podetium wie eine gemeinsame Haut bedeckt, wird sie nicht auf einmal angelegt, sondern sie 1 Krabbe, Entwicklungsgeschichte und Morphologie der Flechtengattung Cladonia. Leipzig, 1891. (3310) H. Zukal, entsteht gleichzeitig an sehr verschiedenen, oft weit ausein- anderliegenden Punkten auf den einzelhen Thalluskörnern. Früher oder später fliessen dann allerdings die einzelnen Rindenanlagen zu einem continuirlichen Ganzen zusammen. Die gemeinsame Rinde der Cladonienpodetien gleicht daher einem Kleide, das aus lauter Flicken und Flecken zusammen- gesetzt wurde. Interessant gestaltet sich auch die Entwicklung der Rinde bei den niedrigen Krustenflechten, bei welchen der ganze Thallus seinen mycelartigen Habitus beibehält. Dort tritt zunächst über und neben den eingestreuten Gonidiennestern eine lebhafte Vermehrung der Hyphen ein; später werden dann die Gonidiennester von einem Hyphenfilz überwuchert, der ent- weder seinen myceliaren Charakter beibehält oder den eines Pseudoparenchyms annimmt. Dabei gedeihen beide Compo- nenten, nämlich Alge und Pilz, vortrefflich. Denn die die Gonidienhäufchen bildenden Algen werden immer grösser und üppiger und zeigen bald lebhafte Theilung, während die sie bedeckenden Hyphen bedeutend anschwellen, torulös werden, ihre Membrane verdicken und in letztere nicht selten Farbstoffe und Säuren ausscheiden. Die oft nur auf gewisse Stellen be- schränkte Rindenbildung bei den niederen Krustenflechten gibt uns ein Bild von der allmäligen Entstehung der Rinde der Flechten überhaupt. Nicht als ob ich die Nähralgen für die Entstehung der- selben verantwortlich machen möchte. Das wäre falsch, denn eine Art von Rinde bildet sich immer dort, wo organische Materie in den unmittelbaren Contact mit der Aussenwelt tritt. Auch gibt es bei den Pilzen zahlreiche stromatische Bildungen, wie z. B. die Rhizomorphen, die natürlich keine Nähralgen besitzen, aber sich doch einer wohlentwickelten Rinde erfreuen. Man kann aber mit Sicherheit behaupten, dass die Mycelien der meisten jetzt einen Flechtenthallus bildenden Ascomyceten ohne die zufällig in sie hineingerathenen Algen niemals ein Stroma gebildet hätten. Der erste Schritt zur Entstehung des Flechtenthallus bestand also darin, dass auf irgend eine Weise Algen in ein Ascomycetenmycel hineingelangten und dann von den Hyphen überwuchert und bedeckt wurden. Durch diese Hyphendecke wurde aber den bezüglichen aerophilen Algen Untersuchungen über die Flechten. an! ein sehr wesentlicher Dienst geleistet, denn sie sind durch die- selbe vor dem directen Sonnenlichte und vor Austrocknung wenigstens bis zu einem gewissen Grade beschützt worden. Erst später entwickelte sich aus diesem oberflächlichen Verhält- nisse ein intimerer Verkehr, indem die sehr hygroskopischen Pilzhyphen häufig Gelegenheit fanden, die unter ihnen liegenden Algen mit Wasser und den in diesem aufgelösten Nährstoffen zu versorgen und dafür nach den Gesetzen der Osmose andere Stoffe — in diesem Falle Kohlenhydrate (?) — in Tausch erhielten. Man kann also mit einem gewissen Grade von Berechtigung sasen? Die Entwieklung der Hyphendecke über den eingestreuten Algenhäufchen, sagen wir der Rinden- Dilldume, Swanınderverste und wiehtiessteischritt zur Thallusbildung. Im Laufe der phylogenetischen Entwicklung entstanden dann zwischen beiden Componenten des Thallus immer innigere Anpassungen, die in einen immer complicirteren Bau der Thallusschichten, insbesondere der Rinde, ihren morpho- logischen Ausdruck fanden. Die einfache myceliare Hyphen- decke über den Algenhäufchen ging bald in eine Art von Pseudoparenchym über. Letzteres wurde oft mächtig verdickt . und in verschiedene Schichten differenzirt. Die Verdickung der Rinde, so sehr sie auch den Bedürfnissen der Nähralgen ent- gegenkommen mag, fand jedoch ihre natürlichen Grenzen in dem Umstande, dass die Rinde nicht nur als Schutzmittel wider den Wasserverlust, sondern auch als Leitungsorgan für das Licht und das Wasser functioniren muss. Die oberste Rindenschicht dient ausserdem zur Aufstapelung von Farb- stoffen, Flechtensäuren und Salzen. Letztere mögen wohl mit zur Herabsetzung der Verdunstung des Flechtenthallus bei- tragen. Wenigstens werden die massenhaften Incrustationen von Kiesel-, Kalk-, Natrium- und Kaliumsalzen, welche die Pflanzen der Steppen und Wüsten oft dicht überziehen, von den Biologen! gegenwärtig in diesem Sinne gedeutet. Wenn das Bedürfniss nach Verdickung der Rinde sehr gross ist, aber mit Rücksicht auf andere physiologische An- 1 Siehe Kerner, Pflanzenleben, I. Theil, Schutz gegen die Gefahren über- mässiger Transspiration. S. 209. IH H. Zukal, forderungen nicht ganz befriedigt werden kann, so werden wenigstens einzelne Hautstellen verdickt, während die anderen, zwischen ihnen gelegenen, relativ dünn bleiben. Die ver- dickten Rindenpartien können dann entweder nach aussen hügelartig vorspringen, wie dies z.B. häufig bei den Gattungen Usnea, Gyrophora und Umbilicaria beobachtet wird, oder sie können sich nach innen vorwölben und dann nicht selten die Gonidien theilweise verdrängen. Letzteres kommt bei manchen Parmelien, insbesondere bei P. Hottentotta und Physcia stellaris vor. Die verdünnten Hautstellen werden da- gegen nicht selten zum Durchbruch der Soradien benützt. Diese Eigenthümlichkeiten, sowie die mannigfachen Anhangs- organe der Rinde sollen jedoch an einem anderen Orte zur näheren Besprechung gelangen. 2. Die Schutzmittel der Flechten wider die Angriffe der Thiere. Die Hyphen vieler Pilze scheiden Fettstoffe, Säuren und Salze ab, welche häufig gefärbt sind und gewöhnlich in der Form fester Körnchen oder Nädelchen an der Aussenseite der Membranen niedergeschlagen werden und diese zuweilen ganz incerustiren. In anderen Fällen tingiren diese Farbstoffe oft nur den Zellinhalt, oder sie durchdringen auch noch gleichzeitig die Zellhaut, ohne auf der Aussenseite derselben nieder- geschlagen zu werden. Ich erinnere nur an die oft prachtvoll roth-, gelb- und grüngefärbten Pezizen, und an unsere bunt- gefärbten Hutpilze. Die meisten dieser Farbstoffe und Säuren! zeichnen sich durch einen bitteren, brennenden oder widerlich adstringirenden Geschmack aus. Dieselbe Befähigung zur Ausscheidung von Fettfarbstoffen, Säuren und Salzen finden wir auch bei den Flechten, nur ist dieselbe bei letzteren ausserordentlich gesteigert. Insbesondere sind es die Säuren, die bei den Flechten oft in einer exorbi- tanten Weise zur Entwicklung gelangen. Dieselben haben auch schon frühzeitig die Aufmerksamkeit der Chemiker und 1 Näheres hierüber in Zopf’s »Pilze«, 4. Abschnitt, Physiologie, S. 127, Breslau 1890. Untersuchungen über die Flechten. 1313 Botaniker erregt und viele derselben sind analysirt oder wenigstens genau untersucht worden." Eine nähere Unter- suchung hat sogar ergeben, dass viele Flechten gleichzeitig mehrere Säuren, Salze und Fettfarbstoffe auszuscheiden ver- mögen. So hat man nach Zopf? z.B. bei der Cladonia rangi- ferina Evernsäure, Atranorsäure und Usninsäure, bei Cefraria islandica Centrarsäure und Lichesterinsäure, bei Aanthoria parietina Chrysophansäure und Vulpinsäure etc. Was den Ort anbelangt, wo die Säuren, Farbstoffe und Salze zur Ausscheidung gelangen, so ist in der Mehrzahl der Fälle, insbesondere bei den Strauchflechten, wohl die Rinde die Hauptablagerungsstätte. Bei den Flechten mit dorsiventralem Bau, z.B. bei Par- melia, Physcia, Peltigera u. Ss. w., ist die obere Seite gewöhn- lich reicher an den genannten Stoffen, als die untere. Wenn aber die Markschichte des Thallus sehr dick ist, oder wenn der Thallus breite, freie Rinden zeigt, die nicht dem Substrate anliegen, sondern leicht aufgerollt werden können, dann können die incrustirenden Substanzen auch im Marke und auf der 1 Die wichtigsten Arbeiten über die Flechtensäuren und überhaupt über die Flechtenfarbstoffe sind: F. Schwarz, Chemisch-botanische Studien über die in den Flechten vorkommenden Säuren. In Cohn’s Beiträgen zur Biologie, III., 1880. Haumann und Hilger, Die Pflanzenstoffe, I., S. 304—312. Bachmann, Mikrochemische Reactionen der Flechtenstoffe, Zeitschrift für wissensch. Mikroskopie, III., 1886. Dieselbe, Flora, 70. Bd., N. 19. Dieselbe, Über Emodin, Bericht d. deutsch. bot. Gesellsch., 5. Bd., 1887. Hesse, Über Ceratophyllin. Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 119, S. 369. Zopf, »Die Pilze«, S. 131. Hier findet sich eine sorgfältige Zusammen- stellung der ganzen einschlägigen Literatur. Derselbe, Die Weissfärbung von Thamnolia vermicularis. Hedwigia 1893. Derselbe, Über die Färbungsursachen einiger Flechten mit gelbem Colorit, Beiträge zur Phys. und Morph. niederer Organismen. Halle 1894. Kobert, Die Giftstoffe der Flechten. Sitzungsb. der nat. Gesell. zu Dorpat, Bd 5.197. Giessler, Die Localisation der Oxalsäuren in den Pflanzen. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaften, Bd. 27. Neue Folge, Bd. 20, 1893. 2 Zopf, »Pilze«, S. 137. Breslau 1890. Sitzb. d. mathem.-naturw. C1.; CIV. Bd., Abth.1. 86 ill H. Zukal, Unterseite in einer erstaunlichen Menge angehäuft werden. Ich verweise nur auf Haematomma ventosum, auf viele tropische Sticta- und Ricasolia-Arten, insbesondere auf Cladonia. Besonders häufig treffen wir die Farbstoffe und Säuren an den fortwachsenden Spitzen und Rändern der Flechten, an den Aufbruchstellen der Soredien und an diesen letzteren selbst. Auch die Hyphen des Hypothallus und der hypo- thallinischen Anhangsorgane sind häufig durch dieselben Stoffe gefärbt, mitunter sogar die Sporen. Manche Flechten werden statt durch Säuren durch Kalkoxalat incrustirt. Letzteres erfüllt dann in dichtgedrängten Körnchen oder deutlichen Krystallen nicht nur die Rinde, sondern auch den ganzen Thallus, ins- besondere das Mark. Hieher gehören z.B. Psoroma lentigerum, Ochrolechia tartarea, Urceolaria scrnuposa, Thalloidima can- didum, Chlorangium Jussufii etc. In anderen Fällen wird in der Rinde eine Art von Eisen- oxydoxydul-Verbindung abgelagert, wobei es nach Molisch! zweifelhaft bleibt, ob dieselbe organischer oder anorganischer Natur ist. Solche Eisenablagerungen kommen in den rost- rothen Varietäten (formae oxydatae) vieler Krustenflechten, insbesondere bei den Gattungen Lecidea, Aspicilia, Acaro- spora, Rhizocarpon und Urceolaria vor. Ebenfalls in einem hohen Grade zweifelhaft ist es, ob die Flechten ebenso wie gewisse Algen und Moose in Stande sind, den kohlensauren Kalk abzuscheiden und sich damit zu incrustiren.? 1 Molisch, Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen. Jena, 1892. 2 Die Fähigkeit der Flechten, Kalk abzuscheiden, wird von Bachmann auf Grund seiner sehr umfassenden Untersuchungen geleugnet. Siehe Bach- mann, die Beziehungen der Kalkflechten zu ihrem Substrat. Berichte der deutsch. bot. Gesell., 8. Bd., S. 141. Bachmann, Der Thallus der Kalkflechten. Wissensch. Beilage zu dem Programme der Realschule zu Plauen i. V. Ostern 1892. Ich habe jedoch einzeln abgesprengte Thallustheile von Aspieilia calcarea, Lecidea rupestris und Urceolaria contorta, welche sämmtliche auf einem kalk- hältigen Sandsteine gewachsen waren, mit verdünnter Salzsäure behandelt und dabei ein lebhaftes Aufbrausen der Thallusfragmente und eine vollständige Entkalkung derselben bemerkt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass es sich in den genannten Fällen nicht um Kalkoxalat, sondern wirklich um kohlensauren Kalk gehandelt hat. Ein näherer Bericht über diese Untersuchung soll jedoch an einem anderen Orte gegeben werden. Untersuchungen über die Flechten. 1315 Wir müssen jetzt die Frage aufwerfen, welchen Zweck die incrustirenden Substanzen, insbesondere die Flechtensäuren erfüllen? Man könnte sie einfach als Auswurfsstoffe, als Ab- fallsproducte des Stoffwechsels auffassen, welche von dem Protoplasma nach aussen abgeschieden werden, weil sie im lebenden Zellleibe überflüssig oder gar schädlich geworden sind. So mag es sich auch ursprünglich thatsächlich verhalten. Wenigstens deutet der Umstand darauf hin, dass viele Krusten- flechten nur dann Eisenverbindungen in ihre Rinde abscheiden und formae oxydatae werden, wenn ihnen eisenhältiges Wasser zugeführt wird. Doch ist es mit dieser Annahme noch lange nicht alles erklärt. Man kann dann weiter fragen, warum die Flechtensäuren und das Kalkoxalat oft in erstaunlicher Menge und an gewissen Theilen, z.B. an der oberen Rinde, an den fortwachsenden Rändern und Thallusspitzen, an den Apo- thecien und Soredien angehäuft werden, während sie an den älteren Thallustheilen nicht selten ganz verschwinden? Bevor wir es versuchen, auf diese Fragen eine Antwort zu ertheilen, wird es gut sein, wenn wir uns einige, die gesammten Flechten betreffende Thatsachen recht lebhaft in das Gedächtniss zu- rückrufen. Diese Thatsachen sind: 1. Die Flechten gehören, wie die Pilze, zu jenen Pflanzen, welche einen sehr hohen Nährwerth besitzen, also an sich sehr begehrenswerthe Objecte für die pflanzenfressende Thierwelt abgeben. 2. Die Flechten gehören zu den verbreitertsten und langlebigsten Gewächsen. 3. Die Flechten haben verhältnissmässig sehr wenig unter den Angriffen der Thiere zu leiden. — Wenn man die beiden ersten Sätze mit dem dritten vergleicht, so wird man vom Stand- punkte der heutigen Biologie unwillkürlich zu dem Schlusse sedrängt: Die langlebigen und nahrhaften Flechten müssen durch irgendwelche Mittel vor dem Thierfrasse beschützt werden. Indem wir diesen Schutzmitteln nachspüren, sind wir gezwungen, uns etwas näher nach den Angreifern umzusehen, also nach jenen Thieren, welche sich thatsächlich hie und da an den Flechten vergreifen. Ausser dem Rennthiere, dem Moos- thiere und dem Moschusochsen sind nur noch einige Räupchen und Schnecken als Flechtenfresser bekannt. In der Noth, d.h. 86" 1316 H. Zukal, zur Zeit grossen Nahrungsmangels, verzehren jedoch auch Hirsch und Reh, ja sogar Schaf und Ziege grössere Flechten, namentlich die Cladonia rangiferina und Cetraria islandica nebst verwandten Formen. Umgekehrt können auch Rennthier und Moschusochse leicht an das gewöhnliche Futter unserer Hausthiere gewöhnt werden und ziehen dann letzteres sogar den Flechten entschieden vor. Was folgt nun aus dem Ver- halten der genannten Thiere gegenüber dem Flechtenfutter? Wohl nur die Thatsache, dass das Wild und unsere Hausthiere die Flechten trotz ihres Nährwerthes nur gezwungen fressen und wir können uns auch vorstellen, dass das Rennthier sich nur unter dem Drucke der äussersten Noth nach und nach an das Flechtenfutter gewöhnt hat. Woher aber die Abneigung der genannten Thiere gegen die nahrhaften Flechten? Die Ant- wort ist sehr einfach, sie schmecken schlecht. Von dieser letzteren Thatsache kann man sich direct überzeugen, wenn man ein Büschel Rennthierflechte oder isländischen Mooses ordentlich durchkaut. Man verspürt während des Kauens einen unangenehmen, bitteren Geschmack und hat auch nachher noch eigenthümlich stechende, kratzende und adstringirende Empfindungen. Wenn man aber die genannten Flechten durch längere Zeit kocht, oder noch besser, dem kochenden Wasser etwas Soda zufügt, so verlieren sie den unangenehmen Ge- schmack und können dann anstandslos gegessen ! werden. 1 Sie schmecken allerdings auch dann noch fade, aber ich verspürte keine unangenehmen Nachempfindungen. Übrigens werden einige Flechten thatsächlich von den Menschen gegessen. Ich verweise nur auf die Manna- flechte, welche möglicher Weise von den Juden mit einem Zusatz von der Soda der Wüste gekocht wurde und auf die in neuester Zeit bekannt gewordene Gyrophora esculenta Miy. (Dr. Manabu Miyoshi, Die essbare Flechte Japans. Scut. Centralblatt 1893, Nr. 45). Nach demselben Autor werden in einigen Districten Japans auch noch einige andere Flechten gegessen, wie z. B. die Alectoria sulcata Nyl. Was die obenerwähnte Gyrophora esculenta Miy., betrifft, so ist mir bei der näheren Untersuchung derselben aufgefallen, dass sich bei dieser Flechte die Rindenschichte sammt der Gonidienschichte als zusammenhängendes Ganzes äusserst leicht von der dicken und festen Markschichte abtrennt. Ja im Wiener k. Hofmuseum werden in einer Schale Exemplare dieser Flechte aufbewahrt, von denen kein einziges mehr eine Gonidien- oder Rindenschichte besitzt. Die Untersuchungen über die Flechten. 1317 Besonders interessant verhalten sich unter den Flechtenfressern die Räupchen aus der Gruppe der Sackträger und anderen Familien. Die meisten derselben sind nächtliche oder wenigstens lichtscheue Thiere und halten sich während des Tages gewöhn- lich unter dem Thallus grösserer Laubflechten, insbesondere von Parmelia, Physica, Xanthoria etc., verborgen. Von den Senanmten®klechten fressen. sie>aber nach Rogen- Dosen die umtenen Ihetle, mamlıch die untere leichte Trennbarkeit der Gonidien- und Rindenschichte macht es mir erklärlich, dass die Flechte wegen ihrer Schmackhaftigkeit als ein Leckerbissen der japanischen Küche betrachtet wird. Bei derReinigung und Zubereitung derselben werden wahrscheinlich die beiden oberen Thallusschichten jedesmal entfernt werden. Da aber nur die letzteren die Träger der chemischen Schutzmittel sind, so wird eigentlich nur ein Pilz genossen, der wohl recht sehr schmackhaft, wenn auch etwas schwer verdaulich sein kann. Nach einer mündlichen Mittheilung des Herrn Prof. Dr. Steiner in Wien werden in einigen Hochthälern seiner Heimath (Tirol) Flechten dem Viehfutter, insbesondere dem Schweinefutter beigemischt und von den Thieren willig ver- zehrt. Die betreffenden Bäuerinnen behaupten sogar, dass die Schweine von einem solchen Futter ganz besonders fett werden. 1 Einige derselben machen auch auf der Oberseite des Flechtenthallus eine Art von Fallthüren, welche sie bei Tage durch einige Fäden zuziehen, bei Nacht aber öffnen, um aus derselben ausschwärmen zu können. ; Ich verdanke diese Daten den mündlichen Mittheilungen des Custos am Wiener naturhistorischen Hofmuseum, Herrn Alois Rogenhofer, dem ich an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank abstatte. Er war es auch, der mich auf ein Werkchen aufmerksam machte, in dem ich einige genauere Daten über flechtenfressende Raupen fand: Es ist dies Otto Wilde’s Buch »Die Pflanzen und Raupen Deutschlands«. Berlin 1860. Da diese Arbeit den Botanikern bisher unbekannt geblieben ist, für den Biologen aber zahlreiche, beachtungswerthe Beobachtungen enthält, so erlaube ich mir hier, auf dasselbe ausdrücklich aufmerksam zu machen. Auch führe ich hier die hervorragendsten Flechtenvertilger unter den Raupen ausführlich an, weil meines Wissens über diesen Punkt in der ganzen Flechtenliteratur noch jede nähere Angabe fehlt. Nach Wilde sollen vorkommen: Auf Usnea barbata: Gnophos mucidaria und G. pullata, Acidalia calcearia und A. confinaria und A. submutata. Auf Bryopogon jubalum: Fumea sepium, Mniophila cinerea. Auf Ramalina fraxinea: Boarmia lichenaria, Mnmiophila corlicaria. Auf Hagenia ciliaris: Lithosia griseola. Auf Xanthoria parietina: Naclia ancilla, Fumea sepium, Selina mesomella, Lithosia rubricollis, L. quadra, L. aureola, L. Iuleola, L. griseola, Calligenia rosea, Aventia flexula, Boletobia fuliginaria, Boarmia glabraria, B. lichenaria, Talaeporia psendobombycella. Auf Physcia stellaris und Parmelia saxatilis: Bryophila glandifera, B. perla, 1318 H. Zukal, Rinde, das Mark und die Gonidienschichte, niemals aber die mit Flechtensäuren imprägnirte obere Rinde. Was die Schnecken! anbelangt, so trifft man sie mit Vor- liebe auf jenen Flechten oder Flechtentheilen, die entweder gar keinen oder nur einen sehr spärlichen Überzug von Flechten- säuren besitzen, so z.B. auf Bryopogon jubatum, Peltigera canina und P. aphthosa, auf den braungefärbten Apothecien mehrerer Leconora-Arten, insbesondere von L. subfusca, Ich selbst habe wiederholt mit den häufigsten Schnecken- arten experimentirt und dieselben mit Flechten, unter Aus- schluss jeder anderen Nahrung, gefüttert. In den meisten Fällen rührten sie jedoch die Flechten gar nicht an oder sie zer- stückelte dieselben, ohne sie zu fressen. Schliesslich gingen die Versuchsthiere zu Grunde oder sie klebten sich mit der Mün- dung ihrer Schale an das Versuchsgefäss an und verfielen in einen Scheintod. Was ist nun die Ursache, dass die meisten Thiere die Flechten entweder ganz verschmähen oder sie nur B. algae, B. ereptricula. Auf Sticta pulmonaria,; Naclia ancilla, Lithosia rubri- collis, Boarmia viduaria. Auf Peltigera und Lecanora: Nudaria mundana, Bryophila troglodyta, Lithosia luteola. Auf Lecanora porella: Nudaria mundana, Bryophila ereptricula, B. receptricula, B. raptricula. Auf Cladonıa rangiferina: Lithosia arideola. 1 Nach Dr. Sturany’s mündlichen Mittheilungen kommen in der ganzen eonchologischen Literatur nur sehr zerstreute und magere Notizen über fllechtenfressende Schnecken vor. Auf die Flechtenarten selbst, die von den Schnecken verzehrt werden sollen, gehen die Autoren gar nıcht ein. Auch ist aus den spärlichen Daten nicht zu ersehen, ob es unter den flechtenfressenden Schnecken Specialisten gibt, die einer bestimmten Flechtenspecies angepasst sind. In dem allbekannten Werke unseres verstorbenen Kronprinzen Rudolf, Die österreich-ungarische Monarchie in Wort und Bild, finde ich im Übersichtsbande, S. 278, folgende merkwürdige Stelle, welche ich mir hier wörtlich anzuführen erlaube: »Von besonderer faunistischer Bedeutung für Siebenbürgen sind die daselbst ausschliesslich aufFelsen der Jurakalke lebenden Baleoclausilien, oder wie sie jetzt genannt werden Alopien. Über 16 Arten, darunter Alopia pomatiae, A. Haueri und A. Bielzi, umfasst diese merkwürdige Gattung, deren Mitglieder selbst im grössten Sonnenbrande mit der Gehäuse- mündung an dem Felsen angeklebt bleiben, sich von kleinen Flechten ernährend.« Wie man sieht, ist hier noch ein weites Feld zu beackern, und eine biolo- gische Arbeit über die Flechten und die Schnecken würde gewiss eine Fülle der interessantesten Thatsachen zutage fördern. Untersuchungen über die Flechten. 1319 gezwungen in der äussersten Hungersnoth verzehren, während die stammverwandten Pilze bekanntlich von dem Thierfrasse nur schwer zu schützen sind? Ohne Zweifel liegt die Ursache dieser Erscheinung in den Flechtensäuren und Bitterstoffen, in dem Kalkoxalat und sonstigen Excreten, mit denen die Flechten mehr oder minder dicht überzogen sind. Von der Richtigkeit dieses Satzes kann man sich durch Fütterungsversuche direct überzeugen. Wenn man nämlich die Flechtensäuren und Bitter- stoffe, den oxalsauren Kalk und die Farbstoffe durch Behand- lung mit heissem Alkohol und Benzol, verdünnter Salzsäure oder schwacher Kalilauge sorgfältig entfernt, dann nehmen die meisten Versuchsthiere die derartig präparirten Flechten an- standslos als Nahrung an, allerdings nur im Zustande des Hungers. Wenn wir uns aber Rechenschaft darüber geben wollen, wie die genannten Stoffe wirken, so finden wir, dass diese Wirkungen sehr verschiedener Natur sein können. In den meisten Fällen wird die Wirkung der Säuren etc. darin bestehen, dass sie der bezüglichen Flechte einen unangenehmen oder widerlichen Geschmack verleihen, in anderen Fällen kann man aber auch annehmen, dass die Kalkoxalat- und Farbstoff- krystalle in einer ähnlichen Weise wirken, wie die Raphiden ! Ich habe hauptsächlich mit der Cefraria islandica experimentirt, weil man sich diese Flechte, das bekannte »Isländische Moos«, bei jedem Droguisten leicht verschaffen kann. Nach etwa 1/,stündigem Kochen der Flechte in einem Wasser, dem etwas Soda zugesetzt worden war, und nachfolgendem Trocknen wurde sie von weissen Mäusen im Zustande des Hungers anstandslos gefressen, dagegen von Helix pomatia und Helix nemoralis noch immer verschmäht. Erst nach wiederholter Behandlung der gekochten Cetraria mit heissem Alkohol und verdünnter Kalilauge und abermaligem Auswaschen und Trocknen wurde sie von der hungerigen Helix nemoralis und Limax maximus angenommen, von der Helix pomatia aber hartnäckig zurückgewiesen. Während des Experimentirens mit der Cetraria islandica kam mir der Gedanke, ob sich die in den nördlichen Ländern der Erde in unermesslicher Menge wachsenden Flechten nicht auch national - ökonomisch verwerthen liessen? Sie brauchten nur in Fabriken ihrer mannigfachen Schutzmittel beraubt werden, um ein Nahrungsmittel von nicht zu unterschätzendem Nährwerthe abzugeben. Meiner Ansicht nach müssten die Flechten besonders in den Zeiten der Hungersnoth, die sich leider in Russland, Sibirien, Norwegen, Grönland etc. immer noch periodisch wiederholen, ein billiges Surrogat des Mehles unserer Getreidearten liefern. 1320 Hr Zua) bei den höheren Pflanzen, also mechanisch; endlich ist es auch nicht ausgeschlossen, dass sich die genannten Stoffe gegen manche kleinere Thiere geradezu wie Gifte! verhalten. Aus dem Gesagten erhellt, dass die Säuren und das Kalkoxalat, die Bitter- und Farbstoffe bei den Flechten eine ähnliche Rolle spielen, wie nach Stahl? die Bitterstoffe und ätherischen Öle, die Gerbsäuren und Raphiden bei den höheren Gewächsen, dass sie also als Schutzmittel wider den Thierfrass aufgefasst werden müssen. Von diesem Gesichtspunkte aus werden uns auf einmal viele Dinge und Structureigenthümlichkeiten klar, die früher in ein mystisches Dunkel gehüllt waren. Wir begreifen nun, warum die Flechtensäuren gerade an der Peripherie des Thallus angehäuft werden, und insbesondere auf der oberen Rinde, denndiese Thallustheile sind offenbar von den Thieren zuerst bedroht. Wir begreifen ferner, warum gerade die fortwachsenden Spitzen und Ränder der Soredien und Apothecien durch die Säuren ganz besonders beschützt werden. Diese Theile be- dürfen nämlich eines besonderen Schutzes, weil sie noch sehr zart sind und des gewöhnlichen Schutzes der Rinde entweder ganz oder theilweise entbehren, oder weil sie für die Pflanze eine grosse Wichtigkeit besitzen. Ältere Thallustheile haben dagegen für viele Flechten nur einen geringen Werth, und an diesen Theilen verschwinden häufig auch die besonderen Schutzmittel, nämlich die Farbstoffe, die Säuren etc. Wir ver- stehen jetzt auch, warum einzelne Hyphen und Zellen, welche für die Regeneration der Flechten wichtig sind, wie z.B. die Hyphen des Hypothallus, die Soredien und gewisse Sporen von den Flechten doppelt und dreifach geschützt werden, näm- lich durch Verdickung und Cuticularisirung der Häute und durch Farbstoffe und Säuren. Flechten, die an sehr sterilen Orten, wie z.B. auf hochalpinen Felsen oder gar am Wüsten- saume wachsen, wo der Kampf ums Dasein zwischen den pflanzenfressenden Thieren am heftigsten entbrennt, sind 1 Siehe über diesen Punkt Kobert, Die Giftstoffe der Flechten. Sitzungs- bericht der nat. Gesellsch. zu Dorpat, X. Bd., S. 157. 2 Stahl, Pflanzen und Schnecken, S. 77—84. Jena 1888. Untersuchungen über die Flechten. el gewöhnlich nicht nur an ihrer Oberfläche geschützt, sondern es strotzt gewöhnlich auch ihr ganzes Innere von den in- cerustirenden Substanzen. Insbesondere gilt dies für die srösseren Formen, welche leicht auffallen und wegen ihres Nahrungsgehaltes als besonders begehrenswerthe Objecte er- scheinen könnten. Ich verweise nur auf die alpinen Cladonien und Cetrarien, ferner auf Thammolia vermicularis,' Solorina crocca, auf Haematomma ventosum, Psoroma crassum und P. Lagascae, Chlorangium Jussufii, Cladonia miniata var. sangninea und endlich auf die zahlreichen Sticten. Bei den zuletzt genannten Flechten ist der Umstand inter- essant, dass jene Stellen der Unterseite, wo die Rinde unter- brochen ist (Cyphellen), die also kleineren Thieren gewisser- massen einen offenen Eingang in das Innere der Flechte gewähren, durch Flechtensäuren und ähnliche Stoffe in einer sehr ausgiebigen Weise geschützt werden. Dies ist z.B. in einer sehr auffallenden Weise bei Sticta aurata, St. flavissima, St. nitida, St. albo-cyphellata und St. oxygmaea der Fall. Bei der genaueren Untersuchung der Flechten vom Stand- punkte des Schutzes gegen den Thierfrass stösst man aber doch auf eine grosse Anzahl von Formen, die entweder gar nicht, oder nur in einem sehr geringen Ausmasse chemisch geschützt erscheinen. Diese Flechten entbehren aber .der Schutzmittel mit nichten, denn sie sind entweder mechanisch geschützt oder sie geniessen des Schutzes der Lage. Auf mechanische Schutzmittel treffen wir schon bei den Pilzen; ich verweise nur auf die steinharten Gehäuse mancher Pyrenomyceten oder auf ausdauernden Arten von Polyporus und Daedalea. Wie aus den angezogenen Beispielen hervor- geht, bestehen die mechanischen Schutzmittel hauptsächlich in einer Verdickung und Cuticularisirung der Zellhäute.” Etwas 1 In dieser Flechte hat Zopf in jüngster Zeit eine neue Flechtensäure sefunden. Siehe Zopf, Die Weissfärbung von Zhamnolia vermicularis. Hed- wigia 1893. 2 Nach den unter der Leitung Wiesner's im physiologischen Laboratorium in Wien von Richter durchgeführten Untersuchungen unterscheidet sich die Pilzcellulose nur deshalb so bedeutend von der Cellulose der übrigen Pflanzen, weil in den Wänden der Pilzzellen gewöhnlich grosse Mengen von sogenannten 922 H. Zukal, Ähnliches finden wir auch bei den Flechten. Hier werden namentlich die Membranen der oberen Rindenzellen oft in einer exorbitanten Weise verdickt. Dabei können die äussersten Schichten dieser Häute (im durchfeuchteten Zustande) ent- weder eine gallertig schlüpferige Beschaffenheit zeigen oder sie können cuticularisirt sein. In beiden Fällen stellen sie im trockenen oder wasserarmen Zustande einen beinharten Körper vor, der selbst dem Eindringen des Rasirmessers einen be- deutenden Widerstand entgegensetzt. Solche Häute kommen z.B. bei Bryopogon und Cornicularia, Sphaerophorus, Gyro- phora, Leconora, Psoroma ete. vor. Bei anderen Flechten verwandelt sich die oberste, ab- sterbende Rinde in die bereits an einem anderen Orte ausführ- lich erwähnte Pseudocuticula. Die Collemen zeigen im durch- feuchteten Zustande durchwegs eine gallertige Beschaffenheit, welche nach Stahl! ebenfalls als mechanisches Schutzmittel aufgefasst werden muss. Im trockenen Zustande dagegen zeigen sie eine hornartige Consistenz, welche wohl nur von einem sehr starken Zahn überwältigt werden könnte. Zu den mechanischen Schutzmitteln rechne ich ausser den verdickten und verkorkten Häuten auch noch sehr mannigfach gestaltete Zähne, Stacheln, spitze Zweigenden, Trichomdickichte u. s. w., welche besonders im trockenen Zustande recht wohl incerustirenden Substanzen abgelagert werden. Siehe Richter, Beiträge zur genaueren Kenntniss der chemischen Beschaffenheit der Zellmembranen bei den Pilzen. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissensch. zu Wien, 83. Bd., I. Abth., S. 494—510, 1881. In neuester Zeit haben sich Gilson und Winter- stein mit demselben Thema beschäftigt und die thatsächlichen Befunde Richter's bestätigt. Doch kommt Gilson (La cristallisation de la cellulose et la composition chimique de la membrane cellulair vegetale. Extrait de la revue »La Cellule<, t. IX) zu dem Schlusse, dass die Membranen der Pilze wahrschein- lich keine Cellulose enthalten, und wenn ja, dass die letztere von der gewöhn- lichen Cellulose weit abweiche. Winterstein (Zur Kenntniss der Pilzcellulose, Berichte der deutschen bot. Gesellsch. 1893, S. 441) dagegen meint, dass die Pilzhäute circa 100%), gewöhnliche Cellulose enthalten, die übrige Masse der Membranen dagegen wegen ihres Stickstoffgehaltes von der echten Cellulose weit abweiche und höchstwahrscheinlich zu einem dem Chitin verwandten Glycaproteide gehöre. 1 Stahl, Pflanzen und Schnecken. Jena 188S8.- Untersuchungen über die Flechten. 1923 im Stande sind, kleinere, weichere Thiere, wie z.B. Schnecken, von dem Thallus der Flechten abzuwehren. Bei den Pannarien z.B. sind zuweilen die starren Zweigspitzen des kräftig ent- wickelten Hypothallus in radialer Richtung so nach aussen gestellt, dass sie den Thallus nach allen Seiten wie einen Wald aus spitzen Pfählen umgeben und trefflich dazu geeignet erscheinen, kleinere, herankriechende Thiere von dem Thallus abzuhalten. Eine ähnliche Wirkung werden die spitzen Tri- chome oder besser Thallusprolificationen ausüben, welche wir am Rande des Thallus oder auf demselben bei vielen Gyro- phora-, Parmelia- und Physcia-Arten finden. Mitunter endigt der Thallus selbst in scharfe oder spitzige Äste, oder er ist an seinem Rande mit kurzen hornigen Zähnen besetzt. Das erstere treffen wir 2.B. bei Leptogium lacerum, aber auch bei vielen Cladonien, Physcien etc., das letztere häufig bei Cefraria und am thallodischen Rande der Apothecien (crenulirte Apothecien). Zu den Schutzmitteln wider den Thierfrass rechne ich auch, und nicht zuletzt, jene Vortheile, welche dem ganzen Thallus oder einem bestimmten Theil desselben durch seine Lage zur nächsten Umgebung erwachsen. Bei den Pilzen finden wir den Schutz der Lage reichlich ausgebeutet. So verstecken z.B. die meisten Hutpilze ihr zartes Mycel entweder unter die Oberfläche des Humus oder unter die Borke morscher Bäume und entwickeln nur ihre »Fruchtkörper« an freier Luft. An letzteren lassen sich dann entweder Schutzmittel nachweisen oder ihre Entwicklung geht so rasch vor sich, dass sie bereits unzählige Sporen ausstreuen, ehe es ihren zahlreichen Feinden (Käferlarven, Käfern, Schnecken etc.) gelungen ist, sie ernstlich zu schädigen. Denselben Schutz der Lage treffen wir nun auch bei den Flechten. So versteöken z.B. die hypophloeodischen Species den grössten Theil ihres Thallus unter der Rinde der Bäume und treten nur mit ihren »Fruchtkörpern« an die Ober- fläche. Viele Kalkflechten thun nach Bachmann! dasselbe, ! Bachmann, Die Beziehungen der Kalkflechten zu ihrem Substrat. Bericht der deutschen bot. Gesell. 1892, 1. Heft. Derselbe, Der Thallus der Kalkflechten. Wischensch. Beilage zu dem Programme der städt. Realschule zu Plauen in V. 1892. 