“> ne a De TE nn . E en Abm a arm n Dr un ® a. RE ie or rz A nn eg (en nn a EEE ET EEE TE Br a EEE en ee u a EEE? 2 ee u F at $ - el e SMITHSONIAN.. DEPOSIT S . 3 i oa 1 f 4 ® e x - n a e a * ak Fe . A} REN, z Akademie der Wissenschaften in Wien ; } Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse BRNTT — Sitzungsberichte Abteilung I ! FRE KEN 130. Band Jahrgang 1921 — Heft 1 bis 10 (Mit 6 Tafeln, 31 Textfiguren und 1 Kartenskizze) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien, 1921 Aus der Staatsdruckerei In Kommission bei Alfred Hölder Universitätsbuchhändler Buchhändler der Akademie der Wissenschaften 5b: ar + 3 nF j ö Ä n g eh ro RATEN url 10 i = | j f %3 L ? Rich al aliniklakt FESTE Ken: u N rl 2 re ne Y- Pi: Inhalt Brunswick H., Der mikrochemische Nachweis pflanzlicher Blausäreverbindungen. Eine neue mikrochemische Methode zum Nachweis von Cyanwasserstoff und Bmiallsun: (lies Noten) 7 o sau 08 : c a SR Diener C., Die Faunen der Hallstätter Kalke des ee Be Ausee (Mit 1 Textfigur.) RE NEEHRRE Mae an es Geitler L., Versuch einer Lösung des Heterocysten- Bohlen "Mir 1 Tafel.) Handel-Mazzetti H. und Köhler A., Die in Guidschou (»Kweitschou«) und Hunan gesammelten Gesteine. (Mit 2 Textfiguren und 1 Kartenskizze.) Huber B., Zur Biologie der Torfmoororchidee Liparis Loeselii Rich. (Mit are‘ Ba N a RR een Kerner-Marilaun F., Bauxite und alone als der Tertiär. klimate in Dalmatien. (Mit 1 Textigur) ...... - RE Klein G., Studien über das Anthochlor. (Il. Mitteilung.) Mit 1 Tafel) . Klein G., Die Verbreitung des Hesperidins bei den Galieae. (Ein neuer Fall von chemischen Rassen.) Kober L., Regionaltektonische Gliederung des mittieren Teiles ostalpinen Zentralzone. (Mit 1 Textfigur.) . A NENNEN Krasser F., Zur Kenntnis einiger fossiler Floren es unteren Lias der Succes- sionsstaaten von Österreich-Ungarn. : Aue EN ae Piskernik A., Über die Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe auf die ee der Samen. (Mei Mesa) co 0 De oe Ne Meite Priesner H., Beiträge zur Lebensgeschichte der Thysanopteren. I. Thrips klapaleki Uz., ein Orchideenschädling. (Mit 6 Textfiguren.) . Ruttner F., Das elektrolytische Leitvermögen verdünnter Lösungen unter dem Einflusse submerser Gewächse. I. (Mit 4 Textfiguren.) . Schröder B., Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. (Mit 12 Bestheuten) Schussnig B., Ein Beitrag zur Kenntnis der Cytologie von Tuber aestivum \Vitt. ndgsnlkeschourensE a: ! aD oyap: Schwenk A., Über Mikroorganismen in der Wiener ee Sölch J., Das Grazer Hügelland. Ein Überblick über seine geomorphologische Entwicklmg. . . ... RS EEE RE EN : Se Tornquist A., Ein »Fenster« dee Tauerndeckensystems inmitten A I Granatglimmerschieferdecke südlich des Preber. (Mit 1 Profiltafel.) Wettstein F. v., Das Vorkommen von Chitin und seine Verwertung als syste- matisch-phylogenetisches Merkmal im Pflanzenreich. ul Seite erde Na re mat ’ Ä Pal aus 4 » v N D or e N nf j a D ‘ x J | h \ ur 2 » 2 2 { er ig hy j 1) ao PO ASIEN - g ö ah DW. 2 & Tun Mineralogie, a assanlik, Botanik, Physiologie der Pflanzen, logie, Paläontologie, a Physische GEOELSDEN und DT 4 130. Band, 1. bis 3. Heft (Mit 6 Textfiguren) ‚Gedruckt auf Kosten der Jerome und Margaret Stonborough-Spende 7 y v { I 4 N Wien, 1921 - Österreichische Staatsdruckerei 0 Kommission bei Alfred Hölder Universitätsbuchhändler a, Buchhändler der Akademie der Wissenschaften ETRRNT IN en et: Wettstein F. v., Das Vorkommen von Chitin und seine Verwertung als syste- matisch-phylogenetisches Merkmal im Pflanzenreich. [Preis: 36 K]. . . Diener C., Die Faunen der Hällstätter Kalke des Feuerkogels bei Aussee. (Mit 1, Textfignr.) [Preist,60K] a. ee 'Kerner-Marilaun F., Bauxite und Braunkohlen als Wertmesser der Tertiär klimate in Dalmatien. (Mit I Dane? I 120 ie a ® Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 4018 Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band. 1. bis 3. Heft oo Das Vorkommen von Chitin und seine Ver- wertung als systematisch -phylogenetisches Merkmal im Pflanzenreich Von Fritz v. Wettstein (Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie, Berlin-Dahlem) (Vorgelegt in der Sitzung am 10. Februar 1921) Die Kenntnis der chemischen Zusammensetzung der Zell- membranen bei den Thallophyten ist noch nicht weit fortgeschritten. Eine große Zahl Einzelbeobachtungen ist vorhanden, doch fehlt meist ein Zusammenhang, ein Bild, wie es uns zum Beispiel die Zusammenstellung bei Tunmann (13), p. 610 bis 612, oder bei Czapek (3), p. 629ff,, bietet. Bei der oft geringen Zahl morpho- logischer Anhaltspunkte, welche. die systematisch-phylogenetische Forschung dieser Gruppen findet, ist es selbstverständlich, daß auch die Chemie der Membranen wie überhaupt chemische Merk- male der Zellen stärker herangezogen wurden. Ich erinnere an die starke Betonung von Stoffwechselunterschieden in der Syste- matik verschiedener Algengruppen. Doch sind wir in der Durch- ‚arbeitung der chemischen Zusammensetzung (ich beschränke mich jetzt auf die Zellmembran) noch lange nicht so weit, daß ihre Ergebnisse bereits in weitgehenderem Maße systematisch verwertet _ werden können. i ’ Unter den verschiedenen in diesen Zusammenhang gehörenden - Substanzen ist eine, die besonders gut charakterisiert ist und über die bereits eine Reihe wichtiger Untersuchungen, besonders durch van Wisselingh (18 bis 20) vorliegen, das Chitin. Nachdem ‚durch Gilson und Winterstein [Literatur bei Molisch (11) und "Tunmann (13)] sichergestellt war, daß es sich bei dem charakte- ristischen Membranstoff der Pilze um Chitin und um dieselbe ° "Substanz handelt, die im Tierreich weit verbreitet ist, wurde in verschiedenen Pflanzengruppen nach dieser Zellgerüstsubstanz ; 4 F. v. Wettstein, gesucht und es liegen viele Angaben über ein Vorkommen vor. Die einigermaßen einwandfreien früheren Angaben seien zusammen- gestellt. Flagellata: Keine sicheren Angaben. Myxophyta: Plasmodiophora brassicae |Wisselingh (18)]. open: Bei Bakterien und Cyanophyceen eine Reihe widerstreitender Angaben [Zusammenstellung bei Ezapek (ol: Zygophyta: Phaeophyta: | Keine Angaben. Rhodophyta:: Euthallophyta: Unter den Chlorophyceen Geosiphon |Fr. Wett- stein (17)], unter den echten Pilzen bei sehr vielen Formen [Zusammenstellung bei van Wisselingh (13)]. Cormophyta: Keine einwandfreie Angabe. Alle anderen Mitteilungen über ein Vorkommen von Chitin oder »chitinähnlichen« Substanzen, Pseudochitin usw., die sich in der Literatur besonders bei Flagellaten finden, habe ich in allen den Fällen unberücksichtigt gelassen, wo es sich um ungenaue, beiläufige Angaben über Einzelfälle aus Gruppen handelt, bei denen meine, Nachprüfungen sonst niemals Chitin nachweisen konnten. Aus dieser Zusammenstellung ergab sich die Möglichkeit, daß Chitin nur bei nichtautotrophen Thallophyten als Membran- stoff auftrete und eine Abhängigkeitsbeziehung zwischen. hetero- tropher Ernährung und Chitinbildung bestehen könnte, worauf auch das Vorkommen im Tierreich hinzudeuten schien. Ich habe zur Entscheidung dieser Frage heterotrophe Formen aus allen Gruppen geprüft, ferner auch Organe an sonst autotrophen Pflanzen, die in ihrer Ernährung sicherlich heterotropher Natur sind, wie der Gametophyt der Gymnospermen und Angiospermen. Es wurden außer Myxophyten, Schizophyten und Euthallophyten, auf die ich später näher eingehen werde, bei denen sich aber, wie gleich hervorgehoben sei, nur bei der letzten Gruppe Chitin nachweisen läßt, farblose Flagellaten in großer Zahl, Zygophyten, Rhodophyten (Janczewskia, und als onalle verschiedene autotrophe Formen in allen Entwicklungsstadien), Phaeophyten und Cormophyten, wie Neottia, Epipogon, Corallorhiza, Monotropa, Orobanche, Lathraea, Oytinus, ferner Prothallien vieler Gymnospermen und Embryosäcke von Angiospermen untersucht. Weder an heterotrophen noch an irgend einem Entwicklungsstadium autotropher Pflanzen dieser Gruppen läßt sich Chitin nachweisen und die oben angedeutete Abhängigkeitsbeziehung besteht nicht. Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. 8) Bei Myxomyceten und Schizophyten weichen die verschiedenen Angaben stark voneinander ab und darum will ich auf diese, gleichfalls in negativem Sinne entscheidenden Untersuchungen an diesen Gruppen näher eingehen, bevor ich. die Einzelheiten innerhalb der Euthallophyten diskutiere. Vorerst sei aber ein Über- blick über die mikrochemischen Reaktionen gegeben, die von van Wisselingh eingeführt, für die Erkennung dieser Substanz brauchbar sind. Es kamen ja leider nur mikrochemische Reaktionen für diese Untersuchungen in Betracht, da bei der geringen Größe der Objekte ein Isolieren der Zellwände unmöglich ist und die ungereinigte Masse der Organismen mehr Fehlerquellen bietet bei makrochemischen Methoden, denn bei mikrochemischen. Besonders bei Bakterien ist dieser Umstand wesentlich. Auf die chemische Zusammensetzung des Chitins möchte ich nicht weiter eingehen, nachdem die Analysen noch zu keiner Einigung geführt haben. Es handelt sich um ein stickstoffhaltiges Polysaccharid von geringer Reaktionsfähigkeit mit anderen Substanzen, weshalb auch die Erkennung des Chitins nur dadurch möglich ist, daß es sich durch Erhitzen mit hochprozentiger Kalilauge in Chitosan über- führen läßt, das mit den verschiedensten Substanzen schöne, klar erkennbare Farbenreaktionen gibt. Die Durchführung dieser Reaktionen ist nicht immer leicht. Sehr exaktes Arbeiten mit absolut chemisch-reinen Substanzen ist Bedingung. Dabei möchte ich von vornherein betonen, daß nur die einwandfreie Übereinstimmung einer ganzen Reihe von ver- schiedenen Reaktionen und einer großen Zahl gleicher Reaktionen und andauernde Kontrolle an Objekten mit sicherem Chitingehalt zu klaren Resultaten führt. Auf die Berücksichtigung dieser Fehler- quellen wird in den Büchern von Molisch (11) und Tunmann (13) immer wieder verwiesen und diese Hinweise können nicht ein- dringlich genug wiederholt werden. Viele der die Literatur so belastenden unrichtigen Angaben sind auf die nicht genügend kritisch angewandte mikrochemische Methode zurückzuführen, und ein als positiv angegebenes Resultat durch negative Befunde zu berichtigen, ist immer eine mißliche Sache. Ich bin bei meinen ersten Chitinuntersuchungen anfangs auch oft in die Irre gegangen, doch konnten diese Fehler immer durch kritischen Vergleich verschiedener Reaktionen vermieden und korrigiert werden. Nach- dem schon früher durch van Wisselingh (18) die ausgezeichnete Chitosanreaktion mit Jod und Schwefelsäure angegeben wurde, stellte dieser Autor (19) neuerdings noch eine Reihe neuer Reaktionen zusammen, die sehr wertvolle Dienste leisten. Diese Proben beruhen alle auf der Erkennung des Chitosan. Dieses wird aus Chitin durch Einwirkung von 50 bis 60 °/, Kalilauge während un- gefähr einer halben Stunde bei gleichzeitiger Erhitzung aum 1605. erhalten. Die einzige Methode, die hier durchzuführen ist, ohne die meist zarten Opjckte bis zur Unkenntlichkeit zu zerstören, ist die Erhitzung in zugeschmolzenen Röhrchen im Ölbade, wie 6 F. v. Wettstein, sie van Wisselingh öfters beschreibt (18, 19). Anfängliche Miß- stände beim Zuschmelzen der Röhrchen beseitigt einige Übung. Die von Vouk (15) empfohlene Modifikation, die Objekte in kon- zentrierter Kalilauge offen zu kochen, ist bei gröberen Objekten, wie Teile von Hutpilzen usw., sehr gut durchführbar, für feineres Material ist sie aber unmöglich, die Objekte werden so zerstört, daß ein orientierender Zusammenhang nicht mehr zu gewinnen ist. Nach der Erhitzung wird die Kalilauge allmählich durch starken Alkohol in Abstufungen bis zu destilliertem Wasser verdrängt, der mehr oder weniger rasche Übergang richtet sich nach der Natur der Objekte. Durch Alkohol erfolgt gleichzeitig eine sehr nützliche Härtung des Materiales. Das nun in den Präparaten vorhandene Chitosan gibt folgende Reaktionen: Durch Zusatz von Jodjodkalium und einer verdünnten Säure erzieit man rotviolette Färbung. Am einfachsten ist die Verwendung von 1 bis 5%, Schwefelsäure, die Konzentration darf aber nie höher genommen werden, da durch starke Konzentration der rotviolette Farbton verschwindet und anderseits schon schwach konzentrierte Schwefelsäure Zellulosereaktion erscheinen läßt, die in schwacher, Form sehr ähnliche Farbtöne gibt und sehr leicht verwechselt werden kann. Durch verdünnte Phosphorsäure, Salzsäure, Essig- säure, Zitronensäure, ja sogar Kaliumbisulfat läßt sich die Schweiel- säure ersetzen, dabei treten aber alle Farbenstufen von Rotviolett bis Blauviolett auf. Eine Übereinstimmung aller dieser Proben gibt ein sehr wertvolles Kriterium [Näheres bei:van Wisse- linsh (19)]. Von den zahlreichen anderen Reaktionen, die dieser Autor angibt, möchte ich als besonders wertvoll noch folgende, auch leicht anwendbare erwähnen. Durch Behandeln chitosanhaltiger Objekte mit Ferrocyanwasserstoffsäure und Zusatz eines Ferri- salzes oder mit Ferricyanwasserstoffsäure und einem Ferrosalz er- halten die chitosanhaltigen Stellen Blaufärbung durch die Bildung von Berlinerblau, respektive Turnbullsblau. Ferner erzielt man durch Pikrinsäure dauernde, nicht auswaschbare Gelbfärbung, durch naphthochinonsulfosaures Natrium eine Orangefärbung, die gegen verdünnte Salz- oder Schwefelsäure resistent, in verdünnter Kalilauge (5 bis 10%,) dagegen in Olivgrün umgewandelt wird. Alle diese letzteren Reaktionen sind aus dem Grunde so sehr wertvoll, weil gerade die Jodschwefelsäure-Reaktionen sehr leicht zu den irreführendsten Verwechslungen mit anderen Zeilwandstoffen (Amyloid, Zellulose) und vielen Zellinhaltsstoffen (Kohlehydraten), die sich an die Innenseite der Zellwände anlegen, führen, da sie ähnliche Farbtöne ergeben. Die von van Wisselingh angegebene Reinigung der Objekte durch Erhitzen in Glycerin auf 300° trägt sehr zur Vermeidung von Irrtümern bei. Zu diesen Untersuchungen kommt noch die Prüfung .des Chitins selbst, Löslichkeit in konzentrierter Salzsäure, Schwefel- säure, wobei Braunfärbung eintritt, Färbung mit Chlorzinkjod usw. Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. } 7 “ fvergl. Molisch (11) und Tunmann (13)], doch treten die Reaktionen an Bedeutung sehr zurück und sind nur als Ergänzung- zu gebrauchen, immer aber muß betont werden, daß eine einzelne Reaktion wertlos ist und nur die Übereinstimmung möglichst vieler einer Kritik wirklich standhält. Mit Hilfe dieser Reaktionen habe ich die Angaben über das Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich möglichst vollständig nachgeprüft. Wie bereits erwähnt, waren es schließlich nur drei Gruppen, die näher untersucht werden mußten: Myxomyceten, Schizophyten und Euthallophyten. Die Membranstoffe der Myxomyceten. Darüber, daß in dieser Gruppe mit Ausnahme von Plasmo- diophora Brassicae Wor. Chitin nicht nachzuweisen ist, sind sich alle Autoren [Jahn (8), van Wisselingsh (18, 19)] einig. Ich selbst habe folgende Arten untersucht: Arcyria punicea Pers., Comatricha nigra (Pers.), Fuligo Septica Gmelin, Hemitrichia rubiformis (Pers.),, H. clavata (Pers.), Lycogala epidendron (L.), Stemonitis fusca Roth, KReticularia umbrina Bull, Trichia con- torta (Ditm.). Bei keiner Art fand ich diese Substanz. Chitin kommt also bei Myxomyceten nicht vor. Auf Plasmodiophora komme ich später noch zurück. Über das Vorkommen von Zellu- lose finden sich von de Bary (4) Angaben für junge Zustände von Arcyria, Lycogala und Trichia, ebenso von Jahn (8) für Comatricha und Stemonitis, ferner von van Wisselingh bei Didymium squamulosum (Alb. et Schw.), dagegen fand letzterer bei Fuligo septica Gmelin (18) keine Zellulose. Ich habe die oben angeführten Arten auch nach dem Vorhandensein dieser Substanz durchgeprüft. „Meist gelingt die Reaktion nicht ohne weiteres. Bei der größeren Zahl der untersuchten Arten konnte ich Zellulose nicht nachweisen. Bei Stemonitis und Comatricha aber wurden die Angaben Jahn’s (8) bestätigt, daß Blaufärbung _ mit Jodschwefelsäure und Chlorzinkjod auftritt, doch nicht, wie Jahn bereits hervorhub, in allen Stadien, und selbst bei ein- tretender Blaufärbung sind die Löslichkeitsverhältnisse in Kupfer- oxydammoniak und konzentrierter Schwefelsäure andere, oft ganz verhindert oder unvollständig. Ob dies seinen Grund im Auftreten einer andern Modifikation von Zellulose hat, wie Jahn (p. 293) andeutet oder wie mir wahrscheinlicher vorkommt, darauf zurück- zuführen ist, daß andere begleitende Membranstoffe die Zellulose- reaktion verhindern, vermag ich nicht sicher zu entscheiden. Freilich gelingt es nicht durch van Wisselingh’s Glycerinverfahren oder andere Mittel (Einwirkung von Chromsäure) solche Begleit- stoffe zu entfernen. Anderseits erinnere ich an die Membranen der Siphoneen, bei denen auch oft die Reaktion der vorhandenen Zellulose durch andere Stoffe verhindert wird. Jedenfalls ist S F. v. Wettstein, überhaupt in den Membranen der Myxomyceten eine große Zahl interessanter Stoffe lokalisiert, worauf ja auch die lebhaften Farben hindeuten. Zellulose kommt also. als Bestandteil dieser Membranen vor, doch spielt beim Aufbau eine andere Gruppe von Substanzen die Hauptrolle. Ich konnte feststellen, daß die Membranen dieser Pilze, des Kapillitiums, der Sporen und der Sporangienwände von Substanzen zusammengesetzt sind, die eiweißartigen Charakter tragen und wohl in die Gruppe der Keratine gehören. Sie geben die Eiweißreaktionen. Mit Salpetersäure tritt Gelbfärbung ein, Zusatz von Ammoniak färbt orangegelb, von Natriumhydroxyd braun. Die Millon’sche Probe ist deutlich und Zucker + Schwefelsäure gibt meist eine purpurne Färbung, selten mehr violett. Die starke Schwarzfärbung durch Kalilauge und Bleiacetat deutet auf den für die Keratine charakteristischen Reichtum an abspaltbarem Schwefel. Die Substanzen sind nur in heißen Laugen und Säuren löslich. Sehr störend wirken hier verschiedene Farbstoffe, die aber meistens durch sehr schwache Chromsäure oder Kalium- permanganat + Schwefelsäure entfernt werden können. Die Zuge- hörigkeit zu den Keratinen scheint mir sehr wahrscheinlich und in der Verbreitung dieser Substanzen zeigt sich bei den unter- suchten Formen große Einheitlichkeit. Der Stamm der Myxo- phyten erscheint durch die Zusammensetzung aus Keratinen, durch das Zurücktreten von’ Zelluleseseer Membranen und Fehlen von Chitin gegenüber den übrigen Pflanzenstämmen, bei denen eiweißartige Substanzen als Membranbildner fehlen, scharf charakterisiert. Die Membranstoffe der Schizophyten. Über die Natur der in dieser Gruppe vorhandenen Membran- substanzen gehen die Angaben sehr weit auseinander. Bei Schizo- phyceen fanden Hegler (7) und Kohl (10) Chitin=verbrien dagegen bestritten van Wisselingh (18) und Wester (16) dieses Vorkommen. Dieselbe Meinungsverschiedenheit bestand auch über das Auftreten von Zellulose. Eine seither erschienene Arbeit von Klein (9) über die Chemie der Zellhaut der Cyanophyceen hat hier Klarheit geschaffen. Mehrere Arten von Oscillatoria, Lyngbia, Schizothrix, Hydrocoleum, Scytonema, Tolypothrix, Dichothrix, Rivnlaria, Nostoc und Anabaena wurden geprüft. Klein kommt zu dem mit van Wisselingh und Wester übereinstimmenden Ergebnis, daß Chitin bei Cyanophyceen nicht vorhanden ist. Ich konnte dies bestätigen. Die Membran besteht vorwiegend aus Pektinstoffen. Außerdem findet sich in den innersten Schichten der Scheiden von Scytonemataceen und Rivulariaceen, bei Schizo- thrix und in den Heterocysten der solche bildenden Formen Zellulose. Im Brennpunkt des Interesses steht die Frage des Vorkommens von Chitin bei Bakterien. Van Wisselingh (20) faßt 1916 alle E ve e Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. 9 hiehergehörenden Angaben neuerdings kritisch zusammen. Die meisten Angaben halten einer kritischen Prüfung nicht stand und nach neuerdings durchgeführten Reaktionen an einer großen Zahl verschiedener Bakterien kommt van Wisselingh zu seiner früheren Ansicht, daß Chitin bei Bakterien als Membranstoff fehlt, betont aber, daß die einzigen Angaben, die einwandfrei erscheinen und die für ein Vorkommen sprechen, von Viehoever (14) ge- macht sind, die darum einer Aufklärung bedürfen. Dank dem überaus sroßen Entgegenkommen des Herrn Geheimrates Prof. Dr. A. Mayer, dem ich an dieser Stelle meinen ergebensten Dank sagen möchte, war ich in der Lage, an den gleichen Bakterien- stämmen, mit denen Viehoever gearbeitet hatte, meine Nach- prüfungen anzustellen. Ich untersuchte: Bacillus alvei Krompecher. » asterosporus A. M. » probatus A.M. et Viehoever. » vobur A. M. et Neide. > sphaericus A. M. et Neide. » subtilis Cohn. » tumescens Zopf. Sarcina ureae Beijerinck. Es war mir von vornherein wahrscheinlich, daß es sich nur um eine Fehlerquelle in der Methodik bei einem der Untersucher handeln konnte, da es doch auffallend war, daß mit der gleichen Reaktion van Wisselingh bei keiner einzigen der vielen Bakterien, die er untersuchte, Chitin nachweisen, während Viehoever bei allen Formen die Substanz finden konnte. Ich habe zuerst genau nach der Vorschrift van Wisselinghs gearbeitet und dabei eben- falls feststellen können, daß bei der Erhitzung vollständige Auf- lösung der Bakterien erfolgt, sie sind unauffindbar. Jede chitinöse Membran übersteht aber diesen Prozeß leicht und ist gar nicht empfindlich, selbst wenn es sich um sehr zarte Objekte wie Mucorineenhyphen handelt. Dies spricht einwandfrei gegen die Anwesenheit von Chitin. Die Möglichkeit, mit kürzerer Einwirkungs- dauer ein Verbleiben der Membranteile zu erzwingen, wie es Viehoever versuchte, scheint mir aber von falschen Voraus- setzungen auszugehen. Ich habe nun auch diese abgekürzten Verfahren vorgenommen, indem ich Kalilauge von 10°/, bis konzentriert, bei Temperaturen von Zimmertemperatur bis 200° und Einwirkungsdauer von fünf Minuten bis zu einem halben Jahre einwirken ließ. Immer erreichte ich dasselbe Ergebnis. War noch eine Spur der Bakterien fest- zustellen, ergab sich keine Chitinreaktion, war der Prozeß weiter fortgeschritten, waren die Bakterien verschwunden. Diese Prüfungen wurden mit denselben Bakterien durchgeführt, auf die sich Viehoever besonders stützt, Bacillus asterosporus und probatus. Der Autor gibt eine Reihe Farbentöne an, die bei Zusatz von 10 F. v. Wettstein, Jodjodkalium und Schwefelsäure auftreten sollten und als Chitin- reaktion gedeutet wurden. Ich erhielt dieselben Erscheinungen, Farbentöne von rosa in allen Abstufungen bis dunkelrotbraun, auch ganz farblose und braune Individuen. Es war aber ein Irrtum, diese als Chitinreaktion zu deuten, denn diese Farbenreaktionen sind nicht eine Folge des Zusatzes von Jod und Schwefelsäure, sondern sie treten auch schon bei Einwirkung von Kalilauge allein auf und werden nur deutlicher durch den Zusatz von Schwefelsäure. Jodjodkalium ist dabei überhaupt nicht notwendig, ebenso wie Zusatz von konzentrierterer Schwefelsäure (50°%/,) diese Farbtöne dunkler und deutlicher macht, während bei der Chitin-. reaktion hier schon Entfärbung beginnt. Viehoever selbst betont (6. 447), daß es unmöglich ist das gleiche Objekt beim Durchsaugen verschiedener Lösungen immer zu beobachten. Darum konnte diese Fehlerquelle ausschlag- gebend sein. Trotzdem gelingt es durch Eintrocknen auf dem Deckglas manchmal eine oder die andere Zelle dauernd zu be- obachten und dann bekommt man ein einwandfreies Resultat. Diese violetten Färbungen sind also die direkte Folge einer Reaktion eines unbestimmten Stoffes mit Kalilauge, was Viehoever anscheinend auch gesehen hat (p. 447), wobei auch er angibt, daß diese Färbung nicht nur in der Membran der Sporen oder Oidien, sondern auch in den Schleimen, besonders bei B. astero- sporus auftritt. Das Verhängnisvolle war, daß gerade ein Farbton auftrat, der mit dem der Chitosanjodschwefelsäure-Reaktion zu verwechseln war. Es mußte also diese Verwechslung einwandfrei zutage treten, wenn die anderen van Wisselingh’schen Reaktionen mit Pikrinsäure, Cyanwasserstoffsäure und naphthochinonsulfosaurem Natrium angewendet wurden, die andere Farbentöne geben. Dabei trat nie eine Chitosanreaktion auf, auch unter allen Vorsichts- maßregeln, die Viehoever angibt, gutes Auswaschen der Kali- lauge, Anwendung bester Zeiß’scher Optik ‘bei Tageslicht usw. - Das letzte Glied dieser Beweisführung, die Analyse der Substanz, die mit Kalilauge Rotfärbung gibt, muß ich leider schuldig bleiben. Ich vermute, es handelt sich um ein Produkt des Ernährungs- stoffwechsels der Bakterien, worauf seine verschiedene Menge in den einzelnen Zellen und die dadurch bewirkten Abstufungen der Farben hindeuten. Damit sind die Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungen über die Bakterienmembranstoffe in Einklang zu Gunsten der Annahme van Wisselingh’s gebracht, daß sich Chitin als M&embranstoff der Bakterien: .nicht "nachweisen Jaßpßt. Sonst dürfte die Zusammensetzung dieser Membranen entsprechend dem ' polymorphen Stoffwechsel der Bakterien eine recht ver- schiedene sein. Am meisten scheinen »Pektinstoffe« am Aufbau beteiligt zu sein. In wenigen Fällen ist Zellulose nachgewiesen, wie bei Bacterium xylinum von van Wisselingh (20). Auch die Chlamydobakterien scheinen sich membranchemisch, wie die Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. et anderen Schizophyten zu verhalten. Beggiatoa hat kein Chitin und keine Zellulese, wohl aber reichlich das, was unter »Pektin- stoffen« vorläufig zusammengefaßt wird. Membranstoffe der Euthallophyten. Entsprechend der Vielgestaltigkeit der hier zusammengefaßten ‘Typen sehen wir auch in dem membranchemischen Aufbau eine sroße Mannigfaltigkeit. Einheitlicher sind die Verhältnisse bei den autotrophen Chlorophyceen, bei welchen die Zellulose die Grund- substanz der Membranbildung darstellt. Diese tritt in allmählicher phylogenetischer Entwicklung innerhalb der Volvocales auf. Die Polyblepharideen, viele Chlamydomonadaceen haben sicher keine Zellulosewände, dagegen ist diese Substanz bei anderen Chlamy- domonas-Arten zweifellos vorhanden, bei Volvocaceen ist sie all- gemein verbreitet. Das Auftreten der Zellulosemembran geht hier Hand in Hand mit der morphologischen Entwicklung vom Flagellatentypus zur Volvocaceenzelle. Ulotrichales und Proto- coccales haben einheitliche Zellulosemembranen, dagegen werden die Verhältnisse bei den Siphonales immer verwickelter. Die Zellulose tritt stark zurück, meist ist sie noch vorhanden und wird von anderen Stoffen verdeckt, die in immer weiterem Umfange an der Wandbildung teilnehmen. Sie sind meist unbekannter Natur. Ich erinnere an die bei Caulerpa und Verwandten von Correns (2) und bei Characeen von Debsky (5) gefundenen Substanzen. Doch will ich auf diese systematisch wichtigen Tatsachen nicht näher eingehen, da die Angaben noch zu vereinzelt sind. Chitin kommt bei Chlorophyceen nicht vor, mit Ausnahme von dem von mir beschriebenen Fall bei Geosiphon, auf den ich noch zurück- komme. Die Membranstoffe der echten Pilze wurden zuerst von van Wisselingh genauer überprüft. Es hängt wohl mit der großen Mannigfaltigkeit morphologischer Differenzierung und physiolo- ‚gischen Verhaltens zusammen, daß wir bei den weiterentwickelten Pilzgruppen sehr verschiedene membranbildende Substanzen finden. Zwei Grundsubstanzen haben allgemeine Verbreitung, aber in sich gegenseitig ausschließender Vertretung, Zellulose und Chitin. Nie sind beide zusammen vorhanden. Dabei tritt Zellulose nur bei einigen Gruppen der Phycomyceten auf, aber hier streng an syste- matische Einheiten gebunden, bei Monoblepharideen und Oomycetes. Bei folgenden Formen wurde Zellulose gefunden, wobei die An- gaben van Wisselingshs (18) und Petersens (12) mit auf- senommen wurden und mit (Wi) und (Pe) bezeichnet sind. Monoblepharideae: Momoblepharis macrandra (Lagerh.) Woronin. » polymorpha Woronin. F. v. Wettstein, Oomycetes, Peronosporaceae: Cystopus candidus (Pers.). » Portulaccae (D1.) (Wi). Peronospora Alsinearum Casp. (Wi). >» Nu KW arborescens (Berk. > effusa (Grev.). > Ficariae Tul. » Lamii A. Braun (Wi). Phytophthora infestans (Mont.) De Bary (Wi). Plasmopara densa (Rabh.) (Wi). Pythiaceae: Pythium Daphnidarum Petersen (Pe). > De Baryanum Hesse. » gracile Schenk (Pe). » proliferum De Bary (Pe). Saprolegmiaceae: Achlya decorata Petersen (Pe). >» guacılınes De Bary, (ze). » oligacantha De Bary. » polyandra (Hildebrand) De Bary. » prolifera Nees. » racemosa (Hildebrand) Pringsh. (Pe). Saprolegnia dioica De Bary. » mixzta De Bary. » monoica Pringsheim. » pavadoxa Petersen (Fe). » semidioica Petersen (Pe). > Thureti De Bary. Leptolegnia candata De Bary (Pe). Aplanes androgymus Archer (Pe). Apodachlya pirifera Zopf. Ferner Arten von Aphanomyvces, Rhipidium und Sapromyces, alle bei Petersen (12). Ancilvstidaceae: Lagenidium entophytum (Pringsh.). Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. 13 Bei Oomyceten haben also alle Formen ausnahmslos Zellulose- membranen. Bei Monoblepharideen ist diese aber erst nach Behand- lung der Hyphen und Oosporen mit konzentrierter Kalilauge fest- zustellen, dann tritt Blaufärbung mit Jod -+ Schwefelsäure, Lösung in Kupferoxydammoniak usw. ein. Hier verdecken anfangs andere Stoffe; diese geben: Braunfärbung mit Chlorzinkjod, mit Jod+ Schwefelsäure, Methylenblau färbt nicht dauernd, Rutheniumrot sehr stark, heiße Salzsäure quellt, kalte läßt unverändert wie Salpetersäure, Delafield’sches Hämatoxylin färbt nicht. Chitin ist nicht vorhanden, dagegen ergab ein Vergleich mit den Membran- stoffen von Vaucheria überraschende Übereinstimmung, nur wird ‚diese von Rutheniumrot viel schwächer, dagegen von Safranin stark gelblichrot, Monoblepharis aber von Safranin fast gar nicht gefärbt. Die Angaben von Petersen (12), daß bei Gonapodya und Blastocladia Zellulose nicht vorkommt, ist vielleicht auf ähnliche Erscheinungen wie bei AMonoblepharis zurückzuführen. Sonst findet sich Zellulose bei den Pilzen nirgends, eine unsichere An- gabe van Wisselinghs bei Rhytisma habe ich nicht bestätigen können. Chitin ist der Grundstoff der Membran aller höheren Pilze. Bei den Phycomyceten vertritt er die Zellulose in den Gruppen, wo diese sich nicht findet, ausnahmslos. Er kommt bei Oomyceten und Monoblepharideen nicht vor, findet sich aber bei Synchytria- ceen (Synchytrium taraxaci De Bary et Wor.), Zygomyceten |ver- schiedene Arten von Mucor, Pilobolus cristallinus (Wiggers), Rhizopus migricans Ehrenb., Phycomyces nitens (Agardh.) und Sporodinia grandis Scop.], Entomophtoraceae (Empusa muscae Cohn) bei allen bisher geprüften Arten, es ist keine Ausnahme bekannt. Leider war es mir nicht möglich, Material von Chytri- dineen zu untersuchen, die gerade in diesem Zusammenhange sehr wichtig wären. Die Membranbildung der Ascomyceten erfolgt immer durch Chitin mit Ausnahme zweier Gruppen. Van Wisselingh hat bereits sehr viele Formen geprüft, ich habe diese möglichst ergänzt durch solche aus Gruppen, die noch ausstanden, wie Rhizinaceae, Tuberineae, Exoascineae, Pyrenomyceten, wie Cordyceps und viele andere. Ich will von einer Aufzählung absehen und nur betonen, daß bei allen Ascomyceten in allen Entwicklungsstadien, Hyphen, Konidien, Sklerotien, Fruchtkörpern usw., überall Chitin vorhanden ist, mit Ausnahme der beiden Gruppen Sacharomycetineen und Laboulbeniaceae. Für erstere steht dies sicher. Von der zweiten Ordnung konnte ich eine Laboulbenia-Art ‚untersuchen, doch möchte ich, da das Material für eine ganz sichere Prüfung nicht reichte, diese Angabe noch mit der nötigen Reserve machen. Die Jod-Schwefelsäure- Chitosan-Reaktion fiel jedenfalls negativ aus. Chitin ist zwar der Grundstoff der Ascomycetenmembran, aber es finden sich auch manche andere Substanzen. Wir wissen 14 F. v. Wettstein, von der Natur dieser Stoffe zu wenig, als daß ich darauf näher eingehen möchte. Sie gewinnen aber an Interesse und syste- matischer Bedeutung dadurch, daß sie meist. an bestimmten Organen und bestimmten Stellen auftreten und mit Chitin gemein- sam die Membran aufbauen oder auch Chitin ganz vertreten können. Besonders auffallend ist die Tatsache, daß diese Sub- stanzen vor allem in der diploiden Generation nachzuweisen sind, in den Asci und auch in den askogenen Hyphen, während die Sporenmembranen dieser Formen (haploid!) wieder aus Chitin aufgebaut sind. Auch die Konidien können häufig andere Membran- substanzen zeigen. Die Durcharbeitung ist noch nicht so weit gediehen, daß diese Substanzen schon systematisch verwertet werden könnten. Die Basidiomyceten sind, was das Vorkommen von. Chitin betrifft, gleichfalls einheitlich. Es ist auch hier die überwiegende Membransubstanz in fast allen Gruppen. Bei manchen treten wieder andere Substanzen hinzu, die neben Chitin vorhanden sind oder auch hier dieses ersetzen können. Zellulose fehlt vollständig. Bei abgeleiteteren Gruppen Polyporeen, Gasteromyceten scheint die Zahl der verschiedenen Membransubstanzen sehr groß zu sein. Schließlich wären noch die Flechten zu besprechen. Chitin ist häufig vorhanden, selbstverständlich nur in der Pilzkomponente. Die Algen haben Zellulosemembranen, wenn sie den Chlorophyceen, »Pektinmembranen«, wenn sie den Cyanophyceen angehören. Oft sind die Pilzkomponenten den verwandten freilebenden Pilzformen auch in der Membranzusammensetzung gleich und bestehen aus Chitin. Daneben zeigt sich aber wohl, mit den eigenartigen ernährungsphysiologischen Verhältnissen im Zusammenhang stehend, ein Zurücktreten des Chitins lokaler und quantitativer Art, wofür andere Stoffe (hieher gehören van Wisselinshs Usnein und Lichenin) in großer Mannigfaltigkeit auftreten und Chitin als Membransubstanz ersetzen. Ich habe mich bei Ascomyceten, Basidiomyceten und Lichenen beschränkt, die allgemeine Verbreitung des Chitins festzustellen und Abweichungen hievon zusammenzustellen. Da es sich in dieser Arbeit lediglich um die Verbreitung von Chitin und deren Verwertung in systematischer Hinsicht handeln soll, habe ich alle Beobachtungen über andere Stoffe unbekannter Zusammensetzung weggelassen. Anderseits habe ich auch bisher nur die beobachteten Tatsachen zusammengestellt; ich möchte nun zur systematisch- phylogenetischen Auswertung übergehen. Vorerst aber einige Be- merkungen allgemeinen Inhaltes. Oft ist schon darauf hingewiesen worden, daß Merkmale chemischer Art in größerem Stile für systematische Zwecke heran- gezogen werden können, gewöhnlich werden hier Paradebeispiele, wie das Vorkommen von Inulin bei Kompositen oder Myrosin bei Cruciferen angeführt. Alle morphologischen Merkmale lassen sich BE Re ; A Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. 15 als zurückführbar vorstellen auf das Zusammenwirken einer spezi- fischen, chemischen Grundstruktur eines Organismus und aller einwirkenden Außenbedingungen. Die spezifische Grundstruktur ist das Konstante von Außenbedingungen Unbeeinflußte, und eine nur auf dieser fußende, phylogenetische Systematik müßte das Ideal vorstellen, da die Konvergenz im. bestmöglichen Maße ausge- schaltet ist. Das sind Träume. Die Richtung der biologischen Eiweißdifferenzierung hat versucht, gerade diese Grundstruktur zum Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen zu nehmen, und zwar ohne Analyse derselben durch bloße Klassifizierung der Wirkungen. Soweit man jetzt schon überblickt, sind aber die unvermeidlichen Fehlerquellen durch die völlige Unkenntnis der Substanzen, deren Wirkungen untersucht werden, so groß, daß die Ergebnisse viel- fach an Verwendbarkeit für systematisch-phylogenetische Forschung weit hinter den durch vergleichend morphologisch - entwicklungs- geschichtliche Untersuchung gewonnenen zurückstehen, Das Zusammenwirken der spezifischen Grundsubstanz mit den für diese Außenbedingungen ergibt einen Stoffwechselablauf, in den immer wieder neue Außenbedingungen eingreifen und der schließlich zur Organbildung führt. Die Grundstruktur ist das Konstante, die Außenbedingungen und die von ihnen abhängige Organbildung ist schwankend und je mehr bei phylogenetischen Arbeiten Teile dieses Stoffwechselablaufes zur Grundlage genommen werden, die der spezifischen Grundstruktur im Ablauf näher liegen, desto mehr können Konvergenzen ausgeschaltet werden. Diese Teile des Stoffwechselablaufes sind chemische Merkmale selbst oder die direkteren Grundlagen abgeleiteter Prozesse der Organ- bildung. Diese sind infolgedessen auch nicht gleichwertig, sondern je nach der Stufe des Stoffwechselablaufes, dem sie in irgend einer Weise zugehören von größerer oder geringerer systematischer Bedeutung. Doch ist erstens der Vorteil bei der Verwertung dieser Merk- male vorhanden, daß ihre Abhängigkeitsbeziehung von Außen- bedingungen experimentell leichter zugänglich ist und daß zweitens an Hand dieser experimentellen Untersuchungen ein Verständnis der Wechselbeziehungen zu gewinnen ist, das ökologischen Deutungsversuchen phylogenetischer Reihen entgegenkommt. Nicht weil diese chemischen Merkmale »exakter« sind, würden sie einen Fortschritt bedeuten, sondern weil sie in vielen Fällen im organbildenden Stoffwechselablauf der Grundsubstanz um eine mehr oder weniger große Zahl von durch Außenbedingungen be- einflußten Reaktionen näher stehen können. Bisher habe ich die Tatsachen über die Verbreitung von Chitin und Zellulose und einiger anderer Membransubstanzen der ‚Thallophyten zusammengestellt. Jetzt will ich die systematische Verwertung diskutieren. Wenn ich dabei auftretende chemische Verwandtschaftsbeziehungen in den Vordergrund rücke und stark 16 F. v. Wettstein, betone, soll sich dadurch, dies sei nachdrücklichst hervorgehoben, keine einseitige Überschätzung dieser Merkmale ausdrücken. Wir sind noch nicht so weit, daß wir über. den Wert chemischer und morphologischer Merkmale urteilen können und es gilt vorläufig im Einzelfall abzuwägen, welchen wir mehr Wert zubilligen werden. Die hier heranzuziehenden chemischen Merkmale scheinen mir auch gewissermaßen am Ende des oben angedeuteten Stoff- wechselablaufes zu stehen. Jedenfalls aber ist das Auftreten von Chitin insoferne von Wert, als es nicht direkt beeinflußbar ist. Wenn auch ein Zusammenhang mit der heterotrophen Er- nährung der Euthallophyten angenommen werden muß, ist das Vorkommen vollständig konstant. Es gelingt nicht, eine zelluloseführende Chlorophyceae bei heterotropher Ernährung in einen chitinführenden Organismus umzuwandeln. Diese experi- mentelle Prüfung ist eine Voraussetzung der Verwendung eines chemischen Merkmales, die ich für Chitin an Chlamydomonas- Arten Gonium, Pandorina und Chorella-Arten mit negativem Ergebnis durchgeführt habe. Daß ein besonderer, festgelegter Stoff- wechsel bei Heterotrophen die Grundlage der Ausbildung sein muß, beweist das Auftreten von Zellulose bei den ÖOomyceten, bei Polyloma u. a. Das wichtigste Ergebnis scheint mir zu sein, daß innerhalb der einzelnen Pflanzenstämme in der chemischen Zusammensetzung der die Zellmembranen aufbauenden Grundsubstanzen große Ein- heitlichkeit herrscht und die beiden Körper, Zellulose und Chitin, sich in ihrem Vorkommen mit großer Konstanz gegenseitig aus-. schließend vertreten können. Chitin ist im Pflanzenreich für die Euthallophyten allein charakteristisch. Zellulose tritt bei einfachen Gruppen zuerst hin und wieder auf, um dann bei fast allen Stämmen die Hauptrolle der Membranbildung zu übernehmen. Hier ist es dann nicht die Zellulose, sondern die verschiedensten Beimengungen, die den einzelnen Gruppen ein charakteristisches, membranchemisches Gepräge verleihen, Zygophyten mit starkem Hervortreten mineralischer Substanzen (Kieselsäure, Eisen usw.), Rhodophyten mit den charakteristischen Polysacchariden, welche die Grundlagen der Gallerten (Agar-Agar usw.) bilden, Phaeophyten mit Pentosanen, Methylpentosanen und anderen Substanzen, abge- leitete Chlorophyceen mit den charakteristisch zusammengesetzten ‘ Siphoneenmembranen, schließlich die Cormophyten mit einer großen, membranchemischen Mannigfaltigkeit, wobei wohl das Wichtigste das allmähliche Auftreten der Holzsubstanz ist. Die Myxophyten sind durch sehr starkes Zurücktreten deı Zellulose durchaus einheitlich gekennzeichnet, indem die starren Wände durch eiweißartige, sonst im Pflanzenreiche nicht auf- tretende Substanzen, Keratine?, gebildet werden, welche in den Kapillitiumfasern, Sporenwänden und Cystenhüllen überall auftreten. Die auch sonst isolierte Stellung der Myxomyceten unter den Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. 17 Pflanzen kommt dadurch auch in membranchemischer "Hinsicht zum Ausdruck. Es scheint mir wesentlich, daß unter den gehäuse- bildenden Rhizopoden (Arcella, Difflugia u. a.) nach Awerinzew (1) bei der Membranbildung die gleichen oder ähnliche Substanzen beteiligt sind, wodurch die Annäherung dieser beiden Gruppen auch von dieser Seite zu stützen ist. Aus der einheitlichen Gruppe der Myxomyceten fällt Plasmodiophora Brassicae Wor. stark heraus, da deren Membran zweifellos aus reinem Chitin besteht. Auch auf Grund morphologisch-entwicklungsgeschichtlicher Tat- sachen wurde der Gegensatz der Phytomyxrineae und Myxogasteres oft betont und so deutet alles darauf hin, daß diese Form und vielleicht alle Verwandten hier nicht ihren endgültigen Platz haben, sondern ihre Zugehörigkeit zu niederen, echten Pilzen, Chytridineen, zu erweisen ist, mit denen sie vielleicht auch vom membran- chemischen Standpunkt zu vereinigen wären. Wenn sich das Vor- kommen von Zellulose in den Cysten von Vampyrelliden, ferner bei Chlamydomyxa (Doflein, 6, p. 715ff.) bestätigt, sind vielleicht auch hier Anhaltspunkte für eine andere, richtigere Stellung dieser sanz unklaren Formen zu gewinnen. Das vollständige Fehlen von Chitin und seltenes Auftreten der Zellulose charakterisiert die Membranbildung der Bakterien und scheidet sie scharf von den heterotrophen Reihen der Euthallo- phyten. Die Grundsubstanzen scheinen bei Cyanophyceen, Bakterien und Chlamydobakterien überall »Pektinstoffe« zu sein, die aber, vielleicht im Zusammenhang mit der Mannigfaltigkeit der Stoff- wechselvorgänge, vor allem bei den Schizomyceten mit verschie- denen anderen kombiniert, verdeckt oder ersetzt sein können, unter denen auch Zellulose auftreten kann, bei Cyanophyceen in den Heterocysten und bei einzelnen Formen in der Innenschicht der Hüllgallerte, ferner bei Bacterum xylinum u. a. Die Einheit- lichkeit im Fehlen von Chitin ist aber so groß, daß ich sogar glaube, bei strittigen Formen wie Mycobakterien Könnte man die Zugehörigkeit zu Bakterien oder Pilzen auf diesem Wege zu ent- scheiden versuchen. Wenn wir auch über das verbreitete Vorkommen der Zellu- lose bei Chlorophyceen bereits einen Überblick haben, fehlt uns dieser vollständig im Hinblick auf jene Substanzen, die bei der Membranbildung der Siphoneen beteiligt sind. Hier ist Klarlegung sehr wichtig, da ein Vergleich dieser und bei einzelnen Phycomy- ceten auftretender Substanzen für die systematische Gruppierung gerade dieser letzteren sicher sehr wertvoll wird. Chitin kommt bei den Chlorophyceen mit einer Ausnahme nicht vor. Auch heterotrophe Formen, wie Polyfoma und experimentell heterotroph gezogene Volvocales, verhalten sich ebenso. Zellulose tritt eben bei den ersten Anfängen einer Membranbildung bei Chlamydo- monadaceen bereits auf und verschwindet erst bei den abgeleitet- sten Typen mehr oder weniger. Ist dieser Körper der Membranstoff Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt.I, 130. Bd. 2 18 F. v. Wettstein, der autotrophen Reihe, so ist es Chitin in der heterotrophen der Pilze. Hier tritt es bei den Ascomyceten und Basidiomyceten beherrschend hervor, bei den einfacheren Gruppen, den Phycomy- ceten, sind Übergänge in der Form vorhanden, daß einmal Zellulose, bei andern Chitin erscheint, bei der großen Mehrheit aller Pilz- typen überwiegt aber letzteres und wird auch hier wieder bei abgeleiteten Typen durch andere Stoffe verdeckt oder ersetzt. Die Teilung durch das Vorkommen von Chitin und Zellulose ist bei den Phycomyceten sehr scharf. Die Oomyceten (ohne Aus- nahme!) haben Zellulosemembranen, die Zygomyceten Chitin! Da erstere Substanz membranchemisch nach ihrem Vorkommen bei älteren oder jüngeren Typen ursprünglicher, letztere abgeleitet zu sein scheint, will ich daraus schließen, daß es sich bei den Oomy- ceten und Monoblepharideen um jüngere direktere Abkömmlinge von Chlorophyceentypen handelt, bei denen Stoffwechselvorgänge vorliegen, die etwa auf ähnlicher Stufe wie Polytoma stehen. Es ist wichtig, daß gerade bei diesen Formen auch morphologisch und ökologisch einfachere Merkmale auftreten, wie bewegliche Fortpflanzungsorgane (Zoosporen und Spermatozoiden der Mono- blepharideen), einfache Eibefruchtung, die an Vorgänge wie bei Siphoneen stark erinnert, häufiges Wasserleben. Eine vergleichende Untersuchung der Begleitstoffe ergibt sicher auch Anhaltspunkte für die Gruppen von Chlorophyceen, denen diese Pilze nahestehen, für die Monoblepharideen, glaube ich, deutet die ähnliche Membran- zusammensetzung mit Vaucheria bereits in diese Richtung, was morphologisch auch begründet ist. Daß sich anderseits innerhalb dieser Pilze auch Formen finden, die ihren Ursprung von ähn- lichen Pilzen nahmen, wobei eine morphologische Abänderung mit einem gleichbleibenden, die Membranbildung bedingenden Stoff- wechsel kombiniert sein kann, darauf scheinen mir die Ancylisti- dales hinzuweisen. Daneben aber finden sich unter den Phycomyceten Gruppen ganz anderer Organisation, die Zygomyceten und Synchytriaceae, deren Membran ohne Ausnahme aus Chitin gebildet wird. Es muß eine lange, vollständige Umprägung der Stoffwechselvorgänge vor sich gegangen sein und diese drückt vom membranchemischen Standpunkt diesen Gruppen den Stempel alter Typen auf, die meiner Meinung nach scharf von den jüngeren Gruppen zu trennen sind. Dabei soll dies nicht so zu verstehen sein, daß dadurch innerhalb dieser Chitintypen eine einheitliche Gruppe entsteht, die untereinander in direkter Beziehung stehen, sondern es handelt sich auch um die Zusammenfassung von verschiedenen von Chlorophyceen ehemals abgezweigter Typen, die aber bereits aus- geprägten Pilzcharakter haben, während der Chlorophyceen- charakter stark zurücktritt. Es bleibt dann der Entscheidung nach andern Merkmalen überlassen, mit welchen Organisationsstufen der autotrophen Reihen man die Glieder dieser heterotrophen Pilze Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. 19 - zusammenbringt. Für die Synchytriaceae wird dies leichter gelingen, sie mit Protococcaceen in Zusammenhang zu setzen. Dagegen bilden die Zygomyceten eine isolierte Gruppe (Gametangien- Kopulation, kein einziger Flagellatenzustand, keine im Wasser lebenden Formen). Vielleicht bringt hier die Gruppe der Chytridia- ceen Aufschluß, die ich leider noch nicht berücksichtigen kann. In diesem Zusammenhang möchte ich auch Geosiphon erwähnen, dessen Chitinmembran und sonstigen reduzierten Merkmale (Fehlen jeder Zoosporen- oder sexuellen Fortpflanzung) jedenfalls auch auf einen alten Abkömmling der Chlorophyceen schließen lassen, für den aber entprechend dem siphonalen Bau eine Beziehung zu Chlorophyceentypen (Siphoneen, Botrydium) leichter zu finden ist. Zusammenfassend haben wir unter den bisherigen Phycomyceten 2 Gruppen: Heterotrophe Formen mit Betonung des Algen- charakters (heterotrophe Algen), jünger abgezweigte Typen mit Zellulosemembranen und irgend einem Flagellatenstadium (Monoblepharideae, Oomycetes). Eiererottophe Formen mit „Betonune des Pilz- charakters (heterotrophe Pilze), lange abgezweigte Typen mit Chitinmembranen und meist keinem Flagellatenstadium (Synchytriaceae, Zygomycetes). Die Ascomycetes beginnen bei den niedersten Formen bereits mit Chitinmembranen und deren Vorläufer dürften daher auch in solchen zu suchen sein, mucorineenartige Typen, worauf die Andeutung eines antithetischen Generationswechsels bei Phycomiyces auch hinweist. Die Ascomyceten sind membranchemisch im allge- meinen einheitlich, auf das Hervortreten von anderen Membran- substanzen, besonders in der diploiden Generation, das mir syste- matisch von Bedeutung erscheint, habe ich bereits hingewiesen. Ich möchte hier nur noch kurz auf zwei Ausnahmen unter den Ascomyceten eingehen, Sacharomycetineae und Laboulbenieae. Von beiden wissen wir nur, daß kein Chitin in den Membranen vorkommt, ich bin überzeugt, daß die kritische Stellung gerade der letzteren Gruppe von membranchemischen Merkmalen eine Klärung erfahren könnte, leider war mein Material dazu viel zu spärlich. Über die Basidiomyceten ist in diesem Zusammenhange nicht viel zu diskutieren. Chitin spielt als Membransubstanz die Hauptrolle, nur möchte ich auch hier nachdrücklichst darauf hin- weisen, daß mit fortschreitender Differenzierung verschiedene neue ‚Substanzen auftreten (Polyporeen, Gasteromyceten), die in syste- matischer Verwertung sehr bedeutungsvoll sind. Damit will ich schließen, ich wollte zeigen, daß die Membran- chemie in der Systematik der Thallophyten sehr wertvoll ist und habe versucht, auf diesem Wege mit der Verwertung des Chitins zu beginnen. 20 F. v. Wettstein, Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. Schließlich sei es mir gestattet, allen denen, die mich bei meinen Arbeiten in zuvorkommendster Weise mit Material unter-- stützten, insbesondere Herrn Prof. P. Claussen, Herrn Geheimrat A. Mayer, Herrn Dr. H. Neumayer und Herrn Kustos Dr. Wagner, meinen besten Dank zu sagen. Literaturverzeichnis. 1. Awerinzew, S., 1907, Die Struktur und die chemische Zusammensetzung der Gehäuse bei den Süßwasserrhizopoden. Archiv für Protisterunde, VIH, pP. 92. . Correns, C., 1894, Über die Membran von Caulerpa. Ber. der Deutschen bot. Ges., 12, p. 355. 3. Czapek, F., 1905, Biochemie der Pflanzen, Jena. 4. De Bary, A., 1884, Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, Myce- tozoen und Bakterien, 2. Aufl. 5. Debsky, B., 1898, Weitere Beobachtungen an Chara fragilis Desv. Jahrb. für wiss. Bot., XXXI. 6. Doflein, F., 1916, Lehrbuch der Protozoenkunde, 4. Aufl. . Hegler, R., 1901, Untersuchungen über die Organisation der Phykochromaceen- zelle. Jahrb. für wiss. Bot., XXXVI. . Jahn, E., 1899, Zur Kenntnis des Schleimpilzes Comatricha oblusata Preuss. Festschrift für Schwendener, Berlin. [Sb & 9. Klein, G., 1915, Zur Chemie der Zellhaut de Cyanophyceen. Sitzungsber. der Akad. d. Wiss., Wien. 124. Bd., Abt. 1. 10. Kohl, G., 1903, Über die Organisation und Physiologie der Cyanophyceen- zelle, Jena. ? 11. Molisch, H., 1913, Mikrochemie der Pflanze, Jena. 12. Petersen, H. E., Studier over Ferskvands-Phycomyceter. Botanisk Tidsskrift, 29. Bd., Kopenhagen. 13. Tunmann, O., 1913, Pflanzenmikrochemie, Berlin. 14. Viehoever, A., 1912, Über den Nachweis von Chitin bei Bakterien. Ber. der Deutschen bot. Ges., XXX. 15. Vouk, V., 1915, Zur Kenntnis der mikrochemischen Chitinreaktion. Ber. der Deutschen bot. Ges. NXXII. 16. Wester, D. H., 1909, Studien über das Chitin. Archiv der Pharmacie, CCXLVM. 17. Wettstein, Fr. v., 1915, Geosiphon Fr. Wettst., eine neue interessante Siphonee. Österr. bot. Zeitschrift. 18. Wisselingh, C.v., 1897, Mikroskopische Untersuchungen über die Zellwände der Fungi. Jahrb. für wiss. Bot., XXXI. 19. Derselbe, 1915, Über die Anwendung der in der organischen Chemie gebräuch- lichen Reaktionen bei der phytomikrochemischen Untersuchung. Folio micro- biologica, 11. 20. Derselbe, 1916, Over het onderzoek naar het voorkomen van chitine en cellu- lose bej bacterien. Pharmaceutisch Weekblad, Nr. 33 und 34. Die Faunen der Hallstätter Kalke des Feuerkogels bei Aussee Von Prof. C. Diener w. M. Akad. (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 27. Mai 1921) In der palaeontologischen Literatur des vorigen Jahrhunderts über die Hallstätter Kalke des Salzkammergutes, insbesondere in den Publikationen von F. v. Hauer, Stur, E. v. Mojsisovics, Kittl, Koken und Bittner, spielen drei Namen von Fundorten in der Umgebung von Aussee, nämlich: Feuerkogel, Rötelstein, Teltschen, eine hervorragende Rolle. Alle drei Namen beziehen sich auf den gleichen Fundort, den Gipfel des Feuerkogels (1622 m). Aus drei Aufschlüssen der roten und weißen, rotgeäderten Hall- stätter Kalke seiner flachen Kuppe, die unmittelbar östlich der Langmoosalpe zwischen dem Zuge des Rötelstein (1610»») und des Kampl (1681 m) aufragt, stammt jene unterkarnische (julische) Fauna, die ebensosehr durch den Reichtum als durch die prächtige Erhaltung ihrer Fossilien berühmt geworden ist. Die Teltschenalpe liegt außerhalb des Verbreitungsgebietes der Hallstätter Kalke. Der Rötelstein dagegen besteht aus einem massigen, fossilleren Riff- kalk, an dessen Basis in der Nähe des ehemaligen Ferdinands- stollens norische Hallstätter Kalke mit einer Faunula anstehen, die E. v. Mojsisovics als »Linse mit Glyphidites docens« beschrieben hat. Die Cephalopoden der julischen Hallstätter Kalke des Feuer- kogels haben in F.v. Hauer und E.v.Mojsisovics, die Brachio- . poden in Bittner, die Gastropoden in Koken, die Bivalven aus ' den Familien der Halobiidae und Monotidae in Kittl, die Fora- miniferen in A. Heinrich ihre Bearbeiter gefunden. Über die geologischen Verhältnisse des Gebietes hat zuerst Kittl im Exkursionsführer zum IX. Internationalen Geologenkongreß. in SR En “vo: 22 C. Diener, Wien, 1905, später in ausführlicher Weise G. Geyer in seiner Arbeit: »Aus den Umgebungen von Mitterndorf und Grundlsee im steirischen Salzkammergut« (Jahrb. Geol. Reichsanst., LXV, 1915, p. 195 ff.) berichtet. Meine Bearbeitung der reichen Aufsammlungen Kittl’s und Heinrich’s ließ mir eine Untersuchung der stratigraphischen Verhältnisse am Feuerkogel wünschenswert erscheinen. Mit Unter- stützung von Seite der Akademie der Wissenschaften in Wien konnte ich eine solche Untersuchung im August 1919 unter Führung des Sammlers Johann Rastl, des besten Kenners aller fossilführenden Lokalitäten, vornehmen. Die stratigraphischen und tektonischen Verhältnisse der Rötelsteingruppe brauche ich hier nicht zu erörtern. Sie findet in Geyer’s obenzitierter Arbeit eine erschöpfende Darstellung. An dieser Stelle will ich mich daher auf eine Gliederung der Hallstätter Kalke des Feuerkogels und auf eine Charakterisiertung ihrer Fauna beschränken, wobei den Cephalopoden als den eigentlich leitenden Formen die Hauptrolle zufällt. Das Plateau des Feuerkogels mit seinen Gipfelkuppen besteht aus roten und weißen, rotgeäderten Hallstätter Kalken mit der unterkarnischen (julischen) Fauna. Geyer schätzt ihre Mächtigkeit auf 30 bis 40 m. Sie werden wahrscheinlich von ähnlichen Kalken _ unterlagert, die Spuren der anisischen Schreyeralmfauna führen, so daß eine Vertretung der ladinischen Stufe hier zu fehlen scheint. Alle Aufschlüsse im Hallstätter Kalk sind durch die Sammler gelegentlich der Ausbeutung des Fossilmaterials künstlich geschaffen worden. Der größte befindet sich knapp unter dem Gipfel des Feuerkogels (1622 m). Entlang seines südlichen Abfalls sind mehrere Bänke hier auf eine Länge von 40m bloßgelegt, aber gegenwärtig wieder ganz mit Trümmern und Scherben des zer- schlagenen Gesteins bedeckt, aus dem die Versteinerungen heraus- geklopft worden sind. Er entspricht der »Linse mit Trachyceras austriacums bei E. v. Mojsisovics. Der zweite Aufschluß ist erheblich kleiner. Er liegt 150 »n östlich von der Gipfelkuppe und enthält die Fauna der »Linse mit Lobites ellipticus«. Die Bezeichnung »Linse« ist nicht ganz zu- treffend, da die Fossilien in Bänken, allerdings ungleichmäßig verteilt, vorkommen. Auch wechseln dünne, an Halobien reiche Lagen mit den massigeren Ammonitennestern ab. Manganüberzüge der Schalen und Manganputzen im Gestein sind häufig, aber, wie schon Kittl angibt, keineswegs überall vorhanden. Die Fauna der Bänke mit Trachyceras austriacum enthält nach E. v. Mojsisovics 167, jene der Linse mit Lobites ellipticus 337 Cephalopodenspezies, darunter nur 60 gemeinsame, wobei allerdings nicht nur der außerordentlich engen Artfassung Rechnung getragen, sondern auch berücksichtigt werden muß, daß die Ellipticus-Fauna sehr viele kleine Elemente enthält, während in nn 7 u DE DH Ze ae Faunen der Hallstätter 'Kalke. 23 der Fauna mit Trachyceras austriacum die mittelgroßen und großen Formen weitaus überwiegen. Es dürftexsich also hier keineswegs um zwei verschiedene Zonen, sondern weit eher um Standorts- unterschiede handeln. Für eine solche Auffassung sprechen auch die Verhältnisse an einem dritten Aufschluß, den Rastl nordöstlich von dem zweiten und gegen 50 m von diesem entfernt auf dem Nordabhang gegen den Graben zur Ausseer Teltschen (Schnittling- moos) entdeckt hat. Das aus diesem Aufschluß stammende Fossil- material ist zum größten Teil von Kittl für die Palaeontologische Abteilung des Naturhistorischen Staatsmuseums erworben worden und besteht aus Elementen der Austriacum- und Ellipticus-Fauna. Zu den von E. v. Mojsisovics aus den julischen Hallstätter Kalken des Feuerkogels beschriebenen 444 Cephalopodenarten kommen nunmehr noch die folgenden als neu hinzu:! Arcestes Tietzei, » Gatinari, Lobites cf. aberrans Mojs., Pinacoceras nov. Sp. ind., Epiceratites Venantii, Buchites Helladti, » Heriberti, Trachyceras Schroetteri Mojs., » cf. felix Mojs., » cf. Fortunae Mojs,., Sirenites Elvirae, >» Enphemiae, Diplosirenites Starhembergi Mojs,., Anatomites Imeldae, Walthausenites Idunae, » Forsteri, Celtites laevissimus, » Ottiliae, » Wittenburgi, Cycloceltites Oberonis. Eine Durchsicht von Bittners »Brachiopoden der alpinen Trias« ergibt 21 Arten aus den julischen Hallstätter Kalken des Feuerkogels, nämlich: Aulacothyris (Camerothyris) sandlingensis Bittn., Cruratula Beyrichü Bittn,, » cf. carinthiaca Rothpl,, » Damesi Bittn., 1 Die Beschreibungen der neuen Dibranchiata finden sich im 65. Bande des Jahrbuches der Geologischen Reichsanstalt, der Nautiloidea, Ammonoidea leiostraca und Zropitoidea im 97. Bande der Denkschriften, der Ceratiloidea im 129. Bande der Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien. 24 C. Diener, Nucleatula retrocita Suess., Propygope Hagar Bittn., Austriella angulifrons Bittn,, » pirum Bittn,, > lingulina Bittn., AN > longicollis Suess., . » halophila Bittn., » minuta Bittn,, synophrys. Bittn., u sublevata Bittn., TSV HIER Schönni Bittn., S halorica ae (?), Rhynchonella regilla Bittn,, » generosa Bittn,, Norella en Bittn,, Koninckella norica Bittn. '@, Spirigera Ausseana Bittn. Aus Kittl’s Monographie der Halobiidae und Monotidae der Trias ergibt sich die folgende Liste julischer Halobiiden des Feuerkogels: Daonella teltschenensis Kitt], » proboscidea Kittl, Halobia styriaca Mojs., >> Beyrichiü Mojs., » marmorea Kittl, » Arthaberi Kitt], > subaustriaca Kittl, >» Charlyana Mojs., » eximia Mojs., » cf. tropitum Kittl, > rugosa Guemb,, » praesnperba Kittl. Sehr reich ist die Gastropodenfauna, die nicht weniger als 78 Arten umfaßt. Eine Liste derselben findet sich in Kokens Monographie »Die Gastropoden der Trias um Hallstatt« (Abhandl. Geol. Reichsanstalt Wien XVII, 1897, p. 10).! Die neuen von Rastl entdeckten Aufschlüsse jüngerer Hallstätter Horizonte liegen am Nordabhange des Feuerkogels gegen das Schnittlingmoos, ungefähr 40% unterhalb des dritten Aufschlusses in den julischen Hallstätter Kalken. Das ganze Nordgehänge des Feuerkogels ist mit Schutt überronnen und mit Krummholz bewachsen. Nur an zwei Stellen, die ungefähr 20 m voneinander entfernt liegen, ist das Terrain teilweise, zumeist : ‚4 Die Angaben: Feuerkogel und Rötelstein, Obere Schicht beziehen sieh auf den gleichen Fundort in..den julischen Hallstätter Kalken. Faunen der Hallstätter Kalke. 25 _ künstlich, vom Schutt entblößt. Die westliche Entblößung, aus weißem Kalk bestehend, gehört dem Subbullatus-Horizont an. In dem östlichen ausgedehnteren Aufschluß sind mehrere Bänke bloß- gelegt. Die tiefere enthält die Subbullatus-Fauna der tuvalischen Unterstufe, die beiden höheren Bänke haben die karnisch-norische Mischfauna geliefert. Für eine größere Anzahl von Fossilien, die hier lose gefunden wurden, kann die Feststellung ihrer Provenienz nicht mit voller Sicherheit erfolgen. Alle Bänke fallen 30° N ein, parallel mit den ebenfalls N fallenden Hallstätter Kalken am Gipfel des Feuerkogels. Wenn man auf Grund dieser Daten das Profil konstruiert, so ergibt sich aus der dem Abfall des Hanges gegenüber ein wenig steileren Schichtstellung eine Überlagerung der julischen Hallstätter Kalke - durch jene, die die Subbullatus-Fauna führen. Von der Überlagerung der letzteren durch die beiden Bänke, die die karnisch-norische Mischfauna enthalten, kann man sich an dem Aufschluß selbst unschwer überzeugen. Auch in diesen Aufschlüssen sind die Fossilien bankweise verteilt, nicht in Linsen konzentriert. Dort, wo der Kalk angewittert ist, Zeigt er zumeist eine sehr helle Färbung. In den tieferen Partien trägt er die rote Farbe der julischen Hallstätter Kalke. Der Mangangehalt tritt hier erheblich zurück. Gleichwohl ist die Erhaltung der Fossilien eine ebenso tadellose wie in den julischen Hallstätter Kalken der Gipfelkuppe. Die Bedeutung dieses. Profils liegt vor allem in der Tatsache, daß hier zum erstenmal im Salzkammergut die Überlagerung von Hallstätter Kalken der Aonoides-Zone durch solche der Subbullatus- Zone nachgewiesen erscheint. Noch in seiner »Alpinen Trias des Mediterrangebietes« (Lethaea mesozoica, 1/3, 1906, p. 372) konnte G. v. Arthaber mit Recht behaupten, daß beide Zonen noch nie in einem Profil übereinander gefunden worden seien. An dieser Stelle kommt sogar noch ein drittes Schichtglied in den beiden, zusammen ungefähr °/, m mächtigen Bänken mit der karnisch- norischen Mischfauna hinzu. Die Subbullatus-Fauna dieser Lokalität steht an Formen- reichtum hinter den klassischen Fundorten Raschberg und Vorder- Sandling nur wenig zurück. Sie enthält die folgenden 59 Cephalo- podenspezies: Aulacoceras (Asteroconites) cf. radiolare Tell., Dictvoconites Kittlii Dien., > Geyeri Dien., Arcestes pinacostomus Dien., > Geyeri Dien., > Rotkyi Dien., » Xaverü Dien,, > regalis Dien, - > Schafferi Dien., GC. Diener, Pararcestes sublabiatiformis Dien., > Kerneri Dien., » Welteri Dien,, Cladiscites Gorgiae Gemm., » thwalicus Dien., Hypocladiscites snubcarinatus Gemm., Homerites semiglobosus Hau., » Heinrichii Dien., 2 Jovites bosnensis Mojs., » bosnensis var. bajpwvarica Mojs., » dacus Mojs., Anatomites cf. Brocchii Mojs., > dimidiatus Mojs., » Konincki Mojs., » Mojsisovicsi Dien., » Haasi Dien,, » leiostracus Dien., > Folgneri Dien., » sp. ind. aff. Fischeri Mojs., » sp. ind. aff. consangnineo Gemm,, » Stolleyi Dien., » ... Jaworskiü Dien., Dimorphites montis ignei Dien., Gonionotites Irmintrudis Dien., » cf. haloritiformis Dien,, Trachysagenites Herbichii Mojs., » Beckei Dien., Tropites subbullatus Hau., » Telleri Mojs., > fusobullatus Mojs., » discobullatus Mojs., > torguillus Mojs., » acutangulus Mojs., Y aa Dien; Paratropites Phoenix Mojs., >» Saturnus Dittm., » -Pintneri Dien., Discotr a Theron Din, » sandlingensis Hau., » Plinii Moj S., > Sengeli Mojs., Trachyceras cf. triadicum Mojs., Protrachyceras Zenobi Dien,, Anasirenites Ekkehardi Mojs., Germanonanutilus Breunneri Hau., Proclydonantilus triadicus Mojs., » tıvalicus Dien., ID =] Faunen der Hallstätter Kalke. Proclydonantilus Ernesti Dien., » -Ermolliü Dien. Alle übrigen Tierklassen scheinen nur sehr spärlich vertreten zu sein. Herr Dr. August Heinrich konnte mir aus seiner Sammlung nur je eine Gastropoden- und Brachiopodenart, Pleuro- tomaria Frechi Kok. und Austriella longicollis Suess, namhaft machen. Unter den Ammoniten fällt die große Zahl neuer Arten — 25 unter 49 benannten Spezies — auf. Neu sind alle Arcestidae, die überwiegende Mehrzahl der Anatomiten und die beiden Ver- treter der bis dahin in den Alpen nicht bekannten Gattung Gomionotites. Dagegen gehören die Tropiten und Discotropiten fast durchwegs bereits bekannten Arten an. Dr. Heinrich’s Mit- teilung, daß das Genus Trachyceras, das sonst in der alpinen Trias an der Oberkante der Aomoides-Zone erlischt, an dieser Lokalität wie im Himalaya und in Kalifornien bis in die Subbullatus- Schichten aufsteigt, kann ich bestätigen. Einen wesentlich anderen Charakter als die Subbullatus-Fauna trägt jene der darüber liegenden Bänke. Kittl hat sie direkt als norisch angesprochen und in die Bicrenatus-Zone verwiesen. Sie enthält jedoch, wie schon Heinrich festgestellt hat, eine Mischung karnischer und norischer Faunenelemente. Ihr Formenreichtum ist noch größer als jener der Subbullatus-Fauna des Feuerkogels. Die Zahl der Cephalopodenarten beträgt 67. Zu diesen kommen noch 10 Gastropodenarten, 4 Brachiopodenarten und mindestens 2 Halobien- spezies hinzu. i Die nachstehende Liste gibt einen Überblick über die Zusammensetzung dieser Fauna. Dibranchiata. Dictyoconites sp. ind. aff. Geyeri Dien., Atractites Heinrichii Dien. Ammonoidea. Arcestes Spengleri Dien,, » Trauthi Dien,, » ige Wien. Ptycharcestes Heinrichi Dien., Cladiscites crassestriatus Mojs., » sp. ind aff. crassestriato Mojs., » sp. ind. aff. tornato Bronn, » pusillus Mojs., » neortus Mojs., » quadratus Mojs., » extermecavatus Welt., Hiypocladiscites cf. subaratus Mojs., C. Diener, Rhacophyllites neojurensis Quenst., Discophyllites patens. Mojs., Megaphyllites applanatus Mojs., > humilis Mojs., Pinacoceras parma Mojs., » parmaeforme Mojs., Sturia cf. Karpinskyi Mojs., Placites perauctus Mojs., » placodes Mojs., Jwvavites Bülowii Dien., » Ampfereri Dien,, Griesbachites densicostatus Dien,, » Kastneri Mojs., » Walthariü Dien,, » cornutus Dien., >» Goetzingerii Dien., Malayites styriacus Dien., » Steigeri. Dien., » Antipatris Dien., Gonionotites haloritiformis Dien., » Schuberti Dien., » noricus Dien., Heinrichites Paulckei Dien., > Grobbeni Dien,, » Furlaniae Dien,, > Waageni Dien., Trachysagenites sp. ind. aff. Herbichii Mojs., Cycloceltites angularis Mojs., Heraclites Gorgonii Dien., Cyrtopleurites Strabonis Mojs., » sp. ind. aff. bicrenato Hau., > Vestaliae Dien., » Hersiliae Dien., > Euphrasiae Dien., Acanthinites Calypso Mojs., » Silverii Dien., » Eusebii Dien., Tibetites Bibianae Dien., Pterotoceras Clarissae Dien., » Helminae Dien,, Steinmannites Sosthenis Dien., Clionites guinguespinatus Dien., Drepanites Hyatti Mojs., > fissistriatus Mojs., » Saturnini Dien., Polyceyclus Henseli Opp., Ectoleites. Sidoniae Dien.. 159) de) Faunen der Hallstätter Kalke. Nautiloidea. Pleuronautilus (Enoploceras) Lepsiusii Mojs., » » lepsiusiformis Dien., » » ausseanus Dien., Paranantilus modestus Dien., Proclydonautilus Griesbachi Mojs., » buddhaicus Dien., > triadicus Mojs., Jnvavionautilus Geyeri Dien,, Gastropoda.‘ Sisenna Dittmari Kok., Euzone alauna var. cancellata Kok,., Echetus scalariformis Kok,., Pleurotomaria Haueri Hoern., » Fischeri Hoen,, » plurimvittata Kok., Sagana Hoernesi Stur sp. Rufilla densecincta Kok,., Eucyclus striatus Kok., Lepidotrochus cancellatus Kok. Brachiopoda.! Austriella nux Suess, » longicollis Suess, Nucleatula retrocita Suess, Propygope Hagar Bittn. Pelecypoda.’ Halobia Hyatti Kitt|, >» plicosa Mojs. Die Zusammensetzung dieser Fauna ist in mehr als einer Hinsicht interessant. Der Hauptanteil fällt auch hier wieder den Ammoniten mit 55 spezifisch bestimmbaren Arten zu. Während sonst in Ablagerungen der Hallstätter Facies Arcesten die Haupt- rolle zu spielen pflegen und an Individuenreichtum die Ammonoidea trachyostraca weitaus übertreffen, sind sie hier selten und nur durch drei neue Arten vertreten. Unter den Großformen sind 1 Mitteilung des Herrn Dr. August Heinrich. 2 Vgl. Kittl: Materialien zu einer Monographie der Halobidae und Monotidae der Trias, Resultate der wissenschaftlichen Erforschung des Balatonsees, 1/1. Palaeontologie, Bd. Il, Budapest 1912, p. 123, 142, 181. 30 C. Diener, Repräsentanten der Gattungen (ladiscites, Rhacophyllites, Pinaco- ceras und Heinrichites die häufigsten. Sie werden jedoch an Individuenzahl weitaus übertroffen durch eine Fülle von Zwerg- formen, die an einer Stelle geradezu massenhaft aufgetreten sein sollen. Diese Zwergformen sind durchwegs Ceratitoidea. Zu ihnen gehören die meisten Vertreter der Genera Cyrtopleurites, Acanthinites und Drepanites, ferner Steinmannites Sosthenis, Ectolcites Sidoniae und Polycychns Henseli. Sie sind mit Ausnahme der letztgenannten Art den norischen Elementen in unserer Fauna zuzuzählen. Mit der Subbullatus-Fauna hat die vorliegende wahrscheinlich nur zwei Cephalopodenarten: Gomionotites haloritiformis und Proclydonautilns triadicus, gemeinsam. Während die erstere Fauna ein durchaus karnisches Gepräge besitzt, fällt in der letzteren, wie schon Heinrich betont hat, die Mischung karnischer und norischer Elemente auf den ersten Blick in die Augen. Um das Verhältnis richtig zu bewerten, muß man zunächst die sehr große Zahl neuer Arten in Berücksichtigung ziehen. Es sind dies nicht weniger als 36, unter denen 13 teils auf die neue Gattung Heinrichites, teils auf die bisher aus der alpinen Trias noch nicht beschriebenen Genera Malayites (himamalayisch), Gomionotites (mediterran), Pierotoceras (himamalayisch) und Tibetites (hima- malayisch) entfallen. Unter den neuen Arten dürften Drepanites Saturnini, Acanthinites Silverü, A. Eusebii, Ectolcites Sidoniae, Steinmannites Sosthenis, Heraclites Gorgonii und wohl auch die überwiegende Mehrzahl der Cyrtopleuriten, die sich an C. bicrenatus Hau. anschließen, den norischen Faunenelementen zuzuzählen sein. Dazu kommen unter den Nautiloideen noch die beiden Vertreter der sonst nur in der norischen Stufe heimischen Gattungen Paranautilns und Juvavionautilus. Unter den bereits mit beschriebenen Arten identischen Cephalopodenspezies finden sich die folgenden nur in nerischen Bildungen: Cladiscites neortus Mojs., > quadratus Mojs,, Rhacophyllites neojurensis Qu., Discophyllites patens Mojs., Cycloceltites angularis Mojs., Acanthinites Calypso Mojs., Drepanites Hyatti Mojs., » fissistriatus Mojs., Pleuronantilus Lepsiusii Mojs., Proclydonautilus Griesbachi Mojs. Dagegen weisen auf die karnische Stufe die folgenden Cephalopodenarten hin: Cladiscites crassestriatus Mojs., > pusillus Mojs., } > j i Bess Faunen der Hallstätter Kalke. ai Hypocladiscites cf. subaratus Mojs., Megaphyllites applanatus Mojs., Pinacoceras parma Mojs,., » parmaeforme Mojs., Sturia cf. Karpinskyi Mojs., Placites placodes Mojs., Griesbachites Kastneri Mojs., Cyrtodleurites Strabonis Mojs., Polycyclus Henseli Opp., Proclydonautilus triadicus Mojs., » buddhaicus Dien. Megaphyllites humilis Mojs. und Placites perauctus Mojs. sind beiden Stufen der Obertrias gemeinsam. Unsicher ist die strati- Feuerkagel Profil des Feuerkogels gegen den Graben der Ausseer Teltschen. . Aonoides-Schichten. . Subbullatus-Schichten. . Schichten mit der karnisch-norischen Mischfauna, .„ Schutt. ; »owe graphische Stellung des (Cladiscites externecavatus Welt. Die letztere Form verrät, zusammen mit Proclydonautilus buddhaicus, P. Griesbachi, ferner den Vertretern der Gattungen AMalayites, Pterotoceras und Tibetites einen Einschlag himamalayischer Typen. Die Sonderung unserer Fauna von jener der Subbullatus-Zone wird verschärft durch das vollständige Fehlen der Genera: Trachy- ceras, Sirenites, Tropites, Discotropites, Jovites und Anatomites. Andererseits fehlt von bezeichnenden unternorischen Typen Halo- ‚rites. Dagegen finden sich in unserer Fauna bereits Vertreter der Gattungen Herachtes, Acanthinites, Drepanites und Ectolcites, die sonst nach E. v. Mojsisovics erst in der alaunischen Stufe des Mittelnorikums unvermittelt erscheinen sollen. Alles in allem genommen erscheinen die Beziehungen der Cephalopodenfauna dieser Bildungen zur norischen Stufe etwas stärker ausgeprägt als jene zur karnischen, wobei jedoch die große 32 C. Diener, Zahl neuer, stratigraphisch unsicherer Arten stets in Rücksicht gezogen werden muß. Die Brachiopoden geben für eine 'Altersbestimmung nur wenige Anhaltspunkte. Die beiden Austriellen sind der karnischen und norischen Stufe gemeinsam. Propygope Hagar ist eine karnische, Nucleatula retrocita eine norische Spezies. Die beiden Halobiaarten sind ausgesprochen norische Typen. Unter den zehn von Heinrich mitgeteilten Gastropodenspezies sind 2 der karnischen und norischen Stufe gemeinsam, 3 bisher nur in karnischen, 5 in norischen Bildungen gefunden worden. Also auch hier macht sich wieder ein kleines Übergewicht der norischen Faunenelemente geltend. Versucht man es, den Bänken mit der karnisch-norischen Mischfauna ihre stratigraphische Stellung im Triassystem auf Grund ihres faunistischen Charakters anzuweisen, so wird man sie wohl in die norische Stufe, und zwar an deren Basis stellen müssen. Der innige Schichtverband mit den Hallstätter Kalken, die die oberkarnische Snbbullatus-Fauna führen, läßt ja eine andere Deutung als die Alternative: oberstes Karnikum oder unterstes Norikum gar nicht zu. Die Lücke in der faunistischen Reihenfolge, die E. v. Mojsisovics zwischen beiden Stufen der Obertrias angenommen hatte, erscheint durch diese Fauna wenigstens bis zu einem gewissen Grade überbrückt. Ihr überwiegend norisches Gepräge spricht für eine Stellung an der Basis der norischen Stufe. Sie einfach als Übergangsfauna zu bezeichnen, dürfte kaum gerechtfertigt sein, da es sich mit Rücksicht auf die große Zahl selbständiger, neuer Formen und die auffallenden faunistischen Differenzen sowohl gegenüber der oberkarnischen Zone des Tropites subbullatus als der unternorischen des Sagenites Giebeli wohl um eine neue Faunenzone handelt. Ich schlage vor, diese Zone nach einem ihrer charakteristischen Leitammoniten, dem Heinrichites Paulckei, zu bezeichnen. Das Genus Heinrichites, das bisher in anderen Hallstätter Bildungen noch nicht gefunden worden ist, zählt zusammen mit Griesbachites und Cyrtopleurites zu den arten- und individuenreichsten Geschlechtern unter den trachyostraken Ammoniten in unserer Fauna. Daß die Zone des Heinrichites Paulckei bisher nur am Feuerkogel im Salzkammergut nachgewiesen werden konnte, beeinträchtigt wohl ihre stratigraphische Bedeutung, nicht aber ihren zoologischen Wert. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen!, 1 Zuletzt in meiner Abhandlung »Die Bedeutung der Zonengliederung für die Frage der Zeitmessung in der Erdgeschichte«. Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. BEaB SERIEN 1:98,15. 2 Man vgl. insbesondere die Zone des Trachyceras Aon,: die in voller Rein- heit nur aus der unmittelbaren Umgebung von St. Cassian bekannt ist, mithin kaum eine größere lokale Verbreitung besitzt als die Zone des Heinrichites Paulckei im Gebiet von Aussee. Faunen der Hallstätter Kalke. She 33 daß die Tatsache, ob eine Zone mit konstanten faunistischen Merkmalen über ein größeres oder kleineres Gebiet der Erdober- fläche sich verfolgen läßt, ohne Einfluß auf deren Bedeutung für die Entwicklungsgeschichte der organischen Welt bleibt?. Jedenfalls zeigt die Zusammensetzung der karnisch-norischen Mischfauna des Feuerkogels so wesentliche Abweichungen von allen bisher unter- suchten typischen Zonenfaunen der Hallstätter Kalke, daß sie als eine besondere Zonenfauna ausgeschieden zu werden verdient, die eine selbständige Entwicklungsphase in der Meeresfauna der norischen Stufe repräseniiert. Wer an eine Untersuchung unserer Ammonitenfauna mit der Hoffnung herantrittt, in ihr Formen zu finden, die mit je einer Art in der tieferliegenden Subbullatus-Fauna und je einer solchen in den jüngeren Hallstätter Kalken des Unternorikums zu einer Formen- reihe vereinigt-werden könnten, erfährt eine schwere Enttäuschung. Zu der Aufdeckung derartiger Formenreihen bietet diese so wenig als andere Hallstätter Faunen einen Anlaß. Zum Schlusse mag nochmals auf die stratigraphische Be- deutung des Profils am Nordabhang des Feuerkogels zum Schnittlingmoos hingewiesen werden, das drei verschiedene Faunen- zonen der Hallstätter Kalke im Schichtverbande übereinander aufgeschlossen zeigt, während man sonst im Salzkammergut kaum jemals auch nur zwei Zonen profilmäßig so aufgeschlossen findet, daß ihr gegenseitiges stratigraphisches Verhältnis mit Sicherheit ermittelt werden kann. Vor allem aber ist hier zum ersten Mal der Nachweis einer unmittelbaren Überlagerung von Hallstätter Kalken mit einer reichen karnischen Fauna durch solche mit einer ebenso reichen norischen Fauna geglückt, in der, wie dies ja von vornherein zu erwarten war, auch noch zahlreiche karnische Elemente als Superstiten vertreten sind. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. \ a nd Mr - nr a3 [il be 32 PU Bauxite und Braunkohlen als Wertmesser der Tertiärklimate in Dalmatien Von Oberbergrat Fritz Kerner-Marilaun k. M. Akad. Wiss. (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 21. April 1921) Südeuropa war im Tertiär ein Archipel, dessen hydrometeorische Verhältnisse durch seine Ausbreitung beiderseits der Mittellage des Nordrandes der subtropischen Hochdruckzone bestimmt wurden. Es mußten sich überall in Küstennähe Winterregen und sommer- liche Trockenheit, in größerem Abstande vom Meere Frühlingsregen mit Spätsommerdürre und im nördlichen Randgebiete schon Sommer- regen einstellen, indes in den Übergangsräumen Herbstregen zur Entwicklung kamen. Alleinherrschaft sehr großer und gleichmäßig über das Jahr verteilter Regenmengen ist für das tertiäre Südeuropa auch bei tropischer Wärme nicht anzunehmen, wie ja eine solche Herrschaft selbst im ostindischen Inselmeere nicht besteht, wo man nicht weniger als vier verschiedene Typen. der Regenverteilung kennt, von denen einer eine so deutlich ausgeprägte Trockenzeit in sich schließt, daß dort die Kokospalmen nicht selten verdorren. Bei den besagten hydrometeorischen Zuständen konnten sich auf kleineren Inseln und im Umkreise größerer nun Roterdedecken und Macchien bilden, im Innern größerer Eilande Salztonböden mit Xerophytenwuchs zeigen und im Norden Braunerden und üppige Wälder entwickeln. Anläßlich der stattgehabten Größen- und Formen- wechsel der Inseln mußten dann Verschiebungen der Boden- und Pflanzenzonen erfolgen und mußten dieselben Gebiete bald in den Bereich des Meeres, bald in den des Landinnern kommen und in den Zwischenzeiten auch Bestandteil von Küstensäumen sein. Wäre die geologische Urkunde allerorts vollkommen lesbar und würden die irdischen Vorgänge ihrem Schema entsprechend verlaufen, so sollte man an allen nicht dauernd landfest oder meerbedeckt gewesenen Stellen einen wiederholten Wechsel von Kalken, von 36 F. Kerner-Mariiaun, Bauxiten und von Salz- und Gipslagern, beziehungsweise von IKohlenflözen in vorschreitender oder rückläufiger Folge erkennen. Nun ist aber jene Urkunde sehr lückenhaft und spielen sich jene Vorgänge oft nicht in einfacher Art ab, indem beispielsweise bei Reihenentwicklung manchmal einzelne Glieder ausfallen oder in doppelter Anzahl erscheinen. Besonders ist mit einem Wegfall der litoralen Übergangsbildung zu rechnen. An der Ostseite Spaniens ist in der. Gegend von Murcia der Roterdesaum unterbrochen und reicht der Salztonboden bis ans Meer. Im liburnischen Karste wird die Macchienzone sehr schmal und drängt sich die pontische Flora fast bis an die Küste heran. Dann kann die Roterdebedeckung ver- karsteter Küstenstriche durch Einschaltung von Flußebenen lücken- haft sein. Auch das Reliktenphänomen kann Störungen des oben aufgezeigten Schemas bedingen. Wenn ein Gebiet, das eine kleine Insel war, durch Meeresregression zum inneren Teile eines großen Inselkörpers wurde, konnte sich die Roterdedecke auch nach er- folgtem Klimawechsei erhalten und wenn dann das Gebiet infolge einer Transgression wieder in Küstennähe rückte, wird die vollaride Klimaphase in der Gesteinsfolge gar nicht angedeutet sein. So kann man nur hoffen, in einzelnen Gauen jenen Zyklus der Boden- und Florengestaltung ganz oder zum Teil entwickelt zu sehen. Ein solcher Fall ist in Mitteldalmatien gegeben. Nach- dem dieses Gebiet zur oberen Kreidezeit ganz meerbedeckt gewesen, wurde es im Protozän ein Küstenland, um dann im unteren Eozän wieder der Überflutung zu verfallen. Dann wurde es wieder eine Litoralregion, und zwar im oberen Mitteleozän ein bergiger Küsten-. strich, im unteren Oligozän aber Schwemmlandküste und Delta- gebiet. Im Jungtertiär rückte es dann weit vom Meere ab, um sich ihm im Quartär abermals zu nähern. So sieht man in Dalmatien dem Rudistenkalke Bauxit auf- gelagert, diesen von marinem Untereozän in der Fazies von Fora- miniferenkalk bedeckt, über diesem ein oberes Bauxitniveau ent- wickelt und trifft dann im Unteroligozän eine Kohlenbildung und — altmiozäne Sedimente ganz vermissend — im Pliozän eine jüngere Flözentwicklung an. Geologische Übersicht. Der protozäne Bauxit. Die klaren Zeichen einer Absatzlücke zwischen dem Rudisten- kalke und den Cosinaschichten und die noch deutlicheren Wahr- zeichen einer Unterbrechung der Schichtfolge zwischen jenem Kalke und dem Miliolidenkalke in den Gegenden, wo das limnische Protozän ‘fehlt, sind in meinen dalmatinischen Aufnahmsberichten wiederholt beschrieben.! Man erkennt eine alte, stark verkarstete Landoberfläche, 1 In den Verhandlungen der Geologischen Reichsanstalt 1893 bis 1914. y Tertiärklimate in Dalmatien. 31 in deren Hohlformen es zum Absatze von Roterde kam. Diese protozäne Roterde Dalmatiens ist dadurch bemerkenswert, .daß für ihre Bildung, nur die Lösungsrückstandshypothese gelten kann. Da es sich.hier um aus weitem Meere frisch emporgetauchten Boden handelte, schloß sich die Möglichkeit der Zufuhr von schon. in ‚älterer Zeit gebildeter Roterde aus der Nachbarschaft ganz aus. Auch die aeolische Zutragung roten Staubes aus einem. vielleicht in größerer Ferne bloßgelegenen krystallinen Kern kam kaum in Betracht. Auch die Annahme einer Zufuhr von Eisenlösungen und durch sie bedingter Metasomatose ließe sich nicht begründen. Die eisenoxydul-- ‚und pyrithältigen Flyschmergel Dalmatiens waren damals noch nicht abgelagert und die Flyschmassen Bosniens lagen — soweit sie vortertiären Alters sind — noch am ee Aber, auch aus der Tiefe konnten Eisenlösungen nicht zutreten. Damals erstreckten sich Kalk- und ‚Dolomitmassen von mehr als 2500: m..Mächtigkeit von der Bodenoberfläche nach unten.! Wenn nun gemäß den Anschauungen Blank’s gerade der Kalk nicht das Eisen der Roterde geliefert. hätte, wären dessen nächstmögliche Ursprungsorte die Augit- und Olivinkrystalle in den Diabas- porphyriten der Wengener Schichten und die Glimmerschuppen in den Sandsteinen der Werfener Schichten gewesen. Nun nahm Stache? zur Erklärung der kieseligen Beschaffenheit mancher Cosinakalke allerdings den Eintritt von Warmquellen in die proto- zänen Süßwasserseen an; die Erscheinungen der Oxydationsmeta- somatose durch Tagwässer hätten aber Wasserdämpfe von Siede- hitze nicht hervorrufen können. Das Eisen der Bauxite des dalma- tischen Protozäns ist von dem dem Kalke isomorph beigemischten kohlensauren Eisenoxydul herzuleiten, das zusammen mit dem Kalke als Bicarbonat gelöst, durch den Luftsauerstoff in Eisen- hydroxydgel umgewandelt und dann in wasserfreies Gel über- geführt wurde. Die Umstände, welche gegen die Annahme von Kispatic, daß das Eisen im Kalk (der Hauptsache nach) schon in oxydischer Verbindung vorgebildet sei, sprechen, habe ich andern- orts erwähnt.’ "Gegen die Aufrufung des dalmatischen Protozänbauxits als Zeugen eines mediterranen Klimas wird man aber den Umstand, daß er eine einfachere Bildungsweise als die südeuropäische Rot- erde der Jetztzeit besaß, nicht ins Feld führen. Roterden weisen unabhängig von ihrer besonderen Entstehungsart auf hohe sommer- liche Luftwärme und Lufttrockenheit, die zu allmählicher Zerstörung der humosen Massen führten, zugleich aber auch auf reichliche 1 Gemäß meinen Profilaufnahmen im Svilajagebirge. Trias: Verh. der Geol. Reichsanstalt. 1908, 12; Lias und Jura: ebenda, 1907, 11; Kreide: ebenda, 1915, Nr. 15 und 16. 2 Stache, Die Liburnische Stufe und deren Grenzhorizonte. 1889, 49. oa 3 Kerner, Geologie der Bauxitlagerstätten der österr.-ung. Monarchie. Berg- und Hüttenmänn. Jahrb. 1916. 38 F. Kerner-Marilaun, Durchfeuchtung des Erdbodens in der kühleren Jahreszeit. Ein in- direkter, aber darum nicht minder glaubwürdiger Zeuge für. ein mediterranes Klima Dalmatiens im mittlerer Protozän meldet sich in einem negativen Befunde: im gänzlichen Fehlen von Resten einer Landflora. Daß Stache! in Istrien scelche Reste als große Selten- heiten fand, erklärt sich etwa so, daß sich dort entsprechend der borealeren Lage schon der Übergang in ein Braunerdeklima vollzog. Dagegen ist das spärliche Erscheinen von Characeenfrüchten und das völlige Fehlen von dunklen Kalken und Kohlenlagen in den Cosinaschichten Dalmatiens nicht durch mangelnde Erhaltung, son- dern durch Entwicklungsmangel einer üppigen Algenflora in den protozänen Süßwasserseen dieses Landes bedingt. Die Kohlen und Charenkalke Istriens erscheinen dort, wo nach dem Rückzuge des Rudistenmeeres noch verbliebene Lagunen sich aussüßten. Im mittleren Dalmatien, wo Fortbestand von Wasserflächen nach dem Meeresrückzug eine seltene Ausnahme blieb, erfolgte die Seenbildung in mit Roterde erfüllten Mulden. Hier schienen die Bedingungen für das Gedeihen von üppigen Algenrasen zu fehlen. Die Bauxitentwicklung bietet keinen Anhaltspunkt für eine Beurteilung des Maßes der Ausprägung des mediterranen Klima- typus ım Protozän. Sie weist wohl auf eine geringere Ansammlung von Roterde als die gegenwärtige hin. Allein es fehlte die Möglich- keit der Zufuhr schon früher gebildeter Erde und es läßt sich die im Protozän und die im Jungquartär entführte Menge von Roterde auch nicht annähernd schätzen. So verbietet es sich, aus einer geringeren Anhäufung roter Eluvialgebilde im Protozän auf eine schwächere Ausprägung des Mittelmeerklimas zu schließen. Der mitteleozäne Bauxit. Der mitteleozäne Bauxit Dalmatiens wurde von mir und von meinem mit der Aufnahme Norddalmatiens betraut gewesenen Kollegen Schubert auch stets als fossile Roterde gedeutet. Ja Schubert ging soweit, die Bauxitlinsen geradezu als verquetschte und verdrückte Dolinenfüllungen zu betrachten. Später trat Kis- patic” auf Grund seiner genauen mineralogischen Untersuchungen mit Entschiedenheit für die Terra rossa-Natur der karstländischen Bauxite ein, wobei er im Vereine mit Tucan auch wieder ein eifriger Verfechter der Lösungsrückstandshypothese wurde. In neuerer Zeit hat sich Katzer’ sehr gegen eine Verallgemeinerung der These, daß Bauxit fossile Roterde und Terra rossa rezenter Bauxit sei, gewandt. 1 Liburnische Stufe, p. 53. 2 Kispatic, Bauxite des kroatischen Karstes und ihre Entstehung. Neues Jahrb. für Min., Geol. und Pal. Beilage Bd. XXXIV, 1912. 3 Katzer, Das Bauxitvorkommen von Domanovic in der Herzegowina. Zeit- schrift für prakt. Geol. 1917, Nr. 8. \ Tertiärklimate ın Dalmatien. 39 Katzer’s Einwände betreffen zunächst mehr die Entstehung einzelner Bauxitlager als die Genesis des Bauxits. Indem er in dem Lager von Domanovic eine ufernahe feinschlammige Einschwemmung in das seichte Mitteleozänmeer erblickt, gibt er wohl auch den Bestand eines rote Eluvien tragenden benachbarten Landes zu. Er betrachtet und erkennt diese Eluvien aber zum Teil als solche von Silikatgesteinen. Im Innern Norddalmatiens und im Bereich des Mosec und der Visoka sind die Zeichen einer Unterbrechung der marinen Schicht- folge während des oberen Mitteleozäns deutlich. Die Trockenlegung begann hier zum Teil schon im unteren Mitteleozän, zum ae auch noch früher, da die Alveolinenkalke infolge Einschwemmung von roter Erde streckenweise rosenrot gefärbt sind. Hinsichtlich der Erzmenge ist so bei dem jüngeren Bauxit Dalmatiens keine Be- schränkung auf die Rückstandshypothese geboten. Die aus dem oberen Mitteleozän erhalten gebliebenen Roterden können zum Teil auch umgelagerte Roterden aus älteren Abschnitten des Eozäns sein. Betreffs der Genesis kommt aber auch für den Eozänbauxit Dalmatiens hauptsächlich nur jene Hypothese in Betracht. Es ist zwar der die mitteleozäne Landperiode — im Gegensatz zur proto- zänen — kennzeichnende Sachverhalt, daß in ihr Gebirgszerstörung und Bloßlegung älterer Schichten in weitem Ausmaße stattfanden. Zur Entblößung Eisen liefernder Schieferkerne kam es aber nicht. Solche mußten auch damals abseits gelegen sein. Denn wo die eozänen Breccien an Werfener Schiefer stoßen, handelt es sich nicht um Transgression, sondern um tektonischen Kontakt an steiler Faltenverwerfung. Über den Grad der Ausprägung des Mediterranklimas im . mittleren Eozän gestattet der Bauxit dieser Zeitstufe — aus ähn- lichen Gründen wie der protozäne für seine Bildungszeit — kein genaueres Urteil. Dagegen ist es wieder das gänzliche Fehlen von Resten einer Landflora, was auf ein scharf ausgeprägtes semiarides Klima weist, in dem jede Humusanhäufung fehlte. Die unteroligozäne Braunkohle. Die reiche Flora, welche das am Monte Promina den nach diesem Berge benannten Schichten eingeschaltete Kohlenlager begleitet, wurde von Ettingshausen! und Visiani? beschrieben. Ein kleinerer Florenschatz aus der Nachbarschaft des jenem Lager ungefähr altersgleichen Schieferkohlenflözes von Ruda®? wurde von 1. Ettingshausen, Die eozäne Flora des Monte Promina. Denkschr. der Akad. der Wiss., VIII, 1854. 2 Visiani, Pianti fossili del Monte Promina. Memorie dell’ istituto veneto Kliusc. lett. ed. art. VII. 1858. 3 Kerner, Das kohlenführende Palaeogen von Ruda in Mitteldalmatien. Verh. ‚der Geol. Reichsanstalt, 1907, Nr. 6. 40 F. Kerner-Marilaun, mir bestimmt.! Betreffs der Altersdeutung der Kohlen des Monte Promina stimmten die Ergebnisse der Phyto- und Zoopalaeontologen nicht überein. Oppenheim? stellte die Süßwasserfauna der unteren Promina- schichten noch in das obere Bartonien, Heer? nahm im Hinblick auf die schon von Ettingshausen betonte große Verwandtschaft der Prominaflora mit den Floren von Häring und Sotzka für erstere ein untertongrisches Alter an. Als Beweis gegen ein obereozänes. Alter der Prominaflora führte Heer ihre völlige Verschiedenheit von der Flora des Monte Bolca ins Treffen. Der Ansicht Heer’s schlossen sich. später auf Grund der Faunenuntersuchung de Stefani und Dainelli* an. Nach Ettingshausen setzt sich die Braunkohlenflora des Promina aus dreierlei Bestandteilen zusammen; aus Pflanzen, die an dürren, sandigen oder felsigen, ganz niedrigen Stellen wuchsen, aus Pflanzen, die auf felsigen, buschigen Anhöhen und an ähnlichen Orten der Täler gediehen und aus Pflanzen der dichteren und feuchteren Wälder an. den Ufern von Flüssen. Von den nach Abzug der Gefäßkryptogamen und Wasser- gewächse verbleibenden 55 Pflanzenarten entfallen 65°, auf die mittlere, 15°/, auf die erste und 20°/, auf die letzte Gruppe. Von den von mir aus Ruda bestimmten 42 Spezies gehören 70%, der mittleren Gruppe an. Die örtliche Nachbarschaft feuchten und trockenen Bodens mußte sich mit einem zeitlichen Wechsel von Nässe und Dürre verknüpfen. Bei gleichmäßig über das Jahr ver- teilten Regen hätten die Xerophyten nicht zu gedeihen vermocht; in einer dauernd regenarmen Gegend wären die Hygrophyten nicht wachstumsfähig gewesen. Die Prominaflora weist so auf ein Klima mit deutlich ausgeprägter Regen- und Trockenzeit hin. Ein solches konnte in einem insularen Gebiete am Nordrande des Hochdruck- gürtels nur ein Klima mit Regen in der kälteren Jahreszeit sein. Die Prominaflora ist sonach das Wahrzeichen eines Klimas von derselben hydrometeorischen Tracht, wie jenes, welches die Bauxite bezeugen. Man sollte dann annehmen, daß die felsigen Höhen, die aus den Flußniederungen und Ästuarien aufragten, ein roterde- tragendes Karstgebiet waren, gleich den Anhöhen, auf denen jetzt die Macchienflora gedeiht, während die dürren, sandigen Stellen in den jetzt von Tamarisken besäumten Küstenstrecken, die feuchten 1 Kerner, Tertiärpflanzen vom Ostrande des Sinjsko Polje in Dalmatien. Ebenda, 1902, Nr. 14 und 15; und Beitrag zur fossilen Flora von Ruda, Ebenda, 1906, Nr. 2. — Alt- und jungtertiäre Pflanzenreste aus dem obersten Cetinatale. Ebenda, 1916, Nr. 8. ; ?2 Oppenheim, Über einige alttertiire Faunen der österr.-ung. Monarchie. Beitr. zur Pal. Ost.-Ung. und des Orients. XII. 3 Heer, Flora tertiaria Helvetiae. 4 Dainelli, Il miocene inferiore del Monte Promina in Dalmazia. Atti d. ı. acc. d. Lincei. 1901; und Palaeontographica italica 1901. ' Tertiärklimate in Dalmatien. 47 Niederungen in den mit Pappeln und Weiden bewachsenen Ufer- _ zonen der heutigen Küstenflüßchen allerdings sehr schwache Ana- loga fänden. Dann drängt sich die Frage auf, wie es sich mit den Anzeichen von Roterdebildung im dalmatischen Oligozän verhält. Schon Stachel! wies auf das Vorkommen von bohnerz- führendem Ton auf der Ostseite des Monte Promina hin. Es greifen dort Konglomerate der unteren kohlenführenden Prominaschichten auf tieferen Kreidekalk über. Stache sah dieses Vorkommen aber als eine noch aus dem Mitteleozän stammende Roterde an und rief es als Zeugen für eine schon zu jener Zeit stattgehabte Emersion auf. Die tonigen Brauneisensteine nahe dem Gipfel des Promina liesen dort, wo die obersten Konglomerate auf Rudistenkalk trans- gredieren und kommen so nicht mehr als Zeugen von Verwitte- rungsvorgängen zur Zeit des Wachstums der Prominaflora in Betracht. Am Koziak und auf der KamesSnica treten an der Grenze der Tertiärkonglomerate gegen den kretazischen Untergrund keine nennenswerten Einschaltungen von Eisenton auf. Man könnte nun wohl annehmen, daß die Terra rossa-Decken an den Rändern der aus den Flußniederung sen aufgestiegenen Felshöhen durch Hoch- wässer weggespült wurden. Dann würde män aber ein reicheres Auftreten roten Zements in den Konglomeraten erwarten. Auch die Plattenkalke und Mergelschiefer der Prominaschichten zeigen meist lichtgelbliche oder bläulichgraue Farben und weisen nur selten einen Stich ins Rötliche auf. Man hat sich das Gebiet der Prominaschichten (zu ihrer Bildungszeit) als ein an Ästuarien und sich verzweigenden Mündungs- armen reiches Delta vorzustellen. Da konnte es wohl sein, daß Aufschwemmungen von Roterde wegen allzu großer Verdünnung ihre färbende Kraft verloren. Die früher erwähnte rosenrote Färbung der Boreliskalke widerspricht dem nicht. Es kann sein, daß Sink- stoffe, wenn sie ins Meer gelangen, über ein viel weniger weites Areal verschleppt werden, als wenn sie in Flüsse geraten. Es ist so als wahrscheinlich anzusehen, daß in Dalmatien auch im Unter- oligozän das außerhalb der Flußniederung gelegene Land verkarstet und teilweise mit Roterde bedeckt war. Bauxit und Kohle schließen sich so als Wahrzeichen desselben Klimas nicht überhaupt und nur insoweit, als es sich um Kalkboden handelt, aus. Wo von felsigen Lehnen abgespülte pflanzliche Reste in den Uferschlamm ständiger Flüsse und Seen gerieten, konnten sie der Umbildung in Humus und — sofern sie holzig waren — der Um- wandlung in Kohle unterliegen. Die Flüsse, welche die Promina- konglomerate aufschütteten, konnten nicht erst in der Küstenzone entspringen und brauchten so in ihref Wasserführung auch nicht 1 Stache, Über das Alter bohnerzführender Ablagerungen am Monte Promina. Verh. der Geol. Reichsanstalt. 1886, Nr. 15 42 F. Kerner-Marilaun, vom Küstenklima im Sinne eines sommerlichen Versiegens beein- flußt zu sein. Ihr Uferschlamm war dauernd feucht. Die Haupt- masse der Prominakohlen wird man aber naturgemäß von den in der Flußniederung selbst gewachsenen Bäumen herleiten. Wo die abgestorbenen Pflanzenreste durch die Regenfluten des Winters in Karstmulden geschwemmt wurden, deren Boden im Sommer ganz austrocknete und sich erhitzte, wurden sie aber all- mählich zersetzt. Auf den durch den Rückzug des Rudisten- und Alveolinenmeeres erstandenen Küstenländern widerfuhr den Resten der Pflanzenwelt nur dieses letztere Schicksal. Das Fehlen fluviatiler Konglomerate im Protozän und Mitteleozän beweist, daß damals der verkarstete Küstensaum nicht durch Schwemmlandgebiet unter- brochen war. Selbst das Dasein der kleinen heutigen Küstenflüsse knüpft sich an Aufbruchszonen triadischer Schiefer als ihre Ur- sprungsgebiete. Solche Aufbrüche fehlten noch in den genannten beiden Stufen des Tertiärs und auch aus entfernteren Hinterländern kamen damals keine Flüsse heran. Der altpliozäne Lignit. Während aus dem lignitführenden Neogen der Insel Pago Pflanzenreste, vorzugsweise Koniferen, von Radimski! schon vor längerer Zeit erwähnt worden waren, wurden solche aus der Lignit- formation des festländischen Dalmatien erst durch mich bekannt gemacht.” Meine Funde bestanden hauptsächlich in Wasser- und Sumpfpflanzen, die mir wertvolle Behelfe zur Detailgliederung® des Neogens im Cetinatale wurden, soweit nicht schon die von Hauer und Stache entdeckte und von Brusina genau bearbeitete Süß- wasserfauna die Mittel für eine solche Gliederung bot. An einigen Orten fanden sich auch Reste von Landpflanzen. Sie sind aber zu spärlich, als daß man aus ihnen schon ein klares Bild der Flora gewänne. Neumayr* schrieb den neogenen Süßwasserschichten Dal- matiens einen großen stratigraphischen Umfang zu, indem er sie teils noch der dritten Miozänfauna, teils der pontischen Übergangs- fauna, teils der levantinischen Stufe zuteilte. Für ein Hinabreichen des Cetinenser Neogens in die sarmatische Stufe sprach sich auch Stache aus, der, wie später Kittl, ihre obere Grenze ins Pleistozän l Radimski, Das Lignitvorkommen auf/der Insel Pago. Verh. der Geol. Reichsanstalt. 1877, Nr. 6 und 11. 2 Kerner, Neogenpflanzen vom Nordrande des Sinjsko polje. Jahrb. der Geol. Reichsanstalt. 1905. 3 Kerner, Gliederung der Sinjaner Neogenformation. Verh. der Geol. Reichs- anstalt. 1905. Nr. 6. 4 Neumayr, Geologie der Insel Kos. Denkschr. der Akad. der Wiss. 1880. Tertiärklimate in Dalmatien. 43 hinaufschob. Die Blatireste gehören teils den noch sarmatischen Ceratophyllumschichten, teils den Fossarulidenmergeln, teils den Congerienschichten an. Das dürftige, aus den ebenen Funden erstehende Bild der früh- bis vorpontischen! Flora Dalmatiens fügt sich dem Rahmen ein, in welchem die alpinen und transalpinen Floren derselben Zeitstufe sich zeigen. Rein tropischen Typen sicher zuzurechnende Reste fehlen.” Zurückgebliebenen Formen der wendekreisnahen Sub- tropen (so das hoch hinaufreichende, leicht erkennbare Cinnamomum Scheuchzeri, analog dem südjapanischen (. pedumculatum) erwächst ‚in Arten sommergrüner Wälder (Reste von Amentaceen und von Juglans) ein Gegengewicht. In der Mehrheit sind Formen der warmen Zone (Myrica, Laurus, Diospyros, Myrsine, Daphne, Rhodo- dendron). Erwähnt sei noch, daß von zwei sehr bezeichnenden Arten der neogenen Süßwasserflora die eine, Ceratophvllum Sinja- num, dem (C. pentacanthum in den Tümpeln des Alföid, die andere, Damasonium Sutinae, dem D. Alisma der Mittelmeerländer gleicht. An der Berührungslinie des Jungtertiärs mit dem Gebirgs- gerüste sieht man dort, wo sie nicht — was wiederholt der Fall — einer Verwerfung, sondern einer Auflagerungsgrenze entspricht, die Unterlage mit Krusten von tonigem und sandigem Brauneisen be- deckt, die oft in ein Haufwerk von Bröckeln zerfallen. Ein- schaltungen von Limonitflözen oder von Bauxitlinsen zeigen sich an der Neogenbasis nicht. Daraus erhellt, daß keinesfalls die klima- tischen Bildungsbedingungen für Seeerz oder die für Sumpferz gegeben waren und daß der Boden der Mulden, in dener die Wassersammlung erfolgte, keine Roterdedecke trug. Die etwas tonigen Süßwasserkalke sind größtenteils weiß, lichtbläulichgrau oder blaßgelblich gefärbt. Eine Ausnahme machen nur die auf 'basalen Eisensteinkrusten unmittelbar ruhenden Schichten, die hell- ‚gelb gefärbt sind, und die Mergellagen auf permotriadischem Grunde, die eine der wechselnden Zufuhr von Abschlämmungen roter Schiefer, schwarzer Kalke und gelber Rauhwacken entsprechende Farben- bänderung zeigen. Dies deutet an, daß in Mitteldalmatien keine Einschwemmung von Terra rossa in die Süßwasserbecken erfolgte und deren Um- gebung keine großen Roterdelager umschloß. Auch Schubert be- richtete aus seinem Aufnahmsgebiete, daß nur ganz vereinzelt eine Einschwemmung von Roterde in dünnen Lagen in das limnische . Neogen vorkomme. Direkte Zeugen der Verwitterungsvorgänge auf der pliozänen ons gibt es dort, wo diese Fläche eine Uberdeckung mit 1 Pontisch im Seelozecen. nicht im pflanzengeographischen Sinne. 2 Eine Ficus und eine Cassia erscheinen in meiner Liste mit ? Ein Blättchen konnte ich mit Unger’s Bumelia orcadum identifizieren, doch ist die systematische Stellung der von Unger, Ettingshausen und Heer den Seifenbäumen zugedächten Blattreste noch fraglich. 44 F. Kerner-Marilaun, altquartären Lehmen und Sanden erfuhr. Wo diese wieder entfernt sind, zeigen sich in Norddalmatien neogene Roterdelager. Es mußte ja Roterde noch aus früheren Abschnitten des Tertiärs in großer Menge erhalten sein, ihre Neubildung war aber vielleicht damals nicht reichlich. ih, Klimatologischer Teil. Die folgende Betrachtung entspringt den Gedankengängen, welche auch für meine früheren Arbeiten über die Vorzeitklimate leitend waren. Die Verknüpfung klimatischer Zahlenwerte mit Fos- silien und Gesteinen erwächst hier nicht aus einem Irrglauben an die Zulässigkeit strenger thermischer Analogieschlüsse und die Ab- leitung solcher Werte aus palaeogeographischen Karten ist nicht der Auswuchs einer Wahnvorstellung, daß. diese Karten. richtig seien. Beide Maßnahmen fasse ich, wie andernorts dargelegt," nicht als preiswerte sichere Lösungsmittel der Klimarätsel, sondern als einzige gangbare Wege zur Inangriffnahme der bezüglichen Pro- bleme auf. Terrigene Gesteine sind als Wertmesser der Vorzeitklimate nur beschränkt zu verwenden, da die klimatischen Werte in den Verbreitungsgebieten der verschiedenen Bodenarten große Schwan- kungen zeigen. Es ist das nicht die Folge einer relativen Unab- hängigkeit der Bodenbildung vom Klima, sondern das Ergebnis eines bei dieser Bildung statthabenden Wechselspieles der klima- tischen Faktoren, das in ihrem Produkte seinen Ausdruck findet. An erster Stelle kommt hier das Produkt aus Luftwärme und Luft- feuchtigkeit (beziehungsweise deren reziprokem Werte) in Betracht. Man kann aber nicht dieses zur Grundlage des Vergleiches machen und muß dessen beide Faktoren getrennt untersuchen. Bestimmung der thermischen Palaeoklimate. Zur Bestimmung des thermischen Roterdeklimas boten die wertvollen Tabellen in Hann’s Klimakunde ausreichenden Stoff Es ließen sich aus dieser Quelle für viele in das von Ramann umgrenzte Terra rossa-Gebiet fallende Orte die wichtigsten Kenn- zeichenwerte der Luftwärme entnehmen. Ramann dehnte den Rot- erdebegriff über die Terra rossa der Karstländer auch auf die roten Erden der aus Silikatgesteinen bestehenden Uferteile des Mittel-. meeres aus. Hiedurch erfährt die klimatische Kennzeichnung des Roterdeklimas aber keine Verzerrung, da Schiefergebiete nur einen kleinen Bruchteil des Terra rossa-Geländes im Sinne Ramann’s einnehmen und nicht die klimatischen Randwerte umfassen. . 1 Kerner, Synthese der morphogenen Winterklimate Europas zur Tertiärzeit.. Diese Sitzungsber., 1913, Februar. Tertiärklimate in Dalmatien. ! 45 Aus je 50 Stationen des westlichen und östlichen Mediterran- gebietes ergaben sich für die mittlere Jahrestemperatur aus den - Häufiskeitszahlen von 1 Grad breiten und um je einen halben Grad vorschreitenden Wärmestufen je zwei durch ein tiefes Tal getrennte "Scheitel: 15-3 und 17°7 für das westliche, 15°1 und 17°7 für das östliche Becken. Als Scheitelwerte der Temperaturen der extremen Monate wurden in gleicher Weise 11:2 und 25°1 im westlichen, 9-0 und 25°5 im östlichen Becken gefunden. Größere Verschieden- heit weisen die Scheitelwerte der Amplituden auf: 15°2 West und 15:7 Ost. Die Mittelwerte sind: } Jahr Kältester Monat Wärmster Monat Westin, 15°9 Sa 24-2 (DR Pe 15°9 7 292 Als Durchschnittswerte der mittleren jährlichen Extreme ergaben sich aus im ganzen 50 Stationen für das Maximum 35°3, für das Minimum —2°1. Die Grenzen der Spielräume, innerhalb deren sich die genannten Werte bewegen, sind: Mittl. Max. Mittl. Sommermonat Jahresmittel Mittl. Wintermonat Mittl. Min. ul 7, 2138 1827 32.0 42 9-9 20 | 677 1, Die obere Grenze der Mittsommerwärme im Terra rossa-Klima läßt sich bei 27'5° scharf ziehen. Die Orte mit Julitemperaturen über 28° gehören schon den Steppengebieten an (darunter in Europa Sevilla mit 29:4). Schwieriger ist es, das Roterdegebiet im Winter thermisch nach unten scharf abzugrenzen, da es ohne scharfe Grenze in das Gebiet der Braunerden übergeht. Läßt man die Grenze mit der des Karstes zusammenfallen, so erhält man als untere Grenze der Jännertemperaturen schon Werte unter Null (MaSun, 1000 »z, am Krainer Schneeberg nach Trabert — 3:9). Die Erden weichen. dort aber wie auf den.dalmatischen Bergen durch rotbraunen Farbenton schon sehr von den tiefroten Erden der dalmatischen Inseln ab. Die hier angenommene thermische Grenze schmiegt sich dem Rande des Verbreitungsgebietes der mediterranen Flora an. Zwischen den vorangeführten Randwerten sollte das thermische Klima Dalmatiens in jenen Zeiten, aus denen Bauxite erhalten sind, gelegen gewesen sein, wenn — woran nicht zu zweifeln ist — die Bauxite Dalmatiens fossile Roterden sind, und sich die Bildung der- artiger Erden in der Vorzeit unter ebensolchem Klima wie in der Jetztzeit vollzog. | | Als’ Orthotemperaturen! der fossilen Pflanzenwelt des Monte Promina darf man jene annehmen, welche Heer für die 1 Synthese der Winterklimate etc., p. 55. 46 F. Kerner-Marilaun, Floren der unteren Schweizer Molasse bestimmte. Die Erlaubnis . hiezu leitet sich daraus ab, daß jene Flora mit der aquitanischen Schweizer Flora 31 Arten gemein hat und mit den tongrischen Floren von Sotzka und Häring, die ihrerseits 54, beziehungsweise 44 Schweizer Arten enthalten, 38, beziehungsweise 36 Arten teilt. Artengemeinsamkeit kann wohl noch mehr als für Altersgleichheit, für Klimaübereinstimmung kennzeichnend sein. Heer führte zum Vergleiche die Temperaturen von fünf Orten an, deren einer S. Cruz de Teneriffa ist. Läßt man, da Heer selbst sagt, daß im aquitanischen Schweizer Klima die Winter etwas kälter, die Sommer ein wenig wärmer als jetzt auf den atlantischen Inseln gewesen wären, S. Cruz weg, so erhält man im Mittel der vier anderen Orte Jahr Winter Sommer 21:0 13°5 28'2 und im arithmetischen Durchschnitt der unter diesen vieren wieder als zum Vergleiche besonders geeignet bezeichneten beiden Orte Jahr Winter : Sommer 20:4 13°3 209 Als Orthotemperaturen der vor- bis frühpliozänen Flora von Sinj kommen die von Heer für die toskanische Obermiozänflora bestimmten in Betracht. Trotz der Spärlichkeit der dalmatischen Reste ist eine nahe Verwandtschaft der durch sie angedeuteten Flora mit der des Arnotales nicht zu verkennen. Für den Wärme- vergleich beachtenswert ist besonders das gemeinsame Vorkommen zweier Typen, die man als letzte Nachklänge an den tropischen Formenschatz ansehen möchte, die aber auch in den Westalpen noch hoch hinaufreichen (Ficus tiliaefolia und Cassia hyperborea u. Phaseolites). Dazu kommt eine Vertretung von Cinnamomum in zwei verschiedenen Arten. Andrerseits sind beiden Floren boreale Einschläge (Betula, Juglans, Pinus) gemeinsam. Da nach Heer die jungtertiäre Flora Toskanas nur ein um 2 bis 3° wärmeres Klima als das der Jetztzeit erheischte, kommt man im Durchschnitt der auf 50 m Seehöhe reduzierten Temperaturen von Florenz und Siena bei Erhöhung um 2°5 für das Jahr, 3°5 für den Winter und 1° für den Sommer zu folgenden Zahlen: Jahr Winter Sommer 17.33 on 264 Nach Heer sollten die vorangeführten Werte den Lufttempera- turen zur Zeit des Wachstums der Tertiärfloren entsprechen. Im Rahmen meiner Betrachtung sind es die Temperaturen, welche zu jener Zeit geherrscht hätten, wenn keine Wechsel im Wärme- bedarfe erfolgt wären. Dort werden jene Werte als gegebene Größen Tertiärklimate in Dalmatien. AT betrachtet, hier spielen sie die Rolle von Werten, die man in dio- _ phantischen Gleichungen fallweise für einzelne Unbekannte einsetzt, _ um für andere eine mögliche Lösung zu finden. a Größere Bedeutung als die auf den schon von Heer gewandelten Pfaden erzielte Erkenntnis hätte eine von systematischen und pflanzengeographischen Gesichtspunkten unabhängige Bestimmung der alten Klimate auf Grund der oikologischen Merkmale der Pflanzen. Eine solche müßte durch einen Phytologen erfolgen, würde aber, da sie sich auch auf den feineren Bau der Blätter stützen sollte, die dalmatischen Pflanzenreste aber meist nur als Abdrücke vorliegen, nicht viel Erfolg versprechend sein. Bestimmung der hydrometeorischen Palaeoklimate. Für die Jahresmenge des Niederschlages ergaben sich aus 90 Stationen im Roterdegebiete aus den Häufigkeitszahlen für 10cm breite und um je 5 cm vorschreitende Regenstufen zwei gut getrennte Scheitel bei 515 und 8SlO mm. Die Spaltung rührt davon her, daß sich bei Abnahme der Mengen gegen Süd die Steppen Spaniens und Anatoliens, das Westmittelmeer und die Gebirge der Balkanhalbinsel zu einem stationsärmeren mittleren Gürtel zusammenschließen. Der Mittelwert fällt zufällig mit dem Hauptscheitel zusammen (810 mm), sinkt aber bei Weglassung der obersten Glieder der Reihe schon auf 780 herab. Für die Regen- menge des nässesten Monates bekam ich als Scheitelwert 115, als Mittelwert 122 mm, für die Regenmenge des trockensten Monates liegt der Scheitelwert zwischen 2 und 3 mm, wogegen der Mittel- _ wert 19 mm ist. Als Grenzwerte der Regenmengen ergeben sich: Jahr Nässester Monat Trockenster Monat 1626 247 22 306 08 (6) Für die absolute Regenmenge des mediterranen Sommers wurden als weit getrennte Scheitelwerte 22 und 108, als Mittel- wert 81 gefunden (Zentralwert 62), für die relative Regenmenge dieser Jahreszeit als Scheitelwerte 3°1 und 8:7°/,, als Mittelwert 9:4°%),. Aus der Zusammenstellung der Regensummen der drei “Monate November bis Jänner kamen als Scheitelwert 261, als Mittelwert 286 zum Vorschein (Zentralwert 275). Der relativen _ Regenmenge des Winters in der vorigen Abgrenzung erwächst als scharf markierter Scheitelwert 32, als Mittelwert 38°0°),. Die Spiel- räume, innerhalb deren sich die vorgenannten Regenhöhen im Rot- erdegebiete bewegen, begrenzen sich wie folgt: Winter absolut Winter relativ Sommer absolut Sommer relativ 491 630), 282 210), +21. Zi 1 Ö 45 ' F. Kerner-Marilaun, Von lokal abnorm gesteigerten Mengen (Fiume im Sommer, Ragusa und Korfu im Winter, Crevice in allen Jahreszeiten) ist hiebei abgesehen. Die Zahl von 90 Stationen wurde durch Ergänzung der bei Hann angeführten Orte durch einige aus anderer Quelle entlehnte erreicht. Als relative Luftfeuchtigkeit im Roterdegebiete ergab sich im Mittel aus 30 Stationen für den Winter 74:7, für den Sommer 569 und für das Jahr 66°7°/,. Die Verteilung der Stationen über. den Spielraum ihrer Werte ist so gleichmäßig, daß die Mittel mit den Zentralwerten (74, 57 und 66°5) fast genau übereinstimmen. Als Grenzwerte der Luftfeuchtigkeit im Roterdeklima findet man: \ Jahr Winter : Sommer 7 81 70 61 68 40 Die Stationen an der ligurischen Riviera wurden nicht ein- bezogen, da dort der jährliche Gang der Luftfeuchtigkeit dem für das Mediterrangebiet normalen entgegengesetzt ist. Als Bewölkungsmittel erhielt ich aus 50 Stationen 5°4 für den Winter, 2°1 für den Sommer und 4:0 für das Jahr. Auch hier fallen die Mittelwerte mit den Zentralwerten (5°3, 2:0 und 4:0) fast zusammen, wogegen die primären Scheitelwerte mehr abseits liegen (5°0, 1:8 und 4:2). Die Grenzwerte sind: Jahr Winter Sommer Se 6°'6 45 ENT 4-0 0°6 Die zur Ableitung vorstehender Feuchtigkeits- und Bewölkungs- grade verwendeten Reihen waren (außer für die Jahresmittel) nicht homogen, da die bei Hann zur Aufzeigung der Jahresschwankung angeführten Zahlen teils Werte der extremen Jahreszeiten, teils solche der extremen Monate sind. Der hier erstrebte Zweck, den möglichen Spielraum der hydrometeorischen Werte im Bauxitklima aufzuzeigen, erheischte aber keine strenge Anwendung aller Regeln zur Gewinnung genau vergleichbarer Werte. ‚Betreffs des Hydroklimas von Mittel- und Südeuropa im Tertiär sah auch Heer davon ab, auf phytologischer Grundlage Zahlenwerte zu nennen. Er war sich dessen bewußt, daß die An- nahme des Regenregimes der südlichen Unionstaaten für das Tertiär- land der Schweiz betreffs der mediterranen Florenanteile desselben die Negation einer bioklimatischen Analogie zwischen einst und jetzt in Hinsicht der Hydrometeore in sich schloß. Um so weniger mochte er bezüglich solcher Klimabildner zihermäßige Vergleiche erwägen. Heer war allerdings bestrebt, die westalpine Tertiärflora in ihrer Gesamtheit zu betrachten und konnte so naturgemäß nur BE WERDE WEITERE Tertiärklimate in Dalmatien. 49 allgemeinste Züge des Klimas aufzeigen. Einzelfloren mögen immer- hin zu näheren, sich bis zur Nennung von Zahlen vorwagenden _ Annahmen auch betreffs der Hydrometeore einladen. Es wurde schon erwähnt, daß man die Pflanzenwelt des Monte Promina als die eines Winterregengebietes ansehen muß und es läßt sich ‚wohl versuchen, über das Maß der Ausprägung desselben einen Schluß zu ziehen. Man wird diesen zunächst auf das Vorkommen von Proteaceen und Myrtaceen sowie von Celastrineen stützen, wobei freilich daran zu erinnern ist, daß gegen Ettingshausen’s Proteaceen-Diagnosen mehrseits Bedenken erhoben wurden. Aus zahlreichen Stationen West- und Südaustraliens ergibt sich als relative Regenmenge des Sommers 9°6°/,; auch am Kap entfällt auf diese Jahreszeit fast ein Drittel der Normalmenge. Die relativen Regenmengen des Winters sind 40 bis 45 am Kap und im Durchschnitt 47 in West- und 39 in Südaustralien. Für die relative Feuchtigkeit im Jahresmittel und zur nässesten und trockensten Zeit konnen am Kap 67, 75 und 56, im neu- holländischen Proteaceenlande 58, 70 und 50 als Durchschnittswerte gesetzt werden. Erstere stimmen mit den für das Roterdegebiet gefundenen genau überein. Die entsprechenden Zahlen für die Be- wölkung sind 3:7, 4:3 und 2:9 am Kap und 4°3, 6°0 und 2'7 in West- und Südaustralien (letztere von den Mittelzahlen im Medi- terrangebiet wenig verschieden). In den außerhalb der feuchten Regenwälder gelegenen Teilen des Tropengürtels, in deren Floren sich auch Analoga zu den Prominapflanzen finden, liegt die relative Regenmenge der trockensten Jahreszeit — von Extremen abgesehen — zwischen 7 und 13°/,; jene des nässesten Vierteljahres ist großen Schwankungen aus- gesetzt (bis 40°/,). Ähnliches gilt von Bewölkung und Feuchtigkeit. Es wird so als Maß der Ausprägung des subtropischen Regen- Bu: 3 | l 1 regimes im Unteroligozän Norddalmatiens ein zwischen —,- und = Q Zr gelegener Wert des pluviometrischen Quotienten des Sommers an- nehmbar sein. Für den Winter käme ein zwischen 1!/, und 2 ge- legener Wert dieses Quotienten in Frage. Die aloe Flora von Sinj weist Typen der Mittelmeer- länder und des Orients in Mischung mit tropischen Nachklängen und borealen Einschlägen auf. Man wird so auch für die Zeit ihres - Gedeihens keine sehr scharfe Ausprägung des mediterranen Regen- regimes vermuten. Gleich der Prominaflora birgt auch die Flora von Sinj Pflanzen- formen, deren nächste Verwandte in Ländern mit Sommerregen gedeihen (südjapanischer Kampferbaum). Auch dieser Umstand Scheint auf eine nicht sehr ausgeprägte Trockenheit des Sommers zu deuten. Die Rotbuche Mitteleuropas dringt jetzt am Svilajakamme ‘ Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 2 80 F. Kerner-Marilaun, (nordwestlich von Sinj) bis dahin vor, wo der pluviometrische Quotient des Juli und August unter !/, zu sinken beginnt.! Andrer- seits reicht die Macchienflora im südlichen Istrien bis dahin nach Nord,? wo der trockenste Monat vom Juli auf den Jänner umspringt.” Die relative Regenmenge des Sommers in Pola ist 21%,,* die des Winters 27/9. Bestimmung der morphogenen thermischen Klimate. Zur Beurteilung des morphogenen thermischen Klimas Dalma- tiens im Tertiär sind zunächst die von mir aufgestellten Formeln ® für die stenomorphogenen Wintertemperaturen Europas dienlich. Für einen mittleren Punkt des Bauxitlandes, entsprechend o — 43° 30), X = 16° 307 ö. v. Gr. ergeben sich durch emiache Interpolation aus den für die Schnittpunkte fünfter Meridiane und Parallele auf Grund von Matthew’s Karten” von mir bestimmten Werten folgende stenomorphogene Jännertemperaturen: Protozan. Sl, Oligozän 10°0, Eozän 9:9, Pliozän Bar Die stenomorphogenen Sommertemperaturen lassen sich nicht über das ganze Mittelmeerbecken hin durch eine einfache Formel, in der die Landbedeckung als Variable eines positiven Gliedes erschiene, darstellen, da das Land zwischen Pontus und Adria auch im Sommer wärmemindernd wirkt. Während sich über der waldlosen Meseta eine von der 26° -Isotherme rings umschlossene Pleiotherme erhebt und den vorwiegend kahlen Küstenländern des jonischen Meeres zwei naeh.Nord vorgestreckte Zungen jener Iso- therme entsprechen, schließt die durch das Schwarze Meer bedingte südliche Vorwölbung der 24°-Isotherme auch den waldreichen 1 F.v. Kerner, Regenprofile durch Dalmatien. Met. Zeitschr. 1918, Hett 9 und 10, p. 220. 2 A.v. Kerner, Florenkarte von Österreich-Ungarn in Physikal. stat. Hand- atlas von Osterreich-Ungarn. Wien 1887. 3 F.v. Kerner, Untersuchungen über die Veränderlichkeit der jährlichen Niederschlagsperiode im Gebiete zwischen der Donau und nördlichen Adria. Denk- schriften der mathem.-naturw. Klasse der Akad. der Wissenschaften. 84. Bd., 1908, Ds 110) 4 Nach Hann (Regenverhältnisse Österreich-Ungarns), 21, nach Seidl (Klima von Krain) 19°7, nach der von mir untersuchten Reihe 21°3, nach Hann (Klimato- logie, II. Aufl.) 20°4, nach dem Hydrograph. Zentralbureau 20:7. Das Verhältnis des Juli zum Februar (Jänner) ist nach denselben Quellen: 5:7, 48:64, 9:6, 4:9:9°4 und 5°6:4°8. 5 Nach den vorigen Quellen: 31, 31:5, 26:9, 26°4 und 27°0. 6 Kerner, Synthese der morphogenen Winterklimate Europas zur Tertiärzeit. Diese Sitzungsber., 122. Bd., Ila, Februar 1913. 7 W.D. Matthew, Hypothetical outlines of the continents in tertiary times. Bull. Am. Mus. of Nat. Hist. New York 1906. . Tertiärklimate in Dalmatien. Sat Stamm der Balkanhalbinsel ein. Als Wiederholung des wärme- mindernden Einflusses reicher Waldbedeckung erscheint die südliche Ausbauchung der 22°-Isotherme über Siebenbürgen (vielleicht spielt in beiden Fällen aber auch ein durch die Reduktion auf den Meeresspiegel nicht ganz kompensierter Einfluß der Seehöhen mit). Es ließen sich so nur für den westlichen Teil des Mittelmeerbeckens normale Beziehungen zwischen Sommerwärme und Landentwicklung aufzeigen. Für die Julitemperatur am 40. Parallel ergab sich als einfachster Ausdruck: | u =19700 73122070, in welchem 1! % I — 5 BIaot 2A) wenn /., und f, die prozentischen Landbedeckungen der um die betrachteten Punkte als Diagonalenschnittpunkte herumgelegten 20- und 5-Gradfelder sind. Die Formel gibt die beobachteten Werte mit einem mittleren Fehler von —0'37 wieder: | | Be 520 | | | 20° W| 158 10 b) 0 | | berechnet..| 19:7 | 20° 20-0 | 28-0 | 27°: as 28M | 28° 26: | 5 7:5 0) 5 beobachtet.| 20:0 | 19:7 | 20:0 | 28-2 | 27:0 | 25-5 | 25-2 | 25-9 | 26-3 Ditferenz.| 0-3 [10:8 | 0-0 0:2 140-5 | 0-9 | 0-2 140-1 |+0-2 | | j N | | | | Bei Beschränkung auf die Meridiane des Westmittelmeeres erhält man in analoger Art mittels des Ausdruckes == 232 295 10° folgende Temperaturen und Abweichungen von den beobachteten Werten: | Sao se | 10 | Ka 0120 | | | | | | eemene....| 27:7 | 27:3. 25-1 262 26-5 El beobachtet....... PO 20) | 255 25 25:9 263 Differenz....| —0:5 | 20-3 | —0-4 (02 Nee | Der höhere Wert des konstanten Gliedes entspricht der größeren Erwärmung des Binnenmeeres im Vergleiche zum benach- "barten Ozean. Für /,, und f, wurden die seinerzeit von mir zur Ableitung der Jännertemperaturen ermittelten Werte gewählt. 4 2 F. Kerner-Marilaun, Am 45. Parallelkreise erscheint der Einfluß der. anchiperi- statischen Bedeckung durch den Alpenbogen gestört, die euryperi- statische Bedeckung reicht aber zur Darstellung der Temperaturen nicht aus. Durch die Ausdrücke E — 16:81+9-69 4, und i— 17-44+7'90%,, von denen der zweite unter Ausschluß der Werte von 10° W und 10° E zustande kam, wird so nur eine sehr unvollkommene Wieder- gabe der Temperaturen mit mittleren Fehlern von —1'16° und — 0:95° erzielt: 1 | 20°W| 15 10 5 0) 5° E 10 15 berechnet... ......|ı 168 | 1738| 19737 19.770 22227722752 722750 E25 beopachter rn 18-4 | 18°1 | 17:6 | 18°6 | 20°4 | 23°0 |, 24°8 | 24-0 Differenz .... 1:6 | 0:3 1.7 21210 11280) 022 DEE Durch Einsetzung der aus den Karten Matthew’s abgeleiteten Bedeckungswerte in obige Formeln erhält man für die Meridiane Ound202E Protozän Eozän Oligozän | Pliozän U Rn 15 20 15 20 15 20 | 15 20 Asa 20-8 | 20:8 | 20:8 | 20:4 | 19-5+| 19:4 || 222g Bao e . AN are 22.8 21:8 | 21-0) 21-71 21250) 212 PD | und für # = 43° 30/, A\= 16° 30’E einen mittleren Punkt dee Bauxit- und Braunkohlenlandes als stenomorphogene Julitempera- turen: Protozan 215, Oligozän 20°1, & Eozan 2078 Pliozän 24:0. Die relative Niedrigkeit der Werte für das Alttertiär entspricht ' dem archipelagischen Charakter des Gebietes zu damaliger Zeit. Über die eurymorphogene Komponente der europäischen Tertiärklimate lassen sich nur sehr unsichere Annahmen machen, da die Meinungen über die Morphologie des nordatlantischen Gebietes im Tertiär sehr widersprechende sind. Die Fragestellung kann hier nicht in der plumpen Form: »War im Tertiär eine nordatlantische P 1 f ; 5 OL w Tertiärklimate in Dalmatien. _Landbrücke vorhanden oder nicht?« erfolgen; sie muß lauten: In- _ wieweit hat in den einzelnen Abschnitten des Tertiärs die Möglich- keit eines Austausches tropischer und arktischer Gewässer in hori- zontaler und vertikaler Richtung Wandlungen und Schwankungen _ erfahren? Der von Diener! ausgesprochene Satz, daß die Wande- rung einer Landfauna (und Landflora) aus einem Gebiete in ein anderes auch über einen Archipel erfolgen kann, dessen einzelne Inseln zeitweilig miteinander in Verbindung traten, ohne daß zu irgendeiner Zeit eine ununterbrochene Landbrücke zu bestehen brauchte, ermöglicht es auch hier, gegensätzliche Standpunkte zu vereinen. Es bleibt aber noch ein großer Spielraum thermischer Mög- lichkeiten. Heer’s südwärts bis über die Azoren reichende Atlantis brächte (auch bei im Vergleich zu heute milderem Polarklima) dem westlichen Europa im Winterhalbjahre kalte, trockene Landwinde aus Nordwest. Koken’s isländischer Brücke würden aber — wie Semper? zeigte — Westeuropas Küsten eine Erhöhung der Winter- temperatur um 7°.danken. Matthew’s in den Umrissen schon dem heutigen gleichender Atlantik? konnte für Westeuropa auch ein milderes Winterklima bedingen, wenn ihn unterseeische Barren (versunkene mesozoische Brücken) gegen Nord und Süd so ab- schlossen, daß seine Tiefen nicht kaltes Polarwasser füllte und der Wasserauftrieb im Kanarischen und im Benguelastrome dann auch keine Abkühlung der Passattriften hervorrief. Auch mußte der aus einer von zwei Seiten her mit lauem Wasser beschickten eurasiati- schen Hälfte der Arktis rückkehrende Strom weniger kalt sein als jetzt der Ostgrönlandstrom. Für die Überlegung, daß aus einer in ihren festländischen Teilen waldbedeckten Polarkappe rückkehrende Ströme schon auf Grund dieser Herkunft nicht kalt gewesen wären, ist hier aber kein Piatz, insolange das Polarklima des Tertiärs auf geographischem Wege nicht befriedigend erklärt wird. Als Wirkung des indischen Stromes auf das Klima Südeuropas im Palaeogen glaubte Heer eine Temperaturerhöhung um 4° an- nehmen zu sollen. Das ist insoferne zu wenig, als die indische Trift durch den aus der westsibirischen Straße rückgeflossenen Strom minder stark abgekühlt wurde als jetzt der Golf durch den Labrador und die thermische Wirkung des (abgekühlten) Golfstromes auf Westeuropa, die Heer zum Vergleiche heranzog, etwas größer ist als Heer annahm. Andrerseits muß bedacht sein, daß der thermische Einfluß, 1 C. Diener, Die marinen Reiche der Triasperiode. Denkschr. der Akad. der Wissensch., mathem.-naturw. Klasse, 92. Bd., p. 130. 2 M. Semper, Das palaeothermale Problem. Zeitschr. der Deutschen geol. Ges., 1896, p. 317. 3 Neuerlich verlegt Matthew die Entstehung des Atlantischen Ozeans an das Ende der palaeozoischen Ära zurück. Plato’s Atlantis in Palaeogeography. Proc. Nat. Acad. of Se. of the U. S. of Amerika, 1920. 4 F. Kerner-Marilaun, der indischen Trift auf die Inseln im Mittelmeer nur insoweit zur Geltung kam, als jene Trift noch die diese Inseln im Westen be- spülenden Fluten erwärmte. Der von Semper für die Westküsten Europas erhaltene Wärmezuwachs stellt für diese einen Höchstwert dar und würde auch ostwärts abflauen. Er wäre im Jahre wenig veränderlich, wie folgende Zusammenstellung der Tempe in oA, ı = 20 NER GL. Preis; Wasser- Luft Tertiär Jetztzeit Tertiär Jetztzeit I | | NVA ee 21:0 | 19°5 20:0 | 1222 SOMMER 555 008 na 000% 24:2 | 17-3 DO | 18-2 Als sicher ergibt sich. nur für das Mitteleozän und Unter- oligozän ein eurymorphogener Wärmezuwachs von mehreren Graden, wobei freilich seine Größe noch unsicher bleibt und auf etwa 4° nur geschätzt werden kann. Ob dann für alle vier hier betrachteten Zeitabschnitte noch ein ungefähr ebenso groß zu schätzender oder nur ein geringer Wärmebetrag hinzukommt, hängt davon ab, welche palaeogeographische Auffassung zu Recht besteht. Bestimmung der morphogenen hydrometeorischen Klimate. Die Lösung des Problems, das morphogene hydrometeo- rische Klima Dalmatiens im Tertiär zu ermitteln, soll hier für die relativen Regenmengen des Sommers und Winters versucht werden. Die Darstellung der ersteren hat an das Verhalten des Luftdruckes anzuknüpfen. Die sommerliche Regenarmut wächst mit Zunahme der Beständigkeit und Stärke der nördlichen Winde. Das Kartenbild der Juliisobaren auf der indo-atlantischen Halbkugel lädt dazu ein, den Luftdruck im Subtropengürtel als Funktion der Meeresbedeckung darzustellen. Statt peristatischer Bedeckungen wurden diesmal lineare Werte, die Wasserbedeckungen von Parallelkreisbogenstücken be- stimmt. Die Größenwahl dieser Bögen ergab sich aus der Lage und Ausdehnung des azorischen Hochs, indem für die von den in dieses Hoch fallenden Punkten halbierten Bögen volle Meeres- bedeckung zu fordern war. Den Bögen war dann am besten eine Weite von 40 Längengraden zu geben. Es zeigte sich jedoch, daß die Luftdrucke auf den einzelnen Breitenkreisen durch die auf diesen allein vorhandenen Bedeckungen noch nicht gut darstellbar waren. Es mußten Mittelwerte der Be- deckung auf mehreren einander benachbarten Parallelen genommen Tertiärklimate in Dalmatien. aD werden, was dann gleichsam einen Ersatz für die Bestimmung von - Flächenwerten der Bedeckung bot. Zunächst war eine geographische Analysis des Luftdruckes am 30. und 49. Parallel geplant. Zu dem Zwecke wurden in der von diesen Parallelen eingeschlossenen Zone in Intervallen von je 21/,° Breite für um je 20 Längengrade ab- stehende Punkte von 40° Ww.Gr. bis 80°.E v.Gr. die Meeres- bedeckungen (m) der von diesen Punkten halbierten 40°-Bögen bestimmt. Zur Darstellung des Luftdruckes am 30. Parallel ergab sich dann als passendste Wahl der heranzuziehenden Breiten die Kom- bination: © (82-542%3542%X37-540) Der hiebei erhaltene Ausdruck war: B = 747'4+19:6 m. Derselbe gibt die beobachteten Werte befriedigend wieder, wie folgende Zusammenstellung zeigt, in welcher 5 die aus der Karte der Juliisobaren im Atlas der Meteorologie von Hann entnommenen, B’ die berechneten Luftdrucke sind und nz die in obiger Art erhaltenen Bedeckungswerte bedeuten: 40° W v. Gr. 767:0 767-0 0-0 100 0 63-3 62-9 0:4 81-1 0) 59-5 59-8 0-3 61-8 20° Ev. Gr. 57-6 58-1 0-5 52:0 40 52-9 52-4 +0°5 27-9 60 48-1 47-4 +07 3-4 so 47°4 48-2 0-8 0-0 Um den Luftäaruck auf dem 45. Parallel darzustellen, erwies sich für die zwecks Bestimmung von m zu treffende Breitenwahl als passend die Kombination > (87-54+40+42:5), doch mußte hier wegen der Beschleunigung der Luftdruckabnahme gegen Ost zu einer Wurzelziehung geschritten werden, um eine gute Wiedergabe der gemessenen Werte zu erzielen. Es läßt sich verstehen, daß für . den Druck über einem inmitten des Passatgürtels gelegenen Parallel (30°) die in dessen nördlicher Nachbarschaft vorhandene Land- und Meerbedeckung von Einfluß ist, der Druck über einem in der sommerlichen Hochdruckzone gelegenen Parallel (45°) aber schon 6 F. Kerner-Marilaun, durch die Bedeckungsart seiner südlichen Nachbarschaft mitbestimmt wird. Nach Hann'’s Isobarenkarten des Juli liegt südlich der nach Süddeutschland vorgestreckten pleiobarischen Zunge ein Rücken hohen Druckes über dem Westmittelmeer, dessen First dem 40. Par- allel folgt und deutet sich über dem Pontus eine östliche Fortsetzung dieses Rückens an. Der auf die vorige Art gewonnene Ausdruck war B = 751:2+13:0 \Ym. Die mit ihm erhaltenen Werte und deren geringe Abweichungen von den gemessenen enthält die folgende Tabelle. j\ BI B | BI | md}, | Vm | | . 40° Wv.Gr.| 764-2 764-2 0:0 100 100 20 63-5 637 > 88-7 94:2 0 | 62-5 62-4 041 75:0 86-6 20° E v. Gr. 60-6 60:6 0:0 53-0 Tas 40 573 57:6 058 22-0 46:9 60 54-1 53-6 +05 Se 22-6 80 51:2 3 — dell 0 0 100 51*2 5152 0:0 0 Mit Hilfe der gewonnenen Formeln ließen sich die Luftdrucke zur Mittsommerzeit in Dalmatien für die von Matthew! gezeichneten Bilder des Mediterrangebietes im Alt- und Jungtertiär rekonstruieren. Da eine lineare Interpolation für © = 43!/,° aber als ein zu rohes Ermittlungsverfahren erschien, wurde noch ein analytischer Ausdruck ‘für den Luftdruck in 37"/,° Breite erzielt. Dies konnte zuseinen Isobarenzeichnung für die genannten palaeogeographischen Bilder verhelfen, aus der sich dann bessere Luiftdruckwerte ergaben. Zur Darstellung des Luftdruckes in » = 37!/, wurden als Bedeckungszahlen dieselben Werte wie früher (für = 45°), aber mit. anderem Exponenten eingeführt. Der gefundene Ausdruck war Bi das dr Bu Die mit ihm berechneten Luftdruckwerte, verglichen mit dem gemessenen, sind: 1 Auf Matthew’s Kärtchen erscheint infolge ungenauer Zeichnung Dalmatien in den Zeiten der älteren Bauxit- und Braunkohlenbildung zum Teile noch meer- bedeckt. Dies stört aber die Berechnung morphogener Klimawerte nicht viel, weil für diese die Bedeckungsart im weiteren Umkreise der betrachteten Punkte maß- gebend ist, eine Größe, die durch Fehler in der nächsten Umgebung wenig beein- flußt wird. £ i Oi =] Tertiärklimate in Dalmatien ) B' | B B'—B | m dg | Vm: | { 40° Wvw.Gr.| 7667 766°7 0-0 100 100 } 20 65-2 65:9 en 88-7 91-4 0) 63-2 62-9 +0:3 75 80-6 20° E v. Gr. 59-9 59-5 ° +04 53-0 62-1 40 54-5 55-0 —0°5 22-0 32-1 60 50-6 50-3 Se 51 10-7 so 48:7 48:2 +05 0 100 48-7 49:0 aß 0 Aus den Kärtchen von Matthew für das Protozän (= Post- Cretaceus), Eo-, Oligo- und Pliozän (Mio- und Pleistozän blieben hier außer Betracht) entnahm ich nachstehende Werte von m, für den 30. und von m, für den 37t/,. und 45. Parallel. | \40°w| 20 | 0 wer 100 | ; | ns [e>) & oO [0,2) @>) fu | 100 | 873 | 827 88:2 |siraları | 58| 0 Protozän u, | 100 | 80-1 | 76:6 | 73:8 | 62-9 | a0-8 | 10-8 | 0 m; | 100 Sı2l2 7 342676.87..37 09322 1002], 572258 elses Eozän m 100 or || 7er || 72°9 | 888 | 9731180820 6°3 m, | 100 841725 0721230 582242 10.930722 1.00200 103827 0 Oligozän ma | 100 2629120222801 82:8) 1772.97 4559 0 a 100 gas) az ee) re 0 1 0 0 Pliozän | es 0430 771210 57:62 |, 36:0 meines N 0 ) 0 ' Durch Einsetzung dieser Werte von ım,, beziehungsweise der mit den Exponenten °/, und !/, versehenen Werte von m, ließen sich die Luftdrucke der folgenden Tabelle berechnen. = Q) z , . 29 F. Kerner-Marilaun, | | h >) S (S | | | |40°W, 20 | 0 Ba, | 4} 4-2 | 62-8 | 62-5 | 62-4 Protozän 371/,| 66°7 | 63°9 | 63°3 | 63 (30 | 67-0 | 64-5 | 68°6 | 63-7 a: 64:2 | 63-2 | 62-4 | 62 63°2 | 64:0 | 61°0 | 54:5 Eozän 371/,|l 66:7 | 64:7 | 63 62-9 | 64:7 | 66-3 | 60-5 | 51:0 m 67:0 | 64:9 | 64-0 | 64:6 | 65:7 | 67:0 | 58:7 | 50-4 45 | 64-2 | 62:6 | 62-1 | 62-9 | 63-0 | 62-3 | 60-0 | 512 Oligozän 371/o| 66°7 | 63-4 | 62-5 | 63-9 ] 64-3 ] 62-9 | 58-7 | 487 30 1 67:0 | 63-9 | 62-0 | 63-6 | 65-7 | 62-5 | 55:0 | 47°4 45 163-8 | 62-2 | 61-1 | 59-0 | 53:0 | 51-2 | 51-2 | 51-2 Pliozän 371/| 66-0 | 62-6 | 60-6 | 57-1 | 40 48:7 | 48:7 |: 48:7 Ser 63:1 | 60:6 | 56-9 | 50 47-4 | 47-4 | 47°4 Mittels der in dieser Tabelle angeführten Werte, denen sich noch in sie nicht aufgenommene, für X = 60° W v.Gr. und ı = 120° E v. Gr. berechnete Randwerte hinzugesellten, wurden Isobarenkärtchen entworfen, die auf nebenstehender Tafel repro- duziert sind und aus denen ich folgende Luftdruckwerte für © = 431/,, die mittlere Breitenlage Dalmatiens, entnahm. 700 + 40°W | 20 | (0) 20° E | 40 | 60 so | 100 | | | | Brotozanme 65°0 | 63°1 | 62°7 | 62:6 | 61°5 | 59:2 | 54:6 | 50°9 Bozan. vn nes 65-0 | 63-7 62:7 | 62:5 | 632772) 64272 EEE Oligozän ........|60°0 62:8 | 62-2 | 63:2 | 634. |,6257 176020 EEE Elozanın ac... 2.88 64-42|762737| 602921 58247751295 550235 550202 Ele Mittels dieser Werte ließen sich die Luftdrucke für jeden fünften Längengrad graphisch interpolieren. Von den auf diese Art gewonnenen Zahlen seien hier nur die in das Bogenstück zwischen 15° W v.Gr. und 45° E v. Gr. fallenden nebst ihren Differenzen (G) mitgeteilt (Pr. = Protozän, BI Eozän, OFzr,0180272n Bl. = Pliozän): Tertiärklimate in Dalmatien. Morphogene Palaeoisobaren des Juli für die indo-atlantische Hälfte der Breitenzone zwischen dem 30. und 48. Parallel. Pr. — Protozän, Eo. — Eozän, Ol. — Oligozän, Pl. — Pliozän. Die Diagramme sind um das 2?/,fache überhöht (und dadurch unmerklich verzerrt, daß die für den 371/, Parallel berechneten Luftdrucke auf die Halbierungslinie der Breitenzone bezogen wurden). Die Isobaren sind von 21/, zu 21), mm gezogen, jene von 760 und 750 durch dicke Zeichnung hervorgehoben. Die punktierten Linien entsprechen den Küstenlinien auf den palaeogeo- sraphischen Kärtchen von W.D. Matthew. Die Insel- und Halbinselkörper erscheinen entsprechend der Diagramm-Überhöhung seitlich zusammen- gedrückt. 60 - F. Kerner-Marilaun, = G=B—B,; R | Pı E | o | pl NEN | Pı | E | ) | PI 15°w | 62-8 | 63-4 | 62:6 |sıco | 15-10 | v2 | o2| 0-2| 0-3 10° \62:6 | 03-2 | 62-4 |eı:6 | 10-5 | oo| o-2| o-1 |’ 0-3 5 62-6 | 63-0 | 62-3 | 61-3 | 5:0 | 0-1 1 0-3 Dorn 0 62-7:\ 68-7 | 62-2 |60-9| 0-5| 01, 011 03| 06 som | 62-8 | 82-6 | 62-5 | 60-3 | 5-10 | 0-6| 0-1 | 0-3 | 0:6 10 62-8 | 62-5 | 62-8 | 59-7 | 10-15 | 1 | v1 | 0-21 0:6 15. 1'627.) 82:4 | 63-0 | 59-1 |. 15220 I. 0-1 | oA | on 20 62-6 | 62-5.) 63-2 | 58-4 | 20-25 |. o2| v1 | v1] 13] 25 62-4 | 62-6 | 63-3 | 57-1 | 2530 | 0:2 | ds one 30 62-2 | 62-9 | 63-4 | 55:0 | 30-35 | 0:3) 0-3| 0-0| 1-9 35 61:9 | 63%2 | 63-4 | 53-1 | 3540 | 0-4| 05 | vol ae 40 61-5 | 63-7 | 63-4 | 51:9 | 40-45 | 0-4 | 0-3 | 0:2 | 0:6 45 “oi | 6AnoN| 83-25 5153 =. gr rue L = Diese Differenzen sind nun jene barischen Größen, deren Kenntnis mir zur Ableitung von relativen Regenmengen des Sommers nötig schien. Innerhalb des Mediterranbeckens läßt sich wohl auch eine Beziehung der Sommerdürre zur Land- und Wasserbedeckung erkennen. Zwecks ihrer Aufzeigung entwarf ich ein Kärtchen der relativen Isohyeten, um ihm auf dem 40. und 35. Parallel die Werte für jene Meridianschnittpunkte zu entnehmen,. für die ich schon die Bedeckungen der peristatischen Gradfelder bestimmt hatte. Als einfachste Relationen ergaben sich für o = 40°: Y;s = 4:'05+9°:92n dlelmiuie 0) = 39°: % = IHREN RE 1 wobei im ersteren Falle n = 5#r3X Ho) im letzteren 2 —® Das Maß, in dem diese Beziehungen gelten, ist aus folgender Ver- gleichung zu ersehen. IN DR 40 10°eW| 5° 0° 5°E | 10° 15° | 20° berechnet .... 68 11-3 10-1 74 | Zu 7 22 ıl | beobachtet .,. 70 12°0 10°0 0) | 6°5 8'5 7625) | | Differenz... —0'2 DEZ on —0'6 | —+0'6 —0'9 | —+1'6 j {I Fr Pe, sr Tertiärklimate in Dalmatien. 61 5°E | 10° 15° 20° | 25° 30° | — | berechnet .... 8:6 9-8 6°8 0-8 0°8 0°8 DS: beobachtet ... 9-5 10:5 90) 1° 1525 1:0 IKIO) Differenz... —0°9 | —0°7 | —+1'8 — (7 I 7 — 5% —+1'4 Jeder Parallelismus zwischen sommerlicher Trockenheit und Meeresbedeckung schwindet aber, sobald man beiderseits über die Grenzen des Mediterranbeckens hinausblickt. Auf den Azoren ist die relative Regenmenge des Sommers fast so groß wie auf der Meseta (Ponta Delgada 11'5, Madrid 12:5) und die exzessive Sommerdürre des Östmittelmeeres setzt sich in gleich scharfer Aus- prägung nach Mesopotamien fort. Als während des Sommers im Orient über Land und Meer ‚gleich wirksames atmosphärisches Agens erkennt man den ständigen nördlichen Luftstrom, der einer Scharung N—S streichender Juli- isobaren entspricht. Daß der pluviometrische Quotient des Sommers auf Madera nur !/,,, auf den Azoren aber !/, beträgt, rührt davon her, daß erstere Insel in einer zwischen dem atlantischen Hoch und dem mesetischen Wirbel entwickelten Zugstraße starker nörd- licher Winde liegt, die Azoren aber in den Kern der Pleiobare fallen. Diese spielt als rein dynamisches Phänomen in hydro- meteorischer Hinsicht nicht die Rolle der als regenfeindlich bekannten, thermisch mitbedingten Luftstaue über Landflächen im Winter. Da nun das Mediterrangebiet im Eozän und Oligozän mit dem indischen Weltmeer zusammenhing, bedurfte es zur Rekon- struktion seines Sommerregenregimes einer Formel, die gleicher- weise für binnenmeerische und für ozeanische Sachlagen gilt, sich also nicht auf morphologische, sondern auf barische Verhältnisse stützt. Um nun die Beziehungen zwischen der relativen Regenmenge des Sommers und der Druckverteilung darzustellen, wurden aus einer nach der Karte der Juliisobaren für e = 37!/,° (die »Längs- achse« des Mittelmeeres) gezeichneten Luftdruckkurve die Druck- differenzen zwischen je 5° Länge bestimmt und je 2, 4, 6 und S aufeinanderfolgende Werte dieser Differenzen zu Mittelwerten vereint, die einen Ausdruck für die mittleren Gradienten in der näheren und weiteren Nachbarschaft der Meridianschnittpunkte ab- gaben. Diese Mittelwerte wurden dann mit gleichem Gewichte (ent- sprechend einer Bewertung der besagten Druckdifferenzen mit ab- nehmendem Gewichte beim Wachsen ihres Abstandes vom zu- gehörigen Meridianschnittpunkte) zu Gesamtmitteln vereint, aus denen sich ein sehr gut ausgeglichener Gang der Geschwindigkeitsänderung des Luftdruckes ergab. 62 F. Kerner-Marilaun, Dann wurden die relativen Sommermengen des Regenfalles an zahlreichen sich (in einem Abstande bis zu 5°) beiderseits der erwähnten Längsachse gruppierenden Stationen zu einer Kurve aus- geglichen, der ich die zu den besagten Meridianschnittpunkten gehörigen Werte entnahm, um sie mit den bezüglichen Werten der Gradientenkurve zu vergleichen (A). Andrerseits fand ein Vergleich jener relativen Sommermengen mit den der geographischen Länge der Stationen entsprechenden Werten der Gradientenkurve statt. Es wurden dabei zunächst nur insulare Stationen (5) und dann insulare und litorale Stationen gemischt benützt (C). Die auf diese ver- schiedenen Weisen gewonnenen Ausdrücke sind: 7. = 15.79 10.87G (4) 16:29—11'39G (B) und y, = 14-71 9:76G (0). | Ns Für den ersten und zweiten seien die Ergebnisse der Analyse mitgeteilt.! Kae w| or e : | 20° 11298 I | | | berechret.. 10:3 | 8-4 er 9-8 | Ba at | 1:6.) beobachtet | 10-8 | 8:2 ©9:6| 0.8) 8:6) 6:0) ars Sorge | i | j | | Ditferenz.| —0°5 +02 0 |).0 202 +03 +01 0A gt | | | } | IR | | | | | | Be eu a a are 1 wann > van | | | | 7-A| 4-5 | 3:0 | oe 0-8 berechnet.| 11:3 | 10:7) 9°0 9:71 beobachtet | 11:4 | 11:5) 8-8| 10-6 | | | ©: Cd SI © (de) ns — (02) I | I} | Differenz. 01 0-810-21 0-91 +1:6/4.0:4 0-4 10-1 0.6 7086 | ! | | | 1 { i J Es wurden noch Relationen für den 35. und 40. Parallel auf- gesucht, von denen erstere als konstantes Glied 15:62, letztere 17:24 erhielt, woraus sich unter Zuziehung der vorigen Ausdrücke für 431/,° der hohe Wert 18:2 ergab. Die Sommermittel der Regenhöhe als Funktion des Julimittels der Luftdruckänderung darstellen, heißt wohl zeitlich Ungleich- wertiges vergleichen, nicht aber auch virtuell Verschiedenes. Für die Unregelmäßigkeiten in der Wertgestaltung bei den Regenmengen 1 Die mit römischen Ziffern bezeichneten Werte entsprechen in gleicher Reihenfolge den Stationen: Angra, Ponta Delgada, (Coimbra), Palma, Mahon, Sassari, Palermo, Catania, Canea, Thera. er re Tertiärklimate in Dalmatien. 63 als (auch noch in ihren Relativwerten) von örtlichen Umständen _ abhängige Größen läßt sich — wenn man sie mit von solchen Umständen unbeeinflußten barischen Größen vergleicht — gerade dadurch eine Kompensation schaffen, daß man bei den Regenmengen Durchschnittswerte für eine längere Zeitspanne als bei den Luft- druckwerten nimmt. Man ersetzt dann durch größere zeitliche Aus- geglichenheit, was gegenüber dem Luftdruck an Großzügigkeit des örtlichen Verteilungsbildes fehlt. Vereint man die in einer früheren Tabelle angeführten, für das Tertiär erhaltenen Druckdifferenzen in der vorhin angegebenen Weise zu Mitteln, so erhält man für den Durchschnittsmeridian von Norddalmatien (A = 16!/,° E) die Werte 0:12, 0:14, 0-18 und 0:94 und durch Einsetzung derselben in die Formel (B) als relative Regenmengen des Sommers: Protozän 149, Oligozän 14°3, Eozäan . 14:7, Pliozän 2.0, Formel C ergibt für die älteren Stufen je einen um 14 tieferen, für das Pliozän fast denselben Wert. Einer Höhenkorrektion be- dürfen diese Werte nicht, da zur Ableitung der Formeln schon Stationen auf gebirgigen Inseln und an den Rändern von Küsten- gebirgen benützt wurden, sich die Formeln somit auf eine mittlere - Gebirgigkeit beziehen. Wohl aber sind die vorigen Werte als steno- thermogen zu bezeichnen, insofern sie die Verhältnisse aufzeigen, welche sich bei der gedachten Land- und Meerverteilung unter Annahme einer mit der jetzigen übereinstimmenden OÖberflächen- temperatur des Meeres ergäben. Eine Erhöhung derselben würde wohl die Winterregen steigern und so zu einer Minderung der relativen Sommermengen führen. Für diese wird man darum auch auf © — 431/,° höchstens die vorigen Werte ansetzen und nicht die noch höheren wählen, welche dem für diesen Parallel extra- polierten Konstantenwerte 13'2 entsprächen. Die relativen Regenmengen des Winters im Mittelmeere ließen sich ais Funktion der Land- und Wasserverteilung darstellen. Der barische Sachverhalt ist dann selbst enge an diese Verteilung geknüpft und es kommt so sein Einfluß auf die Regenverhältnisse schon in deren morphologischer Bedingtheit mit zum Ausdrucke. Eben darum bedurfte es für den Winter keiner Formel, die auch für die Azoren Geltung hätte. Auch das mit dem Indik verbundene Mittelmeer des Palaeogens war im Vergleiche zum Nordatlantik in engerem Umkreise landumringt und so ungleich diesem (die relative Wintermenge des Regens auf den Azoren ist nur 32 bis 36) als Schauplatz für eine starke Entwicklung zyklonaler Winterregen geeignet. Für den 40. Parallel fand ich als einfachsten Ausdruck Y» = 39:94 —42:26n, 4 F. Kerner-Marilaun, \ 1 # wobei n = —(/etJ2o) und bei etwas geänderter Wertwahl 52:93 — 36-90 n. Ersterer gibt die Messungen befriedigend wieder. 10°w | 5° | 0° |5°E | 10° | 15° | 20°. | 25° berechnet....... 43 32 29 32 36 ! 86 33 | 31 beobachtet...... | 42 31 | 28 33 38 37 23. 10830 | | | | Differenz.....| —1 —1 | —1 —1.ı-—2 —| 0% | — 1 | Die Werte von 7, sind die Summen der relativen Regen- mengen des November, Dezember und Jänner; sie sind meist srößer als die des Winters in dessen gewohnter Begrenzung. Sie wurden einer Kurve entnommen, die ich durch graphischen Aus- gleich aus den Regenmengen einer Anzahl von auf oder nahe dem 40. Parallel gelegenen Stationen: gewann. Für » = 431/,° ergab sich auf analoge Weise bei in diesem Falle allerdings sehr unzuver- lässiger linearer Interpolation aus den schon vorgelegenen Werten von /,, und /, auf = 40 und 45° der Ausdruck Yv» z 94'11—40°07 nn, in welchem die Variable die vorige Bedeutung hat. Die Auswertung ergibt: 0 5° E 105 15° 20° 25° 30° berechnet ....... 9 | 38 30 28 34 34 27 beobachtet ...... 30”. 30 32 27 22 92 27 Differenz ...| —1 | ig In Bean | 5 Setzt man die aus den von mir an Matthew’s Kärtchen vor- } ee, genommenen Ausmessungen sich ergebenden Werte von > (ne) für n in die vorige Gleichung ein, so erhält man als relative Regenmengen des Winters Protozän 41, Oligozän 45, Eozän 46, Pliozän 27. Eine andere Formel, die den in sie einbezogenen Wert von 1 = 30° E allerdings nicht gut wiedergibt, liefert in gleicher Reihen- folge die Werte 39, 44, 43 und 27. u Tertiärklimate in Dalmatien. 65 Trägt man die absoluten und relativen Regenmengen des ‚Sommers im Mittelmeere als Koordinaten auf, so ordnen sich bei allerdings großer Wertestreuung die Stationen doch in einer dia- gonal verlaufenden Zone an, so daß man von den letzteren auf "die ersteren Mengen rohest schließen kann. Einer relativen Menge "von 14 entspricht so im groben Durchschnitt eine Regenhöhe von 110 mm, einer solchen von 6 eine Höhe von 40 mm. Daraus würde sich als Jahressumme des Niederschlages für die palaeo- genen Stufen 800 mm, für das Altpliozän 670 mm ergeben. Als - Winterregenmenge bekäme man für das Protozän 310, für das - Eo- und Oligsozän 350 und für das Pliozän 210 mm. Schlußbetrachtung. Es gilt nun, die aus den geologischen Erscheinungen er- schlossenen Klimate mit den aus dem vorzeitlichen Erdbilde abge- ‚leiteten zu vergleichen. Richtig wäre es hier, nur Wertspielräume in Vergleich zu ziehen. Wenn Heer zur Kennzeichnung des durch die Vorzeitfloren aufgezeigten Thermoklimas Durchschnittswerte statt Wertspielräume nahm, so war das bei geringer Weite dieser Spielräume statthaft. Durch terrigene Gesteine bezeugte Altklimate lassen sich bei der Eurythermie der Böden durch Durchschnitts- werte aber nicht gut charakterisieren. Auch für die morphogenen Temperaturen wären die Spielräume, innerhalb deren sie sich bei Ableitung aus den Rekonstruktionen verschiedener Palaeogeographen bewegen, zu ermitteln. Die hier angeführten stenomorphogenen Wärmegrade sind nur Einzelwerte aus noch unbekannten Wert- reihen. Um Einheitlichkeit zu erzielen, mußten so aber auch für das Terra rossa-Klima die Mittelwerte an Stelle der Amplituden zum Vergleiche genommen werden. Im folgenden sind die bei engem thermischem Analogieschluß von den Bauxiten und Braunkohlenpflanzen bezeugten Luftwärme- mittel, die »Orthotemperaturen« (Z,) mit den der vorzeitlichen Land- und Meerverteilung im Mediterrangebiet entsprechenden Mitteltem- Peraturen (f,„) verglichen. J. = Jahr, W. == Winter, S. = Sommer. A) Isım a ar Wa S: u, W. | S. E ! | Proton SR 1949 Sl Wa Az > a 2 Naalale/oyzehn En 5) 8-1 | 24:7 | 14-9 9-9 | 20-8 zn RK Sa OT nie el al IONOE E2HER! Unmen-Allozei ee 023 9.1 | 26:4 || 13-9 7. 24160) Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. ”) 66 F. Kerner-Marilaun, Als Differenzen ergeben sich: Ism—ty | J W. S [ BEOLOZAN 1. ee Re ErElle Verenele ==1°7 0:0 — 34 IMittel-Rozanı nn N re — 1:0 4-18 —93'9 Lnter-Oleozan euere en —5°6 — 3.4 nl) Unter-Plozan er —34 —5'4 —2:4 Die Wertspielräume im KRoterdeklima, verglichen mit den stenomorphogenen Temperaturen in den Zeiten mit Bauxitbildung sind: i | W. 5 I. 00 S N | Protozän ne ee | 2158 Mittel-Eozän .| 149 9-9 | 20:8 Von den stenomorphogenen Temperaturen der Zeitstufen mit Bauxitbildung weichen die Mittelwerte des Jahres und Winters von den entsprechenden Wärmemitteln im Roterdegebiete nur wenig ab. Die engformbürtigen Temperaturen des Sommers sind niedriger als im Mittel die jetzigen, fallen aber noch innerhalb des Spielraumes derselben. Die stenomorphogenen Temperaturen der Zeiten mit Braunkohlenbildung liegen dagegen durchwegs, zum Teile sogar tief unter den Temperaturen, bei welchen die den dalmatinischen Tertiärpflanzen analogen Gewächse der Jetztzeit gedeihen. Im Protozän, für welches die eurymorphogene thermische Komponente nur wenig größer als die heutige zu schätzen ist, ver- bleiben nach ihrem Zuschlage die Temperaturen noch innerhalb des jetzigen Wärmespielraumes im Roterdegebiete. Die von Stache in ‚Istrien entdeckte protozäne Landflora mit Dryandra und Banksia hätte nahe den oberen Grenzwerten jenes Spielraumes noch zu gedeihen vermocht. Die Mitteltemperaturen an und nahe den Süd- westküsten Australiens kommen jenen im südlichen Mitteimeere gleich (Perth und Alger 18°3, Southern Cross und La Calle 18:2, Coolgardie, Patras und Naxos 18'5 bis 18°6). Für das Mitteleozän ist der Mehrbetrag der eurymorpho- genen Komponente gegen heute im Mindestfalle auf 5° zu schätzen. Schlägt man ihn in dieser Höhe zur stenomorphogenen Temperatur hinzu, so gehen die Jahres- und Wintermittel schon etwas über Tertiärklimate in Dalmatien. 67 ‚deren Höchstwerte im Roterdeklima hinaus und Zieht man höhere Komponentenwerte in Betracht, werden jene Maxima sehr über- schritten. Daß die mitteleozäne Flora des Monte Bolca auf ein feucht- heißes Klima weist, zwänge noch nicht dazu, ein solches auch für das Lutetien in Dalmatien anzunehmen. Auch in den Tropen ändern sich die Klimate manchmal auf kurze Entfernung. Man trifft aber in Dalmatien selbst in der Nähe der Bauxite des Kalun die Zeugen eines sehr warmen Klimas zu ihrer Bildungszeit; es sind die der marinen Tierwelt von S. Giovanni llarione nahestehenden Faunen von Dubravice und Vacane im Westen der Kerka, die Oppenheim beschrieb. Man erkennt in ihnen die Lebewelt hochtemperierter Gewässer, welche den Küstensaum des jüngeren Bauxitlandes bespülten. Da dieses gebirgig war, wäre aber bei dessen morpho- genen Temperaturen eine Höhenkorrektion anzubringen, derzufolge sie um einige Grade absänken. Sie kämen dann immerhin noch hart an die obere Grenze des thermischen Wertspielraumes im jetzigen Roterdeklima zu liegen. Nur wenn man Höchstwerte der eurymorphogenen Wärmekomponente heranzieht, wäre zu schließen, daß das Mediterrangebiet noch nicht alle thermischen Bildungs- bedingungen der Roterde zeige, daß diese bei entsprechender Feuchtigkeit auch noch bei etwas höheren Wärmegraden als den im Südmittelmeer herrschenden vorkäme.! Andernfalls müßte man zur Annahme eines ungünstigeren Solarklimas greifen, um den sich zeigenden Überschuß der morphogenen Temperaturen über die aus den Bauxiten als Klimazeugen abgeleiteten zu begründen. Erhöht man die stenomorphogenen Wärmegrade für das Unteroligozän um einen eurymorphogenen Wärmezuwachs von 8°, so werden die aus der Tracht der Vorzeitflora abgeleiteten Temperaturen im Jahresmittel hergestellt, im Winter überschritten, im Sommer aber noch nicht erreicht. Diese Abweichungen in ent- gegengesetztem Sinne deuten an, daß die Prominaflora einem thermisch gleichmäßigeren Klima angepaßt war als dem durch ‚die früheren Analogieschlüsse gefundenen. Anlaß zum Ruf nach einem günstigeren Solarklima böten sie nicht. Im Gegenteile käme dann, wenn man einen höheren als den Mindestwert der für das Oligozän zu nehmenden eurymorphogenen Komponente erwägt, zum Ausgleich der dann eintretenden Überkompensation der palaeo- thermalen Differenz ein Abstrich an Solarwärme in Frage. Im Pliozän, für welches kaum eine größere als die heutige -eurymorphogene Komponente zu erwägen ist, hätte aber — falls 1 Ein von mir besuchtes tropisches Kalk- und Karstgebiet mit Terva rossa- Verwitterung (im Gegensatz zur Lateritverwitterung umliegender Gneis- und Porphyrit- gebiete) am oberen Rio das almas, einer Quellader des Paranapanema, hat jedenfalls Temperaturverhältnisse, die noch innerhalb des thermischen Spielraumes im Mittel- meerbecken fallen, doch gibt es auch in heißen Ländern (Jamaika, Sumatra) Kalk- gebiete mit Karsterscheinungen. 68 F. Kerner-Marilaun, für diese der Gegenwart schon so nahestehende Zeit eine bio- logische Wärmedifferenz außer Betracht bleibt — höhere Solarwärme den Unterschied zwischen den Orthotemperaturen und morphogenen Palaeotemperaturen ausgeglichen. Es sind dies Sachverhalte, die den gewohnten Vorstellungen nicht folgen, nach welchen im Palaeogen ein sehr günstiges Solarklima bestand, das bei dem Abfalle zu seinem Tiefstande in der Eiszeit während des Pliozäns seinen heutigen Wert durchschritt. Die von allen Palaeogeographen aner- kannte starke Landentwicklung in Südeuropa im Pliozän zwingt aber zur Annahme tiefer stenomorphogener Temperaturen des Winters, denen nicht ebenso große Erhöhungen der Sommerwärme entgegenstehen. Zum mindesten müßte man den Floren des Pliozäns die Anpassung an eine sehr große Wärmeschwankung zuschreiben, um von der Annahme eines günstigeren Solarklimas abzusehen. Erschwert scheint solcher Verzicht durch den Umstand, daß das jüngere Braunkohlenland gebirgig war — sein Bestand fiel in eine Zeit nach der Hauptfaltung — und so seine morphogenen Tem- peraturen einer Höhenkorrektion bedürfen, die sie noch um ein paar Grade erniedrigen kann. Es bietet noch Interesse, die Palaeotemperaturen mit den jetzigen an dem Orte, wo erstere erhoben wurden, zu vergleichen. Als solcher Ort kommt Dernis in Betracht, das in nächster Nähe der protozänen Bauxite von Uncistan und der eozänen Bauxite des Kalun, in der Nachbarschaft des Monte Promina und am Westende des Petrovopolje liegt, an dessen Südostende Neogenpflanzen von nir gefunden wurden. Die Temperaturen des Jahres und der extremen Monate zu Dernis sind nach Trabert: 13:8, 4:4 und 24:1. Sie sind sonach um 2:1, beziehungsweise 3°7 und 0:°6 tiefer als die Gesamtmittel im Roterdeklima. Nimmt man für das Jahr 05, für den Winter 0:6 und für den Sommer O°4 als Temperaturabnahme mit der Höhe an, so erhält man, da Dernis 300 m hoch liegt, als Wärmegrade im Meeresniveau 15°3, 6'2 und 25°2. Im folgenden sind die von den Bauxiten und Braunkohlen- pflanzen bezeugten Regenregime (r,) mit den aus der Land- und Wasserverteilung zu ihrer Bildungszeit abgeleiteten (7,,) verglichen, für welche die tieferen der gefundenen Werte gesetzt wurden. 1, (Spielraum) ||. +, (Mittel) ; Ym w. S w. | S w. S, Driotozan 052405555 | 23 0—21 38 9 39 j4 Mittel-Bozän ...... 21—68 V—2l 38 9 44 14 Unter-Oligozän ....| 39—47 7—13 43 10 43 13 Unter-Pliozän...... 27—80 7—13 28 10 DU ö Tertiärklimate in Dalmatien. 69 - Von den auf palaeogeographischer Grundlage berechneten rela- _ tiven Regenmengen liegen jene für die Zeitstufen mit Bauxitbildung innerhalb der großen Wertstrecke, über die sich diese Mengen jetzt _ im mediterranen Roterdegebiete verteilen, die für den Winter nahe decsNitte jener Strecke, die für den Sommer näher gegen ‚den Höchstwert. Von den morphogenen relativen Regenmengen für die - Stufen mit Braunkohlenbildung stimmen jene des Winters ganz mit den aus den vorzeitlichen Vegetationsverhältnissen erschlossenen Bbereim, jeme ‘des Sommers liesen knapp an der Grenze ihres palaeobiologischen Spielraumes, jene für das Oligozän an der oberen, jene für das Pliozän an der unteren Grenze. Letztere Menge erscheint im Zusammenhalt mit dem niedrigen Winterwerte sehr gering. Doch zeigt Alicante bei 27°1 relativer Wintermenge auch nur 7°8°/, im Sommer (Valencia 27:2 und S°6). - Man trifft dort eine starke Entwicklung von Frühlings- und Früh- herbstregen (Februar—Mai 34°7, September— Oktober 30°4) und eine solche läßt sich auch für das jüngere dalmatische Braun- kohlenland vermuten. Für Alicante bedingt diese Verteilung, daß trotz des sehr trockenen Sommers 45°/, des Jahresniederschlages auf das Sommerhalbjahr entfallen. Ein ähnlicher Sachverhalt hätte im pliozänen Dalmatien wohl auch das Wachstum jener Pflanzen ermöglicht, deren Verwandte jetzt in Klimaten mit Sommerregen gedeihen. An der mauretanischen Küste entfällt dagegen nur mehr ein Fünftel der Jahresmenge auf das Sommerhalbjahr (Tanger 21, Oran 19, Alger 20°%,). Man möchte für das weit vom Meere ab- gerückte gebirgige jüngere Braunkohlenland — marines Pliozän - reicht ostwärts nicht über Pelagosa hinaus — aber doch auch eine - Neigung zu Mittsommerregen annehmen, wie andrerseits der Winter minder feucht war als im Palaeogen. Es ist die aus der Landver- teilung im Pliozän erwachsene enge Scharung der Juliisobaren, aus der sich für dieses Land zu jener Zeit ein scharf ausgeprägtes Etesienklima ableitet. Eine relative Regenmenge von 13 im Sommer, wie sie sich für das Oligozän ergibt, erscheint dagegen in Verbindung mit einer solchen von 43 im Winter ungewöhnlich hoch. In Lesina sind 12 Sommerprozente mit 37 Winterprozenten verknüpft, in Valona 42 von diesen mit 10 von jenen. Am Tafelberg und an mehreren Stationen Südaustraliens entfallen 11°, der jährlichen Regenmenge - auf den Sommer, 39 bis 43 auf den Winter (Clare 39, Adelaide 41, Cap Northumberland 43). Letzteres Verhältnis kommt dem für die _ Zeit des Wachstums der Proteaceen in Dalmatien berechneten am nächsten. Es wurde hier versucht, bis jetzt nur bei der Erforschune palaeothermaler Zustände und bei Heranziehung von Pflanzen als Zeugen des Klimas der Vorwelt angewandte Methoden auch bei Be 2 rA0) F. Kerner-Marilaun, Tertiärklimate in Dalmatien. der Ergründung der vorzeitlichen Hydrometeorik und bei Aufrufung von Verwitterungsböden als Klimazeugen anzuwenden. Sind diese Methoden auch mit großer Vorsicht zu gebrauchen und der Gefahr der Mißdeutung und des Mißbrauches ausgesetzt, so darf man doch von ihrer sinngemäßen Anwendung Fortschritte in der Erkenntnis erhoffen. Würde bei der chemischen Auflösung des Kalkes, wie Kispatic sagt, schon ein Tonerdehydrat zurückbleiben, so wären die dalmatischen Bauxite nur mechanisch umgewandelte Roterden. Bleibt, wie die Meisten annehmen, bei der Kalkauflösung Ton zurück, so wäre bei der Frage, wie die Kieselsäure entfernt wurde, auch nach dem Klima zu fragen, unter welchem dies geschah. Die Bildung des Laterits aus dem bei der Feldspatverwitterung entstehenden Ton erfolgt im Savannenklima unter (abzüglich der Regenzeit) starker Sonnenbestrahlung. Falls die für das Pliozän in Südeuropa gefundene positive Differenz zwischen Ortho- temperatur und morphogener Palacotemperatur auf ein günstigeres Solarklima weist, dem aber ein physisches Klima mit kaltem Winter entsprechen konnte, stünde vielleicht die verstärkte Sonnen- strahlung zur Austreibung der Kieselsäure in Beziehung.! Vielleicht fiel dieses günstigere Solarklima (das für andere Gebiete erst zu erweisen wäre) mit jenem zusammen, welches Spitaler” bei der Ableitung solarklimatischer Perioden höherer Ordnung aus den von R. W. Farland nach den Formeln von Le Verrier und Stockwell berechneten Störungen des Perihels und der Exzentri- zität für die der Eiszeit vorausgegangene Zeit gefunden hat. 1 Die protozänen und eozänen Roterden waren zur Pliozänzeit in Ausbissen a! lee u) = 0-0 =e 0-0 O56T re — Ir: I ES ero)e) = 90-7 er) — 20.0 — 20.0 |. 0601 re 5 = cr. 1 BEER 66.1 =E 9250. | Are Mine) =E 20.0 = 20.0 Eco Fe S 5) 3 = or. 1 — Or-T > 68-0 — 68-0 == F0-0 = £0-0 | 05367 Isnany "7a 3 E 3 UONNLOL UONTEIL UOHNEOL UONMEAL UONMBaL UOINLaL 5 -uropegd | FOL °®% |-uropeggd | zor'®'* |-wopeyd | zor'°% |-urpemyd For‘*"% |-urpemd | or‘ ®"% |-uropeyyd | Kor’ ® -[OUIUA -JOUIYUA -[OUOIyA -[9UOUJ -JOuUOUA -[JOUIUA umyeq 5 Ho) = Pxyunp YO yunp yyo1] Ppxyunp Ygoı Yyoruodıue] 5 I > 8 : JUnSsoT ZUnwmuramyosmy OWWeyJoyundg © = 19SSe SOIOITNSI "& —- J9SSeN\ SOHOINSOA -E9989 + 10ssey SOnarysod Or} 6 JoldS-vapoj7 J21o.yyjey ulo of a ‘61 Sig gT oyonsieapeyung Jop ‘,F7 SIq zz ayansıoayyarT op nyesroduma,L ES] 9981 Ss4 E. Ruttner, Auf die Wiedergabe der bis auf unwesentliche Einzelheiten voll- ständig übereinstimmenden Kontrollversuche wurde der Übersicht- lichkeit halber verzichtet. Aus diesem mehrfach wiederholten Versuche geht somit klar ° hervor, daß im destillierten Wasser bei Verwendung kalk- freier Sprosse sowohl im Lichte wie im Dunkelnziegz Alkalibildung unterbleibt und daß keine Erhöhung des Leitvermögens eintritt.! Es fand im Gegenteil an den ersten Versuchstagen eine geringe, wohl auf den Verbrauch der im Wasser absorbiert gewesenen CO, zurückzuführende Abnahme statt. Ver- suche mit Regenwasser, in analoger Weise durchgeführt, hatten dasselbe Ergebnis. Es treten somit aus gesunden Blodea-Sprossen nicht einmal Spuren von Elektrolyten aus, ein im ersten Augen- blick überraschender Befund, wenn man bedenkt, daß sich die Pflanzen im destillierten Wasser nicht unter natürlichen Bedingungen befinden und die große osmotische Differenz die Abgabe von Stoffen eher fördern müßte. Man könnte vielleicht einwenden, daß die von Hassack angenommene Alkaliabscheidung nur bei lebhafter Assimi- lationstätigkeit festzustellen ist. Deshalb wurde in das Kontroll- kölbchen nach dreitägiger Versuchsdauer Kohlensäure bis zur Sättigung eingeleitet. Es trat sofort eine lebhafte Abscheidung von. Sauerstoffblasen aus der Schnittfläche des Sprosses auf, ein Beweis, daß die Assimilationsfähigkeit in keiner Weise gestört war. Die durch das Einleiten von CO, auf 0:33 gestiegene Leitfähigkeit sank innerhalb 24 Stunden wieder auf 0:06, ohne daß am Abschluß des Versuches die geringste Rotfärbung der Flüssigkeit eingetreten wäre. Der Lichtversuch der Reihe 2 dagegen, wo kohlensaurer Kalk hinzugefügt und so gewissermaßen der von der Pflanze entfernte Kalkniederschlag wieder ersetzt worden war, zeigt bald das Auf- treten der Phenolphtaleinreaktion in voller Intensität. Die Leitfähig- keit stellte sich gegen Schluß des Versuches auf einen Wert ein, der nur wenig höher ist als jener der konzentrierten CaCO,-Lösung, deren K,,-10° = 0:29 ist.” Im Dunkelversuch” steier,des pe mögen sehr rasch an, infolge der Auflösung des Kalkes durch die Atmungskohlensäure. In der Bicarbonatlösung (Reihe 3) kommt im Licht die rasche Assimilation der Bicarbonatkohlensäure deutlich zum Ausdruck. 1 Gesunde, nicht mit absterbenden Teilen behaftete Sprosse vorausgesetzt! 2 Daß CaCO;-Aufschwemmungen unter dem Einfluß von Zlodea häufig höhere Leitfähigkeitswerte annehmen, wird später noch erörtert und durch Beispiele belegt werden. 3 Bemerkenswert ist, daß der Abfall am ersten Tage nur gering war und erst am zweiten Tage sein Maximum erreichte, eine Beobachtung, welche ich bei künstlich hergestellten Bicarbonatlösungen häufig machen konnte und die darauf zurückzuführen sein dürfte, daß sich die Planze an die künstliche Nährlösung nur allmählich anpaßt. Leitvermögen verdünnter Lösungen. Io) ; Der Abfall geht im vorliegenden Versuch und auch sonst haufig bis zur Lensäniaken: den |konzemrleneen we.C0.-Tösung "herunter, es wird also das Bicarbonat | durch de Tariskeii der Pilanze zestlos gespalten. Die Anwesenheit von kohlensaurem Kalk bedingt auch hier, wie in der Reihe 2, das Auftreten der alkalischen Reaktion. Im - Dunkelversuch bleibt aus denselben Gründen wie im destillierten Wasser die Leitfähigkeit unverändert. Das gleiche Ergebnis zeitigten Versuche, bei denen anstatt des destillierten Wassers sehr verdünnte Lösungen unschädlicher Neutral- salze zur Anwendung kamen. Es wurden 0'O01-normale Ver- dünnungen von CaNO,, CaSO,, CaCl,, KNO,, KCI geprüft. Auch hier trat in den reinen Salzlösungen keine Rotfärbung mit Phenol- phtalein auf, wohl aber bei Zusatz von Calciumcarbonat, beziehungs- weise Bicarbonat. Berrernscheint somit. das Auftreten “der alkalischen Reaktion in den Kulturflüssigkeiten an das Vorhandensein von CaCO, gebunden. Dieser Befund steht scheinbar im Widerspruch mit den Beob- achtungen Hassack’s. Die Phenolphtalein-Reaktion in seinen Ver- suchen mit Elodea und Ceratophyllum ist wohl mit. Sicherheit auf den diesen Pflanzen anhaftenden Kalkniederschlag zurückzuführen. Sie tritt auch im destillierten Wasser stets ein, wenn man nicht gereinigte Sprosse verwendet, und Hassack gibt nicht an, die Versuchspflanzen in diesem Falle von Kalk befreit zu haben. Anders steht es mit jenen Experimenten, wo Chara, von ihrer Kalkinkrustierung befreit, in 0:1°/, (also ziemlich konzentrierten) Lösungen verschiedener Kalksalze (vgl. oben) die Bildung eines neuen Niederschlages von CaCO, erkennen ließ, dessen Entstehung Hassack auf die in Frage stehende Alkaliabscheidung zurückführt. Ich habe Chara nicht untersucht und kann daher zu diesen Befunden nicht Stellung nehmen. Immerhin scheint mir die im folgenden mit- geteilte Beobachtung eine Brücke zu Hassack’s Versuchsergeb- nissen zu bilden. Nimmt man nämlich zu den oben besprochenen Versuchen nicht O:001-normale, sondern konzentriertere, etwa O'Ol-normale Elektrolytlösungen, so tritt bei den verwendeten Calciumsalzen eine merkwürdige Erscheinung auf. Schon etwa eine Stunde nach Ein- stellung des Versuches entsteht zuerst in den Blattwinkeln, dann aber auf der ganzen Oberseite der Blätter ein scharf umgrenztes rotes Wölkchen,! welches bei ruhigem Stehen tagelang unverändert bleibt, beim Schütteln aber völlig verschwindet, ohne eine allgemeine 1 Bemerkenswert ist, daß die beschriebenen roten Wölkchen nur auf der - Oberseite der Blätter auftreten, ganz unabhängig von der Stellung, welche der Sproß zum ‚Licht einnimmt. Es scheint also bei dem nur zweischichtigen Blatt von Blodea eine physiologische Differenzierung zwischen Ober- und Unterseite zu bestehen, Es Ss6 Bo Ruttnler, Rötung der Flüssigkeit zu hinterlassen. Erst nach langem Stehen inbesondere von Versuchen, welche dem Wechsel von Tag und Nacht ausgesetzt waren, konnte eine nicht sehr intensive diffuse Rotfärbung festgestellt werden. In Lösungen von KNO, und KCI- tritt keine Spur dieser Erscheinung auf. Es vermag also Elodea in Lösungen von Kalksaizen auch bei Ausschluß von CaCO, eine allerdings geringfügige und lokal be- grenzte alkalische Reaktion hervorzurufen. Auf die Deutung dieser Erscheinung werden wir später noch zurückzukommen haben. Es muß nun die Frage aufgeworfen werden, ob ein Zusammen- hang besteht zwischen dem Auftreten der alkalischen Reaktion und den hier behandelten täglichen Schwankungen der Leitfähigkeit, beziehungsweise ob die letzteren unter denselben Bedingungen auf- treten, wie die erstere. Durch zahlreiche Versuche konnte diese Frage in bejahendem e F Sinne beantwortet werden. Es zeigte sich, daß auch der Anstieg des Leitvermögens im Licht und der darauf folgende Ab- fall bei Verdunkelung durch die Anwesenheit von CaCO, bedingt ist, gleichgültig, ob im übrigen destilliertes Wasser oder verdünnte Lösungen neutraler Elektrolyte au gewendet wurden. wiedergegebene Versuch angeführt, welcher im Glashause in der früher beschriebenen Weise aufgestellt war. Als Kulturflüssigkeit wurde einerseits eine sehr verdünnte, zirka 0°0008- normale Lösung von Calciumnitrat, andrerseits dieselbe Lösung mit einem Zusatz von CaCO,- Aufschwemmung verwendet. Das Ergebnis ist eindeutig: Die reine Ca(NO,),-Lösung zeigt keine Leitiähigkeits- a: 0:0008 norm. Ca (NO), schwankungen,- der Zusatz von CaCO, jedoch b: 0-0008 norm. Ca (NO,). ısar a: ; CO Aufsehwenmuse läßt diese sehr deutlich hervortreten. Fig. 3. Wenn wir somit beim Rückblick auf die bisher mitgeteilten Versuchsergebnisse sehen, daß aus gesunden- Hlodea-Sprossen irgendwelche Elektrolyte nicht austreten, daß ferner sowohl der Anstieg der Leitfähigkeit im Licht als auch das Auftreten der alkalischen Reaktion in der Kultur- flüssigkeit nur dann stattfindet, wenn Carbonate, in unserem Falle Calciumcarbonat, anwesend sind, so liegt der Gedanke nahe, die Ursache dieser Erscheinungen in Veränderungen zu suchen, welche sei im Zusammenhang damit darauf hingewiesen, daß auch die Kalkablagerung vor- nehmlich auf der Blattoberseite erfolgt, ebenso wie auch die von Molisch beob- achtete Ausfällung von Manganoxyd. (Über lokale Membranfärbung durch Mangan- verbindungen bei einigen Wasserpflanzen. Diese Sitzungsber., 118. Bd., Abt. I, 19, 95 1) Als Beispiel sei der in Fig. 5 graphisch i j y Leitvermögen verdünnter Lösungen. 57 durch den Kohlensäurehaushalt der Pflanze, insbesondere durch _ den bei der Assimilation stattfindenden Entzug von CO, in der - Lösung hervorgerufen werden. Diese Annahme wurde zunächst,noch durch folgende Beob- _ achtung gestützt: Entfernt man aus einer auf der Höhe des Licht- maximums der Leitfähigkeit stehenden Lösung die Pflanze und läßt die Flüssigkeit offen an der Luft stehen, so tritt, wenn auch - langsamer, derselbe Abfall des Leitvermögens ein, wie er bei Ver- dunkelung der Versuche beobachtet wurde. Dasselbe geschieht, wenn man eine solche Lösung nur 2 Minuten kräftig mit Luft schüttelt, oder noch rascher, wenn man CO, einleitet. Ja es genügt, das Gas 5 bis 10 Sekunden lang gegen die unberührte Oberfläche der Lösung ausströmen zu lassen, um beim Umrühren einen voll- ständigen Abfall des Leitvermögens herbeizuführen. Auch Einblasen von Atemluft wirkt naturgemäß in derselben Weise. Es erscheint somit erwiesen, daß es die Wirkung der bei der Pflanzenatmung freiwerdenden Kohlensäure ist, welche in unserem Ausgangsversuch die Abnahme des Leitvermögens bei Verdunkelung bewirkte und es bewährte sich das künstliche Einleiten dieses Gases (am einfachsten wohl durch Einblasen von Atemluft) als sehr bequemes Mittel, diese Erscheinung jederzeit nach Belieben hervor- zurufen und bei Versuchen mit künstlichem Licht die umständliche und, wegen des leichten Verpassens des richtigen Zeitpunktes für die Beobachtung, auch wenig verläßliche Methode der Verdunkelung zu umgehen. Der Vorgang bei den weiter unten besprochenen Versuchen war nun folgender: Nachdem die Lösung aus dem Versuchskölbchen in das zur Messung bestimmte zylindrische Gefäß vorsichtig abge- füllt und die erste Bestimmung des Leitvermögens vollendet war, wurde aus einer Glaskapillare mit Unterbrechungen Atemluft ein- geblasen und der Widerstand fortlaufend kontrolliert. Die sofort eintretende Abnahme der Leitfähigkeit kommt an einem bestimmten Punkte zum Stillstand und sobald dieses Minimum erreicht war, wurde die neuerliche Ablesung vorgenommen. Die Differenz der beiden Bestimmungen ergibt dann die Größe des Abfalles, wie er auch durch Verdunkelung hervorgerufen worden wäre. Bei noch weiterem Einblasen von Luft steigt die Leitfähigkeit allmählich wieder an, infolge der Dissoziation der nun in Lösung befindlichen freien CO,. Gleichzeitig mit der Abnahme des Leitvermögens blaßt die durch Phenolphtalein hervorgerufene Rotfärbung allmählich ab - und das Minimum von x,, fällt ungefähr mit der völligen Entfärbung zusammen. Die sehr zahlreichen, auf diesem Wege gewonnenen Beob- achtungen bestätigten zunächst die früheren Ergebnisse. In destil- liertem Wasser oder in verdünnten Lösungen von Neutralsalzen konnte, wie die Tabellen 2 und 3 erkennen lassen, weder ein Abfall des Leitvermögens hervorgerufen werden noch trat alkalische 88 F. Ruttner, Reaktion ein. Beide Erscheinungen zeigten sich nur in jenen Ver- suchen, denen CaCO, in irgendeiner Form zugesetzt. war. Tabelle 2. | Destilliertes Wasser \ Dem ame a 2 Sprosse Elodea, CaCoO,-frei März 1921 BTIERE : —— Bet I A nach Einleiten | Phenolphtal.- Tag und: Stunde %49. 10 von CO, Reaktion | | Be U vormittags | 0.022 0:028 | _- 6h nachmittags ......... | MO 0:040 2 | dei Vormittags... ana 0.057. | 0:066 _ ZZ | | | | | Tabelle 3. Ca(NO;), zirka 0° 00045-normal u u Lampenlicht | 3 Sprosse Elodea, CaCOy-trei 1921 | ! lt 4 nach Einleiten | Phenolphtal.- lau, las und Selinde | #13. 10 | | von CO, |; Reaktion | 27. Februar, 2%:nachmittags .... 0:487 0489 ° 28. < 10h vormittags...... 0.439 0439 eo 1. März, 2h nachmittags .... 0363 0372 — a {if vormittags. ..... 0336 0348 Bu | Br Um die Frage zu entscheiden, ob die erörterten Leitfähigkeits- schwankungen von der Anwesenheit von festem CaCO, abhängen oder ob sie auch in der Lösung allein auftreten, wurden in dem in Tabelle 4 wiedergegebenen Versuch je zwei von Kalk vollständig befreite Blodea-Sprosse einerseits in einer klar filtrierten Lösung,t andrerseits in einer deutlich getrübten Aufschwemmung von CaCO, in der Dunkelkammer dem Lampenlicht ausgesetzt. Es zeigt sich, daß auch in der Lösung die Leitfähigkeits- abnahme hervorgerufen werden kann, wenn auch in geringerem Umfange als in der Aufschwemmung. Auf die allmähliche Abnahme von x,, in der Lösung im Verlaufe des Versuches werde ich später noch zurückkommen. 1 Daß die Lösung am Beginn des Versuches einen etwas höheren Leitfähie- keitswert hat als er der konzentrierten Lösung von rechtswegen zukommen soll (vgl. p. 84), dürfte darauf zurückzuführen sein, daß infolge der im destillierten Wasser stets absorbierten CO,, dessen Lösungsfähiekeit größer war. Für unseren Versuch ist dies jedoch belanglos. ee u ae Leitvermögen verdünnter Lösungen. sg Tabelle 4. En u Unfiltrierte Aufschwemmung Benkelkammer, Filtrierte Lösung von CaCO, co j Lampenlicht Pen RE ERRDRRLN | ÄR | Abnahme , Phenol- ;, Abnahme ! Phenol- März 1921 | | 7 7 z138-10# | nach Ein- | phtalein- || #,,.10% | nach Ein- | phtalein- Tag u. Stunde | leiten von | Reaktion leiten von | Reaktion | | CO, um: | CO, um: | oa sn. .| 07391 — 398 En 10 oben. 0'345 0038 +—+ 0:426 0056 Se | 11. 3un...| 0'348 0048 Sr 0496 0:086 4 4- an. 0318 0:036 Sr 0503 0:095 4 VlliıyvN..\ 0287 0:0383 SF 0461 0:096 zul an! 143 6h’n...|. '0-205 09-011 —+ 0406 0062 Sa ı as 6kın. „|. 0:145 0005 —+ 0'420 0053 aaa eos... 20.050 = — | Die Tabellen 5 und 6 geben Versuche bei künstlichem Licht wieder, welche unternommen wurden, um den Beginn und das Ausmaß der Leitfähigkeitsschwankung sowie deren Zusammenhang mit der Entstehung der alkalischen Reaktion! (Tab. 6) zu studieren. Es gelangten zu diesem Zwecke Lösungen mit steigendem Calciumbicarbonatgehalt zur Anwendung und die Zahlenreihen enthalten (wie schon in Tabelle 4) einerseits %,,.10* der ungestörten Lösung, andrerseits den Leitfähigkeitsabfall (die Differenz der beiden gemessenen Werte) nach Einblasen von CO,. Den Versuchen der Tabelle 6 waren je 2 Tröpfchen Phenolphtaleinlösung zugesetzt, der Ausfall der Reaktion ist in der dritten Kolumne der einzelnen Beobachtungsreihen angegeben. Nebenbei sei noch bemerkt, daß die Elodea-Sprosse der in der Tabelle 6 wiedergegebenen Versuche nicht von Kalk befreit worden waren, da diese Maßnahme bei Ver- wendung von Lösungen, welche von Haus aus CaCO, enthalten, überflüssig erscheint. Die Temperatur betrug in allen diesen Ver- suchsreihen 16 bis 18°. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefaßt werden: Das Auftreten der Leitfähigkeitsschwankung hängt vom Bicarbonat- gehalt insofern ab, als die Erscheinung erst dann auftritt, wenn - das Bicarbonat schon zum größten Teile verbraucht ist. Während die Messungen in der CaCO,-Aufschwemmung die Leitfähigkeits- abnahme beim Einblasen von Atemluft schon wenige Stunden 1 Es wäre eine verlockende und vielversprechende Aufgabe, durch exakte Bestimmungen der OH-Ionenkonzentration die hier nur angedeuteten Veränderungen näher zu studieren. Vgl. das Buch von Michaelis, Die Wasserstoffionenkon- zentration. F. Ruttner, 90 » Tabelle Di Je zwei Sprosse von CaCO, befreite Elodea. Destilliertes Wasser mit Zusatz von: Ca Co,- 5 cm? Ca(HCOy);- | 10 cm? Ca(HCOs),- | 20cm? Ca(HCO,)- | 30 cm? Ca(HCO,),- Dunkelkammer, Aufschwemmung Lösung Lösung Lösung Lösung Lampenlicht | März 1921 Abnahme | Abnahme Abnahme Abnahme | Abnahme - %g. 104 nach %g. 10% nach 249. 104% nach %g.108 ı nach %g. 104 nach Bern a us / Einleiten Einleiten Einleiten Einleiten Einleiten von CO, von CO, von CO, I von CO, von CO, 19., 61 nachmittags...| 0'296 — 0'814 —_ (5 — 2:99 — 4:27 — 20., 10h vormittags . 0'537 0.124 0660 0.072 0:785 0.014 1:33 — 2:09 — 22, ib yormittags.....| 0:480 2 0586 0:162 0368 0086 0553 0:185 "0.563 0.128 23., 3b nachmittags...| 0388 0067 0513 0172 0'338 0090 0517 0:183 0566 0:149 Sl - m on Ara 20 BT | ale) res) me ale ao Ineie| ejEtuo) air I 15 Neger) | une a, on — (0 | 00 KON) ui] Oro) lies) ia zero ee | ao Neo || u wo! 2 = — 02,8 || Far — Gr uni Z07:0, 21989r0: 7 | 607:0 |0rC:0 2 297202 800.0 | Uno or @ = == | = || == 968.0 1-11 080.0 079.0 || 077.0 78c.0 | X 107 “on = fe) = Tr 99.7 | — = Sl = = 290 || = ea. — 0 | FR = = 5 r 5 2 x ae 2 ie) z x ee le el: la ea nr 2 8 53 “ Dr® Sa = SE Bi e ® us 52 > Se 38 —_ | apung pun =) z 2 8. 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Die verwendeten Ca(HCO,),-Lösungen ohne Elodea März 1921 279.104 Tag und Stunde > cm® 10cm? _ 20 cm? | 30 cm? | 15., 6b nachmittags .[ ° 0918 7a SAT, 4:76 16., 10b vormittags .. 0921 1:70 3:28 4-79 16., 6% nachmittags. 0.931 1:68 So 4:72 17., 11% vormittags .. 0.931 1:67 3722 4:43 | 18., 61 nachmittags. 0:934 1:65 3-18 3:48 | \ nach Einstellung des Versuches im vollen Umfange zeigten, trat dies in den Kölbchen mit Bicarbonatzusatz erst auf, wenn x,,.10* auf einen sehr niedrigen Wert (etwa 0:7) gesunken war. \ Die Größe des Abfalles weist wohl in den verschiedenen Versuchen bedeutende Differenzen auf. Doch hängen diese offenbar | nicht von der Lösung, sondern vom individuellen Zustand der Pflanzen ab. Sie ist in der bicarbonatfreien CaCO,-Aufschwemmung von demselben Ausmaß wie in jenen Kölbchen, wo auf Kosten des zugesetzten Bicarbonats kräftige Assimilation eingetreten war. Ganz übereinstimmend mit dem sich täglich wiederholenden Licht- anstieg der Leitfähigkeitskurve in Fig. 1 sehen wir auch hier in den Kalkaufschwemmungen xz,, am Beginn der Versuche kräftig wachsen. Der Beginn der Rotfärbung bei Zusatz von Phenolphtalein fällt mit jenem der Leitfähigkeitsschwankung keineswegs zusammen, sondern die alkalische Reaktion wird schon viel früher, bei noch recht bedeutendem Bicarbonatgehalt bemerkbar. Dies ist jedoch auf Grund der durch die Assimilation der freien CO, verursachten Gleichgewichtsstörung (vgl. p. 80) unschwer zu verstehen. Intensiv wird die Rotfärbung jedoch erst dann, wenn auch die Leitfähigkeits- schwankung eintritt, eine Tatsache, welche neuerdings für den Zusammenhang beider Erscheinungen spricht. Wenn nun, wie aus allen diesen Feststellungen hervorgeht, der Lichtanstieg des Leitvermögens in unseren Kulturlösungen durch Einleiten von Kohlensäure vollständig wieder rückgängig gemacht werden kann, so ist der Schluß berechtigt, daß es andrer- seits der Entzug von CO, durch die Pflanze ist, welcher in den Lösungen Veränderungen hervorruft, die mit einer Erhöhung: der Leitfähigkeit verbunden sind. i Freie CO, kommt dabei nicht in Betracht und es kann sich daher nur um die in den Carbonaten, beziehungsweise Bicarbonaten gebundene Kohlensäure handeln, und Gegenstand der folgenden: Leitvermögen verdünnter Lösungen. > ‘ A | Überlegung soll es sein, zu zeigen, in welcher Weise auf diesen u ) Wege eine Erhöhung des Leitvermögens möglich ist. Eine Steigerung von x,, einer Lösung bei unveränderter Äquivalentkonzentration (n) ist nur dann möglich, wenn die gelösten Elektrolyte in Verbindungen von höherem Äquiv alentleitvermögen A übergeführt werden (aa N =) Bekanntlich ist das Leitvermögen eines Elektrolyten durch die Beweglichkeit seiner Ionen bedingt und das Äquivalentleitvermögen stellt sich geradezu als die Summe der Beweglichkeiten des Anions und des Kations dar A=/4-+ 1x); vel. Kohlrausch, p. 101. Nun schwanken die Beweglichkeiten der lonen der Hleiaken Neutralsalze nur innerhalb geringer Grenzen und die Äquivalent- leitrermögen dieser Elektrolyte weisen keine sehr großen Differenzen auf, sie liegen bei Verdünnungen von etwa 0°001 um die Zahl 110 herum. Ganz anders verhalten sich jedoch jene Verbindungen, bei deren Dissoziation H’- oder OH’-Ionen auftreten. Hier ist das Äqui- - valentleitvermögen unverhältnismäßig größer, da die Beweglichkeiten sowohl der Wasserstoff- wie auch der Hydroxylionen jene der Anionen und Kationen der Neutralsalze bei weitem übersteigen.! Da nun in unseren Versuchslösungen ein Überwiegen der H-Ionen in Anbetracht der alkalischen Reaktion ausgeschlossen ist, so kann die Erhöhung des Leitvermögens im Licht nur durch eine. Vermehrung der OH’-Ionen herbeigeführt worden sein. Es entsteht nun die Frage, ob und inwieweit in den geschil- derten Versuchen eine Vermehrung der Hydroxylionen eintreten kann. Bekanntlich sind die Carbonate als Salze einer schwachen Säure mit einer starken Base in wässeriger Lösung hydrolysiert, d. h. sie treten mit den H’- und OH’-Ionen des Wassers in folgender Weise in Reaktion: ? K,CO,+HOH & 2K’+HCO/+ OH’. 1 Als Beleg seien aus der von Kohlrausch mitgeteilten Tabelle der Ionen- 'beweglichkeiten folgende Zahlen gegenübergestellt: In 0:001-normaler Lösung CL U 118 OA ÄRNER (09 ER an ale 6): 171 Demnach ergibt sich das Äquivalentleitvermögen von Ca(OH), = 219. 2 Vgl. Kniep: Photosynthese im Handwörterbuch der Naturwissenschaften. ° 94 | F. Ruttner, Die Hydrolyse und somit auch die Hydroxylionenkonzentration ist bei den Carbonaten erheblich stärker als bei den Bicarbonaten und deshalb haben auch, bei gleicher Äquivalentkonzentration, erstere ein höheres Leitvermögen als letztere. Leitet man z.B. in eine 0'O0O1-norm. K,CO,-Lösung Kohlensäure ein, so sinkt nach Maßgabe des gebildeten "Bicarbonats %,, rasch von 1°33 auf etwa ka 051 Bei noch größerer Verdünnung wird die Schwankung natur- gemäß entsprechend kleiner. So ist für die konzentrierte, dan 13 mg = 0:00026 Äquivalente im Liter enthaltende Lösung von CaCO, (gefällt) %,,.10*= 0:29. Das Leitvermögen der äquivalenten Lösung von Ca(HCO,), wurde empirisch durch Verdünnung von Bicarbonatlösungen bekannten Ca-Gehaltes und Interpolation mit etwa 0'22 bestimmt und die Differenz Carbonat—Bicarbonat beträgt somit 0:07. Praktisch fand ich jedoch — durch Einleiten von CO, in mit aller Sorgfalt unter Ausschluß der atmosphärischen Kohlen- säure hergestellten Lösungen — nur 0°05 im Maximum. Wenn nun in unseren Versuchen infolge der Assimilations- tätigkeit der Elodea das ursprünglich in Lösung befindliche Calcium- bicarbonat in Carbonat übergeführt wird, so bedeutet schon dieser Vorgang einen Anstieg des Äquivalentleitvermögens und man könnte auf Grund dessen die Zunahme von x,, im intensiven Lichte teil- weise erklären, insoweit nämlich, als sıe das durch die soeben mitgeteilten Zahlen gegebene Maß nicht übersteigt. Wir sehen aber, daß die Größe der Schwankung nur in selteneren Fällen unterhalb dieses durch die Überführung von Carbonat in Bicarbonat bedingten Wertes von 0:07 gelegen ist. Meist ist sie viel bedeutender und beträgt schon im Lampenlicht das doppelte bis dreifache, im direkten Sonnenlichte das fünf- bis sechsfache. Ich verweise da auf das Maximum der täglichen Schwankung im Diagramm Fig. 1 mit 0:36, das aber noch nicht den größten beobachteten Wert darstellt. So verursachte in einem anderen Versuch ein Elodea-Sproß in Bachwasser nach vollzogener Spaltung des Bicarbonats an drei aufeinanderfolgenden Tagen Leit- fähigkeitsunterschiede von 0'39, 0:43, 0:41 (.107#). Selbst wenn. man annimmt, daß in den Versuchen aus irgendwelchen Gründen übersättigte Lösungen von CaCO, entstehen könnten, so würde die Schwankung nach den gemessenen Leitfähigkeiten im äußersten Falle nur etwa 0:10 bis O'14 betragen.’ 1 Nach Kohlrausch (p. 92) bereitet die exakte Bestimmung des Leitver- mögens der Carbonate in äußerster Verdünnung (etwa über 0:001 hinaus) infolge des Einflusses minimalster Verunreinigungen des destillierten Wassers Schwierigkeiten. Doch ist die dadurch bedingte Ungenauigkeit viel zu gering, um im Vergleich zu den großen Schwankungen der hier behandelten Versuche ins Gewicht zu fallen. 2 Man könnte vielleicht einwenden, daß der so außerordentlich intensive Lichtanstieg in natürlichen Wässern nicht allein durch die Bildung von Caleium- carbonat, sondern durch das Zusammenwirken aller im Wasser vorhandenen Carbo- nate bedingt sein und daher einen größeren Wert erreichen könnte. Wie die Analyse des Lunzer Seewassers zeigt, käme hier nur noch MgCO, in Betracht, da Alkalien | f | | | | Leitvermögen verdünnter Lösungen. 3a Wir kommen also mit dieser Erklärung bei weitem nicht aus _ und es muß daher die Hydroxylionenkonzentration in den 4 Versuchslösungen eine bedeutend größere sein, als sie _ durch die Hydrolyse der vorhandenen Carbonate ver- _ ursacht sein könnte. Tatsächlich findet man ebensogroße Schwankungen, wie sie unter dem Einfluß der Pflanze eintreten, oder noch bedeutendere, nur noch beim Einleiten von Kohlensäure in Hydroxydlösungen [z. B:. Ca(OH),] von entsprechender Verdünnung (vgl. die Zahlen pP. 97). Es muß also in den Versuchslösungen Hydroxyd- bildung auf Kosten der Carbonate eingetreten sein. Diese Feststellung führt aber zu dem Schlusse, daß die Kohlen- säureassimilation nach Umsetzung des Bicarbonats in Carbonat nicht stillesteht, sondern daß weiterhin dem gelösten Carbonat noch ein Teil der Anionen entrissen und durch Hydroxylionen ersetzt wird.! In welcher Weise dieser Vorgang in den Einzelheiten statt- findet, entzieht sich der sicheren Beurteilung. Die einfachste Er- klärung ist meines Erachtens durch die Annahme gegeben, daß die Ca”-Ionen langsamer in die Zellen eintreten als die CO/- beziehungs- weise HCO/-Ionen. Für die im Überschusse aufgenommenen Carbonat- ionen muß” die äquivalente Menge eines anderen Anions in die Lösung zurückgegeben werden und dies ist in unserem Falle OH’. Eine einseitige Aufnahme von lonen kann man, wofern sie mit einem Austausch verbunden ist, nicht von der Hand weisen.? Für unseren Fall spricht schon ein von Czapek zitierter und mit den hier erörterten Versuchsergebnissen übereinstimmender Befund Knop’s,’ daß in nitrathaltigen Nährlösungen mit der Zeit eine alkalische Reaktion auftritt. nur in verschwindenden Mengen vorhanden sind. Ich habe deshalb mit Zlodea so- wohl in reinen MgCO;-Lösungen verschiedener Konzentration sowie in solchen mit CaCO,-Zusatz experimentiert, jedoch niemals eine größere Schwankung als bei alleiniger Anwesenheit von CaCO, gefunden (die größten beobachteten Werte in reinem MgCO, waren 0:05, in MgCO,.+CaCO, 0:14). Übrigens würde selbst unter der unzutreffenden Annahme, daß der gesamte nach Spaltung des Bicarbonats noch übriggebliebene Salzgehalt nur aus einem Carbonat (z. B. einem Alkalicarbonat) be- stünde, der bei der Umwandlung in Bicarbonat mögliche Abfall das Ausmaß der größten beobachteten Schwankungen nicht erreichen. 2 . Eine ähnliche Auffassung des Vorganges der Bicarbonatassimilation (in Alkali-Bicarbonatlösungen), daß »die Pflanze das kohlensaure Salz in Form seiner Ionen aufnimmt und unter Ausscheidung von Sauerstoff und Alkalihydrat reduziert«, vermutet Nathansohn ((. c., p. 215) einer Bemerkung Czapek’s (Biochemie, 1. Aufl., Bd. 1, p. 421) zugrunde legen zu können. Es erscheint mir aber unsicher, ob die betreffende Stelle wirklich in diesem Sinne zu deuten ist. 2 Vgl. auch Czapek, Biochemie, 1. Aufl., II, p. 847, und Nathansohn, Der Stoffwechsel der Pflanzen. Leipzig 1910, p. 97, 98, 117. „? Knop, Landw. Versuchsanst., Bd. CXXI, 1861, p. 295. de) & F. Ruttner, Aber auch die bereits mitgeteilten Ergebnisse der Vers in carbonatfreien Lösungen enthalten Anhaltspunkte für die Annahme, daß die Ca’-Ionen im allgemeinen mit geringerer Geschwindigkeit Y in die Pflanze Aue werden als die an sie gebundenen Anionen. Ich erinnere an die Beobachtung, daß in 'korizenkriereeren Lösungen von Neutralsalzen des Calciums [O'O1-norm. Ca(NO,),, CaSO,, CaCl,]; . denen etwas Phenolphtalein zugesetzt war, scharf begrenzte, rote Wölkchen auf der Oberseite der Blätter auftraten. Diese lokalisierte, aber sehr deutliche Alkalibildung ist wohl kaum auf andere Weise zu erklären, als durch die Annahme eines rascher erfolgenden Eintretens der Anionen und deren Ersatz durch OH’. Es darf nicht wundernehmen, wenn der Vorgang beim Carbonat um so viel rascher vor sich geht, da der ständige und vollkommene Verbrauch der Carbonationen deren Aufnahme gewiß sehr begünstigt. Kehren wir nun noch einmal zu den Leitfähigkeitsschwan- kungen der früher geschilderten Versuche, insbesondere zu’ jenen der Tabellen 5 und 6 zurück, um zu prüfen, wie sich diese :Vor- gänge unter Zugrundelegung der soeben besprochenen Annahme darstellen. In der Aufschwemmung von kohlensaurem Kalk steht der Pflanze, sobald etwa noch vorhandene Spuren von Bicarbonat zer- setzt sind, nur eine konzentrierte CaCO,-Lösung zu Gebote. Hier tritt die Wirkung der einseitigen Aufnahme der Carbonationen und der Abgabe von o# gleich zutage, die Leitfähigkeit steigt beträcht- lich und die Lösung enthält nun außer CaCO, noch Ca(OH),. Durch die Umsetzung in Hydroxyd wird die Konzentration des Carbonats herabgesetzt und neuer Kalk wird sich aus dem Bodensatz auf- lösen. Diesem Vorgang wird eine Grenze einerseits durch die individuelle Assimilationsenergie der Pflanze, andrerseits durch die Konzentration der OH’-Ionen gesetzt, die beim Überschreiten eines gewissen Maßes, wie anzunehmen ist und wie auch Nathansohn! vermutet, die Assimilation sistiert. Leitet man nun Kohlensäure ein, so wird das Hydroxyd in Carbonat und dieses weiterhin in Bi- carbonat übergeführt, die Leitfähigkeit fällt rasch ab und erst wenn die ganze Umsetzung vollständig beendet ist, kommt: sie zum Still- stande. Von vornherein könnte man erwarten, daß beim Ausgehen v von der konzentrierten Carbonatlösung dieser Stillstand bei einem in der Nähe. der Leitfähigkeit der äquivalenten Bicarbonatlösung liegenden Werte eintreten müßte. Dies ist aber durchaus nicht der Fall, sondern gerade bei den größten Schwankungen liegt das Minimum erheblich höher. Diese Erscheinung dürfte unschwer darauf zurückzuführen sein, daß die Ca-Konzentration, wie oben angedeutet wurde, im ganzen zugenommen hat (durch Auflösung aus dem Bodensatz) und, bei Einleitung von CO,, das CaCO,, bevor es noch ausfallen kann, in das gelöst bleibende Ca(HCO,), übergeführt wird. 1 Nathansohn, Bedingungen der Kohlensäureassimilation etc., p. 215. Leitvermögen verdünnter Lösungen. ao Man kann eine ganz analoge Erscheinung auch beobachten, _ wenn man Kohlensäure in eine reine Lösung von Calciumhydroxyd einbläst. Folgende Zusammenstellung gibt diese Leitfähigkeits- abnahmen, wie sie in verschiedenen Verdünnungen einer mit ausgekochtem destillierten Wasser hergestellten Ca(OH),-Lösung _ erhalten wurden, wieder: 719. 10% Vor Einleiten von CO, Nach Einleiten von CO, 1-78 0:73 0:98 0:46 0:62 0:34 Der Stillstand der Abnahme erfolgt somit auch hier bei einem höheren, mit der Konzentration steigenden Werte. Zu einem Schwankungsausmaß, das dem in den Versuchen mit Elodea ge- fundenen noch näher kommt, gelangt man, wenn man von einer mit CaCO, verunreinigten Lösung ausgeht, wie man sie erhält, wenn man das Hydroxyd in ungekochtem, also etwas CO, ent- haltendem Wasser auflöst. Derartige Messungen ergaben: %1g. 10% Vor Einleiten von CO, Nach Einleiten von CO, 1:53 0:82 0:85 0:53 0:51 0:39 Bei den Versuchen mit Zlodea in Bicarbonatlösungen ist, so- lange noch nennenswerte Mengen von Bicarbonat vorhanden sind, das Auftreten einer Leitfähigkeitsschwankung deshalb nicht möglich, weil unter dem Einfluß des sich ständig zersetzenden Bicarbonats eine Erhöhung der Hydroxylionenkonzentration nicht eintreten kann. Erst bei einer Gesamtleitfähigkeit von 0°7.10”*# tritt die Erscheinung rasch zunehmend auf, um die größte Differenz bei etwa 0°5 bis 0:6.107* zu erreichen. Das Ausmaß der Schwankungen ergab sehr verschiedene Werte und erwies sich in hohem Grade abhängig von den indivi- duellen Eigenschaften der verwendeten Sprosse. Mitunter zeigten auch Pflanzen, deren Assimilationsfähigkeit in Bicarbonatlösungen anscheinend normal war, einen nur mäßigen Anstieg der Leitfähig- keit. So z.B. in den Versuchen der Tabelle 1, wo die Endwerte in Bicarbonatlösung und in Carbonataufschwemmung jene der kon- zentrierten CaCO,-Lösung nur wenig übersteigen. In diesen Fällen dürfte eine Bildung von Hydroxyd gar nicht oder nur in geringstem Umfange stattgefunden haben. In der Mehrzahl der Fälle jedoch beträgt der Leitfähigkeits- anstieg 0:10 bis 0:18 im Lampenlicht, 020 bis 0:43 im direkten Sonnenlicht und in diesen Fällen ist die Vermehrung der Hydroxyl- ionen und somit die Hydroxydbildung sehr beträchtlich. [ Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. { DD R F. Ruttner, Stellt man die Versuche in wachsender Entfernung von der { Lampe auf, so nimmt die Schwankung ab, ein Beweis für deren Abhängigkeit von der Lichtintensität. OT Die Aufnahme von Carbonaten durch Elodea. Die vorstehenden Darlegungen setzen voraus, daß Carbonate überhaupt von der Pflanze aufgenommen werden, wenn auch, speziell bei Calciumcarbonat, unter Bevorzugung des Anions. Da es bisher auch mit den feinsten Methoden nicht gelungen ist, in reinen Carbonatlösungen eine Abscheidung von Sauerstoff aus Wasserpflanzen festzustellen, so hat man den Schluß gezogen, daß wohl die bei der Spaltung der Bicarbonate freiwerdende, aber nicht die in den Carbonaten gebundene Kohlensäure für die Assimi- lation ausgenützt werden kann, und Nathansohn spricht die An- sicht aus, daß Carbonate überhaupt nicht oder nur spurenweise in die Pflanzenzellen eintreten.! Diesen Fragen mußte, wegen deren Wichtigkeit für die uns interessierenden Probleme, einige Aufmerksamkeit gewidmet werden und die Resultate der diesbezüglichen Beobachtungen seien im folgenden mitgeteilt. . Vorausschickend muß ich bemerken, daß hiebei die etwaige Aufnahme von Carbonat und Bicarbonat, beziehungsweise von CO,- und HCO;-Ionen nicht unterschieden werden kann, da ja auch in reinen Carbonatlösungen infolge der Hydrolyse (vgl. p. 93) stets beideriei Ionen vorhanden sind. Für unsere Frage ist dies auch gleichgültig, es handelt sich lediglich um die Feststellung, ob kohlensaure. Salze als. solche, beziehungsweise d sn Ionen, oder nur freie CO, in die Zellen eintrevens one Zunächst sei auf den in Tabelle 1 wiedergegebenen Versuch in fltrierter CaCO,-Lösung hingewiesen. Hier sank K,,.10* inner- halb 8 Tagen von 0:39 auf 0:05; in einem anderen Versuch inner- halb 6 Tagen von 0'29 auf 0'025, auf einen Wert, welcher dem Leitvermögen eines mittelguten destillierten Wassers entspricht. Es ist somit im Laufe der Versuchsdauer der kohlen- saure Kalk nahezu vollständig aus der Lösung ver- schwunden und muß von der Pflanze "aufgenommen worden sein.’ 1 Nathansohn, Über die Bedeutung der Kohlensäureassimilation etc., p. 215 f. — Ferner Kniep, Photosynthese im Handwb. d. Naturw. VII, p. 793. 2 Um dem Einwand zu begegnen, daß der Kalk vielleicht in anderer Weise, z. B. als Oxalat außerhalb der Pflanze ausgefällt worden sein könnte, eine Vermutung, welche sich besonders bei dem zweiten, bei höherer Temperatur (zirka 26°) gehaltenen Versuch, dessen Lösung .eine flockige Trübung aufwies, aufdrängte, wurde diese Trübung abzentrifugiert und mikroskopisch untersucht. Sie bestand aus Bakterien ° und Protozoen. Der Gesamtrückstand wurde auf einem Platinblech verascht, und Leitvermögen verdünnter Lösungen. 99 Hierauf wurden Lösungen von Kaliumbicarbonat untersucht. _ Würde das Salz von der Pflanze nicht aufgenommen, sondern, wie Nathansohn annimmt, nur durch Entzug der CO, in Carbonat _ übergeführt werden, so müßte die Leitfähigkeit der Lösung nach _ unseren früheren Darlegungen (wegen des größeren Äquivalentleit- vermögens des Carbonats) einen Anstieg aufweisen. Aber gerade das Gegenteil findet statt. In Fig. 4 ist der Kurvenverlauf von x,,, wie er durch je zwei kalkfreie Blodea-Sprosse in Lösungen von 0:0005-norm. (I), beziehungs- weise 0-O001-norm. (II, II, IV) KHCO, verursacht wurde, wie- ” gersceeeben. Versuch I und II ® Belfanden sich im Licht (20cm » vor einer 100-kerzigen Spiral- drahtlampe), II war während der ganzen Versuchsdauer ver- dunkelt, IV durch 4 Tage ver- ® gumkelt dann, bei /, belichtet. u Den Versuchskölbchen .. war Phenolphtalein zugesetzt worden und die entsprechende Reaktion ist neben den Beob- ° achtungen eingetragen. Die o Temperatur betrug am Anfang des Versuches 17° und stieg Fig. 4. allmählich auf 20°. Die Lichtversuche zeigten ein noch rascheres Fallen der Kon- zentration als bei Anwendung von CaCO,. Dabei wurde, wie das Auftreten der Phenolphtaleinreaktion und der bei jeder Beobachtung kontrollierte Abfall der Leitfähigkeit bei Einleiten von CO, beweist, das Bicarbonat, jedoch nur zum Teil, in Carbonat umgesetzt (der Abfall betrug nur 0:08 im Maximum; Erscheinungen, die auf eine Hydroxydbildung hingedeutet hätten, wurden niemals wahr- _ genommen). Gegen Ende des Versuches verschwand die Phenol- phtaleinreaktion wieder infolge des schließlich fast vollständigen Verbrauches des gelösten Salzes. Die Geschwindigkeit der Aufnahme nahm mit fallender Konzentration allmählich ab, wie insbesondere die Kurve I sehr schön erkennen läßt. In einem anderen Versuch erfolgte der Vorgang noch rascher, die Leitfähigkeit fiel innerhalb 4 Tagen von 0:53 auf 0:07. E Im Vergleich dazu zeigten die Dunkelversuche eine nur gering- fügige Abnahme der Konzentration. Da es denkbar wäre, daß der Abfall des Carbonatgehaltes trotz der nur wenig veränderten Leit- mikrochemisch auf Ca geprüft, jedoch mit negativem Erfolg. Die Flüssigkeit selbst, zirka SO cm?, wurde auf dem Wasserbade auf 8 cm? eingeengt und ergab bei Zusatz von Ammoniumoxalat nur eine minimale Trübung, viel schwächer als die nicht ein- geengte Ausgangslösung. 100 Borutener, fähigkeit doch erfolgte, aber infolge der steigenden Sättigung der Lösung mit Atmungskohlensäure (welche offenbar den anfänglichen Anstieg bedingt) nur verdeckt war, wurde der Versuch IV nach 4 Tagen belichtet. Der Abfall trat von diesem Zeitpunkt ab ganz konform jenem am Beginn der Lichtversuche ein und gleichzeitig erschien die Phenolphtaleinreaktion sehr intensiv, zu einer Zeit, wo sie in den dauernd belichteten Versuchen infolge der Erschöpfung des Carbonatgehaltes schon verschwunden war. Daraus muß man schließen, daß im Dunkeln tatsächlich sehr wenig Carbonat von der Pflanze aufgenommen worden war. Wenn auch nach den mitgeteilten Ergebnissen die Aufnahme der Carbonate im Licht relativ langsam vor sich geht, so sind doch die im Laufe der Versuchsdauer in die Pflanze eingetretenen Gewichtsmengen immerhin nicht unbedeutend. So hatten zwei Elodea-Sprosse aus 100 cm?” der CaCO,-Lösung in 7 Tagen mehr als 1 ng kohlensauren Kalk, aus der gleichen Menge 0-001-norm. Kaliumbicarbonatlösung zirka 5 mg des Salzes entnommen. Dieser Befund ist immerhin von einiger Wichtigkeit für die Beurteilung der Kohlensäureassimilation der Wasserpflanzen. Wenn Carbonate, wie die mitgeteilten Versuche zeigen, tatsächlich in die Pflanzenzellen eintreten, so ist nicht einzusehen, daß deren CO, nicht für die Assimilation verwendet werden sollte, zumal ja die Kohlensäure im sauren Zellsaft frei werden muß.” Schon die um so viel langsamere Aufnahme der Carbonate im Dunkeln spricht für den Zusammenhang der Erscheinung mit der Kohlensäure- assimilation. Die Angaben Nathansohn’s und anderer Forscher, welche den Carbonaten jede Bedeutung für die Assimilation absprechen, dürften darauf zurückzuführen sein, daß sie sich sämtlich auf die Beobachtung des aus der Pflanze austretenden Sauerstoffes stützen. Da nun die Aufnahme der Carbonate, wie wir gesehen haben, außerordentlich langsam erfolgt, so ist es sehr gut denkbar, daß dabei gar keine merkliche Sauerstoffabgabe an die Lösung eintritt. \ Der Vorgang der Kohlensäureassimilation durch Elodea in Lösungen von Calciumbicarbonat. Über die Art und Weise, wie die Wasserpflanzen die für die Assimilation nötige CO, aus dem sie umgebenden Medium schöpfen, 1 Die Aufnahme scheint in gleicher Weise für Bicarbonate wie für Carbonate zu gelten. In einer Versuchsreihe blieb, offenbar infolge irgendwelcher Schädigung der Pflanze sowohl die Verfärbung sowie auch der Abfall nach Einleiten von CO, aus, ein Beweis, daß das Bicarbonat nicht in Carbonat übergeführt worden war und doch war eine deutiiche Abnahme der Konzentration eingetreten. 2 Der Einwand Nathansohn'’s, daß durch die Aufnahme der Carbonate allmählich eine Neutralisierung des Zellsaftes eintreten müßte, erscheint mir nicht zutreffend, da in der lebenden Pflanzenzelle immer Mittel vorhanden sein werden, die Abnahme der Acidität wieder auszugleichen, z.B. schon durch die früher erwähnte Abgabe von OH'-Ionen in Calciumcarbonatlösungen. Leitvermögen verdünnter Lösungen. 101 - stehen sich zwei Meinungen gegenüber. Nathansohn vertritt die Anschauung, daß die Pflanzen nur die in jeder Bicarbonatlösung stets vorhandene freie Kohlensäure aufzunehmen vermögen, welche dann, infolge der erfolgten Störung des chemischen Gleichgewichtes, immer neu aus dem Bicarbonat abgespalten werden muß. Da nun - die CO,-Tension im Wasser von jener der Atmosphäre bestimmt wird und auch der absolute Gehalt dem in der Luft vorhandenen ungefähr gleichkommt, so wären die Wasserpflanzen hinsichtlich der Kohlensäureversorgung keineswegs günstiger daran als die Landpflanzen und die halbgebundene CO, der Bicarbonate hätte nur die Bedeutung eines Vorrates, der die Tension des Gases im Wasser immer auf gleicher Höhe erhält. Angelstein! dagegen kommt auf Grund seiner Beob ee hinne, daß die Assimilationsgröße bei gleicher CO,-Tension mit dem Gehalt an Bicarbonat steigt, zu dem Schlusse, daß die Pflanzen imstande seien, nicht nur die freie CO,, sondern auch die doppeltkohlensauren Salze direkt im Assimilationsprozeß zu verwerten. Prüft man nun diese Frage auf Grund der hier mitgeteilten Versuchsergebnisse, so ergibt sich, daß als die wichtigste co, -Quelle für Zlodea jedenfalls die durch die Gleichgewichtsverhältnisse in Bicarbonatlösungen bedingte Menge des freien Gases anzusehen ıst. Denn die direkte Aufnahme der kohlensauren Calciumsalze erfolgt viel zu langsam, um den raschen Abfall der Konzentration bei lebhafter Assimilation zu erklären. Auch müßten, der großen Konzentrationsabnahme entsprechend, sehr große Mengen von Ca mitaufgenommen werden, deren Bindung in den Zellen kaum vor- stellbar ist. Man müßte denn annehmen, daß das aufgenommene Ca in gleicher Weise wieder abgegeben wird, was wiederum der allgemeinen Erfahrung und unseren Versuchen in destilliertem Wasser, wo kein Elektrolytaustritt erkennbar war, widerspricht. Eine einseitige Aufnahme der HCO}-Ionen allein kann aber ebenfalls kaum den durch die Assimilationsgröße geforderten Um- fang erreichen. Andrerseits reicht aber Nathansohn’s Annahme, wonach die Pflanze nur auf gie spontan aus dem Bicarbonat abgespaltene CO, angewiesen wäre und keine Mittel besäße, aktiv und direkt in den Prozeß einzugreifen, allein nicht aus, die beobachteten Erscheinungen restlos zu erklären. Vor allem ist schon die große Geschwindigkeit, mit der die Ausfällung des Kalkes unter dem Einfluß der Pflanze erfolgt, mit dem Verhalten von Caleiumbicarbonatlösungen bei _ künstlichem Entzug von (CO, nicht in Einklang zu bringen. Wie.die in der letzten Versuchsreihe der Tabelle 6 angege- benen Zahlen beweisen, sind auch recht konzentrierte Ca (HCO,),- Lösungen beim offenen Stehen an der Luft ziemlich beständig und 1 Angelstein, Untersuchungen über die Assimilation submerser Wasser- | pflanzen. Beitr. z. Biol. d. Pfl., 1910. 102 ‚E. Ruttner, eine stärkere Abnahme -der Konzentration tritt erst nach mehreren Tagen hervor. Dieser Prozeß kann nun durch Einleiten CO,-freier Luft, wesentlich beschleunigt werden, aber - auch dann wird die Geschwindigkeit der durch Wasserpflanzen im Licht hervorgerufenen Leitfähigkeitsabnahme bei weitem nicht erreicht. ‚ Ein Erlenmeyerkolben wurde mit 400 cm? Wasser aus dem Lunzer See gefüllt und aus einer Durchlüftungsanlage ein Luftstrom, der durch Einschaltung von Natronkalkröhren und Kaliapparaten von CO, vollständig befreit war, in feiner Verteilung durchgeleitet. Daneben. wurde ein nicht durchlüfteter ebensolcher Kolben mit S Sprossen von Elodea im Licht aufgestellt. Nach Ablauf von 18 Stunden war x,,. 10° im ersten ‚Gefäß von 1-95 auf Ser zweiten, Elodea enthaltenden Gefäß von 1:97 auf 1:02 gesunken. Daß in..dem durchlüfteten Kolben die Kohlensäure wirklich weg- geschafit wurde, bewies das Eintreten alkalischer Reaktion gegen Phenolphtalein und trotzdem war der Leitfähigkeitsabfall ein viel geringerer als unter dem Einfluß der Wasserpflanze, obwohl schon infolge der starken, durch die Durchlüftung bedingten Wasser- bewegung die Bedingungen für die CO,-Abgabe offenbar günstiger waren als ın dem unbewegten Inhalt des Elodea-Gefäßes. Nur dann, wenn man kleine Flüssigkeitsmengen (zirka 100 cm?) ver- wendet und sehr kräftig CO,-freie Luft durchleitet, erfolgt in Bicarbonatlösungen die Abnahme der Leitfähigkeit rascher, ohne aber die unter dem Einfluß von Zlodea beobachteten Werte zu erreichen. Vor allem, und das ist wohl besonders zu betonen, gelingt es auf diese Weise nicht, auch die letzten Reste des Bicarbonats zu spalten. Auch nach viertägigem Durchleiten CO,-freier Luft sank (in reinen Calciumbicarbonatlösungen) die Leitfähigkeit nicht unter 0°6.10”* und blieb in der Folge auf diesem Wert konstant. Diese Beobachtung steht ganz im Einklang mit der Angabe, daß es selbst durch Kochen nicht gelingt, doppeltkohlensauren Kalk restlos zu zersetzen und daß auch beim Stehen der Lösungen im Vakuum über KÖH ein Teil des Bicarbonats in Lösung bleibt.! Demgegenüber weise ich auf die früher mitgeteilte Tatsache hin, daß Zlodea imstande ist, Calciumbicarbonat bis zum letzten Rest in Carbonat überzuführen. Konnte doch festgestellt werden, daß: in vielen Fällen die Leitfähigkeit der Kulturflüssigkeiten annähernd oder ganz bis zu jenem Werte sinkt, der der konzentrierten CaCO,-Lösung zukommt (um 0°3.10). Es ist deshalb außer Zweifel, daß die Pflanze die Fähigkeit | besitzt, auch noch in anderer Weise als durch einfache Entziehung der freien Kohlensäure in den Prozeß der Bicarbonatspaltung ein- 1 Gmelin-Kraut, Handb. d. anorg. Chemie, Bd. II, p. 334 und 336. — Danach bleiben auch bei anhaltendem Kochen einer Calciumbicarbonatlösung 34 bis 36 ng CaCO; in Lösung. | ZU en Dt SE Fee nn dan SR REUT Leitvermögen verdünnter Lösungen. 103 zugreifen! und es liegt auf der Hand, daß dabei in erster Linie die oben geschilderte Erhöhung der ÖH-Ionenkonzentration in - Betracht kommt. Auch Hassak hat ja schon der Bildung von Alkali eine entscheidende Rolle bei dem Vorgang zugeschrieben und war damit gewiß auf dem richtigen Wege, wenn auch die Entstehung der alkalischen Reaktion in anderer Weise zustandekommt, als er sie annahm. In zweiter Linie wird auch die direkte Aufnahme der Carbonate in die Pflanzenzelle, insbesondere bei der Erreichung des Konzentrationsminimums mitwirken. . Im Anschluß an diese Darlegungen sei noch das Ergebnis einiger Versuche mitgeteilt, welche geeignet sind, eine Vorstellung von der Gewichtsmenge von CaCO,, welche durch die Assimilations- tätigkeit von ZKlodea in einer bestimmten Zeit ausgefällt wird, wie auch von der Menge der gleichzeitig assimilierten CO, zu geben ‚und an der Hand dieser Beispiele den Beweis zu erbringen, daß es mit Hilfe der so einfachen Messung des elektrolytischen Leit- vermögens möglich ist, die Assimilationsgröße von Wasserpflanzen - auf sehr bequeme Weise. zu bestimmen, mit Hilfe einer Methode, welche vor dem umständlichen gasanalytischen Verfahren in die Augen springende Vorteile aufweist und hinsichtlich ihrer Genauig- keit die bisher so beliebte »Blasenzählmethode« weit übertrifft. Stellt man sich aus einer (durch Einleiten von CO, in die Aufschwemmung einer genau gewogenen Menge gefällten kohlen- sauren Kalkes bereiteten) Ca(HCO,)-Lösung von bekanntem Ca- Gehalt zahlreiche Verdünnungen her und trägt die gefundenen Leitfähigkeitswerte in ein Koordinatensystem ein, dessen eine Achse x,,.10*% die andere die dazugehörigen Konzentrationen von CaCO, enthält, so gewinnt man eine in großen Verdünnungen wenig von einer Geraden abweichende Kurve, welche es gestattet, für jede bei Assimilationsversuchen in Calciumbicarbonatlösungen auftretende Leitfähigkeitsabnahme die entsprechende, als CaCO, berechnete Abnahme der Konzentration zahlenmäßig festzustellen. Aus einem in dieser Weise hergestellten Diagramm wurden die entsprechenden Gegenwerte in einer für biologische Zwecke wohl hinreichenden Genauigkeit wie folgt ermittelt. 1 Es wäre auch daran zu denken, daß diese Förderung der Bicarbonatspaltung auf einer katalytischen Einwirkung beruhen könnte. Ich fand jedoch keine Beschleuni- ‚gung des Vorganges durch Zusatz von zerriebenen Plodea-Blättern oder von Wasser, m in dem Elodea längere Zeit kultiviert worden war, zu Lösungen von. Calcium- bicarbonat. 7 104 F. Ruttner, Eine Veränderung von %3-10* = 0:01 entspricht:! zwischen Milligramm CaCO, im Liter One bie 0:59 OO 0) 0:62 Om SR2]D 0:64 Ne OR 20) 0:67 Da bei der Spaltung des Bicarbonats nach der Formel: Ca(HCO,) = CaCO, + CO,+H;0 äquivalente Mengen von kohlensaurem Kalk und Kohlensäure ent- stehen, kann man ohne Schwierigkeit (durch Multiplikation der für CaCO, gefundenen Konzentrationsabnahme mit 044) die Menge der assimilierten Kohlensäure berechnen. Als Beispiel sei folgender Versuch angeführt: Ein Kölbchen mit 100 cm? Calciumbicarbonatlösung und einem etwa 10 cm langen Elodea-Sproß wurde durch 4 Stunden dem direkten Sonnenlichte ausgesetzt. K,,.10* sank innerhalb dieser Zeit von 1'80 auf 1:19, der entsprechende Abfall der CaCO,-Konzentration wurde mit 38 mg für 17 ermittelt. Es waren somit aus der 100 cm?” Lösung 3:8 mg Kalk aufgefällt und 17 mg Kohlensäure assimiliert worden. Nach Abschluß des Versuches wurde der verwendete Zlodea-Sproß bei 100° getrocknet und gewogen. Die berechnete Menge des aus- gefällten Kalkes für 1g Trockensubstanz und 1 Stunde Belichtung betrug 11:9 mg und die assimilierte CO, 9:2 mg. Bei analogen Versuchen in natürlichem Bachwasser erhielt ich noch höhere Werte, und zwar 18°1 mg CaCO, und 8:Omg CO, für 1g Trocken- substanz und 1 Stunde.? An der Hand dieser Befunde und der schon früher besprochenen Ergebnisse seien noch einige Worte der Bedeutung der Bi- carbonatassimilation und der damit verknüpften Vorgänge im Haushalt der Natur gewidmet. 1 In Abegg’s Handbuch der aireanigchen Chemie, Bd. 1/2, Leipzig 1905, finde ich Zahlen für das Äquivalentleitvermögen von Ca(HCO,),-Lösungen angeführt, die von jenen meines Diagrammes abweichen und ich kann daher die hier wieder- gegebenen Werte nur mit Vorbehalt anführen. Doch erhielt ich beim Eindampten frisch bereiteter Bicarbonatlösungen, deren Leitfähigkeit vorher bestimmt worden war, Trockenrückstände, welche mit den aus meiner Tabelle entnommenen Milli- srammwerten sehr gut übereinstimmten. Für Lösungen, deren Leitvermögen durch die Assimillationstätigkeit von Zlodea schon herabgesetzt war und die eine deutliche alkalische Reaktion zeigten, ergab das Diagramm etwas niedrigere Zahlen als der Abdampfrückstand (um etwa 50/,), was auf den verschiedenen Gehalt an freier CO, zurückzuführen sein dürfte. Doch fällt ein durch diese Ungenauigkeiten möglicher Fehler bei den hier angestellten Berechnungen in Anbetracht der individuellen Schwankungen der Assimillationsgröße kaum ins Gewicht. 2 Die Fehlerquelle, welche durch das gleichzeitige Eintreten der vorhandenen Salze in die Zellen bedingt wird, kann bei der Kürze der Versuchsdauer und der Langsamkeit dieser Vorgänge vernachlässigt werden. Leitvermögen verdünnter Lösungen. 105 . Die ausschlaggebende Rolle, welche ‘die submersen Wasser- pflanzen bei der Entkalkung natürlicher Wässer spielen, ist ja be- kannt und die soeben mitgeteilten Zahlen geben einen Begriff davon. Beträgt der Wassergehalt der Elodea 88°/,' so werden bei Zu- grundelegung der in unserem Versuch mit Bachwasser vollbrachten Leistung von 100 %g lebender Elodea (wobei natürlich nur die gut belichteten Triebspitzen in Rechnung zu ziehen sind) stündlich 218g und, bei zehnstündiger Sonnenscheindauer, täglich mehr als 2 kg Kalk ausgefällt. Die mächtigen Kalkablagerungen der Uferbänke Dmseienscen, welche 2. B. ım Lunzer Untersee.zu 90%, aus CaCO, bestehen,” geben Zeugnis von der gewaltigen Wirkung .der ent- kalkenden Tätigkeit submerser Wasserpflanzen. Die mit der Assimilation der Bicarbonatkohlensäure parallel- laufenden Erscheinungen, die Abnahme der Konzentration des Wassers und das Auftreten der alkalischen Reaktion während des Tages werden naturgemäß in großen und tiefen Seen, wo die auf- tretenden Differenzen durch Strömungen stets ausgeglichen werden, gar nicht oder nur in geringem Maße bemerkbar werden. Immerhin fand ich im Lunzer See oberhalb großer Elodea-Bestände wenn auch geringe, so doch deutlich feststellbare Schwankungen der elektrolytischen Leitfähigkeit je nach der Belichtung und das Auf- treten einer Rotfärbung beim Einträufeln von Phenolphtaleinlösung im hellen Sonnenlicht. In kleinen und von Pflanzenwuchs durchwucherten Gewässern dagegen spielen sich die Erscheinungen in ähnlicher Weise ab, wie in unseren Versuchsgefäßen und hier werden die Konzentrations- schwankungen sowie vor allem die Veränderung der Hydroxylionen- konzentration im Laufe des Tages einen stets zu berücksichtigenden Einfluß auf die Daseinsbedingungen der Pflanzen und Tierwelt aus- üben. Auf eine Beobachtung möchte ich noch hinweisen, welche schon vor einer Reihe von Jahren gemacht wurde, deren richtige Deutung aber wohl erst im Zusammenhang mit dieser Arbeit mög- lich ist. Im Obersee bei Lunz befinden sich ausgedehnte schwimmende Wiesen, welche eine typische Moorflora von Sphagnum und seinen Begleitern tragen und in kleinen Tümpeln, oft nur 50 cm von der freien Seefläche entfernt, zahlreiche, den Hochmooren eigentümliche Desmidiaceen und andere Algen beherbergen. Es mußte auf den ersten Blick befremden, wie das Entstehen einer solchen kalkfeind- lichen Flora, die direkt auf einem See von: hohem Kalkgehalt schwimmt, möglich war. Leitfähigkeitsuntersuchungen brachten die 1 Kirchner, Loew, Schröter, -Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mittel- europas, 1908, I, p. 681. 2 Mulley, Analysen des Schlammes der Lunzer Seen. Int. Rev. d. ges. Hydrobiol. und Hydrogr. 1914. Hydrogr. Suppl. zu. Bd. V. ‚Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 8 106 F. Ruttnet, Lösung des Rätsels. Das Wasser der erwähnten kleinen Tümpel und der Sphagnum-Rasen ist nicht das Wasser der so nahe benach- barten Seefläche, sondern es weist ein viel geringeres Leitvermögen auf, etwa 0'2.10=# ungefähr wie Regenwasser. Die Leitfähigkeit ” des Seewassers selbst beträgt 1'69.10-*. Ich erklärte damals die Erscheinung damit, daß in unserem regenreichen Gebiet Ansamm- lungen von Regenwasser auch in so unmittelbarer Nähe des See- spiegels dauernd möglich sind, ohne durch die Diffusion ausgeglichen zu werden.. Doch dürfte die Erhaltung dieses Konzentrationsunter- schiedes in regenarmen Perioden auf Grund dieser Annahme allein schwer zu erklären sein. Auf Grund der hier mitgeteilten Versuchs- ergebnisse jedoch ıst es einleuchtend, daß das vom See gegen das Moor diffundierende Wasser schon beim Passieren des äußersten aus einem dicht verfilzten Pflanzengsewirr bestehenden Moorrandes seines Kalkes und eines Teiles seiner anderen Stoffe beraubt und. so ın einen günstigen Nährboden für die weiter darinnen lebenden Hochmoorpflanzen umgewandelt wird. Es ist mir eine angenehme Pflicht, der Akademie der Wissen- schaften in Wien für die mir zur Ausführung dieser Arbeit gütigst verliehene Subvention den besten Dank auszusprechen. Zusammenfassung der Ergebnisse. l. Messungen des elektrolytischen Leitvermögens verdünnter Lösungen bilden in der Hand des Biologen ein vortreffliches Mittel, um Konzentrationsveränderungen in natürlichen und künst- lichen Nährlösungen in sehr einfacher und zuverlässiger Weise quantitativ festzustellen, und sind geeignet, über die Aufnahme und Abgabe von Elektrolyten durch die in diesen Nährlösungen kultivierten Organismen Aufschluß zu geben. In der vorliegenden Arbeit wurde diese Methode hauptsäch- lich auf die Untersuchung des Kohlensäure-Haushaltes submerser Gewächse angewendet und dargetan, daß es möglich ist, auf diese Weise einerseits die Assimilation der Bicarbonatkohlensäure und die damit verknüpften Vorgänge durch vergleichende Unter- suchungen genau zu beobachten, andrerseits aus der Leitfähigkeits- abnahme in Calciumbicarbonatlösungen die Menge der assimilierten CO, mit hinreichender Genauigkeit zu bestimmen. 2. In natürlichen und künstlichen Lösungen von Calcium- 'bicarbonat findet unter dem Einfluß von Elodeas und anderen Wasserpflanzen im Licht zunächst ein sehr rascher Abfall des elektrolytischen Leitvermögens statt, der auf die Assimilation der halbgebundenen Kohlensäure und die dabei erfolgende. Ausfällung ae Zu ee En Be 1 m en de ® kr [X -4 .. - Leitvermögen verdünnter Lösungen. 107 ‘des Kalkes zurückzuführen ist. Nach Abschluß dieses Prozesses tritt jedoch die entgegengesetzte Erscheinung ein, das Leitvermögen _ wächst im intensiven Licht bedeutend an, um bei Verdunkelung wieder abzufallen. 3. Dieser Lichtanstieg des Leitvermögens ist an die Anwesen- heit von Calciumcarbonat gebunden und dasselbe gilt auch von dem schon bekannten Auftreten einer alkalischen Reaktion in belichteten Wasserpflanzenkulturen. Beide Erscheinungen unter- bleiben in destilliertem Wasser oder in verdünnten Lösungen verschiedener Neutralsalze. Es trifft somit der von Hassack an- genommene Austritt alkalischer Substanzen (Alkalicarbonaten) aus den Pflanzenzellen nicht zu und da demzufolge die Äquivalent- konzentration der Lösungen im Licht keine Vermehrung erfährt, kann der Anstieg ihrer Leitfähigkeit nur in Veränderungen der kohlensauren Salze zu suchen sein, welche das Äquivalent- leitvermögen erhöhen. Dafür kommt in unserem Falle nur eine Vermehrung der Hydroxylionen in Betracht. Die Tatsache, daß dieser Lichtanstieg des Leitvermögens durch Einleiten von CO, wieder rückgängig gemacht werden kann, führt zu dem Schlusse, daß es der Kohlensäureentzug bei der Assimilation ist, der ihn bewirkt. Doch reicht die mit der Umwandlung des Bicarbonates in Carbonat verbundene Erhöhung des Leitvermögens nicht aus, die Erscheinung zu erklären, sondern man muß annehmen, daß über diesen Prozeß hinaus noch ein Teil des gelösten Carbonats in Hydroxyd übergeführt wird, um zu der aus den Leitfähigkeits- schwankungen zu folgernden OH-Ionenkonzentration zu gelangen. 4. Diese Hydroxydbildung, beziehungsweise die Vermehrung der OH-Ionen wird auf Grund der auch durch andere Beobach- tungen begründeten Voraussetzung erklärt, daß die Ca-lonen lang- samer von der Pflanze aufgenommen werden als die Carbonationen und daß infolgedessen ein Ionenaustausch stattfindet, bei dem an Stelle der überschüssig aufgenommenen Carbonationen OH-Ionen in die Lösung zurückkehren. o. Daß Carbonate überhaupt von der Pflanze aufgenommen werden, konnte durch die allmähliche Abnahme der Leitfähigkeit von CaCO, und KHCO,-Lösungen im. Licht, beinahe bis zum vollständigen Verschwinden der Salze aus der Lösung, nach- gewiesen werden. Im Dunkeln erfolgt die Aufnahme von KHCO, nur äußerst langsam. 6. Elodea hat die Fähigkeit, Calciumbicarbonat bis zum letzten Rest zu spalten und in Carbonat überzuführen. Am Ab- schluß vieler Versuche in Bicarbonatlösungen war die Leitfähigkeit bis auf den Wert der konzentrierten CaCO,-Lösung, also auf etwa 0:3.10* gesunken. Aus dieser Tatsache und auf Grund der Erfahrung, daß eine Zersetzung von dieser Vollständigkeit nicht einmal durch anhaltendes Kochen zu erreichen ist, ferner in An- betracht der großen Geschwindigkeit, mit der sich die Spaltung der Bicarbonatspaltung . zur Erklärung En, ; Vorganges aa ausreicht. Wohl bildet die durch die ( und durch direkte unter Bevorzugung des Carbonat- Ions Br Aufnahme der kohlensauren Salze wird die Spaltung des Bicar! nats wesentlich beschleunigt und die Assimilation gefördert. itzungsberichte "Abteilung I V ineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, en A ! ool« gie, ‚Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und 3 N Reisen. 7 \ | Be 130. Band, 4. und 5. Heft (Mit 1 Tafel und 15 Textfiguren) “ € laruckt auf Kosten der. Jerome und Margaret re Spende pe | - Wien, 1921 Österreichische Staatsdruckerei In Kommission bei Alfred Hölder Universitätsbuchhändler Buchhändler der Akademie der Wissenschaften Schwenk A., Über Mikroorganismen in der Wiener Hochguellenwasser e [Preis: 60 K] . N ee NE re Ne Schussnig B., Ein zur Kenntnis der Cytologie von T' uber aestiuum Vitt, (Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren.) [Preis: 90K] . RENTE ‚Schröder B., Phytoplankton aus een von area (Mit 12 Textig [Preis: 180 K]. 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Hingegen ‚sind Schlüsse vom Vorhandensein von Ammoniak und salpetriger "Säure und von einem vermehrten Gehalte an Chlor und Schwefel- ‚säure auf eine hygienisch nicht einwandfreie Beschaffenheit des "Wassers nur bedingt richtig, so daß man aus der chemischen Analyse allein auf eine Verseuchung oder Verseuchbarkeit eines Wassers nicht schließen kann.° Die jüngere biologische Methode im engeren Sinne oder die bakteriologische, auf die man gleich anfangs große Hoffnungen setzte, hat diese zu großem Teile gerechtfertigt und bildet auch gegenwärtig einen wichtigen Faktor bei der Beurteilung eines Wassers. Sie lehrte erkennen, wo die Gefahr verseuchten 1 Mez C., Mikroskopische Wasseranalyse, Berlin 1898. — Gärtner A., Die _ Hygiene des Wassers, Braunschweig 1915. — Kruse W., Die hygienische Unter- suchung und Beurteilung des Trinkwassers in Weyls Handbuch der Hygiene, Leipzig 1919. 2-Kruse W,,|.c., p. 224. 12 A. Schwenk, Wassers liegt, sie erfand Methoden zur Erkennung der Infektion und zur Kontrolle der Wirksamkeit aller Maßnahmen. Doch haften auch ihr noch manche Mängel an; stößt doch die Auffindung und Diagnose von Krankheitserregern vielfach auf sehr große Schwierig- keiten — abgesehen. von der beträchtlichen Unsicherheit des Schlusses von der beobachteten auf die wirklich vorhandene Bakterienzahl. In den letzten Jahren beginnt sich eine neue Methode Bahn zu brechen, nämlich die der biologischen Batersuchung im weiteren Sinne. Sie zieht die gesamten in einem Wasser vorhandenen Lebewesen in Betracht und geht von der Tatsache aus, daß gewisse Pflanzen und Tiere in stark verunreinisten Gewässern, andere hingegen nur in reinem Wasser auftreten. Letztere werden als Katharobien, erstere als Saprobien (Poly-, Meso- und Oligosaprobien) bezeichnet. Das geringe. Alter dieser Methode bringt es mit sich, daß ihr vorderhand noch mehr Mängel anhaften als ihren beiden älteren Schwestern. So ist z. B. das Wachstum und Gedeihen der in Betracht kommenden Arten viel- fach von Verhältnissen abhängig, die uns meist nur recht un- vollkommen bekannt sind. Von zwei nahe verwandten Arten kann ferner die eine polysaprob, die andere sogar katharob sein! Diese Methode wird also erst dann zur vollen Geltung gelangen, wenn die Artabgrenzung der betreffenden niederen Organismen weniger schwierig und ihre speziellen Lebensbedingungen besser bekannt sein werden, als es heute noch der Fall ist. Immerhin wäre sie schon jetzt imstande, die chemische und bakteriologische Methode in willkommener Weise zu ergänzen. Es ist denn auch bereits eine Reihe von Arbeiten erschienen, die sich mit der Mikroflora und -fauna von Leitungen, Wasser- werken! und Wasserfiltern befassen. Ich verweise diesbezüglich auf Ruttner’s prächtige Arbeit über die Mikroflora der Prager Wasserleitung? und das darin enthaltene Literaturverzeichnis. Das Wasser von Quellenleitungen wird in der Regel nur auf seinen Bakteriengehalt geprüft — begreiflicherweise, da es sich dabei meist um sehr reines Wasser handelt. So auch das der Wiener Hochquellenleitung. Es wird wohl seit einer Reihe von Jahren fortlaufend zwei- bis dreimal wöchent- lich durch die Untersuchungsstelle des Gesundheitsamtes der Gemeinde Wien am hygienischen Institut der Universität unter- sucht, doch beschränkt sich diese Prüfung auf die Ermittlung der Keimzahl, des Kolititers und des Prozentsatzes der verflüssigenden Keime. Von ihren Ergebnissen wird im Zusammenhange mit jenen der vorliegenden Arbeit noch zu sprechen sein. 1 De Vries H., Die Pflanzen und Tiere in den dunklen Räumen der Rotter- damer Wasserleitung, Jena 1890. 2 Ruttner F., Die Mikroflora der Prager Wasserleitung, Archiv der natur- wissensch. Landesdurchf. von Böhmen (XII. Band, Nr. 4). N 2 I ZELLEN EEE Pe 6 e Mikroorganismen in der Wiener Hochqueilenwasserleitung. 113 Eine qualitative Untersuchung auf Bakterien oder sonstige - Organismen wurde bisher nicht vorgenommen. Und doch wäre eine solche wünschenswert! Ser ware es z.B. von, Interesse zu erfahren, ob in dem so reinen Wiener Leitungswasser außer Bakterien noch dene Bebewesen überhaupt existieren können,. und wenn dies der Fall wäre, ob es sich dabei etwa um typische Reinwasser- oder Gebirgsformen handelt, die aus dem Ursprungsgebiet, dem Schneeberg und Hochschwab, stammen, oder um eine besondere lokale Lebensgemeinschaft des Leitungssystems. Und ließen sich endlich irgendwelche Formen feststellen, so wäre damit eine bequeme Quelle für Objekte zu biologischem Studium und für Anschauungsmaterial in Schulen gefunden. Aus allen diesen Gründen habe ich es auf Anregung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Hofrates Professor Dr. Hans Molisch, unternommen, die Mikroorganismen des Wiener Hochquellenwassers zu studieren. Eine Untersuchung seiner Bakterien im all- Bemeimen lag hiebei nicht im Plane der Arbeit, sondern es fanden bloß Fisenbakterien und Purpunbakterien einige Berück- sichtigung. Methode. I. Filtration. Zur Gewinnung der Organismen ‘aus dem Leitungswasser standen zunächst jene zahlreichen: Methoden zur Verfügung, deren sich die Planktonforscher zu gleichem Zwecke bedienen. Sie alle versagen jedoch angesichts der Aufgabe, sehr reines Wasser auf seinen Organismengehalt zu untersuchen. Selbst die feinmaschigsten Planktonnetze (Müllergaze Nr. 20) lassen kleinere Organismen durch. Sorgfältig genähte Beutel aus weißgegerbtem Ziegen- oder Schafleder, wie sie Ruttner bei seiner Arbeit verwendete,! haben ‚den Nachteil, daß die filtrierende Fläche im Verhältnis zur Zahl der Mikroorganismen viel zu groß ist. Endlich war auch die Verwendung der von Lohmann empfohlenen gehärteten Papierfilter® und namentlich der Zentri- fuge? in unserem Falle nicht gut möglich, da in Anbetracht der cp. 2 Lohmann H., Neuere Untersuchungen über den Gehalt des Meeres an Plankton und über die Brauchbarkeit der verschiedenen Fangmethoden, Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen, VII, Kiel 1903. 3 Derselbe, Untersuchungen zur Feststellung des vollständigen Gehaltes des Meeres an Plankton, ebenda, X., 1908. 114 A. Schwenk, Reinheit unseres Leitungswassers zu große Wassermassen hätten filtriert, beziehungsweise zentrifugiert werden müssen. Hingegen wurden alle drei Hauptforderungen: Filtration hin- reichend großer Wassermengen bei genügender Dichte des Filters und möglichst geringer Ausdehnung der filtrierenden Fläche, gleichmäßig erfüllt, wenn man Läppchen von Rehleder (Sämisch- leder, Waschleder) mit einem Bindfaden direkt an den Leitungs- hahn anband. Nach sieben- bis achtstündigem Filtrieren bei mäßig auf- gedrehtem Hahne zeigte sich an dem Leder ein deutlicher kaffee- bis schokoladefarbener Rückstand. Die filtrierende Fläche wurde nunmehr ausgeschnitten, in einem Probierglase mit wenig Wasser ausgeschüttelt, sodann die Aufschwemmung zentrifugiert und der so erhaltene, nunmehr durch Lederfasern hellbraun gefärbte Nieder- schlag (etwa !/, cm”) mikroskopisch untersucht. Die in der angegebenen Zeit den Filter passierende Wasser- menge berechnete ich annähernd auf 400 Liter. Im ganzen wurden nach dieser Methode in der Zeit vom Jänner 1913 bis Juni 1914 27 Filtrate untersucht, also in einem Monat (die Hochschulferien ausgenommen) durchschnittlich drei. Alle Proben wurden einem und demselben Leitungshahne im Pflanzenphysiologischen Institute der Universität in Wien ent- nommen. Das Wasser gelangt dorthin meistenteils aus dem Schmelzer Reservoir, welches wiederum aus dem Reservoir Rosen- hügel gespeist wird und daher gemischtes Wasser der Ersten und Zweiten, Kaiser "Franz Josef- Hochquellenlerrpus abgibt.! Unsere oben geschilderte Methode hat zweifellos auch ihre Mängel. Durch Filtrieren überhaupt können gewisse sehr zarte Organismen, hauptsächlich Flagellaten, arg in Mitleidenschaft ge- zogen werden, so daß sie bis auf undeutbare Reste verschwinden.” Etwas störend wirkten ferner bei der mikroskopischen Unter- suchung die zahlreichen Lederfasern, die sich beim Ausschütteln des Lederfilters vom Schnittrande lösen und eine sehr sorgfältige Durchmusterung der Präparate erfordern. 1 Über Entstehung, Anlage und Verlauf der I. und II. Kaiser Franz Josef- Hochquellenleitung orientieren folgende Werke: ; Stadler R., Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart, Wien 1873; Riedel J., Die Wasserversorgung Wiens, Wien 1904; Die zweite Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung der Stadt Wien, Eine Gedenkschrift zum 2. Dezember 1910, Wien 1910. 2 So kam es denn auch, daß bei der Durchforschung der Lunzer Seen durch die dortige biologische Station seit der Einführung der Zentrifuge eine Reihe von Formen gefunden wurde, die bis dahin bei Anwendung von Filtration nicht oder nur in geringer Menge beobachtet worden waren. (Ruttner F., Über die Anwendung von Filtration und Zentrifugierung bei den planktologischen Arbeiten an den Lunzer Seen, Internationale Revue der ges. Hydrobiol. und Hydrogr., Bd. II, Leipzig 1909. } F Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung. 115 ‚Dank dem Entgegenkommen der städtischen Behörden war _ ich im Juni 1914 auch in der glücklichen Lage, ein Reservoir zur Zeit der jährlich einmal stattfindenden Reinigung, zu deren Durchführung das Wasser abgelassen wird, besichtigen zu können. Und zwar war dies das Schmelzer Reservoir, welchem ja, wie bereits erwähnt, die untersuchten Wasserproben entstammten. Der weite, kühle Raum der eigentlichen Wasserkammer, in den durch kreisrunde Licht- und Luftschächte des Decken- gewölbes ein schwaches Dämmerlicht einfällt, zeigte an der Wassersohle einen etwa 1 cm hohen, braunen, feinschlammigen Belag, dem ich einige Proben entnahm. II. Kulturversuche. 1. Bei seiner Untersuchung der Flora der Budapester Wasser- leitung bediente sich Istvanfii! großer, sterilisierter Glasgefäße, die mit dem zu untersuchenden Wasser gefüllt und durch längere Zeit im Lichte stehen gelassen wurden. Die an Wand und Boden - sich entwickelnde Flora wurde untersucht. Ruttner”? wies auf die Mängel dieses Verfahrens hin, die darin gelegen sind, daß wohl nur ein kleiner Teil der in Frage kommenden Mikroorganismen unter den willkürlichen Bedingungen am Leben bleibt oder gar sich vermehrt. -Immerhin könnte diese Methode in etwas modifizierter Weise doch bei dem einen oder anderen Organismus, der bei der direkten Untersuchung etwa ganz vereinzelt aufgefunden wird, zu einer Anreicherung führen, die seine sonst oft schwierige oder unmög- liche Artbestimmung wesentlich erleichtert. Deshalb wurden zunächst für etwa vorhandene Algen drei Kolonnen von Nährlösungen aufgestellt. PrRKolonne :(Bebruar 1913): Je drei sterile' Erlenmayer- kölbchen wurden mit 200 cm” einer Lösung von KNO,, beziehungs- BEse KE,PO,, K,HPO,, Ca, (PO,),, KCl.NaCl, MgSO,, Knop’s Nährlösung (sauer und basisch) und Leitungswasser + KNO,+ + KH,PO, angefüllt. Die Konzentration betrug 0°'02°/,. 2. Kolonne (Mai 1913): Wiederholung der ersten. 3. Kolonne (März 1914): Eine Reihe von je drei gleichen Kölbchen wurde mit je 200 cm? einer 0:02°/, Knop’schen Nähr- lösung (basisch und sauer), beziehungsweise mit Leitungswasser +KH,PO,+KNO,, eine zweite Reihe mit den gleichen Nähr- lösungen gefüllt, doch betrug die Konzentration 0°2°,. 1 v.Istvanffi G., Die Vegetation der Budapester Wasserleitung, Bot. Zentral- blatt, LXI., 1895. lc. DD. 2. 116 A. Schwenk, Das eine Kölbchen jeder dieser Nährlösungen impfte ich mit 1 cm’, das zweite mit 10 cm? Leitungswasser, das dritte endlich mit dem auf dieselbe Weise wie zur direkten mikro- skopischen Untersuchung gewonnenen Filterrückstand. Lörureee und Gefäße wurden in üblicher Weise sterilisiert. 2. Die mikroskopische Untersuchung des Filterrückstandes. hatte es wahrscheinlich gemacht, daß im Leitungswasser die weit- verbreitete Ockerbakterie Chlamydothrix (Leptothrix) ochracea vorkomme, es war daher der Gedanke naheliegend, die von Molisch! gegebene Methode der Kultur dieser interessanten Eisenbakterie zur Stütze des mikroskopischen Befundes heran- zuziehen. Es wurden also in einem ersten Versuche (Dezember 1913) zwei Litergefäße mit in frischem Leitungswasser gelöstem Mangan- pepton (0° 25°/,) gefüllt, ferner je zwei gleiche Gefäße, enthaltend Manganpepton (0:25°/,) + Torfwasser (Absud eines faustgroßen Torfziegels) mit 1 cm’, beziehungsweise 10 cm? Leitungswasser, beziehungsweise mit Filterrückstand geimpft. Im Februar 1914 wurde dieser Rohversuch in Erlenmayer- Kölbchen unter Anwendung aller bakteriologischen Vorsichts- maßregeln wiederholt. Ein drittesmal endlich (März 1914) füllte ich vier sterile Kölbchen (200 cm?) mit frischem Leitungswasser und setzte sterile Manganpeptonlösung zu, während vier weitere Kölbchen, enthaltend je 200 cm? steriler Manganpeptonlösung (0'25°/,, mit Filter- rückstand geimpft wurden. 3. Zum Nachweise etwa vorhandener Keime von Purput- bakterien bediente ich mich des gleichfalls von Molisch”® gefundenen, sehr einfachen Kulturverfahrens. Von zwei etwa einen Meter langen, vier Zentimeter dicken Glasröhren wurde die eine mit etlichen Weinbergschnecken, die andere mit einigen Regen- würmern beschickt, beide sodann sterilisiert, mit Hochquellenwasser angefüllt und darüber 1 cm hoch steriles Rizinusöl aufgeschichtet. (Dezember 1913). Bei einem späteren Kontroliversuche (Juli 1920) war der Vorgang der gleiche, nur wurden als organische Substanz Teich- muscheln (Anodonta sp.) verwendet. 1 Molisch H., Die Eisenbakterien, Jena 1910, p. 321. 2 Molisch H., Die Purpurbakterien nach neuen Untersuchungen, Jena 1907, p. #f. % Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung. oz Die Organismen des Leitungswesens. I. Resultat der mikroskopischen Untersuchung des Filterrückstandes. 1. Pflanzliche Organismen. Eisenbakterien: Wohl in jedem Präparate war eine Faden- bakterie zu finden, deren meist recht kurze und unverzweigte Fäden häufig farblos, aber auch heller bis dünkler gelb, selbst dunkel rostbraun gefärbt waren, einzeln oder in kleinen Räschen auf Rostbröckchen. saßen und eine deutliche Scheide mit zylin- drischen Zellen aufwiesen. Bei genügender Länge der Fäden ließ sich ein Gegensatz zwischen Basis und Spitze feststellen. Bisweilen saßen auf dickeren, gelb gefärbten Scheiden kleine, farblose Fäden rechtwinkelig auf. Alle Merkmale dieser Fadenbakterie wiesen auf Chlamydothrix ochracea hin, nur sind in unserem Falle die Fäden meist recht kurz, offenbar Kümmerformen, denen die Reinheit unseres Leitungswassers nicht recht zusagt. Wenngleich dieser Organismus, wie erwähnt, in fast jedem Präparate zu finden war, so trat er doch nur sehr spärlich auf. Eine andere Eisenbakterie, den berüchtigten Brunnenfaden (Crenothrix polyspora), der durch üppiges Wuchern und dadurch ‚bedingte Verstopfung der Wasserleitungsröhren schon in so manchen Städten arge Kalamitäten hervorgerufen hat, konnte ich nur ein einziges Mal beobachten. Es handelte sich um einen offenbar nur zufällig in das Leitungssystem hineingeratenen längeren und dickeren Faden mit den für diese Bakterie charak- teristischen Mikrogonidien im oberen Teile. Gleichfalls nur ein einziges Mal begegnete ich einer dritten Eisenbakterie, der zuerst von Schorler in einem Dresdener Wasserwerke entdeckten und später auch von Molisch und Ruttner in der Prager Wasserleitung gefundenen Clonothrix fusca. Ich fand sie in einer Leitungswasserprobe aus Hietzing vor, welche ich einem Freunde verdankte, dem damals eine vorüber- gehende Braunfärbung des Leitungswassers aufgefallen war. Die Dicke der Zellen, die Inkrustation der Scheiden mit Eisenoxyd- hydrat, die regelmäßige Scheinverzweigung, kurz alle Merkmale EHmmten vollkommen‘ mit ‘der von‘ Schorler! gegebenen Beschreibung überein. Möglicherweise sind gewisse farblose, spärlich verzweigte, dickere Fäden, die ich — sehr selten — zwischen den oben erwähnten Chlamydothrix-Räschen beobachtete, nichts anderes als 1 Schorler B., Beiträge zur Kenntnis der Eisenbakterien, Zentralbl. f. Bakt.- u. Parasitk., II. Abt., XII, 1904. 118 A. Schwenk, junge Clonothrix-Fäden. Sicheres läßt sich darüber schwer aus- sagen, da ja Scheinverzweigungen auch bei Chlamydothrix ochracea, wenn auch nur selten, auftreten und weiters junge, daher kurze, # noch nicht verzweigte Clonothrix-Fäden von solchen der Chlamydo- thrix wohl kaum zu unterscheiden sind. Endlich fand ich in vier aufeinanderfolgenden Proben ver- einzelt kurze (vier- bis fünfzellige), schwarzbraune, einfache Fädchen von Gallionella ferruginea. In den Proben des Schmelzer Behälters hingegen war diese“ Art viel häufiger vertreten, und zwar sowohl in kurzen als auch in längeren Fäden, bald schmäler, bald dicker, bald lichter, dann wieder fast schwarzbraun gefärbt, einfach und in Zopfform. Daneben war auch hier Chlamydothrix ochracea zu beobachten, deren Fäden aber meist kräftiger und länger, auch stärker inkrustiert waren als die aus dem Leitungswasser filtrierten. 4 Clonothrix und Crenothrix fehlten hier ganz. Algen fanden sich zwar ebenfalls fast in jeder Probe (in 23 von insgesamt 27), stets aber sehr vereinzelt und meist bereits abgestorben, was ihre Bestimmung vielfach erschwerte oder gar unmöglich machte. Aus später zu erörternden Gründen war eine fortlaufende Zählung der Organismen zwecklos und unterblieb daher. Folgende rohe Schätzung vermag aber immerhin vielleicht einen Begriff davon zu geben, wie gering die Zahl der unter den wenigen Organismen relativ noch am häufigsten auftretenden Diatomeen war. Durchschnittlich wurden bei einer Filtration 400 2 Wasser Niltriert. In einem speziellen Falle wurden in Präparaten von 0:1 cm” des in 1 cm? suspendierten Filterrückstandes zwei bis vier Diatomeen gezählt, woraus sich für 400 Z 20 bis 40 Individuen ergeben. Gewiß eine sehr geringe Zahl! Sie dürfte — soweit sich dies nach dem Augenschein, ohne exakte Messung, beurteilen läßt — keiner nennenswerten Schwankung unterliegen. Im folgenden seien die wenigen Arten angeführt: Cymatopleura Solea (Panzer und lebend), Pinnularia sp. » » » Nitzschia linearis » » >» Ceratoneis Arcus (Panzer), Navicula sp. (Panzer und lebend), Meridion circulare (Panzer), Synedra Ulna (Panzer und lebend), Nitzschia sigmoidea (Panzer), Cocconeis Sp. » Diatoma vulgare >» Ennotia Sp. » Die beiden ersten Arten begegneten mir am »häufigsten«, nämlich in fünf (von insgesamt 27) Proben, die letzteren vier nur je ein einziges Mal. | Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung. 119 Die Proben aus dem Schmelzer Behälter enthielten nur sehr vereinzelt Synedra Ulna und Nitzschia linearis. An Desmidiaceen beobachtete ich fünf Arten in je einem _ einzigen Exemplar. Die charakteristischen Schalen von Tetimemorus _ lacvis waren nicht zu verkennen, die übrigen Formen kann ich _ jedoch nicht als einwandfrei identifiziert hinstellen, da sie, wie erwähnt, nur in einem Exemplar vorlagen und Chromatophoren sowie Pyrenoide zerstört waren. Form und Skulptur der Schalen wiesen auf Cosmarium amgunstatum und reniforme, Closterium Cynthia und Pleurotaeniopsis incisa hin. Die Chlorophyceen waren in fünf Proben durch einzeln auf- tretende, kurze Fadenfragmente einer Ulothrix und durch ein _ sechzehnzelliges Zönobium des niedlichen Coelastrum microporum ‚vertreten. Armzellige Bruchstücke einer Oscillaria-Art waren die ein- _ zigen Vertreter von Blaualgen. Im übrigen beobachtete ich in den Filtraten wie in den Reservoirproben nur Reste von höheren Pflanzen, wie sie sich gewöhnlich auch im Aeroplankton finden, zZ. B. Moosrhizoide, Pilz- _ hyphen und -sporen, Holzzellen, Gefäßreste, Stärkekörner, ein "Trachelomonasgehäuse und endlich relativ häufig (in neun Proben), selbst im Winter, Koniferenpollen. 2. Tierische Organismen. Ist schon die Flora unserer Leitung an Art- wie an Individuen- zahl sehr arm, so gilt dies in noch viel höherem Grade von ihrer Fauna. Sie beschränkt sich auf zwei Gruppen. In etwa zwei Drittel aller Proben stellte ich Gehäuse mono- -thalamer Rhizopoden fest, die wieder nur vereinzelt auftraten und meist leer waren, nur selten noch spärliche Plasmareste aufwiesen. Relativ noch am häufigsten waren es die zierlichen, ge- felderten Gehäuse von Euglypha alveolata, seltener die bestachelten der Centropyxis acnleata ‚und einer zarten Arcella. — Im Schmelzer Behälter fand sich daneben noch das unsymmetrische Skelett einer Art, die ich für Cyphoderia margaritacea halte. Soviel Mühe und Geduld es bei allen bisher genannten Organismen wegen ihrer Kleinheit und ihres vereinzelten Auftretens erforderte, sie in dem dichten Filzwerk der Lederfasern des Filter- rückstandes ausfindig zu machen, so leicht wurde dies bei dem Vertreter der zweiten Tierfamilie, der sich bald durch ungebärdiges Zappeln und Umherschlagen bemerkbar machte. Es war dies ein Nematode von einer Länge bis über 300 g, der sich in der Hälfte aller Filterproben und auch im Behälter vorfand, lebend wie tot Be RE 120 A. Schwenk, und höchstens ihrer zwei bis drei in einem Präparat, also schätzungs- weise 20 bis 30 Individuen in 400 Litern. Leider gelang es mir nicht, ihn auch nur annähernd zu bestimmen. Handelt es sich doeh bei Süßwassernematoden um ein schwieriges, noch wenig bearbeitetes Kapitel. Im übrigen beobachtete ich nur ab und zu Überreste von Rotatorien und Insektenlarven, Anhänge von Kopepoden und Daphniden, sowie Schmetterlingsschuppen. I. Die Organismen der Kulturen. 1. Chlamydothrix ochracea. Nur in einem einzigen Gefäße (Manganpepton in Leitungs- wasser) von insgesamt sechs Kulturen des Rohversuches (p. 6) entwickelten sich nach zehn Tagen am Wasserspiegel die gelben Räschen dieser Fadenbakterie. In der zweiten Versuchsreihe waren es auch nur zwei Gefäße des gleichen Inhalts, in denen ich durch die Deckglas- methode,! d. h. nach Berührung des Wasserspiegels mit einem Deckglase, zahlreiche Chlamydothrix-Fäden feststellen konnte. Nach weiteren drei Wochen bildeten sich bereits üppige, schwarz- braune Räschen. In sämtlichen übrigen Kulturen der zweiten und in jenen der dritten Kolonne jedoch fand nirgends eine Entwicklung der Ockerbakterie statt! Es erschien befremdlich,h, daß dieser Organismus in So wenigen (12:5°,) und gerade nur in solchen Kulturen aufging, in denen das Manganpepton direkt frischem Leitungswasser zu- gesetzt worden war, während in allen Gefäßen, deren Nährlösung mit dem Rückstande einer 71/,stündigen Filtration geimpft wurde, wo also die Keime viel dichter und zahlreicher vorhanden sein mußten, keine Spur von einer Entwicklung zu beobachten war. Dabei konnte ich doch nicht nur in jeder Probe, sondern auch fast in jedem mikroskopischen Präparate des Filterrückstandes die Fäden dieser Bakterie finden! Winogradsky? verschaffte sich Rohkulturen von Chlamydo- thrix ochracea, indem er in 50 cm hohe Standgläser eine Hand- voll mazeriertes und in viel Wasser abgekochtes Heu tat, darauf etwas frisch gefälltes Eisenoxydhydrat schüttete und das Glas mit Brunnenwasser auffüllte. Bei Anwendung dieser Methode erhielt ich tatsächlich 5 mm dicke, braunschwarze Kahmhäute vorwiegend von Chlamydothrix ochracea. 1 Molisch H., 1. e.,.p. 14. 2 Winogradsky S., Über Eisenbakterien, Botan. Zeitung, 1888, p. 263. Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung. 1a Nun hatte Molisch bei seinen Kulturversuchen mit Mangan- pepton, die ihm in Prag stets glückten, in Wien anfänglich mit - Mißerfolgen zu kämpfen.* Schließlich kam der genannte Forscher darauf, daß die Ursache wahrscheinlich in der wechselnden Zusammensetzung des käuflichen Manganpeptons liegt. Angesichts des Nachweises der Chlamydothrix in den Filterproben und des Erfolges mit Winogradsky’s Rohkulturmethode bin ich geneigt, für den Mißerfolg bei einem Teil meiner Manganpeptonkulturen die gleiche Ursache geltend zu machen. 2. Purpurbakterien. Ä Die beiden Röhren des ersten Versuches zeigten, da sie im Winter zur Aufstellung gelangten und Purpurbakterien zu - üppiserem Wachstum’ bekanntlich kräftiger Lichtintensität bedürfen, “erst nach drei Monaten eine lichte Färbung ihres Inhalts, die sich allmählich in der einen (Nährsubstanz Regenwürmer) zu tiefem - Blutrot, in der anderen (Schnecken) zu schönem Violett steigerte. Schneller schritt die Entwicklung: in den Röhren des zweiten - Versuches vor, die ja auch im Sommer geimpft worden waren. Ihr Inhalt leuchtete bereits nach einem Monat dunkel blutrot. Alle vier enthielten ein Purpurbakteriengemisch, und zwar Arten der Gattungen Rhodococcus, Rhodobacillus und Rhodo- spirillum, die beiden ersterwähnten überdies noch Formen mit Schwefelkügelchen in ihrem Zellinhalt und mit Schleimhüllen, wie sich bei Anwendung von Tusche ergab, also Thiorhodaceae.” 