1324 IS, Aukzzll, indem sie sich, wahrscheinlich mit Hilfe saurer Excrete, tief in ihre kalkige Unterlage hineinfressen. Besitzen solche Kalk- Bachmann hat auch auf dem sehr mühsamen Wege der Dünnschliffe den Beweis geliefert, dass ein Theil der Kalkflechten sich thatsächlich ganz in den Kalk hineinfrisst, und zwar nicht nur mit dem rhizoidalen Theile, sondern mit dem ganzen Thallus. Ich selbst habe in den »Flechtenstudien« eine andere Ansicht vertreten, nämlich die, dass die in Rede stehenden Kalkflechten nur mit den Rhizinen, beziehungsweise mit der Markschichte in den Kalkfelsen dringen, dann aber den durch ihre Ausscheidungen gelösten Kalk dazu benützen, um ihren oberen Theil, d. h. die Rinde und Gonidienschichte mit Kalk zu incrustiren. Diese Ansicht muss für die Mehrzahl der in Betracht kommenden Fälle aufgegeben werden, da die Dünnschliffe Bachmann’s, welche ich selbst zu sehen Gelegen- heit hatte, jeden Zweifel an der Richtigkeit der von ihm vertretenen Auffassung bannen. Selbstverständlich ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass in anderen, von Bachmann nicht untersuchten Fällen, dennoch der kohlensaure Kalk oder ein Gemisch von kohlensaurem und kleesaurem Kalke zur Ausschei- dung gelange. Ich bin zu meiner in den »Flechtenstudien« näher erläuterten Ansicht hauptsächlich durch die Untersuchung der kalkbewohnenden Verru- carien, insbesondere den V. rupestris und V. caleiseda gelangt. Wenn man nämlich die Rindenschichte dieser Flechten unter Benützung einer Beleuchtungs- linse und einer etwa 150 maligen Vergrösserung betrachtet, so sieht man, dass die Hyphen von einer weissen krystallinischen Masse theils incrustirt, theils schollenartig bedeckt werden. Der Beobachter hat dabei den entschiedenen Eindruck, dass diese weisse Masse, welche zuweilen sogar ein zusammenhän- sendes Häutchen bildet, von den Hyphen der Rindenschichte abgeschieden worden ist. Ich habe nun die fragliche weisse, krystallinische Masse für kohlen- sauren Kalk gehalten, und hier lag; der Irrthum. Eine neuerliche Untersuchung derselben Flechten hat folgendes ergeben: 1. Der grösste Theil des Thallus bis auf die Rinde ist in den Kalkstein versenkt. Im Rhizoidentheil trennt der feste Kalk die einzelnen Hyphen auf weitere Strecken; weiter nach oben zu werden die trennenden Kalkwände jedoch immer dünner und seltener und die Rindenschichte bildet eine fast kalkleere zusammenhängende Haut. Diese Haut imbibirt äusserst lebhafte Anilinfarben, insbesondere Eosin und Gentiana-Violett. Da sich, wie gesagt, nur die Oberhaut der Verrucarien färbt, nicht aber der Kalkstein, auf dem sie sitzen, so kann man durch das blosse Einlegen handgrosser Verrucarien-Exemplare in verdünnte Anilinlösungen und nach- folgender Trocknung, prachtvoll gefärbte Dauerpräparate erhalten, die jahrelang unverändert bleiben. 2. Entkalkt man grössere Stücke von Verrucaria calciseda und V. rupestris sorgfältig mit verdünnter Salzsäure, so überzeugt man sich bald, dass die Rinde dieser Flechten mit einem weisslichen, krystallinischen Körper incrustirt ist, der durch die Salzsäure nicht gelöst wird, wohl aber durch heisses Glycerin, heisse Kalilauge, durch Benzol etc. Die Constitution dieses Körpers, welcher bisher übersehen wurde, ist noch nicht bekannt, doch dürfte Untersuchungen über die Flechten. 1325 bewohner aber eine geschlossene, interstitienlose Rinde, so kann die letztere, in Folge ihrer ganzen Wachsthumsgeschichte nicht unter dem Kalke versteckt werden. In diesem Falle wird aber nach meinen Erfahrungen stets der blossliegende, nicht mit Kalk bedeckte Thallus, also die oberste Fläche desselben, chemisch geschützt. Ein schönes Beispiel für dieses Verhalten bietet Verrucaria plumbea, aber auch V. rupestris und V. calciseda. Wiederum andere Flechten legen sich so dicht und platt an die Unterlage an, dass sie von einem kleinen, pflanzenfressenden Thiere kaum angegriffen werden können. Dies gilt insbesondere für viele Krustenflechten, und zwar sowohl für Stein-, als auch für Holz- bewohner. Auch die Hyphen des oft radienartig ausstrahlenden Hypothallus schmiegen sich mitunter so ausserordentlich dicht an das Substrat an, dass keine Schneckenraspel ihnen etwas anzuhaben vermag. Auch die von den höheren Ästen der Bäume herabhängenden oder überhaupt alle in der Krone der Bäume wachsenden Flechten geniessen bis zu einem gewissen Grade den Schutz der Lage. Die meisten Schnecken besteigen nämlich die Bäume nur bis zu einer gewissen Höhe, nämlich nur so hoch, als noch ein mässiger Grad von Feuchtigkeit vorhanden ist. In Folge dieses Verhaltens werden alle jene Flechten, welche in einer höheren Baumregion vegetiren, wenigstens von dem Besuche der Schnecken verschont bleiben. Die Fälle, in welchen eine Flechtenspecies vor dem Thier- frass nur durch ein einziges Mittel geschützt ist, sind verhält- nissmässig selten. Am häufigsten vereinigen sich zu demselben derselbe zu der Gruppe der Flechtensäuren gehören. Seine biologische Bedeutung liest klar zutage. Der ganze Thallus der Flechte ist dadurch geschützt, dass er in den Kalkstein versenkt ist, nur die Rinde, welche nicht versenkt werden kann, würde schutzlos den Angriffen der Thiere preisgegeben sein. Damit aber auch diese Angriffslinie gesichert werde, treten die chemischen Schutzmittel in Action, und zwar in der Form des weissen, krystallinischen Körpers. Wie dieser Schutzwall erworben wurde, ist fraglich. Man könnte an die Wirkungen einer spontanen Variation denken und an die Fixirung derselben durch die natürliche Zuchtwahl. Wahrscheinlicher ist nur aber die Annahme einer allmäligen Steigerung eines natürlichen Processes, durch welchen ein Excret an einen Ort zur Ausscheidung gelangte, wo für dessen Ablagerung der beste Platz vor- handen war. 1326 H. Zukal, Zwecke die chemischen mit den mechanischen Mitteln. So sind z.B. die meisten Arten von Endocarpon und Gyrophorva auf der Oberseite durch dicke Incrustationen von Flechtensäuren chemisch geschützt, während ihre Unterseite durch eine sehr starke Verdickung der Membranen mehr mechanisch behütet wird. Ein ähnliches Verhalten zeigt auch Umbilıcaria. Die ein- zelnen Arten dieser Gattung müssen aber einzelne Stellen ihrer unteren Rinde aus Rücksicht auf die Durchlüftung des Thallus bedeutend verdünnen. Diese verdünnten, cyphellen- ähnlichen Hautstellen liegen aber nicht in derselben Ebene mit den übrigen Theilen der unteren Rinde, sondern sie werden, bildlich gesprochen, von der Flechte zurückgezogen, indem sich der Thallus an diesen Stellen blasenartig nach der oberen Seite zu vorwölbt. Wir haben es hier offenbar mit einem Parallelfall zu den Cyphellen von S#icta zu thun. Bei vielen Arten dieser letzteren Gattung werden aber die Athemlöcher (Cyphellen) durch eine exorbitante Anhäufung von Flechten- säuren geschützt (I. Abh., Taf. Il, Sa), bei Umbilicaria jedoch mechanisch durch das Verbergen und Zurückziehen derselben in tiefe Höhlungen. Eine besondere Anhäufung von Schutzmitteln treffen wir bei den Apothecien. In Bezug auf die letzteren liegen bei den Flechten die Thatsachen ähnlich wie bei einem grossen Theile der Phanerogamen bezüglich der Blüthen. Wie bei den meisten Blüthenpflanzen nach Kerner! ganz merkwürdige Einrich- tungen vorhanden sind, um das Herankriechen unwillkommener Gäste zu den Blüthen zu verhindern, so sind auch bei den Flechten die Apothecien von dem unwillkommenen Besuch kleiner, pflanzenfressender Thiere sehr wirksam geschützt. - Die »Ascusfrüchte« der Flechten besitzen entweder eine thallodische Hülle oder nur ein excipulum proprium, d. h. eine ausschliesslich aus Hyphen gebildete Hülle. Letztere gleicht 1 Kerner, Die Schutzmittel der Blüthen gegen unberufene Gäste. Fest- schrift zur Feier des 25 jährigen Bestehens der k. k. zool.-bot. Gesellschaft in Wien, 1876. Derselbe, Pflanzenleben, 2. Theil, Fortpflanzung und Vermehrung der Früchte. S. 43. Untersuchungen über die Flechten. 1327 dann in allen Stücken den entsprechenden Formen der echten Ascomyceten. Die »Fruchtkörper« der letzteren sind theils mechanisch, theils chemisch geschützt. Mechanisch z.B. bei den harten Sphaerien und Hysteriaceen, aber auch bei den gallertigen Bulgarien und Ascoboleen, chemisch bei den Nectrien, farbigen Pezizen etc. Ähnlich verhalten sich auch die »Fruchtkörper« der Flechten. So zeigen z. B. die »Ascusfrüchte« der Graphidien und Pyrenulaceen, Verrucarien etc. eine harte, die der Biatoreen und anderen eine weiche, gallertige Beschaffenheit. Gewöhnlich werden aber bei den Flechten die mechanischen und chemischen Schutzmittel combinirt. Se sind’ zZ. B. die Apoetheecien vieler Arten der Gattungen Lecidea und Diatora nicht nur durch ihre Häute oder gallertige Beschaffenheit mechanisch geschützt, sondern auch chemisch, indem die meisten derselben durch Flechtensäuren, oder durch verwandte Stoffe, schwarz, blau, roth u. s. w. gefärbt werden. Als ein gemischtes Schutzmittel ersten Ranges wirkt aber, von Ernährungsvortheilen abgesehen, der thallodische Rand der Apothecien (das excipulum thallodes). Gewöhnlich ist derselbe mit der ursprünglichen Fruchtkörper- hülle (exceipulum proprium) innig verwachsen, und letztere wird dann meist nur rudimentär entwickelt, weil ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die feste Umrahmung und Beschützung der Sporenschläuche, von dem thallodischen Rande übernommen worden ist. Ich habe das excipulum thallodes ein gemischtes Schutz- mittel der Apothecien genannt, weil ich glaube, dass es bald mechanisch, bald chemisch wirkt, gewöhnlich aber mit beiden Mitteln gleichzeitig. Bei Collema z.B. wirkt seine gallertig schlüpfrige Beschaffenheit mehr mechanisch (1.Abh., Taf. III, 32), bei allen übrigen Flechten, deren obere Rinde durch Flechten- säuren etc. besonders geschützt ist, wirkt es chemisch und mechanisch. Der thallodische Rand zeigt nämlich fast immer dieselbe Färbung wie die obere Seite des übrigen Thallus, d.h. es ist fast immer durch dieselben Stoffe wie der Thallus chemisch geschützt. Der thallodische Wall wirkt aber auch in vielen Fällen mechanisch, indem er seine Krone mit starken Zähnen und 1328 H. Zukal, Stacheln crenelirt, die wohl dazu geeignet erscheinen, weichere Thiere von dem Apothecium zu verscheuchen. Gelingt es aber einem kleineren Thiere, z. B. einer Olau- silia oder Pupa, den thallodischen Wall trotz seiner Schutz- wehren zu übersteigen, so trifft dasselbe auf die Lamina des Apotheciums. Diese ist in den meisten Fällen roth, blau, schwärz- lich gefärbt, d.h. durch Flechtensäuren oder durch ähnliche Körper chemisch geschützt (1. Abh. Taf. III, 2 a—.c). Wollte das Thier bis zu den Sporenschläuchen vordringen, so musste dasselbe erst das Dickicht der gallertigen und oft dicht mit einander verklebten Paraphysen ! durchbrechen und hätte hier ausser den chemischen Schutzwehren auch noch bedeutende mechanische Hindernisse zu überwinden. In anderen Fällen wachsen aus dem thallodischen Rande oder aus der nächsten Umgebung desselben lange, spitze Äst- chen hervor, so dass das Apothecium wie von Wimpern einge- schlossen wird. Diese Bildungen sind schon den älteren Licheno- logen aufgefallen, so namentlich auch dem tiefen und geist- vollen Wallroth, der sie in seiner bilderreichen Sprache bei Usnea florida, Ramalina fraxinea, Physcia ciliaris, Cornicu- laria tristis und Tornabenia chrysophthalma (1. Abh., Taf. II, 2c) als »Metaphosis der regelwidrigen Umsprossung« beschrieben hat. Manchen »Fruchtkörpern« kommt auch der Schutz der Tager zur@ute, :Sor kegsenzzIBr dier potheeiens vieler Arsen von Cornicnlaria, Cetraria, Physcia und Leptogium zwischen so vielen spitzen Zweigen und Zacken, dass es weicheren Thieren 1 Die Paraphysen der Flechten zeigen eine grosse Mannigfaltigkeit der Formen und Eigenthümlichkeiten, welche bisher noch viel zu wenig gewürdigt worden sind. Denn sie weichen nicht nur in Bezug auf ihre Grösse, Gliederung, Festigkeit, Verzweigung, Vergallertung, Verwachsung und Verklebung und Lebensdauer beträchtlich von einander ab, sondern auch in Bezug auf ihren Inhalt, ihre Secrete und Excrete. Dass alle diese Eigenthümlichkeiten ihre besondere biologische Bedeutung haben, ist wahrscheinlich. Nähere Mitthei- lungen über den Bau der Paraphysen, von Seite des Herrn Dr. Zahlbruckner, der sich eingehend mit diesem Thema beschäftigt, dürften übrigens in nicht allzu ferner Zeit die erwähnte Lücke ausfüllen. Siehe über diesen Punkt auch die interessanten Ausführungen Wainio’s in Etude sur la classification naturelle et la Morphologie desLichens du Bresil. Groupes caracterises par les paraphyses, p. XXIV. Untersuchungen über die Flechten. 1329 sehr schwer, wenn nicht unmöglich wird, bis-zu den Apothecien vorzudringen. In. anderen Fällen wurden die Fruchtkörper tief in den Thallus versenkt und dadurch einigermassen ver- steckt. Dies gilt nicht nur für das Gros der pyrenocarpen Flechten, sondern auch für einen Theil der discocarpen, so z. B. für die Urceolarien und vor allen für Solorina saccata und Heppia virescens. Bei Nephromium und Nephroma werden die Apo- thecien auf der Unterseite der Thallusränder angelegt, welche, wie der ganze übrige Thallus, dem Substrate so lange anliegen, bis die Fruchtscheiben reif sind. Dies hat den Vortheil, dass die Apothecien vor allen Thieren, welche über die Oberseite der Flechte dahinkriechen, versteckt und gesichert werden. Zu- letzt benimmt sich allerdings der Randlappen des Thallus so, dass die Apothecien nach oben zu liegen kommen und die Asci ihre Sporen in der gewöhnlichen Weise ausschleudern können. Diese auf die Sporenejaculation berechnete Krümmung kann aber den Apothecien nicht mehr zum Nachtheile gereichen, weil dieselben zu dieser Zeit durch die dicke Gallertschichte der Paraphysen und durch deren sonstigen Secrete ausreichend geschützt werden. Des Schutzes der Lage erfreuen sich bis zu einem gewissen Grade auch jene Apothecien, die sich bei den herabhängenden Formen am äussersten Ende der Äste bilden. Denn um zu diesen Apothecien zu gelangen, müssen die herankriechenden Thiere den Weg über den ganzen Thallus nehmen, der aber oft wegen der vielen chemischen und mechanischen Hindernisse sehr beschwerlich ist. Weniger klar liegen die Dinge bei den grösseren Arten der Peltigera. Hier bildet der Thallus mehr oder weniger regel- . mässige Rosetten, welche im durchfeuchteten Zustande dem Substrate gewöhnlich ziemlich dicht anliegen. Im trockenen Zustande dagegen wird der Thallus in Folge gewisser Span- nungen gewöhnlich so gekrümmt, dass seine freien Ränder sammt den Apothecien hoch emporgehoben werden. Wollte sich eine herankriechende Schnecke jetzt diesen Rändern und den Apothecien nähern, so würde sie auf einen Wald von Spiessen treffen, die in senkrechter Richtung ihr Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 87 1230 H. Zukal, entgegenstarren. Im trockenen Zustande wird nämlich ein Theil der Haftfasern und Rhizome aus dem lockeren Substrate gezogen und in diese Lage gebracht. Von der anderen Seite her könnte die Schnecke allerdings leichter zu den Apothecien gelangen. Allein hier trifft sie auf den ältesten Theil des Thallus, der gewöhnlich schon jedes Schutzmittels ledig geworden ist, und von der Flechte (im trockenen Zustande) geopfert wird, um die Apothecien zu retten. Im durchfeuchteten Zustande können die Schnecken in Folge der entgegengesetzten Krümmungen des Thallus die Apothecien leichter erreichen, und zwar auch von der Aussenseite her; allein jetzt werden die Feuchtscheiben durch die aufgequollene Gallerte der Paraphysen hinreichend ge- schützt. Auch die Thallusränder und lebhaft fortwachsenden Thallustheile sind theils durch Überzüge chemisch wirkender Stoffe, theils durch ein schleim- oder spinnengewebeartiges Hyphengewebe mechanisch geschützt.! Dass die Fruchtkörper (Perithecien) der pyrenocarpen Flechten ebenfalls häufig den Schutz der Lage geniessen, wurde schon oben erwähnt. Interessant und lehrreich ist nur der Umstand, dass jener Theil des Peritheciums, welcher in den Thallus eingesenkt ist, also durch letzteren beschützt wird, in der Regel weich bleibt, während der hervorragende unbeschützte Theil meist schwarz und hart wird oder sich eines chemischen Schutzmittels erfreut. Schon eine flüchtige Umschau bei den Gattungen Endo- carpon, Lithoicea, Verrucaria etc. wird das Gesagte erhärten. Wenn aber die Perithecien aus der sehr dünnen, firnissartigen Kruste fast ganz zu Tage treten, also im erwachsenen Zustande so gut wie gar keinen Schutz durch den Thallus geniessen, 1 Am Klopeiner See in Kärnthen fand ich einmal eine kleine helixartige Schnecke auf dem Thallus von Peltigera aphthosa. Sie hatte aus dem Thallus schon ziemlich bedeutende Stücke herausgefressen, jedoch immer so, dass die Markschichte und die zahlreich vorhandenen Cephalodien erhalten blieben. Ich konnte auch mit Hilfe einer Lupe bemerken, dass die Schnecke, deren Bestimmung ich leider versäumte, den Warzen sorgfältig auswich und es auch absolut unterliess, eine Warze auch nur mit der Zunge zu berühren. Sollten etwa die Cephalodien von Peltigera aphthosa auch zu den Schutzmitteln gehören? Untersuchungen über die Flechten. (831 dann werden sie auch in ihrem ganzen UmfangevonderMündung bis zur Basis geschützt, und zwar gewöhnlich mechanisch, denn sie erscheinen in diesem Falle meistens als schwarze, harte Gehäuse. Die Gattungen Thelidium, Microthelia, Polyblastıia und S/faurothele liefern zu dem Gesagten mannigfache Beispiele. Bis jetzt haben wir nur die reifen Ascusfrüchte der Flechten vom Standpunkte ihres Schutzbedürfnisses vor dem Thierfrass flüchtig! betrachtet. Allein es ist klar, dass die jungen Frucht- körper und ihre Anlagen in einem noch ausgiebigeren Masse dadurch geschützt sind, dass sie entweder ganz in dem Thallus versenkt oder wenigstens durch das geschlossene Excipulum thallodes bedeckt werden. Mit dem Schutzbedürfnisse hängt es wohl auch zusammen, dass die Primordien der meisten Frucht- körper endoymen Ursprunges sind. Die eben gegebenen, die Ascusfrüchte betreffenden Mit- theilungen, so wenig vollständig sie auch immerhin sein mögen, dürften doch genügen, um meine oben aufgestellte Behauptung: die Fruchtkörper der Flechten verhalten sich in Bezug auf die Häufung der Schutzmittel ganz ähnlich, wie die Blüthen der Phanerogamen, als nicht übertrieben erscheinen zu lassen. Nach den Fruchtkörpern sollen hier anhangsweise auch die Conidienbehälter (Pycniden) zur Sprache kommen. Auch sie besitzen eine grosse Mannigfaltigkeit der Formen und zahl- reiche Structureigenthümlichkeiten, wie mir jeder zugeben wird, der diese »Spermogonien« etwaan derHand der ausgezeichneten Monographie Lindsays’s? näher studirt hat. Hier interessirt uns nur die Frage, ob diese Behälter oder ihre Producte, die ! Eine monographische Benandlung der Früchte sämmtlicher Flechten- gattungen, vom Standpunkte des Schutzes gegen die Angriffe der Thiere, würde vielleicht denselben Umfang erreichen, wie die ganze vorliegende Abhandlung. 2 Lindsay, Memoir on the Spermogones and Pycnides of Filamentous, Fruticolose and Foliaceous Lichens. (Transact. Royal Soc. of Edinburgh, vol. XXII. Idem, Memoir on the Spermogones and Pyenides of Crustaceous Lichens. (Transae. Linn. Soc., vol. XXVIIl. i Siehe auch Nylander, De momento characteris spermogoniorum notula. Flora, 1862, p. 353. Idem, Synopsis method. Lich., p. 34. SS) 1332 K. Zukal {ü Conidien, Eigenthümlichkeiten besitzen, die als Schutzvorrich- tungen angesprochen werden müssen. Diese Frage muss entschieden bejaht werden, denn die Anzahl der Fälle, die das Gesagte erhärten, ist Legion. Rein mechanisch geschützte Pycniden sind selten, doch treffen wir sie immerhin bei den Formen mit sehr dünner Kruste, und zwar sowohl bei den discocarpen, als auch bei den pyrino- carpen Flechten. Am auffallendsten sind sie bei den Calycieen, Graphideen und Pyrenulaceen, wo sie oft als harte, schwarze Behälter auftreten, die mit den Ascusfrüchten gar keine oder nur eine sehr geringe Ähnlichkeit besitzen. Nur theilweise mechanisch geschützte Pycniden sind ebenfalls nicht selten. Sie kommen dort vor, wo ein Theil der Pycnide in den Thallus versenkt ist, ein anderer nicht. Das aus dem Thallus hervor- ragende Stück des Conidienbehälters zeigt dann in der Regel eine lederartige oder hornige, das im Thallus versenkte Stück eine weiche Beschaffenheit (1. Abh. Taf.III, 34). Als bekannteres Beispiel führe ich die Pycniden von Ramalina an. Am häufigsten jedoch werden die Conidienbehälter chemisch geschützt, und zwar gewöhnlich durch dieselben Stoffe wie die »Frucht- körper«. Deshalb zeigen sie meistens auch dieselbe Färbung wie die Apothecien, beziehungsweise Perithecien, wie aus zahlreichen Beispielen bei Diatora und Lecidea etc. erhellt. Mitunter verdanken die Pycniden jedoch ihre Färbung weniger dem Behälter als den hervorgequollenen und intensiv gefärbten Conidien. Dieser Fall kommt z. B. bei den scharlachroth ge- färbten Conidienbehältern einiger Arten von Cladonia vor. Wie man sieht, erstrecken sich die Schutzmittel der Flechten auf alle wichtigeren Theile des Flechtenorganismus, auf den Thallus, die Fruchtkörper, Conidienbehälter, Soredien und Sporen. Ja sogar die ersten Keimungsproducte werden, wenn sie längere Zeit lebensfähig bleiben sollen, chemisch und mechanisch geschützt. Ich erinnere nur an die stark ver- dickten, platt anliegenden und meistens auch durch Flechten- säuren gefärbten Hyphen des Hypothallus von Rhizocarpon, Buellia, Lecotheciuim etc. Wie wirksam diese Schutzmittel gegen die Angriffe der T'hiere sind, geht einerseits aus der geringen Anzahl der that- Untersuchungen über die Flechten. 1333 sächlich sich von Flechten nährenden Thieren, anderseits aus der Langlebigkeit der Flechten hervor. Minder kräftig erweisen sich beschriebene Schutzmittel gegen pflanzliche Parasiten aus der Gruppe .der Pilze. Zopf zählt in seinem Werke »Die Pilze« eine lange Reihe dieser Flechtenschmarotzer auf. Von diesen sind indessen nur einige besonders gefährlich, weil sie den ganzen Thallus vernichten, wie z.B. das Fusarium Kühnii und manche Arten von Illo- sporium. Die übrigen befallen entweder nur die Apothecien oder bestimmte Arten‘ des Thallus. So bewohnt z.B. das Celidium Stictarum Tul. mit Vorliebe diejenigen Apothecien von Sficta pulmonaria, welche in der Mitte liegen, die rundständigen dagegen fast niemals. Einige der sogenannten Flechten- schmarotzer dürften sich übrigens bei näherer Untersuchung als blosse Hausgenossen entpuppen, d. h. als Pilze, welche mit der Flechtenalge im gemeinsamen Haushalt leben, ohne jedoch die Existenz des Flechtenpilzes im mindesten zu bedrohen. Ein Beispiel hiezu liefert die Pleospora Collematum Zuk.! 3. Aufnahme und Fortleitung des Wassers. Wenn wir eine trockene Flechte, welche vielleicht schon jahrelang im Herbar gelegen ist, ins Wasser tauchen, so nimmt sie in kurzer Zeit die Form und Gestalt des lebenden Indivi- duums so vollkommen an, dass man darüber in Zweifel sein könnte, ob man einen lebenden oder todten Organismus vor sich habe. Versucht man dasselbe Experiment mit einer pha- nerogamen Herbarpflanze, so gelingt es bekanntlich nicht. Wie kommt dies? Die Sache ist sehr einfach. Die Form und Gestalt der höheren Gewächse beruht, wenn man vom Holzkörper und dem mechanischen Gewebssystem absieht, hauptsächlich auf dem Turgor der Zellen, ist also an das Leben der Zellproto- plasten gebunden. Sind letztere todt, so collabiren die Zell- wände, werden matsch, und kein Wasserzufuhr kann ihnen ihre frühere Steifheit und Elasticität wiedergeben. ! Zukal. Pleospora Collemalum, in meiner Arbeit: »Über einige neue Ascomyceten. Verhandl. der k. k. zool. bot. Gesellsch. zu Wien, 37. Band, S. 39, 1887. 1334 K. Zukal, Anders bei den Flechten. Hier beruht die typische Gestalt, der ganze Habitus des Individuums auf der Festigkeit der Zell- wände. Deshalb bleibt es sich für die äussere Form der Flechte so ziemlich gleich, ob die festen Wände von lebenden Proto- plasten bewonnt sind oder nicht. Trotzdem zeigen gerade die Flechten oft ein sehr verschiedenes Aussehen, aber diese Änderung in der äusseren Form, Färbung, Transparenz, Festig- keit, Biegsamkeit, Elasticität etc. hängt nicht vom Leben der Protoplasten, sondern hauptsächlich von dem Umstande ab, ob sich die Zellwände im Zustande der Wasserarmuth oder des Wasserüberflusses befinden. Die Zellwände der Flechten, wie überhaupt die der meisten Pilze, gehören nämlich in einer ganz hervorragenden Weise zu den imbibitionsfähigen Pilanzen- gebilden, d. h. sie besitzen die Fähigkeit der Wasseraufnahme und Quellbarkeit in einem hohen Grade. Die Quellbarkeit bewegt sich aber zwischen festen Grenzen, welche von der Zellart abhängen, der die Wände angehören. So besitzen z. B. die Wände der Markzellen im Grossen und Ganzen eine geringere Quellbarkeit als die Rindenzellen. Über die Ursache des verschiedenen Grades der Quellbarkeit der Zellhäute wissen wir gegenwärtig noch nichts Sicheres. Doch lässt sich die ver- schiedene Quellbarkeit ein und derselben chemischen Sub- stanz, nämlich der Zellhäute, durch die Wiesner’sche Der- matosomen-Theorie! ziemlich befriedigend erklären, wenn man sich vergegenwärtigt, dass ein geänderter Modus in der Ver- kettung der Dermatosomen auch die Menge des Imbibitions- wassers beeinflussen wird. (Man denke an Badeschwämme mit verschieden construirtem Fasergerüste.) Da die äussere Gestalt der ausgewachsenen Flechten hauptsächlich auf der Festigkeit und Quellbarkeit der Mem- branen beruht und da sich diese Eigenschaften der Hyphen 1 Über die Dermatosomen siehe: Wiesner, Untersuchungen über die Organisation der vegetabilischen Zellhaut. Sitzungsb. der kais. Akad. der Wissensch. zu Wien, 1866. Siehe ferner: Höhnel, Über das Verhalten des vegetabilischen Zellmembran bei der Quellung. Bericht der Deutsch. bot. Gesellsch., 1884, 2. Bd., Heft.2, S. 42, ferner. Wiesner, Die Elementarstructur, Wien, 1892, S. 26, 27, 41. Untersuchungen über die Flechten. 1335 auch nach dem Tode der Flechten kaum verändern, so kann man den Modus der Wasseraufnahme bei den Flechten auch an Herbarexemplaren studiren, muss aber dann allerdings, um sich vor Fehlern zu schützen, häufig lebende Individuen zur Controle heranziehen. Wie wichtig das Wasser für die Flechten ist, geht aus den Untersuchungen Jumelle’s! hervor. Diese Untersuchungen haben nämlich ergeben, dass die Respirations- und Assimila- tionsenergie bei den wasserreicheren Individuen bedeutend grösser ist als bei den wasserarmen. Doch findet keine gleich- mässige Zunahme statt. Ist nämlich der Wassergehalt einer Flechte durch längere Zeit ein geringer gewesen, dann genügt eine schwache Zunahme desselben, um die Assimilations- und Respirationsenergie erheblich zu vermehren. Selbstverständlich ändert sich durch die Wasseraufnahme auch das Gewicht der Flechten. Im Zustande grösster Sättigung mit Wasser ist nach Jumelle das Verhältniss von Frischgewicht und Trocken- gewicht wie 2-8:1, mit den Grenzwerthen von 2:1 bei Pertu- saria communis und 4'31:1 bei Physcia parietina; bei den Collemen und den meisten übrigen homöomeren, gelatinösen Flechten verhält sich jedoch das Gewicht der mit Wasser gesättigten Flechte zum Trockengewicht wie 35:1. Dafür trocknen diese nie ganz aus, wie aus ihrer Athmung und Assimilation hervorgeht. Die übrigen Flechten verfallen jedoch in den Zeiten der Wasserarmuth in eine Art von latentem Zustand, in welchem die Assimilations- und Respirations- energie ausserordentlich sinkt. Dann genügt schon eine geringe Wasserzufuhr, um beide Lebensthätigkeiten stark anzufachen. Doch können auch die Flechten den wasserarmen Zustand, der entweder bei grosser Kälte oder andauernder Trockenheit eintritt, nicht beliebig lange ertragen. Dies geht schon aus der Athmung der Flechten, die lange des Wassers entbehrten, mit Sicherheit hervor. Eine Ramalina fraxinea wurde nämlich von Jumelle während dreier Monate im trockenen Zustande sehalten und dann angefeuchtet. Im Dunklen absorbirte sie I Jumelle, Recherches physiologiques sur les Lichens. (Revue gen. de Bot.), 1892. 1336 | H. Zukal, hierauf in 17 Stunden 0'149 cm? Sauerstoff (ein frisches Exem- plar vom gleichen Gewichte in gleicher Zeit 5°55 cm’). Im Lichte hatte die erstere in 6 Stunden fast nichts, die letztere 2:61 cm? Kohlensäure absorbirt. Die Lebensenergie war daher durch die lange Austrocknung sehr geschwächt worden. Wenn aber auch im latenten Zustande Assimilation und Respiration sehr sinken, so sinkt dagegen nicht auch die Transpiration. Diese hängt von der Temperatur, den Winden und von der relativen Feuchtigkeit der Luft ab und kann gerade zur Zeit der Wass®rnoth bei grosser Hitze sehr gesteigert werden. Es muss nun die Frage aufgeworfen werden, wie ersetzt die Flechte den durch die Transpiration erlittenen Wasserverlust? Nimmt der ganze Thallus den Thau und Regen auf oder nur ein Theil desselben, oder bestehen für die Wasseraufnahme gar besondere Vorrichtungen? Für diejenigen Flechten, welche dem Substrate fest anliegen, wie dies z. B. bei den meisten Krustenflechten der Fall ist, sind diese Fragen leicht zu beant- worten; denn hier gibt es nur zwei äussere, zur Wasserauf- nahme eventuell befähigte Schichten, nämlich die Rinde und das Mark. Letztere ist erfahrungsgemäss zu diesem Geschäfte vollkommen untauglich. Es bleibt also nur die Rinde übrig. Diese erweist sich thatsächlich zur Wasseraufnahme befähigt, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man eine beliebige Stelle der Oberfläche einer Krustenflechte mit Wasser betupft. Der Wassertropfen wird eingesaugt, aber nicht bei allen Krustenflechten mit gleicher Energie. Die Schnelligkeit, mit welcher ein Tropfen aufgenommen wird, kann als eine Art von Massstab für die Energie der Wasseraufnahme gelten. Als Einheit könnte man die Energie einer Flechte wählen, welche notorisch nur sehr langsam das Wasser aufsaugt und dann durch den Vergleich zu dem Resultat kommen, dass die Energie dieser Flechte z.B. 3, die jener vielleicht 5 beträgt. Diese Daten wären aber sehr ungenau, weil man kaum zwei Flechten findet, bei welchen die Bedingungen der Wasser- aufnahme vollkommen gleich sind. Diese wird nämlich durch die Grösse und Configuration der Thallusschüppchen, durch die Flechtensäuren und andere Excrete, durch Trichome und sorediale Bildungen, durch die Öffnungen der Pycniden und > Untersuchungen über die Flechten. 887 durch zufällige Risse, durch hypothallinische Gebilde und zufällige Algenüberzüge, vor Allem aber durch den Grad der Trockenheit bestimmt. Könnte man alle diese Umstände gleich machen, dann erst wären die Bedingungen für das verglei- chende Bemessen der verschiedenen Wasseraufnahmsenergien verschiedener Flechtenspecies gegeben. Da aber diese Gleich- machung der äusseren Bedingungen kaum gelingen dürfte, so müssen wir uns einstweilen bezüglich der Bezeichnung der Wasseraufnahmsenergie mit den Worten langsam, rasch und sehr rasch begnügen. Der unverletzte, soredienlose Thallus von Pertusaria communis nimmt zZ. B. den Wassertropten nur langsam auf und leitet ihn auch nur langsam seitlich und nach unten weiter. Die Rinde von Lecanora esculenta dagegen Dinner dlarsn\N\. as serssehrnaschr aus umenleiterles auch sehr rasch weiter. Diese Energie der Wasseraufnahme hängt wahrscheinlich mit der Lebensweise der Flechte in Steppen und Wüsten zusammen, welche sie zwingt, jeden noch so flüchtigen Regenschauer oder jede noch so schwache Thau- bildung schnell auszunützen. Im Allgemeinen kann man bezüg- lich der Krustenflechten nur sagen, dass die dünneren und jüngeren Ränder der Kruste das Wasser energischer imbibiren als die älteren Krustentheile. Bei den Laubflechten kommt es in Bezug auf die Wasser- aufnahme zwischen der oberen und unteren Rinde häufig zu einer Art von Arbeitstheilung. Bringt man z.B. einen Tropfen Eosinlösung auf die obere Seite des trockenen Thallus von Zndocarpon miniatum und stülpt, um Störungen zu verhindern, eine Glasglocke über den- selben, so können 20 Minuten und darüber vergehen, ehe der Tropfen absorbirt wird. Verwendet man aber zu demselben Experiment die Unterseite der Flechte, so wird der Tropfen in derselben Zahl von Secunden aufgesaust, als er früher Minuten brauchte. Man bemerkt dann auch, wie von der Unterseite aus die Eosinlösung über die Ränder des Thallus hinweg nach der Oberseite geleitet wird, und dass diese dann viel rascher auf- saugt wie früher, als der Tropfen direct aufgelegt worden war. Trocknet man dann ein solches mit Eosin getränktes Exemplar und macht dann durch dasselbe dünne Querschnitte, so über- 1538 H. Zukal, zeugt man sich auch, dass die rothe Färbung durch mehrere Zellschichten reicht. Nach diesem Befunde wird also das Wasser von Endocarpon hauptsächlich von der unteren Rinde aufgenommen und dann nach der oberen Rinde zu weiter- geleitet. In der letzteren leiten vorwiegend die inneren Rinden- zellen, während die äusserste Lage derselben, wegen der dort massenhaft vorhandenen Incrustationen von Flechtensäuren etc. von dem Wasser nur schwer durchdrungen werden kann. Ganz ähnlich wie Endocarpon verhalten sich im Allgemeinen auch die Parmelien, d. h. im jungen, unversehrten und soredien- losen Parmelienthallus leitet im Allgemeinen die untere Rinde das Wasser viel besser als die obere. Ich sage im Allgemeinen, weil besondere Ausnahmen bei dieser Familie keineswegs selten sind. Letztere kommen häufig dann vor, wenn sich auf der Ober- seite des Thallus isidienartige Wucherungen oder Prolificationen bilden oder wenn der Thallus von zahlreichen Soredien durch- brochen wird. Auch die Oberseite der alten Thallustheile rosett- artig wachsender Formen, wie zZ. B. von Menegazzia pertusa, Parmelia conspersa, P. centrifuga, leitet das Wasser ziemlich gut. Dies kommt daher, weil im höheren Alter von der oberen Rinde auch die Flechtensäuren und incrustirenden Substanzen. verschwinden, welche das Haupthinderniss für die Aufnahme des Wassers bildeten. Nichtsdestoweniger bleibt die Regel bestehen, dass bei den Parmelien und verwandten Formen vorzugsweise die Unterseite des Thallus zur Wasseraufnahme befähigt ist. Hierin wird sie, wenigstens bei den Holzbewohnern, durch die soliden Rhizoidenstränge nicht wenig unterstützt. Diese senkrecht in das Substrat eindringenden Stränge dienen nämlich nicht nur zur Befestigung des 'Thallus, sondern sie leiten auch die Feuchtigkeit aus der Tiefe des Substrates gleich Saugdochten der unteren Rinde zu. Zu dieser Leistung sind die Rhizinae solidae ausgezeichnet befähigt, denn sie bestehen aus hauptsächlich longitudinal verlaufenden, nahezu parallelen Hyphen, die so locker neben einander liegen, dass zwischen den einzelnen Hyphen sehr kräftig wirkende Capillar- gefässe entstehen. Von der Leitungsfähigkeit der Rhizinae solidae kann man sich direct überzeugen, wenn man das untere Ende eines solchen unverletzten Haftstranges in das Untersuchungen über die Flechten. 