3. Algen. Die ohnehin nur geringe Hoffnung, den direkten Unter- suchungsbefund indirekt durch Algenkulturen zu ergänzen, und die darauf verwendete Zeit und Mühe wurden wenig“ belohnt. Wohl fand in rund 34°/, der 78 Kölbchen, und zwar in 20°/, der ersten, in 43°/, der zweiten und in 38°/, der dritten Kolonne eine Entwicklung statt.” Und diese hätte sich: ja auf noch mehr Kulturen erstreckt, wenn nicht einige der Nährlösungen (z. B. KCI, NaCl, MgSO,) wenig aussichtsreich gewesen und nur aus ernährungsphysiologischem Interesse gewählt worden wären. Aber mit den meisten dieser Algen — es waren durchwegs Einzeller der niedrigststehenden Gruppen — machte ich dieselben ENNoylktsichu Ein lareH 00.38: 2 Mosel lab, @, 10. 2 se 3 Die verschieden reichliche Entwicklung in den drei Serien erklärt sich zwanglos aus der verschiedenen Aufstellungszeit (1. Serie Februar, 2. Serie Mai, 3. Serie März), die ja sowohl auf die im Leitungswasser vorhandene Keimzahl als auch auf die Entwicklung in den Kulturen von Einfluß sein mußte. Überdies wurde bei der dritten Serie eine Reihe von nicht oder minder bewährten Nährlösungen fort- ‚gelassen. 192 A. Schwenk, [3 Erfahrungen wie Istvanffii! mit seinen Kulturen bei der Unter- suchung der Budapester Leitungsflora: sie zeigten ein kränkliches Aussehen, waren vielfach blaß oder ganz farblos, wohl infolge von Teilungshemmung der Chromatophoren, wie sie bei Algenkulturen häufig zu beobachten ist; ernährungsphysiologische Varianten oder 1 pathologische Formen. Zu allem Überfluß handelte es sich, wie erwähnt, ausschließlich um Vertreter von primitiven Gruppen. (Tetrasporaceae, Protococcaceae, Scenedesmaceae), deren Art- abgrenzung noch sehr unsicher ist und, soll sie einwandfrei geschehen, langwierige Reinkulturen erfordert. Es waren in der Mehrzahl kugelige, chlorellaähnliche Formen und ovale Zellen vom Habitus der Coccomyxa. Im übrigen erkannte ich sSfichococcus bacillaris, Scenedesmus quadricanda, Dictyosphaerium pulchellum und Gloeocystis sp. Auch eine Diatomee, und zwar eine winzige Fragilaria, entwickelte sich in einem der Kölbchen, in einem anderen ein üppiges Moosstämmchen, das aber nicht bis zur Fruktifikation gedieh. Der Umstand, daß in rund 34%, der Kulturen eine Ent- wicklung stattfand und in vier Fällen, also 5°/,, sogar nach Impfung mit 1 cm? Leitungswasser, läßt den Schluß zu, daß relativ nicht wenig Algenkeime im Leitungswasser vorhanden sind. Daß ich solchen bei der direkten mikroskopischen Untersuchung nur so selten begegnete, erklärt sich aus ihrer Kleinheit im Vereine mit der durch die Lederfasern bedingten Erschwerung der Durchmusterung. Die Frage der Periodizität. Eine Schwankung im Auftreten der Organismen der Indivi- duen- und Artzahl nach zu verschiedenen Jahreszeiten, eine Periodizität, konnte nur insofern beobachtet werden, als die Algen, wie zu erwarten war, in der günstigen Jahreszeit mehr in den Vordergrund traten. Es wäre aber denkbar, daß diese Periodizität durch eine exakte quantitative Methode deutlicher zum Ausdruck käme. Eine solche quantitative Untersuchung begegnet aber in unserem Falle großen Schwierigkeiten. Es wäre dazu vor allem eine Messung der jeweils filtrierten Wassermenge nötig. Nun fließt aber das Wasser zu Beginn der Filtration in mäßigem Strahle, um dann immer schwächer und schwächer zu rinnen, bis es schließlich nur mehr fadendünn rieselt. Dieser Augenblick tritt bald früher, bald später ein, je nach der Dichte der zur Filtration RS. p, Io. Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung. 123 rwendeten Lederfleckchen und der wechselnden Menge der vom asser mitgeführten Rost- und Mineralpartikelchen. Man könnte Iso bestenfalls nur mit sehr ungenauen Mittelwerten rechnen. Weiters sind aber auch die zur Untersuchung gelangenden Proben infolge der vielen Lederfasern aus dem Filter quantitativ unmöglich zu prüfen, da sicherlich so mancher der ja meist sehr ‚kleinen Organismen der Beobachtung entgeht. Für die qualitative Intersuchung hat dies nicht viel zu bedeuten, weil kaum an- zunehmen ist, daß jedesmal gerade dieselbe Art dem Auge des eobachters sich entziehen sollte; wohl aber für die quantitative. Alle diese Mängel fallen aber um so schwerer ins Gewicht, als ja die Zahl der Lebewesen in einem Präparate schon an und für sich eine sehr geringe war. Es würden also die durch die geschilderten Mängel bedingten Fehler sicherlich ein Mehr- faches der wirklich vorhandenen Organismenzahl betragen. Ganz anders steht aber der Sachverhalt, wenn man zur Entscheidung der Frage der Periodizität die Bakterien heranzieht. "Es war von vornherein zu erwarten, daß diese, wenn auch in absolut geringer, so doch im Vergleich zu den übrigen Organismen in bedeutenderer Zahl im Leitungswasser vorhanden sein dürften. Ein Einblick in die Protokolle der Untersuchungsstelle des Gesundheitsamtes der Gemeinde Wien am hygienischen Institute ‚der Universität, der mir leider erst nach Beendigung der vor- liegenden Arbeit möglich war, bestätigte diese Vermutung vollauf. Diese Untersuchungen finden, wie bereits erwähnt, fortlaufend zwei- bis dreimal in der Woche statt, erstrecken sich sowohl auf "gemischtes Wasser der Ersten und Zweiten Hochquellenwasser- leitung als auch auf das der Zweiten allein und haben zum Gegenstand die Ermittlung der Keimzahl in 1 cm?’ des Kolititers mach dem besonderen Verfahren von Krambholz! für 100 cm’ und in letzter Zeit auch die des Prozentsatzes der verflüssigenden ‚Keime. Uns interessieren hier bloß Keimzahl und Kolititer des gemischten Wassers in den Jahren 1913 und 1914. { Die Keimzahl schwankte 1913 pro Kubikzentimeter zwischen 3 und 1110; der Jahresdurchschnitt berechnet sich aber bloß uf.95, während der Kolititer (100 cm?) von O gelegentlich auf 444 5 darüber steigt, der Jahresdurchschnitt jedoch nur 25 beträgt. Für das Jahr 1914 lauten die betreffenden Zahlen: Keimzahl 0 bis 1250, Durchschnitt 64; Kolititer OÖ bis über 444, Durch- ‚schnitt S0. 3 Die meist geringeren Zahlen — am geringsten sind sie in Be reren, frostigen, dabei schneearmen Wintern — zeigen nun : 1 Krombholz E., Über Keimzählung mittels flüssiger Nährböden mit besonderer Berücksichtigung des Kolititerverfahrens, Archiv für Hygiene, Bd. 84, P- IS bBd. 85, p. 117, Bd. 88, 5. und 6. ‚Heft. un % 124 A. Schwenk, bisweilen einen jähen Anstieg, um dann aber wieder ebenso rasch herabzusinken. Diese Erscheinung tritt nun regelmäßig in nassen Zeiten, also zur Zeit der Schneeschmelze und der sommerlichen Regengüsse auf und wurde auch sonst bei vielen Quellen be- obachtet; namentlich bei solchen in zerklüftetem, spaltenreichem Kalkgestein! wie in unserem Falle. Sie ist auf die mangelhafte ° Filtrationskraft des Bodens im Tributärgebiet zurückzuführen. Interessant ist dabei eine gewisse Ungleichmäßigkeit der sich sonst meist parallel ändernden Keimzahlen und des Kolititers ° zu diesen Zeiten, indem sich nämlich der Kolititer zur Zeit der sommerlichen Regengüsse absolut wie auch relativ (im Verhältnis zum allgemeinen Keimgehalt) höher erweist als in der Zeit der Schneeschmeize.? | Auf dieselbe Ursache wie der zeitweilige jähe Anstieg von Keimzahl und Kolititer, nämlich mangelhafte Filtrationskraft des Bodens im Ursprungsgebiet, ist nun auch eine andere, auf den ersten Blick befremdliche Tatsache zurückzuführen: daß nämlich fast alle von. mir sefundenen Organismen, Soweit bestimmt werden konnten, in jedem Graben oder Dimpek alse in. mehr minder verunreinigten‘ Gewässern, zuzue treffen, und daher als Saprobien zu bezeichmense Nur Ceratoneis Arcus scheint klare Gebirgswässer zu bevorzugen. Hält man sich nun die außerordentliche Armut unseres Trinkwassers an organischer Substanz und die Tatsache vor Augen, daß, von den Bakterien abgesehen, die gefundenen Formen vielfach abgestorben sind, so gelangt man zur Anschauung, daß sie nicht erst aus vereinzelten Keimen im Leitungssystem entstanden sind, sondern eben erst durch Spalten und Klüfte des Gesteins . bei Regengüssen und Schneeschmelze in das Wasser gelangen, wo sie aber mangels zusagender Lebensbedingungen bald zugrunde gehen. Diese Ansicht wird wesentlich gestützt durch die oben kurz angeführten Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung. Zusammenfassung. Das Wiener Leitungswasser wurde bisher in biologischer Beziehung nur auf Bakterien geprüft. Die vorliegende Arbeit setzt sich das Ziel, zu untersuchen, ob in dem so reinen Wiener Leitungswasser außer Bakterien noch andere Lebewesen überhaupt vorkommen und existieren können; und wenn dies der Fall wäre, ob es sich dabei etwa um typische Reinwasser- oder um Gebirgs- formen handelt, die aus dem Ursprungsgebiet, dem Schneeberg ImRerinsienwv., le cap. 0198. Gattnlei Ar, ne. Som holz RB. cr Be 887202066: BIS ET > en Dar Zen ’ Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung. 125 ‚und Hochschwab stammen, oder um eine besondere lokale Lebens- gemeinschaft des Leitungssystems. ® 1. Von Eisenbakterien treten Chlamydothrix öchracea und ganz vereinzelt Gallionella furruginea auf. Crenothrix polyspora _ und Clonothrix fusca konnten nur je ein einziges Mal beobachtet “werden. Die erfreulicherweise so geringe Entwicklung von Eisen- e bakterien hat ihre Ursache wohl in der großen Armut des Wassers En organischen Substanzen. 2. Der Nachweis von Purpurbakterien braucht ganz und gar nicht wunderzunehmen. Es handelt sich jedenfalls nur um - ganz vereinzelte Keime, wie sie sich ja auch sonst überall vor- finden und zu halbwegs üppigem Gedeihen nur dann gelangen, wenn alle erforderlichen Bedingungen, nämlich organische Substanz, _ Licht und Sauerstoffmangel, zusammentreffen. 8. Kieselalgen finden sich wohl zu jeder Zeit, jedoch nur in sanz wenigen Arten und Individuen vor, sonstige pflanzliche Organismen ganz vereinzelt und in spärlichen Resten. 4. Von Tieren treten — wieder nur sehr vereinzelt — etliche Rhizopodenarten und ein Nematode auf. >. Die Organismen sind zu großem Teile abgestorben. 6. Sie dürften alle bis auf die Eisenbakterien erst sekundär, etwa durch Niederschläge oder Schmelzwässer infolge mangel- hafter natürlicher Filtration, in das Quellwasser gelangen. 7. Diese Anschauung findet ihre Bestätigung in den Ergeb- nissen der bakteriologischen Untersuchung. Zum Schlusse sei es mir erlaubt, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Hofrat Professor Dr. Hans Molisch meinen tief- ergebenen Dank auszusprechen für das hilfsbereite Wohlwollen, das er meiner Arbeit in Rat und Tat zuteil werden ließ. Herzlichen Dank schulde ich auch Herrn Dozenten Dr. Kromb- holz für so manche wertvolle Mitteilung und den Herren des "Städtischen Gesundheitsamtes für ihr Entgegenkommen bei der Einsichtnahme in die bakteriologischen Untersuchungsprotokolle. ‘Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 10 a a a Ein Beitrag zur Kenntnis der Cytologie von Tuber aestivum Vitt. Von Bruno Schussnig (Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren) Vorgelegt in der Sitzung vom 12. Mai 1921 Im Nachlasse des im Jahre 1914 verstorbenen Botanikers J. Brunnthaler fand sich mit Flemming gut fixiertes Material | von Tuber aestivum. Fräulein Stephanie Herzfeld hatte die Freundlichkeit, von demselben Mikrotomschnitte herzustellen, die ich Ende des Jahres 1915 zwecks Untersuchung übernahm. Ich mußte jedoch aus äußeren Gründen meine Untersuchung wiederholt unterbrechen, so daß ich erst in den letzten Monaten dazu kam, mich dieser Arbeit endgültig zu widmen. Trotz der vielen Mängel, die diesem zu ganz anderen Zwecken gesammelten Material anhaften, will ich nicht zögern, die erzielten Resultate zu veröffentlichen, da sie immerhin eine ganze Reihe von interessanten Tatsachen enthalten, aber auch aus dem Grunde, weil bei der derzeitigen enormen Teuerung aller notwendigen Laboratoriums- behelfe an eine erschöpfende Bearbeitung dieser Pilzgruppe nicht gedacht werden kann. Die Bestimmung der Art verdanke ich Herrn Professor V. Schiffner, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen Dank ausdrücke. Über die Morphologie der Tuberaceen sind wir durch die mustergültigen Untersuchungen von Tulasne, Hesse, de Bary, Ed. Fischer und Bucholtz u. a. genau unterrichtet. Besonders die Arbeiten Ed. Fischers haben uns in äußerst überzeugender Weise über die entwicklungsgeschichtlichen und verwandtschaft- lichen Verhältnisse dieser Pilzgruppe aufgeklärt. Dagegen konnte ich nirgends in der mir zugänglichen Literatur Angaben über die feineren Vorgänge, die sich vor und nach der Ascusbildung ab- spielen, finden, weshalb ich gerade auf diese Verhältnisse meine besondere Aufmerksamkeit lenkte. Über die dabei erzielten Unter- Suchungsergebnisse will ich im folgenden berichten. 128 B. Schussnig, Das Mycel des Fruchtkörpers in den sterilen Anteilen besteht aus kurzgegliederten, einkernigen Hyphen von durchschnittlich 2% Dicke. In den das Hymenium tragenden Innenbalken, den sogenannten »venae internae«, zeigt das Hyphengeflecht ein dichtes, plektenchymartiges Gefüge, was zur Folge hat, daß, besonders in ‚dünnen Mikrotomschnitten, der Verlauf der einzelnen Hyphenzellen kaum oder überhaupt nicht zu verfolgen ist. Die Zwischenräume zwischen den Hymenialflächen, deskriptiv unter dem Namen der »venae externae« bekannt, werden von einem lockeren Geflecht von ganz unregelmäßig verlaufenden, vielfach verzweigten und miteinander anastomosierenden Hyphenzellen erfüllt, die in der Regel ebenfalls einkernig sind. Nur hie und da findet man auch zweikernige Zellen, eine Erscheinung, die wohl darauf zurück- zuführen sein dürfte, daß sich die zwei Nuclei knapp nach der Karyokinese vor der Bildung einer trennenden Zellwand befinden. An den Stellen, wo ein Hyphenzweig dieses Geflechtes frei in den Raum der venae externae endet, kann die Endzelle eine Verdickung erfahren, wodurch dieselbe eine keulige Gestalt annimmt. Die Kerne der vegetativen Mycelzellen messen 1'’61 im Durchmesser, sind stark chromatinhältig, wobei die Chromatinsubstanz in Form von mehr weniger großen Körnchen verteilt ist, und führen stets ein wenn auch nicht immer sehr deutlich sichtbares Binnen- körperchen, von dem später noch die Rede sein wird. An der Peripherie der venae internae kommt die Hymenial- schicht zur .Ausdifferenzierung, ohne sich jedoch vom vegetativen Gewebe scharf abzuheben. In dieser liegen die Asci, entweder einzeln oder in Gruppen von zwei bis mehreren zusammen. Sie besitzen eine mehr weniger rundliche bis längliche Gestalt mit unregelmäßig verlaufenden Konturlinien und werden von einer relativ dicken Membran umhüllt. Die Membrandicke dürfte allerdings in dem von mir untersuchten Materiale infolge der Einwirkung der Härtungsreagentien eine Steigerung erfahren haben (vgl. Tafel, Fig. 8). Zwischen den Asci, also im Gewebe der Hymenium führenden Fruchtkörperlamellen, und zwar immer parallel mit der Hymenial- schichte, wird das sterile Hyphengeflecht von weitlumigen, ungefähr zwei- bis dreimal so dicken Fäden durchzogen. Sie zeigen eben- falls einen unregelmäßigen, hin- und hergewundenen Verlauf, weshalb es im Schnitt nicht möglich ist, sie in ihrer Kontinuität zu verfolgen. In der Nähe der Ascusregion werden diese Hyphen durch ihre reiche und dichte Verzweigung sowie durch ihre immer stärker werdende Tingierbarkeit ganz besonders auffallend, so daß der Gedanke nahe lag, daß es sich um Elemente mit besonderer Funktion handle. Die weiteren Untersuchungen ergaben, daß die genannten Fäden die ascogenen Hyphen sind, wodurch die Annahme Ed. Fischers und Bucholtzs eine Bestätigung findet. Außer den ascogenen Hyphen findet man noch eine besondere Art von Hyphen, die infolge ihrer eigenartigen histologischen Differenzierung Erwähnung verdienen. Sie sind durch ihre intensive FaRYLT ul ee er Zur Kenntnis der Gattung Tuber. 29 Färbung ausgezeichnet, welche jedoch nicht etwa auf einer starken _ Aufspeicherung des Farbstoffes (Heidenhein’sches Eisenhämatoxylin) im Zellinhalt beruht, sondern der Farbstoff wird von einer _ besonderen Substanz festgehalten, mit welcher die Membran dieser - Hyphenzellen inkrustiert ist. Die Dicke dieser Fäden ist gleich derjenigen der gewöhnlichen vegetativen Hyphen oder vielleicht um eine Spur größer, was auf die Inkrustation ihrer Membranen zurückzuführen ist. Offenbar handelt es sich um jene Hyphen- elemente, wie sie Bucholtz auch bei Tuber excavatum Vitt. gesehen und als »Harzhyphen« bezeichnet hat. Allerdings ist die spezifische Funktion dieser Hyphen bis heute noch unbekannt. 4 Damit ist die histologische Differenzierung im Fruchtkörper von Tuber aestivum, soweit ich es beurteilen kann, erschöpft. Es wäre nur noch hinzuzufügen, daß gegen die Peripherie des Frucht- körpers das vegetative Hyphengeflecht allmählich in eine breite, ‚parenchymatische Rindenschicht übergeht, deren Zellelemente mit — einer dicken, festen Membran von brauner Farbe versehen sind, _ eine Färbung, die selbst nach allen Prozeduren der Mikrotomtechnik erhalten bleibt und auch nicht durch den angewendeten Farbstoff verdeckt wird. Das Tuber-Material, das mir zur Verfügung gestanden ist, war bereits erwachsen und im reifen Zustand, d. h. der Frucht- körper hatte schon zahllose Asci der verschiedensten Größenordnung entwickelt und diese befanden sich wieder in verschiedenen Stadien der Ascosporenbildung. Ein Blick in ein Schnittpräparat zeigt daher sofort, daß der Prozeß der Ascus-, beziehungsweise Sporenbildung im Augenblick der Fixierung sich noch im Gange befand, so daß _ Aussicht bestand, wenigstens bis zu einem gewissen Grade die aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien feststellen zu können. Ich richtete mein Hauptaugenmerk darauf, Organe zu finden, die als Oogonien und Antheridien hätten agnosziert werden können. Dies gelang mir aber trotz eifrigsten Suchens (es standen mir im ganzen acht Schnittserien zur Verfügung) nicht. Es ist denkbar, daß das von mir durchgesehene Material sich bereits in einem vorgeschrittenen Altersstadium befunden hat, zu einem Zeitpunkt fixiert worden ist, wo die Befruchtung schon vollzogen war und die Bildung der ascogenen Hyphen eingesetzt hatte. Mir scheint diese Annahme jedoch wenig wahrscheinlich, da die Hymenialzone, wie ich früher sagte, keinen fertigen Zustand aufwies. Es fanden sich vielmehr in derselben die verschiedensten Altersstufen der Ascus- produktion und da wir von anderen Ascomyceten her wissen, daß die Sexualorgane nicht weit von der Hymenialschicht angelegt werden, so wäre es durchaus gezwungen, bei dieser Ascomyceten- form die Anlage der Geschlechtsorgane auf einen früheren Zeitpunkt 130 B. Schussnig, der ontogenetischen Entwicklung verlegen zu wollen. Ich glaube daher annehmen zu dürfen, daß bei dieser Tuber-Art die Sexual- organe in Verlust gegangen sind, ähnlich. wie bei der voms Carruthers untersuchten Helvella crispa Fries, eine Annahme, die gerade bei Berücksichtigung unserer Vorstellungen über die verwandtschaftlichen Beziehungen ' zwischen Helvellineen und Tuberineen an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Die ascogenen Hyphen, die mithin einen Überrest des ursprünglich vorhanden gewesenen Sexualapparates darstellen, enthalten in ihrer an der Grenze der inneren Hymenialschicht gelegenen Endverzweigungen in jedem Gliede zwei Kerne. Wo und Biieryal in welcher Weise die Doppelzahl der Kerne zustande kommt konnte ich nicht eruieren. In Fig. 1a ist eine Gruppe von Solchen ascogenen Hyphenzellen dargestellt. Man erkennt daran leicht den Größenunterschied gegenüber den vegetativen Mycelfäden, welche die Zwischenräume ausfüllen. Auch die Kerne zeigen noch dieselbe Größenanordnung wie im vegetativen Mycel, nur in der Teilfigur rechts unten erscheinen sie etwas vergrößert. In den folgenden Figuren 1b bis 1 d allerdings bemerken wir schon eine bedeutende Größenzunahme der Kerne und gleichzeitig damit die allmähliche Annäherung der beiden Kerne aneinander. Fig. Id stellt ein Stadium unmittelbar vor der Verschmelzung dar. Nach stattgefundener Kernverschmelzung wird aus der Zelle, ° in der sich die Karyogamie abgespielt hat, die Anlage des jungen Ascus. Offenbar kann hier jedes zweikernige Glied der ascogenen Hyphe zur Ascusanlage werden, und darin ist eine auffallende Abweichung von der Norm gegeben. Sporogene Fäden und Hakenbildung | Zur Kenntnis der Gattung Tuber. 131 Nur höchst selten und nach langem Suchen ist es mir selungen Stellen zu finden, die ich als die bekannten Haken- bildungen erkennen konnte, wovon die Figuren le und 1f eine "Vorstellung geben mag. In le ist das Ende einer ascogenen - Hyphe gerade in dem Augenblicke wiedergegeben, wo sie umbiegt; im Bogenteil befinden sich zwei Kerne. Der Kern der Stielzelle ist “ undeutlich, der der Spitzenzelle aus dem Schnitt herausgefallen. _ In Fig. 1/f ist ein vorgeschritteneres Stadium der Hakenbildung _ abgebildet, an dem die heranwachsende Ascusanlage deutlich zu j sehen ist, allerdings konnte ich die Kernverhältnisse infolge des - äußerst dichten, stark gefärbten Inhaltes nicht wahrnehmen. Es scheint also bei dieser Form neben der apikalen Entstehungsweise der Asci auch eine interkalare Ausbildungsmöglichkeit der Sporen- - schläuche vorzukommen, letztere als akzessorischer, aber nach "meinen Erfahrungen in diesem speziellen Fall prädominierender Entwicklungsmodus. Dies erscheint uns verständlich, wenn wir den anatomischen Aufbau eines Tuber-Fruchtkörpers betrachten _ und vor allem, wenn wir uns an den Modus der Sporenverbreitung bei den Hypogaeen erinnern. Die apikale Entstehungsweise der Asei bei den gymnokarpen Ascomyceten ist eine natürliche Folge der streng palissadenartigen Anordnung der Sporenschläuche im Hymenium, die wiederum den Sinn hat, dem Wind als Sporen- verbreitungsmittel einen ungehinderten Zugang zu gewähren. Beim angiokarpen Bau des Tuberineenfruchtkörpers im reifen Zustand ist das nicht notwendig, weil der Wind als Transportfaktor über- haupt nicht in Betracht kommt. Deshalb, und wenn wir uns noch vergegenwärtigen, daß bei dem hier in Rede stehenden Zuber aeslivum höchstwahrscheinlich die Ascogonien und Antheridien nicht mehr zur Ausbildung gelangen, scheint mir die interkalare Entstehungsweise der Asci eine sehr zweckmäßige Einrichtung zu sein, denn im Moment, in dem der Wind als Verbreitungsmittel _ wegsfiel und die Sexualorgane rückgebildet wurden, war dem Pilz dadurch eine erhöhte Bildungsmöglichkeit der Asci gegeben. Bis’ zu einem gewissen Grade kann man sogar die interkalare Entstehungsweise der Asci als einen Ersatz für die in Verlust geratenen Sexualorgane auffassen. Der junge Ascus wächst nach erfolgter Karyogamie sofort heran, nimmt eine mehr weniger kugelige bis ellipsoidische Gestalt an, wenn er nicht durch den Druck benachbarter Elemente gezwungen ist, seine Form der Umgebung in mehr minder weitem Maße anzupassen (Fig. 2, a und b). In diesem Stadium führt der -— Aseus einen Kern (Sımkaryon), den ich hier als »primären Ascus- kern« bezeichnen will und der durch seine besondere Größe auffällt. Anfangs rund, nimmt er mit zunehmendem Wachstum des Ascus eine unregelmäßige Gestalt an, er treibt rundliche, pseudo- podienartige Fortsätze aus und gleichzeitig spielen sich in ihm Veränderungen in der Anordnung der chromatischen Substanz ab, auf die ich weiter unten noch zu sprechen komme. Wenn der 182 B. Schussnig, Ascus eine gewisse Größe erreicht hat, findet eine Teilung des primären Ascuskernes statt, die das Entstehen von vier »sekundären Ascuskernen« zur Folge hat. Den Teilungsvorgang selber bekam ich nie zu Gesicht, wohl gelang es mir aber die vier jungen Tochterkerne, offenbar knapp nach ihrer Entstehung, zu finden (Tafel, Fig. 3). Im wesentlichen stimmen sie in der Gestalt mit den primären Ascuskernen überein, unterscheiden sich von den letzteren (von der Größe abgesehen) nur durch eine viel dichtere, gleich- mäßigere Struktur und viel schärfer zugespitzte Pseudopodien- fortsätze. Diese. vier sekundären Sporenkerne liefern die Sporen, wobei allerdings hervorzuheben ist, daß nicht immer alle vier Sporen zur Reife kommen und daß der Reifungsprozeß der Sporen innerhalb eines Ascus in succedaner Reihenfolge erfolgt. Ist eine oder zwei Sporen im Wachstum den anderen Schwestersporen stark voran, dann können die in der Entwicklung zurückgebliebenen Sporenanlagen nicht mehr zur Vollreife gelangen, sie gehen lang- sam zugrunde, indem ihre Substanz vom Ascusplasma langsam resorbiert wird. Solche Stellen sind dann durch ihre besonders intensive Tingierbarkeit gekennzeichnet. Im jungen Ascus erfüllt das Protoplasma den ganzen Innenraum und zeigt eine sehr deutliche schaumige Struktur. Später, wenn die Sporen heranreifen, sammelt sich das Plasma vornehmlich um die Sporenanlagen und sendet von da aus mehr weniger dicke Stränge bis in den plasmatischen Wandbelag aus, wie dies aus den beigegebenen Figuren hervorgeht. Das Gefüge des Ascusplasmas ist körnig, was besonders deutlich in den protoplasmatischen Ansammlungen in der Nähe der Sporenanlagen zum Ausdruck kommt. Die Folge davon ist, daß sich der plasmatische Inhalt der unreifen Asci mit Hämatoxylin sehr stark mitfärbt. 0 ee Zr Nach diesen kurzen allgemeinen Bemerkungen will ich mich dem eigentlichen Thema dieser Arbeit zuwenden, nämlich zur Besprechung jener Vorgänge, die sich an den Ascuskernen während der Sporenbildung abspielen. Ich bin gezwungen, etwas weiter auszuholen und in wenigen Worten die Hauptergebnisse der Protistenkernforschung zu resümieren, weil "meine Resultate wesentliche Übereinstimmungen mit denen der Protistenforscher aufweisen. In einem kleinen, in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft erschienenen Aufsatze habe ich bereits den Versuch gemacht, diese so überaus wichtigen Tatsachen den sonst ferner stehenden botanischen Kreisen bekannt zu geben. Mit dem Hinweis auf diese Veröffentlichung kann ich mich hier kurz fassen und will im folgenden nur so viel wiederholen, als zum Verständnis meiner Untersuchungsbefunde an Tauber aestivume unbedingt notwendig ist. Zur Kenntnis der Gattung Tuber. 133 Die Forschungen auf dem Gebiete der Protistencytologie, hauptsächlich die von Schaudinn, Prowazek, Hartmann u.a.m,, "haben in den letzten zwei Dezennien gezeigt, daß zwischen der Konstitution des Zellkernes der Protisten und jener der höheren Organismen wesentliche Unterschiede bestehen. Harımann machte “im Jahre 1911 den Versuch, auf Grund eigener Untersuchungen _ und unter Heranziehung der bis dahin erschienenen Fachliteratur, eine Übersicht über dieses Gebiet zu geben und entwarf eine Art Eyetem der: Protstenkerne, in dem er verschiedene Kerntypen unterscheidet, die einige wichtige Stufen der Zellkernentwicklung darstellen. Hartmann hat vor allem das Verdienst, eine gründliche Übersicht geschaffen zu haben und seine Arbeit bildet somit die Grundlage für spätere Forschungen, gleichgültig ob im einzelnen _ die Hartmann’schen Vorstellungen erschöpfend sind oder nicht. Später erschienene Arbeiten scheinen oft dem Hartmann’schen System zu widersprechen; ein endgültiges Urteil wird jedoch erst dann möglich sein, wenn die Protistencytologie auf breiter Grundlage und unter gleichzeitiger Heranziehung der niederen Pflanzen in Angriff genommen wird. Soviel bis heute bekannt ist, läßt sich eine große Anzahl von Kernen aus den verschiedensten Verwandtschaftskreisen der niedersten Tiere und Pflanzen in einen Typus vereinigen, der uns einen relativ ursprünglichen Eindruck macht und den wir mit Hartmann als den Typus der einwertigen Karyosomkerne oder der Monocaryen bezeichnen wollen. Sie sind dadurch ausgezeichnet, daß an ihnen im allgemeinen zwei Komponenten unterschieden werden können, eine »lokomotorische« und eine »idiochromatische«. Vielleicht sagen diese Ausdrücke zu viel; wir wollen festhalten, daß die Unterscheidung dieser beiden Komponenten vorerst eine topographische ist, womit gesagt sein soll, daß bei den Kernen der einfachsten Tiere und Pflanzen eine mehr weniger strenge örtliche Scheidung zwischen jenen Substanzen durchgeführt ist, welche bei der Kernteilung die trophischen Anteile der nächsten Kerngeneration liefern und jenen, die während der Karyokinese diejenigen Strukturen aufbauen, die uns bei morphologischer Betrachtung dieses Vorganges den Eindruck kinetischer Zentren machen. Es ist klar, daß wir bei Betrachtung solcher subtiler Vorgänge im allgemeinen zu einer anthropomorphistischen Deutung des Gesehenen verleitet werden; deshalb möge mir die etwas zurückhaltende Formulierung dieser Dinge gestattet sein. Unter diesem Vorbehalte ist die Anwendung der nun üblichen Nomen- klatur, deren ich mich im folgenden natürlich bedienen werde, zu interpretieren. Auch die Bezeichnung »ursprünglicher Kerntypus« ist in der Weise zu verstehen, daß diejenigen Kerntypen, die wir zum Ausgangspunkt unserer Betrachtung wählen, fast durchwegs bei recht primitiv organisierten Lebewesen (hauptsächlich Flagellaten, Rhizopoden u. a.) vorkommen, wodurch die Vorstellung berechtigt ‚erscheint, die Ursprünglichkeit dieser Organismen auch auf die Konstitution ihrer Kerne zu übertragen. 134 B. Schussnig, Die topographische Verteilung der beiden Kernkomponenten in einem Monokaryon kann nun recht verschieden sein, wodurch sowohl das Aussehen des Ruhekernes als auch die Gestalt der mitotischen Bilder sehr verschieden ausfallen wird. Im einfachsten Falle (besonders wenn es sich um sehr kleine, schwer in ihre Details auflösbare Kerne handelt) ist die Hauptmasse der Chromatin- substanz in einem zentralen Körper, dem Karyosom, zentralisiert, um das herum eine helle, gegen das Cytoplasma abgegrenzte } Zone sichtbar ist. Diese Zone ist sehr arm an tingierbaren Substanzen, sie umgibt daher das Karyosom wie ein Bläschen (man spricht daher auch von Bläschenkernen) und man bezeichnet 9 sie als Außenkern, oder besser vielleicht als »Perikaryon«. Das Karyosom stellt keine einheitliche basophile Masse dar, sondern es konnte in sehr vielen Fällen, bei vorsichtiger färberischen Differenzierung der Präparate in seinem Zentrum noch ein Bestand- teıl aufgefunden werden, der als ein kugeliges Körnchen erscheint und als Centriol bezeichnet wurde. Von physiognomischem Interesse sind jene Veränderungen, die sich an den einfachen Protistenkernen während ihrer vegetativen Phase abspielen und die darin bestehen, daß die im Karyosom ausschließlich oder vornehmlich zentralisierte chromatische Substanz entweder teilweise oder sogar gänzlich in das Perikaryon aus- wandern kann. Diese Vorgänge, die wohl zu den trophischen Funktionen des Kernes in irgendeiner, wenngleich einer genaueren Analyse schwer zugänglichen, Beziehung stehen dürften, kann man während der individuellen Entwicklung eines Protisten un- schwer verfolgen, wobei noch darauf hingewiesen werden muß, daß die Wanderung der Chromatinsubstanz auch reversibel sein kann, d.h, es können die zu bestimmten Zeitpunkten im Außen- kern dispergierten Chromatinpartikelchen wieder in das Karyosom zurückwandern. Man nennt diese Erscheinung »cyklische Meta- morphose«. Auf diese Weise kommen während der Ontogenese eines bestimmten Organismus die verschiedensten Kernbilder zustande, die meiner Auffassung nach durch den Kernstoffwechsel induzierte physikalisch-chemische Zustandsphasen der beiden Kernkomponenten darstellen. Ähnliches hat sich im Laufe der phylogenetischen Entwicklung der verschiedenen Protistengruppen abgespielt und es ist daher natürlich, daß wir bei bestimmten systematischen Einheiten ganz spezifisch aussehende Monokaryen- typen wiederfinden, die nichts anderes vorstellen als die früher erwähnten, erblich fixierten Zustandsphasen. Es entstehen somit Kerntypen, welche im ruhenden Zustand eine weitgehende histo- logische Ähnlichkeit mit den Zellkernen der Metazoen und Meta- phyten aufweisen und die nur bei sehr genauer morphologischer, beziehungsweise morphogenetischer Analyse von diesen letzteren unterschieden werden können. Die Morphogenese eines Kernes Heren uns das wichtigste Kriterium zur Entscheidung seiner Konstitution, und da sind in en SE WIERE zn Zur Kenntnis der Gattung Tuber. 138 „ K erster Linie die Vorgänge während der Karyokinese zu erwähnen. Bei den einwertigen Karyosomkernen (Monokaryen) geht die Kern- teilung in der Weise vor sich, daß die beiden in ihm enthaltenen _ Komponenten während des Teilungsvorganges so ineinander greifen, daß einerseits ihre histologische Autonomie gewahrt bleibt und _ anderseits die Zusammensetzung aus zwei Komponenten auch in “die nächstjüngere Kerngeneratiöon übergeht. Den Vorgang der - Karyokinese scheint das Centriol einzuleiten, indem es sich auf dem Wege einer einfachen Durchschnürung in zwei Tochtercentriole teilt, wobei zwischen diesen zwei Hälften ein Gelfaden, eine so- genannte »Centrodesmose« ausgespannt wird. Gleichen Schritt damit hält das Karyosom, das sich in die Länge streckt und in der Mitte auseinandergezogen wird. Ist die gesamte Chromatin- substanz im Karyosom lokalisiert gewesen, so kommt es zu einer wenig scharf differenzierten Spindel mit chromatischen Polkappen und einer Äquatorialplatte. Andernfalls wird die chromatische Kern- fisur von dem im Außenkern befindlichen Chromatin geliefert, während Centriol und Karyosom bloß der Spindelbildung dienen. Natürlich liegen zwischen diesen beiden extremen Fällen allerhand Übergänge, bei denen eine scharfe topographische Grenze zwischen chromatischer und achromatischer Spindelsubstanz sich nicht ziehen läßt. Es soll noch erwähnt werden, daß es Fälle gibt, wo das Centriol allein als lokomotorische Komponente funktioniert, und daß seine Stellung sehr verschieden, entweder innerhalb oder außerhalb des Kernes sein kann. Immer wirken aber die beiden Komponenten, ohne Rücksicht ihrer topographischen Lokalisierung, bei der Karyokinese ineinander und auf diese Weise kommen mitotische Bilder zustande, die bei oberflächlicher Betrachtung von . den entsprechenden Teilungsfiguren der Metazoen- und Metaphyten- kerne nicht zu unterscheiden sind. Zweifellos handelt es sich jedoch um einen wesentlich verschiedenen Vorgang und wir bezeichnen denselben mit dem Namen »Promitose«. Zum Wesen der Promitose gehört ferner auch der Umstand, daß die Spindel- figur intranukleär entsteht, ausgenommen jene Fälle, in denen die lokomotorische Komponente aus dem Kern in das Cytoplasma übergewandert ist. (Aber auch hier nicht immer!) Ich mußte diese Charakteristik der Monokaryen vorausschicken, um den zweiten wichtigen, von Hartmann aufgestellten Kerntypus zum besseren Verständnis bringen zu können. Es ist dies der Typus der segenannten polyenergiden Kerne oder Polycaryen, mit denen ich mich in dieser Arbeit speziell befassen muß. Sie - stellen sicherlich eine ebenso interessante als wichtige Stufe in der phylogenetischen Entwicklung des Zellkernes der Protisten im besonderen wie auch der Organismen überhaupt dar. Bei der Besprechung dieses Kerntypus will ich von einem von Jollos studierten und sehr übersichtlichen Fall ausgehen, den auch Hartmann in seiner oben erwähnten Abhandlung als Ausgangs- ‘punkt seiner Darlegungen gewählt hat und der sich auf die Kerne nr De 136 B. Schussnig, einer Coccidie, Adelea ovata, bezieht. Ich lasse am besten die Worte Hartmann'’s selber folgen: »Die Kernteilung vollzieht sich bei der Zweiteilung in Form einer Promitose, die sich ganz am Karyosom abspielt, während der Außenkern volikommen unbeteiligt bleibt. Mit dem Karyosom kann sich auch der ganze Kern teilen ° und dem kann, wie wir das sonst bei Zellen gewohnt sind, auch die Zellteilung unmittelbar folgen, was allerdings eine seltene Ausnahme ist. Gewöhnlich geht sogar die Teilung des ganzen” Kernes nicht direkt Hand in Hand mit der Karyosomteilung, sondern vollzieht sich nachher und der Prozeß wiederholt sich, ° bis mehrere Kerne in der Zelle gebildet sind. Der weitere Fall ist der, daß im Innern der erhalten bleibenden Kernmembran das Karyosom sich nicht einmal, sondern mehrmals hintereinander promitotisch teilen kann und dieser Kern, der also schon mehrere Tochterkerne im Innern enthält, sich dann nach und nach in die Einzelkerne zerschnürt. Der letzte Modus schließlich vollzieht sich so, daß auch die Zerschnürung des ganzen Primärkernes unterbleibt. Die Kernmembran des Primärkernes wird einfach zum Schluß auf- gelöst und die vorgebildeten Sekundärkerne zerstreuen sich hierauf im ganzen Plasma. Hier ist es wohl ohne weiteres klar, daß dieser letztgeschilderte Modus der Kernvermehrung sich von einer. fort- gesetzten Promitose des Kernes ableiten läßt, wobei einfach die Membran und die Höhle des Primärkernes erhalten bleibt, weil eben alle wichtige Substanz (die lokomotorische und idiochromatische Komponente) im Karyosom konzentriert ist und die Teilung somit nur an letzterem stattzufinden braucht. Ebenso sicher aber ist es, daß jeder durch primitive Mitose entstandene Tochterkern im Innern des Primärkernes als totipotenter Kern gelten muß. Der große Kern vor der multiplen Teilung ist somit unbedingt ein polyenergider Kern oder Polycaryon im eingangs erwähnten Sinne«. Wenn aus dieser Beschreibung Form und Wesen eines polyenergiden Kernes ohne weiteres einleuchtet, so ist über die Bedeutung dieser Kerne noch nicht alles gesagt. Das Problem des Polycaryon besteht meines Erachtens darin, daß es eine höhere Organisation des betreffenden Organismus anzeigt, worauf ich übrigens schon in dem oben angeführten Aufsatze aufmerksam gemacht habe. Einige Beispiele mögen dies illustrieren. Die großen, mit einem mächtigen Kern versehenen Monocyttarien und Tripyleen (Radiolarien) sind nach Ansicht der Protozoologen von einer Kolonie der Polycyttarien abzuleiten. Wenn daher bei den ersteren zur Zeit der Gametenbildung der, wie Hartmann mit Recht annimmt, polyenergide Primärkern in eine große Anzahl von Sekundär(Gameten)kernen zerfällt, so ist dieser Vorgang phylo- genetisch so zu erklären, daß im Kern dieser Radiolarien die ursprüngliche, von ihren Ausgangstypen übernommene Organisation festgehalten wird. In diesen Polycaryen finden wir also den letzten phylogenetischen Rest der früheren, jetzt schon erloschenen multi- cellulären Natur der Ausgangstypen; und daß dieses Organisations- ee Zur Kenntnis der Gattung Tuber. 187 merkmai gerade bei der Bildung der Fortpflanzungsorgane in Erscheinung tritt, steht wohl mit der Vorstellung im Einklang, daß im Augenblicke der Fortpflanzung immer wieder phylogenetisch ‚ältere Organisationsmerkmale auftauchen, wofür gerade im Pflanzen- reiche zahllose Beispiele angeführt werden könnten. Mithin wird "unsere Annahme von der Bedeutung der polyenergiden Kerne für “die phylogenetische Beurteilung eines Organismus oder einer - Organismengruppe vollauf bestätigt, wir wollen aber trotzdem an { der Hand einiger weiterer Beispiele die Stichhältigkeit dieser These prüfen. ). Bei den Trichonymphiden, einer eigenartigen Gruppe hoch- vertiger Flagellaten, die vor allem durch eine enorme Vermehrung der Geißeln und Geißelapparate ausgezeichnet ist, finden wir einerseits Typen mit zahlreichen Kernen, wobeı jeder Kern mittels des Basalkornes mit je einer Geißel in Verbindung steht, anderseits "aber auch solche Formen, bei denen die Zelle wohl polyciliat ist, " jedoch bloß einen größeren Kern enthält. Dieser Kern ist nun, _ wie Hartmann nachgewiesen hat, polyenergid. Die polyenergide _ Natur desselben ist allerdings bloß während der karyokinetischen Vorgänge ersichtlich, beim Übergang in das Ruhestadium lösen sich die einzelnen Karyoenergiden auf und gehen in der Bildung des chromatischen Netzwerkes auf. Das Resultat davon ist ein Ruhekern vom Aussehen eines gewöhnlichen Metazoen- oder - Metaphytenkernes, eine Erscheinung, die wir schon bei den Mono- karyen gesehen haben und die in physikalisch-chemischen Prozessen eine Erklärung finden könnte in dem Sinne, daß durch den Zerfall der Chromatinsubstanz in zahllose kleinste Brocken die aktive Ober- fläche derselben vergrößert, die Adsorptionsfähigkeit gesteigert wird u. dgl. m. Wir müssen unbedingt .derlei Prozesse im Auge behalten, denn das uniforme Aussehen der Zellkerne im ruhenden Zustand, trotz aller konstitutionellen Verschiedenheiten, ist sicherlich kein Zufall. Dem Beispiel der Trichonymphiden ließe sich noch ein weiteres aus dem Pflanzenreich angliedern, wenn auch die Protophyten- eytologie noch lange nicht die Fortschritte aufzuweisen vermag, die in der modernen Protozoologie gemacht wurden. Bei der Gattung Derbesia findet bei der Zoosporenbildung aller Wahr- scheinlichkeit nach eine Auswanderung kleiner Chromatinkörnchen aus dem Zoosporenkern in das Cytoplasma des Schwärmers statt, welche dann zu Basalkörnchen und schließlich durch Vereinigung zum Basalstab werden, dem der Geißelkranz dieser polyciliaten Schwärmzellen aufsitzt. Das ist meine Auffassung der leider etwas — unzureichenden Befunde Davis’. In meinem Aufsatz über die Kerne der Protophyten habe ich mich über diesen Fall dahin geäußert, daß man die Zoosporenkerne von Derbesia als polyenergid auffassen kann, mit der Modifikation allerdings, daß die zahlreichen Karyoenergiden bis auf die Centriolen, die als Basalkörper bei der Ausbildung der Geißeln in Erscheinung treten, rückgebildet seien. Dies wäre ein ganz. analoger Vorgang, wie er sich bei den 138 B. Schussnisg, Monokaryen vollzieht, bei denen wir Fälle kennen, wo vom Karyosom nach Abgabe seiner Substanz an den Außenkern bloß das Centriol übrig bleibt. Und daß das Centriol und die Basalkörper der Geißeln in genetischer Beziehung stehen, darf wohl als bekannt angenommen werden. Nun kennen wir eine andere Gattung aus der Verwandtschaft der Siphoneen, und zwar Vaucheria, bei der ebenfalls polyciliate Schwärmsporen vorkommen, jedoch mit dem Unterschied, daß hier jedem Cilienpaar ein kleiner Kern entspricht. Vergleichen wir diese zwei Fälle mit den früher erwähnten Trichonymphiden, so finden wir einen weitgehenden Parallelismus. Mit Absicht habe ich diesen Gegenstand etwas ausführlicher behandelt, um einerseits auf die Wichtigkeit der polyenergiden Kerne für die phylogenetische Protistologie hinzuweisen, anderseits aber auch, um darzutun, daß das Vorkommen von polyenergiden Kernen immer durch entwicklungsgeschichtliche oder entwicklungs- mechanische Belege sozusagen legitimiert sein muß. Gerade aus diesem letzten Grunde scheinen mir meine Befunde an den Ascus- kernen von Tuber aestivum von einigem Interesse zu sein, weshalb ich jetzt zur Besprechung dieses Falles übergehen will. In Fig. 2a ist ein junger Ascus mit einem großen, runden Kern abgebildet. In diesem letzteren unterscheiden wir zunächst einen rundlichen, dunkel gefärbten Binnenkörper, der sich vom übrigen Kern durch eine heile Zone abhebt. Zwischen Binnenkörper und dem Rest des Kernes (wir können vorausgreifend den ersteren als Karyosom, den letzteren als Perikaryon bezeichnen) ist die Kernsubstanz ebenfalls dunkel gefärbt, sie zeigt eine dichte, granulierte Struktur und in ihr sind zahlreiche Chromatinpartikelchen konzentrisch um den Binnenkörper herum angeordnet. Diese abgerundete Gestalt des primären Ascuskernes ist eine relativ seltene Erscheinungsform und wird nur in sehr jungen Ascus- schläuchen angetroffen. Sobald der Ascus älter wird und an Größe zunimmt, wobei sein protoplasmatischer Inhalt immer grobkörniger und stärker tingierbar wird, ändert sich das Bild des Kernes, er nimmt eine unregelmäßige, mehr minder gelappte bis amöboide Gestalt an (vgl. Fig. 2, db, c,d,f,g). In solchen gelappten Kernen kann man auch sehr deutlich die cyklischen Metamorphosen ver- folgen, die sich während dieser Entwicklungsperiode in ihnen abspielen. Aus Fig. 2d kann man mit größter Deutlichkeit ersehen, daß sich um das Karyosom herum zwei Substanzzonen heraus- differenziert haben, die nicht nur durch ihr verschiedenes Aussehen und durch ihre verschiedene Tingierbarkeit sondern auch durch einen Kranz von kleinen, stark gefärbten Chromatinkörnchen von- einander abgegrenzt erscheinen. Es findet offenbar eine Stoff- wanderung vom Karyosom als physiologischem Zentrum in den Außenkern statt, was auch daraus zu ersehen ist, daß die Substanz des Binnenkörpers weniger dicht und etwas durchscheinend geworden ist. Diesem letzteren Umstande ist es nun zu verdanken, daß wir in diesem Stadium in der Mitte des Karyosoms ein © Zur Kenntnis der Gattung Tuber. 139 deutliches Centriol re siansehunkin können, wodurch also die Karyosom- atur dieses Binnenkörperchens erwiesen ist (vgl. Fig. 2, b, d, g). Ber Big: 2 (b, C, 6, fg sind verschiedene Zustandsphasen a; c und f hingewiesen werden soll, die den Beginn des cyklischen Abbaues illustrieren. Das Karyosom ist noch durchaus dicht und “undurchsichtig und im Außenkern befinden sich bloß einzelne größere Körnchen in regelloser Verteilung. In 5 und 8 ist die "Auswanderung der chromatischen Substanz stärker vorgeschritten, "wir finden letztere hauptsächlich an der Peripherie des Außen- Fig. 2. Junge Asci und primäre Ascuskerne. kernes verdichtet, wo sie, wie z.B. in Fig. b, als dunkel gefärbte Kappen der pseudopodienartigen Fortsätze des Außenkernes er- Scheint. In beiden Figuren (b und 8) ist das Centriol sehr deutlich sichtbar. Manchmal, wie in der Fig. 2 e, ist die Chromatinsubstanz schollenartig ausdifferenziert. Alle diese Veränderungen müssen wir als den sichtbaren Ausdruck eines regen Stoffwechsels im primären Ascuskern auf- fassen, die schließlich zu einer günstigen Verteilung der idio- chromatischen Substanzen innerhalb des Außenkernes führen. Nach Abschluß aller dieser cyklischen Phänomene findet eine Teilung des primären Ascuskernes statt, die die Bildung von vier sekundären Ascuskernen zur Folge hat. In Analogie zu den übrigen bisher bekannt gewordenen Fällen dürfte es sich auch hier um eine Reduktionsteilung handeln. Diese vier sekundären 140 B. Schussnig, Ascuskerne stimmen, was die äußere Gestalt, die feinere Struktur und ihre Konstitution betrifft, durchaus mit den primären Ascus- kernen, aus denen sie durch Teilung hervorgingen, überein. Man kann an ihnen ein mit Centriol versehenes Karyosom und einen Außenkern von wechselnder Gestalt unterscheiden; der einzige äußerliche Unterschied gegenüber dem Mutterkern besteht darin, daß die pseudopodienartigen Fortsätze des Außenkernes viel feiner und spitziger auslaufen, und daß diese Kerne kleiner sind. Außer- dem ist die Struktur weniger deutlich, Dieses Vierkernstadium (vgl. Taf., Fig. 3) habe ich während meiner Untersuchung bloß ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, was offenbar dafür zu sprechen scheint, daß sich die Teilung des primären Ascuskernes außerordentlich rasch abspielt. Es ist dies eine empfindliche Lücke in meinen Befunden, weil im Hinblick auf das spätere, gleich zu erörternde Verhalten der sekundären Kerne, eine genaue Kenntnis des Teilungsmodus des primären Ascuskernes von größtem Interesse sein dürfte. Ist das Vierkernstadium im Ascus erreicht, so wachsen die Kerne allmählich heran, jedoch nicht alle zu gleicher Zeit. Es bestehen fast immer Größenunterschiede zwischen den vier Kernen, die wohl so zu erklären sind, daß ein Kern im Größenwachstum den anderen drei stark vorauseilt und die übrigen drei immer in einem gewissen Zeitabstand nachkommen. Mit zunehmender Größe verlieren die sekundären Ascuskerne nach und nach ihre unregel- mäßige, amöboide Gestalt, die sie noch im auf der Tafel, Fig. 3, abgebildeten Zustand besaßen und runden sich immer mehr ab. Der kugelige Umriß. bleibt allerdings nicht lange erhalten, denn alsbald sehen wir, daß die Kerne eine im optischen Durchschnitt mehr weniger polygonal erscheinende Gestalt annehmen, wovon die Fig. 7 der Tafel, zZ. B. eine recht gute Vorstelluner zuSscheree vermag. Verfolgen wir nun die weiteren Veränderungen in den sekundären Ascuskernen. Zunächst teilt sich das Karyosom zwei- mal rasch hintereinander, wodurch vier Tochterkaryosomen ent- stehen, welche anfangs noch gepaart nebeneinander liegen (Tafel, ° Fig. 2, links oben). Später rücken die vier Tochterkaryosomen = auseinander und diese teilen sich noch einmal. Es entstehen somit vier Paarlinge, wobei die Paarlingshälften in der Regel nicht gleich sroß sind (Tafel, Fig. 2, rechts oben’ und Fig. 7, reehts unten) | Die Fig. 4 der Tafel gibt ein Detailbild dieses zweiten Teilungs- vorganges wieder. Wir sehen, daß sich das Centriol in der weiter oben beschriebenen Weise teilt, wobei zwischen den zwei Centriol- hälften eine Centrodesmose ausgespannt wird. Darauf findet die Durchschnürung des Karyosoms selbst statt und wir sehen ‘ schließlich die zwei Karyosomhälften mit ihren Centriolen dicht ; nebeneinander liegen (das oberste Paar in Fig. 4 der Tafel). Die Deutlichkeit dieser Vorgänge hängt einerseits vom Zustand des Materials, anderseits vom Differenzierungsgrad beim Färben ab, a a A u Zur Kenntnis der Gattung Tuber. 141 "was zur Folge hat, daß ich nicht in allen Abbildungen die genaueren Details zur Darstellung bringen konnte. Aus dem Vergleich zahl- loser Stadien geht jedoch der eine wichtige Umstand hervor, daß in allen Generationen der Karyosome stets ein Centriol vorhanden ist, wie dies auch das spätere Verhalten dieser Karyoenergiden zeigen wird. Während oder knapp nach dieser letzten Teilung des Karyo- _soms zeigen, wie schon erwähnt, die daraus hervorgegangenen _Tochterhälften eine verschiedene Größe. Aber nicht nur in der Größe, sondern auch in ihrem späteren Verhalten unterscheiden sich diese beiden Tochterhälften wesentlich voneinander. Und _ zwar können zwei Fälle eintreten. In dem ersten bleibt die eine, srößere Karyosomhälfte unverändert und behält ihre runde Gestalt bei, während gleichzeitig die kleinere Hälfte aufgelockert wird. Sie geht offenbar in einen flüssigeren Zustand über, wie das bei Biokolloiden oft zu beobachten ist und umfließt förmlich die benachbarte, unverändert gebliebene Karyosomhälfte, so daß letztere in die Gelmasse der ersteren exzentrisch zu liegen kommt (Tafel, Bier 2, Mitte, Fig. 7, links unten, ‘Fig. 1). Es differenzieren sich also auf diese Weise innerhalb eines jeden sekundären Ascus- kernes vier kleinere Kerne heraus, und zwar so, daß die eine _ Karyosomhälfte den Außenkern für die in Ruhe verharrende andere Karyosomhältte liefert. Daß dem so ist, geht auch deutlich aus dem Umstande hervor, daß man in dem neu entstandenen Außenkern noch das in der metamorphosierten Karyosomhälfte ursprünglich enthaltene Centriol regelmäßig nachweisen kann (Tafel, Fig. 1, 2, 7). Es ist ohne weiteres klar, daß wir in diesen sekun- dären Ascuskernen polyenergide Kerne, im oben erwähnten Sinne, vor uns haben, welche durch komplizierte Umwandlungen ihrer Karyoenergiden schließlich vier individualisierte Kerne in ihrem Innern erzeugen, die, wie wir weiter unten sehen werden, zu Sporenkernen werden. Vorher wollen wir noch den zweiten Fall ‚der Kernbildung innerhalb eines Synkaryons ins Auge fassen. Es kommt nämlich vor, daß die Ausdifferenzierung der Sporenkerne nicht immer in der soeben geschilderten Weise vollzogen wird. Nicht selten kann man beobachten, daß nach der zweiten Karyosom- teilung die größere Karyosomhälfte (die, wie wir sahen, im ersten Falle unverändert bleibt) nicht von der den Außenkern liefernden anderen Hälfte eingeschlossen wird, sondern sich von dieser ent- dernt (Tafel, Fig. 7, rechts unten) und schließlich entweder von der Substanz des Mutterkernes resorbiert oder aus demselben in ‚das Ascusplasma ausgestoßen wird!. Es entsteht somit aus der einen (kleineren) Karyosomhälfte ein kleiner Kern von feinkörniger 1 Solehe ausgestoßene Karyoenergidenhälften gehen in der Regel im Ascus- plasma langsam durch Resorption zugrunde und können lange Zeit in demselben nachgewiesen werden (Tafel, Fig. 1 und 4). Sie können aber auch, allerdings nur ausnahmsweise, abortive Kerne im Cytoplasma liefern, wie in Fig. 2 der Tafel zu sehen ist. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 11 RN PORN UN N VE 142 | B. Schussnig, beim ersten Kerntypus im Außenkern gefunden hatten (Tafel, Fig. 6 und 7). Innerhalb eines Polykaryons (sekundären Ascus- kernes) können die darin enthaltenen Sporenkerne entweder alle nach dem ersten Typus gebaut sein, oder es kommen beide Typen nebeneinander vor (Tafel, Fig. 6, 7). Dieses letztere Verhalten scheint mir nicht ohne Interesse zu sein, weshalb einige wenige Worte darüber. vielleicht am. Platze sein dürften. Auf Grund unserer bisherigen cytologischen Erfahrungen wissen wir, daß sich die Kerne der männlichen Sexualzellen durch eine besonders kräftig entwickelte idiogenerative Komponente auszeichnen, bei schwacher Ausbildung des trophischen Kernanteiles (Außenkern), während in den weiblichen Geschlechts- zellen (Gameten, Eizellen etc.) gerade das Umgekehrte der Fall ist, d.h. Reduktion des lokomotorischen Anteils und dafür kräftige Entfaltung der idiochromatischen Komponente. In den oben be- sprochenen zwei Kerntypen hätten wir es im wesentlichen mit einem ganz ähnlichen Vorgang zu tun. Es wäre daher denkbar, daß in den Sporenanlagen von Tuber aestivum eine geschlechtliche Differenzierung der Kerne durchgeführt ist, was mit dem weiter oben angenommenen Verlust der Sexualorgane in Zusammenhang gebracht werden könnte. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit an das von Burgeff aufgedeckte Verhalten der + und — Mycelien von Phycomyces. Bei Inber aestivum enthalten die Sporen wier Kerne und wenn diese geschlechtlich differenziert sind, so ist die Spore in der Lage, ein Mycel zu erzeugen, welches in seinen Zellen sowohl + als auch — Anlagen (Kerne) führt; bei einer entsprechenden Verteilung dieser Kerne in den späteren Zell- generationen (der Hymenialschichte) wäre es dann leichter ver- ständlich, daß trotz des Fehlens von Ascogonien und Antheridien ein Vorgang sich abspielt, der im Wesen einem Sexualakt gleich- kommt (Karyogamie in den ascogenen Hyphen). Ich will mich darüber nicht ausführlicher äußern; jedenfalls ist es nicht ganz zwecklos, auf diese Vorgänge aufmerksam zu machen, weil sie möglicherweise für spätere Untersuchungen als Richtlinien dienen könnten. Ich brauche ja nur an die überaus wertvollen Tatsachen, mit denen uns Kniep bei den Basidiomyceten bekannt gemacht hat, zu erinnern. Und nun wollen wir uns der Entwicklung der Ascosporen zuwenden. Die.Sporen gehen aus den sekundären Ascuskernen, in denen bereits die vier Sporenkerne, wie ich oben schilderte, ausdifferenziert wurden, hervor. Die Matrix des Polykaryons liefert also das Material für die Spore. Wenn die französische Schule unter Carnoy bei der Beobachtung von Spirogyra-Kernen den Satz aufstellen konnte: der sogenannte Nukleolus (nach unseren a Zur Kenntnis der Gattung Tuber. 143 ‚jetzigen Vorstellungen das Karyosom) sei ein Kern im Kern, so kann man in unserem Falle sagen: das Polykaryon ist eine Zelle En der Zelle (Ascus). Ich konnte für diesen Vorgang alle Über- sänge nachweisen, von denen einige markantere Stadien auf der Tafel wiedergegeben sind. Wir sehen zunächst die Substanz des _ Polykaryons an Tingierbarkeit zunehmen, unter gleichzeitiger Vakuolisierung des Inhaltes, was zur Folge hat, daß die junge Sporenanlage weitmaschig mit breiten schollenartigen Netzbalken erscheint (vgl. Tafel, Fig. 8). Diese netzig oder maschig angeordnete, stark basophile Substanz verdichtet sich hauptsächlich an der Oberfläche der Sporenanlage, und man kann dann in den helleren Innenraum derselben hineinsehen (Tafel, Fig. 8 und 5). Die Oberfläche der jungen SE Spore wird weiterhin facettiert, die Umriß- BE linie im optischen Durchschnitt daher 1. Se N RN polygonal. Zur selben Zeit bildet sich A f > \ N eine zarte epiplasmatische Hülle um das EL Eu. ganze Gebilde: die Anlage der Sporen- [3 B en \ membran. Das Plasma des Ascus verdichtet * | @ "iR \ sich um die im Wachstum begriffenen 0, E) „r:\ Sporenanlagen herum und man kann sehr PT? - deutlich verfolgen, wie aus dem Epi- { N e plasma nach und nach die für diese Tuber- : RB er. Art charakteristischen Sporenmembran- Fig. 3. skulpturen zur Ausscheidung gelangen neifz Spore im optischen (Tafel, Fig. 5). Zuerst werden die stachel- Längsschnitt mit den vier artigsen Fortsätze ausdifferenziert, welche Sporenkernen. auf den vorspringenden Ecken der Sporen- oberfläche aufsitzen, und nach und nach werden ganz zarte, anfangs kaum sichtbare Lamellen zwischen diesen ausgespannt, bis die für den fertigen Zustand so überaus charakteristische Leistenskulptur der Spore erreicht ist (Tafel, Fig. 4, 5, S; Textfig. 3). Die reife Spore besitzt eine gelb bis gelbbraun gefärbte Membran, ihr Inhalt ist stark aufgehellt, ein Zeichen, daß die in den Sporenanlagen an der Oberfläche verdichtete Substanz wohl auch am Aufbau der Membran teilgenommen hat. Sie enhält vier Kerne. In diesen sind auffallende Veränderungen vor sich gegangen. Wir finden zentral oder etwas gegen die Peripherie zu verschoben ein rundes, stark färbbares onen welches von einer hellen, als Ring erscheinenden Zone umgeben ist. Aus einem Vergleich mit den jungen Sporenkernen in der Sporenanlage ergibt sich ohne weiteres, daß dieses Körnchen das Centriol des ruhenden Karyosoms ist. Daß die Substanz des Karyosoms in der ÖOnto- genese eines Kernes mannigfache Modifikationen erfährt, ja sogar bis auf das Centriol ‚abgebaut werden kann, ist eine Erscheinung, die, wie weiter oben gesagt wurde, gar nicht selten ist. Genau so wie im Cytoplasma der Spore während ihrer Reifung so weitgehende Veränderungen sich abgespielt haben. scheint es auch 144 B. Schussnig, in den Kernen zu einer wesentlichen Modifizierung in der Ver- teilung der beiden wichtigen Komponenten gekommen zu sein (vgl. Fig. 3). Der Außenkern der Sporenkerne in der reifen Spore ist auch bedeutend dunkler gefärbt als in den jüngeren Stadien, was zugunsten meiner Annahme spricht. Außerdem finden wir aber auch noch im Perikaryon ein zweites kleines Körnchen, welches bedeutend kleiner ist als das früher besprochene und sich auch nicht so scharf von seiner Umgebung abhebt. Es ist dies das Centriol der zweiten Karyoenergidenhälfte, jener, die wie ich weiter oben auseinandergesetzt habe, den Außenkern des jungen Sporenkernes geliefert hatte. In der in Fig. 3 wiedergegebenen Spore enthalten alle vier Kerne das Nebencentriol. Das muß jedoch, nach obigen Erläuterungen, nicht immer sein, wovon ich mich wiederholt überzeugen konnte. Die Kerne des vegetativen Mycels stimmen im Bau und in der Zusammensetzung vollkommen mit denen der reifen Spore. überein. Wir müssen daher annehmen, daß in den ascogenen Hyphen die Kerne irgendwelche Veränderungen durchmachen, die hauptsächlich darin bestehen, daß die Karyosomsubstanz regeneriert wird, oder besser gesagt, aus dem Perikaryon um das Centriol herum verdichtet wird. Wissen wir doch, daß die zyklischen Meta- morphosen in den Protistenkernen reversible Vorgänge sind, ein Umstand, der sehr gut mit unseren modernen Erfahrungen auf dem Gebiete der Kolloidchemie übereinstimmt. Zum Schlusse möge noch die Frage in Erwägung gezogen werden, ob für die Existenz von polyenergiden Kernen in diesem speziellen Falle irgendwelche entwicklungsmechanische oder phylo- genetische Gründe verantwortlich gemacht werden können, denn ich sagte ja weiter oben, daß dies eine conditio sine qua non für die richtige Beurteilung solcher Kernformen beinhalte. In diesem Falle ist man denn auch tatsächlich in der Lage, derartige Gründe anzuführen. Ich erinnere zunächst daran, daß die weitaus häufigste Sporenzahl in den Schläuchen der Ascomyceten acht oder sechzehn beträgt, und dies gilt auch von den mit den Tuberineen nächst- verwandten Formentypen. Das Auftreten von 4 Sporen bei der Gattung Tuber muß daher als eine Reduktion gedeutet werden. Nun haben wir aber gesehen, daß aus dem primären Ascuskern (höchstwahrscheinlich durch Reduktionsteilung) 4 sekundäre Ascus- kerne entstehen. Bis daher stimmt das Verhalten der Ascuskerne bei Zuber mit den übrigen Ascomyceten überein. Bei diesen letzteren ist es nun üblich, daß diese 4 haploiden Kerne sich entweder noch einmal, wodurch 8 Kerne, oder zweimal teilen, wodurch 16 Ascuskerne, die zu Sporenkernen werden, entstehen. Bei Tuber aestivum unterbleiben diese vegetativen Kernteilungen im Ascus, die vier sekundären Ascuskerne vermehren ihre Karyo- energiden und aus diesen gehen, wie oben geschildert, 4 Sporen- kerne hervor, die jedoch innerhalb des polyenergiden sekundären Aseuskernes zur Ausdifferenzierung gelangen. Multipliziert man die a An BE I Fa a une EIER ee a ea 145 der sekundären Ascuskerne mit der Zahl der in ihnen ent- nen Sporenkerne, d. h. also 4X4, so erhalten wir die Zahl Es entspricht somit eine Spore von Tuber aestivum einem Asgregate von 4 Ascosporen eines normalen Ascomyceten, was in. nn sie stellen sozusagen ein Exponent für einen Entwicklungs- prozeß dar, den wir phylogenetisch ohne weiters erklären können. Aus diesem Grunde erschien mir die Veröffentlichung meiner efunde an Tuber aestivum von Interesse, wenn auch, wie ich eich vorausgeschickt habe, die Kenntnis noch einiger Details von roßem Vorteil wäre. Literaturverzeichnis. Buchholtz F., Zur Entwicklungsgeschichte der Tuberaceen, es d. Deutsch. Crsallson, 49, 1807, i — Beiträge zur Morphologie und Systematik der Hypogaeen. 1902. — Zur Morphologie und Systematik der Fumngi hypogaei. Annales ‚mycologi 21.1903: — Zur Entwicklung der Choiromyces-Fruchtkörper. Annales Mycologici, 6. 1908. — Zur Entwicklungsgeschichte des Balsamiaceen-Fruchtkörpers, nebst Bemer- kungen zur Verwandtschaft der Tuberineen. Annales Mycologici, 8. 1910. Fischer Ed., Tuberaceae, in Rabenhorst Kryptogamenflora. 1896. a — Tuberincae, in Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien. 1896. 2 — Über den Parallelismus der Tuberaceen und Gastromyceten. Ber. d. Deutsch. bot. Gesellsch., 74. 1896. Re: — Die Fruchtkörperentwicklung der Tuberaceen und Gastromyceten. Bot. Zeitung, | { If. Abt. 1903. — Zur Morphologie der Hypogaeen. Bot. Zeitung, 26. 1908. r Hartmann M., Die Konstitution der a Wurm und ihre Bedeutung für die q Zellenlehre, Jena, 1911. R: Lotsy J., Vorträge über botanische Stammesgeschichte. Jena, 1907. ara B., Der Zellkern der Protophyten. Ber. d. Deutsch. bot. Gesellsch. 1920. Wettstein R., Handbuch der systematischen Botanik. Wien, 1911. GEB: Zur Kenntnis der Gattung Tuber. FR: ; Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 130. Bd., 1921. 147 Phytoplankton aus Seen von Mazedonien Von Dr. Bruno Schröder (Breslau) | (Mit 12 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 21. April 1921) Überblickt man den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von dem Plankton der europäischen Seen, so ergibt sich, daß ins- besondere über die Seen von Nord- und Mitteleuropa eine bereits erstaunliche Fülle von Beobachtungen über die Qualität und die Quantität, über die Ökologie und die Biologie der Schwebewesen vorliegen. Weitaus weniger wissen wir über das Seenplankton Süd- europas, das sich bekanntlich in drei Halbinseln, der Iberischen, der Apenninischen ‘und der Balkanischen Halbinsel in das Mittelmeer hinein erstreckt. Die Apenninhalbinsel mit ihren großen oberitalie- nischen und den kleineren mittelitalienischen Seen ist durch die Augen von Pavesı, Rina Monti, Eorti, «Garbini u. a. noch einigermaßen gut erforscht, aber über die Iberische und die Balka- nische Halbinsel gibt es nur einige Mitteilungen, die von dem Phyto- plankton des Süßwassers der genannten Gebiete handeln. Dieser Umstand findet seine natürliche Erklärung darin, daß die zuletzt genannten Halbinseln keinen so großen Reichtum an Seen aufweisen, wie die von mehreren Vereisungen während des Diluviums heim- gesuchten nord- und mitteleuropäischen Länder, und außerdem ist das Innere jener beiden Halbinseln schwer zugänglich, sobald man gezwungen ist, vom Schienenwege abzuweichen. Über das Phytoplankton der Balkanhalbinsel erschien zuerst eine kleine Abhandlung von Brunnthaler (1900), die über Schwebe- pflanzen aus dem ProScansko Jezero, dem größten See von Plitvice in Kroatien, einige Auskunft gibt. Es wurden 13 Arten aus diesem See aufgezählt, also nur eine geringe Zahl, da der See 800 ın über dem Meere gelegen ist und demzufolge wie alle Bergseen eine gewisse Armut an Phytoplankton aufweist. Eine größere Anzahl von Schwebeflanzen fand Forti (1902) im Skutarisee in Albanien, der nur 6 m über dem Spiegel der Adria liegt und über 300 km’ groß ist. Forti konnte aus ihm 38 Algen nachweisen, unter denen allerdings einige Grundformen mit aufgenommen sind, die sich ins Klankton Sverieen hatten. Dieses setze) sieh 'hauptsaehlich aus 148 B. Schröder, Schizophyceen, Bacillariaceen und Chlorophyceen zusammen und dürfte in systematischer Hinsicht ausreichend untersucht sein. ’ Außerdem hatte ich selbst Gelegenheit, zwei Brakwasserseen. an der dalmatinischen Küste hinsichtlich ihrer Schwebepflanzen kennen zu lernen. Von Rovigno aus unternahm ich mit dem Stationsdampfer »Rudolf Virchow« im Jahre 1909 eine Fahrt nach der mittleren Adria, bei der ich auch den Prokljansee unweit der Krkafälle bei Sebeniko besuchte und dort Plankton sammelte, in dem 62 Arten von Schwebepflanzen gefunden wurden, darunter natürlich auch solche, die sonst als marin gelten (1911). Endlich erhielt ich von Prof. Steuer aus Innsbruck Material aus dem Vranasee bei Zara vecchia in Dalmatien. Es enthielt ebenfalls. Brakwasserformen und stellte ein monotones Plankton von Chaeto- ceras Wighami Brightw. dar. Aus dem Osten der Balkanhalbinsel kam Plankton vom Derkos-Göll, nordwestlich von Konstantinopel, zur Untersuchung, über das ebenfalls Forti : Ergebnisse mitteilt, “der, dor uber 40 Schwebepflanzen feststellte (1913). Das ist alles, was wir bis jetzt über das Phytoplankton der Balkanhalbinsel wissen. Alle die genannten Gewässer liegen aber nur am Rande derselben. Über die Schwebepflanzen aus den Seen in dem unwegsamen Innern dieses Gebietes waren wir bisher völlig im Dunkeln. Deshalb ist es um so dankenswerter und für die Wissenschaft um so wertvoller, daß Geheimrat Doflein mit teilweiser Unterstützung durch Dr. Nachtsheim während des. Weltkrieges bei ihgem Aufenthalte in Mazedonien nicht verfehlt haben, aus den großen Seen an der serbisch-albanisch-griechischen Grenze ungeachtet der damals quer über diese Seen gehenden Frontlinien der feindlichen Armeen Plankton zu sammeln. Es. handelt sich dabei um den Doiransee, der östlich vom mittleren Wardartale gelegen ist, und um die sogenannten dessaretischen Seen, den Prespa- und den Ochridasee, die westlich davon ungefähr unter derselben Breite, aber in größerer Meereshöhe liegen. Die Proben konnten aus den eben genannten Gründen zum Teil nur des Nachts unter dem Schutze der Dunkelheit gefischt werden und zwar von Booten aus, deren Seetüchtigkeit manches zu wünschen übrig ließ (1921). Schon an der Fangstelle wurde das. gefischte Material mit Formol konserviert und mir später zur Be- arbeitung seines Phytoplanktons übergeben. Da ich vermutete, daß vielleicht im Naturhistorischenm Staatsmuseum in Wien ebenfalls Material aus mazedonischen Seen aufbewahrt sein könnte, wandte ich mich durch gütige Ver- mittelung von Steuer an das genannte Institut mit dem Erfolge, durch Dr. Pesta von dort mehrere der gewünschten Planktonproben zu erhalten, die Dr. Sturany schon 1891 aus dem Doiran- und dem Ochridasee gesammelt hatte. Stammten die Proben von Doflein vorwiegend aus dem Frühjahre und dem Sommer, so waren die Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 149 von Sturany im Herbste entnommen. Auch hatte letzterer 1891 i 1och den Ventroksee südöstlich vom Prespasee abgefischt, der 1917/18 im feindlichen besetzten Gebiete lag und deshalb für iD oflein nicht zugänglich war. So bildete das Material Sturany's, das sich, in Spiritus aufbewahrt, sehr gut erhalten hatte, eine will- kommene Ergänzung zu dem von Dolkın besonders da ersteres reichhaltig an Schwebepflanzen war, während letzteres mehr Zoo- - plankton enthielt. 2 Über die oro- und hydrographischen Verhältnisse des maze- - donischen Seengebietes findet man ausführlichere Angaben in den Abhandlungen von Nikolaides (1903), von Cvijic (1908 und 1911), Evon Oestreich (1916) und von Doflein (1921), aus denen ich im ‚folgenden nur das notwendigste kurz anführe. 1. Der Doiransee. a) Beschreibung des Sees. Der Doiransee (serbisch Polinin Jezero) ist der Prasiassee der Alten, von dem schon Herodot im V. Buche das Leben des auf Pfahlbauten im Schilfe des Sees hausenden Fischervolkes der Pela- gsonier schildert, deren Nachkommen auch jetzt noch einen Teil des Jahres in Pfahlbauten wohnen, was aus Lichtbildern zu ersehen ‚ist, die Cvijic (1908) seinerzeit dort aufgenommen hat. Das Becken des Doiransees ist fast kreisrund und etwa 42 km’ ‚groß. Es läßt deutlich erkennen, daß der See früher größer war. Er gehört demnach zu den zusammengeschrumpften Seen und liegt in 148 m Meereshöhe in einem pleistocänen Einsturzkessel. Die "Tiefe des Sees wird mit 10 m angegeben. Er hat einen kleinen Zufluß aus den Bergen von Osten. Sein Abfluß nach Süden ist nur zeitweilig bei Hochwasser vorhanden, während er in regenarmen _ Zeiten abflußlos ist. Sein Wasser ist Klar, rein und von grüner bis gelblichgrüner Farbe, worauf schon sein alter griechischer Name hindeutet. Ein dichter, mehrere hundert Meter breiter Gürtel von 3m hohem Schilf umsäumt teilweise seine Ufer, wo sie flach weit in den See hineingehen. Auf dieser untergetauchten Uferzone wachsen außer Schilf besonders Ceratophyllum demersum und _ andere Wasserpflanzen, und auf seinem Grunde hat man Najas major gefunden. Der Reichtum des Sees an Fischen ist bedeutend. N EEE ON DIESER DER ar b) Inhalt der Proben. Ne Opentlachentaner 16.4. 1ösıles. Doflein. Dinobryon divergens s.! 2. Melosira granulata s. 3. Characium limneticum h. Viel Zooplankton. [erg 1 s.h.—= sehr häufig, h. = häufig, n.s. —=nicht selten, s. —= selten und Ss... — sehr selten. ° ; o IND. N N nat 2,1 5; fi ö ar ’ B. Schröder, Nr. 2. Fang aus 5m Tiefe. 16. V. 18. leg. Dotlein. 1. Dinobryon divergens h. 2. Melosira grannlaia n.)S. 3. Scenedesmus quadricauda Ss. S. 4. Characium limneticum n. S. Viel Zooplankton. Nr. 8. Fang aus 8m Tiefe. 16. V. 18. les. Doflenz Dinobryon divergens n. S. Melosira grannlata h. M. crenulata. var. temuis S. Colacium vesicnulosum auf Copepoden n.s. Characium limneticum n. S. ; 4 Viel Zooplankton. z Sp win m Nr. 4. Fang aus 10m Tiefe. 16. V. 13. leg. Doilerm Wie Nr. 3. Oberflächenfang, draußen im See. 8. VIll.17. leg. Doflein. 1. Chroococcus limneticus Ss. S. Clathrocystis aeruginosa n. S. Coelosphaerium Külzingianum Ss. Anabaena planctonica n. S. A. Flos-agquae s. Aphamizomenon Flos-aquae n. Ss. Oyclotella Schroeteri s. S. Stephanodiscus Astraea Ss. S. Melosira grannulata s.h. 10. Closterium promum Ss. | ’ 11. Mallomonas spec. S. S. | E 12. Synura uvella s. s. SPOBEED ESS ‚13. Dinobryon divergens h. 14. Dinobryon stipitatum var. elongatum s. Ss. 15. Peridinium bipes s. S. 3 16. P. munusculum h. # 17. P. polonicum s. s. R 18. Sphaerocystis Schroeteri s. | 19. Pandorina Morum s. S. 20. Eudorina elegans S. S. 21. Characium limneticum h. 3 22. Tetraedron minimum S. S. ’ 23. Scenedesmus gquadricanda Ss. S. | 3 24. Pediastrum Boryanım Ss. S. 3 28. P. duplex var. clathratum Ss. Ss. | 4 26. P. incisum s.s. BR 27. P. incisum var. 'rota Ss. S. 28. Coelastrum cambricum var. intermedium Ss. S. DR SOON Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 151 N. 6. ON lachentane Nähe der Schilfregion. 8. VII. 17. leg. Doflein. Clathrocystis aeruginosa S. Anabaena planctonica n. S. A. macrospora n. S. Aphanizomenon Flos-aquae Ss. Melosira granulata s.h. Dinobryon divergens h. Colacium vesiculosum n. S. C. arbuscula Ss. Peridinium Cunninstonii var. psendoquadridens s. P. munmusculum h. . P. mumnsculum var. spiniferum S. . Sphaerocystis Schroeteri Ss. . Pediastrum Boryanım Ss. S. Pi272 Operflachentang, innere Zone. 8. VIL 17. leg. Doflein. Chroococcus limmneticus S. S Clathrocystis aeruginosa S. Anabaena planctonica S. A. Flos-aqnae n. Ss. Aphanizomenon Flos-aquae Ss. Stephanodiscus Astraea s. S. Melosira granulata s.h. Dinobryon divergens n. Ss. Peridinium munusculum n. S. P. Cummningtonii var. psendoguadridens s. . Sphaerocystis Schroeteri s. S. . Planctonema Lauterbornü s. Nr. 8. Oberflächenfang. 30. IX. 91. leg. Sturany. oRrnanmwwn Chroococcus limneticus S. Clathrocystis aeruginosa h. Lyngbya Lagerheimiü n. Ss. Anabaena spec. steril. n. s A. spec. steril. s. Melosira grannlata n. s. Colacium arbuscula Ss. S. Sphaerocystis Schrocteri s. Ss. Characium limneticum Ss. S. Viel Zooplankton. c) Schilderung des Phytoplanktons. Aus dem .Doiransee kamen Proben aus drei Jahreszeiten zur Untersuchung, nämlich aus dem Frühjahr (Mai) 1918, dem Sommer Quli) 1917 und dem Herbst (Ende September) 1891. Diese Proben 192 B. Schröder, zeigten merkliche Unterschiede in ihrer Zusammensetzung. Das Frühlingsplankton charakterisierte sich durch vorwiegende Anwesen- heit von Zooplankton, doch trat dazwischen vereinzelt Dinobryon divergens und Melosira grannlata auf, sowie auf der Cladocere Diaphanosoma recht häufig Characium limneticum. Im allgemeinen aber war das Frühjahrsplankton sonst recht arm an Arten und Individuen. Wesentlich anders zeigte sich das Sommerplankton. In diesem traten die tierischen Schwebeformen hinter den pflanzlichen ° zurück und dafür wurde Melosira granulata häufiger. Dinobryon divergens kam reichlicher vor und daneben allerdings selten D. stipi- tatum var. elongatum. Auch die Schizophyceen machten sich mehr bemerkbar, besonders Anabaena-Arten und Aphanizomenon. Ferner waren Peridinium-Arten im Plankton anzutreffen und einige Grün- algen aus dem Genus Pediastrum. Im Herbstplankton gewannen die tierischen Schwebeformen wieder die Oberhand, und. von ° Schwebepflanzen war nur (lathrocystis aeruginosa häufiger. Hin und wieder fand man noch Lyngbya Lagerheimii, sterile Anabaena- Fäden und Melosira. granulata, alle übrigen Phytoplanktonten des Sommers waren sehr selten geworden oder fehlten ganz. Mehr läßt sich über die jahreszeitliche Verteilung nach den Proben, die aus drei verschiedenen Jahren stammen und von. zwei verschiedenen Forschern gesammelt wurden, nicht gut sagen. Bezüglich der regio- nalen vertikalen Verteilung des Frühjahrsplanktons kann nur bemerkt werden, daß die Artenzahl bis zu einer gewissen Tiefe um ein geringes zunimmt, handelt es sich doch dabei um Plankton, das in der Nacht gefischt worden ist. Hinsichtlich der horizontalen Ver- teilung zeigt der Oberflächenfang draußen im See (Nr. 5) die größte Artenzahl. Nebenbei sei bemerkt, daß bei dem Material von Probe Nr. 5 aus dem Doiransee das Netz untergetauchte oder schwimmende Wasserpflanzen gestreift haben muß, denn es fanden sich in dieser Probe eine Menge verschiedener Grundformen der Diatomaceen. Da über diese Algen von der Balkanhalbinsel nur wenig bekannt ist, sei es mir gestattet, die selteneren unter ihnen in systematischer Reihenfolge hier anzuführen, auch wenn sie nicht direkt zum Phytoplankton mazedonischer Seen gehören: Cyclotella Meneghiniana Kütz.,, C. comta (Ehrenb.) Kütz,, Fragilaria capncina var. acuta (Ehrenb.) Grun, Synedra ulna var. spatulifera Grun., S.radians Kütz., Navicula ambigua Ehrenb,, Amphipleura : pellucida Kütz., Gomphonema gracile Ehrenb,, G. constrictum var. capitata Ehrenb. Rhoicosphenia curvata Kütz,, Cymbella Ehrenbergii Kütz., C. cymbiformis (Ag.) Kütz., ©. parva W.Sm., Epithemia turgida var. Westermannii Kütz., E. Sorex Kütz,, E. Argus Kütz.,, Rhopalodia gibba (Ehrenb.) Müller, Nitzschia sigmoidea (Nitzschi) W. Sm., Cymatopleura solea var. apicnlata Grun., Surirella biseriata Breb. S. elegans Ehrenb. und Cam- pylodiscus noricus Ehrenb. F 2 Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. KB) 2. Der Prespasee. a) Beschreibung des Sees. i Der Prespasee (serbisch Prespansko Jezero) ist mit 2838 km’ der größte der mazedonischen Seen. Er liegt auch am höchsten, _ nämlich 857 m über dem Meere. Seine Oberfläche hat eine unregel- $ mäßige Gestalt und weist drei größere Buchten auf der Westseite _ und eine im Südosten auf. In ihm ist auch eine Insel gelegen und zwar gegen das Westufer zu. Der See wird von stattlichen Gebirgs- Eisen lo die teilweise in steilen Wänden in ihn ab- fallen. Auch er liest in einer Einbruchsfalte und hat eine Tiefe - von 54m. Er bekommt von Norden zwei größere Zuflüsse von den © Bergen her: Ein Abfluß ist nicht vorhanden. Trotzdem ist das Niveau des Sees erheblichen Schwankungen ausgesetzt, deshalb glauben die dortigen Bewohner, daß er sein Wasser unterirdisch - in den tiefer gelegenen Ochridasee abgebe, wofür allerdings keinerlei Beweise vorliegen. Das Ufer des Sees verflacht sich nur nach dem nördlichen Teile bei Podmocani und geht in der Umgebung dieses Ortes in ein ausgedehntes Sumpfgelände über, aus dem übrigens Georgevitch (1910) eine größere Anzahl Desmidiaceen ange- geben hat. In diesem Übergangsgebiete und auch sonst an manchen Stellen ist ebenfalls wie im Doiransee ein mehrere hundert Meter breiter Gürtel von hohem Schilfe. anzutreffen, ebenso gibt es dort auch inselartige Schilfhorste weiter seewärts. Untergetauchte Gefäß- pflanzen werden bisher aus diesem See nicht erwähnt. tn b) Inhalt der Proben. Nee Opyerflachentane 2 SV 18. les, Doflern: Cladothrix dichotoma s.h. Amabaena planctonica n. Ss. A. macrospora S. A. affinis s. s. Fl spinoides 3.5. A. Flos-aquae Ss. Aphanizomenon Flos-aquae Ss. Trichodesmium lacustre Ss. 10. Closterium aciculare var. subpronum S. S. 11. Diplosigopsis frequentissima s. S. 12. Dinobryon stipitatum var. lacustris s.h. 13..D. divergens n. Ss. 14. Colacium vesiculosum n. S. 19. €. arbuscula s. 16. Staszicella dinobryenis h. 17. Ceratium hirundinella n. s. Sol OS NIB: . Peridinium Cunningtonii var. psendoquadridens : . P. mumusculum n. S. . Sphaerocystis Schroeteri Ss. . Pandorina Morum s. Ss. . Lagerheimia Dofleiniü s. S. . Pediastrum Boryanım var. longicornme S. S. SI een B. Schröder, Oocystis pusilla Ss. S. Characium limneticum h. Scenedesmus quadricauda S. S. r & a Fang aus 7 bis 10m Tiefe. 21. VIL 18. leg. Dorlernesss Cladothrix dichotoma s.h. Anabaena planctonica S. A. affinis s. s. A. spiroides s. S. A. Flos-aquae S. Dinobryon stipitatum var. lacustris s.h. N . D. divergens S. S. 2 Closterium acicnlare var. subpronum S. S. Ceratium hirundinella n. Ss. | | Peridinium Cunningtonii var. psendoguadridens S. S. ' Characium limneticum bh. Viel Zooplankton. . Nr. 3. Oberflächenfang in der Schilfzone. 21. VI. 18 OO NODOOLBROD m Nr. 4. Sm wiwHr . Dinobryon stipitatum var. lacustris n. S. lea, Doileım, Cladothrix dichotoma h. . Anabaena planctonica s. A. Flos-aquae Ss. S. . Dinobryon stipitatum var. lacustris s. h. Ceratium hirundinella s. Ä . Peridinium Cunningtoni var. psendoquadridens Ss. S. . Sphaerocystis Schroeteri s. s. Characium limneticum S. . Pediastrum Boryanım var. longicorne S. S. E Br Wange aus 3 bis 5, Tiefe, 22,VIT. lege Doflein. 4 Cladothrix dichotoma n. S. Ceratium hirundinella Ss. E Colacium vesiculosum n. S. u Characium limneticum n. S. Viel Zooplankton. | Bi O1 Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 15 © Nr. 5. Fang aus 10 bis 12 m Tiefe. 22. VI. 18. leg. Doflein. Wie Nr. 4, aber noch mehr Zooplankton. Rr6: Opertlachentang, 22. VII. 18. lee. Doflein. Wie Nr. 1. c) Schilderung des Phytoplanktons. Die vorherrschende Alge im Phytoplankton des hochgelegenen Prespasees ist Dinobryon stipitatum var. lacustris, an der als Planktonepibiont (1914) Staszicella dinobryonis häufig vorkommt. Fast ebenso häufig ist Cladothrix dichotoma. Von Anabaenen ist PA. planctonica noch am meisten zu finden, die anderen weniger. _ Nicht selten kommt auch Ceratium hirundinella vor und zwar im - Carinthiacum-Typus allerdings nur vereinzelt, im Furcoides-Typus mit dem kräftigen, langen Postäquatorialhorne häufiger. Colacium vesiculosum und Characium limmeticum sind als Planktonepi- - bionten hin und wieder auf Copepoden und Cladoceren anzutreffen. Auffallend ist das gänzliche Fehlen der Bacillariaceen im Plankton des Prespasees während der Fangzeit. Ob auch zu anderen Zeiten keine Kieselalgen in diesem See planktonisch vorkommen, ist noch zu untersuchen. Als große Seltenheit wurde hier Lagerheimia Dofleinii "in wenigen Exemplaren aufgefunden. Hinsichtlich der vertikalen Ver- teilung des Phytoplanktons zeigte das des Prespasees im Gegensatz zu dem aus dem Doiransee eine erhebliche Abnahme der Schwebe- Pflanzen nach der Tiefe zu, besonders bei den Proben Nr. 4 und 5, in denen das Zooplankton aber in den tieferen Regionen reicher an Individuen war als oberflächlich. Eigentümlich ist das reiche Vor- kommen von (Cladothrix dichotoma, die ich auch anderwärts schon im Plankton gefunden habe (1917), obgleich . dieser Spaltpilz eine Uferform ist. 3. Der Ventroksee. a) Beschreibung des Sees. Der Ventroksee gehört politisch zu Griechenland, ebenso wie die Südhälfte des Prespasees, von dem ersterer südsüdöstlich liegt und nur durch eine niedrige, etwa I km breite und 2!/, km lange Barre abgetrennt ist. Auch der Ventroksee ist von hohen Gebirgen umschlossen. Er hat weder Zu- noch Abfluß. Seine Meereshöhe beträgt ungefähr 850 m, und seine Größe dürfte 65 km? nicht über- treffen. Die Gestalt seiner Oberfläche gleicht in vieler Beziehung der des Prespasees in verkleinertem Maßstabe, denn das nördliche Hauptbecken, in dem sich eine Insel befindet, ist rundlich, und nach Südwesten zieht sich ein fjordartiger Ausläufer als schmale "Bucht. Über die wahrscheinlich nicht unbedeutende Tiefe des Ventroksees sowie über seine etwaige Grund- und Ufervegetation konnte ich nichts ermitteln. 156 B. Schröder, b) Verzeichnis der Proben. Nr. 1, Oberflächenplankton. 20. X, 1891. leg. Sturany. Chroococcus limneticus S. S. Clathrocystis aeruginosa S.h. Lyngbya Lagerheimii h. Anabaena spiroides S. A. macrospora n.S. A. Flos-aquae Ss. Aphanizomenon Flos-aquae S. S. Melosira ambigna n. S. . Dinobryon divergens n. S. 10. D. stipitatum var. lacustris n. S. 11. Ceratium hirundinella n. s. 12. Staurastrum paradorum S. 13. Sphaerocystis Schroeteri s. s. 14. Pediastrum triangulum h. wor Sana 15. P. angulatum var. araneosum S. S. 16. P. duplex var. lividum s. s. 17. P. duplex var. clathratum s. 18. P. duplex var. reticnlatum n. Ss. 19. P. duplex var. subgranulatum s. s. 20. P. biradiatum n. S. c) Schilderung des Phytoplanktons. Die häufigste Alge im Herbstplankton des Ventroksees war Clathrocystis aeruginosa. Sie dominierte und bildete wahrscheinlich zur Zeit des Einsammelns der Probe eine Wasserblüte. Spärlicher waren die Anabaenen vertreten, sehr selten Aphanizomenon, während sich Lyngbya Lagerheimii häufiger zeigte, ebenso wie Dynobryen, die noch häufiger waren. Von Bacillariaceen war nur Melosıra crenulata var. tennis in mittellangen Ketten anzutreffen und von Desmidiaceen selten Staurastrum paradoxrum. Ceratinm hirundi- ° nella trat vereinzelt nur in dem Furcoides-Typus mit dem langen, ° kräftigen Postäquatorialhorne auf. Besonders bemerkenswert und für den Ventroksee charakteristisch ist das Vorkommen von ver- schiedenen Arten von Pediastrum, namentlich von P. triangulum und P. duplex, letzteres in mehreren Varietäten. Es ist überraschend, daß P. tfriangulum, das sonst gewöhnlich nur in Flachlandseen ° gefunden worden ist, in ein so hochgelegenes Gebirgsgewässer wie der Ventroksee, hinaufgeht und sich dort auch wohl zu fühlen scheint, da es so reichlich und in den verschiedenen Formen vor- kommt. Die südliche Lage dieses Sees und die damit verbundene stärkere Erwärmung desselben durch die Sonne sind es wahrschein- lich, die dieses merkwürdige Vorkommen erklärlich machen. | Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 157 A. Der Ochridasee. a) Beschreibung des Sees. E Der westlichste der dessaretischen Seen ist der Ochridasee. Es ist etwas kleiner als der Prespasee, denn seine Oberfläche mißt 270 km’, aber er darf wohl wegen seines kobaltblauen Wassers und ‚seiner reizvollen Umgebung als der schönste der Seen Mazedoniens bezeichnet werden. Überdies ist er das tiefste Einbruchsbecken, denn seine größte Tiefe beträgt 285 m. In einer Meereshöhe von 687 m zieht er sich länger als breit in fast südlicher Richtung zwischen steilabfallenden Bergwänden hin und nimmt im Osten, Süden und Westen mehrere Bergbäche auf, während im Norden der Schwarze Drin das Wasser des Ochridasees zur Adria ableitet. Nur am Nord- rande bei Struga findet sich ein Stück Schilfgürtel, der aber nicht die Breite wie in den anderen Seen Mazedoniens aufweist, sonst hat der See nur Steilufer und in stürmischen Zeiten erheblichen Wellenschlag. Auch dieser See ist außerordentlich fischreich, be- sonders an Forellen. db) Inhalt der Proben.! Eu 2o) Kanevaus on. Tiefe nördlieh der Bucht von Lin. a NA IR, le Dionlenm. 1. Dinobryon stipitatum var. lacustris Ss. 2, Colacium vesiculosum h. 3. C. arbuscula Ss. 4. Characium limneticum h. Viel Zooplankton. = 25), Oberflächenfang vor der Schilfzone, Bucht von SER IISlesrDiorleim. Dinobryon stipitatum var. lacustris S. Colacium vesicnlosum h. C. arbuscula Ss. S. Ceratium hirundinella s. Staurastrum gracile S.S. S. paradoxum S. Ss. . Sphaerocystis Schroeteri S. . Characium limneticum h. RnNSnRWwioH 1 Aus dem Ochridasee erhielt ich von Doflein 14 Proben, die fast aus- ‘schließlich Zooplankton enthielten, da sie zum Teil aus größerer Tiefe (50 bis 200 m) stammten. Im Nachfolgenden sind nur die Proben angeführt, welche pflanzliche Schwebewesen enthalten. Sitzb, d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 12 B. Schröder, Nr. 3 (25). Oberflächenfang unweit des Landes, Höhe v Sy. Stefan. 1. VIIL.18. leg.:Doflein. | Anabaena Flos-aquae Ss. Dinobryon divergens var. Schawinslandii s. Dinobryon stipitatum var. lacustris- Ss. Colactum vesicnlosum h. Ceratium hirundinella s. Sphaerocystis Schroeteri s. Characium limneticum h. Spirogyra spec. n. Ss. . Zygnema spec. n. Ss. SRnPnNKkWww- Nr. 4. Oberflächenfang. 14 1X, 17. Je Doreen . Ceratium hirundinella s. s. . Staurastrum gracile s. . Sphaerocystis Schroeteri s. s. wm DD m Nr. 5. Fang vom 10.X. 91, unweit von Struga; less? 1. Clathrocystis aeruginosa n. Ss. 2. Lyngbya Lagerheimii n. S. 3. Amabaena Flos-aquae Ss. 4. A. discoidea n. Ss. 5. Dinobryon divergens var. Schauinslandi s.h. 6. D. stipitatum var. lacustris n. Ss. 7. Ceratinm hirundinella n.s. S. Peridinium Cunningtoni var. psendoquadridens Ss. S. 9. Melosira granulata h. 10. M. Roeseana s. 11. Closterium aciculare var. subpronum n.S. 12. Staurastrum paradoxrum s. 13. Scenedesmus opoliensis S. S. 14. Pediastrum ovatım s. S. 15. P. Boryanım s. Ss. 16. P. Boryanım var. longicorne S. S. 17. Characium limneticum s. c) Schilderung des Phytoplanktons. Wie oben schon angeführt, wurde das Plankton des Öchrida- sees, das Doflein und Nachtsheim Ende Juli und Anfang August sowie Mitte September teilweise im nächtlichen Dunkel gesammelt hatten, auch in den oberflächlichen Schichten fast aus- schließlich von tierischen Schwebeformen gebildet, gegen die die pflanzlichen Schwebeformen während dieser Zeit ganz außerordentlich Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 159 zurücktraten, allerdings mit Ausnahme der beiden Planktonepibionten Colacium und Characium limmeticum, die an Krebstieren häufig an deren Hinterende festsaßen und sich von ihnen tragen ließen. ‘Schon die von Doflein (l. c.) erwähnte kobaltblaue Farbe des "Wassers des Ochridasees deutet darauf hin, daß nur wenig Klein- plankton in ihm enthalten ist, denn »Blau ist die Wüstenfarbe des Wassers« (Schütt). Reichhaltiger und aus nicht weniger als 17 Arten bestehend ist der Fang, den Sturany im ersten Drittel des Oktober 1891 ausführte. In dieser Probe waren zwar auch viele tierische Schwebe- formen enthalten, aber sie waren reichlich untermischt mit Dinobryon und Melosira granulata, unter denen auch (lathrocystis aeruginosa, Lyngbya Lagerheimii, Anabaena discoidea, Ceratium hirundinella und- Closterium acicnlare var. subpronum nicht selten zu finden waren. Von Ceratium hirundinella mag noch besonders hervor- gehoben werden, daß der Piburgensetypus häufig auftraı, der auch im Alpengebiete öfter beobachtet wurde. Als Seltenheit sei noch Pediastrum ovatum erwähnt. Bezüglich der vertikalen Verteilung des Phytoplanktons aus dem ÖOchridasee muß bemerkt werden, daß in den Proben aus srößeren Tiefen 50 bis 200 nur ganz ausnahmsweise sich eine oder die.andere pflanzliche Schwebeform (z. B. Dinobryon stipi- tatum var. lacustris) fand, die nur zufällig in das Netz geraten sein konnte. Systematisches Verzeichnis der in den mazedonischen Seen . gefundenen Schwebepflanzen. Abteilung Schizophyta. Klasse Schizomycetes. Ordnung Eubacteria. Familie Phytobacteriaceae. Gattung Cladothrix Cohn. € dichotoma Cohn (1375, p. 185, tab. 5, fig. 8). Prespasee. Klasse Schizophyceae. > Ordnung Coccogoneae. Familie Chroococcaceae. Gattung Chroococcus Naegeli. 2. Ch. limneticus Lemmermann (t898, p. 153, und 1899, p. 132, tab. 1, fig. 22 und 23). Doiransee, Ventroksee. 160 B. Schröder, Gattung Microcystis Kützing. 3. M. aeruginosa Kütz. (1845, p. 6, tab. 8). Doiransee, Ventroksee, Ochridasee. 4. M. Flos-aguae (Wittrock) Kirchner (1898, p. 56, fig. 49 N. Doiransee. Gattung Coelosphaerium Naegeli. 8. C. Kuetzingianum Naegeli (1849, p. 54, tab. 1 C). Doiransee. Ordnung Hormogoneae. Familie Oscillatoriaceae. Gattung Lyngbya C. A. Agardh. 6. L. Lagerheimii (Moebius) Gomont (189, p. 167, tab. 4, fig.6 und 7; 'L. conioria Lemmerm. 1898 pp. 202 fig. 10 bis 13; L. circumcreta G.S. West 1907, p. 174, Tab, Vs fig. 7; L. Lagerheimii (Moeb.) Gomont bei Ostenfeld 1905, 2 980, ner 2) = Doiransee, Ventroksee, Ochridasee. Ordnung Heterocysteae. Familie Nostocaceae. Gattung Anabaena Bory. 7. A. planctonica Brunnthaler (1903, p. 292; Virieux 1913, p.7 u in sep. Ag. 7; G. M. Smith 1920, p. 56, tab. 8, ne22)% Doiransee, Prespasee. Diese Art zeigt in vieler Hinsicht große Ähnlichkeit mit A. macrospora Klebahn, unterscheidet sich aber von letzterer durch die Gestalt der reifen Sporen. Diese sind bei A. planctonica im optischen Querschnitt elliptisch, bei A. macrospora dagegen fast sechseckig. Außerdem zeigte sich sowohl in den Proben aus dem Doiran- wie aus dem Prespasee ein eigentümliches Vergallerten ° nicht nur der äußeren Membranlamellen der Heterocysten, sondern zuweilen auch derjenigen der jungen Sporen, wie dies bereits Virieux (l.c.) zeichnete (fig. 7a, c und e), ohne indessen näher» darauf einzugehen. Bei den mazedonischen Formen war diese Er- scheinung besonders stark ausgebildet. Virieux gibt in seiner Fig. 7 a und c die Gallertkappen an den Heterocysten in dreieckiger Form an. Diesen Zustand sah ich auch, außerdem beobachtete ich ° aber noch größer und weiter gestaltete Schleimkappen. Ebenso fand Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 161 "ieh gleich Virieux an jüngeren Sporen eine ähnliche Vergallertung _ der äußeren Hautschichten. Eigentümlich ist es bei A. planctonica, daß die gemeinsame Hüllgallerte des Fadens (Breite der Hülle 23 bis 521) bei Fäden mit reifen Sporen an der Stelle der Hetero- cysten etwas eingeschnürt war, während sie um die Sporen selbst fehlte, was insofern erklärlich sein dürfte, als ja die Sporen nach io Re. 2: Anabaena planitonica Br unnthaler. Amabaena discoides (Schmidle) Ostenf. Aus dem Prespasee. 825/;- Mit Gallerthülle und reiter Spore. Teil eines Fadenbündels mit reifer Spore aus dem Ochridasce. 825/,. Zerfall des Fadens auf den Grund des Gewässers sinken und für sie also eine Hüllgallerte als Schwebemittel nicht mehr in Betracht kommt (Fig. 1). 8. A. macrospora Klebahn (1895, p. 29, taf. 4, fig. 16 bis 18). Prespasee, Ventroksee. 162 B. Schröder, 9. A. affinis Lemmerm. (1897), p. 261, taf. 1, fig. 12 bis 13 und fig. 16 bis 17). £ Prespasee. 10. A. spiroides Klebahn (1895, p. 28, taf. 4, fig. 11 bis 13). Prespasee, Ventroksee. 11. A. Flos-agqnae (Lyngbye) de Brebisson; nach Klebahn (1895, p. 27, tab. 4, fig. 21 und 22). ° Doiransee, Prespasee, Ventroksee, Ochridasee. 12. A. discoidea (Schmidle) Ostenf. (1908, p. 334, fig. 1; A. Flos- aquae (Lyngbye) de Breb., forma discoidea Schmidle 19027 P. 6% Ochridasee. Anabaena discoidea ist meines Wissens bisher nur im Nyassa- und im Viktoriasee in Afrika gefunden worden, wo sie in dicken, mehrschichtigen, Kreisförmig zusammengerollten Scheiben, jedoch nur steril beobachtet wurde. Im Ochridasee bemerkte ich im Herbst- plankton nur 3- bis 5-schichtige Scheiben, die aber reife Sporen trugen. Die Heterocysten waren wie die vegetativen Zellen (lat. 6 p.) kugelig, aber eine Wenigkeit größer (lat. 7 bis Sy) als die letzteren. Die bisher unbekannten Sporen sind wie die von A. Flos-aguae etwas gebogen, so daß sie nierenförmig aussehen. Auf der inneren Seite sind sie aber nicht gerade, sondern deutlich konkav (Fig. 2). Sie liegen von den Heterocysten durch vegetative Zellen getrennt und haben in reifem Zustande eine gelblichbraune Außenschicht. Ihre Länge beträgt 18 bis 20 u, ihre Breite 10 bis 121. Eine Gallert- hülle um die Fäden konnte ich nicht nachweisen. Gattung Trichodesmium Ehrenb. 13. T. lacustre? Klebahn (1895, p. 31, tab. 4, fig. 31 bis 33), Prespasee. In Probe Nr. 1 aus dem Prespasee fand ich hin und wieder blaugrüne Flöckchen, die aus 10 und mehr perlschnurartigen, 400 bis 500 u. langen Fäden bestanden, deren Zellen im allgemeinen eine Dicke von 5 i hatten und halb bis ebenso lang waren, während ihre Breite am Ende der Fäden nur 3 bis A betrug. Diese Flöck- chen stimmten in ihrem Aussehen und in der: Gestalt ihrer Zellen bis auf die Endzelle genau mit denen überein, die Klebahn Lc. beschrieben und abgebildet hat, nur daß bei ihm die Endzelle der Fäden etwas verlängert ist (l. c., ig. 32). Deshalb habe ich vorläufig die von mir gefundenen Flöckchen unter dem obigen Namen an- geführt. Ich halte aber diese Gebilde nicht zu Trichodesmium gehörig, das nur in marinen Arten bekannt geworden ist, die stets im optischen Querschnitt quadratisch oder rechteckig aussehende Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 163 Zellen mit geraden Seitenwänden haben (siehe Wille, 1904, p. 53 E85 64, tab. 1, fie. 10 bis 27), während die in Rede stehende - Flöckchenalge von Klebahn und die aus dem Prespasee aus- - gesprochen tonnenförmige Zellen besitzen. Aus demselben Grunde - kann die Flöckchenalge auch nicht zu Aphanizomenon gestellt werden, wie dies Klebahn tun möchte, denn letzteres hat ebenfalls Zellen mit geraden Seiten. Neuerdings bildet G. M. Smith (1920, £. tab. 8, fig. 1) ein sogenanntes Trichodesmium lacustre ab, das ganz ‚die gleichen Eigenschaften wie die Gebilde von Klebahn hat. Vergleicht man jedoch die flöckchenartigen Trichodesminmm- Gebilde mit Entwicklungsstadien, die De Bary als Keimfäden bei Rivnlaria angulosa ni tab. 1, fig. 13) und die Schwendener (1894, tab. 4, fig. 2) als ebensolche Gebilde bei der Keimung der ‚Dauersporen von Gloeotrichia Pisum beobachteten, so Kon man zu der Überzeugung, daß auch die als Trichodesmium lacustre bezeichneten Flöckchen nichts als Keimfäden oder jugendliche Ent- wicklungsstadien einer Nostocacee, wahrscheinlich einer Ana- baena, sind. Gattung Aphanizomenon Morren. 14. 4A. Elos-aquae (L.) Ralfs bei Klebahn (1895, p. 31, tab. 4, fig. 27 bis 30). Doiransee, Prespasee, Ventroksee. Abteilung Flagellatae. Ordnung Protomastigales. Familie Bicoecaceae. Gattung Diplosigopsis Franc£. 1897. 15. D. frequentissima (Zach.) Lemm. (1903, p. 114, tab. 1, ne 13). Prespasee, an Coelosphaerium. Ordnung Chrysomonadales. Familie Chromulinaceae. Gattung Mallomonas Perty. 1852. lo Weronsurans-Deilıne (1912, p. 277, fig. 3). Doiransee. Familie Hymenomonadaceae. Gattung Synura Ehrenb. 1838. BIS ıvella Bhrenb. (1838, pP. 61, fie. 9, 1 ünd 5). Doiransee. 164 B. Schröder. Familie Ochromonadaceae. Gattung Dinobryon Ehrenb. 1839. 18. D. divergens Imhof (1887, p. 134); Dinobryon cylindricume var. divergens: (Imhof) Lemmerm. (1900, p. 517, tab. 195 fig. 15 bis 20). Doiransee. Mit der Abgrenzung der Arten von Dinobryon, wie sie ü Lemmermann (1900, und später 1913 Pascher) gibt, bin ich nur zum Teil einverstanden, da es ihr an der nötigen Klarheit fehlt. Besser erscheint mir die von Brunnthaler (1901, a, b). Um meiner- seits Unklarheiten zu vermeiden, gebe ich zu den von mir in den mazedonischen Seen gefundenen Dinobryon-Arten und -Varietäten Zeichnungen, an denen man erkennen kann, um was es sich handelt. 7 Fig. 3 Dinobryon divergens Imhof aus dem Doiransee. 360/;. Im Doiransee kommt namentlich im Frühjahrsplankton ein. Dinobryon massenhaft vor, das ich für ein typisches D. divergens Imhof halte (Fig. 3). Es zeichnet sich durch überaus sparrigen Wuchs seiner Kolonien aus, deren Einzelzellen verhältnismäßig kurz sind (long. 20 bis 28). Die Gehäuse zeigen dort, wo der Basalteil in die Mündung des Bechers übergeht, an der einen Seite eine, an der anderen zwei spitzenförmige Vorwölbungen. Der Basalteil ist stets schief kegelförmig und etwas gekrümmt, die Mündung erweitert. 17. D. divergens var. Schauinslandii Lemm. (1900, p. 516, tab..19, fig. 9 bis 11). Prespasee, Ventroksee, Ochridasee. ” a Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 165 Ä Diese Varietät zeichnet sich durch längere Gehäuse (long. 35 bis 50 » Sp breit) vor dem Typus aus. Die Seitenwände sind _mamentlich in der Mitte leicht wellenförmig, besonders über dem Basalteile bis fast an die Mündung. Durch die sparrige Verzweigung der Kolonien erweisen sie sich zu D. divergens gehörig (Fig. 4). 2 Fig. 4. Dinobryon divergens var. Schauinslandii Lemmerm. aus dem Ventroksee. 360],. 18. D. stipitatum Stein var. lacustris Chodat (1897, p. 120 und 306 bis 307, fig. 4 und 7, p. 305). Doiransee, Prespasee, Ventroksee, Ochridasee. Mit Brunnthaler (1901, p. 301) bin ich der Meinung, daß dieses Dinobryon mit den Formen von Chodat und nicht mit - D. sociale Ehrenb. (1838, p. 125, tab. 8, fig. 9) identisch ist. Die Kolonien sehen besenartig aus und sind meist schmal und oft sehr verlängert. Auch die Gehäuse erreichen eine beträchtliche Länge, namentlich die obersten der Kolonie (bis 50 u bei 8 u Breite). Das Basalstück ist allmählich in einen langen, dünnen Stiel verjüngt, und die Seitenlinien sind nicht wellenförmig, sondern glatt. Die Mündung des Gehäuses ist deutlich erweitert. Der halsartige Fort- satz der Dauerzellenhülle geht ziemlich weit in die Gehäuse- mündung hinein (Fig. 5). 19. D. stipitatum var. elongatum (Imhof) Brunnthaler (1901, p. 305, fig. 5). Doiransee. Die Formen aus dem Doiransee weichen von der Abbildung bei Brunnthaler dadurch etwas ab, daß die Kolonien weniger sparrig und mehr büschelförmig eng zusammengedrängt sind. Die 166 B. Schröder dies Brunnthaler abbildet. Sie sind 45 bis 28 M lang und. e) >p breit (Fig. 6). Er Gerade die Verengung des Gehäuses an der Mündung ist für D. stipitatum var. elongatum sehr charakteristisch und "kommt sons t bei keinem anderen Dinobryon vor. Fig. 5. Fig. 6. Dinobryon stipitatum var. lacustris Dinobryon stipilatum var. elongatıın Chodat mit Staszicella. (Imhof) Brunnthaler. Aus dem: Doiransee. 360/,. Aus dem Doiransee. 360/,. Ordnung Euglenales. Familie Euglenaceae. Gattung Colacium Ehrenb. 1838. 20. C. vesicnlosum Ehrenb. (1838, p. 115, tab. 8, fie. 1). 4 Doiransee, Prespasee, Ventroksee, Ochridasee, an Copepoden. 21. C. avbuscula"Stein (1833, IN, 1, tab. 21, Dewos)! Ochridasee, wie vorige. Gattung Euglena Ehrenb. 1538. iM 5 22. Eu. acus Ehrenb. (1838, 2 N 2 Tab anno): Doiransee. _ Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 167 Abteilung Dinoflagellatae. Ordnung Gymnodiniales. Familie Gymnodiniaceae. Gattung Staszicella Wotoszinska. 1916. 23. S. dinobryonis Wokoszinska (1916, p. 278, tab. 12, fig. 32 bis 40). Prespasee, an Dinobryon stipitatum var. lacustris, zuweilen auch freischwimmend, selten an Algenfäden festsitzend. Diese Art hielt ich anfangs für ein neues Gymmodinium, aber Dr. Lindemann, der auf meine Bitte die Güte hatte, das maze- donische Planktonmaterial auf Dinoflagellaten durchzusehen, erkannte in ihr die merkwürdige Staszicella, die er auch schon in Holstein im Großen Plöner See, im Behler See und im Schöhsee, sowie in Westpreußen im Glowkasee gefunden hatte (1918a, p. 192). Die Autorin gab diese Art zuerst aus polnischen Teichen und Seen, sowie aus dem Fischsee in der Tatra an. Ordnung Peridiniales. Familie Peridiniaceae. t Gattung Ceratium Schrank. 1793. 24. C. hirundinella (©. F. Müller) Schrank (SO BO! Prespasee, Ventroksee, Oeariasee. In Seen tritt Ceratium hirundinella in neun verschiedenen Formentypen auf, über die ich bereits an anderer Stelle (1918, p. 229) Mitteilung gemacht habe. Für flache Teiche gelten diese Formen- typen nicht, denn dort herrschen andere Verhältnisse. Die Aufstellung der Formentypen aus unseren Seen hat den Zweck, die wechsel- ‚vollen Gestalten dieser Peridiniacee fester zu umgrenzen und deren genauere Bestimmung zu ermöglichen, denn der bloße Begrift Ceratium hirundinella ist zu allgemein und dürfte uns pflanzen- geographisch nicht viel nützen. Aus den mazedonischen Seen konnten von den neun Formen- typen nur vier festgestellt werden. Der häufigste, sowohl im Prespa- "wie im Ventroksee, war der Furcoides-Typus (lat. 42 u) mit dem kräftigen, langen, rechten Postäquatorialhorne (Fig. 7, b). Brehm und Zederbauer geben ihn auch aus dem Lago di Caldonazzo im Val Sugana in Tirol an und bilden ihn ab (1903, p. 640, fig. 5 und p. 645). Sie weisen darauf hin, daß diese Form mit der aus dem Skutarisee und dem Vranasee auf Cherso größere Ähn- lichkeit hat als mit den Formen aus dem Gardasee. Ich bemerkte 168 WB. Schrodern diesen Formentypus im Prokljansee bei Sebeniko und habe ihn seinerzeit beschrieben und bildlich dargestellt (1911, p. 641, fig. 9). 7 lm Prespasee fand ich außer diesem Typus noch den Carinthiacum- \ Typus (lat. 35 bis 49 u), der aber selten auftrat (Fig. 7, a). Dagegen ° kam im Herbstplankton des Ochridasees der Piburgense-Typus mit langen, weitgespreizten Postäquatorialhörnern (Fig. 7, d) ziemlich häufig vor, weniger der Austriacum-Typus mit dem kleinen linken Postäquatorialhorne (Fig. 7, c). 1 d Fig. 7.. Ceratium hırundinella ©. F. Müll. a Carinthiacum-, b Furcoides-, c Austriacum- und d Piburgense-Typus. 300J7. Gattung Peridinium Ehrenb. 1830. 28. P. bipes Stein (1883, bei Pascher, 1913, Heft 3, p. 36, 12259) Doiransee. 26. P. polonicum Wotloszinska (1916, p. 271, tab. 12, fig.1 bis 10). ° Doiransee. 27. P. Cunningtonii var. psendoquadridens Lindemann (1918 a, p: 235, fig. 55 bis 62). Doiransee, Prespasee, Ochridasee. 28. P. munuscnlum Lindemann (1913a, p. 239, fig. 66 bis 74). Doiransee, Prespasee. 29. P. munuscnlum forma spiniferum Lindemann (19185, p. 143 und 144, fig. 71 bis 74). | Doiransee. 0. al. 32, B31 3. 36. 37. Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 169 Abteilung Baeillariophyta. Ordnung Bacillariales. Familie Bacillariaceae. Gattung Cyclotella Kützing. 1833. C. Schroeteri Lemmerm. (1900, p. 30); Cyelotella comta var. qnadrijuncta Schroeter (1897, p. 33, fig. 58). Doiransee. Gattung Stephanodiscus Ehrenb. 1845. S. asivaea Grunow (1880, p. 114); Meister (1912, p.:30, :ald. ©. a I): Doiransee. Gattung Melosira Agardh. 1824. . M. granulata (Ehrenb.) Ralfs (1861, in Pritchard, p. 820); vn Heurck (1899, p. 444, tab. 19, fig. 621). Doiransee, Ochridasee. M. crenillata forma tens (Kütz.) Van Heurck (1899, p. 443, apa ko, ie. 619). Ventroksee. M. Roeseana Rabenh. (1853, p. 13, tab. 10, fig. 5, Supplement); Van Heurck (1899, p. 442, tab. 19, fig. 614). Doiransee, Ochridasee. M. varians Agardh (1830, p. 64); Van Heurck (1899, p. 441, tab. 18, fig. 611). Doiransee. Abteilung Conjugatae. Ordnung Desmidiales. Familie Desmidiaceae. Gattung Closterium Nitzsch. 1817. €. pronum‘ de Breb. (1856, 'p.. 157, tab. 2, fig. 42); West (1904, p: 173, tab.’ 23, hg. I bis 3). Doiransee. C. aciculare var. subpronum West (1904, p. 175, tab. 23, fig. 4, 5). Prespasee, Ochridasee. 170 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. B. Schröder, Gattung Staurastrum Meyen. 1828. S. eracıle Ralts (1845, p. 155, tab. II, nes) Ochridasee. S. paradoxum Meyen (1828, p. 777, tab. 43, fig. 37, 38): Ralfs (1848, tab. 23, fig. 8). Ventroksee, Ochridasee. Ordnung Zygnemales. Familie Zygnemaceae. Gattung Spirogyra Link. 1820. S. spec. steril. ÖOchridasee. Gattung Zygnema (Ag.) De Bary. 1858. Z. spec. steril. ÖOchridasee. Abteilung Chlerophyceae. Ordnung Volvocales. Familie Volvocaceae. Gattung Pandorina Bory. 1824. P. Morum Bory (1824, p. 600). Doiransee, Prespasee. Gattung Eudorina Ehrenb. 1832. E. elegams Ehrenb. (1851, p..78, tab. 2, fie. 10@BE: Doiransee. Ordnung Protococcales. Familie Palmellaceae. Gattung Sphaerocystis Chodat. 1897. S. Schroeteri Chodat (1897, p. 119, tab. 9, Te up Doiransee, Ochridasee. Familie Antosporaceae. Gattung Oocystis Naegeli. 1855. . O. pusilla Hansg. (1890, p. 9); Printz (1913, p. 180, tab. 4, fig. 31, 32). Doiransee. Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 171 Gattung Tetraedron Kützing. 1845. 46. T. minimum (A. Braun) Hansg. (1883, p. 185). Doiransee. Gattung Lagerheimia Chodat. 1895. 247. L. Dofleinii nov. spec. Prespasee. Diagnose. Zellen einzeln, länglich-ellipsoidisch, in der Scheitelansicht kreisrund; Su lang und ae breit; an den Enden mit vier 32 u langen, schwach nach Einen Bosenen Borsten besetzt. nn parietal mit Pyrenoid. Bemerkung. Diese neue Art steht sowohl ZL. quadriseta Lem- merm. wie L. longiseta Lemmerm. mahe. Mit ersterer stimmt sie zwar in der Zahl der Borsten überein, nicht aber in deren Länge, denn diese ‚sind bei L. quadriseta gerade und Be Dis 1751 lang. L. longiseta hai ‚zwar lange Borsten, aber ihre Zahl beträgt 8, auch sind sie nach verschiedenen Seiten gebogen, bei f ET. Dofleinii geht die Biegung aber > stets nur ehr innen. Außerdem unter- Lagerheimia Dofleinii nov. spec. ‘scheidet sich die zuletzt genannte aus dem Prespasee. 585/,. Art von den beiden vorhergehenden ‚breiten Arten von Lemmermann durch die länglich ellipsoidischen Zellen, die dadurch ziemlich schmal erscheinen. Die neue Art erinnert in ihrem Aussehen lebhaft an gewisse Chaetoceras-Arten der Sectio Solitariae Castracane, z. B. an Ch. subsalsum Lemm. ‘oder an Ch. Borgei Lemm. [1904, p. 134, 141 und 148, tab. 1, ie. 16, 17), Srallane ebenfalls vier lange, gebogene, allerdings an den Enden nach außen geschweifte Borsten tragen (Fig. 8). Gattung Scenedesmus Meyen. 1829. 48. S. quadricauda (Turp.) De Breb. (1835, p. 66). Doiransee. 49. S. opoliensis P. Richter (1896, p. 1, fig. a bis e). Ochridasee. Gattung Coelastrum Naegeli. 1849. 50. C. cambricum var. intermedium Bohlin) G. S. West; Brunn- Ze ihaler (1915,.p..195,. fg. 312). Doiransee. B. Schröder, Gattung Pediastrum Meyen. 1829. 51. P. triangulum A. Braun (1868, p. 81); Nitardy (1914, p. 177 Doiransee, Ventroksee. | Eine bemerkenswerte Form mit stark granulierter Ze IIhaut traf ich im Doiransee an (Fig. 9, e). 2 de u a Di Kie. 9. Pediastrum triangulum A. Br. a und b var. angustum Nitardy. 360),. c und d var. latum Nitardy. 360/,; beide aus dem Ventroksee, e Granulierte Zwergform aus dem Doiransee. 510). Vorherrschend war im Ventroksee die var. lJatum Nitardy, seltener kamen Exemplare der var. angustum Nitardy vor, zu- weilen auch Übergänge von der einen zur anderen Varietät. Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 78 Von P. triangulum A. Br. sind bereits mehrfach Coenobien “ erschiedenster Art der Anordnung der Rand- und Mittelzellen ge- zeichnet worden, denn diese zierliche Alge fordert mit ihrer außer- ordentlichen Formenmannigfaltigkeit geradezu dazu heraus. Zuerst hat ihr Lemmermann nicht widerstehen können. Er bildete einige Formen von ihr ab, die er fälschlich P. Schroeteri benannte (1897, “p. 181), was er aber bald darauf änderte und dabei (1899, p. 112 bis 114, tab. 2, fig. 24 bis 31) weitere Formen von P. triangulum, allerdings unter anderen Namen, beschrieb und darstellte. Ähnliche Formen dieses Pediastrums enthält auch die Arbeit von Wolo- szinska (1912, p. 661) aus Java. Noch mehr führte Nitardy (1914, tab. 3, fie. 19; tab. 4, fig. 4, 5, 7 und 8; tab. 5, fig. 1,2 und 10; tab. 6, Erbis 10, tab. 7, fie. 5; tab. 8, fig. 3 und 5; tab. 9, fig. 20, und tab. 10, fig. 1, 2,4, 14 und 15) auf, ohne indessen den Formenreich- "tum zu erschöpfen. Ich habe ebenfalls einige Formen (1917, p. 691, "tab. 12, fig. 3 bis 6) beschrieben und gezeichnet und kann nicht _ umhin, dies auch mit charakteristischen Abänderungen von P. tri- angulum aus dem Ventroksee, die noch nicht gezeichnet sind, zu tun (Fig. 9, a bis e). Bei meiner Fig. 9, a und 5, sind sowohl Rand- wie Mittelzellen schmal, wodurch erheblich große Lücken frei bleiben. Die fünf (!) Mittelzellen sind in Fig. 9, @ kreisförmig ange- ordnet, und in Fig. 9, b bilden außer den Randzellen auch die Mittel- "zellen an der Peripherie einen Kreis, in der Mitte aber eine Spirale. - Fig. 9, c zeigt gleichfalls fünf kreisförmig angeordnete Mittelzellen und weite Lücken, dabei sind aber alle Zellen breiter als bei den vorherigen Figuren, ebenso wie in Fig. 9, d, bei der alle 32 Zellen in einer Spirale angeordnet sind. Auch fanden sich im Ventroksee Beoenobien, wie se Lemmermann (1897, p. 187, fig. 3) angibt. Airardy zeichnete eine fast meiner Fig. 9, @ ähnliche Form (l. c., tab. 4, fig. 4), die aber aus 17 Zellen gebildet wird. 02. P. ovatum (Ehrenb.) A. Braun (1355, p. 81). ÖOchridasee. Im Ochridasee kommen typische Exemplare aus der von A. Braun aufgestellten Sectio Monactinium der Gattung Pediastrum vor, die Ehrenberg (1845, p. 71) als Asterodictyon ovatum aus seinem See bei Beeskow unweit von Berlin in folgender Weise ausreichend beschrieben hat: »...corpusculis ovatis, stylo longo terminatis, granulatis, ordine duplici concentrico Bor stellam consoeciatis, mediis 3, marginalibus 10«. — Leider gibt Ehrenberg keine Abbildung seiner Art, die von A. Braun, der sie nicht gesehen hat und sie deshalb ebenfalls nicht abbildet, als Pediastrum ovatum (Ehrenb.) benannt wurde (1855, p. 81). Die erste bildliche Darstellung von dieser Alge stammt BneReinsch (1867, P.90, tab. 7, fie. I), der sie, ohne sich um _ Ehrenberg oder A. Braun zu kümmern, Pediastrum Sturmii neu benannte. Aut seiner Zeichnung sind die Stacheln der Randzellen Sitzp d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 13 174 B. Schröder, offenbar falsch wiedergegeben, denn sie laufen in Spitzen aus, während Nitardy (1914, p. 431) ausdrücklich bemerkt, daß die den Randzellen aufgesetzten derben hyalinen Stacheln an den von ihm aus Brandenburg und aus Ägypten beobachteten Exemplaren dieses Pediastrums am Ende, stumpf und abgerundet sind, was ich nach den von mir aus dem Öchridasee gesehenen Formen von P. ovatum nur bestätigen kann.! : Zu allem Überfluß sah sich Lemmermann (1899, p. 115, tab. 2,-is. 33 bis 35) veranlaßt, ebenfalls eine neue Art von Pedi- astrum aufzustellen, die er P. Schroeteri benannte, die aber weiter nichts als P. ovatum (Ehrenb.) A. Br. ist, wie bereits Brunn- thaler bei Pascher (1915, p. 93) sehr vernünftigerweise angibt. Ich füge als Synonym zu P. ovatum auch noch P. Sturmii Reinsch hinzu, denn der Bezeichnung von A. Braun gebührt unbedingt die Priorität, und damit dürfte wieder ein unnötiger Artname der Gattung Pediastrum hoffentlich für immer verschwinden. Bier. 10. Keine Übergangsform von Pediastrum. tri- Pediastrum ovatum A. Br. angulum A. Br. zu P. ovatum A. Br. aus dem Ochridasee. 975/4- aus dem Ochridasee. 585J}. P. ovatum tritt in recht mannigfachen Formen auf. Reinsch zeichnet 1. c. 3-, 4-, 7- und 16-zellige Coenobien dieser Art, von denen das 4-zellige eine nur kleine, viereckige Öffnung in der Mitte aufweist. Lemmermann gibt (l. c., tab. 2, fig. 32) eine ebensolche vierzellige Form an, die er als neue Varietät radians bezeichnet. Bei ihr ist die Lücke wesentlich größer als bei der Form von Reinsch. Die in Fig. 11 von mir aus dem Ochridasee dargestellte Form bestand aus acht radiär in einem Kreise angeordneten Rand- zellen, die in der Mitte eine große achteckige Lücke frei lassen. Außer diesem typischen P. ovatum bemerkte ich im Öchrida- see auch noch Übergangsformen zu P. triangnlum, von denen ich eine Figur beifüge (Fig. 10). Während bei ersterem die Umrisse 1 Was F. Wolle in seinen »Desmids of the United States and List of american Pediastrums« auf p. 168 als P. simplex Meyen beschreibt und auf Tafel 64, Fig. 17, abbildet, ist ebenfalls ?P. ovatum (Ehrenb.) A. Br., dagegen gehören Fig. 18 bis 20 auf derselben Tafel zu P. triangulum A. Br. Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 175 der freien Teile der Randzellen konvex sind, bei letzterem aber konkav, zeigten sie bei dieser Form beiderseits in der Mitte eine kleine Vertiefung, dadurch erscheint der freie Teil der Randzellen von der Spitze nach der Mitte zu erst konvex, dann konkav und dann wieder konvex, so daß man in der Tat nicht recht weiß, ob man diese Form zu der ersteren Art oder zur zweiten stellen soll. Der aufgesetzte Stachel war verhältnismäßig kurz, und das würde mehr für P. triangulatum sprechen, aber die Zellhaut war grob granuliert, wie dies für P. ovatum angegeben wird. Die Coenobien waren bei den beobachteten Exemplaren stets achtzellig, und zwar in der Anordnung 7+1, wobei in der Mitte keine Lücke blieb. 583. P. pertusum Kütz. (1845, p. 143). Doiransee. 54. P. pertusum var. lividum Raciborski (1889, tab. 2, fig. 31). Ventroksee. 09. P. pertusum var. clathratum (A. Braun) Lagerheim (1882, Bs50), xeinsch (1867, p. 95 und 94, tab. 10, fie. 5). Doiransee, Ventroksee. 06. P. pertusum var. reticnlatum Lagerheim (1382, p. 56, tab. 2, alesale): Ventroksee. 07. P. Boryanım (Turp.) Meneghini (1840, p. 210). Doiransee, Ventroksee, Ochridasee. 88. P. Boryanım var. longicorne Reinsch (1867, p. 96); Raci- borski (1889, p. 14, tab. 2, fig. 13). | Doiransee, Ochridasee. 89. P. Boryanım var. perforatum Racib. (1889, p. 13, tab. 2, fig. 11). Ventroksee. 60. P. angulosum var. araneosum Raciborski (1889, p. 18, tab. 2, . fie. 19 und 20). Ventroksee. 61. P. inceisum THassal (1845, p. 92 [7], fig. 8); P.. Ehrenbergii ZsBmaktıink ((l8S09,.p. 99, tab!'5,. Nie. 7,3). \ Doiransee. 32. P. incisum var. rota Nitardy (1914, p. 181, tab. 4, fig. 6; tab. S, fig. 14, und tab. 10, fig. 13); P. Ehrenbergii A. Braun (1855, B.. 99. tab. 0, ne. 2). Doiransee. . P. lobatum Nitardy (1914, p. 181, tab. 5, fig. 4). — var. glo- bnliferum nov. var. (Fig. 12). Ventroksee. I 170. % B. Schröder, Diagnose. Lappen der Randzellen tiefer eingeschnitten; Läpp- chen ein kugelartiges Köpfchen tragend. Bemerkung. Die Coenobien dieser Varietät waren 32-zellig. Die Breite ihrer Randzellen betrug 12 bis 16. Sie waren an ihrer‘ Basis nur ein ziemlich kurzes Stück miteinander verwachsen. Durch” eine hochgewölbte Einbuchtung an der Mitte ihrer Basis erschienen sie besonders schlank. Der tiefe Mitteleinschnitt der Randzellen war oft sehr schmal und verengte sich zuweilen nach außen so sehr, daß die benachbarten inneren Randläppchen, die zungenförmig und | Fig. 12. Pediastrum lobatum var. globuliferum nov. var. aus dem Ventroksee. a Einzelne Randzelle. 975/,. 2b Teil eines Coenobiums. 360/,. meist an ihren Enden etwas kugelig verdickt waren, sich recht nahe kamen oder sich sogar miteinander überkreuzten. Die schmalen Mittelzellen ließen große Lücken frei, wodurch diese Varietät der schwebenden Lebensweise gut angepaßt erschien. Familie Planosporaceae. Gattung Characium A. Braun. 1849. 64. Ch. limneticuam Lemm. (1905, p. 81, tab. 3, fig. 7 bis 10). Doiransee, Prespasee, Ventroksee, Ochridasee; nur an Dia- phanosoma brachyuruım auf den hinteren Teilen des Panzers ale sitzend. Aus dem Sjöbackasjön in Schweden untersuchte Lemmer- mann Plankton, in dem Ch. limneticnm ausschließlich auf der obengenannten Cladocere aufsaß, obgleich, wie Lemmermann an- führt, »andere Planktontiere reichlich zur Verfügung« standen. Da- gegen fand er diesen Planktonepibionten im Lago di Monate (Italien) nur an Hyalodaphnia (1895). Auch G.M. Smith gibt an, daß in den Seen von Wisconsin dieses Characium nur auf Diaphanosoma brayurum vorkommt (1920). Demnach scheint diese Alge in der Tat nur Cladoceren zu bewohnen, was allerdings noch weiterer Bestäti- | gung bedarf. Bei der Durchsicht der Literatur traf ich auf eine Arbeit von Tanner-Füllemann, in der ein Organismus beschrieben und Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. N Ayard bgebildet wird, der mit Ch. limneticum sehr große Ähnlichkeit hat nd wohl derselbe ist. Er wurde von dem genannten Autor als Rhaphidium Chodati bezeichnet und im Schoenenbodensee in der Schweiz gefunden. Diese Grünalge stimmt in Gestalt und Ausmaßen mit Characium limneticum genau überein, ebenso in ihrer histo- ‚logischen Beschaffenheit durch das Vorhandensein eines Chromato- phoren mit zwei Pyrenoiden. Der einzige Unterschied ist das Fehlen “der Haftscheibe und der distalen langen Borste bei ersterer. Die freischwimmend gefundenen Exemplare können aber von ihrem Substrat losgerissen sein, wobei die Haftscheibe auf diesem sitzen blieb. Auch ich bemerkte in den mazedonischen Seen öfter frei- schwimmende, losgerissene Exemplare von Characium limneticum. Die Endborste ist bei manchen Exemplaren dieser Alge so kurz, daß sie fast zu fehlen scheint. Auch die vegetative Vermehrung durch wiederholte Zweiteilung des Zellinhaltes in der Mutterzelle ist bei beiden Schwebewesen die gleiche, so daß es außer Zweifel sein dürfte, daß Rhaphidium Chodati mit Characium limneticum "identisch ist und der erstere Name als der jüngere eingezogen werden muß. Übrigens hat Characium limmeticum auch einige Ähnlichkeit mit sichelartig gekrümmten Formen von Schroederia setigera (Schroeder) Lemmerm. (1897), die aber an beiden Enden in feine Borsten ausläuft, nur ein Pyrenoid hat und, wie es scheint, Sich nur durch einmalige Zweiteilung in der Mitte der Zelle ver- mehrt. Die nachstehende Tabelle zeigt zunächst, daß von den 64 Schwebepflanzen, die nach dem systematischen Verzeichnisse in mazedonischen Seen gefunden wurden, aus dem Doiransee 41 Arten, aus dem Prespasee deren 20, dem Ventroksee deren 21 und dem Ochridasee deren 22 festgestellt worden sind. Da vom Doiransee noch 23 Grundformen dazu kommen, so beträgt die Zahl der aus Mazedonien durch meine Untersuchung bekannt gewordenen Arten 87. Es kann dies als ein ziemlich günstiges Ergebnis bezeichnet werden, wenn man in Betracht zieht, daß in dem diesem Gebiete am nächsten liegenden Skutarisee in Albanien von Forti (1902) nur 38 Grund- und Planktonalgen gefunden wurden, die ‚größtenteils übrigens dieselben sind wie im Doiransee, was auch nicht gerade verwunderlich ist, da beide Seen annähernd gleiche Tiefe haben und unter fast gleichen Breitegraden in geringer Meeres- höhe liegen. B. Schröder. 178 DSOULINADD SIISWIOAIL AT vyjann v.mmds IOSPPLIIPO re 2, 07 == : — : SUDANSUO] SPUOMONAN | 6 DNS — : -sıymanbaa/ sısdosisopdiT | & — : apnbp-so]),] nonsmozıuvydy | 9 | avnbv-so],7 nonsmoziuoydy | 8 || aunbv-so]),] vonsmozruwydy | 8 > — : 2178190] mmmsopoyaLaz \ ) _ . vap1o3sıp 'VY | = : ; \ == E opnbv-so] 'Y | € apnbv-sop] Yw | € apnbv-so),7 WW | 9 spnbv-so)T 'W | 2 ® — . sapıonds 'Y | © — : . u . sınaffo "yv | F ze . »aodsoAamın 'Y | F v1odsoAmm "vw | 8 — i : — : p2ınojouujd wuaugvuy \ 2 paımojun]d vuangeuy | 9 111111211200 7 BılgouNT | 8 DU) 1200T VNgouKT | € = 2 11111941300 T ONgOUNT | © ann : — 3 — "|| -wıowmzıny mınına0yds0]209 | F 2 — : — £ aunbo-So] "WM | & I DSOWLOINADD sıJs.KaoAo0ıy q — es DSOWLONAIB S1JSKI0AI1N | 2 ; snorjaumın) SN920900449 | T — ö sSmomawutı] SNI209C01I \ | 3 — : »ınojoyaıp Xı.nJopeId | —_ ; er = £ | = "IN 99SYOHUOA | IN eosedsaurd | SIN OO9SUR.AIOCT "IN | "1998 USYOSIUOPIZEW Sne uazuerydagemyag ap Yy9 \ x 1s2aqn] Syosrıeppoge]L 179 Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. vUuvasaoy PAISOJaN > DIDINMD.ALO DALSOJAMT suapııponbopnasd. "A 11MO]S1UUND mmımıpı1ag DINISNgAD "I unso]mILsaN 1M199]0) 217s190] "A mmmj1dıys "CT j ZIpmD] -SUIMDYIS "A SUasaanıp CT Ol © I sımua) '} DJnM219 "MM pyjauspunany 1170125 1INSO]N21SaN- UMA12P]0 3Asm20 1A urnjwyıdırs 27puD] -SUIMDYIS "A SUaSAaNıP K0R 0 6 In IUNNISNUNU "I suapııpeonb -opnasd X 1noJSumung ‘I vDpjeuipunday WMmıW.12T SINONAIgOWIP DNINZSWIS 1UNSO]NI1SEN mN19D]09) 211SN20] "A mmBRLdıJSs "CT 11PuD] -SUIMDYNIS "A SUDAaNıP "CL il! &l Or unnoAd mum143218077 sup1100 "N DUDasa207 "IM DIDINUDAS DAISOJAM vavı]sy Ssnasıponpydars 142120.12/98° 0112107249 nal -ınıds °ı umynasnunm "7 UmM]MOSNUmU "LT suapııponb -opnasd ‘A 111048°mumnD) 'q mmaın0]0d 7 sadıqg mnaupıaag SNID. DUOJONT 1umSo]NO1Saa WN190]05 11n]02u0]2 °X mmpjıdırs 'Q 9415n20] "A wungopdıs "7 su2sA12n1p . UoNAgonucT B. Schröder, 1 1un]000 'd sısu21]0do *9S\ 1127001128 SYISW00A13DYAS 11a)s "9ads Pnaudaz jna]s 92ds vaNdonds nnxoprAmd "IS wnuoadgns "A 210]N2190 I aumpıan "A umsn]aad Be #1 DOSTPLINOO . mnnoupıı) aum.spıpad \ €] Tr : ee - PHLIOPUDT s Kun IS 1 | “IN Dosyo.yuoN IN ll 2 mnsn]t1ad 'd IUN]NSWDLA] MMASDIPACL nmaıpamaajuı "A umaıaqııv9 MımA7SD]209 1! DpmwaLıponb smiusapauaas: aumaiıurın MOAP3WAJ2L v1snd sı15K90Q 113]3011/9S S17SK90120yAS‘ suvSda]a PUuL1opnT 11nAopy PUL1opUDT SISUL.ATO umaıjanın mmwıry) | 8% wınayjanu mmıv1wy9 | 1% mmaıjamımı) mmıovA0y9) | 0% mnaanm mmDRAmD) | TE mmAal — : -1ng0]% a mwgol 'T | 0% _ o = o E —_ > —_ : — z vjos "A mnsıom "IT | OF — : — 2 — : mmsıomı ‘I | 68 : uns — 2 -09UD.ID "N WNSOMEUD "IT | 61 — : = : mn] _ i -vaofaad "x mnmpKaog "IT | SI — : —_ - 31109 -15uop ‘x mmupKaog ‘TI | 12 — ; E= "| am1os18uoy ‘a mmmwäaog 'T | gg UnUDNAOgE 03 mmuwKaog "I | 21 — ; ummvaog "I | 28 2 ımjn]m91721 "A mmsnjaad LT \ 9] = . =- = || zunmanypj9 "A umsmjaadT \ SI — | uneungpoj> °x mınsnjaod 'q 182 B. Schröder, Die Verteilung der einzelnen Algengruppen in den vier maze- donischen Seen stellt sich folgendermaßen dar: | (einge Da Aursrass Ventroksee Oechridasee mı 897 m 850 m 687 m | 1. Schizomycetes..... — 1 — = 2. Schizophyceae..... 8 6 4 > Kllaselllueis) ss 855: 12 4 6 4. Bacillariaceae ..... 6) — 1 2 9. Gonjugatae....... 1 1 1 4 6. Chlorophyceae.... 15 2 9 6 Zusammen....| 41 20 21 22 Außerdem ergeben beide Tabellen, daß der relativ flache und in geringer Meereshöhe gelegene Doiransee die meisten Arten auf- weist, und zwar ungefähr doppelt so viel als die drei tiefen Berg- seen, deren Artenzahl untereinander fast dieselbe ist. Die wenigsten enthält der am höchsten gelegene Prespasee. Im Doiransee machen sich besonders die Flagellaten und die Chlorophyceen bemerkbar, wie dies auch sonst in flacheren Seen der Fall ist. Im Prespasee sind Schizophyceen und Flagellaten mehrfach vertreten, im Ventrok- see dagegen Schizophyceen und Chlorophyceen und von letzteren besonders Arten der Gattung Pediastrum. Allen Seen gemeinsam sind nur drei Arten, nämlich Anabaena Flos-aguae, Colacium vesi- cnlosum und Characium limmeticum, die letzteren als Plankton- epibionten auf tierischen Schwebeformen vorkommend. Auffällig ist das spärliche Auftreten von Bacillariaceenarten, die im Plankton des Prespasees überhaupt nicht vorhanden waren; ebenso das Fehlen einer ganzen Anzahl von Vertretern des Phyto- planktons, die man sonst in Seen zu finden gewöhnt ist, z.B. Lyngbya limnetica Lemm., Ankistrodesmus falcatus (Corda) Ralfs, Actinastrum Hantzschii Lagerh.,, Botryococcus Brauniü Kütz,, Asterionella gracillima Grun., Fragilaria crotomensis Kitton, Synedra delicatissima W. Sm., Rhizosolenia longiseta Zach. und Attheya Zachariasi Brun., die man sämtlich im Doiransee wenig- stens hätte erwarten können, da sie teilweise im Skutarisee beob- achtet wurden. Vielleicht wird eine oder die andre Art später noch nachgewiesen werden. Außer zum Skutarisee finden sich mancherlei Beziehungen des Phytoplanktons der mazedonischen Seen aweh zu den Seen, die im mysischen und bithynischen Kleinasien in der Nähe des Mar- marameeres liegen und die von Brunnthaler (1903) und neuerdings besonders von Forti (1913) untersucht wurden. Unter ihnen zeigt a en tn Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 183 ‚dies der Abullonia-Göll westlich vom bithynischen Olymp am deut- ‚lichsten. Dieser See hat mit den mazedonischen Seen insbesondere folgende Arten von Schwebepflanzen gemeinsam: @ 1. Chroococcus limneticnus, 2. Microcystis Flos-aguae, 3. M. aeruginosa, 4. Coelosphaerium Kützingianum, 5. Lyngbya Lager- heimii, 6. Anabaena macrospora, 7. A. planitonica, 8. A. spiroides, 9. A. Flos-aquae, 10. Aphanizomenon Flos-aquae, 11. Pediastrum _Boryanıum, 12. P. duplex und seine Varietäten, 13. P. triangnlum, 14. P. ovatum, 15. Scenedesmus gquadricauda, 16. Sc. opoliensis, 17. Tetraedron minimum, 18. Sphaerocystis Schroeteri, 19. Peridinium Cunningtoni, 20. Ceratium hirundinella, 21. Melosira grannlata, 22. M. crenulata var. tennis und 23. Staurastrum paradoxum. Andrerseits fehlen dem Abullonia-Göll auch eine ganze Anzahl der Formen, die auch in den Seen Mazedoniens nicht gefunden wurden. R Zum Schlusse meiner Ausführungen ist es mir noch eine angenehme Pflicht, Herrn Geheimrat Doflein in Breslau für gütige Überlassung des so schwierig zu erhaltenen Materiales aus einer gänzlich unbekannten Gegend meinen verbindlichsten Dank zu sagen, ebenso auch Herrn Dr. Pesta in Wien für seine Bemühungen und Herrn Dr. E. Lindemann in Berlin-Tempelhof, der so freund- lich war, die Peridinium-Arten zu bestimmen. 154 B. Schröder, Literaturverzeichnis. Bachmann H., Das Phytoplankton des Süßwassers mit besonderer Berück- sichtigung des Vierwaldstätter Sees. Luzern. De Bary A., Beitrag zur Kenntnis der Nostocaceen, insbesondere der Rivu- larien, in: Flora von 1863. Regensburg. Bory de St. Vincent J.B. M., Encyclop. method. 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Band, 6. und 7. Heft (Mit 3 Tafeln und 6 Textfiguren) 2 ö : Wien, 1921 Österreichische Staatsdruckerei - In Kommission bei Alfred Held | j | Universitätsbuchhändler - EN Buchhändler der Akademie der Wissenschaften AT ” . } } ii h Ai ANLBE der Samen. (Mit 1 Tafel) ia! 395 Res Nee er Priesner H., Beiträge zur Lebensgeschichte der Thysanopteren. I, En) klapalcki Uz., ein Orchideenschädling. (Mit 6 Textfiguren.) [Preis: 100 KR Geitler L., Versuch einer Lösung des Heterocysten- Problems. (Mit i [Preis: 300 RK]. RE NINE ee j Me ' Klein G., ee über SB Anthochlor. ci. Mitteilung.) (Mit 1 Tafel.) [Preis schaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung | Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen Ev 130. Band. 6. und 7. Heft 189 Über die Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe auf die Keimung der Samen Von Dr. Angela Piskernik Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien. Nr. 160 der zweiten Folge (Mit 1 Tafel) (Vorgelegt in der Sitzung am 14. Juli 1921) I. Einleitung. Im Laufe der letzten Dezennien wurde von Seite der experi- mentellen Physiologie und Biologie den fluoreszierenden Stoffen - große Aufmerksamkeit zugewendet, die durch überraschende Ergeb- nisse noch wesentlich gesteigert wurde. Die Versuchsobjekte (Stoffe, - Organismen und Organismen-, beziehungsweise Gewebsteile) wurden - sowohl dem Pflanzen- wie den: Tierreiche entnommen und zeigten _ unter Einwirkung belichteter fluoreszierender Substanzen Erschei- - nungen, die bei unbelichteten nie oder nach merklich längeren - Zeiträumen minimal zutage traten. Änderung der Bewegungsrichtung, - chemische Veränderung und Formveränderung sind die Folgen der _ photodynamischen Wirkung, ferner Desorganisationserscheinungen im Plasma, welche sich bei fortgesetzter Einwirkung bis zum _ Absterben der Organismen oder deren Teile steigern. Den ersten grundlegenden Anstoß zur Ausgestaltung der Frage -_ über die Wirkung belichteter fluoreszierender Stoffe gaben Tappeiner _ und seine Schüler, welche diese Wirkung als »photodynamische« — bezeichneten. Alles, was bis zum Jahre 1909 an Material für den - Einfluß fluoreszierender Substanzen geliefert wurde, hat Tappeiner in seiner Abhandlung »Die photodynamische Erscheinung (Sensi- bilisiertung durch fluoreszierende Farbstoffe). Asher und Spiro, Ergeb. der Physiologie, VII. Jahrg. 1909« berücksichtigt und es erübrigt mir daher nur, die von diesem Jahre an veröffentlichte _ Literatur hervorzuheben. 190 A. Piskernik, Sellei! zeigt, daß Giftwirkung, -hervorgerufen durch injizierte gewöhnliche Gifte, wie Sublimat, Eisen-, Gold- und Platinchlorid usw., durch Beifügen von fluoreszierenden Farbstoffen bei Tieren wesent- lich beschleunigt wird. Die eingehenden neueren. Studien photo- dynamischer Stoffwirkung von W. Hausmann? an Paramaecien, Mäusen und roten Blutkörperchen brachten einen tiefen Einblick in das Sensibilisationsvermögen fluoreszierender Substanzen, ebenso die Untersuchungen Gicklhorn’s,’ welcher die photodynamischen Erscheinungen vornehmlich an pflanzlichen Objekten studierte. Seine Versuche mit kryptogamen Pflanzen und phanerogamen Pflanzen- teilen zeigten übereinstimmende Resultate mit jenen, welche Tier- physiologen und -biologen an ihren tierischen Objekten erzielten: reichliche Vakuolenbildung, Kontraktion des Plasmas, starke Farb- stoffspeicherung im vorher farblosen Plasma und deutliche Tinktion des Zellkernes (l. c., p. 49). Bei Elodea canadensis- und Vallisneria- Blättern beobachtete er eine Geschwindigkeitsänderung in der Plasma- strömung, bis letztere schließlich sistiert wurde; überall aber zeigten die Gewebeteile und einzelne Zellen Funktionsstörungen und Des- organisationserscheinungen im Plasma, die in ihrer Gesamtsumme den Tod bedeuten. Das Erscheinen von Noack’s* Arbeit bezeichnet einen Wende- punkt in der Auffassung der photodynamischen Wirkung. Aus- gehend vom Gedanken, daß es sich dabei um Oxydationsprozesse handelt, versucht er unter Mitwirkung von fluoreszierenden Sub- stanzen an Atmungschromogenen Oxydationen hervorzurufen. Bei Belichtung werden diese Chromogene in Atmungsfarbstoffe um- gewandelt, welche die Oxydationsstufe der Chromogene sind, woraus Noack schließt, daß die fluoreszierenden Stoffe Katalysatoren sind, welche unter Einwirkung von Licht — also Lichtkatalysatoren — sich in reversibler Weise mit Luftsauerstoff beladen und ihn an das Chromogen abgeben. Metzner° macht uns bekannt mit der durch belichtete fluo- reszierende Farbstoffe an Päramaecien hervorgerufenen Phobophoto- taxis, welche je nach der Reizstärke als positive Phobophototaxis (bei geringer Reizintensität) oder als negative Phobophototaxis (bei 1 Sellei J., Die Wirkung der Farbstoffe in Verbindung mit Giften und Arznei- mitteln. Bioch. Zeitschr., Bd. 49 (1913). 6) Bioch. Zeitschr., Bd. 30 (1910). — Zur sensibilisierenden Wirkung der natürlichen Porphyrine. Bioch. Zeitschr., Bd. 77 (1916). 3 Gicklhorn J., Über den Einfluß photodynamisch wirksamer Farbstoff- lösungen auf pflanzliche Zellen und Gewebe. Diese Sitzungsber., Bd. 123 (1913). 4 Noack Kurt, Untersuchungen über lichtkatalytische Vorgänge von physio- logischer Bedeutung. Zeitschr. f. Botanik, Heft 6 (1920). 5 Metzner P., Zur Kenntnis der photodynamischen ‚Erscheinung: Die indu- zierte Phototaxis bei Paramaecium caudatum. Bioch. Zeitsehr., 1919, 1920. — Die Bewegung und Reizbeantwortung der bipolar begeißelten Spirillen. Jahrb. f, wiss. Bot., Bd. 59 (1920). 2 Hausmann W., Die sensibilisierende Wirkung des Hämatoporphyrins. Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 1852| “starker Reizstärke) auftritt, welch letztere darin besteht, daß das -Infusor seine Bewegunssrichtung umkehrt. | P Wie aus der neuesten Literatur ersichtlich ist, wird das physiologische Gebiet der photodynamischen Wirkung sowohl von “ zoologischer als von botanischer Seite näher ausgebaut. Da bei _ embryonalen Geweben, wie sie uns Pflanzenkeimlinge in voll- ‘ endetster Form darbieten, der Einfluß photodynamischer Stoffe besonders deutlich hervortreten ‚dürfte, weil diese jugendlichen - Organe deren Einwirkung ziemlich widerstandslos gegenüberstehen, außerdem der Effekt auf Wurzel und Stengel gleichzeitig verfolgt werden kann, lag der Gedanke nahe, auskeimende Samen als Untersuchungsobjekte zu benutzen. Die Wirkung auf Würzelchen und Sprosse, welche beide von den zartesten Gewebselementen aufgebaut sind, kann sich in einer Schädigung zeigen, welche Wachstumshemmung und Absterben zur Folge hat, oder aber in einer Förderung der Lebenstätigkeit, die sich in merklicher Wachs- tumsbeschleunigung kundgibt. Der Zweck dieser Arbeit war es, orientierende Untersuchungen nach dieser Richtung auszuführen und es sei mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer Herrn Hofrat Dr. Hans Molisch für die Zuweisung dieser Arbeit, das stete Interesse, welches er derselben entgegenbrachte, und die zahlreichen Anregungen an dieser Stelle meinen wärmsten Dank auszusprechen. Ebenso danke ich Herrn Assistenten Dr. G. Klein, welcher mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stand, und Herrn Assistenten J. Kisser, der mir für meine: Untersuchungen zahl- reiches Samenmaterial bereitwilligst zur Verfügung stellte. | E . II. Eigene Untersuchungen. Photodynamische Wirkung fluoreszierender Farbstoffe auf Samenkeimung. 1. Methodik. ; Bei der großen Zahl fluoreszierender Farbstoffe konnten für vorliegende Untersuchungen natürlich nur einige wenige Verwendung finden, welche in bezug _ auf Konzentration und Versuchsmaterial verschieden variiert wurden: Eosin, Magda- larot, Safranin, Erythrosin, Rhodamin B, Diazoresorein, Fluoreseein und Methylen- blau. Noch weitere anzuwenden stellte sich als zwecklos heraus, da bei allen diesen - Stoffen die Ergebnisse im großen und ganzen derselben Art sind, von kleinen Unter- schieden abgesehen, welche auf die verschiedene Intensität der Fluoreszenz oder die mehr oder minder große Eigengiftigkeit der Farbstoffe zurückzuführen sind. — Neben diesen wurden zur Kontrolle auch nichtfluoreszierende Farbstoffe verwendet und zwar Anilinblau und Fuchsin. Bei der Eindeutiskeit dieser Kontrollversuch erwies sich die Anwendung noch weiterer als überflüssig. Die Farbstoffe wurden in der Konzentration 1:1000 (O’1.g auf 100 cm® Leitungswasser) in dunkelbraunen Gläsern im Dunkeln aufbewahrt und diese Stamm- lösung dann je nach Bedarf für jeden Versuch bis zur &ewünschten Konzentration mit Leitungswasser verdünnt. Gearbeitet wurde mit den Konzentrationen 1: 600, 1:809, 1:1000, 1:10.000, 1: 20.000, 1:50.000, 1: 100.000, 1: 1,000.000. En ee 192 A, Piskernik, Die verwendeten Samen stammten durchwegs von der letzten Herbsternte, um dadurch über Material zu verfügen, das- die möglichst gleichen Resultate zeigt. Zur Verwendung kamen Vicia sativa, Pisum sativum, Lens esculenta, Sinapis alba, Zea Mays, Lepidium sativum, Triticum durum, Spinacia oleracea, Medicago sativa sowie Samen von Kohl, Rettig und der Zuckerrübe. Um sich von dem Wert des zur Verwendung gelangenden Samenmaterials zu überzeugen, damit die Eindeutig- keit der Versuche nicht durch schlecht keimende Samen u. dgl. gestört werde, wurden die Samen der Versuchsserien auf ihre Keimkraft geprüft. Es wurden 50 oder 100 Stück, je nach der Menge des vorhandenen Materials, in Leitungswasser 24 Stunden quellen gelassen und darauf in mit feuchtem Filtrierpapier ausgekleideten Keimschalen zum Keimen gebracht. Auf diese Weise kann man sich leicht ein genaues Bild von der Beschaffenheit und Güte der Samen verschaffen. Die zu untersuchenden Samen wurden in der Lösung des fluoreszierenden Farbstoffes zur Quellung gebracht. Die Imbibition dauerte, um Schäden, hervor- gerufen durch intramolekulare Atmung, zu vermeiden, in keinem Falle länger als 24 Stunden, wohl aber fast immer annähernd 24 Stunden, damit eine möglichst große Menge der Lösung von den zu quellenden Samen aufgenommen und gespeichert wurde. Die mit den Farbstofflösungen beschickten Vogelschalen, in welchen sich die Samen befanden, wurden durch die 24 Stunden hindurch in einen dunklen Kasten gestellt, um jede Einwirkung der fluoreszierenden Farbstoffe vor dem Auslegen der Samen zur Keimung zu verhindern. Nach der 24stündigen Quellung wurden die Samen rasch acht- bis zehnmal unter der Wasserleitung abgewaschen und abgepinselt, um den den gefärbten Samen von außen anhaftenden Farbstoff möglichst gründlich zu entfernen; derselben Prozedur wurden auch die Kontrollsamen, die in reinem Wasser der Quellung unterworfen waren, aus dem Grunde unterzogen, daß auch sie dem Einflusse des kalten Leitungswassers aus- gesetzt waren, somit um auch hier dieselbe Versuchsbedingung zu schaffen. Dem Auslegen der Samen ist die größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt zuzuwenden. Es handelt sich einerseits darum, für die dem Lichte ausgesetzten Kontroll- und Versuchssamen gleiche Feuchtigkeitsverhältnisse herzustellen und andrerseits möglichst gleiche Temperatur- und Feuchtigkeitsgrade für Licht- und Dunkelversuche zu schaffen. Um die Feuchtigkeitschwankungen zwischen den dem Lichte ausgesetzten und den im Dunkeln gehaltenen Samen auszuschalten und die Temperaturunterschiede auf ein Minimum herabzudrücken, wurden die Versuchs- anstellungen mannigfach modifiziert. Folgende zwei Arten wurden hauptsächlich durchgeführt: a) Die Samen wurden in Petrischalen ausgelegt, die mit einer Doppellage von Filtrierpapier ausgekleidet waren. Sowohl die Licht- als die zur Kontrolle aui- gestellten Dunkelversuche stellte ich auf das Fenster eines gegen Süden gelegenen Korridors, wobei die Wärmestrahlen von allen Petrischalen nach Möglichkeit abgehalten wurden. Diejenigen der Lichtversuche standen hinter Küvetten, die zum Zwecke der Absorption der Wärmestrahlen mit Wasser gefüllt waren, und unter großen Vogelschalen, die demselben Zwecke dienten. Jene der Dunkelversuche wurden unter Blechzylinder gebracht, welche mit weißem Papier umhüllt ebenfalls hinter große Küvetten gestellt wurden. Die Temperaturdifferenzen waren auf diese Weise minimal. Um in den einzelnen Petrischalen, von denen jede Versuchsserie acht bis zehn umfaßt (vier oder fünf licht und ebensoviele dunkel), denselben Feuchtigkeitsgrad zu erzielen, wurde nach je ein oder zwei Tagen, wie eben die Versuchskontrolle vorgenommen wurde, das Filtrierpapier sämtlicher Schalen mit Wasser vollkommen durchfeuchtet; ‘ein eventueller Überschuß an Wasser wurde sorgfältigst entfernt. b) Noch einwandfreier sind die Versuche, bei welchen Licht- und Dunkel- exemplare derselben Lösungskonzentration (z. B. Eosin 1:1000 licht und Eosin 1: 1000 dunkel) in ein- und derselben Petrischale untergebracht waren. Zu diesem Zwecke wurde sowohl der untere Teil der Petrischale als auch der Deckel von außen zur Hälfte mit schwarzem Papier verklebt, während im Innern der Schale die Scheidewand zwischen der Licht- und Dunkelhälfte der Schale ein nach oben offener Doppelstreifen von schwarzem Filtrierpapier, welcher die innere Höhe der Petrischale hatte, bildete. Schon auf diese Weise wurde das Licht beim Schließen | | a Einwirkung Nuoreszierender Farbstoffe. 193 der Schale hinreichend ausgeschaltet, doch um jeden Lichtstrahl abzuhalten, wurde über die Dunkelhälfte auch von innen ein halbkreisförmig geschnittenes schwarzes ‚Filtrierpapier gelegt, das mit seinem geraden Ende in das nach oben offene Mittel- ‚stück umgebogen wurde. Bei dieser Art der Versuchsanstellung fielen die Feuchtig- - keitsunterschiede weg und die Temperaturdifferenzen sehn Licht und Dunkel überstiegen, weil ja auch Küvetten vorgestellt wurden, wohl kaum einen halben bis einen Grad. Die Versuche wurden öfters kontrolliert und zwar in bezug auf den Grad und die Schnelligkeit des Auskeimens, die Wurzel- und Stengellänge, die Aus- bildung oder Nichtausbildung der Wurzelhaare, die Größe und Menge derselben _ sowie auf die Anzahl der anlken und abgestorbenen Wurzeln. Weil bei Samen, die photodynamisch sehr stark geschädigt waren, die Grenze zwischen Wurzel und - Hypokotyl oft nicht festzustellen war, ist unter der Bezeichnung »Wurzellänge« die - Summe Wurzellänge + Hypokotyl zu verstehen und zwar bei allen in den Tabellen _ angeführten Samen mit Ausnahme von Sinapis. Die Länge ist in Millimetern angegeben 2. Versuche. Um die Wirkung photodynamischer Farbstoffe auf die Samen- keimung zu ermitteln, wurden nach den eben besprochenen Methoden - Versuche ausgeführt, wobei es sich zeigte, daß es hauptsächlich die, Wurzeln sind, die je nach Lichtstärke, Art des Farbstoffes und Kon- zentration desselben geschädigt werden. Im übrigen besteht aber die Wirkung zunächst in einer oft sehr bedeutenden Verzögerung der. Auskeimung, später in einer auffallenden Wachstumshemmung, bei starker Konzentration im Verlust des Richtungsvermögens und schließlich im Absterben der Wurzelspitze eventuell der ganzen _ Wurzel. In Konzentrationen von 1:800 bis 1:10.000 ist bei Safra- | nin, Eosin und Magdalarot das durch den Einfluß dieser Farbstoffe und entsprechende Belichtung bedingte Absterben der Wurzelspitze regelmäßige Erscheinung, in der Konzentration 1: 12.000 bis 1:20.000 schon selten, wobei das Safranin insofern eine Aus- nahme macht, als es auch bei dieser Verdünnung die Wurzel _ häufig tötet. Ähnlich wie diese drei Stoffe verhält sich auch ‚ Methylenblau. In noch verdünnteren Lösungen (1: 30.000 bis 1:1,000.000) wird die Wurzelspitze selten getötet, doch bleiben bis zu einer bestimmten Grenzkonzentration Sproß und Wurzel in ihrem Wachstum im Vergleich zu denjenigen des Kontrollsamens mehr oder weniger zurück. Diese Grenzkonzentration ist auch abhängig von der Lichtstärke und bewegt sich zwischen 50.000 und 100.000. Bei noch stärkerer Verdünnung über diese Grenz- konzentration hinaus tritt oft eine Wachstumsförderung (Stimu- lierung) ein, wie sie in der Natur zu finden ist, wenn kleine Dosen Gift dem lebenden Organismus einverleibt werden. Was nun speziell den Stengel betrifft, muß betont werden, daß er nie abstirbt, daß aber seine Blätter in den ersten Tagen der Versuchsanstellung nicht fähig sind, zur vollkommenen Chlorophylibildung zu schreiten. Am deutlichsten zeigt dieses Phänomen Sinapis alba, während die Kotyledonen der Kontrollsamen schon tief grün sind, haben die ‚Blätter der in den Farbstofflösungen gequollenen Samen ein je a a in Ti ” 194 A. Piskernik, nach der Stärke der Konzentration mehr oder weniger blasses Aussehen, das aber nach einigen Tagen fast immer der Chlorophylil- färbung weicht. Das von mir besonders betonte Kennzeichen der Schädigung der Pflanzenkeimlinge durch belichtete fluoreszierende Farbstoffe ist das »Krankwerden« der Wurzeln, das sich bei höheren Konzentrationen schon äußerlich durch das Braunwerden und Ab- sterben der Wurzelspitze oder der ganzen Wurzel samt Hypo- kotyl verrät, ferner durch das Fehlen oder den Mangel von Wurzel- haaren und deren Länge, durch ein gerunzeltes, manchmal schuppiges Aussehen oder aber schon gleich nach dem Hervorkommen aus der Samenschale durch die Unfähigkeit, irgendeinem Tropismus in seiner Einwirkung zu folgen. Merkwürdig sind die oft zu beob- achtenden »Wurzelstummel«, welche etwa I mm lang und einen Haarkranz tragend dem Hypokotyl wie Bürsten unten aufsitzen. Bei geringeren Konzentrationen treten diese Desorganisationserschei- nungen zurück und dann ist es vorzugsweise nur die mindere Wurzellänge, welche zum Vergleich mit den Kontrollexemplaren herangezogen werden kann. “ Es sei nun gleich vorweggenommen, daß zu starke Kon- zentrationen der Farbstoffe, wie es Lösungen 1:600, 1: 800, 1.: 1000, 1 :-1200 und bei einigen Stoffen noch "höhere End are allen Samenarten auch im Dunkeln eine stark nachteilige Wirkung zeigen, die allerdings weit zurücksteht hinter derjenigen im Lichte, aber doch auffallend groß ist, so daß diese Keimlinge nie das Aus- sehen normal sich entwickelnder haben. Die Wurzeln sind kurz. und machen einen eigentümlich steifen Eindruck; ebenso die Stengel. Bei Verwendung von Eosinlösungen bemerkte ich dieses Verhalten besonders schön bei Sinapis alba, und zwar noch bei einer Kon- zentration von 1:10.000. Alle diese Schädigungen im Dunkeln sind auf die Eigengiftigskeit der verwendeten Farbstoffe zurückzuführen, die bei hohen Lösungskonzentrationen zum Ausdrucke kommt. Auf andere besondere Merkwürdigkeiten und auffallende Er- scheinungen wird bei der Besprechung der einzelnen Versuche, von welchen ich mehrere in Tabellen vorführe, eingegangen werden. Samen von Lepidium sativum, Beta vnlgaris, Brassica ole- racea, Sinapis alba und Spinacia, welche bei Anwendung von Methylenblau, Eosin und Rhodamin B in den Monaten Jänner, Februar und in der ersten Hälfte des März zur Keimung ausgelegt wurden, zeigten infolge der geringen Lichtintensität fast keine Unterschiede gegenüber den Kontrollsamen. Die kleinen, übrigens sehr schwankenden Differenzen in der Schnelligkeit der Aus- keimung, die nach recht sonnigen Tagen beobachtet wurden, glich das schwache Licht der darauffolgenden Schnee- und Regentage wieder aus. Nur die Konzentrationen 1:600, 1:800 und 1: 1000 bewirkten einige Keimungs- und Wachstumshemmung sowohl in Licht als auch in Dunkel, was auf eine gewöhnliche Giftwirkung Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 195 angewendeten Farbstoffes zurückzuführen ist. Aber schon in zweiten Hälfte des März war das Tageslicht stark genug, um fluoreszierenden Farbstoffen photodynamische Wirkung aus- lösen, welche um so deutlicher zutage trat, je intensiver das ht mit vorgerückter Jahreszeit wurde. Im folgenden sollen die irgebnisse meiner Untersuchungen nach Farbstoffen geordnet be- sprochen und durch beigefügte Tabellen ergänzt werden. Fr: - Versuch I], ufgestellt am 28. Juni 1921. Samen von Sinapis alba (je 50 Stück) durch 24 Stunden gequollen in Eosin 1: 1000, 1: 10.000, 1:50.000. Licht- und Dunkelversuch. Kon- 4 trolle mit H,0. Diffuses Licht. ; Tabelle ]. : | | 4 H,0 - |..1..1000. .| 1: 10.000 | 1.::50.000 3. Tag 10 1 4 6 Licht De > 2A 2 wil 28 | se. Te 34 5 17 37 | Pass [? 3 1 4 11 | i Dunkel > 26 Bi) 23 25) | Tr 40 7 38 39 F DEE 6 0) 2 3 | Licht De 18 5 S 9 . De 18 S 11 11 ine SuB> 8 2 6 8 3 Dunkel DS 25 10 23 24 i 7.08 37 15 34 34 J SL 0 0) 15 D Licht On (0) 40 28 5 Kranke | hr . = 32 > Ins Wurzeln ER 0 0 % 0 Dunkel DE 0) 28 10 0) ZN S ) 28 10 ) | e \ Vorstehende Tabelle zeigt trotz des in den Tagen dieser Versuchsanstellung fast durchwegs bewölkten Himmels auffallende Unterschiede in der Wurzel- und geringe auch in der Stengellänge ‚der Versuchssamen gegenüber denjenigen der Kontrolle, gibt aber E 196 A. Piskernik, gleichzeitig in der Kolonne 1:1000 das zahlenmäßige Bild der durch die Eigengiftigkeit bewirkten Schädigung im Dunkeln. Diese allzu große Wachstumshemmung bei starken und stärksten Kon- zentrationen ist im Lichte die Folge der kombinierten Eigengift- und photodynamischen Wirkung, kann also zur Beurteilung der reinen photodynamischen Wirkung nicht herangezogen werden. In die Tabellen wurden aber auch diese Befunde eingetragen, womit auf die Unzulänglichkeit beinahe aller Experimente mit zu stark konzentrierten Farbstofflösungen hingewiesen werden soll. Der Ver- gleich mit dem ebenfalls im Lichte aufgestellten Kontrollversuche ist nie allein maßgebend; weit wichtiger ist die Beurteilung der Ergebnisse mit Rücksicht auf die Dunkelversuche derselben Kon- zentration. Nur dann, wenn die Farbstoffversuche im Dunkeln mit dem ebenfalls im Dunkeln gehaltenen Kontrollversuche zahlen- mäßig übereinstimmen oder sich demselben stark nähern, wird die Schädigung im Lichte auf photodynamischer Wirkung allein beruhen; in jedem anderen Falle muß mit kombinierten Wirkungen gerechnet werden. Während die Verdünnung 1:1000 kombinierte Wirkung zeigt, tritt bei 1: 10.000 die photodynamische Wirkung hervor: die Wurzeln sind nur halb so lang als beim Kontrollversuch und auch der Stengel ist bedeutend kürzer. Sehr eigentümlich ist besonders bei diesen beiden Konzentrationen und am auffallendsten ebenfalls bei Sinapis das steife Aussehen der Keimlinge in den Dunkel- versuchen. Wurzel und Stengel sind vollkommen gerade gestreckt, während die Lichtexemplare und die Kontrollkeimlinge im Dunkel natürlich gebogen und gekrümmt sind. Eben wegen dieser Eigen- tümlichkeit, die ganz abnormal ist, bezeichnete ich auch diese Wurzeln als krank, obschon sie die Wurzelspitze besitzen und auch — wenn auch bei 1:1000 nicht bedeutend — wachsen. Wurzelhaare sind bei 1: 1000 (Licht) keine oder sehr wenige vor- handen und sind sehr kurz. Die Wurzeln selbst sind schon zur Zeit der Auskeimung geschädigt, denn bei einer Länge von 8 bis 4 mm, wo man schon imstande wäre, ihren eventuellen Tropismus zu verfolgen, stehen dieselben passiv jeder solchen Einwirkung gegenüber. Nach einiger Zeit werden sie braun und vertrocknen. Kennzeichnend für alle geschädigten Keimlinge der hier gebrauchten Konzentrationen ist der rasche Übergang von Hypokotyl zur Wurzel. Das vollkommen normal scheinende, kräftige Hypokotyl geht unvermittelt in die dünne, schlaffe Wurzel über. Von den zu je 50 verwendeten Samen keimten von 1:1000 am dritten Tage erst 5, am fünften Tage 17 und am siebenten 32 aus, von 1:10.000 an den genannten Tagen 35, 45, 50, während im Kon- trollversuche (H,O) schon am ersten Tage alle 50 ausgekeimt waren. Auffallende Resultate wurden mit diesem Farbstoff auch erzielt bei Vicia sativa, Lens esculenta und Pisum sativum (Tafel, Fig.I und I). un nl a a nn a LEE Kacheln a Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 197 Versuch I, ifgestellt am 7. Juni 1921. Samen von Triticum durum (je 50 Stück) durch 24 Stunden gequollen in Eosin 1:1000, 1:10.000, 1: 20.000, 1:50.000. Licht- und Dunkelversuch. Kontrolle mit H,O. Starkes Sonnenlicht, Tabelle Il. :1000 |1: 1e10000 1. 20.000|1: 50.000 f 2. Tag 10 2 5 6 6 | 32,8 25 5 10 15 17 a (2. - 93 22 34 51 so Bz on. 12 4 12 12 2 Dunkel > 30 17 31 37 32 Re 86 24 90 102 104 Ds: 1 2 2 2 Licht Se > 12 10 12 12 En m» 63 22 57 62 69 ne 2, 3 2 3 3 4 Dunkel € 3. » 17 8 15 16 17 7» 92 49 82 SAY EL 2.293 J Da 0) 0) 0) 0 0 Licht 3. » (0) 43 20 3 (0) Et... | U > 0 45 20 3 0 Wurzeln ol, 0 0 0 0 Dunkel 3. > (0) 21 (0) (0) > | 0) 21 (0) (Ü Von den 50 Keimlingen 1:1000 hatten am 13. Juni, als der Versuch abgeschlossen wurde, nur 20 einige wenige Wurzelhaare, welche I mm lang waren im Gegensatz zu den 3 mm langen Haaren der Kontrollsamen. Auch jene von 1:10.000 blieben in ‚Zahl und Länge hinter dem Wasserversuche zurück. Gerade hier bei diesem Objekt ist bei hoher Konzentration die Schädigung auch im Dunkeln eine enorme, so daß der nur photodynamisch schädigend wirksame Konzentrationsbezirk dieses Farbstoffes in bezug auf Wurzelwachstum sich etwa von 1: 10.000 bis 1: 100.000 erstreckt. Der Stengel zeigt bei dieser letztgenannten Konzentra- ‚tion bereits eine Wachstumsförderung, welche übrigens im Dunkeln mit Ausnahme von 1:1000 fast immer bei ale Verdünnungs- - sraden zu beobachten ist. 198 A. Piskernik, Versuch II, aufgestellt am 21. Juni 1921. Samen von Lens esculenta (50 Stück) durch 24 Stunden quellen gelassen in Safranin 1:1000, 1:10.000, 1: 50.000, 1:100.000. Licht- ung Dunkelversuch. Kontrolle in Wasser. Starkes Sonnenlicht. Kühlvorrichtung. - Tabelle - Il. EEE an Se een na nm aa = = I einen | — nn Dun — | [ 2. Dag 6 3 3 B) 6 Licht Sets 42 5 7 15 29 ige | TEE» m> 5 10 25) 40 Russ 2,0» 5 2 3 4 5 Dunkel Da» 40 26 35 40 ul TE» 68 +0 67 70 78 | | 300: 0 Ö 0 ) Licht Dies 9 10 12 14 7 » 2 a) ln. 22 14 16 22 Kiss [? Ä 0) 0) 0 N) 0 Dunkel ? 5. » 15 12 15 15 16 | > 27 22 27 27 27 | DA > 0) ) 0) 0 0) Lieht DENE> 0) 46 39 26 10 a > (0) 46 39 26 10 Nranke \ urzeln | ls 0 0 0 N) 0 | Dunkel 2 5. >» 0 20 0) 0) 0) | | Ts 0) 20 0) 0) 0 Safranin ist einer der in bezug auf Keimlingsschädigung am kräftigsten wirkenden fluoreszierenden Farbstoffe, der bei sehr starkem Lichte selbst in der Verdünnung 1:50.000 noch eine außerordentlich große lichtkatalysatorische Wirkung entfaltet. Die Wurzeln von 1:1000 und 1:10.000 sind arg geschädigt; bei ihrer geringen Länge von 5 bis 7mm sind sie stark gerunzelt und gedreht und nur wenige aus 1:10.000 haben eine gesunde Wurzel- spitze. Auch im Dunkeln ist die Schädigung bei 1: 1000 bedeutend, doch sind die Wurzeln nur kurz geblieben und sind entweder gar nicht oder nur minimal gerunzelt und nicht gedreht. Ähnliche Resultate wurden erzielt bei Pisum sativum, Vicia sativa und Sinapis alba. Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 199 Versuch IV, “ aufgestellt am 27. April 1921. Samen von Sinapis alba durch 24 Stunden quellen gelassen in Magdalarot 1:1000, 1:10.000, 1: 50.000. Licht- und Dunkelversuch. Kontrolle in H50. Starkes Tageslicht. 1 Tabelle IV. H,O 912:5100052215710,00025.17250.0009 | E ET DEE LE = [ 3. Tag 9 1 5 6 | Licht | De 22 2 13 22 Me 5 34 Wurzel- & N ; 2 - länge > 11 4A 10 Dunkel Dee 26 9 24 27 RE 40 il 35 40 | J SA 6 0) 3 4 Licht Da 12 6 Ö) 9 Stengel- | Ts 19 9 13 13 länge > 10 2 7 10 Dunkel De 25 10 2 23 TE 36 16 IB 5) | Bes 0) 0) 5) 0) Licht \ ee (0) 14 b) 2 or Al 5 2 Kranke 2 " \ 2 W urzeln. f RAR 0 ö 0 ö Dunkel Dr 0 20 0) 0) | > 0) 2 0) 0) Während im Kontrollversuch schon am dritten Tage alle Samen ausgekeimt waren, keimten am selben Tage von 1: 1000 nur 15, am fünften Tage betrug die Zahl der ausgekeimten 30 und zwei Tage später 40. Von diesen hatten nur 15 Wurzelhaare, die ganz verstreut standen; ihre Länge betrug 2 mm, die der - Kontrollhaare 4 mm. Alle Wurzeln dieser Konzentration hatten das Richtungsvermögen verloren. Sie waren braun, aber nicht gerunzelt. Am achten Tage wurden die stärksten Keimlinge aller Lösungs- konzentrationen in Blumentöpfe gepflanzt, um die weitere Ent- wicklung des Stengels zu beobachten; ebenso auch Kontrollkeim- linge. Die durch fluoreszierende Farbstoffe geschädigten Stengel erreichten nicht die Länge des normalen, doch näherten sie sich 200 | A. Piskernik, derselben um so mehr, je geringer die Konzentration war. \ 1:1000 gingen die meisten ein, die übriggebliebenen . schri nicht zur Blütenbildung; alle anderen Pflänzchen blühten, w die Blüten des Kontrollversuches am größten und reichlichsten waren. Ein Versuch vom 21. April 1921 mit Sinapis und Magda a- rot wurde photographiert, Fig. III und IV. Versuch V, aufgestellt am 27. Mai 1921. Samen von Lens esculenta durch 24 Stunden quellen gelassen in Magdalarot 1:1000, 1:10.000, 1: 50.000. Sonst wie bei Versuch IV. Kühlvorrichtung. Tabelle V. Hs0 | 1: 1000 | 1: 10.000 | 1: 50.000 | 3. Tag 14 6) 7 13 Licht De 45 5 16 32 Wurzel- £ En 2 :8 “1 länge Dunkel [eo Stengel- Be» 7 (0) (0) 5 Dunkel Da > 119 14 16 18 » 21 19 20 23 Sr 40 25 I) Licht Dr 40 26 7 Kranke 1 40 = 7 Wurzeln Dunkel | | 6. Pr De 3 (0) (0) 2 Licht > ; 14 ® 12 16 6. >» 15 % 13 19 länge | 6. v D&D S; Dr AST) Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 201 Versuch VI, aufgestellt am 31. Mai 1921. Samen von Pisum sativum, je 50 Stück, durch 23 Stunden quellen gelassen in Magdalarot 1:1000, 1:10.000, 1: 50.000. Sonst wie bei Versuch IV. Kühlvorrichtung. Tabelle VI. | | ’ 1 | | #0 | 1:1000 | 1:10.000 | 1: 50.000 | | 4. Tag 46 6) 17 29 Licht >» 70 5) 34 583 8. > 90 5 43 67 {. >» 583 33 54 23 Dunkel 6. >» 80 49 so 7 8. >» 100 54 98 101 Aa 7 5 6 Ü Licht 62,2 lat 11 12 14 Stengel- S. » 20 14 17 19 Einge az 15 12 13 13 Dunkel $ 6. » 22 20 21 21 ES 36 25 34 33 » 49 14 Licht > 49 14 Kranke T “= x Wurzeln A 16 0 Dunkel ( 16 0) (0) 8. >» 16 0) Am fünften Versuchstage waren die Wurzeln von 1:1000 schon ganz eingetrocknet und hatten nur wenige Nebenwurzeln. Am achten Versuchstage wurden die Keimlinge in Blumentöpfe gegeben. Die Stengel der aus’ 1:10.000 und 1: 50.000 überholten _ in einigen Tagen die Kontrollstengel an Länge, während jene aus 1: 1000 immer mehr oder weniger Zwergformen blieben. 202 A. Piskernik, Versuch VII, aufgestellt am 1. Juli 1921. Samen von Lens esculenta durch 24 Stunden z Quellung gelassen in Fuchsin 1:1000, 1:10.000, 1: 50.000. Licht- und Dun) | versuch. Kontrolle in Hs0. ankeer Tageslicht. 2 Tabelle Vi. T | | . :1000 | 1:10.000 | 1: 50.000 5 BER 1] ®) m | | 3. Dae 14 hl 13 14 Licht DS 41 32 40 43 S r rR as 6 50 35 49 52 anze Se 11 10 10 12 Dunkel Da 40 Sl: 41 4] > 60 38 58 59 Da 3 Ö Ö 2 Licht De 14 10 14 14 Stemeelk Dae> u 16 13 16 16 nee 3.0 > 8 0 ö 5 Dunkel I» 19 : 18 18 19 | 6. >» 22 19 2] 22 Ba 0) 0) j&t% Licht One> 0) (0) i Kranke 3 v “ Wurzeln SEN 0 0 Dunkel Da > 0) 0) At 1.250 0 Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, weist auch dieser nicht- fluoreszierende Farbstoff in der Konzentration 1: 1000 eine Schädi- gung auf, und zwar sowohl im Licht als im Dunkel. Diese Schädi- ‚gung ist keine Folge der photodynamischen Wirkung, sondern ist” bedingt — wie zum Teil auch bei den fluoreszierenden Farbstoffen solcher Konzentration — durch die Eigengiftigkeit des verwendeten N Stoffes. Bei allen übrigen Konzentrationen konnte keine Schädigung konstatiert werden. Dieselben Resultate wurden mit anderen Samt L gewonnen. Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 203 Versuch VII, aufgestellt am 1. Juli 1921. Samen von Pisum sativum, durch 24 Stunden quellen gelassen in Erythrosin 1:1000, 1: 10.000, 1: 50.000. Licht- und Dunkelversuch. Kontrolle in H,O. Schwaches diffuses Licht. Keine Kühlvorrichtung. Tabelle VII. E50 73821000. | 10.000 111:50.000. | | 2 3. Tag 26 2% 11 26 Lieh Sa De 5%) 7 21 4) a 7. > 54 7 30 57 ee 2. >» 29 18 27 28 | Dunkel DE 65 28 66 70 Re > 94 36 94 103 | EN ) 0) 0) ) Lieht DS 10 5 8 9 7£ » 3 Ü 2 2 Saal für 18 9 1 1 ange | > 7 0 8 8 Dunkel Da 19 15 18 2 \ir > 32 26 32 39 Sr 405) 2] 2 Lieht De 45 29 2 7 » Ä 9C D Kranke ; “ 29 5 7 Wurzeln Bi 00 0 Dunkel DE (0) 20 (0) 3] we 0 20 ) Wurzeln von 1:1000 und 1:10.000 sind stark gerunzelt und mehrfach gebrochen. Viele sind schneckenförmig eingedreht. Einige von 1:1000 haben ein schuppiges Aussehen. Die Wurzeln der im Dunkeln gehaltenen Keimlinge sind nur wenig gerunzelt, haben aber bei 1:1000 wie im Lichte auch kein Richtungs- vermögen. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 15 a ef 204 A. Piskernik, Versuch IX, aufgestellt am 7. Juni 1921. Samen von Pisum sativum 24 Stunden gequollen in Anilinblau 1:1000, 1:10.000, 1:50.000. Licht und Dunkel. Kontrolle in H,0. Starkes Sonnenlicht. Kühlvorrichtung. hi Tabelle IX. | H,0 1: 1000 | 1:10.000 | 1: 50.000 I 2. Tag 10 9 9 10 Licht A 45 46 45 46 le 8. > 93 9] 93 93 ange De 9 9 9 10 Dunkel £ 4. » 46 46 46 48 8. >» 108 109 108 110 2» 0) (0) (0) Licht AS 8 4 8 Sensel 8 >» 20 17 21 22 länge a 0 0) ) 0) Dunkel & 4. » 16 16 15 18 8. » 35 35 34 36 » 0 0 (0) 0 Licht > (0) 0) 0) {0} Ss. >» [) (0) (0) 0) Kranke Wurzeln Er 0 0 0 0 Dunkel » 0) 0 (0) 0) 8 > 0 0) (0) Anilinblau wurde als nicht fluoreszierender Farbstoff nebst Fuchsin zur Kontrolle verwendet. Dieser Farbstoff zeigt selbst bei der Konzentration 1:1000 keine Schädigung der Wurzel, wohl aber eine Wachstumshemmung des Stengels. Bei Lens, Sinapis und Spinacia trat zuweilen in 1:1000 eine kaum merk- liche Schädigung der Wurzeln ein. Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 205 Versuch X, aufgestellt am 30. Juni 1921. Samen von Sinapis durch 24 Stunden quellen gelassen in Methylenblau 1:1000, 1:10.000, 1: 50.000, 1:100.000. Licht- und Dunkel- versuche. Kontrolle in H,O. Starkes Licht. Kühlvorrichtung. Tabelle X. | | | | ; | ; | 430 1:1000 |1:10.000 |1:50.000 |1:100.000 | | 2. Tag 4 2 2 3 3 | Licht re 21 5 11 14 22 5 14 21 32 Wurzel- 6 30 6 länge Br 5 3 4 4 5 Dunkel Bi 27 19 Dat 28 31 5 31 24 31 32 33 29 3 2 3 3 3 Licht ee 14 7 10 12 15 Stengel- 6.» 16 9 12 15 16 Buze EA 5 3 4 5 5 Dunkel DE» 24 17 al 24 25 6. >» 30 22 36 31 aut 2 (0) (0) (0) (0) (0) Licht 5% ) 41 30 5 0 9 = E. 6. >» 0 41 20 5 ) Wurzeln RR 0 05 - Dunkel DE (0) 25 7 0) N 6) 25 7 0 1:1000 (Licht): Die Wurzeln sind eingetrocknet, die Pflanze entwickelt keine Nebenwurzeln. Die Mehrzahl der Keimlinge liegt ‚am Boden, die Stengel wachsen am Boden hin. Das Hypokotyl ‚ist stark entwickelt und trägt am Ende die dünne tote Würzel. "Wurzelhaare fehlen oder sind bei noch lebenden Wurzeln in geringer Zahl vorhanden. 4 206 A. Piskernik, Blau des HFarbstoffes zu ihrer Farbe kommen. Mit Ausnahme 1:1000 sind alle Pflänzchen ungeschädigt. Ar Versuch XIJ, aufgestellt am 12. Mai 1921. Samen von Sinapis alba durch 24 Stunden gequoilen in Rhodamin 1:1000, 1: 10.000, 1: 100.000, 1: 1,000.000. Licht und Dunkel. Kon- trolle in HsO. Helles Licht. Kühlvorrichtung. Tabelle XI. ' | | | | ! H,O 1:1000 If :10.000 lı :100.000 |1:1,000.000 | | l I laeıı A 2 3 4 4 Diebe 30 5 22 29 92 a ser 32 9 15 28 34 ass De 5 3 6 6 6 Dunkel Licht Stengel- 8.» 20 15 15 16 22 Erz Di: 5 3 4 4 5 Dunkel & 7. >» 36 30 36 36 38 8» 37 30 37 38 39 Da (0) (0) (0) Licht > 0) 45 (0) Kranke 2 2 > =G \ 5 Wurzeln = [&%) Yv 2 Su AL IS) DI Dunkel Bm ———————. A u N m mm zu— N (m men ur um um Nm, et Be! el Ba \ m (dor db) m u 86) jur [1 BE So) m a w fer oO ww 0) oO o [= » Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 207 ß Ähnliche Ergebnisse erzielte ich mit Spinacia, Lepidium, Brassica, Lens, Vicia und Pisum. Versuch XI, aufgestellt am 21. Juni 1921. Samen von Lens esculenta (50 Stück) durch 24 Stunden _ gequollen in Diazoresorein 1:1000, 1:10.000, 1: 50.000. Licht und Dunkel. Kon- 3 trolle. Diffuses Licht. Keine Kühlvorrichtung. | Tabelle XI. | H,0 1 121000 | 1: 10.000 | 1: 50.000 | | | | 2. Tag 6 2 3 B) Licht Br» 14 8 9 13 ae 6. >» 43 30 35 46 länge os | 5 4 5 B) Dunkel Sa ie 9 ul 12 (8 42 42 43 43 DD 0) (0) (0) Ö : Licht Be Bir 3 2 3 3 Siena 6. >» 15 14 15 16 ; u BR 0) ) 0 ) Dunkel SE 8 S S 9 De 0) 0 E Licht 38 (0) 10 5 E } Kranke Gr 2 I v s Wurzeln )' - Ds 0) 0) 3 Dunkel Sa 0) 0) E a8 ) .Pisum, Vicia, Sinapis, Lepidium, Zea Mays, Triticum und Spinacia ergaben ähnliche Ergebnisse. ee 208 A. Piskernik, Versuch XIII, aufgestellt am 31. Mai 1921. Samen von Pisum sativum durch 24 Stunden u gelassen in Fluorescein 1:1000, 1:10.000, 1: 50.000. Licht und Dunkel. Kontrolle. Starkes Tageslicht. Kühlvorrichtung. Tabelle XI. 1: 1000 | 1: 10.000 | 1: 50.000 Ä | Wurzel- länge Dunkel Licht Stengel- länge Dunkel Licht Kranke Wurzeln Dunkel So stark auch dieser Farbstoff fluoresziert, so gering ist seine photodynamische Wirkung. Auch mit anderen Samen konnte keine größere Schädigung erzielt werden. Wie aus den wenigen tabellarisch zusammengestellten Ver- suchen, die so gewählt wurden, daß sie Art und Stärke der photo- dynamischen Schädigung leicht erkennen lassen, ersichtlich ist, nimmt die photodynamische Wirkung mit der Konzentration der fluoreszierenden Farbstoffe zu, bis sie etwa um 1:1000 bis oft 1: 10.000 eine Grenze erreicht, von der an sie durch die Eigen- gittigkeit der Farbstoffe verstärkt wird. Strenge Rechenschaft über Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. 209 die Schädigung kann, wenn keine äußerlichen Schädigungsmomente vorliegen, nur der zahlenmäßige Längenvergleich mit-den Kontroll- _ exemplaren geben. 3, Wesen der photodynamischen Wirkung und Ort des Angriffes. schließe ich mich der Ansicht Noack’s an, daß es sich um Farb- stoffperoxyde handelt, welche als Lichtkatalysatoren fungieren. Über den Ort des Angriffes dieser Peroxyde, ob eine Innen- oder Außen- wirkung vorliegt, geben die gemachten Versuche keinen entschei- denden Aufschluß, da doch das Auseinanderhalten der beiden Wirkungsweisen und das Abgegrenztsein gegeneinander fast unmög- lich ist. Die Schädigung kann von der stärker wie das Plasma gefärbten Zellwand nach innen vorgehen, muß es aber nicht. Schon Noack spricht sich in dem Sinne aus, daß Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Farbstoffes im Plasma keineswegs die Annahme oder Nichtannahme einer Innenwirkung berechtigt und daß das Fehlen einer Vitalfärbung die Außenwirkung noch nicht in sich einschließt, obschon er die letztere verteidigt. Während Noack in der photodynamischen Beinflussung des Plasmas eine Außenwirkung sieht, verteidigt Metzner teils durch kritisches Überlegen, teils an der Hand von Versuchen die photodynamische Innenwirkung. Die Tatsache, daß im Starklichtspektrum das Wir- kungsmaximum gegenüber dem Absorptionsspektrum der Lösung verschoben erscheint, erklärt er auf diese Weise, daß der Farb- stoff in die Zelle eindringt und dort ein anderes Spektrum besitzt als in der umgebenden wässerigen Lösung; das Wirkungsmaximum fällt mit dem Absorptionsspektrum des Plasmas zusammen, was für die Innenwirkung spricht. Die Versuche mit Pflanzenkeimlingen lassen beide Erklärungen zu. Aus Schnitten durch Samen ist ersichtlich, daß Farbstofl, der im Innern des Endosperms oft weder makroskopisch noch mikro- skopisch wahrgenommen werden kann, in den Holzelementen des Keimlings gespeichert ist. Diese makroskopische Speicherung des Farbstoffes ist ein Beweis dafür, daß derselbe den ganzen Samen durchdringt, wenn auch in sehr geringer Menge. In der Regel aber ist das Endosperm tief ins Innere hinein wenigstens schwach gefärbt (bei starken Konzentrationen), während die Samenschale von Farbstoffen vollkommen durchdrungen ist und die der Samen- schale angrenzenden Zelischichten ebenso ziemlich starke Färbung aufweisen. Weil nun Farbstoff tatsächlich auch im Innern des Samens vorhanden ist, könnte man annehmen, daß die photo- dynamische Wirkung aus dem Innern des Samens nach außen sich entfaltet, womit aber noch nicht dargelegt ist, daß es eine Innenwirkung ist, eine Schädigung vom Plasma aus. Doch scheinen folgende Beobachtungen für die Innenwirkung zu sprechen: In bezug auf das Wesen der photodynamischen Wirkung 210 A. Piskernik, a) Pisum sativum, das durch 24 Stunden zur Quellung in Eosin 1:10.000. und 1:25.000 belassen wurde, keimte dann 48 Stunden im Dunkeln. Die Wurzeln der Samen aus E. 1: 10.000 hatten nach dieser Zeit eine Länge von 25 mm, jene von E. 1: 25.000 eine solche von 32 mm. Nun wurden die Keimlinge unter Abhalten der Wärmestrahlen in starkes Sonnenlicht gestellt und nach aber- mals 43 Stunden kontrolliert. Ohne sich äußerlich irgendwie ver- ändert zu haben, ohne jede Bräunung und Runzeliung, stellte die Wurzel aus E. 1:10.000 das Längenwachstum ein; ihre Länge betrug wieder nur 25 mm. Nach weiteren drei Tagen war sich die Länge der Mehrzahl dieser Wurzeln immer noch gleich geblieben, aber die Wurzelspitze war bereits gebräunt und hinter der Wurzel- spitze wiesen viele Exemplare Risse auf, als ob die Wurzel geplatzt wäre. Wurzeln aus E. 1: 25.000 hielten im Längenwachs- tum nicht ein und unterschieden sich nicht viel von den zur Kon- trolle im Dunkeln belassenen. Bei allen Versuchen konnte übrigens festgestellt werden, daß Samen mit starken Wurzeln, mit fluores- zierenden Farbstoffen nicht zu starker Konzentration imbibiert und dann zur Keimung durch längere Zeit im Dunkeln gehalten, dem Lichte ausgesetzt fast keine photodynamische Wirkung zeigen; es ist eben einerseits durch das schnelle Wachstum im Dunkeln, durch die Zellteilungen, der Farbstoff auf eine immer größer werdende Zahl von Zellen aufgeteilt und durch das Wasser des Filtrierpapieres derart verdünnt worden, daß er, sei er nun bloß in der Zellwand oder sei er auch im Plasma, in einer Konzentra- tion vorliegt, die bei dem ziemlich starken Widerstande der Wurzeln photodynamisch nur wenig oder gar nicht wirken kann, andrer- seits aber mag die Unfähigkeit solcher Wurzeln, durch Licht sensi- bilisiert zu werden, noch in weitaus höherem Maße darauf beruhen, daß die photodynamischen Stoffe in der Zelle chemisch verändert wurden. Auch bei ständigen Lichtversuchen haben Wurzeln, welche die ersten Tage ohne merkliche Schädigung Üüberdauerten, später keine andere Wirkung gezeigt, als daß sie dem. Kontrollversuche im Wachstum zurückblieben. b) Eine ähnliche Erscheinung wie bei Pisum wurde in weit größerem Ausmaße bei den zarten Würzelchen von Senfsamen wahrgenommen. Je 100 Stück wurden der Quellung in H,O und Methylenblau 1:1000, 1:10.000, 1:50.000 und 1: 100.000 unter- worfen und dann 5 Tage im Dunkeln. keimen gelassen. Nach dieser Zeit wurden je 50 derselben, die gesunde Wurzeln und auf- rechte Stengel hatten, der Einwirkung des Sonnenlichtes ausgesetzt. Die Wirkung tritt schon nach einigen Stunden zutage. Die Wurzel wird dünner, ohne irgendwie braun oder mißfarbig geworden zu sein und die Grenze zwischen Stengel und Wurzel tritt auf diese Weise kraß hervor. Nach einem Tage ist die Schädigung noch größer, die Wurzel wird noch dünner und etwas mißfarbig und die Pflanze knickt ein. Viele Blätter bekommen Flecken. Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. Zi Am ersten und dritten Tage der Einwirkung ist das Ver- suchsbild folgendes: Tabelle 1. H,O 1:1000 1:10.000 1:50.000 1: 100.000 Gesunde Wurzeln und aufrechte N E | » 2) aka o ( 2: 30 | Stengel hatten a e2 2 y NO ) 3 \ | | | 1 Das Einstellen des Längenwachstums ohne sichtbare äußere Veränderung einerseits, sowie die durch irgendwelche fremden Pro- zesse im Innern hervorgerufene Turgoränderung, deren Folge wohl das Schlaff- und Dünnwerden der Wurzel zunächst ist, andrerseits, "kann durch das »Angeätzt«-Werden des Plasmas von außen zwar "als möglich gedacht, aber weniger leicht gedeutet werden. Ebenso ‚stelle ich die Wachstumshemmung als Innenwirkung hin, während die Erscheinungen, unter welchen Wurzeln bei starken Konzentra- tioren zugrunde gehen (Bräunung, runzeliges Aussehen, Riß- "wunden usw.), eine Außenwirkung eher der Innenwirkung vor- ‚ziehen, als sie ausschließen lassen. Es mag auch sein, daß in "allen diesen Fällen sowohl Innen- wie Außenwirkung vorliegt. "Versuche über diese Frage sind in Vorbereitung. am 1. Tage 50 30 era rl) 50 4. Zusammenfassung. Werden Samen von Pisum sativum, Vicia sativa, Lens escu- lenta, Sinapis alba, Triticum durum, Brassica oleracea, Lepidium sativum, Beta vulgaris und Spinacia in fluoreszierenden Farb- stoffen durch 24 Stunden hindurch quellen gelassen und dann zur Keimung ins Licht gestellt, so treten Erscheinungen auf, welche, da sie im Dunkeln nicht oder nur in geringem Maße beobachtet werden, als Folgen photodynamischer Wirkung ange- sehen werden müssen. Diese Erscheinungen umfassen Keimungs- hemmungen und Wachstumshemmungen sowie andere Schädi- gungen verschiedener Art. Der Grad jedweder Schädigung ist abhängig von der Stärke des Lichtes, der Art des fluoreszierenden Farbstoffes und der Konzentration desselben, und zwar in der Weise, daß mit der Lichtintensität und der Farbstoffkonzentration ‚auch die photodynamische Wirkung zunimmt. Von den verwendeten Farbstoffen haben die größte Schädigung hervorgerufen Eosin, Safranin, Magdalarot und Erythrosin, weniger stark wirkten Methylenblau, Rhodamin und Diazoresorcin, während der am schönsten fluoreszierende Farbstoff, das Fluorescein, eine sehr geringe lichtkatalytische Wirkung ausübte. 212 A. Piskernik, Zunächst fällt es auf, daß bestimmte Samen, z.B. Pisum sativum, Lens esculenta und Sinapis alba sowie in geringerem Maße auch alle übrigen untersuchten, bei Verwendung von hohen Konzentrationen fluoreszierender Farbstoffe (1:1000, 1:120:.0088 1: 20.000) später auskeimen als die Kontrollsamen, welche die Quellung in Wasser durchmachen, und zwar um so langsamer, je stärker die Konzentration ist. Die späteren Schädigungsprozesse” setzen sowohl im Stengel wie in der Wurzel ein, doch bekunden sie sich beim ersteren nur in einer minimalen Wachstumshemmung. Wie bei der Einwirkung anderer Strahlen (Radium-, Röntgen- und ultraviolette Strahlen) hemmt auch hier das Chlorophylifilter des Stengels und Blattes die schädigende Wirkung, während die vom Chlorophyll ungeschützte, viel zartere Wurzel alle Grade von Gift- wirkung zeigt bis zum vollständigen Verluste der Lebenstätigkeit. Der leichteste Grad der Wurzelschädigung besteht in einer” Wachstumshemmung, wie sie verursacht wird durch Eosin- und Safraninlösungen 1: 20.000 bis 1: 100.000, Magdalarot-, Erythrosin-" und Methylenblaulösungen 1: 20.000 bis 1: 50.000, Diazoresorein- lösung 1:10.000 bis 1: 20.000 und Fluoresceinlösung 1: 1000 bis’ 1:10.000. Bei allen diesen Farbstoffen sind die hier angegebenen geringsten Konzentrationen für die Wachstumshemmung zugleich ° die stärksten Konzentrationen für eine eventuell eintretende Stimu- lierung, also Wachstumsförderung. Doch sollen diese Zahlen keine” fixen Grenzen bedeuten, die aufzustellen bei so vielen Bedingungs- faktoren (wie Samen, Herkunft desselben, Reife desselben sowie Art und Stärke des Lichtes) unmöglich ist. Bei diesem ersten Grad der Wurzelschädigung fehlen Wurzelhaare nie und haben immer” oder fast immer die normale Länge. Der Stengel bleibt etwas oder gar nicht im Wachstum zurück oder aber zeigt bei den sehr ver dünnten Lösungen eine beträchtliche Wachstumsförderung. Ein höherer Grad der Schädigung ist das vielfach beob- achtete Absterben der Wurzelspitze, das Einstellen des Längen- wachstums, wobei aber das Hypokotyl und der kleine Teil der Wurzel erhalten bleibt, welcher nun nach allen Richtungen Neben- wurzeln aussendet. Am Hypokotyl ist Adventivwurzelbildung häufig. Oft tritt Wurzelregeneration ein, indem sich am Ende des Wurzel- stummels, dicht am gebildeten Kallus, eine neue Wurzel entwickelt, welche die Richtung der Wurzel erster Ordnung einnimmt. Die besprochene Schädigung findet man oft bei Verwendung von Pisum- und Lens-Samen in Eosin, Magdalarot und Erythrosin 1:10.000 bis 1:20.000, Safranin 1:10.000 bis 1: 50.0007 uns Methylenblau 1: 10.000. Dabei tritt die Bildung der Wurzelhaare’ zurück und die ausgebildeten Haare sind merklich kleiner als die’ des Kontrollsamens. Der Stengel erreicht in der Regel nicht die Höhe des normalen. Der höchsten Stufe der Giftwirkung geht der vollständige Verlust jedwedem Richtungsvermögen voraus. Die aus dem Samen Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe. FAR} hervorgekommene Wurzel reagiert weder auf geotropische noch auf hydrotropische Reize. Nach einigen Tagen (zwei bis drei) wird die Wurzel bräunlich und auch das Hypokotyl. Dabei werden sie ‚gerunzelt, vielfach gekrümmt und oft ganz spiralig eingedreht. Mit Ausnahme der Wurzelhaube, welche vielfach erhalten und ganz braun ist, ist oft die ganze Wurzel rissig und quer gespalten. Die Wurzelhaare fehlen fast immer. Sind sie vorhanden, so sind sie ‘sehr klein und in äußerst geringer Zahl. Der Stengel bleibt im "Wachstum bedeutend zurück und ist etwas schwächer als der der Kontrolle. Solche Schädigung stellte ich fest bei Eosin, Magdala- ‘rot, Safranin und Erythrosin 1: 1000 und oft selbst bei 1: 10.000, ferner bei Methylenblau 1:1000. Im Dunkeln charakterisiert die Einwirkung so starker Konzentrationen die besonders bei Sinapis in Eosinlösung immer vorhandene Steifheit der Wurzel und des Stengels. Im allgemeinen bleibt die Länge der Wurzel hinter jener der Kontrollkeimung um das zwei-, drei-, vier-, ja selbst siebenfache zurück, was aus den Tabellen ersichtlich ist. Fluoreszierende Farbstoffe, welche zu konzentriert gebraucht “werden (1:600, 1:800, 1:1000, bei gewissen Samen und Farb- stoffen sogar 1: 10.000), wirken auch im Dunkeln nachteilig, daher ist ihre Wirkung im Lichte auf kombinierte photodynamische Beein- flussung-+ Eigengiftigkeit zurückzuführen, was von den übrigen Forschern wohl zu wenig betont wurde. Die Kontrollösungen von nicht fluoreszierendem Anilinblau und Fuchsin zeigten keine Schädigung. Die Konzentration 1: 1000 verursachte aber auch hier eine Eigengiftwirkung sowohl im Lichte als auch im Dunkeln. Der Angriffsort der photodynamischen Wirkung kann sowohl in der Zelle als in der Zellwand oder irgendwo außerhalb der Plasmahaut liegen. Die Einstellung des Längenwachstums der Wurzel, ferner die Wachstumshemmung bei geringer Konzentration und das rasche Absterben der Wurzel von Keimlingen, welche erst nach mehreren Tagen der Dunkelkeimung ins Licht gestellt werden, spricht mehr für eine Innenwirkung, während die starke Schädi- gung der Wurzel in stark konzentrierten Lösungen die Außen- wirkung eher erklären könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, daß eine Kombination beider Wirkungen stattfindet. Figurenerklärung. : san vom 16. Juni 1921. Bosin 1: 10 OO NO 17. Juni und am 22. Juni photographiert. Fig. I. Von oben nach unten: 50.000. Versuch aufgestellt in Licht u 2 3 Eosin 1: 1000 Fig. 11. Von oben nach unten: 1. Reihe Eosin 1: 10.000 Licht - 1:10.000 Dunkel 1:50.000 Licht 1:50.000 Dunkel. 21: April 1921. Oaellipe von Sinapis alba in H : 100.000. Versuch ‚aufgestellt in Lieht u ; en Versuch vom Magdalarot: I: am 22. Apnil u am 25. April photographiert. Kie. I. Von. Sen nach unten: a I% Fig. IV. Von oben nach unten: Magdalarot 1: Quellung von Pisum Ss Licht Pu » » S Licht 1000 > : 10.000 » :100.000 >» Dunkel 1000 Licht :1000 Dunkel (hier die Samen ai den Wurzeln genommen!) SEnter Piskernik, A.: Wirkung fluoreszierender Farbstoffe. = u 5.7 S SS a = = > en o = > hei = zZ 2 = Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 130, Abt. I. 1921. IS) vn Qu | Beiträge zur Lebensgeschichte der Thysanopteren I. Thrips klapaleki Uz., ein Orchideenschädling Von Dr. Hermann Priesner (Mit 6 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 9. Juni 1921) Im Mai des Jahres 1920 unternahm ich gemeinsam mit einigen Linzer Entomologen eine Exkursion in das faunistisch und floristisch interessante Ibmer Moos, an der Grenze von ÖOber- österreich und Salzburg, um die Thysanopterenfauna des ziemlich ausgedehnten Moores zu studieren. Außer einer Anzahl seltener Thysanopterenarten, wie Megalothrips bonannii Uz., Anaphothrips badius Will. Limothrips schmutzi Pr., fand ich unter Weidenrinden den Entwicklungskreis von Trichothrips pini Hal. und an Orchis incarnalta L., die in zwei Farbenformen zahlreich die Uter des Seeleitener Sees und das Moor westlich desselben schmückt, in größerer Zahl in beiden Geschlechtern den wenig bekannten Thrips klapaleki Uz. Die genannte Art wurde im Jahre 1895 von Uzel nach Exemplaren, die aus Böhmen stammten, beschrieben, seither von P. Buffa in Italien (Pisa), von R. S. Bagnall in England und von mir bei Linz und Klaus in Oberösterreich aufgefunden. Bagnall fand in England auch das bisher unbekannte Z (siehe Literatur- ‘verzeichnis, Nr. 3), hat es aber meines Wissens noch nicht be- schrieben. Gleichzeitig mit den Imagines waren im Ibmer Moos auch Larven in allen Entwicklungsstadien und Nymphen zugegen. Die Jugendstände dieser Art waren bis jetzt nicht bekannt, weshalb eine genaue Beschreibung derselben nebst einer kurzen Charakteristik des stets brachypteren JS’ angeschlossen sei. 216 H. Priesner, Kurzflügelige 0’d’ findet man unter den einheimischen Arten der Gattung Thrips L. nur bei Thrips dilatatus Uz., einem Be- wohner der Scrophulariaceen (Euphrasia, Pedicularis), und Thrips nigropilosus Uz., der auf Achilles millefolium schädigend auftritt, worüber später berichtet werden soll. Von diesen ist ersterer mit Thrips klapaleki Uz. meines Erachtens sehr nahe verwandt; es treten bei dieser Art, nebenbei bemerkt, auch brachyptere ? auf, was bei Thrips klapaleki nicht der Fall zu sein scheint. Von den zirka 100 weiblichen Exemplaren der genannten Art, die mir zur Untersuchung vorlagen, waren alle langgeflügelt. Bei der Untersuchung der Orchis-Pflanzen fiel mir sofort auf, daß viele Exemplare rotbraune vertrocknete Blüten zeigten. Gerade ” an diesen Stücken der Orchidee fanden Sich die Thripse und besonders reichlich die Larven in den Blüten und zwischen - Fruchtknoten und Stützblättern. Bei näherer Betrachtung sah man nicht nur das Perigon und den Fruchtknoten — besonders der nicht völlig entfalteten Blüten — »rostfleckig« oder vertrocknet und verkrümmt, sondern auch die Stützblätter waren vielfach miß- farbig oder sogar an den Rändern eingerollt. Einige kümmerliche Exemplare der Orchideen zeigten nur mehr wenige unversehrie ° Blüten. An den Herbarexemplaren tritt die Schädigung nur sehr ° wenig hervor, da ja der Farbenkontrast fast wegfällt, nur die geschädigten Perigonblätter erscheinen den gesunden gegenüber teilweise gebleicht. Aus Alkoholmangel mußte ich es seinerzeit unterlassen, naß konserviertes Pflanzenmaterial einzutragen, so daß ich über den Ort der Eierablage, die Größe und Gestalt der Eier nichts sagen kann. Daß diese in das Gewebe der Pflanze abgelegt ° werden, dafür spricht der Umstand, daß sich zahlreiche sehr kleine, fast farblose Larven, die eben dem Ei entschlüpft sein mußten, ° vorfanden, welche wohl nicht insgesamt den weiten Weg aus dem Rasen oder anderswoher auf die Blütenähren der oft 25cm Höhe erreichenden Pflanze machen konnten. ö Daß die vorgefundenen Larven dem Thrips klapaleki ange- hören und. nicht einer anderen Art, geht daraus hervor, daß die ° erwachsenen Larven in ihrer Größe und die Puppen in ihrem © Körperbau den Imagines sehr ähnlich sind und daß außer den ° zahlreichen Imagines nur wenige Imagines anderer Arten in reichem . Blütenmaterial zu finden waren. Es waren in den Blüten außer Thrips klapaleki noch Thrips tabaci Lind. (zirka 10 Stück ? und d’), Thrips physapus L. var. obscuricornis Pr. (1 2), Thrips major Uz. (1 ?), Frankliniella intonsa Tryb. (1 ?, 3 05) und Haplothrips aculeatus F. (1 ?) zugegen. Zur Lebensgeschichte der Thysanopteren. 2 9 Beschreibung der Entwicklungsstadien. A. Larve. I. Stadium. Die eben dem Ei entschlüpfte Larve ist durch ihre geringe ‚Größe (Lg. 780 bis 800 u), durch die plumpen Gliedmaßen und den fast völlig hyalinen Körper zu erkennen. Augen rot, Mundkegel ‚gelblich. Die sechsgliedrigen Fühler (Fig. 1) sind durch kurzes, rundliches drittes Fühlerglied, das nur um O'3 länger als breit ist, ausgezeichnet. Auffällig ist ferner eine sehr lange Borste auf der "Unterseite des 2. Fühlergliedes, deren Spitze die Mitte des 3. Fühler- ‚gliedes überragt und die im folgenden Stadium wohl vorhanden, ie Fig. 1. Fig. 2. aber viel kürzer ist! Das 3. Fühlerglied ist durch fünf deutliche "Nähte und eine undeutliche Naht geriagelt; diese Nähte sind mit ‚äußerst winzigen Härchen spärlich besetzt (Fig. 1), das 4. Fühler- glied, das um O0°4 bis 0:5 länger ist als das dritte, erscheint durch "sechs derartige Nähte geringelt; die letzte (distale) Naht schneidet hier ziemlich tief ein, so daß ein weiteres Fühlerglied vorgetäuscht wird. Das 5. und 6. Fühlergiied' sind einfach, mit längeren Härchen EDesetzt. Fühlersliederlängen (-breiten): I. 16 (30) u; IL. 27 (26) u; BI 38 (28 bis 30) u; IV. 54 (27) u; V. 14 (14) uw; VI. 26°(8) oe. Die "Borsten auf Kopf, Thorax und Abdomen sind ähnlich wie bei der “erwachsenen Larve angeordnet, nur erscheinen sie relativ und absolut kürzer. Die starken Borsten an den Hinterecken des Prothorax, ferner die Borsten auf den Abdominalsegmenten sind 1 Diese Borste, die vermutlich auch bei anderen Thripidenlarven im ersten Stadium auftritt, wird sich vielleicht als wichtiges Erkennungsmerkmal desselben erweisen. | 218 H. Priesner, (mit Ausnahme der völlig spitzigen vier Ventralborsten des mit sechs Borsten ausgestatteten letzten Segments) eigenartig gestaltet. Sie sind nicht besonders lang, gegen die Abdomenspitze allmählich länger, starr, wenig gebogen und an der Spitze mit einer löffeloder spatelförmigen Erweiterung versehen (Fig. 2). Im Kanada- präparat ist diese löffelförmige Verbreiterung nicht sichtbar, nur bei Beobachtung in Alkohol ist sie zu erkennen. Im Dauer- präparat erscheinen die Borsten also fast spitzig. Das 10. Abdominalsegment ist etwas länger als das 9. es ist aber nicht genau meßbar, da die Chitinisierung sehr schwach ist. Durch Nahrungsaufnahme wohl er- hält die Larve nach eıfolgtem Wachstum des Rumpfes ein weniger plumpes Aus- sehen und ist dann schwach gelblich ge- färbt. Nach einer vermutlich bald ein- setzenden Häutung geht sie ein in das II. Stadium. (Fig. 3 und 4.) In dieser Entwicklungsstufe sind die Larven teils gelb,! teils rot gefärbt. Die = rote Färbung zeigt an Kopf und Prothorax = eine gelbrote Tönung, während der übrige 7 a Körper zinnober- bis karminrot gefärbt erscheint. Es ist nicht der ganze Körper ® a, rot, sondern es sind einige Stellen weißlich- Sr gelb, so einige Längsflecken am Kopfe, zwei Längsflecken am Prothorax, Quer- \/) flecken am Meso- und Metanotum. Die Vorderränder und etwas schmäler die & Hinterränder der Abdominalsegmente sind weißlichgelb gesäumt. Kopf und Prothorax Fig. 3. sind teilweise, die hintere Hälfte des 9. und das 10. Abdominalsegment stärker chitini- siert, hellbräunlich. Augen tief rot pigmentiert, aus vier Fazetten bestehend. Fühler 220 u lang, das 3. Glied viel gestreckter als bei Stadium I, es ist mehr als doppelt so lang (um 1:5 länger) als 1 Die rein gelben Larven, etwas kleiner als die roten, unterscheiden sich sonst nicht von den erwachsenen roten, so daß ich glaube, daß beide zu einem Stadium gehören und daß es sich nicht um zwei durch Häutungen getrennte Stadien handelt, daß sich also das Pigment der Hypodermis im Laufe des Vracheitunz der Larve innerhalb eines Entwicklungsstadiums bildet. Zur Lebensgeschichte der Thysanopteren. 219 breit. Die Borste auf der Unterseite des 2. Fühlergliedes ist kürzer als bei Stadium I, sie erreicht mit ihrer Spitze ‘kaum das erste Drittel des 3. Gliedes oder überragt kaum das 2. Glied. Das 3. Glied ist wie vorhin sehr dünn gestielt, besitzt sechs bis sieben deutlich erkennbare Nähte, wodurch es in Ringel ge- teilt erscheint (sieben bis acht Ringel, je nachdem man die Stielchennaht einrechnet oder nicht). Die Nähte sind mit äußerst feinen Härchen bewimpert, die im Kanadapräparat kaum zu sehen sind. Das 3. Glied besitzt zwei dorsale und zwei ventrale Borsten, seitlich außen die Anlage von Sinneszäpfchen. Das 4. Glied ist wie beim I. Stadium länger und schmäler als das 3.; es hat sechs Nähte (sieben Ringel), deren letztes deutlicher abgesetzt ist und ein Fühlerglied vor- täuschen könnte; das 4. Fühlerglied trägt innen und außen je einen schmalen Sinneskegel; diese stehen nicht auf gleicher Höhe (Fig. 4). Das 5. Glied ist kurz, das 6. länger und mit sechs längeren Borsten besetzt. Am Kopfe der Larve finden sich oben vier längere und vier sehr kleine, ferner unten vier sehr kleine Börstchen. Der Prothorax trägt eine Anzahl (ich zählte zwölf) Borsten, von denen zwei Paare an seinen Hinterecken länger sind, sie sind an der Spitze löffel- Fig. 4. förmig (siehe Fig. 2); ebensolche Borsten zählt man am Mesonotum acht, am Metanotum zehn; das |. Abdominalsegment trägt oben vier, die übrigen Segmente haben sechs Borsten; das neunte Abdominalsegment hat im ganzen vier derartige Borsten (außerdem zwei spitzige Ventralborsten). das 10. deren zwei (vier spitzige). Das 9. Tergit trägt am Hinterrande einen schwachen Zähnchenkamm. Nabe ins; Küühlergliederlängen‘ (breiten): I. 27°. (35) w;- Dean Dre; Mr 57 2); IV. 59 .2A)u; V. 14 (14 bis I); VI. 27 (10). Kopf 1431 lang, 1161. breit. Prothorax 2381 breit. Pterothorax 357. breit. Abdomen 390 breit. 9. Abd.-Segm. 81, 10. Abd.-Segm. 67 bis 68 w lang. Die beiden Larvenstadien unterscheiden sich also, abgesehen von der Färbung und Größe, hauptsächlich durch die Beborstung des 2. und die Form des 3. Fühlergliedes. III. Vorpuppe (Pronymphe, Propupa). Dieses Stadium war in dem Material, das ich eingesammelt, nicht zu finden. Es ist wohl auch bei dieser Art, wie bei anderen Thripiden, von nur sehr kurzer Dauer. IV. Puppe (Nymphe). Q: Mit Ausnahme der Fühler und Beine rot pigmentiert, Prothorax 2554, Mesothorax 306 u breit. Lg. 146 mm. Die langen Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 16 220 H. Priesner, Flügelscheiden erreichen die Mitte des 6. Abdominalsegmentes. Die Fühlerscheiden sind auf die Oberseite von Kopf und Prothorax zurückgeschlagen; sie bedecken zwei Drittel des Prothorax. Von sehr langen Borsten stehen je drei an den Seitenrändern, zwei jederseits am Hinterrande. Abdomen langborstig. Von den zwei Paaren Chitinstacheln des letzten Segmentes stehen: oben zwei stark nach oben gekrümmte, stumpf zugespitzte, die sehr stark chitinisiert sind; darunter, etwas seitlich davon, zwei scharfspitzige, gerade nach hinten gerichtete Dorne, darunter liegt ein unpaarer, an der Spitze abgerundeter Fortsatz, der dem 11. Segment angehört (Fig. 5). , | Fig. 5. d': Wie das ? gefärbt und gebaut, auch die Fühler wie bei diesem zurückgeschlagen, die Mitte des Prothorax überragend; kleiner (Lg. 1'’3 mm), Flügelscheiden kurz, läppchenförmig, sie erreichen nicht den Hinterrand des Metanotums. Das letzte Ab- dominaltergit mit vier in einer- Ebene liegenden, schräg nach oben gerichteten, spitzigen, starken Dornen besetzt; die Abdomenspitze viel weniger lang ausgezogen wie beim ? (Fig. 6). V. Imago. 2: Uzel, Mon. Ord. Thys.;1895, p. 203; Syn.: Thrips alpinus Priesner, Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien, 1920, p. 78.1 1 Da der von mir aus Ostpreußen angegebene Thrips klapaleki (Priesner nec, Uzel; Verh. d. phys.-ökonom. Ges., Königsberg 1916) sich als neue Art des \ n i R j cr u a Be a kn nn m Eh al ma m 2 mein ı ae ir el Te Te FE a En a a ua a aa Dan a ne El nn Zur Lebensgeschichte der Thysanopteren, 221 d (noch nicht beschrieben). Fast wie das ? gefärbt, im allgemeinen etwas heller, Körper etwas kleiner. Flügel stets ver- kümmert, nur als kleine Läppchen ausgebildet, die den Hinterrand des Metanotums nicht erreichen. Abdomen an der Basis sehr schmal, das 2. Segment am Hinterrande 184. breit, dann verbreitert, am 7. Segment am breitesten, 3061 breit, erst vom 8. Segment an wieder stark verengt. Das 3. bis 7. Abdominalsternit mit sehr breiten, in der Mitte etwas verengten, lichten Vertiefungen, ähnlich wie bei Thrips dilatatus, sonst ohne sekundäre Sexualmerkmale, Fig. 6. Maße in u; Fühlergliederlängen: I. 24; U. Alp; I. 59; IV. 535g; V, Alu; VL 55; VI 221. Breite des Mesothorax 247 u. Gesamtlänge zirka 1'1 mm. Die SS waren in nur sehr geringer Zahl in den Blüten. Nachtrag. Durch die Güte des Herrn L. Gschwendtner (Linz), der Anfang Juni 1921 abermals das Ibmer Moos besuchte, erhielt ich einige durch Thripse geschädigte Orchis incarnata-Pflanzen, an denen ich mit Erfolg nach Eiern von Thrips klapaleki suchte. von Bagnall mit Recht von Thrips L. abgetrennten Genus Euchaeltothrips (ingens Pr. i. 1.) erwies, den ich damals für Thrips klapaleki (Uzel) hielt, habe ich, nach- dem ich den wahren Thrips klapaleki (Uzel) auffand, diesen als Thrips alpinus (1. c.) neu beschrieben. Nachträglich fand ich erst, daß Uzels Beschreibung seines Thrips klapaleki viel besser auf alpinıs m. passe, als auf die habituell ähnlichen ost- preußischen Stücke. 222 H. Priesner, Zur Lebensgeschichte der Thysanopteren. Nebst einigen Imagines und Larven sah man an der Pflanze, besonders an den Fruchtknoten braune Pünktehen: die braun gefärbten Wände der durch den Stich des Legebohrers verletzten und abgestorbenen Pflanzenzellen. Nach Abheben der Epidermis der Fruchtknotenwand war an diesen Stellen je ein Ei im Wand- parenchym steckend zu finden. Das Ei steckt, mit dem Vorderende an der Epidermis fest- gekittet, mit dem anderen Ende frei, schräg nach abwärts ragend im Parenchym, ist gelblichweiß mit dünnem Chorion, 0:26 mm lang und O0°Il mm breit, länglich oval, am festgekitteten Ende wenig aber deutlich dicker als am anderen; es ist also nicht bohnenförmig wie bei manchen anderen Thripiden. Ich beobachtete ferner das Auskriechen der Larve, die unter ruckweisen Bewegungen aus dem Schlitz, der durch das Einstechen des Legebohrers gebildet wurde (dieser Schlitz vernarbt nach dem Stich), hervorkam, bei der jedoch die Extremitäten fest an den Leib gedrückt, wie angeklebt erschienen und die später einging; ich glaube deshalb, daß es sich in diesem beobachteten Falle nicht um den normalen Vorgang des Ausschlüpfens handelt, weshalb ich hier eine genaue Schilderung dieses offenbar pathologischen Falles unterlassen habe. Verzeichnis der Figuren. Fig. 1. Rechter Fühler der Larve von Thrips klapaleki, 1. Stadium; Ventralansicht. Vergrößerung 265 fach. g. 2. Löffelförmige Borste (9. Segment) von Thrips klapaleki. Vergrößerung 970 fach. Fig. 3. Larve von Thrips klapaleki, Il. Stadium. Vergrößerung 80 fach. 4 . Rechter Fühler der Larve von Thrips klapaleki, Il. Stadium. Dorsalansicht. Vergrößerung 265 fach. Fig. 5. 9., 10. und 11. Segment des Abdomens der Q-Puppe von Thrips me Dorsalansicht. Vergrößerung 265 fach. | Fig. 6. 9., 10. und 11. Segment des Abdomens der Z'-Puppe von Thrips apa De salansicht. yo größerung 265 fach. Literaturverzeichnis. 1. Uzel, H. Monographie der Ordnung Thysanoptera. 1895, p. 203 und Taf. VI, Rie. 10% 2. Buffa, P. »Redia«, 1909, Vol. V, p. 135. 3. Bagnall, R. S. Trans. Nat. Hist Soc. Northumberland etc. Vol. IV, Part. I, March 1912, p. 347 und 354 (J'). y 4. — Journ. Econ. Biol., Dezember 1912, Vol. VII, Nr. 4, p. 193. Dank esıneis,..H. a d. Akad. d. Wissensch., Wien, math.-natur. Kl., Abt. T, 129. Bd., 1. und 2. Heft, 1920,'p. 78 (Thrips alpinus By): ENT Ergias: nennt d. Mus. Franc. Carol,, Linz 1920, p. 60; Sep., p. 13. ID ID w Versuch einer Lösung des Heterocysten-Problems Von Lothar Geitler in Wien (Mit 1 Tafel) (Vorgelegt in der Sitzung am 23. Juni 1921) Einleitung. Bei einem großen Teil der Schizophyceen kommen die unter dem Namen Heterocysten (Grenzzellen) bekannten, eigentümlichen Zellen vor, nach denen die ganze Gruppe den Namen Heterocysteae bekommen hat. Diese Bildungen sind so auffallend, daß sich die Frage von selbst aufdrängt, was sie eigentlich zu bedeuten haben. Ein Teil der Autoren wollte beweisen, daß die Heterocysten nichts anderes seien als degenerierende Zellen, die keine Bedeu- tung an sich, sondern nur eine für den Faden, in dessen Verlauf sie auftreten, besitzen. Diese Behauptung wirkt wegen des großen Mißverhältnisses zwischen dem komplizierten Bau, der eine recht wichtige Funktion erwarten läßt, und den ihnen zugeschriebenen nebensächlichen Funktionen (die übrigens mitunter nur eine un- berechtigte Verallgemeinerung von an kleinen Gruppen gewonnenen Erfahrungen darstellen) ziemlich unbefriedigend. —- Ein anderer Teil hielt diese sichtlich im Vergleich zu den vegetativen Zellen oder gar zu den Dauerzellen an festen Inhaltsstoffen armen Zellen für Reservestoffbehälter. — Außerdem beschrieben einige wenige Autoren Erscheinungen, die auf eine auffallende Lebendigkeit des Inhalts, speziell auf Fortpflanzungsvorgänge, hindeuteten. Diese unsystema- tischen, auf zufälligen Beobachtungen beruhenden Angaben konnten den Kampf mit den systematisch angestellten Untersuchungen nicht aufnehmen, zumal die Beobachter selbst ihnen keine Bedeutung beimaßen oder sie nach einer der beiden Meinungen interpretierten, also sie entweder als Abnormität des degenerierenden oder des Reservestoff speichernden Inhaltes hinnahmen. 224 PenGeitlier, Die erste Annahme, der zufolge die Heterocysten degene- rierende Zellen ohne unmittelbare Bedeutung sind, die, wie Borzi (5) will, zur Unterbrechung des Fadens und zur Koloniebildung, oder, nach der Meinung Kohls (14), der Scheinastbildung und »Hormogoniengeburt« dienen, besitzt die meisten Anhänger. Noch in letzter Zeit ist eine Arbeit (21) erschienen, die diese Ansicht verficht, wenn auch nur mit Beschränkung auf die Nostocaceen. Diese Beschränkung scheint mir bereits für eine wirkliche Lösung des Problems verfehlt. Da die Heterocysten bei allen Formen in prinzipiell derselben Gestalt auftreten, so kann ein Licht auf die Frage nur fallen, wenn man nach der Bedeutung der Heterocysten überhaupt frägt. Der Autor unterscheidet die drei oben angeführten Möglich- keiten. Das Resultat der — hauptsächlich cytologischen — Unter- suchungen ist, daß die Heterocysten degenerierende Zellen sind, die ein Zerreißen des Fadens bewirken, und zwar dadurch, daß sie in loserem Zusammenhang mit den vegetativen Zellen stehen als diese untereinander. Wie wenig durch diese Lösung gewonnen ist, sieht man, wenn man sich folgende Fragen vorlegt. Was sollen die terminalen Heterocysten bedeuten, wie sie an den Enden der Hormogonien von Nostoc auftreten und wie sie für die Rivulariaceen charakte- ristisch sind? Was soll die serienweise Anordnung zu mehreren hintereinander, wie sie bei fast allen Heferocysteae eine sehr häufige Erscheinung ist? Wozu dienen die Heterocysten in den mehr- reihigen Fäden der Stigonemataceen? Was bedeuten die nicht seltenen Fälle, in denen sich Heterocysten in ganz jungen, zwei- oder vierzelligen Keimlingen, oft noch vor dem Aufspringen der Dauerzellenmembran, bilden?! Überdies können die den Heterocysten zugeschriebenen Funktionen auch ohne ihre Mithilfe zustande kommen, was auch Lemmermann (15, p. 15) feststellt. Es fragt sich, wie man zu dieser Ansicht hat kommen können, da die Heterocysten bei naiver Betrachtung durchaus den Eindruck von lebendigen und wichtigen Organen, speziell von Fortpflanzungs- organen, machen. Dafür hielten sie auch die älteren Autoren, wie Kützing.?” Diese Annahme behauptete jedoch zuviel, da an Fort- pflanzungsorganen Fortpflanzungsvorgänge zubeobachtensein müssen, was aber den späteren Autoren nicht gelang. Sie behaupteten nun zu wenig, indem sie die Ansicht vertraten, daß die Heterocysten mit Fortpflanzungsvorgängen überhaupt nichts zu tun hätten. Unter diesem Zeichen stehen alle folgenden Untersuchungen. Da keine Keimung beobachtet werden konnte, so wurde die relative Farb- 1 Diese Beobachtung’ habe ich namentlich an Nostoc-Arten häufig gemacht (vgl. auch 2). 2 Zitiert bei Brand (7, p. 42). Lösung des Heterocysten-Problems. 229 losigkeit und Armut an festen Stoffen des Inhalts als Absterbe- erscheinung gedeutet. Man ging so weit, die Gelbfärbung der Heterocysten in die Membran zu verlegen und den Inhalt als wässerig zu: bezeichnen (z. B. Kirchner, 13, p. 47). Zwar hatte Pringsheim (19) eine gegenteilige Bemerkung gemacht, nämlich bei Rivnlaria eine grüne Heterocyste mit körnigem Inhalt beob- achtet, doch wurde die kleine Notiz nicht weiter beachtet. Ebenso erging es der Bemerkung, die Bornet und Thuret an Nosioc ellipsosporum machten. 4, p. 94 heißt es: »il n’est pas rare de rencontrer de vieux heterocysts dont le contenu est redevenu granuleux, un peu verdätre, et qui ressemblent a des spores.« (Vgl. Taf. XXVI, Fig. 8). 1903 erschien dann die ausführliche Arbeit Kohls (14), die den cytologischen Nachweis zu erbringen schien, daß der Inhalt der Heterocysten in Degeneration begriffen sei. Knapp vorher war die Arbeit Brands (6) erschienen, der an Heterocysten von Nostoc commune Keimungsvorgänge sah.! Kohl, der sie vor der endgültigen Drucklegung seiner Abhandlung noch zu Gesicht bekommen hatte, wurde durch sie zu keiner anderen Meinung gebracht (14, letzter Abschnitt).. Was die Ansicht 2 anbelangt, so stellte man sich vor, daß die an den Pori der Heterocysten auftretenden Cyanophycin-Körnchen als Reservestofi dienen. Hieronymus (12, p. 483) stellte dies als Vermutung auf, während Hegler (11, p. 305) dieser Meinung schon entschiedener zuneigte. Auch Brand (7, p. 44) schloß sich dieser Auffassung an und deutete seine Keimungen als ausnahmsweise Funktion der sonst Reservestoff' speichernden Heterocysten. Lemmermann (15, p. 15) erhebt dagegen den ganz richtigen Einwand: »Als Reservestoffbehälter möchte ich sie (die Heterocysten) nicht auffassen, da dann der Inhalt doch annähernd denselben Reichtum an Reservestoffen aufweisen müßte, wie bei den Dauer- zellen.« Zur Ansicht 3 ist zu bemerken, daß an Heterocysten in der Regel keine Fortpflanzungserscheinungen zu beobachten sind, daß man sie daher nicht schlechthin als Fortpflanzungsorgane bezeich- nen kann. In welchem Sinn man davon reden kann, werden die nächsten Kapitel zeigen. Hier ist noch die Arbeit Spratts (20) zu erwähnen, in der die interessante Beobachtung von aus Heterocysten der in den Cycas-Wurzelknöllchen lebenden Schizophycee austretenden Goni- dien mitgeteilt wird. Zum Schlusse dieses Abschnitts soll noch die Ansicht Carters (&, zitiert bei Brand, 7, p. 42), die auch ich einige Zeit erwogen, aber nicht bestätigt gefunden habe, Erwähnung finden. Es handelt sich um die Auffassung, daß die Heterocysten zur Befruchtung 1 Dieser Schrift verdanke ich die eigentliche Anregung zu meinen Unter- suchungen. 226 L. Geitler, Br der Dauerzellen dienen, also namentlich dort, wo die Dauerzellen in unmittelbarer Nähe der Heterocysten entstehen, wie bei Cylindro- spermum, einigen Anabaena-Arten und einigen Rivulariaceen. Man kann jedoch in keinem Fall irgendeine Veränderung, auch nicht cytologisch, in den den Dauerzellen benachbarten Heterocysten feststellen (siehe Fig. 1 der Tafel). Die Entwicklung erfolgt während der. Entstehung der Dauerzellen bis zu ihrer Reife genau so, wie in irgend einer anderen Heterocyste auch. Morphologie und Cytologie. Um der Lösung des ganzen Problems näher zu kommen, war Vorbedingung ein genaues morphologisches und cytologisches Studium. Auf die Cytologie wurde nur soweit eingegangen, als es bei der auf diesem Gebiet herrschenden Unsicherheit ohne Vor- nahme eigener größerer Arbeiten in dieser Richtung möglich war, Das untersuchte (lebende) Material war das folgende: Nostoc punctiforme (aus Gunnera und Cycas) » palnudosum >» Linckia. > carneum > ellipsosporum >» commmune > MiIcroScopicum > sphaericum > verrucosum Anabaena Hallensis » oscillarioides » Azollae COylindrospermum muscicola Microchaete tenera Scytonema Hofmanni = » Juhanıum Tolypothrix lanata ! » limbata Hapalosiphon flexuosus Stigonema minutum Calothrix fusca Rivularia, 2 Spezies. Außerdem noch einige nicht bestimmbare Nostoc und Scyto- nema- oder Tolypothrix-Arten. 1 Lemmermann (15, p. 218) vereinigt 7. lanata mit T. tenuis und nennt sie T. tenwis. Nach meinen Erfahrungen ist 7. Tanata eine wohl unterschiedene eigene Form. Lösung des Heteroceysten-Problems 227 Als Vergleichsmaterial für die Cytologie wurden RDDLDE: caceen und Oscillatoriaceen herbeigezogen. Die Kulturbedingungen werden, wo es darauf ankommt, be- sonders erwähnt werden. Im allgemeinen wurden Agarkulturen benutzt oder die Algen submers in Nährlösung gezogen. Als hin- reichend erwies sich eine Lösung einer Messerspitze K,HPO, und die gleiche Menge Ca(NO,), in 1 2 Leitungswasser. Zu den Untersuchungen diente ein Zeißmikroskop, Wasser- immersion J mit Korrektionsfassung und Oc. 4. In besonders kriti- schen Fällen stand mir die homogene Imm. 2 mm, Ap. 1'30 und Kompensations-Oc. 8 von Zeiß zur Verfügung. Bei der Untersuchung des Materials war zunächst die voll- kommene prinzipielle Übereinstimmung im Bau der Heterocysten bei allen Formen festzustellen. Die vollentwickelten Heterocysten besitzen nebst einer äußeren, der Membran der vegetativen Zellen entsprechenden Pektinmembranschichte eine innere, bei der ich mit Chlorzinkjod immer Violettfärbung erzielen konnte und die auch die übrigen Jod-Zellulosereaktionen zeigte. Demnach scheint sie aus Zellulose zu bestehen, wie auch frühere Autoren angeben. Sie verrät sich ohne Vorbehandlung durch ihr starkes Lichtbrechungs- vermögen, ist aber an prallen, ungeschrumpften Exemplaren als be- sondere Schichte nicht immer unterscheidbar, so daß manchmal der Eindruck einer einheitlichen Membran erweckt wird. Fig. 3,15, 11, die linke Heterocyste in Fig. 15 und die obere in Fig. 30 lassen beide Schichten erkennen, dagegen Fig. 1, 2 und 6 bis 9 nicht. In diesen Fällen kann man sie meist durch Plasmolytica, wie Glyzerin oder Eisenalaun, zum Abheben bringen und so voneinander iso- lieren. Durch Druck auf das Deckglas kann man oft den gleichen Effekt erzielen (Fig. 27, untere Heterocyste). In abgestorbenen und geschrumpften Heterocysten ist sie meist ohne Präparation sichtbar (Fig. 10, obere Heterocyste). Sie bleibt lange Zeit nach dem Ab- sterben des Protoplasten erhalten und verschwindet erst spät, wenn eine Verschleimung und Auflösung der Pektinschichte ein- getreten ist. Mit der Ausbildung der Zelluloseschichte geht oft, aber nicht immer, eine Größenzunahme Hand in Hand. Der Inhalt wird ärmer an körnigen Bestandteilen, die Rindenschicht verliert us grüne Färbung und die Heterocyste nimmt eine gelbe Farbe an.” Diese Erscheinung beruht wohl zum Teil auf dem Übrigbleiben des Karotins, welches nach der Kalimethode von Molisch® (17) zum Aus skrystallisieren gebracht werden kann. 1 Von dem eingezeichneten Inhalt ist in diesen und den folgenden Fällen zunächst abzusehen. 2 Daß die gelbe Färbung nicht der Membran, sondern dem Inhalt zu- zuschreiben ist, ist an vakuolisierten sowie an alten, inhaltsleeren Heterocysten sichtbar (vgl. z. B. Fig. 10 mit Fig. 2 und 11). 3 Einlegen auf mehrere Tage in 200/, (Gew.) KOH + 400), (Vol.) Alkohol. 228 Ba@extilen, Die Pori, durch die die vegetativen Zeilen miteinander in plasmatischer Verbindung stehen, bleiben bei der Bildung der Heterocysten erhalten und treten deutlich hervor, namentlich wenn in ihrer Umgebung die Zelluloseschichte stärker ausgebildet ist (vel: ZUB: (Fiss): Manche vegetative Zellen besitzen nur an einer Seite einen Porus mit Plasmaverbindung, nämlich alle Endzellen der Fäden. Dabei ist es gleichgültig, ob sich an die Zelie überhaupt keine mehr anreiht, oder ob sie an eine degenerierende oder tote (Spalt- körper etc.) angrenzt. Verwandeln sie sich in Heterocysten, so besitzen auch diese nur einen Porus. Das ist z.B. der Fall bei Tolypothrix, wenn die Scheinastbildung durch einen Spaltkörper eingeleitet wird (vgl. hierüber 7, p. 39 und Fig. 7 bis 9 meiner Tafel). Verwandelt sich eine Zelle im Fadenverlauf mit angrenzenden gesunden vegetativen Zellen in eine Heterocyste, so besitzt diese zwei Pori (siehe Fig. 3). Bei den mehrreihigen Fäden der Stigone- mataceen kann sie wahrscheinlich auch mehr besitzen. Demnach ergibt sich die Einteilung in terminale und inter- kalare Heterocysten, je nachdem sie aus terminalen oder inter- kalaren vegetativen Zellen entstanden sind. Man hat außerdem als Unterabteilung der terminalen basale (an der Basis der peitschen- förmigen Fäden der Rivulariaceen), als Unterabteilung der inter- kalaren laterale (in den mehrreihigen Fäden der Stigonemataceen) unterschieden. Ich nenne jede Heterocyste mit nur einem Porus terminal, auch wenn sie scheinbar im Fadenverlauf auftritt,' und jede mit zwei oder mehreren interkalar, auch wenn sie — wie es durch Abreißen manchmal vorkommt — scheinbar am Ende steht. Diese genetische Einteilung trifft das Wesen der Sache besser als die bloß deskriptiven Einteilungen nach der Stellung im Faden. Die Entwicklung der Heterocysten von ihrer Bildung aus den vegetativen Zellen an bis zu ihrem Tod stellt in der Regel keine stetig abfallende Kurve dar, wenn man auf der Ordinate den Grad der Degeneration des Inhalts und auf der Abszisse die Zeit auf- trägt. Vielmehr schaltet sich an einer bestimmten Stelle ein horizon- tales oder schwächer abfallendes Kurvenstück ein. Während dieser Zeit besitzt die Heterocyste ihre fertige Form und Größe, die Zelluloseschichte ist ausgebildet und der Inhalt zeigt ein gelb- liches Aussehen. Wie aus der Cytologie hervorgehen wird, wäre die Kurve besser so darzustellen, daß das erste absteigende Stück ansteigend zu zeichnen wäre (Entwicklung bis zur vollen Aus- bildung), darauf ein — ausgedehntes Maximum eintritt (Stillstand auf der vollen Ausbildung) und hierauf das Absteigen (Degeneration bis zum Schwund des Protoplasten) erfolgt.? 1 Tatsächlich bezeichnet sie immer das Ende eines Fadens. 2 Die Entwicklung erfolgt nicht immer in der angegebenen Weise. Manch- mal treten schon frühzeitig als Zeichen beginnender Degeneration Vakuolen auf (siehe Fig. 25, oberste Heterocyste). Lösung des Heterocysten-Problems. 229 Diese Erscheinung eines Stillstandes in der Entwicklung habe ich an jungen, kugelförmigen Kolonien von Nostoc commune, die noch aus einem einzigen Zellfaden bestanden, auf Agar beob- achtet. Obwohl ich nicht mit markierten Individuen, sondern mit ganzen Kolonien arbeitete, kommt mir diese Entwicklung doch ziemlich sichergestellt vor. Für die Fähigkeit, auf dem Stadium der vollen Entwicklung stehen zu bleiben, sprechen auch die Beobachtungen an im Winter gesammeltem Material: es zeigt immer eine Menge entwickelter, aber sehr wenige oder gar keine jungen Heterocysten. In diesem Stadium besitzt die Heterocyste eine bestimmte Färbung, die bei verschiedenen Formen meist verschieden en (welskign2;,3 und.tl). Der Entwicklungsgang der Heterocysten ist ganz analog dem der Dauerzellen, wenn sie unter Bedingungen stehen, die ein Aus- keimen verhindern. Zuerst erfolgt die Ausbildung bis zur Reife, dann tritt eine Ruheperiode ein und schließlich erfolgt der Tod. Daß es sich um keine bloß äußerliche Ähnlichkeit, sondern um eine wirklich analoge Erscheinung handelt, ließe sich zeigen, wenn es gelänge, die die Keimung verhindernden Faktoren aufzuheben. Solange die Heterocysten noch lebensfrisch sind, d. h. während der ersten Entwicklung und während der Ruheperiode, stehen sie mittels Plasmodesmen, die die Pori durchsetzen, in Verbindung mit den angrenzenden vegetativen Zellen. Das läßt sich durch ver- schiedene Mittel nachweisen. Kohl (14, p. 106) gibt die Methode mittels heißen Karbolfuchsins an, die aber den Nachteil hat, daß sich Gallerte und Scheiden stark mitfärben und so die Deutlichkeit der Bilder beeinträchtigen. Ich behandelte lebendes Material zunächst durch 8 Tage mit der von Molisch (17) zum Karotinnachweis empfohlenen Kalimethode und färbte dann 2 Stunden in konzen- trierter wässeriger Eosinlösung. Die die Pori der Heterocysten durchsetzenden Plasmodesmen sind dann als rosa gefärbte, feine Fäden sichtbar. Wandeln sich die an die Heterocysten anstoßenden vegetativen Zellen in Heterocysten um (bei interkalaren zu beiden Seiten, bei terminalen an einer), so wird die Plasmaverbindung zwischen der älteren und der in Bildung begriffenen Heterocyste aufgehoben und die jüngere zeigt an der der älteren Heterocyste benachbarten Seite keinen Porus, sondern nur einen an der an die vegetativen Zellen angrenzenden Seite. Diese Entwicklung kann in derselben Art weitergehen: es entstehen dann die bekannten Serien von Heterocysten, die bis zu zehn und darüber Individuen zählen können. An die älteste Heterocyste reihen sich beiderseitig (bei interkalaren) oder einseitig (bei terminalen) nach dem Alter in ab- steigender Linie terminale Heterocysten; die Pori befinden sich alle an der der ältesten Heterocyste abgekehrten Seite. Dieser Vorgang ist ein gesetzmäßiger, er erfolgt nie in anderer Weise. Die nächst ältere Heterocyste übt dieselbe Wirkung wie ein Spaltkörper oder 230 L. Geitler, sonst eine degenerierende Zelle aus. Ein Schließen der Pori der sich in terminale Heterocysten umwandelnden vegetativen Zellen, d. h. die Aufhebung der Plasmaverbindung, kann nicht verwundern, da dasselbe z. B. auch bei der Dauerzellenbildung eintritt. Zwischen der Ausbildung der Serien und der der Dauerzeilen scheint eine Korrelation zu bestehen. Wo die Tendenz zur Dauer- zellenbildung schwach ist (z. B. bei Nostoc Linckia und Nostoc microscopicum oder bei den Formen, denen Dauerzellen überhaupt fehlen), treten häufiger Serien auf als im umgekehrten Fall (z. B. bei Anabaena oscillarioides, Anabaena Hallensis, Cylindrospermum muscicola). Die Tendenzen hängen nicht nur vom Material ab, sondern sind auch durch Außenbedingungen Schwankungen unter- worfen. Die Anordnung, die die Bilder Kohl’s (14, Taf. c, 4 und Taf. g, 8) zeigen, bei der die Heterocysten untereinander in Kommunikation stehen, ist eine Ausnahmserscheinung, die bei Tolypothrix lanata häufiger auftritt (wenn auch im Vergleich zu der oben beschriebenen Weise selten), bei anderen Formen aber nur ganz vereinzelt. Sie stelit den Grenzfall zu einer von mir an Nostoc Linckia und anderen Nostoc-Arten, Scytonema Julianum, Tolypothrix lanata, Tolypothrix limbata, Stigonema minutum beobachteten, wahrscheinlich bei allen Formen möglichen Erscheinung dar. Es handelt sich um Hetero- cysten, die in Teilung begriffen zu sein scheinen. Fig. 6 stellt einen Fall dar, wie ich ihn nur an Tolypothrix lanata beobachtete. Es scheint sich hier die Heterocyste in drei Teile zu teilen. Im unteren Teil sieht man nur eine Einschnürung, während im oberen sich die Querwand bereits gegen die Mitte zu schließen scheint. Ver- breiteter ist der in Fig. 7 abgebildete Fall. Ich beobachtete (an verschiedenen Exemplaren) alle Stadien von der Einbuchtung der Membran am Äquator bis zum Zusammenschluß der Querwand, wobei aber ein Porus offen bleibt. Dies ist der von Kohl abge- bildete Grenzfall. Brand (7) hat dieselbe Erscheinung an Tolypo- Ihrix penicillata beobachtet (vgl. seine Abb. 10 und 11, Taf. 2) und sie als Teilungsstadien der fertigen Heterocysten angesehen, ohne die Entwicklung an einem Individuum verfolgt zu haben. Paila (18, Fig. 21, 22, Taf. XXIV) hat sie ebenfalls an Tolypothrix lanata gefunden. Ich verfolgte einige solcher Heterocysten auf Agar, ohne das -geringste Wachstum feststellen zu können. Somit handelt es sich nur um in Teilung begriffene vegetative Zellen, die ihre Teilung unterbrochen haben! und deren beide noch nicht voll- ständig voneinander getrennte Zellhälften sich als ein Individuum in eine Heterocyste umgebildet haben. Während der Umbildung erfolgen noch kleine Veränderungen, wie Abrundung der Formen, so daß die fertige Doppelheterocyste nicht genau dasselbe Aussehen wie die ursprüngliche in Teilung begriffene vegetative Zelle besitzt. 1 Nach der Ansicht Fischers (9) können Zellteilungen bei Schizophyceen an jeder beliebigen Stelle der Entwicklung unterbrochen werden. Lösung des Heterocysten-Problems. Bot Einen besonderen Fall terminaler Heterocysten stellen jene dar, bei welchen die Zellulosemembran an der den Porus besitzen- den Querwand fehlt, so daß hufeisenförmige Formen entstehen. Solche Heterocysten zeichnet auch Palla (18, Taf. XXIV, Fig. 1, 2 und 9). Im Inneren der Pektin- und Zelluloseschichten befindet sich der Protoplasmakörper. Er ist, wenn die Heterocyste vollentwickelt ist, von einer besonderen Membran rundum umgeben, die sehr dünn ist, wie die Membran der Keimlinge in den Dauerzellen. In prallen, lebensfrischen Heterocysten ist sie nur schwer sichtbar, da sie durch den Turgor des Protoplasten eng an die Zelluloseschicht an- gepreßt wird. Dagegen ist sie in abgestorbenen Exemplaren mit geschwundenem Protoplasma leicht bemerkbar (siehe Fig. 10, obere Heterocyste). Sie ist durch Plasmolyse wie die Membran der vege- tativen Zellen nur schwer abzuheben, manchmal gelingt es, sie durch 33°/, Chromsäure sichtbar zu machen, meist dann, wenn der Inhalt bereits vakuolisiert ist. Bisher wurde von einem zwar nicht so wichtigen, wie Kohl glaubt, aber häufig auftretenden Inhaltsbestandteile der Heterocysten abgesehen. Das’sind die Verschlußkörper Kohls, die Cyanophycin- körnchen Borzis (5) u.a. Autoren, die Eiweißkrystalloide Heglers (11). Auf ihren cytologischen Wert wird später eingegangen werden. Hier kommt es zunächst auf ihre physiologische Bedeutung an. Die Ansicht Heglers, detzufolge sie Reservestoffe darstellen, kann durch nichts bewiesen werden. Nie kann man ein Schwinden beobachten, vielmehr trifft man sie in abgestorbenen und aus dem Fadenverband gelösten Heterocysten häufig an. Nach der Auffassung Kohls wären sie den Kallusplatten in Siebröhren analoge Bildungen. Zunächst ist zu bedenken, daß sie fehlen können,” ohne daß die Entwicklung der Heterocysten irgendeine Abänderung erlitte. Ich habe diese Erscheinung an markierten Individuen (z. B. von Nostoc Linckia) oft festgestellt. Fig. 2, 25 und 27 zeigen noch grüne, in Bildung begriffene Hetero- cysten, die keine Verschlußkörper besitzen. Also können diese Körper die Funktion eines Verschlusses der Pori, die die typische Entwicklung der Heterocysten im Gefolge hätte, nicht ausüben. Dazu kommt, daß sie meistens, wenn sie überhaupt auftreten, nicht die von Kohl beschriebene Gestalt zeigen. Nur selten besitzen sie einen kegelförmigen Auswuchs, der in den Porus hineinreicht. Meistens sind sie auch nicht von dickflüssiger Konsistenz, wie Kohl angibt, sondern liegen in Form krystalloider Körnchen vor dem Porus (siehe Fig. 2, obere Heterocyste). In der Mehrzahl der Fälle liegen sie innerhalb der den Protoplasten umschließenden 1. Dieses Mittel verwendete Gomont (10) zum Nachweis der Membranen der vegetativen Zellen, 2 Das hat auch Hegler konstatiert (11, p. 305). 232 ISAGTeNHlen, Membran (Fig. 9, untere Heterocyste) seltener zwischen dieser und der Zelluloseschichte. Um die polaren Körnchen, sowie die Heterocysten überhaupt näher zu präzisieren, muß auf die Cytologie eingegangen werden. Dies ist nicht leicht bei der großen Zahl der auf diesem Gebiet herrschenden Meinungen. Ich habe mich im großen und ganzen auf die wertvolle Arbeit Baumgärtels (1) gestützt, die ich nach- prüfte und deren Ergebnisse! mir den Tatsachen zu entsprechen scheinen. Ich muß sie als bekannt voraussetzen und will hier nur bemerken, daß Baumgärtel folgende Teile des Schizophyceen- protoplastes unterscheidet. Zu äußerst findet sich eine gefärbte Schicht, das Chromato- plasma, die das ungefärbte Zentroplasma umgibt. Letzterem sind eingelagert die Plasten: die Endoplasten, die die Hauptmasse des »Zentralkörpers« ausmachen und von flüssiger bis steifgeliger Beschafienheit sein können; ihnen angelagert sind die Epiplasten, durch ihre leichte Tingierbarkeit mit Methylenblau ausgezeichnet (ihnen entsprechen die Zentralkörner Kohls); endlich die Ectoplasten, die dem ganzen Aggregat von Endo- und Epiplasten außen auf- sitzen und daher peripher zu liegen kommen (sie sind mit den Cyanophyeinkörnern der meisten älteren Autoren identisch). Die stark lichtbrechenden Körnchen, die man in Dauerzellen regelmäßig antrifft (Fig. 1) und mit denen unter extremen Verhält- nissen auch vegetative Zellen? angestopft erscheinen können (Fig. 26), sind keine Cyanophycinkörnchen, sondern steifgelige Endoplasten. - Fig. 1 und 7 zeigt die mehr flüssigen Endoplasten mit ange- lagerten Epiplasten. Fig. 3, 4, 10, 28 gibt ein Bild? des lebenden Materials. Fig. 2 veranschaulicht die Veränderungen, die der Protoplast der vegetativen Zellen während seiner Umbildung in die Hetero- cysten erleidet. Die Endoplasten rücken auseinander und die Farbe geht von blaugrün über gelbgrün in gelb über. — Nicht immer sind die Endoplasten in den Heterocysten so deutlich geschieden und leicht sichtbar. Meist werden sie größer, flüssiger und schwächer lichtbrechend (Fig. 1). Oft geht das so weit, daß das Innere homogen erscheint (siehe z. B. Fig. 6, 11). Daß dies nicht wirklich der Fall ist, 1äßt sich durch Rarbuns mit Methylenblau zeigen: die Fee treten deutlich hervor (Fig. %)% 1 Soweit sie nicht theoretischer Natur sind, wie die Deutung des zentralen Plasmas als offenen Zellkern, wovon aber in dieser Arbeit abgesehen werden kann. 2 Hieronymus (12, p. 489) hat diese Erscheinung als »Cyanophyeinnose« beschrieben. 3 Die Abbildungen sind keine idealen Schnitte, sondern geben das Objekt unschematisiert so wieder. wie es im Mikroskop bei Einstellung auf die Mitte erscheint. Lösung des Heterocysten-Problems 233 Diese Bilder stimmen im wesentlichen mit denen Baum- gärtels überein (1, Taf. 3, Fig. 39, 56). Er ist der erste, der den Zellinhalt der Heterocysten cytologisch richtig gedeutet hat. Der Inhalt ist nicht degeneriert, die einzelnen Bestandteile der normalen vegetativen Zellen sind auch noch in den vollentwickelten Hetero- ceysten enthalten. Das Pigment des Chromatoplasmas verschwindet zwar, was aber als keine Degenerationserscheinung der ganzen Zelle aufgefaßt werden kann, da dasselbe auch bei den Dauerzellen erfolgt. Diese Ansicht wird durch das folgende Kapitel bestätigt, welches zeigen wird, daß der gelbe Inhalt zu ergrünen vermag und keimungsfähig ist. Die spätere Degeneration, wie sie in den Heterocysten nach einiger Zeit normalerweise eintritt, gibt sich dadurch kund, daß die Endoplasten zusammenfließen und Vakuolen! entstehen.? Die Epiplasten sind nicht mehr nachweisbar und mit Methylenblau tritt eine gleichmäßige Färbung zuerst des Zentroplasmas und dann des gesamten Protoplasten überhaupt ein. Die polaren Körnchen in den Heterocysten sind nach Baum- gärtel bald Epiplasten, bald Ectoplasten. Was ihre Physiologie anlangt, so teile ich die Ansicht Baumgärtels (!, p. 140): »Daß solche Bildungen an den Querwänden der Grenzzellen auftreten, läßt sich erklären, wenn man bedenkt, daß die Endoplastensubstanz in Form einer großen zentralen Vakuole das Innere der Hetero- cysten erfüllt, deren Chromatoplasma sein Pigment verloren hat. Es wird dann auch die Bildung von Kohlehydraten in den Grenz- zellen abnehmen und durch die stark verdickten Wände auch eine Ernährung nach Art der Saprophyten erschwert sein; die Zufuhr von Assimilaten kann nur aus den Nachbarzellen durch die er- wähnten Poren der Querwände erfolgen. Und wo die zuströmenden Assimilate mit der liquiden Endoplastensubstanz zusammentreffen, also an der inneren Mündung der Heterocystenquerwandporen, bis zu welcher die Vergrößerung der zentralen Vakuole bald reicht, entstehen jene Bildungen als Verschlußkörper, welche in den nor- malen vegetativen Blaualgenzellen die Oberfläche der Endoplasten besetzen.« Es ist noch zu bemerken, daß unter Umständen auch in den vegetativen Zellen polare Körnchen an fast allen Formen zu be- obachten sind. Bei Formen mit breiten Zellen liegen Sie zu vielen an den Querwänden, bei solchen mit schmalen auch oft in der Einzahl (z.B. charakteristisch für Zyngbya bipunctata. Vgl. Lemmer- mann 15, p. 102, Fig. 12, von mir häufig an Nostoc ellipsosporum 1 Baumgärtel hält das Zusammenfließen der Endoplasten und die Vakuolen- bildung nicht auseinander, was mir nicht richtig zu sein scheint. 2 Meist tritt nicht eine zentrale, wie angegeben wird, sondern eine seitliche Vakuole auf (siehe Fig. 25), in der oft kleine Körperchen in lebhafter Brownscher Molekularbewegung begriffen sind. 234 L. Geitler, beobachtet). Es sind dies also keine den Heterocysten eigentüm- lichen Bildungen. Daher wird. man ihnen auch keine besondere Bedeutung gerade für die Heterocysten zuschreiben. Keimungen von Heterocysten. Aus den bisher mitgeteilten morphologischen und cytologischen Befunden geht einerseits hervor, daß die Ansicht, die in den Heterocysten nur degenerierende Zellen sieht, der. Fülle der Er- scheinungen nicht gerecht wird, andererseits, daß die Heterocysten auch keine Reservestoffbehälter, Fortpflanzungsorgane oder der Befruchtung der Dauerzellen dienende Organe sind. Man kommt zu dem Schluß, daß sie überhaupt keine ihrem Bau adäquate Funktion besitzen, daß es sich um typische funktionslose Organe handelt, die zwar in manchen Fällen Funktionen ausüben, wie Fadenunterbrechung, die aber in keiner engeren Beziehung zu ihrem Bau stehen, als z. B. die Unterbrechung, die bei der Dauer- zellenbildung auftritt zum Bau der Dauerzellen. Wie verfehlt wäre es, die Funktion der Dauerzellen in ihrem Herausfallen aus dem Faden zu erblicken. Man stelle sich vor, daß die Dauerzellen im Laufe der Entwicklung ihr Keimungsvermögen eingebüßt hätten und man hat einen den Heterocysten analogen Fall. Wenn diese Auffassung der Heterocysten als funktionslose Organe, die ehemals besondere und wichtige Funktionen besessen haben, die sich in ihrem Bau noch jetzt ausdrücken — sofern keine sehr weitgehende Reduktion erfolgte — richtig ist, so kann sie durch Rückschlagserscheinungen in die alte Funktion bewiesen werden.! Gelingt dies, so erfährt man gleichzeitig auch, welches die ehemalige Funktion war. Eine solche primäre oder relativ primäre (denn sie kann selbst wieder die Folge eines Reduktions- vorganges sein) Funktion wird daran kenntlich sein, daß sie eine befriedigende Erklärung des Baues der Heterocysten ermöglicht. Denn zwischen den Funktionen eines Organs und seinem Bau herrschen die engsten Beziehungen. Letzterer ist nur der sichtbare Ausdruck ersterer. Ich hatte in vereinzelten Fällen (an Nostoc punctiforme, N. Linckia, N. carneum, N. microscopicum, Tolypothrix limbata) fertig ausgebildete Heterocysten beobachtet, die einen lebhaft blau- grünen, wenn auch — geschrumpften, zweigeteilten Inhalt zeigten. Später gelang es mir, die noch lebensfrischen Stadien aufzufinden. Die Heterocysten haben einen Inhalt vom Aussehen des in keimen- den Dauerzellen vor dem Aufspringen der Membran vorhandenen. Er besitzt ein deutlich sichtbares Chromatoplasma, ist somit lebhaft blaugrün gefärbt, und zwar dunkler als die vegetativen Zellen, 1 Im Falle einer starken Reduktion, die einen Rückschlag nicht mehr zuließe, würde es bei der bloßen, zwar sehr wahrscheinlichen, aber nicht beweisbaren An- nahme bleiben. Lösung des Heterocysten-Problems. 233 und führt große, stark lichtbrechende Körnchen (Ectoplasten)! (Fig. 8). Manchmal ist eine Teilung eingetreten, wobei die Zahl der Körnchen und die Intensität der Färbung (die aber noch immer größer als die der vegetativen Zellen ist) abgenommen hat (Fig. 9). Diese Fälle traten in Agarkulturen auf. Fig. 27 zeigt ein Stück einer Serie von drei Heterocysten. Die interkalare besitzt einen zweigeteilten Inhalt vom Aussehen eines Keimlings, die anstoßenden terminalen sind noch in Bildung begriffen. Die beiden Membran- schichten der Heterocysten mit zweigeteiltem Inhalt sind durch Druck auf das Deckglas sichtbar gemacht. In einem alten Kulturglas gelang es, bei genauer Durchmusterung des Materials, d.h. wenn man beispielsweise einen Nachmittag lang kleine Partien des Materials untersuchte, eine Anzahl (etwa fünf bis zehn) solcher Heterocysten zu finden. Die cytologische Untersuchung zeigte, daß sich der Inhalt in nichts von dem der vegetativen Zellen unterschied (siehe Fig. 26). Der Gedanke liegt nahe, diese Erscheinungen als Keimungs- vorgänge aufzufassen. Zu erweisen war nur, daß es sich nicht vielleicht um Heterocysten handelt, deren Inhalt gar nicht »degene- riert« war, d. h. seine grüne Färbung nicht verloren und die damit zusammenhängenden Veränderungen nicht erlitten habe, wodurch dieser Erscheinung keine weitere Bedeutung zukäme. Daß es sich wirklich um Ansätze zu einer Keimung handelt, geht aus dem folgenden Fall hervor, der den Schlüssel zur ganzen Heterocysten- Frage liefert. Mitte Jänner sammelte ich frisches Material von Xostoc commume. Ein Teil wurde auf feuchtem Sand unter einer Glas- glocke weiter kultiviert, ein anderer in Nährlösung gebracht, und zwar so, daß die in Stücke zerrissenen Thalli untergetaucht lagen, ein dritter auf Agar geimpft und ein vierter auf Gypsstücke, die in Nährlösung lagen, übertragen. Das Ausgangsmaterial zeigte das normale Aussehen von Nostoc commume. Olivengrün gefärbte Zellfäden wurden von schwach gelblichen Heterocysten unterbrochen. Vereinzelt waren Serien von drei Heterocysten anzutreffen. Die Membran der Hetero- cysten war stark lichtbrechend und verriet dadurch die Anwesen- heit der Zelluloseschichte, die auch mittels Chlorzinkjod nach- gewiesen werden konnte Die äußere Schichte war durch ihre größere Mächtigkeit an den Polen sichtbar und trat bei Behandlung mit Plasmolytica deutlich hervor. Der Inhalt war fast homogen und blaßgelb gefärbt. In Fig. 18, links, ist eine solche Heterocyste 1 Sie quellen allerdings in KOH nicht immer und färben sich auch mit Säure- fuchsin nur schwer. Daher ist es nicht ganz sicher, ob es sich um typische Ecto- plasten handelt. Von den steifgeligen Endoplasten unterscheiden sie sich durch ihre leichte Löslichkeit in verdünnter HCl und H,SO,. Sie liegen nicht immer peripher (das gibt auch Fischer, 9, p. 113, für die Cyanophyeinkörner an). Ich habe sie im folgenden einfach als »stark lichtbrechende Körnchen« bezeichnet. “ Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt.I, 130. Bad. 17 RD 36 £ L. Geitler, abgebildet. Außerdem kamen noch Heterocysten vor, die sich durch die mächtige Ausbildung der äußeren Membranschicht von den er- wähnten unterschieden (siehe Fig. 11). Sie sind bei Nostoc commumne keine seltene Erscheinung. Besonders häufig treten sie in alten Agarkulturen auf, wo die Pektinschichte oft abnorm große Dimen- sionen annimmt. Polare Körnchen waren nur in wenigen Exem- plaren sichtbar. Nach drei Wochen traten in den untergetaucht in Nährlösung liegenden Thalli die in Fig. 12 bis 24 dargestellten Erscheinungen auf. Neben Heterocysten vom normalen Aussehen waren in großer Zahl (in manchen Thallusstücken bis 25°/,) keimende Heterocysten anzutreffen. Manche besaßen einen intensiv dunkelgrünen, mit stark lichtbrechenden Körnchen angefüllten Inhalt (Fig. 17). Bei anderen war der Inhalt "zweigeteilt (Fig. 18, 14, 16, 18, 227 25), Een waren aufgesprungen, wobei der Inhalt zutage trat (Fig. 12, 19, 20, 21, 24). Aus manchen waren längere Zellfäden herausgewachsen (Fig. 15), die, je mehr Zellen sie besaßen, desto heller, aber noch immer lebhafter als die vegetativen Fäden des Ausgangsmaterials, gefärbt waren und desto weniger Körnchen führten. Die Membran der keimenden Heterocysten war auffallend schwach lichtbrechend, so daß die Zelluloseschichte zu fehlen schien. Es waren auch in der Tat weder an den geschlossenen noch .an den aufgesprungenen keimenden Heterocysten zwei Schichten sichtbar. Mit Chlorzinkjod und den anderen Jod-Zellulose- reaktionen war nie eine Violett-, beziehungsweise Blaufärbung zu erzielen, die an den ungekeimten Heterocysten derselben Präparate immer eintrat. Die beiden Extreme waren durch Zwischenstufen verbunden, bei welchen der Inhalt schwach grün und wenig körnig erschien und die Zelluloseschichte sehr dünn war und sich nur schwach färbte. Nie war an einer Heterocyste, die soweit ent- wickelt war wie die in Fig. 17 dargestellte, oder in der gar eine Zweiteilung stattgefunden hatte, die Zelluloseschichte mehr nach- weisbar. Die Membran der keimenden Heterocysten schwankte in ihrer Dicke und in ihrem Lichtbrechungsvermögen je nachdem es sich um ‘eine Heterocyste der in Fig. 11 oder in Rie’ 18, Inkerdz gestellten Art handelte. Oft war sie so dünn, daß sie bei un- geteiltem Inhalt kaum sichtbar war. War der Inhalt zwei- oder mehrgeteilt, so war sie an den Einbuchtungen der Keimlingszellen erkennbar (Fig. 18. In diesem Fall ist sie überdies durch ihre Mächtigkeit an dem einen Pol sichtbar). Die Dünne der Membran ist leicht erklärlichh wenn man sich die in Fig. 18, links, einge- zeichnete Zelluloseschichte weg denkt. Fig. 12, 16 und 19 zeigen Keimlinge, die aus Heterocysten mit dicker äußerer Membranschicht entstanden sind. Die ganze Erscheinung war sehr auffallend, zumal die meisten keimenden Heterocysten noch im Fadenverband standen Er Lösung des Heterocysten-Problems. 237 und der Unterschied in der Färbung des Keimlings und den alten vegetativen Zellen sehr groß war. Fig. 13 zeigt diese Verhältnisse. Es handelt sich in diesen Fällen nicht um nachträgliche Weiterentwicklung noch unfertiger Heterocysten, die noch keine Zelluloseschicht ausgebildet haben, da bei solchen die äußere Membran- Sehicht nie so dick ist, wie die der Fig. 12, 16, 19, 22. Außer- dem waren im Ausgangsmaterial nur verschwindend wenige un- ausgebildete Heterocysten (wie es an Wintermaterial Regel ist), die in gar keinem Verhältnis zur Zahl der Keimungen standen. Um den exakten Nachweis zu erbringen, daß es sich wirklich um eine Keimung fertig ausgebildeter Heterocysten, bei der die Zellu- loseschicht verschwindet, handelte, zerlegte ich frisch gesammelte Thalli in so kleine Stückchen, daß sie unter dem Mikroskop voll- kommen durchmustert werden konnten. Dabei wurden solche, die noch unentwickelte Heterocysten besaßen, ausgeschlossen. Die anderen kamen in Nährlösung. Nach zirka drei Wochen zeigten sich dieselben oben beschriebenen Stadien. Aus den Fig. 11 bis 24 gehen die näheren Details der Keimung hervor. Sie erfolgt sowohl an interkalaren wie an terminalen Heterocysten. In der Regel tritt die erste Teilung vor dem Öffnen der Membran ein. Im gegenteiligen Fall ist die austretende Zelle abnorm groß (Fig. 12). Der Vergleich der Fig. 11 und Fig. 12 zeigt deutlich die bei der Keimung auftretende Veränderung in der Farbe und Beschaffenheit des Inhaltes und den Schwund der Zellulose- schicht. Der Keimling tritt entweder seitlich hervor (Fig. 12, 20, 21, 24), was durch eine auf die Längsachse der Heterocysten schiefgestellte Teilungsebene vorbereitet ist (Fig. 22), oder polar (Fig. 13, 14), letzteres meist bei terminalen oder hufeisenförmigen Heterocysten. In diesem Falle schnürt die dem Porus anliegende Zelle — ähnlich wie bei der Sprossung — eine kleinere Zelle ab, die sich durch den Porus zwängt und ihn durch ihr Wachstum dilatiert. Cytologisch unterscheiden sich die Keimlinge in nichts von den gewöhnlichen vegetativen Zellen von Nostoc commmune. Wie es mir bei Nostoc commume überhaupt schwer gelungen ist, schöne Endo- und Epiplastenbilder zu bekommen, da leicht Überfärbung eintritt, so war es auch der Fall bei den Keimlingen. Mit saurem Methylenblau erhielt ich meist den Zentralkörper, wie er in Heglers (11) Photogrammen dargestellt ist (siehe Fig. 19, 23, 24). In manchen Fäden sieht man große Epiplasten (die Zentralkörner Kohls), die sich im lebenden Zustand als stark lichtbrechende Kugeln vom übrigen Zellinhalt abheben (Fig. 15). Sie färben sich stark mit Methylenblau (siehe die ein anderes Objekt darstellende Fig. 26, oben). In noch ungeteilten oder zweigeteilten Keimlingen sieht man mitunter polare Körnchen (Fig. 16, 17). Sie sind keine Verschlußkörper im Sinne Kohls, sondern mit den im übrigen Zellinhalt verteilten, stark lichtbrechenden Körnchen identisch. 238 ..@eitller, Fig. 24 zeigt eine keimende Heterocyste im Fadenverlauf: der Keimling ist lebensfrisch, die Zellen des Fadens abgestorben, wie aus ihrer gleichmäßigen Blaufärbung ersichtlicht ist. Der Schwund der Zellulosemembranschicht, dieses für die Heterocysten so charakteristischen und rätselhaften Gebildes, ist sehr bemerkenswert. Die Annahme ist berechtigt, daß sie als Reserve- zellulose dient, die bei der Keimung verwendet wird. Das zeitliche Zusammenfallen des Verschwindens mit der Keimung kann kein zufälliges sein, da es im Falle einer vollständigen Keimung bei allen Heterocysten eintritt und die Zelluloseschichte, wie erwähnt, ansonsten sehr widerstandsfähig ist und in abgestorbenen Hetero- cysten noch lange erhalten bleibt. Auch zeigten sie die unge- keimten Heterocysten in denselben Präparaten immer. Die Keimung trat nur bei den untergetaucht in Nährlösung liegenden Thalli ein. Kulturen auf relativ trockenen Substraten zeigten keine Keimungsstadien. Am günstigsten wirkte Zimmer- temperatur. Auf einem ungeheizten Gang traten bedeutend weniger Keimungen auf; Warmhaustemperaturen wirkten ebenfalls hemmend. Diese Beschreibung der Keimung der Heterocysten von Nostoc commmmne weicht von der Brands (6) beträchtlich ab. Die von ihm beobachteten Keimlinge zeigten eine hellere Färbung als die vegetativen Zellfäden, besaßen einen fast homogenen Inhalt und kleinere Dimensionen. Das erklärt sich daraus, daß Brand eine Keimung gar «nicht beobachtet hatte, sondern verschiedene, am Freilandmaterial beobachtete Stadien in eine konstruierte Auf- einanderfolge brachte. Er beobachtete 1. aufgesprungene Hetero- cysten, die einen »fast homogen aussehenden, zwar wenig gefärbten, aber durchaus nicht wässerigen, sondern elastisch konsistenten, kugelförmigen Inhalt« austreten ließen (seine Fig. 21). Dies kann man durch Druck auf das Deckglas, speziell bei Nostoc commume sehr leicht, an gewöhnlichen Heterocysten jederzeit erzielen. ? 2. sah er »in vereinzelten Fällen« Heterocysten mit zweigeteiltem Inhalt, deren Membran in zwei oder mehr Stücke zersprungen war (Fig. 3). Dies ist eine Kombination der unter 1! angeführten Er- scheinung mit den von mir am Eingang dieses Kapitels mitgeteil- ten Fällen von Heterocysten mit zweigeteiltem Inhalt, die zwar Ansätze zu einer Keimung darstellen und als solche wertvoll sind, aber als Keimung selbst nicht angesehen werden können. 3. beob- achtete er kleinere und schwächer gefärbte Fäden (Fig. 1), die er 1 Zu Brands Abbildungen ist zu bemerken, daß sie schematisiert sind, daher der Wirklichkeit nicht entsprechen. Seine Heterocysten besitzen polare Membranauswüchse, die nicht existieren (sie stellen wohl die polaren Körnchen vor). In diesem Punkt ist Kohls Polemik (14, p. 199) richtig. Auf die Strukturen der Membran ist er überhaupt nicht eingegangen. 2 Diese Erscheinung tritt auch manchmal spontan ein, ohne daß dabei an eine Keimung zu denken wäre. Bornet und Flahault (3, 7, p. 211) machten diese Beobachtung an Nostoc mieroscopicum. Lösung des Heterocysten-Problems. 239 als vorgeschrittene Keimlinge ansah, wozu kein Grund vorhanden ist; es handelt sich einfach um degenerierende vegetative Zellfäden. Brand hat selbst den Beweis geliefert, daß es sich bei diesen drei Beobachtungen um Degenerationserscheinungen handelt (also daß sie einer Keimung gerade entgegengesetzt sind): Die Hetero- cysten und »ihre Derivate« färbten sich mit Methylenblau schon nach kurzer Zeit gleichmäßig blau, während in den vegetativen Zellen der Zentralkörper sichtbar wurde. Er verficht also eine gute Sache mit schlechten Gründen, weshalb wohl auch die Arbeit ohne wesentlichen Einfluß auf das Verständnis der Heterocysten blieb. Er betrachtete selbst seine Beobachtungen als Ausnahmeerschei- nung, die seiner Meinung nach nur dafür spricht, daß der Inhalt der Heterocysten nicht tot sei und hielt im übrigen die Heterocysten für Reservestoffbehälter (7, p. 44). Seine diesbezüglichen an Freiland- material gewonnenen Beobachtungen, daß die Heterocysten nach Regen ihren Inhalt an die benachbarten vegetativen Zellen abgeben, die dann ein lebensfrischeres Aussehen als die entfernteren be- sitzen, sind unbewiesene Annahmen. Ich habe sie nie bestätigt gefunden. Es schien natürlich wünschenswert, Keimungsvorgänge auch an anderen Formen festzustellen. Im folgenden seien die noch nicht erwähnten Fälle, in denen eine Keimung oder Ansätze dazu zu beobachten waren, mitgeteilt. Ende Jänner wurden frisch gesammelte Kolonien von Nostoc ellipsosporum auf dieselbe Weise wie Nostoc commune behandelt, d. h. zerzupfte Thallusstücke in Nährlösung gebracht und bei Zimmertemperatur aufgestellt. Nach zirka einem Monat konnten Heterocysten mit dunkelgrünem, häufig zweigeteiltem Inhalt be- obachtet werden. In der Mehrzahl der Fälle war die Zellulose- schicht nicht mehr vorhanden (Fig. 10). Fig. 28 zeigt eine Hetero- cyste mit erhaltener Zellulosemembran, deren Keimling keinen so lebensfrischen Eindruck wie in den Fällen mit rückgebildeter macht. - Austreten der Keimlinge konnte nicht beobachtet werden, was wohl an der Spärlichkeit der im Material enthaltenen keimenden Heterocysten überhaupt gelegen ist. An Nostoc Linckia (aus dem schon erwähnten Kulturglas) beobachtete ich ebenfalls keimende Heterocysten, die keine Zellu- loseschicht besaßen (Fig. 25, mittlere Heterocyste). Fig. 27 stellt eine Heterocyste mit zweigeteiltem Inhalt mit einer solchen dar; die vegetativen Zellen leiden an »Cyanophyeinnose«.! Wie in allen Fällen, in denen die Zelluloseschicht nicht aufgebraucht wird, ist der Keimling nicht weiter entwicklungsfähig. Das verrät sich schon dadurch, daß er nicht die ganze Heterocyste ausfüllt. Er ist 1 An der Glaswand über dem Wasserspiegel waren eine Reihe solcher an »Cyanophycinnose« leidenden Kolonien angeklebt. Sie fielen durch ihre rotbraune .. ge a 5 Färbung auf. 240 Geiler, zwar noch lebend, liegt aber in einer gleichmäßig durch Methylen- blau färbbaren, im lebenden Zustand farblosen Substanz. Früher oder später schrumpft er und stirbt ab. Von Nostoc microscopicum besaß ich ein Präparat, welches im August angefertigt worden war. Damals entgingen mir die in ihm enthaltenen Stadien keimender Heterocysten. Nachdem ich auf die ganze Frage aufmerksam geworden war, bemerkte ich eine Reihe von Keimungen, aus denen die in Fig. 29 und 30 dar- gestellten herausgegriffen sind. Zwei junge, kugelige Kolonien waren lebend in Glyzeringelatine eingelegt worden. Die vegetativen Zellen- waren fast gar nicht geschrumpft! und zeigten nahezu die natürliche Färbung. In dem Präparat befanden sich außer normalen, ungekeimten Heterocysten solche mit zweigeteiltem Inhalt und offene 'terminale (hufeisenförmige), aus denen Keimlinge austraten. Am häufigsten war eine der in Fig. 25 von Nostoc Linckia dar- gestellten Anordnung analoge. Fig. 29 zeigt den Unterschied in der Farbe zwischen dem zweizelligen Keimling, der gerade aus der Heterocyste austritt, und den vegetativen Zellen, Nach oben zu schließt sich im Präparat noch eine intercalare Heterocyste an und darüber hinaus die Ergänzung der Serie. Zwischen den Heterocysten befinden sich gelb bis braun gefärbte, degenerierte vegetative Zellen (wie in Fig. 25). Fig. 30 stellt ebenfalls ein Stück einer Serie dar: zu oberst eine leere interkalare, darunter eine terminale, aus der ein vierzelliger Keim- ling ausgetreten ist, daran anschließend eine degenerierte vege- tative Zelle und — in der Figur nicht mehr sichtbar — eine junge terminale mit vegetativen Faden. In allen in dem Präparat ent- haltenen Fällen ist der Unterschied zwischen den blaugrünen Keimlingen und den olivengrünen vegetativen Fäden sehr deutlich. Die gekeimten Heterocysten besitzen keine Zelluloseschicht, was aus ihrem geringen Lichtbrechungsvermögen ersichtlich ist (vgl. die interkalare und die gekeimte terminale Heterocyste in Fig. 30). Das Präparat, das an sich nicht beweisend wäre, ist eine brauch- bare Ergänzung zu den Beobachtungen an Nostoc commaune. An Amabaena Hallensis, die von einer nahezu vertrockneten Agarkultur in Nährlösung gebracht wurde, waren die in Fig. 3 bis 5 dargestellten Erscheinungen zu beobachten. In einer Reihe von Fällen hatte sich der Inhalt, ohne zu ergrünen, in zwei, drei oder. vier. Teile geteilt I(Fig. "3,: 58)... Die. "Zeillulosesehiehre wer erhalten. In einigen war der Inhalt größer geworden und ergrünt, die Zelluloseschicht war rückgebildet. An den Polen, wo sie dicker ist, waren noch Reste erhalten (Fig. 4). Offnung der Hetero- cysten konnte nicht beobachtet werden, da die Kultur einging, 1 Da bei den Schizophyceen Plasmolyse wegen des Fehlens größerer Zellsaft- vakuolen nur schwer zu erzielen ist, kann man leicht ungeschrumpfte Präparate in Glyzeringelatine herstellen, wenn man dafür sorgt, daß die Gelatine nicht zu schnell erstarrt, so daß die Zellen- Zeit finden, sich mit ihr zu sättigen. r Lösung des Heterocysten-Problems. 241 wie die eintretende Gelbfärbung der vegetativen Zellen zeigte. Es scheint somit Mangel an Nährstoffen eingetreten zu sein, was auch das Nichtergrünen der meisten Keimlinge erklärt. Dieser Fall zeigt besonders deutlich, daß der Inhalt deshalb, weil er gelb ist, noch nicht degeneriert zu sein braucht. Als Ausgangsmaterial wurde nur solches mit vollentwickelten Heterocysten verwendet, so daß es sicher ist, daß es sich um Rückbildung der Zelluloseschicht handelt, da die Keimung schon nach 14 Tagen erfolgte, in welcher ‘ Zeit die Bildung neuer Heterocysten nicht soweit vorgeschritten sein kann. Auch spricht die Fig. 4 unmittelbar gegen eine solche Annahme, da die Ausbildung der Zelluloseschicht an den Polen nicht soweit gediehen sein kann, ohne daß auch am Äquator eine ähnliche Ausbildung erfolgte.! Diskussion der Resuitate. Keimungsvorgänge an Heterocysten im weiteren Sinn (Er- grünung oder Teilung des Inhalts) wurden beobachtet an: Nostoc punctiforme, » Linckia, »....cavneum, » ellipsosporum, » commume, » MiCroScopicum; Anabaena Hallensis; Tolypothrix lanata, > limbata. Rückbildung der Zelluloseschicht an: Nostoc ellipsosporum, » commune, » MICVOSCOPIcUM. Austreten des Keimlings an: Nostoc commune, » MÄCTOSCOpicum. 1 Ich versuchte außerdem folgende Mittel, um die Heterocysten zum Keimen anzuregen: Ätherisierung (24 und 48 Stunden in 0:10), Ätherwasser); Warmbad; vorübergehende Plasmolyse (Eintauchen in konzentriertes und auf 1/, verdünntes Glyzerin); Giftwirkungen (1 bis Stägiges Verweilen in Lösungen verschiedener Kon- zentration von NaCl, FeSO,, Urannitrat, Zitronensäure); vorübergehende Einwirkung von stark konzentrierten alkalischen, neutralen und sauren Nährlösungen. Nach den Versuchen wurde das Material in frische Nährlösung (normaler Konzentration) gebracht. Es erfolgte normales vegetatives Wachstum (im Falle der Ätherisierung sehr üppiges). Keimungserscheinungen der Heterocysten konnten nicht beobachtet werden. 