1339 Wasser und in die Eosinlösung taucht. Man sieht das Wasser rapid in dem Hyphenstrange in die Höhe steigen und sich auf der unteren Rinde verbreiten. Auch auf indirectem Wege kann man dieselbe Überzeugung gewinnen, wenn man ein grösseres, trockenes, mit einer Parmelia, z.B. mit Xanthoria parietina besetztes Borkenstück, unten ein wenig befeuchtet. Wenn man sorgfältig arbeitet, dann kann es geschehen, dass der Thallus der Xanthoria früher durchfeuchtet wird als die oberste Schichte der Borke. Diese Erscheinung kann aber nur durch die Thätigkeit der soliden Haftstränge erklärt werden. Die Leitungsfähigkeit der soliden Haftstränge macht es auch erklärlich, warum sich die grossblätterigen Parmelien lieber auf Bäumen mit rissiger, rauher Borke ansiedeln als auf Stämmen mit glatter Rinde. Die grossblätterigen Parmelien bedürfen nämlich zu ihrem Gedeihen schon etwas mehr Feuchtigkeit als die kleinen Physcien, Lecanoreen und Graphideen. Diese Feuchtigkeit stapelt wohl die dicke, rissige Borke auf, nicht aber die glatte Rinde, von welcher das wenige Regenwasser, welches überhaupt den Stamm trifft, sehr rasch wieder herab- rinnt, ohne aufgenommen zu werden. Selbstverständlich gilt das Gesagte nur für relativ trockene Orte. Sehr merkwürdig verhalten sich bezüglich der Wasser- aufnahme auch die Gattungen Peltigera und Peltidea. Bei diesen Laubflechten ist bekanntlich nur die obere 'Thallusseite berindet, die untere nicht. Nun besteht aber die äusserste Lage der oberen Rinde aus sehr verdickten Zellen, welche nur wenig zur Aufnahme und Fortleitung des Wassers geeignet sind. Auf der Unterseite dagegen vereinigen sich die Rhizinen zu netz- artig mit einander verbundenen Hyphensträngen. Die Maschen dieses Rhizinennetzes sind in den älteren Theilen des Thallus, weit in den jüngeren Thalluspartien dagegen um ein Viel- faches enger und endigen in dem Thallusrande, also dort, wo das lebhafteste Wachsthum stattfindet und wo sich auch die Apothecien bilden. Es ist noch hinzuzufügen, dass von ver- schiedenen Punkten des rhizoidalen Netzes dicke, aber locker verfilzte Hyphenbüschel ausgesendet werden, welche in das Substrat (Moos, lockerer Humusboden ctc.) oft mehrere Centi- meter tief eindringen. 13940 H. Zukal, Da das auf der Unterseite des Peltigera-Thallus ver- laufende Rhizinennetz eine gewisse Ähnlichkeit hat mit den Adern (Gefässen) höherer Gewächse und da es ausserdem nicht selten noch dazu auffallend gefärbt ist, so hat man ihm den Namen »Venennetz« gegeben. Ich habe mich aber über- zeugt, dass die Ähnlichkeit des Venennetzes mit den Blatt- nerven höherer Gewächse nicht bios eine rein äusserliche, sondern eine tiefergehende ist; denn beide Organe, die Pelti- gera-Venen und die Blattnerven dienen im Wesentlichen dem- selben Zwecke, nämlich der Wasserleitung. Von der Function der Peltigera-Venen kann man sich durch einen sehr einfachen Versuch überzeugen. Hängt man nämlich einen grösseren, unversehrten, trockenen Peltigera-Thallus so an einem Faden auf, dass der Thallusrand und die Apothecien nach oben und die älteren Thallustheile nach unten zu liegen kommen und bringt dann diese letzteren mit einer Eosinlösung in Berührung, so sieht man, wie die Flüssigkeit einzig und allein in dem Venennetz in die Höhe steigt, den Thallusrand und die Apo- thecien erreicht und von hier aus mit Hilfe der unteren, dünneren Zellschichten der Rinde auch über die Oberseite des Thallus verbreitet wird. Die zwischen den Venen liegenden Partien des Markes werden durch diesen aufsteigenden Flüssig- keitsstrom nicht benetzt. Im Freien betheiligen sich an diesem Leitungswerke auch die senkrecht nach abwärts gerichteten Rhizinenbündel, indem sie genau so wie Saugdochte wirken und bei trockenem Wetter die Feuchtigkeit aus der Tiefe des Substrates holen. Eine nähere Untersuchung des feineren Baues dieser Hyphenstränge und des ganzen Venennetzes zeigt, dass das Wasser nicht im Inneren der Hyphen, sondern einzig und allein zwischen den Hyphen durch die Kräfte der Capillarität fortgeschafft wird. Mit dem Peltigera-Thallus verwandt ist auch der von Solorina. Bei dieser Gattung existirt jedoch kein Venensystem, und das Betriebswasser wird hauptsächlich durch die jüngsten Thallustheile, d. h. durch die Thallusränder vom Substrate direct aufgenommen. Nur die Apothecien, welche zu ihrem Wachsthum und Gedeihen offenbar eines grösseren Masses von Feuchtigkeit bedürfen als der übrige Thallus, stehen durch Untersuchungen über die Flechten. 1341 ein rindenartiges, wasserleitendes Zellgewebe mit dem feuchten Substrate in einem unmittelbaren Contact. Nicht minder interessant wie der Peltigera-Thallus verhält sich bezüglich der Wasseraufnahme der Thallus von Siicta, beziehungsweise Stictina. Die Arten beider Gattungen sind beiderseits berindet, doch ist die obere Rinde immer etwas dicker und weit weniger zur Wasseraufnahme geeignet, wie die untere. Letztere bildet übrigens keinen continuirlichen Überzug, sondern zeigt gewisse Unterbrechungen, wo dann die Mark- schichte ganz oder theilweise zu Tage tritt. Die von der Rinde entblössten Stellen der unteren Thallusfläche bilden entweder kleine, scharf begrenzte Grübchen, die sogenannten Cyphellen, oder minder scharf begrenzte, grössere Flecke (1. Abh., Taf. II, Fig. 8a). Beide Formen der unberindeten Stellen, die Grübchen und die Flecke, treten für das Auge deshalb mehr hervor, weil sie unbehaart sind, während der übrige berindete Theil der unteren Thallusfläche mit kurzen Filzfasern (Haaren) dicht bekleidet wird. Hängt man nun wieder einen trockenen Sficta- Thallus senkrecht so an einem Faden auf, dass die älteren Thallustheile nach unten liegen und eine Eosinlösung berühren, so sieht man, wie die Flüssigkeit ziemlich rasch in der unteren behaarten Rinde in die Höhe steigt, um sich endlich auch über den Thallusrand auf der oberen Rinde zu verbreiten. Bei diesem Versuche werden die Cyphellen oder die unbehaarten, cyphellenartigen Flecke selbst nach stundenlanger Einwirkung der Eosinlösung nicht benetzt.! Die grosse Leitungsfähigkeit der unteren Rinde muss umsomehr überraschen, als ihr feinerer Bau sich kaum wesentlich von der oberen Rinde unterscheidet. Beide bestehen nämlich aus einem Pseudoparenchym von 2—5 Zelllagen und sind bald aus dickeren, bald aus dünnwandigen Zellen zusammengefügt. Während aber die obere Rinde glatt ist und höchstens von Flechtensäuren und dergleichen Stoffen I Da die Eosin-Lösung die von ihr durchfeuchteten Rindentheile deutlich roth färbt und diese Färbung auch im getrockneten Thallus jahrelang sichtbar bleibt, so kann man sich auch auf die oben angeführte Art physiologische Dauerpräparate anfertigen und an denselben jederzeit die Leitungsfähigkeit der unteren Rinde und der Unnetzbarkeit der Cyphellen und der gleichwertigen Organe demonstriren. 1342 H. Zukal, incrustirt wird, zeigt die untere Rinde immer die oben erwähnte Behaarung. Die einzelnen Haare bestehen aus einer einzigen Reihe von 2—5 Zellen und können als directe Ausstülpungen der Rindenzellen betrachtet werden. Sie stehen so dicht bei- sammen, dass zwischen ihnen einerseits und zwischen ihnen und der unteren Rinde anderseits zahlreiche Capillargefässe entstehen, in denen das Wasser ziemlich rasch in die Höhe steigt. Dass es wirklich die Haare sind und nicht die Rinden- zellen, welche die Wasserleitung bewirken, davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man bestimmte Stellen der Unter- seite vorsichtig so rasirt, dass die Rinde nicht verletzt wird. An den von den Haaren künstlich befreiten Stellen wird dann das Wasser ebensowenig fortgeleitet wie von den Cyphellen und von den cyphellenartigen Stellen. Die Hauptursache, warum die letzteren Organe vom Wasser nicht benetzt werden, liegt also in dem Mangel an jedweder Behaarung. Eine ganz ähnliche, wasserleitende Behaarung wie bei Sticta treffen wir auch auf der unteren Thallusseite vieler Arten von Nephroma und Ricasolia. Hier fehlen aber die Cyphellen, dafür ist der ganze Rand der Unterseite unbehaart und bildet gewissermassen eine einzige, grosse Cyphelle. Sehr eigenthümlich verhalten sich bezüglich der Wasser- aufnahme manche Physcien. Bei der Physcia ciliaris z. B. nehmen die jüngsten Thallusspitzen und die Trichome das Wasser sehr energisch auf. Die Fortleitung desselben besorgt jedoch hauptsächlich ein schmaler Rindenstreifen zu beiden Seiten des bandförmigen Thallus, welcher auf der Oberseite beginnt und auf die Unterseite saumartig hinübergreift. Überraschend schnell nehmen die stark behaarten Phy- seienuwier 7. B.2 die Tohyscian Urllosas siehe 1 Ay ale das Wasser auf. Hier wirken eben die zahlreichen Zwischen- räume zwischen den dicht stehenden Trichomen als ebenso- viele kräftige Capillargefässe und ausserdem ist die behaarte Rinde selbst zur augenblicklichen Aufnahme und Fortleitung des Wassers besonders befähigt. Bei der Gattung Cetraria und. insbesondere bei der (. islandica ist mir dagegen die grosse Trägheit aufgefallen, mit der das Wasser vom Thallus aufgenommen und fortgeleitet wird. Wenn man z. B. einen Untersuchungen über die Flechten. 1348 trockenen Thallus dieser Flechte mit den älteren Thallus- theilen nach abwärts an einem Faden so aufhängt, dass der unterste Theil desselben etwa !/, cm tief in eine Eosinlösung taucht, so wird man nach 12 Stunden die obersten Thallus- spitzen noch vollkommen trocken finden. Diese ungewöhnliche Langsamkeit in der Wasseraufnahme hängt wahrscheinlich mit den Lebensgewohnheiten und dem Standorte der Flechte zusammen. Sie bewohnt nämlich theils die Tundra, theils die Hochebene der Gebirge und ist den grössten Theil des Jahres unter dem Schnee geborgen und muss in einem anderen Theil desselben unaufhörlich Regengüsse über sich ergehen lassen. Die Zeit, welche sie wirklich trocken verbringt, ist verhält- nissmässig kurz, und während dieser Zeit wird ein gewisser latenter Zustand eintreten, in welchem alle Lebensfunctionen, namentlich Athmung und Kohlensäureaufnahme, auf das Mini- mum reducirt sind. Wollte man die Flechten in ombrophile und ombrophobe eintheilen, wie dies Wiesner! jüngst mit den Gefässpflanzen gethan hat, so müsste man an die Spitze der ombrophilen neben die Collemaceen entschieden die Cetrarien stellen; an diese würden sich dann gewisse Cladonien reihen, namentlich die Cl. rangiferina anreihen. Denn alle diese Flechten vertragen, besonders auf den nordischen Standorten, eine unglaubliche Menge von Feuchtigkeit, ohne durch die- selbe auch nur im mindesten in ihren Vegetationsverhältnissen beeinträchtigt zu werden. Wir kommen jetzt zu dem Verhalten der strauchartigen Flechten in Bezug auf die Wasseraufnahme und Fortleitung. Hier hat mich die nähere Untersuchung belehrt, dass das Wasser nicht von den Befestigungspunkten nach den Vegeta- tionspunkten hingeleitet wird, wie z. B. bei allen höheren Land- pflanzen, sondern in umgekehrter Richtung von den jüngsten Thallusspitzen nach den ältesten Thallustheilen hin. Auch ist die Energie der unmittelbaren Wasseraufnahme in den jüngeren Thallustheilen um ein Vielfaches grösser als in den I Wiesner, Grundversuche über den Einfluss der Luftbewegung auf die Transpiration der Pflanzen. (Sitzungsb. der kais. Akad. der Wissensch. in Wien, 1887). 1844 H. Zukal, älteren Theilen. Als aufsaugendes Organ functionirt hier wie überall die Rinde. Nur wo keine eigentliche Rinde vorhanden ist, wie in den Podelien mancher Cladonien- und Stereocaulon- Arten, leitet statt der Rinde die bekannte krause, dicke Deck- hyphe. Der Centralstrang von Usnea, sowie die Stränge von Ramalina, Evernia, Physcia etc., sowie der mechanische Ring von Cladonia leiten nicht, sondern erfüllen nur mechanische Zwecke. Allerdings werden auch sie schliesslich durchfeuchtet, aber dies dauert ziemlich lange. Auch beträgt das aufgenom- mene Wasser nur einen sehr geringen Bruchtheil des Trocken- gewichtes. Es gibt aber doch auch Strangbildungen, welche leitend wirken. In dem Strangnetzwerk von Cladonia retipora Labill. steigt z. B. das Wasser mit derselben Schnelligkeit in die Höhe wie in einem guten Löschblatt oder im Zucker. Auch in diesem Falle bilden die netzig verbundenen Stränge ein aus- gezeichnet wirksames Capillarsystem. Bei den Strauchflechten mit gegittertem und durchbrochenem Thallus, wie zZ. B. bei Ramalina reticnlata, kann man bemerken, dass das Regen- wasser in den Maschen des Netzwerkes oder in den Thallus- löchern Wasserhäutchen bildet und auf diese Art auch von den herabhängenden Formen längere Zeit festgehalten wird. Solche Wasserhäutchen beobachtete ich auch in den drei- eckigen Öffnungen, die man in den Astwinkeln von Bryopogon Alectoria und Cornicnlaria nicht selten findet. Ich habe mir auch die Frage vorgelegt, ob die Flechten das Wasser nicht auch in Dampfform aus der Atmosphäre auf- zunehmen vermögen. Mit dem Worte »Dampf« ist hier nicht der sichtbare Nebel gemeint, denn dieser gehört zu den tropf- bar-flüssigen Körpern, und sein Durchfeuchtungsvermögen ist evident, sondern der Dampf der Physiker, welcher unsichtbar ist und Tension besitzt. Zu diesem Ende wurden vollkommen trockene Flechten aller Ordnungen über Nacht in einen Raum gebracht, der bei einer Durchschnittstemperatur von 15° C. mit Dampf gesättigt war. Am nächsten Morgen waren immer alle Exemplare ohne Ausnahme so durchfeuchtet, dass der Thallus einen genügenden Grad von Biegsamkeit und Elasticität ange- nommen hatte, um vor dem Zerbrechen geschützt zu sein. Trotzdem waren sie noch weit von dem Sättigungspunkte Untersuchungen über die Flechten. 1345 entfernt, denn die meisten derjenigen Flechten, welche sich in der feuchten Kammer mit Wasserdampf mässig durchfeuchtet hatten, konnten noch ganz bedeutende Quantitäten Wasser aufnehmen, wenn ihnen letzteres in flüssiger Form geboten wurde. Immerhin ist durch diese Versuche festgestellt worden, dass die Flechten als höchst empfindliche, hygroskopische Körper angesehen werden müssen, denn sie nehmen nicht nur den Wasserdampf sehr leicht auf, sondern sie verändern dabei auch ihre Gestalt, indem sie nach der Wasseraufnahme ihre Äste lockern oder sonstwie dem Thallus eine andere Con- figuration geben. Besonders fällt diese Gestaltveränderung an allen gepressten Herbarexemplaren auf nach Durchfeuchtung derselben in der feuchten Kammer. Wenn aber auch alle Flechten als hygroskopische Körper bezeichnet werden müssen, so weichen sie doch in Bezug auf den Grad der Hygroskopicität erheblich von einander ab. Zu den stark hygroskopischen Formen gehören die dicht behaarten Arten, wie z. B. Physcia comosa, Ph. intricata, Ph. villosa, Ph. ciliaris, Ph. lencomelas,!' ferner die auf der Unterseite behaarten Species der Gattungen Sticta, Ricasolia, Nephro- mium, Peltigera und Mallotium. Die Trichome dieser Flechten bewähren sich daher nicht nur als Leitorgane für das tropfbar- flüssige Wasser, sondern auch als vorzügliche Perceptions- organe für den Wasserdampf. An die behaarten Flechten schliessen sich bezüglich der Schnelligkeit, mit der das dampfförmige Wasser aufgenommen wird, unmittelbar die fädigen Formen an, also die Arten von Usnea, Bryopogon, Alectoria, Ramalina etc. Am wenigsten hygroskopisch scheinen die Krustenflechten zu sein, nament- lich jene, welche ihren Thallus grösstentheils in den Kalk ver- stecken. 1 Dieselben Physcien zeichnen sich auch durch die Schnelligkeit aus, mit der das Wasser im tropfbar flüssigen Zustande aufgenommen und weiter- geleitet wird. Diese Erscheinung hängt höchstwahrscheinlich mit der Wasser- armuth ihrer Standorte und Wohnbezirke zusammen, welche sie zwingt, jede Gelegenheit zur Wasseraufnahme sofort auszubeuten. -An besonders trockenen Orten, z.B. Chiles und Perus wird diese Behaarung so stark entwickelt, dass die betreffende Flechte durch dieselbe oft ein ganz bizarres Aussehen erhält und kaum mehr zu erkennen ist. [0.0) (0,8) Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 1546 H. Zukal, Die Hygroskopicität ist für die Flechten eine höchst wichtige Eigenschaft, unA nicht wenigen Arten ermöglicht sie geradezu die Existenz. Dies gilt besonders für die Bewohner jener Gegenden, wo es nur wenige Tage im Jahre regnet, wie dies z. B. in manchen Landschaften Chiles, Australiens und Nordafrikas der Fall ist. Aber auch die Flechten, welche das schroffe Felsengeklüfte unserer Hochgebirge bewohnen, an denen weder Schnee, noch Regen haftet, werden aus ihrer Hygroskopicität einen unberechenbaren Vortheil ziehen. Denn es bleibt sich schliesslich gleich, ob das Wasser in tropf- barer Form oder als Dampf aufgenommen wird, die Haupt- sache ist immer, dass die Flechten vor dem Verlust des für die ungestörte Function des Protoplasmas so wichtigen Betriebs- wassers bewahrt bleiben. Allerdings kann der Wasserdampf den Flechten weder Aschensubstanzen, noch Ammoniaksalze, noch salpetersaure Verbindungen zuführen, allein es ist all- gemein bekannt, dass die niederen Pflanzen mit unglaublich kleinen Mengen dieser Substanzen ihr Auskommen finden. Wenn wir uns nun den Vorgang der Wasseraufnahme durch die Flechten vergegenwärtigen, so geschieht derselbe im Allgemeinen so, dass zuerst die Rinde oder ihre Prolificationen (Trichome, Rhizoiden) das Wasser aufnehmen, dann dasselbe durch die nächstliegenden Hyphen bis zu den Gonidien leiten, um es hier aufzustapeln. Die Gonidien bedürfen nämlich in ihrer Eigenschaft als Algen im Allgemeinen einer grösseren Menge von Betriebswasser als die Pilzgewebe. Auch sind ihre oft mächtig entwickelten, stark quellbaren Hüllmem- branen zur Wasseraufnahme ganz besonders geeignet. Ganz zuletzt erst werden die Hyphen des Markes durchfeuchtet, und zwar in einer so wenig ausgiebigen Weise, dass das auf- genommene Wasser in der Regel nur einen Bruchtheil des Trockengewichtes ausmacht, während sich in den übrigen Geweben des Flechtenthallus das aufgenommene Wasser zu dem Trockengewichte wie 2:1 oder wie 3:1, bei den Collemen sogar mitunter wie 30:1 verhält. | Nicht minder bedeutungsvoll wie die Wasseraufnahme ist für das Leben der Flechten auch die Wasserabgabe. In dieser Beziehung gilt, soweit meine Erfahrung reicht, die Regel, dass Untersuchungen über die Flechten. 1347 jene Flechten, welche das Wasser rasch aufnehmen, wie z. B. die behaarten Physcien, dasselbe auch wieder relativ rasch abgeben. Eine Ausnahme von dieser Regel machen jedoch die Collemen, Pannarien, kurz alle Flechten, welche Cyanophyceen in der ‚Gonidienschichte oder als Cephalodien führen, Eine nähere Untersuchung dieser interessanten Thatsache hat mich auch darüber belehrt, dass es hauptsächlich die gallertigen Häute und Hüllmembranen der genannten Algen sind, welche als Wasserspeicher wirken. Bringt man nämlich einen mit Wasser gesättigten Nostoc und eine ebenfalls mit Wasser gesättigte Archilichene (im Sinne von E. Fries) in je einen Exsiccator, so braucht der Nostoc zum Trocknen die zehn- fache Zeit wie die Archilichene, ja er wird eigentlich im Innern nur erst nach Wochen vollkommen trocken. Aus dieser ansachlerschliesseeich, dassdie,Cyanophyesenim Blechtenthallusı umbesehadet anderer Kunetionen, als Wasserspeicher wirken. Sollte die Häufigkeit, mit der die Cyanophyceen als fremde Gäste im Innern des Flechten- thallus oder (bei den Krustenflechten) auf der Oberfläche derselben gefunden werden, nicht ganz besonders zu ihrem Wasserspeicherungsvermögen in einer directen Beziehung stehen? Ich bin sogar zu der Ansicht geneigt, dass auch andere Pflanzen, welche mit den Cyanophyceen in einer Symbiose leben, wie z.B. Gunnera, Azolla, Pellia, Marchan- tia etc., dies nur deshalb thun, weil sie mit den kleinen Ein- wohnern (Nostoc-Kugeln etc.) ebensoviele Wasserbehälter be- herbergen. Die genannten Pflanzen bedürfen nämlich zu ihrem Gedeihen unter allen Umständen grosser Feuchtigkeit, deshalb mögen ihnen auch die eingeschlossenen Cyanophyceen zu den Zeiten der Wassernoth gute Dienste leisten. Das Ein- dringen der Cyanophyceen in ihre Werthe lässt sich aber theils auf das Bewegungsvermögen der genannten Algen, theils auf chemotropische Reizwirkungen zurückführen. Bei den Flechten werden jedoch die zufällig angeflogenen oder vorhandenen Cyanophyceen von den Hyphen festgehalten, unter Umständen auch umstrickt und weitertransportirt. 1348 H. Zukal, 4. Die Durchlüftung des Flechtenthallus. So wie die Thiere müssen auch die Pflanzen athmen, d. h. sie müssen Sauerstoff aufnehmen und denselben zur Oxydation bestimmter Verbindungen verwenden. Dies steht seit Saussure’s! denkwürdigen Untersuchungen für alle Pflanzen fest. Der zur Athmung benöthigte Sauerstoff wird gewöhnlich aus der Atmosphäre, beziehungsweise aus der Bodenluft entnommen, und nur die untergetauchten Gewächse decken ihren Sauerstoffbedarf aus der vom Wasser absor- birten Luft. Manche Pflanzen können jedoch auch solchen Sauerstoff einathmen, der bereits in anderen Molekülen gebunden ist, d.h. . sie können diesen Molekeln die Sauerstoffatome entreissen und so Veranlassung zu weitgehenden chemischen Umwandlungs- processen geben. Man nennt diesen Oxydationsprocess seit Pflüger (1875) »intramoleculare Athmung«. Letztere kommt, wie Pasteur? zuerst gezeigt hat, insbesondere gewissen Pilzen zu und manifestirt sich bei der Gährung und anderen Fermentationen in der grossartigsten Weise. Die Athmung der Flechten wurde in jüngster Zeit durch Jumelle? untersucht. Durch letzteren wurde festgestellt, dass die Flechten sehr energisch athmen, und zwar insbesondere im Dunklen, weil sich in diesem Falle beide Componenten des Flechtenthallus an der Sauerstoffaufnahme betheiligen. Dabei ist das Verhält- niss zwischen der abgegebenen Kohlensäure und dem auf- genommenen Sauerstoff bei den heteromeren Flechten wie 1:08, bei den homöomeren wie 1:0:6. Auch sehr hohe Temperaturextreme, wie —20° C. Kälte oder 40° C. Wärme, behindern die Flechten in ihrer Athmung nur wenig. Nachdem festgestellt worden ist, dass die Flechten sehr energisch 1 Th. de Saussure, Chemische Untersuchungen über die Vegetalien. Deutsch von Voigt, 1869. 2 Pasteur, Memoire sur la fermentation alcoolique. Ann. de chim. et phys. 1860 und Etude surla biere, Paris 1876. Derselbe, Flora 1863, S. 9. 3 Jumelle, Recherches physiologiques sur les Lichens: (Revue gen. de Bot., vol. IV, 1892.) Untersuchungen über die Flechten. 1349 athmen und die Sauerstoffaufnahme selbst bei ausserordent- lich extremen Temperaturen nicht erlischt, tritt an uns die Frage heran, ob alle Theile der Flechte in gleicher Weise an der Sauerstoffaufnahme participiren oder ob gewisse Theile der Flechte ganz besonders für die Aufnahme, Aufspeicherung und Fortleitung der Luft geeignet erscheinen? Es kann kein Zweifel darüber obwalten, dass bei dem weitaus überwiegenden Theile der Flechten letzteres der Fall ist. Die nähere Untersuchung hat sogar die überraschende Thatsache ergeben, dass einzelne, hoch entwickelte Laub- flechten Einrichtungen besitzen, welche mit den Spaltöffnungen der höheren Gewächse in Parallele gestellt werden können. Es wurde in dieser Abhandlung schon wiederholt hervor- gehoben, dass die Markschichte als derjenige Theil des Thallus bezeichnet werden muss, der vorzugsweise zur Aufnahme und Aufspeicherung der Luft geeignet erscheint. Ich glaube sogar hier die Vermuthung aussprechen zu sollen, dass möglicher- weise der ganze Bau der Markhyphen (die Art ihrer Ver- zweigung, ihre Oberfläche und Elastieität und Festigkeit) ganz speciell dazu angepasst ist, die atmosphärische Luft auf- zunehmen und festzuhalten.! Von der Kraft wenigstens, mit der die Luft von dem Netzwerk des Markes festgehalten wird, kann sich jeder eine Vorstellung machen, der einen Flechten- thallus nach einem mehrtägigen Regen oder nach einem mehr- stündigen Einweichen näher untersucht. Die Markschichte wird dann immer noch, wegen der zwischen den Markhyphen festgehaltenen Luft, rein weiss erscheinen. Selbst in den dünnen, im Wasser des Objectträgers liegenden Thallusschnitten will die Luft nicht ganz aus dem Marke entweichen, und man muss zur Luftpumpe oder zum absoluten Alkohol greifen, wenn man die Luftblasen aus den Schnitten ganz vertreiben soll. Da alle lebenden Zellen athmen und die Zellen der Rinde von oben her nur schwer für die Luft durchgängig sind, so müssen wir annehmen, dass die Luft aus I Möglicherweise reichen die zwischen den Markhyphen immer vor- handenen Zwischenräume für sich allein schon zur Erklärung der sich dort hartnäckig erhaltenden Luft aus. 1350 H. Zukal, dem Marke nicht nur die Gonidien, sondern auch die Zellen der Rindenschichte, kurz alle lebenden Protoplasten des Thallus mit Sauerstoff versorge. Auf diese Weise müsste die in der Markschichte aufgestapelte Luft immer sauerstoffärmer werden, wenn der Sauerstoffverlust von aussen her nicht ausgeglichen würde. Es lässt sich auch in der That nachweisen, dass die Luft im Marke immer mit der äusseren Atmosphäre in einer mehr oder minder directen Communication steht. Betrachten wir z. B. die Krustenflechten. Dieselben liegen grösstentheils unmittelbar mit ihrer Mark- schichte dem Substrate auf und werden durch die meist zu Rhizoiden umgewandelten untersten Markfasern gewöhnlich so auf der Unterlage befestigt, dass sie nur unter Beob- achtung besonderer Vorsichtsmassregeln von denselben los- gelöst werden können. Dennoch steht die Luft ihres Markes mit der äusseren Atmosphäre in Verbindung. Davon kann man sich leicht über- zeugen, wenn man eine beliebige Krustenflechte in Glycerin oder Olivenöl taucht und dann mit einer starken Lupe betrachtet. Zahlreiche, unter der Flüssigkeit schwarz erscheinende Luft- blasen zeigen dann die Punkte an, wo die Luft der Atmosphäre mit der Luft des Markes communieirt. Auch bei den hypo- phlöodischen Krustenflechten und bei den Kalkflechten mit unterirdischem Thallus verhält sich die Sache ähnlich, weil in ersterem Falle die Luft durch das lockere, meist abgestorbene Periderm ungehindert zu dem Thallus treten kann, im zweiten dagegen die Kalkhöhlen immer etwas grösser sind als die darin steckenden Thallustheile. Sehr ein eigenartiges Bild liefern unter dem Mikroskop dünne Schnitte durch den Thallus der Gallertflechten, wenn dieselben trocken, d. h. ohne vorhergehende Aufweichung, in wasserfreies Glycerin oder Olivenöl gelegt worden sind. Man staunt dann über die Menge der schwarzen, lufthaltigen Linien und Flecke, von denen die durchscheinende Thallusmasse oft in einer sehr zierlichen Weise durchzogen wird (Abh. 1, Taf. III, 3). Die schwarzen Canäle und Flecke bezeichnen nicht nur die luftführenden Grenzlinien zwischen den Hüllmembranen - Untersuchungen über die Flechten. toll der Nostoc-Schnüre und Gloeocapsa-Familien, sondern sie begleiten auch nicht eben selten die die Gallertmasse durch- setzenden Hyphen, insbesondere das Trichogyn und den Hüll- apparat der jungen Apothecien und Pyeniden. . Macht man ferner einen Schnitt durch das trockene Apo- thecium einer grösseren Collema-Species und beleuchtet den- selben in Glycerin oder Olivenöl unter dem Mikroskop, so erscheint das ganze Hypothecium und ein Theil des Excipu- lums schwarz, d.h. mit Luft erfüllt (Abh. 1, Taf. IM, 3). Nun fallen aber ‚gerade die grösseren Collema-Arten, wie schon Zahlbruckner! hervorgehoben hat, durch ein mächtig ent- wickeltes Hypothecium auf. Die Zellen dieses Hypotheciums enthalten aber, wenigstens in den vorgeschritteneren Ent- wicklungsstadien des Apotheciums, Luft, bilden also in ihrer Gesammtheit eine Art von Luftpolster, welchem das Apo- thecium aufsitzt. In dem gegebenen Falle liest wohl die Annahme sehr nahe, dass der Luftpolster für das Apothecium dieselbe Bedeutung besitzt wie das Mark für den Thallus einer heteromeren Flechte, nämlich die eines Durchlüftungs- apparates. Aus meinen eben angedeuteten Untersuchungen über die Durchlüftung der homöomeren Flechten gehen zwei Thatsachen hervor: 1. dass auch in den gallertigen Thallus reichlich Luft eindringt; 2. dass es insbesondere die Hyphen des fertilen Apparates sind, welche von besonders dicken Luft- hüllen umgeben werden. Es ist allerdings richtig, dass auch die Nostoc- oder Gloeocapsa-Protoblasten athmen und in Folge dessen die Gallerte der bezüelichen Algen bis zu "einem gewissen Grade für die Luft durchgängig sein muss. Die Hyphen des fertilen Apparates scheinen aber mehr Sauerstoff zu bedürfen als die Algenzellen, deshalb umgeben sie sich auch mit eigenen Lufthüllen. Im Lichte dieser Thatsachen erscheint die Hypothese von van Tieghem,? nach welcher ! Zahlbruckner, Beiträge zur Flechtenflora von Nieder-Österreich, IIl., Verhandl. der k. k. zool.-botan. Gesellsch. in Wien, 1890, S. 239—290. 2 Van Tieghem, Neue Beobachtungen über die Fruchtentwicklung und vermeintliche Sexualität der Basidiomyceten und Ascomyceten. Botan. Zeitung, 1876. 1592 H. Zukal, das von Stahl! entdeckte Trichogyn der Collemaceen als eine Art von Respirationsorgan functioniren soll, um vieles plausibler als ehedem. Die Strauchflechten werden gemeinhin von einer sehr dicken, interstitienlosen Rinde ringsum eingeschlossen, und es könnte gerade bei diesen Flechten zweifelhaft sein, ob ihr Luftgewebe, ich meine das Mark, jederzeit mit der Atmosphäre in Communication stehe. Es lässt sich jedoch die fragliche Verbindung auch bei dieser Gruppe in jedem einzelnen Falle nachweisen. Betrachten wir z. B. die Gattung Usnea. Hier wirken stets mehrere Factoren zusammen, um das genannte Ziel zu erreichen. So ist erstens die Rinde nicht überall gleich dick, sondern sie besitzt zahlreiche verdünnte Stellen, an denen das Mark beinahe an die äusserste Hautschichte reicht. Dass diese verdünnten Hautstellen für die Luft durchgängiger sein müssen wie die oft exorbitant verdickten, liegt auf der Hand (Abh. 1,. Taf. II,. 1 und 2a). Zweitens besteht die Rinde an den jüngsten Thallusspitzen nur aus einer einzigen Lage fast paralleler Hyphen, welche sich über der Vegetationsspitze kuppelartig zusammenneigen. Die Rinde der Thallusspitzen wird aber wegen ihrer grossen Zartheit dem Durchgang der Luft nur einen geringen Widerstand entgegensetzen. Das Gesagte gilt auch für die zahlreichen Warzen und Papillen des Usnea-Thallus. Drittens wirken die zahlreichen entleerten Spermogonienbehälter (Pycniden), mit denen der Usnea-Thallus übersäet ist, als ebensoviele Athemlöcher. Der Basaltheil dieser Pycniden besteht nämlich aus einem ziemlich lockeren Hyphen- geflecht und reicht bis in die Markschichte. Nach der Ent- leerung der Conidien wird ferner die Höhlung der Pycnide mit einem Hyphengeflecht ausgefüllt, welches sich in Bezug auf den Luftgehalt von dem Marke nur wenig unterscheidet. Viertens setzen auch alle Soredien das Mark mit der äusseren Luft in directe Verbindung.” Fünftens zeigt die Rinde des 1 Stahl, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechten. I., Über die geschlechtliche Fortpflanzung der Collemaceen. Leipzig, 1877. 2 Man hat sich daran gewöhnt, alle von der Rinde entblössten Thallus- stellen als Durchbruchsstellen der Soredien zu betrachten. In vielen Fällen mag diese Annahme auch richtig sein. In anderen dagegen liegen die morpho- Untersuchungen über die Flechten. 1393 älteren Thallus fast immer tiefe ringförmige Risse, welche senk- recht zur Thallusaxe. orientirt sind und bis zur Markschichte reichen. Selbstverständlich wirken bei der Durchlüftung des Usnea-Thallus nicht immer alle fünf Factoren in.gleicher Weise mit. Bald steht der eine im Vordergrunde, bald der andere. Immer aber liegen die Dinge so, dass sich stets die Luft des Markes, in Bezug auf Spannung, Feuchtigkeitsgehalt, Sauer- stoffmenge etc. mit der äusseren Luft in das. Gleichgewicht setzen kann. Bei den Gattungen Dryopogon und Alectoria besteht der Thallus aus einem fadenförmigen, hohlen Cylinder, der einen grossen, axil gelegenen Luftraum einschliesst, mit welchem das Mark in unmittelbarer Verbindung steht. Diese Gattungen besitzen also, wie manche Wasserpflanzen, ein inneres Luft- reservoir. Übrigens sorgen auch hier zahlreiche Soredien und leere Pycniden, sowie dünne Hautstellen für genügende Ventilation (ph. Rat 11.12). Bei Cornicularia, namentlich bei C. fristis und C. aculeata v.obtusa, weichen die Rindenhyphen auf der kuppelförmigen Vegetationsspitze so stark auseinander, dass dort zuweilen ein völliger Porus entsteht. In extremen Fällen schlagen sich bei €. Zristis die ursprünglich über den Vegetationspunkt zusammengeneigten Hyphen zurück und bilden um den termi- nalen Porus herum eine Art von grobem Pinsel. Auch zeigt die Rinde dieser Gattung im Querschnitte sehr grosse Unter- schiede in der Dicke. Über diesen Punkt sagt Schwendener:! »Sehr häufig beobachtet man z.B. den Fall, dass dieselbe (die Rinde) förmlich in zwei Hälften getheilt erscheint, indem die Lockerung des Gewebes sich auf zwei diametral gegenüber- liegenden Punkten bis auf den äussersten, von dunkel gefärbten Fasern gebildeten Rand erstreckt«. Ich selbst sehe in dieser Structureigenthümlichkeit eine Vorrichtung, welche speciell der logischen Verhältnisse so, dass an diesen Orten überhaupt keine Soredien gebildet werden. Im letzteren Falle wäre es vielleicht zweckmässiger solche hautlose Thallusstellen als Luftlöcher zu bezeichnen. U Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus, T., S. 41. 