242 L. Geitler, Diese Erscheinungen sind zu selten, als daß sie als Funk- tionen der Heterocysten schlechthin gelten könnten, aber zu häufig, als daß sie als bloß zufällige, ausnahmsweise, den Heterocysten nicht wesentliche Vorgänge aufgefaßt werden könnten. Die Hetero- cysten sind demnach als funktionslos gewordene Fortpflanzungs- organe anzusehen. Die Teilungsvorgänge im Innern der Heterocysten, bei denen ein Verbrauch der Zelluloseschichte nicht stattfindet, stellen Ansätze zu einer Keimung ohne fernere Entwicklungsmöglichkeit‘ dar, abnorme Erscheinungen an Formen, die das Vermögen, in die ursprüngliche Funktion zurückzufallen, in weitgehendem Maß ver- loren haben. Sie sind aber wertvoll als Hinweis auf die Natur der Heterocysten als Fortpflanzungsorgane überhaupt. Der Bau der Heterocysten ist somit aus ihrer Funktion erklärt. Das Vorhandensein einer Zelluloseschichte, die zugleich einen Schutz des Protoplasten und Reservematerial darstellt, die eigene, den Protoplasten umgebende Membran, sowie die An- ordnung in Serien wird sinnvoll. Es ist noch unklar, welcher Kategorie von Fortpflanzungs- organen die Heterocysten angehörten. Sie scheinen den Dauer- zellen analoge Bildungen zu sein.! Möglicherweise ist auch das schon die Folge eines Funktionswechsels: es könnten die Hetero- cysten noch früher Gonidangien gewesen sein, die Akineten erzeugt hätten, wofür man die Beobachtung Spratts (20) anführen Könnte. Diese könnten wieder reduzierte Zoosporangien darstellen, wie es. Lotsy (16, p. 379) will. Doch ist das eine Annahme, die der realen Unterlage noch entbehrt. Einiges ist noch über die kleine Zahl der beobachteten Keimungen in Anbetracht des großen untersuchten Materials zu sagen. Die größte Zahl von Keimungen konnte ich an der Gattung Nostoc feststellen, also derjenigen Gattung, von der mir die meisten Arten zur Verfügung standen. Bei Untersuchung mehrerer Arten der anderen Gattungen, besonders der selteneren, ließe sich die Zahl der Keimungen wahrscheinlich um ein beträchtliches ver- mehren. Doch ist sicherlich nicht bei allen Formen das Rückschlags- vermögen in gleichem Maß entwickelt. Wenn ich gerade an einer so häufigen und vielfach unter- suchten Pflanze wie Nostoc commmne die wichtigste und in die Augen springendste Beobachtung machte, so hängt dies von dem zweiten Faktor ab, der einer Beobachtung von Keimungen hinder- lich ist, nämlich von der Unkenntnis der Bedingungen, unter denen sie erfolgen. Soviel ist klar, daß möglichst günstige Bedingungen, unter denen an erster Stelle Feuchtigkeit in Betracht kommt, herrschen müssen. Das Vorangehen von ungünstigen (d. h. das 1 Derselben Ansicht ist Lemmermann (15, p. 15) und West (22, p. 313). -. u BER Lösung des Heterocysten-Problems. 2483 Wachstum ohne dauernde Schädigung sistierenden) Umständen (Kälte, Trockenheit) scheint wichtig zu sein.! In den meisten Fällen keimen die Heterocysten auch dann nicht, wenn diese Bedingungen, wenigstens anscheinend, verwirklicht sind. Vielleicht übt auch die Jahreszeit einen gewissen Einfluß aus: bis auf den Fall von Nostoc microscopicum beobachtete ich alle Keimungen mit Verbrauch der Zellulosemembran nach der Winterruhe. Zusammenfassung. Die Heterocysten sind Fortpflanzungsorgane, die ihre Funktion im Laufe der Entwicklung verloren haben. Unter Umständen ver- mögen sie in die verlorengegangene Funktion zurückzufallen. In diesen Fällen tritt eine Keimung ein, bei der der gelbe Inhalt ergrünt, die als Schutz und Reservestoff dienende Zelluloseschicht aufgebraucht wird, der Keimling aus der Heterocyste austritt und zu einem normalen vegetativen Zellfaden heranwächst. Zum Sehligsse ‚sei, es, mir sestattet,; auch an dieser. Stelle 2Zlerrn Hofrat Wettstein für das Interesse, welches er dieser Arbeit entgegengebracht hat, ergebenst zu danken, ebenso Herrn Doz. Dr. F. Knoll für viele nützliche. Winke und Ratschläge meinen herzlichsten Dank auszusprechen. 1 Auch Spratt (20, p. 376) beobachtete die Gonidienbildung dann, wenn der Austrocknung überlassene Kolonien in frische Nährlösung gebracht wurden. Fig. Fig. Fig. 28. 29, L. Geitler, Erläuterung der Tafel. Vergrößerung aller Figuren 2500: 1. Anabaena oscillarioides. Heterocysten und in Entwicklung begriffene Dauer- zellen. Saures Methylenblau Baumgärtels ohne Fixage, mit 0:50/, KOH differenziert. Tolypothrix lımbata. Vegetative Zellen, Heterocysten in Bildung, voll- entwickelte Heterocysten. Lebend. . 3 bis 5. Anabaena Hallensis. Heterocysten in verschiedenen Keimungsstadien. Lebend. . 6 bis 9. Tolypothrix lanalta. Fig. 6. Heterocysten in scheinbarer Dreiteilung begriffen. Lebend. Fig. 7. Heterocysten in scheinbarer Zweiteilung begriffen. Behandlung wie Jane, il: Fig. 8, 9. Ansätze zu einer Keimung der Heterocyste. Lebend. . Nostoc ellipsosporum. Tote und keimende Heterocysten. Lebend. bis 24. Nostoc commune. Keimungsstadien der Heterocysten. Fig. 19, 23, 24 wie Fig. 1 behandelt, alle übrigen lebend. bis 27. Nostoc Linckia. { Fig. 25. Serie von drei Heterocysten, die mittlere in Keimung begriffen. Lebend. Fig. 26. An »Cyanophyeinnose« leidender Faden mit terminaler Heterocyste mit Keimling. Wie Fig. 1 behandelt. Fig. 27. Stück einer Serie von drei Heterocysten, die mittlere mit gekeimtem Inhalt. Ihre Membranschichten durch Druck auf das Deckglas sichtbar gemacht. Lebend. Nostoc ellipsosporum. Ansatz zu einer Keimung der Heterocysten. Lebend 30. Nostoc microscopieum. : Fig. 29. Stück einer Serie mit einer gekeimten Heterocyste. Fig. 30. Desgleichen, mit austretendem vierzelligen Keimling. Beide nach einem ungefärbten Glyzeringelatine-Präparat. nr. ERNERR 16} Lösung des Heterocysten -Problems. 245 Literaturübersicht. . Baumgärtel, O.: Das Problem der Cyanophyceenzelle (Archiv für Protisten- kunde 1920). . Beck v. Mannagetta: Die Sporen von Microchaele tenera Thuret und ihre Keimung (Österr. bot. Zeitschr., 1898). . Bornet-Flahault: Revision des Noctocacees heterocystees (Ann. d. scienc. waen a. ser. Bot... 3,4, 9, 0). . Bornet-Thuret: Notes algologiques II (Paris 1880). . Borzi, A.: Note alla morfologia e biologia delle alghe ficocromacee (Nuovo giorn. bot. it. X). . Brand, F.: Bemerkungen über Grenzzellen und über spontan rote Inhaltskörper der Cyanophyceen (Ber. d. deutsch. bot. Ges., 1901). . — Morphologisch-biologische Betrachtungen über Cyanophyceen (Beih. z. bot. 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Mitteilung) Von Dr. Gustav Klein Assistent am Pflanzenphysiolgischen Institut der Wiener Universität Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Wiener Universität Nr. 161 der zweiten Folge (Mit 1 Tafel) (Vorgelegt in der Sitzung am 14. Juli 1921) In der ersten Mitteilung! wurde eine Gruppe wasserlöslicher gelber Blütenfarbstoffe, die sogenannten Anthochlore, studiert, ihre nahen Beziehungen zu den eigentlichen Flavonen einerseits, den Anthokyanen andrerseits gezeigt und ihre Natur als eine eigen- artige Gruppe von Flavonderivaten wahrscheinlich gemacht. Nun sollen noch in Ergänzung einige hieher gehörige, bisher ihrer Stellung nach fragliche Blütenfarbstoffe und Anthochlore aus Blüten und Blättern behandelt werden. In einer folgenden Mitteilung werden die Resultate der im Gang befindlichen makrochemischen Unter- suchungen einiger Vetreter mitgeteilt werden. Untersuchung einiger bisher fraglicher Blütenstoffe. Acaciablüten. Schon Hildebrand? fand in den Zellen der gelben Blüten von Acacia Jloribunda, Benlhami, imbricata und dealbata dunkelgelbe, flüssige Massen, die vom dünnen, farblosen Zellsaft räumlich getrennt erscheinen. Auch Prantl3 gibt in der 1 Klein G., Studien über das Anthochlor, I. Mitt., Sitzber. d. Akad. d. Wiss., Bd. 129, Jg. 1920, 7. u. 8. Heft. 2 Hildebrand F., Anatomische Untersuchungen über die Farben der Blüten, Jahrb. f. wiss. Bot., 1863, Bd. 3, p. 64. 3 Pranti K., Notiz über einen neuen Blütenfarbstoff. Bot. Ztg. 1871, Jg. 29, p. 425. 248 G. Klein, Korolle und in den Staubfaden von Acacia falcala in den Epidermiszellen farblose Vakuolen und davon getrennt gelbe Massen an, die sich beim Kochen mit Wasser oder bei Zusatz von Alkohol lösen und über die Zelle verteilen. Er betonte, daß. in diesen gelben Vakuolen ebenso wie in den farblosen anderer Arten Gerbstoff enthalten sei. Ich selbst untersuchte wiederholt die gelben Blüten von Acacia relinoides und falcata, die lichtgelben von A. rostellifera und die farblosen von A. mollissima. In der gelben Korolle von A. retinoides und falcata findet man fast in jeder Zelle (die Korollblätter haben nur. eine bis wenige Zellschichten) einen gelben Ballen mit konvexen Flächen durch die Schmalseite der gestreckten Zellen und zu beiden Seiten farblosen Zellsaft oder den Ballen an einer Seitenfläche, den übrigen Zellinhalt farblos. Die ganz jungen Zellen sind von einem homogenen gelben Zellsaft erfüllt. Die gelbe Farbe stammt vom Anthochlor. Es zeigt die typischen Löslichkeitsverhältnisse, gibt mit Lauge orange- bis blutrote und mit konzentrierter Schwefelsäure orange- bis wein- rote Farbe. In der farblosen Korolle von A. rostellifera findet man in den meisten Zellen des Basalteiles je eine große festweiche Kugel bis zu zwei Dritteln der Zelle mit farblosem, stark lichtbreshendem Inhalt, im Mittelstück verstreut in den Zellen eine bis zwei Kugeln, ein Drittel des Zellraumes einnehmend, an der Spitze in den meisten Zellen je einen kleinen Tropien in einer Zeilecke. In den Filamenten sieht man meist die Zelle mit gelbem Saft erfüllt, in der Mitte eine farblose bikonvexe Vakuole oder zwei abgerundete farblose Vakuolen in den Zellecken und dazwischen gelben Saft (Fig. 1). A. molissima hat farblose Korolle und Filamente, nur die Antheren sind gelb. Hier ist die Verteilung des lichtbrechenden Vakuolen viel durchsichtiger. In Korolle und Filamenten ist die Substanz fast in jeder Zelle im farblosen, dünnflüssigen Zeilsaft in Form von schönen Kugeln, im oberen Teil der Filamente sind die ganzen Zellen davon erfüllt. Das Fruchtknotengewebe enthält am meisten, sowohl in der Wand wie in den Samenanlagen. Wir finden also zwei Substanzen, das Anthochlor und die farblose, lichtbrechende Masse, manchmal in der Zelle im selben Ballen, manchmal nur eine von beiden, je nach Organ und Art verschieden. Es war nun interessant zu untersuchen, ob diese Substanz nur auf das Blütengewebe beschränkt oder auch sonst in der Pflanze zu finden sei. Das Anthochlor ist nur in der Blüte. Dabei zeigte sich der farblose Stoff bei allen untersuchten Formen auch in den Blütenstielen, Blättern, Blattstielen und den jungen Stammpartien. Ältere Stammteile standen mir nicht zur Verfügung. Die Verteilung in diesen chlorophyliführenden Organen wird erst bei Behandlung mit den später zu besprechenden Reagentien deut- lich sichtbar. Im Blütenstiel enthalten die Substanz viele Zellen des Markes und der primären Rinde. Im Stamm liegt sie innerhalb des Gefäßbündelringes markwärts in einer Zone verstreuter Zellen und in der primären Rinde gegen die Peripherie, spärlicher auch im Weichbast. Bei mollissima enthält die Epidermis zahlreiche große Köpfchenhaare, die in den Zellen häufig eine Kugel der Substanz führen. Die typisch bilateral gebauten Blätter von A. retinoides und rostellifera zeigten in der beiderseitigen Assimilationsschicht Tropfen und Klumpen, überdies in dem ziemlich farblosen Blattinnern ein- zelne Idioblasten, manchmal in Reihen (Fig. 4). Bei A. mollissima ebenfalls in einzelnen Zellen des Grundgewebes, des Palisaden- parenchyms und an den Blatträndern, speziell aber in den Zellen um das Gefäßbündel in Form einer Scheide und in den Epidermis- Kuna 5 Zube Due Dad m Da cn Adel nn m | | 3 | Studien über das Anthochlor. 249 zellen über dem Hauptgefäßbündel, mehr an der Unter- als an der Oberseite des ziemlich isolateral gebauten Blattes. | Die chemischen Eigenschaften dieser lichtbrechenden zäh- flüssigen Substanz ließen sich an gelben Blütenteilen nicht verfolgen, da das gleichzeitige Reagieren des Anthochlors in derselben Zelle stört, wohl aber gelang es leicht an der farblosen Korolle von A. rostellifera und besonders mollissima. Konzentrierte Salzsäure färbt zitrongelb, läßt aber die Kugeln intakt, ja härtet sie, Salpetersäure löst orangerot. Konzentrierte Schwefelsäure färbt die ganze Zelle purpurviolett, nach einigen Stunden blutrot. 50°, Lauge gibt purpurviolette bis tiefblaue Färbung, besonders am Grunde der Korolle und im Fruchtknoten. Bei dem Reichtum der Acacia-Arten an Gerbstoffen, speziell Katechugerbstoffen, lag es nahe, in der Substanz Gerbstoffe oder Katechuglukotannoide zu vermuten und auf diese zu prüfen. 50), wässerige Eisensulfatlösung färbt diffus himmel- bis schwarzblau, auf Zusatz von Lauge rotviolett. 50), ätherische Eisensulfatlösung (um die Kugeln ungelöst zu erhalten) färbt die Klumpen dunkelbraun. Osmiumsäure gibt den Kugeln in der Korolle erst lichtblaue, dann stahlblaue, schließlich schwarze oder lichtbraune - sraubraune - schwarze Farbe (Fig. 2). Gelegentlich sieht man in einer blauen Kugel viele schwarze Körnchen, nach Stunden auch in den Filamenten grauschwarze Häufchen (Fig. 3). 50), Ammoniak schlägt dunkelgelbbraune Klumpen nieder. Natriumwolframat bildet gelbbraune Kugeln. Saures oder neutrales Bleiacetat erzeugt gelbliche Körnchen oder gelbbraune Klumpen. Silbernitrat bildet teilweise schwarze Kugeln. Millon’sches Reagens schlägt gelbbraune bis braunschwarze Kugeln nieder. Vanillinsalzsäure färbt in einigen Stunden Korolle und Fruchtknoten karminrot. Paradimethylaminobenzaldehyd, das von Joachimowitz1! benutzte, charakteristische Reagens auf Glukotannoide fixiert und färbt in- wenigen Minuten die Kugeln rot- violett mit steigender Intensität in Filament, Korolle und Fruchtknoten, der tief violettpurpurn tingiert ist. Mit diesem Reagens und Osmiumsäure läßt sich die Verteilung der Substanz auch in den chlorophylihaltigen Geweben sehr schön überblicken. Alle angewandten Gerbstoff- und Glukotannoidreak- tionen fielen also positiv aus. Nun gibt es zwar kein Unter- scheidungsmittel zwischen Phloro- und Katechuglukotannoiden; wenn man aber bedenkt, daß für die Mimosoiden im allgemeinen, speziell die Acacia-Arten schon längst neben Tanninen ein hoher Katechin- gehalt erwiesen ist, liegt es nahe, die hier gefundenen Gerbstoffe, deren Glukotannoidnatur gezeigt wurde, als Katechuglukotannoide anzusprechen. Interessant ist die Form, die Verteilung in der Zelle und ganz besonders das Zusammenvorkommen von wasserlöslichem Anthochlor (Flavonkörper) mit dem ebenfalls leicht löslichen Gluko- 1 Joachbimowitz M., Ein neues Reagens auf Phloroglucin, Katechin und ihre Derivate, sowie über die Verbreitung derselben im Pflanzenreich. Biochem. Zeitschr., 82. Bd., 1917, p. 324. 250 G. Klein, tannoid in derselben Zellvakuole, da durch Freudenberg! die nahe Verwandtschaft der Katechine mit den Flavonen dargetan wurde. Erwähnt sei noch, daß diese Gerbstoffprodukte typische Aldehydreaktion geben. Schiff’sches Reagens löst die Kugeln und gibt in den betreffenden Zellen eine diffus rotviollette Färbung. Manchmal bleiben die Kugeln in dieser Farbe erhalten und heben sich von den nach einigen Stunden durch das freigewordene Fuchsin schwach rot gefärbten Membranen schön ab. Das von Willstätter? angewandte spezifische Formaldehydreagens (Schiff’sches Reagens + HCl, 1:1) zeigt die Kugeln erst rotbraun, nach 10 Minuten, besonders bei Luftzutritt, tiefblau, später blaugrün, eine Erscheinung, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Helichrysin. Schon in der ersten Mitteilung hatte ich betont, daß das von Rosoll?® gefundene Helichrysin kein vereinzelt dastehender, spezi- fischer Farbstoff gewisser Felichrysum-Arten sei, sondern auf Grund der Angaben von Rosoll und eigenen Voruntersuchungen zu den Anthochlorfarbstoffen der Dahlia-Gruppe gehöre. Nur besitzt er die Eigentümlichkeit, daß er, ähnlich wie das Anthochlor von Eriogo- num wumbellatum, in den ausgewachsenen Blütenblättern, deren Zellen frühzeitig absterben, in der Membran adsorptiv gespeichert wird. Ich war nun bestrebt, den Werdegang des Farbstoffes vom ganz jungen Köpfchen bis zum ausgewachsenen zu verfolgen. In den jungen, schon zitrongelben Köpichen von Helichrvsum foelidım sind die Epidermiszellen der Involukralblätter von homogen gelbem Saft erfüllt, ebenso die Zellen der Staubfadenhaare, während die Staubfäden Karotin führen. Der gelbe Zellsaft gibt mit Lauge orangegelbe, mit konzentrierter Schwefelsäure orange- bis blutrote Färbung. In den offenen Blütenköpfehen sind die Zellen bereits leer, nur die Membranen intensiv gelb und geben dieselben Reaktionen wie früher der gelbe Zellsaft. Ein klares Bild geben die großen Köpfe von Helichrysum bracteatum,. das in den Gärten -in allen Farben von Weiß, Gelb, Rosa und Rot gezogen wird. Bei den gelben sind die jüngsten Blütenköpfchen bis zu 3 mm farblos, sie geben aber schon bei der Reduktionsprobe rosenrote Färbung; also müssen bereits flavonartige Vorstufen vorhanden sein. Im 4 mın hohen Köpfchen sind die äußersten Deck- schuppen schon gelb, vielfach auch orangerot angelaufen, ebenso die Spitzen der Köpfchen. Die inneren Blättchen sind alie noch farblos. Bei Behandeln mit Methylen- blau (1: 10.000) in 100/, Salpeterlösung (blaue Plasmolyse) zeigen sich noch alle Zellen lebend; im untern Teil, bis zu einem Drittel von der Insertionsstelle des Blütenbodens, ganz intakt, gegen die Spitze das Plasma schon teilweise geschrumpft, der Kern noch sichtbar, die Außenseite noch jünger als die Innenseite. Im S man langen Köpfchen sind die oberen Drittel his Hälften der Involukralblätter schon tot, 1 Freudenberg K., Neuere Ergebnisse auf dem Gebiete der Gerbstoff- Forschung. Die Naturwissenschaften, 8. Jg., 1920, p. 903. — Die Chemie der natür- lichen Gerbstoffe. Berlin 1920. 2 Willstätter R. und Stoll, Untersuchungen über die Assimilation der Kohlensäure, Berlin 1918. 3 Rosoll A., Beiträge zur Histochemie der Pflanze. Sitzber. d. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. 89, Jg. 188#, p. 138. Studien über das Anthochlor. 251 die unteren Teile lebend. Was an der Knospe belichtet ist, ist braunrot angelaufen, alles andere farblos, in den toten gefärbten Zellen sitzt der Farbstoff schon in der Membran. In noch größeren Knospen sind nur mehr die Basalteile lebend, alles aber schon zitrongelb gefärbt. Bei den offenen Blütenständen geben die intensiv gelb gefärbten Involukra und die gefiederten Staubfadenhaare mit Lauge purpur- violette, mit konzentrierter Schwefelsäure feuerrote Farbe. Erwähnt sei noch, daß im Querschnitte der jungen wie der alten Involukra die Außenmembran der inneren (oberen) Epidermis eine stark lichtbrechende, bikonvexe Linse vorstellt, die den Farbstoff stark gespeichert zeigte (auch sämtliche Innenwände sind mit dem Farbstoff infiltriert). Bei Zusatz von starker Lauge quillt die verdickte, lichtbrechende Membran stark auf, erfüllt die Zeile, hebt die flache Papille und dehnt sie in eine Spitze aus. Die äußere (untere) Epidermis ist allseits verdickt, besonders stark nach außen, und quillt bei Laugenzusatz gleichmäßig auf. Die dazwischenliegenden fünf bis acht Zellschichten sind dünnwandig, alle aber - intensiv gelb gefärbt. Diese Membraneigentümlichkeiten dürften wohl für das Ver- halten bei der Quellungsbewegung bestimmend sein. Die weitere chemische Untersuchung des gelben \embranfarbstoffes ergab folgendes: Die tiefgelbe alkoholische Lösung gibt mit Bleiacetat eine tief ziegelrote Bleiverbindung, ebenso der HEisessigextrakt nach Neutralisieren mit Ammoniak. Die Fällung ist fast quantitativ und besteht aus roten Körnchen und Schollen, aber auch gelben Drusen und Sphäriten. Aus dem Bleiniederschlag löst Eisessig fast nur den Farbstoff, während die Verunreinigungen infolge Schwerlöslichkeit ihrer Bleisalze ungelöst bleiben. Die rotbraune Eisessiglösung läßt beim langsamen Abdunsten gelbe Tropfen fallen, die zu gelben Nadelbüscheln und Sphäriten werden. Auch der mit 4°), Schwefel$Säure aus dem Bleiniederschlag freigemachte Farbstoff krystallisiert in gelben Nadeldrusen. Der Farbstoff ließ sich aber auch in intaktem Zustand krystallisieren. Die alkoholische Lösung wurde im Vakuum bei 50 bis 60° ein- geengt und noch heiß mit der gleichen Menge kalten Wassers übergossen, wobei der Farbstoff zum größten Teil in großen gelben Kugeln ausfällt. Der Niederschlag wurde in wenig heißem Methyl- alkohol aufgenommen und mit der doppelten Menge Äther geschüt- telt; es scheidet sich ein tiefbrauner Sirup ab, der sich nach einigen Tagen in lauter gelbe, beiderseits zugespitzte Nadeln verwandelt (Fig. 5). Der noch in Lösung befindliche Farbstoff fällt nach Ab- gießen des Äthers beim Ausbreiten in dünner Schicht in wenigen Minuten als gelbe Kugeln. Diese geben, wie die Nadeln, mit Schwefelsäure rosenrote, mit Lauge purpurviolette bis tiefblaue Lösung, zeigen also das gleiche Verhalten wie die Anthochlor- krystalle von Linaria vnlgaris. Ein anderes krystallisiertes Produkt wurde aus der Eisessiglösung durch Fällen mit Äther und Neu- tralisieren des Sirups mit Ammoniak in Form von rotbraunen, mächtigen Sphärokrystallen, bei wenig Ammoniak als gelbe Nadel- büschel und Schollen erhalten. Die Hydrolyse gelang am besten durch Kochen der alkoho- lischen Lösung 1 Viertelstunde lang und folgendes Verdünnen mit Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 18 252 G. Klein, Wasser, wobei das in Alkohol lösliche Aglykon vollständig als rotbraune Körnchenmasse, teilweise auch als Schollen und Nadel- drusen ausfällt, die, aus Alkohol umkrystallisiert, gelbe Nadeln und Büschel liefern. Schließlich gelang auch die Reduktion des gelben Farbstoffes zu einem roten Produkt, während Rosoll nur zu einer farblosen Lösung reduzieren konnte. Die salzsaure Lösung wird mit Zink- staub und Magnesiumband farblos, wenn man aber gleichzeitig kühlt, rosa. Viel schöner gelingt die Reduktion nach Noack.! Die wässerige Lösung wurde mit Amylalkohol ausgeschüttelt, dieser unter Abkühlen bis zur Rosafärbung reduziert, dann vom Zink abgegossen und mit Salzsäure am Wasserbade erhitzt. Dabei nimmt die Lösung eine tief rosenrote bis rotviolette Farbe an und stimmt auch sonst mit den Anthochlorreduktionsprodukten überein. | 4 Safflorgelb. Auch die Farbstoffe von Carthamus tinctorius, die bisher nicht kKrystallisiert werden konnten, wurden weiter untersucht, freilich an altem, getrocknetem Material, da mir frisches nicht zu- sänglich war. Der wasserlösliche gelbe Farbstoff, das Safflorgelb, dessen allgemeine Anthochloreigenschaften schon früher? gezeigt wurden, gibt bei der Hydrolyse der essigsauren Lösung mit 20%, Schwefelsäure einen orangegelben Agiykonniederschlag, der, in Alkohol gelöst, beim Abdunsten lauter rötlichgelbe Sphärokrystalle in recht reiner Form ausfallen läßt. Der Eisessigextrakt gibt mit dem halben Volumen konzentrierter Schwefelsäure am Wasserbade nach 10 Minuten sehr lange, gelbe, besenförmig und flechtenartig sekrümmte Krystallbüschel, nach 30 Minuten schwarzbraune Sphäro- krystalle. Bleiacetat bildet eine orangerote Fällung; diese wurde mit 4°%/, Schwefelsäure gespalten, die überschüssige Schwefelsäure mit Bariumchlorid gefällt und abfitriert; nach einigen Wochen hatten sich schillernde lichtbraune Plätichen entwickelt, an denen orangebraune lange Nadeln und dunkle Drusen hafteten. Wird die saure Lösung mit Alkali neutralisiert, so fallen mächtige Klumpen, aus hunderten gelbbraunen Sphärokrystallen bestehend, fast quan- titativ aus. Die wässerige Lösung gibt endlich mit Ammoniak (2:1), am Wasserbade eine halbe Stunde behandelt, einen gelb-rot-grün schillernden Niederschlag von schönen gelben Nädelchen und Kugeln. Die Reduktion zu einem roten Bor gelang freilich mit diesem alten Material nicht mehr. 1 Noack K., Untersuchungen über den Anthokyonstoffwechsel auf. Grund | der chemischen Eigenschaften der Anthokyangruppe. Zeitschr. f. Bot., 1918, p. 574 bis 576. i 2 Sein Evi lee Studien über das Anthochlor. } 298 Schließlich noch: einiges zur chemischen Stellung des Safranfarbstoff. Die orangefarbigen Narben von Crocus sativus führen in allen Zellen einen orangeroten Farbstoff im Zellsaft gelöst, 1 neben fetiem Öl, in dem er unlöslich ist;2 ım getrockneten Zustand im Zellinhalt und der Membran. Auch andere Safranarten führen einen ähnlichen Farbstoff in den Narben und, was besonders interessant ist, zwei Scrophalarineen, Lyperia crocea? und Gardenia grandiflora,? eine Iridacee, Tritonia aurea, und eine Rubiacee, Fabiana indica (chinesische Gelbschoten).* Soviel über diesen Farbstoff geschrieben wurde, sowenig Sicheres ist bekannt, so verschieden die Anschauungen. Der Farbstoff, das Crocin, ist in :Wasser, in ver- dünnten Säuren und verdünntem Alkohol mit gelber bis orangeroter Farbe leicht, in absolutem Alkohol schwer löslich, in Äther und den anderen organischen Lösungs- mitteln unlöslich. Die Färbekraft ist sehr groß (1: 200.000 färbt noch deutlich gelb). Konzentrierte Schwefel- und Salpetersäure färben vorübergehend indigoblau, dann violett, rot und schließlich braun; ähnlich färbt Brom. Bei der Hydrolyse entsteht Zucker (Dextrose) und ein wasserunlöslicher Farbstoff, das Crocetin, das in Alkohol leicht löslich ist. Das Croein ist also ein Glykosid. Außerdem liegt im Gewebe auch ein ätherisches Ol in ziemlicher Menge, das Safranöl, das als Terpen erkannt wurde. Das Crocetin zeigt dieselben Farben- reaktionen wie sein Giykosid. Das Crocin konnte bisher nicht krystallisiert werden, wohl aber das Crocetin. Zufolge seiner stark sauren Natur bildet es mit anorganischen und organischen Basen Verbindungen, die teilweise gut krystailisieren. So konnte Decker> das Ammoniumsalz, Pfyl und Scheitz® dieses, das Bruein-, Coniin- und Chininsalz krystallisiert darstellen, später Decker" das Kalium- und Natriumsalz, eine Anilin-, Pyridin- und Chinolinverbindung. Auch die Erdalkalimetalle geben hellgelbe, die Schwermetalle dunkelgelbe, orange bis braune Niederschläge der entsprechenden Metallverbindung. Die von älteren Forschern aufgestellten Formeln besagen nichts, da sie an unreinem, amorphem Material durchgeführt wurden. Die letzten Analysen von Decker ergaben für Crocetin die Formel C,,H}405, was aber noch immer mit entsprechender Reserve aufzunehmen ist, da auch dieses Material noch ver- unreinigt erscheint. Er hat neben den genahnten auch andere Derivate, z. B. das Acetylprodukt, dargestellt, aber nicht analysiert. Tunmann® versuchte mikrochemisch die angeführten krystallisierten Ver-* bindungen darzusteilen, als ergänzende Charakteristika für die bisher allein gebrauch- ten Farbenreaktionen. Er erhitzte etwas Narbenpulver mit dem entsprechenden Reagens. Dabei wird der Farbstoff gespalten und das freiwerdende Crocetin gibt dann die Verbindungen mit den verschiedenen Basen. Er erhielt so das Kali- und Natriumsalz, die Strychnin- und Coniün- und schließlich eine Anilinverbindung, die relativ leicht in großen rotbraunen Sphäriten krystallisiert. Diese Reaktion bezeichnet 1 Molisch H., Grundriß einer Histochemie der pflanzlichen Genußmittel. Fischer, Jena, 1891. 2 Möller, Nahrungs- und Genußmittel. Berlin, 1905. 3 Molisch H., Mikrochemie der Pflanze. II. Aufl. Jena, 1921, p. 272. t Die genannten Pflanzen standen mir leider zu einer Untersuchung nicht zur Verfügung. 5 Decker Fr., Über den Farbstoff im Safran. Chem. Ztg. 1906, p. 18. € Pfyl B. und Scheitz W., Über krystallisierte Salze des Safranfarbstoffes. Dissertation München. Ref. Chem. Ztg. 1906, p. 299. ö 7 Decker Fr., Beiträge zur Kenntnis des Crocetins. Arch. d. Pharm., 1914, Bd. 252, p. 139. s Tunmann O., Beiträge zur angewandten Pflanzenmikrochemie. XVI. Über den Nachweis des Crocetins. Apoth. Ztg., Berlin 1916, Bd. 31, p. 237. 294 G. Klein, Tunmann als die beste Methode des Crocetinnachweises. Auf Grund der Wieder- holung dieser Reaktionen kann ich die makrochemische Darstellung der Salze nur bestätigen. Sie gelingt mit jüngerem Material ziemlich leicht und gut, die mikro- chemische ist jedoch weniger befriedigend, da sie mit älterem Material meist gar nicht gelingt und überdies Tage zur Kıystallbildung notwendig sind. Am besten gelingt entschieden die Anilinverbindung, die ich aber immer in langen Nadeln und nicht in Sphäriten erhielt (Fig. 6). An eigenen Befunden sei betont, daß das Crocin krystallisiert erhalten werden konnte. Frische Handelsware von Crocusnarben wurden im Exsikkator bei 80° getrocknet, verrieben, zweimal mit Petroläther zur Entfernung von Fetten etc. extrahiert, der Farbstoff mit Alkohol ausgezogen und mit 2 Vol. Äther und 1 Vol. Petroläther ausgeschüttelt und stehengelassen. Der dicke rotbraune Sirup, der sich sofort ausscheidet, ist in einigen Tagen teilweise zu einer schwarzroten Krystallmasse erstarrt, die sich unterm Mikroskop aus tiefroten mächtigen Drusen, Sphäriten und federförmig ange- ordneten Nadelbüscheln zusammengesetzt zeigt (Fig. 7). Auch im Gewebe viele Jahre alten Narbenmaterials konnte ich in jeder Zelle orangegelb gefärbte Schollen und Klumpen mit deutlich krystalli- nischem Verhalten finden. Sowohl das Crocin wie das Crocetin lassen sich zu farblosen Körpern reduzieren. Der wässerige Extrakt wie die amylalkoholische Ausschüttelung werden mit Natriumsulft, Zinkstaub-Magnesium und noch schneller mit Natriumamalgam und Salzsäure farblos. Die filtrierte farblose Lösung, mit Salzsäure gekocht, wird wieder gelb. Eine rote Reduktionsstufe konnte ich nicht erhalten. Vielleicht gelingt sie mit dem Farbstoff frischer Narben. Bei der Ausschüttlung zeigt Crocin das typische Verhalten vieler Anthochlorfarbstoffe. Die salzsaure Lösung gibt an Amylalkohol den Farbstoff ab, nach der Hydrolyse läßt sich der ziegelrote Crocetinniederschlag leicht mit Amylalkohol ausschütteln und geht mit Soda wieder in die wässe- rige Schicht über. Ä Die Frage, in welche Gruppe von Stoffen das Crocin einzureihen sei, ist D} noch offen. Weiss! und Kayser? hielten es dem Verhalten bei der Hydrolyse entsprechend für ein Glykosid. Schüler bestritt dies und bezeichnete das Crocin als Phytosterinester der Stearin- und Palmitinsäure. Er wurde aber durch die vor- handenen Fettsäuren und -alkohole irregeführt, und Decker zeigte, daß der Farb- stoff mit Fetten nichts zu tun habe. Hilger’ meinte, daß der Farbstoff mit Zucker und Öl in Bindung sei. Decker nimmt wieder Beziehungen zum Safranöl an, also zu den Terpenen, da auch das gereinigte Crocetin nach Erwärmen mit Natronlauge den charakteristischen, kampferartigen Geruch des Safranöles gibt. Ausschlaggebend erscheint diese Tatsache wohl nicht, wenn man bedenkt, wie zähe gerade ätherische 1 Weiss B., Über den Farbstoff des Safrans. Journ. f. prakt. Chem., 101, 1867, p. 69. a .. 2 Kayser R,, Über im Safran vorhandene Substanzen. Ber. d. d. chem. Ges., 1884, 17. Jg., p. 2228. Schüler O., (Diss. München, 1899); Ref. Botan. Zentr., &Z, 152, 1901. 4 Decker Fr., Beiträge zur Kenntnis des Crocetins, 1. c. 5 Hilger, Chem. Zentr., 1900; IL, p. 576. os Studien über das Anthochlor. 258 Öle festgehalten werden und schon in Spuren am starken Geruch erkennbar sind. Es iiegt da die Annahme nahe, der Farbstoff sei noch mit Spuren von Terpen ver- unreinist gewesen, was um so verständlicher ist, da beide Stoffe in derselben Zelle zusammen vorkommen und das Terpen am Farbstoff adsorptiv festgehalten werden muß. Dazu wäre eine wasserlösliche, glykosodische Terpenverbindung recht merk- würdig. Von botanischer Seite wurde der Farbstoff auf Grund der Farbenreaktionen meist mit den Carotinoiden in Zusammenhang gebracht. Kohl! vermutet, daß der Safranfarbstoff aus Carotin und B-Xanthophyll (Anthochlor) bestehe. Tunmann?2 betont, daß die carotinartigen Reaktionen auf Beziehungen zu diesem deuten und sagt: »Ich glaube, man wird diese Ansicht auch noch nach dem Erscheinen der Decker’schen Arbeit aufrechterhalten können, auch wenn das Crocin in glyko- sidischer Bindung ist.« Er selbst konnte weder auf Grund der Löslichkeit noch mit der Kalimethode ein Carotin nachweisen, sondern erhielt mit letzterer Methode nur die gelben Krystalle von Kaliumcrocetin, die sich in Wasser leicht lösten. Auch -—Czapek? nimmt unleugbare Beziehungen des Crocins zu den carotinartigen Lipoiden an, die sich in der indigoblauen Schwefelsäurereaktion zeigen. Soviel ist sicher, daß der Farbstoff kein Carctin und auch kein echtes »Lipochrom« (Chromatophoren-: farbstoff) ist, was auch Tunmann feststel!te. Man müßte denn mit Tswett# eine »biologische Gruppe von Lipoiden annehmen, deren Angehörige nicht immer Kohlen- wasserstoffe sein müssen«. Bei der Prüfung der von Wisselingh? zusammengestellten Reaktionen auf Carotinoide konnte ich feststellen, daß nur die Farbenreaktionen mit H,SO, HNO, und Br positiv ausfallen, negativ die Proben mit Jodjodkali, Jodchloralhydrat, Antimonchlorür, Zinkchlorid oder Aluminiumchlorid in Salzsäure, negativ auch alle Krystallisationsmethoden, die Kali- und die Säuremethode, die Resorcin- und die Phenolprobe. Weder der Narbenextrakt, noch das extrahierte Gewebe zeigen Carotinoid, nur die Pollenkörner, wie auch Tunmann angibt. Nun ist zu betonen, daß die Blau- färbung mit den bekannten Reagentien für die Carotinoide nicht spezifisch ist; es gibt ja auch Bixin,° das sicher kein Carotin ist, eine typische Blaufärbung und Kosniewski und Marchlewski’ verweisen auf den von Pechmann aus. Benzoylacrylsäure dar- gestellten Farbstoff, der spektral und durch die Blaufärbung dem Carotin ähnelt, ohne chemisch natürlich etwas damit gemein zu haben. Es will mir nun scheinen, daß eine Einreihung eines Stoffes in eine chemische Gruppe nur auf Grund einer nicht eindeutigen Farbenreaktion, wenn alles andere dagegen spricht, sehr fraglich 1 Kohl F.G., Untersuchungen über das Carotin und seine physiologische Bedeutung in der Pflanze. Leipzig, 1902. 2 Tunmann O., Beiträge etec., 1. c. 3 Czapek Fr., Biochemie der Pflanzen. II. Aufl., I. Bd., 1913, p. 807. 4 Tswett M., Über den makro- und mikrochemischen Nachweis des Carotins. Ber. d. d. botan. Ges., 1911, Bd. 29, p. 630 ff. 5 v. Wisselingh C., Über die Nachweisung und das Vorkommen von Carotinoiden in der Pflanze. Flora, 1915, N. F. Bd. XVII, p. 371. 6 Perkin -A.G., Journ. Chem. Soc., 101, 1912, p. 1538. ‘ Kosniewski und Marchlewski, Anzeig. Akad,, Krakau, 1906, p. 81. 298 G. Klein, ist. Gegen die Carotinnatur spricht vor allem die Wasserlöslichkeit, die Glykosidnatur, der Säurecharakter des Aglykon und das damit zusammenhängende Vermögen, mit Basen Salze zu bilden. Dazu kommt das charakteristische Verhalten bei der Ausschüttelung gegen Salzsäure, Amylalkohol und Soda, die leichte Reduktions- fähigkeit und die Art der Krystallisation des intakten Farbstoffes. All das spricht aber dafür, daß das Crocin der so vielseitigen Gruppe der wasserlöslichen Flavonabkömmlinge nahesteht. Bei ge- nügend Material könnte schon die Kalischmelze allein einigen Aufschluß geben. Anthochlor in Frucht, Blatt und Stengel. So wie die Anthokyane keine spezifischen Blütenfarbstoffe sind, da sie für viele Früchte, Blätter, Stengel und sogar Wurzeln typisch erscheinen, so konnte ich auch in einigen Fällen das Vorkommen von Anthochlor in Frucht, Blatt und Stengel nachweisen. Citrus. Die zitrongelbe Fruchtschale von Citrus zeigt an dünnen Querschnitten. in der noch nicht ganz reifen Frucht die Epidermis homogen gelb, an älteren den Zellsaft farblos, im Plasma deutlich gelbe Tropfen und Körner, an reifen Früchten. die Zellen leer mit einer gelben Kugel oder mehreren RKörnern (wohl der geschrumpite und tingierte Protoplast), die Kutikularschicht intensiv gelb. Die darunterliegenden fünf bis sechs Schichten führen in den Zellen gelbe Körnchen (in jüngeren Stadien. noch Tröpfehen). Auf diese folgen farblose Schichten, die gegen das Innere immer mehr Hesperidin führen. Die Zellen und die Ölbehälter zeigen homogenen gelben Zell- saft, bisweilen auch gelb angefärbte ölige Tropfen. Die Zellen um die Spaltöffnungen sind dicht gelbkörnig. Die frische Schale gibt mit Lauge orange, mit Schwefelsäure orangegelbe Färbung, die nach einiger Zeit in Rotbraun übergeht. Hansen,! der den Farbstoff zuerst untersuchte, gibt neben einigen Löslichkeitsverhältnissen nur braune Farbe mit Schwefelsäure an, was aber auf die Verkohlung bei zu starker Säure oder auf die Farbenreaktion des reichlich vorhandenen Hesperidins zurück- zuführen ist, wie ich mich selbst überzeugte. Die gelben Körnchen und Klumpen lösen sich in den genannten Reagentien in den gelben Farbentönen, ein Beweis, daß man es nicht mit Karotinen zu tun hat. Bei Behandeln mit kaltem, destilliertem Wasser erhält man eine trübe, schwach lichtgelbe, mit heißem eine tiefgelbe, klare Lösung, ebenso mit kaltem Leitungswasser. Verdünnte Salzsäure löst licht- gelb, Natriumacetat zitrongelb, Methyl- und Äthylalkohol und Eis- essig tiefgelb. Nach dem Ausziehen erscheinen die Schalenstücke meist noch lichtgelb, da sich der Farbstoff in der Kutikula und den tieferen Schichten nur schwer löst. Amylalkohol und Äther lösen nichts, die Schale bleibt tiefgelb. Schnitte durch die so behandelten Schalen zeigen den Farbstoff in Tropfen, manchmal zu Sphärokrystallen erstarrt, das Hesperidin in mächtigen Nadelbüscheln. 1 Hansen A., Die Farbstoffe der Blüten und Früchte. Verh. d. phys. med. Ges. zu Würzburg, N.F. Bd. 18, Nr. 7, 1884. ‚Studien über das Anthochlor. 2a Die wässerige, salzsaure Lösung gibt, mit Amylalkohol aus- geschüttelt, den Farbstoff vollständig an diesen ab, die wässerige Schichte ist farblos. Mit Natriumcarbonat geht der Farbstoff wieder mit dunkelgelber Farbe in die wässerige Lösung über. Die amylalkoholische Schicht nimmt bei Reduktion mit Zink- staub und Magnesium in salzsaurer Lösung eine rosenrote Fär- bung an. Bei der Hydrolyse mit verdünnter Säure fällt ein brauner Niederschlag, bestehend aus tiefgelben Körnchen, und Stäbchen, die segen Amylalkohol dasselbe Verhalten zeigen wie alle anderen Anthochlore. Starke, kalte Salz- und Schwefelsäure geben einen Niederschlag von tiefgelben Körnchen und Sphärokrystallen. Blei- acetat fällt aus der wässerigen Lösung gelbe Körnchenaggregate, die, in Eisessig: gelöst, nach einiger Zeit schöne gelbe Nädelchen und orange Sphärokrystalle geben. Die Löslichkeitsverhältnisse, die Farbenreaktionen, das rote Reduktionsprodukt, das Verhalten gegen Amylalkohol und bei de: Hydrolyse zeigen eindeutig, daß der Citrusfarbstoff ein Flavon- derivat ist und in die Gruppe der Anthochlorfarbstoffe gehört. Neu ist das Übergehen des Farbstoffes beim Reifen in zähflüssige und deste Korm. Apfelschale. Entgegen der Zitronenschale enthalten die tiefge!ben Schalen mancher Apfel- (z. B. gelber Edelapfel) und Birnensorten ebenso wie die intensiv gelbe Schale vom Quittapfel kein Anthochlor, sondern in den vier bis sechs äußersten Schichten feine, gelbe Körnchen, die auf Zusatz von konzentrierter Schwefelsäure blaugrüne bis tiefblaue Farbe zeigen und sich dadurch als bone ass n zu erkennen geben. Trotzdem enthält der lichtgelbe Saft reichlich Flavonstoffe, da bei der Reduktion des salzsauren gelblichen Extraktes der Schalen immer: die charakteristische Rotfärbung auf- tritt. Nun hat schon Tswett! durch Salzsäure-Formol aus Apfel- schalenextrakt (näheres wird nicht angegeben) »künstliches Antho- kyan« erhalten, das in vielen Eigenschaften (z. B. Farbenumschlag) mit dem natürlichen übereinstimmt, in manchen freilieh, z. B. Un- löslichkeit in Wasser,. nicht. Er nimmt an, daß es vielleicht aus vorhandenen tannoiden Stoffen entstanden sei. Er erhieit aber auch mit Birnen, Bananen, weißen Korollblättern von Rosen und Zyklamen ähnliche rote Produkte, dagegen nicht mit dem Mesophyli von Blättern, Stamm- knollen und Wurzeln. 1 Tswett M., Beiträge zur Kenntnis der Anthokyane. Über künstliches Anthokyan. Biochem. Zeitschr. 1913, Bd. 58, p. 225ff. 258 G. Klein, Auch die anthokyanähnlichen Stoffe, die Peche! mit Kali- lauge-Formol aus »eisengrünenden Gerbstoffen« verschiedener Rosaceen erhielt, gehören hieher. Shibata? machte darauf auf- merksam, daß man es hier mit Flavonkörpern zu tun haben Könnte, wiewohl die genannten Forscher schon ohne Reduktion rote Stoffe erhielten. Noack® aber überprüfte die Verhältnisse mit den von Willstätter* für die Anthokyane gegebenen Methoden. Er stellte in den Extrakten sowohl von Apfelschnitzeln (Tswett) wie von Quittenblättern (Peche) eine farblose Anthocyanidinpseudobase fest, die mit Salzsäure allein schon in die rote Form übergeht, daneben aber auch eine gelbe wasserlösliche Oxydationsstufe, also Flavon- derivate, die dem Anthochlor entsprechen. Er betonte aber auch,? daß die Grünfärbung mit Eisenchlorid nicht nur ein Merkmal einer Gerbstoffgruppe (besser würde es wohl heißen: mancher Gerbstoffe‘) ist, sondern auch einer Reihe von Flavonderivaten, und zeigte dies an Beispielen. Nun muß wohl zugegeben werden, daß auch Gerbstoffe, speziell die Katechine, künstlich und natürlich rote Produkte (Gerbstoffrote, Phlobaphene) liefern; diese sind aber in Wasser und Alkohol unlöslich. Andrer- seits sind gerade die Katechine mit den Flavonen sehr nahe verwandt.” All dies führt aber zu dem Schlusse, daß die reten Produkte der genannten Forscher aus Flavonderivaten, und zwar anthochlorähnlichen Stoffen, entstanden seien. Blätter und Stengel. Auch in diesen Organen konnte Anthochlor festgestellt werden, freilich nur bei Pflanzen, deren Blüten Flavonderivate, Anthochlor oder Anthokyan führen. Die Blätter und Blütenstiele der tiefgelb - blühenden Dahlia- und Anthirrhinum-Arten sind bleichgrün, die jüngeren gelbgrün gefärbt; an Querschnitten, deutlich nur in der Epidermis, und wässerigen Extrakten kann man das Anthochlor feststellen, das freilich nicht so konzentriert vorliegt wie in der Blüte. Auch in den Blättern von orange- und rotblühenden Varietäten dieser Pflanzen konnte ich Anthochlor nachweisen. Im gelben Blütenschaft und den bleichgrünen Blättern von Reseda Iutea und 1 Peche K., Über eine neue Gerbstoffreaktion und ihre Beziehung zu den Anthokyanen. Ber. d. d. bot. Ges., 1913, Bd. XXXI, p. 462. 2 2 Shibata, K., Untersuchungen über das Vorkommen und die physiologische Bedeutung der Flavonderivate in Pflanzen. I. Mitt. The Botanical Magazine, Vol. XXIX, Juli 1915, p. 123. 3 Noack .K,, Il. c., p. 561. 4 Willstätter und Mitarbeiter, Liebigs Annalen, 401, 1913; 408, 1915; 412, 1916. DEN oOrAICH ER, ner, prIO22: 6 Freudenberg K., 1.c. Rreudenbere K., \.e. p. 905. Studien über das Anthochlor. 259 =” luteola findet man nicht nur das für diese Pflanzen charakteristische Flavon Luteolin, sondern auch sein wasserlösliches Derivat, ein Anthochlor, das neben Luteolin in den Blüten vorhanden ist und diese gelb färbt. In all diesen Fällen konnte leicht die Reduktion zu roten Verbindungen durchgeführt werden, die das charakteristische Ver- halten gegen Salzsäure, Amylalkohol, Natriumacetat etc. zeigten. Schon Combes1 erhielt aus den grünen Blättern von Ampelopsis hederacea und Zigustrum einen gelben, wasserlöslichen Stoff, der sich nach der Reduktion wie Anthokyan verhielt. Noack” bestätigte das Vorkommen dieses Stoffes neben einer Anthocyanidinpseudobase. Er selbst konnte bei im Dunkeln gehaltenen Pflanzen von Polygonum compactum in den Blättern neben einer Pseudobase die Anreicherung; eines gelben, wasserlöslichen Flavonfarbstoffes nachweisen, der als »Antlıokyan- oxydationsprodukt« bei der Reduktion wieder roten Farbstoff liefert. Er fand ihn auch in normalen Blättern dieser Pflanze, mit Anthocyanidin vikariierend, ebenso bei Polygonum virginianum und Rumex scutatus. Der Zusammenhang dieser Farb- stoffe mit den gleichzeitig vorhandenen Flavonen (KRutin ete.) ist auf der Hand liegend. Ebenso fand er eine gelbe »Oxydationsstufe« in den Blättern der rot- blühenden Paeonia officinalis und der gelbblühenden, Anthochlor führenden Paeonia Witimanniana. Bei der Entrötung der jungen Blätter nimmt der gelbe Farbstoff zu, in manchen gelbgrünen Blättern: dieser Varietät ist er reichlicher vorhanden als in grünen, auch bei der herbstlichen Rötung von August angefangen nimmt er zu. Er wird mit Salzsäure tiefgelb, bei der Reduktion rot, ist also ein Anthochlor. Es war nun interessant, daß auch in den herbstlich gelb verfärbenden Blättern vieler Pflanzen wasserlösliche, gelbe Farbstoffe festgestellt worden waren. Kohl fand in goldgelben Blattvarietäten, z. B. von Sambucus nigra foliis luteis, und herbstlich gelben Blättern, nicht aber in etiolierten, bei Kochen mit Wasser gelbe Lösungen, die mit Lauge orangegelb wurden und die er mit Tschirch#+ B-Xantho- phyli nannte (darunter verstand Tschirch die wasserlöslicben, gelben, seit Prantl Anthochlor genannten Farbstoffe). Auch Maecchiatid gewann aus den Blättern von Zuonymus japonica einen wasserlöslichen, gelben Farbstoff in Krystallen, den er Xanthophyllidrin nannte. Tswett$6 zeigte, daß im herbstlichen Laub nur mehr geringe Mengen der normalen _ Lipochrome vorhanden seien, daß die herbstlichen Farbstoffe von den normalen verschieden seien und schreibt ihnen eine Rolle beim Zustandekommen des Gesamt- effektes der Färbung zu. Auch er stellte wasserlösliche, gelbe Stoffe dar. Schon vorher hatte Staats mit Alkohol aus Herbstlaub intensiv gelbe Extrakte gewonnen, die mit Lauge rotbraune, wasserlösliche Niederschläge gaben. Aus wässerigem Alkohol konnte er die Kaliverbindung von Linden- und Buchenherbstgelb in schönen rotgelben Nadeln erhalten, die er Autumnixanthin nannte. Ich konnte mich nun überzeugen, daß in den herbstlich gelb- werdenden Blättern, z.B. von Acer, Tilia und Phaseolus, neben Carotinen ein wasserlöslicher, gelber Farbstoff enthalten ist. Das- 1 Combes, Compt. Rend. 153, 1911, p. 886; 15Z, 1913, p. 1002, 1454; 158, 1914, p. 272. 2 Noack Kl c., p: 616. 3 Kohl F.G., l.c., p. 9. 4 Tschirch A., Der Quarzspektroskop und einige damit vorgenommene Untersuchungen von Pflanzenfarbstoffen. Ber. d. d. bot. Ges., 1896, Bd. XIV. 5. Macchiati, Gaz. chim. ital., 76, 1886, p. 231, Malpighia I., 1887, p. 478. 6 Tswett M., Über das Pigment des herbstlich vergilbten Laubes. Ber. d. d. bot. Ges., 26. Jahrg., 1908, p. 94. 1 Staats G., Ber. d. d. chem. Ges., Bd. 28, 1895, p. 2807. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130.Bd. ° 19 260 G. Klein, selbe zeigen die im Laufe der Vegetationsperiode bei ungünstigen e Witterungsverhältnissen vergilbenden und die nach dem Verfahren von Molisch! künstlich zum Vergilben gebrachten Blätter der genannten Pflanzen. Der gelbe Farbstoff gibt mit Schwefelsäure tiefgelbe, mit Lauge orangegelbe und bei Reduktion schön rosen- rote Farbe. Damit ist auch das Auftreten von Anthochlor bei der herbstlichen Verfärbung und beim Vergilben der Blätter gezeigt. In der ersten Mitteilung wurde das ziemlich häufige Vorkommen von wasserlöslichen gelben Blütenfarbstoffen, ihre Flavonnatur und ihr gleichzeitiges Vorkommen mit den eigentlichen schwachgelben, wasserunlöslichen Flavonen (Ruta, Reseda) einerseits, ihr vikari- ierendens Vorkommen mit Anthokyanen andrerseits gezeigt. Hier wurde das Vorhandensein von Anthochlor in Frucht, Blättern und Stengeln festgestellt und ihr Zustandekommen beim Vergilben und bei der herbstlichen Gelbfärbung der Blätter dargetan. Nun konnte Shibata° zeigen, daß farblose, beziehungsweise schwachgelbe, wasserlösliche Flavonglykoside ein regelmäßiger Zellbestandteil der Epidermis von oberirdischen Organen fast aller Pflanzen sind, und ferner, daß im Herbst rötende Blätter schon im Sommer reich an Flavonen sind. Diese Tatsachen legen den Schluß nahe, daß sowohl die roten (Anthokyane) wie die gelben Flavon- derivate (Anthochlore) aus schon vorhandenen, mehr minder farb- losen Flavonkörpern durch gerade hier sich zahlreich abspielende Reduktions-, beziehungsweise Oxydationsvorgänge etc. entstehen. Dieses fast allgemeine und so verschiedenartige Vorkommen von Flavonen und deren Derivaten wirft ein neues Licht auf die Bedeutung dieser Körperklasse für die Pflanzenwelt. Welche chemische Stellung die Anthochlorfarbstoffe in der Reihe der Flavonabkömmlinge einnehmen, soll in einer im Gange befindlichen makrochemischen Untersuchung gezeigt werden. Schließlich fühle ich mich gedrängt, Herrn Hofrat Prof. Dr. Hans Molisch für das stete Interesse, das er den Untersuchungen entgegenbrachte, auch hier meinen ergebensten Dank auszu- sprechen. Herrn Assistenten Josef Kisser danke ich herzlich für die Anfertigung der Zeichnungen. Zusammenfassung. In der ersten Mitteilung über Anthochlor wurde das Vor- kommen und die Verbreitung von im Zellsalt gelösten, gelben Antho- chlorfarbstoffen in den Blüten verfolgt, ihre Flavonnatur aufgedeckt und ihre Krystallisationsfähigkeit dargetan. Nun wurde ergänzend festgestellt: in Wien, Bd. 127, 1918, 1.H. 2 Shibata K., Untersuchungen ..... les ET ae Studien über das Anthochlor. 261 1. Anthochlor findet sich auch in Früchten (Citrus-Schale), in Blättern und Stengeln (Dahlia, Antirrhinum, Reseda), im herbstlich gelbgefärbten und im vergilbten Laub. 2. Die schon von früheren Forschern festgestellten wasser- löslichen, gelben Farbstoffe in Blättern wurden unter einen Gesichts- punkt gebracht und ihr Zusammenvorkommen mit farblosen Flavon- glykosiden (Anthokyanvorstufen) festgestellt. 3. Von bisher fraglichen Farbstoffen wurde bei Helichrysin und Safflorgelb die Anthochlornatur und Krystallisierbarkeit gezeigt. Der Werdegang des Helichrysins wurde in der Blüte verfolgt. 4. Der Crocus-Farbstoff wurde krystallisiert und seine Be- ziehungen zu den Anthochloren zu begründen versucht. 5. Endlich wurde ein merkwürdiges Zusammenvorkommen von Anthochlor und Gerbstoffderivaten, wahrscheinlich Katechu- glukotannoiden, in derselben Zelle bei den gelben Acacia-Blüten gezeigt. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Apsr ar 5 EUER ARL. Rt en en Zellsaft. 2. Stück eines Korollblattes von Acacıa vostellifera. Die Ger 3, Osmiumsäure schwarz gefärbt. re j 3. Stück eines Korollblattes von Acacia es ‚In den 6 Körnchen mit Osmiumsäure blau gefärbt. ER 6. Krystalle von Anilinerocetin. To Krystallschollen und Nadelbüschel von Crocin aus alkoh Jlisc 1er durch Äther gefällt. 3 4 Dr. Gustav Klein.; Studien über das Anthochlor. Sitzungsberichte Abteilung I ee | ; M | "Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Ela der Pflanzen. Er Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und N Reisen 130. Band, 8. und 9. Heft _ ee u (Mit 1 Tafel und 1 Profiltafel) on er Gedruckt auf a des Jerome und Margaret Stonborough- -Fönds Wien, 1921 Österreichische Staafsdruckerei In Kommission bei Alfred Hölder a Universitätsbuchhändler Le Buchhändler der Akademie der Wissenschaften Inhalt Ye des 8. und 9. Heftes des 130, Bandes, Abteilung I der Sitzungs- | berichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse: Sölch J., Das Grazer Hügelland. Ein Überblick über seine geomorphologische BAER N Entwicklung. [Preis: 10 Markl'. . » „0... une aus 2 ‚Klein G., Die Verbreitung des Hesperidins bei den Galieae. (Ein neuer Fall von FRKRR ' chemischen Rassen.) [Preis®,.5 Mark]... „ac us nn oa Huber B., Zur Biologie der Dornonrorchider RER Fossehi Rich. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 12 Mark]. BEL Lot Hang a9 elle NED Leine AR Sie A Tornquist A., Ein »Fenster« des ee inmitten der Murauer N Aa Granatglimmerschieferdecke südlich des Preber. (Mit 1 Profiltafel.) [Preis: ha \ 6 Mark] BE BSR ER EN RAR Val REN TE ON ON oe... Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band. 8. und 9. Heft 20 265 Das Grazer Hügelland. Ein Überblick über seine geomorphologische Entwicklung Von Johann Sölch ' (Vorgelegt in der Sitzung am 9. Juni 1921) Das Gesichtsfeld von Graz wird im W durch einen NS strei- chenden, langgestreckten Höhenzug begrenzt. Ziemlich schroff zum Murtale abfallend und größtenteils bewaldet, erreicht er, unter dem Namen Plabutsch gegen sein Nordende hin allmählich ansteigend, im Fürstenstand (früher Bauernkogel geheißen) 764 m. Ungefähr in der Mitte wird er durch zwei tiefere Sättel unterbrochen, den Thaler Sattel (»Beim Hergott auf der Wies«, 528 m) und den Wetzelsdorfer Paß (fast 500 m). Zwischen ihnen erhebt sich mit prächtiger Kogelform der Kollerberg (630 m). N vom Thaler Paß stellt der Gaisberg (646, beziehungsweise 6052 m) die Verbindung mit dem Plabutsch her, ist aber von dessen südlichem Teile, dem Mühlberg, noch durch einen flachen Sattel (622 m) geschieden. S vom Wetzelsdorfer Paß hinwiederum gewinnt der Kamm nicht sofort wieder die gleiche Höhe wie im N, sondern erst in 2 km Entfernung steigt er im (Grazer) Buchkogel noch einmal auf 659 m empor. Buchkogel und Plabutsch sind also die beiden etwas erhöhten Enden des Zuges. Nach ihnen bezeichnen wir ihn als den Plabutsch-Buchkogelzug. Von beiden genießt man eine präch- tige Rundsicht über die mittlere Steiermark. Sie soll uns mit der allgemeinen Oberflächenformung der Grazer Landschaft vertraut machen. Diese stellt sich uns als ein Hügel- und Plattenland dar, ausgebreitet zu beiden Seiten des Kammes, auf dem wir stehen, und umschlossen im weiten Halbrund von NO über N und W bis 1 Die Namen für die beiden Pässe führe ich der Kürze halber ein. Schreibung Thal nach der Spez.-Karte 1: 75.000. Deren Blätter (zumal 17. XII. Köflach-Voitsberg und 17. XIII. Graz) sowie die einschlägigen Blätter der Orig.-Aufn. 1: 25.000 sind in der Folge fortlaufend zu vergleichen. 266 J. Sölch, gegen S vom Steirischen Randgebirge.! Seiner Formung nach. das Hügelland eine Einheit, soweit das Auge absehen kann: von dem gut ausgeprägten Abfall der Rahmenerhebung angefangen bis & zur Wasserscheide zwischen Raab und Mur im OÖ und, wie man 4 sich leicht überzeugen kann, über diese hinaus bis gegen die ungarische Grenze hin. Wir nennen den westlichen Teil dass Grazer Hügelland und ordnen ihm das Oststeirische Hügel- land östlich der Raab bei. Deren Tal eignet sich hier verhältnis- mäßig gut zur Abgrenzung zweier Erhebungsgruppen. Denn als ein breites, hellgrünes Band bietet es sich dem Bliekzdr Beschauers dar, der z. B. vom Schöckel her, jener weitesten Auslug gewährenden Landmarke der Grazer Kalkberge, in die Niederung hinabblickt. Die Hügelwellen beiderseits sind reicher an Farben: dunkelgrüne bis schwärzliche Waldbestände, hellgrüne Wiesen, gelbe Felder, weißschimmernde Häuser und Gehöfte, rote Dächer, all dies mischt sich in der schönen Jahreszeit zu einem bunten Mosaik durcheinander; und selbst im Winter, wenn Schnee die Landschaft zudeckt, herrscht in ihrem Bereich mehr Abwechs- lung der Eindrücke als in der breiten Aue des Raabtales, die dann als weißer Streifen die düster dreinschauenden Waldhügelwellen durchzieht. Eine ähnliche solche Tiefenlinie wie die Raab im OÖ schuf die Kainach im W. Sie wählen wir zur Westgrenze des Hügel- landes von Graz, bemerken aber gleich, daß sich ganz ähnliche Formen auch südlich vom Kainachtal fortsetzen bis in den Bereich der Sulm und Saggau. Dieser südwestliche Teil sei nach dem ziemlich in der Mitte gelegenen und in der Geologie des Gebietes schon längst bekannten Marktflecken das Florianer Hügelland genannt. Östlich der Mur streicht keine gleichwertige Furche durch die Plattenzüge. Eine Südgrenze ist hier infolgedessen nur schwer zu ziehen; aber am ehesten noch kommt wohl dafür das Stiefing- tal in Betracht. Denn es mündet fast gleichzeitig mit dem Kainach- tal in das Murtal aus, während sich sein Quellgebiet verzahnt mit dem letzten durch seine Richtung (gegen ONO) noch für die Ab- grenzung verwendbaren Seitental der Raab, dem Laßnitztal. Das Stiefingtal ist ferner in der Gegend das erste unter den linken Seitentälern der Mur, das nach S gestreckt ist. Gegen OÖ folgt dann deren eine ganze Reihe. »Deutsches Grabenland« heißt die Landschaft im Gegensatz zu den Windischen Büheln südlich der Mur. Grazer und Florianer Hügelland, Windische Bühe|l, Deutsches Grabenland und Öststeirisches Hügelland machen in ihrer Gesamtheit das Hügelland des Mittelsteirischen Beckens aus.? Ah 1 Diesen Namen hat, wenn ich mich recht erinnere, Penck gelegentlich in einer Vorlesung gebraucht. In die Literatur eingeführt ist er seit meinem »Beitrag 5 zur Geomorphologie des Steir. R.«, Vh. 18. D.G.T. Innsbruck 1912, p. 218. 2 N. Krebs (Länderkunde der österr. Alpen. Stuttg. 1913) spricht (p. 379) von Mittel- oder Oststeiermark und nennt das ganze Hügelland innerhalb des Rand- Das Grazer Hügelland. 267 Im folgenden befassen wir uns im allgemeinen mit der Formung nur des Grazer Hügellandes. Doch werden wir wieder- holt auch in die angrenzenden Landschaften blicken müssen, um zu besserem Verständnis des Gesamtgebietes zu gelangen. Das Mittelsteirische Becken ist ein buchtartiger Ausläufer der großen Pannonischen Niederung, ein Senkenraum neben einem Gebirgshochland. Das Alter der Senke reicht jedenfalls weit in der Erdgeschichte zurück. Denn schon in jungkretazischer Zeit bestand hier ein Aufschüttungsgebiet, in welches das benachbarte, schon vorgebildete Randgebirge seine Zerstörungsstoffe hineinwerfen ließ. In der Folge an jüngeren, aber sicher noch vormiozänen Brüchen versenkt, blieben große Teile der damals abgelagerten Schotter und Sande, Tone, Mergel und Kaike als »Kainacher Gosau« bis auf den heutigen Tag erhalten.” Aus dem Alttertiär sind dagegen bisher innerhalb des Mittelsteirischen Beckens nirgends irgend- welche Gebilde nachgewiesen worden. Auch dem Randgebirge fehlen sie völlig, ausgenommen dessen letzte Ausläufer im NO und S: hier sind im Poßruck spärlichste Eozänspuren festgestellt worden,? dort ermittelte man solche ebenfalls nur in ziemlich un- bedeutenden Resten bei Kirchberg am Wechsel.” Es ist unwahr- scheinlich, daß das Randgebirge ehemals unter einer auch nur unbedeutenden Decke von Sedimenten begraben gewesen wäre. Irgendwelche Anzeichen hätte die fortgesetzte geologische Durch- forschung der jüngsten Zeit sonst unbedingt auffinden müssen. Das Randgebirge war vielmehr durch die ganze ältere Tertiär- periode hindurch Zerstörungsland.' Erst viel weiter im O und S lag das dazugehörige Auftragsgebiet. Allein auch der Bereich des heutigen Mittelsteirischen Beckens war damals, im Alttertiär, an- scheinend der Abtragung preisgegeben; denn nirgends haben sich vorläufig in ihm zwischen den krystallinen und paläozoischen Gesteinen seines Untergrundes und den jungtertiären Einschüttungen paläogene Ablagerungen ermitteln lassen, weder in den natürlichen gebirgsrahmens das »Oststeirische Hügelland«. Aber wir sehen keinen Anlaß, von der Gepflogenheit der einheimischen Bevölkerung abzugehen, für die über die Begriffe West- und Oststeiermark die Lage der Hauptstadt Graz entscheidet. Voitsberg z.B. ins Öststeirische Hügelland versetzt zu sehen, ist von diesem Standpunkt aus un- erträglich. 1 Schmidt W., Die Kreidebildungen der Kainach. J. Geol. R. A. Wien, 1911. 2 R. Jaeger fand im ältermiozänen Eibiswalder Konglomerat bei Leutschach (Hoheneck am Montehügel) Gerölle mit Nummuliten. Sie dürften aus der nächsten Nähe stammen. Über ein Eozängerölle in den Miozänschichten usw. Vh. Geol. R. A. Wien, 1913. Vgl. auch ders., Foraminiferen usw., ebd. 1914. 3 Vgl., abgesehen von den älteren Mitteilungen F. Toulas im J. Geol. R. A. Wien, 1879, vor allem H. Mohr, Zur Tektonik der Grauwackenzone zwischen Schneeberg und Wechsel in Niederösterreich. M. Geol. Ges. Wien, 1910, p. 201ff. 268 J. Sölch, wi: Auslässen der Talgehänge noch aus Bohrproben noch in den Auswürfen der jüngeren oststeirischen Vulkane um Gleichenberg. ; Mit Beginn des Miozäns treten wesentliche Veränderungen ein. Der Ablagerungsraum der Pannonischen Niederung vergrößert sich auf Kosten des Abtragungsraumes beträchtlich gegen W: Das Mittelsteirische Becken wird ihm angegliedert. Die Ursache hiefür waren tektonische Vorgänge, wobei Brüche entstanden. Ob an ihnen das Mittelsteirische Becken in die Tiefe sank oder das Randgebirge emporstieg oder ob beide Vorgänge neben- und miteinander wirkten, bleibe zunächst noch unentschieden.! Für jetzt genügt es, die Tat- sache zu betonen, daß bereits damals der Abfall des Rand- gebirges ‚nach Umriß "und Aufriß -im 'wesentliehen an seiner heutigen Form festgelegt wurde und von nun an die heutige Mittelsteiermark, aus einer in Zertalung be- griffenen Berglandschaft umgewandelt in eine bald der Zuschüttung, bald sogar der Überflutung durch das Meer verfallene Senke, in eine höchst wechselvolle Geschichte eintrat. Sie ist keineswegs mehr leicht aus den Formen und dem Aufbau des Bodens zu entziffern. Der Abfall des Randgebirges ist als eine Stufe entwickelt, die sich besonders scharf, nämlich unvermittelter, höher und steiler, über das Florianer und den innersten Winkel des westlichen Grazer Hügellandes erhebt, weniger hoch und mehr allmählich über das selbst so mannigfach abgestufte Hügelland östlich der Mur, das mehrfach selbst bis zur Höhe einer breiteren, simsartigen Vorstufe des Gebirges heranreicht. Er macht einen ganz jugendlichen Ein- druck. Auf längere Strecken hin ist er nur von kürzeren, tief ein- gerissenen, schluchtartigen Gräben zerschnitten, die sich mit steilem Gefälle zum Vorlande hinaussenken. Kleinere und selbst größere Stufen, über welche die Wässer und Wässerlein in Form von Kaskaden und höheren Wasserfällen herabstürzen, sind in ihnen nichts Seltenes. Nur wenig gegliederte Fazetten kehrt der Abfall zwischen den Ausmündungen dieser Schmalkerben gegen das Vorland. Am besten sind solche Erscheinungen dort zu sehen, wo Kalkberge dessen unmittelbare Umrahmung bilden. Ja selbst größere Flußläufe, wie Raab und Weizbach, haben zwar ihr Bett tief in den Abfall eingefressen, aber ihre Durchgangsschluchten trotz aller Kraft noch nicht zu flacherhängigen Sohlentälern verbreitern können. Vollends im W und SW haben sich auch die im Innern des Randgebirges wurzelnden Flüsse bisher nur enge, steilwandige Täler geschaffen, sohlenlos oder höchstens örtlich schmalsonlig, so die beiden Laßnitz, die beiden Sulm, aber auch weiter nördlich die Bäche der Gegend von Voitsberg.” Eigentlich macht hier im 1 Wir halten es für das Wahrscheinlichste, daß beide Arten von Bewegungen miteinander eng verbunden waren. Vgl. u. p. 276. 2 Vgl. Sölch J., Beiträge zur eiszeitlichen Talgeschichte des Steirischen Rand- gebirges. Forsch. deutsch. L. Vk. XXI. £. 1917, p. 464. Das Grazer Hügelland. 269 weiten Bogen des Mittelsteirischen Beckens bloß ein einziger Fiuß eine Ausnahme, die Mur.! Sie ‘allein durchbricht das Randgebirge seiner ganzen Breite nach in einem wirklichen Sohlental; indes auch dieses verengt sich dort, wo es von trotizigerem Gestein übersetzt wird, zu schmalen Einschnitten. Also bloß der größte der Flüsse ist in der Talbildung soweit fortgeschritten, daß seine Ausmündung als breitere Pforte erscheint. Aber wenn nicht alles trügt, sind an deren Entstehung letzten Endes doch auch wieder tektonische Kräfte mitbeteiligt gewesen: die Buchten von Rain und Gratkorn sind Ausläufer des Mittelsteirischen Beckens, die spitzwinkelig den Umriß des Abfalls zähnen, ganz ähnlich wie ihn im Bereiche der Feistritz und der Pöllauer Safen Buchten gliedern, die, mit größerer Breite gegen die Niederung geöffnet und noch erfüllt von deren Gehügel, gebirgswärts in schmälere Spitzen auslaufen. Im ganzen genommen, weist demnach der Abfall des Rand- gebirges gegen das Mittelsteirische Becken entschieden jugendliche Züge auf. Das ist um so merkwürdiger, wenn er wirklich, wenig- stens in seiner ersten Anlage, altmiozän, also verhältnismäßig alt ist. Es gilt somit erstens diese Behauptung zu erweisen und zweitens jene Tatsache zu erklären. Den unteren Teil der Becken-, beziehungsweise Buchten- füllung bilden vor allem Schiefertone, bläuliche oder grünliche Tegel, die stellenweise sandig sind oder überhaupt von Sanden vertreten werden. Nur örtlich verbinden sich mit ihnen Süßwasser- kalke und Kalkmergel aufs engste. Wirtschaftlich wertvoll und geologisch bedeutsam werden aber alle diese einem einheitlichen Ablagerungsverband angehörigen Absätze durch die Einschaltung von Braunkohlenflözen. Eben deren Untersuchung hat ja das meiste zur Altersbestimmung des ganzen Gebildes beigetragen. Innerhalb des Grazer Hügellandes sind zwei Vorkommnisse vor allen anderen wichtig, einmal das von Voitsberg-Köflach-Lankowitz und zweitens das (schon viel kleinere) von Rein-Hörgas. Jenes lieferte eine ziemlich beträchtliche Anzahl von Säugerresten, nach denen seine Entstehung bis ins untere Mittelmiozän, wenn nicht überhaupt ins Untermiozän zurückreichen würde; die Süßwasserkalke von Rein hingegen eine Konchylienfauna, die im allgemeinen, wenn- gleich unter den Fachmännern noch Meinungsverschiedenheiten bestehen, ebenfalls auf älteres Miozän hinweist.” Unseres Erachtens 1 Weiter im Süden zeigt selbst das Tal der Drau ein auffallend jugendliches Gepräge. 2 Über das Alter der steirischen Braunkohlen vgl. besonders Hilber V., Das Tertiärgebiet um Graz, Köflach und Gleisdorf. J. Geol. R. A., Wien, 1893; ders., Das Alter der steirischen Braunkohlen. M. Geol. Ges., Wien, 1908; sowie Hoernes R., Bau und Bild der Ebenen Österreichs. Wien u. Leipzig, 1903, p. 950ff. usw.; zuletzt Granigg B., Mitteilungen über die steiermärkischen Kohlenvorkommen am Ostfuß der Alpen. Ost. Z. Berg. Hüttwes., 1910. 270 dürften nämlich doch diejenigen Recht behalten, die, wie in neuerer & Zeit Hilber und Dreger, allen den kohleführenden Schichten am Außensaum des Randgebirges von Eibiswald-Wies angefangen bis hinüber an dessen Nordostende gleiches Alter zuschreiben möchten. Die Ablagerungen jener fernen Zeit sind in der Folge keinen lebhafteren, stärkeren Störungen unterworfen worden; schwächere haben freilich nicht gänzlich gefehlt. Beachtenswert ist es in dieser Hinsicht auch, daß sich die Ablagerungen in der Richtung gegen die Niederung zu allmählich senken und dabei überdies auffallend mächtig werden. Die Süßwasserkalke unfern dem Rande des Gebirges reichen nämlich bis zu 500 m Meereshöhe empor, weiter im S gleichalterige Tegel nur mehr auf 400 bis 450 m; an der Westseite des Plabutsch-Buchkogelzuges stehen solche in etwa 400 m Höhe an, weiter südlich oberhalb Doblbad in 350 bis 360 m. In dieser Gegend erwies ein 345 m tiefes Bohrloch eine erstaun- liche Mächtigkeit des Gebildes;! ein anderes ergab unter einer 87 m mächtigen Schotterschicht eine 175 m mächtige Auftragung von Tonen, darunter 4:3 m mächtige Kohle und dann nochmals Tone.” Hier reichen die älteren Tegel und Tone also nicht mehr an die heutige Oberfläche empor. Doch dürfte dies nicht ausschließ- lich auf Absenkungen, die zum Teil noch während des Absatzes, zum Teil später eintraten, zurückzuführen sein. Denn auch in diesen südlicheren Strichen steigen gleichalterige Ablagerungen — am Holzberg östlich in bezeichnender Verbindung mit Kalken — wieder auf 480 m, ja sogar auf mehr als 500 m empor. Diese Ungleichmäßigkeiten möchten wir zum Teil auf spätere Land- zerstörung, verursacht durch Zertalungsvorgänge, zurückführen. Wenn nun aber diese ältermiozänen Absätze auch am Gebirgs- rand keine Spuren stärkerer tektonischer Einwirkung zeigen,. keine größeren Verwürfe, keine Aufrichtungen, keine Faltungen, so liegen sie offenbar auch heute noch so, wie sie einstmals gebildet wurden, ferngelagert an den Gebirgsabfall, eingreifend in einzelne Buchten desselben, dıe erst kurz vorher entstanden waren. An den Beginn des Miozäns ist somit dessen Entstehung zu stellen. Die Veränderungen, die ihn später noch trafen, bestanden nicht so sehr in örtlichen tektonischen Umgestaltungen, als vielmehr in weiträumigen Verkrümmungen. Speziell als Einmuldungen kamen solche auch im Bereiche des Beckens zur Erscheinung. Die Ablagerungen selbst sind Süßwasserschichten. Sie können sich nur in seichten stehenden Gewässern gebildet haben. An lang- sam fließende Gewässer zu denken, ist hier wohl von vornherein ausgeschlossen, angesichts des Steilabfalls des Gebirges, dessen Wasserläufe im Gegenteil gröberes Material in die Niederung hätten hineinschütten müssen. Nur in einem Süßwassersee also können 1 Granigg, a.a.O., p. 48. 2 Hilber, Tertiärgebiet, p. 313. Das Grazer Hügelland. h 271 sich die Tegel und Kalke abgesetzt haben und sein Spiegel mußte wenigstens zu der Zeit, wo sich deren oberste Lagen niederschlugen, in mehr als 500 m Höhe liegen. In dieser Höhe haben wir heute nirgends mehr einen Gegendamm in der Nachbarschaft. Allein auch die Buchten am Saume des Randgebirges waren bereits breit geöffnet und verbunden mit dem Hauptteil des Mittelsteirischen Beckens, das seinerseits schon damals ein Ausläufer der Pannonischen Niederung war. Mögen auch die Auslässe aus jenen Buchtwinkeln in das eigentliche Becken durch spätere Senkungsvorgänge noch erweitert worden sein, so ist doch schon für jene frühe Zeit ein zusammenhängender Spiegel innerhalb des ganzen Beckens das ‚Wahrscheinlichste. Jedenfalls unterbrachen keine Felsschwellen lückenlos den Austausch der Gewässer; möglich nur, daß Teile der Buchten durch Sand- oder Kiesbänke abgeschnürt waren von dem Hauptsee. Dort, wo Täler mit lebhaft strömenden, einen Abfall zer- schneidenden Flüssen ein Vorland erreichen oder in einen See münden, ist Aufschüttung die Regel, sei es in der Form trockener Schotterkegel oder Schotterfächer, sei es in der Form von Deltas. Man ist überrascht, längs des weststeirischen Beckenrandes so wenig davon wahrzunehmen. Aber wo sie sich finden, sind sie als Blockschotter entwickelt, deren Gerölle wiederholt ganz unglaubliche Größe erreichen, vereinzelt selbst die kleiner Häuschen, häufiger Durchmesser von 1 bis 2 m in der Länge, 0°5 bis 1 » in der Breite, 0 8—0°:5 m in der Höhe. Vielleicht am großartigsten ist dieses Blockphänomen in der Eibiswalder Bucht und nordwärts von ihr . bis in die Gegend von Deutsch-Landsberg, natürlich nicht ununter- brochen. Aber eine größere Lücke zeigt doch erst der Saum auf der Linie Deutsch-Landsberg—Ligist—Köflach und von hier weiter gegen NO. In der Bucht von Gratkorn trifft man dagegen neuer- dings auf grobe Gerölle Dann vermißt man sie auf der ganzen Strecke bis Hartberg, ja Friedberg, wo das sogenannte »Sinners- dorfer Konglomerat« ein prächtiges Gegenstück zu den Eibiswalder »Radlkonglomeraten« ist.! Allein damit ist die Verbreitung der Blockschotter noch nicht erschöpft: an der Westseite des Kulm, gegen Weiz hin, liegen solche vor der breiten Öffnung des Feistritz- tales in großer Tiefe, versenkt unter eine mächtige Decke jüngerer Ablagerungen.” So schrumpft bei genauerer Betrachtung der Raum, 1 Auch über dieses hat sich, abgesehen von den älteren Mitteilungen Hof- mann’s und Hiiber’s, besonders H. Mohr eingehend geäußert. Vgl. dessen ersten Bericht über die Verfolgung der geol. Aufschlüsse längs der neuen Wechselbahn, insbesondere im Großen Hartbergtunnel. Anz. Ak. Wiss. Wien, 1909, p. 391 ff. 2 Vgl. die bemerkenswerte Angabe bei Granigg, a.a.O., p. 5l: In der Mitte der Mulde zwischen Raasberg und (Weizer) Kulm wurde in nicht ganz 440 m Mh. ein Bohrloch abgestoßen. In einer Bohrtiefe von 306 bis 3634 m wechselten Letten- lagen mit Glimmerschiefergeröllen, die bis zu 2 m Durchmesser erreichten, sicheren Grundgebirgsschottern. Ebenso wechselten in einem 366'5 m tiefen Bohrloch bei Etzersdorf von 209 bis 3665 m Bt. wiederum die Glimmerschieferschotter mit einem 272 ’ J. Sölch, wo fluviale Einschüttungen aus jener Zeit am Beckenrand fehlen, doch recht erheblich zusammen, und wir haben tatsächlich vor den Austrittsstellen der Hauptflüsse fast immer deutliche Auftragsgebiete. Wenn aber solche Ablagerungen in anderen Gegenden, wo man sie erwarten sollte, wirklich fehlen, so sind verschiedene Erklärungen möglich: entweder können sie in die Tiefe versunken sein, ähnlich wie vor dem Feistritztal, wo ja erst neuere Bohrversuche auf Braunkohlen ihr Vorhandensein erwiesen, oder sie können späterer Ausräumung zum Opfer gefallen sein, wie ja sicher. in der Grat- korner Bucht die ursprünglichen Bestände stark vermindert worden sind; oder endlich, es ist dortselbst in der Tat damals nicht ab- gelagert worden. . Das scheint zwischen der Laßnitz und Gratkorn. der Fall gewesen zu sein und dann wieder am Gebirgsfuße nord- östlich von Graz. Hier ist ja die Talvertiefung auch heute noch weit zurück; auch dort ist der Abfall verhältnismäßig wenig zer- schnitten, größere Schotterkegel sind also nicht zu erwarten. Am ehesten würde man der Kainach und ihren Zuflüssen in der Köflach-Voitsberger Bucht lebhaitere Tiefennagung im Gebirge und - dementsprechend stärkere Aufschüttung an dessen Saume zutrauen. Daß diese gleichwohl fehlt, dafür wüßten wir vorderhand kaum eine andere Erklärung als die, daß damals die Flußläufe in der westlichen Mittelsteiermark zum Teil anders gerichtet waren als heute. Wer weiß, ob speziell die Gegend der heutigen Bucht von Köflach von größeren Flüssen erreicht wurde. Kleinere Bach- läufe aber stürzten über den Abfall, als er sich gerade erst frisch gebildet hatte, vermutlich in Wasserfällen herab, zumal, wenn er sich rasch, vollends, wenn er sich plötzlich entwickelte. Oben hin- wiederum flossen sie bis an den Rand der Stufe in ihren alten, breiten Tälern heran, ohne in diese einzuschneiden; dort konnten sie sich folglich auch nicht mit Geröllen beladen, ebensowenig wie beim Sturz über die obere Abfallskante. Deshalb fehlt es vor ihren Ausmündungen in die Bucht an größeren, gut erkennbaren Geröllablagerungen. Wo die Beschaffenheit des Gesteins der Verkittung günstig war, haben sich Kittschuttmassen gebildet und bis auf den heutigen Tag erhalten, so besonders die »Breccie von Rein«, die einst: als Schutthalde am Hang von Kalken und Kalkschiefern emporwuchs.! Kalkwände lieferten auch an anderen Stellen nicht bloß reicheren, festeren Schutt, sondern auch das bindende Mitte. Am Fuße kristalliiner Hänge sind die alten Schutthalden viel schwerer zu erkennen und überhaupt, da sie nicht verkittet wurden, später durch ua m rn lehmigen Bindemittel. A. Winkler hat diese Tatsache weder in seinen so wertvollen | und anregenden Studien »Über die jungtertiäre Sedimentation und Tektonik am Ostrande der Zentralalpen«, M. Geol. Ges. Wien, 1914, p. 256ff.,, noch in seinen »Untersuchungen zur Geologie und Paläontologie des steirischen Tertiärs«, J. Geol. R. A. 1913, erwähnt. 1 Über die Breccie von Rein vgl. neben den älteren Angaben von Peters, Stur u. a. besonders Hilber, Tertiärgeb., p. 307. i } F . 4 Das Grazer Hügelland. 213 Verwitterung, Abbröckeln, Abrutschen viel stärker zerstört worden. Seither haben sie seinerzeit entlang den Gebirgsabfall eine viel größere Verbreitung gehabt, als sich gegenwärtig noch nachweisen läßt. So ergibt sich aus allen diesen Feststellungen die Richtigkeit unserer Behauptung, daß der Abfall des Gebirges in der Hauptsache schon ausgebildet war, als der ältermiozäne Seespiegel an ihn herantrat, in ihn eindrang. Woher dann aber die Jugendlichkeit seiner Formen, seine gute Erhaltung? Sie ist nur verständlich unter der Voraussetzung, daß der Abfall während langer Abschnitte der seit dem älteren Miozän verstrichenen Zeit von keinerlei Zerstörungs- vorgängen betroffen wurde, vor allem, daß die Erosionskraft der Flüsse erlahmt war. Wäre er seit damals ununterbrochen der Tal- bildung und ihren Auswirkungen preisgegeben gewesen, so hätte er sich bestimmt nicht so frisch erhalten, obwohl man auch dann noch keineswegs starke Talvertiefungen, Rückwärtsverlängerungen, Flußverebnungen erwarten dürfte. Davor muß schon der Vergleich mit den Abfällen anderer Gebirge warnen, die ungefähr gleich alt und gleich gebaut sind. Immerhin ist die Erhaltung der jugend- lichen Formen ganz besonders in Zusammenhang zu bringen mit einer außerordentlich weitgehenden Ver- schüttung, durch welche die normale Zersägung des Abfalls für geraume Frist unterbrochen wurde. So umfänglich und mächtig war die Verschüttung, daß sie nicht bloß das Vorland, das in- zwischen in den Bereich der Zerschneidung einbezogen worden war und ein Hügelrelief erhalten hatte, von neuem unter sich begrub, sondern auch langhin über den Rand des Abfalls empor- und in die Talmündungen hineinwuchs. Ausläufer des Gebirges, die sich zur Zeit des ältermiozänen Süßwassersees als Inseln über dessen Spiegel erhoben hatten, verschwanden nun unter einer dicken Schotterdecke, kaum daß z.B. der Plabutsch-Buchkogelzug mit seinem Haupte aus ihr herausschaute. Wir finden die mäch- tigsten Lagen dieser Schotterdecke einmal im westlichen Grazer Hügelland, dann östlich der Mur, angefangen von der Gratkorner Bucht hinab bis fast zur Südgrenze und hinüber zur Östgrenze des östlichen Hügellandes. Hundertfältiser Beobachtung zeigt sie immer wieder ein ganz besonders auffälliges Merkmal: einen außer- ordentlichen Reichtum an Quarzschottern und zahlreiche Geschiebe eines schwarzen Kieselschiefers. Zu ihnen gesellt sich vorwiegend kristallinisches Material, das meistens stark verwittert ist; schein- bar ist es in den tieferen Schichten stärker vertreten als in den höheren. Kalke, selten über Faustgröße, gewöhnlich nur bis hühnerei- groß, stellen sich zahlreicher nur um die Mur-Raab-Wasserscheide ein: sie entstammen hauptsächlich den Schöckelkalken der Grazer Kalkberge.! 1 Über die Herkunft der Quarzschotter siehe unten. Das Herkunftsgebiet der Kieselschiefergerölle ist meines Wissens noch nicht ermittelt (vgl. p. 283, Anm.). Die Dieses Schottergebilde nun stellt uns vor eine ganze Rei inhaltsschwerer Fragen; die wichtigsten davon sind die nach d n Ursachen seiner Entstehung und nach seinem Alter. In beiden Beziehungen gibt ihre Verbreitung nach Höhe und in der Situation bemerkenswerte Aufschlüsse. Dazu tritt die Feststellung ihres Ursprungsgebietes hilfreich, um die Bedingungen ihrer Aufschüttung, die Untersuchung ihrer und ihres Liegenden spärlichen Fauna, um ihr Alter zu ermitteln. Die größten Schwierigkeiten, die Verbreitung der hieher- gehörigen Schotter klarzulegen, sind erstens die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit, daß andere, ältere Schotter im Untergrunde vorhanden sind, von gleicher Herkunftsstätte (wenigstens zum Teil) und ähnlichster Beschaffenheit, so daß eine Trennung der jüngeren von den älteren nahezu unmöglich wird; und zweitens die zahl- reichen Rutschungen, die, ausgelöst durch die neuere Talbildung, Schottermassen aus höheren Lagen in tiefere versetzt haben, nicht bloß um wenige Meter, sondern manchmal im Verein mit Abspülung und Abgleitung um mehrere Hunderte von Metern. Ihre formen- schaffende Bedeutung im einzelnen zu würdigen, wäre eine Auf- gabe für sich. Hier nur soviel, daß infolge ihrer Wirksamkeit Schotterhüllen erst nachträglich Talgehänge aus anderen, älteren Schichten ummäntelt haben und uns dann eine tiefere, ursprüng- liche Aufschüttung vortäuschen; und daß die Höhen durch Sie stark zerstört und abgetragen worden sind. Eigentlich nur dort, wo sie über die Insel- oder Randberge aus Kalk gebreitet wurden, haben sich ihre obersten Lagen wenigstens annähernd noch in ihrer ursprünglichen Lage erhalten. Auf den Schieferbergen fehlen sie dagegen fast ganz.! Anreicherung der Quarz- gegenüber den Kristallinschottern ist nur zum Teil ursprünglich (über ihre Ursache vgl. unten p. 276), zum Teil dagegen zu erklären aus der starken Ver- witterung der Silikatgesteine. Da sie besonders in den oberen Lagen vor sich sing und vermutlich auch an der Ausbildung der lehmigen und sandigen, sehr ungleich mächtigen und ungleich verbreiteten Deckschichten beteiligt war, wird der Eindruck noch verstärkt, daß das kristalline Material in den unteren Teilen der Aufschüttungen überwiegt. Im übrigen dünkt uns dies gerade sehr wahrscheinlich, wenn man, wie wir es tun, die oberen und die unteren Schotter nicht allenthalben in die gleiche Aufschüttungsperiode versetzen. 1 Daß die Schotter auf den Schieferbergen fehlen, ist ganz merkwürdig. Während z.B. die Flächen der Tanneben östlich Peggaus weithin mit ihnen über- streut sind und ihrer auch die Kalkberge der näheren Umgebung von Graz nicht ermangeln, sucht man sie auf dem langen, aus einem prächtig entwickelten Talbecken herausgeschnittenen Zuge des Hiening nahezu vergeblich; nur ganz vereinzelt beobachtete ich hier Quarzgerölle, und auch sie, bezeichnend genug, Tast ausschließ- lich am Hang. Vermutlich sind sie von oben herabverfrachtet worden oder herab- gestiegen. Seit den Zeiten ihrer Aufschüttung sind die Schiefergesteine doch viel stärker abgespült worden als die Kalkberge. Durch die Schotterdecke hindurch gelangte das atmosphärische Wasser bei ihnen auf undurchlässigen Grund, durch- feuchtete ihn und brachte ihn zu Abwärtsbewegungen von verschiedener Geschwin- digkeit. Dadurch wurde den Schottern ihre Unterlage entzogen und sie wanderten an den neu sich ausbildenden, nach unten wachsenden Hängen abwärts. Bei Kalk- unterlage dagegen geriet das eindringende Wasser auf durchlässigen Boden; dessen Das Grazer Hügelland 275 Trotz alledem läßt sich doch einiges Bemerkenswerte mit Sicherheit sagen. Erstens, daß die jüngeren Schotter östlich der Mur ursprünglich nicht unter etwa 400 bis 450 m Meereshöhe abgelagert wurden und in ihrem Liegenden mit Vorliebe Sande weitverbreitet sind. Sande stehen auch sonst mit ihnen häufig durch Ein- und Wechsellagerungen in Verbindung, wobei sie gegen S und SO an Bedeutung zunehmen. Im übrigen ist östlich der Mur das Liegende der Schotter entweder unmittelbar das paläo- zoische Grundgestein oder es sind die Süßwasserschichten oder endlich auch Tegel und Lehme nachweisbar pontischen, seltener sarmatischen Alters. Die Schotter selbst können daher frühestens gleichfalls noch während des Pontikums abgelagert worden sein. Für Unterpliozän spricht auch die Fauna. Freilich wurde diese in noch sehr tiefen Horizonten gefunden. Eben deshalb ist es nicht ausgeschlossen, ja sogar wahrscheinlich, daß die höheren Schotter- schichten erst während des mittleren Pliozäns aufgeschüttet wurden.! Denn die Gesamtmächtigkeit der Schottermasse betrug am Rand des Gebirges nördlich von Graz mindestens 400 m. Und das ist das Zweite. In geschlossenem Zusammenhang lassen sie sich hier allerdings kaum mehr bis "zu 600 m Meereshöhe verfolgen, aber Schotterfetzen, sämtlich gleicher Art untereinander und gleicher Zusammensetzung wie die Hauptmasse, geleiten empor zu 700 m und Einzelvorkommnisse bis 800 m. Nichts nötigt dazu, diesen hochgelegenen und vereinzelten Schotterresten ein höheres Alter zuzuschreiben. Im Gegenteil: weiter westlich ist im N von Voits- berg der ursprüngliche Zusammenhang der niedrigeren Schotter Zerstörung blieb weit geringer und damit auch die Abfuhr der hangenden Schotter. Aber gewisse Schwierigkeiten bleiben auch da noch bestehen. Vgl. Sölch J., Epi- genetische Erosion und Denudation. Geol. Rdsch., IX., p. 173. Vielleicht sind bestimmte chemische Vorgänge ins Auge zu fassen, wie z. B. Cvijic gelegentlich in anderem Zusammenhange es 'tat. Entwicklungsgesch. des Eisernen Tors. P. M. Ergh. 160, 1908, p. 16. 1 Wir sind leider diesbezüglich noch immer auf Vermutungen angewiesen. 1912 war ich, veranlaßt durch die Darlegungen von Bach (und ältere Beobachtungen von Peters), geneigt, die Grenze zwischen pontischen Tonen und Sanden und levantinischen Schottern schärfer zu ziehen. Speziell hatte Bach die Überreste eines Zahns von Mastodon (als Rest von M. longir. hatte ihn Peters seinerzeit erwähnt; meine Ausdrucksweise in Vh.D.G.T., Innsbruck, 1912, p. 132, sei damit klargestellt) Mast. arvern. zuweisen wollen und daran bestimmte Schlüsse. über das Alter der Schotter und Sande in der Mittelsteiermark geknüpft. Allein seither hat Löczy den Zahn neuerdings Mast. long. zugesprochen, Schlesinger einer Übergangsform zwischen M. I. und M.a. Ähnlich Hilber, der insbesondere betonte, daß gerade jene Schotter unmittelbar über dem Tunnel auch Reste von Dinoth. gig. und, wie man erst seit kurzem weiß, auch von Acerath. incis. enthalten. Darnach ist der Schotter der Raab-Mur-Wasserscheide, in dieser Höhe wenigstens, noch pontisch. Vgl. Hilber V., Baustufen, Paläolithikum- und Löß-Stellung. M. Geol. Ges. Wien, 1919, p. 199/200. Für die höheren Lagen, die heute nicht mehr vorhanden sind, aber einst vorhanden gewesen sein müssen (vgl. die hochgelegenen Schotter auf dem Gipfel des Wildoner Buchkogels und im Gleichenberger Vulkangebiet), möchte ich aber an einem jüngeren, also mittel- bis oberpliozänen Alter auch jetzt noch festhalten. are 276 J. Sölch, mit hochgelegenen (auch hier in fast 800 m) kaum unterbrochen. Ganz besonders aber spricht ein morphologischer Beweisgrund für b. die Zusammengehörigkeit aller dieser oberen Schotter: die Anlage des heutigen Talnetzes; es ist nur durch Epigenese erklärbar und diese setzt Aufschüttung bis zu einer Höhe von mehr als 700 voraus.! Westlich Graz macht sich an der Grenze gegen das Florianer Hügelland eine besondere Schwierigkeit bemerkbar. Sie eindeutig zu lösen, will solange ziemlich aussichtslos erscheinen, als Fossil- funde fehlen. Hier bietet sich uns eine Gelegenheit, kurz die Zustände unserer Landschaft in dem Zeitraum zwischen dem Älter- miozän und dem Pontikum zu beleuchten. Nach den sorgfältigen Untersuchungen älteren und jüngeren Datums besteht das Florianer Hügelland hauptsächlich aus zwei Arten von Ablagerungen: im Liegenden aus brackischen und marinen Tegeln und feinen Sanden, die nur gegen das Gebirge hin gröber werden, und im Hangenden aus Kleinschottern, Kiesen und gröberen Sanden. Gesteine anderer Art, zZ. B. Mergel, treten ganz in den Hintergrund. Kalke stellen sich erst in einiger Entfernung vom Gebirgsrand ein, hier dann aber in ziemlicher Ausdehnung und Mächtigkeit. Ihr bedeutendstes Gebilde ist der Wildoner Buchkogel, von dessen Höhe sie mehr als 200 m aufbauen, dabei in ihm gipfelnd in 551 m H.ü.d.M. Es sind mittelmiozäne Leithakalke, angehörig der zweiten Mediterranstufe (dem Tortonien). Als äqui- valente Bildungen sind nun die oberen Florianer Schichten, die Kiese und Sande, aufzufassen. Die unteren Florianer Schichten hinwiederum gehen anscheinend über in die Mergel- und Schlier- schichten, welche im S und SO unter den Leithakalken hervor- kommen und Sich besonders am Aufbau der mittleren Windischen Bühel beteiligen.” Sie sind, obwohl sie zu den oberen Schichten ziemlich enge Beziehungen haben (das ist namentlich dort der Fall, wo: sie gröber ausgebildet sind), doch deutlich älterer und anders- artiger Entstehung: spätestens dem Grunder Horizont gleichzusetzen, wenn nicht noch in das eigentliche Untermiozän zu stellen. Sie sind daher ungefähr gleich alt mit den ältermiozänen Süßwasser- schichten: deutlich glaubt man die Zunahme der Tiefe und des Salzgehaltes jenes Gewässers zu erkennen, dessen Wellengang an den neu gebildeten Abfall schlug. Blockschotter am Saume des Gebirges, wo kräftigere Flüsse ausmünden, Schutthalden an den prallen Abfällen besonders der Kalkberge, Absätze von Süßwasser- tegeln und Sanden im Innern von Buchtwinkeln mit Zufuhr frischen 1 Über die Epigenese vgl. Sölch, Epigen. Eros., und u. 2 Vgl. Sölch J., Die Windischen Bühel. M. G. Ges., Wien, 1919, Sab. p. 16/7. ‘ ’ Das Grazer Hügelland. 27% Wassers, Neigung hier zur Versumpfung und Vertorfung; wo das Meer breiter eindringen konnte, Absatz von Tegeln in schwach brackischem, seichterem Wasser, weiter draußen Niederschlag ähn- lichen Materials in tieferem Wasser: dies alles läßt sich sehr gut zusammenbringen. Nun wurde über die feineren unteren Schichten des Florianer Hügellandes gröberes, ja grobes Material gebreitet, das nur von fließendem Wasser herbeigeschleppt worden sein kann. Dies bedeutet, daß sich das Aufschüttungsgebiet der Festlandflüsse erheblich ver- größert hatte und meerwärts vorgerückt war. Zum größten Teil unter dem Seespiegel abgelagert, erheben sich heute die Schotter und Konglomerate aus jener Zeit zu Höhen von mehr als 600 m, sogar in ziemlicher Entfernung vom Gebirgsabfall. Selbst hier sind sie noch etwas von späteren tektonischen Bewegungen erfaßt worden, obwohl ihre Neigung in einem gewissen Ausmaße auch auf die ursprüngliche Deltastruktur zurückzuführen ist. Stärker. waren jene aber weiter im S, in der Richtung gegen Ramschnigg- und Radelgebirge: in der Umgebung von Arnfels sind die Fall- winkel größer und zugleich auch nicht mehr so einheitlich orientiert wie nördlich davon, wo N- und NO-Fallen vorherrscht. Diese Schotterdecke aber steht in so engem Zusammenhang mit den Radelkonglomeraten, daß man sogar an ihre Gleichaltrigkeit denken konnte. Unseres Erachtens wäre jener nur etwa so zu verstehen, daß das Radelkonglomerat das Material für das vorlagernde Delta- gebiet lieferte. Das Radelkonglomerat war bereits in Zerstörung begriffen, als sich die oberen Florianer Schichten bildeten: durch das Einsetzen einer Hebung war es nunmehr Zertalungsvorgängen überantwortet worden, während die Senkung des Vorlandes weiter fortschritt. Zeigen schon die liegenden Süßwasserbildungen und die brackischen Tegel und Mergel ganz erstaunliche Mächtigkeiten und trotzdem keine wesentlichen Verschiedenheiten in der Be- schaffenheit ihrer unteren und oberen Partien (und das läßt sich nur bei einer lange fortdauernden, allmählichen Einkrümmung ‘begreifen), so verrät die große Masse der Leithakalke, die sich nur in seichtem Wasser niedergeschlagen haben können, eine derartige Krustenbewegung mit untrüglicher Bestimmtheit. Eben daher die gewaltige Schotteranhäufung im S, eben daher auch das Einfallen der liegenden Mergel nordwärts.! \ 1 Wie weit die Ansichten gerade hier noch auseinandergehen, zeigt uns schon folgendes: Hilber hält den Schlier für eine Entsprechung der Grunder Schichten und die Eibiswalder Schichten für älter; auf jenen lagern dann die Leitha- kalke, -schotter (-konglomerate) und -sande. Winkler hielt die Foraminiferenmergel (Hilbers Schlier) für älter und stellte die Konglomerate und Sande ursprünglich zur Grunder Stufe, später zur Leithastufe. Mit diesen vereinigte er auch die Block- schotter des Radel; die Eibiswalder Schichten versetzte er unter die Foraminiferen- mergel. Dreger verknüpfte die Radelschichten mit gewissen Schottern der Arnfelser Gegend und hält sie für älter als die Eibiswalder Schichten, die wohl in die Grunder Stufe gehören. Ich selbst halte alle diese Bildungen für ungefähr gleich alt, zu den 278 AR, N; Der auffälligste geologische Zug des Florianer Hügellandes ist wohl der, daß aus ihm sarmatische Ablagerungen! und jüngere pontischen und levantinischen Alters bis heute noch nicht nach- gewiesen sind. Im westlichen Grazer Hügelland aber haben wir die großen pliozänen Aufschüttungen, und Überreste sarmatischer Kalke und Tegel, gebildet nahe dem Seespiegel, sind in der Thaler Bucht westlich von Graz bis heute erhalten geblieben; dagegen ließen sich nirgends Äquivalente der Leithakalke, -sande und -schotter sicher beobachten. Wir stünden also vor der eigenartigen Tatsache, daß das Kainachtal eine der wichtigsten geologischen Grenzen innerhalb des Mitteisteirischen Beckens darstellte: nördlich von ihm kein Mittelmiozän, aber Reste von Obermiozän (Sarmati- kum) und reichliches Pliozän, südlich von ihm dagegen reichliches Mittelmiozän, wenig Sarmatikum und kein Pliozän. Wie soll man sich dies zusammenreimen? Wir sind jetzt vor der erwähnten besonderen Schwierigkeit angekommen. Prüfen wir die einzelnen Möglichkeiten, sie zu überwinden! Die pontischen (und jüngerpliozänen) Schotter Östlich von Graz reichen, wie bemerkt, im allgemeinen nicht unter 400 »z herab. Dürfen wir dann aber tiefer gelegenen Schotter westlich von Graz für gleichaltrig ansehen? Vollends wachsen unsere Bedenken, wenn wir berücksichtigen, daß das Sarmatikum westlich von Graz merklich höher liegt als östlich der Mur, so daß hier sogar eine tektonische Einbiegung nicht ausgeschlossen ist. Andrerseits steigen die »Leitha- schotter und -sande«, d. h. die oberen Florianer Schichten südlich der Kainach auf mehr als 400 m — noch heute — an. Was für eine Annahme ist dann weniger gekünstelt: Die unteren Schotter- lagen des westlichen Grazer Hügellandes sind eben gar nicht pontisch, sondern Äquivalente der südlich des Kainachtales an- schiießenden Leithastufe; oder: zwischen Mur und Kainach läuft zwischen Leithaschottern im Westen, Kongerientegeln und sarma- tischen Schichten östlich der Mur eine Einfüllung pliozäner Schotter spitz gegen S bis SSO aus. Aus solchen Erwägungen heraus habe ich schon 1912 die Schotter des Kaiserwaldes als »Leithaschotter« gedeutet und möchte auch heute noch an dieser Ansicht festhalten.? Ansichten F. Rolles zurückkehrend, und möchte nur. die höheren Schotter und Kalke in die Leithastufe verweisen. Die Radelkonglomerate keilen anscheinend sehr rasch im Untergrund der kohleführenden Schichten von Eibiswaid aus (vgl. Radimsky V., Das Wieser Bergrevier. Klagenfurt, 1875) und diese gehen weiter hinaus zu alsbald in die Foraminiferenmergel, beziehungsweise Grunder Schichten über (vgl. meine Darlegungen in der Vers. D. Natf. Ärzte, Wien, 1913, an denen ich auch heute festhalten muß). 1. Sie überschreiten nirgends die Mur. N 2 Trotz der Bedenken, die A. Aigner in seinen »Geomorphologischen Studien über die Alpen am Rande der Grazer Bucht«, J. Geol. R. A., 1916, p. 2951f., gegen meine Auffassung (siehe diese in den Vh. 18. D. G. T. Innsbruck, 1912) erhebt. Aber Aigner bleibt die Erklärung für die Haupttatsache schuldig, die sich dann ergibt: die erwähnte Rolle der Kainachlinie. Auf die zum Teil recht fragwürdigen und in sich nicht widerspruchsfreien Einwände Aigners werde ich übrigens Das Grazer Hügelland. 279 Wo sich später die wirklich pliozänen Schotter unmittelbar auf die älteren legten, wird es allerdings so gut wie unmöglich, die Grenz- fläche zwischen beiden auch nur örtlich zu ermitteln, geschweige denn, in ihrer ganzen Erstreckung zu verfolgen. Nur Fossilfunde (und selbst diesen dürfte keine absolute Beweiskraft zuerkannt werden) können einen Schimmer von Licht in das Dunkel dieser Frage bringen. Andere Überlegungen sind unserer Annahme günstig, noch andere wenigstens nicht ungünstig. Die Verhältnisse am Weiten- dorfer Basalt gewähren keine Entscheidung, stehen aber jedenfalls nicht im Widerspruch mit ihr. Der Basalt hat nämlich eine Decke mariner Schiefertone, Äquivalente der unteren Florianer Schichten, bei seinem Aufsteigen emporgehoben, sie aber nicht durchbrochen, er tritt daher in keine unmittelbare Beziehung zu den Schottern.! Wichtiger ist vielleicht nur die Tatsache, daß hier überhaupt nörd- lich der Kainach doch noch Marinschichten mit Schottern im Hangenden anzutreffen sind: Damit ist eine Analogie zu dem Befunde jenseits der Kainach gegeben. Sie wird noch dadurch verstärkt, daß auch in die Hangendschotter des Basaltes lehmige Partien und Sandbänke eingelagert sind und man in diesen auch hier wieder Wellungen wahrnehmen kann, alles Dinge, die zum mindesten unserer Auffassung nicht zuwiderlaufen. Noch besser würde diese gestützt, wenn sich zeigen ließe, daß auch die Schotter noch mitgehoben oder angebrannt worden seien. Bewiesen freilich auch dann nicht; denn selbst Gleichzeitigkeit der Schotterablagerung mit dem Basaltausbruch wäre dann nicht völlig von der Hand zu weisen, während freilich eher noch sarmatisches Alter für ihn in Betracht käme, da sarmatische Schotter weiter im O und SO jen- seits der Mur eine nicht geringe Rolle spielen.? Allein immer wieder führt mich zuletzt etwas zurück, die Annahme mediterranen Alters zu bevorzugen; jetzt wiederum die Wahrscheinlichkeit, daß jüngere Nachbrüche vielleicht noch sarmatischen, wahrscheinlich früh- pontischen Alters ungefähr entlang dem heutigen Murtal eine höhere Scholle westlich der Mur von einer abgesenkten. östlich gelegentlich ausführlicher zurückkommen. Dagegen möchte ich auf den Murex sublavatus, den Stur seinerzeit (Geol. v. Steiermark, p. 634) aus. dem Kaiserwald erwähnt hatte und an den ich a. a. ©. nebenbei erinnerte, selbst nicht allzuviel Gewicht legen. Der Begriff »Kaiserwald« war vielleicht für Stur ein anderer. Im übrigen ist ja Sarmatikum in geringer Entfernung in der Tat nachgewiesen worden. 1 Über den Weitendorfer Basalt vgl. die zum Teil recht widerstreitenden Meinungen von J. Dreger (Vh. Geol. R. A., Wien, 1902), H. Leitmeier (N.J. Min. Geol. Pal. BB. XXVII, 1919 u. M. natw. Ver. Stm., 1910), Ohnesorge (Vh. Geol. R. A., Wien, 1909), Hilber (Zbl. Min., 1905 u. N. J. Min. ete., 1908). Trotz mehr- malisen Besuches des bekannten Steinbruchs wage ich hier eine Entscheidung derzeit nicht zu treffen. 2 Vgl. Fabian K., Das Miozänland zwischen Mur und Stiefing bei Graz. M. natw. Ver. Steierm., 1905,. ferner die Arbeiten und Mitteilungen Hilbers und in neuester Zeit besonders A. Winklers. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt.I, 130. Bd. 21 280 J. Sölch, scheidet. Wir dürften dann die unteren Schotter des westlichen Grazer Hügellandes erst recht nicht als Äquivalente der sarma- tischen Schotter im südöstlichen und im anschließenden deutschen Grabenland ansehen, sondern müßten hier ihre Entsprechungen in der Tiefe unter diesen suchen, gleichwie ja auch die Leithakalke hier unter ausgiebiger Verschüttung unten begraben liegen.? Die Annahme einer Einkrümmung oder gar eines Einbruchs, die sich östlich vom Plabutsch-Buchkogelzug, vom Weitendorfer Basaltberg und vom Wildoner Buchkogel entwickelt hätte, hilft uns, einem sonst sehr berechtigten Einwand zu begegnen: Wenn wir uns scheuen, die Kainachlinie als Grenze zwischen zwei ver- schieden alten Schottergebilden zu betrachten, warum scheuen wir uns nicht, eine solche Grenze entlang dem Murtal zu suchen? Ist damit nicht bloß eine Verschiebung der Schwierigkeit erzielt? Abgesehen davon, daß wir ja in Wirklichkeit die Mur gar nicht als Grenze festlegen (denn wir schreiben der Schotterfüllung des westlichen Hügellandes keineswegs einheitliches Alter zu), sprechen. im übrigen Höhenlage und Verbreitung der Schotterkomplexe zugunsten unserer Auffassung und gegen die andere; und eine stärkere Einbiegung östlich vom Plabutsch-Buchkogelzug erweisen jene Bohrungsergebnisse, wonach im Untergrunde des Grazer Feldes Sarmatikum erst etwa 150 m unter der heutigen Oberfläche (also in ungefähr 200 »z Meereshöhe) anzustehen scheint. Auch weiter östlich reicht bei Weiz das Sarmatikum, bisweilen 100 bis. 150 m mächtig, bis 200 m Meereshöhe hinab.? Hier liegen dann unter ihm die mächtigen Schotter älter- und mittelmiozänen Alters, die wir oben in eine Reihe mit den Eibiswalder Konglo- meraten stellten. Allein nunmehr müssen wir eine Einschränkung machen: Die oberen Partien sind vermutlich bereits oberes Mittelmiozän, beizuordnen der Leithastufe, jedoch nur schwer von den älteren zu trennen, genau so wie zwischen den Radelkonglomeraten und den Arnfelser Schottern enge Zusammenhänge bestehen. Hier, öst- lich der Raab, ist also die Folge ziemlich deutlich erkennbar: Mächtige älter- und mittelmiozäne Schotter unten, mächtige pliozäne Schotter oben, dazwischen bedeutende sarmatische und pontische Ablagerungen überwiegend feinerer Art. Im Untergrunde von Graz käme man unter den sarmatischen Mergeln aller Wahrscheinlichkeit nach gleichfalls in die mittelmiozänen Schotter. Westlich vom 1 Auf die Bedeutung und den Verlauf solcher Brüche, beziehungsweise Abbiegungen hat neuerdings besonders A. Winkler aufmerksam gemacht und ein- schlägige Beobachtungen geliefert; aber schon lange vor ihm hat Hilber ähnliches erwogen. 2 Vgl. u. a.. die Auswürfe im Gleichenberger Vulkangebiet und seiner Nachbarschaft. F 3 Über Sarmatikum in der Weizer Gegend. Vgl. Granigg, a.a.0., weiter südlich Hilber, Tertiärgebiet. Das Grazer Hügelland. 281 Plabutsch-Buchkogelzug aber liegt alles, was sich schon vor dem jüngeren Einsinken abgelagert hatte, ein paar hundert Meter höher: das Sarmatikum in 440 bis 500 m, das Mediterran in 300 bis 350 mr. Aber das Sarmatikum ist hier überhaupt schon viel schmächtiger gewesen, das Pontikum tritt gleichfalls zurück. Infolgedessen rücken die obere Grenze der unteren Schotter, die ‚untere der oberen immer mehr zusammen, und wo das weichere Material jener Stufen ausgeräumt war, ehe sich die oberen Schotter niederschlugen, dort lagern beide Schotter unmittelbar übereinander. Vielleicht sind auch sarmatische und pontische Schotter aufgeschüttet worden; sie müßten sich dann, soweit sie erhalten blieben, zwischen die älteren und die jüngeren einschalten. Obgleich auch das Bild des Entwicklungsganges dadurch noch verwickelter wird, so darf man trotzdem solche Möglichkeiten nicht aus dem Auge verlieren; denn es tut uns die Natur nicht den Gefallen, bloß Einfaches zu bieten. Endlich aber: Wenn wir südlich der Kainach, im Florianer Hügelland, eine mittelmiozäne Einschüttung haben, seewärts ab- geschlossen durch einen Kranz von Leithakalken, den man bei Wildon noch deutlich ostwärts umbiegen sieht, so muß ja doch irgendeine Entsprechung auch nördlich der Kainach vorhanden gewesen sein. Süßwassergebilde gleichen Alters als Äquivalente hier zu suchen, hätte keine Berechtigung. Wenn das Meer über- haupt hier eindrang, so Kann es sich nur um Absätze von der Art der Leithasande und -schotter handeln. Wo und in welcher Höhe dann aber überhaupt der Strand des Leithameeres lag, wird sich kaum jemals so genau ermitteln lassen.” Östlich der Mur liegen nämlich, wie erwähnt, die Leithakalke und ihre Äquivalente weit unten in der Tiefe. Erst bei Hartberg findet man sie wieder, hier ufernah in einer Höhe von mehr als 400 m.? Im Wildoner Buchkogel dagegen erheben sie sich zu 550 m, und zwar obwohl sich während ihrer Bildung der Meeresgrund gesenkt haben muß. Vorausgesetzt, daß dort die Verkrümmung der Erdkruste mit dem Ende des Miozäns aufgehört hätte, müßte man den Seespiegel in rund 600 m Meereshöhe annehmen. Allein höher noch steigen die Arnfelser Schotter im Kreuzberg. Wir erhalten folglich für den Strand des Leithameeres im Süden sehr viel größere Höhen als im N und ganz das gleiche zeigen uns die ufernahen Bildungen des sarmatischen Meeres. Wir müssen daher mit einer späteren Schrägstellung entlang den ganzen Gebirgsrand rechnen. . An- nähernd ließe sich für die Gegend von Graz die Höhe der Ufer- linie des Leithameeres zu rund 500 m Meereshöhe berechnen. Aber sie läßt sich nicht mehr beobachten, denn östlich von Graz, 1 Hinweise auf die Verschiedenheit im Alter der Schotter, siehe zumal in den Arbeiten von Hilber, Sölch, Winkler. 2 Vgl. besonders Hilber, Über das Nordufer des Miozänmeeres bei Graz. M. Geol. Ges., Wien. 1913. 3 Hilber, Das Tertiärgebiet von Hartberg. J. Geol. R. A., Wien 1894, p. 394. U U RO EROBERN? S 282 J. Söleh, wo sie sich deutlicher ausprägte, ist der Gebirgsabfall weit über diese Höhe hinauf von jüngeren Gebilden verhüllt, westlich von Graz hingegen konnten sich im Hintergrunde der tief eingreifenden Bucht Strandmarken etwa in Gestalt von Brandungskerben kaum entwickeln, abgesehen davon, daß nach unserer Auffassung Flüsse ihre Schotter vortrugen und dem Meere ihrerseits verwehrten, seine Wirksamkeit zu entfalten. Nun mußten wir dann allerdings erwarten, daß die Heike schotter zwischen Mur und Kainach bis ungefähr 500 hinauf- reichen, während wir vorhin ihre obere Grenzfläche in rund 400 m annahmen. Aber diese Zahl bezog sich auf einen schon weit gegen S vorgeschobenen Teil, und war nur gewonnen aus der Höhe, bis zu der die Leithagebilde südlich der Kainach heute empor- reichen. Wissen wir aber so sicher, daß das Florianer Hügelland von allem Anfang an nicht höher war, daß die Landzerstörung bloß das gegenwärtige Talnetz einfurchte, dagegen die wasser- scheidenden Hügelzüge zwar kuppte und sattelte, aber nicht wesentlich abtrug? Daß das Florianer Hügelland früher tatsächlich zu größerer Höhe emporreichte, wird erwiesen durch die Schotterreste auf dem Gipfel des Wildoner Buchkogels, in 550 m.!: Von einem Flusse herbeigeschleppt, erfordern sie eine Frachtbahn quer über das heute viel niedriger bleibende Hügelland hinweg. Wenn sie, wie wir glauben, wirklich aus dem Westrahmen des Mittelsteirischen Beckens stammen, so muß — auch hier wieder vorausgesetzt, daß’ stärkere Krustenbewegungen sie nicht mehr trafen — der Fluß, der sie herbeischleppte, beim Austritt aus dem’ Gebirge in mindestens 600 bis 650 m Meereshöhe geflossen sein. Bis zu dieser Höhe mußte dort der Gebirgsabfall von der Beckenfüllung verhüllt ‚sein. Und damit stehen wir auch hier, am Westrand des Florianer Hügel- landes, vor jener wichtigen, wenn nicht der wichtigsten Ursache, warum er sich trotz ‘seines verhältnismäßig hohen Alters noch immer so auffallend jugendliche Züge erhalten hat! Seine Zer- schneidung und Ausgestaltung konnten ja stets nur so weit in die Tiefe heruntergehen, als er durch die Abtragung des Vor- landes aus seiner Hülle herausgeschält wurde, und in stärkerem Ausmaß überhaupt erst wirksam werden, als dieser Vorgang schon größere Fortschritte gemacht: hatte. m Zeit mußte aber darüber verstreichen! Seit der Ablagerung der Wildoner‘ Honälschätten ist also das Florianer Hügelland westlich davon um mindestens 150 m erniedrigt 1 Hilber erwähnte bereits 1878 (J. Geol. R. A., Wien, p. 554) »vereinzelte, aber nicht seltene Gneis- und Quarzgeschiebe« vom Wildoner Schloßberg, fügte aber ausdrücklich hinzu, daß auf dem Buchkogel nichts derartiges vorkomme. Ich habe jedoch im März 1915 auf dessen Gipfel etliche Gerölle von ganz der gleichen Art wie auf dem Schloßberg gefunden. Vgl. Sölch, Ungleichseitige Ruiz und Talquerschnitte. P. M. 1918, p. 254. ' h A 5 / Das Grazer Hügelland. 283 worden. Wann ist das geschehen? Abermals eine schwierige Frage! Wüßten wir das Alter der Wildoner Höhenschotter eindeutig geklärt, so wäre sie leichter zu beantworten. Aber diese liegen so vereinsamt, so ohne jede Beziehung zu den Ablagerungen ringsum, daß es sich kaum jemals wird unmittelbar feststellen lassen. Nur mit gewissen Wahrscheinlichkeitsgründen läßt es sich vielleicht annähernd be- stimmen. Erstens: zu einer Zeit, wo der Nordrand des Mittel- steirischen Beckens bis zu ungefähr 800 m verschüttet wurde, ja wo auch der Westrand bis herüber in die Gegend von Ligist noch bis zu dieser Höhe unter Schottern begraben war, mußte der Abfall des Gebirges auch weiter im S viel höher hinauf als heute von Aufschüttungen bedeckt sein. Wie könnte man es begreifen, daß die Nordhälfte des Mittelsteirischen Beckens von mehrere hundert Meter mächtigen Ablagerungen aufgefüllt wurde, die Süd- hälfte gar keine erhielt? Das wäre nur denkbar, wenn die Oberfläche der Südhälfte an und für sich höher gelegen, also z.B. nur sehr wenig abgetragen oder wenn sie höher gehoben gewesen wäre; und selbst dann wäre eine so scharfe Grenze zwischen beiden Räumen nicht recht verständlich, man müßte einen Übergangseürtel erwarten. Allein dafür, daß die Landschaft im S damals soviel höher lag, dafür sind Anhaltspunkte nicht vorhanden. Es haben daher wohl den pliozänen oberen Schottern im N auch Auf- schüttungen weiter im S entsprochen; nur brauchten sie hier nicht mehr so hoch hinaufzureichen. Im Gegenteil, bei ihnen derartige Höhen anzutreffen wie im N, würde überraschen, denn hier stammte weitaus der größte Teil der Auffüllung von der. Mur: sie hat zuerst einen Deltakegel in das Meer hinausgebaut und darüber dann ihren Schotterfächer vorgeschoben, immer weiter und weiter, je mehr sich der pliozäne See der Pannonischen Niederung zurück- zog. Vor allem der Stau, den der von ihr mitgeführte Schutt aus- übte, indem er sich vor die westlichsten Ausläufer des Mittel- steirischen Beckens legte, zwang auch die dort aus dem Gebirge heraustretenden Flüsse zur Auftragung.! Weiter im S machte er 1 Ich bin also noch sehr weit davon entfernt, die »Belvedereschotter« der Grazer Gegend ausschließlich auf ONO fließende Flüsse zurückzuführen, wie Hilber auf Grund einer weit weniger besagenden Äußerung von mir anzunehmen scheint. Baustufen usw., p. 299. Von den Gründen, die Hilber in derselben Abhandlung anführt, um meine Ansicht zu widerlegen, ist nur der erste stichhältig. (Ebd., p. 198f.) Allein 1912 waren die hochgelegenen Schotter der Köflacher Gegend weder ihm noch mir bekannt. Erst seither haben Aigner und ich unabhängig von- einander solche aufgefunden und davon Mitteilung gemacht. Dagegen bemerke ich zu 2, daß nur auf Karten ganz kleinen Maßstabes einzelne Flüsse in einer. Ebene unmittelbar am Abfall eines Gebirges entlang zu fließen scheinen und daß zwar bei Köflach selbst der Alpenfuß noch NS streicht, aber nicht mehr auf der Linie Köflach-Gratwein, der: Flußrichtung an Hilbers Beispiel, die, gegen ONO gestreckt, eben doch mit der Richtung des Abfalls zusammenfällt. Zu 3: Über die Quarze siehe unten. Zu 4: Über die Herkunftsstätte der Kieselschiefer ist allerdings nichts bekannt. Aber die einzige Angabe über anstehende Kieselschiefer bezieht sich jeden- falls auf das Murgebiet. Siehe Morlot A. v., Über die Gliederung der azoischen Abteilung des Übergangsgebirges im Murtal. Haid. Ber. III., 1848, p. 242/3, dessen FERNEN HE RL WR, r 284 J, Sölch, sich dagegen immer weniger bemerkbar und die Wasserläufe, deren Schotterführung selbst heute in der viel tieferen Lage beim Austritt in das Vorland keineswegs besonders reichlich ist, schütteten hier nicht so hoch auf wie weiter im N. Ganz dasselbe kann man erst recht östlich der Mur beobachten: die Schotter nehmen hier gegen S und SO an Mächtigkeit ab, ihre Gerölle werden kleiner und kleiner, Kiese und Sande gewinnen das Übergewicht. Gerade hier, östlich der Mur, sind aber pliozäne Schotter im Gleichenberger Vulkangebiete erhalten geblieben, in Höhen bis zu 500 m» und noch darüber;! sie verraten, daß das Hügelland der Umgebung seither schon merklich tiefer gelegt worden ist, und wir brauchen uns nicht mehr darüber zu wundern, daß das Florianer Hügelland um 100 bis 150 m und mehr abgetragen wurde. Wir kommen darauf noch kurz zurück. Der große Schotterfächer der Mur ist durch die Vorherrschaft der Quarzgerölle gekennzeichnet. Das hat unseres Erachtens zwei Hauptursachen. Erstens: Die Zersetzung und Zerstörung der anderen Gerölle, die weniger widerstandsfähig waren. Immer wieder kann man nämlich beobachten, wie die Quarze stets in den obersten, den Atmosphärilien jeweils am meisten ausgesetzten Schichten am stärksten angereichert sind. Hier sind zugleich wiederum Lehme weit verbreitet, vermutlich sehr oft aus der Zersetzung der anderen Gerölle hervorgegangen. Aber schon in geringer Tiefe ist das kry- stallinische Material reicher an der Schottergesellschaft beteiligt, und zwar, bezeichnend genug, sehr oft in der Form von Gesteins- leichen.? Solche trifft man jedoch, und zwar gerade im westlichen Hügelland, ganz besonders auch wiederum in verhältnismäßig tiefen Lagen an, eine Tatsache, die mir von Anfang an als ein Haupt- grund galt, diesen ein anderes, höheres Alter zuzuschreiben.” Zweitens: Die Aufschüttungen der Mur waren hier von Anfang an besonders reich an Quarzgeröllen. Dann, wie ich an anderer Stelle zeigen werde, entstammen sie in der - Hauptsache den Schotter- füllungen der Norischen Beckenfurche, in denen gleichfalls krystalli- nes Geröll und Quarze, aber in einem für das Krystallın weit günstigeren Verhältnis, gemischt sind. Bei der während des Pliozäns erfolgenden Ausräumung jener Becken waren die krystallinen Gerölle schon so stark verwittert, daß ihre Verfrachtung selbst Angabe hiermit jedenfalls der Vergessenheit entrissen und zur Nachprüfung emp- fohlen werden soll. Die petrographische Verschiedenheit zwischen den Geschieben der heutigen Mur und denen des Belvedereschotters könnte nur ein Blinder bestreiten, aber sie a sich aus unseren Darlegungen ohne weiteres. 1 Nach einer freundlichen Mitteilung von A. Winkler trägt die Terrasse an der Nordwestseite der Gleichenberger Kogel gut gerundete Quarzgerölle noch in einer Höhe von 530 m. 2 So nenne ich schon seit vielen Jahren die stark zersetzten Gerölle, deren Form im Gesteinsverband noch erkennbar ist, die aber sofort abbröckeln, wenn man sie anschlägt. Penck spricht ähnlich von Gesteinsskeletten. 3 Wie auch für Stur. Vgl. Vh. G. T. Innsbruck, 1912, p. 136. Ü ” I Das Grazer Hügelland. 285 kaum mehr über kürzere Strecken möglich war, geschweige denn bis ins Mittelsteirische Becken. Nur die festen Quarze waren fracht- fähig; und wenn sich schon sonst bei der Beförderung frischen Gerölls über eine Strecke von etlichen Meilen infolge der »natürlichen Auslese« die Quarze immer mehr anreichern, so erst recht unter solchen Voraussetzungen. Endlich aber: Nicht alles Geschiebe, das dem flüchtigen Blick Quarz zu sein erscheint, erweist sich, wenn man es aufschlägt, wirklich als solcher. Die gewisse bräunlichgelbe bis bräunlichrötliche Färbung, die für ein so bezeichnendes Merk- mal der Quarzschotter gilt, soll darüber nicht täuschen: sie ist auch Geröllen aus anderen Gesteinen eigen. Und was war die Ursache dieser gewaltigen Aufschüttung aber, die ihre Entsprechungen am ganzen Gebirgsrand bis hinüber in die Gegend von Friedberg hat? Ausräumung der Norischen Furche, Auffüllung am Saum des Steirischen Randgebirges: sie beide sind Korrelate, bewirkt durch eine weiträumige Auf- krümmung der nordöstlichen Alpen und eine Einkrümmung des Mittelsteirischen Beckens einerseits und ein gleichzeitiges Ansteigen des pliozänen Seespiegels andrerseits. Jene Krustenbewegungen riefen Zerschneidung im Innern des Gebirges und Ablagerung an seinem Rande hervor, das Steigen des Sees führte zum teilweisen Untertauchen des Gebirgssaumes und zu einer Verschiebung der Ablagerungsräume gebirgswärts, in die Buchten und breiteren Tal- mündungen hinein. Strandmarken am Gebirgsabfall haben sicn jedoch auch aus jener Zeit nicht mit Bestimmtheit nachweisen lassen, obwohl gewisse plattformartige Stufen in der Gegend von Weiz vielleicht von der Abbrandung geschaffen worden sind. In etwa 630 m eingekerbt, liefen sie etwa 90 m höher als die obersten Uferlinien des Pontischen Sees im Wiener Becken.! Will maa sie nicht verschiedenen Seebecken oder verschiedenen Wasser- ständen eines einheitlichen Sees zuschreiben — und zu beiden ist kein rechter Grund vorhanden, so käme man damit zur Annahme einer späteren, sei es noch pontischen, sei es etwas jüngeren Schrägstellung entlang den Gebirgsrand zwischen seinen nordöst- lichen und seinen mittleren Teilen. Wie weit sie sich nach S erstreckt hätte, wissen wir derzeit noch nicht. Die früher erwähnte Höhenspannung der Leithakalke und des Sarmatikums wäre also nur zum Teil auf vorpliozäne, zum andern vielmehr auf jene jüngere Bewegung zurückzuführen. Und jetzt, nür noch. eines!; Der Unptersrund,. uber ‘den ..die pliözane Füllung gebreitet wurde, war keine Ebene, sondern ein Flachrelief, vermutlich mit breiten Tälern und niedrigen Hügeln. Das Meer war zur Zeit des oberen Sarmatikums, an der Wende zum Pontikum zurückgewichen; die Spuren seines Strandes sind 1 Vgl. Hassinger H., Beiträge zur Physiogeographie des inncralpinen Wiener Beckens. Penck-Festbd. 1918. Bes. p. 178f., 186ff. 286 viel weiter östlich „erkannt worden.* Während dieser F estlandzeit kamen, begünstigt durch die tiefere Lage der Erosionsbasis, im Gebirge die talbildenden Vorgänge, Tiefennagung und Rückwärts- verlängerung, zu besonderer Kraft; aber die vorpontische Erosion arbeitete auch an der Ausräumung und Abtragung des trocken gewordenen Küstengürtels. Im Florianer Hügelland kann die dabei entstehende Landoberfläche nicht unter der heutigen gelegen gewesen sein (sonst müßten dem Unterschied in der Höhe jüngere Schotter entsprechen), also nicht unter 400 m; im westlichen Grazer Hügelland nicht unter 370 bis 380 m. Östlich der Mur aber haben wir in dieser Höhe bereits Kongerientegel, die weit in die Tiefe reichen: das vorpontische Relief liegt unter ihnen begraben. Als es abgesunken war, konnte das Gewässer der Pannonischen Niederung hier eindringen und die Mulde mit seinen Absätzen füllen. Erst allmählich schob sich dann das feinere und zuletzt das gröbere Material über die feinen Tegel und Tone vor. Als sich während des mittleren und späteren Pliozäns der Pannonische See allmählich entleerte und Schritt für Schritt zurück- wich und zusammenschrumpfte, begann für das Mittelsteirische Becken der letzte Abschnitt seiner Entwicklung: es entstand nun- mehr sein heutiger Formenschatz. In wiederholten Phasen der Seiten- und Tiefennagung, entsprechend den einzelnen Ruhelagen der Erosionsbasis und deren immer wieder dazwischen erfolgenden abermaligen Tieferlegung, bildete sich ein Hügel- und Platteniand mit eigentümlichem Reichtum an Stufen aus. Sie begegsnen uns sowohl im Längsschnitt wie im Querschnitt seiner Höhenzüge. Dagegen fehlen sie völlig den Gefällslinien der Täler: bis auf ganz wenige Ausnahmen, von denen weiter unten noch die Rede sein wird. In dem weichen Material, aus dem die Landschaft besteht, konnten die Flüsse ihr Gefälle jedesmal sehr rasch ausgleichen, sogar völlig Schritt halten mit der ihnen immer wieder erneute Tiefennagung vorschreibenden Erniedrigung der Erosionsbasis. Sehr bald konnten sie jedesmal übergehen zur Seitennagung. Ja vielleicht waren die Anforderungen an ihre Kraft selbst während der Tiefen- nagung in Anbetracht der geringen Widerstandsfähigkeit des Gesteins. und der unbedeutenden Beträge, um welche die Erosionsbasis je- weils absank, nicht groß genug, ihre Leistungsfähigkeit vollständig zu erschöpfen; sie konnten in diesem Falle den Überschuß an Kraft bereits auf Seitennagung verwenden, sich ausschließlich dieser natürlich dann widmen, wenn die Tieferlegung erledigt war. Dabei erreichten aber die unteren Talböden in einem bestimmten Tal- querschnitt unter sonst gleichen Umständen nicht mehr die Breite 1 Vgl. besonders die Arbeiten von Winkler. Das Grazer Hügelland. 287 \ der oberen, und bestimmte Talbreiten wanderten in den unteren Talböden nicht mehr so weit talaufwärts wie bei den oberen. Das Ergebnis wiederholter solcher Vorgänge ist eine Stufung der zwischen den Tälern gelegenen Höhenzüge im Längs- und Quer- schnitt, also die Entstehung von Ecken und Leisten. Es ist das eine weithin verbreitete, aber keineswegs leicht erklärbare Er- scheinung. Sie tritt geradezu gesetzmäßig auf und kann daher nur mit Vorgängen normaler Talbildung in Beziehung gebracht werden; ‚die Ecken als hochliegende Talreste aufzufassen, welche sich quer über die heutigen Kämme verbinden lassen, geht daher nicht an. Ich kann mir die bei einer solchen Erklärung notwendigen Richtungs- änderungen weder vorstellen noch weniger wußte ich sie zu begründen. ! Wieviele solche Phasen der Tiefen-, beziehungsweise Seiten- nagung miteinander abwechselten, ehe der große Schotterkegel durch und durch zerschnitten und die Talbildung bis zu der gegen- wärtigen Tiefe fortgeschritten war, läßt sich nicht mehr sicher bestimmen. Denn die obersten Teile der Auffüllung sind bis auf _ wenige kleine Reste völlig zerstört.” Wir können nur die Tal-- leisten im Bereiche der zusammenhängenden Schottermassen zählen. Aber dabei bestehen zwei größere Fehlerquellen. Erstens der Wechsel von widerstandsfähigerem und weniger widerstandsfähigem Material, beziehungsweise von wasserdurchlässigem und wasserundurch- lässigem, zweitens die große Rolle. der Rutschungen, die übrigens ihrerseits oft mit derartigem Gesteinswechsel zusammenhängt. Die Aufschüttung besteht nämlich, wie bereits bemerkt, keineswegs ausschließlich aus Schottern, namentlich im östlichen Hügelland nicht; Sande und Kiese sind ihnen reichlich eingelagert, aber auch 1 Über die Ursachen der Eckenbildung habe ich mich eingehend geäußert. Eine Frage der Talbildung, Penck-Festbd. 1918. Bald hernach hat ©. Flückiger, offenbar ohne meine Arbeit zu kennen, seine morphologischen Untersuchungen am Napf veröffentlicht. Hier kommt er auch auf die »Eggen« zu sprechen, rollt jedoch das Problem nicht in seinem ganzen Umfang auf. Ich meinerseits möchte in Zukunft lieber, einem feinen Winke von J. Partsch folgend, die Mehrzahl »Ecken« statt »Ecke« bilden. Gewähren Flückigers Darlegungen keine ausreichende Erklärung, so kann ich Hilbers seither bekannt gewordener Auffassung (Baustufen usw., p- 281) unmöglich beitreten, wenn er sagt: Die Ecken seien »hochliegende Talreste, welche sich quer über die heutigen Kämme verbinden lassen, also Längsstufen« und wenn er dann die Tatsache, daß sich Eckfluren oft in Leistenfluren fortsetzen, mit Umbiegungen der Flußrichtung erklären will. Eine solche Erklärung kann in einem einzelnen Fall einmal zutreffen, sie ist unanwendbar für die Gesamtheit der hiehergehörigen Erscheinungen. 2 Vor zehn Jahren, als die hochgelegenen Schotterreste auf dem Wildoner Buchkogel noch nicht bekannt waren, würdigte ich zwar die Größe der Schotter- ausräumung und ‘der Landzerstörung im nördlichen Teile des Grazer Hügellandes, im Südosten, in der Gegend des Hochecks z.B., hielt ich sie für so unbedeutend, daß ich von »intakter Riedelfläche« sprechen zu dürfen glaubte (Vh. Innsbruck, G. T., p. 132). Das hat Aigner infolge neuer Beobachtungen mit Recht beanständet (a. a. ©., p. 304). Doch bleibt die Tatsache bestehen, daß die Abtragung im Südosten viel geringfügiger ist als in der Nähe des Gebirgsrandes: Die alte Aufschüttungsober- fläche und die späteren Landobeiflächen konvergieren gegen den südöstlichen Vierteikreis. 288 | J. Sölch, Tonschichten fehlen nicht. Wo:sie sich zwischen die wasserdurch- lässigen Sande oder Schotter einschalten, können sich förmliche Schichtstufen entwickeln und namentlich weiter hinüber gegen das Oststeirische Hügelland oder Deutsche Grabenland hin, wo die Schotter zurücktreten, die Lehme längere und mächtigere Zwischen- lagen zwischen Sanden bilden, sind Leisten dieser Entstehungsart nichts Seltenes. Allein im Grazer Hügelland haben sie noch keine Bedeutung; sie sind örtlich beschränkt und lassen sich nicht in bestimmte Niveaus einordnen.t Ähnliches gilt von den Rutschungs- leisten, denen man im übrigen fast mehr Wichtigkeit zuerkennen muß. Sie sind auch im reinen Schottergelände sehr häufig, aber doch auch am schönsten und zahlreichsten dort, wo Durchfeuchtung und Wasseraufsaugung eine undurchlässige Liegendschicht glitschig macht oder bewirkt, daß diese unter dem Druck der Hangendschicht ausgequetscht wird und daß damit ein größeres oder kleineres Stück des Gehänges absitzt. Dann entsteht an diesem oft ein langgestreckter Abfall, welcher rein äußerlich dem Innenhang einer Talleiste gleicht, während deren Außenkante bloß durch spätere Abfasung abgerundet zu sein scheint. Achtet man also sorgfältig. darauf, solche Fehlerquellen zu vermeiden, so bleiben immer noch genug Leisten und Ecken übrig, um eine größere Zahl von Talbildungsphasen zu bestimmen. Unter ihnen wird man jene für besonders gesichert erachten müssen, die auch im anstehenden Gestein des aus den Schottern aufragenden Untergrundes ausgebildet sind; z.B. am Osthang des Plabutsch- Buchkogelzuges. Hier ist ja die Gefahr einer Verwechslung mit Schichtstufen und Rutschungsleisten völlig ausgeschlossen. Aber dafür erhebt sich eine andere: wir haben es mit einem in Grund- aufdeckung begriffenen alten Formenschatz zu tun. Wer bürgt uns dafür, daß solche Leisten und Stufen nicht dem »Vorrelief« ange- hören?? Der Zufall kann es wollen, daß eine ausgeschälte ältere Leiste, gebildet z. B. von der vorpontischen Erosion oder noch viel früher, die gleiche Höhe habe wie die neueren Leisten! Und doch verleiht ohne Zweifel eine solche Übereinstimmung der Höhen auch der Vermutung eine gewisse Stütze, daß beide gleich alt sind. Verstärkt wird diese noch dann, wenn die Leisten des betreffenden Niveaus ın den Lockerstoffen besonders breit ausgeprägt sind. Denn das wäre zu erwarten: wo im festen Fels der Fluß bloß eine schmälere Leiste einnagen konnte, mußte er gleichzeitig eine breitere im weichen Material erzeugen. Gerade deshalb braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn Systeme von weniger breiten Leisten zwar in der Beckenfüllung, wo zu ihrer Ausbildung ein kürzerer Zeitraum genügte und die Seitennagung viel früher 1 Schon 1918 habe ich gegen Löczys Vermutung, die Grazer Taltreppe verdanke ihre Ausbildung dem Gesteinswechsel, Stellung nehmen müssen. Eine Frage der Talbildung, p. 86. 2 Vgl. Sölch, Epigen. Erosion, p. 174ff. TEUER Das Grazer Hügelland. 289 die "Fiefennagung .ablöste,- anzutreffen sind, im festen--Fels aber keine Entsprechung haben. Hier war eben die Frist zu kurz, als daß sie hätten herausgeschnitten werden können. Ja, man kann noch weiter gehen und umgekehrt sagen: Felsterrassen, denen keine breiteren Leisten in den Aufschüttungen entsprechen, sondern bloß -schmälere oder gleich breite, erwecken den Verdacht, dem in Wieder- aufdeckung begriffenen Untergrund anzugehören. Unter solchen Umständen gewinnt nun eine Kate- gorie von Leisten entscheidende Bedeutung: diejenigen aamlich der epigenetischen Flußeinschnitte. Denn sie können nicht dem älteren Formenschatz angehören. Leider ist natürlich ihre Zahl stets ziemlich beschränkt, da auch hier ihre Ausbildung eine gewisse Zeit der Seitennagung voraussetzt. War diese zu kurz, so konnte bei der nächsten Tiefennagung jede Spur von ihr wieder verschwinden. Oft aber war im anstehenden Gestein die Tiefennagung noch gar nicht durch die Seitennagung, welche in der weniger widerstandsfähigen Nachbarschaft ober- und unter- halb bereits ihre Talfluren geschaffen hatte, abgelöst worden und schon begann eine neue Phase der Tiefennagung auch hier, der aber im festen Fels erst recht nur Tiefennagung entsprechen konnte. Es dauerte dann in diesem die Tiefennagung ununter- brochen fort; zu wirksamer Seitennagung konnte es nur kommen, wenn die Erosionsbasis längere Zeit in Ruhe verharrte.! Untersucht man nach solchen Erwägungen die »Tal- treppe« des Grazer Hügellandes,? so kann man mindestens zehn bis zwölf Phasen der Tiefennagung unterscheiden. Die zugehörigen Leisten im einzelnen aufzuzählen, ist hier nicht der Platz. Wir beschränken uns darauf, die Leisten beiderseits der Mur selbst in der nächsten Umgebung von Graz anzuführen und ihre absoluten und relativen Höhen über der Mur hinzuzufügen. Von den jüngsten pleistozänen und den holozänen Terrassen sehen wir dabei ab, deren hier mindestens zwei Niveaus über dem heutigen vorhanden sind;? wir beginnen daher die Zählung mit IM. 1 Wo harte Gesteinsbänke den Fluß überqueren, hat bei der jüngsten Tal- bildungsphase z.B. selbst ein Fluß wie die Mur ihr Gefälle noch nicht ausgeglichen. 2 Der Name »Taltreppes ist 1912 von Hilber eingeführt worden; aber schon Unger sprach im gleichen Sinne von einem »Treppental«; siehe dessen »Geognost. Skizze der Umgebungen von Grätz (in Schreiner, Grätz, 1843), p. «1. 3 Kollischberg 424 m, Nierathberg 421 m, $ 417 südlich davon, © 423 öst- lich der Stiefing usw. Zu untersuchen bleibt noch, inwieweit die von Hassinger (vgl. a. a. OÖ. und dessen ältere Arbeiten) im Wiener Becken ermittelten zwölf Niveaus der pliozänen Talbildung mit denen des Mittelsteirischen Beckens übereinstimmen. Ist etwa unser Niv. VI Hassingers Niv. IV/V des Wiener Beckens gleichzusetzen? in FA kes Murufer k en Böses: a Dr TE absolute Höhe | ‚absolute Höhe Höhe - Niveau . relative relative Höhe |- berechnetl | beobachtet | Kaiserwald iR: 400 430 Nach Leisten im Weizbachtal Er j (von 445 und 430 ın) HEStE Mankinn „in. „sa. 9% IV Ss ll) 445 berechnet | Bischofegg .......2......| 480 v 95 450 450-455. | Abfall des Räinerkogels 1 Unterer Florianiberg . ... 460 VI 125 | 480 480—485 Rosenberg “ £ - R = | Bockkogel Dre. : 490 VII 155 510 510— 520 Gebiet zwischen Platte und Mittlerer Florianiberg.....| 520 vIm 185 540 | 550-560 Rosenbeie = Oberer Florianiberg ...... 540 IX 210 565 580—585 Pfangberg . Kanzel, oberhalb Graz.... 610 X 250 605 620 —625 Über dem Pfangberg IEnehkcsele, ©... 2.5) ber 650: Seh 280 640 640650. | Platte N EN 700 XII 330 690 690— 700 Lineck, Kalkleitenmöstl 1 Berechnet für die Linie des heutigen Murflusses. Das Grazer Hügelland. 291 Zum weiteren Vergleich bringen wir noch die Leisten- und Eckhöhen beiderseits des Andritzbaches und die von uns ange- nommene Einordnung in die obigen Niveaus (aber ohne unmittel- bare Beziehung zum heutigen Murtal): westlich Nivea östlich | - Örtlichkeit er | | Örtlichkeit absolute | relative | bei Andritz | yelative | absolute | Höhe | Höhe | 360 m Höhe | Höhe | i | | I 50: 1410-4151 5 4 Rohrerbg. 440 80 IV 75 |430—440| 2 2 V 90 A500 VI 125 jass—agsl TS Forstbr. 510 150 vu 155 j510—520| 2 2 2 van 185 ? 2a IX 205 |560-5701 & 8 ® X 250.40 6101 IinSH= xI 290 650 SS Bis 330 | 60 | © Das Lineckniveau kappt bereits anstehendes Gestein. Bei ihm muß es offen bleiben, ob es wirklich jüngerer Entstehung und nicht vielleicht eine aufgedeckte ältere Stufe ist. Erst das Pfangberg- niveau hat bereits Entsprechungen auch im Schottergebiet: wir haben daher mindestens neun vor- und älterpleistozäne Phasen der Talbildung auseinanderzuhalten. Jedesmal betrug die Tal- vertiefung durchschnittlich 20 bis 25 m. Von jener sind im epi- genetischen Göstinger Durchbruch durch deutliche Terrassierung sehr . gut erkennbar Niv. IX und VI, noch angedeutet VII, V, IV. Das sind tatsächlich alles Niveaus, die im benachbarten Hügelland eine große Rolle spielen. Das Niveau IX insbesondere beherrscht eine geraume Strecke die Raab-Mur-Wasserscheide, das Niveau VI die Höhen nordöstlich Wildons (siehe Note 3, p. 289). Im Zösenberger Durch- bruch (Anna-.. richtig Einödgraben). sind dagegen Niveau X und XI gut ausgeprägt; wir sind daher wohl berechtigt, auch das Kanzel- und das Buchkogelniveau (Platten) für jünger und nicht bloß für erneut zu halten. Dagegen dürften die zahlreichen höheren Ecken ‚und Leisten, die sich in den Grazer Kalkbergen, zumal auch im Schöckelgebiete beobachten lassen, jener alten Landoberfläche zu- zurechnen sein, die schon vor der Entstehung des heutigen Gebirgs- abfalls gebildet war. Einer ihrer schönsten Überreste in der Nähe von Graz ist die Erhardhöhe, die einem bis in das Bergland westlich der Mur weitverbreiteten Niveau von 1000 bis 1100 m u a ol 292 J. Sölch, angehört, mit dem Dolinental der oberen »Klamm« an ihrer Ost- seite.! 7 Wäre das Gesteinsmaterial der Beckenfüllung gleichmäßig fest beschaffen, so hätte sich die »Taltreppe« viel besser erhalten: die Höhenzüge hätten ihre Plattenform, die Täler eine Art Kasten- form in schärferer Ausprägung behauptet. So aber ist es um- gewandelt worden in ein kuppenreiches Hügel- und Plattenland und die Seitengehänge der Täler fließen oft unmerklich in sanftem Bogen über in die Sohlen. Das gilt besonders von den kleineren Einschnitten. In den größeren dagegen schaffen die Wasserläufe, indem sie lebhafter nach der Seite arbeiten, durch Unterschneidung sehr oft einen steileren Hang über sich, der mit schärferem Fuß gegen den Talgrund absetzt. Nicht selten ist eine Ungleichseitigkeit der Talquerschnitte; und die Ungleichseitisgkeit der Einzugsgebiete, vermutlich ausgelöst durch ganz geringfügige Schrägstellungen — schon solche von weniger als 1° kommen dabei in Betracht — ist eine weitverbreitete Erscheinung.” An der Ausbildung der Sättel und der Kuppen haben wiederum Rutschungen und Gekriech einen Hauptanteil. Jene entstehen überall dort, wo ein Graben sein Quell- gebiet bis in oder gar durch die wasserscheidende Höhe hindurch treibt. Die Quellen sind ja die gefährlichsten Vorbereiter und Er- zeuger aller der verschiedenen Vorgänge des Abrutschens, Abgleitens, Absitzens; in ihrer Umgebung arbeiten Verwitterung, Zersetzung, Abspülung besonders. erfolgreich. Vollends dort, wo die Wasser- scheide von beiden Seiten her angegriffen wird, erniedrigt sie sich rasch, und ist erst einmal ein Sattel geschaffen, so wird die Zer- störung benachbarter Kuppen alsbald auch von ihm her eingeleitet. Solange sie noch Schotterkappen tragen, leisten sie wenigstens einigen Widerstand. Allein allmählich rücken die Schotter rings um sie immer mehr abwärts, bald rascher, bald langsamer, und dann erniedrigen sie sich oft so stark, daß sie kaum mehr über die Leisten einerseits, die Sättel, beziehungsweise Ecken andrer- seits aufragen. Wir dürfen das Ausmaß der Abtragung, die so geleistet wird, nicht unterschätzen. Wir brauchen nur einen Blick in den Bereich epigenetischer Denudation zu werfen, im Grazer Hügelland z. B. in den Strich zwischen Kanzel und Hoher Rannach oder bei Ligist auf die Höhe zwischen Dittenberg und Steinberg, wo die Ausräumung älterer Tiefenfurchen, die auffallend weit fort- geschritten ist, hauptsächlich durch derartige Vorgänge besorgt worden sein muß.? 1 Gerade dieses so auffällige Niveau zwischen 1000 und 1100 », dem eine ganze Reihe von Gipfeln der Grazer Kalkberge angehört, ist Hilber merkwürdiger- weise entgangen. Taltreppe, p. 7/8. 2 Vgl. Sölch, Ungleichseitige Flußgebiete und Talquerschnitte. P. M., 1918, p. 252ff. ' | 3 Sölch, Epigen. Erosion, p. 170ff. Das Grazer Hü gelland. 293 Die im Gefolge dieser ganzen Entwicklung auftretende Grund- aufdeckung hat bereits prächtige Ergebnisse erzielt:! herausgeschält aus ihrer Hülle wurden der Plabutsch-Buchkogelzug samt den zwei eingangs genannten Pässen, den letzten Überresten alter Täler, die heute im übrigen in der Tiefe versenkt liegen, und jenseits des jungen epigenetischen Durchbruchs des Göstinger Bachs die Steinberggruppe; Kreuzeck, Lercheck usw. im W, der Eggenberg im N, Lineckplatte usw. im O; endlich aber auch im Herzen von Graz der Schloßberg und der benachbarte Rainerkogel. Schon guckt über das Grazer Feld die »Klippe« des Kalvarienbergs hervor und über der Sohle des Stiftingtales kommt bereits das Felsgestein zum Vorschein, das unter den Schottern und Sanden des Lechwalds noch vergraben liegt. Je weiter sich die Mur in die Tiefe nagt, desto mehr von dem Relief des Untergrundes wird sich wieder enthüllen. In der jüngsten Phase ihrer Geschichte freilich hat sie ihre ausräumende Tätigkeit mehrmals unterbrochen und statt dessen nicht unbedeutende Mengen von Lockerstoffen auftragen. Damit ist den landformenden Kräften im Mittelsteirischen Becken ein Haupt- antrieb genommen worden; aber es bleiben auch so noch genugsam Ursachen, die verhindern, daß sie ihre Arbeit völlig einstellen. Die Zerstörung des Grazer Hügellandes wird unaufhaltsam weitergehen, es müßten denn wieder einmal die aufschüttenden Vorgänge aus tektonischen oder klimatischen Ursachen ein solches Übergewicht erhalten, daß sie die Überreste der älteren Auffüllungen von neuem unter sich begraben. 1 Ebd., p. 175f. Te Par , k 3bet H alya‘ r Die Verbreitung des Hesperidins bei den Galieae (Ein neuer Fall von chemischen Rassen) Von Dr. Gustav Klein Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien (Nr. 168 der II. Folge) (Vorgelegt in der Sitzung am 24. November 1921) Seit den ausführlichen Untersuchungen Borodin’s,! der etwa 3000 Pflanzen auf Hesperidin prüfte, sind wir über die Verbreitung und Verteilung dieses Glykosids im Pflanzenreich sehr gut orientiert. Leider ist diese russische Abhandlung schwer zugänglich, so daß eine Überprüfung auf Grund der neueren Erfahrungen bis jetzt nur ganz bruchstückweise erfolgte. Durch die Befunde von Pfeffer? an Hesperideen, von Molisch? an Linaria-Arten, von Brunswik* an Labiaten, Scrophulariaceen und Anthurium-Arten und durch die umfassenden Ergebnisse Borodin’s wurde die auch für viele andere Pflanzenstoffe geltende, interessante Tatsache festgestellt, daß inner- halb der Familien, Gattungen und selbst Arten das Vorkommen des Hesperidins kein geschlossenes, sondern sprunghaftes, aber für die einzelnen Formen konstantes ist. 1 Ich entnahm die Daten aus Borodin’s Werk einem ausführlichen Referat von Prof. R. Westling (Stockholm). Orig. Borodin J., Sitzungsber. d. bot. Sekt. d. Ges. d. Naturf., Petersburg 1883. 2 Pfeffer W., Hesperidin, ein Bestandteil einiger Hesperideen. Bot. Ztg. 1874, Bd. 32, p. 229. 3 Molisch H., Über einen leicht kıystallisierbaren organischen Körper bei Linaria-Arten. Ber. d. Deutschen bot. Ges., 35. Bd., 1917, p. 99. 4 Brunswik H., Über neuere Verfälschungen und Verschlechterungen von Drogen. Zeitschr. d. österr. Apothekerver., 1920, 58. Jahrg., p. 201. — Über Hespe- ridinsphärite im lebenden Hautgewebe von Anthurium Binotii Linden Ber. d. Deutschen bot. Ges., .1921, Bd. 39, p. 208. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. ], 130. Bd. 22 296 G. Klein, Bei den Rubiaceen ist Hesperidin bisher nicht festgestellt worden, obzwar nach Borodin sowohl die im System voran- gehenden Familien der Polemoniaceen, Scrophulariaceen und Acanthaceen, wie die nachfolgenden Valerianaceen, Dipsacaceen, Lobeliaceen, Campanulaceen und Compositen im wechselnden Ver- hältnis von 10 bis 40°), ihrer Arten diesen Stoff führen. Ich konnte nun auch unter den Rubiaceen bei einigen Galium-Arten Hesperidin nachweisen. Hier liegen aber die Verhältnisse vom Standpunkt der Systematik, Pflanzenverwandtschaft wie der Chemie so eigenartig, daß sie einer eingehenden Untersuchung wert schienen. Chemisches Verhalten der Substanz. Legt man die Blüten oder Blattflächenschnitte, z.B. von Galium lucidum, in Glycerin oder konzentrierte KNO,-Lösung zur Plasmo- lyse ein, so bilden sich in den Zellen weißliche, stark lichtbrechende Tropfen. In 10°/, Na,CO, oder Kalkwasser erhält man intensiv gelbe Ballen oder Tropfen. Kocht man die Gewebe in Glycerin oder tötet mit Aceton, Eisessig, 10°/, oder konzentrierter Salzsäure, so bilden sich mächtige Schollen, kleinere Kugeln, Nadelbüschel oder Doppelpinsel von schwach gelblicher Farbe.! Sehr schöne, große, fast farblose Nadelbüschel erhält man durch mäßiges Erwärmen der Pflanzenteile, riesige Schollen durch die gleiche Behandlung von Schnitten mit Paraffinöl, eine Methode, die sich mir für die mikro- chemische Krystallisation des Hesperidins im Gewebe überall sehr bewährte. Alle Krystalle zeigen im polarisierten Licht Dopperne hu Sie sind unlöslich in den schon genannten Fällungsmitteln, lösen sich in Kali- und Natronlauge mit tiefgelber Farbe und färben sich in konzentriertem Ammoniak goldgelb, ohne sich zu lösen. Nach einstündigem Erhitzen ist die Lösung gelb, die Krystalle nur etwas abgeschmolzen, erst nach 24stündigem Erhitzen im Proberöhrchen gelöst. Sie färben sich in 10°/, Na,CO, tiefgelb und lösen sich erst in 20°, Na,CO, nach mehrstündigem Erwärmen teilweise. In Kalk- wasser färben Sich die Krystalle auch nach Erhitzen nur goldgelb bis braun. Auch Chloralhydrat löst in der Kälte nicht, beim Erwärmen nur langsam und teilweise. Dagegen löst sich die Substanz in kon- zentrierter Schwefelsäure mit goldgelber Farbe. In konzentrierter Salpetersäure färben sich die Schollen gelb und lösen sich in der Wärme momentan. 1 Bei Behandeln mit HCI erscheinen die Sphärite meist grün bis blau von dem adsorptiv beim Auskrystallisieren mitgerissenen Rhinanthocyan; siehe MolischHH., »Indigo«. In Wiesner’s »Rohstoffe des Pflanzenreiches usw.«, II. Aufl., 1903, Bd. I, p. 423, und Nestler A., »Zur Kenntnis des Rhinanthocyans«, Ber. d. Deutschen bot. Ges., 1920, p. 117. z Verbreitung des Hesperidins. 237 Die Substanz gehört also zu den echten Hesperidinen im Sinne Tunmann!’s.! In der lebenden Zelle dürfte das Hesperidin hier immer gelöst sein, wenigstens konnte ich es nie krystallisiert finden. Aber schon beim Antrocknen fällt die Substanz meist in lockeren Schollen aus; in dieser Form ist es auch immer im Herbarmaterial. Steckt man frisch abgeschnittene Sprosse von dem relativ großblätterigen Galium Schultesii teilweise unter Wasser, so findet man nach einem Tage — wohl infolge des durch die Spaltöffnungen eintretenden Wassers — über die ganze Blattunterseite ' die Schließ- und Nebenzellen der Spaltöffnungen mit Hesperidinschollen wie aus- gegossen, das übrige Gewebe frei. | Systematisches Verhalten. 1. Innerhalb der Familie der Rubiaceen konnte ich Hespe- ridin nur bei der Gattung Gahum feststellen, bei den anderen nicht (Tabelle ]). Die Untersuchungen beschränkten sich hauptsächlich auf die einheimischen Vertreter aus der Untergruppe der Galieae. Von fremdländischen Vertretern aus anderen Gruppen dieser Familie untersuchte ich nur die mir aus den Glashäusern zugänglichen lebenden als Stichproben, da eine systematische Durchmusterung weder möglich noch geplant war. Tab elle 1a: Vorkommen von Hesperidin in der Familie der Rubiaceae. Nr. | Gruppe (Untergruppe) | Art a Cinchonoideae Rondeletia amoena — 2 » » speciosa = 3 Coffeoideae Cofea arabica — 4 > Hvdnophytum montanum — 6) » Ixora odorata — 6 » Myrmecodia tuberosa — 7 > Pavetla cafra — 8 > > indica | = 9 > Psychotria brasiliensis -- 10 » 7. Galium-Arten —+ Untergruppe Galieae 1 Tunmann O., Über krystallinische 'Ausscheidungen in einigen Drogen (Hesperidine) usw. Verh. Naturf. Ges. Salzburg 1910, II, 1, p. 113. BURN MUNG TIEREN NIRHENN, SL BELLE 298 Tabelle I». Vorkommen von Hesperidin in der Untergruppe der Galieae. Hesperidin- Br Gattung Art führend 1: Sherardia arvensis L. BY) odorata L. — glauca Bess. — I. Asperula canescens \Vis. — arıstata L. _— cynanchica L. eo II. Crucianella latifolia L. — 7 Arten a EU 2 ne h siehe IV. Galium — Tabelle II 28 Arten — V, Vaillanlia muralis L. — peregrina L.! — V1. Rubia SEN TR A tinctorum L. — Die mikrochemische Prüfung wird dadurch sehr erleichtert, daß alle Pflanzen ausnahmslos entweder hesperidinfrei sind oder den Stoff so reichlich führen, daß er fast in jedem Blütchen und Blättchen krystallisiert zu finden ist. 2. Bei Galium ist die Verbreitung eine sehr interessante. Von den zirka 35 im Gebiete des alten Österreich-Ungarn vorkommenden Arten führen es nur sieben, die anderen nie. Diese 7 Arten sind aber innerhalb. der Gattung - nicht regellos verteilt, sondern bilden einen zusammenhängenden Formenkreis (Tabelle II). 1 Zur Untersuchung wurde größtenteils frisches Material, nur bei Rubia und einigen Galium-Arten Herbarpflanzen verwendet. Bei den folgenden Tabellen wird, wo es von N erscheint, »frisch« oder »Herbar« immer angegeben. 2 Zur Durchprüfung wurden die Pflanzenproben in 100/, HC1 aufgekocht und nach Hein Abkühlen in Chloralhydrat gelegt. In dem entfärbten Medium ei man übersichtlich die leuchtenden Sphärite ete. des gefällten Hesperidins. Art Anzahl der Standorte Tabelle Il. Zeichenerklärung: viel vorhanden. werden. | frisch | Herbar | MErmeina Scop!ni... vernum SCOP. ...... pedemontanum All... rotundifolium L...... botenlesliäy. Sels-ıwsad: rubioides L. ... trindum: 1.» 2.0.18. BRUSUHeRlE NS... constrictum Chaub... tricorne With....... parisiense L. .....2...% divaricatum Lam. ... uliginosum L........ opanine D....n....... Spurium.ls. Jan murale (L.) All...... silvaticum L...... VerRUmm 2... purpureumi. L........ KUbRUmAlESS. 302.208. GHISIHRWE ea ee Schultesii Vest. ..... luciaum All... ...... meliodorum G. Beck. einerum All......... mollugo L. .. Leyboldii H.Br. ..... helveticum Weig..... margarilaceum Kern. baldense Spreng.... hercynicum Weig.... asperum Schreb.... austriacum Jacqg..... anisophyltum Will. .. Verbreitung des Hesperidins. Hesperidin- gehalt Vorkommen von Hesperidin in der Gattung Galium. — bedeutet nicht vorhanden, —+—- ziemlich viel, ——+—- vie, +++ sehr Aus Raummangel konnten Standort, Jahr und Name des Sammlers nicht angegeben Anmerkung Ders, For ar DDr DD + Dr DD + DD »+}+$ DD DD 6 m mw DD DD @ © a a a fe ne DD m - oder ——- oder -— 4 4 A - En 1 —++oder — y \ siehe Tab. Ill Formenkreis mollugo 300 G. Klein, | " Das Herbarmaterial stammt größtenteils aus dem Herbar des botanischen Gartens | in Wien. Alles frische Material wurde von dem Galium-Spezialisten, Herrn Direktor Kari Ronniger bestimmt, dem ich auch an dieser Stelle für sein bereitwilliges Entgegenkommen und die langwierige Untersuchung wärmstens danke. In der systematischen Reihe! tritt Hesperidin zum erstenmal bei Galium rubrum in mittlerer Menge auf, bei Exemplaren anderer Standorte fehlt es auch. Dasselbe gilt für G. aristatum. Sehr reich- lich und konstant ist es bei den folgenden: G. Schultesii, Incidum, meliodorum und cinereum; im Formenkreis von G. mollugo schwankt es wieder, ist in derselben Varietät bald vorhanden, bald nicht und fehlt von der folgenden Art, G. Leyboldii, an wieder vollständig. Bei G. rubrum und aristatum hatte ich nur je 3 Herbarexemplare ver- schiedener Standorte zum Vergleich, dagegen untersuchte ich hunderte Pflanzen vom Formenkreis mollugo frisch und aus Herbar und konnte in diesem Falle die Verhältnisse eindeutig festlegen. 3. Die folgende Tabelle III soll eine Übersicht über das Vor- kommen von Hesperidin bei den untersuchten Varietäten und Formen der Spezies G. mollugo nach der gegenwärtigen systematischen Gliederung von H. Braun schaffen. Die Tabelle kann natürlich keinen Anspruch auf Vollkommenheit' erheben, da Formen fehlen, die ja möglicherweise andere Verhältnisse zeigen könnten und auch bei einer größeren Zahl von Standorten ein klareres Bild entstanden wäre. Im Prinzip hätte sich freilich nicht viel geändert und darum genügt sie dem angestrebten Zweck vollkommen. Die Zahlen in der Tabelle beziehen sich nur auf Standorte nicht unter- suchter Pflanzen; von manchen Varietäten, speziell genuinum und pyenotrichum wurden an die hundert Pflanzen geprüft. Aus der Übersicht ersieht man, daß bei fast allen untersuchten Varietäten von Galium mollugo Individuen mit ‚und solche ohne Hesperidin gefunden wurden. Dieses gelegentliche Vorkommen könnte nun klimatisch, am gleichen Ort durch Standortsverhältnisse — Licht oder Schatten, feuchter oder trockener, guter oder schlechter Boden — oder durch das verschiedene Alter bedingt sein. Dem ist aber nicht so. Das Alter spielt keine Rolle. Ein Stock, der Hesperidin führt, hat es vom zeitlichen Frühjahr bis in den Herbst an allen ober- irdischen Organen. Stöcke von Galium genninum und pyenotrichum, die mir im Frühjahr zur Blütezeit durch ihren Reichtum an Hespe- ridin aufgefallen waren, wurden auch im Juli, August und Anfang Oktober untersucht. Immer konnte das Hesperidin in: ungefähr gleicher Menge, wenn auch etwas weniger als zur Blütezeit, fest- gestellt werden. Selbst die am Stock schon vertrockneten Blätter 1 Nach Fritsch K., Exkursionsflora für Österreich. Wien 1909, II. Aufl. Verbreitung des Hesperidins. 301 Tabelle Il. Anzahl der Standorte Varietas Forma frisch | Herbar F genuinum 0. ; typ. 1 (H. Braun) i 2) pubescens 2 (Schrader) g Ass erde ENMATDELKENEROT VE EA vn gi pycnotrichum ' (H. Braun) ; | angustifolum (Leers) u ivp. _ Hiroliense x a (H. Braun) : NR: ö decolorans N (Gr. et Godr.) > — anguslifolium ' X verum elatum “ PM (Thuill.) ; ID: 2) brevifrons ” (Borbas et H. Br.) erectum Ei (Huds.) AP, B hirtifolium 1 (H. Braun) praticolum H (H. Braun) 2 an " . dumelorumı ei ie (Jordan) ; IB: zeigten es in Schollen krystallisiert, wenn auch gelegentlich kor- rodiert, worauf später noch zurückzukommen sein wird. Nur die Blätter, welche schon seit Wochen verdorrt und von Pilzen ganz durchsetzt waren, hatten: nichts mehr. Nach dem trockenen, heißen 302 G. Klein, ' Sommer trieben die Stöcke durch den Regen im September neue Sprosse und sogar Blüten. Au:h in diesen war reichlich Hesperidin. Der Stoff ist also im einzelnen Stock durch die ganze Vegetations- zeit konstant. Das Klima erscheint nicht maßgebend, wiewohl ja die An- nahme möglich war, da wir von anderen Stoffen wissen, daß sie in ihrem Entstehen vom Klima abhängig sind, z. B. im wärmeren Klima reichlicher oder sogar ausschließlich auftreten. Nun zeigten aber frische und Herbarproben aus verschiedenen. Gegenden Österreichs — Tiefland und Gebirge —, von Dalmatien, Kreta und Kleinasien durchaus keine Gesetzmäßigkeit, denn Pflanzen derselben Varietät in derselben Gegend führen teils Hesperidin, teils. nicht. Tabelle IV möge dies an einem Beispiel erläutern. Tabelle IV. Galium mollugo var. erectum Huds. TI Nr. | ee Hesperidingehalt | frisch | Herbar 1 bei Wien (Nußberg) jet, | 2 bei Wien (Kaltenleutgeben) ++ 3 bei Wien (Haschhof) See 4 Waldviertel (Niederösterreich) — 5) Mittelrhein unten 6 Böhmen erzE Ü Kreta 2 8 Trapezunt 2 9) Spanien = | | Auch die Möglichkeit der Beeinflussung durch Standorts- verhältnisse muß verneint werden. Dafür spricht besonders die Tatsache, daß von Stöcken, die unter genau denselben Bedingungen, oft nur einige Dezimeter oder Meter voneinander entfernt stehen, der eine reichlich Hesperidin führt, der andere nicht (Tabelle V). Freilich muß erwähnt werden, daß von den bestuntersuchten Varie- täten pyenotrichum und genninum, Pflanzen, die unter Büschen oder Bäumen, also im starken Schatten standen, nie Hesperidin zeigten, doch will das nach dem vorher Gesagten nichts dagegen besagen. Aus diesen wenigen Beispielen, die leicht vervielfacht werden könnten, geht klar hervor, daß es innerhalb der Varietäten von Galium mollugo systematisch nicht unterscheidbare Individuen gibt, Verbreitung des Hesperidins. 303: die konstant Hesperidin führen und andere, die es nicht führen. Äußere Einflüsse können dafür nicht verantwortlich gemacht werden. Es sind also innerhalb der Varietäten eindeutig bestimmbare chemische Rassen vorhanden. Solche chemische Rassen ohne andere systematische Kenn- zeichen sind ja schon einige bekannt und werden in der Natur ‚sicher häufiger vorkommen. Es sei nur an die süßen und bitteren Mandeln (Amygdalus commmunis L. var. amara) erinnert, die Schindler! in Persien, Capus? in Turkestan ohne äußeres unter- scheidendes Merkmal nebeneinander fanden, oder an die süße Eber- esche (Sorbus ancunparia var. dulcis), die Kraetzl? ebenso in Mähren neben den herbfrüchtigen wild feststellte; an die Santonin führende Varietät Artemisia maritima var. Steckmanniana* und schließlich an die physiologischen Rassen bei niederen Organismen, wie sie Eriksson? beim Getreiderost aufdeckte. Tabelle Va. Galium mollugo var. genuinum aus der Umgebung Kahlenbergerdorfs bei Wien. | | Hesperidin- Nr. Aussehen des Stockes Standort 12 | gehalt ER, 3 } auf einer sonnigen Wiese, 1 | stark, verzweigt, dichte Rispe E = — an einer Südmauer 2 stärker als 1, lockere Rispe ebendort, 1/, m von 1 —+-+— 3 schwächer, dichter als 1 2 m von 1 — 4 stark, unverzweigt 15 m von 1 — + 5) sehr stark, dicht verzweigt auf der Wiese, 20 m von 1 — ; Rand eines Weingartens 6 stark, verzweigt ie £ — sonnig, 10 m von |] 1 Schindler, Reisen im südlichen Persien. 1879. 2 Capus, Ann. d. seiene. nat. 1884. — Nach Tschirch, Handbuch der Pharmakognosie, II. Leipzig 1917, p. 1474. 3 Kraetzl, Die süße Eberesche. 1890; nach Schneider, CE. RR. Illustr. Hand- buch d. Laubholzkunde, I. Bd., Jena 1906. 4 Nach Wiesner J.v., Über die chemische Beschaffenheit des Milchsaftes der Euphorbia-Arten etc. Diese Sitzungsber., 121. Bd., p. 7. 5 ErikssonJ., Eine allgemeine Übersicht der wichtigsten Ergebnisse der schwedischen Getreiderostuntersuchungen. Bot. Zentralbl. 1897 FUN), ANETTE TE UT 304 | Eee, Tabelle V>». Galium mollugo var. pycnotrichum aus der Umgebung Kahlenbergerdorfs. x Nr. Aussehen der Pflanze | Standort Hesperidin- | 3 gehalt } i ’ 1 EA SISTS SE steiniger, sonniger Südhang Date a mit Grasnarbe Tr 2 niedrig, unverzweigt zııka 2 m von 1 een. 2 zirka Aın von 1, (fr h am Wiesenhang RT; A zwischen vereinzelten Sträuchern am Hang ETC u— mittelstark, verzweigt —— | 2 5 wie 4, zirka 8m von 1 en 16; lehmiger Steinbruch, 703 zirka 30 m von 1, Südhang 7 ; > Ne h Fuß des Steinbruches dicht tter En i IK — 2 ehtbepläliert, „Bnpie, Enlin dichter Baumschatten 10 er Rand eines Weingartens ER im Tal 11 | mittelstark, schwach verzweigt wie 10, 4 n von 10 ++ 12 schwach, wenig verzweigt |‘ I m von 11° i = Von diesem Gesichtpunkt aus wäre es interessant gewesen, Bastarde auf ihr Verhalten dem Hesperidin gegenüber zu prüfen. Die sicher bestimmten Bastarde, welche ich im Herbar des botanischen Gartens vorfand, ergaben folgendes (Tabelle VD). Dort, wo mindestens eines der Eltern sicher Hesperidin hatte, wie bei den Bastarden G. mollugo X G. lncidum (4 und 5), führen auch diese den Stoff. Im Falle G. decolorans (1 und 2) wäre es naheliegend, anzunehmen, daß die Mutterpflanze G. mollugo var. angustifoliumn | Hesperidin gehabt habe, da verum dieses nie führt. Bei decolorans (3), | delicatum und Schultzei endlich wäre die cinfachste Erklärung die, daß gerade die in Betracht kommenden Partner (G. mollugo, m. var. angustifolium und rubrum) hesperidinfrei waren. ‘ Verbreitung des Hesperidins.. , 309 Jedenfalls stimmen die Fälle 1 bis 3 mit der Annahme überein, daß die Varietät mollugo var. angustifolium ‚eine hesperidinfreie und -führende Rasse in :sich birgt. Mehrjährige Zuchtversuche könnten hier erst eindeutige Ergebnisse bringen. Tabelle VI. Verhalten von Galiumbastarden bezüglich des Hesperidingehaltes. a Kreuzungsprodukt Hesperidin: : (Name) gehalt 1 nz 9 G. verumXmollugo var. angustifolium BE (G. decolorans Gr. et Godr.) et 3 y Dal # a G. mollugoX Iueidum 5 + 6 G. mollugo X verum Sa (G. Schultzei) 7 G. mollugoXrubrum er (G. delicatum Port 2 Autolyse des: HE Speridiun Schließiich sei noch eine interessante Tatsache hervorgehoben, die an G. mollugo var. pycnotrichum festgestellt werden konnte. Mit Ausnahme dieser kann man alle hesperidinführenden Galium-Arten, die mir frisch zur Verfügung standen, langsam oder schnell, am Licht oder im Finstern, frei oder zwischen Filterpapier trocknen, das Hesperidin krystallisiert in Schollen aus und bleibt ‚unverändert. Auch am Stengel im Freien verdorrte Blätter behalten es. Nur wenn das Gewebe schon von Pilzen durchsetzt ist, findet man das Hespe- ridin größtenteils abgeschmolzen. Läßt man aber Exemplare von G. mollugo var. pycnotrichum langsam, zZ. B. am Tisch freiliegend, trocknen, so verschwindet der krystallisierte Stoff vollständig, nach 8 bis 14 Tagen findet man von Sphäriten keine Spur mehr, während rasch und scharf getrocknete Exemplare auch nach 20 Jahren den Stoff unverändert zeigen, wie die beiden Herbarexemplare (siehe Tabelle IIL,*) beweisen. Von anderen Varietäten konnte ich ein teil- weises Abschmelzen nur an je einem Exemplar von G. mollugo var. genninum und var. procurrens Briguet feststellen. Schon Tunmann! legte sich die Frage vor, wieso es kommt, daß die Hesperidinkrystalle von Citrus und Hyssopus officinalis 1 Tunmann O., Über das Hesperidin und die Krystalle in Hyssopus offici- nalis. Auto Ref. Apoth. Ztg. Berlin 1915, p. 214. 306 G. Klein, Verbreitung des Hesperidins. noch nach 40 Jahren erhalten sind, während sie in Verbascum und Tilia überwiegend verschwinden. Ob es der Einfluß des Trocknens oder anderer Stoffe auf das schwer spaltbare Glykosid sei, will er noch nicht entscheiden. Diesbezügliche Versuche, die er ankündigte, dürften nicht vollendet worden sein. | Bei Galium liegt ein ähnlicher Fall vor. Hier ist der Einfluß des Trocknens festgestellt und sicher ein Fall von Autolyse vor- handen. Daß diese nur bei G. pycnotrichum auftritt, kann daran liegen, daß hier ein Hesperidin von abweichender Konstitution vor- liegt oder ein spezifischer fermentativer Apparat, der den anderen fehlt. | Zusammenfassung. Auch in der Familie der Rubiaceae konnte Hesperidin gefunden werden, und zwar nur bei der Gattung Galium. | Innerhalb dieser Gattung führt nur ein bestimmter, zusammen- hängender Artenkreis, nämlich G. rubrum, aristatum, Schultesü, Incidum, meliodorum, cinereunm und mollugo diesen Stoff. | Die Arten Schultesi, lucidum, meliodorum und cinereum enthalten Hesperidin konstant in jedem Exemplar, die beiden ersten und die letzte Art wechselnd. Dieses wechselnde Vorkommen konate im Formenkreis G. mollugo geklärt werden; denn, wie die eingehende Prüfung ergab, hängt es weder vom Klima, noch Standort, noch vom Alter des Individuums ab, sondern ist von Exemplar zu Exemplar ver- schieden, aber für jedes konstant. Es liegen also noch innerhalb der Varietäten systematisch nicht greifbare chemische Rassen vor, die durch das reichliche Vor- handensein oder gänzliche Fehlen von Hesperidin charakterisiert sind, Bei Galium mollugo var. pycnotrichum konnte im Gegensatz zu den meisten anderen Galium-Formen beim langsamen Trocknen ein gänzliches ‚Verschwinden der im Gewebe krystallisierten, schwer hydrolysierbaren Substanz als regelmäßige Erscheinung konstatiert werden, die den Beobachtungen Tunmann’s an Tilia und Verbas- cum entspricht. 307 Zur Biologie der Torfmoororchidee Liparis Loeselii Rich. Von Bruno Huber Aus dem Botanischen Institut der Universität Innsbruck und dem Pflanzen- physiologischen Institut der Universität in Wien. Nr. 157 der zweiten Folge. (Mit 1 Tafel) (Vorgelegt in der Sitzung am 7. Juli 1921) Il. Einleitung. Schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts haben die morpho- logischen Eigentümlichkeiten unserer einheimischen Malaxiden die Aufmerksamkeit der Botaniker erregt.” Gab doch der Besitz von Sproßknollen Anlaß zum Vergleich mit den tropischen Orchideen. Dazu kamen noch die eigentümlichen Netzverdickungen in den absterbenden Blättern und der Grundachse, die die Behauptung aufkommen ließen, die Malaxiden besäßen ein Velamen radicum. Goebel hat dann? diese Angabe auf den wahren Sachverhalt geprüft und für diese eigentümlichen Gewebe eine der Bedeutung des Velamen ähnliche Aufgabe dargetan. In dieser Arbeit findet sich auch eine kurze Angabe über die Verpilzung der Malaxiden, die einzige in der botanischen Literatur, die kurz das Wesentliche kennzeichnet: »Die Sproßachsen der Malaxiden sind regelmäßig und in ausgedehntem Maße von Pilzen bewohnt; sie finden sich in den peripherischen Geweben außerhalb des von den Gefäßbündeln 1 Zur Frage der Nomenklatur vgi. Ascherson P., Synopsis der mittel- europäischen Flora, III, p. 900. 2 Irmisch Th., Bot. Ztg..1847, p. 137, Flora 1854, p. 625. 1863, p. 1. Zur: Morphologie der monokotylischen Knollen- und Zwiebelgewächse, Berlin 1850, p. 159. i 3 Goebel K., Morpholog. und biolog. Bemerkungen. 9.: Zur Biologie der Malaxiden, Flora 88 (1901), p. 9. 308 durchzogenen Zentralzylinders. In den inneren Zellschichten des. Rindengewebes bilden die Pilzhyphen dichte Knäuel. Diese Zellen führen keine Stärkekörner, während in den äußeren Rindenzellen, die wenige oder keine Pilzhyphen aufweisen, große Stärkekörner abgelagert sind. Man findet in der Sproßachse auch die »Klumpen«, die nach W. Magnus als verdaute Pilzhyphenknäuel zu betrachten sind... Die Zellen der Wurzelrinde sind auffallend inhaltsarm, so daß man von einer »endotrophen Mykorrhiza« hier kaum sprechen kann. Zwar lassen sich Pilzhyphen von den Wurzelhaaren aus durch die Wurzelrinde bis an ihre Innengrenze verfolgen, aber sie treten in verhältnismäßig geringer Menge auf und bilden nirgends die dichten Knäuel, die in den Wurzeln der anderen Orchideen auftreten«. Seither ‘ist diese‘ durch ihren Standort auffallende Orchideengruppe auf ihre Verpilzung nicht mehr untersucht worden. Und doch birgt die Mykorrkizentrage noch so viele Rätsel, daß jede neue Teiluntersuchung einen Baustein liefern kann, bis dann schließlich auf Grund zahlreicher Einzelergebnisse die volle Deutung möglich sein wird. Und vielleicht darf man gerade zur meist umstrittenen Frage nach der Bedeutung des Pilzes für die Stickstoffversorgung bei den eigenartigen Hochmoororchideen eine ausgesprochenere Anpassung erwarten, die wieder einen Fingerzeig zur Deutung der ganzen Frage geben könnte. Sieht doch Burgeff! - gerade darin, daß sich die Orchideen im allgemeinen die stickstoffarmen Hochmoore nicht erobert haben, einen wichtigen Wahrscheinlichkeitsbeweis gegen die Annahme, daß der Pilz atmosphärischen Stickstoff assimiliere oder hochmolekulare Stickstoff- verbindungen auszunutzen verstehe. Gerade die Malaxiden kommen aber auf Torf- mooren in engster Gesellschaft mit Drosera vor,? die im Insektenfang ihren Stickstoffbedarf zu decken vermag und man ist geneigt, den Burgeff’schen Schluß umkehrend, für die Pilze dieser Malaxiden einen Stickstoffgewinn zu fordern, Daß diese bemerkenswerten Pflanzen trotzdem noch keine Untersucher gefunden haben, ist wohl auf ihre Seltenheit zurück- zuführen. Das Viller Moor ‚bei Innsbruck (842 m über dem Meeres- spiegel) ist nun ein ergiebiger Standort für Liparis Loeseli® und so entschloß ich mich im Frühjahr 1920, an dieser Pflanze meine Studien zu beginnen. Sie waren naturgemäß in zwei Richtungen 1 Burgeff H., Die Wurzelpilze der Orchideen, ihre Kultur und ihr Leben in der Pflanze, Jena 1909, p. 197: »Auf den an löslichen Stickstoffverbindungen ärmsten Standorten, den Hochmooren, finden wir keine Orchideen, mit Ausnahme zweier, in ihrer Mykorrhiza gänzlich unbekannter, eben nur hier vorkommender Gattungen, die sich schon durch ihre systematische Stellung wesentlich unter- scheiden, Malaxis und Microstiylis. Hier auf den Hochmooren war ein Gebiet, das sich die verpilzte Familie hätte erobern können, wenn die Mykorrhiza ihı einen bedeutenden Gewinn an Stickstoff garantiert hätte. Fänden wir sie hier, dann wäre auch der Frank’sche Vergleich mit den Infektivoren berechtigt, die hier vorkommen. 2 Nach Hegi’s Illust. Flora von Mitteleuropa, Bd. II, 20. Lieferung, p. 393 ff. kommt Malaxis paludosa fast ausschließlich, Ziparis Loeselii vorwiegend auf Hoch- mooren, aber auch auf Flachmooren (so am Innsbrucker Standort) vor. Microstyliıs ist eine Pflanze moosiger Voralpenwiesen und -wälder, findet sich aber auch in Torfstichen. 3 Habitusbild in G. Karsten und H. Schenk »Vegetationsbilder«, 4. Reihe, -, Heft. Tat 48. t } | NAT Biologie von Liparis Loeselii Rich. 309 zu führen: einerseits war die Entwicklungsgeschichte der Verpilzung in der Pflanze in möglichst geschlossener Folge zu studieren, anderseits sollte der Pilz in Reinkulturen auf seine Ernährungs- ansprüche untersucht, die nach den bisherigen Erfahrungen wenig aussichtsreiche Samenkeimung auf Reinkulturen des Pilzes versücht und die Pflanze selbst in den Grundzügen ihrer Ernährung, wenn möglich auch an pilzfreien Exemplaren geprüft werden. ‚Die Untersuchungen wurden zuerst am Botanischen Institut der Universität Innsbruck, seit Dezember 1920 am Pflanzen- physiologischen Institut der Universität Wien ausgeführt. Den Vorständen der genannten Institute, meinen hochverehrten Lehrern, den Herrn Hofrat Heinricher und Hofrat Molisch danke ich für die zuvorkommende Beistellung der Hilfsmittel und für ihre ständige rege Anteilnahme an meinen Untersuchungen. Für die Einführung in die bakteriologische Technik bin ich Herrn Prof. Sperlich zu besonderem Dank verpflichtet. Den Herrn Assistenten danke ich für ihr vielfaches Entgegenkommen und manchen wertvollen Wink. II. Herkunft der Pflanzen. Sehr bald nach Beginn meiner Untersuchungen wurde die Abtorfung des Viller Moors beschlossen und unverzüglich in Angriff genommen. Es galt daher, für meine Untersuchungen hinreichend lebendes Material zu sichern. Das Viller Moorl ist ein Wiesenmoor und liegt 842 m über dem Meeresspiegel in jener Talmulde, die von Igels-Vill über den Lansersee gegen Hall ins Inntal zieht und die Fortsetzung des Stubaitales bildete, bis der Silldurchbruch jenen äußersten Teil von seinem Zufluß abschnitt. Seen, Tümpel und Moore weisen den Weg des alten Tals und seines Gletschers. Das Moor besitzt keinen Zufluß und trocknet im Spätsommer oberflächlich aus. An den Rändern herrscht die typische reiche Flora der Wiesen- moore, gegen die Mitte wird sie ärmer. Hier sitzt Liparis Loeselii mit Grundachse und Wurzeln in Laubmoospolstern eingebettet, die nach unten absterbend, allmählich in Torf übergehen. In unmittelbarer Gesellschaft finden sich Drosera rotundifolia und /ongifolia. Einige Zentimeter unter dem Boden zieht ein dichtes Geflecht von Wurzeln und Rhizomen, besonders von Phragmites. Unter den Sauergräsern über- wiegt Schoenus ferrugineus, dessen Rasen im Frühjahr vor dem Emporschießen des jährlich abgemähten Schilfrohrs dem ganzen Moor das Gepräge geben. Ich entnahm etwa 150 Pflanzen mit einer Scm tiefen Bodenschicht dem Standort und pflanzte sie in flache, glasierte Töpfe ohne Bodenloch, so daß bei reichlichem Begießen stets stehende Bodennässe vorhanden war. Vom Spätsommer bis ins erste Frühjahr wurde dann trockener gehalten. Die Pflanzen erhielten sich ausgezeichnet. Im September stirbt die Pflanze ab und überwintert nur mit der von toten Blattscheiden umhüllten Sproßknolle und der ihr anliegenden Knospe. In diesem Zustand ist Liparis gegen Trockenheit ausgezeichnet geschützt und verträgt vollkommenes Austrocknen des Bodens. Mitte März, wurde wieder reichlicher- begossen und Mitte April trieben alle Knospen neuerdings aus und gediehen prächtig. Aber nur drei Pflanzen kamen am 15. Mai zur Blüte, obwohl alle Pflanzen einen Blütenstand angelegt hatten. Das »Ausbleiben« der Malaxiden wird auch in allen Florawerken angegeben. f 1 Vgl. Murr J. Die Lanserköpfe bei Innsbruck und ihre Umgebung. Deutsche Bot. Monatsschrift XIX (1901), p. 152 bis 154. a en 310 B. Huber, Hl Anatomisch-entwicklungsgeschichtlicher Leil Längsschnitte durch die Pflanze zeigen das in Fig. 1 dargestellte Bild. Liparis wächst wie die meisten Orchideen sympodial. Man findet im Juni deutlich erhalten die Reste der vorjährigen Pflanze, den Zentralzylinder der Grundachse (a,), während die Rindenzellen ziemlich vollkommen verwest sind, die Sproßknolle k umgeben von den Resten der abgestorbenen Blätter mit den von Goebel (a. a. OÖ.) beschriebenen Netzverdickungen und schließlich den Fruchtstiel, der manchmal noch die Fruchtkapseln trägt und mit dem das Wachstum des Hauptsprosses sein Ende nahm. Das Wachstum wurde von der Achselknospe des obersten Laubblattes fortgesetzt, aus der dadurch die heurige Pflanze hervorgegangen ist. Wir finden eine nahezu senkrecht aufsteigende Grundachse, die ziemlich zahlreiche Wurzeln trägt, von denen eine an der Seite der alten Achse senkrecht nach abwärts dringt, während die übrigen, die Blattreste durchbohrend, seitlich in den Boden gelangen, dann die Blätter (meist 3 Niederblätter und 2 Laubblätter) und über dem obersten Laubblatt wiederum eine Anschwellung des Stengels, die junge Sproßknolle (%,), die sich in den Blüten tragenden Stengel fortsetzt. Ihr seitlich angedrückt findet sich die Anlage der nächstjährigen Pflanze! In der Grundachse fällt namentlich an Alkoholmaterial schon mit freiem Auge eine milch- weiße Zone auf, die als Hohlzylinder den Zentralzylinder umschließt, es ist die Zone der Verpilzung (in Fig. 1 dunkel getont). Besonders gut ist ihre Ausdehnung an Querschnitten zu verfolgen (Fig. 2). Etwa von der dritten Zellschicht unter der Epidermis angefangen bis nahe an die Gefäßbündel sind alle Zellen der stark entwickelten Rinde mit Pilzknäueln gefüllt. In den Wurzeln ist dagegen keine ausgebreitete Verpilzung bemerkbar. Von der Achsenrinde aus setzen sich die Hyphenknäuel noch ein kleines Stück in die Wurzelrinde fort und in der nächsten Nähe der Wurzelaustrittstelle sind zahlreiche Wurzelhaare von Hyphen durchzogen, die sich in der Epidermis wenig ausbreiten und sich dann bis ins Pilzgewebe der Achse verfolgen lassen. Es liegen hier offenbar nur die Ein- und Austrittsstellen des Pilzes vor. Schon etwa !/,cm von ihrer Durchbruchstelle ist die Wurzel vollkommen pilzfrei. Untersucht man dann im September oder Oktober zarte Längsschnitte durch die Anlage der nächstjährigen Pflanze, so findet man (vgl. Goebel a.a. O., p. 98, Fig. 3) zwar alle morphologischen Einzelheiten, Grundachse, Blätter, junge Knolle, Blütenstiel mit Blüten und einige Wurzeln schon angelegt, die ganze Anlage ist aber pilzfrei. Das Rindenparenchym der jungen Achse enthält in 1 In der Regel ist die Tochterknolle in rechtem Winkel zur Mutterknolle orientiert, so daß man auf einem Schnitt durch alte Knolle und heurige Pflanze nicht auch die junge Knospe trifft. Biologie von Liparis Loeselii Rich. stil allen Zellen reichlich Stärkekörner. Da sich die Verpilzung in der diesjährigen Achse, die schon im Absterben ist, nicht weiter aus- .gebreitet hat und sich zwischen Grundachse und Knolle eine Trennungsschicht gebildet hat, so ist es offenbar, daß kein Über- wandern des Pilzes in die junge Pflanze stattfindet, sondern eine Neuinfektion von außen stattfinden muß. Schon Mollberg erwähnt (Untersuchungen über die Pilze in den Wurzeln der Orchideen. Jenaer Zeitschrift, XVII, 1834), daß er bei den von ihm untersuchten Ophrydeen mit verpilztem Rhizom nie das Hinüberwachsen des Pilzes aus dem alten in das neue Rhizom beobachten konnte und daß daher eine Neuinfektion anzunehmen sei. Diese Neuinfektion bleibt nun bei Liparis keineswegs der zufälligen Anwesenheit des Pilzes überlassen, sondern ist durch eine sehr eigentümliche Ein- richtung sichergestellt. Als ich Mitte April 19211 Pflänzchen unter- suchte, die eben die Knospenspitze aus der Umhüllung der Knolle hervorschoben, waren sie äußerlich noch wurzellos. Bei näherem Zusehen zeigte es sich aber, daß die beiGoebel in Fig.3 in ihrer Anlage sichtbare, senkrecht nach abwärts gerichtete Wurzel ausgetrieben hatte und ins Rindengewebe der vorjährigen Grundachse einge- drungen war, in dem sich neben verdauten Pilzklumpen auch noch lebende Hyphen erhalten hatten. Der Pilz dringt sofort durch die Wurzelhaare in die Wurzel ein und erreicht durch diese die junge Achse, in der er nun nach und nach aufwärts dringt, wobei die Stärke aus den Rindenzellen verschwindet. Erst später dringen weitere Wurzeln, die Blattbasen durchbohrend, seitlich nach außen. Es ist bemerkenswert, daß Irmisch schon 1854 an Malaxis paludosa das- selbe Eindringen der Wurzel in die Rinde der Mutterachse beobachtete? ohne natürlich die biologische Bedeutung ahnen zu können. Es ist dies nämlich um so bemerkenswerter, als Malaxis sich in den Spiralfaserzellen der Blätter und der Achse eine Wasserabsorptionsvorrichtung geschaffen hat, die zum Verlust aller übrigen Wurzeln geführt hat. Nur diese eine Wurzel wird beibehalten, weil sie die Neuinfektion vermitteln muß. Noch eine zweite Tatsache läßt die Infektion gesichert er- scheinen. Die Blattbasen, die die junge Knolle umschließen, sind schon im lebenden Zustand regelmäßig, wenn auch meist nicht in ausgedehntem Maße von den Hyphen des Orchideenpilzes durch- zogen, der auch hier durch Rhizoiden Eingang. findet. Die Ver- pilzung der Blattbasen ist schon Goebel aufgefallen (a. a. O., p. 100): 1 Die Infektionsgeschichte wurde 1921 an meinen Kulturexemplaren verfolgt, die den Pflanzen des natürlichen Standorts in der Entwicklung um 2 bis 3 Wochen voraus gewesen sein dürften. 2 Th. Irmisch, Bemerkungen über Malaxis paludosa Sw., Flora 1854, p- 625: »Äußerlich war nichts von einer Wurzel zu bemerken, doch überzeugte mich eine neuerliche Untersuchung, daß sie durchwegs eine solche besaßen. Sie befindet sich ganz unten an der Basis des diesjährigen Blütenstengels, senkt sich aber gleich vertikal nach unten und wächst ins Parenchym der schlanken Achse hinein, die sich unterhalb der vom vorigen Jahr stehen gebliebenen Knolle findet und die vorjährigen Blätter trug.« Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt.I, 130. Bd. 23 82 i " B. Huber, »Die Blätter der Malaxiden weisen an der Basis Wurzelhaare auf. Die Gegenwart der Wurzelhaare spricht sich auch darin aus, daß ganz ebenso wie in den Wurzeln selbst durch sie eine Pilzinfektion erfolgt. Auch hier kann man die Pilzhyphen, freilich nur in geringer Zahl, in die tiefer liegenden Zellschichten verfolgen. Sie treten hier zuweilen in ziemlich dichten Knäueln auf.« Aber auch der Raum zwischen den Blattbasen ist von Pilzhyphen übersponnen. Vom August angefangen findet man hier reichlich jene Sporenketten, die von der Kultur des freien Pilzes allgemein bekannt sind. Selbst das oberste Blatt, dessen Grund als feines, eng angepreßtes Häutchen schützend die Knolle mit der jungen Knospe umschließt und am Übergang in den Fruchtstiel einen eigentümlichen Kragen bildet (vgl. Goebel, p. 101), ist in dieser Weise von sporulierenden Hyphen übersponnen. Seltener kann man diese Sporenbildung auch im Innern von Epidermiszellen feststellen. Man kann von diesen kugeligen Sporen (Fig. 3) wegen der vollkommenen Übereinstimmung mit denen der Kulturen (vgl. Fig. 42 und 5b) und wegen des Auftretens gleicher Bildungen in der Wurzelepidermis (Fig. 5), wo der Zusammenhang mit dem Pilzgewebe der Achse deutlich nach- weisbar ist, die Zugehörigkeit zum Orchideenpilz mit voller Sicher- heit behaupten. Daneben findet man dann allerdings, besonders nach dem Absterben, verschiedene andere Mikroorganismen (Dia- tomeen, Pilze usw.) - Aus dieser Beobachtung Ban hervor, daß der Pilz nur Bruchteile von Millimetern von der jungen Knospe entfernt in Dauerzuständen vorhanden ist, so daß selbst beim Versagen der zuerst erwähnten Infektionseinrichtung die seitwärts die Blätter durchbrechenden Adventivwurzeln den Pilz aufnehmen müssen. Im Mai hat dann der Pilz die anfangs angegebene Verbreitung erlangt. Die Stärkekörner, die in der jungen Anlage in allen Rindenzellen der Achse reichlich vorhanden waren, sind aus den verpilzten Zellen bis auf wenige Überbleibsel verschwunden. Dagegen ist die Stärke um die Gefäßbündel und in den beiden subepidermalen Zellschichten unversehrt erhalten. In den Epidermiszellen selbst finden sich nur um den Kern gedrängt Stärkekörner. Die Kerne, die vor der Infektion in allen Rindenzellen ungefähr gleich groß waren, haben sich in den verpilzten und einigen angrenzenden Zellen bedeutend vergrößert. Ihr Durchmesser hat sich ungefähr verdoppelt. Von einer Differenzierung in Wirt- und Verdauungszellen ist nichts zu bemerken, alle Zellen führen " den lebenden Pilz, der auch vollkommen lebenskräftig ist, wie aus der mühelos gelingenden Isolierung auf Kulturböden geschlossen werden darf. Alle Hyphen sind gleichartig, kurz nach der Infektion ziemlich kräftig. Eine Sonderung in Ring- und Haustorialhyphen wie bei Neottia! fehlt. Wenn man in seltenen Fällen um einen 1 W. Magnus: Studien an der endotrophen Mikorhizza von Neottia nidu- saris Jahrb. f. w. Bot., 35 Bd. (1900). Biologie von Liparis Loeselii Rich. | 313 Knäuel zarterer Hyphen einen Ring von kräftigen findet, so sind diese auf eine Neuinfektion zurückzuführen, während jene schon Verfallsstadien darstellen. Auch Eiweißhyphen fehlen. Mit dem Substrat besitzt der Pilz reichliche Verbindungen. Liparis trägt ja nicht nur an den Wurzeln sehr zahlreiche Wurzelhaare, sondern auch viele Epidermiszellen der Achse und Blattbasen wachsen zu Rhizoiden aus, die in die wasserspeichernden Blattreste eindringen. Wie diese Organe dem Pilz den Eintritt in die Pflanze erschlossen, so sind sie nun in weit reichlicherem Maße die Steilen, durch die er mit dem Boden in Verbindung tritt. In den Wurzeln findet ein Aus- strahlen nur in den basalen Teilen statt, der größere Teil der Wurzel ist vollkommen pilzfrei. Die austretenden Rhizoiden bilden in der Basis des Rhizoids lockere Knäuel und Schlingen und verlassen, sich nach außen verzweigend und mehrfach anostomo- sierend, das Haar. Sporenketten findet man in den Rhizoiden nur ausnahmsweise, dagegen treten sie sehr häufig in den Epidermiszellen der Wurzel auf (Fig. 5) und zwar meist in gebräunten, toten Zellen.t Wie erwähnt, sind im Juni alle verpilzten Zellen gleichartig Der große Kern liegt zunächst sehr chromatinarm in der Mitte des dichten Hyphenknäuels, nur der gut färbbare Nukleolus ermöglicht es, ihn ziemlich regelmäßig zu finden (Fig. 6). Bald aber treten reichlich Chromatinkörnchen und -ballen auf, so daß der Kern nun scharf hervortritt. Die Kernmembran ist sehr deutlich, ein Aussenden von Plasmafortsätzen ist nur selten zu bemerken (Fig. 7). Dieses typische Bild zeigen in der zweiten Junihälfte fast alle Kerne des Pilzgewebes. Später deformieren sich die Kerne, so treten längliche oder gelappte Kerne auf, die nun die Wand erreicht haben oder dem Hyphenknäuel angedrückt liegen. Im Laufe des Juli beginnen dann die Hyphen zu kollabieren, die Pilzknäuel füllen daher die Zellen nicht mehr so prall, sondern heben sich von der Wand ab. Dieser Vorgang schreitet im August rasch weiter fort, so daß Anfang September die Hyphen in vielen Zellen zu ziemlich festen Klumpen geballt erscheinen. Teilweise kann man allerdings die einzelnen Hyphen noch gut erkennen. Man findet dann regellos nebeneinander alle Über- gänge von verhältnismäßig wenig kollabierten Hyphenknäueln über dicht geballte, stark Kollabierte Reste bis zu fast homogenen Klumpen. Die Kerne sind inzwischen wieder erheblich kleiner geworden, die regen Stoffwechselvorgänge sind abgeklungen, der Kern der höheren Pflanze hat gesiegt. Während dieser Vorgänge der Grundachse und wohl auf Grund der Nähr- stoffzuschübe, die die Pflanze beim Absterben des Pilzes erhält, vollendet Liparis in den oberirdischen Teilen ihre Entwicklung. Anfangs September welken rasch die Blätter, deren Chlorophyll schon seit einiger Zeit allmählich degeneriert war; in 1 Bei den übrigen Orchideen wurden solche Sporenketten nur in den Wurzel- haaren der Ophrydeen ziemlich regelmäßig gefunden (Burgeff, p. 120). Sonst erwähnt nur Burgeffin einem Falle sklerotisch dichte Sporenhaufen in abgestorbenen Wurzelepidermiszellen von Ophris museifera. 314 B. Huber, ihren Zellen sind die eigenartigen Netzverdickungen aufgetreten, die den toten Blatt- resten die Fähigkeit. der Wasserspeicherung verleihen. Die Früchte sind gereift, bleiben aber geschlossen (am natürlichen Standort wird der Fruchtstand durch die Schneebedeckung niedergedrückt, in der Kultur bleibt er dauernd erhalten). Die Reserveknolle hat sich bedeutend vergrößert und ist vollgepfropft mit Stärke. Ihr angedrückt ist die Knospe der nächstjährigen Pflanze schon vollkommen: ausgebildet. Auch der Pilz hat sich durch die Sporenbildung für den Schluß der Vegetations- periode vorbereitet. Die Grundachse hat ihre Aufgabe erfüllt und wird durch Ver- stopfung der verholzten, reich getüpfelten Zellen mit einer auffallenden gelben Masse I von der Knolle in schmaler Trennungsschichte abgetrennt und geht zugrunde. Schon Ende September ist es kaum noch möglich, einen Schnitt durchzuführen, weil der Zell- verband schon in Auflösung ist. Nur die Leitlbündel und das von ihnen umschlossene Mark wiederstehen ein volles Jahr der Verwesung. Ich fand es daher recht auf- fallend, daß auch in den Rindenzellen wenige Wochen vor dem Absterben dieselben Netzverdickungen auftraten wie in den Blättern. Die Beobachtungen im April 1921 klärten den Widerspruch auf. Die Rindenzellen bilden um die Infektionswurzel eine schützende wasserspeichernde Hülle. Die Netzverdickungen sind — verholzt. Ihre Entstehung kurz vor dem Absterben der Zellen erklärt es, daß diese Verholzung in vielen Fällen wenig weit vorgeschritten ist, so daß man oft die Holzreaktionen ohne oder mit schwachem Erfolg versucht. Wir müssen uns zum Schlusse die Frage stellen, welchen Verpilzungstyp wir bei Liparis Loeselii vor uns haben. Schon Magnus hat die Forderung aufgestellt, daß man die Verpilzungs- formen der Orchideen nicht unnatürlich nach der Form der Klumpen in ein System bringen dürfe, sondern den Grad der Differenzierung in Wirt- und Verdauungszellen als Einteilungsgrund nehmen müsse. Für Liparis ist nun das Kennzeichnende das Fehlen einer dauernden Pilzwirtschicht. Am Ende der Vegetations- periode findet sich der Pilz in den meisten Zellen verdaut oder degeneriert. Nur ganz regellos liegen ab und zu Zellen dazwischen, in. denen sich der Pilz noch erhalten hat. Nach diesen Verhalten ist Liparis an der Seite der Neottieae zu stellen, für die gleich- falls das Fehlen einer dauernden Wirtschicht bezeichnend ist. (Die ausführlichste Zusammenstellung aller anatomischen Befunde finden sich im angegebenen Buche Burgeff’s, II. Teil, Pilz und Pflanze, C. Die interzellulären Vorgänge in der Pflanze, p. 95ff. Dort auch alle nötigen Literaturangaben.) So finden sich in den aus sehr zahlreichen Schichten bestehenden Rindengewebe der rübenförmig verdickten Spiranthes-Wurzeln ® Pilzknäuel und -klumpen in un- - regelmäßigen Komplexen. Bei Goodyera? nimmt die Verdauung einfach gegen die äußere Rinde hin zu. Bei Coryanthes? wird das Rhizom durch eigentümliche Trichome infiziert. Der Pilz kann 1 Obwohl ich dieser gummiartigen, stark lichtbrechenden Masse, die sich von der Zellwand mit scharfem Rande abhebt, einige Aufmerksamkeit schenkte, konnte ich ihre chemische Natur nicht ermitteln. Mit Sudanglyzerin und besonders mit Scharlachrot erhielt ich distinkte Rotfärbung, doch machte das Versagen wieder- holter Verseifungsversuche die Fettnatur fraglich. Reaktionen auf Gerbstoffe, Phlorog- lukotannoide und Pentosane verliefen negativ. In Alkohoi verschwinden die amorphen gelben Ballen, es treten aber feinkörnige Fällungen auf. Die Masse scheint anfangs weich zu sein und ‚später zu erstarren, denn sie ist dann oft stark rissig. 2 Burgeff a.a.O., p. 127 bis 129 und die dort angegebene Literatur. Biologie von Liparis Loeselii Rich. 315 dann in allen Rindenzellen des Rhizoms der Verdauung anheim- fallen. Mit diesen Pflanzen steht Liparis Loeselii am Anfang der anatomischen Differenzierung der Verpilzung. Nach dem Endergebnis wird auch 'bei diesen Pflanzen gewöhnlich von Verdauungszellen gesprochen. Ich bin aber der Ansicht, daß der Begriff Verdauungszellen im Gegensatz zu Wirt- - zellen nur dort gebraucht werden sollte, wo tatsächlich eine Sonderung eingetreten ist und bestimmte Zellen von vornherein dezuebesimmt sind, den Lilz, sobald er die Zelle wefüllt hat, zu verdauen, während andere den Pilz ohne Schädigung beherbergen. Bei Liparis aber lebt der Pilz viele Wochen ohne Anzeichen einer Degeneration in den Zellen, man würde diese Zellen unbedenklich als Wirtzellen bezeichnen, würde nicht später der Pilz doch verdaut. Der Ausdruck Verdauungszellen wird bei Liparis Loeselii dadurch noch weniger scharf faßbar, weil die Degeneration des Pilzes nicht in allen Zellen bis zur bezeichnenden Klumpenbildung fortschreitet, sondern nur eine Ballung der stark kollabierten Hyphen eintritt, wobei die einzelnen Hyphen noch kenntlich bleiben. Burgeff will für diese Fälle nicht den Namen Verdauung angewendet wissen, denn er stellt eine Angabe von Magnus, er habe bei Platanthera bifolia den Pilz gelegentlich in allen Zellen verdaut gefunden, dahin richtig, daß in den Wirtzellen die Hyphen bei der Verdauung verschont bleiben, aber später, etwa zur Blütezeit der Pflanze »von selbst« degenerieren und vom Pflanzenplasma unter Mitwirkung des Kernes etwas zusammengeballt werden. Diese Scheidung kann nun wohl bei der in ihrer Verpilzung ziemlich hochstehenden Platanthera scharf durchgeführt werden, weil dort Wirt- und Verdauungszellen von vornherein einen verschiedenen Entwicklungs- gang nehmen und echte Verdauung und Ballung zeitlich auseinander liegen. Es ist aber klar, daß sich diese Scheidung bei weniger differenzierter Verpilzung kaum aufrecht erhalten läßt. Es ist daher wohl das Natürlichste, für solche Fälle die Scheidung in Wirt- und Verdauungszellen überhaupt fallen zu lassen. Wir haben eine anatomisch einfache Form der Symbiose, bei der die Sonderung noch nicht ausgebildet ist. Wir erhalten so eine Reihe, die von den Neottieae und Malaxidae (bei den beiden andern einheimischen Malaxiden Achroanthus monophyllos und Malaxis paludosa ist-die Verpilzung jedenfalls sehr ähnlich), bei denen in denselben Zellen, die den Bis pehetberzen, Kspaters Merdauune/ eintreten‘ kann, üben. die Ophrydeae mit ständiger Sonderung in Wirt- und Verdauungsschicht bis zur höchsten Form der Neottia führt, die in schärfster, unab- änderlicher Ausprägung eine äußere und innere Verdauungszone und eine Wirtschicht in der Mitte besitzt. Nur in einer Hinsicht ist es nicht ganz gerechtfertigt, die Verpilzung von Liparis in einer Linie mit der der übrigen Orchideen zu betrachten: wir dürfen die Achsenverpilzung bei 316 B. Huber, Liparis nicht ohne weiteres mit der Wurzelverpilzung der übrigen gleichsetzen. Gerade die Differenzierung in Wirt- und Verdauungs- zellen findet sich in dieser scharfen Ausprägung nur in den Wurzeln. Magnus fand selbst für die so hoch differenzierte Neottia, daß die Sonderung im Rhizom und namentlich im unteren Teil des Stengels immer mehr schwindet. Er fand im Rhizom den Pilz nur in wenigen, nicht bestimmt lokalisierten Zellen, im Stengel überhaupt nie verdaut. Dort ist aber die Rhizomverpilzung nur von nebensächlicher Bedeutung. Er fand Rhizome pilzfrei oder bis zu sechs Rindenschichten verpilzt. Auch bei den Ophrydeen mit verpilztem Rhizom kommt doch die Hauptbedeutung der Wurzel- verpilzung zu. Die vollkommen regelmäßige, nie fehlende Verpilzung der Achse gleichzeitig mit zurückrreiegerr Wurzelverpilzung ist das Neue und Eigenartige bei den Malaxiden, worauf schon Goebel hingewiesen hat (vgl. die anfangs angeführten Sätze). Wir sind daher zur Annahme berechtigt, daß hier die Achsenverpilzung die Aufgabe der Mykorrhiza vollwertig übernommen hat und mit Rücksicht darauf können wir Achsen- verpilzung hier und Wurzelverpilzung dort als physiologisch und biologisch gleichwertig in einer Linie betrachten, wenn es sich nur um die Aufstellung einer biologischen Reihe handelt. Überblicken wir noch einmal die Gesamtheit der anatomischen Befunde, so kommen wir zum Schluß, daß die Symbiose bei Liparis Loeselii eine der wenigst ausgebildeten unter den Orchideen ist. Der Pilz ist bei Neottia schon vollkommen ans Leben in der Pflanze angepaßt, seine Isolierung gelingt nicht mehr, Fortpflanzungs- körper werden nicht gebildet, Kommunikationen mit dem Boden treten nur selten und unregelmäßig auf. Bei der Mehrzahl der Orchideen gelingt die Isolierung, dagegen werden Fortpflanzungs- körper, Sporenketten nur in den reproduktiven Hyphen gebildet, die durch Wurzelhaare die Pflanze verlassen. Bei Liparis gelingt die Isolierung sehr leicht, Fortpflanzungskörper werden auch in (allerdings meist abgestorbenen) Geweben der Pflanze sehr reichlich gebildet, die Verbindungen mit dem Boden sind zahlreich. Der Liparis-Pilz hat in der Pflanze seine Selbständigkeit noch nicht weitgehend aufgegeben. Parallel mit der anatomischen Differenzierung läuft dann die gegenseitige Abhängigkeit der Symbionten von- einander. IV. Physiologisch-ökologischer Teil. Auf die Deutungsmöglichkeiten der Pilzsymbiose einzugehen, kann ich mir im Hinblick auf die wiederholten Erörterungen dieser Frage füglich ersparen. Ich verweise aus der neueren Zeit nur auf E. Stahls »Sinn der Mykorrhizenbildung«,! auf die Abschnitte 1 Jahrb. f. w. Botanik, 34. Bd. (1900). Biologie von Liparis Loeselii Rich. 817 D und E (p. 147 bis 207) in H. Burgeffs »Wurzelpilzen«, die alles auf die Orchideen Bezügliche zusammenstellen und kritisch verarbeiten, auf H. Weylands Beitrag »Zur Ernährungsphysiologie mykotropher Pflanzen Are: Dysrtar ser 136 Spaltöffnungen Bpimacns paluswwis........... 70 bis 80 » Coeloglossum viride.......... 64 bis 72 » Gymnadenia odoralissima .......... 50 > ODINEHBVEDENS Sans esene: 40 bis 60 » Unter den geprüften einheimischen Orchideen besitzt also Liparis weitaus am meisten Spaltöffnungen, die wenig mykotrophe Epipactis palustris desselben Standorts kommt ihr mit der Hälfte der Spalten noch am nächsten. Schließlich sei nochmals auf den Besitz von Stärkeblättern bei Liparis hingewiesen, worin sie wieder dem wenig mykotrophen Frauenschuh nahesteht. Wägungsversuche ergaben auch tatsächlich für Liparis eine sehr ansehnliche Transpiration. Eine kräftige Liparis-Pflanze mit 2 x19cm? Blattfläche (Oberseite + Unterseite), die in einen wasser- gefüllten Glaszylinder so eingesenkt wurde, daß die Wurzeln in Wasser tauchten und der Zylinder über der Knolle mit Kork verschlossen und mit Paraffin abgedichtet wurde, zeigte in drei- 1 Vgl. Haberlandt G. Physiologische Pflanzenanatomie, 5. Auflage, p. 440. 2 Die Diffusion durch Löcher in einer dünnen Wand ist aber nicht der Fläche, sondern nur dem Radius proportional (Renner O., Flora. 100, S. 541). 320 B. Huber, tägiger Beobachtung, folgende durch Wägung ermittelte Tran- spirationsgrößen: Frischgewicht der Pflanze (samt Knolle und Wurzeln) 3:20 8. Freie Oberfläche (über der Paraffindichtung) 42:5 cm?. (19 + 19 Blattfläche, 2°5 Stiel, 2 Früchte.) Gewichts- ja lands Tag Stunde tn und cm? Anmerkung Oberfläche | 3. VIL. 1920 mn 0-450 £ 0:0064 sonniger, windiger Nach- | 8. VII. 1920 1840 mittag | 5. VII. 1920 1630 3870 0:002 Durchschnitt von 2 Tagen | 6. VII. 1920 845 07830 0001 Nacht (Transpiration verringert) 7. VII. 1920 1545 3'650 000283 2 sonnige Tage Durchschnitt aller 3 Tage 2:16 mg pro Stunde und cm?. Zum Vergleich entnahm ich Pfeffer’s Pflanzenphysiologie (l. Bd, p. 153) willkürlich folgende Zahlen: Hanf ENDE 3 mg pro Stunde und Quadratzentimeter Oberfläche opfemer er 18 > > > » » Roggen BOH400Om 195 » » » » » Prosemer n 1208... > » » » Der Einfluß des Lichtes geht aus folgenden Angaben Wiesner's hervor. (Untersuchungen über den Einfluß des Lichtes und der strahlenden Wärme auf die Transpiration. Sitzungsber. Wiener Akad, T. Abt, 72.Bd.. (1876), p. 21des Separatabdruckes). Mais im Dunkeln....... 0:97 mg pro Stunde und Quadratzentimeter > eeusenv rent: > > > » > >» Sonneniien. 27298 » » >» > Die Transpiration der Liparis bei Nacht und an sonnigen Nachmittagen bewegt sich nahezu in den gleichen Grenzen. . Von einer verringerten Wasserdurchströmung kann also bei Liparis offenbar nicht die Rede sein. Die Transpiration erreicht an sonnigen Nachmittagen einen stündlichen Wasserverlust, der ein Zwölftel des Frischgewichtes beträgt. In Anbetracht der Nährsalzarmut der Moore können aber die Stahl’schen Erwägungen trotzdem zu Recht bestehen. Es ist möglich, daß auf diesem Standort der gleiche Wasserstrom, der an anderen Standorten die Pflanzen hinreichend mit Nährsalzen versieht, nicht 4 j v Biologie von Liparis Loeselii Rich. 321 hinreicht, um den Nährsalzbedarf zu decken. Es gelten die Erwägungen, die Schmid (a. a. O.) über die gleichfalls ziemlich stark transpirierende Drosera anstellt. Er stützt sich auf Bodenanalysen Webers aus dem mittleren Teil des Hochmoors von Augustumal, auf dem allein Drosera vorkommt und vergleicht sie mit dem Nähr- stoffgehalt eines diluvialen Lehmbodens. 100g Trockensubstanz enthalten in Augustumal auf diluvialem Lehm Verhältnis K 0.0448 1.068 1:2°4 PO, 0:075 0:18 ine s4l Ca VAT 2:86 sie Mg 0:138 0:88 17939 N Hochmoor Kiefernwaldhumus 129778 Daraus folst, daß auf solchen Standorten erst eine vielfach größere Wasser- menge den gleichen Nährsalzbedarf zu decken vermag. Ich möchte allerdings anderseits auf das außerordentlich träge Wachstum der Orchideen verweisen, das doch einen bedeutend geringeren Nährsalzverbrauch zur Folge haben muß. Zwingend erscheint mir also aus diesen Überlegungen die Notwendigkeit des Pilzes für die Nährsalzversorgung nicht hervorzugehen. Da aber die Ausbeutung des Pilzes durch die Pflanze bei der Verdauung eine mikroskopisch beobachtete Tatsache ist und die Assimilationsversuche die Selbständigkeit der Pflanze auf diesem Gebiete dargetan haben, ist es doch sehr wahrscheinlich, daß die Verdauung des Pilzes der Pflanze die so schwer erreichbaren Nährsalze liefern muß. Der Ver- gleich mit den Insektivoren wäre dann wenigstens für die Verdauung gerechtfertigt. Im übrigen sollen Versuche mit pilzfreien Pflanzen über die Notwendigkeit oder Entbehrlichkeit des Pilzes entscheiden. 3. Die Fortpflanzung. Als Bernard im Jahre 1903 aus den Orchideen Pilze isolierte, die Orchideen- samen zur Keimung brachten, schien das Geheimnis, das die Keimung der Orchideensamen umhüllte, entschleiert. Tatsächlich gelingt heute die Anzucht tropischer Orchideen aus Samen mit großer Sicherheit, über den Keimungsbedingungen der einheimischen Orchideen liegt der Schleier aber noch ebenso dicht wie einst. Burgeff gelang es trotz mannigfacher Versuchsanstellungen nicht, einheimische Orchideen zum Keimen zu bringen (a. a. O., 1909, p. 51). Es lag mir im Rahmen dieser Untersuchung fern, der Samenkeimung eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Es sei nur erwähnt, daß sterile, im Herbst auf verpilzten Nährböden aus- gesäte Samen, die teils am Licht, teils im Dunkeln unter verschiedenen konstanten oder täglich schwankenden Temperaturbedingungen gehalten wurden, bis Ostern keine Entwicklung zeigten. Ein Teil der Kulturen war inzwischen verunreinigt worden, einige aber waıen noch vollkommen rein. \ Da die Fruchtkapseln von Liparis sich nicht von selbst öffnen, können aller- dings am natürlichen Standort die Samen erst durch die Schneebedeckung in den Boden kommen und daher frühestens im Frühjahr keimen. Dabei dürfte es sich aber wohl nur um eine erzwungene Ruhe handeln, da von anderen heimischen Orchideen noch im Oktober die Keimlinge der gleichjährigen Samen gefunden werden und die tropischen Orchideen innerhalb von 14 Tagen keimen. Pflänzchen, die erst in der zweiten Vegetationsperiode standen, fand ich wiederholt. Es dürfte sich aber wohl fast immer um Adventivpflanzen gehandelt haben, die im Vorjahr an der inzwischen verfaulten alten Knolle entstanden und nun selbständig geworden sind. Ich wurde leider auf diese Adventivbildungen erst aufmerksam, als eine Beobachtung am natürlichen Standort nicht mehr möglich war. v..% ENTE n j =. 322 B. Huber, Die Entstehung von Adventivpflänzchen an der Knolle von Liparis (-Sturmia) Loeselii hat zuerst Irmisch! beschrieben und er hat eine Knolle mit drei Adventivknospen abgebildet. Ich habe nie mehr als eine Adventivknospe gefunden, diese aber nahezu immer. Ich konnte daher auch ihre Entwicklungsgeschichte recht gut verfolgen. Wenn die normale Knospe ausgetrieben und sich zur blühenden Pflanze entwickelt hat, bleibt in der Reserveknolle immer noch eine ansehnliche Menge Stärke zurück. Diese Stärke sammelt sich im oberen Teil der von der jungen Pfianze abgekehrten Hälfte der Knolle an einer Stelle besonders dicht an, an der zwei, manchmal auch drei Leitbündel wieder zusammenlaufen.” Man erkennt im Juli diese Stelle, den neuen Vegetationspunkt mit freiem Auge als weißes Pünktchen. Es treten in und unter der Epidermis Zell- teilungen auf, die Kerne treten. deutlicher hervor und es wölbt sich ein Vegetationspunkt vor, an dem in 1/,-Stellung 3 Blattanlagen auftreten (Fig. 8). Die Unterseite dieser Blatthöcker entwickelt sich bedeutend stärker und liefert eine kreiselförmige Anschwellung der Achse, die in manchen Fällen noch weiter als Entwicklung des Blattgrundes kenntlich bleibt (Fig. 9), in anderen Fällen als Teil der knolligen Grundachse erscheint. Es entsteht bis September ein etwa 2 mm großes Pflänzchen (Fig. 10), das mit einer winzigen Sproßknolle abschließt, der die Knospe des nächsten Jahrestriebs seitlich anliegt. In diesem Stadium findet man Pflänzchen manchmal noch unverpilzt, meist aber ist der Pilz schon durch die langen Rhizoiden der Blattgrundschwellung (eine kleine, Rhizoiden tragende Anschwellung besitzen auch die Blätter erwachsener Pflanzen) in die Achse eingewandert und hat hier die Rinde in der bekannten Ausdehnung in Besitz genommen. Wurzeln besitzt das Pflänzchen nicht. Als Absorptionssystem dienen wiederum die oft erwähnten Netzfaserzellen. Hier treten Netzverdickungen nicht nur in allen Zellen der Achsenrinde und des Blattgrundes auf, sondern auch in den Zellen der Mutterknolle, die wieder embryonal geworden sind und den Vegetationspunkt für die Adventivknospe geliefert haben. Es ist der einzige Fall, daß in der Knolle diese Verdickungen auftreten. 1 Irmisch Th., Zur Morphologie der monocotylischen Knollen- und Zwiebelgewächse. Berlin 1850, p. 159: »Auf der vorjährigen Knolle entwickeln sich nicht selten, und zwar meistenteils auf dem Scheitel derselben, also durchaus nicht in den Blattachseln, kleine spitze Knöspchen (gemmae adventivae), die bald abfallen und selbständige PNänzchen bilden.« 2 Ich fand einmal eine solche Knolle, in der die Stärkekörner ganz abweichende Gestalt besaßen. Statt vieler kleiner, fanden sich in jeder Zelle nur wenige (4 bis 7) große Stärkekörner in der Gestalt kreisförmiger, konzentrisch geschichteter Scheiben (Fig. 11). Im Polarisationsmikroskop bilden daher bei gekreuzten Nikols die Aus- löschungsbalken ein ganz gleicharmiges Kreuz (wie ein Deutschmeisterkreuz). Mit Jod färbten sich diese Stärkekörner wie die übrigen braunrot. Im Meristem für die Adventivknospe waren die Stärkekörner normal. x Biologie'von Liparis Loeselii Rich. 323 In einem Falle fand ich in fast allen verpilzten Rindenzellen eines solchen Adventivpflänzchens je ein bis zwei würfelige oder oktaedrische Krystalle von starker Lichtbrechung, die an die bekannten Eiweißkrystalloide der Kartoffel erinnerten. Sie gaben jedoch keine Eiweißreaktionen. Das spärliche Material gestattete leider nicht, die Natur der Krystalle festzustellen, so wichtig dies möglicherweise für die Theorie der Symbiose gewesen wäre. Es erscheint mir nämlich wahrscheinlich, daß ihr Auf- treten auf die Anhäufung eines Stoffwechselproduktes des Pilzes zurückzuführen war, das von den rascher wachsenden größeren Pflanzen 'sofort verbraucht wird, während es hier auskrystallisierte. In den pilzfreien Zellen fehlten diese Krystalle. Ich habe sie aber auch an anderen Adventivpflanzen nie wieder gefunden. Im zweiten Jahr entwickelt sich eine verhältnismäßig lange, dünne Achse, die in etwa 12mm Entfernung wieder eine kleine Knolle von 1 bis 2mm Durchmesser entwickelt und ein einziges Laubblatt, das erste, trägt. Die Länge der Grundachse ist biologisch verständlich, denn die Knolle soll ja immer an der Oberfläche der ständig weiterwachsenden Moospolster bleiben. Nun ist die Adventiv- pflanze gegenüber ihrer legitimen Schwester ohnedies um ein volles Jahr zurück und muß daher durch starke Streckung den Vorsprung nachholen. Die ganze Achse ist in ihrer (nur zwei- bis vierschichtigen) Rinde verpilzt. Im wievielten Jahr die Pflanze zur Blüte kommt, weiß ich nicht. B. Der Pilz. Schon wenige Wochen nach Beginn meiner Untersuchungen ging ich an die Isolierung des Orchideenpilzes. Ich hielt mich genau an Burgeff’s ausgezeichnete Anleitung (Anzucht tropischer Orchideen aus Samen, Jena 1911) und erhielt gleich beim ersten Versuch aus 25 von 30 Impfstellen auf 6 Platten einen Pilz, der sich durch seine radial unbegrenzt fortwachsenden Langhyphen und die nahezu senkrecht von diesen abzweigenden Kurzhyphen als ein Orcheomyces zu erkennen gab. Als am achten Tage an Stelle von Kurzhyphen auch Ketten kugeliger Konidien auftraten, war es sicher, daß ich den richtigen Symbionten. gewonnen hatte. Aus diesen Rohkulturen kommt man rasch zu Reinkulturen, indem man einige Male auf Platten abimpft, denen keine Stickstoff- quelle beigegeben ist. Die in der Stärke und sonst als Verun- reinigungen vorkommenden Stickstoffmengen genügen für den Liparis-Pilz, während Bakterien auf solchen Böden zurückbleiben. Zum Vergleich isolierte ich auch aus einer Phalaenopsis ihren Symbionten, der sich in der Wuchsform vom Orcheomyces Loeselii (wie ich ihn kurz nennen will, ohne die Möglichkeit zu bestreiten, daß er nur eine physiologische Rasse eines anderen Pilzes darstellt) deutlich unterscheidet. Dieser ist träg wüchsig, breitet sich kaum jemals über die ganze Platte aus und erhebt sich nicht über das Substrat, während der Phalaenopsis-Pilz eine Platte rasch mit einem flaumigen Luftmyzel überspinnt. Der Phalaenopsis-Pilz ist auch kräftiger, seine Hyphen haben 7 x Durchmesser, die ellipsoidischen Sporen sind bis 221. lang, bei einem Durchmesser von 15y, die Hyphen des O. Loeselii haben einen Durchmesser von 4. die fast kugeligen Sporen 324 B. Huber, einen von 10 bis 15. Die Formen wechseln allerdings je nach der Nährlösung. Wird als Stickstoffquelle ein Ammonsalz gegeben, so bilden die Sporenketten regel- mäßig im Substrat verteilte, sternförmige Häufchen, die dem freien Auge als weiße Pünktchen erkennbar sind. Jede einzelne Sporenkette zählt ungefähr 10 kugelige Glieder. Steigert man die Kohlehydratkonzentration von 1/, bis 50/,, so werden die einzelnen Sporen etwas länglich ellipsoidisch. Wird Harnstoff als Stickstoffquelle gegeben, so sind die Hyphen etwas dicker, die Sporen sind nicht zu Häufchen ver- eint, sondern unregelmäßig im Myzel verteilt, die Sporenketten bestehen nur aus 3 bis 4 kugeligen Gliedern Knäuelbildung an der Oberfläche des Substrats habe ich nie beobachtet, ebenso trat nie Sklerotienbildung ein. Nimmt man die Wuchsform der Ammonsalzkulturen für die Beurteilung, so ist es klar, daß der Pilz zu jener Gruppe gehört, die Burgeff (»Wurzelpilze«, p. 25) als Gruppe I vom Typus Orcheomyces psychodis bezeichnet und zwar steht er gestaltlich gerade dem Typus sehr nahe, so daß die Burgeff’schen Abbildungen (Fig. 11,. 12) beinahe genau das Aussehen des "Or Eoeseir si 1/,°/, Stärke und Ammoniumchlorid als Stickstoffquelle wiedergeben. Abweichend ist nur das Fehlen der Sklerotien und der Hyphen- knäuel. Es ist dieselbe Form, die Bernard! als Rhizoctonia repens folgendermaßen kennzeichnet: »Mycelium toujours rampant, formant sur les milieux nutritifs riches un voile Epais, blanc jaunätre, qui peut devenir brun clair tardivement. Filaments moniliformes ramifies, groupes en petits amas granuleux, jamais anastömoses. Pelotons formes par l’enroulement de filaments myceliens sur eux-m&mes pendant de nombreux tours«. Dagegen wird der Phalaenopsis-Pilz zur Art Rh. mucoroides gestellt. Während der Wintermonate wurden die Ernährungsansprüche des Pilzes in Flüssigkeitskulturen geprüft. Das Myzel bildet stets unter dem Flüssigkeitsspiegel eine schwer zerteilbare Flocke und erreicht ihn nur bei besonders üppiger Entwicklung. Ich arbeitete immer mit der stickstoffreien, mineralischen Nährlösung nach Arthur Meyer? 12 destilliertes Wasser ig KH,PO, 0:38 MgSO,+7H,0 (VlzC2@) (O:1g NaCl) OHOLSIRSEL der wechselnde Mengen von Stärke oder Dextrin und verschiedene N-Quellen beigegeben wurden. Es seien hier nur die Ergebnisse zusammengestellt, die diesen Torfmoorpilz von den von Burgeff untersuchten (p. 27 bis 41) nicht nennenswert unterscheiden: 1 Angeführt von Burgeff im Anhang, p. 209. 2 Praktikum der bot. Bakterienkunde, Jena 1903, p. 15. Diese Nähriösung empfiehlt Burgeff (1911). LE rl Biologie von Liparis Loeselii Rich. 325 1. O. Loeselii verlangt neutrale oder schwach alkalische Nährböden. In saueren Nährlösungen erfolgt überhaupt kein Wachs- tum. Daher wurden alle Kulturen stets sorgfältig neutralisiert. 2. Die Konzentration der Kohlehydrate kann innerhalb weiter Grenzen (t/, bis 5°/,) schwanken, ohne das Wachstum dauernd zu beeinflussen. Die Förderung durch hohe Konzentrationen ist mehr vorübergehend und verwischt sich allmählich wieder. Sporen- bildung erfolgt bei allen geprüften Konzentrationen. In den folgenden Versuchen wurden 1 bis 2°/, Kohlehydrate geboten. 3. OÖ. Loeselii wächst gar nicht mit Nitriten und Ammoniumoxalat, schlecht mit Nitraten und Ammoniumtartrat, gut mit mineralischen Ammonsalzen, Asparagin (ohne Sporen zu bilden), sehr gut mit Harnstoff und Pepton, ausgezeichnet mit Ammoniumcitrat (einen festen weißen Kuchen bildend. Reichlich Sporen). Die Kohlehydrate sind dabei aber nicht entbehrlich. Ä 4. OÖ. Loeseii kommt mit sehr geringen Mengen von Stickstoff aus. Eine Assimilation atmosphärischen Stick- stoffs scheint aber nicht stattzufinden. Neben allen Versuchs- reihen liefen stets Kulturen, denen kein Stickstoff beigegeben war. Bei jeder Neuimpfung wurde wieder von einer solchen Kultur abgeimpf, um den Fehler zu verringern. Trotzdem blieb das Wachstum nie nennenswert hinter den Ammonsalzkulturen zurück. Erst als ich unter einer Glasglocke 10 Kolben mit folgender Nährlösung aufstellte: 0:58 K,HPO, durch zweimaliges Umkrystallisieren gereinigt 015g MgSO, » » > » Spursa/kesO, 22> en AB. > 10 g wasserklarer Kandiszucker in schönen Krystallen gelöst in 500g heißem destillierten Wasser, wobei ein Schälchen mit H,SO, konz. und eine Menge Ätznatron für die Absorption von Ammoniak oder Salpetersäure sorgten, erfolgte beinahe kein Wachs- tum mehr. n : Die gute Ausnutzung aller geprüften, niedrig oxydierten Stick- stoffverbindungen ist mit Rücksicht auf den Standort biologisch verständlich, ebenso wie die schlechte der Nitrate. Die Fähigkeit, sich Spuren von Stickstoff dienstbar zu machen und die geringe Spezialisierung gegenüber den Stickstoffquellen (verschiedene Stufen des Eiweißabbaus: Pepton selbst, Aminosäuren, Harnstoff, Ammoniak) sind wertvolle Eigenschaften, die auch für die Symbiose ‚von Bedeutung sein können. D28 B. Huber, C. Die pilzfreie Pflanze. Zum Schluß sei noch über meine Versuche mit pilzfreier Liparis kurz berichtet, wenn diese auch noch kein abschließendes Urteil zulassen. Als ich die Pilzfreiheit der jungen Knospe und der Reserveknolle festgestellt hatte, kam mir der Gedanke, es müßte durch rechtzeitige Abtrennung der verpilzten Teile möglich sein, die Neuinfektion im Frühjahr auszuschließen und so zu pilzfreien Pflanzen zu gelangen. Solche pilzfreie Orchideen wären für die Beurteilung der Notwendigkeit und Bedeutung des Pilzes von hohem Wert. Dabei mußte man sich natürlich vor Augen halten, daß ein Erfolg im ersten Jahr noch nichts gegen die Notwendigkeit des Pilzes beweise, da ja das Reservematerial der Knolle noch von der verpilzten Pflanze gespeichert und auch die Knospe noch auf ihr in allen Einzelheiten ausgebildet wurde, so daß beinahe nur das Wasser zur Streckung der fertigen Anlagen fehlt. Wegen der Unsicherheit des Ergebnisses verwandte ich für den ersten Versuch bloß 12 Pflanzen. (Ausgeführt am 24.1. 1921.) Ich entfernte die Blatthüllen von der Knolle, zog namentlich das innerste zarte Häutchen sorgfältig ab und trennte die Grundachse knapp an der erwähnten Trennungsschicht mit sterilem Rasiermesser ab. Die nackten Knollen (eine Wattehülle bei wenigen Knollen bewährte sich nicht, da sie schitnmelte und erwies sich auch als überflüssig) mit den anliegenden Knospen gab ich in Petrischalen mit sterilem Torfmoos und begoß nun reichlich. Schon innerhalb einer Woche begann sich von zwei Pflanzen die Knospe zu: strecken, im Laufe von drei Wochen folgten alle übrigen. Am 28. Februar mußten die Deckel abgehoben werden und die Schalen wurden nun in staubdichten Glashäuschen im Experimentierraum des Gewächshauses aufgestellt. Mitte April, als die Topfpflanzen eben die ersten Knospen hervorstreckten, waren die pilzfreien Pflanzen unter den günstigen Feuchtigkeitsbedingungen schon einige Zentimeter hoch. Ende April opferte ich eine Pflanze für die anatomische Untersuchung. Sie erwies sich tatsächlich als ganz pilzfrei. Ich wagte kaum meinen Augen zu trauen, als ich dieselbe Grund- achse, die ich bisher an ungezählten Schnitten immer mit dichten Hyphenknäueln erfüllt gesehen hatte, pilzfrei, reichlich mit Stärke gefüllt und mit verhäitnismäßig kleinen Zellkernen fand. Sie zeigte, von der Größe der Zellen abgesehen, ganz die Verhältnisse der Anlage. Die bezeichnenden Veränderungen, die der Pilz in den Zellen hervorruft, waren unter- blieben. Anfang Mai folgte aber rasch ein auffallendes Zurückbleiben. Ein paar ganz kleine Pflänzchen waren schon im April eingegangen, ohne daß ich damals beim guten Gedeihen der übrigen besonders: darauf geachtet hätte. In der ersten Hälfte Mai begannen aber Biologie von Liparıs Loeselii Rich. 327 auch die kräftigsten Pflanzen vom Blattgrunde her zu bleichen und die Blätter brachen dann an dieser Stelle. Als Mitte Mai drei verpilzte Pflanzen zur Blüte kamen, waren die pilzfreien im Wachs- tum zurück. Bei einzelnen Pflanzen ist die Möglichkeit nicht zu bestreiten, daß sie äußeren Einflüssen erlegen sind; einige schienen durch die Hitze der Pflingsttage geschädigt, andere wurden, aller- dines in deutlich geschwächtem Zustand, eine Beute der Schimmel- pilze. In allen Fällen scheint aber schon die Tatsache der Schädigung ein Ausdruck mangeinder Widerstandskraft zu sein, denn von den verpilzten Pflanzen ‘ist keine einzige zugrunde gegangen, obwohl ich zur Kontrolle einige gleichfalls in Petrischalen mit Torfmoos verpllanzt und in Glashäuschen neben den pilzireien aufgestellt hatte. Über den Mai hinweg retteten sich nur zwei Pflanzen, die aber noch heute vollkommen kräftig erscheinen und gute Knollen gebildet haben. Ob man daraus schließen kann, daß die Pflanze durch die Entbehrung des Symbionten nur vorübergehend aus dem Gleichgewicht gebracht wird und, wenn sie die Krise überdauert, sich den neuen Verhältnissen anpassen kann, oder ob nicht vielleicht bei diesen Pflanzen die Isolierung mißlungen oder nachträglich eine Infektion erfolgt ist, bleibt abzuwarten, denn es ist erst im Herbst, nach Ausbildung der Trennungsschicht möglich, die Grundachse auf ihre Pilzfreiheit zu prüfen, ohne die Pflanzen zu opfern. Bis dahin sei auch von einer Erörterung der Befunde abgesehen. Die Möglichkeit einer wenigstens zeitweiligen Lebens- fähigkeit ohne den Symbionten würde mit der sonstigen Ursprüng- lichkeit der Verpilzung gut übereinstimmen. ! Ergebnisse. 1. Die Rinde der Grundachse von Liparis Loeseli Rich. ist reichlich verpilzt. Die Verpilzung der Wurzeln und Blätter tritt demgegenüber zurück. (Vgl. Goebel Flora 88. Bd. p. 103.) 2. Ein Überwandern des Pilzes aus der alten in die neue Achse findet nicht statt. Diese muß vielmehr alljährlich von neuem infiziert werden. Die Infektion erfolgt durch die älteste Wurzel, die geradewegs in die alte Achse hineinwächst. Durch rechtzeitige Baseirteune den verpilzven; Weile) gelang es, die Imfektion zus viechimdern’und pilzfreie Prlanzen’zu erzielen. 3. Eine Sonderung in Wirt- und Verdauungszellen fehlt. Der Pilz fällt im Laufe der Vegetationsperiode in der Mehrzahl der Zellen der Verdauung anheim. 4. Die Sporenketten des Pilzes finden sich regelmäßig in der Wurzelepidermis und den Blattbasen, selten in Wurzelhaaren. 5. Liparis ist selbständig assimilationsfähig. Als Assimilations- produkt erscheint »rote« Stärke. 1 Im Laufe der ersten Julihälfte singen auch noch die beiden letzten pilz- freien Pflanzen ein. Die Unentbehrlichkeit des Pilzes auch für die erwachsene Pflanze ist damit erwiesen. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 24 Da SEE a A, AU Dh a A N a a 328 B. Huber, Biologie von Liparis Loeselii Rich. 6. Die Wasserdurchströmung von Liparis ist lebhaft. In en Spaltöffnungszahl übertrifft sie die untersuchten heimischen Orchideen bedeutend. REN 7. Samenkeimung gelang nicht. Dagegen erfolgt reichliche Ri Vermehrung durch Adventivknospen, deren Entwicklungsgeschichte = lückenlos verfolgt werden konnte. e2 8. Die Isolierung des Symbionten bereitet keine Schwierigkeiten. Er gehört zur Sammelgattung Rhizoctonia repens Bernard (= Typus Orcheomyces psychodis Burgeff) und stimmt in seiner Ernährung mit den bisher untersuchten Orchideenpilzen im wesentlichen überein. Er vermag mit sehr wenig Stickstoff auszukommen, ist den N- Quellen gegenüber wenig spezialisiert, assimiliert jedoch atmo- sphärischen Stickstoff nicht. Tafelerklärung. Fig. 1. Liparis Loeselii. Längsschnitt, Übersichtsbild. Fünffach vergrößert. %, alte, k, junge Knolle, a, alte, a, junge Grundachse, ak Vegetationspunkt für eine Adventivknospe. Fig. 2. Grundachse im Querschnitt. 20 fach vergrößert. Die verpilzte Zone in Fig. 1 und 2 dunkel getont. Fig. 3. Blattepidermis mit Sporenketten des Orchideenpilzes. 300 fach vergrößert. Fig. 4. Sporenkette a aus dem Blatt, D aus der Reinkultur. 600 fach vergrößert. Fig. 5. Wurzelepidermiszelle mit Sporenketten. 350 fach vergrößert. Fig. 6. Kern aus einer frisch verpilzten Zelie. Fig. 7. Kern aus einer länger verpilzten Zelle. Fig. 8 bis 10. Entwicklungsgeschichte der Adventivknospe. Alle Stadien pilzfrei. Im Stadium 10 (30 fach vergrößert) erfolgt die Infektion. Fig. 11. Ungewöhnliche Stärkekörner aus einer Knolle. Ich: [a ‚S D7 o je} IS) iparis e von L . Bd., 1921. 130 Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 329 Ein „Fenster“ des Tauerndeckensystems inmitten der Murauer Granatglimmerschiefer- decke südlich des Preber Von Alexander Tornquist in Graz (Mit 1 Profiltafel) (Vorgelegt in der Sitzung am 3. November 1921) 1. Die Katschberglinie und das Fenster. Die Untersuchung der Südflanke der Niederen Tauern und der Zusammenhänge derselben mit den von mir früher beschriebenen Teilen des Murauer und Turracher Decken- systems hat zu dem überraschenden Auffinden eines mitten im Granatglimmerschiefergebiet dieses Deckensystems auftauchenden Fensters des Tauerndeckensystems nördlich und vor allem östlich Tamsweg geführt. Dieses Fenster und seine Bedeutung für die Tektonik der östlichen Zentralalpen soll im folgenden behandelt werden. Ich beabsichtige, später auf Grund meiner Begehungen im Laufe der letzten Jahre eine eingehende Gesamtbeschreibung des östlich und südlich der Katschberglinie gelegenen Gebirges zu geben. Das Untertauchen des Systems der Tauerndecken unter die weit gegen Osten ausgedehnte Granatglimmerschiefermasse ist zuerst von Becke! am Katschberg beobachtet worden, nachdem ältere Autoren den Katschberg bereits als Störungszone erkannt hatten. Becke hat die Katschberglinie mit ihrem Überschiebungs- charakter sodann später” gegen Süden weiter verfolgen können, 1 Bericht über die Aufnahme am Nord- und Ostrand des Hochalmmassivs. Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wiss. Wien, mathem.-naturw. Kl., 117. Bd., 1908, 9. Bl sit 2 Bericht über geologische und petrographische Untersuchungen am Ostrand des Hochalmkerns. Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wiss Wien. mathem.-naturw. Kl., 118. Bd., 1909, p. 1066. 330 A. Tornquist, ohne daß ihr Ende nach dieser Richtung bis heute beka geworden wäre. Er beobachtete ihren. Verlauf über St. Peter durc den Wolfsbachgraben über die Pirkeralm, Torscharte, Ebenwald, Dornbachwiesen bis vor den Radlgraben unterhalb Gmünd. Ob ‘diese Linie durch das von Granigg! beschriebene Profil des oberen Mölltales geht, ist aus Graniggs Beschreibung wohl no E nicht aber mit Sicherheit zu ‚entnehmen. V. Uhlig? hat sodann den Verlauf der Katschberglinie gegen Ei Norden bis Mauterndorf verfolgt und sie dann mehr konstruktiv aus den älteren Literaturangaben in die Südabdachung der Niederen Tauern gegen Osten hinein gezogen. Er bezeichnete als Katsch- berglinie in diesem Gebiet den Kontakt der Schladminger Masse im Norden mit dem Granatglimmerschiefergebirge im Süden, ohne des Zwischengliedes der dort vorhandenen mächtigen Serie von stark verquetschten lichten Glimmerschiefern und anderer Gesteine näher zu gedenken. Auf Grund der älteren Forschungen von Geyer und Doelter in diesem Gebiet hielt Uhlig es für möglich, daß die Katschberglinie im Gebiet der Niederen Tauern ihren Charakter als Überschiebung eingebüßt hat. | Auch ich hatte bisher der Ansicht, die Katschberglinie nur dort als Überschiebungslinie aufzufassen, wo sie quer zur Achse der Zentralalpen steht, zugeneigt und war daher heuer durchaus überrascht, in ihr auch im Gebiete ihres westöstlichen Verlaufes, d. h. im südlichen Teil der Niederen- Tauern alle Anzeichen’ einer | alpinen Deckenüberschiebung ersten Ranges wahrzunehmen, so daß sie sich auch im Gebiete ihres westöstlichen Verlaufes als der Ausbiß einer Deckenüberschiebung I. Grades darstellt. Dieses ergab sich weniger aus den Feststellungen an dieser Linie.in den Niederen an selbst, als daraus, daß etwa 3:5 km südlich vom Durchstreichen der Katschberglinie durch das Massiv. der Golz (2581 m), des Rotheck (2743 m) und des Preber (2741 m) mitten im Granätglimmerschiefergebirge ein Teil des unter ihm gelegenen Tauerndeckensystems als tektonisches Fenster auftaucht, welches erst 7km südlich der Katschberglinie in diesem Gebiet wieder unter der Serie der Granitglimmerschiefer verschwindet. | Dieses tektonische Fenster des Tauerndeckensystems ist im Norden durch eine Linie begrenzt, welche im wesentlichen ober- halb und teilweise auch in der gut ausgebildeten glazialen Schliff- kehle hindurchzieht, welche am Südfuß des Preber, des Preber- kessels und der Golz den untersten Steilabsturz bildet, welcher das. Längstal Krakauebene—In der Klausen—Prebersee gegen Norden begrenzt. Die Nordgrenze des Fensters verläuft in westlicher en te en > 1 Geologische und petrographische Untersuchungen im Oberen Mölltal. Jahrbadveol.Rr.. N. 1901292 807% 2 Zweiter Bericht über geotektonische Untersuchungen in den Radstädter Tauern. Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wiss. Wien; mathem.-naturw. Kl., 1908, Di ee. Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. >81 Richtung nördlich Lessach, wo eine jüngere Störung ihren regel- mäßigen Verlauf quert, über das Lessachtal, von dort hoch am 'Gummaberg bis in große Höhe hinauf und überquert das Göriachtal. Am Südfuß des Kranitzl konnte ich sie nicht mehr auffinden, dort tauchen aus der südlich angelagerten diluvialen Moräne bereits unmittelbar die chloritischen Schiefer der Schladminger Serie empor. Der südliche Rand des Fensters ließ sich aus dem Göriachtal nördlich des unteren, südlich Lessach gelegenen Engtales, ungefähr beim Blabacherbauern, quer durch den Südabfall des Lerchecks bis unmittelbar nördlich Haiden und dann von dort ziemlich geradlinig über den Eberwein (1720 m) bis zum Koglberg verfolgen. Die weitere Ausdehnung des Fensters gegen Osten konnte noch nicht festgestellt werden, vermutlich setzt es noch weit über die Lungauer steirische Grenze fort und verläuft nördlich des Wad- schobers über Krakaudorf wohl bis Schöder. Die Westgrenze des Fensters westlich Haiden gegen Wölting— ‘St. Andrä—Maria Pfarr ist unsichtbar, da dieser Teil des Fensters von den tonigen Sanden und festverbackenen Schottern des Jung- tertiärs und’in den hochgelegenen Gebirgsstufen völlig von diluvialen Moränen verdeckt ist. In dem untersuchten Gebirgsstück sind demnach die Gesteins- serie der Granatglimmerschieferstufe im Norden und Süden des Fensters und diejenige des Tauerndeckensystems in dem Fenster selbst zu unterscheiden. Als dritte Gesteinsserie ist diejenige unmittelbar an der Aufschubfläche der ersteren auf die letztere zu betrachten... Es sind das Serpentine und Talklagen von bedeutender Entwicklung. Derartige Gesteine sind bisher auch schon von mehreren Stellen der Katschberglinie selbst bekannt geworden. Becke erwähnt Serpentin auf der Katschberglinie im Wolfstal und in größerer Ausdehnung westlich Ebenwald. Granigg beschrieb Serpentine aus dem oberen Mölltal, wo ihr Zusammenhang mit einer tektonischen Fläche zwischen dem Granatglimmerschiefer- gebirge und der Schieferhülle aber nicht sichergestellt ist. Aber auch im Prebergebiet ist die Katschberglinie an der Golz und am nördlichen Prebergrat, am sogenannten 14 ederweisjöchl durch Serpentin und Talk Ausgezeichnet Das Auftreten von Serpentin und Talkbildung am Rand des Fensters bildet einen weiteren Beweis dafür, daß die Aufschub- fläche des Granatglimmerschiefergebirges auf das Tauern- deckensysteminder Tiefe unter der Granatglimmerschiefer- decke auf weite Erstreckung genau den gleichen Charakter besitzt, wieer an der Ausbißlinie dieser Deckenbewegung, d.h. an der Katschberglinie beobachtet wird. Erwähnt sei schließlich noch, daß nach meinen vorjährigen Be- gehungen auch noch Gesteine der Frauenalpedecke und der Decke des Turracher Carbons im Hangenden der Granatglimmer- schiefer von Süden her nördlich des Murtales auftreten und bis in keine allzu große Entfernung von unserem Fenster vorstoßen. N IR PO Wer, da 332 A. Tornquist, Diese Verhältnisse bleiben in der nachfolgenden Darstellung un- erwähnt und einer weiteren Publikation vorbehalten. Dagegen ist bereits in dieser Arbeit der sehr wichtigen Feststellung Raum gegeben, daß die basalen Gesteine der Turracher Scholle als Hangendes der Granatglimmerschieferserie sogar auch innerhalb der Niederen Tauern in größerer Ausdehnung vorhanden sind. 2. Die einzelnen Gebirgssysteme. Geyer! hat im Jahre 1893 zum ersten Male die Gesteine unseres Gebietes in einer kurzen Erläuterung seiner Aufnahme des Blattes St. Michael behandelt und vortrefflich charakterisiert. Auch die von ihm zu einer Zeit, als die Deckentektonik noch unbekannt war, gemachten tektonischen Deutungen sind von vor- bildlicher Objektivität. Er erwähnt im allgemeinen in Süd verflächende Hornblendegneise in den oberen Lungauer Tälern der Niederen Tauern, dann südlich von ihnen eine Folge stark gestörter, nur hie und da granatführender grauer Tonglimmerschiefer und im unteren Teil der Täler, im Lessachtal, am Bodenmoosgraben nach ihm beginnend, die Granatglimmerschiefermasse. Er weist das Vor- handensein einer »einfachen Auflagerung« dieser Gesteinsserien bereits ab und betrachtet die Gesteine als »eingefaltet«. Die damit schon von Geyer erkannte tektonische Diskordanz zwischen dem Granatglimmerschiefer im Süden und den Schlad- minger Gneisen im Norden ergibt sich aber vor allem daraus, daß die Granatglimmerschieferserie im Gegensatz zu letzteren ganz’ überwiegend nördliches Einfallen zeigt und kein südliches, welches vorhanden sein müßte, falls sie als hangendstes Schicht- glied der Niederen Tauern diese am Südfuß ummanteln würde. Die »grauen Tonglimmerschiefer«, eine sehr verbreitete Gesteinsart lichter, verkneteter, meist sehr harter, gneisähnlicher lichter Glimmer- oder Serizitgesteine rechnen wir der Schladminger Gneisdecke, beziehungsweise dem Tauerndeckensystem zu. Einen Beweis dafür, daß man in einem solchen Gebiet intensivster Gebirgsbewegung und daher lokal stark wechselnder Beeinflussung des Gesteins nicht durchweg mit Hilfe genauer petrographischer Gesteinsbestimmung die Unterscheidung der ver- schiedenen vorhandenen Gebirgssysteme vornehmen kann, sondern sich dort, wo Fossilien fehlen, viel mehr an die Ausbildung der betreffenden Gesamtgesteinsfolgen mit ihren charakteristischen Ein- lagerungen halten muß, bietet die genaue petrographische Unter- suchung einer Anzahl von dGesteinen unseres Gebietes durch Doelter? und seine Schüler. Wir finden bei Doelter unzweifelhafte 1 Vorlage des Blattes »St. Michael«. Verhandl. d. geol. R. A., 1893, p. 22. ?2 Das krystallinische Schiefergebirge der Niederen Tauern usw. Mitteil. des naturw. Ver. f. Steiermark, 1897, p. 117. Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. 333 Gesteine der Granatglimmerschieferserie als Gneise erkannt und anderseits den Nachweis, daß andere von Geyer als Gneise benannte Gesteine des tieferen Gebirgssystems trotz ihres Feldspat- gehaltes petrographisch in die Bezeichnung Glimmerschiefer einzu- reihen sind. So wertvoll die genaue petrographische Präzisierung auch sein mag, sie führt uns zwecks Bestimmung der Zugehörig- keit zu den einzelnen großen zusammengehörigen Gesteinsserien nur dann weiter, wenn sie im Sinne der Becke’schen Gesteins- benennungen auch auf die Genesis der rein regionalen oder regional-diaphthoritischen Ausbildung Bezug nimmt. Die Gesteins- bestimmung in den krystallinen Zentralalpen muß eben Hand in Hand gehen mit der Feststellung des tektonischen Faktors im Gestein. a) Das Granatglimmerschiefergebirge. Die Gesteinsfolge, welche dieses Gebirge zusammensetzt, ist zwischen der Katschberglinie im nördlichsten Prebermassiv gegen das Rotheck und dem Fenster in nahezu völliger Lückenlosigkeit auf dem Akm langen, die Schichten fast senkrecht verquerenden Preberkamm vom Grazer Haus bis zur Preberspitze (2741 m) entblößt. Das andauernde nördliche Einfallen der Gesteinsfolgen auf dem ganzen Grat ist erstaunlich, da die Glimmerschieferserie östlich des Katschbergpasses am Ainack ein von der Katschberg- linie abgekehrtes Verflächen aufweist. Durch diese Lagerung wird am südlichen Preberfuß aber die Heraushebung unseres Fensters erst verständlich, während am Ainack umgekehrt sehr bald das Hangende der Granatglimmerschieferserie erscheint, der Gneis der Buntschuhmasse, welcher, wie an anderer Stelle gezeigt werden wird, das basale Schichtenglied der Turracher Decke bildet. Der Anstieg über den tiefsten Preberfuß von In der Klausen im oberen Rantental auf den Sattelkogl mit dem Grazer Haus bei fast 2000 »» führt durch lichte, im Hangenden stark verquarzte Biotit führende Glimmerschiefer von Gneishabitus. Die Gesteine gehören Geyers grauen Tonglimmerschiefern an, welche Doelter als Gneisglimmerschiefer bezeichnet hat. Sie gehören bereits dem Fenster an. Das besondere Merkmal dieser Gesteine ist eine Art ptychmatische Fluidalstruktur, d. h. eine stark geschwungene Schieferung, die teilweise um größere Milchquarzknauern verläuft. Südlich des Grazer Hauses ist in ihnen zunächst ein schwach nördliches, aber schon 100 m weiter ein ziemlich anhaltendes süd- südwestliches Einfallen zu erkennen. In einzelnen Lagen treten auch Granaten auf. Die erste Felspartie nördlich des Grazer Hauses bei 1920 m zeigt ein diesem noch ähnliches Gestein im Schichtverbande mit flaserigen Granatglimmerschiefern. Sodann beginnt die normale Schichtenserie der letzteren. Bei 1950 m stehen mit reichlichen, bis 10 cm dicken Milchquarzknauern a N In) er) { a az 334 A. Tornquist, durchsetzte, sohlig gelagerte, flaserige Granatglimmerschiefer mit bis 2cm großen Granaten an.! Der nächste anstehende Felsen wird erst bei 2020 m sichtbar, es sind das flaserige, muskovitreiche, verpreßte Granatglimmerschiefer, welche mit 37° in Nord fallen und ostsüdöstlich streichen. Mit wechselndem Fallwinkel von 10 bis 30° sind die gleichen Gesteine bei 2080 m und bis 2100 m Höhe vorhanden, stets sind Granaten in ihnen enthalten. Bei 2120 m ist eine an Granaten arme, aber stark verquarzte Partie sichtbar. Im Hangenden folgen stark zer- knetete, gefältelte, flaserige muskovitreiche Schiefer ohne Granaten. Bei 2160 m treten in diesen Schiefern dunkle Hornblendeschiefer eingelagert auf. Sie enthalten dünne Lagen einer dichten Hornblende, die mit Quarzschichten wechsellagern. Bei 2190 m nimmt das Auf- treten von Granaten wieder zu. Das Einfallen ist zunächst um 10°, dann bald 60° in Nord gerichtet. Bei 2220 m tritt der an Granaten arme, flaserige, gefältelte Muskovitschiefer mit flacherem nördlichem Fallen wiederum auf, dem bei 2230 m grauweiße, geschichtete Quarze — wohl verkieseltes Marmorband — eingelagert sind. Mit wiederum zunehmender nördlicher Neigung bis zu 60° stellen sich bis 2250 m wiederum an Granat reiche Schiefer ein. Diese Gesteine zeigen bei 2260 m auf kurze Erstreckung einmal steil südliches Einfallen. Schon bei 2290 m ist aber das steile (70°) nördliche Fallen wiederhergestellt. Das gleiche Gestein hält in dieser Lagerung bis 2350 m an. Noch einmal tritt auf sehr kurzer Strecke bei 2360 m ein mit 60° in Süd gerichtetes Fallen auf. Der bei 2380 m beginnende steilere Anstieg des Grates besteht aus normalen, verpreßten, muskovitreichen Granatglimmerschiefern, denen bei 2400 m wiederum ein Hornblendeschiefer eingelagert ist, in dem sehr dünne Hornblendelagen mit gleichen Quarzlagen wechseln. Bei 2410 m vorübergehend südliches Einfallen. Die Schiefer nehmen an Verquarzung zu und enthalten bei 2420 bis 2450 m lichte, auf dem kahlen Hang leicht auffallende Apliteinlagerungen, in denen auch Turmalinzüge auftreten. Verquarzter, flaseriger, granatreicher Schiefer hält bis 2500 m stets mit nördlichem Ein- fallen an. Bei 2510 m beginnt noch einmal ein granatenfreier, gefältelter Muskovitschiefer, dem bei 2550 m wiederum ein Aplitzug eingelagert ist, man kann hier beobachten, wie der Aplit in Apophysen in die Schiefer eindringt. Ihm folgt ein mächtiger an Hornblende reicher Horizont, teils die oben beschriebenen Hornblendeschiefer, teils dichte, bis 40cm dicke Amphibolite enthaltend. Bei 2620 m treten lichte, feinkörnige, flaserige Muskovitschiefer auf, in denen 1 Unter dieser Region streicht die Nordgrenze des Fensters durch und ich bedauere, erst viel später von dem Öbersteiger Graff in Lessach die Mitteilung erhalten zu haben, daß an den Flanken dieses Teiles unter dem Grazer Haus von ihm Talkschiefer und Serpentin gefunden worden sind, die unmittelbaren Begleiter dieses Randes. Auf dem Preberkamm ist diese Zone durch Vegetation bedeckt und mir daher leider entgangen. fe) "uopo1loA “ylousynyosyung uop “odırgespunın us yaınp eyPapuoguey; Joyoeuım]L ‘III = — 9 uIJsaH up yIur oxypopodpeione,T| Jop uoA wayarszuy w]]] — 'Uaulssan welIynpospne q—F „oyun uop Ur oNoap -JopoIyos1omwmspeueig Joneimm; oIq "II — "U9UIISIH uarıynposzne g—] JoJun uap ur SWoIsÄsuoy9opwIioeneL sop Josua] Seq "I yjei'n umuaduag-S BEE n Ssıaußynyasjung 9 BP vayaıyassawu]B ; J2/314987140/42 ; -Jeue49 SS 7 Be 2 IYIEY ERE Jayaıyossawwıg EIG: eraug ago, IA "% /81999-pja/Janeg /2504-49437 wg66/ Sney-43z849 (4 vau/0 QIEY4390 YIEy_-” WjmLE 39344 "SwojsAsuayo9apuleNnK], Sp 1095U9 ] oydıpuyog WOSOID UOA yoıpns sep pun Arsswunogeig we uone] uaropoın Jop ayuejpnS ap y9ınp Iyosg sOyasyewayos BE au ET VENEN. nes ’ var j 336 A. Tornquist, reichlich Quarzknauern und einzelne Hornblendeeinlagerungen vor- kommen. Dieses Gestein hält bis 2670 m an und wird am Preber- vorgipfel (2695 m) von 60° nördlich fallende, feinkörnige, eben- schiefrige, granatfreie Muskovitschiefer abgelöst. Diese Schiefer fallen zunächst immer noch 60° in Nord, weisen aber im Paß zum Haupt- gipfel ein westliches Einfallen auf. Dieses Gestein wird von einem auffallenden, sehr dünnschiefrigen Quarz, Hornblendeschiefern und lichten Sericitschiefern überlagert, wie sie ähnlich im Preberprofil sonst nicht beobachtet werden. Der Prebergipfel (2720 bis 2741 m) selbst wird von einem stark abweichenden Gestein aufgebaut, von einem festen, fein- körnigen Zweiglimmergneis, welcher vor allem durch reichlichen braun gefärbten Biotit ausgezeichnet ist. Dieses sehr auffallende, zunächst mit 80° nördlich fallende und dann auf dem Gipfel und jen- seits desselben südlich fallende Gestein ist von besonderem Interesse. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieses Gestein dem Buntschuh- gneis! entspricht, welcher ebenso wie der Gneis der Preberspitze östlich des Ainack in den Buntschuhtälern auf der Granatglimmer- schieferserie des Ainack gelagert ist. Dieser Buntschuhgneis erstreckt sich, wie oben bereits erwähnt wurde, vou den Buntschuhtälern gegen den Kielprein unter die Turracher Carbondecke und tritt dort zwischen der Granatglimmerschieferserie und den Kalken dieser Decke auf, er stellt das basale Gestein der Turracher Decke dar. Wir sehen daher an der Preberspitze im Hangenden der Granatglimmerschieferdecke mitten in den Niederen Tauern einen Rest der Turracher Decke erhalten, ein geotektonisch äußerst wichtiges Moment. Dieser Gneis bildet am Preber ein morphologisch sehr bemerkenswertes Gestein. Im Gegensatz zu den weichen Granatglimmerschieferabhängen an den Flanken des Prebers zieht der Gneis in äußerst wildem Grat vom Gipfel des Berges sowohl gegen Westen in das Prebertal als auch gegen Osten in den Preberkessel hinab. Das Preberprofil weist demnach eine mächtige Partie der Granatglimmerschieferserie auf, welche vor allem durch die charakteristischen Amphibolit- und Apliteinlagerungen ausgezeichnet ist. Eine Abweichung vom Normalen ist durch die starke dynamische Fältelung der Schieferlagen und durch die teilweise diaphthorische Verschieferung vorhanden. In Anbetracht dessen, daß sowohl südlich als auch nördlich dieser Gesteinsserie die unter ihr gelegene Tauerndeckenserie zutage kommt, sie also immer nur eine basale und deshalb durch den Aufschub auf diese Deckenserie stark beeinflußte Gesteinspartie sein muß, kann diese Ausbildung nicht wundernehmen. Von Interesse ist das im allgemeinen nördliche 1 Geyer beschreibt den Buntschuhgneis schon als Zweiglimmergneis, dessen Glimmer vorwaltend durch braune Biotitschuppen gebildet wird. Die Identität ergibt sich auch aus Handstücken, die ich im Turracher und Buntschuhgebiet früher gesammelt habe. Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. 387 Verflächen der Serie, welche vielleicht auf eine starke Schleppung der tiefsten, unmittelbar auf der Aufschubfläche gelegenen Schiefer bei der Gebirgsbewegung hinweist, aber wahrscheinlicher durch spätere Faltung erzeugt ist. Es fällt ferner an dem beschriebenen Profil des Prebers auf, daß die gleichen Gesteinsserien mehrfach wiederkehren. Diese Wiederkehr dürfte keine normale Lagerung sein, denn zwischen jeden dieser gleichen Gesteinsfolgen konnte abweichend vom über- ‚wiegenden und daher normalen nördlichen Einfallen der Gesteins- folge eine kurze Zone mit söhliger oder entgegengesetzter, südlich einfallender Lagerung festgestellt werden. Die Wiederkehr ist auf eine Schuppung zurückzuführen. Die Schichtenfolge ist in mehrere, jeweils 1000 m» bis einige 100 m breite, gegen Süden überlegte Falten gelegt. Anhangsweise sei ferner erwähnt, daß die im Liegenden der Buntschuhgneise, deren überraschendes Auftreten am Prebergipfel soeben erwähnt worden ist, vorhandenen Serizit- und Quarzhorn- blendeschiefer allenfalls Äquivalente der von mir im Gebiet der Paal früher beschriebenen Frauenalpedecke sein könnten.! Südlich des Fensters ist die Serie der Granatglimmerschiefer in solcher Vollständigkeit nicht aufgeschlossen. Das beste Profil wird in der Lessachschlucht zwischen Wölting und Lessach sicht- bar, welcher die Fahrstraße zwischen den beiden genannten Ort- schaften unterhalb Reiner der Spezialkarte folgt. Am südlichen Ausgang der Schlucht steht eine kleingefältelte Serie muskovit- reicher, etwas phyllitischer Granatglimmerschiefer an, welche mit 60° in Nord fällt. Es folgt eine zirka 500 m breite Zone, in welcher diese Schiefer zunächst söhlig gelagert sind und dann in Süd fallen. Granaten sind überall eingeschlossen. Dieses Verhalten und die dynamometamorph entstandene Phyllitisierung der Granatschiefer hält bis zur folgenden Straßenbrücke an, bei welcher sich nördliches . Einfallen einstellt. Im nördlichen Teil der Schlucht werden dann stark zerpreßte, schwach südlich fallende Granatglimmerschiefer sichtbar. Die stark diaphthoritische Phyllitisierung der Granat- glimmerschiefer weist darauf hin, daß die Decke des Tauernsystems, ‚welche unter der Granatglimmerschieferserie liegt, dort in keiner sehr großen Tiefe vorhanden sein dürfte. Das vorwiegend südliche Einfallen ist darauf zurückzuführen, daß das Fenster des Tauern- deckensystems im Norden dieser Serie zutage tritt. Ich erblicke in der gegen Norden gerichteten Neigung der Granatglimmerschiefer- serie am Preber nördlich des Fensters und in der vorwiegend gegen Süden gerichteten Neigung der Granatglimmerschieferserie in. der Lessachschlucht südlich des Fensters einen Beweis dafür, 1 A. Tornquist, Die Deckentektonik der Murauer und Metnitzer Alpen. Neues Jahrb. f. Min. Geol. u. Pal. B. B. 41, 1916, p. 93 ff. — Die westliche Fort- setzung des Murauer Deckensystems und ihr Verhältnis zum Paaler Carbon. Sitzungsber. der Akad. d. Wiss. Wien, mathem.-naturw. Kl., I. Bd., 126, p. 155 ff. 338 A. Tornquist, Gebietes verursacht worden ist. b) Die Gesteinsserie des Tauerndeckensystems. Die Gesteine innerhalb des Fensters sind am besten in dem Profil am Wege von Tamsweg über Haiden zum Prebersee und von diesem bis in den Aufstieg zum Preberkessel zu beobachten, eine gute Ergänzung bietet dann die Begehung der östlich des Lessachtales gelegene Erhebung vom Paß Prebersee — Lessach südlich über den Lerchner (1722 m) — Lercheck . (1705 m) bis Wölting. Es sind ferner die Höhen zwischen dem Sauerfelder Seetal und dem Brandlbach und der vom Gummaberg gegen Wölting herabziehende hohe Kamm begangen worden. Die beiden letzt- genannten Gebirgsteile weisen recht ungünstige Aufschlüsse auf. Entsprechend der tektonischen Diskordanz zwischen dem umrandeten Gebirge der Granatglimmerschieferserie und dem Fenster des Tauerndeckensystems treten am Fensterrand jeweils sehr verschiedenartige Gesteine des letzteren mit dem Granatglimmer- schiefer in Berührung. Nur am Nordrand ist vom Paß Lessach— Prebersee gegen Osten im Fenster als nördlicher Gesteinszug der vorbeschriebene lichte, stark verquarzte, Biotit führende Gneis- glimmerschiefer im Liegenden des Granatglimmerschiefers vorhanden. Im Westen dieses Passes gegen Lessach treten aber andere Gesteine, Kalke und Quarzite, an den Nordrand. Am Südrand ist der Gesteinswechsel des Fensterrandes ein größerer. Dieser sehr verschieden ausgebildete Kontakt hat seine Ursache darin, daß das Streichen der Fenstergesteinsserie ein anderes ist als das der Granatglimmerschiefer. Letztere streichen fast genau westöstlich mit einen Strich in, WSW--ONO (etwa Stunde 5), während die Gesteine im Fenster sehr wechselndes Streichen aufweisen und in diesem vorwiegend NW _— SO gerichtet sind. Der Almweg Tamsweg—-Haiden — Prebersee tritt beim Aufstieg von Tamsweg zunächst in die jungtertiären Sande und verbackenen Schotter ein, deren Terrasse er bei Planitzer erreicht, vor dem weiteren Anstieg nach Haiden gelangt der Weg in die der tertiären Terasse aufgelagerte diluvale Moräne. Nördlich Haiden, am Ein- gang in die Südnordschlucht des vom Prebersee kommenden Baches, steht, rechts und links oberhalb des Weges sichtbar, saiger stehender Granatglimmerschiefer an, hinter dem der südlichste Kalkzug des Fensters beginnt. Die Granatglimmerschiefer sind am Wege selbst nicht wahrnehmbar, wohl aber beim Aufstieg gegen Osten, den Südrand des Kalkzuges entlang. Der südliche Kalkzusg tritt orographisch beiderseits der Schlucht in Form einer steilen Klippe auf. Im Westen bildet dieser Kalkzug eine steile, zum Ofner abfallende Wand. Dieser Kalk, eine innerhalb Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. 339 dieses Teiles des Tauerndeckensystems steckende Kalkdecke II. Ordnung, unterscheidet sich von den höher metamorphen, in dem Murauer Deckensystem befindlichen Marmoren dadurch, daß er meist nicht völlig krystallin ist, sondern teilweise noch körnige Struktur besitzt, so. daß seine Körner selbst mit einer scharfen Lupe nicht aufgelöst werden können. Dieser Zug besteht aus lichten bis gelblichlichten, matten Kalken, welche den mesozoischen Habitus sehr deutlich verraten. Auf diese Struktur ist es zurückzu- führen, daß diese Kalke einen matten Klang beim Hammerschlag geben, oberflächlich körnig verwittern und ab und zu Gebilde erkennen lassen, welche sicher noch nicht völlig zerstörte Fossilreste sind. Auch ist die stets vorhandene, deutlich gelbe Verwitterungsfarbe recht charakteristisch. Der Almweg zum Prebersee verquert diesen süd- lichen Kalkzug in einer Breite von etwa 6007». Man erkennt an mehreren Stellen, daß die Kalkzone in sich stark kleingefaltet ist, so daß ein Bündel dicht aufeinander liegender Kleinfalten von zirka 50 m Länge ausgebildet ist. Diese kleinen liegenden Falten sind stellenweise nach Süden und andernorts nach Norden überkippt. Nördlich dieses Kalkzuges stellen sich. schwach südlich fallende bis söhlig gelagerte gefältelte, Biotit führende, etwas chloritische, silberglänzende Gneisglimmerschiefer ein, die stark phyllitischen Habitus aufweisen. Bei der zweiten Mühle treten in ihnen auch Granaten auf. Dann folgen Bänke fester Grünschiefer. Nördlich dieser Zone folgen in erheblicher Ausdehnung in das Fenster eingefaltete Granatglimmerschiefer mit einem Einfallen von 35° in Nord, ihr Einfallen wird weiter nördlich steiler bis 69°, sie nehmen dann in zunehmendem Maße Quarzlinsenzüge und zusammen- hängende Quarzschwielen in sich auf und enthalten auch dann noch reichlich Granaten. Je weiter nördlich, um so zerpreßter werden die Schiefer. Bei einer westlich bleibenden Brücke sind ihnen feste Bänke von Hornblendeschiefer und harten Amphiboliten eingelagert. Das Einfallen ist sehr wechselnd südwestlich, dann östlich. Diese Zone ist ungefähr 400 m breit. Sie ist durch feste, mehrere Meter mächtige Quarzschichten von NO falienden chloritischen Schiefern getrennt, mit denen verwitterte Reste von Talkschiefer sichtbar werden, welche in NO einfallen. Es folgt dann eine zweite, nur. 150 m breite Kalkzone, welche eine Kleinfaltung von eng aufeinander liegenden, meterlangen Falten zeigt, mit ostwestlichem Streichen und nördlichem Einfallen. Es folgt ein chloritischer Phyllit in saigerer Stellung, dem Quarzitbänke eingelagert sind, welche gegen Norden im Hangende in 45° nördlich fallende chloritische Glimmerschiefer übergehen. Am Wege sind dann bis kurz vor dem Prebersee keine Aufschlüsse mehr vorhanden. Scharf südlich des Prebersees wird aber die dritte, nördliche Kalkdecke mit steil gegen Norden und Süden gerichteten Abbrüchen sichtbar. Das Profil ist dann am Prebersee unterbrochen ‘und erst hinter ihm, beim neuerlichen steilen Anstieg zu den Preberhütten durch die am Fuß des Golz- Prebermassivs ausgebildete diluvale Schliffkehle wird es klar, daß 340 A. Tornquist, wir uns in dem lichten, Biotit führenden Gneisglimmerschiefer befinden. Y,71753 Die drei Kalkdecken des Fensters lassen sich gegen Westen leicht bis über den Höhenzug südlich des Bodenmoosgrabens verfolgen. Der nördliche Kalkzug bildet dort die steile Kuppe des Lerchner (1722 m), an dessen Südwestabfall ein mit 40° in SSW gerichtetes Einfallen beobachtet wurde. Am Paß nördlich vom Lerchner streichen chloritische Phyllite durch vom Habitus der Becke’schen Serizit-Chlorit-Phyllite vom Edenbauer bei Tweng. Südlich des Lerchner wird eine wenig mächtige Partie westlich fallender Granatglimmerschiefer sichtbar, in denen reichlich Quarz- linsen eingeschaltet sind. Südlich folgt dann, über die Vorhöhe des Lerchnerkogls streichend, eine schmale Zone von mesozoischen Kalken, welche durch chioritische Glimmerschiefer von der breiten Kalkzone des Lerchnerecks getrennt sind, die ihrerseits der vor- erwähnten II. Kalkzone entsprechen. Am Lerchkogl besitzt die Kalkzone, welche teilweise aus mattlichten Kalken von jurassischem Habitus, teilweise aus bläulichen dolomitischen Kalken besteht, eine bedeutende Entwicklung. In den lichten Kalken gelang es mir, undeutliche Reste von Erinoidenstielgliedern und wenig deutliche Reste von kleinen Brachiopoden aufzufinden. Der graublaue dolomitische Kalk ist in die lichten Kalke eingefaltet. Es folgen dann nordöstlich fallende feinkörnige Gneisglimmerschiefer und noch einmal eine schmale Kalkzonee Am Paß südlich des Lerchnerecks setzt die Granat- glimmerschieferzone ein, welche in der östlich gelegenen Schlucht zum Prebersee zwischen dem ersten und zweiten Kalkzug beschrieben worden ist. Der südliche Teil des Fensters ist in dem folgenden dicht bewaldeten Gebiet nicht nachzuweisen gewesen. Östlich der Straße Haiden—Prebersee besteht die gesamte Südflanke des Sauerfelder Gebirges vom Sauerfelder Seetal bis zum Koglwald und zum Übergang westlich Eberwein aus Granat- glimmerschiefer von sehr steil südlichem Einfallen, welche auf der Höhe, also wieder an der Grenze gegen das Fenster, reichliche Quarzlinsen und Quarzschwielen aufnehmen. Erst am Nordabfall des Eberwein tritt der Biotit führende Gneisglimmerschiefer des Fensters auf, welcher hier fast die ganze Breite des Fensters zusammenzusetzen scheint. Tiefer, am Nordgehänge dieses Gebirgs- zuges, bei der Raberalpe wird ein schmaler Zug von mesozoischen Kalken sichtbar, welcher die östlichste Fortsetzung des breiten Lerchnerzuges ist und von der Raberalpe im Zusammenhang gut bis zur Kalkrippe unmittelbar südlich der Prebersees verfolgt werden kann. Das Resultat der Begehung des Fensters nördlich Tamsweg— Sauerfeld ist demnach, daß in ihm die von den Radstädter Tauern bekannten mesozoischen Kalke, Quarzite, Chloritserizitphyllite und feste Chloritquarzite auftreten. Neben ihnen sind vornehmlich am ep Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. 