1894 H. Zukal, Ventilation des sonst durch eine äusserst dichte Rinde aus- ‘gezeichneten Cornicularienthallus dient. Bei den Gattungen Evernia und Ramaling communicirt die äussere Luft mit der des Markes einerseits durch die dünn berindeten Thallus- spitzen und andere verdünnte Hautstellen, anderseits durch die Soredien und Pyceniden. Die verdünnten Hautstellen bilden sich häufig zwischen den netzartig mit einander verbundenen Strängen. Dort kann die durch diverse Spannungen erzeugte Lockerung des Rinden- und Gonidiengewebes oft so weit gehen, dass das Mark unmittelbar zu Tage tritt. In manchen Fällen verschwindet sogar letzteres, bald nur auf der einen Thallusseite, bald auf beiden, so dass ganze Löcher ent- stehen. Die Podetien von Cladonia besitzen einen centralen Hohl- raum, der in der ersten Jugend mit dem Marke der Thallus- schüppchen, später unmittelbar mit der äusseren Luft in Be- rührung steht. Im Verlaufe des Wachsthums werden nämlich die Thallusschüppchen, in denen sich die Podetien in einer ganz ähnlichen Weise wie die Primordien der gewöhnlichen Apothecien entwickelt haben, sowohl nach oben, als auch nach unten durchbrochen und umgeben schliesslich den Basaltheil der Podetien in der Form einer Manschette. Später stirbt auch diese, sowie der unterste Theil des Podetiums allmälig ab, und dann communicirt die centrale Lufthöhle unmittelbar mit der äusseren Atmosphäre. Es ist übrigens noch sehr fraglich, ob die innere luft- erfüllte Höhlung an der Durchlüftung des Podetiums einen hervorragenden Antheil nimmt. In den Vegetationsspitzen der Podetien wird dies wohl der Fall sein; für die gonidien- führenden Schüppchen der äusseren Mantelfläche dagegen ist der innere Luftraum offenbar bedeutungslos, denn hier tritt die äussere Luft mit dem Marke in eine directe Verbindung. Das- selbe gilt auch mutatis mutandis für Sfereocaulon (Abh. 1, Ta I, & und Do Sehr reich mit Luft erfüllt erscheint auch der Thallus von Roccella. Dieselbe reicht, wie uns jeder Längsschnitt durch den Thallus deutlich macht, bis zu dem Hyphengeflecht am Grunde der senkrecht aufgerichteten Rindenhyphen. Letztere Untersuchungen über die Flechten. 185)8) sind oft selbst, besonders im unteren und älteren Thallus vollkommen leer und mit Luft erfüllt. Auch der Thallus von Sphaerophorus enthält trotz seiner ungewöhnlich dicken Rinde eine grosse Menge Luft. Da aber hier im trockenen Zustande die Rinde sehr brüchig ist, so zeigt dieselbe häufig tiefe Risse, die gewöhnlich senkrecht auf die Längsaxe des Thallus orientirt sind und häufig bis zur Markschichte reichen. Auch bei dieser Gattung sterben die Zellen der älteren Rinde ab und erfüllen sich mit Luft. Ein Tangentialschnitt durch die ältere Rinde von Sphaerophorus gibt deshalb wegen der grosslumigen, sehr unregelmässig geformten und mit Luft erfüllten Zellen ein ganz eigenartiges Bild. Neben den Rissen sorgen noch zahlreiche alte Spermogonienöffnungen und bei Roccella überdies noch die hier sehr häufig auftretenden Soredien für die Durchlüftung des Thallus. Aus dem Gesagten geht hervor, dass bei den Strauch- flechten gewöhnlich mehrere Umstände zusammenwirken, um die Durchlüftung des Thallus zu sichern, dass aber dieses Ziel unter allen Umständen erreicht wird, wenn auch die Mittel hiezu in einer mannigfachen Weise wechseln. Bei den Laubflechten ist besonders die Unterseite des Thallus an der Durchlüftung betheiligt. So treffen wir schon auf der Unterseite von Cetraria islandica, soweit man über- haupt bei dieser Flechte von einer solchen reden kann, eigen- thümliche weisse, unregelmässig begrenzte Flecke, welche wie Narben aussehen. Untersucht man diese Flecke näher, so findet man, dass an diesen Stellen die Rinde und die Gonidien (für den Fall, dass solche überhaupt vorhanden sind) fehlen und dass hier die Markhyphen unmittelbar zu Tage treten (Abh. 1, Taf. II, 6a). Zwischen den locker verwebten Hyphen dieser Flecken, welche überdies durch Excrete besonders geschützt werden, haftet die Luft mit solcher Kraft, dass sie selbst durch künstliche Mittel (Luftpumpe, absoluten Alkohol) nur schwer aus denselben vertrieben werden kann. Weicht man den Thallus der genannten Cefraria im Wasser auf, so erscheint derselbe im durchfallenden Lichte transparent, bis auf die weissen Flecke, welche wegen der dort vorhandenen Luft undurchsichtig und dunkel bleiben. Das isländische Moos gehört daher zu den 1356 H. Zukal, wenigen Flechten, bei denen im durchfeuchteten Zustande die Luft auch aus der Markschichte verdrängt wird, daher ihre Transparenz. Eine umso grössere Wichtigkeit besitzen aber für das Leben der Flechte die weissen Flecke. Sie müssen geradezu als Lungen angesprochen werden, welche den Thallus während den grössten Theil des Jahres — wo er sich nämlich im durchfeuchteten Zustande befindet — mit Sauerstoff ver- sorgen. Damit soll jedoch keineswegs die Möglichkeit geleugnet werden, dass sich auch andere Factoren, namentlich die Ober- fläche, an der Durchlüftung der Flechte betheiligen. Bei den Parmelien kommt die Durchlüftung des Thallus hauptsächlich mit Hilfe der unteren Rinde zu Stande. Letztere ist nämlich bei den Flechten dieser Familie ziemlich dünn und nicht nach dem pseudoparenchymatischen, sondern nach dem myceliaren Typus gebaut. Zudem stirbt sie sehr bald ab und ihre Zellen enthalten dann Luft. Eine weitere Eigenthümlich- keit dieser unteren Rinde besteht darin, dass sie dem inter- cularen Flächenwachsthum des Thallus nur in ihrer Jugend zu folgen vermag. Im älteren Thallus wird sie passiv gedehnt und reisst dann häufig an mehreren Stellen auf, so dass die Markschicht blossliegt. Besonders deutlich sieht man dieses Verhalten der unteren Rinde bei Menegazzia pertusa, Parmelia physodes, P. perlata, P. saxatilis, P. encausta, P. caparata, P. conspersa und Xanthoria parietina. Bei vielen Physcien sind die Thalluslappen überhaupt nur in ihrer Jugend auch auf der Unterseite mit einer Rinde bekleidet. Im späteren Alter ist der grösste Theil der unteren Thallusfläche überhaupt nicht berindet, und die Luft des Markes communieirt dann unmittel- bar mit der äusseren Atmosphäre. Bei Parmelia stygia v.lanata und theilweise auch bei P. fahlunensis werden die schmalen Thalluslappen stielrund, und die Flechte gleicht dann äusser- lich mehr einer Alectoria als einer Laubflechte. Diese Form- veränderung geht mit einer ausserordentlichen Verdickung und Verhärtung der Rinde Hand in Hand. Macht man durch den Thallus dieser Flechten einen Querschnitt, so sieht man, dass sich das Mark an zwei entgegengesetzten Stellen bis fast an die äusserste Peripherie des Thallus erstreckt. Bei diesen Par- melien wird also die Durchlüftung des Thallus genau durch Untersuchungen über die Flechten. 1397 dasselbe Mittel bewirkt wie bei Cornicularia und warum? Weil bei diesen Flechten auch die Berindung dieselbe Beschaffen- heit erlangt hat wie bei Cornicularia. Ist dies nicht hoch inter- essant? Wenn die Parmelien auch im Allgemeinen von unten aus durchlüftet werden, so zeigt nicht selten auch die obere Rinde mancherlei Structureigenthümlichkeiten und Einrich- tungen, welche gleichfalls das Eindringen der äusseren Luft in den Thallus ermöglichen. Der Thallus von Menegazzia pertusa zZ. B. besitzt zahlreiche Löcher, welche gewöhnlich bis zur unteren Rinde reichen. Da aber der Rand dieser Löcher nicht mit einer interstitienlosen Rinde, sondern nur mit einem locker verwebten Hyphenüberzug bekleidet ist, so wirken die ge- nannten Thallusöffnungen als ebensoviele Luftlöcher, welche die Luft des Markes mit der äusseren Atmosphäre in Ver- bindung setzen. Bei Parmelia olivacea var. aspera. (Abh. 1, Taf. II, 1a) ist die obere Rinde mit zahlreichen, warzenförmigen Aus- stülpungen übersäet, welche immer mit einem lockeren, luft- hülligen Hyphengewebe erfüllt sind, das mit dem Marke in einer unmittelbaren Verbindung steht. Gonidien fehlen in der Regel oder sie sind nur im Basaltheile vorhanden. Die Spitze oder Kuppe dieser Thallusprotuberanzen ist mit einer sehr dünnen Rinde überzogen. Letztere verschwindet aber häufig ganz, und es entwickelt sich ein veritabler Porus, welcher wie ein Kamin der äusseren Luft unmittelbaren Einlass gewährt. Ich muss hinzufügen, dass diese Kamine nur dann von der Flechte geöffnet werden, wenn die obere Rinde sehr verdickt worden ist und eine fast hornartige Beschaffenheit angenommen hat. Ähnliche Kamine fand ich bei Cornicularia tristis, und bei manchen Parmelien, wie zZ. B. bei Parmelia stygia. Bei Parmelia saxatilis und P. caparata etc. ist die Ober- seite nicht glatt, sondern zeigt flache Vertiefungen und grat- artige Erhöhungen, die netzförmig mit einander in Verbindung stehen. Auf den Graten ist nun die Rinde oft so dünn, dass sie nicht selten an diesen Stellen zerreisst. Häufig ist auch die Thallusoberfläche mit zahlreichen isidienartigen Ausstülpungen und Eflorescenzen bedeckt, die sämmtlich nur sehr dünn be- rindet sind. 1358 H. Zukal, Bei anderen Formen wieder, wie Z.B.bei Menegazzia pertusa, Parmelia physodes, P. encausta etc. treten auf der Oberseite des Thallus eigenthümliche schwarze Flecke! auf. An diesen Stellen fehlen in der Regel die Gonidien, und das Mark wird nur von einer dünnen Rinde bekleidet, welche einen ähnlichen Bau besitzt wie die Rinde auf der Unterseite des. Thallus. Unregelmässig verdünnte Hautstellen kommen auch auf der Oberseite des Thallus von Gyrophora vor. Hier aber bilden sie nicht die Grate, sondern die Thäler, während die verdickten Hautstellen hügelartig vorspringen. In den Thälern ist aber die Haut oft so dünn, dass die Gonidien fast zu Tage treten. Bei einigen Arten, zu denen auch die Gyrophora hyperborea gehött, liegt unter der verdünnten Rinde direct das Mark, während die Gonidien nur unter jenen Stellen entwickelt werden, welche hügelartig vorspringen. Da bei der Gattung Gyrophora die untere Rinde gewöhnlich sehr. stark entwickelt und überdies auch noch mit Flechtensäuren und ähnlichen Substanzen in- erustirt ist, Stellen der oberen Rinde die Aufgabe lösen, die Luft des Markes mit der äusseren Atmosphäre in Verbindung zu setzen. Selbstverständlich können alte Spermogonienöffnungen, Sore- dien und dünne Thallusausstülpungen, wo sie vorkommen, an der Durchlüftung des Thallus participiren. Bei den Gattungen Endocarpon und Heppia treffen wir auf einen T'hallustypus, bei welchem die Markschichte sehr redueirt erscheint, mitunter sogar ganz fehlt. Dann zeigt der Thallus so werden wohl hauptsächlich die verdünnten auf dem Quer- und Längschnitt ein vollkommen pseudoparen- chymatisches Gefüge. Seine Durchlüftung erfolgt mit Hilfe zahlreicher Intercellulargänge, welche zwischen den Zellen des Pseudoparenchyms ein förmliches Netzwerk bilden. Von der Existenz dieser Intercellulargänge kann man sich überzeugen, 1 Solche schwarze Flecke treffen wir auch auf dem Thallus von Verru- caria.calciseda. Wenn man mit dem Taschenmesser diese Flecke durchsticht, so überzeugt man sich, dass an diesen Stellen der Thallus gar nicht oder nur | wenig verkalkt ist. Der Bau der schwarzen Rinde ist überdies ein solcher, dass überall die Luft gut eindringen kann. Ich mache auf die Durchgängigkeit der schwarzen Flecke für die Luft hier ausdrücklich aufmerksam, ohne damit aber eine andere Function auszuschliessen. Untersuchungen über die Flechten. 1359 wenn man eine Serie Thallusschnitte trocken, d.h. ohne vorher- gehende Aufweichung in Olivenöl, einbettet und unter dem Mikroskop studirt. Man überzeugt sich dann auch, dass die Luft vorzugsweise durch die obere Rinde in den Thallus dringt, weil viele schwarze Linien (Luftcanäle) senkrecht zur oberen Thallusfläche führen. Diese senkrechten Intercellular- gänge münden nämlich in besondere Poren und Porenanlagen, mit denen der junge Endocarpon-Thallus geradezu übersäet ist. Doch möchte ich nicht behaupten, dass diese Poren eigens zu dem speciellen Zwecke der Durchlüftung angelegt werden. Die Sache ist vielmehr so, dass ein Theil derselben später als Auswurfsöffnung den Pycniden dient und wohl auch als solche angelegt wird. Ein anderer Theil der Poren steht jedoch auch im alten Thailus nicht mit den Pycnidenhönhlen, sondern mit den Intercellulargängen in Verbindung. Bei Endocarpon dürfte übrigens die Luft auch‘ durch die ‚untere Rinde, trotz. ihrer bedeutenden Mächtigkeit, in den Thallus dringen, weil die- selbe, wenigstens im späteren Alter, aus abgestorbenen, mit Luft erfüllten Zellen besteht und ihr Pseudoparenchym eben- falls Intercellulargänge zeigt. Ganz ähnlich wie Endocarpon verhält sich auch bezüglich der Durchlüftung der Heppia- Thallus, denn auch in ihn dringt die äussere Luft mittelst Intercellulargänge ein. Beizden Beltideen. steht die, Puft des Markes /mit der äusseren Atmosphäre in directer Verbindung, weil die hieher- gehörigen Flechten auf ihrer Unterseite rindenlos sind. Doch ist zu bemerken, dass bei Solorina selbst nach tagelangem Regen nur die berindeten Stellen ihrer Unterseite benetzt werden, das eigentliche Mark aber nicht. Die Markhyphen werden allerdings durchfeuchtet, doch halten sie die Luft zwischen ihren Zweigen unter allen Umständen fest. Dasselbe gilt für das Mark von Peltigera, beziehungsweise von Peltidea. Auch hier steigt das Regenwasser nur durch das Venennetz in den Thallus empor, das dazwischen liegende Mark bleibt weiss, d.h. mit Luft erfüllt. Die schönsten und merkwürdigsten Vorrichtungen zur Durchlüftung des Flechtenthallus treffen wir jedoch bei den Gattungen Sficta, Stictina und Umbilicaria. Hier geht nämlich 1360 H. Zukal, die physiologische Arbeitstheilung und morphologische Diffe- renzirung so weit, dass besondere Durchlüftungsorgane gebildet werden, welche, meiner Ansicht nach, ganz gut mit den Spalt- öffnungen der höheren Gewächse in eine Parallele gesetzt werden können. Bei Sticta und Stictina ist die untere Rinde, wie schon in einem früheren Capitel erläutert wurde, mit einem wasserleitenden Trichomfilz bekleidet. Nur an gewissen Stellen fehlen Haare und Rinde (oder letztere ist wenigstens sehr dünn und porös), und hier tritt das lufthältige Mark fast unmittel- bar zu Tage. Die Grösse der unbehaarten Stellen schwankt zwischen den einzelnen Arten bedeutend, bei ein und der- selben Species jedoch nur wenig. Bei manchen Arten bilden sie mehrere Centimeter grosse, unregelmässig begrenzte Flecke und nehmen oft den grösseren Theil der Thallusunterseite ein. Bei anderen Species dagegen bedecken sie nur wenige Quadratmillimeter und bilden entweder runde, scharf begrenzte Grübchen oder wärzchenartig vorspringende kurze Röhrchen. Dass dieselben in vielen Fällen durch Farbstoffe und Flechten- säuren in einer ganz ausgezeichneten Weise geschützt werden, wurde gleichfalls schon in einem früheren Capitel besprochen. Die älteren Lichenologen ! haben diese Grübchen Brutbecher (Cyphellen) genannt und für Organe gehalten, aus denen Sore- dien entleert werden. Schwendener? hat jedoch nach- gewiesen, dass die Cyphellen mit den Soredien in gar keinem Zusammenhange stehen. Über ihre biologische Function spricht er sich in folgender Weise aus: »Welches nun aber die wahre Bedeutung der Cyphellen sei, lässt sich aus ihrer anatomischen Beschaffen- heit nicht erkennen. Es ist möglich, dass sie als eine Art von Spaltöffnungen zu betrachten sind, durch welche die in ‚dem Markgewebe enthaltene Luft mit der Atmosphäre in Verbindung gesetzt wird. Es ist auch ebenso gut möglich, dass sie für die Pflanzen keine weitere Bedeutung haben als die Löcher, welche 1 Meyer, Die Entwicklung, Metamorphose und ‘Fortpflanzung der Flechten. Göttingen, 1825, S. 148. 2 Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus, 2. Theil, Ss. 41. Untersuchungen über die Flechten. 1361 bei Imbricaria terebrata den ‘ganzen Thallus und bei einigen höheren Pflanzen das Blattparenchym durchsetzen«. Ich habe diese Stelle wörtlich citirt, weil sie für den damaligen Standpunkt der Wissenschaft (sie wurde nämlich 1862 geschrieben) charakteristisch ist und dann auch, weil sie dem Scharfsinn des genannten Forschers alle Ehre macht. Eine, längere Versuchsreihe, die ich zu dem Zweck unternommen habe, um über die biologische Bedeutung der Cyphellen ins Klare zu kommen, hat nämlich ergeben, dass Schwendener mit seiner im Anfang des obigen Citates ausgesprochenen Ver- muthung recht hatte, indem sich die Cyphellen thatsächlich als Durchlüftungsorgane bewährten. Durch dieselbe Versuchs- reihe. wurde aber auch festgestellt, dass auch den grossen, unbehaarten Flecken eine ganz ähnliche Function zukomme wie den Cyphellen. Was die Versuche selbst betrifft, so legte ich mir in jedem einzelnen Falle die Frage vor, ob die vor- handenen unbehaarten Flecke, beziehungsweise die Cyphellen wirklich für die Luft durchgängig seien und ferner, ob die Luft auch im nassen Thallus von den genannten Organen fest- gehalten werde. Deshalb wurden bei jeder Species zahlreiche Quer- und Flächenschnitte der fraglichen Organe trocken und unter Olivenöl auf ihre Lufthältigkeit geprüft. Sodann wurde der flachgepresste Thallus der bezüglichen Species stets so aufgehängt, dass seine ältesten Theile die tiefste Stelle ein- nahmen und zugleich eine Eosinlösung berührten. Endlich wurde auch der Thallus jeder untersuchten Species immer auf mehrere Stunden unter das Wasser getaucht. Sämmtliche Ver- suche? lieferten nahezu dasselbe Resultat, nämlich 1. dass alle 1 Bringt man einen solchen untergetauchten Sizcta-Thallus unter den Recipienten einer Luftpumpe, so strömt die Luft aus den Cyphellen oft schon nach dem ersten Kolbenhube mit grosser Vehemenz heraus, zum Beweis, dass diese Organe dem Austritt der Luft aus dem Thallus den geringsten Widerstand entgegensetzen. 2 Ich habe folgende Arten der Gattungen Sticta und Stichina bezüglich der Betheiligung der Cyphellen und unbehaarten Stellen an der Thallus- durchlüftung näher untersucht: S/. pulmonaria, St. scrobiculata, St. herbacea, St. amplissima Scop., St. Sylvatica (L.) Nyl., St. fuliginosa (Dicks.) Nyl., St. orygmaea Nyl., St. Freycinetii Del., St. nitida Tay., St. multifida Laur., Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 59 1362 H. Zukal, Cyphellen und haarlosen Flecke für die Luft durchgängig sind und die äussere Atmosphäre mit dem Marke in directe Ver- bindung setzen; 2. dass der auf der Unterseite aufsteigende Flüssigkeitsstrom weder die Cyphellen, noch die haarlosen Flecke berührt, sondern vielmehr ihnen ausweicht; 3. dass beide Organe selbst im untergetauchten Thallus vom Wasser nur schwer benetzt werden, und dass das Wasser niemals durch diese Theile in das Mark dringen kann, um die Luft aus denselben zu verdrängen. Nächst Sticta sind auch viele Arten der Gattungen Rica- solia und Nephroma (Nephromium) von einem wasserleitenden Tomentum überzogen. Bei beiden Gattungen fehlen jedoch die Cyphellen oder die cyphellenartigen Flecke. Dafür ist der Thallusrand der Unterseite auf eine gewisse Breite haarlos und mit einer für die Luft leicht durchgängigen Rinde bedeckt. Dieser haarlose Rand scheint nun für die genannten Gattungen eine ähnliche Bedeutung zu besitzen wie die haarlosen Flecke bei Sficta. Der Thallus von Umbilicaria ist bekanntlich mit zahlreichen blasigen Auftreibungen bedeckt, welchen eben- soviele grubenförmige Vertiefungen auf der Unterseite ent- sprechen. Beide Thallusseiten sind mit einer dicken Rinde bekleidet, welche das Wasser mit nahezu gleicher Schnellig- keit fortleitet. Während jedoch auf der Oberseite die blasigen Auftreibungen mit derselben Rinde überzogen sind wie die dazwischen liegenden Vertiefungen, fehlt die Rinde in den Gruben der Unterseite ganz, oder besser gesagt, sie ist dort durch ein dichter gewebtes, aber für die Luft durchgängiges Markgeflecht ersetzt. Durch die Gruben kann daher die Luft der Markschichte mit der äusseren Atmosphäre direct com- municiren. Sie functioniren daher gleich den Cyphellen als Luftlöcher oder Stigmen und haben gleich den Cyphellen zu ihrer Function auch noch eine ziemlich auffallende Form gewonnen. Doch werden sie vor den Angriffen kleiner Thiere nicht durch chemische Schutzmittel bewahrt, sondern durch mechanische. St. aurata (Ach.), St. fossulata Duf., St. flavissima Müll., St. disserta Ach., St. sinnosa (Pers.) Nyl., Laboria retigera Ach. Untersuchungen über die Flechten. 1363 Schliesslich möchte ich noch auf einen Umstand aufmerk- sam machen, welcher mit der stärkeren oder schwächeren Ent- wicklung des Markes in Beziehung zu stehen scheint. Von den Phanerogamen weiss man nämlich, dass ein sonniger oder alpiner Standort die Entwicklung des Durch- lüftungssystems wesentlich beeinflusst, welche Einflussnahme sich zunächst in der Vertheilung der Spaltöffnungen und durch grössere Ausbildung der Lufträume geltend macht. Auch bei den Flechten kommt Ähnliches vor, indem an sehr sonnigen Standorten oder in alpiner Lage die Entwicklung der Mark- schichte augenscheinlich gefördert wird. Als Beispiel der För- derung durch die sonnige Lage führe ich das Chlorangium Jussuffii,‘ für den alpinen Standort Haematomma ventosum und die dicken Placodien, Pertusarien und Ochrolechien an. Dass die alpine Lage und die damit verbundene stärkere Insola- tion auch die Dicke der oberen Rinde beeinflusst, ist schon in einem früheren Abschnitt erwähnt worden. Der Leser dieses Capitels wird aus den zahlreichen Mitteln, welche zur Durchlüftung des Flechtenthallus dienen, den Schluss ziehen, dass die Flechten ein sehr grosses Athmungs- 1 Der kugelige Thallus dieser Flechte zeigt auf seiner Oberseite tiefe Grübchen. Von der Basis dieser Grübchen, welche mit einer dünnen Rinde bekleidet sind, geht ein locker gewebter, lufthältiger Hyphenzug senkrecht zum Marke. Ich sehe in diesen Grübchen eine Einrichtung, welche direct darauf hinzielt, die Luft des Markes mit der äusseren Atmosphäre in Verbindung zu setzen, während die extreme verdickte Rinde die Transpiration so viel wie möglich verhindert. Der aussergewöhnlich sonnige Standort der Flechte, im Vereine mit ihrer rollenden Lebensweise im Wüstensande, machen einerseits die bedeutende Ent- wicklung des Durchlüftungssystems, anderseits die erstaunliche Verdickung der Rinde verständlich. Man könnte allerdings einwenden, dass die erwähnten Grübchen eigent- lich jene Stellen bezeichnen, an welchen später die Apothecien und Pycniden hervorbrechen. Allein die in Rede ‚stehende Varietät der ZLecanora esculenta nämlich das Chlorangium Jussufii Lk. bildet in der Regel keine Apothecien und nur wenige Pyceniden aus. Auch könnte man ja mit demselben Recht das Umgekehrte behaupten, nämlich, dass die Primordien der Apothecien nur deshalb häufig in der Tiefe der Durchlüftungstrichter angelegt werden, weil sie hier in Bezug auf Licht, Luft und Feuchtigkeit am besten situirt sind. 89 1364 H. Zukal, und Transpirationsbedürfniss besitzen. Das ist auch thatsächlich so, und man kann sich auch über diese Thatsache nicht wundern, wenn man bedenkt, dass die Hauptmasse der Flechten aus Pilzsubstanz besteht und letztere sich in vielen Beziehungen der thierischen Substanz mehr nähert als der pflanzlichen. Bisher wurde das Mark der Flechten als ein Durchlüftungs- apparat par excellence behandelt. Es ist aber noch nicht die Frage aufgeworfen worden, ob das Mark der Flechten als der Ort bezeichnet werden soll, wo die Sauerstoffaufnahme vor- zugsweise stattfindet, oder nur als ein Stapelplatz der Luft, als ein Luftreservoir. Da aber ein grosser Theil der Markhyphen des protoplasmatischen Inhaltes entbehrt und daher kaum mehr als lebend betrachtet werden kann, so scheint mir auch das ganze Mark als solches wenig dazu geeignet zu sein, die Oxydationsprocesse für den ganzen Thallus zu vermitteln. Es wird daher wohl nur die zweite Alternative angenommen werden können, nach welcher das Mark der Flechten nichts Anderes bedeutet als eine Art von Luftreservoir, welches am besten mit den grossen Luftkammern der Wasserpflanzen ver- glichen werden kann. 5. Das Ernährungs-, Speicherungs- und Excretionssystem der Flechten. Über den wichtigsten Theil der Flechtenphysiologie, näm- lich über die Ernährung, wissen wir nur wenig und dieses Wenige beruht mehr auf allgemeinen Reflexionen, als auf besonderen, exacten Beobachtungen. Gewöhnlich stellt man sich die Ernährung der Flechten so vor, dass die Gonidien, als chlorophylihältige Organismen, unter Intervention des Lichtes Kohlensäure aufnehmen und daraus Kohlenhydrate bereiten, welche auch dem zweiten Componenten der Flechte, nämlich dem Flechtenpilze zugute kommen. Die Alge deckt daher, wenigstens in den meisten Fällen, den Kohlenstoffbedarf der ganzen Flechte. Der Flechten- pilz dagegen versorgt die Alge mit dem nöthigen Betriebs- wasser und den in demselben aufgelösten Salzen. Insbesondere ist er zur Aufnahme stickstoffhältiger Verbindungen befähigt, und zwar nicht bloss von Ammoniakverbindungen und salpeter- Untersuchungen über die Flechten. 1365 sauren Salzen, sondern nach Nägeli! auch der Amide und Amine. Ob die Flechtenpilze aber den freien Stickstoff aufzu- nehmen vermögen, wie dies in neuer Zeit von Frank? und Kosewitsch? für die Leguminosen nachgewiesen wurden, ist zweifelhaft. Die Assimilation der Flechten ist von Jumelle* genauer untersucht worden. Da jedoch die Ergebnisse dieser Unter- suchung schon wiederholt besprochen worden sind, so sollen hier nur einige Hauptsätze dıeser wichtigen Arbeit kurz recapi- Bohnen werden Dieselben lauten: 212 BerTagüberwiestrdie Assimilation die Respiration. 2. Für die Flechten existirt bezüg- lich der Assimilation kein allgemeines Optimum’ der Licht- intensität, doch wirkt im Allgemeinen Sonnenlicht günstiger, als diffuses Licht. 3. Den grösseren Laub- und Strauchflechten kann der Wassergehalt nicht ohne schwere Benachtheiligung der Assimilation ganz entzogen werden. Die Krustenflechten erwiesen sich in diesem Punkte resistenter. 4. Erstaunlich unabhängig ist die Assimilation der Flechten von der Tem- peratur, denn die Versuchsreihen zeigen, dass bei +35° C. die Kohlensäureaufnahme noch ganz energisch ist und erst bei +40°C. etwas sinkt. Aber auch +60° C. werden von den Flechten durch mehrere Stunden meist ganz gut vertragen, während nach Sachs bei Phanerogamen +50° CE. durch 10 Minuten hinreichen, um die Pflanzen sicher zu tödten. Was die Kälte anbelangt, so wird selbst bei —40° C. von gewissen Flechten noch assimilirt. ! Nägeli, Ernährung der niederen Pilze. Sitzungsber. d. Münchener Akad. d. Wiss. 1879 u. botan. Mittheil. III, S. 395. 2 Frank, Lehrbuch der Pflanzenphysiologie. Berlin (der ungebundene Stickstoff der Luft), S. 124, 1890. 3 Kossewitsch, Durch welche Organe nehmen die Leguminosen freien Stickstoff auf? Bot. Zeitung 1892. 4 Jumelle, Recherches physiologiques sur les Lichens, Rev. gen. de Bot. Vol. IV, 1892. > Dagegen gibt es höchst wahrscheinlich ein solches Optimum der Licht- intensität bei jeder einzelnen Species. Für diese Annahme sprechen die bei ein und denselben Arten auftretenden Variationen in der Färbung und Dicke der Rinde, welche ich für ebenso viele Anpassungen an die Durchschnitts- intensität halte. 1366 H. Zukal, Der von den grünen Gonidien aufgenommene Kohlenstoff wird von diesen zum Aufbau diverser Verbindungen, wie Cellulose (Gallerte), fetter Öle, Stärke, Zucker etc. verwendet, und man hat bisher angenommen, dass die Gonidien die Kohlenhydrate in hinreichender Menge erzeugen, um den Kohlenstoffbedarf der ganzen Flechte zu decken und dieselbe so bis zu einem gewissen Grade unabhängig von dem Substrate zu machen. Die Richtigkeit dieser Annahme wurde durch Bonnier! erwiesen. Derselbe säete nämlich Flechtensporen auf lebende Algen in Pasteur’schen Flaschen so aus, dass jede andere Ernährungsquelle als die Nähralge und sterilisirte Luft voll- kommen ausgeschlossen wurde. Nachdem diese Flaschen in den Pyrenäen in der Region des Nadelholzes ausgesetzt worden waren, erhielt er nach zwei Jahren nicht nur vollständige Flechtenanlagen, sondern auch Fructificationsorgane auf den- selben. Auch die Untersuchung Stahl’s? über die Ernährung von Thelidium minutulum durch die Hymenialgonidien von Endocarpon pusillum bestätigt die Richtigkeit des obigen Satzes, zeigt jedoch gleichzeitig, dass auch die Nähralge durch die Berührung mit dem Pilz nicht wenig in ihrem Gedeihen gefördert werde. Anderseits haben die im Brefeld’'schen Laboratorium von Möller? durchgeführten Culturversuche mit Evidenz ergeben, dass die Flechtenpilze auch ohne Algen zur Thallusbildung, ja zur Conidienfructification gebracht werden können. Dass sich auch im Freien einige Flechten die Fähigkeit 1 Bonnier, Cultur des Lichenes ä lair libre et dans de l’air prive de germes (B. S. B. France, T. 33, 1886, p. 546 —54S). Bonnier, Recherches experimentales sur la synthese des Lichens dans un milieu prive de germes. C.R. Paris, T. 203, 1886, seance du 15 novembre, p. 943-- 944. 2 Stahl, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechten. II. Über die Bedeutung der Hymenialgonidien, 1877. 3 Möller A., Über die Cultur flechtenbildender Ascomyceten ohne Algen. Untersuch. d. bot. Inst. zu Münster 1837. Möller, Über die sogenannten Spermatien der Ascomyceten. Botan. Zeitung 1888, S. 421—425. Brefeld, Untersuchungen aus dem Gesammtgebiete der Mykolosie. IX. Heft, 1891. Untersuchungen über die Flechten. 1367 der rein saprophytischen Ernährung bewahrt haben, zeigen uns die Beobachtungen Frank’s! über die Thallusbildung mehrerer Graphideen. Ich selbst möchte auf die zahlreichen Arten von Catocarpus, Rhizocarpon, Buellia und Rhinodina hinweisen, deren Prothallus sich auch ohne Algen jahrelang lebensfähig erhält, und ferner auf den Umstand aufmerksam machen, dass von manchen Flechten, wie z. B. von Buellia parasema und Acolium tigillare, Formen bekannt sind, deren Thallus und Fruchtkörper sich ganz ohne Algen entwickelt; es sind dies die Formae saprophilae der Lichenologen. Wir treffen dieselben, ausser bei den genannten zwei Flechten, auch noch bei mehreren Arten der Gattungen Calycium, Lecidea, Arthonia und Thelecarpon. Die Dinge liegen also so, dass vielen Flechten die Fähig- keit einer rein saprophytischen Ernährungsweise wenigstens potentiell innewohnt. In einzelnen Fällen nimmt das Verhalten der Flechten gegenüber den Pflanzen ihrer nächsten Umgebung sogar einen nahezu parasıtären Charakter an. Mit Bezug auf die angeführten Thatsachen über die Mög- lichkeit einer rein saprophytischen Lebensweise einer grösseren Anzahl von Flechten möchte ich auf das Princeip des Chemo- tropismus”? nicht ganz verzichten, wenn ich erklären sollte, warum die eine Gruppe der Flechten Kalk, die andere Urgebirg, die dritte Baumrinden und andere einen lehmigen Boden als Unterlage bevorzugen. Trotz alledem gilt doch für die unge- heure Mehrheit der Flechten der Satz, dass die durch die Assimilation der Gonidien erzeugten Verbindungen genügen, um nicht nur diese selbst, sondern auch die Flechtenpilze mit Kohlenstoff zu versorgen. Es tritt nun die Frage an uns heran, wo und wie die Aufnahme der Kohlenhydrate durch den Flechtenpilz erfolge? Darauf kann man nur antworten, dass diese Aufnahme gewöhnlich durch diejenigen Hyphen, beziehungsweise Hyphenzellen erfolge, welche den Gonidien unmittelbar anliegen. In den meisten Fällen werden nämlich 1 Frank, Über die biologischen Verhältnisse des Thallus einiger Krustenflechten. Cohn’s Beiträge zur Biologie der Pflanzen. II. Bd. 2 Miyoshi, Über den Chemotropismus der Pilze. Leipzig 1894. 1368 H. Zukal, die einzelnen Gonidien innerhalb der Gonidienschichte von dünnwandigen Hyphenzweigen wie von Fingern umklammert. Seltener bilden die Hyphen hausterienartige Örgane aus, welche die Intina der Algenzelle nur an einem einzigen Punkte berühren, wobei sie nicht selten knopfförmig anschwellen. Dieser Vorgang findet gewöhnlich nur bei solchen Algen- zellen statt, welche von dicken, geschichteten gallertigen Hüll- membranen umschlossen sind, wie zZ. B. bei Chroococcus, Gloeo- capsa (Xanthocapsa) und Gloeocystis. In manchen Fällen, wie z.B. bei Physma und Arnoldia dringen die Hausterien direct in einzelne Algenzellen und ragen in das Innere derselben zapfen- artig hinein. Die so angebohrten Algenprotoblasten gehen nicht gleich zu Grunde, sondern fallen einer Art von Hypertrophie anheim, sterben aber doch früher ab als die nicht befallenen, unverletzten Zellen des in Frage kommenden Nostoc. Bei den meisten Collemen verlaufen die Hyphen des Flechtenpilzes nur in den dicken gallertigen Hüllmembranen der Algen, ohne sich an diese selbst anzulegen. In einigen Fällen, wie z. B. bei Heppia, Endocarpon und einigen Pannaria-Arten liegen die Gonidien in den Intercellularräumen eines zarten Pseudoparen- chyms. Es liegt auf der Hand, dass die unmittelbar an die Gonidien grenzenden Zellen dieses Parenchyms eine ähnliche Thätigkeit entfalten müssen, als wie die zarten Hyphenzweige, welche sonst die Gonidien umklammern. Wie mannigfaltig übrigens auch immer das morphologische Detail beschaffen- sein mag, welches sich auf die mehr oder minder innige Verknüpfung von Hyphen und Gonidien bezieht, so obliegt es immer den die Algenprotoblasten unmittelbar berührenden oder wenigstens den ihnen zunächst liegenden Hyphen, die Kohlenhydrate aufzunehmen und nach den Punkten des Verbrauches fortzuleiten. In welcher Form dieser Über- tritt stattfindet, ob als Zucker oder als Fett, ist noch nicht ermittelt worden. Thatsache ist nur, dass die zur unmittelbaren Übernahme der Kohlenhydrate dienenden Hyphen gewöhnlich äusserst zarthäutig und daher für endosmotische Vorgänge besonders geeignet sind. Auch findet man dieselben niemals inhaltsleer, sie werden im Gegentheil immer von einem Proto- plasma erfüllt, das allerdings, je nach dem momentanen Untersuchungen über die Flechten. 