341 Nordrand des Fensters und im Osten, allmählich fast die gesamte Breite des Fensters einnehmend, lichte Biotit führende Gneisglimmer- schiefer entwickelt, welche in der Zone der Tauerndecke südlich des Radstädter Tauernpasses anscheinend nicht bekannt sind. Diese Gesteine besitzen im Fenster auch vorwiegend das nördlich Mauterndorf im Tauerndeckensystem herrschende nordwestlich- südöstliche Streichen, so daß ihr Streichen im Fenster gegen das Streichen des umrandenden Granatglimmerschiefers deutlich diver- giert. Im Gegensatz zu dem gleichen Deckensystem, wie es nördlich Mauterndorf ausgebildet ist, sind die Fenstergesteine später stark gefaltet worden, so daß in zwei Zonen, zwischen der nördlichen und mittleren Zone und zwischen dieser und der südlichen: Zone Züge des hangenden Granatglimmerschiefersystems eingefaltet sind. Im Gegensatz zu den Radstädter Tauern ist auch das gesamte Fenster hier, wie es die steil südlich fallenden Granatglimmerschiefer an der Südgrenze und die nördlich fallenden gleichen Gesteine nördlich der Nordgrenze des Fensters beweisen, durch eine spätere Auffaltung aus der Tiefe über Tag heraufgefaltelt worden. Es bleibt der zukünftigen Forschung vorbehalten, die weitere Ausdehnung des Fensters gegen Osten und seine Zusammensetzung dort aufzuklären. c) Die Serpentine und Talklager an der Nordgrenze des Fensters. Der Talkbergbau im Bodenmoosgraben östlich Lessach bietet derzeit eine gute Gelegenheit, die Schichtenfolge dieser Gesteine genau festzustellen. Die dort vorhandenen Aufschlüsse zeigen, daß die große Schubfläche zwischen dem basalen Tauernsystem und der hangenden Murauer Granatglimmerschieferdecke lokale Serpentin- einschübe ausweist und daß die diese Einschübe begleitenden oder ihnen folgenden aufgestiegenen, an Magnesium reichen Wasser, die im unmittelbaren Kontakt befindlichen mesozoischen Kalke in sogenannten körnigen oder edlen Talk umgewandelt haben. Die gestreiften, aus dunklen bis schneeweißen Talkschichten bestehenden Talklager haben durch ihren Gehalt an Graphit noch deutlich das Aussehen der mit mehr oder weniger Bitumen durchsetzten ursprünglichen Kalke beibehalten und mitten in den Talkschichten sind auch stets noch Reste von Kalken als Kalklinsen von einer Ausdehnung bis zu mehreren Metern in unverwandelter Beschaffen- heit verblieben. Es müssen also zwei Vorbedingungen für das Auftreten dieser Talke vorhanden sein, erstens ein Serpentineinschub und zweitens ein unmittelbarer Kontakt derselben mit einem Kalk- zug des Tauerndeckensystems. Der Bodenmoosbach hat eine in SW einfallende Schichten- folge entblößt, in welcher als Hangendes im SW ein Granat- glimmerschiefer sichtbar ist, welcher dem zwischen Lerchner und Lerchnereck eingefalteten Zug entspricht und dessen liegende Partie DEE li ach Ua Sat au an a nl a 342 A. Tornquist, ein Kalkzug in geringer Mächtigkeit darstellt, welcher sich mit zunehmender Breite bis zum Lerchnerberge hinauf verfolgen läßt. Das Streichen der Schichtenfolge ist finer nahezu nordsüdlich, # genau in Stunde 23. Im Bachbett erscheint unter dem genannten Granatglimmerschiefer zunächst ein zirka 10 m mächtiger Quarzit- horizont von körniger Struktur und gelbbrauner Verwitterungs- färbung, unter diesem werden zersetzte Schiefer sichtbar, welche drei kleinere, teilweise verzweigte Talklager eingeschoben enthalten, sodann folgt ein mehrere Meter mächtiger Serpentin, auf ihn das obere Haupttalklager, der 8 bis 10 »» mächtige mesozoische Kalk- zug und hinter ihm nochmals Granatglimmerschiefer mit einge- schobenen Talken. Die Aufschlüsse im Bergbau sind diesem Profit analog. Der Franzstollen verquert Granatglimmerschiefer, gelangt sodann in ein Lager von Talkquarzitschiefern und in Glimmer- schiefer von 30 m Mächtigkeit, dann durchfährt er zirka 20 m mächtigen Quarzit, dessen Liegendpartie Schiefereinlagerungen auf- weist. Es folgt weiter im Liegenden ein weiches talkiges, nur 10 cm mächtiges Schiefergestein, dem neuerdings Quarzit folgt. Nunmehr stellen sich sehr stark verfaltete, Talk führende, lichtgrüne Serpentinschiefer ein und dann das Serpentinlager, ein lauchgrüner fester Serpentin. Unter ihm gelangt der Stollen in das Haupttalk- lager, welches teilweise aus grauem gebänderten Talk, teilweise aus schneeweißem oder lichtgrünem Talk, zum Teil auch aus dunklem graphischen Talk besteht, hinter diesem steht der Kalk. Dieses Profil zeigt deutlich, daß die Gesteine auf einer intensiven Dislokationsebene liegen. Die starken Verfaltungen der talkigen Serpentinschiefer beweisen, daß zur Zeit oder unmittelbar nach dem Aufdringen des basischen Eruptivgesteins eine starke Gebirgsbewegung bestand und die Schichtenfolge beweist, daß eine intensive Vermischung der Granatglimmerschiefer und der Quarzite und teilweise der Kalke im kleinen erfolgt ist. 3. Die tektonischen Folgerungen. Die vorstehende Beschreibung hat in der weiteren Umgebung des Fensters auf der Südflanke der Niederen Tauern den Nachweis dreier übereinanderlagernder Gebirgssysteme oder Decken höherer Ordnung erbracht: des Tauerndeckensystems, der Murauer Granat- glimmerschieferdecke und der Turracher Carbondecke. Dieser letztgenannten Decke wurde nur kurz Erwähnung getan, da ihre Lagerung im Grenzgebiet von Kärnten, Steier- mark und Salzburg erst an anderer Stelle ausführlicher behandelt werden muß. Der erste Nachweis ihrer Ausbreitung bis in den Kern der Niederen Tauern konnte nur kurz beschrieben werden.! 1 Ich darf hier nicht unterlassen, aut die von Holdhaus (Sitzungsber. der Akad. Wiss., Wien 1921, p. 19) gemachten Funde von fossilführenden Trias- sedimenten in der Turracher Decke hinzuweisen. Holdhaus hat durch die Funde Es Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. 3483 Die vorliegende Arbeit behandelt nur den nördlich und östlich von Tamsweg aufgefundenen Aufbruch des Tauerndeckensystems unter der Murauer Granatglimmerschieferdecke. Es ist damit der Nachweis erbraeht, daß die letztere sicher in einem sehr erheblichen Teil tatsächlich von den Tauerndecken unterteuft wird. Die Lage des Fensters ist derart, daß als Mindestmaß des Aufschubes 10 km in Betracht kommen. Dabei zeigt die Ausbildung des Tauerndecken- systems noch keine wesentliche Abweichung von derjenigen bei Mauterndorf, so daß das Ausmaß der Überschiebung vermutsweise ein viel bedeutenderes sein dürfte. Die Bewegung der Murauer Granatglimmerschieferdecke muß aber eine junge sein. Die mesozoischen Kalkzüge im Fenster lassen die Bewegung entweder vor- oder nachgosauisch erscheinen. Ich betrachte sie als nachgosauisch, kann Aber die Beweise erst später bei der Besprechung der Tektonik der Turracher Decke erbringen. . Im einzelnen ist es von Interesse, daß die Tektonik inner- halb des Fensters, in der wir genau so wie in den Radstädter Tauern mehrere, äußerst stark in sich verfaltete Kalkzüge als Decken niederer Ordnung erkennen, die gleiche ist, durch welche das Tauerndeckensystem bei Mauterndorf ausgezeichnet ist. Schief zu dem fast genau ostwestlichen (in Stunde 5) Streichen, welches in den oberen Decken herrscht, ist im Fenster ein nordwestlich- südöstliches Streichen wahrnehmbar. Es scheinen die einzelnen Kalkzüge oder Teildecken im Fenster damit keineswegs als eine Fortsetzung der Mauterndorfer Decken, sie bilden weiter östlich gelegene, ihnen parallel ziehende Züge. Die mesozoischen Kalkteil- decken des Fensters werden auch, wenigstens soweit es unsere heutige Kenntnis der Niederen Tauern zu beurteilen gestattet, keineswegs im gleichen Streichen nördlich der Katschberglinie zwischen dem Weißbriach- und Lessachtal wiederum sichtbar. Dieser Umstand erheischt eine besondere Erklärung. Um diese zu geben, müssen wir auf die Ursache eingehen, welcher das Erscheinen des Fensters über Tag zuzuschreiben ist. Es wurde nachgewiesen, daß das Fenster durch eine junge Faltung dieses Gebirges, welche sich auch durch die Einfaltung von Teilen der Granatglimmerschieferserie in die Gesteine des Fensters bemerkbar macht, aus der Tiefe herausgefaltet wurde. Die steile und stets vom Fenster abgewandte Neigung der das Fenster umrandenden Granatglimmerschiefer liefert einen Beweis hierfür. Diese Faltung wird aber vom Tamsweger Gebiet bis in die Niederen Tauern hinein ständig intensiver und hat schließlich das eine Entdeckung gemacht, welche von allergrößter Bedeutung für die Tektonik der südlichen Zentralalpen ist. Er hat nachgewiesen, daß zumindest der größte Teil der früher für Carbon angesprochenen Kalke unter dem Obercarbon der Turracher Decke Mesozoikum ist. Ein tektonisches Äquivalent .der Radstädter Decke liegt hier aber keineswegs vor. ID ol Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. re Massiv. bis tiber; ai ‚höchsten E Gebirges (Hochgölling) emporgebracht. ı" 00) Daraus ergibt sich, daß der im ‚ger ‚sichtbare Tauerndeckensystems einer mehr oberflächlich gelegen diesem System angehört als der nördlich der Se die Kalkteildecken nach der Tiefe zu auskeilen. Ich h: bemüht, bei der Begehung des Gebietes bereits dir Lerchnereck bis auf die Sohle der von Haiden zum Pr führenden Schlucht zu beobachten. Die gemachten Beobact sind aber nicht derart, daß auf die zirka 500 m betragende Niveau differenz bereits eine Mächtigkeitsverminderung der Kae erwiesen eo wäre. Gebietes und für die alpine und nicht varistische Nat Gebirgsbaues dieses Gebietes. Hy: Alle Versuche dieses zu leugnen, laufen, um ich Kober kürzlich gebrauchten Ausdruckes zu bedienen, auf eit Entstellung und nicht auf eine DR ENKE, > tatsächlichen V hältnisse hinaus. 10. N _ Abteilung L: Paläomologe Geologie, Physische Geographie. und Reisen u, © (Mit 1 Kartenskizze und 4 Textfiguren) « Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds } Wien, 1921 & Österreichische Staatsdruckerei I Kommission. ‚bei Alfred Hölder Fineerat ehuchheniiler : Buchhändler der Akademie der Wissenschaften ; Krasser F., ‚Zur ne einiger fossiler F loren des er Lias der Sucoe sionsstaaten von Österreich-Ungarn. ve nn en . Kober L., Gliederung des mittleren Teiles der ostalpinen MR und Emulsin. (Mit 1 Textiieun) ARE NS : Bande Maar H. und Köhler A. Die in Guidschou (*Kweitschous) un _ Hunan gesammelten Gesteine. (Mit 2 Textfiguren und 1 Kartenskizze.) „ Ai Bi Er & } ’ Zur Kenntnis einiger fossiler Floren des unteren Lias der Sukzessionsstaaten von Österreich-Ungarn Von Dr. Fridolin Krasser (Vorgelegt in der Sitzung vom 24. November 1921) Vorwort und Historisches. In jüngster Zeit sind die mesozoischen Kohlenlager Österreichs in den Vordergrund praktischen und wissenschaftlichen Interesses getreten. Sie bergen eine höchst interessante fossile Flora. Vor- “liegende Arbeit befaßt sich mit den fossilen Floren des unteren Eras der Österreichischen Voralpen; ferner von Fünfkirchen im ungarischen Komitat Baranya, von Steierdorf im Banat und von Kronstadt in Siebenbürgen. Eine kritische Übersicht über diese Floren fehlt bis heute, obschon bereits Schenk 1867 in seiner »Fossilen Flora der Grenz- schichten« eine »Übersicht« und Stur 1871 in seiner »Geologie der Steiermark« eine »Tabelle« der fossilen Flora des alpinen Lias und des Lias von Fünfkirchen und Steierdorf gegeben haben. Stur hatte auch vorher schon in einem »Reisebericht« 1865 auf Arten dieser Floren reflektiert und dann speziell 1872 über die Liasflora von. Kronstadt Mitteilungen gemacht. Ich selbst habe 1908 die Flora des unteren Lias der Österreichischen Voralpen zum Vorwurf einer Abhandlung genommen und später auch Bestimmungen neuerer Pflanzenfunde im Lias von Kronstadt in einer Abhandlung von Toula bekanntgegeben. Die von Hantken 1873 gegebenen Übersichten über die fossile Flora von Fünfkirchen ‚und Steierdorf bieten lediglich Namen, sie gehen im wesentlichen richt über die alten Mitteilungen hinaus. Die vorliegende kurze Bearbeitung beruht auf gründlicher und wiederholter Untersuchung des in den Sammlungen der Geologischen Reichsanstalt und des Naturhistorischen Museums in Wien aufbewahrten Schatzes fossiler Pflanzen des in Rede Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 26 346 F. Krasser, stehenden Gebietes. In der Literatur werden vielfach nomina nuda gebraucht. In den Sammlungen finden sich andrerseits Stücke neu benannt (nomina musealia), Namen, die sich teils mit einem oder dem andren nomen nudum decken, wodurch er aufgeklärt wird, teils sich lediglich in der Originalsammlung oder auch bei Tauschobjekten in andren Sammlungen finden. Eine kritische Revision der Arten, welche die fossile Flora des unteren Lias der Sukzessionsstaaten Österreich-Ungarns zusammensetzen, war um so mehr geboten, als die pflanzenführenden Schichten gerade dieses Liasgebietes auch seitens der Geologen stratigraphisch! genauer festgestellt sind. Die vorliegende Arbeit kann nichts andres sein, als ein Prodromus einer Monographie einer der reichsten Liasfloren überhaupt, deren Arten meist in Prachtstücken in den Wiener Sammlungen vertreten sind. Ihre Abbildung ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen leider unmöglich. Sie muß dem Monographen vorbehalten bleiben. Bei den einzelnen Arten wurde nur die allerwichtigste Literatur, und zwar abgekürzt zitiert. Es enthält demgemäß die Literatur- übersicht am Schlusse der Abhandlung die genauen Zitate. Die Angaben über die geographische Verbreitung der Arten außerhalb des Gebietes wurden im allgemeinen auf Nürnberg und Hör beschränkt. Vorliegende Arbeit, das Ergebnis langwieriger und zeit- raubender Untersuchungen, hätte niemals vollendet werden können, hätte ich mich nicht in der Geologischen Reichsanstalt und im. Naturhistorischen Museum des liberalsten Entgegenkommens erfreut. Dafür auch an dieser Stelle verbindlichst zu danken, ist mir Erfüllung einer angenehmen Pflicht. Systematische Übersicht und kritische Revision der Arten, I. ilvenles Von den echten Farnen sind nur die Polypodiaceen, Dipteri- diaceen, Matoniaceen, Osmundaceen und Schizaeaceen vertreten, und zwar Dipteridiaceen und Osmundaceen im ganzen Gebiete, Matoniaceen hauptsächlich in Steierdorf, Schizaeaceen nur in den Voralpen. Polypodiaceen nur in Steierdorf. Die häufigsten Farne gehören den Gattungen Todites Sew. und Dictyophyllum Ereiklran: 1 Man vgl. hierzu die in der »Literaturübersicht« genau zitierten Abhandlungen von Andrae, Lipold, Stur, Traut und Toula. Fossile Floren des unteren Lias. SAT Polypodiaceen. Praedeparia Stur nom. mus. gen. nov. 1. P. banatica Stur nom. mus. Fundort: Steierdorf (Dreifaltigkeitsschacht, im Liegenden des Liegendflötzes). Es liegen vor ein Handstück mit drei doppelt gefiederten Spindelstücken, fertil, ein Handstück mit mehreren teilweise über- einander liegenden Fiedern vorletzter Ordnung mit fertilen Fieder- chen, sowie ein Handstück mit drei Fiedern vorletzter Ordnung. In der Literatur fand ich unter den beschriebenen und abgebildeten Farnen weder Gleiches noch im wesentlichen Ähnliches. Elimeesen zeiete sich” nach den” Abbildungen” in Greville et Hooker, Icon. filic. tab. 154, Übereinstimmung in den wesentlichen Merkmalen mit Deparia. Christ! erblickt in Deparia Hook et Grev. eine künstliche Gattung, welche Formen von Aspidium Swartz und Athyrium Roth umfaßt, welche randständige und über den Rand hinaustretende, selbst etwas gestielte Sori, deren Indusium aus einer unterständigen seicht-becherförmigen Membran? besteht, besitzt. Dieszibierie, Katel 1a0!. von Greyilie et Hooker bezieht sich nach Christensen auf Athyrium proliferum. Dieses ist bei Christ nach Hillebrand als A. deparioides (Brackenr.) beschrieben und abgebildet. Die Fiedern letzter Ordnung fließen bei Praedeparia banatica zusammen, so daß sie als Segmente der Fiedern vorletzter Ordnung erscheinen. Die Segmente besitzen einfach gefiederte Nerven, welche kräftig hervortreten und in die Zähne austretend die marginalen Sori tragen, deren Indusium eine flache Schüssel bildet. Die Spindeln sind an den erhaltenen Fragmenten mehrstreifig der Länge nach und flach. Die Textur der wenigstens zum Teil durch einen herab- laufenden Saum verbundenen Segmente war jedenfalls fest, kaum lederig. Breite der Spindeln 2 bis 4 mm, des sich verjüngenden Medianus der Segmente an der Ursprungsstelle 0:5 mm. Länge zur Breite der Segmente etwa 25 zu 7 mm. Entfernung zwischen zwei benachbarten Segmen, am Medianus derselben gemessen, 10 bis S mm, Spitzenpartien der Fiedern vorletzter Ordnung liegen nicht vor. Die Maße beziehen sich auf grund- und mittelständige Segmente. 1 Christ H., Die Farnkräuter der Erde, Jena 1897, p. 223, 230, Fig. 707: Athyrium deparioides, 731 Deparia Moorei. 2 Polypodium (Depariopsis) deparioides Baker besitzt kein Indusium, gleicht jedoch sonst nach Christ der Deparia Moorei. 348 F. Krasser, Die Entfernung der Ursprungsstellen je zweier segmentierter Fiedern wurde an einer zwei Fiederpaare tragenden Spindel mit 60 mm gemessen. Sowohl die segmentierten Fiedern als die Segmente sind gegenständig oder doch fast gegenständig angeordnet. Matoniaceen. Es wurden festgestellt Zaccopteris in den Voralpen und in Steierdorf, Andriania in Fünfkirchen und Steierdorf, letzteren Ortes auch eine neue Art von auffallendem Habitus, sowie Guibiera bloß in Steierdorf. 2. Laccopteris elegans Presl. Krasser, Voralpen, p. 442. Fundort: Voralpen, Steierdorf. Worauf. sich Laccopteris Schenk, Übers. (Steierdorf und Voralpen) sowie Laccopteris cf. Münsteri Stur, Tab. beziehen, ist Mangels von Originalen halber nicht zu entscheiden. 3. Andriania baruthina F. Braun, non Andrae, Steierdorf, p. 36 und Taf. VII, Fig. 1 bis 3. Vorkommen: Steierdorf und Fünfkirchen. — (Nürnberg, Hör). Die Exemplare der Geologischen Reichsanstalt gleichen den Abbildungen in Schenk, Grenzsch., wo sich übrigens p. 227 mit Beziehung auf Andrae’s Angabe die Bemerkung findet ...»eine Laccopteris von Andrae als Andriania baruthina beschrieben«. Unabhängig davon gibt Gothan (Nürnberg, p. 101) an, daß Andrae’s Original (Museum für Naturkunde in Berlin) »überhaupt nicht zu Andriania« gehöre. Seward, Jur. Fl. I, vergleicht mit Lacc. polvpodioides (Brongn.) Sew. 4. Andriania spectabilis (Stur nom. mus.) n. sp. Synon.: Laccopteris speclabilis Stur nom. mus. Vorkommen: Steierdorf. Auch in Nürnberg, Gothan, p. 102, Taf. 17, Fig. 6, 7, kommt eine sehr ähnliche Art vor, desgleichen in Sardinien, Krasser, Sard.. p. 6, im Dogger ein habituell gleicher als Laccopteris angesehener Farn, der jedoch noch näher zu untersuchen ist. Andriania spectabilis besitzt dicke (bis fast 5 mm. breite) Spindeln, an welchen lange, weit mehr als 100 mm Länge erreichende Fiedern letzter Ordnung sitzen von mehr oder weniger Fossile Floren des unteren Lias. 349 1O mm Breite. Diese Fiedern sind bandförmig und zeigen noch keine Verjüngung gegen die Spitze. Doch zeigt ein kleines Hand- stück mit ebenso breiter Spindel bei einer Länge der Fiedern von 80 mm eine Verjüngung der Breite von 10 auf A mm. Die Fiedern sind wechselständig dicht, jedoch nicht bis zur Berührung gestellt. Sie werden von einem kräftigen, 0'4 mm dicken Mittelnerven durchzogen, von welchen aus die schwer zu beobachtende Nervatur teils aus einfachen, teils aus basal einfach gegabelten Nerven mit Gabelung der inneren oder der äußeren Zinke entspringt. Sehr ‚ausgeprägt ist die von Gothan als für Andriania charakteristisch angesehene Felderung der Spreite, welche wenigstens bei Andriania spectabilis von recht derber Beschaffenheit ist. Die Sori sind vom Typus der Andr. baruthina, der Darstellung Schenk’s, Grenzsch,, Taf. 21, entsprechend. 5. Gutbiera angustiloba Presl. Vorkommen: Steierdorf. — (Hör, Nürnberg.) Dafür halte ich einige Reste, die im Habitus an Matonidium Goepperiı (Bttingsh. Schenk, besonders Taf. 31, Fig. 5 bis 8 in Schimper’s Atlas, sowie an Laccopteris mirovensis Racib., Flora kopalna, Taf. 12, Fig. 22, erinnern. Ersteres gehört bekanntlich der Wealdenflora an, letztere Art dem Lias von Grojec. Dipteridiaceen. Es wurden festgestellt Jausmannia in den Voralpen und in Steierdorf, Clathropteris nur in Fünfkirchen, Dyctiophyllum ins- besondere in mehreren Varietäten von D. Nilssoni im ganzen Gebiete, Thaumatopteris ebenfalls in reicher Differenzierung. 6. Hausmannia Buchii (Andr.) P. B. Richter. Synon.: Protorhipis Buchii Andr., Steierdorf, p. 36 und Taf. 8, Fie. 1. Krasser, Voralpen, p. 446. Vorkommen: Steierdorf (loc. class.!), Voralpen. — (?Hör). 7. H. Zeilleri P. B. Richter. 1906. Die Gattung Hausmannia Dunker, p. 21 und Taf. 7, Fig. 17. Synon.: Protorhipis Buchii Zeiller, Rev. gen. de Bot. Tom. 9, Revue, 6 Bil, Mani, Bil, ses ul noir Vorkommen: Steierdorf (loc. class.!) endemisch. 390 F. Krasser, : 8. Clathropteris meniscioides Brongn.! Stur, Reiseber., p. 176. Vorkommen: Fünfkirchen. — (? Hör.) Bei Schenk, Übers. und Stur, Tab. als C. Münsteriana für das gesamte Gebiet angegeben, bei Stur, Reiseber., p. 202, als Clathropteris platyphylla für Fünfkirchen, 9. Dietyophyllum L. et H. Wegen der Abgrenzung von Dictyophyllum gegenüber Thaı- matopteris verweise ich auf Nathorst’s Abhandlung über Thau- matopteris Schenkiü, bezüglich der Varietäten auf seinen Bidrag till Sveriges fossila Flora und die von ihm revidierte deutsche Ausgabe (Beiträge zur fossilen Flora Schwedens), welche auch neue Beobachtungen und Schlüsse enthält, die einander also ergänzen. Insbesondere aber ist in dieser Beziehung desselben Autors Ab- handlung »Über Dictvophyllum und Camptopteris spiralis« von Wichtigkeit. 10. D. Nilssoni Goepp. Krasser, Voralpen, p. 445; Schenk, Übers.; Schenk, Tab. Synon.: Camptopleris Nilssoni Andrae, Steierdorf cf. Dictyophyllum rugosum Sew., Jens Pl, I Vorkommen: Im ganzen Gebiete. In Kronstadt spärlicher Rest. In dem von mir eingesehenen Material konnte ich folgende Formen und Varietäten nachweisen: 1. genuwinum Nath. — Krasser, Voralpen, p. 445. Vorkommen: Voralpen, Fünfkirchen. — (? Hör.) 2. brevilobatum Nath. Vorkommen: Fünfkirchen, Voralpen, Steierdorf. — (Hör.) 3. longelobatum Nath., Beitr., p. 14. Vorkommen: Alpen. — (Pälsjö). 4 var hoerense Nath. Dictyoph., p. 7. — Krasser, Voralpen, p. 445. Vorkommen: Fünfkirchen, Voralpen. — (Hör.) 11. D. Bartholini Moell. Krasser, Voralpen, p. 445. Vorkommen: Voralpen. — (? Nürnberg.) 1 Über die Fassung des Artbegriffes siehe Nathorst, A. G. Bemerkung über Clalhropleris meniscioides Brongn., Sv. vet. ak. Hdig. Bd. 41, Nr. 2, 1906. Fossile Floren des unteren Lias. al 12. D. Münsteri (Goepp.) Nath. Synon.: ?D. Münsteri Krasser, Voralpen, p. 446. Vorkommen: Voralpen. 13. D. sp. nov. an D. Nilss. f. brevilobatum juvenile. Vorkommen: Steierdorf. Nur in einem Exemplar vertreten ist der Abdruck von zwei kleinen, unvollständigen Dictyophyllum-Fächerblättern, von denen das eine die Form vollständig erkennen läßt. Es zeigt sieben am Grunde zusammenfließende Fiedern von höchstens 7 cm Länge kerbig gezähnt, Primär- und Sekundärnerven treten kräftig hervor, Io derD. Es ist das Original von Sturs D. banaticum nom. mus. Bei naiver Betrachtung erinnert es habituell an ein sieben- lappiges Aralia-Blati. Da in Steierdorf Dictyophyllum Nilssoni brevilobatum vorkommt, dürfte es sich um Primärblätter dieser Form, also die Beblätterung jugendlicher Individuen derselben handeln. Thaumatopteris Goepp. emend. Nath. Die Arten dieser Gattung sind von besonderem Interesse, da sowohl Th. Brauniana Popp als Th. Schenkii Nath. in zwei Parallelformen und überdies eine neue Art nachgewiesen werden konnten. Schenk Übers. gibt Th. sp. Brauniana aff., Stur, Tab. Th. cf. Braumiana an. 14. Th. Brauniana Popp emend. Nath. Vorkommen: Im ganzen Gebiete. Da Popp Abbildungen nicht veröffentlicht und seine Be- schreibung auf Belegstücke gegründet ist, die zum großen Teile jedenfalls der später erst von Nathorst unterschiedenen Th. Schenkii angehören, so sind wir über erstere weitaus weniger unterrichtet, Alsssuber leıztere Lopps Ansaben über Größe der Wedel ‘und Fiedern sind jedenfalls nicht in erster Linie auf -Th. Brauniana zu beziehen, denn Schenk, Grenzsch., p. 74, sagt ausdrücklich: »Popp nennt allerdings die sekundären Segmente seiner Art ganz- randig, allein an dessen mir zahlreich mitgeteilten Exemplaren ist der Rand der Lappen fast nirgends frei, da wo er aber frei liegt, ist er auch gekerbt. Ich möchte deshalb glauben, daß die Art stets sekerbte Segmente hat«. Nun sind aber gerade ungekerbte Segmente für Th. Braumiana Popp emend. Nath charakteristisch. Von dem fränkischen Originalfundorte ist überhaupt nur ein kleines Bruchstück einer entwickelten fertilen Primärfieder abgebildet, 392 F. Krasser, denn nur Schenk, Grenzsch, Taf. 19,. Fig. i,.1a, 1b pezieren sich auf 7h. Brauniana Popp emend. Nath., während die übrigen Schenk’schen Figuren sich auf die später von Nathorst abgetrennte Th. Schenkii. beziehen, die er nach den Prachtexemplaren vom Stabbparp (Mittleres Rhät) ausführlich beschrieb und reichlich abbilden konnte. Von Fundorten außerhalb Frankens sind gleichfalls nur spärliche Fragmente abgebildet. In den Voralpen fanden sich speziell im Unterlias von Grossau und Pechgraben sehr ansehnliche Bruchstücke von Primärfiedern, mittlere und Spitzenpartien, so daß man nun mit Sicherheit auch die typische Th. Braumiana als einen ansehnlichen Farn bezeichnen kann, der Th. Schenkii an Dimensionen nicht nachsteht. Es liegen auch fertile!;: Segmente. . (Fiedern. letzter. Ordnung) vorz Vor Th. Braumiana lassen sich zwei Varietäten unterscheiden, nämlich 1. var. genuina: Fiedern letzter Ordnung von ansehnlicher Breite und Länge. Mittlere Fiedern letzter Ordnung können bis 15 mm? Breite und mehr als 100 mm Länge erreichen. Von der Ursprungsstelle verjüngen sie sich allmählich gegen die Spitze, bei SO mm sind sie noch 9 mm breit. Fieder letzter Ordnung in der Spitzenregion von 43 mm Länge verjüngt sich von einer basalen Breite von 9mm allmählich auf Amm in 12mm Entfernung von der Spitze und schärft sich dann rasch zu. Vorkommen: Fünfkirchen, besonders in den Voralpen, scheint in Steierdorf zu fehlen. ID var. angustior:?® Fiedern letzter Ordnung 3 bis 6 mm breit bei einer Länge von zumeist 30 bis 50 mm. Nach den vor- handenen Bruchstücken kann man Primärfiedern von über 30 cm Länge und mindestens 10 cm größter Breite voraussetzen. Die einzelne Fieder letzter Ordnung ist lineal, besitzt einen kräftigen, sich verjüngenden, in die Spitze auslaufenden Mittel- nerv und zarte Sekundärnerven von derselben Gestaltung und Anastomosenbildung wie Th. Brauniana, Th. Fuchsii und Th. Schenkii. Fertile Fiedern sind noch nicht bekannt. Vorkommen: Nur in Fünfkirchen, häufig! Schon Nathorst, Thaumatopteris Schenkii, p. 7, erklärt, daß Dictyophyllum Fuchsii Zeiller aus Tonkin so nahe stehe, daß man sogar die Identität mit Th. Brauniana Popp vermuten könne. Allerdings erwähnt Zeiller auch sägig gezähnte Fiedern letzter Ordnung. Das würde freilich auch auf das Vorhandensein einer 1 Die von Schenk, Grenzsch., Taf. 18, Fig. 2 abgebildeten Sporangien ’ ’ fo) oO Le gehören zu Th. Schenkii! 2 Seltener mehr, z. B. 17 mm. 3 Thaumatopteris (?) tenuifolia Stur nom. nud. Tab. bezieht sich vielleicht auf diese Reste. u Fossile Floren des unteren Lias. OR der Th. Schenkii Nath. mindestens nahestehenden Art hindeuten. Ich habe unabhängig von Nathorst unter der Aufschrift Dictyo- phyllum spec. determinandae, Voralpen, p. 446, auf die Ähnlichkeit der Thaumatopteris des alpinen Lias mit Dictyophyllum Fuchsii Zeiller und mit »gewissen Formen von Dictyophyllum Miünsteri Nath. (z. B. Th. Münsteri var. longissima Goepp.)« hingewiesen. Meine Bemerkung betrifft die nun als Th. Braumiana Popp emend. Nath. und 7h. Schenkii Nath. sichergestellten Exemplare. Bezüglich der Dictyophyllum-Arten von Tonkin möchte ich an dieser Stelle bemerken, daß D. Fuchsii und D. Remuryi sowie D. Sarranii Zeiller typische Thaumatopteris sind. Mit Th. Brauniana laßt sich jedoch Th. Fuchsii (Zeill.) nicht vereinigen. Es steht ‘dieser Art jedoch sehr nahe, scheint aber schmälere Fiedern letzter Ordnung und viel bedeutendere Dimensionen zu besitzen. Die terminalen Partien des Blattes kommen Th. Brauniana var. angustior nahe. Eine nähere Vergleichung der Thaumatopteris von Tonkin mit den europäischen Vorkommissen dürfte verschiedene Parallel- formen ergeben. 15. Th. Schenkii Nath.! Vorkommen: Fünfkirchen und Steierdort. Von den voralpinen Fundorten noch nicht bekannt. Schöne Exemplare liegen mir von Fünfkirchen vor. Sie ent- sprechen meist, mit den Abbildungen von Nathorst, Th. Schenkii, Taf. 1 und 2, verglichen, mittleren Partien von Primärwedeln. Sie repräsentieren die typische Form. Von Steierdorf sind mir nur schmächtigere Exemplare bekannt. Man kann also unterscheiden: 1. var. genuina: Fiedern letzter Ordnung von 8 mm Breite, am Grunde allmählich sich verjüngend (wie Th. Braumiana gennina) und bis mehr als 140 mm Länge erreichend (meist über 90 mm). Diese Fiedern sind aiso länger als bei den Exemplaren von Stabbarp. Vorkommen: Im Gebiete nur in Fünfkirchen. — (Hör.) ID . var angustior:” Fiedern letzter Ordnung nur 4 mm breit und bis 40 mm lang. Vorkommen: Nur in Steierdorf. — (Nürnbereg.) 1 Wegen des Baues der Sporangien vgl. man insbesondere Halle T. G., On the sporangia of some mesocois Ferns, Arkiv för Bot., Bd. 17, Nr. 1 (1921). 2 Moeller, Bornholm, p. 6, 7, gibt für Th. Schenkii als Fundorte auch an »Banat: Fünfkirchen«. Diese Angabe, nämlich Fünfkirchen (Banat ist eine irrige geographische Erläuterung), geht wohl auf Schenk, Grenzsch., p. 74, zurück, wo im Anschlusse an die später als Th. Schenkii erkannten Spezimina ein Exemplar Sturs von Fünfkirchen erwähnt wird, das »vielleicht Andrae’s Polypodites creni- foliuns« sei. Nach Andrae’s Zitaten müßte letzterer jedoch eine Laccopteris sein. Es kann nach dieser Sachlage eine sichere Deutung des Polypodites crenifolus Andrae, Steierdorf, p. 31 erst nach Auffindung der Originale versucht worden. Hr r 394 F. Krasser, 16. Th. Sturii sp. nov. Synon.: Th. pterophylloides Ettingsh. nom. nud. bei Hantken et mus. - Vorkommen: Voralpen (nur Pechgraben), Prachtstücke aus Fünfkirchen. Typische Thaumatopteris-Nervatur. Fiedern letzter Ordnung linealisch parallelseitig, 2 mm breit und über 20 mn lang, ganz- randig mit deutlichem Mittelnerv, der Spindel von Fiederbreite wagrecht oder unter einem Winkel bis 45° entspringend, und zwar in Entfernungen von mehr oder weniger 10 mm, fast gegenständig. Die Spindel ist durch einen die Fiederchen verbindenden Laminar- saum schwach geflügelt. Th. Sturii erinnert habituell an Polypodites? Angelini Nath. (wahrscheinlich ein Dictvophyllum) aus dem Rhät von Helsingborg (Taf. 8, Fig. 7, nicht die übrigen), sowie an Bruchteile von Dietyo- phyllum Münsteri var. longissima Goepp., Th. (recte Dictyophylhum) exilis Sap. und Dictyophyllum Dumkerianum Nath. Im Museum der Geologischen Reichsanstalt ist der hier als Th. Sturii n. Sp. beschriebene Rest als Th. angustissima Stur bezeichnet, aber ebenso auch die Th. Schenkii var. angustior. Ich habe daher den Stursschen Musealnamen als mehrdeutig nicht aufgenommen und die Art von Pechgraben nach Stur benannt. Ein Prachtexemplar nur im Naturhistorischen Museum. ?Osmundaceen.! Nur die Gattung Todites Sew. ist vertreten. Prachtexemplare liegen insbesondere aus den Voralpen und von Steierdorf vor, ‘schöne Stücke auch von Fünfkirchen. Die größte Verbreitung hat Todites denticnulata (Brongn.), T. Goeppertiana (Münster) kommt nur in den Voralpen und in Fünfkirchen vor, T. Williamsonii (Brongn.) Sew. und T. lobata (O. et. M.) nur in den Voralpen. 17. Todites Williamsonii Sew. Synon.: 7. Williamsonii Krasser, Voralpen, p. 444 ex parte. Nur Exemplare von Hinterholz, sterile und fertile, gehören dieser Art an. Die übrigen von mir l. c. hinzugezogenen gehören zu Jedenfalls liegt von Steierdorf Laccopteris polypodioides (Brongn.) Sew. nicht vor, womit Seward, Jur. Fl. I, p. 26, Polypodites crenifolius Andrae identifiziert. Es muß aber zugegeben werden, daß zur Zeit, als Andrae seine Abhandlung schrieb (1854), die heute als Th. Schenkii bezeichneten Fossilien nach Brongniart's Histoire, Taf. 132, 133, nicht anders als Phlebopteris crenifolia Phil. zu bestimmen waren. Es kann sich darnach möglicherweise um Th. Schenkii var. angustior handeln! 1 Wegen der Sporangien vgl. Halle Th. G., On the fructifications of Jurassie Fern — leaves of the Cladophlebis denticulata-type. Arkiv för Bot., Bd. 10, Nr. 15, 1911. Fossile Floren des unteren Lias. 399 18. T. Goeppertiana (Münster) Krystof. Synon.: Alethopteris cf. whitbiensis Stur, Tab. ex parte und Alethopteris sp. qwhitbiensi aff. Schenk, Übers. ex parte. — T. Williamsonii Krasser, Voralpen, p. 445 ex parte. — Speirocarpusl Goeppertianus Stur nom. mus. Vorkommen: Voralpen und Fünfkirchen. 19. T. denticulata (Brongn.) Synon.: Alethopteris sp. whitbiensis aff. Schenk, Übers. ex parte. — Alethopteris ef. whitbiensis Stur, Tab. ex parte. — Cladophlebis nebbensis Krasser, Voralpen, p. 444. — Speirocarpus grestenensis Stur nom. mus. Vorkommen: Voralpen, Fünfkirchen und Steierdorf. — (Hör, Nürnberg.) Die von Andrae, Steierdorf, p. 32, angegebene Alethopteris Phillipi Goepp. wird von Seward |. c. nach den Zitaten als ? Cladophlebis dentata Brongn. betrachtet. Die Zitate zu Alethopteris dentata Andr. |. c., p. 33, werden teils zu Todites Williamsomii teils zu Cladophlebis denticulata gezogen. Alethopteris whitbiensis Andr. l.c., p. 33, endlich wird durch Zitation Brongniart’scher Abbildung begründet, die heute zu 7. Williamsonii zitiert werden. Sollten die Andrae’schen Originale in Berlin aufgefunden werden, so dürfte sich wahrscheinlich ergeben, daß sie sich auf Bruchstücke aus verschiedenen Regionen eines Blattes von T. denticulata (Brongn.) beziehen. Schon Stur, Reiseber. 1865, hat darauf hingewiesen, daß die Originalien von Alethopteris Roesserti Schenk gleich der Steier- dorfer Pflanze reichlich gezähnelte Fiederchen tragen, er hält die fränkische und die Art von Steierdorf für identisch und gibt auch die Merkmale des »eigentlichen Alethopteris Roesserti, wie sie von Presl aufgestellt wurde« an. Bekanntlich wurde diese Presl’sche Art, gleich Alethopteris whitbiensis (Brongn.) Goepp.’ von den Autoren vielfach verkannt und kombiniert, was auf Nichtbeachtung der Nervationsverhältnisse beruht. Nach der Abbildung Pres!’s hat das Presl’sche Original (ein terminales Fiederfragment vorletzter Ordnung) eine ganz ähnliche Nervatur wie Pecopteris haiburnensis Brers Hl. "namlich ebenso® dicht, (wierlsie: bei’ Lindl!et Hutton, Foss. Fl. Br, Taf. 187, dargestellt ist und durchaus nicht vom Charakter der Nervatur von 7. Williamsonii und T. Goeppertiana. Letzteres wird aber vorausgesetzt, wenn man gleich Zeiller, Tonkin, p. 38, auch Acrostichites Goeppertianus (Münster) Schenk als Synonym betrachtet. 1 Über Speirocarpus siehe Krasser, Diagnosen, p. 10. 2 Pecopteris whitbiensis Bro'ngn. ist mit T. Williamsonii (Brongn.) Sew., Pecopteris whitbiensis L. et H., teils mit T. Williamsonii, teils mit Cladophlebis denticulata (Brongn.) Racib. synonym! Sera r 396 F. Krasser, Ich habe den Eindruck gewonnen, daß Schenk’s Asplenites Roesserti (Presl) aus dem Lias Frankens ein Farn vom Typus der T. denticulata (Brongn.) ist. Dasselbe gilt von Cladophlebis Koesserti Antevs von Hör und 7. Roesserti Goth. von Nürnberg. 20. Todites lobata (Old. et Morr.) Synon.: Pecopleris? (Asplenites) lobata Krasser, Voralpen, p. 448. Vorkommen: Voralpen. Sehr ähnlich T. princeps. (Presl) Goth., jedoch durenssır längeren Fiederchen davon verschieden. 7. lobata ist stets doppelt gefiedert, das basale untere Fiederchen der Fieder vorletzter Ordnung ist seitlich abgelenkt, das obere aber parallel mit der Ursprungs- spindel orientiert, bei Sphenopteris patentissima Goepp. (zu T. princeps gehörig) verlaufen jedoch beide der Ursprungsspindel der Fieder parallel. Schizaeaceen. 21. Klukia exilis (Phill) Racib. Krasser, Voralpen, p. 441. Vorkommen: Voralpen, ? Steierdorf. Nach Raeciborski in Engler, Bot. Jahrb.,, 13. Bd. p. 6, ist Cyatheites decurrens Andr., Steierdorf, p. 83 und Taf. 7, Fig. 4, vermutlich eine Klukia, auch nach Seward, Jur. Fl.I, p. 26 und 181, II. Marattiales. 22. Marattiopsis Haidingeri (Ettingsh.) Schimp. Synon.: Taeniopteris Haidingeri Ettingsh., Beitr. II, p. 98 und Taf. 13, Fig. 1. — Krasser, Voralpen, p. 442. Angiopleridium Haidingeri Schimp., Traite I, p. 603. Pseudodanaeopsis Haidingeri Krasser, Diagn., p. 28, Anm. 1. Vorkommen: Voralpen (Waidhofen loc. class.!). Auch fertil vorliegend = Angiopteridium Haidingeri Stur nom. mus. lm Traite II, p. 514, hat Schimper ausdrücklich seine Angiopteridium-Arten, ausgenommen A. Münsteri und hoerense, die er zur rezenten Gattung Marattia bringt, in die Gattung Marattiopsis verwiesen. Es empfiehlt sich, mit Antevs und Gothan auch die ersteren in die Gattung Marattiopsis Schimp. einzureihen, welche dann einfach fiedrige Blätter mit typischer Taeniopteris- Nervatur und fertil mit Synangien nach Art von Marattia umfaßt. 23. Taeniopteris Brongn. excl. Marattiopsis Schimp. In Schenk’s Übers. und Stur’s Tab. werden folgende Arten angegeben: | Fossile Floren des unteren Lias. ar Taen. tenuinervis Brauns für das ganze Gebiet, Taen. gigantea Schenk für die Voralpen und Taen. vittata für Fünfkirchen und Steierdorf. Andrae, Steierdorf, p. 38, gibt Taen. Münsteri Goepp. Brche Tgen. vıttata Bronsn. an, doch geht, schon’ ‚aus seinen Erläuterungen hervor, das er verschiedene Taeniopteris unter letzterer konfundiert. Stur hat überdies einzelne Stücke von Steier- dorf als Taen. Me’Clelandi Old. et Morr. und von Fünfkirchen und Steierdorf als Taen. stenoneura Schenk ausgestellt! Alle genannten Arten pflegt man zu Macrotaeniopteris Schimp. zu stellen, ausgenommen Taen. Münsteri Goepp., welche zu Maratti- opsis Schimp. gehört. Die systematische Zugehörigkeit der Macro- taeniopteris-Arten ist noch strittig und es sind noch eingehende Untersuchungen notwendig. Es dürften Cycadophyten darunter sein, aber es kann sich auch um Marattiales handeln, wie gewissc fertile Macrotaeniopteris der Trias von Neue Welt bei Basel und der Lunzer Schichten lehren.? III. Hydropterideen. Marsiliaceen. 24. Sagenopteris rhoifolia Presl var. elongata Schenk. Krasser, Voralpen, p. 447. Schenk, Übers., Stur, Tab. Synon.: Sagenopteris elongeta Andrae, Steierdorf, p. 35, Taf. 10, Fig. 4. Vorkommen: Im ganzen Gebiet. In Kronstadt scheint Sag. Phillipsii (Brongn.) Presl, und zwar die Form mit schmäleren Fiedern. vorzukommen. IV. Equisetales. 25. Equisetites Ungeri Ettingsh. Ettingshausen, Beitr. II, p. 90, Taf. 8, Fig. 3, 4+ — Krasser, Voralpen, p. 447. Synon.: Calamites sp. und Zquısetites Ungeri in Schenk, Tab. Calamites liasinus, Equisetites Ungeri Ett. (Equ. liasinus Heer) und Equisetites hungarus in Stur, Tab. Equisetites lateralis Andrae, Steierdorf, p. 31. Equisetites comicus, Höflianus und austriacus Ung. Gen. pl. foss. Vorkommen: Im sanzen Gebiet. oO Eine Diskussion auf Grund der Literatur und die Untersuchung des vorhandenen Materials rechtfertigt die Anschauung, daß ver- schiedene Erhaltungszustände und Bruchstücke verschiedener Ent- wicklungsstadien von Equisetites Ungeri vorliegen. Auch Handstücke mit der Bezeichnung Equisetum anguste-dentatum Stur (nomen mus.!) und Calamites Lehmannianus Popp fügen sich zwanglos ein. 1 Siehe auch Krasser, Voralpen, p. 442, 443. 2 Vgl. auch meine bei Nilssomia vorgebrachten Bemerkungen. 398 F. Krasser, V. Cycadophyten. Außer Beblätterungen, die teils mit großer Wahrscheinlichkeit (Thinnfeldia, Ctenis, Ctenopteris), teils mit voller Sicherheit (Ptero- phyllum, Anomozamites, gewisse Taeniopteris, Dioonites, Phlo- phyllum, Zamites, Otozamites und Podozamites) hier eingeordnet werden, fanden sich auch Blüten Williamsonia Alfredi F. Kr. und W. banatica F. Kr. beide fd) und der Abdruck eines Stamm- fragmentes, welches möglicherweise hierherzustellen ist. A. Blüten. 26. Williamsonia Alfredi F. Krasser. Krasser, Steierdorf, p. 3, Taf. 2, Fig. I und 2, 27. W. banatica F. Krasser. Koras sieräler pr Ss at2, Rio-nlaınde2, Vorkommen: Steierdorf. Während sich W. Alfredi an W. bituberenlata Nath. »carpellary disc« Will.) anschließt, steht W. banatica der W. setosa Nath. nahe. B. Stammgebilde. Als 28. Cycadites elegans Ettingsh. nom. mus. (Original) bezeichnet, findet sich in der Geologischen Reichsanstalt ein Handstück vor, welches ein etwa 14cm langes und 11cm breites Oberflächenfragment eines, von etwas gestreckten, abgerundet rhombischen Blattfüßen bedeckten, flach gedrückten Stammes auf- weist. Die Blattfüße sind 9 bis 10 mm lang und 10 bis 11 mm breit. Deutliche Narben sind an keiner Stelle zu erkennen. Es läßt sich daher nach der Gestalt der Blattfüße kein sicherer Schluß ziehen, ob es sich um einen Cycadophyten- oder um einen Farnstamm handelt. An einzelnen Stellen scheinen abgerundet rhombische Blattnarben vorhanden zu sein, welche punktiert erscheinen nach Art rezenter Cycadeen, nicht aber nach Art der Farne,! bei welchen die Blattspurstränge in charakteristischen Linien auftreten. Ganz ähnlich sind die Blattfüße mit Blattnarben (nur von etwas geringeren Dimensionen), welche man in Fig. 80 A bei Seward, Jur. Fl.IL, p. 194, erblickt, die einen Cycadeenstamm mit Beblätterung von Pfilophyllum cutchense aus Indien (Rajmahal) darstellt. Man vgl. auch Flora foss. Ind., Vol. I, Taf. 34. Vorkommen: Steierdorf. 1 Abgesehen von Marattiaceen und Ophioglossaceen. - Fossile Floren des unteren Lias. 359 C. Sichere Cycadophyten-Beblätterungen. 29. Pterophyllum Kudernatschi Stur nom. mus. Stur, Tab. Vorkommen: Steierdorf. Diese neue Art ist durch eine dicke Spindel ausgezeichnet, an deren Oberseite beiderseits in einer randnahen Zeile die ober dem Grund verschmälerten und dann bis zur Berührung der Nachbarfiedern verbreiterten großen Fiedern inseriert sind, die Fiedern sind durch an der Spindel, infolge der eigenartigen Gestaltung der Fiederbasen, ausgerundete Buchten getrennt. Sie sind alternierend bis fast gegenständig angeordnet. Nerven zahlreich, parallel, Gabelnerven mit verschieden hohen Stielen. Die Fiedern sind an dem einzigen vorhandenen Original nicht vollständig, so daß über ihr terminales Ende nichts ausgesagt werden kann. Das 260 mm lange Spindelfragment zeigt 12 ohne Spitze erhaltene Fiederpaare und die Ansatzspuren von zwei Fiederpaaren. Das längste Fiederfragment ist fast 16 cm lang, die größte Breite ist 18 mm, die Einschnürungsbreite 12 mm, die verbreiterte Basis 22 mm. Die Spindel verjüngt sich von 8 auf 6 mm Breite, zwischen den Randlinien von 5 auf S mm. Die Fiedern sind im allgemeinen senkrecht auf die Spindel orientiert. Pterophyllum Kudernatschi ist eine der prächtigtsen Cykado- phyten des Lias. Es erinnert an das Pterophyllum giganteum Schenk von Raibl und das Pferophyllum Haueri Stur von Lunz, sowie an das Ctenophyllum grandifolium Font. von Virginien, also an mehrere Trias-Pterophylien, sowie an Pferophyllum sp. Zeiller von Tai-Pin-Tschang (Rhät-Lias), Tonkin, Taf. 56, Fig. 5, welches am nächsten steht. Habituelle Ähnlichkeit (abgesehen von der. verschiedenen Orientierung der Fiedern) zeigt auch Psendoctenis eathiensis Sew. (Jur. Fl. of Sutherland). Mit Psendoctenis Sew. aus dem Kimeridge, hat unsere Pflanze jedoch nichts zu tun, da sie keine Nerven- anastomosen besitzt. 30. Pterophylium sp. conf. propinguum Goepp. Synon.: Pf. gresiense Stur nom. mus. — Krasser, Voralpen, p. 449. Vorkommen: Voralpen (Hör). Ein 25 mm langes Spindelfragment mit den Ansätzen von 2 Fiederpaaren (vgl. Antevs, Hör, Taf. 3, Fig. 16) als Repräsentant der breitfiedrigen Formen und mehrere Stücke mit Abdrücken von Spindelfragmenten, welche bis zu 70 mm Länge erreichen und bis zu 10 Fiederpaare tragen (zu letzteren vgl. Schenk, Grenzsch,, Taf. 41, Fig. 1), welche von Exemplaren mit schmäleren (um 6 mm breiten) Fiedern stammen. 360 F. Krasser, 31. Pterophyilum rotundatum n. sp. Die kräftige (von 4 mm basaler auf 1 mm in der Spitzenregion) sich verjüngende Spindel trägt senkrecht oder nur wenig schief daraut orientierte Fiedern von fast durchaus 5 mm Breite. Die Fiedern sind dicht gestellt, gleichbreit, an der Spitze in geringem Maße verjüngt und gleichmäßig abgerundet. Die basalen Fiedern sind 6 mm lang, die längsten Fiedern, etwa im terminalen Drittel des Blattes gelegen, erreichen bis 38 mm Länge, gegen die Spitze (das terminale Ende ist nicht erhalten) nehmen sie rasch an Länge ab. Die Nerven (12 bis 15) sind durchaus einfach und verlaufen parallel. Die Fiedern sind fast gegenständig bis alternierend an. den Seitenlinien der Spindel befestigt. Die Spindel ist oberseits flach und quer runzelig, der Umriß der ganzen Blattspreite länglich verkehrt eitörmig, Konsistenz derb. Vorkommen: Voralpen, bisher nur im Pechgraben. Für Pf. rotundatum n. sp. ist der Schnitt der Fiedern, ihre wenig verjüngte, abgerundete Spitze charakteristisch. Es gleicht in dieser Beziehung dem Pf. Titzei Schenk von Persien (Rhät-Lias), welches jedoch sehr breite und noch dazu ungleich breite Fiedern besitzt. Man vgl. die um ?/, verkleinerte Abbildung letzterer Art Doz es ler Tonlın ar 27er » Pterophyllum sp. segmentis latis« und »Pt. segmentis angustis nervis validis« der Schenk’schen Übers. sind mangels von Beleg- exemplaren nicht aufzuklären. Sie werden nur jür den unteren Lias der Voralpen angegeben. 32. Anomozamites banaticus n. sp. Habitus von A. gracilis Nath., jedoch die Fiedern mehr gestreckt (3 bis Amm breit und 7 bis S mm lang). Vorkommen: Steierdorf. Dioonites Goepp. Diese Gattung ist durch D. Andraeanns (Schimp.) und D. Bavieri (Zeiller) vertreten. Ersterer kommt im ganzen Gebiete, auch in Kronstadt vor, letzterer war bisher nur aus Tonkin bekannt. Während D. Andraeanus dem D. Carnallianus Bornem nahesteht, erinnert D. Bavieri an D. Dumkerianus (Goepp.) Miqu. aus dem Wealden. . 33. Dioonites Andraeanus (Schimp.) Synon.: Plerophyllum longifolium Andrae, Steierdorf, p. 41, Taf. 10, Fig. 1, non Brongn. Plerophyllum Andraei Stur, Schenk, Übers. und Stur, Tab. nom. nud. Pterophyllum Andraeanım Scehimp., Traite II, p. 135, mit neuer Diagnose! 1870. Divonites Carnallianus Krasser, Voralpen, p. 449, non Bornem. Vorkommen: Im ganzen Gebiete, auch in Kronstadt. Steier- dorf loc. class.! Fossile Floren des unteren Lias. 361 Nach Nervatur und Gestalt der Fiedern ein Divonites. Maßgebend für die Nomenklatur ist Schimper |. c., denn er gibt eine neue Diagnose, doch hat zweifelsohne Stur schon vorher in litt. ad Schenk das angebliche Pf. longifolium von Steierdorf als eine von Pt. longifolium Brongn. verschiedene Art erkannt und umbenannt. Bei Schenk, Grenzsch. findet sich jedoch kein Hinweis im Text, der Name steht lediglich als nomen nudum in der Übersicht. In der Geologischen Reichsanstalt erscheint er allerdings als nom. mus. Es sind von Steierdorf Fragmente aus den mittleren und terminalen Partien des Blattes vorhanden, auch die Blattspitze selbst. Eine nahestehende Art ist im Dogger und Kimmeridge von England vorhanden: Divonites Nathorsti Seward. 34. D. Bavieri (Zeillern). Synon.: Plerophvllum. Bavieri Zeiller, Tonkin, p. 198, Taf. 49, Fig. 1 bis 3. ‚Pterophyllum Dunkerianum Andrae, Steierdorf, p. 42, Taf. 11, Fig. 2, 3 non Goepp. Vorkommen: Steierdorf. Novopokrovskij hat gelegentlich seiner Bearbeitung der Tyrmaflora mit Pterophyllum Dunkerianum Andrae non Goepp. von Steierdorf seinen Dioonites Polynovi n. sp. identifiziert.! Das Fossil ist in der Tat der Pflanze von Steierdorf sehr ähnlich, ich glaube jedoch, daß es mit der letzteren zu D. Bavieri gehört. Die Verschiedenheit der Pflanze von Steierdorf von Dioonites Dumkerianum hat bereits Schenk, Grenzsch., p. 67, erkannt. Pf. ct. Brammianum Stur, Tab. ist darauf zu beziehen. Mit Pt. Bavieri Zeiller von Tonkin herrscht vollste Übereinstimmung in allen Details. Nach Nervatur und Gestalt der Fiedern gehört es zu Dioonites Miqu. Es liegen Stücke aus verschiedenen Regionen des Blattes vor. 35. Ptilophyllum imbricatum (Ettinesh) Synon.: Plerophyllum imbricatum Ettingsh., Lias, p. 7, Taf. 1, Fig. 1. Schenk, Übers., Stur, Tab. Zamites gracilis Andrae, Steierdorf, p. 40, Taf. 11, Fig. 4, 5, non Kurr. Otozamites imbricatus Schimp., Traite I, p. 171. cf. Williamsonia pecien Sew., Jur. Fl. I, p. 26. ; Vorkommen: Nur in Steierdorf, loc. class.! Andrae hat die Diagnose verbessert. Saalfeld, Jura Süd- westdeutschlands, hat sich gegen. die Zuweisung zu Zamites oder ÖOtozamites sowie die Auffassung von Seward gewendet, Gothan, Nürnberg, p. 138, möchte es zu Ptilophyllum stellen. Dorthin 1 Novopokrovskij J. Beiträge zur Kenntnis der Juraflora des Tyrmatales (Amurgebiet). Explor. geol. et nim. Chem. de fer de Siberie, Livr. 32, St. Petersburg 228, tab), 3, die: [&6) | Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Rl., Abt. I, 130. Bd. 362 F. Krasser, gehört es, wie ich schon vor langer Zeit durch Untersuchung eines schönen Abdruckes feststellen konnte. Die Epidermis ist bei Schenk, Grenzsch., p. 156, beschrieben. 36. Ptilophylium rigidum (Andrae). Synon.: Pterophyllum rigidum Andrae, Steierdorf, p. 42, Taf. 11, Fig. I. Stur, Kronstadt. Dioomıtes rigidus Schimp., Traite II, p. 148. cf. Williamsonia pecten Sew., Jur. Fl. I, p. 29. s j Vorkommen: Steierdorf, loc. class.! Auch in Kronstadt. Steht jedenfalls dem Pfilophyllum pectinoides (Phill.) Halle sehr nahe. Vgl. Halle, Grahamland, p. 69. 37. Zamites Andraei Stur. Stur, Verh. Geol. Reichsanstalt, 1872, p. 345. Synon.: Zamites Schmiedelii Andrae, Steierdorf, p. 39, Taf. 9; Taf. 11, Fig. 7, von Presil. Podozamites cf. Schmiedelii Stur, Tab. Williamsonia gigas Sew., Jur. Fl. I, p. 26. Vorkommen: Steierdorf, loc. class.! Auch in Kronstadt. Ähnlich sind Z. Feneonis Ettingsh. und Z. gigas Morris (= Williamsonia gigas Sew. ex parte), beide sind jedoch von Z. Andraei Stur verschieden. Z. Feneonis besitzt weniger Fiedern, Z. gigas allerdings ebenso zahlreiche wie Z. Andraei, doch sind die Fiederbasen bei letzterer Art nicht so bauchig, wie insbesondere bei Z. gigas. Z. Schmiedelü Presl ist, wie schon Schimper, Traite I, p. 152, andeutet, verschieden. Das Sternberg’sche Original stammt überdies aus dem weißen Jura. Im Rhät-Lias von Bayreuth kommt Zu .Schmiedeli Presl . nach ‚Schenk. und Sehiaiees nicht vor. Über die Abgrenzung von Zamites gegen Otozamites, Piilo- phyllum und die Gruppen der Salıne Zamites vgl. man Halle, Grahamland, p. 54 ff. Z. Andraei Stur liegt in Prachtstücken vor, so daß alle Teile des Blattes vorhanden sind. Otozamites F. Braun. Diese Gattung ist von den Fundorten im unteren Lias der Voralpen und von Fünfkirchen nicht bekannt. In Steierdorf findet sich nur Otozamites obtusus (L. et H.) Brongn., in Kronstadt jedoch sind OÖ. Molinianus Zign. und OÖ. Canossae Zign. neben O. obtusus nachgewiesen. OÖ. Mandelslohi, welcher früher von Steierdorf angegeben wurde, kommt dort nicht vor, ebenso wenig an den anderen Fundorten des behandelten Gebietes. 2 i SIEr Fessile Floren des unteren Lias. 363 38. Otozamites obtusus (L. et H.) Brongn. Synon.: Olopteris Mandelslohi Schenk, Übers., Ofopteris (?) cf. Mandelslohi Stur, Tab. Vorkommen: Steierdorf, Kronstadt. Liegt in Prachtexemplaren vor, welche die Kenntnis des ganzen Blattes vermitteln. Stimmt in allen Merkmalen mit der im Lias von England gemeinen Art vollkommen überein. Die Fiedern können unter Umständen breiter und mehr abgerundet erscheinen, dann erinnern sie an Ofozamites Mandelslohi (Kurr) Schimp. 39. ©. Molinianus Zigno. 40. O. Canossae Zigno. 41. O. conf. contiguus Feistm. Vorkommen: Die letzten drei Arten nur in Kronstadt. Die beiden ersteren wurden zuerst aus ÖOberitalien, der letztere aus Indien beschrieben. Es liegen von dem Fundort in Sieben- bürgen von den genannten Arten nicht einzelne Fiedern, sondern Spindelbruchstücke verschiedener Größe mit mehreren Fieder- paaren vor. | 42: Podozamites lanceolatus erewri ab 2 Branıos forma: distans Heer. Synon.: Zamiles distans var longifolia Ettingsh., Lias, p. 8, Taf. ], Fig. 23. Andrae, Steierdorf, p. 39. Zamites distans Schenk, Übers., Stur, Tab. Vorkommen: Alpen, Steierdorf, Kronstadt. Auch in Nürnbere. In Hör breitere Form. 43. Podozamites Schenkii Heer. Krasser, Voralpen, p. 448. Vorkommen: Voralpen (Hinterholz) und Steierdori. 44. Podozamites gramineus Heer. Vorkommen: Steierdorf. Nur isolierte Fiedern. 1 Siehe Beschreibung und Abbildung bei Seward, Jur. Fl. U, p. 39, Taf. 1, A A 364 F. Krasser, D. Nilssoniales. Nilssonia Brongn. Diese Gattung ist bekanntlich der Repräsentant eines in hohem Grade selbständigen Typus, der gegenwärtig aber noch am besten bei den Cycadophyten unterzubringen ist.! In unserem Gebiete sind mehrere Arten vorhanden. Von diesen kommt N. polymorpha reichlich in den Voralpen und in Kronstadt vor. N. mediana und acıminata, von welchen nur spärliche Fragmente vorliegen, finden sich nur in den Voralpen. Welche von den unter Taeniopteris (Macrotaeniopteris) im vorhergehenden (p. 357) angeführten Arten etwa noch zu Nilssonia gestellt werden müssen, läßt sich vorläufig nicht mit Sicherheit entscheiden. Doch dürfte sich N. orientalis Heer nachweisen lassen, sowohl in Fünfkirchen als in Steierdorf. 45. N. polymorpha Schenk. Krasser, Voralpen, p. 450. Vorkommen: Voralpen, Kronstadt. (Auch in Hör.) Schöne typische Exemplare sind namentlich von Gresten und Hinterholz bekannt. 46. N. mediana (Leckenb.) Fox.-Strangw. Krasser, Voralpen, p. 450. Vorkommen: Voralpen. Das einzige Belegstück stammt von Hinterholz. Es ist das Original von Pterophyllum seguens Stur nom. mus. 47. N. acuminata (Presl) Goepp. Vorkommen: Voralpen. (Auch in Nürnberg.) Ein Handstück von Pechgraben. Blattspitzen mit gut erhaltenen 7 Fiederpaaren. Die Endfieder nicht erhalten. Hierher zähle ich auch ein Belegstück, welches Stur im Museum der Geologischen Reichsanstalt als Nilssonia Nenberi (Stur nom. mus.)? aufgestellt hat. Sie entspricht vollkommen der kleinen Form vom Heuchlinger Berg in Gothan, Nürnberg, Taf. 28, Fig. 2. Volle Klarheit kann erst ein reichlicheres Material bringen. 1 Siehe Gothan. Potonie’s Lehrbuch der Paläobotanik, 2. Auflage, p. 293. -- 2 Früher (Krasser, Voralpen, 449) hielt ich dieses Stück für Plrlozamites acıminalus Nath. Ein Mazerationsversuch lieferte kein Ergebnis. Fossile Floren des unteren Lias. 365 E. Gymnospermae incertae seelis, wahrscheinlich Cyeadophyten. ‘ Thinnfeldia Ettingsh. emend. Schenk Die Gattung Thinnfeldia hat im Laufe der Zeiten Begriffs- änderungen erfahren, welche Verwirrung schufen. Es ist in erster Linie Gothan’s Verdienst, da die Ordnung wiederhergestellt zu haben. Ich verweise insbesondere auf seine Arbeiten über Thinnfeldia und seine unterliassische Flora von Nürnberg im XIX. Bd. der Ab- handlung der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg, 1912 bis 1914. Für Th. rhomboidalis Ettingsh. und Th. speciosa Deines ist Steierdorf loc. class.! In unserem Gebiete kommt Thinnfeldia nur in Steierdorf und Fünfkirchen vor, aus den Voralpen ist sie bislang unbekannt. In Fünfkirchen findet man Th. Nordenskiöldi Nath., welche bisher nur aus dem obersten Rhät von Palsjö in Schonen bekannt war, eine Form von Thinnf. rhomboidalis und Thinnf. polymorpha (Braun) Ant. 48. Thinnf. Nordenskiöldi Nath. Nathorst, Bidrag till Sveriges foss. Fl. (Palsjö), p. 3#. Vorkommen: Fünfkirchen (loc. class. Palsjö in Schonen). Das Belegstück von Fünfkirchen, aus dem Kaposataschacht stammends zeigt mit den von Nathorst (Palsjö, Taf. 6, Fig. 4) und Antevs (Thinnfeldia, Taf. 1, Fig. 2 und Taf. 2, Fig. 4) gebotenen Abbildungen sehr gute Übereinstimmung. Die Art kommt am loc. class. im obersten Rhät sehr sparsam vor. Nathorst selbst hat auf Thinnf. speciosa Ettingsh. als nächststehende Art hingewiesen. Thinnf. Nordenskiöldi weicht von Th. speciosa außer durch die bedeutenderen Dimensionen der Fiedern insbesondere durch die dichtere Nervatur und die lederartige Konsistenz der Fiedern ab. 49. Thinnf. speciosa Ettingsh. Ettingshausen, Lias, p. 4, Taf. I, Fig. 8. Schenk, Übers. Stur, Tab. Synon.: Pachypteris speciosa Andrae, Steierdorf, p. 44. Vorkommen: Steierdorf (loc. class.!). 50. Thinnf. rhomboidalis Ettingsh. emend. Goth. Ettingshausen, Lias, p. 2, Taf. 1, Fig. 4 bis 7. Schenk, Übers. Stur, Tab. Synon.: Pachypleris Thinnfeldii Andrae, Steierdorf, p. 43, Taf. 11, Fig. 6; Taf. 12, Fig. 7 bis 9. Vorkommen: Steierdorf (loc. class. !), Fünfkirchen. (Nürnberg.) 366 F. Krasser, Gothan, Nürnberg. p. 30, hat den Formenkreis der Th. rhomboi- dalis genau studiert und dur ch Einbeziehung von von Schenk und Braun unterschiedenen Arten erweitert, da er die Übergänge auf- fand. Er hat sich auch über den Formenkreis von Steierdorf 1. c., p. 31, unter Beziehung auf von mir ihm zugesandte Photographien ausgesprochen. Nun fand ich auch ein zweimal gefiedertes Stück, wie es schon aus der Sammlung Zeiller in Paris bekannt war, ‚und eine an Thinnf. incisa Sap. erinnernde Form. "Ausdenm Andraeasschacht in Fünfkirchen stammt eine Form der Th. rhomboi- dalis, die in den Formenkreis der » Thinnf. decurrens Schenk« gehört und in den größten (stark mazerierten) Belegstücken dem von Gothan, Nürnberg, Taf. 21, Fig. 1, abgebildeten Exemplar nahe kommt. Stur hat sie als » Sugenopteris pinnata« (Stur nom. mus.!) bezeichnet. Darauf bezieht sich auch Sagenopteris? pinnata Stur, Tab. Seward, Sutherland, Taf. 5, Fig. 83, bildet Ähnliches als Thinnf. rhomboidalis ab. In den Formenkreis von Thinnf. romboi- dalis gehört nach Stur, Reiseber, auch Cyatheites decwrrens Andrae, Steierdorf, p. 33, Fig. 4 auf Taf. 7. h 51. Thinnf. polymorpha (Braun) Antevs. Antevs, Thinnfeldia, p. 38, Taf. 3, Fig. 2; Taf. 5, Fig. 4. Daselbst die Synonymie. Vorkommen: Fünfkirchen (nur aus dem Vasasschacht). Diese Art war bisher nur von Fundorten Frankens bekannt. 52.-Ctenopteris cycadea (Berger) Saporta. Staub: Clenopteris cycadea Brongn. in der fossilen Flora Ungarns. Földt. Közloni 12 (1887), p. 181. Synon.: Pierophyllum conf. crassinerve Goepp. Krasser, Voralpen, p. 449. Vorkommen: Fünfkirchen, Steierdorf, Voralpen. — (Hör.) Das schönste Stück von Fünfkirchen hat Staub Il. c., 1882, Tafel, abgebildet. Auch von Steierdorf und aus den Voralpen sind größere Fragmente mit zahlreichen Fiederpaaren sichergestellt. Brongniart fürt, Hist. des veget. foss., p. 387,: zu seiner Filicites cycadea, auf welche Ctenopteris cycadea zurückgeführt wird, auch ein abgebildetes Stück (l. c, Taf. 129, Fig. 3) von Ybbsitz bei Waidhofen an. Das Original ist von sehr schlechter Erhaltung. Es befindet sich in der paläontologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums in Wien und gehört zu Cladophlebis (Todites) denticulata, und zwar jener Form, die früher auch als sroßfiedrige Cl. mebbensis Nath. angesehen wurde, hat also mit Cienopteris cycadea (Berger) [= Fihcites cycadea (Berger) Brongn. ex parte = Odontopteris cycadea Berger] nichts zu tun. Fossile Floren des unteren Lias. ; 367 53. Ctenis asplenioides (Ettingsh.) Schenk. Krass er, Voralpen, p. 445. Stur, Tab. Stur, Kronstadt. Synon.: ALOE asplenioides Ettingshausen, Beitr. 3, p. 95, Taf. 11, Fig. 1, 2; Tat. 12, Fig. 1. Schenk, Übers. - - Vorkommen: Voralpen (Hinterholz und Waidhofen loc. class.!) Steierdorf, Kronstadt. — (Hör?) Die Abbildungen Ettingshausen’s stellen die Nervatur nicht vollkommen richtig dar, da die Anastomosen nicht eingezeichnet sind. Da das Original etwas verwischt und stark mazeriert ist, wurden sie wahrscheinlich für Runzeln der Epidermis gehalten. Die Netznervigkeit hat Schenk erkannt. Reichlich und trefflich erhalten ist die Art in Steierdorf. Von benachbarten Liasgebieten seien hier die feuerfesten Tone der Umgebung von Krakau wegen ihres Reichtums an Cftenis-Arten genannt. Sie sind nach Raciborski (Engler’'s Bot. Jahrb., 13. Bd., Is) 9 ID) unser als die "pflanzenführenden Schichten‘. von Steierdorf. VI. Ginkgophyten. Wenn man die Ginkgophytenbeblätterungen des hier behan- delten Gebietes näher untersucht, so überzeugt man sich bald, daß sie eine ziemlich weitgehende Differenzierung aufweisen. Vergleicht man dann mit den Arten der fränkischen Rhät- Liasfloren, so kommt mein UF Überzeugung, daß ähnlich wie in der skandinavischen Rhät-Liasflora, auch in den hier dargestellten Floren des unteren Lias eine artenreiche Ginkgophytenflora zuhause war. Man kommt zu dieser Anschauung auch, wenn man sich die Mannigfaltigkeit vor Augen hält, in welcher die Formelemente des Ginkgophyten- laubes erscheinen können. Nach der Literatur erhält man folgendes Bild. Baiera taeniata F. Braun. Schenk, Übers. Stur, Tab. Krasser, Voralpen, 448. SON ..: Cyelopteris digitata Andrae, Steierdorf, p. 31, ohne Abbildung. Ginkgo digitata Se 195 12: Vorkommen: Voralpen, Fünfkirchen, Steierdort. Baiera Münsteriana (Presl) Heer. Synon.: Jeanpaulia Münsleriana Schenk, Übers. Stur, Tab. Vorkommen: Voralpen. Baiera Wiesneri F. Krasser. Krasser, Voralpen, p. 448. Vorkommen: Voralpen. 368 F. Krasser, Ginkgo Sp. Krasser, Voralpen, p. 447. Vorkommen: Voralpen. Man geht nicht fehl, diese Bestimmungen auf das natürliche Bestreben zurückzuführen, Beziehungen zur »Rhätflora« Frankens zu finden. Die nähere Untersuchung lehrt aber, daß Baiera taeniata Braun und 25. Miäünsteriana Heer in unserem Liasgebiete nicht vorkommen oder mindestens bisher nicht nachweisbar sind. Wenn man das Ginkgophytenlaub des in Rede stehenden Gebietes durchsieht und vergleicht, so gelangt man zu folgender Übersicht. Es sind zwei Haupttypen zu unterscheiden: I. Blätter mit wiederholt gegabelten schmalen Lappen. ll. Blätter mit 2 bis mehr einfachen oder gegabelten breiter Lappen. Innerhalb dieser Haupttypen sind zü erkennen: Haupttypus I a) Blätter mit zahlreichen sehr schmalen Lappen. 1. Blätter mit nur 1 Nerv in den parallelrandigen Lappen- teilen, welche kaum 1 mm breit sind: Baiera Wiesnert E. Krasser; a) kleinere Blätter, ß) auffallend große Blätter; Blätter mit mehr als 1 Nerv, gewöhnlich 2, in den Lappen- teilen. Lappen über 1 mm breit, lanzettlich und zugespitzt: B. Austriaca n. sp; 8 o) kleinere Blätter, ß) auffallend größere Blätter. b) Blätter mit breiteren Lappen. Lappen zugespitzt-abgestumpft, nach außen gewendet: B. Ozekanowskiana Heer. Haupttypus 1. a) Blätter einfach gegabelt. Die beiden Lappen länglich eiförmig- lanzettlich, vom Grunde aus divergierend, Spitzen breit abge- rundet. Blattbasis keilförmig in den mehr minder langen Blattstiel verlaufend. Nervengabelungen in den basalen einander noch genäherten Lappenteilen: 5. pseudopulchella n. sp. 1. Kleinere und zugleich schmälere Blätter: var alpina; 2. breitere und langlappigere Blätter: Iypica. Fossile Floren des unteren Lias. _ 369 b) Blätter mehrlappig: D. Ettingshausenii n. sp. 1. Kleinere Blätter mit zur Basis reichender Mittelteilung, jede Blatthälfte einfach gabelig; - o) die Lappen eiförmig-lanzettlich mit abgerundeter Spitze: forma ginkgoides, ß) die Lappen länger und zugespitzt; forma acuminata; [&S) . langlappige Blätter mit zur Basis reichender Mittelteilung und vier- bis sechslappig nach der Ausbildungsweise der Spreitenhälften. Bei vierlappigen Blättern ist jede Spreiten- hälfte einfach gabelig, bei sechslappigen erscheint typisch der innerste Lappen jeder Spreitenhälfte ungeteilt, der äußere einfach gabelig. Die Lappen sind lineal-lanzettlich, ihre Spitzen zugespitzt-abgerundet. Die Adergabelungen finden hauptsächlich in den Abschnitten des Blattgrundes statt, doch auch noch in der Mittelpartie: Zypica ; a) kleinere Blätter, ß) größere Blätter mit langen Stielen. Haupttypus I wurde von den Autoren fälschlich als. B. Münsteriana, Haupttypus II aber fälschlich als B. faeniata aufgefaßt. Die seographische Verbreitung der im vorstehenden gekennzeichneten Arten und Formen ist folgende: 54. B. Wiesneri. Vorkommen: Voralpen. 55. B. Austriaca. Vorkommen: Voralpen. 56. B. Czekanowskiana Heer. Vorkommen: Voralpen. 57. B. Pseudopuichella. Vorkommen: Voralpen, Fünfkirchen, Steierdorf. var. alpina, Voralpen. 58.:B: Ettingshausenüi. Vorkommen: Voralpen, Fünfkirchen, Steierdorf. In den Voralpen nur die kleineren Blätter. forma acuminata, Fünfkirchen. » ginkgoides, Fünfkirchen und Voralpen. 370 F. Krasser, Ich verzichte auf eine eingehende Beschreibung und Begrün- dung an dieser Stelle, möchte aber bemerken, daß ich die Literatur über die fossilen Ginkgophyten genau studierte, ebenso wie ich auch speziell dem Polymorphismus und der Nervation des rezenten Ginkgo seit langem mein besonderes Augenmerk zugewendet habe. VII. Coniferen. 59. Palissya sphenolepis (F. Braun) Nath. Synon.: Palissya Braunii Endl., Schenk, Übers., Stur, Tab. P. pugio Krasser, Voralpen, p. 451. Thuites Germarı Andrae, Steierdorf, Taf. 12, Fig. Ab, 5 und 6. Vorkommen: Voralpen, Fünfkirchen, Steierdorf, Kronstadt (? Nürnberg). Von Steierdorf, Kronstadt und den Voralpen sind nur kleinere Fragmente bekannt. Hingegen liegt Palissya sphenolepis reichlich von Fünfkirchen vor, und zwar sowohl in größeren verzweigten Exemplaren als auch die weiblichen und männlichen Zapfen, sowie reichlich Samen. Die männliche Infloreszenz erinnert habituell an Dacrydium Soland. In seiner «Fossile Flora der nordwestdeutschen Wealden- ‘formation« hat Schenk (p. 44) auf Grund der Untersuchung der Andrae’schen Originalexemplare von dessen » Thuzites Germari Dunk.« aus Steierdorf nachgewiesen, daß ein Teil derselben zu Palissya Brammii Endl., die übrigen wahrscheinlich zu Cheirolepis gehören. . 60. Cheirolepis Münsteri (Schenk) Schimp. Synon.: Thuites Germari Andrae, Steierdorf, Taf. 12, Fig. 1, 2, 3, 4a. Th. expansus Andrae, 1. c., p. 45 (ohne Abbildung). Thnites sp. Schenk, Übers. Thuites cf. fallax Stur. Tab. Cheirolepis Schenk nwd. Wealdform., p. 44. Brachvphyllum sp. Schenk, Übers. Vorkommen: Fünfkirchen, Steierdorf (Nürnberg). Von Steierdorf sind mir reichlich verzweigte Exemplare bekannt. 61. Schizolepis Foilini Nath, Krasser, Voralpen, p. 450. Synon.: Podocarpiles acicularis Andrae, Steierdorf, p. 45, Taf. 10, Fig. >. Schenk, Übers. Stur, Tab. Vorkommen: Voralpen, Steierdorf. Nach Nathorst, Pälsjö, p. 29, stimmt Podoc. acicularis Andr. in der Nervatur mit Schizolepis Follini überein. Von Gresten (Vor- alpen) liegen mir auch Zapfenfragmente vor, welche die Bestimmung sichern. Sonst müßte an Schizolepis Braumii Schenk gedacht werden. Fossile Floren des untern Lias. Sl 62. Pityophyllum alpinum F. Krasser. Krasser, Voralpen, p. 450. Vorkommen: Voralpen. Dieses sehr charakteristische Fossil liegt nur von Hinterholz in einigen isolierten Blättern vor. Es kommt habituell Pityoph. Staratschini Nath. aus dem Oberjura von Spitzbergen am nächsten, ist aber durch den Mangel an Querrunzeln leicht zu unterscheiden. Erst reichlichere Funde können seine systematische Stellung auf- klären. - Literaturübersicht. Andrae, K. J. Beiträge zur Kenntnis der fossilen Flora Siebenbürgens und des Banates. — Abh. Geol. Reichsanstalt in Wien, 2. Bd., -3. Abt., Nr. 4. Aus- gegeben am 22. März 1854. Antevs, E. Die Gattungen Thinnfeldia Ettingsh. und Dicroidium Goth. — Sv. Vet.-ak. Handl., Bd. 51, Nr. 6, 1914. — Die liassische Flora des Hörsandsteins. — Ibid., Bd. 59, Nr. 8, 1919. Ettingshausen, C. von. Beiträge zur Flora der Vorwelt. — Haidinger’s naturw. Abh., Bd. 4, Abt. 1. Wien 1851. — Monographia Calamarium fossilium. — Ibid., 1851. — Begründung einiger neuer oder nicht genau bekannter Arten der -Lias- und der Oolithflora. — Abh. Genl. Reichsanstalt Wien. Bd. 1, Abt. 3, Nr.'3. 1852. Gothan, W. Über die Gattung Thinnfeldia Ettingsh. — Abh. Naturhist. Ges. 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Cycadites elegans Ettingsh. nom. mus. C. Sichere Cycadophyten-Beblätterungen. Pterophyllum. Anomozamites. Dioonites. Ptilophyllum. Zamites. " Otozamites. Podozamites. D. Nilssoniales. Nilssonia. E. Wahrscheinliche Cycadopbyten. Thinnfeldia. Ctenopteris. 3 Ctenis. VI. Ginkgophyten Baiera. VII. Coniferen . . Pallissya. Cheirolepis. Schizolepis. Pityophyllum. . 349 Regionaltektonische Gliederung des mittleren Teiles der ostalpinen Zentralzone Von Prof. Dr. Leopold Kober (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 3. November 1921) Die nachfolgenden kurzen Zusammenfassungen sind die Ergebnisse von Studien aus den Jahren 1906 bis 1913 und 1919 bis 1921 und geben eine Übersicht über die regionaltektonische Gliederung des mittleren Teiles der Zentralzone der Ostalpen. Diese Studien wurden 1921 zum Abschlusse gebracht und hiermit veröffentlicht. Der Akademie der Wissenschaften schulde ich Dank für die mir 1921 nochmals verliehene Subvention. ' Das behandelte Gebiet ist in den letzten Jahren vielfach neuerdings durchforscht worden. Ich möchte hier kurz nennen: die Tauernuntersuchungen von Uhlig, Becke, Kober, Schmidt, Trauth, Stark, Seemann, die Arbeiten von Sander, von Hart- mann, Furlani, Ohnesorge, Holdhaus, Geyer, Tornquist u.a. Ich habe in der Tauernarbeit bereits Gelegenheit gehabt, den Aufbau des östlichen Tauernfensters genauer aufzuzeigen. Ich habe dort den Nachweis gebracht, daß die Tauern Deckenbau zeigen und daß sich ganz bestimmte Gesteinsfolgen übereinander nachweisen lassen. Ich möchte nun hier zeigen, daß der Bau des Östens kein spezieller Fall is, sondern nur der Ausfluß des allgemeinen Bauplanes, der auch den Westen beherrseht. Wir unterscheiden im ganzen Gebiet der zentralalpinen Zone der Östalpen von unten nach oben folgende große Gesteins- zonen (Deckenmassen). 1. Die Zentralgneise bilden überall die tiefsten Gesteins- massen und gliedern sich in die Zentralgneise im engeren Sinne, die eigentlichen Orthogneise, verschieferte Granite (Tonalite etc.) und die Paragneisse mit Glimmerschiefern, das Dach der wahr- scheinlich karbonen »Zentralgneisintrusionen« bildend. Paläozoikum ist gering entwickelt, Konglomeratgneise, Porphyroide und Sandsteine. Sitzungsberichte d. mathem -naturw. Kl, Abt. I, 130. Bd. 376 L. Kober, Die Zentralgneismassen scheiden sich in eine östliche Hälfte und eine westliche. Im östlichen Tauernfenster bildet die tiefste Zone die Ankogelmasse, darüber liest die Hochalm- masse, darüber die Sonnblick- und die Modereckdecke. Schiefermulden verschiedener Breite trennen die einzelnen Zentral- gneismassen, so die Lieser-, die Woigsten-, die Seebach-, die Mallnitzer Mulde u. a. Im Westen ist die tiefste Einheit die Zentralgneismasse der Ahornspitze. Höher liegt die Tuxer Masse. Zwischen beiden finden sich noch trennende Glimmer- schiefermulden, so südlich der Ahornspitze (F. Becke). Die höchste Einheit ist die Zillertaler Masse mit einer kleinen Abspaltung im Dache. Von Westen und Osten reichen trennende Schiefermulden (Greinermulde) tief zwischen die beiden Hauptzentralgneisdecken des westlichen Tauernfensters ein. In der Mitte scheinen die Massen zu verschmelzen. Die große tektonische Kluft zwischen beiden Deckenmassen ist noch aufzusuchen. Auffällig ist im ganzen Westen die Hauptstreichrichtung SW-—NO, das starke Zusammen- pressen der Zentralgneismassen zu langgestreckten Linsen, die ost- und westwärts spitz. endigen, ausgezogen gleichsam, wie etwa im kleinen ein Feldspatporphyroblast in einem Augengneis ausgezogen sein kann. Im Osten ist die Streichrichtung NW--SO. Tiefere Einsicht in den Bau der Alpen zeigt, daß die westliche Richtung (SW-—NO) an die schwäbische Richtung anklingt, die Östliche (NW-— SO) an die des Böhmerwaldes. So erscheinen große Leit- linien in der Tiefe des alpinen Deckenbaues. Die Verbindung zwischen den Zentralgneismassen des Westens mit denen des Ostens gibt der Granatspitzkern. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehören folgende Deckenmassen in eine Einheit, sind einander gleichzustellen. Zillertaler Masse — Granatspitz — Sonnblick. Tuxer Kern—Hochalm. Ahornspitze— Ankogel. Nähere Studien werden erst jetzt von besonderem Interesse, wo diese Zusammenhänge wahrscheinlich werden. 2. Die Schieferhülle ist die nächsthöhere große Gesteins- zone einheitlicher Art durch das ganze Tauernfenster. Meiner Meinung nach ist sie zum großen Teil mesozoisch; sie kann aber auch paläozoische Elemente enthalten." Für die Tektonik ist das Alter des ganzen Schichtkomplexes — ob mesozoisch oder paläozoisch — vollständig nebensächlich. In das Mesozoikum möchte ich stellen: Quarzite, Rauchwacken, Marmore, Dolomite (Angertalmarmor — Hochstegenkalk). Die große Masse der Schiefer würde dem Jura (der Unterkreide) zufallen. Oberkreide ist meines Erachtens in der Schieferhülle nicht vorhanden, weil der Decken- bau der Ostalpen immer noch als vorgosauisch betrachtet werden muß. Diese beiden großen Einheiten fassen wir als die penninischen Decken der Tauern zusammen und betrachten sie als die Aqui- valente der penninischen Decken der Westalpen. 1 D. i. Permokarbon—-Jura. Reeionaltektonische Gliederung in der Zentralzone. Sul 3. Die Radstädter Decken bilden die nächstfolgende Einheit. Sie sind am besten in den Radstädter Tauern entwickelt, gliedern sich dort in eine untere und eine obere Deckenserie, die durch zinen krystallinen Keil — das Twengerkrystallin — getrennt werden. Die Schichtfolge zeigt Altkrystallin, darüber Spuren von Paläozoikum (Phyllite etc.), Quarzit, Triasdolomit, Pyritschiefer, Jurakalk etc. Basal der Radstädter Decke liegt meist eine Mischungs- zone dieser Decke mit den Gesteinen der Schieferhülle. Die Rad- städter Decke konnte als Einheit vom Ratschberg über die Radstädter "Tauern, über das Gasteinertal bis auf die Nordseite der Glockner- gruppe verfolgt werden. Im Habachtale fand ich die Radstädter Decke nicht. Sie ist wieder in Krimml vorhanden, in der Gerlos, besonders in den Tarntaler Köpfen. Von da zieht sie als stark laminierte Zone nach Matrei, nach Steinach und in Fetzen bis Gries a. Br. Auf der Südseite ist ein langer Zug Radstädter Gesteine von ‚Döllach bis über Windisch-Matrei hinaus bekannt. Die Radstädter Gesteine bilden einen Ring von recht verschiedener Breite über der Schieferhülle. Sie waren einst über der Schieferhülle als ‚geschlossenes Dach vorhanden. Sie sind mesozoisch und damit Klerseicentliche sichere Beweis’ für die Fensternatur.der "Tauern. Denn wir sehen, wie die Radstädter Tauern unzweifelhaft von älteren Gesteinen allgemein überlagert werden. 4. Nun folgen die Quarzphyllite, jene Gesteinsserie, die hauptsächlich im Norden über den Radstädter Tauern zu liegen kommt. Die typischen Quarzphyllite liegen im Westen, fangen am Brenner an, etwa bei Matrei und lassen sich über das Ziller- tal weit nach Osten verfolgen. Ohnesorge hat die Quarzphyllite im Blatt Rattenberg bis über den Rettenstein gegen Osten verfolgt. Sie nähern sich dabei immer mehr der Salzach. Bei Bruck—Fusch sind diese Quarzphyllite nicht recht vorhanden. Östlich vom «Gasteinertal nimmt eine Schichtfolge über den Radstädter Tauern wieder überhand, die als Quarzitserie (Quarzitdecke von Uhlig) bezeichnet worden ist. Tektonisch ist diese Serie von Quarziten und Quarzphylliten das Äquivalent der Quarzphyllite des Westens; stratigraphisch halte ich diese Niveaus für Paläozoikum. Im Süden fehlen diese Quarzphyllite als große geschlossene Zone, aber ich zweifle nicht, daß sie lokal aufgefunden werden können. Ich selbst habe bei Döllach Reste dieser Serie schon erkannt, ‘Spuren finden sich auch nach Sander im Westen. 5. Das Altkrystallin ist die nächste Einheit, die allgemein über dem Quarzphyllit zu liegen kommt. Im Westen sehen wir vom Brenner bis gegen Innsbruck die Quarzphyllite unter das Krystallin einfallen. Im Patscherkofel liegt direkt eine Deck- scholle von Altkrystallin auf Quarzphyliit. In den Rad- städter Tauern sehen wir im Gurpetscheck, im Seekaar die Quarz- phyllite allgemein unter das Krystallin einfallen. Mehr oder weniger isolierte Reste von Krystallin sind die Linsen von Kellerjochgneis im Quarzphyllit des Westens (Zillertal). Diese Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd 28 378 L. Kober, Gneismassen sind die Fortsetzung‘des Altkrystallins des Patscher- kofels und müssen wie diese über dem Quarzphyllit liegen. Dafür sprechen auch die Aufnahmen von Ohnesorge, dessen Karte (Blatt Rattenberg) besonders die kleineren Vorkommnisse von Gneis. im östlichen Abschnitte, immer auf den Kämmen sitzend, zeigt, also den tektonischen Charakter von Deckschollen zeigen. Daß -das wirklich der Fall sein wird, beweist, daß im Osten die Schladminger Masse mit dem gleichen tektonischen Bilde innerhalb der Quarzphyllite ausspitzt. Sie liegt — wie gesagt — im Gurpetscheck unzweifelhaft über dem Quarzphyllit. Das Altkrystallin zieht als geschlossene Masse im Süden des Tauern- fensters herum und vereinigt sich im Westen mit der Ötztaler Masse. Im Norden sind noch Stirnreste -dieser großen Decke im Kellerjochgneis vorhanden, wenngleich nur mehr in geringen Resten. Sie sind der unzweifelhafte Beweis der Existenz einer zusammenhängenden krystallinen Deckenmasse über der Radstädter Decke. Die Stirn der”Deekenkern zeichnet die Linie Kellerjochgneis— Schladming. Die Quarz- phyllite hüllen den Kellerjochgneis von oben und von unten ein. Auch sie formen im großen eine Stirne, im allgemeinen zugleich die unmittelbare Auflagerung des Altkrystallins bildend. Wo sie im Liegenden des Altkrystallins vorkommen, sind sie im großen nichts anders als eben der Liegendschenkel des Altkrystallins, das in seiner Gänze eine riesige oftmals digitierte Deckenmasse bildet. Die krystallinen Massen der Tauernumrahmung sind nicht alle der gleichen tektonischen Position. Im Osten sieht man folgendes. Über der Radstädter Decke der Tauern folgt bei Schladming bis Mauterndorf das Altkrystallin der Schladminger Masse. In den Schladminger Alpen ist es bei 10km mache (dick) und zirka 20 km lang. Im Tale von Sölk und St. Nicolai wird die Schladminger Masse von einem hochmetamorphen Quarzit-Kalk-Marmorband ummantelt. Die Zone läßt sich bei St. Nicolai sehr schön erkennen, ebenso südlich des Sölkpasses. Das ist die tiefste krystalline Zone, die wir hier als die eigentliche Schladminger Decke bezeichnen. Wir vereinigen diese Einheit samt dem Quarzphyllit, den Radstätter Tauern zur unterostalpinen Deckenmasse. Diese Decke fehlt als geschlossene Zone weithin, findet sich aber immer wieder in Spuren. Ein Äquivalent der Schladminger Masse existiert meiner Meinung nach im Westen nicht, es sei denn, daß der Kellerjochgneis unmittel- bar auf und im Quarzphyli it liegend als Äquivalent der sen lee Decke aufgefaßt werden kann. 6. Die nächste Zone bildet eine weithin vorhandene krystalline Serie von ganz besonderem Charakter. Altkrystallin von hoher Metamorphose in diaphthoritischem Zustande, weithin granatisiert (d. h. von Granaten durchsetzt), mit vielen Anzeichen einer (alten?) Kontaktmetamorphose (mächtige Granatamphibolitmassen mit ganz besonders groß entwickelten © > (oe) - ©) {=i ° iS 8 = = (b} N a {2b} ke Ss on & 3 ® ke {cb} © (@) {eb} = o© Bo & ° ® u {«b] = S Ss 1 9) {eb} EB uesıuav ag Önzuajejlieg mm vadjeyjey mm Wnylozoejej gez wnyıozosayy ES 'uljjelsiuyg]y wnylozosayy m-9]3 guowueyy 'asıaug aßuıgaßpunug SKY :uayaag) auıdjeisojanjıyy astauguaßunupejyag 4 1ljhydzuent) E27 Qyayeıspey mg :uayoagauıdjeisousjun :uayoag auıdjeisg uaydag auıdjeIsouagg :uayaapsıaubjeuuusz MM UMENNZIM: “aınyuayalyas CT :uayyaaq ayasınıu ad : uvadjeisn '% 1jeu0o] L :Bunuej4uJ Wnyıozosayı [IT] Sun 20 Bear] 1 Aydzsene, I wapiueuig'Z [ey 3,409 | ec + zuıdsjeueug da Ip IJ 1. > 3 = > x VER EINER = SE IH x FERNEN ELLE ST D- — - mean EI DW ER 7 Een aude D000, suozudg 9) MNBU >; ES 2 Al trlUtrı 11 10: 770, zZ PATE 20 2, aadjeNjey ayaııpuon uueyor "DEN GEN: LgeısseW \ 'L26l dagoy 7 auozjeugua7 uauıdjejso Jap sajıa) wauayyyım sap Bunuapaılg ayasıuoyya]-jeuo!bay 380 L. Kober, Hornblendegaıben, Marmore, Kalke, Pegmatite, Glimmer- schiefer und mannigfach gestaltete Ortho- und Paragesteine gehören hierher, bilden das Gros des ostalpinen Krystallins, der Muralpen, der Schober-, der Kreuzeck- und Polinikgruppe usw. Im Westen und Süden ist diese Zone vorhanden. Nahe den Tauern finden in dieser Zone sich die tertiären Intrusionen. Diese ganze Zone ist meiner Meinung nach das tektonische Äquivalent der Zone von Bellinzona, der Zone von Ivrea, mit einem Worte, der mittelostalpinen Deckenmasse der westalpinen Geologen. Diese Einheit bildet die Unterlage des Ortler (Laaser Phyllite, Marmore, Kinzigitgneise, Silimanitgneise der Campodecke [Staub]. Im Osten gehören hierher die gleichen Gesteine der Muralpen. Hierher gehören auch die Dolomite, Marmore, Phyllite des an Zuges (Sander). . Noch höher liegt im Osten die Bundschuh- ee die ns Geyer ah bekannt gemacht hat. Die Bundschuh- masse liegt auf Glimmerschiefer, Quarzphylliten ete. und trägt auf’ ihrem Rücken die Trias’ "der Stangalpe Dass bereits die obere 'ostalpine Decke. Hierher Teeherengdie Quarzphyllite .der Frauenalpscholle, * die "Pornetsersszgr kurzem als Deckschollen auf der Marmor-Glimmerschieferzone von Murau erkannt hat. Diese Marmor-Glimmerschieferzone ist nichts anderes als die mittelostalpine Decke. Die OQuarzphyllite der Frauen- alpscholle von Tornquist sind das seitliche Äquivalent der Bundschuhgneise, mit denen sie sich verzahnen dürften. Diese Verhältnisse sind noch zu klären. Im Westen rechne ich zu dieser Zone das Stubai-Ötztaler Massiv mit der Tribulaun Trias (Saile etc.) Diese’ Trias liest aut dem’ Krystallias zeigen; Äquivalent der Stangalpen Trias. Diese Trias wird von Carbon überschoben und hat nichts mit der Radstädter Trias! zu tun. Die Wurzelzonen für diese oberostalpine Trias vermute ich in den Schuppen von Mauls, Kalkstein, in den Marmoren (Kalken von Wöllan) des östlichen Drautales. 8. Als nächste Einheit sehen wir allerorts die echten paläo- zoischen Elemente mit (der typischen‘ ostalpmenzrz die Grauwacken- und die Kalkzone bildend. Ohne hier auf nähere Detailgliederungen einzugehen, möchte ich auf folgendes hinweisen. Im Westen folgt nach Ohnesorge über dem Quarz- phyllit (mit dem Kellerjochgneis) das Paläozoikum (Wildschönauer 1 Aus dieser falschen Verbindung ergeben sich alle die vielen Schwierig- keiten, die schon Suess veranlaßten, für dieses Gebiet eine Verfaltung von Ostalpin und Lepontin anzunehmen. Diese Verfaltung geht als das Odium der Deckenlehre der Ostalpen durch die ganze Literatur. Sander, besonders Spitz haben in ihrer bekannten Art dagegen gewettert. Aber keiner hat die Kraft gehabt, Ordnung in das Chaos zu bringen. Und doch liegen die Verhältnisse so einfach. Freilich haben Hartmann, iR Sander den Fehler begangen, daß sie die Tarntalerköpfe als Auflagerung auf den Quarzphyllit ansahen, was wieder nicht der Fall ist. Die Radstädter Decke liest im Brenner unter dem Quarzphyllit und Alt- krystallin (in hoher tektonischer Zertrümmerung). Regionaltektonische Gliederung in der Zentralzone. 31 Schiefer, Kitzbühler Kalke etc.) und darauf die Kalkzone. Bei Schladming folgt die Grauwackenzohe dem Krystallin — nicht im primären Verbande — darauf die Kalkzone des Dachstein. Der Mandlingzug ist dabei SW-—NO streichend der Grauwackenzone ' eingeknetet. Im Süden liegt ebenfalls Paläozoikum als Basis der Trias (Karawanken—Gailtaler Alpen), mit dem höheren Altkrystallin verbunden. Im Tribulaun, in der Stangalpe, sehen wir Trias unmittel- bar auf Altkrystallin liegen und vom Carbon überschoben. Letzteres ist dabei sicher ein Teil der Grauwackenzone des Südens, also der Unterlage der Gailtaler Alpen. Aliessdiese Blemente sind höhere Weile der oberen ost alpinen Decke. 9. Darüber kommt noch die hochostalpine Serie zu liegen (Hallstätter und Dachsteindecke). Das sind nur ganz skizzenhafte Ausführungen, die durch die beigegebene Figur veranschaulicht: werden sollen. Ich hoffe, später Gelegenheit zu haben, mich weit- gehender über die Verhältnisse aussprechen zu können, möchte aber die Zeilen nicht schließen, ohne noch folgendes zu sagen. Ich habe mich jahrelang bemüht, den Deckenbau der Öst- alpen aufzuzeigen. Was ich von seiten meiner Kollegen geerntet habe, war Spott und Diskreditierung meiner Arbeiten. Man lese die Referate von Heritsch, Ampferer, von Schwinner, von Sander u. a. Das alles hat mich kalt gelassen und ich werde auch jetzt nicht viel Worte darüber verlieren, wenn Schwinner noch jüngst die Deckenlehre eine abenteuerliche Periode in der geologischen Erforschung der Alpen bezeichnet hat, wenn Klebels- berg vor kurzem noch sagt, daß die Unkenntnis der Ostalpen die Deckenlehre ermöglicht. Der wahre Sachverhalt ist: die alte enniitassuns der Autochthonie der Alpen ist nur bisher'so lanse moöslich sewesen, weil man die Alpen so, wenig gekannt hat. Wie traurig es um diese Verhältnisse steht, beweist schlagend die Entdeckung der Trias auf der Stangalpe. Ser utele Geologsen waren schon dert. Und es ist kein Lob. für diese, daß ein Zoologe kommen mußte, um dort die Trias zu finden, dort, wo ein alpines Kalkgebirge, etwa von der Art der Brenner Trias, hunderte Meter mächtig, weithin zu verfolgen ist. Und dieses Überschiebungsgebiet ist »das klassische Land« des variszischen Horstes, wo das Carbon nach Heritsch die alte variszische transgressive Lagerung zeigt. Das ist auch das Gebiet, das für Sander das Äquivalent der paläozoischen Schieferhülle der Tauern ist. Mehr Probleme als jemals bieten uns die Ostalpen. Mesozoikum ist an der Grenze von Grauwackenzone und Krystallin zu erwarten, an Stellen, wo es kein Geologe erwarten würde. Die Deckenlehre zeigt den Sehenden die Wege, auf denen die Geologie der Alpen die großen Fortschritte unaufhaltsam erzielen wird, mögen auch immer wieder einzelne versuchen, den allge- meinen Fortschritt aufzuhalten. Der mikrochemische Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen Eine neue mikrochemische Methode zum Nachweis von Cyanwasserstoff und Emulsin Von Hermann Brunswik Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität Wien. Nr. 174 der zweiten Folge (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 1. Dezember 1921) A. Einleitung. 1. Historisches. — Ziel der Arbeit. Seit den Arbeiten des holländischen Botanikers M. Treub! über die physiologische Bedeutung des Vorkommens von Blausäure bei Pangium edule Reinw., Phaseolus lunatus u. a. ist das Inter- esse an dieser auch heute noch nicht abgeschlossenen Frage stets wachgeblieben. Die gleichzeitig einsetzenden chemisch-physiologi- schen Untersuchungen hauptsächlich englischer, französischer und italienischer Forscher haben einerseits die Konstitution vieler in der Pflanze vorkommender Blausäureverbindungen aufgeklärt, andrer- seits ergab sich eine unerwartet weite Verbreitung dieser Stoffe bei den verschiedensten Familien und Gruppen des Pflanzenreiches. So kann bereits 1906 Greshoff? ungefähr 175 HCN-führende Arten angeben und die aus jüngster Zeit stammende Liste L. Rosen- thaler’s? umfaßt schon 360 Arten aus 41 Familien. 1 M. Treub, Sur la localisation, le transport et le röle de l’acide cyan- hydrique dans le Pangium edule Reinw. Ann. d. Jardin Bot. de Buitenzorg, Vol. XII, p- 1—89 (1895). — Nouvelles recherches sur le röle de l’acide cyanhydrique dans les plantes vertes, I, I, III. Ann. d. Jardin Bot. de Buitenzorg, Ser. 2, Vol. IV, p- S6—147 (1905); Vol. VI, p. 79—106 (1907); Vol. VIII, p. 85—118 (1909). 2 W. Greshoff, Über die Verteilung der Blausäure in dem Pflanzenreiche. Arch. d. Pharmazie, 1906, Bd. 244, p. 397—400, p. 665—672. 3 L. Rosenthaler, Beiträge zur Blausäure-Frage. Schweiz. Apoth. Ztg., 1919, 37. Jahrg., p. 267 ft. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl, Abt I, 130. Bd. 384 H. Brunswik, Diese Befunde scheinen immerhin für die von Treub auf- gestellte Hypothese einer Bedeutung der Blausäure bei der Stick- stoffassimilation zu sprechen, doch konnten gerade auf physio- logischem Gebiete in den letzten. zehn Jahren keine klärenden oder abschließenden Ergebnisse erzielt werden. Im folgenden wurde nun versucht, zu prüfen, inwieweit es gelingt, die in der Pflanze gebildeten Blausäureverbindungen mikro- chemisch nachzuweisen, da auf Grund einer in dieser Hinsicht ausgebildeten Methodik eine Erleichterung beim weiteren Auf- decken der Verbreitung dieser Verbindungen in der Pflanzenwelt und ihrer physiologischen Bedeutung zu erwarten ist. 2. Übersicht über die in der Pflanze vorkommenden Blausäureverbindungen.! a) Die Blausäureglukoside. Die cyanwasserstoffhältigen Körper, die bisher aus Pflanzen isoliert und eingehend studiert wurden, erwiesen sich alle als! sogenannte »Blausäureglukoside«. Es ist dies eine Reihe von Verbindungen, die in ihrem Molekül außer dem Zuckerkomplex. und einem aromatischen oder aliphatischen Aglykon noch ein Molekül Cyanwasserstoff HCN enthalten, das bei Hydrolyse mit verdünnten Säuren oder bei enzymalischer Spaltung (Emulsin) in Freiheit gesetzt wird. Nach dem Vorgange von Greshoff” lassen sich die bisher bekannten Blausäureglukoside je nach der Beschaffenheit ihres Aglykons in drei getrennte Gruppen stellen: 1. Benzaldehydeyanhydringlukoside. Hieher gehören: Amygdalin Ca9Ha7 NOyı (2 Mol. Glukose + Benzaldehyd + HCN) sowie das nahezu identische Pterisamygdalin, Laurocerasin (amorphes Amygdalin), die drei isomerem Glukoside Prulaurasin, Sambunigrin und Prunasin C,,H,-NO, (1 Mol. Glu- kose + Benzaldehyd + HCN; -auch isomer mit dem Mandelsäurenitrilglukosid. E. Fischer’s), schließlich Viecianim C;9Hs,NO,n (1 Mol. Glukose + 1 Mol. Ara- binose [Pentose] + Benzaldehyd + HCN), schon loser Dhurrin C;4H,-NO- (1 Mol. Glukose + Paraoxybenzaldehyd + HCN) sowie das noch nicht völlig aufgeklärte- Corynocarpin, respektive Karakin. 2. Acetoncyanhydringlukoside. Zu diesen zählt das Linamarin, das. nach Dunstan und Henry identisch ist mit dem von ihnen dargestellten Phaseo- lunatin C,,H;-NO, (1 Mol. Glukose + Aceton + HCN); auch das früher als 1 Vgl. den ausführlichen Abschnitt in F. Czapek, Biochemie der Pflanze, 2. Aufl., II. Bd. (1921), p. 205220. 2 W. Greshoff, 1. c., p. 665—672. 3 W. Greshoff, Vorübergehende Anwesenheit von Blausäure im Farn. Ref. Chem. Zentralbl., 1908, II, p. 334. — Unterscheidet sich von Amygdalin nur durch seine größere Löslichkeit in Atheralkohol. ; Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 389 eigenes Glukosid geführte Mannihotoxin (liefert bei der Spaltung Aceton + HEN) dürfte mit den genannten beiden völlig übereinstimmen. — Nahe verwandt mit diesen drei Glukosiden ist schließlich Gynocardin C,3H,9NOg, das aus Glukose, HCN und einem nicht näher bekannten Diketon C,H,O, besteht. 3. Lotoflavineyanhydringiukoside. Diese interessante Gruppe, die ein Bindeglied zu den reinen, weit verbreiteten Flavonen darstellt, wird repräsentiert durch das von Dunstan und Henry studierte Lotusin CayH3; NO,, — spaltet in zwei Mol. Glukose, Blausäure und Lotoflavin C,,H,,0, (isomer mit Luteolin und Fisetin). Schließlich ist eine große Zahl von Pflanzen bekannt, die ein HCN-abspaltendes Glukosid führen, dessen Konstitution noch nicht näher studiert wurde.! Die Zahl der Blausäureglukoside dürfte daher mit den eben angeführten bei weitem noch nicht erschöpft sein.? b) Über die »lockere« Blausäurebindunsg. In der botanischen Literatur über die Blausäurefrage findet sich bei zahlreichen Autoren (M. Treub, v. Romburgh, M. Dekker, Zeedenlione, RK Beche, ChRawenna, V.’Babini, G. Bosi- nelli u. a. in den Jahren 1397 bis 1913) eine mehr oder minder scharf betonte Gegenüberstellung der oben angeführten, chemisch greifbaren Blausäureglukoside und einer »quasi-freien«, »labil-«, respektive »locker-gebundenen« oder gar »freien« Blausäure, die neben den »stabilen« Glukosiden in denselben Pflanzenorganen, besonders in den Blättern (speziell den jungen!), vorkommen soll. Über die Art und Weise der »labilen« oder »lockeren« Bin- aune wurden nur Liypothesen geäußert (de, Jong, Peche), chemisch isolierbar und analysierbar schienen die fraglichen Sub- stanzen nicht zu sein. In Anbetracht der Wichtigkeit, diese durch die verschiedensten Bezeichnungen einigermaßen in Verwirrung gebrachte und zudem noch teilweise hypothetische Frage zu klären, sollen die diesbezüg- lichen Angaben im folgenden kritisch zusammengestellt werden. Das Vorhandensein von freier Blausäure in lebenden Zellen und Geweben .im strengsten, wörtlichen Sinne erscheint höchst unwahrscheinlich und wurde in klarer Weise (nicht bloß als i Vgl. E. Abderhalden, Biochem. Handlexikon,iBd. II, p. 720— 722, Bd. VIII, p- 362— 368. 2 Über das jüngst entdeckte Hiptagin vgl. Czapek, I. c., II. Bd. (1921), p- 806. 3 A. W. K. de Jong, Sur la presence d’acide cyanhydrique libre ou tres faiblement combine dans les feuilles du Pangium edule. Ann. d. Jard. d. Buitenzorg, 1908, Ser. 2, Vol. VII, p. 1—-17. Ref. Just’s Jahresbericht, 1908, 3. Bd., p. 550— 553. + K. Peche, Mikrochemischer Nachweis von Cyanwasserstoffsäure in Prunus Laurocerasus L. Sitzb. d. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. CXXI, Abt. I (1912), p. 15—16 (des Separatdr.). 386 H. Brunswik, verschwommener, mehr der chemischen Terminologie entsprungener Ausdruck) auch von niemandem behauptet. Die Wirkung geringster HCN-Konzentrationen auf die Assimilation (OÖ. Warburg!) durch Hemmung der »Blackmann’schen Reaktion«, gedacht als eine Schwermetallkatalyse an Oberflächen, die hemmende Wirkung der Blausäure auf die pflanzliche Atmung (H. Schroeder), die schädi- genden Folgen gasförmig dargebotener HCN in relativ schwachen Konzentrationen auch bei sogenannten Blausäurepflanzen, wie sie zuletzt Jungmann? festgestellt hat, schließlich die überaus große chemische Reaktions- und Additionsfähigkeit von HCN und seine physikalischen Eigenschaften (Flüchtigkeit) erlauben wohl nur eine glatte Verneinung dieser Möglichkeit. Anders liegen die Verhältnisse bei der »labilen« oder »lockeren« HCN-Bindung, deren Vorkommen etwa als Cyanhydrin an Aldehyd- oder Ketongruppen, wie Jong* sie z. B. bei Pangium edule und Prumus javanica annimmt, von vornherein als möglich zugegeben werden muß. Treub, der in dieser Hinsicht jedenfalls die genauesten und ausgedehntesten Untersuchungen (1891 bis 1909) anstellte, unterscheidet in seinen zwei ersten Arbeiten (1895, 1905) streng glukosidisch gebundene HCN (bestimmbar nach längerer Mazeration des Materials in H,O) und »quasi-freie« HCN, die schon bei der »distillation directe« (Übergießen des frischen Materials mit siedendem Wasser und sofortiges Destillieren) zu gewinnen ist und nicht glukosidischer Herkunft sein sollte. Gerade diese letztere konnte er mit seiner Berlinerblaumethode nachweisen. Angeregt durch die Methodik, die Guignard bei Sambucus nigra anwandte, voll- führte Treub in seiner nächsten Arbeit (1907) die »distillation directe« durch Über- gießen des frischen Materials mit kochendem absoluten Alkohol oder mit kochender . 300/,-Salzlösung (zirka 106° C.). Während durch Anwendung der Salzlösung von 106° die Menge der direkt abdestillierbaren HCN deutlich, aber gegerüber der mit reinem Kocihenelam Wasser nur höchstens um die Hälfte herabgedrückt war, ergab die Destillation nach Übergießen mit kochendem absoluten Alkohol Werte, die sich bereits um eine ganze Dezimale von denen der früheren Methode unterschieden; eine scheinbare Ausnahme bildete nur Pangium sp. Treub> gestand auf Grund dessen zu, daß ein Teil der durch seine Methode (distillation directe) bestimmten »quasi-freien« HCN — trotz der Siedetemperatur — auf Grund rascher enzymati- scher Spaltung der betreffenden Glukoside entstanden sei, dachte aber beim kochenden Alkohol nicht so sehr an eine raschere Enzym-Inaktivierung, als vielmehr an eine »spezifische Wirkung auf die Zellen« und hielt, besonders mit Rücksicht auf die Resultate bei Pangium, an der Existenz der labilen HCN-Bindung fest. — In seiner letzten Arbeit (1909) wirft Treub © neuerdings die Frage nach der Bindungs- 1 0.Warburg, Theorie der Kohlensäureassimilation. Die Naturwissenschaften, 1921, IX. Jahrg., Heft 18, p. 354—358. 2 H. Schroeder, Über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger etc. Jahrb. f. wiss. Botanik, 1907, Bd. 44, Heft 3, p. 409 ’ W. Jungmann, Phys.-anatom. Untersuchungen über die Einwirkung von Blausäure auf die Pflanzen. Ber. d. deutsch. Bot. Gesellsch., 1921, 39. Jahre., p. 84—88. de Joa) h & Valauen Treo, In (GO), 8: Lil: 5. M..Nveub, 1-e. Se p. 97—98S. 6 M. Treub, . (1909), p- 112—116. BE Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 387 art der Blausäure in der Pflanze aufl und äußert sich, besonders im Hinblick auf seine an Prunus javanica ausgeführten methodischen Experimente, schon folgender- maßen (l. c., p. 116): »Folglich scheint es, daß im allgemeinen die Wirkung der Blattenzyme auf die betreffenden Blausäureverbindungen nicht allein sehr ener- gisch ist, sondern daß sie sich vor allem plötzlich (subitement) äußert, was ich früher nicht glaubte, annehmen zu können.... Ich lege Wert darauf, schon hier zu sagen, daß ich nun mehr und mehr von der Berechtigung der Ansicht Guignard’s überzeugt bin, der immer die Glukoside als die absolut überwiegenden (absolument predominant) HCN-Verbindungen nicht nur in den Samen, sondern auch in den Blättern angesehen hat.« Damit schien, trotzdem Dekker? und de Jong? noch an Treub’s alter Auffassung festhielten, die Frage durch Treub selbst schon geklärt. Um so überraschender ist es, daß Peche* (1912) für Prunus lJaurocerasus L. neuerdings auf eine reichlich vorhandene »lockere« HCN-Bindung (alles, was durch das Mercuronitratreagens nachweisbar war), neben den beiden Glukosiden Prulaurasin und Laurocerasin, zurückgreift. Peche urteilt folgendermaßen: »Ange- nommen, die nachgewiesene Blausäure entstünde durch Enzym- wirkung auf die Glykoside, dann müßte man Benzaldehyd und Zucker in denselben Zellen, die Blausäure enthalten, nachweisen können, was für den Benzaldehyd nicht der Fall ist. (Nicht bewiesen, da bis jetzt kein eindeutiges Reagens auf Benzaldehyd in der Pflanzenmikrochemie bekannt ist! Anm. d. Verf.) Daß aber eine Enzymwirkung geradezu ausgeschlossen ist, geht aus dem ver- schiedenen Intensitätsgrade des Blausäurenachweises in stark und minder belichteten Blättern hervor, während die Reaktion, da der Glykosidgehalt derselbe bleibt (? vom Verf.’), stets dieselbe Inten- sität zeigen müßte.« Es hat den Anschein, als ob Peche sich hierbei nur auf die ersten Arbeiten Treub’s stützte, während ihm die exakten Ver- suche Treub’s, die gerade an dem mit seiner Versuchspflanze in allem so ähnlichen Prumus javanica ausgeführt wurden (1909), 1 Vgl. 1. e., p. 113. >... Est-il (HCN) engage sous forme glucosidique ou non? Voila surtout la question, qui se pose. Et, pratiquement, elle revient a une autre question, savoir: l’action enzymatique est-elle arretee, oui ou non, dans les conditions de l’experience?« 2 J. Dekker, Pharmac. Weekbl. 1906, Bd. 43, p. 942. > de Jong, 1. c. — Jong’s Versuchsanstellung trachtet die Enzymwirkung durch niedere Temperaturen (abs. Alkohol von — 10°) auszuschalten. Enzym- präparate (immer schwächer als die nativen Enzyme!) erwiesen sich dabei tat- sächlich als unwirksam. Bei ungepulverten, bloß zerschnittenen Blättern muß Jong zugeben, daß selbst durch dreistündigen Aufenthalt in Alkohol von —10° das Enzym in den Zellen noch nicht völlig unschädlich gemacht wurde. Dasselbe — nur in geringerem Maße — muß man für das gepulverte Material annehmen, aus dem Jong seine definitiven Werte zog. 4 K. Peche, 1. c., p. 15 (des Separatums). 5 Bezieht sich wohl auf die Feststellung Verschaffelt’s (1902), der aber den Glukosidgehalt nach der erzielbaren HCN bestimmte, also hier richtiger »Blau- säuregehalt« zu setzen wäre, wodurch die ganze Argumentation hinfällig wird. 388 H. Brunswik, scheinbar entgangen sind. Die Annahme einer reichlichen lockerer HCN-Bindung bei Prumus laurocerasus ist experimentell durch nichts begründet und durch die erwähnten Experimente a3 an Prumus javanica sehr unwahrscheinlich gemacht. Auch Ravenna und seine Mitarbeiter suchen 1912 den Gehalt an »freier« (gemeint wohl locker gebundener) HCN in den Organen verschiedener Blausäure- pflanzen quantitativ festzustellen, gelangen aber bei Verfeinerung der Methodilc (Tötung der Enzyme bei 110°) zu immer kleineren Mengen, wobei sie jedoch nach: ihrer eigenen Ansicht die Möglichkeit nicht ausschließen können, daß während der Analysen das betreffende Glukosid infolge der raschen Wirkung der bydroli- sierenden Enzyme gespalten worden sei. Hält man die genau durchgeführten Versuche Treub’s aus. den Jahren 1907 bis 1909 mit den letztgenannten Resultaten zusammen, so gelangt man zur Überzeugung, daß es auch eine »locker sebundene« HEN in Wirklichkeit überhaupt nen gibt, da bei fortschreitender Methodik (bei möglichst wirksamer Enzyminaktivierung) die Menge der aus frischen Blättern gewinn- baren HCN immer verschwindender wird. Daß sie nicht gänzlich auf Null gebracht werden kann (und nur diese experimentelle Tat- sache ließ Treub zurückschrecken, diese letzte Folgerung zu ziehen), läßt sich durch die ungezwungene Annahme erklären, daß Glukoesid und. Enzym in diesen Fällen in denselben za r wenn auch im Leben räumlich auseinandergehalten, vor- kommen und bei den bisher verwendeten — und wohl auch bet allen möglichen — Methoden die Zellen stets um einen Augen- blick früher getötet werden, Glukosid und Enzym daher eher miteinander in Berührung kommen, als die Inaktivierung des Fermentes erfolgen kann. Durch diese Koexistenz von einem HCN-Glukosid und einem rasch wirkenden Ferment? — wie sie auch in anderen Fällen angenommen wird — ist das scheinbare- Vorkommen der »lockeren« HCN-Bindung gerade bei saftreichen und jugendlichen Organen (Blätter) im Gegensatz zu den trockeneren Samen, sowie die Verschiedenheiten Be den einzelnen Methoden direker Destillation und beim mikrochemischen Nachweise ver- ständlich. Bereits Czapek? scheint einer ähnlichen Überzeugung zu sein, indem er- die ganze Frage mit den Worten abtut: »Freie Blausäure kommt meist nur in sehr geringer Menge in der Pflanze vor; überall handelt es sich um enzymatische. 1 C. Ravenna und V. Babini, Sulla presenza dell’acido cianidrico libero- nelle piante. Rend. Accad. Line. Roma, Vol. XXI (1912), p. 540—547. Ref. Just’s. Jahresbericht, 41. Jahrg., 1913, p. 1420. — C. Ravenna und G. Bosinelli, Sulla. presenza... etc. Nota III. Rend. Accad. Linc. Roma, vol. XXI (1912), p. 355338. Ref. Just’s Jahresbericht, 41. Jahrg., 1913, p. 1420. 2 Dieser Standpunkt findet sich schon angedeutet von Pfeffer, Handb. d. Pflanzenphysiologie, 1. Aufl. (1881), I. Bd., p. 307, für Amygdalin-Emulsin in den bitteren Mandeln, wo er aber als nicht zutreffend fallen gelassen werden mußte. 3 F. Czapek, Biochemie der Pflanzen, 2. Aufl., 3. Bd. (1921), p. 203. . . “ . 2 Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 389 Abspaltung derselben bei der Präparation unter dem Einfluß von Enzymen vom Typus des Mandelemulsins... .« “ Die Wichtigkeit dieses Gegenstandes jedoch, gerade in physiologischer Hin- sicht und bei der Beurteilung mikrochemisch gewonnener Resultate, ließen es trotz- ‚dem angebracht erscheinen, die Literatur hierüber eingehender vorzuführen und selbst hierzu Stellung zu nehmen. Wenn demnach im weiteren dieser Untersuchung noch von einer »lockeren« HCN-Bindung gesprochen wird, so sind dabei stets jene Verhältnisse gemeint, die durch das Zusammen- vorkommen der bekannten Blausäureglukoside mit einem sehr wirksamen Ferment gegeben sind und die durch die heutige Methodik nicht näher aufgelöst werden können. B. Mikrochemischer Nachweis der Blausäure (HCN). I. Allgemeiner mikrochemischer HCN-Nachweis. In der allgemeinen, respektive technischen Mikrochemie scheint aur ein geringes Bedürfnis nach einer Reihe brauchbarer Blausäure- reaktionen bestanden zu haben. Sowohl Emich! wie Behrens?’ führen einzig die Berlinerblauprobe an, die ja, begleitet von der -Geruchsdiagnose, bei nicht zu geringen Materialmengen, hin- reichend ist. Im Hinblick auf das häufige Vorkommen natürlicher Blausäureverbindungen, (die durch enzymatische Prozesse leicht HCN abspalten, untersuchte ich sämtliche bei der makrochemischen, qualitativen Analyse gebräuchlichen Blausäurereaktionen auf ihre Verwertbarkeit in der Mikrochemie. Die hierbei erzielten Resultate sollen im folgenden dargestellt werden, während die Anwendbarkeit der einzelnen Reaktionen für botanische Zwecke erst nachher kurz zusammengefaßt werden wird. ı. Nachweis der Blausäure als Silbercyanid. Blausäure und die löslichen Cyanide geben mit Silbernitrat einen weißen, amorphen Niederschlag von Silbercyanid [Cyan- silber, AgCN, respektive Ag’(Ag(CN),)]. Im Gegensatze zu dem in vielem sehr ähnlichen AgCl bleibt Cyansilber am Lichte unver- ändert oder bräunt sich höchstens. In einer heißen Lösung von Na,CO, oder K,CO, etwas löslich, scheidet es sich aus diesen beim Erkalten krystallinisch, und zwar in feinen Nadeln ab (Bloxam?). In Wasser und verdünnten Säuren (bis zu 50%, HNO, in der Kälte) ist Cyansilber unlöslich, während NH, und Cyankalium 1 Fr. Emich, Lehrbuch der Mikrochemie, 1911, p. 145. 2 W. Behrens, Tabellen zum Gebrauch bei mikroskopischen Arbeiten, 1908, p- 160. — H. Behrens-Kley, Mikrochemische Analyse, 1915, 1. Teil, p. 180 —181 und p. 184. 3 Ch. L. Bloxam, Chem. News, Bd. 50, p. 155. Ref. Jahresber. d. Fortschr. d. Chemie, Bd. 37a, 1884/l, p. 475. 390 H. Brunswik, lösend wirken unter Bildung des komplexen AgCN.NH,, respektive Kaliumsilbercyanid. In konzentrierter heißer AgNO,-Lösung oder bei Einwirkung konzentrierter HNO, bildet sich aus Cyansilber ein Silbercyannitrat, das in langen, weißen, glänzenden Nadeln (luft- und alkohol-, aber nicht wasserbeständig) krystallisiert und dem Bloxam! die Formel AgCN.2AgNO, zuschreibt. — Konzentrierte HCI verwandelt Cyansilber in Chlorsilber, obwohl ersteres das unlöslichere ist. Infolge dieser Eigenschaften wird schon seit langem Silber- nitrat zur Titration blausäurehältiger Destillate verwendet.” Als qualitatives Blausäurereagens hat Silbernitrat besonders wegen der schwereren Unterscheidbarkeit von AgCl und AgCN in der Makro- chemie nur geringe Bedeutung gewonnen. Auch bei qualitativen mikrochemischen Untersuchungen bietet der direkte Zusatz von Silbernitrat keine Vorteile. Der etwa auftretende amorphe Niederschlag im untersuchten Tropfen müßte erst durch seine Unlöslichkeit in verdünnter HNO, und seine Eigenschaften nach dem Umkrystallisieren mit Ammoniak näher bestimmt und besonders gegenüber AgCI scharf unterschieden werden. Weitaus besser läßt sich Silbernitrat unter Ausnützung des niederen Siedepunktes von Blausäure (26° C.) im hängenden Tropfen als eindeutiges HCN-Reagens verwenden. a) Ssilbernitrat im hangenden Tropic Die Reaktion läßt sich am besten in derselben Anordnung durchführen, die Molisch® für den Ammoniumnachweis empfohlen hat. Auf den Objektträger wird ein gut anschließender, 3 bis 7 mm hoher Glasring* aufgelegt; in die so entstandene Kammer gelangt die zu prüfende Substanz. Das Ganze wird mit einem Deck- gläschen bedeckt, an dessen Unterseite ein mäßig großer Tropfen einer 1°/,-Silbernitratlösung hängt. 1. Reaktionsverlauf. Enthält die Probe freie Blausäure — die der meisten Cyanide kann durch Ansäuern mit verdünnter H,SO, oder HNO, (nicht HCI!) in Freiheit gesetzt werden 50 entsteht in der abgeschlossenen Glaskammer schon bei Zimmer- temperatur eine Blausäureatmosphäre, die, da um 7°), leichter als 1 Ch. L. Bloxam, 1. c., und Chem. News, Bd. 48, p. 154. Ref. Jahresber. d. Fortschr. d. Chemie, 1883, Bd. 36a, p. 472. 2 Vgl. W. Treadwell, Lehrbuch der analytischen Chemie. I. Bd. (Qualit. Analyse), 9. Aufl, 1918, p. 309. — II. Bd. (Quantit. Analyse), 6. Aufl, 1913, p. 284—286 und p. 604—-606. 3 H. Molisch, Mikrochemie der Pflanze, 2. Aufl., 1921, p. 69. 4 Um jeden etwaigen Verlust an HCN zu vermeiden, benützte ich zumeist Glaskammern mit fixem Boden von 5 mm Höhe und 14 nm Durchmesser (leicht herstellbar durch entsprechendes Absprengen des Endteiles der »Apothekergläschen«). ERENNEEE Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 391 Luft, langsam aufsteist und vom hängenden Silbernitrattropfen absorbiert wird. In kurzer Zeit bildet sich in diesem eine — oft schon makroskopisch sichtbare — weißliche Trübung, die sich bei mikroskopischer Betrachtung meist als ein Gewirr kleinerer und größerer feinster Nadeln! von Silbercyanid erweist (Fig. 1,.a). Die allmähliche Bildung (zuerst am Tropfenrand, dann auch in der Tropfenkuppe) und Verdichtung des Cyansilberniederschlages läßt sich mit dem Mikroskop gut verfolgen. — Da der Siedepunkt von HCN bei 26° liegt, genügt schon ein ganz vorsichtiges und kurzes Anwärmen über dem Mikrobrenner, um die Reaktion bei Spuren von Blausäure zu beschleunigen. a) Nadeln, Ranken und Drusen von Silberceyanid, im hängenden Tropfen entstanden. b) Schachturmartige Krystalle von Silbereyannitrat. — c) Silbereyanid umkrystallisiert in NH3; Kleeblattformen. — d) Silber- cyanid, mit heißer 50 0/,-HNO, umkıystallisiert; feine Nadeln und Nadel- büschel. — Vergr. 285. 2. Krystallform. — Optisches Verhalten von Silber- cyanid. Die so entstehenden Krystalle sind äußerst charak- teristisch und bei einer gewissen HCN-Konzentration völlig iden- tisch mit den durch Umkrystallisieren von amorphem Silbercyanid in heißem K,CO, erhaltenen Krystallnadeln. Wenn auch die Krystall- form je nach der Schnelligkeit und Menge der absorbierten HCN etwas schwankt (sind nur Spuren von HCN vorhanden und erfolgt ihr Freimachen sehr langsam, so bilden sich relativ große, kom- pakte Krystalle oder Sphärite in der Randzone des Tropfens), so sind sie doch stets gut ausgebildet; nur in einer sehr konzen- trierten Blausäureatmosphäre, z. B. beim Halten eines Reagens- tropfens über die Öffnung eines Behältnisses von altem Cyan- kalium, entstehen weniger schöne Krystalle, die einigermaßen 1 In der Ausbildung charakteristischer Ag CN-Krystalle — durch diese Ver- suchsanordnung ermöglicht — liegt der Vorteil dieser Methode. MEET er. "ra 392 H. Brunswik, zusammenbacken. — Im polarisierten Lichte leuchten die Silber- cyanidkrystalle auf und zeigen eine gerade Auslöschung. Es ist dies — nebst Krystallform und Lichtbeständigkeit — ein brauch- bares Unterscheidungsmerkmal gegenüber den tesseralen, bei gekreuzten Nicols in allen Lagen dunkel bleibenden Krystallen von AgCl, 3. Bildung von Silbereyannitrat AgCN.2AgNO,. Wird Silbereyanid in heißer, konzentrierter AgNO>-Lösung oder in konzentrierter Salpetersäure gelöst, so gelingt, wie schon Wöhler (1824) und Bloxam! feststellten, beim Erkalten die Abscheidung von Silbereyannitrat 2AgNO,.AgCN. Dieses Doppelsalz? krystallisiert in langen, weißen, glänzenden Nadeln, die an der Luft sehr beständig sind, sich nicht schwärzen und sich ohne Zersetzung mit Alkohol waschen lassen; beim Eintragen in H,O überziehen sie sich sofort mit AgCN, ohne sich völlig zu lösen. Läßt man einen Reagenstropfen, in dem sich auf die beschrie- bene Weise Silbercyanidkrystalle gebildet haben, an der Luft ein- trocknen, so bemerkt man nach einiger Zeit, wenn nur mehr geringe Flüssigkeitsmengen übrig sind, daß die Cyansilberkrystalle unter Einwirkung der so entstandenen konzentrierten Lösung von AgNO, oder, wenn alles Silber verbraucht, infolge der konzentrierten HNO, _ in schöne, stark lichtbrechende prismatische Krystalle umkrystalli- sieren, die nichts anderes darstellen als das vorerwähnte Silber- cyannitrat AgCN.2AgNO,. Bei Zusatz von Wasser erscheinen diese Krystalle augenblicklich wie angenagt, mit körniger Öber- fläche, bleiben jedoch weiterhin unverändert (unter dem Schutz des gleich gebildeten AgCN). — Daß die Bildung mikrochemisch kleiner Mengen des Doppelsalzes bloß durch konzentrierte AgNO,- Lösung, respektive konzentrierte HNO, oder beider zugleich auch ohne Erwärmung (wie bei der makrochemischen Darstellung) vor sich geht, erscheint nicht weiter verwunderlich. Da sich, wie oben bereits angeführt, AgCN in konzen- triertem wässerigen AgNO, einigermaßen löst, so kann die Kon- zentration des Reagens (AgNO,) nicht ohne Einfluß auf die Empfindlichkeit der Reaktion und auf die erscheinende Kry- stallform von AgCN sein. In der Tat ließ sich dies durch Versuche bestätigen. Während — bei gleich- mäßig gebotener HCN-Menge — in sehr stark verdünnten (bis über 10/,) Ag NO;- Lösungen Cyansilber als ein schönes Nadelgewirr ausfiel, entstanden in verdünntem (3 bis 5.0/,-) Silbernitrat üppige Nadeln und Ranken von AgCN, bei ziemlich kon- zentrierten Silbernitratlösungen schließlich war das Erscheinen der Krystalle wesent- lich verzögert, dafür traten aber wohl ausgebildete prismatische oder schach- turmartige, stark lichtbrechende Einzelkrystalle auf, die schon in reinem Wasser und in verdünnter HNO, scheinbar braun und wie angenagt wurden, ohne ihre Gestalt zu ändern oder sich wahrhaft zu lösen — ohne Zweifel also bereits das früher beschriebene Silbereyannitrat waren (Fig. 1, D). 1 Ch. L. Bloxam, ]. c. (1883 und 1884). 2 Vgl. Friedheim-Gmelin-Kraut, Handbuch der anorganischen Chemie, N, len Bel, Non 2105102, Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 293 In allen Fällen kann man demnach eine 1°/,-Lösung vom Silbernitrat als Reagens verwenden, wobei weder eine Verzöge- rung des Ausfallens von AgCN, noch die Bildung von AgCN.2AgNO, eintritt. 4. Eindeutigkeit der Reaktion. — Die Reaktion kann als vollständig eindeutig bezeichnet werden. Schon allein der Umstand, daß nur gasförmige Körper in Reaktion treten können, schließt die meisten anderen Substanzen aus. Ähnlich verhalten sich nur HCI-Dämpfe und Rhodanwasserstoff (Thiocyanwasserstoff), weshalb die Unterschiede zwischen AgCN gegenüber AgCl (Chlor- silber) und AgCNS (Rhodansilber) näher festgestellt werden sollen. a) Silberchlorid AgCl. — Silberchlorid entsteht auch im hängenden Tropfen, selbst bei sehr langsamem Freiwerden und Ab- dunsten von HC], jedoch niemals gut krystallisiert wie As CN, sondern nur als amorpher Niederschlag, der erst durch Umkrystallisieren mit NH, in die bekannten tesseralen Krystalle übergeführt werden kann. Sie unterscheiden sich von den auf dieselbe Art erzielten AsCN-Krystallen: 1. durch ihre Gestalt [AgCl: Würfel, Oktaeder, kreuzförmige oder ordenssternartige Bildungen — AgCN: die be- schriebenen Nadeln und Nadelaggregate, nach dem Umkrystalli- sieren mit NH, meist knollig-kugelige Bildungen oder Kleeblatt- losen (Bio. 1 a); 22 durch ihr Verhalten im Lieht, die AgCl- Krystalle werden in kurzer Zeit blau, dann violett bis schwarz durch die zersetzende Wirkung des Tageslichtes, während die ASCN-Krystalle als praktisch lichtunempfindlich zu bezeichnen Said 0. durch, ihr Verhalten=im. polarisierten -Bieht; die tesseralen Chlorsilberkrystalle erscheinen in allen Lagen dunkel, die von Cyansilber leuchten bei gekreuzten Nicols stark auf, zeigen gerade Ausiöschung und die sphäritischen Bildungen (Kugel- und Kieeblattformen) das »Brewster'sche« Kreuz; 4. durch die versehiedene Löslichkeit in konzentrierter HNO,. Während AsCl und AgCN mit ihrer Löslichkeit in Ammoniak, Cyankalium und Natriumthiosulfat übereinstimmen, lassen sie sich durch kon- zentriertes HNO,, besonders in der Wärme, gut unterscheiden. AgCl wird selbst durch rauchende Salpetersäure nicht angegriffen, ASCN löst sich unter Deckglas bereits beim vorsichtigen Erwärmen mit einer zirka 60°/,-HNO, bis knapp an den Siedepunkt und fällt, bei nicht zu geringen Mengen, während des Erkaltens in zarten Nadeln und dichten Nadelbüscheln wieder aus. (Eine gute Kontrollreaktion dafür, ob wirklich Cyansilber vorliegt! Fig. 1, d). ©. Brunck! hat zuletzt diese Verhältnisse makrochemisch eingehend geprüft und fand, daß Silbereyanid in kalter, verdünnter HNO, auch in frisch gefälltem, fein verteiltem Zustand ganz unlöslich? ist; bei höherer Temperatur, namentlich 1 0. Brunck, Die Cyanverbindungen des Silbers und Kupfers in. der Gewichtsanalyse. Ber. d. Deutsch. chem. Ges., 34. Jahrg., II. Bd., p. 1604 — 1609. 2 Das Silbernitratreagens kann deshalb mit verdünnter HNO; angesäuert werden (bis zu einem Gehalt von 100, HNO,), ohne daß Reaktionszeit und Kıystall- Sitzungsberichte d mathem.-naturw. Rl, Abt. I, 130. Bd. 29 394 H. Brunswik, in der Siedehitze und bei stärkeren Salpetersäurekonzentrationen findet eine umkehr- bare Reaktion statt: AgCN + HNO, 7 Ag NO, + HCN, wobei HCN teilweise in der Flüssigkeit verbleibt und beim Erkalten Silber neuerdings feinflockis fällt. Auf Grund der angeführten Unterschiede ist eine Unsicher- heit, ob AgCl oder AgCN im hängenden Tropfen vorliegt, wohl ausgeschlossen, ja man kann sogar Chlor und Blausäure in einem Silbernitrattropfen zugleich nebeneinander nachweisen, wie sich z. B. aus den später zu schildernden Versuchen mit Tabak- rauch ergibt. Daß selbst sehr stark verdünnte HCl bei genügender Reaktionsdauer durch diese Methode auf das Silbernitrat im hängenden Tropfen einwirkt, zeigt folgender Versuch: In drei Glaskammern werden je 4 Tropfen einer 20/,-Oxalsäure gebracht: hierauf werden in die eine von ihnen 5 Tropfen 1'20/,-KCI-Lösung, in die andere 5 Tropfen einer 10 0%/,-NaCl-Lösung, in die dritte Kochsalz in Form einiger Körnchen hinzugefügt und alle drei mit einem hängenden Silbernitrattropfen abgeschlossen. Nach 16 Stunden ist in allen drei hängenden Tropfen ein feinkörniger Niederschlag zu beobachten (und zwar in einer, der verwendeten Chlorkonzentration proportio- nalen Menge), der mit NH, vorsichtig umkrystallisiert, die typischen, am Licht sich bald schwärzenden Krystalle von AgCl liefert. Von der in den angeführten Systemen (Alkalichlorid-Oxaisäure) teilweise entstehenden Salzsäure sind daher deutlich nach- weisbare Mengen abgedunstet und vom Silbernitrat absorbiert worden. Bei der Untersuchung von chloridhaltigen Proben auf HCN (respektive Cyanide) wird daher beim Ansäuern mit H,SO, oder selbst mit einer schwachen organischen Säure stets — bei längerer Expositionsdauer — auch etwas HCl in Reaktion treten, vermag aber — nach der angeführten deutlichen Unterscheidbarkeit von AgCl und AgCN — die Eindeutigkeit der Reaktion keineswegs. in Frage zu stellen.! B) Silberrhodanid AgSCN. Nicht so leicht lab sich Rhodansilber vom Cyansilber unterscheiden. Beim Abdunsten von Rhodanwasserstoff (Siedepunkt bei 85° C., also bedeutend höher als der von HCN) bildet sich AgSCN an der Oberfläche des hängenden Tropfens in Form von Nadeln oder Körnchen, so daß die Krystallform und das optische Verhalten (leuchtet ebenfalls im polarisierten Lichte auf) keine klaren Unterschiede gegenüber AgCN form nachteilig beeinflußt würden. Blausäure ließe sich daher eventuell mit Vorteil zum mikrochemischen Silbernachweis heranziehen. Wenn hierbei infolge der gerin- geren Molekülgröße von AgCN die Empfindlichkeit der von Erich Bayer (Über eine neue Rubidium|Cäsium]-Silber-Goldverbindung und ihre Verwendung zum mikıo- chemischen Nachweis von Gold, Silber, Rubidium und Cäsium. Sitzber. d. Akad. d. Wiss. Wien, math.-naturw. Kl., Abt. IIb, 1920, 129. Bd., p. 243) in jüngster Zeit vorgeschlagenen Reaktion auch nicht erreicht werden dürfte, so steht dem die Einfachheit des verwendeten Reagens (aufsteigende HCN-Dämpfe) für den prakti- schen Gebrauch gegenüber. 1 Bei den pflanzlichen HCN-Verbindungen, die nur durch Fermentation bei neutraler Reaktion Blausäure abspalten, fällt dieser Umstand sogar völlig weg (vgl. p. 24). Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindunsen. 395 P 8 bietet. In bezug auf ihre Lichtbeständigkeit halten die AgSCN- Krystalle etwa die Mitte zwischen AgCl und AgCN. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal gegenüber AgCN ist nur Eerenloshiechkeit in’ konzentrierter ‘(über 60%,)' HNG@;, während AgCN, wie bereits erwähnt, durch 60°, HNO, in der Wärme leicht umkrystallisiert werden kann. AgSCN ist jedoch in einer konzentrierten AgNO,-Lösung (1 Gewichts- teil H,O — 2 Gewichtsteile Ag NO3,) beim Erhitzen unter Deckglas beträchtlich 1ös- lich und beim Erkalten krystallisiert das Doppelsalz 2 Ag NO,.AgSCN (Silbernitrat- Silberrhodanid) in schönen, durchsichtig glänzenden Prismen, vier- oder sechseckigen Tafeln aus, die lichtbeständig sind und mit Alkohol (96 0/,) ohne Schaden gew a werden können. Setzt man dem Deckglasrand etwas Wasser zu, so erden die Krystalle sofort braun, erscheinen wie angenagt, doch das oberflächlich gebildete AgSCN verhindert die weitere schnelle ersannz des Doppelsalzes, so daß die Krystalle auch im Überschuß von Wasser oder in verdünnter HNO, ungelöst bleiben. Noch viel ratsamer ist es jedoch, die Gegenwart, respektive die Abwesenheit von Thiocyanwasserstoffsäure und der Rhodanide durch die bekannte! Reaktion mit bis zur Farblosigkeit verdünntem Eisenchlorid [Bildung des blutroten Eisenrhodanids Fe(SCN),] sicherzustellen. Es kann dies entweder durch direktes Zusetzen von stark verdünntem FeCl, zum angesäuerten Probetropfen geschehen oder falls dies aus irgendeinem Grunde untunlich, mit FeCl, im hängenden Tropfen, eventuell gleich am selben Objekt- träger, neben dem Tropfen des 1°/,-Silbernitratreagens. Bei letztgenannter Versuchsanstellung kann noch die Rhodanwasserstoffsäure, die beim Zusammenbringen von drei Tropfen einer 0°010/,-Rhodanammonlösung (1:10.000) mit einem Tropfen verdünnter HNO, oder H,SO, entsteht und abdunstet, in Form einer deutlich gelbroten Färbung im hängenden Fe Cl,-Tropfen nachgewiesen werden (Reaktionszeit höchstens 20 Minuten). Auch Silberrhodanid ist demnach durch verschiedene Methoden von AgCN gut und einfach zu unterscheiden. x) Entstehung eines Silbercarbonates. Bei der Anwendung der Reaktion auf die verschiedensten Objekte stieß ich in zwei Fällen — bei der Prüfung von frischem menschlichen Speichel (rein oder mit starkem Chloroformzusatz ver- wendet) und bei der Analyse von frisch zerriebenen Wasserasseln — auf die Bildung schöner gelblicher Krystalle, Drusen oder Sphärite im hängenden Ag NO;-Tropfen. Die Natur dieser Krystalle ließ sich in annähernder Weise leicht feststellen. Schon in ganz schwacher HNO, lösten sich die genannten Krystalle blitzschnell (Gegen- satz zu AgCN, AgCl, AgSCN!), in 20 05 Essigsäure und in konzentrierter HC] verschwanden sie sehr rasch unter Gashlaseuentwicklung und es hinterblieben bei Anwendung von Essigsäure einige kleine gelbliche Komnehen (wohl beigemischtes Silberoxyd), bei Zusatz von konzentrierter HCI Pseudomorphosen von AgCl, wie sich durch Umkrystallisieren mit NH, ergab. Es ist demnach nicht zweifelhaft, daß es sich hierbei um ein Silbercarbonat handelt. Der menschliche Speichel enthält bekanntlich bedeutende Mengen von CO, (bis 67 Volumprozent der Gase), teils direkt auspumpbar, teils aus Bicarbonatbindung allmählich freiwerdend. Diese Kohlen- säure wird vom hängenden Tropfen langsam absorbiert, ebenso wie die aus dem 1 Vgl. F. Emich, 1. c., p. 146. 396 H. Brunswik, frisch angeriebenen, partiell weiteratimenden Wasserasselbrei. — Auch Wiener Leitungs- wasser, das mit durchgeblasener Atemluft (4 0/, CO,) gesättigt wurde, und mit Atem- luft gefüllte Seifenblasen lieferten in der Glaskammer — wenn auch langsamer — im hängenden Ag NO;-Reagens Krystalle und Sphärite vom selben chemischen Ver- halten. Eine Verw Let ng dieses Silbercarbonates mit Silbereyanid erscheint wohl ausgeschlossen. 5. Empfindlichkeit der Reaktion. — Da Silbereyanid noch unlöslicher ist als AgCl, ist auch die Empfindlichkeit der Reaktion eine beträchtliche. Es läßt sich auf die angegebene Weise noch die Blausäure von einer Cyankaliumlösung 1:400.000 (= 0:00025 °/,) eindeutig aus t/,, cm” (1 Normaltropfen) nachweisen, was einer HCN-Verdünnung von 1:1,000.000 (= 0:0001°/,) ent- spricht, das sind 0:06 y (Mikrogramm) HCN in einem Normaltropfen gelöst.! Benützung eines kleinen, niedrigen Glasringes sowie rasches Hantieren beim Ansetzen der Reaktion, respektive beim Säurezusatz erhöhen die Empfindlichkeit der Reaktion, die mit’ jener der bekannten Chlorreaktion mit AgNO, zu vergleichen ist. Behrens eipr nr sie ais Empändliel hkeitsgrenze 0°05 y an. Infolge dieser Empfindlichkeit ist bei der Durchführung der Reaktion noch auf einige Umstände zu achten. Während der größte Teil der Proben in reiner Luft, in einem’Raum obne Gasleitung und Gashahn durchgeführt wurde, arbeitete ich gelegentlich neben einem Tag und Nacht geheizten Paraffinofen. Es zeigte sich hierbei, daß zur Kontrolle aufgestellte Leerproben (leere Glaskammer mit Ag NO, im hängenden Tropfen) in Spuren positiv auf HCN reagierten. Wie die folgenden Versuche zeigen, muß die Luft durch etwas ausströmendes Leuchtgas verunreinigt gewesen sein (»Labo- ratoriumsluft«). Das Rohleuchtgas enthält bekanntlich Cyanwasserstoff und andere Cyanide in größerer Menge. Diese Stoffe werden beim Gasreinigungsprozeß großenteils zurück- gehalten, nichtsdestoweniger enthält das Leuchtgas von Wien derzeit noch beträchtliche Mengen von Blausäure, wie aus folgenden Versuchen her- vorgeht.> 1. Läßt man Leuchtgas gegen einen Tropfen des Silbernitratreagens aus- strömen, so ist dieser nahezu im Augenblick von einer Kruste von Silber- eyanidkrystallen (Nadeln) überdeckt. — Schöne Krystalle sind erst in einiger Entfernung von der Gasquelle (d. i. bei geringerer Konzentration) erzielbar. 2. In einen 11/,2-Kolben wird durch 3 Sekunden Leuchtgas mit einem Schlauch eingeleitet. Nach 1/, Stunde offenen Stehens dieses Kolbens ist mit dem 1 Nach G. Anderson, [Prüfung der wichtigsten Methoden zum qualitativen Nachweis der Blausäure, Ztschr. f. analyt. Chem., 55. Bd. (1916), p. 459—468], ist die makrochemische Empfindlichkeitsgrenze bei einer Konzentration von 000010), KCN erreicht (nur als Opaleszenz in 12cm hoher Schicht gegen schwarzes Glanz- papier erkennbar) — ist demnach nur 21/,mal größer als die” Mikroreaktion in der geschilderten Anordnung. Auch die Nachprüfung von J. M. Kalthoff (Über den Nachweis und die Bestimmung kleiner Mengen Cyanwasserstoff, Ztschr. f. analyt. Chem., 57. Bd., 1918, ». 145) ergab Br praktische Empfindlichkeit von 0:000250/, KCN im Liter, stimmt also mit den von mir gefundenen Mikroempfind- NONE gut überein. 2 H. Behrens-Kley, l.c., p. 172. 3 Nach der Analyse des städtischen Gaswerkes Wien enthält 2 Reingas 16—20 mg HCN. u; . - .. . ID} Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 397 Geruchssinn kein Leuchtgas mehr in ihm festzustellen. Trotzdem tritt, wenn man den Hals des Kolbens mit einer Glasplatte abschließt, die 10/, Silbernitrat im ‘hängenden Tropfen trägt, in diesem im Verlauf von zirka 10 Minuten deutliche HCN-Reaktion ein. Außer durch Leuchtgas ist die Luft jedoch auch häufig durch Tabakrauch verunreinigt und kann somit das Reaktionsergebnis auch dadurch beeinflußt werden. Schon seit langem ist das Vor- handensein von Blausäure im Tabakrauche behauptet worden und durch die Arbeiten von Toth! sowie von Lehmann und Gundermann? wurden die quantitativen Verhältnisse überein- stimmend sichergestellt, wenn auch die Frage noch offen blieb, ob im Tabakrauch primär Dicyan (CN), enthalten sei ein oder ob gleich Cyanwasserstoff entsteht (Lehmann). Durch folgende Versuche läßt sich der Blausäuregehalt des Tabakrauches mikrochemisch leicht nachweisen: 1. Da nach den Feststellungen von Lehmann’ in der Mund- höhle des Rauchers etwa die Hälfte der Cyanverbindungen zurück- gehalten werden, wurde zuerst der Reagenstropfen (1°/, AgNO, neutral oder mit HNO, schwach angesäuert) zwischen Zigarette und Raucher eingeschaltet. Eine etwas größere Glaskammer (20 mm Durchmesser, 14 mm Höhe) mit einem für den Ag NO,-Tropfen bestimmten heraushebbaren Glasplättchen am Boden derselben wird mit einem doppelt durchbohrten Kautschukstöpsel gut verschlossen. Durch die eine Bohrung wird ein Glasröhrchen derart eingesetzt, daß an das freie Ende mit einem Kautschukschlauch die Zigarette angesetzt werden kann, während das andere Ende in der Glaskammer knapp oberhalb des Reagenstropfens am Boden mündet; in die andere Bohrung wird ein nur wenig in die Glaskammer hinein- reichendes Glasröhrchen eingefügt, an dessen rechtwinkelig abgeknicktem Ende der Raucher zu saugen hat. Das Röhrchen zwischen Zigarette und Kammer wird mit Baumwolle leicht angefüllt, so, daß sich die zahlreichen Teerprodukte des Rauches daran niederschlagen, ohne daß der Zug darunter leidet. Wird eine halbe oder auch nur eine Viertelzigarette an dem Tropfen in der Glaskammer vorbeigeraucht, so ist derselbe von einer dicken, braunglänzenden Kruste überzogen, die als solche nicht günstig zur weiteren Untersuchung ist. (Doch manchmal sind unter ihr bereits charakteristische Nadeln von AgCN zu finden.) Wird diese aber mit 50°/, HNO, unter Deckglas bis zum sachten Sieden erwärmt, so geht alles bis auf die gebildeten AgsClI- Krystalle (nur ein kleiner Bruchteil; Lehmann’ fand makro- chemisch auf ähnliche Weise. 5 bis 20°/, Chlorsilber neben Cyan- silber!) in Lösung und beim Erkalten des Präparates fällt reich- lich Cyansilber in den beschriebenen Einzelkrystallen, Nadeln und 1 Julius Toth, Über die im Tabakrauch enthaltenen Cyanverbindungen. Chem. Ztg., 34. Bd. (1910), p. 298—299 und p. 1357. — Über die Cyanverbindungen des Tabakrauches. Chem. Ztg., 35. Bd. (1911), p. 1262. 2 K.B. Lehmann und K. Gundermann, Neue Untersuchungen über die Bedeutung der Blausäure für die Giftigkeit des Tabakrauches. Archiv f. Hygiene, 76. Bd. (1912), p. 383 —115. 398 H. Brunswik, / Nadelbüscheln aus (vgl. Fig. I, d). Hiermit sind Cyanverbindungen und HCl im Tabakrauch zugleich nachweisbar. Rhodanide konnten beim Vorbeirauchen von einer ganzen Zigarette an einem an- gesäuerten Fe Cl,-Tropfen nicht nachgewiesen werden, was mit Lehmann’s auf anderem Wege gewonnenen Ergebnissen überein- stimmt. ‘2. Die geschilderte Methode ist für die Empfindlichkeit des verwendeten Blausäurereagens eigentlich noch zu roh; es fallen ganz bedeutende Mengen von AgCN aus. — Bläst man in einen 1/,1-Erlmeyerkolben einen schwachen Zug Zigarettenrauch, ver- stopft die Mitte des Halses mit einem lockeren Wattebäuschchen (zur Abhaltung der Teerprodukte) und bedeckt die Öffnung des Gefäßes mit einem Objektträger, der 1°/, neutrales oder schwach angesäuertes AgNO, im hängenden Tropfen trägt, so entsteht als- bald (5 Minuten) eine schwache Kruste, die sich, wie bei Ver- such 1, durch Umkrystallisieren mit heißer 50%, ENO2 2 AgCN und AgCl scheiden läßt. Auch mit NH, kann die Kruste in Krystallform übergeführt werden. Ein zweites und drittes Sublimat von einem solchen Erlmeyerkolben enthält ebenfalls noch nachweis- bare AgCN-Mengen, da HCN erst langsam emporsteigt. 3. In einem großen Zimmer (5 X 6 x 41, m) werden drei Zigaretten hinter- einander normal geraucht. Von vier am Tisch in der Mitte des Zimmers exponierten Reagenstropfen, über Wasser derart hängend, daß seitlich die Rauchluft ungehindert hereindiffundieren kann, reagierten drei überhaupt nicht auf HCN, auch nicht nach 3 Stunden; nur der vierte hängende Tropfen, der knapp neben der beim Rauchen benützten Aschentasse aufgestellt war, lieferte deutliche Ag CN-Krystalle. Blausäure (respektive Dicyan) ist demnach noch in einem ausgeblasenen Zuge von Tabakrauch leicht direkt mikrochemisch nachweisbar, gegen eine mäßige Tabakrauchatmosphäre ist das Reagens jedoch normalerweise nicht mehr empfindlich. Immerhin zeigen die angeführten Versuche, daß man sich bei mikrochemischer Untersuchung auf Blausäure nach der beschrie- benen Methode vor Verunreinigung der Luft mit Tabakrauch und besonders mit Leuchtgas zu hüten hat. Kontrolleerversuche können vor Fehlschlüssen bewahren. ; b) Färbbarkeit der Silbercyanidkrystalle. In jüngster Zeit wurde vom Verfasser! gezeigt, daß Silber- chloridkrystalle beim Umkrystallisieren mit Ammoniak durch Zusatz geeigneter organischer Farbstoffe (Methylenblau, Eosin, Bismarckbraun) während ihres Entstehens echt zu färben sind. — In ähnlicher Weise gelingt dies auch mit den Cyansilberkrystallen. Naturgemäß konnten auch hier nur ammoniakbeständige Farbstoffe ı H, Brunswik, Über die Färbbarkeit der Silberchloridkrystalle mit organi- schen Farbstoffen. Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie ete., 38. Bd. (1921), p. 150—152. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 399 verwendet werden. Die beim Umkrystallisieren von AgCN mit NH, erzielten Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt; der erhaltene Farbton, da nicht immer identisch mit dem des Farb- stoffes, sowie die Beeinflussung des Krystallhabitus,! unter sonst gleichen Bedingungen, wurden jeder Rubrik beigefügt, ebenso — vergleichsweise — die nach derselben Methode erzielten Färbungs- ergebnisse bei AgCI (Silberchlorid) und AgSCN (Silberrhodanid). Das Umkrystallisieren läßt sich bei AgCN nur im unbedeckten Tropfen durchführen, da das zuerst entstehende Silberammoniumcyanid nur bei Luftzutritt das NH, wieder abgibt und so Silbereyanid zum Ausfallen gelangen kann. Sämtliche als positiv angegebenen Krystallfärbungen sind homo- gen und als »echt« zu betrachten; sie sind völlig beständig gegen Waschen mit Wasser, Alkohol, 20 °/, Essigsäure, 20 bis 40 °/, kalter Salpetersäure etc. Doch nicht nur beim Umkrystallisieren mit NH,, sondern auch bei dem eben geschilderten Blausäurenachweis mit AgNO, kann man gefärbtes Silberceyanid sofort im hängenden Tropfen erzielen, indem man dem Silbernitratreagens ein wenig Methylenblau zusetzt. Bei genügend schwacher Farbkonzentration (der hängende Tropfen soll wasserblau sein) sind die entstehenden Körnchen, Nadeln, Ranken, Drusen oder Sphärite von AgCN zart, aber deut- lich blaugrün gefärbt. Eosin, Bismarckbraun, Patentblau und Nigrosin flocken mit dem Elektrolyten AgNO, aus und können daher für diesen Zweck nicht verwendet werden. Orange G. kann zwar dem Silbernitrat ohne Schaden zugesetzt werden, beeinflußt aber die Krystallform von AgCN nicht günstig und die erzielte Färbung (orange-rötlich- braun) besitzt im Gegensatz zu der mit Methylenblau für die mikroskopische Beobachtung zu wenig Tinktionskraft. Die Beigabe von Methylenblau zu dem 1°/,-Silbernitratreagens wurde von mir fast stets durchgeführt, da sie sich als sehr vor- teilhaft erwies. Besonders bei Anwendung der Reaktion auf pflanz- liche und tierische Objekte (HCN- und Emulsinnachweis) können die manchmal auftretenden Körnchen, Decken oder Krusten von reduziertem Silber (Silberspiegel) sowie die mit Chloroform über- gehenden Verunreinigungen auf den ersten Blick von den stets schön blaugrün gefärbten Silbercyanidkrystallen unterschieden ‚werden. Im Jahre 1894 sagte OÖ. Lehmann? in der Schlußbemerkung zu seiner Arbeit über künstliche Färbung von Krystallen: »Die Möglichkeit, Krystalle zu färben und die auftretenden Unterschiede 1 Eine derartige, durch Farbstoffe als Lösungsgenossen bewirkte Struktur- störung der Krystalle, die bis zur völligen Auffaserung führen kann, beob- achtete schon OÖ, Lehmann (Wied. Ann. d. Physik u. Chemie, Neue Folge, Bd. 51 1894), p. 68—70). 2 (O., Leimmenam, Ike, 1. 70, 4)0 H. Brunswik, Übersicht über die Färbbarkeit der Krystalle von AgCN, AgCl und AgSCN. =, an Er R Bewirkt ze nr y Farbstoff Färbt Ag CN _ als Krystallform Färbt AgCl |Färbt AgSCN IE ii - | = » Bismarckbraun (dunkelgelb) Knollen 1 f Boraxkarmin (rosaviolett) Knollen 0) 0) Brasilin 0) == (0) TER NE Ar Strahlensterne — | ei \ Eosin 'wässerig (leuchtend rot) Knollen | 0 an T Strahlensterne — & Fluaeszin (gelbrot) ineillen h Indigokarmin (0) = | 0) Kongorot 0 — N n T Kleeblattformen, a u nee Knollen | $ T 2 | Naphthol 0 Br 0 eG schwarz “ zerfasert, feinste, T Nigrosin Giolerh) zart lila gefärbte (zerfasert 0) ; Krystalltrichite jedoch leicht) 0 : i Kleeblattformen, Sa Orange G. ENT = empfindliche 0 (rotorange) Knollen farblose insel krystalle + strahlige Sphärite, | P 1 L ! ? Patentblau (erüinlich) Doppelpinsel, a) VE) Knollen | | Zeichenerklärung: 7 färbt echt und dilut, 0 färbt ass, — nicht untersucht. * Die Färbbarkeit von Ag Cl mit Kongorot ist dadurch von Bedeutung, daß sie selbst nach dem Kochen mit konzentrierter HNO, völlig unv erändert | bleibt, während der Farbstoff selbst schon bei einer Spur freier Säure in Blau umschlägt und ausflockt. Eine bloße Adsorption und Speicherung des Kongorot an die gut ausgebildeten Einzelkıystalle ist demnach ausgeschlossen, wie STERN 7: B. der Werfascet an den Chitosansalzsphäriten (Über die Mikro- chemie der Chitosanverbindungen, Biochem. Ztsch., 113. Bd., 1921, p. 117) nachweisen konnte, wo das Kongorot in den Sphäriten bei Säurezusatz in Blau umschlägt. ° Die Färbung mit Kongorot (und Nigrosin) gelingt nur bei sehr geringem Farbzusatz und langsamem Abdunsten des NEL, (unter einer Uhr- Schale z. B.), sonst tritt eine völlige Ausfaserung des Kıystallhabitus ohne Farbstoffaufnahme ein, wie es in meiner dnsshzals Hahn Mitteilung (l. c., p. 151) angegeben wurde. == Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 401 bei veränderter Wahl von Farbstoff und Krystall dürften für ana- lytische Zwecke, insbesondere für die Krystallanalyse, in manchen Fällen großen Nutzen gewähren. Man wird auch vielleicht imstande sein, aus einem Gemisch von Farbstofien, einen durch eine kry- stallisierte Substanz zu isolieren....« Diese Hoffnungen haben sich bisher nicht verwirklicht, der Ausbau der Krystallfärbungsfrage geriet seit 1900 — trotz des Aufschwunges von one a her und angewandter Mikrochemie — ins Stocken und ihre Ergebnisse waren, wie die gelegentlichen Hinweise von Emich,t Molisch? und Tunmann’?° dartun, für die Mikrochemie bisher von keiner praktischen Bedeutung. — Wenn auch im vorliegenden Falle die Färbung des Silbercyanids im hängenden Tropfen nichts für die Reaktion wesentliches bedeutet, so bietet deren Durchführung doch gewisse Vorteile für die praktische Handhabung und darum möge sie, im Sinne Lehmann’s, empfohlen sein. 2. Nachweis der Blausäure mittels Mercuronitrat. Blausäure und lösliche Cyanide reagieren mit Mercuronitrat nach folgender Gleichung: DENE NO DINO 7 Lie(eN), + Ha: es entsteht demnach das in Lösung verbleibende Mercuricyanid und metallisches Quecksilber. Peche* hat diese Reaktion in die Mikrochemie eingeführt und zum lokalisierten Nachweis der »locker gebundenen« Blau- säure im Gewebe von Prumus Laurocerasus L. benützt. Doch läßt sich Mercuronitrat (1 bis 3°/,) auch mit Vorteil zum rein qualitativen Nachweis von Cyanwasserstoff in ganz analoger Weise wie Silbernitrat (vgl. p. 8) bei Benützung einer Glaskammer im hängenden Tropfen verwenden. Die Bildung der kleinen Quecksilberkügelchen, ihre Ansammlung und teilweise Vereinigung ‘an der tiefsten Stelle des Tropfens sowie das teil- weise Sublimieren des Hg in die Umgebung des Reagens läßt sich mit dem Mikroskop schrittweise verfolgen. Auch hier gelingt die Reaktion besser bei schwächeren HCN-Konzentrationen, indem sich größere Quecksilbertropfen bilden. Unter den geschilderten Versuchsbedingungen (selbsttätiges Überdestillieren der HCN bei Zee), demnach bei Vermeidung des direkten Zusetzens von Hg,(NO,), zum Unter- suchungstropfen, der ja auch andere reduzierende Substanzen ent- halten könnte, ist die Reaktion wohl vollkommen eindeutig. Ihre 1 F.Emich, Il. c., p. 123—124; p. 143, 148, 174. ka Mollisichh ln er) pP2osnunoe 3 O0. Tunmann, ianreninilocHernie, 1913, p. 7#, p. 109 und p. 114. 4 K. Peche, |. c., p.4—86. [802 402 H. Brunswik, = Empfindlichkeit steht jedoch der mit Silbernitrat bedeutend nach; es konnte HCN noch aus einer Cyankaliumlösung 1: 5.000 (0:02 °/,) nachgewiesen werden, was einer Blausäureverdünnung. von 1: 12.000 (0:0083 °/,) entspricht. Der Grund hiefür dürfte in der teilweisen Flüchtigkeit des sich an der Grenzfläche von Tropfen und Atmosphäre bildenden Hg zu suchen sein. Wenn also der Nachweis von HCN als Silbercyanid auch 80mal empfindlicher ist als der mit Mercuronitrat, so wird letzterer trotzdem, falls es sich nicht um Spuren von Blausäure handelt, herangezogen werden können. 3. Nachweis der Blausäure mittels Benzidin-Kupferacetat. Abgesehen von den spezifischen Blausäureproben (Berlinerblaureaktion, Rhodanreaktion, in gewissem Sinne auch die Proben mit Silbernitrat, Mereuronitrat, Pikrinsäure-Soda ete.) ist noch eine Reihe von Farbenreaktionen bekannt, welche infolge ihrer großen Empfindlichkeit, trotzdem sie nicht völlig eindeutig sind, als Vorproben in der makrochemischen Analyse verwendet werden. Sie beruhen alle darauf, daß Blausäure in Gegenwart von Cuprisalzen oxydierend wirkt und dadurch verschiedene farblose Substanzen in ihre gefärbten Oxydationsprodukte umgewandelt werden. In dieser Weise werden Guajakharz- CuSO,, Aloin-CuSO,, alkalische Phenolphtalinlösung verwendet und in neuerer Zeit hat Moir? Hydrocoerulignon-Kupferacetat, respektive Ben- zidin-Kupferacetat empfohlen. Da die beiden letztgenannten Reagentien sich durch ihre Haltbarkeit und große Empfindlichkeit auszeichnen und dem Behrens’schen Prinzip der »Krystallfällung« entsprechen, so er- schienen sie für mikrochemische Untersuchungen sehr geeignet. Leider war ich nicht in "der' Lage, mir Hydreeoeretenen (CoH,s0, — ein Diphenylderivat; Empfindlichkeit 1: 5,000.000 )) zu verschaffen; die Anwendung von Benzidinacetat-Kuptri- acetat ergab jedoch sehr günstige Resultate. a) Reagens. Als Reagens wurde in Anlehnung an’ die Angaben von Pertusi und Gastaldi® ein Gemisch von folgenden Substanzen verwendet: 1 cm? 3°/,-Kupriacetatlösung, 10 cm? ge- sättigte Benzidinacetatlösung und 16cm” reines Wasser. Das Reagens hat — in dickerer Schicht — eine schwachgelbgrüne Färbung und ist einige Zeit haltbar. b) Reaktionsverlauf und Beschaffenheit des Reaktions- produktes. Um die Eindeutigkeit der Resktion einigermaßen zu erhöhen (vgl. Punkt c) wurde auch in diesem Falle die Probe in der Glaskammer mit dem Reagens im hängenden Tropfen durch- 1 Vgl. auch L. Rosenthaler, Der Nachweis organischer Verbindungen. Stutt- zart 1914, p. 492—495. 2 J. Moir, New sensitive test for hydrocyanic acid. Proc. Chem. Soc. May 1910, 14. Bd., p. 115. Ref. Pharmaceutical Journal, Bd. 84 (1910), p. 759. 3 C. Pertusi und E. Gastaldi, Neue allgemeine Methode zum Nachweis der Blausäure. Chem, Ztg., Jahrg. 37 (1913), p. 609—610. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 403 geführt, die leichte Verdampfung freier, respektive freigemachter Blausäure schon bei Zimmertemperatur wie in den beiden vorher beschriebenen Reaktionen benützend. Infolge der durch das Kuprisalz vermittelten Oxydations- wirkung der absorbierten Blausäure entstehen im hängenden Tropfen bei geringer HCN-Konzentration schöne blaue, nadelförmige Krystalle, während bei größeren HCN-Mengen eine mehr. einheit- liche Decke ultramarinblauer Körnchen und Nädelchen entsteht. Die chemische Natur dieses krystallisierten, wasserunlöslichen Oxyda- tionsproduktes des Benzidins ist noch nicht völlig aufgeklärt; es ist jedenfalls völlig analog dem sogenannten »Benzidinchromats, das bei Einwirkung von Chromaten und Bichromaten auf Benzidin allein entsteht (vgl. die diesbezügliche Untersuchung von Wil- stätter und Piccard!) und das auch unter diesem Namen zum mikrochemischen Nachweis von Chromsäure mit Vorteil heran- gezogen wurde,” analog auch dem »Benzidinferricyanid« (Moir- Barzilowsky), das aus Benzidin und Ferricyaniden direkt entsteht und das von Behrens’? zum mikrochemischen Nachweis der Ferri- und Ferrocyanwasserstoffsäure (Trennung durch Chinolin) ver- wendet wurde. Nach den Untersuchungen von Schlenk -und Knorr* handelt es sich in allen diesen Fällen um die ent- sprechenden meri-Diphenochinondiimoniumsalze (auf I Mol. Imin 1 Mol. Amin und 2 Äquivalente Säure enthaltend), die ihre lebhafte Färbung der chinoiden Bindung verdanken. In auch nur schwachen Säuren oder Alkalien werden diese krystallisierten blauen Verbindungen zerstört, wie schon Madelung’ festgestellt hat. Im polarisierten Lichte leuchten die größeren Krystallnadeln auf, zeigen eine gerade Auslöschung und Pleochroismus. ce) Eindeutigkeit der Reaktion. — Benzidin allein liefert entsprechende blaue Oxydationsprodukte mit Ferricyaniden, Chromaten, Bichromaten, Permanga- naten, Perjodaten, Persulfaten, Platinchlorid, Goldchlorid, Eisenchlorid; Wasserstoft- superoxyd-Peroxydasen, Ozon, Oxyhämoglobin. — Nur bei Gegenwart von Cupri- acetat geben nach Pertusi’s® Untersuchungen Bromide (sehr langsam), Jodide, Cyanide, Ferrocyanide und Rhodanide die betreffenden blauen Oxydationsverbin- dungen des Benzidins. ı R. Willstätter und Jean Piceard, Über meri-Chinon-imine II. Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. (Berlin), 1908, 41.2 Bd., p. 3245 — 3252. 2 Vgl. hierzu H. Behrens, Anleitung z. mikrochem. Analyse, 2. Aufl., 1899, p. 102. — H. Behrens-Kley, l.c., p. 89. — E. Emich, 1. e., p. 100. 3 H. Behrens-Kley, 1. c., p. 180 —181. 4 W. Schlenk und Aug. Knorr, Über chinoide Biphenylderivate. Lieb. Annalen d. Chemie, 1908, Bd. 363, p. 313—339. 5 W. Madelung, Über stark gefärbte holo- und meri-chinoide Imoniumsalze des Benzidins etc. Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. (Berlin), 1911, 44./1 Bd., ». 626—631. 6 C. Pertusi und E. Gastaldi, I. c., p. 609. 404 H. Brunswik, Durch die angegebene Versuchsanstellung werden freilich die meisten dieser Substanzen, da sie nicht gasförmig oder flüchtig sind, ausgeschaltet. Nur Ozon, Jod (Brom) und Rhodan- wasserstoffsäure verhalten sich identisch wie Cyanwasserstoff. HSCN kann, ebenso wie bei der Reaktion mit AgNO, (vgl. p. 13) durch einen beigegebenen zweiten hängenden Tropfen von ver- dünnter Fe Cl, sichergestellt werden, Jod und eventuell Brom durch einen ebensolchen von Stärkekleister, so daß die Reaktion mit Benzidin-Kupferacetat in der dargestellten mikrochemischen Anordnung doch als hinreichend eindeutig gegenüber Blau- säure bezeichnet werden kann, um brauchbare Resultate zu liefern. In der Praxis wird man trotzdem diese Reaktion wohl nie allein, "sondern in Verbindung mit dem Silberceyanidnachweis (zwei hängende Tropfen nebeneinander in einer Glaskammer) anwenden, wobei sich die Eindeutigkeit der Probe mit AgNO, und die noch größere Empfindlichkeit (vgl. Punkt d) des Benzidinreagens in bester Weise ergänzen. Für die in ihrem Wesen sehr verwandte HCN-Reaktion Schönbein’s mit Guajaktinktur-Cu SO, wird von Anderson! und Kolthoff? — anscheinend nicht unabhängig voneinander — angegeben, daß sie in ihrem Werte dadurch geschmälert sei, daß »auch indifferente Stoffe, wie Ammoniak und Zigarrenrauch« den positiven Ausfall der Reaktion bewirkten. Für das Benzidin-Kupferacetatreagens gilt dies von NH,, wie ich mich überzeugte, jedoch keineswegs. Zigarrenrauch kann aber — wie bereits früher eingehend dargestellt wurde — gegenüber einem Blau- säurereagens nicht als »indifferenter Stoff« bezeichnet werden. Der Umstand, daß Zigarrenrauch regelmäßig HCN oder Cyanide in nachweisbaren Mengen enthält, scheint den beiden genannten Autoren entgangen zu sein. Die von mir zum Nachweis von HCN im Leuchtgas und Zigarettenrauch -angestellten Versuche (vgl. p. 14 und p. 15) gelingen bei Verwendung des Benzidinreagens an Stelle des 1°),- Silbernitrates, der gesteigerten Empfindlichkeit entsprechend, noch wesentlich besser, so daß auch hierbei stets beide Proben gleich- zeitig ausgeführt wurden. d) Empfindlichkeit der Reaktion. — Wie bereits erwähnt, ist die Empfindlichkeit des Benzidin-Kupferacetatreagens eine be- deutende; aus einem Normaltropfen einer 000008 %/,-KCN-Lösung (1:1,250.000) erfolgt nach dem Ansäuern noch deutlich positive Reaktion im hängenden Tropfen (blaue Einzelnadeln, besonders am Tropfenrand). Dies entspricht einer HCN-Konzentration von 1: 3,000.000, respektive 0:02 x HCN im Normaltropfen. Die Reaktion ist daher noch dreimal empfindlicher als diejenige mit Silbernitrat im hängenden Tropfen, für eine biologische Anwendung, wo es sich meist um sehr geringe HCN-Mengen handelt, deshalb besonders geeignet. 1 'G. Anderson, 1.c. (1916), p. #67. 25 NG I Kollsleuonuın, 5 @&n OEL), jor 1: Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 405 4. Übersicht über die mikrochemischen HCN-Reaktionen. Auch die übrigen gebräuchlichen Blausäureproben wurden auf ihre mikrochemische Verwertbarkeit geprüft. Doch weder die sonst so empfindliche Rhodanreaktion (Liebig), noch die von allen Autoren übereinstimmend als recht unempfindlich und wenig brauchbar bezeichnete Probe mit Pikrinsäure-Soda, noch andere erwiesen sich als mikrochemisch mit einigem Vorteil anwend- bar, so daß auf die diesbezüglichen Untersuchungen nicht näher eingegangen werden soll. Zu der in der Mikrochemie bereits lange geübten Blausäure- ıeaktion durch Bildung von Berlinerblau direkt im Lösungstropfen können demnach zwei Reaktionen in der Glaskammer mit Silber- nitrat, respektive Benzidin-Kupferacetat im hängenden Tropfen gestellt werden, die an Einfachheit der Handhabung und Empfindlichkeit! erstgenannte noch übertreffen und zur Anwendung auf biologische Objekte durch die Möglichkeit, Spuren erst langsam entstehender HCN zu summieren, besonders geeignet erscheinen. ‘ U. Mikrochemischer HCN-Nachweis in Anwendung auf pflanzliche Objekte. ı. Rein qualitativer Nachweis. Man kann wohl sagen, sämtliche Beiunde über ein neues Vorkommen von HCN in der Pflanze, sei es als Glukosid, sei es in locker gebundener, noch nicht mäher bekannter Form, wurden bisher auf Grund makrochemischer Analyse gewonnen. Guignard z.B., der eine große Zahl blausäureführender Pflanzen ent- deckte, verwendete bei seinen Untersuchungen gewöhnlich 100 2 des betreffenden frischen Gewächses, nur in seltenen Fällen bloß 10 g. Die Vorteile, welche eine mikrochemische qualitative Untersuchung von pflanzlichen Objekten auf Blausäure bietet, liegen auf der Hand; nebst Material- und Zeitersparnis ist es der Umstand, daß die oft erheblichen Individual- und Altersschwankungen im HCN-Gehalte einer bestimmten Art bei Untersuchung eines Blattfragmentes, eines kleinen Rinden- oder Stengelstückchens oder einiger Samen- yuerschnitte, also gerade erst durch die mikrochemische Methode aufgedeckt werden (vgl. Beispiel I bis III im folgenden). In der Tat eignen sich einige der im vorhergehenden beschrie- benen Reaktionen zum Nachweis von HCN in geringen Mengen 1 Empfindlichkeit der Berlinerblauprobe nach Behrens-Kley (l. c., p. 180): 0:07 x CN, Empfindlichkeit des Nachweises mit Silbernitrat: 0:06 y HCN, desjenigen mit Benzidin-Kupferacetat: 0:02 HCN. — Eine »Geruchsdiagnose« ist bei solchen Größenordnungen völlig unmöglich! 2 L’Guignard, Sur l’existence, dans certains grosseilliers, d'un compose fournissant de l’acide cyanhydrique. Compt. rend., 141. Bd. (1905/2), p- 448—452; Nouveaux 'exemples de Rosacees a acide cyanhydrique. Compt, rend., 143.:Bd. (1906/2), p. 451. ee 406 H. Brunswik, pflanzlicher Objekte, und zwar sowohl der glukosidisch wie der »locker« gebundenen. Da sämtliche dieser Mikro-Blausäurereaktionen in der Glaskammer mit dem Reagens als hängender Tropfen ausgeführt werden müssen, können sie nur zum qualitativen Nach- weise benützt werden, sind also in ihrer Bewertung der Mikro- sublimation gleichzustellen, die in letzter Zeit in der Pflanzen- wikrochemie und bei der Beurteilung von Drogen etc. immer häufiger angewendet wird. Am geeignetsten für Pllanzenmaterial sind die beiden empfind- lichsten Proben, nämlich die mit Ag NO,-Methylenblau im hängenden Tropfen (p. 8) und die mit Benzidin-Kupferacetat (p. 20). Da letzt- genanntes Reagens zwar noch empfindlicher ist als AgNO,, aber nicht als völlig eindeutig erscheint, benütze ich entweder nur Silbernitrat-Methylenblau oder beide Reagentien zugleich, tropfen- weise nebeneinander hängend. — In die Glaskammer mit fixem/ Boden (14 mın Durchmesser, 6 mm Höhe) gelangt etwas von dem Pflanzenmaterial. Glukosidisch gebundene HCN wird beim Befeuchten der fein zerschnittenen Objekte durch die stets gleichzeitig vor- handenen Fermente (Emulsin, Phaseolunatase, Linase etc.) in meist kurzer Zeit in Freiheit gesetzt, während bei der »lockeren« HCN- Bindung (z. B. bei Prumus laurocerasus) ein möglichst rasches Einbringen der frischen, unbefeuchteten Schnitte genügt. Die Zeit der fermentativen Mazeration, diesbiessra Freiwerden der Blausäure aus den betreffenden Glukosiden ver- streicht, ist bei den einzelnen Pflanzen eine wesentlich verschie- dene; sie ist jedenfalls abhängig von (der relativen Konzentration der Glukoside, sowie von der Wasserlöslichkeit, Diffusionsfähigkeit und Wirksamkeit der entsprechenden Enzyme. Während z. B. bei Rosaceensamen, Arum maculatum, Isopyrum thalictroides, Thalic- trum aqwilegifolium, Vicia sativa die enzymatische Spaltung in kurzer Zeit (bis !/, Stunde) erfolgt, benötigt sie bei Phaseolus Iumatus bereits mehrere, bei Sambucus nigra 4 bis 6 Stunden,! so daß man die beschickten Glaskammern sicherheitshalber zirka 10 Stunden sich selbst überläßt, bevor ein endgültiger Schluß über den Ausfall der Reaktionen gezogen werden kann. Positive Resul- tate jedoch lassen sich natürlich schon viel früher gewinnen. In allen Fällen kann man aber das Freiwerden der Blausäure, insbesondere wenn es sich um Blatt- oder Stengelfragmente handelt, durch Beigabe von Anästhetika (Chloroform, Ather) beschleu- nigen. 1 Sambucus nigra enthält ein besonders träges Emulsin, was Bourque- lot und Danjou (Compt. rend., 141. Bd.. 1905/2, p. 59 und 598—-600) zuerst veranlaßte, den Blättern von Sambueus Emulsin überhaupt abzusprechen, während Ravenna von einem wässeıunlöslichen Emulsin sprach — Behauptungen, die schon von Guignard (Nouvelles observations ete. Compt. rend., 141. Bd., 1905/2, p. 1193 bis 1201) widerlegt wurden. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 407 M. Mirandel hat als erster 1909 diese Methode angewendet, indem cr Teile von HCN-führenden Pflanzen (Sprosse, Äste oder das ganze Kraut) in eine geschlossene Röhre brachte, die mit Dämpfen von Hg, CS,, Chloroform, Äther u. a. erfüllt war. Durch die rasche Tötung des Gewebes gelangten die getrennt gelagerten Komponenten, Blausäureglukosid und Ferment, alsbald in Kontakt und es wurde HCN-frei, die mittels eines aufgehängten Pikrinsäuresodapapiers nachgewiesen wurde oder sich durch den bloßen Geruch bemerkbar machte. Auf diese Weise ent- deckte Mirande eine Reihe neuer HCN-führender Pflanzen. Guignard ? erzielte mit dieser Methode bei Cruciferen (myronsaures Kalium- Myrosin) ähnliche Resultate. Wie Pougnet3 zeiste, läßt sich die Abtötung des Gewebes ohne Schädigung des Fermentes auch durch Bestrahlung mit ultra- violettem Lichte (zirka 15 Minuten) bewerkstelligen. Auch in diesem Falle wird aus den Blausäureglukosiden HCN frei. Die mikrochemische Anwendbarkeit dieser Methode soll an den Verhältnissen bei Arum macnlatum dargetan werden. Zerschneidet man ein Blattstückchen von Arum so fein als möglich und läßt die Schnitte in der Glaskammer mit Wasser mazerieren, so erscheint erst nach zirka 2 Stunden im hängenden Silbernitrattropfen ein nennenswerter Niederschlae- von Silbereyanidkrystallen. Bringt man jedoch ein Blattstückchen von zirka 1 cm? Fläche als ganzes in die Glaskammer und befeuchtet es direkt mit einigen Tropfen Chloroform (erst ein Überschuß von Chloroform schädigt Emulsin #) und schließt die Kammer durch ein Gläschen mit einem hängenden Ag NO,-Tropfen ab, so ist bereits in 5 bis 10 Minuten die Reaktion nahezu beendet und ein reicher AsCN- Niederschlag vorhanden. Ebenso verlaufen Versuche bei Zsopyrum, Rannmenlus arvensis, Melica nutans, Aspidium filix mas, Triglochin palustre. Der Zusatz von Chloroform, wie er ja in ähnlicher Weise bereits von Weevers° für den mikrochemischen Nachweis von Ammonium vorgeschlagen wurde, bietet demnach bedeutende Vor- teile und wurde daher beim HCN-Nachweise ständig angewendet. Überdies wird bei der bis auf 10 Stunden ausgedehnten Fermenta- tion jegliche Bakterienwirkung in irgendeiner Richtung hierdurch völlig ausgeschlossen. Speziell mit dem Silbernitratreagens im hängenden Tropfen wurden auf diese Weise sämtliche erreichbaren Pflanzen, denen das Vorkommen von HCN zugeschrieben wird,° geprüft und nahezu 1 M. Mirande, Influence exere&ce par certaines vapeurs sur la cyanogenese vegetale. Procede rapide pour la recherche des plantes a acide cyanhydrique. Compt. rend., Bd. 149 (1909/2), p. 140 —142. 2 L. Guignard, Influence de l’anesthesie et du gel sur le dedoublement de certains glucosides chez les plantes. Comptes rend., 149. Bd. (1909/2), p: 91— 93. 3 M. Pougnet, Actions des rayons ultraviolets sur les plantes a commarine et quelque plantes dont l’odeur provient de glucosides dedoubles. Comptes rend., 151. Bd. (1910), p. 566—569. : - 4 Vgl. E. Abderhalden. Biochem. Handlexikon, V. Bd., p. 564-568. 5 Th. Weevers, Das Vorkommen des Ammoniaks und der Ammonsalze in den Pflanzen. Rec. Trav. bot. Neerl., Bd. 13 (1916), p. 63. 6 Vgl. die letzte (1919) Liste von Rosenthaler, |. c., p. 295—297, 307—313, 324—329, 341—346. 408 H. Brunswik, in allen Fällen eindeutig nachgewiesen. Ausnahmen bildeten nur: Trifolium repens, Lepidium sativum, Crataegus oxyacantha, einige Gräser, wobei die Schuld wohl an dem Alterszustande des be- treffenden Materials liegen dürfte oder das HCN-Vorkommen da bloß fakultativ ist, wie es H. E. und E. F. Armstrong! für das Linamarin von Lotus cornicnlatus bereits feststellten, indem sie Exemplare von allen Teilen Europas untersuchten und »häufig, jedoch keineswegs immer« ein blausäureführendes Glukosid und ein entsprechendes Ferment nachweisen konnten. Die Gestalt der erhaltenen Silbercyanidkrystalle ist eine je nach Schnelligkeit der HCN-Abspaltung und erreichter Konzentra- tion recht verschiedene; nadelige, rankenförmige oder verfilzte Bildungen treten bei rascher, reichlicher Blausäureabspaltung auf (Rosaceen, Araceen, manche Ranunculaceen), während zumeist stark blau gefärbte Krystalldrusen, Sphärite oder Klumpen ent- stehen, um so größer, je langsamer die Fermentation vor sich geht. Niemals traten bei der Durchprüfung mehrerer hundert Pflanzen irgendwelche andere Krystalle auf, die durch Methylenblau gefärbt gewesen wären und der Löslichkeit von AgCN entsprachen, häufiger ist nur (z. B. bei Cruciferen) ein durch gasförmige reduzierende Substanzen hervorgerufener Silberspiegel (braune, krystallinische Körnchen oder ein zusammenhängendes Häutchen), der aber die eventuelle Krystallisation des blau gefärbten Silbereyanids nicht beeinträchtigt (z. B. bei Lepidium Draba).? Die Empfindlichkeit der angegebenen Reaktionen soll noch durch folgendes Beispiel belegt werden: Versuchsobjekt: Thalietrum aguilegifolium L., junge, unreifte Samen (Juli) von zirka 3 mm Länge und weniger als I mm Breite und Tiefe. — Es reagierten a) mit dem Silbernitratreagens in der Glaskammer (+ Chloroform) sehr rasch — 12 Samen, deutlich — 5 Samen, nach 10 Minuten eindeutig — 1 Samen; r b) mit dem Benzidinreagens sehr deutlich — 5 Samen, deutlich — 1 Samen, noch einwandfrei positiv — 1/, Same (= zirka Kugel von 1 mm Durchmesser!). 1 Henry E. Armstrong, E. Frankland Armstrong und Edward Horton, Studien über Kräuter I.: Lotus cornicuiatus, eine cyanhältige Pflanze. Proc. Royal. Soc. London, Serie B, 84. Bd. (1911), p. 471— 484. 2 Rhodanwasserstoffsäure, welche die Eindeutigkeit der Reaktion se- fährden könnte, kommt im Pflanzenreich nach Czapek (l. c., II. Bd. [1921], p. 190) nur in Cruciferensamen — wohl. in Esterbindung — vor. Außerdem gibt W.D. Kooper (Untersuchungen über die schwefelhältigen Verbindungen in Allium cepa, Ztschr. f. Untersuch. d. Nahrungs- und Genußmittel, 19. Bd. [1910], p. 569 —-571) für den Preßsaft von Allium cepa einen starken Gehalt an Thiocyanwasserstoff an. Bei der mikrochemischen Untersuchung und. bei direktem Zusatz von verdünnter Fe Cl; konnte HSCN jedoch nicht nachgewiesen werden. Der von Kooper mit Colasanti’s Reaktionen («-Naphtol, respektive Thymol + konzentrierte H,SO,) gefundene Rhodanwasserstoff dürfte daher erst bei der Analyse aus seiner Ester- bindung freigemacht worden sein. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 409 Nur beschränkte Anwendung kann die viel weniger empfindliche Reaktion mit Merkuronitratim hängenden Tropfen finden, da die Blausäureverbindungen in der Pflanze meist in sehr geringen Konzentrationen vorhanden sind und bei ihrer Spaltung nur 0:5°/, (Prunus javanicus, sehr junge Blätter) — 0:003 °/, HCN (grüne Rinde von Sambucus nigra), bezogen auf das Gewicht der frischen Substanz, entstehen. Als Untersuchungsmaterial dienten stets intakte Samen und frische Pflanzen, es wurde jedoch auch die Frage geprüft, inwieweit man Herbarmaterial! zur Ausführung dieser Reaktionen heranziehen kann, weil dadurch die Durchprüfung seltener oder ‚gerade nicht frisch zur Verfügung stehender Arten ermöglicht wäre. Die Biattfragmente der betreffenden Herbarpflanzen wurden zu diesem Zwecke möglichst fein gepulvert in die kleinen Glaskammern mit fixem Boden (vgl. p. 58) gefüllt und mit Wasser durchfeuchtet. Der Zusatz.von Chloroform wurde hierbei — als überflüssig — unterlassen. Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, konnte — wider Erwarten — in der Mehrzahl der untersuchten heimischen Blau- säurepflanzen HCN nachgewiesen werden, wenn auch überall in geringeren Mengen als beim frischen Material. Auch hier zeigen sich zwei Gruppen. Diejenigen Pflanzen, ‚die ein faßbares Blausäureglukosid enthalten (für die man daher eine getrennte Lokalisation von Glukosid und Ferment im Gewebe annehmen muß), weisen nicht so wesentlich abgeschwächte Reaktionen bei der Mazeration des getrockneten Materials in bloßem Wasser auf, z. B. Rosaceen, Pteris, Melica, Scheuchzeria, während .die Pflanzen mit noch unbekannter oder sogenannter »lockerer« HCN-Bindung (wo man also Glukosid und ein sehr wirksames Ferment in denselben Zellen annehmen . könnte), nur sehr schwach oder gar nicht mehr reagierten, z. B. Ranunculaceen, Arum macnlatım. Sambucus nigra, der, wie bereits erwähnt, ein sehr träges, schwer wasser- dösliches Emulsin hat, reagierte auch in 10 Stunden nur in Spuren; durch Zusatz ‚einiger Schnitte völlig süßer Mandeln (an Stelle eines Emulsinpräparates) konnte 1 Die einzige Angabe über den HCN-Gehalt trockener Pflanzen fand ich bei M. Mirande (l. c., p. 141), der mit seiner Methode bei trockenen Blättern gar “keine HCN feststellen konnte, bei wieder angefeuchteten Teilen nur schlechte Resul- tate erzielte. E. Couperot (Pertes en nitrates et en acide cyanhydrique, chez les plantes qui en renferment, pendant leur dessiecation, Journ. d. Pharm. et de Chimie, 6€ Serie, T. 29 [1909], p. 100 —102) erörtert zwar ebenfalls diese Frage, beschränkt jedoch seine Versuche auf drei Hollunderarten (Sambucus nigra, S. laciniala, S. racemosa), die wegen ihres besonders trägen Emulsins (vgl. p. 24) aber keines- wegs als typische HCN-Pflanzen angesehen werden können. Langsam nach phar- mazeutischer Praxis an der Luft getrocknete Hollunderblätter verlieren hierbei ein Fünftel bis einhalb ihres Gehaltes an HCN und Nitrat, was Couperot einer sekun- dären Fermentation zuschreibt; die rasch bei 60° im Trockenschrank behandelten Blätter weisen denselben HCN-Gehalt wie frische auf, was bei der schweren Spalt- "barkeit des Sambunigrins nicht verwunderlich ist (vgl. die Resultate-mit Sambucıs in umstehender Tabelle!). Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 30 + \ Sys döuopoiuossoä in ayısod „ll “uamds ur NOH (4) “ammSou 0 :Sunarjshrouoysio/ Au ’ 0 € 16T PreatauserM ER ET DT: 1 ya A gULKMUC 6167 aM BR SS 720 y a iylein akt AUdl ULIINUA FI6GT Te de ONE all Jul € HI6T RAIOIN sol EDENDS A (eB) unldrungqures 961 Feld u eg u Enz .. urse.1I9001Nne FI6I Seld Be a EEE SID AESTIHNAT, =! nal UISP.IMEINIT “UISB.1901NE7T 9767] uapeg a nsorelatoy den Skat : IL umepsAtuy FIGT Seid See sTodg v9modDoL. v1u0RND en LaBiE ul umepsluy GI6T LAN Span S7000. 1aryomajanıg . nl: L uo90y ur Yıeedoy FI6I (nr) Jouuelg | tee ST nnmofısapımbo umazanjwıyL, | 0 € FI6T Seid ee zT SISUBRAN SHINIUNWON 1 R CI6T JHoqsIouuogq a ET SET REIN“ A € SI6T Wege an 52910179017077, MmAdosı Aal Al umepsAwesrIieId FI6] nepoyyg me nn BE TE INDDESIMANN Dan | Domas-NoH Sunpurgio\-NOH | | Ä 4 a To este Sa Heu | oz pun ]lopuny | ozuepdırgq.or] op oweN urn Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 411 % die Spaltung des Sambunigrins beschleunigt werden. In diesem Falle handelt es sich also um die Schädigung des ohnehin schon wenig wirksamen Fermentes, nicht aber um eine beim Trockenprozeß bereits erfolgte Spaltung der Blausäureverbindung. Um jedoch die Anwendbarkeit und die Vorteile des mikro- chemischen Nachweises von HCN aus Pflanzenteilen mittels Ag NO,- Methylenblau, respektive Benzidin-Kupferacetat im hän- genden Tropfen besser zu veranschaulichen, mögen einige be- sonders ausgearbeitete Beispiele hiefür angeführt werden. I. Vorkommen von HCN bei der Gattung Ribes. Nachdem bereits Jorissen! 1884 gefunden hatte, daß Ribes aureum Pursh. eine blausäureführende Pflanze sei, widmete Guignard”° später dieser Gattung neuerdings seine Aufmerksam- keit. Aus den Blättern von Ribes rubrum 1L.. konnte er während der ganzen Vegetationsperiode HCN gewinnen, und zwar mit fort- schreitender Jahreszeit in immer geringeren Mengen: 0:0035%, (vom Lebendgewicht) HCN (Juni) — 0:0015°/, HCN (August). Die Rinde der einjährigen Zweige gab nur sehr wenig HCN — es genügte kaum für die Berlinerblaureaktion; in Wurzel und Samen von R. rubrum war überhaupt keine HCN nachzuweisen. Das Vorkommen von Cyanwasserstoffsäure bei KAibes aureum Pursh. konnte Guignard bestätigen, negativ verliefen seine makro- chemischen Blausäurereaktionen hingegen bei Mazeration von KRibes nigrum, R. wa crispa, R. sanguineum, R. multiflorum, R. sub- vestitum, R. prostratum, R. Gordonianum (= aureum X sangui- neum), so daß es den Anschein hatte, als sei das Vorkommen einer cyanogenen Substanz in der Gattung KRibes relativ selten. Im Verlauf eines Jahres prüfte ich nun ständig die im hiesigen botanischen Garten kultivierten 20 Ribes-Arten mittels der mikro-: chemischen Methoden und gelangte zu etwas abweichenden Ergebnissen, die in der folgenden Übersichtstabelle veranschaulicht werden. Bei der überwiegenden Mehrzahl der untersuchten Arten (14 von 20!) konnte in den jungen, eben ausgetriebenen Blättern und Stengeln HEN nachgewiesen werden, freilich in verschiedener Menge. Unter den biausäureführenden Arten reagierte neben Ribes rubrum L. weitaus am stärksten Ribes alpinum L.; Ribes nigrum, R. wa crispa, R. Gordonianum, bei denen Guignard keine Blau- säure nachweisen konnte, lieferten eindeutig positive Reaktionen. Bemerkenswert ist jedoch das Verhalten der völlig aus- gewachsenen Blätter, die, wie die Tabelle zeigt, bereits im Mai, 1 A. Jorissen, Bull. de l’acad, roy. des Sciences de Belgique, 1884, 3® serie, t. VIU, p. 257. $ 2 L. Guignard, Sur l’existence, dans certains grosseilliers, d’un compose fournissant de l’acide cyanhydrique. Compt. rend., 141. Bd., 1905/2, p. 448 — 452. GtogaH 'v 4 0 4 0 BEST) a RL 0 ö 0 &n — oa hl ih hl — — ET DI Dar MIHNOT IND - I1LSO2.107) Cagnıy se |(uassmor'Yy a) 0 ) 0 Sek ey) (DE Ted) (el) Er Sum "OO ysıng mann « Al 0 Al 0 see .ernen (ups x mmaınp) uımumınopioh) < 0 0 0 0 — Se rsıng Mimamım.oNas x Fa 33 ze 0) = eat] MmDASsorAd Sad H. 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Manche der beob- achteten Arten jedoch trieben, begünstigt durch das warme Herbst- wetter, beim Laubfall zum zweiten Male aus. Diese jungen Blättchen stimmten in ihrem Blausäuregehalt mit denen des Frühjahres überein. Es hat demnach den Anschein, als. ob bei Ribes eine Blau- säureverbindung nur als intermediäres Produkt beim Aufbau der Blatt- und Stengelorgane auftritt, um dann rasch wieder zu ver- schwinden. Bloß Ribes rubrum L., das HCN besonders reichlich führt, bildet eine Ausnahme von diesem Verhalten. — Damit zeigt Ribes einen auffallenden Unterschied gegenüber den Verhältnissen in den beiden. folgenden Beispielen, nämlich zu den Blausäure- glukosiden der Rosaceen (Crataegus) und den nicht näher bekannten HICN- -Verbindungen der Araceen. I. Vorkommen von HCN bei der Gattung Crataegus. Blausäureglukoside finden sich bei den Rosaceen sehr häufig; regelmäßig treten sie auf bei den Prumoideae, nicht durchgängig bei den Pomoideae und Spiraeoideae, gar nicht hingegen bei den Rosoideae. Über die besonders in Nordamerika so artenreiche Gattung Crataegus (Pomoideae) liegen in dieser Hinsicht noch keine näheren Untersuchungen vor. Nur Wicke! und nach .ihm E. Lehmann fanden bei Crataegus oxyacantha L. HCN nebst Benzaldehyd in den Samen und jungen Sprossen, nicht aber in den Blättern vor. Im. folgenden sei eine Übersicht über 23 von mir nach der mikrochemischen Methode untersuchten Grataegus-Arten . (zumeist kultiviert im Botanischen Garten der: Universität Wien) gegeben. Auch hier wurde die Untersuchung über eine ganze Vegetations- periode ausgedehnt (vgl. Tabelle p. 34—35). Hierbei zeigt sich, daß bei Crataegus gewisse Arten (Cr. Dou- glasıı Ldl., Cr. pentagyna Male Ce na Sarzeni, Cr. -per- similis FD) Blausäureverbindungen in den Blättern in hohem Maße und auch nach der Blüte führen, während bei der Mehr- zahl der Arten selbst in ganz jungen Trieben und Knospen keine i H. Wicke, Annalen d. Chemie u. Pharm., Bd. 79 (1851), p. 79. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 415 Spur von HCN nachweisbar ist. — Irgendeine systematische Ver- -wandtschaft der fünf blausäurehältigen Arten liegt nicht vor. — Wie fast überall, kann auch in diesem Falle eine relative Abnahme ‚des HCN-Gehaltes in den vollentwickelten Blättern (Mai) fest- gestellt werden; bei Crataegus Holmesiana Ashe war dadurch die Empfindlichkeitsgrenze der Reaktion erreicht, so daß die Prüfung im Mai ein negatives Resultat ergab. Bis zum September war bei allen fünf Arten HCN gänzlich verschwunden. Die Samen erwiesen sich, soweit sie umsersent werden konnten, als blausäurefrei, ein Ergebnis, das dem Befunde Wicke’s und den allgemein an Rosaceen gemachten Erfahrungen wider- spricht. II. Vorkommen von HCN bei den Araceae. Die Araceae zählen gleichwie die Rosaceae und Gramincae unter diejenigen Familien, bei welchen am meisten blausäure- führende Vertreter bisher bekannt wurden. Um was für eine cyano- ‚gene Verbindung es sich hierbei handelt, wurde noch nicht sicher- gestellt. Durch die Untersuchungen von Jorissen (1884), Greshoff (1890), v. Rom- "burgh (1897) und insbesondere von Treub1! (1907) sind im ganzen 31 blausäure- führende Araceae bekannt,? die sich auf die Gattungen Arum, Anthurium, Alocasia, Colocasia, Schizocasia, Lasia, Cyrtosperma, Dracontivuin und Dieffenbachia, verteilen. Die Anwendung der mikrochemischen Methode gerade bei dieser Familie erschien daher erfolgversprechend, zumal die Aroi- deen des Mediterrangebietes und die Araceaen der europäischen Gewächshäuser noch kaum eine Untersuchung erfahren haben. 1. Aroideae? — Folgende Arten gaben mit ihren Blättern und Stengeln positive Blausäurereaktionen: Arum Dioscoridis Sibth et Smith var. spectabile Schott (Nr. 3), Arum orientale M. Bieb «Nr. 8) in verschiedenen Subspezies, Arum italicum Mill (Nr. 11) mit verschiedenen Varietäten, und in Übereinstimmung mit zahl- reichen früheren Angaben (Jorissen, Mirande) esse MACH- Jatum L. (Nr. 12) in mehreren Varietäten; ebenso Eminium intortum O. Ktze. (früher Helicophyllum | Arum] Rauwolfi |Blume] Schott), Arisarum vulgare Targ. Tozz. und Arisarum proboscideum (L.) Say, schließlich Pinelhia ternata (Thunb.) Breitenbach. Alle angeführten Arten wurden sowohl im ersten Jugend- stadium (Jänner, unter Schnee und Laub) als auch knapp vor der 1 M. Treub, Nouvelles recherches etc. II. Ann. d. Jardin Bot. de Buiten- -zorg, 28 Serie, vol. VI (1907), p. 91. | 2 Vgl. L. Rosenthaler, 1.c., Tabelle. 3 Die Anordnung, Norenklale und Numerierung erfolgte wegen er zahl- reichen Synonyme, Varietäten etc. nach A. Engler, Dr Pflanzenreich (Regni vege- tabilis eonspectus), Bd. IV, 23 F. Araceae — Aroideae, Leipzig 1920. ae Far 0 ee BER TE 2908 € 6+ « ap 258 (W) Sr oa, piwjsund er 0r « = r 0 us Ss Bugs Dvsomans S Bey ae er = lee ale ee ne Te DODL a og « = BR 0 Dr Er 'SSTog 1y9124P]2 HT & 07 & 140ofau.ınoL "ea SıypjuaL1o 1) — — —_ 0 orte gosııIn 21110/aUAmoL « BErRES — — 0 Ener TTerT S1B7Ua110 « ver «< = = SR ) na zoo « 0 © = 0977 pjpun92d "ea yoruroasıge MM — == 0) BO oe] Be « 08 : =) a « « _ — ) Burner DURDOUOTL « 6I « Eu ö uoyejore\ osuagy — 0 0 2 no a Eu od a eeraV.a0 « gI « » 0 Ä Il rear] Jo 'M vundornad « I « Puowwmgs veyLIaWep.oN SNY 0 AeieN Aula ET ES PTOVTO (TEE 102011049) OT IN | : wunıpeIs uogqıa.ysny | EDEN -uoynjg wur up yoeu | | rıeprauyag Juny.oWwuy a I 1661 "A 'S we |I661 "AT 'E Ue yIV 19) an 002, =. yaeu SunupIo | uauoyyway-NOH 9p stugasıg de) + ‚sn5orye1) 194 NOH UOA uowwoyıoA sep aoqn Yyorsıaq] 417 ‘I; 99, 'd “pe 'T '906T wuaf 'opinyzjouqne’t jop yangpueff Sojlonzshilt opıauyag es ojpUrY I ‘red ‘T nz Aysısıogn ayars SunmepfLlousysrez = [eb] &n ' ee = =] = VEREJEHEN! 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Die unterirdischen Knollen erwiesen sich als frei von HCN; in reichem Maße führten Cyanwasserstoff alle grünen Teile, ein- schließlich der jungen Spatha und der Infloreszenzachse bis in die Höhe der männlichen Blüten. Nur der Appendix ergab keine Blau- säurereaktion. — Von Arum Nickelii (Schott) Engl, einer Varietät von Arum italicum, standen auch Früchte und Samen zur Verfügung. Im Juli besaßen die unreifen grünen Früchte und die unreifen Samen einen starken HCN-Gehalt; die Mitte September untersuchten überreifen roten Beeren und die reifen Samen reagierten hingegen völlig negativ. 2. Araceae im allgemeinen. — Bei verschiedenen Araceen der hiesigen ‘Gewächshäuser konnte mikrochemisch das reichliche Vorkommen von Cyanwasser- stoff zumindest in den jungen grünen Organen bestätigt werden, z. B. bei Colocasıa Zigantea Hook, Lasia aculeata Low., Anlhurium pentaphyllum G. Don, Anthurium Harrisii G. Don. 3 Von den bisher noch nicht untersuchten Arten erwiesen sich folgende Pflanzen in ihren jugendlichen Teilen als blausäure- führend: Anthurinm imperiale Mig., Anthurinm Binotii Linden, Anthurinm Miguelianum C. Koch, Anthurinm Scherzerianum Schott, Anthurium cuspidatum Mast., Alocasia cucnllata Schott, Dieffenbachia Bausei Rgl. Negativ verliefen die Reaktionen bei den Gattungen Pothos, Philedendron, Aglaonema, Schismatogloltis, Tacca, Steudnera, Amorphophallus, Zantedeschia u. a. Im ganzen konnten demnach nur bei. der Durchprülung der in den botanischen Instituten der Universität Wien gezogenen Ara- ceen 14 neue blausäureführende Arten gefunden werden. Eine Abhängigkeit des Blausäuregehaltes vom Alter des betreffenden Organs, wie sie bei Ribes so deutlich zutage getreten ist, konnte nicht durchgängig, sondern nur bei den Araceae mit ausdauernden Blättern (Anthurium etc.) festgestellt werden. IV. Sonstige neue Blausäurepflanzen. Nach den vorstehenden drei ausgearbeiteten Beispielen, welche zeigen sollen, daß die mikrochemische Methode des HCN-Nach- weises auch für den Einblick in die physiologischen Verhältnisse der behandelten Pflanzen von Bedeutung ist, sollen schließlich noch kurz jene Pflanzen angeführt werden, bei denen das Vorkommen von cyanogenen Substanzen gelegentlich der Erprobung der Mikro- Reaktionen ebenfalls neu aufgefunden wurde, welche also zu der Liste der blausäureführenden Pflanzen von L. Rosenthaler (1919) noch hinzuzufügen wären: = lb) < ınc ureverbi ä her Blaus is pflanzlic achwe 7 INc (snupwgoAh IE: =) "YUsSy. waafısvaao. smunag *ydoM Sısuaypoyn „onjouppony wudyw wands dungen. A DUDKOIPUNT . "daIS 11010qumyL "doIg Pyw.ıononm < "T S1SU2741017 “1pıWE] A () Anesou edumunoy ‘wowes "I1eM SLIP]1992B4 19]SP2U0I07 "U9S9LSON ap yorppua. oIMog pPJogars waıuodpl « MIUBDADS « »Onz 12 'gaTs sımmwjorpd « VDOonz 39 "GQITS wiwpjals < ddıq 119pIaumsspaag ap ET (S[1E3S) PSUus}s uns “Toyyeig "weH yong wuadsw. vaoumıpıg (16T Jojeyyuoasoy ‘2987 azInyoS 'W) 7 mmages mınıpıdoT 7 2JpA2pn.d "T TEEN DIE usues “(puspunnyos -JoA Uoje ur) uosunl 9Ip 1eIS SITOPuUosag “Toyerg I PgDap nvpıdoT (ueysuoyur pun yoemyos) Anısod Jopeıg Anısod Yıreıs vowes “Ioyyerg AuyIsod yes opıad { (0167 CO6T OrıTey] urA 7) (T mmpıon]) YL =) mum]o/ılsnoum: < 7 unmo/ısapınbo "ıy], (9067 AYOSIIA A) I Ss1SuoaA1ı: < 7 suadar "7 (e16T PPpue.IW j2yo9oy mmouenvg "y] SIUOA Jyes 1oyeIgd (worepdwaxg uauro]s]) Tod Inu Yuwysuoyur) soyrIg “yulog nmsonxajf nA72101L, ı Smart amA]21]774.], "ZIPUWV 1mana])S <« I snsomsnup] < "DA SNSoAomaU « 120Y9S Smiwımas < eIrstg Snpiugiy « T smmofızımosn < 7 susodjo "7 UONENUOZUON JOyorfworz ur ojla] eunın "PITEM SnuD7uom SMINaUNGEN, 'yory 0 — 606F MOySa1Hg) uayı — J077% : j ni a en (D) sem xıf ummpoAnydon Sunnıd oJpuemao\ oyuuesjag -UOeN Uoyosmuayo -ORUL Jop SIUgOSAHT syalog puaayng-NOH spe INYBISNT Jop U] Aryegau VouonNeay-NOH:.- ‚uolIop Toq uUoNIYy oYpueaLıe\ ur uosormogypeu NIH OUreN +20 H. Brunswik, 2. Lokalisiertter HCN-Nachweis. Weitaus schwieriger gestaltet sich der lokalisierte Nachweis von Blausäure im pflanzlichen Gewebe. Für die sogenannte »locker gebundene« HCN sind bereits zwei diesem Zwecke entsprechende Methoden bekannt: die von Treub! eingeführte Berlinerblaureaktion im Verein mit dem Bürstenverfahren und Peche’s? Nachweis mit Mercuronitrat. Von der Berlinerblaureaktion sagt Treub* selbst: »Es ist, a priori, wahrscheinlich, daß der Niederschlag von Berlinerblau, der sich in den Blättern bei dem angegebenen Verfahren bildet, von dem »quasifreien« HCN herrührt und nicht von der glykosidi- schen Verbindung (Phaseolunatin). Die folgende Erfahrung zeigt, daß es so ist,....« Diese Ansicht entspringt aus der Überlegung, daß durch das. Eintauchen der Blätter oder Schnitte in die alko- holische Kalilauge (erster Teil der Reaktion) jede weitere fermen- tative Spaltung eventuell vorhandener HCN-Glukoside unterbrochen und gelähmt werden muß. Aus diesem Grunde wird die Berlinerblau- methode bei allen jenen Objekten versagen, die Glukosid und Ferment räumlich getrennt enthalten,? wie zZ. B. bei trockenen, dünnen Schnitten von der bitteren Mandel, von Phaseolus lumatus (Bohnensame) oder bei Blättern von Sambucus nigra etc. Tatsächlich ist die Lokalisation bei der Berlinerblaumethode, wie schon Peche betonte, nur eine bedingte und nur bei den stark HCN-haltigen Tropenpflanzen (Panginm edule, Phaseolus lumatus, Araceen) stets befriedigend, besitzt jedoch den Vorteil vollkommener Eindeutigkeit. — Schon bei Prumus laurocerasus, einer der an Blausäure reichsten Pflanzen der Heimat, sah sich Peche zur Erprobung einer feineren Methode gezwungen; mit dem Mercuro- nitratreagens erzielte er auch an diesem Objekt sehr günstige Ergebnisse. Wird zur Ergänzung mit demselben Material eine der früher angegebenen qualitativen Mikroreaktionen durchgeführt, so ist auch die Herkunft des reduzierten, metallischen Quecksilbers eindeutig sichergestellt. — Dort, wo keine »lockere« HCN-Bindung vorliegt, z. B. bei Arum maculatum, versagt aber auch diese Methode, was bereits Peche anscheinend erkannte. Die für den qualitativen Blausäurenachweis so empfindlichen Reaktionen mit Silbernitrat und Benzidin-Kupferacetat kommen 1 M. Treub, |. c. (1895), p. 1—12. 2 K.Peche, |. c., p. 4—5 (des Separat.). 3 Betrefis der Art der Durchführung beider Reaktionen vgl. neben den Ori- ginalarbeiten auch: H. Molisch, Mikrochemie der Pflanze, 2. Aufl. (1921), p. 191 bis 193; ©. Tunmann, Pflanzenmikrochemie, 1913, p. 358 — 359. 4 M. Treub, |. c., 1905 (Phaseolus lunalus), p. 94. 5 Die »lockeres HCN-Bindung kann man hingegen, wie bereits angedeutet, als eine topographische Koexistenz von Blausäureglukosid und wirksamem Enzym auffassen (vgl. p. 6). Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 421 für die Lokalisationsermittlung im Pflanzenschnitt nicht in Betracht. 1°/, Silbernitrat schädigt zwar, wie ich mich durch Versuche über- zeugte, den fermentativen Prozeß gar nicht, doch das bei direktem Kontakt gefällte Silbereyanid ist amorph, käsig weiß, ähnlich wie Silberchlorid, und kann (vgl. p. 8) erst durch Umkrystallisieren mit NH, als Silbercyanid identifiziert werden, wodurch jede Lokalisation verloren geht. Das Benzidinreagens ist gegen zahlreiche in den Schnitten vorkommende Stoffe empfindlich (z. B. werden die sauer- ‚stoffübertragenden Kuprisalzspuren von Gerbstoffen abgefangen — Prunus.laurocerasus), so daß es bei direktem Kontakt mit diesen in der Regel versagt (vgl. p. 50). Für den lokalisierten Nachweis der aus den Glukosiden bei langsamer Fermentation abgespaltenen HCN ist daher keine der vier erwähnten Proben als »abfangendes« Reagens geeignet. Man kann also zusammenfassend feststellen, daß der lokali- sierte Nachweis der aus pflanzlichem Gewebe freiwerdenden Blau- säure mit den bisher bekannten Methoden bei der großen Mebr- zahl der cyanogenen Pflanzen nicht gelingt, in besonders günstigen Fällen jedoch (bei der sogenannten »lockeren« Bindung) und bei relativ konzentriertem Vorkommen Treub’s Berlinerblaureaktion und Peche’s Mercuronitrat brauchbare Resultate liefern. ‚Die rein qualitativen HCN-Reaktionen mit Silbernitrat- Methylenblau und Benzidin-Kupferacetat im hängenden Tropfen sind jedoch bei sämtlichen cyanogenen Pflanzen anwendbar und speziell erstere stets eindeutig. C. Versuch des direkten mikrochemischen Nachweises fs eines Blausäureglukosids. Die Unmöglichkeit eines lokalisierten Nachweises der aus den Blausäureglukosiden abgespaltenen HCN, die im vorhergegan- genen Abschnitte aufgezeigt wurde, legte den Gedanken nahe, viel- leicht die Glukoside selbst, noch ungespalten, analytisch zu fassen und damit dem rein qualitativen Blausäurenachweis eine wertvolle Ergänzung zu.geben. Am längsten bekannt und am eingehendsten studiert ist das Amygdalin (erste Darstellung 18350 von Robiquet-Boutron Charland) und an diesem, bei den Rosaceen (Prumoideae-Pomoi- deae) so verbreiteten Giukosid habe ich alle Möglichkeiten für den direkten mikrochemischen Nachweis dieser Substanz erprobt. # Amygdalin ist leicht löslich in Wasser und Alkohol, unlöslich in Äther. Schon allein diese gute Löslichkeit läßt einen lokalisierten Nachweis fraglich erscheinen. Durch heiße verdünnte Säuren wird Amygdalin hydrolysiert, doch sind alle-entstehenden Produkte selbst wieder leicht löslich. Mit konzentrierter H,SO, gibt es, wie einige andere Glukoside (z. B. Salicin, Coniferin) eine tiefrote Färbung; mikrochemisch ist diese Eigenschaft jedenfalls nicht verwertbar. Wohl wird ein 422 H. Brunswik, Schnitt von einer bitteren Mandel in konzentrierter H,SO, in kurzem tiefviolettrot, ‘doch zeigt ein unter gleiche Bedingungen gebrachter Schnitt einer süßen Mandel, die nachweislich höchstens Spuren eines Blausäureglukosides enthält, dieselbe Farben- reaktion, wenn auch in weit geringerem Grade; offensichtlich tritt hier die bekannte Raspail’sche Reaktion ein. Durch Kochen mit Kalilauge oder Barytwasser wird Amygdalin in Amygdalin- säure Cg9HoagO;; und NH, gespalten. Diesem Umstande schreibt es auch Rosen- thalerl zu, daß Amygdalin mit Nessler’s Reagens einen gelb- bis braunroten Niederschlag liefert, der beim Erhitzen seine Farbe kaum ändert (im Gegensatz zum Salicin); das durch die freie Lauge des Reagens abgespaltene NH, bildet das hitze- beständige, unlösliche NHg9J. In der Tat erhält man einen teilweise lokalisierten braunen Niederschlag, wenn man Schnitte von bitteren Mandeln, Apfel- oder Quittenkernen in Nessler’s Reagens auf dem Objektträger vorsichtig kurze Zeit erwärmt. Wie viel jedoch hierbei durch Ammoniumverbindungen oder organische Substanzen mit einer NH,-Gruppe verursacht wurde, bleibt unentschieden. Doch schon bei Prumus laurocerasus L. (Schnitte aus Blatt und Stengel) versagt die Reaktion vollends, indem sich die von Peche ? näher studierten zahl- reichen Gerbstoffzellen sofort intensiv gelb bis orange färben, bei stärkerem Erwärmen hingegen das Nessler’sche Reagens zu einem tiefschwarzen Niederschlag reduzieren. — Es sprechen also dieselben Einwände, die gegen die Verwertbarkeit von Nessler’s. Reagens zum Ammoniumnachweis im Gewebe geäußert wurden, in noch gesteigertem: Maße gegen seine Verwendung zum Nachweis von Amygdalin und anderer HCN-. Glukoside, zumal da auch die meisten Saponine, wie J. Vamvakas“# und Rosen- thalerd zeigten, mit diesem Reagens starke Fällungen geben und nach der Zusammenstellung E. Schaer’s®6 bei 22 Pflanzenfamilien Saponine zugleich mit Blausäureglukosiden vorkommen. Mit Kaliumpermanganatlösung sollen aus Amygdalin ceyansaures und benzoesaures Kalium entstehen. Mikrochemisch gelang es mir nicht, aus Schnitten, die in Kaliumpermanganat eintrocknen gelassen wurden, Benzoesäure zu sublimieren. Als lokale Reaktion käme dieser Weg ohnehin nicht in Betracht. Die übrigen Blausäureglukoside stimmen in ihrem chemischen Verhalten im wesentlichen mit Amygdalin überein, so daß auch bei ihnen keine besseren Resultate zu erzielen wären. Zusammenfassend kann also gesagt werden, daß ein direkter mikrochemischer Nachweis dieser Körper mit Hilfe ihrer bis jetzt bekannten Eigenschaften nicht gelingt, weder qualitativ in ein- deutiger Weise, noch auch lokalisiert. — Es zeigt sich in diesem negativen Ergebnisse eine gewisse Analogie mit den Verhält- nissen bei dem Sinigrin der Cruciferen, das Peche”’ an einzelnen 1 L. Rosenthaler, Das Verhalten von Nessler’s Reagens gegen einige Glu- koside (speziell Saponine) und Kohlehydrate. Pharm. Zentr. H. 47, p. 581; Ref. Chem. Zentralbl., 1906, II, p. 718. 2 K. Peche, Mikrochemischer Nachweis der Cyanwasserstoffsäure in Prunus Laurocerasus L. Sitzber. d. Akad. d. Wissensch. in Wien, 1912, Bd. CXXI, Abt. I. 3 Vgl. H. Molisch, Mikrochemie der Pflanze, 1913, p. 61. 4 Jean Vamvakas, Nessler’s Reagens als Mittel des Nachweises von Saponin. Ref. Chem. Zentralbl., 1906, II, p. 167—168. ; I 1 on lelenlery IA es, jon 711 6 Ed. Schäer, Schweiz. Wehschft. f. Chemie u.. Pharmacie, 1910, XLVII, p. 645, zitiert nach Tunmann. T K. Peche, Mikrochemischer Nachweis des Myrosins. Ber. d. deutsch. Bot. Gesellsch., 1913, Bd. 31, Heft 8, p. 458 —462. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 423 Objekten nachzuweisen versuchte, jedoch zu keinen Bere Eulsuligen Reaktionen gelangte. D. Mikrochemischer Nachweis des Emulsins in pflanzlichen und tierischen Objekten. Wenn man den Begriff »Emulsin« in der Weise faßt, daß man alle ungeformten Enzyme in Pflanze und Tier, die imstande sind, Amygdalin in HCN, Benzaldehyd und Zucker zu spalten, als »Emulsin im Sinne eines Gruppenbegriffes« (Molisch!!) bezeichnet, so genießt dieses Ferment bei allen Lebewesen, von den Bakterien, Pilzen und Flechten angefangen, bis selbst zum Menschen herauf eine weite Verbreitung.? Wie Molisch'! betont, sind spezifische, mikrochemische Re- aktionen, die eindeutig Emulsin anzeigen, bisher nicht bekannt. Es lag daher der Gedanke nahe, die im Abschnitt 3 geschilderten empfindlichen, rein qualitativen Mikroreaktionen auf HCN mittels AgNO,, respektive Benzidin- -Kupferacetat auch für den qualita- tiven Nachweis von Emulsin in biologischen Objekten zu ver- werten. . 1. Qualitativer mikrochemischer Nachweis von Emulsin. Bei makro-, respektive biochemischen Untersuchungen wurde Emulsin in der Weise nachgewiesen, daß ein feines Gereibsel des Objektes (8 bis 50 g!) mit einer 1 bis 50%/,-Lösung von Amygdalin zusammengebracht und unter Ausschluß von Bakterienwirkung bei erhöhter Temperatur (25° bis 38° C.) durch 24 bis 48 Stunden der Fermentation überlassen wurde. Der eventuelle Eintritt der Amygdalinspaltung wurde entweder bloß durch Auftreten des Bittermandelölgeruches (R. Kobert,3 M. Gonnermann!t) eventuell in Verbindung mit dem HCN-Nachweis mittels Schönbein’s Guajakonsäure-Kupfersulfatpapier festgestellt oder es wurde in exak- terer Weise die entstandene Blausäure abdestilliert und im Destillat nachgewiesen (L. Guignard,5 Bertrand und Rivkind,6 L. Rosenthaler,” S. Higuchi), 1 H.Molisch, 1. c., 1921, p. 322—323. 2 Bezüglich der Verbreitung vgl. E. Abderhalden, Biochemisches Hand- lexikon, V. Bd., p. 564—568, sowie die dort zitierte Literatur. 3 R. Kobert, Über einige Enzyme wirbelloser Tiere. Pflüger’s Archiv f. d. ges. Phys., 99. Bd. (1903), p- 116 —186. * M. Gonnermann, Über das Spaltungsvermögen von Leberhistozym und einiger Enzyme auf einige Glykoside und Alkaloide. Pflüger’s Archiv f. d. ges. Phys., 113. Bd. (1906), p. 168 —197. 5 L. Guignard, Quelques faits relatifs a l’histoire de l’emulsine; existence generale de ce ferment chez les Orchidees. Compt. rend., Bd. 141 (1905/2), p. 637 bis 640. 6 G. Bertrand et L. Rivkind, Sur la repartition de la vicianine et de sa diastase dans les graines de Legumineuses. Compt. rend.. Bd. 143 (1906/2), p. 970 bis 972. ? L. Rosenthaler, Über die Verbreitung emulsinartiger Enzyme. Arch. d. Pharm., Bd. 251 (1913), p. 56—84. 8 S. Higuchi, Über die pharmakologischen Wirkungen der Plazenta. Biochem. Ztschft., 17. Bd. (1909), p. 21—67. 424 H. Brunswik, schließlich griff man wie Gonnermannl und Higuchi2 bei tierischen Geweben zum Zuckernachweis in der Mazerationsflüssigkeit oder man bestimmte nach Bourquelot’s® biologischer Methode die Amygdalinspaltung nach dem Rückgang des Drehungsvermögens in der Probeflüssigkeit. Beim mikrochemischen Emulsinnachweis kommt jedoch im allgemeinen nur die Feststellung des einen Spaltproduktes des Amygdalins — der Blausäure HCN — in Betracht, da redu- zierende Zucker in Pflanzenteilen meist schon von vornherein enthalten sind und für Benzaldehyd bisher kein eindeutiges, empfind- liches Mikroreagens bekannt wurde, die Geruchsprobe aber sub- jektiv und wenig empfindlich ist und durch andere flüchtige Sub- stanzen völlig unmöglich gemacht werden kann. | Daß die HCN-Abspaltung aus Amygdalin immer als Enzym- wirkung des zugesetzten Gereibsels aufzufassen ist, erörtert bereits eingehender Rosenthaler* in bejahendem Sinne; bei Vermeidung höherer Temperaturen und bei strengem Ausschluß von Bakterien- wirkung ist eine andere als rein fermentative HCN-Abspaltung aus dem stabilen Amygdalin in neutral reagierendem Medium wohl aus- geschlossen. Zum Nachweis der entstandenen HCN läßt sich 1°), Silber- nitrat-Methylenblau, respektive Benzidin-Kupferacetat im hängenden Tropfen verwenden. a) Durchführung der mikrochemischen Probe auf Emulsin. — Eine sehr geringe Menge der Substanz (Samen, Frucht, frische Stengel und Blätter oder Drogen, respektive Herbar- material; ganze Tiere oder einzelne tierische Organteile) wird — eventuell unter Zuhilfenahme von Quarzsand — zu einem feinen Pulver, beziehungsweise Brei zerrieben.” Die so vorbereitete Sub- stanz gelangt in eine Glaskammer mit fiixem Boden (14 mm Durchmesser, 5 mm Höhe) und wird mit einer 5°/,-Amygdalin- lösung® — höchstens mit 1), cm? — angerührt, die überdies ein Antisepticum enthält, auf dessen Wahl im nächsten Punkt (b) näher eingegangen werden soll. Die Glaskammer wird hierauf durch einen Objektträger abge- schlossen, der nebeneinander je einen hängenden Tropfen von 1°/,-Silbernitrat-Methylenblau und von Benzidin-Kupferacetatlösung 1 M. Gonnermann, |. c. 2 S.Higuchi,l.c. 3 Em. Bourquelot, Über den Nachweis der Glykoside in den Pflanzen mit Hilfe des Emulsins. Arch. d. Pharm., 245. Bd: (1907), p. 172—180. SeBosenthaler, 1. e. (1918), p-92: 5 Auch ein oder mehrere Schnitte können verwendet werden, nur wird dadurch die Reaktionszeit etwas verzögert. 6 Amygdalin wurde als Originalpräparat von C. Kahlbaum verwendet; bei lang andauernder Selbstmazeration erwies es sich als völlig frei von eventuellen Ferment (Emulsin) verunreinigungen. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 425 trägt. Auf die Darbietung einer erhöhten oder optimalen Temperatur (25 bis 40°) während der nun erfolgenden Fermentation, wie dies bisher üblich, wurde verzichtet, um besondere Vorkehrungen gegen das Eintrocknen der hängenden Tropfen in der Glaskammer zu erübrigen und das vorzeitige Abdampfen des zugesetzten Anti- septicums zu verhindern. Ich führte vielmehr sämtliche derartigen Proben bei einer Zimmertemperatur von 8° bis 16° aus. Trotz- dem zeigte sich im allgemeinen — zZ. B. bei Secale cornutum, Sinapis alba, Coriandrum, Anthyllis vulneraria, Aspergillus niger, Melolontha vulgaris (Maikäfer) — schon nach 1!/, bis 2 Stunden in beiden Reagenstropfen deutliche Reaktion auf HCN, regelmäßig stärker in dem von Benzidin (große blaue Nadeln und Aggregate), oft erst in Spuren im Silbernitrat (blau gefärbte Knollen und Drusen von AgsCN). In längstens 8 bis 12 Stunden lassen sich auch nicht sehr wirksame Emulsine (Ricinus communis, Gleditschia tri- acanthos |Samen]; Rinderleber) durch das Entstehen einer schwachen HCN-Atmosphäre in der Mazerationskammer mittels beider Reagen- tien nachweisen.! Länger als 24 Stunden wurde der Mazerations- prozeß in keinem Falle fortgesetzt, da bei Erschöpfung des Anti- septicums die Gefahr einer Bakterienwirkung zu befürchten war. b) Wahl des Antiseptikums. — Da bis jetzt ungefähr sieben Bakterienarten bekannt geworden sind, die Amygdalin unter Bildung von Blausäure zu spalten vermögen, kann der. oben beschriebenen Reaktionsanstellung eine wirkliche Eindeutigkeit nur zugeschrieben werden, wenn die Entwicklung von Fäulnis auf dem organischen. Gereibsel durch Antiseptica hintangehalten wird. Nicht alle Antiseptica sind hierzu verwendbar. Zugesetztes Sublimat oder Silbernitrat würden den gebildeten Cyanwasserstoff abfangen, Formol hemmt bereits in Spuren jede Emulsinwirkung gänzlich. Von Kobert? und seinen Schülern? wurden hauptsächlich drei Antiseptica in wechselnder Zusammensetzung und Konzentration beim Fermentnachweis verwendet: Toluolwasser (Toluol zu 3°, wasserlöslich; eingeführt von E. Fischer), Chloroformwasser und Natriumfluorid (bei 15° C. zu 4°/, wasserlöslich; eingeführt von Tappeiner). Letzteres schien besonders geeignet, wenn auch schon Kobert? und in eingehenderer Weise Higuchi’? darauf hinwiesen, daß NaF bei gewissen Objekten (menschliche Plazenta) die Wirkung der nicht organisierten Fermente vernichtet oder wenigstens nicht aufkommen läßt, schon in Konzentrationen, die nicht mehr als Fäulnisschutz angesehen werden können. 1 Bezüglich Ag CN vgl. p. S—14; bezüglich des Benzidinoxydationsproduktes p- 20—22. | 2 R.Kobert, 1. c. (1903), p. 117—118. 3 Werner Fischer, Über einige Enzyme wirbelloser Tiere. Therap. Monats- hefte, 16. Jahrg. (1902), p.619—621. — S. Higuchi, 1. c- (1909, p- 22—24. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw.Kl., Abt. I, 130. Bd. 31 1 ] ET "N A ( sp soyıeıs |0 :°ON SV } Er prionyummgen ori r Hann 44 Ihe Id Supmung | WS oproq opraq opıaq inds :SON SV n Kuhl 4 44 oA En ; 2 N en Il Zumpızuog a (uoureg) OT pıABAanma Sıyayzuy = 4 :8oNSV | c. = BE tat a e Jessem[onfoL saysmyesisgn | 7 = oprag opreq oproq 44 Sunpızuog wGe uOl % en aa 5: 44 :50N 3V All Art Aldldl ; E ULIOA JOossem 1 opıaq oproq oprag Dee wso vol -ULIOJOIOIUZ SEYangESIOgN "ujoeu f wyoeu ae "ULIOA (08 e ) wor ug Ssıq um oduapı uayors]s Top ur F Ka Ba ua 6 0 nr won | uS7 srl | zssosuy | sewweysepg Jop ur 170[g0 una shuyz "N aomoy “y Foomoy ES nonuoy.z | louox 'T Ö—ää Le e6—6— ee: es ee. 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ErBen BERBIeIEFeen) wnaydasyuy "IN yzj3saS8uy | Jowtueyse>g Jap ur Polgo o][oN}uoy 'g | aJfoyuoy 'z | oToyuo‘M 'T B- 428 { H. Brunswik, Für meine Untersuchungen verwendete‘ ich übersättigtes Toluolwasser-Amygdalin (5°, Amygdalinlösung mit über- schüssigem Toluol knapp vor Eintragen in die Glaskammer gut geschüttelt), übersättegtes Chloroformwasser- Amygdalin (5°/, Amygdalinlösung mit Chloroform im Überschuß knapp vor Gebrauch geschüttelt), so daß auch ungelöstes, bloß emulgiertes Chloroform (Toluol) in die Glaskammer gelangte und gesättigtes (4°/,) Natriumfluorid-Amygdalin. Soweit untersucht, Konnte bei keinem der genannten drei Antiseptica eine enzymhemmende Wirkung beobachtet werden, ja bei Natriumfluorid zeigte sich an tierischen Objekten (Maikäfer, Rinderleber) sogar eine gewisse Förderung, die wohl der Salzwirkung zuzuschreiben sein wird (Parallelversuche mit Chloroform und Toluol wurden ohne physio- logische Kochsalzlösung geprüft). c) Vorteile der mikrochemischen Methode. — Empfind- lichkeit. — Schon aus der eben angeführten Tabelle lassen sich die Möglichkeiten erkennen, die die beschriebene Methode bietet. Die Zeitspanne, die das Ferment (Emulsin) unter den gegebenen Bedingungen braucht, um eben in seiner Wirkung einzusetzen, läßt sich genau feststellen (Aktivierungszeit). Ihr Ende tritt dann ein, wenn das empfindlichere Benzidinreagens bereits positiv auf HCN reagiert, während im Silbernitrattropfen noch kein AgCN ausgefallen ist (vgl. in der Tabelle Nr. 4 und 5 bei der 1. Kon- trolle!); die Zeit, welche vom Entstehen von HCN in der Mazera- tionsflüssigkeit bis zur Reaktion derselben im hängenden Tropfen verstreicht, ist hierbei als ein in allen Fällen konstanter Fehler in Rechnung zu stellen. Ein Vergleich der Wirksamkeit von Emulsinen verschiedener Herkunft ist somit ermöglicht. — Die Fällung von Silbercyanid im hängenden AgNO,-Tropfen erlaubt jedoch auch eine quantitative Abschätzung der entstandenen Blausäuremengen; die Intensität der fermentativen Amyedalin- spaltung zweier emulsinhaltiger Objekte läßt sich — unter sonst gleichen Bedingungen — daher ebenfalls in relativem Maßstabe vergleichen. Da infolge der Empfindlichkeit der HCN-Reagentien hierzu nur äußerst geringe Substanzmengen erforderlich sind, kann diese Mikroreaktion als orientierende Vorprobe bei Untersuchung der Enzymwirksamkeit und Spaltungsintensität irgendeines Emulsins dienen. Emulsin konnte z. B. in einem dünnen Quer- schnitt von Secale cornutum und in einem zerquetschten Samen- körnchen von Anthyllis vulneraria (ziika 2 mm im Kubus) auf diese Weise innerhalb weniger Stunden (zwei bis vier) nachgewiesen werden. d) Resultate beiAnwendung der Reaktion aufPflanzenobjekte. — Bertrand und Rivkind1 haben anläßlich einer Untersuchung über das Vorkommen des Vieianins bei den Leguminosen auch der Verbreitung des Emulsins in 1 R. Bertrand und-L. Rivkind, 1. c.-(1906), p. 970. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 429 diesen Samen durch systematische Untersuchungen ihr Augenmerk geschenkt. Sie prüften zirka 40 Gattungen mit 60 Arten und fast alle Samen gaben ein positives Resultat. Nur folgende Arten lieferten keine Reaktion, wurden daher als emulsin- frei (»en quantite appreciable«) bezeichnet: Cassia fistula L., Ceratonia siligua L., Galega officinalis L., Lathyrus silvestris L. var. amelioree, Gleditschia triacanthos L., Lupinus albus L., Sophora japonica, Vicia narbonensis L. Es schien nun von Interesse, was für Resultate in diesem Falle mit der angegebenen Mikroreaktion zu erzielen wären. Es ergab sich, daß bei sämtlichen Leguminosensamen ohne Aus- nahme Emulsin nachgewiesen werden kann. Während bei Colutea arborescens L., Lens esculenta Mnch., Vicia sativa L. (sofern nicht selbst HCN-, respektive vicianinführend), Lotus corniculatus L., Lathyrus sativus L. und L. pratensis L., Anthyllis vulneraria L,., Lupinns sp., Astragalus glycyphyllos L. z. B. die Abspaltung von Blausäure aus Amygdalin rasch und reichlich erfolgt, setzt die Emulsinwirkung bei Cassia-Arten (Cassia orientalis L., €. Absus L.), bei Ceratonia siligqna L., Galega officinalis L., Lathyrus silvestris L. var. platyphyllos, L. niger, Gleditschia triacanthos zwar im selben Zeitpunkt ein, hält sich jedoch in engen Grenzen, so daß man bei- spielsweise bei Gleditschia, Galega oder Lathyrus niger während einer 20stündigen Mazeration mit einem Paar hängender Tropfen auskommt, während Colntea-, Lotus- oder Anthvllis-Samen ein erschöpftes Sublimat nach dem anderen liefern können. — Mit der empfindlichen und durch ihre Anordnung jeden HCN-Verlust aus- schließenden mikrochemischen Reaktion zeigt sich demnach bei den Samen der Leguminosen kein qualitativer Unterschied im Emulsinvorkommen,! sondern bloß eine Differenz in der Aktivierung und Wirksamkeit dieses Fermentes bei den einzelnen Gattungen und Arten. Überhaupt ist das Vorkommen von Emulsin in Samen und Früchten etwas beinahe zu 'Erwartendes. Daß Ricinus-, Sinapis-, Brassica-, Cannabis- und Cucurbita-Samen Amygdalin spalten, ist schon lange bekannt. Doch auch in Samen von Vitis vinifera (schwach), Galium silvaticnum, Plantago media (besonders wirksam!), Agmilegia vulgaris (im Gegensatz zu einer Angabe Rosenthaler'’s?), Citrus medicus (nur schwach), Lepidium draba, Lepidium ruderale (schwach) und bei Früchten von Capsella bursa pastoris konnte mikrochemisch ein emulsinartiges Ferment festgestellt werden. Rosenthaler machte schließlich auf das Vorhandensein von Emulsin in Umbelliferenfrüchten aufmerksam: von Foeniculum vulgare, Carum carvi, Anethum graveolens, Conium maculatum, Oenanthe phillandrium, Petroselinum sali- vnm konnte er wirksame Enzympräparate gewinnen, bei Pimpinella anisum und Coriandrum Sativum. waren nur die gepulverten Früchte selbst aktiv. 1 Bertrand und Rivkind setzten nicht Amygdalin, sondern Vicianin (aus Vieia angustifolia und V. macrocarpa; vgl. p. 2) zu; dieser Umstand kann aber nicht als wesentlich beeinflussend angesehen werden. 2 L. Rosenthaler, Über die Verbreitung emulsinartiger Enzyme. Arch. d. Pharm., Bd. 251 (1913), p. 56—84. - 430 | H. Brunswik, Bei mikrochemischer Nachprüfung reagierten alle diese Drogen rasch und stark positiv auf Emulsin; doch auch andere, wahllos gesammelte Umbelliferenfrüchte, z. B. Sanicula europea (\), Pimpi- nella magna, Daucus carota, Bupleurum falcatum, Anthriscus silvestris (!), Silaus Besseri, Sim latifolium (!!) zeigten Amygdalin- spaltung in stärkerem oder geringerem Maße. Frische, grüne Pflanzenorgane, gut zerrieben, liefern ebenfalls die Reaktion, wie z. B. Achillea millefolium (Blütendroge von Rosenthaler schon erwähnt), Tropaeolum maius (in 6 Stunden), Mimosa pndica (in 4'/, Stunden), Anucuba japonica, doch war die Spaltung, wie bei gewissen früher erwähnten Leguminosensamen, zwar relativ rasch eingetreten, aber quantitativ gering und selbst bei längerer (24- bis 36stündiger) Fermentation an Intensität und Spaltungsgeschwindigkeit nicht wesentlich zunehmend. Überblickt man diese Resultate zusammen mit den von Rosen- thaler! an den verschiedensten Drogen gemachten Erfahrungen, im Verein mit den vielen verstreuten Angaben über mehr zufällig festgestelltes Emulsinvorkommen (vgl. E. Abderhalden, Biochem. Handlexikon, V. Bd., p. 564—568), in Zusammenhalt mit der Tat- sache, daß bei keiner der bis jetzt bekannten 400 blausäurehältigen Pflanzen, die sich auf das ganze Pflanzenreich verteilen, Emulsin gefehlt hätte (Grenzfall Sambucus nigra), ja häufig in solcher Wirksamkeit und allgemeiner Verteilung in den betreffenden Gewächsen vorhanden ist, daß eine Analyse der intra vitam bestehenden HCN-Verbindung erschwert oder verhindert wird (»lockere« HCN-Bindung), so scheint es keine Übertreibung, wenn man sagt, daß »Emulsin« im Pflanzenreiche eine derart weite Verbreitung besitzt, daß in Hinkunft die Feststellung des even- tuellen gänzlichen Fehlens von Emulsin bei einer Pflanzenart von wesentlich größerem Interesse sein ‚wird als weitere positive An- gaben. Jedenfalls ist die von Guignard? geäußerte Ansicht, daß der Emulsingehalt der Pflanzen in einem gewissen Zusammen- hang mit der heterotrophen Lebensweise steht (Pilze, Flechten, Lathraea sgquamaria, Monotropa Hypopitys, Orobanche Galii und OÖ. epithymum, Orchideenwurzeln |[Mykorrhiza-Pilz]), nach den heutigen Erfahrungen nicht mehr aufrechtzuerhalten. Eher läßt sich an einen Zusammenhang zwischen Emulsin und der Ausrüstung der Pflanzen an Diastase- und Maltasefermenten denken, wofür besonders die Befunde an Samen und Früchten (Leguminosen, Umbelliferen u. a.), sowie die allgemeine Verbreitung sprechen. Sicherlich wird aber der mikrochemische Emulsinnachweis bei Ermittlung von nur schwach wirksamem Emulsin oder bei 1 L.Rosenthaler, |. c. 2 L. Guignard, Quelques faits relatifs ä l’histoire de l’emulsine etc. Compt. rend., Bd. 141 (1905/2), p. 637— 640. = IR « Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 431 Feststellung des gänzlichen Fehlens dieses Fermentes in beliebigen Pflanzenteilen gut brauchbar sein, wenn auf völlige Antisepsis ent- nd geachtet wird. e) Anwendung der Reaktion bei tierischen Objekten. Durch Kobert und seine Schüler sowie durch eine Reihe Kae scher Forscher wurde die weite Verbreitung von amygdalinspaltenden Fermenten bei niederen und höheren Tieren bekannt. — Mit ge- pulverter Maikäfersubstanz (ohne Chitinpanzer) von Maikäfern, die ein Jahr lang lufttrocken aufbewahrt waren! und mit zu Brei zerriebener, frischer Rindeıleber? gelang der mikrochemische Nachweis von Emulsin auch ohne Anwendung von 0'9°/, Koch- salzlösung und erhöhter Temperatur in eindeutiger und rascher Weise (Maikäfer in 2 Stunden, Rinderleber in 12 bis 19 Stunden). Alle drei angewendeten Antiseptica erwiesen sich hierbei als brauch- bar (vgl. Tabelle, p. 45, Nr. 5 bis 8). Menschliche Plazenta läßt sich jedoch nicht so einfach behandeln, worauf schon Higuchi3 hinwies. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen reagierte aber eine nur wenige Stunden alte Plazenta, in physiologischer Kochsalzlösung feinst zerrieben mit Amygdalin-Chloroformwasser innerhalb von 12 Stunden deutlich positiv. Bei Verwendung der beiden anderen Antiseptica konnte auch unter diesen Umständen das Emulsın men: nachgewiesen werden. Die Untersuchungen in dieser Richtung wurden jedoch — als zu weit führend — nur auf das Prinzipielle beschränkt. Immer- hin läßt sich sagen, daß die angegebenen Mikroreaktionen bei der Ermittlung, welche Teile, respektive Organe bei den wirbel- losen, meist kleinen Tieren das in Rede stehende Ferment ent- halten, beziehungsweise bilden — einer Frage, die bisher aus techni- schen Gründen offenbleiben mußte — gute Dienste leisten könnte. 2. Lokalisierter mikrochemischer Nachweis von Emulsin. Mit Recht weisen Molisch sowie Tunmann* auf die Unzulänglichkeit des bisher geübten lokalen mikrochemischen Nachweises von Emulsin hin. Die Gründe hierfür sollen. an dieser Stelle nicht neuerdings angeführt werden. Auch die eben besprochene Methode des eindeutigen quali- tativen Emulsinnachweises ist zur Lokalisationscrmittlung im Ge- webe nicht anwendbar (vgi. die Ausführungen p. 38— 39), selbst nicht bei Pflanzen, die ein durch Bun an spaltbares Blausäureglukosid bereits enthalten. 1 Werner Fischer, I. c. (1902) untersuchte nur frisch getötete Maikäfer, die stark Amygdalin spalteten; derselbe Autor konnte jedoch selbst in 150 Jahre alten Kellerasseln noch wirksame Fermente nachweisen! 2 Vgl. M. Gonnermann, |. c. (1906), p. 183. 3 S. Higuchi, 1. c. (1909). + ©. Tunmann, Pflanzenmikrochemie, 1913, p. 431— 433. 432 H. Brunswik, Bei dem so allgemeinen Vorkommen amygdalinspaltender Fermente hat aber auch die Frage nach ihrer Lokalisation einiger- maßen an Bedeutung verloren. In der Mehrzahl der Fälle wird wohl das wirksame Emulsin dem fermentativen Apparat jeder ein- zelnen Zelle angehören und der früher fast ausschließlich studierte Rosaceentypus dürfte nur einen der möglichen Spezialfälle dar- stellen. — Bereits früher wurde die Ansicht vertreten, daß in allen jenen zahlreichen Pflanzen, wo eine stabile Blausäureverbindung (Glukosid) nicht faßbar ist, eine — im Leben getrennt gehaltene — Koexistenz von Emulsin und HCN-Glukosid in denselben Ge- webszellen angenommen werden kann. An eine gewisse Lokalisa- tion des Emulsins im Gewebe könnte nur bei jenen Pflanzen gedacht werden, aus denen Blausäureglukoside leicht zu gewinnen sind (Mandeltypus — schon kaum mehr Prunus laurocerasus |vgl. die Ergebnisse Peche’s]), wenn auch in vielen Fällen (z. B. Sam- bucus nigra) bloß die geringe Aktivität und Wirksamkeit des spal- tenden Fermentes dafür verantwortlich zu machen sein wird. In einem Falle, bei Prunus amygdalus L. var. amara und einigen anderen Rosaceensamen (Apfel, Quitte) gelang ein gewissermaßen lokalisierter Nachweis der emulsinhaltigen Zellen mittels des Benzidin-Kupferacetatreagens. Auf einen Tropfen des durch die Gegenwart einer fast gesättigten Benzidin- acetatlösung stark viskosen Benzidinreagens wird ein ziemlich großer, nicht zu dünner Querschnitt einer bitteren Mandel möglichst zart aufgelegt, hierauf der Objektträger mit dem am Tropfen hängenden Schnitt über eine Glaskammer, die einen Tropfen Chloroform enthält, gestülpt. In kurzer Zeit läßt sich im hängenden Schnitt das Ausfallen blauer Flocken der Benzidinoxydationsverbindung, hervor- gerufen durch die einsetzende HCN-Abspaltung, feststellen, und zwar in oünstigen Fällen knapp um die Leitbündelquerschnitte beginnend (Perizykelzellen) und von hier aus konzentrisch in das amygdalinführende Parenchym fortschreitend, ent- sprechend der allmählichen Diffusion des Emulsins im viskosen Medium. Die An- sichten von Johannsen! und Guignard? über die Lokalisation des Emulsins in der bitteren Mandel können daher durch diese spezifische Emulsin- (respektive HCN-)Reaktion bestätigt werden. Die Anwendbarkeit der Reaktion, deren richtiges Gelingen hauptsächlich vom Treffen physikalischer Nebenumstände abhängt, ist jedoch eine geringe. Sie wurde auch mit Querschnitten von Apfel- und Quittensamen mit ähnlichem Erfolge durchgeführt, doch schon bei Prunus Laurocerasus versagt sie völlig, da das für den Reaktionsverlauf so nötige Kupfersalz anscheinend durch den reichlich vor- handenen Gerbstoff abgefangen wird. Eine allgemein anwendbare Methode liest demnach infolge der Empfindlichkeit des Benzidin-Kupferacetatreagens gegen ver- schiedene Pflanzenstoffe nicht vor; wegen der manchmal schönen Bilder, die an Schnitten von bitterer Mandel zu erzielen sind, sollte sie irotzdem erwähnt werden. E. Zusammenfassung der Ergebnisse. 1. Abgesehen von den chemisch bisher analysierten Blau- säureverbindungen (HCN-Glukoside) im Pflanzenreiche, die über- sichtsweise in der Einleitung zusammengestellt wurden, ist besonders 1 W.Johannsen, Sur la localisation de F’emulsine dans les amandes. Ann. des sciences nat. Bot., ser. VII, t. 6, p. 118. j 2 L. Guignard, Sur la localisation dans les plantes des prineipes, qui fournissent l’acid cyanhydrique. Compt. rend. 1890, Bd. 110, p. 477. Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 433 in der botanischen Literatur mehrfach eine »labile« oder »lockere« (quasi-freie) Blausäurebindung angenommen worden. An Hand der betreffenden Arbeiten wurde gezeigt, daß das Auftreten dieser »lockeren Blausäurebindung« bei verfeinerter Methodik quantitativ immer geringer wird, aber nicht völlig zu vermeiden ist, und daß sich dieses Vorkommen in ungezwungener Weise durch die Annahme einer in der lebenden Zelle noch aus- einandergehaltenen räumlichen Koexistenz von Blausäure- glukosid und stark wirksamem Enzym (Emulsin) erklären läßt. 2. In der allgemeinen (technischen) Mikrochemie waren bisher zum Nachweis von HCN nur die Berlinerblauprobe, eventuell die Rhodanprobe direkt im Lösungstropfen angewendet. — Es wurden zwei.weitere einfache mikrochemische Reaktionen auf Blau- säure angegeben, mit 1°/, Silbernitrat, beziehungsweise mit Ben- zidin-Kupferacetat, die unter Benützung des niederen Siedepunktes von HCN (26° C.) in der Glaskammer mit den Reagentien im hängenden Tropfen bei Zimmertemperatur ausgeführt werden und trotzdem empfindlicher sind als die erwähnte Berlinerblau- probe. 3. Bei der Reaktion mit 1°/, Silbernitrat entsteht bei dieser Reaktionsanordnung krystallisiertes Silberceyanid (Nadeln, Ranken, Drusen), das sich eindeutig von Silberchlorid und Silber- rıhodanid auf mehrfache Weise unterscheiden läßt, am einfachsten durch Umkrystallisieren des Silberceyanids mit fast kochender >0°%,-HNO, unter Deckglas in feine Nadeln und Nadelbüscheln. Die Empfindlichkeit der Reaktion beträgt 0:06 y HCN in einem Tropfen. Wie die Silberchloridkrystalle erweisen sich auch die Cyan- silber-(und Rhodansilber-)Krystalle als »echt« färbbar mit ver- schiedenen organischen Farbstoffen. Aus rein praktischen Gründen wurde daher stets 1%), AgNO,+Methylenblau als Reagens im hängenden Tropfen verwendet, um blau gefärbte AgCN-Krystalle zu erzielen. 4. Das Benzidin-Kupferacetatreagens (nach Pertusi) zeigt eine noch größere Empfindlichkeit (0:02 y HCN), wurde jedoch, da nicht völlig eindeutig, nur zugleich mit AgNO, angewendet. Die chemische Natur der erzielten blauen Benzidinoxydations- verbindung (blaue Nadeln oder Körnchen) ist analog dem bekannten »Benzidinchromat« und »Benzidinferricyanid«. >. Mittels beider Proben läßt sich in geringsten Mengen von (Wiener) Leuchtgas und im Tabakrauch (sogar noch in einem ausgeblasenen Zuge) Cyanwasserstoff eindeutig nachweisen. Die Reinheit der Luft ist demnach für die einwandfreie Ausführung dieser Reaktionen unerläßlich. 6. Zum rein qualitativen Nachweis von HCN in Pflanzen- teilen (etwa vergleichbar der Mikrosublimationsmethodik) eignen 434 H. Brunswik, sich beide mikrochemischen Proben besonders dadurch, daß die stets erst durch Fermentation entstehende HCN sich summieren kann. Die Fermentationszeit in der Glaskammer wurde sicherheits- halber stets auf 10 Stunden erstreckt, immer jedoch die HCN- Abspaltung durch Zusatz von etwas Chloroform beschleunigt und zugleich das Ganze steril erhalten. 7. An drei ausgearbeiteten Beispielen (KRibes, Crataegus, Araceen) wurde die Anwendbarkeit der mikrochemischen Methode speziell dargetan. Es wurden dabei 12 Ribes-Arten, 5 Crataegus-Arten, 14 Ara- ceen und 10 Arten aus verschiedenen Pflanzenfamilien, also im ganzen 41 neue Blausäurepflanzen ‘gefunden und die quan- titative Abnahme der in den jungen Organen dieser Pflanzen reichlich auftretenden Blausäureverbindung im Laufe einer Vege- tationsperiode stichprobenweise verfolgt. 8. Der lokalisierte Nachweis von HCN im Gewebe bietet große methodische Schwierigkeiten, gelingt deshalb bei der Mehr- zahl der Pflanzen nicht; in besonders günstigen Fällen jedoch sind die bekannten Reaktionen von Treub (Berlinerblau-Bürsten- verfahren) und Peche (Mercuronitrat) anwendbar. 9. Der Versuch des direkten mikrochemischen Nachweises eines HCN-Glukosides (Amygdalin) führte zu keinem brauchbaren Ergebnisse. 10. Auch zum eindeutigen, qualitativen mikrochemischen Nachweis von Emulsin — im Sinne eines Gruppenbegriffes auf- gefaßt — lassen sich die beiden Blausäurereaktionen mit Silber- nitrat und Benzidin heranziehen. Die fein zerriebene, respektive gepulverte Substanz (oder Schnitte) wird in einer Mikroglaskammer mit fixem Boden mit 5°/, Amygdalinlösung, die zudem ein Antiseptikum (Toluolwasser, Chloroformwasser, 2 bis 4°/, Natriumfluorid) enthält, angerührt und höchstens 24 Stunden der Fermentation bei Zimmertemperatur über- lassen. In 1!/, bis 8 Stunden ist bereits abgespaltene HCN in den hängenden Tropfen bei Anwesenheit von Emulsin nachweisbar. 11. Dieser mikrochemische Emulsinnachweis bietet — abge- sehen von seiner Empfindlichkeit — den Vorteil, die Wirksam- keit zweier Emulsine, sowie die Intensität der eingetretenen Amygadalinspaltung ohne Störung der Reaktion in einem relativen Maßstabe vergleichen zu können. 12. In Anwendung der Probe auf pflanzliche Objekte bestätigte sich die ungemein weite Verbreitung des Fermentes, selbst bei bisher (makrochemisch) als emulsinfrei angegebenen Arten. Auch bei tierischen Objekten (Maikäfer, Rinderleber) gelang die mikrochemische Reaktion; sie könnte zur Ermittlung, in welchen Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. 435 Organen das amygdalinspaltende Ferment bei den wirbellosen, meist kleinen Tieren enthalten ist, mit Vorteil angewendet werden. 13. Ein lokalisierter spezifischer Nachweis des Emulsins im Gewebe gelingt in allgemeiner Weise nicht. Bei der Mehrzahl der Pflanzen dürfte jedoch das Emulsin der Fermentausrüstung jeder einzelnen Zelle angehören und der Rosaceentypus (mit spezifischen Emulsinzellen) nur einen Spezial- fall darstellen. 14. Die Anschauungen Johannsen’s und Guignard’s über die Lokalisation des Emulsins in der bitteren Mandel und in Samen verwandter Pflanzen konnte durch eine bei diesen Objekten gelingende spezifische Emulsinreaktion bestätigt werden. -Am Schlusse möchte ich noch Herrn Hofrat Prof. Dr.H.Molisch, meinem hochverehrten Lehrer, für die Anregung zur Bearbeitung dieses Themas, sowie für das stete Interesse, das er meinen dies- bezüglichen, einjährigen Untersuchungen entgegengebracht hat, von Herzen danken. Auch Herrn Assistenten Dr. G. Klein danke ich bestens für seine Unterstützung, Herrn Assistenten Josef Kisser viel- mals für die Anfertigung derslrexim eur: Ergebnisse der Expedition Dr. Handel-Mazzetti’s nach China 1914— 1918, unternommen auf Kosten der Akademie der Wissen- schaften in Wien Die in Guidschou („Kweitschou“) und Hunan gesammelten Gesteine Von Dr. Heinrich Handel-Mazzetti und Alexander Köhler (Mit 2 Textfiguren und 1 Kartenskizze) - (Vorgelegt in der Sitzung am 24. November 1921) I. Erläuterungen zur Kartenskizze. Von Dr. Heinrich Handel-Mazzetti. Aut meinen Reisen in China habe ich als Nichtfachmann keineswegs daran gedacht, geologische Aufnahmen zu machen. Die Unterlage für die vorliegende Arbeit entstand vielmehr durch das Bedürfnis, einerseits die Substrate der gesammelten Pflanzen kennen zu lernen, andrerseits die von mir kartographierten Gelände- formen doch wenigstens bis zu einem gewissen Grade auch zu verstehen. Obwohl ich keineswegs sicher bin, daß ich die einmal gesammelten Gesteine immer richtig wiedererkannt und notiert habe und daß ich als Fallen nicht manchmal ganz nebensächliche Flexuren verzeichnete, folge ich doch der Aufforderung des Herrn Hofrates Becke, meine Beobachtungen in Form ‘einer Kartenskizze zu veröffentlichen. Daß über die Geologie von Hunan — mit Aus- nahme der Strecke des Hsiang-djiang — bisher gar nichts ver- öffentlicht ist, über Guidschou die Arbeit Leclere’s! nur eine schematisierte Übersichtskarte in ganz kleinem Maßstabe bringt, wird die Veröffentlichung einer Grundlage, die vieler Kritik bedarf, aber damit Anregung zu weiterer Beobachtung gibt, berechtigt 1 Annales des mines, 9. Serie, memoires, tome XX. Paris 1901. Mehrere Gesteinsproben aus diesen Gebieten haben Michel-Levy und A.Lacroix be- schrieben: Note sur les roches cristallines et eruptives de la Chine meridionale. €. R. Acad. sci. 29. fevrier 1901. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 438 H. Handel-Mazzetti und A. Köhler, erscheinen lassen, wenn sie auch in keiner Weise auf Genauigkeit Anspruch macht. Das Fallen ist vielmehr stets nur geschätzt, das Streichen meist im Verhältnis zur aufgenommenen Wegrichtung dargestellt, seltener direkt gepeilt. Wenn ich meine Notizen aus Guidschou mit der Darstellung Lecl£re’s, dessen Reiseweg sich zum größten Teile mit meinem deckt, in Einklang zu bringen suche, so gelingt dies nicht voll- ständig. In der Richtung meiner Reise von W nach E möchte ich nun die Gegensätze erläutern. Ob Leclere schon westlich von Sidsung von seinem südlicheren auf meinen Weg traf und der von ihm verzeichnete Porphyritstock mit dem von mir notierten SE einfallenden Sandstein,! der viel Kohle führt, zu tun hat, wird mir nicht klar. Die Stelle, wo ich Carbonfossilien fand (1), hat er nicht passiert. Die Schicht liegt im Fußteil eines der zahllosen Kegelberge, die schon öfter beschrieben wurden. Leclere? spricht diese in der Gegend von Hsingyi und bis zum Hwadjiao-ho für ‘permotriassisch, anderswo, besonders auch in der Gegend von Loping, als mesozoisch an. Diese Kegelberge haben alle so voll- ständig gleichen Charakter, daß mir der aus anderen Gründen ausgesprochene Zweifel F. v. Richthofens (China, Ill, p. 163) daran, daß sie teilweise zur Liasformation gehören sollen, sehr begründet erscheint. Dazu kommt, daß, wie .sich in der kahlgeschlagenen Landschaft klar sehen läßt, die Kette des Beling-schan, nach Leclere mittlere Trias, ganz richtig unter der von den Kegelbergen überlagerten Beckenausfüllung auftaucht, nach Deprat?® aber das ganze Östliche Yünnan aus paläozoischen Sedimenten aufgebaut ist, also auch der Beling-schan älter sein muß. Den Antiklinalrücken zwischen Tjiaolou und Hsintscheng notierte ich als Sandstein; der Zufall wollte es, daß die mitgenommene Probe (2) Hornstein war. Die Formen sind ganz andere als im Kalkgebirge, die Farbe rotbraun. Den, von ferne gesehen, aus einer Folge verschiedener, sanft südlich einfallender Schichten, unter denen Kalkstein sicher keine große Rolle spielt, bestehenden Lung-schan, der unseren Rücken jenseits eines seichten Flußtales anscheinend fortsetzt, erwähnt Leclere gar nicht, obwohl er ihn, vielleicht allerdings in einer tiefen Furche, überschritten haben muß. Die Kalke der Gegend von Nganschun schienen mir von den bisher gesehenen verschieden; ihre Farbe ist dunkler, ähnlich dem Quarzit Nr. 4, und die Formen sind massigere. Da das Land hoch liegt und wenig gestört ist, sind vielleicht diese als mesozoisch anzusprechen. Wenn man 1 Ich habe zu dieser Bezeichnung in meinen Notizen nicht mehr viel Ver- trauen, vielleicht weniger, als tatsächlich berechtigt ist. 2 Sein auf Taf. 14, fig. 4, als von östlich Loping stammend wiedergegebenes: Bild ist nicht: von dort, sondern über dem Hwadjiao-ho gegen Taipinggai; ich machte dieselbe Aufnahme aus größerer Ferne. Auch zeigt Taf. XVI mit dem See von Tangdse nicht die Ebene von Yiliang, die 12 km entfernt und 200 m tiefer liegt. 3 Deprat et Mansuy. Etude geologique du. Yunnan oriental, I. Gesteine von Guidschou und Hunan. 439 meine Fallzeichen betrachtet, so erkennt man, daß in Guidschou ein durchaus nicht so üngestört gelagertes Tafelland vorliegt, wie die bisherigen Darstellungen vermuten ließen. Das bei Lungli aus- seschiedene sandige Sediment halte ich für identisch mit einem in W-Yünnan bei Pintschwan gesammelten; der Beleg von dort ist leider noch ausständig und konnte daher nicht bestimmt werden. Auf dem Gebirge südöstlich von Guiding (»Kweiting«), welches ich auf demselben Wege überschritt, wie Leclere und vorher Bourne, habe ich den unter Nr. 4 beschriebenen Quarzit gesammelt. Im Gegensatze zu jenen Forschern, die beide Kalkstein angeben, bin ich sicher, daß der Quarzit dort eine große Verbreitung hat, des- halb, weil ich keinen Kalk notierte, sondern dasselbe Gestein bis Lopusse, im Osten von einzelnen Kalkbändern durchzogen, und die Bergformen ganz andere sind als im Kalkgebirge, nämlich zusammenhängende, nirgends in Kegel zerschnittene Rücken, die Flanken freilich auch steil, von Gräben zerfurcht, aber nirgends scharfkantig oder mit Karrenbildung. Leclere schreibt von bis zu 600 m mächtigem Quarzit der sinischen Formation in Kwanghsi. Die Verbreitung und Mächtigkeit spricht also nicht gegen die Identifizierung des Gesteins der ganzen Strecke mit dem ge- sammelten. Das Alter freilich wird ein anderes sein, mesozoisch, wie jener das ganze östliche Guidschou nennt, aber wohl nicht. Flußabwärts von Sandjio gelangte ich nicht 100 m über den Fluß, da ich von Sandjiang weiter im Boote reiste, er aber bis 500 m, und dies mag den Widerspruch aufheben, der darin zu liegen scheint, daß er kalkige und schieferige Horizonte des Productus- kalkes geschnitten gefunden hat, mir aber die Grauwacke, soweit die nahezu tropische Pflanzendecke Einblicke zuließ, unverändert durchzuziehen schien. Die Konglomerate bei Gudschou, offenbar ähnlich wie F. v. Richthofen solche »mit wollsackähnlichen Formen« oberhalb Hsiangtan in Hunan beschreibt, erwähnt jener Autor nicht, sein Phthanit könnte wohl mit meinen Mergeln dort identisch sein. In Gudschou trennt sich mein Reiseweg von jenem Lecl£re’s. Zwischen den Tonschiefern fand ich nur bei Liping und gegen Dsingdschou Kalk, der Karrenbildung zeigt und mit jenem von Nganschun identisch zu sein scheint. Die große Verbreitung der Tonschiefer gegen E ist auch den deutschen Bergleuten in Tschangscha und Hsikwangschan bekannt, welche die Provinz zu Minenuntersuchungen vielfach bereist haben, und erstreckt sich noch weit nach NE. Während v. Richthofen auf seiner Reise durch Hunan erst von einem einzigen Bergwerk bei Hsinning gehört hatte, ist heute Hunan, wenigstens was Abbau betrifft, die erzreichste Provinz Chinas. Das wertvollste Erz ist Wolfram, der aus dem Süden kommt; in größter Menge aber wird. Antimon produziert, besonders in Hsikwangschan. Das dortige, von den Bergleuten als Trümergang bezeichnete, 1907 entdeckte Vorkommen liegt zwischen Kalkschichten ohne jedes Tiefengestein und kommt auf einer gegen 2 km langen Strecke an den Tag, 440 H. Handel-Mazzetti und A. Köhler, während der Gang von Tjilidjiang jenseits eines Rückens weitere 2 km im S offenbar die direkte Fortsetzung davon ist. Hsikwangschan zählt zirka 40 Schmelzwerke und soll zur Zeit der Hochkonjunktur während des Krieges gegen 100.000 Ein- wohner gehabt haben. Wie bereits angedeutet, ist heute die Kenntnis der Provinz Hunan weit vorgeschritten und wäre nur zu wünschen, daß von einem der guten Kenner — lieber einem, der es still- schweigend ist, als einem, der sich dazu berufen fühlt, ohne es zu sein — auch etwas wissenschaftlich Verwertbares darüber ver- öffentlicht wird. Die topographische Unterlage ist hier meine eigene Aufnahme, die im Detail in absehbarer Zeit veröffentlicht werden wird. Zu den eingetragenen Gesteinen habe ich noch zu bemerken, daß auf das Vorkommen von Granit auf dem Gebirge SE von Hsinning aus den am Fuße liegenden Blöcken geschlossen wurde, auf jenes zwischen Daloping und Tschangscha aus, dem Aussehen der riesigen runden Blöcke an den beiderseitigen Berghängen abseits vom Wege. In der dortigen Gegend, am ‚Flusse unter Daloping, gibt es auch (in der Karte nicht eingetragene) rotbraune Tuffe vielleicht vulkanischer Natur. In dem Granitstock zwischen Ludu und Hsinhwa kommt das Gestein (13) auch äußerst weich, zu Sand zerbröckelnd, vor. Der Laterit, genau wie ihn v. Richt- hofen aus der Gegend zwischen Tschangscha und Yodschou beschreibt, liest wohl meist über seinem »Decksandstein«; da ich dies aber nicht konstatieren konnte, habe ich jene jüngste Bildung selbst eingetragen. v. Richthofen, der die Strecke Höngdschou— Tschangscha wie ich auf dem Flusse zurücklegte, hat keinen Granit gesehen, sagt aber, daß der Höng-schan solcher sein soll. Ich habe unweit der so benannten Stadt am Flußufer »Gneis« an- stehend notiert, wohl ohne die Schieferung deutlich gesehen zu haben. I. Beschreibung der Gesteine. Von Alexander Köhler. Dr. Handel-Mazzetti hat in seiner Kartenskizze die Fund- punkte von Westen nach Osten mit fortlaufenden Zahlen bezeichnet. Die Beschreibung wird dieselbe Reihenfolge einhalten. Der westliche Teil der Karte greift bereits in die Provinz Yünnan über. Von dieser Wegstrecke wurde kein Material mitgebracht. Es soll hier erwähnt werden, daß von Dr. Handel-Mazzetti auch in den von ihm durchreisten Provinzen Yünnan und Sz’tschwan eine stattliche Anzahl von Gesteinsproben gesammelt wurde, die aber erst zum "Teil in Wien eingetroffen sind. Sie werden nach dem Eintreffen des gesamten Materials beschrieben werden. Nr..1 (Ahung zwischen Hwangtsaoba und Heinbschea) ist ein dunkler, knolliger Kalkstein mit Fossilien, die ‘Herr Prof. Gesteine von Guidschou und Hunan. 441 €. Diener als Conocardium (Carbon) zu bestimmen die Freund- lichkeit hatte. Er Nr. 2 (Bergrücken zwischen Hsintscheng und Tjiaolou) F ist ein grauviolettes, makroskopisch vollkommen dichtes hornstein- artiges Gestein. Unter dem Mikroskop zeigt der Schliff ein äußerst feines granoblastisches Quarzgewebe. Einzelne undeutliche stengelige Gebilde möchte ich für Spongienreste ansehen. Feinverteilte tonige Substanz und Schlieren von Limonit trüben das mikroskopische Bild. Die Frage, wie sich dieses Gestein zu dem von Dr. Handel- Mazzetti ausgeschiedenen Quarzit verhält, muß hier offen bleiben. Nr. 3 (Flußschlucht an der Brücke Baling-tjiao sw. von Dschenning) ist ein dunkelgrauer Krinoidenkalk. Kleine, klastische Körner von Quarz sind häufig, desgleichen kohlige Partikel. Tonige und limonitische Verunreinigungen sind nur spär- lich vorhanden. Nr. 4 (vom Gebirge se. Guiding) ist ein typischer Quarzit. Die Quarzkörner löschen wenig undulös aus und begrenzen ein- ander in buchtigen, oft zahnigen Formen. Feine Streifen von winzigen Flüssigkeitseinschlüssen durchziehen die meisten Körner und sind stets mit der Richtung von ® des Quarzes in ungefährer Übereinstimmung (Böhm’sche Streifung). Als accessorische Gemeng- teile kommen vor: Turmalin in kleinen Säulchen, am neg. Char. der Hauptzone und an dem Pleochroismus nach dem Schema oa > leicht zu erkennen. Zirkon tritt in kleinen Säulchen auf. Titanit, ohne krystallographische Umgrenzung, unterscheidet sich vom Zirkon durch die hohe Doppelbrechung; seine Verbreitung ist gering. Ganz untergeordnet findet sich Albit (mit @’ und y’ unter n des Kanadabalsams) und Hämatit in feinsten Schüppchen. Nr. 5 (von Sandjio) ist eine Grauwacke, ein bläulichgraues Gestein, feinkörnig mit einzelnen größeren (bis !/, cm) Quarzbruch- stücken, die sich wie Einsprenglinge in der Grundmasse ausnehmen. Von den zahlreichen kleinen klastischen Körnern sind manche undulös auslöschend, manche zeigen Spuren starken Druckes, - so daß sie randlich, mitunter auch ganz in ein granoblastisches Gewebe aufgelöst wurden. Die Form ist eckig bis gerundet, je nach der Länge des Transports bis zur Sedimentation. Von be- trächtlich geringer Verbreitung finden sich Feldspate, Orthoklas, Mikroklin und ein dem Albit nahestehender Plagioklas. Ein Korn eines Eruptivgesteins zeigt Quarz und Feldspat (Schachbrettalbite), beide krystallographische Begrenzung zeigend, in einer feinkörnigen Grundmasse, die früher vielleicht glasig war. Weitere Gemengteile dieser Grauwacke sind ferner Calcit, der in unregelmäßig begrenzten Körnern auftritt und pseudomorph zu sein scheint. Ganz spärlich ‚ sind Reste von Pyroxen. Das unauflösbar feine Grundgewebe scheint hauptsächlich aus Serizit zu bestehen. Chlorit als Zersetzungs- - produkt ist selten. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Ed. 32 442 H. Handel-Mazzetti und A. Köhler, Nr. 6 (zwischen Gudschou und Liping) ist ein grünlich- graues Handstück eines Tonschiefers, makroskopisch vollkommen dicht, keine Schichtung oder Schieferung zeigend. Unter dem Mikroskop zeigen sich klastische Quarzkörner von der durch- schnittlichen Größe 0'02 mm. Auch Feldspatkörner, in einigen Fällen Lamellen nach dem Albitgesetz erkennen lassend, finden sich vor. In der nicht aufzulösenden Grundmasse liegen sehr kleine Sericitschüppchen, die ohne eine regelmäßige Anordnung das ganze Gestein durchziehen, desgleichen winzige Tonschiefernädelchen in großer Menge. Einzelne Muskowitschuppen, zum Teil mit Pennin vergesellschaftet, scheinen Pseudomorphosen nach klastischen, größeren Gemengteilen zu sein. Chlorit als Zersetzungsprodukt ist recht verbreitet und verleiht dem Gestein seine grünliche Farbe. Nr. 7 (Grenzgebiet Guidschou-Hunan, zwischen Liping und Dsingdschou) ist ein dem vorigen Gestein ähnliches Sedi- ment, ein umkrystallisierter Tonsandstein, das sich nur durch die größeren Dimensionen der Gemengteile unterscheidet; schon makroskopisch sieht man Quarzkörner bis 2 mm Größe, unter dem Mikroskop zeigen sie gerundet-eckige Form. Einzelne Körner sind randlich, wo der Druck am stärksten wirkte, andere zur Gänze in ein granoblastisches Aggregat umgewandelt. An der Albitlamellierung verraten sich die Albite, und mehrere größere, klastische Körner erweisen sich als Schachbrettalbit, der durch seine kurzen Lamellen leicht erkennbar ist. Merkwürdig sind jene rundlichen oder ovalen Gebilde, die aus alternierenden Muskowit- und Penninschuppen bestehen. Wie schon oben bemerkt, liegen hier jedenfalls Pseudomorphosen vor. Nirgends sind Reste des früheren Minerals vorhanden, die Aufschluß über die Genese dieser sonderbaren Gebilde geben könnten. Seriecit, Chlorit und Rutilnädelchen bilden auch hier gewissermaßen das Grundgewebe, in dem die größeren klastischen Körner ein- gebettet sind. Nr.8 (Beckenrand von- Wukang) ist ein dunkler Kri- noidenkalk. Nr.9 (vom Yün-schan bei Wukang) ist ein Tonschiefer mit schöner Bänderung. Das Handstück ist von grünlichgrauer Farbe, wenig geschiefert und außerordentlich feinkörnig. Es zeigt typische Warvenschichtung.! Gröberes Material geht allmählich in allerfeinstes über, bis eine scharfe Grenze dieses wieder vom gröberen trennt (siehe die schematische Figur!). Die Ursachen solcher Warvenschichtung sind bei den glacialen Bändertonen Z + 1 Der Name kommt von dem schwedischen Woıte »varv«, das einen Kreis oder eine periodische Wiederkehr von Schichten bedeutet. G. de Geer hat diese Bezeichnung für die glacialen »Bändertone« Skandinaviens gebraucht und in die Literatur eingeführt. A en re 'anomale, lederbraune Interferenzfarben Gesteine von Guidschou und Hunan. 443 klimatische gewesen. Dies wird wohl auch bei dem vorliegenden Tonschiefer der Fall sein. Zu beachten ist ferner, daß einzelne Schichten vollkommen eben sind, andere flach gewellt; es muß sich hier um eine Art Ripplemarks handeln. Die Mächtigkeit der einzelnen Schichten ist eine sehr verschiedene, sie schwankt von einigen Zentimetern bis zu äußerst geringen Dimensionen. Mineralzusammensetzung: In den gröberen Partien finden sich rundlich eckige Körner von Quarz und einzelnen Feldspaten. Hier häufen sich auch Calcite mit lappenförmigen Umrissen, Größe bis 0:05 mm. Ein Chlorit, dem Klinochlor nahestehend, ist im ganzen Gestein ver- breite. Doppelbrechung sehr gering, kennzeichnen ihn als solchen. Ziemlich häufig sieht man wie bei Nr. 6 und 7 rundliche Gebilde, die aus Pennin und Muskowit bestehen. Ungemein zahlreiche Rutilnädelchen,deren Länge, mitSchrauben- mikrometerokular gemessen 9, Breite 1:6 x» im Durchschnitt, durchsetzen gleichförmig das Gestein, un- bekümmert um die Schichtung. Das Gleiche tun feinste Sericit- schuppen, die in wirrem Durcheinander das ganze Gestein durch- ziehen. Chlorit ist in sehr kleinen Schüppchen als sekundäres Mineral überall verbreitet. Als seltener accessorischer Gemengteil kommt Turmalin in kleinen Säulchen vor. Von diesem Tonschiefer liegt eine von Herrn Wieczorek in Tschangscha ausgeführte unvollständige Analyse vor: SO 55:799/, Caoan Je. 4-919,, be a8 721%, MILD, 2... „2a Summe: 90:89°), Nr. 10 (von Yün-schan bei Wukang, Gipfelregion 1400 m). Dieses Gestein ist ein Tonsandstein, der zufolge seiner deut- lichen Schieferung und Umkrystallisation des tonigen Bindemittels eine. erste Übergangsstufe zu einem sericitischen Quarzphyllit darstellt. Die Gemengteile sind: Quarz in meist deutlicher Linsen- form; oft sind die Ränder durch Umkrystallisation granoblastisch geworden, bei manchen ist die Umkrystallisation vollständig vollzogen. Mikroklin- und Plagioklaskörner, gleichfalls zu Linsen zusammengepreßt, sind nicht selten. Das Bindemittel ist vollkommen zu Serieit umkrystallisiert, welcher den Schieferungsflächen parallel liegt. Größe der Gemengteile bis °/, mm. Als seltene Gemengteile treten Muskowit und Chlorit auf. Turmalin und Zirkon sind selten. 444 H. Handel-Mazzetti und A. Köhler, Nr. 11 (Osthang des Yün-schan bei Wukang) ist ein grauvioletter Quarzit. Nach Dr. Handel-Mazzetti liegt folgendes Profil vor: Tonschiefer DE] Quarzıt Sandstein ar 2% Nr. 12 (südw. Hunan nächst Yungdschou) ist ein dunkler Kalk mit Krinoidenstielgliedern und einem Trilobiten, den gleich- falls Herr Prof. C. Diener als Phillipsia (Carbon) bestimmte. Nr. 13 (von Schilisan zwischen Hsinhwa und Wukanp) ist ein stark zersetzter Granitit von mittlerer Korngröße. Charakteristik der Gemengteile: Quarz tritt in unregelmäßig begrenzten Körnern auf oder füllt die Lücken zwischen den übrigen Gemengteilen. Oft zeigt sich eine Andeutung von pegmalitischer Verwachsung mit Feldspat. An Feldspaten treten Orthoklas und Plagioklas auf. Ersterer ist stets stark durch Zersetzungsprodukte getrübt, wie Kaolin, Muskowit und Zoisit. Vielfach durchziehen Albitschnüre den Orthoklas. Einzelne Körner zeigen deutlich Mikro- klingitterung. Wo Orthoklas und Plagioklas aneinandergrenzen, kommt es sehr häufig zur Myrmekitbildung. Die Umrisse dieser wurmförmigen Gebilde sind wegen der weitgehenden Zersetzung selten deutlich. Immerhin erkennt man die divergentstrahlige An- ordnung der Quarzstengel gegen den Orthoklas zu und eine Ab- nahme der Quarzmenge gegen den konvexen Rand. Der Unterschied in der Zusammensetzung des Plagioklasgrundes dürfte nicht groß sein, der Brechungsexponent des Quarzes liegt stets über dem des Plagioklases, es wird also der Rand dem reinen Albit sehr nahe stehen. Der Plagioklasgrund zeigt bisweilen deutliche Albit- lamellierung, die jedenfalls eine Folge von Druck auf das Gestein ist. Die Quarzstengel an den Grenzen der Lamellen erscheinen dann geknickt. Die Feldspate übertreffen an Menge weitaus den Quarz. Biotit tritt recht zahlreich in unregelmäßig begrenzten Lappen und Fetzen auf; der starke Pleochroismus zeigt rotbraune Farbe parallel den Spaltrissen, schmutzig-hellbraune normal dazu. Die Achsen öffnen sich beim Drehen des Tisches kaum merklich. Randlich ist er meist in Chlorit umgewandelt, der dem Pennin angehört. An den Grenzen gegen die Plagioklase hat sich als Produkt chemischer Wechselwirkung zwischen beiden Epidot gebildet. Muskowit ist äußerst spärlich vorhanden. Nr. 14 (Tjilidjiang bei Hsikwangschan) ist ein schwarz- grünes, splittrig brechendes, vollkommen dichtes Gestein, das nur schwer eine Diagnose zuläßt. Unter dem Mikroskop sieht man eine Gesteine von Guidschou und Funan.. 445 fast unauflösbare Grundmasse, intensiv grün gefärbt durch Chlorit. Eingebettet in diese Grundmasse sind rundliche oder längliche Gebilde, welche vollkommen von Pennin erfüllt sind. Sehr kleine, . eckige Quarzkörner sind gleichmäßig verbreitet und ziemlich zahl- reich vorhanden. Carbonatrhomboederchen, von einem Limonit- mantel umgeben, sind gleichfalls recht häufig. Das lebhafte Auf- brausen in Salzsäure bestimmt das Carbonat als Calcit. Ungemein feine Nadeln von Sericit sind oft so angeordnet, daß sie eine Fluidalstruktur vortäuschen. Ohne die geologischen Lagerungs- verhältnisse zu kennen, ist es schwer möglich, das Gestein näher zu bestimmen. Nach Dr. Handel-Mazzetti »bildet es eine 1 m dicke Schichte in Kalk, : in Ruinenform verwitternd«. Höchstwahr- scheinlich handelt es sich um das gleiche Sediment wie das unter 6 und 7 beschriebene, nur ist es feiner und in weitgehender Weise verändert. Nr. 15 (von Hsikwangschan) ist ein Kohlenkalk mit zahlreichen unbestimmbaren Pflanzenresten, vermutlich der carbonen Flora angehörig. Nr. 16 (Daloping) ist ein dunkelgrauer Kalk, von weißen und roten Kalkspatadern durchzogen, Spuren eines nicht näher bestimmbaren Erzes (scheinbar Löllingit) führend. Nr. 17 (Flußufer bei Tangschi westl. Hsiang-hsiang),. Dieses Gestein ist ein stark verwitterter Sandstein mit kalkigem Bindemittel. Gemengteile sind Quarzkörner bis °/, cm Größe und Feldspatkörner von gleichen Dimensionen. Die Feldspate sind Orthoklas und Plagioklas von genau der gleichen Beschaffenheit wie im oben (Nr. 13) beschriebenen Granit. Dazu kommen noch Schachbrettalbite. Quarz- und Feldspatkörner sind wenig gerundet, was auf kurzen Transport hinweist. Als weiterer Bestandteil findet sich Biotit, dessen Chloritisierung weiter vorgeschritten ist als beim Granit. Diese Chlorite sind ihrerseits oft randlich umgewandelt in ein“ Mineral mit stärkerer Doppelbrechung, von trübem, erdigem Aussehen, gelblichbraun, anscheinend gerader Auslöschung, y in der Längsrichtung. Pleochroismus deutlich mit grün parallel den Spalt- rissen, schmutzig gelbbraun normal dazu. Interferenzfarben bis Strohgelb I. Ordnung bei einer Schliffidicke von 0'022 mm. Es dürfte sich um eines der mineralogisch schwer zu definierenden Zersetzungsprodukte des Chlorits handeln, die mit den Namen Voigtit, Aspidolith, Helvetan, Eukamptit usw. belegt wurden. Wegen der geringen Abrundung der klastischen Körner und ach Ähnlichkeit mit den Gemengteilen des Granits ist es höchst- wahrscheinlich, daß dieses Material von den Graniten herstammt, elle) in diesen Gebieten nach Richthofen eine ziemliche Ver- breitung haben. - Außer diesen een hat Dr. Handel-Mazzetti noch mitgebracht: zwei große und mehrere kleine Krystalle von Anti- monit, welche bis auf geringe Reste gänzlich in Antimonocker Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 33 umgewandelt sind. Die her ä kleine Tafeln von Baryt mit Quarzp auf ihr. Die Stücke stammen aus der Provinz. schan bei Hsinhwa. Auf Kluftflächen im Kalk in einer Höhle be kommen Krusten von Gips vor, die auch CaCO (letzteres in Spuren) enthalten, ferner" Krusten von Ka oft ungemein spießige Krystallenden. haben. Außer d Skalenoedern, die meist zu pinselförmigen Gruppen z geschlossen sind, kommen keine anderen Flächen vor metrische Messung ist wegen der Krümmung der unmöglich. ERS Ten erh nenn en ern iinn nn ne m \ ’ J r in Handel-Mazzetti H. und Köhler A.: Gesteine von Guidschou und Hunan. Skizze der Verbreitung und des Einfallens der von mir in Ost-Yünnan, Guidschou und | N) I Hunan beobachteten Gesteine. I 1 Y Von Toehingiff C Dr. Heinrich Handel-Mazzetti WA; Maßstab 1:1,500.000. 0 50 100 km. (leeres Kakstee ES Kalksandstein Glimmerschiefer BE Konglomerate AN Tonsandstein Quarzit Sandiges Sedi- Mergaliger Sandstein Tonschiefer ZZ Mergel Laterit RR) Grauwacke MM Sandstein L&S] Kohle Hsikwangsch: Ras % I Il un Hsinhwa © ={ Baotjin : (Pauking] PR Ay Schichteinfallen ungefähr Xbis 10°ne _Xhorizontal 4 25°w + 45°5 \70°SW Fundorte der ; beschriebenen Stücke. Yün-Schan® saiger,n-s in5fachem Maßsta Peireichend A Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math,-naturw. Klasse Abt. I, 130. Bd., 1921. Pr; - ae 1 ae ee EEE SE ee Fe nn op! CI 23 31 >=. BL En 2 Din he im u rin: Beproioko, A N un en u.a.m ® IL betr e rasen "Gebiete arbeitenden Fachmann von Wiehtigkeit enter weils von: u Belange sin. axem; en Diese ee Sollen nichb veröffentlicht, Sonder in der Kan ei, de Akademie aufbewahrt und eines ao über Re an Interessenten f nat entliehen werden. . ‚Über gewöhnlichen Drucke ersch einenden Textes aufzufassen. sind. De Shen ichte der ne ati sse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier TB SQnS er EB eilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: : LE N A ge ilung R Enthält die bella us dem Epic der Miner io NEN Krystallographie, ‚Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologi SE one ‚Geologie, EN nu und Reisen. \ ab teilung IIa. Die "Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro. , nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Ex teilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung Ill. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und’ Phy siologie. ware des Menschen une der’ Tiere sowie aus jenem der nun BR" 5, Medizin. Dar 3 2 ° ö , 3 Zar ; & es Von jenen in den Sitzungsberichten Aatbaltenen Abhandlungen, zu dere Titel im Inhaltsverzeichnisse ein “Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke. in en Buchhandel und können durch die aan Ne Alfred Hölder, EIN Die en Gebiete der ICheane und verwandter Teile anderer Wirsensehälten 'angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: >Monatshefte für Chemie und verwandte Teile ayderen Wissensch aften« SER } dı Sat RR, \ Der akademische Anzeiger, welcher nur Dal EBe oder, wo diese len, ‚die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, „wird ‚wie bisher nn. Tage { jeder Sitzung ausgegeben. SER . 3 N $ N: N Die Preise werden ‚nach dem. jeweiligen Stande der. Valuta nach Maßgabe Verhältnisse berechnet. = x iR Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihr 11. März 1915 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schri mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzuneH Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordmun; Zusatzbestimmungen). $ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen Be [0 suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen we; Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicl Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur Kurze Inhaltsangaben g werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes’enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorv eröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. $ 51. Abhandlungen, für welche der Verlassen kein Honorar a hen auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen en sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. “ Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des $ 43 ist die Einreichung R einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Ds Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann ns. wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen , s, i Zeitschriften eingereicht werden. ; Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß 6 Abhandlung aus den Schriften ne Akademie stammt. { AN Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, ve den. ‘“ selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß 4 die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belepexeniplar der (een naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden. i I Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung Ki an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: ’$ 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, ren in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; { R 2 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert Se dürfen nur. mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für, welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, ” dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch- naturwissenschaftliche Klasse Y zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. MINI 8 01303 7957