1369 Stande der Flechte, bald glänzend, bald matt, bald homo- gen, bald feinkörnig,.bald gleichmässig dicht, bald von zahl- reichen Vacuolen durchsetzt erscheint. Der sonstige Inhalt dieser Hyphen, nämlich Zellkern und Nucleolus, Zellsaft etc. ist noch nicht näher untersucht worden. Doch lässt sich nicht verkennen, dass die Gonidienschichte (also die Algen sammt den sie umspinnenden Hyphen) wenigstens für die hetero- meren Flechten von der allergrössten Wichtigkeit ist. Denn hier werden nicht nur die Kohlenhydrate erzeugt, übernommen und weitergeleitet, sondern es gehen von hier auch alle wichtigen Neubildungen aus. Aus der Gonidienschichte entspringen näm- lich die Hyphen, welche die alternde Rinde entweder ganz ersetzen oder wenigstens immer wieder reconstruiren. Von der Gonidienschichte aus werden auch immer wieder neue Mark- hvphen gebildet, so dass die Dicke des Markes, trotz der all- mäligen Wanderung der Gonidien nach abwärts, nicht nur nicht abnimmt, sondern häufig sogar zunimmt. In der Gonidien- zone sammelt sich in einzelnen Hyphen Protoplasma und Fett an und gibt so die Veranlassung zur Entstehung der Primordial- knäuel der Fructificationsorgane. In der Gonidienzone endlich geht auch der Athmungsprocess mit der grössten Lebhaftigkeit vor sich, und hier werden auch wahrscheinlich die einfachen Baustoffe, wie Wasser, Kohlenhydrate und Salze zu den com- plicirten Molekülen der Eiweisskörper zusammengesetzt. Da überdies die Gonidienschichte als derjenige Gewebsbestandtheil im Flechtenthallus bezeichnet werden muss, der am längsten lebendig bleibt, so wird man sich keiner Übertreibung schuldig machen, wenn man sie mit dem Cambium der höheren Gewächse vergleicht. Dieselben Hyphen aber, welche die Über- nahme und Fortleitung der Kohlenhydrate, die Respiration und Synthese besorgen und sich an den complicirtesten Neu- bildungen betheiligen, eignen sich jedoch nur wenig zum Ansammeln und Aufstapeln eines eventuellen Überschusses der Nährstoffe. Dies besorgen vielmehr, wie die vergleichenden Untersuchungen lehrten, hauptsächlich die Markhyphen. Letz- tere sind nämlich häufig sehr verdickt und bilden dann ge- wissermassen eine Anhäufung oder besser gesagt einen Vor- rath von Pilzcellulose. Oder sie sind dünnwandig und enthalten 1370 H. Zukal, eine grössere oder geringere Menge von Fett. Zu diesen dünn- wandigen, fetthaltigen Markhyphen gehören auch die »Sphä- roidzellen«. Von letzteren soll indessen erst später ausführ- licher die Rede sein. Hier handelt es sich um die Frage, ob die Pilzcellulose, beziehungsweise das Lichenin, Isolichenin und das Fett der Markhyphen als Reservestoffe fungiren oder nicht? Ich möchte das erstere annehmen, und zwar aus zwei Gründen. Erstens ist nämlich eine solche Verzehrung und Verflüssi- gung verdickter Zellhäute thatsächlich nachgewiesen worden, und zwar bei den Sklerotien und in manchen Fruchtkörpern der Pilze. Zweitens wandert bei vielen Krustenflechten die Gonidienschichte von oben nach unten, indem die oberen Thalluspartien allmälig absterben. Auf dieser Wanderung muss selbstverständlich die oberste Schichte des Markes gar bald er- reicht und dann morphologisch umgestaltet werden, d.h. ihre Hyphen müssen, wenn sie dickhäutig sind, wieder dünnhäutig gemacht werden. Wir wissen übrigens nicht, ob dies geschieht, noch weniger, wie dies geschieht. Was den letzteren Punkt betrifft, so ist es wahrscheinlich, dass der Zellstoff der Häute für den Fall seiner Verwendung als Nährmaterial zuvor in einen anderen, löslichen Körper umgewandelt wird. Übrigens bestehen nicht alle Hyphenwände der Flechten — von incrustirenden Substanzen abgesehen — aus Pilzzellstoff, denn manche der- selben färben sich wie die Stärke durch Jodlösung blau.! Solche sich durch Jod bläuende Zellhäute findet man z.B. im Marke von Bryopogon und einigen Alectoria-Arten, aber nur zu gewissen Zeiten. Constant vorhanden sind sie bei Cefraria islandica, Roccella tintoria, Sphaerophorus cotalloides und, wie ich erst jüngst fand, auch bei Acroscyphus sphaerophoroides. Bei dem isländischen Moos liegen die sich durch Jod bläuenden Hyphen von der untersten Rinde bis zum obersten Mark, bei den übrigen färben sich ausschliesslich die Markhyphen blau. Die zahlreichen übrigen Färbungen der Hyphenmembranen, welche z. B. nach Behandlung mit Chlorkalk oder kaustischem 1 Nach Zopf, Pilze p. 123 (Kohlehydrate), Breslau 1890. Derjenige- Körper in den Zellmembranen der Flechtenhyphen, welcher sich durch Jod- lösung direct blau färbt, ist nicht das Lichenin, wie gewöhnlich geglaubt. wird, sondern das Isolichenin (Beilstein’s Handbuch ]). Untersuchungen über die Flechten. 1571 Kali u. s. w. auftreten und die in neuerer Zeit sogar als Artenmerkmale vielfache Verwendung finden, dürften jedoch grösstentheils auf incrustirenden Substanzen beruhen. Nächst Cellulose wird von den Flechten am häufigsten Fett auf- gestapelt, und zwar gewöhnlich in der Form eines fetten Öles, das meistens mit dem Plasma der Hyphen innig vermengt ist und demselben ein eigenthümlich glänzendes Aussehen gibt. Der Ort der Aufstapelung ist auch hier wieder das Mark. Zu diesem Ende sind die Zellen des Markes gewöhnlich tönnchen- artig oder flaschenförmig angeschwollen. Bei einigen Kalk- flechten schwellen sogar zu demselben Zwecke zahlreiche Zellen des Markes und der Rhizoiden zu kugeligen oder flaschenförmigen Gebilden an, welche den gewöhnlichen Durch- messer der Hyphen weit übertreffen und ziemlich auffallende Fettbehälter darstellen. Dieselben sind zuerst von Steiner! aufgefunden, aber in einem anderen Sinne gedeutet worden. Ich selbst habe diese Organe als Reservestoffbehälter aufgefasst und für mehrere kalkbewohnende Krustenflechten beschrieben.? Seit dieser Zeit ist die Zahl der »Sphäroidzellen« besitzenden Krustenflechten durch Hulth? und Bachmann! noch vermehrt worden und beträgt jetzt 20. 1 Steiner, Verrucaria calciseda, Petraclis exanthematica. Ein Beitrag zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung der Krustenflechten. Klagenfurt 1881. Zur Zeit der Publication meiner Flechtenstudien war mir die oben citirte Arbeit Steiner’s nicht bekannt, weshalb ich auch dieselbe nicht berück- sichtigen konnte. Ich constatire hier übrigens ausdrücklich, dass die »Spheroid- zellen« Steiner früher zu Gesichte kamen als mir. 2 Zukal, Flechtenstudien, Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, St. 15, Wien 1884. — Zukal, Über das Vorkommen von Reservestoffbehältern bei Kalkflechten. Bot. Zeitung 1886, Nr. 45. 3 Hulth, Über Reservestoffbehälter der Flechten. Vortrag gehalten in Botaniska Sektionen af Naturvetenskapliga Studentsällskapet i Upsala. Bot. Centralblatt Bd. 45, Nr. 7 u. 9. 4 Bachmann, Der Thallus der Kalkflechten, Wissenschaftl. Beilage zu dem Programm der st. Realschule zu Plauen i. V. Ostern 1892, S. 7. 5 Zu den von Bachmann angeführten 16 Flechten kommen nämlich noch hinzu: Baeomyces roseus Pers, Sphyridium byssoides (L.) Ph. Fr., Cato- lechia pulchella (Schrad) Th. Fr., Sticta flavissima Müll., St. orygmaea Nyl., St. Freycinetii Del., St. faveolata Del. var. cervicornis und mehrere andere noch unbestimmte Formen Australiens. (872 H. Zukal, Da sämmtliche Arten, bei denen man bisher Sphäroid- zellen auffand, Kalkbewohner sind, so war ich sehr erstaunt, als ich von befreundeter Seite! darauf aufmerksam gemacht wurde, dass auch bei einem Erdbewohner, nämlich bei Baeo- myces voseus, dieselben Reservestoffbehälter vorkommen. Das ist auch thatsächlich so, und zwar entwickeln sich die Sphäroid- zellen gewöhnlich in grösseren, kugeligen oder halbkugeligen Thalluswarzen, die sich schon makroskopisch von den gewöhn- lichen Thalluskörnern der Kruste durch Färbung und Grösse unterscheiden.” Ich muss hinzufügen, dass ich die sphäroid- zellentragende Thallusform von Daeomyces roseus besonders schön und häufig in hochalpiner Lage, z. B. auf dem Seekar der Radstädter Tauern beobachtet habe. Der Zufall führte mir später noch zwei andere erdbewohnende Flechten zu, nämlich Sphyridium byssoides (L.) Th. F. und Catolechia pulchella, welche gleichfalls durch prachtvoll entwickelte Sphäroidzellen ausgezeichnet sind. Auch im Basaltheil des Markes der eben- falls erdbewohnenden Diatora granulosa fand ich eine dicke, kurzzellige, torulöse Hyphe, deren Zellen gleichfalls mit einem glänzenden, grünlich schimmernden Öl erfüllt waren. Ich hebe diesen Umstand hier hervor, weil ich im Rhizoidentheil und in der Randzone vieler Kalkflechten eine ganz ähnlich gebaute Hyphe angetroffen habe, aber gewöhnlich ganz inhaltsleer. Bei Baeomyrces roseus wurden die Sphäroidzellen von Zahlbruckner in Wien, bei den drei letztgenannten Flechten von mir aufgefunden. Bei Sticta flavissima Müll. (Regensburger Flora 1883, p. 23 treten sie nur sehr vereinzelt in dem mächtig entwickelten Marke auf. Sie sind hier ungewöhnlich diekwandig und mit deutlichen Poren versehen (I Taf. II, 8). Ich fand diese vereinzelten Sphäroidzellen stets inhaltsleer und kann daher nicht dafür einstehen, dass sie zu Zeiten wirklich Fett führen. 1 Ich verdanke diese Mittheilung der Freundlichkeit des Herrn Dr. Zahl- bruckner in Wien. 2 Diese Thalluswarzen von Baeomvces roseus (1. Abh., Taf. II, Fig. 4) sind schon den älteren Lichnologen aufgefallen. So beschreibt z. B. Küttling (Flora 1845, Nr. 27) dieselben ziemlich eingehend und sagt schliesslich folgendes: »Man könnte zu der Ansicht kommen, dass sie (nämlich die grossen Warzen) unentwickelte Apothecien darstellen. Allein man sieht, dass der Baeomyces aus dem Thallus hervorgehe.« »Ich kann daher in den Knötchen vor der Hand keine andere Bedeutung, als die eines höher entwickelten Thallus finden.« Untersuchungen über die Flechten. 1373 Da mir auch schon häufig inhaltsleere Sphäroidzellen zu Gesicht gekommen sind, so vermuthe ich, dass zu den Zeiten des Bedarfes das fettreiche Protoplasma aus den an tiefster Stelle versteckten Reservestoffbehältern nach den Orten des Bedarfes auswandern. Man könnte auch die Frage aufwerfen, warum das Fett bei vielen Arten in den Hyphen des Markes auf eine ziemlich wenig auffallende Art deponirt werde, bei einigen anderen Species dagegen in der auffallenden Form der Sphäroidzellen? Darauf möchte ich antworten: Sphäroidzellen werden überall dort gebildet, wo das Fett in solcher Menge aufgestapelt werden soll, dass dasselbe in den gewöhnlichen und schwach ausgedehnten Zellen der Hyphen nicht mehr untergebracht werden kann. Dann müssen sich eben einzelne Zellen der Hyphen besonders vergrössern und in eigene Fett- behälter umwandeln. Übrigens kann man oft in ein und dem- selben Thallus alle Übergänge zwischen den tönnchen- oder fässchenförmig aufgetriebenen Zellen der Markhyphen und den eigentlichen Sphäroidzellen auffinden, wie zZ. B. in den Mark- hyphen von Sficta flavissima Müller. Ich glaube ferner hervor- heben zu sollen, dass die Krustenflechten mit Sphäroidzellen hauptsächlich an solchen Standorten gefunden werden, wo Perioden des üppigsten Wachsthums mit Perioden grossen Mangels abwechseln. Solche Orte sind vor Allem die hoch- alpine Region, dann steile oder senkrechte Kalkfelsen der Hügel- und Bergregion, endlich die niedrige, sandige, sterile Heide. In den Hochalpen z. B. wirken Feuchtigkeit, Insola- tion und ein kräftig entwickeltes Durchlüftungssystem in der Regel zusammen, um während der kurzen Periode des alpinen Sommers das Wachsthum mächtig zu fördern. In der Hügel- und Bergregion bedingen für die Flechten der sterilen Kalk- felsen, an denen das Wasser leicht abfliesst, die länger an- dauernden Frühlings-, Herbst- und Winterregen ebensoviele Epochen des üppigen Wachsthums. Das Gleiche gilt für die sandige Heide, in welcher das Regenwasser versinkt wie durch ein Filter. In den Perioden reichlicher Durchfeuchtung und Belichtung werden Assimilation und Synthese so kräftig arbeiten, dass grosse Mengen von Nährmaterial in der Form von Fett zur Magazinirung gelangen können. Diese Aufstapelung 1374 Il Zueukezull, erfolgt aus biologischen Zweckmässigkeitsgründen gewöhnlich in den Zellen des Markes. Häufig reicht aber der Raum, den die Markzellen bieten, zur Aufnahme des massenhaft pro- ductiven Fettes nicht aus; dann kommt es eben zur Anlage und Entwicklung von Sphäroidzellen! oder wenigstens zur 1 In jüngster Zeit hat Fünfstück (die Fettabscheidungen der Flechten, Beiträge z. wissensch. Botanik von Fünfstück, Bd. I, Stuttgart 1895) die Fettbildung bei den Kalkflechten einer sehr eingehenden Untersuchung unter- zogen und ist zu dem interessanten Resultat gelangt, dass das Fett der Kalk- flechten nicht als Reservestoff, sondern als ein Excret aufgefasst werden muss. Letzteres, nämlich das Excret, steht zu dem Substrat der Kalkflechten in einer ganz bestimmten Beziehung. Die Fettbildung unterbleibt nämlich in allen Fällen, sobald die Flechten auf einem von Carbonaten freien Substrat wachsen. Die Mächtigkeit der Gonidienschichte steht zur Fettproduction in einem um- gekehrten Verhältnisse, d. h. je üppiger die Gonidienschichte, desto geringer die Fettbildung. Auch mit der Anlage, Ernährung und Ausbildung der Frucht- körper hat die Fettproduction nichts zu thun, denn sie kann ebenso reichlich bei vollkommen sterilen, wie bei reich fructificirenden Individuen stattfinden. Das Fett der Kalkflechten ist auch nicht ein Assimilationsproduct der Gonidien, sondern ein Excret der Hyphen. Letztere Behauptung hat Fünfstück durch einen Culturversuch zu beweisen gesucht. Von einem im Freien auf homogenen Dolomit vegetirenden Verrucaria calciseda wurden mit dem Meissel die Rindengonidien und ein Theil der Markschichte (soweit dieselbe Sphäroidzellen enthielt) abgespalten und nur der unterste Theil der Markschichte, welche nur septische Hyphen und niemals das typische Sphäroidzellgewebe enthielt, im Substrate zurückgelassen. Nach drei Jahren wurden dann die mit dem Meissel bearbeiteten Stellen unter- sucht und in 14 Fällen constatirt, dass sich der im Gestein zurückgelassene Rhizoidentheil der Verrucaria nicht nur ohne Gonidien weiterentwickelt, sondern es sogar bis zur Ausbildung eines typischen Sphäroidzellgewebes gebracht hat. Dem gegenüber muss ich bemerken, dass sich sowohl vom rein theore- tischen als auch vom Erfahrungsstandpunkte aus gegen die Möglichkeit der Fettproduetion ausschliesslich durch die Hyphen nichts einwenden lasse, denn viele echte Pilze, wie z. B. Dematium, Fumago, die Mucorineen und die meisten Hymenomyceten, erzeugen das Fett massenhaft. Ich kann jedoch nicht finden, dass durch den von Fünfstück angestellten Culturversuch der Beweis für Fettproduction der Hyphen bei den Kalkflechten erbracht worden ist; denn die Art und Weise, wie dieser Versuch angestellt wurde, gibt uns gar keine Sicher- heit, dass nicht von der Seite her, d. h. von einem noch unverletzten Stück Verrucaria-Thallus aus, die erwähnte Neubildung stattgefunden hat. Diese Annahme istumso gerechtfertigter, je grösser die Unwahrschein- lichkeit ist, dass ein Flechtenpilz, der vielleicht ungezählte, Decennien mit einer bestimmten Alge in strengster Symbiose Untersuchungen über die Flechten. 1378 tönnchenförmigen Ausweitung der Markzellen. Weitaus der erosste Iheil@der Klechten entwickelt ‘aber selbst an den gelebt hat, nun plötzlich, nachdem er seiner Rindengonidien und Sphäroidzellenschichte gewaltsam beraubt worden war, mit dem Reste seiner Hyphen als Saprophyt weiter lebe und neues Gewebe bilde. Gegen die Annahme, dass das Fett der Kalkflechten den Charakter eines Reservestoffes besitze und ein Assimilationsproduct der Gonidien sei, führt Fünfstückan, dass gerade die epilithischen Kalkflechten mit dickem Thallus und stark entwickelter Gonidienschichte die spärlichste Fettabsonderung zeigen. Darauf hin möchte ich antworten, dass alle Flechten, welche ihren Thallus in das Substrat verstecken, wie z. B. die hypophlöodischen und endo- lithischen Flechten, überhaupt nur einen sehr schwachen Thallus und daher auch nur eine dünne Gonidienschichte entwickeln. Es hängt dies höchst wahr- scheinlich einerseits mit dem Schutz der Lage, anderseits mit dem Gesetz der Ökonomie des Wachsthums zusammen, welches die Thallusmassen nur so weit anwachsen lässt, als zum Gedeihen des ganzen Flechtenpilzes unbedingt nothwendig ist. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht der Culturversuch Möllers, der bekanntlich den Thallus von Graphis scripta ohne Gonidien auf sterilisirten Sägespähnen erzog. Dieser Thallus zeigte eine deutliche Differen- zierung von Rinde und Mark. In der freien Natur aber wird der Thallus dieser Flechte unter das Periderm der Bäume versteckt und er geniesst so den Schutz der Lage. Sofort tritt das Gesetz der Ökonomie des Wachsthums in Thätigkeit, denn die nun entbehrlich gewordene Rinde wird ganz reducirt und der ganze Thallus auf einen lockeren, myceliaren Stand gebracht. Trotzdem steht es fest, dass die Urgebirgsflechten im Allgemeinen einen dickeren Thallus besitzen, als die Kalkflechten. Die Dicke des Thallus, insbesondere des Thallus der Krustenflechten hängt aber hauptsächlich von der Mächtigkeit der Markschichte ab und letztere wird gewöhnlich von slark verdickten Hyphen gebildet. Die Cellulose der Markhyphen functionirt aber bei der Wanderung der Thallusschichten von oben nach unten höchst wahrscheinlich als Reservestoff, der umso reichlicher entwickelt wird, je wasserarmer und steriler der Standort ist. Die Sache liegtalso so, dass die Urgebirgs- und Holzflechten in der Regel Cellulose, die Kalkflechten dagegen Fett aufhäufen. Manche epilithische Kalkflechten und ein Theil der Erdflechten verhalten sich wie die Urgebirgsflechten. Dennoch scheint der Kalk zu der Fettproduction in einer gewissen Beziehung zu stehen, obschon diese Beziehung kein directe zu sein braucht. Dies zwingt uns aber keineswegs zu der Annahme, dass die Hyphen das Fett produciren müssen. Denn es wäre immerhin möglich, dass die Gonidien, wenn sie auch nur in einer dünnen Schichte vorhanden sind, unter dem Ein- Nusse des Lichtes Kohlenhydrate produeiren, dieselben dann an die Hyphen abgeben, welche sie weiter leiten, in Fett umwandeln und an geeigneten Orten 1376 H. Zukal, sterilsten Orten kein Fett; er häuft aber zu den Zeiten des Überflusses dennoch Reservematerial auf, und zwar in der Form von Cellulose, indem er die Wände seiner Markzellen ganz ausserordentlich verdickt. Ob ausser über Cellulose, Lichenin und Fett die Flechten noch über andere Reserve- stoffe verfügen, ist derzeit noch unbekannt. Protoplasma, Glycogen und dergleichen sammeln sich im Flechtenthallus nur an gewissen Orten an, nämlich in den Archicarpien, Ascogonen und ascogonen Hyphen. Da die Bedeutung dieser Organe bereits an einem anderen Orte ein- gehend gewürdigt worden ist, so möchte ich hier nur auf ihre physiologische Leistung aufmerksam machen. Diese besteht darin, dass dieselben nicht nur die Sammelstellen für plastische Stoffe, sondern gewissermassen auch die Gefässe darstellen, aus welchen die Proteinkörper etc. nach den Orten des Ver- brauches, z.B. in die Asci geleitet werden. In dieser Beziehung erinnern sie bis zu einem gewissen Grade an die Siebröhren der höheren Gewächse. Die Protoplasmaspeicher (ascogonen Hyphen und dergl.) gehen aus gewöhnlichen vegetativen Hyphen hervor und aufstapeln. Die Thatsache, dass das Fett gewöhnlich weit weg von den Goni- dien in den untersten Theilen des Thallus angetroffen wird, kann biologisch auch so gedeutet werden, dass es dort deponirt wird, wo es vor den Angriffen der Thiere am sichersten ist. Die Kalkflechten verstecken eben ihren Spar- pfennig in den tiefsten Nischen ihrer Keller. Selbst die Thatsache, dass die Fettbildung bei den Kalkflechten zu dem Substrate in irgend einer Beziehung stehe, so wahrscheinlich auch dies an und für sich ist, steht noch nicht absolut fest. Denn wir treffen dieselbe Fettbildung auch bei einigen Erd- und Rindenflechten. Zahlbruckner fand nämlich die Sphäroidzellen bei Baco- myces roseus, ich selbst bei Sphyridium fungiforme, Catolechia pulchella, Biatora granulosa, Sticta flavissima und anderen, und ich bin überzeugt, dass eine genauere Untersuchung der Erd- und Rindenflechten diese Zahl beträchtlich vermehren wird. Es ist indessen auch bei den eben genannten Flechten eine Beziehung zu den Carbonaten, beziehungsweise zur Kohlensäure keineswegs ausgeschlossen, doch wird dieselbe erst nachgewiesen werden müssen. Alles in Allem möchte ich daher mein Urtheil dahin formuliren, dass trotz der interessanten und grossen Arbeit von Fünfstück das letzte Wort über die Fettproduction der Flechten noch nicht gesprochen worden ist, und zwar weder in Bezug auf die physiologische Bedeutung des Fettes, noch bezüglich der Frage, wer der eigentliche Fettproducent im Flechtenthallus sei, die Hyphe oder die Gonidie? Untersuchungen über die Flechten. 1377 können auch nach Krabbe! wieder in vegetative Hyphen übergehen, ohne dass es zur Anlage von Fruchtkörpern kommt. Noch mächtiger als das Speicherungssystem ist bei den Flechten das Excretionssystem entwickelt. Doch besitzen die Flechten keine specifischen Excretionsorgane, sondern sie scheiden die Auswurfsstoffe des Stoffwechsels entweder in die Haut oder auf die Aussenseiten der Membranen ab. Als Aus- wurfsstoffe betrachte ich aber den oxalsauren Kalk,? die Eisen- verbindungen, die Flechtensäuren und Farbstoffe, die Harz- säuren, Harze, aromatische Körper und Bitterstoffe. Die bio- logische Bedeutung dieser Körper, als chemische Schutzmittel, ist bereits in einem anderen Capitel näher erörtert worden. Hier will ich nur darauf hinweisen, dass die Rinde als die ursprüngliche Ablagerungsstätte der Auswurfsstoffe anzusehen ist. Nur unter besonderen Umständen, wenn zZ. B. eine Flechte an einem sehr sterilen Orte lebt, wo der Kampf ums Dasein auf das heftigste entbrennt und die betreffende Flechte in Gefahr kommt, auch von kleineren Säugethieren angegriffen zu werden, wird der oxalsaure Kalk und die Flechtensäure auch im Inneren des Thallus und in der Markschichte abgeschieden, offenbar zu dem Zweck, sie durch und durch ungeniessbar zu machen. Chlorangium Jussuffii, Cladonia sangninea, Solorina crocca und Haematomma ventosum liefern zu dem Gesagten treffliche Beispiele. 6. Die Flechten vom mechanischen Standpunkt aus betrachtet. Der Entdecker des mechanischen Gewebes der Pflanzen, nämlich Schwendener,?’ hat bereits darauf aufmerksam 1 Krabbe, Entwicklungsgeschichte und Morphologie der Cladonien. Leipzig 1895. 2 Wehmer, Entstehung und physiologische Bedeutung der Oxalsäure im Stoffwechsel einiger Pilze. Bot. Zeitg., 49. Jahrg. 619. Giessler, Die Localisation der Oxalsäure in der Pflanze. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. XXVII. Bd. Neue Folge, Bd. 20, 1893. 3 Schwendener, Das mechanische Prineip im anatomischen Bau der Monocotyledonen. Leipzig 1874. — Derselbe, Zur Lehre von der Festigkeit der Gewächse. Abhandl. der k. Akad. d. W. Berlin. — Haberlandt, Die Entwick- lungsgeschichte des mechanischen Gewebssystems der Pflanzen. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 90 a HE. Zukal, gemacht, dass auch bei den Zellenkryptogamen, obwohl speci- fisch mechanische Zellen fehlen, nichtsdestoweniger die Herrschaft des mechanischen Principes recht deutlich hervor- trete. Bei den Flechten ist letzteres allerdings nur an den höheren Formen bemerklich, denn bei den an ihrer Unterlage angeschmiegten Krustenflechten kommen vom mechanischen Standpunkte aus höchstens die Befestigungsmittel derselben an die Unterlage in Betracht. Um vieles deutlicher sind die mechanischen Einrichtungen bei den strauchartigen Flechten, insbesondere bei jenen Arten, welche an sehr exponirten Stellen wachsen, wie z. B. bei den Bartflechten der Wetter- tannen und Lärchen unserer Hochgebirge oder bei den Rama- lina-Formen unserer sturmgepeitschten Felsklippen. Betreten wir nach einem heftigen Gewittersturme einen Hochwald, so finden wir den Boden desselben nicht selten von einer erstaunlichen Menge von Flechten bedeckt, die der Sturm von den Bäumen gerissen hat. Es sind dies lauter Individuen die der enormen Stosskraft der mit grosser Geschwindigkeit dahineilenden Lufttheilchen nur einen ungenügenden Wider- stand entgegensetzten konnten. Von den zahlreichen Formen dagegen, welche der Gewalt des Sturmes erfolgreich Trotz geboten haben, werden wir selbstverständlich das Gegentheil annehmen müssen. Wenn wir den Thallus der strauchartigen Flechten etwas näher untersuchen, so finden wir im Allgemeinen Arten mit cylindrischem oder bandförmigem Querschnitte, deren festere und widerstandsfähigere Theile durchwegs von der mechanisch neutralen Zone möglichst weit abstehen, also gegen die Peripherie des Thallus zu liegen. Dabei sind diese festen Theile, welche immer durch ein Hyphengewebe gebildet werden, entiveder biegsam und elastisch oder durch ein Füllgewebe ausgesteift, kurz so beschaffen, dass ein Ein- knicken nicht so leicht zu Stande kommen kann. Dabei sehen wir die Regel eingehalten, dass bei den cylindrischen Formen der Thallus an der Basis am dicksten ist und sich gegen die Spitze zu allmählig conisch verjüngt, während die bandartigen Formen in der Richtung von der Basis nach dem Thallusende zu von ähnlichen Curven begrenzt werden, wie z. B. die Gras- Untersuchungen über die Flechten. (879 blätter. Endlich beträgt auch die Dicke des mechanisch wider- standsfähigen Thallusgewebes wenigstens '/),—!/, des ganzen Querschnittsdurchmessers, meistens aber sogar !/,—!/,, weil die Festigkeit der Pilzzellen im Allgemeinen beträchtlich geringer ist, als die Bast- oder Libriforenzellen der höheren Gewächse. In Bezug auf die Festigkeit und den mit letzteren in directer Beziehung stehenden morphologischen Aufbau kann man die Strauchflechten in zwei Gruppen theilen. In der ersten Gruppe stehen jene Arten, bei denen alle widerstandsfähigen Hyphenelemente gegen die Peripherien gedrängt sind und hier eine Art von mechanischen Mantel bilden. Dieser Mantel ver- einigt stets die Biegungsfestigkeit mit der Zugfestigkeit. Hier- her gehören die Arten der Gattungen: Dryopogon, Alectoria, Dufourea, Evernia, Thamnolia, Cladonia (Podolien), Stereo- caulon etc. In der zweiten Gruppe kommt es neben der Ausbildung eines widerstandsfähigen, peripherischen Ringes noch zur Entwicklung eines centralen, axilen Stranges. Hier differenzirt sich also aus den Thallusgeweben neben dem hauptsächlich der Biegungsfähigkeit dienenden mechanischen Mantel noch ein anderer Thallustheil heraus, welcher speciell auf die Zug- festigkeit berechnet ist. Hierher gehört die artenreiche, cosmo- politische Gattung Usnea, ferner Neuropogon und theilweise auch Zvernia. Bei Usnea (Abh. i, Taf. II, 2) besteht die Rindenschichte, welche zugleich den mechanischen Mantel darstellt, aus sehr verdickten Hyphen, die in allen möglichen Richtungen so durcheinander geflochten sind, dass in den älteren Thallus- theilen der Rindenquerschnitt dasselbe Aussehen hat, wie der Rindenlängsschnitt. Intercellulargänge existiren zwischen den einzelnen Hyphen nicht, es erscheinen vielmehr die Grenz- linien zwischen den einzelnen Hyphen nahezu verwischt, wes- halb sich auch die Lumina der Hyphenzellen wie Höhlungen in einer homogenen Masse ausnehmen. In den älteren Rindentheilen führen die Rindenzellen Luft, können also nicht mehr als lebend betrachtet werden. Die Dicke der Rinde, beziehungsweise sämmtlicher Rindenschichten wechselt je nach Species und Thallushöhe ausserordentlich. 90* 13830 Untersuchungen über die Flechten. In mittlerer Thallushöhe dürfte sie durchschnittlich etwa !/, des ganzen Querschnittes betragen. Gegen den Befestigungs- punkt zu wird sie relativ dünner und kann bei manchen Formen ganz abgestossen werden. Da die Rinde von Usnea aus sehr verdickten und bei manchen tropischen Arten auch aus hornartigen Hyphen aufgebaut ist, und da auch die Ge- sammtdicke der Rinde, vom mechanischen Standpunkte aus betrachtet, im richtigen Verhältnisse zum ganzen Querschnitt steht, so würde die Usnea-Rinde zu sehr bedeutenden Leistungen in Bezug auf Biegungsfestigkeit befähigt sein, wenn sie nicht, wenigstens im trockenen Zustande, zu spröde wäre. Von dieser Sprödigkeit kann man sich leicht überzeugen, wenn man einen trockenen Usnea-Faden zwischen zwei Fingern rasch hin- und herbewegt. Es springen dann Rinde, Mark- und Gonidienschichte in der Regel ab und es bleibt nur der zähe Centralstrang übrig. Diese Sprödigkeit ist auch die Ursache, dass man in der freien Natur fast nie ein grösseres Usnea-Exemplar mit vollkommen unverletzter Rinde findet. Fast immer zeigt dasselbe an zahl- reichen Stellen ringförmige Sprünge, welche parallel zu einander liegen und senkrecht zur Längsachse orientirt sind. Da diese Sprünge in der Regel bis zur Markschichte — dem Luftgewebe — reichen, so wirken diese auf den ganzen Thallus wie ebenso viele Ventilatoren. Im Allgemeinen erhält man den Eindruck, dass Usnea in Bezug auf die Biegungsfestigkeit nicht besonders. gut construirt ist. Deshalb ist auch Schwendener der Meinung, dass die Hängeformen der Usnea die ursprünglichen und die aufrechten, strauchartigen Varietäten und Arten die abgeleiteten sind.! In der That zeigen auch letztere eine un- gewöhnliche Dicke der Rinde, die bis !/, des Querschnitts- durchmessers erreichen kann.? 1 In dem eben eitirten Werke (Schlusscapitel). Das mechanische Princip. 2 Ob eine strauchförmig wachsende Flechte die aufrechte oder hängende Wuchsform annimmt, hängt wahrscheinlich von der Widerstandsfähigkeit der- selben gegen die Schwerkraft ab. Doch fehlen über diesen Punkt noch die ersten Versuche. Es istjedoch ohne weiteres klar und auch vonSchwendener hervorgehoben worden, dass sich die Hängeformen hauptsächlich der Zug- festigkeit, die aufrechten Formen dagegen besonders der Biegungsfestigkeit anpassen müssen. Untersuchungen über die Flechten. 1381 Wenn die Gurtungen der Usnea wegen ihrer Sprödigkeit als nicht besonders zuverlässig bezeichnet werden müssen, so steht es dafür mit den Einrichtungen gegen die Wirkungen des Zuges umso besser. Ich ziele mit dem Gesagten selbstverständ- lich auf den Centralstrang. Derselbe besteht im Grossen und Ganzen aus dicht aneinandergelagerten, parallelen und relativ dünnwandigen Hyphen, von vorherrschend longitudinalem Ver- lauf. In ihrer Gesammtheit bilden diese Hyphen einen soliden Cylinder, der von den übrigen Geweben durch die Markschichte getrennt wird und in seinen älteren Parthien aus abgestorbenen Elementen zusammengesetzt ist. Nichtsdestoweniger zeichnet sich dieser Cylinder (Medullarstrang) durch eine bedeutende Zähigkeit, verbunden mit einer relativ grossen Festigkeit aus. So trug z. B. der Medullarstrang von Usnea longissima bei einem Querschnitte von ungefähr 300 u im Helbmesser etwas über 300 8 innerhalb der Elasticitätsgrenze; ein anderer von U. ceratina aus Chile bei einem Querschnitte von 430 u Halb- messer sogar 00 g.! Es muss hier hervorgehoben werden, dass der Central- strang von Usnea und einigen verwandten Formen das einzige mir bekannte Beispiel eines specifisch mechanischen Gewebes bei Flechten gibt. Eine genaue Untersuchung hat mir nämlich die Überzeugung gebracht, dass der Centralstrang weder der Wasserzufuhr, noch der Durchlüftung dient, dass er aber eben- sowenig als Speicher für Reservestoffe angesehen werden kann. Er dient vielmehr einzig und allein mechanischen Zwecken, indem er dem bartartig herabhängenden langen Thallus gegen den Zug der Stürme die nöthige Festigkeit verleiht. Es entspricht auch ganz den theoretischen Anforderungen, welche man an ein zugfest gebautes Organ stellen kann, dass der Central- strang in der Richtung nach der Thallusbasis hin immer dicker und zäher wird. Schliesslich löst er sich in eine grössere Anzahl von Rhizoiden und Haftfasern auf, welche tief in das I Nach Haberlandt’s Physiologischer Pflanzenanatomie p. 106 trägt der Markstrang von Usnea 17 kg per Quadratmillimeter-Querschnitt. Nach meinen Versuchen erhalte ich, wenn ich auf I wm? redueire, das einemal 1057 8, für U. ceratina gar nur 861 9, also etwas weniger, als der oben genannte Forscher. 1382 13 YAnURZUN, Substrat eindringen und dabei so zugfest sind, dass ein unge- wöhnlich starker Sturm wohl den Thallus selbst zu zerreissen vermag, aber niemals im Stande ist, denselben unversehrt mit allen seinen Haftfasern vom Substrate abzulösen.! An Usnea schliesst sich die Gattung Nenropon an, welche aber nahezu denselben Bau zeigt, wie die ersten. Man könnte höchstens sagen, dass die Hyphen des centralen Stranges 1 Bei dem cosmopolitischen Charakter von Usnea und bei ihrer Verbrei- tung fast über die ganze Erde, ist das Auftreten zahlreicher Varietäten und Arten beinahe selbstverständlich. Minder bekannt ist es, dass auch im ana- tomischen Bau oft ganz erhebliche Abweichungen von dem allgemeinen Typus zu Tage treten. So wird z. B. bei Usnea longissima und verwandten Formen von dem älteren Thallus die Rinde sammt der Gonidienschichte auf eine weite Strecke (vom Anheftungspunkt an gerechnet) ganz abgeworfen. Der Haupt- stamm besteht dann fast nur aus dem mehr oder minder eckigen Medullar- strange, der an seiner Aussenseite mit einigen krausen Hyphen und einzelnen Gonidiennestern besetzt sein kann. Bei sehr grossen und alten Exemplaren kann es sogar vorkommen, dass der Centralstrang hohl wird und in diese Höhlung krause Hyphen nach allen Richtungen hineinwachsen. Ein Querschnitt durch solch einen alten Usnea- Stamm gleicht dann eher dem von Stercocaulon als dem einer Usnea. Die Entstehung der Varietät »articulata« beruht wahrscheinlich auf den oben erwähnten parallelen Sprüngen, welche in gewissen Abständen ringartig die Rinde durchsetzen. Wenn dann einige Zeit nach der Entstehung der Sprünge das Wachsthum der Rinden- und Gonidienschichte namentlich in tangentialer Richtung durch irgend eine Ursache angeregt wird, so entstehen zwischen je zwei Sprüngen fässchenartige Auftreibungen des Thallus, weil gegen die beiden Sprünge zu das Wachsthum allmählig gehemmt wird und in den Rissen selbst ganz erlischt oder höchstens zu einer Art Narbenbildung führt. Die Ursachen dieser Hemmung können mancherlei Art sein, sollen aber hier nicht näher discutirt werden. Unter gewissen Ernährungsbedingungen scheint im Usnea-Thallus_ das Bedürfniss nach der räumlichen Vergrösserung der assimilirenden Fläche ein- zutreten, welcher Vergrösserung dann auch die Rinde alsbald folgt. In diesem Falle bedeckt sich der Thallus mit mannigfaltigen Ausstülpungen von theils warzenförmiger theils Nügelförmiger Form. Auf diese Weise dürfte die Varietät »angulala« zu Stande kommen. Grosse Feuchtigkeit, verbunden mit einer minder günstigen Lichtintensität, scheinen die Flechte zu einer überreichen Zweigbildung zu veranlassen, der Fruchtbildung dagegen hinderlich zu sein. Wenigstens traf ich die soredialen Formen und die Varietät »hirta« meistens an sehr feuchten und etwas düsteren Orten. Die entgegengesetzten Einflüsse dürften dagegen zu ganz astlosen Formen, zur Varietät »intestinaeformis« führen. Untersuchungen über die Flechten. 1383 weniger die parallele Richtung einhalten und dass häufiger Hohlräume im Innern desselben auftreten. Auch kann man in der Rinde leicht zwei Schichten nachweisen, von denen die äussere aus parallelen, senkrecht zur Fadenachse verlaufenden, die innere aus wirr durcheinander geflochtenen Hyphen besteht. In Bezug auf das mechanische Moment zeigen beide Gattungen jedoch keine Unterschiede. Auch die Evernia vulpina, welche bei uns nur im Hoch- gebirge an sehr exponirten Stellen wächst, zeigt einen ähnlichen Bau, aber nur in den untersten Thalluspartien, in der Nähe des Anhaftungspunktes. In den oberen Thallustheilen löst sich dagegen der Centralstrang in mehrere dünne Stränge auf. Dieses Factum ist insoferne interessant, weil es die Beziehung des centralen Stranges zur Zugfestigkeit in das hellste Licht setzt. Denken wir uns nämlich die Flechte an ihrem Standorte im Kampfe mit den wechselnden Winden, so ist es klar, dass die Kraft, welche sie von ihrer Unterlage abzureissen sucht, in demselben Verhältnisse grösser wird, als man sich von den Thallusspitzen dem gemeinschaftlichen Anhaftungspunkte nähert. In den untersten Thallustheilen herrscht also auch die grösste Gefahr des Zerrissenwerdens, dort ist aber auch der stärkste Widerstand organisirt worden in der Form eines mächtigen, zähen, centralen Gewebestranges.! Eine abgesonderte Betrachtung verdient auch die Evernia divaricata, weil sie uns über den Weg belehrt, den die ein- zelnen Formen zurücklegen mussten, um zur Differenzirung eines centralen, mechanischen Stranges zu gelangen. Diese Evernia gehört nämlich mit den Arten von Usnea, Bryopogon, Cornmienlaria ete. zu jenen Flechten, deren Hyphen ursprünglich einen parallelen, longitudinalen Verlauf nehmen, wie aus dem Bau der Thallusspitzen erhellt. Man kann sich nun den Thallus dieser Flechten, ohne den Thatsachen den geringsten Zwang anzuthun, aus einem in Strängen wachsenden Ascomyceten- mycel entstanden denken, welches zwischen den Hyphen der 1 Ein ähnlicher Centralstrang an der Basis des strauchförmigen Thallus dürfte übrigens noch bei mancher ausländischen Physcia, Evernia und Torna- benia aufgefunden werden. 1384 HuZzukal, Stränge Plenrococcus aufgenommen hat. Letzterer Umstand hat dann weiter zu einer grösseren Verdichtung der Stränge durch lebhafteres Wachsthum der Mycelfäden und schliesslich zur Ausbildung einer äusseren Rinde geführt, während die inneren Hyphen der Stränge durch tangentiale und radiale Wachsthums- vorgänge immer mehr gelockert und zu einem luftführenden Mark umgewandelt wurden. Unter dem Einfluss der Zugkräfte kam es namentlich bei den hängenden Formen zu einer weiteren Differenzirung des Markes in ein hauptsächlich luftführendes Gewebe und in einen centralen Strang von ausschliesslich mechanischer Leistung, wie zZ. B. bei Usnea. Bei Evernia di- varicata ist nun die Differenzirung der inneren Hyphenlagen in ein luftführendes und in ein mechanisches Gewebe noch nicht so weit gediehen, wie bei Usnea, aber bereits deutlich angedeutet, indem das sogenannte Mark aus einem locker gewebten und aus vorzüglich longitudinal verlaufenden Hyphen gebildeten Strang besteht. Wegen dieser noch mangelhaften Anpassung an die Zugkräfte des Windes kann sich auch die E. divaricata an besonders stürmischen Punkten nicht be- haupten, und selbst im dichten Hochwalde, den sie mit Vorliebe bewohnt, wird sie von starken Gewitterstürmen zu Hunderten von den Bäumen gerissen, und dann auf dem stark beschatteten Nadelboden rettungslos dem Verderben preisgegeben. Eine gewisse Mittelstellung zwischen den vorwiegend züg- fest und biegungsfest gebauten Flechten nehmen die Arten der Gattung Ramalina'! ein, obgleich auch bei ihr die Rücksicht auf die Zugfestigkeit bedeutend vorwaltet. Der 'Thallus lässt sich auch bei dieser Gattung auf ein, in dichten Strängen wachsendes Mycel zurückführen, dessen Hyphen einen vor- wiegend longitudinalen Verlauf zeigen. Nur ist der Querschnitt der einzelnen Stränge (Thallusstämmchen) nicht Kreisrund, sondern bandartig. Das Convivium mit den Algen hat hier ebenfalls zur Verdichtung der Hyphen in den Strängen und ı Über den Bau der Ramalina-Thallus siehe auch Stizenberger, Bemerkungen zu den Ramalina-Arten Europas, und Schwendene r’s Unter- suchungen über den Flechtenthallus. Nylander, Monogr. Ramal. 1870. Untersuchungen über die Flechten. 1385 zur Ausbildung einer besonders differenzirten Rinde geführt, oder mit anderen Worten, es hat die Ausbildung eines band- förmigen, verzweigten Stromas begünstigt. Die eigentliche Rinde bleibt bei den Arten dieser Gattung relativ zart und hat offenbar nur eine sehr untergeordnete mechanische Bedeutung. Die mechanische Leistung, und zwar hauptsächlich gegen den Zug, wird vielmehr ausschliesslich von gewissen Strängen des Markes übernommen. Zur Erreichung dieses Zweckes wird im Laufe der indivi- duellen Entwicklung das primäre Mark in zwei verschiedene Theile differenzirt, nämlich in ein luftführendes Gewebe und in mehrere Stränge von vorzüglich mechanischer Leistungsfähig- keit. Die erwähnten Markstränge sind von sehr ungleicher Zahl und Dicke und verschmelzen häufig sowohl unter einander, als auch mit der Rinde. Letzterer Vorgang ist begreiflich, wenn man bedenkt, dass die Ramalina-Arten, wenigstens in ihrer Jugend, einen aufrechten Wuchs zeigen. In Folge dieses Um- standes müssen die einzelnen Thalluszweige nicht zugfest, sondern auch biegungsfest construirt sein. Nach den Anforde- rungen der Biegungsfestigkeit sollen die widerstandsfähigen Thalluselemente möglichst nahe an die Peripherie rücken, nach den Forderungen der Zugfestigkeit dagegen mehr nach der Thallusaxe zu. Nun geschieht in den oberen Thallustheilen thatsächlich das erstere, in den unteren Thalluspartien dagegen, wo die Zugkräfte am intensivsten wirken, das letztere. Hier übertrifft übrigens auch die Dicke der Stränge bei weitem jene der jüngeren Thallusregionen, wie ein Blick auf zwei Quer- schnitte aus verschiedener Thallushöhe sofort deutlich macht. In der Nähe des Befestigungspunktes ist auch die Tragkraft des Ramalinenthallus sehr bedeutend. So trug z.B. ein Thallus- stück von Ramalina decipiens Müll.! 2 cm über dem Be- festigungspunkt 1'5 Ag bei einem mittleren Querschnitte von höchstens 1 mm” — soviel beträgt nämlich die Summe der Strangquerschnitte (Abh. 1, Taf. II, 3). 1 Das Exemplar stammt aus der Sammlung des pflanzenphysiologischen Institutes zu Wien und wurde von Herrn Dr. Oskar Simony von den Azoren mitgebracht. 1386 H. Zukal, Man könnte nun die Frage aufwerfen, wie es denn komme, dass bei so verwandten Gattungen wie Usnea und Ramalina, welche sich beide auf strangartig wachsende Ascomyceten- mycelien zurückführen lassen, unter dem Einflusse derselben mechanischen Kräfte, das einemal ein einziger Centralstrang, das anderemal mehrere, isolirte Stränge gebildet werden? Die Ursache dieser Verschiedenheit liegt wahrscheinlich schon in den Mycelien der bezüglichen Ascomyceten. Bei Usnea war nämlich der Querschnitt der primären Mycelstränge schon von allem Anfang an kreisförmig, und die Stränge selbst zeigten die Neigung, dem Einfluss der Schwere zu folgen, d.h. hängende Wuchsformen zu bilden. Hier konnte also der Ein- fluss der Zugkräfte gewissermassen in voller Reinheit zur Geltung kommen und ein centrales, mechanisches Gewebs- bündel entwickelt werden. Die Mycelstränge der Ramalina- Ascomyceten waren dagegen wahrscheinlich schon a priori bandförmig und zeigten die Tendenz, sich in den älteren Thallustheilen abermals wieder in einzelne Stränge zu spalten. Diese schon gegebene Eigenschaft des Ramalina-Mycels führte dann, nach gefestigter Symbiose mit den bezüglichen Algen, unter dem Einfluss der mechanischen Kräfte zur Ausbildung mehrerer Gewebsstränge, wobei die natürliche Zuchtwahl den bereits gegebenen Bauplan fast gar nicht zu verändern brauchte. Ein besonders instructives Bild von der Wuchsweise des Rama- lina-Thallus erhält man durch die Betrachtung der Thallus- spitzen von Ramalina reticnulata Kaplbr. Hier tritt nämlich die Neigung des bandförmigen Thallus, sich wieder in mehrere Thallusstränge zu spalten, schon makroskopisch zu Tage und führt zur Bildung eines zierlichen Netzwerkes. Da bei der Formirung des letzteren bedeutende Spannungen entstehen, so wird das zwischen den Strängen und den Anastomosen der- selben liegende Thallusgewebe gewöhnlich zerrissen, und der Thallus wird an vielen Stellen zugleich durchlöchert. Die einzelnen Gewebsstränge des stehen gebliebenen Netzwerkes umgeben sich dann später mit einer selbständigen Gonidien- und Rindenschicht. Ähnliche Bildungen, nur minder deutlich, treffen wir übrigens auch bei unseren einheimischen Rama- linen. Untersuchungen über die Flechten. 1387 Zu den vorwiegend biegungsfest gebauten, strauchartig wachsenden Flechten gehören Bryopogon, Oropogon, Alectoria, Dufourea, Cornicularia, Sphaerophorus, Acroscyphus, Clado- nia und Stereocaulon, Pilophorus und Roccella- Bei den Arten dieser Gattungen sind nämlich die mecha- nisch widerstandsfähigen Hyphen an die äusserste Peripherie gerückt. Wenn Bryopogon, trotzdem es ursprünglich biegungs- fest gebaut ist, nicht einen aufrechten Habitus zeigt, so liegt die Ursache dieser Erscheinung nach Schwendener!in einem ungewöhnlich starken Längenwachsthum. Dass die an unseren Bäumen wie Bärte herabhängenden Dryopogon-Formen auch zugfest gebaut sein müssen, versteht sich von selbst. Die Zug- festigkeit wird theilweise durch die Festigkeit und Elasticität der Rindenhyphen, theils durch die Verkleinerung des Thallus- querschnittes bedingt. Einen ganz ähnlichen Bau wie Dryo- pogon zeigen auch Alectoria, Cornicularia und Oropogon; doch treten bei den oben genannten Gattungen die aufrecht wachsenden Formen in den Vordergrund. Bei Sphaerophorus und Acroscyphus wird der sehr dicke, aber etwas brüchige mechanische Mantel durch ein Füllgewebe ausgesteift. Hier tritt also wieder eine Differenzirung des primären Markes in ein luftführendes und in ein Füllgewebe ein. Letzteres besteht aus parallelen, ziemlich dicht aneinander- liegenden und vorzüglich longitudinal verlaufenden Hyphen. Roccella besitzt in seiner dicken, eigenthümlich gebauten Rinde einen ausgiebigen Schutz wider biegende und ins- besondere ziehende Kräfte. Die Rinde besteht bekanntlich aus dicken, -häufig lufthältigen, palissadenartig neben einander stehenden Hyphen, welche senkrecht zur Oberfläche orientirt sind. An ihrer Basis bilden die senkrecht stehenden Rinden- hyphen ein dichtes Geflecht, welches allmälig in das ver- worrene Filzgewebe des Markes übergeht. Der Roccella-Thallus kann von den stärksten Stürmen gepeitscht werden, ohne zu zerreissen oder einzuknicken, denn das unterrindige Geflecht ıst ausserordentlich zugfest construirt, während anderseits der biegungsfeste mechanische Mantel allen Gefahren leicht trotzt, 1 Schwendener, Das mechanische Prineip im anatomischen Bau der Monocotyledonen, Leipzig 1874. 1388 H. Zukal, indem bei den stärksten Biegungen die Palissaden auf der con- vexen Seite bloss etwas ihre Querschnittsform zu verändern brauchen, um den stärksten Druck oder Zug zu compensiren. Zu diesem Ende besitzt jede Palissade eine elastische Hülle, ich meine seine Gallerthülle, die eine solche Ouerschnittsverän- derung sehr erleichtert. Auch die Podetien von Cladonia und Stereocaulon sind vorzugsweise biegungsfest gebaut. Doch repräsentiren sie in Bezug auf die Festigkeit einen eigenen Typus. Denn bei den genannten Gattungen liegt der assimilirende Apparat an der Aussenfläche des Cylinders und dann kommt erst das mecha- nisch widerstandsfähige Gewebe, während es sich bei den übrigen vorwiegend biegungsfest gebauten Arten gerade um- gekehrt verhält. Bei Stereocaulon werden aus einem horizon- talen Mycel, das bei den grösseren südamerikanischen Arten stromatisch werden kann, zahlreiche mehr oder minder dicke Mycelstränge theils bogenartig, theils senkrecht aufgerichtet (Abh.1, Taf. I, 7). Schon das horizontale Mycel birgt zahlreiche Gonidiennester, welche auch von den aufgerichteten Mycel- strängen in die Höhe gehoben werden. Die Hyphen der auf- gerichteten Mycelstränge (Podetien) differenziren sich später in zwei Gewebe, nämlich in einen peripherischen, krausen, luft- hältigen Filz und in einen centralen, aus dichten und vor- herrschend longitudinal verlaufenden Hyphen bestehenden Strang. Letzterer ist der mechanisch widerstandsfähige Theil, während der peripherische Filz eine Art von Durchlüftungs- mantel darstellt (Abh. 1, Taf. II, 5 und 7). Die gonidienführenden Thallusschüppchen oder Körnchen bilden sich ausschliesslich in diesem Mantel, und zwar entweder aus den emporgehobenen Gonidien oder aus angeflogenen Algen derselben Art oder nicht derselben Art (Cephalodien). Die Hyphen des Luftmantels bleiben nämlich trotz ihrer Dicke lange lebend und sind wahrscheinlich in Folge eines chemiotropischen Reizes,! den die angeflogene Alge auf sie 1 Dass Pilze leicht auf gewisse chemische Reize in der Weise reagiren, dass die Hyphen nach der Reizstelle hin wachsen oder sich von ihr abwenden. hat jüngst Miyoshi bewiesen. Siehe Miyoshi, Über den Chemotropismus der Pilze, Leipzig 1894. Untersuchungen über die Flechten. 1389 ausübt, stets zu einer lebhaften Zweigbildung, eventuell zur Einstrickung der Alge bereit. Im späteren Alter kann an den unteren Theilen der Podetien der ganze Luftmantel sammt allen gonidienführenden Thalluskörnchen abgestossen werden. Dasselbe gilt für den horizontalen Thallus oder für das thallo- dische Stroma, wo ein solches vorhanden ist, wie Z.B. bei Stereocaulon proximum. Die Podetien der Cladonien stellen bekanntlich nach Krabbe's! gründlichen Untersuchungen verzweigte Frucht- körper dar, welche aus besonderen Anlagen entspringen. Ich stehe ohne jeden Vorbehalt auf demselben Stundpunkte, d.h. auch ich glaube, dass die Cladonienpodetien den morphologi- schen Werth von Apothecien besitzen. Da ich aber die Apo- thecien selbst nicht als Früchte im Sinne Kerner’s? gelten lassen kann, weil sie ihre Entstehung nicht einem Befruchtungs- processe verdanken, sondern dieselben nur für besonders differenzirte Mycelsprosse erklären muss, so unterscheiden sich die Podetien der Cladonien von den Pseudopodetien von Sfereo- caulon in summa durch die Thatsache, dass bei CJadonia die Podetien aus einer besonderen Anlage (Primordium) hervor- gehen, bei letzterer nicht. Im übrigen sind die Podetien beider Gattungen, sowie jedes Apothecium überhaupt, nur modificirtes Mycel. Der mechanisch widerstandsfähige Theil des Cladonien- podetiums bildet einen Hohlcylinder, der aus vorwiegend longi- tudinal verlaufenden, stark verdickten Hyphen gebildet wird und einen mehr oder minder breiten, mit Luft erfüllten Hohl- raum einschliesst. Die äussere Mantelfläche des mechanisch widerstandsfähigen Gewebes wird von lockeren, krausen Hyphen bekleidet, die stets zu einer lebhaften Zweigbildung, beziehungsweise Umstrickung angeflogener Soredien oder Algen bereit sind. Aus diesen lockeren Hyphen entwickeln sich auch thatsächlich die vereinzelten gonidienführenden Körnchen oder Schüppchen, beziehungsweise das zusammen- hängende thallodische Kleid der Podetien. Letzteres besitzt 1 Krabbe, Entwicklungsgeschichte und Morphologie der Cladonien. Leipzig 1891. 2 v. Kerner, Pflanzenleben. 2, Theil, S. 43. (Definition und Eintheilung der Früchte.) 1390 H. Zukal, bekanntlich wie die einzelne Schuppe eine eigene Gonidien-, Rinden- und Markschichte.! Pilophorus? besitzt bekanntlich eine grosse Ähnlichkeit theils mit Oladonia, theils mit Stereocaulon. Der mechanisch widerstandsfähige Theil des Podetiums umschliesst jedoch nur einen sehr engen Hohlraum, der zudem noch mit Markhyphen theilweise ausgefüllt wird. Die bilateral gebauten Strauchflechten und der grösste Theil der Laubflechten stellen in Bezug auf die Festigkeit platt- gedrückte Hohlcylinder (Träger) vor, bei welchen die obere und untere Rinde als Gurtungen, das elastische Filzgewebe des 1 Von diesem allgemeinen Typus können jedoch die Podetien von Cladonia mitunter ziemlich weit abweichen. Bei der neuholländischen (2. aggre- gata Gschw. z. B. bildet die gemeinsame Rinde des thallodischen Podetien- kleides eine zusammenhängende dicke Schichte, welche zugleich die Function eines mechanischen Gewebes übernehmen muss, denn der innere mechanische Mantel unter der Gonidienschichte ist nur angedeutet und zu einer gewöhn- lichen Markschichte reducirt. Bei einer neuseeländischen Oladonia-Species, welche ich der Güte des Herrn Prof. v. Höhnel verdanke, verhält sich die gemeinsame Rinde des Podetiums ähnlich, nur kommen innerhalb derselben strangartige Bildungen, welche reichlich untereinander anastomosiren und die Festigkeit der äusseren Rinde bedeutend erhöhen, vor. Hie und da bilden sich zwischen den erwähnten Verstärkungen einzelne runde Löcher aus, welche bis in die grosse Höhle des Podetiums führen. Sehr eigenthümlich ist auch die Cladonia retipora gebaut. Bei dieser neu- holländischen Art besteht nämlich die Masse des Podetiums aus mehreren isolirten Hyphensträngen, die durch mannigfache Anastomosen so mit einander verbunden sind, dass die Flechte ein ganz eigenthümliches, wabiges oder korallenartiges Aussehen erhält. Zwischen den Strängen und ihren Quer- verspreitzungen entstehen grosse, mit Luft erfüllte Räume, die nur an ihren Grenzen mit einem lockeren, gonidienführenden, markartigen Hyphenfilze sehr ungenügend ausgefüttert werden. Selbstverständlich bilden die erwähnten Hyphenstränge auch das mechanisch widerstandsfähige Gewebe, an welches übrigens, was die Festigkeit anbelangt, nur sehr geringe Anforderungen ge- stellt werden, weil die genannte Flechte, wie unser Sphagnum, in dichten Polstern wächst, in welchen ein Individuum zugleich das andere stützt. Erwähnenswerth ist noch die Thatsache, dass bei dieser Flechte die mecha- nischen Stränge zugleich als vorzügliches Leitorgan für die Wasserzufuhr funetioniren. 2 Über die interessante Gattung Prlophorus siehe H. Fries. Comm. Ster. 1857 und Lichenographia Scandinavica p. 54. Untersuchungen über die Flechten. 1891 Markes aber als Füllung fungiren. Doch kommt es auch bei den bilateralen Flechten zu mannigfaltigen Abweichungen von dem allgemeinen Schema. So haben z. B. einige Arten der Gattung Cetraria, wie C. islandica, C. cucullataund C. nivalis einen aufrechten Wuchs und stellen ihren Thallus fast senkrecht so auf, dass das Licht fast in gleicher Weise beide Thallus- seiten trifft. Da aber ein hauptsächlich nur in einer Fläche entwickelter Körper nur sehr schwer aufrecht stehen bleibt, so wird behufs grösserer Festigkeit der untere Theil des Thallus röhrenförmig oder dütenförmig eingerollt. Jene Cetrarien aber, welche nicht aufrecht wachsen, sondern sich wie Parmelien mehr der Unterlage anschmiegen, wie z.B. C. pinastri, be- nöthigen dieses ausschliesslich der Festigkeit dienenden Mittels nicht, und in Folge dessen wird auch der Thallus an seiner Basis nicht eingerollt. Die Arten der Gattungen Parmelia und Xanthoria werden durch solide Hyphenbündel, die ihrerseits zugfest gebaut sind, an die Unterlage befestigt.! Da sie sich gewöhnlich ziemlich dicht dem Substrate anschmiegen, so bieten sie im Allgemeinen dem Winde wenig Widerstand, und in Folge dessen kommt es bei diesen Gattungen auch nur selten zu besonderen mechani- schen Einrichtungen. Einzelne Ausnahmen mögen indessen immerhin vorkommen. So greift z.B. die mächtig entwickelte Rindenschichte von Parmelia Hottentotia mit einem System leistenartiger Vorsprünge bis tief in die Gonidienschichten hinein. Wahrscheinlich hat jedoch diese Vorrichtung den Haupt- zweck, die Verdunstung der Flechte so viel als möglich zu reduciren. Mechanisch wirkt sie wie ein System oberflächlicher Verspreizungen, welches die Einrollung des Thallus vom Rande her verhindert und dessen Festigkeit überhaupt bedeutend erhöht. Bei Physcia und Tornabenia treffen wir wieder auf Arten mit fast strauchförmigem Wuchse. Die grösseren derselben 1 Wenn diese Rhizinienbündel auf ein Substrat treffen, in das sie nicht eindringen können, so entwickelt sich an ihrem Ende die von Lotsy entdeckte Haftscheibe. Siehe J. P. Lotsy, Beiträge z. Biologie der Flechtenflora des Grünebergs bei Göttingen. Inaugural-Dissertation. Göttingen 1890. 1392 HD. Zukal, zeigen auch thatsächlich vereinzelte mechanische Stränge, welche sich theils an die Rinde anlegen, theils im Marke ver- laufen. Die Arten der Gattungen Sficta und Ricasolia, welche oft in grossen Lappen von den Felsen und Bäumen herabhängen, werden wohl theilweise durch Haftfasern an das Substrat befestigt und bieten nur an den freieren Randpartien dem Winde einen Angriffspunkt. Ihr Thallus zeigt nicht selten leistenförmige Erhöhungen, welche vielfach mit einander com- municiren und demselben, besonders bei Sficta, oft ein netz- aderig grubiges Aussehen geben. Ich halte die aderförmigen Auftreibungen für ein System von Verspreizungen, welches hauptsächlich mechanischen Zwecken dient und die Festigkeit des relativ dünnen, aber sehr ausgebreiteten Thallus erhöht. Einige grössere, bilateral gebaute Flechten sitzen mit einer Art von Haftscheibe oder Gomphus auf ihrer Unterlage. Die Hyphen des Gomphus legen sich, unter Benützung jeder Unebenheit, so ausserordentlich fest an das Substrat an, dass selbst die stärksten Stürme diese Flechten nicht von den Felsen reissen können. Hierher gehören die meisten Arten von Endocarpon, Umbilicaria und Gyrophora. Diese Flechten sind sämmtlich durch den Umstand ausgezeichnet, dass ihre Rinde an der unteren Seite mächtiger entwickelt ist als an der oberen. Wie lässt sich nun diese Structureigenthümlichkeit erklären? Behufs Beantwortung dieser Frage glaube ich darauf hinweisen zu sollen, dass die Zugkraft des Sturmes hauptsächlich auf jene Theile des flächenförmigen Thallus wirken müssen, welche sich in der Nähe der Haftscheibe befinden, also auf Theile der unteren Seite. Diese müssen vor Allem zugfest gebaut sein, um dem Zerreissen zu widerstehen. Die obere Thallusseite ist mehr Knickungen und Faltungen, also Druckkräften ausgesetzt, welche jedenfalls leichter überwunden werden können wie die mächtigen Zugkräfte der Stürme. Übrigens erhöht die ungleich- mässig verdickte obere Rinde bei Gyrophora und die netzig grubige Beschaffenheit des ganzen Thallus von Umbilicaria die allgemeine Festigkeit, namentlich gegen die seitlich wirkenden ziehenden und scherenden Kräfte. Der Thallus von Endo- carpon gleicht aber einem Träger, dessen Gurtungen durch Untersuchungen über die Flechten. 1393 ein besonderes Füllwerk (Pseudoparenchym) von einander getrennt gehalten werden. Im durchfeuchteten Zustande aber zeigt er überdies eine Zähigkeit und eine Elasticität, welche an den Kautschuk erinnert. Die Arten der Gattungen Peltigera, Solorina und Nephroma sind entweder mit ihrer ganzen Unterseite an das Substrat fest- gewachsen oder wenigstens durch eigenthümliche Hyphen- stränge, die Rhizinae stuppeae, sehr sicher verankert. Die Rhizinen, welche bei Peltigera sehr tief und senkrecht in das Substrat eindringen und sich mit der Unterseite des Thallus mit dem Aderfilz vereinigen, haben übrigens neben der Befesti- gung des Thallus auch noch andere Aufgaben, namentlich die Wasserzufuhr zu besorgen. Vom Standpunkt der Festig- keit ist nur zu bemerken, dass sie sehr zugfest gebaut sind und dem Zerreissen einen bedeutenden Widerstand entgegen- setzen. Sonst finden sich bei den genannten Gattungen keine auf die Festigkeit bezughabenden auffallenden Eigenthümlich- keiten. Dasselbe gilt im Grossen und Ganzen auch für das Heer der Krustenflechten, was übrigens nicht zu verwundern ist, wenn man bedenkt, dass die in Rede stehenden Organismen sich meist ziemlich dicht an ihre Unterlage anschmiegen und daher weder als Träger der eigenen Masse, noch als Wider- standsobjecte gegen den Wind besonders in Betracht kommen. Doch sind selbst hier noch Spuren zu verfolgen, dass auch sie der Herrschaft des mechanischen Prineips unterstehen. Ich erinnere z. B. nur an die Stiele der Apothecien von Baeomyces und Sphyridium, welche cylindrische Träger darstellen. Was die Gallertflechten anbelangt, so können sich die- selben nur dann zu stattlicheren, strauchartigen Formen er- heben, wenn sie von den Hyphen gegurtet werden, oder mit anderen Worten, wenn ein aus Hyphen bestehendes Rinden- gewebe der gallertigen Masse die nöthige Festigkeit gibt. Die Richtigkeit dieser Behauptung springt sofort in die Augen, wenn man die Arten der Gattungen Leptogium und Lichina mit denen der übrigen Collemaceen vergleicht. Schliesslich will ich noch einen Fall vorführen, welcher zeigt, dass manche Flechten auch eine ziemlich grosse rück- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 91 1394 H. Zukal, wirkende Festigkeit besitzen können. Er betrifft das bekannte Chlorangium Jussufii Link. Von dieser Flechte hat zuerst Reichardt! festgestellt, dass sie ursprünglich eine Stein- bewohnerin ist, deren Areolen sich auf einem derben, fädigen Hypothallus entwickeln. Im Verlaufe des weiteren Wachsthums lösen sich die Areolen, und zwar gewöhnlich mehrere auf einmal von ihrer Unterlage ab, gelangen in den Wüstensand und werden mit demselben jahrelang von dem Winde hin- und hergerollt, ohne zu Grunde zu gehen. Sie können dieses eigenthümliche Leben nur in Folge zweier Anpassungen führen. Die erste Anpassung besteht in einer Einrollung des abgerissenen Thallus zu einer Kugel, die zweite in einer ungewöhnlichen Verdickung und Festigung der die Kugel überziehenden Rinde. Die von ihrer Unterlage abge- rissenen Thallusareolen bilden nämlich bald in Folge eines eigenthümlichen Wachsthumsprocesses ein ringsum geschlos- senes sphärisches Gebilde. Dadurch gelangt das früher an der unteren Seite der Thallusareolen offen zu Tage liegende Mark in die Mitte des nun kugeligen Thallus, wodurch jedenfalls die Verdunstung sehr herabgesetzt wird. Die bereits erwähnte, sehr dicke Rinde zeichnet sich neben ihrer grossen Hygroskopicität und raschen Aufnahmsfähigkeit für das Wasser auch noch durch eine merkwürdige Festigkeit aus, durch welche die Flechte eben befähigt wird, mit dem Sande jahrelang hin und her zu rollen, ohne dem Zerreiben zu unterliegen. Sonst ist die rückwirkende Festigkeit bei den Flechten nicht eben gross. So konnte ich zZ. B. den im Wiener pflanzen- physiologischen Laboratorium befindlichen Apparat zum Messen der Festigkeit diverser Pflanzentheile aus dem Grunde nicht benützen, weil die Flechten durch das Einklemmen in die Messingzwingen jedesmal zermalmt wurden. Immerhin werden die angeführten Thatsachen genügen, um zu zeigen, dass auch für die Flechten dieselben Gesetze gelten, welcheSchwendener 1 Reichardt, Über die Mannaflechte. Verhandl. der k. k. zool.-botan. Gesellsch. in Wien, 1864 und Krempelhuber, Zichen esculenlus Pall., ursprünglich eine steinbewohnende Flechte. Ebendaselbst 1867. Untersuchungen über die Flechten. 1395 für die pflanzlichen Träger der Monocotyledonen und Dicotyle- donen ermittelt hat.! I! Anhangsweise soll hier Erwähnung finden, dass auch bei Ephebe, Plectospora, Omphalaria ete. mechanisch wirksame Hyphen ausgebildet werden. Bei den untersten und ältesten Partien dieser Flechten verschwinden nämlich im Alter die bezüglichen Nähralgen sammt ihren Hüllmembranen. Die kleinen strauchartigen Flechten müssten nun umstürzen, wenn sich nicht die Hyphen des Flechtenpilzes mächtig verdickten und den ganzen Thallus trügen. In manchen Fällen färben sich auch diese verdickten Basishyphen blaugrün, wie 2. B. bei Ephebe Kerneri. (Siehe das bezügliche Capitel meiner Flechten- studien.) Seite 1. Die Rinde der Flechten als Schutzmittel der Algen vor allzustarkem \Masserverlustadurchrdie,Merdunstune Drang 1303 2. Die Schutzmittel der Flechten wider die Angriffe der Thiere ......... 1312 Se Nuinahmesundakortleitunesdesn Wassers nr 13383 Ze Dien DincchlüttunesdesBlechtenthallusen er we 1348 5. Das Ernährungs-, Speicherungs- und Excretionssystem der Flechten . . 1364 6. Die Flechten vom mechanischen Standpunkte aus betrachtet ........ 1377 91% 1397 Beiträge zur Kenntniss des tropischen Regens von J- Wiesner, w.M.k.Akad. (Mit 1 Textfigur.) Vorbemerkung. Während meines Aufenthaltes in Buitenzorg auf Java in der Zeit von November 1893 bis Februar 1894 beschäftigten mich unter Anderem Studien über die mechanische Wirkung der heftigen Tropenregen auf die Pflanze. Die hierüber in der Literatur anzutreffenden Angaben lauten dahin, dass die tropischen Regengüsse eine starke schädigende Wirkung auf die Gewächse ausüben. Krautige Pflanzen, z. B. die annuellen »Blumen« unserer Gärten sollen, diesen Angaben zufolge, dess- halb in den Tropenländern nicht gedeihen, weil sie vom Regen zerschmettert werden würden, lebendes Laub soll von den niederprasselnden Regentropfen zerschlitzt oder gar abgerissen werden, desgleichen Blüthen etc. Schon meine in Europa angestellten Vorstudien liessen mich annehmen, dass einzelne dieser Erscheinungen, wie das Nichtgedeihen mancher krautiger Gewächse im feucht-warmen Tropengebiete einen anderen Grund habe, nämlich auf den ombrophoben Charakter der Vegetationsorgane! der be- treffenden Pflanze, welche eine lange andauernde Benässung nicht zulassen, zurückzuführen sei, und dass auch die 1 Wiesner, Über ombrophiles und ombrophobes Laub. Diese Sitzungs- berichte, Bd. 102, I. Abth. (1893). Siehe auch meine Abhandlung: Über den vorherrschend ombrophilen Charakter des Laubes der Tropengewächse. Ebenda, Bd. 103, Abth. I (1894). 1398 J. Wiesner, angeblichen Verletzungen des Laubes und der Blüthen durch die blosse mechanische Wirkung des Regens eine geringe Wahrscheinlichkeit für sich haben. Sollte die Frage der mechanischen Wirkung des tropischen Regens ihrer vollständigen Erledigung zugeführt werden, so war es nothwendig, mit grösster Gründlichkeit die betreffenden Verhältnisse zu prüfen: einerseits musste die Menge des niederfallenden Regens für möglichst kleine Zeiträume, sowie die lebendige Kraft der niederfallenden Regentropfen, anderseits und parallel hiezu der an der Pflanze sich zu erkennen gebende Effect durch die unmittelbare Beobachtung festgestellt werden. Was ich in ersterer Beziehung in der physikalischen und besonders in der meteorologischen Literatur auffand, reichte für meine Zwecke nicht aus, so dass ich mich genöthigt sah, die betreffenden Fragen selbst experimentell zu lösen. Die Ergebnisse dieser Studien, welche, wie ich von com- petenter fachmännischer Seite höre, auch für den Meteorologen und Klimatologen von Interesse sind, stelleich im Nachfolgenden kurz zusammen, während die pflanzenphysiologischen Resultate meiner diesbezüglichen Untersuchungen in den Annales du Jardin Botanique de Buitenzorg (Leyden) zur Veröffent- lichung gelangen werden. Die nachfolgenden Beiträge zur Kenntniss des tropischen Regens enthalten die Angabe der Methoden, welche ich zur Ermittelung von Regenhöhen für kurze Zeiträume anwendete, nebst Beobachtungen, welche ich nach diesen Methoden erhielt, ferner Untersuchungen über Grösse, Fallgeschwindigkeit und lebendige Kraft der Regentropfen. Der Darlegung dieser Gegenstände geht eine kurze Dar- stellung über den Gang der Witterung während der Beob- achtungszeit voran. I. Gang der Witterung in Buitenzorg in der Zeit vom 10. November 1893 bis 4. Februar 1894. Dieser Abschnitt enthält die von mir erhobenen Daten über den Eintritt und die Dauer der Regen an den einzelnen Beobachtungstagen, über die tägliche Regenhöhe, ferner über Gewitter und Wind. Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1399 Die Daten über Eintritt und Dauer der Regen dürfen wohl als vollständig verlässlich angesehen werden. Kine Controle für die Richtigkeit meiner Aufzeichnungen finde ich in der Übereinstimmung meiner Beobachtungen über Zahl und Datum der Regentage und der regenfreien Tage mit jenen, welche Herr Prof. G. Kraus gleichzeitig und unabhängig von mir in Buitenzorg anstellte und kürzlich bezüglich der Monate No- vember und December 1893 summarisch publicirte. Ich komme auf dieselben später noch zurück. Eine weitere Controle der Richtigkeit meiner Aufzeichnungen bilden die Daten, welche Herr Dr. Figdor in Buitenzorg in der Zeit vom 19. December 1893 bis 4. Februar 1894 über die Witterung zum Zwecke seiner Studien über den Saftdruck der Bäume sammelte. Ein Vergleich meiner Aufzeichnungen mit den seinen hat eine voll- ständige Übereinstimmung unserer Daten ergeben. Die nachfolgend mitgetheilten täglichen Regenhöhen sind den von Herrn Dr. van der Stok, Director des meteorologischen Institutes in Batavia, redigirten »Regenwaarnemingen in Neder- landsch-Indi&« 1893 und 1894 entnommen.! Ein Vergleich meiner Aufzeichnungen über Zeit und Dauer der täglichen Regen mit den täglichen Beobachtungen der Rkegenhöhen nach den Aufzeichnungen der »Regenwaarne- mingen« ergibt manchen — jedoch zumeist nur scheinbaren — Widerspruch. Es lassen ja meine Beobachtungen mit denen der »Regenwaarnemingen« nur einen bedingten Vergleich zu. Denn meine systematischen Beobachtungen, welche mit meinen Aufzeichnungen über das photochemische Klima von Buiten- zorg Hand in Hand gingen, erstrecken sich nur auf die Zeit von Morgen bis Abend, also durchschnittlich auf einen Zeit- raum von 12 Stunden, während die täglichen Regenhöhen auf einen Zeitraum von 24 Stunden sich beziehen. Es ist ferner zu beachten, dass die Morgens vorgenommene ombrometrische Bestimmung der Regenmenge für den laufenden Tag eingestellt ' Während der Niederschrift dieser Abhandlung war der Band 1894 in Wien noch nicht eingelangt. Der Gefälligkeit des Herrn Dr. Snellen, Director des königl. niederländ. meteorolog. Institutes in Utrecht, verdanke ich schrift- liche Daten über die täglichen Regenmengen von Buitenzorg in den Monaten Jänner und Februar, welche den »Regenwaarnemingen..« entnommen sind. 1400 J. Wiesner, wird, während sie die Regenhöhe des Vortages anzeigt.! So erklärt es sich beispielsweise, dass in meinen Regenaufzeich- nungen der 25. Jänner als regenloser Tag angeführt wird, während die »Regenwaarnemingen« für den 25. Jänner 34 mm, hingegen für den 26. eine Regenhöhe = O0 mm angeben. Aber selbst wenn man alle Regenhöhen um 24 Stunden zurückdatirt, so ergibt sich noch mancher scheinbare Widerspruch; erstlich weil ich in der Regel die Nachtstunden unberücksichtigt gelassen habe, und zweitens, weil meine Beobachtungen um 6" a.m. oder auch noch früher begannen, während die Be- stimmung der Regenhöhen wahrscheinlich später gemacht wurde.? Was die Beobachtungen über Gewitter und Wind anlangt, so habe ich dieselben gelegentlich, so gut es ging, aufgezeichnet. Für die Verlässlichkeit der angeführten Daten kann ich ein- stehen, nicht aber für deren Vollständigkeit. Meine Studien über das photochemische Klima, über welche ich erst später zu berichten in der Lage sein werde, erforderten Beobachtungen über den Grad der Bedeckung des Himmels. An die hierauf bezüglichen Daten, welche vom 19. November 1893 an aufgenommen wurden, füge ich einige in die nachfolgende Zusammenstellung ein, um die Charakte- ristik des Ganges der Witterung zu vervollständigen. Im Nachfolgenden bedeutet B, völlig klaren, B,, völlig bedeckten‘ Himmel, 5, 23, bedeuten, dass Lin ode Himmels mit Wolken bedeckt sind. S, bedeutet vollständige Bedeckung des Himmels; S, zeigt an, dass die Sonne nur als heller Schein am Himmel sichtbar ist; S,, dass die Sonne hinter Wolken als Scheibe erkennbar ist; S,, dass die Sonne von einem zarten Wolkenschleier bedeckt ist; endlich bezeichnet S, vollen Sonnenschein. ! »Regenwaarnemingen«, Bd. I, Vorwort. 2 Die »Regenwaarnemingen« enthalten keine bindende Vorschrift bezüg- lich der Zeit der Bestimmung. Es wird (Bd. I, Vorwort) dem Beobachter völlig freie Hand gelassen. Doch erfolgt die Aufzeichnung der Regenhöhe gewöhnlich zwischen 6—9"a.m. Zur Kenntniss des tropischen Regens, 1401 November. 11. November. Vormittags halbtrüb, Nachmittags Regen. Regen- 2. 13. 14. WR. 18. 119% » » » » » höhe = 32 mm. 5 Vormittags halbtrüb, Nachmittags schwacher Regen. Regenhöhe = 0.! Vormittags halbtrüb, Nachmittags schwacher Resenskesenhohe 07 Trüb bis 1" p.m., dann kurz andauernder Regen. Regenhöhe == 0O.! Vormittags trüb, Mittags halbsonnig, 1—3" p.m. trüb. Um 3% kurzer, starker Regen. 3? 30—4"p.m. schwacher Regen. Um 5"p.m. kurzer, starker Regen. Regenhöhe = 2 mm. Vormittags halbtrüb, 1" p.m. starker Regen mit Gewitter, dann bis 5? p.m. Regen von wech- selnder Stärke. Regenhöhe = 15 mm. Vormittags halbsonnig, Mittags trüb, 2— 3" Ge- witter, darauf Aufhellung. Um 5" starker Regen- guss. Regenhöhe = 16 mm. Vormittags sonnig, 12" schwacher Regen, mit Sonnenschein wechselnd. 3" 30 p.m. starker Regenguss. Um 4" enorm starkes Gewitter, bis 530 p.m. schwaches Gewitter mit Regen. Regenhöhe = 9 mm. Bie 12) sonne, Umel232,S,, dann trüb: Umik schwacher Regen, von schwachem Donner be- gleitet. Dann trüb, aber regenlos. Um 5"30 p.m. Gewitterregen. Dann schwacher Regen bis 8”30 p.m. Regenhöhe = 96 mm. 1 Nach den »Regenwaarnemingen« werden für die Zeit vom 11.— 30. No- vember 8 Tage (12., 13., 14., 23., 24., 25. und 26. November) angegeben, an welchen der Regenmesser keinen Regen anzeigte. Ich habe hingegen bloss den 23. und 24. November völlig regenfrei gefunden. Dies stimmt genau mit den Beobachtungen, welche zu gleicher Zeit mit mir zum Zwecke seiner Studien über das Wachsthum des Bambusrohres Herr Prof. G. Kraus in Buitenzorg anstellte (Ann. du Jardin Botan. de Buitenzorg, Vol. XII, p. 201). Offenbar waren die Regenmengen zu klein, um vom Ombrometer angezeigt zu werden. 1402 J. Wiesner, 20. November. 6" a.m. Sonne, Vormittags bis 11" halbsonnig. [&6) IS) > 28: DD do) So. Um 12272B,S, Bis pm. trüb. "A kurzen schwacher Regen. 6"30 p.m. bis tief in die Nacht hinein starker Regen.! Regenhöhe = 60 mm. Trüb und halbsonnig während des Vormittags. Um 12"15 B,S,. Nachmittags abwechselnd halb- sonnig und trüb, Abends trüb, Nachts Regen. Regenhöhe = 12 mım. Früh halbsonnig. 8"30 B,S,. 9"30 B,S, ,. Von 11°10 trüb bis 415 p.m. Etwas Wind. Um 4”15p.m. schwacher Regen. Regenhöhe = Omm. Bis 4" p.m. halbsonnig, dann trüb. 12"m. B, S, ,. Regenfreier Tag. Regenhöhe = Omm. Sonniger Tag. Vormittags B,—B, S, ,, Mittags B,S,, Nachmittags B,—B,. Regenfreier Tag. Regenhöhe = O mm. Halbsonuig bis 4" p.m. Mittags B, S,. 4—5"p.m. trüb, 5-6" p.m.schwacherRegen. Regenhöhe =. Vormittags trüb. 12" m. B,,S. Bis 3"p.m. trüb, um 4"p.m. bis Abends kurzer, schwacher Regen. Regenhöhe = 0 mm. 6 7a me tu da jora.ne sehr schwacher Regen, dann trüb. 10"45 a.m. schwacher, Mittags starker, dann schwacher Regen bis Nachts. Regenhöhe = 5 mm. Trüb und abwechselnd schwacher Regen bis 4" p.m., dann starker Regen bis Abends. Regen- höhe = 44 mm. Trüb und halbsonnig abwechselnd bis 2" p.m. 2-4" p.m. Gewitter mit Regen. Regenhöhe — 12 mm. Sonnig und halbsonnig bis I1"a.m., dann trüb. 12—2" p.m. starker Regen, dann trüb. Regen- höhe = 10 mm. ! Die nächtlichen Beobachtungen über Regen sind unvollständig, und wurde von mir nur dann Regen angegeben, wenn ich zufällig während eines nächtlichen Regens erwachte, oder wenn der Zustand der Vegetation am frühen Morgen mit Bestimmtheit auf einen nächtlichen Regen hinwies. Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1403 December. 1. December. Vormittags trüb und sonnig wechselnd (10"55 W (08) DRS ND20EBSS.. Mutar Bas, 122m. B,Sh) Bis 1245 trüb, um 1"45 schwaches, um 2? hef- tiges Gewitter mit starkem Regen bis 3”30p. m., dann trüb, ohne Regen, etwas Wind. Regen- höhe = 83 mm. 6"a.m. Zenith klar, Horizont trüb. 6"30a.m. B,S,, 8" a.m. B,S,, Mittag B, S,, dann trüb. 1"45 bis 3"15 starker Regen. 4” etwas Sonne, dann trüb und hin und wieder sonnig bis Abends. Regen- höhe = Io mm. on ar. Zenitlaizlans 6" Nschon 3,, trüb: bis 10, dann halbsonnig bis 1"30 (12% B, S, ; 1230 B,S,), dann trüb. 1245 starker Donner, 2—-3" p.m. starker Regen, trüb, um 4" Sonne, dann trüb und etwas sonnigabwechselnd. Regenhöhe = 19 mm. 6" a.m. B,. Sonnig bis 11", dann trüb. 11”30 starker Regen. 12” m. B,,%. 1745—3" starker Regen. Trüb bis Abends. Regenhöhe = 14 mm. 3.80—11"30 B,,, dann halbsonnig und trüb wechselnd bis Mittag. 12" m. starker Regen, dann in Pausen regnend bis 4" p.m. Trüb bis Abends. Abends theilweise bewölkt. Regenhöhe — 12 mm. 6"a.m. trüb, etwas nebelig, 7"a.m. zarte Wolken- Schileiersssonnter 823, 25,5,: 1023 3,8,2,; 10.30 B,S,, 1130 B,,S,. 12—12"30 Regen, dann ab- wechselnd trüb und sonnig. 2— 8" und 4—8"p.m. Regen, sonst trüb. Regenhöhe = 6 mm. Morgens Zenith frei, sonst wolkig. 6” a.m. B,,. 7"a.m. Zenith klar, B,. Trüb und halbsonnig wechselnde bis 12. p.m. (2. 20am 2,5; 115 Br; 1228 5,8,). 2! p.m. Regen bis Abends. Um 3" p.m. Gewitter. Regenhöhe = 10 mm. 5"a.m.— 1"p.m. trüb und sonnig wechselnd (5"45—7"20.a.m. B,,S,; 8?30 B,,S,; 945 B,S,; 1404 9. December. 10. jele 16. J. Wiesner, 12 2400.03,,8,5 1222m2B,S es dannatenpr ae bis 8" p.m. Regen. Regenhöhe = 42 mm. 6" a.m. B,,, Zenith mit zarten Wolken bedeckt, dann trüb. 1"30—-3"30 Regen, trüb bis 8" p.m. Dann halbbestirnt. Regenhöhe = 20 mm. 6" a.m. Zenith klar, sonst trüb und halbsonnig wechselnd bis 1" p.m. (10°40 a.m. B, S,; 11"30 B,S5; 12”45 B,oS%0)- 1° p.m. schwacher Regen, dann halbsonnig bis 4"30, dann trüb. Regen- höhe = 9 mm. 6" a.m. B,, trüb. 6"30—9"30 Regen, dann halb- sonnig und trüb abwechselnd (B,_,, Sp_3)- 8" bis 10" p.m. Regen. Regenhöhe = 5 mm. 6" Zenith fast frei, D,,. Trüb und sonnig ab- wechselnd bis 1"30. 10"50—11"40 B,_, S,_;. 1"30 Gewitter und Regen bis 3?45 p.m. Regen- höhe = 6 mm. 6" a.m. Zenith fast frei, D,, bis Mittag halbsonnig (11?4—11?50 3, ,S;_,). 15 p.m. starkes Ge- witter und starker Regen bis 3° p.m. und bis 4"20 p. m. schwacher Regen. Nachts starker Regen. Regenhöhe = 10 mm. 6" a.m. B, sonnig (7"45—12"5a.m. B „S_. 12"45—1"30 starker Regen, dann halbsonnig und trüb wechselnd. 2"50 p.m. schwacher Regen, dann trüb. Regenhöhe = 62 mm. Bis 11"20 a.m. sonnig (920 a.m. B,S,; 11”20 B,S,). 11"45a.m. kurzer Regen. Nachmittags sonnig (4.45 'B,S,; 5225. B,S,; 52.8072-581; 550 2, ,S,). Regenhöhe = 4 mm. Morgens halbsonnig B,. 8h45—_9h15 a.m. Regen, dann trüb. 10"—-10®°30 Regen, dann trüb. 5" bis 530 Regen, trüb. S"—8"30 Regen. Regen- none =. (0 1 Auch Herr Prof. Kraus hat gleich mir in seiner oben genannten Ab- handlung an diesem Tage Regen beobachtet. Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1405: 17. December. Trüb. 10%a.m. Regen, dann trüb. 3?—3%:30 Regen, dann trüb bis Abends. Um 5" p.m. kurzer Regen. Regenhöhe = 5 mm. 18. > Sonnig bis 11" a.m. (7"20a.m. B,S,; 10"3 B,S,), dann trüb. 2"30—4" Regen, dann trüb. Regen- höhe: = 2 mm. IS). » Sonnig, 2—2"15 Regen, dann abwechselnd trüb und sonnig. Regenhöhe = 2 mm. 20. » Sonnig und halbsonnig wechselnd bis 4” p.m., dann trüb. Regsenlosei: Tag. Resenhöhe—=0. 2% > Bis 10% a.m. trüb, von 10"45— 1" p.m. halbsonnig (B,_10 Ss _3), 2°—2"30 Regen, dann sonnig und trüb wechselnd, Nachts Mondschein. Regen- höhe = 4 mm. 22: > 6" a.m. B,, sonnig bis Mittag, dann trüb; 2 bis 3% p.m. Regen, dann trüb. Regenhöhe = 1 mm. 23: » 6" a.m. trüb. B,,. 6"30 a.m.bis Abends Regen von wechselnder Stärke. Regenhöhe = 26 mm. 24. » 6" trüb. 630 bis Mittags wenig Sonne (S,—5,), trüb und Regen abwechselnd, dann trüb. 4" schweres Gewölk am Himmel, aber kein Regen. Regenhöhe = 10 mm. 2a} >» 6° sonnig bis Mittag, dann trüb. 3? 22 p.m. Ge- witterregen, dann trüb bis Abends. Regen- höhe = 3 mm. 20: » Fast den ganzen Tag sonnig und halbsonnieg. 630 p.m. Gewitterregen. Regenhöhe = 27 mm. Di. » Trüb und hin und wieder halbsonnig. 3"45 bis 6"p.m. Regen, dann trüb. 10" p.m. Regen. Regen- höhe = 2 mm. 28. » 6" sonnig bis Mittag (B,_, S,). 2?—2°45 Regen, dann halbsonnig. Regenhöhe = 16 mm. Halbsonnig und sonnig (10" B,S,; 11" B,S,, a ans. A B.5,:105 78, S))akkenn Rewen: Regenhöhe = 2 mm.! DD so Y ! Auch Prof. Kraus bezeichnet (l. c.) den 29. Decemberalsregenfreien Tag. 14 06 J. Wiesner, 30. December. Vormittags sonnig und halbsonnig (6" B,; 7" B, 31. D SSNBES, BIS NBS N MD leyae Regen, dann trübe. Nachts kein Regen. Regen- hohe—ı0% Trüb. Mittags kurzer Regen, dann bis 3°15 p.m. abwechselnd trüb und sonnig. Um 3?15—4"p.m. kurz andauernder Regen, dann bis Abends ab- wechselnd sonnig und trüb. Regenhöhe = 3mm. anner . Jänner. Früh sonnig bis 10" a.m., dann trüb bis 10%45 a.m. Um 10"45 starker Regen, dann trüb und halbsonnig wechselnd (12" m. B,, S,) bis Abends. Regen- Höne=——0 Früh sonnig bis gegen Mittag (6" a.m. B,; 9" B, S,; 10% B, S,; 11" B,S,). 12" schwacher, 1:30 — 2:30 bedeutend stärkerer Regen, dann trüb bis Abends. Regenhöhe = 0. Vormittags halbsonnig (6”" B,; 9° B,S,; 10" S,; 11" B,S,). 12° schwacher, 1"30—2"15 p.m. be- deutend stärkerer Regen, dann trüb. Regenhöhe — 21 mm. 6" a.m. B, windig, zumeist sonnig bis Mittag. 12% m. B,,S,: 12" 15—2"30 p.m. kurzer, schwacher Regen, dann trüb. Regenhöhe = 23 mm. Sonnig, Nachmittags Regen (6" B,; 7” B,S,; 8" B,S,; 9" B,S,; 10% B,S,; 12" B,S,). Nachts Regen. Regen- höhe = 4 mm. 6" a.m. Regen und so fort bis 5" p.m. Abends halb- gestirnter Himmel. Nachts Regen. Regenhöhe = Ss mm. Regen bis 9°30, dann Aufheiterung bis Mittag (O2,85 112 S2SBIS))Fdannfresnenschh hierauf halbsonnig. Abends Regen. Regenhöhe = 13 mm. 1 Gleich mir führt auch Prof. Kraus den 30. December als einen Tag an, der nicht regenfrei war. Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1407 8. Jänner. Den ganzen Tag regnerisch, zum Theil sehr starker 9: 10. 15. 18. 29; Regen. Regenhöhe = 17 mm. Den ganzen Tag Regen mit Ausnahme der Zeit von 10— 12" m. (10°20— 10°40 und 11? 10—12" B,,S,) trüb. Regenhöhe = 32 mm. Trüb, spärlich halbsonnig (12" m. B,,S,), #45 bis 6" p.m. zuerst schwacher, dann starker, zum Theil sehr heftiger Regen. Regenhöhe = 4 mm. Regen oder trüb bis Mittags, dann trüb bis Abends. Nur um 11” a.m. etwas sonnig (B,, Sı)- Regen- höhe = 20 mm. Trüb und regnerisch bis Mittag, Nachmittags trüb und halbsonnig. Regenhöhe = 13 mm. Morgens Regen, dann regnerisch und halbsonnig bis Mittag (12" m. B,, S,)- Nachmittags trüb und regnerisch. Um 6" p.m. schwaches Gewitter. Regenhöhe = 17 mm. Früh starker Regen, dann regnerisch bis 10" a.m., dann trüb und von 10"30— 12" halbsonnig (B,,S,), desgleichen bis Abends. Regenhöhe = 30 mm. 6" a.m. B,,. 7—8" a.m. Regen. dann trüb und regnerisch bis Mittag. Nachmittags trüb und sonnig wechselnd. Regenhöhe = 7 mm. Vormittags halbsonnig (7" B,S,; 8" Bo; 9 Bo Si; 10—12" B,,'S). Nachmittags trüb. Regenloser Tag. Regenhöhe = 3 mm. Vormittags trüb und halbsonnig wechselnd bis Mika (0229.55: ZB Sı4 92,827. 102 3,8; 12" B,,9,). Nachmittags etwas regnerisch, Abends halbheiter. Regenhöhe = | mım. Halbsonnig und sonnig wechselnd (9" B,S,; 11" BSD IBENS: 3. 9.m.B, 82: 1825.) Cp.m: kurz andauernder Gewitterregen. Regenhöhe — 17 mm. Son? bis) Mittag, (8. 7B,S,; 9278, 1078,85 117 B,S,; 12% B,S,). 1130 —8% p.m. Gewitter mit Regen, dann regnerisch. Regenhöhe = 2 mm. 1408 20. Jänner. J. Wiesner, Halbsonnig und sonnig bis Mittag (11" B,S,; 12° B,S,). 1"15—2"30 p.m. Regen, dann trüb. Regen- höhe = 8 mm. 21.—25. Jänner. An diesen fünf Tagen war der Verfasser nicht 26. Jänner. ZB » DR » 29, > 30. » 3 | » 1. Februar. 2 » 3. » 4 = » in Buitenzorg. Nach verlässlichen Mittheilungen hat es während dieser Zeit täglich mit Ausnahme des 23. Janner"gereoenerr Regenhoher = 23a, 18 und 34 mm. Früh sonnig. Vormittags trüb und halbsonnig wech- selnd (12" m. B,,:S,): 1?30 p.m. sehr starker Regen, dann trüb bis Abends. Regenhöhe = 0. Früh sonnig, dann trüb und sonnig wechselnd za Br SE EBEN SE 2 BSH pmestanker Regen, dann trüb. Regenhöhe = 10 mm. Vormittags trüb und halbsonnig wechselnd, 2% schwacher Regen, dann trüb. Regenhöhe = I mm. Früh trüb, dann schwacher Regen bis gegen Mittag, dannber (?) Regenhöhe = 0. Vormittags abwechselnd trüb und heiter. 1%30 bis 1"45 Starker, dann bis 3" schwacher Regen, dann zumeist trüb. Regenhöhe = 0. Vormittags halbsonnig. 1"30—2"30 Regen und Wind. Regenhöhe = 0. Februar. Regen bis 2" p.m., dann trüb. Nachts starker Regen. Regenhöhe = 7 mm. Vormittags trüb. Mittags Regen. Nachmittags trüb und halbsonnig wechselnd. Abends und Nachts Regen. Regenhöhe = 23 mm. Regen bis 9°45 a.m., dann trüb. Regenhöhe = 50 mm. Trüb und sonnig wechselnd bis gegen Mittag .... Regenhöhe = 11mm. Von den beobachteten 85 Tagen — der 4. Februar wurde nicht mitgerechnet, da an demselben keine vollständigen Beob- Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1409 achtungen angestellt wurden — waren zuverlässig nur sechs Tage in der Zeit vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang vollkommen regenfrei, nämlich der 23. und 24. November, der 20. und 29. December, endlich der 16. und 25. Jänner. Gewitter wurden an 15, Wind an 4 Tagen beobachtet, wobei noch auf die Anmerkung auf S.6 zu verweisen und weiter zu bemerken ist, dass ich vom 21.— 25. Jänner nicht in Buitenzorg anwesend. war, bezüglich welcher Zeit ich allerdings über die Regenver- hältnisse unterrichtet wurde, nicht aber über Auftreten von Wind und Gewitter. Die Gesammt-Regenmenge im November 1893 betrug 369 mm. Die stärksten Regenfälle waren am 9. (73 mm), 19. (06 mm) und 20. (60 mm). Die Gesammt-Regenmenge im December 1893 betrug 415 mm. Die stärksten Regenfälle waren am 1. (88 mm), 8. (42 mm) und 14. (62 mm). Die Gesammt-Regenmenge im Jänner 1894 betrug 341 mm. Der stärkste Regenfall war am 22. (35 mm).! Nach Iojährigen Beobachtungen beträgt die jährliche Regenmenge von Buitenzorg 4464 mm, die mittlere Regenmenge in den Monaten Jänner—December: 495, 422, 467, 422, 367, 289, 261, 232, 361, 416, 373 und 359 mm. Meine Regenbeobachtungen fallen somit, wie man sieht, fast in die Periode des grössten Regenfalles.? I Nach schriftlichen Mittheilungen des Herrn Director Snellen (aus »Regenwaarnemingen« pro 1894, Batavia 1895). 2 Nach »Regenwaarnemingen« pro 1893, p. 367 und 399. — Nach A. Woeikof (Resultate der 15jährigen Beobachtungen im malayischen Archipel, Meteorologische Zeitschrift, 1895, S. 404) sind in Buitenzorg die zwei regenreichsten Monate Jänner und März, die zwei trockensten August und Juli. 3 Ob die regenreichste Zeit auch diejenige ist, in welcher der stärkste Regen (grösste Regenhöhe in der Secunde oder Minute) fällt, ist nicht unter- sucht, liesse sich aber nach den von mir angegebenen Methoden ermitteln. Es muss aber den Meteorologen überlassen bleiben, zu ermitteln, ob die Angabe der Regenstärke von Belang ist. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 92 1410 J. Wiesner, II. Methoden zur Ermittlung von Regenhöhen für kurze Zeit- abschnitte. Die Ermittlung der Regenhöhe geschieht bekanntlich durch Regenmesser (Ombrometer), welche, ihrem Zwecke ent- sprechend, bloss die Bestimmung von innerhalb grösserer Zeit- räume niederfallenden Regenmengen zulassen. Durch diese Apparate wird gewöhnlich die Regenmenge für einen Zeitraum von 12 oder 24 Stunden bestimmt. Die in neuerer Zeit in Verwendung gekommenen regi- strirenden Ombrometer gestatten allerdings auch die Ablesung von in kleineren Zeiträumen niedergefallenen Regenmengen, etwa für eine Viertelstunde oder selbst 10 Minuten. Meine Fragestellung erforderte aber die Feststellung von Regenhöhen für möglichst kleine Zeiträume. wenn thunlich für die einzelne Secunde. Zu diesem Zwecke sind aber selbstver- ständlich selbst die genauesten registrirenden Ombrometer nicht geeignet, weshalb ich mich genöthigt sah, ein von dem gewöhnlichen Verfahren der Regenhöhenbestimmungen ab- weichendes zu ersinnen. Ich habe zur Erreichung des bezeichneten Zieles zwei Methoden in Anwendung gebracht, welche ich kurz mit dem Namen Büretten- und Aufsaugungsmethode bezeichne. Die- selben erlauben im günstigsten Falle die pro Secunde nieder- fallende Regenmenge mit ausreichender Genauigkeit festzu- stellen. Die Bürettenmethode besteht in Folgendem. Es wird eine durch Glashahn verschliessbare und zu Öffnende Bürette fix und vertical aufgestellt. Über derselben befindet sich ein Glastrichter, dessen Hals in die Bürette eingeführt ist. Die obere Trichteröffnung wird genau horizontal gestellt. Der Rand des Trichters umspannte in meinen Versuchen eine Fläche — 7939 mm’. Die Calibrirung der Bürette liess direct die Ab- lesung von Kubikcentimetern, 500 und schliesslich 100 mm? zu. »0 mm? konnten noch abgeschätzt werden. Es wurde entweder die Regenmenge ermittelt, welche innerhalb einer bestimmten Zeit in der Bürette sich ansammelte, oder es wurde ein bestimmtes Flüssigkeitsvolum angesammelt und genau ermittelt, Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1411 welcher Zeitraum erforderlich war, bis die völlständige Füllung des betreffenden Volums (gewöhnlich I cm?) erfolgt war. Dfe Bestimmung wurde nur bei völliger Windstille vor- genommen, welche ja an dem Beobachtungsorte, wie auch die obigen Daten lehren, die Regel bildet. Die Zeitbestimmung erfolgte mit Zuhilfenahme eines so- genannten Chronographen, nämlich einer Secundenuhr, welche durch Druck auf die Feder in Gang zu bringen ist, durch einen zweiten Druck zum Stillstand gebracht wird, und deren Zeiger durch einen dritten Druck wieder auf den Nullpunkt zurück- kehrt. Mit Zuhilfenahme dieser Uhr lässt sich eine Zeitbestim- mung vornehmen, ohne dass es nöthig ist, die Zeit am Ziffer- blatte abzulesen. Man kann also den Flüssigkeitsstand in der Bürette ablesen und gleichzeitig Beginn und Schluss jedes Ver- suches markiren. Der verwendete Chronograph gestattete die Ablesung von 0'2, und bei einiger Übung die Schätzung von O*1. Die Aufsaugungsmethode beruht auf dem Principe, dass die Tropfen einer Flüssigkeit, auf homogene Fliesspapiere geträufelt, sich in Flächen ausbreiten, welche den Gewichten der auffallenden Tropfen proportional sind. Nimmt man das erste beste Fliess- oder Filterpapier zum Versuche, so kommen wohl Fehler bis zu 12°), vor. Wählt man aber das zum Ver- such zu verwendende Fliesspapier mit Sorgfalt aus, so gelangt man bei genauer Durchführung des Versuches zu überraschend genauen Resultaten, welche (bei nicht allzukleinen Tropfen, die übrigens bei meinen Regenversuchen nicht in Betracht kamen) das Gewicht des niederfallenden Regens bis auf —+2°/, richtig angeben. Die von mir zumeist verwendeten Fliesspapiere hatten für Wasser eine Absorptionsconstante, welche pro Quadratcenti- meter = 0:0055, beziehungsweise 0'0104 g betrug, d.h. jedem Quadratcentimeter des vom Papiere absorbirten Wassers ent- sprach ein Gewicht von 00055, beziehungsweise 00104 g. Indem man die Wasser- oder die Regentropfen auf das Papier fallen lässt, ist es erforderlich, dass das Papier horizontal und »hohl« liegt, also unterseits nicht mit einem Körper in Be- rührung stehe, welcher Wasser aufsaugt oder durch Adhäsion 92% 1412 J. Wiesner, festhält. Wird der Versuch in mässig feuchter oder in trockener Luft ausgeführt, so hat man zur Verhütung der Verdunstung das hohl aufliegende Papier, auf welchem sich der Tropfen ausbreitet, mit einem Uhrglas vorsichtig zu bedecken, welches an seiner Innenseite durch Bedeckung mit feuchten Fliess- papierstreifen feucht erhalten wird. In den Tropen ist in der Regel diese Vorsicht unnöthig, da die Luft zumeist, besonders während des Regens, nahezu vollständig dampfgesättigt ist. Es macht keine Schwierigkeit, den Zeitpunkt zu finden, in welchem die Flüssigkeit sich auf dem Papier vollständig ausgebreitet hat. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, so markirt man die Grenzen des scharf umschriebenen feuchten Flecks durch eine feine Bleistiftlinie, copirt durch Pausepapier und bestimmt die Flächengrösse mittelst Millimeterpapier. Fallen auf eine und dieselbe Stelle des Papiers zwei oder mehrere Tropfen, so kann nichtsdestoweniger die Gewichts- bestimmung des niedergefallenen Regenwassers mit derselben Genauigkeit ausgeführt werden, als wenn die Tropfen einzeln auf das Papier gefallen wären, man hat nur Sorge zu tragen, dass man so lange wartet, bis die Grenzen des sich aus- breitenden feuchten Fleckes sich nicht mehr erweitern, denn selbst beim Niederfallen mehrerer Tropfen auf eine und die- selbe Stelle des Papiers lässt sich eine genaue (indirecte) Gewichtsbestimmung des niedergefallenen Wassers durch- führen, wovon man sich leicht auf folgende einfache Weise überzeugen kann. Lässt man aus einem genau gearbeiteten Tropflläschchen, dessen ausfliessende Tropfen gleiches Gewicht besitzen, die sich also auf dem Fliesspapier zu Kreisflächen völlig gleicher Grösse ausbreiten, einen, zwei, drei... Tropfen auf dieselbe Stelle des Aufsaugepapiers niederfallen, so findet man, dass die Quadrate der Radien der ersten, zweiten, dritten... Kreisfläche sich zu einander wie die Zahlen 1:2:3... ver- halten 9eBs Sinde mi chin aırenssmunseremsRlalliessckte Blächen, ewelcherndiessiikopien Zaun demmBapiewesen zeugen, den Gewichten der auffallenden Wasser- tropfen genau proportional. Es braucht nicht besonders auseinandergesetzt zu werden, dass das Papier, auf welches die Tropfen auffallen, gross Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1415 genug sein muss, damit die Flüssigkeit sich ungehindert aus- breiten könne. Misst man die Fläche, auf welcher die Tropfen auffielen, und misst man ferner die Grösse der Flächen, welche die sich ausbreitenden Flüssigkeitstropfen einnehmen, so erhält man durch Zuhilfenahme der ermittelten Constanten (zZ. B. 00055 8 pro Quadratcentimeter) die auf die genannte Fläche in einer bestimmten Zeit niedergefallene Regenmenge, woraus sich die Regenhöhe leicht berechnen lässt. Würde beispielsweise in 5 Secunden auf eine Papierfläche von 100 cm? sich eine Flüssigkeitsmenge ausgebreitet haben deren Fläche in Summe 51:50 cm? beträgt, so sind innerhalb 5" auf die genannte Fläche 0.283258 Wasser niedergefallen, was einer Regenhöhe = 0:02832 mm pro 5" und 0:00566 mm pro Secunde entsprechen würde. e) Es ist selbstverständlich, dass man bei sehr starkem Regen Papiere zur Bestimmung wählen wird, welche einen hohen Ab- sorptionsco£flicienten haben (z.B. 0:010—0 016 8 pro Quadrat- centimeter), während sich bei schwächerem Regen die Verwen- dung von Papieren mit kleinerem Absorptionsco£fficienten z.B. 0:003—0:008 8 pro Quadratcentimeter) empfehlen werden. II. Bestimmungen von Regenhöhen, nach der Büretten- methode durchgeführt. I. 9. December 18993. Dauer des Regens: 1"30 p. m.— 3"30 p. m. Beobachtungszeit: 2 40 p.m.— 3 45 p. m. Zeit Regenhöhe in mm ! Beobachtung Nr. 1........ 24 AQ— 24 50 0:928 3 RE 2 50--2 55 SER ORSRERE IT. 2 89-8 0'345 An Era 3.39 One DE re EL 39. —8 15 0:039 » EROAE EEE 3 15—3 30 OOZ SER AAUE 3 80—3 45 0) ! Quotient aus der angesammelten Regenmenge in Kubikmillimetern und Trichterquerschnitt (7539 mm?2). 1414 J. Wiesner, Rkegenhöhe in mm — nn ee Se S pro Sec. pro Min. pro Stunde pro Tag Beobachtrune> Nee 27.02009975.0209200832308 133693 > >» 2.2.2....0".00192, 0,07 92m 04 et > 9.2.0... 0.0013 2020090722 21720 99:36 222.0.02.00E00V9EE0 10255 22123 34:27 >29. 222..0:.00007...02.00397 05232 9.02 >62 ...2.02:000027 0.0002 2.02009 98 0) 0) 0) Ö 2 13. December 1893. Dauer des Regens: 1"5 p.m.—4"20 p.m. Beobachtungszeit: 2 40 p.m.— 4 30 p.m. Zeit Regenhöhe in mm BeobachtunesNane 35 — 3810 0:384 » DE 3 10—3 15 0'013 > Da ee 3 15—3 25 (0) » SER 3 25—3 30 0:185 » a 3 30—3 39 0208 > OR 3 39—3 40 0:130 > De hen air 3 40-3 45 0117 > > OR er 3 45—-3 00 0026 >» SEE 3 80—4 20 0026 » LO 4 20—4 30 (0) Regenhöhe in man pro Sec. pro Min. pro Stunde pro Tag Beobachtung Nr. 1... 0:00128 0:0768 4608 110:59 > > 2... 0:00002 7070026 02156 3:74 > en) 0 (0) O > >». 4... 0.000652 7 020320. 822220 93:28 > >» 98... 0:00069 0.0416 2.496 9:90 > 6.%r 0u00045..0:.026072 17960 37:44 > > 7. 10:00039 0.023542. 717204 33:70 > > 2.8.0 95000092 0500927 0.2312 749 >. .9..2..0.00001. 20200085 9,048 eo Seele) 0 ) (0) Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1415 16. December 1893. Dauer des Regens: 845 a.m.—9" 15 a.m. - Beobachtungszeit: 8 47 am. —9 12a.m. Zeit Regenhöhe in mm Beakachiune Nr 1.2... 8N 47 — 8152 02500 >» RE 8 52—8 57 0:435 » a Rn 8 37—9 2 Sol » Se mon 007 0:035 > Bo %7 —o) 12 Spur Regenhöhe in mm a pro Sec. pro Min. pro Stunde pro Tag Beohachtune Ne 1... 0.001835 0: 110 660 158 40 > > 22.02.205.0014157 202.087 0222 125728 0937.2.050001.2420-2720722220 93280 > 2472 2.,.0920008277.02007 0:42 10:08 > DO SA“ Spur ? ? 23. December 1893. Dauer des Regens: Von 6"30 a.m. bis Abends fast fort- währender Regen von wechselnder Höhe. Beobachtungszeit: 2"50 p.m.—3"15 p.m. In dieser Beobachtungsreihe wurde die Zeit ermittelt, welche erforderlich war, bis I cm” Wasser in der Bürette sich angesammelt hat. Im Übrigen blieb die Versuchsanstellung die gleiche wie in den Versuchsreihen 1, 2 und 3. Der Werth 1000 7539 02 1926 gab die Regenhöhe für die Zeit der Beobachtungen, aus welchem durch Division mit der Secundenzahl zunächst die Regenhöhe pro Secunde sich ergibt. 1416 Beob- achtung Ne 25. December 1893. Dauer des Regens: 3" p.m.—3"22 p.m. Beobachtungszeit: 3 p.m.—3 22 p.m. Beob- achtung N DD ON Ss &9 SERIEN Y Y RER RS 1 ©) Zur Füllung von 1 cm? waren erforderlich 20% 20° 25° 39° Zul? Os 19% 20: 49° SO 100: 40° 45° 60° - DH Oon oO —% DESOESEOL DD on Sec. » » Zur Füllung von lcm? waren erforderlich 10 (op) [ar Do oDmvowouo»n (O1 EEE Eon Sr 86) J. Wiesner. ee pro Sec. 0:00646 0:00663 0:00526 0:00378 0:00619 000720 0:00872 000646 0:00291 000166 0:00133 0:00329 0:00293 0:00219 Ol pro Sec. :01326 00933 00720 :00825 HOSE: "01326 -02139 02652 02262 02139 -01700 :00872 erezezserererezozereono2® Regenhöhe in mm pro Min. 0) . "398 "816 7227 ol -432 323 "388 1178 100 "080 197 1:76 SOSOSOOo9eooooooaooeoeoeoe 388 Sl a pro Stunde pro Tag 23°250 39800 2ZBISS0 aa 18:960 455 :04 3.6202 326288 2222005 75949021 29.3207 622208 31.2800, 77.00 012 2322902 2538400 10250077 222200 6:000 144:00 4.8007 711520 1412820,77 283468 10:560 299 :44 7'860 188:64 Regenhöhe in mn pro Tag SE are EHEN pro Min. (0) . "960 432 -497 "048 20,30 2883 og 796 pro Stunde 72700 600 920 "820 "880 760 980 460 420 980 200 380 1146° 806: 0228 Kilos 789: 1146°2 18475 2291: 2386: 1847 ° 1468 ° Mas 24 40 Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1417 27aDecempber 1898. Dauer des Regens: 3" 45 p.m.—6° p.m. Beobachtungszeit: 4 p.m.— 5" p.m. Zur Füllung 2 Regenhöhe in mm Beob- von Icm? waren SS N achtung erforderlich pro Sec. pro Min. proStunde pro Tag NE Sa0ssee 020003797. 020227 17302. 07 732509 Due DaZa> 070003772.020226 1:3560 32.54 > lo9r > 02.000835,2.020513 7 32.076807 7732787 Se 730° > 0.000298, ,0,04990 7273004 2.692.902 2) 240 » 0.000553 008332 1 OR20 2 » 6 1080 » 0:000123 0:0074 0:4440 10:66 & 490 ° » E00 02717 U10377 2029780772357 7. 6. Jänner 1894. Dauer des Regens: 6" a.m.— 5! p.m. Beobachtungszeit: 6% 25 a.m.— 7" 50 a.m. Zeit Regenhöhe in man Beobachtune, Nr. len... 6% 25 —6"45 0:0983 » DA: 6 45— 7 2 0106 > I 1.2 —1 12 0259 > Te ES 12—7 24 VS » OR 7 24—7 30 0.597 > HE 7 380—7 383 0:623 » a 7 39—7 40 0.464 TOR eK. 7 40—1/ 48 0:132 > OA eN 7 45 —1 50 0:026 . Regenhöhe in mm ag NN WITZ Rn DER TS pro Sec. pro Min. pro Stunde pro Tag Beobachtung Nr. 1....0:000077 000465 02790 70 >» 22 2722.2.02.0001.04702006237.073738 SE 23228. 0.10004222. 02.023530 7217.5180 36'483 » 2», 1.222.02.0010807.0208916 3.9098 93:89 > 2292.22.02.001927.0209283) 53.9098 153568 » >2.0203020020729 021246077 747607 "177912 772.:05001947.0:092307 5756807 1832.63 > » 8....0:000440 0:02640 1:5840 38:02 » >. 9722:.02000057 02005207 0:3120 7:49 1418 J. Wiesner, 8. Jänner 1894. Dauer des Regens: Von Früh bis Abends mit wechselnder Stärke. Beobachtungszeit: 7"15 a.m.—7"25 a.m. Zeit Regenhöhe in mm BeobachtuneiNe ea aD 2 0:066 » SEEN U 7 21—7 26 0:066 RE Ne: 7 26—1 383 02132 Ar 7 33—1 45 0'066 Regenhöhe in mm GE gen 1 > ER an a Fe pro Sec. pro Min. proStunde pro Tag 1......02000133 001109: 06600 7 715287 S 23 ..07000220750:013202,0.79207 219291 > >»3.....0-.000314..0-01886 113102 77% 4....0 000092 0:00550 03300 1:92 Beobachtung Nr. » » do) 8. Jänner 1894. Dauer des Regens: Von Früh bis Abends mit wechselnder Stärke. Beobachtungszeit: 12" 10 p.m.— 12" 25 p.m. Zur Füllung Regenhöhe in mm Beob- von lcm3 waren er Eee — achtung erforderlich pro Sec. pro Min. pro Stunde pro Tag Nr. 1 1,950.Sec. . . .0:0132607077936 747.739 A226 SD Su2r > 0: 01.617.07079702 258 2122 189703 3 Deo 0 037886 2:2732 136-392 83273 :40 4 40 » 0-033150 1:9890 119-340 286416 > 4:5 » 0:029467 1:7680 106:080 254592 » 6 er 0:017447 10468 62:808 1507:39 7 8:4 > 0015785 0:9471 .38:826 1363.82 8 922725 0:014413 0:8648 51'888 124531 9 14,3,» 0:009144 0:5486 32-916 789:98 Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1419 IV. Einige nach der Aufsaugungsmethode durchgeführte Bestimmungen von Regenhöhen. Diese oben beschriebene Methode wurde hauptsächlich benützt, um die Grösse der Regentropfen kennen zu lernen. Ich komme hierauf später zurück. Es wurden aber mit Zuhilfe- nahme dieser Methode auch Regenhöhen für einzelne Secunden bestimmt. Die gesammte in den einzelnen Versuchen in Anwendung gebrachte, die Tropfen aufnehmende Fläche der Aufsaugungs- papiere betrug 250 cm? und die Aufsaugungsconstante der benützten Papiere betrug 0°0055, beziehungsweise 0:0104 8 pro 1 cm’. Für stärkere Regen sind, wie schon bemerkt, die Papiere mit höheren, für schwächere Regen die mit niedrigeren Absorptionsco£fficienten vorzuziehen. Es wurden zahlreiche Versuche ausgeführt, besonders bei starkem Regen (und natürlich auch bei völliger Windstille), um die höchsten pro Secunde niederfallenden Regenmengen kennen zu lernen. Es konnte aber nur ein kleiner Theil der Versuche als gelungen betrachtet werden, nämlich nur jene, bei welchen keine zufällige Benässung des Papieres stattfand. Es wurde je ein Papier von 500 cm” Fläche hohl aufgelegt und mit einem breitrahmig ausgeschnittenen Cartonstücke derart belegt, dass die zur Aufnahme der Tropfen bestimmte Fläche 250 cm? frei zu liegen kam. Die nach der Aufnahme der Tropfen erfolgte Ausbreitung der Flüssigkeit über die Fläche von 250 cm’ hinaus konnte natürlich keine Störung des Versuches herbei- führen, denn es handelt sich ja in diesen Versuchen um zweierlei: erstens, dass die Regentropfen auf eine Fläche von bestimmter Grösse niederfallen, und zweitens, dass sie sich, ihrer Grösse entsprechend, vollständig ausbreiten. Es kann. deshalb keine Fehler hervorbringen, wenn die Ausbreitungs- lläche über die Aufnahmsfläche hinaus sich ausdehnt. Aus meinen zahlreichen, nach der Absorptionsmethode ausgeführten Beobachtungen hebe ich bier nur einige wenige hervor, welche ich bei den zeitweise überaus heftigen Regen am 28. November 1893 und 10. Jänner 1894 anstellte An 1420 J. Wiesner, letzterem Tage habe ich die grössten Regenhöhen pro Secunde notirt, und es dürften dieselben wohl den grössten Regenhöhen nahekommen, welche in den Tropen vorkommen. Die mittlere Regenhöhe, welche ich aus den am 28. No- vember angestellten, durch 8 Minuten fortgesetzten Beobach- tungen ableitete, betrug 0:O0l5ö mm pro Secunde, was auch nahezu dem Mittel entspricht, welches die parallel angestellten Bürettenversuche ergaben. Der höchste beobachtete Werth betrug aber innerhalb der Beobachtungszeit 0:0299 mm pro Secunde, woraus also zunächst hervorgeht, dass selbst inner- halb eines Zeitraumes von 8 Minuten die Intensität des Regens sehr beträchtlichen Schwankungen ausgesetzt ist. Zur Füllung von 1 cm? war innerhalb der genannten Zeit ein kleinster Zeit- raum von 8'°2 Secunden erforderlich, was pro Secunde einer grössten Regenhöhe von 0:0255 mm entspricht. Es scheint mithin schon während eines Zeitraumes von 9:2 Secunden die Regenstärke sich verändert zu haben. Unter der Annahme, dass die beobachtete Regenstärke von 0:0299 mm pro Secunde angehalten haben würde, hätte die Regenhöhe pro Minute 1794, pro Stunde 10764 und pro Tag 2583: 36 mm betragen. Die mittlere Regenhöhe, welche ich nach der Aufsaugungs- methode am 10. Jänner 1894 erhielt, wich nur unerheblich von dem Mittel der Bürettenversuche ab. Die höchsten in der Se- cunde nach der Aufsaugungsmethode erhaltenen Werthe waren wieder höher als die nach der Bürettenmethode erhaltenen Durchschnittswerthe. Die grösste Regenhöhe, welche ich nach der Aufsaugungsmethode in der Secunde erhielt, betrug 0:0405 mm. Esist dies die grösste Regenhöhe, welehe ichwüberhauperbieobachvere: Aus dieser Regenhöhe berechnet sich unter der Annahme constant starken Regens eine Regenhöhe pro Minute von 2:4500 mm, pro Stunde von 145°80 mm und von 34992 mm pro Tag, welcher letztere Werth schon der jährlichen Regen- menge von Buitenzorg nahekommt. Die berechnete stündliche Regenhöhe von 145:80 mm übersteigt beträchtlich die grössten stündlichen Regenhöhen, welche auf der Erde bisher beobachtet wurden. Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1421 V. Grösse der Regentropfen. Über die Grösse, welche fallende Regentropfen erreichen können, habe ich in den meteorologischen Schriften keine zuverlässigen Daten gefunden. Die noch immer reproducirte Angabe, dass im äquatorialen Gebiete oft Regentropfen von Zollgrösse niederfallen,! ist wohl schon von vornherein höchst unwahrscheinlich, und, wie übrigens die unten folgenden, auf thatsächlichen Beobachtungen fussenden Auseinandersetzungen mit voller Bestimmtheit zeigen werden, unrichtig. Auch über die Grösse, welche fallende Wassertropfen erreichen können, konnte ich in der Literatur nichts auffinden, obgleich über Tropfenbildung mancherlei interessante physika- lische Untersuchungen vorliegen.? Ich habe deshalb selbst eine Reihe von Versuchen über die grössten möglichen Wassertropfen angestellt, um die obere Grenze der Grösse, welche Regentropfen erreichen können, auszumitteln. Die Versuche wurden in der verschiedensten Weise aus- geführt, leiteten aber stets zu demselben Resultate: dass nämlich die grössten Wassertropfen, welche ich erzeugen konnte, nahezu ein Gewicht von 0:26 g hatten. Die genauesten, nämlich zu den übereinstimmendsten Resultaten führenden Versuche wurden in folgender Weise ausgeführt. Aus einer Wasserleitungsröhre, welche durch einen genau gearbeiteten Hahn eine sehr feine Regulirung des Wasserausflusses ermöglichte, wurde Wasser in der Weise abgelassen, dass kein continuirlicher Strom mehr ausfliessen, sondern bloss Tropfen, und zwar die schwersten Tropfen, welche unter den gegebenen Verhältnissen sich bilden konnten. Es wurden je zwanzig Tropfen in einem gewogenen mit Uhr- glas bedeckten Becherglas gesammelt und gewogen. Das ! In Kunzek’s Meteorologie (Wien 1847) S. 124 heisst es: »In der heissen Zone erlangen die Regentropfen oft eine Grösse von einem Zoll im Durchmesser«. Aus welcher Quelle Kunzek diese Angabe schöpfte, ist nicht angegeben. Diese Angabe ist später in andere Werke übergegangen, z. B. in Hessler’s bekannte Physik, 2. Auflage, S. 887. = So 2. B. J. B. Hannay, On Drops. Proc. R. Soc. of Edinb. Vol. XX (1895), Guthrie, ebendaselbst Vol. XII. 1422 J. Wiesner, durchschnittliche Tropfengewicht betrug in drei aufeinander- folgenden Versuchen 0'267, 0:269 und 0268 g. In einer nächsten Versuchsreihe wurde vollkommen rein geschlämmter, feinkörniger Sand auf ein in Rahmen gespanntes etwa 600 cm”? messendes Colirtuch gebracht und von demselben Wasser abfliessen gelassen. Nachdem das Wasser nicht mehr in einem continuirlichen Strahl, sondern in grossen Tropfen abrann, wurde zum Sand beiläufig in dem Verhältniss Wasser in Tropfenform zufliessen gelassen, als unten abrann. Es wurden wieder je zwanzig Tropfen in der oben angegebenen Weise gesammelt und gewogen. In drei aufeinanderfolgenden Versuchen wurden folgende durchschnittliche Tropfengewichte selunden20225970726070:2332 In einer dritten Versuchsreihe wurde in der gleichen Weise vorgegangen, nur mit dem Unterschiede, dass statt des ge- reinigten Sandes gewaschene Sägespäne angewendet wurden, von welchen nur reines Wasser abfloss. Der Versuch ergab folgende durchschnittliche Tropfengewichte. Im ersten Ver- suche 0-261, im zweiten 0:260, desgleichen im dritten. Nimmt man die Durchschnitte aus diesen Versuchen, so ergibt sich beuxohrausilüser zer: mittlere Tropfengrösse — 0'26808, bei Colirung über Sand.... > > — 025938 bei Colirung über Sägespäne > > — 026068. Diese für meine Zwecke allerdings ausreichende Methode ist freilich zu roh, um zu entscheiden, in welchem Masse die verschiedenen Bedingungen der Tropfenbildung in jedem ein- zelnen Falle auf das Gewicht des Tropfens einwirken, und ob die gefundenen Unterschiede bloss zufällige sind, oder ob nicht die Verschiedenheiten der Adhäsionsverhältnisse, beziehungs- weise (im Röhrenversuch) der grössere Wasserdruck jene kleinen Unterschiede in der Tropfengrösse bewirken, welche in meinen Versuchen gefunden wurden. Mit diesen grössten von mir erzeugten Wassertropfen habe ich experimentirt und bin zu dem bestimmten Resultat gelangt, dass die grössten Regentropfen ein Gewicht besitzen müssen, welches kleiner ist als 0'268. | - Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1423 Lässt man nämlich die bei der Sand- oder Sägespäne- celirung abfliessenden Wassertropfen eine Höhe von 22 bis 9 m fallen, so reissen sie auseinander, es fällt zuerst ein schwerer, dann fast unmittelbar darauf mit deutlichem Anschlag ein leichter Tropfen, und der erstere besitzt, nach der Absorptions- methode gemessen, ein Gewicht, welches stets unter 0:28 gelegen ist. NEE vage anszallerdresen Versuchen. ableiten konnen, dass die aus einer Höhe von mehr als am nutedlentallenden AResentropfen im äussersten Kalle Bar Genzlehtnmon, 02278 nicht überschreiten kömmen, was übrigens auch aus meinen directen, nach der Absorptions- methode ausgeführten Messungen der Regentropfengrösse hervorgeht. Bevor ich die Resultate dieser Messungen und Beob- achtungen mittheile, möchte ich nur durch eine Berechnung meiner Regenfallbeobachtungen zeigen, dass Regentropfen von Zollgrösse (siehe oben S. 1421) ganz unmöglich sind. Es kommt nur selten, und zwar nur im Beginn intensiver Regen vor, dass pro Secunde und pro 10O cm? nur ein schwerer Regentropfen niederfällt, gewöhnlich fallen in der Secunde auf die genannte Fläche 2, 3 Tropfen und mehr. Nun ergibt sich aus meinen zahlreichen, oben nur zum Theil wiedergegebenen Beobachtungen als grösste beobachtete Regenhöhe pro Secunde 0-04 mm. Dieser Regenhöhe entspricht aber für eine Fläche von 100cm? ein Gewicht des niedergefallenen Wassers = 400 mg. Ein Regentropfen von Zollgrösse hat aber ein Gewicht von etwa 7140 mg. Wenn man also die Annahmen bis auf's äusserste steigert, indem man annımmt, der eine pro Secunde auf eine Fläche von 100cm? niedergefallene Regentropfen habe das grösste pro Secunde beobachtete Regentropfengewicht erreicht, so hätte ein solcher grösster Regentropfen nur etwa den acht- zehnten Theil des Gewichtes eines Regentropfens von Zoll- grösse.! Aber selbst ein Regentropfen von 0°4g ist aus oben angeführten Gründen schon ein Ding der Unmöglichkeit. ! Nimmt man einen länger andauernden Regen an, bei welchem pro Sec. und 100 cm je ein zollgrosser Regentropfen fällt, so würde nach weniger als zwei Stunden die jährliche Regenhöhe von Buitenzorg erreicht sein. 1424 J. Wiesner, Berechnet man das Gewicht der Regentropfen unter der Voraussetzung, dass bei grösster bisher beobachteten Regen- höhe (0-04mm pro Sec.) 2, 3, 4, 5 und 6 Regentropfen auf eine Fläche von 100 cm?” in der Secunde niederfallen, so erhält man folgende Werthe: Tropfengewicht 2uNNoplen proisee 0,2008 3 » > 0°133 4 » » » 7 100 i) > 2 0080 6 > Di 0'066 Nun beobachtet man inmitten stärksten Regens innerhalb einer Secunde pro 100cm? allerdings 2—6, manchmal noch mehr Tropfen. Aber die angenommene maximale Regenhöhe ish doch nun ein seltener Ausnahmstalle Bs Terofepr etc Somit anuılsanderz am seisveillten? Berechnumeisd ass Siehiwyiersten- in den Tropen nliederiallendenzkeecne bRopten, im. aussensten. Kaller eine Gewicht von beissen Kkomınkem: Das nach der Aufsaugungsmethode bestimmte maximale Tropfengewicht beträgt nach meinen, bei den stärksten Regen ausgeführten Beobachtungen 0:160g8. So schwere Tropfen habe ich aber nur selten beobachtet. Viel häufiger hatten die während eines Regens beobachteten grössten Regentropfen bloss ein Gewicht von 0:06 — 0:08 g.! ! Nach Abschluss meiner Untersuchungen über die Grösse der Wasser- tropfen machte mich mein verehrter College, Herr Hofrath Hann, auf eine Abhandlung aufmerksam, welche von Dr. Rohrer im Jahre 1859 unter dem Titel »Über Regentropfen und Schneeflocken« in diesen Berichten Bd. XXXV, S. 211 ff veröffentlicht wurde. In dieser Abhandlung wurde der Versuch ge- macht, die Grösse der Regentropfen zu ermitteln. Die Regentropfen wurden aur eine Glasplatte aufgefangen, worauf der Durchmesser des sich am Glase aus- breitenden Tropfens und dessen Höhe gemessen wurde. Der kleinste bei Platz- und Gewitterregen beobachtete, auf der Glasplatte ausgebreitete Tropfen betrug 0"6 bei einer Höhe von 0"05, der grösste 16”0 bei einer Höhe von 0"2. Aus seinen Messungen und Berechnungen leitet der Verfasser (S. 214) ab, dass die grössten bei den stärksten Regen (in Lemberg) beobachteten Tropfen einen Durchmesser besassen, welcher 3" noch nicht erreichte. Nach der von mir vorgenommenen Umrechnung der Messungen des Dr. Rohrer, haben die Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1425 Würden die grössten Regentropfen jenes Gewicht erreichen können, welches die grössten aus Röhren abfliessenden Wasser- tropfen annehmen, und würden Tropfen unter 0'268 Gewicht nicht mehr zerreissen, so müssten die grössten Regentropfen ein Gewicht von 0'2g erreichen, was ich in keinem einzigen Fall beobachtet habe. Es ist somit wahrscheinlich, dass auch Tropfen unter 0:26g Gewicht im Falle zerreissen. Ich habe dies aber nicht untersucht, weil ich mich begnügte, die obere Grenze der Grösse fallender Wassertropfen approximativ zu ermitteln. Dass die fallenden Regentropfen auch nicht mit grösseren zu O°2g bis 0'268 schweren Tropfen verschmelzen, scheint gleichfalls aus meinen Beobachtungen hervorzugehen. Käme eine solche Verschmelzung thatsächlich zustande, so könnten so schwere Regentropfen sich doch nur bei einer Fallhöhe unter 5 m in ihrem Gewichte erhalten. Ich glaube weiter unten, wenn ich die Geschwindigkeit fallender Regentropfen abhandeln werde, eine Erklärung dafür geben zu können, dass eine Verschmelzung grösserer Regen- tropfen bei ruhigem, das ist vom Winde nicht gestörten Falle der Tropfen sehr unwahrscheinlich ist. Vergleicht man das aus einer Brause selbst bei geringem Drucke niederfallende Wasserquantum mit der bei dem stärksten tropischen Regen niedergehenden Regenmenge, so ergibt sich, dass die erstere im Vergleiche zur letzteren enorm gross ist. grössten von ihm beobachteten (und nach seiner Angabe nicht häufig vor- kommenden) Regentropfen ein Gewicht von 0'108 g. Die von Rohrer angewendete Methode ist sehr ungenau, weil die nieder- fallenden Tropfen auf der Glasplatte in der Regel kein zusammenhängendes Ganze bilden. Aber auch die Berechnung des Inhaltes der auf dem Glase ausgebreiteten Tropfen kann nicht mit Genauigkeit durchgeführt werden; erstlich wegen der Schwierigkeit die Tropfenhöhe genau zu ermitteln, und zweitens weil man nicht genau weiss, welche Körperform der Inhaltsberechnung des am Glase ausgebreiteten Tropfens zu Grunde gelegt werden soll. Die von mir in Anwendung gebrachte Absorptionsmethode ist unvergleichlich genauer. Die schwersten Regentropfen, welche ich bei Platzregen in den Monaten August und September der Jahre 1893—1895 zu Kirchdorf in Oberösterreich beobachtete, hatten ein Gewicht von 0'12—0°13g. In der Regel sind aber die bei Platzregen niederfallenden Regentropfen beträchtlich leichter. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. I. 93 1426 J. Wiesner, Aus der Brause einer gewöhnlichen Gartengiesskanne fliesst pro Secunde in einer Höhe von 1 m, wenn alles ausfliessende Wasser in Tropfen aufgelöst ist, eine Flüssigkeitsmenge ab, welche eine Wasserhöhe von 1—4 mm liefert. Im äussersten Falle ist also die aus der Brause in Tropfenform niederfallende Menge hundertmal grösser als die, welche bei den stärksten tropischen Regen nieder- Bent. Man ist von vorneherein wohl nicht geneigt anzunehmen, dass die bei Platzregen oder gar bei den heftigsten tropischen Regen niederfallende Wassermenge im Vergleiche zu der aus einer Brause abfliessenden, so ausserordentlich gering ist. Man lässt sich eben durch das Getöse, welches z. B. beim Niederprasseln eines heftigen Regens auf das Blätterdach der Bäume entsteht, täuschen. Diese und ähnliche Täuschungen haben häufig zu der Annahme geführt, dass bei den heftigsten Regengüssen, z. B. bei Wolkenbrüchen und tropischen Regen, das Wasser in Fäden oder in Strömen aus der Höhe niederfliesst.! Experimentell ergibt sich aber zweierlei: erstlich, dass ein Wasserfaden beim Fall sich sehr rasch in Tropfen auflöst, und zweitens, dass ‘selbst unter der Annahme sehr dünner Wasserfäden eine so kolossale Wassermenge niederfällt, dass die bei den heftigsten . Tropenregen sich ergebenden Wassermengen dagegen ver- schwinden. Lässt man aus einer Bürette, welche mit 25cm?” Wasser gefüllt ist, bei einer Ausflussöffnung von 1’S mm Durchmesser einen continuirlichen Strom ausfliessen, und erhält man den Druck der etwa 20cm hohen Wassersäule constant, so zerreisst der Wasserfaden 12cm unter der Ausflussöffnung, bei einem Wasserstand von ldcm 9cm, bei öcm Acm unter der Aus- flussöffnung. In einer verticalen Entfernung von I—2 m ist der Wasserstrahl völlig in kleine Tropfen aufgelöst und fällt in 1 Vergl. z.B. Kunzekl.c., ferner Lorenz und Rothe, Lehrbuch der Klimatologie, Wien, 1874, S. 134, wo es heisst, dass nach Angabe von Reisenden in den Tropen der Regen nicht mehr in Tropfen, sondern in Wasser- fäden niederzufallen scheint. Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1427 8—9 m Tiefe wie ein Regen nieder. Die Tropfen dieses »Regens« haben nach meinen mittelst der Absorptionsmethode vorge- nommenen Messungen ein Gewicht von 0:06—0'12g. Da, wie ich oben gezeigt habe, die grössten Tropfen beim Falle in kleinere zerreissen, so ist es ganz selbstverständlich, dass ein Niedergehen des Regens in Form von »Strömen« oder »Fäden« wohl ausgeschlossen erscheint. Selbst wenn ein Zusammen- fliessen der Tropfen angenommen werden würde, so müssten infolge zu geringen Druckes die so entstandenen vereinigten Wassermassen beim Falle rasch in Tropfen zerlegt werden. Aus der Bürette, welche zu obigen Versuchen diente, fliesst bei einem Druck von 20 cm Wasserhöhe in einer Secunde etwa 1 cm? Wasser aus. Nimmt man an, dass pro Quadratcentimeter nur ein solcher Wasserfaden niederginge, so würde innerhalb einer Stunde die »Regenhöhe« 36000 mm betragen, das ist etwa das Achtfache der jährlichen Regenhöhe von Buitenzorg. VI. Fallgeschwindigkeit der Regentropfen. Eine mathematisch genaue Bestimmung der Fallgeschwin- digkeit der Regentropfen lag nicht in meiner Absicht. Es han- delte sich mir nun darum, approximativ für Tropfen bestimmter Grösse die Fallgeschwindigkeit zu erhalten, um daraus den Stoss, der auf die niederfallenden Pflanzentheile ausgeübt wird, annähernd richtig bestimmen zu können. Die diesbezüglichen Versuche wurden zum Theile in einem abgeschlossenen Stiegenhause der Universität, zum Theile im sogenannten Thurmmagazin der Universitätsbibliothek, zu dessen Benützung der Bibliotheksdirector Herr Regierungsrath Dr. Grossauer mir gütigst die Erlaubniss ertheilte, ausgeführt. Im Stiegenhause hatte ich einen disponiblen Fallraum von 88m, im Thurmmagazin von 22:2 m Höhe. Während der Versuche waren Fenster und Thüren sowohl des Stiegenhauses als auch des Thurmmagazins vollkommen geschlossen, so dass keine merkliche Luftbewegung stattfand. Die Versuche wurden mit Tropfen von bestimmtem Ge- wichte vorgenommen. Leichtere Tropfen (von 0:01—0:06 g) wurden durch Abfliessen bestimmt geformter und vorher bis zu einer bestimmten Tiefe in reines Wasser eingetauchten 93% 1428 J. Wiesner, Holzstäbe gewonnen. Schwerere Tropfen (0:07 g) wurden durch Ausfliessen aus sehr genau gearbeiteten Tropffläschchen er- zeugt. Die grössten Tropfen (0:25—0:26g) gewann ich durch Coliren von Wasser über Sägespähne, welche sich auf einem in Rahmen gespannten Colirtuch befanden. Die Versuche wurden von zwei Beobachtern ausgeführt. Die genauesten Versuche machte ich in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Friedrich Czapek, Assistent am pflanzenphysiologischen Institute. Ein Beobachter markirte durch kurzen Anruf den Ab- gang des Tropfens, ein zweiter bestimmte mit Zuhilfenahme des Chronographen die Zeit zwischen Abgang des Tropfens und dem Momente des Niederfallens. Die Beobachter wechselten von Zeit zu Zeit ihren Standort, so dass die Zeitbestimmung von zwei Beobachtern vorgenommen wurde. Es wurden Tropfen von 0-01, 0:05, 0:06, 0:07 und 0:25 bis 0:26g fallen gelassen. Da erst von 5-5 m Fallhöhe an eine ausreichend verlässliche Bestimmung der Fallzeit vor- genommen werden konnte, so wurde erst von dieser Fallhöhe an beobachtet, und betrugen die Höhen,” von welchen die Tropfen fallen gelassen wurden 5°5, 8:8, 9:34, 11:39, 16:49 und 22:24 m. Es wurden im ganzen an 200 Beobachtungen angestellt. Die kleinste beobachtete (mittlere) Fallgeschwindigkeit dieser fünf Tropfengattungen bei den sechs Fallhöhen betrug 6:28 m, die grösste 741m. Es zeigte sich in allen beobachteten Fällen eine Annäherung an den Werth 7m pro Secunde. Die genauesten Versuche waren natürlich diejenigen, welche bei der grössten Fallhöhe (22:24 m) vorgenommen wurden, weil die Fallzeit die grösste war. Für die sechs ver- 1 Die kleinsten Tropfen, welche ich durch Abfliessen des Wassers von zugespitzten Holzstäben erzielen konnte, hatten ein Gewicht von 7—8 ıng. Es war aber mühsam, umständlich und zeitraubend solche Tropfen zu erhalten, es gelang aber leicht und sicher Tropfen von 0'1g zu erzeugen, weshalb ich diese als Tropfen geringsten Gewichtes in meinen Versuchen verwendete. Durch Zerstäubungsapparate erhält man natürlich noch viel kleinere Tropfen, die sehr langsam, anscheinend ohne jede Acceleration sinken. Es lag nicht in meiner Absicht mit so kleinen Tropfen zu experimentiren. 2 Die Anlage des Thurmmagazins liess die Verwendung von genau proportionalen, etwa von 2 zu 2 m differirenden Fallhöhen nicht zu. Zn ” a Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1429 schiedenen Tropfenkategorien wurden im Durchschnitte die Werthe 7:17—7'41 m pro Secunde ermittelt; die gewonnenen Zahlen liessen aber durchaus kein Zunahme der Fallgeschwin- digkeit mit Zunahme des Tropfengewichtes erkennen.! Die geringe, aber für meine Zwecke ausreichende Genauig- keit der Versuche und der weitere Umstand, dass die Geschwin- digkeiten bis zu Fallhöhen von 5'5 m nach meiner Methode gar nicht ermittelt werden konnten, bestimmen mich, aus meinen hier angeführten Beobachtungen keinen anderen als den Schluss zu ziehen, dass Wassertropfen von 0':01—0'258 Gewicht bei Fallhöhen von 5:9 —22'2m mit ange- mamert seleicher Geschwindiskeit von etwas mehr Ale nndenSeeunde niederfallen: Immerhin lässt sich aus den Beobachtungen auch ableiten, dass schon innerhalb einer Strecke von weniger als Auen Nceellenation der tallenden Kroptren dureh den Luftwiderstand nahezu aufgehoben wird. Da ich nach meiner Methode jene Fallhöhe, bei welcher die Beschleunigung durch den Luftwiderstand aufgehoben wird, nicht zu finden vermochte, so habe ich auf anderen Wegen mir darüber Aufschluss zu verschaffen gesucht. Die folgende Methode hat meinen Zwecken am besten ent- sprochen. Es wurden auf jene Fliesspapiere, welche zur Be- stimmung der Regenmenge nach der Absorptionsmethode dienten, Tropfen aus bestimmten Höhen fallen gelassen. War die Fallhöhe gering, betrug dieselbe nur einen oder wenige Centimeter, so breitete sich der Wassertropfen ganz oder nahezu in einer Kreisfläche auf dem Papiere aus. Je grösser die Fallhöhe wurde, desto mehr veränderte sich die Gestalt des aufgesogenen Tropfens. Die Figur wurde strahlig, und desto regelmässiger, je ruhiger der Tropfen abfiel, und je fester das absorbirende Papier gespannt war. Am besten ist es, dasselbe im einem Holzrahmen mit Heftnägeln zu spannen. Je grösser die Fallhöhe ist, desto grösser wird die Zahl der Strahlen, 1 Da Tropfen von 0:01—0:26g Gewicht mit nahezu gleicher Geschwin- digkeit fallen, so ist es unwahrscheinlich, dass (bei Windstille) grössere Tropfen während des Falles untereinander verschmelzen (vergl. oben S. 1425). 1430 J. Wiesner, welche von einem Tropfen ausgehen. Aber auch je schwerer ein Tropfen ist, desto grösser wird bei gleicher Fallhöhe die Zahl der Strahlen. Für jeden Tropfen erhält man aber bei einer bestimmten Fallhöhe ein Maximum von Strahlen, welches durch weitere Vergrösserung der Fallhöhe nicht mehr überschritten wird. Jene Fallhöhe, bei welcher die Zahl der Strahlen ihr Maximum erreicht, bezeichnet angenähert den Punkt, in welchem die Acceleration des fallenden Tropfens durch den Luftwider- stand aufgehoben wird, und von welchem an der Tropfen mit gleicher oder doch annähernd gleicher Geschwindigkeit fällt. Die Ausbreitung der Tropfen erfolgt in verschiedenen Fliesspapieren in verschiedener Weise, je dünner die Papiere sind, desto länger werden die Strahlen. Unter sonst gleichen Verhältnissen ist bei verschiedenem Papiere die Zahl der Strahlen verschieden. Man muss also bei Durchführung einer Versuchsreihe mit einem und demselben Papier operiren und muss sich von dessen Homogenität überzeugen, am besten nach der oben angegebenen Absorptionsmethode. Es müssen sich Tropfen von gleichem Gewichte in vollkommen gleicher Fläche ausbreiten. Meine hier ausgeführten Versuche ergaben folgendes Resultat: ee Maximale Strahlenzahl Kleinste Fallhöhe zur Erreichung ohne (Mittel aus 10 Beob- des Maximums der Strahlen achtungen) (Mittel aus 10 Beobachtungen) 0.018 1728 1— 2m 0:03 23 2— 3 0:06 26 2— 4 007 3D 3— 5 0:10 40 9— 8 0:16 49°5 8—11 0-20 52 9—14 Die bei starken Regengüssen und bei Windstille nieder-- fallenden Tropfen geben bei gleichen Gewichten angenähert dieselben Strahlenzahlen. Doch habe ich sowohl bei tropischen, als bei unseren Regen in der Regel etwas grössere Werthe gefunden als beim Fall aus einer Höhe von circa 22m, z.B. in Buitenzorg bei 0:06g8 29, bei 0:16 53 Strahlen etc., ferner Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1451 in Kirchdorf (Oberösterreich) bei 0'038 24, bei 0'068 29 Strahlen im Mittel. Es scheint also, dass die Beschleuni- gung der aus grossen Höhen niederfallenden Tropfen erst in einer weit über 22m hinaus liegenden Fall- höhe den Werth Null erreicht; es ist aber im hohen Grade wahrscheinlich, dass die Geschwindigkeitszunahme assympto- tisch erfolge, der Werth Null also nie erreicht wird. Jedenfalls ist aber mit Rücksicht auf die grosse Fallhöhe des Regens über 20m hinaus die Geschwindigkeitszunahme eine ungemein geringe. Dass die Fallgeschwindigkeit des Regens eine geringe und — man muss wohl sagen angenähert — eine constante ist, geht aus folgenden anschaulichen Thatsachen hervor, auf welche mich mein verehrter College, Herr Regierungsrath Prof. Mach bei Gelegenheit meiner Mittheilung der eben vorge- führten Beobachtungen über die Fallgeschwindigkeit von Wassertropfen aufmerksam machte. Wenn man den Fall des Regens bei Wind betrachtet, so geben die fallenden Tropfen das Bild gerader unter einander paraller Linien, und zwar auf grosse Distanzen in verticaler Richtung, nämlich so weit das Auge reicht. »Wenn die Bahn der fallenden Regentropfen«, bemerkt Herr Prof. Mach, »bei Combination der Fallbewegung mit der nahezu gleichförmigen Windbewegung geradlinig erscheint, wie es thatsächlich der Fall ist, so folgt, dass die Tropfen ohne merkliche Beschleunigung, mit bereis constanter Geschwindig- keit fallen, ferner, dass deren Geschwindigkeit in verticaler Richtung wegen der merklichen Schieflage der Bahn von der Ordnung der Windgeschwindigkeit ist. Bedeutet v (siehe nebenstehendeFigur) dieFallgeschwindig- keit, w die Windgeschwindigkeit, so ist | Ww ; S Br baren Oi 7 g Mit Beschleunigung fallende Tropfen müssten eine nach oben convexe parabolische Bahn beschreiben. Wäre die Horizontalcom- ponente der Tropfengeschwindigkeit von der ei Windgeschwindigkeit noch merklich verschieden, so müsste 1432 J. Wiesner, die Bahn wegen der merklichen Horizontalbeschleunigung eine nach oben concave Curve sein. Aus der geringen Fallgeschwindigkeit folgt zugleich, dass die Falltiefe zur Erreichung der Endgeschwindigkeit nur eine geringe ist.« — Nach Beendigung meiner Beobachtungen über die Fall- geschwindigkeit der Wassertropfen wurde ich auf eine kleine Abhandlung von H. Allen! aufmerksam gemacht, in welcher eine theoretische Ableitung der Geschwindigkeit des fallenden Regens versucht wird. In dieser Abhandlung wird der Nachweis geliefert, dass der Einfluss des Gewitterregens auf die Wind- bildung weit überschätzt wurde. Es wurde behauptet, dass der Ausfluss der Luft unter einer Gewitterregenwolke mit einer Geschwindigkeit von 40—50 Meilen pro Stunde erfolgen könne. Allen berechnet aber für den Fall von Regentropfen mit 3 mm Durchmesser, dass der Ausfluss der Luft unter der regnenden Wolke bloss mit einer Geschwindigkeit von 0°0036 Fuss pro Secunde, mithin von 0°05243 Meilen pro Stunde erfolge. Zu dieser Berechnung benöthigt Allen die Fallgeschwindig- keit der Regentropfen. Er leitet die Fallgeschwindigkeit aus der bekannten Formel von Price (Theorie of projectiles) Vz Ma ab, indem er für k (Widerstand des Mediums) setzt: Dichte der Luftx grösster Querschnitt des Tropfens Volum des Tropfens Indem er einen Tropfen von 5 mm im Durchmesser (eirca 0:063 g) annimmt, erhält er nach obiger Formel eine Fall- geschwindigkeit von 5°03 m pro Secunde, also eine Zahl, die noch kleiner ist, als der von mir experimentell nachgewiesene Werth. Da aber bei allen meinen Fallgeschwindigkeitsbestim- mungen die beobachtete Fallzeit niemals den Werth von 3:1 1 QOutflow of air under falling rain. Amer. meteorol. Journal, Vol. IV (Mai 1857 — April 1888), p. 206— 211. Zur Kenntniss des tropischen Regens. 1433 Secunden überschritt, da ferner bei der grössten Fallhöhe meiner Versuche (22:24 m) unter der Voraussetzung der Richtigkeit der von Allen berechneten Fallgeschwindigkeit die Fallzeit hätte mehr als 44 Secunden betragen müssen, da end- lich der Fehler meiner Zeitbestimmung bei jedem Versuche sich soweit ausgleicht, dass derselbe im Durchschnitte höchstens —0:1 Secunde beträgt: so kann wohl mit Bestimmtheit an- genommen werden, dass der von mir beobachtete Werth dem factischen näher kommt, als der von Allen berechnete. VI. Lebendige Kraft der fallenden Regentropfen. Da das Gewicht der fallenden Regentropfen nunmehr bekannt ist und für Tropfen von 0:01—0:°26g die bei deren Fall sich einstellende Endgeschwindigkeit mit grosser Annähe- rung ermittelt wurde, so lässt sich mit einer für meine Frage- stellung ausreichenden Genauigkeit die lebendige Kraft der (bei Windstille) zur Erde fallenden Regentropfen nach der Formel pv® 28 berechnen. Nimmt man an, dass die Regentropfen ein Gewicht von 0:2 g erreichen könnten — wie schon oben bemerkt, habe ich aber so schwere Regentropfen nicht einmal bei den schwersten von mir beobachteten tropischen Regen constatirt — so hätten dieselben beim Niederfallen zur Erde beiläufig eine lebendige Kraft von 0:0005 Kilogrammmetern. Die schwersten bis jetzt beobachteten Regentropfen (Ge- wicht = 0:16g) kämen zur Erde mit einer lebendigen Kraft — 0:0004 Kilogrammmetern. Beträchtlich kleiner und leicht zu berechnen ist die lebendige Kraft der gewöhnlich bei heftigem Regen niederfallenden Tropfen von 0:06—0:08 g Gewicht. Man sieht aus diesen Zahlen, wie gering die Kraft ist, mit welcher selbst die schwersten Regentropfen niederfallen. Es ist ein schwacher Stoss, den das Blatt durch den einzeln niederfallenden Regentropfen erfährt, welcher Stoss durch die elastische Befestigung des Blattes am Stamme noch weiter verringert wird. Mehr als Zittern des Laubes und der Zweige Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CIV. Bd., Abth. 1. 94 [5W 5 15 = > 7 1454 J. Wiesner, Zur Kenntniss des tropischen Regens, ist als directe mechanische Wirkung des stärksten Tropen- regens nicht wahrnehmbar. Was über das Zerschmettern aufrechtwachsender krautiger Pflanzen, über das Zerspalten und Abreissen von Blättern durch dei: tiggischen Regen etc. behauptet wurde, ist durchaus un- , beispielsweise die zarten Keimblätter der Tabak- pflanze, welche mit den harten Bodentheilcehen in: Berührung sind, durch starken Regen kleine Verletzungen erfahren können, steht mit den nunmehr geklärten Thatsachen über die Kraft des niederfallenden Regens ganz im Einklange. Allein alle gröberen Verletzungen von Pflanzen und Pflanzen- theilen auf die directe Wirkung des Regens zu stellen, ist nicht mehr erlaubt. Welche mechanische Wirkung der Regen auf die Pflanze ausübt, welche kleinen Beschädigungen von Blättern und Blüthen factisch vorkommen, welche Reize durch die fallenden Regentropfen ausgelöst werden, welche sonstige in physio- logischer Beziehung bemerkenswerthe Veränderungen durch die Kraft des Regens hervorgerufen werden, wird die in der Vorbemerkung zu dieser Abhandlung angekündigte Schrift enthalten. CIV. BAND. I. UND II. HEFT. _ JAHRGANG 1895. — JÄNNER UND FEBRUAR. ABTHEILUNG I. (MIT 11 TAFELN.) Ay Gi WIEN, 1895. un pers R KAISERLICH- KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI. x I, % In COMMISSION BEI F. TEMPSKY, INHALT des 1. und 2. Heftes Jänner und Februar 1895 des CIV. Bandes, Abtheilung I der Sitzungsberiehte der mathem.-naturw. Classe, I. Sitzung vom 10. Jänner 1895: Übersicht. . -.... 2»... Fuchs Th., Studien über Hieroglyphen und Fucoiden. [Preis: 10 kr. — 20: PIE]; a2 9 ee ee I. Sitzung vom 17. Jänner 1895: Übersicht © Pr. ea rel III. Sitzung vom 24. Jänner 1895: Übersicht .. . . 2... u IV. Sitzung vom 7. Februar 1895: Übersicht .... 2.2... Suess E., Einige Bemerkungen über den Mond. [Preis: 35 kr. — 70 Pie rer er =... . Haberlandt G., Anatomrchi -physiologische Untersuchungen über das tropische Laubblatt. II. Über wassersecernirende und -absorbirende Organe. (II. Abhandlung.) (Mit 4 Tafeln.) [Preis: 1 8.——.kr.—= 2 Mk. — Pf] 2 2 See Attems C., Graf, Die Myriopoden Steiermarks. AND? 7 Tafeln.) [Preis: 2 fl. 10 kr. —4 Mk. 20 Pfg.] . a ET V. Sitzung vom 14. Februar 1895: Übersicht -. . . . 2.2... VI. Sitzung vom 21. Februar 1895: Übersicht .. . 2. 2.2.2... Seite 3 55 117 Preis des ganzen Heftes: 2 fi. 90 kr. = 5 Mk. 80 Pfe. - MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. ” j bi CIV. BAND. III. UND IV. HEFT. "JAHRGANG 1895. — MÄRZ unD APRIL. ABTHEILUNG 1. Be zeR KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, er vu. Sitzung vom 7. März 1895: Übersicht. . . . an Bittner A., Über z Zwei ungenügend Bea Crusta a vn. ee vom 14. März 1895: Übersicht + 2. . ee x der Ussuri-Bucht und ae Insel Russkij in der aussehen Küstenprovinz. ‚[Preis: 1 — 22 BE der k. k. Hütte zu Brixlegg. (Mit 1 Tafel und 12 BTeraug x. + TRreis: Ayckr’==90 Pfor]: a ee Höhnel er 2 BE zur Kenniniss ddr a 5 Hoc: 70 Pfg.]: EEE Czapek F., Über Ze von Heliotropismus und tropismus. [Preis: =) kr.— 70 Pfg.] . IX. Sitzung vom 21. März 1895: Übersicht RR X. Sitzung vom 4. April 1895: Übersicht... . "XI oe vom 23. EN 1895: Übersicht . . 30: Play. aaa ‚ Deperet Ch., Über gie Fauna von miocänen Wirbelthieren au d eh > < nn EI, BAND-V. BIS VI. HERT. JAHRGANG 1895. — MAI BIS JULI. ABTHEILUNG 1. Krik, "Batensuuocnarmn, 3 BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, (MIT 9 TAFELN UND 1 KARTENSKIZZE.) ” 54741708 | Nov € 1806 WIEN, 1895. | - INHALT Sitzungsberiehte der mathem.-naturw. Classe. XII. Sitzung vom 9. Mai 1895: Übersicht .... . XIII. Sitzung vom 16. Mai 1895: Übersicht. . . . XIV. Sitzung vom 24. Mai 1895: Übersicht. ... . XV. Sitzung vom 14. Juni 1895: Übersicht. Fe die Flechten. (I. a (Mit 3 Tafeln.) [Preis: 10 kr. — 2 Mk. 20 Pfg.] . BEP EE XVI. Sitzung vom 20. Juni 1895: Übersicht .... . XVII. Sitzung vom 4. Juli 1895: Übersicht . . . . planzenphysiologischem Gebiete.) (I. A sun ZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN ADENIE DER WISSENSCHAFTEN r * = _ M'THEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CIV. BAND. VII. HEFT. | JAHRGANG 1895. — OCTOBER. ABTHEILUNG 1. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, er KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE UND REISEN. - (MIT 2 TAFELN UND 2 TEXTFIGUREN.) x ER er ai " j “ R > NOV 4 ' 996 in | DEEN WIEN, 1895. AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREIL IN COMMISSION BEI CARL GEROLD’S SOHN, - BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. ne .. beriehte der ae -naturw. Classe. \ XIX. Sitzung vom 10. October 1895: Übersiene a 5 Molisch H., Die el der Algen (Süsswassralgen. 2 Tafeln) [Preis: 2 fl. 30 kr. —= 4 Mk. 60 Pfg.] : XX. Sitzung vom 17. October 1895: Übersicht . . R xl. Sitzung vom 24. October 1895: Übersicht Be RT e { (MIT 6 TAFELN.) INHALT dos 9. Heftes November 1895 des CIV. Ende, ln > berichte der mathem.-naturw. lasse. £, XXI. Saar vom 7. November 1895: "Übersicht 2: VS = Siebenrock F., Das Skelet der en DE 6 Tale) 1 11.70 kr. = — = — 40 Pfg.] . Ga x 1 Mk. Er en TREE XXI. ‚Sitzung vom 14. ‚November 1895: Übersicht . „ CIV. BAND. X. HEFT. JAHRGANG 1895. — DECEMBER. ABTHEILUNG I. ; ZXV. Sitzung vi vom 5. December 1895: Übersicht = N . XXVI. Sitzung vom-12. December 1895: Übersicht . u ER . XXVIl. Sitzung vom 19. December 1895: Übersicht . ‘ die Flechten. (U. an) (Preis: 80 kr. 60 Pfg.] 3 GR ARE SENT ER 1 I Texitiur) [Preis: 40 kr. — - 80 Pig]. rten A t heilungen, "welche auch einzeln Den logie der Sn inzen, Zoologie, Paläontologie, Geo- logie, Physischen Geographie und Reisen. It teilung II. a. Die Abhandlungen aus dem Gele der Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. btheilung Il. b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete os Chemie. theilung II. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der - Anatomie und Physiologie des Menschen und der _ Thiere, sowie aus jenem der theoretischen Medicin. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller [ derselben vorgelegten Manuscripte voran. i Von jenen in a, Sitzungsberichten a Sn a - Die dem Gebiete I und verwandter Theile a o ee diese fehlen,-die Titel der En Abhandlungen un wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus- SMITHSONIAN ermunon IÄUMUNNNUNNN vo 7692